Sachsenspiegel: Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf 3. 1. Aug 2° [Reprint 2018 ed.] 9783050069074, 9783050023588


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German Pages 987 [1008] Year 1993

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Table of contents :
Geleitwort
Inhalt
Einführung in die Ausgabe
Kodikologische Einführung
Abgekürzt zitierte Quellen und Literatur
Diplomatische Umschrift, zitierfähiger Text, neuhochdeutsche Übersetzung, Text-Bildleisten-Kommentar fol. 1- 56
Diplomatische Umschrift, zitierfähiger Text, neuhochdeutsche Übersetzung, Text-Bildleisten-Kommentar fol. 57-86
Abbildungen
Front matter 2
Vorwort
Inhalt
Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift im Kreis der Codices picturati des Sachsenspiegels
Der Sachsenspiegel als mittelalterliches Rechtsbuch
Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte
Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels
Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
Die Wappen in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
Die Rechtsikonographie
Rechtsikonographie zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Die Bildersprache.
Kleidung
Die Gebärdensprache in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
Sprache und Stil der Wolfenbütteler Bilderhandschrift
Der Rechtswortschatz
Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
Anhang
Namenregister
Synopse
Ergänzungsblätter aus der Dresdener Bilderhandschrift
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Sachsenspiegel: Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf 3. 1. Aug 2° [Reprint 2018 ed.]
 9783050069074, 9783050023588

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Eike von Repgow

Sachsenspiegel

Eike von Repgow

Sachsenspiegel Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2°

Textband Herausgegeben von Ruth Schmidt-Wiegand

Akademie Verlag

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Eike (von Repgow): Sachsenspiegel : die Wolfenbütteler Bilderhandschrift / Eike von Repgow. Hrsg. von Ruth Schmidt-Wiegand. Berlin : Akad.-Verl. ISBN 3-05-002358-9 NE: Schmidt-Wiegand, Ruth Faks.-Bd. - 1993 Eike (von Repgow): Sachsenspiegel: die Wolfenbütteler Bilderhandschrift / Eike von Repgow. Hrsg. von Ruth Schmidt-Wiegand. Berlin : Akad.-Verl. ISBN 3-05-002358-9 NE: Schmidt-Wiegand, Ruth Textbd. - 1993 Eike (von Repgow): Sachsenpiegel : die Wolfenbütteler Bilderhandschrift / Eike von Repgow. Hrsg. von Ruth Schmidt-Wiegand. Berlin : Akad.-Verl. ISBN 3-05-002358-9 NE: Schmidt-Wiegand, Ruth Kommentarbd. - 1993 © Akademie Verlag GmbH, Berlin (1993) Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Gedruckt auf säurefreiem und chlorarm gebleichtem Papier Satz: Hubert & Co., D3400 Göttingen Druck: Colordruck, Kurt Weber GmbH, D-6906 Leimen Bindung: Ernst Ammering, A-4910 Ried im Innkreis Printed in the Federal Republic of Germany

Geleitwort Das Ansehen, das die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel seit Jahrhunderten genießt, beruht zu einem großen Teil auch auf ihrer Handschriftensammlung. Mit rund 11 800 Handschriften, davon 3000 mittelalterlichen vom Ausgang der Antike bis zum Beginn der Neuzeit, ist diese Sammlung eine der großen in Europa und eine der bekanntesten in der gelehrten Welt. Einzelne Stücke haben seit jeher aber auch die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit auf sich gezogen, wie etwa die Ulfilasfragmente und der Agrimensorencodex aus dem 6., das Reichenauer Perikopenbuch aus dem beginnenden 11. oder die Corvinen aus dem 15. Jahrhundert und in jüngster Zeit das Evangeliar Heinrichs des Löwen. Zu diesen für die Wissenschaft so wichtigen Handschriften, die aber ebenso den interessierten Laien in besonderer Weise faszinieren, gehört auch die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Nicht nur niedersächsische Schüler lernten, daß „der Sachsenspiegel" in der Wolfenbütteler Bibliothek aufbewahrt werde. In der Regel wird dabei allerdings übersehen, daß insgesamt etwa 460 Sachsenspiegel-Handschriften existieren, von denen die Herzog August Bibliothek allein über 20 besitzt, darunter zwei der schönsten, die es überhaupt gibt: einmal den in mittelniederdeutscher Sprache geschriebenen (Cod. Guelf. A. d. Extrav.), dessen Auftraggeber und erster Besitzer der Rat der Stadt Braunschweig war, und zum anderen die mit durchgehender Illustration versehene und hier erstmals im Faksimile reproduzierte weltberühmte Bilderhandschrift. Diese ist „der Sachsenspiegel", den der Besucher in den Ausstellungsräumen sehen will, wenn er die Herzog August Bibliothek besichtigt. Das große Interesse der gelehrten Welt und die Absicht, den Zugang zu dieser besonders inhaltsreichen, wichtigen und schönen Handschrift zu erleichtern, führten seit 1982 zu intensiven Planungen für eine Faksimilierung. Den Anstoß dazu gab der ehemalige Leiter der Herzog August Bibliothek, Professor Dr. Drs. h.c. Paul Raabe, dem hier, nachdem das große Reproduktionswerk abgeschlossen ist, zuerst gedankt sei. Um ein Werk vom Rang des Sachsenspiegels zu faksimilieren, aber auch zu edieren und zu kommentieren, be-

darf es Wissenschaftler, die auf der Höhe der Forschung stehen bzw. diese entscheidend beeinflußt haben. Mit Frau Professor Dr. Dr. h. c. Ruth Schmidt-Wiegand konnte eine ausgewiesene Gelehrte auf dem Gebiet der Erforschung des Sachsenspiegels gewonnen werden. Das Ergebnis ihrer jahrelangen Arbeit und der ihrer Mitarbeiter, insbesondere Frau Dr. Dagmar Hüppers, liegt nun vor. Nicht nur die Fachwelt wird ihr für dieses Ergebnis dankbar sein, sondern auch diejenigen, die sich aus allgemeinem Interesse mit der Rechts-, Sozial- und Alltagsgeschichte unseres Landes auseinandersetzen wollen, und nicht zuletzt auch die Freunde des schönen Buches, die nunmehr jederzeit und an vielen Orten den Wolfenbütteler Sachsenspiegel zur Hand nehmen, ja ihn, wenn sie wollen, in die eigene Bibliothek einreihen können. Zu danken ist ferner dem Leiter der Handschriftensammlung der Herzog August Bibliothek, Professor Dr. Wolfgang Milde, der an den Vorbereitungen und dem Kommentar kenntnisreich mitgewirkt und in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Restaurierungswerkstatt, Dag-Ernst Petersen, die technischen Vorarbeiten sorgfältig überwacht hat. Ich danke des weiteren dem Leiter unserer Veröffentlichungsabteilung, Oswald Schönberg, und dem Leiter der Fotowerkstatt, Robert Frisch, für ihren über das Maß des normalen Dienstbetriebes hinausgehenden Einsatz für die Faksimilierung. Daß die Produktion eines so großen Werkes auch entscheidend von der Erfahrung, dem Können und dem Mut des Verlages abhängt, ist unmittelbar einsichtig. Dem Akademie Verlag, und namentlich Herrn Dr. Gerd Giesler, sei daher ganz besonders gedankt. Bücher haben nicht nur Schicksale, sondern auch eine eigene Magie, die im Falle des Sachsenspiegels bei den sich über Jahre erstreckenden wissenschaftlichen Vorarbeiten zur Faksimilierung ihre Wirkungsmächtigkeit bewies: Lange bevor die Grenzen zwischen Ost und West sich öffneten, arbeiteten Gelehrte aus beiden Teilen Deutschlands gemeinsam an diesem Projekt. Im Rahmen der Veranstaltungen des Forschungsbereiches der Herzog August Bibliothek fand 1984 unter Frau Schmidt-Wiegands Leitung ein Arbeitsgespräch

Geleitwort über die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels in Wolfenbüttel statt. Für die Restaurierung und Konservierung der Dresdener Schwesterhandschrift, die in der Folge des Zweiten Weltkrieges schwere Beschädigungen erlitten hat, wurde schon in den frühen achtziger Jahren von Dresdener und Wolfenbütteler Restauratoren auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Untersuchungen gemeinsam ein Konservierungsprogramm entwickelt, das jetzt in Angriff genommen wird. Ein Höhepunkt in der Geschichte der Ausstellungen der Herzog August Bibliothek waren die Wochen, in denen im Februar 1992 die vier von einer verschollenen Handschrift abgeleiteten Bilderhandschriften des Sachsenspie-

VI gels aus Dresden, Heidelberg, Oldenburg und Wolfenbüttel nebeneinander in der Schatzkammer der Bibliotheca Augusta bewundert werden konnten. Möge dieses wunderschöne Buch, das in längst versunkenen Jahrhunderten das Recht mit dem Höchsten, mit Gott, gleichsetzte („Gott ist selber Recht"), stets auch daran erinnern, daß für unsere Zeit, in der in vielen Teilen der Welt die Rechte von Einzelnen und von Gruppen bedroht, ja ignoriert werden, wie f ü r alle Zeiten Recht eine unverzichtbare Grundlage f ü r die Ordnung des menschlichen Zusammenlebens darstellt. Georg Ruppelt

Inhalt

Geleitwort

V

Ruth Schmidt-Wiegand Einführung in die Ausgabe

1

Wolfgang Milde Kodikologische Einführung

11

Abgekürzt zitierte Quellen und Literatur

31

Diplomatische Umschrift, zitierfähiger Text, neuhochdeutsche Ubersetzung, Text-Bildleisten-Kommentar fol. 1 - 8 6

35

Ruth Schmidt-Wiegand

Einführung in die Ausgabe Der Sachsenspiegel gehört zu den ältesten Rechtsbüchern in deutscher Sprache und ist zweifellos dasjenige, von dem die größte Wirkung ausgegangen ist 1 . Eike von Repgow, dessen Geschlecht sich nach dem Dorfe Reppichau bei Dessau benannte, hat ihn nach einer nicht in allen Handschriften enthaltenen Reimvorrede auf Drängen seines Herrn, des Grafen Hoyer von Falkenstein, aus einer ersten lateinischen Fassung in das Deutsche, das heißt in das Elbostfälische seiner engeren Heimat, übertragen 2 . Diese Aufzeichnung erfolgte zwischen 1224 und 1235. Wichtigste Quellen waren das mündlich tradierte Gewohnheitsrecht und regionale wie überregionale Gesetze, vor allem die Landfrieden. Das Werk, das sächsisches Land- und Lehenrecht umfaßt, hatte über das Elb-Saale-Gebiet hinaus eine weite und nachhaltige Wirkung. In Süddeutschland entstanden auf seiner Grundlage der Deutschenspiegel und der Schwabenspiegel; Stadtrechte und Schöffensprüche nahmen einzelne seiner Rechtssätze auf. Der Sachsenspiegel wurde in das Lateinische, Niederländische, Polnische, Tschechische und Russische übersetzt, an den Niederrhein und in die Niederlande gebracht und weit nach Ostmittel- und Osteuropa verbreitet. Eine bald nach 1325 entstandene Glosse, die einzelne Bestimmungen mit dem römisch-kanonischen Recht harmonisierte, wird dem märkischen Hofrichter Johannes von Buch zugeschrieben 3 .

1 RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Eike von R e p g o w (Die Deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 2, B e r l i n - N e w York 2 1980, Sp. 4 0 0 - 4 0 9 ) ; ROLF LIEBERWIRTH, Eike von Repchow und der Sachsenspiegel (Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse 122, H e f t 4, Berlin 1982, S. 7 - 5 0 ) ; DERS., Eike von Repchow (Lexikon des Mittelalters 3, M ü n c h e n - Zürich 1986, Sp. 1726f.); FRIEDRICH EBEL, Sachsenspiegel (Handwörterbuch z u r deutschen Rechtsgeschichte 4, Berlin 1990, Sp. 1228-1237). 2 Sachsenspiegel, Landrecht und Lehnrecht, hg. von KARL AUGUST ECKHARDT ( M G H Fontes iuris Germanici antiqui. Nova series tomi I pars I) Göttingen - Frankfurt 3 1973, Landrecht S. 50, V. 273 ff.; KARL BISCHOFF, Zur Sprache des Sachsenspiegels von Eike von R e p g o w (Zeitschrift f ü r M u n d a r t f o r s c h u n g 19, 1943/44, S. 1-80); RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Der Sachsenspiegel. Überlieferungs- und Editionsprobleme (Der Sachsenspiegel als Buch, hg. v o n R U T H S C H M I D T - W I E G A N D u n d D A G M A R I-IÜPPER

[Germanisti-

sche Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte Bd. 1 ] Frankfurt a . M . - B e r n - N e w Y o r k - P a r i s 1991, S. 19-56). 3 INGEBORG BUCHHOLZ-JOHANEK, Buch, Johannes von (Verfasserlexikon [ w i e Anm. 1] 4, J 1983, Sp. 551-559).

Diese Glossierung, die mehrfach überarbeitet worden ist, hat dem Rechtsbuch Dauer und Geltung über das Mittelalter hinaus verschafft. Es gehört zu den Werken mittelalterlicher Literatur, die den Anschluß an den Druck gefunden haben. Der Sachsenspiegel blieb in Preußen bis zum Erlaß des Allgemeinen Landrechts 1794 und als subsidiäre Rechtsquelle bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1.1.1900 in Kraft. Ein Urteil des Reichsgerichts vom Jahre 1932 stützte sich so noch auf das mittelalterliche Rechtsbuch 4 . Und auch in dem Prozeß um einen Lübecker Münzfund, den das Land SchleswigHolstein unlängst geführt hat, berief man sich noch auf den Sachsenspiegel und seine Bestimmung über vergrabene Schätze (Ldr. I 35§1) 5 . Der Sachsenspiegel ist also ein Denkmal der mittelalterlichen Rechtsliteratur, das über Jahrhunderte hinaus Aktualität und Autorität besaß. Dies wird auch an der ungewöhnlich reichen Uberlieferung, die das Werk auszeichnet, deutlich. Heute sind etwa 460 Handschriften und Fragmente bekannt 6 . Unter ihnen bilden die Bilderhandschriften, die eine durchgängige Illustration des Textes bieten, die Codices picturati im engeren Sinne, eine Überlieferungsgruppe besonderer Art 7 . Anders als die Miniaturen, die in einigen Handschriften am Anfang der Bücher oder an besonders markanten Stellen dem Text des Sachsenspiegels beigegeben sind, enthalten die Bilderhandschriften eine zeitgenössische Interpretation des Textes, die seiner Erschließung und Anwen-

4

EIKE VON REPGOW, D e r

SCHOTT, Ü b e r t r a g u n g

des

Sachsenspiegel,

hg.

Landrechts

RUTH

von

von

CLAUSDIETER SCHMIDT-WIE-

GAND, Übertragung des Lehenrechts und N a c h w o r t von CLAUSDIETER SCHOTT, Zürich 1984, S. 357-386, insb. S.376. 5

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, D i e B i l d e r h a n d s c h r i f t e n d e s

Sachsen-

spiegels als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit (Frühmittelalterliche Studien 22, 1988, S. 3 5 7 - 3 8 7 ) insb. S. 3 8 6 f . 6

C A R L GUSTAV HOMEYER, D i e d e u t s c h e n R e c h t s b ü c h e r d e s M i t t e l -

alters und ihre Handschriften, neu bearbeitet von CONRAD BORCHLING, K A R L A U G U S T ECKHARDT u n d J U L I U S VON GIERKE, 2 B d e . , W e i m a r 1 9 3 1 / 1 9 3 4 ; ULRICH-DIETER OPPITZ, D i e d e u t s c h e n

Rechtsbü-

cher des Mittelalters, Bd. 1: Beschreibung der Rechtsbücher, Bd. 2: Beschreibung der Handschriften, K ö l n - W i e n 1990. 7 Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, I. Textband, hg. von RUTH SCHMIDTWIEGAND,

Redaktion

DAGMAR

HÜPPER,

II.

Tafelband,

hg.

von

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , R e d a k t i o n D A G M A R H Ü P P E R u n d ULRIKE

LADE (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) 1986.

München

Ruth

2

Schmidt-Wiegand

dung diente 8 . Die Illustrationen der Codices picturati haben u. a. Glossenfunktion 9 . Erhalten sind vier Codices dieser Art. Doch hat es mindestens sieben gegeben 10 . Die Heidelberger Bilderhandschrift (CPG 164 der Universität Heidelberg = H) ist im östlichen Harzvorland Anfang des 14. Jhs. entstanden 11 . Die Dresdener Bilderhandschrift (Landesbibliothek Dresden Μ 32 = D) ist in der ersten Hälfte oder um die Mitte des 14. Jhs. im Raum Meißen redigiert worden 12 . Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift (Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2° = W) 13 , als die jüngste, ist im dritten Viertel des 14. Jhs. wohl auch in Obersachsen geschrieben14. Sie steht in bezug auf Text und Bild der Dresdener Bilderhandschrift besonders nahe. Diese Bilderhandschriften sind in mitteldeutscher, also hochdeutscher Sprache verfaßt. Die Oldenburger Bilderhandschrift (A 1,1 der Großherzoglichen Privatbibliothek Schloß Rastede = O) wurde im Jahre 1336 von Hinricus Gloyesten im 8 RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Text und Bild in den Codices picturati des Sachsenspiegels' - Überlegungen zur Funktion der Illustration (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 11-31). 9

EBD.

und

TIMOTHY

SODMANN,

Zur

Oldenburger

Bilderhand-

schrift des Sachsenspiegels (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 219-228) S. 227 f.; ferner JULIAN us B?M. VAN HOEK, Zwischen Eike von Repgow und J o h a n n von Buch leuchtet das lehrreiche Bild (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 59-76); vgl. auch DERS., Eike van Repgow's rechtsboek in beeld. Observaties omtrent de verluchting van de Saksenspiegel, Ijsselstein 1982, S. 133 ff.; Rezension RUTH SCHMIDT-WIEGAND (Deutsches Archiv 43, 1987, S . 229 f.). 10 KARL VON AMIRA, Die Genealogie der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Abhh. der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-phil. Kl. 22, 2. A b t , München 1902, S. 327-385) insbes. S. 373. WALTER KOSCHORRECK, Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, Faksimile und Kommentar, Frankfurt am Main 1970, S.161 (Stemma); jetzt auch: Der Sachsenspiegel. Die Heidelberger Bilderhandschrift Cod. Pal. Germ. 164.

Kommentar

und

Übersetzung

von

WALTER

KOSCHORRECK,

verkleinerte Ausgabe neu eingeleitet von WILFRIED WERNER, Frankfurt 1989. 11 Universitätsbibliothek Heidelberg, C P G 164. WALTER KoSCHORRECK, Eine Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Uber den C P G 164 der Universitätsbibliothek Heidelberg (Heidelberger Jahrbücher 15, 1971, S. 57-72); WILFRIED WERNER, Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels - Anmerkungen zu ihrer Geschichte und zur Kodikologie (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S.213-218). 12 KARL VON AMIRA, Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, Bd.I: Facsimile der Handschrift, Neudruck der Ausgabe 1902, Osnabrück 1962; Bd. II: Erläuterungen, Teil 1 und 2, Neudruck der Ausgabe 1925-26, Osnabrück 1969. 13 RUTH

SCHMIDT-WIEGAND,

Die

Wolfenbütteler

Bilderhand-

schrift des Sachsenspiegels und ihr Verhältnis zum Text Eikes von Repgow (Wolfenbütteler Hefte 13) Wolfenbüttel 1983. Z u r Kodikologie der Bilderhandschrift WOLFGANG MILDE, Zum Wolfenbütteler Sachsenspiegel (Lagenfolge mit Inhalt und Ausstattung, Einband, Erwerbung) (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 207-211); RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Eike von Repgow, Sachsenspiegel (Wolfenbütteler Cimelien. Das Evangeliar Heinrichs des Löwen in der Herzog August Bibliothek, Weinheim 1989, S. 196-203); Gott ist selber Recht. Die vier Bilderhandschriften des Sachsenspiegels Oldenburg, Heidelberg, Wolfenbüttel und Dresden

(Ausstellungskatalog:

GANG M I L D E ) W o l f e n b ü t t e l

RUTH

SCHMIDT-WIEGAND

Benediktinerkloster Rastede im Auftrag des Grafen Johann III. von Oldenburg aufgezeichnet 15 . Es ist die einzige Handschrift in mittelniederdeutscher Sprache. Die erhaltenen Bilderhandschriften gehen auf eine Stammhandschrift zurück 16 , die in der Zeit zwischen 1292 und 1295 im östlichen Harzvorland, wahrscheinlich im Bistum Halberstadt, entstanden ist17. Die Bilderhandschriften belegen also den Weg, den die Uberlieferungsgruppe der Codices picturati aus dem Elbostfälischen heraus in das Thüringisch-Obersächsische einerseits und in das Nordniedersächsische andererseits genommen hat18. Die funktionale Bedeutung dieser Handschriften ergibt sich aus dem Vergleich von Text und Bild, die als unterschiedliche Medien der Fixierung und Interpretation von Sachverhalten der mittelalterlichen Rechtskultur dienen. Die vorliegende Faksimileausgabe der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels ist von hier aus als ein Arbeitsinstrument gedacht, das in der Diskussion über das Verhältnis von Text und Bild, die weltweit geführt wird, eingesetzt werden kann19. Eine Gegenüberstel-

und

WOLF-

1992.

14 Eine noch genauere Datierung (zwischen 1348 und 1362/71) bei KLAUS NASS, Die Wappen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels - Zu H e r k u n f t und Alter der Codices picturati (TextBild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 229-278) S. 255 f.

15 Bisher Großherzogliche Privatbibliothek Schloß Rastede A 1,1; jetzt: Niedersächsische Sparkassenstiftung, Hannover; Ausgabe: Der Sachsenspiegel, Land- und Lehnrecht. Nach dem Oldenburger Codex picturatus von 1336, hg. von AUGUST LÜBBEN, mit Abbildungen in Lithographie und einem Vorwort zu denselben von F. VON ALTEN, Oldenburg 1879, Nachdruck Amsterdam 1970; SODMANN (wie Anm. 9); WERNER PETERS, Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels als Textzeuge (Niederdeutsches Wort 29, 1989,

S . 1 3 - 2 5 ) ; JÜRGEN

GOYDKE,

Die

Oldenburger

Bilderhand-

schrift des Sachsenspiegels aus dem Kloster Rastede (Festschrift 175 Jahre Oberlandesgericht Oldenburg. 1814 Oberappellationsgericht, Oberlandesgericht 1989, K ö l n - B e r l i n - B o n n - M ü n c h e n 1989, S. 5 9 7 - 6 4 0 ) . RUTH SCHMIDT-WIEGAND, D e r O l d e n b u r g e r

Co-

dex picturatus im Kreis der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, Hannover 1992; Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels,

hg.

von

RUTH

SCHMIDT-WIEGAND,

FRIEDRICH SCHEELE ( P a t r i m o n i a B d . 5 0 ) B e r l i n

Redaktion

1992.

S.o. Anm. 1 0 . 17 RUDOLF KÖTZSCHKE, Die Heimat der mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil-hist. Kl. 95, 2. H e f t , Leipzig 1943, S. 3-80). Bestätigt durch 16

NASS ( w i e A n m . 14) S . 2 5 2 . R U T H GESA HÜBBE, D e r f ü n f t e H e e r -

schild in der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (Text-Bild-Interpretation [wie Anm. 7] S. 271-276). Z u r Ersetzung des Wappens der Herren von Heimburg in Η durch das Wappen der Herren von Colditz in D, W auch NASS (wie Anm. 14) S. 2 4 2 f. 18 R U T H

SCHMIDT-WIEGAND,

Die

mitteldeutschen

Bilderhand-

schriften des Sachsenspiegels und die sprachgeschichtliche Stellung des Elb-Saale-Raums im 14. Jahrhundert (Festschrift Rudolf G r o s s e z u m 6 5 . G e b u r t s t a g , h g . v o n SABINE H E I M A N N , G O T T H A R D LERCHNER,

ULRICH

MÜLLER,

INGO

REIFFENSTEIN,

UTA

STÖRMER

[Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 231] Stuttgart 1989, S. 93-101).

19 Text und Bild. Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und f r ü h e r Neuzeit, hg. von CHRISTEL MEIER und UWE RUBERG, Wiesbaden 1980; HELGA UNGER, T e x t und Bild im Mittelalter. Illuminierte Handschriften aus fünf Jahrhunderten in Faksimileausgaben. Ausstellung der Universitätsbibliothek Bamberg 1986 (Schriften der Universitätsbibliothek Bamberg 2) Graz 1986; MICHAEL CURSCHMANN, H ö r e n - Sehen - Lesen. Buch und Schriftlichkeit im Selbstverständnis der volkssprachlichen literarischen Kultur Deutschlands um 1200 (Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 106, 1984, S. 218-257).

3

Einführung

lung der durchgehenden Illustration in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels mit den Illustrationen in anderen Rechtshandschriften, vor allem solchen des römischen und kanonischen Rechts, würde z.B. das Einzigartige dieser Codices picturati eines deutschsprachigen Rechtsbuches deutlich hervortreten lassen 20 . Im übrigen richtet sich diese Ausgabe an einen breiten Leserkreis: an den Freund besonders schöner alter Bücher, zu denen die Codices picturati des Sachsenspiegels gerechnet werden können 2 1 ; an den Liebhaber von Handschriften, die sich durch ein besonderes Anspruchsniveau auszeichnen 22 ; an den Laien, der sich f ü r die Literatur wie Kultur des Mittelalters interessiert; an den Mediävisten im weitesten Sinne 23 , sei er nun Rechtshistoriker, Historiker, Philologe oder Kunsthistoriker; schließlich an den Studierenden wie Gelehrten benachbarter Disziplinen, die nach einem Zugang zu Recht und Staat, gesellschaftlicher Ordnung, Religiosität und Mentalität des Mittelalters suchen. Im Blick auf diesen Leserkreis wird das Faksimile (I) durch einen Textband (II) ergänzt, in dem auf die diplomatische Umschrift (Sp. 1) ein zitierfähiger Text (Sp. 2) folgt. Eine Ubersetzung dieses Textes in das Neuhochdeutsche (Sp. 3) und ein Text-Bildleisten-Kommentar (Sp. 4) sollen dem Fachmann wie dem Laien das Verständnis von Text und Bild erleichtern. Besondere Probleme der Uberlieferung und Auslegung werden in den Beiträgen des Kommentarbandes (III) von Fachvertretern der verschiedenen, an der Sachsenspiegel-Forschung beteiligten Disziplinen behandelt. Sie sprechen f ü r sich selbst. Im folgenden gilt es, die Prinzipien, nach denen der Textband aufgebaut ist, zu erläutern. Die diplomatische Umschrift (Sp. 1), die heute für eine Faksimileausgabe unverzichtbar ist24, folgt dem Original auf das genaueste. Die Initialen und

20 GERNOT KOCHER, Sachsenspiegel, Institutionen, Digesten, C o dex - Z u m Aussagewert mittelalterlicher Rechtsillustrationen (Forschungen z u r Rechtsarchäologie und Rechtlichen V o l k s k u n d e 3, 1981, S. 5 - 3 4 ) ; DERS., Mittelalterliche Bildtradition u n d d e r Rechtsbegriff (Festschrift f ü r Louis Carlen z u m 60. Geburtstag, Zürich 1 9 8 9 , S. 4 9 3 - 3 0 3 ) .

GERHARD KÖBEER, B i l d e r a u s d e r

deutschen

Rechtsgeschichte. V o n den A n f ä n g e n bis z u r Gegenwart, M ü n c h e n 1 9 8 8 ; FRIEDRICH EBEL, ANDREAS FIJAL, GERNOT KOCHER, R ö m i s c h e s

Rechtsleben im Mittelalter. M i n i a t u r e n aus den H a n d s c h r i f t e n des C o r p u s iuris civilis, H e i d e l b e r g 1988; WOLFGANG SCHILD, Alte G e richtsbarkeit. V o m Gottesurteil bis z u m Beginn der m o d e r n e n Rechtssprechung, 2. Aufl. M ü n c h e n 1985. 21 PAUL RAABE, Ein S c h a t z h a u s voller Bücher. Die H e r z o g August Bibliothek in W o l f e n b ü t t e l , 2. Aufl. H a n n o v e r 1971, S. 20. 22 WOLFGANG MILDE, Mittelalterliche H a n d s c h r i f t e n d e r H e r z o g A u g u s t Bibliothek, F r a n k f u r t am M a i n 1972, N r . 78, 79, 80, S. 158-163. 23 Glanz alter Buchkunst. Mittelalterliche H a n d s c h r i f t e n der Staatsbibliothek P r e u ß i s c h e r Kulturbesitz Berlin, hg. von TILO BRANDIS u n d PETER JÖRG BECKER, W i e s b a d e n

1988.

24 OTTO MAZAL, Das Faksimile und die Wissenschaft (Codices m a n u s c r i p t i 9, 1 9 8 3 , S. 1 3 3 - 1 3 6 ) S . 1 3 5 ; HANS ZOTTER, B i b l i o g r a -

phie faksimilierter H a n d s c h r i f t e n , G r a z 1976, S. 11-22.

in die Ausgabe

Großbuchstaben der Handschrift in Auszeichnungsschrift sind durch Fettdruck wiedergegeben. Bestimmte Graphien, wie die Verwendung von L a n g - / u n d R u n d - ί , von ν f ü r u und umgekehrt, von y f ü r i sind in diesem Teil der Ausgabe beibehalten worden. Dies gilt auch f ü r die hochgestellten Lettern (t, s), die diakritischen Zeichen und Abkürzungen, wenngleich hier auch die Formen vereinfacht worden sind: Die Zeichen über u (ü, ü, ü, ü) sind zugunsten von u vereinheitlicht worden. Der (meist geschwungene) Nasalstrich wird durch einen waagerechten, geraden Strich (-) ersetzt. Die Abkürzung f ü r -er, -or wird durch einen einfachen, dem Apostroph ähnelnden Strich (') gleich nach dem Buchstaben, auf den die Abkürzung folgt, wiedergegeben. Die diplomatische Umschrift ist zunächst als Lesehilfe gedacht. Mit ihrer Hilfe soll festgestellt werden können, was in der Handschrift beziehungsweise im Faksimile tatsächlich steht. Darüber hinaus ist sie von wissenschaftlichem Interesse f ü r den Paläographen im Blick auf die Schriftgeschichte des Mittelalters überhaupt wie f ü r die Frage der Abkürzungen in deutschsprachigen Texten im besonderen. So sind die Nasalstriche oder die Abkürzungen f ü r -er, -or etc. vor dem Hintergrund mittellateinischer Schriftentwicklung zu sehen 25 . Die Position der Zeichen indessen wie ihre Verwendung in deutschen Texten bedarf genauerer Untersuchung, f ü r welche die hier gebotene Umschrift zusammen mit dem Faksimile einen Ausgangspunkt abgeben kann. Entsprechendes gilt f ü r eine sprachgeschichtliche Auswertung des Textes. Für sie ist z.B. auch die genaue Wiedergabe der vom Schreiber der Handschrift verwendeten Satzzeichen (z.B. des Punkts auf der Mitte der Zeile) von Bedeutung. Graphien wie cz-, zc-, ζζ- und z-Schreibungen, i f ü r ie, u f ü r uo, erlauben die Zuordnung des Textes zur ostmitteldeutschen bzw. obersächsisch-thüringischen Schreiblandschaft; dat f ü r daz, he f ü r er weisen auf die mitteldeutsche Grundlage bzw. mittelniederdeutsche Ausgangslandschaft des Textes zurück. Sprachliche Probleme, die auch die Textgeschichte betreffen, sind mit Hilfe der diplomatischen Umschrift leicht zu erfassen. Das gilt auch f ü r die Getrenntund Zusammenschreibung von Wortkompositionen wie f ü r die Groß- und Kleinschreibung von Namen, die in der Zeit der Bilderhandschriften keineswegs fest geregelt gewesen sind. Die diplomatische Umschrift gibt hier alle Schwankungen getreu der Handschrift wieder 26 .

25 BERNHARD BISCHOFF, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters ( G r u n d l a g e n der G e r m a n i stik 24) Berlin 1979, S. 198; KARIN SCHNEIDER, Gotische Schriften in deutscher Sprache, I. V o m späten 12. J a h r h u n d e r t bis um 1300, T e x t b a n d u n d T a f e l b a n d , W i e s b a d e n 1987. 26 Die diplomatische U m s c h r i f t d o k u m e n t i e r t den literarischen G e b r a u c h s t y p .Bilderhandschrift eines Rechtsbuches' am besten.

Ruth

4

Schmidt-Wiegand

Der zitierfähige Text (Sp. 2) unterscheidet diese Ausgabe von den früheren Faksimile-Ausgaben, der der Dresdener und der der Heidelberger Bilderhandschrift, denen ein solcher Text fehlt, obwohl dafür seit langem eine Notwendigkeit besteht. Denn der Sachsenspiegel gehört zu den Denkmälern des Mittelalters, die mit am häufigsten zitiert werden. Das gilt für die Fachliteratur im engeren Sinne wie für ein eher populäres Schrifttum im besten Sinne. Vorträge und Vorlesungen pflegen mit Beispielen aus diesem Rechtsbuch konkretisiert 27 und Aufsätze mit einem Bild aus einem der Codices picturati geschmückt zu werden 28 . Für den Text wird dabei meist auf die Ausgabe von Karl August Eckhardt zurückgegriffen, die den Anforderungen, die an die Edition mittelalterlicher Gebrauchsprosa gestellt werden, nicht mehr entspricht 29 . Vor allem aber paßt der von Eckhardt gebotene Text mit seinem rekonstruierten Mittelniederdeutsch nicht zu der mitteldeutschen Fassung des Textes in der Heidelberger, Dresdener und Wolfenbütteler Bilderhandschrift. Auch der westniederdeutsche Text der Oldenburger Bilderhandschrift hat einen erheblichen Abstand zu dem Text, den die Ausgabe Karl August Eckhardts bietet. In dem Maße nun, wie das allgemeine Interesse an dem Verhältnis von Text und Bild wächst und bei der Heranziehung des Sachsenspiegels auch seine Illustrationen mitberücksichtigt werden, besteht eine Notwendigkeit, den Text der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels in eine zitierfähige Form zu bringen. In der vorliegenden Ausgabe wurde versucht, diesen Text auf der Grundlage der Wolfenbütteler Bilderhandschrift zu schaffen. Dabei wurde die Diskussion, die in den letzten Jahrzehnten im Kreis der Philologen über Editionsprobleme geführt worden ist, berücksichtigt 30 . Zugleich aber

Vgl. O S K A R R E I C H M A N N , Editionsprinzipien f ü r deutsche Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit (Sprachgeschichte. Ein Handbuch z u r Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung,

hg.

von

WOLFGANG

BESCH,

OSKAR

REICHMANN,

STEFAN

SONDEREGGER, 1. Halbband, B e r l i n - N e w York 1984, S. 693-703). 27 KM I SCHULZ, Mittelalterliche Vorstellungen von der Körperlichkeit (Der Mensch und sein Körper von der Antike bis heute, h g . v o n ARTHUR E . IMHOF, M ü n c h e n 1 9 8 3 , S . 4 6 - 6 4 ) S . 4 8 f . D I E T M A R W I L L O W E I T , Gericht und Urteil über den W e n d e n (Festschrift f ü r Hans Thieme, hg. von K A R L K R O E S C H E L L , Sigmaringen 1986, S. 8 3 - 9 5 ) T a f e l 1 und 2. 28

2 9 RUTH SCHMIDT-WIEGAND, D i e ü b e r l i e f e r u n g s k r i t i s c h e A u s g a b e

des Sachsenspiegels als A u f g a b e der mittelniederdeutschen Philologie (Franco-Saxonica. Münstersche Studien z u r niederländischen und niederdeutschen Philologie. Jan Goossens zum 60. Geburtstag, Redaktion R O B E R T D A M M E , L O E K G E E R A E D T S , G U N T E R M Ü L L E R , R O B E R T P E T E R S , Neumünster 1 9 9 0 , S. 1 - 1 3 ) .

sind die Richtlinien, die für die Edition landesgeschichtlicher Quellen gelten, befolgt worden 31 . Aus der weitgestreuten Literatur, von der hier nur einiges wenige angeführt werden kann, ergaben sich folgende Prinzipien für die Gestaltung des zitierfähigen Textes. 1. Die Textherstellung folgt grundsätzlich weitgehend der Uberlieferung. Intendiert ist kein egalisierter Text nach Maßgabe einer mittelhochdeutschen oder mitteldeutschen Norm der Sprache. Im Sinne der überlieferungskritischen Ausgabe 32 wurde vielmehr versucht, dialektale Formen mit ihren Schwankungen und scheinbaren Widersprüchen in der schriftlichen Uberlieferung des Textes, die für seine Entstehung wie Rezeption aufschlußreich sind, auch im zitierfähigen Text, der Handschrift entsprechend, in der Regel zu erhalten. Dies gilt z.B. für die unterschiedliche Wiedergabe von Lang-i, das in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift i, y oder ie geschrieben wird und damit für die ostmitteldeutsche Monophthongierung von ee i aufschlußreich ist; oder für die Schreibung der unbetonten Flexionsendungen -is, -it u.a.m. für -es, -et, die u.a. auch für Texte aus dem thüringisch-obersächsischen Raum charakteristisch ist. Durch die Beibehaltung dieser Graphien wird also die sprachgeographische Bindung des Textes verdeutlicht. 2. Diese prinzipielle Einstellung gegenüber der Überlieferung spiegelt sich auch in der äußeren Gliederung des Textes wider. So folgt die Einteilung in Bücher und Kapitel der Handschrift und ihrer Zählung, wobei nur offensichtliche Fehler verbessert worden sind, die im Apparat nachgewiesen werden. Die Unterteilung der Kapitel in Unterabschnitte folgt den Initialen beziehungsweise den Großbuchstaben der Handschrift, die wie in der diplomatischen Umschrift, so auch im und

DIETER WUTTKE,

Boppard

1978,

S.

35-40).

RUTH

SCHMIDT-

WIEGAND, Überlieferungs- und Editionsprobleme deutscher Rechtsbücher (im Druck). 31 Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen, hg. v o n WALTER HEINEMEYER, S e l b s t v e r l a g d e s G e s a m t v e r e i n s d e r d e u t -

schen Geschichts- und Altertumsvereine, M a r b u r g - K ö l n 1978; Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Texte. Arbeitskreis „Editionsprobleme der frühen Neuzeit" der Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen (Archiv für Reformationsgeschichte 72, 1981, S. 299-315); Zur Interpunktion und ihren Problemen jetzt auch K U R T G Ä R T N E R , Zur Interpunktion in den Ausgaben mittelhochdeutscher T e x t e (Editio. Int e r n a t i o n a l e s j a h r b u c h f ü r Editionswissenschaft 2 , 1 9 8 8 , S. 8 6 - 8 9 ) . 32 Vgl. hierzu: Die ,Rechtssumme' Bruder Bertholds. Eine deutsche abecedarische Bearbeitung der ,Summa Confessorum' des J o hannes von Freiburg. Synoptische Edition der Fassungen Β, Α und C,

hg.

von

GEORG

STEER

und

WOLFGANG

KLIMANEK,

DANIELA

3 0 WERNER SCHRÖDER, E d i t i o n s p r i n z i p i e n f ü r d e u t s c h e T e x t e d e s

KUHLMANN,

Früh- und Hochmittelalters (Sprachgeschichte [ w i e Anm. 2 6 ] S.

(Texte und Textgeschichte. W ü r z b u r g e r Forschungen 11-14) T ü bingen 1987. Dazu das Programm: Spätmittelalterliche Prosaforschung. DFG-Forschergruppe - P r o g r a m m am Seminar für deutsche Philologie der Universität W ü r z b u r g , ausgearbeitet von

682-692);

REICHMANN ( w i e A n m . 2 6 ) ;

KLAUS GRUBMÜLLER,

Edition

(Reallexikon f ü r die Germanische Altertumskunde 6, B e r l i n - N e w York 2 1 9 8 6 , S . 4 4 7 - 4 5 2 ) ; K U R T R U H , Votum für eine überlieferungskritische Editionspraxis (Probleme der Edition mittel- und neulateinischer Texte. Kolloquium der Deutschen Forschungsgemeinschaft Bonn 2 6 . - 2 8 . Februar 1 9 7 3 , hg. von G Ü N T H E R H Ö D L

FREIMUT

LÖSER,

KARL-HEINER

SÜDEKUM,

Bd.

KLAUS GRUBMÜLLER, PETER JOHANEK, KONRAD KUNZE, KLAUS ZEL, K U R T R U H , G E O R G S T E E R

nistik

5, 1 9 7 3 ,

S.

156-176).

1-4

MAT-

(Jahrbuch für Internationale Germa-

Einführung

5 zitierfähigen Text in Fettdruck wiedergegeben sind. Ein Vergleich mit den gängigen Ausgaben ist dabei jederzeit über den parallel zum zitierfähigen Text abgedruckten Text-Bildleisten-Kommentar (Sp. 4) wie über eine Synopse am Ende des Kommentarbandes möglich. Die weitgehende Beibehaltung der Großgliederung des Textes, wie sie die Wolfenbütteler Bilderhandschrift gemeinsam mit den beiden anderen mitteldeutschen Codices picturati bietet, ist insofern sinnvoll, als diese Handschriftengruppe im ganzen als erste die Büchereinteilung der Vulgatafassung der Sachsenspiegel-Uberlieferung enthält 33 . 3. Die Eingriffe in den Text beschränken sich zunächst auf die Fehler, die dem Schreiber der Wolfenbütteler Handschrift (W) bei der Abschrift des Textes von der Vorlage unterlaufen sind. Ergänzungen aus den nächstverwandten Bilderhandschriften, der Dresdener (D) und Heidelberger (H) Handschrift, sind im zitierfähigen Text kursiv gesetzt. Desgleichen die Ergänzungen, die im Text, gestützt auf Ο und die übrige mittelniederdeutsche Uberlieferung, vorgenommen worden sind. Meist bildete hierfür die Berliner Sammelhandschrift Mgf 10 des Jahres 1369, auf der die Ausgabe des Sachsenspiegels von Carl Gustav Homeyer beruht, die Grundlage 3 4 . Auf sie wird im Apparat mit der Sigle Horn, verwiesen, während die übrigen Vergleichshandschriften mit den f ü r sie üblichen Siglen, dem Grad ihrer Verwandtschaft zu W entsprechend, in der Reihenfolge D, Η , Ο im Apparat berücksichtigt sind. Diese Behandlung der Uberlieferung hat den Zweck, die Codices picturati des Sachsenspiegels als eine funktional eng zusammengehörige Gruppe hervortreten zu lassen. 4. Ein zitierfähiger Text bedarf gewisser Glättungen durch Vereinheitlichung und Vereinfachung, die zugleich seine Lesbarkeit f ü r den Benutzer erhöhen, der weder Philologe noch Sprachhistoriker ist, sondern Historiker, Rechtshistoriker oder Kunsthistoriker oder von einem entsprechenden Interesse geleitet wird. Solche Glättungen, die weder die Sprachform (s.o. 1.) noch die Struktur (s.o.2.) oder den Textzusammenhang (s.o. 3.) entscheidend berühren, betreffen folgende Punkte: - die Schreibung folgt möglichst buchstabengetreu der Handschrift, z.B. bei s, zz, cz, zc, tz und z, mit folgenden Ausnahmen: u wird nur

33

H O M E Y E R ( w i e A n m . 6 ) S . 7 ; EBEL ( w i e A n m . 1 ) S p .

Berlin

3

1861;

BÄRBEL M Ü L L E R ,

Die

Berliner

vokalisch, ν nur konsonantisch verwendet; vu wird durch w ersetzt, w durch u, wenn dies der Lautform entspricht; y wird durch i ersetzt, also ienen, iener, duibe statt yenen, yener, duybe in W; - kontrahierte Formen wie clait f ü r clagit, sait f ü r sagit, geleit f ü r gelegit bleiben erhalten, werden im Apparat aber nur dann nachgewiesen, wenn besondere Verständigungsschwierigkeiten bestehen; - Großschreibung am Anfang der Sätze und bei Eigennamen (Orts- und Personennamen) ist auch gegen die Handschrift durchgeführt worden. Got wird, dem Gebrauch der Handschrift folgend, am Satzanfang groß, im Satzinnern klein geschrieben; - die Interpunktion folgt im großen und ganzen heutigem Brauch. Sie soll dem Benutzer der Ausgabe den Zugang zur Aussage des Textes erleichtern. Dies scheint um so mehr vertretbar, als die mittelalterliche Interpunktion, bei der es nicht um die Abgrenzung syntaktischer Glieder, sondern um die Markierung von Sprecheinheiten geht, dem diplomatischen Text jederzeit entnommen werden kann; - die Getrennt- und Zusammenschreibung bei Substantiven und Verben folgt im allgemeinen dem heutigen Schreibgebrauch; bei Problemfällen, zumal dann, wenn sie wie bei der bürg herre eine unterschiedliche Auslegung erlauben, wurde der Handschrift entsprechend verfahren. Dies gilt auch f ü r die problematische Schreibung von Zahlenangaben wie selb dritte und Fristenbezeichnungen wie virzennacht, sechswochen, wo die Handschrift zwischen Getrenntund Zusammenschreibung schwankt. Während f ü r die Mehrzahl der mittelalterlichen Handschriften in deutscher Sprache das weitgehende Fehlen von Abbreviaturen kennzeichnend ist, haben sich, wie in einigen volkssprachlichen Codices geistlichen Inhalts, auch in den Rechtshandschriften Spuren des lateinischen Abkürzungssystems erhalten 35 . Das gilt in besonderer Weise f ü r - die Kürzung vn f ü r vnde (fol. lr, Z. 3, 14, 15; fol. 28r, Z. 3, 11; fol. 43r, Z. 22, 25), die als Abbreviatur des gleichlautenden lat. Wortes ins Deutsche übernommen worden ist36; der meist leicht geschwungene Nasalstrich wird im Druck durch einen waagerechten, geraden Strich (-) wiedergegeben; er ersetzt auch fehlendes m (fol. lOr, Z. 20: bischtum; fol. 36v, Z.

1230.

34 SCHMIDT-WIEGAND (wie Anm. 5) S. 372 und Abb. 82-84; Des Sachsenspiegels Erster Theil oder das Sächsische Landrecht nach der Berliner Handschrift vom Jahre 1369, hg. von CARL GUSTAV HOMEYER,

in die Ausgabe

Sammel-

handschrift Mgf 10 und ihre Bedeutung f ü r die überlieferungskritische Ausgabe des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 19) Frankfurt a.M. - Bern - New Y o r k - P a r i s 1991.

35 Die folgenden Beobachtungen sind von DAGMAR HÜPPER zusammengestellt worden. Vgl. hierzu SCHNEIDER (wie Anm. 25) S. 16 f.; OTTO MAZAL, Lehrbuch der Handschriftenkunde (Elemente des Buch- und Bibliothekswesens 10) Wiesbaden 1986, S. 140 ff.; BISCHOFF ( w i e A n m . 2 5 ) S. 1 9 2 f f . 36

SCHNEIDER ( w i e A n m . 2 5 ) S.

16.

Ruth

-

-

-

-

Schmidt-Wiegand

14: nimmer; fol. 45v, Z. 17: umme) und η (fol. lOr, Z. 30: virzcenrcacht; fol. 28r, Ζ. 1: gebundenen tagen; fol. 43r, Z. 34: brercge») in Inund Auslaut. Bei dem bestimmten Artikel und häufiger noch bei den Verbindungen kann der Nasalstrich auch auf volltonige Silben hinweisen: de me (fol. 12r, Z. 15; fol. 29r, Ζ. 1) und geben (fol. 18r, Z. 33; fol. 18v, Z. 30; fol. 48r, Z. 24). Häufigstes Silbenkürzel ist ein auf dem Kopf stehender, seitenverkehrter Apostroph, der in der Umschrift als (') erscheint; es steht überwiegend f ü r -er- in In- und Auslaut (fol. l l v , Z. 21: der, fol. 12v, Z. 9: aber; fol. 34r, Ζ. 1: herren; fol. 56r, Z. 17: verre; fol. 62v, Z. 12f.: werdin), daneben aber auch f ü r -re- (anderen: fol. 44v, Z.4; fol.59r, Z. 16, 17; fol.59v, Z.4,9; fol. 62r, Z. 15, 25), - h - (stirbit: fol. l l v , Z. 23; fol. 12r, Z. 16; fol. 30v, Z. 2; fol. 39v, Z. 25) und -or- im Inlaut (entwerten: fol. 17v, Z. 28; fol. 34r, Z. 9; fol. 62v, Z. 25, 26) 37 . Zu erkennen ist ferner die r-Kürzung durch Hochstellen des Folgevokals 38 (fol. 22v, Z. 33: gougreven; fol. 30r, Z. 27: grünen-, fol. 43v, Z. 21 und fol. 60v, Z. 9f.: gebrochen), die in der Handschrift ebenso wie in dem diplomatischen Text durch die hochgestellten Folgevokale , und angezeigt wird. Eine Ausnahme bildet die Graphemfolge -ra-, die in der H a n d schrift als Wellenlinie über zwei Punkten (—) auftritt 3 9 und mit einem entsprechenden Zeichen auch in die Umschrift übernommen wurde (fol. 22v, Z. 24: grabin; fol. 28v, Z. 4: graueschaft; ebenso: fol. 49r, Z. 34 und fol. 49v, Z. 21f.). Für die Kürzung der Silbe -ur- begegnet - in der Regel nach dem vorangehenden Konsonanten - ein hochgestelltes gewelltes Zeichen, das an die Zahl Zwei (2) erinnert 40 und deshalb in dieser Form im Druckbild erscheint (fol. 13r, Z. 3f.: ebinbwrtig; fol. 29v, Ζ. 1: bwrnet; fol. 39r, Z. 24: walpwrge; fol. 44r, Z. 4, 18, 32, 35: borgen; fol. 82r, Z. 17f.: bürgere). Die Abbreviatur f ü r die lateinische Endung -usähnelt einer hochgestellten Neun (9) 41 , so daß auch diese Zahl als Zeichen in die Umschrift übernommen werden konnte (fol. 39r, Z. 22f.: bartholomews; fol. 39r, Z. 31: vrbanKj; fol. 47r, Z. 37: zyrnws).

37 Anders hier MAZAL (wie Anm. 35) S. 142: „Der Apostroph, nach einem Buchstaben hoch nachgesetzt, wurde speziell in den notae iuris und den insularen Abkürzungen als allgemeines Zeichen einer Suspension verwendet, vgl. c' = cum, p' - post, s' = sed, t' = tur." 3 8 V g l . SCHNEIDER ( w i e A n m . 2 5 ) S . 16.

39 EBD.: „Das hochgestellte a wird oben offen geschrieben und degeneriert später zu einer Wellenlinie." 40 So auch gängig in lateinischen Handschriften, vgl. MAZAL (wie Anm. 3 5 ) S. 1 4 3 . 4 1 A n d e r s MAZAL ( w i e A n m . 3 5 ) S . 1 4 2 f .

6 - Wiederholt kennzeichnen die hochgestellten kleingeschriebenen Konsonanten (t) und (g) das Fehlen der vorangehenden Vokale -i- oder -e-, so bei m / t ( f o l . l r , Z. 17; f o l . l 2 r , Z.24; fol.29r, Z.5; fol. 45v, Z. 6,20,32; fol.60v, Z. 12) und schuldig (fol. 12r, Z.33; fol.34r, Z.28; fol.46v, Z.3); gelob ei (fol.30r, Z.5); gestirbei (fol.30v, Z. 15), geanevangef (fol.34v, Z.23). Alle diese Abkürzungen sind im zitierfähigen Text aufgelöst worden. Für den paläographisch und sprachhistorisch interessierten Benutzer sind diese Glättungen durch den Vergleich des zitierfähigen Textes mit der diplomatischen Umschrift jederzeit festzustellen. Wie der zitierfähige Text soll auch die Übersetzung (Sp. 3) vor allem dem richtigen Verständnis der Überlieferung dienen und damit den Zugang zur Interpretation des Sachsenspiegels von einer besonderen Seite her eröffnen. Anders als die Übertragung des Sachsenspiegels in der Manesse Bibliothek der Weltliteratur 42 , bei der es darum ging, durch eine gewisse Anpassung an den modernen Sprachgebrauch und Geschmack vor allem dem Laien einen Anreiz zur Lektüre dieses wichtigen Denkmals mittelalterlicher Rechtskultur zu geben, soll die Übersetzung in dieser Ausgabe durch eine weitgehende Treue zum Text 4 3 auch wissenschaftlich vertretbar sein, selbst um den Preis, daß bestimmte Übersetzungsprobleme, die noch nicht befriedigend gelöst werden können, dabei offen zutage treten. In einem knapp gehaltenen Anmerkungsapparat zur Übersetzung wird auf sie hingewiesen, indem die Bezeichnungen des Textes genannt werden, auf die sich die jeweilige Übersetzung bezieht. Dabei wird die Bedeutung angegeben, die das Wort im allgemeinsprachlichen wie typisch rechtssprachlichen Bereich hatte. Im übrigen folgt die Übersetzung mit ihrer Syntax weitgehend der Vorlage, selbst dann, wenn im Blick auf das Neuhochdeutsche die Umstellung von Satzgliedern und Gliedsätzen nahezuliegen scheint. Ausnahmen bestätigen freilich auch hier die Regel. Beibehalten wurden vor allem die fachsprachlichen Ausdrücke, die Termini technici der mittelalterlichen Rechtssprache, wie z.B. die Bezeichnung der ,Friedenstage' als gebundene Tage oder Gerüfte f ü r die außergerichtliche Prozeßerö f f n u n g bei handhafter Tat und anderen Gewaltverbrechen wie Mord, Raub, Diebstahl und Vergewaltigung. Diese Rechtstermini, zu denen auch die Bezeichnungen f ü r das Sondergut von Mann

4 2 S.o. Anm. 4 . 43 RUDOLF SCHÜTZEICHEL, Textgebundenheit. Kleinere Schriften zur mittelalterlichen deutschen Literatur, Tübingen 1981; DERS., Kontext und Wortinhalt. Vorüberlegungen zu einer Theorie des Ubersetzens aus älteren Texten („sagen mit sinne". Festschrift f ü r Marie-Luise Dittrich zum 65. Geburtstag, hg. von HELMUT RÜCKER und

KURT O T T O

SEIDEL [ G ö p p i n g e r

1 8 0 ] G ö p p i n g e n 1 9 7 6 , S. 4 1 1 - 4 3 4 ) .

Arbeiten

zur

Germanistik

Einführung

7 und Frau wie Hergewäte und Gerade gehören, werden auch in alliterierenden oder stabreimenden Formeln 44 möglichst beibehalten. Freilich wird in solchen Fällen der Ubersetzung eine Erklärung im Apparat beigegeben. Im übrigen werden diese Rechtswörter und Wendungen der Rechtssprache in einem Glossar, das dem Kommentarband beigegeben ist, zusammengefaßt, so daß man einen Eindruck über die Belegdichte wie das Spektrum der Bedeutungen erhält. Anders als bei den Glossaren zu der Ausgabe von Karl August Eckhardt werden dabei also der onomasiologische wie der semasiologische Aspekt berücksichtigt. Die onomasiologische Frage nach der Bezeichnung des Begriffs ,Notzucht' durch not und notnunft ist über dieses Stichwörterverzeichnis ebenso zu beantworten wie die semasiologische Frage nach der Bedeutung von not ,Bedrängnis' und ,Notzucht'. Auch der Rechtsterminus echte Not .rechtlich anerkannte Behinderung' wird in diesem Zusammenhang genannt. Der Text-Bildleisten-Kommentar (Sp. 4), der parallel zu diplomatischer Umschrift, zitierfähigem Text und Übersetzung abgedruckt ist, soll vor allem der ikonographischen Erschließung der Handschrift in einem modernen Verständnis dienen und dabei das Verhältnis von Text und Bild verdeutlichen. Auf die notwendig knappe Beschreibung jedes einzelnen Bildstreifens folgt ein Hinweis auf die wichtigsten Bildvarianten der Heidelberger, Dresdener und Oldenburger Bilderhandschriften, sofern diese f ü r die Uberlieferungsgeschichte oder die zeitgenössischen Interpretationsansätze von Bedeutung sind. Im übrigen werden der Informationsüberschuß und das Informationsdefizit der Bilder gegenüber dem Text verzeichnet, wobei Stereotypen in der Darstellung von Personen und Sachen, unterschieden nach Form, Farbe und Anzahl, in Gestalt von Symbolen und Chiffren, besonders beachtet worden sind 45 . Gelegentlich wird auch durch wörtliche Zitate auf den zitierfähigen Text Bezug genommen, nämlich dann, wenn es um bestimmte Rechtsbegriffe oder besondere rechtliche Sachverhalte geht. Bei der

44 GERHARD KÖBLER, V o n d e m Stabreim im deutschen

Recht

( F e s t s c h r i f t H a n s T h i e m e [ w i e A n m . 2 8 ] S. 2 1 - 3 6 ) ; BÄRBEL BAUM,

D e r Stabreim im Recht. V o r k o m m e n u n d Bedeutung des Stabreims in Antike und Mittelalter (Rechtshistorische Reihe 46) F r a n k f u r t a . M . - B e r n - N e w Y o r k 1986. 45 RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Kleidung, T r a c h t u n d O r n a t nach den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels' (Terminologie u n d T y p o l o g i e mittelalterlicher Sachgüter: D a s Beispiel der Kleidung. Internationales R o u n d - T a b l e - G e s p r ä c h Krems an d e r D o n a u 6. O k t o b e r 1986 [ V e r ö f f e n t l i c h u n g e n des Instituts f ü r mittelalterliche R e a l i e n k u n d e Österreichs 10] W i e n 1988, S. 143-175); DAGMAR HÜPPER, Funktionstypen d e r Bilder in den Codices picturati des Sachsenspiegels (Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter. E r s c h e i n u n g s f o r m e n u n d Entwicklungsstufen, hg. v o n HAGEN KELLER, KLAUS GRUBMÜLLER, NIKOLAUS STAUBACH. A k t e n d e s I n t e r -

nationalen Kolloquiums. 1 7 . - 1 9 . M a i 1989 [ M ü n s t e r s c h e Mittelalter-Schriften 65], M ü n c h e n 1992, S. 231-249).

in die Ausgabe

Anfertigung des Text-Bildleisten-Kommentars wurden die Erläuterungen Karl von Amiras 46 ebenso laufend berücksichtigt wie die Text-Bildleisten-Kommentare Walter Koschorrecks 4 7 , ohne daß dies in jedem Fall angegeben ist. Die Zählung der Bildleisten folgt in der Regel diesen Kommentaren, so daß ein Vergleich auch hier jederzeit möglich ist. Die auf die Bildnummer in Klammern () folgende Stellenangabe bezieht sich auf die Ausgabe von Karl August Eckhardt 4 8 , so daß mit ihrer Hilfe jederzeit weitere Vergleichstexte herangezogen und einschlägige Aufsätze mühelos benutzt werden können. Die Literaturangaben am Ende jeder Bildbeschreibung beziehen sich meist auf die wissenschaftlichen Arbeiten, die im Vorfeld dieser Ausgabe vor allem durch die Zusammenarbeit mit der H e r z o g August Bibliothek entstanden sind 49 . Der Text des Sachsenspiegels in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift hat Lücken. Wie die Benutzerspuren, die der Codex aufzuweisen hat, spricht dies dafür, daß diese Handschrift „gebraucht" worden ist, daß sie trotz der ungewöhnlichen Ausstattung mit einer durchgängigen Illustration nicht allein repräsentativen Charakter gehabt hat. Die verlorenen Blätter und Lagen haben so auch Textpartien enthalten, die sachlich gesehen f ü r das Rechtsleben besonderes Gewicht hatten. Sie könnten, ähnlich wie die in der Heidelberger Bilderhandschrift fehlenden Teile über das Erb- und Familienrecht, auch herausgenommen und gesondert mitgeführt oder aufbewahrt worden sein. So fehlt ζ. B. der Wolfenbütteler Bilderhandschrift der Anfang des zweiten Buches mit wichtigen Bestimmungen zum Prozeßverlauf, die das Klageversäumnis und die vorgeschriebenen Fristen f ü r den Kläger und den Angeklagten betreffen. Ferner die Befreiung aus der Bezirksacht, die Gestellung von Bürgen, die Zahlung und die Ablehnung von Bußen, die Urteilsschelte, sogenannte echte Not, das heißt ,rechtmäßige Gründe f ü r die Verhinderung, vor Gericht zu erscheinen'; das Versäumnis des echten Gerichtstages oder Fälle, über die auch an den gebundenen Tagen oder Friedenstagen Gericht gehalten werden durfte; Eide, die für Schuld zu leisten waren. Insgesamt handelt es sich also um Bestimmungen, die Verfahrensfragen betreffen und von hier aus vor allem f ü r die Personen von Bedeutung waren, die wie Graf oder Richter dem Gericht vorzusitzen hatten. Entsprechendes gilt f ü r die Lücken an anderer Stelle. Im Blick auf das Ziel, das mit dieser Ausgabe verfolgt wird - die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als funktionale Gruppe zu dokumentieren - , sind die Lücken der Wolfenbüt46 47 48 49

S.o. S.o. S.o. S.o.

Anm. Anm. Anm. Anm.

12. 10. 2. 2 u n d Anm. 7.

Ruth

8

Schmidt-Wiegand

teler Bilderhandschrift im Kommentarband durch die Wiedergabe der entsprechenden Seiten in der Dresdener Bilderhandschrift ergänzt worden. Dies ist durch das Entgegenkommen der Landesbibliothek Dresden möglich gewesen, f ü r das auch an dieser Stelle gedankt sei. Wie der Text der Wolfenbütteler Bilderhandschrift sind den Ergänzungen aus der Dresdener Bilderhandschrift eine diplomatische Umschrift, ein zitierfähiger Text, eine Ubersetzung und ein Text-BildleistenKommentar beigegeben worden. Verglichen mit der übrigen Sachsenspiegel-Uberlieferung haben die Codices picturati eine nicht gerade umfangreiche Mitüberlieferung. Es fehlen ihnen ζ. B. die beiden Reimvorreden, von denen eine auf den Verfasser des Sachsenspiegels, Eike von Repgow, zurückgeht. Sie enthält wichtige Angaben des Autors über den Anlaß der Aufzeichnung und die Absichten, die er damit verfolgte. Die Mitüberlieferung der Wolfenbütteler Bilderhandschrift ist dabei im ganzen vollständiger erhalten als die Mitüberlieferung der Dresdener Bilderhandschrift. Das gilt f ü r die Register 50 , die dem Text vorangestellt sind (ein Inhaltsverzeichnis, ein Sachregister und der Anfang eines Schlagwortregisters), die insgesamt eine besondere funktionale Bedeutung haben, weil sie den Zugriff auf den Text f ü r den zeitgenössischen Benutzer erleichtern sollten. Das gilt aber vor allem f ü r den Mainzer Reichslandfrieden des Jahres 1235, ein Reichsgesetz, das der Verfasser des Sachsenspiegels nicht mehr berücksichtigt hat - eine Tatsache, die f ü r die Datierung seines Werkes (vor 1235) eine ganz entscheidende Rolle spielt 51 . Zur Mitüberlieferung der Wolfenbütteler Bilderhandschrift gehören schließlich die Prosavorreden des Sachsenspiegels, die Vorrede von der herren gehurt52 und die sonst mit Prologus und Textus prologi überschriebenen Vorreden zum Sachsenspiegel, die aber in der Dresdener und der Wolfenbütteler Bilderhandschrift als eine Einheit behandelt worden sind 53 . Reste eines Nachwortes, das man im weitesten Sinne auch als Epilog bezeichnen kann, sind zu Ende des Lehenrechts (fol. 85r) enthalten und mit einem höchst bemerkenswerten Autorenbild 5 4 geschmückt. Der Verfasser des Sachsenspiegels, nach dem seine Widersacher mit Füßen treten, liegt unter der Last seines Buches, 5 0 BÄRBEL MÜLLER, K a p i t e l v e r z e i c h n i s s e u n d „ S a c h r e g i s t e r "

aus dem ein Brustbild Gottes hervorschaut. Das Bild, das zu den Worten des Prosaprologs Got is selber recht, dar umme is im recht lip zurücklenkt, gilt als geniale Erfindung des Illustrators der Stammhandschrift der Codices picturati, während das Autorenbild, das dem Prosaprolog (fol. 9v) beigegeben ist, in einer Bildtradition steht, die ihre Wurzeln im antiken Autorenbild und im christlichen Evangelistenbild hat 55 . Das Autorenbild der Wolfenbütteler und Dresdener Bilderhandschrift zeigt den Verfasser des Sachsenspiegels, Eike von Repgow, in grüner Herrentracht, mit einem Schriftband über dem linken Arm und einer gleichsam zum Schwur erhobenen Rechten, inspiriert vom Heiligen Geist in Gestalt einer Taube mit Nimbus, vor den christlichen Kaisern Karl und Konstantin kniend, die mit Redegebärden der rechten H a n d das Recht der Sachsen diktieren. Die Oldenburger Bilderhandschrift zeigt an dieser Stelle den Schreiber bei seiner Arbeit, die Taube mit Nimbus und das Wappen des Auftraggebers, des Grafen von Oldenburg. Das Autorenbild mit seinen Varianten in der Dresdener und Oldenburger Bilderhandschrift spiegelt also die Entwicklung des Sachsenspiegels von einer „Privatarbeit" zu einem autorisierten Rechtsbuch mit Gesetzescharakter in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wider. Im Zuge dieser Entwicklung ist auch die Ersetzung des Autorenbildes zu Beginn des Lehenrechts (fol. 59r) durch ein Kaiserbildnis zu sehen. Es zeigt in der Heidelberger Bilderhandschrift (fol. lr) Eike von Repgow als rutenschwingenden Lehrer mit einem Schüler in Herrentracht, während in der Dresdener und Wolfenbütteler Bilderhandschrift an die Stelle des Autors als Lehrer der Kaiser als oberster Lehensherr, wahrscheinlich Friedrich II., getreten ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Aufnahme des Mainzer Reichslandfriedens, eines der wichtigsten Gesetze des Stauferkaisers, zu sehen. In beiden Codices picturati (D, W) gibt es beim Mainzer Reichslandfrieden ein Kaiserbild als Titelminiatur, das in dieser Ausgabe nur kurz zu erläutern gewesen ist. Vergleichbares gilt f ü r die Vorrede von der herren geburt, die in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift nicht illustriert ist, so daß auch hier ein Text-Bildleisten-Kommentar entfällt. Für die umfangreiche Literatur zum Sachsenspiegel, von der im Zusammenhang mit

zum

Sachsenspiegel in Mgf 10 und in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift: Ein Vergleich (Der Sachsenspiegel als Buch [wie Anm. 2] S. 1 4 3 - 1 6 8 ) .

51 BRIGITTE JANZ, Wir sezzen unde gebiten. Der Mainzer Reichslandfriede in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 112,

53 Zu ihrem Inhalt vgl. auch ALEXANDER IGNOR, Über das allgemeine Rechtsdenken Eikes von Repgow (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, Neue Folge, H e f t 42) P a d e r b o r n - M ü n c h e n - W i e n - Z ü r i c h 1984, s. auch Anm. 55.

1 9 9 0 , S. 2 4 2 - 2 6 6 ) ; RUTH SCHMIDT-WIEGAND, D e r M a i n z e r R e i c h s -

5 4 SCHMIDT-WIEGAND ( w i e A n m . 5 ) S. 3 6 3 - 3 6 7 .

landfriede im Spannungsfeld zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit (Festschrift Stefan Sonderegger) B e r l i n - N e w York 1992,

55 Hierzu auch ULRICH DRESCHER, Geistliche Denkformen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankfurt a . M . - B e r n - N e w Y o r k - P a r i s 1989, insb. S. 68-119, ferner die Abbildung der Autorenbilder im Kommentarband.

S. 3 4 2 - 3 5 7 . 5 2 ROLF LIEBERWIRTH, D i e S a c h s e n s p i e g e l v o r r e d e v o n

der

geburt (Der Sachsenspiegel als Buch, wie Anm. 2, S. 19-56).

herren

9 dieser Einführung in die Ausgabe nur ein kleiner Teil genannt werden konnte, wird im Kommentarband ein ausführliches Literaturverzeichnis enthalten sein. Mit ihm ist keineswegs Vollständigkeit im Sinne einer Bibliographie zum Sachsenspiegel 56 angestrebt. Vielmehr sind nur die Werke und Aufsätze genannt, die f ü r die Uberlieferungsgruppe der Bilderhandschriften und das besondere Verhältnis von Text und Bild aufschlußreich sind. Es wurde in dieser Einführung wiederholt auf den Kommentarband Bezug genommen. Insofern besteht Veranlassung, den Aufbau der FaksimileAusgabe im ganzen an dieser Stelle kurz zu erläutern. Sie enthält in einem ersten Teil (I) das Faksimile der Wolfenbütteler Bilderhandschrift ohne jede Kommentierung. In einem zweiten Teil (II) sind außer dieser Einführung die kodikologische Beschreibung der Handschrift und der synoptische Abdruck der diplomatischen Umschrift, des zitierfähigen Textes, der Übersetzung und des TextBildleisten-Kommentars zu finden. Dieser Textband enthält also außer den Registern alles, was der Erschließung der Überlieferung dient, wie sie der Wolfenbütteler Codex bietet. In einem dritten Teil (III), der hier als Kommentarband bezeichnet wurde, sind Beiträge verschiedener Wissenschaftler zu zentralen Fragen der Überlieferung der Bilderhandschriften wie ihrer Ikonographie, zum rechtshistorischen, historischen und landesgeschichtlichen Gehalt, zur Sprachform, zur Darstellung von Wappen, Waffen, Kleidung und Gebärden zusammengefaßt, mit denen auf die gegenwärtige Forschungslage und die besonderen Brennpunkte wissenschaftlicher Diskussion aufmerksam gemacht wird. Dieser Kommentarband soll also nicht die ausführlichen Erläuterungen Karl von Amiras ersetzen. Er kann dies ebensowenig wie die knappen TextBildleisten-Kommentare im zweiten Teil. Der Kommentarband dieser Ausgabe will vielmehr Anregungen f ü r die Arbeit mit dem Werk und f ü r eine Auswertung von Text und Bild geben. Er faßt damit die Ergebnisse zusammen, die auf mehreren Kolloquien mit Beteiligung auswärtiger Gelehrter aus ganz Deutschland, aus Osterreich, der Schweiz und den Niederlanden erzielt worden sind. Hier ist vor allem das Arbeitsgespräch zu nennen, das im Jahre 1984 im Zusammenwirken des Sonderforschungsbereichs 7 ,Mittelalter-

Einführung

in die Ausgabe

forschung' der Universität Münster und der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel durchgef ü h r t worden ist57. Es diente der Einführung in die Überlieferungsform der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, dem Verhältnis von Text und Bild wie der Funktion der Illustrationen. Dabei wurden zu verschiedenen Gegenständen wie dem Verhältnis von Kaiser und Papst, dem mittelalterlichen Schuldrecht, Ehe und Verwandtschaft, Dorfrecht und Flurordnung, der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung u . a . m . mögliche Interpretationsansätze geprüft. Ein zweites Kolloquium, das vom Sonderforschungsbereich 231 .Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter' der Universität Münster und hier im Teilprojekt Ε ,Rechtsbücher als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit' 58 im Jahr 1987 durchgeführt worden ist, behandelte die Mitüberlieferung des Sachsenspiegels in den Bilderhandschriften (Mainzer Reichslandfriede, Vorrede von der herren geburt, Kapitelverzeichnisse und Sachregister) wie auch die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte, wie sie sich an der handschriftlichen Überlieferung, insbesondere den illustrierten Handschriften 59 , ablesen läßt. Auf einem entsprechenden Kolloquium des Jahres 1988 wurden Überlieferungs- und Editionsprobleme des Sachsenspiegels allgemein und die Präsentation von Text und Bild im besonderen besprochen. Die Ergebnisse dieser Gespräche sind in die hier vorgelegte Ausgabe eingegangen 60 . Auf einem Internationalen Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 231 der Universität Münster 1989 über .Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter' wurden als ein Ergebnis der Arbeit im Sonderforschungsbereich Funktionstypen in den Illustrationen der Bilderhandschriften vorgestellt 61 . Aus dem Kreis der auswärtigen Teilnehmer dieser Veranstaltungen konnten die Beiträger zum dritten Teil dieser Ausgabe, Professor Dr. Gernot Kocher/Graz, Professor Dr. Rolf Lieberwirth/Halle, Dr. Klaus Naß/Göttingen, Dr. Norbert H . O t t / M ü n c h e n , Professor Dr. Dr. h.c. Roderich Schmidt/Marburg, Professor Dr. Clausdieter Schott/Zürich ge-

57 Seine Ergebnisse sind in den A n m . 7 g e n a n n t e n B ä n d e n z u s a m m e n g e f a ß t . Rezensionen: JOACHIM BUMKE (Anzeiger f ü r deutsches A l t e r t u m 9 9 , 1 9 8 8 , S. 5 5 - 6 0 ) ; MICHAEL CURSCHMANN ( B e i t r ä g e z u r

Geschichte der deutschen Sprache u n d Literatur 110, 1988, S. 2 6 7 - 2 7 7 ) ; DETLEV JASPER ( D e u t s c h e s A r c h i v 4 4 , 1 9 8 8 , S. 5 8 7 - 5 8 9 ) .

58 T r ä g e r , Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im M i t telalter. D e r neue S o n d e r f o r s c h u n g s b e r e i c h 231 an der Westfälischen Wilhelms-Universität M ü n s t e r (Frühmittelalterliche Studien 56 GUIDO KISCH, Sachsenspiegel-Bibliographie (Zeitschrift der Savigny-Stiftung f ü r Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 90, 1973, S. 73-100); DERS., F o r s c h u n g e n z u r Rechts- u n d Sozialgeschichte des Mittelalters. M i t einem Verzeichnis d e r Schriften von G u i d o Kisch z u r mittelalterlichen Rechtsgeschichte (Ausgewählte Schriften 3) Sigmaringen 1980, S. 8 2 - 1 0 9 u. S. 514-515; weiterf ü h r e n d e Bibliographie in: T e x t - B i l d - I n t e r p r e t a t i o n (wie A n m . 7) S. 280 u n d in; D e r Sachsenspiegel als Buch (wie A n m . 2) S.

schriften im W e s t n i e d e r d e u t s c h e n . A u f t r a g g e b e r - u n d Besitzerhinweise im Buchschmuck, N i e d e r d e u t s c h e s W o r t 29, 1989, S. 27-46. 60 D i e meisten Beiträge d e r Kolloquien 1987/1988 sind in d e m Band ,Der Sachsenspiegel als Buch* (wie A n m . 2) enthalten.

4 0 7 - 4 2 0 ; v g l . a u c h OPPITZ ( w i e A n m . 6 ) B d . 1, S. 8 7 - 9 4 .

6 1 HOPPER ( w i e A n m . 4 5 ) .

2 2 , 1 9 8 8 , S. 3 8 8 - 4 0 9 ) . 5 9 ULRICH DRESCHER,

Die

Lüneburger

Ratshandschriften

des

Sachsenspiegels ( D e r Sachsenspiegel als Buch [wie A n m . 2] S. 105-142);

ULRIKE LADE-MESSERSCHMIED, I l l u m i n i e r t e

Ratshand-

Ruth

Scbmidt-Wiegand

Wonnen werden. Ihnen allen sei auch an dieser Stelle für die Bereitschaft zur Mitarbeit an dieser Ausgabe vielmals gedankt. Dem Leiter der Handschriftenabteilung der Herzog August Bibliothek, Professor Dr. Wolfgang Milde, ist f ü r den kodikologischen Beitrag dieses Bandes zu danken wie für mancherlei Rat, mit dem er die Vorarbeiten zu dieser Ausgabe unterstützt hat. Unser Dank gilt nicht zuletzt der Herzog August Bibliothek und ihrem ehemaligen Direktor, Professor Dr. Dr. h.c. mult. Paul Raabe, ohne dessen Unterstützung und Einsatz f ü r die Sache diese Ausgabe wohl nie zustande gekommen wäre. Der vorliegende Textband ist seit 1984 zunächst im Sonderforschungsbereich 7, seit 1986 im Sonderforschungsbereich 231 der Universität Münster, also mit Unterstützung der Deutschen For-

10 schungsgemeinschaft, von einem wechselnden Mitarbeiterkreis vorbereitet worden. Es haben diesem Team als Mitarbeiter und Doktoranden nacheinander angehört Dr. Dagmar Hüpper, Dr. Ulrike Lade-Messerschmied, Dr. Ulrich Drescher, Dr. Brigitte Janz, Dr. Friedrich Scheele, Dr. Werner Peters und Bärbel Müller (M.A.) sowie als Projektleiterin die Herausgeberin. Herr Prof. Dr. Schott/Zürich, der die Arbeiten an dieser Faksimileausgabe seit Jahren mit seinem Rat begleitet hat, steuerte selbst die Ubersetzung des Lehenrechts bei und wurde dabei von Christoph Guggenbühl/ Zürich unterstützt. Allen Genannten sei an dieser Stelle f ü r ihre Mitarbeit und ihr Engagement in den letzten Jahren herzlich gedankt. Münster, im Mai 1992

Wolfgang Milde

Kodikologische Einführung Zu den Handschriften, die von den Besuchern der H e r z o g August Bibliothek Wolfenbüttel gern betrachtet werden, zählt der Sachsenspiegel Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2 ° . Das erscheint überraschend, gehört doch gerade diese Handschrift zu den Büchern des Mittelalters, die sich nicht leicht erschließen. Ohne einführende Erklärungen sind w e d e r Inhalt noch Bilder verständlich, von der Sprache g a n z abgesehen. Möglicherweise ist es auch die besondere Beziehung zur Landschaft Mitteldeutschlands, die diesen Codex für den geschichtsinteressierten Laien so anziehend macht. Hinzu kommt, daß der Sachsenspiegel mit seinen beiden Teilen Land- und Lehnrecht nicht nur eines der ältesten deutschsprachigen Rechtsbücher darstellt, sondern daß bei ihm auch von hohem Bekanntheitsgrad, großer Bedeutung und weitreichender N a c h w i r k u n g gesprochen werden kann. Sein Verfasser, der Schöffe und Edelfreie Eike von Repgow, stammt aus dem Anhaltischen, sein Geschlecht nannte sich nach dem Dorf Reppichau in der Nähe von Dessau. Zwischen 1209 und 1233 wird er sechsmal urkundlich als Zeuge erwähnt, und z w a r in U r k u n d e n des Grafen Heinrich von Anhalt, des M a r k g r a f e n Dietrich von M e i ß e n und des Landgrafen Ludwig von Thüringen. Als Kenner des in seiner Heimat geltenden deutschen Rechts überlieferte er es der Nachwelt, verbunden mit weitreichenden Kenntnissen der ritterlichen und bäuerlichen Verhältnisse Sachsens. Zwischen 1225 und 1235 entstand das große W e r k und z w a r auf Bitten des Stiftsvogts von Quedlinburg, des Grafen H o y e r von Falkenstein, Eikes Gönner. Nach einer lateinischen U r f a s s u n g wurde es in der elbostfälischen Sprache, der Sprache von Eikes Heimat, abgefaßt. Uberliefert ist der Sachsenspiegel in über 460 erhaltenen Handschriften und Fragmenten. Der

1 Vgl. WOLFGANG MILDE, Artikel .Kodikologie' (Lexikon des gesamten Buchwesens 2. A u f l . Bd. 4, Stuttgart 1992, im Druck).

Wolfenbütteler Codex ( W ) gehört mit seinen durchgehenden Illustrationen zu den vier herausragenden, hochberühmten Bilderhandschriften, den Codices picturati. Zusammen mit dem Heidelberger (H, A n f a n g des 14. Jahrhunderts), dem Oldenburger (O, 1336) und dem Dresdener Sachsenspiegel (D, 2. Viertel bzw. Mitte des 14. J a h r hunderts) bildet er - es gab mindestens sieben picturati - eine besondere Gruppe innerhalb der Sachsenspiegelüberlieferung, die auf eine verlorene Stammhandschrift X zurückgeht, die zwischen 1291 und 1295 wohl im nordöstlichen Harzvorland (wahrscheinlich im Bistum Halberstadt) entstand. Von diesen vier ist der in ostmitteldeutscher M u n d a r t geschriebene Wolfenbütteler C o d e x der jüngste: Er entstand als recht getreue Kopie der Dresdener Handschrift im 3. Viertel des 14. Jahrhunderts, sehr wahrscheinlich in Obersachsen. Er ist zugleich der einzige, der sich heute - noch oder wieder - in der Entstehungslandschaft der Stammhandschrift der Codices picturati befindet. Da der Dresdener Codex im Zweiten Weltkrieg durch Kriegseinwirkungen stark beschädigt wurde, kommt dem unzerstörten Wolfenbütteler seitdem eine weit höhere Bedeutung als früher zu, zumal er hinsichtlich des T e x tes wie der Illustrationen mit dem Dresdener z w a r nicht völlig, aber doch weitgehend übereinstimmt. Die folgende kodikologische Einführung behandelt die Wolfenbütteler Sachsenspiegelhandschrift vorwiegend in materieller Hinsicht. Kodikologie (der Begriff entstand 1944/49) 1 erforscht und beschreibt insbesondere Entstehung, Äußeres und Einrichtung des Manuskripts, Beschreibstoff sowie Lagenfolge, wobei auch Einband, Schrift, Ausstattung, Geschichte und Funktion Berücksichtigung finden.

Wolfgang

Milde

12

Entstehungsort Der genaue Entstehungsort ließ sich bisher für die Wolfenbütteler Sachsenspiegelhandschrift nicht ermitteln. Aufgrund von sprachlichen Merkmalen konnte sie dem ostmitteldeutschen Raum als Entstehungsregion zugewiesen werden, wobei die mittelniederdeutsche Grundlage des Textes „stets mitzubedenken" ist, wie Ruth Schmidt-Wiegand angemerkt hat, der wir eine umfangreiche Zusammenstellung der sprachlichen Kriterien des Wolfenbütteler Codex verdanken 2 . Es ist insbesondere der Konsonantenstand, der dabei eine Rolle spielt und durch den sich das Ostmitteldeutsche vom Westmitteldeutschen unterscheidet: So begegnet im Wolfenbütteler Sachsenspiegeltext konsequent die Wandlung von d zu t (z.B. tat, tag), das germanische ρ im Anlaut wird zu f (geschrieben ph, z.B. phert), während es im Westmitteldeutschen zu pf wird. Hinzu treten Schreibungen im Vokalismus wie i für ie, u für uo, die für das Ostmitteldeutsche charakteristisch sind. Schreibungen wie dat für daz, he für er weisen demgegenüber auf die mittelniederdeutsche Ausgangslandschaft des Textes. Diese und andere von Ruth Schmidt-Wiegand dargelegten sprachlichen Eigenheiten legen die Entstehungslandschaft für den Wolfenbütteler Codex auf das Ostmitteldeutsche fest. Wesentlich genauer läßt sich dagegen die Frage nach der Entstehungszeit beantworten. Es ist eine günstige Ausgangsposition, wenn die Datierung einer mittelalterlichen Handschrift nicht allein aufgrund paläographischer Kriterien erfolgt, sondern auch anhand inhaltlicher Angaben, zumal wenn diese eine engere zeitliche Eingrenzung ermöglichen als die paläographischen. Das ist hier der Fall, und zwar mit Hilfe der Wappendarstellungen. Klaus Naß hat wahrscheinlich gemacht 3 , daß die Wolfenbütteler Handschrift zur Zeit ihrer Herstellung in einer besonderen Beziehung zu

Entstehungszeit den Burggrafen von Leisnig (bei Döbeln) gestanden hat bzw. gestanden haben dürfte. Als einigermaßen getreue (also auch abhängige) Kopie der Dresdener ist ihre Eigenständigkeit naturgemäß nicht allzu groß. Umso mehr ist auf Abweichungen bzw. Nichtübereinstimmungen zu achten. Dafür sind die Wappen ein besonders erfolgversprechender Teil innerhalb der Illustrationen unserer Rechtshandschrift. Da es sich hier nicht nur um eine wichtige, sondern auch um eine recht diffizile Beweisführung handelt, sollen die wichtigsten Passagen von Klaus Naß wörtlich zitiert werden (mit kleinen unwesentlichen Kürzungen): „Der dritte Schild der sächsischen Fahnlehen hat in W zunächst einen schwarzen Schrägrechtsbalken gezeigt, der von schrägrechten schwarzen Rauten begleitet wird. Diese Schildfiguren sind aber mit Gold wieder übertingiert worden. Das ursprüngliche Balken-Rauten-Wappen erscheint in W nochmals, und zwar in der Illustration zu Lnr 78 §2. Die Wappenfiguren sind dort nachträglich in einen grünen Ledigschild skizziert worden, den ein Fischer in seiner linken Hand hält . . . Das Balken-Rauten-Wappen ist aus der Heraldik des mächtigen Meißner Vasallengeschlechts der Burggrafen von Leisnig bekannt, als deren älteste nachweisbare Wappenfigur ein steigender Löwe gedient hat. Für Burggraf Siegfried ist der Schrägbalken samt Rauten im Jahr 1228 bezeugt, bevor das Geschlecht einen gespaltenen Wappenschild annimmt. Erst Burggraf Heinrich (1341-1394) führt in der Zeit zwischen 1348 und 1362/71 wieder das Balken-Rauten-Wappen." Aufgrund dieser Beobachtungen des Heraldikers (sie beziehen sich auf fol. L l l r „Sächsische Fahnlehen" und fol. LXXXIVv „Fischer") ist der Zeitraum der Entstehung des Wolfenbütteler Sachsenspiegels auf die Jahre zwischen 1348 und 1362/71 einzugrenzen, d. h. auf das 3. Viertel des 14. Jahrhunderts.

Äußeres und Einrichtung der Handschrift (Beschreibstoff, Foliierung, beschriebene Blätter, Liniierung, Lagenfolge) 4 .

2

RUTH

SCHMIDT-WIEGAND,

Die

mitteldeutschen

Bilderhand-

schriften des Sachsenspiegels und die sprachgeschichtliche Stellung des Elb-Saale-Raums im 14. J a h r h u n d e r t (Festschrift f ü r R u dolf Große zum 6 5 . Geburtstag, hg. von S A B I N E H E I M A N N , G O T T HARD L E R C H N E R , U L R I C H

MÜLLER,

INGO REIFFENSTEIN, U T A

STÜR-

MER [Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 231] Stuttgart 1989, S.93-101). 3

KLAUS NASS,

Die W a p p e n in den Bilderhandschriften des Sach-

senspiegels. Zu H e r k u n f t und Alter der Codices picturati (TextBild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, I. Textband, II. Tafelband, hg. von RUTH SCHMIDT-WIEGAND, M ü n c h e n 1986 [Münstersche MittelalterSchriften 55/1 u. II] Bd. I, S. 2 2 9 - 2 7 0 ) bes. S.255f. 4 Vgl. auch W O L F G A N G M I L D E , Zum Wolfenbütteler Sachsenspiegel (Lagenfolge mit Inhalt und Ausstattung, Einband, Erwerbung) (Text-Bild-Interpretation [ w i e A n m . 3 ] S . 2 0 7 - 2 1 1 ) .

Kodikologische

13

Einführung

Beschreibstoff Die Wolfenbütteler Sachsenspiegelhandschrift besteht aus 86 Pergamentblättern, die eine durchschnittliche Größe von 35x27cm aufweisen; Schwankungen in der Größe kommen vor, sind aber unerheblich. Häufig sind kleine Löcher im

Fol.

Kleine Löcher im Pergament

I

x (Wurmlöcher)

II III IV V VI VII IX X XI XII XIII XV XVI XVIII XIX XXII XXIII XXIV XXVI XXVII XXVIII XXIX XXX XXXI

x (Wurmloch) x (Wurmloch) x (Wurmloch)

XXXII XXXIII XXXIV XXXV XXXVI XXXVII XXXIX XL XLI XLII XLV XLVII XLIX L LIII LIV LV LVI LVII

Pergament (darunter auch einige Wurmlöcher am Anfang und am Schluß), ferner Einrisse im Pergament sowie fehlende untere Ecken bzw. Eckstellen:

X x X X

Einrisse χ (z.T. verklebt)

χ χ χ X X χ (restauriert)

(Wurmloch) (Wurmloch) (Wurmloch) (Wurmloch)

x (alt verklebt) X X χ χ χ

X

x (Wurmlöcher) x (Wurmloch) (restauriert)

χ χ χ

fehlende untere Ecken

χ χ χ χ

χ χ χ χ χ χ χ χ χ χ χ χ

Wolfgang Milde

14

Fol. LX LXI LXII LXIII LXIV LXV LXVI LXVII LXVIII LXIX LXX LXXI LXXII LXXIII LXXIV LXXV LXXVI LXXVII LXXIX LXXX LXXXII LXXXIII LXXX IV LXXXV LXXXVI

Kleine Löcher im Pergament

Einrisse

fehlende untere Ecken

χX (verklebt) X X X

X X

X X X X X (z.T. vernäht) X X X (restauriert) X X X X X X

X X X X X X (Wurmloch) X (Wurmlöcher)

Es wurde demnach Pergament verwendet, das nur zum kleineren Teil fehlerlos war; zum größeren Teil wies es Schadstellen auf, die aber offensichtlich nicht als besonders störend empfunden wurden. Die Löcher wurden vielfach mit roter Farbe

X

umrandet, Einrisse genäht und ebenfalls häufig mit roter Farbe umrandet. N u r selten haben sich die Originalfäden erhalten; z.T. sind neue Fäden bei der letzten Restaurierung eingezogen worden 5 .

Foliierung Alle Blätter sind mit römischen Ziffern foliiert. Diese bis heute gültige Foliierung stammt aus der Mitte bzw. der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts',

wobei man nach fol. LXXVI irrtümlich noch einmal mit der Ziffer LXXII begann, ein wahrscheinlieh erst 1809 korrigierter Irrtum 7 .

Beschriebene Blätter Fol. Ir-IIIv, 2. Sp. Zeile 15: Kaiser Friedrich II.: Mainzer Reichslandfrieden von 1235 (fol. Ir einspaltig, fol. Iv-IIIv zweispaltig);

fol. IIIv, 2. Sp. Z. 15 - IVr, 1. Sp. Z. 26: Vorrede: „Von der herren geburt";

5 Vgl. hierzu unten.

Handschrift, Leipzig 1902, Neudruck der Ausgabe, Osnabrück 1962, S. 13. 7 Vgl. hierzu unten.

6 Bereits von Karl von Amira vermerkt, vgl. Ders., Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, Bd. I: Facsimile der

Kodikologische fol. IVr, 1. Sp. Z. 27 - 2. Sp. letzte Zeile: Unbeschrieben; fol. IVv, 1. Sp. Ζ. 1 - Vllr, 1. Sp. Z. 8: Verzeichnis der Kapitel von Buch 1,1 bis Buch 111,102; fol. Vllr, 1. Sp. Z. 9-33: Kurzes Stichwortregister zu Buch I—III; fol. Vllr, 2. Sp. Ζ. 1 - Vlllr, 1. Sp. Z. 29: Verzeichnis der Kapitel von Buch IV,1-86; fol. Vlllr, 2. Sp. Ζ. 1 - 20: Kurzes Stichwortregister zu Buch I-IV; fol. Vlllr, 2. Sp. Z. 21 - IXr: Unbeschrieben; fol. IXv: Prosaprolog zum Sachsenspiegel; fol. Xr-XXVIIv: Landrecht Buch I (Schluß fehlt ab I 71 § 1, 2. Teil); fol. XXVIIIr-XLIIv, Z. 15: Landrecht Buch II (Anfang fehlt bis II 11 § 3); fol. XLIIv, Z. 15 - LVIIIr, Z. 13: Landrecht Buch III (unvollständig, es fehlt III 25 § 3 - III 39 § 2 und III 77 § 2 Ende - III 84 § 2 Anfang); fol. LVIIIr, Z. 14 - LVIIIv: Unbeschrieben; fol. LIXr-LXXXVIr, Z. 11: Lehnrecht (unvollständig, es fehlt 48 § 2 - 65 §21);

fol. LXXXVIr, Z. 12 - LXXXVIv: Unbeschrieben.

Einführung

Der Text des Sachsenspiegels und die Texte seiner Mitüberlieferung sind bis auf eine Ausnahme (fol. Ir) sämtlich auf zwei Spalten aufgeteilt. Bis fol. Vlllr enthält die Handschrift nur Text, ab fol. IXv jeweils Text und Illustration nebeneinander bzw. nebeneinander und untereinander. Dabei steht der Text von Land- und Lehnrecht jeweils nur auf der rechten Blatthälfte, die linke Hälfte enthält - jeweils untereinander - vier bis acht Bildstreifen mit Szenen von rechtlicher Bedeutung, die aber gleichzeitig auch über andere Gegenstände unterrichten, z.B. über die Kleidung 8 . Auch unterhalb der Textspalte erscheinen auf mehreren Seiten Bildstreifen. Die Verbindung zwischen dem Text und den durchgehenden Illustrationen wird durch farbige Majuskeln in der Text- und Bildhälfte hergestellt. Hervorzuheben sind die drei Autorenbilder: Einmal das Bild des Kaisers fol. Ir, der im Ornat, mit Krone, Zepter und Reichsapfel auf dem Thron unter einem Baldachin in der typischen Haltung des sitzenden Autors dargestellt ist; zum anderen das Bild des Verfassers Eike von Repgow fol. IXv (dem Prosaprolog beigegeben), das ihn in grüner Herrentracht mit einer unbeschriebenen Pergamentrolle kniend vor den beiden christlichen Kaisern Karl und Konstantin zeigt. Er wird inspiriert vom Heiligen Geist in Gestalt einer nimbierten Taube. Die Herkunft dieser Darstellung von den Evangelistenbildern (besonders des Johannes) in den liturgischen Handschriften ist deutlich. Am Schluß des Lehnrechts, auf fol. LXXXVr, findet sich als drittes ein recht ungewöhnliches Autorenbild: Der Verfasser, von Widersachern mit Füßen traktiert, liegt unter einem gewaltigen Buch, das einen roten, mit 5 Goldbeschlägen verzierten Einband aufweist und aus dem das Brustbild Christi (mit Kreuznimbus) herausblickt: Das Recht ist göttlichen Ursprungs. Außer Gold wurden hier und bei den übrigen Miniaturen Deck- und Wasserfarben verwendet.

Liniierung Die Pergamentblätter des Wolfenbütteler Sachsenspiegels wurden vor der Beschriftung mit dunkelbrauner Tinte liniiert, und zwar mit 4 senkrechten Linien zur seitlichen Begrenzung der in 2 Spalten aufgeteilten Seiten sowie mit 2 längeren waagerechten Linien zur oberen und unteren Begrenzung und mit kürzeren waagerechten Linien für die einzelnen Zeilen innerhalb der Spalten.

Gelegentlich sind noch Zirkelstiche sichtbar. Die Liniierung der einzelnen Seiten entspricht dem üblichen Zweispaltenschema. Das einfache Grundschema begegnet allerdings nur auf den wenigen Seiten fol. Iv-VIIIr, also bei den Texten der Mitüberlieferung (Abb. 1). Von diesem Grundschema abgeleitet ist das Schema der Liniierung auf den Seiten fol. IXv-LXXXVIr mit

8 Vgl. RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Kleidung, Tracht und O r n a t nach den Bilderhandschriften des „Sachsenspiegels (Terminologie und Typologie mittelalterlicher Sachgüter. Das Beispiel der Kleidung [Veröffentlichungen des Instituts f ü r mittelalterliche Rea-

lienkunde Österreichs 10. Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philos.-Hist. Kl., Sitzungsberichte 511] Wien 1988, S. 143-175).

Wolfgang Milde

16

3,4 cm

3,3 cm 9,7 cm

1,1cm

9,5 cm

ε

υ 00 irT 6, Sp. III, Z. 32, muntmant W. 20 Swer wert Weil. S. 261, Sp. III, Z. 10, fehlt W. 23 man Weil. S. 261, Sp. III, Z. 13, fehlt W. 27 icht Weil. S. 261, Sp. III, Z. 16, ich W.

49 ungerner in die Acht kommen. Wir wollen auch von unserem Recht nichts erlassen. Wir verbieten nachdrücklich 1 , daß jemand irgendeinen Muntmann 2 habe. Wir setzen und gebieten, daß man die Pfahlbürger 3 allenthalben aufgebe. Wir wollen auch in unseren Städten keine haben und wollen auch nicht, daß jemand anders sie habe. Wir verbieten bei unserer Huld, daß irgend jemand einen anderen um irgendwelchen Gutes 4 durch das Land geleite, es sei denn, er habe das Geleitrecht vom Reich. Wir setzen und gebieten, daß niemand einen Geächteten bei sich aufnehme oder beherberge. W e r das tut, wird er dessen überführt, wie es Recht ist, so ist er gleicherweise in Schuld und man soll über ihn richten wie über einen Geächteten. Macht er sich aber vor Gericht von der Anklage frei 5 , wie es Recht ist, mit sieben gerichtsfähigen Männern durch Eid auf die Reliquien, daß er nichts davon wisse, daß er (den er beherbergt hat) ein Geächteter war, so soll er unschuldig sein. W o immer man den Geächteten ausweist 6 oder angreift, soll diesen niemand schützen 7 . Wer immer ihn verteidigt, wird er dessen überführt, wie es Recht ist, daß er ihn wissentlich geschützt hat, der soll gleicherweise in Schuld sein, und man soll über ihn richten wie über einen Geächteten. In welche Stadt der Geächtete kommt, den soll man dort nicht aufnehmen, und wer ihm Böses zufügt, das soll niemand wehren. Ihm soll niemand etwas verkaufen 8 noch schenken 9 , und es soll ihm niemand etwas abkaufen, und man soll ihn meiden in allen Dingen. Nimmt eine Stadt ihn gemeinschaftlich 10 und wissentlich auf, ist sie ummauert, der Richter, in dessen Gerichtsbezirk sie liegt, der soll sie (die Mauern) niederbrechen. Uber den Wirt 11 , der ihn aufnimmt, soll man wie über einen

1 vestecliche(n) Adv. .fest, b e s t ä n d i g , sehr'; 2 muntman s t . M . ,der sich in d e n S c h u t z eines a n d e r e n begibt, S c h ü t z l i n g , Klient', zu munt s t . M . F . , H a n d , S c h u t z ' ; 3 phalburger s t . M . ,Bürger, d e r a u ß e r h a l b d e r S t a d t m a u e r w o h n t , P f a h l b ü r g e r ' ; 4 güt s t . N . V e r m ö gen', hier ist d a s E n t g e l t f ü r d a s Geleit g e m e i n t (Weinrich, S. 472: Firmiter inhibemus, ne quis conductum alicui precio prebeat, nisi im wnducenäi teneat ab imperio iure feodali)\ 5 entreden sw.V. refl. mit G e n . .sich von einer A n k l a g e d u r c h Beweis v o r G e r i c h t f r e i m a chen'; 6 verbieten st.V. v e r h i n d e r n ' , ,den A u f e n t h a l t an einem O r t u n t e r s a g e n ' , z.B. ,aus d e r S t a d t v e r b a n n e n ' ; 7 wem, weren sw.V. . s c h ü t z e n , verteidigen'; 8 koufen sw.V. . v e r k a u f e n ' , . a b k a u fen'; 9 vergeben, m d . vorgeben st.V. .hingeben, s c h e n k e n ' ; 10 gemeinliche A d v . .auf g e m e i n s a m e W e i s e , g e m e i n s c h a f t l i c h , insgesamt'; 11 w i r / s t . M . . H a u s h e r r , B u r g h e r r ' , .Gastgeber*.

folio 2 verso rechts

50

folio 3 recto links echter-vn /in hüs zcu vüren-1/t di Jtat vngemüret-Ji /al d' rieht' burnen-das Jal nimät wern-Jezcit /ich di /tat da w i d ' / t a t vn lute /int rechtelos · mag das der richter nicht getün / ο /al man is dem kei/er kundige-vn /al hes tun mit /iner gewalt-von des keijers hofe Wir /ezcin das un/e hof richtere· · · habe einen houericht' der ein vri mä / i d' /al bi dem ammechte bliben zcum myn/ten ein iar ab he /ich wol vii rechte beheldet der /al alle tage zcu gerichte /iczen • ane an deme /vntage vn an anderin gro/en hochzciten · vn /al allen luten richten di im clagen · vn von alien luten / u n d e r vor/ten-vnde ane andire hoe lüte / w o is get an ire lip· odir an ir recht an ir erbe · odir an ir len · od' andir hoe /ache · di wolle wir vns /elbe behaldin he /al nymande indi achte tvn noch dar üs lan das wolle wir /elbe tun · he /al nimande vor tagen · he tu is mit vn/eme /vndirlicheme geböte • der richter /al /wern zcü den heiligen-das he von nimande ichein gut neme vmme kein gerichte noch durch libe-noch durch leide-noch durch betenoch durch vorchte anders richte we noch rechte-vn al/e im irteilt wirt-vfi he von /inen /innen aller be/te kan ane aller häde valchs · der rieht' /al nemen alle di gewette di im gewettit w'din-νή vor im beclait w'din von den di üs der achte kvmen-di/e gewette gebe wir deme richt'e das he de/te willeclicher richte-vn ouch von nimande

s

10

is

2a

25

3c 30a 30b

echter unde sin hus zeuvuren. Ist di stat ungemuret, si sal der richter burnen. Das sal nimant wern. Sezcit sich di stat da wider, stat unde lute sint rechtelos. Mag das der richter nicht getun, so sal man is dem keiser kundigen, unde sal hes tun mit siner keiserlichen gewalt. Von des keisers hoferichtere. Wir sezein, das unse hof habe einen hoverichter, der ein vri man si. Der sal bi dem ammechte bliben zcum minsten ein jar, ab he sich wol unde rechte beheldet. Der sal alle tage zcu gerichte siezen ane an deme suntage unde an anderin grosen hochzciten, unde sal allen luten richten, di im clagen, unde von allen luten sunder vorsten unde ane andire hoe lute, swo is get an iren lip odir an ir recht oder an ire ere, an ir erbe odir an ir len oder andir hoe sache. Di wolle wir uns selbe behaldin. H e sal nimande in di achte tun noch dar us lan. Das wolle wir selbe tun. H e sal nimande Vortagen, he tu is mit unseme sundirlicheme geböte. Der richter sal swern zcu den heiligen, das he von nimande ichein gut neme umme kein gerichte, noch durch übe noch durch leide noch durch bete noch durch vorchte anders richte, wen noch rechte unde alse im irteilt wirt unde he von sinen sinnen aller beste kan ane aller hande valich. Der richter sal nemen alle di gewette, di im gewettit werdin unde vor im beclait werdin, von den, di us der achte kumen, unde sal der nicht lasin, darumme das man deste ungerner in di achte kume. Dise gewette gebe wir deme richtere, das he deste willeclicher richte unde ouch von nimande

6 keiserlichen Weil. Weil. S. 261, Sp. III, Z. 10, valchs W. 29 u n d e - k u m e Weil.

S. 261, Sp. ΠΙ, Z. 28, fehlt W. 16 o d e r - ere Z. 38, fehlt W. 28 valsch Weil. S. 262, Sp. III, im W, u n s Weil. S. 262, Sp. III, Z. 11. 30130b S. 262, Sp. III, Z. 13/14, fehlt W.

51 Geächteten richten und sein Haus zerstören 1 . Ist die Stadt nicht ummauert, so soll sie der Richter niederbrennen. Dies soll niemand verwehren. Widersetzt sich die Stadt, so sind sie und ihre Einwohner rechtlos. Kann 2 dies der Richter nicht tun, so soll man es dem Kaiser bekannt machen und soll er es tun kraft seiner kaiserlichen Gewalt. Von des Kaisers Hofrichter. Wir setzen, daß unser Hof einen Hofrichter habe, der freien Standes sei. Der soll mindestens ein Jahr im Amt bleiben, wenn er sich gut und gerecht verhält. Er soll jeden Tag zu Gericht sitzen außer an Sonntagen und an anderen hohen Feiertagen. Und er soll allen Leuten Recht sprechen, die vor ihm klagen, und über alle Leute außer Fürsten und andere hochgestellte Personen, wenn es an ihr Leben oder an ihr Recht oder an ihre Ehre geht, an ihr Erbe oder an ihr Lehen oder an eine andere große Sache. Die wollen wir uns selbst vorbehalten. Er soll niemanden in die Acht tun noch daraus entlassen. Das wollen wir selbst tun. Er soll niemandem einen anderen Gerichtstermin ansetzen 3 , er tue es denn auf unser ausdrückliches Gebot hin. Der Richter soll auf die Reliquien schwören, daß er von niemandem irgendein Gut nehme um eines Urteils 4 willen, noch durch Liebe oder Leid, Bitte oder Drohung anders richte als nach Recht, und wie ihm geurteilt wird und wie er es mit seinem Verstand 5 am allerbesten vermag, ohne jeden Falsch'. Der Richter soll alle Gewette, die ihm gezahlt 7 und vor ihm beklagt werden, von denjenigen nehmen, die aus der Acht kommen, und davon nichts erlassen, damit man desto ungerner in die Acht komme. Diese Gewette geben wir dem Richter, damit er desto bereitwilliger richte und auch von niemandem

2 mugen 1 zervueren sw.V. .zerstören, verwüsten, vernichten'; unr.V. ,vermögen, können', ,der Möglichkeit entsprechend wollen'; 3 vertagen sw.V. .einen Termin oder T a g ansetzen', aufschieben, vertagen'; 4 gericht(e) st.N. .Gerichtsverfahren, Urteil'; 5 sin st.M. .Verstand, Bewußtsein', ,die Gesamtheit der geistigen Kräfte', sinngemäß ,nach bestem Wissen und Gewissen'; 6 valsch st.M. ,Betrug, Unredlichkeit, Treulosigkeit'; 7 wetten sw.V. .Gewette zahlen, geben'.

folio 3 recto links

folio J recto rechts

ichein a n d ' g u t v m m e gerichte n e m e · d e r Jelbe richter Jal h a b e n einen J c h r i b e r d ' an Jchribe alle di indi achte k v m e - v n d e von wes clage Ji indi achte k v m e - v n di J a c h e d a r v m m e Ji drin Jin k u m e n · vn d e r n a m e · di us d e r achte k v m e n - v n d e di Jache worum= me Ji us d e r achte k ü m e - v n welches tagis Ji us d e r achte kvme • vn Jal di b u r g e J c h r i b e n di d e m cleg'e gejezcit w ' d i n • vnde w e n n e Ji Jin vn wi Ji h e i j i n - ν ή Jal an Jc'ben di g e w i j h e i t di m a n dem clegere tut n o c h des landis g e w o n h e i t - v n Jal Jchriben alle di n a m e di zcu Jchedeliche luten dem lande b e j a i t w ' d i n - v n d e wi vn von w e m e Ji us den J c h u l d e n k u m e vn Jal Jc'ben J o Ji zcu rechte k u m e - v n us d ' achte k u m e - J o Jchribe h e ire n a m e abe • wir Jchriben alle di vrteile di von g r o j e n J a c h e n vor vns g e j a m e n t w ' d i n uf di rede das mä an J u l c h e n J a c h e n di Jelben orteile Jtete h a b i n - v n Jal J c h r i b e n das lant w o di Jelbin orteile g e j a m e n t w ' d i n d ' Jelbe J c h r i b e r Jal n e m e n alle di briue d a vmme geclait J i - v n d e Jal keine a n d ' vnmu= Je h a b e n d' Jelbe J c h r i b e r Jal J w e r n zu den heilige das he d u r c h libe noch d u r c h leide · n o c h d u r c h m i t e - n o c h d u r c h kein' h a n d e ding Jchribe n o c h tu an Jime a m m e c h t e • wen das recht i j t alje he Jich allir b e j t e k a n v i r j t e n - d a s h a b e wir d a r v m m e g e j e z c i t · wen is n ü z c e dvnkit vn g u t alle d i - d i inv n j e m e riche J i n t · vfi nemelichen alle

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ichein a n d e r g u t u m m e gerichte neme. D e r selbe richter sal h a b e n einen schriber, d e r anschribe alle, di in di achte k u m e n u n d e von wes clage si in di achte k u m e n , u n d e di Sache, d a r u m m e si drin sin k u m e n , u n d e d e r n a m e n , di us d e r achte k u m e n , u n d e di sache, w o r u m me si us d e r achte k u m e n , u n d e welches tagis si us d e r achte k u m e n . U n d e sal di b ü r g e n schriben, di d e m clegere gesezcit werdin, u n d e w e n n e si sin u n d e wi si heisin. U n d e sal anscriben di gewisheit, di m a n d e m clegere t u t n o c h des landis g e w o n h e i t . U n d e sal schriben alle di n a m e n , di zcu schedelichen luten dem lande besait werdin, u n d e wi u n d e von w e m e si us den schulden k u m e n . U n d e sal scriben, so si zcu rechte k u m e n u n d e us d e r achte k u m e n , so schribe he ire n a m e n abe. Unde sal schriben alle di urteile, di von g r o s e n Sachen vor uns g e s a m e n t w e r d i n uf di rede, das m a n an sulchen Sachen di selben orteile stete habe. U n d e sal schriben das lant, w o di seibin orteile g e s a m e n t w e r d i n . D e r selbe schriber sal n e m e n alle di brive, da u m me geclait si. U n d e sal keine a n d e r u n m u se h a b e n . D e r selbe schriber sal swern zu den heiligen, das he d u r c h libe n o c h d u r c h leide n o c h d u r c h mite n o c h d u r c h keiner h a n d e d i n g schribe n o c h tu an sime a m m e c h t e , w e n das recht ist, alse he sich allir beste k a n virsten. D a s h a b e wir d a r u m m e gesezcit, wen is uns n u z c e d u n k i t u n d e g u t alle di, di in u n s e m e riche sint, u n d e nemelichen allen

6/7 unde - kumen W, fehlt Weil. 17 Unde sal] unde sal Weil. S. 262, Sp. III, Z. 32, wir W. 21 habe Weil. S. 262, Sp. III, Z. 3S, habin W. 31 uns Weil. S. 263, Sp. III, Z. 11, fehlt W.

53 irgendein anderes G u t f ü r das Urteil nehme. Derselbe Richter soll einen Schreiber haben, der alle aufschreibe, die in die Acht k o m m e n , u n d auf wessen Klage hin sie in die Acht k o m m e n , u n d die Streitsache, um derentwillen sie dahinein g e k o m men sind, u n d die N a m e n derjenigen, die aus der Acht kommen, u n d die Sache, wegen der sie aus der Acht kommen, u n d an welchem T a g sie aus der Acht k o m m e n . U n d er soll die Bürgen aufschreiben, die dem Kläger gestellt werden, w o h e r sie stammen und wie sie heißen. U n d er soll die Bürgschaft 1 aufschreiben, die man dem Kläger nach der G e w o h n h e i t des Landes stellt. U n d er soll alle die N a m e n derer aufschreiben, die als landschädliche 2 Leute beklagt 3 werden, u n d wie u n d d u r c h wen sie aus der Anschuldigung 4 freik o m m e n . U n d er soll aufschreiben, wenn sie zu ihrem Recht u n d (wenn sie) aus der Acht k o m men, so tilge er ihre N a m e n . Er schreibe alle die Urteile auf, die von g r o ß e n Rechtsstreitigkeiten 5 vor uns vereinigt 6 w e r d e n mit dem Zweck 7 , d a ß man in solchen Streitsachen dieselben Urteile z u r V e r f ü g u n g habe. U n d er soll das Land aufschreiben, w o dieselben Urteile vereinigt werden. D e r selbe Schreiber soll alle die U r k u n d e n 8 an sich nehmen, um die geklagt w o r d e n ist. U n d er soll keine andere Beschäftigung' haben. Derselbe Schreiber soll auf die Reliquien schwören, daß er w e d e r aus Liebe noch Leid noch um einer Belohnung 1 0 willen o d e r irgendeiner anderen Sache schreibe noch handle in seinem Amt, a u ß e r was Recht ist, wie er es am besten zu verstehen 1 1 vermag. Dies haben wir deshalb verfügt, weil es uns nützlich erscheint u n d gut all denen, die sich in unserem Reich aufhalten, u n d namentlich allen

1 gewisheit st.F. . B ü r g s c h a f t , P f a n d ' ; 2 der schedeliche man st.M. ,der d a s L a n d u n s i c h e r m a c h t , M i s s e t ä t e r ' , rechtsspr. . l a n d s c h ä d l i cher Mann'; 3 besagen sw.V. .aussagen gegen, a n k l a g e n ' ; 4 schulde, schult st.F. A n s c h u l d i g u n g , A n k l a g e ' ; 5 groze Sache st.F. , H o c h g e r i c h t s s a c h e ' ( W e i n r i c h , S. 484: in maioribus causis); 6 gesament P a r t . P r ä t . , z u samenen sw.V. .vereinigen, v e r s a m m e l n , s a m meln', g e m e i n t ist hier die F o r m d e s „ G e s a m t u r t e i l s " ( W e i n r i c h , S. 484: vulgo dicuntur gesamint urteil); 7 rede st.F. ,Rede, S p r a c h e , G e s p r ä c h ' , .Sache'; 8 brief s t . M . .Brief, U r k u n d e ' ; 9 unmuoze st.F., m d . unmüze .Beschäftigung, Geschäftigkeit'; 10 miet(e) st.sw.F. . B e l o h n u n g ' , .Bestechung'; 11 versten, verstän u n r . V . refl. .verstehen, e i n s e h e n ' .

folio 3 recto rechts

folio 3 verso links boten di wir Jelbe nicht gehes vor rite mögen von vnjen manchualden v n m ü j e n · der Jelbe Jchriber Jal ein leie Jin • ab he ädirs tu denne recht ijt das is im an den lip geDis is von den geijtlichen Jachen· · · Wir gebiten das man in Jtetin vn in dorfern allenthalben in vnjem ri= che an geijtlichen Jachen halde d' bijchoue der erczprijtere · vfi der lüte prijt'e recht vn gebot-vn das in des nimant wider Ji mit keiner gewalt-Dis is von den woyWir Jezcin vn gebiten tin d' gotijhujere· alje recht ijt vn vil vejtecliche · das aller der gotijhujere voite den gotijhujere vor Jin vnde Ji bejchirmen uf ir voytien · alje is zu gote wol J t e v n ouch vnjer hulde da mite behalden-vn Jich an den gotiJ= hujern hüten da ir voitie i j t - a l j o das keine clage von en küme j w e r das nich' tut· kvmt is vns zcu clage wir richten vbir den voit Jo vejteclichen das wir nichtes dar an Jchonen • wir vor biten bi vnjen hulden das ymant durch keines voytes Jchulde noch im zcu leide der gotis huJer gut-das Jine voitie i j t w e d i r burne noch roube-noch phende-Jwer is dar vb' tut-dem voite zcu leide-wirt hejin vbir zeuget alje rech' ijt den Jal man zu achte tun-vn Jal en us d' achte nicht lan he en gelde den Jchadin driualt-alje recht ijt-vn Juln di zewei teil deme gotis h ü j e · vn das dritte teil dem voite w'din-wir

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/«ten, di wir selbe nicht gehes vorriten raugen von unsen manchvalden unmusen. Der selbe schriber sal ein leie sin: ab he andirs tu, denne recht ist, das is im an den lip ge. Dis is von den geistlichen Sachen. Wir gebiten, das man in stetin unde in dorfern allenthalben in unsem riche an geistlichen Sachen halde der bischove, der erezpristere unde der lute pristere recht unde gebot unde das in des nimant wider si mit keiner gewalt. Dis is von den voitin der gotishusere. Wir sezein unde gebiten alse recht ist unde vil vesteclichen, das aller der gotishusere voite den gotishuseren vorsin unde si beschirmen uf ir voitien, alse is zu gote wol ste, unde ouch unser hulde da mite behalden, unde sich an den gotishusern hüten, da ir voitie ist, also das keine clage von en kume. Swer das nicht tut, kumt is uns zcu clage, wir richten ubir den voit so vesteclichen, das wir nichtes dar an schonen. Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant durch keines voites schulde noch im zcu leide der gotishuser gut, das sine voitie ist, wedir burne noch roube noch phende. Swer is dar über tut, dem voite zcu leide, wirt he sin ubirzeuget, alse recht ist, den sal man zu achte tun unde sal en us der achte nicht lan, he engelde den schadin drivalt, alse recht ist. U n d e suln di zewei teil deme gotishuse unde das dritte teil dem voite werdin. Wir

1 luten Weil. S. 263, Sp. III, Z. 13, boten W. IS hüten W, gute Weil. S. 259, Sp. III, Z. 39. da W, das Weil. S. 259, Sp. III, Z. 39.

folio 3 verso links Leuten, die wir selbst nicht schnell 1 ereichen 2 können wegen unserer mannigfachen Verpflichtungen. Derselbe Schreiber soll ein Laie sein, damit wenn er anderes tue als das, was Recht ist - es ihm an das Leben gehe. Von geistlichen Angelegenheiten. Wir gebieten, daß man in Städten und D ö r f e r n allenthalben in unserem Reich in geistlichen Angelegenheiten der Bischöfe, Erzpriester und Leutepriester 3 Recht und Gebot halte und daß sich niemand ihnen widersetze, mit keiner Gewalt. Von den Vögten 4 der Gotteshäuser 5 . Wir setzen und gebieten als recht und beständig, daß allen Gotteshäusern Vögte vorstehen und sie so beschirmen in ihren Vogteien 6 , wie es Gott wohlgefällt, und sie damit auch unser Wohlwollen behalten, und so auf die Gotteshäuser achthaben 7 , über die ihre Vogtei besteht, daß keine Klage von ihnen kommt. W e r das nicht tut, kommt es zur Klage vor uns, wir werden über den Vogt so hart richten, daß wir ihn in nichts daran schonen. Wir verbieten bei unserer Huld, daß jemand um der Schuld des Vogtes willen oder um ihm zu schaden das Gut der Gotteshäuser, die zu seiner Vogtei gehören, weder brandschatze, raube noch pfände. Wer es dennoch tut, dem Vogt zu Schaden, wird er dessen überführt, wie es Recht ist, den soll man in die Acht tun und soll ihn nicht aus der Acht entlassen, er vergelte denn den Schaden dreifach, wie es Recht ist. U n d es sollen zwei Teile an das Gotteshaus und der dritte Teil an den Vogt fallen. Wir

1 gcehe, gäch Adj. Adv. ,schnell, plötzlich, jäh'; 2 verriten, ernten st.V. ,reitend überholen, erreichen'; 3 liu(te)priester st.M. »Pfarrer, Weltgeistlicher'; 4 voget, vogt, voit st.M. .Rechtsbeistand, Vormund', .Schirmherr' (eines Gotteshauses, einer Stadt); 5 goteshüs st.N. .Gotteshaus, Kirche'; 6 vogette, voitie st.F. ,Vogtei', ,Amt, Amtsbezirk', .Pflichten, Rechte und Einkünfte des Vogts'; 7 hueten sw.V., md. hüten ,achthaben, achtgeben'.

folio 3 verso rechts vor biten das ymant phende an des richters v r l o p j w e r is abir t u t - ü b ' den Jal mä richte als vbir eine roübere-Dis is wer do roub Wir Jezcin vnde kouft· · · gebiten-Jwer wijjentlichen roup koufet odir dubijh g u t - o d ' rouber wijjentliche behelt-νή in Jime h u j e zcert-νή nicht echtere Jint-wirt he des ubir zeuget-alje recht ijt zeu hant Jal he zcwiualt gelden deme is genome ijt-is Ji dubig-odir roubig-wirt a bir he des vbir redet alje recht ijt das he da s zeu dem and'en male getan hat • ijt das gut roubig man richtet vbir en alje vb' einen r o u b e r - i j t is abir dubig man Jal vbir en richten-alje vbir einen dip-Von Nv uor nemet der herren geburt· · · vmme der herren geburt von deme lande zeu JachJen-Der von anehalt· vn di von brandinburg-νή di von orla= münde ·νή di markereuen von mijjene vnde di von bren · dije vorjten Jin alle Jwabin vnd' den vrienh'ren Jin Jwaben · di vö hakenbürne-vn di von gnercz vnde di von mochele-vnd' des riches J c h e p h e n d i von tübule di von edelerejdorf · heinrich iudas d' voyt· albrecht von Jpandoüwe· vn aluerig • vn cunrat von Jnetlinge · vn Jtrape kint von ierjleue · anne von irkejdorf · hermä von meringe · heidolues kindere von winninge · vn di vö Jedorf · di Jin alle Jwabin • Di lantgreuen von doringen Jin vranken · vn di vö regenjtein ·

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vorbiten, das imant phende an des richters urlop. Swer is abir tut, über den sal man richten als ubir einen roubere. Dis is, wer do roub kouft. Wir sezein unde gebiten, swer wissentlichen roup koufet odir dubish gut oder rouber oder dip wissentlichen behelt unde in sime huse zeert, unde nicht echtere sint, wirt he des ubirzeuget, alse recht ist, zeu hant sal he zcwivalt gelden ienem sin gut, deme genomen ist, is si dubig odir roubig. Wirt abir he des ubirredet, alse recht ist, das he das zeu dem anderen male getan hat, ist das gut roubig, man richtet ubir en alse über einen rouber; ist is abir dubig, man sal ubir en richten alse ubir einen dip. Von der herren geburt. Nu vornemet umme der herren geburt von deme lande zeu Sachsen. Der von Anehalt unde di von Brandinburg unde di von Orlamunde unde di markgreven von Missene unde di von Bren, dise vorsten sin alle Swabin. U n d e r den vrien herren sin Swaben di von Hakenburne unde di von Gnercz unde di von Mochele. Under des riches schephen sin Swaben di von Tubule, di von Edeleresdorf, Heinrich Judas von Snetlinge, der voit Albrecht von Spandouwe unde Alverig unde Cunrat von Snetlinge unde Strapen, kint von Jersleve, Anne von Irkesdorf, Herman von Meringe, Heidolves kindere von Winninge unde di von Sedorf, di sin alle Swabin. Di lantgreven von Doringen sin Vranken, unde di von Regenstein

6 oder dip Weil. S. 260, Sp. III, 2. 27, fehlt W. 9 ienem sin gut Weil. S. 260, Sp. ΠΙ, Z. 32, fehlt W. 20 markgreven] markereven W, maregreve Horn., fehlt H. unde - Missene fehlt H. 24 sin Swaben] sint svavee Horn., fehlt WH. 26 von Snetlinge] von snetlinge Horn., fehlt W H.

57 verbieten, daß jemand ohne des Richters Erlaubnis pfände. W e r es dennoch tut, über den soll man richten wie über einen Räuber. Von dem, der Raubgut1 kauft. W i r setzen und gebieten: W e r wissentlich Geraubtes kauft oder Diebesgut 2 oder wer Räuber oder einen Dieb wissentlich aufnimmt und in seinem Hause verköstigt 3 , und wenn es keine Geächteten sind, wird er dessen überführt, wie es Recht ist, sogleich soll er jenem sein Gut, dem es genommen ist, zweifach vergelten, es sei Diebesgut oder Geraubtes. Wird er aber dessen überführt, wie es Recht ist, daß er dies zum zweiten M a l getan hat, handelt es sich um Geraubtes, man richte über ihn wie über einen Räuber; handelt es sich um Diebesgut, man soll über ihn richten wie über einen Dieb. Von der Herren Geburt. 4 Nun vernehmt von der Herkunft der Herren in dem Lande Sachsen 5 . Der von Anhalt und die von Brandenburg und die von Orlamünde und die Markgrafen von Meißen und die von Brehne, diese Fürsten sind alle Schwaben. Unter den freien Herren sind Schwaben die von Hakeborn und die von Gneiz und die von Mücheln. Unter des Reiches Schöffen sind Schwaben die von Dröbel, die von Elsdorf, Heinrich Judas von Schneidlingen, der Vogt Albrecht von Spandau und Alberich und Konrad von Schneidlingen, und Schrapen, Junker 6 von Gersleben, Anno von Jerdingsdorf, Hermann von Mehringen, Heidolfs Kinder von Winningen und die von Seedorf. Die Landgrafen von Thüringen sind Franken, und die von Regenstein

1 roub, roup st.M. .Beute, das Geraubte', ,Raub'; 2 diubec, md. dubish Adj. .gestohlen, geraubt', zu diep-, düpheit st.F. ,Diebstahl, gestohlene Sache'; 3 zern, zeren sw.V. ,essen und trinken, Nahrung aufnehmen, verköstigen'; 4 geburt st.F. ,Geburt', .Herkunft aus vornehmem Geschlecht, angeborener Stand'; 5 Zur Vorrede und den hier genannten Adelsgeschlechtern vgl. Lieberwirth, Sachsenspiegelvorrede; 6 kint st.N. ,Kind, Sohn', Junker'.

folio 3 verso

rechts

58

folio 4 recto links vnde von blankenburg-νή di burcgreuen von vini vn di von clodene-vn di von druz= ke-vn di von kotebüs di Jint alle vrankenDi von brunjwig vn di von luneburg • vn di von poppenburg vn di von ojtirburg · vn di von aldenhu fen Jint Jwabin-vnde di von w'ningenrode-vri di von arnjtein-vn di vö bejenrode-νή di von emerjleüe-νή di burcge= uen von gevekenjtein vn der tvmvoit von halbirjtat· vn di von JuJelicz-vn di vö lichtenberg-vn di von obindiJJe-Jint alle geborne Jwabin · Di herzcoge von limborch · vn /in gejlechte Jint alle geborne JachJin • dar zu alle di vriherren vnde Jchephin • di zu Jach= Jen Jint wonhaft- vn di nir Jint kündig bi miner zcit-Jvndir di hye vor benant Jint· Swelch bijchof von dem riche belent is m1 van lene binne deme lande zcu JachJen-vn den herjchilt dar ab hat-di heijen alle JachJe von welcheme lande he geborn Ji-vfi mag wol orteil vinden vn vrteiles volgen vn vorjpreche Jin zcu lenrechte vii zcu lätrech= te vor deme riche vbir iclichen m a n - d a is en an den lip odir in di hant nicht en get· vn anders nirgen zcu lantrechte noch zcu lenrechte

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unde von Blankenburg unde di burcgreven von Vinni unde di von Clodene unde di von Druz ke unde di von Kotebus, di sint alle Vranken. Di von Brunswig unde di von Luneburg unde di von Poppenburg unde di von Ostirburg unde di von Aldenhusen sint Swabin. Unde di von Werningenrode unde di von Arnstein unde di von Besenrode unde di von Emersleve unde di burcgre ven von Gevekenstein unde der tumvoit von Halbirstat unde di von Suselicz unde di von Lichtenberg unde di von Obin, disse sint alle geborne Swabin. Di herzcogen von Luneburg unde sin gesiechte sint alle geborne Sachsin; dar zu alle di vri herren unde schephin, di zu Sachsen sint w o n h a f t unde di mir sint kundig bi miner zeit, sundir di hie vor benant sint. Swelch bischof von dem riche belent is mit vanlene binnen deme lande zcu Sachsen unde den herschilt dar ab hat, di heisen alle Sachsen, von welcheme lande he geborn si, unde mag wol orteil vinden unde urteiles volgen unde vorspreche sin zcu lenrechte unde zcu lantrechte vor deme riche ubir iclichen man, da is en an den lip odir in di hant nicht enget, unde anders nirgen zcu lantrechte noch zcu lenrechte.

12 L u n e b u r g ] me Horn.

lüneborch

Horn.,

limborch

WH. 15

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59 und die von Blankenburg und die Burggrafen von Wettin und die von Klöden und die von Krosick und die von Kottbus, die sind alle Franken. Die von Braunschweig und die von Lüneburg und die von Poppenburg und die von Osterburg und die von Altenhausen sind Schwaben. U n d die von W e r n i g e r o d e und die von Arnstein und die von Biesenrode und die von Emersleben und die Burggrafen von Giebichenstein und der Domvogt von Halberstadt und die von Suselitz und die von Lichtenberg und die von Dobin, diese sind alle geborene Schwaben. Die H e r z ö g e von Lüneburg und ihr Geschlecht sind alle geborene Sachsen; dazu alle die freien Herren und Schöffen, die in Sachsen w o h n h a f t sind und die mir zu meiner Zeit bekannt sind, ohne diejenigen, die hiervor genannt sind. J e d e r Bischof, der vom Kaiser im Land Sachsen mit einem Fahnenlehen belehnt ist und den Heerschild davon hat, wird Sachse genannt, g a n z gleich aus welchem Land er auch immer stammt. U n d er kann wohl Urteil finden und einem Urteil zustimmen und Fürsprech sein zu Lehenrecht und zu Landrecht vor dem Kaiser für jedermann, vorausgesetzt, es geht nicht um T o des- oder Leibesstrafe, und sonst nirgends zu Land- noch zu Lehenrecht.

4 recto links

folio 4 verso links I· II· III· IIIIν· VI· VII· VIII· IX· χ· XI· XII· XIII· XIIII· XV· XVI· XVII· XVIII· XIX· XX· XXI· XXII· XXIII· XXIIII· XXV· XXVI· XXVII·

V o n Zewen / w e r t i n Liber primus· · · Geijtlich gerichte vri w'ltlich zu Juchene V o n Jechs w'lde vfi h'Jchilde vn vö d ' Jippe W e r kein erbe neme en Jal W o mä erbe vfi gerade neme Jal Sw' das erbe nimt d' gilt di Jchult Ab ein ν' Jachet des mä en zciet Uf eige vn an Jin recht vfi an Jine lip Jvne vn o r u e d e zcu tune · Sw' glob' eige zu gebne vfi zu lajene Gibit d' vat' dem J o n e ros vn phert H e l t d ' vat' o d ' di m u t ' kind'e in v o r m ü d e Ab lute ir gut zu J a m n e habin V o n a b j u n d e r ü n g e d ' kindere U o n lene zcu teilne Sw' varnde gut liet Erwerbin a n d ' recht vn den eige vri lejt Vri vn echt behelt des vat' recht vn w' das erbe nimt von Jwabe U o n dem rechtin wid' karles willen V o n JwebiJcheme rechte W a s mä gibt zu morgegabe vn alje Jich di witewe von den kindere Jcheidet M o r g e n g a b e vfi eige zu irme libe w o Ji is behelt vfi vor lüjet W o di witewe Jcheidet ν δ dem erbin ν δ g e j i n d e vn von hergewete U o n kinderin Vormunden V o n morgegabe mujteil vfi gerade D ' p h a f f e teilt mit deme b r u d ' e vfi ab Jich lüte begebenBegib' Jich ein kint Jwer Jin gut hat Iclich mä vn wip ν δ ritters art erb' zcweier wegene •

60 Liber primus V o n Zewen swertin. Geistlich gerichte u n d e werltlich zu suchene. V o n sechs werlden u n d e herschilden u n d e von d e r sippe. W e r kein erbe nemen ensal. IIII. W o m a n erbe u n d e gerade nemen sal. V. Swer das erbe nimt, der gilt di schult. VI. Ab ein man vorsachet, des man en zciet. VII. Uf eigen u n d e an sin recht u n d e an sinen lip, sune VIII. u n d e orvede zcu tune. Swer globet, eigen zu gebne u n d e zu lasene. IX. X. Gibit der vater d e m sone ros u n d e phert. XI. H e l t d e r vater o d e r di muter kindere in Vormunde. XII. Ab lute ir gut zusamne habin. V o n a b s u n d e r u n g e der kindere. XIII. XIIII. V o n lene zcu teilne. XV. Swer varnde gut liet. XVI. Erwerbin a n d e r recht unde den eigen vri lest. XVII. Vri u n d e echt behelt des vater recht. U n d e wer das erbe nimt von deme Swabew. XVIII. V o n d e n rechtin wider Karies willen. XIX. V o n swebischeme rechte. XX. W a s man gibt zu morgengabe. U n d e alse sich di witewe von d e n kinderen scheidet. M o r g e n g a b e u n d e eigen zu irme übe. W o si XXI. is behelt u n d e vorluset. X X I I . W o di witewe scheidet von dem erbin. V o n gesinde u n d e von hergewete. XXIII. V o n kinderin Vormunden. XXIIII. V o n morgengabe, musteil u n d e gerade. XXV. D e r p h a f f e teilt mit deme brudere. U n d e ab sich lute begeben. XXVI. Begibet sich ein kint. Swer sin gut hat. XXVII. Iclich man u n d e wip von ritters art erbet zcweier wegene. I. II. III.

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folio 4 verso links

61 Erstes Buch I. II.

Von den zwei Schwertern (folio 10 recto). (Wie) geistliches und weltliches Gericht aufzusuchen sind (folio 10 recto/verso). III. Von den sechs Weltaltern und den Heerschilden und von der Verwandtschaft 1 (folio 10 verso-11 verso). IV. Wer kein Erbe nehmen darf (folio 11 verso). V. Wie man Erbe und Gerade nehmen soll (folio 11 verso/12 recto). VI. Wer das Erbe nimmt, der bezahlt die Schuld (folio 12 recto). VII. Wenn ein Mann bestreitet, wessen man ihn bezichtigt hat (folio 12 verso). VIII. Wie man auf Grundeigentum, sein Recht und sein Leben Sühne und Urfehde schwört (folio 12 verso). IX. Wer gelobt, Grundeigentum zu übergeben und aufzulassen (folio 12 verso). X. Gibt der Vater dem Sohn Streitroß und Pferd (folio 13 recto). XI. Behalten der Vater oder die Mutter die Vormundschaft über (ihre) Kinder (folio 13 verso). XII. Wenn Leute ihr Gut gemeinsam haben (folio 13 verso). XIII. Von der Absonderung von Kindern (folio 13 verso). XIV. Von Lehen, das zu teilen (ist) (folio 14 recto). XV. Wer Fahrhabe verleiht (folio 14 recto). XVI. Erwerben anderen Rechts und Freilassen des Leibeigenen (folio 14 verso). XVII. Frei und ehelich (geborenes Kind) erhält das Recht des Vaters. U n d wer das Erbe von dem Schwaben nimmt (folio 14 verso). XVIII. Von den Rechten gegen (Kaiser) Karls Willen (folio 14 verso/15 recto). XIX. Von schwäbischem Recht (folio 15 recto). XX. Was man zur Morgengabe gibt (folio 15 recto). Und wie sich die Witwe von den Kindern trennt (folio 15 verso). XXI. Morgengabe und Grundeigentum zu ihren Lebzeiten (folio 15 verso). Wie sie (die Frau) es behält und verliert (folio 16 recto). XXII. Wie sich die Witwe von dem Erben trennt (folio 16 recto). Von der Dienerschaft und vom Heergewäte (folio 16 verso). XXIII. Vom Vormund der Kinder (folio 16 verso/17 recto). XXIV. Von Morgengabe, Musteil und Gerade (folio 17 recto/verso). XXV. Der Weltgeistliche teilt mit dem Bruder. Und wenn sich Leute ins Kloster begeben (folio 17 verso). XXVI. Begibt sich ein Kind in ein Kloster. Wer sein Gut in H ä n d e n hält (folio 17 verso). XXVII. Jeder Mann und jede Frau von ritterlichem Stand vererben auf zweierlei Weise (folio 17 verso). 1 Zu Aufbau und Funktion der folgenden Einträge vgl. Müller, Kapitelverzeichnisse.

folio

4 verso rechts

XXVIII XXIX· XXX· XXXI· XXXII· XXXIII· XXXIIII·

Erbelos irjtirb' hergewete od' gerade Bis Jwene mä /ich vor Jwige an eigene Erbe enphet mä noch des lädis rechte Man vn wip en habe kein gezweit gut Kein wip mag behalde zu eigene lipgedlge Ab ein wip kint treit na des mänes tode V ö eigene zu gebene vn wid' zu liene vn zu la/ene XXXV· V ö beg'beneme Jchazce vii Jilb' zu brechene XXXVI· V ö kind'en zu vrü vn zu Jpete geborn XXXVII· W eins mänes wip behüret od' wip odir magit notiget-vn von rechtelojen lute XXXVIII Uon des riches achte XXXIX· W ' das heije ysen tragen Jal Sw' truwelos beredit wirt •XL· Clag' mait od' witewe vb' iren vormüde XLI· Wenne ein mä vormüden habe mag ab he XLII· wil-vn wene he en brengin Jal • Wen mä den vrouwe vormüde gebin Jal XLIII· Wene d' rieht' vrouwen vormüde Jal XLIIII· Ein mä is vormüde Jins wibes alje he Jt'b' XLV· Jo ijt is ir Jwert m a g j i en mac ouch nicht vor gebin an irs mannes willen· Meyde vfi wip müjen vormüde habin ir XLVI· eide Julien Ji Jelbe tun • Wie läge des richters vormüdejehaft wert XLVII · XLVIII- Rechteloje lute darbe vormüde-vn lame lute is en ge zu käphe aljus wert mä eine tote · Mit kemphin mag ein mä wol w'en Jich XLIX· Sprichit ein gewnt mä zu käphe an jwer • L· ouch den and'en gewüt vor gerichte vürt· Is ijt mancher echtelos-vn nicht rechtelos LI· von den vier anen · Wen ein mä Jin gut vor geben mag LII·

62

XXVIII. XXIX. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIIII.

Erbelos irstirbet hergewete oder gerade. Bis swenne man sich vorswige» mag an eigene. Erbe enphet man noch des landis rechte. Man unde wip enhaben kein gezweit gut. Kein wip mag behalden zu eigene lipgedinge. Ab ein wip kint treit na des mannes tode. Von eigene zu gebene. Unde wider zu liene unde zu lasene. XXXV. Von begrabeneme schazce. Unde silber zu brechene. XXXVI. Von kinderen zu vru unde zu spete geborn. XXXVII. Wer eins mannes wip behuret oder wip odir magit notiget. Unde von rechtelosen luten. XXXVIII. Von des riches achte. XXXIX. Wer das heise isen tragen sal. Swer truwelos beredit wirt. XL. Claget mait oder witewe über iren Vormunden. XLI. Wenne ein man Vormunden haben mag, ab he XLII. wil. Unde wenne he en brengin sal. Wen man den vrouwen Vormunde gebin sal. XLIII. Wenne der richter vrouwen Vormunden sal. XLIIII. Ein man is Vormunde sins wibes. Alse he stirbet, XLV. so ist is ir swertmag. Si enmac ouch nicht vorgebin ane irs mannes willen. Meide unde wip musen Vormunden habin. Ir XLVI. eide sullen si selbe tun.

XLVII. XLVIII. XLIX. L. LI. LII.

Wie lange des richters vormundeschaft wert. Rechtelose lute darben Vormunden unde lame lute, is enge zu kamphe. Alsus wert man einen toten. Mit kemphin mag ein man wol weren sich. Sprichit ein gewunt man zu kamphe an. Swer ouch den anderen gewunt vor gerichte vurt. Is ist mancher echtelos unde nicht rechtelos. Von den vier anen. Wen ein man sin gut vorgeben mag.

2 v o r s w i g e n ] v o r s w i g e Wt nach folio nach folio 18 recto Ζ. 19 ergänzt.

18 recto Ζ. 20 verbessert, m a g

63 XXVIII.

XXIX. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIV.

XXXV. XXXVI. XXXVII.

XXXVIII. XXXIX. XL. XLI. XLII.

XLIII. XLIV. XLV.

XLVI.

XLVII. XLVIII.

XLIX. L.

LI.

LH.

1 2

folio 4 verso rechts (Wenn) H e e r g e w ä t e oder Gewere im T o d e s f a l l o h n e Erben hinterlassen w e r d e n (folio 18 recto). Innerhalb welcher Zeit man den Anspruch auf G r u n d e i g e n t u m verlieren kann (folio 18 recto). Erbe e m p f ä n g t man nach des Landes Recht (folio 18 recto). M a n n u n d Frau haben kein getrenntes G u t (folio 18 recto). Keine Frau k a n n Leibgedinge als Eigentum behalten (folio 18 recto/verso). W e n n eine Frau ein Kind nach dem T o d des M a n n e s trägt (folio 18 verso). V o m V e r ä u ß e r n von G r u n d e i g e n t u m . U n d vom Wiederverleihen u n d Auflassen (folio 18 verso/19 recto). V o n vergrabenem Schatz. U n d vom Abbau des Silbers (folio 19 recto). V o n Kindern, die zu f r ü h o d e r zu spät geboren sind (folio 19 recto). W e r mit der Frau eines anderen M a n n e s h u r t o d e r eine Frau o d e r ein M ä d c h e n notzüchtigt. U n d von rechtlosen Leuten (folio 19 recto). V o n der Reichsacht (folio 19 verso). W e r das heiße Eisen tragen m u ß (folio 19 verso). W e r als treulos ü b e r f ü h r t wird (folio 19 verso). Klagt ein M ä d c h e n oder eine Witwe über ihren V o r m u n d (folio 19 verso). W a n n ein M a n n einen V o r m u n d haben kann, wenn er es will. U n d wann er ihn vorbringen m u ß (folio 20 recto). W a n n m a n den Frauen einen V o r m u n d geben soll (folio 20 recto). W a n n der Richter V o r m u n d der Frauen sein m u ß (folio 20 recto). Ein M a n n ist V o r m u n d seiner Frau. W e n n er stirbt, so ist es ihr Schwertmage. Sie kann auch nichts veräußern o h n e die Einwilligung ihres M a n n e s (folio 20 verso). M ä d c h e n u n d Frauen müssen einen V o r m u n d haben 1 . Ihre Eidesleistung sollen sie selbst vorn e h m e n (folio 20 verso). Wie lange die V o r m u n d s c h a f t des Richters d a u e r t (folio 20 verso). Rechtlose Leute haben keinen V o r m u n d , ebenso gelähmte Leute, es sei denn, es geht auf einen gerichtlichen Zweikampf hinaus. Ebenso verteidigt man einen T o t e n 2 (folio 20 verso/21 recto). Mit einem L o h n k ä m p f e r k a n n sich ein M a n n d u r c h a u s verteidigen (folio 21 recto). F o r d e r t ein verwundeter M a n n z u m gerichtlichen Zweikampf auf. W e r auch den anderen v e r w u n d e t vor Gericht bringt (folio 21 recto). Es ist m a n c h e r gerichtsunfähig u n d nicht zugleich rechtlos. V o n den vier A h n e n (folio 21 W a n n ein M a n n sein G r u n d e i g e n t u m veräußern kann (folio 21 verso).

Der Satz nimmt auf Ldr. I 45 des Textes Bezug. Der Satz nimmt auf Ldr. I 49 des Textes Bezug.

folio 5 recto links W o r vme mä deme rieht' wettit· ein mä blibit is ane Jchade di wile he is J"ich nich' vnd' wint Jw' gewette vn büje nich' en gib' · LIIII· Was mä uf zeins gute Ilde Julie vn vme zcedT• LV· An hanthaft' tat kujet mä gougreue LVI· G o u j c h a f t ijt d' lantlute willekore LVII· En wirt d' dip bin tage nich' v'wnde LVIII· Swe mä k ü j e t zu lang' zeit vn ab d' kunig indes greuen-vn der greue indes goügreuen gerichte kvmt· LIX· W o der rieht' richte Jal-vn was d' brichit d' bi kvniges banne dinget vn des nicht en hat der greue Jal habe Jinen Jchulthei Jen an echteme dinge· •LX· Svnd' vorjpreche müs mä wol clagen vn wo ein vorjpreche wejen Jal · LXI· Kein cleg' darf bürge Jezcin er di clage getagit wirt mä Jal nimäde zu kein' clage twinge Jw' Jo Jwert zut · LXII· Umme blut geruchte wettit mä vbir JechJwochen volkumen Jwelches orteiles mä von erjt vragetLXIII· Sw' kemphlich Jine genos wil grujen LXIIII· W o mä tote ub' wint-Jw' lip od' hant ledig' LXV· Sw' borget eine mä vme vngerichte Igene· w'gelt vn and' gelt zu geldene· LXVI· Di häthafte tat vn di vor vejtüge zu gezu= LXVII· Vf wen ma vngerichte clait d' da nich' is LXVIII· Swen mä mit knütteln Jlet vn w' Jich us der vor vejtünge zeut · LXIX· Sw' eine tote vn geväge vor gerichte vüret LXX· Sw' uf gut clag' zu drin dinge clait mä

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LIII·

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W o r umme man deme richter wettit. Ein man blibit is ane schaden, di wile he is sich nicht underwint. Swer gewette unde buse nicht engibet. LIIII. Was man uf zeinsgute liden sulle. U n d e umme zeendin. LV. An hanthafter tat kuset man gougreven. LVI. Gouschaft ist der lantlute willekore. LVII. Enwirt der dip bin tage nicht vorwunden. LVIII. Swen man kuset zu langer zeit. Unde ab der kunig in des greven unde der greve in des gougreven gerichte kumt. LIX. W o der richter richten sal. U n d e was der brichit, der bi kuniges banne dinget unde des nicht enhat. Der greve sal haben sinen schultheisen an echteme dinge. LX. Sunder vorsprechen mus man wol clagen. U n d e wo ein vorspreche wesen sal. LXI. Kein cleger darf bürgen sezein, er di clage getagit wirt. Man sal nimande zu keiner clage twingen. Swer so swert zut. LXII. Umme blutgeruchte wettit man ubir sechswochen volkumen. Swelches orteiles man von erst vraget. LXIII. Swer kemphlich sinen genos wil grusen. LXIIII. W o man toten uberwint. Swer lip oder hant lediget. LXV. Swer borget einen man umme ungerichte. Wergelt unde ander gelt zu geldene. LXVI. Di hanthafte tat unde di vorvestunge zu gezugene. LXVII. Uf wen man ungerichte clait, der da nicht is. LXVIII. Swen man mit knutteln slet. Unde wer sich us der vorvestunge zeut. LXIX. Swer einen toten unde gevangen vor gerichte vuret. LXX. Swer uf gut claget zu drin dingen. Clait man

6.5 LIII.

LIV. LV. LVI. LVII. LVIII.

LIX.

LX. LXI.

LXII.

LXIII. LXIV. LXV.

LXVI. LXVII. LXVIII. LXIX. LXX.

1 2

folio 5 recto links W o f ü r man dem Richter Gewette zahlt. Ein Mann bleibt ohne Nachteil, solange er sich (der Sache) nicht bemächtigt. Wer Gewette und Buße nicht bezahlt (folio 22 recto). Was man auf einem Zinsgut erdulden muß. U n d über den Zehnten (folio 22 verso). Bei handhafter T a t wählt man einen Gaugrafen (folio 22 verso). Das Amt des Gaugrafen ist der freie Wille der Landleute (folio 23 recto). Wenn der Dieb nicht innerhalb eines Tages überführt wird (folio 23 recto). Wen man auf längere Zeit wählt 1 . Und wenn der König zum (Gericht) des Grafen und der Graf zum Gericht des Gaugrafen kommt (folio 23 recto). W o der Richter richten soll (folio 23 recto). Und was der verwirkt, der bei Königsbann Gericht hält und ihn nicht (empfangen) hat (folio 23 recto). Der Graf soll seinen Schultheißen im echten Ding haben (folio 23 verso). O h n e Vorsprecher darf man klagen. Und wie ein Vorsprecher sein soll (folio 23 verso). Kein Kläger braucht Bürgen zu stellen, ehe f ü r die Klage ein Gerichtstag angesetzt wird. Man soll niemanden zu irgendeiner Klage zwingen 2 . Wer so das Schwert zieht (folio 24 recto). Wegen des Blutgerüftes zahlt man alles innerhalb von sechs Wochen. Welches Urteil man zuerst erbittet (folio 24 recto/verso). Wer einen seiner Standesgenossen zum Zweikampf herausfordern möchte (folio 24 verso). Wie man einen Toten überführt. Wer Leben oder H a n d loskauft (folio 26 recto). Wer sich f ü r einen Mann wegen eines Verbrechens verbürgt. Zahlung von Wergeid und anderem Geld (folio 26 verso). (Wie) die handhafte Tat und die Verfestung zu bezeugen sind (folio 26 verso). Wen man wegen eines Verbrechens anklagt, der nicht anwesend ist (folio 26 verso). Wen man mit Knüppeln schlägt. Und wer sich aus der Verfestung zieht (folio 27 recto). W e r einen Toten und einen Gefangenen vor Gericht bringt (folio 27 recto). W e r um ein Gut an drei Gerichtstagen klagt. Klagt man

Der Satz nimmt auf Ldr. I 57 des Textes Bezug. Dieser und der folgende Satz nehmen auf Ldr. I 62 des Textes Bezug.

folio 5 recto rechts

LXXI· •I· II· III· IIII· V· VI· VII· VIII· IX· X· XIXII· XIII· XIIII· XV· XVI·

XVII· XVIII·

vme Jchult clait mä vme vngerichte er is vbir nechtig werde • W o mä di nid'Jte vejtüge indi ob'Jte breg' Swo h're zu Jamne globe • Liber Jecüd' · · U o r Jumet d' greue Jin echte ding-beclagit mä eine mä in/ine keginwerteGrujit ein mä eine zu käphe Sw' Jich us d' vejtüge zcien wil W keine bürge en Jal Jezcin-bis wene mä Jchult gewette vn buje gebe Jal · Sw' buje vor Jpricht-vor guide Jchult Jwelche gäbe d' man Jiet· Uon d' echte not Sw' vngerichte clait uf den d' nich' is Sw' begint zu entw'tene wi ho ein mä bürgen Jezcin Jal · W o mä richtet in gebüdene tagen S w ' e i d e gelob'vor Jchult Sw' Jilb' gelde Jal wo ein mä orteil vint vb' Jine h're-vn vb' di JchephTbare • von orteil zu Jcheldene di volburt wid' Jpr'cht W o mä vngerichte richtet Slet ein mä den and'n tot durch not Sw' eine gew'e glob 1 vor gerichte Sw' den äd'en belemt od' wndet-des vrone bote gewette-wo vor mä bejjert de mäd' ander Jiben leie Jache belemt wirt· D ' vat' mag den Jon eins us nemen Mä Jal nicht vinde-wo mä richte odir gezuge Julie er is ir teilt Ji ·

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umme schult. Clait man umme ungerichte, er is ubirnechtig werde. LXXI. W o man di nidersten vestunge in di obersten brenget. Liber secundus I. Swo herren zusamne globen. II. Vorsumet der greve sin echte ding. Beclagit man einen man in sine keginwerte. III. Grusit ein man einen zu kamphe. IIII. Swer sich us der vestunge zcien wil. V. Wer keinen bürgen ensal sezcin. Bis wenne man schult, gewette unde buse geben sal. VI. Swer buse vorspricht. Vorgulden schult. Swelche gäbe der man siet. VII. Von der echten not. VIII. Swer ungerichte clait uf den, der nicht is. IX. Swer begint zu entwortene. Wi ho ein man bürgen sezcin sal. X. W o man richtet in gebundenen tagen. XI. Swer eide gelobet vor schult. XII. Swer silber gelden sal. W o ein man orteil vint über sinen herren. Unde über di schephinbare. Von orteil zu scheldene. Di volburt widerspricht. XIII. W o man ungerichte richtet. XIIII. Slet ein man den andern tot durch not. XV. Swer eine gewere globet vor gerichte. XVI. Swer den anderen belemt oder wundet. Des vronenboten gewette. W o vor man bessert den man, der ander sibenleie sache belemt wirt. XVII. Der vater mag den son eins usnemen. XVIII. Man sal nicht vinden, wo man richten odir gezugen sulle, er is irteilt si.

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LXXI.

folio 5 recto rechts wegen einer Schuld (folio 27 recto). W e n n man wegen eines Verbrechens klagt, ehe es übernächtig wird (folio 27 verso). Wie man eine niedere Verfestung in eine h ö h e r e verwandelt (folio 27 verso).

Zweites Buch I. II.

III. IV. V.

VI.

VII. VIII. IX.

X. XI. XII.

XIII. XIV. XV. XVI.

XVII. XVIII.

1

W o H e r r e n z u s a m m e n etwas versprechen 1 (D folio 22 recto). V e r s ä u m t der Graf sein echtes D i n g (D folio 22 recto). Beklagt man einen M a n n in seiner Gegenwart (D folio 22 recto). F o r d e r t ein M a n n jemanden z u m gerichtlichen Zweikampf (D folio 22 recto). W e r sich aus einer Verfestung befreien will (D f o lio 22 recto/22 verso). W e r keinen Bürgen zu stellen braucht. Bis wann man Schuld, Gewette u n d Buße zahlen soll (D f o lio 22 verso). W e r Buße ablehnt. Bezahlte Schuld (D folio 22 verso). Welche U b e r g a b e der M a n n sieht (D folio 22 verso/23 recto). V o n der echten N o t (D folio 23 recto). W e r einen anderen, der nicht anwesend ist, wegen eines Verbrechens anklagt (D folio 23 recto). W e r damit beginnt, sich zu verantworten. Wie hoch ein M a n n Bürgen stellen soll (D folio 23 recto). Wie m a n an gebundenen T a g e n richtet (D folio 23 verso). W e r wegen einer Schuld Eide gelobt (D folio 23 verso). W e r mit Silber bezahlen soll 2 (D folio 23 verso). Wie ein M a n n über seinen H e r r n Urteil findet. U n d über die s c h ö f f e n b a r f r e i e n Leute. V o m U r teil, das zu schelten ist (folio 28 recto). (Wer) der Z u s t i m m u n g zu einem Urteil widerspricht 3 (folio 28 verso). Wie m a n über Verbrechen richtet (folio 28 recto/ verso). Schlägt ein M a n n einen anderen in N o t w e h r tot (folio 29 verso). W e r eine G e w ä h r s c h a f t vor Gericht gelobt (folio 30 recto). W e r einen anderen verletzt o d e r verwundet. Das Gewette des F r o n b o t e n . Wie man den M a n n entschädigt, der auf sieben verschiedene Arten verletzt wird (folio 30 recto). D e r Vater kann den Sohn einmal befreien (folio 30 verso). M a n soll kein Urteil finden, w o n a c h man richten o d e r Zeugnis ablegen soll, bevor es erteilt ist (folio 30 verso).

D e r T e x t bis einschließlich L d r . II 11 f e h l t a u f g r u n d e i n e r T e x t l ü c k e . D e r erste Satz des Registers zu L d r . II 12 b e z i e h t sich n o c h auf d e n verlorenen T e x t von Ldr. II 11. 3 D e r T e x t z ä h l t bis einschließlich L d r . II 20 ein Kapitel w e i t e r als d a s K a p i t e l verzeichnis. 2

folio 5 verso links XIX·

D ' uat' teilt Jine Jone · ab d' h're mus wol us neme Jine eigenen man · XX· Brud' vn JweJt'neme erbe ires vngezweite b»d' XXI· Vol w'gelt habe lame lute d' zcins mä erb'Jin > gebu he en Ji νδ ritters art von len erben · XXII· Kegin den richt'e zu gezugene · begib'Ji ein mä wo mä mit Jiben mäne gezcugen Jal · XXIII· Wi manch elich wip ein mä haben mag XXIIII· Man en Jal nimande us Jine gew'en wijen 10 XXV· U o n rouplich' gew' XXVI· Vö valjchen phenlge vö marckte vö mvzen XXVII • Vö zcoln · vn ab mä vert vb' gewnne lant XXVIII· Sw' Jchade tut an holzce an g' Je an vijchene XXIX· Sweme icht in wajjere zcü vlujt is XXX· Sw' im erbe zu Jait von gelubde | tet XXXI· Sw' Jine lip vor lujet vor gerichte od' Jich Jelb' to= XXXII · Sw' eins mänes knecht Jlet od' Jw' eine geväge= XXXIII· U o n d ' h a n t h a f t e n tat· I hat XXXIIII· Von dem ane vange 20 XXXV· Swas mä vint odir roub'en abe iaget XXXVI· Mä Jal geldl den Jchade d' νδ warlojekeit gejchiet XXXVII· Sw' korn Jtilt odir ezcit XXXVIII· Nimät entw't' vor Jine knecht vn ab he im enket XXXIX· Swelch knecht elich wip nimt 2s •XL· Swelch vie Jchad' vn ab mä is hezcit XLI· Swo d' rieht' Jin gewette nich' us gephede mag XLII· Sw' claget uf gut da he len an Jaget XLIII Sw' gut Jag' zu lene vn ein' zu eigene erbeige 30 vnde kouft eigen · XLIIII· Sw' an lene od' an lipgedlge eige Jaget vnde welch ein recht gew'e Ji ·

68 XIX.

Der vater teilt sine sone. Ab der herre mus wol usnemen sinen eigenen man. XX. Bruder unde swester nemen erbe ires ungezweiten bruder. Vol wergelt haben lame lute. Der zeinsman erbet sin XXI. gebu, he ensi von ritters art. Von lenerben. Kegin den richtere zu gezugene. Begibet sich ein man. XXII. W o man mit siben mannen gezcugen sal. XXIII. Wi manch elich wip ein man haben mag. Man ensal nimande us sinen geweren wisen. XXIIII. Von rouplicher gewer. XXV. Von valschen phenningen, von markte, von münzen. XXVI. Von zcoln. U n d e ab man vert über gewunnen lant. XXVII. XXVIII. Swer schaden tut an holzce, an grase, an vischene. Sweme icht in wassere zcuvlust. XXIX. Swer im erbe zusait von gelubde. XXX. Swer sinen lip vorluset vor gerichte oder sich selber XXXI. tötet. Swer eins mannes knecht slet oder swer einen XXXII. gevangen hat. XXXIII. Von der hanthaften tat. XXXIIII. Von dem anevange. Swas man vint odir rouberen abejaget. XXXV. XXXVI. Man sal geldin den schaden, der von warlosekeit geschiet. XXXVII. Swer korn stilt odir ezcit. XXXVIII.. Nimant entwortet vor sinen knecht. Unde ab he im enket. XXXIX. Swelch knecht elich wip nimt. Swelch vie schadet. Unde ab man is hezcit. XL. Swo der richter sin gewette nicht usgephenden mag. XLI. Swer claget uf gut, da he len ansaget. XLII. Swer gut saget zu lene unde einer zu eigene. Erbeigen XLIII. unde k o u f t eigen. Swer an lene oder an lipgedinge eigen saget. U n d e XLIIII. welch ein recht gewere si.

6 sich] si W, nach folio 31 verso Ζ. 14 ergänzt. 11 markte] marckte Wr nach folio 32 verso Ζ. 20 verbessert.

69 XIX. XX. XXI.

XXII.

XXIII. XXIV. XXV. XXVI. XXVII. XXVIII. XXIX. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIV. XXXV. XXXVI. XXXVII. XXXVIII. XXXIX. XL. XLI. XLII. XLIII. XLIV.

1 2 3

folio 5 verso links Der Vater sondert seinen Sohn ab. Wann der Herr seinen Eigenmann befreien darf (folio 30 verso). Bruder und Schwester nehmen das Erbe ihres vollbürtigen Bruders (folio 31 recto). Volles Wergeid haben behinderte Leute 1 . Der Zinsmann vererbt sein Gebäude, wenn er nicht ein Mann von ritterlichem Stand ist. Von Lehenserben (folio 31 recto). Gegen den Richter etwas bezeugen (folio 31 recto/verso). Begibt sich ein Mann ins Kloster. Wie man mit sieben Mannen Zeugnis ablegen soll (folio 31 verso). Wieviele Ehefrauen ein Mann haben kann (folio 32 recto). Man soll niemanden aus seinen Geweren weisen (folio 32 recto). Von räuberischem Besitz (folio 32 recto). Von falschen Pfennigen, vom Markt, von Münzen (folio 32 verso). Von Zöllen (folio 32 verso). Und wenn man über bestelltes Land fährt (folio 33 recto). Wer Holz, Gras, Fischen Schaden zufügt (folio 33 recto). Wem etwas im Wasser zufließt (folio 33 verso). Wer ein Erbe aufgrund eines Versprechens für sich beansprucht (folio 33 verso). Wer sein Leben vor Gericht verliert 2 oder sich selbst tötet (folio 33 verso). Wer den Knecht eines Mannes schlägt oder jemanden gefangenhält (folio 33 verso). Von der handhaften Tat (folio 34 recto). Vom Zurückfordern durch Anfassen (folio 34 recto). Was man findet oder Räubern abjagt (folio 35 recto). Man soll den Schaden entgelten, der durch Unachtsamkeit geschieht (folio 35 recto). Wer Korn stiehlt oder fressen läßt (folio 35 recto). Niemand verantwortet sich f ü r seinen Knecht 3 . Und wenn er ihm entläuft (folio 35 recto). Welcher Knecht eine Frau heiratet (folio 35 verso). Welches Vieh Schaden anrichtet. Und wenn man es hetzt (folio 35 verso). Wenn der Richter sein Gewette nicht durch Pfändung bekommen kann (folio 35 verso). Wer um ein Gut klagt, das er als Lehen beansprucht (folio 36 recto). Wer ein Gut als Lehen und wer (es) als Eigengut beansprucht. Ererbtes Grundeigentum und gekauftes Grundeigentum (folio 36 verso). Wer aus Lehen oder Leibgedinge Grundeigentum beansprucht. Und was ein rechtmäßiges Besitzrecht ist (folio 36 verso).

Der Satz nimmt auf Ldr. II 20 des Textes Bezug. Der Satz nimmt auf Ldr. II 30 des Textes Bezug. Der Satz nimmt auf Ldr. II 37 des Textes Bezug.

folio 5 verso rechts XLV· XLVI· XLVII· XLVIII· XLIX· •L· LI· LH-

Uli-

Lim· LV· LVI· LVII· LVIII· LIX· •LX LXI LXII· LXIII· LXIIII · LXV· LXVI LXVII· LXVIII · LXIX· LXX·

Sw' ding vluchtig wirt Sw' eret eins and'n lant vnwijjende Sw' Jin vie tribit uf eins and'n korn od' gras ab mä is nicht phedin en magSw' vie tribit uf andere marke vngewnne lant d' da vb' vert vn vö zcendin· Uon d' o b e j e - ν ή den h o f - z u bewirkene Sw' markjteine Jezt-Jw' zünt oue vn koben Melich Jal bejchüzce Jine oue vfi vor müre Vlichtet d' hoppe-vn von boümzcelge Swas d' mä büwet uf vremde güte Von den hirte· belemt ein vie das and'e Swas d' burmeijt'jchaft des dorfes vrüme Swelch dorf bi wa/Jere ligen Sw' gut in gew'en hat dem Jal mä beJJ'en Nv v'nemet wenne gut vor dinet Ji Wil ein h're vor wijen Jine zcins mä rechte vö des kvniges w' dem and'n rüme· Sw' dem and'n liet varnde habe Vö den ban vorjten-vn νδ hezzcede Sw' helt Jchedeliche tyr Jlet mä hünt od' ber tot durch not· Sw' wilde tyr hegen wil · es en mag kein wip vor Jpreche Jin · W mit geruchte clage Jal Kein kint mag Jine lip ν'wirke · w' e! kit Jlet Nv vor nemt den alden vride Sw' vme vngerichte beclag' wirt he en müs nicht brege wen drijig m ä · Ir liget dem wegev'tige mäne Jin phert Sw' t ö t e t - o d ' wndet eine vridebrecher Mä Jal nimäde wijen vö Jime gute

70 XLV. XLVI. XLVII. 5

10

15

20

Swer dingvluchtig wirt. Swer eret eins andern lant unwissende. Swer sin vie tribit uf eins andern korn oder gras. Ab man is nicht phendin enmag. XLVIII. Swer vie tribit uf andere marke ungewunnen lant. Der da ubervert. U n d e von zcendin. Von der obese. Unde den hof zu bewirkene. XLIX. Swer marksteine sezt. Swer zuntoven unde koben. L. Menlich sal beschuzcen sinen oven unde vormuren. LI. Vlichtet der hoppe. Unde von boumzcelgen. LH. Swas der man buwet uf vremdem gute. LIII. Von den hirten. Belemt ein vie das andere. Lim. Swas der burmeister schaft des dorfes vrumen. LV. Swelch dorf bi wassere ligen. LVI. Swer gut in geweren hat, dem sal man besseren. LVII. Nu vornemet, wenne gut vordinet si. LVIII. Wil ein herre vorwisen sinen zcinsman rechLIX. te. Von des kuniges strase. Wer dem andern rume. Swer dem andern liet varnde habe. LX. Von den banvorsten. Unde von hezzcende. LXI. Swer helt schedeliche tir. Slet man hunt oder LXII. ber tot durch not. LXIII.

25

30

Swer wilde tir hegen wil. Es enmag kein wip vorspreche sin. LXIIII. Wer mit geruchte clagen sal. LXV. Kein kint mag sinen lip vorwirken. Wer ein kint slet. LXVI. Nu vornemt den alden vride. LXVII. Swer umme ungerichte beclaget wirt, he enmus nicht brengen wen drisig man. LXVIII. Irliget dem wegevertigen manne sin phert. LXIX. Swer tötet oder wundet einen vridebrecher. Man sal nimande wisen von sime gute. LXX.

18 strase nach folio

39 verso 2. 31

ergänzt.

71 XLV. XLVI. XLVII.

XLVIII.

XLIX. L. LI. LII. LIII. LIV. LV. LVI. LVII. LVIII. LIX.

LX. LXI. LXII.

LXIII. LXIV. LXV. LXVI. LXVII.

LXVIII. LXIX. LXX.

1

folio 5 verso rechts W e r dingflüchtig wird (folio 36 verso). W e r das Land eines anderen unwissentlich p f l ü g t (folio 36 verso). W e r sein Vieh in das K o r n f e l d o d e r die Wiese eines anderen treibt. Weswegen man es nicht p f ä n den kann (folio 37 recto). W e r sein Vieh in einer anderen G e m a r k u n g auf unbestelltes Land treibt. W e r d a r ü b e r f ä h r t . U n d vom Z e h n t e n (folio 37 recto/verso). V o n der D a c h t r a u f e . U n d vom E i n z ä u n e n des H o f e s (folio 38 recto). W e r Marksteine aufstellt. W e r Backöfen u n d Schweineställe (aufstellt) 1 (folio 38 recto). Jeder soll auf seinen O f e n und seine Feuermauer achten (folio 38 recto). R a n k t der H o p f e n (über einen Zaun). U n d von Baumzweigen (folio 38 recto). W a s der M a n n auf f r e m d e m Boden a u f b a u t (folio 38 recto). V o n den H i r t e n . W e n n ein T i e r ein anderes verletzt (folio 38 verso). Was der Bauermeister zum N u t z e n des D o r f e s beschließt (folio 38 verso). Welche D ö r f e r am Wasser liegen (folio 38 verso/39 recto). W e r das G u t in Besitz hat, den m u ß man entschädigen (folio 39 recto). N u n vernehmt, w a n n G u t fällig ist (folio 39 recto/verso). Will ein H e r r seinen Zinsmann (zu Recht) verweisen. V o n des Königs Straßen (folio 39 verso). W e r dem anderen ausweicht (folio 40 recto). W e r dem anderen Fahrhabe leiht (folio 40 recto). V o n den Bannforsten. U n d vom H e t z e n (folio 40 recto). W e r schädliche Tiere hält. Erschlägt man einen H u n d o d e r einen Bären in N o t w e h r (folio 40 verso). W e r wilde Tiere halten will. Es kann keine Frau Vorsprecher sein (folio 40 verso). W e r mit G e r ü f t e klagen soll (folio 40 verso). Kein Kind k a n n sein Leben verwirken. W e r ein Kind schlägt (folio 41 recto). N u n h ö r t den alten Frieden (folio 41 recto). W e r wegen eines Verbrechens angeklagt ist, der darf nicht mehr als dreißig M ä n n e r (vor das Gericht) mitbringen (folio 41 verso). K o m m t dem Reisenden sein P f e r d z u m Erliegen (folio 41 verso). W e r einen Friedebrecher tötet oder verwundet (folio 41 verso). M a n soll niemanden von seinem G u t verweisen (folio 41 verso).

Der Satz bezieht sich auf Ldr. II 51 des Textes.

folio 6 recto links LXXI· LXXII· •I· II· III· IIII· V· VI· VII· VIIIIX·

X· XI· XII· XIII· XIIII · XV· XVI· XVII· XVIII· XIX· XX· XXI·

Ingejworne vride Jal mä keine wape vüre U f / w e l c h ' burg mä den vridebrech' helt-ab mä di burg bejchuldeget vme den r o u p · Uon d' not maget-od' wibes vfi alle di deme gerufte volgen · Liber tertius Vö phaffen vn iuden di wapen vuren tore Mä Jal vb' kein wip richte di kit treit noch vb' Sw' wid' heijchet das he vor gib' od' vor ko= Da s mä liet od' tut zu behaldene uft U o r topelt el knecht Jins h're gut D ' iude en mus kirjtenes mänes gewere νή ab gut wettet · I nich' Jin Mä Jag' das vurjten vii burge k e ine vride en Sw' burge wirt eins mänes vir II habe gerichte zu bregene · vn wi mä vride beJJ'n Jal vn Jw' eine beclaite mä deme gerichte enphv Ab e! m ä o d ' vie Jtirbit das man ret· vor gerichte brengen Jal · Sw' vor eide bürgen Jezt Iis· Clage vii lute vngerichte uf eine Wirt ei mä beclag' vngerichte da he nich' en Ab d' mä an des vorjpreche wort nich' en iet Ab zwene mä uf ei gut Jpreche noch dem D ' rieht' en mag nimäde vö Jin'lldriJegiJte clage gewijen-vn w' vormüde darbit· Ein vor vejtmä müs Jich wol us zeien Sw' vor gerichtejag' he habe Jich us gezoge Vrie lute vii des riches dinjtmä gezuge vor dem riche· Sw' des and'n lant eret mä mus wol phenden uf Jime lande· Spreche zewene mä gut an gliche

72 LXXI. In geswornen vride sal man keine wapen vuren. LXXII. Uf swelcher bürg man den vridebrecher helt. Ab man di bürg beschuldeget umme den roup. Liber tertius Von der not maget oder wibes. Unde alle, di deme gerufte volgen. Von phaffen unde juden, di wapen vuren. II. Man sal über kein wip richten, di kint treit noch über III. toren. Swer widerheischet, das he vorgibet oder vorkouft. IUI. Das man liet oder tut zu behaldene. V. VI. Vortopelt ein knecht sins herren gut. Der jude enmus knstenes mannes gewere nicht sin. VII. U n d e ab gut wettet. VIII. Man saget, das vursten unde burge keinen vride enhaben. Swer burge wirt eins mannes, vor IX. gerichte zu brengene. Unde wi man vride bessern sal. Unde swer einen beclaiten man deme gerichte enphuret. X. Ab ein man oder vie stirbit, das man vor gerichte brengen sal. Swer vor eide bürgen sezt. XI. Ciagen vii lute ungerichte uf einen. XII. Wirt ein man beclaget ungerichte, da he nicht enis. XIII. XIIII. Ab der man an des vorsprechen wort nicht enjet. Ab zwene man uf ein gut sprechen noch dem drisegisten. XV. XVI. Der richter enmag nimande von siner clage gewisen. U n d e wer Vormunden darbit. XVII. Ein vorvest man mus sich wol uszeien. XVIII. Swer vor gerichte saget, he habe sich usgezogen. XIX. Vrie lute unde des riches dinstman gezugen vor dem riche. Swer des andern lant eret. Man mus wol XX. phenden uf sime lande. XXI. Sprechen zewene man gut an gliche.

14 v o r ] vir W, nach folio

44 recto Ζ. 4

verbessert.

73 LXXI. LXXII.

folio 6 recto links Während des geschworenen Friedens soll man keine W a f f e n tragen (folio 41 verso). Auf welcher Burg man dem Friedebrecher widerrechtlich Aufenthalt gewährt. Wenn man die Burg wegen des Raubes beschuldigt (folio 42 recto).

Drittes Buch I.

II. III. IV. V. VI. VII.

VIII. IX.

X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI.

XVII. XVIII. XIX. XX. XXI.

Von der Vergewaltigung eines Mädchens oder einer Frau. Und alle, die dem Gerüfte folgen (folio 42 verso). Von Geistlichen und Juden, die W a f f e n führen (folio 42 verso). Man soll über keine Frau richten, die ein Kind trägt und auch nicht über Geisteskranke (folio 43 recto). Wer zurückfordert, was er verschenkt oder verkauft (hat) (folio 43 recto). Was man leiht oder zur Verwahrung übergibt (folio 43 recto). Verspielt ein Knecht das Gut seines Herrn (folio 43 verso). Der Jude soll nicht Gewährsmann eines Christen sein. Und wenn man Gut als Pfand nimmt (folio 43 verso). Man sagt, daß Fürsten und Burgen keinen Frieden haben (folio 43 verso). Wer Bürge eines Mannes wird, diesen vor Gericht zu bringen. U n d wie man den Frieden büßen soll. U n d wer einen angeklagten M a n n dem Gericht entführt (folio 44 recto). Wenn ein Mann oder ein Tier stirbt, die man vor Gericht bringen soll (folio 44 recto). Wer f ü r seinen Eid einen Bürgen stellt (folio 44 recto). Klagen viele Leute wegen eines Verbrechens gegen jemanden (folio 44 verso). Wird ein Mann wegen eines Verbrechens angeklagt, wenn er nicht anwesend ist (folio 44 verso). Wenn der Mann das W o r t des Vorsprechers nicht gutheißt (folio 44 verso). Wenn zwei Männer auf ein Gut nach dem Dreißigsten Anspruch erheben (folio 44 verso). Der Richter kann niemanden mit seiner Klage abweisen 1 . U n d wer keinen Vorsprecher hat (folio 45 recto). Ein verfesteter Mann kann sich aus der Acht befreien (folio 45 recto). Wer vor Gericht aussagt, er habe sich aus der Acht befreit (folio 45 recto). Freie Leute und des Reiches Dienstmannen sind Zeugen vor dem Gericht (folio 45 recto). Wer eines anderen Acker pflügt. M a n darf ihn auf seinem Acker pfänden (folio 45 recto). Fordern zwei Männer in gleicher Weise ein Gut (folio 45 recto/verso).

1 Der Satz ist in W nicht überliefert; er nimmt auf Ldr. III 16 §1 der Vulgata Bezug.

folio 6 recto rechts XXII· XXIII· XXIIII·

Sw' dem and'n liet phert o d ' cleidere Sw' herb'get eine vor vejtin mä M ä en mag nimäde m' vejtüge vor winden in eime and'n gerichte· XXV· St'bit ein rieht' Jwas bi / i n e gezeite gejehe s is-bin marktin darf nimät e n t w ' t e n · XXVI· D ' kvnig is gemeine rieht' vb' al XXVII· Sw' wip nimt d ' he nich' habe en müs XXVIII· Swem mä vnecht Jaget XXIX· Kein Jchephlbare mä darf J"in hätgemal 10 bewije XXX· U o r j p r e c h i n Jal he darbe d' Jelbe entw'tit XXXI· Swas ei mä dem and'n Jchuldig is XXXII· Sw' den and'n vehit vn nich' en nimt XXXIII· W o mä den eigene mä vorzeuge Jal is XXXIIII· Iclich mä hat Jin recht vor dem künige vn wer m' vejtüge indes kvniges achtekvmt XXXV· Sw' m" d ' h ä t h a f t e tat gevange wirt XXXVI· Swen mä vor gerichte zu k ä p h e vet XXXVII· Sw' den and'n J l e t - o d ' r o u f t vn Jw' Jich zu 20 gezuge b u i t - ν ή Jin' nakebure vie intreib'· XXXVIII· Swas d' mä iar vn tag inrechte gew'en nich' gehab' hat vn Jt'b' des mänes wip · von d' gerade berichtit mä im Jin bette · XXXIX· Sw' Jchult vord'et uf den d' nich' gegelde en mag 25 vn wem d ' rieht' zu entw'te gebut vn nich' en•XL· Sw' phenlge geldl Jal o d ' Jilb' lltw'te wil XLI· Icliches gevangene-vn gelubede XLII· W o mä Jag' das Jich e i g e n j e h a f t ir hübe XLIII· Swes Jich d' mä vnd'wint m' vnrechte XLIIII· Czu babilonie ir hub Jich das riche 30 XLV· N v vor nemt aller lute b u j e vn w'gelt XLVI· Ane w'gelt Jint vnechte l u t e - ν δ n o t d ' amyen

74

XXII. XXIII. XXIIII.

Swer dem a n d e r n liet phert oder cleidere. Swer herberget einen vorvestin man. M a n enmag nimande mit vestunge vorwinden in eime andern gerichte. XXV. Stirbit ein richter; swas bi sinen gezeiten gesehen is. Bin marktin darf nimant entworten. XXVI. D e r kunig is gemeine richter über al. XXVII. Swer wip nimt, der he nicht haben enmus. XXVIII. Swem m a n unecht saget. XXIX. Kein schephinbare man darf sin hantgemal bewisen. XXX. Vorsprechin sal he darben, der selbe entwortit. XXXI. Swas ein m a n dem andern schuldig is. XXXII. Swer den andern vehit u n d e nicht ennimt. X X X I I I . W o man den eigenen man vorzeugen sal. X X X I I I I . Iclich man h a t sin recht vor dem kunige. U n d e wer mit vestunge in des kuniges achte k u m t . XXXV. Swer mit der h a n t h a f t e n tat gevangen wirt. XXXVI. Swen man vor gerichte zu k a m p h e vet. XXXVII. Swer den andern slet o d e r r o u f t . U n d e swer sich zu gezuge buit u n d e siner n a k e b u r e vie intribet. XXXVIII. Swas der m a n jar u n d e tag in rechten geweren nicht gehabet hat. U n d e stirbet des mannes wip, von der gerade berichtit m a n im sin bette. X X X I X . Swer schult vorderet uf den, der nicht gegelden enmag. U n d e wem d e r richter zu entworte gebut u n d e nicht entworten wil. XL. Swer phenninge geldin sal o d e r silber. XLI. Icliches gevangenen unde gelubede. XLII. W o man saget, das sich eigenschaft irhube. XLIII. Swes sich d e r man u n d e r w i n t mit Unrechte. XLIIII. C z u Babilonie irhub sich das riche. XLV. N u v o r n e m t aller lute buse u n d e wergelt. XLVI. Ane wergelt sint unechte lute. V o n n o t der amien.

75 XXII. XXIII. XXIV.

XXV.

XXVI. XXVII. XXVIII. XXIX. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIV.

XXXV. XXXVI. XXXVII.

XXXVIII.

XXXIX.

XL. XLI. XLII. XLIII. XLIV. XLV. XLVI.

1

folio 6 recto rechts Wer einem anderen Pferd oder Kleider leiht (folio 45 verso). Wer einen verfesteten Mann beherbergt (folio 45 verso). Man kann niemanden aufgrund einer Verfestung in einem anderen Gerichtsbezirk überführen (folio 45 verso). Stirbt ein Richter; was zu seiner Zeit geschehen ist, (dafür soll sein Nachfolger im Gericht Zeuge sein). An einem Marktort braucht sich niemand zu verantworten (folio 45 verso). Der König ist überall Richter über alle1 (D folio 40 recto). Wer eine Frau nimmt, die er nicht (zur Ehe) nehmen darf (D folio 40 recto). Wem man Rechtlosigkeit nachsagt (D folio 40 recto). Kein Schöffenbarfreier braucht sein Stammgut nachzuweisen (D folio 40 recto). Den Vorsprecher muß der entbehren, der selbst antwortet (D folio 40 recto). Was einer dem anderen schuldig ist (D folio 40 recto/verso). W e r einen anderen ergreift und ihm nichts raubt (D folio 40 verso). Wie man einen Eigenmann durch Zeugen überführen soll (D folio 40 verso). Jedermann hat sein Recht vor dem König. Und wer mit der Verfestung in die Reichsacht kommt (D folio 41 recto). Wer auf handhafter T a t ergriffen wird (D folio 41 recto). Wen man vor Gericht zum Zweikampf auffordert (D folio 41 recto). W e r einen anderen schlägt oder ihm an den Haaren reißt 2 . U n d wer sich zum Zeugnis anbietet, und (wer) das Vieh seines Nachbarn nach Hause treibt (D folio 41 verso). Was jemand nicht Jahr und T a g in seinem rechtmäßigen Besitz hat. U n d stirbt die Frau des Mannes, von der Gerade richtet man ihm sein Bett her (D folio 41 verso). W e r eine Schuld von einem fordert, der nicht bezahlen kann (D folio 41 verso). U n d wen der Richter zur Antwort auffordert, und wer nicht antworten will 3 (folio 46 recto). Wer Pfennige oder Silber bezahlen soll 4 (folio 46 recto). Jedes Gefangenen (Tat) und Versprechen (folio 46 recto). Wie man die Entstehung der Unfreiheit erklärt (folio 46 verso/47 recto). Wessen sich ein Mann zu Unrecht bemächtigt (folio 47 recto). Zu Babylon entstand das Weltreich (folio 47 recto/verso). N u n hört von jedermanns Buße und Wergeid (folio 47 verso/48 recto). O h n e Wergeid sind rechtsunfähige Leute. Von der Vergewaltigung der Geliebten (folio 48 recto/verso).

D e r T e x t bis L d r . III 39 §2 einschließlich f e h l t a u f g r u n d einer T e x t l ü c k e . D e r Satz n i m m t auf §1 v o n L d r . III 37 d e r V u l g a t a B e z u g ; dieser Satz ist in D nicht ü b e r l i e f e r t . J D e r T e x t setzt m i t §3 von Ldr. III 39 w i e d e r ein, auf d e n d e r zweite Satz des Kapitelverzeichnisses B e z u g n i m m t . 4 D e r T e x t z ä h l t bis einschließlich L d r . III 53 ein Kapitel w e i t e r als d a s K a p i t e l verzeichnis; die K a p i t e l z a h l 53 ist z w e i m a l v e r g e b e n . 2

folio 6 verso links XLVIIXLVIIIXLIX· • L· LI· LH-

Vm eine wnde beclait el mä νή w' de äd'n J"ins Sw' des äd'n vie tötet od' belemt II ich' nimt Swes hunt Jchaden tut Swo d' duczche Jine lip weret Umme vogele vn tyre w'gelt Di duczche Julie de kvnig kije d' phalez greue richtet vbir den keijer· LIII • Sachjen beiern waren kvnigriche · d' rieht' en mag cleg' νή rieht' nicht gejin · LIIII· Len angerichte · vn vö kuniges rechte LVU b ' di vorjte en richtet nimät we d' kvnig LVI· Von des vrone bote rechte LVII· Den kunig en müs nimät banne vnde von des keijers kure· LVIII Des riches vorjten en Julie keine leien zu herren haben· LIX· Swen mä kujet bijehoue od' epte •LX· Der keijer liet geijtliche vorjte len m l dem ceptre · wen d' kvnig indas lant kvmt Jo Jin im alle gevange ledig · LXI· Vb' achzce woche Jal d' g e ue Jin ding us legi LXII· Vö de phalencz vö de vanlen vö de bijehoue LXIII· Cöjtätin gap dem babijte JilueJtre · ban Jchadet der Jele LXIIII· Gebüt d' kunig des riches dinjt od' hof wi vil mä iclicheme richt'e wettitLXV· U o n des markereue gerichte wirt ein man Jins genojin man · LXVI· W o mä buwe müs anes richters orlop LXVII· Sw' dem äd'n Jine bürg an gewinnet LXVIII· W o mä richtet vb' eine bürg di v'teilt is LXIX· Swo mä dinget bi kvniges banne

76 XLVII.

s

10

15

20

2s

>0

Um eine wunde beclait ein man. Unde wer den andern sins icht nimt. XLVIII. Swer des andern vie tötet oder belemt. XLIX. Swes hunt schaden tut. L. Swo der duzehe sinen lip weret. LI. Umme vogele unde tire wergelt. LII. Di duzehen sullen den kunig kisen. Der phalenzgreve richtet ubir den keiser. LIII. Sachsen, Beiern waren kunigriche. Der richter enmag cleger unde richter nicht gesin. LIIII. Len an gerichte. Unde von kuniges rechte. LV. Uber di vorsten enrichtet nimant wen der kunig. LVI. Von des vronenboten rechte. LVII. Den kunig enmus nimant bannen. Unde von des keisers kure. LVIII. Des riches vorsten ensullen keinen leien zu herren haben. LIX. Swen man kuset bischove oder epte. LX. Der keiser liet geistlichen vorsten len mit dem ceptre. Wen der kunig in das lant kumt, so sin im alle gevangen ledig. LXI. Uber achzcen wochen sal der greve sin ding uslegin. LXII. Von den phalencz. Von den vanlen. Von den bischove. LXIII. Constantin gap dem babiste Silvestre. Ban schadet der sele. LXIIII. Gebut der kunig des riches dinst oder hof. Wivil man iclicheme richtere wettit. LXV. Von des markgreven gerichte. Wirt ein man sins genosin man. LXVI. W o man buwen mus ane des, richters orlop. LXVII. Swer dem andern sine bürg angewinnet. LXVIII. W o man richtet über eine bürg, di vorteilt is. LXIX. Swo man dinget bi kuniges banne.

29 ane d e s ] anes W, nach folio

53 recto Ζ. 26

verbessert.

77 XLYII.

XLYIII. XLIX. L. LI. LII.

LIII.

LIV.

LV. LVI. LVII.

LVIII. LIX. LX.

LXI. LXII. LXIII. LXIV.

LXV.

LXVI. LXVII. LXVIII. LXIX.

folio 6 verso links Wegen einer W u n d e beklagt man einen Mann. U n d wer dem anderen etwas, das ihm gehört, entwendet (folio 48 verso). Wer eines anderen Vieh tötet oder verletzt (folio 48 verso). Wessen H u n d Schaden anrichtet (folio 48 verso). W o auch immer ein Deutscher sein Leben verwirkt (folio 48 verso). Vom Wergeid der Vögel und Haustiere (folio 48 verso/49 recto). Die Deutschen sollen den König wählen (folio 49 recto). Der Pfalzgraf richtet über den Kaiser (folio 49 verso). Sachsen (und) Bayern waren Königreiche. Der Richter kann nicht (gleichzeitig) Kläger und Richter sein (folio 49 verso). Lehen an einem Gericht (darf niemand haben, der nicht schöffenbarfrei ist) (folio 49 verso). U n d vom Recht des Königs (folio 50 recto). Uber die Fürsten richtet niemand als der König (folio 50 recto). Vom Recht des Fronboten (folio 50 recto/verso). Den König darf niemand bannen (folio 50 verso). U n d von der Kur des Kaisers (folio 50 verso/51 recto). Des Reiches Fürsten sollen keinen Laien als Herrn haben (folio 51 recto). Wenn man Bischöfe oder Abte wählt (folio 51 recto). Der Kaiser verleiht geistlichen Fürsten Lehen mit dem Zepter (folio 51 recto). Wenn der König in das Land kommt, so sind ihm alle Gefangenen frei (folio 51 verso). Uber achtzehn Wochen soll der Graf sein Gericht ansetzen (folio 51 verso). Von den Pfalzen (folio 51 verso). Von den Fahnenlehen. Von den Bischöfen (folio 52 recto). (Was) Konstantin Papst Silvester gab. Der Bann schadet der Seele (folio 52 recto). Gebietet der König des Reiches Dienst oder zu seinem H o f t a g (folio 52 verso). Wieviel Gewette man jedem Richter zahlt (folio 52 verso/53 recto). Vom Gericht des Markgrafen. Wird ein Mann Lehensmann seines Standesgenossen (folio 53 recto). Wie man ohne Erlaubnis des Richters bauen darf (folio 53 recto/verso). Wer einem anderen seine Burg wegnimmt (folio 53 verso). Wie man über eine Burg richtet, die verurteilt ist (folio 53 verso). W o man bei Königsbann Gericht hält (folio 54 recto).

folio 6 verso rechts Swo mä nicht ding 1 bi kvniges banne Mä müs den mä Jchuldige ind' Jprache di en an gebore is· LXXII · Uri kint vn echt behelt des vat' recht LXXIII· Von anegenge-was recht das vri wip nimm' eigen kint gewnne · LXXIIIIWirt ein wip mit von irme mäne gejcheide LXXV An eygene is recht lipgedlge d' vroüwe LXXVI· Blibit di witeue vngezcweiet mit den kind'n indes mannes guteLXXVII· T u t ein mä Jin gut vs zcu zcinje LXXVIII· Was ein h're vn iclich mä müs wol tun da s nicht en Ji wid' Jinen truwe · LXXIX· Das ein mä Jine h're Jchade tut ane Jine wijjinjchaft· Ivorzeln LXXX· Swo gebure ein nüwe dorf bejicze vö wild' LXXXI· Swas erbelos irftirb' vö vrien lute w' das nemen Jal · LXXXII· Sw' Jin recht vor lüjet vor gerichte vn Jw' gut vor gib' da he keine gew'e an hat· LXXXIII· Das mä vor kouft wi lange mä is bejicze Jal-vö wi lange mä is gew'en J"alLXXXIIII· Sw' dem and'n gut nimt wen an iens tot· tötet ein mä Jine h ' r e - o d ' imät den and'n di Jines gutes wartede isII gelt LXXXV· Swo lute zu Jamne globe w'gelt od' and' LXXXVI· Sw' Jin' gebüre gemeine ab eret LXXXVII- Swelch leie den and'n vor geijtliche gerichte beclag'-od' invjwendige gerichte· LXXXVIII-Wo mä rechtis weigert LXXXIX· Swe mä ab' eine vor vejten mä ind' häthaften tat vor gerichte vüret·

78

LXXLXXI

LXX. LXXI.

s

LXXII. LXXIII. LXXIIII. LXXV. LXXYI.

10 LXXVII. LXXVIII. LXXIX. is LXXX. LXXXI. LXXXII. 20 LXXXIII. LXXXIIII. 25 LXXXV. LXXXVI. LXXXVII. 30

LXXXVIII LXXXIX.

Swo man nicht dinget bi kuniges banne. Man mus den man schuldigen in der spräche, di en angeboren is. Vri kint unde echt behelt des vater recht. Von anegenge was recht, das vri wip nimmer eigen kint gewinne. Wirt ein wip mit rechte von irme manne gescheiden. An eigene is recht lipgedinge der vrouwen. Blibit di witewe ungezcweiet mit den kindern in des mannes gute. T u t ein man sin gut us zcu zcinse. Was ein herre unde iclich man mus wol tun, das nicht ensi wider sinen truwen. Das ein man sinem herren schaden tut ane sine wissinschaft. Swo gebure ein nuwe dorf besiezen von wilder worzeln. Swas erbelos irstirbet von vrien luten; wer das nemen sal. Swer sin recht vorluset vor gerichte. Unde swer gut vorgibet, da he keine gewere an hat. Das man vorkouft, wi lange man is besiezen sal. Unde wi lange man is geweren sal. Swer dem andern gut nimt wen an iens tot. Tötet ein man sinen herren oder imant den andern, di sines gutes wartende is. Swo lute zusamne globen wergelt oder ander gelt. Swer siner gebure gemeine aberet. Swelch leie den andern vor geistlichem gerichte beclaget oder in uswendigem gerichte. W o man rechtis weigert. Swen man aber einen vorvesten man in der hanthaften tat vor gerichte vuret.

6 g e w i n n e ] g e w u n n e W, nach folio 54 verso Ζ. 25 verbessert. 7 r e c h t e nach folio Ϊ Ϊ recto Ζ. 10 ergänzt. 16 w o r z e l n ] v o r z e l n W: nach D folio 52 verso Ζ. 22 verbessert.

79 LXX. LXXI. LXXII. LXXIII.

LXXIV. LXXV. LXXVI.

LXXVII. LXXVIII.

LXXIX. LXXX. LXXXI.

LXXXII.

LXXXIII.

LXXXIV.

LXXXV. LXXXVI. LXXXVII.

LXXXVIII. LXXXIX.

folio 6 verso rechts W o man nicht unter Königsbann Gericht hält (folio 54 recto). M a n m u ß den M a n n in seiner Muttersprache beschuldigen (folio 54 recto). Das freie u n d ehelich geborene Kind behält des Vaters (Heerschild-)Recht (folio 54 verso). V o n A n f a n g an war es Recht, daß eine freie Frau niemals Eigenkinder gewinnt (folio 54 verso). W i r d eine Frau rechtmäßig von ihrem M a n n geschieden (folio 55 recto). An Eigengut besteht rechtes Leibgedinge f ü r Frauen (folio 55 recto). Bleibt eine Witwe mit den Kindern o h n e Teilung in dem Besitz ihres M a n n e s (folio 55 recto/verso). Leiht ein M a n n sein Landgut gegen Zins aus 1 (folio 55 verso). W a s ein H e r r u n d jeder M a n n tun dürfen, o h n e d a ß sie gegen ihre Treuepflicht verstoßen (D folio 52 recto). W e n n ein M a n n seinem H e r r n ohne sein Wissen Schaden z u f ü g t (D folio 52 verso). W o Bauern ein D o r f in N e u l a n d aus wilder W u r z e l anlegen (D folio 52 verso). Was bei T o d e s f a l l von freien Leuten o h n e Erben bleibt; wer das nehmen soll (D folio 53 recto). W e r sein Recht vor Gericht verliert (D folio 53 recto). U n d wer ein G u t (einem anderen) gibt, obgleich er kein Besitzrecht daran hat (D folio 53 verso). W a s man verkauft, wie lange man es besitzen m u ß . U n d wie lange man d a f ü r G e w ä h r s c h a f t leisten soll. (D folio 53 verso) W e r einem anderen G u t nimmt vor dessen T o d (D folio 53 verso). T ö t e t ein M a n n seinen H e r r n o d e r jemand einen anderen, der Anwärter auf sein G u t ist (D folio 53 verso/54 recto). W o Leute gemeinsam Wergeid o d e r anderes Geld versprechen (folio 56 recto). W e r das Gemeindeland seiner D o r f g e n o s s e n p f l ü g t (folio 56 verso). Welcher Laie einen anderen vor einem geistlichen Gericht o d e r einem auswärtigen Gericht verklagt (folio 56 verso). Wie man Recht verweigert (folio 56 verso/57 recto). W e n n man aber einen verfesteten M a n n auf h a n d h a f t e r T a t vor Gericht bringt (folio 57 recto).

1 Der Text fehlt ab Ldr. III 77 §3 bis einschließlich Ldr. III 84 §1 wegen eines Blattverlustes.

folio 7 recto links

80

•C·

Sw' des and'n dlges icht nimt Jime glich· XC. Swer des andern dinges icht nimt sime glich νή Jins da left· unde sins da lest. •CI· Wirt ein man gemordet uf dem velde· XCI. Wirt ein man gemordet uf dem velde od' ein Jin vrünt gejlagen · oder ein sin vrunt geslagen. •CII· Herb'git ein man lüte-νή Jlet ir ein s XCII. Herbergit ein man lute unde slet ir ein den and'n t o t - d e r richt'e en mag nimäde den andern tot. Der richtere enmag nimande an Jpreche mit vormüde noch ane vormüansprechen mit Vormunde noch ane Vormunde· de. W o mä erbe nimt· V · X V I I - X X V I I - X X V I I I - X X X W o man erbe nimt: V, XVII, XXVII, XXVIII, X X X . ,o Liber IIus: XX, XXI, X X X , XLIII. Liber tertius: LXXII, Lib' · II' · X X · X X I · X X X • XLIII • Lib' · t'tius • LXXII · LXXXI · LXXXI · a n d ' gerade · X X I I I I · XXVIII · Lib' · III» · X X X V I I I · an an der gerade: XXIIII, XXVIII. Liber IIIus: X X X V I I I ; an zugene • VI · VII · VIII · X X · X X V · LXVI · LX · VIII · LXX · zugene: VI, VII, VIII, X X , XXV, LXVI, LX, VIII, LXX, LXXI · Lib' · I I ' · VI · XVIII • X X I I · X X X I I I I · LXIX · Lib' · LXXI. Liber IIus: VI, XVIII, XXII, XXXIIII, LXIX. III'· Liber IIIus: VII · X · X I X · X X I · X X I I I · X X V · X X V I I I · X X X I I I • VII, X, XIX, XXI, XXIII, XXV, XXVIII, XXXIII, XXXVIIXXXVII, X X X I X · XLI · LXXXII · L X X X I X · Von vormüde/chaft · „ X X X I X , XLI, LXXXII, L X X X I X . Von vormundeschaft: XI · X X I I I · XLI · Lib' · II' · X X X · IX · Vor morgegabe · XI, XXIII, XLI. Liber IIus: X X X , IX. Von morgengabe: X X · X X I · XXIIII · Lib' · III' · LXXVI · Von der not · XX, XXI, XXIIII. Liber IIIus: LXXVI. Von der not: X X X V I I · Lib' · III' · I · XLVI • XXXVII. Liber IIIus: I, XLVI. U o n rechtelojen lute · X X X I · XLVIII · LI · LXIIII · Von rechtelosen luten: X X X I , XLVIII, LI, LXIIII. Liber · I I P · XVI · XLVI · LXXII · Von des riches ach20 Liber IIIus: XVI, XLVI, LXXII. Von des riches achte· X X X V I I I - L i b ' - I I I 9 · X X X I I I I - V o n deme kamte: XXXVIII. Liber IIIus: XXXIIII. Von deme kamphe · XLVIII · X L I X • L • LXIII · Lib' • I I ' · III · Lib' • III' • phe: XLVIII, XLIX, L, LXIII. Liber IIus: III. Liber IIIus: X X I X · X X V I · Von zcendin · LIIII · Lib' · I' · XLVIII · X X I X , XXVI. Von zcendin: LIIII. Liber Ius: XLVIII. Von der hanthafte tat -LV- LXVI -Lib' -II' - X X X I I I · Von der hanthaften tat: LV, LXVI. Liber IIus: XXXIII, X X X I I I I - L i b ' I I I ' - X X X V L X X X V I I I · - Von d' ge25 XXXIIII. Liber IIIus: X X X V , LXXXVIII. Von der gewere · X V · XVI · X X X I I I I • Lib' · III' · VII · XIIII · were: XV, XVI, X X X I I I I . Liber IIIus: VII, XIIII, LXXXIII Von h e c z e n d e - X L L X I - S w e s vie JchaLXXXIII. Von heczende: XL, LXI. Swes vie schaden tut • XLVII · XLVIII • LIIII • LXII · Lib' · III' · X L I X · den tut: XLVII, XLVIII, LIIII, LXII. Liber IIIus: XLIX. Sw' des and'n lant eret-XLVI L i b ' - I I I ' - X X Swer des andern lant eret: XLVI. Liber IIIus: X X . Uon eigene lute · X X X I I I · XLII · LXXIII · Von Von eigenen luten: X X X I I I , XLII, LXXIII. Von 30 deme kunige: LH, LIIII, LV, LVII, LIX, LX, LXIII, deme kvnige · LH · LIIII · LV · LVII · LIX · LX · LXIII · LXIIII, LXVII. Swer varnde habe vorgibit. LXIIII LXVII-Sw' varnde habe vor gibitLiber Ius: XV. Liber IIus: LX. Liber IIIus: IUI. Lib' · I' · XV- Lib' · I I ' · LX · Lib' · III' · IUI ·

1 X C fortlaufend gezählt, verbessert gegenüber C. 3 X C I fortlaufend gezählt, verbessert gegenüber CI. 5 XCII fortlaufend gezählt, verbessert gegenüber CII.

81 XC. XCI. XCII.

folio 7 recto links Wer des anderen Sache nimmt, die seiner eigenen gleicht und seine dort läßt (folio 57 recto/verso). Wird ein Mann auf dem Feld ermordet oder sein Freund erschlagen (folio 57 verso). Beherbergt ein Mann Leute und schlägt (von denen) einer den anderen tot. Der Richter kann niemanden auffordern, mit Vormund oder ohne Vormund, (zu mehr als zu seinem Unschuldseid) (folio 57 verso/58 recto).

Wie man Erbe nimmt: (erstes Buch): V, XVII, XXVII, XXVIII, X X X ; zweites Buch: X X , XXI, X X X , XLIII; drittes Buch: LXXII, L X X X I . Von der Gerade: (erstes Buch): XXIV, XXVIII; drittes Buch: XXXVIII. Von Zeugenschaft: (erstes Buch): VI, VII, VIII, X X , XXV, LXVI, LX, VIII, LXX, LXXI; zweites Buch: VI, XVIII, XXII, XXXIV, LXIX; drittes Buch: VII, Χ, XIX, X X I , XXIII, XXV, XXVIII, X X X I I I , X X X V I I , X X X I X , XLI, LXXXII, L X X X I X . Von Vormundschaft: (erstes Buch): XI, XXIII, XLI; zweites Buch: X X X , IX. Von Morgengabe: (erstes Buch): X X , X X I , XXIV; drittes Buch: LXXVI. Von N o t zucht: (erstes Buch): X X X V I I ; drittes Buch: I, XLVI. Von rechtlosen Leuten: (erstes Buch): X X X I , XLVIII, LI, LXIV; drittes Buch: XVI, XLVI, LXXII. Von der Reichsacht: (erstes Buch): X X X V I I I ; drittes Buch: X X X I V . Vom gerichtlichen Zweikampf: (erstes Buch): XLVIII, XLIX, L, LXIII; zweites Buch: III; drittes Buch: X X I X , XXVI. Vom Zehnten: erstes Buch: XLVIII; (zweites Buch): LIV. Von der handhaften Tat: (erstes Buch): LV, LXVI; zweites Buch: X X X I I I , X X X I V ; drittes Buch: X X X V , LXXXVIII. Von der Gewährschaft: (zweites Buch): XV, XVI, X X X I V ; drittes Buch: VII, XIV, LXXXIII. Von der Tierhatz: (zweites Buch): XL, LXI. Wessen Vieh Schaden anrichtet: (erstes Buch): XLVII, XLVIII, LIV, LXII; drittes Buch: XLIX. Wer eines anderen Land pflügt: (zweites Buch): XLVI; drittes Buch: X X . Von Eigenleuten: (drittes Buch): XXXIII, XLII, LXXIII. Vom König: (drittes Buch): LII, LIV, LV, LVTI, LIX, LX, LXIII, LXIV, LXVII. Wer Fahrhabe verschenkt: erstes Buch: XV; zweites Buch: LX; drittes Buch: IV.

folio

7 recto rechts

I· II· III· IIII· V· VI· VII· VIII· IX· X· XI·

XII· XIII·

XIIII· XV· XVI· XVII· XVIII· XIX· XX·

XXI·

Sw' lenrecht kvnne w i l - L i b ' quartus· V o n den di des herfchildes darben W e s ein mä phlichtig is Jine h're U o n des riches dinjte· V o n gedinge an eins and'n gute W o das len erbe Swelch h're gut liet Jwo is im erjt led 8 · w i r t - ν ή dem and'n benant g u t · A b zcwene mit eine gute belent Jin ir kein' mag is lajin noch beide zugen. Sw' eins h're mä is d' mus wol vor Jpreche JinEin ma Jal zuge Jine lenuge ab hes bedarf -Jwe ab' ei h're weigert z u b e w i j e n e · Swelch gut mä de mäne nimt m1 gewalt-ab d' h're liet indorfe I molen o d ' Imüzen· W o r ab ein mä g e z u g w e j i n mag-vn w ' k e in vorjpreche w e j i n en m a g · A b d' h're vor loukent Jine mäne gute® vn d' h're buit m1 gezuge zins gut zubehaldene· Eine w u r t e - o d ' ein morge Jaget ei mä im gut von eime äd'en injins h're kegew'te· A b ei h're Jins mänes gutes vor louket vor den ob'Jte h're w o d' mä deme volgit· Nimät en dorf and'weide gut enphan Swelches mänes gut d' h're v'liet Tjin entw'te • W e s d' h're dem mäne entw'tit bin tedinge Sw' an Jins vorjpreche w o r t nicht yet aller Jchuldegüge enket d ' m a n · Swen d' Jon leb1 noch des uat' tode-ab ein h're Jine mäne zu vnrechte vntjag' bijchoue gut vn van len · Di Jone behalde des vat' Jchilt vnde was den Jchilt hoget.

82

s

10

11

20

2;

>0

Liber quartus Swer lenrecht kunnen wil. V o n den, di des herschildes darben. W e s ein man phlichtig is sinem herren. V o n des riches dinste. V o n gedinge an eins andern gute. W o das len erbe. Swelch herre gut liet. Swo is im erst ledig wirt. U n d e dem andern benant gut. VIII. A b zcwene mit einem gute belent sin. Ir keiner mag is lasin noch beide zugen. IX. Swer eins herren man is, der mus w o l vorspreche sin. X. Ein man sal zugen sine lenunge, ab hes bedarf. Swen aber ein herre weigert zu bewisene. XI. Swelch gut man dem manne nimt mit gewalt. A b der herre liet in dorfe, in molen oder in münzen. XII. W o r ab ein man g e z u g wesin mag. U n d e w e r kein vorspreche wesin enmag. XIII. A b der herre vorloukent sinem manne gutes. U n d e der herre buit mit g e z u g e zinsgut zu behaldene. XIIII. Eine wurte oder ein morgen. Saget ein man im gut von eime anderen in sins herren kegenwerte. XV. A b ein herre sins mannes gutes vorloukent vor den obersten herren. W o der man deme volgit. XVI. Nimant endorf anderweide gut enphan. X V I I . Swelches mannes gut der herre vorliet in sin entworte. XVIII. W e s der herre dem manne entwortit bin tedingen. XIX. Swer an sins vorsprechen w o r t nicht jet. Aller schuldegunge enket der man. XX. Swen der son lebet noch des vater tode. A b ein herre sinem manne zu Unrechte untsaget. Bischove gut unde vanlen. XXI. D i sone behalden des vater schilt. U n d e was den schilt hoget. I. II. III. IIII. V. VI. VII.

83

folio 7 recto rechts Viertes Buch

I. II. III. IV. V. VI. VII.

VIII.

IX. X.

XI.

XII. XIII. XIV.

XV.

XVI. XVII. XVIII. XIX.

XX.

XXI.

1 2

Wer Lehenrecht kennen will (folio 59 recto). Von denen, die keinen Heerschild haben (folio 59 recto). Wozu ein Mann seinem Herrn verpflichtet ist (folio 59 verso). Vom Reichsdienst (folio 59 verso/60 recto). Vom Gedinge am Gut eines anderen (folio 60 verso). W o das Lehen Erbe (sein kann) (folio 60 verso). Wenn ein H e r r (seinen Mann) mit einem Gut belehnt. W o es f ü r ihn zuerst ledig wird. Und (von) dem anderen bestimmten Gut (folio 60 verso). Wenn zwei mit einem Gut belehnt sind. Keiner kann es nach beider Zeugnis auflassen (folio 61 recto). Wer irgendeines H e r r n Lehensmann ist, der darf Vorsprecher sein (folio 61 verso). Ein Lehensmann soll seine Belehnung bezeugen, wenn er dessen bedarf. Wenn sich aber ein H e r r weigert, (den Mann) einzuweisen (folio 62 recto). Wenn (man) dem Mann das Gut mit Gewalt nimmt (folio 62 recto). Wenn ihm der H e r r Dorf, Mühlen oder Münze leiht (folio 62 verso). Ab wann ein Mann Zeuge sein kann. Und wer kein Vorsprecher sein kann (folio 62 verso). Wenn der H e r r seinem Mann ein Gut abspricht. Und erbietet sich der Herr, es durch Zeugen als Zinsgut zu erweisen (folio 62 verso/63 recto). Eine Hofstelle oder ein Morgen Land. Behauptet ein Mann in Gegenwart seines Herrn, er habe das Gut von einem anderen (Herrn) (folio 63 verso). Wenn ein H e r r seinem Mann das Gut vor dem Oberherrn ableugnet 1 . Wie man Lehenserneuerung begehrt (folio 64 recto). Niemand braucht ein Gut zum zweiten Mal zu empfangen (folio 64 verso). Wenn der H e r r das Gut eines Mannes in dessen Gegenwart verleiht (folio 64 verso). Weswegen der H e r r dem Mann bis zu dessen Gerichtstag Rede und Antwort steht (folio 64 verso). Wer dem Wort seines Vorsprechers nicht zustimmt (folio 64 verso). Der Mann kann jede Beschuldigung abwenden (folio 65 recto). Wenn der Sohn nach des Vaters T o d lebt. Wenn ein H e r r seinem Mann zu Unrecht (das Lehen) aufkündigt. Bischofsgut und Fahnenlehen (folio 65 recto). Die Söhne behalten des Vaters Heerschild. Und was den Heerschild erhöht 2 (folio 65 verso).

Der Satz nimmt auf Lnr. 14 des Textes Bezug. Der Satz nimmt auf Lnr. 22 des Textes Bezug.

folio

7 verso links

•XXV· XXII· XXIII·

Von gezcuge di d' h're brenge JaJ ·

Bi welch' zeit di mä ir gut enphan Julie Wen d' h're zu mäne nicht enphan en darf • νή inweichen Jtetin · XXIIIIWeigern den h'ren fine mä orteil zu vindene bis wenne d' mä Jin gut benene Jal· XXVID ' vor d' zeume lenrechte nich1 en kvmt Swen d' h're bin iar vn tage nicht en wijet XXVIIUon d' kind'e iar zcale · XXVIIIXXVIIII- Sw' des kindes len an Jp'cht-Jwi iung das kint is noch des vat' tode · d' h're Jal im gut An anegeuelle en is keine volge | lien XXX· Stirbit d' mä d' Jone hat-od' eins h're Jon· XXXI· binne der iar zcale· D' h're en müs des mäne5 gut nich' zeweien XXXII· Di mä en dorfen nich1 we vö eime irs h're XXXIIIJone irgut enphan · d' h're en darf is ovch nicht lien me we eime irs vat' gutXXXIIII- Sw' gut behelt wen injin Jich bette · mä Jal nimande Jin gut neme durch Juche · Ding' ein mä Jime wibe gut· I lute XXXV· Ab mä liet brud'en gut zu Jamne od' äd'n XXXVIXXXVII- Swas ein h're von mutwille liet od' mit rechte da zu getwngen wirtXXXVIII- Beiente wip en Jin nich' phlichtig ab d' h're liet kind'n gut bi des vat' übe· Let d' mä dem herre gut uf das hes lie · XXXIXLet d' vat' dem Jone gut uf·welch man •XL· ym ander recht zu Jagit· Swelch mä de ob'Jten herre gut uf let-das XLI· he vö den niderjten h'rin hat-wo man lenes gew'e gezeuget· Man en Jal nimande von Jine gew'en wiXLII· Jen · twing' d' h're Jine mä vngetvwelich •

XXII. XXIII. XXIIII. XXV. XXVI. XXVII. XXVIII. XXVIIII. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIIII. XXXV. XXXVI. XXXVII. XXXVIII XXXIX. XL. XLI. XLII.

Bi welcher zeit di man ir gut enphan sullen. Wen der herre zu manne nicht enphan endarf. Unde in welchen stetin. Weigern den herren sine man orteil zu vindene. Bis wenne der man sin gut benennen sal. Von gezeugen, di der herre brengen sal. Der, der zeume lenrechte nicht enkumt. Swen der herre bin jar unde tage nicht enwiset. Von der kindere jarzcale. Swer des kindes len anspricht. Swi jung das kint is noch des vater tode, der herre sal im gut lien. An anegevelle enis keine volge. Stirbit der man, der sone hat oder eins herren son binnen der jarzcale. Der herre enmus des mannes gut nicht zeweien. Di man endorfen nicht wen von eime irs herren sone ir gut enphan. Der herre endarf is ouch nicht lien me wen eime irs vater gut. Swer gut behelt. Wen in sin sichbette. Man sal nimande sin gut nemen durch suche. Dinget ein man sime wibe gut. Ab man liet bruderen gut zusamne oder andern luten. Swas ein herre von mutwillen liet. Oder mit rechte dazu getwungen wirt. Beiente wip ensin nicht phlichtig. Ab der herre liet kindern gut bi des vater libe. Let der man dem herren gut uf, das hes lie. Let der vater dem sone gut uf. Welch man im ander recht zusagit. Swelch man dem obersten herren gut uflet, das he von den nidersten herrin hat. W o man lenes gewere gezeuget. Man ensal nimande von sinen geweren wisen. Twinget der herre sinen man ungetruwelich.

6 Von - sal nachträglich oben über die linke Spalte geschrieben. nach Der] vor irrtümlich eingeßigt W.

7

85 XXII. XXIII. XXIV.

XXV. XXVI. XXVII. XXVIII. XXIX.

XXX. XXXI.

XXXII. XXXIII.

XXXIV.

XXXV. XXXVI. XXXVII.

XXXVIII.

XXXIX.

XL.

XLI.

XLII.

1 2

folio 7 verso links Binnen welcher Zeit die Lehensmannen ihr Gut empfangen sollen (folio 65 verso). Wen der H e r r als Mann nicht anzunehmen braucht. U n d an welchen Orten (folio 66 recto). Weigern sich die Mannen des Herrn, ein Urteil zu sprechen. Bis wann der Mann sein Gut benennen soll (folio 66 recto/verso). Von Zeugen, die der H e r r stellen soll (folio 67 recto). Derjenige, der nicht zum Lehensgericht kommt (folio 67 verso). W e n n (ihn) der H e r r nicht binnen Jahr und T a g verweist (folio 68 recto). Von der Belehnungsfrist der Kinder (folio 68 verso). Wer Anspruch auf das Lehen des Kindes erhebt 1 (folio 68 verso). Wie jung auch das Kind nach dem T o d des Vaters ist, der H e r r soll ihm sein Gut leihen (folio 69 recto). Am Nutzungsanfall gibt es keine Lehensfolge (folio 69 recto). Stirbt der Mann, der einen Sohn hat, oder der Sohn eines H e r r n binnen der Jahresfrist (folio 69 verso). Der H e r r darf das Gut des Mannes nicht teilen (folio 70 recto). Die Mannen müssen ihr Gut nur von einem Sohn ihres H e r r n empfangen. Der H e r r muß auch nicht mehr als eines der Kinder mit dem Gut ihres Vaters belehnen (folio 70 recto). W e r sein Gut vor Gericht gewinnt (folio 70 verso). Bis auf sein Siechbett. Man kann niemandem sein Gut wegen einer Krankheit nehmen 2 . Bestellt ein Lehensmann seiner Frau am Lehensgut (ein Leibgedinge) (folio 70 verso). Wenn man Brüder oder mehrere Leute gemeinsam mit einem Gut belehnt (folio 70 verso). Was ein H e r r aus freiem Willen verleiht. O d e r (wenn der Herr) durch das Lehensgericht dazu gezwungen wird (folio 71 recto). Belehnte Frauen sind nicht verpflichtet, (Heerfahrt zu leisten). Wenn der H e r r Kindern Gut zu Lebzeiten des Vaters leiht (folio 71 verso). Läßt der Mann dem Herrn Gut auf (unter der Bedingung), daß er es (einem anderen) leihe (folio 71 verso). Läßt der Vater dem Sohn Gut auf. Wenn ein Mann ein anderes Recht (daran) beansprucht (folio 72 recto). Wenn ein Mann dem Oberlehensherrn ein Gut aufläßt, das er von dem Unterherrn hat (folio 72 recto). Wie man Lehensgewere bezeugt (folio 72 recto/verso). Man darf niemanden aus seinen Geweren weisen. Zwingt der H e r r seinen Mann treuwidrig (folio 72 verso).

Der Satz nimmt auf Lnr. 28 des Textes Bezug. W überliefert die beiden Textstellen nicht.

folio

7 verso rechts

XLIII· XLIIII·

XLV· XLVI· XLVII· XLVIII· XLIX·

• L·

LI· LH· LIII· LIIII · LV· LVILVII· LVIII· LIX· • LX LXI· LXII LXIII· LXIIII· LXV LXVI·

Ab zcwene ein gut gliche an J p r e c h e · Ab d ' h're vn d ' mä eine gew' en zu Jage ab d ' h're den mä Jchuldiget das he /ich vor iar7 habe · Ab d ' h're gut vor teilt durch eins äd'n mane s clage Bin des h ' r l teding mag d' mä gut lie vn erbe· Nich' we dri Jache gezug' d' h're uf den mä Ab ein mä Jime gute volg7 an eine äd'n h'rl Ab ei h ' r e des mänes gut u f l e t - d e s mänes iarzale begint-bis wene d ' h're Jin gut vorjtenN i m t d ' h're dem mäne gut o d ' enph= IJalellit he im d ' w'Jchaft · liet ein h're Zewen mäne gut J w o is im e r j t ledig wirt • Ab d ' h're us dem läde vert bindes mänes iarzale · o d ' J i c h behelt o d ' d ' mä us vert· Bin d' iarzale mag d' mä alle gewette v n t j a Sp'cht d ' mä gut a n - d e s im d ' h're nich'llge bekennet· Liet d ' h're Jins mänes gut eime and'en Swen d ' h're Jine Jchilt m' m ä j c h a f t n i d ' e t · Liet mä eine mäne gut uf Jine t r u w e · W o mä vrouwe gut lien magW o mä deme gedinge volge J a l · Kint mag kinde gut lien · U o n d e r vlucht Jale · Alle len ane gew'e darben d ' volge Spreche di mä den is gelige is gewer daran · Sw' in vnrecht' gew'e Jizct Jvnd' lenüge Sw' gut zu zeinje hat d' en mus is nich' and'weide zeu z e i n j e t v n · Len angerichte en mus nich 1 habe p h a f f e noch w i p · N i m a n t en mag Jime h ' r e n gut enphure des ammecht mä he is-

86 XLIII. XLIIII.

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Ab zcwene ein gut gliche ansprechen. Ab der herre u n d e der m a n eine gewere en zusagen. Ab der herre den man schuldiget, das he sich vorjaret habe. XLV. Ab der herre gut vorteilt d u r c h eins andern m a n n e s clage. XLVI. Bin des herrin teding mag der man gut lien u n d e erben. XLVII. Nicht wen dri Sachen gezuget der herre uf den m a n . XLVIII. Ab ein man sime gute volget an einen andern herrin. XLIX. Ab ein herre des mannes gut uflet. Des mannes jarzale begint. Bis wenne der herre sin gut vorsten sal. L. N i m t der herre dem m a n n e gut oder enphellit he im der werschaft. Liet ein herre zewen m a n n e n gut, swo is im erst ledig wirt. LI. Ab der herre us dem lande vert bin des mannes jarzale. O d e r sich behelt o d e r der man usvert. LII. Bin der jarzale mag der man alle gewette untsagen. LIII. Spricht der man gut an, des im der herre nicht bekennet. LIIII. Liet der herre sins mannes gut eime anderen. LV. Swen der herre sinen schilt mit m a n s c h a f t nideret. LVI. Liet man einem m a n n e gut uf sine truwe. LVII. W o man vrouwen gut lien mag. LVIII. W o man deme gedinge volgen sal. LIX. Kint mag kinde gut lien. LX. V o n der vluchtsale. LXI. Alle len ane gewere darben der volge. LXII. Sprechen di man, den is geiigen is, gewer daran. LXIII. Swer in Unrechter gewere sizet sunder lenunge. LXIIII. Swer gut zu zeinse hat, d e r enmus is nicht anderweide zeu zeinse tun. LXV. Len ane gerichte enmus nicht haben p h a f f e n noch wip. LXVI. N i m a n t e n m a g sime herren gut enphuren, des a m m e c h t m a n he is.

2 g e w e r e ] g e w e r W, nach folio 73 recto Ζ. 17 verbessert. W. nach D folio 77 verso 2. 14 verbessert.

30 a n e ] an

87

XLIII.

Wenn zwei ein Gut in gleicher Weise beanspruchen (folio 72 verso). Wenn der Herr und der Mann die Gewere (an eiXLIV. nem Gut) beanspruchen. Wenn der Herr den Mann beschuldigt, daß er eine Frist versäumt habe (folio 73 recto). XLV. Wenn der Herr (seinem Mann) wegen der Klage eines anderen Mannes das Lehensgut abspricht (folio 73 verso). XLVI. Während eines durch den Herrn eingeleiteten Gerichtsverfahrens kann der Mann sein Lehensgut weiterverleihen und vererben (folio 73 verso). XLVII. Nur in drei Fällen kann der Herr gegen den Mann den Zeugenbeweis erbringen (folio 74 recto). XLVIII. Wenn ein Mann mit seinem Gut einem anderen Herrn folgt (folio 74 verso). XLIX. Wenn ein Herr das Gut seines Mannes aufläßt. Die Belehnungsfrist des Mannes beginnt (folio 74 verso). Bis wann der Herr für das Gut des Mannes einstehen soll 1 . L. Nimmt der Herr dem Mann Lehensgut weg oder entzieht er sich der Gewährschaft (D folio 73 recto). Verleiht ein Herr zwei Lehensmannen ein Gut, sobald einer für ihn ledig wird 2 . Wenn der Herr während der Belehnungsfrist des LI. Mannes aus dem Land fährt (D folio 73 recto). Oder verbirgt sich (der Herr) oder fährt der Mann aus dem Land (D folio 73 verso). Binnen der Jahresfrist kann der Mann jedes GeLII. wette durch Eid widerlegen (D folio 73 verso). Beansprucht der Mann ein Gut zu Lehen, das LIII. ihm der Herr nicht anerkennt (D folio 73 verso). Leiht der Herr das Gut seines Mannes einem anLIV. deren (D folio 74 recto). LV. Wenn der Herr seinen Schild durch (unstandesgemäße) Mannschaft erniedrigt (D folio 74 recto). LVI. Leiht man einem Mann Lehensgut auf Treue (D folio 74 recto). LVII. Wie man Frauen ein Gut verleihen kann (D folio 75 recto). LVIII. Wie man die Lehenserneuerung als Anwartschaft verlangen soll (D folio 76 recto). LIX. Ein Kind kann einem Kind Lehensgut leihen (D folio 76 recto). LX. Von der Fluchtsal (D folio 76 verso). LXI. Allem Lehen ohne Besitz fehlt das Recht auf Lehenserneuerung (D folio 77 recto). Behaupten die Lehensmannen, denen es (das LXII. Gut) geliehen ist, den Besitz daran (zu haben) (D folio 77 recto). LXIII. Wer Unrechten Besitz ohne Belehnung hat (D folio 77 recto). LXIV. Wer ein Gut gegen Zins ausgeliehen hat, darf es nicht gegen Zins nochmals tun3 (D folio 77 verso). LXV. Ein Gerichtslehen darf weder ein Geistlicher noch eine Frau haben (D folio 77 verso). LXVI. Niemand kann seinem Herrn ein Gut entziehen, dessen Verwalter er ist (D folio 77 verso). 1 W e n t h ä l t ab M i t t e v o n L n r . 4 9 ( L n r . 4 8 §2 d e r v u l g a t e n Z ä h l u n g ) bis z u m E n d e von L n r . 6 9 ( L n r . 6 7 § 2 d e r vulgaten Z ä h l u n g ) eine Textlücke. 1 D ü b e r l i e f e r t die b e t r e f f e n d e T e x t s t e l l e ( L n r . 4 9 §1 d e r vulgaten Zählung) nicht. 3

D e r Satz nimmt auf Lnr. 63 der Handschrift D Bezug.

folio

7 verso rechts

folio 8 recto links LXVII· LXVIII · LXIX·

Swelch gut de mäne wirt gelige ane mäjchaft D ' mä Jal icliches gutes Jinne m1 m ä j c h a f t W o r vmme ein h're Jine mäne tedinget vn wo hes beginnet vn wo hes let-LXXW o he Jin gut vs zcien Jal · LXXI· Ab d' h're dem m ä n e - o d ' der mä dem h're zcu entwertene begint· LXXII · Swelches tages d' mä Jime h're dinet· LXXIIIW o d' mä indes h'ren lenrecht kume Jal· vn wo he da Jten Jal · LXXIIII· W o r ü m e ein mä Jime h're wettet-vn wi vi] • LXXVUö orteiln-zu Jcheldene-wo mä des volkumt Ab zwei dorf Jich zcweien vme marjcheidüge LXXVI· LXXVIISw' gerichte zcu lene hat· LXXVIII· Sw' eige zcu len hat von burglene LXXIXIs ein vri gut da nimät zins rech' an en hat H a t ei mä gut ingew'en vö vormüdejchaft LXXX· Is is gut das ein gut das ein mä d' vrou= LXXXIwen vrünt ir gut mit ir en p h a · LXXXII· W o ein mä Jine h're v'clage Jal · vn wi ir ein dem and'en vntjagen Jal · LXXXIII · Len zcu burmeijterjchaftLXXXIIII Doch Jagen Jimeliche lute das me liügeji • LXXXV· Binne tedinge en mag mä keine teding dem mäne gelegen das Ji Jüchen Julien me den des riches hervart· LXXXVI · Sw' an de ob'Jten herren Jinnet lenunge • od' wijunge mit Jime gute ab he en denne wijet injins h'ren vngenos ·

LXVII. LXVIII. LXIX. LXX. LXXI. LXXII. LXXIII. LXXIIII. LXXV. LXXVI. LXXVII. LXXVIII. LXXIX. LXXX. LXXXI. LXXXII.

LXXXIII. LXXXIIII LXXXV.

LXXXVI.

Swelch gut dem manne wirt geiigen ane manschaft. Der man sal icliches gutes sinnen mit manschaft. W o r umme ein herre sinen manne tedinget. U n d e wo hes beginnet unde wo hes let. W o he sin gut uszcien sal. Ab der herre dem manne oder der man dem herren zcu entwertene begint. Swelches tages der man sime herren dinet. W o der man in des herren lenrecht kumen sal. U n d e wo he da sten sal. Worumme ein man sime herren wettet unde wi vil. Von orteiln zu scheldene. W o man des volkumt. Ab zwei dorf sich zcweien umme mar^scheidunge. Swer gerichte zcu lene hat. Swer eigen zcu len hat. Von burglene. Is ein vri gut, da nimant zinsrecht an enhat. H a t ein man gut in geweren von vormundeschaft. Is is gut, das ein man der vrouwen vrunt ir gut mit ir enpha. W o ein man sinen herren vorclagen sal. U n d e wi ir ein dem anderen untsagen sal. Len zcu burmeisterschaft. Doch sagen swmeliche lute, das me liunge si. Binnen tedingen enmag man keine teding de» mannen gelegen, das si suchen sullen me den des riches hervart. Swer an den obersten herren sinnet lenunge oder wisunge mit sime gute. Ab he en denne wiset in sins herren ungenos.

13 margscheidunge] marscheidunge WD, nach folio 79 verso 2. 4 verbessert. 18 nach is gut] das ein gut irrtümlich eingefügt WD. 23 sumeliche] simeliche WD, nach folio 84 verso 2. 11 verbessert.

89 LXVII.

LXVIII. LXIX.

LXX. LXXI. LXXII. LXXIII.

LXXIV. LXXV. LXXVI. LXXVII. LXXVIII. LXXIX. LXXX. LXXXI. LXXXII.

LXXXIII. LXXXIV. LXXXV.

LXXXVI.

1

folio 8 recto links Welches Gut dem Lehensmann ohne Lehenspflicht geliehen wird (D folio 77 verso/78 recto). Der Mann soll jedes Gut mit Lehenspflicht begehren (D folio 78 recto). Weswegen ein H e r r seinen Mann vor das Lehensgericht laden darf. Und wann er es beginnen und w o er es halten darf (D folio 78 recto). Wie er sein Gut wieder an sich ziehen soll (folio 75 verso). Wenn der H e r r dem Mann oder der Mann dem Herrn Rede und Antwort zu stehen beginnt (folio 75 verso). Wenn der Mann an einem T a g seinem Herrn den Dienst erweist (folio 75 verso). Wie der Mann in das Lehensgericht des Herrn kommen soll (folio 75 verso). Und wie er sich dort (seinem Herrn) stellen soll (folio 76 recto). W o f ü r ein Mann seinem H e r r n Gewette zahlt und wieviel 1 (folio 76 verso). Von der Urteilsschelte. Wie man dort Erfolg hat (folio 78 recto). Wenn zwei D ö r f e r um eine Gemarkungsgrenze streiten (folio 79 verso). Wer ein Gericht zu Lehen hat (folio 79 verso). Wer Eigengut zu Lehen hat. Vom Burglehen (folio 80 recto). Ist es ein freies Gut, an dem niemand Zinsrecht hat (folio 82 verso). H a t ein Mann Lehensgut als Vormund in Besitz (folio 82 verso). Es ist ratsam, daß ein Mann als Verwandter der Frau ihr Gut mit ihr empfängt (folio 83 recto). Wie ein Mann seinen Herrn verklagen soll ( folio 83 recto). U n d wie einer dem anderen aufkündigen soll (folio 83 verso). Ein Lehen auf ein Bauermeisteramt (folio 84 verso). Doch sagen einige Leute, daß es weitere Belehnungen gebe (folio 84 verso). Während des Verfahrens kann man den Lehensmannen keinen (weiteren) Gerichtstag ansetzen, den sie besuchen sollen, außer des Reiches H e e r f a h r t (folio 85 recto). Wer vom Oberlehensherrn Belehnung oder Verweisung mit seinem Gut verlangt. Wenn er ihn dann an einen Genossen seines Herrn verweist (folio 85 recto).

Der Satz nimmt auf das Ende des Textes von Lnr. 73 Bezug.

90

folio 8 recto rechts V o n gevangene · Lib' · I ' · L X I X · Lib' • II 9 • X X X I I · Lib' · I I P · X X X I I · X X X V · X L I · L X · •II· -VIII· XII· her/chilt- Ji zcwene -wunf Jchillinge · •XXIX· bin Jinen iaren · •III· -XII· H u l d e • ban · v e f t · achte · d i j e wij'ct· von g e z u g e - l e n r e c h t ·

V o n gevangenen: Liber Ius: L X I X ; Liber IIus: X X X I I . Liber IIIus: X X X I I , X X X V , XLI, LX.

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10

V n e c h t - r o u p - d u b e - J w e r gezug b u i t · kemphe bejchorne·

II. VIII. XII. herschilt si zcwene vunf Schillinge. XXIX. bin sinen jaren. III. XII. H u l d e , ban, vest, achte, dise wiset von gezuge. Lenrecht.

Unecht, roup, dube, swer gezug buit. K e m p h e beschorne.

Spilman · vejt achte dije wi/et von gezcuge lantrecht· lenrecht · L X X V · Lib' · I I P · X I I I · Lib' · I I ' · X V · vorderen · nicht b e j j e r n · nimant

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Spilman, vest, achte, dise wiset von gezcuge. Lantrecht. Lenrecht: L X X V ; Liber IIIus: XIII; Liber IIus: X V . vorderen nicht bessern, nimant.

Anders-gibit were w e r j c h a f t · · ·

20

Anders gibit were w e r s c h a f t

91 Von Gefangenen: erstes Buch: LXIX; zweites Buch: X X X I I ; drittes Buch: XXXII, X X X V , XLI, LX. II. VIII. XII. Heerschild, das sind zweimal fünf Schillinge. XXIX. Binnen seinen Jahren. III. XII. Hulde, Bann, Verfestung, Acht, diese sind mit Zeugen zu beweisen. Lehenrecht. Unehelich(keit), Raub, Diebstahl, wer Zeugen wegnimmt. Geschorene Berufskämpfer. Spielmann, Verfestung, Acht, diese sind mit Zeugen zu beweisen. Landrecht. Lehenrecht: LXXV; drittes Buch: XIII; zweites Buch: XV. Niemand (muß) die Vorfahren entschädigen. Niemand gibt mit Gewere Gewährschaft.

folio 8 recto rechts

folio 9 verso Des heilige geijtis myne der Jterke mine Jinne · Das ich recht unde unrecht der JachJe bejcheide• Noch gotis hulden unde noch der w'lde urü= men-Des en kan ich alleine nich g e t ü n - D a r üme bitte ich czu helfe alle gute lüte di rechtis gern ab keine rede begeine-Di min tü= me Jin uor mide-vn da dis buch nich von en Jprich das Ji das noch rechte beJcheiden noch irme Jinne Jo Jis rechjte wijjen von rechte en Jal n y m ä t x l i e b e noch leide zcorn noch g i f t - G o t is Jelber rech dar vme is ym rech lip · Dar vme Jen Ji Jich alle vor di den gerichte von gotis halbin beuoll J i d a s Ji aljo richte alje gotis zcorn vn Jin gerichte genediclich ubir Ji irge müje · Got d' da is begin vn ende aller gute dinge d' machte alrejt himel vn erde-vnde machte den mejchin lertriche vn Jacz= te en in das padis · der brach den gehor= Jam vns allin czu Jchade ^vme glge wir irre alje di hertelojin Jchaf-wen an di czit das he vns irlojte mit Jin' mart' · Nu abir wir bekart Jin vnde vns got wid' geladl hat nu halde w' Jine · e • vn Jin gebot · Das vns Jine wijfagl gelart habl-vn gute geijtli= che lüte vn ouch crijtine kunige ha= bin gejaczt conjtantin vnde karle in JachJin lande noch Jines rechtis nücz ·

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Des heiligen geistis minne, der Sterke mine sinne: Das ich recht unde unrecht der Sachsen bescheide, noch gotis hulden unde noch der werlde vrumen. Des enkan ich alleine nichi getun. D a r umme bitte ich czu helfe alle gute lute, di rechtis gern, ab keine rede begeine, di min tumme sin vormide, unde da dis buch nichi von en sprichi, das si das noch rechte bescheiden noch irme sinne, so sis rechste wissen. Von rechte ensal nimant wisen liebe noch leide, zcorn noch gift. G o t is selber rechi, dar umme is im rechf lip. D a r umme sen si sich alle vor di, den gerichte von gotis halbin bevolin si, das si also richten, alse gotis zcorn unde sin gerichte genediclich ubir si irgen musen. Got, der da is begin unde ende aller guten dinge, der machte alrest himel unde erde unde machte den menschin in ertriche unde saczte en in das paradis. Der brach den gehorsam, uns allin czu schaden. Dar umme ginge wir irre alse di hertelosin schaf, wen an di czit, das he uns irloste mit siner marter. N u abir wir bekart sin unde uns got wider geladin hat, nu halde wir sine e unde sin gebot, das uns sine wissagin gelart habin unde gute geistliche lute unde ouch cristine kunige habin gesaczt, Constantin unde Karle, in Sachsinlande noch sines rechtis nucz.

5 Sachsen] Sachse WD, sassen Ο Horn. paradys D, paradies Horn.

25 paradis O , padis Wr

93

folio 9 veno

(Prolog) D i e Liebe des Heiligen Geistes stärke meinen Verstand: Damit ich über Recht und Unrecht der Sachsen Auskunft gebe gemäß Gottes Gnade und zum N u t z e n der Welt. Dies vermag ich indessen nicht allein zu vollbringen. Deshalb bitte ich um Unterstützung alle rechtschaffenen Leute, die nach Recht streben, wenn ihnen irgendeine Rechtssache 1 begegne, die mein schwacher Verstand übersehen, so daß dieses Buch darüber nichts enthält, daß sie diese nach Recht entscheiden 2 gemäß ihrer Einsicht, wie sie es am besten 3 kennen. V o m Recht soll sich niemand abbringen lassen, weder durch Liebe noch Leid, Zorn noch Gabe. Gott ist selber Recht, deshalb ist ihm Recht lieb. Deshalb sollen sich alle diejenigen, denen von Gott das Gericht anbefohlen ist, bemühen, daß sie so richten, daß Gottes Zorn und sein Gericht über sie gnädig ergehen mögen. (Text des Prologs) Gott, der da Beginn und Ende aller tauglichen Dinge ist, der schuf zuerst Himmel und Erde und den Menschen im Erdreich und versetzte ihn in das Paradies. D e r brach den Gehorsam, uns allen zum Verderben. Deshalb sind wir in die Irre gegangen wie die Schafe ohne Hirt, bis zu der Zeit, als er uns erlöste durch sein Martyrium. Jetzt aber, w o wir bekehrt sind und Gott uns wieder gerufen hat, nun halten wir sein Gesetz 4 und sein Gebot 5 , das uns seine Propheten gelehrt haben und fromme geistliche Leute und das auch die christlichen Könige gesetzt haben, Konstantin und Karl, im Lande Sachsen z u m N u t z e n seines Rechtes.

1 rede st.F. , E r k l ä r u n g v o r G e r i c h t , R e c h t s s a c h e ' ; 2 bescheiden st.V. ,bestimmen, e n t s c h e i d e n ' ; 3 rechtste A d v . ,am besten, z u t r e f 4 4 fend ; 4 e st.F. ,Gesetz, Bund ; 5 gebot s t . N . , G e b o t , Befehl'.

1. ( P r o l o g ) : V o r d e n b e i d e n t h r o n e n d e n H e r r s c h e r n im kaiserlichen O r n a t , d e n christlichen K ö n i g e n Karl u n d K o n s t a n t i n , beide mit K r o n e u n d einem H e r r s c h a f t s z e i c h e n , Z e p t e r o d e r R e i c h s a p fel, kniet d e r V e r f a s s e r des R e c h t s b u c h e s , d a r g e s t e l l t als älterer M a n n mit Bart, k e n n t l i c h an d e m S c h r i f t b a n d , d a s sich v o n seinem linken A r m nach o b e n entrollt. U b e r ihm s c h w e b t d e r Heilige G e i s t in G e s t a l t d e r w e i ß e n T a u b e mit N i m b u s . A b w e i c h e n d O : H i e r sitzt d e r V e r f a s s e r des Sachsenspiegels auf e i n e m Stuhl u n t e r d e m v i e r f a c h geteilten W a p p e n s c h i l d des G r a f e n von O l d e n b u r g , d e r die H a n d s c h r i f t in A u f t r a g g e g e b e n hat. W ä h r e n d d e r A u t o r (Schreiber) mit d e m Z e i g e f i n g e r d e r linken H a n d auf sich selbst weist, zeigt er mit d e r r e c h t e n auf die T a u b e mit N i m b u s , die ü b e r einem Buch s c h w e b t . D i e an dieser Stelle n o c h nicht dargestellten K ö n i g e erscheinen vier Bildzeilen weiter im Z u s a m m e n h a n g mit d e m T e x t , in d e m sie g e n a n n t w e r d e n . Drescher, Geistliche Denkformen, S. 69-78, 110-119; Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. U 6 f f ; Naß, Wappen, S, 236; Ott, Sachsenspiegel-Ikonographie, S. 41; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 114; Schmidt- Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 363f.; Schott, Sachsenspiegel, S. 55. 2. ( P r o l o g ) : G o t t , v e r t r e t e n d u r c h d e n älteren C h r i s t u s t y p mit Bart u n d N i m b u s , auf e i n e m a r c h i t e k t o n i s c h reich a u s g e s t a t t e t e n T h r o n sitzend, h ä l t in d e r L i n k e n ein B u c h u n d in d e r R e c h t e n d a s G e richtsschwert, d a s er d e m v o r ihm k n i e n d e n K ö n i g als d e m h ö c h sten weltlichen G e r i c h t s h e r r n ü b e r g i b t . D a m i t ist d e r K e r n s a t z des P r o s a - P r o l o g s Got is selber recht, dar umme is im recht lip mit d e n konventionellen Mitteln der Buchmalerei veranschaulicht. Anders O : H i e r wird G o t t ( o h n e B a r t u n d Buch) auf d e m a p o k a l y p t i s c h e n R e g e n b o g e n sitzend dargestellt, mit d e r L i n k e n auf d e n g e ö f f n e t e n H ö l l e n r a c h e n w e i s e n d u n d in d e r R e c h t e n d a s S c h w e r t des G e r i c h tes h a l t e n d . Jam, Rechtssprichwörter; S. 344 - 347; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 9 - 12; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 3. ( P r o l o g ) : G o t t sitzt auf e i n e m T h r o n u n d ist mit d e r E r s c h a f f u n g des Menschen befaßt (Schutzgebärde, Aufmerksamkeitsgestus). D e r seitlich v o r ihm l i e g e n d e A d a m h ä l t s e i n e m S c h ö p f e r die H ä n d e wie z u m E m p f a n g v o n G a b e n e n t g e g e n . A b w e i c h e n d O : H i e r s t e h t G o t t u n d A d a m k n i e t v o r ihm. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 8 I f f , 104 - 119; Naß, Wappen, S. 236, 265; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 114; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 16; Schott, Sachsenspiegel, S. 55. 4. ( P r o l o g ) : A d a m u n d Eva im P a r a d i e s s t e h e n u n t e r d e m i h n e n v e r b o t e n e n B a u m d e r E r k e n n t n i s . Beide h a l t e n in i h r e r r e c h t e n H a n d einen A p f e l . In Ο ist A d a m o h n e diesen u n d mit A u f m e r k sam keitsgestus dargestellt. U m d e n B a u m s t a m m w i n d e t sich die S c h l a n g e (in Ο o h n e K r o n e ) , die z u m V e r z e h r d e r v e r b o t e n e n Früchte auffordert. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 88jf., 107-118.

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folio 10 recto Prim' liber· Zwei Jwert lies got inertriche czu bejchirmene di crijten= heit-dem babijte das geijtliche dem keijer das werbliche · Dem babijte is gejaczt czu ri= tene zu bejcheidener zeit uf einem blankin pherde · vnde der keijer Jal im den Jtegereif haldin das d' Jatil nich wanke-dis is bedutnis was deme babijte widir Jte • das he mit gei/tlichem gerichte nich betwinge mac-das is der keijer mit werltli= chem rechte twinge dem babijte ge= h o r j a m czu Jine-Jo Jal di geijtliche gewalt helfen dem werblichen gerich te ab is bedarf· / ·II· Din iclich crijte mä is phlichtic Jint czu Juchene driins Idem iare Jint he zu Jine tage kume is in dem bijchtü da he inne gejejfin is-vriheit is abir drierhande · Sche= phinbare lute di d' bijehoue Jint Ju= chin Juln · Phlechaft ind' tumpro= bijte lantjezin d' erczprijtere czu gli= chir wis Juln Ji werltlich gerichte Juche · Di Jchepfl des greuen ding ob' achzcen wochl vndir kuniges bane-Legit mä abir ein ding vs vme ungerichte von deme achtin din= ge ub' virzcenacht das Juln Ji JuchT bi phlichte durch das vngerichte ge= richtit werde · hi mite habin Ji vor vä= gin ir eige kein de richtere das is allis dingis vö im ledic is • Di phlechafte Jint ouch phlichtig des JchultheizI dine

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Primus liber C.I. Zwei swert lies got in ertriche, czu beschirmene di cristenheit: dem babiste das geistliehe, dem keiser das werbliche. Dem babiste is ouch gesaczt, czu ritene zu bescheidener zeit uf einem blankin pherde, unde der keiser sal im den stegereif haldin, das der satil nich/ wanke. Dis is di bedutnis: Was deme babiste widirste, das he mit geistlichem gerichte nichi betwingen mac, das is der keiser mit werblichem rechte twinge, dem babiste gehorsam czu sine. So sal di geistliche gewalt helfen dem werblichen gerichte, ab is bedarf. C.II. £ i n iclich cristenman is phlichtic, sint czu suchene driins in dem jare, sint he zu sinen tagen kumen is, in dem bischtum, da he inne gesessin is. Vriheit is abir drierhande: Schephinbare lute, di der bischove sint suchin suln. Phlechaftin der tumprobiste, lantsezin der erezpristere. Czu glichir wis suln si werblich gerichte suchen. Di schepfin des greven ding ober achzcen wochin undir kuniges banne. Legit man abir ein ding us umme ungerichte von deme echtin dinge über virzcennacht, das suln si suchin bi phlichte, durch das ungerichte gerichtit werde. Hi mite habin si vorvangin ir eigen gegen den richtere, das is allis dingis von im ledic is. Di phlechaften sint ouch phlichtig, des schultheizin dinc

4 vor das] is gesät Horn. 6 ouch] och O, ok Hornfehlt W D. 10 di] de Ο Horn., fehlt W D. bedutnis W D, beteenisse O, beteknisse Horn. 12 gerichte W D, regte O, rechte Horn. 16 gewalt WD Horn., rigte O. 18 Ein] Din WDJehlt Ο Horn. 30 echtin D, achtin Wf echten Ο Horn. 34 gegen] kein WD, ieghen O, jegen Horn.

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ERSTES BUCH Kapitel I. Zwei Schwerter überließ Gott dem Erdreich, die Christenheit zu beschützen 1 : dem Papst das geistliche, dem Kaiser das weltliche. Dem Papst ist auch bestimmt, zu gewisser Zeit auf einem weißen Pferd zu reiten, und der Kaiser soll ihm den Steigbügel halten, damit der Sattel nicht verrutsche. Dies ist die Bedeutung: Was dem Papst "Widerstand leistet 2 ; daß er es mit geistlichem Gericht nicht bezwingen 3 kann, daß es der Kaiser mit weltlichem Gericht zwinge, dem Papst gehorsam zu sein. Ebenso soll die geistliche Gewalt dem weltlichen Gericht helfen, wenn es dessen bedarf. Kapitel II. Jeder Christ ist verpflichtet, das Sendgericht 4 dreimal im Jahr aufzusuchen, sobald er volljährig 5 geworden ist, in dem Bistum, in dem er ansässig ist. Freiheit ist aber dreierlei: Schöffenbare Leute, die der Bischöfe Sendgericht aufsuchen sollen, Pfleghafte das der Dompröpste, Landsassen das der Erzpriester. In gleicher Weise sollen sie das weltliche Gericht aufsuchen. Die Schöffen des Grafen Ding 6 über achtzehn Wochen unter Königsbann. Setzt man aber ein Ding wegen Verbrechen 7 nach dem echten Ding über vierzehn Nächte an, so sind sie verpflichtet 8 , dies aufzusuchen, damit das Verbrechen gerichtet werde. Damit haben sie ihr Grundeigentum 9 gegenüber dem Richter gefreit 10 , daß es aller Dingpflicht von ihm ledig ist. Die Pfleghaften sind auch ver- pflichtet, des Schultheißen Ding

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1. (Ldr. Ί 1): I m Z e n t r u m des Bildes t h r o n t G o t t (mit N i m b u s u n d Bart). In Ο sitzt er statt auf d e m T h r o n auf d e m R e g e n b o g e n . E r h ä l t in j e d e r H a n d ein Schwert, das er d e m zu seiner R e c h t e n k n i e n d e n P a p s t u n d d e m zu seiner L i n k e n k n i e n d e n K a i s e r ü b e r reicht. P a p s t u n d Kaiser sind c h i f f r e n a r t i g d u r c h ihre K l e i d u n g O r n a t b z w . A m t s t r a c h t - k e n n t l i c h g e m a c h t , w o b e i die T i a r a des Papstes in W u n d Ο mit k n a u f a r t i g e m A b s c h l u ß , in D als d r e i f a c h e L i l i e n k r o n e gestaltet ist. Ott, Sachsenspiegel-Ikonographie, S. 41; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 105/.; Schmidt- Wiegand, Kleidung, S. 173. 2. (Ldr. I 1): D i e im T e x t g e f o r d e r t e gegenseitige U n t e r s t ü t z u n g v o n K a i s e r u n d P a p s t bei d e r D u r c h s e t z u n g des R e c h t s wird im Bild d u r c h d e n Bügel- u n d Z ü g e l d i e n s t des Kaisers v e r d e u t l i c h t . D e r Papst, g e k l e i d e t wie ein Laie (vgl. d a g e g e n Bildzeile 1), ist im Begriff, ein P f e r d zu besteigen, w o b e i d e r k n i e n d e K a i s e r ( o h n e M a n t e l , a b e r gegen die P r a x i s mit K r o n e ) i h m d u r c h d a s H a l t e n d e r Z ü g e l u n d des Steigbügels behilflich ist. Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. 132f; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 230f. 3. (Ldr. I 2§1). D e r s i t z e n d e Bischof im p o n t i f i k a l e n O r n a t h ä l t sein S e n d g e r i c h t ab. V o r i h m s t e h t ein sieben-, in Ο n u r ein vierk ö p f i g e s G r e m i u m von S e n d s c h ö f f e n , fälschlich m i t R e d e g e s t u s , d e r n u r i h r e m W o r t f ü h r e r , d e m O b m a n n , z u k o m m t . D i e s e r steht, deutlich v o n d e n zwei D r e i e r g r u p p e n a b g e h o b e n , im Z e n t r u m des Bildes v o r d e m B i s c h o f ; h i n t e r ihm b e f i n d e t sich ein Geistlicher ( T o n s u r ) , m ö g l i c h e r w e i s e sein R a t g e b e r ( A s s i s t e n z f i g u r ) . Er, u n d nicht d e r Bischof, hält in Ο d e n Stab in H ä n d e n . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 78f; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 165ff; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 17, 19. 4. (Ldr. I 2§1): D i e F i g u r e n sind ähnlich w i e in d e r v o r i g e n Bildzeile g r u p p i e r t . V o r d e m s i t z e n d e n D o m p r o p s t mit R e d e g e s t u s steh e n f ü n f (in Ο vier) S e n d p f l i c h t i g e - die P f l e g h a f t e n - , v o n d e n e n d e r v o r d e r e , d e r O b m a n n , d u r c h seine T o n s u r als Geistlicher zu e r k e n n e n ist. H i n t e r d e m R i c h t e r s t e h t w i e d e r u m sein Berater. D i e L a n d s a s s e n v o r d e m S e n d g e r i c h t des E r z p r i e s t e r s , die im T e x t a u c h n o c h g e n a n n t w e r d e n , erscheinen hier n i c h t im Bild ( a n d e r s W fol. lOvl). 5. (Ldr. I 2§2): F ü n f S c h ö f f e n , sämtlich mit R e d e g e s t u s auf einer B a n k sitzend - in Ο sind es sechs s t e h e n d e - , f i n d e n U r t e i l im G r a f e n d i n g , w o b e i d e r v o r d e r s t e S c h ö f f e , hierin ü b e r d e n T e x t h i n a u s g e h e n d , d e n Eid auf die R e l i q u i e n leistet. A u f d e r z w e i t e n B a n k sitzt d e r G r a f m i t M a n t e l u n d M ü t z e , n e b e n ihm d e r Schultheiß, o h n e d a ß dies die e n t s p r e c h e n d e (wohl a b e r eine spätere) T e x t steile (Ldr. III 61 §1) verlangt. D e r F r o n b o t e , d e s s e n A n w e s e n h e i t im G r a f e n d i n g d o r t ebenfalls g e f o r d e r t wird, f e h l t im Bild. Es fällt auf, d a ß die K l e i d u n g s o w o h l des G r a f e n als auch d e s S c h u l t h e i ß e n - die v o n d e r B i l d k o m p o s i t i o n w i e d e r u m d e r Z w e i e r g r u p p e R i c h t e r / R a t g e b e r e n t s p r e c h e n - a b e r auch die d e r S c h ö f f e n in bez u g auf F o r m u n d F a r b g e b u n g nicht wie s o n s t a u s g e f ü h r t sind. Kroeschell, Rechtswirklichkeit, 5. 4; Schmidt-Wiegand, Kleidung, S. 173.

1 beschirmen sw.V. , b e s c h ü t z e n , verteidigen'; 2 widersten st.V. intr. . W i d e r s t a n d leisten, e n t g e g e n t r e t e n ' ; 3 betwingen st.V. .bedrängen, bezwingen'; 4 sent, sint s t . M . g e i s t l i c h e s G e r i c h t ' ; 5 zti stnen tagen kumen .volljährig w e r d e n ' (mit d e m 21. L e b e n s j a h r ; H i r s c h , L a n d r e c h t , S. 303); 6 dinc, ding s t . N . ,Ding, G e r i c h t , G e richtstag', a u c h echtez (

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nicliche gewalt. Enzin is di erben nicht us der kuniclichen gewalt binnen jar unde tage mit irme eide, si vorlisens mit samt ieme, is enbenerae in ehafte not, das si nicht vorkumen raugen. Di not sal man aber bewisen, als recht is. Dinstmanne eigen mag in di kunicliche gewalt nicht kumen noch us irs herren gewalt, ab si sich vorwerkin an irme rechte. Eliche kindere enmag der uneliche man sider nicht gewinnen. Wer jar unde tag in des riches achte is, unde im noch der jarzcal vorteilt wirt echt unde recht, us der achte mag he sich den noch zcin, so das im mit der achte nimant sinen lip benemen mag. An sin recht enkan aber he nicht widerkumen, he enzcuschtire vor des keisers schar, da he einen andirn kunig mit strite bestet. So gewinnet he wider sin recht unde nicht sin gut, das im vorteilt is. C.XXXIX. Di ir recht mit roube oder mit dube vorlorn haben, ab man si dube oder roubis anderweide schuldiget, si mugen mit irme eide nicht unschuldig werdin. Si habn drier hande kore: das gluende isen zu traine oder in einen sidenden kessil zu grifene bis an den ellebogen oder dem kemphen sich zu werne. C.XL. Wer truwelos beredit wirt oder hervluchtig us des riches dinste, deme vorteilt man sine ere unde sin lenrech t, unde nicht sinen lip. C.XLI. Clait mait oder witewe zu lantrechte über iren vormundin, das he si entweldige eigens oder lenes oder lipgedinges, unde wirt he d a r umme vorgeladin zu drin dingen unde kumt he nicht vor zu deme dritten tage rechtis zu phlegene, man sal en baimunden, das is, man sal im vorteilen alle vormundeschaft. Sint si der

4 in Horn., im WD, eme O . e h a f t e n o t WD, echte n o t O, echt n o t Horn. 5 D i n o t WD, de n o t O, de echten n o t Horn. 8 Eliche WD, Echte Ο Horn. 9 uneliche WD, vnechte O, unechte Horn. 14 enzcuschtire] en zcuschtire WD, ne d y o s t e r e O, ne diustere Horn. 22 sidenden WD, sedenghen O, wallenden Horn. 30 d a r u m m e D Horn., da u m m e W, d o r d a t O .

133 königliche Gewalt. Ziehen 1 es (das Grundeigen) die Erben nicht mit ihrem Eid innerhalb von Jahr und T a g aus der königlichen Gewalt, so verlieren sie es zusammen mit jenem (der sich in der Reichsacht befindet), es sei denn, daß sie durch einen zwingenden Grund am Erscheinen gehindert sind. Den Hinderungsgrund soll man aber beweisen, wie es rechtens ist. Das Grundeigen der Dienstleute kann weder in die königliche Gewalt kommen noch aus der Gewalt ihres H e r r n fallen, wenn sie (die Dienstleute) sich an ihrem Recht verwirken 2 . Eheliche Kinder kann der rechtlose Mann seither nicht mehr gewinnen. Derjenige, der Jahr und Tag in der Reichsacht ist und dem nach dieser Jahresfrist 3 durch Urteil die Ehr- und Rechtsfähigkeit 4 abgesprochen werden, kann sich anschließend dennoch aus der Acht befreien, so daß ihm mit der Verurteilung zur Acht doch niemals sein Leben abgesprochen 5 ist. Sein Recht aber kann er nicht zurückgewinnen, es sei denn, er kämpfe denn vor des Kaisers Gefolge 6 so mit dem Speer einen Zweikampf 7 , daß er einen fremden König im Kampf 8 besiegt; dann erlangt er zwar seine Gerichtsfähigkeit 9 zurück, doch nicht sein Gut, das ihm abgesprochen worden ist. Kapitel XXXIX. Diejenigen, die ihr Recht durch Raub oder Diebstahl verloren haben, können, sofern sie erneut des Raubes oder Diebstahls beschuldigt werden, mit ihrem Eid ihre Unschuld nicht mehr beschwören. Sie haben dann dreierlei Wahl: das glühende Eisen 10 zu tragen oder bis zum Ellenbogen in einen Kessel mit siedendem Wasser zu greifen oder sich gegen den Lohnkämpfer zur Wehr zu setzen. Kapitel XL. Wer als treulos 11 oder als heerflüchtig 12 aus des Reiches Dienst überführt wird, dem spricht man durch Urteil seine Ehre und sein Lehenrecht ab, aber nicht sein Leben. Kapitel XLI. Klagt ein Mädchen oder eine Witwe nach Landrecht über ihren Vormund, daß er ihnen von ihrem Grundeigen oder Lehen oder Leibgedinge etwas genommen habe 13 , und wird er (der Vormund) deshalb zu drei Gerichtsterminen vorgeladen und erscheint er aber nicht am dritten Gerichtstag, um der Gerichtspflicht zu genügen, so soll man ihn f ü r einen schlechten Vormund erklären 14 , das heißt, man soll ihm jede Vormundschaft durch Urteil absprechen. Ferner sei der

I üzziehen st.V. intr. ,aus-, herausziehen'; 2 verwirken sw.V. v e r säumen', .durch sein T u n verlieren, verwirken'; 3 jarzal st.F. ,die Zeit eines Jahres, Jahresfrist'; 4 echt unde recht ,Recht und Gesetz* (Paarformel), hier im Sinne von ,Ehr- und Rechtsfähigkeit', zu md. echt f ü r mhd. ehaft Adj. .gesetzlich, ehelich geboren' und md. st.F. »Recht, Gesetzmäßigkeit, eheliche Geburt'; 5 benemen st.V. .wegnehmen, entziehen', »berauben, entledigen'; 6 schar st.F. .Schar, Abteilung', hier .Begleitung, Gefolge des Königs'; 7 tjostieren, schustieren sw.V. ,tjostieren, einen ritterlichen Speerkampf bestehen'; 8 strit st.M. ,Streit mit Worten oder mit Waffen, Kampf'; 9 recht st.N. hier .Gerichtsfähigkeit'; 10 daz glüende isen .Eisen, das bei der Feuerprobe getragen oder begangen werden mußte', zu gliiejen, glüen sw.V. .glühen' und isen st.N. .Eisen'; II truwelos Adj. .treulos, wortbrüchig'; 12 hervluchtic Adj. .fahnenflüchtig'; 13 entweltigen, entweldigen sw.V. .berauben, aus dem Besitz setzen'; 14 baimunden sw.V. ,für einen ungetreuen Vormund erklären'.

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1. (Ldr. I 38§2): Rechts verkündet der König (Befehlsgestus) das Urteil, die Reichsacht, über den vor ihm stehenden Mann. Da er über Jahr und T a g außer Landes sein wird, hat er einen Wanderstab in der H a n d . Links ziehen zwei Erben des Geächteten das Gut durch Eid auf die Reliquien aus der königlichen Gewalt. In Ο sind beide Szenen in einem Bild zusammengefaßt. Im Vordergrund steht hier der Eid der Erben, während der Geächtete (kleinere Figur) zu Füßen des Königs kauert. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86. 2. (Ldr. I 38§3): Zwei mit Lanze und Schild gewappnete Reiter in Turnierausrüstung auf ihren Streitrossen (Krippensattel) befinden sich vor einem dritten, zu Pferde sitzenden Reiter, der durch den Kronenhelm als der König ausgewiesen ist. Der links dargestellte Reiter (mit Rädersporn am Fuß) ist als der landfremde König anzusehen, da er ebenfalls einen Kronenhelm trägt. Ihm gegenüber befindet sich der rechtsunfähige Mann, der seine Rechtsfähigkeit zurückgewinnen kann, wenn er einen landfremden König im Tjost besiegt. Die Darstellung in Ο ist durch die Ausmalung der Schilde (Reichsadler auf dem Schild des deutschen Königs, gespaltene Lilie auf dem Schild des landfremden Königs) und entsprechende Helmzier genauer. Der Schild des dritten Ritters ist mit gerauteten Schrägbalken bemalt. Naß, Wappen, S. 258, 263, 266. 3. (Ldr. I 39): Die im Text erwähnten drei Gottesurteile - Eisenprobe, Kesselfang, Zweikampf - werden an den Probanden demonstriert, die hier dem Usus widersprechend in Alltagskleidung gezeigt werden. In Ο ist die Szene in einen von zwei Türmen markierten, umschlossenen Raum (Vorhof einer Kirche?) verlegt. In W und D trägt der Proband am rechten Bildrand das glühende Eisen mit beiden Händen (in Ο mit der rechten Hand), während die Figur in der Bildmitte im Begriff steht, in den freihängenden Kessel mit siedendem Wasser zu greifen, um einen Gegenstand (Kieselstein, Ring, Münze) herauszuholen. In der linken Bildhälfte befindet sich der mit Schild und Schwert zum Zweikampf gerüstete Beweis füh rer. 4. (Ldr. I 40): Rechts sitzt der König mit geschultertem Schwert auf seinem T h r o n (in Ο auf einem einfachen Stuhl). Der davonreitende, rückwärts blickende Ritter ist dem König untreu bzw. heeresflüchtig geworden. Deshalb spricht ihm der König (Redegestus) Ehre und Lehen ab. Zeichen d a f ü r ist der sporenlose Stiefel in der Bildmitte. 5. (Ldr. I 41): Mädchen (offenes Haar) und Witwe (Schleier) klagen vor dem rechts thronenden Richter ihren (im Bild nicht wiedergegebenen) Vormund wegen Veruntreuung an. Die Ahrenbüschel, die aus dem Boden hervorwachsen, bezeichnen das Grundeigentum, um das sie betrogen worden sind. Da es sich um eine peinliche Klage handelt, ist der Richter (Graf) mit Schwert dargestellt. Die Schutzgebärde seiner linken H a n d bringt zum Ausdruck, daß nun er der Frauen rechter Vormund ist. In Ο ist der König (mit Kinnbart) ohne Schwert und vierarmig dargestellt. Mit der linken H a n d ergreift er die Ähren, während die übrigen H ä n d e gestikulieren (Befehls-, Rede-, Schutzgebärde). Möglicherweise ist damit auch die im Text erwähnte Vorladung des Vormunds gemeint.

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richter d' v r o ü w e vormüde • vfi geweldige Ji von gerichtis halbe irs gutes des Ji vnge= Er Jinen tage νή noch / waldig w a s · XLII· Jine tage müs der mä w o l vormüde habn ab hes bedarf νή müs Jin w o l enpern ab he w i l - w e r Jins vormüde zu hant nich' en hat d' Jal en brengl zü dem nehijte tage d' üs geleit wirt von gerichtis halb! vm= me Jine clage vbir ein vnzcwenzig iar · Jo is der man zu Jine tage k ü m e - v b ' Jech= zeig iar Jo is he vb' Jine tage küme als he vormüde habe Jal ab he wil • νή krenkit da mite Jine büje nich' noch Jin w ' g e l t Swelches mänes aid' mä nich' weis hat he har ä dem barte νή da nidene-νή vnd' iclichem arme Jo Jal mä w i j j e das he zu Jine tage küme i s - W e n das kit zü Jine iare kumt Jo müs is w o l vormüde Jins wibes Jin · νή da zu wes he Jal ab he wil · ν ή Jan zu kamphwarte al Ji he binne Jine tage · wen alje he Jich Jelbe müs v o r Jten · als müs he Jine In not nunftiger clage / müdeline v o r Jten · XLIII· da Ji nicht zu kamphe get da müs w o l d' rieht' v o r müdl gebn den vrouwin νή in allir hanthaften tat-da Ji ires rechte vormüde nich' en hat zu h a n t - G e t ab' di clage zü kamphewart Jo müs w o l ir vormü= de Jin ir iclich ebinburtig Jwert m a g e · XLIIII· Clait mait o d ' w i t e w e zü lätrechte vbir iren recht! vormüde das he ir gut neme zü der Jelbin clage Jal Ji das ge= richte vormüde · ν ή da ir irmä gibt eigen invrjale o d ' zü irme libe • ·

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richter der vrouwen Vormunde unde geweldige si von gerichtis halben irs gutes, des si ungewaldig C . X L I I . Er sinen tagen unde noch sinen tagen mus der man w o l Vormunden habn, ab hes bedarf, unde mus sin w o l enpern, ab he wil. W e r sins Vormunden zu hant nicht enhat, der sal en brengin zu dem nehisten tage, der usgeleit wirt von gerichtis halbin umrae sine clage. U b i r ein unzewenzig jar, so is der man zu sinen tagen kumen. U b e r sechzeig jar so is he über sine tage kumen, als he Vormunden haben sal, ab he wil, unde krenkit da mite sine buse nicht noch sin wergelt. Swelches mannes alder man nicht weis, hat he har an dem barte unde da nidene unde under iclichem arme, so sal man wissen, das he zu sinen tagen kumen is. W e n das kint zu sinen jaren kumt, so mus is w o l Vormunde sins wibes sin, unde da zu wes he sal, ab he wil, unde san zu kamphwarte, al si he binnen sinen tagen. W e n alse he sich selbe mus vorsten, als mus he sine mundeline vorsten. C . X L I I I . In notnunftiger clage, da si nicht zu kamphe get, da mus w o l der richter vormundin gebn den vrouwin unde in allir hanthaften tat, da si ires rechten Vormunden nicht enhat zu hant. G e t aber di clage zu kamphewart, so mus w o l ir Vormunde sin ir iclich ebinburtig swertmage. C . X L I I I I . Clait mait oder witewe zu lantrechte ubir iren rechtin Vormunden, das he ir gut neme, zu der seibin clage sal si das gerichte Vormunden; unde da ir ir man gibt eigen in ursale oder zu irme libe.

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Richter der Vormund der Frau und gebe ihr von Seiten des Gerichts die Vollmacht 1 über ihr Gut, die ihr genommen 2 war. Kapitel XLII. Vor seinen Tagen und nach seinen Tagen darf ein Mann einen Vormund haben, wenn er dies nötig 3 hat, und er kann auch auf ihn verzichten, wenn er will. Wer seinen Vormund nicht zur H a n d hat, der soll ihn zu dem nächsten Termin 4 bringen, der seitens des Gerichts wegen seiner Klage angesetzt wird. Nach einundzwanzig Jahren ist er zu seinen Tagen gekommen 5 . Nach sechzig Jahren ist er über seine Tage, so daß er einen Vormund haben soll, wenn er will, und er schmälert dadurch weder eine Buße noch sein Wergeid. Wenn man das Alter eines Mannes nicht kennt, und er hat Haare im Bart, unten und unter jedem Arm, so soll man daran erkennen, daß er zu seinen Tagen gekommen ist. Wenn der junge Mann 6 zu seinen Jahren gekommen ist, dann soll er Vormund seiner Ehefrau sein, und darüber hinaus wessen er soll, wenn er will, und sogleich 7 auch Kampfvormund 8 , auch wenn er innerhalb seiner Tage ist. Denn wenn er sich selbst vertreten kann, dann darf er auch seine Mündel vertreten. Kapitel XLIIL Bei einer Klage um Notzucht, wenn sie nicht zu einem Zweikampf 9 führt, da darf der Richter den Frauen wohl einen Vormund geben, ebenso bei jeder handhaften Tat, wenn sie ihren rechten Vormund nicht zur H a n d haben. Läuft jedoch die Klage auf einen Kampfvormund hinaus, dann kann jeder ihrer ebenbürtigen Schwertmagen ihr Vormund sein. Kapitel XLIV. Klagt ein Mädchen 1 0 oder eine Witwe nach Landrecht über ihren rechten Vormund, daß er ihr Gut nehme, dann soll sie bei dieser Klage das Gericht bevormunden; gleiches gilt, wenn ihr ihr Mann Grundeigentum als dauerndes Eigentum 1 1 oder auf Lebenszeit übergibt.

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1. (Ldr. I 42§1): Links stehen zwei Männer und ein Jugendlicher (kleinere Statur) dem mit Schild und Schwert gewappneten Vormund gegenüber, der sich zu ihnen umschaut. Der Jugendliche erhebt beide H ä n d e und unterstellt sich damit freiwillig seinem selbstgekorenen Vormund. Bei dem bärtigen Mann im roten Gewand handelt es sich um den über 60jährigen. Er ist in D durch seine vornübergebeugte Haltung deutlich als gebrechlich charakterisiert. Er erhebt seine Rechte, um damit auszudrücken, daß er eines Vormunds bedarf. Wie aus dem Bildbuchstaben S in seinem Rücken hervorgeht, der auf den entsprechenden Text hinführt, handelt es sich bei dem zweiten Mann mit Bartwuchs um den Volljährigen, dessen Alter man nicht genau weiß. Mit Fingerzeig seiner Rechten deutet er an, daß er keinen Vormund braucht. In Ο ist die Szene auf zwei Bildstreifen verteilt: auf fol. 24r2 sind ein Mann mit erhobenen Händen und ein Zweikämpfer ungewöhnlich groß gezeichnet; fol. 24vl zeigt einen alten Mann (Bart) im langen Gewand und einen jüngeren, der auf seine behaarte Achsel (Zeichen der Reife) zeigt. Hüpper, Funktionstypen, S. 247. 2. (Ldr. I 42§2): Eine Frau (offenes H a a r und Gebände) erscheint zusammen mit ihrem Vormund, den sie durch den Trauring in ihrer Linken als ihren rechtmäßigen Ehemann ausweist, vor Gericht. Die Bewaffnung des Ehemanns (Schild und Schwert) ist nicht nur Zeichen seiner Mündigkeit, sondern enthält darüber hinaus den Hinweis, d a ß es sich um eine Kampfklage handelt. Das quer über den Schoß gelegte Schwert des Richters zeigt an, daß das Gericht den Gegenstand des Rechtsstreits f ü r kampfwürdig erklärt hat. Hüpper, Funktionstypen, S. 247. 3. (Ldr. I 43): Dargestellt wird nur der erste Teil der Bestimmung. Am linken Bildrand erscheinen zwei Frauen mit Schleier, die keine Anzeichen von Gewaltanwendung aufweisen, vor dem mit geschultertem Schwert (Zeichen der Hochgerichtsbarkeit) zu Gericht sitzenden Richter, um wegen Notzucht zu klagen (Redegebärden). In der Bildmitte steht der den Frauen vom Richter gegebene Klagevormund, der mit Aufmerksamkeitsgestus der rechten und Redegestus der linken H a n d die Klage für seine Mündel vorbringt. Im Verhältnis zu dieser abgeschwächten Darstellung des Vorgangs in D und W ist der Vorgang in Ο fol. 24v3 sehr viel eindeutiger. Hier entspricht die Darstellung der Notnunftklägerin mit flatternden Haaren, zerrissenem Kleid und Trauergebärde wohl den allgemeinen Vorstellungen (vgl. auch Ο fol. 61rl). Unberücksichtigt läßt die Bildzeile den zweiten Teil der Bestimmung, daß im Fall des Kampfes nur ein ebenbürtiger swertmage Vormund der Frau sein kann. Hüpper, Funktionstypen, S.244; Scheele, Delikte, S. 179f.; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 223. 4. (Ldr. I 44): Ein junges Mädchen mit offenem H a a r und eine Witwe (Schleier) unterstellen sich der vormundschaftlichen Gewalt eines vom Richter bestellten Vormunds, weil sie gegen ihren rechten Vormund klagen wollen. In Ο wird der Eintritt in die Prozeßvormundschaft durch Kommendationsgebärde, in W und D nur durch Redegesten, bekräftigt. Hüpper, Funktionstypen, S. 244.

1 geweitigen sw.V.,Gewalt antun',,etwas in seine Gewalt tun', hier .Vollmacht geben'; 2 ungewaltic, ungewaldic Adj. »machtlos, schwach', ,der Gewalt, des Besitzes oder Gebrauchs von etwas beraubt'; 3 bedarf 3. Sg. Präs. zu mhd. bedürfen unr.V. »bedürfen, nötig haben'; 4 zu dem nehesten tage ,zu dem nächsten Termin', zu tac, tag st.M. »Gerichtstag, Gerichtstermin'; 5 d.h. »volljährig geworden'; 6 kint st.M. »Knabe, Jüngling'; 7 san Adv., md. Form zu sä, sär ,gleich, alsbald'; 8 kamphwart st.M. »Kampfaufseher, Kampfvormund'; 9 kamph st.M. .Zweikampf, gerichtlicher Zweikampf', .Turnier, Kampfspiel'; 10 maget, mait st.F. Jungfrau, junges Mädchen'; 11 ursal(e) st.F., mhd. irsal(e) .rechtskräftige Ubergabe, Auslieferung, Wiedererstattung', hier im Sinne von »dauerndes Eigentum'.

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folio 20 verso Ab ein mä Jine wibe nich' ebinb 2 tig ijt he X L V · is doch ir v o r m ü d e - v n Ji is J"in genos νή trit in Jin r e c h t - w e n e Ji injin bette g e t · wen ab' he Jtirbit J o is Ji ledig von Jime rechte νή beheldit rech 1 noch irre g e b u r t · dar vme müs ir v o r m ü d e Jin ir nehijte ebinb 2 tig Jwert m a g e - v n nich' irs mänes Ein wip en mag ane irs mänes wille nich' irs gütis vor gebn • noch eige vor koyfen noch lipgedinge uf lajen · durch das he m' ir in den gewern Jiczt meide vn vngemänete wip di vor koyfen ir eige an irs v o r m ü d e wille-he en Ji dene da erbe z u - M a i t ab' vn wip m ü j e n v o r m ü d e habn an iclicher clage durch das mä Ji nicht vor zügen m a g - d e s Ji vor gerichte Jprechen odir tunXLVI· W o is den vroüwe zü den eide k ü m t di Juln Ji Jelbe tun vn nich' ir v o r m ü de · ir rechte v o r m ü d e Jal och gewer vor geloben vnde e n p h a n vnde leijten· XLYII D e r v o r m ü d e is vö gerichtis h a l b e n · Jal o y ch gewere vor Ji gelobe vn enphan vn Jider keine not dar vme lide· wene das he d' warheit bekene ab hes von gerichtis halbe gevragit w i r t - w e n Jine vor= m ü d e j c h a f t di w't nicht leng' we alje das gerichte wert zü iclicheme dinge müs der richter wol Jünderliche Vormunde gebn · XL VIII · Alle di vnelich geborn Jin o d ' Jich rechtelos gemacht habn di en müge keine v o r m ü d e n gehabn an irre clage noch an irme kamphe · Lame lüte Juln o v ch entw'tin vn clage ane v o r m ü d e is en Ji das di

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C.XLY. Ab ein man sinem wibe nicht ebinburtig ist, he is doch ir Vormunde, unde si is sin genos unde trit in sin recht, wenne si in sin bette get. Wen aber he stirbit, so is si ledig von sime rechte u n d e beheldit recht noch irre geburt. D a r u m m e mus ir Vormunde sin ir nehiste ebinburtig swertmage, unde nicht irs mannes. Ein wip enmag an irs mannes willen nicht irs gutis vorgeben noch eigen vorkoifen noch lipgedinge uflasen, d u r c h das he mit ir in den gewern siezt. Meide u n d e u n g e m a n n e te wip, di vorkoifen ir eigen an irs Vormunden willen, he ensi d e n n e da erbe zu. Mait aber u n d e wip musen Vormunde haben an iclicher clage, durch das man si nicht Vorzügen mag, des si vor gerichte sprechen odir tun. C.XLVI. W o is den vrouwen zu den eiden kumt, di sulen si selbe tun unde nicht ir Vormunde. Ir rechte Vormunde sal och gewer vor si geloben u n d e e n p h a n unde leisten. C.XLVII. D e r Vormunde is von gerichtis halben sal ouch gewere vor si geloben u n d e enphan unde sider keine n o t d a r u m m e liden, wenne das he der warheit bekenne, ab hes von gerichtis halben gevragit wirt. W e n sine vormundeschaft, di wert nicht lenger wen alse das gerichte wert. Zu iclicheme dinge mus der richter wol sunderlichen Vormunden geben. C.XLVIII. Alle, di unelich geborn sin oder sich rechtelos gemacht haben, di enmugen keine Vormunden gehaben an irre clage noch an irme kamphe. Lame lute suln ouch entwortin u n d e clagen ane Vormunden, is ensi, das di

8 ane Ο Horn., an WD. willen WD, ghelof O, gelof Horn. willen wie 8. 19 si] se Ο Horn., fehlt WD. 29 unelich WD, echte O, u n e c h t Horn.

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137 Kapitel XLV. Wenn ein Mann seiner Frau nicht ebenbürtig ist, so ist er doch ihr Vormund, und sie ist seine Standesgenossin und tritt in sein Recht ein 1 , sobald sie in sein Bett geht 1 . Wenn er aber stirbt, dann ist sie von seinem Recht frei und erhält den Rechtsstatus 2 gemäß ihrer Geburt. Aus diesem Grunde muß ihr, und nicht ihres Mannes, nächster ebenbürtiger Schwertmage auch ihr Vormund sein. Eine Ehefrau kann ohne Einwilligung 3 ihres Mannes nichts von ihrem Gut veräußern noch Grundeigentum verkaufen oder ihr Leibgedinge auflassen, weil er (ihr Mann) mit ihr zusammen in der Gewere sitzt. Mädchen aber und unverheiratete Frauen verkaufen ihr Grundeigentum ohne Erlaubnis ihres Vormunds, es sei denn, er sei der Erbe davon. Mädchen und Frauen müssen allerdings bei jeder Klage einen Vormund haben, weil man sie nicht dessen überführen kann, was sie vor Gericht sprechen oder tun. Kapitel XLVI. Wenn es bei den Frauen zur Eidesleistung kommt, dann sollen sie diese selbst vornehmen und nicht ihr Vormund. Ihr rechter Vormund soll auch Gewährschaft 4 f ü r sie geloben, empfangen und leisten. Kapitel XLVII. Der vom Gericht bestellte Vormund soll ebenfalls die Gewere f ü r sie geloben und empfangen und später keinen Nachteil 5 hierdurch erleiden, wenn er nur die Wahrheit bekennt, sobald er seitens des Gerichtes hierüber befragt wird. Denn seine Vormundschaft dauert nicht länger als das Gerichtsverfahren dauert. Zu jedem Gerichtstermin kann der Richter einen besonderen Vormund bestellen. Kapitel XLVIII. Alle, die unehelich geboren sind oder sich rechtlos gemacht haben, die können keinen Vormund erhalten, weder bei ihrer Klage noch bei ihrem Zweikampf. Auch Gelähmte 6 sollen ohne Vormund antworten und klagen, es sei denn, die

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1. (Ldr. I 45§1): D a s Bild f a ß t zwei v e r s c h i e d e n e Z e i t s t u f e n z u s a m m e n . R e c h t s tritt eine E h e f r a u ( G e b ä n d e ) in d a s Bett ihres u n e b e n b ü r t i g e n M a n n e s u n d d a m i t in seine V o r m u n d s c h a f t bis zu seinem T o d e ; links wird die E h e f r a u nach d e m T o d ihres M a n n e s ( K l a g e g e b ä r d e ) u n d in d e r V o r m u n d s c h a f t ihres n ä c h s t e n e b e n b ü r t i g e n S c h w e r t m a g e n (Schwert) gezeigt. Hüpper, Funktionstypen; S. 241; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 252f; Schmidt-Wiegand, Kleidung, S. 169, 2. (Ldr. I 45§2): Eine v e r h e i r a t e t e Frau ( G e b ä n d e ) will G r u n d b e sitz v e r k a u f e n . D a z u ü b e r r e i c h t sie d e m R i c h t e r - d e m a n d e r s als in Ο seine typische A m t s t r a c h t f e h l t - das W a h r z e i c h e n d e r A u f lassung, d e n H a n d s c h u h . A n d e r s als bei d e r V e r g a b e von F a h r h a b e (vgl. W fol. 18r6) gibt d e r h i n t e r i h r s t e h e n d e E h e m a n n n u n seine Z u s t i m m u n g , d e n n d e r Stab in seiner H a n d ist wie d e r H a n d s c h u h Investitursymbol und Zeichen der Auflassung. Hielt der Illustrator etwa d e n R i c h t e r f ü r d e n E r w e r b e r , so wird er bei d e r vierten P e r son an einen E r b e n d e r Frau, d e s s e n Z u s t i m m u n g (vgl. die G e b ä r d e ) n a c h L d r . I 52§ 1 ebenfalls e r f o r d e r l i c h w a r , g e d a c h t h a b e n , w ä h r e n d diese P e r s o n in Ο d u r c h ihre H a n d g e b ä r d e e i n d e u t i g als E m p f ä n g e r d e s a u f g e l a s s e n e n G u t e s a u s g e w i e s e n ist. 3. (Ldr. I 46 - I 47§2): Ein M ä d c h e n ( o f f e n e s H a a r , r o t e s G e w a n d ) u n d eine Frau (Schleier, g r ü n e s Kleid) stehen im B i l d z e n t r u m hinter i h r e m V o r m u n d vor d e m s i t z e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) . D e r V o r m u n d e r h e b t f ü r die F r a u e n K l a g e ( G e b ä r d e ) , weil F r a u e n keine volle P r o z e ß f ä h i g k e i t besitzen. D i e R e d e g e b ä r d e des G r a f e n ist d e s h a l b an d e n V o r m u n d g e r i c h t e t , weil d i e s e r die K l a g e f ü h r t u n d nicht die h i n t e r ihm s t e h e n d e k l a g e n d e P a r t e i . In d e r linken Bildh ä l f t e leisten d e m T e x t e n t s p r e c h e n d die b e i d e n F r a u e n (identische K l e i d u n g ) selbst d e n Eid auf d a s v o r i h n e n s t e h e n d e R e l i q u i a r mit Schwurfingergebärde ihrer erhobenen rechten H a n d . Das Ger i c h t s s c h w e r t auf d e n K n i e n des Richters (fehlt in O ) k ö n n t e ein H i n w e i s auf die im T e x t g e n a n n t e , v o m V o r m u n d zu leistende, K l a g e g e w ä h r sein. H i e r f ü r spricht a u c h d e r in K o p f h ö h e des G r a f e n g e z e i c h n e t e B i l d b u c h s t a b e D. A b w e i c h e n d O : D o r t ist n u r eine Frau mit o f f e n e m H a a r h i n t e r i h r e m V o r m u n d dargestellt. D i e beid e n F r a u e n , die d e n Eid zu leisen h a b e n , s c h e i n e n hier u n t e r einem ( T o r - ) B o g e n zu s t e h e n . U n b e r ü c k s i c h t i g t l ä ß t die Bildzeile die U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n d e m r e c h t e n u n d d e m v o m G e r i c h t bestellten V o r m u n d . Hüpper, Funktionstypen, S. 242. 4. (Ldr. I 48§1): Als typische V e r t r e t e r derer, die sich rechtlos (vgl. Ldr. I 38§1) g e m a c h t h a b e n b z w . u n e h e l i c h g e b o r e n sind, erschein e n vor d e m R i c h t e r ( G r a f ) eine Diebin u n d ein P f a f f e n k i n d . Die D i e b i n (mit Schleier) s t e h t m i t v o r d e m K ö r p e r g e b u n d e n e n H ä n d e n v o r d e m Richter. Als b l i c k e n d e r Schein ist i h r d a s g e s t o h l e n e D i e b e s g u t (eine G a n s als leibliche Beweisung f ü r k l e i n e r e n D i e b stahl) auf d e n R ü c k e n g e b u n d e n . D a s h i n t e r ihr s t e h e n d e M ä d chen ( o f f e n e s H a a r ) ist d u r c h ihre kleinere S t a t u r als K i n d ausgewiesen. Es h a n d e l t sich u m ein P f a f f e n k i n d als t y p i s c h e r V e r t r e t e r u n e h e l i c h G e b o r e n e r . D e n n die h i n t e r d e m M ä d c h e n s t e h e n d e n P e r s o n e n - ein P f a f f e ( T o n s u r ) u n d eine F r a u ( G e b ä n d e ) - weisen mit i h r e n H a n d g e b ä r d e n d a r a u f hin, d a ß es sich u m i h r K i n d h a n delt (präziser in O : D o r t legt d e r P f a f f e seine Linke auf d e n K o p f des K i n d e s ) . D e r richterliche G r a f , w i e d e r u m mit G e r i c h t s s c h w e r t auf seinen K n i e n (in Ο links geschultert), u m evt. eine k a m p f w ü r dige Sache richten zu k ö n n e n , verweigert mit G e s t u s seiner R e c h ten d e n R e c h t l o s e n die V e r t r e t u n g d u r c h einen V o r m u n d (vgl. L d r . III 16§2). Scheele, Delikte,

1 - 1 vgl. a u c h L d r . III 45§3 ( f o l i o 47v); I 31§2 ( f o i i o 18v); 2 recht st.N. ,Rechtsstatus, r e c h t l i c h e r Status'; 3 wille s w . s t . M . .Wille, Belieben, V e r l a n g e n , Einwilligung'; 4 gewer s t . F . , G e w ä h r s c h a f t , Sicherstellung'; 5 not st.F.M. .Nachteil, S c h a d e n ' ; 6 lame lüte . g e l ä h m t e M e n s c h e n ' z u lam A d j . , g l i e d e r s c h w a c h , lahm'.

S. 233.

5. (Ldr. I 48§2): V o r d e m R i c h t e r mit S c h w e r t s t e h t ein j u n g e r M a n n , d e r sich nicht selbst in einem g e r i c h t l i c h e n Z w e i k a m p f verteidigen k a n n , weil er n u r n o c h ein Bein hat. E r blickt sich u m zu seinem älteren S c h w e r t m a g e n (kenntlich am Bart), d e r ihn als V o r m u n d v o r G e r i c h t auch im Z w e i k a m p f verteidigen w i r d ( A u s r ü s t u n g des Z w e i k ä m p f e r s ) . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86.

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clage zü k a m p h e ge da Ji ir v o r m ü d e ir ebenbürtige / w e r t mage · wer he Ji d' is tun wolle · En mag d' lame mä ab mä en zü käphe g r u j i t Jins rechtin v o r m ü d e nich' gehabn vn tar he Jin rech' dar zu tün he gewinet zu v o r m ü d e n wer das vor en tun wil od' wen he mit phennlgen gemite mag alleine müge mä / i n e rechtin v o r m ü d e n bewijen · werit ab' he /ich mit kephin iener mag en wol beredin mit kephin · alleine en habe he en m' kephl vö er/t nicht an ge/ p r o c h e n • vn en / c h a d i t im zü / i m e rechte Al/us müs mä eine toten wol / -nichtXLIX· wern ab mä en beredin w i l - M i t kem phin mag /ich ein wol wern al/us -mit ke phin en mag ab' he eine vmbe/choldin mä an / i m e rechte nicht bereden/ ·L· Spricht ein gewnt mä den zü käphe an d' en gewnd' h a t - v n en mag he vö v n k r a f t /ins libes dene den k a m p h nich 1 volbregin vn en hat he keine v o r m ü d e n d' is vor en tün wolle • mä /al im tedige bis an di zeit das he /elbe /ine k a m p h vol brege m ü g e - W e r o v ch de andirn w n d e t o d ' totit-vn en gevägen vor gerichte würt vn en zu eime vridebrech'e b e r e d l - v n k ü m t hes nich 1 -he is / e l b e vor w n d e des vngerich tis das he an im getan h a t - A l / i ein mä /pillemä o d ' vnelich geborn he en is doch roübers noch dibes genos nich 1 al/o da s mä kephl uf en leiten müge-LI· Is i/t mäch mä rechtelos d' nich' en is echtelo 5 we d' rechtelo/e mä müs wol elich wip ne= me vn kind'e bi ir gewlne di im ebinburtig

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clage zu kamphe ge. D a si ir Vormunde ir ebinburtige swertmage, wer he si, der is tun wolle. E n m a g der lame man, ab man en zu kamphe grusit, sins rechtin Vormunden nicht gehaben, unde tar he sin recht dar zu tun, he gewinnet zu Vormunden, wer das vor en tun wil oder wen he mit phenningen gemiten mag, alleine muge man sinen rechtin Vormunden bewisen. Werit aber he sich mit kemphin, iener mag en wol beredin mit kemphin, alleine enhabe he en mit kemphin von erst nicht angesprochen, unde enschadit im zu sime rechte nicht. C.XLIX. Alsus mus man einen toten wol wern, ab man en beredin wil. Mit kemphin mag sich ein man wol wern alsus; mit kemphin enmag aber he einen urcbescholdin man an sime rechte nicht bereden. C.L. Spricht ein gewunt man den zu kamphe an, der en gewundet hat, u n d e enmag he von u n k r a f t sins libes denne den k a m p h nicht volbrengin u n d e e n h a t he keinen Vormunden, der is vor en tun wolle, man sal im tedingen bis an di zeit, das he selbe sinen k a m p h volbrengen muge. W e r ouch den andirn w u n d e t oder totit unde en gevangen vor gerichte irnrt u n d e en zu eime vridebrechere beredin wil, u n d e k u m t hes nicht, he is selbe v o r w u n d e n des ungerichtis, das he an im getan hat. Al si ein man spilleman oder unelich geborn, he enis doch roubers noch dibes genos nicht, also das man kemphin uf en leiten muge. C.LI. Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos. W e n der rechtelose man mus wol elich wip nemen u n d e kindere bi ir gewinnen, di im ebinburtig

11/12 angesprochen] an gesprochen WD, ghegrot O, an gesproken Horn. 15 man Ο Horn., fehlt WD. 25 gevangen WD Horn., fehlt O, vurt] wurt W D, uort O, voret Horn. 26 wil D O, wel Horn., fehlt W. kumt WD, vuleumpt O, vulkumt Horn. 29 unelich W D, vnechte O, unecht Horn.

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Klage läuft auf einen gerichtlichen Zweikampf hinaus. Dann sei ihr Vormund ihr ebenbürtiger Schwertmage, wer er auch sei, wenn er es nur tun will. Kann der Gelähmte, wenn man ihn zum Zweikampf fordert 1 , seinen rechten Vormund nicht (zur Stelle) haben, und wagt er darauf seinen Reinigungseid zu leisten 2 , so kann er zum Vormund gewinnen, wer immer dies f ü r ihn tun will oder wen er mit Geld dafür kaufen 3 kann, obwohl man seinen rechten Vormund nachzuweisen vermag. Verteidigt er sich aber mit einem Lohnkämpfer, dann kann jener (der Kläger) ihn ebenfalls mit einem Lohnkämpfer überführen 4 , obwohl er ihn ursprünglich nicht mit einem Stellvertreter herausgefordert hat, und dies schadet ihm in seinem Rechtsanspruch nicht. Kapitel XLIX. Ebenso kann man auch einen Toten verteidigen, wenn man (ein Gegner) ihn überführen will. Gegen einen Lohnkämpfer darf sich ein Mann durchaus auf solche Weise verteidigen; er kann aber einen in seinem Recht unbescholtenen Mann nicht mit einem Lohnkämpfer überführen. Kapitel L. Fordert ein verwundeter Mann denjenigen zu einem gerichtlichen Zweikampf auf, der ihn verwundet hat, und kann er aus körperlicher Schwäche dann den Kampf selbst nicht ausführen 5 und hat er keinen Vormund, der es f ü r ihn tun will, dann soll man ihm eine Frist geben 6 bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er selbst seinen Kampf ausfechten kann. Wer ferner einen anderen verwundet oder tötet und ihn gefangen vor Gericht f ü h r t und ihn als Friedensbrecher überführen will, und erreicht 7 er dies nicht, so ist er selbst des Vergehens überführt, das er an dem anderen begangen hat. Auch wenn ein Mann Spielmann oder unehelich geboren ist, so ist er damit doch nicht Standesgenosse eines Räubers oder Diebes, so daß man einen Lohnkämpfer gegen ihn vorschicken könnte. Kapitel LI. Es ist mancher gerichtsunfähig, der damit nicht zugleich auch rechtlos 8 ist. Denn ein Gerichtsunfähiger kann durchaus eine Ehefrau nehmen und Kinder mit ihr bekommen, die ihm ebenbürtig

1 grüzen, m h d . gruezen sw.V. »ansprechen, z u m K a m p f a u f f o r dern'; 2 sin recht dar zu tun ,sein R e c h t a u s ü b e n ' , d.h. seinen Eid leisten'; 3 gemiten sw.V. J o h n e n , d i n g e n ' ; 4 bereden sw.V. ,vor Gericht vorgehen, überführen'; 5 volbrengen u n r . V . ,vollenden, a u s f ü h r e n , bis z u m E n d e b r i n g e n ' ; 6 tagedingen, tedingen sw.V. .eine Frist g e b e n ' , , e i n e n T a g a n b e r a u m e n ' ; 7 komen st.V. , k o m m e n ' , h i e r im Blick auf d a s E r r e i c h e n eines Ziels; 8 echtelos A d j . . r e c h t s u n f ä h i g , r e c h t l o s ' ( D R W B 2, Sp. 1184).

folio 21 recto

1. (Ldr. I 48§3): In W u n d D e n t s p r i c h t die R e i h e n f o l g e d e r b e i d e n ersten Bilder d e m T e x t nicht; d o c h sind die I l l u s t r a t i o n e n d u r c h die B i l d b u c h s t a b e n auf die d a z u g e h ö r i g e n T e x t s t e l l e n zu b e z i e h e n . In Ο ist die A n o r d n u n g d e m T e x t e n t s p r e c h e n d g e n a u . Im ersten Bildstreifen liegt zu F ü ß e n d e s t h r o n e n d e n R i c h t e r s mit d e m S c h w e r t (in Ο geschultert) ein M a n n mit a b g e s c h l a g e n e m K o p f . M i t R e d e g e s t u s d e r r e c h t e n H a n d weist d e r R i c h t e r auf d e n h i n t e r dem T o t e n s t e h e n d e n L o h n k ä m p f e r (mit a u f f ä l l i g l a n g e m R o c k ) in voller R ü s t u n g . D i e s e r ist bereit, d e n b e k l a g t e n T o t e n zu verteidigen, d e n n m a n k a n n einen T o t e n wol wem, ab man en beredin wil. U n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt in T e x t u n d Bild, u m w e l c h e n K l ä g e r es sich h a n d e l t b z w . w e s h a l b d e r T o t e a n g e k l a g t u n d ü b e r f ü h r t w e r d e n soll. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86. 2. (Ldr. I 48§3): D e r K l ä g e r (blaues Kleid, g r ü n e Beinkleider) erg r e i f t d e n a n g e k l a g t e n L a h m e n (Stock zu seiner L i n k e n ) an seinem H a l s k r a g e n , so wie es n a c h Ldr. I 63§1 bei d e r H e r a u s f o r d e r u n g eines S t a n d e s g e n o s s e n z u m Z w e i k a m p f v o r g e s e h e n ist. D a s M i e ten des K a m p f v o r m u n d e s , d a s d e m L a h m e n a u f g r u n d seiner Beh i n d e r u n g z u s t e h t , wird hier im G e g e n s a t z zu d e r D a r s t e l l u n g in O , w o d e r K ä m p f e r in voller A u s r ü s t u n g seinen L o h n e n t g e g e n n i m m t , nicht im Bild g e z e i g t . Lediglich die W a f f e n des K a m p f v o r m u n d e s sind am B o d e n v e r s t r e u t sichtbar. U r s p r ü n g l i c h e r ist O : D e r L a h m e (mit einem S t e l z f u ß dargestellt) legt auf die Reliquien seinen Eid ab; er s c h w ö r t , d a ß er seinen r e c h t e n V o r m u n d nicht b e s c h a f f e n k a n n , w ä h r e n d W von dieser E i d e s h a n d l u n g n u r die S c h w u r g e b ä r d e (zwei e r h o b e n e Finger d e r R e c h t e n ) g e g e n ü b e r d e m R i c h t e r e r h a l t e n hat. 3. (Ldr. 50§1): V o r d e m R i c h t e r mit S c h w e r t ( Z e i c h e n d e r H o c h g e r i c h t s b a r k e i t ) erscheint d e r K l ä g e r / T o t s c h l ä g e r mit g e z o g e n e m S c h w e r t ( G e r ü f t e ) auf seiner r e c h t e n S c h u l t e r u n d b r i n g t d e n get ö t e t e n F r i e d e n s b r e c h e r (leibliche B e w e i s u n g ) g e f a n g e n , d.h. als o b er auf h a n d h a f t e r T a t gestellt w o r d e n w ä r e , v o r G e r i c h t . Scheele, Delikte, S. 233. 4. (Ldr. I 50§2): Spielleute u n d u n e h e l i c h e K i n d e r sind keine V e r brecher, g e g e n die m a n m i t einem L o h n k ä m p f e r a n g e h e n d a r f . D e r S p i e l m a n n ist k e n n t l i c h an seinem b u n t e n G e w a n d u n d d e r Fidel zu seiner R e c h t e n , das u n e h e l i c h g e b o r e n e K i n d ebenfalls am b u n ten R o c k , d a s es als u n e h r e n h a f t ausweist. D i e rechtliche Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t z w i s c h e n b e i d e n wird d u r c h die H i n w e i s g e b ä r d e des K i n d e s auf d e n vor ihm s t e h e n d e n S p i e l m a n n d e u t l i c h . An sein e r T o n s u r u n d d e m bis an die F u ß g e l e n k e h i n a b r e i c h e n d e n T a l a r ist d e r P f a f f e zu e r k e n n e n . E r ist d e r V a t e r d e s K i n d e s , w o b e i das Pfaffenkind unter den unehelich Geborenen Typus des Rechtlosen ist. D e r P f a f f e h ä l t seine H a n d s c h ü t z e n d ü b e r sein K i n d u n d s t ö ß t mit d e r a n d e r e n d e n L o h n k ä m p f e r weg, d a sich diese R e c h t l o s e n nicht d e m Z w e i k a m p f stellen m ü s s e n . Scheele, Spielmann, S. 338ff. 5. (Ldr. I 51§1): M a n n u n d Frau h a l t e n z u m Z e i c h e n i h r e r E h e s c h l i e ß u n g die T r a u r i n g e h o c h . D e r M a n n , d u r c h seine K l e i d u n g u n d die Fidel als S p i e l m a n n g e k e n n z e i c h n e t , ist, wie es die e n t s p r e c h e n d e T e x t s t e l l e f o r d e r t , rechtelos, j e d o c h n i c h t echte los. Seine e i n g e s c h r ä n k t e R e c h t s f ä h i g k e i t v e r e r b t er nicht auf das Kind aus dieser E h e , d e n n dessen h i n w e i s e n d e G e b ä r d e in R i c h t u n g auf die M u t t e r d e u t e t an, d a ß es a u c h ihr, m i t h i n b e i d e n , e b e n b ü r t i g ist. Hüpper, Verwandtschaft, S. 145; Scheele, Spielmann, S. 347f.

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folio 21 verso Jin Ji en zweien Jich von en mit eigejchaft· Elich mä noch elich wip en nimt och vne= liches mänes nich' mä Jait das kein kint Jin' mut' kebes kint en Ji-des is doch nichtEin wip mag gewinne elich kint·adelklteigekint vn kebis kint is Ji eige mä mag Ji vri lajin · is Ji kebis Ji mag elichen mä ne= me · vü mag ymm' kind'e dar binne gewine · Welch mä von Jine vier anen das is von zwen eider uetern vn von zwen eldir mütern vn von vat' vn von müt' vnbejcholdl is an Jime rechte den en kan nimät bejchelde an Jin' geburt· he en habe dene Jin rech' vor worcht · Welch Jchephinbare vri mä eine Jine genos zu kamphe an Jprichit-der bedarft wol zu wijjene Jine vier anen · vn Jin hantgemal · vii di zü benenene od' iener weigert im kä= phis zü rechte · wer Jich vndirwindet des ä= dirn zu kamphe · en ket he im mit rechte he müs en mit büje lajin· / -LIIAne erben gelüb d e vn ane ech' ding en mü s nimät Jin eige noch Jine lüte vor gebn doch wechjeln di h'rin wol ire dinjtlüte ane gerichte · ab mä das wid'wechjil bewijen vn gezüge mag · gibt hes wid' recht ane erbi gelubde der erbe vnd' winde Jichs m' vrteiln als ab ien' tot Ji · d' is da gab Jo hes nich gebe en mochte-Alle varnde habe gibit der mä ane erbe gelubde di wile das he ge gürt m1 eime Jwerte vn m 1 eime Jchilde uf ein ros küme mag vö eime Jteine od' Jtocke einer dum ein ho ane mänes helfe-das mä im das ros vn de Jtegereif halde · wen he des

ι u

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sin, di musen wol sin unde irrer muter erbe nemen,wenne si en ebenbürtig sin, si enzweien sich von en mit eigenschaft. Elich man noch elich wip ennimt och uneliches mannes erbe nicht. Man sait, das kein kint siner muter kebeskint ensi, des is doch nicht. Ein wip mag gewinnen elich kint, adelkint, eigenkint unde kebiskint. Is si eigen, man mag si vrilasin. Is si kebis, si mag elichen man nemen unde mag immer kindere dar binnen gewinnen. Welch man von sinen vier anen, das is von zwen eldervetern unde von zwen eldirmutern unde von vater unde von muter, unbescholdin is an sime rechte, den enkan nimant bescheiden an siner geburt, he enhabe denne sin recht vorworcht. Welch schephinbare vri man einen sinen genos zu kamphe ansprichit, der bedarf wol zu wissene sine vier anen unde sin hantgemal unde di zu benennene, oder iener weigert im kamphis zu rechte. W e r sich undirwindet des andirn zu kamphe, enket he im mit rechte, he mus en mit buse lasin. C.LII. Ane erben gelubde unde ane echt ding enmus nimant sin eigen noch sine lute vorgebn. Doch wechseln di herrin wol ire dinstlute ane gerichte, ab man das widerwechsil bewisen unde gezugen mag. Gibt hes wider recht ane erbin gelubde, der erbe underwinde sichs mit urteiln, als ab iener tot si, der is da gab, so hes nichi geben enmochte. Alle varnde habe gibit der man ane erben gelubde, di wile das he gegurt mit eime swerte unde mit eime Schilde uf ein ros kumen mag, von eime steine oder stocke einer dumeln ho, ane mannes helfe, das man im das ros unde den stegereif halde. Wen he des

l / l a di - sin] de moten wol sin unde erer moder erue nemen, wante se en euenbordich sin O, die muten ok wol sin erve nemen, unde irer müder also, wende sie en evenburdich sin Horn., fehlt W D. 2 Elich WD, Echte O, Echt Horn, elich WD, eghte O, echt

Horn. 2/3 uneliches WD, vnechtes O, unechtes Horn. J erbe] erue O, erve Horn., fehlt WD. 5 elich WD, echte O, echt Horn. 7 elichen man WD, echtenman O, echten man Horn. 15 bedarf D Ο Horn., bedarft W. 29 nach gelubde] in allen Steden, unde let unde liet gut, al de wile he sik so vermach Horn.

141 sind; die können durchaus sein und ihrer Mutter Erbe nehmen, wenn sie ihnen ebenbürtig sind, es sei denn, daß sie sich durch Leibeigenschaft 1 von ihnen unterscheiden 2 . Ein ehelich geborener Mann und eine ehelich geborene Frau nehmen das Erbe eines unehelich geborenen (Mannes) nicht. Man sagt, daß kein Kind seiner Mutter Kebskind 3 sei, dies ist aber nicht so. Eine Frau kann eheliche Kinder bekommen, adelige (Kinder), leibeigene (Kinder) und Kebskinder. Ist sie aber selbst leibeigen, so kann man sie freilassen. Ist sie eine Kebse 4 , so kann sie einen Mann heiraten und jederzeit (eheliche) Kinder in dieser Verbindung 5 bekommen. Wer von seinen vier Ahnen her, das ist von seinen zwei Großvätern und von zwei Großmüttern sowie von Vater und von Mutter, in seinem Recht unbescholten 6 ist, den kann niemand in seinem Geburtsstand schelten, es sei denn, er habe sein Geburtsrecht 7 verwirkt. Ein schöffenbarfreier Mann 8 , der einen seiner Standesgenossen zu einem Zweikampf herausfordert, der muß seine vier Ahnen und sein Handgemal 9 kennen und sie benennen, oder jener (der Herausgeforderte) verweigert ihm den Zweikampf mit Recht. Wer einen anderen (durch Anfassen) zum Zweikampf herausfordert 1 0 , und dieser entzieht 11 sich ihm mit Recht, so muß er (der Herausforderer) ihn mit Buße entlassen. Kapitel LH. O h n e Zustimmung der Erben und ohne echtes Ding darf niemand sein Grundeigentum oder seine Leute veräußern. Doch tauschen die Herren untereinander ihre Dienstleute wohl ohne Gericht, wenn man den Austausch beweisen und bezeugen kann. Veräußert es (das Grundeigentum) jemand wider das Recht ohne Zustimmung der Erben, dann möge sich der Erbe dessen mit Urteil bemächtigen, so als ob derjenige, der es da veräußerte, wie er es nicht veräußern durfte, tot sei. Alle Fahrhabe veräußert der Mann ohne Zustimmung der Erben, solange er gegürtet mit einem Schwert und mit einem Schild auf ein Pferd steigen kann, und zwar von einem Stein oder Stock 12 eine Daumenelle hoch, und ohne die H i l f e l e i stung) eines Mannes, außer daß man ihm das Pferd und den Steigbügel halte. Wenn er dies

1 eigenschaft st.F. , E i g e n t u m , Besitz', , L e i b e i g e n s c h a f t ' ; 2 enzweien sw.V. ,entzweien, s c h e i d e n ' ; 3 kebeskint s t . N . ,das in ö f f e n t l i c h e m , a u ß e r e h e l i c h e m Z u s a m m e n l e b e n v o n M a n n u n d Frau g e z e u g t e K i n d ' (vgl. H i r s c h , L a n d r e c h t , S. 146, A n m . 5); 4 kebes, keb(e)se st.sw.F. ,die in e i n e m a u ß e r e h e l i c h e n V e r h ä l t n i s ( K o n k u binat) lebende Frau'; 5 dar binnen P r ä p . mit D a t . »innerhalb, in dieser Verbindung'; 6 unbescholten P a r t . A d j . ,nicht g e m i n d e r t , n i c h t h e r a b g e s e t z t ' , zu bescheiten st.V. ,tadeln, a n f e c h t e n ' , z.B. ein U r t e i l schelten; 7 recht st.N., hier »rechtliche V e r p f l i c h t u n g von d e r G e b u r t her'; 8 schephenbar vn A d j . , s c h ö f f e n b a r frei', d.h. ,zum Schöffenamt befähigt'; 9 hantgemdl st.N. ,Stammgut, G r u n d s t ü c k , von d e m ein S c h ö f f e n b a r f r e i e r sein H a n d z e i c h e n als Hauszeichen führt'; 10 underwinäen st.V. ,in Besitz n e h m e n , sich b e m ä c h t i g e n ' , hier J e m a n d e n ( d u r c h A n f a s s e n z u m Z w e i k a m p f ) herausfordern'; 11 engen, engan st.V. .entgehen, e n t k o m m e n ' , mit D a t . u n d G e n . ,sich e n t z i e h e n ' ; 12 stoc s t . M . ,Stock, K n ü t t e l ' , hier ,Block, H o l z b l o c k , H o l z k l o t z ' .

folio 21 verso

1. (Ldr. I 51 § 1,2): Auf d e r T o t e n b a h r e liegt d e r E r b l a s s e r , d e r relativ j u n g (geringe K ö r p e r g r ö ß e ) , d.h. o h n e N a c h k o m m e n , v e r s t o r b e n ist. A m F u ß e n d e d e r B a h r e stehen seine E l t e r n : die M u t t e r , d u r c h d e n Schleier als v e r h e i r a t e t (in Ο mit G e b ä n d e u n d o f f e n e m H a a r ) b z w . als W i t w e d a r g e s t e l l t u n d d e r V a t e r , d u r c h K l e i d u n g u n d T o n s u r als W e l t g e i s t l i c h e r k e n n t l i c h g e m a c h t . D e m z u f o l g e ist d a s t o t e K i n d u n e h e l i c h g e b o r e n . K o n s e q u e n t e r w e i s e schiebt d e r h i n t e r d e r B a h r e s t e h e n d e R i c h t e r mit d e r einen H a n d elich man und elich wip als g e g e n ü b e r e i n e m P f a f f e n k i n d n i c h t e r b b e r e c h t i g t aus d e m Bild, w ä h r e n d er m i t d e r a n d e r e n selbst d a s E r b e n i m m t u n d zwar aus der H a n d der unverheirateten Schwester des T o t e n , die als kebiskint g r u n d s ä t z l i c h e r b u n f ä h i g ist. Hüpper, Verwandtschaft, S. 145. 2. (Ldr. I 51 §2): Bezüglich d e r rechtlichen B e z i e h u n g z w i s c h e n M u t t e r u n d K i n d d i f f e r e n z i e r t d e r T e x t z w i s c h e n vier T y p e n : elich-, adel-, eigen- u n d kebiskint. D a die F r a u im Bild j e d o c h n u r auf drei v o r ihr s t e h e n d e K i n d e r weist, ist die I d e n t i f i k a t i o n schwierig. I n Ο gibt sich d a s mittlere d u r c h seine g e f e s s e l t e n F ü ß e deutlich als d a s eigenkint z u e r k e n n e n . D a s K i n d in S p i e l m a n n s t r a c h t u n d mit Fidel s t e h t s o m i t f ü r d a s K e b s k i n d , d e n n S p i e l m a n n u n d u n e h e l i c h e s K i n d t r i f f t d e r gleiche G r a d d e r R e c h t l o s i g k e i t (Ldr. I 38§1). D a s K i n d u n m i t t e l b a r neben d e r M u t t e r ist d a n n d a s elich u n d / o d e r adelkint. Hüpper, Verwandtschaft, S. 145; Janz, Rechtssprichwörter, S. 498ff.; Scheele, Spielmann, S. 3 5Of. 3. (Ldr. I 51 §§2,3): V o r e i n e m G e i s t l i c h e n ( K l e r i k e r t o n s u r , a b e r F r a u e n k l e i d ; da die F i g u r z u d e m einen T r a u r i n g hält, d a c h t e v. A m i r a an eine E h e s c h l i e ß u n g u n d b e z e i c h n e t e d e n Bildteil als „verd o r b e n " ) beweist ein M a n n (Sax am G ü r t e l ) seine eheliche G e b u r t . H i e r f ü r zeigt er mit d e r linken H a n d einen g o l d e n e n R i n g , m i t d e r r e c h t e n weist er z u r ü c k auf seine M u t t e r (Schleier), die einen f a r b losen E h e r i n g e m p o r h ä l t . I h r g e g e n ü b e r - gleichfalls mit R i n g steht ihr E h e m a n n (Sax a m G ü r t e l ) . D a dieser bereits v e r s t o r b e n ist, s t e h t er in d e r G r u p p e d e r vier t o t e n A h n e n : seinen E l t e r n u n d d e n E l t e r n seiner F r a u . Sein V a t e r legt ihm z u m Z e i c h e n d e r Z u g e h ö r i g k e i t eine H a n d auf die Schulter, blickt a b e r z u r ü c k zu seiner E h e f r a u , die ihm einen f a r b l o s e n R i n g e n t g e g e n h ä l t . D e r Bildb u c h s t a b e W t r e n n t die G r u p p e d e r L e b e n d e n v o n d e n T o t e n ; z u gleich symbolisieren die f a r b l o s e n E h e r i n g e d e n T o d d e r E h e p a r t ner. E n t s p r e c h e n d hält die M u t t e r des B e w e i s f ü h r e n d e n einen f a r b l o s e n R i n g , ihr v e r s t o r b e n e r M a n n j e d o c h einen g o l d e n e n , da seine E h e f r a u n o c h lebt. Hüpper, Verwandtschaft, S. 145f 4. (Ldr. I 51 §§4,5): V o r d e m s i t z e n d e n R i c h t e r , d e r z u m Z e i c h e n e i n e r peinlichen S t r a f s a c h e d a s G e r i c h t s s c h w e r t auf d e m S c h o ß trägt, f o r d e r t d e r S c h ö f f e n b a r f r e i e links mit A n s p r e c h g e s t u s (auf die Schulter gelegte H a n d ) seinen S t a n d e s g e n o s s e n (der seitlich dargestellte Schild weist ihn als einen s c h ö f f e n b a r f r e i e n , r i t t e r b ü r tigen M a n n aus) z u m Z w e i k a m p f h e r a u s . D i e s e r v e r w e i g e r t d u r c h die A b l e h n u n g s g e b ä r d e s e i n e r Linken d e n K a m p f , w o h l weil d e r H e r a u s f o r d e r e r seine A h n e n nicht g e n a n n t h a t . D i e s e w e r d e n im Bild nicht dargestellt. V o l l s t ä n d i g e r ist hier O , w o sie d u r c h drei P e r s o n e n , die auf d e n H e r a u s f o r d e r e r zeigen, r e p r ä s e n t i e r t w e r d e n . Auf diese weist d e r A n g e s p r o c h e n e z u r ü c k , d a er d e n V i e r a h nenbeweis fordert. 5. (Ldr. I 52§1): D e r E i g e n t ü m e r ü b e r g i b t d e m P f a f f e n ( T o n s u r , bis auf die F u ß g e l e n k e h e r a b f a l l e n d e r T a l a r ) d a s am linken Bildr a n d s i c h t b a r e Ä h r e n f e l d d u r c h die symbolische Ü b e r r e i c h u n g des Zweiges. M i t d e r R e c h t e n z i e h t er d e n E r b e n an d e s s e n L i n k e n , die z u m Z e i c h e n seines E i n v e r s t ä n d n i s s e s s c h o n e r h o b e n ist, h e r a n , d a er dessen E r l a u b n i s z u r V e r ä u ß e r u n g b e d a r f . D e r R i c h t e r steht stellvertretend f ü r d a s e c h t e D i n g , v o r d e m ein s o l c h e r Ü b e r g a b e v e r t r a g g e s c h l o s s e n w e r d e n m u ß . In d e m Fall, w o eine r e c h t l i c h e V o r b e d i n g u n g nicht e r f ü l l t ist, b e m ä c h t i g t sich d e r E r b e (jetzt k e n n t l i c h an d e r linken Figur) des Eigens. E r verweist mit d e r R e c h t e n auf sein G u t u n d m i t d e r L i n k e n auf sich selbst, z u m Z e i chen, d a ß d a s G u t sein E i g e n t u m bleibt. Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 4, 8; Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 21 Of 6. (Ldr. I 52§ 1): D i e Illustration b e z i e h t sich n u r auf d e n z w e i t e n Satz: D i e H e r r e n t a u s c h e n ihre D i e n s t l e u t e aus. J e d e r d e r b e i d e n H e r r e n e r g r e i f t d e n D i e n s t m a n n des a n d e r e n am H a n d g e l e n k u n d z i e h t ihn zu sich h e r ü b e r . D e n A u s t a u s c h v e r d e u t l i c h e n die b e i d e n D i e n s t l e u t e d u r c h ihre Ü b e r s c h n e i d u n g in d e r G e g e n b e w e g u n g . Ein G e r i c h t s t e r m i n ist in d i e s e m Fall nicht nötig, da d e r A u s t a u s c h von d e r jeweils a n d e r e n P a r t e i bewiesen u n d b e z e u g t w e r d e n k a n n . Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 4; Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 21 Of.

folio

22 recto

nich' getün en mag-Jo en mag he gebn noch la/in noch lien-das hes ieme en phirre d' des noch Jime tode wartinde is was ab' he yemäde genüme hat an Jine gewer da en mag he dene keine gäbe an gejprechl wene Jo getä rech1 alje he dar an hatte er is ym genume wart W e r in/in' Juche Jine habe vor gibt od' us Jeczt-zu d' zit Jo hes nich1 getun mag das wip vn das Tgejinde Jal dar vme nimäde Jchuldige-we Ji müji des mänes gäbe nich' wid' Jprechl Ji Jie recht od' vnrecht gibit mä imäde m' vnrechte icht das vordere mä mit rechte uf den dem is Das wip en entw'tit vor f gegebe is· LIII· kein des mänes gut-wen vor das das vnd' ir irjtorbe is Wer nich' volgit als mä gerufte Jchriet od' Jine clage noch rechte nich' en vordert od' eine mä zu kamphe vet-der im mit rechte en ket-od' zu üs geleitem dinge zu ziten nicht en kümt od' das hes vor Jumet-od' ab he binne dinge icht Jprich' od' tut wid' recht od' nicht en gilt gewnne= ne Jchult binne dinge· vme icliche dirre Jachen eine wettit he dem richt'e vn vme alle Jchult da d' mä Jine büje mite gewin= net da hat der richter Jin gewette an · Doch wettit mä deme richt'e dicke-vme vn= czücht di mä tut in deme dinge-da der cle= ger noch uf den di clage get keine büje an gewlnet Wer gewette vn buzje nich' en gibt zu recht! tagl d' vronebote Jal en da vor phede vn Jal is zu hat vor Jeczin od' vor koüfe · vor di Jchult • nicht en müs d' vronebote phenden-he en werde da zu mit

142

4 4i {

ίο

is

2o

2s

3o

nicht getun enmag, so enmag he geben noch lasin noch lien, das hes ieme enphirre, der des noch sime tode wartinde is. Was aber he iemande genumen hat mit Unrechte, das mus he wol wider lasen an sine gewer, da enmag he denne keine gäbe angesprechin, wenne so getan recht, alse he dar an hatte, er is im genumen wart. Wer in siner suche sine habe vorgibt oder usseczt zu der zit, so hes nicht getun mag, das wip unde das ingesinde sal dar umme nimande schuldigen, wen si musin des mannes gäbe nicht widersprechin, si sie recht oder unrecht. Gibit man imande mit Unrechte icht, das vordere man mit rechte uf den, dem is gegeben is. C.LIII. Das wip enentwortit vor kein des mannes gut, wen vor das, das under ir irstorben is. W e r nicht volgit, als man gerufte schriet, oder sine clage noch rechte nicht envordert oder einen man zu kamphe vet, der im mit rechte enket, oder zu usgeleitem dinge zu ziten nicht enkumt oder das hes vorsumet oder ab he binnen dinge icht sprichet oder tut wider recht, oder nicht engilt gewunnene schult binnen dinge: Umme icliche dirre Sachen eine wettit he dem richtere unde umme alle schult, da der man sine buse mite gewinnet, da hat der richter sin gewette an. Doch wettit man deme richtere dicke umme unczucht, di man tut in deme dinge, da der cleger noch uf den di clage get, keine buse an gewinnet. Wer gewette unde buzse nicht engibt zu rechtin tagin, der vronebote sal en da vor phenden unde sal is zu hant vorseczin oder vorkoufen vor di schult. Nicht enmus der vronebote phenden, he enwerde da zu mit

4/4a mit - lasen] mid vnrechte, dat mot he w o l w e d e r laten O, mit Unrechte, dat mut he ime w o l w e d e r laten Horn., fehlt W D. 30 nach gewinnet] Sprikt de man g ö d an, claghet he dar up vnde wirt he dar mit rechte af ghewist, he blift es ane bote unde ane wedde, de wile hes sie nicht underwint O, Sprikt die man gut an, und klaget he dar up, unde wirt he mit rechte dar af gewiset, he blift is ane bute unde ane wedde, de wile he's sik nicht underwint Horn.

143

nicht tun kann, so darf er weder veräußern noch auflassen noch verleihen, um es so jenem zu entziehen 1 , der darauf nach seinem T o d die Anwartschaft 2 hat. Was er aber jemandem zu Unrecht genommen hat, das muß er ihm wieder in sein Besitzrecht auflassen, da kann jener dann keine Veräußerung einklagen, sondern nur auf das (Besitz)Recht, das er daran hatte, bevor es ihm genommen wurde. Wer während seiner Krankheit seine H a b e verschenkt oder versetzt 3 in einer Zeit, wo er dieses nicht tun sollte, so kann niemand seine Frau und das Gesinde deshalb beschuldigen, denn sie dürfen dieser Veräußerung des Mannes nicht widersprechen, sie geschehe zu Recht oder zu Unrecht. Wurde jemandem etwas zu Unrecht gegeben, das fordere man gerichtlich von dem zurück, dem es gegeben worden ist. Kapitel LIII. Die Frau ist nicht verantwortlich f ü r das Gut ihres Mannes, ausgenommen f ü r das, was 4 bei seinem T o d in ihrer Gewere 4 ist. Wer nicht Folge leistet, wenn man das Gerüfte 5 erhebt, oder seine Klage nicht dem Recht entsprechend erfüllt oder einen Mann zum Zweikampf fordert, der sich ihm gerichtlich entzieht oder zum angesetzten Ding nicht zur rechten Zeit kommt oder es ganz versäumt oder wenn er während des Dinges etwas spricht oder tut, was widerrechtlich ist, oder wenn er eine im Ding erstrittene Schuld nicht bezahlt: Wegen jeder dieser Sachen zahlt er dem Richter sein Gewette, und bei jeder Schuld, durch die der Mann seine Buße erstreitet, hat auch der Richter sein Gewette. Doch zahlt man dem Richter auch häufig Gewette wegen ungebührlichen Verhaltens 6 vor Gericht, wof ü r weder der Kläger noch derjenige, gegen den die Klage geht, Buße erstreiten. Wer Gewette und Buße nicht zum rechten Termin zahlt, den soll der Fronbote darum pfänden, und er soll das Pfand sofort zur Begleichung der Schuld versetzen oder verkaufen. Doch darf der Fronbote nichts pfänden, wozu er nicht durch

1 entverren, entvern sw.V. , e n t f e r n e n ' , hier , e n t z i e h e n ' ; 2 warten sw.V. A n w a r t s c h a f t h a b e n , e r w a r t e n , r e c h n e n auf etwas'; 3 uzsetzen sw.V. .versetzen, v e r p f ä n d e n ' ; 4 - 4 under ir erstorben; 5 geruofte, gerüfte s t . N . , N o t r u f , G e s c h r e i , Z u s a m m e n r u f e n d e r N a c h b a r n z u r H i l f e ' ; 6 unzucht s t . F . , U n g e h ö r i g k e i t , U n g e z o g e n h e i t ' .

folio 22 recto

1. (Ldr. I 52§2): D e r erste Bildstreifen gilt d e m s o g e n a n n t e n V o r ritt eines M a n n e s . D e r mit S c h w e r t u n d Schild (in Ο ein W a p p e n schild mit S c h r ä g b a l k e n ) g e g ü r t e t e ältere M a n n (Bart f e h l t in O ) h a t g e r a d e v o n einem Stein b z w . B a u m k l o t z in H ö h e e i n e r D a u menelle (vor b z w . z w i s c h e n d e n H u f e n des P f e r d e s ) ein P f e r d o h n e H i l f e l e i s t u n g eines a n d e r e n M a n n e s bestiegen, a u s g e n o m men, d a ß m a n ihm d e n Steigbügel hält. Dies e n t s p r i c h t d e r im Text v o r g e s e h e n e n R e g e l u n g . D u r c h Besteigen des P f e r d e s in g e w a p p n e t e m Z u s t a n d h a t der ältere M a n n seine k ö r p e r l i c h e u n d geistige H a n d l u n g s f ä h i g k e i t n a c h z u w e i s e n . Dies ist V o r a u s s e t z u n g d a f ü r , d a ß er alle varnde habe o h n e Z u s t i m m u n g d e r E r b e n v e r ä u ß e r n kann. Hüpper, Funktionstypen, S. 238; Naß, Wappen, S. 266; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 106. 2. (Ldr. I 52§4): Auf d e m S t e r b e b e t t vergibt ein alter M a n n (Bart) seinen R o c k an einen j ü n g e r e n . An seinem K o p f e n d e stehen die E h e f r a u (Schleier) u n d ein j u n g e s M ä d c h e n ( o f f e n e s H a a r ) mit T r a u e r g e s t u s - letztere w o h l eine M a g d als V e r t r e t e r i n des im T e x t g e n a n n t e n G e s i n d e s . Beide geben d u r c h ihre G e b ä r d e n zu erk e n n e n , d a ß sie d e r V e r g a b e n i c h t w i d e r s p r e c h e n k ö n n e n . 3. (Ldr. I 52§4): Ein alter M a n n (Bart) ist g e s t o r b e n u n d liegt auf d e r T o t e n b a h r e . H i n t e r d e r B a h r e steht seine W i t w e (Schleier). Bei einer K l a g e b r a u c h t sie sich n u r f ü r d a s G u t ihres M a n n e s zu vera n t w o r t e n , das under ir irstorben is. Dies w i r d d u r c h die z w e i am Z ü g e l v o r g e f ü h r t e n P f e r d e wie auch die ü b e r d e r B a h r e liegende B r ü n n e (pars p r o t o t o f ü r H e e r g e w ä t e , vgl. W fol. 13r6) u n d d e n ( D o p p e l - ) B e c h e r (Erbe) a m F u ß e n d e d e r B a h r e (fehlt in O ) v e r a n schaulicht. Weil d e r I l l u s t r a t o r d e n g r ä f l i c h e n R i c h t e r hier mit links g e s c h u l t e r t e m G e r i c h t s s c h w e r t (peinliche Klage) g e z e i c h n e t hat, h a n d e l t es sich a b e r vermutlich u m G e g e n s t ä n d e , die nicht im Besitz d e r W i t w e sind. 4. (Ldr. I 53§1): D e r M a n n in d e r Bildmitte z a h l t mit s e i n e r L i n k e n d e m g r ä f l i c h e n R i c h t e r sein G e w e t t e , mit seiner R e c h t e n d e m B u ß e m p f ä n g e r (in q u e r g e s t r e i f t e m r o t - g r ü n e n R o c k ) die B u ß e in d e s sen h a l b g e ö f f n e t e n H ä n d e . D e n n v o n j e d e r B u ß e m u ß d e m R i c h ter sein G e w e t t e g e g e b e n w e r d e n . D a ß d e r zweite M a n n am linken B i l d r a n d v e r m u t l i c h leer a u s g e h t , ist in D d u r c h die v e r s c h r ä n k t e n A r m e e i n d e u t i g e r ins Bild g e s e t z t als in W . D i e im T e x t g e n a n n t e n a n d e r e n Fälle, w e g e n d e r e r m a n d e m R i c h t e r G e w e t t e zu z a h l e n hat, sind n i c h t im Bildstreifen b e r ü c k s i c h t i g t . 5. (Ldr. I 53§3): D e r b e r i t t e n e F r o n b o t e p f ä n d e t auf e i n e m b e f e s t e ten H o f ( k e n n t l i c h an d e n Z i n n e n des T o r b o g e n s ) ein P f e r d , das die wertvollste F a h r n i s im L a n d g u t r e p r ä s e n t i e r t ; a n d e r s O , w o nicht n u r d a s g e s a m t e H o f g e b ä u d e d a r g e s t e l l t wird, s o n d e r n d e r G e p f ä n d e t e selbst auch sichtbar ist. D e r G r u n d d e r P f ä n d u n g ist die N i c h t e i n h a l t u n g d e r Frist von 14 T a g e n . D e r F r o n b o t e darf n u r in a m t l i c h e m A u f t r a g die P f ä n d u n g d u r c h f ü h r e n , w a s hier d u r c h seine K l e i d u n g u n d die Peitsche als A m t s a t t r i b u t v e r d e u t licht w i r d . Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 112f., 115.

folio

22 verso

144

vrteiln g e n ü m e - N i m a n t en wettit v m eine Jache z w i r - h e en breche den vride

u r t e i l n gewunnen. vnde

N i m a n t enwettit

um

eine sache zwir, he enbreche d e n vride

unde

vor Jchulde d e n b a n an ein' t a t - d ' m ü s wettl

vorschulde den b a n an einer tat. D e r m u s

wettin

zü geijtliche rechte νή zu

zu geistlichem rechte unde zu werltlichem

unde

w'ltlichem-vnde

gebit eine b ü z j e ieme den he gejeret hat· Is e n J a l k e i n z i n s m ä v o r J i n ' h e r ! p h a n t

LIIII*

s

gebit eine buzse ieme, den he geseret hat. C . L I I I I . Is ensal k e i n z i n s m a n v o r s i n e n h e r i n p h a n t

dul-

d e n p o b e n J i n e z c i n s d e n h e ierlich geldT J a l

d e n p o b e n sinen zcins, d e n h e jerlich geldin

w e r J i n e n zins z ü rechtin t a g e nich' en gib1

W e r sinen zins zu rechtin tagen nicht engibet, z c w i v a l t sal h e n g e b e n d e s a n d i r n tages

zcwiualt Jal hen gebe des andirn tages · vn 10

alle t a g e di wile h e n v n d ' im h a t - d a s im

sal.

unde

alle tage, di wile h e n u n d e r im hat, d a s im

d ' h ' r e m i t r e c h t e v r t e i l n v o l g e v n i n z ü Ji=

d e r h e r r e m i t r e c h t e n u r t e i l n v o l g e u n d e in z u si-

m e h ü j e h e i j c h e - w e d ' m ä is n i c h ' p h l i c h t i g

m e h u s e h e i s c h e . W e n d e r m a n is n i c h t p h l i c h t i g , sinen zins busen sime huse zu gebene.

Jine zins b ü j e n Jime hü Je zü gebene · Cins m ü s d e r h ' r e o d ' J i n b o t e b a s b e h a l d i d e n is d e r

u

m ä geloüke m ü g e - v n zcendl das Jelbe Τ

bestadet,

b a s b e h a l d i n d e n is d e r

d e m gute da d' m a n üffe Jiczt Jpricht ab' d' m a n das hen vor golde habe das

Cins

m u s d e r h e r r e o d e r s i n b o t e , der das lant

ts

m a n g e l o u k e n m u g e , u n d e z e e n d i n d a s selbe in d e m gute, d a d e r m a n u f f e siezt. Spricht

müs

der man, das hen vorgolden habe, das

h e v o l b r e g e J e l b d r i t t e d i is J a g e v n h o r t e ·

aber

mus

das h e n vor g o l d ! h a b e ab m a n s im loüke=

h e v o l b r e n g e n s e l b d r i t t e , d i is s a g e n u n d e

nen wil D e r h're m a g wol p h e n d ! uf

das hen vorgoldin habe, ab m a n s im

louke-

n e n wil. D e r h e r r e m a g w o l p h e n d i n

uf

20

Jime güte vor Jin gelt das m ä im v o n Jim e güte gelobit h a t - a n e des richters vr-

s i m e g u t e v o r sin gelt, d a s m a n i m v o n si-

lop •Kein zins m ä en müs Jtein

m e gute gelobit hat, ane des richters

grübe

lop. Kein z i n s m a n e n m u s

n o c h leim g r u b ! g ' b i n ane Jins h'ren vrl o p d e s z c i n s m ä h e is n o c h h o l c z Alle w'ltlich gerichte

/ erbe zins gut·

hat begin von kore dar vme en

mag

kein gejaczt m ä rieht' Jin · n o c h

nimant

25

l o p , d e s z e i n s m a n h e is, n o c h h o l c z erbe C.LV. Alle werltlich

hat begin von kore. D a r u m m e

kein g e s a e z t m a n r i c h t e r sin n o c h

goüg'ue

30

zinsgut.

gerichte

ab' eine hanthafte tat von d u b e oder vö müs m ä wol v m e k y j e n eine

ur-

houwen

n o c h r o d i n u f s i m e z i n s g u t e , is e n s i s i n

LV·

h e e n Ji g e k o r n o d ' b e l e n t r i c h t e r · b e g e i n t roübe da der mä mite begriffen wirt-da

ur-

steingruben

n o c h l e i m g r u b i n g r a b i n a n e sins h e r r e n

hoüwe

n o c h r o d i n u f J i m e z i n s g ü t e is e n J i J i n

horten,

enmag nimant,

he ensi g e k o r n o d e r belent richter.

Begeint

a b e r eine h a n t h a f t e tat, v o n d u b e o d e r

von

roube, da der m a n mite begriffen wirt, da mus m a n wol u m m e kisen einen

gougreven

1 mit urteiln gewunnen] mit urteiln genumen W D, mit ordelen dar to wunnen O, mit ordelen dar to gewunnen Horn. 7 geldin WD, gheuen Q geven Horn. 14 der - bestadet] det lant bestadet O, de dat lant bestadet Horn., fehlt WD. U gelouken WD, uerseken O, besaken Horn. 19/20 loukenen WD, uerseken O, besaken Horn.

dul-

145 Urteil ermächtigt ist. Niemand zahlt für eine Sache zweimal Gewette, es sei denn, er breche den Frieden und werde durch ein und dieselbe Tat auch des Bannes1 schuldig. Dann muß er nach geistlichem und weltlichem Recht Gewette zahlen und eine Buße demjenigen, den er verwundet 2 hat. Kapitel LIV. Es braucht kein Zinsmann für seinen Herrn eine Pfändung zu dulden, die über seinen Zins hinausgeht, den er jährlich zu zahlen hat. Wer seinen Zins nicht an den festgesetzten Tagen zahlt, soll doppelt 3 am nächsten Tag zahlen und alle weiteren Tage ebenso, solange er ihn (den Zins) zurückhält, sofern ihn der Herr mit rechten Urteilen verfolgt, um ihn in seinem (des Mannes) Haus zur Zahlung aufzufordern 4 . Denn der Mann ist nicht verpflichtet, seinen Zins außerhalb seines Hauses zu zahlen. Zins kann der Herr oder sein Vertreter5, der das Land ausgegeben 6 hat, mit besserem Recht beweisen als der Mann bestreiten könnte, mitsamt dem Zehnten, der von dem Gut, auf dem der Mann sitzt, abzuführen ist. Behauptet aber der Mann, daß er bezahlt habe, so muß er dies beweisen selbdritt, die sahen 7 und hörten, daß er gezahlt hat, sofern man es ihm bestreiten will. Der Herr darf auf seinem Gut wegen seiner Abgaben8 pfänden, die man ihm von seinem Gut versprochen hat, ohne eine Erlaubnis des Richters. Kein Zinsmann darf ferner Stein- oder Lehmgruben ohne die Zustimmung des Herrn, dessen Zinsmann er ist, anlegen, noch Holz schlagen oder roden auf seinem Zinsgut, wenn es denn nicht sein Erbzinsgut ist. Kapitel LY. Alles weltliche Gericht hat seinen Anfang in der Wahl. Deshalb darf kein eingesetzter Mann Richter sein noch sonst jemand, er sei denn zum Richter gewählt oder mit dem Amt des Richters belehnt. Ereignet sich aber eine handhafte Tat 9 , Diebstahl oder Raub, wobei der Mann gefaßt wird, so darf man einen Gaugrafen 10 wählen

1 ban st.M. »Gebot unter Strafandrohung', »Verbot bei Strafe', hier »Kirchenbann' ; 2 seren sw.V. ,versehren, verletzen, verwunden'; 3 zwivalt Adj. »zwiefach, doppelt'; 4 heischen, eischen sw.V. »forschen, fragen', hier .fordern, auffordern'; 5 bote sw.M. ,Bote, Bevollmächtigter, Vertreter'; 6 bestaten sw.V. »eine Stätte geben, jemandem einen Wohnsitz, Aufenthalt anweisen, zu Leiherecht vergeben'; 7 sagen (md.) Prät., zu sehen, sen st.V. »sehen, erblikken'; 8 gelt st.N.M.F.,Bezahlung, Vergütung', »Schuldforderung, besonders der schuldige Zins an Geld und Naturalien, Abgabe'; 9 hanthafte tat »frische Tat, bei der der Täter noch die Waffen in der Hand hat'; 10 gogreve (md.), mhd. gougrave sw.M. ,Gograf, Gaugraf'.

folio 22 verso

1. (Ldr. I 53§4): Der in der Mitte stehende Mann zahlt gegen die Regel - Nimant enwettit Hm eine suche zwir ~ doppeltes Gewette: rechts an den thronenden Richter (Graf), links an den Geistlichen (Tonsur), also sowohl an den Vertreter des weltlichen als auch des geistlichen Gerichts. D a ß beide ausnahmsweise Anspruch auf das Gewette haben, weil der zur Zahlung Verurteilte den Frieden gebrochen und den Bann auf sich gezogen hat, geht aus dem Bild nicht hervor. Offensichtlich hat er dabei auch den Mann (sitzend in kleinerer Statur) im Hintergrund verletzt und ihm deshalb bereits Buße gezahlt. Janz, Rechts Sprichwörter, S. 46 i f f . ; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 203. 2. (Ldr. I 54§§1,2): Es geht hier um das Holen und Entrichten des sogenannten Gatterzinses, welchen der Zinsmann über das Gatter seines Hauses an seinen H e r r n abführt. Da der Zinsmann nicht verpflichtet ist, seinen Zins außerhalb seines Hauses zu zahlen, erscheint sein H e r r persönlich, kenntlich an der Herrentracht mit Schapel, um seine ihm zustehenden Abgaben abzuholen. 3. (Ldr. I 54§3): Der Herr (Herrentracht, Schapel), der gekommen ist, um von seinem Zinsmann den Zins zu fordern, wird von diesem daran gehindert, indem er zum Zeichen, daß er seine Schuld bereits bezahlt hat, die fordernde Hand seines H e r r n ergreift. Gleichzeitig schwört er selb dritte, d.h. zusammen mit zwei Zeugen, auf das Reliquiar, und beweist damit, daß er den Zins (dargestellt durch die Münzen neben dem Reliquienschrein) bereits entrichtet hat; er f ü h r t somit eine Eidesschelte gegenüber seinem Herrn durch. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82, 87. 4. (Ldr. I 54§4): Der zinssäumige Mann wird auf seinem Gut von seinem Herrn (Herrentracht, Schapel) gepfändet. Die Pfandnahme ist hier durch das Wegführen von Pferden (ähnlich wie in W fol. 22r5) dargestellt, während der Schuldner hilflos aus dem Fenster seines Hauses sieht, da er die Pfändung dulden muß. Anders die Darstellung in O: Hier tritt der Schuldner mit einer Handvoll Münzen aus dem Haus, wohl um die Pfändung durch die Zahlung des säumigen Zinses noch rechtzeitig zu verhindern. Die Darstellung in Ο bietet also mehr als der Text. 5./6. (Ldr. I 54§5): Dargestellt ist auf dem linken Bildstreifen der 1. Teil des Textes, der sich auf das Anlegen von Stein- oder Lehmgruben und das Fällen von Bäumen bezieht. Während der Bauer links mit der Schaufel eine Grube gräbt, versucht der Bauer rechts mit der Axt einen Baum zu fällen. Auf dem rechten Bildstreifen roden die beiden Figuren, durch ihre braunen Gewänder als Bauern kenntlich, auf ihrem Zinsgut. Die linke Figur versucht mit einem Spaten Unkraut oder Gestrüpp zu entfernen, während die rechte Figur mit einer Spitzhacke den steinigen Boden bearbeitet. Alle diese Arbeiten dürfen nur mit Zustimmung des H e r r n durchgef ü h r t werden.

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zu m i n n e j t e vö dren d o r f e n di gen da zu richtene ab Ji des belente richters nich' gehabe m ü g e - A n g o u j c h a f t is mit rechte kel len · LVI · noch volge-wen is ijt d' lant lute vrie k o r e · das Ji goügreue kije zu iclicher gaen tat o d ' zu bejcheiden' zit-Liet Ji ab' ein h're he Jal da len rechtis Jine mäne vn Jine k i n d e r ! v5= phlege-is en breche en beide di lantlüte mit Ynde wirt d ' dip LVII irre rechtin kore · o d ' d ' roüber binne tage vn binne nach 1 nich' vor w n d e J o hat d' goügreue kel gerichte dar an • Dis is geredet vö dem goügreue de mä k ü j e t zu eime vngerichte ind' h a n t h a f ten t a t - z ü richtene des Jelbn tages-we mä ab' k ü j e t zu lang' zit den Jal d' greüe o d ' d ' markereüe belene vor dem gibt mä achted' müs o v ch wol vb'nechtig vngerichte richte • W e n der greüe k u m t zu des goügreue LYIII dinge J o Jal des goügreue ding nid' Jin geleit A l j o is des greuen d i n g - w e n d' kunig in Jine g r a u e j c h a f t kvmt da Ji beide zu kegew'te Jin • als ijt iclichs richters da d ' kunig zü kegew'te is · di clage di en ge d e n n e uf denkvnig· / -LIX· Alle clage vn alle vngerichte müs d ' richter wol richte in Jime gerichte w o he is ane ab mä uf ein eige clait o d ' uf eine Jchephinbare vrie mä vngerichte clait des en mag he nich' gerichten · we zcü rechter ding Jtat vnde vnd' kvnige 5 b a n n e • Bi kvniges b a n n e en Jal kein man dingen he en habe den ban von de kvnige e n p h a n g e - w ' de ban eins enphet

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zu minnesten von dren dorfen, di g a e n tat zu richtene, ab si des belenten richters nicht gehaben mugen. C.LVI. An g o u s c h a f t is mit rechte kein len noch volge. W e n is ist der lantlute vrie kore, das si gougreven kisen zu iclicher gaen tat oder zu bescheidener zit. Liet si aber ein herre, he sal da lenrechtis sinem manne u n d e sinen kinderin von phlegen, is enbreche en beiden di lantlute mit irre rechtin kore. C.LVII. U n d e wirt der dip oder der r o u b e r binnen tage unde binnen nacht nicht vorwunden, so hat der gougreve kein gerichte dar an, so sal das richten der belente richter. Dis is geredet von dem gougreven, den m a n kuset zu eime ungerichte in der h a n t h a f ten tat zu richtene des selbn tages. W e n man aber kuset zu langer zit, den sal der greve oder der markgreve belenen. V o r dem gibt man achte, der mus ouch wol ubernechtig ungerichte richten. C.LVIII. W e n der greve k u m t zu des gougreven dinge, so sal des gougreven ding nider sin geleit. Also is des greven ding, wen der kunig in sine graveschaft kumt, da si beide zu kegenwerte sin. Also ist iclichs richters, da der kunig zu kegenwerte is, di clage, di enge d e n n e uf den kunig. C.LIX. Alle clage unde alle ungerichte mus der richter wol richten in sime gerichte, wo he is, ane ab man uf ein eigen clait oder uf einen schephinbare vrien man ungerichte clait. Des enmag he nicht gerichten wen zcu rechter dingstat unde u n d e r kuniges banne. Bi kuniges banne ensal kein man dingen, he enhabe den ban von deme kunige enphangen. W e r den ban eins enphet,

1 gaen t a t ] g e n da WD, g a n d a t O, gaen d a t Horn. 12 so - richter] so sal it richten de b e i e n d e richtere O, so sal d a t richten die b e i e n d e r i c h t e r e Horn., fehlt WD. 16 m a r k g r e v e Horn., m a r k g r e u e O, m a r k e r e v e W D. 22 Also D Ο Horn., Als W. 27/29 o d e r - clait fehlt O. 30 r e c h t e r WD O, e c h t e r Horn.

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aus mindestens drei Dörfern, um die jähe Tat 1 zu richten, wenn man den belehnten Richter nicht zur H a n d hat. Kapitel LVI. Im Amt des Gaugrafen 2 gibt es zu Recht weder Lehen noch (Lehensnach-)Folge. Denn es ist der Landleute freier Wille 3 , ob sie f ü r jegliche jähe Tat 1 oder auf bestimmte Zeit einen Gaugrafen wählen. Verleiht aber dennoch ein H e r r es (das Amt des Gaugrafen), so soll er seinem Mann und dessen Kindern gegenüber seiner Lehenspflicht nachkommen 4 , es sei denn, daß es ihnen beiden die Landleute mit ihrer rechtmäßigen Wahl 3 zunichte machen. Kapitel LVII. Wird der Dieb oder der Räuber weder am Tag (der Missetat) noch in der (darauffolgenden) Nacht überführt, so hat der Gaugraf keine Gerichtsgewalt mehr daran, dann muß der belehnte Richter darüber richten. Dies gilt f ü r den Gaugrafen, den man im Zusammenhang mit einer schweren Missetat 5 , die offen verübt wurde, wählt und über die noch am gleichen T a g gerichtet werden muß. Wen man aber auf längere Zeit (in das Gaugrafenamt) wählt, den soll der Graf oder der Markgraf belehnen. Vor diesem finden auch Beratungen 6 statt, und er darf auch über Verbrechen richten, die länger als eine Nacht 7 zurückliegen. Kapitel LVIII. Wenn der Graf zu des Gaugrafen Gericht kommt, dann soll die Gerichtsgewalt des Gaugrafen ruhen. Ebenso (ruht) die Gerichtsgewalt des Grafen, wenn der König in seine Grafschaft kommt und wenn beide (im Gericht) gegenwärtig sind. Ebenso (ruht) die jedes Richters, in dessen Gericht der König zugegen ist, es sei denn, die Klage richtet sich gegen den König selbst. Kapitel LIX. Uber jede Klage und über alle (schweren) Verbrechen darf der Richter in seinem Gerichtsbezirk richten, wo er gerade ist, außer wenn man wegen Grundeigens klagt oder gegen einen schöffenbarfreien Mann wegen eines (schweren) Verbrechens. Hierüber darf der Richter nirgend anderswo als in der rechtmäßigen Gerichtsstätte und unter Königsbann richten. Bei Königsbann darf niemand Gericht halten, wenn er nicht den Bann vom König empfangen hat. Wer den Bann einmal empfangen hat,

1 gäe tat Jähe Tat', zu gcehe Adj. ,schnell, jäh, ungestüm' und tat st.F. ,Tat, Handlung, Werk'; 2 gouschaft st.F. .Gauschaft', ,Amt des Gaugrafen'; 3 kor, kore (md.), mhd. kür st.F. .Überlegung, Erwägung, freier Wille', ,WahI, Auswahl, Beschluß'; 4 Unrecht phlegen ,seiner Lehenspflicht nachkommen' zu phlegen sw.V. V e r antwortung übernehmen, f ü r etwas sorgen'; 5 ungerichte st.N. .Unrecht', hier .schweres Verbrechen'; 6 achte st.F. .Beachtung, Meinung', hier im Sinne von .Meinungsaustausch, Beratung'; 7 ubernechtic Adj. ,eine Nacht überdauernd, worüber eine Nacht vergangen ist'.

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1. (Ldr. I 55, 56): Dem Text nach gelangt der Gaugraf weder durch Belehnung noch durch Erbfolge in sein Amt, sondern durch der lantlute vrie kore. Das Bild zeigt den Gaugrafen (mit H u t ) bereits auf dem Richterstuh! sitzend, umgeben von vier Wählern, die hier durch ihre Kleidung, die kurzen, braunen und gegürteten Röcke mit schwarzen Beinkleidern, als Bauern gekennzeichnet sind. Dabei hat der Illustrator außer acht gelassen, d a ß außer den bäuerlichen Freien auch Hörige und Adlige zu der Gerichtsgemeinde des Gaudings gehörten. In Ο kommt noch eine f ü n f t e (unfreie) Person hinzu, die durch eine flügelartige Kopfbedeckung (in einigen Armenbibeln Kennzeichen der Ismaeliten) auffällt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 78; Lade, Dorfrecht, S. 177; Schott, Sachsenspiegel, S. 51. 2. (Ldr. I 57): Vor den Füßen des thronenden Gaugrafen (mit H u t ) sitzt der Beklagte (in Ο kniend) mit kreuzweise gebundenen H ä n den und verbundenen Augen auf der Erde (in Ο sind dem Gefangenen die H ä n d e hinter dem Rücken gebunden), d.h. er wird dem Text entsprechend als Dieb dargestellt. Zwischen der Sonne und dem Mond mit Gestirnen - anders in O, wo der Kläger links neben den Gestirnen steht und sich der Sitzende direkt darunter befindet - steht der Kläger mit entblößtem Schwert (Zeichen der Klage mit Gerüfte) und bringt den Beklagten gefangen, d.h. als ob er auf handhafter T a t gestellt worden wäre, vor Gericht. Mit Fingerzeig weist der Kläger (ίη Ο ohne Sax am Gürtel) auf die nur halb sichtbare Sonne, um anzudeuten, daß er willens ist, den Gefangenen noch binnen tage unde binnen nacht anzuklagen. Der Gaugraf deutet ebenso mit Fingerzeig auf die Gestirne und weist den Kläger so auf seine eingeschränkte Zuständigkeit, nämlich über die handhafte T a t nur am gleichen T a g richten zu dürfen, hin (zeitliche Befristung der Richtertätigkeit). Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82; Lade, Dorfrecht, S. 177. 3. (Ldr. I 58§2): Der Graf, durch das Schwert als Richter gekennzeichnet, verdrängt für die Dauer seiner Anwesenheit den niederen Richter, einen Gaugrafen, aus seinem Richteramt. 4. (Ldr. I 58§2): Analog geschieht dies dem Grafen, dem deshalb das Schwert als Zeichen seiner (straf-)richterlichen Gewalt genommen ist, wenn der König in seine Grafschaft kommt und bei Gericht anwesend ist. Einzig in Ο hält der König - wie in der vorigen Bildzeile der Graf - das Richtschwert, in D und W stattdessen ein Zepter. 5. (Ldr. I 59§1): Das Bild zeigt den auf einem T h r o n sitzenden König und den vor ihm knienden Grafen. Durch einfache Handreichung wird der Rechtsakt der Bannleihe, d.h. die Übertragung der Hochgerichtsbarkeit vom König auf den Gerich tsherrn, vollzogen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79f.

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he endarf en and'weit nicht enphä ab d' kü η iB Jtirb* binne ein' voitie en mag kein küniges bä gejin wen ein' · Wer bi kvniges bäne ding 1 d' den ban nich' enphägen hat d' Jal wette Jine zcünge · Is en mag kein greüe d' bi kvniges banne ding' kein echt dig gehabn ane Jine JchultheiJen vor de he Jich zu rechte biten Jal • dar vme Jal he de JchultheiJen des erjte vrteils vrage ab is dinges zit J i · vn da noch ab he vor biten müje vn= recht-vn vnlüjt wenne im das vundl wirtJ o clage menlich das im werre m' vorjprechlAne vorjpreche müs wol clage ein mä · L X · vn entw'tin ab he Jich des Jchade ge= trojte wil d' im da vö begeine mag-ab he Jich vor Jpricht des he Jich nich' ir holen mag alje he bi dem vorjpreche wol tut - di wile he an Jin wort nicht en giet · Der rieht' Jal zü vorjpreche gebn-wen mä vö erjt bittet ·νη keine ädere he en w'de des ledig mit rechte · vorjpreche en mag nimät geweigern zü wejene Idem gerichte da he wanet-od' gut inne hat oder rech vordert ane uf Jine mage vn uf Jine h're vn uf Jine mä • ab im di clage an den lip od' ä Jine gejünt od' an Jin recht get · Bitten zwene mä vm eine vorjpreche zu male das Jtet an dem rieht' welcheme hen gebn wil · clage Ji och zü male das Jtet an deme richt'e wel= chen he zum erjten hören wil · is en Ji das ein' di erjte clage gezüge müge · Der Jtä mernde mä mijjejpricht he · he müs Jich wol irholn vor Jvmit he ouch kein man des vor Jpreche he is he müs Jich wol irholn

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he endarf en anderweit nicht enphan, ab der kunig stirbet. Binnen einer voitie enmag kein kuniges ban gesin wen einer. Wer bi kuniges banne dinget, der den ban nicht enphangen hat, der sal wetten sine zeunge. Is enmag kein greve, der bi kuniges banne dinget, kein echt ding gehabn ane sinen schultheisen, vor deme he sich zu rechte biten sal. Dar umme sal he den schultheisen des ersten Urteils vragen, ab is dinges zit si, unde da noch, ab he vorbiten muse unrecht unde unlust. Wenne im das vundin wirt, so clage menlich, das im werre, mit vorsprechin, durch das he sich nicht enversume. C . L X . Ane vorsprechen mus wol clagen ein man unde entwortin, ab he sich des schaden getrosten wil, der im da von begeinen mag, ab he sich vorspricht, des he sich nicht irholen mag, alse he bi dem vorsprechen wol tut, di wile he an sin wort nicht engiet. Der richter sal zu vorsprechen geben, wen man von erst bittet unde keinen anderen, he enwerde des ledig mit rechte. Vorspreche enmag nimant geweigern zu wesene in dem gerichte, da he wanet oder gut inne hat oder rechi vordert, ane uf sinen mage unde uf sinen herren unde uf sinen man, ab im di clage an den lip oder an sinen gesunt oder an sin recht get. Bitten zwene man um einen vorsprechen zu male, das stet an dem richter, welcheme hen geben wil. Clagen si och zu male, das stet an deme richtere, welchen he zum ersten hören wil, is ensi, das einer di erste clage gezugen muge. Der stammernde man, missespricht he, he mus sich wol irholn. Vorsumit he ouch kein man, des vorspreche he is, he mus sich wol irholn

3/6 greve WD Ο, r i c h t e r e Horn. 10/11 u n r e c h t WD, dingslete Ο Horn. 12a d u r c h - e n v e r s u m e ] d o r dat he sie n i c h t ne u o r s u m e O, d u r c h dat h e sik n i c h t ne v e r s u m e Horn., fehlt WD. 17 tut W ü, m o t Ο, m u t Horn. 2 5 nach g e t ] vgl. Horn. Ldr I 60§3 u. I 61$1.

149 braucht ihn nicht ein weiteres Mal 1 zu empfangen, wenn der König stirbt. Innerhalb einer Vogtei gibt es nur einen Königsbann. Wer bei Königsbann Gericht hält und den Bann nicht empfangen hat, der muß seine Zunge zur Strafe lassen. Es darf kein Graf, der bei Königsbann Gericht hält, echtes Ding ohne seinen Schultheißen abhalten, zu dem er sich zu Recht erbieten 2 muß. Deshalb soll er den Schultheißen als erstes um sein Urteil darüber fragen, ob es Zeit f ü r das Gericht sei, und danach, ob er jede Störung 3 (des Gerichts) und alle Unruhe 4 verbieten solle. Wenn ihm (dem Richter) das bestätigt wird, so kann jeder über das, was ihn in Zwietracht bringt, mit einem Vorsprecher klagen, damit er nicht durch irgendein Versäumnis einen Nachteil erleide 5 . Kapitel LX. O h n e Vorsprecher darf ein Mann klagen und sich verantworten, wenn er den Schaden auf sich nehmen will, der ihm dadurch entstehen kann, daß er sich verspricht; dies kann er dann nicht verbessern 6 , wie dies bei einem Vorsprecher möglich ist, wenn er dessen W o r t nicht gutheißt 7 . Der Richter soll zum Vorsprecher geben, wen man zuerst erbeten hat und keinen anderen, es sei denn, er werde zu Recht davon befreit. Vorsprecher zu sein darf niemand verweigern innerhalb des Gerichtsbezirks, in dem er wohnt oder Besitz hat oder Recht beansprucht, außer wenn es sich um seinen Verwandten, seinen Herrn oder seinen (Lehens-)Mann handelt und diesen die Klage an Leben, Gesundheit oder Recht geht. Erbitten zwei Männer zugleich ein und denselben Vorsprecher, so steht es bei dem Richter, welchem von ihnen er ihn geben will. Klagen sie gleichzeitig, so steht es bei dem Richter, welchen von ihnen er zuerst hören will, es sei denn, daß einer von ihnen mit Zeugen beweisen kann, daß er die Klage zuerst erhoben hat. Der stotternde Mann kann sich verbessern, sofern er sich verspricht. Benachteiligt er damit einen (anderen) 8 Mann, dessen Vorsprecher er ist, so kann dieser

1 anderweit Adv. ,zum zweiten Mal, ein weiteres Mal'; 2 sich zu rechte biten st.V. refl. ,sich zu Recht erweisen', d.h. der Schultheiß ist Richter über diesen, vgl. Ldr. III 52§3; 3 unrecht st.N. .Unrecht, Ungerechtigkeit, Ungebühr'; 4 unlust st.F. »Unruhe, Lärmen (wodurch eine gerichtliche Handlung gestört wird)'; 5 versumen sw.V. refl. ,sich durch Saumseligkeit in Nachteil bringen', gemeint sind hier die Versäumnisse gegenüber der Form, Formfehler; 6 erholen, erholn sw.V. .Versäumtes nachholen, gutmachen'; 7 engtet 3. Sg. Präs., zu jehen, jen st.V. ,sagen, sprechen, f ü r wahr erklären, bejahen, gutheißen 4 ; 8 kein Adj., aus dehein gekürzt .irgendeiner'.

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1. (Ldr. I 59§1): Der König (in D mit Reichsapfel, in Ο mit Gerichtsschwert) sitzt auf dem Richterstuhl und gebietet mit Zeigefingergestus seiner Rechten dem Schergen (in geschrägtem Rock), daß er dem vor ihm stehenden (in D an den H ä n d e n gefesselten) gräflichen Richter die Zunge abschneiden soll. Denn der Graf hat es gewagt, bei Königsbann zu richten, ohne vom König mit dem Bann belehnt worden zu sein. Er hat daher zu Unrecht Gericht gehalten, und das Urteil, das er mit seinem M u n d verkündet hat, ist wider das Recht. Als spiegelnde Strafe wird daher dem Grafen vom Schergen auf königliche Anweisung mittels einer in beiden Händen geführten Klemme die herausgestreckte Zunge abgetrennt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79f. 2. (Ldr. I 59§2): Der zweite Bildstreifen zeigt den Schultheißen (grüner H u t mit breiter Krempe und gebogenem Kopfstück, blaues Gewand) neben dem Grafen auf einer Bank sitzend, mit dem Gerichtsschwert in seiner Linken. Die Anwesenheit des Schultheißen wird ausdrücklich f ü r die Abhaltung des echten Dings gefordert und deshalb auch bildlich dargestellt. Der unter Königsbann dingende Graf wendet sich hier dem Schultheißen zu und eröffnet das Gericht dadurch, daß er den Schultheißen um sein Urteil bittet (vgl. Ldr. III 52§3, Ldr. III 54§1). Vermutlich stellt der Graf die erste Urteils- oder Dinghegungsfrage, was durch die Redegebärden der beiden Personen verdeutlicht worden ist. Der Bildstreifen geht zusätzlich über den Text hinaus, weil er die zum Ding notwendigen Schöffen (in lange Röcke gekleidet) zeigt. Diese sitzen am linken Bildrand in einer Zweier- und Dreiergruppe hintereinander auf einer Bank (O zeigt die fünf Schöffen auf einer erhöhten Bank in einer geschlossenen Reihe sitzend), weil sie sitzend Urteil finden sollen. Der über den Köpfen gezeichnete Bildbuchstabe Α ist irrtümlich hierher gesetzt worden. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 88; Lade, Dorfrecht, S. 177; SchmidtWiegand, Text und Bild, S. 19-21. 3. (Ldr. I 60§2): Der wiederum neben dem Schultheißen auf der Bank sitzende richterliche Graf fordert den vor ihm stehenden Vorsprecher (rot-grün geschrägter Rock) mit entsprechender Gebärde auf, zu der Partei zu treten, die ihn sich zuerst erbeten hat. Links umgreift daher ein Mann in blauem Gewand und roten Beinkleidern mit seiner Rechten den rechten Unterarm des ihm gegenüberstehenden bestellten Vorsprechers, um ihn so zu sich heranzuziehen. Dieser weigert sich mit Ablehnungsgestus seiner Linken und blickt sich fragend nach dem Gericht um. Mit Aufmerksamkeitsgestus seiner Rechten deutet aber der Schultheiß sowohl die Pflicht des Vorsprechers (Fürsprech zu sein darf niemand verweigern innerhalb des Gerichts, in dem er w o h n h a f t ist, ein Gut hat oder wo er Recht fordert) als auch die Ausnahme an. Diese wird bildlich durch die Verweigerungsgebärde des zweiten Mannes (rotes Gewand) am linken Bildrand angedeutet (in Ο irrtümlich weggelassen), der den zum Vorsprecher bestellten M a n n so ablehnt. Insofern dürfte es sich um des Vorsprechers mage oder seinen Herrn oder um seinen Mann handeln. Weil die anschließende Klage möglicherweise an seinen Leib, an seine Gesundheit oder an sein Recht gehen kann, ist das Gerichtsschwert in der Linken des Grafen in Ο korrekt. Scheele, Delikte, S. 239f; Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 21. 4. (Ldr. I 61 §2): Links bitten zwei Männer um denselben vor ihnen stehenden Vorsprecher vor Gericht (alle drei Personen in identischer Farbgebung der Kleider wie in Bildzeile 3). Rechts sitzt der richterliche Graf wiederum auf einer Bank. Neben ihm assistieren der auffällig abgewandte Schultheiß und ein Schöffe (in rotem Gewand), der mit seiner erhobenen Rechten zu intervenieren scheint. Der Mann in blauem Gewand und roten Beinkleidern zeigt mit seiner Rechten auf den Vorsprecher, den er mit Aneignungsgestus seiner Linken begehrt. Der hinter ihm stehende Mann (andere Partei) in rotem Gewand und beigen Beinkleidern widerspricht diesem Begehren mit ablehnender Gebärde seiner erhobenen rechten H a n d . Der Graf entscheidet die unklare Situation, indem er mit seiner Rechten das rechte Handgelenk des Vormunds ergreift und ihn anschließend einer Partei zuweist. Anders O: Hier sitzt neben dem Grafen nur noch der Schultheiß, während der Schöffe hinter der Bank steht. Beide Personen (Schultheiß, Schöffe) weisen mit Fingerzeig ihrer Rechten auf den Vorsprecher. Hinter diesem ist nur ein Mann (Partei?) zu sehen. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 21.

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mit eirae and'n v o r j p r e c h e · Ein iclich mä mag wol v o r j p r e c h e Jin inde lade zu JachJT zü lantrechte • J ü n d ' p h a f f e - d e n mä mag ä Jime rechte nich' b e j c h e l d l - b u r g e müs he ab' Jeczen da he kein erbe hat vor des richters ge wette vn vor b ü j e - a b he Ji vor boret ·νή nich* e r - W o d ' mä recht v o r d e r t - d a Jal he rechtis Kein cleger en darf / phlege vn helfen • L X I · bürge Jeczin er di clage getait w i r t · W e r keine bürge hat da he o v ch kein erbe en h a t - d e n Jal di vrone gewalt behalde ab he vme vngerichte clait o d ' di clage uf en get· wen d ' mä zu v o r j p r e c h e nimt d' müs Jin w o r t wol Jpreche vm alle di clage di mä uf en claget-vn di he hat zü clayne-di wile he im m' rechte nich' benüme wirt o d ' ir ein des andern nich abe en g e t · / -LXII· M a n Jal nimäde twinge zü kein' clag e - d ' he nich' b e g o n j t en hat vor dem richt'e · Menlich mus Jins J c h a d e n wol Jwige wi läge he wil-Jchriet ab' he das ger u f t e - d a s müs he wol v o r d e m mit rechtewen das gerufte is der clage b e g i n - W e r Jin Jwert züit uf eins and'n mänes Jchade das Jw't is des richters -Vmme blos g e r u f t e wettit ein mä dri Jchilllge ab he im n i c h ' en volgit noch r e c h t e · vol vordert he ab' Jine clage noch rechte ane k a m p h vn en ket im yener mit vnJchult he blibet is ane Jchadin · he en habe en d e n n e kemphlich an g e j p r o c h e n vn weis he des vridebrecheris name nicht· he beclage en v n g e n a n t ·

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mit eime andern vorsprechen. Ein iclich man mag wol vorspreche sin in deme lande zu Sachsin zu lantrechte sunder phaffen, den m a n mag an sime rechte nicht bescheidin. Burgen mus he aber seczen, da he kein erbe hat, vor des richters gewette u n d e vor buse, ab he si vorboret, unde nicht er. W o der man recht vordert, da sal he rechtis phlegen u n d e helfen. C.LXI. Kein cleger endarf bürgen seczin, er di clage getait wirt. W e r keine bürgen hat, da he ouch kein erbe enhat, den sal di vrone gewalt behalden, ab he u m m e ungerichte clait oder di clage uf en get. Wen der man zu vorsprechen nimt, der mus sin w o r t wol sprechen um alle di clage, di man uf en claget u n d e di he h a t zu claine, di wile he im mit rechte nicht b e n u m e n wirt oder ir ein des andern nich/ abe enget. C.LXII. M a n sal nimande twingen zu keiner clage, der he nicht begonst e n h a t vor dem richtere. Menlich mus sins schaden wol swigen, wi lange he wil. Schriet aber he das gerufte, das mus he wol v o r d e m mit rechte, wen das gerufte is der clage begin. W e r sin swert zuit uf eins andern mannes schaden, das swert is des richters. U m m e blos g e r u f t e wettit ein man dri Schillinge, ab he im nicht envolgit noch rechte. Volvordert he aber sine clage noch rechte ane k a m p h u n d e enket im iener mit unschult, he blibet is ane schadin, he enhabe en d e n n e kemphlich angesprochen. U n d e weis he des vridebrecheris namen nicht, he beclage en ungenant.

19/20 v o r d e m r i c h t e r e WD, fehlt Ο Horn. wile Ο Horn.

21 wi l a n g e WD,

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mit einem zweiten Vorsprecher (den Schaden) wiedergutmachen. Jeder M a n n darf wohl im Land Sachsen Vorsprecher sein nach Landrecht, der in seinem Recht unbescholten ist, ausgenommen der Geistliche. D o c h m u ß derjenige, der hier kein G r u n d e i g e n t u m 1 hat, Bürgen f ü r des Richters Gewette u n d f ü r die Buße setzen, sobald er sie verwirkt 2 hat, aber nicht eher. W o der M a n n Recht fordert, da soll er Recht pflegen und helfen. Kapitel LXI. Kein Kläger b r a u c h t Bürgen zu stellen, ehe f ü r die Klage ein Gerichtstag angesetzt 3 wird. W e r keinen Bürgen stellen kann und d o r t auch kein G r u n d e i g e n t u m hat, den soll der Fronbote 4 verwahren, wenn er wegen (schwerer) Missetat klagt oder die Klage deswegen gegen ihn geht. W e n ein M a n n zum Vorsprecher g e n o m m e n hat, der m u ß f ü r ihn das W o r t bei jeder Klage nehmen, die ein anderer gegen ihn erhebt o d e r die er selbst zu erheben hat, solange er ihm (dem M a n n ) nicht zu Recht g e n o m m e n wird oder sich nicht einer von dem anderen lossagt. Kapitel LXII. M a n soll niemanden zu irgendeiner Klage zwingen, die er nicht bereits vor dem Richter erhoben 5 hat. D e n n jeder darf seinen Schaden verschweigen, solange er will. Erhebt er aber das Gerüfte, so m u ß er dies auch dem Recht entsprechend d u r c h f ü h ren, denn das G e r ü f t e ist bereits der Klage Beginn. W e r sein Schwert (in der Absicht) zieht 6 , um einem anderen M a n n zu schaden, dessen Schwert g e h ö r t dem Richter. N u r wegen des bloßen Gerüftes zahlt ein M a n n drei Schillinge Gewette, wenn man ihm nicht dem Recht entsprechend folgt. Führt 7 er (der Kläger) seine Klage nach Recht ohne Zweikampf durch u n d entzieht sich jener (der Angeklagte) d u r c h seinen U n s c h u l d seid, so bleibt er (der Kläger) o h n e weiteren Schaden, es sei denn, er habe den anderen (den Beklagten) z u m Zweikampf herausgefordert. Kennt er (der Kläger) den N a m e n des Friedebrechers nicht, so soll er ihn u n b e n a n n t anklagen.

1 erbe st.N., hier im Sinne von ,Grundeigentum 4 ; 2 verheeren, verboren sw.V. .belasten, verwirken'; 3 getait Part. Prät., zu tagen sw.V. ,einen Gerichtstag anberaumen, auf einen bestimmten T a g berufen'; 4 vröne st.M. ,Fronbote', wörtl. ,der Bevollmächtigte, Stellvertreter des Herrn'; 5 begonst Part. Prät. zu beginnen st.sw.V.,anfangen, beginnen, erheben'; 6 zuit, ziut 3. Sg. Präs. zu ziehen st.V. .ziehen'; 7 volvordern sw.V. ,eine Klage vor Gericht zu Ende führen*.

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1. (Ldr. I 61 §3): Der vor dem Richter kniende Vorsprecher (braune Beinkleider) deutet auf seine Lippen und gibt sich dadurch als der stammernde man, der sich versprochen hat, zu erkennen. Daß er den grün-rot geschrägten Rock des Vorsprechers trägt, zeigt, daß der Illustrator ihm, dem Text entsprechend, nicht grundsätzlich die Möglichkeit zur Ausübung dieses Amtes abspricht (vgl. dagegen Dsp. 83§1). Im dargestellten Fall gestattet der Richter der zwischen den Vorsprechern stehenden Person, mit eime andern vorsprechen (blaue Strümpfe), den diese hinter sich mit Griff an das Handgelenk ins Bild holt, erneut vorzutreten. 2. (Ldr. I 61 §4): Der durch seine Amtstracht (weißes Kleid mit grün-roten Streifen) und dem Amtsattribut (Peitsche) kenntliche Fronbote drängt mit seiner rechten H a n d den Pfaffen (Tonsur und bis ans Fußgelenk herabfallender, einfarbig grüner Talar) aus dem Gericht heraus, da dieser nicht Vorsprecher sein kann. Der Fronbote sieht sich nach dem Richter um, der ihm die Anweisung (Handgebärde) gibt, eine andere Person herbeizuholen, wahrscheinlich den Bürgen, den grundsätzlich jeder Vorsprecher setzen muß, um dem Richter Buße und Gewette zu garantieren. Auffallend ist, daß der Fronbote im Text nicht erwähnt wird, der Illustrator ihn aber dennoch in das Bild aufnimmt, wohl deshalb, weil er die Aufgabe des Vorladens übernehmen mußte. Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 129. 3. (Ldr. I 61 §5 - 62§§1,2): Vor dem thronenden Richter kauert der Beklagte (in Ο kniet er). Der Mann am Bildaußenrand gibt sich durch das geschulterte Schwert als Urheber des Gerüftes und damit als Kläger zu erkennen, denn das gerufte is der clage begin. Der andere Mann weigert sich mit Ablehnungsgestus der linken Hand zu klagen und beruft sich auf sein Recht, seinen Schaden zu verschweigen, wi lange he wil. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Scheele, Delikte, S. 238. 4. (Ldr. I 62§2): Im Zentrum des Bildes steht der Fronbote und beschlagnahmt die Schwerter der beiden Streitenden, die sich links und rechts neben ihm gegenüberstehen. Da durch die Schwerter noch niemand zu Schaden gekommen ist, sondern diese lediglich in der Absicht, Schaden zuzufügen, gezogen worden sind, gehen die Streitenden straffrei aus, was durch die Tücher in ihren H ä n den verdeutlicht wird, ähnlich wie ein Tuch in der H a n d eines in Notwehr handelnden Mannes dessen Straffreiheit symbolisiert (vgl. v. Amira). Im dazugehörigen Text wird der Fronbote nicht genannt. Diese Feststellung paßt zu der Darstellungsweise des Illustrators, der sich in seinen Bildern nicht immer genau an den Text hält, sondern auch seine Erfahrungen und Kenntnisse aus dem Rechtsleben in die Darstellungen mit eingebracht hat. Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 118f 5. (Ldr. I 62§3): Ein Mann in rotem Umhang (Mantel) zahlt dem rechts sitzenden Grafen (mit unter dem linken Arm gehaltenen Gerichtsschwert, in Ο rechts geschultert) das fällige Gewette in H ö h e von 3 Schillingen, weil er zwar die Klage umme blos gerufte erhoben, diese aber nicht weiterverfolgt hat (vgl. Ldr. I 62§1). Symbolisch reicht der wettende Mann mit seiner linken H a n d dem richterlichen Grafen einen Teil seines Mantels, während er seine Rechte über die auf einem Zahlbrett liegenden 3 Beträge von je 12 Pfennigen hält. Der Graf ergreift mit seiner rechten H a n d den dargereichten Mantel und erkennt so die Zahlung des Gewettes an. Abweichend O: D o r t zeigt der wettende Mann mit seiner Linken auf die 3x12 Pfennige, die hier aber auf keinem Zahlbrett liegen, sondern unterhalb des Mantels des Wettenden wiedergegeben sind.

folio 24 verso Gezüges Jal mä ubir Jechs wochen volkvme des Jich d ' mä vor m e j j i n h a t - o d ' zu hant ab he wil-Jal mä abir eigen gezügen das müs zu h a n t odir zü dem nehijte dinge gejchen · D e r richter Jal vmmer den mä vragen ab he an J"ins vorfprechen w o r t ye · vn Jal vrteil vrage zcwijchen zwier m ä n e rede · vragit he noch Jime mütwille vn nicht noch rechte das en J c h a d e t - n o c h en vromt irme kel Welches Urteils mä von e r j t vraget das Jal mä von e r j t vinden D e r cleg' vn uf den di clage get di m ü j e n wol gejpreche habn vm icliche rede driens · a l j o lange bis Ji d e r vrone bote wider in lade · In allen Jtetin is gerichte · da d e r rieht' mit vrteiln richtet · O f f e n b a r Jal d ' mä vor gerichte nicht Jprechin Jint he v o r j p r e c h e n hat-vragit en ab' rieht' ab he an Jins v o r j p r e c h e w o r t ie · he mag wol Jpreche y o o d ' n e y n - o d ' gejpreches bitten· LXIII· W e r kemplich g r ü j e n wil einen Jinen genos der Jal bitten den richter· das he Jich v n d ' winden m u j e eins Jines vridebrecheres zu rechte · den he da Je · wen im das mit vrteiln ir teilt wirt das he tun m ü j e · J o vrage he w o he Jich Jin vndirwinde Juli e - d a s is im helfinde Ji zü Jime r e c h t e - J o vint man i m - z u rechte gezogentlichen bi Jime h o ü b t l o c h e - W e n he Jich Jin vndir w n d e n h a t - v n d e mit vrlobe g e l a j i n - j o Jal he im kundigen w o r vmme he Jich Jin vndir w n d e n habe · das mag he tun zü hät ab he wil · odir eins gejprechis d a r vmme b i t e n - J o müs he en Jchuldigen das he den

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Gezuges sal man ubir sechs wochen volkumen, des sich der man vormessin hat, o d e r zu hant, ab he wil. Sal man abir eigen gezugen, das mus zu hant odir zu dem nehisten dinge gesehen. D e r richter sal i m m e r den man vragen, ab he an sins vorsprechen w o r t je, u n d e sal urteil vragen zcwischen zwier m a n n e rede. Vragit he noch sime mutwillen u n d e nicht noch rechte, das enschadet noch envromt irme kein. Welches Urteils man von erst vraget, das sal man von erst vinden. Der cleger u n d e uf den di clage get, di musen wol gespreche haben um icliche rede driens, also lange, bis si der vronebote wider inlade. In allen stetin is gerichte, da der richter mit urteiln richtet. O f f e n b a r sal der man vor gerichte nicht sprechin, sint he vorsprechen hat. Vragit en aber der richter, ab he an sins vorsprechen w o r t je, he mag wol sprechen jo oder nein oder gespreches bitten. C.LXIII. W e r kemplich grusen wil einen sinen genos, der sal bitten den richter, das he sich u n d e r w i n d e n muse eins sines vridebrecheres zu rechte, den he da se. W e n im das mit urteiln irteilt wirt, das he tun muse, so vrage he, w o he sich sin undirwinden sulle, das is im helfinde si zu sime rechte. So vint man im zu rechte: gezogentlichen bi sime houbtloche. W e n he sich sin undirw u n d e n hat u n d e mit urlobe gelasin, so sal he im kundigen, w o r u m m e he sich sin u n d i r w u n d e n habe; das mag he tun zu hant, ab he wil, odir eins gesprechis d a r u m m e biten. So mus he en schuldigen, das he den

5 immer Horn., 2 vormessin W D, anewint O, anematet Horn. vmmer WD, iumber O. 10 vraget WD, bedet Ο Horn. 17 der] de O, die Horn., fehlt WD. 24 irteilt WD, irdelt O, gewist Horn. 28 houbtloche WD, houetgate O, hovetgate Horn. 33 biten W D, hebben Ο Horn.

153 Den Zeugenbeweis soll man binnen sechs W o chen erbringen, auf den sich der Mann beruft 1 , oder sofort, wenn er dies will. Soll man aber Grundeigentum beweisen, so muß dies sogleich oder zu dem nächsten Gerichtstermin geschehen. Der Richter soll immer den (vor Gericht stehenden) Mann fragen, ob er seines Vorsprechers W o r t gutheiße und zwischen zweier Männer Rede (Rede der beiden Parteien) das Urteil erfragen. Fragt er nach seinem (eigenen) Gutdünken 2 und nicht, wie es das Recht verlangt, so schadet oder nützt 3 er damit weder dem einen noch dem anderen. Welches Urteil zuerst erbeten wurde, das soll man auch als erstes finden. Der Kläger und der, gegen den die Klage geht, dürfen sich beide wegen jeder Rede dreimal beraten, so lange, bis der Fronbote sie wieder vorlädt 4 . A n allen Orten ist Gericht, w o der Richter mit Urteilen richtet. Öffentlich soll der M a n n v o r Gericht nicht sprechen, solange er einen Vorsprecher hat. Fragt ihn aber der Richter, ob er seines Vorsprechers W o r t bejaht, so darf er ja oder nein sagen oder um eine Beratung 5 bitten. Kapitel LXIIL W e r einen seiner Standesgenossen zum Zweikampf herausfordern möchte, der muß den Richter bitten, daß er sich eines (bestimmten) Friedebrechers, den er da sehe, dem Recht entsprechend, bemächtigen dürfe. W e n n ihm durch Urteil zugesprochen wird, daß er dies tun dürfe, so soll er fragen, w o er sich seiner bemächtigen solle, damit es ihm f ü r sein Recht förderlich sei. So wird man ihm zu Recht befinden: mit Anstand 6 beim Halskragen 7 . W e n n er sich so seiner bemächtigt und ihn darauf mit Erlaubnis wieder losgelassen hat, dann soll er ihm eröffnen 8 , warum er sich seiner bemächtigt hat; das kann er s o f o r t machen, wenn er will, oder eine Beratung darüber halten. Dann muß er ihn anklagen, daß er den

1 vermezzen st.V. r e f l . ,sich a n h e i s c h i g m a c h e n , a n m a ß e n ' , hier ,sich b e r u f e n ' ; 2 mütwille s w . M . ,der eigene, f r e i e W i l l e , G u t d ü n k e n ' ; 3 vromen sw.V. .nützen, f ö r d e r l i c h sein, f r o m m e n ' ; 4 inladen sw.st.V. .einladen, vor l a d e n , v o r f o r d e r n ' ; 5 gesprceche, gespreche st.N. . B e s p r e c h u n g , U n t e r r e d u n g , B e r a t u n g ' ; 6 gezogentliche(n) A d v . . a n s t ä n d i g , fein g e b i l d e t ' ; 7 houbtloch st.N. .der o b e r e A u s s c h n i t t eines G e w a n d e s , d u r c h d e n d e r K o p f g e s t e c k t wird, Halskragen'; 8 kundigen, kündigen sw.V. . v e r k ü n d i g e n , e r ö f f n e n , darlegen'.

folio 24 verso 1. ( L d r . I 6 2 § 6 ) : Ein M a n n in r o t - b e i g e q u a d r i e r t e m R o c k u n d b l a u e n B e i n k l e i d e r n legt d u r c h Eid ( S c h w u r f i n g e r g e b ä r d e d e r rechten H a n d ) auf d a s R e l i q u i a r Z e u g n i s a b . M i t h i n w e i s e n d e r G e b ä r d e s e i n e r rechten H a n d w e i s t d e r richterliche Graf (in Ο mit rechts g e s c h u l t e r t e m G e r i c h t s s c h w e r t ) auf d i e a u c h im T e x t g e n a n n t e Frist f ü r den S c h w u r t e r m i n , die d u r c h d i e ü b e r d e m R e l i q u i a r s t e h e n d e Z a h l IIIIII a u s g e d r ü c k t ist ( f e h l t in O ) . 2. ( L d r . I 6 2 § 9 ) : Eine d e r P a r t e i e n - ob es sich bei d e r F i g u r in d e r M i t t e d e r Bildzeile u m d e n K l ä g e r o d e r u m d e n B e k l a g t e n h a n delt, ist d e m Bild nicht z u e n t n e h m e n - h a t sich links im Bild m i t E r l a u b n i s d e s R i c h t e r s mit d r e i (in Ο mit f ü n f ) P e r s o n e n z u m gespreche, d.h. z u r B e r a t u n g , z u r ü c k g e z o g e n . R e c h t s f o r d e r t d e r R i c h t e r m i t R e d e g e s t u s d e n Fronboten ( P e i t s c h e u n d A m t s k l e i d u n g ) auf, sie w i e d e r v o r z u l a d e n . Eine T e x t - B i l d - R e l a t i o n ü b e r d e n B i l d b u c h s t a b e n W l ä ß t sich nicht herstellen. Hüpper, Funktionstypen, S. 245. 3. ( L d r . I 6 2 § 1 1 ) : V o r d e m t h r o n e n d e n G r a f e n (in Ο m i t links g e s c h u l t e r t e m G e r i c h t s s c h w e r t ) steht ein M a n n in b l a u e m G e w a n d u n d roten B e i n k l e i d e r n ( i d e n t i s c h e K l e i d u n g w i e d e r K l ä g e r / B e k l a g t e in B i l d z e i l e 2) k o r r e k t h i n t e r seinem V o r s p r e c h e r , weil d i e ser b e i m G e r i c h t vortritt, d.h. f ü r d e n M a n n sprechen soll. M i t R e d e g e b ä r d e f ü h r t d e r V o r s p r e c h e r das W o r t . D a g e g e n hält d e r M a n n s y m b o l i s c h seine r e c h t e H a n d v o r seinen M u n d , weil e r offenbar vor G e r i c h t nicht s p r e c h e n d a r f . Auf d i e F r a g e d e s Richters, ob er seinem V o r s p r e c h e r z u s t i m m t , d a r f e r mit J a o d e r Nein a n t w o r t e n b z w . u m gespreche, d.h. u m B e r a t u n g a u ß e r h a l b des G e richts, bitten. A b w e i c h e n d d i e D a r s t e l l u n g in O : Z u m Zeichen, d a ß er d a s W o r t d e s V o r s p r e c h e r s bestätigt, f a ß t d e r M a n n d e n V o r s p r e c h e r h i e r mit seiner L i n k e n an dessen rechte S c h u l t e r . D i e s e G e b ä r d e ist in W u n d D n u r n o c h a n g e d e u t e t , i n d e m d e r M a n n seine L i n k e lediglich v o r s t r e c k t . Hüpper, Funktionstypen, S. 244f. 4. ( L d r . I 6 3 § 1): D a r g e s t e l l t ist d e r Beginn d e r K a m p f e s k l a g e w e g e n F r i e d e b r u c h s . Im B i l d z e n t r u m steht d e r K l ä g e r ( b l a u e r R o c k , r o t e B e i n s t r ü m p f e ) u n d versucht, sich d e s B e k l a g t e n zu b e m ä c h t i gen, i n d e m e r ihn mit s e i n e r rechten H a n d an seinem H a l s a u s schnitt e r g r e i f t . G l e i c h z e i t i g s c h a u t sich d e r K l ä g e r f r a g e n d nach d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n R i c h t e r (in Ο z u s ä t z l i c h mit G e r i c h t s s c h w e r t auf seinen K n i e n ) u m . O f f e n b a r g i b t d e r R i c h t e r mit e i n f a c h e r ( R e d e - ) G e b ä r d e seine E i n w i l l i g u n g d a z u , d a ß d e r K l ä g e r d e n B e k l a g t e n w i e d e r loslassen d a r f , u m z u e r l ä u t e r n , w e s halb er sich dessen b e m ä c h t i g t hat. Hüpper, Funktionstypen, S. 246.

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folio 25 recto

vride an im gebrochen habe · enzwedir uf des kuniges JtraJe oder indem d o r f e - w o he en gebrochen habe alje clage he uf en· So Jchuldige he en· abir das he en gewn dit habe·vnde di not an im getan di he wol bewijen miige-Jo Jal he wijen di wnde odir di narwe ab Ji heil is · So clage he vor bas · das he en beroübit habe /ins gu= tis-vnde des genvme Jo vil das is nich' ergir en Ji · is en Ji wol kamph w'dig · dije dri vngerichte Jal he zü male clage-welchs he vor Jwigit-Jo hat he Jine kamph vor lorn • So Jpreche he vor bas · da Jach ich Jel be en Jelber vn bejchriete en mit dem geruf te-wil he des bekenne das is mr lip-vn bekennet hes nicht-ich wil is en beredin mit alle dem rechte das mir das lant volg irteilt-odir die Jchephin ab is vndir kvniges banne is-So bite iener der gewere· di Jal man im tun · doch müs der man Jine clage wol b e j j e r n - v o r der gewere-wen= ne di gewere getan is · Jo bütit iener Jine vnjchult-das is ein eit vnde ein echt kamph ab he en zü rechte gegrüjit hat-vnde ab is aljo is ich meine ab hes vor lemde den kamph vol brengen mag-Ein iclich man mag kamphes weigern deme der wers geborn is-wen he-der abir bas geborn is • den en kan der wers geborne nich 1 vor legen mit der bejjern g e b ü r t a b he en an Jpricht · kamphes mag ein man wol weigern ab mä en grüjit noch mittageis en were er begonjt • der richter Jal ouch

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vride an im gebrochen habe, enzwedir uf des kuniges strase oder in dem dorfe. W o he en gebrochen habe, alse clage he uf en. So schuldige he en abir, das he en gewundit habe unde di not an im getan, di he wol bewisen muge. So sal he wisen di wunde odir di narwe, ab si heil is. So clage he vor bas, das he en beroubit habe sins gutis unde des genumen so vil, das is nicht ergir ensi, is ensi wol kamphwerdig. Dise dri ungerichte sal he zu male clagen. Weichs he vorswigit, so hat he sinen kamph vorlorn. So spreche he vor bas: D a sach ich selbe en selber unde beschriete en mit dem gerufte. Wil he des bekennen, das is m i r lip. U n d e bekennet hes nicht, ich wil-is en beredin mit alle dem rechte, das mir das lantvolg irteilt odir die schephin, ab is undir kuniges banne is. So bite iener der gewere, di sal man im tun. Doch mus der man sine clage wol bessern vor der gewere. Wenne di gewere getan is, so butit iener sine unschult, das is ein eit unde ein echt kamph, ab he en zu rechte gegrusit hat unde ab is also is, ich meine, ab hes vor lemde den kamph volbrengen mag. Ein iclich man mag kamphes weigern deme, der wers geborn is. Wen he der abir bas geborn is, den enkan der wers geborne nicht vorlegen mit der bessern geburt, ab he en anspricht. Kamphes mag ein man wol weigern, ab man en grusit noch mittage, is enwere er begonst. Der richter sal ouch

2 W o WD,

to weliker wis Ο, to swelker wis Horn.

D, vndurer O, undürer Horn.

9/10 ergir W

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Frieden ihm gegenüber gebrochen habe, entweder auf des Königs Straße oder in dem D o r f . Auf welche Weise er ihn (den Frieden) gebrochen hat, auf diese Weise soll er (der Kläger) gegen ihn (den Friedebrecher) klagen. So beschuldige er ihn abermals, daß er ihn verwundet und ihm Gewalt angetan habe, die er beweisen könne. So soll er die Wunde vorweisen oder die Narbe, wenn sie (die Wunde) bereits verheilt ist. D a n n klage er weiter 1 , daß er ihn seines Gutes beraubt oder davon soviel genommen habe, daß es nicht unbillig 2 sei, wenn es deswegen zum Zweikampf komme. Wegen dieser drei (schweren) Verbrechen soll er auf einmal klagen. Sofern er dabei (eines von ihnen) verschweigt, so hat er seinen Kampf daran verloren. So spreche er weiterhin: „Dort habe ich selbst eben denselben gesehen und mit dem Gerüfte beschrien. Will er dies zugeben, so soll es mir lieb sein. Und wenn er sich nicht dazu bekennt, so will ich ihn überführen mit all dem Recht, das mir das Landvolk 3 zuerkennt 4 oder die Schöffen 5 , wenn es (das Gericht) unter des Königs Bann (tagt)". Dann bitte jener (der Beklagte) um Gewährschaft, die man ihm leisten soll. Doch kann der Mann (Kläger) vor der Gewährleistung seine Klage verbessern 6 . Wenn die Gewährschaft ausgesprochen worden ist, so bietet jener (der Beklagte) seine(n) Unschuld(sbeweis) an, das ist ein Eid und ein gerichtlicher Zweikampf, wenn der Kläger ihn zu Recht dazu aufgefordert hat und wenn es so ist, wie ich meine, wenn er (der Kläger) ihn (den Zweikampf) trotz seiner körperlichen Verletzung 7 ausfechten kann. Jeder Mann kann den Zweikampf demjenigen verwehren, der von geringerer 8 Geburt (Stand) ist. Wer aber von höherer Geburt ist, den kann der niedriger Geborene wegen dessen höherer Geburt nicht zurückweisen, wenn er ihn zum Kampf herausfordert. Den Zweikampf kann auch derjenige verweigern, der erst nach Mittag dazu aufgefordert wird, es sei denn damit eher begonnen worden. Der Richter soll auch

1 vorbaz, vürbaz Adv. .weiter, f e r n e r ' ; 2 erger K o m p . , zu m h d . arc A d j . ,arg, n i c h t s w ü r d i g , schlecht, böse*; 3 lantvolc st.N. ,Einw o h n e r s c h a f t eines Landes', d.h. die g a n z e G e r i c h t s g e m e i n d e ; 4 erteilen s w . V . , z u s p r e c h e n , erteilen, z u e r k e n n e n ' ; 5 schephe s w . M . , b e i s i t z e n d e r U r t e i l s s p r e c h e r , S c h ö f f e ' ; 6 bezzern sw.V. .bessern, vergüten, entschädigen'; 7 lemde st.F. . L ä h m u n g , g e l ä h m t e s Glied'; 8 wers K o m p . , z u m d . ubel(e) A d v . ,übel, schlimm, schlecht, niedrig, wenig'; 9 baz Adv. ,besser, m e h r ' .

folio 25 recto

1. (Ldr. I 63§1): D e r Beklagte in g r ü n - b e i g e m G e w a n d (in v o r g e b e u g t e r H a l t u n g ; a n d e r s in O , w o er a u f r e c h t steht) f ü g t d e m Kläger in blau c h a n g i e r e n d e m R o c k (in i d e n t i s c h e r F a r b g e b u n g d e r Kleider wie in W fol. 24v4) einen S c h w e r t h i e b am r e c h t e n Bein zu. D a m i t wird a m Beispiel d e r K ö r p e r v e r l e t z u n g d e r F r i e d e b r u c h d u r c h ein U n g e r i c h t v e r a n s c h a u l i c h t . Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83; Scheele, Delikte, S. 153f 2. (Ldr. I 63§1): V o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r (mit R e d e g e s t u s ) in Ο mit G e r i c h t s s c h w e r t u n d A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e r linken H a n d - s t e h t d e r K l ä g e r in blau c h a n g i e r e n d e m R o c k in leicht v o r g e b e u g t e r H a l t u n g u n d d e u t e t d e m T e x t e n t s p r e c h e n d so sal he wisen di wunde odirdi narwe, ab si heil is mit d e m r e c h t e n Z e i g e f i n g e r auf die i h m am e r h o b e n e n , v o r g e s t r e c k t e n linken Bein (mit h e r u n t e r g e l a s s e n e m S t r u m p f ) z u g e f ü g t e W u n d e o d e r N a r b e (leibliche Beweisung), w e g e n d e r e r er klagt. E t w a s a n d e r s ist die D a r s t e l l u n g in O : D e r K l ä g e r (mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e r r e c h t e n H a n d ) s t e h t auf eine K r ü c k e g e s t ü t z t v o r d e m R i c h t e r u n d setzt das a n g e w i n k e l t e Bein auf einen Stein. M i t F i n g e r z e i g seiner linken H a n d weist e r auf seine W u n d e . Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83; Scheele, Delikte, S. 207. 3. (Ldr. I 63§ 1): D e r K l ä g e r wird g e w a l t s a m von d e m Beklagten (der in i d e n t i s c h e r F a r b g e b u n g seiner K l e i d e r wie in W fol. 24v4 u n d W fol. 2 5 r l d a r g e s t e l l t ist) seiner G e w ä n d e r b e r a u b t , i n d e m d e r Beklagte d e n K l ä g e r bis auf die B r u c h e völlig e n t k l e i d e t , so d a ß soviel d e s G u t e s g e n o m m e n ist, das is nicht ergir ensi, is ensi wol kamphwerdig. A n h a n d dieses Beispiels w i r d d e r F r i e d e n s b r u c h d u r c h V e r l e t z u n g an Leib u n d G u t v e r a n s c h a u l i c h t , u n d z w a r d u r c h d a s U n g e r i c h t des g e w a l t s a m e n R a u b e s . Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83. 4. (Ldr. I 63§2): Im vierten Bildstreifen w e r d e n zeitlich u n t e r schiedliche S t u f e n d e s V e r f a h r e n s d e r K a m p f k l a g e w e g e n Fried e n s b r u c h s z u s a m m e n g e f a ß t . Z u d e n Seiten des im B i l d z e n t r u m t h r o n e n d e n R i c h t e r s s t e h e n sich K l ä g e r (rechts) u n d Beklagter (links) mit je drei w e i t e r e n P e r s o n e n g e g e n ü b e r . I n d e r r e c h t e n R e i h e h a n d e l t es sich bei d e r ersten F i g u r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r im blau c h a n g i e r e n d e n G e w a n d u m d e n K l ä g e r . D i e s e r b e s c h u l d i g t mit F i n g e r z e i g seiner linken H a n d d e n in d e r linken R e i h e u n m i t telbar vor d e m R i c h t e r s t e h e n d e n B e k l a g t e n im g r ü n - b e i g e n R o c k w e g e n F r i e d e b r u c h s . D a r a n schließt sich auf e i n e r zeitlich späteren S t u f e das B e w e i s a n e r b i e t e n des K l ä g e r s an, d e r mit seiner r e c h ten H a n d auf die n e b e n ihm s t e h e n d e n drei P e r s o n e n weist, die das K l a g e g e s c h r e i b e z e u g e n sollen. Aus diesem G r u n d w e n d e t sich a u c h d e r R i c h t e r d e n S c h r e i m a n n e n z u . D i e sich in d e r linken R e i h e n e b e n d e m Beklagten b e f i n d l i c h e n drei w e i t e r e n S c h r e i m a n n e n stehen stellvertretend f ü r die g a n z e G e r i c h t s g e m e i n d e . Auf ein e r e r n e u t zeitlich s p ä t e r e n S t u f e f o r d e r t d e r Beklagte die K l a g e g e w ä h r u n d schließt mit d e r e n L e i s t u n g jede s p ä t e r e V e r b e s s e r u n g aus. Hüpper,

Funktionstypen,

S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren,

S. 79, 83.

5 / 6 . (Ldr. 63§3): D e r g e s a m t e Bildstreifen gilt drei Fällen, die zu einer A b l e h n u n g b z w . V e r w e i g e r u n g des Z w e i k a m p f e s f ü h r e n k ö n n e n . V o r d e m in d e r Bildmitte s i t z e n d e n R i c h t e r stehen rechts die k l a g e n d e n u n d links die b e k l a g t e n P e r s o n e n . D u r c h G e b ä r d e u n d K ö r p e r h a l t u n g ist d e r R i c h t e r d e n b e k l a g t e n P a r t e i e n z u g e wandt. a) D e r b e k l a g t e F r i e d e n s b r e c h e r a m linken B i l d r a n d (im g r ü n - b e i g e n R o c k ) ist von e i n e m wers geborn M a n n im r o t - g r ü n g e s t r e i f t e n R o c k z u m Z w e i k a m p f h e r a u s g e f o r d e r t w o r d e n . Aus d i e s e m G r u n d b ü c k t sich d e r K l ä g e r n a c h d e n am B o d e n v o r ihm l i e g e n d e n W a f f e n (Schild u n d Schwert). D i e U n e b e n b ü r t i g k e i t des n i e d r i g e r G e b o r e n e n w i r d v o m I l l u s t r a t o r d u r c h dessen v e r w a c h s e n e n R ü c k e n (fehlt in O ) a u s g e d r ü c k t . O f f e n b a r verweigert d e r Beklagte das K a m p f a n g e b o t , i n d e m er m i t seiner L i n k e n zu B o d e n zeigt, u m so a n z u d e u t e n , d a ß d e r K l ä g e r von n i e d r i g e r e m S t a n d ist (v. A m i r a ) . b) D e r K l ä g e r in r o t e m R o c k u n d g r ü n e n S t r ü m p f e n u n m i t t e l b a r v o r d e m R i c h t e r (nach v. A m i r a aus k o m p o s i t o r i s c h e n G r ü n d e n in d e r linken Bildhälfte dargestellt) ist von h ö h e r e m S t a n d - d a h e r g r ö ß e r g e z e i c h n e t - als sein H e r a u s f o r d e r e r , d e r z w e i t e n F i g u r v o n r e c h t s im r o t e n G e w a n d . Seine h ö h e r e G e b u r t b e r e c h t i g t ihn d a z u , die K a m p f f o r d e r u n g v o r d e m R i c h t e r a b z u l e h n e n . D i e B e d e u t u n g des D o l c h e s am G ü r t e l des Klägers ist an d i e s e r Stelle u n g e klärt. c) N u r a u s d e m T e x t e r g i b t sich, d a ß d e r Beklagte im blau c h a n g i e r e n d e n G e w a n d links d e n Z w e i k a m p f verweigert, weil er erst n a c h M i t t a g d a z u a u f g e f o r d e r t w o r d e n ist. D e r K l ä g e r im r o t b l a u e n G e w a n d zeigt n a c h v. A m i r a mit seiner linken H a n d auf Schild u n d Schwert, d a er d e n Beklagten k ä m p f l i c h a n s p r e c h e n will. D i e in R o t g e k e i d e t e F i g u r links n e b e n d e m B e k l a g t e n ist mit diesem z u s a m m e n zu sehen. U r s p r ü n g l i c h k ö n n t e es sich hier u m eine D o p p e l f i g u r g e h a n d e l t h a b e n , die an die Stelle einer F i g u r mit zwei O b e r k ö r p e r n g e t r e t e n ist (v. A m i r a ) . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83, 87; Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 199.

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p h l e g e n eins Jchildes vnde eins Jwertis d e m e den m a n d a Jchuldigit ab hes bedarf K ä phes m a g oüch ein m a n J i m e m a g e bew e r i n · ab Jye beide Jine m a g e Jin · a l j o das hes Jelb J i b e n d e gewere uf d e n heiligen · da s Ji a I/o nae m a g e Jin das Ji d u r c h recht nicht zu J a m n e vechten Juln · D e r rich= ter Jal z w e n e b o t e n gebfi ir iclichem did a vechtin J u l n · das Ji Jeen das m a n Ji ge= re n o c h rechtir g e w o n h e i t · ledir vn linl d i n g m ö g e Ji an tun · a l j o vil als Ji w o l l e n - h o u b t v n d e v u e z e · v o r n e J u l n enblo s Jin an den h e n d e en Juln Ji nicht w e n n e d ü n n e h a n c z c h e n habfi · ein blos J w e r t inder h a n t - ν ή eins v m m e g e g ü r t o d e r zwei · das Jtet an irre k o r e einen Jineweln Jchilt inder a n d i r n h a n t d a nicht w e n e h o l c z vnde ledir inne J i e - a n e di pukele di m ü s w o l y j e r i n Jin · einen r o k a n e er= mele vb' d e r g a r e · Vride Jal m ä d e m krei= ze gebiten bi d e h a l j e · das Ji nimät en ir= re an irme k a m p h e · Ir iclichem Jal d e r rieht' eine m ä gebn d' Jine b o ü m trage • di en Juln Ji nichtes irren • w e ab ir ein vell i t - d a s h e de b o ü m v n d ' J t o z e - o d ' ab h e gew n d ' w i r t - o d ' des b o ü m e s g e r t - d e s Jelbn en m ü s he nich' tvn • he en h a b e s vrlop vö d e richt'e · n o c h d e m e das d e m e k r e i j e vri= de g e b o t ! - i s J o J u l n Ji des k r e i j e s z ü rechte g e r n d e Jal en d ' rieht' i r l o y b e - o r t b a n t vö de J w ' t J c h e i d e J u l n Ji ab b r e c h e - J i en habes d e n e vrlop vö d e m e r i c h t ' e - U o r d e rieht' J u l n Ji beide geg'wit ge · vn J w e r n · d ' eine d a ' di J c h u l t w a r Ji · d a h e en v m m e beclait

s

10

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20

2>

3o

p h l e g e n eins schildes u n d e eins swertis deme, den m a n d a schuldigit, ab hes b e d a r f . K a m p h e s m a g o u c h ein m a n sime m a g e bewerin, ab sie beide m a g e sin, also das hes selb sibende gewere uf d e n heiligen, das si also nae mage sin, das si d u r c h recht nicht zu s a m n e vechten suln. D e r richter sal z w e n e b o t e n geben ir iclichem, di d a vechtin suln, das si seen, das m a n si gere n o c h rechtir g e w o n h e i t . Ledir u n d e linin d i n g m u g e n si a n t u n , also vil, als si w o l len. H o u b t u n d e vueze v o r n e suln en blos sin, an d e n h e n d e n ensuln si nicht w e n n e d ü n n e h a n c z c h e n haben; ein blos swert in d e r hant, u n d e eins u m m e g e g u r t o d e r zwei, das stet an irre kore; einen sineweln schilt in d e r a n d i r n hant, d a nicht w e n n e h o l c z u n d e ledir inne sie, ane di pukele, di m u s wol iserin sin; einen r o k ane ermele ü b e r der gare. Yride sal m a n dem kreize gebiten bi d e m e halse, das si n i m a n t enirre an irme k a m p h e . Ir iclichem sal d e r richter einen m a n geben, d e r sinen b o u m trage. D i ensuln si nichtes irren, w e n abir ein vellit, das he den b o u m u n d e r s t o z e o d e r ab he gew u n d e t wirt o d e r des b o u m e s gert. D e s selbn e n m u s he nicht tun, he e n h a b e s u r l o p von d e m e richtere. N o c h deme, das d e m e kreise vride g e b o t i n is, so suln si des kreises z u rechte gern, den sal en d e r richter irloiben. O r t b a n t von den swertscheiden suln si abbrechen, si e n h a b e n s d e n n e u r l o p von d e m e richtere. V o r d e m e richter suln si beide gegerwit gen u n d e swern, d e r eine, das di schult w a r si, d a he en u m m e beclait

3 sime WD, sine O, sinen Horn. 4 nach beide] sine WD, ofte se beyde maghe sin O. 20/21 kreize W D, warue O, warve Horn. 26 gert W D, biddet O, bedet Horn. 28 kreise W D, warue O, warve Horn. 29 kreises WD, warues O, warves Horn. 30 O r t banc W ί), Ortyseren O, Ortiserne Horn.

757 demjenigen, den man beschuldigt, einen Schild und ein Schwert stellen, wenn er dessen bedarf. Den Zweikampf kann ferner ein Mann seinem Verwandten verweigern 1 , wenn sie beide Verwandte sind und wenn er dies selbsiebt auf die Reliquien beschwört, daß sie also so nahe Verwandte sind, daß sie von Rechts wegen nicht gegeneinander fechten sollen. Der Richter soll jedem von ihnen, die da fechten sollen, zwei Bevollmächtigte beigeben, die darauf zu achten haben, daß man sie nach rechter Gewohnheit 2 rüste 3 . Leder und Leinen dürfen sie anlegen, soviel sie nur wollen. Kopf und Füße sind nach vorne hin bloß, und an den Händen sollen sie nur dünne H a n d schuhe tragen; ein blankes Schwert in der H a n d und eines oder zwei umgegürtet, das steht ganz in ihrer Wahl; einen runden 4 Schild in der anderen Hand, an dem nur H o l z und Leder sein darf, ausgenommen der Buckel 5 , der aus Eisen sein darf; einen ärmellosen Rock über der Rüstung 6 . Dem Kampfplatz 7 soll man Friede gebieten bei Todesstrafe 8 , damit sie niemand bei ihrem Zweikampf störe. Jedem von ihnen soll der Richter einen Mann beigeben, der seine Stange' trage. Diese (Männer) sollen sie (die Kämpfer) in nichts behindern, außer es fällt einer (der Kämpfer), daß er (der Bevollmächtigte) die Stange dazwischen steckt oder wenn einer verwundet wird oder um die Stange bittet 10 . Doch darf er dies nicht tun, wenn er nicht die (ausdrückliche) Erlaubnis des Richters dazu hat. Nachdem dem Kampfplatz Friede geboten ist, sollen sie (die Kämpfer) den Kampfplatz zu Recht begehren. Den (Kampfplatz) soll ihnen dann der Richter mit seiner Erlaubnis überlassen. Die Eisenspitzen 11 sollen sie von den Schwertscheiden brechen, sofern sie denn die Erlaubnis von dem Richter haben. Beide sollen gerüstet vor den Richter treten und schwören - der eine, daß die Anschuldigung zu Recht bestehe, um die er ihn (den Beklagten) angeklagt

1 bewern sw.V. .verwehren, verweigern, h i n d e r n ' ; 2 gewonheit s t . F . , G e w o h n h e i t , g e w o h n t e Lebensweise', hier im Sinne von ,alter Tradition, Rechtsgewohnheit'; 3 geren, gerwen sw.V. refl. ,sich bereiten, r ü s t e n , a u s r ü s t e n , kleiden'; 4 sinewel A d j . ,rund, k u g e l r u n d , k r e i s f ö r m i g o d e r oval g e w ö l b t ' ; 5 puckel, bucket st.sw.F. s t . M . . h a l b r u n d e r h a b e n e r M e t a l l b e s c h l a g in d e r M i t t e des Schildes'; 6 gare st.F. »Kleidung, R ü s t u n g ' ; 7 kreiz st.M. ,Kreislinie, U m k r e i s ' , hier , d e r e i n g e h e g t e K a m p f p l a t z ' ; 8 bi deme halse ,bei S t r a f e des H ä n g e n s , bei T o d e s s t r a f e ' ; 9 bourn st. M . ,Baum, Stock, S t a n g e ' ; 10 gern sw.V. »begehren, verlangen, bitten u m etwas'; 11 ortbant st.N. ,eisernes B a n d an d e r Spitze d e r S c h w e r t scheide'.

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1. (Ldr. I 63§3): V o r d e m R i c h t e r ( G r a f e n ) sind z w e i M ä n n e r in blau c h a n g i e r e n d e m R o c k u n d r o t e n S t r ü m p f e n erschienen, die mit ihrer A u s r ü s t u n g , Buckelschild u n d S c h w e r t , a n z e i g e n , d a ß sie zu e i n e m gerichtlichen Z w e i k a m p f a n t r e t e n w o l l e n . Ein d r i t t e r M a n n , e b e n f a l l s mit b l a u e m O b e r k l e i d u n d r o t e n S t r ü m p f e n (mit d e n K ä m p f e r n verwandt?), s c h w ö r t mit sechs a n d e r e n M ä n n e r n , also selbsiebt, auf ein Reliquiar, d a ß die b e i d e n K o n t r a h e n t e n verw a n d t sind ( K l e i d u n g ) u n d d a r u m nicht g e g e n e i n a n d e r k ä m p f e n dürfen. Hüpper, Funktionstypen, S. 246/.; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83, 87; Lade-Messerschmied, articuli reprohati, S. 199. 2. (Ldr. I 63§4): D i e K ä m p f e r w e r d e n f ü r d e n Z w e i k a m p f v o r G e richt eingekleidet. V o r d e n s i t z e n d e n K ä m p f e r n in blau c h a n g i e r e n d e n O b e r g e w ä n d e r n (vgl. Bildzeile 1: D o r t zeigt die gleiche K l e i d u n g j e d o c h V e r w a n d t s c h a f t an, die einen Z w e i k a m p f verbietet) knien ihre H e l f e r (im T e x t nicht e r w ä h n t ) u n d h e l f e n i h n e n b e i m A n l e g e n d e r g r ü n e n B e i n k l e i d u n g , die - n i c h t k o r r e k t - auch die F ü ß e b e d e c k t . W ä h r e n d die H e l f e r , wie die K ä m p f e r , in ein blaues O b e r g e w a n d g e k l e i d e t sind, tragen die b e i d e n B o t e n , die d e r R i c h t e r j e d e r P a r t e i z u g e t e i l t hat, jeweils einen r o t e n u n d einen grünen Rock. Hüpper, Funktionstypen, S. 247; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 81, 83; Lade-Messerschmied, articuli reprohati, S. 199; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 223, 225. 3. (Ldr. I 63§4): D e r R i c h t e r in d e r Bildmitte weist auf die rechts u n d links n e b e n ihm s t e h e n d e n M ä n n e r in r o t e m O b e r g e w a n d u n d g r ü n e n S t r ü m p f e n , von d e n e n j e d e r eine lange ( H o l z - ) S t a n g e hält. Sie sind die von ihm abgestellten K a m p f h e l f e r (Boten, vgl. Bildzeile 2), die auf A n w e i s u n g u n d mit E r l a u b n i s des R i c h t e r s d e n Zweikampf unterbrechen oder abbrechen können. Neben jedem K a m p f h e l f e r s t e h t ein Z w e i k ä m p f e r , der, d e r Regel e n t s p r e c h e n d , mit einem Buckelschild u n d zwei S c h w e r t e r n (eines g e g ü r t e t u n d eines in d e r H a n d ) a u s g e r ü s t e t ist. - D e r B u c h s t a b e V s t e h t irrtümlich im Bild. N i c h t k o r r e k t w i e d e r u m die b e d e c k t e n F ü ß e d e r K ä m p f e r ; z u d e m t r ä g t d e r Z w e i k ä m p f e r a m B i l d a u ß e n r a n d die S c h u h e , die d e m K a m p f h e l f e r d e r G e g e n p a r t e i f e h l e n ( k o r r e k t e r O). Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 81, 83; Lade-Messerschmied, articuli reprohati, S. 199; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 223, 225. 4. (Ldr. I 63§4): R e c h t s u n d links vor d e m in d e r Bildmitte sitzend e n R i c h t e r leisten die b e i d e n G e g n e r v o r d e m g e r i c h t l i c h e n Z w e i k a m p f ihren Eid auf die Reliquien: W ä h r e n d sie mit i h r e r S c h w u r h a n d f ü r die Richtigkeit i h r e r B e h a u p t u n g b z w . A u s s a g e e i n t r e t e n , v e r n e i n e n sie mit d e m G e s t u s i h r e r L i n k e n die E i n s a g u n g des K o n t r a h e n t e n . D a ß beide i h r e n E i d gegerwit ableisten m ü s s e n , ist v o m I l l u s t r a t o r n u r u n v o l l s t ä n d i g ins Bild g e s e t z t w o r d e n . Beide sind z w a r mit einem S c h w e r t g e g ü r t e t , es f e h l e n i h n e n a b e r d a s zweite S c h w e r t u n d d e r Buckelschild. A b w e i c h e n d von d e r A u s r ü s t u n g s o r d n u n g t r a g e n beide w i e d e r u m Beinkleider, die a u c h die F ü ß e bed e c k e n (vollständig O ) . Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 81, 83; Lade-Messerschmied, articuli reprohati, S. 199; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 223, 225.

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h a b e d e r a n d ' e d a s he v n j c h u l d i g Ji • das en g o t Jo h e l f e z ü irme k a m p h i - D i J u n n e Jal m ä en g l i c h e teiln w e n Ji e r j t z ü J a m n e g e n · w i r t a b ' h e v o r w n d l u f d e m ä Jprichit · m ä richtet v b ' en • v i c h t e t h e Jige · m ä l e j t en m ' g e w e t t e vii mit b ü j e · D e r c l e g ' Jal v o n e r j t in d e n kreis k u m e ab d ' a n d e r e z ü l a n g e J v m e t · d ' rieht' Jal en l a j e n v o r h e i j c h e d e n v r o n e b o t e n i n d e m e h ü j e d a h e Jich inne g e r w i t v n Jal z w e n e JchephT mite J e n d e n - J ü s Jal m ä en ladin z u d e m a n d i r n v n z u d e drit= ten m a l e · K ü m t he z ü d' dritten l a d ü g e n i c h t v o r d ' c l e g ' Jal u f Jten vn Jich z ü k a m p h e biten v n Jla z w e n e Jlege v n J t e c h e einen Jtich k e g e n d e m w i n d e d a mite h a t he iene v o r w n d i n J o g e t a n e r c l a g e · a l j e he e n an Jprach · v n Jal im d ' richter richte als ab h e v o r w n d i n mit k a m p h e w e r e · Süs Jal m ä o u c h v o r w i n d e eine t o t e LXIIII ab m ä e n an d ü b e o d ' an r o ü b e o d ' in J o g e t a n e d i n g e g e j l a g e h a t · m a g a b ' he d e n t o t e n mit Jiben m ä n e g e z ü g e v o r w i n d e n J o e n d a r f he Jich z ü k a m p h e nich' bite k e g e n en • b ü y t a b ' ein d e s t o t e m a c · w e r he Ji e n v o r z ü Jtene m ' k ä p h e · d ' v o r l e g e t alle g e z ü g w e n J o m a g m a n en ane k a m p h n i c h t g e w i n e h e en Ji d e n n e v o r v e j t - a l j e hi v o r g e j a i t i j t - a l j o v o r w i n t mä den oüch der zu käphe gevangen vn g e g r ü j i t i j t - ν ή g e l o b ' vfi b ü r g e n J e c z t v o r z ü k v m e n e v ü nich· v o r en k v m t z ü r e c h t i n t e d i n g e · W e r lip o d ' h a n t l o j e t das im m 1 r e c h t e v o r teilt is d e r is r e c h t e l o s · ·

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so

habe, d e r a n d e r e , das he u n s c h u l d i g si, das en g o t s o h e l f e z u irme k a m p h i . D i s u n n e sal m a n en g l i c h e teiln, w e n si erst z u s a m n e g e n . W i r t aber h e v o r w u n d i n , u f den m a n sprichit, m a n richtet ü b e r en. V i c h t e t h e sige, m a n lest en mit g e w e t t e u n d e mit buse. D e r cleger sal v o n erst in d e n kreis k u m e n . A b d e r a n d e r e z u l a n g e sumet, d e r richter sal en lasen v o r h e i s c h e n d e n v r o n e n b o t e n in d e m e huse, da he sich inne g e r w i t , u n d e sal z w e n e s c h e p h i n m i t e s e n d e n . Sus sal m a n en ladin z u d e m a n d i r n u n d e z u d e m e dritten m a l e . K u m t h e z u der dritten l a d u n g e nicht v o r , d e r c l e g e r sal u f s t e n u n d e sich z u k a m p h e biten u n d e sla z w e n e s i e g e u n d e steche einen stich k e g e n d e m w i n d e . D a mite hat he ienen v o r w u n d i n so g e t a n e r clage, alse he en ansprach, u n d e sal im d e r richter richten, als ab he v o r w u n d i n mit k a m p h e w e r e . C . L X I I I I . Sus sal m a n o u c h v o r w i n d e n einen toten, ab m a n en an d u b e o d e r an r o u b e o d e r in s o g e t a n e n d i n g e n g e s l a g e n hat. M a g a b e r he d e n t o t e n mit siben m a n n e g e z u g e v o r w i n d e n , s o e n d a r f he sich z u k a m p h e nicht biten k e g e n en. Buit a b e r ein des t o t e n mac, w e r he si, en v o r z u s t e n e mit k a m p h e , d e r v o r l e g e t alle g e z u g . W e n s o m a g m a n en ane k a m p h n i c h t g e w i n n e n , he ensi d e n n e v o r v e s t . A l s e hi v o r gesait ist, also v o r w i n t man den ouch, der zu kamphe gevangen unde g e g r u s i t ist u n d e g e l o b e t u n d e b ü r g e n s e e z t v o r z u k u m e n e , u n d e nicht v o r e n k u m t z u rechtin t e d i n g e n . W e r lip o d e r h a n t loset, das im mit rechte v o r t e i l t is, d e r is r e c h t e l o s .

7 kreis WD, warf Ο Horn, sumet WD, uoretuth O, in irret Horn. 28 gesait W D, gheredet O, geseget Horn. 32 loset W D, ledeghet O, ledeget Horn.

159

habe, der andere, daß er unschuldig sei -, so daß ihnen Gott beistehen möge in ihrem Kampf. Die Sonne soll man ihnen gleichmäßig zuteilen, wenn sie zum ersten Male zusammentreffen. Wird derjenige, gegen den man geklagt hat, besiegt, so richtet man über ihn. Erkämpft er einen Sieg, dann läßt man ihn frei mit Gewette und Buße. Der Kläger soll zuerst in den eingehegten Kampfplatz kommen. Wenn der andere (der Beklagte) zu lange zögert 1 , dann soll ihn der Richter durch den Fronboten in dem Haus, in dem er sich (für den Kampf) rüstet, herausfordern lassen, und er soll zwei Schöffen dazu mitschicken. Ebenso soll man ihn ein zweites und ein drittes Mal vorladen. Erscheint er auch zu der dritten Vorladung nicht (vor Gericht), so soll der Kläger aufstehen und sich zum Kampf erbieten, und er soll zwei Schläge und einen Stich gegen den Wind ausführen. Damit hat er jenen der Klage überführt, wegen der er ihn zum Zweikampf herausgefordert hat, und so soll der Richter über ihn (den Angeklagten) richten, als ob er im Kampf besiegt worden wäre. Kapitel LXIV. Auf die gleiche Weise soll man einen Toten überführen, wenn man ihn bei einem Diebstahl oder bei einem Raub oder einem vergleichbaren Verbrechen 2 erschlagen hat. Kann aber jemand den Toten mit dem Zeugnis von sieben Männern überführen, so braucht er sich nicht zu einem Kampf gegen ihn zu erbieten. Erbietet sich aber ein Verwandter des Toten, wer immer er sei, ihn (den Toten) im Kampf zu vertreten, so schließt er damit jeden Zeugenbeweis aus. Denn nun kann man ihn ohne Zweikampf nicht überführen, es sei denn, er ist verfestet 3 . So wie zuvor gesagt worden ist, so überführt man auch denjenigen, der durch Anfassen zum Zweikampf herausgefordert 4 und angesprochen worden ist, und der gelobt und Bürgen dafür gesetzt hat, daß er (vor Gericht) kommen werde, und der nicht zum festgesetzten Termin erscheint. Wer Leben oder H a n d auslöst, obwohl er mit Recht dazu verurteilt war, der ist rechtlos.

1 sümen sw.V. refl.,zaudern, zögern, säumen'; 2 in sogetänen dingen ,in solchen Dingen', hier im Sinne von .vergleichbaren Verbrechen'; 3 vervesten sw.V. .festhalten, verhaften', ,ächten'; 4 zu kamphe vahen, van st.V. red.,durch Anfassen zum Zweikampf herausfordern'.

folio 26 recto

1. (Ldr. I 63§4): Die beiden Kämpfer befinden sich bereits im gerichtlichen Zweikampf. Im Blick auf die im Text vorgeschriebene Bekleidung vermißt man in der Abbildung den ärmellosen Rock über dem Gewand; auch sind die Füße bestrumpft und nicht, wie vorgeschrieben, nach vorne hin bloß. Von Handschuhen ist bei beiden Kämpfern nichts zu sehen. Nach rechter Gewohnheit dargestellt sind jedoch die aufgeschürzten Röcke und das blanke, gezogene Schwert. Enger am Text ist hier Ο in bezug auf das Gewand und die Fußbekleidung. Die zum Zweikampf notwendigen beiden Boten und die Männer, die die Stange {bourn) tragen sollen, erscheinen nicht. Berücksichtigung findet jedoch die Sonne, die exakt in der Mitte über den beiden Kämpfern scheint, damit sie beiden zu gleichen Teilen zukommt, wen si erst zusamne gen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 81, 83; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 223, 225. 2. (Ldr. I 63§5): Links vor dem Richter steht der Kläger, versehen mit den typischen Attributen eines Zweikämpfers, Schild und Schwert (das 2. Schwert fehlt; vgl. Ldr. I 63§4). Durch den Befehlsgestus des Richters wird dem Fronboten und den zwei Schöffen (rotes und grünes Kleid) bedeutet, den Beklagten aus seinem Haus zu holen. Dieser hält den Kopf auf seinen linken Arm gestützt (v. Amira), sitzt aber mit offenen Augen da; ein Zeichen dafür, daß er dem Zweikampf schuldhaft ferngeblieben ist, indem er in Untätigkeit verharrt. Um die beharrende Stellung des Beklagten darzustellen, ist das Haus in W (ebenso D) als ein von einer Art Baldachin überdachter Sitz dargestellt; im Gegensatz dazu O, wo das Haus die Form einer Kirche hat. Einer der Schöffen weist mit seiner linken Hand auf den Fronboten, um darauf aufmerksam zu machen, daß dieser die Vorladung ausrichtet. Im Gegensatz zu D fehlt in W der Bildbuchstabe D. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83; Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 130. 3. (Ldr. I 63§5): Erscheint der Beklagte auch nach der dritten Ladung nicht auf dem Kampfplatz, so soll der Kläger, statt die Hiebe gegen seinen Gegner zu führen, zwei Schläge und einen Stich gegen den Wind führen, dargestellt durch den blasenden blauen Kopf am Bildrand. Hiermit gilt der Zweikampf als durchgeführt und ist die Klage gewonnen. Der Richter (in Ο genauer mit dem Gerichtsschwert) kann nun, wie bei einem ordnungsgemäß erfolgten Zweikampf, das Urteil gegen den Beklagten folgen lassen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 83. 4. (Ldr. I 64): Der Kläger hat den auf handhafter T a t erschlagenen Friedebrecher (in Ο gebunden) vor Gericht gebracht und sich entschieden, die Rechtmäßigkeit serner T a t durch Eid auf die Reliquien mit den sechs hinter ihm stehenden Eideshelfern zu beweisen. Ein bei dem Toten stehender Verwandter desselben, mit geschultertem Schwert und Schild, bietet sich jedoch zum Zweikampf an und verhindert so den Eid des Klägers, dessen ausgestreckte Schwurhand er deshalb ergreift und festhält: Sein Kampfesgruß vorleget alle gezug. Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 200; Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 123f. 5. (Ldr. I 65§2): Ein verurteilter Missetäter zahlt dem am rechten Bildrand sitzenden Richter Münzen in dessen H ä n d e und löst so die ihm drohende Strafe zu lip oder hant ab. D a ß der Unrechtstäter zur peinlichen Strafe des Handverlustes verurteilt ist (vgl. Ldr. II 16§2, wo der Handverlust als Strafe für schwere Körperverletzung angegeben ist), wird durch den hinter ihm stehenden Schergen deutlich, der bereits drohend mit dem erhobenen Beil nach der linken Hand des Täters ausholt. Die mögliche Leibesstrafe ist im Bildstreifen durch die auf den Rücken des Täters gebundenen Strafwerkzeuge angedeutet. Das Rutenbündel und die Schere zeigen an, daß der Illustrator offenbar die Leibesstrafe als Verurteilung zu H a u t und H a a r (Staupenschlag, Haarschere) auffaßt. Abweichend O : Hier hat der Richter die gezahlten Münzen in einem aufgehaltenen Tuch empfangen, während der Scherge im Begriff ist, die Finger der linken Hand, die auf einem Block liegen, abzuschlagen. Peters, Bezeichnungen, S. 124.

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Wer da borg' eine mä vme vngerichte vor LXV· zü bregene · ab he en nich' vor brenge en mag-he müs Jin wergelt gebn-νή en Jcha dit deme zü Jime rechte nich1 d' en geborg' hatte· wergelt gibt mä vb' zwelf woche νδ der zit das is gewnne wirt· Alle Jchult müs mä wol geldl dem mä Ji geldin Jal vor deme tage das mä Ji geldin Jolde · aljo das man Ji gelde an d' Jtat da Ji yen' dem man Ji gelde Jal vmbe kvmert von denen müge brenge des Jal he gezüg habn ab hes bedarf an zwen mäne-di is Jaen das he vorgalt-od' zü geldene bot mit Jilbere od' mit phenninge di genge vn gebe da woren-vn is yen' weigerte mit vnrechte zu nemene· LXVI· Wen mä mit d' hanthafte tat vet-aljo als he gevange wirt Jal mä en vor gerichte brenge vfi Jelb Jibende Jal en d' cleg' vor zü= gen · aljo tüt mä den vor uejte mä · ab man di tat gezügit · dar vme h' vor vejt wart · Doch en Jal mä nimäde vor teiln Jine lip m' d' vor vejtünge noch mit d' achte da he mit name nicht in kvme is-Wen man vor gerichte beclait vn is he da nich' mä Jal im tedingen zü deme nehijten dinge· LXVII· Wen mä ab' beclait vm vngerichte dem Jal mä tedinge vb' dries virzcenacht Clait mä vngerichte vb' eine vrien JchephTbaren man den Jal mä tedinge dries ymm' vb' Jechs wochin vnd' kvniges bäne vnde zü echter ding Jtat wer nicht vor en kvmt zü dem dritten tedinge • den vor vejtet mä Umme andirs keine clage Jal mä den

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C.LXV. Wer da borget, einen man umme ungerichte vorzubrengene, ab he en nicht vorbrengen enmag, he mus sin wergelt geben unde enschadit deme zu sime rechte nicht, der en geborget hatte. Wergelt gibt man über zwelf wochen von der zit, das is gewunnen wirt. Alle schult mus man wol geldin, dem man si geldin sal, vor deme tage, das man si geldin solde, also das man si gelde an der stat, da si iener, dem man si gelden sal, unbekümmert von dennen muge brengen. Des sal he gezug haben, ab hes bedarf, an zwen mannen, di is saen, das he vorgalt oder zu geldene bot mit silbere oder mit phenningen, di genge unde gebe da woren, unde is iener weigerte, mit Unrechte zu nemene. C.LXVI. Wen man mit der hanthaften tat vet, also als he gevangen wirt, sal man en vor gerichte brengen unde selb sibende sal en der cleger Vorzügen. Also tut man den vorvesten man, ab man di tat gezugit, dar umme her vorvest wart. Doch ensal man nimande vorteiln sinen lip mit der vorvestunge noch mit der achte, da he mit namen nicht inkumen is. Wen man vor gerichte beclait, unde is he da nicht, man sal im tedingen zu deme nehisten dinge. C.LXVII. Wen man aber beclait um ungerichte, dem sal man tedingen über dries, immer über virzcennacht. Clait man ungerichte über einen vrien schephinbaren man, den sal man tedingen dries, immer über sechs wochin under kuniges banne unde zu echter dingstat. Wer nicht vorenkumt zu dem dritten tedinge, den vorvestet man. Umme andirs keine clage sal man den

12 saen WO, saghen O, sagen Horn. O, immer over Horn., fehlt W D.

27 immer

über] imber ouer

161 Kapitel LXV. Wer sich dafür verbürgt, einen Mann wegen eines Verbrechens vor Gericht zu bringen, der muß - wenn er ihn nicht vorführen kann - dessen Wergeid (an den Kläger) zahlen; und dies schadet nicht demjenigen an seinem Recht, der f ü r ihn (den Unrechtstäter) gebürgt hatte. Wergeid zahlt man innerhalb von zwölf Wochen nach der Zeit, zu der es erstritten worden ist. Jede Geldschuld kann man demjenigen, dem man sie zahlen muß, auch vor dem Tag, an dem man sie zahlen sollte, zurückerstatten, vorausgesetzt allerdings, daß man sie an einem Ort bezahlt, von dem sie derjenige, dem man sie zurückzahlen muß, unbehindert fortbringen kann. D a f ü r soll er aber, wenn er dessen bedarf, einen Zeugenbeweis haben, und zwar von zwei Männern, die es sahen, daß er bezahlte oder daß er es anbot mit Silber oder mit Pfennigen, die gang und gäbe dort waren, zu zahlen, und (die ebenfalls sahen), daß der andere sich zu Unrecht weigerte, es (das Geld) anzunehmen. Kapitel LXVI. Wen man auf handhafter T a t ergreift, den soll man so, wie er gefangen wird, vor Gericht bringen, wo ihn der Kläger selbsiebt überführen soll. Ebenso verfährt man mit einem Verfesteten, wenn man die Tat, wegen der er verfestet wurde, bezeugt. Jedoch soll man niemandem sein Leben durch Urteil absprechen, weder aufgrund der Verfestung 1 noch aufgrund der Acht 2 , wenn er nicht namentlich 3 hineingekommen ist. Wen man vor Gericht anklagt, ohne daß er anwesend ist, den soll man zum nächsten Gerichtstermin vorladen. Kapitel LXVII. Wen man aber wegen eines Verbrechens anklagt, den soll man dreimal vorladen, jedesmal wieder nach vierzehn Nächten. Klagt man einen schöffenbarfreien Mann wegen eines Verbrechens an, so soll man diesen ebenfalls dreimal vorladen, jeweils nach sechs Wochen und unter Königsbann sowie zur rechtmäßigen Gerichtsstätte 4 . Wer zu dem dritten Gerichtstermin nicht erscheint, den verfestet man. Wegen keiner anderen Klage soll man einen

folio 26 verso

1. (Ldr. I 65§3): D a r g e s t e l l t ist w i e d e r n u r d e r erste ( k o n k r e t e ) Teil des T e x t e s . A m linken B i l d r a n d b e f i n d e t sich d e r Kläger, d e r d e n bereits g e b u n d e n e n M i s s e t ä t e r an einem Strick h e r b e i f ü h r t u n d gleichzeitig auf einen M a n n weist, d e r sich k ü n f t i g f ü r d a s E r s c h e i n e n des M i s s e t ä t e r s vor G e r i c h t v e r b ü r g t . E r s c h e i n t d e r Beklagte t r o t z des B ü r g e n nicht v o r G e r i c h t , so m u ß d e r B ü r g e d e m K l ä g e r das W e r g e i d des B e k l a g t e n b e z a h l e n . Dies wird in d e r r e c h t e n Bildhälfte gezeigt. D e r K l ä g e r h a t hier (wie in Ldr. III 9§1 beschrieben) n e b e n d e m R i c h t e r P l a t z g e n o m m e n u n d n i m m t die M ü n z e n e n t g e g e n . D e r R i c h t e r ist ( a n d e r s O ) o h n e G e r i c h t s s c h w e r t dargestellt. Ü b e r d e n T e x t h i n a u s g e h t d e r Eid des Bürgen, d e r n a c h L d r . II 4§3 n u r d a n n zu leisten ist, w e n n d e r Beklagte d u r c h echte N o t a m E r s c h e i n e n v o r G e r i c h t g e h i n d e r t wird . 2. (Ldr. I 65§4): Links w e i g e r t sich d e r G l ä u b i g e r , die v o m S c h u l d n e r a n g e b o t e n e Z a h l u n g mit silbere oder mit phenningen zu a k z e p tieren ( E m p f a n g s v e r z u g ) . D e s h a l b sieht sich d e r z a h l u n g s w i l l i g e S c h u l d n e r n a c h seinen Z e u g e n u m , die, v o m R i c h t e r a u f g e f o r d e r t , d u r c h Eid auf die Reliquien b e z e u g e n , d a ß sie g e s e h e n h a b e n , wie e r sich z u r Z a h l u n g a n b o t . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82. 3. (Ldr. I 66§1): L i n k s w i r d ein G e f a n g e n e r a m Strick mit g e b u n d e n e n H ä n d e n v o r G e r i c h t g e f ü h r t . R e c h t s w i r d er v o m K l ä g e r selb sibende d e r T a t ü b e r f ü h r t . D e r A n g e k l a g t e sitzt mit g e b u n d e n e n H ä n d e n v o r d e m Richter, w ä h r e n d d e r K l ä g e r h i n t e r ihm s t e h t u n d i h m s c h w ö r e n d die F i n g e r seiner R e c h t e n auf d e n K o p f legt. N e b e n d e m K l ä g e r steht die erste R e i h e seiner M i t s c h w ö r e r , d a h i n t e r f o l g t die zweite Reihe, eine V e r f a h r e n s w e i s e , die bei einem selbsiebt zu s c h w ö r e n d e n Eid, d.h. einem Eid m i t K l ä g e r u n d sechs E i d h e l f e r n , üblich g e w e s e n ist. D e r letzte E i d h e l f e r d e r z w e i t e n R e i h e weist mit d e r L i n k e n auf d e n G e f a n g e n e n h i n t e r sich, da sich d e r Eid auf diesen b e z i e h t . van Hoek, Eike von Repgow, S. 65; Ignor; Gerichtsverfahren, S. 87. 4. (Ldr. I 67§1): D e r R i c h t e r gibt d e m F r o n b o t e n d e n A u f t r a g , d e n Beklagten, d e r nicht e r s c h i e n e n ist, e r n e u t v o r z u l a d e n , u n d z w a r i n n e r h a l b d e r L a d u n g s f r i s t , auf die er weist. D i e L a d u n g s f r i s t ist auf d e m Bild mit d r e i m a l II dargestellt, w a s d r e i m a l zwei W o c h e n e n t s p r i c h t . D a r a n wird deutlich, d a ß es u m ungerichte g e h t , d e n n n u r in d i e s e m Fall gilt diese L a d u n g s f r i s t ( K l a g e ü b e r ungerichte kann grundsätzlich nur vom Verletzten bzw. Geschädigten erhob e n w e r d e n u n d z i e h t i m m e r H a l s - o d e r H a n d s t r a f e n nach sich, f ü h r t also z u m T o d e o d e r z u r V e r s t ü m m e l u n g ) . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 89. 5. (Ldr. I 67§1): H a n d e l t es sich bei d e m M i s s e t ä t e r u m einen S c h ö f f e n b a r f r e i e n , gilt eine a n d e r e L a d u n g s f r i s t , n ä m l i c h d r e i m a l sechs W o c h e n , dargestellt d u r c h d r e i m a l IIIIII. D a es sich u m ungerichte h a n d e l t , m u ß u n t e r K ö n i g s b a n n u n d an e c h t e r D i n g s t a t t g e r i c h t e t w e r d e n , was d u r c h die Figur d e s g r ä f l i c h e n Richters deutlich g e m a c h t w i r d . A u c h d e r S c h ö f f e n b a r f r e i e wird, w e n n a u c h mit v e r ä n d e r t e r L a d u n g s f r i s t , ausschließlich d u r c h d e n F r o n b o t e n ( A m t s t r a c h t , Peitsche) v o r g e l a d e n . Ignor, Gerichtsverfahren, 5. 89. 6. (Ldr. I 68§ 1): V o r d e m r e c h t s s i t z e n d e n R i c h t e r e r s c h e i n t d e r w e g e n eines s c h w e r e n V e r b r e c h e n s ( U n g e r i c h t , F r i e d e b r u c h ) a n g e klagte M a n n , d e m die K l a g e an di hant get (in Ο R i c h t e r mit d e m G e r i c h t s s c h w e r t ) . D e r Beklagte weist mit Z e i g e g e s t u s auf seine b l u t e n d e linke H a n d (in Ο bereits gänzlich a b g e t r e n n t ) . M i t d e r nach innen gekehrten rechten Handfläche u n d dem aufgestreckten F i n g e r d e u t e t d e r R i c h t e r die L o s s a g u n g g e g e n ü b e r d e m M i s s e t ä ter ( d r o h e n d e V e r f e s t u n g ) an u n d weist gleichzeitig mit seiner Link e n (in Ο u n z u t r e f f e n d mit Befehlsgestus) auf die b l u t e n d e H a n d des A n g e k l a g t e n , ü b e r d e n e r jetzt zu r i c h t e n h a t . Ignor, Gerichtsverfahren,

1 vervestunge st.F. .gerichtliche Ä c h t u n g , B e z i r k s a c h t ' ; 2 achte st.F. ,Acht, R e i c h s a c h t ' ; 3 mit namen n a m e n t l i c h ' , g e m e i n t ist das f ö r m l i c h e V e r f a h r e n d e r Ä c h t u n g , vgl. Ldr. II 4§1; 4 dincstat st.F. , G e r i c h t s Stätte'.

S. 89.

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162

27 recto

mä vor vejte ane vmme di · di an den lip od' an W e r ab' den andirn / · di hant g e t · LXVIII knütelit Jo das im di /lege Jwellin· od' wer den andern blut rvnjtig macht-ane vleijch wndin clagit hes deme richtere od' dem vrone boten od' de burmejter vn den gebure vnde bewijet hes ind' vrijche tat vii kvmt ien' nich' vor binne Jine rechte tedinge Jich zü entredene od' zü bejjerne noch rechte mä Jal en vor vejte mit d' blutigen wnde ane vleijch w n d i - o d ' mit de narwe d' wnde-vfi mit kemphlichen worte mag ein mä den and'n zü kamphe van· A n e vleijch wndT mag mä o v ch eine mä toten od' lerne mit Jlege od' m' JtoJen od' m1 wrfen vn äders zu mächerwis da he Jine hat od' Jine lip an vor wirket νή di vor vejtüge vor Jchult · Vmme welche Jchult d' mä vor v e j t wirt-wirt he ind' vor vejtüge gevange vn vor gerichte bracht is get im an den lip ab he der tat vii d' vor vejtüge vor zügit wirt · zut ab' he Jich vs d' vor vejtüge vn kvmt h' vngeuäge vor gerichte he kvmt zü Jime rechte a l j o ab he nie vor W e r o'ch eine tote L X I X · · vejtet w ü r d e · mä od' eine gewndete geuange vürt vn zü eime vridebrech'e berede wil m' kamphe od' ane käph-vfi bered' he Jin nich 1 mä vbir en richten noch vrides rechte· LXX· · H a t ab' ein mä geclait uf gut zü drin tedinge mä Jal en dar in w i j e vnde Jal is en geweidige da en müs en nimät vs w i j e he en tüis mit rechter clage·

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2$

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man vorvesten ane umme di, di an den lip oder an di hant get. C . L X V I I I . W e r aber den andirn knutelit, so das im di siege swellin, oder wer den andern blutrünstig macht ane vleischwundin, clagit hes deme richtere oder dem vronenboten oder deme burmester unde den geburen, unde bewiset hes in der vrischen tat, unde kumt iener nicht vor binnen sinen rechten tedingen, sich zu entredene oder zu besserne noch rechte, man sal en vorvesten. M i t der blutigen wunden ane vleischwundin oder mit deme narwen der wunden unde mit kemphlichen Worten mag ein man den andern zu kamphe van. A n e vleischwundin mag man ouch einen man toten oder lernen mit siegen oder mit stosen oder mit würfen unde anders zu mancher wis, da he sine hant oder sinen lip an vorwirket unde di vorvestunge vorschult. Umme welche schult der man vorvest wirt, wirt he in der vorvestunge gevangen unde vor gerichte bracht, is get im an den lip, ab he der tat unde der vorvestunge vorzugit wirt. Z u t aber he sich us der vorvestunge unde kumt her ungevangen vor gerichte, he kumt z u sime rechte, also ab he nie vorvestet wurde. C . L X I X . W e r ouch einen toten man oder einen gewundeten gevangen vor gerichte vurt unde zu eime vridebrechere bereden wil mit kamphe oder ane kamph, unde beredet he sin nicht, man sal ubir en richten noch vrides rechte. C . L X X . H a t aber ein man geclait uf gut zu drin tedingen, man sal en dar inwisen unde sal is en geweidigen; da enmus en nimant uswisen, he entu is mit rechter clage.

3 k n u t e l i t W D, mit c n u p p e l e n sleyt O, mit k n ü p p e l e n sleit Horn. 9 e n t r e d e n e WD, a n t w e r d e n e O, u n t r e d e n e Horn. 17 v o r w i r k e t WD, u o r b o r e t O, v e r b o r e t Horn. 26 v o r g e r i c h t e ] u o r g h e r i c h t e O,

v o r Horn.,

fehlt

WD.

28

sal

D

Ο

Horn.,

fehlt

W.

163

Mann verfesten als um die, welche an das Leben oder an die H a n d geht. Kapitel LXVIII. Wer aber einen anderen so mit einem Knüppel schlägt 1 , daß er durch die Schläge Schwellungen davonträgt 2 , oder wer einem anderen Blutergüsse zufügt 3 , ohne daß er ihm Fleischwunden (beibringt), und er (der Betroffene) klagt dies dem Richter oder dem Fronboten oder auch dem Bauermeister und den Bauern, und er beweist dies (zudem noch) auf frischer Tat, und erscheint der andere (der Täter) nicht am festgesetzten Gerichtstermin, um sich zu verteidigen oder (die Tat) rechtmäßig wiedergutzumachen, dann soll man ihn verfesten. Mit einer blutenden Wunde auch ohne Fleischwunde oder aber mit der Narbe einer Wunde, ebenso mit kampfeinleitenden 4 Worten, kann ein Mann einen anderen zu einem gerichtlichen Zweikampf herausfordern. Auch ohne Fleischwunden kann man einen M a n n töten oder lähmen, sei es durch Schläge oder Stöße oder Würfe 5 oder auf manch andere Weise, wodurch er (der Täter) seine H a n d oder sein Leben verwirkt oder die Verfestung verdient 6 . Wegen welcher Art Vergehen 7 ein Mann auch verfestet wird, wird er innerhalb der Verfestung gefangengenommen und vor Gericht gebracht, so geht es ihm an sein Leben, wenn er der T a t und der Verfestung überführt wird. Zieht er sich aber aus der Verfestung und kommt er, ohne gefangen zu sein, vor das Gericht, so wird er so zu seinem Recht kommen, als sei er niemals verfestet gewesen. Kapitel LXIX. W e r einen Toten oder einen Verwundeten gefangen vor Gericht bringt und ihn als Friedebrecher überführen will, sei es mit Zweikampf oder ohne Zweikampf, und überführt er ihn dann nicht, so soll man über ihn nach Friedensrecht richten. Kapitel LXX. H a t aber ein Mann um ein Gut auf drei Gerichtstagen geklagt, dann soll man ihn (in das Gut) einweisen und soll ihm Gewalt darüber geben; daraus kann ihn keiner verdrängen, es sei denn, er gehe mit rechtmäßiger Klage gegen ihn vor.

1 knutelen, knüteln sw.V. ,mit Knüppeln schlagen'; 2 swellen st.V. ,schwellen, anschwellen'; 3 blütrunstic Adj. .blutig wund'; 4 kemphlich Adj. ,zum Kampf gehörig, geeignet', ,den (Zwei-)Kampf einleitend'; 5 wurf st.M. ,Wurf (beim Kampf)'; 6 verschulden sw.V. tr. »durch Schuld verlieren, verwirken'; 7 schult st.F. ,Schuld, Vergehen, Verpflichtung'.

folio 27 recto

1. (Ldr. I 68§2): Ein Mann schlägt mit einem Knüppel auf einen anderen Mann ein. Mit seiner linken H a n d greift er von unten her (Untergriff, vgl. W fol. 34rl) in das H a a r des wehrlosen Opfers, das mit auffallender Bein- und Händehaltung (in Ο kniet das Opfer vor dem Angreifer) gezeigt wird (vgl. W fol. 79r7, D fol. 85r7). Unberücksichtigt läßt die Bildzeile die im Text genannten Folgen der Körperverletzung - Schwellungen, Blutergüsse ohne Fleischwunden die zu einer Klage vor Gericht und damit sogar zu einer peinlichen Bestrafung des Täters führen können. Lade, Dorfrecht. S. 178; Scheele, Delikte, S. 156; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 200. 2. (Ldr. I 68§2): Wiedergegeben ist die Klage wegen Körperverletzung, die in Abwesenheit des Täters vor Gericht erhoben wird. Dem Richter am Bildinnenrand fehlt das Schwert (anders O), obwohl die Klage um Ungericht geht und damit auf eine Verfestung hinausläuft. Der erste Mann in der Reihe unmittelbar vor dem Grafen dürfte der Schreimann sein, der die Klage anhängig macht (Aufmerksamkeitsgestus). Bei der mittleren Figur (Trauergestus) handelt es sich vermutlich um das Opfer. Der dritte Mann (mit mißverständlichem Unfähigkeitsgestus) entzieht sich der Deutung. In D wird an dieser Stelle eine Person gezeigt, die eine Verletzung an der H a n d vorweist. Bei dem vierten, von dieser Gruppe abseits stehenden Mann (ebenfalls mit Aufmerksamkeitsgestus) handelt es sich wohl um einen Zeugen. Die Darstellung in Ο weicht sehr stark ab, indem hier, über den Text hinausgehend, das Gerüfte wiedergegeben wird. Der Kläger erscheint hier mit seinen Schreimannen und weist auf die blutigen Wunden, die man ihm zugefügt hat. Lade, Dorfrecht. S. 178; Scheele, Delikte, S. 156; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 200. 3. (Ldr. I 68§4): In der Bildzeile wird die Körperverletzung ohne Fleischwunden behandelt, die zu T ö t u n g oder Lähmung des Opfers führt. Gezeigt wird ein am Boden liegender Mann (im Büßergewand), der von zwei Tätern (mit identischer Kleidung) bedrängt wird, und zwar mit Schlägen und Stößen (links) bzw. mit Steinwürfen (rechts). In Ο wird der Straftäter mit geöffnetem M u n d (schreiend?) dargestellt, und das mit entblößtem Oberkörper am Boden liegende Opfer mit deutlich sichtbaren Wunden am Oberkörper. Unberücksichtigt bleiben in W, D und Ο die rechtlichen Folgen der Straftat, durch die der Täter sine hant oder sinen lip verwirkt hat. Scheele, Delikte, S. 141; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 200. 4. (Ldr. I 69): Der Kläger/Totschläger erscheint mit der Leiche des Mannes, den er wegen Friedensbruchs getötet hat, mit entblößtem Schwert (Gerüfte) vor Gericht. Hinter dem Kopf des am Boden liegenden Toten steht ein Verwandter, der den Getöteten von dem Vorwurf des Friedebruchs reinigen will. Der Kläger umfaßt mit der rechten H a n d den zum Schwur erhobenen linken Arm des Verwandten, um ihn am Eid zu hindern. Der Richter (in Ο mit Gerichtsschwert) deutet auf den sich zum Kampf erbietenden Verwandten, durch dessen Kampfangebot der Eid ausgeschlossen wird. Die denkbaren Folgen f ü r den Kläger, über den man bei unglücklichem Ausgang nach Friedensrecht richten kann, bleiben im Bild unberücksichtigt. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 200. 5. (Ldr. I 70§1): Der richterliche Graf (in Ο mit Gerichtsschwert) hat mit Redegebärde den vor ihm stehenden M a n n (rotes Gewand, grüne Beinkleider) mit der gerichtlichen Einweisung des Klägers (grünes Gewand, rote Beinkleider) in das liegende Gut beauftragt („Anleite", v. Amira). Der Beauftragte faßt den vor ihm stehenden Kläger an dessen Schulter und f ü h r t ihn an die offene T ü r des Hauses (in Ο zusätzlich mit Ring) heran. Mit hinweisender Gebärde seiner Linken weist er ihn in das erstrittene Gut ein und gibt ihm Gewalt darüber. Der eingewiesene Kläger schaut sich um, weil er den Anweisungen Folge zu leisten hat. Mit seiner rechten H a n d hat er aber bereits die T ü r des Hauses ergriffen, was symbolisch die Besitznahme des liegenden Gutes andeuten kann (fehlt in O). Ignor, Gerichtsverfahren, S. 88; Schmidt- Wiegand, Eike von Repgow, 5. 200. 6. (Ldr. I 7Q§1): Der gerichtlich eingewiesene Kläger (im rot-blau quadrierten Gewand) hat aufgrund seiner Klage, mit der er Anspruch auf das Gut erhoben hat, davon Besitz ergriffen (vgl. die 5. Bildzeile). Zum Zeichen seiner Besitzergreifung faßt er die offene T ü r des Hauses mit seiner rechten H a n d an. Der Beklagte (im grünen Rock) meldet seinen Anspruch auf das Gut an. Als sichtbares Zeichen seines Anspruchs faßt er mit seiner Rechten den gegenüberstehenden Kläger an dessen Handgelenk (Scheltegestus) und macht von seinem Recht Gebrauch, die Einweisung durch Eid auf die Reliquien zu entreden (Schwurfingergebärde der linken Hand). Präziser die Darstellung in O : Am linken Bildrand sitzt hier der Graf (Richter) und weist mit Aufmerksamkeitsgestus der linken H a n d auf das Reliquiar, weil das entreden der Einweisung durch Eid vor Gericht erfolgen mußte. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 88; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 200.

164

folio 27 verso Die inwijvnge mag d' mä entrede binne d' iarzal uf de heilige-he müs ab' das gut vor vejtin drin dinge ab mä dar uf clait· Clait mä ab' vme Jchult vb' den d' da nich' dingphlichtig en is mä Jal im gebite vö gerichtis halbin das he gelde vb' virzen= n a c h t - o d ' di Jchult entrede m' rechte-en tut hes nich' mä Jal en da vor phendl· vn das phant zu borge tun dries vb' virzennacht· ab mä is gert zu borge ·νή wil mä is nich' mä Jal is doch halde Jechs wochen vn vor tan · vn entredit ien' di Jchult dar vndir nich'-Jint mag he Ji nich' entredin is en beneme im dene echt n o t - S o Jal mä das phant vor di Jchult vor Jezze od' vor koüfen ab mä is da vor nicht vor Jezzin mag • wirt da ab' icht vberig das Jal mä iemewid' gebn · gebricht da ab' icht an · mä Jal en abir phende aljo lange bis ienir Jin gelt habe-Wer Jo vme vngerichte vor gerichte be clait wirt m' dem gerufte er is vbir nechtig w'de mag d' cleger das vnge= richte gezüge Jelb Jibende • mä vor vejtit yenen d' is getan hat al zii hant-Is ab' d' rieht' büjen Jime gerichte wen dis ge Jchiet-Jo clage he deme vroneboten an des richters J t a t - h a t he dirre clage gezüg de s erjten tagis wen d' rieht' wider in Jin gerichte kumt mä vor vejtet yenen · als ab di tat des Jelbin tages gejehen Ji· LXXI· Wen der gekorne goügreue od' der belente richter vor deme greüem vor vejtet • gezüget he di vor vejtünge

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Die inwisunge mag der man entreden binnen der jarzal uf den heiligen. H e mus aber das gut vorvestin drin dingen, ab man dar uf clait. Clait man aber umme schult über den, der da nicht dingphlichtig enis noch da zu antworte enis, man sal im gebiten von gerichtis halbin, das he gelde über virzennacht oder di schult entrede mit rechte. Entut hes nicht, man sal en da vor phendin unde das phant zu borge tun dries über virzennacht, ab man is gert zu borge. U n d e wil man is nicht, man sal is doch halden sechs wochen unvortan. Unde entredit iener di schult dar undir nicht, sint mag he si nicht entredin, is enbeneme im denne echt not. So sal man das phant vor di schult vorsezzen oder vorkoufen, ab man is da vor nicht vorsezzin mag. Wirt da aber icht uberig, das sal man ieme widergeben. Gebricht da aber icht an, man sal en abir phenden also lange, bis ienir sin gelt habe. Wer so umme ungerichte vor gerichte beclait wirt mit dem gerufte, er is ubir nechtig werde, mag der cleger das ungerichte gezugen selb sibende, man vorvestit ienen, der is getan hat, al zu hant. Is aber der richter busen sime gerichte, wen dis geschiet, so clage he deme vronenboten an des richters stat. H a t he dirre clage gezug des ersten tagis, wen der richter wider in sin gerichte kumt, man vorvestet ienen, als ab di tat des seibin tages gesehen si.

C.LXXI. Wen der gekorne gougreve oder der belente richter vor deme greven 33 vorvestet, gezuget he di vorvestunge 33s vor dem greven, he irwirbet des greven vestunge ubir 33b ienen al zu hant.

3 vorvestin W D, uorstan Ü, vore stan Horn. 5 noch - enis] noch dar to antwarde nis O, noch dar to antworde nicht n'is Horn., fehlt WD. 33a/b vor - al zu hant D, uor den greuen, he erwerft des greuen uestinghe ouer ghenen altohant O, vor deme greven, he irwirft des greven vestinge over jenen altohant Horn, nach hant] vgl. Horn. Ldr I 71 - II 11 §13 und den Anhang in Bd. III dieser Aus-

165 Die Einweisung kann ein Mann durch Eid auf die Reliquien innerhalb der Jahresfrist widerlegen. Er muß dann f ü r das Gut sofort eintreten 1 , und zwar zu den drei nächsten Gerichtstagen, wenn man deswegen klagt. Klagt man aber wegen eines Vergehens gegen jemanden, der dort weder dingpflichtig noch anwesend ist, um zu antworten, so soll man ihn von Seiten des Gerichts dazu auffordern, daß er nach vierzehn Nächten zahle oder die Geldschuld dem Recht gemäß bestreite. T u t er (der Beklagte) dies nicht, so soll man ihn deswegen pfänden und das Pfand 2 (dem Kläger) dreimal als Bürgschaft 3 geben, jeweils über vierzehn Nächte, wenn man (der Kläger) es als Bürgschaft verlangt. Wenn dieser es aber nicht (als Bürgschaft) will, dann soll man es (das Pfand) sechs Wochen lang einbehalten, ohne es auszugeben. Widerlegt jener (der Beklagte) die Schuld in diesem Zeitraum nicht, dann kann er sie später nicht mehr bestreiten, es sei denn, es hätte ihn echte N o t daran gehindert. Dann soll man das Pfand f ü r die bestehende Verpflichtung versetzen oder sogar verkaufen, wenn man es nicht dafür versetzen kann. Bleibt dabei etwas übrig, so soll man dies jenem (dem Beklagten) wiedergeben. Fehlt aber noch etwas daran, dann soll man ihn abermals pfänden, und zwar so lange, bis jener (der Kläger) sein Geld (erhalten) hat. Wird einer wegen eines Verbrechens vor Gericht mit Gerüfte angeklagt, dann kann - bevor eine Nacht vergangen ist - der Kläger das Verbrechen selbsiebt bezeugen, und man verfestet denjenigen, der es begangen hat, sofort. Ist aber der Richter außerhalb seines Gerichtsbezirks, wenn dies geschieht, dann klage er es dem Fronboten anstelle des Richters. H a t er f ü r diese Klage Zeugen, dann kann man am ersten Tag, an dem der Richter wieder in sein Gericht kommt, jenen (den mit Gerüfte Beklagten) verfesten, als ob die T a t am selben Tag geschehen sei. Kapitel LXXI. Wen der gewählte Gaugraf oder der belehnte 4 Richter vor dem Grafen verfestet, und er bezeugt die Verfestung vor dem Grafen, dann erwirkt er des Grafen Verfestung über jenen sofort 5 .

1 daz gut vervesten ,das Gut in festen Besitz geben', hier ,für das Gut eintreten 4 ; 2 phant st.N. ,Pf and, Bürgschaft'; 3 bore st.M. ,das Geborgte, Entliehene', hier .Bürgschaft'; 4 belenen, belehenen sw.V. ,als Lehen geben, leihen, belehnen; 5 vgl. Ldr. I 71-11 11§13 und den Anhang in Bd. III dieser Ausgabe.

folio 27 verso

1. (Ldr. I 70§2): Der Richter beauftragt den Fronboten (mit Peitsche), den Schuldner aufzufordern, seiner Zahlungspflicht nachzukommen. Die Frist von 14 Tagen wird durch die Zahl II (2 Wochen) zwischen dem Fronboten und dem Richter ins Bild gesetzt. Der Fronbote f ü h r t diesen Auftrag aus, indem er dem vor seinem Haus stehenden Schuldner die Zahlungsaufforderung mitteilt (in Ο mit Aufmerksamkeitsgestus). 2. (Ldr. I 70§2): Der Schuldner hat nach Ablauf seiner vierzehntägigen Zahlungsfrist seine Schuld nicht bezahlt und wird nun durch den Fronboten gepfändet. Der Akt der P f ä n d u n g wird durch das aus dem Haus geführte Pferd angezeigt. In Ο bleibt der Schuldner während der Pfändung in seinem Haus, da er die Pfandnahme durch den Fronboten ohnehin nicht verhindern kann (vgl. Ldr. III 30§2), und beschränkt sich aufs Wehklagen. Der Fronbote übergibt das gepfändete Pferd einem Bürgen (grüner Rock, rote Beinkleider), der es in Verwahrung nimmt und zwar dreimal f ü r je zwei Wochen, wenn der Kläger es so will. Diese Frist wird durch die Zahlengruppen rechts von dem Bürgen angedeutet. 3. (Ldr. I 70§2): Das Pfand (das aus dem H a u s geführte Pferd) wird vom Gläubiger (durch seine Kleidung vom Bürgen in der vorigen Bildzeile unterschieden) an einen Juden (Spitzhut, Bart) verkauft. Dieser hat mit seiner Linken die Zügel des Pferdes bereits ergriffen, während er mit seiner Rechten die fällige Summe in die Hände des Gläubigers auszahlt (in Ο zahlt er die Summe in den ausgebreiteten Mantel). 4. (Ldr. I 70§3): Am linken Bildrand erscheint der Kläger mit entblößtem Schwert auf seiner rechten Schulter und erhebt (mit Gerüfte) Klage um Ungericht. Mit Fingerzeig seiner linken Hand weist er auf M o n d und Sterne über sich, um anzudeuten, daß die T a t noch nicht übernächtig ist, also rechtzeitig erhoben wurde. Darauf schwört der Kläger mit sechs Eidhelfern (Schwurfingergebärde ihrer erhobenen rechten Hände) vor dem thronenden Richter auf das vor ihnen stehende Reliquiar. Der Graf bzw. Richter ist in Ο zutreffend mit dem links geschulterten Gerichtsschwert dargestellt, weil es sich um eine peinliche Klage handelt. Deshalb spricht auch der Richter (Handgebärde) über den Angeklagten in dessen Abwesenheit die Verfestung oder Bezirksacht aus. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82; Lade, Dorfrecht, S. 178. 5. (Ldr. I 70§3 - I 71): Links im Bild trägt ein Mann wegen Abwesenheit des Richters dem Fronboten (Peitsche) eine Klage wegen einer Missetat vor. Im rechten, größeren Teil des Bildes beschwört der Kläger nun im Gericht vor dem Richter mit drei Eidhelfern die Richtigkeit seiner Aussage. Der Fronbote durfte also wohl eine Klage entgegennehmen, aber nicht ihre Verhandlung vor Gericht führen. Diese blieb dem Richter vorbehalten. Hier ist der Gaugraf in der Rolle des zuständigen Richters, was dem Anfang der Bestimmung entspricht. Der Gaugraf verfestet mit der erhobenen Rechten den (abwesenden) Beklagten, indem er zugleich mit der Linken auf die Zeugen deutet, deren Aussage ihn zu diesem Schritt veranlaßt hat. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82; Lade, Dorfrecht, S. 178. 6. (Ldr. I 70§3 - I 71): Der gekorne gougreve (vgl. Ldr. I 55§2,1 56) steht vor dem Grafen mit drei weiteren Zeugen f ü r die vorgenommene Verfestung - der hinter ihm stehende Zeuge im roten Gewand weist auf die vorige Bildzeile worauf auch der Graf (Befehlsgestus) die Verfestung f ü r den Bezirk des Grafengerichts verfügt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82; Lade, Dorfrecht, S. 178.

166

folio 28 recto

An gebundene tage en müs mä nich' dlgeVrteil en müs o v ch nimant vinde-vb' XIII· Jine h'ren-vn vb' Jine mä-vfi ub' Jine mag-da is en an irn lip od' an irn gejutod' ane ire ere get · Jchephinbare vrie lute müjen wol vrteil vinde vb' icliche mä-is en müs ab' uf Ji nimät vrteil vinde-das an irn lip od' an ire ere od' an ir erbe get-noch ir vrteil JcheldT he en Ji en ebinburtig • Βΰ= Jen kvniges bäne müs iclich mä vb' den and'n vrteil vinde vfi vrteil Jchelde · d' da vollenkome is an Jime rechte-vme Jo ge= tane Jache di mä ane kvniges ban richte mag · Schilt mä ein vrteil · des Jal man czien an den hogern richter· zü leezt vor den kvnig · da Jal der rieht' Jine boten czü gebe-di da hören welchir volkvme vor de kvnige · Die bote Juln wejin Jchephe bare vrie-ab is in ein' grauejehaft gejehit· gejehit is ab' inein' marke-Jo mogens wejin all'hande lüyte w' Ji Jin vollenkvme an irme rechte · di Jal der rieht' bekojtige · brot vn bier Jal he en gnüg gebe vn dri gerichte zü dem di des tages czitig Jin vn eine becher wines-zwei gerichte den knechtl vünf garbe icliche pherde vnd' tage vn vnd' nacht-vn mä Jal Ji vorne bejlan· Sechje Juln d' knechte Jin achte d' pherde · we Ji de kvnig von erjt ir varn binnen JechJiJch'art Jo Juln Ji zü hoüe varn vfi da noch vb' JechJwoche das vrteil wid' brege Der das vrteil gejcholde hat vol kvmt hes nich* he müs dar vme wettl deme richt'e vfi ieme Jine büje gebe des / vrteil he gejcholde hat

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An gebundenen tagen enmus man nicht dingen. C.XII. Urteil enmus ouch nimant vinden über sinen herren unde über sinen man unde über sinen mag, da is en an irn lip oder an irn gesunt oder an ire ere get. Schephinbare vrie lute musen wol urteil vinden über iclichen man. Is enmus aber uf si nimant urteil vinden, das an irn lip oder an ire ere oder an ir erbe get, noch ir urteil scheidin, he ensi en ebinburtig. Busen kuniges banne mus iclich man über den andern urteil vinden unde urteil scheiden, der da vollenkomen is an sime rechte umme so getane Sache, di man ane kuniges ban richten mag. Schilt man ein urteil, des sal man czien an den hogern richter, zu leezt vor den kunig. Da sal der richter sine boten czugeben, di da hören, welchir volkume vor deme kunige. Die boten suln wesin schephenbare vrie, ab is in einer graveschaft geschit; geschit is aber in einer marke, so mogens wesin allerhande luite, wer si sin, vollenkumen an irme rechte. Di sal der richter beköstigen: brot unde bier sal he en gnug geben unde dri gerichte zu dem essene, di des tages czitig sin, unde einen becher wines; zwei gerichte den knechtin, vunf garben iclicheme pherde under tage unde under nacht, unde man sal si vorne beslan. Sechse suln der knechte sin, achte der pherde. Wen si den kunig von erst irvarn binnen sechsischer art, so suln si zu hove varn unde da noch über sechswochen das urteil widerbrengen. Der das urteil gescholden hat, volkumt hes nicht, he mus dar umme wettin deme richtere unde ieme sine buse geben, des urteil he gescholden hat

2 X I I aus XIII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 5 an DO Horn., ane W. 17 welchir W D, wellic ere Ο, welk ire Horn. 24 essen e] etende O, etene Horn., fehlt WD. 29 irvarn WD, eschet O, ereschet Horn.

folio 28 recto

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An gebundenen T a g e n darf man nicht Gericht halten. N i e m a n d darf über seinen H e r r n oder über seinen M a n n o d e r über seinen Verwandten Urteil finden, wenn es ihnen an ihr Leben oder an ihre Gesundheit o d e r an ihre E h r e geht. S c h ö f fenbarfreie Leute dürfen Urteil finden über jedermann. Es darf aber über sie niemand ein Urteil finden, das an ihr Leben oder an ihre E h r e oder an ihr E r b e geht, n o c h (darf derjenige) ihr Urteil schelten, der ihnen nicht ebenbürtig ist. A u ß e r halb des K ö n i g s B a n n darf jedermann über einen anderen Urteil finden und Urteil schelten, vorausgesetzt, daß derjenige voll rechtsfähig 1 ist und daß es sich um eine solche Angelegenheit (handelt), die man o h n e des K ö n i g s Bann richten kann. Schilt man ein Urteil, so soll man es an den nächst höheren R i c h t e r ziehen, zuletzt vor den K ö n i g . D a soll der R i c h t e r seine Boten mitgeben, die dort hören, wer vor dem K ö n i g gewinnt. D i e B o t e n sollen S c h ö f f e n b a r f r e i e sein, .wenn dies in einer G r a f s c h a f t geschieht; geschieht es aber in einer M a r k g r a f s c h a f t 2 , so k ö n n e n dies Leute verschiedenster Art sein, wer immer sie auch sind, sie müssen allerdings voll rechtsfähig sein. D i e soll der R i c h t e r beköstigen: B r o t und Bier soll er ihnen genug geben und drei Speisen für Mahlzeiten, die der jeweiligen T a g e s z e i t entsprechen, und einen B e c h e r W e i n ; zwei Mahlzeiten den K n e c h t e n , f ü n f G a r b e n ( H e u ) jedem P f e r d für T a g und Nacht, und man soll sie vorne beschlagen. Sechs K n e c h t e sollen es sein und acht Pferde. Sobald sie den K ö n i g auf sächsischem B o d e n ausgemacht 3 haben, sollen sie sich an den H o f begeben und danach das Urteil innerhalb von sechs W o c h e n zurückbringen. W e r ein Urteil gescholten hat, damit aber keinen E r f o l g hat, der muß dem R i c h t e r das Gewette zahlen und demjenigen seine ( G e l d - ) B u ß e geben, dessen Urteil er gescholten hat,

1. (Ldr. II 11§4 - II 12§1>: Rechts berufen sich der Richter (auf einem Kastenthron) und ein Dingpflichtiger durch Fingerzeig und Ablehnungsgestus auf das Dingverbot an den gebundenen Tagen. Zwischen beiden befindet sich das Zeichen der gebundenen Tage, ein zweiliniger Kreis bzw. Ring mit einem Kreuz; darunter eine Urteilsrose, die in Ο fehlt. Die drei (in Ο zwei) Figuren links (wohl herre, man und mag des Textes) wenden sich von der Gerichtsszene ab, weil sie im Falle einer Klage nicht Urteilsfinder sein können. Die Voraussetzung für dieses Verbot, daß es sich nämlich um eine Klage handelt, die eine Todes-, Körper- oder Ehrenstrafe nach sich zieht, hat der Illustrator nicht berücksichtigt. 2. (Ldr. II 12§3): V o r dem Richter (Graf), der mit übereinandergeschlagenen Beinen zu Gericht sitzt (in Ο mit Gerichtsschwert) stehen sich zwei Männer gegenüber. Zwischen den beiden Parteien befinden sich in Kopfhöhe zwei grüne Rosen, die beide ein Urteil symbolisieren. Der Mann in rotem Oberkleid mit grünen Strümpfen zeigt auf die Urteilsrose seines Gegenübers und bringt damit zum Ausdruck, daß er ein Urteil über ihn gefunden hat. D e r Mann in grünem Kleid und roten Strümpfen macht durch seinen Fingerzeig auf dieselbe Rose deutlich, daß er dieses Urteil schelten will (anders D: Jeder der Männer zeigt auf die Rose vor sich; in Ο stehen beide Männer zum Richter gewendet, und jeder zeigt auf eine der beiden eng zusammengerückten Rosen). Nicht ins Bild gesetzt ist die Bedingung, nach der Urteil und Urteilsschelte nur außerhalb des Königsbannes erfolgen können und daß die beteiligten Parteien voll rechtsfähig sein müssen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86. 3. (Ldr. II 12§4): Die Boten, die die Entscheidung des Königs über ein gescholtenes Urteil einholen sollen (nicht ausgemalte Urteilsrose als Zeichen), muß der Richter beköstigen. Ihnen werden Brot (auf dem Tisch) und Bier gereicht, zudem drei Gerichte - zwei Schüsseln stehen bereits auf dem gedeckten Tisch, eine wird von einem Bediensteten gerade gebracht - und ein Becher Wein. Der Bote, der ein Messer in der Hand hält, führt mit der anderen Hand einen Becher zum Mund. Boten und Bediensteter tragen quadrierte Oberbekleidung, bei den Boten möglicherweise ein Indiz dafür, daß es Schöffenbarfreie sind. Ignor; Gerichtsverfahren, S. 79, 86; Kroescheil, Rechtswirklichkeit, S. 5. 4. (Ldr. II 12§4): Bevor in der nachfolgenden Bildzeile weitere Verpflichtungen des Richters gegenüber der Begleitung der Boten veranschaulicht werden, zeigt dieses Bild eine Partei vor dem K ö nig, der mit gekreuzten Beinen vor ihnen auf einem Kastenthron sitzt. Der Bote in zweifarbigem Oberkleid (quadriert?) erfragt die Entscheidung über das gescholtene Urteil, indem er auf die grüne Rose deutet. Hinter ihm stehen vier berittene Knechte. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 86; Kroescheil, Rechtswirklichkeit, 5. 5. 5 . / 6 . (Ldr. II 12§4): Die Männer in roten Oberkleidern sind die Knechte des Boten. Einer nimmt von einem Knecht des Richters (in grünem Kleid) die für das Pferd bereitgestellten fünf Heugarben entgegen; der andere hilft dem Hufschmied, der das Pferd an den Hufen der Vorderhand beschlagen muß. Die grüne Urteilsrose zeigt die Zusammengehörigkeit der Bildzeile mit den voranstehenden an; allerdings ist gegenüber dem T e x t die Abfolge der Bildzeilen 4 und 5 vertauscht (so auch O; dort zusätzlich noch ein weiteres Bild, das vier Männer mit Aufmerksamkeitsgestus zeigt, die vier gesattelten und gezäumten Pferden gegenüberstehen). Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79, 86; Kroescheil, Rechtswirklichkeit, S. 5.

1 vol(len)komen an sime rechte sin ,voll rechtsfähig sein'; 2 st.F. .Grenze', .Bezirk', hier ,Markgrafschaft'; 3 ervarn, st.V. .kennenlernen, erkunden, erforschen, ausmachen'.

marke irvarn

folio 28 verso νή deme richt'e di k o j t gelde di he mit de bote vor tä h a t - k e i n s ge/choldene vrteils müs mä nich* czien üs ein' g r a u e / c h a f t in eine m a r k e - a b wol d' greue di g " u e / c h a f t vö deme markereue h a t di is da von das ind' marke kein kvniges ban en is νή ir recht / i c h zweiet · d a r vme Jal mä des vor das richte czien · W e r orteils gevrag' wirt νή des nich' vinde kan · tar he / i n recht d a r czü tun das hes nicht vinde k u n n e - J o müs mä is wol vrage eine andern • da noch de dritte νή den v i e r d e - d ' lezte gewlnet is tag al/o lange · als yeme geteding 1 is uf den das vrtel get Schilt oüch ein / a c h / e ein urteil-νή czut hes an / i n e u o r d e r e h ä t · νή an di meijte menie • he müs dar vme vechtl Jelb / i b e n d e Jin' g e n o / e n - w i d ' andere Jibene · w o di meijte menie Jige vichtet di behaldin das vrteil • Iclich vor /iget mä wett 1 deme richt'e ·νή gibit deme büze d ' uf en gevochte hat vme urteil / a l mä nirge vech= te wen vor deme riche Vraget mä eine mä Urteils νή vint he noch / i m e / i n n e / o hes rech/te weis · ijt is wol vnrech' he lidet d a r vme keine n o t wid' Jprich' ein' di volbort νή vint he ein and' vrteil-welch ir di mere volge hat d ' behelt Jin ürteil · νή blibens beide ane gewette-wen ir kein' des and'n vrteil be/cholde h a t - w ' ein urteil Jchildet d' Jpreche al/o · das urteil das d ' mä vünde hat das is v r e c h t - d a s / c h e l d e ich νή zie des da ichs d u r c h rech 1 czien /al · Schilt d ' / w a b e des / a c h / e ürteil o d ' d ' / a c h / e yens das

168

5

ίο

is

20

is

3o

u n d e deme richtere di kost gelden, di he mit den boten vortan hat. Keins gescholdenen Urteils mus man nicht czien us einer graveschaft in eine marke, ab wol d e r greve di graveschaft von deme markgreven hat. D i i is da von, das in der m a r k e kein kuniges ban enis u n d e ir recht sich zweiet, d a r u m m e sal m a n des vor das riche czien. W e r orteils gevraget wirt u n d e des nicht vinden kan, tar he sin recht d a r czu tun, das hes nicht vinden kunne, so mus m a n is wol vragen einen andern, da noch den dritten u n d e den vierden. D e r lezte gewinnet is tag also lange, als ieme getedinget is, uf den das urteil get. Schilt ouch ein Sachse ein urteil unde czut hes an sine vordere h a n t u n d e an di meiste menie, he mus d a r u m m e vechtin selb sibende siner genosen wider andere sibene. W o di meiste menie sige vichtet, di behaldin das urteil. Iclich vorsiget man wettet deme richtere u n d e gibit deme buze, der uf en gevochten hat. U m m e urteil sal man nirgen vechten wen vor deme riche. Vraget man einen m a n Urteils u n d e vint he noch sime sinne, so hes rechste weis, ist is wol unrecht, he lidet d a r u m m e keine not. Widersprichet einer di volbort unde vint he ein a n d e r urteil, welchir di mere volge hat, der behelt sin urteil, u n d e blibens beide ane gewette, wen ir keiner des a n d e r n urteil bescholden hat. W e r ein urteil schildet, d e r spreche also: Das urteil, das der man vunden hat, das is unrecht, das scheide ich u n d e zie des, da ichs d u r c h recht czien sal. Schilt d e r Swabe des Sachsen urteil o d e r der Sachse iens, das

5 markgreven Horn., markereven WD, margrauen O. Dis is] Di is W D, Dit is Ο Horn. S riche D, rike Ο Horn., richte W. 14 urteil A urtel W, ordel Ο Horn.

169

u n d dem Richter die Ausgaben ersetzen, die dieser f ü r die Boten aufgebracht hat. Ein gescholtenes Urteil darf man nicht aus einer G r a f s c h a f t in eine M a r k g r a f s c h a f t bringen, auch wenn der Graf die G r a f s c h a f t von d e m M a r k g r a f e n erhalten hat. Dies ist deshalb so, weil es in der M a r k g r a f s c h a f t keinen Königsbann gibt u n d ihr Recht abweicht; deshalb m u ß man dieses (das gescholtene Urteil) vor den König bringen. W e n n jemand um ein U r teil g e f r a g t wird u n d es nicht f i n d e n kann, getraut er sich zu schwören, d a ß er es nicht finden kann, so darf m a n es (das Urteil) von einem zweiten erfragen, danach auch von einem dritten u n d vierten. D e r zuletzt G e f r a g t e erhält so lange Frist 1 , wie jenem Frist gegeben ist, gegen den das Urteil ergeht. Schilt auch ein Sachse ein Urteil u n d ber u f t 2 er sich auf seine rechte H a n d 3 u n d auf die Mehrheit, dann m u ß er d a r u m mit sechs seiner Standesgenossen gegen sieben andere k ä m p f e n . D o r t w o die g r ö ß t e Anzahl der Siege e r k ä m p f t wird, d o r t wird das Urteil g e w o n n e n . Jeder besiegte M a n n bezahlt dem Richter das Gewette u n d gibt demjenigen die Buße, der gegen ihn gek ä m p f t hat. U m ein Urteil darf m a n nirgendwo anders k ä m p f e n als vor dem König. Fragt m a n einen M a n n um ein Urteil u n d dieser findet es gem ä ß seinem Verständnis 4 , so wie er es am besten weiß, auch w e n n es U n r e c h t ist, erleidet er deshalb d a n n keinen Nachteil. Widerspricht jemand der Z u s t i m m u n g z u m Urteil 5 u n d findet er ein anderes Urteil, dann behauptet derjenige, dem die M e h r h e i t folgt, sein Urteil, u n d beide (Urteilsfinder) bleiben o h n e Gewette, denn keiner (von beiden) hat das Urteil des anderen gescholten. W e r ein Urteil schilt, der spreche f o l g e n d e r m a ß e n : „Das Urteil, das d e r M a n n g e f u n d e n hat, das ist unrecht. Ich schelte es u n d bringe es dahin, wohin ich es rechtmäßig bringen m u ß . " Schilt ein Schwabe das Urteil eines Sachsen o d e r der Sachse das des Schwaben, so

1 tac, tag st.M., Verkürzung von tageding ,Termin, Frist' bzw. ,auf einen T a g anberaumte gerichtliche Verhandlung' (vgl. fol. 16r); 2 ziehen an, mnd. ten an st.V. ,sich wegen einer Sache berufen auf'; 3 vordere hant st.F. .rechte Hand', ,die Schwurhand' (DRWB IV, Sp. 1557); 4 sin st.M. ,Verstand, Verständnis'; 5 volbort (md.) st.F.N.,Zustimmung, Erlaubnis, Vollmacht', hier der Dinggenossen zum Urteilsvorschlag.

folio 28 verso

1. (Ldr. II 12§5): Der Mann in der Bildmitte ist mit seiner Urteilsschelte unterlegen. Er zahlt darum seinem Gegner (am Bildaußenrand), dessen Urteil (symbolisiert durch die grün ausgemalte Rose) er gescholten hat, eine Geldbuße. Dem Richter, der mit gekreuzten Beinen auf seinem Richterstuhl sitzt, erstattet er mit den 60 Goldstücken auf dem Zahlbrett die Kosten, die diesem im Zusammenhang mit der Urteilsschelte entstanden sind; gleichzeitig übergibt er dem Richter ein Strafgeld. 2. (Ldr. II 12§7): Der Richter (Graf; an der Text-Bild-Zäsur) erfragt nacheinander von drei Männern ein Urteil (unausgemalte Urteilsrose). Wie der erste Befragte, der dem Richter gegenübersteht und mit seinem Eid auf die Reliquien kundtut, daß er nicht in der Lage ist, ein Urteil zu finden, schwören auch die beiden Männer, die hinter ihm stehen, daß sie kein Urteil finden können, indem jeder seine rechte H a n d auf ein Reliquienkästchen legt und mit der linken auf eine unausgemalte Urteilsrose zeigt. Der vierte Mann, der den zuvor Befragten den Rücken zukehrt, hebt zwar auch abwehrend seine rechte Hand, weist aber mit der linken ebenfalls auf eine unausgemalte Rose, um damit deutlich zu machen, daß er das Urteil in der angegebenen Frist wahrnehmen will. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86. 3. (Ldr. II 12§8): Vor dem König, der mit gekreuzten Beinen zu Gericht sitzt, stehen sich zwei Gruppen zu je sieben Personen gegenüber. Eine Partei hat ein Urteil (unausgemalte Rose) gescholten, die andere Partei vertritt die Gescholtenen (eindeutige Zuordnung der Parteien ist unmöglich). Alle Männer tragen ein grünes Oberkleid und rote Strümpfe, zudem Kronen bzw. Spitzhüte (in D alle Schapel) und lassen so erkennen, daß sie alle ebenbürtig sind und dem Herrenstand angehören. Beide Parteien sind mit Buckelschilden und Schwertern bewaffnet und zeigen damit an, daß sie f ü r die Richtigkeit ihrer Sache im gerichtlichen Zweikampf eintreten wollen. ignor, Gerichtsverfahren, S. 83. 4. (Ldr. II 12§§9,10): Der Mann in grünem Oberkleid und roten Strümpfen hat ein Urteil gefunden, das dem Urteil des Mannes im rot-blauen Oberkleid widerspricht. Über die Annahme bzw. Rechtswirksamkeit eines der beiden Urteile entscheidet die Mehrheit der rechtskundigen Männer (Schöffen?), die den beiden Urteilsfindern als Gruppe gegenübersteht. Wie der Mann in rotblauem Obergewand zeigen sie alle auf die Urteilsrose und bestätigen damit sein Urteil, während sich der unterlegene Urteilsfinder abwendet. Der siebte rechtskundige Mann (v. Amira rechnet ihn zu der unterlegenen Partei; eine Überlegung, die sich nicht nur hinsichtlich gleicher Armhaltung, sondern auch aufgrund identischer Oberkleidung mit Figur 2 zu verbieten scheint) wendet sich zu dem Grafen um, der zu Gericht sitzt und das Urteil der Mehrheit bestätigt. Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 204. 5. (Ldr. II 12§12): Vor dem Königsgericht stehen sich ein Sachse im kurzen grünen Oberkleid und ein Schwabe im langen, roten Gewand mit blauem Umhang (vgl. oben W fol. 15r2,3) gegenüber. Jeder schilt das Urteil des anderen, indem er mit dem Fingerzeig seiner rechten H a n d auf die grüne Urteilsrose seines Gegenübers hindeutet. D a ß eine Urteilsschelte zwischen Sachse und Schwabe vor dem König entschieden werden muß, zeigt der Schwabe an, indem er mit seinem linken Arm auf den König zurückweist, der mit gekreuzten Beinen hinter ihm sitzt und den Reichsapfel hält.

170

folio 29 recto

m ü j e Ji v o r d e k v n i g e b e j c h e i d e als h i v o r

gere-

m u s e n si v o r d e m e k u n i g e b e s c h e i d e n , a l s h i v o r g e r e -

d i t is - S t e n d e J a l m ä u r t e i l J c h e l d e - J i z z e n d e

d i t is. S t e n d e sal m a n u r t e i l s c h e i d e n ,

Jal m ä urteil v i n d e - v n d ' kvniges b ä n e

sal m a n urteil v i n d e n u n d e r k u n i g e s b a n n e ,

melich

urteil zu vTdene-Jo Jal im ien' d e Jtul

J

is, d e r s a l d e s s t u l e s b i t t e n m i t u r t e i l n , e i n d e r d a s erste

vint·

urteil vant. W e l c h urteil iener d e n n e vint,

das bite he zu behaldene m' Jime rechte νή

das bite he zu behaldene mit sime rechte

czie des da hes d u r c h recht zien Jal vn bitte

c z i e d e s , d a h e s d u r c h r e c h t z i e n sal u n d e

d' b o t e d a r z u v m e ein b e j c h o l d e urteil Jal m ä k e i n ' v o l b ü r t v r a g e - d ' is o v c h v u n d e

10

unde bitte

d e n b o t e n d a r z u . U m m e ein b e s c h o l d e n urteil sal m a n k e i n e r v o l b u r t v r a g e n . D e r is o u c h v u n d e n h a t ,

hat

d ' m ü s d a nich* a b e l a j e n a n e y e n s wille d e

der m u s d a nicht abe lasen a n e iens willen,

d a s u r t e i l g e v ü n d e is z u J i m e

d a s u r t e i l g e v u n d e n is z u s i m e v r u m e n .

vrüme-wirt

richte b r a c h t en Jal kein urteil Jchelde n o c h Nv vor nemt vme vngerichte

/

is

r i c h t e b r a c h t , he e n s a l k e i n u r t e i l s c h e i d e n C.XIII. N u vornemt u m m e

ungerichte,

w e l c h g e r i c h t e d a r ü b e r g e t . D e n d i p sal



man

h e n g e n . G e s c h i e t a b e r in d e m e d o r f e d e s t a g e s

hege · gejchiet ab' inde d o r f e des tages eine d u b e · d i m i r e d e n e d r i e r J c h i l l i g e w e r t is · d a s

noch

d e r m a n , d e r d a v e c h t e n sal, sint h e in d e n k r e i s k u m t .

kvmt·

XIIII·

welch gerichte d a r ub' g e t - d e dip Jal

deme

Wirt

ein m a n gevangen u m m e ungerichte u n d e vor ge-

ein m ä g e v ä g e v m e v n g e r i c h t e · vn v o r ged' m ä d' d a vechte Jal-Jint h e inde kreis

geborn

ander

u r t e i l z u v i n d e n e . S o sal i m i e n e r d e n stul r u m e n ,

rüme

d' das urteil ü a n t - w e l c h urteil ien' d e n e

menlich

uf sime stule. D e r a b e r zu d e n b e n k e n nicht

uf Jime Jtule · d' ab' zu de b e n k e nich' g e b o r n is d ' J a l d e s J t u l e s b i t t e m* u r t e i l n · e i n a n d '

sizzende

20

eine

d u b e , d i m i n r e d e n n e d r i e r S c h i l l i n g e w e r t is, d a s

müs d' burmeijt' wol richte des Jelbe tages

mus der burmeister wol richten des selben

zü hüte vn czü hare · od' m' drin Jchillinge

zu hüte unde czu hare oder mit drin

Schillingen

czü l o j e n e - j o blib' ien' erlös vn rechtelos

czu losene. So blibet iener erlös u n d e

rechtelos.

d i s is d a s h o e j t e g e r i c h t e d a s d ' b u r m e i j t '

D i s is d a s h o e s t e g e r i c h t e , d a s d e r

h a t · d e s J e l b e J a l h e n i c h ' r i c h t e a b is u b ' n e c h tig wirt n o c h d' clage v m e m e r

25

phenTge

rech mas vn vnrechte w a g e - v n vb' ualjche

che od' kirchoue-vfi vor rechtere vn

30 kir-

mort

b u r n ' e o d ' di ire b o t j c h a f t w ' b ! c z ü i r m e vrü= m e di Jal m ä alle r a d e b r e c h e Slet o d ' vet

h a t . D e s s e l b e n s a l h e n i c h t r i c h t e n , a b is ü b e r tig w i r t n o c h d e r clage. U m m e m e r

nech-

phenninge

ten vor bas. Dis selbe gerichte get ü b e r u n -

t e v o r b a s • D i s J e l b e g e r i c h t e g e t v b ' vn=

d e r e vn di d e p h l u g r o ü b e o d ' m ü l e n o d '

burmeister

u n d e u m m e andere varnde habe mus he wol rich-

v n v m e a n d ' e v a r n d e h a b e m ü s h e w o l rich=

k o ü f t ab m ä des o r w n d i g wirt-Alle mor=

tages

rechi mas u n d e Unrechte wage u n d e

über

k o u f , ab m a n des o r ü u n d i g wirt. Alle

mor-

valschen

d e r e u n d e di d e n p h l u g r o u b e n o d e r m u l e n o d e r chen oder kirchove, unde vorreiAere unde burnere

oder

di

ire b o t s c h a f t w e r b i n

m e n , d i s a l m a n a l l e r a d e b r e c h e n . Der

czu den

kir-

mortirme

man

vru-

slet o d e r vet

7 erste O, irste Horn., fehlt WD. Π he Ο Horn., fehlt WD. 16 kreis WD, warf Ο Horn. 17 XIII aus XIIII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 20 Schillinge D, Horn., schillinghe O, schillige W. 28/29 unrecht D, unrech W, Unrechte Ο Horn. 30 kouf D, kouft W, cop Ο, kop Horn, orvundig] orwundig W, orundig D, orcunde O, overvündich Horn. 32 vorrethere D, vorrechtere W, uorredere O, vorredere Horn. 34 Der den man slet] De den man slat O, Die den man slat Horn., Slet WD.

171

müssen sie dies vor dem König entscheiden lassen, wie hier zuvor a u s g e f ü h r t w o r d e n ist. Stehend soll man das Urteil schelten, sitzend soll man das Urteil u n t e r Königsbann finden, ein jeder auf seinem Stuhl 1 . W e r aber zu den Bänken nicht geboren ist2, der soll mit Urteilen um den Stuhl bitten, um ein anderes Urteil zu finden. D a n n soll ihm derjenige den Stuhl räumen, der das erste Urteil f a n d . Welches Urteil jener dann findet, das erbiete 3 er sich zu beweisen mit seinem Recht u n d bringe es dahin, wohin er es dem Recht entsprechend bringen soll u n d bitte Boten dazu. Wegen eines gescholtenen Urteils darf man nicht um Z u s t i m m u n g bitten. W e r es (das Urteil) g e f u n den hat, der darf nicht ohne Einwilligung desjenigen, f ü r den das Urteil günstig ausfiel, von dem Urteil ablassen. W i r d ein M a n n wegen eines Verbrechens gefangen u n d vor Gericht gebracht, so darf er d o r t kein Urteil schelten 4 , auch nicht der M a n n , der k ä m p f e n soll, sobald er den K a m p f platz 5 betritt. Kapitel XIII. N u n h ö r t von Verbrechen, welches Gericht darüber ergeht: D e n Dieb soll man hängen. Geschieht aber im Dorf bei T a g e ein Diebstahl, der weniger als drei Schillinge wert ist, so darf der Bauermeister noch am gleichen T a g d a r ü b e r richten zu H a u t u n d H a a r 6 oder zu einer Ablösungssumme von drei Schillingen. D o c h bleibt jener d a n n ehrlos u n d rechtlos. Dies ist das höchste Gericht, das der Bauermeister hat. D a r ü b e r hinaus darf er nicht richten, wenn nach der Klage eine N a c h t vergangen ist. Wegen einer größeren Summe von Pfennigen u n d wegen anderer Fahrhabe darf er indessen richten. Dasselbe Gericht ergeht über unrechtmäßiges M a ß u n d unrechtmäßige W a a g e u n d über betrügerischen 7 Verkauf 8 , falls jemand dessen ü b e r f ü h r t 9 wird. Alle M ö r d e r u n d die, die einen P f l u g oder eine M ü h l e oder eine Kirche o d e r einen Kirchhof berauben, u n d Verräter u n d M o r d b r e n n e r oder die, die ihre Vollmacht 1 0 zu ihrem eigenen N u t z e n mißbrauchen, die soll m a n alle auf das R a d flechten 11 . W e r einen M a n n erschlägt o d e r f ä n g t

1 stül st.M., hier .Schöffenstuhl'; 2 zu den henken nicht geborn sin ,kein Erbschöffe sein', zu banc st.F. .Bank, Tisch', hier ,Gerichtsbank'; 3 bxten st.V. .erbieten, anbieten'; 4 schelten, scheiden st.V. .schelten, schmähen, tadeln', hier ,das Urteil anfechten'; 5 kreiz st.M. ,der eingehegte Kampfplatz'; 6 zü hüte unde zu hare ,zu H a u t und Haar' (Züchtigungsstrafe); 7 valsch Adj. .unredlich, unehrenhaft, unrichtig, trügerisch'; 8 kouf st.M. »Geschäft, Handel, Ware, die gekauft oder verkauft wird'; 9 übervündic werden, md. ubervundic, mnd. overvundich werden m. Gen. .darüber gefunden werden, nachgewiesen, überführt werden'; 10 botschaft st.F. .Botschaft, Bestellung', hier »Vollmacht'; 11 radebrechen sw.V. ,mit dem Rade brechen, hinrichten, rädern'.

folio 29 recto

1. (Ldr. II 12§13): Zwei Männer schelten ein Urteil, weswegen sie mit erhobenen rechten Zeigefingern auf die grüne Urteilsrose (fehlt in O) weisen. Sie müssen dies dem Text entsprechend stehend tun, was der gräfliche Richter durch seine Handgebärde anzudeuten scheint. 2. (Ldr. II 12§13): Der sitzende Richter gebietet dem Schöffen, dessen Urteil gescholten wird, den Schöffenstuhl zu räumen, damit der Schelter darauf Platz nehmen kann. Zwischen beiden sind zwei unausgemalte Urteilsrosen zu sehen. Der Scheltende hat mit seiner Rechten das Handgelenk des Bescholtenen umfaßt, um ihn von seinem Sitz zu ziehen. 3. (Ldr. II 13§1): Den Dieb (mit gebundenen H ä n d e n auf dem Rücken und Augenbinde) soll man hängen - wie in der linken Bildhälfte gezeigt wird -, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß der Diebstahl nicht in die Kompetenz des Bauermeisters (Strohhut) fällt. Dessen Gerichtsbarkeit beschränkt sich auf Diebstahl von Sachen, die den Wert von drei Schillingen nicht übersteigen. Der Diebstahl muß am gleichen Tage verübt worden sein, d.h. die Missetat darf nicht übernächtigt sein, was in der Bildzeile unberücksichtigt bleibt. Die Illustration in der größeren rechten Bildhälfte beschränkt sich in W und D auf die Darstellung des vor dem thronenden Bauermeister erscheinenden Missetäters, dem der Richter mit Fingerzeig auf den hinter dem Dieb stehenden H e n kersknecht (mit Schere) die Strafe an H a u t und H a a r androht. Der Dieb (mit Fingerzeig der rechten Hand) entzieht sich der Strafe durch die Zahlung von 3 Schillingen auf ein Zahlbrett (fälschlicherweise zeigt dies in W und D einen höheren Betrag; in Ο liegen die Münzen am Boden) und löst so seine H a u t . Unberücksichtigt läßt die Bildzeile, daß der Dieb dadurch ehr- und rechtlos wird. In Ο legt der Missetäter die Schwurfinger auf das Reliquiarund schwört so einen Eid auf die Heiligen. Der Henkersknecht trägt hier ein Schwert. Schmidt-Wiegand, Lade, Dorfrecht, S. 178; Scheele, Delikte, S. 197ff.; Mord und Totschlag, S. 73. 4. (Ldr. II 13§3): Das Bild, auf dem die Folgen marktrechtlicher Vergehen dargestellt werden, bezieht sich nicht auf die Hinrichtung am Galgen, sondern auf die Strafe zu H a u t und H a a r (vgl. W fol. 33r5,6; D fol. 29r5; Ο fol. 49v3), die in Ldr. II 13§2 als das hoeste gerichte des Bauermeisters bezeichnet wird. Ein Missetäter steht mit gebundenen Händen an einer Staupsäule. Der hinter ihm stehende Scherge (mit Dolch am Gürtel) schneidet mit seiner von beiden H ä n d e n geführten Schere das H a a r des Täters, der sich Unrechter Waage schuldig gemacht hat; darauf weist der am rechten Bildrand sitzende Bauermeister mit einer in seiner rechten Hand gehaltenen Waage und mit Fingerzeig seiner linken H a n d . Die Ü b e r f ü h r u n g erfolgt durch Ergreifung des Täters auf handhafter Tat. Dabei wird nicht nur das falsche Messen und Wiegen, sondern schon die Entdeckung Unrechten Maßes und Gewichtes bei einem Delinquenten mit der Strafe zu H a u t und H a a r geahndet. Während sich der Illustrator in W und D auf die Darstellung der Unrechten Waage beschränkt (die möglicherweise noch für Unrechtes M a ß stehen kann), zeigt Ο unterhalb der Waage noch einen rechteckigen Gegenstand (Gefäß?), der den betrügerischen Verkauf andeuten könnte. Außerdem ist die Bestrafung des Missetäters in Ο präziser, da der an einer Staupsäule nur mit einer Hose bekleidete Täter an Händen und Füßen gebunden ist. Zudem wird der Täter nicht nur geschoren, sondern zusätzlich mit einem Rutenbündel gestäupt. Lade, Dorfrecht, S. 178; Scheele, Delikte, S. 228, 231; Schmidt-Wiegand, Mordund Totschlag, S. 73. 5./6. (Ldr. II 13§4): Der gesamte Bildstreifen ist von rechts nach links zu lesen, wobei die rechte Bildhälfte nur zwei der im Text genannten Verbrechen, die linke Bildhälfte dagegen die darauf gesetzte Strafe des Räderns darstellt. Unterhalb der Textkolumne erdolcht der M ö r d e r einen am Boden liegenden Mann hinterrücks. Ein zweiter Missetäter ist gerade im Begriff, ein Haus mit einer Fackel anzuzünden (deutlicher in O, wo der Unrechtstäter mit der Fackel in der T ü r eines schon brennenden Gebäudes steht). N u r durch die Abbildung der Gebäude bzw. Gegenstände wird der im Text genannte Pflug-, Mühlen- und Kirchenraub veranschaulicht. Die Strafe, die auf diese Verbrechen folgt, das Rädern, wird in der Szene am linken Bildaußenrand dargestellt: Zwei Männer halten mit beiden H ä n d e n ein Rad empor, während der Missetäter unangepflockt am Boden liegt. Unüblich ist auch, daß er noch mit einem Hemd bekleidet ist. Scheele, Delikte, S. 148ff, 162, 216, 231; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 243f.; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 73ff.

172

folio 29 verso o d ' r o ü b ' o d ' b 2 n e t - / ü n d ' m o r t b r ä t o d ' wip odir mait noteg 1 · vn den vridebricht ν η di in ubir hure begriffen w'din de /al mä das h o ü p t abe / l a n · di dube behalde o d ' r o ü p o d ' di / i mit helfe d a r zu Jterke · w'din Ji des vor w n d l mä richtet ub' Ji als ub' iene· Welch crijten mä o d ' wip vnglo v big is vfi mit czoüb' vme get o d ' m l vor gift vn des vor w n d e wirt di J"al mä üf d' h ö r t b u r n e · welch rieht' vngerichte nich' en r i c h t e t - d ' is des Jelbin gerichtis Jchuldig · das ub' iene Jolde gen · nimant is ouch phlichtig des richters ding zu Juchene noch rechtis im czü phlegene di wile he rechtes Jelbe gewiSlet ein mä den and'n X V - g e r t hattot durch n o t vfi en tar he bi im nich' blibe-das he en vor gerichte brege vn vb' en richte vor /ins libes angijte kvmt he J u n d ' de totin vor gerichte vn bekenet h e s - e - m ä ub' en clait vn büt he Jich d a r vme czü rech= te mä Jal im / i n e hals nicht vor teiln · D e m richt'e Jal mä irteiln das h o e j t e gewette d' phenTge di mä im phliet zu gebene zü gewette vn de mage ir w'gelt · di Jal mä vor lade ir w'gelt zü nemene czü de n e e j t l dinge • vn czu de and'n vn zü de dritte · kvme Ji dene nich c vor he Jal da mitte Jizzen bis das Jis im m' clage an gewlne vn mä Jal im vridde w i r k e n - U m m e den man en mag im nimant an Jine hals ge/prechen da he Jich zu rechte vme b o t - e r mä uf en clai= te brengit mä ab' den tote vor gerichte vm= b e g r a b e n - v n clait uf in he müs entwerte vme Jine hals o d ' he müs den tote bereden ·

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oder roubet o d e r burnet, sunder mortbrant, o d e r wip odir mait noteget u n d e den vride bricht u n d e di in ubirhure begriffen werdin, den sal m a n das h o u p t abeslan. Di dube behalden o d e r r o u p oder di si mit helfe d a r zu Sterken, werdin si des vorwundin, man richtet über si als über iene. Welch cristenman o d e r wip ungloubig is u n d e mit czouber ummeget oder mit vorgift u n d e des v o r w u n d e n wirt, di sal man uf der h ö r t burnen. Welch richter ungerichte nicht enrichtet, der is des seibin gerichtis schuldig, das über ienen solde gen. N i m a n t is ouch phlichtig, des richters ding zu suchene noch rechtis im czu phlegene, di wile he rechtes selbe geweigert hat. C. XIIII. Slet ein man den andern tot durch n o t u n d e entar he bi im nicht bliben, das he en vor gerichte brenge unde über en richte vor sins libes angiste, k u m t he sunder den totin vor gerichte u n d e b e k e n n e t hes, e m a n über en clait, u n d e but he sich d a r u m m e czu rechte, man sal im sinen hals nicht vorteiln. D e m richtere sal man irteiln das hoeste gewette der phenninge, di man im phliet zu gebene zu gewette, u n d e den magen ir wergelt. Di sal m a n vorladen, ir wergelt zu nemene, czu den neestin dinge u n d e czu deme a n d e r n u n d e zu deme dritten. K u m e n si d e n n e nicht vor, he sal da mitte sizzen, bis das sis im mit clage angewinnen, u n d e man sal im vride wirken. U m m e den m a n enmag im nimant an sinen hals gesprechen, da he sich zu rechte u m m e bot, er man uf en claite. Brengit man aber den toten vor gerichte u nbegraben u n d e clait uf in, he mus e n t w o r t e n u m m e sinen hals oder he mus den toten bereden.

13 geweigert D, gewigert W, gheweygeret O, geweigeret Horn. 14 X I V aus X V nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 17 sunder W D Horn., ane O. 21 irteiln W D, delen O, erdelen Horn. 22 zu gebene WD, to weddende O, to weddene Horn. 28 vride] vridde WD, urede O, vrede Horn. 32 entworten] antworden O, antwerden Horn., entwerten WD.

173 oder ausraubt oder verbrennt, mit Ausnahme des Mordbrands 1 , oder eine Frau oder ein Mädchen vergewaltigt und den Frieden bricht und die, die beim Ehebruch 2 ergriffen werden, denen soll man den Kopf abschlagen. Diejenigen, die Diebes- 3 oder Raubgut hüten oder die Täter mit Hilfe unterstützen, werden sie dessen überführt, so soll man über sie richten wie über jene (Diebe/Räuber). Ist ein Christ oder eine Christin ungläubig und beschäftigt sich mit Zauberei 4 oder mit Giftmischerei 5 und werden (sie) dessen überführt, die soll man auf dem Scheiterhaufen* verbrennen. Ein Richter, der ein Verbrechen nicht richtet, der ist desselben Gerichts schuldig, das über jenen (Täter) ergehen sollte. Auch ist niemand verpflichtet, den Gerichtstag eines Richters aufzusuchen oder ihm gegenüber dem Recht zu genügen, wenn er selbst das Recht verweigert hat. Kapitel XIV. Schlägt ein Mann einen anderen in Notwehr 7 tot und getraut er sich aus Angst um sein Leben nicht, bei ihm zu bleiben, um ihn vor Gericht zu bringen und über ihn richten zu lassen, und erscheint er ohne den Toten vor Gericht und bekennt er es (die Tat), bevor man gegen ihn geklagt hat, und erbietet er sich, seine Rechtspflicht zu erfüllen, so soll man ihn darum nicht zum Tode 8 verurteilen. Dem Richter soll man (gegen ihn) das höchste Gewette in Pfennigen zuerkennen, das man als Gewette zu erheben pflegt, und den Magen ihr Wergeid. Damit sie ihr Wergeid entgegennehmen, soll man sie zum nächsten Gerichtstag vorladen und zum zweiten und zum dritten. Erscheinen sie dann nicht vor Gericht, so soll er (der Täter) es solange in seinem Besitz behalten 9 , bis sie es ihm durch eine Klage abgewinnen, und man soll ihm Friede erwirken. Niemand kann um den Hals des Mannes (eine Klage) erheben, weil er sich rechtmäßig erboten hat, ehe gegen ihn Klage erhoben wurde. Bringt man jedoch den Toten unbegraben vor Gericht und klagt gegen ihn, so muß er sich um seinen Hals verantworten oder er muß den Toten überführen.

1 mortbrant st.M. »Brandstiftung, verbunden mit räuberischem oder feindlichem Überfall'; 2 uberhur; überhuor st.N.M.F. ,Ehebruch'; 3 dübe st.F. ,Diebstahl', .gestohlene Sache'; 4 zouber st.N.M.,Zauber, Zauberei'; 5 vergift st.F.N.M. ,Gift, Giftmischerei'; 6 hört st.M. ,das Angesammelte, die Fülle, Menge', hier in der speziellen Bedeutung .Scheiterhaufen'; 7 not st.F.M. .Notwehr'; 8 hals st.M. .Hals, Leben', bi deme halse ,bei Todesstrafe'; 9 da mite sitzen ,in Besitz behalten'.

folio 29 verso

1. (Ldr. II 13§5): In W fehlt der Bildbuchstabe. Der Bildstreifen stellt zunächst nur zwei der im Text genannten Missetaten vor, die mit der Todesstrafe des Enthauptens - so rechts im Bild zu sehen - geahndet werden (anders O: D o r t werden die Missetaten und die darauf folgende Strafe jeweils gesondert in einem Bild dargestellt). Am linken Bildrand erschlägt (absichtliche Tötung) der Schwertträger einen Mann hinterrücks (heimlich), indem er einen Schwerthieb gegen seinen Hinterkopf führt. Im Gegensatz dazu zeigt Ο einen schwertführenden Mann, der dem Angegriffenen eine offene Halswunde zugefügt hat und seine Waffe aufrecht in der rechten Hand trägt. Im Bildzentrum steht ein sich eng umschließendes Paar f ü r die Missetat des Ehebruchs. Am rechten Bildrand wird dann die peinliche Strafe dargestellt, die auf die Missetaten folgt: Zu Füßen des noch in seiner rechten H a n d das Richtschwert führenden Henkers liegt bereits der enthauptete Missetäter im langen Büßerhemd am Boden. Ο zeigt eine andere Variante der Enthauptungsstrafe: Der Scharfrichter hält mit beiden H ä n d e n das Richtschwert über den vor ihm knienden, bereits enthaupteten Missetäter. Hinter dem H e n k e r steht eine verheiratete Frau (mit Schleier) und deutet mit Aufmerksamkeitsgestus an, daß der Täter f ü r die an ihr begangene Missetat bestraft worden ist. Hüpper, Funktionstypen, S. 241; Peters, Fronbote, S. 309; Scheele, Delikte, S. 172, 187f., 212, 231. 2. (Ldr. II 13§7): Ein Ketzer (im Büßerhemd) und eine Hexe erleiden mit gebundenen Händen den T o d auf dem Scheiterhaufen, dessen Feuer von einem Henkersknecht geschürt wird. Das Giftmischen wird durch die Frau rechts dargestellt, die in ihrer Linken eine Phiole hält und mit der Rechten auf diesen Gegenstand als das Corpus delicti zeigt. Während die Ketzerei durch einen Mann verkörpert wird, sind das Giftmischen und die Zauberei reine Frauendelikte, eine im Mittelalter weit verbreitete Ansicht. In Ο ist die Szene in zwei Bilder unterteilt. Hüpper, Funktionstypen, S. 241; Scheele, Delikte, S. 134f., 231; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 102. i . (Ldr. II 14§1): Ein toter Mann liegt mit abgeschlagenen Händen und Füßen auf dem Boden (in Ο nur mit klaffender Halswunde). Das neben dem Toten liegende Schwert dürfte ein Hinweis darauf sein, daß der T o t e den Totschläger gewaltsam angegriffen hat. Der Totschläger am linken Bildrand (mit Schwert in seiner erhobenen rechten Hand) hat den Angriff durch not - wie das seinen linken Arm verhüllende Tuch symbolisiert - abgewehrt (vgl. auch W fol. 24r4; W fol. 30v2; W fol. 58rl). Er flüchtet mit zurückgewandtem Blick vom Kampfplatz, weil er sich nicht traut, beim Leichnam zu bleiben und unter Vorbringung des Erschlagenen vor Gericht gegen den Toten zu klagen, d.h. er kann ihn des friedebrecherischen Angriffs vor Gericht nicht überführen. Demgegenüber steht in Ο der Totschläger (hier mit geschultertem Schwert) entgegen dem Text dem Toten noch zugewandt. Scheele, Delikte, S. 138f. 4. (Ldr. II 14§ 1): Der in der Bildmitte hinter dem Reliquiar stehende Totschläger - mit geschultertem Schwert in seiner rechten H a n d - der nach der vorigen Bildzeile den von ihm erschlagenen Mann verlassen und somit ohne den Toten vor Gericht erschienen ist - hat sich zu seinem Totschlag bekannt. Er hat sich zu Recht erboten, weil er sich nicht dem Vorwurf des heimlichen Mordes aussetzen will. N u r f ü r den Fall, daß die Verwandten nicht schon zuvor Klage gegen den Totschläger erhoben haben bzw. vor Gericht erscheinen, wird der Totschläger nicht mehr peinlich bestraft. Gemäß Ldr. II 14§1 wird er aber nicht mehr zur Klage zugelassen, sondern wegen des Totschlags zu Wergeid- und Gewettezahlung so im Bildstreifen dargestellt - verurteilt. Dem am rechten Bildrand thronenden Richter (Graf) zahlt der Totschläger das hoeste gewette. Am linken Bildrand hat sich bereits ein Verwandter des Getöteten (mit Kapuze) vor dem Gericht eingefunden und das vom Totschläger an ihn zu zahlende Wergeid entgegengenommen. 5. (Ldr. II 14§ 1): Vor den am rechten Bildrand thronenden Richter (Graf), der mit Fingerzeig der rechten H a n d auf den Bildbuchstaben Κ weist, ist der getötete, am Boden liegende Mann (in Ο mit Halswunde) mit abgeschlagenen Händen und Füßen gebracht worden (leibliche Beweisung). Vermutlich ein Verwandter des Erschlagenen - direkt vor dem Richter stehend - hat offensichtlich den Leichnam vor Gericht gebracht und die Klage wegen T o t schlags erhoben (vgl. Ldr. II 64§3). Der so zu Füßen des Erschlagenen am linken Bildrand stehende Beklagte (in identischer Kleidung wie W fol. 29v3,4) ist nun verpflichtet, sich umme sinen hals zu verteidigen. D a h e r stehen sich Totschläger und Verwandter jeweils mit Schwert und Rundschild bewaffnet - im Gottesurteil des gerichtlichen Zweikampfes gegenüber.

folio 30 recto

Welch mä vor gerichte vordert XVI· Jo getane Jache da he eine gewere vme geloben müs-vn gelobit he di-vnde kvmt da nach ein and' vn vordert di Jelbe Jache ·νή en mag he d' di gew' gelob 1 hat ie ne nich' abe gewijen mit rechte • he müs Jine vorderüge lajen m' ein' w'büje • vnde müs de richtere wette Wer b ü j e das is Jine rechte h a t - d a he di gewer mitte gelob e t e - o d ' Jin halbe w'gelt gelob' ab' eine gewer d' da h'gewete od' erbe vordert-od' vroüwe di gerade v o r d e m · od' keine varnde habe · gebricht en and' gew' das Ji in gebro= chen wirt m1 rechte-Ji wette de richtere dar vme · vfi lajen di habe m 1 büze · XVII Gew'e Jal iclich mä tun vme tot Jlag vn vme lemde vn vme wnde vor Jine h're vn vor Jine Jw't mag Wer de and'n belemt od' wnd'-wirt hes beredet mä Jlet im di hat ab welch vngerichte mä ab' uf de mä bered' m' käphe das get im an den lip · ein iclich mä hat büje noch Jin' ge= bürt he en habe Ji dene vorworcht Wene d' vronebote de richt'e wettit durch das he en an Jime rechte vor Jvmet hat-So wettet he des küniges malder das Jint czwene vn drijig Jlege m' ein' g v nen eichi ne gerte - di zweier dum ein lang Jin • Welch mä an müde · an naje • an oüge an zvnge vn an o r n v n an des mänes ge mechte · ä hede · od' an vüjin dirre iclich belemt wirt·vii Jal mä im b e j j e r n - m ä müs is im gelde m' eime halbe w'gelde Ein iclich ving' vn czen hat Jine Jüd'liche b ü j e noch

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C. XV. Welch man vor gerichte vordert so getane sache, da he eine gewere umme geloben mus, unde gelobit he di unde kumt da nach ein ander unde vordert di selbe sache, unde enmag he, der di gewer gelobet hat, ienen nicht abegewisen mit rechte, he mus sine vorderunge lasen mit einer werbuse unde mus deme richtere wetten. Werbuse, das is sine rechte hant, da he di gewer mitte gelobete oder sin halbe wergelt. Gelobet aber ein man eine wer, der da hergewete oder erbe vordert, oder vrouwen, di gerade vordem oder keine varnde habe, gebricht en an der gewer, das si in gebrochen wirt mit rechte, si wetten deme richtere dar umme unde lasen di habe mit buze. C.XVI. Gewere sal iclich man tun umme totslag unde umme lemden unde umme wunden vor sinen herren unde vor sinen swertmag. Wer den andern belemt oder wundet, wirt hes beredet, man slet im di hant ab. Welch ungerichte man aber uf den man beredet mit kamphe, das get im an den lip. Ein iclich man hat buse noch siner geburt, he enhabe si denne vorworcht. Wenne der vronebote deme richtere wettit, durch das he en an sime rechte vorsumet hat, so wettet he des kuniges malder, das sint czwene unde drisig siege mit einer grünen eichinen gerten, die zweier dumeln lang sin. Welch man an munde, an nasen, an ougen, an Zungen unde an orn unde an des mannes gemechte, an henden oder an vusin, dirre iclich belemt wirt, unde sal man im bessern, man mus is im gelden mit eime halben wergelde. Ein iclich vinger unde czen hat sine sunderliche buse, noch

1 X V aus X V I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 9 rechte W D, u o r d e r e O, v o r d e r e Horn. 10 ein m a n ] en m a n Ο Horn., fehlt W D. 12 keine WD, i e n e g h e O, ienege Horn. Ii X V I aus X V I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 18 nach h e r r e n ] d e n h e bestad Of d e m he b e s t a t Horn.

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Kapitel XV. Wer vor Gericht eine so geartete Sache fordert, daß er d a f ü r Gewährschaft geloben muß, und gelobt er diese und kommt danach ein anderer (Mann) und fordert dieselbe Sache, und vermag derjenige, der die Gewährschaft gelobt hat, jenen rechtmäßig nicht zurückzuweisen, so muß er seine Forderung aufgeben und eine Gewährschaftsbuße 1 leisten und dem Richter Gewette zahlen. Die Gewährschaftsbuße, das ist seine rechte H a n d , mit der er die Gewährschaft gelobt hat oder sein halbes Wergeid. Gelobt aber ein Mann Gewährschaft, der Heergewäte oder Erbe fordert, oder Frauen, die eine Gerade fordern oder irgendeine Fahrhabe, und kommt es zu einem Bruch der Gewährschaft, indem sie ihnen (Mann oder Frau) zu Recht gebrochen wird, so zahlen sie dem Richter deshalb Gewette und verlieren mit der Buße die Habe. Kapitel XVI. Gewährschaft soll jedermann wegen Totschlags, Verletzung und Verwundung f ü r seinen Herrn und f ü r seinen Schwertmagen leisten. Wer einen anderen verletzt 2 oder verwundet, wird er dessen überführt, so schlage man ihm die H a n d ab. Wen man aber wegen eines Verbrechens durch Zweikampf überführt, so geht es ihm (dem Besiegten) an das Leben. Jeder Mann hat eine Buße gemäß seiner Geburt, es sei denn, er habe diese verwirkt. Wenn der Fronbote dem Richter ein Gewette zahlt, weil er diesem gegenüber sein Recht versäumt hat, so zahlt er (als Strafe) des Königs Malter 3 , das sind zweiunddreißig Schläge mit einer grünen eichenen Gerte, die zwei Daumenellen 4 lang ist. Wird ein Mann an Mund, Nase und Augen, an Zunge und Ohren und an den Geschlechtsteilen, an H ä n d e n und Füßen verletzt, und muß man ihn d a f ü r entschädigen, so soll man es ihm mit dem halben Wergeid vergelten. Jeder Finger und jede Zehe haben ihre besondere Buße, je nach

1 werbuze st.F. ,Strafe f ü r N i c h t l e i s t u n g d e r G e w ä h r s c h a f t , G e währschaftsbuße'; 2 belemen sw.V. ,mit b l e i b e n d e r L ä h m u n g verletzen'; 3 malter, maider s t . N . , G e t r e i d e m a ß , M a l t e r ' , hier (wie S c h o c k ) eine Z a h l e n a n g a b e f ü r 30; 4 dümelle, -eine st.sw.F. , M a ß von d e r Spitze d e s D a u m e n s bis z u m E l l e n b o g e n ' .

folio 30 recto

1. (Ldr. II 15§1): V o r G e r i c h t g e l o b t ein M a n n G e w ä h r s c h a f t . Sein G e g n e r wird indessen n i c h t g e z e i g t . D i e suchen, w e s w e g e n er G e w ä h r s c h a f t g e l o b e n m u ß , sind V e r g e h e n , die an H a l s o d e r H a n d , H a u t u n d H a a r o d e r an die E h r e g e h e n . D a s R i c h t s c h w e r t f e h l t in W , ist a b e r in D u n d Ο v o r h a n d e n . D i e H a n d f e h l t e b e n s o in W u n d D , ist j e d o c h in Ο e n t h a l t e n . D e r Besen mit r o t e m Stil ist ein S t a u p b e s e n u n d stellt z u s a m m e n mit d e r Schere die S t r a f e an H a u t u n d H a a r d a r . D i e „ B o j e " (v. A m i r a ) s t e h t f ü r die E h r e n s t r a f e , d a sie, als V o r l ä u f e r i n d e r n e u z e i t l i c h e n S t r a f g e i g e , d e n Z w e c k hat, den Sträfling der schimpflichen Ausstellung preiszugeben. D e r F i n g e r g e s t u s d e s R i c h t e r s b e z i e h t sich auf die S y m b o l e u n d weist d a m i t d a r a u f hin, in w e l c h e n A n g e l e g e n h e i t e n die G e w ä h r s c h a f t gelobt werden muß. Oppitz, Fragmente, S. 277. 2. (Ldr. II 15§1): Auf A n o r d n u n g des Richters schlägt d e r H e n k e r ( o d e r dessen K n e c h t ) d e m G e w ä h r s c h a f t s b r ü c h i g e n z u r S t r a f e die r e c h t e H a n d ab. Ein s t e i n e r n e r T i s c h d i e n t hier b e i m V o l l z u g d e r S t r a f e als A u f l a g e f l ä c h e ; die Axt in d e r H a n d des H e n k e r s ist das in d e r S a c h s e n s p i e g e l - I l l u s t r a t i o n in diesem Z u s a m m e n h a n g übliche S t r a f w e r k z e u g . D e r B e z u g z u m ersten Bildstreifen ist in Ο d e u t l i c h e r , i n d e m hier d e r R i c h t e r mit Z e i g e g e s t u s seiner L i n k e n auf d a s v o r a u s g e h e n d e Bild weist. D e r B i l d b u c h s t a b e G b e z i e h t sich w o h l auf L d r . II 16§2, w o a u c h die S t r a f e des H a n d a b s c h l a gens e r w ä h n t wird u n d ist v e r m u t l i c h v o m Z e i c h n e r v e r s e h e n t l i c h an diese Stelle g e s e t z t w o r d e n . Oppitz, Fragmente, S. 277; Scheele, Delikte; 5. 155, 159. 3. (Ldr. II 16§2): D i e Bildzeile f a ß t zwei v e r s c h i e d e n e Z e i t s t u f e n z u s a m m e n : D e r am r e c h t e n B i l d r a n d t h r o n e n d e R i c h t e r ( G r a f ) erlaubt mit F i n g e r z e i g u n d R e d e g e b ä r d e seiner H ä n d e d e m v o r ihm s t e h e n d e n Kläger, d e r d e n Beklagten u m ein ungerichte.. .mit kamphe beredet hat, d e n Z w e i k a m p f zu b e g i n n e n . Aus diesem G r u n d blickt sich d e r bereits mit g e s c h w u n g e n e m S c h w e r t u n d h o c h e r h o b e n e m Schild z u m K a m p f bereite, im B i l d z e n t r u m steh e n d e K l ä g e r n o c h n a c h d e m R i c h t e r um. D a g e g e n weist d e r in d e r linken B i l d h ä l f t e a m B o d e n liegende e n t h a u p t e t e Beklagte s c h o n auf d e n m ö g l i c h e n A u s g a n g des Z w e i k a m p f e s hin. D e n n sollte d e r Beklagte im K a m p f unterliegen u n d s o m i t d e s U n g e r i c h tes ü b e r f ü h r t w o r d e n sein, s o get es im an den lip (vgl. Ldr. I 63§4). M i t d e m v o r w e g g e n o m m e n e n A u s g a n g d e s Z w e i k a m p f e s in d e r linken B i l d h ä l f t e d e u t e t d e r I l l u s t r a t o r d e m T e x t e n t s p r e c h e n d die rechtlichen F o l g e n bei einer N i e d e r l a g e des B e k l a g t e n a n . Im G e g e n s a t z d a z u zeigt die Bildzeile in Ο d e n K l ä g e r u n d d e n mit kreuzweise gebundenen H ä n d e n vorgeführten Beklagten weder vor dem Richter noch vor dem Zweikampf. Scheele, Delikte, S. 155. 4. ( L d r . II 16§4): D e r F r o n b o t e , k e n n t l i c h an seiner P e i t s c h e u n d d e r B e k l e i d u n g (im G e g e n s a t z z u r g e w ö h n l i c h e n D a r s t e l l u n g f e h len die g r ü n e n Q u e r s t r e i f e n ; in D v o r h a n d e n ) , b ü ß t seine V e r g e h e n im A m t g e g e n ü b e r d e m G r a f e n mit d e s K ö n i g s M a l t e r , d a s sind 32 Schläge mit einer g r ü n e n , e i c h e n e n G e r t e (im S c h w a b e n spiegel n u r 30 Schläge). D e r I l l u s t r a t o r zeigt am linken B i l d a u ß e n r a n d d a s S t r a f w e r k z e u g , die G e r t e , f a l s c h e i n g e f ä r b t (gelb statt g r ü n ) . Bei d e r P e i t s c h e , die d e r F r o n b o t e ü b e r die S c h u l t e r gelegt trägt, d ü r f t e es sich u m das ü b l i c h e A t t r i b u t u n d Z e i c h e n seines A m t e s h a n d e l n . D a s wetten f i n d e t im Bild seinen A u s d r u c k in d e r E r h e b u n g d e r r e c h t e n H a n d (anstelle e i n e r G e l ö b n i s g e b ä r d e ) des F r o n b o t e n u n d im gleichzeitigen A u f n e h m e n des R o c k s c h o ß e s d u r c h d e n G r a f e n z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß er d e r E m p f ä n g e r des B u ß g e l d e s ist. Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 109f. 5 . / 6 . (Ldr. II 16§§5,6): D i e linke B i l d h ä l f t e stellt vier V e r s t ü m m e l u n g s a r t e n d a r : D i e erste F i g u r h a t eine V e r l e t z u n g am M u n d ; die zweite P e r s o n an d e r N a s e . D e r d r i t t e M a n n (im g r ü n e n R o c k ) h a t n e b e n e i n e r u n d e u t l i c h e n A u g e n v e r l e t z u n g ( e i n d e u t i g s i c h t b a r in D ) n o c h einen A r m s t u m m e l ( V e r l e t z u n g an d e r v e r l ä n g e r t e n H a n d ) u n d z u d e m eine Z u n g e n v e r s t ü m m e l u n g . D i e vierte P e r s o n ist mit a b g e t r e n n t e m F u ß d a r g e s t e l l t . D i e rechte B i l d h ä l f t e zeigt eine O h r v e r l e t z u n g bei d e r e r s t e n P e r s o n , w ä h r e n d die n ä c h s t e Fig u r i r r t ü m l i c h mit e i n e r Z u n g e n v e r l e t z u n g d a r g e s t e l l t ist. N a c h v. A m i r a h a n d e l t es sich in D u n d W w o h l u m einen F e h l e r d e s K o p i sten. Bei d e r d r i t t e n P e r s o n in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e d ü r f t e es sich u m d e n an seinem gemechte v e r l e t z t e n M a n n h a n d e l n , w o r a u f a u c h d e r F i n g e r z e i g d e r linken H a n d des W e r g e l d - Z a h l e n d e n hinweisen d ü r f t e . D a ß die L ä h m u n g e n d e r S i n n e s w e r k z e u g e ( M u n d u n d Z u n g e , N a s e , A u g e n , O h r e n ) einschließlich d e r V e r s t ü m m e l u n g e n f ü r s c h w e r e V e r l e t z u n g e n an d e n G e s c h l e c h t s t e i l e n , an H ä n d e n u n d F ü ß e n mit d e m H ö c h s t b e t r a g des h a l b e n W e r g e i d e s g e s ü h n t w e r d e n m ü s s e n (vgl. L d r . II 15§1), ist bildlich nicht a u s g e d r ü c k t . G e z e i g t wird n u r , d a ß die V e r s t ü m m e l t e n die B u ß e bereits e m p f a n g e n h a b e n b z w . d e r an seinem gemechte verletzte M a n n sie g e r a d e (diese F i g u r f e h l t in O ) e m p f ä n g t . Scheele, Delikte, S. 158.

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folio 30 verso deme das im an deme w'gelde gebürt Jin czende teil-Die wile d' mä nich 1 en Jt'bit· wi dicke mä en w n d ' - o d ' belemt in ein' tat· mä bejfert im mit eime halbe w'gelde wi dicke mä ab' eine lame mä and'weit be lernt inein and' glit alje dicke Jal mä im bejjirn mit eime halbe w'gelde-Wen mä ane vleijch wnde Jlet-od' Jchilt lügen' deme Jal mä b ü j e gebe noch Jin' gebürt · wnd' mä eine mä an dem glit das im vor golde is vor gerichte hoüwit mä is im Juber ab he en mag da kein hoer gelt an geuordern wen Jine b ü j e · · / XVIII· Der Jon en entw'tit vor de uat' nicht · wen he gejt'b'-was he vngerichtis hat getan Der uat' mag den Jö eins üs neme ab he vm vngerichte beclait wirt di wile he vö im vngejundirt is · aljo das he Jwere uf de heilige das d' Jon d' tat vnjchul dig Jie · wirt ab' beide vat' vn Jvn beclait vm eine tat da en mag he en nicht abe gene= me-he en habe Jich Jelbe alrejt entredet· / Man en Jal nicht vinde zü rechte X I X · wo mä ub' eine richte Julie he en Ji alrejt vor wnde alje verre das mä ub' en richte Julie · M ä en Jal o v ch nich' vide zü rech= te wo mä ein gut od' eine gew' des gütis gezüge Julie -ym enji alrejt d' geczug ir Der uat' mag wol de · Χ Χ · teilt Jö Jünd'n vö im vor gerichte m' icliche Jime güte das d' Jö an name wil wi cline is Ji · Der here müs o v ch wol üs neme eins Jinen eigenen mä Jwen he vor teilt is ab hes gewere tar uf den heilige das he Jin ingeborn eigen Ji·

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deme, das im an deme wergelde geburt, sin czende teil. Die wile der man nicht enstirbit, wi dicke man en wundet oder belemt in einer tat, man bessert im mit eime halben wergelde. Wi dicke man aber einen lamen man anderweit belemt in ein ander glit, alse dicke sal man im bessirn mit eime halben wergelde. Wen man, ane vleischwunden, slet oder schilt lugener, deme sal man buse geben noch siner geburt. W u n d e t man einen man an dem glit, das im vorgolden is vor gerichte, houwit man is im suber ab, he enmag da kein hoer gelt an gevordern wen sine buse. C.XVII. Der son enentwortit vor den vater nicht, wen he gestirbet, was he ungerichtis hat getan. Der vater mag den son eins usnemen, ab he um ungerichte beclait wirt, di wile he von im ungesundirt is, also das he swere uf den heiligen, das der son der tat unschuldig sie. Wirt aber beide, vater unde sun, beclait um eine tat, da enmag he en nicht abegenemen, he enhabe sich selbe alrest entredet. C.XVIII. Man ensal nicht vinden zu rechte, wo man über einen richten sulle, he ensi alrest vorwunden alse verre, das man über en richten sulle. Man ensal ouch nicht vinden zu rechte, wo man ein gut oder eine gewer des gutis gezugen sulle, im ensi alrest mit urteilen der geczug irteilt. C.XIX. Der vater mag wol den son sundern von im vor gerichte mit iclicheme sime gute, das der son annamen wil, wi cline is si. Der her re mus ouch wol usnemen eins sinen eigenen man, swen he vorteilt is, ab hes geweren tar uf den heiligen, das he sin ingeborn eigen si

6 glit WD, lede Ο Horn. 10 glit WD, lid Ο, let Horn. 14 XVII aus XVIII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 23 XVIII aus X I X nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 28 mit urteilen] mit ordelen Ο Horn., fehlt WD. 29 X I X aus X X nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 32 herre D Ο Horn., here W.

177 dem, was ihm als Wergeid zusteht, davon der zehnte Teil. Solange der Mann nicht stirbt, wie oft 1 man ihn auch bei einer T a t verwundet oder lahmt, entschädigt man ihn mit einem halben Wergeid. So oft man aber einen verletzten 2 Mann wiederum an einem anderen Glied verletzt, so oft soll man ihn auch mit einem halben Wergeid entschädigen. Wen man, ohne Fleischwunden zu verursachen, schlägt oder einen Lügner nennt, dem soll man nach seinem Geburtsstand Buße geben. Verwundet man einen Mann an einem Glied, das ihm vor Gericht bereits vergolten ist, und trennt man es ihm dann völlig 3 ab, so kann er keine höhere Entschädigung dafür fordern als seine Buße. Kapitel XVII. Der Sohn braucht sich nicht für den Vater, wenn dieser stirbt, und f ü r die Verbrechen, die er (der Vater) begangen hat, zu verantworten. Der Vater kann den Sohn einmal befreien 4 , wenn er wegen eines Verbrechens angeklagt wird, solange er nicht getrennt von ihm lebt, indem er auf die Reliquien schwört, daß der Sohn die T a t nicht begangen habe. Werden aber beide, Vater und Sohn, wegen derselben Tat angeklagt, so kann er (der Vater) ihn nicht befreien, wenn er sich nicht zu allererst (durch Eid) gereinigt hat. Kapitel XVIII. Man soll niemandem gerichtlich ein Urteil finden, wie über ihn zu richten sei, wenn er nicht soweit überführt ist, daß man über ihn richten muß. Man soll auch nicht ein Urteil finden, daß einer ein Gut oder den Besitz eines Gutes bezeugen soll, es sei ihm denn durch Urteil der Zeugenbeweis auferlegt. Kapitel XIX. Der Vater kann den Sohn vor Gericht mit jeglichem Gut absondern, das der Sohn annehmen will, wie gering 5 es auch sei. Der Herr darf auch einen seiner Eigenleute befreien, wenn er verurteilt ist, sofern er sich dies auf die Reliquien zu schwören getraut, daß er von Geburt an sein Eigenmann sei

1 dicke A d v . ,oft, h ä u f i g ' ; 2 lam A d j . ,gliederschwach, lahm', allg e m . .verletzt'; 3 süber, süver, süfer Adv. .ganz u n d gar, völlig'; 4 üznemen st.V. ,aus-, h e r a u s n e h m e n , a u f l ö s e n , b e f r e i e n ' ; 5 kleine, klein, m n d . klene A d j . .wenig, gering'.

folio 30 verso

1. (Ldr. II 16§7): D a r g e s t e l l t wird n u r d e r T a t b e s t a n d d e r K ö r p e r v e r l e t z u n g , w ä h r e n d die rechtlichen F o l g e n im H i n b l i c k auf die e n t s p r e c h e n d e n W e r g e i d s ä t z e u n b e r ü c k s i c h t i g t bleiben. R e c h t s ist d e r s c h w e r t f ü h r e n d e T ä t e r (rotes G e w a n d ) g e r a d e im Begriff, d e r ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n F i g u r (blaues Kleid) b e i d e H ä n d e a b z u schlagen. E r b r i n g t d e m M a n n m e h r e r e V e r l e t z u n g e n mit e i n e m H i e b bei. L i n k s verletzt d e r gleiche T ä t e r (identische K l e i d u n g ) ein e n bereits lamen man anderweit (eine f r ü h e r e V e r l e t z u n g ist d u r c h einen g e s c h w o l l e n e n F i n g e r a n g e d e u t e t ) mit d e m S c h w e r t an dessen S c h u l t e r . D e r w e s e n t l i c h e U n t e r s c h i e d b e s t e h t also d a rin, o b m e h r f a c h z u g e f ü g t e V e r l e t z u n g e n in e i n e r T a t o d e r anderweit, an e i n e m w e i t e r e n Glied, e r f o l g e n . S t a r k a b w e i c h e n d O : W ä h r e n d in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e die z w i s c h e n d e n b e i d e n Figuren d a r g e s t e l l t e n H ä n d e s c h o n a b g e t r e n n t sind, w i s c h t links d e r S c h w e r t t r ä g e r seine W a f f e am R o c k z i p f e l ab. Scheele, Delikte, S. 158. 2. ( L d r . II 16§8): A m B i l d a u ß e n r a n d f ü g t d e r T ä t e r ( r o t e s Kleid) d e m i h m g e g e n ü b e r s t e h e n d e n M a n n mit s e i n e r r e c h t e n H a n d einen Schlag ane vleischwunden g e g e n die W a n g e zu (in Ο w ü r g t d e r T ä t e r d e n M a n n ) u n d g r e i f t sein O p f e r z u s ä t z l i c h n o c h mit einem Stein in seiner linken H a n d an (vgl. Ldr. I 68§2 u n d L d r . III 37). D a f ü r e m p f ä n g t d e r so A n g e g r i f f e n e d e m T e x t e n t s p r e c h e n d B u ß e noch siner gehurt. W u n d D z e i g e n allerdings - im G e g e n s a t z zu O , w o p r ä z i s e die g e z a h l t e n M ü n z e n in d e r linken H a n d des O p f e r s w i e d e r g e g e b e n w e r d e n - einen m i ß v e r s t a n d e n e n Stein in d e r Linken des Bußempfängers. An der Text-Bild-Zäsur steht der T ä t e r (identische K l e i d u n g ) g e r a d e im Begriff, d e n v e r s t ü m m e l t e n linken Z e i g e f i n g e r des ihm z u g e w a n d t e n M a n n e s v o l l s t ä n d i g - suber mit d e m S c h w e r t a b z u t r e n n e n . D a s die linke H a n d des T ä t e r s u m h ü l l e n d e T u c h (nach v. A m i r a W a h r z e i c h e n d e r S t r a f f r e i h e i t ) sollte hier in A b l e i t u n g eines g e r i n g e r e n V e r s c h u l d e n s v e r s t a n d e n w e r d e n . D e n n ist d a s verletzte Glied v o r G e r i c h t bereits a b g e g o l ten, b r a u c h t d e r T ä t e r d e m G e s c h ä d i g t e n n i c h t n o c h einmal die volle W e r g e i d q u o t e (vgl. L d r . II 16§§5,6), s o n d e r n n u r die B u ß e zu z a h l e n (Ldr. III 45). Scheele, Delikte,

S. 159.

3. (Ldr. II 17§§1,2): D e r V a t e r (Bart) s c h w ö r t v o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) d e n U n s c h u l d s e i d auf die R e l i q u i e n f ü r d e n v o r ihm h a l b k n i e n d e n S o h n . W o h l weil d e r T e x t f o r d e r t , d a ß dieser ungesundirt ist, h a t d e r I l l u s t r a t o r ihn als K i n d g e z e i c h n e t . D e r ält e r e S o h n a m linken B i l d r a n d d i s t a n z i e r t sich d u r c h die G e b ä r d e seiner linken H a n d , die in W u n d D B e d a u e r n , in Ο A b l e h n u n g a u s d r ü c k t , v o n d e m G e s c h e h e n , f ü r d a s er als E r b e a u c h n a c h d e m T o d des V a t e r s n i c h t v e r a n t w o r t l i c h ist. Hüpper, Funktionstypen, S. 245. 4. (Ldr. II 18): Ein S c h ö f f e (blaues Kleid, r o t e S t r ü m p f e ) will ein gerichtliches U r t e i l ü b e r d e n v o r ihm l i e g e n d e n M i s s e t ä t e r f i n d e n . E r zeigt mit d e r Linken auf d e n V e r b r e c h e r u n d f o r d e r t mit Z e i g e f i n g e r g e s t u s seiner R e c h t e n A u f m e r k s a m k e i t . Bereit, d a s g e f u n d e n e U r t e i l zu vollstrecken, s t e h t d e r H e n k e r m i t g e s c h u l t e r t e m S c h w e r t h i n t e r d e m A n g e k l a g t e n , d o c h weist er d e n V o l l z u g d e r S t r a f e mit d e r G e s t e des B e d a u e r n s z u r ü c k . D e n n d e r M i s s e t ä t e r ist seiner Schuld n o c h nicht ü b e r f ü h r t , d a s g e f u n d e n e U r t e i l s o m i t u n g ü l t i g . D e r Z e i c h n e r stellt die U n z u l ä s s i g k e i t dieses Urteils d u r c h d e n leeren Stuhl dar, d e n n sizzende sal man urteil vinden under kuniges banne, menlich uf sime stule (Ldr. II 12§ 13). D e m G r a f e n fehlt, d a u n t e r K ö n i g s b a n n gerichtet w e r d e n m u ß , das G e r i c h t s s c h w e r t ( k o r r e k t d a r g e s t e l l t in O ) . E r w e i s t mit A u f m e r k s a m keitsgestus seiner L i n k e n auf d e n S c h ö f f e n , w o h l u m diesen auf die U n z u l ä s s i g k e i t des U r t e i l s h i n z u w e i s e n . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 5. (Ldr. II 19§1): D e r V a t e r (Bart) schichtet seinen S o h n (rotes Kleid, g r ü n e G u g e l ) m i t G e l d ( W a a g e ) u n d l i e g e n d e m G u t (Besitz e r w a p p e n , blau mit zwei e r h ö h t e n , e i n a n d e r z u g e k e h r t e n T i e r k ö p f e n ) ab. In Ο ist statt des W a p p e n s ein K o r n f e l d , anstelle d e r W a a g e eine K o r n ä h r e abgebildet. D e r S o h n n i m m t d a s G u t an, ind e m e r mit seiner R e c h t e n die W a a g e u n d mit d e r L i n k e n d a s W a p p e n e r g r e i f t , w ä h r e n d d e r G r a f mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s auf die Folgen d e r A b s c h i c h t u n g hinweist. Naß, Wappen, S. 266. 6. (Ldr. II 19§2): D e r H e r r d a r f seinen u n s c h u l d i g verurteilten Eig e n m a n n usnemen, d.h. b e f r e i e n o d e r auslösen, w e n n er d e s s e n U n s c h u l d u n d dessen E i g e n m a n n s c h a f t b e w e i s e n k a n n . D e r H e r r (Schapel, g r ü n e s Kleid, r o t e Beinkleider) e r s c h e i n t mit seinem Eig e n m a n n v o r d e m Richter. E r z i e h t seinen M a n n aus dessen sitz e n d e r H a l t u n g e m p o r , i n d e m e r ihn mit seiner R e c h t e n a m r e c h t e n H a n d g e l e n k e r g r e i f t . D i e b e i d e n F i g u r e n links sind die Z e u g e n , die n a c h L d r . III 32§3 die leibeigene G e b u r t des b e k l a g t e n M a n n e s b e e i d e n u n d selbst E i g e n l e u t e des H e r r n sein m ü s s e n . D a s Reliquiar, auf d a s d e r Eid ü b l i c h e r w e i s e geleistet w e r d e n m u ß , fehlt s o w o h l in W u n d D als a u c h in O . Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 226.

folio 31 recto

νή das he d' tat vnjchuldig / i · da mite he beclait is-Jo blib' ien' rechtelos νή erlös· Brud'e νή JweJt'e neme irs / · Χ Χ · vngeczweite b r u d ' e νή / w e / t e r e erbe vor den b r u d ' νή vor di JweJY di geczweit von uat' νή von müt' /in • Vngezweite brudir kint Jint oüch gliche na deme geczweite b r u d ' e an de erbe czü nemene · Uol w'gelt νή volle bü/e Jal habe iclich mä alleine darbe he eczliches glides-di wile he vor gerichte /ine lemde nicht bew i / e t - / o das he da v o r m ü d e mite gewinne · o d i r is im vor golde w e r d e · / ·ΧΧΙ· D e r czins mä w' he / i · he erb' / i n gebü uf / i n e erbe uf zins gute · is en /i dene ein mä ν δ ritters art · d e r is / i n e wibe czu morge gäbe hab gegebe-wirt is o v ch ledig eime h're he nimt das gebü mit / a m t de l e n e - d ' mä en habe wip der hes czü morgegabe hab g e g e b e - H a t o v ch ein wip ein lipgedlge an eige o d ' an lene-wa s / i gebües d a r ü f f e hat wen / i / t ' b i t das en erbit / i nich 1 an ire nee/te mage · is nimt d ' deme ir gut ledig w i r t · w e ein iclich mä müs wol / i n gebu be//ern νή ergern uf / i me lene wid' /ins h're wille • al/o müs die vroüwe oüch wol uf irme lipgedinge· H a t o v ch ein mä eine / o n d ' /in len erbe is · νή nich' / i n erbe noch lätrechte d' beheldit doch /ins /ins vat' gebü uf / i m e lene m 1 mereme rechte dene d ' · der / i n erbe is noch lätrechte Liet o v ch ein h're ein gut eine m ä n e ane vnd'/cheit · was da gebües ü f f e is das is des mänes allis mit de güte als is des h're was he en dige is dene üs · X X I I Was / o ein mä kege dem richt'e gezuge /al

178

ί

10

π

2o

2s

so

3s

u n d e das he der tat unschuldig si, da mite he beclait is, so blibet iener rechtelos u n d e erlös. C.XX. Brudere u n d e swestere nemen irs ungeczweiten b r u d e r e u n d e swestere erbe vor den b r u d e r u n d e vor di swester, di geczweit von vater u n d e von muter sin. Ungezweite brudir kint sint ouch gliche na deme geczweiten brudere, an deme erbe czu nemene. Vol wergelt u n d e volle buse sal haben iclich man, alleine darbe he eczliches glides, di wile he vor gerichte sine lemde nicht bewiset, so das he da Vormunden mite gewinne odir is im vorgolden werde. C.XXI. D e r czinsman, wer he si, he erbet sin gebu uf sinen erben uf zinsgute, is ensi d e n n e ein man von ritters art, der is sineme wibe czu morgengabe hab gegeben. W i r t is ouch ledig eime herren, he nimt das gebu mit samt deme lene, der man enhabe wip, der hes czu morgengabe hab gegeben. H a t ouch ein wip ein lipgedinge an eigen oder an lene, was si gebues dar u f f e hat, wen si stirbit, das enerbit si nicht an iren neesten mage, is nimt der, deme ir gut ledig wirt. W e n ein iclich man mus wol sin gebu bessern u n d e ergern uf sime lene wider sins herren willen. Also mus die vrouwe ouch wol uf irme lipgedinge. H a t ouch ein man einen son, der sin lenerbe is unde nicht sin erbe noch lantrechte, der beheldit doch sins vater gebu uf sime lene mit mereme rechte d e n n e der, der sin erbe is noch lantrechte. Liet ouch ein herre ein gut eineme m a n n e ane underscheit, was da gebues u f f e is, das is des mannes allis mit deme gute, als is des herren was, he endinge is d e n n e us. C.XXII. W a s so ein man kegen dem richtere gezugen sal,

10 glides WD Η, ledes Ο Horn. 21 lipgedinge W D H, liftucht O, lifgetucht Horn. 27 lipgedinge wie 21. 30 sins doppelt W.

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und daß er der T a t nicht schuldig sei, f ü r die er angeklagt ist; dann bleibt jener rechtlos und ehrlos. Kapitel XX. Bruder und Schwester nehmen das Erbe ihres vollbürtigen Bruders und ihrer (vollbürtigen) Schwester vor dem Bruder und der Schwester, die von Vater oder von Mutter her halbbürtig sind. Vollbürtiger Brüder Kinder sind ferner gleich nahe dem Halbbruder 1 , um von dem Erbe zu nehmen. Volles Wergeid und volle Buße soll jedermann haben, auch wenn ihm irgendein Körperglied fehlt, solange er nicht seine Verletzung vor Gericht beweist, um so einen Vormund zu gewinnen oder entschädigt zu werden. Kapitel XXI. Der Zinsmann, wer es auch sei, vererbt sein Gebäude 2 auf seinen Erben am Zinsgut, wenn es nicht ein Mann von ritterlichem Stand ist, der es seiner Frau als Morgengabe gegeben hat. Wird es f ü r einen Lehensherrn 3 frei, dann nimmt dieser das Gebäude mit dem Lehen zusammen, es sei denn, der M a n n hätte eine Ehefrau, der er es als Morgengabe gegeben hätte. H a t ferner eine verheiratete Frau Leibgedinge an Grundeigentum oder an Lehen, was immer sie an Gebäuden darauf besitzt, das vererbt sie, wenn sie stirbt, nicht an ihren nächsten Verwandten, sondern es nimmt derjenige, dem das Gut frei wird. Denn jeder Lehensmann kann sein Gebäude auf seinem Lehen, auch gegen den Willen seines Herrn, verbessern oder verschlechtern. Dasselbe darf die Frau im Rahmen ihres Leibgedinges. H a t aber ein Mann einen Sohn, der sein Lehenserbe ist und nicht sein Erbe nach Landrecht, dann erhält dieser das Gebäude seines Vaters auf seinem Lehen mit größerem Recht als derjenige, der sein Erbe nach Landrecht ist. Gibt 4 ferner ein H e r r einem Mann ein Gut ohne Vorbehalt zum Lehen, (dann gehört das,) was an Gebäuden darauf steht, dem Mann zusammen mit dem Gut, und zwar genau so, wie es dem Lehensherrn gehörte, es sei denn, er hätte es (das Gebäude) sich ausbedungen. Kapitel XXII. Was ein Mann gegen den Richter bezeugen muß,

1 der gezweite brüder .Halbbruder', zu zweien sw.V. .trennen, scheiden, teilen'; 2 gebü st.N.M. ,Bau, Gebäude'; 3 herre, herre sw.M. »Gebieter, Herr', hier in der besonderen Bedeutung ,Lehensherr'; 4 Ithen, lien st.V. ,leihen, verleihen, als Lehen geben'.

folio 31 recto

1. (Ldr. II 20§ 1): Vollbürtiger Bruder und vollbürtige Schwester (eng beieinanderstehend in der Bildmitte; in Η und O : Doppelköpfigkeit) nehmen das Erbe (Ähren) ihrer verstorbenen Geschwister. Als Vollgeschwister schließen sie die hinter ihnen stehenden Halbgeschwister (verheiratete Frau mit Schleier und Bruder, beide deutlich kleiner gezeichnet) vom Erbe aus. Hüpper, Verwandtschaft, S. 152; Schmidt- Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 23f 2. (Ldr. II 20§ 1): Die Kinder (Bildmitte) und die Halbgeschwister verstorbener Vollgeschwister nehmen gleichberechtigt Erbe (Ähren). Wie in der vorausgehenden Bildzeile überliefern Η und Ο anstelle zweier eng beisammenstehender Vollgeschwister eine doppelköpfige Figur. Hüpper, Verwandtschaft, S. /52. 3. (Ldr. II 21 §3): Eine Witwe (mit Schleier) stirbt in dem Haus, das sie von ihrem Mann zu lebenslänglicher Nutzung erhalten hat. Nach ihrem T o d geht das Gebäude zusammen mit dem Grundstück auf den Erben über, der am Bildrand steht. Dieser ist mit grünem Obergewand, roter Kapuze und roten Strümpfen bekleidet. Aber obwohl er damit die gleichen Farben wie die Witwe trägt, ist er kein Verwandter der Frau, sondern ein Verwandter des Mannes, auf den - dem Text zufolge - die Erbschaft übergeht. Deutlicher hier H : Der Erbe, der schon aufgrund seiner Kleiderfarben nicht mit der Witwe in verwandtschaftliche Beziehung gebracht werden kann, ergreift die T ü r und schwört mit seiner linken H a n d , daß ihm das Erbe zusteht. Schott, Sachsenspiegel, S. 55. 4. (Ldr. II 21§3): Eine Witwe erteilt einem Handwerker/Knecht den Auftrag, an ihrem H a u s zu arbeiten, indem sie mit ihrer rechten Hand auf das Dach des Gebäudes hinweist, zu dem der Arbeiter gerade auf einer Leiter hinaufsteigt. D a ß die Arbeit an einem Haus vorgenommen wird, das zu dem Leibgedinge der Frau gehört, ist aus dem Zeigegestus des Mannes zu schließen: Mit seiner rechten H a n d zeigt er auf den Dachfirst, mit seiner linken auf die Witwe. (In Η ist der Bau des Hauses noch nicht so weit fortgeschritten. Der Arbeiter auf der Leiter trägt in der rechten H a n d einen H a m m e r und hält sich mit der linken an den Dachschindeln fest.) Schott, Sachsenspiegel, S. 55. 5. (Ldr. II 21§5): Der Lehensherr im grünen Oberkleid und mit roten Strümpfen belehnt einen Mann, der vor ihm steht, indem er die linke H a n d des Mannes mit seinen beiden H ä n d e n umfaßt. D a ß das Lehen auch ein Gebäude mit einschließt, beweist der Lehensmann mit dem Fingerzeig seiner rechten H a n d . In Η ist der Belehnte dreiarmig dargestellt und nimmt das Gebäude dadurch in Besitz, daß er die H a u s t ü r anfaßt. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 26.

folio

31 verso

da zü en bedarf he des richters gezüges nich'· da im die Jchuldigüge nich· hoer we an Jin gewette en get-das gezüg' he Jelbe dritte der ding phlichte di da vrteil vinde • is ab' di Jchult hoer J o müs he de /chulthei/e od' de vronebote zu gezüge habe an des richter s Jtat vb' de rieht'-Wo ein mä J"ins gezüge5 volkvmt m' de /chulthei/e od' m' de vronebote vn m' de /chephe · da Jal d' rieht' o v ch ge zük Jin v5 d' warheit irs gezüges di he ge hört hat-ab hes wol nich' en weis-weigirt d' rieht' gezük zü we/ene wid' recht -ien' is doch vol küme an Jime gezüge Begibit /ich ein mä d' w'lde d' zü J"ine iare kvme is · vn tüt he münchs cleid'e an · vn /chirt he /ich da noch alleine en tüt hes vor gerichte nich'· wil hes da noch loüke mä mag is wol üf en gezüge ane gerichte d' mä /elb /ibende iens mänes geno/e · d' /ich da begebe hatte • di en an di/em lebene habe ge/en od' m' de brud'n da he /ich hatte • he hab gehor/am ge tan od' nich' he hat doch de her/chilt nid' geleit W o mä m' Jibe mäne gezüge /al · da /al mä einvnczwezig mä vme de gezüg vrage · Züet ein mä /ins gezüges uf den Jelbe mä uf den d' gezüg get d' /al durch rech' Jage bi /ime eide was im wij/enlich /i dar vme • od' enzage en das he dar vme nich' en wi//e · vol kvmt ien' /ins gezüges mit im de ub' en /elbe • he en bedarf vb' en keins gezüges me · he mus /an dar vme de richet'e wette · vn ieme /ine bü/e gebe · al/e he ieme /olde ab he m' gezüge nich' vol kvme en w'e-we he en zü gezuge brochte wid' recht vn wid' /ine wi//en/chaft· ·

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5

io

α

2o



30

31

da zu enbedarf he des richters gezüges nicht, da im die schuldigunge nicht hoer wen an sin gewette enget. Das gezuget he selbe dritte der dingphlichten, di da urteil vinden. Is aber di schult hoer, so mus he den schultheisen oder den vroneboten zu gezuge haben an des richters stat über den richter. Wo ein man sins gezüges volkumt mit deme schultheisen oder mit deme vroneboten unde mit den schephen, da sal der richter ouch gezuk sin von der warheit irs gezüges, di he gehört hat, ab hes wol nicht enweis. Weigirt der richter, gezuk zu wesene wider recht, iener is doch volkumen an sime gezuge. Begibit sich ein man der werlde, der zu sinen jaren kumen is, unde tut he munchscleidere an unde schirt he sich da noch, alleine entut hes vor gerichte nicht, wil hes da noch louken, man mag is wol uf en gezugen ane gerichte, der man selb sibende iens mannes genosen, der sich da begeben hatte, di en an disem lebene haben gesen oder mit den brudern, da he sich begeben hatte. He hab gehorsam getan oder nicht, he hat doch den herschilt nidergeleit. W o man mit siben mannen gezugen sal, da sal man einunezwenzig man umme den gezug vragen. Zuet ein man sins gezüges uf den selben man, uf den der gezug get, der sal durch recht sagen bi sime eide, was im wissenlich si dar umme oder enfiage en, das he dar umme nicht enwisse. Volkumt iener sins gezüges mit im den über en selbe, he enbedarf über en keins gezüges me. He mus san dar umme deme richtere wetten unde ieme sine buse geben, alse he ieme solde, ab he mit gezuge nicht volkumen enwere, wen he en zu gezuge brochte wider recht unde wider sine Wissenschaft.

17 louken WD, vor loukenen H, uerseken O, besaken Horn. begeben Ii, begaf O, begeven Horn., fehlt WD.

21

181 dazu braucht er das Zeugnis des Richters nicht, wenn die Anschuldigung nicht höher als sein Gewette geht. Das bezeugt er selbdritt mit den Dingpflichtigen, die dort Urteil finden. Ist aber die Schuld höher, dann muß er den Schultheißen oder den Fronboten an Stelle des Richters als Zeugen gegen den Richter haben. Wenn ein Mann seinen Zeugenbeweis zusammen mit dem Schultheißen oder mit dem Fronboten und den Schöffen durchführt, dann soll auch der Richter Zeuge sein von der Wahrheit ihres Zeugnisses, das er gehört hat, auch wenn er es (das Zeugnis) vorher nicht kannte. Weigert sich der Richter wider Recht, Zeuge zu sein, dann ist jener mit seinem Zeugenbeweis doch durchgedrungen. Geht ein Laie1, der zu seinen Jahren gekommen ist, in ein Kloster, und legt er Mönchskleider an und schert er sich danach auch die Haare, wenn er es auch nicht vor Gericht getan hat, und will er es später bestreiten, dann kann man es ihm auch ohne Gericht beweisen, nämlich der Mann (der Beweisführer) selbsiebt mit den Standesgenossen desjenigen, der in das Kloster eingetreten war und die ihn in dem Klosterleben gesehen haben oder mit den Klosterbrüdern 2 , zu denen er sich begeben hatte. Ob er nun das Gelübde 3 abgelegt hat oder nicht, er hat doch (auf jeden Fall) den Heerschild niedergelegt. Wo man mit sieben Mann zeugen soll, da darf man einundzwanzig Männer um den Zeugenbeweis fragen. Bezieht sich jemand auf das Zeugnis des Mannes, gegen den sich der Zeugenbeweis richtet, dann muß dieser von Rechts wegen unter seinem Eid aussagen, was ihm davon bekannt ist oder ihnen das Gegenteil sagen 4 , daß er nämlich nichts darüber weiß. Dringt jener (der Beweisführer) mit seinem Zeugenbeweis mit demjenigen, gegen den der Beweis gerichtet ist, durch, dann bedarf er keines weiteren Beweises mehr gegen ihn. Er (der Gegner des Beweisführers) muß aber alsbald dem Richter das Gewette zahlen und jenem (dem Beweisführer) seine Buße geben, genauso wie dieser es müßte, wenn er mit dem Zeugenbeweis nicht durchgedrungen wäre, sofern nämlich er (der Beweisführer) ihn zum Zeugnis wider das Recht und gegen besseres Wissen 5 gebraucht hätte.

1 man der werlde ,Laie, Nichtgeistlicher', wörtl. ,Mann der Welt', auch Weltgeistlicher'; 2 brüder st.M.,Klostergeistlicher, Klosterbruder'; 3 gehorsam st.M. .Gehorsam', geistl. .Gelübde', 4 entsagen sw.V. ,durch Eid widerlegen, bestreiten, das Gegenteil sagen'; 5 wizzen(t)schaß st. F. , Wis sen, Mitwissen'.

1. (Ldr. II 22§1): Die Dreiergruppe links besteht aus dem Beweisführer (blaues Kleid) und zwei Dingpflichtigen, die als Zeugen auftreten. Sie bekräftigen das Zeugnis mit einem Eid auf das Reliquiar. Der Beweisführer erbringt also, so wie es der Text vorschreibt, selbe dritte den Zeugenbeweis. Dies ist nur möglich, wenn die Buße gegen den Richter dessen Gewette nicht übersteigt, er also keinen finanziellen Schaden davonträgt. Ist die Buße aber hö-

folio 31 verso her als das Gewette des Richters, gibt es folgende Alternative, die in der rechten Bildhälfte dargestellt ist: Der Fronbote, kenntlich an der Peitsche und dem rot-weiß-grün gestreiften Rock (so auch in H), vertritt den Richter beim Schwur und legt auf das Reliquiar den Eid ab. Bemerkenswert ist, daß der Fronbote schwört, denn nach Richtst. Ldr. 34§7 hatte er nur bei dem Eid auszusagen, den er dem Land geschworen hat. Er scheint dieses Privileg bei der Entstehung der Bilderhandschrift noch nicht gehabt zu haben. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 87. 2. (Ldr. II 22§2): Den vier mit dem Fronboten auf das Reliquiar schwörenden Schöffen fehlen (so auch in D; anders Η und O) die Mäntel, die sie bei Gericht unter Königsbann tragen müssen (Ldr. III 69§1). Die Handgebärden des Grafen zeigen, daß er selbst Zeugnis ablegt (vgl. v. Amira). Für den Inhalt seines Zeugnisses bezieht er sich mit Hinweisgebärde der linken H a n d auf das Zeugnis der übrigen Personen im Bild, Fronbote und Schöffen. Da außer dem Grafen und dem Fronboten vier Schöffen Zeugnis ablegen, handelt es sich um ein Gerichtszeugnis, bei dem von sieben Männern Zeugnis abgelegt werden muß, wobei das Zeugnis des Fronboten für das zweier Männer gilt (vgl. Ldr. I 8§2). 3. (Ldr. II 22§3): Der zum Mönch gewordene (vgl. W fol. 17v4) ältere Mann (der Bart fehlt in Η und O) nimmt vor dem am rechten Bildrand thronenden Richter eine sitzende Stellung ein, zum Zeichen dafür, daß er durch den Eid seiner in einer Vierer- und Dreiergruppe hinter ihm stehenden sieben ehemaligen Standesgenossen überführt worden ist. Der Beweisführer und sechs weitere Eidhelfer beschwören mit deutlicher Schwurgebärde ihrer vorgestreckten rechten H ä n d e selb sibende die Rechtmäßigkeit ihrer Behauptung, den Mönch im Kloster gesehen zu haben (vgl. Ldr. I 63§3; Ldr. I 66§§1,2; Ldr. III 28§1; Ldr. III 29§4; Ldr. III 32§§4,5). Zudem hält in W und D einer der Zeugen symbolisch eine Schere in seiner H a n d (vgl. auch W fol. 17v3), um so anzudeuten, daß sie den M a n n als geschorenen Mönch gesehen haben. Der sitzende Mann ist deshalb überführt und erhebt beide H ä n d e flehentlich vor dem Richter. Der Richter weist mit Fingerzeig seiner erhobenen rechten H a n d darauf hin, daß der Mann auch ohne Gerichtszeugnis überführt ist. O b der Mönch sein Gelübde abgelegt hat oder nicht, bleibt unerheblich, da er durch seinen Klostereintritt seinen Heerschild niedergelegt hat und so aus der Lehensordnung ausgeschieden und lehensunfähig geworden ist. Stark abweichend ist die Komposition in O : Hier werden im Gegensatz zum Text zwölf Schwörende abgebildet, wobei die hintere Reihe aber nur durch ihre Köpfe sichtbar ist. Der Mönch ist hier noch mit T o n s u r und kniend zu sehen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82, 87. 4. (Ldr. II 22§4): Der vierte Bildstreifen gibt die Befragung durch das Gericht wieder, hier veranschaulicht durch den mit übereinandergeschlagenen Beinen am rechten Bildrand thronenden Richter (Graf) und eine weitere neben dem Grafen sitzende Person (möglicherweise der Schultheiß, in Η möglicherweise der Fronbote). Auf Geheiß des Richters (Redegestus der rechten Hand) werden insgesamt 21 Personen befragt, von denen gemäß Ldr. II 22§4 sieben (einschließlich Beweisführer) den Antrag der Partei durch Eid bestätigen sollen (vgl. Lnr. 13§1). Hüpper, Funktionstypen, S. 245. 5. (Ldr. II 22§5): Unter dem roten Bildbuchstaben Ζ sitzt der Beweisgegner, hier zum Zeugen gegen sich selbst aufgerufen, auf einem Schemel (fehlt in Η und O) zwischen dem rechts thronenden Richter und der klagenden Partei. Er schwört auf Veranlassung des Richters mit Schwurfingergebärde seiner erhobenen rechten H a n d auf das in seiner Linken getragene Reliquienkästchen (fehlt in O), womit er zu erkennen gibt, daß sich sein Zeugnis gegen ihn selbst richtet. Die sitzende Stellung des Beweisgegners ist wie in Bildzeile drei zu beurteilen: Hier wie dort gibt er dadurch kund, daß er als überwunden gilt. Deutlicher ist die Darstellung in Η und O, wo der Sitzende auf sich selbst zeigt. Von den hinter dem Beweisgegner stehenden Zeugen haben drei ihr Zeugnis vermutlich schon abgelegt, wie den Fingerzeigen ihrer rechten H ä n d e zu entnehmen ist (anders H : D o r t sind zwei Zeugen bereits mit Schwurgebärde dargestellt). Ein Eid der anderen Partei ist nach Ldr. II 22§5 nicht mehr erforderlich. Vollständig O: Der hier auf den Knien kauernde Beweisgegner ist dreiarmig dargestellt. Denn da er überwunden ist, zahlt er dem Richter sein Gewette in dessen geöffnete H a n d und mit seiner Rechten seinem hinter ihm stehenden Gegner die fällige Buße. Der hinter dem Sitzenden stehende Parteigegner ist symbolisch doppelköpfig (mit geöffnetem M u n d und geöffneten Augen) dargestellt, um so zu verdeutlichen, daß er dem Beweisgegner den Zeugeneid zugewiesen hat. Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 226.

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folio 32 recto II

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Di wile d' mä ane wip nicht / · XXIII· wejen wil od' en mag Jo müs he wol elich wip neme alleine Jin im dri wip tot od' viere od' m e - z u d' Jelbn wis nimt das wip mä vn gewlnet eliche kind'e · bi de leztin als bi den e r j t e - ν ή Ji beerbit mit irme rechte Man en Jal / · Χ Χ Ι Ι Ι Ι · vn m' erme gute· nimäde üs von Jine gewere wijen von gerichtes halbin ab he wol m' vnrechte dar in kvme is mä en breche Ji im mit recht' clage da he Jelbe zu keginwert is od' mä en lade en denne vor von gerichtis hal= bi zü Jine rechte tedinge · ab he dene nicht vor en kvmt Jo vor teilt mä im di gewer mc rechte Ein iclich mä mag Jins rechte gutes wol enig w'dl m' rechte ab hes vor k o ü f t - o d ' vor Jeczzit od' uf lejit od' Jich vor iaret kege Jime h ' r e n o d ' is im vor teilt wirt zü lätrechte · od' zu welch' wis hes an get v= betwnge-Jo is he d' gewer m' rechte Dar vme en müs nimät m1 rechte Jine gew' abe gezüge-ien' der di gew' h a t j i en w'de im abe gewnne da he zü entw'te Ji od' he en w'de dar beclait-vn zü Jine rechte tedlWirt abir ein / -XXV· gen gelade· mä beclait vme roüpliche gew' da mä di häthafte tat bewije mag-vn wirt d' rieht' mit deme gerufte dar zu geladld' rieht' Jal volge zü hät vn richte de cleg'e vm de r o u p - ν ή ub' de r o ü b ' - ν ή ub' Jine vn= rechte volleijt allirerjt zu hät da noch Jal he en geweidige Jin' gew' ab is ien' uf de di clage get nich 1 en wid' redit m' rechte ·

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C.XXIII. Di wile der man ane wip nicht wesen wil oder enmag, so mus he wol elich wip nemen, alleine sin im dri wip tot oder viere oder me. Zu der selbn wis nimt das wip man unde gewinnet eliche kindere bi deme leztin als bi deme ersten, unde si beerbit mit irme rechte unde mit erme gute. C.XXIIII. Man ensal nimande us von sinen geweren wisen von gerichtes halbin, ab he wol mit Unrechte dar in kumen is, man enbreche si im mit rechter clage, da he selbe zu keginwert is, oder man enlade en denne vor von gerichtis halbin zu sinen rechten tedingen. Ab he denne nicht vor enkumt, so vorteilt man im di gewer mit rechte. Ein iclich man mag sins rechten gutes wol enig werdin mit rechte, ab hes vork o u f t oder vorseezzit oder uflesit oder sich vorjaret kegen sime herren, oder is im vorteilt wirt zu lantrechte oder zu lenrechte oder zu welcher wis hes anget unbetwungen, so is he der gewer geloset mit rechte. Dar umme enmus nimant mit rechte sine gewer abegezugen iener, der di gewer hat, si enwerde im abegewunnen, da he zu entworte si, oder he enwerde dar beclait unde zu sinen rechten tedingen geladen. C.XXV. Wirt abir ein man beclait umme roüpliche gewer, da man di hanthafte tat bewisen mag, unde wirt der richter mit deme gerufte dar zu geladin, der richter sal volgen zu hant unde richten deme clegere um den roup unde über den rouber unde über sine Unrechte volleist allirerst zu hant. D a noch sal he en geweidigen siner gewer, ab is iener, uf den di clage get, nicht enwiderredit mit rechte.

3 elich

W D, eghte O, echt Horn.

5 eliche W D, echte

Ο

Horn. 6 deme Horn., den WD O. 19 oder zu lenrechte] eder to

lenrechte O, oder to lenrechte Horn.,fehltWD. 20 geloset gheloset O,fehltWD. 23 nach im] mit rechte O.

Horn.,

183

Kapitel XXIII. Solange ein M a n n nicht o h n e Ehef r a u leben will o d e r kann, so lange darf er sich auch eine E h e f r a u nehmen, ungeachtet ob ihm drei Frauen gestorben sind o d e r vier o d e r auch mehr. Auf gleiche Weise nimmt die Frau einen M a n n , u n d sie b e k o m m t eheliche Kinder mit dem letzten (Mann) wie mit dem ersten, u n d sie vererbt auf sie ihr (Geburts-)Recht u n d ihre H a b e . Kapitel XXIV. M a n soll niemanden von Gerichts wegen aus seiner Gewere weisen, auch dann nicht, wenn er durch U n r e c h t dazu g e k o m m e n ist, es sei denn, m a n macht sie (die Gewere) ihm mit rechtmäßiger Klage streitig, wenn er persönlich anwesend 1 ist, o d e r man lädt ihn deshalb von Gerichts wegen zu seinen rechtmäßigen Gerichtstagen vor. W e n n er dann nicht vor Gericht erscheint, so spricht man ihm die Gewere zu Recht ab. Jeder M a n n k a n n seines rechtmäßigen Besitzes auch auf rechtmäßige Weise verlustig gehen 2 , u n d zwar wenn er ihn v e r k a u f t oder v e r p f ä n d e t oder aufläßt, auch dann, w e n n er die Jahresfrist gegenüber seinem H e r r n versäumt 3 , wenn er (der Besitz) ihm nach Landrecht oder nach Lehenrecht abgesprochen wird oder auf welche andere Weise er ihm auch immer ohne Z w a n g verlorengeht: In jedem Fall verliert er die Gewere rechtmäßig. Deshalb darf man niemandem, der Besitzrecht hat, seine Gewere rechtmäßig durch Zeugenbeweis aberkennen, es sei denn, sie (die Gewere) wird ihm abgesprochen, w ä h r e n d er anwesend ist, oder er wird d a r u m verklagt u n d zu den f ü r ihn rechtsverbindlichen Gerichtsterminen geladen. Kapitel XXV. W i r d aber ein M a n n wegen räuberischen Besitzes verklagt, wobei m a n auch die h a n d h a f t e T a t beweisen kann, und wird der Richter durch das Ger ü f t e dazu gerufen, dann soll der Richter (dem N o t r u f ) s o f o r t folgen u n d dem Kläger wegen des Raubes über den R ä u b e r u n d über seine verbrecherischen 4 H e l f e r 5 ebenfalls s o f o r t Recht sprechen. D a n a c h soll er ihn (den Kläger) in seine Gewere einweisen, wenn nicht jener, gegen den die Klage gerichtet ist, zu Recht Einspruch erhebt.

1 zu kegenwert sin . g e g e n w ä r t i g sein, a n w e s e n d sein', z u gegenwart st.F. , G e g e n w a r t ' ; 2 cenec, enec, m n d . änich A d j . Jos, f r e i von etwas, ledig'; 3 verjaren sw.V. , v e r j ä h r e n lassen, v e r s ä u m e n ' , hier die Bitte u m L e h e n s e r n e u e r u n g , die an eine Frist von J a h r u n d T a g g e b u n d e n ist; 4 unrecht A d j . , u n r e c h t , u n g e b ü h r l i c h , v e r b r e c h e risch'; 5 volleist st.M. . U r h e b e r , H e l f e r , M i t h e l f e r , A u s f ü h r e r ' .

folio 32 recto

1. (Ldr. II 23): Ein M a n n t a u s c h t mit einer j u n g e n Frau, die ihr H a a r o f f e n trägt, die E h e r i n g e . D a ß er z u m vierten M a l heiratet, zeigt er d a d u r c h an, d a ß er mit seiner linken H a n d auf seine drei bereits v e r s t o r b e n e n E h e f r a u e n (mit Schleier u n d M a n t e l ) z u r ü c k weist. Die eigentliche R e c h t s a u s s a g e , nach d e r die K i n d e r aus allen E h e n beim E r b e gleichgestellt sind, bleibt u n b e r ü c k s i c h t i g t . 2. (Ldr. II 24§1): D e r M a n n im r o t e n R o c k v e r d r ä n g t d e n M a n n mit g r ü n e m O b e r k l e i d von H a u s u n d G r u n d s t ü c k , w i e d e r g e g e b e n d u r c h G e b ä u d e u n d Ä h r e n . D e m Bild ist n i c h t zu e n t n e h m e n , d a ß d e r M a n n im g r ü n e n R o c k u n r e c h t m ä ß i g aus seiner G e w e r e b z w . seinem Besitz vertrieben w i r d . 3. (Ldr. II 24§2): In b e i d e n B i l d h ä l f t e n wird die G e w e r e an einem G r u n d s t ü c k , symbolisiert d u r c h die Ä h r e n , r e c h t m ä ß i g ü b e r g e b e n . D e r M a n n mit d e r M ü t z e h a t sein G r u n d s t ü c k v e r k a u f t . E r e r h ä l t von d e m K ä u f e r , d e r z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß er j e t z t d e r n e u e Eig e n t ü m e r ist (Zeigegestus auf die Ä h r e n ) , g e r a d e d e n K a u f p r e i s . In d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e l ä ß t d e r M a n n im b l a u e n O b e r k l e i d sein G r u n d s t ü c k an seinen H e r r n auf, i n d e m er ihm einen w e i ß e n H a n d s c h u h reicht. van Hoek, Eike von Repgow, S. 60. 4. (Ldr. II 24§2): V o r d e m R i c h t e r ( G r a f ) h a t d e r M a n n in r o t - g r ü n e m mi parti Kleid d e n Besitz an einem G r u n d s t ü c k ( Ä h r e n ) z u g e s p r o c h e n b e k o m m e n . Dies zeigt d e r R i c h t e r d u r c h seine H a n d u n d A r m h a l t u n g ( A u f m e r k s a m k e i t s - u n d R e d e g e s t u s ) an. D e r vor G e r i c h t U n t e r l e g e n e w i r d von d e m r e c h t m ä ß i g e n E i g e n t ü m e r aus d e m Bild g e s c h o b e n . E r s c h a u t sich nach d e m R i c h t e r u m u n d m a c h t sich d a m i t ü b e r das U r t e i l k u n d i g . van Hoek, Eike von Repgow, S. 60. 5. (Ldr. II 25§1): A m linken B i l d r a n d e r g r e i f t d e r R ä u b e r (im langen R o c k ) die aus d e m B o d e n e m p o r r a g e n d e n Ä h r e n , d.h. es liegt eine V e r l e t z u n g f r e m d e r G e w e r e vor. D e s h a l b tritt d e r r e c h t m ä ßige I n h a b e r d e r G e w e r e im B i l d z e n t r u m als K l ä g e r auf, weil er z u d e m di hanthafte tat bewisen mag (vgl. Ldr. II 64§2). E r b e k l a g t d e n R ä u b e r mit G e r ü f t e ( g e z o g e n e s Schwert) umme roupliche gewer. M i t z u r ü c k g e w a n d t e m Blick u n d mit R e d e g e b ä r d e d e r e r h o b e n e n linken H a n d e r h e b t d e r K l ä g e r die K l a g e vor d e m Richter, d e r d e m N o t r u f s o f o r t g e f o l g t ist. D e r am r e c h t e n B i l d r a n d sitz e n d e R i c h t e r d ü r f t e ( R e d e g e b ä r d e ; in Ο mit d e u t l i c h e m Z e i g e g e stus) d e r Klage s t a t t g e b e n u n d w e g e n des R a u b e s ü b e r d e n Beklagten richten. A n d e r s die D a r s t e l l u n g in O : D o r t s t e h t d e r K l ä g e r d e m R i c h t e r f r o n t a l z u g e w a n d t , w ä h r e n d er mit seiner linken H a n d d a s g e z o g e n e S c h w e r t f ü h r t u n d mit r e c h t s die K l a g e e r h e b t . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen die im T e x t e r w ä h n t e n Unr e c h t e n H e l f e r sowie die W i e d e r e i n w e i s u n g d e s K l ä g e r s in seinen Besitz. Scheele, Delikte,

S. 208.

folio 32 verso ο im d ' rieht' nich' en richtet o d ' nich' vol rich= ten en m a g · d a Jal im d ' kiinig richte J o he e r j t k ü m t in JechJiche art ab mä ab mä d ' P h e n n l g e Jal f X X V I · clage gezüg hatmä vor nüwe als ein nüwe here kv= mt Büytet d ' müczer eine valjehen phening üs das he da mite k o ü f e wil-is get im an de h a l s - w ' Jin rech' vor w o r c h t h a t m 1 d u b e o d ' m' r o ü b e vint mä bi im vierdehalbe phenlg is get im an di h a t - h e en miige ir dene gewern gehabe • w' an Jime rechte vol k ü m e is vint mä bi im eine /chilling valJcher phenlge · di phenlge h a t he vor lorn vn nich' m e - h a t h ' ab' me is get im an di h a t · he en habe ir dene gewern Veljchit d' mü= czer Jine phenlge vü en helt Je Ji nich' nach irme rechte di wile en mag he nimäde val Jches geezien · da ien' wandil vme tün d ü r f e · phenlge Jal d ' müczer halde p h ü d i j c h vn ebene Jwer vn gliche w i t - N i m ä t en Jal markt noch mücze er hebin ane des richters vrlop Tdcs gerichte das lit-o v ch Jal d ' kvnik durch rech' Jine hanczche dar J e n d e zü bewijene da s is Jin wille Ji · N i m ä t en Jal o v ch phenlge Jlä a n d ' n phenlge glich Ji en habe dene Jüd'lich bejeheidüge W e n e mä di phenlge vor bu= tet virczenacht da noch müs mä wol mit de phenlge gelde vn p h ä t lojen • w ' ab' da mite k o y f t bobe di rechte z i t - d ' m ü z e r mü s Ji wol im zü breche · he Jal Ji im wid' gebe · W e r J o b r u k zol o d ' w a j j i r zol / X X V I I · e n p h ü r t · d ' Jal drijig Jchilllge gebe · vier vüs geng' gebe eine phenlg · ein ritede mä eine halbe · ein gelade wayn viere · vortvn wid' zü varne dis gib' mä zü waJJ'zolle · zü brukczolle da s

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Wo im der richter nicht enrichtet oder nicht volrichten enmag, da sal im der kunig richten, so he erst k u m t in sechsiche art, ab man der clage gezug hat. C.XXVI. Phenninge sal man vornuwen, als ein nuwe h e r r e kumt. Buitet der munezer einen valschen phenning us, das he da mite k o u f e n wil, is get im an den hals. W e r sin recht vorworcht hat mit dube oder mit roube, vint man bi im vierdehalben phenning, is get im an di hant, he enmuge ir d e n n e gewern gehaben. W e r an sime rechte volk u m e n is, vint man bi im einen schilling valscher phenninge, di phenninge hat he vorlorn u n d e nicht me. H a t he aber me, is get im an di hant, he enhabe ir d e n n e gewern. Velschit der m u n ezer sine p h e n n i n g e u n d e enhelt he si nicht nach irme rechte, di wile enmag he nimande valsches geezien, da iener wandil umme tun dürfe. P h e n n i n g e sal der m u n e z e r halden phundisch u n d e ebe ne, swer u n d e gliche wit. N i m a n t ensal markt noch muneze erhebin ane des richters urlop, in des gerichte das lit. O u c h sal d e r kunik d u r c h recht sinen hanczchen d a r senden zu bewisene, das is sin wille si. N i m a n t ensal ouch phenninge slan andern phenningen glich, si enhaben denne sunderlich bescheidunge. W e n n e man di phenninge vorbutet, virczennacht da noch mus man wol mit den phenningen gelden u n d e p h a n t losen. W e r aber da mite k o i f t boben di rechte zit, der m u n z e r mus si wol im zubrechen; he sal si im widergeben. C.XXVII. W e r so brukzol o d e r wassirzol enphurt, der sal en viervalt gelden. Wer so marketzol enphurt, der sal drisig Schillinge geben. Vier vusgenger geben einen phenning, ein ritende man einen halben, ein geladen wain viere, vort u n d e wider zu varne: Dis gibet man zu wasserzolle, zu brukczolle das

1 W o D, Swar O, Svar Horn., ο W. J ab man doppelt W. 5 herre D O, here W, herren Horn. 16 he Ο Horn., se W, her D. IS geezien W D, tyen O, tien Horn. 2Ϊ urlop W D, willen Ο Horn. 31a enphurt - marketzol] untfort, de sal ene vervalt gelden. Swe so markettolne O, untvurt, die sal ine virvalt gelden. Sve so market toln Horn., fehlt W D O.

folio 32 verso Für den Fall, daß ihm der Richter nicht Recht spricht oder nicht zu Ende Recht sprechen kann, soll ihm der König Recht sprechen, sobald er in sächsisches Gebiet kommt und wenn man einen Beweis für die Klage hat. Kapitel XXVI. Pfennige 1 soll man erneuern, sobald ein neuer Herr kommt. Gibt der Münzmeister 2 einen falschen Pfennig aus, weil er damit kaufen will, dann geht es ihm an den Hals. Wer sein Recht durch Diebstahl oder durch Raub verwirkt 3 hat, und man findet bei ihm dreieinhalb 4 Pfennige, dem geht es an die Hand, es sei denn, er kann für diese (die Pfennige) einen Gewährsmann 5 benennen. Wer in seinem Recht unbescholten ist, und man findet bei ihm falsche Pfennige im Wert von einem Schilling, der hat die Münzen verloren und nicht mehr. H a t er aber mehr, dann geht es ihm an die Hand, wenn er nicht einen Gewährsmann dafür hat. Fälscht der Münzer seine Geldstücke, und auch wenn er sie nicht ihrem Münzrecht 6 gemäß aufbewahrt, dann kann er f ü r diese Zeit niemanden der Fälschung bezichtigen, so daß jener dafür Strafgeld 7 zu zahlen hätte. Pfennige soll der Münzmeister in Pfundgewichten aufbewahren, alle gleich schwer und gleich silberhaltig 8 . Niemand darf einen Markt oder eine Münze errichten ohne die Einwilligung des Richters, in dessen Gerichtsbezirk sie liegen. Ferner soll der König von Rechts wegen seinen Handschuh dorthin senden, um zu beweisen, daß es sein Wille ist. Niemand darf Pfennige schlagen, die anderen Pfennigen gleichen, es sei denn, sie tragen besondere Unterscheidungszeichen 9 . Werden die Pfennige für ungültig erklärt, dann darf man noch vierzehn Nächte danach mit diesen (alten) Pfennigen bezahlen und Pfand einlösen. Wer allerdings damit noch nach dieser rechtmäßigen Zeit einkauft, dem darf sie der Münzmeister zerbrechen; er muß sie (die Münzen) ihm allerdings wiedergeben. Kapitel XXVII. Wer Brückenzoll oder Wasserzoll hinterzieht, der muß ihn vierfach bezahlen. Wer den Marktzoll hinterzieht, der soll dreißig Schillinge bezahlen. Vier Fußgänger bezahlen einen Pfennig, ein Reiter einen halben und ein beladenes Fuhrwerk 10 vier (Pfennige), um hin und zurück zu fahren: Dies gibt man als Wasserzoll, als Brückenzoll die

I phenninc st.M. ,Münze, Geld' (Plur.), dann ,Silberdenar, Pfennig'; 2 münzcere, munzere, -er st.M. ,Münzer, Münzmeister'; 3 verworcht Part.Prät. von verwirken sw.V. .verwirken, verlieren'; 4 vicrdehalp Adj. .dreieinhalb, den vierten (Pfennig) halb'; 5 gewer sw.M. .Gewährsmann, Bürge, Vertreter von Ansprüchen'; 6 recht st.N., hier im Sinne von ,Münzrecht'; 7 wandel st.N.M. ,Rückgang', ,Makel, Tadel', .Ersatz eines Schadens, Buße, Strafgeld'; 8 wiz, mnd. wit Adj. ,weiß, silberhaltig'; 9 bescheidunge st.F. »Bestimmung, unterscheidende Bezeichnung'; 10 wagen, wain(e) st.M. ,Wagen, Fuhrwerk'.

1. (Ldr. II 25§2): Weil der Richter ihm nicht Recht sprechen kann, erhebt der Kläger (im blau changierenden Rock) die Klage mit Gerüfte (gezogenes Schwert) vor dem rechts thronenden König (Krone und Zepter; Zepter fehlt in O), so he erst kumt in sechsiche art. Links symbolisiert das Ährenfeld den Klagegrund (vgl. W fol. 32r5); dies drückt auch die Handgebärde der Rechten des Klägers aus. Vollständiger die Bildpräsentation in O : Hier schwört der Kläger (damit über den Text hinausgehend) vor dem König mit zwei Zeugen auf das Reliquiar, das auf dem Grundstück steht, um das er bisher geklagt hat. 2. (Ldr. II 26§1): Münzen sollen erneuert werden (Münzverrufung), wenn ein neuer H e r r kommt. Münzverrufung durch den Münzherrn ist die angeordnete Außerkurssetzung der bisherigen und die Verwendung einer neuen Münze. Für den Illustrator des Ssp. ist der am rechten Bildrand thronende König der Inhaber der Münzhoheit. Der König hat damit auch die Befugnis zur Münzerneuerung (vgl. auch W fol. 39vl), die er mit deutlicher Redegebärde seiner rechten H a n d dem Münzmeister gebietet. Die linke Bildhälfte zeigt den sitzenden Monetär (in D auf einem vierfüßigen Schemel; in Ο auf einem Stuhl) gerade beim Ausprägen neuer Münzen. Mit beiden H ä n d e n (O zeigt den Münzer dagegen mit H a m m e r in der rechten und Münzstempel in seiner linken Hand) schlägt der Münzer seinen Münzhammer auf den mit M ü n z e n belegten Prägestock zwischen seinen Beinen. In der Bildmitte nimmt eine dritte Person (in Ο mit Kappe und auf den Knien kauernd, möglicherweise Münzgehilfe) die neu geprägten Münzen entgegen. 3. (Ldr. II 26§2): Der Monetär (gleiche Kleidung wie in Bildzeile 2), kenntlich an dem Münzhammer, gibt einen falschen Pfennig aus, den er in seiner ausgestreckten linken H a n d dem ihm gegenüberstehenden Mann als Kaufpreis für den H a h n anbietet. Dieser Mann ergreift mit seiner rechten Hand das Handgelenk des Münzmeisters. Die Ergreifung der Hand verwendet der Illustrator in diesem Fall, um die Handhaftigkeit der T a t darzustellen. Anders O: D o r t zahlt der Münzer fälschlicherweise mehrere Münzen als Kaufpreis f ü r zwei zwischen den Männern piazierte Gänse in die nach oben geöffneten H ä n d e des Mannes. Unberücksichtigt läßt der Bildstreifen die im Text genannten rechtlichen Folgen der Falschmünzerei f ü r einen Münzer: is get im an den hals. Scheele, Delikte, S. 226, 41. (Ldr. II 26§3): Wiedergegeben wird nur der zweite Teil der Bestimmung: Der Münzer (identische Farbgebung der Kleidung wie in den vorherigen Bildzeilen), kenntlich an seinem in der linken Hand geführten Münzhammer, ist im Begriff, Pfennige in die halb nach oben geöffnete linke H a n d eines anderen Mannes zu zahlen. Dieser, dem Münzer gegenüberstehende Mann, beanstandet mit ablehnender Gebärde seiner erhobenen rechten H a n d die gezahlten Münzen, denn phenninge sal der munczer ... phundisch unde ebene, swer unde gliche wit halten. Schmidt-Wiegand, Kleidung, S. 165/. 4r. (Ldr. II 26§4): Symbol der Marktgerechtigkeit und des Marktfriedens ist das Marktkreuz (vgl. W fol. 45v5; D fol. 39v5; Η fol. 15v5; Ο fol. 70rl; W fol. 53r5; D fol. 49r5; Η fol. 23r5; Ο fol. 83vl,2r; W fol. 56v4; D fol. 54v4; Η fol. 28v4), das auf einem hohen Pfahl ruht. Der an einem Querarm des Kreuzes hängende Handschuh ist das Leibzeichen des Königs, der den Marktfrieden gesetzt hat. Denn ein Markt im Rechtssinn darf nicht angelegt werden, wenn nicht der König seinen Handschuh an den O r t gesendet hat, zu bewisene, das is sin wille si. Das eingezäunte Kreuz ist das Wahrzeichen f ü r einen unter Sonderfrieden gestellten eingegrenzten Bezirk, ohne den es keine Marktstätte im rechtlichen Sinn gibt. In Ο hängt außerdem ein Adlerwappen (Königswappen) an der Umfriedung. Scheele, Delikte, S. 226; Schmidt-Wiegand, Kleidung, S. 165/. 5. (Ldr. II 27§1): Auf Anweisung (hinweisende Gebärde der rechten Hand) des im Bildzentrum auf der Brücke (mit fünf Bögen und stark geneigten Flügeln) sitzenden Wächters (kenntlich an seinem kurzen Stock) zahlen die beiden unmittelbar vor ihm stehenden Männer einem anderen Mann (im roten Rock) am linken Bildrand mehrere Münzen in dessen H ä n d e . Diese Illustration in W und D scheint auf die im Text genannte Entrichtung des Strafgeldes von 30 Schillingen f ü r den Fall der Hinterziehung von Brükken- oder Wasserzoll hinzuweisen. Der Nachen an der Text-BildZäsur (in Ο liegt der Nachen unter der Brücke) weist auf den im Text genannten Wasserzoll. Anders O: Hier sind dem Text entsprechend vier auf der Brücke in zwei Gruppen hintereinander stehende Fußgänger, von denen ungeklärterweise je zwei Personen einen kurzen Stab tragen, im Begriff, die Brücke zu überqueren. Die vier vusgenger entrichten dem hier stehenden Zollwächter (mit langem Stab) den auch im Text genannten phenning.

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halbe teil Phaffen νή ritt'e νή ir gejinde Julie we/in zol vri · Ein iclich mä Jal ouch wejin czol vri he vare od' rite-od' ge-wo he Jchiffes od' brücke nich' bedarf · νή m' rechte Ji he geleites vri-wo he fins gutes od' des libes genende wil-weme ab' he geleite gib 1 d' Jal de Jchade beware TJime geleite · od' he Jal en im gelde · Ein itel wage gib' halbe czol-wid' eime geladen e - d ' halbe wain das halbe teil-w' Jo vnrechte weg Jlet vb' gewnne lant vor iclich rat Jal he gebe eine phenlg-d' ritende mä eine halbe · νή Juln de Jchade bejjern · ab da Jaet · ü f f e Jtet-da vor müs mä Ji wol phede wern Ji das phant wid' recht-mä bejtetig' Ji mit de gerufte-Jo m ü j e Ji bejjern das gerufte m' drin JchillTge νή müje doch phädis recht tun • Wer holcz hoüw' od' gras Jnit XXVIII· od' vijchet I eines and'n mänes w a j Jere an wild' wage-Jin wädil das Jin dri Jchil= lige-de Jchade gildet he uf recht · ViJchit he ab' in tiche di da gegrabe Jin od' hoüw' he holcz das gejazt is od' fruchtbere boüme· od' bricht he Jin obis od' hoüw' he malbov= me • od' greb' he Jteine üs · di zü markjteine gejazt JT· he gib' drijig Jchillinge · vint mä in inder Jtat mä müs en wol phedl od' uf halde vor de Jchade ane des richters vrlop Wer des nachtis gehoüwe gras od' gehoüwe holcz Jtilt - da s Jal mä richte m' d' wit-Jtilt hes des tagis is get im zü hüte vn zü har· welches wajjir Jträm vlüzt-das is gemeine zü varne νή inne zü vijchene · di vijchere müje o v ch wol des ertriches nüzzen als verre als he eins

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10

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20

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10

halbe teil. Phaffen unde rittere unde ir gesinde sullen wesin zolvri. Ein iclich man sal ouch wesin czolvri, he vare oder rite oder ge, wo he schiffes oder brücken nicht bedarf unde mit rechte si he geleites vri, wo he sins gutes oder des libes genenden wil. Werne aber he geleite gibet, der sal den schaden bewaren in sime geleite, oder he sal en im gelden. Ein itel wagen gibet halben czol wider eime geladenen, der halbe wain das halbe teil. Wer so Unrechten weg slet über gewunnen lant, vor iclich rat sal he geben einen phenning, der ritende man einen halben, unde suln den schaden bessern, ab da saet uffe stet, da vor mus man si wol phenden. Wern si das phant wider recht, man bestetigt si mit deme gerufte, so musen si bessern das gerufte mit drin Schillingen unde musen doch phandis recht tun. C. XXVIII. Wer holcz houwet oder gras snit oder vischet in eines andern mannes wassere an wilder wage, sin wandil, das sin dri Schillinge; den schaden gildet he uf recht. Vischit he aber in tichen, di da gegraben sin oder houwet he holcz, das gesazt is, oder fruchtbere boume oder bricht he sin obis oder houwet he malboume oder grebet he steine us, di zu marksteinen gesazt sin, he gibet drisig Schillinge. Vint man in in der stat, man mus en wol phendin oder ufhalden vor den schaden ane des richters urlop. Wer des nachtis gehouwen gras oder gehouwen holcz stilt, das sal man richten mit der wit. Stilt hes des tagis, is get im zu hüte unde zu har. Welches wassir stramm vluzt, das is gemeine zu varne unde inne zu vischene; di vischere musen ouch wol des ertriches nuzzen als verre, als he eins

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die Hälfte. Priester und Ritter und ihr Gesinde sollen zollfrei sein. Jeder Mann soll auch zollfrei sein, er fahre oder reite oder gehe zu Fuß, wenn er kein Schiff oder keine Brücke braucht und von Rechts wegen sei er von dem Geleitgeld 1 befreit, wenn er seinen Besitz oder sein Leben wagen 2 will. Wem er aber Geleitgeld bezahlt, der soll ihn in seinem Schutzgebiet vor Schaden bewahren, oder er soll ihm diesen ersetzen. Ein leeres Fuhrwerk gibt gegenüber einem beladenen den halben Zoll, der halbbeladene Wagen die Hälfte. Wer einen falschen Weg über bestelltes Feld einschlägt, soll f ü r jedes Rad einen Pfennig bezahlen, der berittene Mann (bezahlt) einen halben (Pfennig), und wenn Saat auf dem Feld steht, dann sollen sie den Schaden bezahlen; hierfür kann man sie auch pfänden. Wenn sie die P f ä n d u n g widerrechtlich verweigern, nimmt man sie mit dem Gerüfte fest, und sie müssen das Gerüfte mit drei Schillingen büßen und außerdem dem Pfändungsrecht entsprechen. Kapitel XXVIII. Wer H o l z haut oder Gras schneidet oder in den Gewässern eines anderen Mannes zu wilder Woge 3 fischt, dessen Strafgeld beläuft sich auf drei Schillinge; den Schaden bezahlt er dem Recht entsprechend. Fischt er aber in Teichen, die gegraben worden sind oder haut er Holz, das angepflanzt ist, oder (haut er) fruchttragende Bäume oder pflückt er das Obst eines anderen oder haut er Grenzbäume 4 oder gräbt er Steine aus, die als Grenzsteine 5 gesetzt worden sind, dann bezahlt er dreißig Schillinge. Findet man ihn an der Stelle, dann darf man ihn ohne Erlaubnis des Richters pfänden oder f ü r den Schaden festnehmen. W e r des Nachts gemähtes Gras oder geschlagenes H o l z stiehlt, den soll man mit dem Strang 6 richten. Stiehlt er des Tages, so geht es ihm an H a u t und Haar. Jedes Gewässer, das wie ein Strom 7 fließt, ist allgemein zugänglich, so daß darauf gefahren und darin gefischt werden darf; auch darf der Fischer ferner das Erdreich 8 so weit benutzen, wie er einmal

folio 33 recto

1. ( L d r . II 27§2): P r i e s t e r u n d L e h e n s h e r r - im T e x t : rittere unde ir gesinde - k ö n n e n die B r ü c k e z o l l f r e i ü b e r q u e r e n , wie es die V e r z i c h t s g e b ä r d e des W ä c h t e r s links a u s d r ü c k t . D a s gilt a u c h , w e n n sie - wie in Ο - beritten sind. M i t d e n H a l m e n in d e r H a n d des R i t t e r s will d e r I l l u s t r a t o r m ö g l i c h e r w e i s e - ü b e r d e n T e x t h i n a u s - a n d e u t e n , d a ß er a u c h seine G ü t e r , z.B. die E r n t e , z o l l f r e i t r a n s portieren kann. 2. (Ldr. II 27§§2—4): D e r Bildstreifen stellt zwei Fälle vor, bei d e n e n W e g e z o l l zu e n t r i c h t e n ist. Dies gilt f ü r einen leeren W a g e n e b e n s o wie f ü r einen, d e r ü b e r ein bestelltes Feld ( b e w a c h s e n e r Boden) einen f a l s c h e n W e g einschlägt. D e r W a g e n f ü h r e r , als s o l c h e r d u r c h seine Peitsche ausgewiesen, z a h l t d e m Z ö l l n e r 4 P f e n n i g e , d.h. f ü r jedes R a d einen. U n b e r ü c k s i c h t i g t l ä ß t d a s Bild j e n e Fälle, w o W e g e z o l l f ü r einen g e l a d e n e n W a g e n zu z a h l e n ist b z w . ein R e i t e r einen f a l s c h e n W e g einschlägt, o d e r a b e r die M ö g l i c h k e i t d e r P f ä n d u n g besteht, u m einen e n t s t a n d e n e n F l u r s c h a d e n z u begleichen. Ladt, Dorfrecht, S. 183. 3 . / 4 . (Ldr. II 28§§ 1,2): D a r g e s t e l l t sind die D e l i k t e des kleinen u n d g r o ß e n L a n d f r e v e l s , wie d a s w i d e r r e c h t l i c h e H o l z s c h l a g e n , d a s G r a s s c h n e i d e n , d a s Fischen mit einem „ B ü g e l h a m e n " (v. Amira), d a s O b s t p f l ü c k e n , d a s Fällen von G r e n z b ä u m e n u n d d a s A u s g r a b e n von G r e n z s t e i n e n . D i e Bildzeilen, jeweils von r e c h t s n a c h links zu lesen, zeigen d a b e i k e i n e n U n t e r s c h i e d in d e r D a r s t e l l u n g s w e i s e von n a t ü r l i c h e n b z w . künstlich a n g e l e g t e n G e w ä s s e r n u n d T e i chen, W a l d s t ü c k e n u n d G ä r t e n . D a sich die I l l u s t r a t i o n e n auf die V o r f ä l l e selbst b e s c h r ä n k e n u n d n i c h t die Folgen b e r ü c k s i c h t i g e n , w i r d d e r U n t e r s c h i e d a u c h nicht d u r c h A n g a b e des B u ß g e l d e s von 3 b z w . 30 Schillingen v e r d e u t l i c h t . Lade, Dorfrecht, S. 182. 5 . / 6 . (Ldr. II 28§3): D e n sich s c h o n im T e x t f i n d e n d e n g e g e n s ä t z l i chen S a c h v e r h a l t p r ä z i s i e r t d e r I l l u s t r a t o r n o c h z u s ä t z l i c h d u r c h die G e s t a l t u n g d e r e n t s p r e c h e n d geteilten Bildzeile. So zeigt die linke B i l d h ä l f t e d e n H o l z - u n d H e u d i e b s t a h l bei N a c h t , d a r g e s t e l l t d u r c h einen M o n d mit a u s g e m a l t e m G e s i c h t ( O bietet z u s ä t z l i c h zwei S t e r n e ü b e r d e m H a u p t d e s U n r e c h t s t ä t e r s ) an d e r Bildfalz, w ä h r e n d die r e c h t e Bildhälfte d e n e n t s p r e c h e n d e n D i e b s t a h l bei T a g e - S o n n e am o b e r e n B i l d r a n d - b e h a n d e l t . D a ß es sich a b e r in d e r linken B i l d h ä l f t e u m d e n N a c h t d i e b s t a h l von g e h a u e n e m H o l z u n d g e m ä h t e m G r a s h a n d e l t , ist z u m einen d u r c h d a s in zwei B ü n del g e s c h n ü r t e H o l z in d e r Bildmitte, z u m a n d e r e n d u r c h die A n d e u t u n g von g e m ä h t e m G r a s mit w e l l e n f ö r m i g e n S t r i c h e n an d e r B i l d f a l z zu d e n F ü ß e n des D i e b e s zu e r k e n n e n . D e r H e n k e r s k n e c h t f ü h r t d e n D i e b an einem W e i d e n s t r a n g u n d d e u t e t so auf die n o c h f o l g e n d e B e s t r a f u n g d u r c h H ä n g e n am G a l g e n hin. Die r e c h t e B i l d h ä l f t e zeigt d e n V o l l z u g d e r S t r a f e zu H a u t u n d H a a r f ü r d e n T a g d i e b s t a h l an g e h a u e n e m H o l z u n d g e m ä h t e m G r a s . D a r a u f weisen die diesmal u n t e r h a l b d e r T e x t k o l u m n e g e z e i c h n e ten z w e i B ü n d e l H o l z u n d d a s in zwei R e i h e n mit w e l l e n f ö r m i g e n S t r i c h e n d a r g e s t e l l t e G r a s . D e r f a s t völlig bis auf seine H o s e e n t kleidete U n r e c h t s t ä t e r s t e h t mit v e r s c h r ä n k t e n A r m e n g e b u n d e n an d e r S t a u p s ä u l e . M i t seiner linken H a n d schlägt d e r h i n t e r d e m Dieb stehende Henkersknecht den schon geröteten Oberkörper d e s D e l i n q u e n t e n mit e i n e r R u t e , w ä h r e n d er mit einer S c h e r e d a s H a a r a b s c h n e i d e t . D a g e g e n zeigt Ο d e n D i e b n o c h m i t einem H o l z b ü n d e l in d e s s e n H ä n d e n u n d f ü h r t s o das A n s i c h n e h m e n von e n t w e n d e t e m G u t in F o r m d e r leiblichen B e w e i s u n g v o r A u gen. Hüpper, Funktionstypen,

1 geleite s t . N . .Leitung, Geleit, Begleitung, S c h u t z ' , , G e l e i t g e l d ' ; 2 genenden sw.V. .wagen', z u genende, genendec A d j . , k ü h n , m u t i g ' ; 3 an wilder wage ,im s t r ö m e n d e n W a s s e r , im G e g e n s a t z z u m geg r a b e n e n T e i c h ' , zu wage st.F. . w o g e n d e B e w e g u n g , W o g e ' ; 4 malboum s t . M . . G r e n z b a u m ' ; 5 marcstein s t . M . . G r e n z s t e i n ' ; 6 wit, wide st.F. .Strang a u s g e d r e h t e n Reisern', bi, mit der wide ,bei S t r a f e des H e n k e n s , T o d e s s t r a f e ' ; 7 sträm A d j . ,wie ein S t r o m ' ; 8 ertlich s t . N . , E r d r e i c h , B o d e n ' .

S. 239; Scheele, Delikte,

S. 200f,

232,

236.

188

folio 33 verso gejchrite mag üs deme J c h i f f e vö deme rechte W e n oüch eins andere / · Χ Χ Ι Χ · / -Jtade· varnde habe in waJJ'e zu vlüjit d' Jal Ji ieme wid' gebe • das he Jich d a r zu zie alje rech' is · νή he im Jine k o j t gelde • noch gutir lüte küre he Jal Ji o v ch üf biete · ν η halde vn vortä J e c h f w o c h e · vragit da im ant n o c h - J e Jal is b e k e n e - l o ü k e t hes J o mä da noch vragit-Jo ijt is dübig ab mä is Jidir vnd' im vind'-vn müs is doch m 1 b ü j e wid' gebe vn m 1 gewette wen hes düyplich gehalde h a t - k e i n e dübe hat-kei= ne dübe hat he dar an getä di im an Jin ere o d ' an Jine l i p - o d ' an Jine g e j u n t g e t - w e n hes vnduiplich· vn vnroüplich vs iens mänes ge W e r im J o erbe / · Χ Χ Χ · / w e m b r a c h t e zü Jagit nicht ν δ Jippe h a l b e - w e n von gelubdes h a l b e - d a s hab mä vor v n r e c h t - m ä en müge gezüge das das gelübde vor de gerichte bejtetigit J i - w ' vö gerichtis halbe de lip vor l ü j t - j i n neijte getelTg nimt Jin erbe. W e r Jich Jelbe o"ch von de libe / X X X I · tut Jin erbe neme Jin güt diube o d ' r o ü p di mä vnd' im vindet di Jal d ' rieht' behalde · vn im iar vfi tag ab Jich dar v n d ' ni m a n t noch rechte zü en czüt d ' rieht' keris an Jine nöcz · N i m ä t en mag vor wirke eins and'n mänes güt ab hes v n d ' im hat d e n o c h ab he Jine lip vor w i r k e t · / -XXXII· W e r J o eins mänes knecht Jlet o d ' üet o d ' r o ü b ' r o ü b ' - n i c h ' we d ü r c h das h'= ren J c h u l t - n o c h rechte Jal he en beide b ü j e gebe he en turre dene das uf de heilige Jwern das hes de h're w e d ' zu lajt'e noch zü J c h ä d e habe g e t ä - J o is he d' eine b ü j e ledig-zü lajt'e Jpreche

j

10

a

ίο

2s

3o

geschriten mag us deme schiffe von deme rechten Stade. C.XXIX. W e n ouch eins anderen varnde habe in wassere zuvlusit, der sal si ieme widergeben, das he sich d a r zu zie alse recht is, u n d e he im sine kost gelde noch gutir lute kure. H e sal si ouch ufbieten u n d e halden u n v o r t a n sechswochen. Vragit da imant noch, Ae sal is bekennen. L o u k e n t hes, so man da noch vragit, so ist is dubig, ab m a n is sidir u n d e r im vindet, u n d e mus is doch mit buse widergeben u n d e mit gewette, wen hes di»plich gehalden hat. Keine dube hat he d a r an getan, di im an sin ere oder an sinen lip o d e r an sinen gesunt get, wen hes undzwplich u n d e unrouplich us iens mannes gewern brochte. C.XXX. W e r im so erbe zusagit, nicht von sippe halben, wen von gelubdes halben, das hab m a n vor unrecht, m a n enmuge gezugen, das das gelubde vor deme gerichte bestetigit si. W e r von gerichtis halben den lip vorlust, sin neiste geteling nimt sin erbe. C.XXXI. W e r sich selbe ouch von deme libe tut, sine erben nemen sin gut. D i u b e o d e r roup, di man u n d e r im vindet, di sal der richter behalden u n d e r im jar u n d e tag. Ab sich d a r u n d e r nim a n t noch rechte zu enezut, der richter ker is an sinen nocz. N i m a n t enmag vorwirken eins andern mannes gut, ab hes u n d e r im hat, dennoch ab he sinen lip vorwirket. C.XXXII. W e r so eins mannes knecht slet o d e r vet oder roubet, nicht wen d u r c h das herren schult, noch rechte sal he en beiden buse geben, he enturre denne das uf den heiligen swern, das hes deme herren w e d e r zu lästere noch zu schaden habe getan; so is he der einen buse ledig. Zu lästere spreche

2 W e n W D, Swen O, S w e m e Horn. 7 he D Ο Horn, se W. 8 L o u k e n t WD, Besect O, Besakt Horn. 11 d i u p l i c h ] duiplich W D, d u f l i k e n O, d ü f l i k e n Horn. 11/12 keine d u b e h a t doppelt W. 14 u n d i u p l i c h ] u n d u i p l i c h W D; u n d u f l i k e O, u n d ü f l i k e Horn. 22 sine Ο Horn., sin W D. 24 u n d e r i m ] u n d e im W D, u n d e r ime Horn., fehlt O. 30 r o u b e t doppelt W. 31/32 buse gehen W D, b e t e r e n O, b u t e geven Horn. 32 s w e r n W D, b e w e r e n O, g e w e r e n Horn. 33 s c h a d e n ] s c a d e n Horn., s c h ä n d e n WOO.

189 aus dem Schiff auf das rechte Ufer 1 ausschreiten kann. Kapitel XXIX. Wem auch immer die Fahrhabe eines anderen im Wasser zufließt, der soll sie jenem zurückgeben, wenn er sie rechtmäßig beansprucht und er ihm seine Kosten entsprechend der Schätzung ehrenhafter Leute bezahlt. Er soll es auch bekanntmachen 2 und für sechs Wochen unversehrt aufbewahren. Wenn jemand danach fragt, dann soll er es bekennen. Streitet er es ab, wenn man danach fragt, so ist es Diebesgut, wenn man es später bei ihm findet, dann muß er es mit Buße und Gewette zurückgeben, weil er es wie ein Dieb 3 unterschlagen hat. Er hat aber keinen Diebstahl daran begangen, der ihm an seine Ehre oder an sein Leben oder an seine Gesundheit geht, weil er es nicht wie ein Dieb und Räuber aus jenes Mannes Besitz gebracht hat. Kapitel XXX. Wer ein Erbe f ü r sich beansprucht, nicht aufgrund von Verwandtschaft, sondern aufgrund eines Versprechens, das halte man für Unrecht, es sei denn, man könnte bezeugen, daß das Versprechen vor Gericht bestätigt worden ist. Wer von Gerichts wegen sein Leben verliert, dessen nächster Verwandter 4 bekommt sein Erbe. Kapitel XXXI. Wer sich selbst das Leben nimmt 5 , dessen Erben bekommen seinen Besitz. Diebesgut oder Raubgut, das man bei ihm findet, das soll der Richter behalten über Jahr und Tag. Wenn es niemand rechtmäßig beansprucht, dann soll es der Richter in seinen Gebrauch nehmen. Niemand kann das Gut eines anderen Mannes verwirken, wenn er es in Händen hat, wenn er auch sein Leben verwirkt. Kapitel XXXII. Wer den Knecht eines Mannes schlägt oder fängt oder raubt wegen eines Verschuldens 6 des Herrn, der soll beiden dem Recht entsprechend Buße geben, es sei denn, er wagt es, durch Eid auf die Reliquien zu beschwören, daß er dem Herrn weder Schmach 7 noch Schaden zufügen wollte; dann ist er von der einen Buße befreit. Von Schmach spreche

1 stat st.M.N. .Gestade, Ufer'; 2 ujbieten st.V. .bekanntmachen, aufgeben, proklamieren'; 3 diuplich Adj. ,auf diebische Weise, wie ein Dieb'; 4 getelinc st.M. ,Verwandter', ,der einem anderen gleich ist', zu mhd. getelich Adj.,passend, schicklich'; 5 sich selbe von deme libe tun ,sich selbst töten, Selbstmord begehen'; 6 schult st.F. ,Verschulden, Schulden'; 7 laster st.N. .Schmähung, Schmach, Schimpf, Schande'.

folio 33 verso 1./2. (Ldr. II 29): Ein Mann im roten Oberkleid zieht einen Ziegenbock aus dem Wasser, in dem sich auch Fische und zwei Schweine befinden. D a ß dieser nicht ihm selbst, sondern einem anderen Mann gehört, zeigt sich in Bildzeile 2. Hier steht derselbe Mann (rotes Oberkleid) vor einem Gebäude (in dem er den Bock untergebracht hat). Ihm gegenüber steht der Besitzer des Tieres im rot-grün geteilten Kleid und fordert die Herausgabe des Ziegenbockes (korrekter O: Der Besitzer des Tieres erstattet dem Finder mit Geld die Kosten, die diesem entstanden sind). van Hoek, Eike von Repgow, S. 71; Scheele, Delikte, S. 220. 3. (Ldr. II 30): Vor dem Richter (Graf) macht ein M a n n seinen Anspruch auf eine Erbschaft, die aus Grundbesitz (Halme) und beweglicher Habe (Geldstücke) besteht, geltend. Der Armhaltung zufolge ist dies der Mann am Bildrand, der im Begriff zu stehen scheint, die Halme zu ergreifen (eindeutiger, allerdings im Gegensinn, O: Hier hat der M a n n die Halme bereits ergriffen). Da der Anspruch auf das Erbe nicht auf Verwandtschaft beruht, muß seine Rechtmäßigkeit vor Gericht bezeugt werden. Hiermit befassen sich die beiden Männer, die sich in der Bildmitte gegenüberstehen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83. 4. (Ldr. II 31551,2): Am Bildrand verübt ein M a n n Selbstmord, indem er sich aufhängt. Ihm gegenüber steht sein Erbe, der wie er ein blaues Obergewand, aber andersfarbige Strümpfe trägt. Zum Zeichen dafür, daß ihm das Erbe zusteht, ergreift dieser mit der rechten H a n d ein Halmbüschel und deutet mit der linken auf die Geldstücke am Boden. Von der Erbschaft ausgeschlossen ist Diebes- oder Raubgut, hier repräsentiert durch einen grünen Mantel, den ein M a n n an den Richter übergibt, der mit gekreuzten Beinen zu Gericht sitzt. Scheele, Delikte, S. 141. 5. (Ldr. II 3153): In der linken Bildhälfte erschlägt ein M a n n einen anderen mit einem Schwert. Mit diesem Verbrechen hat er sein Leben verwirkt, nicht aber das Eigentum (gut), das er von einem anderen (dritten) Mann in Verwahrung hat und das dieser in einem Sack gerade aus dem Hause des Totschlägers trägt.

190

folio 34 recto II ich dar vme ab he in Jlet durch des h're Jchült zu Jchade Jprech ich ab he en gejlage hat da s he Jins h're dinjt nich' vol brege mag • das Jal he de h're b e j j e r n a l j e d' knecht Jolde ab he 5 us des h're dinjte w'e küme-vn m' b ü j e im bejjern he en neme Jich ab des lajtirs vfi des Jchade uf de heilige • kege des knechtis h're de he geuäge oder gejlage hatte-Wer eine mä geuäge hat d' müs entw'te icliche Jime ίο h're · vn icliche Jime mage · vn Jime wibe · wirt he dar vme bejchuldig' di wile he en ind' hafte Die hanthafte tat is da / XXXIII· / hat· w o mä eine mä m l d' tat begrift od' ind' vlucht d' tat- od' ab he dübe od' roüp injine gei hex w'n h a t - d a x J e l b e den JluJJil zü treit· XXXIIII Wer Jo vb' de and'n tag Jine dube od' Jine roüp vn eime mäne vldet d' is offen= bar gekoüft hat-vn is vnvor haln hat gehalde-vn des gezüg hat-den en mag mä 20

21

3o

3>

kein' häthafte ta'gejchuldige · ab mä wol vint di dube vnd' im · he en habe dene vor Jin recht vorlorn • we m' des richters urlobe müs he Jin güt wol ane väge mit rechte-wil ab' ien' Jin gut werin m' rechte er is vor gerichte kümt-Jo bite en wid' kere vor gerichte· weigirt hes he Jchrie im das gerufte nach · vn grife en an vor Jine dip · als ab di tat häthaft Ji-we he Jich J c h u l d ' h a t gemacht m' d' vluch' Kümt ab' ien' m 1 willen vor gerichte · he Jal Jich vnd' winde Jins gütis m' rechte-Jpricht ab' ien' da wid' ab is gewant is he habe is laje wirke • od' ab is phert Jin od' and' vie he habe is in Jime Jtalle gezogehe müs is mit mereme rechte behalde-ienir d' is inde gewere hat ab hes Jelb dritte

ι ja

5

ίο

li

20

2s

30

3!

ich dar umme, ab he in slet durch des herren schult unde nicht durch des knechtes oder durch ire beider schult, zu schaden Sprech ich, ab he en geslagen hat, das he sins herren dinst nicht volbrengen mag. Das sal he deme herren bessern, alse der knecht solde, ab he us des herren dinste were kumen sunder recht, unde mit buse im bessern, he enneme sich ab des lastirs unde des schaden uf den heiligen kegen des knechtis herren, den he gevangen oder geslagen hatte. Wer einen man gevangen hat, der mus entworten iclichem sime herren unde iclicheme sime mage unde sime wibe, wirt he dar umme beschuldiget, di wile he en in der hafte hat. C.XXXIII. Die hanthafte tat is da, wo man einen man mit der tat begrift oder in der vlucht der tat oder ab he dube oder roup in sinen gewern hat, da he selbe den slussil zu treit. C. XXXIIII. Wer so über den andern tag sine dube oder sinen roup u n d e r eime manne vindet, der is offenbar gekouft hat unde is unvorhaln hat gehalden unde des gezug hat, den enmag man keiner hanthaften tat geschuldigen, ab man wol vint di dube under im, he enhabe denne vor sin recht vorlorn. Wen mit des richters urlobe mus he sin gut wol anevangen mit rechte. Wil aber iener sin gut werin mit rechte, er is vor gerichte kumt, so bite he en widerkeren vor gerichte. Weigirt hes, he schrie im das gerufte nach unde grife en an vor sinen dip, als ab di tat hanthaft si, wen he sich schuldig hat gemacht mit der vlucht. Kumt aber iener mit willen vor gerichte, he sal sich underwinden sins gutis mit rechte. Spricht aber iener da wider, ab is gewant is, he habe is lasen wirken, oder ab is phert sin oder ander vie, he habe is in sime stalle gezogen, he mus is mit mereme rechte behalden, ienir, der is in den geweren hat, ab hes selb dritte

Ια u n d e - s c h u l t ] u n d e n i c h t des k n e c h t e s e d e r d o r ere b e y d e r schult O, u n d e nicht d u r c h des k n e c h t e s , o d e r d u r c h ir b e i d e r scult Horn. 2 s c h a d e n W, s c a d e n Horn., s c h ä n d e n O. 3 v o l b r e n g e n m a g W, g h e h i n d e r e t is Ο, g e h i n d e r t is Horn. 5 s u n d e r r e c h t ] ane r e c h t Ο Horn., fehlt W. 11 h a f t e W , h e c h t e Ο Horn. 17 u n d e r Ο Horn., u n d e W. 18 u n v o r h a l n W, u n h a l i n g h e s O, u n h a l i n g e Horn. 21 h e Ο Horn., se W. 31 g e w a n t W, laken Ο Horn.

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ich darum, wenn er ihn schlägt wegen einer Schuld seines Herrn und nicht wegen des Knechtes oder ihrer beider Schuld, von Schaden spreche ich, wenn er ihn derartig geschlagen hat, daß er den Dienst bei seinem Herrn nicht ausüben kann. H i e r f ü r soll er dem Herrn Genugtuung leisten, so wie es ein Knecht müßte, wenn er sich unrechtmäßig aus dem Dienst seines Herrn entfernt hätte und ihm mit Buße Genugtuung leisten 1 , es sei denn, er schwöre sich mit Eid auf die Reliquien frei von Schmach und Schaden gegen den Herrn des Knechtes, den er gefangen oder geschlagen hatte. W e r einen Mann gefangengesetzt hat, der muß jedem seiner Herren und jedem seiner Verwandten und seiner Ehefrau, solange er ihn gefangenhält 2 , antworten, wenn er deswegen beschuldigt wird. Kapitel XXXIII. Um eine handhafte T a t handelt es sich, wenn man einen Mann bei der T a t oder auf der Flucht nach der T a t ergreift oder wenn er Diebesgut oder Raubgut in seinem Besitz hat, wozu er selbst den Schlüssel trägt. Kapitel XXXIV. Wer am nächsten T a g die ihm gestohlene oder geraubte Sache bei einem anderen findet, der sie öffentlich 3 gekauft und sie nicht verheimlicht 4 hat und Zeugen dafür hat, den darf man keiner handhaften T a t beschuldigen, auch wenn man das Diebesgut bei ihm findet, es sei denn, er habe bereits vorher sein Recht verloren. N u r mit Erlaubnis des Richters kann er sein Gut rechtmäßig durch Anfassen 5 zurückfordern. Will aber jener ihm sein Gut rechtmäßig verwehren, ehe es vor Gericht kommt, so fordere er ihn auf, es ihm vor Gericht wiederzugeben. Weigert er sich, so erhebe er ihm gegenüber das Gerüfte und ergreife ihn wie einen Dieb, als ob es eine handhafte T a t sei, wenn er sich durch die Flucht schuldig gemacht hat. Kommt aber jener freiwillig6 vor Gericht, dann soll er sich seines Gutes zu Recht bemächtigen. Widerspricht aber jener, wenn es ein Kleidungsstück ist, daß er es habe wirken lassen, oder wenn es Pferde oder anderes Vieh ist, er habe es in seinem Stall aufgezogen, dann darf es jener mit mehr Recht behalten, der es in seinem Besitz hat, wenn er es selbdritt

1 mit buoze bessern ,mit B u ß e G e n u g t u u n g leisten', zu buoze st.F. ,Buße' u n d bezzem sw.V. , e n t s c h ä d i g e n , v e r g ü t e n ' ; 2 in der hafte haben , g e f a n g e n h a l t e n ' , zu haft st.F. »Haft, Fesselung, G e f a n g e n 4 schaft ; 3 offenbeere, offenbar A d v . , ö f f e n t l i c h ' , , o f f e n b a r , deutlich, sichtbar'; 4 unverholn P a r t . A d j . A d v . ,nicht v e r b o r g e n , nicht heimlich'; 5 anvangen, anvengen sw.V., m n d . anevangen anfangen, b e g i n n e n ' , im rechtlichen Sinne .etwas d u r c h A n f a s s e n als Eigentum ansprechen'; 6 mit willen ,aus f r e i e n S t ü c k e n , freiwillig'.

folio 34 recto

1. (Ldr. II 34§1): W i e d e r g e g e b e n wird n u r die erste d e r im T e x t gen a n n t e n d e n k b a r e n S c h ä d i g u n g e n eines K n e c h t e s , d e r e i n e m a n d e ren H e r r n d i e n t . Ein M a n n f ü h r t einen K n ü p p e l in seiner e r h o b e nen r e c h t e n H a n d u n d schlägt auf d e n K n e c h t ein. M i t seiner Linken g r e i f t er von o b e n h e r a b in d a s H a a r des O p f e r s , das sich mit e r h o b e n e n H ä n d e n zu w e h r e n versucht. U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile die rechtlichen Folgen, w o n a c h d e r U n r e c h t s t ä t e r d e m H e r r n u n d d e m K n e c h t eine B u ß e z a h l e n m u ß u n d ihm die B u ß e an d e n H e r r n erlassen w e r d e n k a n n , w e n n er zu s c h w ö r e n v e r m a g , d a ß er d e n H e r r n mit seiner T a t w e d e r s c h m ä h e n n o c h s c h ä d i g e n wollte. van Hoek, Eike von Repgow, S. 62, 64; Ν aß, Wappen, S. 236; Scheele, Delikte, S. 238; Schmidt- Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, 5. 16. 2. (Ldr. II 34§2): Links n e b e n d e m in die Bildmitte g e s e t z t e n Bildb u c h s t a b e n W f ü h r t ein M a n n seinen G e f a n g e n e n (identische K l e i d u n g wie in Bildzeile 1), d e n er mit seiner r e c h t e n H a n d an d e s s e n linkem U n t e r a r m f e s t h ä l t , vor, u n d weist mit A u f m e r k s a m keitsgestus seiner linken H a n d die ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e P e r s o n e n g r u p p e d a r a u f hin, d a ß er j e d e m V e r w a n d t e n , d e m H e r r n u n d d e r E h e f r a u a n t w o r t e t , w e n n er wegen d e r G e f a n g e n n a h m e bes c h u l d i g t w e r d e n sollte. D i e F i n g e r z e i g e d e r in d e r r e c h t e n Bildh ä l f t e in f o l g e n d e r R e i h e n f o l g e h i n t e r e i n a n d e r s t e h e n d e n P e r s o nen: V e r w a n d t e r (in r o t e m R o c k u n d b l a u e n Beinkleidern), D i e n s t h e r r (Schapel) u n d E h e f r a u (Schleier) b r i n g e n in V e r b i n d u n g mit d e r G e b ä r d e des G e f a n g e n e n die g e g e n s e i t i g e n Bezieh u n g e n z u m A u s d r u c k . Im G e g e n s a t z d a z u ist d e r v o r g e f ü h r t e G e f a n g e n e in Ο an d e n F ü ß e n gefesselt u n d die A n o r d n u n g d e r Figuren in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e d a d u r c h v e r ä n d e r t , d a ß d e r V e r w a n d t e u n d die E h e f r a u ihre P o s i t i o n e n g e t a u s c h t h a b e n . Scheele, Delikte, S. 167; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 16. 3. (Ldr. II 35): D a s Bild b e z i e h t sich auf h a n d h a f t e n D i e b s t a h l . Allerdings b e s c h r ä n k t sich die W i e d e r g a b e im Bild n u r auf einen einzigen (im T e x t an letzter Stelle) d e r d e n k b a r e n g e n a n n t e n Fälle. In W gibt die F i g u r des Schlüsselträgers d u r c h die e r h o b e n e rechte, h i n w e i s e n d e H a n d (in Ο d u r c h Fingerzeig d e r linken H a n d ) u n d d u r c h das Z u s c h r e i t e n auf das verschlossene G e b ä u d e zu e r k e n nen, d a ß er 1) die T i e r e in sinen gewern hat u n d 2) he selbe den slussil zu treit, d.h. im Begriff steht, eines d e r d o r t u n t e r g e b r a c h t e n T i e r e h e r a u s z u h o l e n . A n d e r s die D a r s t e l l u n g in O : D o r t s t e h t d e r U n r e c h t s t ä t e r v o r d e m Stall u n d t r ä g t d e n Schlüssel auf seiner r e c h t e n Schulter. W i e die drei a b g e b i l d e t e n T i e r k ö p f e in d e n o f f e n e n L u k e n v e r d e u t l i c h e n , h a t d e r I l l u s t r a t o r an einen P f e r d e s t a l l g e d a c h t u n d g e h t d a m i t ü b e r d e n T e x t hinaus. Hüpper, Funktionstypen, S. 235; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 19. 4. (Ldr. II 36§§1,2): V o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) steht d e r Kläger, d e r sein P f e r d u n t e r e i n e m a n d e r e n e n t d e c k t h a t (in V e r b i n d u n g mit d e r vorigen Bildzeile), u n d e r h e b t in diesem Fall mit d e r linken H a n d K l a g e (Fingerzeig) vor G e r i c h t , u m so d e m R i c h ter d e n F l u c h t v e r s u c h v o r A u g e n zu f ü h r e n (leibliche Beweisung). M i t seiner r e c h t e n H a n d e r g r e i f t d e r K l ä g e r d e n Schweif des P f e r des, was als ein k ö r p e r l i c h e s E r g r e i f e n d e r Sache g e m ä ß d e m T e x t mit des richters urlobe mus he sin gut wol anevangen mit rechte vers t a n d e n w e r d e n k a n n , weil d e r K l ä g e r d a s T i e r in seiner gewere hält, d a d e r A u f s i t z e n d e auf h a n d h a f t e r T a t (seine W e i g e r u n g , v o r G e r i c h t z u erscheinen, spricht bereits g e g e n ihn) g e f a ß t w i r d u n d d e s h a l b wie ein D i e b ü b e r f ü h r t w e r d e n k a n n . van Hoek, Eike von Repgow, S. 6 5 f f ; Hüpper, Funktionstypen, S. 245; Schmidt-Wiegand, Überlieferungs- und Editionsprobleme, S. 52; Schmidt-Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 379. 5. (Ldr. II 36§2): In d e r Bildmitte s t e h t d e r K l ä g e r - diesmal im r o t - g r ü n geteilten R o c k (mi parti) - v o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) u n d e r h e b t K l a g e (mit F i n g e r z e i g d e r linken H a n d ) u m ein ihm e n t w e n d e t e s u n d n u n w i e d e r e r k a n n t e s P f e r d . D e r Beklagte (in Ο mit o f f e n e m M u n d u n d d e n K o p f z u r ü c k w e r f e n d , vermutlich bereit z u r W i d e r r e d e ) , in d e s s e n Besitz d e r K l ä g e r das P f e r d e n t d e c k t hat, ist bereit, freiwillig v o r G e r i c h t zu k o m m e n u n d f ü h r t das P f e r d am Z a u m z e u g mit. D e r K l ä g e r e r g r e i f t mit seiner R e c h ten das r e c h t e O h r des v o r g e f ü h r t e n P f e r d e s u n d s t e h t im Begriff, das P f e r d auf einen V o r d e r f u ß zu t r e t e n ( A n e f a n g s g e b ä r d e ) . D a s Bild g e h t i n s o f e r n ü b e r d e n T e x t hinaus, als hier s o w o h l die b e s o n d e r e rechtliche F o r m d e r B e s i t z e r g r e i f u n g als a u c h d e r T e r m i n u s anevanc f e h l e n . Stattdessen bietet d e r T e x t hier sich underwinden sins gutis mit rechte. van Hoek, Eike von Repgow, S. 66ff.; Hüpper, Funktionstypen, S. 245f; Schmidt-Wiegand, Überlieferungsund Editionsprobleme, S. 52; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 19f; Schmidt-Wiegand, Gebärdensprache, S. 368.

folio 34 verso / i n ' nackebure gezüge mag dene i e n ' d ' is ge= anevägit hat-Spricht ab' ien' he hab is gekouft uf de markte · he wijje nich' widir wen Jo is he dube vnjchuldig · das he bewiJe-vn Jin rech' dar zu tu-/ine phenlge vor lüjt he ab' di he dar vme gap · vn ien' behelt Jin gut-das im vor Jtoln was-ab he Jich dar zu czüt uf de heilige Jelb dritte vollen kv= mener lute an irme rechte • di is wijjen das is im duplich od' rouplich genüme Ji· prichet ab' ien' is Ji im gegebe · od' he habe is g e k o u f t - J o müs he benene Jinen gewern wid' den hes gekouft hat-vn di Jtat da hes Ine koüfte he müs ab' Jwern das hes zie czü rechtir czücht-Jo müs im ien' volge vb' vierczenacht wo he züet ane vb' Jchifriche wa/Jere · wirt hes gewert als recht is d' gew'e müs entw'te an Jin' Jtat vor das güt-wirt ab' im bruch an deme gewere · he müs das gut m1 gewette vn mit büje lajen-vn ziet mä en dübe od' roübes dar an-des müs he Jich en Jchuldige noch rechte · vorlüjet is o v ch' d ' - d e r is geaneväg* h a t - h e müs is lajen m l buje vfi m' gewette Man müs Jich wol zien uf mäche gewern d' eine uf den a n d ' n · aljo lange bis mä kvmet uf de d' is TJime Jtalle gezoge hat ab is vie is od' ab hes Jelbe gezügit hat ab is gewant is-Jelp dritte Jal he Jich dar zü zien der is geanevangit hat-ab yeme bruch wirt an deme gewern vnd' deme das gut gewangit wirt · der Jal das güt halden in Jinen gewern bis is im mit rechte an gewnnen wirt-

192

5

ίο

n

2o

3o

siner nakebure gezugen mag, denne iener, der is ge anevangit hat. Spricht aber iener, he hab is gekouft uf deme markte, he wisse nicht widir wen, so is he dube unschuldig, das he di stat bewi se unde sin recht dar zu tu. Sine phenninge vorlust he aber, di he dar umme gap, unde iener behelt sin gut, das im vorstoln was, ab he sich dar zu czut uf den heiligen selb dritte vollenkumener lute an irme rechte, di is wissen, das is im duplich oder rouplich genumen si. 5prichet aber iener, is si im gegeben oder he habe is gekouft, so mus he benennen sinen gewern, wider den hes gekouft hat, unde di stat, da hes inne koufte. H e mus aber swern, das hes zie czu rechtir czucht, so mus im iener volgen über vierczennacht, wo he zuet, ane über schifriche wassere. Wirt hes gewert, als recht is, der gewere mus entworten an siner stat vor das gut. Wirt aber im bruch an deme geweren, he mus das gut mit gewette unde mit buse lasen, unde ziet man en dube oder roubes dar an, des mus he sich enschuldigen noch rechte. Vorluset is ouch der, der is geanevanget hat, he mus is lasen mit buse unde mit gewette. Man mus sich wol zien uf manchen gewern, der eine uf den andern, also lange, bis man kumet uf den, der is in sime stalle gezogen hat, ab is vie is oder ab hes selbe gezugit hat, ab is gewant is. Selp dritte sal he sich dar zu zien, der is geanevangit hat, ab ieme bruch wirt an deme gewern, under deme das gut gevangit wirt, der sal das gut halden in sinen gewern, bis is im mit rechte angewunnen wirt.

1 nakebure] nackebure W, bure O, gebure Horn. 3 vor markte] menen O, gemenen Horn. 4 di stat] de stad O, die stat Horn. 10 genumen W, loset O, geloset Horn. 11 Sprichet] prichet W, Seghet O, Seget Horn. 19 bruch W, borst O, burst Horn. 22 ouch] oucht W, oc O, ok Horn. 28 gewant W, laken O, gewand Horn. 30 bruch wie 19. 31 gevangit] gewangit W, aneuanghen

O, geanevanget Horn.

193 seinen Nachbarn 1 bezeugen kann, als jener, der es durch Anfassen zurückgefordert hat. Sagt aber jener aus, daß er es auf dem Markt gekauft habe, er wisse aber nicht von wem, dann ist er des Diebstahls unschuldig, wenn er den O r t beweist und seinen Eid dazu leistet. Sein Geld verliert er aber, das er d a f ü r gab, und jener bekommt seinen Besitz, der ihm gestohlen war, wenn er Anspruch darauf erhebt und es mit einem Eid auf die Reliquien selbdritt mit in ihrem Recht unbescholtenen Leuten (beschwört), die davon wissen, daß es (sein Gut) ihm durch Diebstahl oder Raub abhanden gekommen ist. Behauptet aber jener, daß es ihm gegeben worden sei oder er es gekauft habe, dann muß er seinen Gewährsmann nennen, von dem er es gekauft hat, und ebenso den Ort, innerhalb dessen er es kaufte. Er muß aber beschwören, daß er es im rechten Zug ziehe 2 , dann muß ihm jener während vierzehn Nächten folgen, wohin auch immer er zieht, außer über schiffbares 3 Gewässer. Wird ihm dies zugestanden, wie es das Recht vorsieht, dann muß (sich) der Gewährsmann an seiner Statt f ü r das Gut verantworten. H a t er aber keinen Gewährsmann, dann muß er das Gut mit Gewette und mit Buße aufgeben, und bezichtigt man ihn des Diebstahls oder Raubes daran, dann muß er sich dem Recht entsprechend freischwören. Verliert es auch derjenige, der es durch Anfassen zurückgefordert hat, dann muß er es mit Buße und mit Gewette aufgeben. Man kann sich auf viele Gewährsmänner beziehen 4 , der eine auf den anderen, und zwar so lange, bis man sich auf den beruft, der es in seinem Stall aufgezogen hat, wenn es ein Vieh ist oder wenn er es selbst gewirkt hat, wenn es ein Kleidungsstück ist. Selbdritt soll derjenige Anspruch darauf erheben, der es durch Anfassen zurückgefordert hat, wenn es ihm an dem Gewährsmann fehlt, und derjenige, dem das Gut durch Anfassen abgefordert wird, der soll das Gut in seinem Besitz behalten, bis es ihm rechtmäßig abgesprochen 5 wird.

1 ndchbüre, -bür, mnd. nakebür st.sw.M. .Anwohner, Nachbar'; 2 zu rechter zucht zten ,mit Recht zum Eigentum erklären', zu Zucht, mnd. tucht st.F. ,Zug, Ziehen'; 3 schifrech, schifrich Adj. .schiffbar'; 4 ziehen, zten st.V. .ziehen, sich begeben', ,sich beziehen auf'; 5 angewinnen st.V. Nebenform zu abgewinnen, mnd. afwinnen st.V. ,im Rechtsstreit abgewinnen, absprechen'.

folio 34 verso

1. (Ldr. II 3653): Der Beklagte f ü h r t das Pferd am Zaumzeug vor den Richter, weil er den Streitgegenstand (das Pferd) in den geweren hat. Er beruft sich auf originären Besitz und bezeugt durch Eid selbdritt auf das Reliquiar seine - freilich nur dem Text zu entnehmende - Aussage: he habe is in sime stalle gezogen. Der über den Bildbuchstaben S hergestellte Text-Bild-Bezug ist unpassend. van Hoek, Eike von Repgow, S. 66f; Schmidt- Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 20. 2.-4. (Ldr. II 36555,6): Der Beklagte entzieht sich dem Zugriff des Klägers (nicht im Bild) im Fahrnisprozeß durch den Zug auf den Gewähren, d.h. er nennt dem Richter seinen Gewährsmann, von dem er das Streitobjekt erhalten hat, der sich wiederum auf seinen Vorbesitzer beruft. Dieser, der dritte in der Reihe, zeigt auf den Bildbuchstaben M, möglicherweise ein Hinweis darauf, daß f ü r das weitere Verständnis die Kenntnis des Textes unerläßlich ist: Der Zug auf den Gewähren nämlich setzt sich unbegrenzt fort. In dem unteren Bild kommt der Gewährenzug dadurch zum Stillstand, daß der nächste Vorbesitzer nur über schifriche wassere zu erreichen ist, weshalb der Kläger mit Recht die weitere Folge ablehnt. van Hoek, Eike von Repgow, S. 66]$.; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 90f; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 20Jf.

folio 35 recto

194

II

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10

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2s korn x

3o

Was iemant vint loüket hes / -XXXVab mä da nach vrag 1 Jo ijtis dubig-wa s d' mä v i n t - o d ' dibin o d ' roubern abe iayt-das Jal he uf bite vor / i n e gebure vn zü d' kirche kvmt ien' bin JechJwoche de das zu h ö r t · d' Jal Jich dar zu zien Jelp dritte • vn gib' die k o j t die ien' da mite gehabit h a t - a b is phert o d ' vie is · Is ab' ien' von eime and'n gerichte des das gut i j t j o behelt hes das dritte teil • der is den dieben o d ' den roubern abe geiaget h a t k ü m t ab' nimät binne JechJwoche d' Jich dar zü czie J o nimt der rieht' zwei teil vn ien' behelt das dritte teil · D e r mä Jal gelde den Jchade f - X X X V I · der von Jiner vorwarlojekeit geJchit andern lüte · is Ji von brande o d ' von bürne de he nich' bewart en hat eins knyes h o ub' d' erde · o d ' ab he JchüJet o d ' wirfet eine mä · o d ' ein vie alje he remet eins vogels • hir vrae vor teilt mä im nich' Jine lip noch Jin g e j ü n t ab d' mä wol Jtirbit· wen he müs en gelde alje Jin w'gelt J t e t · W e r des nachtis korn /tilt f -XXXVIId' vor Jchult de galge jtilt hes des tagis is get im an de hals-Welch wege= uertig m ä x ü f de läde vrezzit-vn is nirge en vüert d ' gelde de Jchade noch Jine w'de · N i m ä t is o v ch phlichtig vor Jine knecht zü geldene vorbas wen als Jin Ion gew e r t - h e en werde Jin b ü r g e · / · XXXVIII· U o r tribet ab' d' h're de knech he Jal im Jin volle Ion gebe-entket der knech de h're von mütwille he Jal deme h'= re aljo vil gebe als im d' h're gelob' hatte ·

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2o

2s

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C.XXXV. Was iemant vint, loukent hes, ab man da nach vraget, so ist is dubig. Was der man vint o d e r dibin oder roubern abejait, das sal he ufbiten vor sinen geburen unde zu der kirchen. K u m t iener bin sechswochen, deme das zuhört, der sal sich dar zu zien selp dritte unde gibet die kost, die iener da mite gehabit hat, ab is phert oder vie is. Is aber iener von eime andern gerichte, des das gut ist, so behelt hes das dritte teil, der is den dieben oder den roubern abegejaget hat. K u m t aber nimant binnen sechswochen, der sich d a r zu czie, so nimt der richter zwei teil unde iener behelt das dritte teil. C.XXXVI. D e r man sal gelden den schaden, der von siner vorwarlosekeit geschit andern luten, is si von brande oder von burnen, den he nicht bewart enhat eins knies h o über der erden, oder ab he schuset oder wirfet einen man oder ein vie, alse he remet eins vogels. H i r umme vorteilt man im nicht sinen lip noch sin gesunt, ab der man wol stirbit, wen he mus en gelden, alse sin wergelt stet. C.XXXVII. W e r des nachtis korn stilt, der vorschult den galgen; stilt hes des tagis, is get im an den hals. Welch wegevertig man korn uf deme lande vrezzit unde is nirgen envuert, der gelde den schaden noch sinen werden. N i m a n t is ouch phlichtig, vor sinen knecht zu geldene vorbas wen als sin Ion gewert, he enwerde sin bürge. C.XXXVIII. Vortribet aber der herre den knech i, he sal im sin volle Ion geben. Entket der k n e c h i den herren von mutwillen, he sal deme herren also vil geben, als im der herre gelobet hatte,

1 loukent W, besect O, besakt Horn. 6 gibet W, gelde Ο Horn. / J vorwarlosekeit W, warlose Ο Horn. 29 geldene W, a n t w o r d e n e O , fehlt

Horn.

195

Kapitel XXXV. Wenn jemand etwas findet und er es leugnet, wenn man danach fragt, dann ist es Diebstahl. Was ein Mann findet oder Dieben oder Räubern abjagt, das soll er seinen Dorfgenossen und in der Kirche bekanntmachen. Kommt derjenige, dem es gehört, innerhalb von sechs Wochen, dann soll er selbdritt Anspruch erheben 1 und die Kosten vergüten, die jener damit gehabt hat, wenn es ein Pferd oder Vieh ist. Ist aber derjenige, dem das Gut gehört, aus einem anderen Gerichtsbezirk, so behält der, der es den Dieben und Räubern abgejagt hat, den dritten Teil davon. Kommt aber niemand innerhalb von sechs Wochen, der Anspruch auf das Gut erhebt, dann nimmt der Richter zwei Teile und jener (der Finder) behält den dritten Teil. Kapitel XXXVI. Der Mann soll f ü r den Schaden, der anderen Leuten aufgrund seiner Unachtsamkeit 2 widerfährt, aufkommen; sei es (,daß er ihn verursacht hat) durch Brand oder einen Brunnen 3 , den er nicht kniehoch über der Erde eingehegt hat oder auch, daß er einen Menschen oder ein Tier anschießt 4 oder bewirft, wenn er nach einem Vogel zielt 5 . Hierfür spricht man ihm weder sein Leben noch seine Gesundheit ab, auch wenn der Mann stirbt, sondern er muß f ü r ihn zahlen, so viel wie sein Wergeid beträgt. Kapitel XXXVII. Wer des Nachts Korn stiehlt, der ist des Galgens schuldig; stiehlt er es bei Tage, dann geht es ihm an den Hals 6 . Jeder reisende Mann, der auf einem Feld Korn (durch ein Pferd) fressen 7 läßt, es aber nirgendwohin führt, der bezahle den Schaden nach seinem Wert. Niemand ist auch ferner verpflichtet, sich f ü r seinen Knecht weitergehend als sein Lohn beträgt zu verantworten, es sei denn, er werde sein Bürge. Kapitel XXXVIIL Vertreibt aber der H e r r den Knecht, so soll er ihm seinen vollen Lohn geben. Entläuft der Knecht seinem Herrn aus böser Absicht 8 , dann muß er dem Herrn soviel geben, wie der H e r r ihm versprochen hatte,

folio 35 recto

1. (Ldr. II 37§1): Ein B a u e r ( b r a u n e s Kleid, s c h w a r z e S t r ü m p f e ) h a t drei Äxte g e f u n d e n o d e r einem D i e b (links von ihm mit ü b e r g e w o r f e n e m Sack) a b g e n o m m e n . D i e Axt in d e r H a n d des D i e b e s weist diesen als solchen aus. D e r Bauer m a c h t diesen F u n d v o r d e r K i r c h e ( G e b ä u d e im H i n t e r g r u n d ) d e m B a u e r m e i s t e r ( S t r o h h u t ) u n d zwei w e i t e r e n P e r s o n e n , die stellvertretend f ü r die D o r f g e n o s sen stehen, b e k a n n t . van Hoek, Eike von Repgow, S. 70; Scheele, Delikte, S. 219; SchmidtWiegand, Kulturgeschichte, S. 258; Schmidt-Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 384f. 2. (Ldr. II 37§1): D e r Besitzer d e r drei Äxte, die er e n t w e d e r verloren h a t t e o d e r die ihm g e s t o h l e n w o r d e n sind, e r h e b t v o r G e r i c h t A n s p r u c h auf sein E i g e n t u m . E r t u t dies selp dritte, d.h. mit zwei Z e u g e n , u n t e r A b l e g u n g eines Eides auf d a s R e l i q u i a r . D e r F i n d e r h a t ihm bereits eine Axt ü b e r g e b e n u n d ü b e r r e i c h t die zweite in diesem M o m e n t . F e h l e r h a f t ist O , w o n e b e n d e m E i g e n t ü m e r n u r eine P e r s o n als Z e u g e erscheint, d e r T e x t a b e r a u s d r ü c k l i c h d e n Beweis zu d r i t t f o r d e r t . van Hoek, Eike von Repgow, 5, 70; Schmidt- WiegandZeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 384f. 3. (Ldr. II 38): M a n sieht deutlich, d a ß d e r B r u n n e n nicht bis an die Knie des M a n n e s reicht u n d nicht e i n g e h e g t ist. D i e P e r s o n links zielt mit e i n e m Bogen n a c h d e m V o g e l in d e r M i t t e des Bildes, d e r Pfeil t r i f f t j e d o c h d e n M a n n im r o t e n G e w a n d . D a s G e b ä u d e r e c h t s soll w o h l eine Feuerstelle darstellen, d e n n s o n s t w ä r e d e r S a c h v e r h a l t d e r f a h r l ä s s i g e n B r a n d s t i f t u n g im Bild nicht wied e r g e g e b e n . Allerdings f e h l t die D a r s t e l l u n g des Feuers. Die Folg e n d e r Fahrlässigkeit f ü r d e n V e r u r s a c h e r w e r d e n nicht b e r ü c k sichtigt. van Hoek, Eike von Repgow, S. 71; Scheele, Delikte, S. 142, 163. 4. (Ldr. II 39§1): R e c h t s stiehlt d e r N a c h t d i e b ( M o n d u n d Sterne) zwei, links d e r T a g d i e b ( S o n n e ) drei g e b u n d e n e K o r n g a r b e n . T r o t z d e r g r ö ß e r e n M e n g e s t e h t auf d e r Seite des T a g d i e b e s als Z e i c h e n d e r ihm z u k o m m e n d e n S t r a f e des E n t h a u p t e n s das Schwert, w ä h r e n d d e n N a c h t d i e b die s c h i m p f l i c h e T o d e s a r t des H ä n g e n s e r w a r t e t . W o h l a u s k o m p o s i t o r i s c h e n G r ü n d e n ist d a f ü r nicht d e r G a l g e n , s o n d e r n eine Säule mit Seil abgebildet, die z u gleich - d e n adversativen A u f b a u des T e x t e s a u f g r e i f e n d - die V o r g ä n g e in d e n b e i d e n B i l d h ä l f t e n v o n e i n a n d e r a b g r e n z t . Hüpper, Funktionstypen, S. 240; Scheele, Delikte, S. 202f., 236. 5. (Ldr. II 39§2): D a ß d e r M a n n im b l a u e n G e w a n d ein R e i s e n d e r ist, wird d u r c h d a s gesattelte P f e r d deutlich ( a n d e r s O , w o das P f e r d nicht gesattelt ist). E r läßt das P f e r d z w a r das K o r n f r e s s e n , e n t w e n d e t a b e r n i c h t die K o r n g a r b e n , die g e b ü n d e l t am B o d e n liegen. D a h e r k o m m t er ( a n d e r s als d e r M a n n in d e r vierten Bildzeile) mit e i n e r G e l d z a h l u n g an d e n B a u e r n d a v o n . Diese Z a h l u n g ist lediglich d u r c h die d a r r e i c h e n d e bzw. e m p f a n g e n d e H a n d ang e d e u t e t . D e r E m p f ä n g e r d e u t e t auf die G a r b e n , z u m Z e i c h e n , d a ß sie sein E i g e n t u m sind. D i e bildliche W i e d e r g a b e d e r M ü n z e n f e h l t (hier v o l l s t ä n d i g e r O ) . van Hoek, Eike von Repgow, S. 72; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 228. 6. (Ldr. II 32§2): D e r H e r r ( H e r r e n t r a c h t , Schapel) e n t l ä ß t seinen K n e c h t (in B a u e r n t r a c h t ) v o r z e i t i g aus seinem D i e n s t . E r b e z a h l t i h m a b e r n o c h seinen vollen ihm z u s t e h e n d e n L o h n (Lidlohn?), d e n d e r K n e c h t mit seiner R e c h t e n a n n i m m t , w ä h r e n d er mit d e r L i n k e n , z u m Z e i c h e n seines F o r t g e h e n s , in die Ferne weist. van Hoek, Eike von Repgow, S. 73.

1 sich dar zu zien . A n s p r u c h e r h e b e n auf, sich b e r u f e n auf etwas 4 ; 2 verwarlosicheit st.F. , U n a c h t s a m k e i t , N a c h l ä s s i g k e i t ' ; 3 burne, zu brunne s w . M . , Q u e l l , B r u n n e n ' ; 4 schiezen s t . V . , w e r f e n , schießen, erschießen'; 5 ramen, remen m. G e n . s w . V . , z i e l e n nach'; 6 an den hals gen ,an d e n H a l s g e h e n , d e r T o d e s s t r a f e verfallen'; 7 vrezzen, verezzen st.V. »fressen, v e r z e h r e n , a b w e i d e n ' ; 8 mütwillen st.M., mütwille s w . M . ,Antrieb s o w o h l z u m G u t e n als a u c h z u m Bösen'.

folio 3 ß verso

196

νή was im vor golde is das Jal he czwiualt Welch knecht ab' / - X X X I X · wid' gebenelich wip n i m t - o d ' eine vor müdeJchaft an ir Jt'bit vö kind'n di binne ire iare J i n - d ' müs wol us Jins h're dinjte kvme-vfi behelt alje vil lones als im gebürt-bis an di zit-is ab' im me gegebe das gebe he wid' Wes hünt od' ber od' / - X L · ane wandil· ochje · od' welch'häde vie das Ji · eine and'n t ö t e t - o d ' belemt od' ein vie -Jin h're Jal de Jchade noch rechteme w'gelde od' noch Jime w'de bejjern · ab hes ane Jine gewer nimt noch d' zit alje d' Jchade gejchit Slet hes ab' üs-vn en hoüet is noch en hüjet is noch en ejfet is-noch en trenkt is-Jo is he vnjchuldig an de JchadT-Jo vnd' winde /ich ien' vor den Jchade ab he wolle · kein vie vor büret kein gewette dem richt'e an Jin' tat· Welchen Jchade ab' eins mänes phert od' Jin vie tut an Jins knechtis od' an Jins geJindes hüte · da Jal d' vor entw'te indes hüte is was-wirt ab' he ab runnig-vn w'dl des mänes phert od' ochje vn wage bejtetigit I der häthafte tat vn mag mä das gezüge • d' mä müs bejjern des das vie vn d' wage is ab hes η ich' entrede kä aljo verre alje Jin wagl vn Jine phert od' and' and' Jin vie wert is · das da uf gehalde is-od' he müs is vnpern· vn ien' behelt is vor Jine Jchade Urezzit ein mä Jin' nakebüre korn od' and' ir Jat mit Jwine od' m' genje di mä nich' gephede mag· hezzit mä Ji dene m" hüden · biejin Ji di hüde t o t - o d ' wnde Ji Jie-mä blibit is ane wandil· W o d' rieht' Jin gewette nich 1 üs / -XLI· gephede en mag uf eins mäne s eige da®

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unde was im vorgolden is, das sal he czwivalt widergeben. C.XXXIX. Welch knecht aber elich wip nimt oder eine vormundeschaft anirsterbit von kindern, di binnen iren jaren sin, der mus wol us sins herren dinste kumen unde behelt alse vil lones, als im geburt bis an di zit. Is aber im me gegeben, das gebe he wider ane wandil. C.XL. Wes hunt oder ber oder ochse oder welcherhande vie das si einen andern tötet oder belemt oder ein vie, sin herre sal den schaden noch rechteme wergelde oder noch sime werde bessern, ab hes ane sine gewer nimt noch der zit, alse der schade geschit. Slet hes aber us unde enhovet is noch enhuset is noch enesset is noch entrenkt is, so is he unschuldig an deme schadin, so underwinde sich iener vor den schaden, ab he wolle. Kein vie vorburet kein gewette dem richtere an siner tat. Welchen schaden aber eins mannes phert oder sin vie tut an sins knechtis oder an sins gesindes hüte, da sal der vor entworten, in des hüte is was. Wirt aber he abrunnig unde werdin des mannes phert oder ochsen unde wagen bestetigit in der hanthaften tat, unde mag man das gezugen, der man mus bessern, des das vie unde der wagen is, ab hes nicht entreden kan, also verre alse sin wagin unde sine phert oder ander sin vie wert is, das da ufgehalden is, oder he mus is unpern unde iener behelt is vor sinen schaden. Vrezzit ein man siner nakebure korn oder ander ir sat mit swinen oder mit gensen, di man nicht gephenden mag, hezzit man si denne mit hunden, biesin si di hunde tot oder wunden si sie, man blibit is ane wandil. C.XLI. W o der richter sin gewette nicht usgephenden enmag uf eins mannes eigen, das also kleine

13 geschit W' ireschet O, ereschet Horn.

27 ander doppelt W.

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und das, was ihm bereits gezahlt worden ist, das muß er doppelt zurückgeben. Kapitel XXXIX. Der Knecht aber, der eine Frau heiratet oder dem anläßlich eines Todesfalls eine Vormundschaft über unmündige Kinder zufällt, der darf aus dem Dienst bei seinem Herrn scheiden und erhält soviel von seinem Lohn, wie ihm bis zu dieser Zeit gebührt. Ist ihm aber bereits mehr gegeben worden, so muß er dies ohne Nachteil zurückgeben. Kapitel XL. Wessen Hund oder Eber 1 oder Ochse oder welcher Art Vieh es sei einen anderen (Mann) tötet oder verletzt oder ein anderes Vieh, sein Herr soll den Schaden dem rechtmäßigen Wergeid oder seinem Werte entsprechend bezahlen, wenn er es nach dem Zeitpunkt, an dem der Schaden passierte, in seine Gewere nimmt. Jagt er es (das Tier) aber hinaus 2 und nimmt es weder in seinen Hof 3 noch in sein Haus auf noch füttert oder tränkt er es, dann trägt er keine Schuld an dem Schaden; dann kann sich jener (der Geschädigte) es (das Tier) zur Abgeltung des Schadens nehmen, wenn er will. Bei keinem Vieh, das durch seine Tat einen Schaden angerichtet hat, geht dem Richter das Gewette verloren. Für den Schaden, den ein Pferd oder ein Vieh eines Mannes unter der Aufsicht 4 seines Knechtes oder Gesindes anrichtet, soll derjenige verantwortlich sein, unter dessen Obhut sich es (das Tier) befand. Ist dieser aber flüchtig 5 und werden die Pferde oder Ochsen des Mannes vor dem Wagen auf handhafter Tat ergriffen 6 , dann muß - kann man das bezeugen - derjenige Entschädigung leisten, dem das Vieh und der Wagen gehören, wenn er es (die Tat durch Eid) nicht widerlegen kann, dann muß er (für den Schaden in der Höhe aufkommen), wie sein Wagen und seine Pferde oder das andere Vieh wert sind, die da ergriffen wurden, oder er muß auf alles verzichten und jener (der Geschädigte) erhält alles als Schadensausgleich. Läßt aber jemand das Korn oder andere Saat seiner Nachbarn von Schweinen oder Gänsen, die man nicht pfänden 7 kann, abfressen, hetzt man sie darauf mit Hunden und beißen diese Hunde sie tot oder verletzen sie, so bleibt man ohne Strafe dafür. Kapitel XLI. Wenn der Richter sein Gewette nicht durch Pfändung erlangen kann, weil das Eigentum eines Mannes zu gering

1 her st.M. ,Eber, Zuchteber'; 2 üzslahen, üzslan st.V. .hinausschlagen, hinaustreiben, hinausjagen'; 3 hoven sw.V. ,in den Hof, ins Haus aufnehmen, beherbergen'; 4 hüte st.F. ,Obhut, Behütung, Fürsorge'; 5 aberinnec, mnd. afmnnich Adj. .entlaufen, weggelaufen, flüchtig'; 6 bestetigen, bestätigen sw.V. .bestätigen', .festnehmen, ergreifen'; 7 phenden sw.V. .pfänden, auspfänden'.

folio

3 ß verso

1. (Ldr. II 33): Der Knecht (rotes Kleid, grüne Strümpfe) verläßt seinen Herrn (in Ο deutlich gemacht durch den Austritt aus dem Haus des Herrn) und bekommt von ihm den ihm zustehenden Lohn überreicht. Der Herr (Schapel, Herrentracht) händigt mit der Rechten die Münzen aus, während der Knecht mit der Rechten auf die Personengruppe weist, die ihn zum Verlassen des Dienstes bewogen hat: Es sind die Braut und die unmündigen Kinder, die den Austritt aus dem Dienst erlauben. Die Ehe wird durch die beiden Trauringe symbolisiert, die der Knecht und die Frau links am Bildrand in die Höhe halten. Das Mädchen und der Junge sind unmündige Kinder, über die der Knecht nun die Vormundschaft auszuüben hat. Zum Zeichen der Hilfsbedürftigkeit der Kinder ergreift der Junge den Arm des Knechtes, um sich ganz in dessen Schutz zu begeben. van Hoek, Eike von Repgow, S. 73. 2. (Ldr. II 40§1): Hinter dem Rücken des Besitzers, d.h. ohne daß er es weiß oder gar veranlaßt hat, tritt dessen Pferd einen Mann zu Tode. Rechts attackiert ein Ochse einen Ziegenbock, während der Besitzer durch Dazwischentreten verhindert, daß ein Eber auf den Verletzten losstürmt. Damit sind im Bild verschiedene Fragen der Haftung des Besitzers von schadenstiftendem Vieh aufgegriffen, aber nicht beantwortet worden. van Hoek, Eike von Repgow; S. 74; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 222. 3. (Ldr. II 40§2): Derselbe Besitzer treibt sein Vieh, das Schaden verursacht hat (sämtlich identisch mit denen der vorigen Bildzeile, korrekterweise unter Auslassung des attackierten Ziegenbocks), von seinem Hof. Daß er damit von seiner Haftpflicht entbunden ist, wird hier nicht deutlich. 4. (Ldr. II 40§4): Der Knecht links im Bild hat mit dem Wagen einen Mann überfahren, der regungslos am Boden liegt. Während der Knecht versucht zu fliehen, hält der Mann rechts das Gespann auf und ergreift Pferde und Wagen auf handhafter Tat. Sein Handgestus bekundet, daß sich die Beschlagnahme gegen den Herrn des Gespanns richtet, der für den Schaden aufkommen muß. 5./6. (Ldr. II 40§5): Da die Schweine und Gänse nicht gepfändet werden können, auch wenn sie das Gut eines anderen Mannes verwüsten oder dessen Korn fressen, darf der Geschädigte (rotes Kleid, grüne Kapuze) seine Hunde auf sie hetzen. Diese dürfen die eingedrungenen Tiere totbeißen, ohne daß der Gutsbesitzer dafür bestraft werden kann, dargestellt durch die Gans im Maul des vorderen Hundes. Vollständiger ist O, wo auch das korntragende Land abgebildet ist. Naß, Wappen, S. 236.

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folio 36 recto II

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ίο

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3o

α

gilt das Jal d ' vronebote be vrone m 1 eime krü= c z e - d a s Jal he Jteke uf das t o r - n o c h d' Jchephin vrteile-en züt hes nich' üs ien' des is da is binne iare vn tage mä vor im Jin recht dar an · D a nach binne iare vn tage kvme Jin erbe vor gerichte vn zie /ich zu Jime erbe alje recht is uf de heilige-vn gelde di Jchult di d ' rieht' d a r uf gezuge mag vn gewnne hat binne dinge Jelp dritte keine hoer Jchült mag he d a r uf gezuge wene dri gewette o d ' ein w'gelt· / -XLII· W e r da clag' uf eine and'n he neme im güt das ir iclicher im zu lene gijt-ien Jiz en zu von zwen h ' r e - i r iclich' Jal Jine gewere zu dinge b r e g e - w ' da geweret wirt d ' behelt des gewere nicht en kvmt d' vor lüjet di gewere des gutis ab Ji is beide J ü n d ' gewer an Jpreche • vn binne dem iare da mite belent J i n - h a t ab' ir ein eine rechte gew' indeme gute iar vn tag ane rechte wid' Jproche g e h a b t · alleine en kv=me Jin gew' nicht zu din= ge · vn tut he im abejwich Jin' w'Jchaft da mite vor lüjt he w e d ' das g u t · noch di gewer des gütis nich 1 me we he müs da Jelbe vor entw'te de cleg'e o d ' deme d' en geweret-is en beneme im echt n o t di he bewije · doch müge di v ü r j t e n gew'n eine mä m' eine o f f e n briüe bejigelt · a l j o da 5 Ji da mite Jende irn in geborne d i n j t mä · d ' das vor Jte an ire J t a t - d e n brif Jal mä entw'te deme uf de mä clait zü gezüge d' clage ab hes da noch b e d a r f · I e n ab' Ji des gütis da Ji vme crige beide vö eime h're · vor den Julie Ji kvme zü rechte vb' JechJwo= chen · vn d' rieht' Jal zwene bote da mite

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gilt, das sal der vronebote bevronen mit eime k r u cze, das sal he steken uf das t o r noch der schephin urteile. E n z u t hes nicht us iener, des is da is, binnen jare u n d e tage, man vor teilt im sin recht d a r an. D a nach binnen jare u n d e tage k u m e sin erbe vor gerichte u n d e zie sich zu sime erbe, alse recht is, uf d e n heiligen u n d e gelde di schult, di der richter d a r uf gezugen mag u n d e gewunnen h a t binnen dinge selp dritte. Keine hoer schult mag he d a r uf gezugen wenne dri gewette oder ein wergelt. C.XLII. W e r da claget uf einen andern, he neme im gut, das ir iclicher im zu lene gijt, ien siz en zu von zwen herren, ir iclicher sal sinen geweren zu dinge brengen. W e r da geweret wirt, der behelt, des gewere nicht enkumt, der vorluset di gewere des gutis, ab si is beide sunder gewer ansprechen u n d e binnen dem jare da mite belent sin. H a t aber ir ein eine rechte gewer in deme gute jar u n d e tag ane rechte widersproche gehabt, alleine e n k u m e sin gewer nicht zu dinge, u n d e tut he im abeswich siner werschaft, da mite vorlust he w e d e r das gut noch di gewer des gutis nicht me, wen he mus da selbe vor entworten deme clegere oder deme, der en geweret, is enbeneme im echt not, di he bewise. D o c h mugen di vursten gewern einen man mit eineme o f f e n brive besigelt, also das si da mite senden irn ingebornen dinstman, der das gut vorste an ire stat. D e n brif sal man entworten deme, uf den man clait, zu gezuge d e r clage, ab hes da noch bedarf. Ien aber, si des gutis, da si u m m e crigen, beide von eime herren, vor den sullen si k u m e n zu rechte über sechswochen, u n d e d e r richter sal zwene boten da mite

4 vor WD, uerdelt O, verdelt Horn. 15 geweren WD Horn-, herren O. 18 sunder WD Horn., ane O. 26/27 nach geweret] na si-

nen rechte O. 27/28 bewise W D, bescheneghe O, fehlt Horn. 31 gut Horn., god Ο, fehlt WD. 33 Ien WD, Segghet O, Secget Horn.

34 crigen WD,

twiet O, tveiet Horn.

199

dafür ist, dann soll der Fronbote die Beschlagnahmung 1 mit einem Kreuz vornehmen, das er auf das T o r stecken soll nach dem Urteil der Schöffen. Befreit es (das Grundeigentum) jener, dem es gehört, nicht innerhalb von Jahr und Tag (aus der Beschlagnahmung), so spricht man ihm sein Besitzrecht daran ab. Nach Jahr und T a g komme dann sein Erbe vor Gericht und beanspruche sein Erbe, so wie es rechtens ist (mit Eid) auf die Reliquien und bezahle die Schuld, von der der Richter selbdritt bezeugen möge, daß sie ihm im (gehegten) Gericht zugesprochen worden ist. Er kann keine höhere Schuld daran bezeugen als drei Gewette oder ein Wergeid. Kapitel XLII. Wer gegeneinander klagt, er nähme ihm sein Gut, das jeder von ihnen zu Lehen beansprucht, dann soll - beanspruchen sie es von zwei Herren - jeder seinen Gewährsmann vor Gericht bringen. Wem es (das Gut) dann gewährt wird, der behält es, (und derjenige,) dessen Gewährsmann nicht kommt, der verliert die Gewere an dem Gut, wenn sie es beide ohne Gewere beanspruchen und sie innerhalb eines Jahres damit (mit dem Gut) belehnt worden sind. H a t aber einer von ihnen das Gut seit Jahr und Tag in rechtmäßigem Besitz ohne gerichtlichen Widerspruch 2 gehabt, dann verliert er, obgleich sein Gewährsmann nicht zum Gericht kommt und ihn f ü r die (gerichtliche) Gewährschaft im Stich läßt 3 , weder das Gut noch die Gewere an dem Gut, denn er soll sich statt dessen selbst dem Kläger verantworten oder demjenigen, der ihn hindert, er sei denn durch echte N o t davon abgehalten, die er beweisen muß. Fürsten können die Gewährschaft für einen Mann mit einer offenen, besiegelten Urkunde übernehmen 4 , wenn sie mit dieser einen kraft Geburt in ihren Diensten stehenden 5 Mann mitschicken, der das Gut an ihrer Stelle vertritt. Die Urkunde soll man demjenigen überantworten, gegen den man klagt, als Beweis der Klage 6 , wenn er (der Kläger) dessen bedarf. Berufen sich aber diejenigen, die um das Gut streiten, beide auf einen Herrn, dann sollen sie, dem Recht entsprechend, innerhalb von sechs Wochen vor ihn treten, und der Richter soll zwei Gerichtsboten mit-

1 (be)vronen sw.V. .beschlagnahmen, mit Beschlag belegen'; 2 widerspräche, mnd. weddersprake st.F. »Gegenrede, Einwand, Widerspruch'; 3 abeswich tun, zu mnd. afswik don ,etwas lassen, etwas nicht tun wollen, im Stich lassen'; 4 gewern sw.V. .Gewähr leisten, f ü r einen oder etwas einstehen', .gewähren, zugestehen'; 5 ingebom, inborn Part. Adj. .von Geburt an'; 6 clage st.F. ,Kl age, Wehgeschrei', .Klage vor Gericht, gerichtliche Klage'.

folio 36 recto

1. (Ldr. II 41 § 1): Der Fronbote steckt zum Zeichen der Fronung das Kreuz auf das T o r eines eingezäunten Grundstücks (kenntlich an den Zinnen der Mauer). Die Fronung darf nur im Grafengericht unter Königsbann durch Schöffenurteil verhängt werden und ist nur zulässig, wenn die Schuld zur Bußschuld gesteigert ist (etwa bei Ladungsungehorsam oder bei Nichtbezahlung einer Schuld) oder wenn das Grundstück das Gewette des Richters im Wert nicht erreicht. Löst der Schuldner sein Gut nicht binnen Jahr und T a g aus, wird ihm sein Eigentum durch Urteil aberkannt. Im Gegensatz zur Pfändung bezweckt die Fronung also in erster Linie nicht die Bestrafung der säumigen Person, sondern den Zwang zur Leistung. In der Regel muß der Fronung aber die erfolglose Pfändung vorangegangen sein, so wie es der T e x t vorsieht, wenn das Grundstück die H ö h e des Gewettes nicht wert ist. Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 117/. 2. (Ldr. II 41 §2): Weil es der im Bild nicht berücksichtigte Schuldner versäumt hat, das eingezäunte Grundstück (Zinnen der Mauer) binnen Jahr und T a g auszulösen - so durch die Zahlen LII und VI am linken oberen Bildrand über der Burg angezeigt - , tritt nun der Erbe (rotes Gewand) ebenfalls während dieser Frist vor Gericht und beansprucht sein Erbe, während er mit seiner Rechten als sichtbares Zeichen der Auflösung das Kreuz (Fronungszeichen) vom T o r nimmt (vgl. vorherige Bildzeile). In der rechten Bildhälfte zahlt der gleiche Erbe (im blauen Rock) dem thronenden Grafen (mit verschränkten Beinen) die Schuld in dessen halb nach oben geöffnete rechte H a n d . Anders O : Hier hat der Richter die gezahlten Geldstücke bereits auf seinem Schoß. Außerdem sind neben dem Erben - unkorrekt über den Text hinausgehend zusätzlich zwei Schwurhelfer dargestellt, was vielleicht ein Zeichen dafür ist, daß der Richter dem Erben sein Recht bestreitet. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83. 3. (Ldr. II 42§3): N u r aus dem Text erschließt sich, daß es sich bei dem Mann in blauem Rock und roten Beinkleidern am linken Bildrand um denjenigen handelt, der um ein Lehen beklagt ist. Der rechts thronende Graf leistet als Fürst Gewährschaft f ü r den Mann, indem er eine Urkunde vorweist, die von einem Dienstmann als Boten (rotes Gewand), der seit seiner Geburt im Dienst seines H e r r n stehen muß, dem Beklagten überbracht wird. Anders O: Hier nimmt der Beklagte die Urkunde, deren Siegel hier ausgemalt ist, bereits in Empfang. Der wappenlose Schild neben dem Beklagten und dem Dienstmann läßt in W und D keine weiteren Aufschlüsse über die Personen zu. Anders wiederum O : Hier weist der Adler auf dem Schild des Beklagten diesen vermutlich als lehensfähigen Ritter aus. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82; Naß, Wappen, S. 266. 4. (Ldr. II 42§4): Zwei Parteien streiten sich vor ihrem Herrn um ein Lehen (Ahrenbüschel jeweils zu Füßen der beiden Parteien). Beide berufen sich auf den Herrn als ihren Gewährsmann (deutlich durch ihre Handgebärden und Fingerzeige). Jede Partei muß nun innerhalb der nächsten 6 Wochen (dargestellt durch die beiden VI) vor dem Herrn erscheinen, der bekennt, daß er beide mit dem Gut belehnt hat, weshalb er mit den Fingern auf beide Parteien weist. 5. (Ldr. II 42§4): Um zu klären, wem das Lehensgut zufällt, sollen erst die beiden Boten gehört werden, die der Landrichter vor das Lehensgericht geschickt hat. Sie deuten mit ihren Fingern hinauf in das Bild 4 zum Lehensgericht, um so ihre Aufgabe zu verdeutlichen. Bei der Darstellung der beiden Boten als Fronboten (Amtstracht, Peitsche) muß dem Zeichner allerdings ein Fehler unterlaufen sein, da es erstens im Landgericht nur einen (und nicht zwei) Fronboten gibt und zweitens solche Botengänge in der Regel von gewöhnlichen Dingpflichtigen, gelegentlich auch von den Schöffen, ausgeführt werden.

folio 36 verso Jende di da höre w' da beheldet od' w' da vorlüjet w' da vor lüjt d' wettit de richt'e ν η gib' ieme Jinc Wer ein gut im zu Jait 1 XLIII. büje · zü lene-vn ei and' Jait-is Ji Jin eige· Jpreche Ji is m' glich' w'e an · ien' müs is bas zu eige behalde m' zweier Jchepphin gezüge-de d' and'e zü lene-Erbe eige mus ein man bas behalde-de ein and' gekoüft eige Welch mä ein XLIIII-od' gegebe eigen· gut in gew'n h"t iar vn tag ane rechte wid' Jprache · he hat dar an eine rechte gew' · di wile mä ab' ein gut vnd' eine mäne beclait noch rechte · wi läge hes helt dar vb' m' gewalt nlmer en gewinet he da rechte gew'e an di wile das mä di rechte clage gezüge mag-w' ab' ei gut ingew'en hat das im an irjtorbe is od' im gegebe od' gelige is-vö hes Jelbe nimäde en nimet des en darf he nich' wid' geben des he dar us nimt-ab im das gut abe gewnne wirt di wile he dar abe keins rechtis en weig't-Wer an Jime lene od' an lipgedlge Jin' müt' od' nifteln im eige zu Jait he müs di eigeliche gew' mit Jechs Jchepphin vri mäne gezuge-od' im wirt Wen mä vor f -XLV· da bruch an· gerichte Jchuldig' injin entw'te · wirt he ding vluchtig he is ind' clage gewnne · is he bejchuldig' vme vngerichte mä Jal en zü hat vor vejte · · XLVI · Wer da erit eins and'n mänes lät vnwijjede · od' das im ein andirre getä hat-wirt he dar vme bejchuldigit di wile hes erit Jin erbeit vor lüjt he dar an · ab is ienre beheldit-w' is im ab' getä hat· d' Jal im irjtate Jine Jchade • w' da das lant Jeit vnd' d' clage d' vor lüjt Jin erbeit· vn Ji= ne Jaet dar an was he Jo Jeit vn vor clait he beheldit di Jaet vn gibt Jine zins ieme

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senden, di da hören, wer da beheldet oder wer da vorluset. Wer da vorlust, der wettit deme richtere unde gibet ieme sine buse. C.XLIII. Wer ein gut im zusait zu lene unde ein ander sait, is si sin eigen, sprechen si is mit glicher were an, iener mus is bas zu eigen behalden mit zweier schepphin gezuge den der andere zu lene. Erbeeigen mus ein man bas behalden den ein ander gekouft eigen oder gegeben eigen. C.XLIIII. Welch man ein gut in gewern hat jar unde tag ane rechte widerspräche, he hat dar an eine rechte gewer. Di wile man aber ein gut under einen manne beclait noch rechte, wi lange hes helt dar über mit gewalt, nimmer engewinnet he da rechte gewere an, di wile das man di rechten clagen gezugen mag. Wer aber ein gut in geweren hat, das im anirstorben is oder im gegeben oder geiigen is unde hes selbe nimande ennimet, des endarf he nicht widergeben, des he dar us nimt, ab im das gut abegewunnen wirt, di wile he dar abe keins rechtis enweigert. Wer an sime lene oder an lipgedinge siner muter oder nifteln im eigen zusait, he mus di eigenliche gewer mit sechs schepphin vri mannen gezugen, oder im wirt da bruch an. C.XLV. Wen man vor gerichte schuldiget in sin entworte, wirt he dingvluchtig, he is in der clage gewunnen. Is he beschuldiget umme ungerichte, man sal en zu hant vorvesten. C.XLVI. Wer da erit eins andern mannes lant unwissende, oder das im ein andirre getan hat, wirt he dar umme beschuldigit, di wile hes erit, sin erbeit vorlust he dar an, ab is ienre beheldit. Wer is im aber getan hat, der sal im irstaten sinen schaden. Wer da das lant seit under der clage, der vorlust sin erbeit unde sine saet dar an. Was he so seit unvorclait, he beheldit di saet unde gibt sinen zins ieme,

24 bruch WD, borst O, burst Horn.

201 senden, die dort mit anhören, wer (von beiden) behält oder verliert. Wer verliert, der zahlt dem Richter das Gewette und dem anderen seine Buße. Kapitel XLIII. Wer ein Gut f ü r sich als Lehen beansprucht und ein anderer behauptet, es sei sein Grundeigentum, beanspruchen sie es beide mit gleicher Gewere, so darf es jener mit dem Zeugnis zweier Schöffen mit mehr Recht als Eigen behalten als der andere es als Lehen erstritte. Ererbtes Grundeigentum 1 darf ein Mann mit mehr Recht behalten als ein anderer gekauftes oder geschenktes Grundeigentum. Kapitel XLIV. An dem Gut, welches ein Mann seit Jahr und T a g ohne gerichtlichen Widerspruch in seinem Besitz hat, daran hat er ein rechtmäßiges Besitzrecht. Solange man aber dem Recht entsprechend auf ein Gut klagt, das ein anderer in Besitz hat - wie lange er es auch gewaltsam 2 behält kann dieser nie rechtmäßiges Besitzrecht daran erhalten, solange man die rechtmäßige Klage darum bezeugen kann. Wer aber ein Gut besitzt, das ihm vererbt, geschenkt oder geliehen worden ist und das er selbst keinem wegnimmt, der braucht, wenn ihm dieser Besitz abgesprochen wird, nichts von dem zurückzugeben, was er daraus nimmt, solange er keinen Rechtsanspruch daran verweigert. Wer aus seinem Lehen oder am Leibgedinge seiner Mutter oder Niftel Grundeigentum beansprucht, der muß den Eigentumsbesitz 3 daran mit sechs schöffenbarfreien Männern bezeugen, oder er wird abgewiesen 4 . Kapitel XLV. Wen man vor Gericht in seiner Anwesenheit 5 beschuldigt, und wird er dingflüchtig, so ist er mit der Klage überführt. Wird er wegen eines Verbrechens beschuldigt, so soll man ihn sogleich in die Bezirksacht setzen. Kapitel XLVI. Wer unwissentlich das Feld eines anderen Mannes oder das Feld, das ihm ein anderer übergeben hat, bestellt 6 , und wird er deshalb beschuldigt, während er dort pflügt, so verliert er (den Ertrag) seiner Arbeit daran, wenn jener es (vor Gericht) erstreitet. Derjenige aber, der ihm das Land übergeben hat, soll ihm seinen Schaden ersetzen 7 . Wer während der Klage auf dem Feld sät, der verliert (den Ertrag) seiner Arbeit und seine Saat daran. Von dem, was er aber sät - ohne verklagt zu sein - erhält er die Saat und gibt demjenigen seinen Zins,

1 erbeeigen st.N. .ererbtes Grundeigentum'; 2 mit gewalt „gewaltsam', zu gewalt st.M.F. .Gewalt, Macht', .Herrschaft'; 3 eigenliche gewer .Eigentumsbesitz', zu eigenlich Adj. .eigentümlich, eigen', speziell, ausdrücklich, bestimmt'; 4 im wirt da hruch an »abgewiesen werden', zu bruch st.M. .Abbruch, Schaden, Mangel'; 5 antwart, antwurt st.F., zu mnd. antworde, antwort, antwerde st.N. »Gegenwart, Anwesenheit'; 6 ern, eren unr.V. .ackern, pflügen', ,ein Feld bestellen'; 7 erstaten sw.V. .ersetzen, erstatten'.

folio 36 verso

1. (Ldr. II 43§§1,2): In der Mitte des Bildes thront der Graf zwischen den beiden streitenden Parteien. Sie streiten um ein Grundstück, das symbolisch durch die Ährenbüschel im Bildhintergrund angedeutet ist. Die nach beiden Seiten mit Befehlsgestus erhobenen Hände des Richters drücken aus, daß beide Parteien ihre Ansprüche mit gleicher Gewährschaft erheben. Der Mann links vom Richter (in rotem Rock) beruft sich auf gekauftes Grundeigentum, was der Illustrator durch die Geldzahlung des Mannes in die Hände eines Dritten (im blauen Rock) wiedergegeben hat. Außerdem deutet der Mann mit seiner linken H a n d zu Boden, d.h. er macht seine Ansprüche auf das Grundstück geltend. Rechts beruft sich der junge Mann (kleinere Statur, im blau changierenden Rock) auf geerbtes Grundeigentum. Dies wird vom Illustrator durch den tot auf dem Bett liegenden älteren Erblasser (rotes Gewand, mit Bart) angedeutet. Die erbrechtliche Beziehung wird zudem durch die Handgebärden der unmittelbar hinter dem Erben stehenden Personen (roter und grüner Rock) charakterisiert. Daß der Mann, der das Grundeigen geerbt hat, mit mehr Recht das Streitobjekt erhält, hat der Illustrator durch das Ergreifen der emporwachsenden Ahrenbüschel angedeutet. Vollständiger O: Hier schwören sowohl der Erbe als auch die beiden hinter dem Erben stehenden Schwurhelfer. 2. (Ldr. II 44§1): Der Bildstreifen zeigt nur äußere Merkmale der gewere: Ein Mann steht vor einem Gebäude und ergreift mit beiden H ä n d e n einen Ast des unmittelbar davor stehenden Baumes. Die Zahlen VI und unkorrekterweise LI (korrekt in O: LIl) am linken oberen Bildrand stehen stellvertretend f ü r die rechte Nutzung der Gewere im Zeitraum von Jahr und T a g ohne rechtmäßigen Einspruch. Vollständiger O : Neben Gut und Baum hat der Illustrator hier zusätzlich ein Ahrenfeld dargestellt. Außerdem steht der Besitzer im Haus und sieht die Früchte des Landgutes durch das Fenster. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 89. 3. (Ldr. II 44§3): Vor dem rechts thronenden Richter (Graf) schwört ein Lehensherr (Herrentracht, Schapel) mit Hilfe von sechs schöffenbarfreien Männern, die in 3x2 Personengruppen hinter ihm stehen, durch Eid auf das Reliquiar (Schwurfingergebärde) di eigenliche gewer. N u r aus dem Textzusammenhang erschließt sich, daß der Mann auf diese Weise seinen Anspruch an seinem Lehen oder am lipgedinge siner muter oder nifteln geltend machen kann. 4. (Ldr. II 45): Während in der rechten Bildhälfte vor dem thronenden Richter eine Gerichtsszene dargestellt ist, an der außer Richter und Kläger (in Herrentracht mit Schapel) weitere vier Personen beteiligt sind, wird links der Angeklagte dingvluchtig, indem er der Szene den Rücken zukehrt und sich davonschleicht. Zwei der mittleren Figuren sehen ihm nach, versuchen aber nicht, ihn aufzuhalten, sondern machen ihn mit Aufmerksamkeits- und Redegebärden auf die unmittelbaren Folgen seiner Handlung aufmerksam. Die Verfestung freilich setzt eine ciage... umme ungerichte voraus. Der Hinweis darauf im Bild - gewöhnlich das Gerichtsschwert als Zeichen der Hochgerichtsbarkeit - fehlt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 89. 5. (Ldr. II 46§1): Der in Rot gekleidete Landeigentümer weist den pflügenden Bauer durch Aufmerksamkeitsgestus darauf hin, daß dieser den Boden, auf den seine linke Hand zeigt, unrechtmäßig bearbeitet. Der Bauer seinerseits gibt durch seine Handgebärden zu verstehen, daß es unwissentlich geschah und er den anderen als rechtmäßigen Eigentümer anerkennt. Die Folge, daß er, dem Text entsprechend, den Ertrag seiner Arbeit verliert, wird im Bildstreifen nicht berücksichtigt. Lade, Dorfrecht, S. 184/

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d' das lant behelt W e r da b e j a e t e acker eins and'n mänes and'weide erit he Jal im de Jchade gelde u f - r e c h ' ν ή o ü c h Jine b ü j e g e b e · W e r Jin vie tribet uf and' lute 1 -XLVIIk o r n o d ' uf gras he Jal gelde de Jchade uf r e c h t - v n b ü j e mit drin JchillTge-in is ab' he z ü k e g i n w ' t i g n i c h t - d a das vie g e j c h a t h a t · vn wirt is g e p h a n t - d e Jchade Julie Ji gelden di d' das vie is - ab mä en z ü hant b e w i j e t noch d' gebure k o r e - v n d e Jechs phenlge gibt iclicht' z u b ü j e v o r Jin vie Is ab' das vie Jo getä das mä is nich' in getriben m a g · als phert di reijig Jin o d ' g e n j e - o d ' beir-Jo lade he da z ü z w e n e m ä · vn b e w i j e en den Jchade vn v o l g e de vie I Jins h're h ü s - v n Jchüldige en dar v m e - J o müs he b e j j i r n v o r das vie als ab is gephant w e r e · / XLVIIIW e r ein vie trib' uf eine and'e marke aneine gemeine weide wirt he g e p h a n t he gibt Jechs phenl= ge · U n g e w n n e lant w ' dar ub' vert is en Ji denne eine gehegete w i j e d' blib' is ane wandil W a s d' hirte vnd' Jin' hüte v o r l ü j t das Jal he gelde L e j t ein mä Jin k o r n u j e Jten · alje alle lüte ir k o r n inne h a b e - w i r t is im g e v r e z z i t o d ' getretit-mä en gilt is im nicht das Jelbe tüt mä vme c z e n d e - a b en d' z c e n d e n ' nicht en nimt ab en d' mä d' en gebe Jal uf de velde let Jten · vn de Jine gebure b e w i j e t Ein iclich vie w e is Jine iüge g e w i n e t w o is des abinde 5 z ü h'berge k u m t da Jal mä das vie v o r z e n de di Jaet v o r z e n d ' mä uf de velde · das vie in de d o r f e I icliches mänes h ü j e da das vie

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der das lant behelt. W e r da besaeten acker eins andern mannes anderweide erit, he sal im den schaden gelden uf recht unde o u c h sine buse geben. C . X L V I I . W e r sin vie tribet uf ander lute k o r n oder uf gras, he sal im gelden den schaden uf recht unde busen mit drin Schillingen. £ n is aber he z u keginwertig nicht, da das vie geschat hat, unde wirt is gephant, den schaden sullen si gelden, di, der das vie is, ab man en z u hant bewiset noch der gebure kore, unde sechs phenninge gibt iclicher z u buse v o r sin vie. Is aber das vie so getan, das man is nicht ingetriben mag, als phert, di reiniicA sin oder gense oder ber, so lade he da z u z w e n e man unde bewise en den schaden unde v o l g e deme vie in sins herren hus unde schuldige en dar umme, so mus he bessirn v o r das vie, als ab is gephant were. C . X L Y I I I . W e r ein vie tribet uf eine andere marke an eine gemeine weide, wirt he gephant, he gibt sechs phenninge. U n g e w u n n e n lant, w e r dar über vert, is ensi denne eine gehegete wise, der blibet is ane wandil. W a s der hirte under siner hüte vorlust, das sal he gelden. Lest ein man sin k o r n use sten, alse alle lute ir k o r n inne haben, wirt is im g e v r e z z i t o d e r getretit, man engilt is im nicht. D a s selbe tut man umme czenden, ab en der z c e n d e n e r nicht ennimt, ab en der man, der en geben sal, uf deme velde let sten unde den sinen geburen bewiset. Ein iclich vie, w e n is sine j u n g e n gewinnet, w o is des abindes z u herbergen kumt, da sal man das vie v o r z e n den. D i saet v o r z e n d e t man uf deme velde, das vie in deme d o r f e in icliches mannes huse, da das vie

i im] eme O, ime Horn., fehlt

WD.

617 Enis] in is WD, Nis O,

N ' i s Horn. 7 keginwertig W D, antworde O, jegenwerde Horn. 11 iclicher WD, g h e n e O, i o i e w e l k Horn. 13 reinisch Dt reisig W, rensch O, w r e n s c h Horn. 14 b e r Ο Horn., beir WD.

203

dem das Feld gehört. Wer das besäte Feld eines anderen Mannes zum zweitenmal 1 umpflügt, der soll ihm den Schaden ersetzen und auch, wie es das Recht vorsieht, seine Buße entrichten. Kapitel XLVII. Wer sein Vieh in das Kornfeld oder auf die Wiese eines anderen treibt, der soll ihm den Schaden erstatten, wie es das Recht vorsieht, und es mit drei Schillingen büßen. Ist er aber nicht zugegen, wo das Vieh Schaden angerichtet hat, und wird es gepfändet, dann sollen die, denen das Vieh gehört, den Schaden bezahlen, wenn man ihn (den Schaden) sogleich nach der Schätzung der Bauern beweist, und jeder gibt sechs Pfennige als Buße f ü r sein Vieh. Ist aber das Vieh so geartet, daß man es nicht einfangen kann, wie Pferde, die brünstig 2 sind oder Gänse oder ein Zuchteber, dann rufe er (der Geschädigte) zwei Männer herbei und zeige ihnen den Schaden an und folge dem Tier bis in seines Herrn Haus und beschuldige ihn deswegen, dann muß dieser f ü r das Tier büßen, als ob es gepfändet wäre. Kapitel XLVIII. Wer sein Vieh in einer anderen Gemarkung auf eine allgemein zugängliche Weide (Allmende) treibt, der zahlt - wird er gepfändet - sechs Pfennige. Wer über unbearbeitetes 3 Land fährt, der bleibt ohne Buße, wenn es keine eingezäunte Wiese ist. Was ein Hirte während des Hütens verliert, das soll er ersetzen. Läßt ein Mann sein Korn auf dem Halm stehen 4 , wenn alle Leute ihr Korn bereits eingefahren haben, und wird es ihm abgefressen oder zertreten, dann erstattet man es ihm nicht. In gleicher Weise verhält man sich bei dem Zehnten 5 , wenn ihn der Zehntherr 6 nicht annimmt und wenn der Mann, der ihn entrichten soll, ihn auf dem Feld stehenläßt und seinen Dorfgenossen zeigt. Jedes Tier, das seine Jungen bekommt, soll man dort verzehnten 7 , wohin es abends zum Stall zurückkommt. Die Saat verzehntet man auf dem Feld, das Vieh innerhalb des Dorfes im Haus eines jeden Mannes, worin das Vieh

folio 37 recto

1. (Ldr. II 46§4): Der Bauer pflügt wissentlich einen fremden, bereits bestellten Acker (grüner Boden). Im Gegensatz zu den Illustrationen in W und D, die den Nutzungsberechtigten neben dem Pferdegespann darstellen, bringt das Bild in Ο auch zum Ausdruck, daß diesem - hier neben einem Ochsengespann mit einem Stock in der H a n d stehend - der entstandene Schaden uf recht (Reliquiar) zu erstatten ist. Er bezahlt deswegen dem rechtmäßigen Eigentümer die gesetzliche Buße. Lade, Dorfrecht, S. 184. 2. (Ldr. II 47§§1,2): Die Bildzeile bezieht sich auf jenen Fall, w o in Abwesenheit des Hirten (Gugel, Stock oder Horn?; Versäumnisgebärde) das Vieh einen Schaden im Getreidefeld (nur in Ο dargestellt) angerichtet hat und vom Eigentümer des Feldes gepfändet wird: Er treibt es mit einem Stock in seinen Stall. Die Möglichkeit, durch Selbstpfändung den eigenen Rechtsanspruch zu wahren, wird durch diese Art der Illustration gegenüber den anderen im Text genannten Möglichkeiten, die eine Erstattung des Schadens vorsehen, besonders hervorgehoben. Lade, Dorfrecht, S. 185; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202. 3. (Ldr. II 47§3): Besteht nicht die Möglichkeit der Pfändung, z.B. im Fall eines Pferdes, eines Ebers oder von Gänsen, so muß der Geschädigte zwei Männer laden, die den Schaden auf dem bearbeiteten Feld (grüner, mit Pflanzen bewachsener Boden) bezeugen. Erst danach darf er - wie der Text besagt - dem Vieh folgen und ihren Eigentümer, vergleichbar dem Verfahren der Selbstpfändung, zur Verantwortung heranziehen. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202. 41. (Ldr. II 47§4): Der Dorfhirte treibt das Vieh auf die gemeine Weide einer fremden D o r f m a r k . Vergleichbar dem Fall versäumter Aufsichtspflicht, wie der Gestus seiner linken H a n d andeutet, ist ein Bußgeld von 6 Pfennigen zu entrichten, die jedoch im Bild nicht dargestellt sind. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202. 4r. (Ldr. II 47§4): Das Befahren einer nicht eingezäunten Wiese bleibt dagegen unbestraft, wie rechts im Bild durch das Weglassen von Personen gezeigt wird. Das Land ist unbearbeitet, wie durch das Gestrüpp am Boden angedeutet wird. Lade, Dorfrecht, S. 182; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202. 5. (Ldr. II 48§ 1): Der Hirte ersetzt dem Eigentümer das Vieh, das während seiner H u t verlorengegangen ist. Mit Vorgriff auf Ldr. II 54§4 zeigt der Bildstreifen links Wolf und Dieb, die das Vieh entwenden, während sich der Hirte von der Szene abwendet und folglich seiner Aufsichtspflicht nicht nachkommt. Lade, Dorfrecht, S. 182; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202. 6. (Ldr. II 48§§2,3): Bei Nichtbeachtung allgemeinverbindlicher Regelungen über Erntezeiten sowie Abgabetermine des Kornzehnts bleibt das Zertreten oder Abfressen, wie beispielhaft am liegengebliebenen Kornzehnt gezeigt, unbestraft. Auf die Darstellung der streitenden Parteien wird hier verzichtet. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrifr, S. 226. 7. (Ldr. II 48§4): Der Bildstreifen stellt die Übergabe des Blutzehnts dar. Dem Text entsprechend erscheint der Grundherr (Schapel) vor dem Stall, um sich das Tier selbst abzuholen. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 202.

1 anderweide Adv. ,zum zweiten Mal'; 2 reinisch Adj. .brünstig'; 3 ungewunnen Part. Adj. .unbestellt, unbearbeitet'; 4 üzstän unr.V. .draußen stehen', ,am Halm stehen 4 ; 5 zehende, zende sw.st.F.M. ,der zehnte Teil (bes. als Abgabe von Vieh und Früchten)'; 6 zehendcere, zehender, zendener st.M. ,Zehnteinnehmer, Zehntherr'; 7 verzehenden, verzenden sw.V. .verzehnten, versteuern'.

204

folio 37 verso inne gewrfe wirt-Iclich es vies gib' man czende J"ünd' hvnre · iclichen hof · vn vüorte vn Jüd'lich hüs vor zendit mä m' eime hüne an Jente mertins tage W o mä rechte zende uf de uelde gipt-da Jal mä gebe das czende Jchog gliche gut den andere-od' di czede garbe Wen ein mä Jin korn in vüre wil · das Jal he küdige dem zenden' ab he in de dorfe od' uf de uelde Ji-vfi wart' he dene des zendl nicht d' mä vor czende im Jelbe alje he Jine eit dar an beware ab mä de habe wil-vn bewijen czwen Jine gebüre · vü laje en da vJe Jten-Jo blib' hes ane Jchade ab he Jider geer= gert wirt od' vor lorn · Mä gibt an mäche ende bejcheidene Jchog zü zende vö d' hüue · vn ein lam vö d' Jchafherte di in eine hof get· W o mä korn zendl gibt da Jal das Jeil da di garbe mite gebüdT is ein' dum ein lang Jin zwijchen den zwen knote wen das Jeil gerecht is inwinterkorne Wer de czende noch recht' gewöheit gibt d' hat en wol gegeben· Von bynen abir vn vö allirhande vie nimt d' zenden' Jine zende ab hes beite wil vö iare zu iare · bis das he im geburt vö dem hüje da mä en vö gebe Jal-vn en wil hes ab' nich' beite-Jo Jal mä im gebe das im alle iar gebürt Von icliche volne vn müle eine phennig vö deme kalbe-vn ejele-vn zige-vii Jchaf-vn verkele eine halbe phenlg · ab ir vunfe is od' minre · is ir ab' JechJe · od' me Jo nimt ir d' zenden' eins zü lojene · Das JechJte m' zwe phenlge · Das Jibede m* and'halbeme-Das achte m' eime phenlge-Das nvnde m' eime halbe·

inne geworfen wirt. Icliches vies gibet man czenden, sunder hunre. Iclichen hof unde worte unde sunderlich hus vorzendit man mit eime hune an Sente Mertinstage. W o man rechten s zenden uf deme velde gipt, da sal man geben das czende schog, gliche gut den anderen, oder di czende garbe. Wen ein man sin korn invuren wil, das sal he kundigen dem zendener, ab he in deme dorfe oder uf deme velde si. Unde wartet he denne des JO zendin nicht, der man vorczende im selbe, alse he sinen eit dar an beware, ab man den haben wil, unde bewisen czwen sinen geburen unde läse en da use sten, so blibet hes ane schaden, ab he sider geergert wirt oder vorlorn. Man gibt an manchen is enden bescheidene schog zu zenden von der huven unde ein lam von der schafherte, di in einen hof get. W o man kornzendin gibt, da sal das seil, da di garbe mite gebundin is, einer dumeln lang sin zwischen den zwen knoten, wen das seil ge20 reckt is in winterkorne. Wer den czenden noch rechter gewonheit gibt, der hat en wol gegeben. Von binen abir unde von allirhande vie nimt der zendener sinen zenden, ab hes beiten wil von jare zu jare, bis das he im geburt von dem huse, 25 da man en von geben sal. Unde enwil hes aber nicht beiten, so sal man im geben, das im alle jar geburt. Von iclicheme volne unde mule einen phenning, von deme kalbe unde esele unde zigen unde schaf unde verkele einen halben phenning, ab ir vunfe is 3o oder minre. Is ir aber sechse oder me, so nimt ir der zendener eins. Zu losene das sechste mit zwen phenningen, das sibende mit anderhalbeme, das achte mit eime phenninge, das nunde mit eime halben.

2 sunder WD Horn., ane O.

/5 enden WD, weghene O, wegene

Horn. 19/20 gereckt] gerecht WD, gherect O, gerecket Horn.

205 geworfen wird. Von jeder Art Vieh gibt man den Zehnten, außer von Hühnern. Jeden Hof und jede Hofstelle 1 und jedes einzelne H a u s verzehntet man mit einem H u h n am St. Martins-Tag. W o man rechten Zehnten auf dem Feld gibt, dort soll man das zehnte Schock 2 geben - eines gleich gut dem anderen - oder die zehnte Garbe. Wenn ein Mann sein Korn einfahren will, so soll er dies dem Zehntherrn mitteilen, wenn er im Dorf oder auf dem Feld ist. U n d holt 5 er dann den Zehnten nicht ab, dann verzehnte der Mann sich selbst, und zwar in der Weise, daß er sich selbst mit seinem Eid absichere, wenn man diesen (von ihm) haben will, und (er) zeige (den Zehnten) zwei seiner Dorfgenossen und lasse ihn dann auf dem Feld stehen: Wenn sich dieser später verschlechtert oder verlorengeht, dann hat er keinen Nachteil 4 daraus. Manchmal 5 gibt man auch ein bestimmtes Schock von der H u f e als Zehnten und ein Lamm aus der Schafherde, die auf einen Hof zurückkehrt. W o man den Kornzehnten gibt, da soll das Seil, mit dem die Garbe gebunden ist, zwischen den beiden Knoten eine Länge von einer Daumenelle haben, wenn das Seil f ü r das Wintergetreide passend ist. Wer den Zehnten nach rechter Gewohnheit gibt, der hat ihn gut gegeben. Von Bienen aber und allerhand anderen Tieren nimmt der Zehntherr seinen Zehnten, wenn er darauf von Jahr zu Jahr warten will, bis er ihm von dem H a u s zusteht, wovon man ihn bezahlen soll. Will er aber nicht warten, dann muß man ihm geben, was ihm jährlich gebührt. Für jedes Fohlen 6 und jedes Maultier 7 gibt man einen Pfennig; f ü r jedes Kalb und Esel und Ziegen und Schaf und Ferkel einen halben Pfennig, wenn es fünf oder weniger sind. Sind es aber sechs oder mehr, dann nimmt der Zehntherr eines von ihnen. Abzulösen sind das sechste (Tier) mit zwei Pfennigen, das siebte mit anderthalb, das achte mit einem Pfennig, das neunte mit einem halben.

1 wurt, wort (mnd.) st.F. ,Wurt, Hofstelle'; 2 schoc st.M.,Schock, Anzahl von 60 Stücken'; 3 warten sw.V. ,wahrnehmen, sich holen'; 4 schade sw.M. »Schaden, Nachteil, Verlust'; 5 an manchen enden ,manchmal, ab und zu'; 6 vole, vol sw.M. Junges Pferd, Fohlen'; 7 mül st.M.N., müle sw.M. .Maultier'.

folio 3 7 verso

1. (Ldr. II 48§5): Ein vor seiner Hofstelle stehender Bauer händigt dem Zehnteinnehmer des H e r r n ein H u h n aus. Da H ü h n e r in der entsprechenden Textstelle ausdrücklich vom Tierzehnt ausgenommen werden, muß es sich im Bild um das sogenannte Haus- oder Rauchhuhn handeln, was auch durch die auf das Gebäude weisende Gebärde des Empfängers deutlich wird. Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 13. 2. (Ldr. II 48§6): Der Bauer (brauner Rock) händigt dem Zehntempfänger des Herrn, dem Text entsprechend, die zehnte Garbe auf dem Felde aus; in seinem Rücken stehen weitere neun (in Ο nur sieben) Getreidegarben (vgl. Ldr. II 58§2). Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 13ff. 3. (Ldr. II 48§8): Die links stehenden zwei Getreidegarben zeigen, daß sich dieser Bildstreifen ebenfalls auf den Kornzehnten bezieht. Der dem Zehntempfänger (im blau changierenden Rock) des Herrn gegenüberstehende Bauer (brauner Rock) nimmt Maß für das Seil, mit dem die Korngarben gebunden werden. Mit seiner Linken zieht der Bauer das Seil, das am anderen Ende vom Zehntempfänger festgehalten wird, straff, während er mit seinem rechten Unterarm Daumenellen abmißt, indem er den Ellenbogen an den einen und seine Daumenspitze an den anderen Knoten legt. Zusätzlich weist der Zehntempfänger in Ο mit Fingerzeig seiner rechten Hand auf die Getreidegarben. Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 15. 4. (Ldr. II 48§11): Der am äußersten rechten Bildrand stehende Zehnteinnehmer (im rot changierenden Rock) fordert von dem ihm gegenüberstehenden Bauern (brauner Rock) den fälligen jährlichen Bienenzehnt. Der Bauer, umgeben von einem Schwärm Bienen (O zeigt eine wirklichkeitsfremde Darstellung der Nutztiere), händigt einen der Bienenkästen dem Zehntempfänger aus. Hinter dem Bauern stehen noch andere auf der Erde aufeinander gestapelte Holzkästen (abweichend O: Hier liegt im Rücken des Bauern nur ein Bienenkorb). Der Illustrator geht hier insofern über den Text hinaus, da er zeigt, in welcher Form der Bienenzehnt zu leisten ist: Der Zehnteinnehmer empfängt das Bienenvolk samt H o nig und Kasten. Hüpper, Funktionstypen, S. 246; Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 15. 5./6. (Ldr. II 48§12): Der untere Bildstreifen nutzt die gesamte Seitenbreite des Blattes aus und zeigt nur folgende Tiere, von denen der Viehzehnt zu entrichten ist: Fohlen, Maultier, Rind Esel, Ziege, Schaf und Schwein. Ausschließlich Ο bietet die vollständige Umsetzung der Textstelle, daß der Viehzehnt bei Jungtieren in Geld abgelöst werden kann. Denn über den Köpfen von Fohlen und Maultier ist in Ο ein Pfennig, über den Köpfen der anderen Tiere ein halbierter Pfennig abgebildet. Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 15f

206

folio 38 recto

Ien' ab' des das vie is d' Jal zu vor us neme czwei vnd' JechJen · dri vnd' nvnne · e · den d' zenden' kije-zu d' Jelbin wis vor czendit mä di genje zcü hellingen· / -XLIX· Is en rails nimant /ine obeje henge in eins and'n mänes hof-melich Jal ouch bewirke Jin teil des houes-d' des nicht en tüt-gejchit da Jchade vö · he Jal en bejfirn · he blib' is o v ch ane wandil gejchit im Jchade· / · ·L· Wer malboüme od' markjteine JeczJit d' Jal den da bi habe · d' and' Jit lant da bi h a t - w ' da czünet d' Jal di ejte kern in Jine h o f · /-LIBag oüene vn Jp"chkämern vn Jwin kobe Juln Jten dri vüje vö de melich Jal o v ch beware Jine oüen · vn Jine müre · das di vunke nicht vare ineins and'n mänes hof im zu Jchade -Jp' ch kämern Jal mä o v ch bew'ke di kege eins and'n mänes houe Jten· Fliehtet Jich d ' h o p p h e uf de czün · f •Lllw' di wurzele inde hoüe hat d' grife de czune Jo he neijte müge · vn zie de hopphe was im volg' das is Jin-was and' Jit blib' das is Jins nakebures Siner boüme ejte en Juln o v ch ub' de zun x gen Jime nakebüre Was d ' m ä büw' / - L I I I · c z ü j c h a d e n · uf vremde gute da he zins vö gib' das miis he wol ab breche ab he vö dene vert· vn Jine erbe noch Jime tode · an den zun vorne vn hindene vn das hüs-vn de mijt das Jal d' h're loje noch d' gebüre kore · en tut hes nich' he vüret das eine ra' deme and'n weg· Der mä en Jal Jin vie da / · LIIII · heime nich' laje das de hirte geuolge mag ane Jüwe di verkele Joyget-di Jelben

>

10

is

is 19a 20

xnicht

25

30

3S

Iener aber, des das vie is, der sal zu vor usnemen czwei under sechsen, dri under nuz'nen, e den der zendener kise. Zu der seibin wis vorezendit man di gense zeu hellingen. C.XLIX. Is enmus nimant sine obese hengen in eins andern mannes hof. Menlich sal ouch bewirken sin teil des hoves, der des nicht entut, geschit da schade von, he sal en bessirn, he blibet is ouch ane wandil, geschit im schade. C.L. Wer malboüme oder marksteine seezsit, der sal den da bi haben, der ander sit lant da bi hat. Wer da czunet, der sal di este kern in sinen hof. C.LI. Bagovene unde Sprachkammern unde swinkoben suln sten dri vuse von deme czune. Menlich sal ouch bewaren sinen oven unde sine muren, das di vunken nicht varen in eins andern mannes hof, im zu schaden. Sprachkammern sal man ouch bewerken bis an di erden, di kegen eins andern mannes hove sten. C.LII. Fliehtet sich der hopphe uf den czun, wer di wurzele in deme hove hat, der grife deme czune, so he neiste muge, unde zie den hopphen, was im volget, das is sin, was andersit blibet, das is sins nakebures. Siner boume este ensuln ouch über den zun nicht gen, sime nakebure czu schaden. C.LIII. Was der man buwet uf vremdem gute, da he zins von gibet, das mus he wol abbrechen, ab he von dennen vert, unde sine erben noch sime tode, ane den zun vorne unde hindene unde das hus unde den mist. Das sal der herre losen noch der gebure kore. Entut hes nicht, he vuret das eine mit deme andern weg. C.LIIII. Der man ensal sin vie da heime nicht lasen, das deme hirten gevolgen mag, ane suwe, di verkele soiget, di selben

2 nuinen H, nunnen W, nvynen D, neghenen O, negenen Horn. 14 Sprachkammern W D, sprachkameren II, ganghe O,

gang Horn. Π czune] czvne H> tune Ο Horn., fehlt WD.

16 be-

waren W D H, beschuren O, bescuren Horn. 17 vunken W D H, sparken Ο Horn. 18 Sprachkammern W D, sprachkamern II. Ganghe O, Genge Horn. 19 bis an di erden] bet an de erden O, bit an di erde Horn., fehlt WD H. 23 andersit W, ander sit D

anderhalf Ο Horn. 24 este W D H, telghen O, telge Horn. 29

H,

ane Η Ο Horn., an W D. 33/34 da heime W D H, to hus Ο Horn. 31 soiget WD, soyget H, ted O, den Horn.

207

Jener aber, dem das Vieh gehört, soll zuvor zwei von sechs und drei von neun Tieren auswählen, bevor der Zehntherr auswählt. Auf dieselbe Weise verzehntet man die Gänse mit Hellern 1 . Kapitel XLIX. Niemand darf seine Dachtraufe 2 in eines anderen Mannes H o f hängen. Ein jeder soll auch seinen Hofteil umzäunen; tut er dies nicht und ergibt sich hieraus ein Schaden, dann soll er dafür Genugtuung leisten; auch bleibt er ohne Buße, wenn er selbst Schaden erleidet. Kapitel L. Wer Grenzbäume oder Marksteine aufstellt, der soll denjenigen dabeihaben, dem das Land auf der anderen Seite gehört. W e r einen Zaun zieht, der soll die Aste zu seinem Hof wenden 3 . Kapitel LI. Backöfen und Aborte 4 und Schweineställe 5 sollen drei Fuß von dem Zaun entfernt stehen. Jeder soll ferner auf seinen O f e n und seine (Feuer-)Mauer achten, damit die Funken nicht in den Hof eines anderen fliegen, ihm zum Schaden. Aborte, die gegen den Hof eines anderen stehen, soll man ferner bis auf die Erde herab einhegen. Kapitel LH. Wenn sich der H o p f e n um den Zaun rankt, dann greife derjenige, in dessen Hof sich die Wurzel befindet, so nahe an den Zaun, wie er kann, und ziehe den H o p f e n hinüber; das, was ihm folgt, gehört ihm; das, was auf der anderen Seite bleibt, gehört seinem Nachbarn. Die Zweige seiner Bäume sollen auch nicht zum Schaden seines Nachbarn über den Zaun hängen. Kapitel LIII. Alles, was ein Mann auf fremdem Boden aufbaut und w o f ü r er Zins gibt, das darf er abreißen, wenn er selbst in die Ferne aufbricht; gleiches gilt f ü r seine Erben nach seinem T o d : Hiervon ausgenommen sind der Zaun vor und hinter (dem Haus) und das Haus selbst und der Misthaufen. Dies soll der Besitzer 6 abkaufen gemäß der Schätzung der Dorfgenossen. T u t er dies nicht, dann darf jener dieses zusammen mit dem anderen wegnehmen. Kapitel LIV. Der Mann soll sein Vieh nicht zu Hause lassen, das dem Hirten folgen kann, ausgenommen die Sau, die Ferkel aufzieht; diese

1 helb(e)linc, helling s t . M . ,Heller, M ü n z s t ü c k e im h a l b e n W e r t des jeweiligen P f e n n i g s ' ; 2 obese, obse st.sw.F. . D a c h r i n n e , D a c h 4 t r a u f e ' ; 3 keren s w . V . , k e h r e n , w e n d e n , eine R i c h t u n g g e b e n ' ; sprachkamer st.F. A b o r t , A b t r i t t ' ; 5 swmkobe sw.M. SchweineStall'; 6 herre, herre s w . M . , h i e r in d e r speziellen B e d e u t u n g , L a n d b e s i t z e r , H e r r ü b e r ein G r u n d s t ü c k ' .

folio 38 recto

1. (Ldr. II 48§12): D e r Besitzer darf drei von n e u n T i e r e n h e r a u s n e h m e n , b e v o r d e r Z e h n t h e r r wählt, wie die drei G ä n s e u n d die drei ü b e r i h r e n K ö p f e n als H e l l e r zu d e u t e n d e K r e i s e z e i g e n . 2. (Ldr. II 49§§1,2): D e r B i l d b u c h s t a b e / o r d n e t die Bildzeile d e n B e s t i m m u n g e n ü b e r T r a u f r e c h t u n d Z a u n p f l i c h t z u . F ü r das T r a u f r e c h t steht das G e b ä u d e innerhalb des umfriedeten H o f e s ( a n s c h a u l i c h e r H , w o die T r a u f e mit a b g e b i l d e t w i r d ) . Links ist d e r H o f e i g e n t ü m e r beim E i n z ä u n e n b z w . A u s b e s s e r n seines Flechtz a u n e s zu sehen. G e m ä ß L d r . II 50 zeigt d e r Z a u n auf d e r Seite z u m N a c h b a r g r u n d s t ü c k k e i n e h e r v o r s t e h e n d e n Äste. U n b e r ü c k sichtigt läßt die Bildzeile a b e r die S c h a d e n s r e g e l u n g im Fall d e r vernachlässigten Z a u n p f l i c h t . Dautermann, Bauvorschriften, S. 267f.; Lade, Dorfrecht, S. 180, 183. 3. (Ldr. II 51§1): V o n rechts n a c h links gelesen sind - nach d e r R e i h e n f o l g e des T e x t e s - ein k u p p e i f ö r m i g e r B a c k o f e n , ein H a u s mit einem A b o r t (Sprachkammer) u n d ein h a l b o f f e n e r Stall zu erk e n n e n . D i e k o n k r e t e n B a u v o r s c h r i f t e n , die d e n A b s t a n d d e r genannten Objekte zum Nachbargrundstück, Schutzvorrichtungen v o r F u n k e n f l u g o d e r die E i n z ä u n u n g f r e i s t e h e n d e r A b o r t e b e t r e f f e n , sind n i c h t ins Bild g e s e t z t w o r d e n . Dautermann, Bauvorschriften, S. 267f.; Lade, Dorfrecht, S. 181, 183. 4. (Ldr. II 52§§1,2): D a s Ü b e r h a n g r e c h t e r l a u b t es d e m zu e b e n e r E r d e s t e h e n d e n D o r f b e w o h n e r , mit seiner linken H a n d d e n ü b e r d e n Z a u n r a n k e n d e n H o p f e n zu sich h e r ü b e r z u z i e h e n u n d ihn mit einer Axt a b z u s c h l a g e n . D i e D a r s t e l l u n g ist o h n e K e n n t n i s des T e x t e s leicht f a l s c h zu d e u t e n . E i n d e u t i g ist d a g e g e n die Illustration in H : H i e r z i e h t d e r M a n n , d e r d i c h t am Z a u n zu e b e n e r E r d e steht, lediglich die auf seinem B o d e n w u r z e l n d e H o p f e n r a n k e zu sich h e r a n , u m sie a b z u s c h l a g e n , u n d nicht, wie in W u n d D , j e n e des N a c h b a r n . Lade, Dorfrecht, S. 181. 5 . / b . (Ldr. II 54§1): D e r D o r f b e w o h n e r ist verpflichtet, d e m H i r t e n sein V i e h zu ü b e r g e b e n , mit A u s n a h m e d e r Sau u n d i h r e r s a u g e n d e n Ferkel, die Η z u t r e f f e n d e r in e i n e m Stall zeigt. A u c h die S z e n e in d e r linken B i l d h ä l f t e ist im Vergleich zu d e n e n t s p r e c h e n d e n D a r s t e l l u n g e n in Η u n d Ο u n g e n a u u n d m i ß v e r s t ä n d l i c h . Dies b e t r i f f t einerseits die f a l s c h e Z u o r d n u n g des k e u l e n a r t i g e n G e g e n s t a n d e s im A r m d e s D o r f b e w o h n e r s u n d a n d e r e r s e i t s die d u r c h die H a n d g e b ä r d e a n g e d e u t e t e , j e d o c h n u r u n v o l l s t ä n d i g gezeigte, E n t l o h u n g s s z e n e z w i s c h e n d e m H i r t e n u n d d e m E i g e n t ü m e r des Viehs, mit d e r in d i e s e r Bildzeile d e n n a c h f o l g e n d e n Bes t i m m u n g e n z u r E n t l o h n u n g des H i r t e n v o r g e g r i f f e n w i r d . Lade, Dorfrecht, S. 182.

folio 38 verso Jal mä beware das Ji nicht Jchade Nimant en müs ovch Jud'liche h'ten habin da he deme gemeine hirte Jin Ion mite minre · he en habe dri hfiue od' me di Jin eige Jin od' Jin len der müs wol Jüd'liche Jchaf hirte habe Wo mä ab' dem h'ten Ion gelobit vö d' hüue νή nich' vö de vie · das Ion Jal nimät enthalde durch das-das dorf nicht hirtelos en blibe-was mä vor den hirte tribit-en bregit hes nicht wid' in das dorf he müs is gelde-was ab' di wol= ue neme od' di roybere blib' he vngeuange vii bejchriet he Ji nicht m1 dem gerüfte-Jo das hes geczüg habe he müs is gelden· Belemt ein uie das and'e vor dem hirte odir wirt is getret od' gebeijt-νή Jchuldigit mä de hirte dar vme he müs benenne das vie das den Jchade hat getä-vn müs da zu Jwern J o Jal ien' des das vie is · das gewndete vie injin' phlage halde bis is wol zü Velde müge gegen-Jtirbit is he müs is gelde noch Jime gejazte w'gelde · Schuldigit mä den hirte das he ein vie nicht zü dorfe en habe bracht · tar he Jin recht dar zü tun · he is ledig dar ab Wer ab' Jins vies vor mijJet vn zü dem h'te get-vn en dar vme Jchuldeg' mit urküde zweier mäne Jo mag der hirte da vor nicht gejw'n · we he müs im Jin vie gelde Jpricht ab' d' hirte das is vor en nich' getribl en Ji das müs d' mä bas gezüge m' czwen mäne di is JagT das mä is an Jine hüte treip de is d' hirte vnjchuldig müge Was Jo d' burmeijt' / -LV· J w'din· Jchaffit des dorfes vrüme m' willekor d' meijte menie d' gebure-das en mag das minjte teil nicht widir redin· / -LVI· Welch dorf bi waJJ'e lit vn eine tarn haben

208 sal man bewaren, das si nicht schaden. Nimant enmus ouch sunderliche hirten habin, da he deme gemeinen hirten sin Ion mite minre, he enhabe dri huven oder me, di sin eigen sin oder sin len, der j mus wol sunderliche Schafhirten haben. Wo man aber dem hirten Ion gelobit von der huven unde nicht von deme vie, das Ion sal nimant enthalden, durch das das dorf nicht hirtelos enblibe. Was man vor den hirten tribit, enbrengit hes nicht wider 10 in das dorf, he mus is gelden. Was aber di wolve nemen oder di roibere, blibet he ungevangen unde beschriet he si nicht mit dem gerufte, so das hes geczug habe, he mus is gelden. Belemt ein vie das andere vor dem hirten a odir wirt is getret oder gebeist unde schuldigit man den hirten dar umme, he mus benennen das vie, das den schaden hat getan unde mus da zu swern. So sal iener, des das vie is, das gewundete vie in siner phlage halden, bis is wol zu vel20 de muge gegen. Stirbit is, he mus is gelden noch sime gesazten wergelde. Schuldigit man den hirten, das he ein vie nicht zu dorfe enhabe bracht, tar he sin recht dar zu tun, he is ledig dar ab. Wer aber sins vies vormis21 set unde zu hant zu dem hirten get, unde en dar 25» umme schuldeget mit urkunde zweier manne, so mag der hirte da vor nicht geswern, wen he mus im sin vie gelden. Spricht aber der hirte, das is vor en nicht getribin ensi, das mus der man bas gezugen mit 3o czwen mannen, di is sagin, das man is an sine hüte treip, den is der hirte unschuldig muge werdin. C. LV. Was so der burmeister schaffit des dorfes vrumen mit willekor der meisten menie der gebure, das enmag das is minste teil nicht widirredin. C.LVI. Welch dorf bi wassere lit unde einen tarn haben

23 recht WD hant O, tohant

H, unschult Ο Horn. 25 Horn., fehlt W.

zu hant

D, czv hant H, to

209 soll man behüten, damit sie keinen Schaden anrichten. Niemand darf ferner einen eigenen Hirten anstellen, so daß er dem Gemeindehirten seinen Verdienst schmälert, außer er besitzt drei Hufen (Land) oder mehr, die sein Eigengut oder sein Lehen sind; dann darf er einen eigenen Schafhirten haben. Wo man aber dem Hirten einen Verdienst verspricht aufgrund der Hufen und nicht aufgrund der (Menge) Vieh, da darf ihm niemand den Lohn vorenthalten, damit das Dorf nicht ohne Hirten bleibt. Was man zu dem Hirten treibt, das muß er erstatten, wenn er es nicht wieder in das Dorf bringt. Auch das, was ihm die Wölfe nehmen oder die Räuber, wird er nicht gefangen und beschreit 1 er es nicht mit dem Gerüfte, so daß er Zeugen haben kann, muß er ersetzen. Wenn ein Tier ein anderes unter den Augen des Hirten verletzt oder wird es getreten oder gebissen und beschuldigt man den Hirten deshalb, dann muß er das Tier vorweisen 2 , das den Schaden angerichtet hat und muß die Angelegenheit beschwören. Dann soll der Besitzer dieses Tieres das verwundete Tier zu sich in Pflege nehmen, bis es wieder auf die Weide 3 gehen kann. Stirbt es aber, dann muß er (der Hirte) es entsprechend seinem festgesetzten Wergeid ersetzen. Beschuldigt man den Hirten, daß er ein Tier nicht ins Dorf zurückgebracht habe, er getraut 4 sich aber, seine Unschuld zu beschwören, so ist er frei von der Anschuldigung. Wenn aber ein Mann sein Vieh vermißt und sofort zu dem Hirten geht und ihn deswegen mit dem Zeugnis zweier Männer beschuldigt, dann kann sich der Hirte davon nicht freischwören, sondern er muß ihm sein Tier bezahlen. Sagt aber der Hirte aus, daß es (das Tier) nicht zu ihm getrieben worden sei, so darf dies der Besitzer mit zwei Männern, die sahen, daß man es in seine Obhut trieb, eher bezeugen, als daß der Hirte unschuldig werden kann. Kapitel LV. Was der Bauermeister mit der Zustimmung der Mehrheit der Bauern zum Nutzen des Dorfes beschließt, dem darf die Minderheit nicht widersprechen. Kapitel LVL Alle Dörfer, die am Wasser liegen und einen Deich 5 haben,

1 beschrten st.sw.V. .beschreien4, hier »das Beschreien des Übeltäters'; 2 benennen sw.V. .nennen, vorzeigen, vorweisen4; 3 velt st.N. .Feld, Boden, Weide'; 4 turren unr.V. .wagen, trauen, sich getrauen, den Mut haben'; 5 tarn st.M. ,Damm, Deich'.

folio 38 verso 1. (Ldr. II 54§2): In zwei Gruppen stehen sich einerseits der Besitzer von mindestens 3 Hufen, auf die er mit seiner linken Hand zeigt, und sein eigener Hirte (Gugel, Horn oder Stab?) und andererseits drei Dorfnachbarn mit dem Dorfhirten gegenüber. Der Hufner, der die Besitzvoraussetzungen erfüllt, zeigt seinen Dorfnachbarn, daß er den hinter ihm stehenden und auf sich verweisenden Hirten belehnt hat. Zwei Dorfnachbarn erkennen das Recht auf einen eigenen Hirten an, wie ihre Handgebärden beweisen, während der dritte durch Weigerungsgebärde gegenüber dem Dorfhirten rechts im Bild für sich ebenfalls das Recht auf einen eigenen Hirten beansprucht. Da er keinen Besitz von mindestens drei Hufen nachweisen kann, wird dieses Anliegen vom Dorfhirten abgewiesen. Abweichend H: Der in einen grün-weiß gestreiften Rock gekleidete Bauer verweigert dem Dorfhirten nicht seine Anerkennung, sondern zieht ihn am Arm nachdrücklich zu der hier aus vier gegenüber drei Personen bestehenden Gruppe von Dorfnachbarn heran, um seine Stellung als Dorfhirte nachdrücklich zu dokumentieren. Da der Text beide Interpretationsansätze zuläßt, liegt hier vermutlich ein Beispiel für eine unabhängig voneinander entstandene Text-Bild-Transformation in Η sowie in W und D vor. Kocher, Schuldrechtliches, S. 124; Lade, Dorfrecht, S. 181. 2. (Ldr. II 54§§3,4): Der Bauer (brauner Rock) zahlt dem ihm gegenüberstehenden Hirten (Gugel) den vereinbarten Lohn von der Anzahl der Hufen und nicht aufgrund der Viehstärke aus. Symbolisch weist der Bauer deshalb mit Handgebärde seiner Linken auf die zwischen den beiden Personen dargestellte Hufe. Gleichzeitig deutet der Hirte mit seiner Rechten auf den in seinem Rücken befindlichen, raubenden Wolf, der ein Stück Vieh (Ferkel?) in seinem Maul davonträgt (vgl. W fol. 37r5), so daß der Hirte dieses Stück Vieh nicht ins Dorf - das im Hintergrund angedeutete Gebäude zurücktreiben kann. Unberücksichtigt läßt der Bildstreifen, daß der Hirte für den Schaden, der während seiner Hut entsteht, gegenüber dem Eigentümer des Viehs aufkommen muß. Lade, Dorfrecht, S. 181f. 3. (Ldr. II 54§5): In der linken Bildhälfte zeigen W und D verschiedene Arten von Verletzungen (Stoßen, Treten, Beißen), die ein Vieh dem anderen in Gegenwart des Hirten zufügen kann (H und Ο begnügen sich mit der Darstellung eines Ochsen, der eine Ziege angreift). In der rechten Bildhälfte beschuldigt ein Bauer (brauner Rock) als Eigentümer des verletzten Tieres (Handgebärden) den Hirten (Gugel). Der Hirte, mit Stab in seiner Linken (in Η lehnt der Krummstab am Reliquienständer, in Ο steht er an der Seite des Hirten), beschwört mit Schwurfingergebärde seiner Rechten auf die Reliquien seine Aussage über das Tier, das den Schaden verursacht hat. Η und Ο zeigen die vollständige Umsetzung der Textstelle in das Bild, wonach der Hirte zunächst das Tier benennen muß. Deshalb weist er hier mit Fingerzeig seiner rechten Hand auf das Tier, das den Schaden verursacht hat. Kocher, Schuldrechtliches, S. 124. 4. (Ldr. II 54§6): Der Bauer (brauner Rock) im Bildzentrum als Eigentümer eines vermißten Tieres beschuldigt den Hirten (Gugel) mit dem Zeugnis zweier Männer, die unmittelbar hinter ihm stehen (die Zeugenbereitschaft der beiden Männer wird in Η durch ihre Schwurfingergebärden nachdrücklicher zum Ausdruck gebracht). Der Hirte mit Stab an seiner linken Schulter (in Η liegt der Stab hinter dem Hirten, in Ο fehlt er) will sich von dem Vorwurf freischwören (vgl. vorige Bildzeile), was ihm jedoch nicht gestattet ist. Deshalb ergreift der Geschädigte den ausgestreckten aus kompositorischen Gründen - linken Arm (Scheltegestus) des Hirten und verhindert so den Schwur auf das Reliquiar. Dem Text entsprechend entgilt der Hirte das verlorengegangene Tier und zahlt mit seiner Rechten die Münzen in die linke Hand des Eigentümers. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 82.

210

folio 39 recto

d ' Ji bewart vor d' vlüt iclich dorf Jal Jin teil des tämes vejtene vor d' vlüt · kvmt ab' di vlüt vn bricht Ji de tam · vn ledit mä ra1 de g e r ü f t e da zu di binne de täme g e j e j j e • welchir nich' hilfet b ü j e de tam d ' h a t vor w o r c h t Julch erbe alje he binne de täme h a t - w a s das waJJ' ab Jcheb' deme lade das hat he vor lorn · des das lant is · bricht is ab' eine nüwe abegang da mite vor l ü j t he Jins lädes nich' Welch wert /ich erheb' binne eime vlüjje · welcheme J t a d e he neir is zu dem Jtade g e h ö r t d ' w e r t - i s he vor mittene he g e h ö r t zu beide J t a d e n - d a s Jelbe tüt d ' abegang ab he vor t r ü g ' · Alleine Ji ein gut mäches mä /•LVII. nes aljo das is ein' von deme and'n h a b e - w a s mä uf dem güte tut das Jal mä beJJ'n deme d ' das gut inlediclichir gewer h a t · vnde anders nimande/ -LVIII· Ab d ' mä keine len erbe en hat noch Jime t o d e - w e r Jin erbe i s - n o c h lätrechte der Jal neme Jin vor dint gut inde lene · N ü vor nemet wen is vor dient Ji · In Jente bartholome 9 tage is all' h ä d e zins vn phlege vor d i n e t - I n Jente walp 2 ge tage is d ' lemer zende vor d i n e t - z u w r z m e j j e d ' g e n j e z e n d e - I n j e n te ioh's tage all' häde vleijch zende da mä m' phenlge den z e n d e alle iar l o j i t - w o mä en ab' nich' en l o j t da is he vor d i n e t - w e das vie g e w o r f e w i r t - I n Jente margarite tage alle a n d ' k o r n z e n d e - w a s a b ' · e · gejchockit i s - d a r an is d ' zende vor d i e n t - I n Jente v r b a n ' ta= ge Jint wingarte vii b o ü m g a r t e vor d i n t · Des mänes Jaet di he m' Jime phluge w'kit di is vor dint als di eide dar vb' get vn d ' garte als he gejaet vn geroche is Gelt vö müle

s

ia

is

20

25

30

JI

der si bewart vor der vlut, iclich dorf sal sin teil des tammes vestenen vor der vlut. K u m t aber di vlut u n d e bricht si den tam, u n d e ledit m a n mit deme g e r u f t e da zu, di binnen deme tamme gesessen, welchir nicht hilfet busen den tam, der hat vorworcht sulch erbe, alse he binnen deme t a m m e hat. W a s das wasser abschebet deme lande, das hat he vorlorn, des das lant is. Bricht is aber einen nuwen abegang, da mite vorlust he sins landes nicht. Welch wert sich erhebet binnen eime vlusse, welcheme Stade he neir is, zu dem Stade g e h ö r t der wert; is he vormittene, he g e h ö r t zu beiden Staden. D a s selbe tut der abegang, ab he vortrüget. C.LVII. Alleine si ein gut manches m a n nes, also das is einer von deme andern habe, was man uf dem gute tut, das sal man bessern deme, der das gut in lediclichir gewer hat, u n d e anders nimande. C.LVIII. Ab der man keinen lenerben enhat noch sime tode, wer sin erbe is noch lantrechte, der sal nemen sin vordint gut in deme lene. N u vornemet, wen is vordient si. In Sente Bartholomeustage is allerhande zins unde phlege vordinet. In Sente Walpurgetage is der lemmerzende vordinet, zu wurzmesse der gensezende. In Sente Johanstage allerhande vleischzende, da man mit phenningen den zenden alle jar losit; w o man en aber nicht enlost, da is he vordinet, wen das vie geworfen wirt. In Sente Margaritentage alle ander k o r n z e n d e , was aber e geschockit is, d a r an is der zende vordient. In Sente U r b a n u s t a ge sint wingarten u n d e b o u m g a r t e n vordint. Des mannes saet, di he mit sime phluge werkit, di is vordint, als di eide d a r über get, unde der garte, als he gesaet u n d e gerochen is. Gelt von mulen

1 bewart W D, bewaret Η Horn., beschermet O. D H, afschauet O, afscheret Horn.

7 abschebet W

211

der sie vor der Flut schützt 1 , sollen ihren Teil des Deiches vor der Flut befestigen. Wenn aber die Flut kommt und den Deich bricht, dann ruft man (alle Leute) mit dem Gerüfte zusammen, die im Deichbereich wohnen; wer dann nicht hilft, den Deich auszubessern, der hat alles Erbe verwirkt, das er im Deichbereich besitzt. Was das Wasser von dem Land wegspült, das verliert derjenige, dem das Land gehört. Bricht es (das Wasser) aber ein neues Flußbett 2 , dann verliert er sein Land nicht. Wenn eine Insel 3 in einem Fluß auftaucht 4 , dann gehört sie zu dem Ufer, welchem sie näher gelegen ist; befindet sie sich in der Mitte, dann gehört sie zu beiden Ufern. Gleiches gilt f ü r das Flußbett, wenn es austrocknet. Kapitel LVII. Obwohl 5 ein Gut mehreren Männern gehört, etwa daß es einer von dem anderen bekommen habe, dann muß man dafür, was man auf dem Gut tut, denjenigen entschädigen, der das Gut in freiem Besitz hat, und niemanden sonst. Kapitel LVIII. Wenn ein Mann keinen Lehenserben nach seinem T o d hat, dann soll derjenige, der sein Erbe nach Landrecht ist, aus dem Lehen das Erwirtschaftete 6 abziehen. N u n hört, wann etwas fällig ist. Am St. Bartholomäustag 7 sind eine Reihe von Zins- und Pachtzahlungen fällig. Am St. Walpurgis-Tag 8 ist der Lämmerzehnt fällig, zum Fest der Krautweihe 9 der Gänsezehnt. Am St. Johannis-Tag 1 0 sind verschiedene Fleischzehnte fällig, wenn man den Zehnten mit Pfennigen jährlich ablöst; dort aber, w o man ihn nicht ablöst, da wird er (der Zehnt) fällig, wenn ein Junges 11 geworfen wird. Am St. Margareten-Tag 1 2 sind alle Kornzehnte fällig; wenn das Korn aber früher in Garben gesetzt 13 ist, dann ist der Zehnt daran abgeführt 1 4 . Am St. Urbans-Tag 1 5 sind Weingärten und Obstgärten 16 abzulösen. Die Saat des Mannes, die er mit einem Pflug bestellt 17 , ist fällig, sobald die Egge 18 über sie geht, ebenso der Garten, wenn er gesät und glattgeharkt 1 9 ist. Die Zahlungen von Mühlen

folio 39 recto

1. (Ldr. II 56§1): Das Dorf wird durch das H a u s veranschaulicht, doch fehlt der Darstellung das Wasser und der Damm (hier vollständiger Η und O). Die drei Figuren sind Bauern (braunes Kleid, dunkle Strümpfe), die den Damm vor der Flut befestigen sollen (wie aus Η und Ο deutlich wird). Im Vergleich zum Text liegt ein Bilddefizit vor, indem das Aufbieten der Deichpflichtigen bzw. auch die Bestrafung der Säumigen nicht dargestellt werden. 2. (Ldr. II 56§3): Die Insel ist in der Form einer Landschaftsskizze wiedergegeben, in Ο sogar dem Text entsprechend als sich aus den Wassermassen erhebend. In W ist dies darüber hinaus durch die hügelartige Darstellung der Landschaft angedeutet. Der Kern des Textes, der die Besitzverhältnisse einer neu entstandenen Insel betrifft, kommt im Bild nicht zum Ausdruck. 3. (Ldr. II 57): Links steht ein Mann (grünes Kleid, rote Strümpfe) im Begriff, Korn zu schneiden, jedoch fehlt ihm die Sichel (in Η und Ο vorhanden), so daß er nur auf die Kornhalme weist. Die Bedeutung der beiden Personen links neben ihm ist unklar; sie erscheinen auch weder in Η noch in O. Daß es sich bei dem Mann in Bauerntracht in der rechten Bildhälfte um die gleiche Person wie links handelt, wird nur aus dem Text, nicht aber aus dem Bild deutlich (einheitliche Kleidung nur in H). Er entschädigt (durch Münzen) den sich in seinem Hause aufhaltenden Besitzer des Grundstücks. Dieser ist hier als Lehensherr (Herrentracht, Schapel) dargestellt. Zum Zeichen seiner lediglichen Gewere hält er ein Büschel Ähren des betreffenden Gutes in seiner H a n d . 4.-8. (Ldr. II 58§2): Der Illustrator hat für die Darstellung der Zinstage und der fälligen Abgaben die Form eines Bauernkalenders gewählt. Während W die Reihenfolge des Textes im großen und ganzen berücksichtigt, ist die Anordnung in Η chronologisch. In Nr. 4 werden in der rechten Bildhälfte die verschiedenen Zinsund Pachtzahlungen gezeigt, die am St. Bartholomäus-Tag (24. August) fällig werden. Hier wird der T a g durch den nackten Apostel bezeichnet, der die Haut, die ihm im Martyrium abgezogen wurde, über einen Stock gehängt, geschultert mit sich führt. Die Abgabe wird an dem Zahlbrett deutlich gemacht. In der linken Bildhälfte wird der Lämmerzehnt dargestellt, der am St. Walpurgis-Tag (1. Mai) zu entrichten ist. Der T a g wird durch die Gestalt der Hl. Walburga bezeichnet. Nr. 5 stellt den Gänsezehnt am Fest der Krautweihe (Mariä Himmelfahrt, 15. August) dar. Hier wird der T a g durch Maria mit Kind gekennzeichnet. Nr. 6 zeigt den St. Johannistag (24. Juni) mit seinen verschiedenen Fleischzehnten. Die Figur links im blauen Mantel ist Johannes der Täufer; Hahn, Bock, Schaf und Schwein stehen für die Verschiedenartigkeit des Fleischzehnten. D a ß dieser Zehnt auch mit Geld abgegolten werden kann, zeigt das Zahlbrett in der Mitte des Bildes. Die Darstellung des Kornzehnten (Nr. 7) am St. Margaretentag (13. Juli) ist lediglich durch die Gestalt der Hl. Margarete angedeutet; der Gegenstand der Abgabe fehlt (in Η und Ο vorhanden). Der Drache (braun, rote Flügel), der von der Hand der Margarete gebändigt wird, gehört in der mittelalterlichen Kunst zum Typus der Margaretendarstellung. Am St. Urbanstag (25. Mai; Nr. 8), benannt nach dem Bischof von Langre, sind die Wein- und Obstgärten abzulösen. Links steht Bischof Urban (Bischofstracht mit Mitra, Alba, Dalmatika und Kasel), der das Wein- bzw. Obstgut segnet. 9. (Ldr. II 58§2): Links überreicht der vor einem Zahlbrett kniende Mann einem Bauern einen Geldbetrag, den dieser mit Rede- und Aneignungsgesten entgegennimmt. Rechts erkennt man denselben Bauern mit einem Pferdegespann, das eine Egge zieht. In W und D wendet er sich, anders als in Η und O, nach rückwärts und deutet mit Redegebärde und Zeigegestus auf die linke Bildhälfte: Er hat den Geldbetrag für das Eggen des Bodens und für die Saatarbeit vordint.

1 bewarn sw.V.,beschützen, bewahren vor'; 2 abeganc st.M. h i n abführender Weg, Abgang', hier im Sinne von ,Flußbett'; 3 wert st.M. ,Insel, Halbinsel; 4 sich erheben st.V. refl. ,sich erheben, auftauchen'; 5 alleine Adv. Konj. .obgleich, obwohl'; 6 verdient gut,das verdiente Gut, das Erwirtschaftete', zu verdienen sw.V. tr. ,durch Dienst erwerben', »verdienen, vergelten, durch Gegendienst erwidern'; 7 Sente Bartholomeustac ,24. August'; 8 Sente Walpurgetac,\. Mai'; 9 wurzmesse st.F. .Krautweihefest, Fest der Maria Himmelfahrt, 15. August'; 10 Sente Johanstac ,24. Juni'; 11 vie, vihe st.N. ,Vieh, Tier', hier Jungvieh'; 12 Sente Margaritentac ,13. Juli'; 13 schocken sw.V. ,in H a u f e n setzen, in Garben setzen'; 14 verdienen sw.V., hier .vergelten, abführen'; 15 Sente Urbanustac ,25. Mai'; 16 boumgarte sw.M. »Obstgarten'; 17 werken sw.V. .arbeiten, handeln', ,bearbeiten, bestellen'; 18 eide, egede sw.F. ,Egge'; 19 gerochen Part.Prät. zu rechen st.V. .harken, roden'.

folio 39 verso vfi von zolle νή vö müczen vn vö wingarte is vor d i n t · w e d' zins tag kümt d' im zü gel= dene be/cheide is · ab das kint Jine iarzal behelt er den zins tage das das gut vor dint is · is /al de zins us neme · vor iart is /ich ab' noch den rechte zins tage das gelt des gutes hat is vor lorn • Dis redich da vö erbeitet ein h're od' imät v6 /inethalbe garte odir boümgarte od' wingarte vn bekojtig' he Ji • bis an Jente vrba'tag-vn en hat Jich das kint noch nich' geiaret d' h're nimt di vruch' dar a b e · h a t o v ch d' h're ge/aet des kindes lant er is /ich geiare-d' h're behelt di / a e t - v n nicht di /tuppheln · noch di win/taüeln wen /i ind' erdin /tet vn zü de winholze gebünde / i n · he müs he müs o v ch nicht des kindes holcz la/e h o ü w e n o c h g r a s - / i n t / i c h das kint geiaret hat geiaret /ich das kint ab' vor d' h're hat vor lorn /in erbeit · we das kint en gilt is im nich' al/o en tut d' h're de kinde noch des kldes e r b e · w e he das anegeuelle nimtWil ein h're wi/e /ine zins mä vö · LIX· /ime gute · d' zu de gute nich' geborn is das /al he im küdige zü lichte me//e · dis /elbe /al d' mä tun ab hes güt la/e w i l / t ' b i t d' zins mä des h're /in erbe trit an /ine / t a t vn gilt vö de güte als ien' /olde Stirbit o v ch d' h're d' mä gib' /ine zins de he dem h'rin glob' hatte ieme an de das güt geuell'-vn bedarf nimädis d' en gew'e we /ine phlug Des kvniges / t r a / e /al /in al/o breit das ei wage de and'n gerüme m u g e - d ' lere wage /al rüme de gelade-vn d' minre geladene de /werern · di ritene wiche de wage · vn di gende den ritede-/in /i ab' in eime enge wege

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unde von zollen unde von munczen unde von wingarten is vordint, wen der zinstag kumt, der im zu geldene bescheiden is. Ab das kint sine jarzal behelt er den zinstagen, das das gut vordint is, is sal den zins usnemen. Vorjart is sich aber noch den rechten zinstagen, das gelt des gutes hat is vorlorn. Dis red ich da von: Erbeitet ein herre oder imant von sinenthalben garten odir boumgarten oder wingarten unde beköstiget he si bis an Sente Urbanustag, unde enhat sich das kint noch nicht gejaret, der herre nimt di vrucht dar abe. H a t ouch der herre gesaet des kindes lant, er is sich gejare, der herre behelt di saet unde nicht di stuppheln noch die winstaveln, wen si in der erdin stet unde zu deme winholze gebunden sin. H e mus ouch nicht des kindes holcz lasen houwen noch gras sniden, sint sich das kint gejaret hat. Gejaret sich das kint aber vor, der herre hat vorlorn sin erbeit, wen das kint engilt is im nicht. Also entut der herre deme kinde noch des kindes erben, wen he das anegevelle nimt. C. LIX. Wil ein herre wisen sinen zinsman von sime gute, der zu deme gute nicht geborn is, das sal he im kundigen zu Lichtemesse. Dis selbe sal der man tun, ab hes gut lasen wil. Stirbit der zinsman des herren, sin erbe trit an sine stat unde gilt von deme gute, als iener solde. Stirbit ouch der herre, der man gibet sinen zins, den he deme herrin globet hatte, ieme, an den das gut gevellet, unde bedarf nimandis, der en gewere, wen sinen phlug. Des kuniges strase sal sin also breit, das ein wagen deme andern gerumen muge. Der lere wagen sal rumen deme geladen, unde der minre geladene deme swerern. Di ritenen wichen deme wagen unde di genden den ritenden. Sin si aber in eime engen wege

16 He mus doppelt W. 17 sniden Ο Horn., fehlt W D H. 2i gut W D H, lant O, land Horn. 29 gevellet W D H, gript O, dript Horn. 32 lere W D H, ydele O, idele Horn.

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und von Zöllen und von Münzen und von Weingärten sind fällig, wenn der Zinstag kommt, an dem (die Abgabe) zu leisten ist. Wenn ein Kind seine Mündigkeit 1 vor dem Termin erlangt, an dem der Ertrag fällig ist, dann soll es den Zins erheben 2 . Wird es aber nach dem festgesetzten Zahlungstermin mündig, dann geht ihm die Abgabe verloren. Das sage ich deshalb: Bearbeitet ein Herr oder jemand (anderes) von seiner Seite einen Garten oder Obstgarten oder Weingarten und trägt er alle Aufwendungen d a f ü r bis zum St. Urbans-Tag, dann erhält der H e r r den Ertrag hieraus, wenn das Kind bis dahin nicht mündig geworden ist. H a t der H e r r aber auf dem Feld des Kindes ausgesät, bevor es volljährig ist, dann erhält der H e r r die Saat, nicht aber die Erntestoppeln 3 und die Weinstangen 4 , sofern sie in der Erde stehen und an Befestigungsstangen 5 gebunden sind. Er darf auch nicht das H o l z des Kindes hauen noch (dessen) Gras schneiden lassen, sobald das Kind volljährig ist. Wird das Kind aber vorher mündig, dann hat der H e r r seine Arbeit verloren, denn das Kind vergütet sie ihm nicht. Ebenso bezahlt der H e r r weder das Kind noch die Erben des Kindes, wenn er Gewinn aus dem Gut zieht. Kapitel LIX. Will ein H e r r seinen Zinsmann, der zu dem Gut nicht geboren ist, von seinem Gut weisen, so soll er ihm dies zu Lichtmeß 6 ankündigen. Dasselbe soll der Zinsmann tun, wenn er das Gut verlassen will. Stirbt der Zinsmann eines Herrn, dann tritt sein Erbe an seine Stelle und bezahlt von dem Gut, genauso wie es jener sollte. Stirbt aber der Herr, dann zahlt der Zinsmann auch seine Abgabe, die er seinem Herrn rechtsförmlich zugesagt hatte, demjenigen, dem das Gut zufällt 7 , und er braucht niemanden, der f ü r ihn Gewährsmann ist, außer seinen Pflug. Die Straße des Königs soll so breit sein, daß ein Wagen dem anderen Platz machen kann. Der leere Wagen soll dem beladenen und der weniger beladene dem schwerer beladenen ausweichen. Die Berittenen weichen dem Fuhrwagen und die Fußgänger den Berittenen aus. Befinden sie sich allerdings auf einem schmalen Weg

1 jarzal st.F. . M ü n d i g k e i t , f e s t g e s e t z t e Z a h l v o n J a h r e n ' ; 2 uznemen st.V. , a u s n e h m e n , auslösen', .erheben'; 3 stupfe(l) st.sw.F. ,Stoppel, E r n t e s t o p p e l ' ; 4 winstavel, zu winstabele sw.M., m d . winstaf st.M. ,Stab, S t o c k (als Stütze)'; 5 winholz s t . N . , W e i n rebe, R e b h o l z ' ; 6 lichtmesse st.F. ,2. F e b r u a r ' ; 7 angevelle s t . N . ,alles, was einem ( d u r c h T o d e s f a l l ) zufällt', , E i n k ü n f t e ' ,

folio 39 verso

1. (Ldr. II 58§2): G e z e i g t w e r d e n n u r die O b j e k t e , v o n d e n e n d e r fällige Z i n s zu z a h l e n ist: L i n k s p r ä g t d e r M o n e t ä r (mit K a p p e ) m d e r M ü n z s t ä t t e mit s e i n e m H a m m e r auf d e m P r ä g e s t e m p e l (in Ο ist d e r u n t e r e T e i l des Stempels zusätzlich z u s e h e n ) M ü n z e n . I m B i l d z e n t r u m symbolisiert eine R e b e d e n W e i n g a r t e n . R e c h t s steht eine W a s s e r m ü h l e f ü r d e n fälligen M ü h l e n z i n s . U n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt s o w o h l d e r im T e x t g e n a n n t e Zoll als a u c h die Z i n s z a h l u n g am e n t s p r e c h e n d e n Fälligkeitstermin. 2. (Ldr. II 58§3): R e c h t s wird die L e h e n s e r n e u e r u n g d u r c h d e n t h r o n e n d e n L e h e n s h e r r n an d e n m ü n d i g g e w o r d e n e n L e h e n s e r b e n mit K o m m e n d a t i o n s r i t u s als V o r a u s s e t z u n g d a f ü r , d a ß er d e n Zins e r h e b e n d a r f , v o l l z o g e n . D e r L e h e n s e r b e legt seine g e f a l t e t e n H ä n d e in die sie u m s c h l i e ß e n d e n seines H e r r n . A u ß e r d e m kniet d e r L e h e n s e m p f ä n g e r , weil d e r H e r r sitzt (vgl. L n r . 22§1). Im Bildz e n t r u m b e s c h w ö r t das kint (in Η k o r r e k t in i d e n t i s c h e r K l e i d u n g abgebildet) d e n Z e i t p u n k t seiner M ü n d i g k e i t (als V o r a u s s e t z u n g f ü r die n a c h f o l g e n d e B e l e h n u n g ) mit Eid seiner e r h o b e n e n rechten H a n d auf das R e l i q u i e n k ä s t c h e n , d e n n d a v o n h ä n g t es ab, o b dem K i n d o d e r d e m H e r r n die Z i n s e r t r ä g e ( F r ü c h t e ) des G u t e s z u s t e hen. Ist d e r L e h e n s e m p f ä n g e r bis z u m St. U r b a n s t a g - sichtbar gem a c h t d u r c h d e n r e b e n b e h a n g e n e n W e i n s t o c k am linken Bildrand, d e r zugleich d a s E n d e d e r F r ü h j a h r s p f l e g e t e r m i n i e r t - m ü n d i g , k a n n er d e n Zins e i n n e h m e n , a n d e r n f a l l s d e r H e r r . D e r W e i n s t o c k u n d die am linken o b e r e n B i l d r a n d gezeigte f a r b l o s e (in Η gelbe) G u g e l stehen symbolisch f ü r die Arbeit im W e i n g a r t e n , von d e r auch im T e x t die R e d e ist. A m vollständigsten sind die Illustration e n in Η (mit 2 B i l d b u c h s t a b e n Α u n d D ) u n d z . T . a u c h in O , da hier die R e b e s o r g f ä l t i g an e i n e m P f a h l a n g e b u n d e n dargestellt ist. Kocher, Schuldrechtliches, S. 121; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 26f. 3. (Ldr. II 59§1): K ü n d i g u n g s t e r m i n ist L i c h t m e ß (2. F e b r u a r ) ; dies v e r a n s c h a u l i c h t die b r e n n e n d e (in Η u n a n g e z ü n d e t e ) K e r z e auf d e m d r e i b e i n i g e n L e u c h t e r , d e r am r e c h t e n B i l d r a n d h i n t e r dem H e r r n steht. D i e K ü n d i g u n g des H e r r n wird d u r c h d e s s e n b e i d h ä n d i g e G e b ä r d e des W e g s c h i e b e n s ( r ä u m l i c h e V e r d r ä n g u n g aus d e m G u t ) a n g e d e u t e t (in Η u n d Ο e r g r e i f t d e r H e r r d e n Z i n s m a n n am linken A r m ) . D e r aus d e m G u t (in Η mit w e i t g e ö f f n e t e r T ü r ) s c h r e i t e n d e Z i n s m a n n d e u t e t mit seiner g e b ü c k t e n H a l t u n g an, d a ß die K ü n d i g u n g f r i s t g e r e c h t u n d r e c h t m ä ß i g ist. U n b e r ü c k s i c h tigt läßt die Bildzeile, d a ß dasselbe d e r Z i n s m a n n tun soll, w e n n er das L a n d verlassen will. 4. (Ldr. II 59§2): D e r vierte Bildstreifen stellt einen Z i n s m a n n (Bauer) dar, d e r d e m E r b e n des g e s t o r b e n e n L e h e n s h e r r n , an d e n das G u t des V e r s t o r b e n e n gefallen ist, d e n Zins z a h l t . Sitzend e m p f ä n g t d e r L e h e n s h e r r die an ihn g e z a h l t e n M ü n z e n mit a u f f ä l lig g e ö f f n e t e n A r m e n . V e r s t ä n d l i c h wird diese G e b ä r d e d u r c h ein e n Vergleich mit Η u n d O : D o r t e m p f ä n g t d e r H e r r die M ü n z e n in seinen ü b e r die A r m e gelegten M a n t e l . D e r Z i n s m a n n u m f a ß t mit seiner r e c h t e n H a n d d e n P f l u g , d e n n n a c h d e m T e x t b e d a r f er n i e m a n d e s , der en gewere, wen sinen phlug. U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile, d a ß im Falle des T o d e s des Z i n s m a n n s d e s s e n E r b e an seiner Stelle d e n Zins leistet. 5 . / 6 . (Ldr. II 59§3): S t r a ß e n b r e i t e u n d V e r h a l t e n s w e i s e auf K ö n i g s s t r a ß e n w e r d e n d u r c h zwei e i n f a c h e F u h r w e r k e , die sich beg e g n e n , v e r a n s c h a u l i c h t . D i e K ö n i g s s t r a ß e ist so breit, d a ß d e r leere, von r e c h t s k o m m e n d e W a g e n , wie die leicht s c h r ä g e F a h r t r i c h t u n g d e r Bildstreifen in W u n d Η a n d e u t e t , d e m e n t g e g e n k o m menden, beladenen W a g e n ausweichen kann. Unberücksichtigt läßt die Illustration j e d o c h B e s t i m m u n g e n ü b e r die V e r h a l t e n s w e i sen von R e i t e r n , F u ß g ä n g e r n u n d F a h r z e u g e n u n t e r e i n a n d e r , die d e r d a z u g e h ö r i g e T e x t ebenfalls b e h a n d e l t . Lade, Dorfrecht, S. 184.

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o d ' uf ein' b r ü c k e · ν η iag' m ä eine r i t e d e - o d ' zu v ü j e J o Jte d' w a g e Jtille • bis Ji m ü g e vor kvme · welch w a g e er uf di b r ü c k e k v m t - d ' Jal er vb' ge · he J"i lere o d ' gelade d' er zü d' mül k v m t d ' W e l c h m ä eime a n d ' n / -LXmelt-e· liet o d ' J e z t p h e r t o d ' k l e i t - o d ' w e l c h ' h ä d e v a r n d e h a b e is Ji zü welch' wis he di üs f i n e g e w e r n lejt m ' Jine wille · vor k o ü f t Ji d ' • d ' Ji in g e w e r n h a t - o d ' vor J e z t - o d ' vor Jpilt he Ji wirt Ji im v o r J t o l n o d ' ab g e r o ü b ' · ien' d' Ji vor leich o d ' v o r J a z t h a t d ' m a g keine v o r d e r ü g e d a r uf g e h a b e ane uf d e n d e m he Ji leich o d ' J a z t e Stirb' ab' ien' rechtis todis o d i r vnrechtis · J o czie he Jich zü J i m e g u t e mit rechte kege d e e r b e n o d ' k e g l dem richt'e ab / -LXI· is an en g e b u r t · D a g o t d e me Jche g e j c h u f d a gap he im gewalt u b ' vijche vb' uogele vü ubir alle wilde tire des h a b e wir v r k ü d e von g o t e - d a s nimät Jine Iip n o c h Jine g e j ü t an d i j e n dlgen v o r w i r k e m a g D o c h Jin dri Jtete binne J a c h J e n d a d e n tire vride g e w o r c h t is bi küniges b ä n e a n e b e r n vn w o l u e vn w ü c h j e · dis h e i j e bä v ü r j t e · das eine das is di heide zü k o y n e - d i a n d ' e d ' h a r c z - d i dritte di m a g i t h e i d e - w ' hi binne wilt vet d ' Jal w e t te des küniges ban das Jin Jechzig Jchilllge · W e r J o d u r c h d e b ä v o r j t rit Jin b ö g e vn Jin a r m b u r j t Jal v n g e j p ä n e Jin Jin k o c h ' Jal betan J i n - J i n e w i d e vn Jine b r a c k e uf g e u ä ge vn Jine h ü d e g e k o p i l t · l a g ' mä ein wilt b ü j e de v o r j t e vn volge im di h ü d e inde v o r j t · d ' m ä müs wol volge J o das he nich' b l a j e n o c h di h ü d e nich' g r ü j e vn en m i j j e t ü t d a nich' an · ab h e J a n das wilt vet Jine h ü d e müs he w o l w i d ' r ü f e n i m a n t en di J a e t

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o d e r uf einer brücke, u n d e jaget m a n einen r i t e n d e n o d e r z u vuse, so ste d e r w a g e n stille, bis si m u g e n v o r k u m e n . W e l c h w a g e n er uf di b r ü c k e k u m t , d e r sal er u b e r gen, he si lere o d e r geladen. D e r er z u d e r mul k u m t , d e r melt e. C . L X . Welch m a n eime a n d e r n liet o d e r sezt p h e r t o d e r kleit o d e r w e l c h e r h a n d e v a r n d e h a b e is si, z u welcher wis h e di us sinen g e w e r n lest mit sinem willen, v o r k o u f t si der, d e r si in g e w e r n h a t o d e r v o r s e z t o d e r vorspilt h e si, wirt si im vorstoln o d e r a b g e r o u b e t , iener, d e r si vorleich o d e r v o r s a z t hat, d e r m a g keine v o r d e r u n g e d a r uf g e h a b e n , ane uf d e n , d e m he si leich o d e r sazte. Stirbet a b e r iener rechtis todis o d i r unrechtis, so czie h e sich z u sime g u t e mit rechte kegen d e n erben o d e r kegin d e m richtere, ab is an en g e b u r t . C.LXI. Da got den menschen geschuf, d a gap he im gewalt ü b e r vische, ü b e r vogele u n d e ubir alle wilde tire. D e s h a b e wir u r k u n d e von gote, das n i m a n t sinen lip n o c h sinen g e s u n t an disen d i n g e n v o r w i r k e n mag. D o c h sin dri stete b i n n e n Sachsen, d a d e n wilden tiren vride g e w o r c h t is bi k ü n i ges b a n n e , ane b e r n u n d e wolven u n d e vuchsen, dis heisen b a n v u r s t e n . D a s eine, das is di heide z u Koine, di a n d e r e d e r H a r c z , di dritte di M a g i t h e i d e . W e r hi b i n n e n wilt vet, d e r sal w e t ten des kuniges b a n , das sin sechzig Schillinge. W e r so d u r c h d e n b a n v o r s t rit, sin b ö g e u n d e sin a r m b u r s t sal u n g e s p a n n e n sin, sin k o c h e r sal betan sin, sine w i n d e u n d e sine b r a c k e n u f g e v a n gen u n d e sine h u n d e gekopilt. J a g e t m a n ein wilt busen d e m e vorste u n d e volgen im di h u n d e in d e n vorst, d e r m a n mus w o l volgen, so das h e nicht blase n o c h di h u n d e nicht gruse u n d e enmissetut da nicht an, ab h e san das wilt vet, sinen h u n d e n mus he wol w i d e r r u f e n . N i m a n t en mus di saet

3 er WD H, erst Ο Horn. 4 lere W D H, idel Ο Horn, er wie 3. melt e WD, melet e H, sal erst malen Ο Horn. 11 vorleich WD H, uorlent O, verlegen Horn. 13/15 Stirbet - geburt fehlt O. 22 wilden Ο Horn., fehlt W D H. 32 hunde D Ο Horn., hvnde H, hunden W. in WD H, binnen Ο Horn. 36 enmus] en muz H, ne mot Ο, ne mut Horn., fehlt W D.

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oder auf einer Brücke, und verfolgt man einen Berittenen oder einen Fußgänger, dann halte das Fuhrwerk an, damit diese vorbeikommen können. Der Fuhrwagen, der zuerst auf die Brücke kommt, der soll sie zuerst überqueren, er sei leer oder beladen. Wer zuerst zur Mühle kommt, der mahlt 1 zuerst. Kapitel LX. Wer einem anderen etwas leiht oder verpfändet 2 , es sei Pferd oder Kleid oder irgendeine Fahrhabe, und auf welche Art er sie mit seinem Willen aus seinem Besitz läßt, verkauft der sie, der sie nun in seinem Besitz hat oder versetzt oder verspielt er sie, wird sie ihm gestohlen oder geraubt, so kann jener, der sie verliehen oder versetzt hat, keine Forderung daraus erheben, außer gegen den, dem er sie lieh oder versetzte. Stirbt aber jener eines natürlichen oder gewaltsamen Todes 3 , dann beanspruche er sein Gut dem Recht entsprechend gegen den Erben oder gegen den Richter, wenn es dann diesem zusteht. Kapitel LXI. Als Gott den Menschen erschuf, da gab er ihm Gewalt über Fische, über Vögel und über alle wilden Tiere. Damit haben wir von Gott den Beweis4, daß niemand sein Leben oder seine Gesundheit an diesen Dingen verwirken kann. Doch gibt es in Sachsen drei Stellen, in denen bei Königsbann Friede gilt für alle wilden Tiere, außer für Bären 5 und Wölfe und Füchse; diese (Gebiete) heißen Bannforste. Der eine ist die Heide bei Koine, der andere der Harz und der dritte die Magetheide. Wer in diesen (Gebieten) Wild fängt, der muß das Gewette des Königsbanns zahlen, das sind sechzig Schillinge. Wer durch den Bannforst reitet, dessen Bogen und dessen Armbrust sollen ungespannt sein, sein Köcher 6 soll bedeckt 7 sein, seine Windhunde 8 und seine Jagdhunde 9 festgehalten 10 und seine Hunde sollen angekoppelt sein. Jagt aber ein Mann ein Wild außerhalb des Bannforstes und folgen ihm die Hunde in den Forst, dann darf auch er (der Jäger) die Verfolgung aufnehmen; doch darf er weder (das Jagdhorn) blasen noch die Hunde antreiben, und er begeht kein Unrecht, wenn er dann das Wild fängt, und seine Hunde darf er zurückrufen. Niemand darf die Saat

1 main, malen st.V., mnd. melen ,mahlen'; 2 setzen sw.V. ,als Bürge oder Pfand setzen, versetzen'; 3 eines rechtes todes oder Unrechtes todes sterben .eines natürlichen oder gewaltsamen Todes sterben'; 4 urkünde, urkunde st.N.F., md. orkunde,Zeichen, Zeugnis, Beweis, Bekundung'; 5 £ersw.M. ,Bär4; 6 kocher st.M. »Gefäß, Behälter, Köcher'; 7 betün unr.V. »beschließen, einschließen, bedecken 4 ; 8 wint st.M. ,Wind', ,Windhund'; 9 bracke sw.M. Jagdhund, Spür- und Spielhund'; 10 üfvahen, üfvan red.st.V. .festhalten'.

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1. (Ldr. II 60§1): Es wird nur ein Teil des Textes dargestellt, wobei die wesentlichen Rechtsfolgen im Bild nicht berücksichtigt sind. Der Mann im roten Gewand am rechten Bildrand verleiht bzw. verpfändet ein rot changierendes Gewand (hier als Symbol f ü r Fahrhabe) an den ihm gegenüberstehenden Mann im blauen Kleid. Dieser Entleiher (in irrtümlich rotem Gewand) verspielt in der linken Bildhälfte, auf einer Bank (fehlt in Η und O) sitzend, bei einem Brettspiel mit Würfeln mit einem ihm gegenübersitzenden Dritten das auf der Bank liegende irrtümlich blaue Gewand (in Η und Ο liegt das Gewand auf den Beinen des zu Boden sitzenden Entleihers). Der am äußersten linken Bildrand sitzende Gewinner des Spiels deutet mit seiner erhobenen Rechten auf den Verlierer (anders O, wo jeder der beiden Spieler auf die in der Luft schwebenden 3 Würfel deutet). Die in W und D unklare Figurenkonstellation läßt sich durch die korrekte Farbgebung der Gewänder bzw. Personen in Η eindeutig bestimmen. 2. (Ldr. II 60§2): Auf der Totenbahre liegt der verstorbene Entleiher aus Bildzeile 1. N u r in Verbindung mit dem Text ergibt sich, daß der Entleiher - im Gegensatz zu den Vorgängen in Bildzeile 1 - das fälschlicherweise nur in W und D nicht im Bild berücksichtigte Gewand nicht weiterveräußert, sondern bei seinem T o d noch im Besitz gehabt hat. Weil hierfür keine Erben vorhanden sind, ist das Gewand - in Η und Ο liegt es schon zu Füßen des Richters als erbloses Gut an den Richter gefallen (vgl. Ldr. I 28). Vor dem am rechten Bildrand thronenden Richter, der als Zeichen seiner Gerichtsgewalt das Gerichtsschwert trägt, zieht sich nun der Verleiher bzw. Verpfänder aus Bildzeile 1 (kenntlich in Η an der identischen Farbgebung seiner Gewänder) zu sime gute mit rechte und fordert durch Eid auf die Reliquien (Eineid) sein Gut von dem Richter zurück. 3. (Ldr. II 61 § 1): Gott und Adam umrahmen die in Richtung auf ihren Schöpfer dargestellten Tiere, die deutlich in drei Gruppen wiedergegeben sind: Fische, Vögel und wilde tire. Mit Segensgestus (in Η und Ο Befehlsgestus) überträgt G o t t dem Menschen die Gewalt über die im Text genannten und analog von rechts nach links dargestellten Tiere. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 266f. 4. (Ldr. II 61§2): Die Komposition dieser Bildzeile ist der der vorherigen auffallend ähnlich. Position und Anordnung des Wilds, wie oben vertreten durch Hase, Hirsch und Reh, sind gleich geblieben. Statt Gott sitzt an entsprechender Stelle der König, die Position Adams nehmen Bäume ein, die den Nutzen der der Allgemeinheit vorenthaltenen Bannforste symbolisieren. Die wilden tire, zunächst von Gott dem Menschen schlechthin übergeben, stehen nun ausschließlich unter der Gewalt des Königs bi kuniges banne. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 266f 5. (Ldr. II 61 §3): Der Jäger im roten Gewand und mit blauer Mütze (Schapel?) reitet mit ungespanntem Bogen und bedecktem Köcher an seinem Gürtel durch den - in Anlehnung an die vorherige Bildzeile - nicht mehr im Bild berücksichtigten Bannforst. Ihm nachfolgend f ü h r t der Mann an einem Strick zwei festgehaltene und gekoppelte Windhunde mit sich. Abweichend die Darstellung in O: Zwar ist hier neben dem Pferd noch zusätzlich - dem Text entsprechend - ein springender Bracke zu sehen, d a f ü r fehlen aber Bogen und Köcher, die willkürlich durch einen Falken auf des Reiters Handschuh ersetzt sind.

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tretin d u r c h iagen noch d u r c h h e z z e n o c h d e r czit das das k o r n glidde gewinnetLXII· W e r da helt eine g l ü m e d e h ü t - o d ' eine czame wolf o d ' eine hirs o d ' b e r n o d ' ä f f e · was di J c h a d e getvn das Jal he gelde wil he / i c h ir v j e r n n o c h de J c h a d e · d a mite is he nich' v n j c h u l d i g · ab mä das g e z ü g e m a g · d ' m a n Jelb dritte das h e Ji gehalde h a b e bis an di zit das Ji de J c h a d e täte Slet ein mä eine h ü t zü t o d e o d ' ber bine des is im J c h a d e w i l - h e blib1 is ane wädil ab hes g e w ' n t a r uf d e heilige das hes in n o t w e r u n g e t e t e · / -LXIII· W e r wilde tir hege wil b ü j e b a n v o r j t e · d ' Jal Ji i n j i n e b e w o r c h t e g e w ' n h a b l Is en m a g kein wip v o r j p r e c h e g e j i n · n o c h ane v o r m ü d e clage das vor los in allen calefornia di vor d e m e riche m i j j e barte vö c z o r n e da ir wille an v o r j p r e c h e nich' m ü j t e vor gen Ein iclich m ä müs wol v o r j p r e c h e Jin vn g e z ü g - v n clage vfi entw'te ane i n d e m gerichte da he inne vor vejt is · o d ' ab h e indes riches achte is · vor geijtliche gerichte en mus hes abir nicht tvn ab he inde b ä n e is· LXIIII· W i p o d ' mait di n o t vor gerichte claget· di J u l n clage m 1 g e r u f t e d u r c h di h a n t h a f t e tat vn d u r c h di n o t di Ji d a J u l n bewi Je D e r o v ch m ' d u b e o d ' m ' r o u b e eine geväge v o r gerichte breg' d ' Jal clage m ' g e r u f t e d u r c h di h ä t h a f t e tat di Ji mit d e lute v o r bregit D e r o v ch t o t e vor gerichte breg' vn clait das vngerichte das an im getä is di Juln clage mit g e r u f t e d u r c h di h ä t h a f t e tat di da Jch!= b a r is D e r o v ch b e r o u b ' is vn weis w o Jin ro v p gevort is wil he das im d' rieht' volge d a r · h e lade in m ' g e r u f t e vn clage m ' g e r u f t e d u r c h di h ä t h a f t e tat di he da b e w i j e w i l - w o keine h ä t h a f t e tat nicht is d a mus mä ane g e r u f te clagen ab m a n is ane J c h a d e blibe wil·

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tretin d u r c h jagen n o c h d u r c h h e z z e n n o c h d e r czit, das das k o r n glide gewinnet. C . LXII. W e r da helt einen g l u m e n d e n h u n t o d e r einen czamen wolf o d e r einen hirs o d e r b e r n o d e r ä f f e n , was di schaden getun, das sal he gelden. Wil h e sich ir usern n o c h d e m e schaden, d a mite is he nicht unschuldig, ab m a n das g e z u g e n mag, der m a n selb dritte, das he si g e h a l d e n h a b e bis an di zit, das si den s c h a d e n taten. Slet ein m a n einen h u n t zu t o d e o d e r ber oder ein ander tir, b i n n e n des is im s c h a d e n wil, he blibet is a n e wandil, ab hes g e w e r n tar uf den heiligen, das hes in n o t w e r u n g e tete. C . L X I I I . W e r wilde tir hegen wil busen b a n v o r s t e n , der sal si in sinen b e w o r c h t e n g e w e r n habin. Is enm a g kein wip v o r s p r e c h e gesin n o c h ane Vormunden clagen. D a s vorlos in allen C a l e f o r nia, di vor d e m e riche missebarte von czorne, d a ir wille an v o r s p r e c h e n nicht m u s t e vorgen. Ein iclich m a n m u s wol v o r s p r e c h e sin u n d e g e z u g u n d e clagen u n d e e n t w o r t e n , ane in d e m gerichte, d a he inne vorvest is, o d e r ab he in des riches achte is. V o r geistlichem gerichte e n m u s hes abir nicht tun, ab h e in d e m e b a n n e is. C . L X I I I I . W i p o d e r mait, di n o t vor gerichte claget, di suln clagen mit g e r u f t e d u r c h di h a n t h a f t e tat u n d e d u r c h di not, di si da suln bewisen. D e r o u c h mit d u b e o d e r mit r o u b e einen g e v a n gen vor gerichte brenget, d e r sal clagen mit g e r u f t e d u r c h di h a n t h a f t e tat, di si mit den luten v o r b r e n git. D e r o u c h t o t e n vor gerichte b r e n g e t u n d e clait das ungerichte, das an im g e t a n is, di suln clagen mit g e r u f t e d u r c h di h a n t h a f t e tat, di d a schinb a r is. D e r o u c h b e r o u b e t is u n d e weis, w o sin r o u p gevort is, wil he, das im d e r richter volge dar, he lade in mit g e r u f t e u n d e clage mit g e r u f t e d u r c h di h a n t h a f t e tat, di he da bewisen wil. W o keine h a n t h a f t e tat nicht is, da m u s m a n a n e g e r u f te clagen, ab m a n is ane s c h a d e n bliben wil.

2 glide gewinnet] glidde gewinnet W D , gelidechene gewinnet H, ledeken heuet O, ledekene hevet Horn. 10 oder - tir] eder en ander der O, oder en ander dier Horn., fehlt W D H. 37 ane W D Η Ο, sunder Horn.

217 beim Jagen oder Hetzen betreten von der Zeit an, zu der das Korn Knoten 1 bekommt. Kapitel LXII. Wer sich einen bösartigen H u n d oder einen zahmen Wolf oder einen Hirsch oder Bären oder Affen hält, der muß f ü r den Schaden aufkommen, den diese anrichten. Will er sich ihrer (dieser Tiere) nach dem Schaden entäußern 2 , dann wird er dadurch nicht unschuldig, wenn der Kläger selbdritt bezeugen kann, dau er sie (die Tiere) bis zu dem Zeitpunkt gehalten hat, an dem sie den Schaden anrichteten. Erschlägt jemand einen H u n d oder einen Eber oder ein anderes Tier, während dieses ihn angreift, dann bleibt er ohne Strafe, wenn er mit Eid auf die Reliquien beschwört, daß er in Notwehr 3 handelte. Kapitel LXIII. Wer wilde Tiere außerhalb des Bannforstes halten will, der soll sie innerhalb seines eingezäunten 4 Besitzes halten. Eine Frau kann weder Vorsprecher sein noch ohne Vormund klagen; dies verwirkte Calefurnia allen (Frauen), die sich vor dem Kaiser ungebührlich aufführte 5 , aus Zorn darüber, daß ihr Wille ohne Vorsprecher nicht durchgehen durfte. Jeder Mann kann Vorsprecher und Zeuge sein und klagen und sich verantworten, außer in dem Gerichtsbezirk, in dem er verfestet ist, oder wenn er in der Reichsacht ist. Vor einem geistlichen Gericht darf er dies aber nicht tun, wenn er im (Kirchen-)Bann ist. Kapitel LXIV. Frauen oder Mädchen, die wegen Vergewaltigung vor Gericht klagen, die sollen mit Gerüfte die Klage erheben wegen der handhaften T a t und der Nötigung 6 , die sie da beweisen sollen. Auch derjenige, der einen mit Diebes- oder Raubgut Gefaßten vor Gericht bringt, der soll die Klage mit Gerüfte erheben wegen der handhaften Tat, die er mit den Leuten (vor Gericht) vorbringt. Wer einen Toten vor Gericht bringt und wegen des Verbrechens klagt, das an ihm verübt worden ist, der soll mit Gerüfte die Klage erheben wegen der handhaften Tat, die hier offenkundig 7 ist. Auch derjenige, der beraubt worden ist und weiß, wohin das ihm Geraubte entführt worden ist, will er, daß ihm der Richter dahin folge, dann lade er ihn dahin und klage mit Gerüfte wegen der handhaften Tat, die er dort beweisen will. Wenn keine handhafte T a t vorliegt, dann muß man ohne Gerüfte klagen, wenn man ohne Nachteil bleiben will. 1 gelide, glidde st.N., zu lit st.Ν.Μ.,Gelenk', hier .Knoten 4 , mnd. ledeken sw.N. ,Knoten, Gliedknoten'; 2 üzern, üzenen sw.V. refl. ,sich fortmachen von, sich entäußern, enthalten'; 3 notwerunge st.F. .Notwehr, Abwehr von Gewalt'; 4 beworcht Part.Prät. von bewürken, bewirken sw.V. .umfassen mit, einschließen in, umhegen'; 5 missebären sw.V. .sich ungebärdig benehmen, betragen'; 6 not st.F.M. .Nötigung'; 7 schinbcere, schtnbar Adj. Adv. .sichtbar, deutlich, offenkundig'.

folio 40 verso 1. (Ldr. II 62§1): In der linken Bildhälfte wird zunächst der Tatbestand dargestellt: Wer einen glumenden H u n d , einen gezähmten Wolf, Hirsch oder Affen hält, muß für den Schaden, den sie anrichten - hier die schwere Verletzung eines bereits am Boden liegenden Mannes - , haften. Rechts werden die prozessualen Folgen vor Gericht wiedergegeben: Das links am Boden liegende Opfer tritt als Kläger (jetzt im grünen Kleid) vor den thronenden Grafen (mit links geschultertem Gerichtsschwert). Der Mann schwört den im Text geforderten Eid mit zwei Zeugen mit deutlicher Schwurfingergebärde (ebenso die Zeugen), um so seine Schadenersatzansprüche geltend zu machen. van Hoek, Eike van Repgow, S. 75; Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 257/.; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 21. 2. (Ldr. II 62§2): Der zweite Bildstreifen ist wiederum nach dem Grundmuster: links Tatbestand, rechts prozessuale Folgen aufgebaut. Am linken Bildrand erschlägt ein angegriffener M a n n mit einem in beiden H ä n d e n geführten Knüppel einen H u n d und fälschlicherweise einen Bären (korrekt die Darstellung in H , w o der Illustrator das mhd. her ,Eber' des Textes bildlich richtig umgesetzt hat). Rechts braucht der unkorrekterweise nicht in identischer Kleidung dargestellte Mann (richtig wiederum in Η und O) dafür keinen Schadenersatz zu leisten, wenn er vor dem am rechten Bildrand thronenden Grafen, der mit links geschultertem Gerichtsschwert gezeigt ist (anders in O: D o r t trägt er das Gerichtsschwert auf den Knien), durch Eid auf die Reliquien schwören kann, daß er die Tiere in Notwehr erschlagen hat. Schmidt-Wiegand, Zeugen pragmatischer Schrifilichkeit, S. 378; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 21. 3. (Ldr. II 62§3): Der dritte Bildstreifen stellt, dem Text entsprechend, folgendes Gebot dar: Wer wilde Tiere - im gegebenen Fall einen Hirsch (mit mehrendigem Geweih), eine Hirschkuh und ein Kalb - außerhalb des Bannforstes halten will, der soll sie innerhalb seines eingezäunten Besitzes hegen. Schott, Abstrakte Textstellen, S. 202. 41. (Ldr. II 63): Links unter dem Bildbuchstaben Ε kniet ein gebannter Mann mit gefalteten H ä n d e n in der Haltung eines schutzflehenden Beters vor einem Mönch mit Tonsur (in D ist der Mönch zusätzlich mit einem bis auf den Boden fallenden cingulum um seine Kutte dargestellt. Dagegen zeigen Η und Ο an Stelle des Mönches einen Priester in langem Meßgewand mit umgelegter Stola), um diesen zu bitten, seine Sache vor einem geistlichen Gericht als sein Vorsprecher zu vertreten. Der Mönch bekundet seine Zustimmung und gewährt augenscheinlich die Bitte, indem er unter Handauflegung der Linken (anders in Η und O : Der Priester trägt in Η in der linken H a n d ein Buch, während er in Ο mit Segensgestus dargestellt ist) zunächst Poenitenz erteilt. Schmidt, Kaiser und Papst, S. 101. 4r. (Ldr. II 63): In der rechten Bildhälfte steht Calefornia (mit Schleier) vor deme riche und ist durch Fingerzeig ihrer rechten H a n d als zornige Klägerin ausgewiesen. Der rechts vom Bildbuchstaben I (fehlt in H ) mit verschränkten Beinen (anders in Η und O) thronende König (Krone), der sein goldenes, mit der Lilie bekröntes Zepter links geschultert trägt, weist die Frau jedoch zurück, denn Frauen können weder Vorsprecher sein noch ohne Vormund klagen. Dies zeigt die Redegebärde seiner erhobenen rechten Hand an (in Ο ist der König mit einfachem Fingerzeig der linken H a n d dargestellt). Ungeklärt ist der pinselartige Gegenstand am Kleid der Calefornia. 5. (Ldr. II 64§§l-3): Der Bildstreifen erläutert verschiedene Fälle, bei denen ein Gerichtsverfahren durch Gerüftegeschrei begonnen wird. Wesentlich ist, daß die handhafte T a t bewiesen werden muß. Die beiden Frauen im Bildzentrum (im roten Kleid und mit Schleier eine verheiratete, daneben im derangierten gelben Gewand und mit zerzausten Haaren eine unverheiratete Frau) klagen wegen der an ihnen begangenen N o t z u c h t vor dem Richter (in Η und Ο mit Gerichtsschwert). Das Aussehen der Frauen entspricht damit - über den Text hinausgehend - dem allgemeinen Ritus einer mittelalterlichen Notzuchtsklage. Der hinter den Frauen dargestellte Mann im roten Gewand und mit rechts geschultertem Schwert, als Zeichen f ü r die Klage mit Gerüfte, steht f ü r zwei weitere Bestimmungen des Textes. Zum einen hat er - der blauen Bildinitiale D zufolge auf §2 weisend - einen Dieb (in Η und Ο am Strick gebunden vorgeführt) auf handhafter T a t gestellt. Zum anderen deutet der rote Bildbuchstabe D auf §3: Danach erhebt derselbe Kläger die Klage wegen Totschlags. Daher hat dieser den Toten im Bildvordergrund, der in Η deutlich mit mehreren Wunden gezeigt ist, als Beweis f ü r die Rechtmäßigkeit der Klage vor Gericht gebracht. Die anhängige vierte Klage desjenigen, der beraubt worden ist und weiß, wohin das geraubte Gut gebracht worden ist, wird nur durch den Bildbuchstaben D zu Füßen des sitzenden Richters angedeutet. Hiipper, Funktionstypen, S. 242f.; Scheele, Delikte, S. 177f.; SchmidtWiegand, Mord und Totschlag, S. 78.

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Kein kint en mag bine Jine iare LXV· getvn · da is Jine lip mite vor wirke Jlet is eine mä od' belemt is vi-Jin vormüde Jal das bejjern m' iens w'gelde ab is en volbracht wirt· welche Jchade is tüt de Jal he gelde m' des kldes gute na Jime w'de Slet ab' ein mä kit tot • he Jal Jin volle w'gelt gebe · Schilt ab' ein mä ein kit od' rouft hes · od' Jlet hes m' bejeme durch Jine mijfetat-he blib1 is ane wädil tar hes gewern uf de heilige-das hes durch andirs nich' en Jlüge wene durch Jine m i j Nv vornemt de aide vride / - L X V I · Jetat den di keijerliche gewalt gejtetig 1 hat injachje lade · m1 d' gute knechte willekor des lädis Alle tage vn alle zit Juln vride habe phaffe vn geijtliche lüte meide vn wip vn lüde an irme gute · vn an irme libe kirche vn kirchoüe · vn iclich dorf bine Jime grabe • vn Jime züne phlüge vn moln vn des kvniges JtraJe I w a j j e ' vn in velde di Juln Jtete vride habe-vn allis das da bine kümt· heilige tage vn gebüdene tage di Jin alle lüte zü vride tage gejazt-dar zü in iclich' woche vier tage · dunrjtag vn vritag Jvnablt vn Jütag · Des dunrjtages wiet mä de kreje da mä vns alle mite zeichet zü d' kirjteheit inder toüfe · des dunrjtagis m'te got m l Jine iun= g'n inde kelche · da begä vnje · e · des dünrjta gis würte got vnje mejcheit zü himele vn offente vns de weg hin d' vns bejlojfe was Des vritagis machte got de mä vn wart d "ge marterit durch de mä Des JüabTdes rügete he da he himel vn erde gemacht hatte vn allis das dar Ine was · he rügete o v ch des Jüabldes inde grabe noch Jiner martir-des JvnabTdi8

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C. L X Y . Kein kint enmag binnen sinen jaren getun, da is sinen lip mite vorwirke. Slet is einen man oder belemt is in, sin Vormunde sal das bessern mit iens wergelde, ab is uf en volbracht wirt. Welchen schaden is tut, den sal he gelden mit des kindes gute na sime werde. Slet aber ein man ein kint tot, he sal sin volle wergelt geben. Schilt aber ein man ein kint oder rouft hes oder slet hes mit besemen durch sine missetat, he blibet is ane wandil, tar hes gewern uf den heiligen, das hes durch andirs nicht ensluge, wenne durch sine missetat. C . L X Y I . Nu vornemt den alden vride, den die keiserliche gewalt gestetiget hat in Sachsenlande mit der guten knechte willekor des landis. Alle tage unde alle zit suln vride haben phaffen unde geistliche lute, meide unde wip unde juden an irme gute unde an irme libe, kirchen unde kirchove unde iclich dorf binnen sime graben unde sime zune, phluge unde moln unde des kuniges strase in wassere unde in velde, di suln steten vride haben unde allis, das da binnen kumt. Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt, dar zu in iclicher wochen vier tage, dunrstag unde vritag, sunabint unde suntag. Des dunrstages wiet man den kresem, da man uns alle mite zeichent zu der knstenheit in der toufe. Des dunrstagis merte got mit sinen jungern in deme kelche, da began unse e. Des dunrstagis vurte got unse menscheit zu himele unde offente uns den weg hin, der uns beslossen was. Des vritagis machte got den man unde wart des vritages gemarterit durch den man. Des sunabindes rugete he, da he himel unde erde gemacht hatte unde allis, das dar inne was, he rugete ouch des sunabindes in deme grabe noch siner martir. Des sunabindis

J in Horn., vi WD H, e n e n O. 4 u f H, up Ο Horn., fehlt WD. 6 ein H, en Ο Horn., fehlt W D. 26 k r i s t e n h e i t ] k i r s t e n h e i t W D H, c r i s t e n h e y t O, c r i s t e n h e i t Horn. 31 des vritages H, des u r i g e d a g h e s O, des vridages Horn., fehlt W D.

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Kapitel LXV. Kein Kind kann, solange es unmündig ist, etwas tun, wodurch es sein Leben verwirkt. Erschlägt es einen Mann oder verletzt es ihn, dann muß der Vormund dafür mit dem Wergeid jenes (Mannes) büßen, wenn es ihm (dem Vormund) bewiesen werden kann. Welchen Schaden es (das Kind) anrichtet, den soll er (der Vormund) gemäß dem Wert mit dem Gut des Kindes begleichen. Schlägt aber ein Mann ein Kind tot, dann soll er sein volles Wergeid bezahlen. Wenn dagegen ein Mann ein Kind wegen eines Vergehens schilt, zerrauft oder mit einer Rute 1 schlägt, dann bleibt er ohne rechtlichen Nachteil, wenn er auf die Reliquien zu schwören wagt, daß er es (das Kind) nur wegen seiner Missetat und wegen nichts anderem geschlagen hat. Kapitel LXVI. N u n hört von dem alten Frieden 2 , der dem Land Sachsen kraft der kaiserlichen Macht und mit der Zustimmung der angesehenen Ritter 3 des Landes bestätigt worden ist. Alle Tage und alle Zeit sollen Friede haben Priester und geistliche Leute, Mädchen und Frauen und Juden mit ihrem Besitz und mit ihrer Person. (Der Friede soll weiter gelten) f ü r Kirchen und Kirchhöfe, f ü r jedes Dorf innerhalb seines Grabens und Zaunes, f ü r Pflüge und Mühlen und f ü r alle Straßen des Königs zu Wasser und zu Land; diese alle sollen steten Frieden haben, der auch f ü r alles gilt, was dort hineinkommt. Heilige Tage und gebundene Tage 4 sind allen Leuten zu Friedenstagen bestimmt, dazu kommen in jeder Woche vier Tage: der Donnerstag und der Freitag, der Sonnabend und der Sonntag. Am Donnerstag weiht man das Salböl 5 , mit dem man uns alle zeichnet, wenn man uns in der T a u f e in die Christenheit aufnimmt. Am D o n nerstag feierte Gott mit seinen Jüngern das Abendmahl 6 , damit begann f ü r uns der neue Bund. Am Donnerstag führte Gott unsere Menschheit zum Himmel und öffnete uns den Weg dorthin, der uns bis dahin verschlossen war. Am Freitag hat Gott den Menschen erschaffen, und Gott wurde auch an einem Freitag von den Menschen gekreuzigt. Am Sonnabend ruhte er, da er Himmel und Erde erschaffen hatte und alles, was darin war; er ruhte auch an einem Sonnabend im Grabe, nach seinem Martyrium 7 . Am Sonnabend

1 beseme, besme sw.M., besem st.M. Kehrbesen", ,Zuchtrute'; 2 vride st.sw.M. .Friede, R u h e , Sicherheit, Schutz'; 3 guter knecht st.M. ,Ritter, Krieger, Held', zu gut Adj. ,gut', von P e r s o n e n u n d Sachen .tüchtig', .angesehen'; 4 gebundene tage .befriedete Tage', ,Tage, an d e n e n Recht u n d Gericht g e b u n d e n , d.h. auf gewisse H a n d l u n g e n beschränkt sind'; 5 krisem, kresem sw.M. .Chrisam, Salbe'; 6 mern, meren sw.V. ,Brot in Wein o d e r Wasser tauchen u n d einweichen u n d essen', ,das A b e n d m a h l feiern'; 7 marter st.F. .Blutzeugnis (bes. die Passion), M a r t y r i u m , M a r t e r ' .

1. (Ldr. II 65§1): Die Bildzeile f a ß t zwei unterschiedliche Zeitstufen z u s a m m e n . Die linke Bildhälfte zeigt einen getöteten, am Boden liegenden älteren M a n n (Bart). H i n t e r seinem Kopf steht der mit einem Beil b e w a f f n e t e T ä t e r , der d u r c h seine geringe K ö r p e r g r ö ß e als Kind ausgewiesen ist. Die im T e x t g e n a n n t e Körperverletzung bleibt unberücksichtigt. Anders dagegen die Darstellung in

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H , wo das O p f e r mit blutiger K o p f - ( T ö t u n g ) u n d A r m w u n d e (Verletzung) gezeigt ist, w ä h r e n d in Ο ein Kind mit blutender H a l s w u n d e vor einem erwachsenen b e w a f f n e t e n T ä t e r kniet. In d e r H a f t u n g s s z e n e d e r rechten Bildhälfte zahlt d e r V o r m u n d des Kindes dem ihm z u g e w a n d t e n Blutkläger das Wergeid in dessen nach oben g e ö f f n e t e rechte H a n d , w ä h r e n d d e r Blutkläger mit der Linken auf das O p f e r weist. In Η d e u t e t die S c h w u r g e b ä r d e der linken H a n d des Klägers darauf hin, d a ß er den Beweis e r b r a c h t hat u n d deshalb das Wergeid vom V o r m u n d f o r d e r t . Somit kann also ein u n m ü n d i g e s Kind wegen einer Missetat nicht peinlich bestraft w e r d e n . U n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt im Bild der Eidesbeweis. Drescher; Geistliche Denkformen, S. 256ff.; Scheele, Delikte, S. 143, 233, 236f. 2. (Ldr. II 65§2): D e r in d e r Bildmitte s t e h e n d e T ä t e r r a u f t ein sich mit beiden H ä n d e n w e h r e n d e s Kind an den H a a r e n . M i t seiner linken H a n d schwört er auf ein Reliquiar, d a ß er die Z ü c h t i g u n g n u r wegen einer U n t a t des Kindes v o r g e n o m m e n habe. Bei der dritten Figur handelt es sich möglicherweise um den V o r m u n d des Kindes. D e r T ä t e r bleibt d a n n straffrei. In Η wird die am rechten Bildrand stehende P e r s o n zusätzlich mit S c h w u r g e b ä r d e ihrer linken H a n d dargestellt, was darauf hinweisen könnte, d a ß dieser M a n n die Absicht zu klagen hat. U n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt sowohl die T ö t u n g als auch das Schelten eines Kindes wegen dessen Missetat. Hüpper, Funktionstypen, S. 245; Scheele, Delikte, S. 143, 157. 3. (Ldr. II 66§1): Rechts weist d e r König, d e r auf einem T h r o n sitzt, mit der S c h w u r h a n d auf die heraldische Lilie, die f ü r den vero r d n e t e n K ö n i g s f r i e d e n steht. Seine Linke d e u t e t auf die ihm z u g e w a n d t stehenden Personen, auf die sich d e r persönliche Friede erstreckt. D e r Illustrator ist d e r vom T e x t vorgegebenen Reihenfolge g e f o l g t u n d stellt von rechts nach links dar: einen Priester mit T o n s u r u n d Kutte, einen Weltgeistlichen mit kleiner T o n s u r , eine verheiratete Frau mit Schleier, die ihre H ä n d e ehrerbietig vor d e r Brust kreuzt, ein M ä d c h e n mit o f f e n e m H a a r u n d g a n z links einen J u d e n mit spitzem J u d e n h u t . D a ß d e r persönliche Friede f ü r das Leben und den Besitz der genannten P e r s o n e n g r u p p e n gilt, wird nicht gezeigt. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 207, 236, 3 5 4 f f ; Κ roe schell, Rechtswirklichkeit, S. 3; Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 237f 4. (Ldr. 66§1): Dargestellt ist rechts eine basilikaähnliche Kirche mit zwei unterschiedlich b e d a c h t e n K i r c h t ü r m e n u n d Apsis, umgeben von einer Z i n n e n m a u e r , die den Kirchhof abgrenzt. Links daneben ist ein D o r f dargestellt, dessen drei G e b ä u d e ein geflochtener Z a u n umschließt; der im T e x t zusätzlich g e n a n n t e G r a b e n ist nicht wiedergegeben w o r d e n . V o r d e m Kirchhof ist ein R a d v o r g e stellpflug abgebildet, links neben ihm ein zweistöckiges M ü h l e n haus mit oberschlächtigem W a s s e r r a d . Die im T e x t g e n a n n t e n L a n d - u n d Wasserstraßen des Königs bleiben unberücksichtigt. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 207, 236, 3 5 4 f f ; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 3; Lade, Dorfrecht, S. 173; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 237f. 5./6. (Ldr. II 66§2): V o n den drei A r g u m e n t e n f ü r den S o n d e r f r i e den am D o n n e r s t a g ist n u r die H i m m e l f a h r t Christi berücksichtigt. Eine auf sechs Apostel reduzierte G r u p p e in roten und blauen G e w ä n d e r n umsteht den Berg, ü b e r dem die F ü ß e und d e r blaue G e w a n d s a u m Christi, der in einer W o l k e entschwebt, gezeigt werden. Bis auf den vor dem Berg sitzenden P e t r u s sind die Apostel halbfigürlich dargestellt. Einer der Apostel trägt eine kleine T o n sur; alle sind mit N i m b u s als Heilige gekennzeichnet. Rechts anschließend sind die beiden A r g u m e n t e z u m g e b u n d e n e n Freitag dargestellt. Links steht der bärtige S c h ö p f e r in blauem G e w a n d mit rotem U m h a n g . Seine Rechte hält er segnend über den ihm z u g e w a n d t auf einem Felsen liegenden Adam. Zwischen beiden hat der Illustrator - ü b e r den T e x t hinausgehend - einen g r ü n e n Zweig gezeichnet, der die E r s c h a f f u n g der N a t u r anzeigt. Rechts neben dem goldbelegten Bildbuchstaben D ist d e r G e k r e u z i g t e mit Bart, geschlossenen Augen, K r e u z n i m b u s und b l u t e n d e r Seitenw u n d e abgebildet. Z u m S o n d e r f r i e d e n am Samstag ist rechts der in ein Leichentuch gehüllte Christus in einem S a r k o p h a g dargestellt, hinter d e m ein jüdischer G r a b w ä c h t e r mit d e m rechten Zeigefinger auf den Bildbuchstaben o d e r auf den G e k r e u z i g t e n weist. Das erst auf W fol. 41v berücksichtigte A r g u m e n t der samstäglichen Priesterweihe ist am rechten Leistenrand durch einen auf d e m T h r o n sitzenden Bischof im O r n a t wiedergegeben, d e r in seiner linken H a n d den K r u m m s t a b hält. Seine Rechte ist z u m Segensgestus e r h o b e n . Das erste A r g u m e n t z u m Samstag, die R u h e des Schöpfers am siebenten Tag, wird nicht dargestellt. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 207, 212, 229ff ; Hüpper, Funktionstypen, S. 237f; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 237f; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 29.

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wiet m ä o v ch di p h a f f e di d ' crijteheit m e i j t ' e Jin D e s Jütagis w r d e wir vor J ü n e t m ' g o t e vme a d a m s - d ' J ü n t a g w a s d ' e r j t e t a g · d ' ie g e w a r t νή wirt d' lezte · aIJe wir uf Jte Juln vö de t o d e - v i i varn zü g n a d e m ' libe vn m ' Jele · di das w i d ' g o t v o r dient h a b e · d a r vme Jin d i j e viertage gemeine vride tage alle lute ane d e di i n d ' h ä t h a f t e tat geväge w ' d e o d ' indes riches achte Jin · o d ' v o r u e j t inde W e r j o vme vngerichte L X V I I · g e r i c h t e · beclag' wirt h e en m u s nich' m e w e n d r i j i g mä vüre v o r g e r i c h t e · w e he vor k ü m t di en Juln keine w a f e trage ane J w ' t · LXVIII Ir lit d e m wegev'tige m ä n e Jin p h e r t · h e mü s w o l J n i d e k o r n · vn im gebe · alje verre als h e gereiche m a g J t e d e inde w e g e m' eime v ü j e · he en Jal is abir nicht d e n e v ü r e · LXIX· W e r j o totit o d ' w n d i t eine vridebrech'e he blib' is ane wädil · ab hes Jelb Jibede gez u g e m a g das he en w ü n d e t e i n d ' vlücht o d ' an d ' tat d a h e de vride b r a c h · LXX· M a n Jal n i m ä d e w i j e v ö J i m e g u t e x h ' ΐ x das g e w ' n h a t im en w ' d e di g e w ' e m 1 rechte W e r d e vride bricht · L X X I · an g e w n n e · das Jal m ä richte als hy v o r g e j p r o che i j t BTne g e j w o r n e vride en Jal m a n keine w a p e vüre w e zü des riches d i n j t e · vn zü tvrnei J ü d ' J w ' t - a l l e di andirs w a p e vüre vb' di Jal m ä richte · w e Ji indes riches achte Jin ab Ji d a mite g e ü ä g e w ' d e - J w ' t en m ü s mä o v ch nich' t"ge an b ü r g e n o c h an J t e te n o c h an d o r f e a n e alle di d a r Ine wanü= g e o d ' h ' b ' g e h a b e W a p e m u s m ä o v ch wol v ü r e · w e mä d e g e r u f t e volg' d e Juln d u r c h r e c h t volge alle di zu ire iare kvme Jin · a l j o v're das Ji J w ' t gevüre m ü g e · is en b e n e m e en echt n o t J u n d ' p h a f f e vn wip vn kirche n ' e vn hirte ab Ji volge eine b u r k dri tage J u l n Ji da blibe melich m ' J i n ' JpiJe b i n e d e

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wiet m a n o u c h di p h a f f e n zu gotes dinste, di d e r cristenheit meistere sin. D e s suntagis w o r d e wir v o r s u n e t mit g o t e u m m e A d a m s missetat. D e r s u n t a g was d e r erste tag, d e r je gewart u n d e wirt d e r lezte, alse wir u f s t e n suln von d e m e t o d e u n d e v a r n zu g n a d e n mit libe u n d e mit sele, di das w i d e r g o t v o r d i e n t h a b e n . D a r u m m e sin dise vier tage gemeine vridetage allen luten ane den, di in d e r h a n t h a f t e n tat g e v a n g e n w e r d e n o d e r in des riches a c h t e sin o d e r vorvest in d e m e gerichte. C . L X V I I . W e r so u m m e u n g e r i c h t e beclaget wirt, h e e n m u s nicht me w e n drisig m a n v u r e n vor gerichte, w e n h e v o r k u m t , di ensuln keine w a f e n t r a g e n ane swert. C. LXVIII. Irlit dem wegevertigen m a n n e sin phert, he m u s w o l sniden k o r n u n d e im geben alse verre, als he gereichen mag, stende in d e m e w e g e mit eime vuse, he ensal is abir nicht d e n n e n v u r e n . C . LXIX. W e r so totit o d e r w u n d i t einen vridebrechere, h e blibet is ane wandil, ab hes selb sibende gez u g e n mag, das he en w u n d e t e in d e r vlucht o d e r an d e r tat, d a he d e n vride b r a c h . C . LXX. M a n sal n i m a n d e wisen von sime gute, das he in g e w e r n hat, im e n w e r d e di gewere mit rechte a n g e w u n n e n . C . L X X I . W e r den vride bricht, das sal m a n richten als hi v o r g e s p r o chen ist. Binnen g e s w o r n e n vride ensal m a n keine w a p e n vuren, wen z u des riches dinste u n d e zu turnei s u n d e r swert. Alle di andirs w a p e n vuren, ü b e r di sal m a n richten, w e n si in des riches achte sin, ab si d a mite gevangen w e r d e n . Swert enmus m a n o u c h nicht t r a g e n an b ü r g e n n o c h an steten n o c h an d o r f e n , ane alle, di d a r inne w a n u n ge o d e r h e r b e r g e h a b e n . W a p e n m u s man o u c h w o l vuren, wen m a n d e m e g e r u f t e volget. D e m e suln d u r c h r e c h t volgen alle, di zu iren jaren k u m e n sin also verre, das si swert gevuren m u g e n , is e n b e n e m e n en echt n o t s u n d e r p h a f f e n u n d e wip u n d e kirchen e r e u n d e hirten. Ab si volgen vor eine b u r k , dri tage suln si d a bliben, menlich mit siner spise, b i n n e n d e m e

1 zu gotes dinste] to godes deneste O, to godes denste Horn., fehlt W D H. 2 vorsunet W D H, besont O, besünt Horn. 3 missetat H, missedat Ο Horn., fehlt WD. 13 keine WD H, ninerhande O, nenerhande Horn. 22/26 Man - ist] fehlt H. 25/26 gesprochen WD, gheredet O, geredet Horn., fehlt H. 38 vor Η Horn., uor O, fehlt WD. burk WDH, borch O, hus Horn.

221 weiht man auch die Geistlichen, die der Christenheit Lehrer sind, zu Gottes Dienst. Am Sonntag wurden wir wegen Adams Vergehen mit Gott versöhnt. Der Sonntag war der erste Tag, der je war, und er wird auch der letzte Tag sein, (der Tag,) an dem wir von dem T o d auferstehen und an dem diejenigen, die es um Gott verdient haben, mit Leib und Seele in den Himmel auffahren 1 werden. Deshalb sind diese vier Tage gemeingültige 2 Friedenstage f ü r alle Menschen, ausgenommen f ü r die, die in der handhaften T a t gefangen werden oder in der Reichsacht sind oder die in einem Gerichtsbezirk in der Bezirksacht sind. Kapitel LXVII. Wer wegen eines Verbrechens angeklagt ist, der darf nicht mehr als dreißig Männer vor das Gericht mitbringen, wenn er dort erscheint, und die (Männer) dürfen außer dem Schwert keinerlei W a f f e n tragen. Kapitel LXVIII. Wenn einem Reisenden 3 das Pferd zum Erliegen 4 kommt, dann darf er, soweit er mit einem Fuß auf dem Weg stehend reichen kann, Korn schneiden und ihm (dem Pferd) zu (fressen) geben; er darf es (das Korn) aber nicht mit sich wegführen. Kapitel LXIX. Wer einen Friedebrecher 5 tötet oder verwundet, der bleibt ohne Strafe, wenn er selbsiebt bezeugen kann, daß er ihn auf der Flucht oder bei der Handlung, mit der er den Frieden brach, verwundete. Kapitel LXX. Man soll niemanden von seinem Gut, das er in der Gewere hat, verweisen, es sei denn, es wird ihm das Besitzrecht daran gerichtlich abgesprochen. Kapitel LXXI. Wer den Frieden bricht, über den soll man, wie hier zuvor ausgeführt, richten. Während des geschworenen 6 Friedens soll man außer dem Schwert keinerlei Waffen tragen, es sei denn im Reichsdienst oder auf dem Turnier 7 . Uber alle, die darüber hinaus Waffen führen, soll man richten, weil sie in der Reichsacht sind, wenn sie damit (mit Waffen) ergriffen werden. Ein Schwert darf ferner niemand mit sich führen, weder in Burgen noch in Städten oder in Dörfern, ausgenommen alle, die darin Wohnung 8 oder Herberge haben. W a f f e n darf man auch mit sich führen, wenn man dem Gerüfte folgt. Und von Rechts wegen sollen diesem (Gerüfte) alle folgen, die zu ihren Jahren gekommen sind und in der Lage sind, ein Schwert zu führen, es sei denn, es hindere sie denn echte Not, ausgenommen sind P f a f f e n und Frauen sowie Küster 9 und Hirten. Wenn sie die Verfolgung bis vor eine Burg innerhalb des Gerichtsbezirks vorgenommen haben, sollen sie dort drei Tage bleiben, jedermann mit seiner eigenen Verpflegung,

1 zu gnaden varn, varen ,zu G n a d e n f a h r e n ' , sinnbildl. f ü r ,in d e n Himmel auffahren'; 2 gemein(e) A d j . g e m e i n g ü l t i g , f ü r alle eingerichtet, gesamt', . z u s a m m e n g e h ö r i g , g e m e i n s a m ' ; 3 wegevertige man ,der R e i s e n d e ' , zu wegevertic, wecvertic A d j . ,des W e g e s f a h r e n d , reisend'; 4 erligen st.V. intr. ,erliegen, ablassen'; 5 vridebrecher st.M. , F r i e d e b r e c h e r ' ; 6 gesworn P a r t . A d j . ,ge-, b e s c h w o ren', .vereidigt, eidlich v e r p f l i c h t e t ' ; 7 turnei s t . M . , T u r n i e r ' ; 8 wonunge, wanunge st.F. »Aufenthalt, W o h n u n g ' ; 9 kirchencere, kirchener st.M. ,Küster, M e s n e r ' .

folio 41 verso

1. (Ldr. II 66§2): D a s Bild b e z i e h t sich auf d e n S o n n t a g als d e n T a g , an d e m nach mittelalterlicher A u f f a s s u n g das J ü n g s t e G e r i c h t s t a t t f i n d e n w i r d . Es zeigt G o t t mit blauem R o c k u n d r o t e m M a n tel (mit g o l d e n e m N i m b u s u n d bärtig) auf d e m R e g e n b o g e n , d e m a p o k a l y p t i s c h e n Sitz des W e l t e n r i c h t e r s . N u r W u n d D h a b e n das v o l l k o m m e n ausgebildete M o t i v , i n s o f e r n hier ein z w e i t e r R e g e n b o g e n als F u ß s c h e m e l d i e n t . M i t seiner r e c h t e n H a n d f ü h r t G o t t (in Η hält G o t t in seiner L i n k e n zusätzlich s y m b o l i s c h die W e l t k u gel; die Illustration in Ο ist u n k l a r ) d e n S e g e n s g e s t u s gegen die v o r ihm k n i e n d e n , b e k l e i d e t e n sechs A u f e r s t a n d e n e n ( a b w e i c h e n d Η u n d Ο : Η zeigt n u r vier P e r s o n e n , f a s t alle u n b e k l e i d e t , w ä h r e n d Ο sieben P e r s o n e n darstellt, die gänzlich n a c k t sind). H i e r b e i h a n d e l t es sich d e m T e x t e n t s p r e c h e n d um d i e j e n i g e n , die zu gnade mit libe unde mit sele a u f e r s t a n d e n sind. K o n s e q u e n t e r w e i s e h a t d e r I l l u s t r a t o r die V e r d a m m t e n , die z u r L i n k e n G o t t e s stehen m ü ß t e n , w e g g e l a s s e n . A u f f a l l e n d in W u n d D ist d e r h o h e Anteil d e r geistlichen P e r s o n e n u n t e r d e n A u f e r s t a n d e n e n ( f e h l e n in Η und O). Hüpper, Funktion stypen, S. 238; Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 239; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 29; Schott, Sachsenspiegel, S. 49, 56. 2. (Ldr. II 67): Links u n d rechts stehen n e b e n d e m ins B i l d z e n t r u m g e s e t z t e n g o l d e n e n B i l d b u c h s t a b e n ^ s y m b o l i s c h jeweils drei a u f rechte S c h w e r t e r f ü r die 30 Begleiter eines d e s V e r b r e c h e n s a n g e klagten M a n n e s . D e r I l l u s t r a t o r b e s c h r ä n k t sich hier auf die symbolische D a r s t e l l u n g d e r 6 S c h w e r t e r , weil die 30 M a n n mit keiner a n d e r e n B e w a f f n u n g v o r G e r i c h t erscheinen d ü r f e n . A b w e i c h e n d die D a r s t e l l u n g in O : H i e r w e r d e n stellvertretend n u r 4 S c h w e r t e r abgebildet. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 81. 3. (Ldr. II 68): D e r wegevertige M a n n in b l a u e m G e w a n d mit r o t e r K a p u z e ( K a p u z e f e h l t in Η u n d O ) schneidet, a u ß e r h a l b des K o r n feldes s t e h e n d , mit einer Sichel soviel K o r n , wie er e r r e i c h e n k a n n . D a s h i n t e r ihm s t e h e n d e e r s c h ö p f t e P f e r d (mit Sattel) ist g e r a d e dabei, die g e e r n t e t e n G e t r e i d e g a r b e n zu v e r z e h r e n . N u r in D ist a n n ä h e r n d zu e r k e n n e n , d a ß d e r M a n n n u r soviel K o r n ernten d a r f , wie er, mit e i n e m F u ß auf d e m W e g s t e h e n d , e r r e i c h e n k a n n . Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 228. 4. (Ldr. II 69): D i e linke B i l d h ä l f t e zeigt die T a t s z e n e , w o n a c h jed e r M a n n d a s R e c h t hat, d e n auf h a n d h a f t e r T a t e r t a p p t e n Misset ä t e r z u t ö t e n b z w . zu verletzen. D e n mit einem S c h w e r t b e w a f f neten F r i e d e b r e c h e r (fälschlicherweise in Η u n b e w a f f n e t ) , dessen K ö r p e r h a l t u n g d a r a u f hinweist, d a ß er sich auf d e r F l u c h t b e f i n d e t , t r i f f t ein S c h w e r t h i e b seines V e r f o l g e r s am K o p f ( e i n d e u t i g in D , H , O ) . In d e r g r ö ß e r e n r e c h t e n B i l d h ä l f t e s c h w ö r t d e r T ä ter selb sibende mit sechs w e i t e r e n Z e u g e n (alle m i t S c h w u r g e b ä r d e d e r r e c h t e n H a n d ) d e n Eid auf d a s v o r i h n e n s t e h e n d e Reliquiar, d a ß e r d e n G e g n e r als f l ü c h t i g e n F r i e d e b r e c h e r g e t ö t e t b z w . verletzt hat. H i e r a u f d ü r f t e a u c h die r ü c k w e i s e n d e G e b ä r d e d e r linken H a n d zu b e z i e h e n sein. D e r am r e c h t e n B i l d r a n d mit rechts geschultertem Schwert (Zeichen der Hochgerichtsbarkeit) t h r o n e n d e R i c h t e r d ü r f t e mit F i n g e r z e i g seiner r e c h t e n H a n d d e n d a r g e b r a c h t e n Ü b e r f ü h r u n g s b e w e i s des T ä t e r s a n e r k a n n t h a b e n . Ο zeigt keine k l a r e T r e n n u n g z w i s c h e n der T a t s z e n e u n d d e m Ü b e r siebenen v o r G e r i c h t . H i e r ist n u r eine w a f f e n f ü h r e n d e P e r s o n dargestellt. Z u s ä t z l i c h ist hier ein nicht in d e n T e x t - B i l d - Z u s a m menhang passender Ziegenbock gezeichnet. Scheele, Delikte, S. 139; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 78ff.; Schmidt- Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 3 78. 5. (Ldr. II 71 §2): D e r v o r a n r e i t e n d e M a n n in beige c h a n g i e r e n d e m G e w a n d blickt sich nach d e m h i n t e r ihm g e h e n d e n P f e r d um, das in seinem Sattel einen T u r n i e r h e l m t r ä g t . Aus d e m T e x t ergibt sich, d a ß d e r b e w a f f n e t e Reiter auf d e m W e g z u m T u r n i e r ist u n d deshalb W a f f e n f ü h r e n d a r f . D e r n a c h f o l g e n d e R e i t e r in r o t e m G e w a n d t r ä g t einen w a p p e n l o s e n Schild. N u r aus d e m T e x t l ä ß t sich f o l g e r n , d a ß es sich hier u m d e n B e w a f f n e t e n in des riches dinste h a n d e l t ( a n d e r s O : H i e r t r ä g t d e r n a c h f o l g e n d e M a n n ein H e r r e n schapel u n d ist d a h e r v e r m u t l i c h ein Ritter; auf seinem Schild ist ein S c h r ä g r e c h t s b a l k e n als W a p p e n zu s e h e n ) . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen hier d e n g e s c h w o r e n e n L a n d f r i e d e n als wesentliche V o r a u s s e t z u n g f ü r die B e s t i m m u n g . Naß, Wappen, S. 236, 266. 6 . / 7 . (Ldr. II 71§3): E i n e g r o ß e S c h a r mit S p i e ß e n u n d S t a n g e n Bew a f f n e t e r - u n t e r i h n e n ein J u d e - ist d e m G e r ü f t e bis v o r eine B u r g g e f o l g t . D e r U r h e b e r des Klagegeschreis - in d e r Regel mit einem S c h w e r t a u s g e s t a t t e t - f e h l t hier; d a ß er so v e r w u n d e t ist, d a ß er d e m G e s c h r e i n i c h t zu f o l g e n v e r m a g , ist n u r d e m T e x t zu e n t n e h m e n . D e r B u r g h e r r w i r d in d e r d a r g e s t e l l t e n S z e n e z u r H e r a u s g a b e des in seine B u r g g e f l o h e n e n V e r f o l g t e n a u f g e f o r d e r t . D i e V e r t r e t e r d e r von d e r F o l g e p f l i c h t a u s g e n o m m e n e n P e r s o n e n g r u p p e n - eine Frau, ein H i r t e ( H o r n ) , ein K i r c h e n d i e n e r (Schlüssel) u n d ein Geistlicher (Buch) - k e h r e n d e r S z e n e d e n R ü c k e n . Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 80.

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gerichte di wile ien' vor get od' ritet d' das ge rufte gejchriet hat-is ab' he gewüd' das he nich' gevolge mag Jo Juln di lute volge bi phlicht· di wile Ji iene Jen d' de vride geb°che hat-ab he Jan Tein and' gerichte vlüt-Müge Ji en gevaen üf de velde da das volg vö de lade nich' zu kume-Ji vüre en wid' Vlüt ab' he zu Jtete-od' zü burge · mä Jal das gerufte vor nüwe • vn lade dar zü den burmeijt' vn di gebüre vn di gute knechte-di mä zü d' czit gehabe magvn heijche iene h' üs zü rechte gerichte den Jal mä en entw'te ab he ind' häthafte tat bejtetig' is · ab Ji is gezüge müge m' Jibe mäne · das Ji im geüolg' habe • ind' häthafte tat vö irme gerichte d a r - J o Juln Ji bürge Jezze vor des mänes w'gelt-ab Ji nicht rechte vb' en richte Jo vüre Ji en wid' vn tun da rechte mite· ·ίΧΧΙΙΙ· Wf welch' bürg mä di vridebrech'e helt wid' rech'· we d' rieht' m' de gerüfte da vor gelade wirt· vn mä Ji h' ab heijch' als rech'is da® mä das gehöre uf d' bürg-νή en gebe Ji-Ji nich' h' abe zü rechte-mä vor vejtet di bürg-vn alle di dar uffe Jin · lejt mä ab' dar uf des richters bote JechJe · vn de cleg' di Juche di vridebrechere vii de roup-Jo en Jal mä Ji nich' vor vejten· Schuldig' mä di bürg vme de roüp das he dar abe · vn dar üf gejehe Ji · das mus wol entjchuldige d' bürg h're od' ein Jin bürg' üf den heilige Wer Jelbe zü dem vngerichte beclag'·wirt-d' en mag di bürg nicht enjchul= dige-he en habe Jich Jelbe alrejt entjchuldig'· wil mä ab' di bürg beredt m1 käphe-das müs wol entredl d' h're od' di bürgere wid' Jine gen o j e · od' mä vor uejtit Jie · vn richtet dar vb' b' we mä clag' das he νδ ein' bürg geJucht habe

gerichte, di wile iener vorget oder ritet, der das gerufte geschriet hat. Is aber he gewundet, das he nicht gevolgen mag, so suln di lute volgen bi phlicht, di wile si ienen sen, der den vride gebrochen hat. Ab he s san in ein ander gerichte vlut, mugen si en gevaen uf deme velde, da das volg von deme lande nicht zu kume, si vuren en wider. Vlut aber he zu dorfe 7 oder zu steten oder 71 zu bürgen, man sal das gerufte vornuwen unde laden dar zu den burmeister unde di gebure unde di 10 guten knechte, di man zu der czit gehaben mag, unde heischen ienen her us zu rechtem gerichte. Den sal man en entworten, ab he in der hanthaften tat bestetiget is, ab si is gezugen mugen mit siben mannen, das si im gevolget haben in der hanthaften tat von irme 11 gerichte dar. So suln si bürgen sezzen vor des marines wergelt, ab si nicht rechte über en richten. So vuren si en wider unde tun da rechte mite. C. LXXII. Uf welcher bürg man di vridebrechere helt wider recht, wen der richter mit deme gerufte da vor geladen wirt, unde man si her ab heischet, als recht is, das 20 man das gehören muge uf der bürg, unde engeben si si nicht her abe zu rechte, man vorvestet di bürg unde alle, di dar uffe sin. Lest man aber dar uf des richters boten sechse unde den cleger, di suchen di vridebrechere unde den roup, so ensal man si nicht vorvesten. 2s Schuldiget man di bürg umme den roup, das he dar abe unde dar uf gesehen si, das mus wol entschuldigen der bürg herre oder ein sin burger uf den heiligen. Wer selbe zu dem ungerichte beclaget wirt, der enmag di bürg nicht enschul30 digen, he enhabe sich selbe alrest entschuldiget. Wil man aber di bürg beredin mit kamphe, das mus wol entredin der herre oder di bürgere wider sinen genosen, oder man vorvestit sie unde richtet dar über. Uber wen man claget, das he von einer bürg gesucht habe,

7 kume H, kumen WD, come Ο, kome Horn, zu dorfe oder] czv dorfe ader Hr to dorpe O, to dorpe oder Horn., fehlt WD. 17 LXXII aus LXXIII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 18 Uf welcher bürg] Vf welcher burg D, Vf welcher burk Hr Wf welcher burg W, Vppe weliker borch O, Uppe swelkeme hus Horn. 21 muge H, moghe O, möge Horn., fehlt WD. J 5 Uber H, in Wnach dem Bildbuchstaben auf fol. 42vl ergänzt, Vbir D, Ouer O, Over Horn.

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während jener, der das Gerüfte geschrien hat, vorangeht oder (voran-)reitet. Ist aber dieser (welcher das Gerüfte erhoben hat) verwundet, so daß er nicht folgen kann, so sollen die Leute - solange sie denjenigen sehen, der den Frieden gebrochen hat - i h n pflichtgemäß weiterverfolgen. "Wenn er (der Flüchtige) alsdann in einen anderen Gerichtsbezirk 1 flieht, dürfen sie ihn dort auf offenem Feld ergreifen und ihn, wenn das Landvolk nicht hinzukommt, wieder zurückbringen. Flieht er aber in Dörfer oder in Städte oder auf Burgen, so muß man das Gerüfte erneuern 2 und hierzu den Bauermeister 3 und die Bauern und die Ritter herbeirufen, die man zu dieser Zeit erreichen kann, und jenen (Friedebrecher) zu rechtem Gericht herausfordern. Den soll man dann ihnen überantworten, wenn er wegen handhafter T a t festgenommen ist, was sie da mit sieben Männern bezeugen mögen nämlich, daß sie ihn wegen der handhaften T a t von ihrem Gericht bis hierher verfolgt haben. Dann sollen sie Bürgen stellen f ü r des Mannes Wergeid f ü r den Fall, daß sie nicht zu Recht über ihn richten. Dann führen sie ihn zurück und tun Recht damit. Kapitel LXXII. Auf welcher Burg man den Friedebrechern widerrechtlich Aufenthalt gewährt, wenn der Richter mit Gerüfte dorthin geladen wird, fordert man dann ihre Auslieferung, so wie es Recht ist, daß man es auf der Burg hören kann, und geben sie sie nicht heraus nach Recht, so verfestet man die Burg und alle, die in ihr wohnen. Läßt man aber sechs Boten des Richters und den Kläger, die den Friedebrecher und die Beute suchen, (in die Burg) hinein, so soll man sie nicht verfesten. Beschuldigt man aber die Burg, daß der Raub von dort und dafür verübt worden sei, dann kann sich der Burgherr 4 oder einer seiner Burgmannen 5 hiervon (durch Eid) auf die Reliquien freischwören. Wer selbst wegen des Verbrechens angeklagt ist, kann die Burg nicht (mit seinem Eid) freischwören, es sei denn, er habe sich zuvor selbst durch Eid gereinigt. Will man aber die Burg mit einem gerichtlichen Zweikampf überführen, dann muß sich der H e r r (der Burg) oder einer der Burgmannen gegen seine (Standes-)Genossen verteidigen 6 , oder man verfestet sie (die Burg) und hält Gericht über sie. Klagt man jemanden an, daß er von einer Burg aus Gewalt verübt habe,

1 gericht st.N., hier , G e r i c h t s b e z i r k ' ; 2 vernüwen sw.V. . e r n e u ern'; 3 bürmeister s t . M . ,Bauermeister, V o r s t e h e r einer D o r f g e meinde'; 4 burcherre s w . M . , B u r g h e r r , L e h e n s h e r r ' ; 5 burgcere, burger s t . M . , B e w o h n e r einer Burg', hier , B u r g m a n n ' ; 6 entreden sw.V., hier im Sinne v o n ,sich von d e r A n k l a g e vor G e r i c h t d u r c h Zweikampf freimachen'.

folio 42 recto

1. (Ldr. II 71 §5): Sieben mit Spießen b e w a f f n e t e M ä n n e r - Η u n d Ο zeigen eine u n t e r s c h i e d l i c h e A n z a h l - e r s c h e i n e n v o r dem T o r einer B u r g (steinerne M a u e r ) u n d verlangen die A u s l i e f e r u n g des F r i e d e b r e c h e r s , d e r aus i h r e m G e r i c h t s b e z i r k g e f l ü c h t e t e t ist. Ein B u r g b e w o h n e r schiebt mit b e i d e n H ä n d e n d e n sich u m s c h a u e n d e n F r i e d e b r e c h e r aus d e m B u r g t o r . D i e s e r wird v o n d e m (verm u t l i c h e n ) A n f ü h r e r d e r V e r f o l g e r e b e n f a l l s b e i d h ä n d i g zu sich h e r a n g e z o g e n . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen, d a ß z u n ä c h s t das G e r ü f t e e r n e u e r t u n d d e r B a u e r m e i s t e r u n d g e g e b e n e n falls die R i t t e r z u m r e c h t e n G e r i c h t geladen w e r d e n sollen. Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 226. 2. (Ldr. II 71 §5): V o r d e m am r e c h t e n B i l d r a n d t h r o n e n d e n R i c h ter stehen sieben M ä n n e r u n d s c h w ö r e n einen Eid. D e r u n m i t t e l b a r v o r d e m R i c h t e r s t e h e n d e M a n n in r o t e m R o c k t r ä g t eine Stange mit a u f g e s e t z t e r K r o n e , die das f r e m d e G e r i c h t b e z e i c h n e t , aus dessen Bezirk d e r h a n d h a f t e F r i e d e b r e c h e r (vgl. L d r . II 35) in d e n G e r i c h t s b e z i r k v e r f o l g t w u r d e , in d e m n u n seine Ausliefer u n g verlangt w i r d . M i t F i n g e r z e i g seiner r e c h t e n H a n d d e u t e t der R i c h t e r auf die a u f g e s e t z t e K r o n e u n d e r k e n n t so die R e c h t m ä ß i g keit des V o r g a n g s an, weil alle o r d e n t l i c h e G e r i c h t s g e w a l t v o m K ö n i g a u s g e h t (vgl. Ldr. III 52§2). I r r t ü m l i c h e r w e i s e stellen W u n d D Fig. 3 als H a u p t s c h w ö r e r (und nicht als v o r g e f ü h r t e n G e f a n g e n e n ) d a r . A u f Fig. 3 als H a u p t s c h w ö r e r weisen auch die H a n d g e b ä r d e n d e r P e r s o n e n , die in r o t e m Kleid h i n t e r u n d v o r ihm s t e h e n . A b w e i c h e n d sind die D a r s t e l l u n g e n in Η u n d O : H i e r s t e h t d e r F r i e d e b r e c h e r mit v o r d e m K ö r p e r g e b u n d e n e n H ä n d e n im B i l d z e n t r u m . Sodmann, Oldenburger Bilderhandschriß, S. 226. 3. (Ldr. II 72§1): D e r F r i e d e b r e c h e r , mit links g e s c h u l t e r t e m Schwert, hier als S y m b o l des g e b r o c h e n e n F r i e d e n s (vgl. W fol. 41v4), ist g e r a d e im Begriff, d u r c h das T o r auf die B u r g zu f l ü c h ten. Links m e l d e t d e r T u r m w ä c h t e r d u r c h H o r n r u f das E r s c h e i n e n d e r sechs Boten des R i c h t e r s v o r d e r Burg ( O zeigt n u r f ü n f ) . Diese f o r d e r n - so d u r c h ihre H a n d g e b ä r d e n a n g e d e u t e t - die A u s l i e f e r u n g des Flüchtigen b z w . E i n l a ß in die Burg. D e r a m E n d e d e r R e i h e in ein g r ü n e s G e w a n d gekleidete Bote d e u t e t mit r ü c k w e i s e n d e r G e b ä r d e auf d e n am rechten Bildrand s i t z e n d e n G r a f e n , d e r mit a u f r e c h t g e t r a g e n e m R i c h t s c h w e r t in seiner linken u n d mit b e f e h l e n d e r H a n d g e b ä r d e seiner rechten H a n d als A u f t r a g g e b e r ausgewiesen ist. U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile, d a ß im Falle e i n e r W e i g e r u n g d e r A u s l i e f e r u n g des f l ü c h t i g e n F r i e d e b r e c h e r s die Burg u n d alle darin b e f i n d l i c h e n P e r s o n e n v e r f e s t e t w e r d e n . Dautermann, Bauvorschriften, 5. 275. 4. (Ldr. II 72§2): D e r rechts mit G e r i c h t s s c h w e r t t h r o n e n d e Richter (fehlt in O ) f o r d e r t mit R e d e g e b ä r d e seiner r e c h t e n H a n d d e n B u r g h e r r n (in d e r K l e i d u n g eines H e r r n in g r ü n e m R o c k u n d Schapel) auf, die Burg von d e m V o r w u r f d e s R a u b s zu reinigen. D a h e r s c h w ö r t d e r B u r g h e r r (in Η n o c h i r r t ü m l i c h mit einem auf d e n B o d e n gestellten G e r i c h t s s c h w e r t b e w a f f n e t ) mit S c h w u r g e b ä r d e seiner r e c h t e n H a n d die B u r g d u r c h Eid frei. Dautermann, Bauvorschriften, S. 275; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83. 5 . / 6 . (Ldr. II 72§2): D i e links mit g e ö f f n e t e m T o r dargestellte B u r g (in Ο z u s ä t z l i c h mit a u f g e z o g e n e m T o r g i t t e r ) k a n n nicht d u r c h d e n B u r g h e r r n f r e i g e s c h w o r e n w e r d e n . D e r Eid ist ihm n i c h t möglich, weil d e r K l ä g e r di bürg beredin will mit kamphe. I m B i l d z e n t r u m s t e h e n sich die mit Schild u n d S c h w e r t z u m K a m p f g e r ü s t e t e n Z w e i k ä m p f e r k a m p f b e r e i t g e g e n ü b e r ( O zeigt die P a r teien bereits w ä h r e n d des K a m p f e s ) . D e r am r e c h t e n Bildrand t h r o n e n d e G r a f mit G e r i c h t s s c h w e r t ( f e h l t in O ) d e u t e t mit Fingerzeig auf die z u m K a m p f g e r ü s t e t e n M ä n n e r an, d a ß d e r A u s g a n g des K a m p f e s d a r ü b e r entscheidet, o b die B u r g v e r f e s t e t wird, A b w e i c h e n d die I l l u s t r a t i o n e n in Η u n d O : In b e i d e n D a r s t e l l u n gen ist d e r B u r g h e r r deutlich an seiner H e r r e n t r a c h t (Schapel) zu e r k e n n e n . D i e K l e i d u n g des ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n Klägers, die von d e r ü b l i c h e n K a m p f a u s r ü s t u n g abweicht, zeigt an, d a ß K l ä g e r u n d B e k l a g t e r e i n a n d e r nicht e b e n b ü r t i g sind. Dautermann, Bauvorschriften, S. 275; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83.

folio 42 verso de müs d ' burg h're vor brege das he b e j j e r e • o d ' di burg e n t r e d e - e n tut hes n i c h t - h e müs da Jelbe vor entw'te Clag 1 ab' ein mä vb' eine burg das he da vö geroübit Ji · vn en weis he nich' w' is getan h a t - d a Jal d ' bürg h're vor entw'te vö deme tage ub' JechJwoche · vö d ' zit das he dar vme beclait wirt J o das he bürg entrede m' Jime eide- o d ' den Jchade gelde uf recht ane b ü j e ab he ratis vn tat vnjchuldig is Rite lüte vö ein' bürg vn tun Ji Jchade vn en kv= me Ji nicht widir uf bine drin tage vn nacht vn en kvmt d ' r o ü p nicht d a r uf noch da vor zu behaldene J o is di bürg vnjchuldig k ü m t ab' d' r o u b ' uf di b u r g - v n d ' r o u p dar uf o d ' da vor J o is Ji Jchuldig an der t a t · Incipit U m m e kein Liber tertius cap · Ι α · vngerichte en Jal mä uf h o u w e n dorf gebuwe · is en Ji das da mait o d ' wip genotzaget inne w'de o d ' genotiget in geüort Ji · da Jal vb' richte o d ' mä entrede is noch r e c h t e - w i r t ab' da gerichtet ab ien' da noch vor k ü m t - v n Jich d ' n o t e n t r e d e t - m ä en gilt is im doch n i c h t · w e mä is nich' entredete er das gerichte d a r ub' gieng Alle lebede ding das ind' not n ü n f t w a s - d a s Jal mä enthoubete · alle di de gerüfte uolgit habe halden Ji uf de cleg'-νή de vridebrechere-den noch ab he nicht vor w ü n d e wirt-Ji en lieden dar vme keine n o t - d a s Ji en vor gerichP h a f f e n vn iüde di da / · I I · te b r e g e · wape vüre vn nicht b e j c h o r n en Jin noch irme rechte • tüt mä in en gewalt mä Jal en b e j j e r n alje eime leyen · we Ji en Juln keine wafe vüre · di m' des kvniges vride begriffen J i n ·

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den mus der bürg herre vorbrengen, das he bessere o d e r di bürg entrede, entut hes nicht, he mus da selbe vor entworten. Claget aber ein man über eine bürg, das he da von geroubit si, u n d e enweis he nicht, wer is getan hat, da sal der bürg herre vor entworten von deme tage über sechswochen, von der zit, das he d a r u m m e beclait wirt, so das he bürg entrede mit sime eide o d e r den schaden gelde uf recht ane buse, ab he ratis u n d e tat unschuldig is. Riten lute von einer bürg u n d e tun si schaden u n d e e n k u men si nicht widir uf binnen drin tagen u n d e nacht u n d e e n k u m t der r o u p nicht d a r uf noch da vor zu behaldene, so is di bürg an der tat unschuldig. K u m t aber der rouber uf di bürg u n d e der r o u p d a r uf oder da vor, so is si schuldig an der tat. Incipit liber tertius capitulum I. U m m e kein ungerichte ensal m a n u f h o u w e n dorfgebuwe, is ensi, das da mait o d e r wip genotzaget inne w e r d e oder genotiget ingevort si. D a sal man über richten oder man entrede is noch rechte. W i r t aber da gerichtet, ab iener da noch v o r k u m t u n d e sich der n o t entredet, man engilt is im doch nicht, wen m a n is nicht entredete, er das gerichte d a r über gieng. Alle lebende ding, das in der n o t n u n f t was, das sal man enthoubeten. Alle, di deme g e r u f t e volgen, halden si uf den cleger u n d e den vridebrechere dennoch, ab he nicht v o r w u n d e n wirt, si enlieden dar umme keine not, das si en vor gerichte brengen. C.II. P h a f f e n u n d e juden, di da wapen vuren u n d e nicht beschorn ensin noch irme rechte, tut man in gewalt, man sal en bessern alse eime leien, wen si ensuln keine wafen vuren, di mit des kuniges tegeliche vride begriffen sin.

7 e n t r e d e W D H, u n t s c h u l d e g h e O, u n t s c h ü l d e g e Horn. 13 an d e r t a t ] in d e r d a t O, an d e r d a t Horn., fehlt WD H. 16 kein WD H, n i n e r h a n d e O, n e n e r h a n d e Horn. 20 m a n Η Horn., men Ο, fehlt WD. 26 volgen Horn., u o l g e n H, volgit h a b e n W, volget D, u o l g h e t O. 32 in Η Horn., in en WD, eme O. 34 tegeliche] d a g helekes O, dagelikes Horn., fehlt W D H.

225 den muß der Burgherr vor (Gericht) bringen, damit er Genugtuung leiste oder die Burg (durch Eid) reinige, und tut er (der Burgherr) das nicht, dann muß er sich selbst dafür verantworten. Klagt aber ein Mann gegen eine Burg, er sei von dort aus beraubt worden, und er weiß aber nicht, wer dies getan habe, dann soll sich der Burgherr innerhalb von sechs Wochen, gerechnet von dem T a g an, an dem er beklagt wurde, verantworten, indem er die Burg mit seinem Eid freischwört oder den Schaden dem Recht entsprechend erstattet ohne Buße, es sei denn, er ist weder des Rates noch der T a t selbst schuldig. Wenn Leute von einer Burg ausreiten und Schaden anrichten und nicht innerhalb von drei Tagen und Nächten auf die Burg zurückkehren und auch die Beute nicht in oder vor die Burg gelangt, dann ist die Burg an dem Verbrechen unschuldig. Kommt aber der Räuber wieder auf die Burg zurück und die Beute mit hinein oder davor, so ist sie (die Burg) an dem Verbrechen mitschuldig. Hier beginnt das dritte Buch. Kapitel I. Wegen keinerlei Verbrechen soll man ein Dorfgebäude niederreißen 1 , es sei denn, daß darin ein Mädchen oder eine Frau vergewaltigt 2 oder vergewaltigt dorthin gebracht worden ist. Darüber soll man richten oder man bestreite es gerichtlich. Wird aber darüber gerichtet, obwohl jener dann vor (Gericht) kommt und das Vergehen bestreitet 3 , so bezahlt man es (das niedergerissene Gebäude) ihm dennoch nicht, weil er es nicht widerlegte, bevor das Gericht darüber ging. Allen Lebewesen, die bei der Vergewaltigung 4 zugegen waren, denen soll man den Kopf abschlagen 5 . Alle, die dem Gerüfte folgen, halten sie den Kläger und den Friedebrecher fest und kann er (der Friedebrecher) aber nicht überführt werden, so sollen sie deshalb keinen Nachteil haben, wenn sie ihn vor Gericht bringen. Kapitel II. Geistliche und Juden, die Waffen führen und geschoren 6 sind, ihrem Recht entsprechend, fügt man ihnen Gewalt zu, so soll man sie entschädigen wie einen Laien 7 , denn diejenigen, die in des Königs täglichem 8 Frieden stehen, die sollen keine W a f f e n tragen.

1 üfhouwen sw.V. . a b h a u e n , a b s c h l a g e n , n i e d e r r e i ß e n ' ; 2 genotzaget P a r t . P r ä t . , N e b e n f o r m zu notzogen sw.V. .gewalttätig b e h a n deln, vergewaltigen, n o t z ü c h t i g e n ' ; 3 sich der not entreden ,die N o t z ü c h t i g u n g bestreiten'; 4 notnunft st.F. . g e w a l t s a m e r R a u b , bes. F r a u e n r a u b u n d N o t z u c h t ' ; 5 enthoubeten sw.V. . e n t h a u p ten'; 6 beschorn P a r t . Adj., zu beschern st.V. .die H a a r e w e g schneiden, scheren'; 7 leie s w . M . ,Nichtgeistlicher, Laie'; 8 tagetich, tegelich A d j . ,täglich, d e n T a g h i n d u r c h ' .

1. (Ldr. II 72§3): D e r B u r g h e r r (mit g r ü n e m R o c k u n d Schapel) f ü h r t d e n s c h u l d i g e n Täter, d e r von einer B u r g aus einen Ü b e r f a l l verübt hat, vor d e n Richter, d e r am r e c h t e n B i l d r a n d mit g e s c h u l tertem G c r i c h t s s c h w e r t (in Ο liegt d a s S c h w e r t auf seinen K n i e n ) t h r o n t . D e r aus dem B u r g t o r t r e t e n d e T ä t e r erbietet sich mit R e d e g e b ä r d e d e r rechtcn H a n d , die Burg entreden zu wollen. Weil dies

folio 42 verso

einerseits d u r c h Eid auf die H e i l i g e n g e s c h e h e n k a n n , t r ä g t d e r B u r g h e r r d a s R e l i q u i e n k ä s t c h e n (fehlt in Η u n d O ) in seiner r e c h t e n H a n d . D e s links g e s c h u l t e r t e n , n o c h in d e r Scheide g e t r a g e n e n Schwertes (fehlt in O ) b e d a r f d e r B u r g h e r r a n d e r e r s e i t s nicht m e h r , weil er d e n T ä t e r v o r g e f ü h r t h a t u n d d e s h a l b die T a t nicht selbst zu v e r a n t w o r t e n - d.h. mit kamphe entschuldigen (Zweik a m p f ) - b r a u c h t . A b w e i c h e n d Η u n d O : In Η f ü h r t d e r B u r g h e r r mit seiner r e c h t e n H a n d d e n T ä t e r aus d e m B u r g t o r , w ä h r e n d in Ο d e r B u r g h e r r d e n T ä t e r an d e s s e n Schulter e r g r e i f t u n d ihn an sein e r linken H a n d aus d e m T o r f ü h r t . 2. (Ldr. II 72§4): D e r aus d e m B u r g t o r t r e t e n d e b e k l a g t e B u r g h e r r (rotes G e w a n d ) - n u r in Η k o r r e k t im g r ü n e n G e w a n d mit Schapel - h a t es v e r s ä u m t , die B u r g i n n e r h a l b d e r d u r c h die r ö m i s c h e Z a h l IIIIII (fehlt in O ) am o b e r e n B i l d r a n d symbolisierten Frist von sechs W o c h e n zu entreden mit sime eide. D a m i t ist d e r B u r g h e r r zum Schadensersatz verpflichtet und zahlt dem neben dem Grafen s t e h e n d e n K l ä g e r (blaues G e w a n d ) mit seiner R e c h t e n d a s G e l d in dessen g e ö f f n e t e n H ä n d e ( a b w e i c h e n d Η u n d O : D o r t z a h l t d e r B u r g h e r r die M ü n z e n in d e n a u f g e h a l t e n e n R o c k s c h o ß des Klägers). Weil die Z a h l u n g an d e n K l ä g e r v o r G e r i c h t e r f o l g t (vgl. Ldr. III 61§1), ist n e b e n d e m s t e h e n d e n K l ä g e r d e r s i t z e n d e G r a f ( n u r in Η mit links g e s c h u l t e r t e m G e r i c h t s s c h w e r t ) dargestellt, d e r mit F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n auf die Z a h l u n d d a m i t auf d e n n i c h t e i n g e h a l t e n e n T e r m i n verweist. V o l l s t ä n d i g e r ist die D a r s t e l l u n g in O : H i e r s c h w ö r t d e r B u r g h e r r mit seiner r e c h t e n H a n d auf d a s R e l i q u i a r vor d e m R i c h t e r u n d entredet die Burg so mit sime eide. 3. (Ldr. II 72§5): Eine G r u p p e mit L a n z e n ( f e h l e n in O ) b e w a f f n e ter Reiter (in Η u n d Ο z u s ä t z l i c h mit K e t t e n p a n z e r n u n d W a f f e n r ö c k e n g e w a p p n e t ) verläßt eine Burg. D i e G e w a l t t a t , die sie a u s g e f ü h r t h a b e n , wird d u r c h einen älteren, am B o d e n l i e g e n d e n M a n n (mit Bart) a n g e d e u t e t , d e m die Reiter das P f e r d g e w a l t s a m a m Z ü gel f o r t f ü h r e n ( e i n d e u t i g e r Η u n d O : D o r t r e i ß e n die B e w a f f n e t e n d e m am B o d e n liegenden M a n n die Zügel n o c h aus seiner H a n d ) . Scheele, Delikte, S. 210. 4. (Ldr. III 1§1): N a c h e i n e m N o t z u c h t v e r b r e c h e n an einer Frau o d e r an einem M ä d c h e n soll das H a u s , in d e m die M i s s e t a t ges c h a h , z e r s t ö r t w e r d e n - so in d e r g r ö ß e r e n linken B i l d h ä l f t e d a r gestellt, w o zwei mit Ä x t e n b e w a f f n e t e M ä n n e r im Begriff stehen, die W ü s t u n g des mit g e ö f f n e t e r T ü r d a r g e s t e l l t e n H a u s e s zu vollz i e h e n . A u ß e r d e m sollen a u c h alle lebende ding, die beim N o t z u c h t s a k t z u g e g e n w a r e n , e n t h a u p t e t w e r d e n . In d e r r e c h t e n Bildh ä l f t e w i r d g e r a d e einem H u h n d e r K o p f a b g e s c h l a g e n , w ä h r e n d zu F ü ß e n d e s mit e i n e m S c h w e r t s t r a f e n d e n M a n n e s ( r o t - g r ü n e s G e w a n d ) n o c h eine G a n s u n d ein H u n d liegen (in Η ist d e r H u n d bereits g e k ö p f t ) . D i e R e d u z i e r u n g d e r bildlichen A u s s a g e in W , D u n d Η d ü r f t e auf k o m p o s i t i o n e i l e Ü b e r l e g u n g e n des jeweiligen Ill u s t r a t o r s z u r ü c k z u f ü h r e n sein. D e n n ausschließlich die D a r s t e l l u n g in Ο - die z u d e m in z w e i Bilder u n t e r t e i l t ist - zeigt die volls t ä n d i g e U m s e t z u n g d e r e n t s p r e c h e n d e n Textstelle: So e r s c h e i n t in Ο fol. 64r4 v o r d e m a m linken B i l d r a n d s i t z e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) , d e r mit G e r i c h t s s c h w e r t auf seinen K n i e n u n d mit B e f e h l s g e s t u s d e r r e c h t e n H a n d d a r g e s t e l l t ist, ein M a n n , d e r mit d e n S c h w u r f i n g e r n seiner r e c h t e n H a n d auf ein R e l i q u i a r s c h w ö r t , v e r m u t l i c h u m sich d u r c h Eid zu entreden ... noch rechte. M i t seiner e r h o b e n e n linken H a n d weist er auf das auf Befehl des R i c h t e r s v o n zwei M ä n n e r n mit Äxten g e w ü s t e t e , n o c h v e r s c h l o s s e n e H a u s . Ο fol. 6 4 v l stellt die E x e k u t i o n d e r b e i m N o t z u c h t s a k t a n w e s e n d e n T i e r e d a r . R e c h t s k ö p f t ein M a n n mit d e m S c h w e r t ein H u h n , w ä h r e n d links ein g e k ö p f t e s P f e r d , ein R i n d u n d ein H u n d am Bod e n liegend zu s e h e n sind. Ott, Sachsenspiegel-Ikonographie,

S. 41; Scheele, Delikte,

S.

174f.

5. (Ldr. III 2): Links im Bild ist d e r mit einem S c h w e r t g e g ü r t e t e Weltgeistliche ( T o n s u r ) auf einem P f e r d zu e r k e n n e n , d e m ein e b e n s o b e w a f f n e t e r J u d e ( S p i t z h u t u n d l a n g e r Bart) n a c h r e i t e t . D a m i t v e r s t o ß e n b e i d e g e g e n L d r . II 66§1, w o n a c h P e r s o n e n keine W a f f e n t r a g e n d ü r f e n , die u n t e r d e m täglichen F r i e d e n des K ö n i g s stehen. 6. (Ldr. III 3): I m B i l d z e n t r u m s t e h t eine s c h w a n g e r e Frau (deutlic h e r als solche in D zu e r k e n n e n ) an eine S t a u p s ä u l e g e b u n d e n . Sie w i r d v o n d e m in d e r r e c h t e n Bildhälfte s t e h e n d e n S c h e r g e n (mit K a p p e ) mit einem R u t e n b e s e n g e s t ä u p t . Links s c h n e i d e t ihr gleichzeitig ein z w e i t e r S c h e r g e das H a a r mit einer S c h e r e ab. D i e s c h w a n g e r e F r a u darf n i c h t h ö h e r als zu hut unde zu hare b e s t r a f t w e r d e n , da sie lebinde kint treit. I n s o f e r n n i m m t sie eine s t r a f rechtliche S o n d e r s t e l l u n g ein. W e n i g e r z u r ü c k h a l t e n d sind die D a r s t e l l u n g e n in Η u n d O : H i e r ist die s c h w a n g e r e Frau mit e n t b l ö ß t e m O b e r k ö r p e r u n d in Η z u d e m n o c h mit vielen blutigen W u n d e n w i e d e r g e g e b e n . - D e r d e m Bildstreifen e n t s p r e c h e n d e T e x t b e g i n n t auf fol. 43r. Scheele, Delikte, S. 232.

folio 43 recto

M a n en Jal vb' kein wip richte di lebinde - III kint treit hoer we zu hüt vn zü hare Vb' tore vn vb' JinneloJen raä en Jal mä o v ch nich 1 richte-weme Ji ab' J c h a d e - i r v o r m ü d e Jal Swer da wid' heijchet - I U I - d a s g e l d e · das he vor gebe o d ' vor k o ü f t hat vnde loüket des k o u f e s ab is o d ' loüket he d ' gäbe · ien' d ' Ji vnd' im hat müs Ji Jelbe dritte wol behalde mit den di is Jage Mit Julche gezüge en mag ab' ein mä den andere zu geweren nicht gewine ab ein äd' mä das gut vnd' im an v ä g e t - w e he en ket im m' vnjchult Sw' da k o u f e s bekenet d ' Jal is gew' Jin · des he vor k o u f t h a t · w e he is diep o d ' diebes genos · d ' des k o u f e s bekenet vfi d ' gew' lovkent he en habe Ji üs gejcheide mit gezüge Swas mä eine -V- da he Ji vor k o ü f t e · mäne liet o d ' tut zü behaldene o f f e b r mag hes gezüge Jelb dritte mä en mag en dübe noch roubes nich' d a r an gezien· dries vb' virzennacht Jal mä iene vor lade • vor zu Jtene Jin gut ab he wil · en tut hes nicht mä geweidig' des iene d' d a r uf clait· den tag Jal ab' kvdige d ' das gut v n d ' im h a t - i e m e des das gut is mit u r k ü d e zu h ü j e vn zü h o ü e ab hes ane Jchade bliben wil · Swelch mä Jin güt de and'en tut zu behaldene -wirt is im vor Jtoln o d ' abger o ü b ' o d ' vorbrät od' Jtirb' is ab is vie he en darf da keine not vme lide tut he Jin recht da vor das is ane Jine Jchult gejche Ji-was mä ab' de m ä n e liet o d ' Jezt das Jal he gelde noch Jime w ' d e o d ' he Jal is vnvorterb' wid' brege Stirb' ab' phert o d ' vie bine Jazzüge ane iens Jchult der das vndir im h a t - b e w i j e t hes vnde tut he Jin recht d a r zu he

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C. III. M a n ensal über kein wip richten, di lebinde kint treit, h o e r wen zu h u t u n d e zu hare. U b e r toren u n d e über sinnelosen man ensal man ouch nicht richten; weme si aber schaden, ir Vormunde sal das gelden. C. IUI. Swer da widerheischet, das he vorgeben o d e r v o r k o u f t hat, u n d e loukent he des koufes, ab is varnde habe is, oder loukent he der gäbe, iener, der si u n d e r im hat, mus si selbe dritte wol behalden mit den, di is sagen. Mit sulchen gezugen enmag aber ein man den anderen zu geweren nicht gewinnen, ab ein ander man das gut u n d e r im anvanget, wen he enket im mit unschult. Swer da k o u f e s bekennet, der sal is gewer sin, des he v o r k o u f t hat, wen he is diep oder diebes genos, der des k o u f e s b e k e n n e t u n d e der gewer loukent, he enhabe si usgescheiden mit gezuge, da he si v o r k o u f t e . C . V . Swas man eineme manne liet oder tut zu behaldene o f f e n b a r , mag hes gezugen selb dritte, man enmag en dube noch roubes nicht dar an gezien. Dries über virzennacht sal man ienen vorladen, vorzustene sin gut, ab he wil. E n t u t hes nicht, man geweidiget des ienen, der d a r uf clait. D e n tag sal aber kundigen, der das gut u n d e r im hat, ieme, des das gut is, mit u r k u n d e zu huse u n d e zu hove, ab hes ane schaden bliben wil. Swelch man sin gut deme anderen tut zu behaldene, wirt is im vorstoln o d e r abgeroubet o d e r vorbrant oder stirbet is, ab is vie is, he endarf da keine n o t u m m e liden, tut he sin recht da vor, das is ane sine schult gesehen si. W a s m a n aber deme m a n n e liet o d e r sezt, das sal he gelden noch sime werde, o d e r he sal is unvorterbet widerbrengen. Stirbet aber p h e r t oder vie binnen sazzunge ane iens schult, der das u n d i r im hat, bewiset hes u n d e tut he sin recht dar zu, he

7 lou6 nach h a t ] an u a r e n d e r h a u e O, an v a r e n d e r have Horn. k e n t W D H, besect O, b e s a k t Horn, he Η Ο Horn., fehlt W D. nach k o u f e s ] e d e r d e r g h i f t O, o d e r d e r gift Horn, v a r n d e h a b e is Η, fehlt WD. 717a ab - g ä b e fehlt Ο Horn. 15/16 l o u k e n t wie 7. 2 9 is Η Ο Horn., fehlt WD. 29/30 h e - liden] h e en darf da k e i n e n o t v m m e liden W D H, he blift des ane w a n d e l O, he ne d a r f d a r n e n e n o t umme liden Horn.

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Kapitel III. Man soll über keine Frau, die ein lebendes Kind trägt, höher als zu H a u t und H a a r richten. Uber Geisteskranke 1 und über Schwachsinnige 2 soll man auch nicht richten; wem sie aber Schaden zufügen, dem soll es ihr Vormund bezahlen. Kapitel IV. W e r zurückfordert, was er verschenkt oder verkauft hat, und bestreitet er den Verkauf, wenn es sich um Fahrhabe handelt, oder bestreitet er das Geschenk, jener, der sie (die Fahrhabe) in seiner H a n d hat, kann sie selbdritt mit Zeugen, die es sahen, erstreiten. Mit solchen Zeugen kann aber niemand den anderen als Gewährsmann gewinnen, wenn ein anderer das Gut in seiner H a n d durch Anfassen zurückfordert, denn er entgeht ihm mit seinem Unschuldseid, Wer sich zum Verkauf bekennt, der soll Gewährsmann (für das) sein, was er verkauft hat, denn der ist Dieb oder Diebesgenosse, der den Kauf bekennt, aber die Gewährschaft bestreitet, er habe sie denn vor Zeugen ausgeschlossen, als er verkaufte. Kapitel V. Was man einem Mann leiht oder öffentlich zur Aufbewahrung gibt, kann er es selbdritt bezeugen, so darf man ihn weder des Diebstahls noch des Raubes daran bezichtigen 3 . Dreimal über vierzehn Nacht 4 soll man aber jenen vorladen, sein Gut zu vertreten 5 , wenn er es will. T u t er es nicht, so gibt man es in die Gewalt 6 desjenigen, der darauf klagt. Den Gerichtstag soll aber der, der das Gut in Händen hat, demjenigen verkünden, dem das Gut gehört, (und zwar) mit Zeugnis zu Haus und zu H o f , wenn er davon keinen Nachteil haben will. Welcher Mann sein Gut einem anderen zur Aufbewahrung gibt, und wird es ihm gestohlen oder geraubt oder verbrannt oder stirbt es, sofern es ein Tier ist, so braucht dieser (der Verwahrer) keinen Nachteil darum zu leiden, wenn er sich getraut, einen Eid darauf zu leisten, daß es ohne sein Verschulden geschehen sei. Was man aber einem Mann leiht oder verpfändet, das soll er seinem Wert entsprechend bezahlen, oder er soll es unbeschädigt 7 zurückgeben. Stirbt aber ein Pferd oder Vieh, während es verpfändet ist, ohne Schuld desjenigen, der es in Händen hat, und beweist er es und wagt er, den Eid darauf zu leisten, so braucht er

1 tor, tore sw.M. ,Narr, Tor, Schwachsinniger'; 2 sinnelos Adj. .nicht bei Verstand, wahnsinnig, unverständig, töricht'; 3 geziehen, md. gezien st.V. .zeihen, bezichtigen, beschuldigen 1 ; 4 vierzehennacht, md. virzennacht st.F. .vierzehn Nächte, die Frist eines halben Monats', zu vierzehen num.card, .vierzehn'; 5 vorstan, vorsten unr.V. .sorgen für, vertreten, regieren'; 6 gewaltigen, geweitigen sw.V. ..Gewalt antun, überwältigen, etwas in seine Gewalt bringen', hier ,in die Gewalt eines anderen geben'; 7 unverderbet Part.Adj. unbeschädigt', zu verderben st.V. ,zu Schaden kommen, zunichte werden'.

folio 43 recto

1. (Ldr. III 3): Links verletzt ein mit Schellen und Glocken herausgeputzter barfüßiger T o r (in Η zusätzlich mit Bart) mit einem in seiner rechten H a n d geführten Gegenstand (Schlegel oder Sichel) die vor ihm stehende Person am Kopf. Rechts zahlt der Vormund des Geisteskranken Schadenersatz in die halb nach oben geöffneten H ä n d e eines Dritten; denn Geisteskranke können sich nicht strafbar machen. Auffallend ist die Tatsache, daß der Illustrator den Verletzten und den Empfänger des Schadenersatzes nicht als ein und dieselbe Person verstanden hat (möglicherweise Vater oder Vormund eines Kindes; vgl. H, weil dort die verletzte Person deutlich kleiner dargestellt ist). Die Illustrationen in Η und Ο sind vollständiger, da man hier deutlich die vom Vormund gezahlten Geldstücke sieht. Scheele, Delikte, S. 237 2. (Ldr. III 4§1): Mit dem Aufmerksamkeitsgestus seiner linken Hand erhebt der Mann im grün-roten (mi parti) Kleid Anspruch auf den blauen Mantel, den der ihm gegenüberstehende Mann auf seinem Arm hat. Er fordert diesen Mantel zurück, indem er mit seiner rechten Hand danach greift. Dagegen schwört der Mann im roten Kleid mit zwei Zeugen, also selbdritt, daß er den Mantel zu Recht behalten darf. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 87, 91. 3. (Ldr. III 4§2): Im Bildzentrum hält der Käufer (grüner Rock) das gekaufte Pferd bereits am Zügel und zahlt mit seiner rechten H a n d dem Verkäufer in dessen halb nach oben geöffnete linke Hand den durch die gezahlten M ü n z e n bezeichneten Kaufpreis. Der Geldempfänger lehnt jedoch dem Text entsprechend die Gewährschaft (vgl. Ldr. II 15§1) mit Fingerzeig seiner rechten H a n d vor Zeugen ab. Somit können die vom Käufer mitgebrachten, hinter ihm stehenden zwei Zeugen/Bürgen, die sich als solche durch ihre Handgebärden (in Η mit deutlicher Schwurfingerhaltung) ausweisen, im gegebenen Fall sowohl den Fahrniskauf wie auch die Ablehnung der Gewährschaft des Verkäufers bezeugen. Stark abweichend ist die Illustration in O : Hier sind insgesamt nur drei Personen abgebildet. Hinter dem Käufer steht nur ein Zeuge, der ebenso die rechte H a n d vorstreckt. Zudem hält der Verkäufer den Hals des Pferdes mit seiner Linken umschlungen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 90. 4. (Ldr. III 5§3): Links steht ein in Verwahrung gegebenes Pferd in einem brennenden Stall. Auf diesen Sachverhalt deutet der am rechten Bildrand stehende klagende Einsteller (Eigentümer), der mit Redegebärde seiner rechten und mit Fingerzeig seiner linken Hand für das zu T o d e gekommene Tier Ersatz fordert. Der Verwahrer (in rotem Rock) lehnt jedoch die H a f t u n g ab, weil die untergestellte Sache, hier also ein Pferd, ohne seine Schuld (Brand eines Stalles) vernichtet worden ist. Darauf deutet der Aufmerksamkeitsgestus seiner linken H a n d . Außerdem schwört er sich durch einen Eid auf die Reliquien frei (vgl. auch Ldr. II 12§7; Ldr. III 71§1). Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86; Scheele, Delikte, S. 218. 5. (Ldr. III 5§3): Rechts fordert der Pfandgeber (Fingerzeig der erhobenen rechten Hand) f ü r den T o d seines verpfändeten Tieres Ersatz. Stellvertretend für das tote Pfandobjekt weist der Pfandnehmer die Haut des Tieres, über einem Stock getragen, zur leiblichen Beweisung vor. Mit Fingerzeig seiner erhobenen rechten H a n d (in Η deutliche Schwurfingergebärde) beschwört der Pfandnehmer seine Unschuld: tut he sin recht dar vor (vgl. W fol. 44r5; D fol. 38r5; Η fol. 14r5; Ο fol. 67r3). Ausführlicher ist die Illustration in Ο fol. 65vl: D o r t f ü h r t der Pfandnehmer zur leiblichen Beweisung nicht die Haut, sondern den Leichnam des Tieres vor. Zudem beschwört der Pfandnehmer korrekt mit Fingerzeig seiner rechten H a n d auf die Reliquien seine Unschuld.

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folio 43 verso en gilt is nich'-he hat ab' Jin gelt vorlorn-da is im vor Jtünt-ir gelübde en Jtünde dene ädirs Vor topilt ein knecht J"ins h're gut -VI· od' vorjezt hes od' vor koüft hes d' h're mag is wol wid' vordem m' rechte · das he Jich dar zü czie als recht is vor topilt he ab' /ins Jelbis g u t - o d ' zu welch' wis hes gelojit mit wille · der h're en mag da nicht üf gevordirn we he en ijt is im nicht phlichtig zü geldene · al habe he im Jin vor liejin gejazt Wirt ab' im Jin phert od' and' Jin gilt· vor Jtoln od' ab geroübit indes h're dinjte ane des knechtis Jchult das müs d' h're gelde · da uor müs mä ouch de h'ren entw'te ab he dar uf claget Der lüde en müs des krijte mänis -VII· gew' nicht Jin he en wolle entw'te an krijtens mänes Jtat Slet d' iüde eine krijten mä od' tüt he vngerichte da he mite beg'ffe wirt mä richtit vb' en als vb' eine krijte · Slet o v ch d' krijte eine iüde mä richtet vb' en we he des küniges vride an im geb°chen hat-DiJen vride irwarp ein iüde d' his iojaphus wid' den künig vejpejianü da he Jine Jon titü gejüt machte vö d' gicht Kouft d' iüde od' nimt he zü phäde kelche büch' od' gerwe · da he keine gew'n an hat vint mä is injine gew'n mä richtit vb' en alje ub' eine diep · Swas he ädirs dinges koüfit vn vorholn vn vnvorjtoln bi tagis lichte vn nich 1 in bejlojfene hüje mag hes gezüge Jelb dritte he behelt Jine phenlge dar an · di he dar vme gap od' uf tet mit Jime eide ab is vorJtoln is gebricht im an deme gezüge he vor Man Jait das / -VIII· lüjit Jine phenlge· bürge vn vorjte keine vride en Juln habe de mä an in gebreche müge durch di were di dy bürge habe vn durch di w'hafte

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engilt is nicht. H e hat aber sin gelt vorlorn, da is im vorstunt, ir gelubde enstunde denne andirs. C.VI. Yortopilt ein knecht sins herren gut oder vorsezt hes oder vorkouft hes, der herre mag is wol wider v o r d e m mit rechte, das he sich dar zu czie, als recht is. Vortopilt he aber sins selbis gut, oder zu welcher wis hes gelosit mit willen, der herre enmag da nicht uf gevordirn, wen he enist is im nicht phlichtig zu geldene, al habe he im sin vorliesin gesazt. Wirt aber im sin phert oder ander sin gut vorstoln oder abgeroubit in des herren dinste ane des knechtis schult, das mus der herre gelden, da vor mus man ouch deme herren entworfen, ab he dar uf claget. C.VII. Der jude enmus des kristen mannis gewer nicht sin, he enwolle entworten an kristens mannes stat. Slet der jude einen kristen man oder tut he ungerichte, da he mite begriffen wirt, man richtit über en als über einen kristen. Slet ouch der kristen einen juden, man richtet über en, wen he des kuniges vride an im gebrochen hat. Disen vride irwarp ein jude, der his Josaphus, wider den kunig Vespesianum, da he sinen son Titum gesunt machte von der gicht. Kouft der jude oder nimt he zu phande kelche, bucher oder gerwe, da he keinen gewern an hat, vint man is in sinen gewern, man richtit über en alse über einen diep. Swas he andirs dinges koufit unvorholn unde unvorstoln bi tagislichte unde nicht in beslosseneme huse, mag hes gezugen selb dritte, he behelt sine phenninge dar an, di he dar umme gap oder dar uf tet mit sime eide, ab is vorstoln is. Gebricht im an deme gezuge, he vorlusit sine phenninge. C.VIII. Man sait, das bürge unde vorsten keinen vride ensuln haben, den man an in gebrechen muge, durch di were, di di bürge haben, unde durch di werhaften

7 nach g u t ] e d e r u o r s a t h e t e d e r u o r c o f t h e t O, o d e r versat he't, o d e r v e r k o f t he't Horn. 10 nach g e s a z t ] also nis m e n e m e io nicht plichtich to a n t w o r d e n e O, also n'is m a n ime nicht p h c h t i c h d a r vore t o a n t w e r d e n e Horn. 11/12 v o r s t o l n o d e r a b g e r o u b i t W, v o r s t o l n o d e r ab g e r o u b e t D, v o r stoln a d e r ab g e r o u b e t H, d u f l i k e e d e r r o f l i k e g h e n o m e n O, d ü f l i k e o d e r r ö f l i k e g e n o m e n Horn. 20 nach j u d e n ] e d e r d o t he u n g h e r i c h t e an e m e O. 25 p h a n d e WD H, w e d d e Ο Horn. 32 d a r Η Ο Horn., fehlt WD.

229 es nicht zu bezahlen. E r hat aber sein Geld verloren, w o f ü r es ihm verpfändet w o r d e n war, wenn es ihr gegenseitiges Versprechen nicht anders vorsah. Kapitel VI. Verspielt 1 ein Knecht das G u t seines H e r r n o d e r versetzt er es oder v e r k a u f t er es, so kann es der H e r r mit Recht z u r ü c k f o r d e r n , wenn er sich darauf beruft, wie es Recht ist. Verspielt er (der Knecht) aber sein eigenes Gut, oder auf welche Weise er es mit seinem Willen verliert 2 , so kann der H e r r es nicht von ihm z u r ü c k f o r d e r n , denn er ist nicht verpflichtet, ihn zu bezahlen, auch w e n n er ihm Ersatz f ü r seinen Verlust zugesagt hat. W i r d aber ihm (dem Knecht) sein P f e r d o d e r ein anderes G u t gestohlen oder geraubt im Dienst des H e r r n o h n e Verschulden des Knechtes, so m u ß es ihm der H e r r ersetzen; d a f ü r m u ß man sich auch dem H e r r n gegenüber verantworten, wenn er darauf klagt. Kapitel VII. D e r J u d e b r a u c h t des Christen G e w ä h r s m a n n nicht sein, es sei denn, er wolle sich an Stelle des Christen verantworten. Erschlägt ein J u d e einen Christen oder begeht er gegen ihn eine Gewalttat, bei der er ergriffen wird, so richtet man über ihn wie über einen Christen. Erschlägt ferner ein Christ einen Juden, so richtet m a n ihn, weil er den Königsfrieden an ihm gebrochen hat. Diesen Frieden erwirkte 3 ein Jude, der Josephus hieß, bei K ö n i g Vespasian, als er dessen Sohn Titus von der Gicht heilte. K a u f t ein J u d e oder nimmt er z u m P f a n d Kelche, Bücher o d e r Gewänder, f ü r die er keinen G e w ä h r s m a n n hat, u n d findet m a n diese in seinem Besitz, so richtet man über ihn wie über einen Dieb. W a s er (der Jude) an anderen Sachen unverhohlen u n d unverstohlen bei Tageslicht u n d nicht in einem verschlossenen H a u s k a u f t , kann er es selbdritt mit einem Eid bezeugen, u n d er behält die P f e n n i g e daran, die er d a f ü r gab o d e r darauf lieh mit seinem Eide, obwohl es (das Gut) gestohlen ist. Fehlt ihm aber das Zeugnis, so verliert er seine Pfennige. Kapitel VIII. M a n sagt, d a ß Burgen u n d Fürsten keinen Frieden haben sollen, den man ihnen brechen könne, a u f g r u n d der W e h r b e festigung 4 , die die Burgen haben, u n d a u f g r u n d der w e h r h a f t e n

1 vertopeln, vertoppeln sw.V. ,durch Würfelspiel verlieren'; 2 losen sw.V. .verloren gehen, verlieren'; 3 erwerben st.V. .erreichen, gewinnen, erwirken'; 4 wer, were st.F. .Verteidigung, Wehr, Wehrbefestigung'.

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1. (Ldr. III 6§1): Der Knecht im blauen Rock verspielt links beim Würfelspiel einen grünen Mantel seines Herrn. Der Gewinner, der den Mantel an sich genommen hat, steht in der rechten Bildhälfte (gleiches Obergewand; noch eindeutiger in H) dem H e r r n (grünes Kleid und Schapel) des Knechtes gegenüber, der einen Eid auf die Reliquien leistet, um so seinen Mantel zurückzufordern. 2. (Ldr. III 6§3): Während der Knecht - offensichtlich außerhalb des Stalles - schläft (in Ο zeigen M o n d und Sterne die Nachtzeit an), wird sein Pferd von einem Dieb aus dem Stall gestohlen. Weil der Knecht zum Zeitpunkt des Diebstahls im Dienst seines Herrn stand, erstattet ihm der Herr (grünes Kleid, Schapel) in der linken Bildhälfte den Wert des Pferdes in Geld. Scheele, Delikte, S. 199f.; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 190. 3. (Ldr. III 7§§2,3): Es wird nur ein Teil der im Text genannten Tatbestände, zudem in zwei unterschiedlichen Zeitstufen, berücksichtigt. Links wird einem aus dem Bild schreitenden Juden (mit Spitzhut und Bart) von einem Christen Gewalt angetan. Der lahm herunterhängende linke Arm des Juden (in D nicht erkennbar) könnte ein Indiz f ü r die im Text genannte Verwundung des O p fers sein. Eindeutiger ist die Darstellung in H, wo dem Juden zusätzlich eine blutige Verwundung am Arm zugefügt worden ist. Die rechte Bildhälfte zeigt die Rechtsfolgen vor Gericht. Der im langen Büßerhemd am Boden liegende Täter (in Η deutlich an der identischen Farbe seines Rockes als Täter erkennbar) wird, weil er durch seine Missetat des kuniges vride an dem Juden gebrochen hat, gerichtlich verurteilt. Das Urteil, dessen Vollstreckung der am rechten Bildrand thronende Richter mit Befehls- und Aufmerksamkeitsgestus geboten hat, ist vom Henker bereits vollstreckt worden. Nach Ldr. II 13§5 wird der Täter mit der üblichen Bestrafung durch das Schwert (Enthauptung) gerichtet. Der hinter dem Körper des Toten stehende H e n k e r wischt mit seinem Rockzipfel das Blut vom Richtschwert. Scheele, Delikte, S. 146, 231, 237. 4. (Ldr. III 7§4): Vor dem thronenden Richter (Graf) - in Ο mit Gerichtsschwert - steht ein Jude (mit Spitzhut und Bart), den der Kläger beschuldigt, verbotswidrig christliche Kultgegenstände (Kelch und Meßbuch; unberücksichtigt bleiben die im Text genannten Kirchengewänder) erworben und in seinem Besitz zu haben. Da er d a f ü r keinen Gewährsmann benennen kann, richtet der Graf (Befehlsgestus) über den Juden wie über einen Dieb, d.h. er wird nach üblichem Brauch gehängt (Vermischung von älteren und jüngeren Rechtsbräuchen in der Darstellung; in O: Oberkörper des Gehängten ist entblößt, H ä n d e sind auf dem Rücken geknebelt, Augenbinde; in H : Augenbinde und übereinandergebundene Hände vor dem Körper). Dies zeigt die linke Bildhälfte, wo der Henkersknecht (mit Kappe in W, D, H) noch im Begriff steht, den bereits am gabelartigen Galgen hängenden Juden durch den Strang hinzurichten. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 87; Peters, Fronbote, S. 87; Scheele, Delikte, S. 204, 237. 5. (Ldr. III 8): Die Lilie auf einer der oberen Zinnen der Burg ist Zeichen ihrer Befriedung. Mithin läge bei einem Angriff auf die Burg und deren Bewohner (nur in D und W sind darunter eine Frau und ein Mädchen) Friedebruch vor. Eine Schar bewaffneter und gerüsteter Reiter verläßt gerade die Burg. Die Lilie in der H a n d des vorderen besagt, daß der Friedensschutz f ü r die Berittenen trotz Bewaffnung fortbesteht. In Η und Ο ist einer der Reiter durch Fahne, Schapel und Kleidung, wie es der Text fordert, als Fürst gekennzeichnet; in D und W ist dieses wichtige Detail unberücksichtigt geblieben.

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lüte di di vor/te Juln vüre • des en is doch nich 1 • wen Jw' de vor/te vride glob' vn en truwe phlichtig is · bricht he de vride mä Jal vb' en richten · Sw' da b 2 ge wirt eins mänes in vor ·ΙΧ· gerichte zü bregene · vn en mag he Jin nicht gehabe alje he vor brege /al • he müs b e j / e r n - d a nach das he beclait w a s · w e he an der clage gewnne is-get im ab' di clage an de lip he müs gebe Jin w ' g e l t - d a s wirt de cleg'e vn nicht de richt'e-J"in gewette hat ab' he d a r anZu d ' Jelbe wis Jal mä de vride beJJ'n de ein mä vor den ädirn g l o b t · bricht ab' ein mä de vride de he vor / i c h /elbe glob'-is get im an de hals· w' ab' bürge wirt eins mänes vor gerichte en zü bregene · kvmt d' mä vor ane de bürge · vn büt he / i c h zü rechte vn mag hes gezüge / i n bürge is l e d i g - / w ' ab' borgit eine gevangene mä wid' zu e n t w ' t e n e - d a s mus d' b 2 ge wol üolbrege das he wid' geentw'tit / i al/e / i n gelübde / t ü t - v f i nicht der gevägene mä Swel mä eine beclagete mä vme vngerichte geweldicliche de gerichte e n p h ü r t · wirt he geväge he lidit gliche pine y e m e · kvmt ab' he hin weg mä vor ve/tit en zü hät ab he in d ' tat mit de gerüfte be/chriet is-vn man das gezügen m a g · ·Χ· Sal ei mä zü be/cheidene tage eine vor ge richte brege d ' vme vngerichte · beclait is / t ' b i t he d a r vnd' he brege en al/e tot v o r · vn / i ledig-Is he ab' vme / c h ü l t beclait di noch uf en nicht brach 1 en is-/t'bit he inde tage · mä en / a l en nich' vor brege ab d' b 2 ge /elb dritte / i n e tot gezüge m a g - / i n erbe /al ab' entw'te vor di / c h u l t Stirb' phert o d ' vie das mä vor brege d' b 2 ge brege di hut vor Sw' ab' vor eide b 2 ge / e z t X I · vn / i ledig · /tirbit he er he den eit tun /ulle / i n erbe

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lute, di di vorsten suln vuren. Des enis doch nicht. W e n swer den vorsten vride globet u n d e en truwe phlichtig is, bricht he den vride, man sal über en richten. C. IX. Swer da bürge wirt eins mannes, in vor gerichte zu brengene, u n d e enmag he sin nicht gehaben, alse he in vorbrengen sal, he mus bessern da nach, das he beclait was, wen he an der clage gewunnen is. Get im aber di clage an den lip, he mus geben sin wergelt. Das wirt deme clegere u n d e nicht deme richtere, sin gewette h a t aber he dar an. Zu der selben wis sal man den vride bessern, den ein man vor den andirn globt. Bricht aber ein m a n den vride, den he vor sich selbe globet, is get im an den hals. W e r aber bürge wirt eins mannes, vor gerichte en zu brengene, k u m t der man vor ane den bürgen, u n d e but he sich zu rechte, u n d e mag hes gezugen, sin bürge is ledig. Swer aber borgit einen gevangenen man wider zu entwortene, das mus der bürge wol volbrengen, das he wider geentwortit si, alse sin gelubde stunt, u n d e nicht der gevangene man. SwelcA man einen beclageten man u m m e ungerichte geweldiclichen deme gerichte enphurt, wirt he gevangen, he lidit gliche pine ieme. K u m t aber he hinweg, man vorvestit en zu hant, ab he in der tat mit deme g e r u f t e beschriet is u n d e man das gezugen mag. C . X . Sal ein man zu bescheidenen tagen einen vor gerichte brengen, der u m m e ungerichte beclait is, stirbit he d a r under, he brenge en alse tot vor unde si ledig. Is he aber u m m e schult beclait, di noch uf en nicht brächet enis, stirbit he in deme tage, man ensal en nicht vorbrengen, ab der bürge selb dritte sinen tot gezugen mag. Sin erbe sal aber entworten vor di schult. Stirbet phert o d e r vie, das man vorbrengen sal, der bürge brenge di hut vor unde si ledig. C. XI. Swer aber vor eide bürgen sezt, stirbit he, er he den eit tun sulle, sin erbe

6 g e h a b e n WD Η Horn., u o r e b r i n g h e n O. alse - sal Η, alse he v o r b r e n g e n sal WD, alse h e ine v o r b r i n g e n sal Horn., fehlt O. 13 nach hals] vgl. Horn. Ldr. III 9§2. 13 ane W D Η Ο, s u n d e r Horn. 16 nach sich] u o r g h e r i c h t e O, v o r g e r i c h t e Horn. 21 Swelch D H, Swel W, Swelik O, Swelk Horn. 23 nach g e v a n g e n ] mit g e r ü c h t e Horn. 25 nach d e r ] h a n t h a f t e n d a t g h e s e n h e u e t u n d e O, h a n t h a f t e n d a t gesen hevet u n d e Horn. 33 nach m a g ] so is de b o r g h e ledich O, so is di b ü r g e ledich Horn. 35 sal Η Ο Horn., fehlt WD.

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Besatzung, die die Fürsten mit sich führen sollen. Dies ist aber nicht so. Denn wer den Fürsten Friede gelobt hat und zu Treue verpflichtet ist, bricht er diesen Frieden (ihnen gegenüber), so muß man über ihn richten. Kapitel IX. Wer Bürge eines Mannes wird, ihn vor Gericht zu bringen, und er kann seiner nicht habhaft werden, wenn er ihn vor Gericht bringen soll, so muß er dafür Genugtuung leisten, weswegen jener verklagt war, wenn er (der Beklagte) überführt ist. Geht ihm aber die Klage an das Leben, so muß er (der Bürge) sein Wergeid zahlen. Dies fällt an den Kläger und nicht an den Richter; doch hat er (der Richter) sein Gewette daran. In der gleichen Weise soll der Friede gebüßt werden, den ein Mann f ü r einen anderen gelobt hat. Bricht aber ein Mann den Frieden, den er f ü r sich selbst gelobt hat, so geht es ihm an den Hals. Wer aber Bürge eines Mannes wird, ihn vor Gericht zu bringen, und jener Mann kommt ohne den Bürgen und stellt sich dem Gericht nach Recht, und er kann es durch Zeugen beweisen, so ist sein Bürge befreit. Wenn aber jemand d a f ü r bürgt, einen Gefangenen wieder zu überantworten, so muß der Bürge beweisen, daß jener wieder überantwortet sei, wie er gelobt hatte, und nicht der Gefangene. Wer einen wegen eines Verbrechens angeklagten Mann dem Gericht gewaltsam entführt, wird er gefangen, so erleidet er die gleiche Strafe 1 wie jener. Entkommt er aber, so verfestet man ihn auf der Stelle, wenn man ihn auf (handhafter) T a t (gesehen hat) und dies mit Gerüfte beschrien worden ist und man dies bezeugen kann. Kapitel X. Wenn man zu festgesetzten Gerichtstagen einen Mann vor Gericht bringen soll, der wegen eines Verbrechens angeklagt ist, und stirbt er inzwischen, so bringe man ihn tot vor Gericht und sei frei. Ist er aber wegen einer Schuld beklagt, deren er noch nicht überführt ist, und stirbt er bis zum Gerichtstag, so soll man ihn nicht vor Gericht bringen, wenn der Bürge seinen T o d selbdritt bezeugen kann. Sein Erbe muß sich aber f ü r die Schuld verantworten. Stirbt Pferd oder Vieh, das man vor Gericht bringen soll, der Bürge schaffe die H a u t herbei und sei frei. Kapitel XI. Wer aber f ü r seinen Eid einen Bürgen stellt, und er stirbt, bevor er den Eid ablegen sollte, dann muß sein Erbe

1 pin st.M., pine, pin st.sw.F. ,Strafe, Leibesstrafe', , Q u a l , Pein'.

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1. (Ldr. III 9§1): V o r d e m R i c h t e r (in Ο mit G e r i c h t s s c h w e r t ) s t e h t ein Bürge, d e r g e l o b t (Gestus), d e n Beklagten z u m T e r m i n v o r G e richt zu b r i n g e n . D a m i t v e r h i n d e r t er ( H a n d a u f l e g u n g ) , d a ß d e r gefesselte Beklagte von d e m K l ä g e r in die H a f t a b g e f ü h r t w i r d . 2. (Ldr. III 9§2): D a s Bild zeigt die B ü r g s c h a f t s l e i s t u n g f ü r d e n Frieden mittels e i n f a c h e r H a n d r e i c h u n g . Im B i l d z e n t r u m g e l o b t d e r linke d e r b e i d e n dargestellten M ä n n e r mit t y p i s c h e r G e l ö b n i s g e b ä r d e d e n Frieden f ü r seine P e r s o n . Eine geknickte, zu B o d e n g e n e i g t e Lilie ( F r i e d e n s s y m b o l ; a n d e r s H : D o r t ist die Lilie mit geb r o c h e n e m Stengel abgebildet, w ä h r e n d sie in Ο bereits g e b r o c h e n zu B o d e n fällt) in seiner linken H a n d d e u t e t an, d a ß er b e a b s i c h tigt, d e n Frieden zu b r e c h e n . Sein G e l ö b n i s p a r t n e r , d e r dies o f f e n b a r d u r c h s c h a u t , zeigt w a r n e n d auf einen am B o d e n l i e g e n d e n g e r i c h t e t e n F r i e d e b r e c h e r mit k r e u z w e i s e g e b u n d e n e n H ä n d e n , dessen K o p f vom R u m p f g e t r e n n t ist. In d e r linken B i l d h ä l f t e d e u tet ( h i n t e r d e m B i l d b u c h s t a b e n Z ) eine N e b e n f i g u r mit F i n g e r z e i g d e m S c h a r f r i c h t e r n e b e n sich ( d e r sein e n t b l ö ß t e s S c h w e r t n o c h abwischt) an, d a ß a u c h d e r G e l o b e n d e g e r i c h t e t w e r d e n soll, w e n n er d e n z u g e s a g t e n F r i e d e n tatsächlich bricht. D i e zwei a m r e c h t e n B i l d r a n d s t e h e n d e n Z e u g e n z e i g e n mit h i n w e i s e n d e r G e b ä r d e ebenfalls auf d e n F r i e d e b r e c h e r a m B o d e n . D i e B i l d k o m p o s i t i o n in Ο ist eine a n d e r e : A m linken B i l d r a n d s t e h t der S c h a r f r i c h t e r allein, w ä h r e n d h i n t e r d e n b e i d e n g e l o b e n d e n M ä n n e r n im B i l d z e n t r u m jeweils d i r e k t zwei w e i t e r e Z e u g e n s t e h e n . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83. 3. (Ldr. III 9§5): D e r A n g e k l a g t e (in Fesseln) soll g e w a l t s a m ( e r h o b e n e s S c h w e r t des Befreiers) aus d e m G e r i c h t e n t f ü h r t w e r d e n . U m dies zu v e r h i n d e r n , e r g r e i f t d e r n e b e n d e m R i c h t e r (in Ο mit G e r i c h t s s c h w e r t ) s t e h e n d e d r i t t e M a n n (in Η als F r o n b o t e k e n n t lich g e m a c h t ) die S c h w e r t h a n d des B e f r e i e r s (in D u n d Ο wie d e r G e f a n g e n e mit leerem, in Η mit a u s g e f ü l l t e m W a p p e n s c h i l d ) u n d schreit d a s G e r ü f t e ( S y m b o l des g e s c h u l t e r t e n S c h w e r t e s ) . Naß, Wappen, S. 214, 266. 4. (Ldr. III 10§1): Weil d e r B ü r g e (rotes G e w a n d ) , d e r die g e r i c h t liche Stellung des T ä t e r s im P r o z e ß g e l o b t hat, diesen nicht m e h r lebend v o r G e r i c h t b r i n g e n k a n n , e r s c h e i n t er mit d e m L e i c h n a m (blaues G e w a n d ) v o r d e m t h r o n e n d e n G r a f e n . M i t A u f m e r k s a m keitsgestus seiner linken H a n d e n t l e d i g t er sich d a m i t seiner B ü r g s c h a f t s p f h c h t . D i e s bestätigt d e r R i c h t e r d u r c h F i n g e r z e i g auf d e n e r h o b e n e n A r m des T o t e n (leibliche Beweisung) u n d mit R e d e g e b ä r d e seiner r e c h t e n H a n d . N u r in Ο ist d e r R i c h t e r k o r r e k t mit d e m G e r i c h t s s c h w e r t auf d e n K n i e n dargestellt, d a d e r T ä t e r umme ungerichte a n g e k l a g t ist. 5. (Ldr. III 10§3): D e r B ü r g e bringt, weil d a s T i e r i n z w i s c h e n ges t o r b e n ist, die ü b e r einem S t o c k g e t r a g e n e H a u t des T i e r e s v o r G e r i c h t u n d e n t l e d i g t sich d a m i t seiner B ü r g s c h a f t . D e r t h r o n e n d e R i c h t e r ( G r a f ) bestätigt die B e f r e i u n g von d e r B ü r g s c h a f t s p f l i c h t mit d e n gleichen H a n d g e b ä r d e n wie in Bildzeile 4. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 83.

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folio 44 verso o d ' Jin b 2 ge müs den eit vor en tiin · zu gelobt' czit o d ' di Jchult is uf de b 2 ge gewnne da d ' Sw' ü f f e den / - X I I · / eit vor gelob 1 was · äd'en clait vn ien' wid' uf en d ' alrejt clait· d ' en hat ieme nich 1 zu entw'te · he en Ji vö im alrejt ledig-klage vil lüte uf eine mä vngerichte · he en h a t ir keime nich' zu entw'tene · er he des e r j t e ledig Ji · wirt o T ch di clage getagit he en darf keine bürge Jezze we vor Jin w'gelt alleine Ji der clage vil· / -XIII· W i r t e! mä durch vngerich" vor gerichte beclait da he nich' zü entw'te is vn wirt im vor geteding' · k ü m t d ' cleg' en an · inden tedige he müs en wol bejtetige zu r e c h " d u r c h Jine Jchuldigüge a l j o läge bis he bürge Jezze vor zü k ü m e n e we d ' rieht' wirk' vride deme d ' da clait · ν ή nich' d e m e - d e mä an Jine kegew'te A b d ' mä an Jins v o r j p r e X I I I I · vor ledit · che w o r t nich 1 en giet di wile blibe he an J c h a d e Jins v o r j p r e c h e w o r t e - w ' durch vngerichte beclait wirt · d ' bitte zü e r j t d ' gew'e · di wile di gew' vngelobit is J o mag der cleg' b e j j e r n Jine clage vn da noch nicht· / XV· A b zwene uf ein güt Jpreche noch dem d r i j e g i j t e · ien' d ' is vnd' im h a t · d ' en Jal is irkeime entw'te-Ji en vor ebene Jich mit minne · o d ' ir ein en wije de ädern ab vor gerichte mit r e c h t e · / -XVI· Sw' J o h'gewete o d ' gerade o d ' erbe noch de d r i j e g i j t e weigert m' vngerichte zü gebene Jchuldig' mä en d a r vme vor gerich" he müs da vor wette vn b ü j e gebe Is ein gut vö zwen m ä n e an Jpreche heijehit is d ' rieht' zu rechte mä Jal is im entw'te vn he Jal is v n d ' im habe bis Ji Jich d a r vme bejeheide noch rech' e · vn ien' Ji is led 8 d ' is deme richt'e entw'te Sw' J o h'gewete vordirt d ' Jal vö Jw'thalben

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o d e r sin bürge mus den eit vor en tun zu gelobter czit, oder di schult is uf den bürgen gewunnen, da der eit vor gelobet was. C . X I I . Swer u f f e den anderen clait u n d e iener wider uf en, der alrest clait, der enhat ieme nicht zu entworten, he ensi von im alrest ledig. Klagen vil lute uf einen m a n ungerichte, he enhat ir keime nicht zu entwortene, er he des ersten ledig si. W i r t ouch di clage getagit, he endarf keine bürgen sezzen wen vor sin wergelt, alleine si der clage vil. C . X I I I . W i r t ein m a n d u r c h ungerichte vor gerichte beclait, da he nicht zu entworte is, u n d e wirt im vor getedinget, k u m t der cleger en an in den tedingen, he mus en wol bestetigen zu rechte durch sine schuldigunge also lange, bis he bürgen sezze v o r z u k u m e n e . W e n der richter wirket vride deme, der da clait, u n d e nicht deme, den man an sine kegenwerte vorledit. C. XIIII. Ab der man an sins vorsprechen w o r t nicht engiet, di wile blibe he ane schaden sins vorsprechen worte. W e r durch ungerichte beclait wirt, d e r bitte zu erst der gewere. Di wile di gewer ungelobit is, so m a g d e r cleger bessern sine clage u n d e da noch nicht. C . X V . Ab zwene uf ein gut sprechen noch dem drisegisten, iener, der is u n d e r im hat, d e r ensal is ir keipie entworten, si envorebenen sich mit minnen o d e r ir ein enwise den a n d e r n ab vor gerichte mit rechte. C . X V I . Swer so hergewete oder gerade o d e r erbe noch deme drisegisten weigert mit un rechte zu gebene, schuldiget m a n en d a r u m m e vor gerichte, he mus da vor wetten u n d e buse geben. Is ein gut von zwen m a n n e n anspreche, heischit is der richter zu rechte, m a n sal is im entworten, unde he sal is u n d e r im haben, bis si sich dar u m m e bescheiden noch rechte, u n d e iener si is ledig, der is deme richtere entworte. Swer so hergewete vordirt, der sal von swerthalben

7 ir keime W D H, den a n d r e n O, den a n d e r e n Horn. 9 keine W D H, ninen O, nicht Horn. 13 in WD H, b i n n e n Ο Horn. 14 d u r c h W D n u m m e Ο Horn. 19 ane D Η O, s u n d e r Horn., an W 20 nach w e r ] so Ο Horn. 30 Unrechte Ο Horn., ungerichte vnrechte D II. 32 da vor W D, da u o r H, d o r dat O, d a r u m m e

Horn. 33 heischit W D H, eschet Ο Horn. 34 he W D Η Ο, die richtere Horn.

W,

233 oder sein Bürge den Eid f ü r ihn leisten zur versprochenen Zeit, oder die Schuld, derentwegen der Eid versprochen worden war, ist gegen den Bürgen gewonnen. Kapitel XII. Wenn jemand gegen einen anderen klagt und jener wieder gegen ihn, derjenige, der zuerst klagt, braucht ihm nicht zu antworten, er sei denn zuerst frei von ihm. Klagen viele Leute gegen einen Mann wegen eines Verbrechens, so braucht er keinem zu antworten, bevor er nicht von dem ersten frei ist. Wird die Klage vertagt, so braucht er außer f ü r sein Wergeid keine Bürgen zu stellen, obgleich viele die Klage erhoben haben. Kapitel XIII. Wird ein Mann wegen eines Verbrechens vor Gericht beklagt, wenn er nicht anwesend ist, und wird ihm ein Verhandlungstag gesetzt, trifft 1 ihn der Kläger vor den Gerichtstagen an, so darf er ihn zu Recht wegen seiner Beschuldigung solange festnehmen, bis jener Bürgen f ü r sein Erscheinen (vor Gericht) stellt. Denn der Richter bewirkt Frieden dem, der da klagt, und nicht demjenigen, den man in seiner Gegenwart vorlädt. Kapitel XIV. Solange ein Mann seines Vorsprechers Wort nicht gutheißt, hat er keine Nachteile von den Worten des Vorsprechers. W e r wegen eines Verbrechens beklagt wird, bitte zunächst um Gewährschaft. Solange die Gewährschaft nicht versprochen ist, kann der Kläger seine Klage wiedergutmachen, danach aber nicht mehr. Kapitel XV. Wenn zwei auf ein Gut nach dem Dreißigsten Anspruch erheben, dann soll es jener, der es in H ä n d e n hat, keinem (von beiden) überantworten, sie einigen 2 sich denn in Güte 3 oder einer weise den anderen vor Gericht mit Recht zurück. Kapitel XVI. Wer auf diese Weise Heergewäte oder Gerade oder Erbe nach dem Dreißigsten zu Unrecht sich herauszugeben weigert, beschuldigt man ihn deswegen vor Gericht, so muß er d a f ü r Gewette und Buße zahlen. Wird ein Gut von zwei Männern beansprucht 4 , verlangt es der Richter zu Recht, so soll man es ihm überantworten, und er soll es in seiner H a n d behalten, bis sie (die Männer) sich zu Recht darüber geeinigt haben, und jener sei frei davon, der es dem Richter überantwortet hat. Wer Heergewäte fordert, der soll von Männerseite

1 ankörnen, ankamen st.V. , a n t r e f f e n ' ; 2 verebenen sw.V. ,sich vergleichen, a u s s ö h n e n , ü b e r e i n k o m m e n , einigen'; 3 minne st.sw.F. , G ü t e , F r e u n d s c h a f t , Liebe, W o h l w o l l e n ' ; 4 anspreche, anspreche A d j . , m n d . ansprake .eingeklagt'.

folio 44 verso

1. (Ldr. III 12): D e r Beklagte (blaues Kleid, r o t e S t r ü m p f e ) schiebt mit d e r R e c h t e n vier d e r f ü n f gleichzeitig e r s c h i e n e n e n K l ä g e r beiseite, da er diesen nicht R e d e u n d A n t w o r t stehen m u ß , b e v o r er n i c h t von d e n B e s c h u l d i g u n g e n des ersten K l ä g e r s ( r o t - g r ü n e s Kleid, mi parti) frei ist. D i e A b g e w i e s e n e n v e r d e u t l i c h e n ihre Sit u a t i o n , i n d e m sie aus d e m Bild hinausweisen, da sie im A u g e n b l i c k n i c h t s u n t e r n e h m e n k ö n n e n . D e r R i c h t e r zeigt auf d e n ersten Kläger, weil d i e s e m z u e r s t g e a n t w o r t e t w e r d e n m u ß . B e k l a g t e r u n d e r s t e r K l ä g e r d e u t e n mit F i n g e r z e i g gegenseitig auf sich u n d b r i n - ' gen d a m i t z u m A u s d r u c k , d a ß im A u g e n b l i c k n u r sie in einem dir e k t e n rechtlichen B e z u g z u e i n a n d e r s t e h e n . 2. (Ldr. III 13): In d e r r e c h t e n Bildhälfte k l a g t ein M a n n v o r d e m R i c h t e r mit Z e i g e - u n d K l a g e g e b ä r d e gegen einen a b w e s e n d e n Beschuldigten, d e n d e r R i c h t e r v o r l a d e n soll. D i e s e r d r ü c k t mit abl e h n e n d e r G e b ä r d e aus, d a ß er d e m Beklagten k e i n e n F r i e d e n gew ä h r t . I n n e r h a l b d e r D r e i e r g r u p p e in d e r linken B i l d h ä l f t e ist in d e r M i t t e im b l a u e n R o c k d e r Beklagte a b g e b i l d e t . D e r Kläger, k e n n t l i c h g e m a c h t d u r c h d a s gleiche Kleid wie in d e r r e c h t e n Bildh ä l f t e ( j e t z t a b e r mit b l a u e n s t a t t mit r o t e n S t r ü m p f e n ) , v e r l a n g t mit A u f f o r d e r u n g s g e s t u s von diesem, d a ß er einen B ü r g e n herbeihole. D e r B e s c h u l d i g t e seinerseits h o l t diesen (rotes Kleid) h e r b e i ( d e u t l i c h e r in Η u n d O , w o er ihn am A r m h e r b e i z i e h t ) u n d stellt ihn d e m K l ä g e r vor, i n d e m er sein Gesicht d i e s e m z u w e n d e t u n d gleichzeitig mit d e r H a n d z u r ü c k auf d e n B ü r g e n zeigt, d e r mit G e l ö b n i s g e b ä r d e seine B ü r g s c h a f t ablegt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 81. 3. (Ldr. III 15§1): D i e b e i d e n P e r s o n e n , die auf d a s G u t A n s p r u c h e r h e b e n , vergleichen sich v o r G e r i c h t , i n d e m d e r eine d e n a n d e r e n mit G e l d a b f i n d e t . D e r R i c h t e r b e k r ä f t i g t mit F i n g e r z e i g auf d e n Z a h l e n d e n , d a ß diesem n u n d a s G u t g e h ö r t . D e r j e n i g e , d e r d a s G u t bisher in H ä n d e n hatte, m u ß es n u n d e m r e c h t m ä ß i g e n Besitzer ü b e r g e b e n . M i t F o r d e r u n g s g e s t u s auf d a s G u t ( Ä h r e n ) zeig e n d , v e r l a n g t dieser die Ü b e r g a b e vom b i s h e r i g e n Besitzer. D i e s e r k a n n dies bis z u r gerichtlichen E i n i g u n g v e r w e i g e r n , w a s d u r c h d a s s y m b o l i s c h e F e s t h a l t e n d e r Ä h r e n als Z e i c h e n des Besitzes u n d d u r c h A b l e h n u n g s g e s t u s s e i n e r R e c h t e n (in Η u n d Ο mit W e i g e r u n g s g e s t u s ) d a r g e s t e l l t ist. 4. (Ldr. III 15§2): D e r M a n n in d e r M i t t e d e s Bildes (blaues Kleid, r o t e S t r ü m p f e ) ist d e r j e n i g e , d e r sich weigert, N a c h l a ß s t ü c k e fristg e r e c h t h e r a u s z u g e b e n . E r wird b e s t r a f t , i n d e m er d e m R i c h t e r sein G e w e t t e u n d d e m r e c h t m ä ß i g e n E r b e n (rotes Kleid, b l a u e S t r ü m p f e ) eine B u ß e (dargestellt d u r c h die M ü n z e n ) z a h l t . D a s E r b e w i r d hier d u r c h die K o r n ä h r e n u n d d a s l ä n g s f ö r m i g e G r u n d stück symbolisiert, die A u s s t e u e r d u r c h die Bürste. V o l l s t ä n d i g e r sind Η u n d O , w o z w a r die Bürste fehlt, d a f ü r a b e r die S c h e r e die gerade u n d d a s S c h w e r t d a s hergewete b e z e i c h n e n . 5. (Ldr. III 16§3): A m linken B i l d r a n d s t e h e n zwei M ä n n e r mit d u r c h d e n H a l s g e s t o ß e n e n S c h w e r t e r n . Bei d e r ersten F i g u r h a n delt es sich u m einen V e r f e s t e t e n ; d e n n d a s im H a l s s t e c k e n d e S c h w e r t m i t g e w ö h n l i c h e m Griff b e d e u t e t die v o m G r a f e n verh ä n g t e B e z i r k s a c h t o d e r V e r f e s t u n g . Bei d e r z w e i t e n F i g u r h a t d e r I l l u s t r a t o r d e n K n a u f des S c h w e r t e s als K r o n e gestaltet, d a es sich hier u m d e n R e i c h s ä c h t e r h a n d e l t . D e n n R e i c h s a c h t b e d e u t e t die vom König verhängte Acht. D e r Reichsächter und der Verfestete t r e t e n e n t s p r e c h e n d i h r e r H a l t u n g ( G e b ä r d e n ) als K l ä g e r a u f . I h r e Klage r i c h t e t sich g e g e n d e n in d e r M i t t e s t e h e n d e n , d e m R i c h t e r z u g e w a n d t e n M a n n , d e r m i t d e u t l i c h e m W e i g e r u n g s g e s t u s ablehnt, i h n e n z u a n t w o r t e n . D e r am r e c h t e n B i l d r a n d t h r o n e n d e R i c h t e r ( G r a f ) bestätigt d u r c h seine H a n d g e b ä r d e n die r e c h t m ä ßige W e i g e r u n g d e s Beklagten, d e m R e i c h s ä c h t e r u n d d e m V e r f e steten A n t w o r t z u g e b e n . D e n in W u n d D f e h l e n d e n B i l d b u c h s t a b e n D zeigt H . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen, d a ß bei ein e r K l a g e g e g e n d e n R e i c h s ä c h t e r u n d d e n V e r f e s t e t e n diese v o r d e m G e r i c h t a n t w o r t e n müssen, von d e m sie v e r f e s t e t w o r d e n sind. Scheele, Delikte, S. 231.

234

folio 45 recto

dar zü geborn Jin • Rechteloje lute en Juln kine v o r m ü d e habe Des riches e c h t e m vn vor vejte lüte en darf nimät entw'te inde gerich" Ein vor ü e j t mä X V I I - d a Ji vor u e j t J i n · müs Jich wol üs czien in alle JtetI inde gerichte da he inne v o r u e j t is zu glich' wis als mä di clage ir h e b ! müs in alle JtetI-als müs o v ch ein mä Jich wol üs zien Talle JtetI -b 2 ge Jal he ab' Jezze das he vor küme • en hat hes bürge nicht d' rieht' Jal en halde bis he rechtis Sw' J o vor gerichte Jait X V I I I - g e p h l e g e · he habe Jich üs d ' v o r u e j t ü g e gezoge · vn vol k ü m t hes nicht m' dem richt'e o d ' m 1 deme JchultheiJe o d ' m' dem vronebote an des richt'es Jtat vn m* zwen mäne · d' cleg' en dorf keine v o r ü e j t ü g e me uf en gezüge Sw' ab' vnd' kuniges bäne v o r u e j t w i r t - d e r bedarf zweier Jchephin vii des richt'es zü gezüge-Jwe Urie lüte vn des X I X · · - he Jich us z ü t · riches d i n j t mä müs en wol vor de riche gezüg Jin vn orteil vinde durch das Ji de riche hulde tün er iclich noch Jime rechte doch en mus des riches d i n j t mä vb' de Jchep phin vrien mä wid' orteil vide noch gezüg wejin da is an Jine lip o d ' an Jin ere o d ' a n j i n Sw' des äd'n lät v n w i j X X - g e J ü t g e t · Jende ert da en volg' kein wädil nach · Jw' ab' lät ert das he im zü Jait wirt is im m' rechte an gewnne he müs is b e j j i r n he müs o v ch wol p h e d l uf Jime läde • den d' das lät ert an des richt'es vrlop durch das he rechtis mi= te b e k u m e · m' erne en mag Jine lip noch Jin g e j ü t nimät vor wirke is en Ji dene aljo das im das lät vor gerich t e vor teilt Ji vn vride d a r Spreche zwene X X I - v b ' g e w o r c h t Ji mä ei gut an m' glich' an J p r o c h e vn das

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d a r zu geborn sin. Rechtelose lute ensuln keinen Vormunden haben. Des riches e c h t e m u n d e vorvesten luten endarf nimant entworten, ab si clagen. Clait man aber uf si, si musen entworten in d e m e gerichte, da si vorvest sin. C. XVII. Ein vorvest man mus sich wol usezien in allen stetin in deme gerichte, da he inne vorvest is. Zu glicher wis, als man di clage irhebin mus in allen stetin, als mus ouch ein man sich wol uszien in allen stetin. Burgen sal he aber sezzen, das he vorkume. E n h a t hes bürgen nicht, der richter sal en halden, bis he rechtis gephlege. C. XVIII. Swer so vor gerichte sait, he habe sich us der vorvestunge gezogen, u n d e volkumt hes nicht mit gezuge mit dem richtere o d e r mit deme schultheisen oder mit dem vroneboten an des richteres stat u n d e mit zwen mannen, der cleger endorf keine vorvestunge me uf en gezugen. Swer aber u n d e r kuniges b a n n e vorvest wirt, der bedarf zweier schephin unde des richteres zu gezuge, swen he sich uszut. C . X I X . Vrie lute u n d e des riches dinstman musen wol vor deme riche gezug sin u n d e orteil vinden, d u r c h das si deme riche hulde tun, er iclich noch sime rechte. D o c h enmus des riches dinstman über den schepphin vrien man w e d e r orteil vinden noch gezug wesin, da is an sinen lip o d e r an sin ere o d e r an sin gesunt get. C . X X . Swer des andern lant unwissende ert, da envolget kein wandil nach. Swer aber lant ert, das he im zusait, wirt is im mit rechte angewunnen, he mus is bessirn. H e mus ouch wol phendin uf sime lande den, der das lant ert, ane des richteres urlop, d u r c h das he rechtis mite bekume. M i t erne enmag sinen lip noch sin gesunt nimant vorwirken, is ensi d e n n e also, das im das lant vor gerichte vorteilt si u n d e vride d a r über geworcht si. C. XXI. Sprechen zwene man ein gut an mit glicher ansproche u n d e das

1 keinen D H? kinen W, ninen O, nenen Horn, nach sin] Sve so rade vorderet, die sal ut von wif halven dar to geboren sin Horn.,

fehlt

W D Η

O.

Vgl.

Horn.

Lir.

I I I 16pl.

3/3a

ab -

ent-

worten] of se claghet. Claghet men uppe se, se moten antworden O, of sie klagen. Klaget aver man up sie, sie muten antwerden Horn., fehlt WDH. 13 mit gezuge] mit ghetuge O, mit getüge Horn., fehlt WDH. 24 weder D H, wider W, noch Ο Horn. 26 gesunt WDH, erue O, erve Horn. 31 ane Η Ο Horn., an W D. 36 nach an] to wederstride O, to weder stride Horn.

235

dazu geboren sein. Gerichtsunfähige Leute sollen keinen Vorsprecher 1 haben. D e n vom Reich geächteten u n d verfesteten Leuten b r a u c h t niemand auf ihre Klage zu antworten. Klagt m a n aber gegen sie, so müssen sie sich vor dem Gericht verantworten, von dem sie verfestet sind. Kapitel XVII. Ein verfesteter M a n n k a n n sich an allen Orten aus der Acht freimachen 2 , die in dem Gerichtsbezirk liegen, in dem er verfestet ist. In gleicher Weise, wie m a n die Klage gegen ihn an allen O r t e n erheben kann, so darf sich auch ein M a n n (ein Geächteter) an allen O r t e n aus der Verfestung befreien. Er soll aber Bürgen d a f ü r stellen, daß er vor Gericht erscheint 3 . H a t er keine Bürgen, so soll der Richter ihn selbst festhalten, bis er seine Pflicht gegenüber dem Recht erfüllt. Kapitel XVIII. W e n n jemand vor Gericht aussagt, er habe sich aus der V e r f e s t u n g befreit, u n d er beweist dies nicht mit Zeugnis des Richters oder des Schultheißen oder des Fronboten an Stelle des Richters u n d mit zwei M ä n n e r n , dann b r a u c h t der Kläger die V e r f e s t u n g gegen ihn nicht mehr mit Zeugen zu beweisen. W e r aber unter Königsbann verfestet wird, der b r a u c h t zwei Schöffen u n d den Richter z u m Zeugen, wenn er sich aus der Verfestung befreit. Kapitel XIX. Freie Leute und des Reiches D i e n s t m a n n e n d ü r f e n vor dem Königsgericht Zeuge sein u n d Urteil finden, weil sie dem König T r e u e geschworen haben, jeder von ihnen seinem Recht entsprechend. D o c h darf des Reiches Dienstmann über den S c h ö f f e n b a r f r e i e n weder Urteil finden noch Zeuge sein, wenn es jenem an sein Leben oder an seine Standesehre oder an seine Gesundheit 4 geht. Kapitel XX. W e n n jemand des anderen Acker 5 unwissentlich pflügt, so zieht dies keine Buße nach sich. W e r aber einen Acker pflügt, den er f ü r sich beansprucht, wird er ihm gerichtlich abgesprochen, so m u ß er ihn entschädigen. E r (der rechtmäßige Besitzer) darf den, der (unrechtmäßig) pflügt, auf seinem Acker o h n e Erlaubnis des Richters pfänden, damit er d a d u r c h sein Recht erhält. D u r c h Pflügen kann niemand sein Leben oder seine Gesundheit verwirken, es sei denn, daß ihm der Acker vor Gericht abgesprochen u n d d a r ü b e r Friede erwirkt ist. Kapitel XXI. Fordern zwei M ä n n e r ein G u t mit gleichem Anspruch u n d

1 Vormunde sw.M., vormunt st.M. ,Fürsprecher, Beschützer, Vormund 1 ; 2 uszien st.V. .herausziehen, befreien'; 3 vorkomen, vorkumen st.V. ,vorkommen, erscheinen'; 4 gesunt st.M. G e s u n d heit, Unverletztheit, Heil'; 5 lant st.N. ,Land, Erde, Gebiet, Heimat'.

folio 45 recto

1. (Ldr. III 17§§1,2): Im Bildzentrum leistet ein Mann, der sich in der Bezirksacht befindet (durch den Hals gestoßenes Schwert), einen Eid auf das vor ihm stehende Reliquiar und zieht sich so eidlich aus der Verfestung. Mit seiner linken Hand faßt der Verfestete den vor ihm stehenden Mann an dessen Schulter und schiebt ihn so symbolisch als Bürgen vor den an der Text-Bild-Zäsur thronenden Richter. Dieser Bürge (blaues Gewand) erklärt sich mit Gelöbnisgestus seiner Rechten zur Übernahme der Gestellungsbürgschaft bereit. Der Graf deutet mit Fingerzeig seiner beiden H ä n d e sowohl auf den Verfesteten als auch auf den Bürgen und erkennt die geleistete Bürgschaft an. Die hinter dem Verfesteten stehenden beiden Männer sind vermutlich als Zeugen des Verfesteten (Handgebärden; anders H : Hier sind beide Männer ebenfalls mit Gelöbnisgebärde dargestellt) aufzufassen. Scheele, Delikte, S. 230. 2. (Ldr. III 18§1): Der Verfestete schwört mit dem Bauermeister (Strohhut) oder mit dem Schultheißen (Spitzhut) oder mit dem Fronboten (Peitsche), daß er sich aus der Verfestung gezogen hat. Der Fronbote ist hier nicht in seiner sonst üblichen Tracht (rotweiß-grün gestreiftes Kleid) dargestellt, sondern, wie im gesamten dritten Buch, in einem lediglich rot-grün gestreiften Gewand (anders H, wo er sein übliches Gewand beibehält), was möglicherweise auf einen anderen Illustrator für das dritte Buch schließen läßt. Während in W und D die beiden Personen neben dem Fronboten der Bauermeister und der Schultheiß sind, die zwen mannen, die aber noch mitschwören müssen, vom Illustrator übergangen worden sind, sind in Η und Ο zwar die beiden Männer, nicht aber Schultheiß und Bauermeister abgebildet, da ihnen die Amtsattribute, nämlich die typischen Hüte, fehlen. Der Graf deutet mit dem einen Zeigefinger auf die drei unmittelbar vor ihm Stehenden und betont damit, daß sie an seiner Stelle schwören. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand weist er auf den Verfesteten, zum Zeichen, daß dieser den Eid erbringen muß. Scheele, Delikte, S. 230. 3. (Ldr. III 18§2): Der under kuniges banne Verfestete (durch den Hals gestoßenes Schwert; grau changierender Rock, rote Beinkleider; vgl. Bildzeilen 1 und 2) schwört mit Hilfe des Richters (Graf) und zweier Schöffen (die als solche nicht besonders kenntlich gemacht sind) einen Eid auf das Reliquiar und befreit sich damit aus der Bezirksacht. Scheele, Delikte, S. 230. 4. (Ldr. III 20§2): Links hinter dem Gespann steht derjenige, der einen fremden Acker ohne Berechtigung pflügt. Seine Pferde werden vom rechtmäßigen Besitzer gepfändet, indem er sie am Zügel nimmt und mit Redegebärde die Pfändung ausspricht. Mit Ausnahme von Η wird die mittlere Person in Bauerntracht dargestellt. In W und D hält sie dazu noch einen Stock in der Hand. Dies kann die Peitsche des Gespannführers sein, der gleichzeitig auch der Leiter der Pflugarbeit ist. Der Illustrator von Η zeichnet diese Person jedoch mit den Attributen des Fronboten, wohl deswegen, weil er den Stock in der Hand für die Peitsche des Fronboten hält. Da der Pfandnehmer überhaupt keine Erlaubnis des Richters, in diesem Falle für die Pfändung, benötigt, ist es auch nicht einleuchtend, warum der Fronbote als Vertreter des Richters bei diesem Rechtsakt anwesend sein muß. In W, D, Ο wird dies noch dadurch verdeutlicht, daß der Pfandnehmer mit dem Finger vorwurfsvoll auf den Gespannführer zeigt, wohl um ihn auf die Verwerflichkeit seiner T a t hinzuweisen. Daß die P f ä n d u n g ohne die Erlaubnis des Richters durchgeführt werden darf, wird durch den Trauergestus des Gespannführers deutlich, der an dieser Stelle ausdrückt, daß die Pfandnahme geduldet werden muß. Lade, Dorfrecht, 5. 185. 5. (Ldr. III 21 § 1): Zum Zeugenbeweis sind beide Parteien mit der gleichen Anzahl und Qualität (keine Auszeichnung einzelner, z.B. durch Kleidung oder Attribute) der Zeugen erschienen, damit diese aufgrund ihrer Ortskenntnis Zeugnis ablegen. Es kommt zur Streitbeilegung durch Teilung, ausgedrückt durch die Trennungsgebärde des zwischen den gleich großen Personengruppen sitzenden Richters. Der Gegenstand der strittigen Forderung, das gut, ist im Bild nicht zu sehen. Kocher, Schuldrechtliches, S. 125; Lade, Dorfrecht, S. 180.

236

folio 45 verso m' gliche gezüge behalde · mä Jal is vnd' Ji teiln · dije gezüg Juln di vme JeJJin bejcheide di inde dorfe bejejjin Jin Sw' di mei/te menie an de gezüge hat d' behelt das güt-en is das den vme JeJJin nicht wijjelich w' das in gew'en habe Jo müs mä das wol be/cheide mc eime w a j f vrteile o d ' d ' cleg' od' uf de di clage get Juln dar Jw'n das Ji rech= te wije als is ir Ji da Jal d' rieht' Jine bote zu gebe · wo Ji beide uf Jw'n das Jal mä en gliche teiln • Sw' de äd'n liet phert od' cleid'e zu bejehei - X X I I · de tage · helt hes ub' das vn wirt he dar vme beclait · he Jal is ζü hat wid' gebe vn bejjern ab hes geergirt hat-Sich müs o v ch wol vnd' winde ein' Jins gutis wo hes Jiet m' rechte · das man im mit vnrechte vor behelt· / ·XXIII· Sw' h'b'git-νή JpiJet wijjenlich eine vor uejte m ä - h e müs dar vme wettl-vn en weis hes ab' nicht he entredit das gewette m' Jin' Man en mag nimäde XXIIII· vnjchult· vor winde m' ein' voruejtüge in eime an d'en gerichte-Jw' indeme h o e j t l gerichte vorüejt wirt-d' is in alle gerichte vor uejt-di dar in ge h o r n - w ' inde nydirjte vor u e j t is-he en is in dem hoejte nich' voruejt he en w'de da redeliche inbracht · Der nid'Jte rieht' en müs nicht richte di uejtüge di d' ob'Jte rieht' getä hat · is en Ji im aljo wijlich das he ir Jelbe gezüg wolle wejin indes hoejten richters Jtat· / · XXV· Stirb' ei rieht' Jwas bi Jine gezite gejehe is das Jal Jin noch kümeling an deme gerichte gezüg wejin · alleine Jege hes nich' Jwenne h' m' d' Jchephin gezüge d' warheit ge inret wirt Binnen markte od' bine üs wendigene gerichte en darf nimät entw'= te he en habe da wanüge od' gut blne-he en vor wirke Jich m' vngerichte da inne od' vor

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mit glicheme gezuge behalden, man sal is under si teiln. Disen gezug suln di ummesessin bescheiden, di in deme dorfe besessin sin. Swer di meiste menie an deme gezuge hat, der behelt das gut. Enis das den ummesessin nicht wisselich, wer das in geweren habe, so mus man das wol bescheiden mit eime wasserurteile, oder der cleger oder uf den di clage get, suln dar zu swern, das si rechte wisen, als is ir si. Da sal der richter sine boten zu geben. W o si beide uf swern, das sal man en gliche teiln. C.XXII. Swer deme andern liet phert oder cleidere zu bescheiden tagen, helt hes über das, unde wirt he dar umme beclait, he sal is zu hant widergeben unde bessern, ab hes geergirt hat. Sich mus ouch wol underwinden einer sins gutis, wo hes siet mit rechte, das man im mit Unrechte vorbehelt. C. XXIII. Swer herbergit unde spiset wissenlich einen vorvesten man, he mus dar umme wettin, unde enweis hes aber nicht, he entredit das gewette mit siner unschult. C. XXIIII. Man enmag nimande vorwinden mit einer vorvestunge in eime anderen gerichte. Swer in deme hoestin gerichte vorvest wirt, der is in allen gerichten vorvest, di dar in gehorn. Wer in deme nidirsten vorvest is, he enis in dem hoesten nicht vorvest, he enwerde da redelichen inbracht. Der niderste richter enmus nicht richten di vestunge, di der oberste richter getan hat, is ensi im also wislich, das he ir selbe gezug wolle wesin in des hoesten richters stat. C.XXV. Stirbet ein richter, swas bi sinen geziten gesehen is, das sal sin nochkumeling an deme gerichte gezug wesin, alleine sege hes nicht, swenne he mit der schephin gezuge der warheit geinret wirt. Binnen markte oder binnen uswendigene gerichte endarf nimant entworfen, he enhabe da wanunge oder gut binnen, he envorwirke sich mit ungerichte da inne oder vor

2/3 nach dorfe] eder in den nesten bidorpen O, oder in den nesten bidorpen Horn., fehlt W D H. 7 zu] czu H, to Ο Horn., fehlt W D. 13 nach hat] Duue noch roues ne mach men ene nicht tien dar an, wante het eme lende O, Düve noch roves ne mach man ine nicht tien dar an, wende he it ime leich Horn., fehlt W D H. 23 nach Wer] auer O, aver Horn., fehlt W D H. nidirsten W, nydersten D, nidersten H, nederen richte O, nederen gerichte Horn. 24 hoesten WD, hogesten Η Horn., hogheren O. 25 niderste WD H, nedere Ο Horn. 26 oberste W D H, ouere O, overe Horn 28 hoesten W D, hogesten H, hogheren O, högeren Horn. 33 oder WD, ader H, noch Ο Horn. 35 nach binnen] oder Horn., fehlt W D HO. 36 nach vor] vgl. Horn. Lir. III 25 §3 -39}2 und den Anhang in Bd. III dieser Ausgabe.

237 beweisen es mit gleichwertigem Zeugnis, so soll man es zwischen ihnen teilen. U b e r dieses Zeugnis sollen die A n w o h n e r 1 entscheiden, die in dem (gleichen) Dorf ansässig 2 sind. W e r die M e h r h e i t f ü r sein Zeugnis gewinnt, der behält das Gut. Ist den A n w o h n e r n nicht bekannt, wer das (Gut) in Besitz hat, so darf man mit einer Wasserprobe 3 entscheiden, oder der Kläger u n d der Beklagte sollen einen Eid darauf leisten, d a ß sie zu Recht darauf hingewiesen haben, daß es (das Gut) ihnen gehöre. D a f ü r soll der Richter seine Beauftragten stellen. W e n n beide darauf schwören, so soll man (das Gut) zwischen ihnen gleichmäßig teilen. Kapitel XXII. W e r einem anderen ein P f e r d oder Kleider auf bestimmte Zeit leiht, behält er es über den nächsten T a g hinaus, u n d wird er dann verklagt, so soll er es s o f o r t zurückgeben u n d E n t schädigung leisten, wenn er es im W e r t mindert 4 . Jemand darf sich aber seines Gutes zu Recht bemächtigen, w o er es erblickt, wenn man es ihm zu U n r e c h t vorenthält. Kapitel XXIII. W e r einen verfesteten M a n n wissentlich beherbergt u n d beköstigt, der m u ß d a f ü r Gewette bezahlen; weiß er es aber nicht, so entgeht er der Gewettezahlung mit seinem Unschuldseid. Kapitel XXIV. M a n kann niemanden a u f g r u n d einer Verfestung in einem anderen Gerichtsbezirk ü b e r f ü h r e n . W e r von dem höchsten Gericht verfestet wird, der ist in allen Gerichten verfestet, die zu diesem Gerichtsbezirk gehören. W e r (aber) in dem niedersten (Gerichtsbezirk) verfestet ist, d e r ist nicht zugleich auch in dem höchsten verfestet, es sei denn, er werde dorthin o r d n u n g s g e m ä ß gebracht. D e r niedere Richter darf nicht über die Verfestung richten, die ein h ö h e r e r Richter verhängt hat, es sei denn, daß sie ihm so gut b e k a n n t ist, d a ß er selbst f ü r sie an Stelle des h ö h e r e n Richters Zeuge sein wolle. Kapitel XXV. Stirbt ein Richter, f ü r alles, was zu seiner Zeit geschehen ist, soll sein N a c h f o l g e r 5 im Gericht Zeuge sein, obgleich er es selbst nicht sah, wenn er d u r c h das Zeugnis der Schöffen von der W a h r h e i t ü b e r z e u g t wird. An einem M a r k t o r t oder in einem auswärtigen Gerichtsbezirk b r a u c h t sich niemand zu verantworten, wenn er d o r t nicht w o h n h a f t ist oder ein G u t besitzt, sich ein Verbrechen hat d o r t zuschulden k o m m e n lassen o d e r

1 ummesezze, umbes&ze, -sezze s w . M . , N a c h b a r , A n w o h n e r ' ; 2 besezzen P a r t . A d j . ,besetzt, b e w o h n t , ansässig', zu besitzen st.V. ,in Besitz halten, w o h n e n ' ; 3 wazzerurteil(e) st.N.F. »Gottesurteil durch Wasser'; 4 ergern sw.V. v e r s c h l e c h t e r n , im W e r t m i n d e r n ' ; 5 nächkomelinc, -kumelinc s t . M . . N a c h f o l g e r (bes. R e c h t s n a c h f o l ger)', . N a c h f o l g e r im A m t ' .

folio 45 verso

1. (Ldr. III 21 §2): Zwei P a r t e i e n streiten u m ein G r u n d s t ü c k (im Bild u n b e r ü c k s i c h t i g t ) , o h n e d a ß die N a c h b a r n b e z e u g e n k ö n n e n , w e r es in seiner G e w e r e hat. Es k o m m t e n t w e d e r zu einem W a s s e r urteil (rechts dargestellt) o d e r zu e i n e m P a r t e i e n e i d (so links gezeigt). Bei d e r K a l t w a s s e r p r o b e (iudicium a q u a e f r i g i d a e ) liegt d e r B e w e i s f ü h r e r (irrtümlich ungefesselt) in einer mit W a s s e r g e f ü l l t e n W a n n e . U m seinen K ö r p e r ist ein Strick g e w u n d e n , d e n ein M a n n mit b e i d e n H ä n d e n festhält, v e r m u t l i c h u m d e n B e w e i s f ü h r e r v o r d e m E r t r i n k e n zu b e w a h r e n . D e n n g e h t d e r B e w e i s f ü h r e r u n t e r , so ist er u n s c h u l d i g ; im a n d e r e n Fall h a t ihn das reine W a s s e r nicht behalten, u n d er ist somit schuldig. D i e P e r s o n n e b e n d e m strickh a l t e n d e n M a n n (in W v e r m u t l i c h ein Laie, in D u n d e u t l i c h ) ist in Η u n d Ο d u r c h seine T o n s u r e i n d e u t i g als Geistlicher a u s g e w i e sen. D i e G e g e n p a r t e i - am a n d e r e n W a n n e n e n d e s t e h e n d - ist ebenfalls a n w e s e n d u n d w a r t e t mit R e d e - u n d D e m o n s t r a t i o n s g e stus auf d e n A u s g a n g des G o t t e s u r t e i l s . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile, d a ß sich g e w ö h n l i c h die B e w e i s f ü h r u n g v o r G e r i c h t abspielen m u ß . D i e linke B i l d h ä l f t e zeigt d e n S c h w u r ( G e b ä r d e ) d e r b e i d e n P a r t e i e n auf die Reliquien. J e d e r d e r b e i d e n N a c h b a r n beh a u p t e t sein besseres R e c h t u n d b e s c h w ö r t dies d u r c h A u f l e g e n des jeweils r e c h t e n S c h w u r f i n g e r s auf das z w i s c h e n d e n S c h w ö r e n den stehende Reliquiar. Lade, Dorfrecht, S. 180; Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 198. 2. (Ldr. III 22§§1,3): Im B i l d z e n t r u m n i m m t d e r E n t l e i h e r (in g r ü n e m R o c k ) von d e m M a n n in b l a u e m G e w a n d einen r o t e n R o c k , von d e r P e r s o n zu seiner R e c h t e n in g r a u c h a n g i e r e n d e m Kleid ein Pferd durch Einhändigung des Zügels entgegen. Die beiden Verleiher setzen jeweils mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s i h r e r R e c h t e n (fehlt in O ) die L e i h f r i s t fest. Kocher, Schuldrechtliches, S. 124; Scheele, Delikte, S. 218. 3. (Ldr. III 23): In d e m H a u s links b e k ö s t i g t ein M a n n einen V e r f e s t e t e n ( S c h w e r t d u r c h d e n H a l s ) . Z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß es sich n i c h t u m einen F r e u n d s c h a f t s d i e n s t , s o n d e r n u m die g e w e r b s m ä ßige B e d i e n u n g eines G a s t e s d u r c h d e n W i r t h a n d e l t , b e z a h l t d e r V e r f e s t e t e in Η u n d Ο f ü r die L e i s t u n g mit e i n e m G e l d s t ü c k . M i t hin h a t d e r W i r t unwissentlich g e h a n d e l t , w e s h a l b er sich rechts im Bild d u r c h d e n R e i n i g u n g s e i d auf die Reliquien von d e r Z a h l u n g eines S t r a f g e l d e s - des G e w e t t e s - an d e n R i c h t e r b e f r e i e n k a n n . D i e I d e n t i t ä t des W i r t e s in b e i d e n S z e n e n wird d u r c h dieselbe K l e i d u n g lediglich in Η d e u t l i c h . 4. (Ldr. III 25§1): D i e vor d e m n e u e n R i c h t e r s t e h e n d e n S c h ö f f e n legen Z e u g n i s (so a n g e d e u t e t d u r c h ihre H a n d g e b ä r d e n ; in Η sind anstelle d e r R e d e - u n d Z e i g e g e s t e n S c h w u r g e b ä r d e n d e r S c h ö f f e n g e t r e t e n ) d a r ü b e r ab, w a s zu L e b z e i t e n des t o t am B o d e n liegend e n A m t s v o r g ä n g e r s g e s c h e h e n ist. D a h e r leistet d e r n a c h f o l g e n d e R i c h t e r z u s a m m e n mit einem S c h ö f f e n (in r o t - g r ü n e m Kleid) einen Eid auf d a s z w i s c h e n ihnen s t e h e n d e R e l i q u i a r u n d e r k l ä r t so, d a ß er b e r e c h t i g t ist, G e r i c h t s z e u g n i s a u c h ü b e r d a s a b z u l e g e n , w a s u n t e r s e i n e m A m t s v o r g ä n g e r g e s c h e h e n ist. 5. ( L d r . III 25§2): M i t F i n g e r z e i g seiner linken H a n d d e u t e t d e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r t h r o n e n d e R i c h t e r auf d a s M a r k t k r e u z des O r t e s , an d e m auch G e r i c h t a b g e h a l t e n w i r d . D e r links s t e h e n d e M a n n in b l a u e m G e w a n d ist eine P e r s o n , die ihren G e r i c h t s s t a n d nicht binnen markte hat. D e s h a l b w e i g e r t sich d e r M a n n auf eine Klage zu antworten und kehrt symbolisch dem Kreuz und dem R i c h t e r d e n R ü c k e n z u . D e r I l l u s t r a t o r d e u t e t dies d u r c h die abl e h n e n d e H a n d g e b ä r d e d e s M a n n e s an.

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p h a n t vor Jin gelt Swe mä vor gerichte Jchuldigit · vn im d ' rieht' zu recht' entw'te gebüt en entw'tit he nicht noch entredit mit rechte Jich das he icht entw'tin Julie J o teilt mä en w e t t e h a f t a l j o tut mä zu dem and'n ma le-vn zü de dritte m a l e - ν ή en entw'tit he denoch n i c h t - J o is he gewnne ind' J c h u l t - g e t im ab' di Jchult an den lip o d ' an Jin g e j ü t di müs d' cleg' gezuge Jelb Jibede uf en -XLI· Sweme mä icht geldin Jal d ' müs is warte bis di J ü n n e vnd' get in Jins Jelbes h ü f e o d ' inde neijte h ü j e des richters da das gelt gewnne i s - w ' phenlge o d ' Jilb' gelden J a l - b u t he da gew'de v o r - h e en is da mite nicht ledig ir gelubde en Jte a l J o - M ä müs Jilb' geldin wol mit bote keineme bote en Jal mä is entw'te he en Ji bejeheide dar zü vor gerichte vö ieme de das Jilb' Jal So geta= ne phenlge vn Jilb' als d' mä gelobit das Jal he geldin · en is da ab' nicht an bejeheide J o Jal mä Jilb' geldin alje genge vn gebe Ji Eines icliche - X L I I · indeme gerichte denegevangene gelübde en Jal d u r c h recht nicht Jtete Jin das he indem g e u e n g n i j j e g l o b i t - L e j t mä en ab' uf Jine truwe riten zu tage · he Jal d u r c h recht wid' k u m e vnde Jine truwe ledige • gilt he o d ' wirt he ane gelt ledig Jwelch oruede he globit o d ' Jwert di Jal he leijte-vn andirs kein gelubde-Jwas J o ei mä Jwert vn en trüwe gelobit Jine lip mite zü vrijtene o d ' Jin g e j ü t vn en mag hes nich' geleijte · is en J c h a d ' im zü Jime rechte nicht Swo mä eine vngetruwelich vet· let mä en rite üf Jine truwe d' en geuägen · hat o d ' let he in Jw'n o d ' intruwe and' ding gelobe he en darf is nich' leijte mag hes

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p h a n t vor sin gelt. Swen man vor gerichte schuldigit u n d e im der richter zu rechter entworte gebut, enentwortit he nicht noch entredit mit rechte sich, das he icht entwortin sulle, so teilt man en wettehaft. Also tut man zu dem andern male unde zu deme dritten male. U n d e enentwortit he dennoch nicht, so is he gewunnen in der schult. Get im aber di schult an den lip oder an sin gesunt, di mus d e r cleger gezugen selb sibende uf en. C . X L . Sweme m a n icht geldin sal, der mus is warten, bis di sunne underget, in sins selbes huse oder in deme neisten huse des richters, da das gelt gewunnen is. W e r phenninge oder silber gelden sal, but he da gewerde vor, he enis da mite nicht ledig, ir gelubde enste also. M a n mus silber geldin wol mit boteme. Keineme b o t e m e ensal man is entworten, he ensi bescheiden dar zu vor gerichte von ieme, deme das silber sal. So getane phenninge unde silber, als der m a n gelobit, das sal he geldin. Enis da aber nicht an bescheiden, so sal man silber geldin, alse genge u n d e gebe si in deme gerichte denne. C . X L I . Eines iclichen gevangenen gelubde ensal durch recht nicht stete sin, das he in dem gevengnisse globit. Lest man en aber uf sine truwe riten zu tage, he sal durch recht w i d e r k u m e n u n d e sine truwe ledigen. Gilt he oder wirt he ane gelt ledig, swelch orvede he globit o d e r swert, di sal he leisten u n d e andirs kein gelubde. Swas so ein man swert unde en truwen gelobit, sinen lip mite zu vristene o d e r sin gesunt, u n d e enmag hes nicht geieisten, is enschadet im zu sime rechte nicht. Swo m a n einen ungetruwelich vet, let man en riten uf sine truwe, der en gevangen hat, oder let he in swern oder in truwen ander ding geloben, he endarf is nicht leisten, mag hes

10 X L aus XLI nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 14 gewerde WD II, pande O, wedde Horn. 17 is entworten WD, iz aber antwerten H, it ouerantworden O, id aver antwerden Horn. 21 nach geldin] ane inredent O, unde penninge Horn., fehlt WD H. alse WD Η Ο, die Horn. 22 XLI aus XLII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 23 nach gevangenen] dat unde Ο Horn., fehlt W D H. 29 nach he] dor recht O, durch recht Horn., fehlt W D H. nach gelubde] de he in uangnisse louet eder dot Ο, dat he binnen vengnisse lovet oder dut Horn., fehlt WD H. i2 geieisten WD H, halden O, gelesten Horn.

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Pfand f ü r seine Schuld. Wen man vor Gericht beschuldigt und wen der Richter zu rechtmäßiger Antwort auffordert, antwortet er nicht noch widerlegt er durch Eid, daß er sich f ü r etwas verantworten müsse, so verurteilt man ihn zu einem Gewette. Ebenso macht man es zum zweiten und zum dritten Mal. U n d verantwortet er sich dann noch nicht, so ist er der Schuld überführt. Geht ihm aber die Schuld an das Leben oder an seine Gesundheit, so muß sie der Kläger selbsiebt gegen ihn bezeugen. Kapitel XL. Wem man etwas bezahlen muß, der soll darauf warten, bis die Sonne untergeht, in seinem eigenen Haus oder im nächsten H a u s des Richters, dort, wo die Schuld genommen worden ist. Wer Pfennige oder Silber bezahlen muß, bietet er d a f ü r eine Gewähr 1 , so ist er damit (von seiner Schuld) nicht befreit, wenn nicht ihre Verabredung 2 entsprechend lautete. Man darf Silber durch einen Beauftragten zahlen. Man soll es indessen keinem Boten überantworten, der nicht dazu vor Gericht von demjenigen bestimmt worden ist, dem das Silber zusteht. So beschaffene Pfennige und (so beschaffenes) Silber, wie der Mann versprochen hat, das soll er zahlen. Ist aber nichts darüber verabredet, so muß man Silber bezahlen, das gang und gäbe in dem Gerichtsbezirk ist. Kapitel XLI. Eines jeden Gefangenen Versprechen - während der Gefangenschaft gelobt - ist nach bestehendem Recht nicht bindend. Läßt man ihn (den Gefangenen) aber auf sein Treuwort 3 zum Gerichtstag reiten, so soll er von Rechts wegen zurückkommen und sein Treuwort einlösen 4 . Zahlt er oder wird er ohne Zahlung frei, die Urfehde, die er damit gelobt oder schwört, muß er halten und sonst kein Versprechen. Was ein Mann schwört oder bei seiner Treue gelobt, um sein Leben damit zu retten 5 oder seine Gesundheit, und kann er es nicht erfüllen, dann schadet ihm dies an seinem Recht nicht. Wenn man jemanden treuwidrig festnimmt, läßt ihn derjenige, der ihn gefangen hat, auf sein Treuwort hin davonreiten, oder läßt er ihn schwören oder auf Treue sich etwas anderes versprechen, so braucht dieser davon nichts zu erfüllen, wenn er

1 gewerde, gewer st.F. »Gewähr'; 2 gelübde, gelübede, gelubde s t . F . N . .Gelöbnis, V e r s p r e c h e n ' , hier »Verabredung*; 3 triuwe, m d . trüwe st.F. ^Aufrichtigkeit, T r e u e , Zuverlässigkeit', . G e l ü b d e , Versprechen, Treuwort'; 4 ledigen, ledegen sw.V. ,befreien, einlösen, auslösen'; 5 vristen sw.V. .erhalten, b e w a h r e n , s c h ü t z e n , retten'.

folio 46 recto

1. (Ldr. III 39§3): N u r aus d e m T e x t wird deutlich, d a ß sich d e r v o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) s t e h e n d e M a n n (mit W a r t e g e stus in W u n d D ) weigert, v o r G e r i c h t zu a n t w o r t e n b z w . die K l a g e d u r c h Eid zu w i d e r l e g e n . D e s h a l b w i r d d e r M a n n z u r Z a h lung eines S t r a f g e l d e s an d e n R i c h t e r verurteilt. D e r R i c h t e r n i m m t mit seiner r e c h t e n H a n d seinen R o c k z i p f e l auf u n d zeigt so an, d a ß er bereit ist, d a s S t r a f g e l d d a r i n in E m p f a n g zu n e h m e n . A n d e r s die D a r s t e l l u n g e n in Η u n d O : D e r b e k l a g t e M a n n ist hier k o r r e k t mit U n f ä h i g k e i t s g e s t u s d a r g e s t e l l t u n d w e n d e t sich z u d e m n o c h v o m R i c h t e r ab. Ο bietet z u s ä t z l i c h in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e d e n in W , D , Η nicht g e z e i g t e n §4 v o n L d r . III 39: G e h t d e m n a c h d e m A n g e k l a g t e n die S c h u l d an d a s Leben o d e r an die G e s u n d h e i t , so m u ß d e r K l ä g e r sie mit sechs w e i t e r e n M ä n n e r n b e z e u g e n . 2. (Ldr. III 40§2): Ein S c h u l d n e r versucht, seine Schuld d u r c h W e r t g e g e n s t ä n d e zu begleichen. E r tritt aus seinem H a u s u n d biet e t d e m Boten des G l ä u b i g e r s einen Becher, ein G e w a n d u n d ein P f e r d anstelle des G e l d e s a n . D i e s e r v e r w e i g e r t die A n n a h m e , ind e m er sich a b w e n d e t (in Η n o c h d e u t l i c h e r d u r c h d e n h e r a b h ä n g e n d e n linken A r m dargestellt) u n d zugleich mit d e r R e c h t e n auf die a n g e b o t e n e n G e g e n s t ä n d e zeigt. M i t d e r linken H a n d d e u t e t e r auf seinen A u f t r a g g e b e r , d e r mit d e m F i n g e r w i e d e r u m auf d e n Boten weist, w o d u r c h die gegenseitige Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t deutlich w i r d . D a s W a p p e n (siebenmal geteilt von Silber u n d R o t ) w e i s t d e n A u f t r a g g e b e r als L e h e n s h e r r n aus, w e s w e g e n dessen D a r s t e l l u n g in Η als P f a f f e i r r e f ü h r e n d ist. N a c h Ldr. I 25§3, Ldr. II 22§3 u n d Lnr. 2§1 h a b e n P f a f f e n kein L e h e n r e c h t , da m i t d e m E i n t r i t t in ein K l o s t e r a u c h d e r H e e r s c h i l d a u f g e g e b e n w i r d . Kocher, Schuldrechtliches, S. 125; Naß, Wappen, S. 266. 3. (Ldr. III 40§4): D e r S c h u l d n e r (blaues Kleid) z a h l t mit d e n M ü n z e n seiner H e i m a t , w a s d u r c h das W a p p e n in s e i n e r H a n d symbolisch a n g e d e u t e t w i r d . E r weist d a r a u f hin, d a ß er in dieser W ä h r u n g z a h l e n d a r f , d a sie am Z a h l u n g s o r t genge unde gebe ist. Sein Begleiter (rotes Kleid) bestätigt mit A u f f o r d e r u n g s g e s t u s diese T a t s a c h e . D e r G l ä u b i g e r , ein P f a f f e ( T o n s u r ) , will diese W ä h r u n g j e d o c h nicht a k z e p t i e r e n , s o n d e r n v e r l a n g t die l a n d e s ü b lichen M ü n z e n , w e s w e g e n er auf seinen M ü n z h e r r n , d e n Bischof, d e u t e t . D i e s e r a b e r b e d e u t e t ihm, i n d e m er auf die H a n d e l s m ü n z e zeigt u n d sich gleichzeitig zu d e m P f a f f e n z u r ü c k w e n d e t , d a ß diese W ä h r u n g d u r c h a u s a k z e p t a b e l ist. D i e E r l ä u t e r u n g zu Η von K o s c h o r r e c k b e z i e h t sich auf L d r . III 40§3. E r k o m m t d a d u r c h zu e i n e r völlig a n d e r e n I n t e r p r e t a t i o n . Naß, Wappen, S. 232, 234, 246, 266. 4. (Ldr. III 41 §§1,2): D e m auf d e m B o d e n s i t z e n d e n M a n n , d e r mit einem H a l s e i s e n an eine Säule g e k e t t e t ist (in Η u n d Ο sind die F ü ß e mit a n g e k e t t e t ) , wird ein V e r s p r e c h e n a b g e p r e ß t , i n d e m ein v o r ihm s t e h e n d e r M a n n ihn mit s e i n e m D o l c h b e d r o h t . D a s abger u n g e n e V e r s p r e c h e n w i r d d u r c h d e n S c h w u r des G e f a n g e n e n auf d a s R e l i q u i a r a n g e d e u t e t . U n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt die r e c h t l i c h e K o n s e q u e n z , die sich d a r a u s ergibt, d a ß n ä m l i c h ein in d e r G e f a n g e n s c h a f t g e g e b e n e s V e r s p r e c h e n rechtlich u n w i r k s a m ist. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 354, 357; Scheele, Delikte, S. 167.

folio 46 verso volbregen uf en das he en vngetruwelich zu dem gelubde twnge Sw' vor gerichte gelt vordirt vrag' ien' wor ab mä im das Jchuld 6 Ji he Jal das /age wed' hes von gelubde od' vö erbe das he enphäge habe Jchuldig Ji • X L I I I · G o t hat den mä noch im gebildit vnde m' / i n ' mrtir irlojt-den eine als de andrn• im was d' arme aljo liep alje d' riche• N u lajt iich nicht wndirn das dis buch Jo lüzzil Jait von dinjtlüte rechte-wenne is ijt Jo mäch= ualt das is nimät zu ende küme kan Vn= dir iclicheme bijchoue vn epte-νή eptijchinne habe dinjtlüte Jündirlich recht • dar vme en kan ich is nicht bejcheiden · da mä oiich recht Jazte vö erjt da en was kein dinjtmä alle lüte ware vri da vnje vordem h' zu läde qüame An mine Jinnen en kan ich is nicht us geneme das iemant des and'n Julie Jin • ouch en habe wirs kein vrkünde · doch Jage Jümeliche lüte · di d' warheit irre ge · das Jich eigenjchaft ir hübe an kaynne d' Jin' brud' ir Jlug kayns gejlechte wart vor tilig' da di werlt mit waJJ'e zü ging · ouch Jait mä das eigejchaft queme von kainne noe Jone N o e Jeinte zwene Jone an dem dritte gewog he kein' eigejchaft·Kain be Jas affricam • Sem bleip in ajya ·Jafet vnje vordere bejazte evropam-Jus en bleip ir kein des andere an Jait o v ch eigejchaft queme vö yjmahele di heilige Jchrift heijt y j m a hele d' dirne Jon andirs en lutet Ji kein' eigejchaft vö im So Jait mä o v ch is queme νδ ejau Iacob wart gejeint vö Jine vat'e-vn hies en h're wejin bobin Jime brud'e ejau en vor vluchte he nicht noch eigejchaft gewog he nicht-wir haben

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volbrengen uf en, das he en ungetruwelich zu dem gelubde twinge. Swer vor gerichte gelt vordirt uf eime anderen, vraget iener, wor ab man im das schuldig si, he sal das sagen, weder hes von gelubde oder von erbe, das he enphangen habe, schuldig si. C.XLII. Got hat den man noch im gebildit unde mit siner martir irlost, den einen als den andern; im was der arme also liep alse der riche. Nu last uch nicht wundirn, das dis buch so luzzil sait von dinstlute rechte, wenne is ist so manchvalt, das is nimant zu ende kumen kan. Undir iclicheme bischove unde epte unde eptischinnen haben dinstlute sundirlich recht. Dar umme enkan ich is nicht bescheiden. Da man ouch recht sazte von erst, da enwas kein dinstman, alle lute waren vri, da unse vordem her zu lande quamen. An minen sinnen enkan ich is nicht usgenemen nach warheit, das iemant des andern sulle sin. Ouch enhabe wirs kein urkunde. Doch sagen sumeliche lute, di der warheit irre gen, das sich eigenschaft irhube an Kaine, der sinen bruder irslug. Kains gesiechte wart vortiliget, da di werlt mit wassere zuging. Ouch sait man, das eigenschaft queme von Kamwje, N o e sone. Noe seinte zwene sone, an dem dritten gewog he keiner eigenschaft. Kam besas Affricam. Sem bleip in Asia. Jafet, unse vordere, besazte Europam. Sus enbleip ir kein des anderen. Afan sait ouch, eigenschaft queme von Ismahele. Di heilige Schrift heist Ismahele der dirnen son, andirs enlutet si keiner eigenschaft von im. So sait man ouch, is queme von Esau. Jacob wart geseint von sineme vatere unde hies en herre wesin bobin sime brudere Esau, envorvluchte he nicht noch eigenschaft gewog he nicht. Wir haben

3 nach v o r d i r t ] u p e n e n a n d e r e n Horn., fehlt W D Η Ο. 4 d a s W D, d a z H, d o r c h r e c h t O, d u r c h r e c h t Horn. 6 X L I I aus X L I I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert, nach im] s u l u e n O, selven Horn., fehlt WD H. 7 irlost WD H, g h e l o s t O, g e l e d e g e t Horn. 7/8 a n d e r n ] a n d r n W, a n d e r e n D Η Ο Horn. 8 liep WD, lip Η, beswas Ο, besvas Horn. 16/17 da - q u a m e n fehlt O. 18 n a c h w a r h e i t ] na w a r h e y t O, na d e r w a r h e i t Horn., fehlt W D H. 20 g e n W D H, u a r e t O, varen Horn. 21 K a i n e ] K a i n n e W, K a y n n e D, K a y n e H, c a y n e O, k a i n e Horn. 23 nach z u g i n g ] d a t es n i c h t ne blef O, d a t is nicht ne blef Horn. 24 m a n W D H, s u m m e lüde O, s u m m e lüde Horn. K a m m e ] k a i n n e W D, k ä m m e //, c a m Ο, k a m Horn. 26 K a m D Η Horn., C a m Ο, K a i n W . 26/27 nach A f f r i c a m ] mit sinen siechte O, mit sime gesiechte Horn., fehlt W D H. 29 M a n D H, an W, s u m m e lüde Horn. 32 m a n wie 24. 3 5 e n v o r v l u c h t e W D H, ne u o r u l o k e d e O, ne v l u k e d e Horn.

241 auf die (Reliquien) schwören kann, daß man ihn treuwidrig zu dem Versprechen zwinge. Wer vor Gericht von einem anderen Geld fordert, und fragt jener, warum er es ihm schuldig sei, so soll ihm dieser sagen, ob er es aufgrund eines Versprechens oder wegen eines Erbes, das er empfangen hat, schuldig sei. Kapitel XLII. Gott hat den Mann nach seinem Ebenbild geschaffen und durch seine Marter erlöst, den einen wie den anderen; ihm war der Arme so teuer wie der Reiche. Nun wundert euch nicht, daß dieses Buch so wenig1 vom Recht der Dienstleute enthält, denn dieses ist so mannigfaltig, daß es niemand zu Ende bekommen kann. Unter jedem Bischof und unter den Äbten und Äbtissinnen haben die Dienstleute besonderes Recht. Deshalb kann ich darüber nicht berichten 2 . Als man zum ersten Mal Recht setzte, da gab es keinen Dienstmann; alle Leute waren frei, als unsere Vorfahren 3 hierher in das Land kamen. Mit meinem Verstand kann ich es nicht f ü r Wahrheit halten, daß jemand des anderen Eigentum sein solle. Auch haben wir keine Beweise hierfür. Doch behaupten manche 4 Leute, die an der Wahrheit vorbeigehen, daß die Unfreiheit 5 mit Kain beginne, der seinen Bruder erschlug. Kains Geschlecht wurde vernichtet, als die Welt durch Wasser unterging. Es behaupten auch einige, daß die Unfreiheit von Ham, Noahs Sohn, käme. Noah segnete 6 zwei seiner Söhne, von dem dritten erwähnte 7 er keine Leibeigenschaft. Ham besetzte Afrika. Sem blieb in Asien. Japhet, unser Vorfahre, besetzte Europa. Es gehörte also keiner von ihnen dem anderen. Man behauptet auch, die Unfreiheit käme von Ismael. Die Heilige Schrift bezeichnet Ismael als Sohn der Magd 8 ; sonst läßt sich nichts über ihn in bezug auf Unfreiheit verlauten. So behauptet man auch, sie (die Unfreiheit) käme von Esau. Jacob wurde von seinem Vater gesegnet und dabei geheißen, Herr über seinen Bruder Esau zu sein; doch weder verfluchte er Esau noch erwähnte er Unfreiheit. Wir haben

folio 46 verso 1. (Ldr. III 41 §4): Vor Gericht stehen, dem Richter den Rücken zukehrend, zwei Kläger, die mit Klagegebärde auf die ihnen gegenüberstehenden Personen zeigen. Die kleine Figur stellt den Nachkommen und Erben dar, die Figur im roten Gewand denjenigen, der von gelubde schuldig ist. Die beiden Beklagten bedeuten mit Aufforderungsgestus den Klägern, ihnen den Grund ihrer Klage mitzuteilen. Der Befehlsgestus des Richters ist als Aufforderung an die Kläger, diesem Wunsch zu entsprechen, zu verstehen. 2. (Ldr. III 42§1): In der rechten Bildhälfte erschafft Gott (Heiligenschein, blaues Gewand) den Menschen nach seinem Ebenbild. Links wird die Erlösung der Menschheit durch Gottes Martyrium am Kreuz dargestellt. Der Teufel steht angekettet am Eingang des Höllenrachens, die Erlösten wenden sich von dort dem f ü r sie gekreuzigten Christus zu. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 259, 274, 279ff.; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 6; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191; Schott, Sachsenspiegel, S. 56; Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 222. 3. (Ldr. III 42§2): Bischof (rote Kasel, weiße Mitra), Abt (mit goldenem Abtstab) und Äbtissin (braunes Gewand) setzen mit Befehls- bzw. Aufmerksamkeitsgestus den Dienstleuten ihr besonderes, eigenständiges Recht. Während die Dienstmannen vor dem Bischof niederknien, empfangen sie stehend von Abt und Äbtissin ihr Recht. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 294f; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 5; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 4. (Ldr. III 42§3): Hier wird die von Eike verworfene Lehrmeinung dargestellt, nach der die Unfreiheit ihren Ursprung im Brudermord Kains an Abel bzw. im Fluch Noahs über seinen Sohn Ham hat. In der rechten Bildhälfte erschlägt Kain seinen Bruder Abel mit einem Rechen. Die Opfergaben der beiden, die nach Genesis 4,3-5 bzw. Genesis 8 der Anlaß zum Brudermord waren, fehlen (sind jedoch in Η über den Köpfen der Brüder abgebildet). Links im Bild sitzt Noah in seiner Arche und segnet seine Söhne Sem und Japhet vor ihm (Segensgestus deutlicher in H), während er sich von seinem dritten Sohn H a m abwendet, weil dieser ihn verlacht (Genesis 9,25-28). Drescher, Geistliche Denkformen, S. 313; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 6; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schott, Sachsenspiegel, S. 52; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 51. (Ldr. III 42§3): Das Bild zeigt Hagar, die Magd Abrahams, mit ihrem Sohn Ismael nach deren Verstoßung (Genesis 16; Genesis 21,10-21). Hagar f ü h r t Ismael an ihrer H a n d , der wiederum mit seiner Rechten auf sie weist, zum Zeichen, daß sie seine Mutter ist. Die etwas entstellte Redegebärde Hagars (als solche in Η deutlich erkennbar) soll darauf hinweisen, d a ß die Verstoßung Hagars und Ismaels ein Argument gerade gegen die Unfreiheit Ismaels ist. Drescher; Geistliche Denkformen, S. 318f, 323, 328; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 5; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 13; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 5r. (Ldr. III 42§3): Der blinde Isaak (geschlossene Augenlider) segnet seinen Sohn Jakob (grünes Kleid), der vor seinem Vater niederkniet, während er ihm die Essensschüssel darreicht, die Isaak eigentlich von seinem anderen Sohn Esau verlangt hat (vgl. Genesis 27). Esau (blaues Kleid, rote Strümpfe), der so um den ihm zustehenden Segen betrogen worden ist, steht hinter seinem Vater und damit im Abseits. Die Trauergebärde in H, die den Verlust des Segens bekundet, ist wohl richtiger als der Ablehnungsgestus in W. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 318/, 323, 328; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 5; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191.

1 lützel, luzzel Adj. .klein, gering, wenig'; 2 bescheiden st.V. .anweisen, unterrichten, berichten'; 3 vordem Plur. .Ahnen, Vorfahren, Eltern', zu vorder, vordere sw.M.F. , Vater, Mutter, Vorfahr'; 4 sumelich, sümelich Pron. Adj. ,mancher, irgendeiner von allen', Plur. .manche, einige'; 5 eigenschaft st.F. .Leibeigenschaft, Unfreiheit, Hörigkeit'; 6 segenen, seinen sw.V. .bekreuzigen, segnen'; 7 gewahen st.V. ,sagen, berichten, erwähnen'; 8 dirn, dirne, diente st.sw.F. ,Dienerin, Magd'.

folio 47 recto

ouch nich' in vnfeme rech™ das nimät Jich Jelbe zü eigene gegebe mag is wid' lege Jin erbe wol-wi mochte da noe od' yjaac eine äd'n zü eigene gegebe-/int Jich Jelbe nimät zü eige gegebe m a g - O u c h habe wir vrküdes me got rügete de Jibinde tag · di • e · gab · vn vns Jante Jine geijt de Jibendin mäde gebot he ouch zü haldene vn das Jibinde iar das heijt das iar d' lojüge Jo Jolde mä ledig lajin vn vri • alle di geväge ware vn in eigejchaft gezoge mit Julcheme rechte Jo mä Ji vieng ab Ji ledig vn vri wolde Jin Vbir Jiben mal Jiben iar quä das vünfczigejte iar das hies das iar der vroude-Jo müjte all' melich ledig vn vri Jin · he wolde od' en wolde Ouch gab vns got vrküde an eime phenlge-da mä en mite vor Juchte da he Jprach lajit de keijer Jines bildes gewaldig vn gotis bilde gebit gote · da bi is vns küdig vö gotis wortin das d' mejche gotis bilde is vn gotis wejin Jal wer en im anders zü Jagit denne gote d' tüt wid' gote Noch rechtir warheit Jo hat eigenjchaft begin vö getwäge vn vö geuengnijje vn vö vnrecht' gewalt di mä vö aldir an vnrecht' gewö= heit gezoge hat vn vor recht habe wil· XLIIII· Swes Jich d' mä mit vnrechte vnd'wint das im m1 rechte abe gewnne wirt-he mus is b ü j e lajin-jwes he Jich ab' vnd'wint mit ienis wille des is da is od' das hes im liet od' borg 1 en gilt hes nich c od' en tüt hes nich' wid' zu bejcheiden' zit he blib' is ane wädil he en habes dene vor gerichte gelob'· Zu babilonie irhup Jich das riche -XLV· das was gewald 6 -vb' alle lät da zu vor= te is zyrn 9 vn wädilte das riche inpjyam · da Jtüt is bis an dariü den lezten den

242

ouch noch in unseme rechte, das nimant sich selbe zu eigene gegeben mag, is widerlege sin erbe wol. Wi mochte da N o e oder Isaac einen andern zu eigene gegeben, sint sich selbe nimant > zu eigen gegeben mag? Ouch habe wir ur6 kundes me: Got rugete den sibinden tag, di sibende 6 a woche gebot he ouch czu haldene, da he den juden di e gab unde uns sante sinen geist. Den sibendin manden gebot he ouch zu haldene unde das sibinde jar, das heist das jar der losunge. So solio de man ledig lasin unde vri alle, di gevangen waren unde in eigenschaft gezogen, mit sulcheme rechte, so man si vieng, ab si ledig unde vri wolden sin. Ubir siben mal siben jar quam das vunfczigeste jar, das hies das jar der is vrouden, so muste aller menlich ledig unde vri sin, he wolde oder enwolde. Ouch gab uns got urkunde an eime phenninge, da man en mite vorsuchte, da he sprach: Lasit den keiser sines bildes gewaldig unde gotis bilde ge20 bit gote. Da bi is uns kundig von gotis wortin, das der mensche gotis bilde is unde gotis wesin sal. Wer en im anders zusagit denne gote, der tut wider gote. Noch rechtir warheit so hat eigenschaft begin von ge25 twange unde von gevengnisse unde von Unrechter gewalt, di man von aldir an Unrechter gewonheit gezogen hat unde nu vor recht haben wil. C.XLIII. Swes sich der man mit Unrechte underwint, das im mit rechte abegewunnen wirt, he 30 mus is mit buse lasin. Swes he sich aber underwint mit ienis willen, des is da is, oder das hes im liet oder borget, engilt hes nicht oder entut hes nicht wider zu bescheidener zit, he blibet is ane wandil, he enhabes denne vor gerichte gelobet. 3s C. XLIIII. Zu Babilonie irhup sich das riche, das was gewaldig über alle lant, da zuvorte is Zyrus unde wandilte das riche in Persiam; da stunt is bis an Darium den lezten. Den

1 noch Ο Horn., nicht W D, fehlt H. 2 nach is] in / i ne Ο Horn., fehlt W D. 6 rugete W, ruwete D Η., rowede O, ruwede Horn. 6/6a di - juden H, De seuende weken bot he oc to haldene, alse he den ioden O, Die seveden weken gebot he ok to haldene, als he den joden Horn., fehlt W D. 12 rechte W D Η Ο, gerede Horn. 13 mal WD H, waruen O, werf Horn. 27 nu Ό Ο Horn., ην Η, fehlt W. 28 XLIII aus XLIIII nach Inhaltsverzeichnis verbesssert. 30 mit Η Ο Horn., fehlt WD. 33 zit WD, czit Η tid O, dagen Horn. 35 XLIIII aus X L V nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 37 Zyrus] zyrnus W, zyruus D, cyrus Ι! Ο Horn, wandilte D, wandelte H, wandelde Horn., kerde O.

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auch noch in unserem Recht (den Satz), daß sich niemand selbst in die Leibeigenschaft begeben kann, wenn dem sein Erbe widerspricht. Wie konnten da Noah oder Isaak einen anderen zu Eigen geben, wenn sich selbst niemand zu Eigen geben kann? Auch haben wir noch mehr Beweise: Gott ruhte 1 am siebten Tag; die siebte Woche gebot er auch zu halten, als er den Juden das Gesetz gab und uns seinen Geist sandte. Den siebten Monat2 gebot er auch zu halten und das siebte Jahr, das das Jahr der Freilassung 3 heißt. Da sollte man alle ledig und frei lassen, die gefangen und in die Unfreiheit geraten waren, und zwar mit jenem Recht, das sie besaßen, als man sie fing - wenn sie ledig und frei sein wollten. Nach sieben mal sieben Jahren kam das fünfzigste Jahr, das hieß das Jahr der Freuden; da mußte jedermann ledig und frei sein, ob er wollte oder nicht. Auch gab uns Gott einen Beweis mehr mit einem Pfennig, als man ihn damit versuchte, wozu er sagte: „Laßt den Kaiser über sein Bild Gewalt haben und Gottes Bild gebt Gott." Daran ist uns Gottes Wort offenbar geworden, daß der Mensch Gottes Ebenbild ist und Gott gehören soll. Wer ihn jemand anderem als Gott zuspricht, der handelt gegen Gott. Nach rechter Wahrheit hat Unfreiheit ihren Ursprung in Zwang und Gefangenschaft und Unrechter Gewalt, die man von alters her zu Unrechter Gewohnheit hat werden lassen und nun für Recht erachten will. Kapitel X L I I I . Wessen sich ein Mann mit Unrecht bemächtigt, wird er dessen mit Recht überführt, so muß er es mit Buße zurückgeben. Wessen man sich aber mit Einwilligung desjenigen bemächtigt, der es besitzt, oder der es ihm leiht oder zum Pfand gibt4, bezahlt er dafür nicht oder gibt er es nicht bis zum festgesetzten Tag zurück, so bleibt er ohne Buße dafür, es sei denn, er habe es vor Gericht versprochen. Kapitel XLIY. Zu Babylon entstand das Weltreich, das über alle Länder herrschte; das zerstörte 5 Cyrus und brachte 6 die Weltherrschaft nach Persien; dort verblieb sie bis auf Darius den Letzten. Diesen

1 ruowen, ruon sw.V., md. rügen .ruhen'; 2 mände, mant, mont sw.st.M. ,Mond\ .Monat'; 3 losunge, leesunge st.F. ,Losmachung, Erlösung, Befreiung'; 4 borgen sw.V. .borgen, entlehnen, einem anvertrauen'; 5 zervüeren sw.V. .auseinanderbringen, zerstören, beenden'; 6 wandeln, wandelen sw.V. »zurückbringen, wechseln, ändern, wandeln'.

folio

47 recto

1. (Ldr. III 42§4): Gottvater mit Bart und Kreuznimbus, der am siebten Schöpfungstag (symbolisiert durch die Sonne; in Η sieben Punkte über der Sonne) ausruht, hat auch für die siebte Woche (Kreis mit sieben kleinen Kreisen, die eine römische Eins umschließen), den siebten Monat (Kreis mit römischer Sieben und sieben Halbmonden, die ein Gesicht haben) und das siebte J a h r (kleinerer Kreis mit römischer Siebenzahl) ein Gebot gegeben. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 346f.; von Olberg, nung, S. 160; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191.

Gesellschaftsord-

2. (Ldr. III 42§4): In einem Kreis gibt Gott einem Juden (Spitzhut), der in seiner linken Hand ein Buch oder eine Schrifttafel hält, das Gebot (Aufmerksamkeitsgestus) für das fünfzigste J a h r (in Η römisches L mitten im Kreis; der Jude ohne Schrifttafel bzw. Buch). D a in diesem J a h r alle Unfreiheit beendet wird, entläßt der Mann in rotem Oberkleid einen angeketteten Gefangenen aus seinem Haus in die Freiheit (in Η trägt der Gefangene einen Bart zum Zeichen dafür, daß er in der Gefangenschaft alt geworden ist). Drescher, Geistliche Denkformen, S. 34Iff.; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Scheele, Delikte, S. 168; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 3. (Ldr. III 42§5): Gott (wie in den Bildzeilen 1 und 2 mit Kreuznimbus und langem blauen Gewand) thront in der Bildmitte. Er verweist (Aufmerksamkeitsgestus) den Mann im roten Oberkleid, der ihm ein Geldstück entgegenhält, an die Autorität des Kaisers, der, gekleidet in ein goldenes Gewand, zur Linken Gottes thront und als Zeichen seiner Zuständigkeit eine goldene Münze hält. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 346f; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 4. (Ldr. III 42§6): Der Mann im roten Rock, der mit einem Halseisen an eine Säule gekettet ist, verkörpert die Gefangenschaft, aus der das Unrecht der Leibeigenschaft entstanden ist. V o r dem Gefangenen steht ein Herr (in Η mit Schapel) in grünem, mittellangem Obergewand mit roter Kapuze und beruft sich auf die gewohnheitsrechtliche Leibeigenschaft, indem er mit seinem rechten Zeigefinger das Halseisen berührt. Der Bildbuchstabe 5 muß an dieser Stelle nicht falsch sein (so v. Amira), da er zu dem Satz Szves sich der man mit Unrechte underwint gehören kann, unterstreicht er das Unrecht der Leibeigenschaft, das im Bild nicht zum Ausdruck kommt. Drescher, Geistliche Denkformen, S. 3'>0ff.; Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 6; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 160; Scheele, Delikte, S. 168, 220; Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 13; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 191. 5. (Ldr. III 44§1): Der Kaiser von Babylon sitzt auf dem Thron. Mit einem Dolch in seiner rechten Hand entreißt ihm Cyrus gewaltsam die Herrschaft (Krone). Nachfolger von Cyrus ist Darius, der allerdings, wie das am Körper von Cyrus vorbeigeführte blanke Schwert zeigt, ohne Gewaltanwendung die Regierung antritt ( H zeigt Darius ohne Kriegsausrüstung, Ο ohne Schwert). Darius wird von Alexander getötet, dessen Schwertspitze im Rükken seines Vorgängers steckt; nach ihm übernimmt Julius die Herrschaft. Obschon alle Regenten sitzen, ist die Thronzeichnung bis auf den T h r o n des Kaisers von Babylon ausgespart geblieben. Schmidt, Kaiser und Papst, S. 11 Off; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 23lf; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 190.

244

folio 47 verso vor Jigete allexäd' vfi kerte das riche an kirche da Jtüt is J o läge bis is Jich rome vn dirwät-vfi iulius keifer wart N o c h ha' rome da s w'tliche Jw't vn vö Jente petirs ha lbe das geijtliche · da vö heijt Ji h o ü b ' al lir w'lde V n j e vordere da di h ' q"me vfi di doringe vor tribe · di ware I allexäders her g e w e j t m' irre helfe hatte he betwnge al ajyam · D a allexäd' Jtarp da en t o r j t e Ji Jich nich' zu tun inde läde- durch des lädes h a s - v n Jchifte m' drin h ü n d i r t kielin di vort 2 bin alle bis uf vier vn v ü n f z i g - d ' q u a m e ächzen zu p r ü f e n · vn b e j a j e n d a s - z w e l u e b e j a j i n riüan · viervnzwenzig q ' m e h' zu läde D a ir J o vil nicht en was das Ji de ackir mochte gewirke · da Ji di d o r i n g e j che h're Jluge · vn vor tribe · da liejin Ji di geb u r Jizze vngejlage · vn b e j t a t t e en den ackir zu J o g e t a n e m e rechte alje Ji en noch gilajin h a b i n - d a r abe q u a m e di l a j i n v o n de lajin di Jich vor w o r c h e an irme rechte q" Nv vor nemt X L V I · me di tage w o r c h t e · all' lüte w'gelt vn b ü j e · v o r j t e vn vrie h'rin · Jchepphinbare lüyte di Jin glich I b ü j e vn in w'gelde doch eret mä di v6Jte vn vrie h're mit golde zu gebene vn gib' en zwelf guldine phenlge zu b ü j e d' iclich' ein dri phenlg gewichte Jilbers wege · das phen= nlg gewichte goldis nä mä hi vor zwe= ne Jilbirs-Jus ware di zwelf phenlge driJig JchillTge w e r t - D e n Jchepphlbare vri en lüyte gibit mä drijig JchillTge zu büze p h ü d i j c h i r phenlge d' Julie zwenzig JchillTge eine marg wegT ir w'gelt Jin ächze p h ü n t p h ü d i j c h ' phenlge · Ein iclich wip h a t ires mänes halbe b ü j e vn w'gelticliche mait vfi vngemänet wip hat halbe b ü j e noch deme das Ji geborn is · d' män is

5

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2o

25

3o

3s

vorsigete Allexander u n d e kerte das riche an Κ rieh e. D a stunt is so lange, bis is sich R o m e u n d i r w a n t unde Julius keiser wart. N o c h hat R o m e das wer/tliche swert u n d e von Sente Petirs halben das geistliche, da von heist si h o u b e t allir werlde. Unse vorderen, da di h e r q u a m e n u n d e di D o r i n g e vortriben, di waren in Allexanders her gewest. M i t irre helfe hatte he betwungen al Asiam. D a Allexander starp, d a entorsten si sich nicht zu tun in deme lande d u r c h des landes has u n d e schiften mit d r i n h u n d i r t kielin. Di vorturbin alle bis uf vierundevunfzig, d e r q u a m e n ächzen zu Prusen u n d e besasen das, zwelve besasin Rwian, vierunzwenzig q u a m e n her zu lande. D a ir so vil nicht enwas, das si d e n ackir mochten gewirken, da si di doringeschen herren slugen u n d e vortriben, d a liesin si di geb u r sizzen, ungeslagen u n d e bestatten en den ackir zu so getaneme rechte, alse si en noch gilasin habin. D a r abe q u a m e n di lasin. V o n den lasin, di sich v o r w o r c h i e n an irme rechte, quamen di tageworchten. C. XLV. N u vornemt aller lute wergelt u n d e buse: Vorsten u n d e vrie herrin, schepphinbare luite, di sin glich in buse unde in wergelde. D o c h eret man di vorsten unde vrie herren mit golde zu gebene u n d e gibet en zwelf guldine phenninge zu buse, der sal iclicher ein dri phenning gewichte silbers wegen. Das phenning gewichte goldis nam m a n hi vor zwene silbirs, sus waren di zwelf phenninge drisig Schillinge wert. D e n schepphinbaren vrien luiten gibit man drisig Schillinge zu buze phundischir phenninge, der sullen zwenzig Schillinge eine marg wegin. Ir wergelt sin ächzen p h u n t phundischer phenninge. Ein iclich wip hat ires mannes halbe buse u n d e wergelt. Icliche mait u n d e u n g e m a n n e t wip h a t halbe buse noch deme, das si geborn is. D e r man is

1/2 Kriche D, kirche W, krichen H, kreken O, krieken Horn. 4 werltliche H, werliche W D, wertlike Ο, werltlike Horn. 14 Ruian] Rivan W H, riuan D, ruyan O, Rujan Horn. 20 gilasin W, di lasin D, di lazen H, de laten O, die late Horn. 21 vorworchten D //, vorworchen W, uorwrochten O, verwarchten Horn. 22 XLV aus XLVI nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 27 sal Η Ο Horn., fehlt WD.

245 besiegte Alexander und brachte das Reich an die Griechen. Dort bestand es so lange, bis Rom sich seiner bemächtigte und Julius Kaiser wurde. Noch hat Rom davon das weltliche Schwert behalten und wegen des heiligen Petrus das geistliche, deswegen heißt es »Haupt der ganzen Welt'. Unsere Vorfahren, die hierher kamen und die Thüringer vertrieben, die sind in Alexanders Heer 1 gewesen. Mit ihrer Hilfe hatte er ganz Asien unterworfen. Als Alexander starb, da wagten 2 sie es wegen des Hasses des Landes nicht, sich in dem Land auszubreiten und stachen mit dreihundert Schiffen 3 in See 4 . Die sanken 5 alle bis auf vierundfünfzig, von diesen kamen achtzehn nach Preußen und nahmen es in Besitz, zwölf nahmen Rügen in Besitz, vierundzwanzig kamen hierher in das Land. Weil ihrer so viele nicht waren, daß sie den Acker bestellen konnten, ließen sie - als sie die thüringischen Herren erschlagen oder vertrieben hatten die Bauern am Leben und auf ihrer Scholle sitzen und verliehen ihnen den Acker zu solchem Recht, wie es die Zinsbauern 6 noch heute besitzen. Dadurch entstanden die Zinsbauern. Aus den Zinsbauern, die ihr Recht verwirkten, entstanden die Tagelöhner 7 . Kapitel XLV. N u n hört von jedermanns Wergeid und Buße: Fürsten, Freiherren, schöffenbare Leute sind gleich in bezug auf Buße und Wergeid. Doch ehrt man die Fürsten und Freiherren dadurch, daß man sie in Gold bezahlt, und man gibt ihnen zwölf goldene Pfennige als Buße, von denen jeder drei Pfenniggewichte Silbers wiegen soll. Das Pfenniggewicht Goldes nahm man da f ü r zehn von Silber, so waren die zwölf Pfennige dreißig Schillinge wert. Den schöffenbarfreien Leuten gibt man dreißig Schillinge vollwichtiger 8 Pfennige als Buße, von denen zwanzig Schillinge eine M a r k wiegen sollen. Ihr Wergeid sind achtzehn P f u n d vollwichtiger Pfennige. Jede Frau hat ihres Mannes halbe Buße und Wergeid. Jedes Mädchen und jede unverheiratete Frau hat halbe Buße, je nach dem Stand, in den sie geboren ist. Der Mann ist

1 her, here st.N. ,Heer, Kriegsheer 4 , ,Menge, Schar, Volk'; 2 forsten Prät., zu turren unr.V. ,wagen, den M u t haben, sich unterstehen'; 3 kiel st.M. »größeres Schiff'; 4 schiffen sw.V. ,sich einschiffen, in See stechen'; 5 verderben st.V. ,umkommen, sterben', hier .sinken 4 ; 6 lazze sw.M. »Höriger, Zinsbauer'; 7 tagewürchte, -worchte sw.M. ,Tagewerker, Tagelöhner 4 ; 8 phundec, phundic Adj. ,das rechte Gewicht habend, vollwichtig 4 .

folio 47 verso

1. (Ldr. III 44§1): Von Petrus (mit goldfarbenem Nimbus) empfängt der Papst (mit dreifacher Tiara), nach dem Belehnungsritus kniend, anstelle des Schwertes (vgl. W fol. 9v2) einen Schlüssel. Daneben steht der Kaiser, der mit Helm und Halsberge hier wie f ü r einen Krieg gerüstet ist: Er hält in seiner rechten H a n d das (weltliche) Schwert, in der linken das Zepter. Schmidt, Kaiser und Papst, S. 11 Off.; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 232; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 190. 2. (Ldr. III 44§2): Nach dem T o d Alexanders (dargestellt in H) verlassen die Vorfahren der Sachsen Asien. Statt der genannten 300 Schiffe, mit denen sie das Meer überqueren, sind zwei Einmastschiffe mit Rahsegel zu erkennen, auf denen sich je ein Ruderer (mit blauer Kapuze) und insgesamt elf Männer befinden (anders H : sechs Männer, zwei Frauen mit Gebände und ein Ruderer mit Kapuze). Von den auf der Überfahrt Verstorbenen treiben drei Tote im Meer. 3. (Ldr. III 44§3): Die Sachsen haben als Eroberer, kenntlich an ihrer kriegerischen Ausrüstung mit Helm und Halsberge - vier von ihnen führen auch ein Schwert mit sich - , die Thüringer erschlagen und belehnen drei Bauern, in typisch braunem Rock, mit Land (in Η deutlich durch Überreichung eines Zweiges als Investitursymbol). 4. (Ldr. III 45§1): Der Fürst sitzt auf einem Kastenthron (die Gebärde erklärt sich aus seiner Stellung als Landesfürst) und empfängt das Bußgeld, das ihm auf einem Zahlbrett übergeben wird. Abgebildet sind die ihm zustehenden Goldpfennige. Das Zahlbrett wird ihm gereicht von einem - wohl das Bußgeld zahlenden Mann, der im Text nicht genannt wird und der als Zeichen der Ehrerbietung vor dem Fürsten die Knie beugt. Mit einer H a n d hält der Mann das Zahlbrett, mit der anderen verweist er auf den Buchstaben Ν in der Bildleiste, der die Verbindung zum Text herstellt. Die Wergeidhöhe des Fürsten ist im Text nicht erwähnt. Der Illustrator hat sie aus dem ersten Satz von Ldr. III 45§1 (Fürsten, freie Herren und Schöffenbarfreie haben gleiches Wergeid) und aus der Erwähnung von 18 P f u n d Wergeid f ü r die Schöffenbarfreien erschlossen und in den linken Bildteil geschrieben. von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 158ff.; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 241; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 69f. 5. (Ldr. III 45§1): Auf dem Zahlbrett befinden sich im Unterschied zum Zahlbrett in Bildzeile 4 zwei Angaben: Zum einen die Zahl XXX, die f ü r die im Text angegebenen 30 Schillinge Bußgeld des Schöffenbarfreien (links) steht (so auch in D, H, O); zum anderen sind darunter jedoch, wie in Bildzeile 4, die 12 goldenen Pfennige eingezeichnet, die dem freien H e r r n (rechts) zustehen. Der Schöffenbarfreie verweist mit der einen H a n d auf die Zahl XXX, d.h. auf das ihm zustehende Wergeid. Der Gestus der anderen H a n d kann als Verweis auf den Bildbuchstaben D gedeutet werden, der im Text den Passus über die Schöffenbarfreien einleitet. Die Gebärde kann aber auch einfach als Redegestus verstanden werden. Der freie H e r r zeigt mit der einen H a n d auf das vorherige Bild, womit ein loser Zusammenhang zwischen der Bestimmung über die Fürsten und der über die freien Herren hergestellt ist. Dem Fürsten kommt - durch die gesonderte bildliche Darstellung - eine deutlich herausgehobene Position zu. Obwohl der Text Fürsten und freie Herren gleichstellt, bildet der Illustrator freie Herren und Schöffenbarfreie zusammen ab. Andererseits ist der freie Herr analog zum Fürsten sitzend dargestellt, während der Schöffenbarfreie deutlich als auf einer tieferen sozialen Rangstufe stehend aufgefaßt wird (Ehrerbietungsgestus des Kniebeugens). von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 159ff.; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 241; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 68f. 6. (Ldr. III 45§2): Ein kniender Mann zahlt einer verheirateten Frau (Schleier) Wergeid oder Buße. Die Bruchzahl halbe des Textes widerspiegelnd, liegt auf dem Zahlbrett eine halbe Münze. D a ß Wergeid und Buße ihres Ehemannes dieser Hälfte als Berechnungsgrundlage dienen, wird nicht deutlich. Die Szene fehlt in Η und O. Vermutlich handelt es sich um einen Bildnachtrag seitens des Illustrators von D, der dann in W übernommen worden ist.

folio 48 recto

o v ch v o r m ü d e Jins wibes alje Ji im get v w' wirt das wip is o v ch des mänes g e n o j i n n e Jwe Ji in Jin bette trit noch des mänes tode is Ji led 8 ν δ des mänes rechte Di birgelde vfi phegh a f t e h e i j e - v n des JchultheiJe dig J u c h e - d e gib' mä vünfze Jchilllge zu b u j e vn czen p h ü t zu w'gelde · vnd' de müs mä wol kije ei vrone b o t e - a b mä des b e d a r f · d ' minre de dri hüue habe · de Jal kije d ' rieht' vn di Jchepphe A n d ' e vrie lüte di lät JeJin heije · di k ü m e vn varn TgaJtis wije-vii en habe kein eige in deläde de gib' mä o v ch v ü n f z e Jchilllge zu b ü j e · ir w'gelt is c z e p h ü t - Z w e n e wlline h ä z e h e n - v n eT mijt gabele is des tageworchte b u j e - J i n w'gelt is ei b a r k vol weijis vö zwelf rüte als icliche rüte vö d ' äd'en Jte eins vadems lang-iclichte rüte Jal habe zwelf nayle uf wert-iclich nail Jal vö de äd'en Jten alje d ' mä lang is bis an di Jchul d ' e · durch das mä de barg gehebe m ü g e - ν δ nayle zü naile iclich nail Jal habe zwelf bütele-iclich bütel zwelf Jchilllge P h a f f e kind'e vn di vnelich geborn Jin de gibt mä zü b ü j e ei vüedir houwes alje zwene ierige o c h j i n gezien müge Spillüte vn alle di Jich zü eige gebn de gib' mä zü b u j e de Jchate eins mänes Kemphin vn irn kld'en gib' mä zu b ü j e eins Jchildis blig kegl d ' J ü n e Z w e n e b e j e m e vfi eine Jchere is ir b ü j e - d i ir recht mit dübe od' m ' roübe o d ' ädirs vor wirke-vnelich' lüte b u j e gib' luzil v r ü m e - v n is doch durch das g e j a z t das d ' b ü j e des richters gewette volge· -XLVII· Ane w'gelt Jin vnechte lüte · doch Jw' ir eine w n d ' o d ' r o u b ' o d ' totit o d ' vnechte wip notig' vfi de vride an er b r i c h ' - m ä Jal vb' en rich= te noch vrides rechte an varnde wibe vn an Jin' ameyen mag d ' mä Jine lip vor wirke ab he

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ouch Vormunde sins wibes, alse si im getruwet wirt. Das wip is ouch des mannes genosinne, swen si in sin bette trit, noch des mannes tode is si ledig von des mannes rechte. Di birgelden u n d e p h / e g h a f t e n heisen u n d e des schultheisen ding suchen, den gibet man v u n f z e n Schillinge zu buse u n d e czen p h u n t zu wergelde. U n d e r den mus man wol kisen ein en vronenboten, ab man des bedarf, der minre den dri huven habe. Den sal kisen der richter unde di schepphen. A n d e r e vrie lute, di lantsesin heisen, di kumen u n d e varn in gastis wise u n d e enhaben kein eigen in deme lande, den gibet man ouch vunfzen Schillinge zu buse, ir wergelt is czen p h u n t . Zwene wolline hanzchen u n d e ein mistgabele is des tageworchten buse, sin wergelt is ein bark vol weisis von zwelf ruten, als icliche rute von der anderen ste eins vadems lang. Icliche rute sal haben zwelf naile ufwert. Iclich nail sal von deme anderen sten alse der man lang is bis an di Schuldere, durch das man den barg geheben muge von naile zu naile. Iclich nail sal haben zwelf butele, iclich butel zwelf Schillinge. P h a f f e n k i n d e r e u n d e di unelich geborn sin, den gibt man zu buse ein vuedir houwes, alse zwene jerige ochsin gezien raugen. Spillute unde alle, di sich zu eigen geben, den gibet man zu buse den schaten eins mannes. Kemphin unde irn kinderen gibet man zu buse eins schildis blig kegin der sunnen. Zwene beseme u n d e eine schere is ir buse, di ir recht mit dube oder mit roube o d e r andirs vorwirken. Unelicher lute buse gibet luzil vrumen u n d e is doch durch das gesazt, das der buse des richters gewette volge. C . X L V I . Ane wergelt sin unechte lute. D o c h swer ir einen w u n d e t o d e r roubet o d e r totit o d e r unechte wip notiget u n d e den vride an en brichet, man sal über en richten noch vrides rechte. An varnden wiben u n d e an siner ameien mag der man not tun unde sinen lip vorwirken, ab he

2 swen W D H, alse O, tohant alse Horn. 4/5 phleghaften] pheghaften WD, phlechhaften H, plechaften O, plechhaften Horn. 7 einen D H, ein W, enen Ο Horn. 13 nach phunt] vgl. Horn. Ldr. III 45 §7. 16 Icliche D H, iclichte W, iewelich O, iewelk Horn. 19 geheben W D H, boren O, geboren Horn. 21/22 unelich W, vnelich D H, unechte O, unecht Horn. 26 schildis blig W D , schildes blic H, blic uan enen campschilde O, blik von eme kampscilde Horn. 29 andirs W D, anders H, mit andren dinghen O, mit anderen dingen Horn, luzil WD, luczel H, denen O, lüttik Horn. 32 XLVI aus XLVII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 34 en DO Horn., er W, in H. 36 not tun unde] not don unde O, not dun unde Horn., fehlt W D H.

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auch Vormund seiner Frau, sobald sie ihm angetraut ist. Die Frau ist ebenso Standesgenossin 1 ihres Mannes, sobald sie in sein Bett tritt; nach dem T o d ihres Mannes ist sie von des Mannes Recht frei. Diejenigen, die Biergelden 2 und Zinspflichtige 3 heißen und das Gericht des Schultheißen aufsuchen, denen gibt man f ü n f z e h n Schillinge als Buße und zehn P f u n d als Wergeid. Aus ihrem Kreis muß man einen Fronboten wählen, wenn man dessen bedarf, der weniger als drei H u fen (Grundeigen) besitzen soll. Ihn sollen der Richter und die Schöffen wählen. Andere freie Leute, die Landsassen heißen, kommen und gehen wie Fremde und haben kein Grundeigentum im Land; denen gibt man auch fünfzehn Schillinge als Buße, ihr Wergeid beträgt zehn Pfund. Zwei wollene Handschuhe 4 und eine Mistgabel ist die Buße des Tagelöhners; sein Wergeid ist ein Gerüst 5 voll Weizen von zwölf Stangen 6 , von dem jede Meßstange von der anderen einen Faden weit entfernt steht. Jede Stange soll zwölf Nägel übereinander haben. Jeder Nagel soll von dem anderen so weit entfernt stehen, wie der Mann bis zu seinen Schultern lang ist, damit man das Gerüst von Nagel zu Nagel abmessen 7 kann. Jeder Nagel soll zwölf Beutel 8 haben, jeder Beutel zwölf Schillinge. Kindern von Geistlichen und denjenigen (Kindern), die unehelich geboren sind, gibt man als Buße ein Fuder 9 Heu, wie es zwei einjährige Ochsen ziehen können. Spielleuten und allen denjenigen, die sich in Leibeigenschaft begeben, denen gibt man als Buße den Schatten eines Mannes. Lohnkämpfern und ihren Kindern gibt man als Buße das Blinken eines Kampfschildes gegen die Sonne. Zwei Besen und eine Schere ist die Buße derjenigen, die ihr Recht mit Diebstahl oder mit Raub oder auf andere Weise verwirken. Rechtsunfähiger Leute Buße bringt geringen Nutzen und ist doch darum festgesetzt, damit der Buße das Gewette des Richters folgen kann. Kapitel XLVI. O h n e Wergeid sind rechtsunfähige Leute. Doch wer einen von ihnen verwundet oder ausraubt oder tötet oder eine rechtsunfähige Frau vergewaltigt und (so) den Frieden an ihnen bricht, über den soll man nach Friedensrecht urteilen. An einer fahrenden Frau und an seiner Geliebten 10 kann ein Mann Notzucht begehen und sein Leben verwirken, wenn er 1 genozzinne st.F. ,Genossin', hier ,Standesgenossin, Ebenbürtige'; 2 birgelte st.M. ,Abgabenpflichtiger, Biergelde'; 3 phleg(e)hafte Substantivierung zu phleg(e)haft A d j . v e r p f l i c h t e t , zinspflichtig'; 4 hantschen Plur., N e b e n f o r m zu hantschuoch st.M , H a n d s c h u h ' ; 5 bare st.M. ,Schober, Gerüst'; 6 ruote, md. rüte st.sw.F. »Gerte, Rute'; ,Stange'; 7 gehebert st.V. ,aufheben', »abmessen'; 8 biutel, md. bütel s t . M . N . , B e u t e l , T a s c h e ' ; 9 vuoder, md. vüder st.N. ,Fuder, Fuhre, Wagenlast'; 10 amie sw.F. .Geliebte, Buhle'.

1. (Ldr. III 45§4): Gezeigt sind die Büß- u n d W e r g e i d h ö h e der P f l e g h a f t e n und Biergelden. Die Figur links ist durch ihre braune Kleidung als Bauer gekennzeichnet, die rechte Figur trägt rote Kleidung u n d ist d u r c h die rechts neben ihr abgebildete Schöpfkelle als Biergelde charakterisiert, so d a ß der Unterschied zwischen P f l e g h a f t e n u n d Biergelden auch an der Kleidung deutlich wird (anders Η u n d O ) . Beide halten ein Zahlbrett, auf dem, an-

folio 48 recto

ders als im T e x t angegeben, 12 Geldstücke abgebildet sind. Beide Figuren deuten mit einer H a n d auf die Zahl XV in der Bildleiste, die auch im T e x t angegebene B u ß g e l d h ö h e von 15 Schillingen. von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 167f.; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 241; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 71ff. h . (Ldr. III 45§6): Die Bildzeile ist zweigeteilt und stellt im rechten Teil die Büß- u n d W e r g e i d h ö h e d e r Landsassen - die beiden d u r c h die Kleidung als Bauern gekennzeichneten P e r s o n e n - dar. Für sie findet sich im Sinne einer volksetymologischen U m d e u t u n g des T e x t e s (di kumen unde varn in gastis wise) die stereotype W a gendarstellung (Räder u n d L a n g b a u m ) . Die Figuren halten ein Z a h l b r e t t mit zwölf Geldstücken. D i e Zahl X bezieht sich vermutlich auf die im T e x t angegebene W e r g e i d h ö h e von z e h n P f u n d (oben links am R a n d dieses Bildteils). Beide Figuren d e u t e n auf die in d e r Bildzeile (in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit d e m Text) angegebene B u ß g e l d h ö h e von XV Schillingen. Lade, Dorfrecht, S. 184; von Olberg, Gesellschaftsordnung, S. 167f.; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 242; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 71 ff. 21. (Ldr. III 45§8): Links ist die (ScheinP-)Buße des T a g e l ö h n e r s zu e r k e n n e n . Eine d u r c h die Kleidung als Bauer ausgewiesene Figur hält in der einen H a n d zwei (wollene) H a n d s c h u h e , mit d e r a n d e ren schultert sie eine Mistgabel. D a s im T e x t e r w ä h n t e W e r g e i d fehlt in der Darstellung. Scheele, Delikte, S. 234; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 242; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 7 I f f . 3. (Ldr. III 45§9): D e r Weltgeistliche mit T o n s u r ( T o n s u r fehlt in O ) u m f a ß t das Unke H a n d g e l e n k des Kindes z u m Zeichen d a f ü r , d a ß es sein eigenes ist. Er weist mit Fingerzeig seiner rechten H a n d noch zur V e r d e u t l i c h u n g auf den Bildbuchstaben P . Bei d e r S p o t t b u ß e handelt es sich um ein F u d e r H e u , das zwei einjährige O c h s e n ziehen k ö n n e n . Unberücksichtigt bleiben die im T e x t erw ä h n t e n unehelich geborenen K i n d e r . Ν aß, Wappen, S. 266; Scheele, Delikte, S. 234; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 242; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 73. 4r. (Ldr. III 45§9): U n t e r dem Bildbuchstaben S steht d e r Spielm a n n mit einer Geige auf d e m R ü c k e n (in Η mit gezaddeltem Rock) u n d weist mit der e r h o b e n e n rechten H a n d auf den Schatten eines M a n n e s . Die Scheinbuße, die dem Spielmann u n d auch a n d e r e n n u r im T e x t erwähnten P e r s o n e n , die sich in Leibeigens c h a f t befinden, z u r G e n u g t u u n g dient, besteht darin, d a ß sie d e m Schatten des Beleidigers, w e n n er sich d e n n an der W a n d zeigte, gegen den Kopf schlagen d ü r f e n . Naß, Wappen, S. 266; Scheele, Spielmann, S. 343f; Scheele, Delikte, S. 234; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 242f; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 73. 41. (Ldr. III 45§9): D i e Scheinbuße des L o h n k ä m p f e r s - mit Schild u n d ü b e r seinem Kopf geschwungenem Schwert - u n d seines Kindes (Farbgebung der Kleider) besteht darin, d a ß die Sonne (am oberen Bildrand links) auf den Kampfschild am linken Arm des L o h n k ä m p f e r s scheint u n d so einen Glanzreflex erzeugt, der als zweiter Schild in H ö h e des K i n d s k o p f e s schwebt. Naß, Wappen, S. 266; Scheele, Spielmann, S. 343f; Scheele, Delikte, S. 233; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 242f; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 73. 51. (Ldr. III 45§9): W e r sein R e c h t a u f g r u n d eines Diebstahls, eines Raubes o d e r einer anderen Missetat verloren hat, erhält als Spottbuße zwei Besen u n d eine Schere (in Ο n u r ein Besen). Die Bußgeg e n s t ä n d e sind gleichzeitig auch S t r a f w e r k z e u g e . Maß, Wappen, S. 266; Scheele, Delikte, S. 233f. 5r. (Ldr. III 46§1): Dargestellt sind die N o t z u c h t an einer f a h r e n den Frau u n d einer Amie. Bei der alleinstehenden Frau links mit Schleier und G e b ä n d e , die n u r in W u n d D in ihrer e r h o b e n e n linken H a n d einen Goldreif bzw. einen K r a n z trägt (an a n d e r e r Stelle pars p r o t o t o f ü r M o r g e n g a b e , vgl. W fol. 15v6, o d e r den Vollzug d e r Ehe, vgl. W fol. I l r 3 , 4 ; W fol. l l v l ; W fol. 19r3r; W fol. 3 2 r l ; W fol. 35vl), handelt es sich vermutlich um die Amie. Am rechten Bildrand ist eine zweite Frau (mit G e b ä n d e und o f f e nem H a a r ) g e r a d e im Begriff, den N o t z ü c h t e r a b z u w e h r e n ( H a n d gebärden). Sie f a ß t den sie b e d r ä n g e n d e n M a n n an seinem rechten H a n d g e l e n k , w ä h r e n d sie ihn mit ihrer Linken an den H a a r e n zerrt. M a n kann n u r vermuten, d a ß es sich bei dieser Frau um die im T e x t g e n a n n t e F a h r e n d e handelt. Anders hier Η und O: Beide Frauen sind mit G e b ä n d e dargestellt; z u d e m trägt in Η die alleinstehende Frau auf ihrem gelben Kleid ein rotes Abzeichen in s c h w a r z e r Kreisfläche auf der Brust, möglicherweise ein Indiz f ü r eine Fahrende. Scheele, Delikte, S. 181, 234,

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folio 48 verso Durch eine XLVIII· Ji ane dang belegit· wnde en mag mä nich' me de eine mä beclage-doch mag ratis vfi helfe me lüte Jchuldige Sw' de and'n des Jine ich nimt m1 gewalt od' ane wijjethaft · das Jal he wid' gebe m1 büje od' /were das hes nich' wid' gegebe en müge-Jo Jal hes geld! noch d' vorderüge das is ien' vorderit d' is vor lorn hat-ien' en minre di w'düge m1 Jime eide d' da geldT Jal · Sin gede voile vn grimede vn winde · vn hejje hüde-vn brack! gilt mä m" eime irme gliche · das aljo gut Ji ab mä das gew't uf de heilige Sw' des and'n vie totit das mä ejje mag däkis od' ane dang d' mus da s geldT m' de gejazte w'gelde· belemt hes he gilt is m' deme halbe teile ane büje dar zu behelt ienir Jin vie des is erwas· XLIX· Sw' ab' totit od' belemt in eine vüz ein vie däckis das mä nicht ejje müs he Jal is m' volleme w'gelde vn m' büje belemt hes ab' ineime ouge-he gilt is m' deme halbe teile - Blibit ab' ein vie tot od' lam νδ ein® mänes Jchulde ane Jine wille-vn tut he dar zü Jine eit he gilt is ane büje · alje hi vor geSwelch hünt zü velde - L · redit isget den Jal mä inbäde haldl durch das he ni mäde en Jchade · tüt ab' he Jchade de Jal he geldl • de d' hünt volg* zü velde od' Jin h're da hes nich' gegeldin mag· / · LI· Swo d' duczjche mä Jine lip od' Jine hant vor wirk' m' vngerichte he loje Ji od' en tü da en darf he noch gewette noch b ü j e zü gebe · Nv vor nemt vme voyle vn tire - L H · w'gelt-das hün gilt mä m' eime halbe phenlge · di ente aljo di gans m' eime phenlge di brüt gans vn di brüt hene m1 drin

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30

si ane danc belegit. C.XLVII. Durch eine wunde enmag man nicht me den einen man beclagen, doch mag man ratis unde helfe me lute schuldigen. Swer deme andern des sinen ichi nimt mit gewalt oder ane wissenthaft, das sal he widergeben mit buse oder sweren, das hes nicht widergeben enmuge. So sal hes geldin noch der vorderunge, das is iener vorderit, der is vorlorn hat, iener enminre di werdunge mit sime eide, der da geldin sal. Singende voile unde grimmende unde winde unde hessehunde unde brackin gilt man mit eime irme glichen, das also gut si, ab man das gewert uf den heiligen. Swer des andern vie totit, das man essen mag, dankis oder ane dang, der mus das geldin mit deme gesazten wergelde. Belemt hes, he gilt is mit deme halben teile ane buse; dar zu befielt ienir sin vie, des is er was. C. XLVIII. Swer aber totit oder belemt in einen vuz ein vie danckis, das man nicht essen mus, he sal is gelden mit volleme wergelde unde mit buse, belemt hes aber in eime ougen, he gilt is mit deme halben teile. Blibit aber ein vie tot oder lam von eins mannes schulden ane sinen willen, unde tut he dar zu sinen eit, he gilt is ane buse, alse hi vor geredit is. C.XLIX. Swelch hunt zu velde get, den sal man in banden haldin, durch das he nimande enschade. T u t aber he schaden, den sal he geldin, deme der hunt volget zu velde, oder sin herre, da hes nicht gegeldin mag. C. L. Swo der duzche man sinen lip oder sine hant vorwirket mit ungerichte, he lose si oder entu, da endarf he noch gewette noch buse zu geben. C. LI. Nu vornemt umme voile unde tire wergelt. Das hun gilt man mit eime halben phenninge, di ente also, di gans mit eime phenninge, di brutgans unde di bruthenne mit drin

1 X L V I I aus X L V I I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 3 man / / Horn., m e n Ο, fehlt WD. 3/4 m e lute s c h u l d i g e n WD, m e luyte s c h u l d e g e n Η., m a n i g h e n d e n O, m e r lüde s c ü l d e g e n Horn. 4 icht D Η Horn., ich W, w a t O. 5 nach w i s s e n t h a f t ] it si luttel e d e r uele O, is si luttel o d e r vele Horn., fehlt W D Η. 6/7 w i d e r g e b e n D H, w e d e r g h e u e n O, w e d e r geven Horn., w i d e r g e g e b e n W. 18 X L V I I I aus X L I X nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 19 nach d a n c k i s ] u n d e ane n o t Ο Horn., fehlt WD H. 20 g e l d e n Η Horn., g h e l d e n O, fehlt WD. 24 nach is] ß e l e m e t a u e r en m a n e n e n h u n t e d e r sleyd h e ene, d o r d a t he ene biten wil, e d e r d a r he sin u e u p p e r strate e d e r u p p e n u e l d e bit, he blift is ane w a n d e l , s w e r e t h e t u p p e n hilighen, d a t he eme a n d e r s nicht s t u r e n ne c u n d e O, vgl. Horn. Ldr. III 48§4, fehlt WD H. 25 X L I X aus L nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 30 L aus LI nach Inhaltsverzeichnis verbessert. d u z c h e ] d u c z s c h e W D, d u y s c h e H, d u d e s c h e O, d ü d e s c h e Horn. 33 LI aus LII nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 36 nach d r i n ] p e n n i n g h e n O, p e n n i n g e n Horn., fehlt W D H.

249 sie gegen ihren Willen 1 beschläft 2 . Kapitel XLVII. Wegen einer einzigen Wunde kann man nicht mehr als einen Mann anklagen; doch kann man des Rates und der Beihilfe mehrere Leute beschuldigen. Wer dem anderen etwas, das ihm gehört, mit Gewalt oder ohne sein Wissen entwendet, der soll ihm dies mit Buße zurückgeben oder schwören, daß er es nicht wiedergeben kann. Dann soll er es gemäß der Forderung 3 ersetzen, die jener stellt, der es verloren hat, es sei denn, daß jener, der da bezahlen muß, die Forderung mit seinem Eid herabsetzt. Singende Vögel und Jagdfalken 4 und Windhunde und H e t z h u n d e und Jagdhunde kann man durch eines ihresgleichen ersetzen, das ebenso gut ist, wenn man es durch Eid auf die Reliquien beschwört. Wer eines anderen Vieh, das man essen kann, mit Absicht oder ohne Absicht 5 tötet, der muß es mit dem festgesetzten Wergeid bezahlen. Verletzt er es, so vergütet er es mit der Hälfte ohne Buße; außerdem behält jener sein Vieh, dem es vorher gehörte. Kapitel XLVIII. Wer aber absichtlich ein Tier tötet oder an einem Fuß verwundet, das man nicht essen kann, der soll es mit vollem Wergeid und mit Buße ersetzen; verletzt er es aber an einem Auge, so bezahlt er es mit der Hälfte. Wird aber ein Tier getötet oder verletzt durch die Schuld eines Mannes, aber ohne Absicht, und leistet er darauf seinen Eid, so ersetzt er es ohne Buße, wie vorher gesagt ist. Kapitel XLIX. Wenn ein H u n d ins Feld geht, soll man ihn an der Leine führen, damit er niemandem schadet. Richtet er aber Schaden an, so muß ihn derjenige bezahlen, dem der H u n d ins Feld folgt oder dessen Herr, wenn er es nicht bezahlen kann. Kapitel L. W o auch immer ein Deutscher sein Leben oder seine H a n d durch Verbrechen verwirkt, er löse sie aus oder tue es nicht, dafür braucht er weder Gewette noch Buße zu geben. Kapitel LI. Nun hört von der Vögel und Haustiere Wergeid. Das H u h n bezahlt man mit einem halben Pfennig, die Ente ebenso, die Gans mit einem Pfennig, die Brutgans und die Bruthenne mit drei (Pfennigen)

1 danc s t . M . . G e d a n k e ' , .Wille, Absicht', äne danc .gegen d e n W i l len, unabsichtlich'; 2 beiigen st.V. .liegenbleiben, b e s c h l a f e n , belagern'; 3 vorderunge st.F. .Verlangen, F o r d e r u n g ' , bes. .rechtliche F o r d e r u n g , K l a g e ' ; 4 grimmende vogele P l u r . . J a g d f a l k e n ' , zu grimmen st.V. .vor Z o r n o d e r S c h m e r z w ü t e n , t o b e n d l ä r m e n , brüllen'; 5 dances oder äne danc .absichtlich o d e r unabsichtlich'.

folio 48 verso

1. (Ldr. III 46§2): V o r d e m am r e c h t e n B i l d r a n d t h r o n e n d e n Richter s t e h t d e r K l ä g e r u n d e r h e b t mit d e u t l i c h e m A u f m e r k s a m k e i t s gestus die Klage. D e r K l a g e g r u n d ist - Η u n d Ο z e i g e n deutlich, d a ß d e r K l ä g e r mit d e m linken Z e i g e f i n g e r auf eine o f f e n e W u n d e an seiner Schulter (leibliche B e w e i s u n g ) weist - i r r t ü m l i c h n i c h t mehr vom Illustrator berücksichtigt worden. D e r Kläger bezeichn e t d e n u n m i t t e l b a r v o r ihm S t e h e n d e n als d e n T ä t e r . H i n t e r d e m Beklagten s t e h t ein r o t g e k l e i d e t e r M a n n , d e r v e r m u t l i c h w e g e n d e r R e d e g e b ä r d e seiner r e c h t e n H a n d als . R a t g e b e r ' (Anstifter?) a n z u s e h e n ist, sowie ein w e i t e r e r G e h i l f e , d e r es m i t d e u t l i c h e r W e i g e r u n g s g e b ä r d e a b l e h n t , sich als M i t t ä t e r zu v e r a n t w o r t e n . Somit ist die T e x t a u s s a g e , d a ß m a n w e g e n einer einzigen W u n d e n i e m a n d e n verklagen, j e d o c h m e h r e r e L e u t e des ratis unde helfe, d.h. also d e r Beihilfe, b e z i c h t i g e n k a n n , n u r in i h r e m z w e i t e n T e i l v o m I l l u s t r a t o r ins Bild g e s e t z t w o r d e n . 2. (Ldr. III 47§1): D e r M a n n in r o t e m Kleid h a t d e m i h m g e g e n ü b e r s t e h e n d e n E i g e n t ü m e r einen H e n g s t o h n e dessen W i s s e n w e g g e f ü h r t . E r b r i n g t d e n H e n g s t am Z ü g e l g e f ü h r t z u r ü c k u n d z a h l t d e m E i g e n t ü m e r ( a b w e i c h e n d Η u n d O : H i e r hält d e r E i g e n t ü m e r die Z ü g e l bereits in seinen H ä n d e n ) 12 P f e n n i g e als B u ß e (in Ο z a h l t d e r T ä t e r d a g e g e n 18 G e l d s t ü c k e u n d g r e i f t n o c h z u s ä t z l i c h u m d e n H a l s des P f e r d e s ) . D a ß d e r I l l u s t r a t o r an die B u ß z a h l u n g eines S c h ö f f e n b a r f r e i e n (vgl. Ldr. III 45§1) g e d a c h t hat, wird d u r c h die ü b e r d e m P f e r d e r ü c k e n a n g e g e b e n e Z a h l XXX (=30 Schillinge) a u s g e d r ü c k t (vgl, L d r . III 52§1). 31. (Ldr. III 47§2): In d e r linken B i l d h ä l f t e w e r d e n - e n t s p r e c h e n d d e r A u f z ä h l u n g im T e x t - die T i e r e gezeigt, die ihresgleichen, sof e r n diese verletzt o d e r g e t ö t e t w o r d e n sind, e r s e t z e n k ö n n e n : d e r Singvogel im h ö l z e r n e n Käfig, d e r J a g d f a l k e , d e r W i n d h u n d , d e r H e t z h u n d u n d d e r Bracke. R e c h t s s t e h t d e r e r s a t z p f l i c h t i g e M a n n u n d b e s c h w ö r t d u r c h E i d auf das v o r i h m s t e h e n d e R e l i q u i a r (and e r s H : H i e r t r ä g t d e r S c h w ö r e n d e d a s R e l i q u i a r in seiner linken H a n d ) den angegebenen W e r t der Tiere. 3r. (Ldr. III 48§2): In d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e wird n u r d e r T a t b e s t a n d , nicht a b e r die rechtliche Folge dargestellt. Ein M a n n erg r e i f t d e n v o r d e r e n d e r b e i d e n Stiere an d e n H ö r n e r n u n d f ü g t ihm mit d e m S c h w e r t in seiner R e c h t e n eine s c h w e r e W u n d e an seinem F u ß zu ( O zeigt n u r einen Stier, Η n u r die v o r d e r e H ä l f t e d e s Stieres). 4r. (Ldr. III 48§1): R e c h t s t ö t e t ein M a n n mit seinem S c h w e r t diesmal ein v e r z e h r b a r e s T i e r , hier symbolisiert d u r c h einen Stier (in Η w i e d e r u m n u r z u r H ä l f t e w i e d e r g e g e b e n ) . D i e rechtliche Folge, d a ß d e r S c h a d e n mit deme gesazten wergelde zu b e z a h l e n ist, wird im Bild nicht dargestellt. 41. (Ldr. III 48§2): L i n k s t ö t e t ein M a n n mit seinem S c h w e r t ein P f e r d , d a s v e r m u t l i c h v o m I l l u s t r a t o r stellvertretend f ü r n i c h t verz e h r b a r e T i e r e g e w ä h l t w o r d e n ist ( a n d e r s H : H i e r ist das P f e r d n u r mit seiner v o r d e r e n H ä l f t e zu sehen). U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile, d a ß d e r S c h a d e n mit volleme wergelde unde mit buse erstattet werden muß. 51. (Ldr. III 48§2): Ein M a n n (rotes G e w a n d ) verletzt mit einem D o l c h (in Η u n d Ο mit einem S t o c k ) in seiner e r h o b e n e n r e c h t e n H a n d ein P f e r d - stellvertretend f ü r die T i e r e , die m a n n i c h t verz e h r e n k a n n - am A u g e . N i c h t b e r ü c k s i c h t i g t w i r d w i e d e r u m die r e c h t l i c h e Folge d e r T a t . 5r. (Ldr. III 49): E i n H u n d wird v o n einem K n e c h t in r o t e m G e w a n d u n d b l a u e n S t r ü m p f e n in banden, d.h. an d e r Leine, a u s g e f ü h r t . D e r K n e c h t s c h a u t auf d e n n e b e n i h m s t e h e n d e n M a n n (im blau c h a n g i e r e n d e n Kleid) z u r ü c k , bei d e m es sich v e r m u t l i c h u m d e n H e r r n des H u n d e s h a n d e l n d ü r f t e . D e n n d e r H e r r d e s H u n des ist s u b s i d i ä r h a f t b a r f ü r d e n v o m H u n d a n g e r i c h t e t e n S c h a d e n zu velde. U n g e k l ä r t ist die rechte H a n d g e b ä r d e d e s H e r r n . A n d e r s Η u n d O : H i e r ist n u r d e r M a n n (mit K a p p e ) , d e r d e n H u n d an d e r Leine f ü h r t , dargestellt. In Η h ä l t d e r M a n n n o c h zusätzlich einen S t o c k in seiner rechten H a n d . 6. (Ldr. III 50): D e r duzche man (im langen B ü ß e r g e w a n d ) h a t sinen Up oder sine hant vorwirket mit ungerichte u n d wird d a f ü r mit d e r peinlichen S t r a f e des H a n d a b s c h l a g e n s b e s t r a f t . In Η u n d Ο wird er als Sachse mit d e m M e s s e r (Sax) in seiner linken H a n d dargestellt. W e i l er bereits eine S t r a f t a t g e b ü ß t h a t - die allerdings in d e r Bildzeile u n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt - , b r a u c h t er w e d e r gewette noch buse zu z a h l e n .

folio 49 recto

bine irre brüt zit-vn di /telle ente das Jelbe tut mä das verkil • vn das zikelT bine irme Jüge vn di k a z z i n d a s lam vor viere-das kalp vor JechJe das voln vor eine JchillTg bine Jime Joge vn de höuewart aljo de hunt de mä Jcha frode heijt m' drin Jchilllge vn das phert vn das ierige Jwin · das rint m1 vier Jchilllge • de Jog ochjen · vn di veltjtrichen m' achte and'e veltphert di zu vollir erbeit toge m' zwelf Jchilllge · di ab' vnd' ire iare Jin di gilt mä alje en noch irme ald'e geburt-Das rite phert da d' mä Jime h'rin uffe dine Jal m' eime phude Ritt'e phert ros vn czeld' vn runzite en is kein w'gelt gejazt noch gemejte Jwine · dar vme Jal mä Ji vn alle varnde habe wid' geb i - o d ' gelde-noch des w'düge d' Ji vor los-ien' en minre Ji m 1 Jime eide derji geld! Jal · Dy duyjche Julie den künig durch LIII rech' kyjen Swe d' gewiet wirt vö den bijchouen di da zu gejazt Jin vn zu ache uf de Jtul kümt Jo hat he künigliche gewalt vn kunicliche name Swen en der babist gewiet Jo hat he des riches gewalt-vn keijirliche name Den kunig kvJit mä zu richt'e · vb' eigen νή vb' len vn vb' iclichs mänes lip Der keijer en mag ab' in alle lande nicht gejin vn alle vngeriche nicht gerichte zü all' z i t - D a r vme liet he den vorjte vane len vn di vorjte den greue · di grauejchaft • vn d' greue den JchultheiJen das JchultheiJtü In dy vierde hant en Jal kein len kvme da gerichte Ji vbir hals vnde vbir hant-wenne JchultheiJtü alleine ind' g " u e j c h a f t · durch das kein greue en mag echt ding gehabT ane Jchulthei-

250

binnen irre brutzit unde di Stelleente. Das selbe tut man das verkil unde das zikelin binnen irme suge unde di kazzin, das lam vor viere, das kalp vor sechse, das voln vor einen schilling binnen sime s söge unde den hovewart also; den hunt, den man schafrode heist, mit drin Schillingen unde das phert unde 7 das jerige swin; das rint mit vier Schillingen; di suwe, /» di verkil treit oder zuit, mit vunf Schillingen; den sogochsen unde di veitstrichen mit achten; andere veltphert, di zu vollir erbeit togen, mit zwelf 10 Schillingen. Di aber under iren jaren sin, di gilt man, alse en noch irme aldere geburt, das ritephert, da der man sime herrin uffe dinen sal, mit eime phunde. Rittere phert, ros unde czelder unde runziten enis kein wergelt gesazt, noch gemesten swinen. Dar 11 umme sal man si unde alle varnde habe widergebin oder gelden noch des werdunge, der si vorlos, iener enminre si mit sime eide, der si geldin sal. C. LH. Di duzchen sullen den kunig durch recht kisen. Swen der gewiet wirt von 20 den bischoven, di da zu gesazt sin, unde zu Ache uf den stul kumt, so hat he künigliche gewalt unde kuniclichen namen. Swen en der babist gewiet, so hat he des riches gewalt unde keisirlichen namen. Den kunig ku25 sit man zu richtere über eigen unde über len unde über iclichs mannes lip. Der keiser enmag aber in allen landen nicht gesin unde alle ungerich/e nicht gerichten zu aller zit. Dar umme liet he den vorsten vanenlen unde di vorsten den greven di graveschaft unde der greve den schultheisen so das schultheistum. In di vierde hant ensal kein len kumen, das gerichte si ubir hals unde ubir hant, wenne schultheistum alleine in der graveschaft, durch das kein greve enmag echt ding gehabin ane schultheijf

6 p h e r t W, swert D O, suert Horn. 717a di - Schillingen D, D e soghe, de u e r k e n e d r e g h e t eder soghet, mit vif schillinghen O, Die söge, die verkene dreget o d e r tüt, mit vif Schillingen. D e n vulvassen ber also u n d e den esel. D e n mul mit achte Schillingen u n d e Horn., fehlt W. 10 u n d e r WD, beneden Ο Horn. IS LH aus LIII nach Inhaltsverzeichnis verbessert, d u z c h e n ] duischen W !), d u d e schen O, d ü d e s c h e n Horn. 27 ungerichte D Hornungherichte O, ungeriche W. 32 das] da WD, dat Ο Horn. 33 wenne WD, mer O, wen Horn. 34 greve WD, greue O, richtere Horn.

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w ä h r e n d ihrer Brutzeit u n d die Lockente 1 ebenso. Dasselbe zahlt man f ü r das Ferkel und das Zicklein w ä h r e n d ihrer Säugezeit 2 u n d f ü r die Katze, f ü r das Lamm (zahlt man) vier, f ü r das Kalb sechs, f ü r das Fohlen einen Schilling w ä h r e n d seiner Säugezeit u n d f ü r den H o f h u n d 3 ebenso; den H u n d , den man Schäferhund 4 nennt, (entgilt man) mit drei Schillingen u n d ebenso das P f e r d u n d das einjährige Schwein; das Rind (entgilt man) mit vier Schillingen; die Sau, die Ferkel trägt oder säugt, mit fünf Schillingen, den Zugochsen 5 und das Feldfüllen 6 mit acht Schillingen; andere Feldpferde, die zu voller Arbeit taugen 7 , mit zwölf Schillingen. Die aber unter ihren Jahren sind, die bezahlt man, wie es ihrem Alter entspricht; das Reitpferd, auf dem der M a n n seinem H e r r n dienen soll, (bezahlt man) mit einem P f u n d . Für das Ritterpferd, R o ß u n d Zelter 8 u n d Klepper 9 ist kein Wergeid festgesetzt, ebenso f ü r gemästete Schweine. Deshalb soll man sie u n d alle Fahrhabe zurückgeben o d e r bezahlen nach der Schätzung desjenigen, der sie verlor; es sei denn, d a ß jener, der sie bezahlen muß, sie mit seinem Eid herabsetzt. Kapitel LH. Die Deutschen sollen ihrem Recht entsprechend d e n König wählen. Sobald er von den Bischöfen, die dazu bestimmt sind, geweiht wird u n d den T h r o n zu Aachen besteigt, hat er königliche Gewalt und königlichen N a m e n . Sobald ihn der Papst geweiht hat, hat er des Reiches Gewalt u n d kaiserlichen N a m e n . D e n König wählt man z u m Richter über Eigengut u n d über Lehen u n d über jedes M a n n e s Leben. D e r Kaiser kann aber nicht in allen Ländern sein und deshalb nicht alle Verbrechen jederzeit richten. Deshalb verleiht er den Fürsten Fahnenlehen 1 0 , und die Fürsten verleihen den G r a f e n die G r a f s c h a f t u n d der Graf verleiht den Schultheißen das Schultheißenamt. An die vierte H a n d soll kein Lehen gehen, das die Gerichtsbarkeit über Hals u n d über H a n d enthält, a u ß e r allein an das Schultheißentum in der G r a f s c h a f t , weil kein Graf echtes D i n g o h n e Schultheißen abhalten kann.

m n d . stelleanet sw.F. »Lockente'; 2 sue, soc s t . M . N . 1 stellente, .Säugung, Säugezeit'; 3 hovewart(e) st.sw.M. . H o f h u n d ' ; 4 schd/rüde, m d . schaff ode s w . M . . S c h ä f e r h u n d ' ; 5 Zugochse s w . M . .Zugochse'; 6 veltstnche sw.F. ,Stute, auf d e r W e i d e befindliches Pferd, Feldfüllen'; 7 tugen, togen s w . V . »taugen, n ü t z e n , b r a u c h b a r sein, t ü c h t i g s e i n ' ; 8 zeiter s t . M . . P a ß g ä n g e r , Z e l t e r ' ; 9 runzit s t . N . . k l e i n e s P f e r d , K l e p p e r , M ä h r e ' ; 10 vanlehen st.N. .Fahnenlehen, ein großes, v o m K ö n i g unmittelbar einem Fürsten mit Ubergabe einer Fahne verliehenes Lehen'.

folio 49 recto

1 . - 5 . ( L d r . I I I 51): D i e B i l d e r f ü h r e n d i e im T e x t g e n a n n t e n T i e r e mit ihrem W e r g e i d vor: Bildzeile 1 zeigt das H u h n mit einem halb e n P f e n n i g , E n t e (im G e g e n s a t z z u m T e x t ) u n d G a n s m i t j e w e i l s e i n e m P f e n n i g . D i e d r e i P f ä h l e m i t d e m g i t t e r a r t i g e n A u f s a t z stellen w o h l d a s H ü h n e r h a u s o d e r d e n E n t e n - b z w . G e f l ü g e l s c h u p p e n d a r . I n B i l d z e i l e 2 s i e h t m a n d i e B r u t g a n s u n d d i e B r u t h e n n e in i h ren K ö r b e n liegend sowie die L o c k e n t e mit jeweils drei P f e n n i g e n W e r g e i d , deutlich g e m a c h t an d e n abgebildeten 3 M ü n z e n ü b e r jed e m Tier. Bildzeile 3 zeigt von links n a c h rechts Ferkel, Zicklein, K a t z e , L a m m , K a l b , F o h l e n u n d S c h ä f e r h u n d . D a s W e r g e i d ist w i e d e r u m mit d e r A n z a h l d e r M ü n z e n w i e d e r g e g e b e n , mit Ausn a h m e d e s S c h ä f e r h u n d e s , d e s s e n W e r g e i d d u r c h d i e Z a h l III als M u l t i p l i k a t o r z u s ä t z l i c h d e u t l i c h g e m a c h t w i r d . In B i l d z e i l e 4 s i n d von links n a c h rechts das jährige S c h w e i n ( o h n e A n g a b e des W e r geides), das R i n d , ein junges P f e r d ( o h n e A n g a b e des W e r g e i d e s ) , die t r a g e n d e Sau, d e r Zugochse, das Feldfüllen u n d das Arbeitsp f e r d z u s e h e n , d e r e n W e r g e i d w i e d e r u m d u r c h die Z a h l d e r M ü n zen u n d d e n jeweiligen M u l t i p l i k a t o r w i e d e r g e g e b e n wird. Bildzeile 5 b i e t e t d a n n n e b e n d e m g e s a t t e l t e n R e i t p f e r d m i t e i n e m d u r c h k r e u z t e n G e l d s t ü c k (ein P f u n d ) d i e j e n i g e n T i e r e , f ü r d i e d e r T e x t kein W e r g e i d festsetzt, nämlich Ritterpferd (Krippensattel), R o ß (Reisesattel), Zelter, Klepper u n d Mastschwein. D i e Bildzeilen 1 - 5 s i n d a l s o f o r t l a u f e n d z u l e s e n u n d s t e l l e n e i n e n z u s a m m e n h ä n g e n d e n Bildstreifen dar. Sodmann, Oldenburger Bilderhandschrift, S. 222. 6. ( L d r . III 5 2 § 1 ) : D a r g e s t e l l t ist d i e K ö n i g s w a h l . D e r m i t d e r K r o n e g e s c h m ü c k t e K ö n i g sitzt, u m g e b e n v o n d r e i G e i s t l i c h e n u n d drei Laien, auf einem T h r o n s e s s e l . D i e Geistlichen sind d u r c h M i t r a , K r u m m s t a b u n d K a s e l als B i s c h ö f e g e k e n n z e i c h n e t . Bei d e n L a i e n h a n d e l t es sich w o h l u m F ü r s t e n . Sie t r a g e n H e r r e n k l e i d u n g u n d in D a u c h n o c h e i n g o l d e n e s S c h a p e l . D a ß es sich bei d e n d r e i geistlichen u n d d e n drei weltlichen Fürsten u m die sechs E r s t k ü r e r handelt, geht aus d e m T e x t hervor u n d wird deutlich durch Ο bes t ä t i g t . D i e S z e n e w i r d h i e r in d r e i B i l d z e i l e n d a r g e s t e l l t , w o b e i j e weils p a a r w e i s e ein Bischof u n d ein L a i e n f ü r s t a b g e b i l d e t sind. Die i h n e n b e i g e g e b e n e n W a p p e n w e i s e n sie e i n d e u t i g als F ü r s t e n a u s . D e r E r z b i s c h o f v o n K ö l n u n d d e r P f a l z g r a f bei R h e i n s i n d h i e r b e s o n d e r s h e r v o r g e h o b e n . Sie b e f i n d e n sich r e c h t s u n d l i n k s n e b e n d e m K ö n i g u n d h a l t e n s e i n e K r o n e , w o d u r c h sie als d i e e i g e n t l i chen Königsmacher charakterisiert sind. Naß,

Wappen,

S. 263//.;

Schmidt,

Kaiser

und Papst, S. 9 7 f f .

7. ( L d r . I I I 5 2 § 1 ) : D e r K ö n i g ( g o l d e n e s G e w a n d , K r o n e ) k n i e t in d e r M i t t e d e s Bildes, u m d i e W e i h e z u e m p f a n g e n , v o r z w e i Bis c h ö f e n nieder, die ihn mit e r h o b e n e r H a n d segnen. A m linken B i l d r a n d sitzt d e r g e w e i h t e K ö n i g a u f e i n e m e i n f a c h e n K a s t e n t h r o n , l a u t T e x t d e r S t u h l z u A a c h e n . In d e r H a n d h ä l t e r d e n R e i c h s a p f e l , d e r i h n als g e w e i h t e n K ö n i g c h a r a k t e r i s i e r t . D a s K e r n s t ü c k des W e i h e v o r g a n g s , die Salbung, wird nicht gezeigt. Naß, Wappen, S. 263//; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 9 7 f f . 8. ( L d r . I I I 5 2 § 1 ) : D e r t h r o n e n d e P a p s t ( k e n n t l i c h a n d e r T i a r a und dem goldenen Zepter) weiht den vor ihm knienden König z u m K a i s e r . Allein d e r S e g e n s g e s t u s d e s P a p s t e s ist d a r g e s t e l l t . W i e d e r u m unterbleibt eine W i e d e r g a b e der Salbung. Naß, Wappen, S. 263//.; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 97//.

folio

252

49 verso

Jen-wenne clait man ubir den greue he Jal entw'tin vor deme JchultheiJen · wenne d' Jchult heije is richter Jiner Jchult · aljo is d' phalczgreue ubir den keijer-vnde der burgreue ubir den margreue· / · · LIUSachjen • beyern · vn vranke · vn Jwabe · das waren allis konigriche-Jider wä= dike man en di name-vn heijt Ji herzöge· Jidir Ji di romere betwngen · doch behilde Ji di vorjten zu mäne vn vanen len-vnd' deme name Jidir haben en di keijere beide vorjte vn van len abe gebrochen Ein iclich rieht' hat gewette binne Jime gerichte vn keine büje wen d' richter mag beide cleg' vn richter nicht gejin-mä en gibit ouch nimäde buje · wen deme clegere · hir vmme Jait mä das dy vorjten ane buje Jin · des en is doch nicht Man en mus ouch keine gerichte teilen noch gancz len teiln-d' deme das gelige is J o das da volge an Ji vn is di lät lute liden Juln is en Ji eine Jund'liche g" uejehaft di en ein van len gehorit-di en müs man Jan nicht ledig haben · aljo müs oüch der kunig kein van len ledig habe he en vor lies binne iar vnde tage· 'LXIIII· Len ane gerichte en müs nimant haben he en Ji Jchephinbar vri vn das he deme kvnige hulde tu noch vries mänes rechte · vn bi den hulde Jich vor phlege Jwenne mä gezüges an en zuyt-AlJe mä den kunig küjet J o Jal he deme riche hulde tun · vn Jwern das he recht Jterke vfi vnrecht

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sen. Wenne clait man ubir den greven, he sal entwortin vor deme schultheisen, wenne der schultheise is richter siner schult. Also is der phalczgreve ubir den keiser unde der burggreve ubir den mar&greven. C. LIII. Sachsen, Beiern unde Vranken unde Swaben, das waren allis konigriche, sider wandilte man en di namen unde heist si herzogen, sidir si di Romere betwungen. Doch behilden si di vorsten zu manne» unde vanenlen under deme namen. Sidir haben en di keisere beide, vorsten unde vanlen, abegebrochen. Ein iclich richter hat gewette binnen sime gerichte unde keine buse, wen der richter mag beide, cleger unde richter, nicht gesin. Man engibit ouch nimande buse wen deme clegere. Hir umme sait man, das di vorsten ane buse sin, des enis doch nicht. Man enmus ouch keine gerichte teilen noch gancz len teiln der, deme das geiigen is, so das da volge an si unde is di lantlute liden suln. Is ensi eine sunderliche graveschaft, di in ein vanlen gehorit, di enmus man san nicht ledig haben. Also mus ouch der kunig kein vanlen ledig haben, he envorlies binnen jar unde tage. C. LIIII. Len ane gerichte enmus nimant haben, he ensi schephinbarvri unde das he deme kunige hulde tu noch vries mannes rechte unde bi den hulden sich vorphlege, swenne man gezuges an en zuit. Alse man den kunig kuset, so sal he deme riche hulde tun unde swern, das he recht Sterke unde unrecht

1 greven W, gruen D O, richtere Horn. 4 burggreve] burgreve W Dt borchgreve O, burchgreve Horn. 5 markgreven] margreven W D, markgreuen O, maregreven Horn. 6 vor Sachsen] Iewelk düdesch lant hevet sinen palenzgreven Horn. 10 mannen] manne W D Ο Horn. 13 binnen WD Horn., in O. 20 geiigen WD, ghelent O, gelegen Horn. 22 in Ο Horn., en WD. 25 envorlies W, en vor lies D, ne uorlenet O, ne verlie't Horn.

253

D e n n wenn man über den G r a f e n klagt, so m u ß er sich vor dem Schultheißen verantworten, denn der Schultheiß ist Richter über seine Schuld. Ebenso ist der Pfalzgraf (Richter) über den Kaiser u n d der Burggraf über d e n M a r k g r a f e n . Kapitel LIII. Sachsen, Bayern u n d Franken u n d Schwaben, dies waren alles Königreiche; später änderte man ihre N a m e n u n d nannte sie H e r z ö g e , seit sie die R ö mer bezwungen hatten. Indessen behielten sie die Fürsten als Lehensleute u n d die Fahnenlehen unter diesem N a m e n . Später haben ihnen die Kaiser beides, Fürsten u n d Fahnenlehen, entzogen. Jeder Richter hat in seinem Gerichtsbezirk Gewette, aber keine Buße, denn der Richter kann nicht beides, Kläger u n d Richter, sein. M a n gibt aber auch keinem Buße außer dem Kläger. Deshalb sagt man, d a ß die Fürsten o h n e Buße sind; dem ist aber nicht so. M a n darf auch kein Gericht teilen noch darf der, dem es geliehen ist, das Lehen ganz verteilen, so d a ß Lehensfolge daran entsteht u n d es die Landleute dulden müssen. Es sei denn, d a ß es eine besondere G r a f s c h a f t ist, die in ein Fahnenlehen gehört, die darf man sogar nicht ledig lassen. Ebenso darf auch der K ö n i g kein Fahnenlehen ledig lassen, es sei denn, er verleihe es innerhalb von J a h r und T a g . Kapitel LXIV. Lehen an einem Gericht darf niemand haben, der nicht s c h ö f f e n b a r f r e i ist u n d der dem K ö n i g nicht nach dem Recht des freien M a n n e s T r e u e 1 gelobt u n d sich bei diesem Treueversprechen verpflichtet, Zeuge zu sein, wenn m a n sich auf sein Zeugnis b e r u f t . W e n n man den König wählt, dann soll er dem Reich T r e u e geloben u n d schwören, d a ß er das Recht stärken u n d das U n r e c h t

1 hulde st.F. ,Treue, Ergebenheit', ,Treuegelöbnis', ,Geneigtheit, Wohlwollen'.

folio 49 verso

1. (Ldr. III 52§3): Zu sehen sind drei aufeinander folgende Leihevorgänge (v. Amira), die ihren Ausgang bei dem rechts thronenden König haben (Leserichtung von rechts nach links). Dieser überläßt dem ihm zugewendeten Fürsten ein Fahnenlehen - in W und D durch eine, in Ο durch drei Fahnen symbolisiert. Danach wendet sich der Fürst ab und überreicht einem Grafen einen Handschuh, d.h. er belehnt ihn mit einer Grafschaft, welche jener an den Schultheißen als Schultheißentum weiterverleiht. Damit ist das Gerichtslehen gegen die Regel In di Vierde hant ensal kein len kumen, aber entsprechend der von Eike dazu formulierten Ausnahme (ane schultheisen), in die vierte H a n d gelangt. Janz, Rechtssprichwörter, S. 465jf.; Lade, Dorfrecht, S. 177. 2. (Ldr. III 53§1): Der Illustrator hat vermutlich entsprechend der Aufzählung im Text die vier Vertreter der einzelnen deutschen Stämme von rechts nach links dargestellt: der Sachse, kenntlich am Sax in seiner Linken, der ohne Attribut gezeigte (vermutliche) Bayer (in Ο mit geschultertem Schwert), der Franke, der hier nur einen einfachen blauen Mantel trägt (anders O : Mantel mit Fehkragen) und am äußersten linken Bildrand wohl der Schwabe, der in seiner Rechten einen nicht näher zu identifizierenden Stab (Löffel?) hält (in Ο eine Rute). Die hinter die Köpfe der Personen gesetzten Kronen weisen darauf hin, daß die Stammesgebiete ursprünglich Königreiche waren. 3. (Ldr. III 53§2): Dem thronenden Richter (Graf) wird von einem vor ihm stehenden Mann ein Geldbetrag, sein Gewette, übergeben. Daß die dem Kläger zustehende Buße ihm nicht zukommt, weil er nicht Richter in eigener Sache sein kann, wird entsprechend nicht dargestellt. 4. (Ldr. III 53§3): Im Bildzentrum ist der sitzende Graf gerade im Begriff, rechtswidrig seine Grafschaft zu teilen, um sie so weiterzuverleihen, was vom Illustrator durch das Brechen einer Astgabel (deutlicher in O) ausgedrückt worden ist. Rechts neben dem Grafen intervenieren vier Bauern (braune Kleidung). Der vorderste fällt dem Richter in den Arm, um auszudrücken, daß sie die Teilung bzw. Weiterverleihung nicht dulden wollen. Auf der anderen Seite stehen zwei Männer (in grünem bzw. blauem Gewand), die vermutlich ein Stück der geteilten Grafschaft begehren. D a ß der Richter diesen beiden Männern zugetan ist, hat der Illustrator durch die den Männern zugewandte Haltung des Grafen ausgedrückt, während er den Bauern den Rücken kehrt. Das Zeichen am linken Bildrand ist der Bildbuchstabe L.

folio 50 recto

krenke · vn das riche vor Jte an Jime rechte · alje he allir bejt kvnne vn miige Jid' en Jal he nimmer keine eit getün is en Ji das en d' pabijt Jchuldige das he an deme rechtin gloubl zwi uele dar noch Jal he gezug Jin allir dinge di mä™en gezuyt bi des riches huldin-vn Jin gelubde Jal he tun vor den eit-da mä vride Jwerit Lamen man vn mijeljuchtige · vn der indes babijtis banne is mit rechte den en müs mä zu kvnige nicht kyjen • der kv nig Jal Jin vri vn echt geborn-Jo das he Jin recht ouch habe behaldin Der kvnig Jal habin vrenkijch recht Jwen he gekorn is von welchir gebürt he Ji wen alje der vranke Jinen lip nicht vor wirkin en mag he en w'de inder hanthafte tat geuange od' ym en Ji Jin vrenkijch rech 1 vor teilt aljo en mag deme kvnige nimant an Jinen lip gejprechen ym en Ji das riche vor m' vrteiln vor teilt • Vbir der vorjten lip en müs / -LV· nimant richter Jin · vn vbir ire gejüt wen der kvnig· Vbir Jchephinbare lute· wenne dy iren lip vor wirkin vn vor teilt Jin-Jo en müs nimant richte wen der echte vronebote · / · LVI · Swen d' vronebote von deme richt'e vn von den Jchephin gekorn wirt Jo Jal he deme kvnige hulde tun noch vries mänes rechte Jo Jal en der richter neme bi der hant vn Jezzen en uf ein kujjin vnde uf einen Jtul · kegin im •

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krenke unde das riche vorste an sime rechte, alse he allirbest kunne unde muge. Sider ensal he nimmer keinen eit getun, is ensi, das en der pabist schuldige, das he an deme rechtin gloubin zwivele. Dar noch sal he gezug sin allir dinge, di man an en gezuit bi des riches huldin, unde sin gelubde sal he tun vor den eit, da man vride swerit. Lamen man unde miselsuchtigen unde der in des babistis banne is mit rechte, den enmus man zu kunige nicht kisen. Der kunig sal sin vri unde echt geborn, so das he sin recht ouch habe behaldin. Der kunig sal habin vrenkisch recht, swen he gekorn is, von welchir geburt he si. Wen alse der Vranke sinen lip nicht vorwirkin enmag, he enwerde in der hanthaften tat gevangen oder im ensi sin vrenkisch recht vorteilt, also enmag deme kunige nimant an sinen lip gesprechen, im ensi das riche vor mit urteiln vorteilt. C. LV. Ubir der vorsten lip enmus nimant richter sin unde ubir iren gesunt wen der kunig. Ubir schephinbare lute, wenne di iren lip vorwirkin unde vorteilt sin, so enmus nimant richten wen der echte vronebote. C. LVI. Swen der vronebote von deme richtere unde von den schephin gekorn wirt, so sal he deme kunige hulde tun noch vries mannes rechte. So sal en der richter nemen bi der hant unde sezzen en uf ein kussin unde uf einen stul kegin im

folio 50 recto

255

schwächen und das Reich in seinem Recht vertreten werde, so gut er es könne und vermöge. Von da an soll er keinen Eid mehr leisten, es sei denn, daß ihn der Papst beschuldige, daß er an dem rechten Glauben zweifele. Danach soll er Zeuge f ü r alle Sachen sein, bei denen man sich bei Treue gegenüber dem Reich auf ihn beruft; und sein Gelöbnis soll er anstelle des Eides ablegen, mit dem man den Frieden schwört. Einen lahmen oder aussätzigen 1 Mann oder denjenigen, der zu Recht im Bann des Papstes steht, den darf man nicht zum König wählen. Der König soll frei und ehelich geboren sein, so daß er auch sein Recht behalten habe. Der König soll fränkisches Recht erhalten, wenn er gewählt ist, welches Stammesrecht er auch aufgrund seiner Geburt besitzt. Denn wie der Franke sein Leben nicht verwirken kann, er werde denn auf handhafter T a t gefangen oder ihm sei sein fränkisches Recht abgesprochen, ebenso kann niemand dem König sein Leben absprechen, es sei ihm denn zuvor das Reich durch Urteil aberkannt. Kapitel LV. Uber das Leben der Fürsten und über ihre Gesundheit darf niemand Richter sein als der König. Uber schöffenbare Leute, wenn sie ihr Leben verwirken und verurteilt sind, darf niemand richten als der rechtmäßige Fronbote. Kapitel LVI. Wenn der Fronbote von dem Richter und von den Schöffen gewählt wird, soll er dem König Treue geloben nach dem Recht des freien Mannes. Dann soll ihn der Richter bei der H a n d nehmen und ihn auf ein Kissen und auf einen Stuhl ihm gegenüber setzen

1. ( L d r . I I I 5 4 § 2 ) : D e r K ö n i g ( g o l d e n e s G e w a n d , g o l d e n e s Z e p t e r , g o l d e n e K r o n e ) huldigt d e m Reich, das d u r c h die g o l d e n e K r o n e a u f d e m S o c k e l s y m b o l i s i e r t w i r d . D e r K ö n i g leistet d e n S c h w u r , d a s R e i c h an sime rechte z u v e r t r e t e n , s t a t t a u f ein R e l i q u i a r a u f dieses S y m b o l . 2. ( L d r . I I I 54§2): H i e r ist d i e e i n z i g e G e l e g e n h e i t d a r g e s t e l l t , bei d e r d e r K ö n i g nach seiner H u l d i g u n g einen Eid leisten m u ß ; d a n n nämlich, w e n n ihn d e r Papst (rote Kasel, Tiara, goldenes Zepter) Unrechten G l a u b e n s b e s c h u l d i g t h a t u n d e r sich d u r c h E i d v o n d i e s e m V o r w u r f r e i n i g e n m u ß . D e r K ö n i g legt ( h i e r m i t S c h w u r d e r linken H a n d ) d e n R e i n i g u n g s e i d auf das Reliquiar ab. Maß, Wappen, S. 263; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 102. 3. ( L d r . I I I 5 4 § 3 ) : D a s Bild z e i g t v o n links n a c h r e c h t s d i e P e r s o n e n , d i e n i c h t z u m K ö n i g g e w ä h l t w e r d e n k ö n n e n . D e r L a h m e ist k e n n t l i c h a n s e i n e r K r ü c k e , d e r A u s s ä t z i g e (im r o t e n K l e i d ) a n sein e m entstellten Ä u ß e r e n , der G e b a n n t e an d e r Stola, die d e r Papst ü b e r i h n legt. van Hoek, Eike von Repgow, 5. 67; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 101. 4. ( L d r . I I I 5 5 § 1 ) : N u r d e r K ö n i g d a r f R i c h t e r ü b e r d i e F ü r s t e n s e i n . D a s Bild z e i g t , w i e d e r K ö n i g ( g o l d e n e K r o n e , g o l d e n e r M a n tel) m i t A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e m H e n k e r ( r o t e s K l e i d , m i t g e schultertem Schwert) befiehlt, das T o d e s u r t e i l an d e m niederk n i e n d e n F ü r s t e n z u v o l l z i e h e n . D e r V e r u r t e i l t e ist n u r u n v o l l s t ä n d i g in s e i n e r H e r r e n t r a c h t d a r g e s t e l l t , d a i h m d a s S c h a p e l f e h l t . D i e L ä n g e des Kleides e r i n n e r t aber eher an ein B ü ß e r h e m d , was auch naheliegend wäre, d a d e r Verurteilte f ü r seine V e r f e h l u n g e n b ü ß e n m u ß . D i e drei Edelleute, die hinter ihm stehen, sind seine Standesgenossen, deren H e r r e n t r a c h t mit Schapel und korrektem G e w a n d v o l l s t ä n d i g w i e d e r g e g e b e n ist. Sie d e u t e n a u f d e n K ö n i g als a u f d e n e i n z i g e n f ü r sie z u s t ä n d i g e n R i c h t e r . 5. ( L d r . I I I 5 5 § 2 ) : E s ist d i e s d i e e i n z i g e S t e l l e d e s S a c h s e n s p i e g e l s , nach d e r d e r F r o n b o t e auch die T o d e s s t r a f e vollziehen m u ß . Er d a r f d i e s n u r bei S c h ö f f e n b a r f r e i e n t u n , d e n n im a l l g e m e i n e n ist der S c h a r f r i c h t e r f ü r die V o l l s t r e c k u n g der T o d e s u r t e i l e z u s t ä n d i g . In W u n d D b e f i e h l t d e r R i c h t e r ( A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s ) dem vor ihm mit geschultertem Schwert stehenden Fronboten, den K n i e n d e n z u e n t h a u p t e n . D e r G e r i c h t s s t a b in d e r l i n k e n H a n d d e s R i c h t e r s , d e r in Ο f e h l t , k o m m t n u r a n d i e s e r Stelle v o r , w o h l weil d e r I l l u s t r a t o r h i e r a n d a s Z e r b r e c h e n d e s S t a b e s d a c h t e (v. Amira), w o m i t die V e r u r t e i l u n g v o m R i c h t e r b e k r ä f t i g t wird u n d d a m i t r e c h t e n s ist. I n Ο ist d a s T o d e s u r t e i l b e r e i t s v o l l s t r e c k t , s o d a ß der Richter den Stab nicht m e h r benötigt u n d er ihn deswegen auch nicht trägt. Die drei hinter d e m Fronboten stehenden Person e n s i n d S c h ö f f e n b a r f r e i e (in Ο m i t M ä n t e l n , d i e sie ü b e r d e n S c h u l t e r n t r a g e n ) . Sie w e i s e n m i t i h r e n F i n g e r n a u f d e n F r o n b o t e n , u m darauf a u f m e r k s a m zu m a c h e n , d a ß n u r dieser, d e m T e x t entsprechend, Schöffenbarfreie richten darf. Peters, 141 f .

1 miselsüchtic

Adj. ,aussätzig',

Fronbote,

S. 307ff.;

Peters,

Bezeichnungen

des Fronboten,

S.

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50 verso

vn Jal im di heilige inden J c h o z t ü n v n d e vride wirken zu r e c h t e - J o hat der vronebote di gewalt das he phendin vfi bejtetige m ü s · vn bevronen iclicheme mä vn Jin gut m' rechte da he mit vrteiln zu gegebn w i r t · tut he ab' vngerichte · he mag Jine lip vfi Jin gut vor wirke alje ein andir man · Swert en Jal he nicht voren noch keine w e r e - w i d i r Jtet mä im rechtis mit deme g e r u f t e Jal he das lant d a r zu ladin vnde b e k ü m e rechtis ab he müge en mag hes nicht b e k ü m e n he clage is deme richtere • Sin recht is oüch d ' zende mä den man vor teiln Jal das he en zü lojene tu vfi w o ein gut erbelos ir Jtirbit von m a n n e o d ' von wibe das ert Jtadelege k o r n is Jin • vfi des mänes tegeliche kleid'e W o mä ouch eige gibt vfi man d a vride vbir w i r k i t - d a Jal he abe dri Jchillinge habin · einen man von iclicheme d o r f e müs he wol dinges irlajin ab he nicht beclait en i s - J ü d ' den g e b u r m e i j t ' · D e n keijer en müs der b a b i j t · LVII · n o c h nimant b ä n e n - d a r noch das he gewiet wirt · ane vme dri Jache • ab he an deme gloübin z w i ü e l t - o d ' Jin elich wip lejt odir g o t t i j h u r e J t o r e t - I n des keijers kore Jal der e r j t e Jin d e r bijchof vö menze · d e r andere von triere · der dritte vö kolnee ·

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25

u n d e sal im di heiligen in den schoz tun u n d e vride wirken zu rechte. So hat der vronebote di gewalt, das he p h e n d i n u n d e bestetigen mus u n d e bevronen iclicheme m a n u n d e sin gut mit rechte, da he mit urteiln zu gegebn wirt; t u t he aber ungerichte, he mag sinen lip u n d e sin gut vorwirken alse ein andir m a n . Swert ensal he nicht voren noch keine were. Widirstet man im rechtis, mit deme gerufte sal he das lant d a r zu ladin u n d e b e k u m e rechtis, ab he muge. E n m a g hes nicht bekumen, he clage is deme richtere. Sin recht is ouch der z e n d e man, den man vorteiln sal, das he en zu losene tu. U n d e w o ein gut erbelos irstirbit von m a n n e o d e r von wibe, das ertstadelege k o r n is sin u n d e des mannes tegeliche kleidere. W o man ouch eigen gibt u n d e m a n da vride ubir wirkit, da sal he abe dri Schillinge habin. Einen man von iclicheme dorfe mus he wol dinges irlasin, ab he nicht beclait enis, sunder den geburmeister. C. LVII. D e n keiser enmus der babist noch nimant b a n n e n d a r noch, das he gewiet wirt, ane u m m e dri sache: ab he an deme gloubin zwivelt o d e r sin elich wip lest odir g o t t i s h u j e r e störet. In des keisers kore sal der erste sin der bischof von M e n z e , der andere von Triere, der dritte von Kolne.

6 ungerichte W, vngerichte D, Unrechte Ο Horn. 20 irlasin WD, ledich laten O, erlaten Horn. 23 dar noch WD, dar na O, seder der tiet Horn. 25 elich WD, echte Ο Horn. 26 gottishusere] gottishure W, gotshusere D, godes hus Ο Horn. 28 Kolne] kolne D Horn., colne O, kolnee W.

257 und soll ihm die Reliquien in den Schoß legen und ihm zu Recht Friede wirken. Dann hat der Fronbote die Gewalt, daß er pfänden und festnehmen und jeden Mann und sein Gut zu Recht beschlagnahmen darf, wo er durch Urteil dazu ermächtigt wird; verübt er aber Unrecht, so kann er sein Leben und sein Gut verwirken wie ein anderer Mann. Ein Schwert soll er nicht führen noch eine Verteidigungswaffe 1 . Widersetzt man sich seiner Rechtsausübung, so soll er mit Gerüfte das Landvolk 2 zusammenrufen und bekomme Recht, wenn er es vermag. Kann er es nicht bekommen, so klage er es dem Richter. Sein Recht ist auch der zehnte Mann, den man verurteilen soll, damit er ihm den Loskauf gestatte 3 . U n d wo ein Gut beim T o d von Mann oder Frau erblos bleibt, gehören ihm das in der Scheune auf der Erde liegende 4 Korn und die tägliche Kleidung des Mannes. W o man ferner Grundeigentum veräußert und Friede darüber erwirkt, soll er drei Schillinge bekommen. Einen Mann von jedem Dorf darf er aus der Dingpflicht freilassen, wenn dieser nicht beklagt ist, ausgenommen den Bauermeister. Kapitel LVII. Den Kaiser darf weder der Papst noch sonst jemand bannen, nachdem er geweiht wurde, ausgenommen wegen dreier Dinge: wenn er am Glauben zweifelt oder seine eheliche Frau verläßt oder ein Gotteshaus zerstört. Bei des Kaisers Kur soll der erste der Bischof von Mainz, der zweite der Bischof von Trier, der dritte der (Bischof) von Köln sein.

folio 50 verso

1. (Ldr. III 56§1): D i e F i n g e r z e i g e u n d G e s t e n d e r drei S c h ö f f e n a m B i l d a u ß e n r a n d b e z i e h e n sich auf die W a h l des F r o n b o t e n , d e r sie z u s t i m m e n . D e m T e x t e n t s p r e c h e n d setzt d e r G r a f d e n g e k o r e n e n F r o n b o t e n auf einen S t u h l mit einem Kissen, sich g e g e n ü b e r . E r legt ihm d e n R e l i q u i e n s c h r e i n in d e n S c h o ß u n d e r w i r k t ihm mit R e d e g e s t u s d e r r e c h t e n u n d Befehlsgestus d e r linken H a n d F r i e d e n . D e r R e l i q u i e n s c h r e i n wird dem F r o n b o t e n n i c h t z u r Eidesleistung in d e n S c h o ß g e l e g t ( d e n n dies m ü ß t e er s t e h e n d e r weise u n d d e m K ö n i g o d e r dessen B e v o l l m ä c h t i g t e m g e g e n ü b e r tun), s o n d e r n z u r A u f b e w a h r u n g des Reliquiars, wie es auch in a n d e r e n R e c h t s k r e i s e n zu seinen A u f g a b e n g e h ö r t e . So m u ß t e d e r F r o n b o t e in F r a n k e n die H e i l i g e n u n d d e n H e i l i g e n s t o c k ins G e richt s c h a f f e n , w e n n m a n sie b r a u c h t e (v. A m i r a ) . Peters, Bezeichnungen des Fronboten, S. 102f. 2. (Ldr. III 56§2): D a s Bild zeigt d e n F r o n b o t e n , wie er links ein P f e r d p f ä n d e t , i n d e m er es aus d e m Stall w e g f ü h r t . R e c h t s v e r h a f tet er einen sich e n t f e r n e n d e n B a u e r n ( b r a u n e r R o c k ) , i n d e m er dessen Schulter ergreift. Die anderen erwähnten Verfehlungen wie A m t s m i ß b r a u c h , V e r s t o ß gegen das V e r b o t , ein S c h w e r t zu t r a g e n u n d d e r W i d e r s t a n d g e g e n seine A m t s a u s ü b u n g , sind nicht in das Bild a u f g e n o m m e n w o r d e n . D e r F r o n b o t e ist a u c h hier, wie im g e s a m t e n d r i t t e n Buch, mit einem g r ü n - r o t g e s t r e i f t e n R o c k d a r g e s t e l l t (vgl. z . B . W fol. 45r2). A n d e r s D , w o d e r Z e i c h n e r a u c h im d r i t t e n Buch d e n F r o n b o t e n in seiner u r s p r ü n g l i c h e n , r o t w e i ß - g r ü n q u e r g e s t r e i f t e n T r a c h t darstellt. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 3. (Ldr. III 56§3): J e d e m z e h n t e n M a n n , d e r z u m T o d e verurteilt ist, k a n n d e r F r o n b o t e gestatten, sich d u r c h eine Z a h l u n g an ihn l o s z u k a u f e n , d a r g e s t e l l t auf d e r linken B i l d h ä l f t e d u r c h die Ü b e r reichung der M ü n z e n (Henkerszehnt). Außerdem bekommt der F r o n b o t e a u c h einen Anteil a m e r b l o s b l e i b e n d e n G u t . F ü r diesen Fall h a b e n die I l l u s t r a t o r e n von W u n d D n u r die tägliche Kleid u n g des e r b l o s s t e r b e n d e n M a n n e s in d a s Bild a u f g e n o m m e n . Im G e g e n s a t z d a z u zeigt Ο auch d a s in d e r S c h e u n e liegende K o r n , das in d e n Besitz des F r o n b o t e n ü b e r g e h t . D e r I l l u s t r a t o r von Ο scheint d a r u n t e r allerdings d a s g e b u n d e n e , auf d e m A c k e r b e f i n d liche K o r n zu verstehen. Lade, Dorf recht, S. 177; Peters, Fronbote, S. 31 Of. 4. (Ldr. III 56§3): In d e r linken B i l d h ä l f t e wird ein G r u n d s t ü c k ü b e r g e b e n b z w . das E i g e n t u m d a r a n v e r ä u ß e r t . D a s G r u n d s t ü c k ist d u r c h die Ä h r e n u n d d e n Z a u n ( Z e i c h e n d e r E i n f r i e d u n g ) vera n s c h a u l i c h t . D a s z u r U b e r g a b e von G r u n d u n d B o d e n g e h ö r i g e Z e i c h e n , das I n v e s t i t u r s y m b o l (Zweig), f e h l t in W u n d D, w ä h r e n d es in Ο v o m I l l u s t r a t o r in das Bild e i n b e z o g e n w o r d e n ist. D e r V e r ä u ß e r e r z a h l t d e m F r o n b o t e n die G e b ü h r von 3 Schillingen, d a r g e s t e l l t als III mal 12 P f e n n i g e , in Ο als 36 P f e n n i g e , w ä h r e n d d e r G r a f d e m K ä u f e r Frieden e r w i r k t . Lade, Dorfrecht, S. 177. 5 . / 6 . (Ldr. III 57§1): D e r P a p s t (mit T i a r a u n d l a n g e m Z e p t e r ) spricht ex c a t h e d r a d e n B a n n ( b r e n n e n d e K e r z e ) ü b e r d e n K a i s e r aus, w e n n d i e s e r am r e c h t e n G l a u b e n z w e i f e l t (Jude), seine E h e f r a u v e r s t ö ß t o d e r ein G o t t e s h a u s z e r s t ö r t . In D u n d W ist d e r K a i s e r n u r z w e i m a l dargestellt, v o r d e r K i r c h e u n d zwischen d e r Kaiserin, die er von sich wegschiebt, u n d d e m J u d e n , mit d e m er spricht ( R e d e g e s t u s ) . In Ο wird d e r K a i s e r dreimal, bei j e d e r seiner b a n n u n g s w ü r d i g e n V e r f e h l u n g e n , abgebildet. Hiipper, Verwandtschaft, S. 147; Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 183; Schmidt, Kaiser und Papst, S. 103.

1 wer(e) st.F. »Verteidigung, K a m p f , W i d e r s t a n d ' , hier , W a f f e ' ; 2 lant s t . N . ,Land, E r d e , H e i m a t ' , , E i n w o h n e r s c h a f t eines Landes, Landvolk'; 3 zu losene tun J o s k a u f e n lassen', zu losen, leesen sw.V. .lösen'; 4 ertstatelcege, m d . erdstadelich A d j . ,das s t e h e n d e g e m ä h t e K o r n ' b z w . ,die B o d e n l a g e des e i n g e b r a c h t e n K o r n s ' .

folio

51 recto

Vndir den leyen is der erjte an d' kore d' phalenz gteüe vö deme rine des riches trügjejje · der and'e d' marjchalk d' h'zoge vö JachJin · der dritte d' kemerer d' markereue vö brandeburg d' Jchenke des riches-Der künig vö bemen en hat keine kore vmme das he nicht ducz en is Sint kijen des riches vorjte alle phaffin vn leien di zu de erjten an d' kore Jin genant-di en Juln nicht kyJen noch irme mütwille-wen Jwen di vorJten alle zu kiinige irweln den Juln Ji erjt bi name kijen Des riches vorjte en Juln keine leie zu h'rin habT we den kunig· LVIII· Is en is kein van len-da der man ab muge vorjte gejin-he en pha is von deme kunige -Swas J o ein and' mä vor im enphet· da en is iener d' vorderjte an deme lene nich' wen is ein and' vor im en phing-vn en mag des riches vorjte dar ab nicht gejin · Swen mä küjet bijchoue odir · LIX· epte odir eptijchinne di den h'Jchilt habe das lien Juln Ji vor enphan vn di biJorge nach wen Ji das len enphange haben J o müge Ji lenrecht getun vn nicht er· wo mä bijchoue odir epte od' eptijchinne nicht en küjet binne JechJwoche da di lenunge an den keijer get-he liet is weme he wil d' Jich redelich gehalde hat· -LX· Der keijer liet allen geijtlichen vorjte mit deme Jeeptrum alle werltliche van len mit deme vanen •

258

s

io

a

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2s

ίο

Undir den leien is der erste an der kore der phalenzgreve von deme Rine, des riches trugsesse, der andere, der marschalk, der herzöge von Sachsin, der dritte, der kemerer, der markgreve von Brandenbürg. Der schenke des riches, der kunig von Bemen, enhat keine kore, umme das he nicht duzcA enis. Sint kisen des riches vorsten alle, phaffin unde leien. Di zu deme ersten an der kore sin genant, di ensuln nicht kisen noch irme mutwillen, wen swen di vorsten alle zu kunige irweln, den suln si erst bi namen kisen. C. LVIII. Des riches vorsten ensuln keinen leien zu herrin habin wen den kunig. Is enis kein vanlen, da der man ab muge vorste gesin, he enpha is von deme kunige. Swas so ein ander man vor im enphet, da enis iener der vorderste an deme lene nicht, wen is ein ander vor im enphing, unde enmag des riches vorste dar ab nicht gesin. C. LIX. Swen man kuset bischove odir epte odir eptischinnen, di den herschilt haben, das lien suln si vor enphan unde di bisorge nach; wen si das len enphangen haben, so mugen si lenrecht getun unde nicht er. W o man bischove odir epte oder eptischinnen nicht enkuset binnen sechswochen, da di lenunge an den keiser get, he liet is, weme he wil, der sich redelich gehalden hat. C. LX. Der keiser liet alle geistliche vorsten len mit deme seeptrum, alle werltliche vanlen mit deme vanen.

4 markgreve] markereve W Dt maregreue Η Ο, maregreve Horn. 7 duzeh] ducz W D, dvisch Hy dudesch O, düdesch Horn. 12 L V I I I aus 13 nach 12 gesetzt. 13 wen W D Η Horn., mer O. 28 gehalden W D H, ghehandelet O, gehandelet Horn. 29 alle geisdiche vorstenlen] allen geistlichen vorsten W D H, al gestlic uorstenlen O, alle geistlik vorsten len Horn.

259

Unter den Laien ist der erste an der Kur der Pfalzgraf vom Rhein, des Reiches Truchseß 1 , der zweite, der Marschall 2 , ist der H e r z o g von Sachsen, der dritte, der Kämmerer 3 , ist der Markgraf 4 von Brandenburg. Der Schenke 5 des Reiches, der König von Böhmen, hat kein Wahlrecht, weil er kein Deutscher ist. Danach küren alle Fürsten des Reiches, Geistliche und Laien. Die als erste bei der Kur genannt sind, sollen nicht nach ihrem Gutdünken küren; sondern wen die Fürsten gemeinsam zum König auserwählen, den sollen sie zu allererst mit Namen küren. Kapitel LVIII. Des Reiches Fürsten sollen keinen Laien als H e r r n haben als den König. Es gibt kein Fahnenlehen, durch das der Mann Fürst sein kann, er empfange es denn vom König. Was so ein anderer Mann vor ihm empfängt, daran ist jener nicht der Erste an dem Lehen, weil es ein anderer schon vor ihm empfing, und er kann daran nicht mehr Reichsfürst sein. Kapitel LIX. Wenn man Bischöfe oder Äbte oder Äbtissinnen wählt, die den Heerschild besitzen, so sollen sie zuerst das Lehen und danach die Seelsorge 6 empfangen; wenn sie das Lehen empfangen haben, so können sie Lehenrecht ausüben und früher nicht. Wenn man Bischöfe oder Äbte oder Äbtissinnen nicht innerhalb der sechs Wochen wählt, so daß die Belehnung an den Kaiser geht, so belehnt er, wen er will, der sich redlich verhalten hat. Kapitel LX. Der Kaiser verleiht alle geistlichen Fürstenlehen mit dem Zepter, alle weltlichen Fahnenlehen mit der Fahne.

folio

51

recto

1. (Ldr. III 57§2): D a s Bild zeigt die E r z b i s c h ö f e von M a i n z , T r i e r u n d K ö l n , die an d e r W a h l des d e u t s c h e n K ö n i g s beteiligt sind. D e r W a h l v o r g a n g wird in Η u n d Ο d a d u r c h verdeutlicht, d a ß sie mit d e m F i n g e r auf d e n zu K ü r e n d e n d e u t e n . H i e r ist diese G e b ä r d e als S e g e n s g e s t u s w i e d e r g e g e b e n (bei d e n b e i d e n B i s c h ö f e n links). D i e G e b ä r d e des Bischofs r e c h t s k a n n m a n als Z u s t i m m u n g s g e s t u s d e u t e n . D e r B i l d b u c h s t a b e / fehlt. Schmidt, S. 223.

Kaiser und Papst, S. 89; Schmidt-Wiegand,

Kulturgeschichte,

2. (Ldr. III 57§2): D i e drei weltlichen K ü r e r stehen v o r d e m t h r o n e n d e n K ö n i g . An d e n G e g e n s t ä n d e n , die sie in H ä n d e n halten, sind sie g e n a u zu i d e n t i f i z i e r e n . D e r erste ist d e r P f a l z g r a f bei R h e i n , d e r als T r u c h s e ß des R e i c h e s d e m K ö n i g eine g o l d e n e Speiseschüssel reicht. H i n t e r ihm s t e h t d e r H e r z o g von Sachsen, d e r als M a r s c h a l l an seinem in d e r R e c h t e n b e f i n d l i c h e n M a r s c h a l l s stab zu e r k e n n e n ist. D e r d r i t t e ist d e r E r z k ä m m e r e r , d e r M a r k graf von B r a n d e n b u r g , d e r aus einem g r ö ß e r e n B e c h e r ein G e t r ä n k in ein kleineres G e f ä ß gießt. D i e D a r s t e l l u n g d e r A t t r i b u t e e n t spricht d e r Illustration in d e r G o l d e n e n Bulle von 1356 (allerdings d o r t in Silber gemalt; vgl. v. Amira). Schmidt, Kaiser und Papst, S. 99; Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 223. 3. (Ldr. III 57§2): D i e D a r s t e l l u n g zeigt zwei d i c h t g e d r ä n g t e W ä h l e r g r u p p e n zu je 5 P e r s o n e n , eine geistliche u n d eine weltliche, v o r d e m K a n d i d a t e n , d e n sie z u m K ö n i g w ä h l e n sollen. S o w o h l die geistlichen als a u c h die weltlichen W ä h l e r geben d u r c h ihre Fing e r z e i g e auf d e n K a n d i d a t e n hin zu verstehen, d a ß sie mit d e r W a h l e i n v e r s t a n d e n sind. D i e F i n g e r z e i g e d e r B i s c h ö f e e n t s p r e c h e n w i e d e r u m d e m Segensgestus. W i c h t i g ist, d a ß es sich bei diesem V o r g a n g nicht u m ein ,Kiesen', ein E r w ä h l e n im e i g e n t l i c h e n W o r t s i n n , h a n d e l t , s o n d e r n u m die Z u s t i m m u n g zu d e r S t i m m a b gabe der Erstkürer. Schmidt, Kaiser und Papst, S. 99; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 223; Schmidt-Wiegand, Artikel,Kiesen, küren', Sp. 715. 4. (Ldr. III 59§§1,2): D a es nach d e m T o d des Bischofs ( r o t e K a sel, M i t r a ; mit g e s c h l o s s e n e n A u g e n a m B o d e n liegend) von d e n f ü n f Geistlichen ( g r a u - b e i g e G e w ä n d e r , T o n s u r e n ) v e r s ä u m t w o r d e n ist, einen n e u e n Bischof zu w ä h l e n , h a t sich d e r K ö n i g eingeschaltet. E r leiht d e m v o n ihm A u s e r w ä h l t e n d a s Z e p t e r z u m Zeichen d e r B e l e h n u n g (vgl. Ldr. III 60§1). D e r neu e i n g e s e t z t e Bischof ist nicht im geistlichen O r n a t abgebildet, s o n d e r n lediglich mit d e r M i t r a als M e r k m a l seines A m t e s ausgestattet, w o h l u m d e n weltlichen C h a r a k t e r dieser W a h l zu u n t e r s t r e i c h e n . W ä h r e n d sich die vier Geistlichen links im Bild ü b e r d e n t o t e n Bischof b e u g e n , ihre K ö p f e n a c h links aus d e m Bild h i n a u s w e n d e n u n d so ü b e r d e r B e i s e t z u n g die n e u e W a h l v e r s ä u m e n , m a c h t d e r f ü n f t e K l e r i k e r mit U n f ä h i g k e i t s g e s t u s d e n K ö n i g d a r a u f a u f m e r k s a m , d a ß die W a h l v e r s ä u m t w o r d e n ist. 5. (Ldr. III 60§1): R e c h t s e m p f a n g e n drei L e h e n s m ä n n e r in H e r r e n t r a c h t zwei F a h n e n l e h e n , links ein Bischof u n d ein Weltgeistlic h e r ein Z e p t e r l e h e n von d e m t h r o n e n d e n K ö n i g . D a s Bild e n t h ä l t m e h r e r e F e h l e r (vgl. W fol. 65r5): Z u n ä c h s t ist d a s T e i l u n g s v e r b o t f ü r R e i c h s l e h e n (Lnr. 20§5) n i c h t b e r ü c k s i c h t i g t . D a ß die L e h e n s leute sämtlich stehen (statt z u knien), w ä h r e n d d e r K ö n i g sitzt, ist g e g e n die Regel d e r K o m m e n d a t i o n (vgl. L n r . 22§ 1). Statt d e r H e r r e n t r a c h t s t ü n d e d e n E m p f ä n g e r n von F a h n e n l e h e n F ü r s t e n t r a c h t z u . An Stelle des n i c h t r e i c h s l e h e n s f ä h i g e n Weltgeistlichen s t e h t in Η u n d Ο z u t r e f f e n d e r eine Frau, v e r m u t l i c h eine Äbtissin; d o r t w e r d e n a u c h richtig drei F a h n e n l e h e n an drei P e r s o n e n vergeben.

1 tmch(t)sczze, m d . truch(t)seze, -sesse s w . M . ,der die Speisen a u f setzt, T r u c h s e ß ' ; 2 marschalc s t . M . , M a r s c h a l l , B e a m t e r , A u f s e h e r ü b e r d a s G e s i n d e auf Reisen u n d H e e r e s z ü g e n ' , »Befehlshaber der waffenfähigen Mannschaft'; 3 kamerare, kamerer st.M. »Kämmerer', »Schatzmeister', , V o r s t e h e r u n d V e r w a l t e r d e r K a m mereinkünfte'; 4 marcgrave, m d . marcgreve s w . M . »königlicher R i c h t e r u n d V e r w a l t e r eines G r e n z l a n d e s , M a r k g r a f ' ; 5 schenke sw.M. .Mundschenk'; 6 hisorge st.sw.F. .Fürsorge', ,Seelsorge'.

260

folio 51 verso Kein van len en müs he ouch haben ledig iar vn tag In welche /tat des riches d' kvnig kumet bine deme riche da is im ledig czol νή münze ·νη in welch lant he kumt· da is im ledig das gerichte-das he wol rich= te müs al di clage di vor gerichte nicht en begünt noch gelent en Jin Swen der kv nig och aller er/t in das lant kümt Jo Juln im ledig Jin alle geuangene üffe recht· vn mä Jal Ji vor en bregin vnde mit rechte vor winde · od' mit rechte lajen Jo mä Ji erjt bejendin mag-Jider der zit das Ji der künig heijchit zu rechte • od' Jine botin zü deme mäne Jelbe od' zu dem hoüe od' zu de h ü j e da Ji ge= vange Jin · od' haben gewejin weigirt man Ji vor zu bregene Jint mä Ji zu rechte gehei= J c h t - h a t vn mä des gezüg an des kvniges boten h a t - m a n tut zu hant indi achte alle di Jie vienge · vn di bürg vn di Iüte di Ji wider recht haldin· · / · - L X I · Vbir ächzen wochin Jal der greue Jin dig us legin büjen gebundene tage czü echt' ding J t a t - d a der JchultheiJe vn JchephT vn vronebote Ji is en mag nimant JchultheiJe gejin · he en Ji vri vn geborn von deme laude da das gerichte inne lit-Der bütel Jal zu minnejte habe eine halbe hüüe eiges Gerichtis Juln alle warten di ding phlich tig Jin von der zit das di Jvnne uf get bis zu mittage ab der richter da is· · L X I I · Uünf Jtete di phalzen heijen · ligen zu JachJen indem lande da der künig echte hoüe haben Jal • Die erjte is gruna · Di and'e werle di ijt zu gojler geleit· walhuje

s

10

is

20

2;

3:

Kein vanlen enmus he ouch haben ledig jar unde tag. In welche stat des riches der künig kumet binnen deme riche, da is im ledig czol unde münze, unde in welch lant he kumt, da is im ledig das gerichte, das he wol richten mus al di clage, di vor gerichte nicht enbegunt noch gelent ensin. Swen der künig och aller erst in das lant kumt, so suln im ledig sin alle gevangenen uffe recht, unde man sal si vor en brengin unde mit rechte vorwinden oder mit rechte lasen, so man si erst besendin mag, sider der zit, das si der kunig heischit zu rechte oder sine botin zu deme manne selbe oder zu dem hove oder zu deme huse, da si g vangen sin oder haben gewesin. Weigirt man, si vorzubrengene, sint man si zu rechte geheischt hat, unde man des gezug an des kuniges boten hat, man tut zu hant in di achte alle, di sie viengen, unde di bürg unde di lute, di si wider recht haldin. C. LXI. Ubir ächzen wochin sal der greve sin ding uslegin busen gebundenen tagen czu echter dingstat, da der schultheise unde schephin unde vronebote si. Is enmag nimant schultheise gesin, he ensi vri unde geborn von deme lande, da das gerichte inne lit. Der butel sal zu minnesten haben eine halbe huve eigens. Gerichtis suln alle warten, di dingphlichtig sin, von der zit, das di sunne ufget, bis zu mittage, ab der richter da is. C. LXII. Yunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen in dem lande, da der kunig echte hove haben sal. Die erste is Gruna. Di andere Werle, di ist zu Gosler geleit, Walhusen

261 Kein Fahnenlehen darf er (länger als) Jahr und Tag unbesetzt lassen. In welchen O r t der König innerhalb des Reiches kommt, da sind f ü r ihn Zoll und Münze frei, und in welches Land er kommt, da ist das Gericht f ü r ihn frei, so daß er über all die Klagen richten darf, die vor Gericht noch nicht erhoben 1 und noch nicht beendet 2 sind. Wenn der König ferner zum ersten Mal in das Land kommt, so sollen ihm alle rechtmäßigen Gefangenen frei sein; und man soll sie vor ihn bringen und mit Recht überführen oder mit Recht freilassen, sobald man sie holen lassen 3 kann, seitdem sie der König zu Recht angefordert hat oder seine Boten, von dem Mann selbst oder von dem Hof oder von dem Haus, wo sie gefangen sind oder gewesen sind. Weigert man sich, sie vorzubringen, nachdem man sie rechtmäßig angefordert hat, und hat man dafür auch Zeugnis durch des Königs Boten, so kommen all die sofort in die Acht, die sie gefangen haben, und die Burg und die Leute, die sie widerrechtlich festhalten. Kapitel LXI. Uber achtzehn Wochen soll der Graf sein Gericht außerhalb der gebundenen Tage an rechtmäßiger Dingstatt ansetzen, wo der Schultheiß und die Schöffen und der Fronbote anwesend sein sollen. Es kann niemand Schultheiß sein, der nicht frei und in dem Land geboren ist, in dem das Gericht liegt. Der Büttel soll zumindest eine halbe H u f e Grundeigentum besitzen. Das Gericht sollen alle wahrnehmen, die dingpflichtig sind, von Sonnenaufgang bis zum Mittag, wenn der Richter anwesend ist. Kapitel LXII. Fünf Orte, die Pfalzen heißen, liegen im Lande zu Sachsen, wo der König rechten H o f t a g halten soll. Die erste ist Grone. Die zweite Werla, die verlegt ist nach Goslar, Wallhausen

folio 51 verso

1. (Ldr. III 60§1): Ist d e m K ö n i g ein F a h n e n l e h e n h e i m g e f a l l e n , so darf er es n i c h t länger als J a h r u n d T a g b e h a l t e n . D i e Z e i t a n g a b e ist nicht g a n z k o r r e k t , d a z w a r die 52 W o c h e n ( L I T ) + 6 W o c h e n ( / / / / / / ) a n g e g e b e n w e r d e n , nicht a b e r die 3 T a g e , die zu jar unde tag n o c h d a z u z u z ä h l e n sind. In Ο f e h l t die A n g a b e d e r Fristen völlig. D e m t h r o n e n d e n K ö n i g wird von zwei F ü r s t e n (Schapel, K o p f t u c h ) die F a h n e entrissen, u m ihn z u r N e u v e r l e i h u n g d e s F a h n e n l e h e n s a u f z u f o r d e r n , da die gesetzliche Frist a b g e l a u f e n ist. Leppin, Ausdeutung, S. 287; Leppin, Untersuchungen, S. 239ff. 2. (Ldr. III 60§2): S o b a l d d e r K ö n i g ( K r o n e ) in eine S t a d t ( S t a d t t o r mit Fallgatter, K i r c h e i n n e r h a l b einer M a u e r ) d e s Reiches k o m m t , sind ihm czol unde münze ledig. D e r M ü n z m e i s t e r , k e n n t lich an seinem A t t r i b u t , d e m ü b e r die linke S c h u l t e r g e t r a g e n e n M ü n z h a m m e r , ü b e r g i b t d e m in die S t a d t e i n g e t r e t e n e n K ö n i g die M ü n z e n . N e b e n d e m M o n e t ä r ist in Η u n d Ο n o c h z u s ä t z l i c h d e r P r ä g e s t e m p e l zu sehen, auf d e m n o c h M ü n z e n liegen. 3. ( L d r . III 60§3): K o m m t d e r K ö n i g z u m ersten M a l in ein L a n d , so sind ihm alle G e f a n g e n e n tedig. D e s h a l b f o r d e r t im Bild links ein B o t e im N a m e n des K ö n i g s d e n von einer B u r g h e r a b s c h a u e n d e n T ü r m e r auf, die G e f a n g e n e n v o r das K ö n i g s g e r i c h t zu b r i n gen. R e c h t s w i r d d e m k ö n i g l i c h e n R i c h t e r ein n o c h nicht verurteilter G e f a n g e n e r (in Η u n d Ο mit einer Kette an d e n F ü ß e n g e f e s selt) z u r D u r c h f ü h r u n g eines V e r f a h r e n s v o r g e f ü h r t . Scheele, Delikte, S. 169. 4. (Ldr. III 6 1 § § l - 3 ) : D e r G r a f b e r a u m t mit Befehlsgestus sein G e r i c h t an. D e r n e b e n ihm s i t z e n d e S c h u l t h e i ß (blaues Kleid u n d s p i t z e r H u t ) w i e d e r h o l t diese G e b ä r d e , d e n n er ist verpflichtet, am Grafengericht teilzunehmen. D e r Fronbote (grün-rot quergestreifter R o c k ) u n d die vier S c h ö f f e n (in Η u n d Ο z u t r e f f e n d e r sitzend dargestellt; vgl. Ldr. III 69§2) weisen mit Z e i g e g e s t u s auf d e n g r ä f lichen R i c h t e r , u m k u n d z u t u n , d a ß sie auf d e s s e n G e h e i ß an d e r D i n g s t ä t t e e r s c h i e n e n sind. D i e Frist, nach d e r e n Ablauf G e r i c h t g e h a l t e n w e r d e n m u ß , ist d u r c h die Z a h l XVIII (18 W o c h e n ) in d e r Bildmitte a n g e g e b e n . W ä h r e n d in W u n d D die T e x t a u s s a g e , d a ß das G e r i c h t n u r a u ß e r h a l b d e r g e b u n d e n e n T a g e a n b e r a u m t w e r d e n d a r f , im Bild nicht w i e d e r g e g e b e n ist, wird in Η u n d Ο diesem T a t b e s t a n d d u r c h ein, in Η g r ü n e s , K r e u z e n t s p r o c h e n . Es k e n n z e i c h n e t die g e b u n d e n e n , von d e r D i n g z e i t a u s g e s c h l o s s e n e n T a g e . L d r . III 61 §3 h a t im Bild k e i n e E n t s p r e c h u n g ( t r o t z des d a z u p a s s e n d e n B i l d b u c h s t a b e n s D), w ä h r e n d in Η die g r ü n e n , als G r a s b ü s c h e l g e d a c h t e n Flecken zu F ü ß e n des F r o n b o t e n u n d in Ο d e r b e w a c h s e n e B o d e n die h a l b e H u f e G r u n d e i g e n t u m symbolisieren, die d e r F r o n b o t e m i n d e s t e n s besitzen soll. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 80; Lade, zeichnungen des Fronboten, S. 12lf; Bild, S. 1 9 f f .

Dorfrecht, S. 177; Peters, BeSchmidt-Wiegand, Text und

5. (Ldr. III 61 §4): D i e D i n g p f l i c h t i g e n w e r d e n d u r c h die beiden v o r d e m R i c h t e r s t e h e n d e n M ä n n e r r e p r ä s e n t i e r t . H i n t e r ihnen g e h t die S o n n e a u f ; sie h a t erst h a l b e H ö h e e r r e i c h t u n d g e l a n g t z u r M i t t a g s z e i t in d e r Bildmitte an ihren h ö c h s t e n S t a n d . S o w o h l d e r R i c h t e r als a u c h die D i n g p f l i c h t i g e n d e u t e n mit A u f m e r k s a m keitsgestus auf die M i t t a g s s o n n e , u m k u n d z u t u n , d a ß sie bis zu d i e s e m Z e i t p u n k t bei G e r i c h t a n w e s e n d sein m ü s s e n .

1 beginnen st.sw.V. . e r ö f f n e n , a n f a n g e n ' , hier .eine K l a g e a n f a n g e n , erheben'; 2 lenden, lenten sw.V. ,ans Ziel b r i n g e n , b e e n d e n ' ; 3 besenden sw.V. .beschicken, h o l e n lassen*.

262

folio 52 recto

is di dritte · aljtete di vierde • M e r j e b u r g di vunfte-Siben van len Jin ouch indeme lande zü JachJen · das herzogetum zu Jach Jen • di phalenze • di marke zü brandeburg · die langrauejchaft zu doringe • di marke zu mijne di marke zu lujiz-di grauejchaft gnant vö leueuOuch Jin zwei erzebijchtum zu JachJen in dem lande vn vunfzen andere Dem von meideburg is vndir t a n - d ' bijchof von nuweburg- χ ν ή der von

s

to

^.νίϊ d' vö merjebg 2

mijne vn der von brandenburg vn der vö hauelberg Der bijchof von mencze-hat vier vndir tanen zu JachJen in dem lande den bijchof von halberjtat den von hildenJeim-dem von werdin den von padilburne der bijchof von ojenbrucke vnde der von minden-νή der von m ü n j t r e - j i n t vn= dir tan dem von kolne · Derne erzbijchoüe von breme is vnd' t a n - d ' von lübeke der vö zwerin vn der von ratijbürg- LXIII· Conjtantin der künig gap deme babijte JilueJtre werltlich gewette zu deme geijtlichen Jechzig Jchillinge mite zu twingene alle di iene di gote nicht bejJern en wollen mit deme übe-das man Ji dar zu twinge mit deme gute Süs Jal werltlich geriche vn geijtlich vb' ein trage Jwas Jo deme einen widerjtat das man is mit deme andern twinge gehorJam zü wejine vn rechtis zü phlegene Ban Jchadit der Jele-vn en nimt doch nimäde den lip noch en krenkit nimäde

1S

20

2S

J0

is di dritte, Alstete di vierde, Merseburg di vunfte. Siben vanlen sin ouch in deme lande zu Sachsen: das herzogetum zu Sachsen, di phalenze, di marke zu Brandenburg, di lan/graveschaft zu Doringen, di marke zu Misne, di marke zu Lusiz, di graveschaft zu Asschirsleve. Ouch sin zwei erzebischtum zu Sachsen in dem lande unde vunfzen andere. Dem von Meideburg is undirtan der bischof von Nuwenburg unde der von Merseburg unde der von Misne unde der von Brandenburg unde der von Havelberg. Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in dem lande, den bischof von Halberstat, den von HildensAeim den von Werdin, den von Padilburne. Der bischof von Osenbrucke unde der von Minden unde der von Munstre sint undirtan dem von Kolne. Deme erzbischove von Bremen is undertan der von Lubeke, der von Zwerin unde der von Ratisburg. C.LXIII. Constantin, der kunig, gap deme babiste Silvestre werltlich gewette zu deme geistlichen, sechzig Schillinge, mite zu twingene alle di iene, di gote nicht bessern enwollen mit deme libe, das man si dar zu twinge mit deme gute. Sus sal werltlich gerichie unde geistlich ubereintragen, swas so deme einen widerstat, das man is mit deme andern twinge, gehorsam zu wesine unde rechtis zu phlegene. Ban schadit der sele unde ennimt doch nimande den lip noch enkrenkit nimande

5 lantgraveschaft] lantgraueschaft H, lantgrafschap O, lantgravescap Hornlangraveschaft WD. 7 zu Asschirsleve] zu asschirsleue D, czv asschersleue Η\ to asscherchsleue O, to aschersleve Horn., W unleserlich: gnant von leuenu 14 Hildensheim] hildeshem O, hildenseim W D Hr hildensen Horn. 15 den D Η Ο Horn., dem W. 27 gerichte D Η Horn., geriche W, richte O.

263

ist die dritte, Allstedt die vierte, M e r s e b u r g die f ü n f t e . Sieben Fahnenlehen liegen in dem Land Sachsen: das H e r z o g t u m und die P f a l z g r a f s c h a f t Sachsen, die M a r k Brandenburg, die Landgrafschaft zu T h ü r i n g e n , die M a r k Meißen, die M a r k Lausitz, die G r a f s c h a f t Aschersleben. Auch gibt es zwei Erzbistümer im Land Sachsen u n d f ü n f z e h n andere (Bistümer). D e m (Erzbischof) von M a g d e burg sind der Bischof von N a u m b u r g u n d der von Merseburg und der von Meißen und der von Brandenburg und der von Havelberg unterstellt 1 . D e r Erzbischof von M a i n z hat im Land Sachsen vier Untergebene 2 , den Bischof von Halberstadt, den von Hildesheim, den von V e r d e n u n d den von P a d e r b o r n . D e r Bischof von O s n a b r ü c k u n d der von M i n d e n u n d der von M ü n s t e r sind dem (Erzbischof) von Köln unterstellt. D e m Erzbischof von Bremen sind der (Bischof) von Lübeck, der von Schwerin u n d der von R a t z e b u r g unterstellt. Kapitel LXIII. König Konstantin gab Papst Silvester weltliches Gewette zu dem geistlichen, sechzig Schillinge, um damit alle diejenigen zu zwingen, die G o t t mit ihrem Leib nicht büßen wollen, auf d a ß man sie mit ihrem G u t dazu zwinge. Ebenso sollen weltliches u n d geistliches Gericht zusammenwirken 3 , damit man, was so dem einen widersteht, mit dem anderen zwinge, gehorsam zu sein u n d die Pflicht dem Recht gegenüber zu erfüllen. D e r Bann schadet der Seele und nimmt doch niemandem das Leben u n d mindert niemanden,

folio 52 recto

1. (Ldr. III 62§1): D i e f ü n f H ä u s e r stehen stellvertretend f ü r die im T e x t g e n a n n t e n sächsischen K ö n i g s p f a l z e n ( G r o n e , W e r l a , W a l l h a u s e n , Allstedt, M e r s e b u r g ) , aus d e n e n jeweils ein K ö n i g ( K r o n e ) mit rechts g e s c h u l t e r t e m Z e p t e r h e r a u s s c h a u t . Gauert, Werla, S. 253ff. 2. (Ldr. III 62§2): A b w e i c h e n d von d e r A u f z ä h l u n g im T e x t ( H e r z o g t u m u n d P f a l z g r a f s c h a f t Sachsen, die M a r k B r a n d e n b u r g , die L a n d g r a f s c h a f t T h ü r i n g e n , die M a r k M e i ß e n , die M a r k Lausitz u n d die G r a f s c h a f t A s c h e r s l e b e n ) w e r d e n die sieben sächsischen F a h n e n l e h e n d u r c h die F a h n e n u n d d u r c h d a s W a p p e n des verliehenen Landes veranschaulicht. Die Identifizierung der Fahnenlehen - die n u r in Η d u r c h B u c h s t a b e n auf d e n F a h n e n r ü c k e n verdeutlicht sind - u n d i h r e r W a p p e n ist n u r d u r c h einen Vergleich mit Η u n d Ο möglich, d a in W u n d D d e r I l l u s t r a t o r bis auf einige A n d e u t u n g e n (die b e i d e n u n a u s g e m a l t e n P f ä h l e f ü r die M a r k L a u sitz im W a p p e n am linken B i l d r a n d ) u n d eine A u s n a h m e (das mit g o l d e n e r T i n k t u r g e k e n n z e i c h n e t e W a p p e n ) auf eine I l l u s t r i e r u n g v e r z i c h t e t hat. Ο zeigt n o c h z u s ä t z l i c h zwei w e i t e r e W a p p e n schilde, ein Balkenschild mit R a u t e n k r a n z , d e r d u r c h die U b e r s c h r i f t Saxonia g e k e n n z e i c h n e t ist, u n d ein Schild m i t zwei gek r e u z t e n S c h w e r t e r n , dessen Ü b e r s c h r i f t mit de el(ec)tura a u f z u l ö sen ist. Kroeschell, Rechtswirklichkeit, S. 3; Naß, Wappen, S. 238, 248, 212f., 262, 266; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 3. (Ldr. III 62§3): D i e b e i d e n sächsischen E r z b i s t ü m e r ( M a g d e b u r g u n d B r e m e n , vgl. die T e x t s t e l l e Derne erzbischove von Bremen is undertan\ a n d e r s v. A m i r a u n d K o s c h o r r e c k : M a g d e b u r g u n d M a i n z ) u n d die f ü n f z e h n B i s t ü m e r in Sachsen sind v e r t r e t e n d u r c h 2 B i s c h ö f e u n d 11 B i s c h o f s s t ä b e ( a n d e r s D u n d H : 15 Stäbe; O : 12 Stäbe). Beide B i s c h ö f e sind b e k l e i d e t mit Kasel, D a l m a t i k a , H u m e rale, Alba u n d M i t r a (in Η a u c h mit P a l l i u m ) ; d e r Bischof an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s t e h t u n d hält seinen K r u m m s t a b in d e r linken, d e r links s i t z e n d e Bischof hält seinen Stab in d e r r e c h t e n H a n d ( a n d e r s Η u n d O : Beide B i s c h ö f e stehen u n d halten jeweils rechts d e n Bischofsstab, links ein Buch). 4. (Ldr. III 63§1): P a p s t Silvester (mit T i a r a , Kasel, D a l m a t i k a , H u m e r a l e u n d Alba) hält statt des K r u m m s t a b s fälschlich ein Z e p t e r in seiner R e c h t e n ( k o r r e k t in D , Η u n d O ) u n d s t e h t d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n K ö n i g ( K r o n e ) K o n s t a n t i n (mit links g e s c h u l t e r t e m Z e p t e r ) g e g e n ü b e r . Beide P e r s o n e n sind mit R e d e g e b ä r d e dargestellt. N u r die ü b e r die M ü n z e n g e s e t z t e Z a h l LX f ü r die 60 Schillinge weist d a r a u f hin, d a ß d e r K ö n i g d e m P a p s t das R e c h t auf weltliches S t r a f g e l d ( G e w e t t e ) z u g e s t e h t . A n d e r s Η u n d O : H i e r stehen s o w o h l d e r P a p s t als a u c h d e r K ö n i g , w o b e i dieser d e m P a p s t d a s S t r a f g e l d d i r e k t in die g e ö f f n e t e H a n d z a h l t . Schmidt, Kaiser und Papst, S. 113. 5. (Ldr. III 63§1): D a s Z u s a m m e n w i r k e n von geistlichem u n d weltlichem G e r i c h t wird d a d u r c h v e r a n s c h a u l i c h t , d a ß d e r P a p s t (wie in Bildzeile 4) als R e p r ä s e n t a n t des geistlichen G e r i c h t e s u n d d e r K ö n i g ( K r o n e ) als R e p r ä s e n t a n t des weltlichen G e r i c h t e s g e m e i n sam u m s c h l u n g e n auf einem T h r o n sitzen ( H zeigt eine s e h r a u f w e n d i g e T h r o n a r c h i t e k t u r ) . D e r Stab, d e n d e r P a p s t hält, e n t spricht nicht d e r üblichen F o r m des K r u m m s t a b s ( k o r r e k t e r in Η u n d O ) . D e r K ö n i g t r ä g t ein a u f r e c h t g e t r a g e n e s Z e p t e r in seiner L i n k e n ( a n d e r s Η u n d O : H i e r t r ä g t d e r K ö n i g als H e r r s c h a f t s z e i chen ein Schwert). Schmidt, Kaiser und Papst, S. 113.

1 undertan P a r t . A d j . , u n t e r t ä n i g , u n t e r g e b e n , u n t e r w o r f e n ' ; 2 under tan s t . M . , U n t e r g e b e n e r , U n t e r t a n ; 3 über(ein)tragen st.V. »zus a m m e n w i r k e n , ein U b e r e i n k o m m e n treffen*.

264

folio 52 verso an lant rechte noch an lenrechte da en volge des kuniges achte noch · D i vorue/tünge nimt dem mäne den lip ab he dar binne b e g r i f f e is-vfi nicht Jin recht wie läge he dar G e b u y t der kunig des / · L X I I I I · an isriches d i n / t - o d ' /ine hof mit vrteilnvn let he en k u n d i g e de v o r j t e n mit /ine briuen vn inge/igele / e c h f w o c h e n · er he werdin / u l l e - d e n /ullen /i /uchen binne dücz= eher a r t ' / w o he is en k u m e /i nicht /i wettin dar vme D i vor/te di van len habe di wettin deme künige hündirt p h ü n t · A l l e and'e lüte wettin zen phünt da mä vmme vngerichte nicht en wettit D e m h ' z o g e n wettit iclich edil mä z e n phünt der g e g e n o t e is d o c h g n u g binne deme h e r z o getvme di /ündirlich recht wollen haben al/e holt/e//in vn /tormere · vn hedelere von irme rechte noch v ö ir gewette en /age ich nich'· S e c h z i g /chillige wettit mä deme greuen · vn oüch deme voite d' vnd' kunigis bäne dinget ab he den ban vö deme kvnige h a t - k v niges ban en müs nimant lien w e n n e der kunig /elbe D e r kunig en mag m' rechte nicht geweigern den ban z ü liene deme das gerichte gehen is V o r l i e t ein greue /in' graue/chaft ein teil o d ' ein v o y t /in' voitie das is vnrecht d' belente mä en müs dar vb' keine kunigis ban haben al/e mä das νδ y m duldin d ü r f e - b a n liet mä ane m a / c h a f t · P h a l e n z g r e ü e vn lantgreüe dinget vndir küniges banne al/e der greüe deme wettit

s

10

α

20

25

3o

an lantrechte noch an lenrechte, da envolge des kuniges achte noch. D i vorvestunge nimt dem manne den lip, ab he dar binnen b e g r i f f e n is, unde nicht sin recht, wie l a n g e he dar an is. C . L X I I I I . G e b u i t der kunig des riches dinst oder sinen hof mit urteiln unde let he en kundigen den vorsten mit sinen briven unde ingesigele sechswochen, er he werdin sulle, den sullen si suchen binnen d u z eher art, swo he is, e n k u m e n si nicht, si wettin dar umme. D i vorsten, di vanlen haben, di wettin deme kunige hundirt phunt. A l l e andere lute wettin z e n phunt, da man umme ungerichte nicht enwettit. D e m h e r z o g e n wettit iclich edil man zen phunt. D e r gegenote is d o c h g n u g binnen deme h e r z o getume, di sundirlich recht wollen haben, alse Holtsessin unde Stormere unde Hedelere, von irme rechte noch v o n ir gewette ensage ich nicht. Sechzig Schillinge wettit man deme greven unde o u c h deme voite, der under kunigis banne dinget, ab he den ban v o n deme kunige hat. K u niges ban enmus nimant lien wenne der kunig selbe. D e r kunig enmag mit rechte nicht geweigern, den ban z u liene, deme das gerichte gehen is. V o r l i e t ein greve siner graveschaft ein teil oder ein voit siner voitie, das is unrecht. D e r belente man enmus dar über keinen kunigis ban haben, alse man das v o n im duldin dürfe. Ban liet man ane m a n s c h a f t . Phalenzgreve unde lantgreve dinget undir kuniges banne alse der greve, deme wettit

4 l a n g e D Η Horn., l a n g h e WD, d v y s c h e r Η d u d e s c h e r

W. 9/10 Horn. 10

O, läge duzeher] duczcher O, d ü d i s c h e r e n k u m e n si n i c h t W D, en k v m e n si nicht //, ne c o m e t se nicht O, laten sie't manschaft maschaft manscap Ο

Horn. 30

D H,

W,

Horn.

265 weder an Landrecht noch an Lehenrecht, wenn nicht des Königs Acht nachfolgt. Die Verfestung geht dem Mann an das Leben, wenn er darin ergriffen wird, aber nicht an sein Recht, wie lange er sich auch darin befindet. Kapitel LXIV. Gebietet der König des Reiches Dienst oder zu seinem H o f t a g kraft Urteil und läßt er ihn den Fürsten mit seinem Brief und Siegel 1 sechs Wochen, bevor er stattfinden soll, ankündigen, so sollen sie ihn in deutschen Landen, wo immer es sei, aufsuchen; kommen sie nicht, so bezahlen sie Gewette dafür. Die Fürsten, die Fahnenlehen besitzen, bezahlen dem König hundert P f u n d Gewette. Alle anderen Leute zahlen zehn P f u n d Gewette, sofern man nicht wegen einer Missetat Gewette zahlt. Dem H e r z o g zahlt jeder Edelfreie 2 zehn P f u n d Gewette. Der Gegenden 3 sind aber in dem Herzogtum genug, die besonderes Recht beanspruchen, wie Holstein und Stormarn und Hadeln; von ihrem Recht und von ihrem Gewette sage ich nichts. Sechzig Schillinge zahlt man dem Grafen und auch dem Vogt, der unter Königsbann Gericht hält, wenn er den Bann von dem König selbst hat. Königsbann darf niemand verleihen als der König selbst. Der König kann sich mit Recht nicht weigern, demjenigen den Bann zu verleihen, dem das Gericht verliehen ist. Verleiht ein Graf einen Teil seiner Grafschaft oder ein Vogt (einen Teil) seines Vogtgerichts, so ist dies gegen das Recht. Der Belehnte darf darüber hinaus keinen Königsbann haben, den man von ihm erdulden müßte. Den Bann verleiht man ohne Mannschaft. Pfalzgrafen und Landgrafen halten Gericht unter Königsbann wie der Graf; diesem zahlt

folio 52 verso dem Docht und der Flamme nach unten in der linken H a n d trägt und eine weitere von sich geworfen hat. Dies paßt zu der Redewendung ,mit Kerzen den Bann verschießen'. Dem zu den Füßen des thronenden Königs liegenden Gebannten entfährt aus dem Mund seine Seele in Kindsgestalt, die sogleich vom Teufel geholt wird. Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 187. Ii. (Ldr. III 63§3): Der thronende Richter (Graf) deutet mit Befehlsgestus auf den Scharfrichter, der einen vor seinen Füßen kauernden Mann, den Verfesteten, enthauptet hat. Anders als ίη Η und Ο wischt der Scharfrichter - als Zeichen f ü r eben vollzogene Hinrichtung - sein blutiges Schwert mit seinem hochgehobenen Rock ab. Dagegen bringen Η und Ο noch eine vierte Person ins Bild, die wohl den Verfesteten gefangengenommen hat. Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 187ff.; Peters, Fronbote; S. 310. 2. (Ldr. III 64§1): Der rechts thronende König (nur in W ohne Zepter) gebietet Reichsdienst {riches dinst) oder Hofgericht ( h o f mit urteiln) mit Befehlsgestus. Der von ihm ausgesandte Bote (rotes Gewand) wiederholt vor dem Fürsten (in Η und Ο mit Herrenschapel) den Befehlsgestus und teilt das Gebot des Königs durch die Überreichung von Brief und Siegel mit. Die Frist, dem Gebot innerhalb von sechs Wochen zu folgen, ist durch die Zahl VI über dem Brief angegeben. Der am Bildrand sitzende Graf (fehlt in Η und O) drückt durch seine sitzende Haltung das Versäumen der Ladungsfrist aus und symbolisiert durch die Gebärde des Wettens (Hochschürzen des Gewandes) das im Text genannte Zahlen eines Strafgeldes f ü r das Versäumnis. In Η ist der überreichte Brief mit der Aufschrift F(ridericus) d(e)i gr(ati)a Rom(anorum) semp(er) a(ugustus)... und das Siegel wie in Ο mit einem Königsbild ausgestattet. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 3. (Ldr. III 64§2): Zwei Fürsten (Herrenschapel), die Fahnenlehen haben, stehen vor dem König mit geschultertem Zepter (fehlt in Η und O). Weil sie seinem Aufgebot nicht gefolgt sind, zahlen sie als Gewette 100 Pfund, die der unmittelbar vor dem König stehende Mann unter seinem Kleid hervorholt. Der König hält sein Gewand auf, um das Strafgeld entgegenzunehmen. Die H ö h e des Gewettes ist durch den über die Münzen gesetzten Bildbuchstaben G angegeben, wobei aber die Zahl der Münzen nur repräsentative Bedeutung hat. Am linken Bildrand stehen drei Vertreter der anderen lute, von denen einer das Gewette (verdeutlicht durch die über die Münzen gesetzte Zahl X) hervorholt. 4. (Ldr. III 64§§3,4): Dem an der Text-Bild-Zäsur auf einer Bank sitzenden Grafen und dem hier fälschlich als Schultheiß wiedergegebenen Vogt, der · nter Königsbann Gericht hält, werden sechzig Schillinge (Zahl LX) als Strafgeld gezahlt. Die erste der vier vor dem Gericht stehenden Personen ( H und Ο bieten jeweils nur eine Person) hat die Münzen unter ihrem geschürzten Gewand hervorgeholt, die der Graf als Gewettezahlung entgegennimmt. Links sind zwei Personen (mit Kapuze) dargestellt, die sich einer dritten Person (Kapuze) gegenüber ablehnend verhalten (abgewandte Haltung der ersten, Handgebärde der zweiten Person). Anscheinend fordert der Mann in grau changierendem Rock und roten Beinkleidern ein Strafgeld. In Η und Ο zahlt ein Edelmann dem H e r z o g (Mütze mit Herrenschapel, Fahne) zenphunt als Strafgeld (Zahl X).

1 ingesigel, insigel st.N. »Siegel*, »Petschaft 4 , ,Stempel, Zeichen'; 2 edel, edele Adj. ,νοη gutem Geschlecht, adlig, edel'; 3 gegenote st.F. ,Gegend, Landschaft'.

lr. (Ldr. III 63§2): Der König weist mit Fingerzeig der rechten Hand auf den Teufel, denn der Kirchenbann schadet der Seele, nimmt dem Gebannten aber nicht das Leben. Die Gestalt des Königs steht hier f ü r die Auffassung, d a ß dem Bann die Acht zu folgen hat. Anders Η und O: Statt des Königs ist ein Priester, in Alba und Stola gekleidet, zu sehen. In Η schleudert er einen stabartigen Gegenstand von sich und hält noch einen weiteren in seiner rechten H a n d , während er in Ο deutlich eine brennende Kerze mit

51. (Ldr. III 64§5): Das Bild zeigt (vgl. W fol. 23r5) die Bannleihe. Wieder verleiht der König selbst seinen Bann an den Grafen durch einfache Handreichung, ane manschaft. Dadurch unterscheidet sich der Vorgang deutlich von der Kommendation (vgl. Lnr. 22§1). Naß, Wappen, S. 232, 238, 246, 267. 5r. (Ldr. III 64§5): Der beliehene Graf wendet sich an den König mit Redegebärde seiner linken H a n d und verlangt die Bannleihe, indem er seine rechte H a n d so hält, wie das zur Verleihung des Königbannes erforderlich ist. Der zwischen den beiden Personen dargestellte Schild (in Η am Arm des Bittstellers) weist auf die Lehensfähigkeit des Grafen. Der König lehnt mit Weigerungsgestus ab. Abweichend Η und O, wo auch die Weiterverleihung nach vorausgehender Teilung bildlich umgesetzt worden ist. Der sitzende Graf bricht einen Ast, der symbolisch f ü r die Teilung des grafschaftlichen Gerichtes steht und übergibt ein Stück an den Mann. Naß, Wappen, S. 232, 238, 246, 267. 6. (Ldr. III 64§5): Unterhalb der Textkolumne verleiht rechts der fälschlich - als Schultheiß dargestellte Vogt (vgl. Bildzeile 4) gegen das Recht einen Teil seiner Vogtei weiter (fehlt Η und O). Unter dem Text links verleiht entsprechend ein Graf widerrechtlich einen Teil seiner Grafschaft weiter. W und D stellen auch hier diesen Vorgang mit Hilfe der Kommendation dar. Naß, Wappen, S. 232, 238, 246, 267.

folio 53 recto

mä J e c h z i g J c h i l l i n g e Iclicheme m a r k e r e u e n d r i j i g - d e r d i n g e t bi Jines J e l b i s huldin Derne J c h u l t h e i J e n wettit mä achte J c h i l l i n g e J i n ' bier= g e l d i n Derne belentl der des k u n i g e s bä nich' en hat d e m e wettit m a n dri J c h i l l i n g e zürne h o g i j t e n Derne g o u g r e ü e J e c h s p h e n i n g e od' eine J c h i l l i n g - o d ' w i d e r lant lute k o r e J t a t D e m e b u r m e i j t i r e wettit m a n J e c h s p h e n l g e · vnde v n d i r w i l e n dri J c h i l l i n g e · vor hüt vnde vor h a r e - d a s is d e r g e b ü r e g e m e i n e zü trinkene· D e r m a r k e r e u e d i n g i t bi J i n s Jelbis LXV· h u l d e ubir J e c h s w o c h i n da vint iclich mä vrteil ub' den a n d ' n - d e n m a n an J i m e rechte nich' en m a g - d o c h en entw'tit da n i m a n t zü k ä p h e J i m e v n g e n o j e n · wirt ein mä J i n s g e n o j j i n man J i n e g e b u r t noch J i n lantrecht hat he nich' g e k r e n k i t - J i n e h e r j c h i l t hat he abir genidert· M a n en müs k e i n e n m a r k t b u w e n d e m e andirn einre milen n a e - M a n en müs k e i n e b ü r g b u w i n noch J t a t v e j t e n e mit b l a n k i n noch mit m ü r e - n o c h b e r g - n o c h w e d i r t ü r m e binnen d o r f e ane des richters vrlop des landis • ane J i n orlop mus man w o l g r a b i n a l j o tief a l j e ein man mit eime J p a t e n uf g e j e z z e n m a g d ' erdin J o das he k e i n e J c h e m e l m a c h e · M a n müs w o l b u w e n ane J i n -LXVI· o r l o p mit h o l c z e o d i r mit J t e i n e dri bünen ubir ein a n d e r eine binnen d e r erdin· di a n d i r n z w ü d a r ubir das m a n eine tür habe i n d e m e n i d i r j t e n -

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ι

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so

man sechzig Schillinge. Iclicheme m a r k g r e v e n drisig, der d i n g e t bi sines selbis huldin. D e m e schultheisen wettit m a n achte Schillinge siner biergeldin. D e m e belentin voit, d e r des k u n i g e s ban nicht enhat, d e m e wettit man dri Schillinge z u m e hogisten. D e m e g o u g r e v e n sechs p h e n n i n g e o d e r einen schilling o d e r w i d e r lantlute k o r e stat. D e m e burmeistire wettit m a n sechs p h e n n i n g e u n d e u n d i r w i l e n dri Schillinge vor hut u n d e vor hare, das is d e r g e b u r e g e m e i n e zu trinkene. C . LXV. D e r m a r k g rcve d i n g i t bi sins selbis hulden ubir sechswochin, d a vint iclich man urteil über den andern, den man an sime rechte nicht bescheiden e n m a g , d o c h e n e n t w o r t i t d a n i m a n t zu k a m p h e sime u n g e n o s e n . W i r t ein m a n sins genossin man, sine g e b u r t noch sin lantrecht h a t he nicht g e k r e n k i t , sinen herschilt hat he abir genidert. M a n e n m u s keinen m a r k t b u w e n d e m e a n dirn einre milen nae. M a n e n m u s k e i n e b ü r g b u w i n noch stat vestenen mit b l a n k i n noch mit muren, noch berg, noch w e d i r , noch t ü r m e binnen d o r f e ane des richters urlop des landis. A n e sin o r l o p mus m a n w o l g r a b i n also tief, alse ein m a n mit eime spaten u f g e s e z z e n m a g d e r erdin, so das he k e i n e n schemel mache. C . LXVI. M a n mus w o l b u w e n ane sin orlop mit holcze o d i r mit steine dri bunen ubir einander, eine binnen d e r erdin, di andirn z w u d a r ubir, d a s m a n eine tur habe in d e m e nidirsten

1 markgreven] markereven WD, markereuen H, marcgreuen O, marcgreven Horn. 4 voit] vogede Horn., fehlt W D Η Ο. 10 gebure W D H, bure Horn., burmestere O. 11 markgreve] markereve W D, markereue H, marcgreue O, marcgreve Horn. 14 be-

scheiden Η Ο Horn., fehlt W D. 21 noch Ο Horn., fehlt W D H. 29 dar ubir W, dar vbir D, dar vber H, bouen O, boven Horn.

267

man sechzig Schillinge Gewette. Jedem M a r k g r a fen (zahlt man) dreißig, der k r a f t eigener Vollmacht 1 richtet. D e m Schultheißen zahlen seine Biergelten acht Schillinge Gewette. D e m belehnten Vogt, der den Königsbann nicht hat, zahlt man höchstens drei Schillinge Gewette, dem G a u grafen sechs Pfennige o d e r einen Schilling oder entsprechend der Landleute Schätzung. D e m Bauermeister zahlt man als Gewette sechs P f e n nige u n d bisweilen 2 drei Schillinge f ü r H a u t und H a a r , das g e h ö r t den Bauern gemeinsam zum Vertrinken. Kapitel LXV. D e r Markgraf hält aus eigener Vollmacht Gericht im Abstand von sechs W o c h e n ; da findet jedermann Urteil über den anderen, den man an seinem Recht nicht schelten kann; doch verantwortet sich da niemand durch Zweikampf einem anderen gegenüber, der nicht sein Standesgenosse ist. W i r d ein M a n n Lehensm a n n seines Standesgenossen, so hat er w e d e r seinen Geburtsstand noch sein Landrecht damit geschmälert; doch seinen Heerschild hat er damit erniedrigt. M a n darf keinen M a r k t errichten bis zu einer Meile vom anderen entfernt. M a n darf auch keine Burg bauen noch eine Stadt mit Planken oder M a u e r n befestigen, noch Berg oder Insel 3 (umbauen), noch T ü r m e innerhalb eines D o r fes errichten o h n e die Erlaubnis vom Richter des Landes. O h n e seine Erlaubnis darf man so tief graben, wie ein M a n n mit seinem Spaten die Erde h i n a u f w e r f e n 4 kann, o h n e d a ß er einen Absatz 5 macht. Kapitel LXVI. M a n darf auch o h n e seine Erlaubnis mit H o l z o d e r mit Stein drei Stockwerke 6 hoch übereinanderbauen, eines unter der E r d e u n d die anderen beiden darüber, sofern man im unteren G e s c h o ß eine T ü r

folio ßJ recto

1. (Ldr. III 64§6): Z w e i H e r r e n in g r ü n e m O b e r r o c k u n d r o t - g o l d e n e m Schapel, die d u r c h ihre ( L e h e n s - ) F a h n e als F ü r s t e n zu erk e n n e n sind, e r h a l t e n von d e m i h n e n g e g e n ü b e r s t e h e n d e n M a n n jeweils ein S t r a f g e l d in H ö h e von 60 Schillingen ( r ö m i s c h e Z a h l ü b e r d e n G e l d s t ü c k e n ) . D a ß es sich bei d e n E m p f ä n g e r n des G e w e t t e s u m einen P f a l z - u n d einen L a n d g r a f e n h a n d e l t , l ä ß t sich a u f g r u n d i h r e r i d e n t i s c h e n G e w a n d u n g nicht e r k e n n e n . A u c h die B e g r ü n d u n g f ü r d e n E m p f a n g des G e w e t t e s bleibt v o m I l l u s t r a t o r u n b e r ü c k s i c h t i g t : Beide G r a f e n sind G e r i c h t s h e r r e n u n t e r K ö n i g s bann. Hüpper, Funktionstypen, S. 240; Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 251. 2r. (Ldr. III 64§7): V o r d e m S c h u l t h e i ß e n - k e n n t l i c h an s e i n e m b r e i t k r e m p i g e n H u t , d e r wie d e r R o c k in b l a u e r F a r b e g e h a l t e n ist - s t e h t ein M a n n , d e r ihm 8 Schillinge z a h l t . D a ß es sich bei d e m S c h u l d n e r u m einen Biergelden h a n d e l t , wird n i c h t d e u t l i c h . Hüpper, Funktionstypen, S. 240; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 251. 21. (Ldr. III 64§8): D e r M a r k g r a f , g e k l e i d e t wie P f a l z - u n d L a n d graf in Bildzeile 1, t r ä g t als F ü r s t ebenfalls die F a h n e . I h m s t e h t ein S t r a f g e l d von 30 Schillingen z u . Hüpper, Funktionstypen, S. 240; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 251. 3 r . ( L d r . III 64§9): D e r G o g r a f , d e r sich v o n d e m S c h u l t h e i ß e n in d e r v o r a n s t e h e n d e n Bildzeile n u r d u r c h die F o r m seines H u t e s ( K r e m p e , S p i t z f o r m ) u n t e r s c h e i d e t , e m p f ä n g t 6 Schillinge. van Hoek, Eike von Repgow, S. 75; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 251. 31. (Ldr. III 64§ 10): E i n e m v o m K ö n i g b e l e h n t e n M a n n in r o t e m O b e r r o c k mit b l a u e r K a p u z e w e r d e n 3 Schillinge g e z a h l t . D i e T a t sache d e r B e l e h n u n g wird im Bild nicht a u s g e d r ü c k t . Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 251. 41. ( L d r . III 64§ 11): Ein H e r r in g r ü n e r T r a c h t u n d r o t g o l d e n e m Schapel kniet v o r e i n e m seiner S t a n d e s g e n o s s e n u n d w i r d von diesem b e l e h n t ( K o m m e n d a t i o n s r i t u s ) . D i e K o n s e q u e n z h i e r a u s ist die N i e d e r u n g seines H e e r s c h i l d e s , die d u r c h d e n h a l b l i e g e n d e n Leerschild a n g e z e i g t w i r d . Naß, Wappen, S. 267. 4r. (Ldr. III 65§§1,2): D e r B a u e r m e i s t e r in c h a r a k t e r i s t i s c h e r Kleid u n g u n d mit H u t e r h ä l t von einem B a u e r n 6 Schillinge vor hut unde vor hare. 5. ( L d r . III 66§1): N e b e n einem bereits b e s t e h e n d e n M a r k t , d e r an d e m M a r k t k r e u z mit d e m H a n d s c h u h als k ö n i g l i c h e m H o h e i t s z e i c h e n zu e r k e n n e n ist, wird von e i n e m M a n n ein weiteres M a r k t k r e u z auf einem S t e i n p o d e s t e r r i c h t e t . D i e s e r zweite M a r k t m u ß ü b e r eine M e i l e v o n d e m ersten e n t f e r n t sein. D e r H a n d s c h u h zeigt an, d a ß d e r M a r k t mit E r l a u b n i s des K ö n i g s e r r i c h t e t w i r d . 6. (Ldr. III 66§§2,3): E n t g e g e n d e n im T e x t g e n a n n t e n B a u v o r s c h r i f t e n sind zwei M ä n n e r in b l a ß b l a u e n G e w ä n d e r n - e i n e r v o n i h n e n t r ä g t eine helle K a p p e (Arbeiter?) - d a m i t b e f a ß t , auf einer sechs S t u f e n h o h e n S t e i n e r h e b u n g einen E r d h ü g e l a u f z u r i c h t e n .

1 hulde st.F., hier ,Erlaubnis, V o l l m a c h t ' ; 2 underwilen A d v . »bisweilen'; 3 werder s t . M . ,Insel'; 4 üfgesetzen, -gesezzen sw.V. .aufladen, aufwerfen'; 5 Schemel, schamel s t . M . ,Schemel, F u ß bank', hier ,Absatz, E r h ö h u n g ' ; 6 bün(e) s t . F . , B ü h n e , S t o c k w e r k ' , , D e c k e eines Gemachs*.

268

folio 33 verso gademe boben der erden eins knies hoch ä müs oüch wol u e j t e n e n einen hof m' züne o d ' mit Jteckin · o d ' aljo hoch müren alje ein man gereichin mag uf eime r o j j e Jizzende czinnen · vn b r ü j t were en Jal da nich 1 an Jin · M a n en müs keine bürg ane des richters vrlop wid' büwin di vme di vmme vngerichte mit vrteiln gebroche wirt· bricht mä ab' eine bürg geweldiclich • o d ' let Ji der here zu gen vö mütwille odir d u r c h ermüte · di mus mä wol wid' b ü w i n - a n e des richters o r l o p · · LXVII · Swer deme andern Jine bürg an gewin net mit vnrechte · clait iener d a r uf zu r e c h t e · ν ή helt mä im di bürg geweldiclich v o r · al di wile he ir vngewaldig is der Ji da zü rechte habin J o l d e - J o en mag mä u f f e di bürg kei= ne clage getün • da mä Ji mit rechte vme brechl D e r rieht' Jal zu deme e r j t e - L X V I I I · Julie· mit einem bile dri Jlege Jlan an eine b ü r g - o d ' an ein g e b ü - d a s mit orteiln vor teilt is · da Juln di lantlute zu helfin mit hoüwin vn mit ramme nicht en Jal man burnen • noch holcz noch Jtein dene vüren noch nicht des d a r ü f f e is · is en Ji roüplich d a r uf ge vürt z ü t Jich d a r y e m a n t mit rechte zü · der vüret is dannen • den graben · vnde den berg-Jal mä ebenen mit Jpatin • alle dy in deme gerichte g e j e j j i n Jin Juln dar zü helfin bi irs Jelbis JpiJe ab Ji dar zü geladin w'din mit g e r ü f t e · ·

s

10

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2o

2s

3o

gademe boben der erden eins knies hoch. Μ an mus ouch wol vestenen einen hof mit z u n e n oder mit steckin oder also hoch muren, alse ein man gereichin mag uf eime rosse sizzende, czinnen u n d e brustwere ensal da nicht an sin. M a n enmus keine bürg ane des richters urlop wider buwin, di u m m e ungerichte mit urteiln gebrochen wirt. Bricht man aber eine bürg geweldiclich, oder let si der h e r r e zugen von mutwillen odir d u r c h ermute, di mus man wol wider buwin ane des richters orlop. C. LXVII. Swer deme andern sine bürg angewinnet mit Unrechte, clait iener dar uf zu rechte, u n d e helt man im di bürg geweldiclich vor, al di wile he ir ungewaldig is, der si da zu rechte habin solde, so enmag man u f f e di bürg keine clage getun, da man si mit rechte ummebrechin sulle. C. LXVIII. Der richter sal zu deme ersten mit einem bile dri siege slan an eine bürg oder an ein gebu, das mit orteiln vorteilt is. D a suln di lantlute zu helfin mit houwin u n d e mit rammen, nicht ensal man burnen, noch holcz noch stein dennen vuren, noch nicht des dar u f f e is, is ensi rouplich d a r uf gevurt; zut sich d a r iemant mit rechte zu, der vuret is dannen. D e n graben unde den berg sal man ebenen mit spatin. Alle, di in deme gerichte gesessin sin, suln d a r zu helfin bi irs selbis spise, ab si dar zu geladin werdin mit gerufte.

1 Man D Η Horn., an W, Men Ο. 7 di umme doppelt W. 9 herre D Η Ο Horn, here W. 12 burg W D, burc H, borch O, hus Horn. 16 bürg wie 12. 29 nach helfin] dre dage Horn., fehlt WD HO.

269

folio 53 verso

kniehoch über der Erde hat. Man darf auch einen Hof mit Zäunen oder Holzlatten 1 oder Mauern so hoch befestigen, wie ein Mann reichen kann, der auf einem Pferd sitzt; Zinnen und Brustwehr sollen nicht daran sein. Man darf keine Burg ohne des Richters Erlaubnis wieder aufbauen, die kraft Urteils wegen eines Verbrechens zerstört wird. Zerstört man aber eine Burg gewaltsam, oder läßt sie ihr H e r r aus Mutwillen oder aus Armut 2 verfallen 3 , so darf man sie wohl ohne des Richters Erlaubnis wieder aufbauen. Kapitel LXVII. Wer einem anderen seine Burg auf unrechtmäßige Weise wegnimmt, und jener klagt darauf rechtmäßig und man enthält ihm dann die Burg gewaltsam vor, solange jener sie nicht in seiner Gewalt hat, der sie rechtmäßig haben sollte, so lange kann man gegen die Burg keine Klage erheben, kraft deren man sie rechtmäßig zerstören könnte. Kapitel LXVIII. Der Richter soll zum ersten mit einem Beil drei Schläge gegen eine Burg oder gegen ein Gebäude führen, die durch Urteil zum Abbruch bestimmt sind. Dann sollen die Landleute mit H a u e n und Stoßen dabei helfen; niederbrennen soll man nicht, noch H o l z oder Stein davonführen, noch sonst irgend etwas, das daran ist, es sei denn durch Raub dahin gebracht worden; beansprucht es jemand zu Recht, so f ü h r e er es von dannen. Den Graben und den Wall 4 soll man mit dem Spaten ebnen. Alle, die in dem Gericht ansässig sind, die sollen dabei bei eigener Verköstigung helfen, wenn sie dazu mit Gerüfte geladen werden.

1 stecke s w . M . .Stecken, K n ü t t e l , P f a h l , P f l o c k , H o l z l a t t e ' ; mut, m d . ermute st.F. .Armut'; 3 zugen (md.), zu m n d . unr.V. verfallen, untergehen'; 4 berc s t . M . ,Berg, Wall'.

2 artogan

1. (Ldr. III 66§3): D i e E i n h a l t u n g d e r V o r s c h r i f t , n a c h d e r Z ä u n e u n d M a u e r n als B e f e s t i g u n g e n v o n H a u s u n d H o f n u r so h o c h sein d ü r f e n wie ein B e r i t t e n e r reichen k a n n , beweist d e r M a n n auf d e m P f e r d (fälschlich o d e r aus z e i c h n e r i s c h e m U n v e r m ö g e n in Bildzeile 2), i n d e m er sein S c h w e r t in die H ö h e reckt. T a t s ä c h l i c h l ä ß t d e r T e x t in d e r F o r m u l i e r u n g alse ein man gereichin mag von d e m S c h w e r t als L ä n g e n m a ß nichts e r k e n n e n ( w o h l a b e r die G l o s s e ) . E n t g e g e n d e m R e c h t s s a t z t r ä g t die M a u e r Z i n n e n , u n d bei d e m H a u s in b l a u e m Anstrich liegt d e r E i n g a n g h ö h e r als in Kniehöhe. Dautermann, Bauvorschriften, S. 270f. 2. (Ldr. III 66§4): V o n d e m R i c h t e r ( G r a f e n ) h a b e n z w e i M ä n n e r die E r l a u b n i s e r h a l t e n , eine B u r g w i e d e r a u f z u b a u e n . Dautermann, Bauvorschriften, S. 27Qf; Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 3. ( L d r . III 67): Weil seine Burg von b e w a f f n e t e n M ä n n e r n gew a l t s a m e i n g e n o m m e n w o r d e n ist, e r h e b t d e r E i g e n t ü m e r v o r d e m R i c h t e r , d e r mit ü b e r k r e u z t e n Beinen zu G e r i c h t sitzt, die Klage. Naß, Wappen, S. 267. 4 . / 5 . (Ldr. III 68§1): D e r R i c h t e r ( G r a f ) schlägt mit d e m R ü c k e n eines Beiles gegen eine B u r g u n d zeigt d a m i t an, d a ß das G e b ä u d e z u m A b b r u c h b e s t i m m t ist. D i e richterlich v e r f ü g t e Z e r s t ö r u n g d e r B u r g f ü h r e n ein ä l t e r e r (mit Bart) u n d ein j u n g e r M a n n aus, i n d e m sie m i t S p i t z h a c k e n die M a u e r n e i n r e i ß e n . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79.

folio 54 recto

W o mä dinget bi kiiniges banne - L X I X · da en Jal noch Jchepphin noch richter kappin an habin · hüt hütelin hübin noch hanzchen· Mentele Juln Ji uf den Jchulderin habin · ane wapin Juln Ji Jin Orteil Juln Ji vindin uajtende ubir iclichen mä he Ji düzch od' wendijch od' eigen od' vri da en Jal nimät orteil vinden ane Ji Sizzende Juln Ji urteil vinden · Jchildit ir vrteil ein ir genos he Jal der bang bitten ein andirs zu vindene-Jo Jal ien' uf Jten · d' das vrteil vant • vn dirre Jal Jich Jezzin ane Jine Jtat· vn vinde das im rech 1 d u n k ' · νή zie is da hes durch zien Jal vn halde is od' laze is zu rechte als hie vor geredit is· -LXX· Swo mä nicht en dinget vnd' kuniges bäne da müs iclich mä wol urteil vin den vb' den andirn den mä rechtelos nicht bejchel din mag-ane d' went uf de JachJin-vn d' JachJe uf den went Wirt abir der JachJe · od' d' went mit vngerichte geuange ind' hanthafte tat vn mit gerufte bracht vor gerichte · d' JachJe gezugit uf den went-vn der went uf den JachJin vn müs ir iclicher des andirn vrteil Ilde · der aljo geuangen wirt· 1 · LXXI · Iclich mä den man bejchuldigit mag wol weigern zü entw'tene · mä en Jchuldige en an d' Jprache di im an geborn is · ab he düchz nich' en kan-vnde Jin recht dar czü tut Jchuldiget man en denne in Jiner Jprache · he müs

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C. LXIX. W o man dinget bi kuniges banne, da ensal noch schepphin noch richter kappin anhabin, hut, hutelin, hubin noch hanzchen. Mentele suln si uf den schulderin habin, ane wapin suln si sin. Orteil suln si vindin vastende ubir iclichen man, he si duzch oder wendisch oder eigen oder vri, da ensal nimant orteil vinden ane si. Sizzende suln si urteil vinden. Schildit ir urteil ein ir genos, he sal der banc bitten, ein andirs zu vindene. So sal iener ufsten, der das urteil vant, unde dirre sal sich sezzin an sine stat unde vinde, das im recht dunket, unde zie is, da hes durch recht zien sal, unde halde is oder laze is zu rechte, als hie vor geredit is. C. LXX. Swo man nicht endinget under kuniges banne, da mus iclich man wol urteil vinden über den andirn, den man rechtelos nicht bescheidin mag, ane der Went uf den Sachsin unde der Sachse uf den Went. Wirt abir der Sachse oder der Went mit ungerichte gevangen in der hanthaften tat unde mit gerufte bracht vor gerichte, der Sachse gezugit uf den Went unde der Went uf den Sachsin unde mus ir iclicher des andirn urteil liden, der also gevangen wirt. C.LXXI. Iclich man, den man beschuldigit, mag wol weigern zu entwortene, man enschuldige en an der spräche, di im angeborn is, ab he Auzch nicht enkan unde sin recht dar czu tut. Schuldiget man en denne in siner spräche, he mus

8 ane W D Η Ο, wan Horn. 12 an D Η Ο, ane W, in Horn. 13 recht D Η Horn., to rechte O, fehlt W. / V 1 9 Swo - Went fehlt O. 27 duzch D, duchz W, duysch H, dudesg O, düdisch Horn.

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folio 54 recto

Kapitel LXIX. W o man bei Königsbann Gericht hält, da sollen weder Schöffen noch Richter Kappen aufhaben noch Hut, Hütchen, Hauben oder Handschuhe. Die Mäntel sollen sie über den Schultern haben; sie sollen keine W a f f e n tragen. Urteil sollen sie über jedermann nüchtern 1 finden, er sei deutsch oder wendisch, leibeigen oder frei; dort soll niemand Urteil finden als sie. Sitzend sollen sie Urteil finden. Schilt einer ihrer Standesgenossen ihr Urteil, so soll er einen Platz auf der Bank erbitten, um ein anderes (Urteil) zu finden. Dann soll derjenige aufstehen, der das Urteil fand, und dieser soll sich an seiner Statt setzen und finden, was ihm Recht dünkt und bringe es dahin, wohin er es von Rechts wegen bringen soll, und er behalte es oder verliere es zu Recht, wie hiervor ausgeführt ist. Kapitel LXX. W o man nicht unter Königsbann Gericht hält, da darf wohl jedermann Urteil über den anderen finden, den man nicht als rechtlos schelten kann, ausgenommen der Wende über den Sachsen und der Sachse über den Wenden. Wird aber der Sachse oder der Wende bei einem Verbrechen auf handhafter T a t und mit Gerüfte vor Gericht gebracht, so zeugt der Sachse gegen den Wenden und der Wende gegen den Sachsen, und dabei muß jeder von ihnen das Urteil des anderen hinnehmen, wenn er auf diese Weise gefangen wird. Kapitel LXXI. Jedermann, den man beschuldigt, kann sich weigern zu antworten, wenn man ihn nicht in seiner Muttersprache beschuldigt, wenn er Deutsch nicht versteht und dies beschwört. Beschuldigt man ihn dann in seiner Sprache, so muß

1. ( L d r . III 69§1): D a s Bild zeigt d a s G e r i c h t , d a s u n t e r K ö n i g s b a n n a b g e h a l t e n wird, symbolisiert d u r c h die auf e i n e m S t ä n d e r liegende g o l d e n e K r o n e . R e c h t s sitzen R i c h t e r u n d S c h u l t h e i ß in ihren typischen A m t s t r a c h t e n , links vier S c h ö f f e n (in Η f ü n f ) . D e r R i c h t e r weist mit Befehlsgestus auf die a b g e l e g t e n K o p f b e d e c k u n gen, hier im Bild lediglich H u t u n d K a p p e ( v o l l s t ä n d i g e r H , w o auch die H a u b e dargestellt ist), sowie d e n H a n d s c h u h (in Η zwei H a n d s c h u h e ) . Entgegen dem Text tragen aber Richter und Schulth e i ß ihre typischen K o p f b e d e c k u n g e n , w o h l d e s w e g e n , weil diese z u m festen A t t r i b u t dieser P e r s o n e n g e w o r d e n sind. D i e S c h ö f f e n sitzen auf i h r e r Bank, sind b a r h ä u p t i g u n d t r a g e n einen M a n t e l ü b e r d e n S c h u l t e r n . Alle a b g e b i l d e t e n Figuren sind d e m T e x t e n t sprechend waffenlos. Schmidt-Wiegand, Kleidung, S. 144//.; Schmidt-Wiegand, Gebärdensprache, S. 3 72; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 258/.; Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 20/., Sodmann, Oldenburger Bilderhandschri/t, S. 223. 2. (Ldr. III 69§2): Die S c h ö f f e n k n i e n b e t e n d u n t e r d e n g r ü n e n R o s e n , die d a s gerichtliche U r t e i l b e z e i c h n e n . Sie f i n d e n d a s Urteil n ü c h t e r n . D a ß es die S c h ö f f e n sind, wird w i e d e r a u s d e n ü b e r die Schultern gehängten Mänteln deutlich. Gegensätzlich und wohl u r s p r ü n g l i c h e r ist H . H i e r sind die am B o d e n K n i e n d e n n i c h t als S c h ö f f e n dargestellt, s o n d e r n es sind d i e j e n i g e n , ü b e r die d a s U r teil g e f u n d e n w e r d e n soll. A n i h r e r K l e i d u n g u n d i h r e n A t t r i b u t e n sind sie als duzch oder wendisch oder eigen oder vri zu e r k e n n e n . Lade, Dor/recht, S. 178; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 258/. 3. ( L d r . III 69§2): D e r R i c h t e r ( G r a f ) v e r k ü n d e t ein Urteil, das ges c h o l t e n w i r d . D e r S c h e l t e n d e h a t d a s r e c h t e H a n d g e l e n k eines S c h ö f f e n g e f a ß t , u m ihn v o n d e r B a n k zu z i e h e n . M i t Z e i g e g e s t u s d e r linken H a n d b e k e n n t sich d e r S c h ö f f e zu d e m g e s c h o l t e n e n , d e r Schelter z u d e m n o c h zu f i n d e n d e n U r t e i l ( U r t e i l s r o s e n ) . D i e drei (in Η u n d Ο zwei) w e i t e r e n S c h ö f f e n sind an d e m V o r g a n g d i r e k t nicht beteiligt. Lade, Dor/recht, S. 178; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 245. 4. (Ldr. III 70§1): D a ß es sich u m ein G e r i c h t h a n d e l t , das nicht u n t e r K ö n i g s b a n n urteilt, wird an d e m Fehlen d e s S c h u l t h e i ß e n ersichtlich, o h n e d e n d e r G r a f n i c h t u n t e r K ö n i g s b a n n d i n g e n k a n n . I m r o t e n G e w a n d v o r d e m R i c h t e r s t e h t ein J u d e ( S p i t z h u t , Bart), d a h i n t e r ein F r a n k e (mit u m g e h ä n g t e m M a n t e l ) , d a h i n t e r ein M a n n , d e r n i c h t n ä h e r zu b e s t i m m e n ist, a m E n d e d e r V i e r e r g r u p p e d a n n d e r Sachse ( k e n n t l i c h a m M e s s e r in seiner H a n d ) . E r s c h a u t sich n a c h einer abseits d e r G r u p p e s t e h e n d e n P e r s o n u m , d e m T e x t n a c h ein W e n d e (hier o h n e die typischen Beinkleider, a b e r a m r o t - b l a u q u e r g e s t r e i f t e n R o c k als S t a m m e s f r e m d e r k e n n t lich). E r s t e h t abseits von d e r G r u p p e d e r U r t e i l s f i n d e r u n d g i b t mit U n f ä h i g k e i t s g e b ä r d e zu e r k e n n e n , d a ß er nicht ü b e r d e n S a c h sen urteilen d a r f . D i e B e z i e h u n g z w i s c h e n d e m Sachsen u n d d e m W e n d e n w i r d d u r c h das U m s c h a u e n d e s Sachsen z u m W e n d e n v e r d e u t l i c h t . E r b r a u c h t d a s Urteil des W e n d e n nicht zu erleiden, darf a b e r u m g e k e h r t auch kein U r t e i l ü b e r diesen f i n d e n . Ignor, Gerichtsver/ahren, S. 80; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, 5. 245. 5. (Ldr. III 7Q§2): Ein W e n d e ( w i e d e r u m o h n e die üblichen Beinkleider) h a t einen auf h a n d h a f t e r T a t e r g r i f f e n e n Sachsen (mit Sax) v o r d e m a m r e c h t e n B i l d r a n d t h r o n e n d e n R i c h t e r a n g e k l a g t ; desgleichen ein Sachse einen W e n d e n (jeweils mit i d e n t i s c h e r F a r b g e b u n g d e r Kleider). D i e r o t - b l a u g e s t r e i f t e n R ö c k e weisen w i e d e r u m auf S t a m m e s f r e m d e hin. H i n t e r d e n mit k r e u z w e i s e vers c h r ä n k t e n A r m e n u n d in h o c k e n d e r H a l t u n g k a u e r n d e n A n g e k l a g t e n leisten sie jeweils d e n Ü b e r f ü h r u n g s e i d . Ignor, Gerichtsver/ahren, S. 80.

1 vastende

Adv., zu m n d . vastene

»nüchtern'.

272

folio 54 verso entw'tin od' Jin vorjpreche von Jine thalben · AlJe das der cleg' vn der richter vor neme · hat ab' he indüzchen geclaget od' geentw'tit od' vrteil gevunden vor gerichte-νή en mag man en des Vorzügen-he entw'tit in duczzchen-ane vor dem riche-wen da hat raenlich recht noch Jiner geburt Echt kint vnde vri · behelt Jins vat' Jchilt vn Jin erbe vü= de r m i t ' aljo ab is ir ebinb 2 tig is od' bas geborn· Nimt a b ' e i n vri Jchephinbare ' L X X I I · wip einen biergelden odir eine lant JeJfin vn gewint Ji kind'e bi im · di en Jint ir nicht ebinburtig an büje vnde an wergelde wen Ji habin irs vat' recht vn nicht der müt'· durch das en nemen Ji der rniit' erbe nicht-noch nimädis der ir mag von mutir halbin iJt-Dis Jelbe recht hilde oüch di dinjtman bis an den bijchof wichmä von meideburg-das der Jon behilt des va ter recht-vn di tocht' der müt'-vn gehörte noch en ab Ji dinejtlüte warin da en bedorfte mä kein' wechjele vnd' de dinejtmä= Uon ane genge des -LXXIII· ne· rechtis was recht das vri wip nim= mer eigen kint gewnne-Jint des bijchoues wichmänes geziten hat ab' das rech' gejtandin · das Jone vn tocht'e gehören noch duzchen mütir -deme den Jie bejtet d' uat' Ji düzch od' wendijch · vn der wendinne kint gehöret noch deme vat' · ab he el went is

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entwortin oder sin vorspreche von sinenthalben, alse das der cleger unde der richter vorneme. H a t aber he in duzchen geclaget oder geentwortit oder urteil gevunden vor gerichte, unde enmag man en des Vorzügen, he entwortit in duzchen, ane vor dem riche, wen da hat menlich recht noch siner geburt. Echt kint unde vri behelt sins vater schilt unde nimt sin erbe unde der muter also, ab is ir ebinburtig is oder bas geborn. C. LXXII. Nimt aber ein vri schephinbare wip einen biergelden odir einen lantsessin unde gewint si kindere bi im, di ensint ir nicht ebinburtig an buse unde an wergelde, wen si habin irs vater recht unde nicht der muter, durch das ennemen si der muter erbe nicht, noch nimandis, der ir mag von mutir halbin ist. Dis selbe recht hilden ouch di dinstman bis an den bischof Wichman von Meideburg, das der son behilt des vater recht unde di tochter der muter unde gehörten noch en, ab si dinestlute warin. Da enbedorfte man keiner wechsele under den dinestmannen. C. LXXIII. Von anegenge des rechtis was recht, das vri wip nimmer eigen kint gewunne. Sint des bischoves Wichmannes geziten hat aber das recht gestandin, das sone unde tochtere gehören noch der duzchen mutir deme, den sie bestet, der vater si duzch oder wendisch; unde der Wendinnen kint gehöret noch deme vater, ab he ein Went is.

5/6 d u z c h e n D, d u c z z c h e n W, d u y s c h e n II, d u d e s c h e n O, d ü d e schen Horn. 8 n i m t Horn., fehlt W D Η Ο. 9 bas W D, b a z H, w e r s O, b a t Horn. 24 w i p W D H, wif O, b o r t Horn. 25 gew u n n e ] g e w n n e WD H, ne Wunne O, ne Winne Horn. 27 d e r Η Ο Horn., fehlt WD.

273 er antworten, oder es muß sein Vorsprecher dies f ü r ihn tun, so daß es der Kläger und der Richter verstehen. H a t er aber auf deutsch geklagt oder geantwortet oder Urteil gefunden vor Gericht, und kann man ihm dies nachweisen, so muß er auf deutsch antworten, außer vor dem König, denn dort hat jeder das Recht seiner Geburt entsprechend. Das ehelich geborene und freie Kind behält seines Vaters Heerschild und nimmt sein Erbe und der Mutter (Erbe) ebenso, wenn es ihr ebenbürtig oder höheren Standes ist. Kapitel LXXII. Nimmt aber eine freie, schöffenbare Frau einen Biergelten oder einen Landsassen zum Ehemann und bekommt sie Kinder mit ihm, so sind sie ihr nicht ebenbürtig an Buße und an Wergeid, denn sie haben das Recht ihres Vaters und nicht das der Mutter; deshalb nehmen sie auch nicht der Mutter Erbe noch das irgendeines Verwandten mütterlicherseits. Das gleiche Recht hatten auch die Dienstleute bis auf Bischof Wichmann von Magdeburg, daß nämlich der Sohn das Recht des Vaters behielt und die Tochter das Recht der Mutter und daß sie zu ihnen gehörten, wenn sie Dienstleute waren. Da bedurfte man keines Tausches 1 unter den Dienstleuten. Kapitel LXXIII. Von Anfang des Rechts war es Recht, daß eine freie Frau niemals Eigenkinder gewinnt. Seit Bischof Wichmanns Zeiten hat es aber das Recht gegeben, daß Söhne und Töchter einer deutschen Mutter dem zugehören, dem sie zugehört - der Vater sei deutsch oder wendisch; und das Kind der Wendin gehört zu dem Vater, wenn er ein Wende ist.

folio 54 verso 1. (Ldr. III 71§1): M i t dieser Darstellung wird der A n s c h l u ß an die letzten Bilder der vorherigen Seite gegeben. Im Bildzentrum t h r o n t der richterliche Graf zwischen zwei Parteien verschiedener Sprache. Seine nach beiden Seiten mit Befehlsgebärde e r h o b e n e n H ä n d e weisen darauf hin, d a ß sie sich in einer Sprache (Deutsch) verständigen müssen. V o r Gericht stehen sich links D e u t s c h e und an der T e x t - B i l d - Z ä s u r S t a m m e s f r e m d e , kenntlich an ihren seltenen q u e r gestreiften rot-blauen Röcken (vgl. W fol. 54r4,5), gegenüber. Die Person links in blau changierendem Rock und der M a n n in rot-blau gestreiftem R o c k ganz rechts geben d u r c h U n f ä h i g keitsgestus zu erkennen, d a ß sie nicht die gleiche Sprache sprechen. V o r ihnen stehen d a h e r jeweils ihre Vorsprecher, die mit ihrer Rechten auf den Richter weisen und so andeuten, d a ß sie sich in einer Sprache verständigen w e r d e n . A n a l o g z u m T e x t läßt auch die Bildzeile offen, welche S t a m m e s z u g e h ö r i g k e i t derjenige hat, ab he duzch nicht enkan. In Η u n d Ο scheinen Kleidung (Beinbinden) u n d H a a r t r a c h t auf den W e n d e n zu deuten. Schmidt- Wiegand, Kulturgeschichte, S. 246; Schmidt- Wiegand, Bilderhandschrift, S. 38ff.; Willoweit, Gericht und Urteil, S. 86jf. 2. (Ldr. III 71 §2): V o r d e m an der T e x t - B i l d - Z ä s u r t h r o n e n d e n K ö n i g ( K r o n e u n d links geschultertes Zepter) stehen A n g e h ö r i g e verschiedener Stämme, kenntlich an den unterschiedlichen Farben ihrer Kleider ( H u n d Ο konkretisieren ü b e r den T e x t hinausgehend einen Sachsen, zwei W e n d e n u n d einen Franken in einem M a n t e l mit Pelzkragen) und verlangen von einem S t a m m e s f r e m den u n d seinem Vorsprecher, d a ß sie sich in deutscher Sprache verantworten sollen. D e r S t a m m e s f r e m d e (rot-blau quergestreifter Rock) weigert sich mit U n f ä h i g k e i t s g e b ä r d e . Sein V o r s p r e c h e r weist mit R e d e g e b ä r d e seiner Rechten darauf hin, d a ß vor dem Königsgericht jeder in seiner M u t t e r s p r a c h e antworten d a r f . D e r K ö n i g bestätigt dies mit Befehlsgestus seiner rechten H a n d . 3. (Ldr. III 72): D a ß das Kind in d e r M i t t e der Bildzeile sins vater schilt behält, ist,wörtlich' ins Bild transferiert, indem er mit d e r linken H a n d den Schild des toten Vaters ergreift. D a ß ein Kind von V a t e r und M u t t e r zwei verschiedene Standesrechte erbt, ist schlechterdings nicht möglich, da es entweder, ist es echt unde vri, dem Vater, sonst der M u t t e r folgt. In D u n d W m u ß also, da das Kind hier auch einen Schild von d e r M u t t e r ü b e r n i m m t , ein Fehler enthalten sein. Richtiger sind Η u n d O , w o über der toten M u t t e r kein Schild, s o n d e r n Ähren als Zeichen des E r b a n s p r u c h s des Sohnes erscheinen. Naß, Wappen, S. 267. 4. (Ldr. III 73§1): Ein Priester (im T e x t nicht erwähnt) t r a u t M a n n und Frau einander an, indem er ihre rechten H ä n d e ineinanderlegt. D u r c h ihre Attribute - Schiff u n d Schöpfkübel - lassen sich beide ihrem Stand z u o r d n e n : Die Braut ist ein vri schephinbare wip, der Bräutigam ein Biergelde, also von niedrigerem Stand. D a ß es im T e x t um die Rechtsstellung d e r K i n d e r aus dieser Ehe geht, berücksichtigt d e r Illustrator nicht. 5. (Ldr. III 73§2): D a s Kind einer freien Frau aus der E h e mit einem u n f r e i e n (und deshalb kleiner gezeichneten) M a n n geht von alters her nach der M u t t e r , wie es auch das Rechtssprichwort, d a ß vri wip nimmer eigen kint gewinne, bestimmt. Dieses R e c h t ist von Bischof W i c h m a n n (1152-1192) g e ä n d e r t w o r d e n , indem er die Folge nach der ärgeren H a n d e i n g e f ü h r t hat, die auch f ü r die in Bildzeile 4 dargestelle Eheschließung (Fingerzeig) gilt. Janz, Rechtssprichwörter, S. 235ff.; Lieberwirth, Privileg, S. 3 f f .

1 Wechsel st.M. .Wechsel, T a u s c h , Austausch, Ersatz'.

folio 55 recto

Is he ab' duzch J o gehört is noch d' müt' Mä Jait das alle wendinne vri Jin durch das ire kindere noch deme wendijchen vatere gehören-des en is nicht-wen Jie gebin ire bümite irme h'rin alje dicke J o Ji mä nimt· Lejt Ji oüch iren man alje recht wendijch is · Ji mujen irme heren di vrijchen pheninge geben das Jin dri Jchillinge vnde andres wo me noch des landis gewonheit· LXXIIII· Wirt ein wip mit rechte von irme manne gejcheide Ji behelt doch ir lipgedlge das he ir gap an Jime eigene-vn ir gebü das dar üffe Jtet • das en müs ab' Ji nicht ab brechin noch dannen vüren andirs en blibit ir kein gebü noch nicht der morgengabe · ir gerade behelt Ji vnde ir müs teil · man Jal ir oüch wider lajin-vn gebin was Ji zu irme mäne brachte • odir aljo vil ires mänes gutes · alje ir gelob' wart da Ji zu Jamene quamen · An eigene is recht lipgedlge • L X X V · d' vroüwen-wen en das nimant gebrechin en mag-zu irme libe vn an lene nich' wen en das zu manch' wis gebrochen mag werdin-len bi irs mänes libe is gedinge noch ires mannes tode ijt is ir rechte len · wedir man noch wip en hat lengere len wenne zu irme libe·alleine erbit d' mä vn das x nich'· Stirbit dem wibe ir man· L X X V I · x w i p vnde blibit Ji in des mannes gute vngezweit mit den kinderen lange wile 0= dir kurcze wen Ji Jich zweien da noch J o

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Is he aber duzch, so gehört is noch der muter. Man sait, das alle Wendinnen vri sin, durch das ire kindere noch deme wendischen vatere gehören, des enis nicht, wen sie gebin ire bumite irme herrin alse dicke, so si man nimt. Lest si ouch iren man, alse wendisch recht is, si musen irme herren di vrischen phenninge geben, das sin dri Schillinge unde andreswo me, noch des landis gewonheit. C. LXXIIII. Wirt ein wip mit rechte von irme manne gescheiden, si behelt doch ir lipgedinge, das he ir gap an sime eigene, unde ir gebu, das dar uffe stet; das enmus aber si nicht abbrechin noch dannen vuren. Andirs enblibit ir kein gebu noch nicht der morgengabe. Ir gerade behelt si unde ir musteil. Man sal ir ouch wider lasin unde gebin, was si zu irme manne brachte, odir also vil ires mannes gutes, alse ir gelobet wart, da si zu samene quamen. C. L X X V . An eigene is recht lipgedinge der vrouwen, wen en das nimant gebrechin enmag zu irme libe, unde an lene nicht, wen en das zu mancher wis gebrochen mag werdin. Len bi irs mannes libe is ir gedinge, noch ires mannes tode ist is ir rechte len. Wedir man noch wip enhat lengere len wenne zu irme libe, alleine erbit der man unde das wip nicht. C. L X X V I . Stirbit dem wibe ir man unde blibit si in des mannes gute ungezweit mit den kinderen lange wile odir kurcze, wen si sich zweien da noch, so

6 wendisch recht Ο Horn., recht wendisch W D H. 7 herren D Η Ο Horn., heren W. 8 andreswo W, anderes w o D H, anderswar

O, in summen Steden Horn. 24 ir] ire Horn., fehlt W D Η O. 26

wenne W D, wen //, den O, wan Horn.

275

Ist er aber deutsch, so gehört es (das Kind) zu der Mutter. Man sagt, daß alle Wendinnen frei seien, weil ihre Kinder dem wendischen Vater zugehören; dem ist nicht so, denn sie zahlen ihren Heiratszins 1 ihrem Herrn, so oft sie einen Mann nehmen 2 . Verläßt sie ferner ihren Mann, wie es wendisches Recht ist, so müssen sie ihrem Herrn die Fersenpfennige 3 geben, das sind drei Schillinge und anderswo mehr, ganz nach des Landes Gewohnheit. Kapitel LXXIV. Wird eine Frau rechtmäßig von ihrem Mann geschieden, so behält sie doch ihr Leibgedinge, das er ihr an seinem Grundeigentum gab, und ihr Gebäude, das darauf steht; dieses darf sie aber nicht abbrechen und auch nicht wegschaffen. Sonst bleibt ihr kein Gebäude, auch nicht von der Morgengabe. Ihre Gerade behält sie und ihr Musteil. Man soll ihr auch überlassen und wiedergeben, was sie ihrem Mann (mit in die Ehe) brachte, oder so viel von dem Gut ihres Mannes, wie ihr versprochen worden war, als sie zusammengekommen waren. Kapitel LXXV. An Grundeigentum besteht rechtes Leibgedinge f ü r Frauen, weil es ihnen niemand zu ihren Lebzeiten wegnehmen kann; nicht aber am Lehensgut, weil ihnen dies auf vielfache Weise genommen werden kann. Lehen zu Lebzeiten ihres Mannes ist ihr Gedinge; nach dem T o d ihres Mannes ist es ihr rechtes Lehen. Weder Mann noch Frau können ein Lehen länger als zeit ihres Lebens haben; es vererbt nur der Mann und nicht die Frau. Kapitel LXXVL Stirbt einer Frau ihr Mann, und sie bleibt in dem Besitz ihres Mannes ohne Teilung mit den Kindern längere oder kürzere Zeit, so nimmt, wenn sie sich dann später trennen,

1 bümiete s t . F . , W o h n u n g s z i n s ' , , H e i r a t s z i n s ' ; 2 einen man nemen ,einen M a n n ehelichen, heiraten', hier .wieder heiraten'; 3 versen phenninc st.M. , F e r s e n p f e n n i g , Fersengeld', . K u h p f e n n i g ' .

folio 55 recto

1. (Ldr. III 73§2): D e r I l l u s t r a t o r h a t eine d e r im T e x t a n g e s p r o c h e n e n , m ö g l i c h e n E h e v e r b i n d u n g e n h e r a u s g e g r i f f e n , o h n e die ü b r i g e n zu b e r ü c k s i c h t i g e n . M a n n u n d Frau sind an i h r e r Kleid u n g ( K a p p e d e r Frau, q u e r g e s t r e i f t e r R o c k des M a n n e s ) als W e n d e n zu e r k e n n e n . D a s Kind aus d i e s e r E h e f o l g t d e m V a t e r , weshalb er es an sich zieht. 2. (Ldr. III 73§3): D i e W e n d i n n i m m t z u m Z e i c h e n i h r e r V e r h e i r a t u n g von d e m W e n d e n d e n T r a u r i n g (so richtig in Η u n d O , fälschlich weggelassen in D u n d W ) , w ä h r e n d sie gleichzeitig ihr e m H e r r n ire bumite, d a s H e i r a t s g e l d , a u s z a h l t . D i e W e n d i n im Bild ist also u n f r e i . Dies s t e h t im W i d e r s p r u c h z u m im T e x t gen a n n t e n , d o r t a b e r a b g e l e h n t e n , R e c h t s s p r i c h w o r t alle Wendinnen [sint] vrx. Janz, Rechtssprichwörter, S. ">12ff. 3. (Ldr. III 74): Ein Geistlicher n i m m t eine E h e s c h e i d u n g vor, ind e m er die E h e l e u t e a u s e i n a n d e r s c h i e b t . D i e g e s c h i e d e n e Frau (Schleier; in Ο G e b ä n d e ) t r ä g t einen S ä u g l i n g auf d e m A r m (im T e x t nicht e r w ä h n t ) , in i h r e r r e c h t e n H a n d h ä l t sie die S c h e r e als Z e i c h e n d e r G e r a d e , auf die sie nach i h r e r S c h e i d u n g e b e n s o A n s p r u c h h a t wie auf ihr L e i b g e d i n g e (in D u n d W n u r ein G e b ä u d e ; in Η u n d Ο h ä n g t an d e m H a u s ein h a l b e r Schild, d e r d a s von ihr mit in die E h e g e b r a c h t e G u t symbolisiert). D a s i h r v e r s p r o c h e n e G u t des M a n n e s ist n u r in Η (Beutel) u n d Ο ( B l ä t t e r b ü s c h e l / B e u tel?) b e r ü c k s i c h t i g t . Hüpper, Verwandtschaft, S. 147; Naß, Wappen, S. 267. 4. ( L d r . III 75§§1,2): D e r E h e m a n n (blauer R o c k ) liegt im S t e r b e n . Z u m Z e i c h e n , d a ß er seiner F r a u v o r seinem T o d G r u n d s t ü c k e z u r L e i b z u c h t bestellt hat, e r g r e i f t die v o r i h m s t e h e n d e W i t w e die auf seinem E i g e n w a c h s e n d e n Ä h r e n . D e r H a l m g r i f f , s o n s t v o r allem Z e i c h e n f ü r d a s N e h m e n des Erbes, d r ü c k t h i e r deutlich die R e c h t m ä ß i g k e i t d e r L e i b z u c h t b e s t e l l u n g an E i g e n aus: An eigene is recht lipgedinge der vrouwen. Z u r L e i b z u c h t d e r F r a u g e h ö r t im Bild, o h n e d a ß d e r T e x t dies verlangt, a u c h d a s W o h n h a u s am linken R a n d d e r Bildzeile. Ein z w e i t e r S t e r b e n d e r (ihr S o h n o d e r ihr z w e i t e r E h e m a n n ? ; vgl. v. A m i r a ) reicht ihr d e n W a p p e n s c h i l d (gespalten von Silber u n d R o t , r e c h t s ein h a l b e r s c h w a r z e r A d l e r am Spalt, links ein silberner Balken), Z e i c h e n f ü r L e i b z u c h t an L e h e n . D a ß ihr dies - a n d e r s als L e i b z u c h t an E i g e n - auf vielerlei W e i s e g e n o m m e n w e r d e n k a n n , g e h t aus d e m Bild n i c h t h e r v o r . Janz, Rechtssprichwörter, S. 258ff.; Naß, Wappen, S. 267. 5. (Ldr. 76§ 1): Z w i s c h e n i h r e m s t e r b e n d e n M a n n (Bart) u n d ihren b e i d e n S ö h n e n sitzt eine E h e f r a u (Schleier). N a c h d e m T o d ihres E h e m a n n e s s t e h t es d e r W i t w e zu, im G u t ihres M a n n e s u n g e z w e i t mit i h r e n K i n d e r n zu leben. M ö c h t e sie d a n n s p ä t e r d e n H a u s h a l t verlassen, so h a t sie A n s p r u c h auf A u s s t e u e r u n d M u s t e i l wie zu d e m Z e i t p u n k t , als ihr M a n n g e s t o r b e n ist. H i e r f ü r s t e h t d e r Schild ( b e m a l t mit einer A x t u n d drei K e u l e n ) z w i s c h e n d e n E h e leuten. I h r e n A n s p r u c h d r ü c k t die W i t w e a u c h d a d u r c h aus, d a ß sie ihren s t e r b e n d e n M a n n a m H a n d g e l e n k seines e n t b l ö ß t e n link e n A r m e s e r g r e i f t (mit d e m r e c h t e n A r m zeigt d e r S t e r b e n d e an, d a ß er E i g e n t ü m e r des G u t e s ist) u n d zu sich h e r ü b e r z i e h t . Im T e x t n i c h t e r w ä h n t ist d e r A n s p r u c h d e r S ö h n e ( Z e i g e g e s t u s ) auf d e n N a c h l a ß d e s V a t e r s (leerer Schild) in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e ( a n d e r e S c h i l d b e m a l u n g e n in Η u n d O ) . Hüpper, Verwandtschaft, S. 144, 148; Naß, Wappen, S. 267.

folio

276

ß ß verso

nimt di v r o u w e ir m o r g e n g a b e vn ir gerade vn ir müjteil an al deme gute das da denne is · alje Ji nemen Jolde z ü d' zit da ir mä Jtarp H a t t e ab' das w i p mä g e n o men vnde was he z ü ir vn z u den kinderen in das v n g e z w e i e t e gut geuarin-Jtirbit de= ne das w i p d' man behelt al des wibes rech 1 in d' varndin habe ane gebü vn geradeN i m t ein mä eine w i t t e w e - d i eigen o d ' l e n - o d i r lipgedinge o d ' zins gut h a t - w a s he in deme gute mit Jime phlüge geerbeitet·Jtirbit Jin wip er der J a e t - h e Jal is vol erbeiten vn Jehin vn Jniden · vn zins · odir phlege dar ab gebin ieme uf den das gut irjtirbit Stirbit ab das wip noch d' Jaetalje di eide das lant begange h a t - d i Jaet is ires mänes he en is da nicht-phlichtig ab zü geldene phlege noch z i n s - d a Ji kein zin s gelt ab en w a s z i n j e s o d ' ph'ege in des wibe s gute w a s - d a man ir ab geldin Jolde-Jtarp Ji noch den rechte zins t a g e n - d a s gut is des mänes vordinete gut alje is d' erbin w e j i n Jolde ab Ji ane man w e r e · / -LXXYII· T u t ein mä Jin lant b e j a i t üs z u z i n j e o d ' z ü phlege z ü b e j c h e i d e n e iare das mans im b e j a i t w i d ' laje z ü w e l c h ' zit he vndir des Jtirbit mä Jal is den erbe b e j a e t w i d ' l a j i n - w e n he is en nicht leng' geweren en m o c h t e w e n di wile he lebete D i e erbin Juliin o u c h ν δ der Jaet Jo getanen zins o d ' phlege ieme gebin dem das das güt g e b o r i t - a l j e man ieme Jolde der is us t e t - w e n

ι

10

n

20

21

3o

nimt di v r o u w e ir m o r g e n g a b e unde ir gerade unde ir musteil an al deme gute, das da denne is, alse si nemen solde z u der zit, da ir man starp. H a t t e aber das w i p man g e n o men unde w a s he z u ir unde z u den kinderen in das ungezweiete gut gevarin, stirbit denne das wip, der man behelt al des wibes recht in der varndin habe, ane g e b u unde gerade. N i m t ein man eine wittewe, di eigen o d e r len odir lipgedinge o d e r zinsgut hat, was he in deme gute mit sime phluge geerbeitet, stirbit sin w i p er der saet, he sal is vol erbeiten unde sehin unde sniden unde zins odir phlege dar abgebin ieme, uf den das gut irstirbit. Stirbit aber das wip noch der saet, alse di eide das lant begangen hat, di saet is ires mannes, he enis da nicht phlichtig, ab z u geldene phlege noch zins, da si kein zinsgelt ab enwas. Swas zinses oder phlege in des wibes gute was, da man ir abgeldin solde, starp si noch den rechten zinstagen, das gut is des mannes vordinete gut, alse is der erbin wesin solde, ab si ane man were. C . L X X V I I . T u t ein man sin lant besait us z u zinse o d e r z u phlege z u bescheidenen jaren, das mans im besait widerlase, z u w e l c h e r zit he undir des stirbit, man sal is den erben besäet widerlasin, w e n he is en nicht lenger g e w e r e n enmochte, w e n di wile he lebete. D i e erbin sullin o u c h v o n der saet so getanen zins oder phlege ieme gebin, dem das gut g e b o rit, alse man ieme solde, der is ustet; w e n

4 wip WD H, wif O, vrowe Horn. 8 ane W D Η Ο, sunder Horn. 15 aber D Hf auer O, aver Horn., ab W. wip wie 4. 19 Swas] swaz D H, Swat Ο, Svat Horn., fehlt W. wibes W D H, urowen O, vrowen Horn. 26127 undirdes W, vndir des D, vnder des H, binnen den iaren O, binnen den jaren Horn. 31 dem WO Η an den Ο Horn, das doppelt WD. 32 nach wen] vgl. Horn. Ldr. III 77§2 - 84§2 und den Anhang in Bd. III dieser Ausgabe.

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die Frau ihre Morgengabe und ihre Gerade sowie ihr Musteil an all dem Gut, das da dann ist, so wie sie es zu der Zeit nehmen sollte, als ihr Mann starb. Hatte sich aber die Frau wiederverheiratet und war er (der Mann) zu ihr und den Kindern in den ungeteilten Besitz gekommen, stirbt dann die Frau, so behält der Mann alles Recht der Frau an der Fahrhabe, Gebäude und Gerade ausgenommen. Heiratet ein M a n n eine Witwe, die Grundeigentum oder Lehen oder Leibgedinge oder Zinsgut besitzt, so soll er das, was er auf dem Besitz mit seinem Pflug bearbeitet hat, f ü r den Fall, daß seine Frau vor der Saat stirbt, vollenden 1 und säen 2 und ernten 3 , zudem Zins oder Abgaben an jenen abführen, auf den sich das Gut vererbt. Stirbt aber die Frau nach der Saat, wenn die Egge schon über das Land gegangen ist, so gehört die Saat ihrem Mann, und er ist dann nicht verpflichtet, Abgabe oder Zins zu zahlen, wenn nicht ohnehin Zinsgeld davon zu zahlen gewesen ist. Was an Zinsforderung 4 oder Abgabe zum Gut der Frau gehörte, die man ihr zahlen sollte, das ist - starb sie nach den rechtmäßigen Zinstagen - des Mannes verdientes Gut, so wie es den Erben zustehen würde, wenn sie unverheiratet geblieben wäre. Kapitel LXXVII. Leiht ein Mann sein besätes Land gegen Zins oder Pacht auf bestimmte Jahre aus, so daß man es ihm besät wiedergebe, so muß man es auch seinen Erben, sollte er (während der Pachtjahre) zu irgendeinem Zeitpunkt sterben, besät zurückgeben, denn er konnte es ihnen nicht länger überlassen als solange, wie er lebte. Die Erben sollen dann von der Saat soviel Zins oder Pacht an denjenigen geben, dem das Gut gehört 5 , so wie man es demjenigen geben sollte, der es auslieh. D e n n . . .6

1 vol erbeiten sw.V. .vollenden, die Arbeit zu Ende bringen'; 2 scejen, sxn sw.V. ,ausstreuen, säen, besäen'; 3 sniden st. V. schneiden, abtrennen', ,abschneiden (von Getreide), ernten'; 4 zins st.M. .Abgabe, Tribut, Zins',,Erhebung von Zins, Zinsforderung'; 5 gebürn, md. geburn sw.V. .rechtlich zufallen, zukommen',,gebühren'; 6 Textlücke; vgl. D fol. 52 recto - fol. 53 verso (Ldr. III 77§2 III 84§2).

folio 55 verso 1. (Ldr. III 76§2): Die zweite Ehe einer Frau (Schleier), die der Text voraussetzt, ist nicht dargestellt, wohl aber der T o d der Frau. Ihr zweiter Mann teilt mit seinen unmündigen Stiefkindern das ungezweite Gut (Halbierung des goldenen Schildes; in Η ist zu Füßen der beiden teilenden Parteien ein Kornhaufen, in Ο ein Geldhaufen zu sehen). Der Witwer hat zudem Anspruch auf die fahrende Habe (dargestellt durch Pferd, Rind, Ziege und Schafe; in Η nur Pferd, Rind und Ziege; in Ο nur Pferd und Rind) der Frau. Hüpper, Verwandtschaft, S. 144, 148; Naß, Wappen, S. 267. 2. (Ldr. III 76§3): Ein Mann heiratet (Ringe) eine Witwe (Schleier); sie stirbt vor ihm. Nicht ins Bild gesetzt ist der im Text enthaltene Rechtssatz, der im Zusammenhang der folgenden Bildzeile dargestellt ist. Hüpper, Verwandtschaft, S. 148. 3. (Ldr. III 76§4): Wenn die Ehefrau vor der Aussaat gestorben ist, soll ihr Mann das, was er bereits gepflügt hat, weiter bearbeiten und ernten. Der Mann steht, bereit zur Feldbestellung, am Pflug. Undeutlich bleibt die männliche Figur an der Text-Bild-Zäsur. Es kann sich hier um den Führer der Zugpferde handeln, der eine Peitsche (in Η und Ο einen Stock) trägt. (Denkbar ist allerdings auch, daß der Mann, der mit dem linken Arm auf die vorausgehende Bildzeile zurückweist, einen Dreschflegel geschultert hat. Da der Dreschflegel nach der Ernte gebraucht wird, kann das Bild auch auf §3 bezogen werden.) Hüpper, Verwandtschaft, S. 148. 4. (Ldr. III 77§1): Der verstorbene Verpächter (blaues Gewand) liegt auf dem Boden des verpachteten Grundstücks. Der Pächter, der durch sein braunes Kleid und die dunklen Strümpfe als Bauer ausgewiesen ist, überläßt dem Erben des Verpächters (grün-rotes Kleid) das Grundstück. D a ß es bereits besät ist, wird durch den grünlichen Boden angedeutet. Durch das Uberreichen des Auflassungssymbols, den Zweig, an den Erben wird die Rückübertragung formell richtig durchgeführt. Der Erbe betont mit Aufmerksamkeitsgestus der Linken die Bedeutung dieses Symbols. 5. (Ldr. III 77§2): Die Interpretation des Textes durch das Bild ist unzutreffend. Die Figur mit dem roten Kleid ist die gleiche wie in Bildzeile 4 (dort aber mit grünem Rock), der Erbe des Verpächters. Er ist in Η und Ο richtiger in Herrentracht mit Schapel dargestellt und dort eindeutig identifizierbar. Die Figur im blau-rot quergestreiften Kleid ist der Pächter, der demütig ein Knie beugt und dem Erben des Verpächters Zins oder Pflege gibt. Die Geldstücke verkörpern den Zins, während die Pflege irrtümlich auch durch Geldstücke dargestellt ist, die in einem Korb liegen (richtiger hier H, wo im Korb Körner zu finden sind). Der Pächter gibt somit Zins und Pflege als Entschädigung dafür, daß er seine Saat behalten darf. Der Text fordert die Entschädigung jedoch genau im umgekehrten Fall. Der Erbe des Verpächters soll nämlich dem Pächter, der das Land besät hat, eine Entschädigung für die Saat zahlen und zwar im Betrag von zins oder phlege. An die Stelle des Erben des Verpächters muß also bei richtiger Interpretation des Textes im Bild der Pächter treten.

folio

56 recto

lip vn ere vn das güt das he von im hatte Dis Jelbe vor wirkit der herre ab he Jinen m a n totit v n d e der o b i r j t e h e r r e en m a g f i ne kind'e mit d e m e gute an den h ' r e n nich 1 nicht w i d ' g e w i j e n T o t i t o u c h ein m a n Jinen vat' o d i r Jine b r u d ' o d i r Jinen m a g o d ' i m a n d e des eigenes o d ' lenes he w a r t e d e is al Jine w a r t u n g e h a t he v o r l o r n • he en tu is in n o t w e r ü g e Jins libes vn di n o t uf den totin b e r e d i t w e r d e o d i r he tu is v n w i j j e d e J o das is g e j c h e an Jine d a n g · Swo m e lüte den ein' zu LXXXV· J a m n e globin ein wergelt o d ' a n d ' gelt-alle Jin Jie das phlichtig zu leijtene di wile is v n v o r g o l d i n i s - ν ή nicht ir iclich allis · me wen a l j o vil alje menlicheme g e b o r t - v n alje v're mä en da zu getwinge m a g von gerichtis h a l b e n - d ' d e m e das d a gelobit i s - o d ' d ' das mit ym gelobete ab hes v o r in v o r goldin h a t G l o b i n o u c h vil lüte eine m ä n e eine J c h ü l t zu geldene vn e n p h a e n das gelubde me lüyte w o mä ieme leijtet d e m e mä geldin Jal · o d ' mit Jinen minne J i z t - d a h a t m a n en allen geleijt den mä is gelobit h a t t e Sw' b ü r g e J e z t a l j o das he Jelbe gelde o d ' Jin b ü r g e vor en m a g hes vol brengin das hes vor golde h a b e he h a t Jine b ü r g e n geledigit Swer abir b ü r g e wirt vor den a n d i r n vn gelobit ein b e j c h e i d e n gelt zu geldene das müs he Jelbe vol b r e n g e n mit g e z ü g e das hes vor goldin habe o d ' y m a n t von

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s

10

i5

20

21

lo

lip u n d e ere u n d e das gut, das he von im hatte. Dis selbe vorwirkit d e r herre, ab he sinen man totit, u n d e der obirste h e r r e e n m a g sine k i n d e r e mit d e m e gute an den h e r r e n nicht wider gewisen. T o t i t o u c h ein m a n sinen vater odir sinen b r u d e r odir sinen m a g o d e r imande, des eigenes o d e r lenes he w a r t e n d e is, al sine w a r t u n g e h a t he vorlorn, he entu is in n o t w e r u n g e sins libes, u n d e di n o t uf den totin beredit werde, odir he tu is unwissende, so das is gesche a n e sinen danc. C. L X X X V . Swo me lute d e n einer z u s a m n e globin ein wergelt o d e r a n d e r gelt, alle sin sie das phlichtig zu leistene, di wile is u n v o r g o l d i n is, u n d e nicht ir iclich allis, me w e n also vil, alse menlicheme g e b o r t u n d e alse verre m a n en da zu getwingen m a g von gerichtis halben, der, d e m e das d a gelobit is, o d e r der das mit im gelobete, ab hes vor in v o r g o l d i n hat. G l o b i n o u c h vil lute, eineme m a n n e eine schult z u geldene, u n d e e n p h a e n das g e l u b d e me luite, w o m a n ieme leistet, d e m e m a n geldin sal, o d e r mit sinen m i n n e n sizt, da h a t m a n en allen geleist, den m a n is gelobit hatte. Swer b ü r g e n sezt also, das he selbe gelde o d e r sin b ü r g e v o r en, m a g hes volbrengin, das hes v o r g o l d e n habe, he h a t sinen b ü r g e n geledigit. Swer abir bürge wirt vor den a n d i r n u n d e gelobit, ein bescheiden gelt zu geldene, das mus he selbe v o l b r e n g e n mit gezuge, das hes v o r g o l d i n h a b e o d e r imant von

4/5 nicht doppelt W. 11 so - gesche fehlt O. ane Η Ο Horn., an W D. 24 sizt WD, siezt H, sid O, maket Horn.

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. . . (Ldr. III 84§2: Tötet ein Mann seinen Herrn, so hat er) Leben und seine Ehre und das Gut, das er von ihm hatte, verwirkt. Dasselbe verwirkt der Herr, wenn er seinen Mann tötet; und der oberste H e r r kann zudem seine (des Getöteten) Kinder mit dem Gut nicht wieder an diesen H e r r n weisen. Tötet jemand seinen Vater oder seinen Bruder oder seinen Verwandten oder irgendeinen, auf dessen Eigengut oder Lehen er Anwärter ist, so hat er all seine Anwartschaft darauf verloren, es sei denn, er tut es aus Notwehr, um sein Leben zu retten, und die Notwehr werde gegen den T o ten bewiesen, oder er tut es unwissentlich, so daß es ohne seinen Willen geschehen ist. Kapitel LXXXV. W o mehrere Leute einem anderen versprochen haben, gemeinsam ein Wergeid oder anderes Geld zu zahlen, sind alle zur Leistung verpflichtet, solange es noch nicht bezahlt ist, und zwar nicht jeder von ihnen alles, sondern nur soviel, wie ihm gebührt und soweit man ihn dazu von Seiten des Gerichts zwingen kann oder der, dem es versprochen ist, oder der es mit ihm versprochen hat, wenn er es f ü r ihn bezahlt hat. Versprechen auch viele Leute einem Mann, eine Schuld zu bezahlen, und erhalten mehrere Leute dieses Versprechen, wenn man (es) jenem leistet, dem man bezahlen soll, oder sich mit ihm gütlich einigt 1 , so hat man es allen gegenüber geleistet, denen man es versprochen hat. Wer so Bürgen (dafür) stellt, daß er selbst (eine Schuld ab-)leistet oder sein Bürge f ü r ihn, und kann er beweisen, daß er gezahlt hat, so hat er seinen Bürgen befreit. Wer aber Bürge f ü r einen anderen wird und verspricht, eine bestimmte Summe zu zahlen, so muß er selbst mit Zeugen nachweisen, daß er gezahlt habe oder jemand an

1 mit minnen

sitzen

refl. ,sich gütlich einigen'.

56 recto

1. (Ldr. III 84§2): D e r L e h e n s h e r r e r s c h l ä g t seinen Vasallen (in Η wird d e r M a n n e r d o l c h t ) . In W f e h l t - im G e g e n s a t z zu D u n d Η - die im T e x t e b e n f a l l s g e n a n n t e T ö t u n g des H e r r n d u r c h seinen Vasallen a u f g r u n d einer T e x t l ü c k e . D i e rechtlichen F o l g e n bleiben unberücksichtigt. Scheele, Delikte, S. 144f. 2. (Ldr. III 84§2): Zu F ü ß e n des s i t z e n d e n O b e r h e r r n (Fürst), d e r mit F i n g e r z e i g auf die v o r h e r i g e Bildzeile weist, liegt d e r von seinem L e h e n s h e r r n e r s c h l a g e n e Vasall (irrtümlich a n g e d e u tete S t i c h w u n d e in W u n d D in d e r Brust des T o t e n ) . Die K i n d e r des g e t ö t e t e n M a n n e s w e r d e n vom O b e r h e r r n - e n t g e g e n d e r T e x t a u s s a g e - an d e n ihm g e g e n ü b e r s i t z e n d e n U n t e r h e r r n (mit K o m m e n d a t i o n s g e s t u s u n d i d e n t i s c h e r F a r b g e b u n g d e r Kleider wie in d e r v o r h e r i g e n Bildzeile) verwiesen, d e r bereit ist, die K i n d e r w i e d e r zu b e l e h n e n . H i n t e r d e m H a u p t des am B o d e n liegend e n L e i c h n a m s w e n d e t sich j e d o c h das dritte K i n d (mit A b l e h n u n g s g e s t u s ) ab, u n d gibt so d e m O b e r h e r r n zu verstehen (diese G e s t e fehlt in H ) , d a ß dessen e r n e u t e B e l e h n u n g des U n t e r h e r r n mit d e m G u t des g e t ö t e t e n V a s a l l e n im W i d e r s p r u c h z u m R e c h t steht. 3. (Ldr. III 84§3): Ein V a t e r ( k e n n t l i c h am Bart) wird von seinem S o h n h i n t e r r ü c k s g e t ö t e t . D e s h a l b v e r w i r k t dieser sein E r b e . H i n ter d e m M ö r d e r u m f a ß t ein n a h e r V e r w a n d t e r (gleiche K l e i d e r f a r b e ) die aus d e m B o d e n e m p o r w a c h s e n d e n Ä h r e n ( G r u n d e i g e n t u m b z w . Besitz des V a t e r s ) mit d e r linken H a n d u n d weist mit d e r r e c h t e n ( A n e i g n u n g s g e s t u s ) auf sich selbst als d e n b e r u f e n e n E r ben. E r m a c h t so seine A n w a r t s c h a f t auf d e n N a c h l a ß deutlich. A n d e r s die D a r s t e l l u n g in H , w o d e r S o h n (identische F a r b g e b u n g mit d e m Kleid des V a t e r s ) d e n V a t e r von v o r n e r d o l c h t u n d seine linke H a n d z u d e m nach d e n aus d e m B o d e n w a c h s e n d e n Ä h r e n ausstreckt, u m so seine A n w a r t s c h a f t auf das E r b e zu verdeutlic h e n . D e r V e r w a n d t e schiebt d e n S o h n , d e n er von h i n t e n mit d e r r e c h t e n H a n d a n f a ß t , z u r Seite u n d weist ihn so von d e m Besitz des V a t e r s ( A u s s c h l u ß von d e r E r b s c h a f t ) . Auf d e n v o m T e x t gef o r d e r t e n Beweis d e r N o t w e h r o d e r einer T a t , die unwissentlich, d.h. o h n e v o r s ä t z l i c h e n Willen, g e s c h e h e n ist, wird im Bild nicht eingegangen. Scheele, Delikte, S. 145. 4. (Ldr. III S5§ 1): D e r im B i l d z e n t r u m s t e h e n d e S c h u l d n e r (in b l a u - b e i g e g e s t r e i f t e m G e w a n d , mit K a p p e ) legt seine rechte H a n d f l a c h an die a u s g e s t r e c k t e R e c h t e des an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r sitz e n d e n G l ä u b i g e r s (in Η in H e r r e n t r a c h t u n d mit Schapel). D a s G e l ö b n i s d e r Z a h l u n g geschieht also d u r c h H a n d r e i c h u n g . D a s im T e x t e r w ä h n t e g e m e i n s c h a f t l i c h e G e l ö b n i s ist v o m I l l u s t r a t o r bildlich u m g e s e t z t w o r d e n , da sich d e r S c h u l d n e r n a c h seinen am link e n B i l d r a n d s t e h e n d e n 3 Begleitern (in Η n u r zwei) u m s c h a u t , u m sich zu vergewissern, d a ß sie zusamne globin ein wergelt. D i e M ä n ner g e l o b e n d a h e r e b e n s o mit i d e n t i s c h e r H a n d g e b ä r d e i h r e r R e c h t e n die Z a h l u n g (in Η f ü h r t einer d e r M ä n n e r die M ü n z e n s c h o n in seinen H ä n d e n ) . 5. (Ldr. III 85§2): In der M i t t e des Bildes stehen drei S c h u l d n e r , ihnen links g e g e n ü b e r die drei E m p f ä n g e r des S c h u l d v e r s p r e c h e n s . In diesem Fall g e l o b e n vil lute, eineme manne eine schult zu geläene w i e d e r u m d u r c h H a n d r e i c h u n g . D i e s wird allein aus d e m V e r gleich mit Η ersichtlich, w o einer d e r S c h u l d n e r d e m ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n E m p f ä n g e r die Z a h l u n g d e r S c h u l d d u r c h H a n d r e i c h u n g g e l o b t (vgl. Bildzeile 4). D a g e g e n sind die F i g u r e n in W u n d D n u r mit e i n f a c h e m R e d e g e s t u s dargestellt. In d e r r e c h t e n Bildh ä l f t e leistet d e r S c h u l d n e r in r o t e m R o c k u n d g r ü n - b e i g e geteiltem O b e r g e w a n d d e m T e x t e n t s p r e c h e n d die Z a h l u n g an d e n ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n E m p f ä n g e r b z w . G l ä u b i g e r (rotes G e w a n d ) . W o h l n u r aus k o m p o s i t o r i s c h e n G r ü n d e n h a t hier d e r I l l u s t r a t o r w i e d e r u m eine w e i t e r e D r e i e r g r u p p e dargestellt. A n d e r s H : H i e r ist - a b w e i c h e n d v o m T e x t - n e b e n d e m G l ä u b i g e r d e r S c h u l t h e i ß dargestellt. 6. (Ldr. III 85§3): U n t e r h a l b d e r T e x t k o l u m n e z a h l t d e r S c h u l d n e r in b l a u e m Kleid d e m ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n G l ä u b i g e r (rotes G e w a n d ) die fällig G e l d s u m m e in d e s s e n halb g e ö f f n e t e r e c h t e H a n d . D i e drei h i n t e r ihm s t e h e n d e n Z e u g e n b e s c h w ö r e n d u r c h Eid auf die Reliquien die T i l g u n g d e r Schuld. U n g e k l ä r t bleibt die h i n t e r d e m G l ä u b i g e r s t e h e n d e F i g u r (Schultheiß?) am ä u ß e r s t e n r e c h t e n Bildrand. Kocher, Schuldrechtliches,

S. 122.

280

folio -56 verso Jinenthalben · /-LXXXVISwer Jiner nakebure gemeine abe erit od' grebit od' züynet wirt he vor deme burmeijt'e dar vmme beclait odir gerugit he müs wettin dri Jchillinge· weigert he ab' rechtis vor dem burmeijtere vn wirt he beclait vor dem ob'Jtin richt'e he müs im wetten vn den gebure mit driJig Jchillinge büjen vn ire gemeine widir lajin Zu dirre Jelbin wis bej/irt eine geburjchaft d' and'n mit drin Jchillinge vnde gilt en iren Jchadin ab mä Ji den vmejcjjin beclagit alje recht is-weigern Ji ab' rechtis-vn w'din Ji deme ob'Jten richtere beclait-ir bür= meijter müs vor Ji alle wettin ein gewetti vn den geburen mit drijig Jchillinge büje vnde den Jchadin geldin · / · L X X X V I I Swelch leie einen and'n leien beclait vor geijtlicheme gerichte durch J o getane Jchult di d' w'ltliche richter richte Jal · vnde brengit he en Jchadehaft vn wirt he durch das beclait zu lantrechte · he müs deme richt'e wettin vn ieme Jine büje geben-vn us deme Jchaden nemen Dis Jelbe müs tün ein lätmä dem and'n ab he en beclait inwikbilde od' ineime uswendigem gerichte · ab Ji beide in eime dorfe od' in ein' goü= Jchaft Jiezzen im en Ji rechtis geweigirt vor deme richtere/ · LXXXVIII· Rechtis weigirt d' rieht'-wen he nicht richte wil od' rechte ding zale nicht en helt Rechtis weigirt ouch der man üf

5

10

is

2o

2s

3o

sinenthalben. C. L X X X V I . Swer siner nakebure gemeine abeerit oder grebit oder zuinet, wirt he vor deme burmeistere dar umme beclait odir gerugit, he mus wettin dri Schillinge. Weigert he aber rechtis vor dem burmeistere unde wirt he beclait vor dem oberstin richtere, he mus im wetten unde den geburen mit drisig Schillingen busen unde ire gemeine widir lasin. Zu dirre seibin wis bessirt eine geburschaft der andern mit drin Schillingen unde gilt en iren schadin, ab man si den ummesessin beclagit, alse recht is. Weigern si aber rechtis, unde werdin si vor deme obersten richtere beclait, ir burmeister mus vor si alle wettin ein gewetti unde den geburen mit drisig Schillinge busen unde den schadin geldin. C. L X X X V I I . Swelch leie einen andern leien beclait vor geistlicheme gerichte durch sogetane schult, di der werltliche richter richten sal, unde brengit he en in schadehaft, unde wirt he durch das beclait zu lantrechte, he mus deme richtere wettin unde ieme sine buse geben unde us deme schaden nemen. Dis selbe mus tun ein lantman dem andern, ab he en beclait in wikbilde oder in eime uswendigem gerichte, ab si beide in eime dorfe oder in einer gouschaft siezzen, im ensi rechtis geweigirt vor deme richtere. C. L X X X V I I I . Rechtis weigirt der richter, wen he nicht richten wil oder rechten dingzale nicht enhelt. Rechtis weigirt ouch der man, uf

1 sinenthalben W D H, siner weghene O, sinent halven Horn. 2 nakebure W D H, buren O, gebure Horn. 5 odir gerugit fehlt O. 7 oberstin WD, obersten H, oueren O, overen Horn. 14 vor Horn., fehlt W D Η Ο. obersten wie 7. 20 nach richter] dor recht O, durch recht Horn. 21 in Ο Horn., fehlt W D H. schadehaft W D H, scaden Ο Horn.

281 seiner Statt. Kapitel LXXXVI. Wer das Gemeindeland seiner Dorfgenossen pflügt oder umgräbt oder umzäunt, wird er vor dem Bauermeister darum angeklagt oder gerügt, so muß er dafür drei Schillinge Gewette bezahlen. Verweigert er aber vor dem Bauermeister das Recht und wird er vor dem höheren Richter beklagt, so muß er ihm und den Bauern mit dreißig Schillingen büßen und ihr Gemeindeland wieder überlassen. In gleicher Weise leistet eine Dorfgenossenschaft der anderen mit drei Schillingen Entschädigung und ersetzt ihr ihren Schaden, wenn man sie vor den Anwohnern verklagt, wie es Recht ist. Verweigert sie aber das Recht und wird sie vor dem obersten Richter beklagt, so muß ihr Bauermeister für sie alle ein Gewette bezahlen und den Bauern mit dreißig Schillingen büßen und den Schaden ersetzen. Kapitel LXXXVII. Welcher Laie einen anderen Laien vor dem geistlichen Gericht wegen einer (solchen) Schuld verklagt, die der weltliche Richter richten muß, und fügt er ihm dadurch Schaden zu, und wird er deshalb nach Landrecht beklagt, so muß er dem Richter das Gewette bezahlen und jenem seine Buße geben und ihm außerdem Schadenersatz leisten. Dasselbe muß ein Landmann (gegenüber) dem anderen tun, wenn er ihn in einem Stadtgebiet 1 oder in einem auswärtigen Gericht verklagt, obwohl sie beide in einem Dorf oder in einem Gau wohnen - es sei ihm denn von dem zuständigen Richter das Recht verweigert worden. Kapitel LXXXVIII. Recht verweigert der Richter, wenn er nicht richten will oder keinen rechtmäßigen Gerichtstermin 2 abhält. Recht verweigert auch der Mann, gegen

folio 56 verso 1. (Ldr. III 86§1): A b g e b i l d e t sind zwei B a u e r n , von d e n e n d e r eine die gemeine, die A l l m e n d e , w i d e r r e c h t l i c h p f l ü g t , w ä h r e n d d e r a n d e r e sie mit e i n e m Spaten u m g e g r a b e n hat. D e r Bildstreifen zeigt nicht, wie n a c h d e m T e x t zu v e r f a h r e n ist, w o n a c h j e d e r f ü r das A b p f l ü g e n , - g r a b e n o d e r - z ä u n e n von d e r gemeine v o r d e m B a u e r m e i s t e r zu r ü g e n b z w . gegen ihn K l a g e zu f ü h r e n ist. Im Bild wird eine R e g e l u n g w i e d e r g e g e b e n , w e l c h e die B a u e r n u n t e r sich t r e f f e n . D e r M a n n in d e r Bildmitte g e l o b t seinem links von ihm steh e n d e n D o r f n a c h b a r n mit H a n d r e i c h u n g d a s G e w e t t e von 3 χ 12 P f e n n i g e n , n a c h d e m dieser ihn auf sein V e r g e h e n a u f m e r k s a m gem a c h t hat. U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen j e n e n Fall, w o bei W e i g e r u n g des Beschuldigten, d a s G e w e t t e zu z a h l e n , an d e n n ä c h s t h ö h e r e n R i c h t e r appelliert w i r d . Lade, Dorfrecht, S. 179, 182. 2. (Ldr. III 86§2): U n t e r B e z u g auf d e n v o r a n g e h e n d e n Fall wird nicht m e h r die S c h ä d i g u n g d e r gemeine im E i n z e l n e n dargestellt, sondern der Schlichtungsversuch zwischen zwei Bauernschaften, von d e n e n eine in v e r g l e i c h b a r e r W e i s e die gemeine d e r a n d e r e n verletzt hat. Stellvertretend v e r e i n b a r e n die B a u e r m e i s t e r ( S t r o h h u t ) v o r d e n U m s a s s e n ein G e w e t t e von 3 x 1 2 P f e n n i g e n (3 Schillinge). N a c h D f o l . 54v2, w o die H a n d g e b ä r d e n d e r B a u e r m e i s t e r vollständig gezeigt werden und unter Berücksichtigung der H a n d g e b ä r d e n d e r j e n i g e n , die in Bildzeile 1 d e n G e w e t t e v e r t r a g abschließen, v e r t r i t t d e r links s t e h e n d e B a u e r m e i s t e r die b e s c h u l d i g t e D o r f g e m e i n s c h a f t , die d e r a n d e r e n d e n S c h a d e n , wie sein F i n g e r zeig auf d a s G e l d a n d e u t e t , b e z a h l e n m u ß . E i n e v e r g l e i c h b a r e Int e r p r e t a t i o n ist d a g e g e n f ü r die Illustration in Η f o l . 28v2 nicht m ö g l i c h , da die identische D a r s t e l l u n g b e i d e r G r u p p e n k e i n e n H i n w e i s auf die G l ä u b i g e r - b z w . S c h u l d n e r p a r t e i z u l ä ß t . Allen Ill u s t r a t i o n e n ist g e m e i n s a m , d a ß a u c h hier w i e d e r die im T e x t gen a n n t e n V e r f a h r e n u n b e r ü c k s i c h t i g t bleiben. Kocher, Schuldrechtliches, S. 120; Lade, Dorfrecht, S. 180. 3. ( L d r . III 87§1): In d e r linken B i l d h ä l f t e v e r k l a g t ein Laie (rotes G e w a n d u n d b l a u e Beinkleider) einen a n d e r e n (blaues Kleid) v o r d e m geistlichen G e r i c h t w e g e n e i n e r - im Bild nicht b e r ü c k s i c h t i g ten - S c h u l d , die von R e c h t s w e g e n eigentlich v o r d a s weltliche G e r i c h t g e h ö r t h ä t t e . D a s geistliche G e r i c h t wird d u r c h d e n s i t z e n d e n K l e r i k e r ( T o n s u r , in w e i ß e m O b e r g e w a n d u n d r o t e m R o c k ) v e r a n s c h a u l i c h t , d e r mit B e f e h l s g e s t u s die K l a g e des K l ä g e r s o f fensichtlich a n n i m m t . N u r in Η ist die A n t w o r t v e r w e i g e r u n g d e s Beklagten, d a er v o r d e m n i c h t z u s t ä n d i g e n G e r i c h t steht, mit a b w e i s e n d e r G e b ä r d e seiner R e c h t e n dargestellt. D e r so schadehafi g e w o r d e n e B e k l a g t e v e r k l a g t seinen K l ä g e r v o r d e m z u s t ä n d i g e n weltlichen G e r i c h t . Auf A n w e i s u n g d e s an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r sitz e n d e n R i c h t e r s z a h l t r e c h t s d e r v o r G e r i c h t verurteilte M a n n fälschlich in r o t - g r ü n e m G e w a n d (mi parti) d a r g e s t e l l t - d e m Bek l a g t e n B u ß e u n d S c h a d e n e r s a t z , d e m R i c h t e r d a s fällige G e w e t t e . Schmidt- Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, S. 378. 4. (Ldr. III 87§2): H i e r wird ein ä h n l i c h e r V o r g a n g wie in Bildzeile 3 dargestellt, n u r ist hier d a s u n z u s t ä n d i g e G e r i c h t nicht ein geistliches G e r i c h t , s o n d e r n ein wikbilde o d e r S t a d t g e r i c h t , v e r d e u t l i c h t d u r c h d a s h i n t e r d e m R i c h t e r s t e h e n d e M a r k t k r e u z mit d e n zwei d a r a n h ä n g e n d e n H a n d s c h u h e n (in Η n u r ein H a n d s c h u h ) . D i e K o m p o s i t i o n ist in W u n d D (vgl. Bildzeile 3) d u r c h die N i c h t b e r ü c k s i c h t i g u n g e i n e r zweiten P e r s o n (Kläger) m i ß v e r s t ä n d l i c h . D a g e g e n bietet die Bildzeile in Η v o l l s t ä n d i g K l ä g e r u n d B e k l a g ten v o r d e m S t a d t g e r i c h t .

1 wichbilde, wtcbilde s t . N . .Bild 4 , , K r e u z z u r B e z e i c h n u n g des Stadtgebiets', ,Stadt-, O r t s g e b i e t ' , G e r i c h t s b a r k e i t ü b e r S t a d t u n d Stadtgebiet',,Stadtrecht'; 2 dinczal st.F., zu m n d . dinktai, dingetal st.M.F. .Gerichtstermin'.

5. (Ldr. III 87§3): D e r R i c h t e r ( G r a f ) k e h r t d e m allein v o r G e r i c h t e r s c h i e n e n e n M a n n in r o t - b l a u e m G e w a n d (mit A u f m e r k s a m k e i t s gestus u n d R e d e g e b ä r d e ) d e n R ü c k e n zu u n d m a c h t n o c h z u s ä t z lich mit m o d i f i z i e r t e m W e i g e r u n g s g e s t u s deutlich, d a ß e r d a s R e c h t v e r w e i g e r t . V o l l s t ä n d i g H , d e n n hier sind zwei P r o z e ß p a r teien b e r ü c k s i c h t i g t : Ein K l ä g e r e r h e b t mit A u f m e r k s a m k e i t s g e b ä r d e die Klage, w ä h r e n d d e r Beklagte mit R e d e g e b ä r d e a n t wortet.

282

folio 57 recto

den man clait Jwen he vor vejt wirt od' nich' en gilt Jchult di he geldin Jal vn man en von gerichtis halbin des mit phande nich' betwinge en mag-Jo müs man wol vb' en clagen allir weige wo mä rechtis vb' en be= küme mag Swas ein man mit gerichte gezugen Jal des Jal d' rieht' bi des kuniges hulde Jich vor phlegin da noch di Jchephin aljo-al and'e ding phlichte bi irme eide· Swen man ab' eine vor · LXXXIX vejtin mä ane hanthafte tat vor ge richte vüret · vn bitet d' Jizzünge ub' en • vn he der voruejtüge loükent-di vor vejtunge Jal man gezugen er der Jizzünge mit deme richt'e-vn mit den ding phlichten Jelbe en darf der cleg' nicht gezug Jin-wo he mit gerichte gezüges vol kümt-Swen der man gejazt wirt Jo müs der cleg' aller erjt uf en Jwerin das he d' tat Jchuldig Ji durch di he vor u e j t Ji da noch Jal Jwerin Jin gezüg das Jin eit reine vnde nicht meineide Ji Süs Jal ouch d' cleger vn Jin gezüg Jwere uf einen vn voruejte man der durch vngerichte inder häthafte tat wirt geuäge-vn vor gerichte mit orteiln gejazt Swelches gezüges ab' d' mä vor gerichte od' kegin deme gerichte volkvme Jal is Ji durch güt od' durch gewe= re • das Jal Jin gezüg vor Jagin bi deme eide · vnde Jal is noch Jwerin · / · C · Swer des and'n Jwert od' cleit-od' beckl· od' JchermeJfir Jime glich noch mer lüte wane von der badejtobin treit·

s

ίο

is

2o

2j

jo

den man clait, swen he vorvest wirt oder nicht engilt schult, di he geldin sal unde man en von gerichtis halbin des mit phande nicht betwingen enmag, so mus man wol über en clagen allir weige, wo man rechtis über en bekumen mag. Swas ein man mit gerichte gezugen sal, des sal der richter bi des kuniges hulden sich vorphlegin, da noch di schephin also al andere dingphlichten bi irme eide. C. LXXXIX. Swen man aber einen vorvestin man ane hanthafte tat gevangen vor gerichte vuret unde bitet der sizzunge über en unde he der vorvestunge loukent, di vorvestunge sal man gezugen er der sizzunge mit deme richtere unde mit den dingphlichten. Selbe endarf der cleger nicht gezug sin, wo he mit gerichte gezüges volkumt. Swen aber der man gesazt wirt, so mus der cleger aller erst uf en swerin, das he der tat schuldig si, durch di he vorvest si, danoch sal swerin sin gezug, das sin eit reine unde nicht meineide si. Sus sal ouch der cleger unde sin gezug sweren uf einen unvorvesten man, der durch ungerichte in der hanthaften tat wirt gevangen unde vor gerichte mit orteiln gesazt. Swelches gezüges aber der man vor gerichte oder kegin deme gerichte volkumen sal, is si durch gut oder durch gewere, das sal sin gezug vorsagin bi deme eide unde sal is nochswerin. C . X C . Swer des andern swert oder cleit oder beckin oder schermessir, sime glich noch mer lute wane, von der badestobin treit

2 engilt W, en gilt D H, g h e g h i f t w e d e r O, w e d e r ne g i f t Horn. geldin W D, g e l d e n / I , g h e l d e n e d e r w e d e r g h e u e n O, g e l d e n o d e r w e d e r geven Horn. 11 g e v a n g e n Horn., g h e u a n g h e n O, fehlt WD H. 13 l o u k e n t WD H, besect O, besäet Horn. 17 a b e r Η., a u e r O, aver Horn., fehlt WD. 19 d u r c h di WD H, d a r u m m e he O, d a r he u m m e Horn. 20 nach v o r v e s t si] d a t e m e g o d so h e l p e u n d e d e h i l g h e n O, d a t ime g o t so helpe u n d e die hilgen Horn., fehlt W D H. 21 m e i n e i d e W D H, u n m e n e O, u n m e i n e Horn. 27 d u r c h W D H, u m m e Ο Horn. 27/28 g e w e r e W D Η Hornwedde O. 29 X C aus C nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 32 b a d e s t o b i n WD, b a d e s t o b e n H, s t o u e n O, stoven Horn.

283

den man klagt, wenn er verfestet wird oder nicht die Schuld bezahlt, die er bezahlen soll und man ihn von Seiten des Gerichts durch P f ä n d u n g nicht dazu zwingen kann; dann darf man gegen ihn überall 1 klagen, wo man ihm gegenüber Recht bekommen kann. Was man durch das Gericht bezeugen muß, dazu soll sich der Richter bei der Treue zum König verpflichten und danach auch die Schöffen wie alle anderen Dingpflichtigen mit ihrem Eid. Kapitel LXXXIX. Wenn man aber einen verfesteten Mann ohne handhafte T a t gefangen vor Gericht bringt und seine Festsetzung 2 fordert und jener die Verfestung bestreitet, so soll man vor der Festsetzung die Verfestung mit dem Richter und mit den Dingpflichtigen bezeugen. Der Kläger selbst darf nicht Zeuge sein, sofern er den Beweis mit dem Gericht erbringt. Wenn aber der Mann festgesetzt wird, so muß der Kläger zuerst gegen ihn schwören, daß er der T a t schuldig sei, wegen der er verfestet worden ist; danach soll sein Zeuge schwören, daß sein Eid wahr und kein Meineid sei. So sollen auch der Kläger und sein Zeuge gegen einen zwar nicht verfesteten Mann schwören, der aber auf handhafter T a t ergriffen und vor Gericht gebracht und kraft Urteils festgesetzt wird. Mit welchem Zeugnis aber jemand vor Gericht oder gegen das Gericht durchdringen soll, es gehe um Gut oder Besitzrecht, das soll sein Zeuge bis hin zum Eid vorsprechen, und (er selbst) soll es danach beschwören. Kapitel XC. Wer des anderen Schwert oder Kleid oder Waschbecken oder Schermesser, die nach der Meinung 3 vieler Leute seinen eigenen gleich sind, von der Badestube 4 wegträgt

folio 57 recto

1. (Ldr. III 87§4): In d e r M i t t e d e s Bildes e r h e b t d e r vor d e m sitz e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) s t e h e n d e K l ä g e r (rot c h a n g i e r e n d e s G e w a n d ) seine K l a g e s o w o h l gegen d e n n e b e n ihm s t e h e n d e n M a n n als a u c h gegen d e n V e r f e s t e t e n ( d u r c h d e n H a l s g e s t o ß e n e s Schwert), auf d e n er mit seinem r e c h t e n Z e i g e f i n g e r z u r ü c k w e i s t . D e r V e r f e s t e t e ( R o c k : mi parti) v e r w e i g e r t d a s R e c h t , i n d e m er d e m G e r i c h t d e n R ü c k e n z u w e n d e t . M i t a b w e i s e n d e r G e b ä r d e sein e r linken H a n d (in Η mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s ) lehnt d e r Beklagte in b l a u e m Kleid die E r f ü l l u n g seiner Schuld ab. N u r aus d e m T e x t ist zu e r k e n n e n , d a ß es sich hier u m die R e c h t s w e i g e r u n g eines z a h l u n g s u n w i l l i g e n S c h u l d n e r s h a n d e l t . Die F i n g e r zeige des an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n G r a f e n b e z i e h e n sich auf die b e i d e n Beklagten. E r m u ß die Klage a n n e h m e n , weil die beiden Beklagten das Recht verweigert haben. 2. (Ldr. III 88§1): Bi des kuniges hulden - symbolisiert d u r c h die auf einem S t ä n d e r liegende K r o n e - v e r p f l i c h t e n sich d e r rechts s t e h e n d e R i c h t e r u n d die ihm in d e r Bildmitte g e g e n ü b e r s t e h e n d e n drei S c h ö f f e n , k e n n t l i c h am M a n t e l , d e n einer von i h n e n ü b e r g e w o r f e n hat, z u m r e c h t e n G e r i c h t s z e u g n i s . In Η weist d e r R i c h t e r z u s ä t z l i c h mit seiner L i n k e n auf sich selbst. A m linken B i l d r a n d s t e h e n die D i n g p f l i c h t i g e n , die d e m T e x t e n t s p r e c h e n d i h r e n Eid auf die Reliquien leisten. 3. (Ldr. III 88§§2,3): D e r K l ä g e r b r i n g t einen v e r f e s t e t e n M a n n ( d u r c h d e n H a l s g e s t o ß e n e s S c h w e r t ) g e f a n g e n , auf d e n K n i e n k a u e r n d mit ü b e r e i n a n d e r g e k r e u z t e n H ä n d e n (in Η ist d e r Beklagte gefesselt), v o r d e n R i c h t e r ( G r a f ) . Es h a n d e l t sich u m das V e r f a h r e n d e r „ S a t z u n g " (v. A m i r a ) , d.h. u m ein Sitzen auf d e r E r d e , welches beim U b e r s c h w ö r e n eines auf h a n d h a f t e r T a t o d e r in d e r V e r f e s t u n g g e f a n g e n e n F r i e d e b r e c h e r s d e m B e k l a g t e n a u f g e n ö t i g t w i r d . D a b e i leistet d e r K l ä g e r seinen Eid n a c h e i n e m bes t i m m t e n a l t h e r g e b r a c h t e n Ritus: Er h e b t seine linke H a n d ü b e r das H a u p t d e s G e f a n g e n e n u n d s c h w ö r t gleichzeitig mit seiner r e c h t e n auf ein auf einem S t ä n d e r s t e h e n d e s R e l i q u i a r . D u n d Η zeigen n o c h deutlich das S c h w ö r e n auf d e n K o p f des G e f a n g e n e n , wobei d e r K l ä g e r seine linken F i n g e r auf d e n K o p f des B e k l a g t e n legt. D i e Z e u g e n am linken B i l d r a n d s c h w ö r e n mit d e n e r h o b e n e n F i n g e r n i h r e r r e c h t e n H a n d , u m zu b e z e u g e n , d a ß d e r S c h w u r rein ist. M i t a u f g e s t r e c k t e m Z e i g e f i n g e r weist e i n e r d e r Z e u g e n hinauf - d e r a n d e r e r ü c k w ä r t s - auf die V e r f e s t u n g in d e r v o r h e r i g e n Bildzeile ( d e u t l i c h e r e A n k n ü p f u n g in D ) . A n d e r s die D a r s t e l l u n g in H : D o r t s c h w ö r e n die Z e u g e n auf d e n A r m des K l ä g e r s . Die F i n g e r z e i g e des richtenden G r a f e n b e z i e h e n sich auf die v o n ihm b e w i r k t e V e r f e s t u n g u n d auf die v o r g e b r a c h t e K l a g e ( d e u t l i c h e r in Η d u r c h d e n auf sich selbst g e r i c h t e t e n g e k r ü m m t e n Z e i g e f i n g e r des Richters). Ignor, Gerichtsverfahren,

S. 83, 86.

4. (Ldr. III 88§4): In V e r b i n d u n g mit Bildzeile 3 wird eine zweite m ö g l i c h e V a r i a n t e des U b e r s c h w ö r e n s dargestellt. D e r K l ä g e r (mit i d e n t i s c h e r F a r b g e b u n g d e r K l e i d u n g wie in d e r v o r h e r i g e n Bildzeile) hält ein R e l i q u i e n k ä s t c h e n mit seiner r e c h t e n H a n d in H ö h e des K o p f e s des k n i e n d e n B e k l a g t e n u n d s c h w ö r t mit d e n e r h o b e n e n F i n g e r n seiner linken H a n d d e n U b e r f ü h r u n g s e i d . A n d e r s die I l l u s t r a t i o n e n in Η u n d D : D o r t h ä l t d e r Kläger, d e m V e r f a h r e n e n t s p r e c h e n d , d a s R e l i q u i e n k ä s t c h e n in seiner linken H a n d ; z u d e m wird d a s K ä s t c h e n in Η auf d e n K o p f d e s B e k l a g t e n gesetzt. A m linken B i l d r a n d legt d e r Z e u g e des K l ä g e r s ( w i e d e r u m h i n t e r d e m K l ä g e r s t e h e n d ) die S c h w u r f i n g e r seiner r e c h t e n H a n d diesmal auf ein eigenes, vor ihm s t e h e n d e s R e l i q u i e n k ä s t c h e n u n d s c h w ö r t mit d e n e r h o b e n e n S c h w u r f i n g e r n d e r linken H a n d d e n Ü b e r f ü h r u n g s e i d . M i t F i n g e r z e i g e r l a u b t d e r R i c h t e r die v o r ihm stattfindende Satzung. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 1 allewec, -wege A d v . ,überall, auf allen W e g e n , i m m e r ' ; 2 sitzunge st.F. .Festsetzung, V e r u r t e i l u n g ' ; 3 wan s t . M . . G l a u b e n , Erwarten, bloßes Vermuten'; 4 badestube, batstube sw.F. ,Badestube, B a d e h a u s ' .

5. (Ldr. III 88§5): I m B i l d z e n t r u m steht ein K l ä g e r (in i d e n t i s c h e r K l e i d u n g wie in d e n Bildzeilen 3 u n d 4) v o r d e m mit v e r s c h r ä n k ten Beinen s i t z e n d e n R i c h t e r . D e r K l ä g e r s c h w ö r t einen Eid auf die R e l i q u i e n u n d spricht n a c h , was d e r h i n t e r i h m s t e h e n d e Z e u g e ( r o t e r R o c k ) v o r s p r i c h t . D e r T a t b e s t a n d des S p r e c h e n s - das vorsagin u n d nochswerin - ist v o m I l l u s t r a t o r s y m b o l i s c h d u r c h d a s jeweilige Z e i g e n auf d e n M u n d bildlich u m g e s e t z t w o r d e n . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen d e n m ö g l i c h e n K l a g e g r u n d : is si durch gut oder durch gewere.

folio 5 7 verso Adir Jag itel odir vol von der mole vüerit od' Jatil odir zoüm od' Jporn odir bette odir kü//in od' lilachen odir and' gut was das Ji vor das Jine nimt vn /ins da let helt hes denne inde wane das is Ji vnvorholn-vn tut he Jine eit dar zu · anevangin mag mans wol-vn vnd' im beclagin dube od' roübis ab man in des Jchuldigit dar an · entjchuldigit he Jich uf den heilige • ab hes gezüg hat-das hes vnhelinge gehalde habe· Wirt ein man gemordit uf dem - C I · uelde vn en weis man nicht w' is getan hat wer den begrebit uf dem velde odir indeme dorfe mit Jiner nakebure wijJinJchaft he en mijje tut nicht Wirt ouch eine manne Jin mag od' /in vrünt ir/lage-he raus en begrabin ab hes wol weis w' is getan hat-he en habe der clage mit deme totin begon/t vor gerichte / o en müs he /in nicht begrabin ane des richters vrlop · di wile di clage vngeant is · Uellit ei mä od' wirt he gewndit od' / o /ere ge/lagl das he zu dorfe nicht kume en mag-w' de intreget vn /tirbit he denne binne /inen geweren he blibit is ane /chadin-/ine erbT /ullen im Jine ko/t geldin • ab Jin gut das he bi im hat wen he Jtirbit mynre wert is den di ko/t Herbergit ein man luyte /let ir ein den anderin tot ane /chult in/iner herberge odir dar ü/e odir welch vngerichte

284 adir sag, itel odir vol, von der molen vuerit oder satil odir zoum oder sporn odir bette odir kussin oder lilachen odir ander gut, was das si, vor das sine nimt unde sins da let: Helt hes s denne in deme wane, das is sin si, unvorholn, unde tut he sinen eit dar zu, anevangin mag mans wol unde under im beclagin. Dube oder roubis, ab man in des schuldigit dar an, entschuldigit he sich uf den heiligen, ab hes io gezug hat, das hes unhelingen gehalden habe, loa so enmag man en keiner hanthaften tat dar an schuldige C.XCI. Wirt ein man gemordit uf dem velde unde enweis man nicht, wer is getan hat, wer den begrebit uf dem velde odir in deme dorfe mit siner nakebure wisIS sinschaft, he enmissetut nicht. Wirt ouch eineme manne sin mag oder sin vrunt irslagen, he mus en begrabin, ab hes wol weis, wer is getan hat, he enhabe der clage mit deme totin begonst vor gerichte, so enmus 2o he sin nicht begrabin ane des richters urlop, di wile di clage ungeant is. Vellit ein man oder wirt he gewundit oder so sere geslagin, das he zu dorfe nicht kumen enmag, wer den intreget, unde stirbit he denne binnen sinen 25 geweren, he blibit is ane schadin. Sine erbin sullen im sine kost geldin, ab sin gut, das he bi im hat, wen he stirbit, minre wert is den di kost. C.XCII. Herbergit ein man luite, slet ir ein den anderin tot ane schult in siner 3o herberge odir dar use odir welch ungerichte

2 nach satil] e d e r uilt O, o d e r vilt Horn., fehlt W D H. 3 lilachen W D H, slapelaken O, s l a p l a k e n e Horn. 5 sin W D Η O, sine Horn. 10a so - s c h u l d i g e n ] so n e m a c h m e n e n e n i n e r h a n t h a f t e n d a t d a r a n s c h u l d e g h e n O, so ne m a c h m a n ine o k n e n e r h a n t h a f ten d a t d a r an s c ü l d e g e n Horn., fehlt W D H. 11 X C I aus C I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 14 n a k e b u r e W D H, b u r e Ο Horn. 17 ab W D H, d e n n o c h Ο Horn. 18 w e r - h a t ] w e ene h e u e t g h e s l a g h e n O, wie ine gestagen hevet Horn. 19 nach g e r i c h t e ] so m o t h e mit e m e vul claghen O, so m u t he mit ime vul k l a g e n Horn., fehlt W D H. 21 u n g e a n t W L\ v n g e a n t H, u n g h e l e n t O, u n g e lent Horn. 28 nach k o s t ] d e h e mit e m e h e u e t g h e h a t O, die h e m i t ime hevet g e h a t Horn., fehlt W D H. X C I I nach Inhaltsverzeichnis ergänzt. 29/30 in - d a r u s e ] b i n n e n sinen w e r e n e d e r d a r b u t e n O, b i n n e n sinen g e w e r e n o d e r d a r b u t e n Horn.

285 o d e r einen Sack 1 , leer 2 o d e r voll, aus der M ü h l e mit sich f ü h r t o d e r Sattel, Z a u m z e u g o d e r Sporen, Betten, Kissen o d e r Bettlaken o d e r anderes Gut, was es auch sei, als ihm gehörig an sich nimmt und seines d o r t läßt: Behält er es dann in dem Glauben, d a ß es ihm gehöre, nicht heimlich, u n d leistet er seinen Eid darauf, so darf man es durch Anfassen z u r ü c k f o r d e r n u n d durch Klage aus seinem Besitz bringen. V o m Vorwurf des Diebstahls oder Raubes, wenn man ihn dessen beschuldigt, kann er sich durch Eid auf die Reliquien reinigen, wenn er d a f ü r Zeugen hat, d a ß er es u n v e r h o h len 3 behalten habe; so kann man ihn auch keiner h a n d h a f t e n T a t daran beschuldigen. Kapitel X C I . W i r d ein M a n n auf dem Feld e r m o r d e t u n d weiß man nicht, wer es getan hat - wer ihn auf dem Feld o d e r in dem D o r f mit Wissen seiner D o r f g e nossen begräbt, der tut nichts Unrechtes. W i r d f e r n e r einem M a n n sein Verwandter oder sein Freund erschlagen, so darf er ihn begraben, obwohl er weiß, wer es getan hat, wenn er nicht die Klage mit dem T o t e n bereits vor Gericht eingeleitet hat; d a n n darf er ihn nicht o h n e Erlaubnis des Richters begraben, solange die Klage nicht beendet ist. Fällt ein M a n n o d e r wird er verwundet o d e r so sehr geschlagen, d a ß er nicht ins Dorf zur ü c k k o m m e n kann; wer ihn trägt 4 u n d stirbt er dann in seinem Haus 5 , d e r bleibt o h n e Nachteil. Seine (des T o t e n ) Erben sollen ihm seine Kosten ersetzen, w e n n sein Besitz, den jener bei sich hatte, als er starb, weniger wert ist als die A u f w e n d u n g e n . Kapitel X C I I . Beherbergt jemand Leute, von denen einer den anderen o h n e Schuld in seinem H a u s totschlägt o d e r auch außerhalb (des Hauses) o d e r welches Verbrechen

folio 5 7 verso

1. (Ldr. III 89): D a r g e s t e l l t ist lediglich d a s g u t g l ä u b i g e F o r t n e h m e n von G e g e n s t ä n d e n a u s e i n e r B a d e s t u b e u n d nicht dessen rechtliche F o l g e n . Aus einer B a d e s t u b e , einem D a m p f - o d e r S c h w i t z b a d mit drei M ä n n e r n , die sich m i t einem Q u a s t a u s Z w e i g e n K ö r p e r u n d G l i e d e r schlagen, w ä h r e n d ein vierter e i n e m von i h n e n die H a a r e wäscht, tritt ein M a n n (in Η n o c h mit B a d e m a n tel) mit einem Schwert, S c h e r m e s s e r u n d B a d e l a k e n ü b e r d e n A r m gelegt, ins Freie. V o r ihm sieht m a n ein g o l d e n e s Becken, d a s e b e n falls zu d e n m i t g e n o m m e n e n G e g e n s t ä n d e n g e h ö r e n k a n n . D a ß er diese D i n g e unvorholn aus d e r B a d e s t u b e trägt, ist als A u s d r u c k seiner G l a u b w ü r d i g k e i t z u w e r t e n . - D e r B i l d b u c h s t a b e 5 f e h l t . 2. (Ldr. III 89): D i e Illustration d e s Artikels wird in dieser Bildzeile f o r t g e s e t z t . Aus einer M ü h l e sieht m a n einen M a n n reiten, d e r v o r sich einen leeren Sack (in Η h i n t e r sich) liegen hat. In d e r H a n d hält er einen S p o r n d e u t l i c h sichtbar e m p o r , z u m Z e i c h e n , d a ß er die S a c h e n nicht in b ö s e r Absicht, s o n d e r n aus V e r s e h e n m i t g e n o m m e n hat. D e r Sattel b e f i n d e t sich h i n t e r d e m Reiter, e b e n f a l l s deutlich sichtbar, d a s Z a u m z e u g ist d i r e k t v o r P f e r d u n d R e i t e r piaziert. Ü b e r einer S t a n g e h ä n g t d a s Bettlaken, d a r u n t e r sieht m a n d a s Bett mit einem Kissen. Scheele, Delikte, S. 221. 3. (Ldr. III 90§1): Ein B a u e r ( b r a u n e r R o c k ) mit d e m Spaten in seiner linken H a n d , auf d e n e r bereits seinen F u ß g e s e t z t hat, weist mit F i n g e r z e i g auf d e n von U n b e k a n n t e n e r m o r d e t e n , a m B o d e n l i e g e n d e n älteren M a n n (Bart). A n d e r s die D a r s t e l l u n g in H , die d e n auf einem S t o p p e l f e l d h e g e n d e n E r m o r d e t e n ( o h n e Bart) mit b l u t e n d e r H a l s w u n d e zeigt. D i e zwei h e r b e i g e r u f e n e n N a c h b a r n ( B a u e r n ) b e s t ä t i g e n mit F i n g e r z e i g u n d A n e i g n u n g s g e s t u s d e n S a c h v e r h a l t (in Η e i n f a c h e r e H a n d g e b ä r d e n u n d u n t e r s c h i e d l i c h e F a r b g e b u n g d e r Kleider). V o m V e r d a c h t b e f r e i t , k a n n d e r F i n d e r d e n E r m o r d e t e n an O r t u n d Stelle b e g r a b e n . Scheele, Delikte, S. 149; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 76. 4. (Ldr. III 90§2): V o r d e m t h r o n e n d e n R i c h t e r ( G r a f ) e r s c h e i n t ein M a n n o d e r ein V e r w a n d t e r mit g e s c h u l t e r t e m Spaten als Kläger (mit Z e i g e g e s t u s d e r linken H a n d ) u n d mit d e m L e i c h n a m eines E r m o r d e t e n (leibliche Beweisung), bereit, d e n T o t e n (in Η mit drei b l u t e n d e n W u n d e n dargestellt) zu b e g r a b e n . Weil er a b e r die clage mit deme totin b e g o n n e n h a t , u n t e r s a g t d e r R i c h t e r mit Fing e r z e i g d e r R e c h t e n u n d A b l e h n u n g s g e s t u s d e r L i n k e n die Bestatt u n g , weil die Klage mit d e m t o t e n M a n n v o r G e r i c h t n o c h n i c h t b e e n d e t ist. A n d e r s die D a r s t e l l u n g in H , w o d e r R i c h t e r mit d e r r e c h t e n H a n d die E r l a u b n i s v e r w e i g e r t u n d gleichzeitig mit seiner linken auf d e n E r m o r d e t e n zeigt. Scheele, Delikte, S. 150; Schmidt-Wiegand, Mord und Totschlag, S. 76. 5. ( L d r . III 90§3): D i e b e i d e n F i g u r e n auf d e n B a h r e n stellen die gleiche P e r s o n d a r . Auf d e r B a h r e a u ß e r h a l b des H a u s e s lebt sie n o c h , i n n e r h a l b d e s H a u s e s ist sie bereits g e s t o r b e n . Diese U n t e r s c h e i d u n g in .lebendig' u n d ,tot' wird d u r c h das Bild allein allerd i n g s nicht d e u t l i c h . H i e r m u ß d e r T e x t d a s Bild e r g ä n z e n . D e r H a u s h e r r , als B a u e r d u r c h seine b r ä u n l i c h e K l e i d u n g kenntlich, e m p f ä n g t v o m E r b e n (in g r ü n e m G e w a n d ) des T o t e n G e l d f ü r die K o s t u n d die P f l e g e , die er d e m S t e r b e n d e n zuteil w e r d e n ließ. Scheele, Delikte, S. 140. b. ( L d r . 91§1): U n t e r h a l b d e r T e x t k o l u m n e herbergit d e r auf d e r Schwelle seines H a u s e s s t e h e n d e H a u s h e r r einen v o r d e m G e b ä u d e s t e h e n d e n M a n n (blaues G e w a n d ) , i n d e m er ihn an dessen linken H a n d e r g r e i f t u n d in sein H a u s f ü h r t .

1 sac s t . M . N . ,Sack, T a s c h e ' ; 2 itel A d j . J e e r , ledig'; 3 unheelinge, unhelinge Adv. ,nicht heimlich, u n v e r h o h l e n ' ; 4 intragen st.V. »hineintragen, n a c h H a u s e t r a g e n ' ; 5 gewer st.F. .Besitz', hier bes. , H a u s ' .

folio

286

55 recto

ir ein dem andern t u t - d e r wirt blibit is ane J c h a d i n v n d e o u c h di gebure ab Ji den vridebrecher nicht uf gehaldin m ö g e n vnde das gewerin uf den heiligen Jus getane ding Jal man abir z u goüdin gen rügen D e r richter en m a g nimande an g e j p r e chin mit vormündin noch ane vormün= din Jundir den cleger z u k a m p h e wart noch hoer den z u Jiner v n j c h u l t ab he Ji tut me= lieh noch Jime rechte he en müs o u c h kin geb o t noch herberge gebiten noch d i n j t noch kein recht uf das lant g e j e z z e n - i s en willek o r e das lant·

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ir ein dem andern tut, der wirt blibit is ane schadin unde o u c h di gebure, ab si den vridebrecher nicht ufgehaldin mugen unde das gewerin uf den heiligen, sus getane ding sal man abir z u g o u d i n g e n rügen. D e r richter e n m a g nimande angesprechin mit vormundin n o c h ane v o r m u n din, sundir den cleger z u kamphewart, noch hoer den z u siner unschult, ab he si tut, menlieh noch sime rechte. H e enmus o u c h k e i n gebot noch herberge gebiten noch dinst noch kein recht uf das lant g e s e z z e n , is enwillek o r e das lant.

4 nach Keiligen] s o m e n se d a r u m m e s c h u l d e g h e t O, als man sie d a r u m m e s c ü l d e g e t Horn., fehlt WD H. 10 k e i n D H, kin W, nin

O, nen Horn.

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einer von ihnen an dem anderen verübt, der H a u s herr bleibt o h n e Nachteil u n d auch die Bauern, wenn sie den Friedensbrecher nicht aufhalten k ö n n e n und das durch Eid auf die Reliquien beweisen; eine solche Sache soll man aber im G a u gericht anhängig machen. D e r Richter kann niem a n d e n a u f f o r d e r n , weder mit noch o h n e Vorm u n d - a u s g e n o m m e n den Kläger z u m Zweikampf zu mehr als zu seinem Unschuldseid, wenn er ihn leistet, jeder nach seinem Recht. Er darf auch weder Gebot 1 noch Herberge 2 noch Abgabe noch eine andere Pflicht dem Land auferlegen, wenn nicht das Land einwilligt.

folio 58 recto

1. (Ldr. III 91§1): Bei diesem Bild h a n d e l t es sich u m die F o r t s e t z u n g zu W fol. 57v6. In d e r linken B i l d h ä l f t e ist d e r am B o d e n lieg e n d e G a s t (blaues Kleid) nach e i n e m Streit im H a u s des G a s t g e bers, d e r d a r a n unbeteiligt ist, von einem D r i t t e n erschlagen w o r d e n ( d e u t l i c h e r H : N e b e n d e m mit b l u t i g e n W u n d e n g e z e i g t e n E r s c h l a g e n e n liegt dessen Schwert). D e r T o t s c h l ä g e r h ä l t sein S c h w e r t n o c h in seiner R e c h t e n u n d f l i e h t z u r T ü r h i n a u s , o h n e von d e m H a u s h e r r n a u f g e h a l t e n w e r d e n zu k ö n n e n , v e r d e u t l i c h t d u r c h d e n U n f ä h i g k e i t s g e s t u s des W i r t e s . D e r T o t s c h l ä g e r hält z u d e m ü b e r seinem linken A r m ein T u c h (vgl. W f o l . 29v3), d a s a n d e u t e t , d a ß er in N o t w e h r g e h a n d e l t h a t . H i e r h a t d e r I l l u s t r a t o r fälschlich die T e x t a u s s a g e arte schadin a n s t a t t auf d e n H a u s h e r r n auf d e n T o t s c h l ä g e r b e z o g e n . R e c h t s s t e h t d e r als B a u e r g e k l e i d e t e H a u s h e r r vor d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n G a u g r a f e n (Schultheiß?) u n d k l a g t d e n E n t f l o h e n e n d e m T e x t e n t s p r e c h e n d auf d e m G a u g e r i c h t des T o t s c h l a g s an. Scheele, Delikte, S. 140. 2. (Ldr. III 91 §§2,3): Im B i l d z e n t r u m s t e h t ein B e k l a g t e r in r o t g r ü n g e s t r e i f t e m Kleid v o r d e m r e c h t s s i t z e n d e n G r a f e n . Allein aus d e m T e x t wird deutlich, d a ß d e r G r a f d e n Beklagten d a z u zu n ö t i g e n scheint (mit H a n d g e b ä r d e seiner Linken), sich d u r c h einen Z w e i k a m p f zu v e r t e i d i g e n . Einerseits l e h n t d e r Beklagte, sich z u m R i c h t e r w e n d e n d , dieses A n s i n n e n ab - v e r d e u t l i c h t d u r c h seine a b g e w a n d t e K ö r p e r h a l t u n g - , a n d e r e r s e i t s weist er mit seiner R e c h t e n auf die g e g e n ü b e r s t e h e n d e P e r s o n in g r ü n e m G e w a n d u n d beigen Beinkleidern u n d d e u t e t so vermutlich an, d a ß er von dieser zu kamphewart a n g e s p r o c h e n w e r d e n will. D i e a b l e h n e n d e n G e b ä r d e n d e r linken H ä n d e d e r in i d e n t i s c h e r K l e i d u n g (rotes G e w a n d , blaue Beinkleider) am linken B i l d r a n d w i e d e r g e g e b e n e n b e i d e n P e r s o n e n scheinen sich auf richterliches G e b o t b z w . die G r e n z e n d e r richterlichen G e w a l t zu b e z i e h e n . J e d o c h w i r d n u r aus d e m Vergleich mit d e m T e x t ersichtlich, d a ß d e r R i c h t e r kein gebot noch herberge gebiten noch dinst noch kein recht uf das lant gesezzen d a r f , w e n n nicht das Land seine Einwilligung g e g e b e n hat. S t a r k a b w e i c h e n d ist die B i l d p r ä s e n t a t i o n in H .

1 gebot st.N. . G e b o t ' , ,Gewalt, H e r r s c h a f t ' , ,Verbot, Beschlagn a h m e ' ; 2 herberge st.sw.F. , H e e r - , Feldlager', hier , H e r b e r g e , H a u s zum Übernachten', .Wohnung'.

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folio 59 recto Incipit lib' quartus capitulü · I · Swer lenrech kunne wil d' volge dis buches lere · alrejt Jul wi merken das der herjchilt an deme kunige begint vnde in deme Jibendin lent-doch habin di leyen vorjten den JechJten Jchilt in den Jibendin bracht-Jint Ji d' bijchoüe mä wrdin · des er nicht en was · Phaffen · kouflüte-dorfere-wip-vnde alle di rechtis darbin· odir vnelich geborn Jin-vnde alle di nicht Jin von ritters art-von vat' vnde von eldir vatir di Julien len rechtes darben Welch h're doch dijer eime liet gut-von deme haben Ji len recht in deme gute-vnde en erbin das nicht an ire kindere-vfi darbin Jelbe der volge an eine ande'n h'ren-lJon gezüge mag man Ji v'legen in len rechte-vnde vr teil zü vindene-alle di des herjchildes darb!· ir here ab' von deme Ji len recht h a b e - d ' mus iren gezüg lide · vn ir vrteil · vfi en mag Ji uffe nimande genüzcen Ab zcwene mä ein gut an Jprechen gliche vfi gezüg dar zu bite ein' der zu deme herjchilde nicht geborn Ji · des gezüg Jal vor gen · der in deme h'= Jchilde volkümen is-vn iens Ji vor legit· Welch mä zu deme h'Jchilde nicht ·ΙΙ· geborn is-d' en mag nicht geweigern gut zu liene deme d' des herjchildes darb 1 · vfi en mag keine Jine h're vorlege-ab he an in volge Jal · denoch he des h'Jchildes nich' enhat· Ab ein mä volkume an deme h'Jchilde von phaffe od' vö wibe od' von eime d' des h'Jchil des nich 1 en hat belent wirt-deme lene en mag he nich' volge an einen ande'n h'ren ·

Incipit liber quartus capitulum I. Swer lenrech t kunnen wil, der volge dis buches lere. Alrest sul wi merken, das der herschilt an deme kunige be5 gint unde in deme sibendin lent, doch habin di leienvorsten den sechsten schilt in den sibendin bracht, sint si der bischove man wurdin, des er nicht enwas. Phaffen, kouflute, dorfere, wip unde alle, di rechtis darbin ίο odir unelich geborn sin, unde alle, di nicht sin von ritters art von vater unde von eldirvatir, di sullen lenrechtes darben. Welch herre doch diser eime liet gut, von deme haben si lenrecht in deme gute unde enerbin das is nicht an ire kindere unde darbin selbe der volge an einen anderen herren. Von gezuge mag man si vorlegen in lenrechte unde urteil zu vindene, alle, di des herschildes darbin, ir herre aber, von deme si lenrecht haben, der mus 2o iren gezug liden unde ir urteil unde enmag si uffe nimande genüzcen. Ab zcwene man ein gut ansprechen gliche unde gezug dar zu biten, einer, der zu deme herschilde nicht ge24 born si, unde ein ander, der an lenrechte volkümen is, 24a des gezug sal vorgen, der in deme her2s Schilde volkümen is, unde iens gezug si vorlegit. C. II. Welch man zu deme herschilde nicht geborn is, der enmag nicht geweigern gut zu liene deme, der des herschildes darbet, unde enmag keinen sinen herren vorlegen, ab he an in 3o volgen sal, dennoch he des herschildes nicht enhat. Ab ein man, volkümen an deme herschilde, von phaffen oder von wibe oder von eime, der des herschildes nicht enhat, belent wirt, deme lene enmag he nicht volgen an einen anderen herren.

19 herre D Η Ο Horn., here W. 24 unde - is] unde en ander die an lenrechte vulkomen is Horn., fehlt WD Η Ο. 25 gezug] getüch

Horn., fehlt W D Η Ο.

289 Es beginnt das vierte Buch. Kapitel I. Wer Lehenrecht kennen will, der folge der Lehre dieses Buches. Zu allererst müssen wir uns merken, daß die Heerschildordnung mit dem König beginnt und im siebten (Schild) endet 1 . Jedoch haben die Laienfürsten den sechsten Schild in den siebten gebracht, indem sie Lehensmannen der Bischöfe geworden sind; das war vorher nicht so. Pfaffen, Kaufleute, Bauern 2 , Frauen und alle, die rechtlos oder von unehelicher Geburt sind, auch alle, die nicht von Ritters Art sind vom Vater und vom Großvater her, die sollen kein Lehenrecht haben. Leiht ein H e r r dennoch einem solchen ein Gut, so hat dieser zwar (dem Herrn gegenüber) Lehenrecht an diesem Gut, er kann es aber nicht an seine Kinder vererben, und es fehlt ihm auch die Folge an einen anderen Herrn. Vom Zeugnis und von der Urteilsfindung im Lehensgericht kann man alle, die keinen Heerschild haben, ausschließen 3 ; ihr H e r r jedoch, von dem sie Lehenrecht haben, muß sich ihr Zeugnis und Urteil gefallen lassen, kann dieses aber gegen andere nicht benutzen. Wenn zwei Lehensmannen gleiche Ansprüche auf ein Gut erheben und Zeugen dafür aufbieten, und ist einer nicht zum Heerschild geboren, der andere aber voll lehensfähig, so soll dessen Zeuge vorgehen, der im Heerschild vollkommen ist, der Zeuge des anderen ist jedoch abzuweisen 3 . Kapitel II. Ein Lehensmann, der zum Heerschild nicht geboren ist, kann sich nicht weigern, demjenigen ein Gut zu leihen, der (gleichfalls) keinen Heerschild hat, auch kann er keinen als seinen H e r r n zurückweisen, wenn er an diesen folgen soll, auch wenn dieser keinen Heerschild hat. Wenn ein Mann, der am Heerschild vollkommen ist, von P f a f f e n oder von Frauen oder (sonst) von einem, der keinen Heerschild hat, belehnt wird, so kann er mit diesem Lehen nicht an einen anderen H e r r n folgen.

1 lenden, lenten sw.V. , b e e n d e n , z u s t a n d e b r i n g e n ' , w ö r t l . ,ans L a n d k o m m e n , landen'; 2 dorfer, dorfiere s t . M . . D o r f b e w o h n e r , Bauer'; 3 verlegen sw.V. ,ausschließen, h i n d e r n , v e r s p e r r e n ' , »zurückweisen, widerlegen'.

l r . (Lnr. 1): D e r K ö n i g im g o l d f a r b e n e n R o c k , mit K r o n e u n d Z e p t e r auf d e m T h r o n sitzend, erteilt d e m v o r i h m in D e m u t s h a l t u n g s t e h e n d e n A d l i g e n (im q u a d r i e r t e n R o c k ) eine L e h r e ( R e d e gestus). In Η f i n d e t sich an d i e s e r Stelle ein typisches m a g i s t e r c u m discipulis-Bild mit e i n e m bärtigen, r u t e n s c h w i n g e n d e n L e h r e r u n d einem Schüler in g r ü n e r H e r r e n t r a c h t , b e i d e s i t z e n d . D i e U m g e s t a l t u n g des Bildes in D u n d W k ö n n t e auf die a u c h in d e r G l o s s e e r w ä h n t e m ü n d l i c h e Ü b e r l i e f e r u n g z u r ü c k g e h e n , w o n a c h das Leh e n r e c h t von d e m S t a u f e r k a i s e r Friedrich e i n g e f ü h r t w o r d e n ist. Hübbe, Heerschild, S. 272ff.; Naß, Wappen, S. 2 3 6 f f , 267; SchmidtWiegand, Kulturgeschichte, S. 234, 252. Ii. (Lnr. 1): D i e H e e r s c h i l d o r d n u n g w i r d d u r c h sieben W a p p e n schilde v e r a n s c h a u l i c h t , die, i h r e r R e i h e n f o l g e e n t s p r e c h e n d , in d e r ersten R e i h e von rechts n a c h links u n d in d e r zweiten R e i h e von links n a c h r e c h t s zu lesen sind. A n erster Stelle s t e h t d e r A d l e r schild d e s K ö n i g s , g e f o l g t von d e m Schild d e r geistlichen F ü r s t e n (rotes P o n t i f i k a l g e w a n d , silberne M i t r a ) u n d d e m d e r L a i e n f ü r s t e n ( r e p r ä s e n t i e r t d u r c h d e n a u f g e r i c h t e t e n L ö w e n des M a r k g r a f e n von M e i ß e n ) . D e r Schild mit d e m s c h w a r z e n A n d r e a s k r e u z auf G o l d ist w o h l d e r des B u r g g r a f e n von M e i ß e n . Es f o l g t als f ü n f t e r Heerschild das Wappen des meißnischen Geschlechts der H e r r e n von C o l d i t z ( h a l b e r s c h w a r z e r L ö w e ü b e r zwei S c h r ä g b a l k e n auf G o l d g r u n d ) . D e r siebenmal von R o t u n d Silber geteilte Schild ist nicht sicher zu b e s t i m m e n . D e r siebente H e e r s c h i l d , in d e r d r i t t e n Reihe, von d e m m a n nicht weiß, ab he lenrecht oder herschilt gehabin muge (vgl. W fol. 10v5), ist als Leerschild o h n e Spitze w i e d e r g e g e -

folio 59 recto

ben. In H , w o a u c h die z w e i t e R e i h e von r e c h t s nach links zu lesen ist, w i r d d e r vierte H e e r s c h i l d d u r c h d a s W a p p e n d e r G r a f e n von W e r n i g e r o d e u n d d e r f ü n f t e d u r c h d a s W a p p e n d e r H e r r e n von H e i m b u r g k o n k r e t i s i e r t . In Η sind r e c h t e s u n d linkes Bild des ersten Bildstreifens d u r c h einen B a l k e n (wie im 2. u n d 4. Bildstreifen von D und W) getrennt. Hübbe, Heerschild, S. 27iff.; Naß, Wappen, S. 236jf., 267; SchmidtWiegand, Kulturgeschichte, S. 234, 252. 2t. (Lnr. 2§1): D e r H e r r ( H e r r e n t r a c h t , S c h a p e l ) erteilt e i n e m B a u ern t r o t z d e r im T e x t g e n a n n t e n B e s c h r ä n k u n g e n ein L e h e n . D i e kleine F i g u r im b l a u e n R o c k v e r k ö r p e r t d e n S o h n d e s B a u e r n , d e r mit R e d e g e s t u s (in Η r i c h t i g e r mit T r a u e r g e s t u s ) zu v e r s t e h e n gibt, d a ß er d a s L e h e n n i c h t e r b e n d a r f . Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 255. 21. (Lnr. 2§2)): D e r Weltgeistliche ( T o n s u r ) , d e r K a u f m a n n ( G e l d stück, in Η Elle), d e r D o r f b e w o h n e r (in B a u e r n t r a c h t , in Η z u s ä t z lich mit H i r t e n s t a b ) u n d die Frau (Schleier) sullen lenrechtes darben. D e s h a l b s t e h t ein M a n n mit W e i g e r u n g s g e s t u s d e r G r u p p e g e g e n ü b e r , d.h. er v e r w e i g e r t die B e l e h n u n g , wie sie in d e r r e c h t e n B i l d z e i l e n h ä l f t e , auf die aller A u g e n g e r i c h t e t sind, d a r g e s t e l l t w i r d . Fälschlich e r s c h e i n t d e r L e h e n s h e r r in D u n d W in B a u e r n t r a c h t statt wie in Η in H e r r e n t r a c h t . Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 255. 3r. (Lnr. 2§2): D i e im T e x t g e n a n n t e n F u n k t i o n e n d e r vier F i g u r e n (rechts u n d M i t t e ) sind völlig entstellt. Alle s c h e i n e n sie auf das R e l i q u i a r zu s c h w ö r e n , k e i n e r von ihnen ist als L e h e n s h e r r k e n n t lich g e m a c h t . Lediglich die b e i d e n P e r s o n e n links sind d u r c h ihre T r a c h t als B a u e r n a u s g e w i e s e n . G e n a u e r ist die D a r s t e l l u n g in H . D e r L e h e n s h e r r (hier richtig in H e r r e n t r a c h t mit Schapel) h a t als K l ä g e r in einer l e h e n s r e c h t l i c h e n S a c h e zwei l e h e n s u n f ä h i g e B a u ern als Z e u g e n a u f g e b o t e n . Sein G e g n e r e r g r e i f t die z u m Eid auf d a s R e l i q u i a r g e r i c h t e t e n A r m e d e r B a u e r n u n d verlegt ( d . h . verh i n d e r t ) d a m i t ihren S c h w u r , da sich ihr H e r r z w a r i h r Z e u g n i s u n d Urteil g e f a l l e n lassen m u ß , sie seinerseits a b e r g e g e n n i e m a n d e n in A n s p r u c h n e h m e n d a r f . 31. (Lnr. 2§2): I m G e g e n s a t z zu Η fehlt hier d e r T r e n n u n g s b a l k e n , d e r a n d e u t e t , d a ß die Bildzeile in zwei B i l d h ä l f t e n mit u n t e r s c h i e d licher R e c h t s a u s s a g e u n t e r t e i l t w i r d . D e r B a u e r links bittet seinen n e u e n H e r r n , d e r fälschlicherweise ebenfalls im B a u e r n k l e i d d a r gestellt ist (vgl. a u c h W f o l . 59r2l; richtig die H e r r e n t r a c h t mit Schapel in H ) , u m die L e h e n s e r n e u e r u n g . E r t u t dies v o r s c h r i f t s m ä ß i g (vgl. a u c h W fol. 65v3) mit g e f a l t e t e n H ä n d e n , wie in L n r . 22§§1,2 g e f o r d e r t . D e r H e r r versagt ihm die M a n n s c h a f t mit W e i g e r u n g s g e s t u s aus l e h e n s r e c h t l i c h e n G r ü n d e n . D e r B i l d b u c h s t a b e V, d e r in Η e i n d e u t i g d e r r e c h t e n B i l d z e i l e n h ä l f t e z u g e o r d n e t ist, s t e h t hier g e n a u z w i s c h e n d e n b e i d e n T e i l e n u n d ist d a h e r n i c h t klar z u z u o r d n e n . 4r. (Lnr. 2§5): B e h a n d e l t w i r d hier d e r L e h e n s v e r t r a g u n t e r H e e r schildlosen. Beide Figuren sind B a u e r n ( b r a u n e r R o c k , d u n k l e Beinkleider) u n d von d a h e r l e h e n s u n f ä h i g . D a sie sich u n t e r e i n a n d e r nicht w e i g e r n k ö n n e n , d e n jeweils a n d e r e n mit e i n e m G u t zu b e l e h n e n , n i m m t d e r eine die M a n n s c h a f t ( g e f a l t e t e H ä n d e ) d e s a n d e r e n an, d.h. er w e i g e r t sich nicht, ihn z u b e l e h n e n . In Η w i r d der Tatsache, daß der Belehnende gegenüber dem zu Belehnenden die Stellung eines L e h e n s h e r r n i n n e h a t , insoweit R e c h n u n g g e t r a g e n , als sein B a u e r n r o c k d u r c h v e r s c h i e d e n e illustrative U m f o r m u n g e n d e m Kleid des adligen L e h e n s h e r r n a n g e g l i c h e n ist, o h n e ihm indessen g a n z zu e n t s p r e c h e n . 4l. (Lnr. 2§4): D a s G u t , auf das zwei L e h e n s l e u t e gleichen A n s p r u c h e r h e b e n , ist d u r c h die A c k e r h a l m e (in e i n e m O v a l ) c h a r a k terisiert. D i e Figuren d e u t e n j e d e m i t einer H a n d auf d e n Streitgeg e n s t a n d . D e r j e n i g e , d e r in deme herschilde volkumen ist ( k e n n t l i c h a m Schild), h i n d e r t d e n j e n i g e n , d e r zu deme herschilde nicht geborn ist, von d e m G u t Besitz zu e r g r e i f e n . G e n a u e r ist die D a r s t e l l u n g in H : D e r n i c h t l e h e n s f ä h i g e M a n n w i r d d u r c h d e n r i t t e r b ü r t i g e n , h e e r s c h i l d t r a g e n d e n M a n n a m S c h w u r auf d a s R e l i q u i a r d u r c h W e g z i e h e n d e r S c h w u r h a n d g e h i n d e r t . D e r Schild in W ist u n b e malt geblieben. D e r I l l u s t r a t o r von Η h i n g e g e n h a t f ü r diesen Schild eine P h a n t a s i e b e m a l u n g gewählt. D e r B i l d b u c h s t a b e Α , in D u n d Η v o r h a n d e n , ist fälschlicherweise in Bildzeile 5 g e r u t s c h t . Naß Wappen, S. 268. 5. (Lnr. 2§6): Links wird ein r i t t e r b ü r t i g e r M a n n ( k e n n t l i c h a m Schild) v o n einem Geistlichen ( T o n s u r ) u n d von e i n e r Frau (Schleier) b e l e h n t . E r bietet ihnen mit g e f a l t e t e n H ä n d e n seine M a n n s c h a f t an. P f a f f e u n d Frau sind in diesem Fall als L e h e n s h e r ren a n z u s e h e n , d a sie ü b e r ein G u t v e r f ü g e n k ö n n e n . D e r Illustrat o r h a t dies d u r c h die s i t z e n d e H a l t u n g d e r b e i d e n a u s g e d r ü c k t , während der Heerschildträger, dem Belehnungszeremoniell ents p r e c h e n d , v o r ihnen n i e d e r k n i e t . Im r e c h t e n Teil des Bildes ers u c h t d e r B e l e h n t e einen anderen herren (Schapel, H e r r e n t r a c h t ) u m die E r n e u e r u n g des L e h e n s , die d i e s e r mit W e i g e r u n g s g e s t u s a b l e h n t . D i e Schilde sind a u c h hier w i e d e r u n b e m a l t geblieben (in Η bemalt). Naß, Wappen, S. 238, 268.

folio 59 verso Is en Ji das ein phaffe od' ein wip des riches gut-bi kore vnpha-vn den herjchilt dar ab habe-das gilt mögen Ji lien-vnde deme gute volgen • an einen ande'n h'ren Burg len abir vn kirchen vn alle lien da ein man deme riche nicht phlichtig en is ab zu dinede-das mag phaffe lien-vn wipalleine en haben Ji des herjchildes nicht -vfi deme mag man volge an einen ande'n h're· Der man Jal phlichtig Jime - III h'ren hulde tun vfi Jweren das he im al/o getruwe · vnde aljo holt Ji · alje durch recht-ein mä Jime h'ren Julie di wile he Jin man wejin wil • vn Jin gut haben wil · di wile hes nicht en tut-Jo en mag he nimädes gezug Jin an lenrechte · he Jal ouch Jinen h'ren mit Worten-vfi mit tat eren-wo he bi im is-vn uf Jten kegen im vnde en lajin vor gen· / - IUI · Des riches dinjt das dem manne geböte wirt mit vrteiln Jechs wochen vor dem tage-e-he varen Julie-vn im das gekü= diget wirt das is zwene man des h'ren hören-das Jal he dinen bi phlichtig binne duczjchir Zungen di romijcheme riche vndir tan is Alle di aber inojterhalp d' Jale belent Jin · dy Juln dinen zu polen · Sechs wochen Jal der man dinen Jime herren bi Jiner kojt-Jechs wochen vor un= de Jechs wochen nach Jal he des riches vride habe-vnde Jchat rowe Jo das ym kein Jin herre zu lenrechte·

290 Is ensi, das ein phaffe oder ein wip des riches gut bi kore unpha unde den herschilt dar ab habe; das gut mugen si lien, unde deme gute volgen an einen anderen herren. Burg5 len abir unde kirchen unde alle lien, da ein man deme riche nicht phlichtig enis ab zu dinende, das mag phaffe lien unde wip, alleine enhaben si des herschildes nicht, unde deme mag man volgen an einen anderen herren. ίο C. III. Der man sal phlichtig sime herren hulde tun unde sweren, das he im also getruwe unde also holt si, alse durch recht ein man sime herren sulle, di wile he sin man wesin wil unde sin gut haben wil. Di li wile hes nicht entut, so enmag he nimandes gezug sin an lenrechte, he sal ouch sinen herren mit Worten unde mit tat eren, wo he bi im is, unde ufsten kegen im unde en lasin vorgen. 20 C. IUI. Des riches dinst, das dem manne geboten wirt mit urteiln sechs wochen vor dem tage, e he varen sulle unde im das gekundiget wirt, das is zwene man des herren hören, das sal he dinen bi phlicht binnen is duzchir zungen, di romischeme riche undirtan is. Alle, di aber in osterhalp der 27 Sale belent sin, di suln dinen zu Wenden, zu Bemen unde zu Polen. 27a Sechs wochen sal der man dinen sime herren bi siner kost, sechs wochen vor un30 de sechs wochen nach sal he des riches vride haben unde schatrowe, so das im kein sin herre zu lenrechte

24 phlicht H, phlichtig W D, plicht Ο Horn. 25 duzchir] duczschir WD, duyscher H, dudescher O, düdischer Horn. 27/ 27a Wenden - zu] wenden, czv bemen vnde czv H, wenden, to behem unde to Ο, weneden unde to polenen unde to beheme Horn., fehlt WD.

291

Es sei denn, d a ß ein P f a f f e oder eine Frau durch eine W a h l Reichsgut 1 e m p f ä n g t u n d d a d u r c h den Heerschild erlangt; dieses G u t k ö n n e n sie verleihen, u n d mit diesem G u t k ö n n e n sie auch an einen anderen H e r r n folgen. Burglehen aber und Kirchenlehen u n d alle Lehen, von denen ein M a n n dem Reiche keinen Dienst schuldet, die k ö n n e n P f a f f e u n d Frau verleihen, auch wenn sie keinen Heerschild haben, u n d mit diesem (Lehen) kann man auch an einen anderen H e r r n folgen. Kapitel III. D e r M a n n soll pflichtgemäß seinem H e r r n huldigen u n d schwören, d a ß er ihm treu und ergeben 2 sei, wie es von Rechts wegen ein Leh e n s m a n n seinem H e r r n sein soll, solange er sein Lehensmann sein u n d Lehensgut von ihm haben will; wenn er dies aber nicht tut, so kann er niemandes Zeuge sein im Lehensgericht. Er soll auch seinem H e r r n mit W o r t u n d T a t E h r e erweisen, wenn er bei ihm ist, u n d aufstehen vor ihm u n d ihm den Vortritt lassen. Kapitel IV. D e r Reichsdienst 3 , d e r dem M a n n durch Urteil geboten wird sechs W o c h e n vor d e m Tag, an d e m er ausziehen soll, u n d der ihm so verkündet wird, d a ß es zwei M a n n e n des H e r r n hören, den h a t er pflichtgem ä ß zu leisten im Lande deutscher Zunge, das dem römischen Reiche Untertan ist. Alle aber, die östlich 4 der Saale belehnt sind, sollen im W e n d e n land, in Böhmen u n d in Polen den Dienst leisten. Sechs W o c h e n m u ß der Lehensmann seinem H e r r n auf eigene Kosten dienen, u n d sechs W o chen vorher und n a c h h e r soll er den Frieden des Reiches u n d R u h e vom Lanzendienst 5 haben, so daß ihn keiner seiner H e r r e n z u m Lehensgericht

1 des riches gut st.N. ,Reichsgut, im Gegensatz zum Eigengut'; 2 holt Adj. »ergeben, gewogen, dienstbar'; 3 des riches dinst st.M.N. ,Reichsdienst, Pflicht, für das Reich Waffendienst zu leisten'; 4 osterhalp Adv. ,im Osten, östlich'; 5 schatrowe st.F. (md.) ,Ruhe vom Lanzendienst, Zeit der Befreiung vom Heerdienst', wörtl. ,Schaftruhe'.

folio 59 verso

1. (Lnr. 2§6): In der rechten Bildhälfte belehnt der an der T e x t Bild-Zäsur sitzende König (Krone) den vor ihm knienden Geistlichen (irrtümlich mit ausgemalter Tonsur) und eine Frau (Schleier) durch das Zepter mit riches gut, wodurch sie heerschildfähig werden, wie die gehaltenen Schilde anzeigen. In der linken Bildhälfte nehmen sowohl der nun sitzende Geistliche als auch die sitzende Frau eine Unterbelehnung bei den vor ihnen knienden Männern mittels Kommendation vor. Naß, Wappen, S. 238, 268. 2. (Lnr. 2§7): Rechts vergeben ein Geistlicher (Tonsur) und eine Frau (Schleier) durch Übergabe eines (Kirchen-)Schlüssels (Investitursymbol) als Wahrzeichen der Verfügungsgewalt ein Kirchenlehen an einen vor ihnen knienden Geistlichen (Tonsur). Die Kirche als Gegenstand der Belehnung ist hinter den sitzenden Lehensherren dargestellt. Links belehnen wiederum ein Geistlicher und eine Frau den vor ihnen knienden Mann mittels Kommendation mit einem Burglehen. Die Burg mit Burgtor (fehlt in H) als Lehensobjekt ist ebenfalls im Hintergrund des Bildes dargestellt. Der gesamte Bildstreifen verdeutlicht damit, dem Text entsprechend, die Belehnungen (Burg- und Kirchenlehen), f ü r die man dem König nicht zum Heeresdienst verpflichtet ist und die deshalb auch von P f a f f e und Frau verliehen werden können. 3. (Lnr. 3): In der linken Bildhälfte huldigt der stehende Lehensmann (grau changierender Rock) seinem vor ihm sitzenden Lehensherrn (Schapel, lichtgrüner Rock) mit Eid auf die Reliquien. (Anders H : Der Lehensmann huldigt kniend und mit Gelöbnisgebärde seiner Linken dem Lehensherrn, der zusätzlich den Richterhut trägt, d.h. ebenso das Lehensgericht repräsentiert.) Rechts läßt der gleiche Lehensmann zum Zeichen der Ehrerbietung seinem Herrn (beide in identischer Kleidung), der einen Hauspfosten umfaßt, im Haus den Vortritt. Mit Aufmerksamkeitsgestus seiner Rechten deutet er an, daß auch diese Gebärde Bestandteil seiner Huldigung ist. 4. (Lnr. 4§1): Der an der Text-Bild-Zäsur sitzende König (Krone und Zepter) erläßt das Aufgebot zum Reichsdienst an den mit Schwert vor ihm knienden Lehensherrn (der in Η bereits im Waffenrock gerüstet erscheint). Mit Befehlsgestus seiner Linken und mit dem rechts getragenen Schwert bietet in der linken Bildhälfte der sitzende Lehensherr (in Η wiederum im Waffenrock) seinen vor ihm knienden, gerüsteten Vasallen ebenfalls zur H e e r f a h r t auf. N u r in W und D ist berücksichtigt, daß der Lehensherr das Gebot so verkünden muß, das is zwene man des herren hören, verdeutlicht durch die Fingerzeige der beiden neben dem Lehensherrn stehenden Männer auf ihr Gesicht. Die jeweils zwischen den Personen angebrachte Zahl VI gibt die im Text genannte Sechswochenfrist an. Mit Gelöbnisgebärde versprechen die Aufgebotenen (Lehensherr und Vasall) zu gehorchen, d.h. ihr rechtzeitiges Erscheinen. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Naß, Wappen, S. 238, 268; SchmidtWiegand, Text und Bild, S. 2ß. 5. (Lnr. 4§1): Der Bildstreifen wird durch einen Fluß, die im Text genannte Saale, die mitten durch das Bild fließt, in zwei Bildhälften geteilt. Rechts vollzieht der König (Krone) die Belehnung eines mit einem Schwert gerüsteten, vor ihm knienden, Vasallen, dessen Lehen ostwärts der Saale gelegen ist. Der Vasall gelobt den Dienst wie in Bildzeile 4. Links erscheint der Reichsvasall im fremden Land und bekämpft mit geschwungenem Schwert die in jenem Gebiet sitzenden fremden Völker - dargestellt durch die auf einer Bank sitzenden 3 Personen - , die in W und D nicht näher charakterisiert sind. Allein aus dem Vergleich mit dem Text geht hervor, daß es sich dabei um Wenden, Polen oder Böhmen handelt (vollständiger H : D o r t kämpfen zwei Reichsvasallen gemeinsam gegen die fremden Völker, deren Repräsentanten bereits blutige Köpfe haben. Zwei von ihnen sind zusätzlich durch ihre besondere Helmform als Fremde kenntlich gemacht). D a ß die Dienstpflicht sechs Wochen dauert, zeigt in der linken Bildhälfte die Zahl VI an (VI steht in Η in beiden Bildhälften). Ungeklärt bleibt die eiserne Zange (?) in der Rechten des Königs, die in Η durch das übliche Zepter ersetzt ist. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Naß, Wappen, S. 238, 268; SchmidtWiegand, Text und Bild, S. 25.

folio 60 recto

292

IUI

ι

10

11

20

2s

so

getedingen mag noch des riches dinjt gebite Swen aber di duczchen eine kunig kijen vn he zu rome vert noch der wiunge Jo Jint phlichtig Jechs vorjten mit im zu varne dy · di erjten an der kore Jin der bijchof von menzce von trire von koine· der phalenz greue von deme rine-Der herzöge von Jachen • der markereue von brandeburg · durch das dem babejte wijlich Ji des kuniges redeliche kore Ouch Jal da varen iclich man mit Jime herren · der des riches gut zü liene h a t - o d ' he Jal lojen di vart mit deme zcenden phunde das he alle iar von ym hat · dije heruart Jal man gebiten Jechs wochen vn ein iar-vnde dri tage vor er der Jamenvnge · vn di hervart lent den duczchen alje der kunig gewiet is Der mä Jal ouch Jime herren dinen da mite das he im vrteil vinde zu lenrechte vor mittage • vn buzen gebundenen tagen-vn buzen viertagen · Swas ab' vor mittage vn büzen gebundene tagen vn bujen viertage mit vrteiln begriffen wirt-das müs man wol endin noch mittage-vn in gebüdenen tagen ane in viertagen Swer ein phert odir Jins gutes icht Jime herren gelige hat · odir icht an Jime dinjte vor loren · das im vnuorgolde is · di wile en is he nicht phlich= tig Jime h'ren zu dinene noch lenrechtes zu phlegene·

s

ίο

is

20

21

30

getedingen en mag noch des riches dinst gebiten. Swen aber die Duzehen einen kunig kisen unde he zu Rome vert noch der wiunge, so sint phlichtig sechs vorsten mit im zu varne, di di ersten an der kore sin: der bischof von Menzce, von Trire, von Koine, der phalenzgreve von deme Rine, der herzöge von Sachsen, der markgreve von Brandenburg, durch das dem babeste wislich si des kuniges redeliche kore. Ouch sal da varen iclich man mit sime herren, der des riches gut zu liene hat, oder he sal losen di vart mit deme zcenden phunde, das he alle jar von im hat; dise hervart sal man gebiten sechs wochen unde ein jar unde dri tage vor er der samenunge, unde di hervart lent den Duzehen alse der kunig gewiet is. Der man sal ouch sime herren dinen da mite, das he im urteil vinde zu lenrechte vor mittage unde buzen gebundenen tagen unde buzen viertagen. Swas aber vor mittage unde buzen gebundenen tagen unde buzen viertagen mit urteiln begriffen wirt, das mus man wol endin noch mittage unde in gebundenen tagen ane in viertagen. Swer ein phert odir sins gutes icht sime herren geiigen hat, odir icht an sime dinste vorloren, das im unvorgolden is, di wile enis he nicht phlichtig, sime herren zu dinene noch lenrechtes zu phlegene.

1 en] ne Ο Horn., fehlt

W D H. 2 Duzehen] duczchen W D,

duyschen H, dudeschen O, düdischen Horn. 8 Sachsen] sachsen D H, sassen Ο Horn., Sachen W. markgreve] markereue WD, marchereve H, maregreue O, maregreve Horn. 17 wie 2. 22 buzen I) H, busen W, buten Ο Horn.

293

laden o d e r z u m Reichsdienst aufbieten kann. W e n n aber die Deutschen einen König wählen u n d dieser nach R o m z u r Weihe 1 fährt, so sind sechs Fürsten, die bei der W a h l die ersten sind, z u r H e e r f a h r t verpflichtet: die Bischöfe von Mainz, von Trier u n d von Köln, der Pfalzgraf vom Rhein, der H e r z o g von Sachsen u n d der Markgraf von Brandenburg; d a d u r c h soll dem Papst die rechtmäßige 2 W a h l des Königs bekannt 3 gemacht werden. Auch soll mit seinem H e r r n jeder Lehensmann f a h r e n , der Reichsgut zu Lehen hat, o d e r er soll die Fahrt ablösen mit dem zehnten P f u n d der Einnahmen, die er jedes J a h r aus dem Lehen hat; zu dieser H e e r f a h r t 4 soll man aufbieten sechs W o c h e n u n d ein J a h r u n d drei T a g e vor der V e r s a m m l u n g des Heeres, u n d die H e e r f a h r t endet f ü r die Deutschen, wenn der König geweiht ist. D e r Lehensmann soll seinem H e r r n auch damit dienen, d a ß er f ü r ihn Urteil findet im Lehensgericht bis Mittag, jedoch außerhalb der gebundenen T a g e u n d Feiertage 5 . W e n n aber ein V e r f a h r e n am V o r m i t t a g und außerhalb der geb u n d e n e n T a g e u n d Feiertage mit Urteil e r ö f f n e t wird, dann darf man es auch noch am N a c h m i t t a g u n d innerhalb der gebundenen T a g e zu Ende bringen, a u s g e n o m m e n jedoch an Feiertagen. W e r ein P f e r d o d e r sonst etwas aus seinem G u t seinem H e r r n geliehen o d e r etwas in dessen Dienst verloren hat, das ihm noch nicht ersetzt w o r d e n ist, der ist einstweilen nicht verpflichtet, seinem H e r r n zu dienen o d e r sonstigen Lehenspflichten n a c h z u kommen.

folio 60 recto

1. (Lnr. 4§1): Sechs W o c h e n (VT) lang m u ß sich ein M a n n , d e r z u m R e i c h s d i e n s t g e b o r e n w u r d e , auf eigene K o s t e n v e r p f l e g e n . Sechs W o c h e n d a v o r u n d d a n a c h (dargestellt d u r c h die Z a h l VI in d e r M i t t e u n t e n ) g e n i e ß t er d e n Frieden des R e i c h e s u n d die S c h a f t r u h e , d . h . die R u h e v o m L a n z e n d i e n s t . L i n k s zeigt d a s Bild d e n sich im R e i c h s d i e n s t auf d e r H e e r f a h r t b e f i n d l i c h e n L e h e n s m a n n ( k e n n t l i c h a m W a p p e n ) , d e r an e i n e m g e d e c k t e n T i s c h sitzt u n d eine M a h l z e i t e i n n i m m t . R e c h t s wird d e r gleiche M a n n h a l b liegend gezeigt, wie er auf seinen Schild g e s t ü t z t , d a s S c h w e r t in d e r Scheide, u n t e r dem S c h a f t einer L a n z e a u s r u h t . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Naß, Wappen, S. 238, 268; SchmidtWiegand, Kulturgeschichte, S. 249/.; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 25. 2. (Lnr. 4§2): D a r g e s t e l l t ist die W e i h e des Kaisers in R o m . D e r K ö n i g (goldenes G e w a n d , g o l d e n e K r o n e ) k n i e t v o r d e m P a p s t (mit Alba, H u m e r a l e , D a l m a t i k a u n d Kasel) nieder, u m z u m Kaiser g e w e i h t zu w e r d e n . D e r P a p s t h ä l t zu diesem Z w e c k einen W e i h w a s s e r w e d e l in seiner R e c h t e n , u n d e i n e r d e r b e i d e n h i n t e r ihm s t e h e n d e n Geistlichen hält ein b l a u e s W e i h w a s s e r b e c k e n in seiner H a n d . D e r K ö n i g w i r d begleitet von d e n sechs E r s t k ü r e r n , d e n d r e i B i s c h ö f e n u n d d e n drei weltlichen H e r r e n ( F ü r s t e n ) , die in Η a u c h an ihren F a h n e n als F ü r s t e n zu e r k e n n e n sind (vgl. L d r . III 57 = W fol. 5 1 r l - 3 ) . In W f e h l e n die F a h n e n . Schmidt, Kaiser und Papst, S. 100. 3. (Lnr. 4§3): D e r L e h e n s h e r r , d e r z u m R o m z u g g e r ü s t e t m i t g e z o g e n e m S c h w e r t dasitzt, g e b i e t e t seinem M a n n die H e e r f a h r t , ind e m er auf die Z a h l e n d e u t e t , die die A u f g e b o t s f r i s t a n z e i g e n ( L I I W o c h e n ; V T [ / ] W o c h e n u n d drei, d u r c h K r e i s e a n g e d e u t e t e T a g e ) . D i e Z a h l sieben, w e l c h e die W o c h e n m e i n t , ist f e h l e r h a f t ; D u n d Η h a b e n hier richtig VT. D e r M a n n k a u f t sich a b e r d u r c h die Z a h l u n g des z e h n t e n P f u n d e s seiner J a h r e s e i n n a h m e n v o n dieser V e r p f l i c h t u n g los. D e r z e h n t e Teil des P f u n d e s ist d u r c h die Z a h l X z u F ü ß e n d e s M a n n e s a u s g e d r ü c k t . D a s P f u n d ist n u r in Η richtig d u r c h 12 G e l d s t ü c k e w i e d e r g e g e b e n , w ä h r e n d D u n d W n u r 10 G e l d s t ü c k e darstellen. 4. (Lnr. 4§4): D a s Bild stellt eine Szene vor d e m L e h e n s g e r i c h t d a r . R e c h t s sitzen d e r L e h e n s r i c h t e r , als H e r r k e n n t l i c h an seiner g r ü n e n K l e i d u n g u n d d e m Schapel, u n d d e r z u r U r t e i l s f i n d u n g verp f l i c h t e t e Vasall. In d e r L i n k e n h ä l t d e r L e h e n s h e r r einen K r a n z , d e r w o h l als eine A r t V e r z e i c h n i s d e r g e b u n d e n e n u n d d e r Feiert a g e zu d e u t e n ist. D i e S o n n e s t e h t v o l l s t ä n d i g am H i m m e l ; es ist also M i t t a g ( a n d e r s H , w o die u n v o l l s t ä n d i g e S o n n e d e n V o r m i t tag meint). M i t Befehlsgestus weist d e r L e h e n s h e r r die v o r ihm steh e n d e n Vasallen d a r a u f hin, d a ß sie die R e c h t s u c h e n d e n sind. S o w o h l d e r L e h e n s h e r r als a u c h d e r z u r U r t e i l s f i n d u n g v e r p f l i c h t e t e M a n n n e b e n i h m weisen mit i h r e m F i n g e r z e i g in R i c h t u n g M i t t a g s s o n n e d a r a u f hin, d a ß in d e r b e g o n n e n e n R e c h t s s a c h e auch n o c h am N a c h m i t t a g ein U r t e i l g e s p r o c h e n w e r d e n m u ß . D i e geb u n d e n e n T a g e sind d u r c h einen Kreis, in d e m sich ein K r e u z b e f i n d e t , die Feiertage d u r c h einen Kreis, auf d e m ein K r e u z steht, bezeichnet. 5. (Lnr. 4§5): D e r L e h e n s m a n n im b l a u e n R o c k h a t d e m H e r r n ( g r ü n e K l e i d u n g , Schapel) ein P f e r d geliehen. D i e s e r h ä l t es n o c h am Z ü g e l u n d b r i n g t d a m i t z u m A u s d r u c k , d a ß er es n o c h in sein e m Besitz hat. M i t W e i g e r u n g s g e b ä r d e ( d e u t l i c h e r als s o l c h e zu e r k e n n e n in H ) m a c h t d e r M a n n deutlich, d a ß er nicht e h e r gewillt ist, d e n L e h e n s d i e n s t zu leisten, b e v o r ihm d a s P f e r d n i c h t z u r ü c k g e g e b e n ist.

1 wiunge st.F. ,Weihe, kirchliche S e g n u n g ' ; 2 redelich A d j . o r d nungsgemäß, rechtmäßig, angemessen'; 3 wislichen A d v . »sicherlich, b e k a n n t l i c h ' ; 4 hervart s t . F . , H e e r f a h r t , K r i e g s z u g ' ; 5 viertac s t . M . ,Feiertag, Festtag'.

folio 60 verso Weigert ab' der h're Jime mäne rechtis wen he von im beclait wirt vor Jine manen di wile en darf he nicht im dine noch lenrechtis phle Zewen manne mag der h're · Υ · gen· ein gut lien aljo-das einer di gewer dar an habe-vn d' andire das gedinge-ab d' andere ane len erben Jterbe · der is in gew'en hat an gedinge is keine volge-let is ouch ien' d' is ingew'en hat das gedinge is g e s ehen-he en pha is wid' d' is gelajin hat-vn Jterbe dar an · Swer das gut ingew'en hat d' mag is gezüge-ab hes bedarf m1 des h're mäne · di is wijjen das is Jin len Ji · d' das gedinge dar an h a t - d ' müs is gezuge mit den di is Jagen ·νή horte das is im gelige J i · d u r c h das he der gewer darbit· -VI· Der vat' erbit uf den Jon di gew' des gute 5 mit dem gute · durch das en bedarf d' Jon nicht · das mä im des vat' gut bewije • Swelch mä ab' des Jons darbit d' erbit uf de h'ren di gewer des gutes is en Ji denne das der h're das gedinge dar an vor legen habe · vn der belente man das behalde noch rechte binne Jiner iar zcale· -VII· Swelch h're ein gut liet Jinem mäne Jwo im das aller erjt ledig w'de is Ji lüzel od' vil · Unde dar noch liet eime anderen ein benant gedinge-mit dem erjten lene en mag ien' dijeme Jin benant gedinge nicht gebrechen wen iener Jtirbit der is ingeweren hat·

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25

so

Weigert aber der herre sime manne rechtis, wen he von im beclait wirt vor sinen mannen, di wile endarf he nicht im dinen noch lenrechtis phlegen. C.V. Zewen mannen mag der herre ein gut lien also, das einer di gewer dar an habe unde der andire das gedinge; ab der andere ane lenerben sterbe, der is in geweren hat, an gedinge is keine volge. Let is ouch iener, der is in geweren hat, das gedinge is gebrochen, he enpha is wider, der is gelasin hat, unde sterbe dar an. Swer das gut in geweren hat, der mag is gezugen, ab hes bedarf, mit des herren mannen, di is wissen, das is sin len si; der das gedinge dar an hat, der mus is gezugen mit den, di is sagen unde horten, das is im geiigen si, durch das he der gewer darbit. C.YI. Der vater erbit uf den son di gewer des gutes mit dem gute; durch das enbedarf der son nicht, das man im des vater gut bewise. Swelch man aber des sons darbit, der erbit uf den herren di gewer des gutes, is ensi denne, das der herre das gedinge dar an vorlegen habe, unde der belente man das behalde noch rechte binnen siner jarzcale. C.VII. Swelch herre ein gut liet sinem manne, swo im das aller erst ledig werde, is si luzel oder vil. Unde dar noch liet eime anderen ein benant gedinge, mit dem ersten lene enmag iener diseme sin benant gedinge nicht gebrechen, wen iener stirbit, der is in geweren hat.

295

folio 60 verso

Verweigert aber der Herr seinem M a n n das Recht, wenn er von diesem vor seinen Lehensmannen verklagt wird, so braucht ihm der M a n n währenddessen weder Dienst zu leisten noch sonstige Lehenspflichten zu erfüllen. Kapitel V. Der Herr kann zwei Lehensmannen ein Gut so leihen, daß der eine die Gewere daran hat und der andere das Gedinge; falls derjenige, der das Gut in Geweren hat, ohne Lehenserben stirbt, gibt es am Gedinge keine Lehensfolge 1 . Läßt jener das Lehen auf, der es in Geweren hat, so ist auch das Gedinge erloschen 2 , außer wenn es derjenige, der es aufgelassen hat, wieder empfängt und dann stirbt. W e r das Gut in Geweren hat, kann dies, wenn er dessen bedarf, beweisen durch das Zeugnis der Mannen des Herrn, die wissen, daß es sein Lehen ist; wer das Gedinge daran hat, muß dies, weil ihm die Gewere fehlt, beweisen durch das Zeugnis derer, die sahen und hörten, daß es ihm verliehen wurde. Kapitel VI. Der Vater vererbt auf den Sohn die Gewere des Gutes (zusammen) mit dem Gut; darum ist es für den Sohn nicht erforderlich, daß man ihn in des Vaters Gut einweist. Wenn ein Lehensmann aber keinen Sohn hat, vererbt er die Gewere des Gutes auf den Lehensherrn, es sei denn, daß der Herr das Gedinge daran verliehen hat und der (damit) belehnte M a n n dies rechtmäßig binnen Jahresfrist beweist. Kapitel VII. Wenn ein Herr seinen M a n n mit einem Gut, w o immer dieses für ihn zuerst gerade ledig wird, es sei wenig oder viel, belehnt, und danach einem anderen ein Gedinge auf ein bestimmtes Gut leiht, so kann jener mit der ersten Belehnung diesem sein bestimmtes Gedinge nicht brechen, wenn derjenige stirbt, der das Gut in der Gewere hat.

1 volge st.F. ,Folge, Begleitung', hier ,Lehensfolge'; st.V. ,brechen', hier ,erlöschen, beenden'.

2

brechen

1. (Lnr. 4§5): Links steht der Lehensmann, der seinen Herrn verklagt. Er tut dies in Gegenwart der übrigen Vasallen, auf die er mit seiner Rechten zeigt. Der Lehensherr wendet sich ab und bedeutet mit Weigerungsgestus, daß er dem Mann sein Recht verweigert. Der Kläger deutet mit der Linken auf die Erde und meint damit die Stätte des Lehensgerichtes, wo sein Herr ihm Rede und Antwort stehen muß. Dorthin deuten auch, sozusagen als Bestätigung, die beiden anderen Vasallen. Schmidt-Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, 5. 34 2. (Lnr. 5§1): Mit Handreichung (in Η besser mit Kommendationsgestus) belehnt der Lehensherr zwei seiner Mannen mit einem Gut. Der vordere ergreift zum Zeichen dafür, daß er den Besitz {di gewer) bekommt, ein Büschel Ähren. Der andere wird für den Fall, daß dasselbe Lehen dem Herrn ledig wird, mit dem durch Ähren in einem geschlossenen Kreis symbolisierten gedinge belehnt. Schmidt- Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschrift, S. 34ff 3. (Lnr. 5§2): Links im Bild schwört ein Lehensmann zusammen mit zwei Zeugen auf das Reliquiar, daß das Gut in seiner Gewere sein Lehen ist. Das Gut ist durch den Ährenzweig zu Füßen der Vasallen veranschaulicht. In Η ergreift der Lehensmann die Ähren mitder Hand zum Zeichen, daß das Gut sein Eigentum ist. In W zeigt die hintenstehende Figur mit der Linken aus dem Bild hinaus und verweist so auf Bildzeile 2, in der das Anfassen des Gutes gezeigt wird. Rechts im Bild ist der Fall dargestellt, daß ein Lehensmann eine Anwartschaft auf das Gut besitzt. Der Vasall schwört mit zwei Zeugen vor seinem Lehensherrn (Schapel, grünes Gewand) auf das Reliquiar, daß er eine Anwartschaft auf das Gut (Ährenbüschel in einem Kreis zu Füßen des Lehensherrn) hat. In Η deutendie Zeugen auf Augen und Ohren, da es sich in diesem Fall um Wahrnehmungszeugen handelt. In W ist dieser Vorgang nur noch angedeutet, indem die linke Figur der Dreiergruppe mit der Rechten auf das Ohr weist. 4r. (Lnr. 6§1): Der sterbende Vater (als solcher kenntlich am Bart) überreicht im Augenblick seines Todes das Ährenbüschel an seinen Sohn (durch seine kleinere Statur als solcher ausgewiesen), der es mit beiden Händen ergreift. Damit wird ausgedrückt, daß der sterbende Vater das Gut und, dargestellt durch das Uberreichen und das Annehmen der Ähren, auch das Besitzrecht an diesem Gut auf den Sohn vererbt. 4l. (Lnr. 6§2): Der Lehensherr (grünes Herrenkleid, Schapel) ergreift das Gut (Ähren), das sein Lehensmann bei seinem Tode hinterlassen hat, da dieser keinen Sohn hat. Der Bart, den der Vasall trägt, ist irreführend, da der Bart den Vater charakterisiert, der hier liegende Mann aber ohne Sohn gestorben ist. Daß er dennoch mit Bart gezeigt wird, hat seinen Grund wohl in der Tatsache, daß es sich bei der Figur des Lehensmanns in den Bildzeilen 4r und 4l um die gleiche Rechtsperson handelt, die somit auch gleich dargestellt wird (jedoch auch unterschiedliche Farbe des Gewandes). Der zweite Teil des Rechtssatzes, der sich auf die verliehene Anwartschaft bezieht, wird nur sehr unvollständig ins Bild gesetzt. Der Herr weist mit dem Zeigefinger seiner Linken auf die in einem Kreis befindlichen Ähren, das Zeichen der Anwartschaft für das Lehensgut, ohne diese jedoch zu ergreifen, da er hieran keine Gewere besitzt. 5. (Lnr. 7§1): Der Lehensherr (grünes Gewand, Schapel) belehnt einen Mann mit einer unbenannten Anwartschaft auf ein Gut. Der Mann hält seine ausgestreckten Hände dem Herrn hin, der diese mit seinen Händen umschließt, wodurch die Belehnung in Form der Kommendation ihren Ausdruck findet. Die Halme am Boden symbolisieren ganz allgemein das Gut bzw. das Lehen, ohne daß die unbenannte Anwartschaft darauf dargestellt ist. In Η wird die Bezugnahme auf dieses Gut deutlicher, indem dem Herrn eine dritte Hand gezeichnet worden ist, mit der er auf den Gegenstand der Belehnung hinweist.

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Iener mus ab' Jin gedinge gezüge noch gedinges rechte vor d e m e heren kegin dem mane der Jin gut an Jpricht-alleine bekenne d ' herre en beiden irre lenünge mit deme k e n t n i j j e des h'ren behelt d e r man Jin gut kegen deme h'ren ane gezüg · vnde nicht kegin Jine h u j g e n o j i n · Swelch h're ein gut liet Jime mäne da mite en is im di gewere nicht gevernt kegen Jime h'ren · ab im Jin h're des gutes nicht en bekennet das doch Jin mä von Jinenthalben in geweren hatte-VIII· A b zcwene m a n ein gut an Jpreche di beide d ' gewer darben · beide Juln Ji benenne di zeit d ' lenünge ·νή welch' di e r j t e lenunge gezügen mag · d e r behelt das gut mit rechte · Swen ein h're Jime manne liet gut w o is im e r j t ledig wirt von Jins mänes tode · vn d a r an nicht anders en b e j e h e i d e t - d ' man Jal das e r j t e gut habin das dem h'ren ledig wirt-is Ji ledig o d ' virligen Swelch vnbewijet gut das deme mäne geiigen wirt Jal d e r man behalde mit g e z ü g e - w e n is im gelige w i r t · da he d ' gew' an d a r b i t - d a s gut das da e r j t ledig wirt des Jal Jich d ' mä vnderwinde • allelne Ji is · me o d ' minre den im gelige Ji · bis das he Jin' lenvnge di vulle h a b e · Ab dem mäne vor J m a t das len das deme h'ren ledig wirtvn hes im nicht zü en züit binnen iare vn tage von d e m e Ji der h're ledig vor bas me ·

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Iener mus aber sin gedinge gezugen noch gedinges rechte vor deme h e r r e n kegin d e m manne, der sin gut anspricht, alleine bekenne d e r herre en beiden irre lenunge; mit deme ^ekentnisse des herren behelt der m a n sin gut kegen deme herren ane gezug u n d e nicht kegin sinen husgenosin. Swelch herre ein gut liet sime manne, da mite enis im di gewere nicht gevernt kegen sime herren, ab im sin herre des gutes nicht enbekennet, das doch sin m a n von sinenthalben in geweren hatte. C . V I I I . Ab zcwene man ein gut ansprechen, di beide der gewer darben, beide suln si b e n e n n e n di zeit der lenunge, u n d e welcher di erste lenunge gezugen mag, d e r behelt das gut mit rechte. Swen ein herre sime m a n n e liet gut, w o is im erst ledig wirt von sins mannes tode, u n d e d a r an nicht anders enbescheidet, der man sal das erste gut habin, das dem herren ledig wirt, is si ledig o d e r virligen. Swelch unbewiset gut, das deme m a n n e geiigen wirt, sal d e r m a n behalden mit gezuge, wen is im geiigen wirt, da he der gewer an darbit; das gut, das da erst ledig wirt, des sal sich d e r m a n u n d e r w i n d e n , alleine si is me o d e r minre d e n im geiigen si, bis das he siner lenunge di vulle habe. A b dem m a n n e vorsmat das len, das deme herren ledig wirt, u n d e hes im nicht zu enzuit binnen jare u n d e tage, von deme si d e r herre ledig vor bas me,

2 herren D Η Ο Horn., heren W. 4 bekentnisse D Η Horn., becantnisse O, kentnisse W 9 ab im sin herre W D H, oi ime sin

herre Horn., fehlt O.

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J e n e r muß aber für sein Gedinge den Zeugenbeweis nach Gedingerecht vor dem Herrn gegen den Mann erbringen, der sein Gut beansprucht, auch wenn der H e r r ihnen beiden ihre Belehnung anerkennt; mit der Anerkennung 1 durch den Herrn erlangt der Mann sein Gut gegenüber dem Herrn ohne Zeugenbeweis, nicht aber gegenüber seinem Mitvasallen 2 . Wenn ein H e r r seinen Mann mit einem Gut belehnt, ist ihm damit die Gewere gegenüber seinem Oberlehensherrn nicht entzogen 3 , wenn ihm dieser sein G u t nicht anerkennt, da es doch sein M a n n von ihm in Geweren hat. Kapitel VIII. Wenn zwei Leute ein Gut beanspruchen, die beide keine Gewere daran haben, sollen beide die Zeit ihrer Belehnung angeben, und welcher die frühere Belehnung durch Zeugen nachweisen kann, der behält das Gut von Rechts wegen. Wenn ein H e r r seinem M a n n ein Gut leiht, das ihm gerade als nächstes beim T o d e eines Lehensmannes ledig wird, und daran nichts anderes bestimmt, so soll der M a n n das erste G u t erhalten, das dem Herrn anfällt, es sei ledig oder unterverliehen. Ein Gut, das dem M a n n ohne Einweisung 4 verliehen wird, muß sich der Mann durch Zeugenbeweis gerichtlich zusprechen lassen, sobald es ihm verliehen wird, da ihm die Gewere daran fehlt; das Gut, das zuerst ledig wird, dessen soll sich der Mann bemächtigen, wenn es auch größer oder kleiner als das ihm geliehene ist, bis er das volle M a ß 5 seiner Belehnung erhält. Wenn der Mann das Lehen verschmäht, das dem Herrn ledig wird, und wenn er nicht binnen J a h r und T a g darauf Anspruch erhebt, dann ist es dem Herrn fortan ledig,

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1. (Lnr. 7§1): Es handelt sich hier um die Fortsetzung zu W fol. 60v5. Auch hier findet der Belehnungsvorgang zwischen dem Lehensherrn (rechts mit Herrentracht und Schapel) und demjenigen, der die Anwartschaft auf das Gut besitzt (links im blauen Kleid) in Form der Kommendation statt. D a ß es sich im Gegensatz zu W fol. 60v5 hier um ein bestimmtes Gut handelt, wird durch das Zeichen dafür (Ährenbüschel in einem Kreis) deutlich. Der liegende Mann ist der verstorbene Lehensmann des betreffenden Gutes. Er trägt einen Bart, das auch sonst übliche Kennzeichen des Vaters. 2. (Lnr. 7§2): Der thronende Lehensherr erkennt die Belehnungen seiner beiden Vasallen an, indem er jedem von ihnen das Investitursymbol, den grünen Zweig, reicht. Jedoch nur der Lehensmann rechts im roten R o c k ergreift dieses und bringt damit zum Ausdruck, daß er das Gut beansprucht. Er muß aber dem Lehensmann links gegenüber den Zeugenbeweis erbringen, daß er eher belehnt worden ist. Der Zeuge im blauen Kleid deutet mit der Linken auf die Gegenpartei, mit der Rechten auf das Investitursymbol, während derjenige, der den Beweis erbringen muß, mit der Hand das Reliquiar berührt, um den Eid zu leisten. In Η ist die Gebärde des Zeugen genauer wiedergegeben: Er deutet mit den Händen auf O h r und Augen, da er gemäß Lnr. 5§2 Augen- und Ohrenzeuge sein muß. D e r Anspruchsgegner ist mit Trauergebärde gezeichnet, da er aufgrund des Zeugenbeweises seine Ansprüche nicht durchsetzen kann. Die Schilde hat der Zeichner leer gelassen, da sie lediglich aussagen sollen, daß beide Parteien von gleichem Rang sind (anders H, wo sie ausgemalt sind). D e r Bildbuchstabe S (grün) links hat an dieser Stelle nichts zu suchen und bezieht sich auf den T e x t von Lnr. 7§3, der jedoch nicht illustriert worden ist. Zum Bild gehört der rote Bildbuchstabe/rechts. Naßr Wappen, S. 268. 3. (Lnr. 7§4): V o r dem thronenden Lehensherrn (in richterlicher Funktion) erscheinen die beiden Parteien, um den Zeitpunkt ihrer Belehnung nachzuweisen. Der Mann rechts neben dem Reliquiar schwört auf dieses, daß er zur Zeit der Mittagssonne mit dem Gut belehnt worden ist und weist zur Bekräftigung seiner Behauptung auf die über ihm leuchtende Sonne. Der Mann ganz links hingegen schwört mit zwei Zeugen neben ihm, daß er bereits am M o r gen belehnt worden ist und zeigt mit der Rechten auf die aufgehende Sonne, die der Zeichner von W jedoch abzubilden vergessen hat. Sowohl in D als auch in Η ist sie aber deutlich als solche dargestellt. Kocher, Schuldrechtliches, S. 125. 4. (Lnr. 7§5): D e r rechts im Bild thronende Lehensherr (Herrentracht, Schapel) ist der Oberlehensherr, da jeder Belehnungsvorgang über ihn läuft. Er hatte dem tot am Boden liegenden Mann (im roten Gewand) ein Gut geliehen. Der T o t e stellt die gleiche Person dar, die als Unterlehensherr (als Doppelfigur in Herrentracht und Schapel gezeichnet) einen Vasallen mit dem nämlichen Gut unterbelehnt, was durch den Kommendationsgestus (das Umschließen der ausgestreckten Arme) deutlich wird. Dieses Gut ist aber seitens des Oberlehensherrn noch vor dem T o d des Vasallenan den dem Oberlehensherrn zugewendeten Teil der Doppelfigur weiterverliehen worden. Diese ist irrtümlich in diesem Teil auch als Lehensherr gezeichnet, da sie das Gut noch nicht unterverliehen hat (richtig H, wo die Figur als Vasall in grünem Gewand und ohne Schapel gezeichnet ist). Mit drei Zeugen erscheint dieser neue Vasall vor dem Oberlehensherrn, um auf das Reliquiar zu schwören, daß er einen rechtmäßigen Anspruch auf das unbenannte Gedinge besitzt. Dieses wird durch die in einem Kreis stehenden Ähren symbolisiert, die richtig zwischen dem Mann, der das Gedinge beweisen muß, und seinen Zeugen stehen, da sich das Symbol auf diesen Teil der Rechtshandlung bezieht.

1 bekantnisse, bekentnisse st.F.N. »Kenntnis, Erkenntnis', hier A n e r kennung'; 2 hüsgenoz, -genoze st.sw.M. ,Hausgenosse, Mitbewohner', hier ,Mitvasall'; 3 vemen sw.V. (mnd.) ,entfernen, entziehen'; 4 unbewiset Part.Adj. ,nicht eingewiesen, ohne Einweisung', zu bewtsen sw.V. ,als Lehen übergeben'; 5 vülle st.F. ,Fülle, Menge'.

5. (Lnr. 7§8): Rechts steht der Lehensherr (Herrentracht, Schapel), der mit Hinweisgestus der Linken auf das Ährenfeld vor ihm zeigt als das Gut, das gerade aufgelassen worden ist. Er weist den Vasallen links im grauen R o c k mit Aufmerksamkeitsgestus der Rechten darauf hin, daß er binnen J a h r und T a g (dargestellt durch die Zahlen LH und VI sowie die Sonne als Zeichen für den T a g ) das Gut annehmen müsse. Dieser verweigert jedoch die Annahme des Lehensguts mit Weigerungsgestus.

folio 61 verso he en tu Jine vnjchult da zu das hes nicht en w°Jte das is Jime h'ren ledig were Inein' Jache von eime lene en mügen Ji zcwene nicht gezüg Jin • di wile Ji an deme lene nicht beteilt en Jin Ab zcwene mit eime lene belent Jin-vnde des gutes ein teil vor lien eine mäne ir keiner en mag an den an den anderen an deme gute J~ine mäne nicht vor teilen · noch uf lajin Jime h'rin · aljo das is de and'en icht Jchade-di wile Ji an deme gute vmbe teilt J i n - D e r h're mus wol Jinen mäne gebiten mit vrteiln di ein gut von im habe-das Ji Jich binne Jechs wochen beJcheide das he wijje uf wen he Jins dinjtes Jehe-vn en tün Ji is nicht-Ji w'din wettehaft dar vmme-vnde mä vor teilt en ir gut ab en ir herre mit lenrechte volget· Swer eines h'ren man is · Ι Χ · vorjpreche mus he wol Jin · vn orteil vinden binne lenrechte alleine en habe he kein gut von deme herren · orteil Jiner mäne en müs he ab' nicht Jchelden • he en Jezce bürge-eine belenten man des h'ren das he mit rechte volküme · od' orteil m1 rechte laJe -Swelch man dries orteil Jchilt-νή ym das wid' vünden wirt-das hes nicht aljo bejcholden en habe als is ym helfende Ji-kein vrteil en mils he me Jcheldin he en habe gebejjert das he an den dren orteiln mijje tet Etliche lüte Jagen das mä kein gedinge lien m ü j e

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he entu sine unschult da zu, das hes nicht enwoste, das is sime herren ledig were. In einer sache von eime lene enmugen si zcwene nicht gezug sin, di wile si an deme lene nicht beteilt ensin. Ab zcwene mit eime lene b e lent sin unde des gutes ein teil vorlien eineme manne, ir keiner enmag an den anderen an deme gute sinen manne nicht vorteilen noch uflasin sime herrin, also das is dem anderen icht schade, di wile si an deme gute unbeteilt sin. Der herre mus wol sinen mannen gebiten mit urteiln, di ein gut von im haben, das si sich binnen sechs wochen bescheiden, das he wisse, uf wen he sins dinstes sehe, unde entun si is nicht, si werdin wettehaft dar umme, unde man vorteilt en ir gut, ab en ir herre mit lenrechte volget. C. IX. Swer eines herren man is, vorspreche mus he wol sin unde orteil vinden binnen lenrechte, alleine enhabe he kein gut von deme herren; orteil siner manne enmus he aber nicht scheiden, he ensezce bürgen einen belenten man des herren, das he mit rechte volkume, oder orteil mit rechte läse. Swelch man dries orteil schilt, unde im das widervunden wirt, das hes nicht also bescholden enhabe, als is im helfende si, kein urteil enmus he me scheidin, he enhabe gebessert, das he an den dren orteiln missetet. Etliche lute sagen, das man kein gedinge lien muse

5/7 lene - m a n n e W D H, lene des g o d e s w a t let e n e m e m a n n e C), lene b e l e n t des g u d e s w a t lien e n e n m a n n e Horn. 7 an d e n ] doppelt W.

299 wenn der Mann nicht einen Unschuldseid darauf leistet, daß er nicht wußte, daß es seinem Herrn ledig war. In ein und derselben Rechtssache können nicht beide (Mannen) Zeugen sein, solange das Lehen nicht unter ihnen aufgeteilt 1 ist. Wenn zwei (zusammen) mit einem Lehen belehnt sind und einen Teil dieses Gutes einem (dritten) Mann unterverleihen, so kann (von den beiden) keiner ohne den andern seinem Mann das Gut (wieder) absprechen noch an seinen H e r r n auflassen, so daß es dem anderen irgendwie schadet, solange das Gut nicht unter ihnen aufgeteilt ist. Der H e r r soll seinen Lehensmannen, die ein Gut (gemeinsam) von ihm haben, mit Urteil gebieten, sich binnen sechs Wochen zu entscheiden, damit er wisse, von wem er seinen Dienst zu fordern 2 habe; tun sie das nicht, werden sie dafür gewettepflichtig 3 , und man spricht ihnen ihr Gut ab, wenn ihr H e r r sie mit dem Lehensgericht belangt 4 . Kapitel IX. W e r irgendeines H e r r n Lehensmann ist, der darf (im Lehensgericht) Vorsprecher sein und Urteil finden, auch wenn er kein Gut von diesem Herrn hat; ein Urteil seiner Mitvasallen darf er aber nicht schelten, außer wenn er einen Lehensmann des Herrn als Bürgen d a f ü r stellt, daß er von seinem Urteil unter Übernahme der rechtlichen Folgen absehe, wenn er damit beim Gericht nicht durchdringt. Wenn ein Mann zum dritten Mal ein Urteil schilt und aber wieder gefunden wird, daß er es nicht so gescholten habe, daß es ihm hilft, so darf er kein Urteil mehr schelten, bis er Genugtuung d a f ü r geleistet hat, daß er an den drei Urteilen Unrecht getan hat. Einige Leute sagen, daß man kein Gedinge leihen darf

1 beteilen sw.V., mnd. bedelen .abteilen, aufteilen'; 2 sehen üf st.V.,erwarten von, fordern von'; 3 wettehaft Adj. straffällig, gewettepflichtig'; 4 vollen sw.V. .rechtlich verfolgen, belangen*.

folio 61 verso 1. (Lnr. 7§9): Das ungeteilte Lehen wird durch die Ährenhalme dargestellt, auf die der Herr (grünes Gewand, Schapel) mit seiner Rechten weist. Die beiden rot gekleideten Männer sind die gemeinsam Belehnten, die zusammen mit einem Zeugen (blauer Rock) wegen des Lehens auf das Reliquiar einen Eid ablegen wollen. Da aber nicht jeder Zeuge sein kann, warnt sie der Herr mit erhobenem linken Zeigefinger. (Anders H, wo der Zeuge fehlt und die beiden gemeinsam Belehnten alleine schwören, was dem Text nach auch richtiger ist, da hier von einem Zeugen nicht die Rede ist.) 2. (Lnr. 8§1): Der Lehensherr (grünes Gewand, Schapel) belehnt zwei Lehensleute mit demselben Gut (symbolisiert durch die Ahrenhalme). Zum Zeichen der Mannschaft legen die Vasallen ihre H ä n d e zwischen die des Lehensherrn. Links im Bild verleihen die gleichen Mannen als Doppelfigur, wodurch ihre Stellung als Gesamthänder veranschaulicht wird, das empfangene Gut (wieder symbolisch dargestellt durch die Ackerhalme) an einen Untervasallen (grauer Rock, rote Strümpfe). Sie vollziehen an ihm das gleiche Ritual der Mannschaft, wie es rechts auch von ihrem Lehensherrn an ihnen vollzogen worden ist. Dargestellt ist hier lediglich die Rechtshandlung. Die daraus resultierenden Konsequenzen, wie der Text sie ausführt, sind im Bild unberücksichtigt geblieben. Naß, Wappen, S. 236, 268. 3. (Lnr. 8§2): Der rechts im Bild sitzende Lehensherr fordert mit Befehlsgestus der Rechten die zu gesamter H a n d Belehnten (im roten und blauen Rock) auf, innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden, von wem er die ihm zustehenden Dienste erwarten kann. Z u r Verdeutlichung dieser Frist zeigt er mit der linken Hand auf die Zahl VI (fehlt in H). Indem die rot gekleidete Person den Mann im grauen Rock in Richtung des Lehensherrn (hier mit Grafenhut unter dem Schapel; vgl. W fol. 61v4) schiebt (Empfehlungsgebärde) und die Person im blauen Kleid wohlwollend mit dem Zeigefinger ihrer Linken auf diesen deutet, kommen sie dieser Aufforderung nach (deutlicher noch in H, wo der Auserwählte mit dem Finger auf sich selbst zeigt, zum Zeichen, daß er derjenige ist). 4. (Lnr. 9§2): Vor dem Lehensrichter steht ein Mann im roten Rock, der fälschlicherweise die Urteile der drei Personen links von ihm gescholten hat. Die grünen Rosen über den Köpfen der Gescholtenen stellen die Urteile dar. Er entrichtet zur Strafe an jeden der drei Urteiler seine Buße (verdeutlicht durch das Überreichen der Münzen); der Lehensherr erhält dreimal {III) sein Gewette. Der Lehensherr hat in diesem Bild die Funktion des Gerichtsherrn übernommen. Deshalb wird er nicht in seiner üblichen Herrentracht, dem grünen Gewand, dargestellt, sondern im lichtgelben Kleid des gräflichen Richters. Er trägt Grafenhut und Schapel, wodurch deutlich wird, daß es sich zugleich um den Herrn handelt.

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ane iens bete d' das gut ingewere hat des en is Wen der man gezcuget Jine / · X · nich' · lenüge ab hes b e d a r f · ν η nimädes betels ouch ein man belent νδ Jime h'ren m' eime phunde · o d ' m ' zcwen wo is im erjt ledig wirt · lenrecht hat he dar a n · d e m e is gelige vn benant wirt· Swen ein h're Jime manne gut bewijen let-da he im liet zu hant hat d' mä di gewere des gutes das des h're waser hes im lege · Swen ab' d' h're weigert zu bewi/ene Jo getä gut als he im gelige h a t - / w o is im ledig Ji-Jvnd' bewijunge · hat ab' d' h're ein dorf od' eine Jtat bejcheiden • da he im Jin gut inne geiigen h a t - d ' mä en müs nicht ineine ande' Jtat van · behelt he das gut des he Jich Jus vnd' wint ane bewijunge iar νή tag ane rechte wider Jprache Jins herre · d' h're en mag im das nicht gewandele · Swelch gut d' mä an Jine geweren nicht en hat vn im nicht bewijet en is · deme en mag he nicht gevolge an eine and'en h're · noch erbe an Jine Jon-Swelch gut mä ab' nimt deme mä·ΧΙ· ne m' gewalt-vn hes ir volget m' recht' clage · das gut erbet he uf Jine Jon · vn volgit im Jelbe an eine ande'n h'ren·alleine darbe he der gewere-ab he di rechtin clage gezüget· Ab der h're Jime manne liet ein gancz dorf odir wingarte odir zcendin · od' gerichte odir Jo getanes dinges icht-odir alles das he ledig hat-in einer Jtat· deme lene volget der mä vn erbit is • alleine darbe he d' wijüge ·

ane iens bete, der das gut in geweren hat, des enis nicht. C.X. Wen der man gezeuget sine lenunge, ab hes bedarf unde nimandes bete. Is ouch ein man belent von sime herren mit eis me phunde oder mit zcwen, wo is im erst ledig 6 wirt, lenrecht hat he dar an; noch groser recht hat 6a der dar an, deme is geiigen 7 unde benant wirt. Swen ein herre sime manne gut bewisen let, das he im liet, zu hant hat der man di gewere des gutes, das des herren was, ίο er hes im lege. Swen aber der herre weigert zu beli wisene so getan gut, als he im geiigen hat, de man ua underwinde sich so getanes gutes, als ime de herre geliget hat, swo is im ledig si, sunder bewisunge; hat aber der herre ein dorf oder eine stat bescheiden, da he im sin gut inne geiigen hat, der man enmus nicht in eine is andere stat varen; behelt he das gut, des he sich sus underwint ane bewisunge jar unde tag ane rechte widerspräche sins herren, der herre enmag im das nicht gewandelen. Swelch gut der man an sinen geweren nicht enhat unde im 2o nicht bewiset enis, deme enmag he nicht gevolgen an einen anderen herren noch erben an sinen son. C.XI. Swelch gut man aber nimt deme manne mit gewalt, unde hes irvolget mit rechter clage, das gut erbet he uf sinen son unde volgit 25 im selbe an einen anderen herren; alleine darbe he der gewere, ab he di rechtin clage gezuget. Ab der herre sime manne liet ein gancz dorf odir wingarten odir zcendin oder gerichte odir so getanes dinges icht odir alles, das 3o he ledig hat in einer stat, deme lene volget der man unde erbit is, alleine darbe he der wisunge.

6/6a noch - dar an] noch groter recht heuet dese dar an O, noch

mer rechtes hevet disse dar an Horn., fehlt WD. 8 das D, dat Ο Horn., da W ll/lla de man - hat] de man underwinde sik sogedanes gudes als ime de herre gelegen hevet Horn., fehlt

O. 15 varen Horn., van WD, uan O.

W D

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ohne Bitte 1 desjenigen, der das Gut in Geweren hat; dem ist nicht so. Kapitel X. Denn der Lehensmann bezeugt, wenn er dessen bedarf, seine Belehnung und nicht jemandes Bitte. Ist ferner ein Mann von seinem Herrn mit einem P f u n d oder mit zweien, je nachdem was ihm zuerst gerade ledig wird, belehnt, so hat er daran Lehenrecht; noch mehr Recht hat der daran, dem es verliehen und genau bezeichnet wird. Wenn ein H e r r seinen Mann in das Gut, das er ihm leiht, einweisen läßt, so hat der Mann sofort die Gewere an dem Gut, das dem Herrn zustand, bevor er es ihm verlieh. Wenn aber der H e r r sich weigert, (den Mann) in ein solches Gut einzuweisen, wie er es ihm geliehen hat, so bemächtige sich der Mann ohne Einweisung eines solchen Gutes, wie es ihm der H e r r geliehen hat, dort wo es ihm (dem Herrn) gerade ledig wird; hat aber der H e r r ein Dorf oder eine Stadt bezeichnet, darin er ihm das Gut verliehen hat, so darf der Mann nicht an einen anderen O r t ausrücken; behält er das Gut, dessen er sich so ohne Einweisung bemächtigt hat, Jahr und Tag ohne gerichtlichen Widerspruch seines Herrn, so kann es der H e r r ihm nicht mehr entziehen. Wenn ein Mann ein Gut nicht in seinen Geweren hat und nicht eingewiesen ist, so kann er damit nicht an einen anderen Herrn folgen noch es auf seinen Sohn vererben. Kapitel XI. Wenn man dem Mann aber das Gut mit Gewalt nimmt und er dies mit rechter Klage verfolgt, so vererbt er das Gut auf seinen Sohn, und er folgt damit auch selber an einen anderen Herrn, obwohl ihm die Gewere fehlt, wenn er f ü r seine rechtmäßige Klage den Zeugenbeweis erbringen kann. Wenn der H e r r seinem Mann als Ganzes ein Dorf, einen Weingarten 2 , einen Zehnten, ein Gericht oder sonst irgend etwas von solchen Dingen leiht oder auch alles, was ihm an einem Ort ledig wird, mit einem solchen Lehen kann der Mann (an einen anderen Herrn) folgen und er kann es auch vererben, auch wenn ihm die Einweisung 3 fehlt.

1 bete, bet st.F. ,Bitte'; 2 wmgarte, -gart sw.st.M. »Weingarten, Weinberg'; 3 wisunge st.F. , W e i s u n g , E i n w e i s u n g auf ein r e c h t lich z u g e s p r o c h e n e s G u t o d e r ein L e h e n s g u t ' .

folio 62 recto

1. (Lnr. 10§2): Links ü b e r r e i c h t d e r L e h e n s h e r r mit d e m Z w e i g als I n v e s t i t u r s y m b o l einem M a n n ein G e d i n g e , d a s dieser mit A n e i g n u n g s g e s t u s e n t g e g e n n i m m t . D e r L e h e n s h e r r d e u t e t gleichzeitig mit F i n g e r z e i g auf sich selbst, z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß er selbst ( u n d nicht der, d e r d a s G u t in d e r G e w e r e h a t ) d e n E m p f ä n g e r d e s G e d i n g e s a u s g e s u c h t h a t . R e c h t s b e l e h n t derselbe L e h e n s h e r r (vollständige D o p p e l f i g u r ) einen a n d e r e n d u r c h K o m m e n d a t i o n s gestus mit e i n e m u n b e n a n n t e n L e h e n ( w a r t u n g e ) , d e s s e n E r t r a g a b e r mit eime phunde, d a s ist identisch mit d e n 20 Schillingen im Bild, f e s t g e l e g t ist. Schmidt- Wiegand, Eike von Repgow, S. 196. 2. (Lnr. 10§3): D e r L e h e n s h e r r weist einen L e h e n s m a n n in seinen Besitz, ein mit e i n e r S t e i n m a u e r befestigtes H a u s (Burg?), ein, ind e m er mit seiner linken H a n d auf d a s T o r d e u t e t . D a ß er seinen Besitz a n g e t r e t e n hat, zeigt d e r Belehnte d a d u r c h an, d a ß er mit seiner r e c h t e n H a n d einen B a u m z w e i g , d e r d e m I n v e s t i t u r s y m b o l (vgl. Bildzeile 1) ä h n l i c h ist, b e r ü h r t . Schmidt-Wiegand,

Eike von Repgow,

S. 196.

3. (Lnr. 11§1): Ein alter M a n n (Bart) ist g e s t o r b e n . E r h a t das Leh e n s g u t nicht in seiner G e w e r e g e h a b t , wie d e r leere Schild o b e r h a l b des Besitzes ( H a l m e u n d M ü n z e n im O v a l k r e i s ) a n z e i g t . A u c h ist e r nicht in seinen Besitz eingewiesen w o r d e n - d e r Leh e n s h e r r zeigt auf einen W e i n s t o c k , w e n d e t sich d a b e i a b e r ab - , w e s w e g e n er sein L e h e n n i c h t auf seinen S o h n v e r e r b e n k a n n . D e r L e h e n s h e r r zeigt dies an, i n d e m er die z u r M a n n s c h a f t e r h o b e n e n H ä n d e des als K i n d g e z e i c h n e t e n S o h n e s am A r m g e l e n k u m f a ß t u n d d a m i t die B e l e h n u n g verweigert, die er gleichzeitig e i n e m anderen M a n n gewährt. Ν aß, Wappen, S. 268; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 196. 4. (Lnr. 11§1): Ein M a n n im W a f f e n r o c k m i t H e l m u n d S c h w e r t v e r g r e i f t sich an d e m L e h e n s g u t , das d e m M a n n in r o t e m R o c k u n d r o t e n S t r ü m p f e n z u s t e h t . D i e s e r h a t sein B e s i t z r e c h t n a c h g e wiesen u n d k a n n d e s h a l b ( j e t z t d a r g e s t e l l t im b r a u n e n R o c k mit r o t e n S t r ü m p f e n ) von e i n e m n e u e n L e h e n s h e r r n (in H e r r e n t r a c h t u n d Schapel an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r ) die L e h e n s e r n e u e r u n g e n t g e g e n n e h m e n , die ihm dieser g e w ä h r t . In d e r bildlichen U m s e t z u n g d e r T e x t s t e l l e das gut erbet he uf sinen son unde volgit im selbe an einen anderen herren g e h e n W u n d D u n t e r s c h i e d l i c h e W e g e . D e r I l l u s t r a t o r von W i d e n t i f i z i e r t d u r c h d a s Schapel d e n T o t e n , d e r im V o r d e r g r u n d liegt, als v e r s t o r b e n e n L e h e n s h e r r n - V o r a u s s e t z u n g d a f ü r , d a ß d e r L e h e n s t r ä g e r ü b e r h a u p t u m eine L e h e n s e r n e u e r u n g bei e i n e m a n d e r e n H e r r n n a c h s u c h e n m u ß . A n d e r s hier D : D e r T o t e ist d e r v e r s t o r b e n e L e h e n s t r ä g e r , d e s s e n S o h n (in D u n d W in kleiner G e s t a l t mit r o t e m R o c k ) die H ä n d e z u r Lehenserneuerung erhoben hat. Naß, Wappen, S. 268; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 196. 5. (Lnr. 11§2): D e r M a n n in b r a u n e m R o c k u n d r o t e n S t r ü m p f e n w i r d v o n e i n e m H e r r n ( H e r r e n t r a c h t u n d Schapel) b e l e h n t . E r w i r d allerdings in das i h m z u g e d a c h t e L e h e n , e n t w e d e r einen W e i n b e r g ( R e b s t o c k ) , d e n Z e h n t e n ( z e h n K o r n g a r b e n ) o d e r ein D o r f ( G e b ä u d e i n n e r h a l b e i n e r Z a u n u m f r i e d u n g ) , n i c h t eingewiesen. Dies zeigt d e r L e h e n s h e r r (als P e r s o n z w e i f a c h dargestellt) d a d u r c h an, d a ß er sich v o n d e m M a n n a b w e n d e t ( A b l e h n u n g s g e b ä r d e ? ) u n d gleichzeitig auf die m ö g l i c h e n L e h e n hinweist. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 196.

302

folio 62 verso In mölen vn in munczen-vn in zcollen-vn in wingarte-vn in zcendin-od' injujgetane dinge ab ein man belent wirt-deme lene vol get he-vfi erbit is alleine habe d' herre des lene s Jtat in Jin' gewalt zfi beJta"ne-Swas Jo ab' den mannen an irme lene gebricht di wile der h're hat an Jiner gewalt des lenes Jtat vn di beJtatet-di wile Jal der herre den mannen ir vollen iren Jchaden · Liet ab' der herre dar üs mer denne he dar inne habe-di die erjten lenünge dar inne habin-di Julien ir gut an der Jelbin Jtat habe-νή di da noch belent w'din-vnde des dar inne nicht gehabe en mögen · di Julie den h'ren irer Jtatunge mane · Der man en habe von Jime h're · Χ Ι Ι · eine halbe hüüe • odir ein gut das vünf Jchillinge geldes Ji bewijtes gutes -Jo en mag he nimandes gezüg gejin binne len rechte-Des vor bannen mannes-od' vor achteten mannes · od' vor uejten mannes gezug mag mä wol vor lege in deme gerichte da he vor banne-odir vor u e j t - o d i r indi achte getan is vor Jprechen en möge Ji ouch nicht gewejin · clagen Ji uf ymande · he en darf en nicht entw'ten · ab he dis gezügen mag • doch müjen Ji entw'ten • hir vndir alle den di uf Ji clagen· -XIII· Ab der herre Jime manne beJacht gutes das der man JechJwochen vnde

s

10

JJ

20

25

In molen unde in munczen unde in zcollen unde in wingarten unde in zcendin oder in sus getanen dingen, ab ein man belent wirt, deme lene volget he unde erbit is, alleine habe der herre des lenes stat in siner gewalt zu bestatene. Swas so aber den mannen an irme lene gebricht, di wile der herre hat an siner gewalt des lenes stat unde di bestatet, di wile sal der herre den mannen irvollen iren schaden. Liet aber der herre dar us mer, denne he dar inne habe, di die ersten lenunge dar inne habin, di sullen ir gut an der seibin stat haben, unde di da noch belent werdin unde des dar inne nicht gehaben enmugen, di sullen den herren irer statunge manen. C.XII. Der man enhabe von sime herren eine halbe huve odir ein gut, das vunf Schillinge geldes si bewistes gutes, so enmag he nimandes gezug gesin binnen lenrechte. Des vorbannen mannes oder vorachteten mannes oder vorvesten mannes gezug mag man wol vorlegen in deme gerichte, da he vorbannen odir vorvest odir in di achte getan is; vorsprechen enmugen si ouch nicht gewesin; clagen si uf imande, he endarf en nicht entworten, ab he dis gezugen mag, doch musen si entworten hir undir alle den, di uf si clagen. C.XIII. Ab der herre sime manne besacht gutes, das der man sechswochen unde

5 / 7 in - s t a t

WD Horn., fehlt O.

303 Wenn ein Mann mit den Einkünften von Mühlen, Münzstätten, Zöllen, Weingärten, Zehnten oder ähnlichen Dingen belehnt wird, so kann er mit einem solchen Lehen (an einen anderen Herrn) folgen und es auch vererben, obwohl der H e r r die Lehensstätte selbst in seiner Gewalt hat und diese auch weiterverleihen kann. Wenn aber so den Mannen etwas an ihren Lehenseinkünften abgeht, während der H e r r die Lehensstätte in seiner Gewalt hat und sie (anderweitig) ausleiht, so muß der H e r r den Mannen f ü r diese Zeit ihren Schaden ersetzen. Verleiht aber der H e r r daraus mehr (Einkünfte), als er (selbst) daran hat, so sollen die zuerst Belehnten ihre Einkünfte aus der Lehensstätte erhalten und die danach Belehnten sollen f ü r das, was sie daraus nicht erlangen können, vom Herrn Erstattung 1 verlangen. Kapitel XII. H a t der Mann von seinem Herrn nicht (mindestens) eine halbe H u f e oder ein Gut mit fünf Schillingen Zinsertrag, in das er eingewiesen ist, so kann er niemandes Zeuge im Lehensgericht sein. Das Zeugnis des verbannten 2 , geächteten 3 oder verfesteten Mannes kann man in dem Gerichtssprengel ablehnen, in dem er gebannt, verfestet oder in Acht getan ist; auch Vorsprecher können sie nicht sein; klagen sie gegen jemanden, so braucht ihnen dieser nicht Rede und Antwort zu stehen, wenn er dies (Bann, Acht oder Verfestung) durch Zeugen beweisen kann, doch müssen sie hierunter Rede und Antwort stehen all denen, die gegen sie klagen. Kapitel XIII. Wenn der H e r r seinem Mann ein Gut absprechen will, das der Mann sechs Wochen und

1 itatunge st.F. . E r s t a t t u n g , V e r g ü t u n g ' ; 2 verbannen st.V. , u n t e r S t r a f a n d r o h u n g gebieten o d e r verbieten, in d e n B a n n t u n ' ; 3 verachten, verachten sw.V. ,ächten, in die A c h t e r k l ä r e n ' .

folio 62 verso

1. (Lnr. 11 §3): A m B i l d a u ß e n r a n d b e l e h n t ein H e r r (in H e r r e n kleid u n d Schapel) einen L e h e n s m a n n . In d e r r e c h t e n Bildhälfte n i m m t d e r s e l b e H e r r eine E i n w e i s u n g in die E i n k ü n f t e aus einem W e i n b e r g vor, i n d e m er auf das L e h e n s g u t , d e n R e b s t o c k , hinweist, d e n d e r L e h e n s i n h a b e r mit seiner linken H a n d b e r ü h r t (vgl. W fol. 62r2; a n d e r s v. A m i r a : „ B e l e h n u n g o h n e . W e i s u n g ' " , mit H i n w e i s auf W fol. 62r3,5). D i e B e l e h n u n g mit d e n E i n k ü n f t e n aus e i n e r M ü n z e , d e m Z e h n t e n u n d einer M ü h l e versinnbildlichen d e r M ü n z e r , die K o r n g a r b e n ( n e u n statt z e h n ) u n d die M ü h l e ( o b e r h a l b d e r T e x t s p a l t e ) . N i c h t ins Bild g e s e t z t sind die E i n k ü n f t e aus dem Brückenzoll. 2. (Lnr. 11§5): D e r M a n n im b r a u n e n R o c k ist mit e i n e m W e i n b e r g ( R e b s t o c k ) beliehen w o r d e n , d e s s e n E r t r a g ihm 18 P f e n n i g e ( = 1 1/2 Schillinge) u n d f ü n f K o r n g a r b e n e i n b r i n g e n soll. T a t sächlich b e l a u f e n sich die E i n k ü n f t e aus d e m W e i n b e r g allerdings n u r auf 12 P f e n n i g e u n d vier K o r n g a r b e n (vgl. r e c h t e Bildhälfte). 3. (Lnr. 12§1): D e r M a n n in g e z a d d e l t e m , b r a u n e m R o c k mit r o tem ( K a p u z e n - ? ) K r a g e n steht v o r d e m L e h e n s h e r r n , d e r in g r ü n e m H e r r e n k l e i d u n d mit Schapel auf einem K a s t e n t h r o n zu G e richt sitzt. M i t seiner ü b e r d e m R e l i q u i e n k ä s t c h e n z u m S c h w u r e r h o b e n e n linken (!) H a n d zeigt er an, d a ß er als Z e u g e einen Eid leisten m ö c h t e . D i e V o r a u s s e t z u n g e n f ü r dieses A n e r b i e t e n m u ß d e r R i c h t e r im L e h e n s g e r i c h t allerdings p r ü f e n . E r tut dies mit d e m A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s seiner r e c h t e n H a n d , w ä h r e n d er mit d e r linken auf das R e l i q u i a r zeigt, auf das a u c h d e r L e h e n s t r ä g e r mit Z e i g e g e s t u s seiner r e c h t e n H a n d weist. D a s L e h e n s g u t u m f a ß t eine halbe H u f e ( d u r c h s t r i c h e n e / ü b e r d e n K o r n ä h r e n ) u n d f ü n f Schillinge, d e r Schilling mit 12 P f e n n i g e n ( V ü b e r d e n zwölf M ü n z e n ) b e r e c h n e t ; v. A m i r a schließt a u s d e r A n z a h l d e r 12 P f e n n i g e auf die „ U n z u l ä n g l i c h k e i t d e r L e h e n " . 4. (Lnr. 12§2): V o r d e m L e h e n s g e r i c h t (der zu G e r i c h t s i t z e n d e R i c h t e r ist nicht ins Bild g e n o m m e n ) s t e h e n ein G e b a n n t e r (als k l e i n e r e F i g u r mit K a p u z e , ü b e r ihm als Z e i c h e n des B a n n e s d e r T e u f e l ) , ein V e r f e s t e t e r , d e r das S c h w e r t als Z e i c h e n d e r V e r f e s t u n g im H a l s trägt, u n d ein G e ä c h t e t e r , bei d e m die d a s S c h w e r t u m g e b e n d e K r o n e die A c h t symbolisiert. D a ß k e i n e r v o n i h n e n als Z e u g e z u g e l a s s e n ist, zeigt d e r L e h e n s h e r r d a d u r c h an, d a ß e r die z u m Eid ü b e r das R e l i q u i e n k ä s t c h e n e r h o b e n e S c h w u r h a n d des G e ä c h t e t e n am H a n d g e l e n k e r g r e i f t u n d ihn d a m i t a m E i d h i n d e r t . A u f die E i n r e d e b z w . K l a g e des zweiten L e h e n s h e r r n ( A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s mit e r h o b e n e m Z e i g e f i n g e r ) m ü s s e n alle drei jedoch antworten.

304

folio 63 recto IUI

5

10

n

20

21

ein iar injine geweren h a t gehabit noch des das hes enphing ane des h'ren rechte wider Jprache · ab d e r man di rechten gewere d a r an gezüge mag mit Jiben mäne · des lenes gewere Jterkit he alleine uf den heilige vn behelt das gut ane g e z ü g - a b mä mit rechter clage di gewere im nicht gebrechen en m a g - S w o mä mit Jiben m a n n e gezuge Jal · da müs mä wol einvnzcwenzig man vmme den gezüg ü r a g e n - d o c h en mag nim a n t inburglene recht len behalden · ane ge züg alleine-hat hes gut ingeweren · L e j t abir eine herre eine mä Jiczen mit Jime gute iar vn tag ane rechte Widerrede als he d u r c h recht Jal · di wile he Jins gutes Jinnen Jal o dir is üs zcien Jal · mit den geweren en mag he Jime herre an deme gute nicht enphirre ab he Jich vor iaret-vn ab hes Jan an einen anderen z ü t - d e r herre en behaldes alje recht i s - S w o mä alle iar zcins abe gibit-da en m a g der mä an deme gute kein len-behalde Jpricht abir der man len d a r a n - v n d e der h're b u t mit gezuge Jin zcins gut d a r an zu behaldene den m a n n e en hilf di gewere nicht· he en m ü j e Jin len mit gezüge behalden ke gen den h e r r e n - d a s müs der man billicher tun ab hes v o l k ü m e n m a g - d e n n e der herre m u j e zins g u t - a n des mannes lene behal= den·

$

ίο

n

20

21

ein jar in sinen geweren h a t gehabit, noch des das hes enphing ane des herren rechte widerspräche, ab der m a n di rechten gewere d a r an gezugen mag mit siben mannen, des lenes gewere sterkit he alleine uf den heiligen, u n d e behelt das gut ane gezug, ab man mit rechter clage di gewere im nicht gebrechen enmag. Swo man mit siben m a n n e n gezugen sal, da mus man wol einunzcwenzig m a n u m m e den gezug vragen, doch enmag nim a n t in burglene recht len behalden ane gezug, alleine h a t hes gut in geweren. Lest abir eine herre einen man siezen mit sime gute jar u n d e tag ane rechte Widerrede, als he durch recht sal, di wile he sins gutes sinnen sal o d i r is uszeien sal, mit den geweren enmag he sime herren an d e m e gute nicht enphirren, ab he sich vorjaret u n d e ab hes san an einen anderen zut, der herre enbehald es, alse recht is. Swo m a n alle jar zcins abegibit, da enmag der m a n an deme gute kein len behalden; spricht abir d e r man len d a r an u n d e der herre but mit gezuge sin zeinsgut d a r an zu behaldene, deme m a n n e enhilf di gewere nicht, he enmuse sin len mit gezuge behalden kegen den herren; das mus d e r man billicher tun, ab hes v o l k u m e n mag, denne der herre muse zinsgut an des mannes lene behalden.

24 deme O, dem D Horn., den W.

305

ein Jahr, nachdem er es empfing, ohne gerichtlichen Widerspruch des Herrn in seinen Geweren gehabt hat, und wenn der Mann die rechte Gewere mit sieben Mannen bezeugen kann, so bekräftigt 1 er seinen Lehensbesitz allein durch den Eid auf die Reliquien; und er behält das Gut ohne Zeugenbeweis, wenn man ihm mit rechter Klage die Gewere nicht streitig machen kann. W o immer man mit sieben Mannen einen Zeugenbeweis erbringen muß, da darf man einundzwanzig Mannen um ihr Zeugnis fragen; ein Burglehen kann jedoch niemand ohne Zeugenbeweis als rechtes Lehen gerichtlich erlangen, auch wenn man es in Geweren hat. Läßt aber ein Herr seinen Mann in seinem Gut Jahr und Tag sitzen, ohne gerichtlichen Widerspruch 2 zu erheben, wie er es von Rechts wegen eigentlich tun sollte, so kann der Mann, solange er die Belehnung verlangen 3 oder das Gut wieder an sich ziehen muß, kraft der Gewere seinem Herrn das Gut nicht entziehen, wenn er die Jahresfrist versäumt oder sich auf einen anderen (Herrn) beruft, es sei denn, dieser erringe das Gut, wie es rechtens ist. An Gut, von dem man jährlich Zins abgibt, kann der Mann kein Lehenrecht erlangen; beansprucht aber der Mann Lehenrecht daran und erbietet sich der Herr, es durch Zeugen als sein Zinsgut zu erweisen, so nützt dem Mann die Gewere nichts, außer wenn er sein Lehenrecht durch Zeugen gegen den Herrn erringen kann; das darf der Mann, wenn es ihm gelingt, mit mehr Recht 4 tun, als der Herr die Zinsguteigenschaft an dem Lehen des Mannes erringen darf.

1 Sterken sw.V. ,stärken, verstärken', hier bekräftigen'; 2 rechte Widerrede st.F. .Gegenrede, rechtliche Antwort, gerichtlicher Widerspruch'; 3 sinnen st.V. ,die Belehnung verlangen, begehren'; 4 billtche Adv. .billig, gemäß, von Rechts wegen'.

folio 63 recto

1. (Lnr. 13§1): Der rechts im Bild stehende H e r r (grünes Gewand, Schapel) versucht mit Befehlsgestus seiner Rechten, dem Lehensmann sein Gut abzusprechen. Das Gut wird durch die mit einer roten Mauer umgebene Burg angedeutet, wohl um zu zeigen, daß es sich um einen ritterlichen Gutsbesitzer handelt, w o f ü r auch die Wappen zu sprechen scheinen, von denen das obere leer geblieben ist und das ganz rechts befindliche einen skizzierten Adler trägt. Welcher der sieben Männer auf der Burg der Lehensmann ist, wird aus dem Bild nicht deutlich. Da es sich um einen Beweis mit siben mannen (selbsiebt) handelt, schwört der Vasall mit weiteren sechs Mannen auf das Reliquiar, d a ß er bereits LII + VI Wochen ( = J a h r und Tag) auf dem Gut sitzt, er also die rechte Gewere daran hat. Naß, Wappen, S. 268. 2. (Lnr. 13§1): Der Beweisführer nennt dem Richter im Lehensgericht (der Lehensherr im grünen Rock und mit Schapel sitzt auf dem Richterstuhl) 2 l M ä n n e r , von denen von Gerichts wegen so viele gefragt werden, was sie über die zu beweisende Parteibehauptung wissen, bis sechs sie bestätigen. (Die gleiche Bestimmung findet sich in Ldr. II 22§4 = W fol. 31v4.) Dieses Auswahl- und Frageverfahren ist jedoch kein Bestandteil der Beweisführung, sondern dient nur deren Vorbereitung. Das Burglehen, wovon der Text spricht, wird am linken Bildrand durch das Gebäude mit blauem T u r m und roten Zinnenmauern dargestellt. Naß, Wappen, S. 268. 3. (Lnr. 13§2): Ein Lehensmann (in der Bildmitte mit grauem Rock) sitzt LII + VI Wochen im Lehensgut, dargestellt durch das blaue Gebäude mit rotem Dach, ohne jedoch die Lehenserneuerung zu verlangen und ohne daß der Herr widersprochen hat. Der Lehensherr (rechts im Bild mit grünem Rock und Schapel) klagt nun gegen seinen Mann und macht ihm mit Aufmerksamkeitsgestus der rechten Hand deutlich, daß ihm dieser aufgrund der versäumten Jahresfrist das Gut nicht vorenthalten kann. Es nützt in diesem Fall auch nichts, wenn sich der Mann gemäß Lnr. 13§1 ( = W fol. 63r2) mit Eid auf die Reliquien auf die rechte Gewere beruft, wie es links im Bild dargestellt ist. 4. (Lnr. 13§3): An Gut, von dem ein Lehensmann seinen jährlichen Zins bezahlt, kann er nicht das Lehenrecht erwerben. Der Lehensmann, hier als Doppelfigur auf der linken Bildzeile dargestellt, hat LII Wochen hindurch Zins (Münzen in der Hand) von einem Gut abgegeben, das durch die Ackerhalme am unteren linken Bildrand symbolisiert wird. Er möchte deshalb das Gut durch einen Eid auf das Reliquiar als Lehen behalten, wird aber vom Herrn mit Scheltegestus (Festhalten der Schwurhand) darauf aufmerksam gemacht, daß dies nicht zulässig ist.

folio 63 verso Eine würte od' einen morgen· XIIII· odir einen man-müs der man wol uf den heiligen behalden kegin Jinen h'ren vndir al /ime gute · ab he / a n an einen anderen h'ren volget-ab hes in rechten geweren hat-Ein gut mag manches herren / i n · al/o das is einer von deme and'en habe • doch müs eins di gewere Jin-Jw' is innüzce odir in gelde hat-vnde den zcins dar us nimt· is /ie wip odir m a n - d e r hat di gewer dar an · dem Jal mä dar ab entw'ten · ab da imät uffe mij/e tut-doch en hei/t das keine rechte gew'-das der man mit gewalt be/iczt-ab mä di gewalt iruolget mit rechter clage-vn das gezügen mag-Sagit ein man im gut von einem and'en herren an • in Jins herre keginwarte von deme hes h a t - h a t is der h're gezuk /iner manne-an deme gute en hat der man kein recht mer iener en be haldes von deme hes im zu Jagete-Dar vmme en Jal kein mä /ins lenes gewe= ren benene vor deme ober/ten herren-di wile hes mit lenrechte geweigern mag-wen der mä en is nicht phlichtig vmme /ins h'ren gut-deme obir/ten h'ren zcü entw'tene das he in/inen geweren hat-al /i he ouch wol Jin mä Mag ab' d' obir/te herre gezuge das /in mä im das gut uf gela/in habe · od' im mit rechte vor teilt /i · iener d' di gewere dar an hat-müs das gut vor /ten · vnde

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J

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3o

C. XIIII. Eine wurte oder einen morgen odir einen man mus der man wol uf den heiligen behalden kegin sinen herren undir al sime gute, ab he san an einen anderen herren volget, ab hes in rechten geweren hat. Ein gut mag manches herren sin, also das is einer von deme anderen habe, doch mus eins di gewere sin; swer is in nuzce odir in gelde hat unde den zcins dar us nimt, is sie wip odir man, der hat di gewer dar an, dem sal man dar ab entworfen, ab da imant uffe missetut; doch enheist das keine rechte gewer, das der man mit gewalt besiezt, ab man di gewalt irvolget mit rechter clage unde das gezugen mag. Sagit ein man im gut von einem anderen herren an in sins herren keginwarte, von deme hes hat, hat is der herre gezuk siner manne, an deme gute enhat der man kein recht mer, iener enbehald es, von deme hes im zusagete. D a r umme ensal kein man sins lenes geweren benennen vor deme obersten herren, di wile hes mit lenrechte geweigern mag, wen der man enis nicht phlichtig umme sins herren gut deme obirsten herren zeu entwortene, das he in sinen geweren hat, al si he ouch wol sin man. Mag aber der obirste herre gezugen, das sin man im das gut ufgelasin habe oder im mit rechte vorteilt si, iener, der di gewere dar an hat, mus das gut vorsten, unde

307 Kapitel XIV. Eine Hofstelle, einen Morgen 1 (Land) oder einen (hörigen) Mann darf der Lehensmann durch Eid auf die Reliquien gegen seinen H e r r n unter all seinem Gut erringen, auch wenn er damit an einen anderen Herrn folgt, wenn er es nur in rechter Gewere hat. Ein Gut kann mehreren Herren gehören in der Weise, daß es einer vom anderen (geliehen) hat, jedoch muß einer die Gewere haben; wer es zu N u t z u n g oder Gewinn hat und den Zins daraus nimmt, es sei Frau oder Mann, der hat die Gewere daran, und der soll entschädigt werden, wenn jemand daran Schaden anrichtet; doch heißt das keine rechte Gewere, was der Mann durch Gewalt besitzt, wenn man die Gewalt mit rechter Klage verfolgt und man sie durch Zeugen beweisen kann. Behauptet ein Mann in Gegenwart seines Herrn, von dem er ein Gut hat, er habe dieses von einem anderen Herrn, und hat der Lehensherr d a f ü r das Zeugnis seiner Mannen, an dem Gut hat der Mann kein Recht mehr, außer wenn es jener, von dem der Mann es zu haben behauptete, (für sich) erringt. Aus diesem Grund muß kein Mann den Gewährsmann seines Lehens vor dem Oberlehensherrn benennen, solange er es vor dem Lehensgericht verweigern kann; denn der Mann ist nicht verpflichtet, wegen des Lehensguts seines Herrn, das er in seinen Geweren hat, sich gegenüber dem Oberlehensherrn zu verantworten, obwohl er auch dessen Mann ist. Kann aber der Oberherr durch Zeugen beweisen, daß ihm sein Lehensmann das Gut aufgelassen hat oder daß es diesem gerichtlich abgesprochen worden ist, so muß jener, der die Gewere daran hat, f ü r das Gut einstehen und

folio 63 verso

1. (Lnr. 13§4): D e r L e h e n s m a n n in d e r M i t t e des Bildes im g r a u e n R o c k b e e i d e t seinem n e u e n H e r r n (grünes G e w a n d , Schapel) auf d a s Reliquiar, d a ß er ein L e h e n r e c h t an d e r H o f s t e l l e (dargestellt d u r c h die g r ü n e U m z ä u n u n g ) u n d an d e m h ö r i g e n M a n n (rotes Kleid) besitzt. Auf diese b e i d e n h i n t e r sich weist e r mit seiner Linken, w ä h r e n d d e r H e r r mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e n Eid e n t g e g e n n i m m t . D e r im T e x t e r w ä h n t e morgen L a n d h a t im Bild keine Entsprechung. 2. (Lnr. 14§1): Dieses Bild ist von rechts n a c h links zu lesen. D e r L e h e n s h e r r r e c h t s im g r ü n e n R o c k mit Schapel b e l e h n t einen V a sallen mit e i n e m G u t ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . D i e s e r Vasall wird d a d u r c h selbst z u m L e h e n s h e r r n (dargestellt als D o p p e l f i g u r ) u n d b e l e h n t d a m i t seinerseits einen w e i t e r e n V a s a l l e n mit K o m m e n d a t i o n s g e s t u s . D i e s e r wird d a d u r c h auch in die M ö g l i c h k e i t gesetzt, d a s G u t w e i t e r z u v e r l e i h e n . E r wird s o m i t a u c h z u m L e h e n s h e r r n ( D o p p e l f i g u r ) u n d leiht d a s G u t d e m u n t e r s t e n V a s a l l e n im r o t e n Kleid, d e r im G u t sitzt ( d a r g e s t e l l t d u r c h d a s b l a u e G e b ä u d e u n d die rote M a u e r ) u n d d e n N u t z e n d a r a u s zieht, w a s d u r c h das symbolische Z i e h e n an d e n A c k e r h a l m e n v e r d e u t l i c h t w i r d . 3. (Lnr. 14§2); In G e g e n w a r t seines H e r r n (Figur g a n z rechts in H e r r e n t r a c h t u n d mit Schapel) b e h a u p t e t d e r L e h e n s m a n n ( g r a u e r R o c k , r o t e Beinkleider), das in seinem Besitz b e f i n d l i c h e G u t (dargestellt d u r c h d a s Z i e h e n an d e n A c k e r h a l m e n ) von e i n e m a n d e r e n H e r r n ( g a n z links in H e r r e n t r a c h t ) e m p f a n g e n zu h a b e n , w a s d u r c h d e n K o m m e n d a t i o n s g e s t u s deutlich g e m a c h t ist. Sein w a h rer L e h e n s h e r r s t e h t j e d o c h r e c h t s von ihm u n d z i e h t mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e r L i n k e n d a s G u t an sich (symbolisch die H a l m e ) , weil d e r M a n n kein R e c h t m e h r d a r a n hat. D i e W a p p e n d i e n e n w o h l n u r z u r U n t e r s c h e i d u n g d e r P e r s o n e n auf d e m Bild. D a ß d e r L e h e n s h e r r das Z e u g n i s seiner M a n n e n z u r U b e r f ü h r u n g des Vasallen b r a u c h t , sowie die M ö g l i c h k e i t , d a ß d e r a n d e r e Leh e n s h e r r d a s G u t f ü r sich e r r i n g e n k a n n , ist im Bild nicht d a r g e stellt. Naß, Wappen, S. 268. 4. (Lnr. 14§3): D e r O b e r l e h e n s h e r r ist in d i e s e m Fall ein geistlicher F ü r s t mit r o t e m G e w a n d u n d w e i ß e r M i t r a . Sein L e h e n s m a n n , d e r K l e i d u n g n a c h ein L a i e n f ü r s t ( M ü t z e , Schapel, b l a u e s Kleid), h a t ihm sein L e h e n a u f g e l a s s e n u n d t r ä g t d e s w e g e n als A u f l a s s u n g s s y m b o l d e n g e s c h u l t e r t e n Stab mit sich f o r t . D a er das G u t a b e r w e i t e r v e r l i e h e n h a t an d e n M a n n in H e r r e n t r a c h t ( g r ü n e s Kleid, Schapel) links im Bild, d e r z u m Z e i c h e n seines B e s i t z r e c h t s symbolisch die A c k e r h a l m e an sich zieht, m u ß d e r O b e r l e h e n s h e r r mit d e m Z e u g n i s zweier L e h e n s l e u t e (links n e b e n ihm in H e r r e n tracht) d e n Beweis d e r A u f l a s s u n g f ü h r e n . Sie tun dies mit E i d auf die Reliquien, weil d e r U n t e r l e h e n s h e r r mit A u f m e r k s a m k e i t s g e stus d e r L i n k e n d e n Z e u g e n b e w e i s f o r d e r t . D i e W a p p e n d i e n e n a u c h hier w i e d e r n u r d e r U n t e r s c h e i d u n g d e r dargestellten P e r s o nen. Naß,

1 morgen s t . M . . M o r g e n ' ( A c k e r m a ß ) .

Wappen,

S. 268.

folio 64 recto

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im volgen an den o b i r j t e n h'ren · Swene ein mä Jime h'ren gutes l o u k e n t - v n d e is im enzcaget v o r Jine m a n n e das he von im h a t - d a s gut Jal deme h'ren ledig JinH a t ab' hes vor ligen vn vndirwintes / i c h der o b i r j t e h're der mä d ' das gut ingewere h a t - d ' Jal Jine h'ren mit vrteilen mane das he Jin gut vor Jte · vüi des o b i r j t e n h'ren an Jprache ir lege mit rechte · das Jal he tun d u r c h recht binne Jechs wochen · weigert ab' d e r h're des zu t u n d e wid' recht der man volge an den o b i r j t e n herren Jime g u t e - v n en v o r lieje d a r mite nicht ab is Jin h're d a r noch behalde A b ein herre Jins mänes gutes loukent vor deme ob'Jten herren · odir is nicht en benennet Jwe hes e n p h e t - v n hes durch recht benenne Jal · d e r m a n volge Jime lene an den o b i r j t e herren bin Jine rechte tedinge· -XV· D e r herre mag Jich v o r j p r e c h e n vnde vor Jwigen an Jime rechte vn nicht Jin man · ab Ji das gut v o n vor Jten noch rechte • Swen der man in den o b i r j t e n h'ren volget Jime gute · vnde der lenvnge · o dir d e r w i j ü n g e an en g e r t - h e is phlichtich deme herren das gut zcü b e n e n n e n e v f i den herren von deme hes gehabit h a t - e r man en belene · odir wije •

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2o

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im volgen an den obirsten herren. Swenne ein man sime herren gutes loukent u n d e is im e n i i a g e t vor sinen mannen, das he von im hat, das gut sal deme herren ledig sin. H a t aber hes vorligen u n d e undirwint es sich der obirste herre, der man, der das gut in geweren hat, der sal sinen herren mit urteilen manen, das he sin gut vorste u n d e des obirsten herren ansprache irlege mit rechte, das sal he tun d u r c h recht binnen sechs wochen. Weigert aber der herre, des zu t u n d e wider recht, der man volge an den obirsten herren sime gute u n d e envorliese dar mite nicht, ab is sin herre d a r noch behalde. Ab ein herre sins mannes gute loukent vor deme obersten herren odir is nicht enbenennet, swen hes enphet u n d e hes d u r c h recht benennen sal, der m a n volge sime lene an den obirsten herren bin sinen rechten tedingen. C . X V . D e r herre mag sich vorsprechen u n d e vorswigen an sime rechte u n d e nicht sine man, ab si das gut vorsten noch rechte. Swen der man in den obirsten herren volget sime gute u n d e der lenunge odir der wisunge an en gert, he is phlichtig, deme herren das gut zcu benennene, u n d e den herren von deme hes gehabit hat, er man en belene odir wise;

2 loukent WD H, besäet Ο Horn. I i gute] gutes WD H, godes O, gut Horn, loukent wie 2. 22 sine D Η Ο Horn., sin W. vor vorsten] von getilgt W. 25 phlichtig D; phlichtich WH, plichtich Ο Horn.

309

mit ihm an den O b e r h e r r n folgen. W e n n ein M a n n seinem H e r r n das Gut, das er von ihm hat, ableugnet u n d es vor dessen M a n n e n in Abrede stellt 1 , so soll dieses G u t dem H e r r n ledig sein. H a t er es aber weiterverliehen u n d bemächtigt sich dessen der Oberlehensherr, so m u ß der M a n n , der das G u t in Geweren hat, seinen H e r r n gerichtlich a u f f o r d e r n 2 , daß er f ü r sein G u t einstehe u n d dem Anspruch 3 des O b e r h e r r n vor Gericht entgegentrete 4 . D a s m u ß er von Rechts wegen binnen sechs W o c h e n tun. Weigert sich aber der H e r r wider Recht, das zu tun, so soll der M a n n mit seinem G u t an den Oberlehensherrn folgen, u n d er verliert es damit nicht, auch wenn es sein H e r r danach erstreitet. W e n n ein H e r r seinem M a n n das G u t vor dem O b e r h e r r n ableugnet oder es nicht benennt, wenn er es (zu Lehen) empfängt u n d es von Rechts wegen benennen muß, so soll der M a n n mit seinem Lehen an den O b e r herrn folgen binnen seiner rechten Frist. Kapitel XV. D e r H e r r kann durch sein Reden oder Schweigen sich selbst rechtlich benachteiligen, nicht aber seine M a n n e n , wenn sie f ü r das G u t rechtmäßig einstehen. W e n n d e r M a n n mit seinem G u t an den O b e r l e h e n s h e r r n folgt u n d Belehnung oder Verweisung begehrt, so ist er verpflichtet, dem Oberlehensherrn das G u t u n d den H e r r n , von dem er es gehabt hat, zu benennen, bevor man ihn belehnt o d e r weiterverweist.

folio 64 recto

1. (Lnr. 14§4): Ein Lehensmann (ganz links im grauen Kleid) leugnet mit Aufmerksamkeitsgestus, ein Gut von seinem Oberlehensherrn, dem in der Bildmitte thronenden Bischof (rotes Gewand, Mitra), erhalten zu haben. Er bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß er die rechte Hand in sein Gewand steckt, um die Ähren, die symbolisch f ü r das Gut stehen, zu verstecken. Diese Ähren fehlen hier, sind aber in D und Η deutlich zu erkennen. Der Lehensherr nimmt dies mit Aufmerksamkeitsgestus zur Kenntnis und wendet sich mit gleichem Gestus an die drei Männer in der rechten Bildhälfte, um diese auf die Ableugnung aufmerksam zu machen, damit sie als Zeugen dieses Vorgangs auftreten können, was diese mit Aufmerksamkeitsgesten ihrerseits bestätigen. Kocher, Schuldrechtliches, S. 125/.; Naß, Wappen, S. 236, 247, 268. 2. (Lnr. 14§4): Das Bild schließt an das vorhergehende unmittelbar an. Wiederum ist der Oberlehensherr ein Bischof, der rechts in rotem Gewand und mit Mitra thronend zu sehen ist. Dessen Vasall, der im blauen Gewand mit Mütze und Schapel vor ihm stehende Laienfürst, der, wie das Wappen in Η deutlich macht (in W und D sind die Wappen nicht eindeutig zuzuordnen), an dritter Stelle der Heerschildordnung steht, hat das Lehen an einen Unterherrn (links im Bild im grünen Rock, mit Schapel) weiterverliehen. Dieser gehört, nach dem Wappen in Η zu urteilen, zur vierten Klasse innerhalb der Heerschildordnung. Da er nur Untervasall ist, darf er seinen Herrn, den Laienfürsten, dazu veranlassen, sein Gut gegen den Anspruch des Oberherrn zu vertreten, was durch die Geste des Hinschiebens deutlich gemacht ist. Der Oberherr kommt der Aufforderung nach, indem er, die Frist von 6 [ VI] Wochen einhaltend, das Lehen durch Zahlung eines Geldbetrages an den Oberlehensherrn (Münzen) einlöst. Kocher, Schuldrechtliches, S. 123/.; Naß, Wappen, S. 236, 247, 268. 3. (Lnr. 15§1): Durch das Einstecken der Ähren in seine Kleidung leugnet der Unterherr (links im Bild im grünen Kleid und mit Schapel) den Besitz des Vasallen (grauer Rock, rote Strümpfe) an dem Gut ab. Dieser wendet sich deshalb an den Oberlehensherrn, rechts im Bild mit blauem Gewand, Mütze und Schapel (Laienfürst), der ihm das Gut zuspricht, indem er ihm die Kommendation (Umschließen der Hände) erteilt. 4. (Lnr. 15§2): Der Mann ist als Doppelfigur im grauen Rock roten Strümpfen dargestellt (anders H, wo er als eine Figur vier Armen erscheint). Auf der linken Bildseite zeigt er auf das (dargestellt durch die Halme) und den früheren Lehensherrn, tot am Boden liegt. Er leistet damit dem Text entsprechend Aufforderung Folge, Gut und früheren Herrn zu benennen erhält deswegen vom Oberlehensherrn (ganz rechts im blauen wand, mit M ü t z e und Schapel) die Erneuerung des Lehens, durch den Kommendationsgestus deutlich gemacht wird.

1 entsagen sw.V. ,Fehde ansagen', Jossagen', ,absprechen', hier ,in Abrede stellen'; 2 mit urteilen manen »gerichtlich auffordern', zu manen sw.V. ,erinnern, ermahnen, auffordern, antreiben'; 3 anspräche st.F. ,Anspruch, Einspruch'; 4 erlegen sw.V. .beilegen, schlichten, niederlegen', hier .entgegentreten, widersprechen'.

mit mit Gut der der und Gewas

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Uil en ouch der h're wijen · iener Jal di w i j u ge behalden mit gezcüge kegen den herren m' Jiner manne rechte · das he an in J o gevolget habe · als he en durch recht wijen Julie · gezüget he dis kegen den o b i r j t e n h e r r e n - J o en darf he keins gezuges kegen den herren da man en wijet/ -XVI· N i m a n t en darf andirweide enphan gut das im Jin herre geiigen h a t - a b hes uf l e t - o d i r vor k o ü f t - v n is abir widir e n p h e t - h e en darbe der gewere Jechs woche Swelches mänes - X V I I · vfi ein iargut der h're weg liet injine entw'te des das gut is • an des mänes rechte wid' J p r a c h e - k e i n recht en mag he mer an deme gute b e r e d e n - d e s len is er w a s · · XVIII· Ab der h're Jinem mäne zu lenrechte tedinget bin deme tedinge en is he nicht phlichtig dem mäne zu entw'tene · ab he en ichtes Jchuldiget di wile Jin Jache vnvolent is-Wirt ab' des h'ren lenrecht gevrijt m' vrteilen-vn irjtirbit dem mäne ein gut an-is Ji g e d i n g e - o d ' len des he an den h'ren J i n n e t - o d ' büt zu behaldene mit rechted' h're Jal im lenrecht tün mit rechte · bin Jine tedingen · als Ji des h'ren Jchuldigünge vnv o r e n d e t · d ' h're mochte anders an d ' Jchulde= gezogen den mä wen bis he Jich vor iarete an Jiner J i n n ü n g e · f . -XIX. Ab ein ma an Jines v o r j p r e c h e n w o r t nich' en iet-vn ab' h're den v o r j p r e c h e

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Wil en ouch der herre wisen, iener sal di wisunge behalden mit gezcuge kegen den herren mit siner manne rechte, das he an in so gevolget habe, als he en durch recht wisen sulle. G e z u get he dis kegen den obirsten herren, so endarf he keins gezuges kegen den herren, da man en wiset. C . X V I . N i m a n t endarf andirweide e n p h a n gut, das im sin herre geiigen hat, ab hes uflet odir v o r k o u f t u n d e is abir widir enphet, he endarbe der gewere sechs wochen u n d e ein jar. C . X V I I . Swelches mannes gut der herre wegliet in sine entworte, des das gut is, ane des mannes rechte widerspräche, kein recht enmag he mer an d e m e gute bereden, des len is er was. C. XVIII. Ab der herre sinem manne zu lenrechte tedinget, bin deme tedinge enis he nicht phlichtig, dem m a n n e zu entwortene, ab he en ichtes schuldiget, di wile sin sache unvolent is. W i r t aber des herren lenrecht gevrist mit urteilen u n d e irstirbit dem m a n n e ein gut an, is si gedinge o d e r len, des he an den herren sinnet oder but zu behaldene mit rechte, der herre sal im lenrecht tun mit rechte bin sinen tedingen, als si des herren schuldigunge unvorendet; der herre mochte anders an der schulde gezogen den man, wen bis he sich vorjarete an siner sinnunge. C. XIX. Ab ein man an sines vorsprechen w o r t nicht enjet u n d e aber der herre den vorsprechen

1 nach

h e r r e ] nicht

Horn. 14

ane

Η

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Horn.,

an

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311 Will ihn der (Ober-)Herr weiterverweisen, so soll der Mann seinem (neuen) Herrn die Verweisung durch Zeugnis und Eid seiner Mannen kundtun, daß er so an den Oberherrn gefolgt ist, daß dieser ihn von Rechts wegen verweisen mußte. Bezeugt er dies gegenüber dem Oberherrn, so bedarf er keines Zeugenbeweises gegenüber dem Herrn, an den man ihn verweist. Kapitel XVI. Niemand braucht ein Gut, das ihm sein H e r r geliehen hat, zum zweiten Mal 1 zu empfangen, wenn er es aufläßt oder verkauft und es dann aber wieder empfängt, es sei denn, er habe es sechs Wochen und ein Jahr nicht in seiner Gewere gehabt. Kapitel XVII. Wenn der H e r r das Gut eines Mannes in Gegenwart 2 dessen, der das Gut (zu Lehen) hat, ohne dessen rechten Widerspruch anderweitig verleiht, so kann der Mann an dem Gut, das bislang sein Lehen war, kein Recht mehr geltend machen. Kapitel XVIII. Wenn der H e r r seinen Mann vor das Lehensgericht lädt, so ist er während des Verfahrens nicht verpflichtet, dem Mann Rede und Antwort zu stehen, wenn dieser ihn einer Sache beschuldigt, solange dessen Fall noch anhängig 3 ist. Wird aber der Rechtsstreit des Herrn durch Urteil vertagt 4 und erbt der Mann inzwischen ein Gut, sei es zu Gedinge oder zu Lehen, das er dann von dem Herrn (zur Belehnung) begehrt oder f ü r das er sich zum Rechtsstreit erbietet, dann muß ihm der Herr bei währendem Verfahren rechtmäßig Lehenrecht gewähren, auch wenn die Beschuldigung des Herrn noch nicht erledigt ist; andernfalls könnte der H e r r mit seiner Anschuldigung den Mann hinhalten, bis dessen Lehensbegehren 5 verjährt ist. Kapitel XIX. Wenn ein Mann das Wort seines Vorsprechers nicht gutheißt und der H e r r den Vorsprecher

1 anderweide, anderweit A d v . , z u m zweiten M a l ' ; 2 antwart, antwurt st.F. . G e g e n w a r t , A n w e s e n h e i t ' ; 3 unvolant P a r t . A d j . .unvollendet', zu (un)volenden sw.V. ,(nicht) vollenden, vollbringen'; 4 vristen sw.V. .hinhalten, a u f s c h i e b e n , v e r t a g e n ' ; 5 sinnunge ( m n d . ) st.F. , L e h e n s b e g e h r e n ' .

folio 64 verso

1. (Lnr. 15§3): R e c h t s sitzt d e r O b e r h e r r im b l a u e n Kleid mit M ü t z e u n d Schapel u n d verweist d e n in d e r M i t t e s t e h e n d e n M a n n im g r a u e n R o c k an einen U n t e r h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel) links im Bild, symbolisch dargestellt d u r c h d a s gelbe (in Η g r ü n e ) B a n d , welches d e r O b e r h e r r z u m U n t e r h e r r n s p a n n t , u n d d e n Zeigegestus des O b e r h e r r n . D e r M a n n beeidet mit einer ihm beigegeb e n e n d r i t t e n H a n d seinen rechtlichen A n s p r u c h auf die V e r w e i sung, w e s h a l b er v o m U n t e r h e r r n o h n e w e i t e r e B e w e i s f ü h r u n g die K o m m e n d a t i o n erhält. Hüpper, Funktionstypen, 5. 236. 2. (Lnr. 16): D e r L e h e n s m a n n in d e r M i t t e des Bildes im g r a u e n R o c k v e r k a u f t sein L e h e n an d e n M a n n links im Bild (rotes Kleid), d e r es mit M ü n z e n b e z a h l t . Z u m Z e i c h e n , d a ß d e r K ä u f e r j e t z t das N u t z u n g s r e c h t an d e m G u t besitzt, zieht er an d e n Ä h r e n h a l m e n . Will d e r u r s p r ü n g l i c h e Besitzer dieses G u t , w o r a u f er mit einer z u s ä t z l i c h e n d r i t t e n H a n d zeigt, z u r ü c k h a b e n , so m u ß e r d e m L e h e n s h e r r n ( g a n z r e c h t s im g r ü n e n Kleid u n d mit Schapel) e r n e u t die K o m m e n d a t i o n ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) leisten, w e n n d a s G u t l ä n g e r als J a h r u n d T a g (LII W o c h e n + VI W o c h e n ) n i c h t in sein e m Besitz w a r . D i e s e r N i c h t b e s i t z w i r d d u r c h die E i n k r e i s u n g d e r E r t r ä g e aus d e m G u t (Geld, K o r n g a r b e n u n d H e u h a u f e n ) ausgedrückt. Hüpper; Funktionstypen, S. 234; Kocher, Schuldrechtliches, S. 123. 3. (Lnr. 17): D e r H e r r , in d e r M i t t e des Bildes sitzend ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel), verleiht d a s G u t eines M a n n e s (rechts im g r a u e n R o c k ) in dessen G e g e n w a r t an einen a n d e r e n M a n n (links im b u n ten Kleid). E r t u t dies, i n d e m er mit einer d r i t t e n H a n d die Ä h r e n (symbolisch f ü r das G u t s t e h e n d ) von d e r Seite des alten Besitzers w e g z i e h t , w ä h r e n d d e r n e u e Besitzer e b e n f a l l s mit seiner z u s ä t z l i c h e n d r i t t e n H a n d die Ä h r e n u n d s o m i t das G u t e r f a ß t . W ä h r e n d d e r B e l e h n u n g s a k t v o n s t a t t e n g e h t - d e r zu B e l e h n e n d e e m p f ä n g t k n i e n d die K o m m e n d a t i o n - , s c h a u t sich d e r H e r r n a c h d e m u r s p r ü n g l i c h e n Besitzer u m , o b dieser W i d e r s p r u c h e r h e b t . D i e W i d e r s p r u c h s l o s i g k e i t des M a n n e s ist d e u t l i c h e r in Η zu s e h e n , w o er sich d e n M u n d z u h ä l t und z u m Z e i c h e n seiner U n f ä h i g k e i t d e n rechten Arm festhält. 4. (Lnr. 18): Ein M a n n im b l a u e n Kleid e r h e b t mit A u f m e r k s a m keitsgestus seiner R e c h t e n eine Klage g e g e n seinen H e r r n , d e r in seinem L e h e n s g e r i c h t d e n M a n n z u v o r b e k l a g t h a t . D e r H e r r , der als L e h e n s r i c h t e r sitzend in seinem Stuhl d a r g e s t e l l t ist, b r a u c h t seinem M a n n nicht R e d e u n d A n t w o r t zu s t e h e n u n d v e r w e i g e r t diese, i n d e m er sich mit W e i g e r u n g s g e b ä r d e von ihm a b w e n d e t . 5. (Lnr. 18): D a s Bild setzt inhaltlich Bildzeile 4 f o r t . D e r a n b e r a u m t e G e r i c h t s t e r m i n ist v e r t a g t w o r d e n , u n d d e r b e k l a g t e M a n n ( a u f g r u n d d e r i d e n t i s c h e n K l e i d u n g , blaues G e w a n d u n d rote S t r ü m p f e , mit d e m B e k l a g t e n aus Bildzeile 4 w o h l die P e r s o n g a n z links) h a t inzwischen ein G u t (die im Kreis b e f i n d l i c h e n Ä h r e n ) o d e r die A n w a r t s c h a f t d a r a u f geerbt. D e r L e h e n s h e r r rechts im Bild im g r ü n e n H e r r e n k l e i d mit Schapel, w i e d e r u m in seiner F u n k tion als R i c h t e r , weist auf dieses G u t ( d e u t l i c h e r zu e r k e n n e n in H ) , das d u r c h d e n T o d des a m B o d e n l i e g e n d e n M a n n e s im b l a u e n G e w a n d f r e i g e w o r d e n ist. M i t zwei Z e u g e n b e k u n d e t d e r L e h e n s m a n n n u n mit E i d auf die R e l i q u i e n seine A n w a r t s c h a f t an d e m G u t (in Η e r g r e i f t er s c h o n Besitz d a v o n , i n d e m er ein Ä h r e n b ü schel a n f a ß t ) , w o r a u f d e r H e r r sich diesmal einlassen m u ß . Hüpper, Funktionstypen, S. 234.

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IUI

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10

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2o

α

3o

Jchuldiget des he mfis dar vme gewette· he en /were da vor das he äders nicht gejproche habe-wen alje ien' bete· deme he zü v'Jprechen gegebe Ji Der mä mag aller Jchuldegü= ge m' vn/chult enken · di nimant gezweigen mag-das J"i vor gerichte gejchen J1 • · Χ Χ · Swene d' Jon noch des vat' tode lebet alje lange das mä Jyne Jtymme höre mag invier wendin des h ü j e s - j o is he be erb' m1 /ins vat' lene-vn hat das gevirnt alle den· di das gedinge dar an hatten Der Jon d' da Jtirbit er deme uatere en is kein len erbe · wen he mit keime lene be erbit en is durch das en bricht he nimädes gedinge an des va= ter lene Swelcheme mäne man Jin gut vor teilt-od' hes uf let-was im icht gedlges dar an geiigen des darbit he m1 deme guteSwo d' Jon deme vat'e nich' ebinb 2 tig is • vfi di mä geweig'en möge ir gut vö im zcü enphane · alleine lebit d' Jon noch des vat' tode · he en vernt nimäde kein gedinge an vor ligeneme gute Jins vater Ab ein h're zu vnrechte Jime mäne enzcaget · vn der mä dem h'ren nicht-me weder gedinge noch len en vor lüjet der mä da mite-vn behelt das gut ane dinjt zu Jime libe m1 deme he nicht vorbas gevolgen en mag · Bijchoue gut vn van len-Jal d' kunig gancz lien vn nicht zcweien • Swer ouch von eime vorjten belent wirt-der van len hat·

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κ

schuldiget des, he mus dar umme gewetten, he enswere da vor, das he anders nicht gesprochen habe, wen alse iener bete, deme he zu vorsprechen gegeben si. Der man mag aller schuldegunge mit unschult enken, di nimant g e z o gen mag, das si vor gerichte gesehen si. C.XX. Swenne der son noch des vater tode lebet alse lange, das man sine stimme hören mag in vier wendin des huses, so is he beerbet mit sins vater lene unde hat das gevirnt alle den, di das gedinge dar an hatten. Der son, der da stirbit er deme vatere, enis kein lenerbe, wen he mit keime lene beerbit enis, durch das enbricht he nimandes gedinge an des vater lene. Swelcheme manne man sin gut vorteilt oder hes uflet, was im icht gedinges dar an geiigen, des darbit he mit deme gute. Swo der son deme vatere nicht ebinburtig is unde di man geweigeren mugen ir gut von im zeu enphane, alleine lebit der son noch des vater tode, he envernt nimande kein gedinge an vorligeneme gute sins vater. Ab ein herre zu Unrechte sime manne eniiaget, unde der man dem herren nicht, nie weder gedinge noch len envorluset der man da mite unde behelt das gut ane dinst zu sime libe, mit deme he nicht vorbas gevolgen enmag. Bischove gut unde vanlen sal der kunig gancz lien unde nicht zcweien. Swer ouch von eime vorsten belent wirt, der vanlen hat,

5/6 gezuigen] geezvigen //, gezweigen Wt gezewigen D, tughen O, getugen Horn. 24 nie H, me W D, neweder Ο Horn.

313

deswegen verantwortlich macht, so muß dieser d a f ü r Gewette bezahlen, wenn er nicht schwört, daß er nicht anders gesprochen habe, als jener es (von ihm) verlangte, dem er als Vorsprecher beigegeben ist. Der Mann kann sich von jeder Beschuldigung durch seinen Eid freischwören, wenn niemand bezeugen kann, daß sie vor Gericht geschehen ist. Kapitel XX. Wenn der Sohn nach des Vaters T o d so lange lebt, daß man seine Stimme in den vier Wänden des Hauses hören kann, so hat er seines Vaters Lehen geerbt und hat es all denen entzogen, die das Gedinge daran hatten. Der Sohn, der vor dem Vater stirbt, ist nicht Lehenserbe, weil ihm kein Lehen als Erbe angefallen ist; deshalb bricht er auch niemandem das Gedinge an des Vaters Lehen. Wenn man einem Mann sein Gut abspricht oder er es aufläßt, so verliert er, wenn ihm irgendein Gedinge daran verliehen war, dieses zusammen mit dem Gut. Wenn der Sohn dem Vater nicht ebenbürtig ist und sich die Mannen daher weigern können, von ihm ihr Gut zu empfangen, so entzieht der Sohn, auch wenn er nach des Vaters T o d noch lebt, niemandem das Gedinge an einem verliehenen Gut seines Vaters. Wenn ein H e r r zu Unrecht seinem Mann (das Lehen) aufkündigt, nicht aber der Mann dem Herrn, so verliert der Mann damit weder Gedinge noch Lehen, und er behält das Gut ohne Dienstpflicht auf Lebenszeit, kann damit aber nicht mehr weiter (an einen anderen Herrn) folgen. Bischofsgut und Fahnenlehen soll der König als Ganzes verleihen und nicht teilen 1 . Wer von einem Fürsten belehnt wird, der Fahnenlehen hat,

folio 65 recto

1. (Lnr. 19§1): Vor dem Lehensherrn als Richter, rechts im Bild, steht im grün-rot gestreiften Rock ganz links ein Lehensmann, der mit seiner linken Hand einen Mann im rot-blauen Gewand zum Richter hinschiebt, um anzudeuten, daß dieser Mann sein Vorsprecher ist. Der Lehensmann will mit seiner Geste ausdrücken, d a ß er mit den Worten des Vorsprechers nicht einverstanden ist und macht dies zusätzlich durch Trauergestus deutlich. Richtiger ist hier aber wohl die Weigerungsgebärde in D und H, wo er sich die H a n d vor den M u n d hält und sich halb abwendet. Der Vorsprecher hat drei Hände. Mit der einen deutet er auf sich und mit der anderen auf seinen Auftraggeber, womit angezeigt werden soll, daß er genau dessen Weisung befolgt habe, während er mit der dritten diese Aussage auf die Reliquien beeidet. 2. (Lnr. 2Q§1): Der neugeborene Lehenserbe schreit so laut, daß man es in allen vier Wänden des Hauses hören kann. Die Wände sind durch vier männliche Halbfiguren dargestellt, die, um mitzuteilen, daß sie das Schreien hören können, mit der einen H a n d auf ihre O h r e n deuten und mit der anderen auf das Neugeborene weisen. Die Wöchnerin trägt einen Witwenschleier, weil ihr Mann, der Erblasser, bereits gestorben ist. Mit der rechten H a n d zeigt sie auf ihren Sohn (in der Wiege), um kundzutun, daß er der Lehenserbe ist. Naß, Wappen, S. 268; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 24; Schott, Sachsenspiegel, S. 54. 3r. (Lnr. 20§1): Der Vater (als H e r r im grünen Kleid und mit Schapel dargestellt) trauert um seinen verstorbenen Sohn, der im blauen Gewand am Boden liegt. Der Trauergestus des Vaters und sein Fingerzeig auf den toten Sohn unterstreichen aber gleichzeitig auch den damit gegebenen Rechtsverlust. Die beiden gleichen Schilde deuten das Verwandtschaftsverhältnis an. Naß, Wappen, S. 268; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 24; Schott, Sachsenspiegel, S. 54. 31. (Lnr. 20§3): Da der Sohn (ganz rechts in Herrentracht) seinem toten Vater (kenntlich am Bart), der ebenfalls in Herrentracht, jedoch ohne Schapel, am Boden liegt, nicht ebenbürtig ist, dargestellt durch den umgewendeten Schild und das derbe Gesicht, verweigern die Männer links im Bild mit Weigerungsgebärde die Lehenserneuerung, obwohl der Sohn ihnen diese mit dem Auflassungssymbol, einem grünen Zweig, anbietet. Die gleiche Farbe der Schilde weist wiederum auf das Verwandtschaftsverhältnis hin. 4r. (Lnr. 20§2): Die Gabel am Hals des Mannes im grauen Kleid zeigt an, daß ihm das Lehensgut abgesprochen wurde. Er überreicht seinem H e r r n (grünes Kleid, Schapel) einen Handschuh, der hier Auflassungssymbol ist und die Rückgabe des Gutes bezeichnet. Gleichzeitig deutet er mit der rechten H a n d auf die in einem Kreis befindlichen Ähren, die sich auf das aufgelassene Gut beziehen. 41. (Lnr. 20§4): Der Herr (rechts im grünen Kleid und mit Schapel) kündigt seinen Männern (im grauen und roten Rock) das Lehensverhältnis auf. Η zeigt, wie der H e r r das H a u s des Vasallen mit einer Fackel in Brand setzt. Sowohl in H, D als auch in W wird die Aufkündigung des Lehens durch die Ähren im Kreis dargestellt. D und W zeigen außerdem den Versuch der Lehensleute, das Gut zu behalten, indem sie die Ähren an sich ziehen. 5. (Lnr. 20§5): Da Reichslehen nicht geteilt werden sollen, verleiht der thronende König links ein Zepterlehen ganz an einen Bischof, rechts ein Fahnenlehen ganz an einen weltlichen Fürsten. Beide Lehensmänner des Königs empfangen ihre Lehen korrekterweise kniend von dem sitzenden König (vgl. dagegen W fol. 51 r5). Naß, Wappen, S. 268; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 27.

1 zweien sw.V. .teilen, zerteilen, trennen*.

folio 65 verso he en darf das len von nimande enphan· d' van lenes darb'·alleine /i he ein geborn D e r / o n behelt des vat' · Χ Χ Ι · vor/te· Jchilt zu lenrechte der im ebinb 2 tig is · di wile he /ich mit man/chaft nicht en nideret-ab der / o n indes vat' / t a t en wil nich' man w'den · da mite en is /in h'/chilt nicht Is en hoget nicht des · Χ Χ Ι Ι · gehogetmänes Jchilt wenne van len-ab is im gelige wirt-Is en en erbit nimant kein len wen der vat' uf den / o n · Noch des vat' tode • der / o n küme binne vn tage zu /ime h'ren-νή bite im di man/chaft mit gevaldene henden-vn ge im al/o nae-ab der h ' r e / t e das he en gereichen müge-/iczt he ab' / ο /al he vor en knyen-/vmeliche lute /prechen das he dye /ulle wege deme h'ren zu-des en is nicht-wen al/e d' mä get da he / t e t o d i r kniet vor en da he / i c z e t - / o weget /ich al /in lip · vn mü/en ouch di hende wagen • / u s /preche d' mä al/e he /ins gutes /innet mit gevaldene henden h're ich /inne an üch / ο getanes gutes als ich mit rechte an uch bracht habe vn biete uch mine mä/chaft dar i m e · zu einem male-zcüm and' male · zcüme dritte dritte male · vn /ezce des üwere mä zu gezuge-Ab d' h're weigert mit vnrechte das he en zu mäne nicht enphet d' mä behalde das g u t - d a he /ine mä/chaft vmme bot vnde be/icze ane

314 he endarf das len von nimande enphan, der vanlenes darbet, alleine si he ein geborn vorste. C.XXI. Der son behelt des vater schilt zu lenrechte, der im ebinburtig is, di wile he sich mit manschaft nicht ennideret, ab der son in des vater stat enwil nicht man werden, da mite enis sin herschilt nicht gehoget. C.XXII. Is enhoget nicht des mannes schilt wenne vanlen, ab is im geiigen wirt. Is enerbit nimant kein len wen der vater uf den son. Noch des vater tode der son kume binnen jare unde tage zu sime herren unde bite im di manschaft mit gevaldenen henden unde ge im also nae, ab der herre ste, das he en gereichen muge, siezt he aber, so sal he vor en knien. Sumeliche lute sprechen, das he die hende sulle wegen deme herren zu, des enis nicht, wen alse der man get, da he stet, odir kniet vor en, da he siezet, so weget sich al sin lip unde musen ouch di hende wagen. Sus spreche der man, alse he sins gutes sinnet mit gevaldenen henden: herre, ich sinne an uch so getanes gutes, als ich mit rechte an uch bracht habe unde biete uch mine manschaft dar umme zu einem male, zeum ander male, zeume dritten male unde sezce des uwere man zu gezuge. Ab der herre weigert mit Unrechte, das he en zu manne nicht enphet, der man behalde das gut, da he sine manschaft umme bot, unde besieze ane

7 herschilt W D H, seilt O, schilt Horn. 10 en] doppelt W D. 13/14 gevaldenen WD 12 jare] iare Η Ο, jar Horn., fehlt WD. H, ghesamneden O, gesammeden Horn. 17 hende Η Horn., hande O, fehlt WD. 18 nach get] to'me herren Horn., fehlt WD Η Ο. 25 einem male W D Ht enewarue O, enewerve Horn. 25/26 ander male W H, andir male D, anderwarue O, anderwerve Horn. 26 dritten] doppelt WD. dritten male WD II, driddewarue O, driddewerve Horn.

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der braucht das Lehen von niemandem zu empfangen, der kein Fahnenlehen hat, auch wenn dieser ein geborener Fürst ist. Kapitel XXI. Der Sohn behält des Vaters Heerschild nach Lehenrecht, wenn er ihm ebenbürtig ist, solange er sich nicht durch M a n n s c h a f t erniedrigt; wenn der Sohn nicht an Stelle des Vaters Lehensmann werden will, so ist damit sein Heerschild nicht erhöht. Kapitel XXII. Nichts kann den Schild des Mannes erhöhen, außer ein Fahnenlehen, wenn ihm ein solches geliehen wird. Niemand vererbt sein Lehen, außer der Vater auf den Sohn. Nach des Vaters T o d komme der Sohn binnen J a h r und T a g zu seinem Herrn und biete ihm seine M a n n s c h a f t mit gefalteten H ä n d e n an, und er trete, wenn der H e r r steht, so nahe vor ihn hin, daß er ihn erreichen kann; sitzt aber der Herr, so soll er vor ihn hinknien. Einige Leute sagen, daß er die H ä n d e auf den Herrn zu bewegen 1 müsse; dem ist aber nicht so, denn wenn der M a n n (auf den Herrn zu)geht, falls dieser steht, oder vor ihn hinkniet, wenn er sitzt, so bewegt sich sein ganzer Körper, und damit müssen sich auch die H ä n d e bewegen. So spreche der M a n n , wenn er sein Gut (zu Lehen) begehrt, mit gefalteten H ä n d e n : „Herr, ich begehre von Euch ein solches Gut, wie ich es nach Lehenrecht vor Euch gebracht habe, und ich biete Euch d a f ü r meine M a n n s c h a f t an z u m ersten Mal, zum zweiten M a l und zum dritten Mal, und ich setze d a f ü r Eure M a n n e n als Zeugen ein." W e n n sich der H e r r zu Unrecht weigert, ihn als M a n n anzunehmen, so darf der M a n n das Gut, für das er seine M a n n s c h a f t angeboten hat, behalten und ohne Dienstpflicht besitzen,

1. (Lnr. 20§5): Links und rechts sitzen zwei Fürsten (blaues Kleid, Mütze, Schapel), deren gleichrangige Position innerhalb der Heerschildordnung durch die beiden identischen Wappenschilde dargestellt wird. Der Fürst links will den in Rot gekleideten Vasallen mit einem Gut belehnen und bietet ihm mit dem Investitursymbol (grüner Zweig) ein Lehen an. Dieser schlägt das Angebot aus, indem er dem Fürsten den Rücken zukehrt und sich abweisend nach ihm umsieht. Stattdessen leistet er mit Kommendationsgestus dem Fürsten rechts Mannschaft, weil dieser ein Fahnenlehen besitzt. Dieser Fürst ist vom Illustrator von Η mit drei Armen dargestellt worden, wobei zwei Hände, dem Kommendationsritus gemäß, die H ä n d e des Vasallen umfassen, die dritte aber die Fahne hält. In W und D fehlt dem fürstlichen Lehensherrn diese Fahne, weil er hier nur zwei Arme besitzt, die er benötigt, um dem Vasallen die M a n n schaft zu gewähren. Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. 134; Naß\ Wappen, S. 268; Schmidt- Wiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschnft, S. 2 7 f f . ; Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 27. 21. (Lnr. 21§§1,2): M i t Zeigegesten nach oben und unten (deutlicher in H ) weist die linke Figur, der Sohn, über den Normalfall, daß er des Vaters Schild behält, hinaus darauf hin, d a ß im Lehenrecht die Möglichkeit zur Erhöhung oder Erniedrigung des Schildes gegeben ist. Die zweite Figur verkörpert den Sohn, der des V a ters Schild ablehnt und stattdessen ein Fahnenlehen, durch das die Möglichkeit zur Erhöhung gegeben wäre, anstrebt. Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. 134; Naß, Wappen, S. 232, 247, 268; Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 235. 2t. (Lnr. 21§2): Der thronende König überreicht dem vor ihm knienden Lehensmann eine rote, gefranste Fahne, die wie in W fol. 65r5 das Fahnenlehen symbolisiert. Daß sich der Heerschild des Empfängers dadurch erhöht, weiß der Illustrator dadurch auszudrücken, d a ß er dessen Schild auf der H ö h e der Fahne selbst zeichnet, so d a ß die Fahne die Schildhälfte gleichsam hebt. Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. 134; Naß, Wappen, 5. 232, 247, 268; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 28. 3. (Lnr. 22§§1,2): Dargestellt ist das Zeremoniell der Belehnung. M i t gefalteten Händen kniet der Lehensmann (graues Kleid) vor seinem Herrn (grünes Kleid, Schapel), um sie in dessen H ä n d e zu legen. Er beugt den Oberkörper nicht besonders nach vorne, sondern nähert sich seinem Herrn soweit, d a ß er dessen ausgestreckte H ä n d e ohne M ü h e erreichen kann. Mit einer dritten H a n d weist er nach hinten auf drei Männer, die bei diesem V o r g a n g als Zeugen dienen. Einer von ihnen deutet mit dem Zeigefinger seiner Rechten auf die Fristangabe, zum Zeichen dafür, d a ß die Frist von J a h r und T a g gewahrt ist (symbolisiert durch die römischen Zahlen LH und VI). Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 27. 4. (Lnr. 22§3): Der Lehensherr (sitzend im grünen Kleid, mit Schapel) verweigert dem um ein Gut bittenden M a n n (graues Kleid) die Lehenserneuerung, indem er sich mit W e i g e r u n g s g e b ä r d e von ihm abwendet. Die Rechtsfolgen seines Verhaltens sind im Bild nicht dargestellt. Kocher, Schuldrechtliches, S. 120.

1 wegen

st.V. tr. ,sich bewegen, richten, bringen'.

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d i n j t - ν ή en darf is nimm' me gejinne di wile hes lebende vrkunde hat· Unde erb* is an Jine kint-vn mag da mite belene Jine man-wen he hat mit rechte behalde Jin g u t - d a im rechtes ab geweigert wasDer man en darf nicht and'weit bite Jine mäjchaft-is en Ji das Jin gezug Jterbe · Swo ab' dem mäne Jin gut m* gewalt genvme w i r t - d ' Jal Jine clage alle iar vor nüwen durch das he der gewere darb'-büt abir d' h're dem mäne Jin gut-he Jal is zu hant enphä odir he vor Jümit Jich dar an-wen der herre bricht im Jine iarzcal· mit dem bietene • alje Ji der man leget mit deme Jinnene· / · XXIII· · Der herre en Jal nimandes mäjchaft v'Jprechen ane des-d' des h'Jchildes darbit od' des der indes riches achte Ji· odir in deme Jelbin gerichte vor uejt Ji · od' ab en der Jelbe h're beclagit hat vor des landes richt'e durch roüp-vn vmme vngerichte · vn im mit orteiln getedlget is · in den tedingen en darf der h're en zu mäne nicht enphan · Swenne ab' d' h're zu mäne enphet-he en mag im nich' weigern gut zü liene · das he mit rechte an en bracht hat- vü Jine m ä j c h a f t vme geböte h a t - D e r h're Jal Jinem mäne zu aller zit vn inalle Jtete gut lien · da mä des zu rechte an im gert-we alleine inkirche· Swenne XXIIII-odir in kirchoue· ab' der h're vrteiles vraget·

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dinst, unde endarf is nimmer me gesinnen, di wile hes lebende urkunde hat. Unde erbet is an sine kint unde mag da mite belenen sine man, wen he hat mit rechte behalden sin gut, da im rechtes ab geweigert was. Der man endarf nicht anderweit biten sine manschaft, is ensi, das sin gezug sterbe. Swo aber dem manne sin gut mit gewalt genumen wirt, der sal sine clage alle jar vornuwen durch das he der gewere darbet, but abir der herre dem manne sin gut, he sal is zu hant enphan odir he vorsumit sich dar an, wen der herre bricht im sine jarzcal mit dem bietene, alse si der man lenget mit deme sinnene. C. XXIII. Der herre ensal nimandes manschaft vorsprechen ane des, der des herschildes darbit, oder des, der in des riches achte si odir in deme seibin gerichte vorvest si oder ab en der selbe herre beclagit hat vor des landes richtere durch roup unde umme ungerichte unde im mit orteiln getedinget is. In den tedingen endarf der herre en zu manne nicht enphan. Swenne aber der herre zu manne enphet, he enmag im nicht weigern gut zu liene, das he mit rechte an en bracht hat unde sine manschaft umme geboten hat. Der herre sal sinem manne zu aller zit unde in allen steten gut lien, da man des zu rechte an im gert, wen alleine in kirchen odir in kirchoven. C. XXIIII. Swenne aber der herre urteiles vraget

9 alle jar] alle iar W D H, iarlikes O, jarlikes Horn. richte - selbe WD Η Horn., fehlt O.

19/20 ge-

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und er braucht auch nie mehr um die Belehnung nachzusuchen, solange er dafür den lebenden Beweis hat. Er vererbt es an seine Kinder und kann damit seinen (eigenen) Mann (unter-)belehnen, denn er hat zu Recht sein Gut behalten, an welchem ihm sein Recht verweigert worden war. Der Mann braucht nicht ein zweites Mal seine Mannschaft anzubieten, es sei denn, daß sein Zeuge stirbt. W e n n aber dem Mann sein Gut mit Gewalt genommen wird, soll er seine Klage jedes Jahr erneuern, weil ihm die Gewere fehlt; bietet aber der H e r r dem Mann sein Gut an, so muß dieser es sofort in Empfang nehmen, sonst geht es ihm durch Versäumnis verloren; denn der H e r r beendet mit dem Angebot seine Belehnungsfrist 1 , ebenso wie der Mann sie durch das Lehensbegehren verlängert. Kapitel XXIII. Der H e r r darf niemandes Mannschaft ablehnen 2 mit Ausnahme dessen, der keinen Heerschild hat, der in der Acht des Reiches ist, der im gleichen Gerichtssprengel verfestet ist oder den der gleiche H e r r vor dem Landrichter wegen Raubes oder (anderer) Missetat verklagt hat und der bereits mit Urteil geladen ist; vor dem Gerichtstag braucht ihn der H e r r nicht als Mann anzunehmen. Wen aber der H e r r als Lehensmann annimmt, dem kann er nicht abschlagen, das Gut zu leihen, das er nach Lehenrecht vor ihn gebracht und darum seine Mannschaft angeboten hat. Der H e r r muß seinem Mann zu jeder Zeit und an allen Orten Lehensgut leihen, wo man es zu Recht von ihm begehrt, außer in Kirchen oder auf Kirchhöfen. Kapitel XXIV. Wenn aber der H e r r von seinen Mannen ein Urteil erfragt,

1 jarzal st.F. J a h r e s f r i s t ' , hier , B e l e h n u n g s f r i s t ' ; 2 versprechen st.V. .verweigern, a b l e h n e n , a u s s c h l a g e n , z u r ü c k w e i s e n ' .

folio 66 recto

1. (Lnr. 22§3): D e r z u U n r e c h t a b g e w i e s e n e L e h e n s m a n n v e r e r b t das G u t an seine K i n d e r ( k e n n t l i c h an i h r e r g e r i n g e n K ö r p e r g r ö ß e ) , die h i n t e r ihm s t e h e n u n d von d e m G u t symbolisch Besitz e r g r e i f e n , i n d e m sie einen T e i l d e r Ä h r e n an sich z i e h e n . Sie weisen mit d e n Fingern auf i h r e n V a t e r , u m a n z u d e u t e n , d a ß sie ihr R e c h t am L e h e n s g u t von i h m ableiten. R e c h t s im Bild b e l e h n t d e r M a n n einen U n t e r v a s a l l e n mit d e m G u t . D a er s o m i t selbst z u m L e h e n s h e r r n wird, t r ä g t er auch d e s s e n typische K l e i d u n g ( g r ü n e s Kleid u n d H e r r e n s c h a p e l ) u n d k a n n d e m Vasallen mit K o m m e n d a t i o n s g e s t u s die M a n n s c h a f t erteilen. Kocher, Schuldrechtliches, S. 120. 2. (Lnr. 22§4): D e m L e h e n s m a n n (in d e r M i t t e mit g r a u e m R o c k u n d r o t e n S t r ü m p f e n ) ist d a s G u t von d e m links m i t g e s c h u l t e r t e m S c h w e r t u n d in R ü s t u n g s t e h e n d e n M a n n g e w a l t s a m w e g g e n o m m e n w o r d e n . U m dies zu v e r d e u t l i c h e n , hält d e r G e r ü s t e t e die A c k e r h a l m e mit seiner L i n k e n fest. V o r d e m L e h e n s h e r r n als R i c h ter (auf d e r B a n k sitzend in H e r r e n t r a c h t mit R i c h t e r h u t u n d Schapel) e r n e u e r t er jedes J a h r , dargestellt d u r c h die Z a h l LH ( W o c h e n ) , seine K l a g e d a r ü b e r . In Η weist er z u r V e r d e u t l i c h u n g mit d e m r e c h t e n Z e i g e f i n g e r auf d e n G e r ü s t e t e n , z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß sich die K l a g e auf ihn b e z i e h t . 3. (Lnr. 23§ 1): D e r rechts s i t z e n d e H e r r ( g r ü n e s Kleid, Schapel) weist mit W e i g e r u n g s g e s t u s die mit g e f a l t e t e n H ä n d e n a n g e b o t e n e M a n n s c h a f t eines R e i c h s g e ä c h t e t e n , d e m ein S c h w e r t mit e i n e r K r o n e als S y m b o l d e r R e i c h s a c h t im H a l s steckt, u n d eines B a u e r n , d e r die H e e r s c h i l d l o s e n vertritt, z u r ü c k . L i n k s im Bild sitzt des landet richtere, d e r mit d e m F i n g e r auf die u m K o m m e n d a t i o n bittend e n M ä n n e r weist, u m a n z u d e u t e n , d a ß sie v o r G e r i c h t g e l a d e n sind u n d d a s L e h e n r e c h t dieser M ä n n e r s o m i t a u s g e s e t z t ist. In Η d e u t e t ein u m g e s t ü r z t e r Leerschild zu F ü ß e n des L a n d r i c h t e r s n o c h z u s ä t z l i c h auf die R e c h t l o s i g k e i t d e r B e k l a g t e n hin. Hüpper, Funktionstypen, S. 235; Naß, Wappen, S. 236, 269; SchmidtWiegand, Wolfenbütteler Bilderhandschnft, S. 26f. 4. (Lnr. 23§3): E i n Geistlicher ( T o n s u r ) weist einen L e h e n s h e r r n (im g r ü n e n Kleid u n d mit Schapel) aus d e r K i r c h e , weil d i e s e r hier einen Vasallen b e l e h n e n will, w a s an d e m K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ( g e f a l t e t e H ä n d e , die d e r L e h e n s h e r r u m s c h l i e ß t ) deutlich w i r d . E r d a r f dies a b e r nicht tun, d a eine B e l e h n u n g in d e r K i r c h e u n d auf K i r c h h ö f e n n i c h t s t a t t h a f t ist.

folio 66 verso Jine man · ab iener im Jine manjchaft al/o geboten habe · alje he en zu manne mit rechte Julie enphan· weigern im dene Jine man vrteil zu vindene ane Jine Jchult-vn mügen Ji des mit rechte volkümen · d' h're is ane Jchult kegen dem man Vnde der man irwirbit mit deme Jinnene nich' me · wen ab en der h're dar nach Jchuldiget· das he Jich kegen im vor iaret habe · da he Jin vnjchult da vor dejte w'licher getvn mag Swen der herre deme mäne gut liet-das he mit rechte an en bracht hat-das is he phlichtig im zu hant zcu benennene das hes weis • des he ab' nicht en weis • das Jal he im benenne vbirvierzennacht-da Jal he im-der h're tedingen vor Jine man-Jwas he da nicht benennet-da en hat he nicht rechtes me an-νή das he im benennet ab im des der herre nicht bekennet das behalde he mit gezuge al zu hant ab he magab he nicht en mag Jo habe vrijt vierzenacht-Jinen gezüg Jal aber he zu hant benennen des herren mannen alje vil alje he wil · der Jal der Jibene brengen · d' der man gert-vnde nicht di der herre wil· Swelcher dirre Jibene da zu kegenw'tig Ji · dem en darf der herre nicht brenge · ab he en vraget vmme den gezug · Swelcher denne zü deme tage nicht en kvmt-di d' h're brengen Jal · mit deme hat der man Jinen gezug volbracht kegen Jime h'ren ·

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sine man, ab iener im sine manschaft also geboten habe, alse he en zu manne mit rechte sulle enphan; weigern im denne sine man, urteil zu vindene ane sine schult unde mugen si des mit rechte volkumen, der herre is ane schult kegen den man. Unde der man irwirbit mit deme sinnene nicht me, wen ab en der herre dar nach schuldiget, das he sich kegen im vorjaret habe, da he sin unschult da vor deste werlicher getun mag. Swen der herre deme manne gut liet, das he mit rechte an en bracht hat, das is he phlichtig im zu hant zcu benennene, das hes weis; des he aber nicht enweis, das sal he im benennen ubir vierzennacht, da sal he im der herre tedingen vor sine man, swas he da nicht benennet, da enhat he nicht rechtes me an, unde das he im benennet, ab im des der herre nicht bekennet, das behalde he mit gezuge al zu hant, ab he mag; ab he nicht enmag, so habe he vrist vierzennacht; sinen gezug sal aber he zu hant benennen des herren mannen alse vil, alse he wil; der sal der herre sibene brengen, der der man gert unde nicht, di der herre wil. Swelcher dirre sibene da zu kegenwertig si, dem endarf der herre nicht brengen, ab he en vraget umme den gezug. Swelcher denne zu deme tage nicht enkumt, di der herre brengen sal, mit deme hat der man sinen gezug volbracht kegen sime herren.

16 nach m a n ] mit o r d e l e n Horn., fehlt WD Η Ο. 21 he D Η, he's Horn., fehlt WO. 24 h e r r e Η Ο Horn., fehlt W D.

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ob jener ihm seine Mannschaft so angeboten habe, daß er ihn von Rechts wegen als Lehensmann annehmen muß und sich seine Mannen ohne Schuld des Herrn weigern, ein Urteil zu sprechen und damit beim Gericht durchdringen können, so ist der Herr ohne Schuld gegenüber dem Mann. Der Mann erwirbt dann zwar mit seinem Belehnungsbegehren nichts; wenn ihn jedoch der Herr hinterher beschuldigt, daß er ihm gegenüber die Frist versäumt habe, so kann er dafür seinen Unschuldseid um so glaubwürdiger1 leisten. Wenn der Herr dem Mann Gut leiht, das dieser nach Lehenrecht vor ihn gebracht hat, so ist der Mann verpflichtet, es dem Herrn sofort zu benennen, wenn er es weiß; weiß er es aber nicht, dann soll er es ihm binnen vierzehn Nächten benennen; dazu soll ihn der Herr vor seine Mannen laden; was er da nicht benennt, daran hat er kein Recht mehr; wenn ihm der Herr das Gut, das er ihm benennt, nicht zuerkennt, so soll er es sofort mit Zeugenbeweis für sich erringen, wenn er kann; wenn er es aber nicht kann, so habe er vierzehn Nächte Frist; seine Zeugen sol! er aber sofort benennen, (und zwar) so viele Mannen des Herrn, wie er will; von diesen soll der Herr sieben stellen, die aber der Mann auswählt, und nicht solche, die der Herr will. Wer von den sieben bereits dort anwesend ist, den braucht der Herr nicht mehr (zum Gerichtstag) zu stellen, wenn er ihn (sofort) um sein Zeugnis befragt. Wenn einer von denen, die der Herr stellen muß, nicht zum Gerichtstag kommt, so hat der Mann mit diesem seinen Zeugenbeweis gegen seinen Herrn erbracht.

1 werltche, w&rliche würdig 4 .

A d v . ,sichtbar, d e u t l i c h , w a h r h a f t , g l a u b -

1. (Lnr. 24§1): D e r im g r a u e n R o c k d a r g e s t e l l t e L e h e n s m a n n links im Bild bittet d e n L e h e n s h e r r n (im g r ü n e n Kleid u n d mit Schapel) u m eine E r n e u e r u n g des L e h e n s , i n d e m er ihm mit e r h o b e n e n H ä n d e n seine M a n n s c h a f t a n b i e t e t . D e r H e r r e r f r a g t m i t A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s seiner L i n k e n von drei M ä n n e r n r e c h t s im Bild ein U r t e i l d a r ü b e r (nach L n r . 67§10 g e h ö r e n zu e i n e m r e c h t m ä ß i g b e s e t z t e n L e h e n s g e r i c h t z u m i n d e s t drei U r t e i l e r ) . D a ß sich dieses U r t e i l auf d e n L e h e n s m a n n b e z i e h t , b r i n g t d e r Z e i g e g e s t u s d e r R e c h t e n des L e h e n s h e r r n z u m A u s d r u c k . D i e drei M ä n n e r verw e i g e r n d a s U r t e i l u n t e r A b l e g u n g eines E i d e s auf die Reliquien, i n d e m sie ihre G e s i c h t e r a b w e n d e n u n d mit d e n Z e i g e f i n g e r n i h r e r linken H ä n d e auf d e n L e h e n s m a n n d e u t e n . 2. (Lnr. 24§ 1): D e r H e r r , r e c h t s im Bild sitzend, b e d e u t e t d e m V a sallen links im g r a u e n R o c k mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e r R e c h ten, d a ß er seinen A n s p r u c h auf L e h e n s e r n e u e r u n g d u r c h d a s V e r streichenlassen d e r J a h r e s f r i s t (dargestellt d u r c h die Z a h l LIT) verloren hat. D e r M a n n e r k l ä r t d a g e g e n u n t e r L e i s t u n g eines Eides auf d a s Reliquiar, d a ß die V e r j ä h r u n g nicht e i n g e t r e t e n sein k a n n u n d weist z u r B e s t ä t i g u n g mit seiner L i n k e n auf die Bildzeile d a r ü b e r , u m auf d e n d o r t d a r g e s t e l l t e n V o r g a n g a u f m e r k s a m zu m a chen. 3. (Lnr. 24§§2,3): D e r L e h e n s m a n n in d e r M i t t e des Bildes im g r a u e n R o c k b e n e n n t seinem H e r r n mit F i n g e r z e i g seiner d r i t t e n H a n d das G u t (dargestellt d u r c h die A c k e r h a l m e ) . D i e ä u ß e r s t e Frist d a z u w i r d d u r c h die Z a h l XIIII ( N ä c h t e ) verbildlicht. M i t d e n a n d e r e n b e i d e n H ä n d e n bietet er d e m H e r r n die M a n n s c h a f t an. D a d e r H e r r die Frist v o r seinen M a n n e n a n b e r a u m t hat, sind diese n e b e n i h m sitzend dargestellt. D e r Vasall g a n z r e c h t s erscheint j e d o c h fälschlicherweise in H e r r e n t r a c h t mit Schapel. In d e r linken B i l d h ä l f t e sind die sieben Z e u g e n z u sehen, mit d e n e n d e r Vasall die N e n n u n g d e s G u t e s beweist. A n d e r s die D a r s t e l l u n g in H : H i e r b e n e n n t d e r Vasall d e m H e r r n zwei G ü t e r , w o b e i n u r d a s h i n t e r ihm liegende G u t u n t e r die Frist fällt, w ä h r e n d er das v o r i h m liegende s o f o r t b e n e n n e n k a n n . D a r ü b e r h i n a u s f e h l t die D a r s t e l l u n g d e r sieben Z e u g e n , u n d die Frist von 14 N ä c h t e n ist d u r c h einen V i e r t e l m o n d m i t e i n e r II d a r ü b e r symbolisiert. 4. (Lnr. 24§4): D i e sieben Z e u g e n sind in z w e i G r u p p e n d a r g e stellt. V o r d e m L e h e n s h e r r n (in Η als R i c h t e r mit R i c h t e r h u t ) ers c h e i n e n drei d e r sieben u n d legen ihren Eid auf d a s R e l i q u i a r ab. D e r d r i t t e von i h n e n im g r ü n e n Kleid weist m i t s e i n e r L i n k e n auf e i n e zweite G r u p p e von vier M ä n n e r n , die n i c h t z u m S c h w u r t e r min e r s c h i e n e n s i n d . D a ß sie eigentlich h ä t t e n s c h w ö r e n sollen, wird a u s i h r e n S c h w u r g e b ä r d e n d e u t l i c h . In Η w i r d einer d e r A u s b l e i b e n d e n symbolisch v o n einem S c h w ö r e n d e n an d e r S c h u l t e r zu sich h e r a n g e z o g e n , u m d a r z u s t e l l e n , d a ß a u c h diese G r u p p e d e n E i d zu leisten hat. D e r S c h w u r t e r m i n n a c h 14 N ä c h t e n w i r d hier, wie bereits in Bildzeile 3, d u r c h einen V i e r t e l m o n d mit e i n e r II d a r ü b e r verbildlicht.

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Kegin Jinen genojin en mag he Jus m' ge- XXV zuge nicht volküme · benimt is im ab' echt n o t - d a s he nicht en kümt d' da gezüg Jin Jal· νή wirt di not bewijet noch rechte-da en vor lüjet d' herre nicht mite · Ledit ab' der h're de gezüg vor den he brengen Jal alje recht is · vn en kümt he nicht der herre Jal im tedingen vor zcü rechte-vn vor teile im zu lezct Jin gut· das he von im hat-Jo ijtis d' h're ane Jchult· vn ane Jchaden ab d' man nicht en kümt den he mit lenrechte nicht vorbas getwinge en mag-der mä mag Jich wol denne irholen mit eime ande'n gezüge Ab der mä enis h'ren man zu gezüge benennet des der herre nicht bekennet das he güt von im habe· vnde das uf den heilige beweret-den en darf der h're nicht vragen vme keine gezug· noch zcü tage brengen • Sweret is der herre da der mä zu keginw'te is · der gezüg weJin Jal ane rechte wider Jprache · Swas he abir gutes von deme h'ren hatte-das is deme herren ledig-Wil ouch der h're gezug leite uf den man-vü getruwit des der man nicht das yener Ji aljo bent-von deme herren al= Je he müge gezug wejin · Das mus der gezüg behalden uf den heiligen ·νή müs das güt benennen da he gezüg ab wejin wil·

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C. XXV. Kegin sinen genosin enmag he sus mit geZuge nicht volkumen; benimt is im aber echt not, das he nicht enkumt, der da gezug sin sal, unde wirt di not bewiset noch rechte, da envorluset der herre nicht mite. Ledit aber der herre deme gezug, vor den he brengen sal, alse recht is, unde enkumt he nicht, der herre sal im tedingen vor zcu rechte unde vorteile im zu lezct sin gut, das he von im hat, so ist is der herre ane schult unde ane schaden, ab der man nicht enkumt, den he mit lenrechte nicht vorbas getwingen enmag; der man mag sich wol denne irholen mit eime anderen gezuge. Ab der man enis herren man zu gezugen benennet, des der herre nicht bekennet, das he gut von im habe unde das uf den heiligen beweret, den endarf der herre nicht vragen umme keinen gezug noch zcu tage brengen. Sweret is der herre, da der man zu keginwerte is, der gezug wesin sal ane rechte widerspräche. Swas he abir gutes von deme herren hatte, das is deme herren ledig. Wil ouch der herre gezug leiten uf den man unde getruwit des der man nicht, das iener si also be/ent von deme herren, alse he muge gezug wesin. Das mus der gezug behalden uf den heiligen unde mus das gut benennen, da he gezug ab wesin wil.

/ genosin W Dt husghenot O, husgenot Horn. 4 bewiset W D, bescheneghet O, bescheneget Horn. 6 vor gezug] benümden Horn., fehlt W D O. 24 belent Ο Horn., bent WD.

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Kapitel XXV. Gegen seinen Lehensgenossen kann er in dieser Weise mit dem Zeugenbeweis nichts ausrichten; hindert aber denjenigen, der da Zeuge sein soll und nicht kommt, echte N o t und wird diese N o t bewiesen, wie es das Recht verlangt, so verliert der H e r r dadurch nichts. Lädt aber der H e r r den Zeugen, den er stellen soll, wie es rechtens ist, vor und kommt dieser nicht, so soll ihn der H e r r vor Gericht laden und zuletzt ihm sein Gut absprechen, das dieser von ihm (zu Lehen) hat; so bleibt der H e r r ohne Schuld und Schaden, wenn der Mann nicht kommt, den er durch das Lehensgericht nicht weiter zwingen kann; der Mann kann das Zeugnis dann nachholen mit einem anderen Zeugen. Wenn der Mann einen Lehensmann als Zeugen benennt, bei dem der H e r r nicht anerkennt, daß er Lehensgut von ihm habe und das auf die Reliquien beschwört 1 , so braucht der H e r r ihn weder um sein Zeugnis zu fragen noch ihn zum Gerichtstag zu stellen. Beschwört das der H e r r in Gegenwart des Mannes, der Zeuge sein soll, ohne (dessen) gerichtlichen Widerspruch, so ist das, was dieser allenfalls doch von dem Herrn als Lehensgut hatte, dem Herrn ledig. Will auch der H e r r einen Zeugen gegen seinen Mann stellen 2 , und glaubt 3 der Mann nicht, daß jener von dem Herrn belehnt ist, so daß er Zeuge sein kann, dann muß der Zeuge dies auf die Reliquien beschwören und muß das Gut benennen, aufgrund dessen er Zeuge sein will.

1 beweren, bewteren sw.V. .beweisen, b e s c h w ö r e n ' ; 2 gezüc leiten , Z e u g n i s ablegen, b e i b r i n g e n ' , zu leiten sw.V. .leiten, f ü h r e n ' ; 3 trüwen sw.V. .glauben, t r a u e n , h o f f e n ' .

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1. (Lnr. 24§4): V o r ihrem H e r r n (rechts sitzend im g r ü n e n Kleid, mit R i c h t e r h u t u n d Schapel) e r s c h e i n e n z w e i L e h e n s l e u t e , u m ein e n Z e u g e n b e w e i s zu e r b r i n g e n . D e r Vasall links im b l a u e n Kleid f r a g t mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s seinen H e r r n , o b er diesen Z e u g e n b e w e i s g e g e n einen a n d e r e n Vasallen (im r o t e n Kleid in d e r M i t t e ) desselben H e r r n f ü h r e n d a r f . Aus d i e s e m G r u n d steht das Reliquiar, auf d a s d e r Eid geleistet w e r d e n m u ß , s c h o n vor ihm. D a s A c h s e l z u c k e n d e s j e n i g e n Vasallen, g e g e n d e n d e r Z e u g e n b e weis e r b r a c h t w e r d e n soll, b e d e u t e t wohl, d a ß er ein negatives U r teil v o m H e r r n e r w a r t e t , w e s w e g e n er sich f r a g e n d n a c h diesem u m d r e h t u n d mit d e r R e c h t e n auf d e n d e n Beweis f o r d e r n d e n M a n n d e u t e t . D e r H e r r zeigt mit beiden H ä n d e n auf die b e i d e n P a r t e i e n , u m mitzuteilen, d a ß das U r t e i l die H a u s g e n o s s e n s c h a f t der beiden berücksichtigen muß. 2. (Lnr. 24§5): E i n e r der v o m H e r r n (ganz r e c h t s im g r ü n e n Kleid, mit R i c h t e r h u t u n d Schapel) g e l a d e n e n Z e u g e n ist n i c h t erschienen. D e s w e g e n spricht ihm d e r L e h e n s h e r r d a s G u t ab, i n d e m er d e m Vasallen symbolisch die G a b e l u m d e n H a l s legt u n d die A k k e r h a l m e (das G u t ) an sich zieht. D e r V e r u r t e i l t e d e u t e t a b e r mit seiner R e c h t e n auf d e n gleich g e k l e i d e t e n M a n n g a n z links, d e r als E r s a t z m a n n d i e n e n soll. D i e s e r stellt d u r c h seine R e d e g e b ä r d e u n ter Beweis, d a ß er z u r Z e u g e n a u s s a g e bereit ist. D i e F u n k t i o n des in Blau g e k l e i d e t e n M a n n e s ist nicht e i n d e u t i g z u k l ä r e n . M ö g l i cherweise h a n d e l t es sich hier u m einen Z e u g e n f ü h r e r , d e s s e n W e i g e r u n g s g e s t u s besagt, d a ß e r d e n E r s a t z z e u g e n nicht a k z e p t i e r t , w e s w e g e n er sich a u c h n a c h ihm u m d r e h t . 3. (Lnr. 24§6): D e r L e h e n s m a n n in d e r M i t t e d e s Bildes im r o t e n R o c k weist mit d e r linken H a n d h i n t e r sich auf einen Z e u g e n (blauer R o c k ) , zu d e m sich d e r H e r r (sitzend, mit R i c h t e r h u t u n d Schapel) n i c h t b e k e n n t . M i t S c h w u r auf d a s R e l i q u i a r streitet d e r H e r r ab, d i e s e m ein L e h e n s g u t ü b e r t r a g e n zu h a b e n . D a d e r M a n n hierbei a n w e s e n d ist u n d a u g e n s c h e i n l i c h n i c h t w i d e r s p r i c h t , wird d a s L e h e n s g u t d i e s e m ledig ( d e r H e r r z i e h t s y m b o l i s c h die A c k e r h a l m e an sich). 4. (Lnr. 24§6): V o r d e m L e h e n s r i c h t e r (mit R i c h t e r h u t u n d S c h a pel) s c h w ö r t d e r M a n n ( r o t e r R o c k ) auf d a s Reliquiar, d a ß er v o m H e r r n ein L e h e n s g u t e r h a l t e n h a t u n d b e n e n n t dieses G u t , i n d e m er mit d e m Z e i g e f i n g e r seiner L i n k e n auf d a s G u t ( A c k e r h a l m e im Kreis) weist. D i e als H e r r d a r g e s t e l l t e Figur links im Bild ist d e r Z e u g e , d e n d e r H e r r g e g e n d e n M a n n v o r b r i n g t . D e s w e g e n zeigt er mit seiner L i n k e n ebenfalls auf das G u t u n d f o r d e r t d e n M a n n mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s seiner R e c h t e n auf, d a s G u t zu benennen.

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Zü deme üs geleiten tage Jal d' mä kiejin Jibene-di mä vrage vmme Jinen gezüg vnd' alle den di d' herre brenget-vn he Jelbe· XXVI· Volkümt d' man mit zwen vndir den alien he behelt-en tut hes nicht he vor lüjet-he vor lüjet ouch ab he zü deme lenrechte nicht en kümt-der man behelt oüch das gut ane gezüg ab der h're zu lenrechte nicht en kümt-doch mag iren iclichen echt not vntjchuldigen vengnijje • / u c h e - d e s riches din/t-vn des landes n o t · ab is ein and' lant an vechte-vn he da zü geladin wirt mit gerufte · Swen echt not irret-das he zu lenrechte nicht en kvmt der Jende dar /inen boten · der /ine not da bewi/e üf den heiligen-ab der h're nicht en truwe • das iener des mänes rechte bote /i • vn von im ge/ant /i · das müs der bote gewi/en uf den heilige · he /i eigen od' vri · man en mag en nicht vor legen • doch /tet is in des h'ren kore-wed' he des bote recht zcu hant n e m e - o d ' des mannes zu deme tage · deme das echt not benimet Ab he gevengni//e den man irret das he nicht en kvmt zü tage noch boten en / e n t - z ü deme ne/ten tage-der im geleget wirt m1 vrteiln von der zeit das he ledig wirt von deme gevengni//e · den /al he /uchen alJe he ienen Jolde · Alje hi vor geredet is • aljo Jal d' man Jime gute an den obir/ten

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is

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23 23a 2s

Zu deme usgeleiten tage sal der man kiesin sibene, di man vrage umme sinen gezug under allen den, di der herre brenget unde he selbe. C.XXVI. Volkumt der man mit zwen undir den allen, he behelt; entut hes nicht, he vorluset; he vorluset ouch, ab he zu deme lenrechte nicht enkumt; der man behelt ouch das gut ane gezug, ab der herre zu lenrechte nicht enkumt, doch mag iren iclichen echt not untschuldigen: vengnisse, suche, des riches dinst unde des landes not, ab is ein ander lant anvechte unde he da zu geladin wirt mit gerufte. Swen echt not irret, das he zu lenrechte nicht enkumt, der sende dar sinen boten, der sine not da bewise uf den heiligen, ab der herre nicht entruwe, das iener des mannes rechte bote si unde von im gesant si, das mus der bote gewisen uf den heiligen; he si eigen oder vri, man enmag en nicht vorlegen; doch stet is in des herren kore, weder he des boten recht zcu hant neme oder des mannes zu deme tage, deme das echt not benimet, das he nicht kumen enmag. Ab gevengnisse den man irret, das he nicht enkumt zu tage noch boten ensent zu deme nesten tage, der im geleget wirt mit urteiln von der zeit, das he ledig wirt von deme gevengnisse, den sal he suchen, alse he ienen solde, den im echt not benam. Alse hi vor geredet is, also sal der man sime gute an den obirsten

16 bewise WD, bescheneghen O, bescenege Horn. 19 W D, weren O, geweren Horn. 23123a das - enmag] dat komen ne mach Horn., fehlt WD O. 23a nach Ab] he W. - benam] den ime echt not benam Horn., fehlt W D O. sten W D, oueren O, overen Horn.

gewisen he nicht 29 den 30 obir-

323

folio 67 verso

Zu dem anberaumten Gerichtstag soll der Mann sieben auswählen, die man wegen des Zeugnisses für ihn frage, von allen denen, die der Herr und er selbst stellen. Kapitel XXVI. Hat der Mann mit zweien von ihnen Erfolg, so obsiegt er; gelingt ihm das nicht, verliert er; er verliert auch dann, wenn er nicht zum Lehensgericht kommt; der Mann behält dagegen das Lehensgut auch ohne Zeugenbeweis, wenn der Herr nicht zum Lehensgericht kommt, doch vermag jeden von ihnen echte N o t zu entschuldigen, nämlich Gefangenschaft, Krankheit, Reichsdienst und Not des Landes, wenn dieses von einem anderen Land angegriffen 1 und er dazu mit Gerüfte geladen wird. Wen echte N o t hindert2, zum Lehensgericht zu kommen, der soll seinen Boten dahin senden, der seine N o t auf die Reliquien beschwöre; wenn der Herr nicht glaubt, daß jener ein rechter Bote des Mannes und von ihm ausgeschickt ist, so muß dies der Bote auf die Reliquien beschwören; der Bote kann ein Eigenmann oder ein Freier sein, man kann ihn nicht zurückweisen; doch steht es in des Herrn Wahl, ob er den Eid des Boten sofort entgegennimmt oder am (nächsten) Gerichtstag den des Mannes, den echte Not am Kommen hindert. Wenn Gefangenschaft den Mann hindert, zum Gerichtstag zu kommen oder einen Boten zu senden, soll er den nächsten Gerichtstag besuchen, der ihm durch Urteil angesetzt wird, nach der Zeit, da er aus der Gefangenschaft frei wird; diesen Gerichtstag soll er besuchen, wie er es bei jenem sollte, an dem er durch echte N o t verhindert war. Wie schon hiervor gesagt ist, soll der Mann mit seinem Gut an den Oberlehensherrn

1. (Lnr. 24§7): D e r M a n n ( g a n z links im g r ü n e n Kleid) h a t am a n b e r a u m t e n G e r i c h t s t a g ( d a r g e s t e l l t d u r c h die S o n n e ü b e r d e m Leh e n s h e r r n ) 7 M ä n n e r a u s g e w ä h l t , welche v o m H e r r n als Lehensr i c h t e r (Schapel u n d R i c h t e r h u t ) mit R e d e g e s t u s seiner R e c h t e n u n d B e f e h l s g e s t u s seiner L i n k e n a u f g e f o r d e r t w e r d e n , Z e u g n i s abz u l e g e n . Z w e i von ihnen b e e i d e n ihre A u s s a g e n , i n d e m sie auf das Reliquiar s c h w ö r e n , e b e n s o d e r M a n n , da d e r T e x t sein Z e u g n i s auch verlangt, w e n n er sein G u t b e h a l t e n will. D i e 7 M ä n n e r sind in zwei G r u p p e n unterteilt, m ö g l i c h e r w e i s e deshalb, weil die eine v o m M a n n , die a n d e r e v o m H e r r n gestellt w i r d . - D e r B i l d b u c h stabe Ζ f e h l t . 2. (Lnr. 24§7): D e r M a n n im b l a u e n R o c k in d e r M i t t e des Bildes ist d e r j e n i g e , d e r das G u t o h n e Z e u g e n b e h ä l t , w e n n d e r H e r r nicht z u m L e h e n s g e r i c h t e r s c h e i n t . D a h e r hält er die A c k e r h a l m e fest in seiner H a n d . D i e a n d e r e n dargestellten P e r s o n e n v e r k ö r p e r n die e c h t e N o t , die ein V e r s ä u m e n des L e h e n s g e r i c h t s e n t schuldigt. G a n z links im r o t e n Kleid mit e i n e r K e t t e in d e r H a n d steht der M a n n , der durch G e f a n g e n s c h a f t gehindert wird; dahinter mit d e r b e k r ö n t e n L a n z e d e r j e n i g e , d e r d e s R e i c h e s D i e n s t versieht. A m B o d e n liegt (nicht a u s g e m a l t ) ein M a n n , d e r d u r c h K r a n k h e i t g e h i n d e r t w i r d . In d e r M i t t e d e s Bildes sitzt d e r L e h e n s richter, d e r in d i e s e m Fall zugleich a u c h L a n d r i c h t e r ist u n d desh a l b n e b e n seiner ü b l i c h e n D a r s t e l l u n g mit R i c h t e r h u t u n d S c h a pel d e n gelben R o c k des L a n d r i c h t e r s t r ä g t . E r r e p r ä s e n t i e r t z u gleich d e n H e r r n des L a n d e s , welches in N o t g e r a t e n ist u n d hält d e s h a l b die E r t r ä g e des L a n d e s ( A c k e r h a l m e ) in s e i n e r linken H a n d , w o b e i er mit Befehlsgestus seiner R e c h t e n d e n Vasallen r e c h t s im Bild mit g e z o g e n e m S c h w e r t u n d b e k r ö n t e r L a n z e anweist, d a s L a n d z u v e r t e i d i g e n . 3. (Lnr. 24§8): D e r k r a n k zu Bett liegende L e h e n s m a n n ( g a n z links) schickt einen Boten z u m L e h e n s r i c h t e r (mit Schapel u n d R i c h t e r h u t ) , d a m i t er die echte N o t mit e i n e m S c h w u r auf das Reliquiar beweist. D e r Bote weist mit seiner L i n k e n auf seinen A u f t r a g g e b e r , u m d e n L e h e n s h e r r n auf die e c h t e N o t a u f m e r k s a m zu m a c h e n . D i e s e r m i ß t r a u t d e m Boten j e d o c h u n d fällt ihm mit Scheltegestus in d e n A r m , u m ihn a m S c h w u r zu h i n d e r n . M i t d e r L i n k e n zeigt d e r L e h e n s r i c h t e r auf die S o n n e als Z e i c h e n des T a ges, an d e m er seinen n ä c h s t e n G e r i c h t s t e r m i n a n b e r a u m t hat. An diesem T a g soll d e r k r a n k e L e h e n s m a n n seine e c h t e N o t selbst beweisen. D i e im H i n t e r g r u n d s t e h e n d e n z w e i M ä n n e r sind die U r t e i l e r im L e h e n s g e r i c h t , w e l c h e die Z u r ü c k w e i s u n g des B o t e n u n t e r diesen B e d i n g u n g e n f ü r zulässig e r k l ä r e n . 4. (Lnr. 24§9): E i n B o t e ( g r ü n - r o t e s Kleid, mi parti) v e r k ü n d e t im A u f t r a g des L e h e n s r i c h t e r s d e m d u r c h G e f a n g e n s c h a f t am E r scheinen z u m G e r i c h t s t a g g e h i n d e r t e n L e h e n s m a n n , d a ß ihm ein n e u e r T e r m i n g e s e t z t w i r d , w e s w e g e n er mit d e r L i n k e n auf die S o n n e weist. M i t d e r R e c h t e n zeigt d e r B o t e auf die Säule, w o r a n d e r L e h e n s m a n n g e b u n d e n ist, z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß die Frist von d e r Z e i t an b e g i n n t , d a dieser w i e d e r f r e i ist. Scheele, Delikte, S. 166.

1 anveckten st.V. ,bekriegen, a n g r e i f e n ' ; sw.V. ,stören, h i n d e r n ' .

2 irren, m d . a u c h

erren,

folio 68 recto

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IIII

;

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herren volgen m a n j c h a f t zu bitene ab Jin h' re J t i r b i t - o d ' Jin gut uf l e j t - o d ' is im vor teilt w i r t - J o bite he den ob'Jte h're das he im das gut lie · od' en w i j e da he is mit aljo grojen eren habe alje hes hatte von Jime erjten h ' r e - w e n is ijt nicht recht • das mä y m ä d e m 1 Jime gute Swen der h're binne · XXVII· nidereiare vn tage nirge en w i j e t mit Jine münde Jint he hat d' w i j ü n g e an im gegert· den en müs he Jint nicht w i j e n - v n Jal im das gut Jelbe lien Swen d' h're Jtirbit d' Jone h a t - d e r mä en Jal Jines gutes an den ob'Jten h'ren nicht Jinnen • bin des iuncherre i a r z c a l e - a b das kint Jine iarzale vor Jumet· d' mä hat Jine iarzcale dar noch zu volgene Jime gute • A l j e manch Jchilt alje von deme kvnige niderwert is • alje manche iarzcale is zü volgene Jifte- Jime gute menlicheme binne Jechs wochen-vn eime iare· XXVIII· Icliches mänes iarzcale beginnet ind' zeit alje Jin h're wirt belent mit deme gute das he von im Jal h a b e n - w e n is en mag kein herre güt g e l i e n - e r is im geiigen werdeis en habe im der h're mit vnrechte geweigert zü liene-Is ouch Jin h're us deme läde odir gevange das he Jins gutes nicht gejinnen en mag · he tüt da lenrecht mite · vn vndirwintes Jich zu Jime nüzce • alje ab is im geiigen Ji · das he zü Jinen iaren kvmenji-

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herren volgen manschaft zu bitene, ab sin herre stirbit oder sin gut uflest oder is im vorteilt wirt, so bite he den obersten herren, das he im das gut lie oder en wise, da he is mit also grosen eren habe, alse hes hatte von sime ersten herren, wen is ist nicht recht, das man imande mit sime gute nidere. C. XXVII. Swen der herre binnen jare unde tage nirgen enwiset mit sinem munde, sint he hat der wisunge an im gegert, den enmus he sint nicht wisen unde sal im das gut selbe lien. Swen der herre stirbit, der sone hat, der man ensal sines gutes an den obersten herren nicht sinnen bin des juncherren jarzcale; ab das kint sine jarzale vorsumet, der man hat sine jarzcale d a r noch zu volgene sime gute. Alse manch schilt alse von deme kunige niderwert is, alse manche jarzcale is zu volgene sime gute, menlicheme binnen sechs wochen unde eime jare. C. XXVIII. Icliches mannes jarzcale beginnet in der zeit, alse sin herre wirt belent mit deme gute, das he von im sal haben, w e n is enmag kein herre gut gehen, er is im geiigen werde, is enhabe im der herre mit Unrechte geweigert zu liene. Is ouch sin herre us deme lande odir gevangen, das he sins gutes nicht gesinnen enmag, he tut da lenrecht mite unde undirwint es sich zu sime nuzce, alse ab is im geiigen si, das he zu sinen jaren kumen si.

3 obersten W D, oueren O, overen Horn. 12/13 obersten wie 3. 18 vor sime] sine getilgt W. 25/26 us deme lande W, uz deme lande D, buten lande Ο Horn.

325

folgen und diesem seine Mannschaft anbieten, wenn sein Herr stirbt, wenn dieser sein Gut aufläßt oder wenn es diesem abgesprochen wird; dann soll er den Oberlehensherrn bitten, daß er ihm das Gut leihe oder ihn (an einen solchen Herrn) verweise, daß er das Gut mit gleich großen Ehren haben könne, wie er es von seinem ersten Herrn hatte, denn es ist nicht recht, daß man jemanden mit seinem Gut herabsetzt. Kapitel XXVII. Wenn der H e r r nicht binnen Jahr und Tag, seitdem der Mann die Verweisung von ihm begehrt hatte, ihn aus eigenem Munde irgendwohin verweist, dann darf er ihn nirgends mehr hin verweisen, sondern muß ihn selbst mit dem Gut belehnen. Stirbt ein Herr, der einen Sohn hat, so soll der Mann während der Belehnungsfrist des jungen Herrn nicht die Belehnung vom Oberlehensherrn verlangen; hat das Kind aber seine Belehnungsfrist versäumt, so läuft erst danach f ü r den Mann die Frist, um mit seinem Gut zu folgen. So viele Male wie der (eigene) Heerschild von dem des Königs an abwärts 1 steht, so viele Male hat man eine Frist von sechs Wochen und einem Jahr, um mit seinem Gut zu folgen. Kapitel XXVIII. Jedes Mannes Belehnungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, wo sein H e r r mit dem Gut belehnt wird, das der Mann von ihm haben soll; denn es kann kein H e r r Lehensgut weiterverleihen, ehe es ihm (selbst) verliehen ist, es sei denn, der Oberlehensherr habe sich zu Unrecht geweigert, ihn zu belehnen. Auch wenn sein H e r r außer Landes oder in Gefangenschaft ist, so daß er um die Belehnung seines Gutes nicht nachsuchen kann, so nimmt der Mann sein Lehenrecht wahr und bemächtigt sich des Gutes zu seinem Nutzen, als ob es ihm geliehen wäre, sofern er zu seinen Jahren gekommen ist.

1 niderwert Adv. .niederwärts, abwärts'.

folio 68 recto

1. Lnr. 25§1): Der thronende Oberlehensherr (Kopfbedeckung und Schapel) verweist mit Fingerzeig und Redegebärde auf den vor ihm stehenden Unterlehensherrn, der den Lehensmann mit Kommendationsgestus belehnt. Der zu Füßen des Lehensmanns liegende verstorbene und der neue Lehensherr gleichen einander in bezug auf die Kleidung (grüner Rock, rote Strümpfe, Schapel), ein Zeichen dafür, daß es Standesgenossen sind. Die diese konkrete Verweisung begründende Regel ist im Bild nicht berücksichtigt. 21. (Lnr. 25§2): Da der Oberlehensherr (grünes Kleid, Schapel) nicht binnen Jahr und T a g (LII + VI Wochen) den Lehensmann (ganz links) irgendwo anders hin verwiesen hat, muß er ihn selbst mit einem Gut belehnen (Kommendationsgestus). 2r. (Lnr. 25§3): Der tot am Boden liegende H e r r (grünes Kleid, Schapel) hat einen minderjährigen Sohn (kenntlich an seinem kleinen Wuchs; im rötlichen Rock) hinterlassen. Der Untervasall kann vom Oberlehensherrn (blaues Kleid, Mütze und Schapel) trotzdem nicht die Belehnung mit dem Gut verlangen, weil erst die Belehnungsfrist des jungen Herrn abgelaufen sein muß, die 13 Jahre und 6 Wochen (XIII χ LH Wochen + VI Wochen) beträgt (vgl. Lnr. 26§1 = W fol. 68v3). Naß, Wappen, S. 232ff., 253, 269. 3. (Lnr. 25§3): Die Heerschilde steigen vom König an abwärts von rechts nach links. Zur Verdeutlichung, daß der erste Schild oben rechts der des Königs ist, ist dieser mit dem Kopf eines Königs bemalt; gleiches gilt f ü r den zweiten Schild mit dem Kopf eines Bischofs. Die Reihenfolge des dritten und vierten Schildes ist im Vergleich zu W fol. 59rl I. vertauscht worden. Die Schilde der unteren Reihe sind nicht zuzuordnen. Der siebte Schild ist leergelassen, wobei durch einen angedeuteten Schnitt am Fuß dieses Schilds darauf hingewiesen werden soll, daß man vom siebten Schild nicht weiß, ob er Lehen- oder Heerschildrecht haben kann (vgl. Ldr. I 3§2 = W fol. 10v5; Lnr. 1 = W fol. 59rll.). Die Zahlen LH und VI deuten die Frist von einem J a h r und sechs Wochen an, die jeder Mann so oft in Anspruch nehmen darf, wie sein Heerschild vom König an abwärts gezählt steht. Naß, Wappen, S. 232ff., 253, 269. 4. (Lnr. 25§4): Der Lehensmann (links im blauen Kleid) wird vom Lehensherrn (grünes Kleid, Schapel) belehnt (Kommendationsgestus), nachdem dieser vom Oberlehensherrn (ganz rechts sitzend, mit Mütze und Schapel) seinerseits belehnt worden ist, was Voraussetzung f ü r die Unterverleihung eines Gutes ist. Der Fall, daß sich der Oberlehensherr zu Unrecht weigert, die Belehnung vorzunehmen, ist nicht ins Bild gesetzt worden.

folio 68 verso Liet hes abir er hes enphet-he Jal is im Jtete halde · Swelch h're ein gut eins enphet ab Jin h're Jtirbit-od' ab hes uf lejt iclich mä d' von deme niderjten h'ren gut hat mag Jich kegen en vor iaren· alleine en habes d' herre nicht enphange and'weide di wile he Jich nicht v'iaret en hat-wen he en mag di wile nicht Jime h'ren an dem gute geüer nen mit d' lenunge di he tut and' he wirt mit rechte zü getwngen · Kindere iarzcale is driczen iar vn Jechs wochen von irre gehört-doch bedorfen Ji des dar noch-ab Ji imät betedinge wil vme ir lien · di wile Ji zu ire tagen nicht kume Jin · das is ein iar vn zcwenzig-Jo müjen Ji wol nemen vormüde eine ires h'ren mä der Ji vor Jte zu lenrechte deme Julien J i di gewere mit vingere vn mit zcungen geloben zü behaldene vnde zü vor lieJene-Des kindes iar Jal mä nich1 rechenen von d' zeit-das is di müter en= phing-mer den von der z i t d a s Ji is gewävn lebindig indi werlt quam Spricht imant das kint len an bin Jine iare des man im nicht en bekennet-das müs der h're indes kindes Jtat bejeheiden mit des kl= des-mänen-od' des kindes vormüde-ab dem kinde-odir ym Jelbe das anegeuelle geiigen is· / ·ΧΧΙΧ· Der h're is ymmer des kindes Vormunde indeme gute-das das kint von

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Liet hes abir, er hes enphet, he sal is im stete halden. Swelch herre ein gut eins enphet, ab sin herre stirbit oder ab hes uflest, iclich man, der von deme nidersten herren gut hat, mag sich kegen en vorjaren, alleine enhabes der herre nicht enphangen anderweide, di wile he sich nicht vorjaret enhat; wen he enmag, di wile nicht sime herren an dem gute gevernen mit der lenunge, di he tut, ander he wirt mit rechte zu getwungen. Kindere jarzcale is driczen jar unde sechs wochen von irre geburt; doch bedorfen si des dar noch, ab si imant betedingen wil umme ir lien, di wile si zu iren tagen nicht kumen sin, das is ein jar unde zewenzig, so musen si wol nemen Vormunden einen ires herren man, der si vorste zu lenrechte, deme sullen si di gewere mit vingeren unde mit zcungen geloben zu behaldene unde zu vorliesene. Des kindes jar sal man nicht rechenen von der zeit, das is di muter enphing, mer den von der zit, das si is gewan, unde lebindig in di werlt quam. Spricht imant das kint len an bin sinen jaren, des man im nicht enbekennet, das mus der herre in des kindes stat bescheiden mit des kindes mannen oder des kindes Vormunden, ab dem kinde odir im selbe das anegevelle geiigen is. C. X X I X . Der herre is immer des kindes vormunde in deme gute, das das kint von

4 nidersten WD,

nederen Ο Horn.

327 Verleiht er es aber weiter, bevor er es empfängt, so muß er es (das Bestehen des Lehensverhältnisses gegenüber seinem Unterbelehnten) gewährleisten 1 . Wenn ein H e r r einmal ein Gut (zu Lehen) empfangen hat und wenn dann sein Oberherr stirbt oder wenn dieser das Gut aufläßt, so kann jeder Mann, der von dem unteren Herrn ein Gut hat, ihm gegenüber die Belehnungsfrist versäumen, obwohl der untere H e r r nicht bereits wiederbelehnt ist, solange dieser die Frist nicht versäumt hat; denn der H e r r kann seinem Oberherrn währenddessen durch Unterbelehnung, die er vornimmt, nichts von dem Gut entziehen, außer wenn er gerichtlich dazu gezwungen wird. Die Belehnungsfrist der Kinder ist dreizehn Jahre und sechs Wochen von ihrer Geburt an; falls sie jemand danach wegen ihres Lehens vor Gericht laden will, solange sie noch nicht zu ihren Tagen gekommen, das heißt einundzwanzig Jahre (alt geworden) sind, so dürfen sie einen Mann ihres Herrn zum Vormund nehmen, der sie im Lehensgericht vertrete; dem sollen sie mit Finger und Zunge (für die Erfüllung des Urteils) Gewährschaft geloben, unabhängig davon, ob (der Rechtsstreit) gewonnen oder verloren wird. Die Jahre des Kindes soll man nicht rechnen von der Zeit an, da es die Mutter empfing, sondern 2 von der Zeit an, da sie es geboren hat und es lebend auf die Welt gekommen ist. Erhebt jemand Ansprüche auf das Lehen des Kindes während dessen Unmündigkeit, die ihm aber nicht zugestanden werden, so muß darüber an Stelle des Kindes der Herr entscheiden mit den Mannen des Kindes oder des Kindes Vormund, wenn dem Kind oder ihm selbst der Nutzungsanfall verliehen ist. Kapitel XXIX. Der H e r r ist immer Vormund des Kindes für das Gut, welches das Kind von

1 stete halden g e w ä h r l e i s t e n ' , z u state, stete A d v . . b e s t ä n d i g , f e s t , s t e t s ' u n d halten, halden r e d . V . , h a l t e n , b e w a h r e n , e r h a l t e n ' ; 2 mer, mere K o n j . » s o n d e r n , a b e r , n u r , a u ß e r ' .

folio 68 verso

1. ( L n r . 2 5 § 4 ) : D a d e r O b e r l e h e n s h e r r ( l i n k s s i t z e n d m i t M ü t z e u n d Schapel, blaues Kleid) d u r c h G e f a n g e n s c h a f t (er sitzt gefesselt a n e i n e r S ä u l e ) o d e r w e i l e r sich a u ß e r L a n d e s b e f i n d e t ( a n g e d e u t e t d u r c h d e n g r ü n f a r b i g e n G r e n z f l u ß ) , v e r h i n d e r t ist, d e m U n t e r h e r r n (im g r ü n e n R o c k m i t S c h a p e l ) d i e L e h e n s e r n e u e r u n g z u e r t e i l e n , n i m m t d i e s e r d a s G u t z u r N u t z u n g a n sich, s o als o b es i h m geliehen w o r d e n w ä r e . E r ergreift z u m Zeichen der N u t z u n g die Ä h r e n u n d belehnt damit seinerseits einen Untervasallen, d e r e b e n falls d e s w e g e n n a c h d e n Ä h r e n g r e i f t . D i e K o m m e n d a t i o n d e s U n t e r v a s a l l e n ist f a l s c h d a r g e s t e l l t , d e n n d i e s e r u m s c h l i e ß t m i t s e i n e n H ä n d e n die d e s H e r r n , w ä h r e n d e r r i c h t i g s e i n e H ä n d e in d i e seines H e r r n legen sollte. Scheele,

Delikte,

S. 166.

2. ( L n r . 2 5 § 5 ) : N e b e n d e m v e r s t o r b e n e n O b e r l e h e n s h e r r n s t e h t d e r U n t e r h e r r u n d versagt mit W e i g e r u n g s g e b ä r d e (verschränkte Arme) seinem Vasallen (fälschlicherweise mit Herrenschapel darg e s t e l l t ) d i e E r n e u e r u n g d e s L e h e n s . D e r U n t e r h e r r h a t s e i n e Bel e h n u n g n o c h innerhalb der Frist von J a h r u n d T a g v o m O b e r l e h e n s h e r r n e r h a l t e n ( d a r g e s t e l l t d u r c h d i e Z i f f e r n L1I u n d VI rechts ü b e r ihm), w ä h r e n d d e r Vasall seinerseits die Frist gegenü b e r d e m U n t e r h e r r n v e r s ä u m t hat. D e s w e g e n d e u t e t dieser mit d e m Z e i g e f i n g e r seiner dritten H a n d auf die diesbezüglichen Ziff e r n im O v a l . 3. ( L n r . 2 6 § 1): D a r g e s t e l l t w i r d h i e r d i e W e i t e r g a b e d e s L e h e n s an u n m ü n d i g e K i n d e r , die E r b e n des v e r s t o r b e n e n V a s a l l e n sind (vgl. L n r . 2 0 § 1 = W f o l . 6 5 r 2 ) . L i n k s o b e n s t e h t d a s A l t e r d e r K i n d e r , a l l e r d i n g s n u r d i e XIII J a h r e , w ä h r e n d d i e 6 W o c h e n im Bild k e i n e E n t s p r e c h u n g f i n d e n . D a ß die Frist von d e r G e b u r t an ber e c h n e t w i r d , m a c h t d a s n e u g e b o r e n e K i n d in d e n A r m e n s e i n e r M u t t e r d e u t l i c h . D i e K i n d e r , d i e n a c h o b e n a u f d i e Z a h l XXI d e u t e n , s i n d n o c h n i c h t z u i h r e n T a g e n g e k o m m e n . Sie g e l o b e n , d e r eine mit e r h o b e n e m rechten Zeigefinger, d e r andere, i n d e m er auf s e i n e n M u n d z e i g t ( m i t vingeren unde mit zcungen), einem M a n n i h r e s H e r r n , d e r als V o r m u n d f u n g i e r t , i h r e G e w ä h r s c h a f t . D e r V o r m u n d (im r o t e n K l e i d ) v e r t r i t t d i e K i n d e r in L e h e n s f r a g e n v o r d e m H e r r n ( g r ü n e s K l e i d , S c h a p e l ) im L e h e n s g e r i c h t , w e s w e g e n e r sich m i t A u f m e r k s a m k e i t s g e s t e n b e i d e r H ä n d e s o w o h l a n d i e K i n d e r als a u c h a n s e i n e n H e r r n w e n d e t . Schmidt-

Wiegand,

TextundBild,

S. 24.

4. ( L n r . 2 6 § 2 ) : D e r j e n i g e , d e r d e m K i n d g e g e n ü b e r L e h e n s a n s p r ü c h e e r h e b t , ist d e r M a n n g a n z l i n k s ( b l a u e s K l e i d ) . D e r V o r m u n d d e s K i n d e s ist d e r M a n n a u f d e r r e c h t e n B i l d s e i t e im r o t e n K l e i d ( g e n a u w i e in B i l d z e i l e 3 g e k l e i d e t ) . D a ß d e r A n g e k l a g t e n o c h ein K i n d ist, z e i g t d i e Z a h l XII ü b e r i h m , w e l c h e b e s a g t , d a ß e r n o c h n i c h t d a s z w ö l f t e L e b e n s j a h r v o l l e n d e t h a t , d . h . n o c h n i c h t z u sein e n J a h r e n g e k o m m e n ist. D a ß d a s K i n d d e m K l ä g e r n i c h t s e l b s t a n t w o r t e n k a n n , t u t es m i t W e i g e r u n g s g e b ä r d e ( v e r s c h r ä n k t e A r m e ) k u n d . D e r H e r r in d e r M i t t e d e s B i l d e s ( m i t S c h a p e l ) h a t Richterfunktion und beauftragt mit Befehlsgestus den V o r m u n d , das M ü n d e l zu vertreten. Gleichzeitig f r a g t er den Vasallen des B e k l a g t e n , d e r im b l a u e n K l e i d n e b e n d e m V o r m u n d s t e h t , u m ein Urteil.

folio 69 recto

328

IUI

5

10

is

ίο

2s

3o

y m h a t - d i w i l e h e das a n e g e u e l l e v n v ' l i g e h a t - v n Jal d a s gelt des g u t e s n e m e n bis das k i n t k ü m e z u Jinen i a r e n - b i n Jine iaren en m a g d a s k i n t / i c h n i c h t v o r J v m e zu l e n r e c h t e - A b d ' h're nicht getruwe en w i l · das das k i n t z u Jine iaren Ji k v m e das müs g e w e r e n u f d e n h e i l i g e das k i t o d ' Jin v o r m ü d e - o d ' ein des h ' r e n m ä - v n Jint en müs d ' h ' r e üs des k i n d e s g u t e k e i n gelt n e m e n - N i m a n t m a g des a n d e r n g e z ü g Jin z u l e n r e c h t e d e r Jelbe bin Jinen iaren is· J w i e i u n g d a s kint is n o c h des v a t ' t o d e · ab is Jin v o r m ü d e z c ü m e h ' r e n b r e n g e t · vii Jins lenes an in n o c h r e c h t e J i n n e t - d ' h ' re Jal im Jin g u t lien · m ä Jal abir y m b ü r g e J e z c e n · ab d e r k i n d ' e m e r is d e n eins · das d e r h ' r e v m b e t e d i n g e t blibe v m e das l e n · S w e n is k i n t bin Jine iaren b e l e n t w i r t · d a g e t z u h a n t an d' m ä n e i a r z a l e ir g u t z u e n p h a n e v o n m e k i n d e · di Julie a b ' d a r ab d i n e d e m ob'Jten h ' r e n a l j e en das d i n j t g e b o t e n w i r t v o n d e m e k i n d e o d ' v o n des kindes v o r m ü d e alje recht is-ab d' herre das a n e g e u e l l e v o r ligen h a t · ·ΧΧΧ· I n a n e g e u e l l e en is k e i n l e n r e c h t n o c h k e i n v o l g e a n e das len d o c h müs m ä in g e r i c h t e a n e g e u e l l e w o l lien · d a en is ab' k e i n e v o l g e an · m ä en erbit is n i c h t an d e n J o n is en n i m t e n d e J w e n d a s belente kint Jtirbit· o d i r z ü Jinen iaren k v m e t - D i w i l e das k i n t v o n g n a d e n · o d i r v o n rechte n i c h t

>

io

IS

20

25

io

im hat, di w i l e he das a n e g e v e l l e u n v o r l i g e n hat, u n d e sal das g e l t des g u t e s n e m e n , bis das k i n t k u m e z u sinen jaren. Bin sinen jaren e n m a g das kint sich n i c h t v o r s u m e n z u l e n r e c h t e . A b d e r h e r r e n i c h t g e t r u w e n enw i l , das das kint z u sinen jaren si k u m e n , d a s m u s g e w e r e n uf d e n heiligen das k i n t o d e r sin V o r m u n d e o d e r ein des h e r r e n man, u n d e sint e n m u s d e r h e r r e us des k i n d e s g u t e k e i n gelt n e m e n . N i m a n t m a g des a n d e r n g e z u g sin z u lenrechte, d e r selbe bin sinen jaren is. S w i e j u n g das k i n t is n o c h des v a t e r t o d e , ab is sin V o r m u n d e z c u m e h e r r e n b r e n g e t u n d e sins lenes an in n o c h rechte sinnet, d e r h e r re sal im sin g u t lien, m a n sal abir im b ü r g e n s e z c e n , ab der k i n d e r e m e r is d e n eins, das d e r h e r r e u » b e t e d i n g e t blibe u m m e das len. S w e n is k i n t bin sinen j a r e n b e l e n t w i r t , d a g e t z u h a n t an d e r m a n n e j a r z a l e ir g u t z u e n p h a n e v o n m e k i n d e , di sullen a b e r d a r ab dinen d e m o b e r s t e n herren, alse en das dinst g e b o t e n w i r t v o n d e m e k i n d e o d e r v o n des k i n d e s V o r m u n d e , alse r e c h t is, ab d e r h e r r e das a n e g e v e l l e v o r l i g e n hat. C . X X X . In a n e g e v e l l e enis k e i n l e n r e c h t n o c h k e i n v o l g e ane das len, d o c h m u s m a n in g e r i c h t e a n e g e v e l l e w o l lien, d a enis a b e r k e i n e v o l g e an; m a n e n e r b i t is n i c h t an d e n s o n , is enn i m t ende, s w e n das b e l e n t e kint stirbit o d i r z u sinen jaren k u m e t . D i w i l e das k i n t v o n g n a d e n o d i r v o n rechte n i c h t

8 vor

V o r m u n d e ] r e c h t e Horn.

unverlegen Horn.

24 v o r l i g e n

W D, u n u o r l e n t O,

329

folio 69 recto

ihm hat, solange er den Nutzungsanfall nicht verliehen hat, und er soll den Ertrag des Gutes nehmen, bis das Kind zu seinen Jahren kommt. Während seiner Unmündigkeit kann das Kind nach Lehenrecht durch Versäumnis keinen Verlust erleiden. Wenn der H e r r nicht glauben will, daß das Kind zu seinen Jahren gekommen ist, so darf das Kind oder sein Vormund oder ein Mann des Herrn dies auf die Reliquien beschwören, und von da an 1 darf der H e r r von dem Gut des Kindes keinen Ertrag mehr nehmen. Niemand kann im Lehensgericht des anderen Zeuge sein, wenn er selbst noch unmündig ist. Wie jung auch das Kind nach des Vaters T o d sein mag, wenn es sein Vormund zum Herrn bringt und seine Belehnung dem Lehenrecht gemäß von ihm verlangt, so soll der H e r r ihm sein Gut leihen; man soll ihm aber Bürgen dafür stellen, daß, wenn mehr Kinder als nur eines vorhanden sind, der H e r r wegen des Lehens gerichtlich unbehelligt 2 bleibe. Wenn das Kind während seiner Unmündigkeit belehnt wird, so beginnt sogleich die Frist der Mannen, (binnen derer sie) ihr Gut von dem Kind (zu Lehen) zu empfangen (haben); sie sollen aber d a f ü r dem Oberlehensherrn dienen, wenn sie dem Recht gemäß von dem Kind oder von des Kindes Vormund zum Dienst aufgeboten werden, außer, wenn der H e r r den Nutzungsanfall verliehen hat. Kapitel XXX. Am Nutzungsanfall gibt es weder Lehenrecht noch Lehensfolge; jedoch darf man vor Gericht den Nutzungsanfall verleihen, woran es aber keine Folge gibt; man vererbt ihn nicht auf den Sohn, und er nimmt ein Ende, wenn das belehnte Kind stirbt oder wenn es zu seinen Jahren kommt. Solange das Kind nicht aus Gnade oder von Rechts wegen

2 unbeteidinget, 1 sint Adv. ,hernach, von da an'; Part.Adj. .gerichtlich unangefochten, unbehelligt'.

unbetedinget

1. (Lnr. 26§2): Der Herr in der Mitte des Bildes hat über das Gut (die Ackerhalme rechts neben ihm) noch nicht entschieden. Er macht jedoch mit Aufmerksamkeitsgestus seiner Rechten und gleichzeitiger Schutzgebärde seiner Linken deutlich, daß er der Vormund des neben ihm stehenden minderjährigen Vasallen (kleiner Wuchs) ist und nicht der Mann ganz links im roten Rock und blauen Strümpfen, der mit Aufforderungsgestus die Vormundschaft zu beantragen scheint. 2. (Lnr. 26§3): Der Herr fordert, indem er auf das Zeichen der Jahrzahl ( X I I I χ LH Wochen + VI Wochen) deutet, den Altersbeweis des Kindes. Dieses leistet den Eid auf das Reliquiar zusammen mit einem Vasallen. van Hoek, Eike von Repgow, S. 7">. 3. (Lnr. 26§5): Ein verstorbener Lehensmann (blaues Kleid, am Boden liegend) hat drei unmündige Lehenserben hinterlassen. Zwei von ihnen (in grünen Kleidern) stehen unter dem Schutz eines Vormundes (Schutzgebärde). Der dritte wird vom Herrn mit dem Gut belehnt (Kommendationsgestus). Der Mann im blauen Kleid ist der Bürge, der gelobt, d a ß die anderen keine Ansprüche wegen des Lehens an den Herrn stellen, wenn sie die Mündigkeit erreicht haben. 4. (Lnr. 26§6): Der Oberherr (zwar mit Mütze, jedoch ohne Schapel) rechts im Bild belehnt mit Kommendationsgestus den unmündigen Unterherrn, der seinerseits (allerdings andersfarbig dargestellt, obwohl es sich um dieselbe Person handelt) seine Mannen mit dem Gut belehnt. Für diese zweite Belehnung beginnt die Jahrzahl mit dem Zeitpunkt der ersten, welche allerdings falsch wiedergegeben ist. Die Jahrzahl muß nicht IX χ LII Wochen + V Wochen betragen, sondern richtig wohl XIII χ LII + VI Wochen. Der goldfarbene Bildbuchstabe / ist unpassend, da dieser im Text den folgenden Paragraphen einleitet.

folio 69 verso en hat-das anegeuelle · di wile en is is nich' phlichtig das gut zu benenene das im d' h're gelige hat-Ni= mant en mag eine rechte gewinne m' lenüge od' mit Jaczünge noch mit uf lajene an eines kindes gute · das uf is ijt irjtorbe zu lantrechte · od' zü lenrechte bin Jine iaren · da he im Jine rechte νή erjten gewere mite gebrechen müge di uf das kint geerbit is • noch di · uffe den das geerb' wirt mit vnrech" bin des kindes iaren Lejt mä ab' ein vor lige gut eime kinde uf aljo bejcheidelich da s hes eime and'en lie · liet hes-vü helt hes Jtete alje he zü Jine iare kvmt-Jo is di liüge rech'· bricht ab' is di liüge mit rechte · alje is zu Jine iare kümt-Jo behelt is d e r - d ' is gelajin hatte-wen hes lies aljo bejcheideliche das mä is ieme lige·vn anders nich'-durch da 5 Jwen di liunge mit rechte gebrochen gebroche w i r t · d a mä di tet-Jo en is ouch da» lajen nicht das ien' da tet-wen hes anders nicht en lies me-wen das mä is ieme lige Weigert das kint lenrecht zü tunde Jinen mäne Jo is erjt zü Jine iaren kvmt-Jo Juln Ji is and'weide Jinne · od' Ji v'iare Jich kege Stirbit ein mä · Χ Χ Χ Ι · das kint· der Jone hat ind' iarzcale das he Jin gut vnphan Jal · da mite en is deme Jone das güt nicht gevernt- alleine en habe d' uatir nicht das gut enphange · di wile he nicht Jich vir iaret en habe •

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enhat das anegevelle, di wile enis is nicht phlichtig, das gut zu benennene, das im der herre geiigen hat. Nimant enmag eine rechte gewere gewinnen mit lenunge oder mit saczunge noch mit uflasene an eines kindes gute, das uf is ist irstorben zu lantrechte oder zu lenrechte bin sinen jaren, da he im sine rechten unde ersten gewere mite gebrechen muge, di uf das kint geerbit is, noch di, uffe den das geerbet wirt mit Unrechte bin des kindes jaren. Lest man aber ein vorligen gut eime kinde uf also bescheidelich, das hes eime anderen lie, liet hes unde helt hes stete, alse he zu sinen jaren kumt, so is di liunge recht. Bricht aber is di liunge mit rechte, alse is zu sinen jaren kumt, so behelt is der, der is gelasin hatte, wen hes lies also bescheidelichen, das man is ieme lige unde anders nicht, durch das, swen di liunge mit rechte gebrochen wirt, da man di tet, so enis ouch das lasen nicht, das iener da tet, wen hes anders nicht enlies, me wen das man is ieme lige. Weigert das kint, lenrecht zu tunde sinen mannen, so is erst zu sinen jaren kumt, so suln si is anderweide sinnen oder si vorjaren sich kegen das kint. C.XXXI. Stirbit ein man, der sone hat in der jarzcale, das he sin gut unphan sal, da mite enis deme sone das gut nicht gevernt, alleine enhabe der vatir nicht das gut enphangen, di wile he nicht sich virjaret enhabe.

4 gewere Horn., were Ο, fehlt W D. 13 nach liet hes] danne Horn., fehlt W D O. 19/20 gebrochen] doppelt W.

331 den Nutzungsanfall hat, so lange ist es nicht verpflichtet, das Gut zu benennen, das ihm der H e r r geliehen hat. Niemand kann unanfechtbare Gewere erlangen durch Belehnung oder Verpfändung 1 oder durch Auflassung von Kindesgut, das dem Kind während seiner Unmündigkeit nach Landrecht oder nach Lehenrecht vererbt worden ist, so daß er dadurch dem Kind dessen rechte und ältere Gewere, die auf das Kind vererbt ist, nehmen könnte; auch derjenige (kann es nicht), auf den es während der Unmündigkeit des Kindes zu Unrecht vererbt wird. Läßt man ein verliehenes Gut einem Kinde auf mit der Bestimmung 2 , daß es einen anderen damit belehne, leiht es das Kind dann und steht dazu, wenn es zu seinen Jahren kommt, so ist die Belehnung rechtskräftig. Widerruft aber das Kind die Belehnung vor Gericht, wenn es zu seinen Jahren kommt, so behält es derjenige, der es aufgelassen hat, denn er hat es unter der Bedingung 2 aufgelassen, daß man es jenem andern leihe und nicht anders; denn wenn die Belehnung, die (vom Kind) vorgenommen wurde, vor Gericht widerrufen 3 wird, so ist auch die Auflassung ungültig, die jener vornahm, denn er hat das Gut nur unter der Bedingung aufgelassen, daß es dem anderen geliehen werde. Weigert sich das Kind, sobald es zu seinen Jahren kommt, seinen Mannen Lehenrecht zu gewähren, so sollen diese zum zweiten Mal die Belehnung verlangen, sonst versäumen sie die Belehnungsfrist dem Kinde gegenüber. Kapitel XXXI. Stirbt ein Mann, der einen Sohn hat, innerhalb der Frist, in der er sein Gut empfangen soll, so geht dem Sohn dadurch das Gut nicht verloren, auch wenn es sein Vater noch nicht empfangen hat, solange dieser nur die Belehnungsfrist nicht versäumt hat.

1 satzunge st.F. . V e r p f ä n d u n g , Ü b e r g a b e eines P f a n d e s ' , vgl. h e u t e n o c h versetzen; 2 bescheidenliche, bescheideltche A d v . f e s t g e s e t z t , bestimmt, bedingt'; 3 mit rechte brechen ,vor G e r i c h t w i d e r r u f e n ' , zu brechen st.V. ,sich lösen von, w i d e r s p r e c h e n ' .

folio 69 verso

1. (Lnr. 26§9): D u r c h d e n T o d eines L e h e n s m a n n e s (im b l a u e n R o c k , mit Bart) ist die G e w e r e am L e h e n auf d e n m i n d e r j ä h r i g e n L e h e n s e r b e n (im H a u s , rotes Kleid) ü b e r g e g a n g e n , w a s d i e s e r d u r c h d a s E r g r e i f e n d e r A c k e r h a l m e u n d d u r c h das Z e i g e n auf d e n t o t e n Erblasser v e r d e u t l i c h t . D e r M a n n im g r ü n e n R o c k g i b t einem a n d e r e n M a n n G e l d ( M ü n z e n ) f ü r d a s G u t u n d z i e h t aus diesem G r u n d d a s G u t (die H a l m e ) an sich. D i e r e c h t l i c h e Beurteilung dieses Falles, d a ß n i e m a n d d e m K i n d das V o r r e c h t am G u t streitig m a c h e n k a n n , ist n i c h t dargestellt. 2. (Lnr. 26§10): R e c h t s e m p f ä n g t d a s K i n d (als D o p p e l f i g u r d a r g e stellt) das A u f l a s s u n g s s y m b o l ( b l ü h e n d e r Z w e i g ) von einem M a n n (im b l a u e n Kleid), d e r es ihm u n t e r der B e d i n g u n g ü b e r g i b t , es an einen a n d e r e n w e i t e r z u l e i h e n . D i e s e r a n d e r e ist d e r in R o t mit b l a u e n S t r ü m p f e n g e k l e i d e t e M a n n , auf d e n d e r V e r ä u ß e r e r des G u t e s mit seiner L i n k e n zeigt. Die B e l e h n u n g wird v o r g e n o m m e n , i n d e m d e r Vasall seine H ä n d e in die des K i n d e s legt. Zu seinen J a h r e n g e k o m m e n (Jahrzahl ist f e h l e r h a f t : richtig XIII χ LH W o c h e n statt V x LH W o c h e n ) w i d e r r u f t d a s K i n d die B e l e h n u n g , ind e m es das A u f l a s s u n g s s y m b o l z e r b r i c h t , w e s w e g e n d e r V e r ä u ß e r e r ( j e t z t g a n z links im b l a u - r o t e n R o c k dargestellt) d a s G u t z u r ü c k n i m m t u n d die A c k e r h a l m e an sich zieht. O b w o h l es sich bei d e n Figuren links u n d rechts u m die gleichen P e r s o n e n h a n d e l t , h a t d e r I l l u s t r a t o r ihre K l e i d u n g mit u n t e r s c h i e d l i c h e n F a r b e n versehen, w o d u r c h ihre I d e n t i t ä t nicht e i n d e u t i g h e r a u s g e s t e l l t w i r d . 3. (Lnr. 26§11): D e r M a n n im b l a u e n R o c k bittet d e n n o c h m i n d e r j ä h r i g e n L e h e n s e r b e n ( g a n z r e c h t s im Bild) u m L e h e n s e r n e u e rung, welche dieser a b e r mit v e r s c h r ä n k t e n A r m e n u n d a b g e w a n d tem K o p f ( A b l e h n u n g s g e s t u s ) verweigert. A u f d e r linken Bildh ä l f t e w i e d e r h o l t d e r M a n n (diesmal im g r ü n e n R o c k dargestellt) die Bitte u m L e h e n s e r n e u e r u n g g e g e n ü b e r d e m mittlerweile zu sein e n J a h r e n g e k o m m e n e n L e h e n s e r b e n u n d z w a r i n n e r h a l b d e r gesetzlichen Frist von J a h r u n d T a g , w o r a u f d e r M a n n im r o t e n R o c k in d e r M i t t e des Bildes weist. F e h l e r h a f t ist die D a r s t e l l u n g des L e h e n s e r b e n , d e r rechts n o c h nicht zu seinen J a h r e n g e k o m m e n ist u n d k l e i n e r g e z e i c h n e t sein m ü ß t e , w ä h r e n d er links zu sein e n J a h r e n g e k o m m e n ist u n d g r ö ß e r g e z e i c h n e t sein m ü ß t e . Bei d e r D a r s t e l l u n g d e r F r i s t a n g a b e f e h l e n die VI W o c h e n , die zu d e n XIII χ LH W o c h e n h i n z u z u z ä h l e n sind. 4. (Lnr. 27§1): O b w o h l d e r V a t e r (blaues Kleid, Bart) g e s t o r b e n ist, g e h t seinem S o h n (kleine F i g u r g a n z links) d a s G u t nicht v e r l o ren, da d e r V a t e r die B e l e h n u n g s f r i s t n o c h e i n g e h a l t e n h a t (Belehn u n g s f r i s t u n v o l l s t ä n d i g dargestellt: nicht L + VI W o c h e n , s o n d e r n richtig LII + VI W o c h e n ) . D e r H e r r (mit Schapel u n d g r ü n e m R o c k ) k a n n d e m S o h n die B e l e h n u n g n i c h t v e r w e i g e r n u n d zeigt sich d u r c h d a s H i n h a l t e n seiner H ä n d e d a z u bereit. D a die L e h e n s g e w e r e s o m i t auf d e n S o h n ü b e r g e g a n g e n ist, e r g r e i f t er die zu F ü ß e n seines v e s t o r b e n e n V a t e r s g e w a c h s e n e n A c k e r h a l m e .

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2!

3o

Stirbit eins herre Jon ind' iarzcale · das di mä gut vö im enphan Julie-Ji volge irme-güte Jwo is hin vert-vn en vor lije da mite nicht· Der Jon en miis ouch des mä · XXXII· nes gut nicht zcweien mit lajene • is en Ji das hes von me h'ren habe-den vö eime· lejt ab' hes wid' recht-das myre teil volget dem Ab der h're lejt des mä -XXXIII· meren· nes gut den minneren teil den he vö im hat-das en darf he vö nimäde enphä· wen vome ob'Jte h ' r e - D e r mä en darf och nich 1 we vö eime des hre Jone Jin gut enphä · aljis in alle geiigen-d' ob'Jte h're müs das ab' bejcheiden • an welchen he Ji wije ab Jich di benten h're dar vme nicht vor einen· Der h're en is nicht phlichtig mer kinde'n den eime zu liene ires vat' gut-noch Jime tode-bin d' kind'e iarzcale Jtet das in irre willekore das d' h're belene• Jwelchen Ji wollen· kvmt is ab' us d' iarzcale Jo Jtet is indes h'= ren köre-welchen he belenen wolle den des mit rechte an en habe gejvnnen · Liet d' h're gut eime kinde noch Jime willen vn nicht noch rechte das en Jchadet nicht den anderen ir gut zu enphande-Swelch dirre kindere Jine iarzcale vor Jvmet-von deme Ji d' herre ledig-he en benemes Jich uf den heiligen-Sinnet eins mannes Jon der zu Jinen iaren kvmen is gutes an Jinen her ren-vnde

s

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Stirbit eins herren son in der jarzcale, das di man gut von im enphan sullen, si volgen irme gute, swo is hinvert, unde envorlisen da mite nicht. C. XXXII. Der son enmus ouch des mannes gut nicht zcweien mit lasene, is ensi, das hes von me herren habe den von eime, lest aber hes wider recht, das minre teil volget dem meren. C. XXXIII. Ab der herre lest des mannes gut den minneren teil, den he von im hat, das endarf he von nimande enphan wen vome obersten herren. Der man endarf ouch nicht wen von eime des herren sone sin gut enphan, alsis in allen geiigen, der oberste herre mus das aber bescheiden, an welchen he si wise, ab sich di be/enten herren dar umme nicht voreinen. Der herre enis nicht phlichtig, mer kinderen den eime zu liene ires vater gut noch sime tode. Bin der kindere jarzcale stet das in irre willekore, das der herre belene, swelchen si wollen, kumt is aber us der jarzcale, so stet is in des herren kore, welchen he belenen wolle, den des mit rechte an en habe gesunnen. Liet der herre gut eime kinde noch sime willen unde nicht noch rechte, das enschadet nicht den anderen, ir gut zu enphande. Swelch dirre kindere sine jarzcale vorsumet, von deme si der herre ledig, he enbenemes sich uf den heiligen. Sinnet eins mannes son, der zu sinen jaren kumen is, gutes an sinen herren unde

4 Der son W D, De sone O, Die herre Horn. 12 herren D Ο Horn., hren W. 13 oberste W D, ouere O, overe Horn. 15 belenten] benten WD, beienden Ο Horn. 18/19 willekore WD, kore Ο Horn. 21 vor he] im Horn, vor den] under Horn. 27 enbenemes WD, ne benemes O, ne neme's Horn.

333

folio

Stirbt (auch) der Sohn des Herrn innerhalb der Frist, in welcher die Mannen ihr Gut von ihm empfangen sollen, so sollen sie mit ihrem Gut dorthin folgen, w o es (durch Erbgang) hinfällt, und sie verlieren es damit nicht. Kapitel XXXII. Der Sohn darf das Gut des Mannes bei der Rücküberlassung nicht teilen, es sei denn, daß er es selbst von mehr als nur einem Herrn habe; gibt er aber etwas nicht rechtmäßig zurück, so folgt das kleinere Stück dem größeren. Kapitel XXXIII. Wenn der Herr den kleineren Teil vom Gut seines Mannes, den er von ihm (dem Oberlehensherrn) hat, wieder ausgibt, so braucht der Mann diesen (Teil) von niemand anderem als dem Oberlehensherrn zu empfangen. Der Mann muß auch nur von einem Sohn des Herrn sein Gut empfangen, auch wenn es allen (Söhnen gesamthaft) geliehen ist; der Oberlehensherr hat aber darüber zu entscheiden, an welchen er sie verweist, wenn sich die zu belehnenden Herren(söhne) deswegen nicht einigen 1 können. Der Herr ist nicht verpflichtet, mehr als einem der Kinder das Gut ihres Vaters nach dessen T o d zu leihen. Während der Belehnungsfrist der Kinder steht diesen die Wahl zu, welches von ihnen der Herr belehnen soll; ist die Belehnungsfrist aber abgelaufen, so hat der Herr die Wahl, wen er belehnen will, von denen, die rechtmäßig bei ihm (um Belehnung) nachgesucht haben. Verleiht der Herr einem der Kinder ein Gut nach seinem Willen, nicht aber wie es Recht ist, so hindert das die anderen (Kinder) nicht, ihr Gut zu empfangen. Wenn eines der Kinder seine Belehnungsfrist versäumt, so ist dem Herrn das Gut dieses Kindes ledig, wenn das Kind nicht den Unschuldseid auf die Reliquien leistet. Begehrt eines Mannes Sohn, der zu seinen Jahren gekommen ist, das Gut von seinem Herrn (zu Lehen) und

1 vereinen

sw.V. ,einigen, vereinbaren'.

70 recto

1. (Lnr. 27§2): Ein L e h e n s h e r r (eins Herren son) ist innerhalb der Belehnungsfrist von einem J a h r und sechs W o c h e n (fälschlich L statt LII u n d VI in einem Kreisoval) gestorben. Die beiden M ä n n e r im blauen u n d roten R o c k , die er nicht m e h r hatte belehnen k ö n n e n - die Figur im blauen R o c k deutet dies d a d u r c h an, d a ß sie sich zu dem verstorbenen L e h e n s h e r r n u m s c h a u t - , e m p f a n g e n deshalb ihre L e h e n s e r n e u e r u n g ( K o m m e n d a t i o n ) von d e m nächsten H e r r n des Lehens (in H e r r e n k l e i d u n d Schapel an der T e x t Bild-Zäsur). 2. (Lnr. 28§1): D e r M a n n (io«) im roten R o c k veräußert einen Teil seines Lehens, indem er einige A h r e n h a l m e seinem G e g e n ü b e r (Fig u r im blauen Rock, mit r o t e r Kapuze) entgegenhält, die dieser auch mit Geld (3 M ü n z e n ) bezahlt. Zu dieser T e i l a b g a b e seines Lehens ist er berechtigt, weil er, wie er mit d e m Zeigegestus seiner dritten H a n d deutlich macht, von den beiden hinter ihm stehenden L e h e n s h e r r e n belehnt w o r d e n ist (entsprechende Zeige- u n d A u f merksamkeitsgesten seitens d e r H e r r e n ) . 3. (Lnr. 28§2, 29§1): V o r d e m O b e r l e h e n s h e r r n , d e r im dunkelblauen G e w a n d mit gelber M ü t z e u n d Schapel auf einem kastenähnlichen T h r o n sitzt, steht ein M a n n im b l a u - r o t gemusterten R o c k u n d erbittet mit e r h o b e n e n H ä n d e n K o m m e n d a t i o n . Die V o r a u s s e t z u n g h i e r f ü r ist nicht ins Bild gesetzt; es sei denn, m a n erkennt mit v. Amira in d e m Lehensherrn an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r denjenigen, der „den kleineren Teil vom Lehen seines M a n n e s veräußert" hat. D e r L e h e n s h e r r (im grünen H e r r e n k l e i d u n d mit Schapel) k ö n n t e allerdings auch der (fälschlich als Lebender d a r gestellte) V a t e r der drei vor ihm stehenden S ö h n e sein, die gemeinsam als Erben in sein Lehen eingetreten sind. I n d e m d e r Oberlehensherr eines der K i n d e r am H a n d g e l e n k f a ß t u n d mit A u f m e r k samkeitsgestus zu sich heranzieht, f ü h r t er d e m L e h e n s m a n n im b l a u - r o t gemusterten R o c k d e n j e n i g e n zu, bei d e m er um Lehense r n e u e r u n g zu bitten hat. 4. (Lnr. 29§2): N a c h dem T o d ihres Vaters ( M a n n mit Bart im blauen Rock) haben sich seine noch u n m ü n d i g e n S ö h n e (in roten Röcken) innerhalb d e r Belehnungsfrist von 13 J a h r e n ( X I I I χ LII W o c h e n ) u n d 6 W o c h e n ( V I ) geeinigt, wer von ihnen die Lehense r n e u e r u n g erbitten soll. D e r z u k ü n f t i g e Lehenserbe wird von seinen beiden Brüdern (einer von ihnen mit T r a u e r g e s t u s ) vor den Lehensherrn geschoben u n d erhält stehend (sonst kniend) vor dem sitzenden H e r r n im g r ü n e n Kleid mit Schapel die E r n e u e r u n g des Lehens ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . 5. (Lnr. 29§§3,4): (Fortsetzung zu Bildzeile 4: Bildbuchstabe L fehlt; in D v o r h a n d e n ) D e r L e h e n s h e r r (in H e r r e n t r a c h t u n d Schapel) sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem kastenf ö r m i g e n T h r o n u n d belehnt einen der drei Lehenserben. In D scheint die n u r mit Kopf kenntlich g e m a c h t e Figur gleichfalls belehnt zu w e r d e n ; zu erkennen sind zwei H a n d p a a r e in den H ä n den des L e h e n s h e r r n . Mit A b w e h r g e s t u s seines überlangen rechten Armes weist d e r L e h e n s h e r r in D u n d W zugleich den Lehensanspruch des dritten Bruders (blauer Rock) z u r ü c k . D e n G r u n d seiner A b l e h n u n g gibt d e r L e h e n s h e r r mit seinem Hinweis (Zeigegestus einer vierten?/rechten H a n d ) auf die Zeitangabe XIII χ LII W o c h e n + VI W o c h e n zu e r k e n n e n . H i e r m i t b e t o n t er die Ü b e r schreitung d e r Belehnungsfrist, w ä h r e n d der potentielle Lehenserbe gegen diese E i n w e n d u n g einen Eid auf die Reliquien zu schwören bereit ist.

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hat he brudere di binne iren iaren Jin · he müs deme h're gelobe das fine brud'e des gutes Jich vor zcien-erhes im lie-νή den h're nich' en betedingen dar vme Jwen Ji kume zcü iren iaren-breche dis di kind'e-vn vorderen Ji das gut zu lenrechte · d' h're Jal beide en vn ieme vor tedingen · der di anjprache vor lobete vn vor teilin im Jin gut-ab he di an Jprache nicht ir leget· -XXXIIII· Swer Jime h'ren od' Jime kinde · od' imäde der des wartende is Jin len vernen wil-ab hes liet-od' lejt· nicht en Jchadet is ieme ab hes nimt-vn ingewere behelt bis an Dinget ein mä -XXXV· JinentotJime wibe gut mit der Jone gelubde di zu iren iaren küme Jin · das en kan noch d' herre noch di kindere gebrechen • ab Ji is gezug hat-geloben is ab' di kind'e bin iren iaren · das mügen Ji breche vn nich' d' h're · Man mag vil brudere ein -XXXVI· gut lien ab Jis mit gejamenter hant enphan vn gliche gewere dar an haben-wollen ab' Ji Jich Jcheiden mit deme gute-Ji teilen is vnd' Jich ane des h'ren vrlop Jwi Ji wol len - Swen ab' Jis geteilen ir kein en hat recht an des and'en gute-ab ir ein Jtirbitim en Ji and'weide das gedinge dar an gelige-di wile Ji is zu Jamene haben-Jtirbit ir ein Jin kint trit indes vat' Jtat-vn behelt das gut mit den vetteren · als is Jin vat' hatte •

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hat he brudere, di binnen iren jaren sin, he mus deme herren geloben, das sine brudere des gutes sich vorzcien, er hes im lie, unde den herren nicht enbetedingen dar umme, swen si kumen zcu iren jaren. Brechen dis di kindere unde vorderen si das gut zu lenrechte, der herre sal beide, en unde ieme, vortedingen, der di ansprache vorlobete, unde vorteilin im sin gut, ab he di ansprache nicht irleget. C. XXXIIII. Swer sime herren oder sime kinde oder imande, der des wartende is, sin len vernen wil, ab hes liet oder lest, nicht enschadet is ieme, ab hes nimt unde in geweren behelt bis an sinen tot. C.XXXV. Dinget ein man sime wibe gut mit der sone gelubde, di zu iren jaren kumen sin, das enkan noch der herre noch di kindere gebrechen, ab si is gezug hat, geloben is aber di kindere bin iren jaren, das mugen si brechen unde nicht der herre. C. XXXVI. Man mag vil bruderen ein gut lien, ab sis mit gesamenter hant enphan unde gliche gewere dar an haben, wollen aber si sich scheiden mit deme gute, si teilen is under sich ane des herren urlop, swi si wollen. Swen aber sis geteilen, ir kein enhat recht an des anderen gute, ab ir ein stirbit, im ensi anderweide das gedinge dar an geiigen. Di wile si is zu samene haben, stirbit ir ein, sin kint trit in des vater stat unde behelt das gut mit den vetteren, als is sin vater hatte.

8 h e W D O, j e n e Horn. 13 bis an sinen t o t W D, bet an sinen d o t Ο, w e n t in sin s u k e b e d d e , d a r h e b i n n e n s t i r f t Horn. 14 vor D i n g e t ] M a n ne m a c h o k n i e m a n n e sin len n e m e n d a r m e d e of he blint is, o d e r of h e jeneges ledes d a r v e t , n o c h u m m e n e n e r h a n d e s ü k e Horn., fehlt WD O. 19 nach h e r r e ] vgl. Horn. Lnr. 31 §2.

335 hat er Brüder, die noch unmündig sind, so muß er dem Herrn, bevor dieser ihn belehnt, geloben, daß seine Brüder auf das Gut verzichten 1 und den Herrn darum nicht verklagen 2 (werden), wenn sie selbst zu ihren Jahren kommen. Brechen die Kinder dieses Versprechen und fordern sie das Gut vor dem Lehensgericht, so soll der H e r r beide Teile vorladen, sie und jenen, der ihren Klageverzicht gelobt hatte, und ihm sein Gut absprechen, wenn jene nicht auf ihren Anspruch verzichten. Kapitel XXXIV. W e r seinem Herrn oder seinem Kinde oder jemandem, der eine Anwartschaft darauf hat, sein Lehen dadurch entziehen will, daß er es weiterverleiht oder aufläßt, der kann jenem nicht schaden, wenn dieser es wieder (an sich) nimmt und in Geweren behält bis zu seinem T o d . Kapitel XXXV. Bestellt 3 ein Lehensmann seiner Frau am Lehensgut ein Leibgedinge mit Einwilligung seiner Söhne, die zu ihren Jahren gekommen sind, so können weder der H e r r noch die Kinder ihr dies streitig machen, wenn sie Zeugen dafür hat; erteilen die Kinder aber ihre Einwilligung während ihrer Unmündigkeit, dann können sie diese widerrufen, nicht aber der Herr. Kapitel XXXVI. Man kann vielen Brüdern ein Gut leihen, wenn sie es mit gesamter Hand 4 empfangen und gleiche Gewere daran haben; wollen sie sich aber an dem Gut auseinandersetzen, so teilen sie es unter sich ohne Einwilligung des Herrn, wie sie wollen. Wenn sie es jedoch geteilt haben, hat keiner ein Recht am Gut des anderen, wenn einer von ihnen stirbt, außer es sei ihm dann noch das Gedinge daran verliehen; stirbt einer von ihnen, solange sie das Gut zusammen haben, so tritt dessen Kind an des Vaters Stelle und behält das Gut (gemeinsam) mit den Brüdern des Vaters, wie es sein Vater hatte.

1 sich verzihen, verzten st.V. refl. ,verzichten auf, aufgeben, verlassen'; 2 betedingen sw.V. ,vor Gericht bringen, verklagen'; 3 dingen sw.V. bezeichnet b i n d e n d e V e r p f l i c h t u n g e n u n d V e r f ü g u n g e n jeder Art; 4 mit gesamenter hant g e m e i n s c h a f t l i c h , g e s a m t h ä n d e risch', zu gesament P a r t . A d j . .versammelt, vereinigt'.

folio 70 verso

1. (Lnr. 29§5): N a c h d e m links der ältere u n d m ü n d i g e Bruder ( D o p p e l f i g u r ) von vier Lehenserben seine drei kleineren und u n m ü n d i g e n Brüder (Jahrzahl) mit Befehlsgestus angewiesen hat, auf ihr Lehen zu verzichten, e m p f ä n g t er stehend von dem sitzenden L e h e n s h e r r n das Lehen des verstorbenen Vaters ( K o m m e n d a tionsritus). D a seine drei jüngeren Brüder nicht freiwillig auf ihr Lehenserbe verzichtet haben (Weigerungsgestus der drei kleinen Figuren), stehen sie nach Erreichen ihrer M ü n d i g k e i t {XIII χ LH W o c h e n + VI W o c h e n ) erneut vor dem L e h e n s h e r r n (rechte Bildhälfte). I n d e m zwei von ihnen das Auflassungssymbol zerbrechen und einer seine H ä n d e z u r K o m m e n d a t i o n emporhält, beanspruchen sie das Lehen ihres Vaters. Aus diesem G r u n d spricht der Lehensherr (Doppelfigur) d e m zunächst belehnten älteren Bruder das Lehen wieder ab und hält ihm als Zeichen h i e r f ü r die Verfestungsgabel an den Hals. 2. (Lnr. 30§1): Auf seinem Sterbebett erteilt ein L e h e n s h e r r dem vor ihm knienden L e h e n s m a n n die K o m m e n d a t i o n . D a ß er hierzu nicht m e h r u n b e d i n g t berechtigt ist, gibt d e r an der T e x t - B i l d - Z ä sur sitzende O b e r l e h e n s h e r r im blauen Kleid u n d mit gelber M ü t z e u n d Schapel d u r c h A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s seiner linken H a n d zu e r k e n n e n und entzieht ihm damit die A n w a r t s c h a f t (Heimfall). 3. (Lnr. 31§1): V o r dem sitzenden Lehensherrn erteilt der Lehensm a n n im roten R o c k u n d g r ü n e n S t r ü m p f e n seiner Frau (blaues Kleid, aber untypischer K o p f s c h m u c k f ü r eine verheiratete Frau) N u t z u n g s r e c h t auf Lebenszeit an seinem Lehen. Er tut dies mit Z u s t i m m u n g seiner (unmündigen?; J a h r z a h l fehlt) Söhne, den beiden kleinen Figuren an seiner Seite. D a die E h e f r a u Z e u g e n f ü r diesen V e r g a b e a k t hat - zwei Figuren am Bildaußenrand, die einen Eid auf die Reliquien leisten k a n n der L e h e n s h e r r das Leibgedinge d e r Frau nicht anfechten, wie der u n z e r b r o c h e n e Stab in seinen H ä n d e n anzeigt. Aussicht auf Erfolg hat d e m g e g e n ü b e r der Einspruch d e r (jetzt drei) S ö h n e an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r . N a c h dem sie m ü n d i g g e w o r d e n sind (Jahrzahl w i e d e r u m nicht ins Bild gesetzt, die Lehenserben aber g r ö ß e r gezeichnet; vgl. G r ö ß e n u n terschied in Bildzeile 1), brechen zwei von ihnen den Stab und fechten damit das Leibgedinge der M u t t e r an. Einer d e r Söhne hält seine H ä n d e z u r erneuten Lehensvergabe e m p o r . 4. (Lnr. 32§§1,2): Auf W u n s c h ihres Vaters o d e r ältesten Schwertmagen, der am Bildaußenrand im blauen R o c k mit r o t e r K a p u z e steht, werden drei Brüder von ihrem (sitzenden) L e h e n s h e r r n gemeinsam belehnt. In der rechten Bildhälfte haben die (jetzt älteren, weil g r ö ß e r dargestellten?) B r ü d e r das Lehen geteilt, was sie dadurch k u n d t u n , d a ß jeder mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s ein H a l m b ü schel ergreift. D a ß schon die nächste G e n e r a t i o n in ihr Teillehen eingetreten ist, beweist die Figur an der T e x t - B i l d - Z ä s u r . O b schon es sich d e r F a r b g e b u n g d e r Kleidung nach um einen der z u vor gemeinsam belehnten Brüder handeln k ö n n t e , steht hier bereits der Sohn des verstorbenen Bruders, der sich d u r c h Zeigegestus auf seinen v o r ihm liegenden t o t e n V a t e r (im rot-blau geteilten Rock) zu erkennen gibt.

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D i wile J~i ein gut zu /amene haben di zcu J a m e n e belent /in-ir kein en mag ane den and'en keine teil ab lien n o c h la/en da hes dem and'en mite v i r n e - w e n des der mä keine teil enphange hat des en mag he keine teil gelien noch g e l a j i n - J w a s ab' he dar ab liet o d ' le/t-das en mag J e l b e nicht gebrechen· is en breche d' ein d' is mit im gemeine hatAb me lute den ein' mit eime gute belent /in · vn J i n t J~i vmbe/cheide dar an ir kein en mag gevolgen an eine anderen h ' r e - a b ir h're Jtirbit er wen ir ein • · X X X V I I · Swas ein h're von mütwillen liet J"ine m ä n e - d e s he en nicht gewere en mag· he J a l is im ir/taten · a l j o das /ich d' mä in/i= ner iarczale nicht vor J u m e · he en vnd'winde J i c h des gutes das im geiigen is-vn ab is im imant n i m t - d a s he is denne bin J i n ' rechte zit mit recht' clage irvolge · ab hes nich* en t u t - d e r h're en /tatet im des gutes nicht· Swen ab' der h're mit lenrechte getwngen wirt das he gut lie-wirt is im mit rechte gebrochen das he /ins mänes gewere an dem gute nicht gewe/in en m a g - d e s en darf he deme mäne nicht ir/taten · Saget ab' d' h're he wolles den mä gewere • vn hes hei/t in an grifen • vn mag hes en nich* geweren he /al is im ir/taten · der mä en habe /ich /elbe vor /ümet dar an /o das im di gewere gelo/et /i · ane rechte wid'/prache bin /iner iarzcale ·

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D i wile si ein gut zu samene haben, di zcu samene belent sin, ir kein enmag ane den anderen keinen teil ablien noch lasen, da hes dem anderen mite virne, wen des der man keinen teil enphangen hat, des enmag he keinen teil gelien n o c h gelasin, swas aber he dar ab liet oder lest, das enmag he selbe nicht gebrechen, is enbreche der ein, der is mit im gemeine hat. Ab me lute den einer mit eime gute belent sin unde sint si u n b e s c h e i d e n dar an, ir kein enmag gevolgen an einen anderen herren, ab ir herre stirbit, er wen ir ein. C . X X X V I I . Swas ein herre von mütwillen liet sineme manne, des he en nicht geweren enmag, he sal is im irstaten, also das sich der man in siner jarczale nicht vorsume, he enunderwinde sich des gutes, das im geiigen is, unde ab is im imant nimt, das he is denne bin siner rechten zit mit rechter clage irvolge, ab hes nicht entut, der herre enstatet im des gutes nicht. Swen aber der herre mit lenrechte getwungen wirt, das he gut lie, wirt is im mit rechte gebrochen, das he sins mannes gewere an dem gute nicht gewesin enmag, des endarf he deme manne nicht irstaten. S a get aber der herre, he wolles den man geweren unde hes heist in angrifen unde mag hes en nicht geweren, he sal is im irstaten, der man enhabe sich selbe vorsumet dar an, so das im di gewere geloset si ane rechte widerspräche bin siner jarzcale.

7 he Ο Horn., fehlt

WD.

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Solange sie ein Gut zusammen haben und gesamthaft belehnt sind, kann keiner von ihnen ohne den andern einen Teil davon weiterverleihen oder auflassen und ihn dadurch dem andern entziehen; denn wenn der Mann keinen Teil empfangen hat, so kann er auch keinen Teil verleihen oder auflassen; was er aber davon verleiht oder aufläßt, das kann er selber nicht mehr rückgängig machen; nur einer von denen kann es widerrufen, der das Gut mit ihm gemeinsam hat. Wenn mehrere Leute mit einem Gut belehnt sind und sie es nicht geteilt1 haben, so kann, wenn ihr Herr stirbt, nur einer von ihnen an den neuen Herrn folgen. Kapitel XXXVII. Wenn ein Herr aus freiem Willen seinen Mann belehnt und er ihm dafür keine Gewährschaft leisten kann, so muß er ihm Ersatz leisten; der Mann darf nur seine Belehnungsfrist nicht versäumen, außer er bemächtige sich des Gutes, das ihm geliehen ist, und wenn es ihm jemand nimmt, dann soll er es binnen rechtmäßiger Frist mit rechter Klage verfolgen; wenn er das nicht tut, so leistet ihm der Herr keinen Ersatz für das Gut. Wenn aber der Herr durch das Lehensgericht gezwungen wird, das Gut zu verleihen, und damit durch das Gericht gehindert wird, daß er wegen des Gutes seinem Mann Gewährsmann sein kann, dann braucht er dem Mann auch keinen Ersatz dafür zu leisten. Sagt aber der Herr, er wolle dem Mann Gewährschaft leisten, und heißt er ihn, den Besitz zu ergreifen 2 , kann er (der Herr) ihm dann aber nicht Gewähr leisten, so muß er ihn entschädigen, es sei denn, der Mann habe selbst seine Belehnungsfrist versäumt, so daß ihm die Gewere ohne seinen gerichtlichen Widerspruch innerhalb der Belehnungsfrist verlorengegangen ist.

1 unbescheiden

P a r t . A d j . , n i c h t zugewiesen, ungeteilt';

m n d . angrCpeti

s t . V . . a n g r e i f e n ' , h i e r . e r g r e i f e n , fassen*.

2

angrifen,

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1. ( L n r . 3 2 § 3 ) : D r e i H e r r e n , k e n n t l i c h an ihren S c h a p e l n - zwei t r a g e n ein r o t e s G e w a n d , e i n e r ist in die g r ü n e H e r r e n t r a c h t g e k l e i d e t - , sind g e m e i n s a m b e l e h n t w o r d e n u n d h a b e n dieses L e h e n n i c h t geteilt. H i e r f ü r steht als Z e i c h e n d e r S c h i l d d e r H e r r e n v o n Blankenburg-Regenstein ( w e i ß g r u n d i g mit linksausgebogener, v i e r e n d i g e r H i r s c h s t a n g e ) z w i s c h e n i h n e n . D i e F i g u r in d e r B i l d m i t t e verleiht den T e i l ihres L e h e n s ( H a l m e ) an den z w e i t e n M a n n im g r ü n e n K l e i d , a u s g e w i e s e n d u r c h ein m e h r f a c h in R o t und S i l b e r geteiltes W a p p e n , w e i t e r ( d a h e r H e r r e n t r a c h t ) . E r tut dies u n r e c h t m ä ß i g , wie e i n e r d e r M ä n n e r im r o t e n R o c k d a d u r c h a n z e i g t , d a ß er den A r m des V e r ä u ß e r e r s f e s t h ä l t und ihn an d e r V e r g a b e des T e i l l e h e n s , f ü r das d e r neu B e l e h n t e ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) bereits g e z a h l t h a t ( M ü n z e n ) , zu h i n d e r n v e r s u c h t . D e r z w e i t e M a n n im r o t e n R o c k m a c h t die V e r g a b e des T e i l l e h e n s r ü c k g ä n gig, i n d e m er e i n e n S t a b b r i c h t . H i e r z u ist d e r V e r ä u ß e r e r des L e hens nicht berechtigt (ungebrochener Stab).

Naß, Wappen, S. 269. 2. ( L n r . 3 2 § 4 ) : D i e b e i d e n n a h e b e i e i n a n d e r s t e h e n d e n F i g u r e n im r o t e n und b l a u e n R o c k sind g e m e i n s a m b e l e h n t w o r d e n . D a sie ihr L e h e n n i c h t geteilt h a b e n , k a n n - als ihr L e h e n s h e r r g e s t o r b e n ist ( F i n g e r z e i g d e r blau g e k l e i d e t e n F i g u r a u f den t o t e n L e h e n s h e r r n ) - n u r e i n e r v o n ihnen von d e m n a c h f o l g e n d e n L e h e n s h e r r n (an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r ) die L e h e n s e r n e u e r u n g (Kommendation) e i n h o l e n . D e r e r n e u t B e l e h n t e h ä l t mit d e r - i d e n t i s c h g e k l e i d e t e n - Figur, mit d e r er sich ein L e h e n teilt, ein H a l m b ü s c h e l ( Z e i c h e n des L e h e n s ) f e s t u n d z i e h t „die L e h e n s f r ü c h t e mit s e i n e r dritten H a n d an sich, die sein G e m e i n d e r v e r g e b e n s f e s t z u h a l t e n s u c h t " (v. A m i r a ) . 3. ( L n r . 3 3 § 1 ) : D e r M a n n im b l a u e n R o c k s t e h t v o r s e i n e m s i t z e n den L e h e n s h e r r n u n d wird v o n diesem b e l e h n t ( K o m m e n d a t i o n s gestus). Z u m Z e i c h e n d a f ü r , d a ß ihm sein L e h e n ( H a l m e in s e i n e m R ü c k e n ) von dem mit H e l m , H a l s b e r g e und S c h w e r t B e w a f f n e t e n ( a l s o g e w a l t s a m ; im T e x t n i c h t e r w ä h n t ) g e n o m m e n w o r d e n ist, z e i g t er a u f den E n t w e n d e r , d e r selbst die H a l m e e r g r i f f e n hat. V o n s e i n e m L e h e n s h e r r n , den er a m R o c k f a ß t und s o um E r s a t z f ü r das ihm g e n o m m e n e L e h e n a n g e h t , e r h ä l t er das ihm z u s t e h e n d e E r s a t z l e h e n ( F i n g e r z e i g des L e h e n s h e r r n a u f die H a l m e an der T e x t - B i l d - Z ä s u r ) . 4. ( L n r . 3 3 § § 2 , 3 ) : D e r M a n n in d e r B i l d m i t t e weist mit s e i n e m link e n Z e i g e f i n g e r a u f sein L e h e n ( H a l m e ) , das i h m v o n e i n e m a n d e ren M a n n im b l a u e n R o c k g e n o m m e n w o r d e n ist ( Z e i c h e n des S t a b b r u c h e s ) . A u c h er (vgl. B i l d z e i l e 3) k l a g t v o r seinem L e h e n s herrn um E r s a t z , i n d e m er ihn a m R o c k e r g r e i f t . D e r L e h e n s h e r r , d e r (im U n t e r s c h i e d z u r v o r a n s t e h e n d e n B i l d z e i l e ) j e t z t u n t e r dem S c h a p e l e i n e n G r a f e n h u t trägt, z e i g t durch die V e r s c h r ä n k u n g sein e r A r m e an, d a ß er diesen L e h e n s e r s a t z v e r w e i g e r t , weil er das L e h e n ( h i e r f ü r stehen die H a l m e zu seinen F ü ß e n , a u f die er mit F i n g e r z e i g weist; anders v. A m i r a ) g e z w u n g e n e r m a ß e n v o r d e m L e h e n s g e r i c h t ( d a h e r G r a f e n h u t ) erteilt hat.

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Belent wip o d ' m a i t en Jin · XXXVIII· nicht phlichtig h e r u a r t zu dinene · mer h e r j t u r e Julie Ji geben n o c h g e j a z t e m e rechte • vare Julien Ji ledig Jin bin lenrechte · Liet der h e r r e k i n d e r e n ires vater g ü t bi des vat' libe-vn is d e r u a t ' alleine i n j i n e gewere h a t - b i s an Jine t o t noch des vater t o d e - k v m e di k i n d e r e zü d e m e h ' r e n - v ö biten das he bek e n n e i n j o g e t a n e s gutes alje he en gelige h a t - d i j e s Julie Ji geren bin ire i a r c z a l e - e n bek e n n e t in d ' h're nicht des g u t e s - J o biten Jis mit g e z u g e zu b e h a l d e n e - d e n g e z u g m a g d ' h're w o l v o r legen J o Ji d ' gewere d a r b e n - J i en m ü g e n di liunge g e z u g e n o c h gedinges r e c h t e - J o is den k i n d e r e n g u t das volge ires vat' gute m a n j c h a f t zu bitene d e m e h ' r e n · w e n Ji en m ü g e ane gewere kein len d a r an b e r e d e • is en b e k e n n e en d e r h're · Swo ab' d e r vater vn di k i n d ' e eine gemeine vnde geliche gewere habin an d e m e g ü t e - d i kindere b e h a l d e n n o c h des u a t ' t o d e das g ü t - a b Ji irzuge di liunge inder iarczale kege den h'= L e j t ein m ä J i m e h ' r e n -XXXIX· reng u t uf a l j o b e j c h e i d e l i c h e n das hes eime a n d e r e n lie-wil is d e r herre Jelbe b e h a l d e v n d e ieme nicht lien · he en h a t d a kein recht zu · w e n is en ijt im nicht uf g e l a j e n me dene ieme zü liene-

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C . X X X V I I I . Belent wip o d e r mait ensin nicht phlichtig, h e r v a r t z u dinene, m e r h e r s t u r e sullen si geben n o c h g e s a z t e m e rechte, vare sullen si ledig sin bin lenrechte. Liet d e r h e r r e k i n d e r e n ires vater g u t bi des vater libe, u n d e is d e r vater alleine in sinen geweren h a t bis an sinen tot, n o c h des vater t o d e k u m e n di k i n d e r e zu d e m e h e r r e n u n d e biten, das h e bek e n n e in so getanes gutes, alse he en geiigen hat, dises sullen si geren bin irre jarczale. E n b e k e n n e t in d e r herre nicht des gutes, so biten sis mit g e z u g e z u b e h a l d e n e , d e n g e z u g m a g d e r herre w o l vorlegen, so si d e r g e w e r e d a r b e n , si e n m u g e n di liunge g e z u g e η n o c h gedinges rechte. So is d e n k i n d e r e n gut, das si volgen ires vater gute m a n s c h a f t zu bitene d e m e herren, w e n si e n m u g e n ane gewere kein len d a r an bereden, is e n b e k e n n e en d e r h e r r e . Swo aber d e r vater u n d e di k i n d e r e eine gemeine u n d e geliche gewere habin an d e m e gute, di kindere b e h a l d e n n o c h des vater t o d e das gut, ab si irzugen di liunge in d e r jarczale kegen d e n h e r r e n . C . X X X I X . Lest ein m a n sime h e r r e n g u t uf also bescheidelichen, das hes eim e a n d e r e n lie, wil is d e r herre selbe b e h a l d e n u n d e ieme nicht lien, he e n h a t da kein recht zu, wen is enist im nicht u f g e l a s e n m e d e n ne ieme zu liene.

2 vor hervart] des rikes Horn. 14 gezugen] gezuge WD, tughen O, getügen Horn. Ii si] se O, sie Horn., fehlt WD. 27/28 me denne ieme W D, mer gheneme O, wen also dat hie't jeneme Horn.

339 Kapitel XXXVIII. Belehnte Frauen oder Mädchen sind nicht verpflichtet, Heerfahrt zu leisten, sondern sie sollen nach rechtlicher Satzung 1 Heersteuer 2 geben; von der Heerfahrt 3 sollen sie im Lehenrecht befreit sein. Leiht der H e r r Kindern Gut ihres Vaters bei dessen Lebzeiten, und hat es der Vater bis zu seinem T o d e allein in seinen Geweren, so sollen die Kinder nach des Vaters T o d zu dem H e r r n kommen und (ihn) bitten, daß er ihnen das Gut so anerkennt, wie er es ihnen geliehen hat; dies sollen sie innerhalb ihrer Belehnungsfrist verlangen 4 . Anerkennt ihnen der Herr das Gut nicht, so sollen sie sich erbieten, es durch Zeugenbeweis zu erstreiten; den Zeugenbeweis kann der H e r r jedoch zurückweisen, da die Kinder keine Gewere haben, es sei denn, daß sie die Belehnung nach Gedingerecht durch Zeugen beweisen können. Den Kindern ist zu raten, daß sie mit dem Gut ihres Vaters folgen und dem Herrn ihre Mannschaft anbieten, denn sie können ohne Gewere kein Lehenrecht nachweisen, es sei denn, der H e r r anerkenne es. Wenn aber der Vater und die Kinder gemeinsame und gleiche Gewere an dem Gut haben, behalten die Kinder nach des Vaters T o d das Gut, wenn sie die Belehnung innerhalb der Belehnungsfrist gegenüber dem Herrn durch Zeugen beweisen. Kapitel XXXIX. Läßt ein Mann seinem Herrn Gut auf unter der Bedingung, daß er es einem anderen leihe, und will es der H e r r selbst behalten und jenem nicht leihen, so hat er kein Recht dazu, denn es ist ihm nur dazu aufgelassen, es jenem zu leihen.

1 nach gesazteme rechte ,wie rechtlich f e s t g e s e t z t , n a c h rechtlicher S a t z u n g ' , zu setzen sw.V. .bestimmen, f e s t s e t z e n , a n o r d n e n ' ; 2 herstüre st.F. .Steuer f ü r d e n Krieg, H e e r s t e u e r ' ; 3 var st.F. ,Weg, Z u g , Fahrt', hier f ü r hervart st.F. , H e e r f a h r t , K r i e g s z u g ' ; 4 gern, geren sw.V. ,begehren, v e r l a n g e n ' .

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1. (Lnr. 34): Eine v e r h e i r a t e t e (Schleier) u n d eine u n v e r h e i r a t e t e Frau ( o f f e n e s H a a r ) - b e i d e in l a n g e n e i n f a r b i g e n K l e i d e r n u n d U b e r h ä n g e n - w e r d e n von einem L e h e n s h e r r n b e l e h n t ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . D a sie n i c h t z u r T e i l n a h m e an e i n e r H e e r f a h r t verpflichtet sind, z a h l e n beide an d e n z u r H e e r f a h r t g e r ü s t e t e n M a n n ( L e h e n s h e r r ? ) - R ü s t u n g u n d B e w a f f n u n g wie in W fol. 71r3 - die vorgesehene Heersteuer (Münzen). 2. (Lnr. 35§1): D e r L e h e n s h e r r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r b e l e h n t z w e i u n m ü n d i g e K i n d e r , d e r e n V a t e r (Bart) mit A u f m e r k s a m keitsgestus seiner r e c h t e n H a n d zu e r k e n n e n gibt, d a ß er das G u t in seiner G e w e r e b e h ä l t ( H a l m e in seinem A r m ) . N a c h d e m die K i n d e r m ü n d i g g e w o r d e n sind ( u n g e n a u e J a h r z a h l in d e r linken Bildhälfte), f o r d e r n sie von i h r e m L e h e n s h e r r n m i t H i n w e i s auf ihren t o t e n V a t e r (Zeigegestus d e r kleinen, r o t g e k l e i d e t e n Figur) die A n e r k e n n u n g des L e h e n s . D e n Z e u g e n b e w e i s , d e n d e r Lehensh e r r verlangt, leisten die K i n d e r mit Eid auf die R e l i q u i e n , w ä h rend sie - in e i n e r s p ä t e r e n Z e i t s t u f e u n d d a r u m v o m I l l u s t r a t o r n o c h ein zweites M a l ins Bild g e s e t z t - i h r e m H e r r n z u m Z e i c h e n i h r e r Bitte u m M a n n s c h a f t die H ä n d e e n t g e g e n s t r e c k e n . 3. (Lnr. 35§2): A n d e r s als in Bildzeile 2 h a b e n die K i n d e r die G e were am L e h e n s g u t , d e n n sie stehen n e b e n i h r e m t o t e n V a t e r (Bart) u n d h a l t e n die H a l m e p a r s p r o t o t o f ü r d a s L e h e n in ihren H ä n d e n . W i e d e r u m stehen sie vor ihrem L e h e n s h e r r n u n d beweisen in der jarczale (XIII χ LH W o c h e n + VI W o c h e n ) ihren Lehensbesitz mit i h r e m Eid auf die Reliquien. 4. (Lnr. 36): D i e Figur im r o t e n R o c k (Bildmitte) reicht d e m Leh e n s h e r r n das A u f l a s s u n g s s y m b o l u n d d e u t e t m i t d e m Z e i g e f i n g e r i h r e r linken H a n d auf d e n j e n i g e n (Figur im b l a u e n R o c k ) , d e m d e r H e r r das L e h e n weiterverleihen soll. O b s c h o n d e r n e u e L e h e n s e m p f ä n g e r d e m L e h e n s h e r r n eine H a n d wie z u r K o m m e n d a t i o n e n t g e g e n s t r e c k t , verweigert d i e s e r die B e l e h n u n g , i n d e m er seine A r m e v e r s c h r ä n k t . D a ß er mit dieser W e i g e r u n g a u c h d a s R e c h t auf die E n t g e g e n n a h m e des L e h e n s verliert, ist d a d u r c h angezeigt, daß der Lehensherr das Auflassungssymbol nicht ergreift.

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L e j t d' vat' J i m e / o n e gut uf von -XL· J i m e h ' r e · erbe len en h a t d ' J o n da nicht a n - a l l e i n e was is Jins u a t ' - w e n is uf en nich 1 geerbit en i s - J w ' Jin erbe len uf l e j t - ν ή is and ' w e i d e e n p h e t - e r b e len en h a t he d a r an nich 1 · Swelch m ä o u c h im a n d ' recht an XLI· g u t e J a g e t d e n h e d a r an h a b e he en volkvme des h e h a t alle recht an d e m e gute v o r lorn · Sw' di rechte gewere an eime gute h a t d ' behelt is m ' m e r e m e rechte d e n i e n ' d ' d e r rechte g e w e r e d a r b e t Sw' d e m e ob'Jte -XLII· h ' r e n uf l e j t Jülch g u t alje h e von d e m e nid'Jten h ' r e h a t - e n p h e t hes Jelbe w i d e r zu l e n e - o d ' ein a n d ' - ν ή b e j i z t h e d a mite iar vn tag · ane rechte w i d ' J p r a c h e • vii en weis des ienir n i c h t - a n d e n das g u t g e t r i f t · nich 1 en m a g he da bi v'liejen ab he das J w e r e t bin J i n ' iarzcale das hes nich' en w o j t e · das Jin m ä das g u t g e l a j i n h a t t e B e g r i f t he da s m ' clage alje is im e r j t zu w i j j e n e w i r t - w e l chir d e n e k e g e d e n ob'Jten h ' r e di eren lenis gewere g e z ü g e m a g m ' J e c h J m ä n e di he g e h a t h a b e von d e m ob'Jte h ' r e n · d e r behelt das g u t M a g a b ' d ' m ä g e z u g e das d e m h ' r e Jin g u t mit lenrechte v'teilt Ji · o d ' hes uf g e l a j i n h a b e - J o Ji des h ' r e n g e z u g v'leget· alleine h a t d ' mä das gut in g e w e r e n m ' d e m e n u z c e · d u r c h das en is Jime h ' r e n die lenis g e w e r e d e j t e verrer nicht · Lenis gewere en m a g n i m a n t g e z u g Jin • ane d e r - d e r v o n d e m e h ' r e n ·

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C . X L . Lest d e r vater sime s o n e gut uf von sime herren, erbelen e n h a t d e r son d a nicht an, alleine was is sins vater, w e n is uf en nicht geerbit enis. Swer sin erbelen uflest u n d e is and e r w e i d e enphet, erbelen e n h a t he d a r an nicht. Swelch m a n o u c h im a n d e r r e c h t an gute saget, den he d a r an habe, he envolk u m e des rechtes, he h a t alle recht an d e m e gute vorlorn. Swer di r e c h t e n gewere an eime gute hat, d e r behelt is mit m e r e m e rechte den iener, d e r d e r rechten gewere d a r b e t . C . X L I . Swer d e m e o b e r s t e n h e r r e n uflest sulch gut, alse h e von d e m e nidersten h e r r e n hat, e n p h e t hes selbe w i d e r zu lene o d e r ein a n d e r u n d e besizt he da mite jar u n d e tag ane rechte w i d e r s p r ä c h e u n d e enweis des ienir nicht, an den das g u t getrift, nicht enm a g he d a bi vorliesen, ab he das sweret bin siner jarzcale, das hes nicht enwoste, das sin m a n das g u t gelasin hatte. B e g r i f t h e das mit clage, alse is im erst zu wissene wirt, welchir d e n n e kegen d e n o b e r s t e n h e r r e n di eren lenis gewere g e z u g e n m a g mit sechs m a n n e n , di he g e h a t h a b e von d e m o b e r s t e n herren, d e r behelt das gut. M a g aber d e r m a n gezugen, das d e m h e r r e n sin gut mit lenrechte vorteilt si o d e r hes ufgelasin habe, so si des h e r r e n g e z u g vorleget, alleine h a t d e r m a n das g u t in g e w e r e n mit d e m e nuzce, d u r c h das enis sime h e r r e n die lenis gewere deste v e r r e r nicht. Lenis gewere e n m a g n i m a n t g e z u g sin a n e der, d e r von d e m e h e r r e n

6 X L I nach Inhaltsverzeichnis gestrichen. 8 r e c h t e s Horn., fehlt W DO. 11 X L I aus X L I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert, o b e r s t e n WD, o u e r e n O, o v e r e n Horn. 12/13 n i d e r s t e n WD, n e d e r e n Ο Horn. 23 o b e r s t e n wie 11. 17 ab - sweret WD, of he d a t s w e r e t O, of he sinen eid d a r t o d u t Horn. 25 l e n r e c h t e W D O, r e c h t e Horn.

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Kapitel XL. Läßt d e r Vater seinem Sohn G u t von seinem H e r r n auf, so h a t der Sohn kein Erblehenrecht 1 daran, obwohl es seinem Vater gehörte, denn es w u r d e ihm nicht vererbt. W e r sein Erblehen aufläßt u n d es d a n n wieder empfängt, der hat kein Erblehenrecht (mehr) daran. W e n n ein M a n n an einem G u t ein anderes Recht beansprucht, als er d a r a n hat, jedoch das behauptete Recht (vor Gericht) nicht durchsetzen kann, so hat er alle Rechte an dem G u t verloren. W e r die rechte Gewere an einem G u t hat, der kann es (vor Gericht) mit mehr Recht f ü r sich beanspruchen als jener, dem die rechte Gewere fehlt. Kapitel XLI. W e r dem Oberlehensherrn ein G u t aufläßt, das er von dem U n t e r h e r r n hat, u n d e m p f ä n g t er es selbst oder ein anderer wieder zu Lehen und besitzt es J a h r u n d T a g o h n e gerichtlichen Widerspruch und weiß derjenige, dem das G u t zusteht 2 , davon nichts, so k a n n dieser d a d u r c h nichts verlieren 3 , wenn er binnen Jahresfrist schwört, daß er nicht wußte, daß sein M a n n das G u t aufgelassen hatte. M a c h t er dies mit gerichtlicher Klage geltend 4 , sobald es ihm b e k a n n t wird, so erhält derjenige das Gut, der gegenüber dem Oberlehensherrn mit sechs M a n n e n beweisen kann, daß er die Lehensgewere vom O b e r l e h e n s h e r r n zuerst gehabt hat. Kann aber der Lehensmann durch Zeugen beweisen, d a ß sein G u t dem H e r r n vom Lehensgericht abgesprochen ist oder daß dieser es aufgelassen hat, so wird der Zeugenbeweis des H e r r n abgewiesen; obwohl der M a n n das G u t mit der N u t z u n g in Geweren hat, ist seinem H e r r n deswegen die Lehensgewere nicht entzogen. Für Lehensgewere k a n n niemand Zeuge sein, wenn er nicht von demselben H e r r n

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72 recto

1. (Lnr. 37§1): Seinem L e h e n s h e r r n läßt ein V a t e r (Bart) sein Leh e n auf, i n d e m er d e m s i t z e n d e n H e r r n d a s A u f l a s s u n g s s y m b o l ü b e r r e i c h t , d a s dieser mit seiner R e c h t e n e n t g e g e n n i m m t . D e r V a ter tut dies, v e r b u n d e n mit d e r F o r d e r u n g ( A u f m e r k s a m k e i t s g e stus), d a ß sein S o h n , d e r v o r d e m L e h e n s h e r r n k n i e t u n d seine H ä n d e z u r K o m m e n d a t i o n e m p o r s t r e c k t , d a s L e h e n verliehen bek o m m e n soll, I n d e m er mit seiner linken H a n d die z u r M a n n s c h a f t g e r e i c h t e n H ä n d e des K n i e n d e n b e r ü h r t , k o m m t d e r L e h e n s h e r r dieser F o r d e r u n g n a c h . D i e F r a g e des E r b l e h e n s w i r d v o m Illustrat o r nicht t h e m a t i s i e r t . Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198. 21. (Lnr. 37§2): F ü r d e n Streit z w i s c h e n L e h e n s h e r r u n d L e h e n s m a n n ( r o t e r R o c k ) ü b e r d e n I n h a l t des v e r g e b e n e n L e h e n s s t e h t d a s a u s e i n a n d e r g e z w e i g t e , in zwei A s t f o r t s ä t z e geteilte A u f l a s s u n g s s y m b o l . Beide L e h e n s p a r t e i e n e r h ä r t e n die R i c h t i g k e i t i h r e r A u s l e g u n g des L e h e n s v e r t r a g e s mit F i n g e r z e i g auf d e n i h n e n z u g e w a n d t e n Zweigteil d e s L e h e n s s y m b o l s u n d gleichzeitigem Eid auf die Reliquien. D i e F o l g e n f ü r d e n L e h e n s m a n n , d e r sich mit sein e m E i d nicht d u r c h s e t z e n k a n n , sind n i c h t ins Bild g e s e t z t . Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198. 2r. (Lnr. 37§3): D e r L e h e n s m a n n sitzt in seinem L e h e n ( G e b ä u d e teil mit Z i n n e n ) , d.h. er h a t die G e w e r e an seinem L e h e n . Seinen L e h e n s b e s i t z k a n n er d a r u m - a n d e r s als sein L e h e n s h e r r , dessen e r h o b e n e n r e c h t e n A r m er am H a n d g e l e n k u m f a ß t u n d d e n er so am Eid h i n d e r t - mit seinem Eid auf die R e l i q u i e n v e r t e i d i g e n . Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198. 3. (Lnr. 38§ 1): D e r L e h e n s m a n n im r o t e n R o c k u n d ausgewiesen d u r c h seinen W a p p e n s c h i l d (geteilt von G o l d u n d Silber d u r c h drei balkenweise a n s t o ß e n d e , g r ü n e R a u t e n ) ü b e r g i b t d e m O b e r l e h e n s h e r r n im b l a u e n Kleid mit M ü t z e u n t e r d e m Schapel d a s A u f l a s s u n g s s y m b o l (Zweig) u n d d a m i t sein L e h e n , d a s er von diesem z u r ü c k e m p f ä n g t ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . D a ß er dies o h n e W i s sen seines L e h e n s h e r r n tut, zeigt die Figur in g r ü n e r H e r r e n t r a c h t mit Schapel u n d W a p p e n s c h i l d ( l i n k s a u s g e b o g e n e f ü n f e n d i g e H i r s c h s t a n g e ) mit F i n g e r z e i g ( A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s ) u n d ihrem Eid auf die R e l i q u i e n an, d e n sie i n n e r h a l b i h r e r J a h r z a h l ( L H + VI) leisten m u ß . Naß, Wappen, S. 269; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198. 4. (Lnr. 38§1): V o r d e m O b e r l e h e n s h e r r n b e s c h w ö r t d e r L e h e n s h e r r (wie in Bildzeile 3 in g r ü n e m H e r r e n k l e i d u n d r o t e n S t r ü m p f e n , a b e r o h n e Schapel) mit sechs Z e u g e n (mannen) die L e h e n s g e w e r e . I h m g e g e n ü b e r s t e h t d e r U n t e r h e r r (wie in Bildzeile 3 im r o t e n R o c k u n d mit g r ü n e n S t r ü m p f e n ; a n d e r s v. A m i r a : „6 Z e u g e n d e s U n t e r h e r r e n - ihn selbst sieht m a n nicht") mit n u r f ü n f Z e u g e n , d.h. er ist mit seinem Beweis u n t e r l e g e n ; a n d e r s v. A m i r a mit H i n w e i s auf L n r . 74§2 = W fol. 82v5,6, w o n a c h „ d e r Beweis ü b e r b l o ß e ( g e m e i n e ) G e w e r e . . . selbsiebend mit u n b e s c h o l t e n e n L e u t e n e r b r a c h t w i r d " . Beide, L e h e n s h e r r u n d U n t e r h e r r , zeigen auf die S o n n e , die d e n T a g d e r L e h e n s v e r g a b e symbolisiert. Naß, Wappen, S. 269; Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198. 5. (Lnr. 38§2): D e r L e h e n s m a n n im r o t e n R o c k s c h w ö r t auf die Reliquien, d a ß er d a s L e h e n d e m O b e r l e h e n s h e r r n (wie in den Bildzeilen 3 u n d 4) a u f g e l a s s e n hat, wie dieser auch mit d e m A u f lassungssymbol ( g r ü n e r Zweig) in seiner H a n d a n z e i g t . D a r u m k a n n d e r L e h e n s m a n n auch d e n ( G e g e n - ) E i d des L e h e n s h e r r n abw e n d e n , i n d e m er seine S c h w u r h a n d am H a n d g e l e n k f e s t h ä l t . D a neben zeigt d e r mit v e r s c h r ä n k t e n Beinen z u G e r i c h t s i t z e n d e O b e r l e h e n s h e r r mit d e r G a b e l , die er an d e n H a l s des L e h e n s h e r r n hält, an, d a ß d a s L e h e n verteilt ist. Schmidt-Wiegand, Eike von Repgow, S. 198.

1 erbeten s t . N . .ererbtes L e h e n ' , hier , R e c h t auf das E r b l e h e n ' ; 2 treffen st.V. , b e t r e f f e n , g e h ö r e n , z u s t e h e n ' ; 3 Verliesen st.V. .verlieren, verlustig gehen 4 ; 4 begrtfen st.V. ,in W o r t e fassen, mit W o r t e n g e l t e n d m a c h e n ' .

342

folio 72 verso belent is · gemein' gew'e Ji gezug ein iclich vmbejchulden mä an Jime rechte· X L I I I · Man en Jal nimäde von Jine geweren wijen Ji en Ji im m' rechte ab gewnne weme J"in gut m' lenrechte wirt vor teilt· od' hes uf le/t-d' Jal der gewer darben-doch mag d' mä Jime h'ren vor Jachen ind' iarzcale das he im kein gut gelajen habe · tar he Jine vnJchult dar zu tun · liet abir der h're das gut eime and'en in ienis entw'te d' is gelajen hat-ane rechte wid' Jprache-he en mag keine vnjchult da vor tvn ien' der is gelajin hat Twinget der h're Jine mä vngetruwelich das he im laje Jin güt des blibe d' mä ane Jchaden · ab he den h'ren beclait vmme di gewalt bin Jiner iarzcale -vfi en da mit rechte vor wint-In wille vn in worte Jo en is keT getwang da en volge di tat-Ab ein man deme anderen gut uf lejt vor Jime herre zu hant Jo hat he di gewere des gutes di des erjten mannes was der is lies · Ein mä mag Jinen hüjgenos manch' Jache bas vor zeugen-den der h're den m ä · XLIIII· Ab zewene ein gut gliche an Jpreche · vn glichen gezüg biten zu behaldene di gewere vn das ir keiner von deme and'en en h a t - m a n Jal en beiden in das bejeheiden · da das gut inne lit Di gewere zu behaldene·

J

10

α

2o

2s

belent is, gemeiner gewere si gezug ein iclich uwbeschulden man an sime rechte. C.XLII. Man ensal nimande von sinen geweren wisen, si ensi im mit rechte abgewunnen. Sweme sin gut mit lenrechte wirt vorteilt oder hes uflest, der sal der gewer darben, doch mag der man sime herren vorsachen in der jarzcale, das he im kein gut gelasen habe, tar he sine unschult dar zu tun. Liet abir der herre das gut eime anderen in ienis entworte, der is gelasen hat ane rechte widerspräche, he enmag keine unschult da vor tun iener, der is gelasin hat. Twinget der herre sinen man ungetruwelich, das he im läse sin gut, des blibe der man ane schaden, ab he den herren beclait umme di gewalt bin siner jarzcale unde en da mit rechte vorwint. In willen unde in Worten so enis kein getwang, da envolge di tat. Ab ein man deme anderen gut uflest vor sime herren zu hant, so hat he di gewere des gutes, di des ersten mannes was, der is lies. Ein man mag sinen husgenos mancher sache bas vorzeugen den der herre den man. C. XLIII. Ab zewene ein gut gliche ansprechen unde glichen gezug biten zu behaldene di gewere, unde das ir keiner von deme anderen enhat, man sal en beiden in das dorf bescheiden, da das gut inne lit, di gewere zu behaldene,

3 X L I I aus X L I I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 5 S w e m e D, w e m e W, S w e m O, Sveme Horn. 16 vor j a r z c a l e ] r e c h t e n Horn. 24 X L I I I aus X L I I I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 27 d o r f ] d o r p Ο Horn., fehlt W D.

343

folio 72 verso

belehnt ist; f ü r gewöhnliche Gewere kann jeder an seinem Rechte unbescholtene Mann Zeuge sein. Kapitel XLII. Man darf niemanden aus seinen Geweren weisen, außer wenn sie ihm vor Gericht entzogen worden sind. Wem sein Gut vom Lehensgericht abgesprochen wird oder wer es aufläßt, der soll keine Gewere mehr daran haben; jedoch kann der Mann seinem Herrn gegenüber binnen Jahresfrist ableugnen, daß er ihm ein Gut aufgelassen habe, wenn er sich getraut, darauf seinen Unschuldseid zu leisten. Verleiht aber der Herr das Gut einem anderen in Gegenwart jenes (Mannes), der es aufgelassen hat, ohne (dessen) gerichtlichen Widerspruch, so kann jener, der es aufgelassen hat, keinen Unschuldseid mehr dazu leisten. Zwingt der H e r r seinen Mann treuwidrig 1 dazu, daß er ihm sein Gut auflasse, so bleibt der Mann ohne Schaden, wenn er nur den Herrn wegen der Gewalt binnen rechter Jahresfrist verklagt und über ihn gerichtlich obsiegt. An Willen und Worten gibt es keinen Zwang, es folge denn die T a t danach. Wenn ein Mann vor seinem Herrn einem anderen (Mann) Gut aufläßt, so hat dieser sofort die Gewere des Gutes, die dem ersten Mann, der es aufließ, zustand. Ein Lehensmann kann gegenüber seinem Mitvasallen in mehr Fällen den Zeugenbeweis antreten als der H e r r gegenüber dem Mann. Kapitel XLIII. Wenn zwei ein Gut in gleicher Weise beanspruchen und gleichen Zeugenbeweis anbieten, um die Gewere zu beweisen, und wenn keiner von ihnen das Gut vom anderen hat, so soll man beide in das Dorf bescheiden, in dem das Gut liegt, damit sie die Gewere beweisen,

1 ungetrüweltche

Adv. ,treuwidrig, treulos, untreu'.

1. (Lnr. 38§§3,4): Ein Lehensmann (wie der Unterherr/Vasall in W fol. 72r2-5 im roten Rock, nicht aber in grünen Strümpfen) leistet seinen Eid auf die Lehensgewere. Auch die drei Männer ihm gegenüber sind zu ihrem Eid auf die Reliquien bereit. Sie tragen einen Zweig (Investitursymbol) zum Zeichen ihres Besitzes in ihren H ä n d e n . Demgegenüber stehen die Männer, die aus ihren H ä u sern herausschauen, für alle diejenigen, die ohne gerichtliche Verfügung nicht aus ihrem Besitz gewiesen werden können. 2. (Lnr. 39§1): Der Lehensherr (als Doppelfigur in der Bildmitte) belehnt den vor ihm knienden Lehensmann im roten Rock. Auf der anderen Seite umgreift er die linke H a n d eines zweiten Mannes und verhindert so den Eid, den dieser gegen die erneute Lehensvergabe zu leisten bereit ist, weil er das Lehen nicht aufgelassen hat. Während er dies dadurch ausdrückt, d a ß er den Stab (Auflassungssymbol) an seinen Körper preßt, macht der Lehensherr durch Fingerzeig auf die Jahresfrist {LII + VI Wochen) deutlich, daß er den Eid nicht annimmt, weil die Frist überschritten ist. 3. (Lnr. 39§2): Links erzwingt ein Lehensherr (in Herrentracht, aber ohne Schapel) von seinem Lehensmann, der an H ä n d e n und Füßen an einen Pfahl gefesselt ist, gewaltsam die Rückgabe des Lehens, indem er ihn mit einem Dolch und einer Armbrust bedroht. Wegen dieser Gewaltanwendung verklagt der Lehensmann (Bildmitte) seinen Herrn (sitzend an der Text-Bild-Zäsur, neben ihm ein Repräsentant der „anderen Urteiler des Lehenhofs", v. Amira) unter Hinweis auf die Einspruchsfrist (Fingerzeig auf LH + VI Wochen) mit Eid auf die Reliquien. Scheele, Delikte, S. 167f. 4. (Lnr. 39§3): In Anwesenheit seines Lehensherrn läßt der Lehensmann im roten Rock dem Mann im blauen Rock sein Gut auf, indem er ihm das Auflassungssymbol (Zweig) entgegenhält, das dieser auch ergreift. Die Vergabe des Gutes (Ähren), auf das der Lehensmann mit seinem linken Zeigefinger deutet und das der Empfänger bereits ergreift und damit in seinen Besitz nimmt, geschieht mit Zustimmung des Lehensherrn, nach dem sich der Veräußerer umwendet. 5. (Lnr. 40§1): Die Bildzeile ist von rechts nach links zu lesen: Zwei Lehensleute erheben Anspruch auf dasselbe Gut, das als pars pro toto (bewachsene Erdscholle) vor ihren Füßen zu sehen ist. Während sie dem Text zufolge den gleichen Zeugenbeweis anbieten, leisten sie im Bild den Eid auf die Reliquien. Der ihnen gegenüber thronende Lehensherr (Schapel) deutet nach rückwärts auf das Dorf, da das gut inne lit, und wo sie den Beweis mittels Gemeindezeugen antreten sollen. Lade, Dorfrecht, S. 180.

folio

73 recto

344

IUI v n J a l v r a g e di g e b u r e · v n di v m e J e J f e n v -

u n d e s a l v r a g e n di g e b u r e u n d e di u m m e s e s s e n

m e di g e w e r - S w e l c h ir di m e i j t e m e n i g e

m e di g e w e r . S w e l c h ir di m e i s t e m e n i g e

h a t an d e m e g e z u g e d ' b e h e l t di g e w e r e • D i -

h a t a n d e m e g e z u g e , d e r b e h e l t di g e w e r e . D i -

J e n gezug Jal d' h're horen • od' zcwene Jine s

m ä d a r J e n d e · di J i c h v ' p h l e g e bi J i n e h u l d e

s e n g e z u g sal d e r h e r r e h o r e n o d e r z c w e n e s i n e 5

n

w e l c h e r ir di gewere

n i c h ' b e j c h e i d e e n m a g d u r c h di z c w e i v n g e

n i c h t b e s c h e i d e n e n m a g d u r c h di z c w e i u n g e

d' v m e j e j j e n o d ' d u r c h ir v n w i j j e n j c h a f t - j o

d e r u m m e s e s s e n o d e r d u r c h ir u n w i s s e n s c h a f t , s o

J e n n a c h t e J u l c h len a l j e i r - J w o J i J i c h beide z u

s a l m a n di s a c h w a l d e n h e i s e n s w e r e n , d a s si w i lo

s u l c h l e n a l s e i r si. S w o si s i c h b e i d e z u -

J a l m ä e n g l i c h e t e i l e n · o d ' m ' w a j j e r ortei=

sal m a n e n g l i c h e teilen o d e r mit w a s s e r o r t e i -

len J i b e j c h e i d e n g o t e s o r t e i l · en m ü s m ä

l e n si b e s c h e i d e n . G o t e s o r t e i l e n m u s m a n

n i c h t tvn w e n da m ä d ' w a r h e i t m i t k e i n '

n i c h t tun, w e n da m a n d e r warheit mit k e i n e r

w i j j e n j c h a f t inkunde en m a g k u m e n ·

n

-XLV·

Wissenschaft in k ü n d e e n m a g k u m e n . C . X L I I I I . A b der herre unde der man eines

gutes gewere en zu J a g e n -vn das

gutes g e w e r e en z u s a g e n u n d e das

bieten zü g e z u g e n e - d e s mänes gezug get

bieten zu gezugene, des m a n n e s g e z u g get

z c a g e t · alleine hat hes von im zü Iiene· A b d' h're den m ä Jchuldiget das he Jin

vor, w e n he d e m e herren des gutes nicht e n i 20

gut h a b e an s i n n e n d e v o r j a r e t o d e r an us-

z c i e n d e das b e h e l t mit J i n ' v n j c h u l t d' m ä ·

zciende, das behelt mit siner unschult der man,

d e r h ' r e e n m ü g e is g e z u g e d a s i m n o c h d ' i a r z c a l e v o r J i n e n m ä n e al a n J p r a c h e des gutes Ji v o r teilt-dis J a l h e tvn mit Jechs manne

d e r h e r r e e n m u g e is g e z u g e n , d a s i m n o c h 21

d e r j a r z c a l e v o r s i n e n m a n n e n al a n s p r a c h e d e s g u t e s si v o r t e i l t . D i s s a l h e t u n m i t

S a g e t d' h're das he J i m e

sechs m a n n e n . Saget der herre, das he sime

m a n n e al a n j p r a c h e d e s g u t e s v o r t e i l t

m a n n e al a n s p r a c h e d e s g u t e s v o r t e i l t

h a b e - v n d e J a g e t d e r m ä d a s h e is g e j v n n e n h a b e - o d i r vs g e z c o g e n

saget, alleine h a t hes v o n im zu liene. A b d e r h e r r e den m a n schuldiget, das he sin

g u t h a b e an J i n n e n d e v ' i a r e t - o d ' an us

3o

s e n n a c h rechte

sagen u n d e gliche uf den heiligen behalden, das

v o r - w e n he d e m e h'ren des gutes nicht en

25

behalden habe. Welche gewere man

J a g e vn g l i c h e u f d e n heilige b e h a l d e das

A b d ' h e r r e vfi d ' m a n e i n e s

2o

m a n d a r s e n d e n , di s i c h v o r p h l e g e n b i s i n e n h u l d e n ,

welch' behalde habe-Welche gewere man

J a l m ä di J a c h w a l d e h e i j e n J w e r e • d a s J i w i 10

um-

h a b e , u n d e s a g e t d e r m a n , d a s h e is g e s u n 3o

nen habe odir usgezcogen

1 vor ummesessen] rechten Horn. 3 vor gezuge] gode to Ο. nach gewere] mit rechte Horn. 6 ir di gewere] ir die gewere Horn., ir de O, fehlt WD. 10 nach rechte] na rechte Ο Horn., nachte WD. si Ο Horn., fehlt W D. 14 nach tun] umme jenegerhande sake Horn. 16 X L I I I I aus X L V nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 29 nach habe] an eneme gude Horn.

345

und man soll wegen der Gewere die Bauern und die Nachbarn fragen. Wer von ihnen die Mehrheit der Zeugen f ü r sich hat, der erhält die Gewere. Diese Zeugen soll der H e r r hören oder zwei seiner Mannen dahin senden, die bei ihrem Treueid (zur Auskunft) verpflichtet 1 sind, wer von den beiden die Gewere errungen hat. "Wenn man über die Gewere wegen der Uneinigkeit 2 oder Unwissenheit 3 der Nachbarn keine Entscheidung treffen kann, so soll man die Streitgegner 4 zum Schwur auffordern, daß sie dem Recht gemäß beweisen, inwiefern ihnen das Lehen zusteht. Wenn sie es beide beanspruchen 5 und dies in gleicher Weise auf die Reliquien beschwören, dann soll man es gleichmäßig verteilen oder durch ein Wasserurteil entscheiden. Das Gottesurteil darf man nur dann anwenden, wenn man die Wahrheit 6 mit keinen (anderen) Beweisen in Erfahrung bringen 7 kann. Kapitel XLIV. Wenn der H e r r und der Mann an einem Gut die Gewere beanspruchen und (beide) den Zeugenbeweis dafür anbieten, so geht das Zeugnis des Mannes vor, denn dieser kündigt dem Herrn das Gut nicht auf, wenn er es von ihm zu Lehen hat. Wenn der H e r r den Mann beschuldigt, daß er durch Versäumung der Frist, die f ü r die Belehnung oder f ü r das Ansichziehen läuft, sein Gut verloren habe, so behält es der Mann aufgrund seines Unschuldseides, wenn nicht der H e r r den Zeugenbeweis erbringen kann, daß dem Mann nach der Frist alle Rechte an dem Gut vor dem Mannengericht abgesprochen worden sind. Diesen Zeugenbeweis soll der H e r r mit sechs Mannen erbringen. Behauptet der Herr, daß er seinem Mann alle Rechte an dem Gut abgesprochen habe, und behauptet der Mann, daß er binnen seiner Frist die Belehnung seines Gutes verlangt oder es wieder an sich gezogen habe,

1 verphlegen st.V., hier ,sich verpflichten'; 2 zweiunge st.F. ,Entzweiung, Zwiespalt, Streit'; 3 unwissenschaft st.F. ,Unwissenheit, Unkenntnis'; 4 sachwalte, -walde sw.M. ,Sachwalter', vgl. folio 12v, hier ,Streitgegner, wie m n d . sakeweldige st.M. ,Gegner, Partei vor Gericht'; 5 zusagen sw.V., m n d . toseggen sw.V. ,Anspruch erheben a u f ' bzw. sek toseggen ,sich f ü r z u g e h ö r i g erklären'; 6 Wissenschaft st.F., hier ,Wahrheit'; 7 in künde komen ,in E r f a h r u n g bringen', zu künde st.F. .Kunde, Kenntnis'.

folio 73 recto

1. (Lnr. 40§1): Sieben Bauern und N a c h b a r n , die als Zeugen gleichgestellt sind (gleiche Kleidung), aus dem D o r f , in dem das umstrittene Lehensgut liegt, sind zum Zeugenbeweis erschienen. Ihre u n g e r a d e Zahl und die Art ihrer Aufstellung (4:3) deutet an, d a ß das Zeugnis der g r ö ß e r e n G r u p p e den Ausschlag gibt. D e r Lehensherr hat mit Befehlsgestus seiner rechten H a n d zwei seiner Lehensleute an O r t u n d Stelle gesandt, die Z e u g e n a u s s a g e n zu h ö ren u n d ihm dann über den A u s g a n g Bericht zu erstatten (Fingerzeig auf das O h r ) . Bei d e r dritten Figur im H i n t e r g r u n d h a n d e l t es sich - kaum m e h r kenntlich, weil im Gegensatz zu D Arme, Beine und Kleidung fehlen - um den Bauermeister. Das umstrittene Gut, wie auch die beiden Parteien, sind nicht mit ins Bild gesetzt. Lade, Dorfrecht, S. 180. 2. (Lnr. 40§2): K o m m t es a n d e r s als in der ersten Bildzeile nicht zu einem Entscheid d u r c h Zeugenbeweis, wird entweder, wie im Bild links, wo beide Parteien ihren Anspruch auf die Reliquien beschwören, das umstrittene G u t (ein grüner, sich gabelnder Ast) von d e r H a n d eines Dritten gleichmäßig geteilt, o d e r es k o m m t , wie rechts im Bild, z u m Wasserurteil (vgl. W fol. 4 5 v l ) vor d e m Richter nach L a n d - u n d Lehenrecht. D a ß sowohl die Parteien als auch die beiden Vollstrecker als Bauern gekleidet sind, hat W aus D als Fehler ü b e r n o m m e n . Lade, Dorfrecht, S. 180. 3. (Lnr. 41): Rechts u n d links neben den Reliquien stehen der Lehensherr (lichtgrüner Rock, Schapel) u n d der M a n n (roter Rock, g r ü n e Strümpfe) mit je zwei weiteren Z e u g e n z u m Schwur bereit, verdeutlicht d u r c h die Schwurgebärden d e r rechten H a n d aller sechs P e r s o n e n . Als sichtbares Zeichen, d a ß sein Schwur dem des H e r r n vorgeht, ergreift d e r Lehensmann die hervorgestreckte rechte S c h w u r h a n d des H e r r n . N u r aus d e m Vergleich mit dem T e x t geht hervor, d a ß beide P e r s o n e n den Besitz an einem G u t beanspruchen u n d deshalb das Zeugnis bieten wollen. 4. (Lnr. 42§1): Rechts von einem Stock, auf d e m sich ein Reliquiar befindet, steht d e r L e h e n s h e r r (lichtgrüner Rock, Schapel) u n d zieht mit seiner linken H a n d die Ährenbüschel aus d e m Stock, d.h. er n i m m t das Lehen wieder an sich. Mit den sechs hinter ihm steh e n d e n Z e u g e n - alle mit Schwurgebärde ihrer Rechten - beschwört d e r Lehensherr, d a ß der ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e Lehensmann die Frist von LII + VI W o c h e n (die Symbole finden sich auf W fol. 72v) nicht eingehalten hat. D a r a u f weisen einerseits noch zusätzlich die z u r K o m m e n d a t i o n e r h o b e n e n H ä n d e des M a n n e s ; andererseits zeigt die hölzerne Gabel am H a l s des M a n nes, d a ß ihm das G u t e n t z o g e n wird. D e n möglichen Unschuldseid des L e h e n s m a n n e s - dargestellt d u r c h die vorgestreckte dritte H a n d - verlegt der Lehensherr, indem er mit seiner Rechten die vorgestreckte H a n d ergreift, sowie mit Zeugnis seiner sechs M a n nen. Letztendlich verliert der Lehensmann al ansprache des gutes.

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bin Jin' iarczale mag d ' man des volküme he vor legit des h'ren gezug m' Jime gezuge U o r teilt d' h're Jime m a n n e -XLYI· gut durch eins and'en mänes clage· den cleger Jal der herre wi/en indi gewere des gutes • di er ienis was dem is vor teilt is • doch hat iener f i n e iarzcale us zu zciene Jin g u t - z ü e t hes ab' us der h're Jal im tedin ge vor Jine m a n - v n Jal das teding deme cleg'e kvndige vierzcennacht v o r e - k ü m t iener vor vn d ' cleg' n i c h t - m a n teilt en ledig· is en beneme im echt n o t - w i r t di bewijet J o en v'lujet he nicht-Stirbit d ' mä ind' iar zcale das he Jin gut us zcien Jal he erbit das uf den J o n - v n d e volgit an einen anderen h'= r e n - a b Jin h're J t i r b i t - o d ' ab hes u f l e j t - o d i r vor k o ü f t - o d ' is im enzcagit· nicht en mag he ab' lediges gutes vor lien he en habe is us gezcoge kegen den h ' r e n - K u m t is ab' an eine and'en herre der man en darf is nich· kegen im us z c i e n - h e Jal im ab' volgen m' len rechte · D e r J o n en darf in des vat' Jtat nich' us zcien Jin gut ab der uat' Jtirbit· XLVII · Alje dicke alje des mannes len an eine a n d ' e n kvmt alje dicke vor nüwit Jich Jine iarzcale · Indes herren tedingen mag der man gut lien vnde erbin Jin gut uf Jinen J o n ·

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bin siner jarczale, mag der man des volkumen, he vorlegit des herren gezug mit sime gezuge. C . X L V . Vorteilt d e r herre sime m a n n e gut durch eins anderen mannes clage, den cleger sal der herre wisen in di gewere des gutes, di er ienis was, dem is vorteilt is, doch h a t iener sine jarzcale uszuzciene sin gut; zuet hes aber us, der herre sal im tedingen vor sine man u n d e sal das teding deme clegere kundigen vierzcennacht vore. K u m t iener vor u n d e der cleger nicht, man teilt en ledig, is enbeneme im echt not; wirt di bewiset, so envorluset he nicht. Stirbit der man in d e r jarzcale, das he sin gut uszcien sal, he erbit das uf den son u n d e volgit an einen anderen herren, ab sin herre stirbit o d e r ab hes uflest odir v o r k o u f t oder is im enfsagit; nicht enmag he aber lediges gutes vorlien, he enhabe is usgezcogen kegen den herren. K u m t is aber an einen anderen herren, der man endarf is nicht kegen im uszcien, he sal im aber volgen mit lenrechte. D e r son endarf in des vater stat nicht uszcien sin gut kegen den herren, ab d e r vater stirbit. C . X L V I . Alse dicke, alse des mannes len an einen anderen kumt, alse dicke vornuwit sich sine jarzcale. In des herren tedingen mag der man gut lien u n d e erbin sin g u t uf sinen son.

1 vor bin] sin gut Horn, vor jarczale] rechten Horn, vor mag] unde büt dat to getügene na siner manne rechte Horn. 3 X L V aus X LVI nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 7 nach is] die sal he halden ses weken ane nut unde ane gelt Horn. 8/9 nach tedingen] mit ordelen Horn. 12 nach not] die man bewise Horn. 21 he mit W D , he sal eme auer uolghen mit Ο, he sal aver volgen sime gude mit Horn. 23 kegen den herren] jegen den herren Horn., fehlt W D O. XLVI aus XLVII nach Inhaltsverzeichnis verbessert.

347 so kann er damit durchdringen, wenn er durch seinen Zeugenbeweis denjenigen seines Herrn verhindert. Kapitel XLV. Spricht der H e r r seinem Mann aufgrund der Klage eines anderen Mannes Lehensgut ab, so soll der H e r r den Kläger in die Gewere des Gutes einweisen, die bisher jenem zustand, dem das Gut abgesprochen wurde; jedoch bleibt jenem die Jahresfrist, um sein Gut wieder an sich zu ziehen; zieht er es aber wieder an sich, so soll der H e r r ihn durch Urteil vor seine Mannen laden, und er soll den Gerichtstag dem Kläger vierzehn Nächte vorher ankündigen. Erscheint jener, der Kläger aber nicht, so wird jener freigesprochen 1 , außer wenn der Kläger durch echte N o t verhindert ist; wird sie bewiesen, so hat er (der Kläger) nichts verloren. Stirbt der Mann binnen der Frist, innerhalb welcher er sein Gut wieder an sich ziehen soll, so vererbt er es auf seinen Sohn und er kann auch an einen anderen Herrn folgen, wenn sein H e r r stirbt, das Gut aufläßt» verkauft oder ihm aufkündigt; er kann aber nicht das ledige Gut weiterverleihen, außer wenn er es gegenüber seinem Herrn wieder an sich gezogen hat. Fällt es aber an einen anderen Herrn, so braucht es der Mann ihm gegenüber nicht wieder an sich zu ziehen, er soll ihn aber mit (seinem Gut) im Lehensgericht (an den anderen Herrn) folgen. Auch der Sohn braucht an des Vaters Stelle sein Gut gegenüber dem Herrn nicht wieder an sich zu ziehen, wenn der Vater stirbt. Kapitel XLVL Sooft das Lehen des Mannes an einen anderen Herrn gelangt, so o f t erneuert sich f ü r ihn die Belehnungsfrist. Während eines durch den H e r r n eingeleiteten Gerichtsverfahrens kann der Mann sein Lehensgut weiterverleihen und auf seinen Sohn vererben.

1 ledic teilen gerichtlich freisprechen', zu teilen sw.V. »durch Urteil entscheiden, durch Urteilsspruch erklären*.

folio 73 verso 1. (Lnr. 42§2): (Text beginnt auf W fol. 73r) Der Lehensherr (Herrentracht und Schapel) steht vor seinem Lehensmann (in der Bildmitte mit blauem Gewand und roten Strümpfen) und ist mit zwei Zeugen bereit zu beschwören, daß er diesem das Lehensgut abgesprochen hat. Der Lehensmann schwört den Gegeneid auf die Reliquien mit sechs Zeugen und verhindert den Eid des Lehensherrn, indem er mit der Gabel dessen rechte H a n d (Schwurhand) festhält. Gleichzeitig zieht er das Gut (Halme) aus einem Stock an sich, wobei ihm der Zeuge im identischen Obergewand seine H a n d leiht. Die im Text angegebene Jahresfrist ist vom Illustrator wiederum nicht mit ins Bild gesetzt worden; die Beiziehung der Zeugen resultiert aus dem Text des voranstehenden Artikels. Damit erklärt sich auch der nach rückwärts gerichtete Zeigegestus des Zeugen am Bildrand (anders v. Amira: „mißverständlich"). 2. (Lnr. 43§1): Der mit verschränkten Beinen zu Gericht sitzende Lehensherr zieht die Konsequenzen aus der Klage, die die Figur an der Text-Bild-Zäsur (Zeigegestus auf die voranstehende Bildzeile) vorgebracht hat. Er umgabelt den Hals des (Lehens-) Mannes in rotem Rock und blauen Strümpfen und spricht ihm so das Gut (Haus) ab, in das er mit seinem linken Zeigegestus den Kläger einweist. D a ß der vormalige Besitzer innerhalb der Jahresfrist seinen Eid auf die Reliquien schwört und den ihm abgesprochenen Besitz in Form von Halmen aus einem Stock wieder an sich zieht, hat der Illustrator nur unvollständig ins Bild gesetzt, denn die Angabe der Frist fehlt. 3. (Lnr. 44§1): Ein Lehensmann (alter Mann mit Bart) ist innerhalb der Jahresfrist (LII + VI Wochen), in der er sein Lehensgut hätte an sich ziehen sollen, gestorben. Da er das Gut auf seinen Sohn vererbt hat (Handgebärde des Toten), steht dieser vor dem sitzenden Lehensherrn und erbittet mit erhobenen H ä n d e n die Kommendation, die der Herr mit gleichfalls erhobenen Händen auch vollziehen möchte. 4. (Lnr. 44§2): Der Lehensherr ist gestorben. Deshalb bittet der Lehensmann (wie auch der Sohn, denn die Figur trägt die gleiche Kleidung wie in der voranstehenden Bildzeile) mit erhobenen Händen den neuen Lehensherrn, der sich als Nachfolger durch seinen Zeigegestus auf den T o t e n zu erkennen gibt, um Lehenserneuerung.

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D e r J o n en entw'tit nicht d e m e h're indes vat' / t a t - i s en Ji das he gut h a b e da Jin vat' vme beclagit w e r e • o d ' ab J i m e h ' r e n gewette irteilt Ji uf Jin gut das müs he geben · o d ' e n t r e d e n n o c h rechte indes vatir J t a t · Spricht d ' m ä d e n h ' r e n an vme l e n d a s he ingeweren nicht en h a t - v n t e d i n g e t he im v o r Jine m a n - b i n den tedinge en m a g d e r m ä des gutes nicht gelien · Sweme mä Jin g u t i n j i n e entw'te vor teilt ane rechte w i d e r J p r a c h e · d' en m a g is nich' me us gezcie· N i c h t me w e n dri Jache en · X L V I I I · m a g d e r h're uf d e n m a n g e z u g e n · Jwas d ' m a n bin lenrechte Jprichit o d i r t u t - o d i r gelobit-wil hes l o u k e n - d a s müs d ' h ' r e w o r v o r zeuge e n - I s d e m e m ä n e des riches d i n j t g e b o t e n mit orteiln • vfi h a t is d' h're g e z u g an Jine m a n n e - d i is h o r t e n - h e müs en wol v ' z c u g e n · TedTget o u c h d e r h ' r e Jime m a n n e zu lenrechte he Jelbe im Jelben von m u n d e zu m ü de mit orteiln · d i j e dri Jache mus d' herre bas g e z u g e n mit zewen Jinen m ä n e di is J a g e n vn h o r t e den is d ' mä m ü g e v n j c h u l d i g w ' d e n · H a t d ' mä z e w e n e h ' r e n - o d ' me di im alle des riches d i n j t gebite mit orteiln · d ' is im von e r j t vö e r j t g e b o t mit d e m e Jal he varen-vri de a n d ' e n allen h e r e j t u y r e geben den z c e n d l J c h i l l i n g - o d i r das z e e n d e p h ü n t das he alle iar von im h a t ·

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D e r son e n e n t w o r t i t nicht d e m e h e r r e n in des vater stat, is ensi, das he g u t habe, d a sin vater u m m e beclagit were, o d e r ab sime h e r r e n gewette irteilt si uf sin gut, das mus he geben o d e r e n t r e d e n n o c h rechte in des vatir stat. Spricht d e r m a n den h e r r e n an u m m e len, das he in g e w e r e n nicht e n h a t , u n d e t e d i n g e t he im vor sine man, bin d e n t e d i n g e n e n m a g d e r m a n des gutes nicht gelien. Sweme m a n sin gut in sine e n t w o r t e vorteilt ane rechte w i d e r s p r ä c h e , der e n m a g is nicht me usgezeien. C . XLVII. N i c h t me wen dri sache enm a g d e r h e r r e uf d e n m a n g e z u g e n : Swas d e r m a n bin lenrechte sprichit o d i r t u t o d i r gelobit, wil hes l o u k e n , das m u s d e r herre w o l v o r z e u g e n en. Is d e m e m a n n e des riches dinst g e b o t e n mit orteiln u n d e h a t is d e r h e r r e g e z u g an sinen m a n n e n , di is h o r t e n , he mus en wol v o r z e u g e n . T e d i n get o u c h d e r herre sime m a n n e zu lenrechte, he selbe im selben v o n m u n d e zu m u n de mit orteiln. Dise dri sache mus d e r h e r re bas g e z u g e n mit z e w e n sinen m a n n e n , di is sagen u n d e h o r t e n , den is d e r m a n m u g e unschuldig werden. H a t der man zewene h e r r e n o d e r me, di im alle des riches dinst gebiten mit orteiln, d e r is im von erst gebot, mit d e m e sal he varen u n d e d e n a n d e r e n allen herestuire geben, d e n zeendin schilling o d i r das z e e n d e p h u n t , das he alle jar von im hat.

7 h e WD O, die h e r r e Horn. 10 e n t w o r t e WD, a n t w o r d e O, jeg e n w e r d e Horn. 12 X L V I I aus X L V I I I nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 15 l o u k e n WD, b e s a k e n Ο Horn. 16 w o l D Ο Horn., w o r W. 21 selbe] selben WD, selven Horn., fehlt O. 2 7128 von erst] doppelt WD.

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Der Sohn hat dem Herrn nicht an des Vaters Stelle Rede und Antwort zu stehen, es sei denn, daß er ein Gut hat, dessentwegen sein Vater verklagt wurde, oder wenn seinem Herrn ein Gewette auf sein Gut zuerkannt wurde; dieses muß er an Stelle des Vaters geben oder es vor Gericht widerlegen. Klagt der Mann gegen den Herrn wegen eines Lehens, das er nicht in Geweren hat, und lädt er (der Herr) ihn vor seine Mannen, so kann der Mann während des Gerichtsverfahrens das Gut nicht weiterverleihen. Wem man sein Gut in seiner Gegenwart ohne dessen gerichtlichen Widerspruch aberkennt, der kann es nicht mehr an sich ziehen. Kapitel XLVII. N u r in drei Fällen kann der Herr gegen den Mann den Zeugenbeweis erbringen: Was der Mann im Lehensgericht spricht, tut oder gelobt, will er das leugnen, so darf es der Herr durch Zeugen beweisen. Wird der Mann durch Urteil zum Reichsdienst aufgeboten und hat der Herr dafür das Zeugnis seiner Mannen, die es hörten, so darf er ihn durch den Zeugenbeweis überführen; auch wenn der Herr selbst seinen Mann mit Urteil von Mund zu Mund vor das Lehensgericht lädt. In diesen drei Fällen darf der Herr mit zwei seiner Mannen, die es sahen und hörten, den Zeugenbeweis mit besserem Recht erbringen, als der Mann seinen Unschuldseid leisten kann. Hat der Mann zwei oder mehr Herren, die ihn alle mit Urteil zum Reichsdienst aufbieten, so soll er mit dem ziehen, der es ihm zuerst geboten hat, und allen anderen soll er Heersteuer geben, (und zwar) den zehnten Schilling oder das zehnte Pfund von dem Jahresertrag (des Gutes), das er von ihnen hat.

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1. (Lnr. 45§2): Anstelle seines toten Vaters (ohne Bart) zahlt der Sohn (im roten Rock) an den Lehensherrn das Gewette (Münzen). Hierzu ist er verpflichtet, denn er hat das Gut seines Vaters in Besitz, wie er mit dem Ergreifen des Halmbüschels anzeigt. Der Lehensherr, der das Gewette empfängt, weist mit seinem rechten Zeigefinger hinter sich (auf den Rechtstext?) und beruft sich damit darauf, daß ihm das Gewette zugesprochen worden ist. 21. (Lnr. 45§3): Dargestellt wird nur der Anfang des Artikels: Ein Lehensmann erbittet mit emporgehobenen H ä n d e n die Belehnung (Lehenserneuerung), die der H e r r ihm zu geben bereit ist. 2r. (Lnr. 45§4): Der Lehensherr („Lehenrichter", v. Amira) sitzt ausgewiesen durch seinen Wappenschild mit Adler - auf dem T h r o n und entzieht dem Lehensmann im blauen Rock das Lehensgut, indem er ihm die Gabel an den Hals legt. Da der Mann dem Lehensentzug nicht widerspricht - er steht mit verschränkten Armen (Weigerungsgestus) neben den Reliquien und dem Stock, aus dem er das Gut hätte wieder an sich ziehen können -> bleibt sein Wappenschild leer bzw. unbemait. Naß, Wappen, S. 269. 3. (Lnr. 46§ 1): Mit zwei Zeugen an seiner Seite, die einen Eid auf die Reliquien leisten, beweist der Lehensherr, was sein Lehensmann (in blauem Rock mit roten Strümpfen) an einem bestimmten T a g (symbolisiert durch die Sonne) im Lehensgericht gesagt und getan hat, indem er auf seinen Mund und den Erdboden deutet. Der Lehensmann steht ihm gegenüber und zeigt mit einer Hand auf die Sonne, mit der anderen auf die Reliquien, weil er f ü r die Aussagen zu dem angesprochenen Gerichtstag den Eid seines Lehensherrn fordert. 4. (Lnr. 46§1): Der zur Heerfahrt gerüstete Lehensherr (mit Schapel über der Helmhaube; Rüstung wie in W auf fol. 74vl, aber im übrigen untypisch, vgl. W fol. 59v4,5; W fol. 6 0 r l - 3 ) steht vor den Reliquien und beschwört mit Fingerzeig auf die gekrönte Lanze als Zeichen für den Reichsdienst, daß er seinen Lehensmann (im weiß-blauen Rock mit roten Strümpfen) zum Heeraufgebot verpflichtet hat. Hinter ihm stehen zwei Zeugen, die mit Gesten kundtun, daß sie den Befehl mit orteiln gehört haben (Zeigegesten auf das O h r , den Lehensherrn und die Sonne als Symbol f ü r den Lehensgerichtstag in Bildzeile 3). Der Lehensmann ist diesem Aufgebot nicht gefolgt: Er steht mit herabhängenden H ä n d e n („Gebärde des Wartens", v. Amira) vor den Reliquien. 5. (Lnr. 46§1): Der Lehensherr schwört, d a ß er den Lehensmann (in weiß-blauem Kleid mit roten Strümpfen) zum Lehensgericht (Sonne als Zeichen) geladen hat. Hinter ihm stehen wiederum zwei Zeugen, die auf Augen, Ohren und M u n d weisen und damit bedeuten, d a ß sie Augen- und Ohrenzeugen sind. Demgegenüber zeigt der Lehensmann mit seinen herabhängenden H ä n d e n an, d a ß er der Ladung noch nicht gefolgt ist.

folio 74 verso ein h're en mfis ouch des riches dinjt gebiten Jime mäne is en Ji im vor mit orteilen geboten· Ab ein man Jime gute vol - X I L · get an einen and'en h'ren nicht an /ins herre J o n - v n ab d' h're im des gutes nicht en bekennet-das Jal d' mä behalden mit des erjte h're mäne · di Jal mä vrage bi des erjte h'ren hulde · ν η en Jal Ji nicht bejweren· me ab hes en truwit nicht das Ji irme h're habe hulde getan das müjen Ji Jwere er Ji gezuge-odir den gezüg uf den heilige beweren · dijer gezuge en Jal d' h're keinen zu tage brenge bi phlicht he en Ji Jin mä aljo wol Sweme dirre manne zcujte vn doch zu deme herjchilde geboren is aljo ho das he lenrecht getun mag · des h'ren hüjgenoJe-Ji nüczen di man ind' mäne Jtat-Jwo he ir bedarf di da mä Jin · da Jin gut hin gehört Ab ein h're Jins mänes gut uf lejt Jime - L · herren ane des mänes w i j j e n j c h a f t - a b is Jan einem and'en geiigen is • der mä volge bin Jiner iarczale Jime gute · Des mänes iarzcale beginnet alje im Jin h're kundiget vor Jinen mannen · das he Jin gut gelajin habe-odir ien' das im buyt deme is da geiigen is od' Jich des gutes vndirwint-vn das im mit des herren boten bewijet wirt·

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.Kein herre enmus ouch des riches dinst gebiten sime manne, is ensi im vor mit orteilen geboten. C.XLYIII. Ab ein man sime gute volget an einen anderen herren, nicht an sins herren son, unde ab der herre im des gutes nicht enbekennet, das sal der man behalden mit des ersten herren mannen. Di sal man vragen bi des ersten herren hulden unde ensal si nicht besweren me, ab hes entruwit nicht, das si irme herren haben hulde getan, das musen si sweren, er si gezugen, odir den gezug uf den heiligen beweren. Diser gezuge ensal der herre keinen zu tage brengen bi phlicht, he ensi sin man also wol. Sweme dirre manne zcuste unde doch zu deme herschilde geboren is also ho, das he lenrecht getun mag, des herren husgenose si nuczen di man in der manne stat, swo he ir bedarf, di da man sin, da sin gut hingehört. C.XLIX. Ab ein herre sins mannes gut uflest sime herren ane des mannes Wissenschaft, ab is san einem anderen geiigen is, der man volge bin siner jarczale sime gute. Des mannes jarzcale beginnet, alse im sin herre kundiget vor sinen mannen, das he sin gut gelasin habe, odir iener das im buit, deme is da geiigen is, oder sich des gutes undirwint unde das im mit des herren boten bewiset wirt.

1 Kein] ein WD, Nyn O, Nen Horn. 3 XLVIII aus XIL nach Inhaltsverzeichnisverbessert. 7 man W D Horn., fehlt O. 19 XI.[X aus L nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 27 nach wirt] vgl. Horn. Lnr. 48§2 - 65§21 und den Anhang in Bd. III dieser Ausgabe.

351 Kein H e r r darf seinen Mann zum Reichsdienst aufbieten, wenn es diesem nicht vorher durch Urteil geboten worden ist. Kapitel XLVIII. Wenn ein Mann mit seinem Gut nicht an den Sohn seines Herrn, sondern an einen anderen Herrn folgt, und dieser ihm das Gut nicht anerkennt, so soll es der Mann gerichtlich erringen mit Hilfe der Mannen des ersten Herrn. Diese soll man fragen bei ihrem Treueid gegenüber dem früheren Herrn, aber man soll ihnen nicht eine Eidesleistung zumuten 1 ; nur wenn der H e r r nicht glaubt, daß sie ihrem (früheren) Herrn den Treueid geleistet haben, so müssen sie das (auf die Reliquien) beschwören, bevor sie ihr Zeugnis ablegen, oder sie müssen ihr Zeugnis auf die Reliquien beschwören. Diese Zeugen soll der H e r r nur dann pflichtgemäß zum Gerichtstag stellen, wenn sie jetzt auch seine Mannen sind. Wer selbst keine Mannen hat, aber doch so hoch zum Heerschild geboren ist, daß er Lehenrecht gewähren kann, der bedient 2 sich, wenn er ihrer bedarf, an Stelle eigener Mannen der Gefolgschaftsleute des Herrn, die dort (als) Mannen (belehnt) sind, wo sein Gut hingehört. Kapitel XLIX. Wenn ein H e r r das Gut seines Mannes ohne dessen Wissen seinem (Ober-)Lehensherrn aufläßt, so folge der Mann mit seinem Gut binnen Jahresfrist (dorthin), auch wenn es (inzwischen) einem anderen verliehen ist. Die Belehnungsfrist des Mannes beginnt, wenn ihm sein H e r r vor seinen Mannen verkündet, daß er sein Gut aufgelassen habe, oder wenn jener, dem es verliehen 3 ist, ihm dies mitteilt, oder sich des Gutes bemächtigt und ihm dies durch einen Boten seines Herrn angewiesen 4 wird.

1 besweren, besw&ren sw.V. .beschweren', h i e r , e i n e n Eid z u m u t e n ' ; 2 nutzen sw.V. g e b r a u c h e n , b e n ü t z e n , sich b e d i e n e n ' ; 3 buit 3.Sg.Präs., zu bieten st.V., m d . büten,,bieten, anbieten, darreichen, verleihen'; 4 bewtsen sw.V. »anweisen auf, einweisen'.

folio 74 verso 1. (Lnr. 46§3): ( B i l d b u c h s t a b e Κ f e h l t ; a n d e r s D ; in b e i d e n C o d i ces f e h l t allerdings d e r B u c h s t a b e im T e x t . ) D e r L e h e n s h e r r s t e h t g e r ü s t e t z u r H e e r f a h r t (vgl. W f o l . 74r4) v o r seinem L e h e n s m a n n u n d f o r d e r t dessen T e i l n a h m e a m R e i c h s d i e n s t (symbolisiert d u r c h die L a n z e mit K r o n e ) . I n d e m er die A r m e v e r s c h r ä n k t , m a c h t d e r L e h e n s m a n n deutlich, d a ß er diesem A u f g e b o t n i c h t Folge leisten w i r d . D a ß er mit d i e s e r W e i g e r u n g im R e c h t ist, beweist die H a l t u n g des K ö n i g s , d e r seine A r m e gleichfalls vers c h r ä n k t u n d sich d a b e i von d e m L e h e n s h e r r n a b w e n d e t : E r h a t den Reichsdienst nicht geboten. 2. (Lnr. 47§1): N a c h d e m sein L e h e n s h e r r g e s t o r b e n ist u n d d e s s e n S o h n d u r c h U n f ä h i g k e i t s g e s t u s zu e r k e n n e n gibt, d a ß er k e i n e Leh e n s e r n e u e r u n g erteilen k a n n , steht d e r L e h e n s m a n n (im r o t e n R o c k , mit g r ü n e n S t r ü m p f e n ) v o r d e m O b e r l e h e n s h e r r n u n d erbittet mit e r h o b e n e n H ä n d e n v o n i h m die K o m m e n d a t i o n . D e r O b e r l e h e n s h e r r , d e r mit ü b e r k r e u z t e n Beinen auf seinem T h r o n sitzt, verweigert mit v e r s c h r ä n k t e n A r m e n e b e n f a l l s die L e h e n s e r n e u e r u n g . U r s a c h e u n d Folgen d e r V e r w e i g e r u n g d e r L e h e n s e r n e u e r u n g h a t d e r I l l u s t r a t o r n i c h t ins Bild gesetzt. 3. (Lnr. 47§2): M i t zwei a n d e r e n L e h e n s m ä n n e r n d e s v e r s t o r b e n e n L e h e n s h e r r n (Zeigegestus aller drei F i g u r e n auf d e n T o t e n ; a n d e r s hier D : D i e v o r d e r s t e F i g u r d e u t e t auf d e n O b e r l e h e n s h e r r n ) bes c h w ö r t ein L e h e n s m a n n ( n a c h F a r b g e b u n g des Kleides k ö n n t e es sich bei d e r F i g u r in d e r M i t t e u m d e n L e h e n s m a n n d e r v o r a n s t e h e n d e n Bildzeile h a n d e l n , allerdings f e h l e n ihm die g r ü n e n S t r ü m p f e ) v o r d e m O b e r l e h e n s h e r r n d a s L e h e n s g u t , das er von d e m V e r s t o r b e n e n e r h a l t e n hat. D i e R e l i q u i e n , auf die zu s c h w ö ren ist, sind nicht ins Bild g e s e t z t . 4. (Lnr. 48§ 1): Ein L e h e n s h e r r g i b t d e m O b e r l e h e n s h e r r n , als D o p p e l f i g u r im b l a u e n R o c k mit Schapel ü b e r d e r M ü t z e auf einem T h r o n sitzend, ein G u t z u r ü c k , i n d e m er ihm d a s A u f l a s s u n g s s y m bol (Zweig) ü b e r r e i c h t . Dieses G u t vergibt d e r O b e r l e h e n s h e r r an d e n zu seiner R e c h t e n s t e h e n d e n L e h e n s m a n n im g e z a d d e l t e n R o c k ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . H i n t e r d i e s e m s c h l ä f t in g e k r ü m m ter H a l t u n g d e r L e h e n s m a n n , dessen G u t o h n e sein W i s s e n von d e m L e h e n s h e r r n a u f g e l a s s e n w o r d e n ist. E r k a n n sein L e h e n s g u t i n n e r h a l b d e r J a h r e s f r i s t (LH + VI W o c h e n ) z u r ü c k f o r d e r n . 5. (Lnr. 48§1): D e r L e h e n s h e r r ( a u ß e r h a l b d e r Bildzeile u n t e r d e r T e x t k o l u m n e ) verleiht ein G u t an einen z w e i t e n L e h e n s h e r r n , d e m er das A u f l a s s u n g s s y m b o l (Zweig) ü b e r r e i c h t , weiter. D i e s e r blickt auf eine G r u p p e v o n vier M ä n n e r n z u r ü c k , die sich z u s a m m e n s e t z t aus d e m j e n i g e n (kleinste Figur), dessen G u t d e r erste L e h e n s h e r r v o r Z e u g e n (stellvertreten d u r c h die Figur im b l a u e n R o c k ) weitergeliehen h a t u n d d e n b e i d e n Boten des O b e r l e h e n s h e r r n , die d e n z w e i t e n L e h e n s h e r r n in d a s G u t eingewiesen h a b e n ( A u f m e r k s a m keitsgestus b e i d e r Boten; die F i g u r im r o t e n R o c k mit g r ü n e n S t r ü m p f e n zeigt z u d e m mit i h r e r linken H a n d auf d e n E r d b o d e n u n d d a m i t auf d a s G u t , in d a s eingewiesen w i r d ) . I n n e r h a l b d e r Jahresfrist hat der Lehensmann, dessen Lehen zuvor aufgelassen w o r d e n ist, bei d e m z w e i t e n H e r r n mit e r h o b e n e n H ä n d e n u m E r n e u e r u n g des L e h e n s n a c h g e s u c h t , so wie es ihm j e n e r - i n d e m e r sich zu i h m u m w e n d e t u n d mit seinem r e c h t e n Z e i g e f i n g e r auf das A u f l a s s u n g s s y m b o l hinweist - a n g e b o t e n hat.

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tag-En zcüt is der mä dar vnd' nicht üs alje di iarzcale irget-mä vor teilt im al anJprache an deme gute • d' h're vnd'winde Jich des gutes das dem mäne v'teilt is-Jvnd'liche Jwo is lit - Sint da ab' dorf od' hoüe di ineine burg were-od' ineine hof gehoret-Jwo d' h're Jich des houes vnd'wint-da mite hat he Jich vnd' wunde al der huven · vn al d' burgwere di inden hof gehört· Kvmt der mä zu me h're bin Jin' -LXX· iarzcale · vn wil he Jin gut us zcien · behelt Jich d' h're · od' bejlüzt he im di bürg vor · da he uffe is · vri hat d' mä Jine hujgenojin des zu gezüge-das he zu dem h're gerne queme-ab hes im Jtate gebe-Jo züt he Jin gut us vor Jine hüjgenojin alje he vor deme h'ren Jolde · Ab der mä ab' vor den h'ren kümt-he bitte aller erjt vorjprechen-da noch d' heilige vn des Jtebers das he Jin gut vs zcie · weigert im das d' h're · J o habe he Jelbe di heilige vn Jwere ane Jteber-das im Jin gut nie aljo v'teilt würde· alje des durch recht darben Julie • das im got J o helfe vn di heilige · des en Jal abir der mä nicht tvn d' h're en weigere im rech= tes-Zcüet d' mä Jin güt us ane orteil-züt hes ab' mit vrteiln üs · d' h're Jal im tedinge mit vrteiln en kümt der man zu deme tage nicht man v'teilt ym al anjprache an deme gute·

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tag. Enzcut is der man dar under nicht us, alse di jarzcale irget, man vorteilt im al anspräche an deme gute. Der herre underwinde sich des gutes, das dem manne vorteilt is, sunderlichen swo is lit. Sint da aber dorf oder hove, di in eine burgwere oder in einen hof gehöret, swo der herre sich des hoves underwint, da mite hat he sich underwunden al der huven unde al der burgwere, di in den hof gehört. C. L X X . Kumt der man zu me herren bin siner jarzcale unde wil he sin gut uszcien, behelt sich der herre oder besluzt he im di bürg vor, da he uffe is, unde hat der man sine husgenosin des zu gezuge, das he zu dem herren gerne queme, ab hes im state gebe, so zut he sin gut us vor sinen husgenosin, alse he vor deme herren solde. Ab der man aber vor den herren kumt, he bitte aller erst vorsprechen, da noch der heiligen unde des stebers, das

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he sin gut uszcie; weigert im das der herre, so habe he selbe di heiligen unde swere ane steber, das im sin gut nie also vorteilt wurde, alse des durch recht darben sulle, das im got so helfe unde di heiligen; des ensal abir 21 der man nicht tun, der herre enweigere im rech26 tes. Zcuet der man sin gut us ane orteil, der herre 26a mus im wol tedingen ane orteil; zut hes aber mit urteiln us, der herre sal im tedingen mit urteiln; enkumt der man zu deme tage nicht, man vorteilt im al ansprache 3o an deme gute.

12 behelt W D, hut Ο Horn. 16 husgenosin W, husgenozin D, noten O, husgenoten Horn. 19/21 des stebers - unde W D Horn., fehlt O. 23 des WD, hes O, he's Horn. 26126a der - orteil] de herre mot eme wol deghedinghen ane ordel O, die herre mut ime wol degedingen ane ordel Horn., fehlt W D.

353

Zieht der Mann das Gut indessen nicht wieder an sich, so spricht man ihm alle Rechte an dem Gut ab, sobald die Frist verstrichen ist. Der H e r r soll sich des Gutes bemächtigen, das dem Mann abgesprochen ist, wo es jeweils liegen mag. Sind da aber D ö r f e r oder Hufen, die zu einem Burgbezirk 1 oder zu einem Hof gehören, und bemächtigt sich der H e r r des Hofes, so hat er sich damit auch aller H u f e n bemächtigt, die zu dem Hof gehören, und des gesamten Burgbezirks. Kapitel LXX. Kommt der Mann binnen seiner Frist zu seinem Herrn und will er sein Gut wieder an sich ziehen, verbirgt sich aber der H e r r oder verschließt 2 er vor ihm die Burg, auf der er sich aufhält, und hat der Mann seine Mitvasallen d a f ü r zu Zeugen, daß er gerne vor den H e r r n käme, wenn es ihm dieser gestatten würde, so zieht er sein Gut vor seinen Lehensgenossen wieder an sich, wie er es vor dem Herrn sollte. Kommt der Mann aber vor den Herrn, so bitte er zuerst um einen Vorsprecher, dann um die Reliquien und den Eidvorsprecher 3 , damit er sein Gut wieder an sich ziehen kann; verweigert ihm das der Herr, so nehme er selbst eine Reliquie und schwöre ohne Eidvorsprecher, daß ihm sein Gut nie so abgesprochen worden ist, daß er es von Rechts wegen entbehren muß, so wahr ihm Gott und die Heiligen helfen; das soll der Mann aber nur tun, wenn ihm der H e r r das Recht verweigert. Zieht der Mann sein Gut ohne Urteil wieder an sich, so darf ihn der H e r r ohne Urteil vor Gericht laden; zieht er es aber mit Urteil wieder an sich, soll ihn der H e r r mit Urteil laden; kommt der Mann nicht zum Gerichtstag, so spricht man ihm alle Rechte an dem Gut ab.

1 burcwer st.F. .Verteidigung, Befestigung einer Burg', hier ,Burgbezirk'; 2 besltezen st.V. .verschließen, zuschließen'; 3 steber, stebare st.M. ,Eidvorsprecher'.

folio 75 recto

1. (Lnr. 65§22): Links im Bild mit rotem Kleid steht der Mann, dem durch Urteil das Gut abgesprochen wird. Er deutet auf die Zahlen, die die Frist symbolisieren (Jahr und Tag), welche er hat verstreichen lassen, ohne das Gut an sich zu ziehen. Der Urteiler legt dem M a n n deswegen die symbolische Holzgabel an den Hals, d.h. er entzieht ihm das Gut. Der Herr (rechts sitzend mit Schapel) nimmt von seinem Lehen Besitz, indem er die Ackerhalme an sich zieht. Er entnimmt sie verschiedenen Stellen (einem Stock, einem Gebäude) und tut damit kund, daß er sich des Gutes bemächtigen darf, sunderlichen swo is lit. 2. (Lnr. 65§22): Der Herr steht in dem H o f , dessen er sich bemächtigt hat. Damit gehören ihm auch alle zum Hof gehörigen H u f e n sowie die gesamte Burgwehr. Mit Aufmerksamkeitsgestus seiner Rechten weist er darauf hin, indem er zur Bekräftigung dieses Tatbestands mit seiner Linken auf die Burgwehr zeigt. 3. (Lnr. 66§1): Innerhalb der gesetzlichen Frist von Jahr und T a g (LII + VI Wochen) erscheint der Mann (im blauen Rock) bei seinem Herrn, um das Gut wieder an sich zu ziehen. Dieser hat sich aber in seiner Burg eingeschlossen und läßt den Mann nicht vor, der daraufhin unter Ablegung eines Eides auf das Reliquiar sowie unter Anwesenheit seiner Mitvasallen als Zeugen die Ackerhalme aus dem Stock nimmt, d.h. das Gut an sich zieht. 4. (Lnr. 66§2): Der Vasall (grauer Rock, in der Mitte des Bildes) ist vor den zu Gericht sitzenden Lehensherrn (Schapel, Richterhut, grüner Rock) getreten, um zu beweisen, daß ihm sein Gut nicht abgesprochen wurde. Mit seiner dritten H a n d weist er auf einen Vorsprecher und einen Eidvorsprecher, um die er seinen Herrn bittet. Dieser schlägt ihm mit Weigerungsgebärde (verschränkte Arme) diese Bitte ab, so daß der Vasall in diesem Fall auf ein Reliquiar schwört, welches er selbst mitgebracht hat. Die symbolische Gabel, die die Ackerhalme umschließt, deutet an, daß es sich lediglich um eine vorläufige Absprechung handelt. Die beiden Urteilsrosen (D abweichend, da die untere Rose mennigfarben) beziehen sich wohl auf die vom Vorsprecher zu erfragenden Urteile wegen des Eides. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 86. 5./6. (Lnr.66§3): Der Vasall (gleiche Kleidung wie in Bildzeile 4) hat die Rechtmäßigkeit seines Lehens zwar bewiesen und trägt daher noch schwörend sein Reliquiar in der H a n d (vgl. Bildzeile 4), ist aber dem anberaumten Gerichtstag ferngeblieben. Deshalb trägt der H e r r mit Befehlsgestus einem Mann, der wie sein H e r r auf das Mittagszeichen, die Sonne, deutet, auf, dem Säumigen endgültig al ansprache an deme gute abzusprechen. Dies geschieht, indem er dem Vasallen das Symbol, die Gabel, um den Hals legt.

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354

75 verso

Ab d ' h're deme m ä n e · o d ' der -LXXI· mä deme h'ren zu lenrechte entw'ten beginnet des e r j t e tages · o d ' des andere · o d ' des dritte -vn das lenrecht mit orteile ge taget w i r t · Jwelchir ir da nicht en kvmtd' is gewnne inder Jchult · o d ' he hat vorlorn das g u t - v n ien' behelt is d ' da k u m t · Swelches tages d' mä Jime h'ren den · L X X I I · Jtegereif h e l t - o d ' orteil v i n t - o d ' dinet mit gift o d ' mit and'en dinge · des tages en is he nich' phlichtig Jime h're zu lenrechte zu Jtende · doch müs d ' h're wol Jcheiden zcweier Jin' mäne a n j p r a c h e an ein gut·alleine Ji ir ein in Jime d i n j t e • o d ' Ji beide · Sweme d ' h're gut v'teilt-vn hes us z c u e t v n k ü m t zcvme tage da im getedinget is · inden hof en müs he nimäde b r e n g e - h e en Ji de s h're m ä - b r e n g e t he dar in lüte di des h're mä nicht en Jin · he müs d a r vme wetten vor iclichen Jvnd'lichen · L X X I I · Er he o v cht vor den h're kvme · he Jal Jwert • meJJ' · J p o r n · hut · hüben • hancz= chen · k a p p e - v n alle wape ν δ im t v n - a b d' mä an dijen dinge Jich vor J v m e t - h e wettet d a r vme o ' c h tv he vö im · vingerlin • v o r j p a n • vn alle yjerin ringe · vii gurtele · vn Jpange · d u r c h tvmm' lute van · D i j e vare en Jal nimät habe · ane d ' deme d' h're d a r getedlget h a t - v m e Jine J c h u l d e g ü g e · Swo ab' der m ä den h're a n j p r i c h t · wirt ym d a r vme g e t e d i n g e t · h e en is dem h're

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C . LXXI. Ab d e r herre d e m e m a n n e o d e r der man deme herren zu lenrechte entworten beginnet des ersten tages oder des anderen oder des dritten, u n d e das lenrecht mit orteilen getaget wirt, swelchir ir da nicht enkumt, der is g e w u n n e n in d e r schult oder he hat vorlorn das gut, u n d e iener behelt is, d e r da k u m t . C. LXXII. Swelches tages der man sime herren den stegereif helt oder orteil vint o d e r dinet mit gift o d e r mit anderen dingen, des tages enis he nicht phlichtig, sime herren zu lenrechte zu stende, doch mus der herre wol scheiden zcweier siner m a n n e ansprache an ein gut, alleine si ir ein in sime dinste o d e r si beide. Sweme d e r herre gut vorteilt u n d e hes uszcuet u n d e k u m t zcume tage, da im getedinget is, in den hof enmus he nimande brengen, he ensi des herren man; brenget he d a r in lute, di des herren man nicht ensin, he mus d a r u m m e wetten vor iclichen sunderlichen. C. LXXIII. Er he ouch vor den herren kume, he sal swert, messer, sporn, hut, hüben, hanczchen, kappen u n d e alle w a p e n von im tun, ab der man an disen dingen sich vorsumet, he wettet d a r umme, ouch tu he von im vingerlin, vorspan u n d e alle iserin ringen u n d e gurtele u n d e Spangen d u r c h t u m m e r lute w a n . Dise vare ensal nimant haben ane der, d e m e d e r herre d a r getedinget hat u m m e sine schuldegunge. Swo aber d e r man den herren anspricht, wirt im d a r u m m e getedinget, he enis d e m herren

21 LXXIII aus LXXII nach Inhaltsverzeichnis verbessert, ouch D, oucht Wt oc O, ok Horn. 23 von im W D, uan em O, enwech Horn. 27 wan DO Horn., van W. 27H» Dise - haben WD, Dese uare ne seal niman hebben O, Dit ne seege ik von anders niemanne die disse vare hebbe Horn.

folio 75 verso Kapitel LXXI. Wenn der H e r r dem Mann oder der Mann dem Herrn im Lehensgericht am ersten, zweiten oder dritten Gerichtstag beginnt, Rede und Antwort zu stehen und wenn das Lehensgericht durch Urteil vertagt 1 wird, so ist derjenige, der dann nicht kommt, seiner Schuld überführt oder er hat das Gut verloren, und jener, der kommt, hat es errungen. Kapitel LXXII. An einem Tag, an dem der M a n n seinem Herrn den Steigbügel 2 hält oder Urteil findet oder ihm durch Gaben oder mit anderen Dingen den Dienst erweist, an dem T a g ist er nicht verpflichtet, sich seinem Herrn im Lehensgericht zu stellen, doch darf der Herr über die Ansprüche zweier seiner Mannen auf ein Gut entscheiden 3 , obwohl einer oder beide in seinem Dienst sind. "Wenn der H e r r einem Mann ein Gut abspricht und dieser es wieder an sich zieht und zu dem Gerichtstag kommt, zu dem er geladen ist, so darf er niemanden in den Gerichtshof mitbringen, der nicht zu den Mannen des Herrn gehört; bringt er aber Leute mit, die nicht Mannen des H e r r n sind, so muß er f ü r jeden einzelnen Gewette bezahlen. Kapitel LXXIII. Bevor er vor den Herrn tritt, soll er Schwert, Messer, Sporen 4 , Hut, Haube, Handschuhe, Kappe und alle W a f f e n ablegen, wenn der Mann von diesen Dingen etwas vergißt, so muß er dafür Gewette bezahlen; ablegen soll er nach der Meinung törichter Leute auch Fingerring 5 , Brustspange 6 und alle eisernen Ringe, Gürtel 7 und Spangen 8 . Diese erniedrigende Behandlung 9 soll niemand anders erleiden als derjenige, den der H e r r wegen seiner Anschuldigung geladen hat. Wenn aber der Mann gegen den Herrn Ansprüche geltend macht und er darum geladen wird, so ist er dem Herrn

1. (Lnr. 66§4): In d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e a n t w o r t e t im L e h e n s g e richt d e r H e r r (Schapel u n d R i c h t e r h u t ) d e m M a n n b z w . d e r M a n n ( g r a u e r R o c k , r o t e S t r ü m p f e ) d e m H e r r n , w a s aus d e n b e i d seitigen A u f m e r k s a m k e i t s g e s t e n deutlich w i r d . H i e r b e i ist es gleich, o b dies am 1., 2. o d e r 3. G e r i c h t s t a g geschieht, d a r g e s t e l l t d u r c h die drei S o n n e n mit 1, 2 u n d 3 K r e i s e n d a r ü b e r . In d e r link e n B i l d h ä l f t e ist auf S p r u c h des Urteilers (im b l a u e n Kleid) d a s L e h e n s g e r i c h t auf einen w e i t e r e n T a g verlegt w o r d e n , w e s w e g e n er auf eine vierte S o n n e weist. D a j e d o c h d e r Stuhl des L e h e n s h e r r n leer geblieben ist u n d dieser n i c h t e r s c h i e n e n ist, h a t er d a s G u t an d e n Vasallen, g a n z in G r ü n gekleidet, v e r l o r e n , d e r z u m Z e i c h e n seines Besitzes die A c k e r h a l m e an sich zieht. D i e F i g u r g a n z links, die m i t A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s bei diesem V o r g a n g z u g e g e n ist, stellt w o h l einen Z e u g e n d a r . 2. (Lnr. 66§5): In d e r r e c h t e n Bildhälfte k n i e t d e r Vasall ( g r a u e r R o c k , r o t e S t r ü m p f e ) nieder, u m s e i n e m H e r r n v o r d e s s e n H a u s d e n Steigbügel zu halten. In d e r linken H ä l f t e des Bildes bietet er d e m H e r r n seine D i e n s t e an, i n d e m er ihm einen R e i s e h u t u n d ein e n nicht n ä h e r zu i d e n t i f i z i e r e n d e n länglichen G e g e n s t a n d reicht. A m gleichen T a g (das T a g e s z e i c h e n , die S o n n e , g e h ö r t z u m ges a m t e n Bild u n d s t ü n d e v o n d a h e r besser in d e r M i t t e ) e n t s c h e i d e t d e r H e r r (mit Schapel) mit T r e n n u n g s g e b ä r d e d e n Streit z w i s c h e n d e m d i e n s t t u e n d e n Vasallen u n d einem a n d e r e n M a n n (im r o t e n R o c k ) . D i e E n t b i n d u n g des d i e n s t t u e n d e n V a s a l l e n von d e r Pflicht, im L e h e n s g e r i c h t zu erscheinen, w i r d im Bild n i c h t d a r g e stellt. Schmidt, Kaiser und Papst, S. 106. i . (Lnr. 67§1): E i n e m Vasallen (mit g r a u e m R o c k u n d r o t e n S t r ü m p f e n ) ist v o n seinem H e r r n (ganz r e c h t s mit Schapel u n d R i c h t e r h u t ) das G u t a b g e s p r o c h e n w o r d e n , w e s w e g e n die G a b e l u m die A c k e r h a l m e gelegt ist. D e r H e r r h a t e i n e n G e r i c h t s t a g a n b e r a u m t u n d weist d e s h a l b mit seinem r e c h t e n Z e i g e f i n g e r auf die S o n n e , u m d e n T e r m i n a n z u g e b e n . D i e b e i d e n M ä n n e r n e b e n ihm sind w o h l die U r t e i l e r . D e r Vasall e r s c h e i n t zu d i e s e m T e r m i n u n d b r i n g t zwei M ä n n e r mit, die ebenfalls L e h e n s l e u t e d e s s e l b e n H e r r n sind, w a s sie mit F i n g e r g e s t u s b e k r ä f t i g e n . A u ß e r h a l b des H o f r a u mes s t e h e n zwei w e i t e r e M ä n n e r , die n i c h t mit z u m G e r i c h t s t a g k o m m e n d ü r f e n , d a sie n i c h t Vasallen d e s s e l b e n H e r r n sind. Hüpper, Funktionstypen, S. 247f. 4. (Lnr. 67§1): Bevor d e r Vasall ( g r a u e r R o c k , r o t e S t r ü m p f e ) n u n mit d e n L e h e n s l e u t e n desselben H e r r n am G e r i c h t s t a g ( S o n n e ) v o r diesen u n d dessen U r t e i l e r h i n t r e t e n k a n n , m u ß er die f o l g e n d e n G e g e n s t ä n d e a u ß e r h a l b d e r G e r i c h t s s t ä t t e lassen: S c h w e r t , M e s s e r , G u g e l , B r ü n n e , Spange, H a n d s c h u h e , Ringe, F ü r s p a n , G ü r t e l , S p o ren, H u t , H a u b e u n d F i n g e r r i n g . D i e t ö r i c h t e n Leute, die auf d i e sem wan b e s t e h e n , sind d u r c h die b e i d e n P e r s o n e n n e b e n d e n G e g e n s t ä n d e n v e r g e g e n w ä r t i g t , o b w o h l diese von i h r e r P h y s i o g n o m i e her nicht danach aussehen. Hüpper; Funktionstypen, S. 247f. 5. (Lnr. 67§2): R e c h t s im Bild h a t d e r L e h e n s r i c h t e r (mit R i c h t e r h u t u n d Schapel) den Vasallen ( g r a u e r R o c k , r o t e S t r ü m p f e ) v o r G e r i c h t g e l a d e n , w e s w e g e n er auf die S o n n e als T e r m i n z e i c h e n d e u t e t . D e r Vasall ist mit d e m A u s d r u c k des G e w ä r t i g s e i n s ( H a n d gestus) u n d m i t seinen Begleitern, die in E h r f u r c h t s h a l t u n g (gek r e u z t e H ä n d e ) d a r g e s t e l l t sind, v o r seinen H e r r n g e t r e t e n , weil er d e r B e s c h u l d i g t e ist. D e s h a l b m u ß t e er die in Bildzeile 4 g e z e i g t e n G e g e n s t ä n d e (hier in g e r i n g f ü g i g a b w e i c h e n d e r A n o r d n u n g ) ablegen. Links im Bild ist d e r gleiche Vasall v o r G e r i c h t g e l a d e n , weil er g e g e n seinen H e r r n A n s p r ü c h e e r h o b e n h a t . D e s h a l b g e h t er m i t d e m G e s t u s des B e s i t z e r g r e i f e n s zu seinen G e g e n s t ä n d e n , um diese w i e d e r an sich zu n e h m e n , d a er in d i e s e m Fall mit diesen vor s e i n e m H e r r n erscheinen d a r f .

1 tagen, tegen sw.V. ,tagen, v e r t a g e n ' ; 2 stegereif s t . M . .Steigbügel', den stegereif halten (rechtl.) ,einem d e n Steigbügel h a l t e n z u m Zeichen der Lehensuntertänigkeit'; 3 scheiden red.V. .entscheid e n , schlichten'; 4 spor, spore s w . M . , S p o r n ' , P l u r . .Sporen'; 5 vingerlin st.N. »Fingerring', D i m . zu vinger s t . M . .Finger'; 6 vorspan ( m n d . ) s t . N . ,Brustspange'; 7 gurtel, gürtel s t . M . st.sw.F. ,Gürtel'; 8 Spange sw.st.F. ,Band, S p a n g e , Beschlag'; 9 vdre st.F. .nachteilige R e c h t s s t e l l u n g , e r n i e d r i g e n d e B e h a n d l u n g ' .

folio 76 recto

336

IUI

ι

10

n

20

2S

jo

kein' vare phlichtig-wen als ein and' Jin mä Der mä en is dem h'ren-noch d' h're dem mane nicht phlichtig zcu entw'te zu lenrechte· durch Jchaden-den ir ein dem and'en getan h a t - e r he Jin mä wrde· Alje d' h're Jin len= recht begriffe habe · vn vorjprechen genvmen-Jo vrage d' h're den m ä - d e m e dar getedinget is · ab he aljo kvme Ji · alje he Jime h'= ren zu lenrechte Jten wolle • Dar vme müs he Jich wol bejpreche · vn wegeres m' rechte ab he mag en mag hes mit rechte nicht ge= weigern-Jo kome he w y d ' - ν ή Jpreche-h're ich bin her kvme recht zü tvnde-vn recht zü nemene-alje v're-Jo ich durch recht JalSo Jchuldige en d' h're bejündirn vme icliche Jache vn gebite im zü recht' entw'te Jo bitte d' mä vorjpreche vn gejpreches · vorjprechen v'teilt mä ab' deme d' entw'tet des herre Jchuldegünge er he vorjpreche neme · Der man en hat Jime h're nicht geentw'tet· alleine Jpricht he ane v'Jprechen di wile he Jich des weret-das he im icht entw'te Julie · In aller rede vrage mä den mä ab he an Jins vorjpreche wort ie · mijfe Jpricht d' vorjpreche · di wile d' mä an Jin wort nicht en iet-Jo en Jchadet is dem mäne nicht Zcwijchen zcweier mäne rede Jal d' h're vrage was da rechtis vme Ji· vraget he noch Jime mütwillen-vn nicht noch rechte · das en Jchadet dem mäne nicht-Swer ab' vrteiles vraget

s

io

α

20

21

3o

keiner vare phlichtig wen als ein ander sin man. Der man enis dem herren noch der herre dem manne nicht phlichtig zcu entworfene zu lenrechte durch schaden, den ir ein dem anderen getan hat, er he sin man wurde. Alse der herre sin lenrecht begriffen habe unde vorsprechen genuinen, so vrage der herre den man, deme dar getedinget is, ab he also kumen si, alse he sime herren zu lenrechte sten wolle. Dar umme mus he sich wol besprechen unde weiger es mit rechte, ab he mag. Enmag hes mit rechte nicht geweigern, so kome he wider unde spreche: Herre, ich bin herkumen, recht zu tunde unde recht zu nemene alse verre, so ich durch recht sal. So schuldige en der herre besundirn umme icliche Sache unde gebite im zu rechter entworte, so bitte der man vorsprechen unde gespreches. Vorsprechen vorteilt man aber deme, der entwortet des herren schuldegunge, er he vorsprechen neme. Der man enhat sime herren nicht geentwortet, alleine spricht he ane vorsprechen, di wile he sich des weret, das he im icht entworten sulle. In aller rede vrage man den man, ab he an sins vorsprechen wort je, missespricht der vorspreche, di wile der man an sin wort nicht enjet, so enschadet is dem manne nicht. Zcwischen zcweier manne rede sal der herre vragen, was da rechtis umme si, vraget he noch sime mutwillen unde nicht noch rechte, das enschadet dem manne nicht. Swer aber urteiles vraget,

3 entwortene] entworte WD, antworde O, antwordene Horn. 4 durch schaden WD, dor scaden O, umme den scaden Horn. 10 weiger es] wegeres W D, weygheren O, weigere's Horn. 29 mutwillen WD, modwillen O, willen Horn. 31 vraget WD, vraghet O, bedet Horn.

357

wie jeder andere seiner Mannen zu keiner Erniedrigung verpflichtet. Der Mann ist weder dem Herrn noch der H e r r dem Mann gegenüber verpflichtet, sich vor dem Lehensgericht wegen eines Schadens zu verantworten, den der eine dem andern zugefügt hat, bevor er sein Mann wurde. Sobald der H e r r sein Lehensgericht eröffnet 1 und einen Vorsprecher genommen hat, so frage der H e r r den Mann, der vorgeladen ist, ob er gekommen sei, um sich seinem Herrn vor dem Lehensgericht zu stellen 2 . Darauf darf sich der Mann Rat holen 3 und die Einlassung von Rechts wegen verweigern, wenn er kann. Kann er sich mit Grund nicht weigern, so komme er wieder und spreche: „Herr, ich bin gekommen, Recht zu tun und Recht zu nehmen, soweit ich es von Rechts wegen soll." Darauf beschuldige ihn der H e r r einzeln 4 wegen jeder Sache und fordere ihn zu rechter Antwort auf; dann bitte der Mann um einen Vorsprecher und um Beratung. Einen Vorsprecher versagt man aber demjenigen, der auf die Anschuldigung des H e r r n (schon) antwortet, bevor er einen Vorsprecher nimmt. Der Mann hat aber seinem H e r r n noch nicht geantwortet, auch wenn er ohne Vorsprecher spricht, solange er sich dagegen wehrt, daß er ihm Rede und Antwort stehen müsse. Bei jeder Rede frage man den Mann, ob er dem W o r t seines Vorsprechers zustimme; verspricht 5 sich der Vorsprecher und heißt der Mann dessen Rede nicht gut, so schadet dies dem Mann nicht. Zwischen zweier Mannen Rede soll der H e r r fragen, was nun Recht sei; fragt er nach seinem eigenen Gutdünken und nicht gemäß dem Recht, so schadet das dem M a n n nicht. Wer aber vor dem andern um ein Urteil bittet,

1 daz Unrecht begrifen ,das L e h e n s g e r i c h t e r ö f f n e n , b e g i n n e n ' ; 2 sten, stan u n r . V . ,stehen', hier ,sich stellen, v o r t r e t e n ' ; 3 besprechen st.V. refl. ,sich ü b e r e t w a s b e r a t e n ' ; 4 besunder(n) Adv. e i n zeln, b e s o n d e r s ' ; 5 missesprechen st.V. ,sich v e r s p r e c h e n ' .

folio 76 recto

1. (Lnr. 67§3): D e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e L e h e n s h e r r ( l i c h t g r ü n e r R o c k , R i c h t e r h u t mit Schapel) zeigt mit z u r ü c k g e w a n d t e m F i n g e r z e i g d e r R e c h t e n auf die b r e n n e n d e B u r g in sein e m R ü c k e n u n d beschuldigt, mit F i n g e r z e i g d e r L i n k e n , einen V a sallen d e r T a t . D e r b e s c h u l d i g t e Vasall ( r o t e r R o c k , b l a u e S t r ü m p f e ) im B i l d z e n t r u m h ä l t als s i c h t b a r e s Z e i c h e n d e r A n t w o r t v e r w e i g e r u n g seine linke H a n d v o r d e n M u n d . Sein u n m i t t e l b a r vor dem Lehensherrn stehender Vorsprecher (wohl deshalb ebenfalls mit r o t e m R o c k u n d b l a u e n S t r ü m p f e n ) k o n k r e t i s i e r t mit U n t e r s t ü t z u n g z w e i e r Z e u g e n die V e r w e i g e r u n g i n s o f e r n , als er mit a u f g e s t r e c k t e m F i n g e r seiner R e c h t e n auf die am o b e r e n B i l d r a n d d a r g e s t e l l t e S o n n e ( S y m b o l f ü r d e n G e r i c h t s t a g , in D n u r a n g e d e u tet) zeigt, d . h . d e r Vasall v e r w e i g e r t die A n t w o r t v o r diesem n i c h t z u s t ä n d i g e n L e h e n s g e r i c h t . A m linken B i l d r a n d s t e h t d a s H a u s des Vasallen in F l a m m e n , w o r a u f d e r v o r d e m H a u s s t e h e n d e Vasall (gleiche K l e i d u n g ) mit z u r ü c k g e w a n d t e r G e b ä r d e seiner L i n k e n weist. M i t U n t e r s t ü t z u n g ( G e b ä r d e n ) d e r b e i d e n n e b e n i h m steh e n d e n P e r s o n e n b e s c h u l d i g t er seinerseits d e n L e h e n s h e r r n als m ö g l i c h e n T ä t e r . E i n e r d e r drei n e b e n d e m H e r r n s i t z e n d e n Beisitzer ( n u r a n g e d e u t e t ) d e u t e t m ö g l i c h e r w e i s e a u c h auf die S o n n e u n d stellt so die A n t w o r t v e r w e i g e r u n g seines H e r r n d a r . N u r aus d e m Vergleich mit d e m T e x t w i r d deutlich, d a ß sich - e h e d a s Leh e n s v e r h ä l t n i s n i c h t b e g r ü n d e t ist - w e d e r H e r r n o c h M a n n verantworten müssen. 2. (Lnr. 67§4): R e c h t s sitzt d e r H e r r mit g e k r e u z t e n Beinen zu G e richt, d.h. o f f e n b a r h a t er i m lenrecht begriffen, u n d e r ö f f n e t so das V e r f a h r e n g e g e n d e n ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n V a s a l l e n (grau changierender Rock, rote Strümpfe). Zwei Urteiler haben neben d e m H e r r n P l a t z g e n o m m e n , sind a b e r n u r mit ihren K ö p f e n d a r gestellt. M i t F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n d e u t e t d e r L e h e n s h e r r auf die a u s g e m a l t e S o n n e ( T a g s y m b o l ) u n d stellt - die n u r aus d e m beg l e i t e n d e n T e x t h e r v o r g e h e n d e - Frage. In d e r linken B i l d h ä l f t e b e s p r i c h t sich d e r a b g e w a n d t e Vasall (gleiche K l e i d u n g ) mit sein e m ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n V o r s p r e c h e r (vgl. die identische K l e i d u n g in Bildzeile 1) u n d w e i t e r e n drei h i n t e r i h m s t e h e n d e n M ä n n e r n ( R e d e g e b ä r d e n ) . Weil er sich n i c h t aus r e c h t m ä ß i g e m G r u n d w e i g e r n k a n n , v o r d e m L e h e n s h e r r n zu e r s c h e i n e n , w e i s t d e r Vasall n u n mit a u f g e s t r e c k t e m Z e i g e f i n g e r auf die S o n n e u n d d e u t e t so an, an diesem G e r i c h t s t a g zu R e c h t zu s t e h e n . D i e E r k l ä r u n g des V a s a l l e n ist n u r d e r e n t s p r e c h e n d e n T e x t s t e l l e zu e n t n e h men. 3. (Lnr. 67§5): I m selben L e h e n s g e r i c h t - so v e r d e u t l i c h t d u r c h das w i e d e r u m am o b e r e n B i l d r a n d d a r g e s t e l l t e T a g s y m b o l ( S o n n e ) b e s c h u l d i g t d e r L e h e n s h e r r ( l i c h t g r ü n e r R o c k , R i c h t e r h u t mit Schapel) d e n Vasallen (identische K l e i d u n g wie in Bildzeile 2) mit Z e i g e g e s t u s d e r linken H a n d u n d f o r d e r t ihn zu r e c h t e r A n t w o r t bezüglich der einzelnen Anschuldigungen auf. D e r unmittelbar vor d e m L e h e n s h e r r n s t e h e n d e Vasall e r k l ä r t sich z u m einen z u r A n t w o r t bereit - als sichtbares Z e i c h e n f ü h r t e r seine L i n k e an d e n Mund z u m a n d e r e n bittet er u m einen V o r s p r e c h e r (blaues G e w a n d , r o t e S t r ü m p f e ) , d e n er an dessen r e c h t e r H a n d zu sich h e r a n z i e h t , w o h l u m sich mit ihm zu b e r a t e n . D i e G e b ä r d e n d e r a n d e ren P e r s o n e n - v e r m u t l i c h h a n d e l t es sich u m die M a n n e n des L e h e n s g e r i c h t s - sind in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g nicht e i n d e u t i g zu bestimmen. 4. (Lnr. 67§5): D e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e L e h e n s h e r r ( l i c h t g r ü n e r R o c k , R i c h t e r h u t mit Schapel) f o r d e r t ( G e b ä r d e n ) , mit U n t e r s t ü t z u n g d e r n e b e n ihm p i a z i e r t e n b e i d e n Beisitzer (die zweite P e r s o n ist n u r mit i h r e m K o p f sichtbar), d e n b e s c h u l d i g t e n Vasallen (identische K l e i d u n g wie in d e r v o r h e r i g e n Bildzeile) wied e r u m auf, im L e h e n s g e r i c h t zu a n t w o r t e n . D i e s e r links n e b e n d e m B i l d b u c h s t a b e n D s t e h e n d e Vasall weret die A n t w o r t mit deutlicher Weigerungsgebärde beider H ä n d e . Der hinter dem Vasallen s t e h e n d e V o r s p r e c h e r (blaues G e w a n d , r o t e S t r ü m p f e ) wie a u c h zwei w e i t e r e d e r a n d e r e n P e r s o n e n sind mit h e r a b h ä n g e n d e n , ü b e r e i n a n d e r g e k r e u z t e n H ä n d e n dargestellt. Bei dieser „ E h r f u r c h t s g e b ä r d e " (v. A m i r a ) h a n d e l t es sich m ö g l i c h e r w e i s e u m eine G e s t e des Beistehens. 5. (Lnr. 67§7): D a s Bild zeigt d e n P r o z e ß d e r U r t e i l s f i n d u n g : R e c h t s lassen die b e i d e n P a r t e i e n ihre V o r s p r e c h e r R e d e u n d W i d e r r e d e v o r t r a g e n ; K l ä g e r u n d A n g e k l a g t e r h a l t e n sich e n t s p r e c h e n d im H i n t e r g r u n d . Im A n s c h l u ß d a r a n g e b i e t e t (mit Befehlsgestus b e i d e r A r m e ) d e r t h r o n e n d e R i c h t e r im L e h e n s g e r i c h t das F i n d e n des Urteils, i n d e m er die U r t e i l s f r a g e an einen aus d e m links s t e h e n d e n s i e b e n k ö p f i g e n U r t e i l e r g r e m i u m richtet. D e r d e m R i c h t e r n ä c h s t s t e h e n d e U r t e i l e r ä u ß e r t ,auf d e r Stelle' einen U r teilsvorschlag, w e s h a l b er mit seiner L i n k e n auf d e n B o d e n d e u t e t . D i e a n d e r e n h i n t e r ihm k o m b i n i e r e n W a r t e - u n d R e d e g e s t e n . V o n i h n e n wird, h a t d e r erste U r t e i l e r g e e n d e t , Z u s t i m m u n g o d e r A b lehnung erwartet. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 80.

folio 76 verso vor den and'en · des vrteil Jal mä erjt vinden · Offenbare en müs d' mä nicht Jprechen in lenrechte nie den runen Jtillichen zu Jime ν'Jprechen · vraget ab' d' h're en · ab he an Jine® vorjpreche wort ie • he müs wol Jpreche offenbare io od' nein-od' gejpreches bitte od' orteil Jchelde · AlJe d' mä in gejpreche get· νή wid' k ü m t - J o Jal he wid' kvme-der da gejpreches bat-vn bregen eine entw'te der rede da he gejpreches vme bat-vn Jal bekenen · od' loukenen · Ledet d' man Jine h u j g e n o j e n in Jin gejpreche-di Jal der h're im geben · alle Jvnd' dri durch das ab Ji zu lange Jprachen · das he Ji mit orteiln wid' lade-d' drier müs ein' orteil vinde-vn zcwe= ne volgen · is en Jtet ab' in des h'ren wille nicht-welche dri he behalde-Der mä nimt zu vorjpreche an Jin gejpreche-Jwen he wil · Das he Jime h'ren dri laje Jwer Ji Jin-vn den d' Jin wort Jprichet-d' man wettit Jime h're vme icliche Jchult di gewettis wert is · he en benemer Jich den heiligen · Doch mag der h're Jchuldige Jinen m a n - d ' Jchult-da he noch eit vor tut-noch en wettet-schuldiget ab' en d' h're - das hes im zu lajtere · od' zu Jchaden gejprochen · od' getan habe des müs he Jich entjchuldige · odir dar vmme wetten •

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s

10

i5

2o

25

vor den anderen, des urteil sal man erst vinden. Offenbare enmus der man nicht sprechen in lenrechte, me den runen stillichen zu sime vorsprechen, vraget aber der herre en, ab he an sines vorsprechen wort je, he mus wol sprechen offenbare jo oder nein oder gespreches bitten oder orteil scheiden. Alse der man in gespreche get unde widerkumt, so sal he widerkumen, der da gespreches bat, unde brengen eine entworte der rede, da he gespreches umme bat, unde sal bekennen oder loukenen. Ledet der man sine husgenosen in sin gespreche, di sal der herre im geben alle sunder dri, durch das, ab si zu lange sprachen, das he si mit orteiln widerlade, der drier mus einer orteil vinden unde zcwene volgen, is enstet aber in des herren willen nicht, welche dri he behalde. Der man nimt zu vorsprechen unde an sin gespreche, swen he wil. Das he sime herren dri läse, swer si sin, unde den, der sin wort sprichet. Der man wettit sime herren umme icliche schult, di gewettis wert is, he enbeneme sich uf den heiligen. Doch mag der herre schuldigen sinen man der schult, da he noch eit vortut noch enwettet. Schuldiget aber en der herre, das hes im zu lästere oder zu schaden gesprochen oder getan habe, des mus he sich entschuldigen odir dar umme wetten.

11 loukenen WD, uorsaken O, besaken Horn. Ledet WD, Ladet O, Bedet Horn. 18 unde Ο Horn., fehlt WD. 22 enbeneme] en benemer W D, ne beneme O, neme'r Horn, uf] Uppen O, uppe'n Horn., fehlt WD.

folio 76 verso dem soll das Urteil zuerst gefunden werden. Der Mann darf im Lehensgericht nicht öffentlich sprechen, sondern nur leise1 mit seinem Vorsprecher flüstern 2 ; fragt ihn aber der Herr, ob er das Wort seines Vorsprechers gutheiße, dann darf er öffentlich ja oder nein sagen oder um eine Beratung bitten oder das Urteil schelten. Wenn der Mann zur Beratung hinausgeht und wiederkommt, soll er wiederkommen, der um die Beratung bat, und Antwort bringen auf die Rede, derentwegen er eine Beratung erbat und er soll anerkennen oder bestreiten. Bittet der Mann seine Lehensgenossen um Beratung, so soll ihm der Herr alle dazu geben bis auf drei, damit er sie, wenn sie zu lange beraten, wieder mit Urteil laden kann; von den dreien muß einer das Urteil finden, und die zwei anderen müssen sich dem anschließen; es steht aber nicht in des Herrn Willen, welche drei er (im Gericht) zurückbehalten darf. Der Mann nimmt als Vorsprecher und als Berater, wen er will, wenn er nur seinem Herrn drei Leute, wer immer sie sind, zurückläßt, dazu auch den, der des Herrn Wort (als Vorsprecher) spricht. Der Mann zahlt seinem Herrn Gewette für jede Schuld, die ein Gewette wert ist, wenn er sich nicht durch Eid auf die Reliquien entlasten kann. Jedoch kann der Herr seinen Mann auch einer Schuld bezichtigen, derentwegen er weder einen Eid zu leisten noch Gewette zu zahlen hat. Beschuldigt ihn aber der Herr, daß er ihm zur Schande oder zum Schaden gesprochen oder gehandelt habe, so muß er sich dafür durch einen Unschuldseid entlasten oder Gewette bezahlen.

1 stilliche Adv. ,ruhig, leise, schweigend'; leise reden, raunen 4 .

2 rünen sw.V. ,flüstern,

1. (Lnr. 67§8): Der in der Bildmitte stehende Mann (grau changierender Rock, rote Strümpfe) hält seinen Kopf symbolisch in Richtung des Ohres seines neben ihm stehenden Vorsprechers (rotes Gewand, blaue Strümpfe). Er deutet so an, daß er in Unrechte dargestellt durch das Tagsymbol am oberen Bildrand - nicht öffentlich sprechen, sondern nur mit seinem Vorsprecher flüstern darf. Aus diesem Grund ist der M a n n noch zusätzlich mit Ehrerbietungsgestus dargestellt. Der Vorsprecher f ü h r t zum einen seinen rechten Zeigefinger an sein Ohr, als Zeichen, daß er auf die Rede der neben ihm stehenden Partei hört, zum anderen bittet er mit Gestus seiner aufgestreckten Linken um Aufmerksamkeit f ü r seine Rede. Mit Befehlsgestus seiner Rechten scheint der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Lehensherr (lichtgrüner Rock, Mütze mit Schapel) den Mann zu fragen (die neben dem Herrn sitzenden Urteiler sind nur mit ihren Köpfen gezeigt), ob er die Ausführungen seines Vorsprechers gutheißen könne. N u r aus einem Vergleich mit dem Text erschließt sich, daß die drei dem Mann offenstehenden Antworten (jo oder »em-Sagen, um ein Gespräch bitten, Urteilsschelte) durch die drei mit Gebärden dargestellten Personen der versammelten Lehensleute im Lehensgericht am linken Bildrand angedeutet worden sein könnten. 2. (Lnr. 67§9): Am linken Bildrand f ü h r t der gleiche Mann (grau changierender Rock, rote Strümpfe) - nach Spruch der nur mit ihren Köpfen dargestellten Urteiler und mit Erlaubnis (Gebärde) des Lehensherrn (lichtgrüner Rock, Schapel mit Richterhut) - ein Gespräch über den grünen H o f z a u n mit drei Hausgenossen (zwei Männer kauern vor dem Zaun, der dritte ist hinter der Partei nur mit Kopf zu sehen). Der Mann bespricht sich mit seinen Genossen in deme hove (vgl. Lnr. 68§13 = W fol. 77v5,6), weil er den H o f , wenn das Gericht stattfindet, nicht verlassen darf. Der in blauem Gewand und roten Beinkleidern vor dem Zaun stehende Vorsprecher erläutert vermutlich das Ergebnis der Beratung des Mannes, auf den er mit Fingerzeig seiner Linken zurückweist. Die am oberen Bildrand dargestellte Sonne (Tagsymbol) deutet an, daß der gesamte Vorgang an einem T a g abgewickelt werden muß. Unberücksichtigt läßt die Bildzeile, daß der M a n n eine entworte der rede, deretwegen er um die Beratung bat, bringen soll. Möglicherweise deuten auf das im Text aufgeführte bekennen oder loukenen die Handgebärden der Begleiter des Vorsprechers. 3. (Lnr. 67§ 10): Auf Bitte des vor ihnen stehenden Mannes (grau changierender Rock) geben der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Lehensherr (lichtgrüner Rock, Richterhut mit Schapel) und die neben ihm (nur mit ihren Köpfen) gezeigten Urteiler dem Mann Hausgenossen zur Beratung (als sichtbares Zeichen deutet der Mann mit Fingerzeig der Linken auf seinen Mund) mit. Folglich steht - so dargestellt in der linken Bildhälfte - die Partei (fälschlich rot-blaues Gewand) mit den beigegebenen Hausgenossen im Gespräch. Zurück bleiben insgesamt drei Personen (im Bildzentrum), damit der Lehensherr, wenn die Beratung zu lange dauert, si mit orteiln widerlade. Einer der links stehenden Hausgenossen (6. Figur von links) schaut sich nach dem Lehensherrn um, weil er vermutlich den Befehl des Herrn vernommen hat. Von den drei sich im Gericht befindenden Personen muß nun einer ein Urteil finden. Zur Funktion des Tagsymbols (Sonne) - wiederum am oberen Bildrand - vgl. Bildzeile 2. 4. (Lnr. 67§10): Links steht vor dem mit verschränkten Beinen sitzenden Lehensherrn (lichtgrüner Rock, M ü t z e mit Schapel) und den drei (nur mit ihrem Oberkörper) dargestellten Urteilern (Gebärden) zurückgewandt der gleiche Mann (grauer Rock) im Begriff, die neben ihm stehenden vier Lehensleute, die er mit seiner rechten H a n d fast zu drängen scheint, mit sich ins Gespräch zu ziehen. Denn er nimmt zum Gespräch, swen he wil, unter der Voraussetzung, daß er seinem Herrn dri läse, swer si sin. Mit Verzichtsgebärde seiner linken H a n d läßt der Mann daher drei Personen (in der Bildmitte) dem Herrn zurück. N u r aus dem Vergleich mit dem Text geht hervor, d a ß eine dieser Personen - deren H a n d gebärden (Rede- bzw. Aufmerksamkeitsgestus) sie nicht eindeutig ausweisen - der Vorsprecher des Herrn sein muß. Bezüglich des Sonnensymbols vgl. Bildzeile 2. 5. (Lnr. 68§1): Der entsprechende Bildbuchstabe D steht am falschen Platz. Vor dem unterhalb der Textkolumne sitzenden Lehensherrn (lichtgrüner Rock, Richterhut mit Schapel) und den drei Urteilern (Handgebärden) ist der gleiche Mann (vgl. die vorherigen Bildzeilen) erschienen und wettit sime herren umme icliche schult. Im Bild ist diese Rechtshandlung vom Illustrator durch das symbolische Hochschürzen des Gewandes des Mannes angedeutet, während der Richter sein Gewand aufhält, um das Strafgeld zu empfangen. Möglicherweise verspricht er auch nur, das Strafgeld zu zahlen, weil er mit Fingerzeig seiner linken H a n d auf das Tagsymbol (Sonne) am rechten oberen Bildrand zeigt. Dies könnte als Zeichen f ü r einen Termin aufgefaßt werden. Unberücksichtigt läßt die Bildzeile die Möglichkeit des Mannes, sich durch Eid auf die Reliquien zu entlasten. Die sieben weiteren, im Rücken des Mannes stehenden Personen dürften weitere Beschuldigte sein, über die der Text nichts weiter aussagt.

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Nimt man eime mäne gut-das he von -LXXIIII· /ime h're hat-vfi en kvndeget hes dem h're nicht-vn en irvolgit hes m1 rechter clage nicht-he wettit Jime h'ren-Sezt o v ch ein mä /in len üs ane /ins h're vrlop vö deme hes h a t - d ' h're müs wol gebite mit orteiln· das hes lo/e binne / e c h / woche · en tut hes nicht he wettet dar vme· Vnd'wint /ich ein mä /ines hu/geno/en lenes m' vnrechte od' tut he im /macheit m1 worte · od' m' t a t d i wile he weis das he indes herren din/te is-od' tut he vnrecht-den di zu deme gute geborn /in · od' deme d' is von im hat zcü lene-das gut das he vö deme h'ren hatdar vme müs he deme h'ren w e t t e n - o d ' he entzcages /ich uf den heilige • Doch en is d' h're nicht phlichtig zu entw'tene /ime mäne vor deme obir/ten h'ren • he en habe im er rechtes geweigert vor /ine mänen · Noch /ime zcin/gelden · he en habe im er rechtes geweigert vor /inen czin/geno/e · Der mä en vorboret oüch kin gewette ab he gute volget-vnde /in volge vorleget wirt-im en werde bruch an des gutes gezüge-Ab der m a n / i c h wi/chet-odir /nvzcet od' us / p i e t - o d i r gi/chet-od' hü/tet · odir nvi/et · odir /tet en andirhalp /ines vor/prechen den he zcu er/ten tete-od' /ich vme /iet gezcogelichen · od' vligen od' mücken •

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C. LXXIIII. Nimt man eime manne gut, das he von sime herren hat, unde enkundeget hes dem herren nicht unde enirvolgit hes mit rechter clage nicht, he wettit sime herren. Sezt ouch ein man sin len us ane sins herren urlop, von deme hes hat, der herre raus wol gebiten mit orteiln, das hes lose binnen sechs wochen; entut hes nicht, he wettet dar umme. Underwint sich ein man sines husgenosen lenes mit unrechte oder tut he im smacheit mit Worten oder mit tat, di wile he weis, das he in des herren dinste is, oder tut he unrecht den, di zu deme gute geborn sin oder deme, der is von im hat zcu lene, das gut, das he von deme herren hat, dar umme mus he deme herren wetten, oder he entiages sich uf den heiligen. Doch enis der herre nicht phlichtig zu entwortene sime manne vor deme obirsten herren, he enhabe im er rechtes geweigert vor sinen mannen; noch sime zcinsgelden, he enhabe im er rechtes geweigert vor sinen czinsgenosen. Der man envorboret ouch kein gewette, ab he gute volget unde sin volge vorleget wirt, im enwerde bruch an des gutes gezuge. Ab der man sich wischet odir snuzcet oder usspiet odir gischet oder hustet odir nuiset odir stet en andirhalp sines vorsprechen, den he zcu deme ersten tete, oder sich ummesiet gezcogelichen oder vligen oder mucken

19/21 mannen - sinen W D Horn., fehlt O. 22 kein £>, kin W, nin O, nen Horn. 28 zcu deme] ton O, to dem Horn., zcu WD.

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Kapitel LXXIY. Nimmt man einem Mann Gut weg, das er von seinem Herrn (zu Lehen) hat, und teilt er das seinem Herrn nicht mit und verfolgt es nicht mit rechter Klage, so muß er seinem Herrn Gewette bezahlen. Verpfändet ein Mann sein Lehen ohne Erlaubnis seines Herrn, von dem er es hat, so darf der H e r r ihn durch Urteil auffordern, daß er es binnen sechs Wochen wieder auslöse; tut er dies nicht, so hat er dafür Gewette zu bezahlen. Bemächtigt sich ein Mann zu Unrecht des Lehens seines Mitvasallen oder tut er diesem Schmach 1 an mit Worten oder Taten, wissend, daß der Mann in den Diensten des Herrn steht, oder fügt er jenen Unrecht zu, die durch Geburt H ö rige 2 des Gutes sind, oder demjenigen, dem er das Gut, das er vom Herrn hat, unterverliehen hat, so muß er dafür dem Herrn Gewette bezahlen oder sich durch Eid auf die Reliquien entlasten. Jedoch ist der H e r r nicht verpflichtet, seinem Mann vor dem Oberlehensherrn Rede und Antwort zu stehen, außer wenn er ihm vor seinen Mannen das Recht verweigert hat; auch seinem Zinsmann 3 nicht, außer wenn er ihm vor seinen Zinsgenossen das Recht verweigert hat. Der Mann verwirkt ferner kein Gewette, wenn er mit dem Gut (an einen anderen Herrn) folgt und seine Folge zurückgewiesen wird, es sei denn, es mißlingt ihm der Beweis, daß sein Gut Lehensgut ist. Wenn der Mann sich im Lehensgericht (die Nase) wischt 4 oder sich schneuzt 5 oder ausspuckt 6 oder gähnt 7 oder hustet oder niest oder auf der anderen Seite seines Vorsprechers steht, als er zunächst stand, oder wenn er sich schicklich umschaut oder Fliegen, Mücken

folio 77 recto

1. (Lnr. 68§2): E i n e m L e h e n s m a n n ( g r a u e s Kleid, r o t e S t r ü m p f e ) ist sein G u t v o n einem b e w a f f n e t e n u n d g e h a r n i s c h t e n M a n n gew a l t s a m e n t w e n d e t w o r d e n . E r z i e h t mit g e z ü c k t e m S c h w e r t die A c k e r h a l m e an sich. M i t Befehlsgestus zitiert d e r L e h e n s h e r r (mit Schapel) seinen M a n n zu sich, u m ein S t r a f g e l d e i n z u f o r d e r n , d a i h m die g e w a l t s a m e W e g n a h m e des G u t e s n i c h t g e m e l d e t w o r d e n ist. Symbolisch h e b t d e r M a n n sein Kleid, w o h l u m d a s G e w e t t e h e r a u s z u h o l e n , w ä h r e n d sein H e r r sein G e w a n d a u f h ä l t , u m das Strafgeld entgegenzunehmen. 2. (Lnr. 68§3): D e r s e l b e L e h e n s m a n n wie in Bildzeile 1 (identische K l e i d u n g ) h a t sein L e h e n o h n e E r l a u b n i s seines H e r r n f ü r ein D a r l e h e n v e r s e t z t ( „ B e s i t z p f a n d " , v. A m i r a ) . D e r n e u e Besitzer bez a h l t d e m M a n n mit G e l d s t ü c k e n das G u t u n d z i e h t es gleichzeitig an sich. A u s diesem G r u n d w i r d d e r M a n n w i e d e r u m v o r seinen H e r r n zitiert, u m ein S t r a f g e l d zu z a h l e n , w a s beidseitig w i e d e r u m d u r c h das s y m b o l i s c h e H o c h s c h ü r z e n d e r K l e i d e r d a r g e s t e l l t wird. 3. (Lnr. 68§4): Ein L e h e n s m a n n ( z w e i t e r von links im r o t e n Kleid) e n t w e n d e t e i n e m M i t v a s a l l e n desselben H e r r n sein L e h e n , i n d e m er symbolisch die A c k e r h a l m e an sich z i e h t . E r o h r f e i g t seinen Mitvasallen, t u t i h m s o m i t mit T a t e n S c h m a c h an. Bei d e r D o p p e l f i g u r in d e r Bildmitte h a n d e l t es sich u m d e n s e l b e n Vasallen, auch w e n n die B e k l e i d u n g fälschlicherweise nicht identisch ist. E r zeigt mit F i n g e r n auf seinen H a u s g e n o s s e n , d.h. er s c h m ä h t ihn mit W o r t e n u n d n i m m t einem G r u n d h ö r i g e n d a s G u t weg, i n d e m er die H a l m e an sich zieht. D e n G r u n d h ö r i g e n stellt d e r I l l u s t r a t o r als ein auf d e m G u t g e b o r e n e s K i n d d a r , d a s als W i c k e l k i n d in d e n A r m e n seiner M u t t e r liegt. F ü r alle diese V e r f e h l u n g e n z a h l t d e r Vasall w i e d e r u m ein S t r a f g e l d , d a r g e s t e l l t d u r c h das S c h ü r z e n d e r B e k l e i d u n g wie in d e n Bildzeilen 1 u n d 2. D i e Alternative, d a ß sich d e r M a n n d u r c h E i d auf die R e l i q u i e n von d e n A n s c h u l d i g u n g e n entlasten k a n n , ist nicht dargestellt. 4. (Lnr. 68§5): R e c h t s im Bild sitzt d e r O b e r l e h e n s h e r r im b l a u e n Kleid mit M ü t z e u n d Schapel zu G e r i c h t . V o n d e n a n d e r e n Figuren e r s c h e i n t keine in H e r r e n t r a c h t , o b w o h l m a n d a s d e m T e x t n a c h e r w a r t e n m ü ß t e . W a h r s c h e i n l i c h ist die F i g u r g a n z links im Bild d e r H e r r , d e r es mit W e i g e r u n g s g e b ä r d e ( v e r s c h r ä n k t e A r m e ) a b l e h n t , v o r G e r i c h t zu a n t w o r t e n . D e r K l ä g e r ist in d e r D o p p e l f i g u r zu e r b l i c k e n u n d z w a r in d e r E i g e n s c h a f t eines L e h e n s m a n n e s des B e k l a g t e n u n d seines Z i n s m a n n e s , w e s w e g e n b e i d e G e s i c h t e r d e m H e r r n z u g e w a n d t sind. D i e D r e i e r g r u p p e , w o v o n sich d e r b l a u g e k l e i d e t e M a n n mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s an d e n O b e r l e h e n s h e r r n w e n d e t , r e p r ä s e n t i e r t die L e h e n s - u n d Zinsleute, die bez e u g e n , d a ß sich d e r U n t e r h e r r d e r R e c h t s v e r w e i g e r u n g s c h u l d i g gemacht hat. 5 . / 6 . (Lnr. 68§7): V o n links n a c h r e c h t s sind f o l g e n d e U n a r t e n im L e h e n s g e r i c h t a u f g e f ü h r t : das W i s c h e n des M u n d e s , d a s S c h n e u zen, d a s S p u c k e n , d a s H u s t e n , d a s A b w e h r e n v o n Fliegen u n d d a s A b w e h r e n von M ü c k e n . D e r M a n n im r o t e n Kleid m a c h t d e m bereits mit g e ö f f n e t e m R o c k s c h o ß d a s i t z e n d e n R i c h t e r mit W e i g e r u n g s g e s t u s klar, d a ß er d a f ü r kein S t r a f g e l d zu z a h l e n b r a u c h t . Ignor, Gerichtsverfahren, S. 88.

1 smacheit st.F. ,Schmach, S c h i m p f , verächtliche B e h a n d l u n g ' ; 2 dl zu deme gute geborn sin , H ö r i g e ' ; 3 zinsgelte s w . M . , Z i n s m a n n , Zinszahler'; 4 wischen sw.V. ,wischen, a b w i s c h e n , reinigen'; 5 snuzen sw.V. ,sich s c h n e u z e n ' ; 6 spien, spiwen sw.V. ,speien, a u s spucken'; 7 gischen sw.V., zu heschen ,schluchzen', hier , g ä h n e n ' (vgl. H o m e y e r , Glossar, S. 587).

folio 77 verso odir bremen ν δ im Jtrichet binne lenrechte dar vme en wettet he nicht·alleine wenen is tvmme lüte-Zcen phunt wettit d' mä Jime h'ren · Swelch vorjte ab' van len hat d' wettit deme kvnige hundert phünt Julcher phennlge alje inder mvnzce genge vn gebe Jin · da das gewette inne gewnne is · das phünt bi zewenzeig Jchillingen · Icliches h're m ä - h a t noch Jiner geburt büje was ab' icliches mänes b u j e Ji • das vint mä indem buche · das von deme lätrechte Jag'-hat ab' he /in recht vorworcht-Jo gebricht im d' b u j e di im an geborn is · Beide büje vn wette Jal mä lei/te vb' vierzeennacht zu des h'ren nejten h u j e da Ji gewnnen werde · Der man en müs nicht Jiczeen bin lenrechte ane des h'ren orlop-en mag he nicht lenger gejten he lege Jich · Jchuldeget en des der h ' r e - h e müs das uf den heilige behalde-das he nicht lenger gejten en muge • Der mä en wettet Jime h'ren nicht wen dries in deme tage · vme icliche rede mus ouch d' mä wol dri gejpreche haben-vn indem gejpreche weJen aljo lange · bis he mit orteilen wirt dries wider geladen · Di ladünge Jal he ab' hören indeme hoüe Jal he blibe an Jime gejpreche · da im getedinget is·

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odir bremen von im strichet binnen lenrechte, dar umme enwettet he nicht, alleine wenen is tumme lute. Zcen phunt wettit der man sime herren. Swelch vorste aber vanlen hat, der wettit deme kunige hundert phunt sulcher phenninge, alse in der munzce genge unde gebe sin, da das gewette inne gewunnen is, das phunt bi zewenzeig Schillingen. Icliches herren man hat noch siner geburt buse, was aber icliches mannes buse si, das vint man in dem buche, das von deme lantrechte saget, hat aber he sin recht vorworcht, so gebricht im der buse, di im angeborn is. Beide, buse unde wette, sal man leisten über vierzeennacht zu des herren nesten huse, da si gewunnen werde. Der man enmus nicht siczeen bin lenrechte ane des herren orlop, enmag he nicht lenger gesten, he lege sich; schuldeget en des der herre, he mus das uf den heiligen behalden, das he nicht lenger gesten enmuge. Der man enwettet sime herren nicht wen dries in deme tage. Umme icliche rede mus ouch der man wol dri gespreche haben unde in dem gespreche wesen also lange, bis he mit orteilen wirt dries wider geladen. Di ladunge sal he aber hören; in deme hove sal he bliben an sime gespreche, da im getedinget is.

1 bremen WD, bromese Ο Horn. 10/11 das - buche WD, dat men in den boke O, des mut man in künde komen in dem buke Horn. 14/15 nach vierzcennacht] na lenrechte Horn.

363 oder Bremsen 1 von sich scheucht 2 , so hat er deswegen kein Gewette verwirkt, obwohl dies einige dumme Leute glauben 3 . Zehn P f u n d zahlt der Mann seinem Herrn als Gewette. Wenn ein Fürst aber ein Fahnenlehen hat, so zahlt er dem König als Gewette hundert Pfund Pfennige in der Münze, die dort gang und gäbe ist, wo das Gewette zugesprochen worden ist, das P f u n d zu zwanzig Schillingen. Der Mann jedes Herrn hat seine Buße nach seinem Geburtsstand, was aber jedes Mannes Buße ist, das findet man in dem Buch, welches das Landrecht behandelt; hat er aber sein Recht verwirkt, so verliert er auch die Buße, die ihm (nach seinem Stand) angeboren ist. Buße und Gewette soll man beide nach Lehenrecht binnen vierzehn Nächten leisten in dem nächsten H a u s des H e r r n (das dem O r t am nächsten liegt), wo darauf erkannt wurde. Der Mann darf im Lehensgericht nicht niedersitzen ohne Erlaubnis des Herrn; kann er aber nicht länger stehen, so soll er sich hinlegen; beschuldigt ihn aber der H e r r deswegen, so muß er auf die Reliquien schwören, daß er nicht mehr länger stehen konnte. Der Mann kann seinem Herrn gegenüber nicht öfters als dreimal am T a g ein Gewette verwirken. Wegen jeder Rede (vor Gericht) darf der Mann dreimal Rat einholen, und bei jeder Beratung darf er so lange ausbleiben, bis er mit Urteil dreimal wieder geladen wird. Die Ladungen soll er aber hören; er muß auch f ü r seine Beratung in dem H o f e bleiben, in den er geladen ist.

1 brem(e) sw.M. .Bremse, Stechfliege'; 2 strichen st.V. ,wegstreichen, wegtreiben, scheuchen'; 3 warten, wenen sw.V. ,meinen, glauben, vermuten'.

folio 77 verso 1. (Lnr. 68§8): Rechts sitzt der Lehensherr, der mit aufgehaltenem Kleid das Strafgeld seines Vasallen entgegennimmt. Das Strafgeld beträgt gewöhnlich 10 Pfund, hier dargestellt durch 20 M ü n z e n mit der Zahl X darüber als Multiplikator (20 Schillinge = 1 Pfund). Der Ring mit dem Kreuz zwischen Lehensherr und Lehensmann ist das Zeichen f ü r die gebundenen Tage (vgl. W fol. 28rl). Damit geht das Bild über den Text hinaus, wo von den gebundenen Tagen nicht die Rede ist. 2. (Lnr. 68§8): Der Fürst, der ein Fahnenlehen innehat und deshalb die Lehensfahne trägt, zahlt dem König, der im goldfarbenen Ornat mit Zepter zu Gericht sitzt, das Gewette von 100 χ 20 Schillingen, wobei wiederum wie in Bildzeile 1 ein Pfund 20 Schillinge beträgt. Zahlbar ist das Gewette in solchen Pfennigen, wie sie der Münzer (links, ganz in Rot) dort schlägt, wo das Strafgeld zu zahlen ist. 3. (Lnr. 68§10): Der Lehensmann in der Mitte des Bildes zahlt seinem Herrn (grüner Rock, Schapel) ein Strafgeld, indem er Münzen in dessen aufgeschürzten Rockschoß wirft. Die Zahlung des Gewettes wird hier abweichend von den vorherigen Bildern nicht durch das beidseitige Anheben des Rockes dargestellt. Einem anderen Lehensmann, der durch die identische Kleidung als Mitvasall ausgewiesen ist, zahlt er eine Buße. Mit seinem dritten Arm weist er auf die Frist von 14 Nächten oder zwei Wochen, dargestellt durch den Mond und die Zahl II. Die Darstellung des Ortes, an dem gezahlt wird, fehlt im Bild. 4. (Lnr. 68§11): Ein Lehensmann im roten Kleid bittet mit erhobenem Zeigefinger seinen Lehensherrn, vor Gericht nicht mehr stehen zu müssen. Dieser lehnt mit der rechten H a n d diese Bitte ab, während er mit der Linken auf die Sonne deutet, zum Zeichen, daß Gerichtstag ist. Daraufhin legt sich derselbe Lehensmann (fälschlicherweise in einem andersfarbigen Kleid dargestellt) zu Boden und schwört auf das Reliquiar, daß er nicht mehr stehen konnte. Die drei anderen bezeugen mit Aufmerksamkeitsgestus, d a ß der gerichtlichen O r d n u n g damit genügt sei. 5./6. (Lnr. 68§§ 12,13): Ganz links bezahlt ein Lehensmann seinem Herrn am selben T a g (dargestellt durch die Sonne) dreimal ein Strafgeld, indem er mit drei Armen jeweils seinen Rock schürzt, um das Geld herauszuholen. In der Mitte des Bildes steht der Mann dreimal im Gespräch mit anderen Mannen, wohl um bei Gericht Rat einzuholen, wie der Text es vorschreibt. Ganz rechts wird der Mann von einem Boten (blaues Kleid, rote Strümpfe) seines Herrn wieder vor Gericht geladen. Auch dies geschieht dreimal, weswegen der Bote mit drei Händen die Vorladung ausspricht. Mit einer vierten H a n d zeigt er auf seinen H e r r n als seinen Auftraggeber. Der Mann deutet mit dem Zeigefinger seiner Rechten auf sein O h r und erhebt den Zeigefinger (Aufmerksamkeitsgestus), um kundzutun, daß er die Nachricht verstanden hat.

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Sw' des h'Jchildes darbit der en -LXXV· mag nimädis orteil gejchelden · des der den h'/chilt hat-Sw' eine halbe hüüe· od' vünf Jchilllge geldes alle iar hat von Jime h'ren · d' mag orteil Jchelde · vn gezcug w e j i n d ' des nicht en hat jchilt he ein or teil · he müs bürgen Jezcen das he mit rechte volkvme • od' das orteil mit gewette · vn mit büje laje · Sin bürge en müs nimät Jin he en Ji von dem h'ren belent· Swelch mä Jime h'ren orteil vint-vn des ein and' nicht en volget· der Jal eins vinde· ab is im d' h're gebuit· Swelch irme di meijte menie volget d' behelt ·νή iener en vor lüjet da mite noch gewette noch büje · dem da bruch wirt · wen he kein orteil en Jchalt-Sw' ein orteil Jchilt-Jchuldeget mä en das hes nicht durch rechtes willen tu-wen durch zcoge-des müs enken · uf den heilige • od' he gewettet dar vme · Der mä Jpreche aljus alje he ein orteil Jchelde · iclicheme mäne bi Jime namen z u · h e i j t u · Ν · v n b i J t u - N - J o hajtu mime h're-vn dime-dir vn mir zu lenrechte ein vnrecht orteil vünde das Jchel= dich-vn zcie des da ich is durch recht zcie Jal-vn bitte dar vme eins orteiles wo ich is durch recht zcien Julie -Jo vint mä zu rechte vor den ob'Jte h're des gutes · da bitten Ji beide d' bote zu · di Jal en der h're gebe zcwene Jine mä Jwelche he wil · durch das Ji gezügjin · w' Jin orteil behalde · od' wer vor lieje ·

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C. L X X Y . Swer des herschildes darbit, der enmag nimandis orteil geschelden, des der den herschilt hat. Swer eine halbe huve oder vunf Schillinge geldes alle jar hat von sime herren, der mag orteil scheiden unde gezcug wesin, der des nicht enhat; schilt he ein orteil, he mus bürgen sezcen, das he mit rechte volkume oder das orteil mit gewette unde mit buse läse. Sin bürge enmus nimant sin, he ensi von dem herren belent. Swelch man sime herren orteil vint unde des ein ander nicht envolget, der sal eins vinden, ab is im der herre gebuit. Swelch irme di meiste menie volget, der behelt, unde iener envorluset da mite noch gewette noch buse, dem da bruch wirt, wen he kein orteil enschalt. Swer ein orteil schilt, schuldeget man en, das hes nicht durch rechtes willen tu, wen durch zcogen, des mus enken uf den heiligen, oder he gewettet dar umme. Der man spreche alsus, alse he ein orteil scheide, iclicheme manne bi sime namen zu, heistu N. unde bistu N., so hastu mime herren unde dime, dir unde mir zu lenrechte ein unrecht orteil vunden; das scheid ich unde zcie des, da ich is durch recht zcien sal, unde bitte dar umme eins orteiles, wo ich is durch recht zcien sulle. So vint man zu rechte vor den obersten herren des gutes. Da bitten si beide der boten zu, di sal en der herre geben, zcwene sine man swelche he wil, durch das si gezug sin, wer sin orteil behalde oder wer vorliese.

4 alle j a r W, alle iar D, iarlikes O, jarlikes Horn. 14 behelt behalt O, hevet sin ordel behalden Horn. 19/20 enkeil WD, gan O, untsculdegen Horn.

WD, unt-

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Kapitel LXXV. Wer keinen Heerschild hat, der kann auch nicht das Urteil von jemandem schelten, der den Heerschild hat. Wer eine halbe H u f e oder fünf Schillinge jährliche Einnahmen von seinem Herrn hat, der kann ein Urteil schelten und Zeuge sein; schilt einer ein Urteil, der dies nicht hat, so muß er Bürgen dafür setzen, daß er, falls er vor Gericht nicht durchdringt, von dem Urteil unter Leistung von Gewette und Buße abläßt. Sein Bürge darf nur jemand sein, der von dem Herrn belehnt ist. Wenn ein Mann seinem Herrn ein Urteil findet und ein anderer stimmt dem nicht zu, so soll dieser ein (anderes) Urteil finden, wenn es ihm der H e r r gebietet. Wem von beiden die Mehrheit folgt, der behält recht; jener aber, der unterliegt, hat dadurch weder Gewette noch Buße verwirkt, außer wenn er dann das Urteil (erfolglos) gescholten hat. Wenn jemand ein Urteil schilt und man beschuldigt ihn, daß er dies nicht um des Rechtes willen, sondern zur Prozeßverschleppung 1 tut, so muß er sich durch Eid auf die Reliquien entlasten, oder er muß deswegen Gewette bezahlen. Wenn der Mann ein Urteil schilt, so spreche er jeden Mann folgendermaßen beim Namen an: „Heißt du N . und bist du N., so hast du meinem Herrn und deinem Herrn, dir und mir im Lehensgericht ein Unrechtes Urteil gefunden; das schelte ich und ziehe es dorthin, wohin ich es von Rechts wegen ziehen soll; und ich bitte daher um ein Urteil, wohin ich es von Rechts wegen ziehen soll." Darauf erkennt man f ü r Recht: „Vor den Oberlehensherrn des Gutes". Dazu bitten sie beide um Boten; diese soll ihnen der H e r r geben, zwei von seinen Mannen nach seiner Wahl, damit sie Zeugen sind, wer mit seinem Urteil recht behalten und wer verloren hat.

1 zogen, mnd. togen sw.V. ,hinziehen, hinhalten, verzögern', hier ,einen Prozeß verschleppen'.

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lr. (Lnr. 69§1): Ein zum Heerschild Geborener - er trägt deshalb in seiner rechten H a n d einen Schild - weist mit Ablehnungsgestus (ausgestreckter Arm) einen Heerschildlosen zurück, der sich anschickt, mit Redegestus das Urteil des Heerschildträgers zu schelten. Naß, Wappen, S. 269. Ii. (Lnr. 69§2): Ein von seinem Herrn (mit Schapel, Richterhut und grünem Kleid) belehnter Mann (Kommendationsgestus), sei es mit jährlichen Einnahmen von 5 x 1 2 Pfennigen ( = 5 Schillinge) oder mit einer halben H u f e , dargestellt durch den Grasboden und die sich darüber befindliche, in der Mitte durchstrichene /, darf ein Urteil schelten und Zeuge sein. Der Mann, als Doppelfigur einmal im roten und einmal im grauen Kleid dargestellt, besitzt vier Hände, wovon er eine(!) seinem H e r r n zwecks Kommendation entgegenstreckt. Eine zweite zeigt auf den Grasboden und die Pfennige, eine dritte auf das vor ihm stehende Reliquiar, weil er Zeugnis ablegen darf, und die vierte H a n d weist mit Aufmerksamkeitsgestus auf den Urteilsfinder neben seinem Herrn, weil er dessen Urteil schelten darf. 2. (Lnr. 69§3): Vor dem Lehensherrn in der Funktion des Lehensrichters (Richterhut unter dem Schapel) hat ein Vasall (blaues Kleid) ein Urteil gefunden, weswegen er auf die symbolische Urteilsrose deutet. Der Lehensmann in der Mitte weigert sich mit Ablehnungsgebärde (verschränkte Arme), dem Urteil zu folgen und wird vom H e r r n mit Befehlsgestus aufgefordert, selbst ein Urteil zu finden. 3. (Lnr. 69§3): Der Mann rechts in der Reihe schilt das Urteil eines der Urteiler mit dem Scheltegestus, indem er mit seiner rechten H a n d das Handgelenk des Urteilers umfaßt, was durch die grüne Urteilsrose deutlich wird. Die Reihe der Lehensleute stellt die Mehrheit dar, die derjenige braucht, der mit seinem Urteil recht behält. 4. (Lnr. 69§5): Den Farben nach zu schließen, ist der Mann im blauen Kleid der Schelter, der mit der Linken das Urteil ablehnt, das der Mann in Rot rechts neben ihm gefunden hat (deswegen die Rose über seinem Arm). Dazu passen aber nach v. Amira nicht die Handbewegungen der zweiten Figur von rechts. Geht man von diesen aus, käme man zu folgender Beschreibung: Vor dem Lehensrichter (sitzend, mit Richterhut und Schapel) steht der Mann (rotes Kleid, blaue Strümpfe), der das Urteil gescholten hat. Ihm gegenüber steht in Rot gekleidet der Mann, dessen gefundenes Urteil gescholten wird, weswegen der Schelter auf ihn zeigt und mit dem Zeigefinger seiner linken H a n d auf seinen M u n d weist, wohl um die im Text geforderten Worte zu sprechen. Die Rose über dem Arm des Schelters bezieht sich auf das zu erwartende Gegenurteil, während die Rose, auf die der Gescholtene deutet, dessen Urteil betrifft. Der Mann in Blau zwischen den beiden Parteien scheint derjenige zu sein, der ein neues Urteil finden soll, um dem Schelter mitzuteilen, wohin er das gescholtene Urteil ziehen soll. 5./6. (Lnr. 69§6): Der Scheiter und der Gescholtene ziehen das Urteil vor den Oberlehensherrn (im blauen Gewand, mit Mütze und Schapel), wobei der Schelter, obwohl es sich um die Fortsetzung von Bildzeile 4 handelt, in Blau gekleidet ist. Beide deuten mit dem Finger auf die symbolischen Rosen, d.h. sie tragen die Urteile vor, zwischen denen im Gericht des Oberlehensherrn entschieden werden soll. Scheiter und Gescholtener schauen dabei rückwärts zu ihrem Unterherrn, damit dieser ihnen zwei seiner Lehensleute als Boten mitgeben soll. Der Unterherr zieht beide an den Armen herbei und zeigt gleichzeitig in die Richtung des Oberlehensherrn, weil er die Boten dorthin schickt. Diese indessen deuten auf die beiden Urteilsrosen (der in Rot gekleidete auf die untere, der in Grau gekleidete auf die obere), weil sie Zeugen sind in der Frage nach dem rechten Urteil.

folio 78 verso Dije boten Jal d' h're bekojtige bier·vnde brot Jal mä en gnug gebe · νή dri gerich= te zu iclicheme ejjene-vn eine becher wins zcwei gerichte den knechte-ire phert Jal mä vorne bejlan · nicht hindene · viinf garbe icliche pherde vnd' tage-vn vndir nacht od' aljo vil gedrojchenes vüeters alje da vor geburt· Achte Julie d' pherde Jin-JechJe d' knechte · viere ritende · zcwene zu vüje · minre miije Ji wol vure · me ab' nich'-In drin tage Julie Jich di bote ir heb e - d ' is orteil vant νή d' is Jchalt-vn Julie das orteil bin Jechs woche wid'brenge· Is a b ' d ' h're üs deme lande an den mä des orteiles züt-Jwen he erjt wid' kümt an düczzche art-di romijcheme riche vnd' tan is· vn he Jine kvnjt ir vreijchet-jo Jal mä das orteil wid' brege vb' Jechs woche vö deme tage-Jo Jal d' mä vor kvme d' bejchuldiget was-zii entw'tene alje he zu deme erjte tage tet · ab im d' tag mit orteile wirt gekvndiget alje hy vor geredet is · ym Jelbir zu houe vn zu h u j e - o d ' u f f e Julch gut alje von deme h'ren hat-Wirt ein orteil bejchulden durch len das des h'ren eige is · mä Jal da mite zu lezcten vor das riche zcien-wen d' kvnig zu richt'e gekorn is-vb' icliches mänes hals-vb' eigen vn len · durch das Jo hat alle lantrecht vn ·

366 Dise boten sal der herre beköstigen, bier unde brot sal man en genug geben unde dri gerichte zu iclicheme essene unde einen becher wins, zcwei gerichte den knechten; ire phert 5 sal man vorne beslan, nicht hindene, vunf garben iclicheme pherde under tage unde undir nacht oder also vil gedroschenes vueters, alse da vor geburt. Achte sullen der pherde sin, sechse der knechte, viere ritende, zcwene ίο zu vuse, minre musen si wol vuren, me aber nicht. In drin tagen sullen sich di boten irheben, der is orteil vant unde der is schalt, unde sullen das orteil bin sechs wochen widerbrengen. Is aber der herre us deme lande, an den man des ΐί orteiles zut, swen he erst widerkumt an duzche art, di romischeme riche undertan is, unde he sine kunst irvreischet, so sal man das orteil widerbrengen über sechs wochen von deme tage. So sal der man vorkumen, der beschuldiget 2o was, zu entworfene, alse he zu deme ersten tage tet, ab im der tag mit orteilen wirt gekundiget, alse hi vor geredet is, im selbir zu hove unde zu huse oder uffe sulch gut, alse he von deme herren hat. Wirt ein orteil 2> beschulden durch len, das des herren eigen is, man sal da mite zu lezcten vor das riche zcien, wen der kunig zu richtere gekorn is über icliches mannes hals, über eigen unde len; durch das so hat alle lantrecht unde

2 genug] gnug WD, noch O, genuch Horn. 11/12 nach irheben] unde Horn. 13/16 duzche] duczzche WD, dudesche O, düdischer Horn. 17 unde - irvreischet WD, unde he sinen come vreschet O, unde sie sin tokomen vreschet Horn. 24 he Ο Horn., fehlt

WD.

367 Diese Boten soll der Herr beköstigen; man soll ihnen genug Bier und Brot geben und drei Gerichte zu jeder Mahlzeit und einen Becher Wein, zwei Gerichte den Knechten; ihre Pferde soll man vorne beschlagen, nicht aber hinten; fünf Garben (soll man) jedem Pferd (geben) bei Tag und bei Nacht oder ebensoviel gedroschenes Futter, als dem entspricht. Acht Pferde sollen es sein, sechs Knechte, vier Berittene und zwei zu Fuß; man darf zwar weniger mitnehmen, aber nicht mehr. Binnen drei Tagen sollen die Boten, der Urteilsfinder und der Urteilsscheiter aufbrechen, und binnen sechs Wochen sollen sie das Urteil wiederbringen. Ist aber der Herr, an den man das Urteil zieht, außer Landes, so soll man, sobald er wiederkommt in deutsches Land, das dem römischen Reich Untertan ist, und man von seiner Ankunft 1 erfährt 2 , binnen sechs Wochen von diesem Tag an das Urteil wiederbringen. Darauf soll der Mann, der beschuldigt war, (vor Gericht) kommen, um sich zu verantworten, wie er es am ersten Gerichtstag tat, wenn ihm der Gerichtstag durch Urteil verkündet wird, und zwar, wie schon vorher gesagt ist, ihm selbst zu H o f e oder zu Hause oder auf einem Gut, das er von dem Herrn hat. Wird ein Urteil wegen eines Lehens gescholten, das des Herrn Eigentum ist, so soll man damit zuletzt vor das Reich ziehen, denn der König ist zum Richter gewählt über jedes Mannes Hals, über Eigentum und Lehen; alles Landrecht und

folio 78 verso 1. (Lnr. 69§6): Auf Kosten des Unterherrn (rechts im Bild sitzend im grünen Kleid und mit Schapel) werden die beiden Boten bewirtet. Sie sitzen an einem großen Tisch, der von einem herabhängenden Tischtuch mit regelmäßigem Faltenwurf bedeckt ist, worauf ein Teller und eine geböttcherte Schüssel stehen sowie ein gebrochenes Brot liegt, während ein Bediensteter eine weitere geböttcherte Schüssel mit Speisen hereinträgt. Einer der Boten hat ein Messer mit spießförmiger Spitze in der H a n d , welches wohl zum Aufnehmen der Speisen dient. Schmidt-Wiegand, Kulturgeschichte, S. 250; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 2">f. 2. (Lnr. 69§6): Links im Bild sind die sechs Knechte dargestellt, nicht jedoch die zwei Mahlzeiten, die diesen zustehen. Daneben sieht man die fünf Garben f ü r jedes der acht abgebildeten Pferde, von denen nur eines vorne vom Hufschmied beschlagen wird, so wie es der Text fordert. Die grüne Urteilsrose zeigt an, daß die Knechte deswegen bewirtet werden, weil sie warten müssen, bis das gescholtene Urteil entweder bestätigt oder verworfen wird. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 25f. 3r. (Lnr. 69§6): Die sechs Knechte reiten vom Wohnsitz des Herrn aus. Die Darstellung ist falsch, da laut Text nur vier beritten sein dürfen und zwei zu Fuß gehen müssen. Zu Fuß gehen hier aber die Boten (mit Gugeln). Einer deutet in die Reiserichtung, der andere rückwärts auf die Sonne als Symbol des Tages. Es fehlt das Zahlzeichen III, da die Frist drei Tage beträgt. Die Rose bezieht sich auf das Urteil, weswegen die Reise unternommen wird. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 25f. 31. (Lnr. 69§7): Der Oberherr (blaues Kleid, Schapel, Mütze), den Boten und Knechte wegen des Urteils aufsuchen, befindet sich außerhalb des Landes, dargestellt durch den grünfarbenen Berg. Die daraus resultierende Fristverschiebung wird im Bild nicht berücksichtigt. 4. (Lnr. 69§7): Der nun wieder in deutsches Land zurückgekehrte Oberherr (links im Bild) teilt seine Entscheidung über das gescholtene Urteil mit Brief und Siegel mit. Vor ihm stehen die beiden Boten (mit Botenstäben in den Händen), um das Urteil zurückzubringen. Sie deuten auf den Finder des gescholtenen Urteils, kenntlich an denselben Farben der Tracht wie in W fol. 78r5 (rotes Kleid), als den Gewinner, während der Mann in Blau der Scheiter und der Verlierer ist, weswegen er dem Oberherrn den Rücken zukehrt. Rechts im Bild erscheint der Sieger vor dem Unterherrn, der mit Richterhut zu Gericht sitzt, und überbringt mit Brief und Siegel die Entscheidung des Oberherrn, auf welchen er mit seiner linken Hand zurückweist. Die Urteilsrosen über den Briefen beziehen sich auf die Urteilskraft der Schriftstücke. 5. (Lnr. 69§8): Rechts im Bild hat ein Lehensmann (rechte Hälfte der Doppelfigur) vor seinem Lehensherrn (grüner Rock, Schapel) ein Urteil gescholten (Urteilsrose), welches über ein Lehen ergangen ist, dessen Ertrag zu Füßen des H e r r n als Ackerhalme zu sehen ist, die den rechten Fuß umschlingen. Das bedeutet, daß das Lehen Eigentum des Herrn ist, weswegen der König letztendlich darüber richten muß. Darauf weisen Lehensherr und Beisitzer den Lehensmann durch ihre Fingergesten hin. Der König, ganz links im goldfarbenen O r n a t und mit goldener Krone, richtet über Hals (dargestellt durch den abgeschlagenen Kopf), Eigen (um einen Stock geschlungene Ackerhalme) und Lehen (grüner Zweig mit roten Beeren als Investitursymbol). Der Finder des gescholtenen Urteils (blaues Kleid) und der Schelter des Urteils (rotes Kleid) erscheinen vor dem mit Befehlsgestus thronenden König, wobei der Schelter mit seiner rechten H a n d auf die Rose als Urteilssymbol zurückweist, während der Finder mit seinen Gesten die Entscheidung des Königs anruft.

1 kunst, kamst (md.), zu kunft, kumft st.F. .Ankommen, Ankunft*; 2 ervreischen sw.V. .erfragen, erfahren, vernehmen'.

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lenrecht begin an y m h a t - w e n d ' h'Jchilt an y m b e g i n n e t - D a s Jelbe d i n j t is o u c h ph= lichtig ν δ Jime eigene Jime h ' r e zu tvnde · ab hes von im z u lene h a t - N u J o l d e mä v o r dem kvnige len an eigene nicht beJ c h e i d e - J o en miijte he kein orteil vinde d' mit eigene belent i s - v b ' d e n d' des riches gut z u lene hette · n o c h ien' vb' d i j e n · W i r t ein orteil g e j c h u l d e d u r c h eins mänes J a che d e m zü lenrechte getedinget is • v n d e h a t he zcweier h ä d e g u t - o d ' drier h a n d e · an / w e l c h e n ob'Jten h're das m e i j t e teil / i n s gutes t r i f t · v o r d e m e Jal m ä b e j c h e i d e das b e j c h u l d e n e orteil · Irret das h e phlichtig is im zu tvnde ν δ des riches gute di gebü d e n e tage · das das orteil nicht en m a g geJ c h e i d e w ' d e n bin / i n ' rechte zeit J o di g e b ü d e n e tage e r j t e n d e · d a r n o c h vb' J e c h J w o c h e Jal mä das orteil w i d ' b r e n g e Schilt e! m ä ein orteil n o c h d ' v o l b u r t ν ή en volk u m t h e nicht mit r e c h t e - h e müs das b ü j e n d e m d' is orteil v a n t - v n alle d e n di is v o l g e t e - h e en habe g e j p r e c h e s gebete v o r d' v o l b u r t d ' herre en g e w i n n e t abir nich' wen ein gewette d a r an • wen is en is nicht recht das mä einem m ä n e eine J a c h e zewir o d ' dries wette • Swer an ein e m m ä n e den v r i d e - v n di vire b r i c h t - d ' m ü s zewies w e t t e n · d u r c h eine J a c h e · deme w'ltlichem vn geijtlicheme g e r i c h t e · vn d e m e an d e m e d' vride g e b r o c h e is·

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lenrecht begin an im hat, w e n der herschilt an im beginnet. D a s selbe dinst is o u c h der man phlichtig von sime eigene sime h e r r e n z u t u n d e , ab hes von im z u lene hat, das he phlichtig is im z u t u n d e v o n des riches gute. N u solde m a n vor dem k u n i g e len an eigene nicht bescheiden, so e n m u s t e h e kein orteil vinden, d e r mit eigene belent is, ü b e r den, d e r des riches gut z u lene hette, n o c h iener ü b e r disen. W i r t ein orteil g e s c h u l d e n d u r c h eins m a n n e s sache, dem zu lenrechte g e t e d i n g e t is, u n d e h a t he zcweier h a n d e g u t o d e r drier h a n d e , an swelchen o b e r s t e n h e r r e n das meiste teil sins gutes trift, v o r d e m e sal m a n bescheiden das b e s c h u l d e n e orteil. Irret ( . . . . . . ) di g e b u n d e n e n tage, das das orteil nicht e n m a g gescheiden w e r d e n bin siner rechten zeit, so di g e b u n d e n e n tage erst e n d e n , d a r n o c h ü b e r s e c h s w o c h e n sal m a n das orteil w i d e r b r e n g e n . Schilt ein m a n ein orteil n o c h d e r v o l b u r t u n d e envolk u m t he nicht mit rechte, h e mus das b u s e n dem, d e r is orteil v a n t u n d e alle den, di is volgeten, h e e n h a b e gespreches gebeten v o r d e r volburt; d e r h e r r e e n g e w i n n e t abir nicht, w e n ein gewette d a r an, w e n is enis nicht recht, das m a n einem m a n n e eine sache zewir o d e r dries wette. Swer an einem m a n n e d e n vride u n d e di vire bricht, d e r m u s zewies w e t t e n d u r c h eine sache, dem e werltlichem u n d e geistlicheme gerichte u n d e deme, an d e m e d e r vride g e b r o c h e n is,

2 der man D, de man O, die man Horn, .fehlt W. 4/4a das - gute] dat he ime plichtich is to dunde von des rikes gude Horn., fehlt W D Ο an dieser Stelle, dafür irrtümlich in 14 nach Irret eingefugt.

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Lehenrecht nimmt darum von ihm seinen Anfang, weil die Heerschildordnung bei ihm beginnt. D e r Mann ist seinem Herrn zu gleichem Dienst verpflichtet, wenn er dessen Eigentum zu Lehen hat, wie er ihn bei Reichsgut zu leisten verpflichtet ist. Würde man vor dem König nicht über ein Lehen an Eigengut entscheiden, so dürfte derjenige, der mit Eigengut belehnt ist, auch kein Urteil finden über denjenigen, der Reichsgut zu Lehen hat, noch jener über diesen. Wird ein Urteil gescholten in der Rechtssache eines Mannes, der vor das Lehensgericht geladen ist, und hat dieser zweier oder dreier Herren Gut, so soll man das gescholtene Urteil vor dem Oberlehensherrn entscheiden lassen, auf den der größte Teil des Gutes entfällt. Verhindern die gebundenen Tage, daß über das Urteil rechtzeitig entschieden werden kann, so sollen zuerst die gebundenen T a g e enden, danach soll man binnen sechs W o c h e n das Urteil wiederbringen. Schilt ein Mann ein Urteil nach dem Urteilsbeschluß und dringt er damit beim Gericht nicht durch, so muß er demjenigen Buße leisten, der das Urteil gefunden hat, und allen denen, die ihm zugestimmt haben, wenn er nicht vor dem Beschluß um Beratung gebeten hat; der Herr gewinnt aber dadurch nur ein Gewette, denn es ist nicht recht, daß man jemandem wegen einer Sache zwei- oder dreimal Genugtuung leistet. W e r aber einem Mann den Frieden und die Feiertagsruhe 1 bricht, der muß wegen der einen Sache zweimal Gewette bezahlen, eines dem weltlichen und eines dem geistlichen Gericht; jener aber, an dem der Friede gebrochen wurde,

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1. (Lnr. 69§8): Der mit Waffenrock, Hersenier und spitzem Eisenhut gewappnete Vasall steht mit gezogenem, rechts geschultertem Schwert vor seinem ebenso - an der Text-Bild-Zäsur sitzenden gerüsteten H e r r n (aufrecht getragenes Schwert). Der Vasall leistet so den schuldigen Heeresdienst, weil er von seinem Herrn mit einem Gut belehnt worden ist. Auf diese Kommendation weisen die beiden unausgemalten, die Linke des Vasallen umschließenden, H ä n d e . D a ß das Gut des H e r r n Eigen ist, wird durch die um seinen linken Fuß gewachsenen Halme symbolisiert. 2. (Lnr. 69§8): In der rechten Bildhälfte entscheiden der mit verschränkten Beinen zu Gericht sitzende König (Krone) und der neben ihm sitzende Urteiler (blaues Gewand) - der mit Fingerzeig seiner Rechten auf den grünen Bildbuchstaben Ν und mit Fingerzeig seiner Linken auf die zwei Hände am unteren Bildrand weist - über Lehen an Eigengut. Dies wird durch die von zwei H ä n d e n umfaßten Halme dargestellt, die an den linken Fuß des vor dem König stehenden Mannes (grünes Gewand) gebunden sind. In der linken Bildhälfte stehen sich der mit Reichsgut (der Mann zieht mit rechts die von einer Krone umschlossenen Halme an sich) und der mit Eigengut belehnte Mann (zieht mit seiner linken H a n d die an seinen Fuß gebundenen Halme an sich) einander gegenüber. Als äußeres Zeichen einer möglichen Urteilsfindung zeigt jeder von beiden mit seiner anderen H a n d auf eine grüne Urteilsrose am oberen Bildrand. 3. (Lnr. 69§9): Der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Lehensherr (lichtgrünes Gewand, Schapel) hat die Lehen, die er von den beiden ihm gegenübersitzenden Oberlehensherren (blaues Gewand, Mütze mit Schapel) empfangen hat, an den Vasallen (rotes Gewand, 3. Figur von links) weiterverliehen. In der rechten Bildhälfte wird im Lehensgericht des Unterherrn in der Rechtssache dieses Mannes von der Figur im grünen Gewand mit roten Strümpfen Urteil gefunden und von der Person im roten Kleid gescholten. Der Urteilsschelter deutet symbolisch auf die grüne Urteilsrose und zieht das Gut links auf Weisung des Unterherrn (Befehlsgebärde) an denjenigen Oberherrn, von dem der größere Teil des Lehens stammt. Deshalb deutet der Vasall mit Fingerzeig seiner Rechten auf diesen Oberherrn, während er in seiner linken H a n d die Halme des Gutes hält, das jener Oberlehensherr als von ihm verliehen mit seiner rechten H a n d bezeichnet. Während der Finder des Urteils (grünes Gewand) dem Oberherrn den Rücken zukehrt, zeigt er mit seiner rechten H a n d auf den Boden vor dem Unterherrn, weil er in diesem Lehensgericht das Urteil gefunden hat. 4. (Lnr. 69§10): Die linke Bildhälfte zeigt neben dem blauen Bildbuchstaben / zwei Symbole der gebundenen Tage. Während dieser Zeit kann nicht über das gefundene Urteil (vgl. Bildzeile 3) entschieden werden. Rechts bringt der Mann in rotem Gewand und grünen Strümpfen das Urteil (an der grünen Urteilsrose zu erkennen) des Oberherrn vor den sitzenden Unterherrn (lichtgrünes Gewand, Schapel). Beide Personen deuten symbolisch mit Fingerzeig ihrer rechten H a n d auf die am oberen Bildrand gezeigte Zahl VI, weil man das Urteil innerhalb dieser Frist - gerechnet vom Ende der gebundenen T a g e - wiederbringen soll. 5. (Lnr. 69§11): Als Folge einer mißlungenen Urteilsschelte zahlt der Schelter in der Mitte der Bildzeile mit je einem Arm Gewette an den Herrn, Buße an den Finder des Urteils und an drei Schöffen, die dem zugestimmt hatten (Urteilsrosen). Die Mehrarmigkeit erspart dem Illustrator die Wiederholung derselben (zahlenden) Person, wie z.B. in der folgenden Bildzeile.

1 vtre st.F. »Feiertagsruhe, Ausruhen von der Arbeit, Festtag'.

6. (Lnr. 69§12): Die Komposition der auffallend breiten Bildzeile entsteht durch Aneinanderreihung von zweimal zwei Zwei-Personen-Szenen, die von rechts nach links zu lesen sind: An einem Feiertag (Zeichen der gebundenen Tage) greift ein Missetäter einen Mann körperlich an. D a f ü r zahlt derselbe Friedebrecher (Kleidung) in der folgenden Szene Buße an den Verletzten, in der dritten Gewette an den weltlichen Richter (Graf) und in der letzten wieder Gewette an den Geistlichen (Tonsur). Über der letzten Szene steht wie rechts das Zeichen der gebundenen Tage, weil dieses Strafgeld eben wegen der Verletzung der Feiertagsruhe fällig wird. Scheele, Delikte, S. 156.

folio 79 verso en gewinnet da mite nich'-wen eine b u j e w e n he müs eine rechte gewere globe er mä im di b u j e globe · das he di Jache nich' en vord'e · Ab zcwei dorf vme eine margjcheidunge LXXVI· Jich zcweien • di nejte dorf di da bi lige Julie Ji bejcheide m 1 gezuge Jwelch' den meijte ge züg h a t - d ' behelt-Zcweiet mä ab' an deme gezüge aljo Jere das mä Ji nich' bejcheide en m a g j o bejcheide mä das alje hi vor geredit is indem lätrechte· Allis das hi vor gered' is-das is vö gemeineme lenrechte geredit • noch Jal ich uch dri lenüge bejcheide ·νή Jage wo Ji zcweien von gemeineme lenrechte· / -LXXVII· Sw' gerichte zu lene hat vö deme kunige nid'wert-das en mag nich 1 kvme an di vierde h a n t - a n e JchultheiJtü alleine· wen kein greüe gedinge mag ane belente JchültheiJe · Is en mag nimät o v ch kein gerichte lien das im gelige is · is Ji Jvnd'lich gerichte das injin gerichte gehöret-alj e grauejchaft indi marke-vn in and' van len-das müs he wol v'lien-vn en müs is Jan m' rechte nich* vb' ein iar ledig behalde · Zcwene mä en müge ineime gerichte kein gemeine lenrech' gehabe · das gedlge mag mä ab' dar an v'lien alje inandereme lene · Swen d' kunig indi achte getä h a t - d ' en mag nich' gerichte mit· noch weme Jin gerich te is v'teilt-di wile he® nich' us gezoge en h a t · Noch d' u f f e den das gerichte irJtirbit-Di

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engewinnet da mite nicht wen eine buse, wen he mus eine rechte gewere globen, er man im di buse globe, das he di sache nicht envordere. C. LXXVI. Ab zcwei dorf umme eine margscheidung« sich zcweien, di nesten dorf, di da bi ligen, sullen si bescheiden mit gezuge; swelcher den meisten gezug hat, der behelt. Zcweiet man aber an deme gezuge also sere, das man si nicht bescheiden enmag, so bescheide man das, alse hi vor geredit is in dem lantrechte. Allis das hi vor geredet is, das is von gemeineme lenrechte geredit, noch sal ich uch dri lenunge bescheiden unde sagen, wo si zcweien von gemeineme lenrechte. C. LXXVII. Swer gerichte zu lene hat von deme kuni ge niderwert, das enmag nicht kumen an di vierde hant ane schultheistum alleine, wen kein greve gedingen mag ane belenten schultheisen. Is enmag nimant ouch kein gerichte lien, das im geiigen is, is si sunderlich gerichte, das in sin gerichte gehöret, alse graveschaft in di marke unde in ander vanlen, das mus he wol vorlien unde enmus is san mit rechte nicht über ein jar ledig behalden. Zcwene man enmugen in eime gerichte kein gemeine lenrecht gehaben, das gedinge mag man aber dar an vorlien alse in andereme lene. Swen der kunig in di achte getan hat, der enmag nicht gerichten mit rechte, noch weme sin gerich te is vorteilt, di wile hes nicht usgezogen enhat. Noch de, uffe den das gerichte irstirbit, di

10 g e r e d i t WD, g h e r e d e t O, g e s p r o k e n Horn. 20 geiigen WD, g h e l e n t O, lien Horn. 27 lene WD O, g u d e Horn. 29 r e c h t e Ο Horn., fehlt WD.

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erhält nur eine Buße, denn dieser muß, bevor man ihm die Buße gelobt, eine rechte Gewährschaft geloben, daß er die Sache nicht mehr geltend macht. Kapitel LXXVI. Wenn zwei D ö r f e r um eine Markgrenze 1 streiten, so sollen die nächstgelegenen D ö r f e r durch Zeugenvernehmung entscheiden; wer die meisten Zeugen f ü r sich hat, der bekommt Recht. Ist man aber unter den Zeugen so uneinig, daß man keine Entscheidung treffen kann, so entscheidet man darüber, wie es hiervor im Landrecht gesagt ist. Alles, was hier zuvor gesagt wurde, betrifft das allgemeine Lehenrecht; nun muß ich euch noch drei Lehensarten erklären und sagen, worin sie sich vom allgemeinen Lehenrecht unterscheiden. Kapitel LXXVII. Wer ein Gericht zu Lehen hat, das, vom König an abwärts, nicht an die vierte Lehenshand gelangen darf, ausgenommen allein das Schultheißentum, weil kein Graf ohne den belehnten Schultheißen Gericht halten kann. Es kann auch niemand ein Gericht, das ihm geliehen ist, weiterverleihen, es sei denn ein ausgesondertes Gericht, das zu seiner Gerichtsbarkeit gehört, wie eine Grafschaft zur Markgrafschaft oder zu einem anderen Fahnenlehen; das darf er weiterverleihen und darf es von Rechts wegen sogar nicht über ein Jahr ledig behalten. Zwei Mannen können an einem Gericht kein gemeinsames Lehenrecht haben, das Gedinge kann man jedoch daran verleihen wie an einem anderen Lehen. Wen der König in die Acht getan hat, der kann von Rechts wegen kein Gericht halten, ebensowenig derjenige, dem sein Gericht abgesprochen ist, solange er es nicht wieder an sich gezogen hat. Auch derjenige (kann es) nicht, dem das Gericht durch T o d angefallen ist,

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1. (Lnr. 70): Zur Beilegung von Grenzstreitigkeiten zwischen zwei Dörfern (Haus- und Begrenzungsarchitekturen) stehen sich am Grenzgraben zwei Dorfgemeinschaften aus den nächstgelegenen Dörfern gegenüber. Es wird der Fall dargestellt, d a ß durch Zeugenbeweis keine Entscheidung gefällt werden kann. Der Schwur auf das Reliquiar wird unwirksam, da jeweils zwei Umsassen jeder Partei (hinweisender Gestus auf den Grenzgraben) die Entscheidung f ü r sich beanspruchen. Lade, Dorfrecht, S. 174. 2. (Lnr. 70): Bringt der Beweis durch Gemeindezeugen keine Entscheidung, so bescheide man das, aise hi vor geredit is in dem lantrechte. Diesen bloßen Verweis auf die landrechtlichen Bestimmungen weiß der Illustrator inhaltlich auszufüllen: Wie in W auf fol. 45vl und fol. 74r2 bringt er einerseits das Wasserurteil, daneben andererseits jedoch nicht wie dort den Parteieneid, sondern (wie bei den Gottesurteilen in W auf fol. 19v3) die Eisenprobe, der sich die schwörende Partei rechts unterziehen soll. Die Eisenstange, die der Mann mit der Rechten ins brennende Feuer hält, um sie zum Glühen zu bringen, während er mit der Linken den Eid schilt (so in D; Ablehnungsgestus), hat der Illustrator in W zu zeichnen vergessen. Lade, Dorfrecht, S. 174, 180. 3. (Lnr. 71§2): Die Gesamtkomposition entspricht der in W auf fol. 49vl. Hier wie dort geht das Gerichtslehen vom König aus bis zum Schultheißen, also in die vierte Hand. Große Unterschiede ergeben sich aber im Detail: Der König überreicht ein aus zwei Grafschaften bestehendes Fahnenlehen, der Schultheiß erhält als letzter in der Kette kein Investitursymbol, sondern wird mit Kommendationsgestus belehnt. Alle Lehensempfänger knien, und Fürst und Graf sind nicht gänzlich, sondern nur im Bereich des Oberkörpers doppelt gezeichnet. Lade, Dorfrecht, S. 177. 4. (Lnr. 71§3): Der Bildstreifen erläutert die Ausnahme des sunderlich gerichte vom Leihezwang. Es darf nämlich sonst niemand ein Gericht weiterverleihen, das ihm geliehen ist. Dargestellt ist die Belehnung des knienden Grafen mittels des Investitursymbols eines Handschuhs von einem Fürsten, der als Zeichen der Belehnung mit einer Grafschaft eine Lehensfahne in seiner linken H a n d hält. Bei dem fürstlichen Markgrafen, daher gerüstet mit Hersenier, spitzem Eisenkant und aufgesetztem Schapel, dürfte es sich um den Markgrafen von Brandenburg handeln, wie dem rechts neben der Fahne dargestellten Schild mit unausgemaltem Adlerwappen zu entnehmen ist. Symbolisch deutet der Graf mit Fingerzeig seiner Linken auf das umkreiste Jahreszeichen (LII), denn der Fürst darf die Grafschaft nicht über ein jar ledig behalden. Naß, Wappen, S. 269. 5. (Lnr. 71§4): Die Illustration zum Rechtssatz bezieht sich auf das Gerichtslehen und sein Gedinge. Dargestellt sind „zwei um ein Gerichtslehen konkurrierende Grafen" (v. Amira) auf einem Richterstuhl, wobei der rote Ledigschild, der in Kniehöhe des ersten Grafen am linken Bildrand eingezeichnet ist, sofort ins Auge fällt. Zu Füßen des zweiten Grafen - rechts neben dem blauen Bildbuchstaben I - steht ein zweiter, kleinerer Schild, der eine skizzierte, links ausgebogene, Hirschstange als Wappen führt. Nach Ldr. III 53§3 brauchen die Bauern (braune Gewänder) - die in zwei Reihen zu je vier Personen gezeichnet sind - diese Gerichtsteilung nicht zu dulden und stoßen den einen Grafen rechtmäßig vom Richterstuhl. Naß, Wappen, S. 233, 246, 269.

1 marcscheidunge st.F. .Markgrenze, Gemarkungsgrenze'.

6. (Lnr. 71 §5): Der links sitzende König (Krone, Zepter in der linken Hand) hat zum einen den ersten der vor ihm sitzenden Grafen geächtet. D a ß es sich dabei um die Reichsacht handelt, wird durch das dem Grafen durch den Hals gestoßene Schwert mit Krone am Knauf symbolisiert. Zum anderen ist dem am rechten Bildrand sitzenden Grafen sein Gericht nach Lehenrecht verteilt (Schwert im Stock des Reliquiars). Beide Grafen sitzen mit verschränkten Armen (Weigerungsgebärde?) vor dem Reliquiar, weil sich der erste nicht eidlich aus der Acht, der zweite sein Gericht nicht eidlich aus der Verteilung (symbolisiert durch die hölzerne Gabel an seinem Hals) gezogen hat. N u r aus dem Vergleich mit dem Text wird deutlich, daß die Grafen nicht richten können. Naß, Wappen, S. 270.

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wile hes nich' enphäge hat-is en beneme im echt not das hes nich' enphan en müge· Jwen he zu Jine iare küme is Sw' J o eige zu lene hat-da en is keine volge an· LXXVIII· Doch get di lenüge bis indi Jibende hant alje and' len das des riches gut is · D i j e r kein en mag deme äd'en volge v'Jage · noch lenrechtes an dem gute geweigern ane d' ob'Jte h're des eige das is • Der Jelbe h're d' is gut liet-müs is wol wid' neme abhes be darf · das hes dem mäne m1 glich' wechjele an des riches gute irjtate Ab eige in das riche irjt'bit-od' das mä das-in ein gotjhüs gib·-den mä d' is zu lene hat en mag mä vö d' volge nich' gewi/e · Inburglene is gedlge vn wette • als in and'me lene · burglen en mag kein burg' gelien-liet ab' d' burg' Jin burden eime and'n-Jwen is d' h're irvreijcht · d' mag im wol m' orteiln gebite das he Jin burgle bin JechJwochen entw'te vii wid' neme · en tut hes nich' he mag im v'teiln Jin burglen · Stirb' der burg' er dis gejche-vn hat d' belente mä das gut anjine lenes gewere ane rech" wid' Jprache h'bracht-he volget Jime gute bin Jin' rechte iarzcale an de ob'Jte h're · das hes gezuge alje lenrecht is-Jweren müs d' mä das he kein des h're burglen dar an en wojte · da hes enphing Der h're en mag ouch Jin' mäne len nich' uf gelajen-vfi zu burglene enphan·

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wile hes nicht enphangen hat, is enbeneme im echt not, das hes nicht enphan enmuge, swen he zu sinen jaren kumen is. C. L X X V I I I . Swer so eigen zu lene hat, da enis keine volge an. Doch get di lenunge bis in di sibende hant alse ander len, das des riches gut is. Diser kein enmag deme anderen volge versagen noch lenrechtes an dem gute geweigern, ane der oberste herre, des eigen das is. Der selbe herre, der is gut liet, mus is wol widernemen, ab hes bedarf, das hes dem manne mit glicher wechsele an des riches gute irstate. Ab eigen in das riche irstirbit oder das man das in ein gotshus gibet, den man, der is zu lene hat, enmag man von der volge nicht gewisen. In burglene is gedinge unde wette als in anderme lene. Burglen enmag kein burger gehen, liet aber der burger sin burclen eime andern, swen is der herre irvreischt, der mag im wol mit orteiln gebiten, das he sin burglen bin sechswochen entworte unde widerneme, entut hes nicht, he mag im vorteiln sin burglen. Stirbet der burger, er dis gesche, unde hat der belente man das gut an sinen lenes geweren ane rechte widerspräche herbracht, he volget sime gute bin siner rechten jarzcale an den obersten herren, das hes gezuge, alse lenrecht is. Sweren mus der man, das he kein des herren burglen dar an enwoste, da hes enphing. Der herre enmag ouch siner manne len nicht ufgelasen unde zu burglene enphan,

3 Kapitelzähiung nach Inhaltsverzeichnis aus 4 hier eingefügt. 13 vor irstirbit] gut wert so dat it in't rike Horn. 16 lene W D O, gude Horn.

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solange er es noch nicht empfangen hat, außer wenn ihn echte N o t daran hinderte, es zu empfangen, wenn er zu seinen Jahren gekommen ist. Kapitel LXXVIII. Wer Eigengut zu Lehen hat, hat daran kein Folgerecht. Jedoch geht die Belehnung bis an die siebte Hand wie bei einem anderen Lehen, das Reichsgut ist. Von diesen kann keiner dem anderen die Folge versagen oder das Lehenrecht an dem Gut verweigern, ausgenommen der Oberlehensherr, dessen Eigentum das Lehensgut ist. Derselbe Herr, der das Lehensgut verleiht, darf es, wenn er dessen bedarf, auch wieder an sich nehmen, wenn er es nur dem Mann in gleichwertigem 1 Tausch mit Reichsgut ersetzt. Wenn Eigengut von Todes wegen an das Reich fällt oder wenn man es an ein Gotteshaus gibt, so kann man dem Mann, der es zu Lehen hat, die Folge nicht versagen. Bei einem Burglehen gibt es Gedinge und Gewette wie bei einem anderen Lehen. Ein Burglehen kann der Burglehensmann nicht weiterverleihen; leiht aber der Burgmann sein Burglehen einem anderen weiter, so kann ihm der Herr, wenn er es erfährt, mit Urteil gebieten, daß er sein Burglehen binnen sechs Wochen frei mache und wieder an sich nehme; tut er dies nicht, so kann ihm der Herr sein Burglehen absprechen. Stirbt der Burgmann, bevor das geschieht, und hat der unterbelehnte Mann das Gut ohne gerichtlichen Widerspruch in seine Lehensgewere gebracht, so kann er mit seinem Gut innerhalb seiner rechten Belehnungsfrist an den Oberlehensherrn folgen, wenn er es nur nach Lehenrecht durch Zeugen beweisen kann. Der Mann muß schwören, daß er nichts vom Burglehen des Herrn wußte, als er es empfing. Der Herr kann auch nicht Lehensgut seiner Mannen auflassen und als Burglehen wiederempfangen;

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Ii. (Lnr. 71 §5): Am Boden liegt in der typischen Bekleidung des richterlichen Grafen (Richterhut, langes beigefarbenes Gewand) der tote Gerichtsherr. Der Nachfolger seines Gerichtslehens sitzt mit gebundenen Händen an einem Pfahl, ist also gefangen und somit durch echte N o t gehindert, das Gerichtslehen zu empfangen, zu dessen Verleihung der Fürst mit dem Investitursymbol, dem Handschuh, bereitsteht. Der Schild, welcher den Fürsten als Vertreter seines Standes ausweist, ist unbemalt geblieben. Naß, Wappen, S. 270; Scheele, Delikte, S. 166. lr. (Lnr. 71§6): Der Mann im grauen Rock und mit roten Beinkleidern bietet mit erhobenen H ä n d e n dem Lehensherrn seine Mannschaft an und bittet um die Erneuerung des Lehens. Der H e r r verweigert jedoch mit Ablehnungsgestus (verschränkte Arme) dieses Ansinnen. D a ß der Grund hierfür die Tatsache ist, daß an Eigengut, welches zu Lehen ausgegeben wurde, kein Recht auf Lehenserneuerung besteht, wird im Bild nicht dargestellt. Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 15. 2r. (Lnr. 71§6): Rechts sitzt der Lehensherr, der mit seinem Eigen (symbolisiert durch die um den linken Fuß gewundenen Ackerhalme) einen Vasallen durch Überreichung des Investitursymbols (grüner Zweig) belehnt. Die sieben H ä n d e zwischen Lehensherr und Vasall bedeuten, daß das Lehen bis in die siebte H a n d reicht. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 75. 21. (Lnr. 71 §6): Ein Vasall (grauer Rock, rote Strümpfe) bittet den Oberlehensherrn (Schapel, Mütze, blaues Kleid) um Erneuerung des Lehens. Dieser aber wendet sich mit verschränkten Armen (Weigerungsgebärde) ab, da er die Neubelehnung versagen kann, weil ihm das Lehensgut eigen ist (um den Fuß gewundene Ackerhalme). 3. (Lnr. 71§6): Der Oberlehensherr zieht sein Eigen wieder an sich. Er ergreift deshalb die um seinen Fuß gewundenen Halme. Gleichzeitig überläßt er dem Lehensmann (gleiche Bekleidung wie in Bildzeile 21.) Reichsgut, indem er mit der rechten H a n d auf die von der Krone umschlossenen Ackerhalme deutet, welche der Vasall ergreift und somit das Gut an sich nimmt. Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 15. 4. (Lnr. 71 §7): Der König (goldener Rock, goldene Krone) zieht die um den Fuß des Oberlehensherrn gewundenen Ackerhalme an sich, d.h. das Eigengut des Oberlehensherrn wird zum Reichsgut, weswegen der König auch das Investitursymbol wieder an sich nimmt. Dem Unterherrn (Schapel, Richterhut), der wohl das Lehen an dem Gut hat, darf daraus kein Nachteil entstehen. Deshalb kann er vom Oberlehensherrn erneut mit dem Gut belehnt werden (Kommendationsgestus). Die Wappen, die Oberlehensherr und Lehensherr als Besitzer des Heerschildes ausweisen, können nicht eindeutig zugeordnet werden. Naß, Wappen, S. 232, 270. 5. (Lnr. 71 §§8,9): Das Gebäude mit Türmen und Zinnen stellt die Burg dar, welche ein Burglehensmann (zweiter von rechts im gelben Kleid) einem anderen weiterverleihen will (Kommendationsgestus). Sein Lehensherr, der zwar das typische grüne Gewand trägt, dem aber das Schapel fehlt, verteilt dem Burgmann jedoch das Lehen, indem er ihm die symbolische Holzgabel an den Hals legt. Unklar bleibt die Bedeutung der beiden Figuren links, von denen die eine einen flachen Gegenstand in der rechten H a n d hält, der nicht zu identifizieren ist. Das Belehnungsritual dieser beiden Figuren ist darüber hinaus unvollständig, da der zu Belehnende nur eine H a n d in die H ä n d e des Lehensherrn legt.

1 glich, geltch(e) Adj. .gleich, angemessen, gleichwertig".

6. (Lnr. 71 §9): Der Burgmann, der das Burglehen weiterverliehen hat, ist gestorben, noch ehe ihm das Lehen abgesprochen werden konnte. Während er mit seiner linken H a n d auf das Reliquiar beeidet, daß er vom Burglehen des Herrn keine Kenntnis besessen hat, weist er mit der rechten H a n d auf das Objekt des Lehensvorganges, die Burg. Der Lehensherr zeigt ebenfalls auf die Burg und erteilt hiermit dem Mann die Erlaubnis, die Burg in seine Gewere zu nehmen. Die zweite Möglichkeit, sein Recht an der Burg durch Zeugen zu beweisen, ist im Bild nicht dargestellt. 7. (Lnr. 71 § 10): Ein Lehensherr (ganz links; es fehlt das Schapel) hat das an seine Mannen verliehene Gut aufgelassen und von einem anderen Herrn als Burglehen empfangen. Diese Verleihung findet mit nur angedeutetem Kommendationsgestus auf der Burg (als solche an den Zinnen kenntlich) statt. Der Empfänger der Auflassung ist der Mann im roten Gewand, der deshalb das Investitursymbol, den grünen Zweig, in seiner H a n d hält. Die Mannen, deren Lehen die Burg war, brauchen sich dieser Auflassung aber nicht zu fügen und bitten den Oberlehensherrn (ganz rechts im blauen Gewand, mit Mütze und Schapel), sie wieder mit der Burg zu belehnen. Dies geschieht, indem der Oberlehensherr ihnen den grünen Zweig als Investitursymbol überreicht.

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folio 80 verso tut hes a b ' m ' vnrechte-Jo Jinne Ji ab' an den ob'Jte h're d' liüge o d ' d ' wijunge inden m ä · d' inlenrecht rait deme gute getvn mugeStirb' ein mä di wile Jin wip kint treit-vö is das gedinge injime gute v'lige · ien' deme is gedinge gelige is dar an - d' Jal bejizcen m' deme gute · bis zu d' zeit bis das das wip einen Jon gewinnet-d' Jon en virn e t ouch nimäde kein gedinge he en w'de lebinde geborn-vn lebe noch des vat' t o d e - A b ' liet ein h're Jine bürg gancz · od' lejt he Ji Jime vngenojen · di burg'e en Jin nicht phlichtig zü volgene an iene m 1 irme burglene · Ji behalde is vö deme Jis gehabit habe · vor ir rechte len · od' Ji volge da mite an den · deme hes gelaje hat-vor ein recht len-ir gebu uf d' bürg Jal mä en gelde ab Ji nicht wollen blibe-An burglene is anegeuelle vn wette des h're-vn gedinge alje inand'me lene· Liet ein bürg' Jin burglen eime zu lene · he en kan is im m' lenrechte nicht gebrechen • he darbet ab' d' volge dar an · is en kv= me aljo · alje hi vor geredit is · Der mä volget burglene vn erb' is Jinen Jonen · alleine Ji beide bürg vn burglen eige des h ' r e - d ' is im gelige hat· od' ir andir-Sw' ab' bürge vn burg'e hat-Jtirb' he-di wile Jine kint od' and'e Jine erben zü lätrechte · od' zu lenrechte vmbeteilt Jin mit d' bürg· di b 2 gere Jin phlichtig in allen zü Jwerne · getruwe

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tut hes aber mit Unrechte, so sinnen si aber an den obersten herren der liunge oder der wisunge in den der in lenrecht mit deme gute getun muge. Stirbet ein man, di wile sin wip kint treit, unde is das gedinge in sime gute vorligen, iener, deme is gedinge geiigen is dar an, der sal besizeen mit deme gute bis zu der zeit, bis das das wip einen son gewinnet. Der son envirnet ouch nimande kein gedinge, he enwerde lebinde geborn unde lebe noch des vater tode. Aber liet ein herre sine bürg gancz oder lest he si sime ungenosen, di bürgere ensin nicht phlichtig zu volgene an ienen mit irme burglene, si behalden is von deme sis gehabit haben vor ir rechte len, oder si volgen da mite an den, deme hes gelasen hat vor ein recht len, ir gebu uf der burg sal man en gelden, ab si nicht wollen bliben. An burglene is anegevelle unde wette des herren unde gedinge alse in anderme lene. Liet ein burger sin burglen eime zu lene, he enkan is im mit lenrechte nicht gebrechen; he darbet aber der volge dar an, is enkume also, alse hi vor geredit is. Der man volget burglene unde erbet is sinen sonen, alleine si beide, bürg unde burglen, eigen des herren, der is im geiigen hat oder ir andir. Swer aber bürge unde bürgere hat, stirbet he, di wile sine kint oder andere sine erben zu lantrechte oder zu lenrechte unbeteilt sin mit der bürg, di bürgere sin phlichtig in allen zu swerne, getruwe

375 tut er es aber zu Unrecht, so verlangen die Mannen Belehnung vom Oberlehensherrn oder Verweisung an den Mann, der ihnen Lehenrecht an dem Gut gewähren kann. Stirbt ein Mann, während seine Frau ein Kind trägt, und ist das Gedinge an seinem Gut verliehen, so soll jener, dem das Gedinge daran verliehen ist, das Gut besitzen bis zu der Zeit, da die Frau einen Sohn gebärt. Der Sohn entzieht nur dann jemandem das Gedinge, wenn er lebend geboren wird und nach des Vaters T o d e lebt. Verleiht aber ein Herr seine ganze Burg oder überläßt er sie einem (standestieferen) Ungenossen, so sind die Burgmannen nicht verpflichtet, an diesen mit ihrem Burglehen zu folgen, (sondern) sie behalten es als rechtes Lehen von jenem, von dem sie es (bisher) gehabt haben; sie können damit aber auch an denjenigen folgen, dem es der Herr als rechtes Lehen aufgelassen hat; ihre Gebäude (die sie) auf der Burg (errichtet haben) soll man ihnen vergüten, wenn sie dort nicht bleiben wollen. An einem Burglehen gibt es Nutzungsanfall und Gewette des Herrn und Gedinge wie bei einem anderen Lehen. Gibt ein Burgmann sein Burglehen einem Mann zu Lehen, so kann er es ihm durch das Lehensgericht nicht entziehen, jener (Mann) hat aber keine Lehensfolge daran, ausgenommen in den Fällen, von denen hiervor die Rede war. Der Mann kann mit seinem Burglehen (an einen anderen Herrn) folgen, und er vererbt es auch auf seinen Sohn, auch wenn beide, Burg und Burglehen, oder eines von beiden Eigentum des Herrn sind, der es ihm geliehen hat. Stirbt aber jemand, der eine Burg und Burgmannen hat, so sind die Burgmannen verpflichtet, allen seinen Kindern oder seinen sonstigen Erben, solange diese die Burg nicht nach Landrecht oder Lehenrecht geteilt haben, zu schwören, treu 1

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1. (Lnr. 71 § 11): Der Besitzer des Gutes (im roten Gewand am Boden liegend) ist gestorben. Er hinterläßt nicht nur das Gut (Ackerhalme im Kreis), sondern auch seinen Heerschild (dargestellt durch das Wappen mit zwei roten Rautenpfählen), der sich auf seinen lebend geborenen Sohn vererbt. Noch ist der Sohn aber nicht geboren, denn die hinterlassene Witwe (grünes Kleid) sitzt schwanger in ihrem Haus. Ihr gegenüber sitzt der Mann, dem die Anwartschaft an dem G u t verliehen ist. Durch die ablehnende Handbewegung ihrer Rechten und mit Aufmerksamkeitsgestus der Linken teilt die Witwe dem Anwärter mit, daß er vorläufig zwar in dem Gut sitzen darf, aber nur, bis sich entschieden hat, ob sie einen lebendigen Sohn zur Welt bringt. Deshalb sitzt der Anwärter auch nicht innerhalb des Hauses, sondern auf dem Zaun, auf den er mit seiner Linken zeigt, womit er die Sachlage anerkennt. Naß, Wappen, S. 270. 2. (Lnr. 71§12): Links im Bild verleiht ein Fürst (kenntlich an der gelben M ü t z e mit goldenem Schapel und am unbemalten Schild neben ihm) sein gesamtes Burggut an einen Vasallen, indem er ihm die Burg smybolisch überreicht. Rechts hat er einen Standestieferen (blau-weißer Schild zu dessen Füßen) mit der Burg belehnt, weswegen die beiden Burgmannen nicht auf der Burg bleiben wollen. Daher bekommen sie von ihrem neuen H e r r n eine Entschädigung (Münzen) f ü r die auf der Burg von ihnen errichteten Gebäude und können fortgehen, weswegen der rechte von ihnen bereits aus dem Bild herausschaut. Maß, Wappen, S. 270. 3. (Lnr. 71 § 13): Nach dem T o d eines Burgmannes (am Boden liegend) zieht der Burgherr (in Herrentracht mit Schapel) das Gut zu seinem Nutzen an sich, indem er symbolisch die Ackerhalme an sich nimmt. Der M a n n im blauen Rock zahlt ein Strafgeld an den Herrn, indem er seinen Rockschoß schürzt, wohl um das Geld hervorzuholen. Der M a n n in Rot sinnt beim Herrn um die Anwartschaft auf die Burg mit den d a f ü r typischen Handgesten. 4. (Lnr. 71 §§ 14,15): Rechts im Bild verleiht ein Burgherr (Herrentracht mit Schapel) sein Burglehen an einen Vasallen, weswegen die Kommendation auch auf der Burg stattfindet. Anschließend versucht er vergeblich, diese Verleihung rückgängig zu machen, indem er über den zur Kommendation bereiten H ä n d e n einen Stab zu durchbrechen versucht. Die Bekleidung des H e r r n ist hier fälschlicherweise die des Vasallen und nicht die des Burgherrn (besser, jedoch auch nicht völlig korrekt, D). Links verlangt der Mann (rotes Kleid) vom neuen Burgherrn (Herrentracht mit Schapel) die Erneuerung des Burglehens, welche ihm zuteil wird (Kommendationsgestus). Da sich dieses Recht auch auf seinen Sohn (kleine Figur in Grau) vererbt, zieht dieser die zum Zeichen des Eigenbesitzes um den Fuß des H e r r n gebundenen Ackerhalme an sich. 5./6. (Lnr. 71§16): Nach dem T o d e des am Boden liegenden Burgherrn (es fehlt das Schapel) stehen dessen Erben, eine Frau und zwei Männer, auf der Burg dicht beieinander, d.h. sie haben diese noch in gemeinsamem Besitz. Rechts stehen die Burgmannen und schwören den Erben auf das Reliquiar Hulde und Treue. Der Mann ganz rechts hält einen Stein in seiner erhobenen H a n d , um die Burg gegen fremde Angriffe zu schützen. Der Mann im blauen Kleid deutet mit dem Finger auf seinen Mund, weil er die Eidesformel ausspricht, während der Mann in Rot auf alle drei Erben zeigt, da der Eid sich auf alle bezieht.

1 getruwe Adj. ,treu, getreu, wohlmeinend'.

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vn holt zu wejene · alje b 2 g'e ire h're weje Julie · Ji Jin wip od' mä-vn ire burg en zubehaldene wid' allir menlicheme noch burg'e rechte · dis Jal tvn ir iclich di wile he Jin b 2 ger wejin wil jin burglen en darf he ab' nicht-me den vö ir eime enphan-Von des riches gute müs mä wol burglen lien· alleine Ji di burg eige-vö burglene en is he nicht phlichtig Jime h'ren zu dinene noch hofvart-noch h ' u a r t - m e wen uf d' burg Jal he wane · vn Ji weren ab Ji is bedarf · vn Jime h're orteil vinde zu burgrechte · Burg recht en mag d' h're nierge gehabe me we uf Jine bürge·orteil vinde vfi gezug wejin en müs nimät he en habe burglen von deme h'ren -ouch en mag mä von burglene noch orteil vinde noch gezug wejin vb' den d' recht len hat-noch ien' vb' d i j e n · Von icliche andere lene ane burglen-müsd' mä orteil vinden ub' den and'en-vii gezug wejen d' an deme h'Jchilde is volkvmen ane uffe vorjten van len • Der vorjte mag ab' orteil vinde vn gezcug wejen vb' icliche mä des riches • vorjte heijt durch das vorJte des riches · das Jin vanlen da he vorjte ab wejen Jal · nimät vor im enphan en Jal · Jwen is vor im ein and' enphet-d' is im liet-Jo en is he d' vordirjte in d' lenüge nich'· durch das en mag he von deme lene kein vorjte gejin · Swer vanlen hat vn vorjte is · der en Jal keinen

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unde holt zu wesene alse bürgere iren herren wesen sullen, si sin wip oder man unde ire burg en zu behaldene wider allir menlicheme noch bürgere rechte. Dis sal tun ir iclich, di wile he sin burger wesin wil, sin burglen endarf he aber nicht me den von ir eime enphan. Von des riches gute mus man wol burglen lien, alleine si di bürg eigen. Von burglene enis he nicht phlichtig, sime herren zu dinene noch hofvart noch hervart me, wen uf der bürg sal he wanen unde si weren, ab si is bedarf, unde sime herren orteil vinden zu burgrechte. Burgrecht enmag der herre niergen gehaben me, wen uf sinen bürgen; orteil vinden unde gezug wesin enmus nimant, he enhabe burglen von deme herren, ouch enmag man von burglene noch orteil vinden noch gezug wesin über den, der recht len hat, noch iener über disen. Von iclicheme anderen lene ane burglen mus der man orteil vinden über den anderen unde gezug wesen, der an deme herschilde is volkumen, ane uffe vorsten vanlen. Der vorste mag aber orteil vinden unde gezcug wesen über iclichen man des riches. Vorste heist durch das vorste des riches, das sin vanlen, da he vorste ab wesen sal, nimant vor im enphan ensal, swen is vor im ein ander enphet, der is im liet, so enis he der vordirste in der lenunge nicht, durch das enmag he von deme lene kein vorste gesin. Swer vanlen hat unde vorste is, der ensal keinen

1 iren WD,

eren O, sime Horn.

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und ergeben 1 zu sein, wie Burglehensmannen ihren Herren sein sollen, sie seien Frau oder Mann, und ihre Burg gegen jedermann 2 zu halten nach Burgmannenrecht. Dies soll jeder von ihnen tun, wenn er ihr Burgmann sein will; sein Burglehen braucht er aber nur von einem von ihnen zu empfangen. Vom Reichsgut darf man ein Burglehen verleihen, auch wenn die Burg selbst Eigengut ist. Aufgrund eines Burglehens ist man nicht verpflichtet, seinem H e r r n durch H o f f a h r t 3 und Heerfahrt zu dienen; der Mann muß aber auf der Burg wohnen und diese verteidigen, wenn es erforderlich ist, und er muß seinem Herrn Urteil finden im Burggericht. Das Burggericht kann der H e r r nirgendwo sonst als auf seiner Burg abhalten; niemand kann Urteil finden und Zeuge sein, wenn er nicht ein Burglehen von dem H e r r n hat; auch kann man aufgrund des Burglehens weder Urteil finden noch Zeuge sein gegenüber dem, der ein rechtes Lehen hat, noch jener gegenüber diesem. Von jedem anderen Lehen außer Burglehen muß der Mann, der am Heerschild vollkommen ist, Urteil finden über den andern und Zeuge sein, ausgenommen über ein Fahnenlehen eines Fürsten. Der Fürst kann aber Urteil finden und Zeuge sein gegenüber jedem Mann des Reiches. Ein Fürst heißt darum Fürst des Reiches, weil sein Fahnenlehen, aufgrund dessen er Fürst sein soll, niemand vor ihm empfangen darf; wenn es vor ihm ein anderer empfängt, der es ihm leiht, so ist er nicht der Erste 4 bei der Belehnung und kann darum von diesem Lehen nicht Fürst sein. Wer Fahnenlehen hat und Fürst ist, der soll keinen

folio 81 recto

1. (Lnr. 71§16): D i e Bildzeile e r h ä l t d u r c h d e n B u r g t u r m am linken B i l d r a n d u n d d a s B u r g t o r mit e i n g e z e i c h n e t e m G a t t e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r ihren ä u ß e r e n R a h m e n . W i e d e r u m sind die drei E r b e n des v e r s t o r b e n e n B u r g h e r r n - zwei M ä n n e r u n d eine Frau mit Schleier (vgl. W fol. 82v5) - auf d e r B u r g m a u e r dargestellt. D e r auf d e r B u r g e r s c h i e n e n e B u r g m a n n im r o t e n G e w a n d , auf d e n die b e i d e n E r b e n r e c h t s z e i g e n , e m p f ä n g t r e c h t m ä ß i g das B u r g l e h e n d u r c h die H ä n d e eines d e r E r b e n ( g r ü n e s Kleid). 2. (Lnr. 71 § 18): D e r Bildstreifen e r l ä u t e r t die D i e n s t e d e r Burgm a n n e n . Z u m einen sind die M ä n n e r v e r p f l i c h t e t , die B u r g zu bew o h n e n . Z u m a n d e r e n v e r t e i d i g e n die drei g e r ü s t e t e n M ä n n e r (zwei M ä n n e r mit E i s e n h e l m e n t r a g e n jeweils einen r o t e n Ledigschild u n d einen Stein in i h r e r e r h o b e n e n r e c h t e n H a n d , d e r d r i t t e ist mit einer A r m b r u s t b e w a f f n e t ) die B u r g g e g e n die b e i d e n am linken B i l d r a n d ebenfalls g e w a p p n e t e n A n g r e i f e r (die erste P e r s o n mit H e r s e n i e r u n d s p i t z e m E i s e n h u t , die z w e i t e im g r ü n e n Kleid mit g e s c h w u n g e n e m S c h w e r t ) . Naß, Wappen, S. 270. 3. (Lnr. 71 § 19): D a s B u r g g e r i c h t h ä l t d e r B u r g h e r r im l i c h t g r ü n e n G e w a n d u n d mit Schapel n u r auf d e r B u r g (blaue M a u e r , r o t e r T u r m ) . Bei d e n ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n P e r s o n e n h a n d e l t es sich u m U r t e i l s f i n d e r b z w . Z e u g e n ( S c h w u r g e b ä r d e auf die R e l i q u i e n ) . U r t e i l s f i n d e r b z w . Z e u g e k a n n a b e r n u r d e r j e n i g e sein, d e r ein Burglehen von dem Burgherrn hat, was vom Illustrator symbolisch durch das emporgehaltene Investitursymbol ausgedrückt worden ist. In d e r k l e i n e r e n linken B i l d h ä l f t e s t e h e n links u n d r e c h t s d e r R e l i q u i e n zwei P e r s o n e n , die m i t W e i g e r u n g s g e b ä r d e d a r g e s t e l l t sind. D e n n die I n h a b e r von r e c h t e n L e h e n (links) u n d die B u r g m a n n e n (auf d e r M a u e r ) k ö n n e n w e d e r g e g e n e i n a n d e r z e u g e n noch übereinander Urteil finden. 4. (Lnr. 71 §20): D e r in d e r Bildmitte mit v e r s c h r ä n k t e n Beinen sitz e n d e B u r g m a n n (blaues Kleid) weist auf die b e i d e n im T e x t gen a n n t e n A u s n a h m e n , ü b e r die a u c h ein an deme herschilde v o l l k o m m e n e r M a n n w e d e r U r t e i l f i n d e n n o c h Z e u g n i s g e b e n k a n n . Symbolisch zeigt er d e s h a l b mit d e r R e c h t e n auf die b e i d e n F a h n e n als W a h r z e i c h e n f ü r f ü r s t l i c h e s F a h n e n l e h e n , w ä h r e n d er mit seiner linken H a n d auf die n u r u n z u r e i c h e n d g e z e i c h n e t e B u r g an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r als W a h r z e i c h e n f ü r d a s B u r g l e h e n weist. D a s dargestellte R e l i q u i a r ist auf d a s Z e u g n i s g e b e n z u b e z i e h e n . D e r am linken B i l d r a n d s t e h e n d e M a n n , der an s e i n e m H e e r s c h i l d volkumen ist - symbolisiert d u r c h d e n Schild mit d e n drei r o t e n S c h r ä g r e c h t s b a l k e n - k a n n w e d e r g e g e n d e n B u r g m a n n urteilen noch Zeugnis geben (Weigerungsgebärde). Naß, Wappen, 5. 270. 5. (Lnr. 71 §20): D e r F ü r s t ( M ü t z e m i t Schapel), d u r c h die L e h e n s f a h n e als I n h a b e r eines F a h n e n l e h e n s g e k e n n z e i c h n e t , f i n d e t U r teil (symbolisiert d u r c h die g r ü n e U r t e i l s r o s e ) u n d legt mit S c h w u r f i n g e r g e b ä r d e seiner r e c h t e n H a n d auf die R e l i q u i e n Z e u g nis ab gegen j e d e n M a n n des Reiches. D e s h a l b h a t d e r I l l u s t r a t o r rechts die B e l e h n u n g (mit K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) eines sich u m b l i c k e n d e n , s t e h e n d e n M a n n e s (rotes Kleid) d u r c h d e n mit vers c h r ä n k t e n Beinen s i t z e n d e n K ö n i g ( K r o n e ) dargestellt. Naß, Wappen, S. 270.

1 holt A d j . , g e w o g e n , f r e u n d l i c h ' , ,dienstbar', ,treu, e r g e b e n ' ; 2 menltch, mannelich A d j . »jeder, j e d e r m a n n ' ; 3 hojvart, hovevart st.F. , H o f f a h r t , Z u g z u m H o f des L e h e n s h e r r n ' ; 4 vorderst S u perl. von vor.

folio 81 verso leien zu h'ren habe ane den kvnig-Vf iclich des vorjten len ane vanlen mils iclich mä volküme an me herjchilde d' von Jime h're belent is gezüg we/in vfi orteil vinde · Ny mant en mag ouch weigern zü lenrechte orteil zü vindene · gezug vn vorjpreche zü wejene d' h're uf den man-νή d' mä uf den h're der mag uf den mag · Der kvnig müs wol tedinge zu lenrechte eine vorjte vb' Jechs wochen mit Jime briue · vn mit Ji= me ingejigele ineine bejcheidene Jtat • keine wrte en darf he benenne injine tedinge· den Jwo he offenbar dinget das is d' h o f · An gebundene tagen • vn in alien Jteten · ane in kirchen müs d' kvnig Jin lenrech wol habe - Di burgetore Jul η offen Jin da d' h're zu burgrechte inne tedinget· In bejlojjenen wendin-vn vnd' dache en darf nimät orteil vinde · Nicht wen durch dri Jache mag d' h're tedinge Jime burg'e ab he Jich vor vntruwit kegin im · od' ab he d' burg da he burg' is abe Jwich t u t - o d ' ab ein burg'e uf den and'en clagit vme burglen-Ab d' h're Jime b 2 gere tedinget zu burgrechte vme dije Jchult· he Jelbe · od' Jin bote Jal im kvndege das teding im Jelb' · od' injine hof da is zcwene Jine burg'e horen-Jo Jal he im volge m1 burgrechte ane bejcheidene hof alje da s lenrecht hye vor leret·

378

5

ίο

a

2o

2>

ίο

leien zu herren haben ane den kunig. Uf iclich des vorsten len, ane vanlen, mus iclich man, volkumen an me herschilde, der von sime herren belent is, gezug wesin unde orteil vinden. Nimant enmag ouch weigern, zu lenrechte orteil zu vindene, gezug unde vorspreche zu wesene, der herre uf den man unde der man uf den herren, der mag uf den mag. Der kunig mus wol tedingen zu lenrechte einen vorsten über sechs wochen mit sime brive unde mit sime ingesigele in eine bescheidene stat, keine worte endarf he benennen in sinen tedingen, den swo he offenbar dinget, das is der hof. An gebundenen tagen unde in allen steten, ane in kirchen, mus der kunig sin lenrech t wol haben. Di burgetore suln offen sin, da der herre zu burgrechte inne tedinget. In beslossenen wendin unde under dache endarf nimant orteil vinden. Nicht wen durch dri sache mag der herre tedingen sime bürgere, ab he sich voruntruwit kegin im oder ab he der bürg, da he burger is, abeswich tut oder ab ein bürgere uf den anderen clagit umme burglen. Ab der herre sime bürgere tedinget zu burgrechte umme dise schult, he selbe oder sin bote sal im kundegen das teding, im selber oder in sineme hof, da is zcwene sine bürgere hören, so sal he im volgen mit burgrechte ane bescheidenen hof, alse das lenrecht hie vor leret.

14/16 An - haben W D Horn., fehlt O. Horn., fehlt O.

16 haben W D, halden

379 Laien zum Herrn haben außer den König. Gegenüber jedem Fürstenlehen, ausgenommen das Fahnenlehen, muß jeder Mann, der von seinem Herrn belehnt ist, Zeuge sein und Urteil finden, wenn er am Heerschild vollkommen ist. Niemand kann sich auch weigern, im Lehensgericht Urteil zu finden, Zeuge und Vorsprecher zu sein, weder der H e r r gegen den Mann noch der Mann gegen den Herrn, noch der Verwandte gegen den Verwandten. Der König darf einen Fürsten mit Brief und Siegel vor das Lehensgericht laden über sechs Wochen an einen bestimmten Ort; er braucht den Gerichtsplatz 1 in seiner Ladung nicht genau zu bezeichnen, denn wo auch immer der König öffentlich Gericht hält, da ist der Hoftag 2 . Der König darf sein Lehensgericht auch an gebundenen Tagen und an allen Orten abhalten, außer in Kirchen. Die Burgtore sollen offen sein, wenn der H e r r drinnen Burggericht hält. Hinter verschlossenen Wänden und unter Dach darf niemand ein Urteil finden. N u r in drei Fällen kann der H e r r seinen Burgmann vor Gericht laden: wenn dieser treulos gegen ihn handelt, wenn er die Burg, deren Burgmann er ist, im Stich läßt oder wenn ein Burgmann gegen den anderen wegen des Burglehens klagt. Wenn der H e r r seinen Burgmann wegen einer dieser Anschuldigungen vor das Burggericht lädt, so soll er selber oder sein Bote ihm den Gerichtstag verkünden, (und zwar) ihm selbst oder in seinem H o f , so daß es zwei seiner Burgmannen hören; dann soll er ihn mit dem Burggericht belangen, ohne ihn, wie hiervor das Lehenrecht lehrt, auf einen bestimmten Hof zu laden.

folio 81 verso

lr. (Lnr. 71 §22): Der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Oberlehensherr (Mütze mit Schapel) im blauen Gewand belehnt den vor ihm stehenden Mann (rotes Gewand), der an seinem Heerschild vollkommen ist (zum Zeichen ist ihm ein beiger Schild mit Pfahl beigegeben), mit einem Gut. Symbolisch hat dies der Illustrator durch das Uberreichen des grünen Zweiges ausgedrückt. Damit ist der volkumen Mann verpflichtet, über jedes Fürstenlehen Urteil zu finden bzw. Zeuge zu sein. Im Bild wird dies durch Fingerzeig der rechten Hand des Mannes auf die grüne Urteilsrose (oberhalb des blauen Bildbuchstabens V) angedeutet. Naß, Wappen, S. 270. Ii. (Lnr. 71 §23): Der in der Bildmitte sitzende Lehensherr (lichtgrünes Gewand und Schapel) und der ihm gegenüberstehende Mann (grau changierendes Gewand) kreuzen symbolisch ihre aufgestreckten rechten Unterarme übereinander, weil sich weder Herr noch Mann im Lehensgericht weigern können, Urteil über den anderen zu finden bzw. Zeuge oder Vorsprecher zu sein. Weil der Lehensherr selbst Partei ist, sitzt dem Lehensgericht ganz rechts dessen Stellvertreter (Mütze mit Schapel) in einem beigen Rock vor. Zur näheren Identifizierung hat der Illustrator zusätzlich sowohl den Lehensmann mit hinweisender Gebärde seiner linken als auch den Lehensherr mit Gestus einer dritten Hand auf den zwischen ihnen dargestellten roten Bildbuchstaben Ν zeigend dargestellt. 2. (Lnr. 72§ 1): In der rechten Bildhälfte lädt der sitzende König (Krone) mit sime brive unde mit sime ingesigele einen Fürsten vor das Lehensgericht. Diesen mit seinem (ledigen) Siegel versehenen Ladungsbrief übergibt der König seinem vor ihm stehenden Boten (mit gugelartiger, grüner Mütze), dessen Inhalt er vermutlich durch Fingerzeig auf die in ihren Umrissen skizzierte bescheidene stat an der Text-Bild-Zäsur andeutet. Denn w o immer der König öffentlich Gericht hält, das is der hof. Links übergibt der Bote den gesiegelten Brief an den sitzenden Oberlehensherrn (blaues Gewand, Mütze mit Schapel), der als sichtbares Zeichen f ü r das Fahnenlehen eine Fahne in seiner Linken hält. Drescher, Lüneburger Ratshandschriften, S. 138. 3r. (Lnr. 72§1): An der Text-Bild-Zäsur zeigt der König (Krone) mit Fingerzeig seiner linken H a n d auf das Zeichen f ü r die gebundenen Tage, denn auch an Friedenstagen darf der König sein Lehensgericht abhalten. Auf einer Burgmauer stehend, will er dieses offenbar in einer Burg halten, deren T o r dem Text entsprechend offen steht. Der dem König gegenüberstehende Oberlehensherr (Mütze mit Schapel), wiederum mit einer Fahne in seiner Linken, zeigt mit seiner rechten H a n d ebenfalls auf das Zeichen f ü r die Friedenstage und verspricht wohl so, an dem angesetzten Rechtstag zu erscheinen. 3l. (Lnr. 72§ 1): In der größeren linken Bildhälfte hält ein Lehensherr (lichtgrünes Gewand, Schapel) sein burgrechte. Der H e r r gebietet mit Befehlsgestus seiner rechten H a n d dem vor ihm stehenden Mann, Urteil zu finden, was dieser auch tut (Handgebärde). Wiederum steht das T o r der Burg unter dem T u r m offen, denn hinter verschlossenen Wänden und unter einem Dach darf niemand Urteil finden. Die im T u r m gezeichnete dritte Person ist in diesem Zusammenhang nicht näher zu bestimmen.

1 wort, wurt (mnd.) st.F. ,Hofstätte', hier ,Platz, Gerichtsplatz'; hof st.M. gerichtliche Versammlung, Hoftag 4 .

4. (Lnr. 72§2): Der Burgherr (lichtgrüner Rock, Schapel) hält Gericht auf einer Burg über einen Burgmann (rotes Gewand), der mit gekreuzten H ä n d e n (Ehrfurchtsgebärde) vor seinem Herrn steht. N u r einem Vergleich mit dem Text ist zu entnehmen, d a ß die drei weiteren Personen in der rechten Hälfte der Bildzeile vermutlich auf die im Text genannte Zuständigkeit des H e r r n nur in drei Angelegenheiten zu beziehen sind. Damit hat der Illustrator eine abstrakte Rechtsaussage folgendermaßen personifiziert (von links nach rechts): Die Untreue eines Burgmanns gegen seinen H e r r n wird im Bild durch einen mit einem gezückten Schwert bewaffneten Mann dargestellt. Hinter diesem steht in einem roten Gewand mit grauer Kapuze derjenige, der über einen anderen Burgmann um ein Burglehen klagt (Handgebärde). Bei der fünften, abgewandten Person handelt es sich um den Burgmann, der die Burg im Stich läßt. 5. (Lnr. 72§3): Am linken und rechten Bildrand stehen sich der Burgherr (lichtgrünes Gewand, Schapel) und ein Burgmann (rot changierendes Gewand) gegenüber. Der Herr lädt mit einem Boten zum Gerichtstag wegen einer der Klagen (vgl. die vorherige Bildzeile) auf die Burg, deren T o r unterhalb des roten Bildbuchstaben Α gemäß Lnr. 72§1 offensteht. Der Bote (rotes Gewand) ist als solcher in der Bildmitte durch die Fingerzeige auf die beiden äußeren Personen ausgewiesen. Die beiden hinter ihm stehenden Personen (im grauen bzw. grünen Kleid) zeigen auf ihren Kopf, weil es sich um Ohrenzeugen der Verkündung handelt. Der so geladene Burgmann folgt - aus diesem Grund zeigt er auf den Burgherrn - dem gebotenen Rechtstag.

380

folio 82 recto IUI

25

Vor teilt ab' d' h're Jime b 2 g'e Jin burglen · das Jal he bin JechJwoche us zcien · od' mä v'teilt im alle an Jproche dar an · Is ein bürg' m' gejinde vö d' bürg gevare-vn gebuit im d' h're zu varne • vfi wirt im das gekvndig e t - o d ' injine h o f - d a is zcwene b 2 g'e des h'ren hören · en vert he injechjwoche nicht wid' uf · mä v'teilt im Jin burglen · is en beneme im echt not-Kvmt ab' d' b 2 g' wid' uf bin JechJwoche • vfi blib' he eine nacht dar uffe · mä en mag im nich' v'teiln Jin burglen-brenget ab' en d' h're m l orteiln u f - J o en müs he nicht ab varen m' gejinde ane des h're orlop · Recht len vn burglen mag ein mä m' ein' liünge enphä-das he beid' liüge Jvnd'liche gezüg habe-Wirt eine bürg m' gewalt gebroche · durch vngerichte da der b 2 ger vnjchuldig an is · he en Jal Jins burg= lenes durch das nicht darbe · das burglen Ji di wile Jin rechte len · bis di bürg w'de wid' gebuwit m' müre od' m 1 blanke · aljo verre das mä Ji m 1 eime tore muge bejlijen · Doch en müs mä keine bürg wid' büwen · di m' orteiln gebroche wirt-Ab eine bürg vfi burglen nich' ineine gewalt gehöret· vfi

3o

noch des h're tode Jvnd'lichen h're ledig wirt· vfi das burglen gezweiet wirt vö d' bürg· di burg'e volge irme burglene-da das hyn gehöret·wenne is ijt denne ir rech' len-Jint Ji d' b u r g j a j e dar ab ledig Jin·

s

10

n

2o

s

ίο

u

20

n

30

Vorteilt aber der herre sime bürgere sin burglen, das sal he bin sechswochen uszcien oder man vorteilt im alle ansproche dar an. Is ein burger mit gesinde von der bürg gevaren unde gebuit im der herre wider uf zu varne unde wirt im das gekundiget oder in sineme hof, da is zcwene bürgere des herren hören, envert he in sechswochen nicht wider uf, man vorteilt im sin burglen, is enbeneme im echt not. Kumt aber der burger wider uf bin sechswochen unde blibet he eine nacht dar uffe, man enmag im nicht vorteiln sin burglen, brenget aber en der herre mit orteiln uf, so enmus he nicht abvaren mit gesinde ane des herren orlop. Recht len unde burglen mag ein man mit einer liunge enphan, das he beider liunge sunderlichen gezug habe. Wirt eine bürg mit gewalt gebrochen durch ungerichte, da der burger unschuldig an is, he ensal sins burglenes durch das nicht darben, das burglen si di wile sin rechte len, bis di bürg werde wider gebuwit mit muren oder mit blanken also verre, das man si mit eime tore muge beslisen. Doch enmus man keine bürg wider buwen, di mit orteiln gebrochen wirt. Ab eine bürg unde burglen nicht in eine gewalt gehöret unde noch des herren tode sunderlichen herren ledig wirt unde das burglen gezweiet wirt von der bürg, di bürgere volgen irme burglene, da das hingehöret, wenne is ist denne ir recht len, sint si der burgsase dar ab ledig sin.

5 wider uf] weder up Horn., weder O, fehlt WD. 17 nach gebrochen] oder let sie die herre togan, oder wert sie gebroken Horn. durch W D, dor Ο, um Horn. 22 beslisen W, beslizen D, be-

schütten O, besluten Horn.

381

Spricht aber der H e r r seinem Burgmann sein Burglehen ab, so soll dieser es binnen sechs W o c h e n wieder an sich ziehen, oder man spricht ihm alle Ansprüche darauf ab. Ist ein Burgmann mit seinem Gesinde von der Burg weggezogen und gebietet ihm der H e r r , wieder einzuziehen, wird ihm das selbst oder in seinem H o f e verkündet, da es zwei Burgmannen des H e r r n hören, u n d zieht er dann nicht binnen sechs W o c h e n wieder ein, so spricht man ihm sein Burglehen ab, wenn ihn nicht echte N o t hindert. K o m m t aber der Burgmann binnen sechs W o c h e n wieder auf die Burg u n d bleibt er d o r t eine Nacht, so kann man ihm sein Burglehen nicht absprechen; bringt ihn aber der H e r r k r a f t Urteils wieder auf die Burg, so darf er mit seinem Gesinde o h n e Erlaubnis des H e r r n nicht wieder ausziehen. Ein rechtes Lehen u n d ein Burglehen kann ein M a n n mit einer Belehnung empfangen, wenn er nur f ü r beide Belehnungen besondere Zeugen hat. Wird eine Burg durch eine U n r e c h t s t a t mit Gewalt gebrochen 1 u n d ist der Burgmann daran unschuldig, so soll er deswegen sein Burglehen nicht verlieren; das Burglehen sei d a n n solange sein rechtes Lehen, bis die Burg mit M a u e r n u n d Pfählen 2 wieder soweit aufgebaut ist, d a ß man sie mit einem T o r verschließen kann. D o c h darf man keine Burg wieder aufbauen, die durch Urteil gebrochen wird. W e n n eine Burg und ein Burglehen nicht derselben Gewalt unterstehen u n d nach dem T o d e des H e r r n verschiedenen O b e r h e r r e n ledig w e r d e n u n d das Burglehen von der Burg getrennt wird, so folgen die Burgmannen ihrem Burglehen, wohin es gehört, denn es ist n u r ihr rechtes Lehen, nachdem sie d o r t der Burgsassenpflicht 3 entledigt sind.

folio 82 recto

1. (Lnr. 72§4): D a s Bild zeigt d e n B u r g h e r r n (rechts in H e r r e n t r a c h t mit Schapel), d e r e i n e m B u r g m a n n (in R o t gekleidet) auf d e r Burg d a s L e h e n a b s p r i c h t , i n d e m er ihm die G a b e l u m d e n H a l s legt. D a s L e h e n w i r d d u r c h die in e i n e m S t o c k e i n g e s c h l o s s e n e n A c k e r h a l m e dargestellt. D i e Z a h l VI b e d e u t e t die Frist von 6 W o c h e n , die d e r B u r g m a n n Zeit hat, sein L e h e n w i e d e r an sich zu z i e h e n . M i t W e i g e r u n g s g e b ä r d e m a c h t er j e d o c h k e i n e n G e b r a u c h d a v o n , w e s w e g e n die A b s p r e c h u n g des B u r g l e h e n s e n d g ü l tig ist. Dautermann, Bauvorschnften, S. 275f. 2. (Lnr. 72§5): D i e linke B i l d h ä l f t e zeigt d e n B u r g m a n n s a m t sein e m H a u s g e s i n d e , d e r die B u r g verlassen h a t u n d auf seinem H o f sitzt. D o r t v e r k ü n d e t ihm ein Bote des H e r r n ( g r ü n e r R o c k , b l a u e G u g e l ) d a s G e b o t z u r R ü c k k e h r i n n e r h a l b von sechs W o c h e n . D i e Z a h l VI ( o b e r h a l b des B o t e n ) ist w o h l versehentlich n i c h t a u s g e malt w o r d e n . D e r H e r r weist mit seiner R e c h t e n auf zwei w e i t e r e B u r g m a n n e n , die A u g e n - u n d O h r e n z e u g e n (Gestik) des G e b o t e s sind. A u c h d e r Bote weist r ü c k w ä r t s auf d e n H e r r n u n d die Z e u gen, u m auf d e n A u f t r a g g e b e r s e i n e r B o t s c h a f t h i n z u w e i s e n . D e r B u r g m a n n (2. von links) sitzt j e d o c h mit v e r s c h r ä n k t e n A r m e n ( W e i g e r u n g s g e s t u s ) in seinem H o f u n d scheint n i c h t willens, d e m G e b o t Folge zu leisten. Dautermann, Bauvorschriften, S. 275. 3r. (Lnr. 72§5): D e r B u r g m a n n ist mit seinem H a u s g e s i n d e , d a r u n ter eine F r a u u n d ein K i n d , auf die B u r g z u r ü c k g e k e h r t . D a ß er eine N a c h t hier geblieben ist, wird d u r c h d e n H a l b m o n d ü b e r d e m K o p f des B u r g m a n n e s d e u t l i c h . D e r B u r g h e r r versucht, ihm das L e h e n a b z u s p r e c h e n , d o c h d e r M a n n e r g r e i f t e b e n f a l l s die s y m b o lische Gabel, u m seinem H e r r n m i t z u t e i l e n , d a ß er die Frist von sechs W o c h e n e i n g e h a l t e n hat, w e s w e g e n er auf die Z a h l VI v o r ihm weist. 3l. (Lnr. 72§6): Ein B u r g m a n n e m p f ä n g t von seinem H e r r n (links mit Schapel) ein B u r g l e h e n u n d gleichzeitig ein r e c h t e s L e h e n u n ter d e m I n v e s t i t u r s y m b o l des H a n d s c h u h s ( d e u t l i c h e r in D ) . O b w o h l d e r T e x t f ü r jeden B e l e h n u n g s v o r g a n g einen b e s o n d e r e n Z e u g e n vorschreibt, s c h w ö r t hier lediglich ein Z e u g e auf d a s an d e r B u r g m a u e r a u f r a g e n d e Reliquiar. 4. (Lnr. 72§7): L i n k s im Bild w i r d eine B u r g d u r c h z w e i M ä n n e r z e r s t ö r t , die mit H a c k e u n d Brecheisen das G e m ä u e r z u m E i n s t u r z b r i n g e n . D e r B u r g m a n n d r e h t sich z u m H e r r n u m u n d b e d e u t e t ihm, i n d e m er auf das I n v e s t i t u r s y m b o l , d e n Z w e i g , d e u t e t , d a ß die B u r g sein rechtes L e h e n sei. D e r H e r r aber, d e r auf seiner eigenen Burg zu s e h e n ist, m a c h t i h m mit R e d e g e s t u s des a u s g e s t r e c k t e n A r m e s u n d A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s d e r linken H a n d deutlich, d a ß die B u r g z e r s t ö r u n g d u r c h G e r i c h t s u r t e i l r e c h t m ä ß i g ist. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79. 5 . / 6 . (Lnr. 72§8): D a d e r B u r g h e r r g e s t o r b e n ist u n d t o t auf seiner B u r g am B o d e n liegt, sind B u r g u n d B u r g l e h e n an v e r s c h i e d e n e H e r r e n g e f a l l e n . D a i n f o l g e d e s s e n die B u r g m a n n e n v o n d e r Burgs a s s e n p f l i c h t b e f r e i t sind, w e n d e n sie sich an d e n j e n i g e n H e r r n , von d e m das B u r g g u t zu L e h e n s t a m m t . W ä h r e n d ein B u r g m a n n mit g e f a l t e t e n H ä n d e n d e m H e r r n seine M a n n s c h a f t a n b i e t e t u n d a u c h von d i e s e m b e l e h n t w i r d , k o m m t ein z w e i t e r mit d e m Investit u r s y m b o l , d e m Zweig, auf d e n H e r r n z u g e s c h r i t t e n , u m sich bel e h n e n zu lassen.

1 mit gewalt brechen ,mit G e w a l t streitig m a c h e n ' , zu brechen st.V. ,brechen, streitig m a c h e n ' ; 2 planke, blanke sw.F. ,dickes Brett, P f a h l , B e f e s t i g u n g , Pallisade'; 3 burcsez s t . M . N . ,Burgsitz, W o h n u n g auf d e r Burg', hier »rechtliche V e r p f l i c h t u n g , auf d e r B u r g zu wohnen'.

folio

82 verso

V n t z c a g e t d' h're Jime burg'e-Jin burglen Ji Jin rechte len ane Jine hof vn d' b u r g - ν ή volge da mite an den ob'Jte h're als hi v o r geredit is vn Jin gebu Jal mä im gelde • N i m ä t en m a g recht len uf ein' burg b e r e d e - d a d' h're torwarten vn wecht'e b e k o j t i g e t · V o r liet d' h're ein gut da di z i n j g e l d e zu geboren Jin • o d ' Jich indas z i n j g e l t g e k o u f t h a b e - v n e c z w a s dinjtes dar ab Jin phlichtig z u tvne • das d i n j t mag d' h're ledig behalde ab hes us b e j c h e i d e t als he das gut v o r liet· •/ · -LXXIXIs ab' ein vri gilt da nimät z i n j r e c h t an en h a t - n o c h da zu gebore en is-vn bejtatet hes gut eime g a j t e • vordirt imät zii deme d i n j t b e t e - o d ' h ' b ' g e - d a s is v n r e c h t - w e n he en Jal nich' dar ab t v n - w e alje he w i d ' Jine h'ren bedinget hat · gerichte ab' ν ή Jeint Jal he dar ab Juche · H a t ein mä gut ingewere ane · LXXX· liüge v ö v o r m ü d e j c h a f t des wibes odir kindes · o d ' l e j t ein mä Jime brud'e g u t inge-

382

>

10

is

20

w e r e ane des h're wille ντϊ w i j j e n j c h a f t - j t i r b ' d' belente mä di w i l e - i e n ' d' di g e w ' e dar an h a t · Jpricht he dar len an · das en mag he alleine uf den heilige nich' behalde · he müs is g e z o gen ab ien' d' das gedinge dar an hatte · od' d' h're deme is ledig wirt büit z u g e z u g e n e - d a s Jin mä das gut injine lenis gewere hatte bis an Jine t o t - L e n i s g e w e r e müs mä g e z u g e mit Jechs mänen

2s

des herre-eine b l o j e g e w e r e g e z u g e t

30

Untsaget der herre sime bürgere, sin burglen si sin rechte len, ane sinen h o f uf der bürg, unde volge da mite an den obersten herren, als hi v o r geredit is, unde sin gebu sal man im gelden. N i m a n t e n m a g recht len uf einer bürg bereden, da der herre torwarten unde w e c h t e r e beköstiget. Vorliet der herre ein gut, da di zinsgelden z u geboren sin o d e r sich in das zinsgelt g e k o u f t haben, unde e c z w a s dinstes dar ab sin phlichtig z u tune, das dinst mag der herre ledig behalden, ab hes usbescheidet, als he das gut vorliet. C . L X X I X . Is aber ein vri gut, da nimant zinsrecht an enhat noch da z u g e b o r e n enis, unde bestatet hes gut eime gaste, vordirt imant z u deme dinst bete oder herberge, das is unrecht, w e n he ensal nicht dar ab tun, w e n alse he w i d e r sinen herren bedinget hat, gerichte aber unde seint sal he dar ab suchen. C . L X X X . H a t ein man gut in geweren ane liunge von v o r m u n d e s c h a f t des wibes odir kindes o d e r lest ein man sime brudere gut in geweren ane des herren wille unde Wissenschaft, stirbet der belente man di wile, iener, der di g e w e r e dar an hat, spricht he dar len an, das enmag he alleine uf den heiligen nicht behalden, he mus is g e z u gen, ab iener, der das gedinge dar an hatte, o d e r der herre, deme is ledig wirt, buit z u g e z u g e ne, das sin man das gut in sinen lenis g e w e r e n hatte bis an sinen tot. Lenis geweren mus man g e z u g e n mit sechs mannen des herren, eine blose g e w e r e g e z u g e t

2 u f ] uppe Ο Horn., unde WD. 3 g e r e d i t WD, redet 0 , g e s p r o ken Horn. 15/16 d a s - tun WD, d a t is u n r e c h t , wente he ne sal nicht d a r a f d o n O, m a n d u t i m e Unrechte, w e n d e h e n ' i s n i c h t plichtich t o dunde des sines O.

Horn. 19

WD,

Horn., fehlt

383

folio 82 verso

Kündigt der H e r r seinem Burgmann auf, so sei sein Burglehen mit Ausnahme seines Hofes auf der Burg sein rechtes Lehen, und er folge damit an den Oberlehensherrn, wie hiervor gesagt ist, und sein Gebäude soll man ihm vergüten. Niemand kann ein rechtes Lehen an einer Burg beanspruchen, an welcher der H e r r Torwärter 1 und Wächter in Kost hält. Verleiht der H e r r ein Gut, zu dem Zinsleute geboren sind oder sich in das Recht am Zinsgut eingekauft haben, und sind diese daraus zu irgendeinem Dienst verpflichtet, so kann sich der H e r r diesen Dienst vorbehalten, wenn er ihn bei der Verleihung des Gutes ausnimmt. Kapitel LXXIX. Ist es aber ein freies Gut, an dem niemand Zinsrecht hat oder dazu geboren ist, und verpachtet er das Gut einem Fremden 2 und fordert von diesem dann jemand Dienste, Abgaben oder Herberge, so geschieht das zu U n recht, denn er ist (als Pächter) nur zu leisten verpflichtet, was er mit seinem Herrn vereinbart hat; (weltliche) Gerichte und Sendgerichte muß er (als Pächter) aber besuchen. Kapitel LXXX. H a t ein Mann als Vormund seiner Frau oder seines Kindes Lehensgut ohne Belehnung in Geweren oder überläßt ein Mann seinem Bruder die Gewere an einem Gut ohne Wissen und Willen des Herrn, stirbt dann der belehnte Mann und beansprucht jener, der die Gewere daran hat, das Lehenrecht, so kann er es durch einen Eid auf die Reliquien allein nicht erhalten, (sondern) er muß den Zeugenbeweis erbringen, wenn jener, der das Gedinge daran hatte, oder der Herr, dem das Gut ledig wird, sich zum Zeugenbeweis erbietet, daß sein Mann das Gut bis zu seinem T o d e in seinen Lehensgeweren hatte. Eine Lehensgewere muß man mit sechs Mannen des Herrn beweisen, eine einfache Gewere beweist

1 torwart, torwarte st.sw.M. .Türhüter, T o r w ä r t e r , P f ö r t n e r ' ; gast st.M. ,Fremder, Gast'.

2

ll. (Lnr. 72§9): D e r H e r r (mit H e r r e n t r a c h t , jedoch o h n e Schapel) stürzt den B u r g m a n n von den Zinnen der B u r g m a u e r hinab, d.h. d e r Burgmann verliert das Recht, auf d e r Burg zu bleiben, weil ihm sein H e r r das Lehensverhältnis a u f g e k ü n d i g t hat. D a ß ihm f ü r das verlorengegangene G e b ä u d e Ersatz geleistet werden muß, wird im Bild nicht dargestellt. l r . (Lnr. 72§ 10): D e r H e r r ( H e r r e n t r a c h t mit Schapel) reicht dem W ä c h t e r links von ihm im blauen Rock u n d dem T o r w ä r t e r rechts im roten R o c k jeweils eine goldene Schüssel, weil sie in seiner Kost stehen. Die Folgerung daraus, d a ß in diesem Fall niemand ein rechtes Lehen an dieser Burg beanspruchen darf, k o m m t in d e r Darstellung nicht z u m A u s d r u c k . 2. (Lnr. 73§1): Rechts belehnt d e r H e r r einen M a n n mit typischem K o m m e n d a t i o n s g e s t u s . Z u seinem Lehensgut, dargestellt d u r c h das H a u s links, g e h ö r t auch ein Zinsmann, d e r ü b e r das G a t t e r des H a u s e s den G a t t e r z i n s (vgl. W fol. 22v2) entrichtet. D a ß er das a u f g r u n d der vollzogenen Belehnung tut, wird aus seiner Hinweisgebärde deutlich. 3. (Lnr. 73§2): Auf dem G u t , dargestellt d u r c h das H a u s in der Mitte des Bildes, sitzt ein Fremder, der es gepachtet hat. V o r ihm liegen M ü n z e n , womit er d e m V e r p ä c h t e r wohl den Pachtzins z a h len muß. Rechts im Bild ist das weltliche Gericht dargestellt, verk ö r p e r t d u r c h den Schultheißen (kenntlich an seiner K o p f b e d e k kung) und zwei Beisitzer. Links sitzen die Mitglieder des geistlichen Gerichts, welche an ihren T o n s u r e n als Kleriker zu e r k e n n e n sind. D e r P ä c h t e r ist verpflichtet, beide Gerichte zu besuchen, was aus den Befehlsgesten der Kleriker u n d den Hinweisgebärden des weltlichen Gerichtspersonals deutlich wird. 4. (Lnr. 74§1): Ein mit einem G u t belehnter M a n n ist gestorben, u n d ein a n d e r e r M a n n , im roten Kleid, hat dieses G u t in seinen Besitz g e n o m m e n , weswegen er die Ackerhalme an sich zieht. Das W a p p e n hinter ihm, ein u n a u s g e m a l t e r Adler auf weißem H i n t e r g r u n d , ist als Zeichen d a f ü r zu verstehen, d a ß der M a n n das G u t als Lehen behalten will, also den Heerschild besitzt. E r verteidigt dieses G u t g e g e n ü b e r einem a n d e r e n M a n n (im g r a u e n Kleid), ind e m er diesen mit d e r rechten H a n d abweist. D e r d a z u erforderliche Zeugenbeweis ist im Bild nicht dargestellt. Naß, Wappen, S. 270. 5./6. (Lnr. 74§2): V o r u n d hinter dem zu Gericht sitzenden Lehensherrn (Richterstuhl) schwören zwei Parteien mit Auflassungssymbolen ( b l ü h e n d e Zweige) auf die Reliquien, um ihren Besitz zu beweisen. Sie tun dies jeweils mit sechs Z e u g e n , die paarweise in drei G r u p p e n hinter ihnen stehen. Rechts im Bild wird d e r einfache Besitz bewiesen, kenntlich an dem lediglich aus vier Asten bestehenden Investitursymbol, w ä h r e n d links d e r Lehensbesitz bewiesen wird u n d d e r Zweig aus sechs Asten besteht. Die vorgeschriebene Z a h l der Eideshelfer wird in beiden Fällen exakt dargestellt.

384

folio 83 recto IUI

5

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25

3o

ein mä Jelb Jibende · m' vmbefcholdene lute an irme rechte Jw' Ji J"in · / · LXXXI · · Is ijt gut das ein mä d' vrouwe vrunt ir gut m' ir enpha· durch das ab ir h're Jtirb' vn di vrouwe dar nich' gevolge en mag· we Ji des h'Jchildes darbit-das d' mä volge Jime gute noch Jime rechte·we he den herJchilt hat-Swelch' dirre zcweier den ädere vb' leb1 • d' hat lenrech' in deme gute kege den h'ren d' is en gelige hat-hatte is ab' d' mä zu d' vrouwe hät enphäge-vn äders nich'· noch d' vrouwe tode enhat he da nicht rechtes an · ab dis gut kvmt an eine andere h're • liet hes en beide dene alje he durch recht Jal-wen Ji beide ein lenrecht dar an habe-Jo habe Jis von im alje Ji is vö dem erjte h're hatte-Vor Jpricht ab' d' h're d' vrou= we u o l g e v n liet hes dem mäne alleine· he hat vollerecht dar an zu liene · vn zcü lajene m ' d' vrouwe wille · we Ji inden gew'en Jiczt· vn he mag is erbe uf Jine kint· Spricht ein h're ein' vrouwe gut an das Ji ingew'en h a t - o d ' imät d' des h'Jchildes darb'· vn Jag' is im d' h're ledig· von Jins mänes tode · vn Jag' is ir di vrouwe zu vö eime and'en d' noch leb'· gewert Ji d' h're des gutes noch lenrechte di vrouwe behelt is • Der mä müs wol Jine h're -LXXXII· phende durch Jchult vn vor gerichte beclage-da he im rechtes vme geweigert hat vor Jine mänen · vn

5

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2o

25

3o

ein man selb sibende mit unbescholdenen luten an irme rechte, swer si sin. C. LXXXI. Is ist gut, das ein man der vrouwen vrunt, ir gut mit ir enpha, durch das, ab ir herre stirbet unde di vrouwe dar nicht gevolgen enmag, wen si des herschildes darbit, das der man volge sime gute noch sime rechte, wen he den herschilt hat. Swelcher dirre zcweier den anderen uberlebet, der hat lenrecht in deme gute kegen den herren, der is en geiigen hat, hatte is aber der man zu der vrouwen hant enphangen unde anders nicht, noch der vrouwen tode enhat he da nicht rechtes an. Ab dis gut kumt an einen anderen herren, liet hes en beiden denne alse he durch recht sal, wen si beide ein lenrecht dar an haben, so haben sis von im, alse si is von dem ersten herren hatten. Vorspricht aber der herre der vrouwen volge unde liet hes dem manne alleine, he hat vol lenrecht dar an zu liene unde zcu lasene mit der vrouwen wille, wen si in den geweren siezt, unde he mag is erben uf sine kint. Spricht ein herre einer vrouwen gut an, das si in geweren hat, oder imant, der des herschildes darbet, unde saget is im der herre ledig von sins mannes tode, unde saget is ir di vrouwe zu von eime anderen, der noch lebet, gewert si der herre des gutes noch lenrechte, di vrouwe behelt is. C. LXXXII. Der man mus wol sinen herren phenden durch schult unde vor gerichte beclagen, da he im rechtes umme geweigert hat vor sinen mannen unde

29

gerichte

WD Horn.,

unrecht O.

385

folio 83 recto

ein Mann selbsiebent mit an ihrem Rechte unbescholtenen Leuten, wer immer sie auch seien. Kapitel LXXXI. Es ist ratsam, daß ein Mann als Verwandter 1 der Frau ihr Gut mit ihr (zusammen) empfängt, damit der Mann, wenn ihr H e r r stirbt und die Frau damit nicht folgen kann, weil sie keinen Heerschild hat, mit seinem Gut nach seinem Recht folgen kann, da er den Heerschild hat. Wer von diesen beiden den anderen überlebt, der hat das Lehenrecht an dem Gut gegenüber dem Herrn, der es ihnen geliehen hat; hatte es aber der Mann nur zu H ä n d e n der Frau empfangen, so hat er nach dem T o d e der Frau kein Recht daran. Wenn dieses Gut an einen anderen Herrn gelangt und dieser es ihnen dann beiden leiht, wie er es von Rechts wegen tun soll, da sie beide ein Lehenrecht daran haben, so haben sie es von ihm (in gleicher Weise), wie sie es von dem ersten Herrn hatten. Weist aber der H e r r das Folgerecht der Frau zurück und belehnt er nur den Mann, so hat dieser ein volles Lehenrecht (an dem Gut, nämlich) es weiterzuverleihen und aufzulassen, (jedoch nur) mit Einwilligung der Frau, weil sie es in Geweren hat; er kann es auch auf seine Kinder vererben. Beansprucht ein H e r r (als Oberlehensherr) das Gut einer Frau, das sie oder sonst jemand, der keinen Heerschild hat, in Geweren hat, und erklärt es der H e r r infolge des Todes seines Mannes f ü r ledig, beruft sich aber die Frau auf einen anderen (Mann), der noch lebt, und leistet dieser dem Lehenrecht gemäß als Unterlehensherr f ü r das Gut Gewährschaft, so behält die Frau das Gut. Kapitel LXXXII. Der Lehensmann darf seinen Herrn pfänden und vor Gericht verklagen wegen einer Schuld, derentwegen dieser ihm das Recht vor seinen Mannen verweigert hat, wenn

1 vrünt

st.M. . V e r w a n d t e r ' .

1. (Lnr. 75§1): D e r am linken Bildrand s i t z e n d e L e h e n s h e r r (grün e r R o c k , Schapel) b e l e h n t mit K o m m e n d a t i o n s g e s t u s die v o r ihm s t e h e n d e Frau (mit Schleier) z u s a m m e n mit einem M a n n (blau c h a n g i e r e n d e s G e w a n d , r o t e Beinkleider). N u r aus einem V e r gleich mit d e m T e x t ist zu e n t n e h m e n , d a ß es sich hier v e r m u t l i c h u m einen V e r w a n d t e n d e r F r a u h a n d e l t . D e r Ledigschild an d e r Seite des M a n n e s weist symbolisch auf dessen H e e r s c h i l d f ä h i g k e i t , d a m i t d e r M a n n im Falle des T o d e s des H e r r n von d e r Frau Leh e n s e r n e u e r u n g verlangen k a n n . R e c h t s e r b i t t e n n a c h d e m T o d des am B o d e n liegenden L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k ) die gleiche F r a u u n d d e r gleiche M a n n z u s a m m m e n v o n d e m n e u e n , an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) die L e h e n s e r n e u e r u n g n a c h M a n n e n r e c h t , weil d e r M a n n h e e r s c h i l d f ä h i g - so v e r a n s c h a u l i c h t d u r c h d e n Ledigschild an d e r Seite des M a n n e s - ist. M i t K o m m e n d a t i o n s g e s t u s b e l e h n t d e r Lehensherr beide Personen. Naß, Wappen, S. 270. 2. (Lnr. 75§1): Im B i l d z e n t r u m erbittet ein M a n n n a c h d e m T o d d e r am B o d e n in seinem R ü c k e n l i e g e n d e n F r a u (mit Schleier), auf die er mit F i n g e r z e i g seiner d r i t t e n H a n d z u r ü c k w e i s t , L e h e n s e r n e u e r u n g mit v o r g e s t r e c k t e n H ä n d e n . M i t v e r s c h r ä n k t e n A r m e n ( W e i g e r u n g s g e s t u s ) verweigert d e r L e h e n s h e r r die B e l e h n u n g , weil d e r M a n n d a s L e h e n n u r zu der vrouwen hant enphangen u n d n a c h i h r e m T o d kein R e c h t m e h r d a r a n hat. Naß, Wappen, S. 270. 3. (Lnr. 75§2): D e r Bildstreifen b e r ü c k s i c h t i g t n u r d e n z w e i t e n Satz von L n r . 75§2. In d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e e r h ä l t d e r v o r d e m n e u e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) k n i e n d e M a n n (blau c h a n g i e r e n d e r R o c k , r o t e Beinkleider; vgl. Bildzeile 1), d e r z u s a m m e n mit d e r n e b e n ihm s t e h e n d e n Frau b e l e h n t (vgl. Bildzeile 1) w o r d e n ist, die L e h e n s e r n e u e r u n g ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . Weil d e r n e u e L e h e n s h e r r d e r a u f r e c h t s t e h e n d e n Frau (Schleier) d a s N a c h f o l g e r e c h t verweigert, i n d e m er mit seiner d r i t t e n H a n d an ihren U n t e r a r m f a ß t (Scheltegestus), e r h ä l t d e r M a n n so volles L e h e n r e c h t an d e m G u t . D e s h a l b k a n n d e r M a n n (identische Kleid u n g ) in d e r linken B i l d h ä l f t e einem a n d e r e n M a n n ( g r ü n e s O b e r g e w a n d , r o t e r R o c k ) das G u t - im Bild d u r c h die d a r g e b o t e n e n Ä h r e n symbolisiert - w e i t e r l e i h e n . E b e n s o ist e r a u c h b e r e c h t i g t , das G u t auf seine drei v o r ihm s t e h e n d e n K i n d e r (kleinere S t a t u r ) zu v e r e r b e n . U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt d e r Bildstreifen, d a ß dies n u r mit d e r E i n w i l l i g u n g d e r Frau g e s c h e h e n k a n n , wen si in den geweren siezt. 4. (Lnr. 75§3): N a c h d e m T o d des am B o d e n l i e g e n d e n M a n n e s , d e r z u s a m m e n mit d e r Frau (Schleier, rotes G e w a n d ) b e l e h n t war, b e a n s p r u c h t d e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r - fälschlich als L e h e n s h e r r ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel) - g e z e i c h n e t e O b e r l e h e n s h e r r d a s G u t u n d e r k l ä r t es f ü r ledig. D e s h a l b d e u t e t d e r O b e r l e h e n s h e r r mit F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n auf die K o r n h a l m e , die seinen A n s p r u c h v e r d e u t l i c h e n , w ä h r e n d er z u m a n d e r e n mit seiner L i n k e n auf d e n T o t e n zeigt. In d e r M i t t e d e s Bildes h ä l t die F r a u d a s G u t n u n z u s a m m e n mit einem a n d e r e n M a n n ( d e r w o h l z u s a m m e n mit d e r F r a u v o n d e m links s i t z e n d e n U n t e r l e h e n s h e r r n b e l e h n t w o r d e n ist) in g e m e i n s c h a f t l i c h e r G e w e r e . Aus d i e s e m G r u n d h a l t e n beide P e r s o n e n die e m p o r w a c h s e n d e n Ä h r e n mit ihren H ä n d e n u m s c h l o s s e n . M i t F i n g e r z e i g i h r e r r e c h t e n H a n d b e r u f t sich die Frau auf d e n links s i t z e n d e n U n t e r h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel), d e r die e r f o r d e r l i c h e G e w ä h r s c h a f t d u r c h H a n d g e b ä r d e seiner L i n k e n ( H i n w e i s auf die von ihm b e l e h n t e n P e r s o n e n ) leistet. Folglich l e h n e n d e r L e h e n s t r ä g e r mit seiner e r h o b e n e n linken u n d die Frau mit e i n e r d r i t t e n ( u n a u s g e m a l t e n ) H a n d d e n A n s p r u c h des O b e r h e r r n ab. 5. (Lnr. 76§1): U n t e r h a l b d e r T e x t k o l u m n e v e r w e i g e r t d e r u n t e r einem überdachten G e b ä u d e stehende Lehensherr (grüner Rock, Schapel) mit v e r s c h r ä n k t e n A r m e n ( W e i g e r u n g s g e s t u s ) d e m v o r ihm s t e h e n d e n Vasallen d a s R e c h t . U n t e r V o r g r i f f auf L n r . 76§2 ( = W fol. 8 3 v l ) h a t sich d e r Vasall d e m am linken B i l d r a n d sitz e n d e n L a n d r i c h t e r ( G r a f ) z u g e w e n d e t u n d klagt seinen H e r r n , auf d e n er mit F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n z u r ü c k w e i s t , w e g e n d e r im Bild nicht dargestellten Schuld an. M i t z w e i Z e u g e n , die v o r d e m L a n d r i c h t e r d u r c h Eid auf die R e l i q u i e n d e n T a t b e s t a n d bes c h w ö r e n , v e r s t ä r k t d e r Vasall seine Klage. N a c h d e m d e r L a n d richter mit B e f e h l s g e s t u s d a s Urteil u n d d a m i t d e m Vasallen d a s R e c h t z u g e s p r o c h e n hat, p f ä n d e t d e r Vasall seinen H e r r n , i n d e m er mit seiner L i n k e n ein P f e r d am Z ü g e l aus d e s s e n Stall f ü h r t .

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83 verso

hes g e z u g h a t - R o u b ' a b ' d ' h ' r e de mä h e mü s is wol ν ή iclich vngerichte uf en clage vor Jim e lätricht'e · νή m ü s Jich im wol w e r e - ν ή en darf im d u r c h das Jin g u t nich' l a j e · ab he d e n h ' r e Jine m ä n e alje v're h a t beclagit· das he im rechtes geweigert h a t - U n z c a g ' d ' m ä d e m e h ren l e d i g - d a s he von im h a t t e - v n t z c a g e t o u c h d' h're d e m m ä n e he h a t das g u t v o r l o r n • das d' m ä von im h a t t e · is en Ji des h ' r e eige · νή d ' m ä volge d a mite an den ob'Jten h ' r e n • Is iz ab' eins h ' r e eige · o d ' g e h ö r e t is in ein gotis h ü s - d a is nicht us kvme en m a g - ν ή d ' mä nicht v o r b a s d a mite volge en m a g - d a s g u t behelt d e r mä ane d i n / t zu J i m e übe • νή erb 1 is an Ji= ne k i n t - ν ή tvt d a lenrecht m i t e - a b d ' h ' r e d e m m ä n e v n z c a g e t - v n d ' mä d e m h ' r e n i c h ' · Swer g u t Jime h ' r e uf l e / t - o d ' e n z c a g e t o d ' im v'teilt w i r t - J u l c h gut alje he vö im h a t · d ' Jal d a r b e a l l e r h a n d e gedinge m ' J a m e t d e m e gute das he von im h a t t e · D e r m ä en Jal d e m e h ' r e · n o c h d ' h ' r e d e m m a n n e d u r c h recht nicht i c n z c a g e - w e n h e Jelbe im Jelbe • νή d a n o c h en Jal ir kein d e m ä= d ' e n J c h a d e bin eime tage νή ein' n a c h t · G e b ü i t ab' d ' h ' r e Jine J a m e n v n g e uf de m a n · o d ' d e r m a n uf den h ' r e n · er h e ym e n z c a g e - ν ή e n z c a g e t he im d e n n e alje h e Jich bereitet h a t zcu yenis

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hes g e z u g hat. R o u b e t aber d e r herre den man, h e m u s is wol u n d e iclich u n g e r i c h t e uf en clagen vor sime lantrichtere u n d e m u s sich im w o l weren, u n d e e n d a r f im d u r c h das sin g u t nicht lasen, ab he den h e r r e n sinen m a n n e n alse verre h a t beclagit, das he im rechtes geweigert hat. U n fraget der man d e m e herren, das gut is deme herren ledig, das he von im h a t te, u n t i a g e t o u c h d e r herre d e m m a n n e , he h a t das gut v o r l o r n , das d e r m a n von im hatte, is ensi des h e r r e n eigen, u n d e der m a n volge da mite an den o b e r s t e n h e r r e n . Is iz aber eins h e r r e n eigen o d e r g e h ö r e t is in ein gotishus, da is nicht u s k u m e n e n m a g , u n d e d e r m a n nicht v o r b a s da mite volgen e n m a g , das gut behelt d e r m a n ane dinst zu sime libe u n d e erbet is an sine kint u n d e tut da lenrecht mite, ab d e r h e r r e d e m m a n n e un fraget u n d e d e r man d e m h e r r e n nicht. Swer g u t sime h e r r e n uflest o d e r en fraget o d e r im vorteilt wirt sulch gut, alse he von im hat, d e r sal d a r b e n a l l e r h a n d e gedinge mit s a m e n t d e m e gute, das he von im hatte. D e r m a n ensal d e m e h e r r e n n o c h d e r herre d e m m a n n e d u r c h recht nicht en fragen, w e n he selbe im selben, u n d e da n o c h ensal ir kein d e m and e r e n s c h a d e n bin eime tage u n d e einer nacht. G e b u i t aber d e r h e r r e sine s a m e n u n g e uf den m a n o d e r d e r m a n uf den herren, er he im en frage, u n d e en fraget h e im d e n n e , alse h e sich bereitet h a t zcu ienis

7 das - herren] dat god si deme herren O, dat gut is deme herren Horn., fehlt WD. 11 nach obersten herren] alse it buk hir vore leret Horn. 23 entsagen] ienzcagen W, enzcagen D, untseggen O, untsecgen Horn.

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folio 83 verso

er dafür Zeugen hat. Beraubt aber der H e r r den Mann, so darf dieser ihn darum und wegen jeder anderen Missetat vor seinem Landrichter verklagen und darf sich gegen ihn wehren, und er braucht ihm deswegen sein Gut nicht zu überlassen, wenn er die Klage gegen den Herrn vor dessen Mannen soweit geführt hat, daß dieser ihm das Recht verweigert hat. Kündigt der Mann dem Herrn auf, ist das Gut, das er von ihm hatte, dem Herrn ledig; kündigt ferner der H e r r dem Manne auf, so hat er das Gut verloren, das der Mann von ihm (zu Lehen) hatte, wenn es nicht Eigengut des Herrn ist, und der Mann folge damit an den Oberlehensherrn. Ist es aber Eigengut eines Herrn oder gehört es zu einem Gotteshaus, wo es nicht herauskommen und womit man auch nicht weiter folgen kann, so soll der Mann das Gut ohne Dienstpflicht auf Lebenszeit behalten, und er vererbt es auch auf seine Kinder und übt damit Lehenrecht aus, wenn der H e r r dem Mann, nicht aber der Mann dem Herrn aufkündigt. Wer seinem Herrn Gut aufläßt oder ihm aufkündigt oder wem ein Gut, das er von dem Herrn hat, abgesprochen wird, der soll mitsamt dem Gut, das er von ihm hatte, auch alles Gedinge verlieren. Der Mann darf dem Herrn und der H e r r dem Mann von Rechts wegen nicht anders aufkündigen als selber ihm selbst, und danach darf keiner dem anderen binnen einem T a g und einer Nacht Schaden zufügen. Bietet aber der H e r r sein Heer 1 gegen den Mann auf oder der Mann gegen den Herrn, ehe er ihm aufkündigt, und kündigt er ihm dann auf, sobald er sich dazu gerüstet 2 hat, jenem

1 samenunge st.F. .bewaffnete Schar, Aufgebot, Heer'; sw.V. ,rüsten, ausrüsten mit'.

2 bereiten

1. (Lnr. 76§2): Der Bildstreifen zeigt zwei unterschiedliche Zeitstufen (Trennungsbalken). Links ergreift der gewappnete Lehensherr (Schapel, lichtgrüner Rock mit Hersenier) mit semer Linken und Unterstützung eines ebenso gerüsteten Mannes die Zügel eines Pferdes. Er versucht offen, den ihm gegenüberstehenden, sich wehrenden Mann (beige changierender Rock) zu berauben. D a ß der Illustrator den Raub als eine offene, gewaltsame Wegnahme versteht, geht daraus hervor, daß sowohl der Lehensherr mit gezogenem Schwert als auch der sich wehrende Mann mit der gleichen Waffe dargestellt sind. Rechts steht vor dem mit verschränkten Beinen an der Text-Bild-Zäsur sitzenden Richter (Graf) der beraubte Mann und klagt mit einem Zeugen (roter Rock, grüne Strümpfe) gegen seinen H e r r n wegen Raubes. Auf diesen Tatbestand weist auch die zurückgewandte Gebärde der linken H a n d des Zeugen. Scheele, Delikte, S.211. 2. (Lnr. 76§3): In der rechten Bildhälfte f ü h r t der Vasall (mit rot changierendem Rock) symbolisch das gezogene Schwert gegen seinen Lehensherrn (Schapel, lichtgrüner Rock) und kündigt ihm damit das Lehensverhältnis auf. Die rechtliche Folge davon ist, d a ß das Gut, das der Vasall von dem H e r r n hatte, diesem wieder ledig wird. Aus diesem Grund zieht der Lehensherr mit seiner Linken die aus dem Boden wachsenden Kornhalme an sich, die mit der Holzgabel, dem Zeichen f ü r die Verteilung (vgl. W fol. 75r5, W fol. 75v3), zwischen den Füßen des Vasallen ergriffen sind. Im Bildzentrum f ü h r t der Lehensherr das gezogene Schwert gegen den bereits abgewandten Vasallen und kündigt so dem Mann auf. Der H e r r hat insofern das Gut verloren, wenn es nicht sein eigen ist. Folgerichtig erbittet der stehende Vasall von dem am linken Bildrand sitzenden Oberlehensherrn (Schapel, Mütze) die Lehenserneuerung, die dieser mit Kommendationsgestus erteilt. Als symbolisches Zeichen hält der Vasall die emporwachsenden Kornhalme in seinen umschlossenen H ä n d e n . van Hoek, Eike von Repgow, S. 61. 3. (Lnr. 76§3): Der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Lehensherr (Schapel, lichtgrüner Rock) kündigt wiederum - mit dem gezogenen Schwert in seiner Rechten - seinem Vasallen (blau changierender Rock, rote Strümpfe) das Lehensgut auf. In diesem Fall handelt es sich aber um das eigen - als sichtbares Zeichen sind die Kornhalme noch um den rechten Knöchel des Lehensherrn gewikkelt - des H e r r n oder es gehört zu einem Gotteshaus, verdeutlicht durch den zweispitzigen roten T u r m im Bildhintergrund. Das Gut fällt daher an keinen Oberlehensherrn, sondern bleibt ohne Dienstpflicht dem Vasallen erhalten, der aus diesem Grund die Kornhalme an sich zieht. Zudem ist es dem Mann gestattet, zum einen das Gut weiterzuverleihen - als sichtbares Zeichen umschließt der Vasall H ä n d e und Kornhalme des ihm gegenüberstehenden Mannes (beiger Rock) am linken Bildrand - , zum anderen auf seine vor ihm stehenden Kinder (kleinere Statur) zu vererben, die ebenfalls die Halme in H ä n d e n halten. van Hoek, Eike von Repgow, S. 61. 4. (Lnr. 76§4): Der im blauen Gewand dargestellte Vasall (vgl. die identische Kleidung in Bildzeile 3) zeigt mit seiner brennenden Fackel die Bereitschaft an, seinen Lehensherrn (lichtgrüner Rock, Schapel) bzw. dessen Wohnstätte zu schädigen (Fehde?) und kündigt so das Lehensverhältnis auf. Auf die im Text angeführte andere Möglichkeit, daß das Lehen dem Vasallen verteilt werden kann, weist symbolisch die hölzerne Gabel (Verteilungsgerät) hin. Als sichtbares Zeichen der rechtlichen Folgen zieht der an der Text-Bild-Zäsur sitzende Lehensherr zum einen mit seiner rechten H a n d die freien Ähren (das Lehen) an sich, zum anderen verliert der Vasall zusätzlich allerhande gedinge. Darauf weist ein weiterer, am Boden liegender, Vasall (rotes Gewand), nach dessen T o d der Lehensherr mit seiner Linken die hinter diesem eingekreist aufwachsenden Kornhalme umfaßt. 5. (Lnr. 76§5): In der linken Bildhälfte stehen sich Vasall (beige changierender Rock) und Lehensherr (lichtgrüner Rock, rotes Schapel) einander gegenüber und zeigen zum Zeichen, daß sie dem anderen nicht anders aufkündigen dürfen, als he selbe im selben, auf ihr eigenes Gesicht. Bei der Gebärde der rechten H a n d des Vasallen bzw. der linken des Lehensherrn handelt es sich um Ablehnungsgebärden im zuvor geschilderten Handlungszusammenhang. Der ausgestreckte dritte Arm des Lehensherrn (mit Fingerzeig) kann nicht näher bestimmt werden. Rechts stehen sich wiederum Lehensherr und Vasall, diesmal mit Hersenier gerüstet, gegenüber. Allerdings warten sie mit unter ihren Achseln eingeschlagenen Händen bis zum Ablauf der Frist eines Tages und einer Nacht, deren ausgemalte Zeichen (Sonne und Mond) am oberen Bildrand stehen. Das sich unterhalb der Textkolumne befindliche ausgemalte Wappen - geteilt durch einen goldenen, mit drei Rosen belegten Schrägrechtsbalken in Grün und Rot - steht in keinem direkten Bildzusammenhang. Naß, Wappen, S. 270.

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Jchadin vn vert he uf en m ' d ' Jamevnge he tut vngetruwelich · we d' h're Jime mäne · noch d' mä Jime h're mit rate noch m' tage nicht Jchade en Jal · ir ein enzcage dem äd'en · h're vn mänes rat-glichen wol vntruwere tat-Bittet d' mä geleites den h'ren vö im vn zu ym zu kvmene • alje he im enzcage wil-das J"al he im gebe-wergert hes mit vnrechte Jo enzcage im d' mä zu Jime nejten hüs · od' zu Jime nejte houe • das is hore di dar ume J i n - o d ' he enzcage im da des lädes richt'e-νή h're teding habl-vn laje Jime h're Jin gut ind' JelbT Jtat uf · Dis enzcages Jal der mä gezug habe an zcwen des h'ren mänen ab hes bedarf -vfi en Jal de h're nich' Jchade bin Jechs wochen · dis Jelbe tu d' h're ab he dem mäne Jus enzcaget-Wil is ab' d' mä loukene das he Jime h're enzcaget habe aljus-des mus d' mä bas vnjchuldig w'de den is en m ü j e d' h're vor zcuige • he en habe im enzcaget injin entw'te-vn ab der h're dene hat Jin gut vor lige · da he zcu keginw'te w a s - Z e i t ein mä Jin gut us kegen Jinen h'ren das im vor teilt wa'· d' hat alle gedinge das im was gelige damite ujgezcogen · Liet ab' im d' h're das gut andirweide das he mit rechte vorlorn hatte-an deme gedinge en hat he nicht· das he ym gelige hatte he en vnpha andirweide noch gedinges rechte ·

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schadin, unde vert he uf en mit der samenunge, he tut ungetruwelich, wen der herre sime manne noch der man sime herren mit rate noch mit tafe nicht schaden ensal, ir ein e n g a g e dem anderen; herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat. Bittet der man geleites den herren von im unde zu im zu kumene, alse he im enisagen wil, das sal he im geben, we/gert hes mit Unrechte, so entsage im der man zu sime nesten hus oder zu sime nesten hove, das is hören, di dar u m m e sin, oder he enisage im, da des landes richtere unde herren teding habin, unde läse sime herren sin gut in der seibin stat uf. Dis enisagens sal der man gezug haben an zcwen des herren mannen, ab hes bedarf, unde ensal deme herren nicht schaden bin sechs wochen, dis selbe tu der herre, ab he dem manne sus enisaget. Wil is aber der man loukenen, das he sime herren enftaget habe alsus, des mus der man bas unschuldig werden, den is enmuse der herre vorzcuigen, he enhabe im enftaget in sin entworte unde ab der herre denne hat sin gut vorligen, da he zcu keginwerte was. Zcut ein man sin gut us kegen sinen herren, das im vorteilt was, der hat alle gedinge, das im was geiigen, damite ufgezcogen. Liet aber im der herre das gut andirweide, das he mit rechte vorlorn hatte, an deme gedinge enhat he nicht, das he im geiigen hatte, he enunpha andirweide noch gedinges rechte.

3 täte D, tage W, dade O, dat Horn. } valsche Horn., fehlt W D O. 8 weigert] wergert WD, Weygheret O, Weigeret Horn. 11 umme] ume WD, inne O, binnen Horn. 18 loukenen WD, uorseken O, besaken Horn. 25 geiigen W D, ghelent O, gelegen Horn. 27 andirweide WD, anderwarf O, anderwarve Horn. 29! 30 andirweide] wie 27.

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folio 84 recto

Schaden zuzufügen, und greift 1 er ihn dann mit dem Heer an, so handelt er treuwidrig, denn der H e r r soll nicht seinem Mann und der Mann nicht seinem Herrn mit Rat und T a t Schaden zufügen, wenn nicht der eine dem anderen vorher aufkündigt; H e r r n und Mannes falscher Rat gleichen wohl ungetreuer Tat. Bittet der Mann den Herrn um Geleit, damit er zu ihm kommen und von ihm gehen kann, wenn er ihm aufkündigen will, so soll es ihm der H e r r geben; verweigert er es zu Unrecht, so darf ihm der Mann in seinem nächsten Haus oder in seinem nächsten Hof aufkündigen, so daß es die hören, die darinnen sind; er kann ihm auch dort aufkündigen, wo die Richter und Herren des Landes Gericht halten, und er soll seinem H e r r n sein Lehensgut am gleichen O r t auflassen. Für diese Aufkündigung soll der Mann zwei Mannen des H e r r n als Zeugen haben, wenn er ihrer bedarf, und er soll dem Herrn binnen sechs Wochen keinen Schaden zufügen; ebenso handle auch der Herr, wenn er dem Mann in dieser Weise aufkündigt. Will aber der Mann später bestreiten, daß er seinem Herrn in dieser Weise aufgekündigt habe, so darf der Mann mit mehr Recht den Unschuldseid leisten, als daß ihn der H e r r mit Zeugen überführen kann, es sei denn, daß der Mann dem Herrn in dessen Gegenwart aufgekündigt hat und der H e r r dann sein Gut (wieder) verliehen hat, während der Mann zugegen war. Zieht ein Mann sein Gut, das ihm abgesprochen war, gegenüber seinem Herrn wieder an sich, so hat er damit auch alle Gedinge, die ihm geliehen waren, wieder an sich gezogen. Leiht ihm aber der H e r r wiederum das Gut, das er zu Recht verloren hatte, so erhält er damit nicht das Gedinge, das der H e r r ihm (zuvor) geliehen hatte, wenn er dieses nicht auch wieder nach Gedingerecht empfängt.

1. (Lnr. 76§6): H e r r u n d M a n n b r e c h e n an d e r Spitze von je zwei w e i t e r e n b e w a f f n e t e n R e i t e r n aus ihren B u r g e n h e r v o r , bereit, eina n d e r mit W a f f e n g e w a l t u n d F e u e r zu s c h a d e n . D e r H e r r ist d u r c h die f a r b i g e H e r r e n r ü s t u n g u n d H e r s e n i e r g e k e n n z e i c h n e t , w ä h r e n d W a f f e n r o c k , H e r s e n i e r u n d E i s e n h u t d e s M a n n e s wie bei d e n a n d e r e n R i t t e r n im G e f o l g e des H e r r n in m a t t e n T ö n e n (grau, b r a u n ) g e h a l t e n sind. V e r b i l d l i c h t ist allein d e r ä u ß e r e V o r g a n g , d e r T r e u e b r u c h von L e h e n s p e r s o n e n , des H e r r n wie d e s M a n n e s in gleicher Weise, w ä h r e n d die rechtliche B e u r t e i l u n g des V o r g a n g s u n d seine ethische B e w e r t u n g , wie sie v o r allem im Sprichw o r t herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat z u m A u s d r u c k k o m m t , ü b e r g a n g e n sind. Janz, Rechtssprichwörter, S. 34iff.; Schmidt-Wiegand, Rechtssprichwörter, 5. 609. 2. (Lnr. 76§7): In d e r linken Bildhälfte e n t s a g t d e r u n m i t t e l b a r vor d e m nesten hus o d e r zu d e m nesten hove s t e h e n d e M a n n in r o t c h a n g i e r e n d e m R o c k , so d a ß es die drei B e w o h n e r d a r i n h ö r e n k ö n n e n . D e s h a l b d e u t e n diese mit a u f g e s t r e c k t e m F i n g e r auf ihre O h r e n . R e c h t s wird eine w e i t e r e M ö g l i c h k e i t d e r A u f k ü n d i g u n g v e r a n s c h a u l i c h t : D e r M a n n ( a b w e i c h e n d in b l a u e m R o c k u n d r o ten S t r ü m p f e n ) e n t s a g t d e m T e x t e n t s p r e c h e n d v o r d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n L a n d e s h e r r n ( M ü t z e mit Schapel) o d e r v o r d e m n e b e n ihm s i t z e n d e n g r ä f l i c h e n R i c h t e r . G l e i c h z e i t i g l ä ß t d e r Lehensvasall mit d e m in seiner L i n k e n g e t r a g e n e n Z w e i g (Inv e s t i t u r s y m b o l ) sein L e h e n s g u t an d e n L e h e n s h e r r n ( l i c h t g r ü n e r R o c k , a n g e d e u t e t e s Schapel), d e r m i t e i n e m w e i t e r e n M a n n teding hält, a u f . D e r L e h e n s h e r r zieht mit seiner linken H a n d die a u s d e m B o d e n e m p o r r a g e n d e n K o r n h a l m e als Z e i c h e n des G u t e s an sich. 3. (Lnr. 76§7): V o r d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r mit v e r s c h r ä n k t e n Beinen s i t z e n d e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) legen zwei M ä n n e r d u r c h E i d auf d a s R e l i q u i a r Z e u g n i s f ü r die A u f k ü n d i g u n g des h i n t e r i h n e n s t e h e n d e n M a n n e s ( r o t e r R o c k , g r ü n e Beinkleider) ab. D e s s e n W e i g e r u n g s g e s t e u n d d a s zu B o d e n g e s t ü r z t e , b l o ß e S c h w e r t d e u t e n n u r u n z u r e i c h e n d an, d a ß er die F e h d e n o c h n i c h t b e g i n n e n d a r f . Allein aus d e m T e x t g e h t h e r v o r , d a ß eine F e h d e nicht v o r Ablauf von sechs W o c h e n b e g o n n e n w e r d e n d a r f . 4. (Lnr. 76§7): Z w i s c h e n d e m L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) u n d d e m am linken B i l d r a n d s t e h e n d e n b i s h e r i g e n Vasallen (identische K l e i d u n g wie in Bildzeile 3) k o m m t es zu e i n e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g d a r ü b e r , w e s s e n Beweis d e n V o r z u g hat. D e n n rechts h a t d e r L e h e n s h e r r bereits d a s G u t an eine a n d e r e P e r s o n weiterverliehen ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . D e r bisherige Vasall, d e r die A u f k ü n d i g u n g l e u g n e t u n d d a h e r seine L i n k e v o r d e n M u n d hält, ist bereit, sein L e u g n e n d u r c h E i d zu b e s t ä r k e n . E i n e r d e r b e i d e n Z e u g e n , mit d e n e n d e r L e h e n s h e r r beweist, d a ß d e r Vasall in seiner G e g e n w a r t e n t s a g t hat, e r g r e i f t d e s h a l b d e n M a n n an dessen Schwurhand. 5. (Lnr. 76§8): A m linken B i l d r a n d zieht d e r d e m s i t z e n d e n Leh e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) g e g e n ü b e r s t e h e n d e L e h e n s m a n n (identische K l e i d u n g wie in d e n Bildzeilen 3 u n d 4) d a s ihm a b g e s p r o c h e n e L e h e n mit d e m Ä h r e n s y m b o l w i e d e r eidlich an sich. Gleichzeitig z i e h t d e r M a n n n o c h ein zweites Ä h r e n b ü s c h e l an sich, weil er mit d e m L e h e n auch das G e d i n g e a u s z i e h t , d a s ihm am G u t eines a n d e r e n M a n n e s geliehen w a r . D i e s e r ist im Bildzent r u m am B o d e n liegend h i n t e r einem w e i t e r e n e i n g e k r e i s t e n Ä h r e n b ü s c h e l als t o t e r M a n n dargestellt, weil d a s G e d i n g e erst n a c h seinem T o d w i r k s a m w i r d . A n d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s t e h t d e r V a sall als D o p p e l f i g u r : In r o t c h a n g i e r e n d e m R o c k e m p f ä n g t er v o m L e h e n s h e r r n w i e d e r u m das Lehen, i n d e m er ein H a l m b ü s c h e l an sich zieht; in d e r a n d e r e n P e r s o n e m p f ä n g t e r d e m T e x t e n t s p r e c h e n d die A n w a r t s c h a f t .

1 üfvaren

st.V. ,herfallen ü b e r , a n g r e i f e n ' .

folio 84 verso Len zu burmeijterjchaft gelige· -LXXXIII· e r b ' d ' burmeijt' uf den Jon · alleine darbe he des h'/childes · vfi volget da mite an eine and'en h're-nicht en mag hes ab' v'lien-mit deme mag mä en wijen an eine and'en h're· keine h'ren en mag vor/preche an d' uolge is Ji wip od' m ä · Von deme lene en mag he kein gezüg gejin · noch orteil vinde vb' eine mä volkvme an deme h'Jchilde · Alle lenrecht habe ich zu ende -LXXXIIII· b r o c h t - D o c h Jagen Jümeliche lüite · das me liüge /in · di ende neme zü bejcheiden' zeit · alje Jchilt len · das ende m' deme Jchilde-vfi gebu len-ende alje d' mä da nich 1 ü f f e en Jiczt-dis is alles vnrecht· we alle livge di d' h're dem mäne tut Jal were zu Jime libe-he en laje is ü f - o d ' is en w'de im v'teilt mit lenrechte • Recht were lichte zeu bejeheidene · en w'e d' Jo wil nicht di vnrechtes gern · vn tvn is durch ire vrüme vn das Ji en zu rechte Jagen-tete mä en das is duchte Ji vnrecht-wen is en ijt nimät-Jo vngerecht-is en dünke in vnbillich tut mä im vnrecht· durch das bedarf mä mächvaldir rede • er mä di lüte des inkvnde breg'-wor an mä rechte tu vn er mä Ji gelere wi Ji vnrecht mit rechte v'legen · vn zeu rechte brenge · Swer zu allen dinge g'ne rechte Jpricht · he gewinnet dar ab mäche has · des Jal Jich d' vrüme mä getrojte durch got · vn durch Jin ere ·

390

>

10

is

2o

2j

3o

C. LXXXIII. Len zu burmeisterschaft geiigen erbet der burmeister uf den son, alleine darbe he des herschildes unde volget da mite an einen anderen herren, nicht enmag hes aber vorlien, mit deme mag man en wisen an einen anderen herren, keinen herren enmag vorsprechen an der volge, is si wip oder man. Von deme lene enmag he kein gezug gesin noch orteil vinden über einen man volkumen an deme herschilde. C. LXXXIIII. Alle lenrecht habe ich zu ende brocht. Doch sagen sumeliche luite, das me liunge sin, di ende nemen zu bescheidener zeit, alse Schilden, das ende mit deme schilde, unde gebulen ende, alse der man da nicht uffe ensiezt. Dis is alles unrecht, wen alle liunge, di der herre dem manne tut, sal weren zu sime libe, he enlase is uf oder is enwerde im vorteilt mit lenrechte. Recht were lichte zeu bescheidene, enwere der so v\\ nicht, di unrechtes gern, unde tun is durch iren vrumen, unde das si en zu rechte sagen, tete man en das, is duchte si unrecht, wen is enist nimant so ungerecht, is endunke in unbillich, tut man im unrecht. Durch das bedarf man manchvaldir rede, er man di lute des in künde brenget, wor an man rechte tu, unde er man si gelere, wi si unrecht mit rechte vorlegen unde zeu rechte brengen. Swer zu allen dingen gerne rechte spricht, he gewinnet dar ab manchen has, des sal sich der vrume man getrosten durch got unde durch sin ere.

/ geiigen WD, g h e l e n t O, g e l e g e n Horn. 19 vil D, wil W, uele O, vele Horn. 20 g e r n WD, g h e r e t O, läget Horn. 30 h a s WD, h a t O, unwilligen m a n Horn.

391 Kapitel LXXXIII. Ein Lehen auf ein Bauermeisteramt vererbt der Bauermeister auf den Sohn, obwohl er keinen Heerschild hat, und er kann damit auch an einen anderen Herrn folgen, er kann es aber nicht weiterverleihen; man kann ihn damit auch an einen anderen Herrn weiterverweisen; bei der Lehensfolge kann er keinen Herrn, es sei Frau oder Mann, ablehnen. Aufgrund dieses Lehens kann er auch nicht Zeuge sein oder Urteil finden gegenüber einem M a n n mit vollkommenem Heerschild. Kapitel LXXXIY. Das ganze Lehenrecht habe ich nun zu Ende gebracht. Doch sagen einige Leute, daß es noch weitere (Arten von) Belehnungen gebe, die zu einer bestimmten Zeit ein Ende nehmen, wie das Schildlehen, das mit dem Schild ende und das Gebäudelehen, das ende, wenn der Mann nicht mehr darin wohnt. Das ist alles unrichtig, denn jede Belehnung, die der H e r r dem M a n n gewährt, soll von lebenszeitlicher Dauer sein, es sei denn, daß der Mann das Gut aufläßt oder daß es ihm durch das Lehensgericht abgesprochen wird. Uber das Recht könnte man leicht Bescheid geben, wären da nicht so viele, die auf Unrecht trachten und unrecht handeln zu ihrem Eigennutz und das dann noch f ü r Recht ausgeben; täte man das ihnen an, es würde sie wohl Unrecht dünken, denn es ist niemand so ungerecht, daß es ihn nicht unbillig dünkt, wenn man ihm Unrecht tut. Darum bedarf es mannigfaltiger Rede, bis man den Leuten beibringt, wie man Recht tut, und bis man sie lehrt, wie sie Unrecht durch Recht vermeiden und wieder zum Rechten wenden. Wer zu allen Dingen gerne das Rechte sagt, zieht dadurch manchen H a ß auf sich; damit soll sich der rechtschaffene Mann trösten um Gott und seiner Ehre willen.

folio 84 verso

1. (Lnr. 77): D e r k n i e n d e B a u e r m e i s t e r (gelber S t r o h h u t ) leistet d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) M a n n s c h a f t ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . Sein h i n t e r ihm steh e n d e r S o h n (kleinere S t a t u r ) im r o t e n R o c k z i e h t z u m Z e i c h e n d e r V e r e r b l i c h k e i t des L e h e n s symbolisch K o r n h a l m e an sich. A m linken B i l d r a n d e r f o l g t die L e h e n s e r n e u e r u n g d u r c h einen a n d e r e n Lehensherrn, dem der Bauermeister wiederum kniend Mannschaft leistet. Lade, Dorfrecht, S. 177; Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 2t. (Lnr. 77): Z u m Z e i c h e n , d a ß d e r B a u e r m e i s t e r k e i n e m H e r r n , is si wip oder man, die L e h e n s n a c h f o l g e a b l e h n e n k a n n , w i r d d e r rechts s t e h e n d e B a u e r m e i s t e r (gelber S t r o h h u t ) gleichzeitig von ein e r ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n Frau (rotes G e w a n d , Schleier) u n d einem L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , Schapel) b e l e h n t ( K o m m e n d a tionsgestus). Lade, Dorfrecht, S. 177; Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 21. (Lnr. 77): L i n k s wird d e r B a u e r m e i s t e r (gelber S t r o h h u t ) , d e r mit F i n g e r z e i g auf seine B e l e h n u n g in Bildzeile 1 weist, v o n Z e u g nis u n d U r t e i l s f i n d u n g g e g e n ü b e r d e m M a n n am linken B i l d r a n d mit v o l l k o m m e n e m H e e r s c h i l d a u s g e s c h l o s s e n . Z u m Z e i c h e n sein e r H e e r s c h i l d f ä h i g k e i t ist diesem ein g o l d e n e r Ledigschild vom Illustrator beigegeben w o r d e n . D e r zwischen dem Heerschildfähig e n u n d d e m B a u e r m e i s t e r s t e h e n d e M a n n im r o t e n R o c k (Urteilsf i n d e r ) k e h r t d e m B a u e r m e i s t e r d e n R ü c k e n zu u n d w e i s t ihn z u d e m mit s e i n e r linken H a n d ab. Weil d e r H e e r s c h i l d f ä h i g e im R e c h t ist, s t e h t er diesem z u g e w e n d e t . Lade, Dorfrecht, S. 177; Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 3. Lnr. 78§1): N u r aus e i n e m Vergleich mit d e m T e x t g e h t h e r v o r , d a ß es sich hier links u m die D a r s t e l l u n g des S c h i l d l e h e n s d u r c h einen R e i t e r mit Schild h a n d e l t , w ä h r e n d r e c h t s v e r s u c h t wird, das G e b ä u d e l e h e n d u r c h einen M a n n mit K a p p e ( Z i m m e r m a n n ? ) , d e r mit e i n e m Beil a u f g e s c h i c h t e t e s H o l z b e a r b e i t e t , zu v e r i f i z i e r e n . Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 4. (Lnr. 78§2): M ö g l i c h e r w e i s e h a n d e l t es sich hier u m die D a r s t e l l u n g d e r V e r l e t z u n g des Fisch- u n d J a g d r e g a l s , da d e r e n t s p r e c h e n d e T e x t n u r allgemein von R e c h t u n d U n r e c h t h a n d e l t . Im B i l d z e n t r u m s t e h t ein r o t g e k l e i d e t e r M a n n (Wilderer?), d e r in sein e r r e c h t e n H a n d eine Angel mit H a k e n in ein W a s s e r hält, u m d a mit Fische zu f a n g e n . M i t s e i n e r L i n k e n u m f a ß t d e r M a n n als weiteres A t t r i b u t einen g r ü n e n Schild ( S c h r ä g r e c h t s b a l k e n ) . A m o b e ren Bildrand ü b e r d e m K o p f des M a n n e s f i n d e t sich in K u r s i v e als N a c h t r a g des späten 15. J a h r h u n d e r t s d e r o s t m i t t e l d e u t s c h e P e r s o n e n n a m e hauck ( = H u g o ) . D e m M a n n z u g e w e n d e t b e f i n d e n sich in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e ein H i r s c h (mit m e h r e n d i g e m G e w e i h ) u n d eine H i r s c h k u h . U n g e k l ä r t ist d e r w e i t e r e T e x t - B i l d - Z u s a m menhang. Naß, Wappen, S. 256, 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 193f; 202. 5. (Lnr. 78§3): D e r Bildstreifen illustriert die R e c h t s a u s s a g e des ersten Satzes. Im B i l d z e n t r u m v e r s u c h t d e r L e h e n s h e r r ( l i c h t g r ü n e r R o c k , Schapel), d e n b e i d e n r e c h t s u n d links n e b e n ihm s t e h e n d e n P a r t e i e n (die W a p p e n d e r d u r c h ihre Schilde g e k e n n z e i c h n e t e n P e r s o n e n sind n i c h t n ä h e r z u i d e n t i f i z i e r e n ) R e c h t zu s p r e c h e n . D a s S c h i l d w a p p e n d e s g e r e c h t e n L e h e n s h e r r n ist d a s d e s M a r k g r a f e n von M e i ß e n ( s t e i g e n d e r L ö w e ) . D i e F i n g e r g e s t e n d e r beid e n ä u ß e r e n ( s c h e i n b a r u n z u f r i e d e n e n ) P e r s o n e n b e z i e h e n sich v e r m u t l i c h auf die T e x t a u s s a g e , d a ß d e r L e h e n s h e r r dar ab manchen has gewinnet. Z u d e m scheint die mit e i n e m r o t e n R o c k bekleid e t e P e r s o n links n e b e n d e m L e h e n s h e r r n die ihr g e g e n ü b e r s t e h e n d e P a r t e i b e l e h r e n zu w o l l e n ( H a n d g e b ä r d e n ) , w o m i t eine weit e r e S t u f e in d e r R e c h t s a u s s a g e bildlich u m g e s e t z t w o r d e n ist. Naß, Wappen, S. 246f, 270; Schmidt- Wiegand, Text und Bild, S. 29; Schott, Abstrakte Text stellen, S. 190ff.

folio 85 recto

Dis buch gewinnet mäche vient-wen alle di wid' gote-νή wid' deme rechte Jtreben-di w'den dijem buche gram wen en is leit das recht imm' geoffenbaret wirt· LXXXV· Swen ein h're tedinget Jime mäne zu lenrechte ·νη Jinne gebüt m1 or teilen dar zu kumene bin den tedinge en mag he kein and' us gelege-das he en gebite rnüge zu Juchene · in en mag ouch kein and' irh're getedlge bin deme tedige · we Ji indes riches dinjte Jin · di wile Ji irme h're lenrechtes helfe Julien · von des riches halbe von irme gute · das müjen Ji ab' uf den heilige gewere Ji Jelben · od' ir boten · Wirt aber des riches h ' u a r t - o d ' h o f ü a r t · us geleget mit orteile-vn ieme mit ortei len geböte zu recht' zeit·deme Jin h're getedinget hat zu lenrechte • he is des tedin ges ledig·we is im des riches not benimt· das di not w'de bewijet noch rechte zü deme lenrechte · Lant rechtes ab' en mag ein mä m' des riches dinjte nicht ledig werdin-we he mus lantrecht liden vb' Jich di wile he in des riches dinjt is· LXXXVI· Sw' an den ob'Jten h're Jin' liüge od' wiJvnge mit Jime gute Jinnet-wiJet he en denne an Jins h're vngenos-Jo der mä das erjt ir vert bin · d' iarczale das he volge Jal-Jo wid' rede he di wijüge vor dem ob'Jte h're-wil d' h're he mus zu hat Jagen durch was he nicht

392

Dis buch gewinnet manchen vient, wen alle, di wider gote unde wider deme rechte streben, di werden disem buche gram, wen en is leit, das 4 recht immer geoffenbaret wirt, wen ir unrecht 4a dar von schinbar wirt. s C. LXXXV. Swen ein herre tedinget sime manne zu lenrechte, unde sinen mannen gebut mit orteilen dar zu kumene, bin den tedingen enmag he kein ander usgelegen, das he en gebiten muge zu suchene, in enmag ouch ic kein ander ir herre getedingen bin deme tedinge, wen si in des riches dinste sin, di wile si irme herren lenrechtes helfen sullen von des riches halben von irme gute, das musen si aber uf den heiligen geweren, si selben oder ir boten. is Wirt aber des riches hervart oder hofvart usgeleget mit orteilen unde ieme mit orteilen geboten zu rechter zeit, deme sin herre getedinget hat zu lenrechte, he is des tedinges ledig, wen is im des riches not benimt, 2o das di not werde bewiset noch rechte zu deme lenrechte. Lantrechtes aber enmag ein man mit des riches dinste nicht ledig werdin, wen he mus lantrecht liden über sich, di wile he in des riches dinst is. 25 C. LXXXVI. Swer an den obersten herren siner liunge oder wisunge mit sime gute sinnet, wiset he en denne an sins herren ungenos, so der man das erst irvert bin der jarczale, das he volgen sal, so Widerrede he di wisunge vor 3o dem obersten herren. Wil der herre, he mus zu hant sagen, durch was he nicht

2 rechte Horn., rechten WD, recht O. 4/4a wen - wirt] wante ir unrecht daruan schinbar wird O, wende ire unrecht dar von scin-

bare wirt Horn., fehlt WD. 6 sinen Ο Horn., sinnen WD. mannen Ο Horn., fehlt WD. 20 bewiset WD, besceneghet O, besceneget Horn. 23 liden W D O, dulden Horn.

393

Dieses Buch wird manchen Feind gewinnen, denn alle, die sich wider Gott und wider das Recht stellen, die werden diesem Buche gram sein, weil es ihnen zuwider 1 ist, daß das Recht immer offenbar wird, da ihr Unrecht dadurch sichtbar wird. Kapitel LXXXV. Wenn ein H e r r seinen Mann vor das Lehensgericht lädt und seinen Mannen mit Urteil gebietet, dahin zu kommen, so kann er während dieses Verfahrens keinen anderen Gerichtstag ansetzen, den zu besuchen er ihnen gebieten kann; auch kann sie kein anderer ihrer Herren während des Verfahrens laden, da sie Reichsdienst leisten, solange sie f ü r ihren Herrn am Lehensgericht von Reichs wegen aufgrund ihres Gutes tätig sein müssen; dies müssen aber sie selbst oder ihre Boten auf die Reliquien beschwören. Wird aber des Reiches Heerfahrt oder H o f f a h r t durch Urteil angeordnet und wird sie demjenigen, den sein H e r r vor das Lehensgericht geladen hat, zu rechter Zeit durch Urteil geboten, so ist er vom Lehensgericht befreit, weil ihn des Reiches N o t hindert, sofern diese N o t vor dem Lehensgericht gemäß dem Recht bewiesen wird. Vom Landgericht aber kann ein Mann durch den Reichsdienst nicht befreit werden, denn das Landgericht hat er über sich zu dulden, auch wenn er im Reichsdienst ist. Kapitel LXXXVI. Wer vom Oberlehensherrn Belehnung oder Verweisung mit seinem Gut verlangt und von diesem dann an einen (standestieferen) Ungenossen 2 seiner Herren verwiesen wird, so soll der Mann, sobald er binnen der Belehnungsfrist erfährt, daß er folgen soll, der Verweisung vor dem Oberlehensherrn widersprechen. Verlangt es der Herr, so muß der Mann sofort sagen, warum er nicht

1 leit A d j . . z u w i d e r , w i d e r w ä r t i g , v e r h a ß t ' ; 2 ungenoz, ungenoze st.sw.M. , U n g e n o s s e \ j e m a n d , d e r von g e r i n g e r e m S t a n d ist'.

folio 85 recto

1. (Lnr. 78§3): R e c h t s liegt im r o t e n E i n b a n d d a s R e c h t s b u c h des Sachsenspiegels, aus d e m G o t t selbst (mit Bart u n d G o l d n i m b u s ) herausschaut. Hierdurch verdeutlichte der Zeichner den göttlichen I n h a l t des Buches, wie er im P r o l o g v o r d e m L a n d r e c h t b e s c h r i e b e n ist. Z w i s c h e n d e n B u c h s e i t e n liegt, wie ein L e s e z e i c h e n , d e r V e r f a s s e r Eike von R e p g o w . Links s t e h e n die F e i n d e des Buches u n d seines Inhalts, die d u r c h A b l e h n u n g s - u n d S c h m ä h g e b ä r d e n i h r e n H a ß b e k u n d e n . D e r eine von i h n e n im r o t e n G e w a n d , d e s s e n h ä ß l i c h e s P r o f i l ( g e b o g e n e N a s e , d e r b e G e s i c h t s z ü g e ) v o n seiner U n r e d l i c h k e i t zeugt, s p u c k t n a c h d e m Buch u n d tritt d e s s e n V e r f a s s e r mit d e m linken F u ß ins G e s i c h t . Lade-Messerschmied, articuli reprobati, S. 17lf.; Naß, Wappen, S. 246/., 270; Schmidt-Wiegand, Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, 5. 365/.; Schmidt-Wiegand, Text und Bild, S. 29; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 190/f 2. (Lnr. 79§1); R e c h t s s e t z t ein H e r r ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel) sein e n G e r i c h t s t a g an und d e u t e t dabei auf die S o n n e v o r i h m als Zeichen des f e s t g e s e t z t e n T a g e s . M i t v e r s c h r ä n k t e n A r m e n weist er r ü c k w ä r t s auf eine zweite S o n n e , u m mitzuteilen, d a ß e r bei einem a n d a u e r n d e n G e r i c h t s t a g n i c h t s c h o n einen n ä c h s t e n T e r m i n f e s t legen d a r f . L i n k s sieht m a n einen zweiten H e r r n , d e r mit Befehlsgestus seiner R e c h t e n die gleichen M ä n n e r v o r sein G e r i c h t lädt, i n d e m er m i t d e r L i n k e n v o r sich auf d e n B o d e n zeigt. D i e V a s a l len b e d e u t e n diesem H e r r n a b e r d u r c h H i n w e i s u n g auf d a s T a g zeichen, d a ß sie bereits e i n e r a n d e r e n L a d u n g Folge zu leisten h a t ten, u n d b e e i d e n dies mit S c h w u r auf die R e l i q u i e n . Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 3. (Lnr. 79§2): R e c h t s h ä l t d e r H e r r im g r ü n e n Kleid mit zwei in R o t u n d G r a u b l a u g e k l e i d e t e n Beisitzern d e n a n g e s e t z t e n R e c h t s t a g ab, i n d e m sie alle drei auf d a s T a g z e i c h e n , die S o n n e , d e u t e n . D e r v o r g e l a d e n e L e h e n s m a n n (rotes Kleid, g r ü n e S t r ü m p f e ) e n t s c h u l d i g t sich u n t e r A b l e g u n g eines Eides auf die R e l i q u i e n mit d e m H i n w e i s auf seine b e v o r s t e h e n d e H e e r f a h r t . E r weist d e s w e g e n mit s e i n e r L i n k e n auf die symbolische F i g u r d e s bereits g e r ü steten M a n n e s am linken B i l d r a n d , d e r in seiner R e c h t e n als W a h r zeichen d e r R e i c h s h e e r f a h r t das e r h o b e n e , von d e r K r o n e u m schlossene S c h w e r t hält. Ignor, Gerichtsverfahren, S. 79; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 4. (Lnr. 79§3): D a r g e s t e l l t ist die A b h a l t u n g eines L a n d g e r i c h t s . R e c h t s sitzen im b l a u e n R o c k u n d mit S p i t z h u t mit b r e i t e r K r e m p e d e r S c h u l t h e i ß sowie ein Beisitzer, d e r a u f g r u n d s e i n e r b r a u n e n K l e i d u n g w o h l z u m B a u e r n s t a n d zu z ä h l e n ist. V o r diesen sind vier B a u e r n im b r a u n e n R o c k (in D sind es f ü n f ) zu l a n d r e c h t l i chem Gerichtsdienst erschienen. Der mit rotem Rock, grauem H e r s e n i e r u n d g e z o g e n e m S c h w e r t g e r ü s t e t e M a n n am linken B i l d r a n d symbolisiert einerseits d e n A u f r u f z u r H e e r f a h r t , a n d e rerseits a b e r a u c h d u r c h die in seiner H a n d b e f i n d l i c h e u m g e d r e h t e K r o n e die V o r r a n g s t e l l u n g d e r L a n d g e r i c h t s p f l i c h t g e g e n ü b e r d e m R e i c h s d i e n s t . D i e s scheinen a u c h die B a u e r n z u u n t e r streichen, i n d e m sie d e r s y m b o l i s c h e n Figur des H e e r d i e n s t e s d e n R ü c k e n z u k e h r e n u n d mit A u f m e r k s a m k e i t s g e s t u s auf d e n Schultheißen deuten. Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 5. (Lnr. 80§1): N a c h d e m T o d des am B o d e n l i e g e n d e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel) verweist d e r in ein blaues Kleid mit M ü t z e u n d Schapel g e h ü l l t e O b e r l e h e n s h e r r d e n Vasallen ( r o ter R o c k ) an einen n e u e n H e r r n , d e r mit a u s g e s t r e c k t e n A r m e n auf d e n L e h e n s m a n n z u g e h t , w o h l u m diesem die K o m m e n d a t i o n zu erteilen. D e r L e h e n s m a n n verweigert d e m n e u e n H e r r n j e d o c h mit A b l e h n u n g s g e s t u s die M a n n s c h a f t u n d verweist mit Z e i g e g e s t u s auf d e n t o t e n L e h e n s h e r r n als seinem alten H e r r n . W e i g e r u n g s g r ü n d e sind z u m einen die schlechte G e b u r t des n e u e n L e h e n s h e r r n (bildlich - j e d o c h sachlich falsch - d a r g e s t e l l t d u r c h d e n Buckel) u n d z u m a n d e r e n die E r n i e d r i g u n g d e s H e e r s c h i l d e s (symbolisiert d u r c h d e n u m g e d r e h t e n , r o t e n Schild). Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194.

folio 85 verso volgen en Julie-Wil he ab' he mag im tedige vor Jine mä-eins vfi nicht mer-da en w'= de orteil gejchulde · od' orteiles vrijt m' rechte gewnne-Jo mils d' mä Jage wed' he di wijüge v'Jpreche m ' d ' ergere g e b u r t - o d ' m ' manJchaft da Jich ien' mitte genidert habe-Jo müs he volge an iene-od' he müs das orteil Jchelde-Uint mä zu rechte^habe rechte rede-das he ir m' gezuge volkvme-hat he dene di wijvnge vorjproche m' d' ergere gebürt-das müs he gezcuge Jelp Jibende vnbejchuldener lute an irme rechte-Jw' Ji J i n - H a t he di wijvnge vorjproche m' mäjchaft da he Jich mite genidert habe-d' en an den mä wijetod' Jin vat' · od' Jin eld'vat' · das müs he gezuge Jelp dritte Julch' lüte di zume h'Jchilde geborn Jin -Ji Jin des h're mä od' nich' Sint Ji des h'ren mä d' h're bephlichtige Ji bi Jinen hulden zu deme gezüge en Jin Ji Jine man nicht·Ji müjen yeme bijten an deme gezuge mit irme eide-Das d' h're an den man in wijet-Jins erjte h'ren genos an deme h'Jchilde nicht en J i - K v m t ien' vor an den der gezug get-vn büet Jine vnjchult da vor he en mag des mänes gezug mit Jin' vnjchult nicht gebrechen · Buit he Jan Jinen gezüg · das he Jins erjten h'ren genos wol Ji an gebürt-vn an deme herjchilde · he en mag mit Jime gezuge yens gezüg nicht vor legen·

394

s 6 6a 6b 6c 7

10

is

20

25

30

volgen ensulle. Wil he aber, he mag im tedingen vor sine man, eins unde nicht mer, da enwerde orteil geschulden oder orteiles vrist mit rechte gewunnen, so mus der man sagen, weder he di wisunge vorspreche mit der ergeren geburt oder mit manschaft, da sich iener mitte genidert habe, an den man in wiset, oder sin vater oder sin eldervater. So vraget der herre eines orteiles, of he ienege rede getan enhat, di im helfende si. Vint man zcu rechte he nicht enhat, so mus he volgen an ienen oder he mus das orteil scheiden. Vint man zu rechte, he habe rechte rede, das he ir mit gezuge volkume, hat he denne di wisunge vorsprachen mit der ergeren geburt, das mus he gezcugen selp sibende unbeschuldener lute an irme rechte, swer si sin. Hat he di wisunge vorsprachen mit manschaft, da he sich mite genidert habe, der en an den man wiset oder sin vater oder sin eldervater, das mus he gezugen selp dritte sulcher lute, di zume herschilde geborn sin, si sin des herren man oder nicht. Sint si des herren man, der herre bephlichtige si bi sinen hulden zu deme gezuge, ensin si sine man nicht, si musen ieme bisten an deme gezuge mit irme eide, das der herre an den man in wiset, sins erste herren genos an deme herschilde nicht ensi. Kumt iener vor, an den der gezug get, unde buet sine unschult da vor, he enmag des mannes gezug mit siner unschult nicht gebrechen. Buit he san sinen gezug, das he sins ersten herren genos wol si an geburt unde an deme herschilde, he enmag mit sime gezuge iens gezug nicht vorlegen,

6/6c an - enhat] an dene man in wiset, oder sin vader oder sin eldervader. S o vrage die herre enes ordeles, of he jenege rede gedan hebbe die ime helpende si. Vint man to rechte he ne hebbe

Horn., fehlt

WOO.

395

folgen will. Will es aber der Herr, so kann er ihn vor sein Mannengericht laden, (nur) einmal und nicht mehrere Male, es sei denn, es werde dort ein Urteil gescholten oder rechtmäßig eine Vertagung des Urteils erzielt; dann muß der Mann sagen, ob er der Verweisung widerspricht wegen der schlechteren Geburt oder wegen der Mannschaft, durch die sich jener, an den man ihn oder dessen Vater und Großvater verweist, erniedrigt hat. Dann erfrage der Herr ein Urteil, ob der Mann irgend etwas vorgebracht hat, das ihm zum Recht verhilft. Erkennt man darauf für Recht, daß er nichts dergleichen vorgetragen hat, so muß er an jenen (angewiesenen Herrn) folgen oder er muß das Urteil schelten. Erkennt man für Recht, daß sein Vortrag richtig sei, wenn er den Zeugenbeweis erbringe, so muß er, wenn er der Verweisung wegen der schlechteren Geburt widersprochen hat, dafür den Zeugenbeweis selbsiebent erbringen mit an ihrem Recht unbescholtenen Leuten, wer immer sie sonst seien. Hat er der Verweisung widersprochen wegen der Mannschaft, durch die sich jener, an den man ihn verweist, oder dessen Vater oder Großvater, erniedrigt habe, so hat er dafür den Zeugenbeweis selbdritt mit solchen Leuten zu erbringen, die zum Heerschild geboren sind, gleich ob sie Mannen des Herrn sind oder nicht. Sind sie Mannen des Herrn, so soll sie der Herr bei ihrem Treueid auf ihr Zeugnis verpflichten; sind sie jedoch nicht seine Mannen, so müssen sie sich jenem mit ihrem Eid als Zeugen dafür stellen, daß der Herr, an den man ihn verweist, nicht Heerschildgenosse seines ersten Herrn ist. Tritt jener (angewiesene Herr) vor, gegen den sich das Zeugnis richtet, und bietet er dafür seinen Unschuldseid an, so kann er mit seinem Unschuldseid das Zeugnis des Mannes nicht brechen. Bietet er sogar seinen Zeugenbeweis dafür an, daß er nach Geburt und Heerschild Standesgenosse des früheren Herrn sei, so kann er durch seinen Zeugenbeweis das Zeugnis jenes (Mannes) nicht widerlegen,

folio 85 verso

1. (Lnr. 80§ 1): D e r an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e O b e r h e r r (im b l a u e n G e w a n d , mit M ü t z e u n d Schapel) h a t einen R e c h t s t a g v o r seinen M a n n e n - d a r g e s t e l l t d u r c h die drei P e r s o n e n im Bildzent r u m - a n g e s e t z t . Auf d i e s e m soll der Vasall ( w i e d e r u m in r o t e m G e w a n d u n d g r ü n e n Beinkleidern) am linken B i l d r a n d e r l ä u t e r n , o b er d e r W e i s u n g seines O b e r h e r r n w i d e r s p r e c h e w e g e n U n e b e n b ü r t i g k e i t o d e r w e g e n H e e r s c h i l d n i e d e r u n g des n e u e n (vor d e m O b e r h e r r n s t e h e n d e n ) U n t e r h e r r n im g r ü n e n G e w a n d . A u s diesem G r u n d weist d e r O b e r h e r r mit F i n g e r z e i g seiner b e i d e n H ä n d e auf d e n v e r w a c h s e n e n R ü c k e n d e s U n t e r h e r r n u n d d e n zu seinen Füß e n u m g e l e g t e n , r o t e n H e e r s c h i l d als bildliche Z e i c h e n s o l c h e r W e i g e r u n g s g r ü n d e . D i e H a n d g e b ä r d e n d e s Vasallen u n d d e r drei L e h e n s l e u t e lassen auf einen dieser G r ü n d e schließen, die d e r n e u e U n t e r h e r r mit e r h o b e n e m Z e i g e f i n g e r bestreitet. Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 2. (Lnr. 80§2): D e r u n m i t t e l b a r vor d e m R e l i q u i a r s t e h e n d e Vasall (rotes G e w a n d , g r ü n e Beinkleider) des v e r s t o r b e n e n U n t e r h e r r n (vgl. W fol. 85r5) weist mit sechs weiteren, h i n t e r ihm s t e h e n d e n , Z e u g e n selp sibende d e n n e u e n U n t e r h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d , mit Schapel) d u r c h Eid z u r ü c k (zusätzlich A b l e h n u n g s g e b ä r d e d e r link e n H a n d ) . M i t F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n auf d e n b u c k e l i g e n R ü c k e n des v o r ihm s t e h e n d e n U n t e r h e r r n m a c h t d e r r e c h t s sitz e n d e O b e r h e r r r (im b l a u e n G e w a n d mit M ü t z e u n d Schapel) deutlich, d a ß die Z u r ü c k w e i s u n g w e g e n U n e b e n b ü r t i g k e i t (bildlich, a b e r sachlich falsch, d a r g e s t e l l t d u r c h d e n Buckel) e r f o l g t . Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 3. (Lnr. 80§2): V o r d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n O b e r h e r r n (im b l a u e n G e w a n d ) mit M ü t z e u n d Schapel weist diesmal d e r Vasall (rotes G e w a n d , g r ü n e Beinkleider) mit H i l f e d e r b e i d e n h i n t e r ihm s t e h e n d e n Z e u g e n d e n n e u e n U n t e r h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d ) w e g e n H e e r s c h i l d n i e d e r u n g z u r ü c k u n d s c h w ö r t dies selp dritte d u r c h Eid auf die R e l i q u i e n . Als s i c h t b a r e s Z e i c h e n ist d e r an d e n R e l i q u i e n s t ä n d e r gelehnte, u m g e l e g t e r o t e H e e r s c h i l d im Bild b e r ü c k s i c h t i g t . D i e s e r H e e r s c h i l d d e u t e t d a r a u f hin, d a ß e n t w e d e r d e r n e u e U n t e r h e r r o d e r d e r u n m i t t e l b a r h i n t e r ihm steh e n d e V a t e r (im blau c h a n g i e r e n d e n G e w a n d , mit B a r t u n d b r a u n e m H a a r ) o d e r d e r eldervater (im r o t e n G e w a n d , mit Bart u n d e r g r a u t e m H a a r ) d e n H e e r s c h i l d g e n i e d e r t h a b e n . V a t e r u n d eldervater weisen auf d e n v o r i h n e n s t e h e n d e n U n t e r h e r r n u n d m a c h e n so d a s A b s t a m m u n g s v e r h ä l t n i s deutlich. U n b e r ü c k s i c h t i g t läßt die Bildzeile, d a ß die Z e u g e n zume herschilde geborn sin sollen. Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 4. (Lnr. 80§2): M i t H a n d g e b ä r d e seiner R e c h t e n weist d e r vor d e m s i t z e n d e n O b e r h e r r n (blaues G e w a n d ) s t e h e n d e neue, a n g e w i e s e n e L e h e n s h e r r ( g r ü n e s G e w a n d , mit Schapel) auf die R e l i q u i e n u n d v e r l a n g t so d e n Z e u g e n b e w e i s seines G e g n e r s . D e r h i n t e r d e m am B o d e n liegenden, v e r s t o r b e n e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e r R o c k , mit Schapel) z w i s c h e n d e n b e i d e n Z e u g e n - die keine L e h e n s l e u t e des O b e r h e r r n sind - s t e h e n d e Vasall (rotes G e w a n d ) s c h w ö r t d u r c h Eid auf die R e l i q u i e n , d a ß d e r n e u e L e h e n s h e r r mit seinem H e e r schild nicht mit d e m f r ü h e r e n H e r r n standesgleich sei. D a r a u f weist a u c h d e r w i e d e r u m u m g e l e g t e , ledige H e e r s c h i l d z u F ü ß e n des n e u e n L e h e n s h e r r n , w ä h r e n d d e r an die Schulter g e l e h n t e , ledige H e e r s c h i l d d e s V e r s t o r b e n e n a u f r e c h t steht. M i t F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n d e u t e t d e r O b e r h e r r mit M ü t z e u n d Schapel auf seinen K o p f u n d z e i g t so an, d a ß die Z e u g e n , s o f e r n sie seine Leh e n s l e u t e sind, nicht d u r c h Eid, s o n d e r n n u r bi sinen hulden a u s z u sagen brauchen. Naß, Wappen, S. 270; Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 5. (Lnr. 8Q§3): D e r n e u e , a n g e w i e s e n e L e h e n s h e r r ( g r ü n e s G e w a n d mit Schapel) ist v o r d e m an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e n O b e r h e r r n (blaues G e w a n d mit M ü t z e u n d Schapel) e r s c h i e n e n u n d erbietet sich z u m U n s c h u l d s e i d . M i t seiner linken H a n d zeigt er auf d e n a u f r e c h t s t e h e n d e n , ledigen H e e r s c h i l d zu seinen F ü ß e n u n d bietet Z e u g n i s d a f ü r an, d a ß e r n a c h G e b u r t u n d H e e r s c h i l d S t a n d e s g e n o s s e des v e r s t o r b e n e n H e r r n sei. A b e r d e r am linken Bildr a n d z w i s c h e n zwei Z e u g e n s t e h e n d e Vasall (rotes G e w a n d ) k a n n d e n ihm o b l i e g e n d e n Beweis d u r c h Eid auf die R e l i q u i e n e r b r i n gen. A u ß e r d e m e r g r e i f t e i n e r d e r Z e u g e n d e n bereits z u m S c h w u r v o r g e s t r e c k t e n r e c h t e n A r m des n e u e n L e h e n s h e r r n (Scheltegestus) u n d schließt so d e n a n g e b o t e n e n Eid a u s . D e r rechts s i t z e n d e O b e r h e r r bestätigt mit seiner e r h o b e n e n linken H a n d d e n R e c h t s v o r g a n g , d e n n d e r Vasall h a t d a s V o r r e c h t g e g e n ü b e r d e m n e u e n H e r r n , w e n n e r d u r c h Z e u g e n b e w e i s sich u n d sein G u t d e m H e r r n entzieht. Naß,

Wappen,

S. 270; Schott, Abstrakte

Textstellen,

S. 194.

folio 86 recto

wen d' man müs bas /ich Jelben-vn Jin gut deme h'ren mit gezuge enprechen-vn d' h're muje Jin gut vndir Jich zien mit Jime gezuge · Sw' mit orteiln ane gezcug Jine s herren gezcug vor leget den müs d' herre wol wijen and'weide · Swer ab' di wijvnge mit gezuge vorleget den en müs d' h're nirgen wijen · vn müs is ym Jelbe lien · wen d' man en is nicht phlichtig zcu gezcugene dicker denne eines vmme ein gut liegen Jinen h'ren das he von ym hat· • •

396

J

10

wen der man mus bas sich selben unde sin gut deme herren mit gezuge eniprechen, unde der herre muse en unde sin gut undir sich zien mit sime gezuge. Swer mit orteiln ane gezcug sines herren gezcug vorleget, den mus der herre wol wisen anderweide. Swer aber di wisunge mit gezuge vorleget, den enmus der herre nirgen wisen unde mus is im selbe lien, wen der man enis nicht phlichtig zcu gezcugene dicker denne eines umme ein gut kegen sinen herren, das he von im h a t . . .

2 ensprechen] enprechen W D, untbreken Ο Horn.

3 en unde]

ene unde O, ine unde Horn., fehlt WD. 5 gezcug WD, tuch O, wisunge Horn. 6 anderweide WD, anderue O, anderwarve Horn.

397

denn der Mann darf mit mehr Recht sich selbst und sein Gut dem Herrn durch Zeugenbeweis entziehen, als daß der H e r r ihn und sein Gut durch seinen Zeugenbeweis unter sich bringen darf. Wer durch Urteil ohne Zeugenbeweis den Zeugenbeweis seines Herrn verhindert, den darf der H e r r ein zweites Mal verweisen. Wer aber die Verweisung durch Zeugenbeweis verhindert, den darf er nirgendhin verweisen, sondern er muß ihn selbst belehnen, denn der Mann ist nicht verpflichtet, öfter als einmal gegen seinen H e r r n wegen eines Gutes, das er von ihm hat, den Zeugenbeweis zu führen.

folio 86 recto

1. (Lnr. 80§4): I m B i l d z e n t r u m e r g r e i f t d e r Vasall (rotes G e w a n d , g r ü n e S t r ü m p f e ) d e n bereits z u m S c h w u r e r h o b e n e n r e c h t e n U n t e r a r m des ihm g e g e n ü b e r s t e h e n d e n , a n g e w i e s e n e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel) u n d v e r h i n d e r t so (Scheltegestus) d e n a n g e b o t e n e n Eid. D e r z w i s c h e n beiden L e h e n s h e r r n s i t z e n d e O b e r h e r r (blaues G e w a n d ) mit M ü t z e u n d Schapel a k z e p t i e r t mit H a n d g e b ä r d e seiner L i n k e n die Z u r ü c k w e i s u n g . M i t F i n g e r z e i g seiner R e c h t e n weist d e r O b e r h e r r auf d e n L e h e n s h e r r n (mit v o r d e m K ö r p e r g e k r e u z t e n A r m e n ) in seinem R ü c k e n u n d m a c h t so von seinem R e c h t G e b r a u c h , seinen Vasallen - falls dieser d u r c h U r t e i l o h n e Z e u g e n b e w e i s die V e r w e i s u n g v e r h i n d e r t h a t - anderweide zu verweisen. I n s o f e r n sind die drei P e r s o n e n am linken Bildrand, u n d e b e n s o d e r Vasall, e n t g e g e n d e m T e x t fälschlich mit s c h w ö r e n d e r H a n d g e b ä r d e dargestellt. Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194. 2. (Lnr. 80§4): In d e r linken B i l d h ä l f t e v e r h i n d e r t d e r Vasall (rotes G e w a n d , g r ü n e Beinkleider) die "Weisung an einen n e u e n L e h e n s h e r r n , i n d e m er mit d e n b e i d e n neben ihm s t e h e n d e n Z e u g e n d u r c h Eid auf die Reliquien d e n g e f o r d e r t e n Beweis e r b r i n g t . Symbolisch e r g r e i f t d e r Vasall z u d e m mit seiner R e c h t e n d e n U n t e r a r m (Scheltegestus) des g a n z links s t e h e n d e n L e h e n s h e r r n ( g r ü n e s G e w a n d , Schapel). D u r c h d e n e r b r a c h t e n Z e u g e n b e w e i s ist d e r in d e r r e c h t e n B i l d h ä l f t e an d e r T e x t - B i l d - Z ä s u r s i t z e n d e O b e r h e r r (blaues G e w a n d , M ü t z e u n d Schapel) verpflichtet, d e n v o r ihm steh e n d e n Vasallen ( r o t - g r ü n geteilter R o c k , mi parti) j e t z t selbst zu b e l e h n e n ( K o m m e n d a t i o n s g e s t u s ) . S u b j e k t i v - s y m b o l i s c h ist diese V e r p f l i c h t u n g des O b e r h e r m s o w o h l d u r c h d a s H i n s c h i e b e n des V a s a l l e n v o r d e n B e l e h n e n d e n d u r c h einen d e r Z e u g e n als a u c h d u r c h die n u n zweigeteilte K l e i d u n g des V a s a l l e n v o m I l l u s t r a t o r im Bild b e r ü c k s i c h t i g t w o r d e n . Ausschließlich aus d e m T e x t g e h t h e r v o r , d a ß d e r Vasall n i c h t ö f t e r als e i n m a l w e g e n eines G u t e s v e r p f l i c h t e t g e w e s e n ist, d e n Z e u g e n b e w e i s g e g e n seinen H e r r n zu führen. Schott, Abstrakte Textstellen, S. 194.

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Abb. 1: Oldenburg, Landesbibliothek, fol.6 r : Autorenbild.

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Abb. 5: Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cpg 164, fol.24 r : Stamm und Stand (deutsch, wendisch, frei und unfrei).

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Ruth Schmidt-

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Abb. 6: Oldenburg, Landesbibliothek, fol. 7 r : Schöffenkollegien.

Wiegand

Die Wolfenbütteler

Bilderhandschrift

im Kreis der Codices picturati des Sachsenspiegels

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Abb. 7: Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cpg 164, fol. 9 r : Bauernkalender.

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Abb. 8: Oldenburg, Landesbibliothek, f o l . 5 8 r : Bauernkalender.

Schmidt-Wiegand

Clausdieter Schott

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches Rechtsbuch I. Rechtsaufzeichnung und Gewohnheitsrecht Dit recht hebbe ek sehe nicht irdacht, / it hebbet van aldere an unsik gebracht Unse guden vorevaren: / mach ek ok, ek wel bewaren, Dat min scat under der erde / mit me nicht verwerde. Van Goddes halven diu gnade min / seal alle der werlde gemene sin. (Dies Recht habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Es ist uns vielmehr seit alters von unseren rechtschaffenen Vorfahren überliefert worden. Wenn ich es vermag, will auch ich es bewahren, damit mein Schatz unter der Erde nicht mit mir vergehe. Die Gnade, die Gott mir erwiesen, soll zum Allgemeinbesitz der ganzen Welt werden.) 1 Mit diesen Worten der Reimvorrede bringt der Verfasser des Sachsenspiegels, Eike von Repgow, sein Anliegen zum Ausdruck, das überlieferte Recht der Altvorderen, dessen Kenntnis er sich als Gnade zurechnet, schriftlich festzuhalten und damit dessen Fortbestand zu sichern. Gleichzeitig manifestiert sich in dieser Erklärung der Ubergang von einer traditionell-mündlichen zu einer schriftlichen Rechtskultur, was mehr als nur einen Wechsel des Mediums bedeutet. Schriftliche

1 Vers 151-158. Sachsenspiegel Landrecht, hg. von KARL AUGUST ECKHARDT ( M G H F o n t . iur. G e r m . ant. N . S . 1,1) G ö t -

tingen - Frankfurt/Main 3 1973, S.41, Übersetzung nach: Eike von Repgow, Der Sachsenspiegel, hg. von CLAUSDIETER SCHOTT,

Übertragung

des

Landrechts

von

SCHMIDT-WIEGAND, Übertragung des Lehenrechts

RUTH

und

N a c h w o r t von CLAUSDIETER SCHOTT ( M a n e s s e Bibliothek

der Weltliteratur) Zürich 1984, S. 16f. Die vorliegende Wolfenbütteler Handschrift enthält die Reimvorrede nicht.

Fixierung bewirkt Teilhabe an einem erweiterten Kommunikationsspielraum und eine damit möglich gewordene Anknüpfung an andere Traditionsstränge, aber auch eine ins Bewußtsein tretende Komplexität. Damit wird ein Prozeß eingeleitet, der das Recht künftig in eine neue Dimension rücken und es weit von seinen traditionellen Denkmustern abheben soll 2 . Für Eikes Gesellschaft ist das Recht gemeinhin ein seit unvordenklichen Zeiten überkommenes, mündlich weitergegebenes Gewohnheitsrecht, dessen Gütemerkmale Alter, Bewährung und Einsichtigkeit sind 3 . Was lange erprobt ist, kann als verläßlich und daher richtig gelten. Dieses Rechtsverständnis deckt sich mit der konservativen Mentalität einer bäuerlich-feudalen Gesellschaft, die aus dem stetigen, immer wiederkehrenden Ablauf der Jahreszeiten ihre Wertmaßstäbe bezieht. Die an sich schon wenig risiko- und neuerungsbereite Agrargesellschaft mit ihrem historischen Kurzzeitgedächtnis nimmt Änderungen - soweit diese nicht von einschneidender Art sind - nur in geringem Maße wahr und paßt sich der stetigen Entwicklung eher unbewußt an. Dem Vertrauen in das Hergebrachte entspricht das Mißtrauen gegenüber dem Neuen, wie es noch in dem späteren Sprichwort zum Ausdruck kommt: Wat de Bur nich kennt, dat fret he nich4. In der - vielleicht jüngeren -

2 Vgl. STEN GAGNER, Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Iuridica Upsaliensia 1) Stockholm - Uppsala - Göteborg 1960, S. 289 ff. 3 Dazu zuletzt: ALEXANDER IGNOR, Über das allgemeine Rechtsdenken Eikes von Repgow (Rechts- u. Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, N. F. 42) Paderborn - München - Wien - Zürich 1984, S. 112 ff. 4 Deutsches Sprichwörter-Lexikon, RICH WILHELM WANDER I,

hg. v o n KARL FRIED-

Leipzig

Augsburg 1987, Sp.265f. Nr. 282 ff.

1867,

Nachdruck

26

Clausdieter Schott

Reimvorrede nach Strophen wird derjenige, der nuwe recht ufl>ringen wil, als charakterloser Schwätzer bezeichnet, der arglistig oder verantwortungslos handelt. Ihm fehlt die Einsicht in das hier nochmals wiederholte Wesen des Rechts: Diz recht havent von alder zit / unse vorderen here gebracht, / des he nicht kan gedenkerv, / went selve hat he'z underdacht / unde wil uch mite bescrenken (Dieses Recht haben von alters her unsere Vorfahren überliefert. Dies vermag er nicht einzusehen. Denn er hat sich sein Recht allein ausgedacht. Und er will euch damit einschränken) 5 . Ein ähnliches Beharrungsvermögen bewiesen in England 1256 die zu Merton versammelten englischen Großen, als sie einem Rechtsänderungsbegehren den Beschluß entgegensetzten: Nolumus leges Angliae mutare (Wir wollen die Rechte Englands nicht verändern) 6 . Dieser Rechtskonservativismus erklärt sich indessen nicht allein aus den sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Zeit, er ist vielmehr tiefer im christlichen Weltbild angelegt, das in Übernahme antiker Naturrechtslehren den Menschen und seine Wertvorstellung am Schöpfungswerk Gottes ausrichtet und mißt. Nach dem Denkmodell des Kirchenvaters Augustin (354430), das zur beherrschenden Grundlage der Hochscholastik wurde, ist die gute und ewige Ordnung dem Menschen in Seele, Vernunft und Herz geschrieben. Dieses an der göttlichen Ordnung (lex aeterna) ausgerichtete Naturrecht (lex naturalis) ist seinerseits wieder Richtmaß für das positive Recht (lex temporalis), das der jeweils zeitlichen Anpassung dient. Die Grundprinzipien des Rechts sind danach unveränderlich, Neuerung ist eine Veränderung der Wahrheit, ist Glaubenszweifel, ist Ketzerei. So will auch im Tegernseer Spiel vom Antichrist (um 1160) dieser durch neues Recht die gute alte Ordnung verderben: Deponam Vetera, nova iura dictabo (alte Rechte heb' ich auf, neue werd' ich geben) 7 . Der Sachsenspiegel steht ganz im Banne dieser Rechtsmethaphysik, wenn er im Prolog erklärt: Got is selber recht, dar umme is im recht lips.

5 Vers 36-40, Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 1) S. 36; Übersetzung S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm. 1) S. 8. 6 W I L L I A M H O L D S W O R T H , A History of English Law, II., London 4 1936, N a c h d r u c k 1966, S.218. 7 Ludus de Antichristo - Das Spiel vom Antichrist, hg. von R O L F E N G E L S I N G , Stuttgart 1 9 7 6 , S. 2 4 (Ubersetzung vom Verfasser). 8

fol. 9 1 6 verso, Ldr Prologus und dazu U L R I C H D R E SCHER, Geistliche D e n k f o r m e n in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) F r a n k f u r t / M a i n -

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Beruht das Recht allein auf Gewissen und Überlieferung, so sind aufwendige Fixierungs- und Traditionshilfen eigentlich entbehrlich. Da das Recht im Menschen selbst durch göttlichen Schöpfungsakt angelegt ist, bedarf es jeweils nur des mündlichen Ausspruchs, wobei das Erfordernis besonderer Kundigkeit - wie sie Eike für sich in Anspruch nimmt - ein Zugeständnis an die Erfahrung darstellt, daß nicht jedermanns Rechtsgewissen gleich fein gestimmt ist. Gerade der Sachsenspiegel ist aber nun ein sprechendes Dokument dafür, daß man sich mit der bloßen Mündlichkeit nicht mehr begnügen wollte, sondern zunehmend auf die Stabilisationsfunktion der Schrift vertraute. Solche Vergewisserung strebte nur wenige Jahre nach der Abfassung des Sachsenspiegels auch der 1235 erlassene Mainzer Reichslandfriede an, wenn er beklagte, daß in ganz Deutschland, wo die Leute durchweg nach überlieferten alten Gewohnheiten und ungeschriebenem Recht lebten, Rechtsstreitigkeiten mehr nach bloßem Gutdünken statt nach gesetztem Recht oder ordentlichen Verfahrensgrundsätzen entschieden würden. Folgerichtig wurde auch der Schreiber des Reichshofgerichts verpflichtet, alle Hochgerichtsfälle aufzuzeichnen, damit künftig die Ungewißheit in vergleichbaren Fällen ausgeschlossen werden könne 9 . Der Prozeß der Verschriftlichung der Rechtskultur ist im 13. Jahrhundert in ganz Europa in vollem Gange. Seine Anfänge reichen weiter zurück. Die entscheidenden Impulse gehen seit der Jahrtausendwende von der Kirche aus, die sich mit den einsetzenden Reformbestrebungen wieder intensiver auf ihre Ordnungsvorstellungen konzentriert und sich dabei ihren gewaltigen Textvorräten und zunehmend auch dem damit traditionell verbundenen Schriftmaterial zuwendet. Einer Phase des Sammeins und Sichtens folgt schon bald eine solche

Bern - N e w York - Paris 1989, S . 6 8 f f . Die Sachsenspiegelbelege werden im folgenden doppelt angeführt: nach dem zitierfähigen Text der vorliegenden Wolfenbütteler H a n d s c h r i f t ( = W ) mit Folio und Zeile sowie nach der Homeyerschen Vulgatazählung in der Ausgabe Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 1) ( = Ldr). 9 Constitutiones et acta publica imperatorum et regum 2, hg. von L U D W I G W E I L A N D ( M G H Legum Sectio 4) H a n nover 1896, N a c h d r u c k 1963, Nr. 196, S. 241 ff., 247, Nr. 196 a, S. 262; Corpus d e r Altdeutschen Originalurkunden I, hg. von F R I E D R I C H W I L H E L M , Lahr 1932, N r . 4, S. 6, 17; Kaiser und Reich. Klassische Texte zur Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, hg. von A R N O B U S C H M A N N , M ü n c h e n 1984, S. 83, 94, 102.

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches

Rechtsbuch

neuer Produktivität. Um 1010 legte Bischof Burchard von Worms 1 0 eine in zwanzig Bücher unterteilte, mehr als tausend Kapitel umfassende Sammlung des kanonischen Rechts an, das sogenannte ,Decretum Burchardi', das bis ins 12. Jahrhundert das maßgebende Werk der kirchlichen Rechtspraxis bildete. Der gleiche Bischof veranlaßte um 1023/25 mit der ,Lex familiae S. Petri Wormatiensis' die erste und bedeutendste Aufzeichnung des Rechts einer großen Grundherrschaft. Zur beherrschenden Kirchenrechtssammlung wurde jedoch das 1040 zunächst nur zu Lehrzwecken von dem Bologneser Mönch Gratian verfaßte sogenannte ,Decretum Gratiani' 11 . In Bologna war im 11. Jahrhundert eine Rechtsschule aufgeblüht, die sich zum Zentrum einer europäischen Rechtskunde und Rechtswissenschaft, zur „Ziehmutter der Rechte" (nutrix legum) herausbildete. Das Interesse dieser Schule galt zunächst dem römischen Recht, vorab dessen wiederentdeckter, umfangreichster Textmasse, den Digesten, einer im Jahre 533 von Kaiser Justinian edierten Auswahlsammlung römischer Rechtsgutachten. Mit seinen Glossen und Summen machte Bologna Schule im wahrsten Sinne des Wortes 1 2 . Das staufische Kaisertum erkannte die Zeichen der Zeit und erhob Bologna zur kaiserlichen Universität. Barbarossa stattete diese 1158 durch die Authentica ,Habita' mit weitreichenden Selbstverwaltungsprivilegien aus 1 3 . Damit präsentierten sich im Doppelrecht des ius utrumque die beiden großen europäischen Ordnungsmächte: im römischen ius civile das Heilige Römische Reich, im ius canonicum die Heilige Kirche. Diese Sammel- und Bearbeitungsaktivitäten blieben nicht ohne Folgen. Den Leitgedanken für weitere, ähnliche Anstrengungen lieferte die Devise Gratians, wonach die Lex nichts anderes ist als eine aufgezeichnete Gewohnheit, eine consuetudo in scriptis redacta. Indessen

Vgl. A N N A H E D W I G BF.NNA, Artikel ,Burchard von Worms', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R - E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E T E R W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , 1, Berlin 1971, Sp. 541-543. 11 Vgl. H A N S E R I C H F E I N E , Kirchliche Rechtsgeschichte I, Weimar 4 1 9 6 4 , S . 2 7 7 ff. Überblick bei F R I E D R I C H M E R Z BACHER, Artikel ,Corpus Iuris Canonici', in: H R G (wie Anm. 1 0 ) Sp. 6 3 7 - 6 4 0 ; D E R S . , Artikel ,Gratian', in: ebd., 10

Sp.1798-1799.

12 Vgl. F R A N Z W I E A C K E R , Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, Göttingen 2 1967, S. 45 ff. 13 Constitutiones et acta publica imperatorum et regum 1, hg. von L U D W I G W E I L A N D , Hannover 1 8 9 3 , Neudruck 1963, N r . 178,

S.249.

27 sollte die schriftlich gefaßte Gewohnheit nur dann Bestand haben, wenn sie sich auch in das christlich-naturrechtliche Weltbild einfügte, in den Worten der Kirchenväter: Ratio et veritas consuetudini praeponenda est (Vernunft und Wahrheit sind die Voraussetzung für das Gewohnheitsrecht) 1 4 . Mit diesem Programm ist Rechtsaufzeichnungen aller Art der Weg geebnet. Dabei macht es wenig Unterschied, ob solche von kundigen Privatautoren verfaßt oder in Form amtlicher Redaktionen erlassen werden. Von Bedeutung ist allein, daß die Gewohnheit besteht und daß sie mit der Vernunft und den Glaubenswahrheiten nicht in Widerspruch gerät. Damit ordnet sich auch der Sachsenspiegel in eine europäische Verschriftlichungswelle ein, die ihm zwar nicht seine Originalität nimmt, ihn jedoch auch nicht von anderen Leistungen ähnlicher Art ausnimmt. Bleibt er nach wie vor der Prototyp der deutschen Rechtsbücher 15 , so darf dabei nicht vergessen werden, daß diese Literaturgattung im übernationalen Vergleich ihre Abgrenzungsschärfe verliert. Eine Umschau soll nur den Zweck haben, die angesprochenen Zusammenhänge deutlicher herauszustellen, Vollständigkeit ist nicht annähernd ihr Ziel 16 . Um 1190 gelingt Ranulf de Glanvill mit dem Traktat ,De legibus et consuetudinibus regni Angliae' eine erste Gesamtdarstellung des englischen Rechts, die an Gehalt und Bedeutung von der um 1250 aus der Feder des Henricus de Bracton entstandenen Schrift fast gleichen Titels noch übertroffen wird 1 7 . Auch in anderen europäischen Ländern können Autoren bedeutender Rechts-

14 Dazu G A G N E R (wie Anm.2) S.216ff., 296ff. 15 KARL KROESCHELL, Deutsche Rechtsgeschichte 1, Opladen l0 1992, S. 242ff.; D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel ,Rechtsbücher', in: H R G (wie Anm. 10) 4, Berlin 1990, Sp.277282. Uber das Rechtsbuch und seinen Verfasser vgl. R O L F LIEBERWIRTH, Eike von Repchow und der Sachsenspiegel (Sitzungsberichte der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-Hist. Klasse, Bd. 12,4) Berlin 1982. 16 Vgl. N O R B E R T H O R N , Die legistische Literatur der Kommentatoren und der Ausbreitung des gelehrten Rechts, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. von H E L M U T COING, I: Mittelalter (1100-1500), München 1973, S. 261-364, 355 ff. Zahlreiches Material auch bei A R M I N WOLF, Die Gesetzgebung der entstehenden Territorialstaaten, in: ebd., S. 517-800; vgl. auch K R O E S C H E L L (wie Anm. 15). 17

H A N S P E T E R , Artikel ,Englisches Recht', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 922-939; DERS., Artikel ,Glanvill, Ranulf', in: ebd., Sp. 1692-1693; DERS., Artikel ,Bracton, Henricus de', in: ebd., Sp. 496-498.

28

Clausdieter Schott

Sammlungen namhaft gemacht werden. So schreibt in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts in Dänemark Erzbischof Andreas Sunesson den ,Liber Scaniae' 18 . In Spanien verfaßt Bischof Vidal von Huesca 1247 den Fuero von Aragon 1 9 . Aus Italien wäre der Mailänder Ubertus de Orto mit seinem um 1150 zusammengestellten langobardischen Lehnrecht anzuführen 2 0 . In Frankreich verfertigt Pierre de Fontaines um 1255 eine Darstellung des nordostfranzösischen Rechts, den sogenannten ,Conseil ä un ami' 21 . Die berühmten ,Coutumes de Beauvaisis' von 1283 sind das Werk des Philipp de Beaumanoir und der ,Grand coutumier de France' von 1388 schließlich dasjenige des Jacques d'Ableiges 22 . In diesen Zusammenhang gehören auch wieder kirchliche Werke, nicht zuletzt die Beichtsummen, die mit Raymund von Penyaforts , Summa de casibus poenitentiae' von 1225 anheben und sich zu einer verbreiteten Literaturgattung entwickeln 23 . Bei der Mehrzahl der mittelalterlichen Rechtsdarstellungen bleiben jedoch deren Verfasser unbekannt, was indessen über die Bedeutung der Werke selbst nichts aussagt. Das gilt für die nordischen, zum Teil aus dem Vortrag des Gesetzessprechers entstandenen Rechtsbücher 2 4 ebenso wie für den ,Tres ancien coutumier de Normandie' (um 1200), den ,Grand coutumier de Normandie' (um 1254), die ,Livres de jostice et de plet' aus der Gegend von Orleans (um 1260), die ,Etablissements de St. Louis' (um 1272) 25 und viele andere mehr. Sie stehen auf einer Linie mit den ,Fueros' von Kastilien, Aragon und Navarra 2 6 , dem ,Constitutum

18

K A R L VON A M I R A -

KARL A U G U S T ECKHARDT,

Germani-

sches Recht I, Berlin 4 1960, S.88. 19

HORN

20

KROESCHELL ( w i e A n m . 1 5 ) S. 2 7 1 f f .

( w i e A n m . 1 6 ) S. 2 9 4 f f .

21

GUNTER

24

AMIRA

G U D I A N , Artikel ,Coutumes', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 641-648. 22 Ebd. 2 3 W I N F R I E D T R U S E N , Die gelehrte Gerichtsbarkeit der Kirchen, in: Handbuch (wie Anm. 16) S. 495 ff. -

ECKHARDT

(wie

Anm.

18)

S.

9 8 ff.;

DIETER

STRAUCH, Artikel ,Ostgötenrecht', in: H R G (wie Anm. 1 0 ) 3 , Berlin 1 9 8 4 , Sp. 1 3 6 2 - 1 3 6 7 ; D E R S . , Zur Rechtsfortbildung im mittelalterlichen Schweden, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte. Karl Kroeschell zum 60. Geburtstag, dargelegt von Freunden, Schülern und Kollegen, hg. von G E R H A R D K Ö B L E R (Rechtshistorische Reihe 60) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1 9 8 7 , S. 5 0 4 - 5 2 3 . 25

GUDIAN

26

RAFAEL G I B E R T ,

(wie A n m . 21).

Sp. 1319 f f.

Artikel ,Fueros', in:

H R G

(wie Anm. 10)

Usus' von Pisa (um 1160) 27 , den ,Consuetudines Neapolitanae' (1306) 28 . Auch hier läßt sich die Reihe beliebig verlängern. Wie schon gesagt, ist es dabei wenig erheblich, ob dahinter eine private, amtliche oder halbamtliche Initiative steht. Was zählt, ist allein eine den Ansprüchen genügende Erfassung des Gewohnheitsrechts, das allerdings schon unter den Händen der Aufzeichner, dann aber auch durch den Gebrauch eine eigene Dynamik entfaltet.

II. Friede und Gerechtigkeit Es ist die erklärte Absicht des Sachsenspiegels, eine von Gott gestiftete Ordnung aufzuzeigen, wie sie für den sündigen, aber erlösten Menschen verbindlich ist und diesem zum ewigen Heil verhilft. Recht wird daher zunächst als Gerechtigkeit schlechthin verstanden. Daran lassen die Prologe und Epiloge des sächsischen Rechtsbuchs und seiner Nachfolger keinen Zweifel. Konkret erweist sich dieses Recht jedoch - der sprachliche Befund belegt dies zur Genüge - sehr pragmatisch als das, was vor Gericht bis hin zur Entscheidung geschieht 29 . Die Rechnung, nach der sich Glaube und Vernunft einerseits und Herkommen und Institutionen andererseits decken müssen, geht indessen nicht ganz auf. So führt das formalistische Gerichtsverfahren des Sachsenspiegels, das auch auf Gottesurteil und Zweikampf nicht verzichtet, regelmäßig zwar zur Beendigung des Rechtsstreits und damit zum Rechtsfrieden, nicht aber in jedem Fall auch zu einer materiell gerechten Entscheidung. Dabei war diese Problematik längst erkannt und von der Kirche wiederholt, nachdrücklich am vierten Laterankonzil von 1215, als Versuchung Gottes und in einem Dekretale von 1222 auch für die weltliche Wahrheitsfindung als untauglich verworfen worden 3 0 . Hier ist der Punkt, an dem verschiedene Di-

27

HANSJÖRG

P O H L M A N N , Die Quellen des Handelsrechts, in: Handbuch (wie Anm. 16) S. 812. 28 W O L F (wie Anm. 16) S.708. 29 I G N O R (wie Anm.3) S . 1 3 3 f f . ; J Ü R G E N W E I T Z E L , Dinggenossenschaft und Recht. Untersuchungen zum Rechtsverständnis im fränkisch-deutschen Mittelalter (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 15/1 u. II) Köln - Wien 1985, S. 1327 ff.

30

ADALBERT

E R L E R , Artikel ,Gottesurteil', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 1769-1773. Grundlegend immer noch HERMANN N O T T A R P , Gottesurteilstudien (Bamberger Abhandlungen und Forschungen 2) München 1956; D A G M A R HÜPPER, Der gerichtliche Zweikampf im Spiegel der Be-

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches

29

Rechtsbuch

mensionen des Rechts aufeinandertreffen. Auszugehen ist von der Tatsache, daß die archaische Gesellschaft - wie immer man diese im einzelnen definieren mag ein labiles, vom Gruppenprestige beherrschtes Gefüge ist, das ständig durch meist kleinräumige Konflikte bedroht bleibt. Diese Gesellschaft kennt, vereinfacht ausgedrückt, nur ein Wertsystem, bestehend aus Gruppenloyalität und sozialer Geltung. Die Vorstellung einer allgemeinen Gerechtigkeit und eines überdeckenden Rechtssystems ist ihr fremd. Das Recht 3 1 - altdeutsch ewa, lateinisch mit lex wiedergegeben - besteht vor allem in einigen Verfahrensregeln, die es ermöglichen, die existenzgefährdenden Agressionen und Rachezüge zurückzubinden und in ein unblutiges oder doch beschränkt gefährliches Verfahrensspiel umzusetzen. Dieses Verfahren vermag aber vorerst nicht mehr zu leisten als Prestigeeinbußen abzugleichen und den Streit für diesmal zu erledigen. Letztlich geht es dabei um eine Bewältigung des Konflikts und eine Eindämmung des Konfliktpotentials und nicht um eine Beurteilung richtigen Verhaltens. Es versteht sich, daß ein solcher Prozeß von Behauptungsmechanismen geprägt ist, wie sie etwa beim Zweikampf besonders augenscheinlich zutage treten. Der Rechtsgedanke reicht also über Verfahrensvorstellungen nicht hinaus. Ein das ganze Verhaltenssystem oder doch weite Teile desselben überdeckender Rechtsbegriff ist christliches oder doch vom Christentum weitergetragenes Gedankengut, das einer entwickelteren Zivilisationsstufe entspricht. Wiederum zur These vereinfacht läßt sich feststellen, daß die römisch-christliche Weltsicht eine allgemeine Rechtsidee bei den germanischen Völkern überhaupt erst begründet hat. Durch das Christentum wurden kollektive Handlungsmuster aufgelöst und durch eine individuelle Zurechnung ersetzt. Verdienst

Zeichnungen f ü r ,Kampf', ,Kämpfer', ,Waffen', in: Frühmittelalterliche Studien 1 8 , 1 9 8 4 , S. 6 0 7 - 6 6 1 und H E I N Z H O L Z H A U E R , D e r gerichtliche Zweikampf, in: Sprache und Recht. Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Festschrift f ü r Ruth Schmidt-Wiegand zum 60. Geburtstag, hg. von K A R L H A U C K - K A R L K R O E S C H E L L -

und Verstoß bestimmen nun die überzeitliche Existenz des Menschen. Gebet, gute Werke und Buße lassen das ewige Heil erreichbar erscheinen, wogegen dem verstockten Sünder die unwiderrufliche Verdammnis droht. Die Angst vor der Hölle wird zum Grundthema der christlichen Lehre des Mittelalters, und deren Heilsbotschaft ist begleitet von gepredigten und gemalten Schreckensbildern. Das Weltende ist nahe, an dem der göttliche Richter darüber entscheiden wird, ob die persönliche Lebensführung zur Seligkeit führen oder endgültig in der Katastrophe enden wird 3 2 . Hier bildet sich eine neue Vorstellung von Gerichtsbarkeit heraus, die sich von der herkömmlichen wesentlich unterscheidet. Eindrücklich kehrt daher auch die frühe volkssprachige Dichtung des 9. Jahrhunderts hervor, daß das Jüngste Gericht mit den Prozeßstrategien des weltlichen Verfahrens nichts mehr gemein hat 3 3 . Der inquisitorische und allwissende Weltenrichter entscheidet über den gesamten Lebenswandel als Sachverhalt, und es gibt für den Inquisiten keine Ausflüchte und kein Entrinnen und auch keine Sicherheit in der Gruppe. Die Konsequenz dieser totalen Ethik ist eine alles umfassende Maßstäblichkeit, die stets und überall das Urteil gut oder schlecht, richtig oder falsch, Recht oder Unrecht, gerechtfertigt oder schuldig bereithält. In allen denkbaren Lebensbereichen bedarf es nunmehr der Gerichtsbarkeit. Auch dort, wo es nur noch um Gewissenssachen geht, wird der Mensch durch das Forum internum, den Beichtvater, erreicht 34 . Eine allgemeine Rechtsordnung - lateinisch ius/ iustitia, im Sachsenspiegel in recht schon anklingend 3 5 - läßt sich freilich nur dann einrichten, wenn eine Grundbedingung gegeben ist: der gemeine Friede 3 6 . Damit liegt es aber noch lange im argen, zumal sich

32

S T E F A N S O N D E R E G G E R - D A G M A R H Ü P P E R - G A B R I E L E VON OLBERG, I 31

u.

II,

Berlin - New York

1 9 8 6 , I,

S.

263-283.

N ä h e r dazu K A R L K R O E S C H E L L , Recht und Rechtsbegriff im 12. J a h r h u n d e r t , in: Probleme des 12. Jahrhunderts. Reichenau-Vorträge 1 9 6 5 - 1 9 6 7 (Vorträge und Forschungen X I I ) Konstanz - Stuttgart 1 9 6 8 , S. 3 0 9 - 3 3 5 ; G E R H A R D K Ö B L E R , Das Recht im frühen Mittelalter (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 7) Köln - Wien 1971.

33 34

Vgl. C L A U S D I E T E R S C H O T T , Tugend und Recht im Mittelalter, in: Ethische Perspektiven: ,Wandel der Tugenden' (Zürcher Hochschulforum 15) Zürich 1989, S. 95 ff. D a zu mit eindrücklichen Bildbeispielen: W O L F G A N G S C H I L D , G o t t als Richter, in: Recht und Gerechtigkeit im Spiegel der europäischen Kunst, hg. von W O L F G A N G P L E I S T E R W O L F G A N G S C H I L D , Köln 1988, S.44-85. SCHOTT TRUSEN

(wie Anm.32) S . 102. (wie Anm.23) S. 495 ff.

35

IGNOR ( w i e A n m . 3 ) S. 1 3 5 ff.

36

EKKEHARD

K A U F M A N N , Artikel ,Friede', in: H R G (wie Anm. 1 0 ) Sp. 1 2 7 5 - 1 2 9 2 ; W O L F G A N G S E L L E R T , Friedensprogramme und Friedenswahrung im Mittelalter, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte (wie Anm. 24) S. 4 5 3 - 4 6 7 .

30

Clausdieter Schott

die Verhaltensweisen nur langsam der neuen Ideologie anpassen. Auch hier bleibt die Kirche nicht untätig. Mit der Gottesfriedensbewegung, die im 10. Jahrhundert in Frankreich ihren Ausgang nimmt, wird ein Weg gefunden, durch Einung und Eid Verbände zu bilden, die sich zur Anerkennung von Friedenszonen und -Zeiten sowie zum Schutz bestimmter Personengruppen verpflichten 3 7 . Mögen diese Maßnahmen zunächst nicht sogleich durchgreifend gewirkt haben, so tritt doch das angestrebte Ziel immer klarer ins breite Bewußtsein: die Schaffung eines allgemeinen und dauerhaften Landfriedens. Da an Friedbrüche Sanktionen geknüpft sind, erscheint nunmehr die Strafe als wohl nicht neue, aber zunehmend beherrschende Reaktionsform. Die Strafe unterscheidet sich von den früheren, dem Prestigeausgleich dienenden Sühneleistungen dadurch, d a ß sie nicht mehr an die verletzte Verwandtschaftsgruppe, sondern an die Garanten der Ordnung selbst zu entrichten ist. Auffallend ist dabei auch die gedankliche Verwandtschaft zur Kirchenbuße, bei welcher das Verhältnis zwischen Täter und Verletztem gleichfalls von sekundärer Bedeutung bleibt. Damit kommt aber einer Verletzungshandlung eine neue Bewertung zu, indem diese nicht mehr die Angelegenheit von Einzelnen und von verwandtschaftlichen Gruppen ist, sondern sich als Störfall einer alle angehenden Rechtsordnung erweist. Die Sinnverbindung von Friede und Recht verleiht dem Recht selbst bereits schärfere Kontur. Fride unde reht sint sere wunt dichtet Walther von der Vogelweide 3 8 und formuliert damit bündig die Aufgaben des Gemeinwesens. Auch hier bleibt der biblisch-christliche Hintergrund gegenwärtig. So rückt der Psalmist von den vier klassischen Tugenden Friede und Recht enger zusammen: Justitia et pax osculatae sunt (Gerechtigkeit und Friede küssen sich), und Augustinus preist den „immerwährenden und vollkommenen Frieden" als höchstes Gut seines Gottesstaates 3 9 . Im Sachsenspiegel kommt dem Friedensthema zentrale Bedeutung zu. Es nimmt für die Zeitgenossen in Form des Gottes- und Landfriedens sichtbarere Gestalt an. Eike

37 Überblick bei VICTOR ACHTER, Artikel ,Gottesfriede', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 1762-1765. 38 ANTON SCHWÖB, fiide unde reht sint sere wunt. Historiographen und Dichter der Stauferzeit über die Wahrung von Frieden und Recht, in: Sprache und Recht (wie Anm. 30) II, S. 846-869. 39

SCHOTT ( w i e

A n m . 32)

rechtigkeitsbilder, A n m . 3 2 ) S. 8 6 - 1 7 1 .

S. 1 0 3 ;

WOLFGANG

in: Recht und

SCHILD,

Gerechtigkeit

Ge-

(wie

beruft sich ausdrücklich auf eine solche kaiserlich bestätigte Friedenseinung: „ H ö r t nun über den alten Frieden, der dem Land Sachsen kraft der kaiserlichen Macht und mit Zustimmung der Ritter des Landes bestätigt worden ist." 40 Es handelt sich bei diesem „alten Frieden" um den sächsischen Landfrieden Heinrichs (VII.) von 1221 (oder 1223) beziehungsweise um die ,Treuga Heinrici' von 1224 41 . Die Verknüpfung von Friedensidee und Rechtsbuch kommt in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels wie schon in ihrem Dresdener Vorbild besonders deutlich zum Ausdruck, indem beiden Codices der Eike selbst nicht mehr bekannte, große Mainzer Reichslandfriede Friedrichs II. von 1235 vorangestellt wird. In dieser Weise soll angezeigt werden, daß man den Sachsenspiegel selbst als konkretere Ausformung des Landfriedens verstanden wissen will. Die Idee einer totalen Gerechtigkeit ist als solche vollumfänglich kaum realisierbar. Daher bildet das Recht selbst nur ein Segment der Gerechtigkeitsidee und beschränkt sich auf die kontrollierbaren und sozialrelevanten Lebenssachverhalte. Für das Mittelalter bedeutet dies im wesentlichen, daß unter Recht all jene Bereiche verstanden werden, mit denen sich das Gericht herkömmlicherweise befassen kann. Da dessen ordnungs- und friedensstiftende Funktion offensichtlich ist, paßt es sich in das konservative Gerechtigkeitsbild vorläufig auch dann ein, wenn es Komponenten enthält, die gleichzeitig einer fortgeschritteneren Denkweise als überlebt erscheinen mögen. Damit läßt sich eine rechtshistorische Standortbestimmung des Sachsenspiegels vornehmen, wie sie deutlich in den bereits angesprochenen Worten des Prologs zum Ausdruck kommt: Got is selber recht, dar umme is im recht lip. Dar umme sen si sich alle vor di, den gerichte von gotis halbin bevolin si, das si also richten, alse gotis zcorn unde sin gerichte genediclich ubir si irgen musen42. Die gedankliche Verbindung zwischen Gott, der selber Recht, gerecht, Gericht ist - alle Deutungen sind möglich - , und dem Recht als Gegenstand der Gerichtsbarkeit tritt in dieser Formulierung besonders augenfällig zutage. Mit Nachdruck wird auf das Gericht Gottes hingewiesen, vor dem sich der Richter letztlich zu verantworten und dessen Zorn er zu fürchten hat. Da ist sie also wieder, die Angstpredigt. Während die

40 W fol. 41 12 recto; Ldr II 66. 41 Constitutiones (wie Anm. 9) Nrn. 280, 284; S.394f., 398 ff. 42 W fol.9 1 6 verso; Ldr Prologus.

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches

31

Rechtsbuch

Illustrationen der Wolfenbütteler Bilderhandschrift und ihres Dresdener Vorbilds dazu zurückhaltender nur die Übertragung der Gerichtsbarkeit durch Gott an den König zur Darstellung bringen, wird die Oldenburger Handschrift deutlicher 43 . Der auf apokalyptischem Regenbogen sitzende Weltenrichter überreicht mit der Rechten dem König als oberstem Erdenrichter das Schwert, weist aber mit der Linken zugleich auf den Höllenrachen, der den ungerechten Richter erbarmungslos verschlingt. Diese zwar einem ikonographischen Kanon verpflichtete Bildpredigt hat den Text gewiß voll erfaßt. Eine solch doppelte Sprache von Text und Bild dokumentiert unmittelbare Vorstellung und ist weit entfernt von distanzierter Metaphorik. Für Eike und seine Zeitgenossen ist der Tag dieser Endabrechnung in greifbare Nähe gerückt und wird durch Schriftautoritäten und bedeutsame Weissagungen bestätigt. Nebukadnezars Traum von den vier sich ablösenden Reichen hat längst seine dazu passende Ausdeutung gefunden: Babylon, Persien und das Alexanderreich sind untergegangen, Rom ist das vierte und letzte Weltreich, das nun schon von Cäsar bis zu den Stauferkaisern die Welt beherrscht 4 4 . Auch nach der von Eike dem alexandrinischen Theologen Origenes (185-254) zugeschriebenen Weltalterlehre ist Endzeit: Seit Erschaffung der Welt sind sechs Weltalter zu je tausend Jahren vergangen. „In dem siebten befinden wir uns jetzt, ohne Gewißheit über deren Dauer", gewiß ist nur, daß „in dem siebten die Welt untergehen wird" 4 5 . Abendstimmung liegt über diesen Worten, die

43 Abgebildet bei DRESCHER (wie Anm. 8) Abb. 2; lithographische Wiedergabe auch in: Der Sachsenspiegel, Landrecht und Lehnrecht. Nach dem Oldenburger Codex picturatus

von

1336,

hg.

von

AUGUST

LÜBBEN.

Mit

Abbildungen in Lithographie und einem Vorwort zu denselben

von

FRIEDRICH

VON ALTEN,

Oldenburg

1879,

Nachdruck Amsterdam 1970; diese Abbildung auch in d e r A u s g a b e SCHOTT ( w i e A n m . 1) S. 3 8 3 .

44 W fol. 47 35 recto; Ldr III 44. 4 5 W f o l . 1 0 1 6 v e r s o ; L d r I 3; vgl. d a z u RODERICH SCHMIDT,

Aetates mundi. Die Weltalter als Gliederungsprinzip der Geschichte, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 67, 1955/56, S. 288-317; zur lange erörterten Frage, ob im Sachsenspiegel mit Origenes der Theologe oder das Werk jOrigines' des Isidor von Sevilla gemeint ist: DERS., Origines oder Etymologiae? Die Bezeichnung der Enzyklopädie des Isidor von Sevilla in den Handschriften des Mittelalters, in: Festschrift Adolf Hofmeister zum 70. Geburtstag, Halle 1955, S. 223-232; DERS., Studien über Eike von Repgow und den Sachsenspiegel, Diss. phil. masch. Greifswald 1951, S. 114 ff.

Welt hat ihre Geschichte zum größten Teil hinter sich gebracht. Schon in der Reimvorrede schlägt Eike solche Weltuntergangstöne an, um seine Mitmenschen eindrücklich zu ermahnen: Stolten helde sit bedacht, / na deme dage volget diu nacht; De dach is ok an uns gewant, uns siget de avent an diu hant. (Ihr stolzen Helden denkt daran, auf den Tag folgt die Nacht. Der Tag hat sich auch für uns geneigt, und der Abend kommt für uns herauf) 4 6 . Trotz des auf christlicher Lehre und Verkündigung aufruhenden Weltbilds Eikes und seiner Anverwandlung traditioneller Rechtsmuster war abzusehen, daß der Rechtsbegriff sich auf Dauer nicht auf seine Gerichtsbezogenheit begrenzen ließ. Mit der ratio, wie sie sich im Hochmittelalter einer schulmäßigen Pflege erfreute, erscheint ein neues System der Gerechtigkeitsorientierung verfügbar, das sich an allen denkbaren Handlungsweisen erproben läßt. An der kontroversen Einstellung zu Gottesurteil und Zweikampf hat sich eine Entwicklung in diese Richtung bereits angekündigt. Allerdings verlangt das Rechtsdenken stets eine pragmatisch ausgerichtete Struktur, andernfalls die Vernunft ein zu weitgezogener und daher wenig auskunftssicherer Begriff bleibt. Diesem Bedürfnis kommt nun das wiederentdeckte römische Recht entgegen, das in seiner Textfülle und anspruchsvollen Aufbereitung des Stoffes genau das liefert, was sich eine umfassende Gerechtigkeitsvorstellung wünscht. In der Aneignung und Bearbeitung der Texte entsteht die europäische Rechtswissenschaft, die einen Lösungsvorrat anzubieten vermag, der weit über den gegenwärtigen Bedarf hinausreicht. Auch der Sachsenspiegel gerät spätestens im H . J a h r hundert in diesen Sog der Verwissenschaftlichung, was sich für seine Rezeption und Wertschätzung als überaus förderlich erweist. Nach 1325 verfaßt der altmärkische Ritter und in Bologna ausgebildete Hofrichter Johann von Buch eine Glosse zum Landrecht, der sich im 14. und 15. Jahrhundert weitere Bearbeitungen und Glossierungen anfügen 4 7 . Mit diesem Ausweis der Wissenschaftlichkeit partizipiert das Rechtsbuch an einem

46 Vers 191-194, Ldr Vorrede in Reimpaaren. 47 HANS SCHLOSSER, Artikel ,Buch, Johann von', in: H R G (wie

A n m . 10)

Sp. 5 2 6 - 5 2 7 ;

FRIEDRICH

EBEL,

Artikel

, Sachsenspiegel', in: H R G (wie Anm. 10) 4, Berlin 1990, Sp. 1228-1237, Sp. 1231 f.

Clausdieter Schott

32 neuen, sich ausbreitenden Rechtsverständnis und sichert sich damit seine Beachtung auch in einer Zeit, in der sich die Welt mehr und mehr grundlegend zu wandeln beginnt. Der Sachsenspiegel bekommt so seinen festen Platz in der mittelalterlichen Rechtsquellenlehre 48 . Der Liegnitzer Hofschreiber Nikolaus Wurm (gest. 1401), selbst Glossator des Rechtsbuchs, drückt dies mit den Worten aus: Herr Ecke ist der blumen stam; die worczil aber sint leges, das ist kaisirrecht, und canones, das sint geistlich rechtw.

von Kaiser und Papst kräftig ausmalen 51 , entspricht gewiß der offiziellen Anschauungsweise und wird durch die tatsächlichen Dissonanzen zwischen dem säkularen und dem kirchlichen Rom höchstens getrübt, kaum aber grundsätzlich in Frage gestellt. Bemerkenswert ist, wie auch hier wieder alles Rechtsdenken von der Gerichtsbarkeit her bestimmt ist. Das gleiche gilt für das sich anschließende Thema der Freiheit.

Schon im Weltalterprinzip und in der Vier-ReicheLehre hat sich eine Weltsicht aufgetan, die einer festen, der Vollendung entgegenstrebenden Ordnung verpflichtet ist. Soweit dabei Zahlen im Spiele sind, haben sie einen tieferen, dem mystischen Vorstellungskreis zuzuordnenden Sinn 50 . Gleich zu Beginn des Sachsenspiegels begegnen dem Leser Zahlenkonstellationen, welche ihm den inneren Aufbau dieser Weltordnung näher bringen wollen. Das Rechtsbuch setzt ein mit Got, der da is begin unde ende aller guten dinge. Vom einzigen Gott wird übergeleitet zur Zweizahl: „Zwei Schwerter hinterließ nämlich Gott auf Erden, um die Christenheit zu beschützen, dem Papst ist das geistliche, dem Kaiser das weltliche bestimmt." Mit der dreifach gestuften Freiheit und der jeweiligen gerichtlichen Zuordnung setzt sich die Zahlensequenz fort und findet mit den sieben Weltaltern, denen sieben Heerschilde und Verwandtschaftsgrade folgen, ihren vorläufigen Abschluß.

III. Freiheit und ständische Ordnung

Das von der Christenheit bewohnte erdrike ist das weltumspannende Heilige Römische Reich und in gewisser Weise gleichzeitig die Heilige Kirche. In den beiden obersten, von Gott abgeleiteten Gewalten, der geistlichen und der weltlichen, wird die christliche Weltordnung schlechthin repräsentiert. Ihr Verhältnis zueinander ist von Kooperation und Ergänzung bestimmt. Was der Papst mit geistlichem Recht nicht erzwingen kann, soll der Kaiser mit weltlichem Recht erzwingen. Weltliches und geistliches Gericht sollen zusammenwirken, damit man, was so dem einen widersteht, mit dem anderen zwinge, gehorsam zu sein und die Pflicht dem Recht gegenüber zu erfüllen. Dieses Harmoniebild, welches die Illustratoren der Bilderhandschriften durch die Darstellung der Umarmung

Rechtsaufzeichnung und Rechtswirklichkeit. Das Beispiel des Sachsenspiegels, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. von P E T E R C L A S S E N (Vorträge und Forschungen X X I I I ) Sigmaringen 1977, S. 349-380. 49 Zitiert nach K R O E S C H E L L (wie Anm.48) S. 380. 50 K R O E S C H E L L (wie Anm.48) S.363. 48

KARL KROESCHELL,

Der Sachsenspiegel geht von der überkommenen, durch das römische Recht schärfer geformten Zweiteilung 52 in frei und unfrei aus. Die Buch'sche Glosse bringt dies mit den Worten zum Ausdruck: wan gebort tweit nich wan eygen unn vry und weitere Unterscheidungen bezögen sich nur auf die soziale Geltung 5 3 . Die Freiheit wird zunächst in Verbindung mit der Dingpflicht, genauer der nach Standesmerkmalen vorgenommenen Gerichtszugehörigkeit der Personengruppen erörtert. Auch dabei bleibt die Unterscheidung in geistliche und weltliche Gerichtsbarkeit gegenwärtig. Vriheit ist abir drierhande (Freiheit ist aber dreierlei): Die schöffenbaren Leute besuchen das bischöfliche Sendgericht und das weltliche Grafengericht, die Pfleghaften gehören vor das Sendgericht des Dompropstes und das Schultheißengericht, die Landsassen schließlich sind beim erzpriesterlichen und Gaugrafengericht

51 Dazu R O D E R I C H S C H M I D T , Das Verhältnis von Kaiser und Papst im Sachsenspiegel und seine bildliche Darstellung, in: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G MAR H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R und U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) München 1986, I, S. 95-115. 52

Freiheit und Libertas. Zur Genese eines Begriffs, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 104, 1987, S. 84-109. 53 Glosse zu Ldr III 45 ξ 1: Sassenspegel. Mit velen nyen Addicien san dem Leenrechte unde Richtstige, hg. von H A N S R Y N M A N N VON O H R I N G E N , 2 . Aufl. hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T (Bibliotheca Rerum Historicarum, Neudruck 10: Landrecht und Lehnrecht mit doppelter Glosse) Aalen 1978. Vgl. G A B R I E L E VON O L B E R G , Auffassungen von der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung in Text und Bild des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 51) I, S. 155-170. CLAUSDIETER S C H O T T ,

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches

Rechtsbuch

dingpflichtig 54 . Die Zurechnung zum einen oder anderen Freienstand bestimmt sich nach der Art und Weise des Grundbesitzes. Die schöffenbar freien Leute besitzen ein freieigenes oder lehenbares Stammgut, das hantgemal, und können sich auf vier Ahnen berufen 5 5 . Ihr Grundbesitz muß sich von Reichsgut ableiten und mindestens drei Hufen umfangen 5 6 . Auf Grund ihrer Besitzerstellung sind sie zum Schöffenamt im Grafending berechtigt. Über die Pfleghaften, den nächst tieferen Freienstand, ist aus dem Sachsenspiegel soviel zu erfahren oder zu erschließen, daß sie im Land fest ansässig sind und für den von ihnen bebauten Boden eine Zinsabgabe, die „Pflege", entrichten 5 7 . Es ist anzunehmen, daß sich ihr Status von Freien herleitet, die im Rahmen der Ostkolonisation zu minderem Recht angesiedelt wurden. Mit ihnen zusammen genannt und ihnen gleichgestellt werden die Biergelden, ebenfalls abgabenpflichtige Erblehenbauern 5 8 . Die Pfleghaften besitzen zwar vererbliches, jedoch nicht frei veräußerliches Land, weshalb sie schon die Sachsenspiegelglosse überhaupt in die Nähe der unfreien Eigenleute rückt 5 9 . Den untersten Stand der Freien bilden die Landsassen: „Sie kommen und gehen wie Fremde und haben kein Grundeigen im Lande." 6 0 Nach der Glosse handelt es sich um Leute, die zwar ebenfalls regelmäßig Land bebauen, jedoch ohne in einem festen und gesicherten Leiheverhältnis zu stehen 6 1 . Wie der Sachsenspiegel durchscheinen läßt, dürfte dieser Stand aus ehemals freigelassenen Eigenleuten und Dienstleuten hervorgegangen sein. Die soziale Wertstellung findet ihren Ausdruck auch in der H ö h e des Wergeides und der Buße, d.h. jener Beträge, die als Ersatzleistungen für Totschlag und Verletzungshandlungen an den Geschädigten oder dessen Verwandte zu entrichten sind. Wergeid und Buße

54 W fol.10 recto; Ldr I 2. 55 W fol. 21 16 verso; Ldr I 51 §4; III 26 §2; III 29 §1 (im übrigen Verlust bei W). 56 Ldr III 81 §1 (Verlust bei W). 57 H A N S T H I E M E , Artikel ,Pfleghafte', in: H R G (wie Anra. 10) 3, Berlin 1984, Sp. 1733-1736; VON O L B E R G (wie Anm.53) S. 167 f. 58 R O B E R T S C H E Y H I N G , Artikel ,Biergelden', in: H R G (wie Anm. 10) Sp.417-418. 59 Glosse (wie Anm.53) zu Ldr III 79 §3; Vocabularius „Pfleghafte". 60 D I E T M A R W I L L O W E I T , Artikel ,Landsassen', in: H R G (wie Anm. 10) 2, Berlin 1978, Sp. 1547-1550. 61 Glosse (wie Anm.53) zu Ldr III 45 §6.

33 haben ihren Ursprung im archaischen Ausgleichsdenken, durch welches Rachereaktionen in friedensstiftende Sühneleistungen umgelenkt werden sollten. Da der Sachsenspiegel jedoch bereits ein Strafsystem kennt, kommt Wergeid und Buße jetzt nur noch die Funktion einer Schadenersatzforderung des Verletzten zu. Gleichwohl dient die Taxierung immer noch wie schon in den germanischen Stammesrechten der Kennzeichnung sozialer Rangstufen. Nach dem Sachsenspiegel beträgt das Wergeid des obersten Freienstandes 18 Pfund und die Buße 30 Schillinge, und zwar ohne Unterschied der beträchtlichen gesellschaftlichen Abstände: „Fürsten, freie Herren, schöffenbare Leute stehen sich in Buße und Wergeid gleich." 62 Den Fürsten kommt nur insofern eine Vorrangstellung zu, als man ihnen in Gold zu bezahlen hat. Die beiden unteren Stände der Freien, Pfleghaften und Landsassen, werden erheblich tiefer, aber unterschiedslos bewertet, nämlich mit 10 Pfund und 15 Schillingen 63 . Den Freien werden die Unfreien gegenübergestellt, jedoch nicht unmittelbar. Zunächst werden in den meisten Handschriften noch die Laten, eine halbfreie H ö rigenschicht, angeführt 6 4 . Eike erklärt ihre Existenz mit der sächsischen Landnahme, wonach die Eroberer die thüringischen Bauern am Leben gelassen und als schollengebundene Zinsbauern angesiedelt hätten. Eine Stufe tiefer stehen die Tagewerker oder Tagelöhner, die nach dem Sachsenspiegel einst Laten gewesen seien und ihre Rechte verwirkt haben sollen 65 . Nach der Glosse sind sie Lohnarbeiter ohne jeglichen eigenen Grundbesitz. Für die Tagelöhner werden eine Spottbuße, nämlich zwei wollene Handschuhe und eine Mistgabel, und ein unrealistisches Manngeld angesetzt. Spottbußen haben auch Pfaffenkinder, Uneheliche, Spielleute, Lohnkämpfer, Eigenleute, Diebe und anderes „Gesindel"; ein Wergeid wird ihnen überhaupt abgesprochen 66 . Von den hier aufgeführten rechtlosen Leuten sind nur die Eigenleute wirklich Unfreie, über die nach Belieben verfügt werden kann. Die Leibeigenschaft besteht kraft Geburt oder infolge Selbstübergabe

62 W fol.47 2 4 verso; Ldr III 45 §1. 63 W fol.48 4 recto; Ldr III 45 §4. 64 Ldr III 45 §7 (fehlt bei W); dazu G E R H A R D B U C H D A , Artikel ,Laten', in: H R G (wie Anm. 10) 2, Berlin 1978, Sp. 1631-1632. 65 W fol.48 1 4 recto; Ldr III 45 §8. 66 W fol.48 2 1 recto; Ldr III 45 §§9, 10, 11. Vgl. auch R O L F S T R A T M A N N , Die Scheinbußen im mittelalterlichen Recht (Rechtshistorische Reihe 5) Frankfurt/Main - Bern - Las Vegas 1978.

34 vor Gericht 6 7 . Der Sachsenspiegel enthält eingehende Beweisregeln zum Status- und Vindikationsprozeß über Eigenleute. Wer als Leibeigener in Anspruch genommen wird und mit Hilfe von sechs Verwandten, drei von Vater- und drei von Mutterseite, den eidlichen Gegenbeweis antritt, hat sich seine Freiheit ohne Möglichkeit des Gegenbeweises erstritten 68 . Zu den Unfreien gehören auch die Dienstleute, die Ministerialen. Sie bilden innerhalb der herrschaftlichen Hausgenossenschaft allmählich einen eigenen Stand von Emporkömmlingen und grenzen sich seit dem 11. Jahrhundert zunehmend von den übrigen, niedrigeren Unfreien ab. Nach einem Bericht über die Ministerialität der Straßburger Bischofskirche aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts setzte sich die dortige bischöfliche Dienerschaft aus drei Gruppen zusammen: der familia ministerialis (Dienstleute), der familia censualis et obediens (hofhörige Zinsbauern) und der familia servilis et censualis (leibzinspflichtige Knechte) 6 9 . Von der Ministerialengruppe wird ferner gesagt, daß sie auch als militaris, d. h. als ritterlich, bezeichnet werde. Bereits im Bamberger Dienstrecht von 1061/62 wird festgelegt, daß die Dienstleute nur für gehobene Tätigkeiten verwendet werden dürfen, nämlich zum Kriegsdienst als gepanzerte Reiter und zum Hofdienst als Truchseß, Kämmerer, Marschall, Schenk oder Jägermeister 70 . Fast gleichlautend findet sich im Sachsenspiegel die Regel, daß nach Hofrecht jeder Dienstmann von seiner Geburt her Truchseß, Schenk, Marschall oder Kämmerer sein soll 71 . Durch stetigen Aufstieg hatte sich der Ministerialenstand dem freien Niederadel immer mehr angenähert, ein Vorgang, der nicht zuletzt dadurch begünstigt wurde, daß freie Adlige sich in die Ministerialität begaben. Die Angleichung und sich abzeichnende Verschmelzung läßt auch der erwähnte Bericht über die Straßburger Dienstleute erkennen, indem es dort von diesen heißt, sie seien überaus vornehm und wehrhaft und daher durchaus dem Stande der Frei-

67 Ldr III 32 §§ 3 und 7 (Verlust bei W). 68 Ldr III 32 §5 (Verlust bei W). 69 Chronicon Ebersheimense, hg. von L U D W I G W E I L A N D ( M G H Scriptores 23) Hannover 1874, Neudruck Stuttgart 1986, S. 427-453, S.433. 70 Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1 2 5 0 , hg. von L O R E N Z W E I N R I C H (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 32) Darmstadt 1977, S. 122. 71 Textverlust in W. Sachsenspiegel Lehnrecht, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S. 1 , 2 ) Göttingen - Berlin - Frankfurt/Main 3 1973, Lnr 63,1.

Clausdieter Schott en vergleichbar: familia ministerialis ... adeo nobilis et bellicosa, ut nimirum libere condicioni comparetur72. Eike von Repgow will das Recht der Dienstleute ausdrücklich nicht in sein Rechtsbuch aufnehmen. Dieses sei nämlich so mannigfaltig, daß niemand damit zu Rande komme. Unter jedem Bischof, jedem Abt, jeder Äbtissin, d.h. unter jedem Herrn gelte ein anderes Dienstrecht, so daß sich der Spiegier überfordert sieht. Man solle sich daher, schreibt Eike, nicht darüber wundern, daß das Dienstrecht ausgenommen bleibe 73 . Es verwundert aber gleichwohl, warum der Verfasser gerade diese Bemerkung zum Anlaß nimmt, in einem wortreichen und engagierten Plädoyer eine Lanze für Freiheit und Gleichheit zu brechen und die alten Paarbegriffe frei/unfrei als Unrecht anzuprangern: „Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen und hat ihn durch sein Martyrium erlöst, den einen wie den andern. Ihm steht der Arme so nahe wie der Reiche." 74 Als das erste Mal das Recht ins Bewußtsein getreten sei, habe es noch keine Dienstleute gegeben, und zur Zeit der sächsischen Landnahme seien noch alle frei gewesen: „Mit meinem Verstand kann ich es auch nicht für Wahrheit halten, daß jemand des anderen Eigentum sein solle. Auch haben wir keine Beweise dafür." Nirgends in der Bibel fände sich eine schlüssige Rechtfertigung der Unfreiheit. Es bleibt für Eike daher nur eine historische Erklärung: „Nach rechter Wahrheit hat Unfreiheit ihren Ursprung in Zwang und Gefangenschaft und Unrechter Gewalt, die man seit alters her zu Unrechter Gewohnheit hat werden lassen und die man nun für Recht ausgibt." Damit liefert der Spiegier einen eindrücklichen Beleg für den bereits erwähnten kirchlichen Lehrsatz, daß ratio et Veritas Maßstab für eine consuetudo bildeten. Vielleicht geht Eikes Weisheit auf das Institutionenlehrbuch des römischen Rechts zurück, wo es jedenfalls sehr ähnlich heißt: „Aus den Kriegen gingen Gefangenschaft und Unfreiheit hervor, die sich mit dem Naturrecht nicht vereinbaren lassen; denn nach dem Naturrecht sind alle Menschen von Anfang an als Freie geboren." 75 Eikes leidenschaftlicher Einsatz für die Freiheit hat von jeher die besondere Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich gezogen. Gelten Rede und Mitgefühl wirklich der Masse der unfreien Bauern oder ist man 72 Wie Anm.69. 73 W fol.46 8 verso; Ldr III 42 §2 und Lnr 63 §2 (Verlust bei W). 74 W fol.46 6 verso; Ldr III 42 §§ 1 und 3ff. 7 5 Iustiniani Institutiones, hg. von P A U L K R Ü G E R , in: Corpus Iuris Civilis I, Berlin 1 7 1 9 6 3 , S. 1 - 5 6 , S. 1 (1,2,2).

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hier einer persönlichen Betroffenheit des Sachsenspiegelautors auf der Spur? Damit ist man bei der viel umstrittenen und immer noch kontroversen Frage nach Eikes Standeszugehörigkeit angelangt, womit gleichzeitig das im Sachsenspiegel dargestellte Ständebild überdacht werden muß 7 6 . War Eike von Repgow selbst ein Ministerialer, der sich zu Unrecht zurückgesetzt sah, oder war er ein adliger Freier, der in widrigen Zeitläufen nochmals der Freiheit „ein Fest feierte" 77 , oder war er ein gefreiter Ministerialer, der sich um Abgrenzung gegenüber den Nur-Ministerialen bemühte? Auffällig ist, daß die schöffenbaren Leute im Sachsenspiegel in allen Konstellationen eine zentrale Rolle spielen, und es bleibt der Eindruck, das Rechtsbuch sei gerade auf diese Gruppe zugeschnitten. Allgemein wird daher mit guten Gründen angenommen, daß Eike von Repgow selber Angehöriger dieses Standes gewesen ist 78 . Nur: wer waren die schöffenbar freien Leute, die zwar im Sachsenspiegel allgegenwärtig sind, in den Urkunden jedoch kaum in Erscheinung treten? Legen die zahlreichen Ministerialen auf Schöffenstühlen nicht den Schluß nahe, daß die Schöffenbaren überhaupt Ministeriale waren? Dem scheint allerdings entgegenzustehen, daß der Sachsenspiegel die Schöffenbaren spürbar von den Dienstleuten abhebt, ja diese deutlich gegenüber jenen zurücksetzt. Eine Erklärung, die sich fast zur Gewißheit verdichtet hatte, glaubte man darin gefunden zu haben, daß man in den schöffenbaren Leuten ehemals Freie sah, die in die Ministerialität eingetreten waren, sich aber dabei ihre früheren Vorrechte, insbesondere Schöffenfähigkeit und Stammgut, vorbehalten hatten 7 9 . Damit war auch ein einleuchtender Grund für die Distanzierung von den „Nur-Ministerialen" unfreier Herkunft gefunden. Gegen diese Hypothese wurden indessen neuerdings Bedenken ange-

76 Zusammenfassend K A R L K R O F S C H E L L , Der Sachsenspiegel in neuem Licht, in: Rechtsgeschichte in beiden deutschen Staaten ( 1 9 8 8 - 1 9 9 0 ) . Beispiele, Parallelen, Positionen, hg. von H E I N Z M O H N H A U P T , F r a n k f u r t / M a i n 1 9 9 1 , S. 232-244, S.234f. 77 I G N O R (wie Anm.3) S. 322. 78 So schon die Glosse: Hir set aver her Eike van der schepenbaren vryen rechte, wan he was selven ein, Sassenspegel (wie Anm.53) S.288. 7 9 O T T O VON Z A L L I N G E R , Die Schöffenbarfreien des Sachsenspiegels. Untersuchungen zur Geschichte der Standesverhältnisse in Deutschland, Innsbruck 1887; daran anschließend K R O E S C H E L L (wie Anm.48) S. 3 5 9 ff. und G A B R I E L E VON O L B E R G , Artikel ,Schöffenbarfreie', in: H R G (wie Anm. 1 0 ) 4 , Berlin 1 9 9 0 , Sp. 1 4 6 9 - 1 4 7 4 .

meldet und wurde älteren Erklärungsmustern wieder das Wort geredet 80 . Danach bildeten die schöffenbaren Leute den freien Niederadel, der seine hergebrachten, vom König abgeleiteten Rechte gegen die sich mit Hilfe gerade der Ministerialen entfaltenden Landesherrschaft zu behaupten suchte. Eike von Repgow sei der Repräsentant dieses auf Wahrung seiner alten Rechte bedachten Standes, der Sachsenspiegel das Dokument dieser Abwehrhaltung. Beim gegenwärtigen Forschungsstand fällt es schwer, der einen oder anderen Meinung den Vorzug zu geben. Als beiden gemeinsam kann jedoch die Reserviertheit Eikes gegenüber den (Nur-)Ministerialen festgehalten werden. Vielleicht widersprechen sich auch beide Thesen weniger, als es zunächst den Anschein haben mag. Unter dem möglicherweise vom Spiegier selbst eingeführten Begriff der „schöffenbaren freien Leute" könnte dieser nämlich die freien Ritter wie auch die gefreiten Dienstleute zusammengefaßt haben, was Licht auf die Standesloyalität Eikes wirft, diesen aber mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch den „Vorbehaltsministerialen" zurechnen läßt. Dies könnte als Entwicklungsmoment im Angleichungsprozeß zwischen Niederadel und Ministerialität durchaus einleuchtend erscheinen und würde auch dem Umstand Rechnung tragen, daß die Dichotomie frei/unfrei mehr und mehr durch die neue Gesellschaftsordnung des Rittertums überdeckt wurde.

IV. Rittertum und Heerschild Es ist kein Zufall, daß der Sachsenspiegel von der Darstellung der Freiheit mit der Weltalterlehre überleitend sogleich zur ritterlichen Heerschildordnung übergeht 81 . Eigentlich würde man diese Klassifizierung der Feudalgesellschaft erst im Lehnrecht erwarten, wo sie auch gleich zu Beginn nochmals kurz aufgenommen wird 8 2 . Die Einordnung schon an hervorragender Stelle im Landrecht, noch dazu mit fester Plazierung in der Zahlenfigur, zeigt, welche Bedeutung Eike dem ritterlichen Stand und seiner Rangfolge beimißt. Gleichzeitig wird damit deutlich, daß die Heerschildordnung nicht nur als eine bloße technische Reihung, sondern als gesellschaftliche Platzzuweisung verstanden werden sollte. Am Begriff des „Ritters", lateinisch miles, hatte sich seit dem 11. Jahrhundert eine Kultur und Ideologie her-

80 I G N O R (wie Anm.3) S.312ff. 81 W fol.1 0 25 verso; Ldr I 3. 82 W fol.59 recto; Lnr 1.

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36 ausgebildet, die über ihre Dienstbezeichnung hinaus bald den gesamten freien Adel erfaßte und zu einem neuen Adelsverständnis überhaupt führte. Waffendienst für Religion und Kirche, für Gottes- und Landfrieden 8 3 , Kreuzzugsidee, Rüstung gegen den Antichrist prägten das Selbstverständnis der ritterlichen Gesellschaft, die in der militärischen Befehlsstruktur, der Heerschildordnung, ihre hierarchische Organisation sah. Entsprechend dem Weltalterschema ist diese bei Eike siebenfach gestuft. An der Spitze steht der König. Bischöfe, Abte und Äbtissinnen haben den zweiten, die Laienfürsten den dritten Lehensschild. An vierter Stelle folgen die „freien Herren", unter denen man sich jenen mächtigeren Teil des Adels vorzustellen hat, der Positionen im Sinne einer sich abzeichnenden Landesherrschaft innehatte. Den fünften Heerschildrang nehmen die schöffenbaren Leute und die Lehensmannen der freien Herren ein und den sechsten deren Lehensleute. Beim siebten Schild bleibt alles offen. So wie nämlich die Christenheit im Zeitalter der Unsicherheit über die Zukunft lebt, „ebenso weiß man auch im siebten Schild nicht, ob er Lehens- oder Heerschildrecht haben kann". Diese Bemerkung zeigt, daß sich die Grenzen nach untenhin verwischen und daß trotz formeller Abschließungstendenzen weiterhin Bewegungen, wenn auch schwer erfaßbar, im Gange sind. Zu beantworten ist auch noch die Frage, wer im fünften Schild die den Schöffenbaren gleichgestellten vrier herre man sind. Die neuere Literatur sieht in diesen meist wieder die unfreien Dienstleute. Das vom Sachsenspiegel abgeleitete jüngere süddeutsche Rechtsbuch, der sogenannte Schwabenspiegel - um 1275 in Augsburg entstanden -, führt die dienstman ausdrücklich auf, jedoch im sechsten Schild, während der vierte Schild den mitelvrien vorbehalten ist 84 . Man kann sich des Gefühls kaum erwehren, daß Eike einer klaren Terminologie aus dem Wege gehen wollte. Unvorstellbar ist jedoch, daß er die Dienstleute aus der Lehenspyramide überhaupt hätte ausschließen können, scheint doch die Bestimmung über das Hofrechtslehen an

83 Vgl. J O A C H I M B U M K E , Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter 1, München 3 1986, S. 64 ff.; DERS., Studien zum Ritterbegriff im 12. und 13. Jahrhundert, Heidelberg 2 1977; zusammenfassend I G N O R (wie Anm.3) S.317 ff. 84 Der Schwabenspiegel oder Schwäbisches Land- und Lehen-Rechtbuch nach einer Handschrift vom J a h r 1287, h g . v o n F R I E D R I C H L E O N H A R D A N T O N F R H . VON L A S S B E R G ,

Tübingen 1840, Neudruck Aalen 1961, S.7.

Dienstleute gerade vorauszusetzen, daß diese auch Mannschaftslehen erhalten können. Wer aber ist lehensfähig und damit Mitglied der ritterlichen Adelsgesellschaft? Der Sachsenspiegel beschreibt dies negativ: „Pfaffen, Frauen, Bauern und Kaufleute und alle, die rechtlos und von unehelicher Geburt sind, auch alle, die nicht von Rittersart sind vom Vater und Großvater her, die sollen kein Lehnrecht haben." 8 5 Das entscheidende Merkmal ist also das Leben „nach Rittersart", und das schon in der dritten Generation. Dazu gehören Waffenfähigkeit und entsprechend vorhandene Ausrüstung. Der Mann von Rittersart vererbt auf zweierlei Weise: Sein gewöhnliches Erbe und seine Heeresausrüstung gehen nämlich verschiedene erbrechtliche Wege 86 . Bei Leuten, die nicht von ritterlicher Art sind, gibt es keine Sondererbfolge an der Heeresausrüstung, da eine solche als gar nicht vorhanden angenommen wird. Die Aufzählung der vom Heerschild, d.h. vom Lehnrecht Ausgeschlossenen ist für das auf Stand und Rang bedachte Mittelalter vielsagend. Bemerkenswert in der Reihe ist vor allem die Stellung der „Kaufleute", die in der älteren Textfassung hinter den Bauern, aber auch gerade noch vor den Rechtlosen und Unehelichen genannt werden. D a ß diese Reihenfolge die Handschrift Eikes trägt, zeigt die gleiche Abfolge im sogenannten ,Auetor vetus de benefieiis', in dem allgemein die lateinische Urfassung des Sachsenspiegel-Lehnrechts gesehen wird 8 7 . Dies wirft ein weiteres Licht auf das Selbstverständnis und die Mentalität Eikes von Repgow. Gehören die Bauern noch ganz zum Lebenskreis des Spieglers, so ist die Distanz zu den Kaufleuten, die nicht Mitglieder der agrarischen Gesellschaft sind, deutlich spürbar. Der Kaufmann wird hier gewiß als Vertreter der Stadtbürger verstanden, die Eike als Einheit wahrzunehmen Mühe hat oder die er gar nicht wahrnehmen will. Längst erscheinen doch die Begriffe burgenses, cives, civitas, oppidum usw. in den Urkunden 8 8 , ohne daß der Sachsenspiegel davon Kenntnis

85 W fol.59 8 recto; Lnr 2 §1. Näheres zum Lehnrecht bei C A R L G U S T A V H O M E Y E R , System des Lehenrechts der sächsischen Rechtsbücher. Des Sachsenspiegels zweiter Theil nebst den verwandten Rechtsbüchern, Bd. 2, Berlin 1844, S . 2 6 I f f . 86 W fol.18 1 recto; Ldr I 27 §2. 87 Auetor vetus de benefieiis, I. Lateinische Texte, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S.II) Hannover 1964, I, 4; S.62. 88 K A R L K R O E S C H E L L , Artikel ,Bürger', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 543-553.

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nimmt. Gelegentlich taucht der Begriff stat auf, meist neben Dorf oder Burg. Aber bedeutet er wirklich „Stadt" oder nicht vielmehr „Stätte"? Sucht man etwa für die zwei Belege des Lehnrechts die lateinischen Paralleltexte des ,Auetor vetus', so findet sich dort zunächst für die eine Stelle überhaupt keine Entsprechung 89 . Für den zweiten Beleg, deutsch: ein dorf oder eine stat90, lautet die lateinische Version: villam vel locum9\ Dies scheint darauf hinzuweisen, daß Eike mit dem Begriff stat nichts spezifisches im Sinne hatte. Auch die Gegenprobe ergibt kein anderes Ergebnis: Die Bezeichnung urbs meint im ,Auetor vetus' stets zweifelsfrei die Burg, und mit urbani sind lediglich die Burgleute gemeint 92 . Man hat den Eindruck, daß in Eikes Sicht nur Pfalzen, Bischofsburgen und andere Großburgen existieren, in denen auch nicht- oder nur teilweise wehrhafte Hofleute wie auch die Kaufmannschaft leben, die selbst aber keine Alternative zur Feudalgesellschaft bilden 93 . Schenkt Eike dem Ministerialenrecht immerhin noch einige Beachtung, so erwähnt er bezeichnenderweise das Stadtrecht mit keiner Silbe. Für ihn „scheidet Bürger und Bauer nichts als Zaun und Mauer". Es bleibt zu bemerken, daß in jüngeren Handschriften des Sachsenspiegels eine scheinbar geringfügige Änderung in der Reihenfolge der Heerschildlosen eingetreten ist. So heißt es in der vorliegenden Wolfenbütteler - entsprechend auch in der Heidelberger und Dresdener - Bilderhandschrift: Phaffen, kouflute, dorfere, wip unde alle .. , 94 . Es ist nicht

89 90 91 92 93

Es handelt sich um Lnr 60 (Verlust bei W). W fol.62 1 3 recto; Lnr 10. Auetor Vetus (wie Anm. 87) I, 32; S.69. Auetor Vetus (wie Anm. 87) Glossar. Hinweise für Beziehungen der Familie Eikes zu Magdeburg und Halle/Saale bei LIEBERWIRTH (wie Anm. 15) S.23; DERS., Eike von Repchow und die Stadt Halle, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte (wie Anm.24) S.272-280; P E T E R J O H A N E K , Eike von Repgow, Hoyer von Falkenstein und die Entstehung des Sachsenspiegels, in: Civitatum Communitas. Studien zum europäischen Städtewesen. Fs. Heinz Stoob zum 65. Geburtstag. In Verbindung mit F R I E D R I C H FAHLBUSCH u n d

BERND-ULRICH

HERGEMÜLLER,

hg. v o n

FRANZ P E T R I

HEINZ

H E L M U T JÄGER -

-

QUIRIN

(Städteforschung. Reihe A: Darstellungen 21/2) Teil 2, Köln - Wien 1984, S. 716-755, bes. S.716ff, 724 ff. 94 Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von W A L T E R K O S C H O R R E C K , Faksimileausgabe und Kommentar, F r a n k f u r t / M a i n 1970, Bl. 1 recto (Kommentar S. 37). Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von K A R L VON A M I R A , I (Facsimile) Leipzig 1902, Neudr. Osnabrück 1968, B1.57 recto (Tafel 113).

zu übersehen, daß hier dem Bürgertum erhöhte Aufmerksamkeit zuteil wird und daß darin eine beträchtliche Wertsteigerung zum Ausdruck kommt. Auch die korrigierten Formulierungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß schon die Darstellung des Sachsenspiegels wie so manche andere des Rechtsbuchs zur Zeit ihrer Abfassung ein Anachronismus ist, da das Lehenswesen in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts längst die Stadt und das Stadtbürgertum erreicht hat 9 5 . Eikes Denkweise ist noch ganz der klassischen Ständetrias - Betstand, Wehrstand, Nährstand 9 6 - verpflichtet, in der das Rittertum seinen bestimmten Platz hat. D a ß in dieser wehrhaften Gedankenwelt die Lehensfähigkeit der Frau überhaupt einer eigenen Erwähnung wert ist, sollte eigentlich eher erstaunen, liefert doch das Lehen in erster Linie die Lebensgrundlage für den männlichen Waffendienst. Jedoch gerade die Tatsache, daß das Lehenswesen zum beherrschenden materiellen und strukturellen Prinzip einer ganzen Gesellschaft wurde, machte die Einbeziehung der Frauen in die maskuline Sonderrechtsordnung unausweichlich. Güterund erbrechtliches Versorgungsdenken erwiesen sich als durchschlagend genug, Recht und Bedürfnis miteinander in Einklang zu bringen. Berücksichtigen zwar nur wenige Bestimmungen des Lehnrechts die Stellung der Frau, so erweisen sich diese gleichwohl in der Rechtswirklichkeit als derart bedeutsam, daß man statt von der Lehensunfähigkeit mit gutem Recht von der relativen - Lehensfähigkeit der Frau sprechen kann 9 7 . Zwar hat sich das feudum femineum, das „Weiberlehen" des langobardischen Rechts in Deutschland nicht allgemein durchgesetzt, jedoch wurde mit männlicher Treuhandgestellung eine Flexibilität erzielt, die sowohl Prinzip wie Praxis zu befriedigen vermochte 98 . So kann nach dem Sachsenspiegel ein heerschildfähiger Mann als „Vormund", in späterer Zeit als Lehenträger be-

95

G O E Z , Artikel ,Bürgerlehen', in: H R G (wie Anm. 10) Sp. 553-556. 96 Uberblick bei A D O L F LAUFS - A L E X A N D E R E I C H E N E R , Artikel ,Ständelehre', in: H R G (wie Anm. 10) 4, Berlin 1990, Sp.1910-1914. 97 Dazu B E R N H A R D D I E S T E L K A M P , Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. N F 11) Aalen 1969, S. 218 ff. WERNER

98 Lnr 56 (Verlust bei W); W fol.83 2 recto; Lnr 75. Vgl. C L A U S D I E T E R S C H O T T , Der Träger als Treuhandform (Forschungen zur Deutschen Rechtsgeschichte 10) Köln - Wien 1975, S. 174 ff.

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zeichnet, mit der Frau Lehengut empfangen und ihr bei Herrenfall die Nachfolge, d. h. die Belehnung durch einen neuen Herrn vermitteln. Zeitliche und mindere Lehensformen, von denen dem Reich kein Dienst geschuldet wird, sind Frauen ohnehin auch ohne Treuhänderschaft zugänglich". Nur vom Gerichtslehen ist die Frau überhaupt ausgeschlossen 100 . Es verdient Beachtung, daß der Sachsenspiegel mit grundsätzlichen Ausführungen zum Lehnrecht, d. h. zur Heerschildordnung, beginnt und daß das Rechtsbuch mit dem Lehnrecht wiederum endet. Daraus spricht die hierarchische Vorstellungswelt des Verfassers, der sich als Sprachrohr seiner berittenen Kriegerkaste versteht. Erwartungsgemäß wird daher diesem ritterlichen Standesrecht eine besonders sorgfältige Behandlung zuteil, und gelegentlich wurde auch die Vermutung geäußert, daß Eike das Lehnrecht überhaupt vor dem Landrecht verfaßt habe 1 0 1 . Tritt uns in den ritterlichen Epen und Romanen, Minneliedern und Miniaturen diese Kultur in ihrer literarisch-künstlerischen Produktivität entgegen, so zeigt sie sich im Lehnrechtsbuch des Sachsenspiegels von ihrer profanen Seite der Rechte und Pflichten. Die ständige Bereitschaft zum Waffendienst im großen Reichsheer wird vom übergeordneten Herrn, letztlich dem König, durch Belehnung mit einem den Inhaber ernährenden Gut entlohnt. Wichtig ist allerdings, daß es sich um ein „rechtes Lehen" handelt, von dem Mannschaftsdienst geschuldet wird. Da die Feudalordnung bis hinab zum Bauern in einem einzigen System von lehenrechtlichen Abhängigkeiten besteht - Eigengut bildet die Ausnahme - , bedarf es der ausdrücklichen Kennzeichnung des spezifisch ritterlichen Lehensverhältnisses. Reine Dienstlehen zu Hofrecht, die etwa zu Truchseß-, Schenken-, Marschall- oder Kämmererdiensten verpflichten, genügen nicht 102 . Deswegen muß der Lehensmann jedes Gut ausdrücklich als Mannschaftsgut zu Lehen begehren, und zwar auch dann, wenn er schon Vasall des Herrn ist 103 . Die Fürstenlehen, die sich unmittelbar vom König ableiten, heißen in weltlicher Hand Fahnenlehen, bei geistlichen Fürsten Zepterlehen 1 0 4 . Im Land der Sachsen gibt es sieben Fahnenlehen: das Herzogtum und die Pfalzgrafschaft Sachsen, die Markgrafschaft Brandenburg, die Landgrafschaft Thüringen, die Mark

Meißen, die Mark Lausitz und die Grafschaft Aschersleben 105 . Fahnenlehen und Bischofsgut dürfen vom König nur ungeteilt zu Lehen ausgegeben werden. Sonderformen des Lehnrechts sind das ebenfalls unteilbare Gerichtslehen, das Lehen an Eigengut und das Burglehen 106 . Der Lehensmann ist dem Herrn zu Heer- und H o f fahrt verpflichtet. Er hat dem Lehensherrn zu huldigen und zu schwören, ihm treu und ergeben zu sein, wie es das Lehnrecht erfordert. Der aufgrund des Reichslehens zu leistende Waffendienst ist grundsätzlich im Lande deutscher Zunge zu leisten. Nur jene, die östlich der Saale belehnt sind, haben im Wendenland, in Polen und in Böhmen unter die Waffen zu gehen 1 0 7 . Zum Reichsdienst gehört auch die Romfahrt des Königs zur Kaiserkrönung; sie ist jedoch für den Reichslehensmann in Geld ablösbar 1 0 8 . Die Heerfahrt nach Rom endet, wenn der König geweiht ist. Der Hofdienst besteht vor allem darin, daß der Vasall im Lehengericht des Herrn als Urteilsfinder zur Verfügung steht und damit die Belange des Lehenhofs wahrt 1 0 9 . Das Lehensband begründet ein gegenseitiges Treueverhältnis, das im Sachsenspiegel indessen als durch und durch verrechtlicht und bis in Einzelheiten hinein formalisiert erscheint. Der Verhaltenskodex umfaßt auch das richtige Benehmen, die „Höflichkeit" als eigens gepflegte Umgangsform. So wird dem Lehensmann eingeschärft, daß er seinem Herrn mit Wort und Tat Ehre zu erweisen, in dessen Gegenwart aufzustehen und ihm den Vortritt zu lassen habe 1 1 0 . Die Form muß stets gewahrt sein, vor allem dann, wenn es um konstitutive Rechtsakte geht. So hat der Mann, der um das Lehen bittet und seine Mannschaft anbietet, dies mit gefalteten Händen zu tun. Wenn der H e r r steht, muß er in dessen Reichweite treten, wenn er sitzt, hat erniederzuknien 1 1 1 . Man ist sich darin uneinig, ob der Lehensmann darüber hinaus die Hände auf den Herrn zubewegen muß. Eike hält dies für überflüssig, freilich auch nur mit dem formalistischen Argument, daß in der Gebärde schon die verlangte Bewegung enthalten sei. Diskutiert wird in ritterlichen Kreisen auch darüber, wie weit nachlässiges Verhalten im Lehengericht als Unehrerbietigkeit zu ahnden ist. Entgegen der Mei-

100 Lnr 61 (Verlust bei W). 101 Vgl. KROESCHELL (wie Arim.76) S.239. 102 Lnr 63 (Verlust bei W). 103 Lnr 64 (Verlust bei W). 104 W fol. 51 2 9 recto; Ldr III 60 §1.

110 "W f o l . 5 9 1 0 verso; Lnr 3. 111 W f o l . 6 5 " verso; Lnr 22 §1.

99 W fol.59 verso; Lnr 2 §7.

W W W W W

fol.52 2 recto; Ldr III 62 §2. fol. 79 verso ff.; Lnr 71 ff. f o l . 5 9 2 0 verso; Lnr 4 §1. fol.60 1 0 recto; Lnr 4 §3. fol. 60 1 6 recto; Lnr 4 §4.

105 106 107 108 109

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nung anderer Leute stellen nach dem Dafürhalten des Sachsenspieglers Schneuzen, Spucken, Gähnen, Husten, Niesen, Fliegen und Mücken Verscheuchen und ähnliches keinen Verstoß dar 1 1 2 . In ihrem überwiegenden Teil sind die Bestimmungen des Lehnrechts dem Lehenbesitz gewidmet, ein Thema, das unter vielerlei Gesichtspunkten durchgespielt wird. Es ist vor allem die Sicht des Vasallen, dessen Interesse am Erlangen, Behalten, Behaupten und Weitergeben variantenreich zur Sprache kommt. Längst ist bei Mannfall die Wiederverleihung des Lehenobjekts dem Gutdünken des Lehensherrn entzogen. Hinterläßt der Verstorbene einen Sohn, hat dieser Anspruch auf erneute Belehnung, wenn er nur die Frist von Jahr und Tag einhält. Die Formulierung des Sachsenspiegels läßt noch etwas vom Ausnahmecharakter dieses Nachfolgerechts erkennen, wenn es heißt: Is enerbit nimant kein len wen der vater uf den « w 1 1 3 . Von mehreren Söhnen muß der H e r r nur einen zum Vasallen annehmen, jedoch läßt auch hier das Versorgungsstreben wieder differenziertere Lösungen zu. Für die Durchsetzung und Behauptung von Ansprüchen ist stets das Lehengericht zuständig, in welchem der Lehensherr als Richter, die Lehensleute als Urteiler fungieren. Regeln über das Verfahren bilden daher einen weiteren Schwerpunkt des Lehnrechtsbuches, wobei der ganze Prozeß wie überhaupt der mittelalterliche Rechtsgang in starre Formen gekleidet ist. Das Gericht muß am richtigen Ort - unter freiem Himmel, nicht in Burgen, Kirchen oder Friedhöfen - , zur rechten Zeit - ζ. B. außerhalb der Friedenstage - und in rechter Besetzung tagen 1 1 4 . H a t der H e r r gegen seinen Mann eine Anschuldigung vorzubringen, muß er ihn dreimal laden, drei weitere Male bis Sonnenuntergang auf ihn warten, und erst dann wird dem Vasallen das Gut abgesprochen" 5 . Fristen und Säumnisfolgen spielen eine bedeutende Rolle, sie durchziehen das ganze Lehnrecht. Gelegentlich schimmert dabei größeres historisches Geschehen durch, wenn etwa die Belehnungsfrist beim Versterben eines Mannes jenseits des Meeres, womit nur ein Kreuzzug gemeint sein kann, erst mit der Kenntnis seines Todes beginnen soll. 116 D a ß in einem Stand, dem das Kriegshandwerk zum Daseinszweck geworden ist, die Waffen auch gegeneinander gerichtet werden können, überrascht nicht, 112 113 114 115 116

W fol.77 2 5 recto; Lnr 68 §7. W fol.65'° verso; Lnr 21 §3. Lnr 65 (Verlust bei W). Lnr 65 §§16, 18-21 (Verlust bei W). Lnr 50 §4 (Verlust bei W).

39

Rechtsbuch

zumal Adel und Ritterschaft die Fehde als ihr Standesvorrecht betrachten. Auch innerhalb eines Lehensverhältnisses sind Auseinandersetzungen dieser Art keineswegs ausgeschlossen, wie die Präventivregeln des Sachsenspiegels deutlich zeigen. So darf der Lehensmann, dem man gerichtlich ein Lehen abspricht und der es wieder an sich ziehen will, keine fremde Mannschaft zum Gericht mitbringen. Auch muß er Schwert, Messer, Sporen, Hut, Haube, Handschuhe und alle Waffen bei Strafe ablegen, bevor er seinem Herrn unter die Augen tritt. Wiederum meint Eike, daß die weitergehenden Forderungen, überhaupt alles Eiserne, selbst Fingerring und Spangen abzulegen, übertrieben seien 117 . Auch von offenen Zusammenstößen zwischen Lehensherrn und Lehensmann ist, gewiß wirklichkeitsnah, die Rede. Die Regel will es jedoch, daß jeder dem andern persönlich erst aufkündigen muß, bevor er ihn angreift. Noch nach der Aufkündigung dürfen sich die Kontrahenten einen Tag und eine Nacht keinen Schaden zufügen. Greift einer von beiden gar vor der Aufkündigung an, so gilt dies als schwerer Treubruch 1 1 8 .

V. Sächsisches Landrecht Versteht sich das Lehnrecht als Sonderordnung der Ritterbürtigen und Heerschildfähigen, so bildet das umfangreichere Landrecht 1 1 9 die allgemein geltende Rechtsordnung des Landes Sachsen. Dieses „Land" nimmt indessen mit dem Ausbau der Landesherrschaft wahrnehmbare Konturen an. Es spricht vieles dafür, die Entstehung des Sachsenspiegels mit diesem Prozeß in Zusammenhang zu bringen. Fraglich bleibt nur, ob Eike mit seinem Rechtsbuch den neuen Ordnungsmächten dienstbar sein 1 2 0 oder ob er sich im Gegenteil gerade dieser Entwicklung entgegenstellen wollte 1 2 1 . Dem Landrecht stehen gruppenspezifische Regelungskomplexe gegenüber wie das eben angesprochene Lehnrecht, das ebenfalls bereits erwähnte Dienstmannenrecht, ferner das Dorfrecht und das Kirchenrecht, aber auch das ausgeblendete Stadtrecht. Der Nicht-

117 W fol.75 1 4 verso; Lnr 67 §§1,2. 118 W fol. 83 28 recto; Lnr 76. 119 A D O L F L A U F S - K L A U S - P E T E R S C H R O E D E R , Artikel ,Landrecht', in: H R G (wie Anm. 10) 2, Berlin 1978, Sp.15271535. 120

S o JOHANEK ( w i e A n m . 9 3 ) .

121

S o IGNOR (wie A n m . 3) S. 2 9 0 ff.

40

Clausdieter Schott

sachse hat außerdem sein tnannes recht, d. h. sein eigenes Stammesrecht, das aber gegenüber dem sächsischen Landrecht immer wieder in den Hintergrund tritt. So bestimmt sich das Erbrecht der eingewanderten Leute nach sächsischem Landrecht und „nicht nach Mannesrecht, er sei Bayer, Schwabe oder Franke" 1 2 2 . Die Erwähnung verschiedener Stammeszugehöriger hat ihren realen Hintergrund. Der ostsächsische Raum ist zur Zeit Eikes Kolonisationsgebiet, in dem sich Ansiedler verschiedenster Herkunft niederlassen. Der Sachsenspiegel bringt dies deutlich zum Ausdruck in seinen Bestimmungen über die Errichtung von Marktorten und über die Neugründung von Dörfern aus wilder Wurzel 1 2 3 . Eine eigene Zuwendung erfahren die Sonderrechte der Schwaben 1 2 4 , die in Eikes engerem Lebensraum, dem Schwabengau, seit langem ansässig sind, die aber auch aus dem süddeutschen Stammesgebiet in jüngerer Zeit Nachzug erhalten. Sächsisches und nordschwäbisches Recht unterscheiden sich allerdings nur in Einzelfragen des Erbrechts und bei der Urteilsschelte 125 . Das Volkstum des Neusiedlergebiets ist entweder deutsch oder wendisch, d. h. slawisch. Der Sachsenspiegel trägt dem Rechnung in Bestimmungen über die gerichtliche Stellung, wozu auch eine Sprachenregelung gehört 1 2 6 , sowie über den abweichenden Freiheitsstatus 127 .

grundlage, die vor allem unter den Leitbegriffen Erbe, Eigen und - auch im Landrecht - Lehen erörtert wird. Geht es dabei zwar um Fragen von allgemeinem Interesse, so ist doch wiederum die ritterlich-adlige Sicht des Verfassers unverkennbar. Behandelt werden Erwerb und Besitz in verschiedenen Formen, wobei die Sicherstellung der Ehefrau durch Aussteuer und Morgengabe, aber auch die Versorgung der Kinder und Nachkommen verständlicherweise breiten Raum einnehmen. Im übrigen findet sich eine Fülle von hier nicht näher auszubreitenden Einzelfragen geregelt, unter denen auch der Fruchterwerb bei überhängenden Zweigen 1 2 9 oder die eher seltenen Glücksfälle des Schatzfunds 1 3 0 oder der plötzlich auftauchenden Insel 131 nicht vergessen werden. Mit den Stichworten Baurecht, Münz-, Zoll- und Geleitrecht, Forst-, Jagd- und Gewässerrecht seien einige weitere Sachbereiche angedeutet, ohne daß dabei eine erschöpfende Aufzählung auch nur versucht werden soll. Schuld und Haftung bilden wiederum einen Themenkomplex, der in einer umfänglichen Kasuistik ausgebreitet wird. Auch über personenrechtliche Sachverhalte wie die rechtliche Stellung der Ehegatten, der Mädchen und Frauen, der Kinder, Kranker, Behinderter und Greise sowie über ständische Fragen vielfältigster Art gibt das Rechtsbuch reichen Aufschluß.

Inhaltlich stellt das Landrecht den Versuch dar, den Menschen von der Wiege bis zur Bahre in das Recht, genauer das weltliche Recht, einzubinden 1 2 8 . Zentrales Thema ist zunächst wieder die materielle Daseins-

Ein wichtiges, in zahlreichen Bestimmungen behandeltes Anliegen ist der öffentliche Friede und die damit in Zusammenhang stehende Bekämpfung des Verbrechens. Zwar wird der alte beschworene Landfriede auch noch in Erinnerung gerufen 1 3 2 , jedoch ist im Sachsenspiegel dessen Befristung bereits einem Dauerzustand gewichen. Aus den Friedbruchtatbeständen ist weitgehend gewohnheitsrechtliches Strafrecht geworden. Den Dieb soll man hängen 1 3 3 . Mörder, Pflugräuber, Verbrecher, die eine Mühle, Kirche oder einen Friedhof berauben, Verräter, Mordbrenner und betrügerische Boten, diese alle soll man radebrechen, d. h. aufs Rad flechten. Totschläger, gewöhnliche Räuber, Notzüchtiger, Friedbrecher und Ehebrecher sollen ent-

122 W fol. 18 27 recto; Ldr I 30. Dazu D I E T M A R W I L L O W E I T , Zur Frage des Personalitätsprinzips im Sachsenspiegel und in schlesischen Lokationsurkunden des 13. Jahrhunderts, in: D F . R S . - W I N F R I E D S C H I C H (Hg.), Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts in Deutschland und Polen (Rechtshistorische Reihe 10) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - Cirencester 1980, S. 94-115. 123 W fol.53 1 8 recto; Ldr III 66 §1; Ldr III 79 §1 (Verlust bei W). 124 W fol. 14 verso, 15 recto, 18 recto, 28 verso; Ldr I 17, 18, 19, 29; II 12. 125 W fol. 15 20 recto; Ldr I 19. 126 W fol.54 1 9 recto; Ldr III 69 §2; 70. 127 W fol.54 2 5 verso; Ldr III 73 §§2-3. 128 Die dazu reichlich vorhandene, ältere - und daher teilweise überholte - Literatur ist verzeichnet bei G U I D O KISCH, S a c h s e n s p i e g e l - B i b l i o g r a p h i e , in: Z R G G A (wie

Anm.52) 90, 1973, S. 73-100. Kürzere inhaltliche Überblicke auch bei L I E B E R W I R T H (wie Anm. 15) S. 35 ff. sowie bei K O S C H O R R E C K (wie Anm. 94) S. 7 ff. Vgl. auch K R O E SCHELL (wie Anm. 76) S. 239ff.

129 130 131 132 133

fol. 38 5 recto; Ldr II 52. fol. 1 9 " recto; Ldr I 35. fol.39 1 0 recto; Ldr II 56 §3. fol. 41 12 recto; Ldr II 66. fol.29 1 7 recto; Ldr II 13; vgl. hierzu jetzt auch F R I E D R I C H S C H E E L E , di sal man alle radebrechen. Todeswürdige Delikte und ihre Bestrafung in Text und Bild der Codices picturati des Sachsenspiegels, I. Textband, II. Tafelband, hg. von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, Oldenburg 1992.

W W W W W

Der Sachsenspiegel als mittelalterliches

hauptet werden. Hehler und Beihilfeleistende werden wie die H a u p t t ä t e r bestraft. Wer vom rechten Glauben abfällt, sich mit Zauberei o d e r Giftmischerei abgibt, soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Dies ist die Liste der Kapitalverbrechen, denen geringere Vergehen mit entsprechend milderen Strafen gegenüberstehen. Unrecht ist stets streng zu ahnden. D e r Richter, der eine T a t nicht richtet, hat die dem Verbrecher angedrohte Strafe zu gewärtigen 1 3 4 . Für das mittelalterliche Rechtsdenken ist indessen von entscheidender Bedeutung, daß alles Recht nur in der Weise greifbare Gestalt annimmt, als es vor Gericht erstritten werden kann. Das macht die zentrale Bedeutung der Gerichtsbarkeit und den umfangreichen Regelungsaufwand des Sachsenspiegels zum gerichtlichen Verfahren verständlich. Charakteristisch f ü r die mittelalterliche Gerichtsbarkeit ist deren Funktionsteilung in Richter und Urteiler 1 3 5 . D e r Richter in der Person des Königs, Grafen, Schultheißen und Gaugrafen repräsentiert die Staatsgewalt, die ein öffentliches Verfahren und eine Konfliktlösung und damit Friede garantiert. Folgerichtig leitet er den Rechtsgang, ohne selbst an der Rechtsprechung beteiligt zu sein. Für diese sind alleine die Urteiler oder Schöffen zuständig. Das Verfahren nimmt in der Weise seinen Gang, d a ß der Richter nach jeder Rede und Gegenrede der Parteien den Spruch der Schöffen erfragt, bis zuletzt eine Partei der wahrscheinlicheren Lösung so nahe kommt, d a ß sie ihre Position - meist durch Eid - beweisen darf 1 3 6 . Dieser gänzlich formalisierte P r o z e ß gleicht einem System von Schienen und Weichen. Die Rede ist vorgeschrieben und wird vom Vorsprecher formuliert. Abweichung und Versprechen bedeuten grundsätzlich Rechtsverlust. D e r P r o z e ß ist ein Formelkampf der Parteien, ein Spiel, bei dem es darum geht, unter Ausnutzung strategischer Regeln als erster ans Ziel zu gelangen. Erklärbar ist diese Konstruktion daraus, d a ß der Staatsgewalt noch lange primär nur eine Bewältigung von Konflikten möglich ist und daß sich eine Realisierung materieller Gerechtigkeitsvorstellungen - mögen diese als Ideologie durchaus vorhanden sein - nur zögernd und allmählich aufbaut.

134 W fol.29 9 verso; Ldr II 13 §8. 1 3 5 Grundsätzlich dazu W E I T Z E L (wie Anm.29). 1 3 6 Dazu umfassend J U L I U S W I L H E L M VON P L A N C K , Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, 2 Bde., Braunschweig 1 8 7 9 . Weiterführend auch: A L E X A N D E R I G N O R , Indiz und Integrität. Anmerkungen zum Gerichtsverfahren des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie A n m . 5 1 ) I, S. 7 7 - 9 1 .

41

Rechtsbuch

Es bleibt zum Schluß noch die Frage nach dem Gestaltungsprinzip des Sachsenspiegels. Wie und nach welchen Gesichtspunkten hat Eike von Repgow den reichhaltigen und umfangreichen Stoff bewältigt und geordnet? Schon im 16. J a h r h u n d e r t hat der Rechtsgelehrte Konrad Lagus über den Sachsenspiegel geklagt, d a ß er „so unordentlich geschrieben, d a ß darin kein Stücke schier ist, wie es soll" 1 3 7 . In der T a t wird ein modernes Ordnungsbedürfnis, wie es sich seit dem H u manismus, vermehrt noch seit dem Rationalismus zur Geltung bringt, einige M ü h e mit dem inneren Aufbau des Rechtsbuches haben. Die Einteilung des Landrechts in drei Bücher ist eher willkürlich, sie stammt auch gar nicht von Eike selbst, sondern wurde etwa um 1300 vorgenommen. Obwohl immer wieder neue Anläufe gemacht wurden, dem „Gedankengang" Eikes auf die Spur zu kommen, ist eine restlos überzeugende Erklärung bis heute nicht geglückt 1 3 8 . Vielleicht hat sich ein ursprüngliches Konzept durch nachträgliches und wiederholtes Auffüllen seitens des Verfassers bis zur Unkenntlichkeit verwischt 1 3 9 . Streckenweise scheint f ü r die Darstellungsabfolge der Gang des Gerichtsverfahrens den Leitfaden abgegeben zu haben 1 4 0 . Fraglich ist schließlich auch, ob und wie weit der Text durch zum Teil weit ausschwingende assoziative Verknüpfungen zusammengehalten wird 1 4 1 . Fest steht jedenfalls nur,

137 Vgl. G E R H A R D T H E U E R K A U F , Lex, Speculum, Compendium iuris. Rechtsaufzeichnung und Rechtsbewußtsein in Norddeutschland vom 8. bis zum 16. Jahrhundert (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 6) Köln - Graz 1968, S. 108. 138 K R O E S C H E L I . (wie Anm.76) S.238f.; I G N O R (wie Anm.3) S. 255 ff. 139 Vgl. H A N S - G E O R G K R A U S E , Der Sachsenspiegel und das Problem des sogenannten Leihezwangs. Zugleich ein Beitrag zur Entstehung des Sachsenspiegels, in: ZRG GA (wie Anm. 52) 93, 1976, S. 21-99, bes. S.49ff., 60 ff. und jetzt auch H A R T M U T L E P P I N , Die Ausdeutung des Satzes vom Leihezwang in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Der Sachsenspiegel als Buch. Vorträge und Aufsätze, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D - D A G MAR H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 1) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1991, S. 285-294. 1 4 0 I G N O R (wie Anm.3) S . 2 6 0 f f . ; vgl. hierzu auch E R I C H M O LITOR, Der Gedankengang des Sachsenspiegels. Beiträge zu seiner Entstehung, in: ZRG GA (wie Anm. 52) 65, 1 9 4 7 , S. 1 5 - 6 9 . 141

Vgl. H A N S T H I E M E , Artikel ,Eike von Repgow', in: Die großen Deutschen (Deutsche Biographie 1) Berlin 1956, S. 1 9 3 .

42 daß sich das Mittelalter um solche Ordnungs- und Gliederungsgesichtspunkte wenig gekümmert hat, waren doch auch größere und berühmtere Textmassen keineswegs benutzerfreundlich eingerichtet. Ungleich wichtiger als ein Anordnungsprinzip war dem Autor des Rechtsbuchs die Vermittlung seiner inhaltlichen Vorstellungen. Der Dichter der Reimvorrede in Strophen - mag es nun Eike selbst oder ein Späterer gewesen sein - sieht den Verfasser des Sachsenspiegels

Clausdieter Schott als Wegbereiter: Ich zimmere, so man seget, bi wege142 und Rechtslehrer: Al lere ich se des rechtes phlicht^4i. Eike von Repgow selbst nennt das Buch Spegel der Sassen und knüpft damit an eine Tradition an, welche die Spiegelmetapher nicht nur der Seinsdarstellung, sondern auch der Sollensbeschreibung nutzbar macht 1 4 4 . Am Buchtitel läßt sich also bereits das Programm des Sachsenspiegels ablesen.

142 Vers 1 (wie Anm. 1). 143 Vers 7 (wie Anm. 1). 144 Vgl. DIETLINDE MUNZEL, Artikel ,Spiegel des Rechts', in: H R G ( w i e A n m . 1 0 ) 4, B e r l i n 1 9 9 0 , Sp. 1 7 5 9 - 1 7 6 1 .

Rolf Lieberwirth

Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte I. Zur Entstehung

über diese Persönlichkeit sowie über

Entstehungszeit

und - o r t des Rechtsbuches zu erreichen war. Auch die M o t i v a t i o n f ü r seine A b f a s s u n g b e d a r f n o c h d e r w e i -

1. Vorbemerkungen

t e r e n A u f h e l l u n g . Z w e i f e l l o s ist d e m W e r k s c h o n m a n -

U m 1225 e n t s t a n d m i t d e m S a c h s e n s p i e g e l d i e b e -

cher wichtige Hinweis zu entnehmen, d e r die Beant-

Reichsrechts-

w o r t u n g d i e s e r F r a g e n e r l e i c h t e r n h i l f t ; a b e r sie r e i c h e n

b u c h 1 w o h l a u c h älteste p r i v a t e A u f z e i c h n u n g d e s gel-

f ü r ein a b g e r u n d e t e s Bild n o c h n i c h t aus, so d a ß es

t e n d e n R e c h t s im d e u t s c h e n Bereich. U b e r d e n A u t o r

d a r ü b e r h i n a u s u n b e d i n g t e r f o r d e r l i c h ist, d a s W e r k in

u n d sein W e r k ist im V e r l a u f e v o n J a h r h u n d e r t e n viel

seinem U m f e l d zu sehen und g a n z b e w u ß t die politi-

g e s c h r i e b e n w o r d e n 2 , o h n e d a ß bis j e t z t l e t z t e K l a r h e i t

schen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse des

rühmteste und neben dem Mühlhäuser

ö s t l i c h e n H a r z v o r l a n d e s in die B e t r a c h t u n g e n e i n z u b e 1 Das Mühlhäuser Reichsrechtsbuch aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts nach den altmitteldeutschen H a n d schriften herausgegeben, eingeleitet und übersetzt von 3 H E R B E R T M E Y E R , Weimar 1936, S. 48; K A R L A U G U S T E C K H A R D T , Artikel ,Mühlhäuser Reichsrechtsbuch', in: Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte von H E L L M U T H R Ö S S I . E R und G Ü N T H E R F R A N Z unter Mitarbeit von W I L L Y H O P P E und anderen Fachgelehrten, München 1958, S. 749; DERS., Die Entstehungszeit des Mühlhäuser Reichsrechtsbuches, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 15, 1959, S. 441-463; H A N S P A T ZE, Zum ältesten Rechtsbuch der Reichsstadt Mühlhausen/Thür. aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands. Publikationsorgan der Berliner Historischen Kommission, hg. von W I L H E L M B E R G E S - C A R L H I N R I C H S im Auftrage des Friedrich-Meinecke-Instituts der Freien Universität Berlin I X / X , 1961, S. 59-126, hier S. 100109; P E T E R J O H A N E K , Eike von Repgow, Hoyer von Falkenstein und die Entstehung des Sachsenspiegels, in: Civitatum Communitas. Studien zum europäischen Städtewesen. Fs Heinz Stoob zum 65. Geburtstag. In Verbindung mit F R I E D R I C H F A H L B U S C H und B E R N D - U L R I C H H E R GEMÖI.LER h g . v o n H E L M U T J Ä G E R - F R A N Z P E T R I -

HEINZ

(Städteforschung. Reihe A: Darstellungen 2 1 / 2 ) Teil 2, Köln - Wien 1984, S.716-755, hier S.753. QUIRIN

2

K I S C H , Sachsenspiegel-Bibliographie, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Ger-

GUIDO

ziehen. D e r S a c h s e n s p i e g e l e n t h ä l t , w i e es s c h o n d e r N a m e a u s s a g t , s ä c h s i s c h e s R e c h t , so w i e es a n d e n G e r i c h t s plätzen Ostfalens und damals auch schon unmittelbar

manistische Abteilung 90, 1973, S. 73-100; Ergänzungen in DERS., Forschungen zur Rechts- und Sozialgeschichte des Mittelalters. Mit einem Verzeichnis der Schriften von Guido Kisch zur mittelalterlichen Rechtsgeschichte (Ausgewählte Schriften 3) Sigmaringen 1980, S. 513-515; neuere Literatur bei: A L E X A N D E R I G N O R , Uber das allgemeine Rechtsdenken Eikes von Repgow (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der GörresGesellschaft, N.F. 42) Paderborn - München - Wien Zürich 1984, S. 13, Anm.6; ferner Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P PER und U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) München 1986, I, S.280, sowie die im Textband aufgeführten Beiträge; F R I E D R I C H E B E L , Artikel ,Sachsenspiegel', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R - E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E T E R W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T - W I E GAND, 4, Berlin 1990, Sp. 1228-1237.

44

Rolf

ostwärts der Elbe-Saale-Linie zur Anwendung kam. Seine besondere Aufmerksamkeit widmet der Autor den Rechtsverhältnissen des bäuerlichen Alltags; er geht weiterhin und nicht weniger nachhaltig auf die rechtlichen Beziehungen der durch Lehnsvertrag verbundenen Adligen untereinander ein. Aus diesen beiden Schwerpunkten resultiert letztlich die Zweiteilung des Sachsenspiegels in ein Landrechts- und in ein Lehnrechtsbuch. In geringerem Maße, aber im ganzen doch unübersehbar, werden auch Rechtsfragen übergreifender Bedeutung berücksichtigt, wie etwa die Strafpraxis zu Beginn des 13. Jahrhunderts im mittelalterlich-deutschen Reich, wobei sich der Verfasser nicht nur, wie an vielen anderen Stellen seines Werkes, auf sehr alte Rechtsgewohnheiten stützt, sondern auch ganz neue unmittelbar zuvor erlassene reichsrechtliche Regelungen in sein Rechtsbuch einbezieht. Mit insgesamt 234 Artikeln des Landrechts und 78 des Lehnrechts sowie mit vier Vorreden 3 leitet der Sachsenspiegel als eine für die damaligen Verhältnisse relativ umfangreiche Privatsammlung von Rechtsregeln die deutsche Rechtsbücherzeit ein. Die zahlreichen, teilweise schon komplizierten Vorschriften, die im Sachsenspiegel, auf einfache Weise geordnet 4 , dargeboten werden, wecken verständlicherweise immer wieder das Interesse an seinem offensichtlich sehr rechtskundigen Verfasser.

Lieberwirth

der zweiten Vorrede, in den Versen 261 bis 266 der Reimvorrede 5 , selber mit den Worten vor: Nu danket al gemene deme van Valkenstene, De greve Hoier is genant, dat an dudisch is gewant Dit buk dorch sine bede:

Nun danket alle zusammen dem Herrn von Falkenstein, der Graf Hoyer genannt wird, daß dieses Buch auf seine Bitte in deutscher Sprache abgefaßt worden ist. Eike van Repchowe it dede; Eike von Repgow hat es getan.

Dieses Selbstzeugnis allein ist noch kein vollgültiger wissenschaftlicher Beweis dafür, daß der in der Reimvorrede Genannte tatsächlich mit dem Verfasser dieses Rechtsbuches identisch ist. Erst muß die Möglichkeit ausgeschlossen werden, daß es sich hier um eine fiktive Person handelt. Auch das betonte Zurücktreten des vermeintlichen Autors hinter den Grafen Hoyer von Falkenstein, den er als seinen Herrn bezeichnet, wirft neue Fragen auf 6 , hilft aber wenigstens insofern weiter, als nunmehr zielgerichtet nach zwei historischen Persönlichkeiten, nach zwei Zeitgenossen in einer Landschaft, gesucht werden kann.

Nur selten sind Schöpfer hervorragender geistiger und künstlerischer Leistungen des Mittelalters namentlich überliefert. In dieser Hinsicht bildet der Autor des Sachsenspiegels eine Ausnahme, denn er stellt sich in

So spärlich die Quellen am Anfang des 13. Jahrhunderts auch fließen, den Nachforschungen nach diesen Persönlichkeiten war Erfolg beschieden. Sechs Urkunden beweisen, daß zwischen 1209 und 1233 ein Eike von Repchow im Gebiet zwischen Magdeburg und Halle gelebt hat und in Gerichtssitzungen als Zeuge bei wichtigen Rechtsakten aufgetreten ist, die von politisch einflußreichen Adligen des östlichen Harzvorlandes an verschiedenen, meist zwischen Saale und Mulde gelegenen Gerichtsorten, vorgenommen worden sind. In diesen Urkunden ist zweimal auch Graf Hoyer von Falkenstein als Zeuge aufgeführt worden. An der Ge-

Über die Reimvorreden zuletzt: G U I D O K I S C H , Biblische Einflüsse in der Reimvorrede des Sachsenspiegels ( 1 9 3 9 ) , in: DERS., Forschungen zur Rechts- und Sozialgeschichte (wie Anm. 2 ) S. 3 6 - 5 2 ; D E R S . , Uber Reimvorreden deutscher Rechtsbücher ( 1 9 5 0 ) , in: ebd., S. 1 3 - 3 5 ; I G N O R (wie Anm. 2 ) ; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Reimvorreden', in: H R G (wie Anm. 2 ) Sp. 8 2 3 - 8 2 9 ; über die Vorrede ,Von der Herren Geburt': zuletzt R O L F L I E B E R W I R T H , Die Sachsenspiegelvorrede von der herren geburt, in: Der Sachsenspiegel als Buch. Vorträge und Aufsätze, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D - D A G M A R H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 1) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1991, S. 1-18.

Norddeutschland vom 8. bis zum 16. Jahrhundert (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 6) Köln - Graz 1968, S. 98-117. Er selbst glaubt, im Sachsenspiegel das Schema einer Dekretalensammlung verwirklicht zu sehen (S. 117-165). 5 Als moderne Sachsenspiegel-Ausgabe wurde zugrunde gelegt: Sachsenspiegel Landrecht, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S. 1,1) Göttingen - Frankfurt/Main 3 1973, S. 49 und die neuere Übertragung: Eike von Repgow. Der Sachsenspiegel, hg. von C L A U S D I E T E R S c H O T r . Übertragung des Landrechts von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D . Übertragung des Lehenrechts und Nachwort von C L A U S D I E T E R S C H O T T . Mit 18 farbigen und 11 schwarzweißen Illustrationen (Manesse Bibliothek der Weltliteratur) Zürich 1984, S.25.

2. Der Verfasser des Sachsenspiegels

3

4 Über die Versuche, den Sachsenspiegel zu erfassen, vgl. G E R H A R D T H E U E R K A U F , Lex, Speculum, Compendium iuris. Rechtsaufzeichnungen und Rechtsbewußtsein in

6

Der Entschluß zur deutschen Abfassung des Sachsenspiegels, in: DA (wie Anm. 1) 9, 1951/52, S. 189-191.

CARL ERDMANN,

Entstehung

des Sachsenspiegels und

45

Landesgeschichte

richtsstätte der G r a f s c h a f t Brehna, in Mettine 7 bei Zörbig, wird ein Zeuge im Jahre 1209 Eico de Ripichowe genannt 8 (Abb. 1). In der Zeugenreihe einer U r kunde, die 1215 auf Schloß Lippene 9 , etwa 17 km nordöstlich von Mettine, ausgestellt wurde, werden Graf H o y e r von Falkenstein und Heico (Hecco ?) de Repechowe aufgeführt. Im Mai 1218 bezeugt unter anderem Heiko de Ripchowe in G r i m m a 1 0 die Ubereignung einiger Güter des M a r k g r a f e n Dietrich von Meißen an das Kloster Altzelle. Ein J a h r später sind Graf H o y e r von Falkenstein und Eico de Repechowe an der Beurkundung eines Vergleichs zwischen dem Fürsten Heinrich I. von Anhalt und dem Goslarer Stift St. Simonis et J u d a e beteiligt. Ein Ausstellungsort ist in dieser Urkunde nicht genannt. Doch die (Orts-)Namen der Zeugen deuten darauf hin, d a ß der Rechtsakt in oder unweit der G r a f s c h a f t Aschersleben vorgenommen wurde. Im J a h r e 1224 tritt Eico de Ribecowe als Urkundszeuge auf dem Landding der G r a f s c h a f t Eilenburg in Delitzsch auf, und der letzte Beleg stammt aus dem J a h r e 1233. An der Gerichtsstätte der G r a f s c h a f t Mühlingen, an der Brücke von Salbke 1 1 , ist in Gegenwart des Für-

7 GUSTAV REISCHEL, Wüstungskunde der Kreise Bitterfeld und Delitzsch, Magdeburg 1926, S. 287-289: Die Gerichtsstätte Mettine (Meten, der Metterberg), Krs. Bitterfeld, im a[lten] A[mt] Zörbig ... Der Berg, auf dem Meßtischblatt 2533 Quetzerberg genannt, liegt östlich von Quetz und bildet mit 26 m Höhe über dem Strengbach bei Quetz eine weitausschauende Erhebung. Ihr nördlicher Teil heißt auf dem Meßtischblatt Galgenberg. Quetz ist heute mit Dölsdorf zu Quetzdölsdorf vereinigt. 8 Diese und die folgenden Urkunden sind aufgeführt in: Codex diplomaticus Anhaltinus, hg. von 0 [ τ τ ] ο ν. HEINEMANN, Dessau 1867 ff., Bd.I Nr. 779, Bd. II Nr. 14, 32, 116; Codex diplomaticus Saxoniae regiae, Teil I: Die Urkunden der Markgrafen von Meißen und der Landgrafen von Thüringen, hg. von 0[ΤΤ]Ο POSSE, Leipzig 1882 ff., Bd. 3 Nr. 140, 254, 325; Urkundenbuch der Stadt Halle, h g . v o n A[RTHUR] BIERBACH, T e i l I ( 8 0 6 - 1 3 0 0 ) ,

sten Heinrich I. von Anhalt eine Schenkungsurkunde seiner ehemaligen Mündel, der M a r k g r a f e n J o h a n n und O t t o von Brandenburg, zugunsten des Klosters Berge ausgestellt worden, in der Eico de Repchowe als Letzter in der Zeugenreihe erscheint. Von den geringen Abweichungen in der Schreibweise des Namens einmal abgesehen, besteht bei der zeitlichen und räumlichen N ä h e der vorgenommenen Rechtsakte sowie bei offensichtlich vorhandener E r f a h r u n g des Zeugen in Rechtsfragen kein G r u n d , an der Identität dieser Persönlichkeit mit dem Verfasser des Sachsenspiegels zu zweifeln. Die Vorfahren Eikes von Repchow sind vermutlich vor 1150 als Siedler, vielleicht sogar als Siedlungsunternehmer in den Sorbengau Serimunt gekommen und haben sich in oder in der N ä h e von Reppichau (heute Kreis Kothen) niedergelassen. Die erste sichere urkundliche Erwähnung stammt aus dem J a h r e 1156. Am 28. Dezember beurkundet Albrecht der Bär als Graf von Aschersleben an der 5 km südwestlich von Kothen gelegenen Gerichtsstätte W ö r b z i g einen Kauf zugunsten des Klosters Ilsenburg 1 2 . In der Zeugenreihe stehen nacheinander Eyco et Arnolt de Rybechowe oder Reppechowe, von denen Eyco möglicherweise der Großvater des Spieglers ist. Aus einer weiteren U r k u n de 1 3 geht hervor, d a ß im Jahre 1159 wiederum Eyco und Arnolt zusammen mit einem Markwart von Repchow 1 1 / 2 H u f e n ihres Gutes als Schenkung an das Erzstift M a g d e b u r g unter der Bedingung übergeben haben, d a ß sie den gesamten auf ihren Besitz ruhenden Zehnten als erbliches Lehn erhalten. Sie haben also als Vasallen des Erzbischofs von M a g d e b u r g zu gelten. Es ist sogar urkundlich belegt, d a ß die Familie von Repchow 1227 ein H a u s in M a g d e b u r g zu Lehn besaß 1 4 und d a ß 1397 15 und 1428 1 6 weitere T r ä g e r dieses N a -

Magde-

burg 1930, Nr. 131. Die Urkunden von 1209 bis 1233 s i n d z u s a m m e n g e f a ß t bei IGNOR (wie A n m . 2 ) S. 3 2 5 - 3 3 0 ;

BRIGITTE JANZ, Auf den Spuren Eikes von Repgow. Ein Beitrag zur Erforschung von Rechtswirklichkeit und Sachsenspiegel-Rezeption, in: Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde 14, Zürich 1992, S. 2 5 - 5 6 .

9 EMIL WEYHE, Landeskunde des Herzogtums Anhalt, Bd.2, Dessau 1907, S. 433 ff. 10 HEINER LÜCK, Eike von Repchow in Grimma, in: Der Rundblick 2, 1988, S.85. 11 Salbke ist heute ein Stadtteil Magdeburgs. Im Jahre 1933, also 700 Jahre später, wurde hier eine Repkow-Kapelle

12 13 14

15

errichtet, die dem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel. Bild und Legende in: Altmärkische Zeitung. Osterburger Kreisblatt. Beilage zu Nr. 6 Osterburg, Sonnabend, den 7. Januar 1933. Codex diplomaticus Anhaltinus (wie Anm. 8) I Nr. 425. Codex diplomaticus Anhaltinus (wie Anm. 8) I Nr. 453. Urkundenbuch der Stadt Magdeburg, Bd.I (bis 1403), hg. von der Historischen Kommission der Provinz Sachsen, bearb. von G[USTAV] HERTEL, Halle 1892, Neudruck Aalen 1975, Nr. 88. Die ältesten Lehnbücher der Magdeburger Erzbischöfe, hg. von der Historischen Kommission der Provinz Sachs e n , b e a r b . v o n G[USTAV] HERTEL ( G e s c h i c h t s q u e l l e n d e r

Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 16) Halle 1883, S.214. 16 Urkundenbuch des Klosters Unser Lieben Frauen zu M a g d e b u r g , h g . v o n G[USTAV] HERTEL ( G e s c h i c h t s q u e l -

46 mens als Lehnsleute der Erzbischöfe von Magdeburg erwähnt werden. Eikes Vorfahren, insbesondere Großvater und Vater, scheinen auch engere Beziehungen zum Burggrafen von Giebichenstein besessen zu haben und als Burgmannen auf dem Giebichenstein bei (heute in) Halle/S., dem Amtssitz des Erzbischofs von Magdeburg im Südterritorium des Erzstifts, tätig gewesen zu sein. Es ist allerdings auch erwiesen, daß seine Abkömmlinge oder ein anderer Zweig der Familie in anhaltischen Diensten standen. Ein Ecko de Repchow besaß schließlich im 16. Jahrhundert Güter in Anhalt, Brandenburg und Sachsen. Als letzter Vertreter des vermutlich inzwischen weitverzweigten Geschlechts verstarb Johann v. Reppichau im Jahre 1812 17 . Uber die Familie von Repchow und das Wirken ihrer Mitglieder im Gebiet zwischen Magdeburg und Halle sowie ostwärts davon gibt es sichere Belege. Woher sie aber eingewandert waren, als sie sich im ehemaligen Slawengau Serimunt niederließen, ob sie (nieder)sächsischer, vielleicht ostfälischer Herkunft waren oder ob sie aus fränkischen Gebieten in den Raum Halle kamen, wird mit letzter Sicherheit kaum noch zu ermitteln sein. Allerdings wird in jüngster Zeit wieder auf Verbindungslinien aufmerksam gemacht, die nach der ehemaligen Reichsburg Giebichenstein und der reichlich 1km südlich gelegenen Stadt Halle weisen 18 . Es handelt sich dabei um durchaus tragfähige wissenschaftliche Vermutungen, auf welche die Sachsenspiegel-Forschung generell mehr denn je angewiesen ist, weil das Werk und die sechs Urkunden doch zu wenig Anhaltspunkte über die Persönlichkeit Eikes bieten. Zwischen 1209 und 1233 hat Eike von Repchow nachweislich gelebt. Er war zu dieser Zeit schon volljährig, sonst hätte er nicht als Urkundszeuge auftreten können, er muß also um 1180 geboren sein. Uber seinen Geburtsort läßt sich bisher noch keine sichere Aussage treffen, wenn auch hier Reppichau, Magdeburg, Halle-Giebichenstein in die engere Wahl zu ziehen

len der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 10) Halle 1878, Nr. 271. 17 Über die Familie von Repchow: Sachsenspiegel, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T , IV. Eike von Repchow und Hoyer von Valkenstein (Germanenrechte. N. F. Landund Lehnrechtsbücher) Hannover 1966, S. 9-25. 18 J O H A N E K (wie Anm. 1) S. 724-727; R O L F L I E B E R W I R T H , Eike von Repchow und die Stadt Halle, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte. Karl Kroeschell zum 60. Geburtstag dargelegt von Freunden, Schülern und Kollegen, hg. von G E R H A R D K Ö B L E R (Rechtshistorische Reihe 60) Frankf u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1987, S.272-280.

Rolf

Lieberwirth

sind. Da er später als Zeuge an Gerichtsstätten verschiedener Grafschaften gewirkt hat, fällt es schwer, in ihm einen Schöffen zu sehen, was nicht ausschließt, daß seine Familie das Schöffenamt in Wörbzig innehatte und daß er selber engere Beziehungen zu den Schöffenkollegien zu Magdeburg und vielleicht mehr noch zu Halle besaß 1 9 . Doch seine spezielle Tätigkeit scheint umfassender gewesen zu sein. Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß er zum Gefolge eines der einflußreichen Fürsten gehörte, die in den Urkunden als Hauptbeteiligte an den vorgenommenen Rechtsakten erkennbar sind. In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, das in der Reimvorrede angedeutete Lehnsverhältnis zwischen Eike von Repchow und dem Grafen Hoyer von Falkenstein sowie das gemeinsame Auftreten beider als Urkundszeugen in die Überlegungen mit einzubeziehen, zumal die von beiden bezeugten Rechtsakte von 1215 und 1219 im Interesse des Grafen Heinrich I. von Anhalt vorgenommen wurden. Daran ist zunächst anzuknüpfen. Es ist nachgewiesen, daß die Askanier schon vor 1215 mit den Falkensteinern kooperierten. Ganz intensiv war das politische Zusammenspiel zwischen dem um den Ausbau seiner Territorialherrschaft zwischen Saale und Mulde bemühten Grafen Heinrich I. und dem Grafen Hoyer von Falkenstein 20 . Da in diesem Gebiet auch das Stammgut von Eikes Familie lag, deren bisherige Bindung an den Erzbischof von Magdeburg unbestritten ist, werden sich zwangsläufig auch Berührungspunkte zu den Askaniern, zum Grafen Heinrich I., ergeben haben, die für Eike in der Beurkundung der Rechtsakte von 1215 und 1219 zutage treten. Von Bedeutung ist dabei, daß Eike in der Zeugenreihe der ersten Urkunde unter den nobiles viri erscheint, während er in der zweiten unter den anhaltischen Ministerialen aufgeführt wird. Die Stellung Eikes innerhalb der Zeugenreihen hat die Forschung sehr stark beschäftigt, weil sie Rückschlüsse auf seine ständische Herkunft zulassen. Weisen ihn die Urkunden von 1209 und 1215 eindeutig als Edelfreien aus, so scheint er in der Urkunde von 1219 klar als Ministeriale gekennzeichnet zu sein. Nun ist ein Fehler in der Einschätzung der Standesqualität im Einzelfall keineswegs auszuschließen, doch auch die Urkunden von 1218, 1224 und 1233 deuten bei aller Unscharfe eher auf eine Einstufung als Ministeriale hin. Es spricht also sehr vieles dafür, daß Eike von Rep-

1 9 JOHANEK ( w i e A n m . 1) S. 7 3 3 .

20

JOHANEK

(wie Anm.

1)

S.748f.

Entstehung

des Sachsenspiegels und

Landesgeschichte

47

chow zwischen 1215 und 1219 in die Dienste des Grafen Heinrich I. von Ascharien (Askanien), der sich spätestens seit 1215 Fürst von (in) Anhalt nennt, getreten ist 21 , d a ß er, wie andere Ratgeber, Sachwalter und Helfer auch, zur Hofgesellschaft dieses Fürsten gehörte. Wenn diese Vermutung zutreffen sollte, dann muß allerdings beachtet werden, d a ß Eike nachweislich nicht zu den offiziellen Inhabern der oberen H o f ä m t e r (Truchseß, Marschall, Schenk, Kämmerer) zählte 2 2 und auch nicht als P r o t o n o t a r oder N o t a r tätig war 2 3 , was nicht ausschließt, d a ß er in anderer Weise, vielleicht als gesuchter rechtserfahrener Ratgeber von Fall zu Fall zu besonderen Hilfeleistungen herangezogen wurde. Immerhin gilt es zu berücksichtigen, d a ß der H o f damals noch ein offener, loser Personenverband war, was sogar die Möglichkeit offenläßt, d a ß f ü r derartige H e l f e r daneben auch noch andere personale Bindungen möglich waren 2 4 . Vielleicht sollte unter diesem Gesichtspunkt auch Eikes Zeugenschaft f ü r Rechtsakte

des Markgrafen Dietrich von Meißen (1218) und des Landgrafen Ludwig IV. (des Heiligen) von Thüringen (1224) betrachtet werden. Beide waren mit dem Grafen Heinrich I. von Anhalt verschwägert 2 5 . In diesem Umfeld wird sich vermutlich das Zusammenwirken Eikes und Graf Hoyers von Falkenstein angebahnt haben. „Was sie verband, w a r die gemeinsame Zugehörigkeit zum anhaltischen H o f " 2 6 , die sich standesgemäß f ü r den Grafen von Falkenstein anders darstellte als f ü r Eike. Wenn zwischen beiden ein Lehnsverhältnis bestanden haben sollte, wie es - inzwischen durchaus nicht mehr unbestritten 2 7 - aus der Reimvorrede herausgelesen wird 2 8 und durch Auffindung eines der Lehnsgüter in der N ä h e von Quedlinburg erhärtet zu sein scheint 2 9 , dann w a r es durch das gemeinsame Wirken am anhaltischen H o f vermittelt worden 3 0 . D o r t könnte allmählich der Gedanke an die Aufzeichnung des geltenden Rechts greifbare Formen angenommen haben, wozu der weitgereiste H o y e r von Falkenstein bewußt oder unbewußt Anregungen gegeben haben könnte 3 1 (Abb. 2).

2 1 O T T O V. ZALLINGER, D i e S c h ö f f e n b a r f r e i e n d e s S a c h s e n -

Eine wie auch immer geartete Ratgebertätigkeit und die erste Aufzeichnung des dort geltenden Rechts in lateinischer Sprache setzen nach den Maßstäben der Zeit eine gebildete Persönlichkeit voraus. Es nimmt daher nicht wunder, d a ß immer wieder nach Einzelheiten über Eikes Ausbildung, über seine Lehrer und über die möglichen Ausbildungsstätten geforscht worden ist. D o c h wie vieles in seinem Leben bleibt auch sein Bildungsgang weitgehend im Dunkeln, so d a ß man erneut auf Vermutungen angewiesen ist. Seinem W e r k ist zu entnehmen, d a ß er lesen konnte. Vielleicht war er sogar des Schreibens mächtig, aber hier sind schon erhebliche Zweifel anzumelden; denn zu seiner Zeit w a r schon Lesen eine Besonderheit 3 2 . Lesen und Schreiben, wenn es mehr sein sollte als ein mühseliges und ungelenkes

spiegels. U n t e r s u c h u n g e n z u r Geschichte d e r Standesverhältnisse in D e u t s c h l a n d , Innsbruck 1887, S . 2 0 5 - 2 1 9 ; ECKHARDT

(wie

A n m . 17)

S. 2 4 ;

KARL

KROESCHELL,

R e c h t s a u f z e i c h n u n g u n d Rechtswirklichkeit. D a s Beispiel des Sachsenspiegels, in: R e c h t u n d Schrift im Mittelalter, hg.

von

PETER

CLASSEN

(Vorträge

und

Forschungen

X X I I I ) Sigmaringen 1977, S. 3 4 9 - 3 8 0 , S.354; JOHANEK (wie Anm. 1) S. 736, 750; a n d e r e r Ansicht: IGNOR (wie A n m . 2 ) S. 5 6 f f . ; RUTH SCHMIDT-WIEGAND, A r t i k e l , E i k e

von R e p g o w ' , in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl. hg. von KURT RUH u . a . , B d . 2 , Berlin - N e w Y o r k 1980, S p . 4 0 0 - 4 0 9 , Sp.400. 2 2 ULRICH SCHRECKER, D a s l a n d e s f ü r s t l i c h e B e a m t e n t u m i n

A n h a l t von seinen A n f ä n g e n bis z u m E r l a ß bestimmter Verwaltungsordnungen (ungefähr 1200-1574) (Untersuchungen z u r deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 86) Breslau 1906, S . 2 - 2 6 . 23 FRITZ JAENICKE, Beiträge z u m U r k u n d e n - und Kanzleiwesen d e r gräflichen Anhaltiner vornehmlich im 13. u n d

2 5 D a s ü b e r s i e h t IGNOR ( w i e A n m . 2 ) S. 5 8 .

14. J a h r h u n d e r t , Phil. Diss. Leipzig 1902, Dessau 1902.

2 6 JOHANEK ( w i e A n m . 1) S . 7 5 1 .

24 JOHANEK (wie Anm. 1) S. 750 unter Hinweis auf die von PETER

MORAW

entwickelten

Modellvorstellungen

vom

(königlichen) H o f , vgl. DERS., Die königliche V e r w a l t u n g

2 7 JOHANEK ( w i e A n m . 1) S. 7 5 2 . 28

KROESCHELL ( w i e A n m . 2 1 ) S. 3 5 4 .

2 9 ECKHARDT ( w i e A n m . 1 7 ) S . 6 6 f f .

im Einzelnen, in: D e u t s c h e Verwaltungsgeschichte. Im

30 JOHANF.K ( w i e A n m . 1) S . 7 5 1 .

A u f t r a g d e r Freiherr-von-Stein-Gesellschaft e.V. hg. von

31 JOHANEK (wie Anm. 1) S . 7 5 3 verweist in diesem Z u s a m -

K U R T G . A . JESERICH -

HANS POHL -

GEORG-CHRISTOPH

m e n h a n g auf die interessanten U n t e r s u c h u n g e n PATZES

UNRUH, Bd. 1: V o m Spätmittelalter bis z u m E n d e des

(wie A n m . 1) S. 100 ff. z u m möglichen A u t o r des M ü h l -

Reichs, Stuttgart 1983, S. 3 1 - 5 2 . D o r t (S. 1 0 5 - 1 1 8 ) auch

h ä u s e r Reichsrechtsbuches Henricus

A u s f ü h r u n g e n von DIETMAR WILLOWEIT ü b e r die H ö f e in

von Falkenstein d u r c h seine Beziehungen zu M ü h l h a u s e n

d e n T e r r i t o r i e n , vgl. DERS., Die E n t w i c k l u n g und Verwaltung S. 6 6 - 1 4 3 .

der

spätmittelalterlichen

Landesherrschaft,

scolaris, den H o y e r

vermutlich kannte. 32 ALFRED WENDEHORST, W e r konnte im Mittelalter lesen und schreiben?, in: Schulen und Studium im sozialen

48

Rolf

Malen einzelner Buchstaben, gehörten noch nicht zusammen, und wer schreiben konnte, wurde nicht selten auch so bezeichnet, wie der Zeitgenosse Eikes Theodericus scriptor in Halle 3 3 . Dem Sachsenspiegel ist ferner zu entnehmen, daß seinem Verfasser die Bibel vertraut war. Darüber hinaus besaß er ein theologisches Allgemeinwissen, das auch einige Regeln des kanonischen Rechts mitumfaßte. Er zeigte sich in Ansätzen schon als Rechtsdenker 3 4 , war aber in erster Linie ein ausgesprochener Rechtspraktiker. Seine Grundkenntnisse kann Eike nur auf einer Schule erlangt haben. Es ist anzunehmen, daß er eine Domoder Klosterschule besucht hatte, die auch Kindern angesehener Laien offenstanden. Von den Domschulen dieses Raumes kämen in erster Linie die von Magdeburg und von Halberstadt in Frage 35 . In Anbetracht der späteren Rechtskenntnisse lag es nahe, Eike mit der Domschule Halberstadt in Verbindung zu bringen, weil dort der große Kanonist und ehemalige Bologneser Rechtslehrer Johannes Teutonicus (Zemeke) 36 um diese Zeit gelehrt hat. Eine Beziehung zu Eikes schulischer Ausbildung läßt sich aber nicht herstellen, weil Teutonicus nachweislich im Jahre 1212 als Domherr nach Halberstadt gekommen war und erst acht Jahre später (1220) die Leitung der Domschule übernommen hatte 37 , was eine persönliche Bekanntschaft als Erwachsene und einen Gedankenaustausch in späteren Jahren keineswegs ausschließt, sondern bei der Nähe der Wirkungsstätte sogar wahrscheinlich macht. Doch als Schulort kommen

Wandel des hohen und späten Mittelalters, hg. von JOHANNES F R I E D (Vorträge und Forschungen X X X ) Sigmaringen 1986, S. 9-34, hier S. 25 f.; R O D E R I C H S C H M I D T , Studien über Eike von Repgow und den Sachsenspiegel, Diss, masch. Greifswald 1951. 33

(wie Anm. 1) S. 728 macht auf die Büchersendung des Theodericus scriptor aus den Beständen der städtischen Stifte in Halle an die Dominikaner zu Leipzig im Jahre 1239 aufmerksam. 3 4 E R I K W O L F , Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte, Tübingen 4 1963, S.26 nennt Eike den ersten deutschen Rechtsdenker. 35 E U G E N R O S E N S T O C K ( - H U E S S Y ) , Ostfalens Rechtsliteratur unter Friedrich II. Texte und Untersuchungen, Weimar 1912, S. 122 spricht sich f ü r Halberstadt aus. 3 6 S T E P H A N K U T T N E R , Johannes Teutonicus, der Glossator (Johannes Zemeke), in: Neue Deutsche Biographie 10, Berlin 1974, S.571 a bis 573 a. 37 R O L F L I E B E R W I R T H , Eike von Repchow und der Sachsenspiegel (Sitzungsberichte der Sächs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Klasse, Bd. 122, 4) Berlin 1982, S. 25.

Lieberwirth

unter Berücksichtigung der Bindungen von Eikes Familie an das Erzstift Magdeburg Halberstadt und wohl auch Quedlinburg kaum noch in Betracht, umso mehr dagegen die Domschule Magdeburg und andere Schulen im erzstiftischen Einflußgebiet. An der Domschule Magdeburg scheint seit Erzbischof Wichmann eine besondere Rechtstradition entstanden zu sein 38 . Dort wurde wahrscheinlich auch eine der ersten rechtlichen Urkundenlehren, die ,Summa dictaminis prosarum' 3 9 , zusammengestellt und im Unterricht benutzt 4 0 , was, vorausgesetzt Eike ging in Magdeburg zur Schule, sicher seinen Horizont in Rechtsfragen erweitert hätte. Doch es ist wiederum zu beachten, daß Eikes unmittelbare Vorfahren in den Diensten der erzstiftisch-magdeburgischen Burggrafen von Giebichenstein standen. Sie werden nicht nur bemüht gewesen sein, Eike auf eine Tätigkeit im Dienste eines Fürsten, vielleicht auf die sich herausbildenden Verwaltungstätigkeiten vorzubereiten, sondern könnten ihn auch zu diesem Zwecke auf eine nahegelegene Schule geschickt haben, und hier käme eine im 1 km entfernten Halle/S., der zweiten bedeutenden Stadt im Erzstift Magdeburg, in Frage. Dort war 1116 das Chorherrenstift Neuwerk gegründet worden. An seiner Schule für Weltgeistliche, an der schola exterior, wurden auch die Söhne der Edelfreien aus der Umgebung und die der städtischen Führungsschicht zunächst gemeinsam unterrichtet 4 1 . Erst nach einem Zwischenfall im Jahre 1180 fand eine Trennung statt. Die Kinder aus der Stadt erhielten ihre Ausbildung fortan an der Schule des 1183 gegründeten Moritzstiftes 4 2 . An beiden

38

JOHANEK

Über Erzbischof Wichmann: D I E T R I C H C L A U D E , Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert, Bd. 2 (Mitteldeutsche Forschungen 6 7 / 1 1 ) Köln - Wien 1 9 7 5 ; R O L F L I E B E R W I R T H , Das Privileg des Erzbischofs Wichmann und das Magdeburger Recht (Sitzungsberichte der Sächs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Klasse, Bd. 130, 3) Berlin 1990, S. 14 ff. und jetzt auch: Erzbischof Wichmann ( 1 1 5 2 - 1 1 9 2 ) und Magdeburg im hohen Mittelalter. Ausstellung zum 800. Todestag Erzbischof Wichmanns vom 29. Oktober 1992 bis 2 1 . März 1 9 9 3 , hg. von M A T T H I A S P U H L E , Magdeburger Museen 1992.

39

ROSENSTOCK ( w i e A n m . 3 5 ) S. 4 f f .

40

WINFRIED

T R U S E N , Die Rechtsspiegel und das Kaiserrecht, in: ZRG GA (wie Anm.2) 102, 1985, S. 12-59, hier S. 14.

4 1 JOHANEK ( w i e A n m . 1) S. 7 2 8 .

42 Eine kurze Zusammenfassung des Zwischenfalls und der Begründung einer zweiten Schule in Halle/S. bietet P E T E R

Entstehung

des Sachsenspiegels und

49

Landesgeschichte

Schulen, die über beachtliche Bücherbestände verfügten 4 3 , wurde Elementar- und Trivialunterricht geboten. Aufbau und Inhalt des Schulunterrichts im Hochmittelalter sind in den Einzelheiten noch nicht genau bestimmbar. So viel steht aber fest, daß die sechs- bis achtjährige Schulzeit in eine Elementarstufe für Kinder und einen weiterführenden Unterricht f ü r Jugendliche unterteilt war 4 4 . Im Mittelpunkt der schulischen Ausbildung stand das Trivium. Schon auf der Elementarstufe spielten Grammatik, Rhetorik und Logik eine beachtliche Rolle und erfuhren im Rahmen der höheren Schulbildung eine entsprechende Steigerung, wenn auch einschränkend festzuhalten ist, daß in diesen Stufen nicht sofort das vollständige Trivium gelehrt werden konnte. Den Schülern wurde anfangs vorwiegend Lateinunterricht geboten, weil das Erlernen der lateinischen Sprache im Rahmen eines intensiver werdenden Grammatikunterrichts und der darauf aufbauenden Lektüre antiker und christlicher Dichter als wichtiges Ausbildungsziel angesehen wurde. Dabei genoß das Auswendiglernen und damit die Gedächtnisschulung den Vorrang vor dem Lesen und dieses wiederum vor dem Schreiben. N a c h acht Jahren Schule war ein Absolvent fähig, Lateinisches abzuschreiben, zu lesen oder zu übersetzen sowie fehlerfrei Schriftstücke in dieser Sprache aufzusetzen 4 5 . Es kam auch damals auf die Qualität der Schule und der Lehrer an, ob die Kenntnisse und Fertigkeiten der Schüler das Normale erreichten oder überstiegen oder ob sie darunter blieben. Vergleichsmöglichkeiten zwischen den Schulen in Magdeburg und in Halle fehlen. Auf Eike von Repchow bezogen, muß nun geprüft werden, ob eine durchschnittliche Schulbildung, die ihn in seiner Zeit zweifellos zum literatus gemacht hätte, auch ausreichend genug gewesen wäre, das geltende Recht seiner Heimat in lateinischer Sprache aufzuzeichnen bzw. aufzeichnen zu lassen. Es muß ferner

erwogen werden, ob die an den Schulen vermittelten Grundkenntnisse in Rhetorik ausreichend waren, um damit die ihm eindeutig zugeschriebenen Verse 97 bis 280 der Reimvorrede den Regeln entsprechend zu gestalten 4 6 . Zweifel sind hier durchaus verständlich. Sie führten zu den Vermutungen, d a ß Eike eine noch weiterreichende Ausbildung genossen habe, weil er vielleicht ursprünglich zum Geistlichen bestimmt w a r 4 7 , sich später aber anders entschied, oder d a ß er erst im Alter Geistlicher geworden sei, weil sich der Verfasser der Sächsischen Weltchronik, f ü r den lange Zeit fälschlicherweise Eike von Repchow gehalten wurde 4 8 , als Geistlicher vorstellt. In die Richtung auf einen Geistlichen scheinen auch theologische und literarische Quellen zu deuten, die bisher als Vorlagen f ü r Textstellen des Sachsenspiegels angesehen worden sind. Inzwischen ist jedoch überzeugend darauf hingewiesen worden 4 9 , d a ß trotz scharfsinniger Untersuchungen letztlich nur gedankliche Ähnlichkeiten, aber keine wörtlichen Ubereinstimmungen mit den vermeintlichen Quellen festgestellt werden konnten, was die Annahme rechtfertigt, d a ß dem jungen Eike manches literarische Gedankengut schon in der Schule sowie biblisches in Schule und Gottesdienst vermittelt worden war, das dann später aus dem gut geschulten Gedächtnis in sein Werk eingeflossen ist. D o c h es muß noch ein Weiteres beachtet werden.

46 Nach I G N O R (wie Anm. 2) S. 64 steht die Reimvorrede in hohem Maße in der Tradition einer antik-mittelalterlichen „Exordialtopik"; vgl. hierzu auch U L R I C H D R E SCHER, Geistliche Denkformen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankfurt/Main Bern - New York - Paris 1989, bes. S. 68 ff. 47 H A N S T H I E M E , Eike von Repgow, in: Die großen Deutschen. Deutsche Biographie in vier Bänden, hg. von HERMANN H E I M P E L - T H E O D O R H E U S S -

BENNO REIFENBERG,

Klosterstudien im 12. Jahrhundert, in: Schulen und Studium im sozialen Wandel (wie Anm. 32) S. 35-68, hier S. 63. Uber weitere Einzelheiten der hallischen Schulgeschichte vgl. W. DELIUS, Das hallische Schulwesen im Mittelalter, in: Thüring.-sächs. Zeitschrift für Geschichte und Kunst XXIV, 1936, S. 108 ff., hier S. 114. 43 Zum Bücherbesitz der städtischen Stifte in Halle/S. vgl. C L A U D E (wie A n m . 3 8 ) S.414ff., hier S.424f. 4 4 Hier wie auch zum folgenden: R O L F K Ö H N , Schulbildung und Trivium im lateinischen Hochmittelalter und ihr möglicher praktischer Nutzen, in: Schulen und Studium im sozialen Wandel (wie Anm. 3 2 ) S. 2 0 3 - 2 8 4 , hier S. 2 2 3 ff.

Bd. 1, Berlin 1956, S. 187-200, hier S. 193. 48 Zum neuesten Forschungsstand: H U B E R T H E R K O M M E R , Uberlieferungsgeschichte der „Sächsischen Weltchronik". Ein Beitrag zur deutschen Geschichtsschreibung des Mittelalters (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 38) München 1972, S. 229 ff.; DERS., Eike von Repgows „Sachsenspiegel" und die „Sächsische Weltchronik", in: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 100, 1977, S. 181190; M I C H A E L M E N Z E L , Die Sächsische Weltchronik. Quellen und Stoffauswahl (Vorträge und Forschungen, Sonderband 34) Sigmaringen 1985, S. 269 f.; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Sächsische Weltchronik', in: H R G (wie Anm. 2) Sp. 1237-1242.

45

49

JOHANEK,

K Ö H N ( w i e A n m . 4 4 ) S. 2 4 2 .

TRUSEN

( w i e A n m . 4 0 ) S. 15 f.

50

Rolf

Ein sich über acht Schuljahre erstreckender konzentrierter Lateinunterricht, der einen Schüler über die Unterweisungen in Rhetorik auch mit juristischen Fachausdrücken in Berührung gebracht hat, führt sicher zu weitgehender Beherrschung dieser Sprache bei Schulabschluß. Um den erreichten Ausbildungsstand zu halten, ist auch danach eine ständige Beschäftigung mit lateinischen Texten unerläßlich. Das muß erst recht bei einer Persönlichkeit vorausgesetzt werden, die sich vielleicht sogar erst im reiferen Alter - an eine Aufzeichnung des geltenden Rechts in Latein herangewagt hat, wobei es gleichgültig ist, ob es zunächst nur bei einem Entwurf geblieben ist 50 oder ob es schon mehr war. Diese Voraussetzungen wären im wesentlichen schon bei einer Tätigkeit als politischer und administrativer Berater eines Fürsten erfüllt, doch nicht jeder Mitarbeiter dieser Art ist in der Lage, ein Rechtsbuch aufzuzeichnen. Es müssen daher als weitere Erfordernisse hinzutreten: Kenntnisse über die allgemeinen Rechtsvorstellungen der Zeit und ein Vertrautsein mit der Gerichtspraxis des engeren Wirkungsbereiches. Es sind also erhebliche Anforderungen, die an Eikes Kenntnisstand gestellt werden müssen. Vielleicht halfen ihm die Familienbeziehungen zu den Schöffen von Magdeburg oder von Halle 5 1 weiter, deren Rechtssprüche am Anfang des 13. Jahrhunderts noch in Latein abgefaßt wurden. Auch hier ist das Augenmerk besonders auf die Tätigkeit der halleschen Schöffen zu richten, weil sie sich als erste, und zwar schon kurze Zeit nach Entstehung des Sachsenspiegels, in einer Rechtsbelehrung für Neumarkt in Schlesien auf dieses Rechtsbuch berufen hatten. Ob das ein Zufall war oder ob eine engere Beziehung zu dieser Rechtsaufzeichnung bestand, muß immer noch offen bleiben. Beide Schöffenkollegien haben jedenfalls entscheidend zur Verbreitung des Sachsenspiegels beigetragen, auf dessen Entstehung nun näher einzugehen ist.

Lieberwirth

dieser Aussage in den Versen 264/265 der Reimvorrede ist zwar angezweifelt worden, weil es keinen weiteren Hinweis auf eine Urform zu geben scheint, aber diese Auffassung kann als überwunden gelten 52 . Es ist also davon auszugehen, daß der Sachsenspiegel oder sein Entwurf 5 3 zunächst in einer anderen Sprache aufgezeichnet worden war. Da zu jener Zeit alle Rechtsurkunden lateinisch gefaßt wurden 5 4 , muß auch hier von einer lateinischen Urform ausgegangen werden. Sie scheint allerdings spurlos verschwunden zu sein, was damit erklärt wird, daß Eike sie selber vernichtet habe, weil sie ein offensichtlicher Mißerfolg gewesen sei 55 . Mit gleicher Berechtigung kann angenommen werden, daß die lateinische Fassung außer Verkehr gezogen worden ist, weil die deutsche Fassung insgesamt oder in Teilen keine bloße Rückübersetzung mehr, sondern durch Ergänzungen inzwischen eine Neuschöpfung geworden und weil das Bedürfnis nach einer allgemein verständlichen Fassung sehr groß war, wobei wohl davon auszugehen ist, daß sich die Fachsprache noch nicht allzu sehr von der Umgangssprache unterschied. In jedem Falle wird es schwierig gewesen sein, die aus dem ostfälischen Gerichtsgebrauch hervorgegangenen Rechtsregeln, die sich teilweise schon zu Rechtssprichwörtern verdichtet hatten 5 6 , ohne Vorbild in eine faßliche lateinische Form zu bringen. Das gilt sicher ganz besonders für das Landrecht, während lehnsrechtliche Bestimmungen in Latein schon eher als Muster zur Verfügung standen. Doch auch hier mußte die korrekte sprachliche Fassung für die einzelnen Rechtsregeln des sächsischen Lehnrechtes erst gefunden werden. Mit dieser Überlegung wird die Verbindung zu einem in schwerfälliger lateinischer Reimprosa abgefaßten Lehnrechtsbuch, dem ,Auetor vetus de benefieiis' 57 , hergestellt, in dem ein Rest des lateinischen Sachsen-

52 KROESCHELL (wie Anm. 21) S.355; DERS., Rechtswirklichkeit und Rechtsbücherüberlieferung. Ü b e r l e g u n g e n z u r

3. Entstehungszeit und -ort des Sachsenspiegels Eike von Repchow hat den Sachsenspiegel nach seinen eigenen Worten „ins Deutsche gewandt" (... an dudisch ist gewant dit buk ...). Der Wahrheitsgehalt

W i r k u n g s g e s c h i c h t e des Sachsenspiegels, in: T e x t - B i l d I n t e r p r e t a t i o n (wie A n m . 2 ) I, S. 1 - 1 0 , bes. S.3. 53

ECKHARDT ( w i e A n m . 5 0 ) S. 4 7 .

54

WOLF (wie A n m . 34)

S.8.

55 WALTER MÖLLENBERG, Eike von R e p g o w und seine Zeit, Burg 1934, S. 14. 5 6 BRIGITTE JANZ, R e c h t s s p r i c h w ö r t e r i m S a c h s e n s p i e g e l . E i -

50

Die

ne U n t e r s u c h u n g z u r T e x t - B i l d - R e l a t i o n in den Codices

T e x t e n t w i c k l u n g des Sachsenspiegels von 1220 bis 1270

picturati (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kul-

KARL AUGUST ECKHARDT,

Rechtsbücherstudien,

III.

( A b h a n d l u n g e n d e r Gesellschaft d e r W i s s e n s c h a f t e n zu

turgeschichte 13) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - N e w Y o r k -

G ö t t i n g e n , Phil.-hist. Klasse, D r i t t e Folge N r . 6) Berlin

Paris 1989, S. 16 f.

1933,

S.

47.

5 1 JOHANKK ( w i e A n m . 1 ) S. 7 3 1 f.

57 HANS SCHLOSSER, Artikel ,Auetor vetus de benefieiis', in: H R G (wie A n m . 2 ) 1, Berlin 1971, S p . 2 4 6 f .

Entstehung

des Sachsenspiegels und

Landesgeschichte

51

spiegeis vermutet werden konnte, wobei der modernen Forschung 5 8 nach vielem H i n und H e r durch Vergleich mit dem sog. Görlitzer Rechtsbuch 5 9 aus dem J a h r e 1300, das in den Artikeln 1 bis 30 eine ungereimte Übersetzung des , Auetor vetus' ins Mitteldeutsche bietet, der Nachweis gelungen ist, d a ß der ,Auetor vetus' die lateinische Urfassung des Sachsenspiegel-Lehnrechts oder zumindest eine unmittelbare Ableitung von ihr gewesen sein dürfte 6 0 . Eine von beiden muß also die Vorlage f ü r das Lehnrecht des deutschen Sachsenspiegels gebildet haben. Sogar Teile einer lateinischen Vorfassung des Sachsenspiegel-Landrechts lassen sich erschließen 6 1 .

Gewißheit, so d a ß es wohl besser ist, den Zeitpunkt der Entstehung nicht zu eng einzugrenzen, sondern wie bisher den Zeitraum zwischen 1220 und 1235 zugrunde zu legen. D e r Anfangstermin hängt mit der , C o n f o e deratio cum prineipibus ecclesiasticis' zusammen 6 4 , deren Art. 7 sich in Ldr I 1, Art. 10 in Ldr III 60 § 2 und Art. 6 in Lnr 12 § 2 wiederfinden, während der E n d termin vor 1235 liegen muß, weil bei der Aufzählung der sächsischen Fahnlehen in Ldr III 62 das damals neugeschaffene H e r z o g t u m Braunschweig-Lüneburg noch nicht erwähnt wird. Im übrigen wird der Sachsenspiegel schon 1235 von den hallischen Schöffen in einer Rechtsweisung als Quelle benutzt.

Von der lateinischen U r f o r m ist also bei der Beurteilung der Entstehungszeit auszugehen. Sie ist nach den neuesten Erkenntnissen schon in die J a h r e 1221 bis 1223 zu setzen 6 2 , weil der Sächsische Landfrieden schon im , Auetor vetus' benutzt worden ist. Allerdings ist immer noch fraglich, ob dieser Frieden in das J a h r 1221 oder erst in das J a h r 1223 zu datieren ist. D a nur in der deutschen Fassung die ,Treuga Heinrici' von 1224 verwertet wurde, muß die Vorform in Latein vor 1224 und die erste deutsche Fassung nach 1224 entstanden sein. Fraglich bleibt, ob als Endtermin das J a h r 1227 angesetzt werden kann 6 3 . Bei aller Achtung vor den scharfsinnigen Überlegungen, die in diesem Zusammenhang angestellt wurden, fehlt doch die letzte

Ebensowenig wie die Entstehungszeit der lateinischen Vorform und der ersten deutschen Fassung exakt bestimmbar ist, ebenso schwer fällt es, über den Entstehungsort des Sachsenspiegels eine genaue Auskunft zu geben. Freilich liegt es gewissermaßen auf der H a n d , von Eikes Wirkungsbereich auszugehen; doch dieser umfaßt einen Raum, der von Aschersleben im westsaalischen Gebiet bis Dessau an der Mulde reicht, der sogar nördlich bis M a g d e b u r g und südlich bis Halle ausgedehnt werden müßte, weil über Eikes Familie Beziehungen zu diesen Städten bestanden haben und weil Eike offensichtlich seine Formung in der Welt der beginnenden deutschen Städte erhalten hat 6 5 . Einen nicht weniger wichtigen Hinweis auf den O r t der Abfassung dieses Rechtsbuches bietet die elbostfälische M u n d a r t 6 6 in den ältesten erschließbaren Fassungen des Sachsenspiegels. Sie weist ebenfalls in diesen Raum, speziell in das westanhaltische Gebiet, wobei eine leichte Unsicherheit insofern gegeben ist, als die M u n d a r t des Schreibers oder der Schreiberschule auf die Sprache des Sachsenspiegels eingewirkt haben könnte 6 7 , denn

58

59

60 61 62 63

in der Einleitung zu: Auetor vetus de benefieiis, I. Lateinische Texte ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S.II) Hannover 1964, später dazu II. Archetypus und Görlitzer Rechtsbuch ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S.II, II) Hannover 1966; diese Beweisführung erhärtet H A N S - G F . O R G K R A U S E , Der Sachsenspiegel und das Problem des sogenannten Leihezwanges. Zugleich ein Beitrag zur Entstehung des Sachsenspiegels, in: 2 R G GA (wie Anm.2) 93, 1976, S.54ff., speziell durch die vier Argumente auf den Seiten 57-59. Vgl. auch H A R T M U T L E P P I N , Die Ausdeutung des Satzes vom Leihezwang in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Der Sachsenspiegel als Buch (wie Anm. 3) S. 285-294.

KARI. AUGUST ECKHARDT

B U C H D A , Artikel ,Görlitzer Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm.2) 1, Berlin 1971, Sp. 1755f.; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Görlitzer Rechtsbuch', in: VL (wie Anm. 21) 3, Berlin - New York 1981, Sp. 99-101. E C K H A R D T (wie Anm. 58) Einleitung, S. 42. B U C H D A (wie Anm.59) Sp. 1756. Zusammenfassung bei K R O E S C H E L L (wie Anm.21)S.356f. E C K H A R D T (wie Anm. 58) S.46f., weil der Sachsenspiegel ζ. B. die Exkommunikation Kaiser Friedrichs II. wegen des unterlassenen Kreuzzuges hätte berücksichtigen müssen. GERHARD

64 Constitutiones et acta publica imperatorum et regum 2, hg. von L U D W I G W E I L A N D ( M G H Legum Sectio 4) Hannover 1896, Nachdr. 1963, S. 86-91, Nr.73 (1220); Einzelheiten bei E R I C H K L I N G E L H Ö F E R , Die Reichsgesetze von 1220, 1231/32 und 1235 (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit VIII,2) Weimar 1955, S. 5ff. 6 5 JOHANEK ( w i e A n m . 1) S. 7 5 5 .

66

Sprache und Geschichte an der mittleren Elbe und unteren Saale (Mitteldeutsche Forschungen 52) Köln - Graz 1 9 6 7 , S . 5 3 f.; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Der Sachsenspiegel. Uberlieferungs- und Editionsprobleme, in: Der Sachsenspiegel als Buch (wie Anm. 3 ) S. 1 9 - 5 6 . 67 K A R L A U G U S T E C K H A R D T , Das Landrecht des Sachsenspiegels (Germanenrechte. Texte und Ubersetzungen 14) Göttingen 1955, S. 11. KARL BISCHOFF,

52

Rolf

eine eigenhändige Niederschrift ist unwahrscheinlich 68 . Auf weitere räumliche Eingrenzungen, wie auf die Burg Falkenstein über dem Selketal, auf das Stammgut Reppichau oder auf die Stiftsbibliothek Quedlinburg, muß verzichtet werden, weil sie mit zu vielen Spekulationen verbunden sind 69 .

4. Motivation und Denkanstöße Es ist schwierig und wird in Zukunft kaum weniger schwerfallen, die Motivation Eikes von Repchow zur Abfassung des Sachsenspiegels mit letzter Sicherheit zu ergründen, wobei durchaus nicht verkannt werden soll, daß in den vergangenen hundert Jahren von den Vertretern der Sachsenspiegelforschung viel Scharfsinn aufgewandt worden ist, um den Überlegungen und Vorstellungen des Spieglers wenigstens so nahe wie möglich zu kommen. Viel hat dazu die Berücksichtigung der großen Zusammenhänge, insbesondere die mit der Herausbildung der Städte als politische und als Handelszentren verbundene geistige und kulturelle Entwicklung in weiten Teilen Europas beigetragen. In diesen Vorgang muß auch die Schöpfung des Sachsenspiegels einbezogen werden. Damit steht erst einmal fest, daß dieses Rechtsbuch keine Einmaligkeit darstellt, sondern als Teil eines generellen Neubeginns in der Erfassung des Rechts anzusehen ist. Um 1200 hat sich in vielen Ländern Europas die Erkenntnis durchgesetzt, daß die Zeit herangereift ist, die bisher traditionsgemäß mündlich weitergegebenen Rechtsregeln künftig doch lieber aufzuzeichnen, weil sie einerseits in ihrer Vielfalt unübersichtlich zu werden drohten und weil andererseits das inzwischen wissenschaftlich bearbeitete und sich den Zeitverhältnissen allmählich anpassende römische Recht sowie das auf den weltlichen Bereich stark Einfluß nehmende kanonische Recht durch ihre Geschlossenheit und durch ihre schon auf einer Fachsprache basierenden Schriftlichkeit zunehmend Beachtung im Rechtsleben fanden. Diese nicht zu übersehende Entwicklung regte auch andernorts zur Aufzeichnung des geltenden weltlichen Rechts an, wie englische, dänische, schwedische, holländische, spanische und deutsche Rechtsbücher beweisen 70 , deren private Verfasser in der Regel praxiserfahrene Rechtskundige gewesen waren. Ihr fast gleichzeitiges

68

EBEL ( w i e A n m . 2 )

69

LIEBERWIRTH ( w i e A n m . 3 7 ) S. 3 1 .

Sp. 1229.

70 STEN GAGNER, Studien z u r Ideengeschichte d e r G e s e t z g e b u n g (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia iuridica Upsaliensia 1) U p p s a l a 1960, S. 3 0 2 - 3 0 7 .

Lieberwirth

und voneinander unabhängiges Wirken war keine bloße Nachahmung gewesen. Immerhin haben sie es verstanden, die neuen Denkanstöße in der Bewertung des Rechts mit den Rechtsgewohnheiten ihrer Heimat zu einer Einheit zu verbinden, womit sie sich bleibende Verdienste erworben haben. Eike von Repchow werden in seinem Wirkungsbereich wohl in erster Linie die Unübersichtlichkeit des geltenden Rechts und zunächst weniger die Konkurrenz mit dem schon geschriebenen und in den Archidiakonaten angewandten kanonischen Recht zur Aufzeichnung des Sachsenspiegels motiviert haben, denn besonders in seinem Umfeld kam zur Vielfalt der Rechtsregeln auch noch ihre Verschiedenartigkeit hinzu. So lebten die seit Beginn des 12. Jahrhunderts zum Teil aus weit entfernten Landschaften in das Siedlungsgebiet ostwärts der Elbe-Saale-Linie einwandernden flämischen, friesischen und schwäbischen Siedler nach ihrem Recht. Die hier geltenden sächsischen Rechtsgewohnheiten waren ihnen ebensowenig vertraut wie die Rechtsregeln der dort seit Jahrhunderten ansässigen sorbischen Bevölkerung. Die Neuankömmlinge bedurften also der Information über das Recht im , Lande der Sachsen' und seine Besonderheiten, während sich die schon anwesenden sächsischen Siedler durch die eingetretene Rechtsvielfalt gestört fühlten. Diese Unsicherheit, möglicherweise Unruhe, beschwor Schwierigkeiten herauf, die in diesem Raum dem einsetzenden Aufbau neuer Herrschaftsstrukturen hinderlich waren und deshalb nach Möglichkeit überwunden werden mußten. Schon die Aufzeichnung des eigenen Rechts konnte in dieser Situation zum Vorteil gereichen, wobei damals sicher noch nicht vorauszusehen war, daß dem geschriebenen Recht mit seiner leichteren Beweisbarkeit einmal die Zukunft gehören würde. Von der vermutlich aus der praktischen Arbeit gewonnenen Einsicht, daß es dringend geboten sei, die geltenden Rechtssätze aufzuzeichnen, war es bis zu seiner Verwirklichung noch ein erheblicher Schritt, zumal kein unmittelbares Muster vorlag, auf das zurückgegriffen werden konnte. Eike konnte und mußte davon ausgehen, daß das Recht Teil der göttlichen Ordnung ist. Was aber aus der Fülle des mündlich Uberlieferten im einzelnen als verbindlicher Rechtssatz anzusehen ist, dafür bedurfte Eike anerkannter theoretischer Einsichten. Es war für ihn auch selbstverständlich, sich bei der schriftlichen Fixierung des Sachsenrechts an die literarischen Gepflogenheiten seiner Zeit zu halten, die überwiegend theologisch bestimmt waren, was nicht ausschließt, daß sie vielleicht sogar den geistigen Anstoß für die Abfassung des Sachsenspiegels gegeben oder Eike in seinem Vorhaben bestärkt haben.

Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte Auf geistige Beeinflussung deuten einige Stellen der Vorrede zum Sachsenspiegel hin. Das trifft schon auf den Namen zu, den Eike seinem Rechtsbuch gab (Verse 178-182)71: „Spegel der Sassen" Seal dit buk sin genant, went Sassen recht is hir an bekant, Alse an eneme spegel de vrowen er antlite scowen

„Spiegel der Sachsen" sei dieses Buch genannt, denn Sachsenrecht wird darin erkannt, wie in einem Spiegel die Frauen ihr Antlitz beschauen.

Diese Formulierung erinnert sehr an die lateinische Spiegel-Literatur, die seit dem 12. Jahrhundert unter dem Einfluß des , Speculum ecclesiae' des Honorius Augustodunensis an Bedeutung gewinnt 72 , wobei es unerheblich ist, ob Eike unmittelbar aus diesem Werk geschöpft hat oder nur die generelle Zielstellung dieser Literaturgattung im Auge hatte 7 3 . Er nennt sein Werk jedenfalls speculum Saxonum und verwendet bei der Übertragung ins Deutsche zum ersten Male den Spiegeltitel in der Volkssprache. Jedoch nicht nur im Namen, sondern auch inhaltlich lehnt Eike sein Rechtsbuch ganz bewußt an die lateinischen Spiegelbücher an, die als Tugendlehren über Verdienst und Sünde informieren wollen 74 . Zu diesem Zwecke werden verschiedene Texte unter einem einheitlichen Gesichtspunkt gesammelt und an einer Stelle wie in einem Spiegel zusammengefaßt. Der Spiegel wird zur Allegorie der sittlichen Ordnung 7 5 . Der Mensch, dem dieser Spiegel vorgehalten wird, sieht nicht wie sonst sein Ebenbild, sondern sein Vorbild. Auch der Sachsenspiegel sollte mehr als bloße Aufzeichnung oder Zusammenfassung des geltenden Rechts sein. Ahnlich wie die theologischen Exemplare 71 Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 5) S. 43 und Eike von Repgow. Der Sachsenspiegel (wie Anm. 5) S. 19. 7 2 P E T E R J O H A N E K , Rechtsschriftum, in: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter 1 2 5 0 - 1 3 7 0 . Zweiter Teil: Reimpaargedichte, Drama, Prosa, hg. von I N G E B O R G G L I E R (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, begründet von H E L M U T DF. B O O R und R I C H A R D N E W A L D , 3 , 2 ) München 1 9 8 7 , S . 3 9 6 4 3 1 u. S . 5 0 6 - 5 1 5 (Literaturnachweise) S . 4 0 5 . 73 T H E U E R K A U F (wie Anm.4) S. 105. 74 J O H A N E K (wie Anm.72) S.405; J O A C H I M H E I N Z L E , Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, II, 2: Vom hohen zum späten Mittelalter. Wandlungen und Neuansätze im 13. Jahrhundert (1220/30-1280/90) Königstein/Ts. 1984, S. 17 ff. 75

THEUERKAUF ( w i e A n m . 4 ) S. 105.

53 der Spiegel-Literatur ist zunächst erst einmal eine Sammlung und Auswahl von Textstellen, hier speziell von zahlreichen mündlich überlieferten Regeln des Sachsenrechts bezweckt. Diese Rechtssätze stellt Eike nach dem Vorbild der Spiegel in einen größeren Zusammenhang, indem er sie in die allgemeine Rechtslehre der Zeit einordnet. Diese Grundeinstellung wird besonders in den Vorreden deutlich. So ist für Eike Gott die Quelle allen Rechts 7 6 . Gott ist selber Recht und deshalb ist ihm das Recht teuer 77 . Die Aufzeichnung des Rechts sieht er als Gottes Auftrag an 7 8 . Durch die gedankliche Anlehnung an die Spiegel-Literatur, besonders durch die Einbettung des Rechts in eine allgemeine Tugendlehre, durch die Betonung seines göttlichen Ursprungs und durch die Herleitung des Sachsensrechts von den christlichen Königen Konstantin und Karl 7 9 erhält der Sachsenspiegel eine höhere Qualität als die einer bloßen Rechtssammlung und wird zum Vorbild für alle folgenden Rechtsspiegel. Eine weitere zeitgenössische Lehre hat Eike seinem Vorhaben zugrunde gelegt: die einflußreiche Rechtsauffassung des ,Decretum Gratiani'. Gratians von den mores ausgehende Rechtslehre gipfelt in der Feststellung, daß das ius nichts anderes als die mit der Veritas und der ratio im Einklang stehende consuetudo in scriptis redacta sei 80 . Dieser Überlegung ist Eike weitgehend gefolgt; denn er verweist gewissermaßen auf den von Gratian hervorgehobenen mos maiorum81, wenn er in seiner Vorrede schreibt 82 : Dit recht hebbe ek selve nicht irdacht it hebbet van aldere an unsik gebracht Unse guden vorevaren.

Dieses Recht habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Es ist uns vielmehr von unseren rechtschaffenen Vorfahren überliefert worden.

Eike von Repchow war also mit wesentlichen Grundlehren des kanonischen Rechts vertraut, die sich in Anlage und Inhalt seines Werkes niedergeschlagen haben.

76 Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 5) S. 38, Vers 97. 77 Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 5) Prolog. 78

TRUSEN

( w i e A n m . 4 0 ) S. 17.

79

TRUSEN

( w i e A n m . 4 0 ) S. 18 f f .

80 Zusammenfassung bei K R O E S C H E L L (wie Anm. 21) S. 365 f.; vgl. auch J O H A N E K (wie Anm. 72) S.405 f.; G A G N E R (wie Anm. 70) S.296. 81 Decretum magistri Gratiani, bearb. u. hg. von E M I L F R I E D B E R G (Corpus iuris Canonici I) Leipzig 1879, 2. unveränd. Aufl. Graz 1959, S. 25: Ubi auetoritas deficit, mos populi et maiorum instituta pro lege seruentur (zu D XI, 7). 82 Sachsenspiegel Landrecht (wie Anm. 5) S. 41, Verse 151153.

54

Rolf

Damit ist er in den Kreis der Gebildeten seiner Zeit einzubeziehen. Vermutlich sind es praktische Erfahrung und wachsende theoretische Kenntnisse gewesen, die ihn in die Hofgesellschaft Heinrichs I. von Anhalt geführt haben; denn seit dem 12. Jahrhundert bedurften H ö f e und Städte gebildeter Männer 8 3 . Inwiefern diese Feststellung, wenn auch nur in abgeschwächter Form, auf den Raum beiderseits der Elbe-Saale-Linie Anfang des 13. Jahrhunderts zutrifft, muß noch geprüft werden.

II. Zur Landesgeschichte 1. Die Ausgangssituation Eike von Repchow nennt sein Werk ,Spegel der Sassen', Spiegel der Sachsen, weil, wie er sich sinngemäß ausdrückt, mit ihm das Recht der Sachsen allgemein bekannt gemacht werden soll. Bezeichnung und Begründung klingen sehr nach Stammesrecht, was jedoch mit den ethnischen Gegebenheiten der Landschaften zwischen Halle und Magdeburg, in denen der Sachsenspiegel höchstwahrscheinlich entstanden sein wird, nicht in Einklang zu bringen ist. Allein schon die Gaubezeichnungen scheinen dem zu widersprechen. Abgesehen von den linkssaalischen Slawengauen, wie ζ. B. Serimunt, Nudzici, Neletici usw., in denen sich seit Anfang des 12. Jahrhunderts vermutlich überwiegend sächsische Bevölkerungsgruppen niederließen, deuten Namen wie Nordthüringgau, Schwabengau, Friesenfeld, Hassegau im Westsaalischen doch auf eine nichtsächsische Bevölkerung hin. Diese Gaubezeichnungen werden entstanden sein, nachdem das große Thüringerreich 84 531 dem gemeinsamen Ansturm der Franken und Sachsen erlegen war und die neuen Herrscher Schwaben und Friesen in den Räumen westlich der Saale geschlossen angesiedelt hatten. Auch östlich der Saale übten die Franken im 6. Jahrhundert ihre Herrschaft aus, was nicht ohne Auseinandersetzung mit den dort siedelnden Warnen vor sich ging, deren Widerstand erst 594/595 endgültig gebrochen werden konnte. Doch nach der wenig später erlittenen Niederlage gegen die Awaren zogen die Franken ihre östliche Grenze

Lieberwirth

bis an die Saale zurück, was zur Folge hatte, daß die seit 600 entlang des Elbelaufes aus Böhmen und Mähren vordringenden slawischen Stammesverbände das von germanischen Bewohnern weitgehend verlassene Gebiet zwischen Saale und Elbe allmählich ausfüllen konnten. Für sie wurde der 631 erstmals überlieferte Name Sorben üblich, der ursprünglich eine Stammesgruppe an und östlich der mittleren Saale bezeichnete. In der Lausitz, in Brandenburg, Mecklenburg und Pommern siedelten aus dem oberen Oderraum kommende slawische Stämme, die ebenfalls zur Gruppe der Westslawen zählten 8 5 . Anfangs war das Verhältnis zu den Franken von friedlicher Nachbarschaft und gegenseitiger Respektierung gekennzeichnet, doch in den folgenden Jahrhunderten bildeten Elbe und Saale eine äußerst unruhige Grenze zwischen diesen slawischen Stammes- und Staatsgebieten 86 und dem fränkischen Großreich. Nach dem Auseinanderfallen des fränkischen Reiches haben die ostfränkischen Könige die Slawengrenze nicht nur gehalten, sondern über die Saale hinaus nach Osten vorgeschoben, so daß die sog. Sorbenmark zeitweilig bis zur Mulde reichte. Die ersten bedeutenden deutschen Könige entstammten der sächsischen Herzogsdynastie; sie stützten ihre politische Herrschaft auf die erheblichen wirtschaftlichen Grundlagen ihres liudolfingischen Hausgutes in Form von ausgedehntem Grundbesitz sowie von Burgen und Pfalzen im Harzvorland bis hin zur Saale, die auch von ihnen bald überschritten wurde. So hat schon König Heinrich I. kurz nach seinem Regierungsantritt von Merseburg aus das Gebiet zwischen Saale und Mulde in politische Abhängigkeit gebracht und später durch den Winterfeldzug 928/929, die Unterwerfung der Daleminzier und die Errichtung der Burg Meißen wichtige Voraussetzungen für die Eingliederung der slawischen Landschaften zwischen Mulde und Elbe in das Deutsche Reich geschaffen 8 7 . Doch diese Maßnahmen dien-

8 5 HANS WALTHER,

Landnahme

und

Stammesbildung

der

Sorben (um 600 bis 929), in: Geschichte Sachsens, hg. von KARL CZOK, W e i m a r 1989, S . 5 9 f f . , hier S. 6 3 - 6 5 . 86 Die Slawen in D e u t s c h l a n d . Geschichte und K u l t u r der slawischen S t ä m m e westlich von O d e r und N e i ß e vom 6. bis 12. J a h r h u n d e r t . Ein H a n d b u c h , hg. von JOACHIM HERRMANN, B e r l i n 1 9 7 0 , S. 7 f f .

83 PETER CLASSEN, Die geistesgeschichtliche Lage, A n s t ö ß e und Möglichkeiten, in: Renaissance d e r Wissenschaften i m 12. J h . , h g . v o n PETER WEIMAR ( Z ü r c h e r

Hochschul-

,Thüringen',

Folgenden d e r Uberblick bei WALTER

SCHLESINGER, Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter. 1. Bd.: V o n den A n f ä n g e n kirchlicher V e r k ü n d i g u n g bis z u m E n d e des Investiturstreites, 2. Bd.: D a s Zeitalter d e r

f o r u m 2) Zürich 1981, S.25. 8 4 ROLF LIEBERWIRTH, A r t i k e l

87 H i e r wie zum

in: H R G

A n m . 2 ) 33. Lfg., Berlin 1991, S p . 2 1 6 - 2 2 3 .

(wie

deutschen Ostsiedlung ( 1 1 0 0 - 1 3 0 0 ) (Mitteldeutsche Forschungen 2 7 / 1 u. II) K ö l n - G r a z 1962, 1, S. 5 ff.

Entstehung

des Sachsenspiegels und

Landesgeschichte

ten dem ersten deutschen König nur dazu, östlich der Saale ein militärisches Vorfeld anzulegen und zu sichern, indem er die d o r t lebenden Stämme in loser Abhängigkeit hielt. Sein Sohn verfolgte weiterreichende Ziele. König O t t o I., der G r o ß e , ging nach Antritt seiner H e r r s c h a f t sofort daran, die Verhältnisse an der Ostgrenze seines Reiches neu zu ordnen. Er begnügte sich nicht mehr mit losen Abhängigkeiten f ü r ein militärisch gesichertes Vorfeld vor der Reichsgrenze. Ihm kam es vielmehr darauf an, diese systematisch nach Osten vorzuschieben. Er betraute Markgrafen mit der D u r c h f ü h rung dieser Aufgaben und richtete d a f ü r Markgrafschaften an Unterelbe, Mittelelbe und Saale ein. Die eroberten Gebiete wurden durch ein dichtes N e t z von Burgbezirken, den sog. Burgwarden, militärisch gesichert. Die Burgwardverfassung ist eine N e u s c h ö p f u n g Ottos I. nach karolingischem Vorbild. U m die Mitte des 10. Jahrhunderts in der Gegend westlich von Magdeburg entstanden, breitete sie sich sehr schnell nach Süden und N o r d e n , insbesondere aber nach Osten aus. D a mit Eroberung der Gebiete östlich der Elbe-SaaleLinie die Christianisierung der slawischen Bevölkerung einherging, glich sich die kirchliche Organisation auf unterster Ebene der Burgwardverfassung an. Ihr ging allerdings die Einrichtung neuer Kirchenzentren voraus, w o f ü r O t t o I. ebenfalls die entscheidenden Anstöße gegeben hatte, indem er sein 937 gegründetes Lieblingskloster, das Benediktinerkloster St. Mauritius in Magdeburg, durch große wirtschaftliche Zuwendungen ganz zielgerichtet zur Keimzelle des späteren Erzbistums M a g d e b u r g ausbaute 8 8 . Seine Errichtung hatte Papst Johannes XII. am 12. Februar 962 schon gestattet; es konnte aber auf G r u n d der Opposition des Erzbischofs Wilhelm von Mainz und des Bischofs Bernhard von Halberstadt, zu deren Kirchenprovinz bzw. Diözesangebiet M a g d e b u r g bisher gehörte, erst nach ihrem alsbald erfolgten T o d e von Papst Johannes XIII. im O k t o b e r 968 in Funktion gesetzt werden. Diese neue Kirchenprovinz umfaßte die schon seit 948 bestehenden Bistümer Havelberg und Brandenburg sowie die ebenfalls 968 gegründeten Sorbenbistümer Merseburg, Zeitz (1030 nach N a u m b u r g zurückverlegt) und Meißen, womit die Kirchenorganisation systematisch nach Osten vorgeschoben wurde. Die Eroberungs- und auch die Christianisierungspolitik der deutschen Könige östlich der Elbe-Saale-Linie war mit erheblichen Rückschlägen verbunden. D e r

55 große Slawenaufstand östlich der mittleren Elbe im Jahre 983 hatte zum Ergebnis, d a ß rechtselbisch über ein J a h r h u n d e r t kein wirksamer deutscher Einfluß ausgeübt werden konnte. Die Bistümer Havelberg und Brandenburg bestanden nur noch formal. Auch in den Gebieten weiter südlich zwischen Elbe und Saale konnte keineswegs von einer politischen Beruhigung die Rede sein; denn erst 1115 ist der Widerstand der d o r t lebenden Slawen in der Schlacht bei Kothen endgültig gebrochen worden.

2. Die Ostpolitik seit dem 12. Jahrhundert U n t e r König Lothar III. (von Supplinburg) trat am Anfang des 12. Jahrhunderts wieder eine Aktivierung der Ostpolitik ein. Die nun einsetzende zweite Periode der militärischen Eroberung rechtselbischer Gebiete verlief erfolgversprechender als die erste, weil sie von vornherein mit bäuerlicher Landnahme und Siedlung verbunden war. Zum Erfolg trugen auch die im 12. J a h r h u n d e r t verstärkt einsetzenden planmäßigen Städtegründungen vor allem östlich der Elbe-SaaleLinie und nicht minder die inzwischen angelaufenen Territorialisierungsbestrebungen bedeutender Adelsgeschlechter in diesem Raum bei. Die Siedelbewegung scheint anfangs fast ausschließlich von der Kirche getragen worden zu sein, wobei in den Quellen neben deutschen Bauern aus dem benachbarten Altsiedelland sehr häufig Flamen genannt werden, was insofern verständlich ist, als diese f ü r die U r barmachung von Sumpfgebieten als Spezialisten galten. Das schließt nicht aus, d a ß sie sich wie die anderen Siedler auch in der Rodungsarbeit bewährt haben. Allerdings sollte nicht übersehen werden, d a ß Slawen ebenfalls am Siedlungswerk beteiligt waren 8 9 . Die ersten Nachrichten über systematische Ansiedlung deutscher Bauern deuten darauf hin, d a ß die N e u a n k ö m m linge zuerst im Grenzbereich angesetzt worden sind. Doch bald sind sie schon weit ostwärts der Elbe-Saale-Linie zu finden. Nach den bisherigen Erkenntnissen hat Bischof Walram um 1100 in seiner Naumburger Diözese den Anfang gemacht, als er an der Elster von deutschen Bauern Wald roden und D ö r f e r anlegen ließ. Um 1120 scheint die Gründung deutscher D ö r f e r in den naumburgischen Kirchensprengeln Zwickau und Plauen i. V. geplant gewesen zu sein. Zu gleicher Zeit tauchen deutsche Orts-

89 H i e r wie z u m Folgenden: SCHLESINGER (wie Anm. 87) 2, 8 8 LIF.BERWIRTH ( w i e A n m . 3 8 ) S . 7 .

S. 15-18.

56

Rolf

namen bei Zeitz und Gera auf, und wenig später sind Neusiedlungen im Pleißengau erkennbar. Im Gebiet des Bistums Merseburg sind auf Initiative Wiprechts von Groitzsch fränkische Bauern zwischen Mulde und Wyhra und zwischen Wyhra und Schnauder angesetzt worden. Im Bistum Meißen ist ebenfalls eine Siedlungstätigkeit zu verzeichnen, wenn auch die spärlichen Nachrichten aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nur zwei deutsche Dörfer bei Dresden nennen. Dasselbe gilt für den Landesausbau im Saale-Elbe-Winkel, also im nördlich angrenzenden Bistum Magdeburg. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden die Zeugnisse über Neusiedlungen in diesen Gebieten zahlreicher. Bischof Wichmann von Naumburg, der spätere Erzbischof von Magdeburg und „bedeutendste Förderer der deutschen Siedlungsbewegung im 12. Jahrhundert" 9 0 , fand bereits holländische Siedler in Flemmingen bei Naumburg vor, als er ihnen im Jahre 1152 besondere Vorrechte gewährte 91 . Im Bistum Naumburg scheint Wichmann die entscheidenden Erfahrungen gesammelt zu haben, die ihn später zum Ausbau des Magdeburger Territoriums östlich der mittleren Elbe befähigten, wo er in Pechau, Krakau, Groß Wusterwitz, Poppendorf und im schon entfernteren Jüterbog Siedlern aus dem niederländisch-niederrheinischen Raum eine neue Heimat bot. Besondere Vorrechte erteilte in ähnlicher Absicht Bischof Gerung von Meißen im Jahre 1154 Siedlern aus Flandern, die sich in Kühren bei Würzen niederließen 92 . Im Raum Eilenburg sind ebenfalls Flamen angesiedelt worden, und wenn bei Hartha und westlich von Penig der Ortsname Flemmingen auftaucht oder der flache, sandige Landrücken nördlich von Wittenberg als Fläming bezeichnet wird, kann auf flämische Siedlungen geschlossen werden. Holländer sind offenbar bis zu den Ausläufern des Erzgebirges ansässig geworden, wo sie sicher mit fränkischen, vielleicht auch mit hessischen, thüringischen und sächsischen Siedlern Berührung fanden, die am Nordhang der Mittelgebirge und in einem breiten Saum davor auf Rodungsland saßen 93 .

S C H L E S I N G E R , Forum, villa fori, ius fori, in: DERS., Mitteldeutsche Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte, Güttingen 1961, S. 282. 91 Urkundenbuch des Hochstifts Naumburg, Teil 1 (9671 2 0 7 ) , bearb. von FELIX R O S E N F E L D , Magdeburg 1 9 2 5 , Nr. 1 4 8 . 92 Codex diplomaticus Saxoniae regiae (wie Anm. 8) I, Bd. 2 Nr. 2 4 8 . 9 3 S C H L E S I N G E R (wie Anm. 8 9 ) verweist in diesem Zusammenhang auf die Chronica Slavorum Helmolds von Bosau. 90

Lieberwirth

Mit der Ausbreitung der deutschen Herrschaft zwischen Elbe und Oder ging das bäuerliche Siedlungswerk Hand in Hand. Dieser von West nach Ost fortschreitende Vorgang verlief relativ langsam und keineswegs gleichmäßig. Während östlich der Elbe Neusiedlungen angelegt wurden, ging westlich davon der Landesausbau weiter. So legten flämische Siedler, vom Zisterzienserkloster Walkenried Mitte des 12. Jahrhunderts ins Land geholt, südlich des Harzes die sumpfige Helme trocken und schufen das so fruchtbare Gebiet der Goldenen Aue 94 . Um dieselbe Zeit ist auch das versumpfte Gebiet der Wische in der östlichen Altmark von Flamen kultiviert worden, wie einige Ortsnamen und die Form der Marschhufenhöfe beweisen. Diese Zeugnisse flämischer Kulturarbeit im mitteldeutschen Raum lassen leicht die Wirksamkeit der zahlreichen Bauern aus anderen entfernteren und näheren Landschaften übersehen. Ortsnamen wie Frankenberg, Frankendorf, Sachsendorf im Gebiet zwischen Saale und Elbe weisen aber deutlich darauf hin. Es ist ferner nachgewiesen, daß Bauern aus dem Schwabengau und aus dem Harzgau, also aus dem östlichen und nördlichen Harzvorland, zwischen 1170 und 1180 für einen Einsatz im nördlichen Havelland, im Glin, gewonnen wurden 95 . In der Regel waren es keine Einzelsiedler, sondern Gruppen, die östlich der Elbe-Saale-Linie einen neuen Anfang suchten, der wirtschaftlich schwer genug war. Um ihn einigermaßen erträglich, ja vorteilhaft zu gestalten, mußten den Neuankömmlingen bessere Bedingungen geboten werden, als ihnen bisher in der alten Heimat zugestanden wurden. Der am Siedelwerk in seinem Herrschaftsbereich interessierte Fürst erteilte ihnen deshalb Vorrechte, die den Alteingesessenen nicht gewährt wurden. Dazu gehörte auch eine rechtliche Besserstellung, die meist darin bestand, daß die Neu-

94

ALBRECHT T I M M ,

95

HEINRICH

WALTER

Niederländische Kolonisation in Mitteldeutschland, in: Montagsblatt. Wissenschaftliche Beilage der Magdeburgischen Zeitung, 82. Jg. 23.12.1940, Nummer 24, S. 93-94; K A R L B I S C H O F F , Sprache und Geschichte an der mittleren Elbe und der unteren Saale (Mitteldeutsche Forschungen 52) Köln - Graz 1967; H E R M A N N T E U C H E R T , Die Sprachreste der niederländischen Siedlungen des 12. Jahrhunderts, 2. Aufl. Mit Würdigung und Bibliographie des Verfassers besorgt von R E I N H O L D O L E S C H und L U D W I G E R I C H S C H M I T T (Mitteldeutsche Forschungen 70) Köln - Wien 1972. H A R M J A N Z , Frühaskanische Landnahme im brandenburgischen Havelland (gezeigt am Beispiel des Glin) (Volksforschung 2) Berlin 1942, S. 32 ff.

Entstehung

des Sachsenspiegels und

Siedlungen aus der sonst f ü r dieses Gebiet geltenden Gerichtszuständigkeit ausgegliedert und dem Fürsten direkt unterstellt oder ihnen ein eigener Gerichtsbezirk mit der Möglichkeit gewährt wurde, ihren Richter selbst zu wählen. In einem solchen Privileg waren ferner Regelungen über das anzuwendende Recht enthalten. H ä u f i g wurde das Sonderrecht, das Kolonistenrecht, einer kurz zuvor entstandenen Neusiedlung f ü r maßgebend erklärt oder einfach das H e r k u n f t s r e c h t der Ankömmlinge zugrunde gelegt, was zwangsläufig zur Folge hatte, daß sich die rechtliche Situation im Neusiedelgebiet immer komplizierter gestaltete, zumal Sonderregelungen dieser Art auch f ü r die dort entstehenden Städte notwendig wurden. Mitte des 12. J a h r h u n d e r t s setzte östlich der ElbeSaale-Linie eine Phase der planmäßigen Städtegründungen entlang der wichtigen Handelsstraßen nach Osten ein. Nicht nur Bauern, H a n d w e r k e r und Geistliche, sondern auch Kaufleute waren am Siedelwerk beteiligt. Wie schon vorher in den westeuropäischen Gebieten, regten die Ansiedlungen von Kaufleuten zu Städtegründungen an, die allerdings nicht ohne Mitwirkung einflußreicher Fürsten erfolgen konnten. Eine Stadt konnte jedoch nur d o r t gegründet werden, wo sich aus den Bedürfnissen der Wirtschaft und des Verkehrs schon Anfänge städtischen Lebens entfaltet hatten. Für jeden Fürsten brachte die H e r r s c h a f t über eine Stadt wirtschaftlichen Gewinn und damit eine Machtsteigerung mit sich 96 . Dementsprechend kompromißbereit mußten sie sich gegenüber den künftigen Stadtbewohnern erweisen. Diese Städtegründungen waren in der Regel mit der Verleihung eines Stadtrechts verbunden, w o f ü r das Recht einer schon länger existierenden Stadt als Muster diente. In diesem Raum nahm M a g d e b u r g in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Stellung ein. Diese Stadt war seit langem eine wichtige Handelsmetropole; sie war ein anerkannter geistiger Mittelpunkt und übte auf dem Gebiet des Rechts eine erhebliche Vorbildwirkung aus, die schon seit dem Ende des 10. J a h r h u n d e r t s eingesetzt hatte und nun unter den Bedingungen der Siedelbewegung und eines zunehmenden Handelsverkehrs besonders nachhaltig wirkte. Wie am südlichen Ostseeraum das lübische, spielte im Binnenland das Magdeburger Recht eine außerordentlich wichtige Rolle. Zunächst wurden benachbarte, dann aber zusehends auch

96

Zur Frühgeschichte des Städtewesens in Sachsen, Bd. 1 (Mitteldeutsche Forschungen 74/1) Köln - Wien 1963, S.338.

KARLHEINZ BLASCHKE,

57

Landesgeschichte

entferntere Städte und Ortschaften mit Magdeburger Recht bewidmet, was eine rasche Ausbreitung dieses Rechts östlich von Saale und Elbe zur Folge hatte. Vieles spricht dafür, d a ß die Erzbischöfe von Magdeburg zuerst damit begonnen haben, Städte und O r t schaften im erzstiftischen Bereich mit dem Recht ihrer Metropole zu bewidmen. So hat Erzbischof Wichm a n n 9 7 der Marktsiedlung Wusterwitz 1159 und der Ortschaft Poppendorf 1164 Magdeburger Recht verliehen und den Rechtszug nach M a g d e b u r g angeordnet. W ä h r e n d beide O r t e noch im ostelbischen Vorland Magdeburgs lagen, ist die 1174 gegründete und von Wichmann mit Magdeburger Recht bewidmete Stadt Jüterbog, H a u p t o r t im gleichnamigen erzstiftischen Land, schon weiter von der Metropole entfernt. Diese Stadt sollte auch die letzte sein, die im weltlichen H e r r schaftsbereich der Erzbischöfe auf Magdeburger Recht gesetzt wurden. Zwar galt dieses Recht auch in der Stadt H a l l e / S . , das dieser bedeutenden Salz- und H a n delsstadt und H a u p t o r t im Südterritorium des Erzstifts schon f r ü h verliehen worden sein mußte, weil sie schon in der zweiten H ä l f t e des 12. Jahrhunderts die Funktion eines Oberhofes f ü r die östlich und südöstlich gelegenen Städte Magdeburger Rechts ausübte, aber Stadtgründungen und Stadtrechtsverleihungen im M a r k e n gebiet und weiter nach Osten zu nahmen andere einflußreiche Fürsten dieses Raumes vor. Sie waren es dann, die entscheidend zur Ausbreitung des M a g d e burger Rechts beigetragen haben. Zwischen 1150 und 1170, vermutlich schon 1151, ließ Albrecht der Bär im linkselbischen Stendal einen M a r k t errichten und verlieh diesem O r t das Recht der Magdeburger Bürger mit Rechtszug nach M a g d e burg 9 8 . U m die Wende zum 13. J a h r h u n d e r t entwikkelte sich ein eigener Stendaler Rechtskreis. Mit seinem Recht wurden Städte der Priegnitz und des Landes Ruppin von ihren Stadtherren (Bischof von Havelberg, Grafen von Arnstein, Herren von Plotho) bewidmet 9 9 .

(wie Anm.38)

97

CLAUDE

98

GUSTAV A D O L F T Z S C H O P P E - GUSTAV A D O L F STENZEL,

S. 1 0 7 - 1 1 2 . Ur-

kundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte und der Einführung und Verbreitung Deutscher Kolonisten in Schlesien und der Oberlausitz, Hamburg 1 8 3 2 , Nr. 9 5 . 99 H A N S K. S C H U L Z E , Die brandenburgischen Stadtrechte im Mittelalter. Bemerkungen zu einer Karte im Historischen Handatlas von Brandenburg und Berlin, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Bd. 13/14, 1965, S.349ff., hier S.353; L I E B E R W I R T H (wie Anm.38) S. 23.

58

Rolf

Im Markengebiet östlich der Saale erfolgte zwischen 1156 und 1170 die Stadtgründung von Leipzig nach hallischem und Magdeburger Recht durch Markgraf Otto von Meißen 1 0 0 . Leipzig stieg ganz allmählich zum Oberhof für die Städte Dresden, Pirna, Döbeln, Würzen, Oschatz, Leisnig, Rochlitz und vermutlich auch Pegau auf. Die weitaus meisten Städte sind Schöpfungen der Wettiner. Neben Markgraf Otto dem Reichen muß sein Sohn Dietrich der Bedrängte, vor allem aber sein Enkel Heinrich der Erlauchte genannt werden 1 0 1 . Zu den frühesten Städtegründungen östlich der mittleren Elbe gehört die der Stadt Brandenburg. Dieses bedeutende slawische Zentrum kam 1157 endgültig unter die Herrschaft der Askanier, die sich fortan als Markgrafen von Brandenburg bezeichneten. Sie gründeten ostwärts weitere Städte 1 0 2 nach Magdeburger Recht und bestimmten Brandenburg zum Oberhof für alle diese Neugründungen, was darauf hindeutet, daß diese Stadt selber zwischen 1157 und 1232, höchstwahrscheinlich um 1190, von Markgraf Otto II., dem Enkel Albrechts des Bären, ebenfalls mit Magdeburger Recht bewidmet worden sein mußte. An der Entwicklung des Siedelwerkes und an den Städtegründungen mit allen damit verbundenen rechtlichen Besonderheiten hatten einflußreiche, nach Territorialherrschaft strebende Fürsten wesentlichen Anteil. In den Anfängen spielten die schon erwähnten Markgrafen Albrecht der Bär und Konrad von Meißen sowie die im 12. Jahrhundert wirkenden Erzbischöfe von Magdeburg, besonders Norbert von Xanten und Wichmann von Seeburg, eine entscheidende Rolle, von denen die dynastischen Nachfolger der weltlichen Fürsten ihre Herrschaft systematisch ausbauen konnten, während die Erzbischöfe trotz ihrer kolonisatorischen Verdienste mit ihrem weltlichen Herrschaftsbereich zwischen den beiden askanischen Linien im Norden und Süden und den Wettinern noch weiter südlich eingeengt blieben und wenig Entfaltungsmöglichkeiten besaßen. Bei aller Konkurrenz wirkten diese Fürsten bei Eroberungen östlich der Elbe häufig sehr eng zusammen. So standen Albrecht der Bär und Erzbischof Wichmann bei der endgültigen Einnahme des Slawenzentrums Brandenburg im Frühjahr 1157 eng zusammen. Beide beteiligten sich ferner mit weiteren zahlrei-

100 101

Urkundenbuch der Stadt Leipzig, I. Bd., Leipzig 1868, Nr. 2. G E R T R U D S C H U B A R T - F I K E N T S C H E R , Die Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Osteuropa (Forschungen zum deutschen Recht IV,3) Weimar 1942, S.95.

102

LIEBERWIRTH ( w i e A n m . 3 8 ) S. 2 3 .

KARL FRIEDRICH VON P O S E R N - K L E T T ,

Lieberwirth

chen Fürsten an dem von Halle/S. ausgehenden Feldzug Friedrich Barbarossas gegen den polnischen Herzog Boreslaw. Der Sieg half den Weg nach Schlesien freimachen. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die hier gemeinsam Handelnden letztlich unterschiedliche Interessen vertraten. Der König versuchte, in Mitteldeutschland ein gewichtiges Reichsterritorium zu schaffen, wobei er zwangsläufig auf den Widerstand der markgräflichen und gräflichen Geschlechter stoßen mußte, die nach zeitweiligen Rückschlägen auf die Dauer doch erfolgreicher waren. Mit der Doppelwahl von 1198 wurde für die Zukunft deutlich, daß Deutschland nicht den Weg zur Königsherrschaft, sondern den zur Adelsherrschaft gehen sollte 103 . Die sich im 12. Jahrhundert herausbildenden Territorien reichsfürstlicher Geschlechter festigten sich im 13. Jahrhundert und schufen schließlich die Grundlagen für die Entwicklung moderner Staaten innerhalb des Reiches. Im Elbe-Saale-Gebiet spielten dabei die Wettiner und die Askanier eine wichtige Rolle. Sie waren zwar nicht die einzigen, die landesherrliche Macht anstrebten; aber nur sie hatten letzten Endes Erfolg. Die Dynastien der Konkurrenten im Westen bzw. Südwesten wie die Pfalzgrafen von Sachsen (1180) und die Landgrafen von Thüringen (1247) starben aus, und die Wettiner traten ihr Erbe an. Im Norden grenzte die Macht der Wettiner an das Herrschaftsgebiet der Askanier, die nach dem Sturz Heinrichs des Löwen im Jahre 1180 das Herzogtum Sachsen mit Wittenberg und Lauenburg erhielten. Der zweite Sohn Albrechts des Bären Bernhard vereinte diese Gebiete mit den anhaltischen Stammlanden, die nach seinem Tode 1212 wieder getrennt wurden. Der älteste Sohn Albrecht übernahm das Herzogtum Sachsen, der jüngere Sohn Heinrich, der sich seit 1215 Fürst von Anhalt nannte, die Stammlande um die Grafschaft Aschersleben. Weiter nördlich lagen die erzstiftischen Gebiete und die des seit 1172 bestehenden brandenburgischen Zweiges der Askanier. Beide lagen um 1200 häufiger im Streit, der letztlich zum Vorteil der Askanier beendet wurde. Auch im Süden, in der Mark Meißen, gab es Auseinandersetzungen um die Macht, die dazu führten, daß zunächst Kaiser Heinrich VI. nach dem Tod des Markgrafen Albrecht im Jahre 1195 die Mark Meißen einzog. Doch der baldige Tod des Kaisers gab den Wettinern die Möglichkeit, den verlorenen Besitz im Jahre 1198 wiederzuerlangen. Ihr umfangreiches Herrschaftsgebiet wurde im Süden von den böhmischen Königen begrenzt.

103

SCHLESINGER ( w i e A n m . 8 7 ) 2 , S. 1 - 1 2 .

Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte Diese machtpolitischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Konstellationen fand Eike von Repchow, als er daran ging, sein großes Rechtsbuch abzufassen, vor. Viele der Mächtigen im Elbe-Saale-Gebiet kannte er persönlich. Mit der städtischen Entwicklung war er vertraut, ja, er war von ihr geprägt. Schließlich konnte er von der Siedlungsbewegung nicht unberührt geblieben sein, die in diesem Grenzbereich noch im vollen Gange war und die auch viele rechtliche Probleme mit sich brachte, an deren Lösung im Sinne einer weitgehenden Einheitlichkeit die nach Landesherrschaft strebenden Fürsten dieses Raumes sehr interessiert sein mußten, weil zur Macht auch die Gerichtsbarkeit zählte. Sollte Eike der Hofgesellschaft des Fürsten von Anhalt angehört haben - wofür die gleichzeitige Aufzeichnung des Lehnrechts sprechen könnte - , müßte ihn das möglicherweise dort bekundete Interesse an einem inzwischen notwendig gewordenen informativen Überblick über die gültigen Rechtssätze zu ihrer Aufzeichnung bewogen haben, wobei ihm noch das größere Gemeinwesen, das Land zu Sachsen, vorgeschwebt haben mag. Deshalb ist von ihm auch die Bezeichnung Sachsenspiegel bewußt gewählt worden. Doch nach Jahrhunderten läßt sie unterschiedliche Deutungen zu. So könnte es damit zusammenhängen, daß zu Eikes Zeit die Vermischung der älteren Bevölkerungsteile beiderseits von Saale und Elbe inzwischen so weit gediehen war, daß sich die Bewohner dieser Gaue überwiegend als Sachsen fühlten, weil dort das sächsische Element in der Bevölkerung alle anderen bei weitem überwogen hatte. Ein Indiz dafür könnte auch darin gesehen werden, daß seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die alten Gaunamen aus den Urkunden verschwinden 1 0 4 . Dem steht die Vorrede des Sachsenspiegels von der herren geburt mit ihren Hinweisen auf die stammesmäßige H e r k u n f t einflußreicher Adelsgeschlechter dieses Raumes durchaus nicht entgegen, da sie erst später von anderer Hand aus bisher nicht geklärten Gründen, aber möglicherweise in bewußter Betonung oder vielleicht sogar Uberbetonung des Stammescharakters in den Sachsenspiegel eingebaut wurde 1 0 5 .

104

Die Anfänge des Territorialfürstentums in Nordthüringen, Jena 1932, S. 20. 105 L I E B E R W I R T H (wie Anm.3) S. 1-18, insb. S. 17f. HANS

EBERHARDT,

59 Der Titel dieses Rechtsbuches könnte auch darauf zurückzuführen sein, daß für die Bewohner des ElbeSaale-Gebietes die Bezeichnung Sachsen inzwischen mehr einen territorialen als einen personalen Bezug besaß; denn im Sachsenspiegel wird in einem sehr umfassenden Sinn vom „Lande zu Sachsen" gesprochen 1 0 6 . Offensichtlich gehören am Anfang des 13. Jahrhunderts nach allgemeiner Auffassung folgende Herrschaftsgebiete dazu: das Herzogtum Sachsen, die Pfalzgrafschaft Sachsen, die Mark Brandenburg, die Landgrafschaft Thüringen, die Mark Meißen, die Mark Lausitz und die Grafschaft Aschersleben. Von der Kirchenorganisation ausgehend, erfährt das Land Sachsen eine noch größere Ausdehnung, wie die Aufzählung der Bistümer beweist. Das hängt sicher damit zusammen, daß die Diözesangebiete von den territorialen Veränderungen nach der Absetzung Heinrichs des Löwen unberührt geblieben waren. Unter den territorialen Gesichtspunkten sollte auch die Herausbildung des Landrechts 107 Berücksichtigung finden. Im Sachsenspiegel sind fast 30 Belege für diesen Begriff nachzuweisen, von denen die meisten dem ältesten Textbestand angehören. Offensichtlich hat Eike von Repchow sich von dem seit Mitte des 11. Jahrhunderts immer deutlicher erkennbar werdenden territorialen Bezug leiten lassen, der das Landrecht als konkrete Ordnung eines agrarischen Landes und das jeweilige Land als Rechts- und Friedensgemeinschaft erscheinen läßt. In diesem Zusammenhang gewinnt die Aufzählung der Fahnenlehen im Sachsenspiegel eine besondere Bedeutung; denn sie läßt erkennen, daß schon weite Gebiete östlich der Elbe-Saale-Linie damals zum Land Sachsen gezählt wurden, was zumindest den Anspruch begründet, daß in diesen Gebieten sächsisches Landrecht gelten sollte. Es mußte sich jedoch mit den konkurrierenden Rechten der städtischen und der aus entfernteren Gebieten kommenden ländlichen Siedler auseinandersetzen. Ein wichtiges Mittel dazu war die Aufzeichnung des Landrechts im Sachsenspiegel, mit dem Eike von Repchow die Rechtspraxis seiner Zeit so glücklich erfaßt hat, daß sein Werk auch noch späteren Generationen als Vorbild dienen konnte.

106 Ldr III 62, vgl. Textband, S. 261 ff. 107 A D O L F L A U F S - K L A U S - P E T E R S C H R O E D E R , Artikel .Landrecht', in: H R G (wie Anm.2) 2, Berlin 1978, Sp. 15271535.

60

Rolf

Lieberwirth

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Abb. 1: Im Jahre 1209 früheste urkundliche Erwähnung Eikes von Repchow als Zeuge eines Rechtsaktes auf dem Landding der Grafschaft Brehno in Mettine (Metterberg am Zörbiger Strengbach bei Quetzdölsdorf). Vierte Zeile von unten: Eicko de rebichowe. Domstiftarchiv Naumburg/Saale Nr. 50 (1209).

Entstehung

des Sachsenspiegels

und

Landesgeschichte

61

Abb. 2: Burg Falkenstein, im O s t h a r z auf einem Felssporn über dem Selketal gelegen, wurde um 1120 von den gleichnamigen G r a f e n gegründet, die von 1180 bis 1237 Schutzvögte des Reichsstiftes Q u e d l i n b u r g waren. Einer von ihnen, H o y e r von Valkenstein, gilt als Lehnsherr Eikes von R e p c h o w und regte die Ü b e r s e t z u n g des Sachsenspiegels ins Deutsche an. ( P h o t o : D . Wienecke, Bayreuth)

Rolf Lieberwirth

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels I. Einleitung Mit dem Sachsenspiegel begann in Deutschland die bis etwa 1500 währende Rechtsbücherzeit 1 , in der durch private Aufzeichnung des bis dahin mündlich überlieferten Rechts der bestehende und offensichtlich auch empfundene Mangel an geschriebenem Recht ganz allmählich überwunden wird. Wie der Rechtsgang noch mündlich blieb, so brach auch die mündliche Tradition von Rechtsregeln nicht sofort ab, zumal die Mündlichkeit den Vorteil besaß, daß sich das Recht leichter wandeln ließ als durch das geschriebene Wort. Doch was sich unter einfachsten Verhältnissen als vorteilhaft erwiesen hat, muß unter den komplizierter werdenden sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen zur Unübersichtlichkeit des geltenden Rechts führen und damit zum Hemmnis werden. Aus dieser Situation heraus setzte im gesamteuropäischen Rahmen ein Verschriftlichungsprozeß ein, womit nun die Möglichkeit der Nachprüfbarkeit eröffnet wurde, welche Regel als geltendes Recht anerkannt werden kann. In dieser Entwicklung gingen zunächst die lateinischen Rechtsquellen aller Gattungen voran; doch bald folgten in zunehmendem Maße auch volkssprachliche Aufzeichnungen des Rechts auf private Initiative 3 , bis sich die inzwischen anerkannte, auf

1

2

3

D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel , Rechtsbücher', in: H a n d wörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R - E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E TER W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , 4 , Berlin 1 9 9 0 , Sp.277282. T H E O D O R B Ü H L E R , Rechtsquellenlehre 1 : Gewohnheitsrecht, Enquete, Kodifikation, Zürich 1977, S. 16. P E T E R J O H A N E K , Rechtsschrifttum, in: Die deutsche Literatur im späten Mittelalter 1 2 5 0 - 1 3 7 0 . Zweiter Teil: Reimpaargedichte, Drama, Prosa, hg. von I N G E B O R G G L I E R (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, begründet von H E L M U T DE

Schriftlichkeit basierende Gesetzgebungsmacht der Herrscher endgültig durchsetzte 4 . In den gesamteuropäischen Prozeß der Verschriftlichung im Recht war auch der Sachsenspiegel eingebettet. Er machte im deutschen Bereich den Anfang und beeinflußte durch sein Vorbild sowie durch seine vielfältige Eigenentwicklung die zahlreichen deutschen Rechtsbücher der folgenden Jahrhunderte. Dabei muß beachtet werden, daß keineswegs schon die lateinische Urfassung, sondern erst die kurz danach entstandenen deutschen Fassungen diesem Rechtsbuch das ihm eigene Gepräge gaben, was deutlich an seiner Textentwicklung abzulesen ist. Die handschriftliche Uberlieferung des Sachsenspiegels ist außerordentlich groß. Für einen Zeitraum von 300 Jahren, gerechnet von der ersten deutschen Fassung bis zu den letzten Handschriften nach den frühen Wiegendrucken des Sachsenspiegels, sind inzwischen rund 460 Handschriften und Fragmente überwiegend in mittelniederdeutscher und mitteldeutscher Sprachform, aber auch in lateinischer und niederländischer Sprache nachgewiesen 5 . Eine gewisse Schwierigkeit in

BooRund R I C H A R D N E W A L D , 3 , 2 ) München 1 9 8 7 , S . 3 9 6 4 3 1 u. S . 5 0 6 - 5 1 5 (Literaturhinweise), hier S . 3 9 8 ; S T E N GAGNER, Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung (Acta Universitatis Upsaliensis. Studia iuridica Upsaliensia 1 ) Uppsala 1 9 6 0 , S. 3 0 2 - 3 0 7 ; A R M I N W O L F , Die Gesetzgebung der entstehenden Territorialstaaten, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. von H E L M U T C O I N G , I: Mittelalter ( 1 1 0 0 - 1 5 0 0 ) , München 1 9 7 3 , S. 5 1 7 - 8 0 0 ; N O R B E R T H O R N , Die legistische Literatur der Kommentatoren und die Ausbreitung des gelehrten Rechts, in: e b d . , S. 2 6 1 - 3 6 4 ,

S. 3 5 5 - 3 5 7 .

(wie Anm.3) S.537.

4

WOLF

5

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Rechtsbücher als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit. Ein Forschungsprojekt im Sonderforschungsbereich 231 der Universität Münster, in: Niederdeutsches Wort. Beiträge zur niederdeutschen Philologie 29, 1989, S. 1-11, S.3.

64 ihrer Einschätzung bestand lange Zeit darin, daß diese zahlreichen Handschriften von keinem einheitlichen Text getragen sind, sondern nach Formen und Fassungen unterschieden werden müssen, bis die Textgestaltung des Land- und des Lehnrechts mit der Vulgata im 15. Jahrhundert ihren endgültigen Abschluß gefunden hat.

II. Zur Textgeschichte Der Entwicklungsprozeß des Sachsenspiegel-Textes ist in mühevoller Kleinarbeit wissenschaftlich analysiert worden. Erst danach konnte an eine Systematisierung der Sachsenspiegel-Handschriften gedacht werden. Hierum haben sich Carl Gustav Homeyer 6 und Karl August Eckhardt 7 sehr verdient gemacht. Homeyer geht von drei Stufen der Textentwicklung aus und ordnet die Texte ohne Büchereinteilung und mit durchgehender Artikelzählung der ersten, die Texte mit Glosse und Büchereinteilung der zweiten und schließlich die Texte mit Büchereinteilung, aber unter Abstoßung der Glosse der dritten Klasse zu. Eckhardt hat darüber hinaus noch Unterschiede in der ältesten Textform ermittelt und kommt zu der wichtigen Feststellung, daß innerhalb der ersten Homeyerschen Klasse vier Entwicklungsphasen zu beachten sind 8 . Die neuen Erkenntnisse führten zu der Überlegung, die bisherige Systematisierung auf der Grundlage von nunmehr vier

Rolf

Textklassen zu überarbeiten 9 . Danach umfaßt die Klasse I die Kurzformen des Sachsenspiegels, die Klasse II die Langformen, die Klasse III die lateinischen und die Klasse IV die glossierten Formen. Innerhalb der Klassen wird nach Ordnungen, innerhalb der Ordnungen nach Fassungen untergliedert. Neben den offiziellen Textklassen des Sachsenspiegels sind noch einige Sonderformen dieses Rechtsbuches zu unterscheiden 10 . Die Klasse der Kurzformen ist dadurch gekennzeichnet, daß ihren Exemplaren die Verse 1-95 der Reimvorrede sowie die Vorrede von der herren geburt fehlen und daß innerhalb des Textes im Verhältnis zu den späteren Formen und Fassungen einige nicht unerhebliche Lücken zu verzeichnen sind. Zur Ordnung Ia zählen die Handschriften und Fragmente der ersten Fassung des Sachsenspiegels. Sie geht also auf den ursprünglichen, deutschen, vielleicht schon gegenüber der lateinischen Urfassung erweiterten Text Eikes zurück. Die Ordnung Ia wird erfreulicherweise noch von zwei vollständigen Handschriften vertreten: von der berühmten, Ende des 13. Jahrhunderts entstandenen Handschrift der Quedlinburger Stifts- und Gymnasialbibliothek 11 , die heute

9

Die deutschen Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften. Neu bearbeitet von

CARL GUSTAV HOMEYER,

CONRAD BORCHLING -

KARL A U G U S T ECKHARDT - JULIUS

VON GIERKE, Weimar 1931/34, Erste Abteilung: Verzeichnis der Rechtsbücher, bearbeitet von K A R L A U G U S T E C K H A R D T (künftig zitiert: H O M E Y E R - E C K H A R D T ) ; Zweite Abteilung: Verzeichnis der Handschriften, bearbeitet von C O N R A D B O R C H L I N G - J U L I U S VON G I E R K E (künftig zitiert HOMEYER -

6 Des Sachsenspiegels Erster TTieil, oder das Sächsische Landrecht. Nach der Berliner Handschrift von 1369 hg. von C A R L G U S T A V H O M E Y E R , Berlin 3 1 8 6 1 , S. 24ff. 7 K A R L A U G U S T E C K H A R D T , Rechtsbücherstudien, III. Die Textentwicklung des Sachsenspiegels von 1220 bis 1270 (Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-hist. Klasse, Dritte Folge, Nr. 6) Berlin 1933. 8 K A R L K R O E S C H E L L , Rechtsaufzeichnung und Rechtswirklichkeit. Das Beispiel des Sachsenspiegels, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. von P E T E R CLASSEN (Vorträge und Forschungen XXIII) Sigmaringen 1977, S. 349-380, S. 357; DERS., Rechtswirklichkeit und Rechtsbücherüberlieferung. Überlegungen zur Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R und U L RIKE L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 5 5 / 1 u. II) München 1986, I, S. 1-10, S.4.

Lieberwirth

BORCHLING

-

VON G I E R K E ) ;

ULRICH-DIETER

OPPITZ, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften, I. Beschreibung der Rechtsbücher, II. Beschreibung der Handschriften, Köln - Wien 1990, I I I / l u. 2. Abbildung der Fragmente, Köln - Wien 1992. 10 Uber alle Verkehrsformen des Sachsenspiegels, vgl. die interessante, leider ungedruckt gebliebene Arbeit von E L I S A B E T H N O W A K , Die Verbreitung und Anwendung des Sachsenspiegels nach den überlieferten Handschriften, Diss, masch. Hamburg 1965, S. 14 ff. 11

Cod.

81;

HOMEYER

-

BORCHLING

-

VON

GIERKE

(wie

Anm.9) Nr. 1006, O P P I T Z (wie Anm.9) Nr. 657; J U T T A FLIEGE, Die Handschriften der ehemaligen Stifts- und Gymnasialbibliothek Quedlinburg in der Universitätsund Landesbibliothek in Halle, Bde. 1 u. 2, Gesellschaftswiss. Diss, masch. der Humboldt Universität Berlin 1978; W O L F G A N G S P I E W O K , Die Sprache der Quedlinburger Handschrift des Sachsenspiegels aus dem 13. Jahrhundert, Phil. Diss, masch. der Universität Halle 1957; D E R S . auch in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg, Gesellschaftl.-sprachwissenschaftliche Reihe VIII, 4 / 5 , 1959, S. 711-724.

Die Wirkungsgeschichte

des Sachsenspiegels

65

in der Universitäts- und Landesbibliothek Halle (Saale) sicher verwahrt ist, und von der ursprünglich aus Westfalen stammenden, der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts zuzuordnenden Handschrift des Germanischen Museums zu Nürnberg 1 2 . Eckhardt hat die Quedlinburger Handschrift, einen mitteldeutschen Text mit elbostfälischen Reliktwörtern 1 3 , seiner kritischen Ausgabe und seinem rekonstruierten mittelniederdeutschen Text zugrunde gelegt 14 . Die zweite deutsche Fassung ( I b ) hält Eckhardt ebenfalls f ü r ein W e r k Eikes und setzt ihre Entstehung vor 1230/31 an. Er geht allerdings von der Voraussetzung aus, d a ß Eike auch der Verfasser der Sächsischen Weltchronik gewesen sei, was nach dem gegenwärtigen Forschungsstand sehr zu bezweifeln ist 15 . Solange aber Autorschaft und Datierung der Sächsischen Weltchronik noch nicht endgültig geklärt sind, muß offen bleiben, von wem die Neufassung des Sachsenspiegels stammt und wann sie entstanden ist 1 6 . Inhaltlich weist diese Fassung nur einige Änderungen - bei der Königswahl ist der Erzbischof von Mainz und nicht mehr der von Trier erster bei der Kur - und Zusätze auf. Ferner geht auf sie die Einteilung des Stoffes in fünf Bücher zurück 1 7 , was darauf hindeutet, d a ß schon relativ früh eine Erleichterung im Gebrauch dieses Rechtsbuches beabsichtigt war 1 8 . Auch Änderungen und Ergänzungen gehen auf praktische Erwägungen zurück 1 9 . Dieser

12

HOMEYER

-

BORCHLING

Nr. 904; O P I T Z

-

VON

GIERKE

(wie

Anm. 9)

(wie A n m . 9) N r . 1166.

(wie Anm. 5 ) S . 3 ; DIES., Die überlieferungskritische Ausgabe des Sachsenspiegels als Aufgabe der mittelniederdeutschen Philologie, in: Franco-Saxonica. Münstersche Studien zur niederländischen und niederdeutschen Philologie. Jan Goossens zum 60. Geburtstag, hg. von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Niederländischen Seminars und der Niederdeutschen Abteilung des Germanistischen Instituts und der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens, Neumünster 1990, S. 1-13. 1 4 Sachsenspiegel Landrecht, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T ( M G H Font. iur. Germ. ant. N.S. I, 1) Göttingen - Frankfurt/Main 3 1973 und Sachsenspiegel. Quedlinburger Handschrift, hg. von DEMS. ( M G H Font. iur. Germ. ant. 8) Hannover 1966. 15 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Sächsische Weltchronik', in: H R G (wie Anm. 1) Sp. 1237-1242. 16 K R O E S C H E L L , Rechtsaufzeichnung (wie Anm. 8) S. 358. 13

S C H M I D T - W I E G AND

Fassung gehörten auch die Sachsenspiegel-Vorlagen f ü r die Magdeburger-Breslauer Rechtsweisung von 1261 und f ü r die oberdeutsche Sachsenspiegel-Ubersetzung an 2 0 . Mit Sicherheit kann die dritte, nicht näher datierbare deutsche Sachsenspiegelfassung (Ic) nicht mehr Eike zugeschrieben werden, der letztmalig 1233 als lebend bezeugt wird 2 1 . Bei ihr ist ebenfalls eine, wenn auch nur geringfügige Texterweiterung zu erkennen. Augenfällig ist allerdings, d a ß diejenigen Verse der Reimvorrede fehlen, in denen sich Eike von Repchow als Verfasser des Sachsenspiegels vorstellt (261280). Aus der O r d n u n g Ic stammt eine der Vorlagen f ü r den Livländischen Spiegel, eine Sonderform des Sachsenspiegels. Sie ist möglicherweise mit N r . 124 des Rechtsbücher-Verzeichnisses identisch 2 2 . Für die weitere Textentwicklung ist die vierte deutsche Fassung des Sachsenspiegels von ganz besonderer Bedeutung 2 3 . Sie gehört schon zur Klasse der Langformen (IIa), die sich durch ein umfangreiches Novellenmaterial, die auch Kenntnisse des römischen Rechts beweisen, von ihren Vorgängerinnen unterscheidet. Vermutlich ist die vierte Fassung zwischen 1261 und 1270 in M a g d e b u r g entstanden, denn sie diente schon einem studierten Juristen, dem H a m b u r g e r Ratsnotar Magister J o r d a n u s von Boitzenburg, in großen Teilen als Vorlage f ü r das H a m b u r g e r Ordeelbook von 1270 24 . Die älteste datierte H a n d s c h r i f t des Sachsenspiegels, der H a r f f e r Sachsenspiegel vom 7. Mai 1295, ist ebenfalls der vierten Fassung zuzuordnen, auf die nun alle jüngeren Formen des Sachsenspiegels zurückgehen 2 5 , weshalb die Textentwicklung auch nach zwei Perioden unterschieden wird. Die erste u m f a ß t die Zeitspanne von der Urfassung bis zur vierten deutschen Fassung einschließlich, die zweite reicht von 1270 bis

picturati (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 13) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1989, S.33. 20

HOMEYER -

ECKHARDT

( w i e A n m . 9 ) S. * 5 ;

22

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. * 1 4 .

23

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. * 6 .

( w i e A n m . 5 ) S. 4.

24

EBEL

Rechtssprichwörter im Sachsenspiegel. Eine Untersuchung zur Text-Bild-Relation in den Codices

25

HOMEYER -

17

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. * 5 .

18

SCHMIDT-WIEGAND

19

BRIGITTE JANZ,

KROESCHELL,

Rechtsbücherüberlieferung (wie Anm. 8) S. 7 nimmt an, daß mit der Magdeburger Rechtsmitteilung auch ein Exemplar des Sachsenspiegels mitgeschickt worden war. 21 F R I E D R I C H E B E L , Artikel ,Sachsenspiegel', in: H R G 4 (wie Anm. 1) Sp. 1228-1237; vgl. jetzt auch R O L F L I E B E R W I R T H , Entstehung des Sachsenspiegels und Landesgeschichte (in diesem Band).

(wie Anm.21) Sp. 1233; eingehend K R O E S C H E L L , Rechtsbücherüberlieferung (wie Anm. 8) S. 7. ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. *6.

66

Rolf

zur Herausbildung der Vulgataform im 15. Jahrhundert 26 . Zu derselben Klasse wie die vierte deutsche Fassung zählen auch die Codices picturati 27 . Die berühmten Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (IIb) stellen mit ihrer durchgehenden Illustration des Textes etwas Einzigartiges unter den überlieferten Rechtshandschriften dar 2 8 ; aber auch sie, die doch mehr einen repräsentativen Eindruck erwecken, haben eine zweckbestimmte Gebrauchsfunktion, vermutlich eine Glossenfunktion ausgeübt. Vier Handschriften dieser Art sind überliefert. Eine niederdeutsche (O) war in Rastede bei Oldenburg (jetzt Hannover), drei mitteldeutsche sind in Heidelberg (H), in Dresden (D) und in Wolfenbüttel (W) verwahrt. Sie gehen auf einen gemeinsamen Archetypus (X) zurück, der über die ebenfalls erschlossenen Zwischenstufen Ν der Oldenburger (O) und Y der Heidelberger (H) und Dresdener (D) Handschriften vermittelt worden ist 29 . Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift (W) des Sachsenspiegels gilt als Abschrift der Dresdener. Die Zwischenstufe Ν hat aus der Ordnung Ib die Fünfbücherteilung übernommen, während Y schon die Dreibücherteilung aufweist·50. Auf Grund dieses Stammbaumes muß von mindestens sieben relativ vollständigen Bilderhandschriften ausgegangen werden. Die Urfassung wurde bisher auf den Zeitraum zwischen 1290 und 1295 datiert und auf das Gebiet um Meißen lokalisiert 31 . Neuere, auf heral-

26

NOWAK ( w i e A n m . 1 0 ) S. 14.

27

(wie Anm.21) Sp. 1230; A N N A H E D W I G B E N N A , Artikel , Bilderhandschriften', in: H R G (wie Anm. 1)1, Berlin 1971, Sp. 422-424. R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, in: Frühmittelalterliche Studien 2 2 , 1 9 8 8 , S. 3 5 7 - 3 8 7 , hier

28

EBEL

S. 3 6 1 .

Die Wappen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Zu Herkunft und Alter der Codices picturati, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 8) 1, S. 2 2 9 - 2 7 0 , hier S. 2 3 1 und jetzt auch D E R S . , Die Wappen in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (in diesem Band).

29

KLAUS NASS,

30

HOMEYER -

31

Die Genealogie der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. Kl. XXII. Bd. II. Abt., München 1 9 0 2 , S. 3 2 5 - 3 8 5 ; Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von K A R L VON A M I R A I (Faksimile) Leipzig 1902, Neudruck Osnabrück 1968, II, 1 u. II. 2 (Erläuterungen) Leipzig 1 9 2 5 / 2 6 , Neudruck Osnabrück 1 9 6 9 , I., S . 7 - 1 9 II., 1 S . 3 - 8 ; noch E B E L (wie A n m . 2 1 ) und B E N N A (wie Anm. 2 7 ) gehen von dieser Version aus.

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. * 7 .

K A R L VON A M I R A ,

Lieberwirth

dischen Indizien aufgebaute Untersuchungen 32 kommen zu dem Ergebnis, daß die Datierung auf 1292 und 1295 einzugrenzen ist und daß für die Lokalisierung nur der nordöstliche Harzraum in Frage kommt. Die Zwischenstufe Y und die Heidelberger Bilderhandschrift sind nicht wesentlich jünger, wobei Y um 1300 und Η zwischen 1295 und 1304, in jedem Fall nach Y, entstanden sein sollen 33 . Die Heidelberger Handschrift muß im Verhältnis zu den anderen als fragmentarisch bezeichnet werden. Sie enthält nur 310 Bildstreifen. Zur Gruppe der mitteldeutschen Handschriften gehört auch die Dresdener Bilderhandschrift. Sie folgt zeitlich der Heidelberger. Ihre Entstehung liegt nach 1295 und vor 1363, aber mehr am Ende dieses Zeitraumes 34 . Als Entstehungsort gilt der Raum Meißen. Diese Handschrift ist mit ihren 924 Bildstreifen der umfassendste und der wohl künstlerisch wertvollste Codex picturatus des Sachsenspiegels 35 . Er war die Vorlage für die Wolfenbütteler Bilderhandschrift 36 , die allerdings nur 776 Bildstreifen aufweist. Die Entstehungszeit ist zwischen 1348 und 1362/71 anzusetzen.

32

NASS

(wie Anm. 29) S. 232 ff.; schon R U D O L F K Ö T Z S C H K E , Die Heimat der mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Berichte über die Verhandlungen der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. KL. 95. 2, Leipzig 1934, S.3-80 sieht den Entstehungsort der Urfassung in der Diözese Halberstadt. 33 N A S S (wie Anm.29) S.254; Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Faksimileausgabe und Kommentar, hg. von W A L T E R K O S C H O R R E C K , F r a n k f u r t / M a i n 1970 geht im Kommentar, S. 14 f., noch von der Entstehung dieser Handschrift nach 1325 aus. Vgl. hierzu jetzt auch: Der Sachsenspiegel. Die Heidelberger Bilderhandschrift Cod. Pal. Germ. 164, Kommentar und Ubersetzung von W A L T E R K O S C H O R R E C K , neu eingeleitet von W I L F R I E D W E R N E R , F r a n k f u r t / M a i n 1989. Näher an den Anfang des 14. Jh. rückt sie heran: W I L F R I E D W E R N E R , Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Anmerkungen zu ihrer Geschichte und Kodikologie, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 8) S. 213-218. 34 35

NASS

(wie Anm. 29) S.255. (wie Anm.29) S.232; G I S E L A R E I C H E L , Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (Das kleine Kunstheft 17) Dresden 1955, S.5. 36 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels und ihr Verhältnis zum Text Eikes von Repgow (Wolfenbütteler Hefte 13) Wolfenbuttel 1983; W O L F G A N G M I L D E , Zum Wolfenbütteler Sachsenspiegel (Lagenfolge mit Inhalt und Ausstattung, Einband, Erwerbung), in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 8) I, S. 207-211 und jetzt auch DERS., KodikologiNASS

Die Wirkungsgeschichte

Z u r G r u p p e der mittelniederdeutschen H a n d s c h r i f ten zählen die Zwischenstufe Ν und die Oldenburger Bilderhandschrift 3 7 , die mit ihren 578 Bildstreifen nur im Landrechtsteil illustriert ist. Textlich ist sie die vollständigste, darüber hinaus die am genauesten bestimmbare Handschrift. Aus dem Kolophon geht eindeutig hervor, d a ß sie im J a h r e 1336 durch Hinricus Gloyesten, einen M ö n c h des unweit von Oldenburg gelegenen Benediktinerklosters Rastede, zum Abschluß gebracht wurde. Graf J o h a n n III. von Oldenburg gab diese H a n d s c h r i f t in Auftrag, um seine Dienstleute mit den Rechtsgewohnheiten ihrer Vorfahren vertraut zu machen. Auch bei der Oldenburger H a n d s c h r i f t ist mit mindestens einer Zwischenstufe zu rechnen, die sprachlich auf sie eingewirkt hat. Sie wird in der Zeit zwischen 1314 und 1320 am Weifenhof in Lüneburg entstanden sein 38 . Mit den Bilderhandschriften der Dreibücherform sind die Sachregisterhandschriften des Sachsenspiegels (IIc) verwandt, möglicherweise sogar aus ihnen hervorgegangen. Sie sind mit einer Art Schlagwortregister ausgestattet und gelten als Vorstufe der Systematischen Handschriften (II d). Diese beiden H a n d s c h r i f t e n f o r men sind im H e r z o g t u m Lüneburg bzw. im Bistum Hildesheim entstanden 3 9 . Sie können ebenfalls als Beweis f ü r die unterschiedlichsten Bemühungen gelten, den

sehe Einführung, in: Eike von Repgow. Sachsenspiegel. Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod. Guelf. 3.1 Aug. 2°. Textband hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Berlin 1993, S. 11-30; N A S S (wie Anm.29) S.255. 37 Zuletzt J Ü R G E N G O Y D K E , Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels aus dem Kloster Rastede, in: 175 Jahre Oberlandesgericht Oldenburg, Köln - Berlin - Bonn - München 1989, S. 597-640; W E R N E R PF.TERS, Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels als Textzeuge, in: Niederdeutsches Wort (wie Anm. 5) S. 13-25; T I M O T H Y S O D M A N N , Zur Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 8) I, S.219-228; N A S S (wie Anm.29) S. 256-262; W E R N E R H Ü L L E , Artikel ,Rasteder (Oldenburger) Bilderhandschrift (des Sachsenspiegels)', in: H R G (wie Anm. 1) Sp. 154-156. - Vgl. jetzt auch: Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung durch RUTH S C H M I D T - W I E G A N D . Redaktion F R I E D R I C H S C H E E L E (Patrimonia Heft 50) Berlin - Hannover 1993. 38

39

67

des Sachsenspiegels

Sachsenspiegel f ü r den praktischen Gebrauch h a n d h a b bar zu machen. Zur Klasse II sind schließlich die Handschriften der O r d n u n g lie (Glossenvorlage) zu rechnen. Auch sie weisen Beziehungen zu den Bilderhandschriften auf, aus denen sie die Dreibücherteilung und sogar einige Bilder übernommen haben 4 0 . Die Handschriften dieser O r d n u n g sind bald nach 1300 vermutlich in der M a r k Brandenburg entstanden und stets mit der aus ihnen hervorgegangenen lateinischen Versio vulgata verbunden. Mit ihr ist der Ubergang zur Klasse der lateinischen Formen (III) gefunden. Neben der nur noch im ,Auetor vetus de benefieiis' erkennbaren lateinischen Urfassung des Sachsenspiegels gibt es noch drei lateinische Versionen, die sich als R ü c k ü b e r s e t z u n g e n ' aus dem Deutschen darstellen. Untereinander sind sie nicht verwandt 4 1 . So fertigte Konrad von Oppeln zwischen 1272 und 1292 im Auftrag von Bischof T h o m a s II. von Breslau eine lateinische Übersetzung einer dort vorliegenden deutschen Sachsenspiegel-Handschrift an (Versio Vratislaviensis) 42 . Allerdings soll der Ubersetzer nicht unerheblich von der Vorlage abgewichen sein 43 . In den H a n d s c h r i f ten ist dem sächsischen Landrecht in der Regel lübisches Recht angehängt worden 4 4 . Danach folgt erst das sächsische Lehnrecht oder, wenn nicht vorhanden, eine andere Rechtsquelle. Einige Jahrzehnte später, vermutlich noch in der ersten H ä l f t e des 14. Jahrhunderts, hat der N o t a r Konrad von Sandomir ebenfalls eine Übersetzung des Sachsenspiegels ins Lateinische angefertigt (Versio Sandomiriensis). Als direkte Vorlage benutzte er einen in Schlesien entstandenen Text der vierten deutschen Fassung. Eine komplizierte Verbindung beider Versionen nahm 1506 der polnische Kanzler Jan Laski, seit 1511 Erzbischof von Gnesen, im Rahmen einer Kodifikation der Rechtsnormen vor, die in einem Frühdruck veröffentlicht wurde 4 5 . Auch die weiteren Übersetzungen des Sachsenspiegels in Polen sind von vornherein gedruckt worden. Das betrifft sowohl die polnischen Übersetzungen von Bartholomäus Groicki und von Paul Szczerbicz als auch eine lateinische Sachsenspiegel-Ausgabe von Nikolaus Jaskier, der auf die

40

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 ) S. * 8 .

41

HOMEYER -

ECKHARDT

42

NOWAK ( w i e A n m . 10)

43

ZYGFRYD

N A S S (wie Anm.29) S . 2 6 3 ; VON A M I R A , Genealogie (wie Anm. 3 1 ) S . 3 6 3 - 3 6 6 und Einleitung (wie Anm. 3 1 ) S . 1 8 f. grenzte noch auf 1 3 1 3 - 1 3 2 3 ein.

44

HOMEYER

HOMEYER -

45

ECKHARDT ( w i e A n m . 9) S. *7.

(wie Anm.9) S. *8-10. S.49.

RYMASZEWSKI, Lacinskie teksty Landrechtu Zwierciadia Saskiego w Polsce, Wroclaw 1975, S. 60 ff. -

BORCHLING

-

VON

GIERKE

Nr.183, 643, 644, 710, 71 1, 1003; Nr. 261, 845, 846, 1296. EBEL ( w i e A n m . 2 1 ) S p . 1 2 3 0 .

OPPITZ

(wie

Anm. 9)

(wie Anm.9)

68

Rolf

dritte Version, auf die Versio vulgata, zurückgegriffen haben soll 46 . Sie ist nur eine Ubersetzung des Landrechts, die im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts wahrscheinlich in der Mark Brandenburg angefertigt wurde 47 . Aus der Klasse der glossierten Formen (IV) ist die Ordnung IVc von besonderer Bedeutung. Ihre Handschriften haben die endgültige Textgestaltung erreicht. Das Landrecht weist im ersten Buch 71, im zweiten 72 und im dritten 91 Artikel auf, das Lehnrecht 80 oder 81 48 . Seit dem 15. Jahrhundert hat der Text der Sachsenspiegel-Handschriften keinen Veränderungen mehr unterlegen. In der vulgaten Form geht dieses Rechtsbuch in die immer mehr an Bedeutung gewinnenden Drucke ein. Die Textentwicklung des Sachsenspiegels kann nicht abgeschlossen werden, ohne einen Blick auf die Sonderformen und auf die Glossierung des Sachsenspiegels zu richten. Die wohl älteste örtliche Sonderform des Sachsenspiegels stellt das Görlitzer Rechtsbuch 49 dar. Es ist um 1300 entstanden und nur noch in einer Handschrift des Görlitzer Ratsarchivs überliefert, die aber auch nur als eine Abschrift anzusehen ist. Der erste, der lehnrechtliche Teil besteht aus einer wortgetreuen, ungereimten Ubersetzung des , Auetor vetus de benefieiis' 50 ins Mitteldeutsche. Es spricht vieles dafür, daß es sich beim ,Auetor vetus de benefieiis' um den lehnrechtlichen Teil aus der lateinischen Urfassung des

46

BUKOWSKA-GORGONI, Das sächsisch-magdeburgische Recht und die vermögensrechtlichen Verhältnisse in den polnischen Städten der Renaissance, in: Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts in Deutschland und Polen (Rechtshistorische Studien 10) Frankfurt/M. - Bern - Cirencester 1980, S. 130144, hier S. 130; R O L F L I E B E R W I R T H , Das sächsisch-magdeburgische Recht als Quelle osteuropäischer Rechtsordnungen (Sitzungsberichte der Sächs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Klasse, 127, 1) Berlin 1986, S. 18; H E I N E R L Ü C K , Magdeburger Recht in der Ukraine, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 12. Jg., 1990, Nr. 3 / 4 , S. 113-126, hier S. 121 f. KRYSTVNA

47

HOMEYER -

ECKHARDT

48

HOMEYER -

ECKHARDT

(wie Anm.9) S. *9. (wie Anm.9) S . * 1 0 - 1 2 . 49 G E R H A R D B U C H D A , Artikel ,Görlitzer Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp. 1755-1756; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Görlitzer Rechtsbuch', in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl., hg. von K U R T R U H u.a., 3, Berlin - New York 1981, Sp. 99-101. 50 H A N S S C H L O S S E R , Artikel ,Auetor vetus de benefieiis', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp. 246-247.

Lieberwirth

Sachsenspiegels handelt. Der zweite, der landrechtliche Teil des Görlitzer Rechtsbuches vermittelt ebenfalls den Eindruck, daß sein Verfasser aus dieser Quelle geschöpft hat. Eine zweite Sonderform der Sachsenspiegel-Handschriften ist das Breslauer Landrecht 51 , worunter eine durch Streichungen verkürzte und durch einige lokale Zutaten erweiterte Fassung des Sachsenspiegels für das Fürstentum Breslau zu verstehen ist. König Johann von Böhmen hatte für diese Überarbeitung ein Sechsmännerkollegium aus Land und Stadt Breslau eingesetzt. Das Neumarkter Rechtsbuch 52 ist eine auf Neumarkt in Schlesien zugeschnittene private Bearbeitung der vierten deutschen Fassung (IIa). Auch dieses Rechtsbuch ist nur in einer unvollständigen Handschrift aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts im Stadtarchiv zu Glogau überliefert. Es enthält eine lateinische Weltchronik, einen Schöffenbrief von Halle an Neumarkt und das Sachsenspiegel-Landrecht. Teile des Lehnrechts und das Magdeburg-Breslauer Recht sind im Register zwar aufgeführt, aber nicht mehr vorhanden. Das Neumarkter Rechtsbuch war bis 1352, als sich die Stadt dem Magdeburg-Breslauer Rechtskreis anschloß, eine bedeutende Rechtsquelle, die bei der Anlage von Dörfern und Marktsiedlungen verliehen wurde, wie aus seiner Verwendung in 64 Orten des schlesisch-polnischen Gebietes zu ersehen ist. Zu den Sonderformen des Sachsenspiegels zählt auch das Löwenberger Rechtsbuch 53 , das vermutlich zwischen 1311 und 1323 entstanden ist. Es stellt sich als eine geringfügige Umarbeitung des Sachsenspiegel-Lehnrechts und anschließend des Landrechts für den Gebrauch in dieser erstmalig 1217 bezeugten schlesischen Stadt dar. Das Berliner Stadtbuch von 1397 beruht im wesentlichen auf dem Sachsenspiegel und seiner Glosse, auf dem Richtsteig Landrechts und dem Sächsischen Weichbild.

Artikel ,Breslauer Landrecht', in: Sachwörterbuch zur deutschen Geschichte von H E L L M U T H R Ö S S L E R und G Ü N T H E R F R A N Z unter Mitarbeit von W I L L Y H O P P E und anderen Fachgelehrten, München 1958, S. 131; P E T E R J O H A N E K , Artikel ,Breslauer Landrecht', in: VL (wie Anm. 49) 1, Berlin - New York 1978, Sp. 1025-1026. 52 D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel ,Neumarkter Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm. 1) 3, Berlin 1984, Sp. 955-956. 53 K A R L A U G U S T E C K H A R D T , Artikel ,Löwenberger Rechtsbuch', in: Sachwörterbuch (wie Anm. 51) S. 660; P E T E R J O H A N E K , Artikel ,Löwenberger Rechtsbuch', in: VL (wie Anm.49) 5, Berlin - New York 1985, Sp. 920-923. 51

KARL AUGUST ECKHARDT,

Die Wirkungsgeschichte

69

des Sachsenspiegels

D a r ü b e r hinaus enthält es brandenburgische Gewohnheiten 5 4 . D e r Spiegel Land- und Lehnrechts f ü r Livland, Livländischer Spiegel 5 5 , muß als eine Bearbeitung des Sachsenspiegels unter besonderer Berücksichtigung der baltischen Verhältnisse angesehen werden. Da in Livland überwiegend lehnrechtliche Bestimmungen aufgezeichnet worden waren, kam es dem unbekannten Verfasser darauf an, neben einigen lehnrechtlichen Regelungen im wesentlichen das Sachsenspiegel-Landrecht in sein Rechtsbuch aufzunehmen, um eine Art H a n d b u c h f ü r die Praxis im Lande zu schaffen. Die Entstehung ist etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts anzusetzen.

sächsisches Recht getilgt, aber andere deutschrechtliche sowie römische und kanonische Quellen berücksichtigt wurden. Was vom Verfasser des Deutschenspiegels, der wie alle Bearbeiter im Kreis der Augsburger Franziskaner zu suchen ist, unbearbeitet blieb, - und das ist mehr als die H ä l f t e der oberdeutschen SachsenspiegelUbersetzung, - wurde von einem O r d e n s b r u d e r zu Ende geführt. Es entstand der Urschwabenspiegel 6 0 , der eine ähnliche Entwicklung nehmen sollte wie der Sachsenspiegel. Doch in einem besteht ein wesentlicher U n terschied. D e r Schwabenspiegel hat schon Teile des gelehrten Rechts übernommen, weshalb hier keine juristische Glossierung vorgenommen wurde wie beim Sachsenspiegel 61 .

Als letzte Sonderform des Sachsenspiegels muß noch der holländische Sachsenspiegel genannt werden, der auf der Grundlage niederländischer Handschriften der Ordnungen Ia und IVa (mit Glosse) vermutlich im Bistum Utrecht entstanden war. In dieses selbständige Rechtsbuch sind auch niederfränkisches Recht und mosaische Rechtssätze eingegangen 5 6 .

Im ersten Drittel des 14. J a h r h u n d e r t s fand die in Italien am römischen und kanonischen Recht entwikkelte Arbeitsmethode der Glossierung des gesamten Rechtsstoffes auf den Sachsenspiegel Anwendung. Es entstand die gelehrte Literatur zum einheimischen Recht 6 2 . Verfasser, zumindest bekanntester Mitverfasser 6 3 , der ältesten und zugleich auch bedeutendsten Glosse zum Landrecht des Sachsenspiegels in niedersächsischer M u n d a r t war der märkische H o f r i c h t e r J o hann von Buch 6 4 . Als Ergänzung verfaßte er mit dem Richtsteig Landrechts 6 5 eines der wichtigsten spätmittelalterlichen Rechtsgangbücher, um die im Sachsenspiegel verstreut aufgeführten Verfahrensregeln an einer Stelle zu vereinen und eine Gliederung nach Gattungen und Arten der Rechtssprüche zum erleichterten Gebrauch vor Gericht zu schaffen.

Schon nicht mehr zu den Sonderformen des Sachsenspiegels zählen die oberdeutschen Spiegel, die sich auf der ursprünglichen Grundlage des Sachsenspiegels zu völlig eigenständigen Rechtsbüchern entwickelt haben. Ausgangspunkt ist eine zwischen 1265 und 1275 in M a g d e b u r g von einem Augsburger Franziskaner vorgenommene Ubersetzung des Sachsenspiegels ins Oberdeutsche 5 7 , die mit dem Ubersetzer nach Augsburg gelangt ist. Sie wird zur Vorlage f ü r den zwischen 1265 und 1276 entstandenen Augsburger Sachsenspiegel 5 8 . Dieser und die oberdeutsche Sachsenspiegel-Ubersetzung bilden den G r u n d s t o c k für den um 1275 entstandenen Deutschenspiegel 5 9 , in dem altes und typisch

54

HOMEYER -

55

HERMANN

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 )

S.*14.

Artikel ,Livländischer Spiegel', in: H R G (wie Anm. 1) 3, Berlin 1984, Sp. 20-22. 56 H O M E Y E R - E C K H A R D T (wie Anm.9) S.*15; Vom Sachsenspiegel zum Code Napoleon. Kleine Rechtsgeschichte im Spiegel alter Rechtsbücher. Gesamtbearbeitung H E I N R I C H K A S P E R S unter Mitarbeit von W I L H E L M S C H M I D T - T H O M E - H A N S G E R I G - F R I T Z M A N S T E T T E N , Köln 1978, S. 38; H A N S C H R I S T O P H H I R S C H , Eine neu entdeckte, die zweite bekannte Handschrift des Holländischen Sachsenspiegels, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 59, 1939, S.253-263. 57 H O M E Y E R - E C K H A R D T (wie Anm.9) S.*15. 58 H O M E Y E R - E C K H A R D T (wie Anm.9) S. *16. 5 9 A N N A H E D W I G Β Ε Ν Ν Λ , Artikel ,Deutschenspiegel', in: H R G (wie Anm. 1 ) 1 , Berlin 1 9 7 1 , Sp. 6 8 5 - 6 8 6 . BLAESE,

60

WILFRIED

T R U S E N , Artikel ,Schwabenspiegel', in: H R G (wie Anm. 1) Sp. 1547-1551. 61 T R U S E N (wie Anm.60) Sp.1549. 62 H E L M U T C O I N G , Römisches Recht in Deutschland (Ius Romanum Medii Aevi, Pars V, 6) Mediolani 1964, S. 177 ff. unter Hinweis auf die vielfältigen und grundlegenden Arbeiten zur Landrechtsglosse von E M I L S T E F F E N H A G E N ( S . 177, Anm. 924); ferner E R I K A S I N A U E R , Studien zur Entstehung der Sachsenspiegelglosse, in: Neues Archiv 50, 1935, S. 475-581; H E L E N E B I N D E W A L D , Studien zur Entstehung der Sachsenspiegelglosse, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 15, 1959, S. 464515. 63

EBEL ( w i e A n m . 2 1 ) S p . 1 2 3 1 .

64

H A N S SCHLOSSER,

Artikel ,Buch, Johann v.', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp.526; I N G E B O R G B U C H H O L Z J O H A N E K , Artikel Johannes von Buch', in: VL (wie Anm. 49) 4, Berlin - New York 1983, Sp. 551-559. 65 D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel ,Richtsteig', in: H R G (wie Anm. 1) Sp. 1061-1064.

70

Rolf

Bei der Kommentierung des Sachsenspiegels im Stil des gelehrten Rechts 6 6 ging Johann von Buch von der irrtümlichen Annahme aus, daß die lateinische Fassung des Landrechts (Versio vulgata) bis III 82 § 1 ein Privileg Karls des Großen an die Sachsen darstellt. Die Vorschriften III 82 §2 bis 84 schrieb er Otto I., dem Großen, III 85-86 Otto II., dem Roten, und III 87-91 Friedrich I. Barbarossa zu. Mit dieser Einstufung fand der Sachsenspiegel Eingang in die legistische Rechtsquellenlehre, und diese bestimmte sein Verhältnis zum ius commune, was nicht unwesentlich zu seiner jahrhundertelangen Geltung im deutschen Rechtsbereich beigetragen hat. Die Glosse erläutert den Text des Sachsenspiegels in ähnlicher Weise wie die accursische Glosse das , Corpus iuris civilis', indem Parallelstellen zusammengestellt, der Text mit romanistischen und kanonistischen Quellen harmonisiert, Ubereinstimmungen und Widersprüche zum Corpus iuris herausgearbeitet und einzelne Rechtssätze mit wissenschaftlichen Methoden ausgelegt werden. Die Buchsche Glosse fand weite Verbreitung und beeinflußte das zwischen 1417 und 1448 abgefaßte Clevische Stadtrecht sowie das Berliner Stadtbuch (Ende des 14. Jahrhunderts) 6 7 . Im 14. und 15. Jahrhundert ist die Buchsche Glosse textlich weiterentwickelt und mit Zusätzen versehen worden. Hier ist zuerst die sog. Petrinische Glosse 68 zu erwähnen, die, nach dem Verfasser Petrus de Posena benannt, vor 1434 in der Mark Brandenburg geschrieben wurde. In dieser Glosse sind auch die Vorschriften Buch III 88 bis 91 und I 36 kommentiert und im Ganzen die romanistischen Erörterungen erweitert worden. Bald danach entstand die Stendaler Glosse, die wiederum die Petrinische Glosse durch Zusätze ergänzt, aber sehr selbständig und teils deutsch, teils lateinisch verfaßt ist 69 . Weitere Zusätze zur Glosse bieten die auf der Grundlage der Stendaler Glosse entwickelten Bocksdorfschen Additionen, die Tammo von BocksdorP 0 verfaßt haben soll. Die mit ihr äußerlich verbundene Bocksdorfsche Vulgata, die in ihrer Gesamtheit sicher nicht dem Bruder Dietrich von Bocksdorf zugeschrieben werden darf, stellt die jüngste Form der Sachsenspiegel-Glosse dar. Keine Zusätze zur Buchschen Glosse, sondern Abweichungen enthält die

66 67 68

(wie A n m . 3 ) S.284. (wie Anm.62) S. 179ff. C O I N G (wie Anm.62) S. 181. 6 9 E B E L (wie Anm.21) Sp. 1232. 70 Über die Brüder Bocksdorf vgl. W I L H E L M W E G E N E R , Artikel ,Bocksdorf', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp. 463-464. HORN

COING

Lieberwirth

1442 entstandene Tzerstedische Glosse, deren Verfasser der Lüneburger Ratsherr Brand von Tzerstede gewesen sein soll. Er hat auch die dem Sachsenspiegel später angefügte Vorrede von der herren geburt kommentiert 71 . Das Sachsenspiegel-Lehnrecht ist ebenfalls glossiert worden. Möglicherweise hat Johann von Buch dazu Vorbereitungen getroffen, der Verfasser ist er aber nicht 72 . Diese Glosse entstand um die Mitte des 14. Jahrhunderts, auf jeden Fall nach der Landrechtsglosse und vor 1386. Ihr wurde das Sachsenspiegel-Landrecht einschließlich der Buchschen Glosse, römisches, kanonisches und langobardisches Lehnrecht zugrunde gelegt. Im Gegensatz zur Landrechtsglosse ist sie in Mitteldeutsch abgefaßt worden. Bei der Glosse zum Lehnrecht werden eine kürzere und eine längere sowie die Wurmsche Fassung unterschieden, die jeweils durch Vermehrung der vorhergehenden entstanden sind. Eine besondere Rolle in der Glossierung des einheimischen Rechts spielt der Liegnitzer Hofschreiber Nikolaus Wurm 7 3 , der wie Buch davon ausgeht, daß das sächsische Recht auf einem kaiserlichen Privileg beruhe und deshalb wie die gelehrten Rechte zu behandeln sei. Er hat Landrecht und Lehnrecht nicht getrennt, sondern sowohl die Glosse zum Landrecht wie die zum Lehnrecht bearbeitet und dazu eine eigene Glosse zu III 88-91 geschaffen, die von Johann von Buch nicht kommentiert worden war. Zu Nikolaus Wurms Werken gehören ferner die Bearbeitung einer Glosse zum Weichbildrecht 74 , eine Bearbeitung des Richtsteigs Landrechts, die Glosse zu dem als Rechtsbuch bearbeiteten Mainzer Landfrieden in der Fassung des Landfriedens von 1298, die Blume von Magdeburg (um 1390), die Blume des Sachsenspiegels (di blume ubir der Sachsen spigel und ubir weichbildis recht, 1397) und das Liegnitzer Stadtrechtsbuch 7 5 . In diesem Uberblick über die Entwicklung von Text und Glosse des Sachsenspiegels auf der Grundlage der handschriftlichen Uberlieferung hat sich schon die

71

COING

72

GERHARD

(wie Anm.62) S. 181. K Ö B L E R , Artikel ,Lehnrechtsbücher', in: Anm. 1 ) 2 , Berlin 1 9 7 8 , Sp. 1 6 9 0 - 1 6 9 4 ,

H R G

(wie hier Sp. 1 6 9 2 . 73 C O I N G (wie Anm.62) S. 183 f £.; über Wurm zuletzt: H A N S J Ö R G L E U C H T E , Das Liegnitzer Stadtrechtsbuch des Nikolaus Wurm (Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte 25) Sigmaringen 1990, S. X X I V f . 74 C O I N G (wie Anm.62) S. 182-184. 7 5 Erstmals gedruckt bei L E U C H T E (wie Anm. 7 3 ) nach S. XXXVII.

Die Wirkungsgeschichte

des Sachsenspiegels

große Wirkungskraft dieses Rechtsbuches gezeigt. Sie drückt sich fortan auch darin aus, d a ß die im 15. Jahrhundert erreichte vulgate H a n d s c h r i f t e n f o r m den seit 1474 einsetzenden Sachsenspiegel-Drucken als Vorlage dient, was in ähnlicher Form auch auf die Glosse und auf die anderen Rechtsbücher des sächsischen Rechts zutrifft, mit denen der Sachsenspiegel in den H a n d schriften schon äußerlich eng verbunden erscheint. Dabei sollte beachtet werden, d a ß nach den ersten Sachsenspiegel-Drucken noch zehn Handschriften überliefert sind, was auf ein allmähliches Ausklingen der Handschriften hindeutet 7 6 . Dieser Ubergang muß als ein wichtiges Indiz f ü r den Gebrauchscharakter dieser Rechtsbücher gewertet werden. Die zahlreichen Handschriften und die schon früh einsetzenden Sachsenspiegel-Drucke lassen auf einen regionalen und sogar überregionalen Bedarf an Exemplaren dieses Rechtsbuches schließen. Sie konnten unterschiedlichen Zwecken dienen, was sich schon bei der Textentwicklung gezeigt hat, aber noch eingehender untersucht werden muß.

III. Sachsenspiegel und Magdeburger Recht. Ihre Verbreitung und ihr Zusammenwirken 1. Die Unterstützung durch die Stadtherren Entspricht der Sachsenspiegel der Rechtswirklichkeit seiner Zeit und hat er sie auch später zu beeinflussen vermocht? Diesen wichtigen Fragen ist zuletzt noch einmal Karl Kroeschell nachgegangen 7 7 . Hinsichtlich der ersten kommt er zu dem Ergebnis, d a ß der Sachsenspiegel wie andere Spiegel des Mittelalters Abbild und Vorbild zugleich war 7 8 . Für die Beantwortung der

76

77

(wie Anm. 10) S.66, ob aber 5000 Sachsenspiegel-Handschriften allein in Sachsen und Westfalen vorhanden gewesen sein sollen, wie der Verfasser der um 1474 entstandenen Informatio ex speculo saxonum annimmt, muß bezweifelt werden, vgl. P E T E R J O H A N E K , Artikel ,Informatio ex speculo saxonum', in: VL (wie Anm. 49) 4, Berlin - New York 1983, Sp. 378-380. K R O E S C H E L L , Rechtsaufzeichnung (wie Anm. 8) S . 3 5 9 ; NOWAK

DERS., R e c h t s b ü c h e r ü b e r l i e f e r u n g (wie A n m . 8) S. 6. 78

Rechtsaufzeichnung (wie Anm. 8 ) S . 3 6 6 unter Hinweis auf G E R H A R D T H E U E R K A U F , Lex, Speculum, Compendium iuris. Rechtsaufzeichnungen und Rechtsbewußtsein in Norddeutschland vom 8. bis zum 16. JahrKROESCHELL,

71 Frage nach dem späteren Einfluß auf die Rechtswirklichkeit zeigt er drei Wege auf 7 9 . Erstens die Untersuchung der zahlreichen Handschriften nach Alter, Entstehungsort, Auftraggeber, Inhalt und praktischer Verwendung, wie sie zuerst von Elisabeth N o w a k vorgenommen worden war 8 0 , zweitens eine U b e r p r ü f u n g des Rückgriffs auf den Sachsenspiegel in anderen Rechtsaufzeichnungen und drittens eine Untersuchung nach der Wirksamkeit dieses Rechtsbuches in Urteilen, Schöffensprüchen und anderen Urkunden. Diese sicher sehr mühevollen Wege sollten von der SachsenspiegelForschung zielgerichtet beschritten werden, ohne dabei die Zusammenhänge untereinander und mit der Textentwicklung aus den Augen zu verlieren. Schließlich müssen auch Gegenreaktionen auf den Sachsenspiegel, wie etwa die Articuli reprobati 8 1 , Berücksichtigung finden. Es geht also um die keineswegs neue Erkenntnis, d a ß dieses berühmte Rechtsbuch im jeweiligen Umfeld gesehen werden muß, was schon f ü r die Zeit seiner ersten Aufzeichnung gilt. Als Eike von Repchow um 1220 die Vorbereitungen zur Abfassung des Sachsenspiegels, zur Aufzeichnung des sächsischen Rechts aufnahm, waren die Stammesrechte eigentlich schon in Auflösung begriffen. Gerade in die Rechtslandschaft beiderseits von Elbe und Saale war schon seit längerem

hundert (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 6) Köln - Graz 1968, S. 104ff; über die Spiegel-Literatur im Mittelalter zuletzt: U L R I C H D R E S C H E R , Geistliche Denkformen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1989, S. 19 f. 79 K R O E S C H E L L , Rechtsaufzeichnung (wie Anm. 8) S. 367 ff. 8 0 N O W A K (wie Anm. 1 0 ) und jetzt auch D A G M A R H Ü P P E R , Auftraggeber, Schreiber und Besitzer von Sachsenspiegel-Handschriften, in: Der Sachsenspiegel als Buch. Vorträge und Aufsätze, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D D A G M A R H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 1) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1 9 9 1 , S. 5 7 - 1 0 4 . 8 1 A D A L B E R T E R L E R , Artikel ,Klenkok, Johannes', in: H R G (wie Anm. 1 ) 2 , Berlin 1 9 7 8 , Sp. 8 7 5 - 8 7 6 ; RUTH S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel J o h a n n Klenkok', in: Neue Deutsche Biographie, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften X I I , Berlin 1 9 7 0 , S. 4 3 - 4 4 ; A D O L A R Z U M K E L L E R , Artikel ,Klenkok, Johannes', in: VL (wie Anm. 49) 4, Berlin New York 1 9 8 3 , Sp. 1 2 0 6 - 1 2 1 3 und jetzt auch: U L R I K E L A D F . - M E S S E R S C H M I E D , Die articuli reprobati des Sachsenspiegels. Zur Rezeption eines Rechtstextes, in: Der Sachsenspiegel als Buch (wie Anm. 8 0 ) S. 1 6 9 - 2 1 7 .

72

Rolf

Bewegung gekommen, wozu die Herausbildung territorialer Gewalten sowie die Gründung zahlreicher Städte und Dörfer wesentlich beigetragen haben. Zunächst waren es die Städte, die teils in Einvernehmen, teils in Auseinandersetzung mit dem jeweiligen territorialen Fürsten ihre wirtschaftliche Macht zu einer politisch-rechtlichen Eigenständigkeit weiterführen wollten und die es immerhin erreichten, daß sie aus der bisher für das ganze Land geltenden Gerichtsverfassung herausgelöst wurden. Ausgangspunkt und bald wichtiges Zentrum dieser Entwicklung war in dieser Region die Stadt Magdeburg, die schon am Ende des 10. Jahrhunderts ein bekanntes Kaufmannsrecht besaß, das anderen Städten, besonders Neugründungen, als Muster empfohlen wurde 8 2 , wie aus einer Urkunde Kaiser Ottos III. für Quedlinburg vom 23. November 994 hervorgeht 83 . Magdeburg entwickelte im Laufe der Zeit vorbildliche städtische Organisationsformen und eine eigene Gerichtsverfassung. In einem längeren Prozeß bildete sich dort ein Stadtrecht heraus, dessen Kern zwar aus dem Marktrecht bestand, das aber auch das seit dem 12. Jahrhundert im Raum ostwärts von Elbe und Saale entstandene Siedlerrecht berücksichtigte. Im Gegensatz zum lübischen Recht, das, verbunden mit der Ratsverfassung, im Kern Kaufmannsrecht war, stellt sich das Magdeburger Recht, ein Schöffenrecht, als das Recht eines Mischsystems von Stadt, Markt und befreiter Dorfsiedlung dar, das noch erhebliche Berührungspunkte zum Landrecht aufweist 84 , was für die weitere Entwicklung von besonderer Bedeutung sein sollte.

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Das Privileg des Erzbischofs Wichmann und das Magdeburger Recht (Sitzungsberichte der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Klasse, Bd. 130, 3) Berlin 1990, S.6, 10. Allerdings weist K A R L K R O E S C H E L L , Bemerkungen zum „Kaufmannsrecht" in den ottonisch-salischen Markturkunden, in: Untersuchungen zu Handel und Verkehr der vor- und frühgeschichtlichen Zeit in Mittel- und Nordeuropa, Teil III: Der Handel des frühen Mittelalters (Abhandlungen der Akademie der Wiss. in Göttingen, Phil.-hist. Klasse, Dritte Folge, Nr. 150) Göttingen 1985, S.418-430 darauf hin, daß um diese Zeit von einem Recht in objektivem Sinne noch nicht gesprochen werden kann. R O L F LIEBERWIRTH,

83 Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, hg. von der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, II, 2: Die Urkunden Otto des III. ( M G H D D regum et imperatorum Germaniae II, 2) Berlin 2 1957, S.566f., Nr. 155. 8 4 G E R H A R D D I L C H E R , Artikel ,Stadtrecht', in: H R G (wie Anm. 1 ) Sp. 1 8 6 3 - 1 8 7 3 , hier Sp. 1 8 6 8 .

Lieberwirth

Seit dem 10. Jahrhundert wird in Urkunden verschiedentlich auf Magdeburger Recht verwiesen, sein Inhalt blieb aber der modernen Forschung weitgehend verschlossen. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts setzt eine rasche Verbreitung des Magdeburger Rechts östlich der Elbe-Saale-Linie ein. Bis zur Entstehung des Sachsenspiegels sind die Städte Halle, Leipzig, Stendal, Jüterbog und Brandenburg vom jeweiligen Territorialherrn mit Magdeburger Recht bewidmet worden. Diese Städte begannen im weiteren Verlauf des Ausbreitungsprozesses selber als Oberhöfe für neugegründete Städte ihrer Umgebung zu fungieren. Aber nicht nur Städten, sondern auch größeren und kleineren Kolonistendörfern wurde Magdeburger Recht verliehen. So setzte Erzbischof Wichmann von Magdeburg (vor 1116-1192), einer der großen Kolonisatoren dieses Raumes, Poppendorf, auf dem rechten Elbufer gegenüber von Magdeburg gelegen, und die geplante Marktsiedlung Großwusterwitz, südwestlich von Brandenburg, auf Magdeburger Recht. Dieser geistliche Fürst hat als Stadtherr von Magdeburg darüber hinaus das Magdeburger Recht mit dem Privileg von 1188 in einigen Punkten modernisiert, so daß erstmals etwas Näheres über den Inhalt dieses Stadtrechtes bekannt wurde 8 5 . Er hat ferner die Gerichtsverfassung dieser Stadt neu geordnet 86 . So wurde die Gerichtsbarkeit des Schultheißen auf das Gebiet der Altstadt beschränkt und für das Suburbium und die nichtbürgerliche Bevölkerung ein Untervogt, der spätere „Möllenvogt", bestellt; schließlich wirkte Wichmann insofern auf die Organisation der Schöffen ein, als er deren Zahl von fünf auf elf zuzüglich des Schultheißen erweiterte. Es entstand auf diese Weise das Schöffenkollegium mit Selbstergänzungsrecht. Am Anfang des 13. Jahrhunderts bat der polnische Herzog Heinrich I. von Schlesien um eine Abschrift des Wichmannschen Privilegs von 1188, das er im Jahre 1211 seiner gerade gegründeten Stadt Goldberg (Zlotaryje) als maßgebende Rechtsgrundlage übersandte. Vermutlich schon wenig später erging eine undatierte

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(wie Anm. 82) S. 3f.; in den Vagantenliedern der Carmina burana wird Erzbischof Wichmann als „Meister des Friedens" gefeiert, vgl. W I N F R I E D T R U S E N , Die Rechtsspiegel und das Kaiserrecht, in: Z R G GA (wie Anm.56) 102, 1985, S. 12-59, S.25. 86 R U D O L F S C H R A N I L , Stadtverfassung nach Magdeburger Recht - Magdeburg und Halle (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, hg. von O T T O VON GIERKE, H e f t 125) Breslau 1915, S.50f., 91. LIEBERWIRTH

73

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels Rechtsweisung an die Stadt Goldberg 8 7 , woraus hervorgeht, daß dieser Fürst seine Stadt mit Magdeburger Recht bewidmet hat. Um dieselbe Zeit wird in Böhmen und Mähren den Städten Freudental (Bruntäl) und Mährisch-Neustadt (Uncov) Magdeburger Recht verliehen 88 . Auf den Haupthandelswegen erreichte das Magdeburger Recht über das östliche Havelgebiet (Spandau 1232) die Oder. Im Norden erhielten zunächst Prenzlau (1235), dann aber Stettin (1237), in der Mitte Guben (1235) und im Süden Neumarkt bei Breslau Halle-Magdeburger Recht. Das relativ frühe Erreichen der unteren Weichsel hängt mit einer besonderen politischen Situation zusammen. Herzog Konrad von Masowien versprach dem Deutschen Orden als Gegenleistung für militärische Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen das Kulmer Land 8 9 . In der Kulmer Handfeste von 1233 wurde den Neugründungen Kulm und Thorn sowie später allen Städten des Deutschordenslandes Magdeburger Recht verliehen 90 . Dieses Recht wird erst zwanzig Jahre später im Jahre 1253 der etwas südlicher gelegenen großpolnischen Stadt Posen (Poznari) im Lokationsprivileg erteilt. Nach weiteren vier Jahren erhielt erstmals Krakau (Krakow) Breslauer Recht, wie es von Magdeburg dorthin verliehen wurde 9 1 . Es zeigt sich erneut, daß einflußreiche geistliche und weltliche Territorialfürsten aus der Notwendigkeit heraus, Kaufleute und Siedler zur wirtschaftlichen Belebung ins Land holen zu müssen, ein vorteilhaftes Siedlerrecht, allgemein ius Theutonicum genannt, gewährten, wobei als Muster auch das Magdeburger Recht gewählt wurde, das sich dann unter allen Siedlerrechten am besten durchgesetzt hatte. Dabei spielte wohl eine wesentliche Rolle, daß unter Magdeburger Recht nicht allein das ius fori, das Marktrecht mit allen seinen Freiheiten, und die Selbstverwaltung der Bürgergemeinde, sondern auch die Organisationsformen

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89 90 91

Die Anfänge der Schöffen, Bürgermeister und Ratmannen zu Magdeburg, in: ZRG GA (wie Anm.56) 65, 1947, S. 70-85, hier S.80. J I R I K E J R , Stadtverfassung und Stadtrecht in Böhmen, in: Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europäischen Geschichte, hg. von W A L T E R S C H L E S I N GER (Vorträge und Forschungen XVIII) Sigmaringen 1975, S. 439-470, hier S.445. H A N S H U B E R T H O F M A N N , Artikel ,Deutscher Orden', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp.698-702. B R I G I T T E K Ö H L E R , Artikel ,Kulmer Handfeste', in: H R G (wie Anm. 1) 2, Berlin 1978, Sp. 1244-1246. L I E B E R W I R T H (wie Anm.46) S.5, 9, 10. THEODOR GÖRLITZ,

der Stadtbehörden und der Gerichtsverfassung in allen ihren Wandlungen zu verstehen sind, nicht selten verbunden mit der Exemtion der Neusiedler aus der örtlichen und Zubilligung einer eigenen Gerichtsbarkeit. Diese Berechtigungen waren für die Gebiete östlich der Elbe neu und besaßen als praktikable Lösungen eine außerordentlich große Anziehungskraft, wie der sich rasch vollziehende Ausbreitungsprozeß dieses bevorzugten Stadtrechtes bezeugt. Für die weitere Entwicklung bedeutet das Jahr 1235 insofern einen Einschnitt, als die schlesische Stadt Neumarkt in diesem Jahr von den hallischen Schöffen eine Rechtsmitteilung erhielt, die rein magdeburgisches und rein hallisches Recht vermittelte 92 , aber erstmalig auch auf den kurz zuvor entstandenen Sachsenspiegel verwies, woraus hervorgeht, daß den Schöffen ein Exemplar des Sachsenspiegels zur Verfügung gestanden haben muß und daß ihnen seine Bestimmungen in verschiedener Hinsicht auch auf städtische Verhältnisse anwendbar erschienen. Diese erste Berührung von Magdeburger Recht und Sachsenspiegel sollte zukunftweisend sein. Allerdings zeichnete es sich sehr bald ab, daß diese Gemeinsamkeit besonders in den Neusiedelgebieten zu verzeichnen ist. Dort ging die Ausbreitung des Magdeburger Rechts mit der des Sachsenspiegels Hand in H a n d , was in Richtung Westen nur selten und wohl mit anderer Zielstellung der Fall war. Die Benutzung des Sachsenspiegels in Rechtsaufzeichnungen des Altsiedelgebietes zeigt sich im Entstehungsjahrhundert zuerst in den Stader Annalen für das J a h r 1240, die von dem am Ende seines Lebens dem Franziskanerkonvent angehörenden Benediktinerabt Albert von Stade verfaßt worden waren. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er den Sachsenspiegel durch Vermittlung der Franziskaner in Magdeburg kennengelernt hat, die ein Vierteljahrhundert später über einen anderen Ordensbruder auch die Übertragung des Sachsenspiegels ins Oberdeutsche ausgelöst und damit die Vorlage für den Deutschenspiegel und für den Schwabenspiegel gegeben haben 9 3 . Dieses Tochterrechtsbuch hat sich dann ein eigenes Ausbreitungsgebiet erschlossen. Auch das Braunschweiger Fürstenweistum von 1252 über Königswahl und Kaiserkrönung läßt eine bestimmte Textfassung des Sachsenspiegels durchschei-

92

S C H U B A R T - F I K E N T S C H E R , Die Verbreitung der deutschen Stadtrechte in Osteuropa (Forschungen zum deutschen Recht IV, 3) Weimar 1942, S. 192. 93 Hierzu und zum folgenden K R O E S C H E L L , Rechtswirklichkeit (wie Anm. 8) S.7. GERTRUD

74

Rolf

nen 94 . Es ist schon darauf hingewiesen worden 9 5 , daß das Hamburger Ordeelbook von 1270 den Sachsenspiegel in einer erweiterten Form benutzt hat. Davon sind einige Zitate in das bremische Stadtrecht von 1303 übernommen worden. Doch in anderen Rechtsaufzeichnungen, zumal in den ersten Stadtrechten dieses Raumes, finden sich keine sicheren Spuren des Sachsenspiegels. Die handschriftliche Verbreitung dieses Rechtsbuches scheint im 13. Jahrhundert gering gewesen zu sein. Neben drei Fragmenten 96 , deren Entstehungsort noch nicht bekannt ist, sind drei vollständige Handschriften überliefert. Eine von ihnen mit dem Sachsenspiegel-Landrecht ist bedauerlicherweise verschollen. Sein Text ist 1296 von einem Kleriker aus der Diözese Bremen, Jordanus von Bekke, aufgezeichnet worden, wie aus dem Kolophon hervorgeht 97 . Ein Jahr zuvor entstand die älteste datierte Handschrift des Sachsenspiegels, der sog. Harffer Sachsenspiegel 98 , eine Übertragung eines niedersächsischen Originals in kölnische Mundart. Neben Landrecht und Lehnrecht enthält diese Handschrift 19 Artikel Magdeburgischen Rechts 99 . Der Sachsenspiegel hat in diesem Jahrhundert aber nicht nur den Mittelrhein, sondern auch den Niederrhein erreicht, was indirekt aus sechs niederländischen Handschriften der ältesten Textklasse hervorgeht, die zwar erst im 14. Jahrhundert entstanden sind, aber auf ältere Vorlagen zurückgehen. Ob diese schon dem 13. Jahrhundert angehört haben, ist nicht sicher, aber zu vermuten, weil schon ein flandrisches Gedicht aus dem 13. Jahrhundert von einem duutsce loy spricht, in dem die Leibeigenschaft auf Unrechte Gewalt zurückgeführt wird, womit nur der Sachsenspiegel gemeint sein kann 1 0 0 . Zu den ältesten überlieferten Handschriften gehört auch die mitteldeutsche Quedlinburger Handschrift 1 0 1 . Sie ist

94 Ebd. 95 Ebd. 96

HOMEYER N r . 71,

-

BORCHLING

145, 635; -

OPITZ

BORCHLING

-

-

97

HOMEYER

98

MÄRTA ÄSDAHL HOLMBERG,

N r . 18; O P I T Z

VON

GIERKE

(wie

A n m . 9)

(wie A n m . 9) N r . 142, 78, VON

GIERKE

(wie

829.

A n m . 9)

(wie A n m . 9) N r . 21.

Lieberwirth

zwar erst am Ende des 13. Jahrhunderts entstanden, soll aber auf eine Vorlage aus dem Jahre 1246/47 zurückgehen 102 , womit sie der ersten deutschen Sachsenspiegelfassung Eikes am nächsten kommt. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß der verschollene Urtyp der Bilderhandschriften ebenfalls im letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts entstanden sein soll. Es spricht vieles dafür, daß im 13. Jahrhundert mehr Handschriften als nur die überlieferten vorhanden gewesen waren, was allerdings noch nicht zu beweisen, nur zu vermuten ist, weil die Rechtsaufzeichnungen, die auf Sachsenspiegelvorlagen zurückgegriffen haben, räumlich weit auseinander liegen. Das gilt allein schon für das Altsiedelgebiet, fällt aber noch schwerer ins Gewicht, wenn man den Blick in die Ostgebiete lenkt. Im Jahre 1261 erging eine Rechtsmitteilung der Ratmannen und Schöffen von Magdeburg an die Stadt Breslau, in der nicht nur Auszüge aus dem Sachsenspiegel enthalten waren, sondern mit der auch ein Exemplar des Sachsenspiegels übersandt worden sein mußte, wie Kroeschell einleuchtend nachgewiesen hat 1 0 3 . Um dieselbe Zeit übersetzte der deutsche Notar Magister Konrad von Oppeln im Auftrag des Breslauer Bischofs Thomas II. den Sachsenspiegel ins Lateinische. Davon wurde 1308 eine Handschrift für die Stadt Krakau hergestellt. Innerhalb von achtzig Jahren nach seiner Entstehung hat der Sachsenspiegel in einzelnen Bestimmungen und sogar in vollständigen Handschriften Gebiete erreicht, die weit von seinem Entstehungsgebiet zwischen Magdeburg und Halle entfernt sind: Hamburg, Bremen und Stade im Norden, Augsburg im Süden, Köln und die Grafschaft Holland im Westen sowie Breslau und Krakau im Südosten 1 0 4 . Von einer gleichmäßigen Verbreitung kann selbstverständlich keine Rede sein. Der Be- t darf an aufgeschriebenem Recht im Einzelfall oder generell wird ebenso eine Rolle gespielt haben wie ein zufällig vorhandenes oder vielleicht schon angefordertes Sachsenspiegel-Exemplar. Für die Verbreitung sorgten die Schöffen von Halle und Magdeburg sowie die Franziskaner in Magdeburg. Der Interessentenkreis ist sicher nicht unter den Richtern und Schöffen im Ding zu suchen, sondern in Kanzleien, Ratsstuben und geist-

D e r H a r f f e r Sachsenspiegel 1295 (Lunder germanist. Forschungen 32) Lund

von 1957. 99

HOMEYER

-

BORCHLING

N r . 521; O P I T Z 100

KASPERS

101

HOMEYER

(wie

-

VON

GIERKE

(wie

Anm.9)

(wie A n m . 9) N r . 1036.

A n m . 56)

S. 3 8 ;

ECKHARDT

(wie

Anm.7)

(wie

Anm.9)

1006;

ECKHARDT ( w i e A n m . 7 ) S. 53. KROESCHELL,

-

BORCHLING

OPITZ

-

VON

GIERKE

(wie A n m . 9 ) N r . 6 5 7 .

Rechtsbücherüberlieferung

(wie

Anm. 8)

S.7. 104

S. 5 2 .

Nr.

102

103

Eike von Repchow und der Sachsenspiegel (Sitzungsberichte der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Kl., Bd. 122, 4) Berlin 1982, S.44.

R O L F LIEBERWIRTH,

Die Wirkungsgeschichte

75

des Sachsenspiegels

liehen Gerichten 1 0 5 , in denen der U m g a n g mit U r k u n den und mit schriftlich fixiertem Recht zum Gewohnten zählte. Von hieraus könnte auch die Anregung zu weiteren Rechtsaufzeichnungen gekommen sein, die ebenfalls in diesem Raum ihren Anfang nahmen, wobei sich neben dem zweifellos vorhandenen Bedarf auch die Vorbildwirkung des Sachsenspiegels ausgewirkt haben wird. Die seit Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzende und immer stärker werdende Verbreitung des Magdeburger Rechts östlich der Elbe-Saale-Linie machte schließlich seine Aufzeichnung nötig, und so entstanden in einem längeren P r o z e ß die Rechtsbücher Magdeburger Rechts 1 0 6 . Sie nahmen mit der zwischen 1235 und 1250 entstandenen Weichbildchronik ihren Anfang. Ihr folgte das zwischen 1257 und 1261 in M a g d e b u r g oder Halle entstandene Weichbildrecht, auch Rechtsbuch von der Gerichtsverfassung genannt. In ihm ist der Sachsenspiegel frei benutzt worden. Eine verkürzte Form begegnet in Schlesien und wurde ins Lateinische übersetzt. Unter den erweiterten Formen befindet sich auch das T r o p p a u e r Rechtsbuch. Zu den ersten Magdeburger Rechtsbüchern gehört ferner das um 1270 entstandene Schöffenrecht, das von Konrad von Sandomir ebenfalls ins Lateinische übersetzt wurde. Aus Weichbildchronik, Weichbildrecht und Schöffenrecht unter Ansetzung von Novellenschichten kam mit der Weichbildvulgata um 1300 ein neues Rechtsbuch in Gebrauch. Die Verbreitung von Sachsenspiegel-Texten und die Entwicklung von Rechtsbüchern auf der Grundlage von Sachsenspiegel und Magdeburger Recht setzen sich im 14. J a h r h u n d e r t in zunehmendem M a ß e fort. Die Zahl der Landrechts-Texte ist mindestens um das Zehnfache gestiegen, wovon 2 / 3 unglossiert und 1 / 3 glossiert sind 1 0 7 . Spezielle Formen der Magdeburger Rechtsbücher sind f ü r Schlesien und f ü r den Deutschordensstaat entwickelt worden. So entstand zwischen 1359 und 1386 in Breslau das Systematische Schöffenrecht 1 0 8 , woraus mit dem Glogauer Rechtsbuch von 1386 ein Tochterrechtsbuch und in einer preußischen Bearbei-

tung der Alte Kulm (um 1394) 1 0 9 hervorgegangen sind. Am Ende des 14. J a h r h u n d e r t s wurden vermutlich in T h o r n erneut Rechtsmitteilungen und Schöffensprüche auf der Grundlage eines Krakauer Urteilsbuches und einer T h o r n e r Sammlung zu einem neuen Rechtsbuch unter dem Titel Magdeburger Fragen (zwischen 1386 und 1400) zusammengestellt 1 1 0 . W ä h r e n d in den Magdeburger Rechtsbüchern des 14. Jahrhunderts nur indirekt Berührungspunkte mit dem Sachsenspiegel bestehen, sind zu dieser Zeit einige Stadtrechtsbücher entstanden, die sowohl Bestimmungen des Sachsenspiegels als auch des Magdeburger Rechts übernommen haben. Das älteste von ihnen ist das vor 1348 begonnene und um 1358 abgeschlossene Zwickauer Stadtrechtsbuch, in dessen jüngere Teile einzelne Bestimmungen des Weichbildrechts, des Sachsenspiegel-Landrechts sowie des Sachsenspiegel-Lehnrechts eingegangen sind 1 1 1 . Während das Zwickauer Stadtrechtsbuch nur in einer H a n d s c h r i f t überliefert ist, sind von dem wenig später, vermutlich zwischen 1357 und 1387 entstandenen Meißener Rechtsbuch 1 1 2 noch ungefähr 100 Handschriften erhalten. Für dieses Rechtsbuch finden sich auch die Bezeichnungen: Rechtsbuch nach Distinktionen, unrichtig Schlesisches Landrecht und Vermehrter Sachsenspiegel. Vermutlich in der M a r k g r a f s c h a f t Meißen geschrieben, sollte es nach dem Willen des Verfassers auch Geltung f ü r das Osterland, das Pleißner Land und das Vogtland besitzen, weil diese Gebiete Mitte des 14. J a h r h u n d e r t s erstmals unter eine H e r r s c h a f t geraten waren, aber kein einheitliches Recht besaßen 1 1 3 . Sehr schnell fand dieses Rechtsbuch über den vorgesehenen territorialen R a h men hinaus weiteste Verbreitung in Sachsen, T h ü r i n gen, Brandenburg, Westfalen, Polen und Böhmen. Als Quellen dienten das Sachsenspiegel-Landrecht, das

109

KROF.SCHELL,

Rechtsbücherüberlieferung

(wie

Anm.8)

S.8. 106

HOMEYER -

107

NOWAK

E C K H A R D T (wie Anm. 9) S. *30ff. (wie Anm. 1 0 ) S . 6 7 ff. führt 9 4 LandrechtsHandschriften aus dem 14. Jh. an, bei weiteren 20 ist die Datierung zweifelhaft. Da die Handschriften zuweilen mehrere Texte enthalten, ergeben sich 87 unglossierte und 34 glossierte.

108

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A N M . 9 )

S.*33F.

S. * 3 5 ;

PETER JOHANEK,

Artikel ,Glogauer Rechts-

b u c h ' , in: V L (wie A n m . 4 9 ) S p . 5 9 F . ; DERS., Artikel .Al-

ter Kulm', in: VL (wie Anm. 49) 1, Berlin - New York 1978, Sp. 2 6 7 - 2 6 9 .

110

105

Ebd.

E C K H A R D T (wie Anm.9) S.*35f.; P E T E R J O HANEK, Artikel ,Magdeburger Fragen', in: VL (wie Anm.49) 5, Berlin - New York 1985, Sp. 1127-1130. 111 H O M E Y E R - E C K H A R D T (wie Anm.9) S.*37. 112 D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel ,Meißener Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm. 1) 3, Berlin 1984, Sp. 461-463; H E L G A R D U L M S C H N E I D E R , Artikel , Meißner Rechtsbuch', in: V L (wie Anm.49) 6, Berlin - New York 1987, Sp.326-329. 113 W I L H E L M W E I Z S Ä C K E R , Die Verbreitung des Meißner Rechtsbuches im Osten, in: Deutsches Archiv für Landesund Volksforschung 5. Jg., 1941, S. 26 ff. HOMEYER -

76

Rolf

Magdeburger Weichbildrecht, das Goslarer Stadtrecht sowie das Zwickauer Stadtrechtsbuch. In 17 Handschriften liegt das Rechtsbuch in tschechischer Ubersetzung vor 1 1 4 . Es war selber Quelle für das ältere Eisenacher Rechtsbuch (um 1387) 115 und Behelf für das Elbinger Rechtsbuch, das möglicherweise als deutsche Ubersetzung eines älteren polnischen Rechtsbuches anzusehen ist 116 . Zu einem Teil hat das Meißener Rechtsbuch auch das zwischen 1389 und 1419 entstandene Posener Buch des Magdeburger und Meißner Rechts (Posener Rechtsbuch) beeinflußt 1 1 7 . Eine direkte Verschmelzung von Weichbildvulgata und Sachsenspiegel stellt das ins Slowakische übersetzte Silleiner Rechtsbuch von 1378 dar 1 1 8 , wobei zu ergänzen ist, daß die nordslowakische Stadt Sillein (Zilina) eine deutsche Stadtgründung des 13. Jahrhunderts ist. Offensichtlich haben Bedürfnisse der Praxis diese Form in der Abfassung eines Rechtsbuches ausgelöst. Eine weitere Abweichung von der bisher üblichen Gestaltung eines Stadtrechtsbuches mit wörtlicher Übernahme mehr oder weniger vollständiger Bestimmungen des Sachsenspiegels, der entweder gar nicht oder nur allgemein als Quelle genannt ist, nahm der Redaktor des nach 1370 geschriebenen Herforder Rechtsbuches vor. Er weist durchgängig auf die benutzte Sachsenspiegelstelle hin 1 1 9 , was darauf hindeutet, daß der Sachsen-

114

115 116

117 118

119

Sp.461. Artikel ,Eisenacher Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp.914-915. W I T O L D M A I S E L , Das Rätsel des Elbinger Rechtsbuches, in: Deutsches Recht zwischen Sachsenspiegel und Aufklärung. Rolf Lieberwirth zum 70. Geburtstag (Rechtshistorische Reihe Band 80) Frankfurt/Main - Bern New York - Paris 1990, S. 47-52, hier S.49. D I E T L I N D E M U N Z E L , Artikel ,Posener Rechtsbuch', in: H R G (wie Anm. 1) 3, Berlin 1984, Sp. 1831-1832. Das Stadtrechtsbuch von Sillein. Einleitung, Edition und Glossar von I L P O T A P A N I P I I R A I N E N , Berlin - New York 1972. Rechtsbuch der Stadt Herford. Vollständige FaksimileAusgabe im Original-Format der illuminierten H a n d schrift aus dem 14. Jahrhundert, Kommentarband, hg. von T H E O D O R H E L M E R T - C O R V E Y , Bielefeld 1989; D A G M A R HÜPPER, Das Herforder Rechtsbuch und sein Verhältnis zum Sachsenspiegel, in: Niederdeutsches Wort 29, 1989, S.47-60, S.49. Mit: Der Quakenbrücker Sachsenspiegel von 1422, hg. von O T T O ZU H O E N E , San Francisco 1969 liegt eine weitere Ausgabe einer westfälischen Sachsenspiegelhandschrift vor; auf eine bisher wenig beachtete Sachsenspiegel-Handschrift mit Glosse aus dem Jahre 1439, verwahrt im Archiv der Stadt Haltern, macht Ruth MUNZEL

(wie Anm.

ANNA HEDWIG

112)

Lieberwirth

Spiegel auch in dieser westfälischen Stadt und darüber hinaus als Autorität anerkannt war. Das große Interesse am Sachsenspiegel und seine zunehmende Verbreitung scheint bei einigen Vertretern der Kirche Mißtrauen erregt zu haben, wofür es um die Mitte des 14. Jahrhunderts deutliche Anzeichen gibt. So macht Papst Innozenz VI. in einem Schreiben an Kaiser Karl IV. vom 15. Oktober 1356 auf Schismatisches und Häretisches im Sachsenspiegel aufmerksam 120 . Es scheint keine entscheidenden nachteiligen Wirkungen gezeitigt zu haben, wie letztlich auch die Verdammung von 14 Sachsenspiegel-Artikeln in der Bulle Salvator humani generis von Papst Gregor XI. am 7. April 1374 (articuli reprobati) auf Betreiben des apostolischen Pönitentiars Johannes Klenkok 1 2 1 . Er konnte vermutlich nicht verwinden, daß seine und seines Bruders Verfügung über Eigengut zugunsten eines Klosters 1343 von einem Schiedsspruch als unwirksam bezeichnet wurde, weil sie nach Sachsenspiegel-Landrecht I 52 § 1 ohne die Zustimmung der erbberechtigten Verwandten erfolgt war (Erbenlaub) 1 2 2 . Der weltliche Schiedsrichter bezeichnete dabei den Sachsenspiegel als statutum ius Saxonum, womit er nach der geltenden Rechtsquellenlehre ohne eines weiteren Beweises anwendbar war. Die articuli reprobati fehlen zwar in den jüngeren Handschriften, was diesem Rechtsbuch jedoch keinen Abbruch getan hat. Im übrigen hatte sich die Stadt Magdeburg gegen die Kränkung des sächsischen Rechts verwahrt, was die enge Verbindung dieser Stadt mit dem Sachsenspiegel unter Beweis stellt.

BENNA,

Es gehörte offensichtlich zu den Gepflogenheiten der Städte Magdeburger Rechts, nicht nur für den Einzelfall um Rat bei der Mutterstadt oder dem zuständigen Oberhof nachzusuchen, sondern sich auch ein Exemplar des Sachsenspiegels zu verschaffen, woraus dann nicht selten neue, auf die eigenen Verhältnisse zugeschnittene Rechtsbücher entwickelt wurden. So sind im 14. Jahrhundert auch Handschriften des Sachsenspiegels von Danzig auf dem Seeweg nach Livland und

Schmidt-Wiegand aufmerksam: S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm.5) S. 9; vgl. jetzt auch G E R H A R D S C H M I T T , Ein unbekannter Sachsenspiegel in Haltern, in: Zeitschrift für Deutsche Philologie 109, 1990, S. 381-393. 120 Urkunden und Regesten zur Geschichte der Rheinlande aus dem Vaticanischen Archiv, IV. Band, bearb. von H . V . S A U E R L A N D , Bonn 1907, S . 138, Nr.360. 121 E R L E R (wie Anm.81) Sp.875 und oben die in Anm.81 gegebene Literatur. 122 Näheres bei K R O E S C H E L L , Rechtsbiicherüberlieferung (wie Anm. 8) S. 8 f.

Die Wirkungsgeschichte

77

des Sachsenspiegels

Estland gelangt und haben neben älteren livländischen Quellen als Vorlage f ü r den livländischen Spiegel oder Spiegel Land- und Lehnrechts f ü r Livland gedient, der wiederum das Wieck-Oselsche Lehnrecht und das sog. Mittlere livländische Ritterrecht beeinflußt hat. Damit ist nunmehr eine direkte Berührung mit dem Sachsenspiegel eingetreten, nachdem einige seiner Bestimmungen schon indirekt über das H a m b u r g e r Ordeelbook nach 1279 Eingang in das Stadtrecht von Riga gefunden hatten. Als Bestandteil des 1422 als Gesetzbuch bestätigten Mittleren livländischen Ritterrechts sind Artikel des Sachsenspiegels letztlich in das Liv-, Estund Kurländische Privatrecht von 1864 und in das Lettländische Zivilgesetzbuch von 1937 eingegangen 1 2 3 . Die handschriftliche Uberlieferung des Sachsenspiegels erreicht im 15. J a h r h u n d e r t mit weiteren 156 Texten in 141 Handschriften, darunter 71 glossierten und 86 unglossierten, einen neuen Höchststand. Allerdings geht jetzt die territoriale Ausdehnung zurück, und es tritt eine Komprimierung im Gebiet zwischen Rhein im Westen, Weichsel-San im Osten, Main und den ostwärts angrenzenden Mittelgebirgen im Süden sowie Eider im N o r d e n ein. Erst die am Ende des Jahrhunderts in Basel 1474, Köln 1480, Augsburg ab 1481, Stendal 1488, Leipzig 1488 und 1490 einsetzenden Sachsenspiegeldrucke, die im deutschen Bereich zur weiteren Verdichtung beitragen, werden diesen abgesteckten Rahmen nach Osten hin überschreiten.

Mitte des 15. J a h r h u n d e r t s in D a n z i g zusammengestellt wurden. Daraus sowie aus den Neun Büchern Magdeburger Rechts, dem Meißener Rechtsbuch und den Danziger Rechtsaufzeichnungen entstand noch im 15. J a h r h u n d e r t das Danziger Schöffenbuch 1 2 5 . Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch ein Breslauer Rechtsbuch zu nennen, das vermutlich 1493 von Kaspar Popplau abgeschlossen und unter dem Namen , D e r Rechte Weg' bekannt wurde 1 2 6 . Eine wichtige Quelle f ü r dieses Rechtskompendium war mit dem Breslauer Landrecht eine Sonderform des Sachsenspiegels.

Ebenso groß wie der Bedarf an Sachsenspiegel-Texten w a r in einzelnen Gebieten das Interesse an einer systematischen Erfassung der vielfältigen rechtlichen Bestimmungen in den auf der Grundlage von Sachsenspiegel und Magdeburger Recht neu entstandenen Rechtsbüchern, deren Verfasser meist schon am römischen und kanonischen Recht wissenschaftlich geschult waren. So stellte der T h o r n e r Stadtschreiber Walter Ekhardi zwischen 1400 und 1402 aus den Magdeburger Fragen, dem Alten Kulm, dem glossierten Sachsenspiegel, dem Weichbild und dem Meißener Rechtsbuch ein neues, systematisch gefaßtes W e r k zusammen und gab ihm den N a m e n Neun Bücher Magdeburger Rechts. Dieses Rechtsbuch wurde von dem Königsberger N o t a r Albert Poelmann 1584 in einer umgearbeiteten Fassung herausgegeben, f ü r die auch die Bezeichnung Poelmannsche Distinctionen im Gebrauch ist 1 2 4 . Mit den Neun Büchern Magdeburger Rechts waren häufig die Landläufige(n) Kulmische(n) Rechte verbunden, die

Urkundliche Zeugnisse f ü r die Anwendung des Sachsenspiegels in der Rechtspraxis in Form von Gutachten oder Rechtsbelehrungen und von Schiedssachen sind im 15. J a h r h u n d e r t schwerer zu finden als in dem ebenfalls nicht besonders ergiebigen 14. J a h r h u n d e r t 1 2 8 .

Die enge Verbindung von Sachsenspiegel und M a g deburger Recht zeigt sich aber nicht nur in den erwähnten Rechtsbüchern, sondern auch in zahlreichen Handschriften. So enthalten von 84 Handschriften mit Texten des Weichbildrechts 55 zugleich auch Texte des Sachsenspiegels. Dieses Zweidrittelverhältnis kehrt auch bei den lateinischen Ubersetzungen wieder. Nicht ganz so günstig gestaltet sich das Verhältnis bei den glossierten Texten. Handschriften mit glossierten Texten des Weichbildrechtes weisen nur zur H ä l f t e glossierte Sachsenspiegeltexte auf. Aus allem ist zu schließen, d a ß praktische Bedürfnisse zur Zusammenführung beider und darüber hinaus noch weiterer Rechtsquellen geführt haben; denn es sind mit Sachsenspiegel und Weichbildrecht häufig auch Texte von Rechtsgangbüchern und vom Magdeburger Dienstmannenrecht vereint worden 1 2 7 .

2. Einschränkende Maßnahmen der Landesherrschaft Die vom Sachsenspiegel mehr oder weniger stark beeinflußten Rechtsbücher, insbesondere die Stadtrechtsbücher, lassen erkennen, d a ß ihrer Abfassung kein Schematismus zugrunde liegt, sondern d a ß sie als Ausdruck f ü r eine bewußte Berücksichtigung örtlicher Ge-

1 2 5 HOMEYER - ECKHARDT ( w i e A n m . 9 )

126 RENATE SCHELLING-SCHIEWER,

„Der

Edition eines spätmittelalterlichen

S.*37.

Rechte Weg".

Zur

Rechtskompendiums

aus Breslau, in: J a h r b u c h der Schlesischen FriedrichWilhelms-Universität

zu

Breslau,

Band

XXX,

1989,

S. 2 9 3 - 3 0 0 .

1 2 3 BLAESE ( w i e A n m . 5 5 ) . 124

HOMEYER -

ECKHARDT ( w i e A n m . 9 )

127 S. * 3 6 .

LIEBERWIRTH ( w i e A n m . 8 2 ) S. 2 7 .

1 2 8 KROESCHELL, R e c h t s a u f z e i c h n u n g ( w i e A n m . 8 ) S. 3 7 4 .

78

Rolf

gebenheiten und für die Bemühungen um die Weiterentwicklung des Rechts anzusehen sind. Träger dieses Prozesses waren bei durchaus unterschiedlichen Herrschaftsstrukturen lange Zeit die Städte. So spielten im Elbe-Saale-Gebiet und ostwärts davon anfangs die Stadtherren eine wichtige Rolle, insbesondere diejenigen, die schon relativ erfolgreich nach Territorialherrschaft strebten. Von ihnen ging es aus, daß ihre Neugründungen mit dem ältesten Stadtrecht dieses Raumes, mit Magdeburger Recht, bewidmet wurden, und sie bewilligten den Rechtszug nach Magdeburg, obwohl diese Stadt nicht in ihrem, sondern im Herrschaftsgebiet des Erzbischofs von Magdeburg lag. Als dann die große Zeit der Städte anbrach, waren viele von ihnen an Handschriften des Sachsenspiegels, insbesondere seines Landrechts als einer übergreifenden Rechtsquelle interessiert. Zugleich konnte dieses Rechtsbuch als Muster dienen, wenn das eigene Stadtrecht, ergänzt durch Sammlungen von Schöffensprüchen ihrer Rechtshonoratioren, ebenfalls nach Aufzeichnung verlangte. Auf diese Weise wurden Sachsenspiegel, Schwabenspiegel und Kleines Kaiserrecht in städtisches Recht und in städtische Rechtsaufzeichnungen integriert, wie überhaupt seit dem späten 13., vor allem aber im 14. und 15. Jahrhundert mit einer Angleichung von Stadt- und Landrecht zu rechnen ist 129 . Parallel dazu laufen schon die ersten Bemühungen der Territorialfürsten, auf das sächsisch-magdeburgische Recht Einfluß zu nehmen, was im Verlaufe der Entwicklung zu Veränderungen führen mußte. Die ersten Ansätze einer Einflußnahme sind schon früh zu finden. Sie betreffen durchaus noch nicht den Inhalt des Magdeburger Rechts oder des Sachsenspiegels, sondern sie zeigen das Bemühen der Landesherren, die Urteilsfindung im eigenen Herrschaftsbereich von eigenen Gerichten vornehmen zu lassen; denn das Gericht war Ausdruck ihrer Herrschaft. So bestanden die ersten Maßnahmen darin, im eigenen Einflußgebiet Oberhöfe einzurichten und das Schöffenkollegium in Magdeburg gewissermaßen erst in letzter Instanz tätig werden zu lassen. Mit der Ausdehnung ihres Herrschaftsbereiches bestimmten ζ. B. die Markgrafen von Brandenburg ihre Städte Brandenburg, Spandau u. a. zu Oberhöfen, ebenso die Markgrafen von Meißen die Stadt Leipzig. Diese Orte waren eine Art Zwischeninstanz zu Magdeburg. Der nächste entscheidende Schritt erfolgte anderthalb Jahrhunderte später im Jahre 1358 mit dem Verbot des Rechtszuges nach Mag-

129

DILCHER

(wie Anm.84) Sp. 1870.

Lieberwirth

deburg durch den polnischen König Kasimir den Großen, der zwei Jahre zuvor ein eigenes Obergericht für die kleinpolnischen Städte Magdeburger Rechts errichtet hatte. Diese Maßnahme richtete sich durchaus nicht gegen das Magdeburger Recht und den Sachsenspiegel; denn die nationalen Vorstellungen des polnischen Königs von einem einheitlichen Recht schlugen sich 1367 im Statut von Wislica nieder, das weitgehend auf Magdeburger Recht basierte und unter dem Titel „Rechtsbuch des Königs" die Funktion eines Rechtsbuches für den Krakauer Oberhof iuris Theutonici übernahm 1 3 0 . König Kasimir der Große veranlaßte ferner, daß ein Exemplar des Sachsenspiegels auf seinem Schloß in Krakau hinterlegt wurde, um ihm in seinem Königreich Geltung zu verschaffen 131 . Es ging diesem Fürsten also nur darum, den Einfluß von außen auf die Rechtsprechung in seinem Reich, im Konkreten die Urteilsfindung durch das Magdeburger und durch das ebenfalls nicht mehr zu seinem Reich gehörende Breslauer Schöffenkollegium zurückzudrängen. Zu den politischen Gründen kamen auch noch wirtschaftliche. Die Kosten für Rechtszug und Rechtsbelehrung sollten in die einheimischen Kassen fließen. Dreißig Jahre später (1387) hat dann auch Wenzel, König im deutschen Reich und in Böhmen (als Wenzel IV.), für die Städte Magdeburger Rechts in seinen böhmisch-mährischen Ländern den Rechtszug über den Oberhof Leitmeritz 1 3 2 hinaus nach Magdeburg unterbunden 133 . Im deutschen Reich zeichnete sich nach dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts eine ähnliche Entwicklung ab. Der Rechtszug nach Magdeburg zur Einholung von Rechtsweisungen oder Schöffensprüchen war bis dahin für die wettinischen Territorien eine Selbstverständlich-

130

(wie Anm. 92) S . 287 in Verbindung mit S . 260 f.; L U D W I G LYSIAK, Uber den sogenannten Gerichtshof der sechs Städte in Krakau, in: Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts (wie Anm.46) S. 122-127; DERS., Höhere Gerichte des deutschen Rechts in Polen, in: Rechtsbehelfe, Beweis und Stellung des Richters im Spätmittelalter, hg. von W O L F G A N G S E L L E R T , Köln - Wien 1985, S.21-33.

SCHUBART-FIKENTSCHER

Die Aufnahme des deutschen Rechtes in Polen, in: Bulletin de la Societe des Sciences et des Lettres de Lodz, Vol. X X , 4, 1970, S. 1. 132 O T T O P E T E R K A , Leitmeritz und das Magdeburger Recht, in: Festschrift 1227/1927 Stadt Leitmeritz. Festschrift zur Feier des 700jährigen Bestandes als Stadt, hg. vom Festausschuß, Leitmeritz 1927, S. 79 ff. 1 3 3 FRITZ MARKMANN, Zur Geschichte des Magdeburger Rechts, Stuttgart - Berlin 1938, S.47. 1 3 1 J O Z E F MATUSZEWSKI,

79

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels keit, weil im Magdeburger Schöffenkollegium ein „alter Sächsischer Schoppen-Stuhl" gesehen wurde 1 3 4 . Nachdem der Wettiner Friedrich der Streitbare 1423 mit dem Herzogtum Sachsen und der Kurwürde belehnt worden war, nahmen er und nach seinem Tode (1428) besonders sein Sohn Friedrich II., der Sanftmütige, die innere Festigung der Landesgewalt in Angriff. Dazu gehörte nach ihrer Ansicht auch die Unterbindung des Rechtszuges nach Magdeburg. Kurfürst Friedrich II. und Landgraf Friedrich von Thüringen, einer wettinischen Nebenlinie, untersagten durch eine Verordnung vom 13. November 1432 135 die Befragung der Magdeburger Schöffen. Auch für Hessen (1455) und für Mainz (1527/28) ergingen ähnliche Verbote 1 3 6 . Diese Maßnahmen dienten ausschließlich der Zurückdrängung der gutachterlichen Tätigkeit von Schöffenkollegien, die ihren Sitz außerhalb des Landes hatten. Sie waren in allen Fällen nicht grundsätzlich gegen das dort angewandte Recht gerichtet. Doch bald darauf sollte sich entscheiden, ob und wie Magdeburger Recht und Sachsenspiegel in den Aufbau der Landesgewalt einbezogen wurden. Beim Magdeburger Recht muß darauf geachtet werden, ob das einst in Magdeburg selbst angewandte Recht zugrunde gelegt wird oder das, was aus ihm gemacht, oder schließlich, was für Magdeburger Recht ausgegeben wurde 1 3 7 . Diese Unterscheidungen fallen beim Sachsenspiegel kaum ins Gewicht. Doch auch hier müssen entwicklungsbedingte Veränderungen beachtet werden.

3. D a s s ä c h s i s c h - m a g d e b u r g i s c h e R e c h t in O s t e u r o p a Der Sachsenspiegel verkörperte im Zeitpunkt seiner Entstehung den Entwicklungsstand des sächsischen Rechts 1 3 8 , worunter ursprünglich das Recht des Sachsenstammes verstanden wurde, das bis zum Beginn des

139

KARL JORDAN - WALTER LAMMERS,

CHRISTIAN

140

EBEL ( w i e A n m . 1 3 8 ) .

( w i e A n m . 1) S p . 1 2 4 8 - 1 2 5 0 .

141 In dieser Weise benutzt der Begriff der terra iuris saxonici H E R M A N N - A R N O L D S C H U L T Z E - V O N LASAULX, Die Krise des Gemeinen Sachsenrechts, in: Festschrift Justus Wilhelm Hedemann zum siebzigsten Geburtstag, Jena 1938, S. 5164, hier S.55. 142 G E R H A R D B U C H D A , Artikel .Gemeines Sachsenrecht', in: H R G (wie Anm. 1) 1, Berlin 1971, Sp. 1510-1513, Sp. 1510. 143 W A L T E R L A M M E R S , Artikel .Reichsvikariat', in: H R G (wie Anm. 1) 4, Sp. 807-810. 144 A D O L F L A U F S , Artikel ,Reichskreise', in: H R G (wie Anm. 1) 4, Sp. 681-687, Sp. 681.

G O T T L O B W A B S T , Historische Nachricht von des Chur Fürstenthums und derer dazu gehörigen Lande Jetziger Verfassung der Hohen und niederen Justitz, aus authentischen Urkunden abgefasset, Leipzig 1732, S. 291. 135 Abgedruckt bei T H E O D O R D I S T E L , Beiträge zur ältesten Verfassungsgeschichte des Schöppenstuhls zu Leipzig, in: ZRG GA (wie Anm.56) 20, 1986, S . l l O f . 1 3 6 H E I N E R L Ü C K , Die Spruchtätigkeit der Wittenberger Juristenfakultät, Jur. Diss., Halle 1982, Masch. Sehr. S. 36. 137 G E R H A R D B L C H D A , Artikel ,Magdeburger Recht', in: H R G (wie Anm. 1) 3, Berlin 1984, Sp. 134-138, Sp. 137. 1 3 8 F R I E D R I C H E B E L , Artikel ,Sächsisches Recht', in: H R G 134

13. Jahrhunderts nur bruchstückhaft in erzählenden Quellen und in Gesetzen des Karolingerreiches überliefert war. Für das alte Stammesherzogtum Sachsen, dessen Gebiet mit Westfalen, Engern, Ostfalen und Holstein umrissen ist 139 , war von alters her der Begriff der terra iuris Saxonici im Gebrauch 1 4 0 , der allerdings nicht selten und sogar bis in die Gegenwart dazu benutzt wurde, um die zum sächsischen Rechtskreis zählenden Gebiete zu kennzeichnen 1 4 1 . D a f ü r schien sich die deutsche Bezeichnung „Länder des sächsischen Rechts" 1 4 2 besser zu eignen, weil sie die eingetretenen Veränderungen im Geltungsbereich des sächsischen Rechts zunächst besser berücksichtigte; doch es sollte sich im Zusammenhang mit dem Reichsvikariat 143 zeigen, daß der Umfang der „Lande sächsischen Rechts" zwischen den beiden Reichsvikaren, dem Pfalzgrafen bei Rhein und dem Kurfürsten von Sachsen, umstritten war. Erst durch den Dresdener Vergleich vom 6. Juni 1750 wurde entschieden, daß sich das Vikariat Sachsens auf den obersächsischen Reichskreis 144 (Kursachsen, Kurbrandenburg mit den inzwischen erworbenen pommerschen Landesteilen, die Fürstentümer Anhalt, Querfurt, Weimar, Eisenach, Gotha, Altenburg, Schwarzburg, Reuß, Kammin, die Reichsgrafschaften Schönburg, Gleichen, Mansfeld, Stolberg und Barby sowie die Reichsabteien Quedlinburg, Gernrode und Walkenried), auf den niedersächsischen Reichskreis (die aus dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg hervorgegangenen Herrschaftsgebiete, dazu Mecklenburg, Holstein sowie die Erzstifte Bremen und Magdeburg), auf Böhmen, auf Teile des westfälischen Kreises mit den Gebieten östlich der Weser sowie Osnabrück, Corvey, Oldenburg, Delmenhorst, Hoya, Diepholz, Pyrmont, Lippe, Schaumburg-Lippe, Rietberg und auf den an sich fränkischen Kreisteil Henneberg erstrecken

Artikel ,Sachsen', in: H R G (wie Anm. 1) Sp. 1223-1228, Sp. 1224.

80

Rolf

soll 145 . Politische Interessen haben den Begriff „Länder des sächsischen Rechts" offensichtlich über die ursprünglichen Gebiete hinaus ausufern lassen, obwohl durchaus zuzugestehen ist, daß das SachsenspiegelLandrecht und sächsisches Stadtrecht auf der Grundlage des Magdeburger Rechts Berührungen zu diesen über den eigentlichen sächsischen Kernbereich hinausragenden Gebieten aufzuweisen hatten, aber es ist ebenso unzweifelhaft, daß dort die legislatorische Arbeit den Einfluß beider Quellen, wenn er überhaupt in stärkerem Maße vorhanden war, inzwischen entscheidend zurückgedrängt hatte. Im Gegensatz dazu haben sie noch zu dieser Zeit über die damaligen Reichsgrenzen hinaus in östlichen und südöstlichen Gebieten nicht nur große Anerkennung, sondern weitreichende Anwendung gefunden, worauf zunächst einzugehen ist. Hauptquelle des sächsischen Rechts war seit dem 13. Jahrhundert der Sachsenspiegel, der von seinem ostfälischen Entstehungsgebiet aus weit nach Westen, nach Norden, über seine Tochterrechte nach Süden, besonders aber nach Osten auszustrahlen begann und sich dann auch in entfernteren Gebieten lange behaupten konnte. Dagegen wirkte das Magdeburger Recht als sächsisches Stadtrecht im wesentlichen nur nach Osten in die neuen deutschen Siedlungsräume und darüber hinaus, und diesen Weg nach Osten sind Magdeburger Recht in der Form des sächsischen Weichbildrechts und Sachsenspiegel gemeinsam gegangen. Für die deutschen Siedler und Kaufleute waren beide Rechtsquellen auch in den zunächst fremden Gebieten die von den dortigen Herrschern geduldete Rechtsgrundlage. Als schriftlich fixiertes und in vielen Einzelbestimmungen günstigeres Recht weckten beide sehr bald das Interesse der einheimischen Bevölkerung. Diese Vorbildwirkung ging so weit, daß Sachsenspiegel und Magdeburger Recht in immer entfernteren Gebieten und sogar dort Anwendung fanden, wo niemals deutsche Siedler hingekommen waren. Auf diese Weise entstand ein eigener Rechtskreis, der des sächsisch-magdeburgischen Rechts. Er umfaßt innerhalb der Reichsgrenzen die Lausitzen, die Mark Brandenburg, die Herzogtümer Schlesien, die 1335 von Polen an das Königreich Böhmen abgetreten worden waren, das Deutschordensland mit dem Kulmer Recht als Magdeburger Tochterrecht,

145

Artikel ,Sachsen', in: Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten enthaltend die gesamte Rechtswissenschaft, redigiert von J U L I U S "WEISKE, 9, Leipzig 1855, S. 500-543, S.508; B U C H D A (wie Anm. 142) Sp. 1510.

SCHWARZE,

Lieberwirth

im Königreich Polen die Gebiete von Großpolen, Masowien, Kleinpolen, Galizien, Podolien und südliche Teile Wolhyniens sowie im Großfürstentum Litauen die Gebiete Litauens, Podlachiens, Teile Wolhyniens und Weißrußlands, die Ukraine mit dem Kiewer Land als Kern. Das sächsisch-magdeburgische Recht war in vielen Städten und Dörfern des polnisch-litauischen Staates verbreitet, beherrschte aber keineswegs seine Rechtsordnung. Neben dem sehr einflußreichen Kirchenrecht spielte das Ständerecht des Adels, das ius terrestre, eine außerordentlich große Rolle. Es darf ferner nicht übersehen werden, daß in den meisten Dörfern das einheimische polnische, litauische, weißrussische und ukrainische Recht zur Anwendung kam. Diese hier sichtbar werdende Vielgestaltigkeit verstärkte sich zunächst noch mit dem Eindringen des den mittelalterlichen Verhältnissen angepaßten römischen und kanonischen Rechts, obwohl beide als Ergebnis der bereits vollentwickelten Rechtswissenschaft Italiens und Frankreichs sehr gute Voraussetzungen für eine Rechtsvereinheitlichung mit sich brachten. Diese erforderte allerdings zunächst erst einmal eine Bestandsaufnahme und eine Kodifizierung der in Polen geltenden Rechtsnormen, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch einsetzte. Im Jahre 1506 veröffentlichte der Kanzler Jan Laski eine Sammlung der in Polen angewandten Rechtsquellen 146 , in die auch die lateinischen Ubersetzungen des Sachsenspiegels und des Magdeburger Weichbildes aufgenommen worden sind, die Konrad von Sandomir angefertigt hatte. Diese unrichtigerweise Statut von Laski genannte Sammlung wurde nur zum Teil von König Alexander ( f l 5 0 6 ) bestätigt und mit amtlichem Charakter versehen. Diesen erhielten die von König Siegmund I. (1467-1548) bestätigten Rechtsbücherausgaben des Krakauer Stadtschreibers Nikolaus Jaskier, der 1535 eine lateinische Ausgabe des Sachsenspiegels mit Glosse (Iuris provincialis quod Speculum Saxonum vulgo nuncupatur libri tres opera vigilanti in correctiorem redacti materiam, adiunctis simul glossis, aliisque addictionibus noviter recollectis pro interpretatione textus magis necessariis) in Druck gab, die 1602 in Zamosc eine

146 Commune inclyti Regni Poloniae Privilegium constitutionum et indultum publicitus decretorum approbatorumque, Cracovia 1506, vgl. LESLAW P A U L I , Gesetzgebung in Polen, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. von H E L M U T C O I N G , II, 2, München 1976, S. 553-560, S.553; L I E B E R WIRTH (wie Anm. 46) S. 17-19.

81

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels zweite Auflage 1 4 7 erlebte. Zur selben Zeit veröffentlichte Jaskier das Weichbild mit Glosse {Iuris Municipalis Maidenburgensis Uber vulgo Weichbild nuncupatus ex vetustissimis exemplaribus vigilanti opera latinitati datus, summaque cum diligentia recognitus, adiunctis simul glossis et textus interpretationibus ad id necessariis, Cracoviae 1535, Zamosc 1602). Die amtliche Bestätigung beider Ausgaben erstreckte sich dann auch auf die Drucke in polnischer Sprache des Lemberger Syndikus Pawel Szczerbicz, der 1581 das Weichbild „mit Fleiß und Treu" übersetzte 1 4 8 und den Sachsenspiegel in eine alphabetische Ordnung brachte 1 4 9 .

zum römischen Recht die Stellung eines partikulären Rechts eingeräumt; es erhielt aber den Rang eines ius commune für die polnischen Stadtrechte, was seine erhebliche Lebenskraft noch im 17. Jahrhundert beweist. Dabei ist jedoch zu beachten, daß das sächsisch-magdeburgische Recht durch Einflüsse des polnischen und des römischen Rechts einem Assimilations- und Verschmelzungsprozeß unterworfen war. Mit Rücksicht auf diesen Vorgang muß nach dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts wohl von einem polnischen Zweig des sächsisch-magdeburgischen Rechts gesprochen werden 1 5 2 .

Im 16. Jahrhundert legten wissenschaftlich geschulte Praktiker die lateinischen Ausgaben des Sachsenspiegels und des Weichbilds ihren wissenschaftlichen Untersuchungen zugrunde. Vier Persönlichkeiten erweisen sich dabei als bedeutende Kenner des Stadtrechts: Johann Cervus Tucholczyk (1500-1557), Johann Cerasinus Kirstein (1507-1561), Stanislaus Eichler (nach 1560) und Bartholomäus Groicki (|1605) 1 5 0 . Ihren Werken ist eine zunehmende Romanisierung gemeinsam, was im Verlaufe des 16. Jahrhunderts dazu führte, daß neben Sachsenspiegel und Weichbild die romanisierenden Werke der polnischen juristischen Schriftsteller als Quellengrundlage dienten. Dieser Vorgang mußte zwangsläufig die Frage aufwerfen, wie die einzelnen Quellen in die Normenhierarchie einzuordnen sind. Nach den Untersuchungen von Kwiatkowska 1 5 1 wurde dem sächsisch-magdeburgischen Recht im Verhältnis

Eine außerordentlich große Anzahl von Ortschaften des polnisch-litauischen Staates war mit Magdeburger Recht bewidmet worden. Allein für Kleinpolen und Galizien kam eine überschlägige Schätzung auf 650 Ortschaften, für Großpolen auf 153 Städte und zahlreiche Ortschaften 1 5 3 . Die Zahl vergrößert sich mit den litauischen, weißrussischen und ukrainischen Ortschaften Magdeburger Rechts. So ist in der Ukraine mit mindestens 40 Städten zu rechnen 1 5 4 . Dabei ist die Feststellung wichtig, daß es dort nicht zwei Städte gab, „in denen dasselbe ,Magdeburger Recht' galt" 1 5 5 .

147 Titelblatt abgedruckt bei KASPERS (wie Anm. 100) S.41. 148 Ius Municipale to jest prawo miejskie majdeburskie nowo ζ lacinskiego i niemieckogo na polski j?zyk ζ pilnoscia i wiernie przelozone, Lwöw 1581, 2. Aufl. Poznan 1610, 3. Aufl. Warszawa 1646; Titelblatt der 1. Auflage abged r u c k t b e i KASPERS ( A n m . 1 0 0 ) S . 7 9 .

149 Speculum Saxonum albo prawo saskie i majdeburskie porzadkiem obiecadla ζ lacinskich i niemieckich egzemplaröw zebrane a na polski jezyk ζ pilnoscia i wiernie przelozone, Lwöw 1581, 2. Aufl. Poznari 1620, 3. Aufl. Warszawa 1646. 150 LF.SLAW PAULI, Die polnische Literatur des Magdeburger Rechts im 16. Jahrhundert, in: Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts in Deutschland und

Polen,

hg. von

DIETMAR WILLOWEIT -

WINFRIED

SCHICH (Rechtshistorische Reihe Band 10) F r a n k f u r t / M . - Bern - Cirencester 1980, S. 150-157. 151 IRENA KWIATKOWSKA, Die Stellung des sächsisch-magdeburgischen Rechts in der Normenhierarchie nach den Anschauungen der polnischen Juristen des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Studien zur Geschichte des sächsischmagdeburgischen Rechts (wie Anm. 150) S. 145-149.

Der erfolgreiche Befreiungskampf der Ukrainer von der polnischen Herrschaft und die Vereinigung mit Rußland im Vertrag von Perejaslaw von 1654 änderte zunächst nichts an der gewohnten Stadtverfassung nach Magdeburger Recht und beließ dem ukrainischen Volk die althergebrachten Rechte, worunter unter anderem auch die Sammlungen Magdeburger Rechts zu verstehen sind, die in den zahlreichen Ortschaften Magdeburger Rechts Anwendung fanden. Die erste dieser Sammlungen umfaßt die auf der Grundlage der lateinischen Ubersetzungen des Sachsenspiegel-Landrechts und des sächsischen Weichbildrechts von Nikolaus Jaskier (1535) vorgenommenen Übertragungen beider Quellen ins Polnische (1581), um die sich als Übersetzer und Herausgeber der Lemberger Syndicus Pawel Sczerbicz sehr verdient gemacht hat. Als zweite Sammlung ist das Rechtsbuch von Bartholomäus Groicki unter der Bezeichnung ,Porjadok praw ziwilnich magde-

1 5 2 PAULI ( w i e A n m . 1 5 0 ) S. 1 5 1 .

153 HEINRICH FELIX SCHMID, Das deutsche Recht in Polen, in: Deutschland und Polen. Beiträge zu ihren geschichtlichen Beziehungen, hg. von ALBERT BRACKMANN, München - Berlin 1933, S.67. 154 HEINER LÜCK, Magdeburger Recht in der Ukraine, in: Zeitschrift für neuere Rechtsgeschichte 12. Jg., 1990, Nr. 3 / 4 , S. 113-126, hier S. 117. 1 5 5 LÜCK ( w i e A n m . 1 5 4 ) S. 1 1 9 .

82

Rolf

burskich' (Ordnung der Magdeburger Zivilrechte) zu nennen, und schließlich wird als dritte das ,Prawo ziwilnoje Chelminskoje' (Kulmer Zivilrecht) von Kuschewitsch dazu gerechnet. Diese polnisch abgefaßten Sammlungen bereiteten in der Ukraine zunehmend sprachliche Schwierigkeiten, so daß der Kosaken-Hetman Skoropadskij eine Ubersetzung des Litauischen Status, des Sachsenspiegels sowie des Buches „Ordnung" von Groicki ins Ukrainische veranlaßte. Dieses Vorhaben war am 16. Mai 1721 abgeschlossen, erhielt aber nicht die beantragte amtliche Bestätigung, so daß sie nur als eine weitere Privatsammlung unter dem Titel ,Prawa Malorossiskije s knig Statuta, Saxona i Porjadka wypisannyi' (Kleinrussische Rechte, herausgeschrieben aus den Büchern Statut, Saxon und Ordnung) zur Anleitung für die Rechtspraxis herausgegeben wurde. Auch in den folgenden Sammlungen wurde nach wie vor auf Sachsenspiegel und Magdeburger Recht zurückgegriffen 156 , aber sie trugen ebenfalls keinen amtlichen Charakter und, was für die Praxis viel schwerwiegender war, sie sind niemals gedruckt, sondern immer nur abgeschrieben worden. Auch den Kodifikationsentwürfen des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war kein Erfolg beschieden. Meist wurde dort ebenfalls nur auf die Sammlungen Magdeburger Rechts Bezug genommen. Erst durch eine russische Verordnung vom 3. Juli 1835 wurde untersagt, in der Ukraine vom Magdeburger Recht Gebrauch zu machen 157 . Schon am 1. Januar desselben Jahres war die Gesetzsammlung des Russischen Kaiserreiches (,Svod Sakonov Rossijskoj Impjerii') in Kraft gesetzt und durch Verordnung vom 25. Juni 1840 für alle westlich des Dnjepr gelegenen, durch die drei Teilungen Polens und die Bestimmungen des Wiener Kongresses an Rußland gefallenen Gebiete verbindlich geworden. Zwei Jahre später wurde diese Sammlung auch für die linksufrige Ukraine geltendes Recht 158 . In den ehemals zu Polen gehörenden Gebieten des russischen Kaiserreiches hielten sich also Sachsenspie-

156 LÜCK (wie Anm. 154) S. 123 mit weiteren Einzelheiten. 157 LIEBERWIRTH (wie Anm.46) S.31; über das zwischen 1802 und 1808 errichtete Denkmal des Magdeburger Rechts in Kiew vgl. HEINF.R LÜCK, Das Denkmal des Magdeburger Rechts in Kiew, in: Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde Band 12, 1990, S. 1 0 9 - 1 1 9 .

158 Über die russische Gesetzgebung des 19. Jh. vgl. NORBERT REICH, Rußland, in: H a n d b u c h der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. von HELMUT COING, I I I , 2, M ü n c h e n 1 9 8 2 , S. 2 2 8 1 - 2 3 2 8 .

Lieberwirth

gel und Magdeburger Recht, besser das sächsisch-magdeburgische Recht polnischer Prägung, am längsten außerhalb der deutschen Reichsgrenzen. Für die an Osterreich gefallenen Gebiete Polens galt seit 1795 (Strafrecht) bzw. 1798 (Zivilrecht) nur noch österreichisches Recht, für die ehemals polnischen Gebiete der Zips und in Arva seit 1772 ungarisches Recht. In den durch die drei Teilungen Polens dem Königreich Preußen zugesprochenen Gebieten wurde 1794 und erneut am 1. März 1817 das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten eingeführt. Das halbsouveräne, zwischen 1808 und 1815 bestehende Herzogtum Warschau griff auf den Code civil zurück, der auch danach noch geltendes Recht blieb und in Teilen Polens sogar bis 1945 als Gesetz anerkannt wurde 1 5 9 . Das sächsisch-magdeburgische Recht in seiner polnischen oder osteuropäischen Prägung war bis weit ins 19. Jahrhundert hinein neben anderen eine gleichberechtigte Quelle des geltenden Rechts. Obwohl vom Ursprungsgebiet weit entfernt, wurde es in Osteuropa nicht als fremd empfunden, weil es den dortigen Verhältnissen in vieler Hinsicht angepaßt war. Erst im Zusammenhang mit den erheblichen politischen Veränderungen in Osteuropa, die zu den drei polnischen Teilungen führten, zugleich aber auch unter dem Eindruck des Kodifikationsbildes der Aufklärung 1 6 0 mit ihrem neuen Rechtsquellensystem, das in den beteiligten Staaten zu den ersten großen Kodifikationen führte 161 , wurde der Wirksamkeit des sächsisch-magdeburgischen Rechts, das gerade durch die alte Rechtsquellenlehre mitgetragen worden war, ein Ende gesetzt.

4. D a s G e m e i n e Sachsenrecht Wie in den osteuropäischen Staatsgebieten, besonders in Polen, hat auch im Kemgebiet des sächsischen Rechts, im Kurfürstentum Sachsen sowie in den thüringischen und sächsischen Fürstentümern, die Berührung

1 5 9 LESLAW PAULI, P o l e n , in: E b d .

160 PIO

CARONI, Artikel

S.2109f.

,Kodifikation',

A n m . 1) 2, B e r l i n 1 9 7 8 , S p . 9 0 7 - 9 2 2 ,

in:

HRG

(wie

Sp.914.

161 Preußen - ALR; Österreich - ABGB; Rußland - svod s a k o n o v ( 1 8 3 3 ) ; z u l e t z t e r e n vgl. NORBERT REICH,

Ko-

difikation und Reform des Russischen Zivilrechts im neunzehnten J a h r h u n d e r t bis zum Erlaß des Svod Sakonov (1833), in: Ius Commune. Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts f ü r europäische Rechtsgeschichte, hg.

von

HELMUT

S. 153-185.

COING,

III,

Frankfurt/Main

1970,

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels

83

mit den gelehrten Rechten unterschiedliche Wirkungen ausgelöst, die auf den ersten Blick fast widersprüchlich erscheinen. Einerseits wird die Pluralität und damit die Konkurrenz der vielen rechtlichen Ordnungen innerhalb der Herrschaftsgebiete erhöht, andererseits gelingt es den gelehrten Rechten mit ihrer ausgefeilten Rechtsquellenlehre, eine gewisse Ordnung in diese Vielfalt zu bringen, was dem sächsischen Recht lange Zeit zugute kommen sollte. Wenn wie gezeigt im Königreich Polen 1520 festgelegt wurde, daß beim Fehlen rechtlicher Regelungen in den polnischen Statuten ergänzend das sächsischmagdeburgische Recht und danach das römisch/kanonische Recht zur Entscheidung herangezogen werden sollen 162 , so drückt sich darin eine bestimmte Rangordnung der Rechtsquellen aus, die sich im deutschen Bereich schon zwei Jahrhunderte zuvor, im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts, abzuzeichnen begann. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem einsetzenden Romanisierungsprozeß, der sich in den Ländern des sächsischen Rechts 163 ganz allmählich vollzog. Das im Sachsenspiegel in ausführlicher Weise schriftlich niedergelegte Sachsenrecht hat offensichtlich Einfluß auf die Gerichtspraxis genommen, wie aus der Herausbildung der verschiedenen Verkehrsformen dieses Rechtsbuches zu erkennen ist; ferner regte es ein Jahrhundert nach seiner ersten Aufzeichnung zu einer lebhaften rechtsliterarischen Tätigkeit mit durchaus unterschiedlicher Ausrichtung an. Zwei Linien lassen sich erkennen, deren Ergebnisse dementsprechend in zwei Gruppen 1 6 4 eingeteilt werden können. In die eine sind diejenigen Rechtsbücher einzuordnen, deren in der Regel unbekannte Verfasser, von den älteren Rechtsbüchern wie Sachsenspiegel u n d / o d e r Weichbild ausgehend, Ergänzungen mit inzwischen ergangenen Schöffensprüchen vorgenommen und alles zu einer neuen Einheit zusammengefügt haben. Dazu gehören fast alle Magdeburger Rechtsbücher, das Zwickauer Stadtrechtsbuch sowie das Meißener Rechtsbuch. Ihnen allen ist gemeinsam, daß der Romanisierungsprozeß, wenn überhaupt schon eingeleitet, höchstens in Andeutungen erkennbar ist.

162 HELMUT COING, Europäisches Privatrecht, I: Älteres Gemeines Recht (1500-1800) München 1985, S.99. 163 GERHARD BUCHDA, Artikel ,Gemeines Sachsenrecht', in: H R G ( w i e A n m . 1) 1, B e r l i n 1 9 7 1 , S p . 1 5 1 0 - 1 5 1 3 . 1 6 4 JÜRGEN WEITZEL, G e w o h n h e i t e n

im

Lübischen

und

Im Gegensatz zur ersten Gruppe rechtsliterarischer Tätigkeit ist die zweite von vornherein durch eine sehr starke Romanisierung und überdies auch dadurch gekennzeichnet, daß ihre wissenschaftlich gebildeten Bearbeiter in der Regel namentlich bekannt geworden sind. Diese literarische Richtung setzte bald nach 1325 mit der Glossierung einheimischer Rechtsbücher ein. Die besten Ergebnisse liegen mit der Buchschen Glosse 165 zeitlich am Anfang und mit der Langenbeckschen Glosse 1 6 6 zum revidierten Hamburger Stadtrecht von 1497 am Ende dieser Art von Rechtsliteratur. Die Langenbecksche Glosse ist in diesem Zusammenhang besonders zu beachten, weil sich die Erläuterungen sowohl auf den Sachsenspiegel mit Glosse und Weichbildrecht als auch auf gelehrtes Recht stützen. Diese letzte Glosse zu einheimischen Rechtsbüchern ist an Vollkommenheit nicht mehr überboten worden. Mit der Verarbeitung des glossierten Sachsenspiegels und des Weichbildrechts war in den schon erwähnten 1 6 7 lokalen Rechtsbüchern des 15. Jahrhunderts (Neun Bücher Magdeburger Rechts, Poelmannsche Distinctionen, Landläufige Kulmische Rechte, Danziger Schöffenbuch, älteres und jüngeres Eisenacher Rechtsbuch, Liegnitzer Stadtrechtsbuch) eine relativ starke Romanisierung verbunden. Auch die Verfasser von Sammelwerken griffen auf die glossierten Rechtsbücher als Quellen zurück und trugen auf ihre Weise zur Romanisierung bei, wie aus den Abecedarien (Schlüssel des Landrechts, Greifswalder Abecedarium, Abecedarium von „Achte" bis „Wunden", Erlanger Promptuarium, Abecedarium in 2200 Artikeln), den Remissorien und Vokabularien zu ersehen ist 168 . Die gelehrten Juristen, die sich mit der Glossierung des einheimischen Rechts beschäftigten und auf dieser Grundlage Rechtsbücher herausgaben, gingen in der Regel von der Grundvorstellung aus, daß das sächsische Recht auf kaiserlichem Privileg beruhe. Dieser Ausgangspunkt bestimmte ihre Auffassungen über das Verhältnis dieses Rechts zum ius commune169 und ließ den Gedanken aufkommen, daß das in den Rechtsbüchern verkörperte Recht ebenfalls Kaiserrecht sei. Doch gerade die Glossierung des einheimischen Rechts stellte die entscheidenden Weichen vom Sachsenrecht

165 Vgl. oben Anm. 64 ff. 1 6 6 COING ( w i e A n m . 6 2 ) S. 1 8 6 f f .

im

Sächsisch-Magdeburgischen Rechtskreis, in: Recueils de la Societe Jean Bodin, L II, La Coutume, 2C partie, Bruxelles 1990, S.355.

167 Vgl. oben Anm. 123 f. 168 HOMEYER -

ECKHARDT

(wie A n m . 3) S . 3 5 8 ,

(wie A n m . 9)

362.

1 6 9 COING ( w i e A n m . 6 2 ) S. 179,

169.

S. * 5 5 - 5 8 ;

HORN

84

Rolf

als Kaiserrecht zum römischen Recht als Kaiserrecht, wobei beide noch nicht als Gegensatz empfunden wurden 1 7 0 . Erst seit Beginn des 15. Jahrhunderts traten Kaiserrecht und deutsches Recht auseinander. Die sich daraus ergebenden Probleme beim Zusammentreffen beider Rechte wurden entweder dahingehend gelöst, daß dem Kläger die Wahl des anzuwendenden Rechts überlassen blieb oder daß eine Rangfolge aufgestellt wurde wie die vom Rat der Stadt Lüneburg aus dem Jahre 1402: Stadtrecht, sächsisches Landrecht, Kaiserrecht, geistliches Recht 1 7 1 . Aus diesem Nebeneinander entstand das Gemeine Sachsenrecht „als eine Spielart des gemeinen römischen Rechts in Deutschland" 1 7 2 . Das Gemeine Sachsenrecht umfaßte quellenmäßig Sachsenspiegel-Landrecht und -Lehnrecht mit Glosse, Richtsteig und sächsisches Weichbild mit Glosse; rechtssystematisch tritt jedoch unter dem Einfluß der beginnenden Gesetzgebung eine Einengung auf das Privatrecht ein 173 . Träger dieser Entwicklung waren die Schöffenstühle zu Magdeburg, Halle und Leipzig, die Juristenfakultäten in Leipzig, Wittenberg und Jena sowie die sächsischen Hofgerichte 1 7 4 , von denen allerdings die außerhalb der sächsisch-thüringischen Territorien liegenden Schöffenstühle zu Magdeburg und Halle seit 1432 eine eigene Entwicklung nahmen. Bei den sächsischen Dikasterien war die Besonderheit zu verzeichnen, daß dort schon relativ früh gelehrte Juristen an der Entscheidungsfindung beteiligt waren. Diese Neuerung war in Kursachsen schon vor dem Inkrafttreten der Reichskammergerichtsordnung von 1495 eingeführt worden. So wurde für das im Jahre 1488 als ein Hofgericht neuerer Art geschaffene Oberhofgericht Leipzig erstmalig vier doctores iuris von den insgesamt zwölf Beisitzern zu Mitgliedern berufen. Die Oberhof-

170

HERMANN KRAUSE,

Kaiserrecht und Rezeption (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wiss., Phil.-hist. Klasse, Jg. 1952, 1. Abh.) Heidelberg 1952, S.87 und 94 f. 171 Zitiert nach K R A U S E (wie Anm. 170) S. 121, der auf den folgenden Seiten weitere Beispiele bringt; vgl. jetzt auch U L R I C H D R E S C H E R , Die Lüneburger Ratshandschriften des Sachsenspiegels, in: Der Sachsenspiegel als Buch (wie Anm. 80) S. 105-142. 172

WEITZEL ( w i e A n m . 1 6 4 )

173

HARRY

S.356.

Das sächsische und magdeburgische Recht und seine Literatur in Deutschland vom 16. zum 18. Jh., in: Studien zur Geschichte des sächsisch-magdeburgischen Rechts (wie Anm. 1 5 0 ) S. 1 6 3 - 1 9 0 , hier S. 1 7 8 , SCHLIP,

A n m . 7; BUCHDA (wie A n m . 1 6 3 ) Sp. 1510. 174

BUCHDA ( w i e A n m . 1 6 3 ) Sp. 1 5 1 1 .

Lieberwirth

gerichtsordnung von 1488 wie alle späteren legten ausdrücklich fest, daß dieses Gericht auf der Grundlage des „geschriebenen gemeinen sächsischen Rechts" zu arbeiten habe 1 7 5 . Ahnliche Bestimmungen enthielt die Gerichtsordnung für das Hofgericht Wittenberg von j 529176 £>;e Mitglieder der juristischen Fakultäten blieben auf diese Weise nicht nur ständig mit dem praktischen Rechtsleben ihres Landes verbunden und wandten das Gemeine Sachsenrecht im Einzelfall an, wie aus der Konsilienliteratur hervorgeht 1 7 7 , sondern beschäftigten sich auch wissenschaftlich mit dem Gemeinen Sachsenrecht, indem sie es mit dem ius commune verglichen 178 , das für sie an sich der eigentliche Unterrichtsgegenstand war. Es blieb dabei nicht aus, daß aus dem Kreis der gelehrten Hofgerichtsbeisitzer auch Kritik am Sachsenspiegel geübt wurde. Schon Ende des 15. Jahrhunderts wurde vom Oberhofgericht Leipzig eine Reform des Sachsenrechts gefordert und noch nachhaltiger in einem Gutachten des Jahres 1534 vertreten. Die erste Reaktion darauf erfolgte schon ein Jahr später. Der Leipziger Professor des Rechts, Christoph Zobel, gab 1535 den ersten und 1537 den zweiten Teil des Sachsenspiegels mit lateinischer Übersetzung, mit Glossen und anderen Zusätzen heraus. Um die diesem Rechtsbuch vorgeworfenen sprachlichen Unklarheiten zu beseitigen, die den seit 1474 erschienenen Druckausgaben 1 7 9 vorgeworfen wurden, nahm Zobel eine oft sehr willkürliche sprachliche Modernisierung auf der Grundlage des meißnischen Dialekts vor 1 8 0 .

175

Die kursächsische Gerichtsverfassung von 1423 bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der landesherrlichen Gerichtsorganisation, Habil.Schr., Halle 1988, S. 138 ff. 176 Ebd. S. 147-154. HEINER LÜCK,

177

SCHLIP ( w i e A n m . 1 7 3 ) S. 1 7 0 .

178

ALFRED SÖLLNER,

180

RODERICH STINTZING,

Die Literatur zum gemeinen und partikularen Recht in Deutschland, Osterreich, den Niederlanden und der Schweiz, in: Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hg. von H E L M U T C O I N G , II, 1, München 1977, S. 501614, hier S.516. 179 Ubersicht in: Gesamtkatalog der Wiegendrucke, 8, Stuttgart - Berlin - New York 1978, Sp. 1-17, Stichwort: Eike von Repgow; über den Stendaler Druck von 1488 vgl. R O L F L I E B E R W I R T H , Ein Stendaler Wiegendruck des Sachsenspiegels aus dem Jahre 1488, in: Rechtsgeschichte in den beiden deutschen Staaten (1988-1990), hg. von H E I N Z M O H N H A U P T , F r a n k f u r t / M a i n 1991, S. 245-260. wissenschaft, 1880, S . 549.

Geschichte der deutschen RechtsErste Abtheilung, München - Leipzig

85

Die Wirkungsgeschichte des Sachsenspiegels Auch seine Schüler folgten diesem Beispiel, wie aus den Ausgaben bis 1614 hervorgeht 1 8 1 . Allein das Bemühen, den Sachsenspiegel sprachlich verständlicher zu gestalten, reichte ebensowenig aus wie der etwa gleichzeitige Versuch von Konrad Lagus, in seinem , Compendium iuris Saxonici' die Grundsätze des deutschen Rechts aus Sachsenspiegel und sächsischem Weichbild „in ein dem römischen Recht entlehntes System einzuordnen Die vom Oberhofgericht in Leipzig gutachtlich geforderte Reform des sächsischen Rechts wurde vom Kurfürsten Johann Friedrich unterstützt, der es deshalb begrüßte, daß sich Melchior Kling erbot, „das sächsische Recht in eine solche Ordnung zu bringen, daß es Jeder leichtlich verstehen und sich darein richten solt" 1 8 3 . Doch die politischen Veränderungen in Kursachsen verhinderten zunächst die Ausführung dieses Vorhabens. Erst nach Klings Tod erschien dieses Werk unter dem Titel: Das gantze sächsische Landrecht mit Text und Gloß in eine richtige Ordnung gebracht durch Doctor Melchior Klingen von Steinau an der Straße, itzo Halle, Leipzig 1572 (spätere Ausgaben 1577, 1600 und öfter). Wesentlich mehr Erfolg war der wissenschaftlichen Behandlung von Problemen beschieden, die sich aus dem Zusammentreffen von ius commune und sächsischem Recht ergaben und die ihren Niederschlag in den , Differentiae iuris civilis et Saxonici' fanden. Sie sind seit 1549 gesammelt, aber erstmalig 1567/1569 veröffentlicht worden und erlebten viele Auflagen 1 8 4 . Warfen die Gegensätze zwischen ius commune und Gemeinem Sachsenrecht schon Probleme auf, so wurde die Verwirrung durch unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen in den Hofgerichten, den Schöffenstühlen und den Juristenfakultäten noch vergrößert. Es mußten Maßnahmen ergriffen werden, um die entstandenen Streitfragen einer Lösung zuzuführen, denn dem Kurfürsten und den Landständen war gleichermaßen daran gelegen, „ein bestendiges und gleichmeßiges Recht" in ihren Landen zu haben 1 8 5 . Im Ergebnis entstanden die Kursächsischen Konstitutionen von 1572, die als eine organische Fortbildung des säch-

181

HOMEYER ( w i e A n m . 6 )

182

STINTZING ( w i e A n m . 1 8 0 )

S.79.

sischen Rechts aufgefaßt und nicht als ein Eingriff empfunden wurden 1 8 6 ; sie brachen nicht mit dem Gemeinen Sachsenrecht, sie bereinigten es nur. Nach wie vor wurde an dem Grundsatz festgehalten: Ius Saxonicum est correctorium iuris communis187. Zahlreiche Juristen aus der Schule des Usus modernus Pandectarum haben daran mitgewirkt, wie aus der Veröffentlichung der Vorarbeiten, den ,Consultationes Constitutionum Saxonicarum', hervorgeht. Im Festhalten am angestammten Recht, das auch in der legislatorischen Arbeit seinen Niederschlag fand, waren sich die sächsischen Juristen mit ihrem Kurfürsten einig, der als interpres et defensor iuris veteris Saxonici galt 1 8 8 . Doch auch noch die Vertreter der historisch-antiquarischen Richtung in der Rechtswissenschaft haben sich im 18. Jahrhundert mit Sachsenspiegel und sächsischem Weichbild beschäftigt. Sie haben diese Quellen sogar neu herausgegeben, wie in H a l l e / S . J a c o b Friedrich Ludovici (1671-1723) und in Leipzig Karl Wilhelm Gaertner (1701-1760 ) 189 . In der Einzelfallentscheidung blieben im Laufe der Jahre und im Wandel der Verhältnisse unterschiedliche Auffassungen nicht aus. Die notwendige Harmonisierung wurde in ähnlicher Form wie mit Hilfe der kursächsischen Konstitutionen erreicht. So entstanden 1661 die Dezisionen und 1746 die Neuen Dezisionen. Methodisch anders war die sächsische Prozeß- und Gerichtsordnung von 1622 (erneuert 1724) angelegt 190 . Die kursächsische Gesetzgebung wirkte stark auf die benachbarten Länder des sächsischen Rechts ein, wobei man sich immer seltener unmittelbar auf den Sachsenspiegel, sondern im wesentlichen nur noch auf das auf ihn gegründete Gesetzesrecht berief 1 9 1 . In dieser Form galt das Gemeine Sachsenrecht im Königreich Sachsen bis zum Sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1863 (1865) weiter 1 9 2 . Uber ein halbes Jahrhundert früher setzte in Preußen das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 der Anwendung des Sachsenspiegel-Landrechts ein Ende, während sein Lehnrecht erst mit der preußischen Verfassung von 1850 außer Kraft gesetzt wurde. In Holstein, Lauenburg, Anhalt und in den thüringischen Kleinstaaten galt das Gemeine Sachsenrecht bis zum Inkrafttreten des

186

E b d . Sp. 1 3 0 9 .

187 C o n s u l t a t i o n e s C o n s t i t u t i o n u m S a x o n i c a r u m I, III, 21.

S.304.

183 E b d . S. 308.

188

BUCHDA ( w i e A n m . 1 6 3 ) S p . 1 5 1 2 .

184

189

S C H U P ( w i e A n m . 1 7 3 ) S. 1 7 0 .

190

BUCHDA ( w i e A n m . 1 8 5 ) S p . 1 3 0 9 .

191

BUCHDA ( w i e A n m . 1 6 3 ) S p . 1 5 1 2 .

SÖLLNER ( w i e A n m . 1 7 8 ) S. 5 1 6 ; STINTZING ( w i e A n m . 1 8 0 ) S . 5 4 9 - 5 5 1 ; SCHLIP ( w i e A n m . 1 7 3 ) S. 1 7 2 f .

185 GERHARD BUCHDA, Artikel , K u r s ä c h s i s c h e

Konstitutio-

nen', in: H R G (wie A n m . 1) 2, Berlin 1978, Sp. 1 3 0 4 1310, h i e r Sp. 1306.

192 ARNO BUSCHMANN, Artikel , Sächsisches Bürgerliches G e s e t z b u c h ' , in: H R G

( w i e A n m . 1) S p . 1 2 4 2 - 1 2 4 8 .

86

Rolf

BGB im Jahre 1900. Schließlich erfolgte die letzte gerichtliche Erwähnung des Sachsenspiegels in Deutschland in einem Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1932 (RGZ 137, 343 ff.) 1 9 3 , womit 700 Jahre Einfluß-

193

EBEL

(wie

A n m .

138)

Sp.

1236.

Lieberwirth

nähme des berühmtesten deutschen Rechtsbuches auf die Rechtsprechung in deutschen und in einigen ostund südosteuropäischen Ländern endgültig zu Ende gingen.

Roderich Schmidt

Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels Vom „Reich" ist im Sachsenspiegel in mehrfacher Hinsicht die Rede. Gemäß der Weltsicht Eikes von Repgow ist es in erster Linie der Ordnungsrahmen, in dem sich die Menschheitsgeschichte vollzieht 1 . Reich bezeichnet die irdische Herrschaftsmacht, die weltliche Gewalt, die seit dem Beginn der Geschichte besteht und ebenso wie die mit ihr verbundene Rechtsordnung ursprünglich von Gott gewollt und ihm unterworfen ist. Von ihr weiß man, so weit die historische Uberlieferung zurückreicht. Dieses Reich ist beständig durch alle Zeiten und doch ständig dem Wechsel unterworfen, indem gemäß der auf biblischer Vorstellung 2 fußenden Lehre von der Translatio imperii die Vormacht im Geschichtsverlauf verschiedenen Völkern zugefallen ist und viermal ihren Schwerpunkt geändert hat 3 . 2,u Babilonie irhup sich das riche, so faßt Eike diese Geschichtstheorie zusammen 4 , das was gewaldig über alle

1 Hierzu R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Quelle der Kulturgeschichte, in: Der Sachsenspiegel als Buch, hg. von R U T H S C H M I D T W I E G A N D - D A G M A R H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 1) Frankfurt/Main Bern - New York - Paris 1991, S. 219-260, insb. S.225237. 2 Traum des Nebukadnezars, in: Daniel, c. 2. 3 W E R N E R G O E Z , Translatio imperii. Ein Beitrag zur Geschichte des Geschichtsdenkens und der politischen Theorien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Tübingen 1958; H A N S - W E R N E R G O E T Z , Das Geschichtsbild Ottos von Freising. Ein Beitrag zur historischen Vorstellungswelt und zur Geschichte des 12. Jahrhunderts (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 19) Köln - Wien 1984, über die „Vier Weltreiche" S. 139-148. 4 Ldr III 44 § 1. Text und Ubersetzung des Sachsenspiegels wird hier wie im folgenden, sofern nicht anders angegeben, nach der Ausgabe: Eike von Repgow, Sachsenspiegel. Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift Cod.Guelf 3.1

lant, da zuvorte [zerstörte] is Zyrus unde wandilte das riche in Persiam; da stunt is bis an Darium den lezten. Den vorsigete Allexander unde kerte das riche an Kriche. Da stunt is so lange, bis is sich Rome undirwant unde Julius keiser wart. Noch hat Rome das werltliche swert5. Obwohl in Gottes Weltschöpfung eingebunden, ist das Reich, die civitas terrena, noch nicht die civitas deib, wenn auch durch den Kreuzestod Christi auf dem Wege zu ihr. Eike hat dies im „Text des Prologs" zum Sachsenspiegel ausgeführt, daß Gott, der Schöpfer, auch machte den menschin in ertriche7. „Der [aber] brach den Gehorsam . . . Deshalb sind wir in die Irre gegangen wie die Schafe ohne Hirt, bis zu der Zeit, als er [Christus] uns erlöste durch sein Martyrium. Jetzt aber, wo wir bekehrt sind und Gott uns wieder gerufen hat, halten wir sein Gesetz und sein Gebot, das uns seine Propheten gelehrt haben und fromme geistliche Leute und das auch die christlichen Könige

Aug. 2°, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Berlin 1993, wiedergegeben; zitiert nach Folio und Zeile (Fol. Z.) bzw. Seite (Ubers. S.); der Text-Bildleisten-Kommentar wird nach Seite und Ziffer (Komm. S.u. Ziff.), die Abbildungen werden nach Folio und Bildzeile (fol. 1 ff.) ausgewiesen. 5 Fol. 47 recto Ζ . 35-47 verso Ζ . 4. Vgl. R O D E R I C H S C H M I D T , Das Verhältnis von Kaiser und Papst im Sachsenspiegel und seine bildliche Darstellung, in: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , München 1986, S. 95-115 (dazu Abb. Taf. L X V - L X X X V ) , hier S. 109-113 und Abb. 22 auf Taf. LXXVI. 6 Augustin, De civitate dei. Dazu A L O I S W A C H T E L , Beiträge zur Geschichtstheologie des Aurelius Augustinus (Bonner Historische Forschungen 17) Bonn 1960. 7 Fol. 9 verso Z. 24.

88

Roderich

gesetzt haben, Konstantin und Karl, im Lande Sachsen zum Nutzen seines Rechts." 8 Eike spannt hier den geschichtlichen Bogen von der Schöpfung bis zum Sachsenland und ordnet dieses in den historischen Weltenlauf ein, weil es ein Teil des Reiches ist. Auch im Anschluß an seinen Weltreich-Artikel handelt er von den Sachsen und schreibt von ihnen 9 : di waren in Allexanders her gewest. Mit irre helfe hatte he betwungen alAsiam. Nach Alexanders Tod seien sie dann mit Schiffen nach Preußen, nach Rügen und nach Sachsen gelangt und hätten aus diesem Land die Thüringer vertrieben. Später wurde Sachsen, ebenso wie Baiern, Franken und Schwaben, von den Römern unterworfen und damit in das Reich eingegliedert 10 . Dieses war seit Konstantin „gleichzeitig römisches Reich und christliches Reich" 11 . Noch hat Rome, so beendet Eike seinen Diskurs über die Weltreiche, das werbliche swert unde von Sente Petirs halben das geistliche, da von heist si houbet allir werlde12. 13

Die Zweischwerterlehre , die diesem Geschichtsbild zugrunde liegt, steht auch am Anfang des Landrechts, gewissermaßen als Grundlage für die allgemeine Rechtsordnung, der auch das sächsische Recht untergeordnet ist: Zwei swert lies got in ertriche, czu beschirmene di cristenheit: dem babiste das geistliche, dem keiser das werltliche14. Wie ist diese Geschichtsauffassung nun in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels dargestellt? Zu Beginn des ersten Landrechtsbuches sieht man Gott auf dem Thron 1 5 . Er hält die beiden bloßen Schwerter aufgerichtet in Händen. Der vor Gott kniende Papst, mit der Tiara geschmückt, umfängt mit bei-

8 9 10 11

Übers. S.93. Fol. 47 verso Z . 7 f f . (Ldr III 44 §2). Ldr III 53 §1. SCHOTT, Nachwort, S. 367, zu: Eike von Repgow. Der S a c h s e n s p i e g e l , h g . v o n CLAUSDIETER SCHOTT. Ü b e r t r a gung

des

Landrechtes

von

RUTH

SCHMIDT-WIEGAND.

Übertragung des Lehenrechtes und Nachwort von CLAUSDIETER SCHOTT ( M a n e s s e B i b l i o t h e k d e r W e l t l i t e r a t u r )

12 13 14 15

Zürich 1984. Fol. 47 verso Z . 3 f f . (Ldr III 44 §1). Vgl. SCHMIDT (wie Anm.5) S. 108f. (u. Lit. in Anm.97) u. Abb. 20 auf Taf. LXXV. Fol. 10 recto Ζ. 2 ff. (Ldr I 1). Fol. 10 recto 1 mit Komm. S.95 Ziff. 1. In der Oldenburger Bilderhandschrift sitzt Gott auf einem apokalyptischen Regenbogen. Abbildung in: Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, Hannover 1993, S.37,

mit Erläuterungen

S. 3 6 , 3.

von

RUTH

SCHMIDT-WIEGAND,

Schmidt

den Händen das eine der Schwerter. Der ebenfalls kniende Kaiser mit der Krone auf dem Haupt faßt mit der rechten Hand an den Knauf des anderen Schwertes; in der linken H a n d hält er das Szepter 16 . Was diese Darstellung bedeutet, ergibt sich aus dem folgenden Text, der zunächst den Bügeldienst behandelt und im Bilde zeigt 17 , den der Kaiser dem Papst zu leisten hat, und dann fortfährt: „Dies ist die Bedeutung: Was dem Papst Widerstand leistet, daß er es mit geistlichem Gericht nicht bezwingen kann, daß es der Kaiser mit weltlichem Gericht zwinge, dem Papst gehorsam zu sein. Ebenso soll die geistliche Gewalt dem weltlichen Gericht helfen, wenn es dessen bedarf." 1 8 Das Bild Gottes mit den zwei Schwertern zeigt genaugenommen nicht, wie und wann Papst und Kaiser ihr Schwert erhalten haben, sondern warum Gott es ihnen „überließ", wie und zu welchem Zweck sie es führen sollten. Im Prolog 1 9 mit der Kernaussage Got is selber recht, dar umme is im recht lip, wird die allgemein gültige Regel erteilt: „Deshalb sollen sich alle diejenigen, denen von Gott das Gericht anbefohlen ist, bemühen, daß sie so richten, daß Gottes Zorn und sein Gericht über sie gnädig ergehen mögen." 2 0 Dies gilt für jeden Richter, auch für den obersten weltlichen, den Kaiser. Demgemäß ist zu dieser Textstelle des Prologs dargestellt 21 , wie der thronende Gott, der mit der linken Hand ein Buch hält, in der rechten „das Gerichtsschwert, das er dem vor ihm knienden König als dem höchsten weltlichen Gerichtsherrn übergibt" 2 2 . Im Bild darüber 2 3 kniet der Verfasser des Rechtsbuches vor den „christlichen Königen", wie es im „Text

16 Ebenso in der Dresdener Bilderhandschrift. In der Oldenburger Handschrift des Sachsenspiegels (wie Anm. 15) ist er ohne Szepter abgebildet. Siehe auch SCHMIDT (wie Anm.5) Abb.21 auf Taf. LXXV. 17 Fol. 10 recto 2 (Ldr I 1). Zum Bügel- und Zügeldienst vgl. SCHMIDT (wie Anm.5) S. 105-108. 18 Übers. S.95. Dazu SCHMIDT-WIEGAND (wie Anm. 1) S. 230. 19 Fol. 9 verso Z. 16 f. 20 Übers. S.93. 21 Fol. 9 verso 2. 22 Komm. S.43, Ziff. 2. 23 Fol. 9 verso 1. Zu diesem und dem voranstehenden Bild vgl. ULRICH DRESCHER, G e i s t l i c h e D e n k f o r m e n in d e n

Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankf u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1989, S. 88-104, 110-119; vgl. auch SCHMIDT-WIEGAND (wie Anm. 1) S. 227-229.

Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

des Prologs" heißt 2 4 , vor Konstantin und Karl. Sie sind im „kaiserlichen Ornat" dargestellt, tragen Kronen und halten jeder ein Herrschaftszeichen in der Hand, der eine das Szepter, der andere den Reichsapfel. Die „christlichen Könige" verkörpern das „Reich". Sie sind Kaiser, ebenso der gekrönte Herrscher, der im darunter befindlichen Bild das Schwert als Symbol der weltlichen Herrschaft erhält. Die Weltreichs-Theorie kennt gemäß der Danielschen Weissagung nur vier aufeinanderfolgende Reiche. Das römische ist das letzte, und es besteht also fort bis ans Ende der Welt. Aber die Herrschaft, das Kaisertum, ist von den Römern auf ein anderes „Reichsvolk" 2 5 übergegangen, durch Karl den Großen zunächst auf die Franken, von ihnen dann auf die Deutschen. Es ist deshalb „für Eike keine Frage, daß nur der deutsche König römischer Kaiser sein kann" 2 6 . Der Sachsenspiegier legt dies klar und eindeutig aus 27 : „Die Deutschen sollen ihrem Recht entsprechend den König wählen. Sobald er von den Bischöfen, die dazu bestimmt sind, geweiht wird und den Thron zu Aachen besteigt, hat er königliche Gewalt und königlichen Namen. Sobald ihn der Papst geweiht hat, hat er des Reiches Gewalt und kaiserlichen Namen." Der deutsche König allein hat demnach Anspruch auf das Kaisertum. Sobald er auf dem Karls-Thron zu Aachen Platz genommen hat, ist er der imperator futurus. Insofern besitzt er schon als König die oberste weltliche Gewalt. Er ist der oberste weltliche Richter 28 . In den Bildern der Wolfenbütteler Handschrift wird dementsprechend kein Unterschied bei der Darstellung des Kaisers und des Königs gemacht. Gekennzeichnet wird er durch die ihm als Attribute beigegebenen Herrschaftszeichen: Krone, Szepter und Schwert. Wer sonst noch mit dem Schwert abgebildet ist, führt es rechtmäßig nur in seinem Auftrag oder Dienst oder gebraucht es in Ausübung von Gewalt 2 9 . Mit Gewalt wur-

24 Übers. S.93, dazu Komm. S.93, Ziff. 1. 25 Vgl. hierzu u. a. die Arbeiten von HELMUT BEUMANN, jetzt in: DERS., Ausgewählte Aufsätze aus den Jahren 1966-

89

de dem babylonischen Kaiser, auf dem Thron sitzend mit dem Szepter in der Hand dargestellt, von Cyrus die Krone vom Kopf gerissen und damit die Herrschaft entwunden 3 0 . Die folgenden Kaiser - Darius und Alexander - gebrauchten das Schwert, um ihre Vorgänger zu töten und so das Kaisertum an sich zu bringen. Julius Cäsar „bemächtigte" sich dann der Krone Alexanders. Noch jetzt, so heißt es am Schluß des Weltreich-Artikels, hat Rom davon das weltliche Schwert behalten und von selten des Petrus das geistliche 31 . Dargestellt sind an dieser Stelle 32 aber nicht die beiden Schwerter. Das Bild zeigt nur den stehenden Kaiser mit dem Schwert in der rechten H a n d , in der linken das Szepter. Der Papst hingegen kniet vor dem heiligen Petrus und empfängt von diesem einen Schlüssel als Zeichen der kirchlichen Gewalt. Gemeint ist der Schlüssel des Himmelreiches, den Petrus von Christus erhalten hatte mit der Vollmacht, auf Erden wie im Himmel zu binden und zu lösen 33 . Dem Papst wird an dieser Stelle das geistliche Schwert, von dem im Text die Rede ist, nicht zugebilligt; es wird durch das Symbol des Schlüssels ersetzt. Das Schwert, das der Kaiser führt, ist das Symbol des Reiches, und damit wird deutlich gemacht, daß sein Schwert historisch älter ist als Schwert und Schlüssel des Petrus aus der Zeit des vierten Reiches, da jenes bis in den Anfang der Weltgeschichte zurückverfolgt werden kann. Die deutschen Kaiser, jedenfalls aus dem Sächsischen Hause und die, die sich von ihnen herleiteten, waren dem Reiche zudem schon aus der Zeit, bevor dieses an die Römer fiel, verbunden, denn der Sachsenstamm kam aus dem Heer Alexanders des Großen 3 4 . Das Verhältnis des Kaisers zum Papst wird differenziert gesehen und dargestellt. Der gewählte, zum Kaisertum bestimmte deutsche König gewinnt nomen et potestas des Kaisers erst mit der Weihe durch den Papst 3 5 , und er hat diesem den Bügel- und Zügeldienst zu leisten. Das läßt ihn als einen Lehnsmann erscheinen, den Papst

30 Fol. 47 recto 5.

1 9 8 6 , h g . v o n JÜRGEN PETERSOHN - RODERICH SCHMIDT,

31 S . o . S . 8 9 A .

Sigmaringen 1987. Für das Beziehungsgeflecht „Kaiser, König und Reich" sei auf den Beitrag „Die Bedeutung des Kaisertums für die Entstehung der deutschen Nation im Spiegel der Bezeichnungen von Reich und Kaiser"

32 Fol. 47 verso 1. Zum folgenden vgl. SCHMIDT (wie Anm. 5) S. 112 f. (mit Lit.) u. Abb. 32 auf Taf. L X X X I sowie SCHMIDT-WIEGAND ( w i e A n m . 1) S. 2 3 2 .

2 6 SCHOTT ( w i e A n m . 1 1 ) S. 3 6 8 .

33 Matthäus 16, Vers 19. Vgl. J.POESCHKE, Artikel .Schlüsselübergabe an Petrus', in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 4, Rom - Freiburg - Basel - Wien 1972,

27 Ldr III 52 §1; Übers. S.251. 28 S.u. S.92f.

34

h i n g e w i e s e n , e b d . S. 6 6 - 1 1 4 .

2 9 V g l . SCHMIDT-WIEGAND ( w i e A n m . 1) S. 2 2 9 f f .

Sp. 8 2 - 8 5 .

S.o. S. 88. 35 Ldr III 5 2 § 1 .

90

Roderich

als Lehnsherrn 3 6 . Anderseits waren dem Papst gewisse Rechte von Seiten des Kaisers gewährt worden, nämlich das dem Richter zu zahlende Strafgeld, das „Gewette", was bedeutet, d a ß der Papst auch weltliche Gerichtsbarkeit ausüben und unter Königsbann gebieten kann 3 7 . Dem Sachsenspiegel zufolge hat dieses Recht Kaiser Konstantin dem Papst Silvester verliehen 38 . Wie im Falle des Bügel- und Zügeldienstes geschah auch dies, auf d a ß „weltliches und geistliches Gericht zusammenwirken, damit man, was so dem einen widersteht, mit dem anderen zwinge, gehorsam zu sein und die Pflicht dem Recht gegenüber zu erfüllen" 3 9 . Die ähnlich lautende Begründung f ü r den Bügel- und Zügeldienst 4 0 schließt die Deutung, der Kaiser sei ein Lehnsmann des Papstes, aus, obwohl er im Bild kniend dem Papst den Steigbügel hält und das Pferd am Zügel faßt 4 1 . Aber das ist eben beim Steigbügelhalten üblich und notwendig, wie an anderer Stelle im Sachsenspiegel gezeigt 4 2 . U n d damit die H a n d l u n g des Kaisers nicht mißdeutet werde, heißt es ausdrücklich, der keiser sal im den stegereif haldin, das der satil nicht wanke („damit der Sattel nicht verrutsche") 4 3 . Auch anläßlich der Kaiserkrönung in Rom durch den Papst 4 4 kniet der König mit bittender Gebärde vor dem römischen Pontifex. Dieser ist mit dem Segensgestus dargestellt. Die Weihehandlung selbst, insbesondere die Salbung und Krönung, wird nicht abgebildet 4 5 . Eine entsprechende Darstellung im Lehnrechtsteil 4 6 zeigt den Papst mit einem Weihwasserwedel in der rechten H a n d , und einer der hinter ihm stehenden Geistlichen hält das Weihwasserbecken. D e r König ist in beiden Fällen gekrönt, trägt aber weder Szepter noch Schwert, noch ein anderes Herrschaftssymbol, so d a ß der Gedanke, er verdanke die H e r r s c h a f t über das Reich dem Papst, vom Bild her keine Stütze findet. Im Zusammenhang mit der Überlassung des Gewettes durch Kaiser Konstantin an Papst Silvester zeigen die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels Papst und

Schmidt

Kaiser einträchtig, sich gegenseitig umarmend, auf einer Bank sitzend 4 7 . In seiner Ausgabe der Dresdener Bilderhandschrift bemerkt Karl von Amira hierzu: „Das ,weltliche Gericht' ist durch den Kaiser, das , geistliche' durch den Papst repräsentiert, jedes mit dem Zeichen seiner Machtmittel, Stab und Schwert." 4 8 W ä h r e n d der Papst in allen vier Bilderhandschriften 4 9 den Krummstab in der rechten H a n d hält, gibt es bezüglich des kaiserlichen Herrschaftszeichens jedoch Unterschiede. In der Dresdener H a n d s c h r i f t 5 0 und ebenso in der Wolfenbütteler 5 1 ist es nicht das Schwert, wie von Amira schreibt, sondern das Szepter. Anders in der Heidelberger 5 2 und in der Oldenburger 5 3 Bilderhandschrift. In ihnen hat der Kaiser tatsächlich das Schwert in der H a n d . Dem Schwert des Kaisers entspricht hier der Stab des Papstes, des Bischofs von Rom, so wie in der Darstellung am Ende der Weltreichs-Theorie dem Kaiser mit dem Schwert der Papst mit dem Schlüssel gegenübergestellt ist, der ihn als Nachfolger des Apostels Petrus ausweist. Beide, Kaiser und Papst, sind die Repräsentanten der obersten Gewalten in der Welt, beide von G o t t eingesetzt. Aber das Reich, so stellt es sich im Sachsenspiegel dar, ist älter als das Papsttum 5 4 . D e r Kaiser verkörpert das Reich, den Anspruch besitzt schon der deutsche König. Die Wahl des Königs - der Sachsenspiegel spricht von des keisers kore5i - ist von Eike so beschrieben und in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift so dargestellt, wie sie sich im 13. J a h r hundert herausgebildet hat 5 6 . Drei Bischöfe, nämlich

47 In der Heidelberger Bilderhandschrift (fol. 72 recto 5) ist es ein wirklicher Thron. 48 Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. v o n KARL VON AMIRA, 2. Bd.: E r l ä u t e r u n g e n , T e i l

v o n KARL VON AMIRA, 1. B d . ( F a k s i m i l e ) L e i p z i g

36 Wie Anm. 13, S.105f. 37

V g l . SCHMIDT ( w i e A n m . 5 ) S. 1 1 3 f.

38 39 40 41

Fol. 52 recto 4 (Ldr III 63 §1). Übers. S.263. S.o. S. 88. Wie Anm. 17. In der Oldenburger Bilderhandschrift hält der Kaiser nur den Steigbügel, Abb. wie in Anm. 15. Fol.22 recto 1 (Ldr II 52 §2). Fol. 10 recto Ζ. 8ff.; Übers. S.95. Fol. 49 recto 8 (Ldr III 52 §1). Komm. S.201, Ziff. 8. Fol. 60 recto 2 (Lnr 4 §2).

42 43 44 45 46

II,

Leipzig 1925/26 (Neudruck Osnabrück 1969) S.74. 49 Oldenburg, Heidelberg, Dresden, Wolfenbüttel. 50 Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. 1902

(Neudruck Osnabrück 1968) fol. 48 a 5, Taf.95. 51 Fol. 52 recto 5. - Siehe auch SCHMIDT (wie Anm. 5) Abb. 34 auf Taf. LXXXII. 52 WALTER KOSCHORRECK, D i e

Heidelberger

Bilderhand-

schrift des Sachsenspiegels, Frankfurt/Main 1970, Faksimile fol.22 recto 5. - Siehe auch SCHMIDT (wie Anm. 5) Abb. 35 auf Taf. LXXXIII. 53 Fol. 82 a, 3. 5 4 V g l . S C H M I D T ( w i e A n m . 5 ) S. 1 1 4 f .

55 Fol. 50 verso Z.26f. (Ldr III 57 §2). 5 6 V g l . DIETMAR WILLOWF.IT, D e u t s c h e V e r f a s s u n g s g e s c h i c h -

te, München 1990, S. 61 ff. - Der König von Böhmen als vierter weltlicher Königswähler fehlt: er hat dem Sach-

Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

die Erzbischöfe von Trier, Mainz und Köln, sowie die weltlichen Fürsten, der Pfalzgraf bei Rhein als Truchseß, dargestellt mit einer goldenen Schüssel, der Herzog von Sachsen als Marschall mit dem Stab und der Markgraf von Brandenburg als Kämmerer, hier dargestellt, wie er aus einem goldenen Becher ein Getränk in eine Schale gießt, sind die ersten bei der Kur. Danach wählen alle Fürsten 57 , und wen sie zu kunige irweln, den sollen jene erst bi namen kisen („zu allererst mit Namen küren") 5 8 . Die königlichen Rechte wurden durch Krönung und Salbung und durch die Thronbesteigung zu Aachen erworben 5 9 . Außerdem hatte der neue König ein „Krönungsgelöbnis" abzulegen 60 . Der Sachsenspiegel bestimmt: „Wenn man den König wählt, dann soll er dem Reich Treue geloben [deme riche hulde tun\ und schwören, daß er das Recht stärken und das Unrecht schwächen und das Reich in seinem Recht vertreten werde [unde das riche vorste an sime rechte], so gut er es könne und vermöge." 61 Diese Einzelakte sind in den Bilderhandschriften dargestellt; sie werden allerdings nicht so gewichtet, wie man es nach ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung erwarten könnte. Der König, durchgängig im goldenen Gewand abgebildet 62 , trägt schon in den Bildstreifen 63 , die sich auf die Wahl bzw. Kur beziehen, die Krone, bei der Kur durch die drei (Erz-)Bischöfe auch das Szepter. Die Königsweihe ist ähnlich der Kaiserweihe 64 so dar-

57 58 59 60

61 62

63 64

senspiegel zufolge „kein Wahlrecht, weil er kein Deutscher ist". Fol. 51 recto 1-3. Hierzu und zum folgenden vgl. auch S C H M I D T (wie Anm.5) S . 97-100. Fol. 51 recto Ζ. 11 f.; Übers. S.258f. S.o. S.89. Vgl. H E R M A N N C O N R A D , Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. 1 , Karlsruhe 2 1 9 6 2 , S . 2 1 7 . Fol.49 verso Z.31 und 50 recto Ζ. 1 (Ldr III 54 §2); Übers. S. 253/255. Vgl. hierzu R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Kleidung, Tracht und Ornat nach den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Terminologie und Typologie mittelalterlicher Sachgüter (Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs, Nr. 10) Wien 1988, S. 143-175, insbes. S. 172 f.; zum allgemeinen vgl. D I E S . , Artikel ,Ornat', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R - E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E T E R W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T - W I E GAND, 3, Berlin 1984, Sp. 1305-1312. Fol. 49 recto 6 (Ldr III 52 §1) und fol. 51 recto 1 - 3 (III 57 § 2). S.o. S.90.

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gestellt, daß der König mit der Krone auf dem Kopf vor zwei Bischöfen mit gefalteten Händen kniet, die ihn mit erhobener Hand segnen 65 . „Das Kernstück des Weihevorgangs, die Salbung, wird nicht gezeigt" 66 , aber auch nicht die Krönung und ebenso nicht die Thronsetzung auf den Stuhl Karls des Großen in Aachen 67 . In der Bildleiste, die sich auf die Königsweihe und die Stuhlsetzung bezieht, ist der König 68 zwar auf einem Kasten oder einer Art Bank sitzend zu sehen. Ein Thron im eigentlichen Sinne aber ist dies nicht, schon gar nicht der Aachener 69 . Der König hat hier nicht etwa das Szepter, sondern den Reichsapfel in der Hand 7 0 . Bei der Eidesleistung gegenüber dem Reich 71 steht der König mit dem Szepter in der linken Hand vor einem Ständer, auf dem sich statt eines Reliquiars, wie im nächsten Bild, wo der König einen Reinigungseid vor dem Papst leistet 72 , eine Krone befindet, auf die er die Schwurhand legt. Die Krone „vertritt" das Reich, wie Karl von Amira es formulierte 7 3 , und zwar in seiner Kontinuität, unabhängig vom jeweiligen Träger. Sie steht aber auch für den König. Der Satz „Was man durch das Gericht bezeugen muß, dazu soll sich der Richter bei der Treue zum König [bi der kuniges hulden~\ verpflichten und danach auch die Schöffen wie alle anderen Dingpflichtigen mit ihrem Eid" 7 4 wird im Bild so dargestellt 75 , daß der Richter und drei Schöffen den Eid auf die Krone leisten, die vor ihnen auf einem Ständer liegt; drei Dingpflichtige leisten den Eid auf einen Reliquienkasten. Auch im Lehnrecht wird bei Streitigkeiten wegen Lehenauflassung und Weiterverleihung ein Eid auf die Krone geleistet, da sie den obersten Lehnsherrn symbolisiert 76 . „Denn der König ist der gewählte Richter über jeden Mannes Hals, über

65 Fol. 49 recto 7. 66 Komm. S. 251, Ziff. 7. Sie fehlt auch bei der Kaiserweihe. 67 Vgl. hierzu auch zum folgenden VON A M I R A (wie Anm. 48) S. 50 f. 68 Im Bilde fol. 49 recto 6 am Rande links. 6 9 Vgl. S C H M I D T (wie Anm.5) S . 9 8 . 70 So auch in der Dresdener Bilderhandschrift. In der Oldenburger ist der König mit beiden, Reichsapfel und Szepter, ausgestattet, vgl. VON A M I R A (wie Anm. 67). Über den Reichsapfel s. u. S. 94. 71 Fol. 10 recto 1. 72 Ldr III 54 §2: daß er nicht am rechten Glauben zweifele. 73 VON AMI RA (wie Anm. 48) S. 55. In der Oldenburger Bilderhandschrift (fol. 79 verso 1) wird das Reich durch eine Adlerfahne symbolisiert. 74 Fol. 57 recto Ζ. 7f. (Ldr III 88 §1); Übers. S.283. 75 Fol. 57 recto 2. 76 Fol.63 verso 4 (Lnr 14 §3).

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Roderich

Eigentum und über Lehen. Alles Landrecht und alles Lehnrecht nimmt darum von ihm seinen Ausgang, weil die Heerschildordnung bei ihm beginnt." 77 Der König, dies ergibt sich aus der Heerschildordnung, steht über allen Fürsten des Reiches, geistlichen wie weltlichen. Des riches vorsten ensuln keinen leien zu herrin habin wen den kunig7i. Die Investitur der Fürsten erfolgt der Bestimmung des Wormser Konkordats gemäß 7 9 durch verschiedene Herrschaftszeichen: „Der Kaiser verleiht alle geistlichen Fürstenlehen mit dem Szepter, alle weltlichen Fahnenlehen mit der Fahne." 8 0 Im Lehnrecht heißt es dazu: „Bischofsgut und Fahnenlehen soll der König als Ganzes verleihen und nicht teilen." 81 So ist es auch in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels dargestellt. Im Anschluß an die Königswahl sieht man den thronenden König mit Krone, der einen Bischof und einen Weltgeistlichen mit dem Szepter belehnt, sowie drei Lehnsmänner in Herrentracht, denen er mit zwei Fahnen ihre Lehen erteilt 82 . Im Bild darüber wird einem Bischof nach dem Tode seines Vorgängers (der mit geschlossenen Augen am Boden liegt) vom König das Szepter überreicht 83 . Im Lehnrechtsteil belehnt der sitzende König einen knienden Bischof mit dem Szepter, einen ebenfalls knienden Fürsten mit der Fahne 84 . An einigen Stellen trägt der König aber auch im Zusammenhang mit Fahnenlehen das Szepter. In zwei Fällen handelt es sich um die Übertragung von Gerichtslehen 85 , in zwei anderen um die Zahlung von Strafgeld an den König, ζ. B. wegen der Nichtteilnahme eines Für-

77 Lnr 69 §8; Übers. S. 367/369. - Über die Heerschild-

Schmidt

sten am Reichsdienst oder am Hoftag 8 6 . Das Szepter symbolisiert hier also die Gerichtshoheit des Königs. Konsequent in unserem Sinne ist die Bildgestaltung freilich nicht. Zu dem Satz „Uber das Leben der Fürsten und über ihre Gesundheit darf niemand Richter sein als der König" 8 7 ist der König ohne Herrschaftszeichen zu sehen 88 , mit erhobener rechter H a n d befiehlt er dem vor ihm stehenden Henker an einem niederknienden Fürsten das Todesurteil zu vollziehen. Der Henker ist mit geschultertem blankem Schwert abgebildet 89 . In anderen Fällen trägt der König bei Erwähnung des Fahnenlehens kein Herrschaftszeichen 9 0 . Zum Teil ist dies situationsbedingt. Wo der König die Kommendation eines Mannes vornimmt, gegen den ein Fürst, durch die Lehnsfahne als Inhaber eines Fahnenlehens gekennzeichnet, Zeugnis ablegt, benötigt der König seine beiden Hände 9 1 . Sowohl im Landrecht wie im Lehnrecht wird die Ladung von Fürsten durch den König behandelt. Sie erfolgt durch Brief und Siegel zum Reichsdienst, zum H o f t a g oder zum Lehnsgericht. In der Abbildung zum Lehnrecht hält der König das Schriftstück in der einen H a n d , mit der anderen weist er auf die Umrisse einer Stadt, denn das Gericht soll „an einem bestimmten Ort" tagen 9 2 . In dem Bild zum Landrecht weist der König, ohne Herrschaftszeichen, auf den vor ihm stehenden Boten, der den Brief zwei Fürsten übergibt, die mit Fahnen dargestellt sind 93 . Der König ist der oberste Richter im Reich 94 . Von seiner Gerichtsbarkeit leiten alle anderen ihre Richterfunktion her, denn - so führt der Sachsenspiegel aus - : „Der Kaiser kann aber nicht in allen Ländern zugleich sein und deshalb nicht alle Verbrechen jederzeit richten. Deshalb verleiht er den Fürsten das Grafenamt und den Grafen des Schultheißenamt." 95 Den „Königs-

o r d n u n g ( L d r I 3 § 2 u n d L n r 1 u. 2 ) vgl. DRESCHER (wie

Anm.23) S. 187-207. 78 Fol. 51 recto Z.12f. (Ldr III 58 §1). Im Lehnrecht 71 §2 (fol. 81 recto Ζ. 30 f.—81 verso Ζ. 1) heißt es entsprechend: Swer vanlen hat unde vorste is. der ensal keinen leien zu herren haben ane den kunig. Beide Textstellen sind in der Wolfenbütteler Handschrift bildlich nicht dargestellt. 7 9 ADOLF HOFMEISTER,

80 81 82 83 84 85

Das

Wormser

Konkordat.

Zum

Streit um seine Bedeutung. Mit einer textkritischen Beilage, in: Festschrift Dietrich Schäfer, Jena 1915, S. 64148; Neuausgabe mit einem Vorwort von RODERICH SCHMIDT (Libelli Bd. 89) Darmstadt 1962. Ldr III 60 §1; Übers, und Komm. S.259 mit Ziff.5. Lnr 20 §5; Übers, u. Komm. S.313 mit Ziff.5. Fol.51 recto 5, dazu Komm. S.259 Ziff.5. Fol.51 recto 4, dazu Komm. S.259 Ziff.4. Fol.65 verso 1; s.o mit Anm.81. Fol. 49 verso 1 (Ldr III 52 §3); fol. 79 verso 3 (Lnr 71 §2).

86 87 88 89 90 91 92 93 94

Fol.77 verso 2 (Lnr 68 §8); fol.52 verso 3 (Ldr III 64 §2). Ldr III 55 §1; Übers S.255. Fol. 50 recto 4. Komm. S.255, Ziff.4. Fol.51 verso 1 (Ldr III 60 §1); fol.65 verso 2 (Lnr 21 §2). Fol.81 recto 5 (Lnr 71 §20). Fol.81 verso 2 (Lnr 72 §1), dazu Komm. S.379, Ziff.2. Fol.52 verso 2 (Ldr III 64 § 1), dazu Komm. S.265, Ziff.3. Ldr III 26 § 1: De konig is gemene richtere over al, zitiert n a c h S a c h s e n s p i e g e l L a n d r e c h t , hg. v o n KARL AUGUST

ECKHARDT ( M G H Font. iur. Germ, ant., N.S. I, 1) Göttingen 1973. Die Stelle fehlt in der Wolfenbütteler H a n d schrift. 95 Ldr III 52 §2. Zitiert nach der Übersetzung von RUTH SCHMIDT-WIEGAND, in: Eike von Repgow (wie Anm. 11). Auch diese Stelle fehlt in W.

Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

bann", d.h. die vom König verliehene Befugnis zur Ausübung der Gerichtsgewalt, „darf niemand verleihen als der König selbst" 96 . Hier sieht man den König, wie immer gekrönt, auf einem Sitz, wie er seinen Bann durch einfache Handreichung an den Grafen verleiht 97 . An anderer Stelle geschieht das gleiche. Hier sitzt der König auf einem Thronsessel, mit dem Szepter in der Hand. Der Text lautet: „Bei Königsbann darf niemand Gericht halten, wenn er nicht den Bann vom König empfangen hat." 9 8 In der Mehrzahl der Fälle wird der König als Richter ohne Szepter abgebildet 99 , an einigen Stellen jedoch mit diesem Herrschaftszeichen, nämlich wo der König in Sachsen als oberster Richter wegen geraubten Besitzes Recht spricht 1 0 0 oder wo er beim Gericht in einer Grafschaft zugegen ist 101 . In der Oldenburger Bilderhandschrift hält der König im letztgenannten Fall statt des Szepters das Richtschwert 102 . Als oberster Richter verhängt der König über Übeltäter die Reichsacht 1 0 3 . Auch hat er für den Frieden im Reich zu sorgen. Der Sachsenspiegel gibt eine genaue Ordnung über die befriedeten Feier-, Heiligenund Wochentage, an denen alle Fehden zu ruhen haben und an denen keine Waffen getragen werden dürfen 1 0 4 . Uber diejenigen, die in solchen Zeiten dennoch bewaffnet anzutreffen sind, soll gerichtet werden, und sie sollen in die Reichsacht getan werden, ausgenommen, wer sich im Reichsdienst oder auf dem Turnier befindet 1 0 5 . Flieht ein so Verurteilter in einen fremden Gerichtsbezirk, so können ihn die Leute seines Bezirks vom Richter des fremden zurückfordern 1 0 6 . Im Bild 107 trägt ei-

96 97 98 99 100 101 102 103 104

105

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Ldr III 64 § 5. Fol. 52 verso 5 links, dazu Komm. S. 265. Fol. 23 recto 5 (Ldr I 59 §1); Übers. S. 147. So fol.23 verso 1; 28 recto 4; 28 verso 3; 50 recto 4; 52 verso 5; 81 verso 2 u. 3. Fol. 32 verso 1 (Ldr II 25 §2). Fol.23 recto 4 (Ldr I 58 §2). Komm. S. 147, Ziff. 4, Oldenburger Handschrift fol.30a, 3. Ldr I 71. In der Wolfenbütteler Handschrift nicht vorhanden. Ldr II 66 § 1 u. 2 (fol.41 recto 3 - 6 und fol.41 verso 1) Komm. S.219, Ziff.3-6 und S.221, Ziff. 1. Vgl. auch D R E S C H E R (wie Anm.23) S. 207-258. Ldr II 71 §2 (fol.41 verso 5). Der im Reichsdienst befindliche Mann ist beritten, aber ohne irgendwelche Zeichen. Das ihm folgende Pferd trägt im Sattel einen Turnierhelm. Ldr II 71 §5. Fol. 42 recto 2.

93

ner dieser Männer einen Stab mit aufgesetzter Krone. Der Richter deutet mit dem Finger seiner rechten Hand auf diese „und erkennt so die Rechtmäßigkeit des Vorgangs an, weil alle ordentliche Gerichtsgewalt vom König ausgeht" 1 0 8 , was durch die Krone veranschaulicht wird. Weitere Beispiele dafür betreffen die vom König verhängte Reichsacht: a) Der so Geächtete kann kein Gericht halten 1 0 9 . b) Das Zeugnis des Geächteten kann vor Gericht abgelehnt werden 1 1 0 . c) Wenn Reichsgeächtete gegen andere klagen, brauchen diese jenen nicht zu antworten 1 1 1 . d) Ein Lehnsherr kann die Mannschaft eines in der Reichsacht befindlichen Mannes ablehnen 1 1 2 . In allen diesen Fällen ist der vom König Geächtete als ein solcher durch ein Schwert, das ihm durch den Hals gesteckt ist, ausgewiesen, und als Zeichen der Reichsacht steckt auf dem Schwert eine Krone. Das erhobene, von der Königskrone umschlossene Schwert in der Hand eines gerüsteten Kriegers symbolisiert die Reichsheerfahrt 1 1 3 . Ein solcher Reichsdienst befreit vom Lehngericht, nicht aber vom Landgericht 1 1 4 . Dies wird bildlich so wiedergegeben, daß der Krieger mit geschultertem Schwert ohne Krone die Krone umgedreht in der rechten H a n d hält 1 1 5 . Reichsdienst wird im Lehnrecht bildlich auch durch die auf eine Lanze gesteckte Königskrone dargestellt 116 . Man sieht einen zur Heerfahrt gerüsteten Lehnsherrn, der beschwört, seinen Lehnsmann zum Heeresaufgebot verpflichtet zu haben, indem er die

108 109 110 111 112 113 114 115 116

Komm. S.223, Ziff. 2. Fol. 79 verso 5 (Lnr 71 §5). Fol.62 verso 4 (Lnr 12 §2). Fol. 44 verso 5 (Ldr III 16 §3). Fol. 66 recto 3 (Lnr 23 §1). Fol. 85 recto 3. Lnr 79 §2 u. 3. Fol. 85 recto 4. Allerdings nicht in allen Fällen. Fol. 59 verso 4 (Lnr 4 §1, dazu Komm. S.291, Ziff. 4) gebietet der König das Aufgebot zum Reichsdienst an einen Lehnsherrn. Dieser kniet vor dem König auf einem Kastensitz mit dem Szepter in der Hand. Der Lehnsherr mit Schwert ist bereits für die Heerfahrt gerüstet. Ldr I 40 bestimmt, daß man demjenigen, der als treulos oder heerflüchtig aus dem Reichsdienst überführt wird, Ehre und Lehen abspricht, aber nicht das Leben. Auf dem Bild, fol. 19 verso 4, sieht man, wie der gerüstete Lehnsmann auf einem Pferd, das bloße Schwert geschultert, sich vom König, hier auf einem Thron, in der H a n d das Szepter, entfernt.

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Roderich

rechte Hand auf ein Reliquienkästchen legt und mit der linken auf die gekrönte Lanze als Zeichen für den Reichsdienst weist 117 . Auf dem nächsten Bild 118 fordert der Lehnsherr seinen Lehnsmann zum Reichsdienst auf, was wieder durch die gekrönte Lanze angezeigt ist. Doch dieser läßt seine Weigerung erkennen. Der ebenfalls abgebildete König bekräftigt dies durch seine abweisende Haltung, denn er hat den Reichsdienst nicht geboten. Wenn es zwischen Lehnsherrn und Lehnsmann wegen eines Gutes zum Streit vor Gericht kommt, sind beide aus bestimmten Gründen entschuldigt zu erscheinen. Hierzu gehören Reichsdienst und Landesverteidigung 1 1 9 . Im Bild 120 umfaßt der im Reichsdienst befindliche Mann die gekrönte Lanze, während derjenige, der zur Landesverteidigung gewiesen ist, die Lanze mit der Krone in der einen Hand, ein blankes Schwert in der anderen hält 1 2 1 . Das strittige Gut wird hier, wie auch sonst, durch einige Getreidehalme bezeichnet 1 2 2 . In einem anderen Falle, wo zwei vor Gericht streitende Männer, der eine mit Reichsgut, der andere mit Eigengut belehnt, jeder ein solches Getreidebund ergreifen, ist dasjenige, was als Reichsgut ausgewiesen werden soll, von einer Krone umschlossen 123 . Ebenso verhält es sich, wo der Lehnsherr sein Eigengut wieder an sich zieht und er dem Lehnsmann dafür Reichsgut überläßt 1 2 4 . Uberblickt man die behandelten Symbole für Kaiser, König und Reich, so läßt sich feststellen: Reichs- oder Königsdienst wird durch die Lanze gekennzeichnet, die mit der Krone versehen ist, um den Dienst als Königsdienst auszuweisen. Denn den Reichsdienst, so bestimmt es das Lehnrecht 1 2 5 , hat der Lehnsmann „pflichtgemäß zu leisten im Lande deutscher Zunge, das dem römischen Reiche Untertan ist". Sechs Wochen muß der Lehnsmann die Kosten selbst tragen, und sechs Wochen vorher und nachher „soll er den Frieden des Reiches und Ruhe vom Lanzendienst haben, so daß ihn keiner seiner Herren zum Lehnsgericht laden oder zum Reichsdienst aufbieten kann". Für diese sechswö-

117 118 119 120 121 122 123 124 125

Fol. 74 recto 4 (Lnr 46 §1), dazu Komm. S.349, Ziff. 4. Fol.74 verso 1 (Lnr 46 §3), dazu Komm. S.350, Ziff. 1. Lnr 24 §7. Fol. 67 verso 2, dazu Komm. S.323, Ziff. 2. Zum Schwert als Symbol für Landesverteidigung als Reichsdienst s. Anm. 116. Durchgängig im Land- und Lehnrechtsteil. Fol. 79 recto 2 (Lnr 69 §8), dazu Komm. S.369, Ziff.2. Fol.80 recto 3 (Lnr 71 §6), dazu Komm. S.373, Ziff.3. Lnr 4 §1. Übers. S.291/293; Komm. S.291, Ziff.5.

Schmidt

chige Ruhefrist gebraucht der Sachsenspiegel das Wort schatröwe - ,Schaftruhe' - , d.h. Ruhe vom Lanzenschaft 1 2 6 . Damit wird also die Zeit der Befreiung vom Reichsdienst, insbesondere vom Heeresdienst bezeichnet. Im Bild 127 sieht man den zum Reichsdienst aufgebotenen Vasallen gerüstet in liegender, die „Ruhe" ausdrückender Haltung unter einer Lanze, das Schwert in der Scheide. Im vorangehenden Bild 128 gebraucht er das gezogene erhobene Schwert im gebotenen Kampf. Besteht der Reichsdienst also in einem Kriegszug oder dient er der Landesverteidigung, so wird er durch das Schwert gekennzeichnet 129 . Sonst ist das Schwert Symbol des vom König gehandhabten und von ihm ausgehenden Gerichts. Wo es über die Verhängung oder um die Vollstreckung der Reichsacht geht, ist dieses Gerichtsschwert mit der Krone versehen, entsprechend der gekrönten Lanze. Im Einzelfall aber wird dem König statt des Gerichtsschwertes der Reichsapfel beigegeben. Wo von den besonderen Rechten der Sachsen und der Schwaben die Rede ist, heißt es: „Schilt ein Schwabe das Urteil eines Sachsen oder der Sachse das Urteil des Schwaben, so müssen sie dies vor dem König entscheiden lassen." 130 Man sieht im Bild den König als Richter mit gekreuzten Beinen und mit dem Reichsapfel in der Hand 1 3 1 . Auf dem Bild 132 zur Landrechts-Bestimmung „Wer bei Königsbann Gericht hält und den Bann nicht empfangen hat, der muß seine Zunge zur Strafe lassen" sitzt der König auf dem Richterstuhl. Mit Weisungsgestus der rechten Hand gebietet er einem Schergen, dem gefesselten gräflichen Richter die Zunge abzuschneiden. In der Dresdener Handschrift hält der König in der linken H a n d den Reichsapfel 133 , in der Oldenburger statt dessen das Gerichtsschwert 1 3 4 . Die Herrschaftssymbole werden dem König nicht einheit126 127 128 129 130 131 132 133

Ebd. S.291, Anm. 5. Fol.60 recto 1, dazu Komm. S.293, Ziff. 1. Fol.59 verso 5, dazu Komm. S.291, Ziff.5. Vgl. o. S. 93 und Anm. 116. Ldr II 12 § 12. Übers. S. 169-171. Fol. 28 verso 5, dazu Komm. S. 169, Ziff. 5. Fol. 23 verso 1 (Ldr I 59 §1). Dresdener Handschrift fol. 24 verso 5, V O N A M I R A (wie Anm. 50) Tafel 48. In der Wolfenbütteler Handschrift ist nicht deutlich zu erkennen, ob und ggf. was der König in der linken Hand hält. 134 Oldenburger Handschrift fol. 43 recto 2. Zum Schwert und seinen Funktionen vgl. auch den Artikel ,Schwert' von

DAGMAR

HÜPPER,

1990. Sp. 1570-1574.

in:

H R G

(wie

A n m . 62),

B d . 4,

Kaiser, König und Reich in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift

lieh und konsequent beigegeben; sie können durch ein anderes ersetzt werden. Während der König überall mit der Krone auf dem Kopf dargestellt ist, hat er das Szepter meistens, aber nicht immer in der H a n d 1 3 5 als ein anderes Zeichen seiner Herrschergewalt. Insonderheit gebraucht er es bei der Investitur geistlicher Lehnsfürsten, so wie die Fahne f ü r weltliche Fürsten. Wie Schwert und Krone reicht das Szepter nach der Darstellung der Sachsenspiegel-Bilder bis in die Anfänge der Geschichte zurück. Schon der babylonische Kaiser hält es in H ä n d e n , während ihm der H e r r s c h e r des nächsten Reichsvolkes mit dem Schwert in der H a n d die Krone raubt 1 3 6 . Zu Beginn der Bilderfolge der Wolfenbütteler H a n d schrift 1 3 7 sind die Nachfolger der Cäsaren im vierten Weltalter, die „christlichen Könige" Konstantin und Karl, beide mit der Krone, der eine mit dem Szepter, der andere mit dem Reichsapfel dargestellt. Will man eine Zuordnung vornehmen, so ist der Herrscher mit dem Reichsapfel wohl als Karl der G r o ß e zu identifizieren, denn seine Nachfolger haben diesen in der H a n d , wenn sie auf seinem Stuhl zu Aachen Platz nehmen 1 3 8 . D e r szeptertragende Herrscher wäre dann der Kaiser Konstantin. In dem nächsten Bild - wir kehren damit zum Ausgangspunkt zurück - erhält der Kaiser

135 136 137 138

Vgl. o. S. 93 mit Anrn.99. S.o. S. 89. Fol. 9 verso 1; s.o. S. 88 f. S.o. S.91 u. Anm.68.

des Sachsenspiegels

95

das weltliche Schwert als Zeichen des Gerichts, aber auch der M a c h t über das Imperium direkt von G o t t 1 3 9 . M a n erkennt gewissermaßen eine Altersabfolge und damit eine Rangordnung dieser Herrschaftszeichen. Schwert, Szepter, Reichsapfel sind Symbole f ü r die Kaisergewalt, die der deutsche König besitzt oder die ihm zukommt. Auch die Krone ist von Anfang an vorhanden. Es ist jedoch nicht nur der Kaiser, der sie trägt. Auch die Fürsten der deutschen Stammesgebiete - Sachsen, Bayern, Franken und Schwaben - haben einst eine solche getragen. Denn sie waren, wie der Sachsenspiegel ausf ü h r t 1 4 0 , ursprünglich alle Königreiche, ihre Fürsten mithin Könige. „Später änderte man ihre N a m e n 1 4 1 und nannte sie H e r z ö g e , seit sie die Römer bezwungen hatten." 1 4 2 Im Bild 1 4 3 sind diese H e r z ö g e zu sehen, mit Kronen, nicht auf ihrem H a u p t e , sondern hinter diesen schwebend und fallend als Hinweis auf den Verlust ihrer Königsherrschaft. Da, wo die Krone in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels losgelöst von ihrem T r ä g e r erscheint, aufgesteckt auf eine Lanze oder ein Schwert oder auf einem Ständer oder um eine Getreidegarbe, bezeichnet sie speziell das Königtum des deutschen Kaisers. Sie ist geradezu ein „Merkmal des Begriffs König" 1 4 4 .

139 140 141 142 143

Fol.9 verso 2; s.o. S.88. Ldr III 53 §1. D.h. ihre Titel. Übers. S.253. Fol.49 verso 2, dazu Komm. S.253, Ziff.2.

144 Ähnlich von Amira (wie Anm.48) S.49.

Klaus Naß

Die Wappen in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels sehe ich verre in dem lande ein gewaejfe, daz ich erchande, ich wände, unde spreche sa, daz der ritter were da, ze dem ich die waffen hette gesehen Thomasin von Zerclaere umschreibt in diesen Versen seines Lehrgedichts ,Der Welsche Gast' (V.1367-1371) den elementaren Zweck, den ein Wappen im frühen 13. Jahrhundert zu erfüllen hat: die Identifizierung eines Ritters, der schon von weitem an seinem Wappen (gewaeffe, waffen) zu erkennen ist. Wappen sind, so lautet die klassische Definition, „bleibende, nach bestimmten Regeln festgestellte Abzeichen einer Person, Familie oder Körperschaft" 1 . Sie kommen gegen Mitte des 12. Jahrhunderts auf und knüpfen mitunter an ältere, vorheraldische Bildzeichen und Symbole an. Ihre Entstehung und rasche Verbreitung wird heute nicht mehr so sehr aus den Besonderheiten des Reiterkampfes und der Ritterrüstung erklärt, sondern eher mit dem Wandel der Familienstrukturen des Adels und seiner Herrschafts-

1

F R I E D R I C H W A R N E C K E , Heraldisches Handbuch, Frankf u r t / M a i n 4 1887, S. 1. Als Hilfsmittel und Einführungen in die Heraldik seien genannt Bibliographie zur Heraldik. Schrifttum Deutschlands und Österreichs bis 1980, bearb. von E C K A R T H E N N I N G - G A B R I E L E J O C H U M S (Bibliographie der historischen Hilfswissenschaften 1) Köln - Wien 1984; G E R T O S W A L D , Lexikon der Heraldik, Mannheim - Wien - Zürich 1984; Wappenbilderordnung 1, bearb. von JÜRG E N A R N D T - W E R N E R S E E G E R ( J . Siebmacher's Großes Wappenbuch B) Neustadt/Aisch 1986; Wappenfibel. Handbuch der Heraldik, begründet durch A D O L F M A T T H I A S H I L D E B R A N D T , hg. vom „Herold", Neustadt/Aisch 17 1 9 8 1 ; O T T F R I E D N E U B E C K E R , Heraldik, Frankfurt/Main 1 9 7 7 ; D O N A L D L I N D S A Y G A L B R E A T H - L E O N J E Q U I E R , Lehrbuch der Heraldik, München 1 9 7 8 ; M I C H E L PASTOURF.AU, Traite d'heraldique, Paris 1979.

formen in Verbindung gebracht 2 . Seit dem frühen 13. Jahrhundert steht das Wappenwesen in der Blüte und ist dem höfischen Dichter Thomasin von Zerclaere schon eine Selbstverständlichkeit. Im Laufe der nächsten hundert Jahre überschreitet es die ständischen Schranken und wird zu einem bunten, professionell ausgestalteten Bestandteil der spätmittelalterlichen Welt. Hauptquellen für die Frühzeit der Heraldik sind Siegel und Münzen, die freilich nur die Wappenbilder, nicht aber deren Farben, heraldisch gesprochen die Tinkturen, überliefern. Von Bedeutung sind daneben noch die verstreuten heraldischen Nachrichten in der Dichtung und die recht spärlichen Uberreste aus dem Gebiet der Realien. Wappenbücher entstehen im deutschen Reich, von ganz singulären Frühformen abgesehen, erst seit etwa der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert und erleben ihre Blütezeit im 15. Jahrhundert 3 .

2

3

E R I C H K I T T E L , Wappentheorien, in: Archivum Heraldicum 85, 1971, S. 18-26, 53-59; M I C H E L P A S T O U R E A U , Die Entstehung der Wappen im Abendland. Der heutige Stand der Forschung, in: Adler. Zeitschrift f ü r Genealogie und Heraldik 11, 1977/79, S. 361-364; L U T Z F E N S K E , Adel und Rittertum im Spiegel früher heraldischer Formen und deren Entwicklung, in: Das ritterliche Turnier im Mittelalter, hg. von J O S E P H F L E C K E N S T E I N (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 80) Göttingen 1985, S. 75-160. E G O N F R H R . VON B E R C H E M - D O N A L D LINDSAY G A L B R E A T H O T T O H U P P , Die Wappenbücher des deutschen Mittelalters, in: DIES., Beiträge zur Geschichte der Heraldik (J. Siebmacher's Großes Wappenbuch D ) Berlin 1939, Nachdruck Neustadt/Aisch 1972, S. 1-114, 220f.; Bibliographie zur Heraldik (wie Anm. 1) S. 170-180. Zur Heraldik der Großen Heidelberger Liederhandschrift vgl. neuerdings H A R A L D D R Ö S , Wappen und Stand, in: Codex Manesse. Katalog zur Ausstellung, hg. von E L M A R M I T T L E R - W I L -

FRIED W E R N E R ,

Heidelberg 1988, S. 127-139.

98

Klaus

Naß

Zu den Wappenbüchern im weiteren Sinne zählen auch der Wolfenbütteler Codex picturatus des Sachsenspiegels und seine drei Schwesterhandschriften. Sie sind jedoch keine eigentlichen Wappensammlungen, die allein dem heraldischen Interesse dienen sollen, sondern nach der jüngsten Definition der Quellengattung ,armoriaux marginaux', mit Wappen geschmückte Handschriften ohne primär heraldischen Inhalt 4 .

derhandschriften überhaupt 5 . Denn der systematische Vergleich der Codices picturati kann recht genau jene Wappenlandschaften erschließen, die den Illustratoren und ihren Auftraggebern vertraut gewesen sind. Datierbare Wappenänderungen, vor allem die dynastisch bedingten Wechsel der Territorialwappen, liefern außerdem feste Anhaltspunkte für die Entstehungszeit der Handschriften.

Wer die Wappen der Wolfenbütteler Bilderhandschrift verstehen und nicht nur als ästhetisches Beiwerk betrachten will, der darf sich nicht auf diesen einen Codex beschränken. Denn die Uberlieferung der Bilderhandschriften bringt es mit sich, daß erst der Vergleich aller Handschriften die Aussagekraft der Heraldik und die Eigenart des Wolfenbütteler Codex erschließt. Zunächst aber muß man sich über die elementare Bedeutung der Wappen in den Codices picturati klar werden. Die Wappen sind hier Bestandteil der Bildstreifen, die den Rechtstext Eikes von Repgow illustrieren. Ihre Auswahl und Funktion richtet sich, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, allein nach dem Wortlaut des Textes und nach der erklärenden oder deutenden Illustration. Besonders deutlich wird diese Bildfunktion bei jenen Wappen, die man als Redende' Wappen im weiteren Sinne bezeichnen kann. In den Bildstreifen zu Ldr I 9 § 2 und Ldr III 76 § 1 finden sich zwei Schilde mit drei Pflugscharen und ein gespaltener Schild mit einer Axt und drei Pflugscharen als Wappenbilder. Wie schon die gemeinen Figuren aus dem bäuerlichen Lebensbereich vermuten lassen und der Rechtstext vollends beweist, dienen diese Wappen nicht als Erkennungszeichen einer bestimmten Person, sondern symbolisieren liegendes Gut und dessen Besitz. Der Illustrator hat hier die Bildersprache der Heraldik aufgegriffen und , redende' Wappen geschaffen, wobei nicht der Name eines Wappenführers, sondern Textinhalte bildlich ausgedrückt und in den Schild gesetzt worden sind.

Der Wappenvergleich gibt aber nicht nur Aufschluß über die erhaltenen Codices picturati, sondern gestattet auch begründete Aussagen über deren Vorlagen. Nach der stemmatischen Untersuchung Karl von Amiras geht die gesamte Uberlieferung der Bilderhandschriften von einem Archetyp (X) aus, der über den Hyparchetyp Ν dem Oldenburger Codex (O) und über den Hyparchetyp Y den Heidelberger (H) und Dresdener (D) H a n d schriften vermittelt worden ist. Will man die Wappen der Urhandschrift ermitteln, so muß das heraldische Gemeingut vom Sondergut der einzelnen Handschriften getrennt werden. Der Archetyp X definiert sich nach dem vorliegenden Stemmatyp heraldisch als Gemeingut von Ο, Η und D und als Gemeingut von Η oder D mit O.

Neben solchen heraldischen Erfindungen und kaum sicher deutbaren Schilden gibt es in den Bilderhandschriften mehrere Wappen, die historisch gut bezeugt sind. Da die illustrierten Rechtssätze oftmals einen bestimmten land- oder lehnrechtlichen Rang des Wappenführers fordern, steht die Identifizierung dieser Wappen auf einem tragfähigen Boden. Die identifizierten Wappen bieten sodann die wichtigsten Anhaltspunkte für die Lokalisierung und Datierung der Bil-

4

M I C H E L P A S T O U R E A U , Les armoiries (Typologie des sources du Moyen Äge occidental Fase. 20) Turnhout 1976, S.41.

Den Schlüssel für die Lokalisierung der Urhandschrift und ihrer Ableitungen bietet die Heerschildordnung, die an drei Stellen (Ldr I 3 §2; L n r l ; Lnr25 §3) illustriert worden ist. Die Heerschildordnung bildet die Lehnshierarchie ab, die nach der Lehnsfähigkeit der Heerschildträger abgestuft ist. Nach Eike von Repgow gibt es sieben Heerschilde: der de koning den ersten hevet; de biscope unde de ebbede unde ebbedischen den anderen, de leien vorsten den dridden, sint se der biscope

5

K A R L VON A M I R A , Die Genealogie der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. Kl., XXII. Bd., II. Abt., München 1 9 0 2 , S. 3 2 5 - 3 8 5 ; R U D O L F K Ö T Z S C H K E , Die Heimat der mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Berichte über die Verhandlungen der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Kl. 95, 2, Leipzig 1943, S. 3 - 8 0 ; K L A U S N A S S , Die Wappen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Zu H e r k u n f t und Alter der Codices picturati, in: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R und U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) München 1 9 8 6 , I, S. 2 2 9 - 2 7 0 . Die im folgenden nur verkürzt dargelegten Begründungen und die notwendigen Einzelbelege finden sich ausführlich in dem letztgenannten Aufsatz.

Die Wappen in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

man worden sint; de vrie herren den virden; de scepenbare lüde unde der vrier herren man den viften; ere man vord den sesten. Alse diu kristenheit in der sevenden werlt nene stedicheit ne wet, wo lange siu stan scole, also ne wet men ok an dem sevenden scilde, of he lenrecht oder herescilt hebben möge. De leien vorsten hebbet aver den sesten seilt in den sevenden gebracht, sint se worden der biscope man, des er nicht ne wasb. Durch den Vergleich der erhaltenen Bilderhandschriften können für X und Y die folgenden Heerschildwappen rekonstruiert werden, deren regionaler Einschlag in der Gegenüberstellung mit D besonders deutlich wird. Χ, Y 1. Heerschild Deutsches Reich 2. „ Geistlicher Reichsfürst 3. „ Markgraf von Meißen 4. „ Graf von Wernigerode 5. „ Herr von Berwinkel (?)/ Herr von Heimburg 6. „ Herr von Hoym 7.



D Deutsches Reich Geistlicher Reichsfürst Markgraf von Meißen Burggraf von Meißen Herr von Colditz

Herr von Kn(a)ut (?)/ Herr von Maltitz (?) gestümmelter Leerschild (gestümmelter) Leerschild

Die Wappenwahl zeigt, daß die beiden ältesten erschließbaren Bilderhandschriften des Sachsenspiegels in den nordöstlichen Harzraum zu lokalisieren sind. Ihre Illustratoren waren nicht nur mit der Heraldik, sondern auch mit den Lehnsverhältnissen der Harzregion sehr vertraut. So sind denn fast alle Lehnszüge, die sich in der Abfolge der Heerschildwappen ausdrücken, in den Quellen des späten 13. und frühen 14. Jahrhunderts tatsächlich bezeugt. Aber auch außerhalb der Heerschildordnung werden häufig Adelsgeschlechter des Harzraumes heraldisch zitiert, darunter besonders die Grafen von Wernigerode und die Grafen von Blankenburg-Regenstein. Da die erschlossene Urhandschrift in der Illustration der sieben sächsischen Fahnlehen (Ldr III 62 §2) für das Herzogtum Sachsen noch den gespaltenen Adler-Balken-Schild zeigt, muß sie vor 1295 entstanden sein. Der Leerschild für die Pfalzgrafschaft Sachsen, der sich aus der Wappenkarenz von 1292 bis 1320 erklärt, bietet mit dem Jahr 1292 den terminus post quem für die Entstehungszeit von X. Der stark fragmentarische Heidelberger Codex, der von allen Bilderhandschriften die heraldisch sorgfältig6 Ssp Ldr I 3 §2; Sachsenspiegel I (Landrecht), hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T (Bibliotheca rerum historicarum. Land- und Lehnrechtsbücher 1) Aalen 1973, S. 72f.; vgl. auch Textband, S. 96ff.

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ste ist, wird wegen seiner Schreibsprache neuerdings in das südliche Thüringen lokalisiert 7 . Auf diesen Raum könnte auch das Wappen des Adelsgeschlechts von Liebenau deuten, das sich im Bildstreifen zu Ldr III 32 § 2 als heraldisches Sondergut von Η findet. Die Handschrift dürfte erst nach 1295 entstanden sein, da ihr Illustrator das alte Adler-Balken-Wappen des Herzogtums Sachsen nicht mehr zu identifizieren wußte. Das Jahr 1304 als terminus ante quem kann daraus erschlossen werden, daß die Mark Lausitz in den offenbar dynastischen Wappengruppierungen zu Ldr III 62 § 2 und III 78 §5 noch als wettinisch galt. Der Oldenburger Codex ist durch sein Kolophon genau datiert und lokalisiert: Anno domini MCCCXXX sexto completus est liber iste, qui dicitur speculum Saxonum, per manum Hinrici monachi de Rastede dicti Gloyesten, quem librum Johannes comes in Oldenborch scribi fecit...8. Heinrich Gloyesten, Mönch aus dem Benediktinerkloster Rastede (n. Oldenburg), hat die illustrierte Rechtshandschrift im Auftrag Graf Johanns III. von Oldenburg 1336 fertiggestellt und sie wahrscheinlich aus drei verschiedenen Vorlagen kompiliert. Der Text besitzt eine andere Bücherteilung als die übrigen Bilderhandschriften und ist in mittelniederdeutscher Sprache mit südwestfälischen Merkmalen geschrieben 9 . Die Registertafeln weichen vom Rechtstext sprachlich und inhaltlich mehrmals ab. Die Illustrationen schließlich, die nur bis Ldr III 81 § 1 reichen, deuten auf eine weitere, dritte Vorlage. Diese verlorene Handschrift Ν wird nach der gut datierbaren Helmzier des deutschen Königs (Ldr I 38 §3) erst nach 1314, aber vor 1320 entstanden sein, da die Mark Brandenburg noch unter die askanischen Fahnlehen (Ldr III 62 §2) gruppiert

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W I L F R I E D W E R N E R , Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels - Anmerkungen zu ihrer Geschichte und Kodikologie, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 5) I, S. 213-218, S. 217f. 8 Der Sachsenspiegel, Landrecht und Lehnrecht. Nach dem Oldenburger Codex picturatus von 1336 hg. von A U G U S T LÜBBEN mit Abbildungen in Lithographie und einem Vorwort zu denselben von F R I E D R I C H VON A L T E N , Oldenburg 1879, Nachdruck Amsterdam 1970, S. 148.

9

C A R L G U S T A V HOMF.YF.R, Die deutschen Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften. Neu bearbeitet von CONRAD BORCHLING

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KARL AUGUST ECKHARDT -

JULIUS

VON GIERKE, Weimar 1931/1934, S.205f. Nr.917; Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung durch R U T H S C H M I D T W I E G A N D , Redaktion F R I E D R I C H S C H E E L E (Patrimonia H e f t 50) Berlin - Hannover 1993.

100 ist. Für die Herkunft von Ν gibt das Wappen des landfremden Königs (Ldr I 38 §3) mit der gespaltenen halben Lilie den wichtigsten Anhaltspunkt. Das Wappen findet sich auch auf dem Tristan-Teppich des Zisterzienserinnenklosters Wienhausen (so. Celle) aus der Zeit um 1300 und auf dem Lüneburger Falttisch von 1330. Es kann als Phantasiewappen des fiktiven Königreichs Cornwall identifiziert und als Zeugnis einer außerliterarischen Tristantradition am Weifenhof in Lüneburg gedeutet werden. Die Vermittlung der Bildvorlage für Ο läßt sich leicht aus der weifischen Abstammung Graf Johanns III. von Oldenburg und aus der Fraternität zwischen dem Kloster Rastede und den Lüneburger Herzögen erklären, die 1334 geschlossen worden ist. So hebt sich denn der scheinbare Widerspruch zwischen der südwestfälischen Schreibsprache des Oldenburger Codex und der Lüneburger Provenienz seiner Illustrationen auf, wenn man verschiedene Vorlagen für Text und Bild annimmt, die erst der Kopist miteinander verbunden hat 1 0 . Der Dresdener Codex ist die am vollständigsten überlieferte Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Wie der Vergleich mit der Schwesterüberlieferung zeigt, ist D jedoch heraldisch stark redigiert worden, d. h. Wappen aus dem Harzraum sind durch andere Wappen oder durch Leerschilde ersetzt worden. Erst ab Lnr25 §3 ist heraldisch eine größere Vorlagentreue festzustellen. Die Redaktion des ersten Teiles sollte ganz offensichtlich das heraldische Kolorit der Harzregion ausmerzen und solche Wappen einfügen, die dem Auftraggeber vertrauter waren. Die sicher bestimmbaren Wappen des Burggrafen von Meißen und des Herren von Colditz, die in die Heerschildordnung neu eingezeichnet worden sind, sprechen für Meißen und Umgebung als Entstehungsraum von D. Die Lehnszüge, die in der neuen Abfolge der Heerschildwappen verbildlicht werden, sind in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts historisch bezeugt 11 .

10 Vgl. hierzu allgemein CHARLOTTE ZIEGLER, Lokalisierungsprobleme bei Text und Ausstattung spätmittelalterlicher deutscher Handschriften, in: Beiträge zur Uberlieferung und Beschreibung deutscher Texte des Mittelalters, hg. von

Klaus

Naß

Nach dem paläographischen Befund wird der Codex um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden sein, jedenfalls vor 1363, da zu Ldr III 62 §2 noch die sog. Landsberger Pfähle als Wappen der Mark Lausitz gelten. Für den Auftraggeber der Bilderhandschrift fehlt ein sicheres heraldisches Indiz. Ob hierfür die Meinheringer, die edelfreien Burggrafen von Meißen, oder das mächtige Reichsministerialengeschlecht von Colditz in Frage kommen, muß offen bleiben. Der Wolfenbütteler Codex (W) ist als direkte Kopie von D die jüngste Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Mit den Leerschilden, die weder tingiert noch mit einer Wappenskizze versehen worden sind, und mit den Ledigschilden, deren Tingierung aus nur einer heraldischen Farbe oder einem Metall besteht, enthält die Handschrift heute noch insgesamt 123 heraldische Schilde 12 , die sich folgendermaßen zusammensetzen: Leerschilde Ledigschilde Wappenskizzen Wappen

37 18 16 52

Die Wappenbilder unterteilen sich in: Gemeine Figuren Heroldsbilder Kombinationen

29 31 8

Bei der Wappentingierung verteilt sich die Häufigkeit der Farben und Metalle auf: Gold Silber Blau Grün Rot Schwarz

21 33 2 5 50 13

Zu den Metallen ist anzumerken, daß Silber realiter durch untingierte Figuren und Plätze in tingierter Umgebung ausgedrückt wird. Gold ist tatsächlich bei 16 Wappen 1 3 gebraucht worden; sonst steht dafür ein blasses, schmutziges Gelb.

INGO REIFFENSTEIN ( G ö p p i n g e r A r b e i t e n z u r G e r m a n i s t i k

402) Göppingen 1983, S. 179-194. 11 NASS (wie Anm.5) S.245 mit Anm.70-71. Sollte es sich bei dem siebenmal von Silber und Rot geteilten Schild in der Illustration zu Lnr 1 um das Wappen der Herren von Maltitz handeln, dann wäre auch ihre Lehnsnahme von den Herren von Colditz bezeugt. Vgl. dazu OTTO POSSE, Die Siegel des Adels der Wettiner Lande bis zum Jahre 1500, 4, Dresden 1911, S.99f., Tafel 50 Nr. 1, 4-7; KURT

TRUÖL, Die Herren von Colditz und ihre Herrschaft, Phil. Diss. Leipzig 1914, S. 104. 12 Die in späterer Zeit mit hellbrauner Tinte eingezeichneten Wappenskizzen bleiben in dieser Ubersicht unberücksichtigt. 13 Ldr I 3 §2 (Wappen 1-5); Ldr III 62 §2 (Wappen 3); Ldr III 76 § 2; Lnr 1 (Wappen 1-5); Lnr 25 § 3 (Wappen 1, 3, 4, 6).

Die Wappen in der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

Die Wolfenbütteler Handschrift ist in der Heraldik eine getreue Kopie von D. Ihre Abweichungen von der Vorlage sind bis auf eine Ausnahme ganz geringfügig. So wird zu Ldr II 19 § 1 der Schild blau statt golden, zu Ldr III 76 § 1 die linke Schildhälfte silbern statt blau tingiert, zu Lnr 20 § 1 im zweiten Wappen eine halbe Raute im rechten Pfahl ausgespart und zu Lnr 71 §12 im zweiten Wappen der silberne Balken in ein blaues statt rotes Feld gesetzt. Wie sehr sich der Illustrator um eine genaue Wiedergabe seiner Vorlage bemüht hat, verdeutlicht das erste Wappen zu Lnr 71 §4. D zeigt hier einen roten Ledigschild, der auf Rasur eines noch umrißhaft erkennbaren Bildbuchstabens Ν eingezeichnet ist 14 . Der Illustrator von W hat die Tilgung nicht erkannt und seine Vorlage hyperkorrekt durch ein schlangenförmiges Gebilde wiedergegeben. Gerade diese strenge Vorlagentreue macht W auch unter heraldischem Aspekt zu einer willkommenen Ersatz- und Kontrollüberlieferung von D. Da die Dresdener Handschrift im letzten Weltkrieg stark gelitten hat, kann W heute oft an ihre Stelle treten. Der Vergleich zwischen W und dem Faksimile der Dresdener Handschrift trägt außerdem einige kodikologische Daten bei, die dem besseren Verständnis von D dienen. So überliefert W noch in der Illustration zu Lnr 71 §4 als zweiten Schild das Wappen des Grafen von Blankenburg-Regenstein, das bei der Bildinterpretation den Ausschlag gibt, aber in D dem Buchbinder fast vollständig zum Opfer gefallen ist. Der Vergleich zeigt auch, daß der Fuß des siebten Heerschildes zu Lnr 25 § 3 noch vor der Anfertigung von W im Dresdener Codex ergänzt, das Wappen zu Ldr III 40 § 4 jedoch erst später eingetragen worden sein muß. Die Wolfenbütteler Handschrift ist paläographisch nicht viel jünger als ihre Dresdener Vorlage 15 . Einen Anhaltspunkt für ihre Datierung und Lokalisierung gibt ein Wappen, das als einziges ganz von D abweicht und deshalb als heraldisches Eigengut von W anzusprechen ist. D zeigt in der Illustration zu Ldr III 62 §2 als drittes Wappen den ausgesparten Rumpf eines steigenden Löwen in goldenem Feld 16 . Das Wappentier der

14 Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von K A R L V O N A M I R A , I (Faksimile) Leipzig 1 9 0 2 , Neudruck Osnabrück 1968, Tafel 170 (fol. 85 verso 5). 1 5 Die Datierung auf 1 3 6 4 durch VON A M I R A (wie Anm. 1 4 ) I, S. 14 läßt sich nicht halten. Der offenbar jüngere Randeintrag auf fol. 23 recto notiert verschiedene Zahlzeichen und -Wörter, die aber keinen Sinn ergeben und schon gar nicht die Jahreszahl 1364. 16 V O N A M I R A (wie Anm. 14) I, Tafel 95.

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Markgrafen von Meißen ist vom Illustrator nicht mehr vollendet worden. Der Wolfenbütteler Codex hat an dieser Stelle einen schwarzen Schrägrechtsbalken, begleitet von mehreren schwarzen Rauten, die mit Gold übertingiert worden sind. Die Heroldsbilder scheinen unter dem Gold durch. Die Ubergoldung ist keineswegs als Tilgung der Wappenfiguren aufzufassen, sondern erklärt sich aus der unterschiedlichen Technik der Goldtingierung in W. Denn während der Illustrator zu Ldr I 3 § 2 die Wappenfelder um die Figuren herum vergoldet hat, sind zu L n r l (Wappen 1, 3-5) die Wappen genau wie zu Ldr III 62 §2 einfach übergoldet worden, so daß die Figuren unter der Goldschicht nur durchscheinen. Das Balken-Rauten-Wappen ist aus der Heraldik der edelfreien Burggrafen von Leisnig im Pleißenland bekannt 1 7 . Im fraglichen Zeitraum kommt als Wappenführer nur Burggraf Heinrich (1341-1394) in Betracht, von dem vier verschiedene Wappensiegel überliefert sind: 1341-1355 ein Siegel mit gespaltenem Schild; 1348 und 1357-1362 jeweils das Balken-Rauten-Wappen und 1371 wieder der gespaltene Schild 18 . Wenn die heraldische Methode überhaupt etwas über H e r k u n f t und Alter der Wolfenbütteler Bilderhandschrift aussagen kann, dann wird man den Codex mit diesem Burggrafen Heinrich von Leisnig in Verbindung bringen müssen. Einen Hinweis auf den terminus ante quem der Entstehung bietet die Plazierung des Leisniger Wappens. Es steht in der Illustration der sächsischen Fahnlehen und verdrängt hier das Wappen des Markgrafen von Meißen. Die Darbietung des Leisniger Wappens an so prominenter Stelle könnte als heraldische Demonstration der Reichsunmittelbarkeit aufgefaßt werden, die mit dem Burggrafenamt verbunden war. Da freilich Kaiser Ludwig der Bayer bereits 1329 seinen Schwiegersohn Markgraf Friedrich II. von Meißen mit dem Obereigentum des Burggrafenamtes

P O S S E (wie Anm. 1 1 ) S . 7 8 - 8 3 , Tafel 3 9 Nr. 1 - Tafel 4 0 Nr. 27. 18 Ebd. S. 81, Tafel 40 Nr. 6-9. Zum Geschlecht der Burggrafen vgl. C L E M E N S F R H R . VON H A U S E N , Vasallen-Geschlechter der Markgrafen von Meißen, Landgrafen zu Thüringen und Herzoge zu Sachsen bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, Berlin 1892, S. 244f.; H E R B E R T H E L B I G , Der wettinische Ständestaat (Mitteldeutsche Forschungen 4) Köln - "Wien 2 1980, S. 229-235. Genealogische Übersichten bieten P O S S E (wie Anm. 11) nach S. 80; F R A N K B A R O N F R E Y T A G VON L O R I N G H O V E N , Europäische Stammtafeln 4, Marburg 1957, Tafel 87; E L I S A B E T H LÜRSSF.N, Ritterbürtige Geschlechter der Mark Meißen, Phil. Diss. Leipzig 1917, S. 42-44, 49. 17

102

Klaus

belehnt hatte 1 9 , kann es sich bestenfalls um den Anspruch auf die Reichsunmittelbarkeit oder zumindest um die Reminiszenz an den alten Status gehandelt haben. Die letzte Grundlage für eine solche heraldische Anspielung war dahin, als Markgraf Wilhelm I. die Burggrafen im Sommer 1365 mit Gewalt zwang, Burg und Stadt Leisnig zu verkaufen 2 0 . Der Wappenwechsel Burggraf Heinrichs zwischen 1362 und 1371 erklärt sich sehr wahrscheinlich aus diesem Verlust der Burggrafschaft Leisnig im Jahre 1365, der Heinrich nur noch den alten Titel ließ. Wie das 1371 erstmals bezeugte Siegel der Stadt Leisnig zeigt, ist bereits zu dieser Zeit das Balken-Rauten-Wappen des früheren Stadtherrn auf die Burggrafschaft und Stadt übergegangen und hat somit territoriale Bedeutung gewonnen 2 1 . Sieht man in Burggraf Heinrich von Leisnig den mutmaßlichen Auftraggeber, der vor 1365 den Wolfenbütteler Codex hat anfertigen lassen, so ließe sich die Beschaffung der Vorlage aus seiner Verwandtschaft herleiten. Heinrich war ein Enkel der Burggräfin Agnes von Meißen; sein Vetter Albrecht war mit Margarethe von Colditz verheiratet 22 . In Heinrichs Verwandtschaft finden sich also Angehörige jener Adelsfamilien wieder, die in der Heerschildordnung von D vertreten sind und dort zum heraldischen Sondergut gehören. In welcher Schreibstube und Malwerkstatt W entstanden ist, ob in Leisnig selbst oder anderswo, kann wohl erst entschieden werden, wenn wir mehr über die sächsischen Skriptorien und die Buchmalerei im späten Mittelalter wissen. Zu klären wäre hierbei etwa die stilistische Herkunft der achtzeiligen Fleuronnee-Initiale auf fol. 9 verso, die in D keine Parallele hat 2 3 .

19 JOHANN GOTTLOB H O R N , N ü t z l i c h S a m m l u n g e n z u

einer

H i s t o r i s c h e n H a n d - B i b l i o t h e c von Sachsen T . 7, Leipzig 1731, S.742f.; LEO BÖNHOFF, Die L e h n s h o h e i t e n Leisnigs im Mittelalter, in: Mitteilungen des Geschichts- u n d Altertumsvereins zu Leisnig 14, 1912, S.60f. 20 HERMANN AHRENS, Die Wettiner und Kaiser Karl

Naß

Auf den Verbleib der Bilderhandschrift im Besitz der Burggrafen von Leisnig bis ins ausgehende Mittelalter deutet das Wappen in der Illustration zu Lnr 78 §2 2 4 . Hier ist in einen grünen Ledigschild, den ein Angler mit seiner linken Hand umfaßt, der Schägrechtsbalken mit den Rauten nachträglich eingezeichnet worden. Uber dem Kopf der Figur steht in einer Kursive des 15. Jahrhunderts der Personenname Hauck, die ostmitteldeutsche Form für Hugo. Der einzige Burggraf dieses Namens ist Hugo von Leisnig gewesen, der von 1465 bis 1538 gelebt hat und mit dem das Geschlecht in männlicher Linie ausgestorben ist. Für die Identifizierung des Personennamens mit diesem Burggrafen spricht auch die Tatsache, daß für Hugo nochmals das alte Balken-Rauten-Wappen bezeugt ist. Sein dritter Siegelstempel, den Hugo von 1485 bis 1493 benutzt hat, vereinigt den Löwen-, Balken-Rauten- und gespaltenen Schild und zeigt so in historischer Reminiszenz die Abfolge der Wappen seines Geschlechts 25 . Die verschiedenen Provenienzen der Wappen im Wolfenbütteler Codex, die originären Wappen der Harzregion und die heraldische Redaktion im Raum Meißen, zeichnen einen Teil des Weges nach, den die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels im Laufe ihrer Uberlieferungsgeschichte gewandert sind. Im nordöstlichen Harzraum entstanden, wurde der bebilderte Rechtstext in zwei Richtungen verbreitet: nach Nord- und Nordwestdeutschland sowie ins südliche und östliche Mitteldeutschland. Von den Auftraggebern ist nur der Graf von Oldenburg sicher bezeugt, für den Weifenherzog in Lüneburg und den Burggrafen von Leisnig lassen sich heraldische Indizien anführen. Bei aller gebotenen Vorsicht wird man die Interessenten der Bilderhandschrift also am ehesten in jener Adelsgruppe zu suchen haben, die in der Lehnshierarchie des Sachsenspiegels als leien vorsten und vrie herren den dritten und vierten Heerschild tragen. Das weitgespannte Verwandtschaftsnetz der Reichsfürsten und des grafenbaren Adels könnte

IV.

(Leipziger Studien aus d e m G e b i e t d e r Geschichte I 2) Leipzig

1895,

S. 2 7 ;

CARL

WILHELM

HINGST,

Leisnig,

Schloß, Stadt und A m t v o r f ü n f h u n d e r t J a h r e n , in: Mittheilungen des Geschichts- u n d Alterthums-Vereins

zu

2 3 V g l . VON AMIRA ( w i e A n m . 1 4 ) I , T a f e l 6.

24 D a s nachgetragene Wappenbild ist vielleicht gar nicht auf die Bildszene zu Lnr 78 § 2 , s o n d e r n auf den unmittelbar folgenden Bildstreifen zu Lnr 78 § 3 zu beziehen. D a hier

L e i s n i g 2 , 1 8 7 1 , S. 1 4 - 1 9 .

21 MARTIN LAUCKNER, Die Städtewappen im einst m a r k - m e i ß -

die letzte W a p p e n d a r s t e l l u n g d e r B i l d e r h a n d s c h r i f t über-

nischen Gebiet. Beschreibung u n d Entstehungsgeschichte,

h a u p t geboten und d e r M a r k g r a f von M e i ß e n im Kreise

Phil. Diss. Leipzig 1936, S. 7 0 - 7 2 , 142; W a p p e n d e r Städte

seiner Vasallen gezeigt w i r d , k ö n n t e der N a c h t r a g auch

und M ä r k t e in D e u t s c h l a n d und d e n a n g r e n z e n d e n Län-

als heraldische E r g ä n z u n g des wettinischen

dern

verstanden w e r d e n . Zu den L e h n s b e z i e h u n g e n

(J.

Siebmacher's

Großes

Wappenbuch

6)

Neu-

s t a d t / A i s c h 1974, S. 44, T a f e l 79 N r . 1 - 2 . 22

T R U Ö L ( w i e A n m . 1 1 ) S t a m m t a f e l ; LÜRSSEN ( w i e A n m . 1 8 )

Beilage I.

Lehnshofes zwischen

d e n B u r g g r a f e n von Leisnig und den W e t t i n e r n vgl. VON HAUSEN ( w i e A n m . 18).

25 POSSE (wie Anm. 11) S.83, T a f e l 40 N r . 2 7 .

Die Wappen in der Wolfenbütteler

auch am leichtesten die Streuung der Handschriftenüberlieferung erklären 26 . Nach dem heraldischen Befund stellt sich das Stemma der Codices picturati folgendermaßen dar: X 1292/95 nordöstlicher Harzraum

Η

Ν

1295/1304 Thüringen

103

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

1314/20 (Lüneburg)

Ο 1336 Rastede

schildstufen übereinstimmen, da der Illustrator die Wappen mitunter von rechts nach links angeordnet hat. Nachträglich eingezeichnete Wappenfiguren, die an ihrer hellbraunen Tinte zu erkennen sind, stehen in spitzen, die kursiv gedruckten Wappenidentifizierungen in eckigen Klammern. Bei der Blasonierung gilt die heraldische Seitenangabe, die nicht vom Betrachter des Wappens, sondern vom Schildträger ausgeht. fol. 10 verso 5-6 (1.) Gold schwarzer Adler Ssp Ldr I 3 § 2 [Deutsches Reich.'] (2.) in Gold eine wachsende Bischofsfigur mit Mitra und roter Kasel, die in der Rechten ein geöffnetes Buch und in der Linken einen Krummstab hält [Geistlicher Reichsfürst]. (3.) in Gold ein steigender schwarzer Löwe mit roter Zunge [Markgraf von Meißen],

Mitte 14. Jh. (vor 1363) Raum Meißen

(4.) in Gold ein schwarzes Andreaskreuz [Burggraf von Meißen]. (5.) geteilt von Gold und Schwarz, oben ein wachsender steigender Löwe mit roter Zunge, unten zwei goldene Schrägrechtsbalken [Herr von Colditz],

W 3. Viertel 14. Jh. (vor 1365) Raum Meißen (Leisnig)

Die folgende Tabelle stellt zum Abschluß alle heraldischen Schilde der Wolfenbütteler Bilderhandschrift zusammen. Links ausgerückt stehen Folioangabe und Bildstreifennummer, darunter die Stelle des Sachsenspiegels, auf die sich die Illustration bezieht. Die Angabe Lnr 76 § 5 wird eingeklammert, da der Text- und Bildbezug des Wappens auf fol. 83 verso 5 sehr unsicher ist. In der Hauptspalte folgt dann die Wappenbeschreibung. Bei mehr als einem Wappen werden die Schilde stets von links nach rechts durchnumeriert und die Ordinalzahl in runden Klammern vorangestellt. Zu beachten ist, daß diese Ordnungszahlen in der Darstellung zu Lnr 1 und Lnr 25 § 3 nicht immer mit den Heer-

2 6 RUTH GESA HÜBBE, D e r f ü n f t e H e e r s c h i l d in d e r H e i d e l -

berger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, in: T e x t Bild-Interpretation (wie Anm. 5) I, S. 271 -276, S. 273f. verweist in diesem Zusammenhang auf zwei Urkunden von 1242 und 1271, welche die Herren von Colditz in Verbindung mit dem Domkapitel Halberstadt und mit den Herren von Heimburg zeigen. Die Belege besagen aber nichts, da Y erst gegen Mitte des H . J a h r h u n d e r t s im Raum Meißen bekannt geworden ist und die Vermittler der bekannten oder erschließbaren Auftraggeber der Bilderhandschriften in der Lehnshierarchie eher eine Stufe höher gesucht werden müssen.

(6.) dreimal geteilt von Rot und Silber [Herr von Kn(a)ut?]. (7.) ein gestümmelter Leerschild. fol. 12 verso 5 I 9 § 2

in Rot drei (2:1) silberne Pflugscharen.

fol. 13 recto 1 I 9 §2

drei (2:1) Pflugscharen.

fol. 14 verso 1 I 16 §1

im gestürzten Schild (über einem liegenden Halbmond ein sechsstrahliger Stern).

fol. 14 verso 4 I 17 §1

dreimal geteilt.

fol. 15 recto 4 I 20 §1

ein Schrägrechtsbalken.

fol. 17 verso 5 I 25 §4

in Rot ein silberner Schräglinksbalken.

fol. 18 verso 2 I 32

gespalten von Silber und Rot, links ein silberner Balken.

fol. 19 verso 2 I 38 §3

(1.) (ein Vogel). (2.) (ein Dreschflegel).

fol. 22 recto 1 I 52 %2

ein Leerschild.

104

Klaus

Naß

(4.) in Gold ein schwarzes Andreaskreuz [Burggraf von Meißen]. (5.) geteilt von Gold und Schwarz, oben ein wachsender steigender schwarzer Löwe, unten zwei goldene Schrägrechtsbalken [Herr von Colditz], (6.) siebenmal geteilt von Silber und Rot [Herr von Maltitz}]. (7.) ein gestümmelter Leerschild.

fol. 30 verso 5 II 19 §1

in Blau zwei erhöhte einander zugekehrte Tierköpfe.

fol. 36 recto 3 II 42 § 3

(1.-2.) ein Leerschild.

fol. 41 verso 5 II 71 §2

(ein Pfahl, überdeckt Schräglinksbalken).

fol. 44 recto 3 III 9 §5

(1.-2.) ein Leerschild.

fol. 46 recto 2 III 40 §2

siebenmal geteilt von Silber und Rot.

fol. 59 recto 4 2 §4

ein Leerschild.

fol. 46 recto 3 III 40 §4

(ein Hahn).

fol. 59 recto 5 2 §6

(1.-2.) ein Leerschild.

(1.) zwei Pfähle [Mark Lausitz]. (2.) (ein Rechen). (3.) in Gold ein schwarzer Schrägrechtsbalken, oben und unten begleitet von mehreren schwarzen Rauten [ Burggraf von Leisnig]. (4.) (eine dreizackige Gabel). (5.) (eine Henne). (6.) neunmal geteilt, belegt mit einem schrägrechten Rautenkranz [Herzogtum Sachsen].

fol. 59 verso 1 2 §6

(1.-4.) ein Leerschild.

fol. 60 recto 1 4 §1

siebenmal geteilt von Rot und Silber.

fol. 61 recto 2 7 §2

(1.-2.) ein Leerschild.

fol. 61 verso 2 8 §1

ein Leerschild.

fol. 62 recto 3 11 §1

(1.) ein Leerschild. (2.) dreimal geteilt von Rot und Silber.

(7.) (eine dreizackige Gabel?),

fol. 52 recto 2 III 62 §2

von

einem

fol. 52 verso 5 III 64 § 5

ein Leerschild.

fol. 63 recto 1 13 §1

(1.) ein Leerschild. (2.) ein Adler.

fol. 53 recto 4 III 65 § 1 - 2

ein Leerschild.

fol. 63 verso 3 14 §2

fol. 54 verso 3 III 72

(1.-2.) ein Leerschild.

(1.) (2.) (3.) Rot

fol. 55 recto 4 III 75 § 1 - 2

gespalten von Silber und Rot, rechts ein halber schwarzer Adler am Spalt, links ein silberner Balken.

fol. 63 verso 4 14 §3

(1.) gespalten und fünfmal geteilt von Rot und Silber. (2.) ein steigender Löwe [Markgraf von Meißen].

fol. 55 recto 5 III 76 § 1

(1.) gespalten von Rot und Silber, rechts eine silberne Axt, links drei (2:1) rote Pflugscharen. (2.) ein Leerschild.

fol. 64 recto 2 14 §4

fol. 55 verso 1 III 76 §2

zwei rot umrandete goldene Schildhälften.

(1.) in Rot zwei aufgerichtete zugewendete silberne Forellen [Graf von Wernigerode], (2.) gespalten von Silber und Rot, rechts ein roter Balken.

fol. 59 recto 1 Ssp L n r l

(1.) in Gold ein steigender schwarzer Löwe [Markgraf von Meißen], (2.) in Gold eine wachsende Bischofsfigur mit Mitra und rotem Pontifikalgewand [ Geistlicher Reichsfürst]. (3.) in Gold ein schwarzer Adler [Deutsches Reich].

fol. 65 recto 3 20 §1

(1.-2.) in Silber zwei anstoßende rote Rautenpfähle.

fol. 65 recto 3 20 §3

(1.) ein roter Ledigschild. (2.) ein gestürzter roter Ledigschild.

fol. 65 verso 1 20 §5

(1.-2.) gespalten, rechts in Silber ein halber schwarzer Adler am Spalt, links fünfmal geteilt von Rot und Silber [Fürsten von Anhalt],

in Rot zwei silberne Pfähle. ein roter Ledigschild. fünfmal schrägrechts geteilt von und Silber.

Die Wappen in der Wolfenbütteler fol. 65 verso 2 21 § 1 - 2

fol. 68 recto 3 25 §3

(1.) in Rot drei (2:1) gestürzte silberne Hufeisen. (2.) in Silber vier balkenweise anstoßende rote Rauten. (3.) eine rote Schildhälfte. (4.) eine silberne Schildhälfte, darin ein roter Balken. (1.) in Gold ein steigender schwarzer Löwe [Markgraf von Meißen], (2.) in Silber zwei aufgerichtete zugewendete rote Forellen [Graf von Wernigerode]. (3.) in Rot ein silberner Bischofsrumpf mit goldener Mitra [ Geistlicher Reichsfürst]. (4.) in Rot ein silberner Königsrumpf mit goldener Krone [Deutscher König]. (5.) ein Leerschild mit markiertem Schildfuß. (6.) in Gold zwei rote Balken. (7.) fünfmal geteilt von Grün und Rot.

fol. 71 recto 1 32 §3

(1.) eine linksausgebogene vierendige Hirschstange [ G r a f von Blankenburg-Regenstein]. (2.) gespalten und viermal geteilt von Silber und Rot.

fol. 72 recto 3 38 §1

(1.) eine linksausgebogene fünfendige Hirschstange [ G r a f von Blankenburg-Regenstein] . (2.) geteilt von Gold und Silber, überdeckt von drei balkenweise anstoßenden grünen Rauten.

fol. 74 recto 2 45 §4

(1.) in Gold ein Adler. (2.) ein Leerschild.

fol. 78 recto 1 69 §1

ein roter Ledigschild,

fol. 79 verso 4 71 §3 fol. 79 verso 5 71 §4

105

Bilderhandschrift des Sachsenspiegels Hirschstange [ G r a f von burg-Regenstein].

Blanken-

fol. 80 verso 1 71 §11

in Silber zwei anstoßende rote Rautenpfähle.

fol. 80 verso 2 71 §12

(1.) ein Leerschild. (2.) in Blau ein silberner Balken.

fol. 81 recto 2 71 §18

(1.-2.) ein roter Ledigschild.

fol. 81 recto 4 71 §20

in Silber drei rote Schrägrechtsbalken.

fol. 81 verso 1 71 §22

ein Pfahl,

fol. 82 verso 4 74 §1

ein Adler.

fol. 83 recto 1 75 §1

(1.-2.) ein goldener Ledigschild.

fol. 83 verso 5 (76 §5)

geteilt durch einen goldenen, mit drei Rosen belegten Schrägrechtsbalken von Grün und Rot.

fol. 84 verso 2 77

ein goldener Leerschild.

fol. 84 verso 3 78 §1

in Silber eine linksausgebogene fünfendige rote Hirschstange [ Graf von Blankenburg-Regenstein].

fol. 84 verso 4 78 §2

ein grüner Ledigschild (darin ein Schrägrechtsbalken, oben von zwei, unten von drei schrägrechten Rauten begleitet).

fol. 84 verso 5 78 §3

(1.) dreimal geteilt von Silber und Rot. (2.) in Silber eine linksausgebogene vierendige rote Hirschstange [ Graf von Blankenburg-Regenstein]. (3.) ein steigender Löwe [Markgraf von Meißen]. (4.) geschacht von Rot und Silber,

ein Adler. (1.) ein schlangenförmiges Gebilde. (2.) eine linksausgebogene vierendige Hirschstange [ Graf von Blankenburg-Regenstein] .

fol. 80 recto 1 71 §5

ein Leerschild.

fol. 80 recto 4 71 §7

(1.) schrägrechtsgeteilt von Grün und Rot. (2.) eine linksausgebogene vierendige

fol. 85 recto 5 80 §1

ein roter Ledigschild.

fol. 85 verso 1 80 §1

ein roter Ledigschild.

fol. 85 verso 3 80 §2

ein roter Ledigschild.

fol. 85 verso 4 80 §2

(1.-2.) ein goldener Ledigschild.

fol. 85 verso 5 80 §3

ein goldener Ledigschild.

Gernot Kocher

Die Rechtsikonographie I. Allgemeines Als Karl von Amira 1926 den Schlußstrich unter sein ein halbes Gelehrtenleben beanspruchendes Projekt der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels gezogen hatte 1 , war sich die Fachwelt darüber einig, daß es hier kaum noch Arbeit geben könne 2 . Das galt nicht nur für allgemeine, sondern auch für besondere Fragen, wie etwa die Handgebärden, denen Amira eine eigene Abhandlung gewidmet hatte 3 . Auch noch Walter Koschorreck vertrat im Kommentar zu seiner Faksimileausgabe der Heidelberger Bilderhandschrift 1970 diese Auffassung 4 . In der Tat, nimmt man das monumentale Werk Amiras und die Tatsache zusammen, daß vor allem die Dresdener Handschrift, welche die Grundlage Amiras bildete, die Basis für die Wolfenbütteler war 5 , so möch-

1 Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von K A R L VON A M I R A , I (Faksimile) Leipzig 1 9 0 2 , Neudruck Osnabrück 1968, 11,1 u. 11,2 (Erläuterungen) Leipzig 1 9 2 5 / 2 6 , Neudruck Osnabrück 1 9 6 9 . 2 C L A U D I U S F R E I H E R R VON S C H W E R I N , Nachruf in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 51, 1931, S . X I - X L V . 3 K A R L VON A M I R A , Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. KL, XXIII. Bd., II. Abt., München 1905, S. 163-263. 4 Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Faksimileausgabe und Kommentar, hg. von W A L T E R K o S C H O R R E C K , F r a n k f u r t / M a i n 1970 und jetzt auch: Der Sachsenspiegel. Die Heidelberger Bilderhandschrift Cod. Pal. Germ. 164, Kommentar und Ubersetzung von W A L T E R K O S C H O R R E C K , neu eingeleitet von W I L F R I E D W E R N E R , F r a n k f u r t / M a i n 1989. 5

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, in: Frühmittelalterliche Studien 22, 1988, S. 357-387, sowie K A R L VON A M I R A , Die Genealogie der Bilderhandschriften

te man wirklich meinen, daß außer in Detailfragen nichts mehr zu sagen übrig bleibt. Auf der anderen Seite sollte man aber nicht übersehen, daß seit dem Abschluß der Arbeiten Amiras rund ein Menschenalter verstrichen ist, ein Zeitraum, in dem für so manche als abgeschlossen gehaltene wissenschaftliche Fragestellung neue Impulse kommen können. Das trifft gerade auch für den Bereich des Sachsenspiegels und seiner illustrierten Ausgabe zu. Das Interesse an diesem faszinierenden mittelalterlichen Werk war auch nach Amira nie ganz erloschen. Die Brücke zu einer Neuaufnahme der Thematik führt wohl über die Edition der Heidelberger Bilderhandschrift 6 und einschlägige Publikationen in den achtziger Jahren 7 zu einem von Ruth Schmidt-Wiegand in-

des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss. I. Kl. XXII. Bd. II. Abt., München 1902, S. 325-385. 6 K O S C H O R R E C K (wie Anm.4). 7 J U L I A N U S B O N I F A C I U S M A R I A VAN H O E K , Eike van Repgow's rechtsboek in beeld. Observaties omtrent de verluchting van de Saksenspiegel, Zutphen 1982; G E R N O T K O C H E R , Sachsenspiegel, Institutionen, Digesten, Codex - Zum Aussagewert mittelalterlicher Rechtsillustrationen, in: Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde 3, Zürich 1981, S. 5-34; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Rechtssprichwörter und ihre Wiedergabe in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Text und Bild. Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. von C H R I S T E L M E I E R - U W E RUBERG, Wiesbaden 1980, S. 593-629; DIES., Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels und ihr Verhältnis zum Text Eikes von Repgow (Wolfenbütteler H e f t e 13) Wolfenbüttel 1983; DIES., Einleitung zu: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von DERS., Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von D E R S . , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R und U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) München 1986, S . I X - X X .

108

Gernot Kocher

itiierten interdisziplinären Arbeitsgespräch in Wolfenbüttel, bei dem sich zeigte, daß es durchaus nicht nur kleine Einzelfragen, sondern auch ganz grundsätzliche waren, über die man noch reden konnte. Das betraf nicht nur die Handschriftenfamilien, den Zweck der Illustrationen, das Text-Bild-Verhältnis, sondern auch die visuelle Sprache des Sachsenspiegels 8 . Impulse zu einem Neuüberdenken der visuellen Sprache der Sachsenspiegelillustrationen kamen nicht nur aus dem Bereich der Rechtsgeschichte, sondern auch von der Volkskunde und den Sprachwissenschaften 9 , wobei der Grundgedanke eine gewisse Parallelität zwischen der geschriebenen beziehungsweise gesprochenen und der visuellen - auf Gebärden beruhenden - Sprache ist. Das äußert sich etwa auch darin, daß man den umgekehrten Weg ebenso geht, also nicht nur die Bilder in Verbales rückübersetzt, sondern auch im Sprachlichen Reflexionen oder Vorbilder des Bildlichen sieht („Sprachgebärden") 10 . Ein illustratives Beispiel bietet die Wolfenbütteler Handschrift (W fol. 11 recto 3,4) zu Ldr I 3 § 3 Satz 2 1 1 : Nemen zcwene brudere zwu swestim unde der dritte bruder ein vremde wip, ire kindere sint doch gliche na, ir iclichir des andirn erbe zcu nemene, ab si ebinburtig sin. Der Illustrator übersetzte dies nun in den visuellen Bereich, indem er auf der ersten Bildebene (W fol. 11 recto 3) links zwei Bräute (Schwestern) und rechts zwei Jünglinge (Brüder) zeigt, die sich gegenseitig als Zeichen der künftigen Verehelichung den Ring entgegenstrecken, zu ihren Füßen jeweils ein Kind. Auf der unteren Ebene (W fol. 11 recto 4) befindet sich der dritte Bruder, der seinerseits einer mit dem Brautkranz bekrönten Jungfrau den Ring entgegenhält, eine von ihr erwiderte Gebärde; zu Füßen wiederum ein Kind. Damit wurde vorerst einmal die Ausgangsposition umschrieben, die - man möchte fast sagen grammatikalisch richtig - das „wenn", das in dieser Nomierung drinnen steckt, damit zum Ausdruck

8 Vgl. die einschlägigen Beiträge in dem oben Anm. 7 zitierten Sammelband Text-Bild-Interpretation und in diesem Kommentarband. 9 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Gebärdensprache im mittelalterlichen Recht, in: Frühmittelalterliche Studien 16, 1982, S. 3 6 3 - 3 7 9 , mit zahlreichen weiteren Verweisen. 10 L U T Z R Ö H R I C H , Gebärde, Metapher, Parodie. Studien zur Sprache und Volksdichtung (Wirkendes Wort 4) Düsseldorf 1967, S. 30 ff. zu Gebärdensprache und Sprachgebärde;

SCHMIDT-WIEGAND

(wie

A n m . 9)

S. 3 6 4 ;

DIES,

(wie

Anm. 5) S. 380ff. 11 Vgl. zu dieser Stelle auch den Bildleistenkommentar mit weiterführenden Literaturverweisen.

bringt, daß die drei nicht nur vom Habitus her, sondern auch mit der angedeuteten Ringübergabe als Nichtverheiratete wiedergegeben werden. Die Ebenburt wird durch die gleichartige Standeskleidung, die Verwandtschaft durch farbliche Ubereinstimmung verdeutlicht. Die erbrechtliche Gleichberechtigung wird durch eine, wie Amira sie nennt 1 2 , subjektive Symbolik dargetan. Von der untersten Bildebene führt ein Halm hinauf, der sich im Raum zwischen den beiden Bildern verzweigt. Auf der unteren Ebene hält das zukünftige Kind des dritten Bruders den Halm, auf der oberen Ebene hat jedes Kind durch die Verzweigung wieder einen Angriffspunkt. Diese „subjektive Symbolik" ist gut gewählt: Der Halm ist der Code für Grund und Boden in den Bilderhandschriften - auf der anderen Seite versteht sich der Begriff „Erbe" fast als Synonym für Grund und Boden 1 3 , genauso wie die Kinder für die zukünftigen Erben stehen, damit schließt sich der Bedeutungskreis von Bildlichem und Sprachlichem. Von diesem Ansatzpunkt, der die Gebärde nicht singular als Ausdruck rein innerer Bewegung nimmt, sondern bereits im Kontext mit anderen Informationsträgern, etwa Realien oder Personen, zu lesen sucht, führt nur ein Schritt weiter zur rechtsikonographischen Betrachtung 1 4 , nämlich zur Fragestellung, welche Elemente den rechtlichen Informationswert eines Bildes ausmachen. Rechtsikonographische Betrachtung ist die Analyse eines Bildes unter Einbeziehung eines möglichst breiten Informationsspektrums, das nicht vor definitionsbedingten Einschränkungen und Diskussionen (etwa den Begriffen Rechtsarchäologie oder Rechtssymbolik) oder interdisziplinären Grenzen Halt machen kann. Hier ist nicht einmal Platz für die Abgrenzung bestimmter Gebärdenkategorien im Sinne Amiras, obwohl andererseits seine Analyse wesentliche Grundlage rechtsikonographischer Deutung ist. Er selbst hat schließlich bei der Bildentschlüsselung im Kommentarband auch jene ganzheitliche Betrachtung angewandt,

12

V O N AMIRA ( w i e A n m . 1) 11,1, S. 1 5 8 .

W E R N E R O G R I S , Artikel ,Erbgut', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E T E R W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T W I E G A N D , 1, Berlin 1 9 7 1 , Sp. 9 6 4 - 9 6 5 . 14 Zur methodischen Seite der Rechtsikonographie s. G E R N O T KOCHER, Rechtsarchäologie, Rechtliche Volkskunde und die österreichische Rechtsgeschichte, in: Die Osterreichische Rechtsgeschichte, hg. von H A N S C O N S T A N T I N F A U S S NER - G E R N O T K O C H E R - H E L F R I E D V A L E N T I N I T S C H (Grazer rechts- u. staatswiss. Studien 47) Graz 1991.

13

Die

Rechtsikonographie

ohne sie allerdings methodisch zu durchdenken. In diesem Sinne sind die Amira'schen Arbeiten im Zusammenhang mit der Dresdener Bilderhandschrift, die ja in den Sonderabhandlungen und im Kommentar auch auf die Wolfenbütteler Bezug nimmt, trotzdem eine unverzichtbare Grundlage. Die rechtsikonographische Betrachtung bietet nur einen neuen Blickwinkel, der versucht, auf erprobtem Boden vielleicht doch noch einen Schritt weiterzukommen.

II. Die einfache und die qualifizierte Einstufung als rechtliches Bild Ein erster Anwendungsbereich des rechtsikonographischen Instrumentariums ist die einfache oder qualifizierte Einstufung einer Illustration 15 als rechtliches Bild. Die einfache Einstufung als rechtliches Bild ist eine Art vorläufiger Befund, eine widerlegbare Vermutung, ohne Aussage über den konkreten rechtlichen Gehalt der Illustration. Die qualifizierte Einordnung als zweiter Schritt soll dann den konkreten rechtlichen Gehalt des Bildes ermitteln. Eine einfache Einstufung kann wiederum in verschiedenen Etappen erfolgen: Der einfachste Vorgang ist bei Illustrationen gegeben, die im Zusammenhang mit Rechtstexten stehen. Hier, wie etwa bei den Bilderhandschriften zum Sachsenspiegel, bei den illustrierten Handschriften des ,Corpus iuris civilis', des ,Decretum Gratiani', beim Hamburger Stadtrecht von 1497 oder bei der ,Constitutio Criminalis Bambergensis' von 1507, wird man von vornherein eine pauschale einfache Zuordnung zur Kategorie rechtliches Bild als gegeben annehmen können. Auf gleicher Ebene stehen sonstige juristische Werke oder Aufzeichnungen über Rechtstatsachen, etwa der Laienspiegel von Ulrich Tengler oder das Rheinfelder Urbar. Man muß sich aber immer des pauschalen Charakters einer solchen Zuordnung bewußt sein, denn es ist nicht auszuschließen, daß sich auch hier Illustrationen finden, denen die Zuordnung als rechtlich schon von Anfang an fehlt: Man braucht hier nur Dedikationsbilder - die Überreichung einer Handschrift an den Auftraggeber - oder den Sündenfall in W fol. 9 verso 4 ins Auge zu fassen.

15 Die Rechtsikonographie erfaßt prinzipiell alle rechtlichen Informationsträger; die Beschränkung auf Illustrationen erfolgt hier nur mit Rücksicht auf die Sachsenspiegelbilderhandschriften als besondere Quelle, s. KOCHER (wie Anm. 14).

109 Schwieriger wird die einfache Einstufung bei Illustrationen, die in keinem Zusammenhang mit spezifisch juristischen Texten oder Rechtstatsachenaufzeichnungen stehen. Das können einmal singular stehende Illustrationen sein (einzelne Miniaturen, Flugblätter, Tafelbilder oder Fresken), aber auch illustrierte literarische Werke (Willehalm, das Rolandslied des Pfaffen Konrad), Texte sakraler Ausrichtung (Bibel, Heiligenlegenden) oder Chroniken (Weltchronik des Heinrich von München). Hier muß in erster Linie eine visuelle Uberprüfung für jedes einzelne Bild stattfinden, ob Anhaltspunkte für einen rechtlichen Gehalt gegeben sind - eine pauschale einfache Einstufung ist hier nicht möglich: Hinweise können sich aus dem Vorhandensein rechtsikonographischer Aussageelemente ergeben (s. unten). In Idealfällen ist die Szene so konzipiert, daß von vornherein eine rechtliche Einstufung vorgenommen werden kann, etwa bei Gerechtigkeitsdarstellungen (hl. Leonhard, Zyklus der Causa der Susanna, Salomo und der Kinderstreit), bei einfachen Gerichtsszenen, bei Strafvollzugsdarstellungen oder verfassungsrechtlichen Szenen (thronender Herrscher, Salbung, Krönung). In komplizierten Fällen wird die Ermittlung des Themas bei Einzeldarstellungen oder die Textanalyse bei längeren Texten Platz greifen müssen. Anhaltspunkte zu einer einfachen Einordnung als rechtliches Bild entbinden aber noch nicht von einer qualifizierten Einordnung, denn nicht immer ist die Umsetzung rechtlicher Ereignisse in den visuellen Bereich so, daß man dann von einem rechtlichen Bild sprechen kann, vor allem, wenn die Text-Bild-Koordination oberflächlich ist. Besonders krasse Fälle ergeben sich hier im Bereich der Drucke, wo oft aus ökonomischen Gründen von Verlegern irgendwelche Illustrationen beigegeben werden. Idealfälle können die Armenbibeln und Handschriften des ,Speculum humanae salvationis' bilden, wo schon von der Grundkonzeption her das Bild im Vordergrund steht und mit erläuternden Texten umgeben wird. Auch die Handschrift des ,Willehalm', die dem Umfeld der Sachsenspiegelillustrationen zugehört, erleichtert die Arbeit durch fortlaufende Illustration; ähnliche Erleichterungen bietet der Welsche Gast, wo den Bildern beziehungsweise den Figuren Texte in einer Art Sprechblase beigegeben sind 16 . Einen Sonderfall bilden die Illustrationen zu den Sachsenspiegel-Bilderhandschriften mit ihren Bildbuchstaben, die - sofern

16 NORBERT H . OTT, Vorläufige Bemerkungen zur Sachsenspiegel-Ikonographie, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 7) I, S. 33-43, S. 36 ff.

110 nicht von Schreiberseite Fehler vorgekommen sind - eine ökonomische Koordination von Bild und Text ermöglichen. Daß damit die rechtliche Aussage eines Bildes aber noch nicht endgültig umschrieben ist, liegt auf der Hand 1 7 .

III. Das rechtsikonographische Informations Spektrum Wenngleich auch bei der einfachen rechtlichen Einstufung schon rechtsikonographische Überlegungen angewandt werden müssen, so greift erst die qualifizierte rechtliche Einordnung auf das volle rechtsikonographische Informationsspektrum zu. Vereinfacht dargestellt, kommen hier vier Komponenten zum Tragen, die in ihrem Zusammenspiel das rechtliche Bild ergeben: Personen, Gebärden 1 8 , Realien und Textpassagen (sofern vorhanden). Dieses Zusammenwirken der rechtsikonographischen Komponenten läßt sich gut an H a n d einer lehenrechtlichen Frage (Lnr 15 §3 / W fol.64 verso 1) verdeutlichen: Rechts sitzt der Oberlehensherr ( = Person), kenntlich durch Thron ( = Realie) und besondere Kopfbedeckung mit Krone ( = Realien). Vor ihm ein Eidreliquiar ( = Realie), auf das der Lehensmann ( = Person) mit einer Hand schwört ( = Gebärde), während er mit zwei anderen Händen die Kommendation ( = Gebärde) an einem Unterlehensherrn ( = Person) vollführt. Das Beziehungsverhältnis zwischen Unter- und Oberlehensherrn, die im Bild räumlich getrennt sind, wird von einem „Band" 1 9 verdeutlicht, das von der rechten Hand zum Kopf des Unterlehensherrn führt. Darin wird nicht das im Text erwähnte Weisen an den Unterlehensherrn zwecks Lehenserneuerung, sondern das Lehensband oder gar das Lehen selbst zu sehen sein. Das Weisen wird mit dem Zeigefingergestus der linken H a n d 2 0 ausgesprochen 21 .

Gernot Kocher Amira hat diese Komponenten im Bildaufbau bereits im Kommentarband zur Dresdener Handschrift ausführlich auf textlicher und bildlicher Vergleichsbasis aufgeschlüsselt 22 , so daß sich eine detaillierte Auflistung erübrigt. Es sollen nur die rechtsikonographischen Akzente unter Heranziehung von Einzelbeispielen aus der Wolfenbütteler Handschrift verdeutlicht werden. Eine besondere rechtsikonographische Linie ist - im Gegensatz zu Amira - die andere Wertung der nicht im traditionellen Rechtsformalismus verankerten Realien, Personen und Gebärden. Amira läßt immer wieder die Minderbewertung der sogenannten subjektiven Bildelemente erkennen, das sind eben jene, die keinen Rückhalt im traditionellen Formalienkatalog des Rechtslebens haben 2 3 . Er betont trotz der relativ genauen Detailerfassung der Bildelemente viel zu wenig die alltägliche Komponente im Bildaufbau 2 4 - eine Folge davon ist beispielsweise das Nichterkennen des Astes in W fol.64 verso 1 beziehungsweise D fol.62 verso 1: Das „Band" war für ihn zu sehr subjektive Symbolik 25 . Tatsache ist, daß ein Großteil der Illustrationen in den Sachsenspiegelhandschriften ohne Personen oder Realien des Rechtslebens auskommt 2 6 . Sie stehen mit dieser

Realie, dem Ast als Code für das Lehen (Investitursymbol) führen. Wenn man dazu Η fol. 22 verso 5 rechts (zu Ldr III 64 §5 Satz 3 u. 4) stellt, wo der Graf von einem verzweigten Ast als Zeichen der Lehensteilung einen wegnimmt und diesen als Teillehen weitergibt, so kann man beim Vergleich mit W fol.64 verso 1 unter Umständen sogar vermuten, daß die sonst den Ast besser kennzeichnenden Blätter durch den Kopf des Unterlehensherrn wegfielen. Bei der Sparsamkeit der Illustratoren hielt man wohl hier eine dritte Hand zum Halten des Astes für überflüssig. Übrigens findet man eine ähnliche Szene in D fol. 76 verso 3 zu Lnr 59 §1, wo der Lehensmann das Ende des Astes mit den Blättern anfaßt, genausogut hätte dies aber ohne Anfassen passieren können - hier hat V O N A M I R A den Ast als Lehen (Investitursymbol) erkannt, vgl. VON A M I R A (wie Anm. 1) 11,2, S. 254. 22

17 Vgl. unten nach Anm. 29 die Überlegungen zum Bild-TextVerhältnis und zur rechtlichen Aussage. 18 Im Prinzip wäre die Gebärde der Person zuzuordnen. Da das Ausdrucksspektrum der Gebärden derart groß ist, wurde diese Differenzierung aus Zweckmäßigkeitsgründen getroffen. 19 So die Bezeichnung bei VON A M I R A (wie Anm. 1 ) 11,2, S. 185 und ihm folgend auch der Bildleistenkommentar zur Wolfenbütteler Handschrift. Vgl. jedoch Anm. 21. 20

V O N AMIRA ( w i e A n m . 3 ) S. 2 0 8 f f .

21 Die grüne Färbung des Bandes in Η fol. 4 verso 1 könnte von der Deutung Band weg zu einer häufig gebrauchten

23

24

25 26

V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,1, S. 8-127; vgl. auch die Erläuterungen im Kommentarteil, die auch immer wieder Vergleichsmaterial bringen. V O N A M I R A (wie Anm. 3) S. 166, geht sogar bis zu der Konsequenz, den Bildern, die nicht auf der Rechtssymbolik beruhen, Quellenwert f ü r die Rechtsgeschichte abzusprechen. Er betrachtet den subjektiven Ausdrucksbereich lediglich als eine Bereicherung der Kunstgeschichte. Obwohl er andererseits die Verbundenheit des Illustrators oder Anweisers mit dem täglichen Rechtsleben erkennt, V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,2, S.345f. Vgl. oben nach Anm. 19. Das ist auch der Grund, weshalb Grimm den Illustrationen in seinen Rechtsaltertümern keine besondere Bedeutung

Die

111

Rechtsikonographie

Linie im Gegensatz zu anderen illustrierten Rechtstexten 27 , bei denen Richter und Gericht als Bildbestandteil überwiegen. Zu betonen ist aber, daß die Illustratoren des Sachsenspiegels mit der Einbeziehung von nicht spezifisch rechtlichen Elementen in die Bildkomposition einer Grundkonzeption des Rechtes entsprechen, die ja nicht primär beim Streitfall ansetzt, sondern mit der Normierung von vornherein den Streitfall zu unterbinden sucht. Recht besteht eben nicht nur aus der Konfrontation von Parteien vor dem Gericht, sondern ist in den alltäglichen Handlungsablauf integriert 28 .

IV. Der Text als rechtsikonographisches Kriterium In Konsequenz der Verfolgung des Gleichstellens von Bild und Text lassen sich gewisse Bildkategorien herausarbeiten 29 . Amira hat am Ende seiner Abhandlung über die Gebärden 3 0 eine Formulierung getroffen, deren Tragweite man nicht unterschätzen sollte: „Auch hier aber darf man nicht vergessen, daß man es mit Ausdrucksmitteln nicht von Schweigenden, sondern von Redenden zu tun hat, da niemals das Bild ohne den Text verstanden werden will." Diese Betonung des Text-Bild-Verhältnisses erfolgt zu Recht, zumal ja auch der Text dem rechtsikonographischen Repertoire zuzurechnen ist. Die Bedeutung dieses Beziehungsfeldes erweist sich auch mit der Tatsache, daß daraus gleich drei verschiedene Ansatzpunkte zur Differenzierung der Bilder resultieren. Ein erster solcher Ansatzpunkt ist die Frage der Konkor-

beimißt, JACOB GRIMM, Deutsche Rechtsaltertümer I u. II, 4. A u f l . b e a r b . v o n ANDREAS HEUSLER -

RUDOLF

HÜBNER,

Leipzig 1899, N a c h d r . D a r m s t a d t 1974, I., S. 279 ff. 27 V o r allem , C o r p u s iuris civilis' und , D e c r e t u m Gratiani' zählen hierzu. 28 Vgl. zum Begriff des Rechtslebens, der hier ins Spiel

danz zwischen Bild und Text. Danach lassen sich textkonforme Bilder von textüberschreitenden und textunterschreitenden Bildern unterscheiden. Textkonforme Bilder spiegeln den Text im wesentlichen ohne allzugroße Abweichungen. Als Beispiel mag das bereits oben (nach Anm. 10) behandelte Bild W fol. 11 recto 3,4 / Ldr I 3 §3 Satz 2 dienen, welches das Erbrecht nach drei Brüdern betrifft, von denen die ersten beiden zwei Schwestern und der dritte ein anderes Mädchen heiratet. Textüberschreitende Bilder sind jene, die über den vorhandenen Text hinaus noch zusätzliche visuelle Informationen bieten. Eine separate, hier weiter zu verfolgende Frage ist der Grund dieser Überschreitung, der sowohl in sachlichen Erwägungen als auch in einem Irrtum gegründet sein kann. Bei W fol. 11 verso 5 zu Ldr I 5 § 1 scheint dies der Fall zu sein: Hier hat der Zeichner einen im Text nicht vorkommenden Erblasser (Figur ganz links) aufgenommen 3 1 . Bei den textunterschreitenden Bildern bringt der Illustrator in der visuellen Ubersetzung weniger Information, als der Text beinhaltet. In W fol. 73 verso 2 Lnr 43 § 1 hat der Zeichner 3 2 die Frist in Form einer Jahrzahl für das Ergreifen der Halme nicht angegeben. Neben einfachem Vergessen wird wohl die räumliche Ökonomie die häufigste Ursache für die doch oft vorkommenden Textunterschreitungen gewesen sein. Wie ökonomisch vorgegangen werden konnte, zeigt sehr gut W fol. 24 recto 1 Ldr I 61 § 3: Im zugehörigen Text sind zwei Fälle unterschieden, der Sprachbehinderte, der in seinem eigenen Sachvorbringen einen verbalen Formalfehler begeht, und der Behinderte, der als Vorsprecher einen solchen Fehler begeht. Der Illustrator hat den Behinderten, der auf den Mund als Zeichen seines Gebrechens weist, nur einmal (als Repräsentant für beide Formalfehler) wiedergegeben in Kombination mit dem als Ersatz für ihn zu gewährenden neuen Vorsprecher 33 , der von der Partei an der H a n d vor Gericht gezogen wird. Ein wichtiges Kriterium ist ebenso die Verständlichkeit der Bilder in Abhängigkeit vom Text. Basis der

k o m m t , GERNOT KOCHER, Die Frau im spätmittelalterlichen Rechtsleben, in: Frau und spätmittelalterlicher Alltag (Veröffentlichungen des Instituts f ü r mittelalterliche R e a lienkunde Österreichs N r . 9

[Osterreichische A k a d e m i e

d e r W i s s e n s c h a f t e n , Philosophisch-historische Klasse Sitzungsberichte, 473. Bd.] Wien 1986) S. 4 7 5 - 4 8 6 , S . 4 7 5 f . 29 Zu diesem P r o b l e m grundsätzlich CLAUSDIETER SCHOTT, Z u r bildlichen W i e d e r g a b e a b s t r a k t e r Textstellen im Sachsenspiegel, 30

in: T e x t - B i l d - I n t e r p r e t a t i o n

(wie A n m . 7 )

I,

31 Vgl. d a z u den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie Anm. 1) 11,1, S. 165. 32 Vgl.

den

Bildleistenkommentar

und

VON

AMIRA

(wie

A n m . 1) 11,2, S.230. 33 VON AMIRA (wie Anm. 1) 11,1, S.278, h a t dies - wohl irrtümlicherweise - als T e x t ü b e r s c h r e i t u n g bezeichnet, was

5. 189-203.

auf keinen Fall z u t r i f f t . Vgl. auch die engere I n t e r p r e t a t i o n

V O N AMIRA ( w i e A n m . 3 ) S. 2 6 3 .

im Bildleistenkommentar.

112 Überlegung ist ein fachlich versierter Benutzer 3 4 sowohl der Texte als auch der Bilder. Auf dieser Grundlage ergibt sich eine Kategorie von Bildern, die man als selbstsprechende bezeichnen könnte, im Gegensatz zur Kategorie der textabhängigen Bilder, welcher der überwiegende Teil der Illustrationen zuzuordnen ist. Zu den selbstsprechenden könnte man mit einiger Sicherheit nur folgende zählen 3 5 : W fol. 10 recto 1 Ldr I 1 Zweischwerterlehre, wobei hier das Wesentliche, die koordinierende Auffassung, sofort lesbar ist 36 . W fol. 22 recto 1 Ldr I 51 §2 Die Steigbügelprobe als Kriterium für Verfügungsfähigkeit über das Vermögen. W fol. 36 recto 1 Ldr II 41 §1 Die Pfändung eines Objektes (Fronung) durch den Fronboten. W fol. 41 recto 1 Ldr II 65 § 1 Haftung des für Straftaten eines Kindes Verantwortlichen (die Einstufung des Haftenden als Vormund ist nicht ersichtlich, was die Aussage verallgemeinert). W fol. 43 recto 1 Ldr III 3 Ein Zurechnungsunfähiger (Narr, gekennzeichnet durch Schellenkleid) stiftet Schaden und der Verantwortliche büßt dafür. W fol. 51 recto 5 Ldr III 60 §1 Fahnlehen und Szepterlehen 37 . 34 Hier ist wohl davon auszugehen, daß die durchschnittliche Einbindung in das rechtliche Geschehen - in Anbetracht des Fehlens eines besonderen juristischen Berufsstandes für Männer allgemein ziemlich intensiv war. Man braucht nur an die allgemeine Gerichtspflicht zu denken. 35 Beispiele für diskussionswürdige beziehungsweise unsichere Zuordnung, weil noch eine zweite Interpretationsebene ohne Heranziehung des Textes möglich ist: W fol. 38 recto 4 Überhang- bzw. Überfallrecht: Hier könnte auch nur Fruchtziehung verstanden werden, obwohl der Grenzzaun schon für sich spricht. W fol. 39 verso 5 leerer und voller Wagen: Es ist nicht erkennbar, wer die Vorfahrt hat. W fol. 42 verso 6 Strafvollzug an schwangerer Frau: Der Ausschluß höherer Strafen als zu Haut und H a a r ist nicht ersichtlich. W fol. 51 verso 1 Leihezwang setzt zum Verständnis zumindest die Fähigkeit, die Zahlen lesen und verarbeiten zu können, voraus. W fol. 41 recto 3 Ldr II 66 § 1 Mönch, Weltgeistlicher, Witwe, Jungfrau und Jude stehen unter Königsschutz - die Zuordnung hängt von der allgemeinen Lesbarkeit der Lilie als Friedenssymbol ab. 3 6 Vgl. R O D E R I C H S C H M I D T , Das Verhältnis von Kaiser und Papst im Sachsenspiegel und seine bildliche Darstellung, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm.7) I, S. 95-115. 37 Bei Η fol. 21 recto 5 ist der Illustrator oder der Anweiser für die Illustration nicht bei der direkten Textbasis stehen-

Gernot Kocher W fol. 54 recto 1 Ldr III 69 § 1 Bekleidungsvorschriften für Graf, Schultheiß und Schöffen. W fol. 56 verso 5 Ldr III 87 §3 Delikt der Rechtsweigerung durch den Grafen. W fol. 59 recto 1 Lnr 1 Heerschildordnung. W fol. 65 recto 2 Lnr 20 § 1 Gehörzeugen bei Geburt 3 8 . Hinterfragt man nicht die Verständlichkeit, sondern die Funktionalität der Bilder 39 - oder anders formuliert, was bringen die Bilder dem Beschauer oder „Leser" - , so könnten vier Kategorien in Überlegung gezogen werden: Die institutionell belehrenden, die prozessual belehrenden, die prozessualen und die informativen Bilder. Sie alle können natürlich in sich wieder nach den oben erwähnten textorientierten Ansatzpunkten unterschieden werden. Die erste Kategorie bilden die institutionell belehrenden Bilder. Das sind jene, die über wesentliche Komponenten eines Rechtsinstitutes etwas aussagen sie können zur künftigen Streitvermeidung beitragen: W fol. 21 verso 5 Ldr I 52 § 1 Für einen Liegenschaftsverkauf - die Liegenschaft wird durch einen Ast präsent - muß die Zustimmung der Erben eingeholt werden 4 0 . W fol. 41 recto 2 Ldr II 65 §2 Die Züchtigung eines fremden Kindes ist dann berechtigt, wenn man einen rechten Grund durch Eid beweist 41 . Eine zweite Kategorie sind dann die prozessual-belehrenden Bilder, die auf einem Rechtsstreit über ein bestimmtes Rechtsinstitut beruhen und die damit auch noch eine gewisse belehrende Funktion zur künftigen Streitvermeidung haben: geblieben, sondern hat die in der Heerschiidordnung vorgesehene Vorrangstellung der geistlichen vor den weltlichen Fürsten dadurch eingebracht, daß die geistlichen eine Stufe höher (auf der Thronstufe) beim Lehensempfang stehen; K O S C H O R R E C K (wie Anm.4) S. 116. Allerdings könnte man bei W und D fol. 47 recto 5 immerhin Ansatzpunkte f ü r eine rangmäßige Differenzierung sehen, denn die weltlichen Fürsten sind deutlich kleiner beziehungsweise in den Hintergrund gerückt dargestellt. 38 Hier scheint gerade das, was V O N A M I R A als subjektive, in der Rechtssymbolik nicht verankerte Gestik bezeichnet, die Hörgebärde, zur Lesbarkeit des Bildes ohne Text beizutragen, vgl. VON A M I R A (wie Anm. 3) S. 204 ff. 39 Zum Versuch, ein solches Schema für die Illustrationen zum Corpus iuris civilis zu entwickeln, K O C H E R (wie Anm.7) S. 15ff. 40 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON A M I R A (wie Anm. 1) 11,1, S.262f. 41 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON A M I R A (wie Anm. 1) 11,1, S.442.

Die

113

Rechtsikonographie

W fol.45 recto 3 Ldr III 21 §1 D e r Richter teilt das strittige G u t zwischen den Parteien 4 2 . W fol. 73 verso 2 Lnr 43 § 1 D e r zu Gericht sitzende Lehensherr (übergeschlagene Beine) fällt die Entscheidung über ein strittiges Lehen. Dem Verurteilten setzt er ein gabelförmiges Gerät an den Hals 4 3 , der C o d e f ü r die verurteilende Streitentscheidung. Eine dritte Kategorie bilden die prozessualen Bilder, das sind jene, welche die angemessenen Verhaltensmaßregeln vor Gericht im Streitfall, ohne Bezug auf ein konkretes strittiges Rechtsverhältnis, vor Augen führen: W fol. 44 verso 5 Ldr III 16 § 3 Auf die Klage eines Verfesteten oder Geächteten braucht man nicht zu antworten. Das Nichtantworten manifestiert sich in auf der Brust überkreuzten Armen 4 4 . W fol. 24 recto 2 Ldr I 61 §4 Ein Geistlicher kann nicht Vorsprecher sein und wird daher vom Fronboten aus dem Gericht durch Hinausschieben entfernt. Mit der anderen Hand zieht er einen Mann, der für den Vorsprechenden bürgen soll, auf Befehl des Richters heran 4 5 . Eine vierte Kategorie ist schließlich das informative Bild, das über gewisse rechtliche Tatbestände, die jedoch nicht wesentliche Bestandteile des täglichen Lebens sind, informiert. D a z u gehören vor allem verfassungsrechtliche Bilder: W fol. 10 recto 1 Ldr I 1 Zweischwerterlehre 4 6 . W fol. 52 recto 1 Ldr III 62 § 1 Darstellung der fünf sächsischen Königspfalzen 4 7 .

tiert wird und ja auch im Text immer angesprochen erscheint. Die Vielfalt ist hier natürlich am größten und die Illustratoren verstehen es auch, den dabei zu Tage tretenden Erfordernissen gerecht zu werden. M a n greift hier in der Regel auf das gängige zeitgenössische Darstellungsrepertoire zurück 4 8 , in schwierigen Fällen setzt man auch auf die eigene Kreativität, wobei nicht Schönheit und Entsprechung mit der N a t u r maßgeblich sind, sondern Funktionalität im Vordergrund steht 4 9 . Auf diese Weise werden soziale Unterschiede, Rechtsstellung der Person, rechtliche Beziehungen sowie die amtliche Stellung von Personen zum Ausdruck gebracht. Einige Beispiele - f ü r ausführliche Details ist auf die Einführung bei Amira zu verweisen 5 0 - sollen das rechtsikonographische Vokabular vor Augen f ü h ren. Soziale Unterschiede können durch Kleidungs- beziehungsweise Ausstattungsunterschiede, Gestaltung des Gesichtes, Größenunterschiede, Körperhaltung zum Tragen gebracht werden 5 1 :

48 H i e r ist n u r pauschal auf den K o m m e n t a r b a n d zu VON AMIRAS Ausgabe d e r D r e s d e n e r B i l d e r h a n d s c h r i f t

(wie

Anm. 1) sowie auf die A b h a n d l u n g ü b e r die G e b ä r d e n zu verweisen, w o d e r V e r a n k e r u n g im S t a n d a r d r e p e r t o i r e d e r mittelalterlichen Bildsprache ausführlich R e c h n u n g getragen wird. Allerdings bleibt hier d o c h zu bemerken, d a ß seit Amiras Zeiten sich die Vergleichsmöglichkeiten d u r c h kritische H a n d s c h r i f t e n e d i t i o n e n v e r m e h r t haben u n d d a ß auch die E r f o r s c h u n g d e r Alltagskultur z u m Mittelalter in neue Bahnen gelenkt w u r d e . Vgl. d a z u die Reihe: V e r ö f fentlichungen des Instituts f ü r mittelalterliche R e a l i e n k u n de Österreichs,

Österreichische A k a d e m i e d e r Wissen-

schaften, Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte,

V. Die Personen als rechtsikonographisches Kriterium

N r . 1 f f . Wien 1 9 7 6 f f . sowie HARRY KÜHNEL ( H g . ) , Alltag im Spätmittelalter, G r a z - Wien - K ö l n 1984. 49 Beispiele:

H i e r steht der Rechtsunterworfene im Vordergrund, der im täglichen Leben mit Fragen des Rechts konfron-

W fol. 64 verso 1 Lnr 15 § 3 : Ein M a n n wird mit drei H ä n d e n ausgestattet, d a m i t er sowohl s c h w ö r e n d als auch sich k o m m e n d i e r e n d dargestellt w e r d e n kann. W fol. 44 verso 5 L d r III 16 § 3 : Reichsacht d u r c h b e k r ö n -

42 Vgl.

den

Bildleistenkommentar

und

VON

AMIRA

(wie

Anm. 1) 11,1, S. 481 f.

Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie

Anm. 1) 11,1, S . 2 7 8 f . Bildleistenkommentar

S c h ö f f e n b a r e , Biergelte = S c h ö p f k ü b e l f ü r Biergelden das gesprochene W o r t beziehungsweise die Lautähnlichkeit

Anm. 1) 11,1, S . 4 7 6 f .

46 Vgl. den

Lösungen auch wieder, vgl. W fol. 63 verso 4 Lnr 12 § 2. W fol. 54 verso 4 L d r III 73 § 1: Standeszeichen, Schiff f ü r

Anm. 1) 11,2, S.230.

45 Vgl. den

einfaches

Schwert im H a l s dargestellt. M a n verwertet die g e f u n d e n e n

43 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie 44 Vgl. den

tes Schwert im H a l s u n d V e r f e s t u n g d u r c h

wird als visuelle I n f o r m a t i o n verwendet. 5 0 V g l . VON AMIRA ( w i e A n m . 1) 11,1, S. 3 - 1 2 7 .

sowie VON AMIRA (wie

Anm. 1) 11,1, S. 135 f. 47 Grone, W e r k , Wallhausen, Allstedt, Merseburg, vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie Anm. 1) 11,2, S.69.

51 GABRIELE VON OLBERG, A u f f a s s u n g e n v o n d e r m i t t e l a l t e r -

lichen G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g in T e x t und Bild des Sachsenspiegels,

in: T e x t - B i l d - I n t e r p r e t a t i o n

S. 155-170.

(wie

A n m . 7)

I,

Gernot Kocher

114 W fol. 59 recto 2 rechts Lnr 2 § 2 Ein Bauer wird vom thronenden Lehensherrn mit typischer Reifkrone am Haupt durch Kommendation belehnt. Hinter dem Bauern dessen Sohn (kleiner), der mit Trauergestus die mangelnde Vererblichkeit an ihm bekundet. W fol. 38 verso 2 Ldr II 54 §§3,4 Bauer lohnt Hirten in charakteristischer Kleidung ab. W fol. 43 verso 3 Ldr III 7 §§2,3 Christ tötet den an seinem spitzen H u t kenntlichen Juden und wird dafür vom Scharfrichter (keine charakteristische Kleidung) hingerichtet. W fol. 43 recto 1 Ldr III 3 Ein Zurechnungsunfähiger (Narr, gekennzeichnet durch Schellenkleid) stiftet Schaden und der Verantwortliche büßt dafür. W fol. 46 recto 3 Ldr III 40 § 4 (linker Bildteil) Kleriker mit Tonsur und Bischof mit Mitra und Stab; beide tragen bodenlange Kleidung. W fol. 42 verso 6 Ldr III 3 Schergen mit derben Gesichtszügen vollziehen Strafe an Frau (mit bodenlangem Kleid) am Pranger. W fol. 65 verso 1 Lnr 20 § 5 Lehensmann, kniend, zwischen zwei Fürsten, thronend, als Inhaber von Lehen. Die Rechtsstellung der Person kann, neben der Bestimmung durch die soziale Einordnung (s. oben), durch Alter, Geschlecht, Freiheit/Unfreiheit, ehelichen/unehelichen Status, verheiratet/unverheiratet, Unterordnung unter ein persönliches Schutzverhältnis, Verwandtschaft sowie Tod/Leben determiniert werden - demgemäß variabel muß das rechtsikonographische Repertoire sein. Die im Rechtsleben durchaus wichtigen altersmäßigen Unterscheidungen kommen in der groben Abstufung K i n d / M a n n oder Frau beziehungsweise ältere(r) /jüngere(r) Frau (Mann) vor. Die Altersunterschiede werden bei Männern durch Bart/Bartlosigkeit zum Ausdruck gebracht, bei Männern und Frauen auch durch Größenunterschiede (s. oben W fol. 59 recto 2). In gewisser Hinsicht ist der Habitus eines unverheirateten Mädchens und einer Ehefrau/Witwe ebenfalls ein grober Altersindikator. Geschlechtliche Unterschiede manifestieren sich in der Regel in der Kleidung (bodenlang, s. oben W fol. 42 verso 6), teilweise auch in Haartracht und Kopfbedeckung. W fol. 20 recto 1 Ldr I 42 § 1 Altersgrenzen: Kleine Figur = Kind (über 20 = vor seinen Tagen), die zwei bärtigen größeren Figuren (über 60 = über ihren Tagen) 52 .

W fol. 20 verso 4 Ldr I 48 § 1 Erwachsene, verheiratete Frau (oder Witwe) mit Kopftuch als Diebin einer Gans (Gans auf den Rücken gebunden) vor dem Grafen als Richter. Dahinter ein Mädchen (klein, langes Haar) als Pfaffenkind: Pfaffe als Vater hält die Hände über den Kopf des Kindes als Zeichen der Zugehörigkeit; hinter ihm die Frau (mit Gebände), mit der er das Kind gezeugt hat. Unfreiheit kann sich durch Fesselung oder Größenunterschied ausdrücken, Ehelichkeit durch Ring oder Handhaltung über den Kopf des Kindes (s. oben W fol. 11 recto 3,4), Munt ebenfalls durch Handhaltung (s. oben W fol. 20 verso 4) oder Schultergriff, Verwandtschaft 5 3 wird durch gleiche Farbgebung bei der Kleidung oder durch körperliches Zusammenfügen von Figuren repräsentiert, Nationalitäten durch Kleidung und Symbole, rechtliche Minderstellung durch bestimmten Beruf, durch Kleidung und Sachsymbol, Leben durch stehende Position und Aktivität der Gebärden, Tod durch Liegen im Sarg (s. oben W fol. 11 verso 5). W fol. 27 recto 2 Ldr III 42 §4 Der in Knechtschaft Befindliche (Herr hält ihn an der Kette) wird freigelassen. W fol. 54 verso 5 Ldr III 73 §2 Die Mutter (Freie, deutscher Nationalität) zieht das Kind, das sie vom unfreien Mann (ganz links, klein dargestellt) hat, an sich. Der Mann zieht ebenfalls die Konsequenzen und schiebt ihr durch Gebärde das Kind zu. W fol. 31 recto 1 Ldr II 20 § 1 Verwandtschaft durch doppelköpfige Figuren im Zusammenhang mit erbrechtlicher Frage. W fol. 54 recto 4 Ldr III 70 § 1 Links im Bild Wende (Slawe), kenntlich an Haartracht und Kleidung, Sachse mit Messer, Jude mit H u t und Franke mit Mantel. W fol. 21 recto 5 Ldr I 51 §1 Spielmann, kenntlich an Kleidung und Geige, heiratet. Die Barfüßigkeit des Kindes deutet seine rechtliche Minderstellung an. Zu den Rechtsbeziehungen zählen natürlich auch jene, die dem personenrechtlichen Bereich zugehören (Kindschaft, Ehe, Vormundschaft, s. oben). Für die rechtsikonographische Betrachtung ist es aber auch wichtig, nicht personenrechtlich determinierte Rechtsbeziehungen zwischen Personen sowie Beziehungen zwischen Personen und Realien feststellen zu können.

5 3 DAGMAR HÜPPER, E h e , F a m i l i e , V e r w a n d t s c h a f t - Z u r W i -

derspiegelung von Begrifflichkeit in der Bildtradition des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 7) 52 Vgl. zu den Altersangaben den Bildleistenkommentar.

I , S. 1 2 9 - 1 5 3 .

Die

115

Rechtsikonographie

Die Möglichkeiten dafür liegen schwergewichtig im gebärdentechnischen Bereich 54 , kombiniert mit einer Hilfsfunktion der Realien. Die Beziehungsfelder ergeben sich sowohl für den außerprozessualen als auch für den gerichtlichen Bereich; hier ist oft neben dem Verhältnis von Richter und Partei auch jenes zwischen den Parteien zu berücksichtigen, eine Mehrschichtigkeit (s. oben W fol.45 recto 3), die nicht immer leicht zu lesen ist. Vordergründig spielt das Angreifen oder Ergreifen von Personen und Sachen oder das Weisen auf solche eine Rolle, die im Sinne eines Aufforderns, Beanspruchens (s. oben W fol. 11 recto 3,4), Zugehörens oder Übergebens (s. oben W fol. 21 verso 5) zu deuten ist. Jemanden zu einer Handlung zu zwingen, drückt sich im Herbeiziehen an der Hand aus (s. oben W fol. 24 recto 1); in ähnlicher Form, mit dem Ergreifen der Hand oder Wegschieben, hindert man auch jemanden an einer Handlung (s. oben W fol. 24 recto 2). Das rechtlich-prozessuale Beziehungsfeld zwischen Richter und Partei wird nicht nur von kommunikativen Gebärden (s. oben W fol. 45 recto 3), sondern auch von Sachbezügen bestimmt. Neben dem Ergreifen oder Antasten von Gegenständen (s. oben W fol. 73 verso 2) spielen auch die Urteilssymbolik (Gabel, s. oben W fol. 73 verso 2, Rose), der Zeitfaktor (Sonne, Mond, Zahlen) sowie das Geld (s. oben W fol. 41 recto 1, W fol. 43 recto 1) eine Rolle. Sinnesfunktionen (Hören, Sehen) werden durch Zeigen auf Augen und Ohren (s. oben W fol. 65 recto 2), Reden durch Deuten auf den Mund (s. oben W fol. 24 recto 1) und Schweigen durch Zuhalten des Mundes signalisiert. Auch Willensäußerungen (Konsens, Dissens, Untätigsein) gehören in diesen Bereich (s. oben W fol. 56 verso 5, W fol. 44 verso 5). W fol. 83 verso 5 rechts Lnr 76 §5 Lehensherr (mit Krone) und Lehensmann stehen sich gerüstet gegenüber und warten den Zeitablauf (Sonne und Mond = Tag und Nacht) ab 55 . W fol. 29 recto 1 Ldr II 12 §13 Vor dem sitzenden Grafen bringt die linke Figur die Urteilsschelte durch Weisen auf die Rose als Urteilssymbol vor. Die mittlere Person weist ebenfalls auf das Urteil, sie hat das Urteil vielleicht gefunden (darauf könnte auch der linke, am Richterstuhl abgestützte Fuß hindeuten) 56 .

W fol. 64 verso 3 Lnr 17 Das Greifen an den Mund der rechten Figur ist als Schweigen zur Investitur des anderen mit seinem Lehengut (symbolisiert durch Halme) zu interpretieren. Der Lehensempfänger hält mit der einen Hand die Halme, mit den beiden anderen vollführt er den Kommendationsritus. Der Lehensherr operiert ebenfalls mit drei Händen, für die Kommendation und das Halten der Halme 5 7 . W fol. 24 verso 4 Ldr I 63 § 1 Der Kläger hat seinen Gegner am Halsausschnitt des Kleides gefaßt und ihn damit offiziell vor dem Grafen zum Zweikampf aufgefordert. Der Richter genehmigt mit Befehlsgestus die Handlung 5 8 . Der Kreis der Amtspersonen, die in der Bildsprache durchaus nicht die führende Rolle einnehmen, ist durch die landrechtliche Gerichtsverfassung und das Lehenswesen bestimmt 5 9 . Im landrechtlichen Bereich dominieren Graf und Schultheiß, im Sonderfall Bauermeister, Gogreve, kirchlicher Richter, Burggraf, Stadtrichter, König und der Lehensherr (s. oben W fol. 64 verso 1). Ihre eindeutige Charakterisierung wird in erster Linie durch die entsprechenden Kopfbedeckungen gewährleistet, der Bogen reicht hier von der Krone über die Tiara, die bischöfliche Mitra, die charakteristische Kappe des Grafen, der sowohl Stadt- als auch Landrichter sein kann, bis zum spitzen H u t des Schultheißen und dem einfachen Strohhut des Bauermeisters. Im allgemeinen entspricht die Kleidung dem entsprechenden sozialen Stand. Für den Grafen spielen auch Schwert und Richterstuhl eine kennzeichnende Rolle (s. oben W fol. 44 verso 5), während der Stab bedeutungslos ist 60 . Zum Kreis der Amtspersonen kommt noch der Fronbote (Gerichtsdiener) mit seinem Symbol der Peitsche (s. oben W fol. 36 recto 1). Die Schöffen sowie der Scharfrichter (s. oben W fol. 43 verso 3) verfügen über keine besonderen Merkmale; bei ihnen ist die Funktion Zuordnungskriterium: das Sitzen auf der Schöffenbank beziehungsweise der Strafvollzug. W fol. 54 recto 1 Ldr III 69 § 1 Das Gericht unter Königsbann ( = Ständer mit Krone): Graf und Schult-

57 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie Anm. 1) 11,2, S. 186. Η fol. 4 verso 3 zeigt das Schweigen d u r c h Zuhalten des M u n d e s besser.

54 H i e r ist auf die a n d e r e n einschlägigen Beiträge in diesem

Anm. 1) 11,1, S.284.

K o m m e n t a r b a n d zu verweisen. 55 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie Bildleistenkommentar

Anm. 1) 11,1, S.345.

5 9 V g l . VON AMIRA ( w i e A n m . 1) 11,1 S. 4 2 f f . , d e r u n t e r

O b e r b e g r i f f „Amtliche T r a c h t e n "

Anm. 1) 11,2, S.326. 56 Vgl. den

58 Vgl. den Bildleistenkommentar sowie VON AMIRA (wie

sowie VON AMIRA (wie

dem

die Amtspersonen be-

handelt. 60 Z u m Fehlen des Stabes VON AMIRA (wie Anm. 1) II, 1, S. 55.

116 heiß auf einer Bank, die Urteiler gegenüber. Die Bekleidungsstücke in der Mitte dürfen während der Sitzung nicht getragen werden 6 1 . W fol. 84 verso Lnr 77 D e r Bauermeister mit dem Strohhut am Kopf wird vom Lehensherrn (thronend mit Reifkrone) belehnt 6 2 .

VI. Gebärden als rechtsikonographisches Aussagemedium63 Gebärden umfassen die gesamte Körperhaltung. Gemäß dem rechtsikonographischen Konzept der Gesamtbetrachtung kann die Amira'sche Differenzierung zwischen subjektiven und objektiven Gebärden 6 4 nur als Interpretationshilfe ohne besondere Wertung verwendet werden. Es ist überhaupt die Frage, ob man nicht mit den von Amira angelegten strengen Differenzierungen und Katalogisierungen, die doch immer wieder durch Abweichungen und Ausnahmen durcheinander gebracht werden, die Illustratoren und Bildanweiser überfordert. Letztlich ist dann doch wieder die Gesamtkomposition dafür entscheidend, ob ein Zeigefingergestus Befehl oder Weisen bedeutet. Schließlich und endlich wird man auch bei einer kritischen Haltung gegenüber den subjektiven Gebärden immerhin auch ins Treffen führen können, daß das deutschrechtliche mittelalterliche Gerichtsverfahren mündlich und öffentlich war und in seiner Wirkung davon auch gelebt h a t Wort und Form 6 5 haben zusammengehört, und genauso, wie prozessuales Vorbringen verbal nicht nur aus speziellen Rechtstermini bestand, konnte sicherlich die im Rechtsformalismus gegründete gebundene Form durch freie Formen ergänzt und abgerundet werden. Tatsache ist, würde das subjektive Element aus den Sachsenspiegelbildern herausgenommen, wäre ein Großteil von ihnen nicht mehr lesbar.

61 V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,2, S.90f. 62 V O N A M I R A (wie Anm. 1 ) 11,2 S.329. 63 Dieser Bereich ist vor allem beispielsmäßig, aber auch ausführungsmäßig eher kurz zu halten, da sich auch noch andere Beiträge zum vorliegenden Kommentarband mit dem Thema befassen. Vgl. dazu auch oben die Ausführungen im Abschnitt I . sowie grundsätzlich S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm. 5) S. 376 ff. 64 Dazu die Literatur oben im Abschnitt I. 65 Vgl. den Fragenkomplex Wort und Form G E R N O T K O C H E R , Wort und Form im Rechtsgang der österreichischen Weistümer, in: Bericht über den zwölften österreichischen Historikertag in Bregenz. Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine 20, Wien 1974, S. 122 ff.

Gemot

Kocher

Zwei bereits oben genutzte Beispiele mögen dieses Problem vor Augen führen: N ä h m e man aus W fol. 11 recto 3,4 6 6 den H a l m als verbindendes Element heraus, so könnten die Kinder nicht die gleichschaltende Verbindung durch die Greifgebärde herstellen, und außerdem fiele der C o d e für Liegenschaft im Sinne von Erbe weg. D a m i t wäre die Quintessenz des Rechtssatzes, das gleiche Erbrecht f ü r die drei Kinder, untergegangen 6 7 . Das zweite Beispiel betrifft W fol. 64 verso 1 Lnr 15 §3: Das von Amira als subjektiv eingestufte Band 6 8 ist nichts anderes als die subjektive Ausgestaltung des Baumastes als Investitursymbol. W ü r d e man dieses Bildelement weglassen, könnte die Lehensbeziehung zwischen Ober- und Unterlehensherrn nicht mehr bildlich verifiziert werden. Aus rechtsikonographischer Sicht könnte man an die Stelle der von der äußeren Form her dominierten Amira'schen Gliederung der Gebärden mit dem funktionalen Begriff der Rechtsgebärde pauschal alle jene K ö r perhaltungen erfassen, die dazu dienen, rechtlich relevante Umstände entweder allein oder in Verbindung mit anderen Komponenten zum Ausdruck zu bringen. In einer weiteren, wieder an der Funktionalität orientierten Unterscheidung könnte man die Rechtsgebärden in kommunikative, rechtsbekundende und willens- und sinnesbekundende Gebärden unterteilen. Die kommunikativen betreffen in erster Linie zwischenmenschliche, nicht rechtlich determinierte Meinungsäußerungen, die aber doch im Verbund mit den anderen Kategorien die rechtliche Lesbarkeit eines Bildes erleichtern können. Die rechtsbekundenden dienen der Darstellung eines rechtlichen Beziehungsfeldes zwischen Personen sowie Personen und Sachen (Munt und Gewere), während die willens- und sinnesbekundenden rechtlich relevante, von inneren Vorgängen getragene Äußerungen erfassen: Konsens, Dissens, Befehl oder Trauer. Innerhalb jeder dieser Kategorien ist dann allerdings noch zwischen den H a n d g e b ä r d e n , die eine tragende Rolle spielen, und den übrigen Körpergebärden zu differenzieren, wenngleich sie in der praktischen rechtsikonographischen Bildbetrachtung als zusammenwirkend aufgefaßt werden müssen.

66 Vgl. oben nach Anm. 11. 67 Vgl. dazu die Überlegungen bei V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,1, S. 158, die hier seine übergroße Fixierung auf die traditionelle Rechtssymbolik deutlich zeigen. 68 V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,2, S. 185, mit Verweis auf Band I, S. 28, wo sich allgemein kritische Bemerkungen zu den subjektiven Ausgestaltungen finden; vgl. dazu die Überlegungen oben nach Anm. 19.

Die

117

Rechtsikonographie

II. Realien Unter Realien im rechtsikonographischen Sinn sind alle körperlich erfaßbaren Bildelemente zu verstehen, also nicht nur leblose Gegenstände, sondern auch Tiere und Pflanzen. Die umfassendere Gruppe im Bereich der Sachsenspiegelillustrationen sind jene Realien, die dem täglichen Leben angehören und der Verdeutlichung von Rechtsproblemen dienen. Dazu gehören nicht nur Gebäude, sondern das Gerät des täglichen Lebens, vom Schwert bis zum Spaten, vom Wagen bis zur Krücke f ü r einen Krüppel. Auch die Geldwirtschaft kommt im Zusammenhang mit dem Bußwesen zum Ausdruck: Münzen als runde Scheiben, oft auf einem Zählbrett. Die gesamte Palette der Haustiere ist genauso vertreten wie auch Pflanzen. Zu beachten bleibt im rechtsikonographischen Sinne immer, d a ß diese Gegenstände in irgendeiner Form Ziel rechtlicher Vorgänge sind. W fol. 17 recto 4 - 6 Ldr I 24 § 3 Die Gerade der Witwe: Schafe, Gänse, Kasten, Leuchter, Gebetbuch, Handspiegel, Schere, Kleidungsstücke und eine Reihe von Einrichtungsgegenständen. O f t finden sich auch sprechende Realien, deren rechtliche Entschlüsselung nicht selten auch ohne Text möglich ist - manchmal bewegt man sich im Grenzbereich zu den Realien des Rechtslebens. Die Glocke f ü r den Aussätzigen (W fol. 11 verso 3 Ldr I 4 in der Funktion der auch sonst vorkommenden Klapper), der Sarg in Verbindung mit einem darin Liegenden f ü r den T o d (W fol. 12 recto 4,5 Ldr I 5 §1), der Ring f ü r die Eheschließung (W fol. 11 verso 1 Ldr 1 3 ) , Schere (manchmal auch T r u h e und Bürste) als Gerade (W fol. 11 verso 6 Ldr I 5 §2), der Zweig oder Halme als Lehengut (s. oben W fol. 64 verso 3), der H a n d s c h u h als Grundstück (W fol. 20 verso 2 Ldr I 45 §2), aber auch als Zeichen des Königs in Verbindung mit dem M a r k t k r e u z (W fol. 56 verso 4 Ldr III 87 §2), Schwert, Pferd, Harnisch und Feldbett als Heergewäte (W fol. 16 verso 2). U r k u n d e n , bildlich gelegentlich einfache Vierecke, manchmal auch mit einer angedeuteten Schrift, sind selten verwendet, vielleicht doch ein Hinweis auf das Zurücktreten der Schriftlichkeit im täglichen Rechtsleben - in diese Richtung ist auch das Kerbholz als Beleg f ü r die Abrechnung des Vormundes zu verstehen. Direkt auf die gerichtliche und herrscherliche Aufgabenerfüllung weisen die Lilie als Symbol des Friedens (W fol. 43 verso 5 Ldr III 8) und die Rose als Symbol f ü r das Urteil (s. oben W fol. 29 recto 1). W fol. 17 recto 2 Ldr I 23 §2 D e r Vormund legt Rechenschaft ab über das Gut, das er f ü r sein vor ihm

sitzendes Mündel verwaltet - das Kerbholz ist das Abrechnungsdokument^ 9 . Die Realien des Rechtslebens sind typisiert und schematisiert, entsprechend der funktionalen Konzeption der Bilder, Übereinstimmung mit konkreten Realien (etwa Kronen oder Szepter) darf hier nicht erwartet werden. Wichtig sind der T h r o n des Herrschers und des Papstes (W fol. 11 verso 1 Ldr I 3), der Kastenthron des Richters (gelegentlich auch als Bank ausgebildet), die Schöffenbank f ü r die Urteiler (s. oben W fol. 54 recto 1), der Reliquienschrein, einmal beweglich, das andere Mal auf einem Ständer als Eidreliquar (s. oben W fol. 64 verso 1), die Amtszeichen, wie Szepter, Schwert, Mitra, der Handschuh, das Kreuz und schließlich jene, die Amtsfunktionen bezeichnenden Kopfbedeckungen 7 0 . W fol. 43 verso 1 Ldr II 72 § 3 Burgherr mit Eidreliquiar und geschultertem Schwert vor dem Grafen, der auf dem Richterstuhl ebenfalls mit geschultertem Schwert sitzt. Es geht um das Problem der Beweisführung im Zusammenhang mit einem in die Burg geflüchteten Friedensbrecher, der im Bogen des Burgtores steht 71 .

VIII. Schlußbemerkung Die rechtsikonographische M e t h o d e besteht also darin, über die Analyse der einzelnen Bildelemente, Text, Personen, Gebärden und Realien, zu einer rechtlichen Gesamtaussage zu finden. H i e r stand allerdings am Beispiel der Wolfenbütteler Bilderhandschrift nicht die Gewinnung von Gesamtaussagen im Vordergrund, sondern die Präsentation der Loslösung von der vorwiegenden oder gar ausschließlichen Bindung an die im Rechtsformalismus und im Rechtsritual fest verankerten Bildelemente - oder anders ausgedrückt: Die bewußte Einbeziehung auch des Alltäglichen in die rechtliche Bildaussage, ausgehend von dem Gedanken, d a ß der Alltag das Ziel rechtlicher Normierungen ist und d a ß Rechtsstreitigkeiten sich zwangsläufig an Alltagsbegebenheiten entzünden.

69 Über die Rolle der beiden anderen Figuren s. den Bildleistenkommentar (Erben des Mündels) sowie von Amira (wie Anm. 1) 11,1, S. 220 f. mit einer etwas unklaren Interpretation. 70 Vgl. dazu die Ausführungen oben Abschnitt V. über die Amtspersonen. 71 Von Amira (wie Anm. 1) 11,1, S.455f.

Norbert Η. Ott

Rechtsikonographie zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit Der , Sachsenspiegel' im Kontext deutschsprachiger illustrierter Handschriften Auf einigen Blättern der München-Nürnberger Fragmente von Wolframs von Eschenbach ,Willehalm' 1 steht zwischen den die Epenhandlung illustrierenden Figuren eine blaugekleidete männliche Person, die mit lebhafter Geste beider Hände auf ebendiese Handlungselemente verweist (Abb. 1). Es ist dies Wolframs Erzähler 2 , die Personifizierung einer besonderen Darstellungstechnik des Autors: des Wolframschen Erzählerkommentars, mit dem er die Handlung kommentiert und den Rezeptionsvorgang lenkt. Obgleich als schriftliches Element in den - schriftlich überlieferten - Text eingefügt, ruft dieser Erzählerkommentar doch zugleich die Mündlichkeit des Vortrags der mittelhochdeutschen Epen auf; das in die Illustration der epischen Handlung eingefügte Bildnis des Erzählers vermittelt dem Bildbetrachter diese Situation. Es ist die zum ikonographischen Zeichen geronnene Mündlichkeit, in der sich auch schriftliche Literatur im Augenblick ihrer Vermittlung ans Publikum je neu ereignet. Nicht nur Lieder, auch Epen wurden dem versammelten Publikum vorgetragen oder vorgesungen, und selbst das Le-

1 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 193, III; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung, H z 1104-1105 Kapsel 1607. Faksimile: Wolfram von Eschenbach, Willehalm. Die Bruchstücke der ,Großen Bilderhandschrift'. Im Faksimile hg. von U L R I C H MONTAG, S t u t t g a r t 19B5. 2

Siehe zu diesem M I C H A E L C U R S C H M A N N , The French, the Audience, and the Narrator in Wolfram's ,Willehalm', in: Neophilologus 5 9 , 1 9 7 5 , S. 5 4 8 - 5 6 2 .

sen für sich geschah nicht - wie heute - leise, sondern mit hörbarer Stimme: Das Organ, mit dem auch schriftliche Texte aufgenommen wurden, war nicht das Auge, sondern das Ohr 3 . Wolfram beginnt das 4. Buch seines ,Willehalm' mit einem solchen Erzählerkommentar: Welt ir nu hoeren wie ez geste / umbe den zorn den ir hortet e, / wer den zw suone brahte, / wie dem marcraven nahte / helfe und hoher muot [...] (V. 162, 1-5) 4 , um dann das bislang Geschilderte zusammenzufassen und zur Folgehandlung überzuleiten: diu vlust der mage twanc in vil, / noch mer diu not der Gyburc phlac. / [...] / Mich müet ouch noch sin kumber. / dunk ich iemen deste tumber, / die smaehe lid ich gerne. / swenne ich nu rede gelerne, / so sol ich in bereden baz, / war umbe er siner zuht vergaz, / do diu küneginne so brogete, daz er si drumbe

3 Vgl. M A N F R E D G Ü N T E R S C H O L Z , Hören und Lesen. Studien zur primären Rezeption der Literatur im 12. und 13. Jahrhundert, Wiesbaden 1980; v. a. aber: M I C H A E L C U R S C H MANN, Hören - Lesen - Sehen. Buch und Schriftlichkeit im Selbstverständnis der volkssprachlichen literarischen Kultur Deutschlands um 1200, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 106, 1984, S.218257. 4 Zitiert nach: Wolfram von Eschenbach, Willehalm. Nach der gesamten Uberlieferung kritisch hg. von W E R N E R S C H R Ö D E R , Berlin - New York 1978. Die Übersetzung lautet sinngemäß: „Wollt ihr nun weiter hören, wie es um den Zorn steht, von dem ihr schon vernommen habt, wer ihn besänftigte und wie dem Markgrafen sowohl Hilfe als auch ein neues Selbstbewußtsein zuteil wurde?"

120 zogete. / des twanc in minne und ander not / und mage und lieber manne tot (V. 162, 24 - 163, 10)5. Die Illustration 6 , die die Aussage dieses Texts mit den ihr immanenten ikonographischen Mitteln reflektiert (Abb. 1), zeigt die Erzählerfigur zwischen den Erzählfiguren stehend und auf sie - indem sie den Bild-Leser in den Erklärungsvorgang einbezieht - verweisend: im oberen Bildregister auf den trauernden Willehalm rechts und die beiden Figuren links, jene juden, beiden, publicane (V. 162, 30) - ,Juden, Heiden und Ketzer" - des Texts, die, obwohl allesamt Ungläubige, dennoch zum Mitleid bewegt worden wären, hätten sie nur von Willehalms übergroßem Schmerz erfahren können; im mittleren Streifen wieder auf den Markgrafen im Trauergestus und auf den Grund seiner Trauer: die gefallenen Vasallen und Verwandten links und Gyburc, deren H a u p t sich als Erinnerungsbild zwischen Erzähler und Protagonist schiebt - Schicht der Erinnerung, vom Erzähler dem Helden mittels der Gebärde vors erinnernde Auge gebracht, aber auch dem Bildbetrachter, die Textaussage in ikonographische Signale übersetzend, noch einmal vergegenwärtigt. Die Handschriften-Fragmente der , Willehalm'-Trilogie, die Wolframs Erzählerkommentare in dieser Weise verbildlichen, entstammen der gleichen Werkstatt, aus der auch der Archetyp jener vier zweispaltigen ,Sachsenspiegel'-Codices in Dresden, Heidelberg, Oldenburg und Wolfenbüttel 7 kommt, und sie bedienen sich einer ikonographischen Erzählweise, die in ihrer spezifischen, auf reine Gebärdefiguren reduzierten „Grammatik" nur am „gestischen" germanisch-deutschen Recht entwickelt werden konnte. Den kontinuierlichen Fortgang der epischen Handlung setzen sie

5 „Der Verlust der Verwandten nach der Schlacht bei Alischanz schmerzte Willehalm sehr, mehr aber noch die Not, in der die zurückgelassene Gyburc sich befand. [...] Mich" - den Erzähler - „schmerzt noch heute Willehalms Leid. Hält mich deshalb jemand für töricht, so trage ich diese Schmach gern. Wenn ich noch einmal richtig reden lerne, werde ich ihn besser verteidigen und erklären, warum er unbeherrscht gewesen ist, als die Königin sich anschickte, ihn an den Haaren zu ziehen. Seine gefährdete Liebe zwang ihn dazu und der T o d seiner Verwandten und Vasallen." 6 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 193,111, Bl. 1 verso. 7 Dresden, Sächsische Landesbibliothek, Mscr. Dr. Μ 32; Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 164; (ehemals) Oldenburg, Großherzogliche Privatbibliothek, A 1, 1 (jetzt Sparkassenstiftung Hannover); Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 3.1. Aug. 2°.

Norbert Η. Ott nicht in eine ebenso kontinuierliche Folge von narrativen Handlungsbildern um, sondern zerlegen - wie die juristischen Illustrationen - den Text in seine sprachlichen Bestandteile: Wörter und Satzteile, denen im ikonographischen Medium Bildsignale und Gebärdefiguren entsprechen. Diese Bilder müssen gewissermaßen vom Bildbetrachter „gelesen" werden, und das heißt: Der Bildbetrachter hat, wie beim Lesen eines Textes, die Bausteine - Wörter und Sätze oder Bildsignale und Gebärdefiguren - zusammenzufügen, um einen aussagekräftigen Text - ein informatives Bild - erst zu erstellen 8 . Realisiert sich der neben der Bildspalte stehende, geschriebene Text als im Rezeptionsvorgang je mündlich vorgetragener, über das Ohr vermittelter, so erschließt sich der Sinngehalt der Bildspalten über das Auge in einem dem Lesen vergleichbaren Vorgang. Während die Textspalte der Handschrift - paradox gesagt - Mündlichkeit evoziert, entsprechen der Bildspalte ganz und gar Definitionsmerkmale der Schriftlichkeit. In den Illustrationen der ,Willehalm'-Fragmente, in denen die Erzählerfigur auftritt, verschränken sich diese beiden Erscheinungsformen der literarischen Vermittlung. Dies alles spricht dafür, daß - trotz heraldischer Befunde etwa - die ,Willehalm'-Bilder erst nach dem ,Sachsenspiegel'-Archetyp, also kurz nach 1275, entstanden sein können 9 .

8 Vgl. dazu H E L L A F R Ü H M O R G E N - V O S S , Mittelhochdeutsche weltliche Literatur und ihre Illustration. Ein Beitrag zur Überlieferungsgeschichte, in: DIES., Text und Illustration im Mittelalter. Aufsätze zu den Wechselbeziehungen zwischen Literatur und bildender Kunst, hg. und eingeleitet von N O R B E R T Η . O T T (Münchener Texte und Untersuchungen 50) München 1975, S. 1-56, S.29f., S.44-46. 9 Darauf wies M I C H A E L C U R S C H M A N N in seiner Rezension in: PBB (wie Anm.3) 110, 1988, S.267-277, hier S.269f. von: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R und U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55 I u. II) München 1986, hin, und auch W E R N E R S C H R Ö D E R , Text und Bild in der ,Großen Bilderhandschrift' von Wolframs ,Willehalm', in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 116, 1987, S.239-268, hat es bemerkt, wenn auch seine Schlußfolgerung, daß „die Wiedergabe von Gesprochenem und Gedachtem mit Hilfe von den Figuren beigegebenen Dingsymbolen [...] vollends abwegig" sei (S.268), nicht unbedingt Verständnis f ü r mittelalterliche Bildsprache verrät. Die neueste Stellungnahme zum Abhängigkeitsverhältnis zwischen den , Sachsenspiegeln' und den ,Willehalm'-Frag-

Rechtsikonographie

zwischen Mündlichkeit

und

121

Schriftlichkeit

Schon am Ende des vorigen Jahrhunderts hat der Historiker Karl Lamprecht bemerkt, daß die spezifische Illustrationstechnik der , Sachsenspiegel' etwas zu tun haben muß mit dem illustrierten Gegenstand, dem germanisch-deutschen Recht: „Gerade auf diesem Gebiete gab es die vollendetste Symbolik der äusserlichen, körperlichen Handlungen, war das stumme Spiel der Bewegungen und der Gesten an sich Rechtshandlung" 10 ; deshalb, so Lamprecht weiter, war gerade für diesen Bereich die Konstruktion der Bildeinheit aus gestischen Zeichen naheliegend, ja geradezu notwendig. Für den abstrakten Gegenstand des Rechts boten sich denn auch nicht - wie etwa für die Handlungsstationen des Epos - narrative Bilder an, vielmehr mußte der Rechtsformalismus, mehr noch der materielle Inhalt juristischer Aussagen, in verkürzte Handlungssymbole, Zeichen, abstrakte Bildformeln umgesetzt werden. Auf welche Weise dies geschieht, braucht hier im Detail nicht erörtert zu werden. Die Bildzeilen der vier ,Sachsenspiegel'-Handschriften geben nicht, wenn man so will, eine Rechtsszene wieder, die sprachlich als eine Folge von Sätzen realisiert würde, sondern bauen, sehr kleinteilig, diese Szene sozusagen aus den sprachlichen Elementen dieser Sätze, den Wörtern und Satzteilen, auf, nicht, indem sie diese Elemente zu einer szenischen Einheit zusammenfügen, sondern indem sie Zeichen materielle, wie die Halme, oder zu symbolischen Formen erstarrte Gesten - additiv aneinanderreihen. Nicht anders verfahren die Bildzeilen der München-Nürnberger ,Willehalm'-Fragmente. Hier und vor allem in den Rechtsspiegeln werden Gebärden, Köpfe, Leibesglieder als Attribute aufgefaßt, mit deren Hilfe juristische Inhalte exemplifiziert werden können; Personen mit mehr als zwei Händen etwa, wie sie in den Spiegel-Illustrationen häufiger vorkommen, sind eindringliches Beispiel dieses Verfahrens. Die Gebärden, mit denen dabei der Bezug zwischen den Bildfiguren hergestellt wird, haben nicht nur kommunikative Funktion auf der Bildebene, sind nicht nur Ab-Bild der Rechtsgestik des realen juristischen Vollzugs, sondern richten sich auch an den Bildbetrachter. Wie der Leser eines sprachlichen Texts muß er den Sinngehalt der Illustrationen aus de-

menten findet sich bei D O R O T H E A und P E T E R D I E M E R , Miniaturen zum Willehalm (Wolfram von Eschenbach, Willehalm. Nach der Handschrift 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen [...] hg. von J O A C H I M H E I N Z L E [Bibliothek des Mittelalters 9] F r a n k f u r t / M a i n 1991, S. 1093-1115), S. 1094. 10 K A R L L A M P R E C H T , Bildercyclen und Illustrationstechnik im späteren Mittelalter, in: Repertorium für Kunstwissenschaft 7, 1884, S. 405-415, S.407.

ren Einzelelementen, gleichsam Wort für Wort, zusammenfügen. Das Konstruktionsprinzip der ,Sachsenspiegel'-Illustrationen ist also eines, das dem sprachlicher Texte entspricht: „Neben den Bildfiguren bieten die ihnen zugeordneten Attribute eine vorzüglich genaue und unmittelbare Wort-für-Wort-Ubersetzung aus dem Text" 1 1 , in keinerlei bildszenisches oder räumliches Bezugssystem, sondern nur in das der Gesten eingeordnet. Der Betrachter muß „buchstäblich Stück für Stück des Bildes ,lesen' [...], als ob er aus vereinzelten Wörtern einen Satz zusammenzusuchen hätte" 1 2 . Die graphischen Zeichen des Bildes haben die gleiche Funktion wie die sprachlichen Zeichen eines Texts. Sie erfüllen gewissermaßen die Aufgabe eines nonverbalen Kommentars; aus Text-Stichwörtern entwickelt, glossieren sie im Nachbarmedium Bildkunst den Text. Es ist schon öfter darauf hingewiesen worden, daß die Bilderhandschriften von Thomasins von Zerclaere didaktischem Gedicht ,Der welsche Gast' 1 3 im TextBild-Verhältnis und in den Anordungsprinzipien der Illustrationen mit den vier ,Sachsenspiegel'-Handschriften und dem ,Willehalm'-Fragment vergleichbar sind 14 . Wenn auch, anders als diese, hauptsächlich im mittelbayrischen Raum tradiert, folgen die Illustrationen des ,Welschen Gasts', vor allem in den frühen Exemplaren des 13./14. Jahrhunderts, doch einem ähnlichen ikonographischen System wie die auch durch Werkstattzusammenhang verbundenen sächsisch-thüringischen Codices picturati: Aufteilung der Seite in Text- und Bildspalten, „Ketten" von aus Gebärdefiguren aufgebauten Zeichnungen an den äußeren Blatträndern, zuweilen sogar quer zum Verlauf der Buchseite gestellt, auf einfachen, sich häufig wiederholenden gestischen Bezügen basierender szenischer Aufbau der Illustrationsreihen. Wie im , Sachsenspiegel' und beim

11

FRÜHMORGEN-VOSS

( w i e A n m . 8 ) S. 3 0 .

12 Ebd. 13 Zu den Bilderhandschriften vgl. A D O L F VON O E C H E L H Ä U SER, Der Bilderkreis zum Wälschen Gaste des Thomasin von Zerclaere, Heidelberg 1890; Thomasin von Zerclaere, Der welsche Gast, hg. von F R I E D R I C H W I L H E L M VON K R I E S , Bd. 4: Die Illustrationen des welschen Gasts: Kommentar mit Analyse der Bildinhalte und den Varianten der Schriftbandtexte. Verzeichnisse, Namenregister, Bibliographie (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 425/IV) Göppingen 1985. 14

(wie Anm.8) S.35-44, bes. S . 4 l f . ; Vorläufige Bemerkungen zur ,Sachsenspiegel'-Ikonographie, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm.9) I, S.33-43, S.36-38. FRÜHMORGEN-VOSS

NORBERT H . OTT,

122 ,Willehalm' wird sowohl das einzelne Bildelement als auch die Bilderreihe aus Text-Stichworten entwickelt, werden Textaussagen in graphische Zeichen umgesetzt. Hella Frühmorgen-Voß hat in diesem Zusammenhang von einem ,,unmittelbare[n] und gegenseitigefn] Austausch zwischen Schriftlichkeit und Bildlichkeit" 15 gesprochen und bemerkt: „Die Illustrationen zum H e l schen Gast' bezeichnen einen Mittelzustand zwischen noch-Text und vollendeter Bildübertragung." 1 6 In den Illustrationsketten zu Thomasins didaktischem Werk kommt jedoch noch ein weiteres Bildelement hinzu: Spruchbänder in den Händen der agierenden Figuren, mit ganzen Dialogen beschrieben (Abb. 2), und Namensbeischriften - beide als „unentbehrliche Vermittler zwischen Text und Illustration" 17 fungierend, zugleich aber Signale eines bestimmten Mündlichkeits-Schriftlichkeits-Verhältnisses. Die Schrift auf den Spruchbändern ist Abbild der mündlichen Rede des im Text agierenden und in den Illustrationen dargestellten Personals. Die spezifische Organisationsform der Thomasin-Illustrationen erklärt sich nicht allein aus dem didaktischen Charakter des bebilderten Texts - und fügt sich auch von daher mit den ,Sachsenspiegel'-Codices zusammen 1 8 - , sondern, wie es scheint, auch aus einem besonderen Spannungsverhältnis zwischen Oralität und Literarizität. Das würde gut zu den Intentionen des Autors Thomasin passen, der, wie Michael Curschmann deutlich gemacht hat, „sich [...] als Vermittler zwischen der Welt der (lateinischen) Bücher und der Laienkultur der Gegenwart" 1 9 sieht: der sich an jene illiterati wendet, die niht die schrift [...] erkenne[«] (V.94 42) 20 , die als Hörer, nicht als Leser, Informationen aufnehmen 2 1 . Mit den in Bildaufbau und Seitenlayout tendenziell übereinstimmenden Illustratio-

15

F R Ü H M O R G E N - V O S S ( w i e A n m . 8 ) S. 4 1 .

16 Ebd. 17 Ebd. 1 8 So O T T (wie Anm. 1 4 ) S.37. 19 C U R S C H M A N N (wie Anm. 3) S.240. 20 Zitiert nach: Der wälsche Gast des Thomasin von Zirclaria, hg. von H E I N R I C H R Ü C K E R T (Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur 30) Quedlinburg - Leipzig 1852, Nachdr. mit einer Einleitung und einem Register von F R I E D R I C H N E U M A N N (Deutsche Neudrucke, Reihe: Texte des Mittelalters) Berlin 1965. 2 1 C U R S C H M A N N (wie A n m . 3 ) betont S . 2 4 1 , daß es sich bei dieser Unterscheidung natürlich um einen Topos aus der biblischen Exegese handelt, der in der literatus-illiteratusDebatte der Zeit häufig herangezogen wird und hier auch deshalb benutzt wird, weil die Idee vom Bildungsmonopol

Norbert Η. Ott nen der , Sachsenspiegel', des ,Willehalm'-Fragments und des ,Welschen Gasts' wäre somit ein Stadium greifbar, an dem die Mündlichkeit volkssprachlicher Literatur von der Schriftlichkeit abgelöst wird - wobei dieser Ubergang sich in der spezifischen Bildlichkeit ihrer Handschriften spiegelt: „Das Aufkommen der Illustration weltlicher Texte hängt an der Wurzel irgendwie zusammen mit dem Aufkommen der Schriftlichkeit im Rahmen der höfischen Laienkultur, und dem Bild fällt dabei zugleich vermittelnde und bindende Funktion zu." 2 2 Das führt zur Frage nach der spezifischen Funktion der Rechtsbuchillustrationen, ja nach der Gebrauchssituation der Rechtsspiegel überhaupt. Im Kolophon der Oldenburger Handschrift führt der Schreiber Hinrik Gloyesten an, daß sein Auftraggeber, Graf Johann III. von Oldenburg, den Codex habe schreiben lassen non pro quod uellet suis militaribus noua introducere iura civilia vel statua - nicht, um neue zivilrechtliche Paragraphen und Statuten einzuführen - , sondern weil mit dem Dahinscheiden der älteren Generation seiner Gefolgsleute auch die Kenntnis des tradierten Rechts geschwunden sei: sed pro eo tantummodo, quia suis temporibus fere omnes milites et militares sui dominii seniores moriebantur, ita quod per absenciam illorum iura parentum suorum fuerunt iuuenibus militaribus tunc existentibus multum incognita et in ipsis iuribus sepius claudicabant2i: Um den Jüngeren diese Rechtskenntnis und die Vertrautheit mit der Praxis zu erhalten, ist die Aufzeichnung vonnöten. Das kann doch wohl nur heißen, daß die Kenntnis des alten Rechts mit der älteren Generation deshalb dahinzuschwinden drohte, weil es noch

der Kirche „notwendigerweise in Konflikt mit der neuen Laienschriftlichkeit [gerät]". Vgl. in diesem Zusammenhang auch H E R B E R T G R U N D M A N N , Literatus-illiteratus, in: Archiv für Kulturgeschichte 40, 1958, S. 1-65; Nachdruck in: DERS., Ausgewählte Aufsätze. 3: Bildung und Sprache (Schriften der M G H 25,3) Stuttgart 1978, S. 1-66. 22 C U R S C H M A N N (wie Anm.3) S.256. 23 Der Sachsenspiegel, Landrecht und Lehnrecht. Nach dem Oldenburger Codex picturatus von 1336 hg. von A U G U S T LÜBBEN. Mit Abbildungen in Lithographie und einem Vorwort zu denselben von F R I E D R I C H VON A L T E N , Oldenburg 1879, Nachdruck Amsterdam 1970, S. 148; vgl. hierzu jetzt auch: Die Oldenburger Bilderhandschrift des .Sachsenspiegels', hg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung durch R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion F R I E D R I C H S C H E E L E (Patrimonia H e f t 50) Berlin - Hannover 1993 und darin DAGMAR HÜPPER, Der Kolophon. Ein Schreiber und sein Postskriptum, S. 77-84.

Rechtsikonographie

zwischen Mündlichkeit

und

Schriftlichkeit

immer mündlich gebraucht und mündlich tradiert wurde. Eine Formulierung wie die Hinrik Gloyestens ist geradezu klassisch für die „Situation des Ubergangs von traditioneller, aber plötzlich als nicht mehr traditionsfähig empfundener Mündlichkeit zur Form der unpersönlich normierenden schriftlichen Mitteilung" 24 . Schon bei Eike von Repgow selbst steht die schriftliche Fixierung des überlieferten Rechts im Schnittpunkt zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Die Illustrationen der vier zweispaltigen Handschriften spiegeln diese Zwischenstellung in ihrer glossierenden Form, so wie auch die schriftliche Glosse als archaischer Typ der Verschriftlichung noch immer die „noch-mündliche" Situation spiegelt 25 . Sie signalisieren aber zugleich Mündlichkeit als Existenzform germanisch-deutschen Rechtslebens, indem sie die aus der Oralität entwickelte gestische Vollzugsform des Rechtsvorgangs gewissermaßen ikonographisch „bannen". Die Geste ist gleichsam die zum Bild geronnene Mündlichkeit. Wie anders sollte man mündliches Sprechen darstellen, wenn man nicht - wie im Falle der ,Welschen Gast'-Illustrationen ζ. B. - Schriftbänder benutzen wollte, was jedoch schon Literarizität einschließt. Gebärde-„Sprache" - so heißt das schließlich - ist das bildliche Äquivalent mündlicher Sprache. Zu fragen wäre deshalb, ob mit den ,Sachsenspiegel'-Illustrationen so etwas vorliegt wie die Übertragung der tatsächlich existierenden gestischen „Aufführungssituation" des germanisch-deutschen Rechts ins Bild - die bloße Abbildung rechtsrelevanter Gebärden also - oder ob nicht eher die bildliche Zeichen- und Gebärdensprache darüber hinaus - oder statt dessen - Umsetzung der mündlichen Sprache des realen Rechtsvollzugs ist, der gar nicht unbedingt stets von Gebärden begleitet gewesen sein muß - auch wenn sprachliche Quellen wie das upstippen beim Gelöbnis oder die hanttastinge beim Vertrag dafür sprechen 26 . Die Frage heißt vielmehr: Wirkten die durch das Medium Bild mittlerweile zur Formel verfestigten Gebärden produktiv zurück auf die Formelhaftigkeit des realen Rechtsvollzugs selbst? Im Zuge der Rezeption des römisch-kanonischen, schriftlichen Rechts im Spätmittelalter änderte sich auch die Illustrationsweise der noch immer germanisch-deut-

24

CURSCHMANN

(wie A n m . 9 ) S. 2 7 2 .

Darauf hat C U R S C H M A N N (wie Anm. 9 ) S . 2 7 2 schon hingewiesen. 26 Siehe K A R L VON A M I R A , Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. Kl., XXIII. Bd., II. Abt., München 1905, S. 163-263, hier S.217, 240. 25

123

sches Recht tradierenden, wenn auch schon von Anfang an römisch überformten Rechtsspiegel. Zur gleichen Zeit, als die schriftliche, in ihrer Funktion dem kanonisch-rechtlichen Gebrauch verpflichtete Glossierung des ,Sachsenspiegels' einsetzt, endet die glossierende Bebilderung der Codices, wie sie die zweispaltigen Manuskripte repräsentieren 27 . Die nun aufkommenden Bilderhandschriften folgen einem völlig anderen ikonographischen Typ - oder besser: fügen zwei Bildmodelle zusammen, die ihre lange Geschichte haben und die beide schon mindestens seit der Spätantike für die Wahrheit des tradierten Worts und den repräsentativen Anspruch dieser Wahrheit stehen. Bereits die älteste illustrierte Handschrift des Texts, der „Harffer Sachsenspiegel" von 1295, benutzt einen dieser Bildtypen: die aus der David-rex-et-propheta-Formel abgeleitete Miniatur eines Richters 28 . In der Folgezeit sollte diese der Herrscherikonographie entnommene und zugleich - als Davidsbild 29 - die Gültigkeit des tradierten Worts signalisierende Bildformel zur Regel für die Bebilderung der Rechtshandschriften werden, meist in Form von Titelminiaturen mit dem Rechtsstifter und -wahrer Karl dem Großen, wie ζ. B. im - eher durch die Darstellung des Femeverfahrens bekannten - , Soester Femgerichtsbuch' 30 .

27 „Ist es Zufall, daß die erste systematische verbale Textglosse ebenfalls aus dieser Zeit stammt? Glosse und Kommentar sind die archetypischen Rezeptionsformen der mittelalterlichen Schriftkultur: erst jetzt wird Eikes Werk auch im existentiellen Sinn zum Text", C U R S C H M A N N (wie Anm. 3) S.272. 28 Grevenbroich, Antonius Graf von Mirbach-Harff, o. Sign. Miniaturen auf Bl. 1 recto (Richterbild) und 3 recto (Eike?); vgl. hierzu auch U L R I C H D R E S C H E R , Geistliche Denkformen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1989, S. 90 mit Abb. 4 a, 5 a und zu dieser Handschrift wie zu denen anderer Rechtsbücher jetzt U L R I C H - D I E T E R O P P I T Z , Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters und ihre H a n d schriften, I. Beschreibung der Rechtsbücher, II. Beschreibung der Handschriften, Köln - Wien 1990, I I I / 1 u. 2. Abbildungen der Fragmente, Köln - Wien 1992, hier II., Nr. 1036. 29 Zu diesem ikonographischen Zusammenhang s. H U G O STEGER, David rex et propheta. König David als vorbildliche Verkörperung des Herrschers und Dichters im Mittelalter nach Bilddarstellungen des achten bis zwölften Jahrhunderts (Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft 6) Nürnberg 1961. 30 Soest, Stadtarchiv, Abt. A Nr. 3169, vgl. W O L F G A N G S C H I L D in: Stadt im Wandel. Kunst und Kultur des Bür-

124

Norbert Η. Ott

Schon in der Spätantike vermischt sich das herrscherliche Repräsentation und zugleich Dichtertum ausdrückende David-rex-et-propheta-Modell mit dem ikonographischen Typ des schreibenden Autors 31 . Die Evangelistendarstellungen karolingischer - und jüngerer - Evangeliare sind Ergebnis solcher Prozesse. Das Buch, in das der Autor schreibt, ist hier bildliches Signal der Schriftlichkeit und zugleich der dadurch versicherten ewigen Gültigkeit des Worts. Die Illustrationen volkssprachlicher Rechtsbücher im Spätmittelalter nehmen diesen Literarizität beschwörenden Bedeutungshorizont des ikonographischen Signals ,Buch' auf. Das Recht, im vorliegenden, real existierenden Buch für alle Zeiten niedergeschrieben, ist - selbst wenn es als germanisch-deutsches aus der Mündlichkeit erwachsen ist - ein schriftlich fixiertes und durch seine schriftliche Fixierung erst gültiges, wie das einleitende Bild, das dem „wirklichen" Buch voransteht, deutlich macht: Der Lüneburger ,Sachsenspiegel' Ms. Jurid. 2, um 140 0 32 , zeigt die Überreichung des Rechtsbuchs an den Sachsenherzog Widukint durch den Rechtsstifter Karl den Großen im Beisein des Autors Eike von Repgow. In der Titelminiatur des etwas jüngeren ,Schwabenspiegels' aus der gleichen Werkstatt, Ms. Jurid. 3 33 , ist gleichfalls die

g e r t u m s in N o r d d e u t s c h l a n d

1 1 5 0 - 1 6 5 0 , h g . v o n CORD

MECKSEPER, Ausstellungskatalog Bd. 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1985, Nr. 851 (dort weitere Lit.); Faksimile: Das Femegerichtsbild des Soester Stadtarchivs, hg. von der Stadtverwaltung Soest und dem Verein für die Geschichte von Soest und der Börde, mit einer Einleitung von KARL VON AMIRA, L e i p z i g 1927.

31 Siehe dazu DOROTHEE KLEIN, Artikel ,Autorenbild', in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte 1, Stuttgart 1937,

Sp.1309-1314.

32 Lüneburg, Ratsbücherei, Ms. Jurid. 2, Bl. 20 verso, vgl. RENATE KROOS, in: S t a d t im W a n d e l (wie A n m . 30) N r . 868

(dort weitere Lit.) und ULRICH DRESCHER, Die Lüneburger Ratshandschriften, in: Der Sachsenspiegel als Buch. Vor-

feierliche Überreichung des Rechtsbuchs Mittelpunkt der Szene (Abb. 3). Und auch die Eingangsminiatur einer Münchener Handschrift des , Schwabenspiegels' aus der Mitte des 15. Jahrhunderts 34 zeigt eine vor dem Thron Karls des Großen kniende Assistenzfigur mit dem Buch in der Hand, durch das nun erst die Gültigkeit des Rechts garantiert ist (Abb. 4). Die Rechtsbücher sind - das verkünden ihre Illustrationen - endlich zum Erzeugnis und zum Träger einer Schriftkultur geworden; sie stehen nicht mehr im schillernden Zwischenbereich zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Mehr noch als durch die schriftliche Fixierung des tradierten Rechts selbst wird diese neue Situation, ja dieses veränderte Bewußtsein, in den Illustrationen der Handschriften manifest: Die Rechtsikonographie ist nun Ausdruck der Literarizität des Rechts. Seit jeher durch Schriftlichkeit des Verfahrens ist das römisch-kanonische Prozeßrecht definiert. Dies ist die grundlegende Differenz zum germanisch-deutschen Recht. Auf der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert, als sich die inzwischen zur Lebensform gewordene Schriftlichkeit auch der Spiegelrechte an der Ikonographie ihrer Handschriften ablesen läßt, werden auch Texte des römisch-kanonischen Zivilrechts in die deutsche Volkssprache übersetzt. Mit zu den breitestüberlieferten Werken dieser Gattung, in gut 80 deutschen Handschriften und 21 Drucken tradiert, gehört die ,Litigatio Christi cum Belial' des italienischen Bischofs Jacobus de Theramo 3 5 . O f t ist der Text gemeinsam mit deutschen Rechtsbüchern - dem , Schwabenspiegel', dem , Oberbayerischen Landrecht', verschiedenen Stadtrechten - in die Codices aufgenommen worden 3 6 , so z.B. im Cgm 552 der Bayerischen Staatsbibliothek aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, der außer dem kanonisch-rechtlichen Werk auch noch den , Schwabenspiegel' und die , Goldene Bulle' enthält und allen drei Rechtsbüchern ganzseitige Titelminiaturen voranstellt 37 : das traditionelle Bildnis Karls des Großen

t r ä g e u n d A u f s ä t z e , h g . v o n RUTH SCHMIDT-WIEGAND u n d

DAGMAR HÜPPER ( G e r m a n i s t i s c h e A r b e i t e n zu S p r a c h e u n d

Exlibris-Gesellschaft

Kulturgeschichte 1) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York

Anm. 32). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 1139, B1.62 verso. Vgl. dazu NORBERT H. OTT, Rechtspraxis und Heilsgeschichte. Zu Uberlieferung, Ikonographie und Gebrauchssituation des deutschen ,Belial' (Münchener Texte und Untersuchungen 80) München 1983. Zur kontextualen Überlieferung s. OTT (wie Anm. 35) S. 163-188. Die deutschen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek München. Cgm 501-690, neu beschrieben von

- P a r i s 1 9 9 1 , S. 1 0 5 - 1 4 2 , b e s . 114 f.

33 Lüneburg, Ratsbücherei, Ms. Jurid. 3, Bl. 13 verso, vgl. Handschriften der Ratsbücherei Lüneburg, III. Die theologischen Handschriften, Quartreihe: Die juristischen

34 35

H a n d s c h r i f t e n , b e s c h r i e b e n v o n MARLIES STÄHLI ( M i t t e l -

alterliche Handschriften in Niedersachsen 4) Wiesbaden 1 9 8 1 , S. 1 2 3 - 1 2 5 . V g l . a u c h : NORBERT H . OTT, T i t e l m i n i a -

36

turen als Besitzerhinweise. Zu zwei Lüneburger Rechtsspiegel-Handschriften des frühen 15. Jahrhunderts. Exlibriskunst und Graphik, in: Jahrbuch der Deutschen

37

1 9 8 0 , S. 3 - 1 0

und

DRESCHER

(wie

Rechtsikonographie

zwischen Mündlichkeit

und

Schriftlichkeit

vor den ,Schwabenspiegel' (Abb. 5); Karl IV. mit nur fünf Kurfürsten (Abb. 6) - diese Illustration ist nur bis zur Vorzeichnung gediehen - vor die , Goldene Bulle'; Salomon, den Richter der ersten Instanz, mit dem höllischen Kläger Belial und mit Moses, dem Prokurator des beklagten Christus, vor den ,Belial' (Abb. 7). Die Bildformel, die f ü r die Titelminiatur zum kanonisch-rechtlichen , Belial' verwendet wird, ist die gleiche, aus der frontalsymmetrischen D a v i d - r e x - M o d e l abgeleitete, wie sie f ü r die Karls-Titelbilder der Spiegelrechte üblich geworden war. D o c h den Vertretern der beiden Prozeßparteien werden nun Attribute hinzugefügt, die auf das Definitionsmerkmal Schriftlichkeit des römisch-kanonischen Artikelprozesses aufmerksam und damit die Verwendung dieses ikonographischen Typs im neuen juristischen Kontext erst möglich machen: Moses und Belial tragen gesiegelte Briefe in H ä n d e n . Dieser ikonographische Hinweis auf die schriftliche Praxis des Rezeptionsrechts bestimmt die gesamten Bilderzyklen der 23 illustrierten Handschriften des deutschen ,Belial' 3 8 , und er ist wohl als programmatischer Fingerzeig auf das Besondere des rezipierten Rechts zu verstehen. D e r Gerichtsbote Azahel lädt Christus, den Beklagten, schriftlich zum Prozeß; Belial, P r o k u r a t o r der Höllengemeinde und Kläger, bringt dem Richter Salomon sein Klagebegehren wie vorgeschrieben in dreifacher schriftlicher Ausfertigung vor; Moses, Prokurator Christi, händigt seinem H e r r n im Paradies das Endurteil, die sententia definitiva, schriftlich aus, und auch Belial bringt der Höllenversammlung den schriftlichen Urteilsspruch (Abb. 8); die Schiedsleute der 3. Instanz - des Schiedsgerichtsverfahrens - finden an H a n d von Rechtsbüchern ihren Schiedsspruch (Abb. 9). Die Schriftlichkeit des rezipierten Rechts f o r d e r t gegenüber den Laien- und Honoratiorenrichtern des germanisch-deutschen Verfahrens - auch neue, berufsständisch definierte Amter, die die formale Einhaltung dieser Schriftlichkeit garantieren. An ihre Inhaber vor allem wohl wendet sich die deutsche Version der ,Li-

KARIN SCHNEIDER (Catalogus codicum manu scriptorum Bibliothecae Monacensis. Tomus V, Pars IV) Wiesbaden 1978, S. 123-126; zu den Illustrationen s. auch FRÜHMORGEN-VOSS (wie A n m . 8 ) S. 47.

38 Die Handschriften werden beschrieben im Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters, begonnen von HELLA FRÜHMORGEN-VOSS, fortgef ü h r t v o n NORBERT H . OTT z u s a m m e n m i t ULRIKE BODE-

MANN, Bd. 2, Lfg. 1/2, München 1993.

125

tigatio Christi cum Belial' des Jacobus de T h e r a m o 3 9 , und ihre wichtige Rolle ist in den Illustrationen der Handschriften besonders hervorgehoben. So zeigt etwa der Münchener Cgm 48 4 0 , wie der Richter Salomon dem Gerichtsschreiber das Ladschreiben an den Beklagten diktiert (Abb. 10), und eine Berliner H a n d schrift, Ms. germ. fol. 657 4 1 , setzt die Klageeinreichung durch Belial ins Bild eines streng formalisierten Vorgangs um, bei dem vor dem Richterstuhl der Tisch des Schreibers steht. Ihm, dem durch seine Berufsrolle mit der rechtsverbindlichen Schriftlichkeit Vertrauten nicht dem Richter direkt - , händigt der Kläger das libellum aus (Abb. 11). Eine heute in der Karlsruher Landesbibliothek aufbewahrte schwäbische H a n d schrift 4 2 betont auf der ikonographischen Ebene die im Rezeptionsrecht so wichtige Funktion des Schreibers noch über das Deutungsangebot des Texts hinaus. Fast in jeder Illustration des Prozeßgeschehens 4 3 ist neben den T h r o n des Richters das Pult des Protokollanten

39 „Juridische Halbwisser" nennt sie EMIL OTT, Beiträge zur Receptions-Geschichte des römisch-canonischen Processes in den böhmischen Ländern, Leipzig 1879, S. 103; vgl. auch RODERICH STINTZING, Geschichte der populären Literatur des römisch-kanonischen Rechts in Deutschland, Leipzig 1867, Nachdruck Aalen 1959, S. 259-279. 40 München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 48. Zum stilistischen Umfeld dieser Handschrift s. JANE CAMPELL HUTCHISON, EX ungue leonem: Die Geschichte der Hausbuchmeister-Frage, in: Vom Leben im späten Mittelalter. Der Hausbuchmeister oder Meister des Amsterdamer Kabinetts. Ausstellungskatalog, Amsterdam - Frankfurt/ Main 1985, S. 11-29, S.24. 41 Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 657. Vgl. HANS WEGENER, Beschreibendes Verzeichnis der Miniaturen und des Initialschmuckes in den deutschen Handschriften bis 1500 (Beschreibende Verzeichnisse der Miniaturen-Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin 5) Leipzig 1928, S. 46-50; Zimelien. Abendländische Handschriften des Mittelalters aus den Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin. Ausstellungskatalog, Wiesbaden 1975, Nr. 112. 42 Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, St. Peter pap. 36, geschrieben kurz nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, vgl. Die Handschriften von St. Peter im Schwarzwald, beschrieben von KLAUS NIEBLER, Erster Teil: Die Papierhandschriften (Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe 10) Wiesbaden 1969, S.54f. 43 Die Handschrift enthält insgesamt 55 Illustrationen, davon 34, die das Prozeßgeschehen vor Salomon bzw. Joseph von Ägypten darstellen. Bei 27 dieser Illustrationen ist der hinter seinem Pult neben dem Richterthron sitzende Schreiber zu sehen.

126

Norbert Η. Ott

gestellt, der den gesamten Verfahrensablauf schriftlich festhält (Abb. 12). Wie wenig selbstverständlich - selbst im durch Schriftlichkeit sich definierenden römisch-kanonischen Recht - die nun erreichte Literarizität der Kultur wirklich war, zeigen die sich widersprechenden Methoden, mit denen in den ,Belial'-Handschriften das neue Verfahren des Urkundenbeweises illustriert wurde 4 4 . Moses sucht als Prokuratur Christi den Richter davon zu überzeugen, daß - wie Belial ausgeführt hat - die Höllengemeinde zwar die Herrschaft über die sündige Menschheit ausgeübt habe, die Rechtmäßigkeit dieser Herrschaftsausübung aber fraglich sei: Satan sei nämlich von Gott wegen seiner Übeltaten bereits durch Gerichtsurteil abgesetzt worden und daher nicht mehr fiirst oder kunig. Als Urkundenbeweis legt er die Bibel vor, und zwar prophetische Aussagen Isaias, Ezechiels und Daniels: Moyses [hies] dem richter pringen das püch des weyssagen Ysaye (86,19 f.) 45 , woraus er das vrtail daran got der helle tochter, das ist die hellisch samnung, hat abgeseczt vmb ir poshait (88, 17f.) zitiert. Die Bibel hat dabei den Rang einer öffentlichen Urkunde, eines instrumentum publicum46. In den meisten Handschriften entspricht die Illustration dieser Passage dem Vorgang des Texts: Moses steht, das biblische Buch in der Hand, dem Richter gegenüber. Im Karlsruher Codex, der die Rolle des Schreibers ikonographisch so überaus betont, liegt die Bibel als instrumentum bereits auf dem Schreiberpult, Moses und Christus stehen mit Redegesten vor

44 Zum folgenden vgl. ausführlicher NORBERT H . OTT, Ikonographische Signale der Schriftlichkeit. Zu den Illustrationen des Urkundenbeweises in den ,Belial'-Handschriften. Fs. Walter H a u g und Burghart Wachinger, Tübingen 1992, Bd. 2, S. 995-1010. 45 Zitiert nach PAUL B. SALMON, Belial. An edition with commentary of the German version of Jacobus de Theramo's Consolatio Peccatorum. Master of Art These (masch.) London 1950. 46 Zu den Beweisarten vgl. UDO KORNBLUM, Artikel ,Beweis', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. v o n ADALBERT ERLER -

EKKEHARD KAUFMANN.

dem Richterthron. Die Anwesenheit Christi, der im tatsächlichen Prozeß nie erscheint, sondern stets von seinem Prokurator Moses vertreten wird, reflektiert den Textbeginn des zitierten Urteils: Das spricht der erloser got der herr (86,25). Das fleischgewordene Wort, Richter im zurückliegenden Prozeß, der als Beweis herangezogen wird, tritt dem Richter des aktuellen Prozesses gegenüber, um so die rechtskräftige Wirkung des instrumentum Bibel ikonographisch zu unterstreichen. Während in dieser Illustration die Beweisurkunde selbst - nämlich die Bibel - als Signal der Schriftlichkeit erscheint, zugleich aber der für das zitierte Urteil Verantwortliche - Christus - als Person auftritt - anders als im Text, den dieses Bild illustriert verzichten andere ,Belial'-Handschriften an dieser Stelle völlig auf das Abbild des biblischen Buches. Sie stellen nicht das aktuelle Prozeßgeschehen dar, sondern holen die Personen, auf deren Aussagen der Urkundenbeweis sich stützt - Ezechiel und David - , in die Zeitebene des aktuellen Verfahrens vor dem Richter Salomon. Eine aus der Augsburger Gegend stammende Handschrift 4 7 in Privatbesitz zeigt Ezechiel, der ja im Prozeß nicht anwesend ist, sondern dessen Worte Moses als Urkundenbeweis lediglich zitiert, wie er, vor dem Richter kniend, seine Aussage macht (Abb. 13). Der dem Schriftlichkeitscharakter des römisch-kanonischen Rechts auf besondere Weise verpflichtete Urkundenbeweis, Inbegriff seiner Schriftlichkeit geradezu, wird ikonographisch als mündlicher Vorgang dargestellt. Es stellt sich nun die Frage nach dem Stellenwert einer solchen ikonographischen Um-Interpretation. War es noch nicht möglich, die volle Wirkungsmächtigkeit des Urkundenbeweises als bloß schriftlichen Vorgang zu vermitteln? Oder - positiv gewendet: Dient die Einführung der für den „alten" Zeugenbeweis benutzten Bildformel zur Legitimierung des „neuen" Urkundenbeweises, wenn - wie feststeht - die deutsche Ubersetzung des ,Belial' sich vor allem an „halbgelehrte" Rechtspraktiker richtete, denen das Werk als ordo judiciarius die Grundzüge des neuen, schriftlichen Zivilrechtsver-

Redaktion

DIETER WERKMÜLLER, ab Bd. 2 unter philologischer Mitarb e i t v o n RUTH SCHMIDT-WIEGAND, 1, Berlin 1971, Sp. 4 0 1 -

408. Unterschieden wird beim Urkundenbeweis zwischen Privaturkunden geringerer Beweiskraft und öffentlichen Urkunden unbegrenzter Beweiskraft, ausgestellt „vom Gerichtschreiber, vom Notar, den Fürsten und sonstigen g e kannten' Persönlichkeiten": GERHARD MARQUORDT, Vier Rheinische Prozeßordnungen aus dem 16. Jahrhundert. Ein Beitrag zum Prozeßrecht der Rezeptionszeit, Bonn 1938 (Rheinisches Archiv 33) S.58f.

47 Siehe Leuchtendes Mittelalter. 89 libri manu scripti illuminati vom 10. bis zum 16. Jahrhundert, in: Katalog 21, Antiquariat Heribert Tenschert, Rotthalmünster 1989, S.294-301. Die fragmentarische Handschrift (vier z . T . unvollständige Lagen aus der Mitte des Buches), heute in niederländischem Privatbesitz, ergänzt sich mit Wroclaw, Biblioteka Uniwerytecka, Ms. Akc. 1948/208, zu einem vollständigen Codex, der sich einst - unter der Signatur A. III. I. 16 - im Besitz der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz befand.

Rechtsikonographie

zwischen Mündlichkeit

und

Schriftlichkeit

fahrens vermitteln sollte? In der Karlsruher Handschrift werden bei der Illustration der Anerkennung des Urkundenbeweises durch den Richter Salomon beide Ebenen ineinandergeschoben: Der im aktuellen Prozeß nur - als Urkundenbeweis - zitierte, im Bild aber dargestellte Zeuge David hält ein Buch - die Bibel - in Händen, das seine durch Moses schriftlich vorgebrachte „Aussage" enthält (Abb. 12). Er selbst als Personifikation seines Wortes und das Buch als dessen schriftliche Form - so könnte das heißen - verleihen dem rezipierten Instrument des Urkundenbeweises erst Wahrheit und Gültigkeit. Der Weg der Rechtspraxis in Deutschland von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit, ihr Oszillieren zwischen beiden Existenzformen, realisiert sich intensiv auf der Ebene der Bildlichkeit. Die zweite Miniatur des Herforder Stadtrechtsbuchs 4 8 von 1380 zeigt das

48

Herford, Stadtarchiv, Msc. 1 , vgl. S C H I L D (wie Anm. 3 0 ) Nr. 850 (dort weitere Lit.); Faksimile: Rechtsbuch der Stadt Herford. Vollständige Faksimile-Ausgabe im Original-Format der illuminierten Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, Kommentarband, hg. von T H E O D O R H E L M E R T - C O R V E Y , Bielefeld 1 9 8 9 .

127

unter einer an das städtische Rathaus angrenzenden Gerichtslaube tagende Gericht zum Zeitpunkt der feierlichen Hegung 4 9 ; auf einem Tisch vor dem Richter und den Schöffen sind Reliquiar und Gerichtsschwert zu sehen. Im Vordergrund, an zentraler Stelle im Bildganzen, aber doch auch etwas versteckt, maßstäblich kleiner als die übrigen Figuren, hervorgehoben und zugleich zurückgenommen, sitzt der Schreiber mit dem Protokollbuch auf den Knien (Abb. 14). Im Text dieses zwar schriftlich fixierten, aber auf mündliche Praxis verweisenden Rechtsbuchs an keiner Stelle erwähnt, ist er doch ikonographisch gegenwärtig - vielleicht ein Kryptoporträt des Autors, wie vermutet wurde 5 0 , aber auch dann ein Schreiber: Bildsignal der Schriftlichkeit in einer sich im Wandel von der Oralität zur Literarizität befindlichen Gesellschaft.

49 So U L R I K E L A D E - M E S S E R S C H M I E D , Die Miniaturen des Rechtsbuches der Stadt Herford, in: Rechtsbuch der Stadt Herford (wie Anm.48) S. 198-207. 50 Ebd. S. 201 f. Zur Identität des Autors vgl. E C K H A R D F R E I SE, Biographisches zum Verfasser des Herforder Rechtsbuches, in: Rechtsbuch der Stadt Herford (wie Anm.48) S. 226-250.

128

Norbert Η. Ott

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nhd. empfangen. Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift steht mit enphangin (fol. 11 verso 15), enphing (fol. 12 recto 22 u.ö.) auf der Hälfte dieses Weges; vgl. auch enphan (fol. 81 recto 6). Am vollständigsten scheint die Assimilation von -mb- nach - mm- durchgeführt zu sein, eine totale, progressive Assimilation, bei der der folgende Konsonant vollkommen in den vorangegangenen umgewandelt worden ist: tump wurde so zu dumm, in W entsprechend min tumme sin (fol. 9 verso 11 f.), durch tummer lute wan (fol. 75 verso 27), tumme lute (fol. 77 verso 3). Vergleichbar der Fall zimber > zimmer, so in der Paarformel zune unde zimmer (fol. 15 recto 28) in W. Die Assimilation von umbe > umme ist dem mitteldeutschen Sprachstand entsprechend (s.o. 1.2.) in der Wolfenbütteler Bilderhandschrift sowohl im MRLF (fol. 1 recto 24, 2 recto rechts 6 u.ö.) wie im Sachsenspiegel (fol.9 verso 9, 34 recto 1 u.ö.) vollständig durchgeführt. Unter den Varianten wie ume, um gibt es umbe nicht mehr. Bei der scheinbaren Ausnahme, bei den Wörtern mit umbe- in Präfixstellung, handelt es sich um eine Teilassimilation ganz anderer Art: Zugrunde liegt die Verbindung der Negationspartikel un-mit dem Präfix -be-, die zu umbe geführt hat, und - wie die diplomatische Umschrift dieser Ausgabe erkennen läßt - von den Schreibern gelegentlich auch falsch aufgelöst worden ist: vmbe stat für unbestatet ,unausgestattet' (fol. 11 verso 31), aber vmbegraben für unbegraben (fol. 29 verso 31 f.), vmbescheiden für unbescheiden (fol. 71 recto 10), vmbescholdenen für unbescholdenen (fol. 83 recto 1).

6.

Kontraktion

Wie die Assimilation so bringt auch die Kontraktion über b, g und A35 für den Sprecher eine Erleichterung in bezug auf die Artikulation mit sich, von der vor 3 4 PAUL - MOSER - SCHRÖBLER ( w i e A n m . 8 ) § 6 7 , S. 9 4 f.

35 Ebd. §69, S.96f. u. §179, S.216f.

Sprache und Stil der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift

allem besonders häufig gebrauchte Wörter betroffen sind. Auf Blatt 34 recto sind dies hat < habet (2), hatte < habete (8), treit < treget (15), slet < slehet (1), aber kegen (7), das sonst häufig zu kein < kegen ,gegen' verkürzt ist (fol. 10 recto 34 u. ö.)· Zu den Verben mit Kontraktion gehören sagen (s.o. Π.4.), clagen und beclagen, mit der 3.Sg. Präs. sait (fol. 43 verso 34ff. u. ö.), beclait (fol. 3 recto links 29, 25 verso 34), also im MRLF wie im Ssp. Wie bei anderen sprechsprachlich bedingten Formen stehen neben den Verkürzungen immer auch Vollformen, manchmal auf einer Seite: so beclait (fol. 56 verso 4,7) neben beclagit (ebd. 13) oder mait < maget (fol.4 verso rechts 15) neben magit (ebd. 11).

7.

Apokope

Apokope 3 6 oder Abfall eines schwachtonigen Lautes, meist im Wortauslaut, wie ζ. B. bei der Wendung im Walde, die heute ganz allgemein zu im Wald verkürzt ist, findet sich in den Texten des Wolfenbütteler Codex häufig bei auslautendem -e, -t und -n. Bei Nachstellung des Personalpronomens l.Sg. und Plur. Präs. fallen -e und -n der Personalendung beim Verb fort, wie an Sprech ich (fol. 34 recto 2), wolle wir (fol. 2 verso 1 16), sul wi (fol. 59 recto 3) zu sehen ist. Besonders häufig ist Apokope von -t bei der 3.Sg. Präs. des Verbum substantivum: is statt ist (z.B. fol.34 recto 12, 9 verso 16, 17, 10 recto 6, 59 recto 27, 85 recto 3, 18, 24 u.ö.). Abfall des -t in der Lautverbindung cht findet sich bei nich(t) (fol. 59 recto 2). Auch die 3.Sg. wie 3. Plur. Präs. hat gelegentlich ihr -t eingebüßt: sprich(t) (fol. 9 verso 13), werden(t) (fol. 85 recto 3) und streben(t) (ebd. 2). Diese Entwicklung entspricht freilich einem Trend, der den Ersatz von -ent als Personalendung der 3. Plur. Präs. durch das auch heute noch geltende -en zur Folge hatte.

8.

Synkope

Im Sinne eines Trends, der sich schließlich, sprachgeschichtlich gesehen, durchgesetzt hat, sind auch die Fälle von Synkope 37 zu sehen, bei denen ein Vokal im Wortinnern, besonders in schwachbetonten Vor- und Endsilben, ausgefallen ist, ζ. B. im Imperativ laufet > lauft. Für diese und ähnliche Verkürzungen der Flexionsendungen beim Verb finden sich in W zahlreiche Beispiele. So auf Blatt 34 recto wirt (10), begrift (13),

36 Ebd. §24, S . 5 5 f f . 37 Ebd.

211 kumt (25, 29). Formen wie diese haben zahlreiche Entsprechungen auf anderen Blättern wie ζ. B. wirt (fol. 42 verso 7) oder enkumt (ebd. 12); wirt ist in W überhaupt nur in dieser aus wirdit verkürzten Form vertreten. Man kann von hier aus die berechtigte Frage stellen, ob die Formen mit hochgestelltem c in der Handschrift im zitierfähigen Text nicht auch als synkopierte Formen hätten wiedergegeben werden müssen. Aber einmal steht den sprechsprachlich gekürzten Formen eine ganz erhebliche Zahl von ungekürzten Formen gegenüber, wie z.B. bei enkumt (fol.42 verso 12) kumet (fol. 19 recto 8, 34 verso 26, 51 verso 3, 69 recto 30), bei begint (fol. 59 recto 4 / 5 ) beginnet (fol. 8 recto links 4, 68 recto 20, 79 recto 2) oder bei benimt (fol. 85 recto 19) benimet (fol. 67 verso 23). Zum anderen aber handelt es sich bei den hochgestellten Kürzeln meist um Abkürzungen einer Lautfolge 38 , nicht nur eines einzelnen Lautes. Diese Überlegungen haben zur Wiedergabe des hochgestellten ' durch -et in unserer Ausgabe geführt. Synkopiert sind schließlich auch die Partizipien der schwachen und starken Verben wie gekouft, unvorhaln (fol. 34 recto 18), beschorn (fol. 42 verso 32), geborn (fol. 59 recto 10, 23/24). Ferner sind hier die flektierten Formen der Personalpronomina zu nennen wie sins, sime < sineme (fol. 34 recto 3, 9), im, irme (fol. 42 verso 31, 33), sins, sime (fol. 85 recto 5, 27). Zu erwähnen ist schließlich die Präposition bin < binnen (fol. 85 recto 7, 28), der freilich eine weit größere Anzahl der Vollformen gegenübersteht.

9.

Auslautverhärtung

Die Auslautverhärtung 3 9 , die ebenfalls mit einem Stimmtonverlust verbunden ist, durch den die stimmhaften Verschlußlaute (Lenes) -b, -d, -g im absoluten Auslaut wie im Silbenauslaut zu stimmlosen Verschlußlauten (Fortes) -ρ, -t, -k werden, ist in W nur bei b einigermaßen konsequent durchgeführt worden: Es heißt immer wip (ζ. B. fol. 20 verso - 22 recto, 40 verso - 41 verso usw.), wiphalben (fol. 17 verso 32), wiplich (fol. 12 recto 1 f.); ferner lip statt lieb (fol. 25 recto 15) und lip statt lib ,Leben' (fol. 33 verso 19, 28); vorterpnisse (fol. 1 recto 10), roup (fol. 42 verso 14) roupliche (fol. 32 recto 26), aber roub (fol. 3 verso rechts 3). Schwankungen wie diese sind besonders bei -g > -c zu beobachten; gevencnisse (fol. 1 recto 18) aber gevengnisse (ebd.), mac ,kann' (fol. 10 recto 13), aber

38 Siehe den Textband dieser Ausgabe, Einleitung S. 6. 39

PAUL

-

MOSER

-

SCHRÖBLER

(wie A n m . 8)

§62,

S. 9 0 f.

212

Ruth Schmidt- Wiegand

mag (fol. 1 recto 13), dine (fol. 10 recto 36) aber ding (fol. 10 recto 27, 29), mag ,Verwandter' (fol. 28 recto 4), mag ,muß' (fol. 28 recto 14), gnug (fol. 28 recto 23), irslug (fol. 46 verso 22), mag (fol. 59 recto 17, 20, 85 recto 9, 21 usw.). Nicht selten stehen Formen ohne Auslautverhärtung und solche mit Auslautverhärtung auf einem Blatt zusammen. Dies spricht dafür, daß sich die Auslautverhärtung, die sich im Ubergang vom Althochdeutschen zum Mittelhochdeutschen vollzogen hat, im Mitteldeutschen noch nicht voll durchgesetzt hatte und deshalb in der Schreibung der Handschrift unterschiedlich wiedergegeben wurde. Diese Schwankungen in der Schreibweise sind im zitierfähigen Text mit ganz wenigen Ausnahmen, die zu Mißverständnissen hätten führen können, beibehalten worden. Die Fälle verlangen aber eine besondere Erklärung. Denn wenn bang (fol. 54 recto 10) für banc ,Bank' steht und dang (fol. 48 verso 14, 56 recto 11) für danc ,Dank' , dazu der Gen. dankis (fol. 48 verso 14), so liegt hier ein stimmloser Laut zugrunde, der im Auslaut durch einen stimmhaften Laut ersetzt worden ist. Es handelt sich also um einen Lautwandel, der dem der Auslautverhärtung in bezug auf das Ergebnis entgegengesetzt ist

10.

Konsonantenschwächung

Man bezeichnet diesen Wandel auch als binnendeutsche Konsonantenschwächung 4 0 oder Lenisierung. Hier werden die stimmlosen Verschlußlaute p, t, k zu den stimmhaften Verschlußlauten b, d, g gewandelt. Bezeichnend hierfür ist in den Texten von W das Wort babist ,Papst' (fol. 49 recto 23) mit den flektierten Formen babiste (fol. 10 recto 11 u.ö.) u.a., denen nur ein einziges Mal pabist (fol. 50 recto 3) gegenübersteht. Ein vergleichbarer Fall, wenn auch nicht mit dieser Belegdichte, ist tumprobiste (fol. 10 recto 24/25). Für den Wandel von k > g im Silbenauslaut bzw. im Wortinnern sei bagovene (fol. 38 recto 14) genannt, ferner im Auslaut lantvolg für lantvolc (fol. 25 recto 13 ff.). Zweifellos gibt es noch sehr viel mehr Beispiele in den Texten von W. Erwähnt sei nur, daß die Ersetzung von stl. f durch sth. ν im Anlaut bei vogele (fol. 6 verso links 5, 40 recto 18) etc. auch als Teil der Konsonantenschwächung gilt. Sie scheint auch in W, dem Schriftbild nach zu urteilen, so gut wie vollständig durchgeführt zu sein. Einzige Ausnahmen sind hier fliehtet (fol. 38 recto 20) zu flechten gegenüber vlichtet (fol. 5 verso rechts 10) und fruchtbere (fol. 33 recto 22) gegenüber vrucht (fol. 39 verso 11). 40 Ebd. §63, S. 91 f.

11. Doppelte

Verneinung

Aus der gesprochenen Sprache, wie auch an Mundartsprechern zu beobachten, kommt auch die doppelte Verneinung in einem Satz, die für den Ssp wie für den MRLF charakteristisch ist: Der des nicht tun enwil (fol. 1 recto 22 f.), Wer deme andirn ebinburtig nicht enis, der enmag sin erbe nicht genemen (fol. 14 verso 22 f.). Hier sind zwei verschiedene Formen der Negation nebeneinander getreten: nämlich die Negationspartikel en < frühmhd. ne, ahd. nie,41 die nach Verlust des Stimmtons eine Verbindung mit dem Verb eingegangen ist, und das Indefinitpronomen oder unbestimmte Fürwort nicht42 aus älterem niewiht, niht ,nichts' . Während auf diese Weise ein ganzer Satz negiert wird, kann mit den Pronomina kein und niemandi43 ein Wort oder ein Satzabschnitt verneint werden. Auch hier kann durch zusätzliches en- und nicht darüber hinaus der ganze Satz negiert werden: Kein wip enmag ouch irs gutis nicht vorgeben ane irs mannes willen ... (fol. 18 recto 32f.), Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin (fol. 15 verso 33 f.). In der neuhochdeutschen Ubersetzung fällt diese doppelte Verneinung, die eine Verstärkung enthält, modernem Sprachgebrauch entsprechend fort: „Keine Frau kann auch ihr Gut ohne Einwilligung ihres Mannes veräußern" (fol. 18 recto 32) bzw. „Leibzucht kann den Frauen niemand streitig machen" (fol. 15 verso 33). Die doppelte Verneinung bedeutet hier also nicht, daß Minus χ Minus = Plus ergibt, sondern es handelt sich um eine Redundanz oder Uberbestimmung des Ausdrucks durch die mehrfache Markierung der gleichen Bedeutung. Dabei hat nicht gegenüber en- zweifellos die Führung, wie an folgenden Beispielen zu erkennen ist: Der phaffe teilt mit deme brudere unde nicht der munch (fol. 17 verso 7/8); Man sait, das kein kint siner muter kebeskint ensi, des is doch nicht (fol. 21 verso 3 / 4 ) und Elich man noch elich wip ennimt och uneliches mannes erbe nicht (fol. 21 verso 2). In dem an letzter Stelle genannten Beispiel findet sich als eine weitere Variante möglicher Negationen das Präfix un- in uneliches, auf das an anderer Stelle noch einmal zurückzukommen sein wird. Doch mit diesem Punkt haben wir uns bereits auf die benachbarten Gebiete von Wortbildung und Syntax begeben.

41 Ebd. §10 Nr. 5, S.27. 42 Ebd. §151 Nr. 8, S. 181. 43 Ebd. §151 N r . 2 u. 5, S. 179f.

Sprache und Stil der Wolfenbütteler

III. Syntax 1.

Kurzsätze

Uber den ganzen Text des Sachsenspiegels verteilt finden sich kurze Sätze, die eine Rechtsregel oder ein Rechtsprinzip in knapper, bündiger Form enthalten, wie etwa Ldr I 31 § 1: Man unde wip enhahen kein gezweiet gut zu irme lihe (fol. 18 recto 28/29) oder Ldr I 21 §2 Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin (fol. 15 verso 34/16 recto 1). Es sind Sätze normativen Charakters, die - abgezogen von einem konkreten Einzelfall - in Form einer Feststellung oder Festsetzung etwas Allgemeingültiges oder allgemein Verbindliches zum Ausdruck bringen 44 . Diese Allgemeinverbindlichkeit wird in den beiden angeführten Fällen grammatisch durch Artikellosigkeit (lipgedinge) 45 , generalisierende Paarformeln (man unde wif), durch das Präsens der 3. Pers. (ιenkan Sg., enhaben PL), durch die Verwendung unbestimmter Pronomina (nieman) 4 6 ausgedrückt. Die doppelte Verneinung {enhaben/kein und enkan/nieman) weist sie als Sätze gesprochener Sprache aus. Die Spitzenstellung der Kembegriffe, die im wesentlichen den rechtlichen Inhalt des Satzes ausmachen, - die generalisierende Formel man unde wip auf der einen Seite, auf der anderen der Rechtsterminus lipgedinge ,das auf Lebenszeit zur Nutznießung ausbedungene und/oder übertragene Gut' - spricht ebenfalls für Herkunft der Wendungen aus der Mündlichkeit vor Gericht.

2. Der Umlaufcharakter der Kurzsätze Es gibt etwa 180 derartiger Sätze 47 , die auch isoliert auftreten können und so unabhängig vom Ssp in anderen Rechtsbüchern und Rechtsquellen vorkommen, wohl aufgrund einer bereits vorhandenen breiten mündlichen 44

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Rechtssprichwörter und ihre Wiedergabe in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Text und Bild, Aspekte des Zusammenwirkens zweier Künste in Mittelalter und früher Neuzeit, hg. von C H R I S T E L M E I E R - U W E R U B E R G , Wiesbaden 1 9 8 0 , S. 5 9 3 629; jetzt auch DIES., Wissensvermittlung durch Rechtssprichwörter. Das Beispiel des Sachsenspiegels, in: Wissensliteratur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Bedingungen, Typen, Publikum, Sprache, hg. von H O R S T B R U N N E R - N O R B E R T W O L F , Wiesbaden 1 9 9 3 , S . 2 5 8 - 2 7 2 .

45

PAUL -

MOSER -

213

Bilderhandschrift

SCHRÖBLER ( w i e A n m . 8 ) § 2 9 1 ,

S. 3 4 4 .

46 Ebd. §289 4.5, S.399f. 4 7 So nach B R I G I T T E J A N Z , Rechtssprichwörter im Sachsenspiegel. Eine Untersuchung zur Text-Bild-Relation in den

Überlieferung. Sie wird Ldr I 51 §2 ausdrücklich bezeugt: Man sait, das kein kint siner muter kebeskint enis (fol. 21 verso 3/4). Indem Eike aber fortfährt: des is doch nicht setzt er sich ausdrücklich von dieser weitverbreiteten Meinung ab, die sich in den Satz fassen läßt: Kein kint is siner muter kebeskint. Solche Sätze mit „Umlaufcharakter" oder „Volksläufigkeit" haben sich in einigen Fällen zu Rechtssprichwörtem 48 verfestigt, die sich bis auf den heutigen Tag einen gewissen Gebrauchswert erhalten haben, wie bei Ldr II 59 § 4: De er zu der mul kumt, der melt e (fol. 40 recto 4), „Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst" 49 , oder Ldr III 29 §2: Der eldiste sal teiln, der iungiste sal kiesen (D fol. 40 recto 30), „Der Älteste teilt, der Jüngere wählt". Für die Herkunft dieser Sätze aus der Sprache des Gerichts bzw. für ihre Weitergabe auf mündlichem Wege 50 spricht auch die Variantenbildung, die sich bei einigen von ihnen feststellen läßt. Gleiche oder ähnliche Aussagen zu einem Sachverhalt tauchen so an verschiedenen Stellen des Rechtsbuches in leicht abgewandelter Form wieder auf: so Ldr II 12 §13 sizzende sal man urteil vinden (fol. 29 recto 2 / 3 ) noch einmal Ldr III 69 §2 sizzende suln si urteil vinden (fol. 54 recto 8/9); oder Ldr I 16 § 2 Wo das kint is vri unde echt, das behelt sins vater recht (fol. 14 verso 7/8), das Ldr III 72 Echt kint unde vri behelt sins vater schilt (fol. 54 verso 7 / 8 ) und Lnr 21 § 1 Der son behelt des vater schilt zu lenrechte (fol. 65 verso 3 / 4 ) variiert worden ist. Oder Ldr I 62 § 8 Welches Urteils man von erst vraget, das sal man von erst vinden (fol. 24 verso 10/11) mit Lnr 67 §7 Swer aber urteiles vraget vor den anderen, des urteil sal man erst vinden (fol. 76 recto 31/76 verso 1). Codices picturati (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 13) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1989. 48 Zu den Begriffen „Volksläufigkeit" und „Umlaufcharakter" vgl. L U T Z R Ö H R I C H - W O L F G A N G M I E D E R , Sprichwort (Sammlung Metzler 1 5 4 ) Stuttgart 1 9 7 7 , S. 1. R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Sprichwörter und Redensarten aus dem Bereich des Rechts, in: Fs für Ekkehard Kaufmann, hg. von STEPHAN B U C H H O L Z u.a., Paderborn 1 9 9 3 , S . 2 7 7 - 2 9 6 . 4 9 J A N Z (wie Anm. 4 7 ) S. 8 9 F F . ; A N D R E A S W A C H E , Wer zuerst kommt, mahlt zuerst - Prior tempore potior iure, in: Juristische Arbeitsblätter 1 9 8 1 , S. 9 4 - 9 8 ; A L B R E C H T F O T H , Gelehrtes römisch-kanonisches Recht in deutschen Rechtssprichwörtern (Juristische Studien 24) Tübingen 1971, insb. S. 186 ff. 5 0 Vgl. hierzu jetzt auch B R I G I T T E J A N Z , „Dan nach Sprichwortten pflegen die Bauren gerne zu sprechen": Überlegungen zur Rolle von Rechtssprichwörtern im spätmittelalterlichen Gerichtsverfahren, in: Proverbium 9, 1992, S. 8 1 - 1 0 5 .

214 3.

Ruth Schmidt- Wiegand

Rhythmus

Viele dieser Sätze beziehen sich auf das Erbrecht oder das eheliche Güterrecht, also auf den zentralen Bereich des überkommenen Gewohnheitsrechtes. Sie gehören zum ältesten Bestand des Rechtsbuches überhaupt. Auch von hier aus liegt ihre Herkunft aus der Spruchpraxis der heimischen Gerichte nahe, wo sie für die Urteilsfindung wie Urteilsverkündung ihren Wert hatten und neben dem schriftlich fixierten Recht auch noch immer behielten. Dieser pragmatische Bezug auf die Mündlichkeit des Rechts bei Beratung und Verkündung, wo Sätze dieser Art zitiert werden konnten oder mußten, wird nicht allein an den Reflexen gesprochener Sprache (s. o. II.) deutlich, sondern auch an der Tatsache, daß sie wie Ldr I 6 §4 Man sal ouch deme erbin geldin, was man deme totin schuldig was (fol. 12 recto 32/33) rhythmisch gestaltet sind oder wie Ldr III § 3 Musteil unde morgengabe enerbit kein wip bi ires mannes libe (D fol. 41 verso 18/19) eine stabreimende Formel aufzuweisen haben. Auch die Verwendung von Endreim begegnet nicht selten: Ldr 151 § 1 Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos (fol. 21 recto 32) oder Lnr 76 §6 Herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat (fol. 84 recto 5/6). Rhythmus und Reim, Stabreim und Endreim helfen, Sätze wie die hier genannten im Gedächtnis zu befestigen. Sie haben also die Funktion mnemotechnischer Hilfsmittel. In einer der besten Handschriften des Ssp in seiner mnd. Fassung, in der Berliner Hs. Mgf 10, 51 die C. G. Homeyer seiner Ausgabe des Sächsischen Land- und Lehnrechtes zugrunde gelegt hat, ist so der an letzter Stelle genannte Satz Herren und mannes valsche rat... mit der Randnotiz Merke dat (fol. 110 verso) versehen worden, was den Charakter dieses Satzes als eines Merksatzes, also eines mnemotechnischen Hilfsmittels, deutlich macht. Entsprechendes gilt prinzipiell auch für die übrigen Rechtsregeln dieser Art, die sich im Text des Rechtsbuches finden 52 .

man ane manschaft (fol. 52 verso 30), auch Ldr III 63 § 2 Ban schadit der sele unde ennimt doch nimande den lip (fol. 52 recto 31/32). Die Spitzenstellung der Kernbegriffe war auch Lnr 76 § 6 Herren unde mannes valsche rat . . . (s.o.) zu beobachten. Ferner Ldr II 12 §13 Sizzende sal man urteil vinden (fol. 29 recto 2 / 3 ) bzw. Stende sal man urteil scheiden (ebd.). Die Fälle ließen sich leicht vermehren. Bei den bisher genannten Beispielen läßt sich neben der Verwendung der 3. Pers. Präs. Indik. der reichliche Gebrauch sog. Modalverben beobachten. Unter diesem Begriff versteht man Verben wie wollen, sollen, können, müssen, dürfen und mögen, die in Verbindung mit einem Vollverb (meist Infinitiv) die Modalitäten oder Bedingungen des verbalen Geschehens zum Ausdruck bringen. Im Rechtstext des Ssp sind es die Modalverben sal/suln, mus/musen, mag/mugen und kan/kunnen. Die folgenden Belege, die hier stellvertretend für eine sehr viel größere Menge stehen, sind ihrer relativen Belegdichte entsprechend angeordnet: Ldr III 69 §2 Stende sal man urteil scheiden (s.o. fol. 29 recto 2); Ldr II 71 §3 Wapen mus man ouch wol vuren, wen man deme gerufte volget (fol. 41 verso 33/34); Ldr I 31 §1 Kein wip enmag ouch irs gutis nicht vorgeben ane irs mannes willen (fol. 18 recto 32/33); Ldr I 21 §2 Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin (fol. 15 verso 34/16 recto 1). An den Stilmerkmalen der Kurzsätze ist schließlich die Tendenz zur unpersönlichen Ausdrucksweise durch die ist- oder «W-Konstruktionen bzw. die Verwendung unpersönlicher oder verallgemeinernder Pronomina wie man, manech, nimant, kein usw. zu beobachten; so in Sätzen wie Ldr 1 5 1 § 1 Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos (fol. 21 recto 32), Lnr 21 §3 Is enerbit nimant kein len wen der vater uf den son (fol. 65 verso 10/11); Ldr 49 § 1 Is enmus nimant sine obese hengen in eins andern mannes hof (fol. 38 recto 5/6).

5. Satzgefüge (Relativ4. Struktur der Merksätze Die Struktur dieser Kurz- oder Merksätze, die aus der Spruchpraxis der Gerichte stammen, ist grundsätzlich die gleiche, wie bei den eingangs (III.l.) genannten Beispielen. Die Artikellosigkeit wie die Spitzenstellung der Kernbegriffe bei gleichzeitiger Auflösung der Satzklammer finden sich häufig, ζ. B. Ldr II 64 § 5 Ban liet

und

Konditionalsätze)

Einige der bisher genannten Beispiele zeigen, daß die Kurzsätze normativen Charakters auch durch einen Glied- oder Nebensatz ergänzt werden können, mit dem bestimmte Teile des Hauptsatzes relativiert oder spezifiziert werden bzw. auch Voraussetzungen und Bedingungen genannt werden, an welche die Norm gebunden gewesen ist. Je nachdem spricht man von Relativ- oder Konditionalsätzen, zwei Typen, die im Text des Ssp häufig vertreten sind. Bei den Relativsätzen 53

51 S.o. A n m . 2 . 52 SCHMIDT-WIEGAND,

Wissensvermittlung

s p r i c h w ö r t e r , S. 257 ff.

durch

Rechts-

53

PAUL 434

ff.

MOSER

-

SCHRÖBLER,

§§342

u.

352,

S.420ff.

u.

Sprache und Stil der Wolfenbütteler

überwiegen die Sätze, die durch das ursprüngliche Demonstrativpronomen der, die, daz eingeleitet werden, eindeutig. Nur wenige Beispiele können hier angeführt werden: Ldr 1 5 1 § 1 Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos (fol. 21 recto 32); Ldr II 59 §4 Der er zu der mul kumt, der melt e. Im mittelalterlichen Deutsch war die Verwendung der verallgemeinernden Pronomina swer, swelch < so wer, so welch54 ,wer immer' weit verbreitet. Auch im Ssp der nieder- wie mitteldeutschen Handschriften finden sich zahlreiche Beispiele. Doch läßt sich in W ein leichter Rückgang zu Gunsten der einfachen Fragepronomen wer, welch vor allem im Landrecht feststellen. So heißt es Lnr 67 §7 Swer aber urteiles vraget vor den anderen, des urteil sal man erst vinden (fol. 76 recto 31/verso 1) oder Ldr II 59 § 3 in der nd. Fassung Swelk wagen erst op de brugge kumt, de seal erst over gan; aber in W Welch wagen er uf di brücke kumt, der sal er ubergen (fol. 40 recto 3/4). Hier ist also das verallgemeinernde Pronomen swelch durch das einfache Fragepronomen welch ersetzt worden. Entsprechendes gilt für die Relativsätze, die durch relative Adverbien eingeleitet werden, wie etwa Ldr I 16 §2 Svar it kint is vri unde echt, dar behalt it sins vader recht, - eine Stelle, die in W wie folgt lautet: Wo das kint is vri unde echt, das behelt sins vater recht (fol. 14 verso 7/8). Auch hier ist an die Stelle des verallgemeinernden swar ,wo immer' 5 5 das einfache Fragepronomen wo getreten. Entsprechend hieß es Ldr II 7 § 3 im mnd. Text: Wapen mut men wol vuren, swenne man dem geruchte volget, während es in W lautet: Wapen mus man ouch wol vuren, wen man deme gerufte volget (fol. 41 verso 33/34). Hier freilich hat man es mit einem Satz temporal-konditionaler Bedeutung 5 6 zu tun, wo die Konjunktion swanne, swenne ,wann immer, wenn' auch auf dem Wege lautlicher Vereinfachung zu md. wen geworden sein kann.

6. Anordnungs-und Konjunktiv

215

Bilderhandschrift

Bedingungssätze (Ldr 36 §2),

Im Text des Ssp gibt es auch längere Satzgefüge, in denen dem Benutzer oder Leser verschiedene Möglichkeiten der Modifizierung oder Ergänzung vor Augen gestellt werden: etwa besondere Voraussetzungen und Bedingungen des rechtlichen Geschehens, wie z.B. im Zusammenhang mit dem Anevangsverfahren, bei dem

es um die Beschlagnahme des gestohlenen Gutes durch den Geschädigten bzw. auch um den Widerspruch des Angesprochenen wie in Ldr II 36 §2 geht: Spricht aber iener da wider, ab is gewant is, he habe is lasen wirken, oder ab is phert sin oder ander vie, he habe is in sime stalle gezogen, he mus is mit mereme rechte behalden, ienir, der is in den geweren hat, ab hes selb dritte siner nakebure gezugen mag, denne iener, der is geanevangit hat (fol. 34 recto 31-35 verso 1/2). Hier sind mehrere, mit ab = ob ,wenn' eingeleitete Konditional- oder Bedingungssätze 57 der indirekten Rede eingefügt bzw. nachgestellt, deren Inhalt selbst im Konjunktiv erscheint (habe is lasen wirken, habe is in sime stalle gezogen), völlig zutreffend, ist doch das vom Sprecher Ausgesagte möglich, aber nicht erwiesen. Eine andere im Ssp reichlich vertretene Verwendung des Konjunktivs betrifft die Fälle, in denen zu einem bestimmten Handeln aufgefordert wird 5 8 . Im Text über das Anevangsverfahren sind mehrere Beispiele vorhanden; ein Satz sei hier wenigstens angeführt: Weigert hes, he schrie im das gerufte nach unde grife en an vor sineri dip, als ab di tat hanthaft si, wen he sich schuldig hat gemacht mit der vlucht (fol. 34 recto 26/29). Bedingungs- und Aufforderungssätze stehen hier in einem Wechsel und machen das Satzgefüge aus.

7. Satzgefüge im Mainzer

Ausführungen mit längeren Satzperioden, die vorgelesen werden mußten, um bei den betroffenen H ö rern und ihrem Umstand richtig anzukommen, sind meist in einer bestimmten Kanzlei (wie etwa der Reichskanzlei) formuliert worden und damit charakteristisch für einen kanzleimäßigen Sprachstil 59 . Der sprunghafte Anstieg solcher Schriftstücke während der Rechtsbücherzeit hing zweifellos mit der Verschriftlichung des Rechtswesens im 13. Jahrhundert zusammen, für die auch die Aufzeichnung des Ssp ein Beispiel ist. Für das Verhältnis von Deutsch und Latein sind hier die Urkunden besonders aufschlußreich, für die es lat.-dt. Parallelfassungen gibt 60 . In den Kreis

57 Ebd. §352, S.434f. 58 Ebd. §312, S.375f. 59 S a c h w ö r t e r b u c h d e r M e d i ä v i s t i k , hg. v o n PETER DINZEL-

BACHER, Stuttgart 1992, S. 411 f. (Kanzleisprache, Kanzleistil). 60 URSULA SCHULZE,

54 Ebd. §§281, 282, S.332f. u. 333f. 55 Ebd. §342, S.420f. 56 Ebd. §351, S.430.

Reichslandfrieden

Lateinisch-deutsche

Parallelurkunden

des 13. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Syntax der mittelhochdeutschen Urkundensprache (Medium Aevum 30) München 1975.

216

Ruth Schmidt- Wiegand

dieser Parallelüberlieferung gehört auch der in D und W überlieferte Mainzer Reichslandfriede, aus dem in diesem Zusammenhang nur eine ganz besonders lange Satzperiode des Eingangs (fol. 1 recto 5/17) zitiert werden soll: Swelch son sinen vater von sinen bürgen oder von anderen sinem gute vorstozet oder vorburnet oder roubit oder zcu sines vatir viendin sichert mit truwen oder mit eiden, das uf sines vater ere get oder uf sine vorterpnisse, bezuget in des sin vater zcu den heiligen vor sime richtere mit zcwen seintbaren mannen, di nimant mit rechte vorwerfin mag, der son sal sin vorteilt egenes unde lenes unde varndis gutes unde werlichen alles gutes, des he von vater oder von muter erbin solde eweclichen, also das im wedir richter noch vater nimmer wider gehelfin mag, das he kein recht zu dem seibin gute immer gewinnen muge. Dies vielgliedrige Satzgefüge folgt im Grundsätzlichen dem lat. Vorbild, was aber nicht ausschließt, daß es auch, bedingt durch die innere Sprachform des Deutschen und den Usus der heimischen Rechtssprache, Abweichungen von der Vorlage enthält. Im Kern des Gefüges steht ein Aufforderungssatz: der son sal sin vorteilt egenes unde lenes unde varndis gutes. Ihm vorausgestellt sind die in Gliedsätze gefaßten positiven und negativen Bedingungen. Diese Sätze, die im lat. Text meist durch si oder nisi eingeleitet werden, sind im dt. Text durch konjunktionslose Konditionalsätze oder verallgemeinernde Relativsätze ersetzt: Swelch son sinen vater von sinen bürgen oder von anderen sinem gute vorstozet bzw. bezuget in des sin vater zcu den heiligen... Außerdem enthält dieses Gefüge mehrere erläuternde Relativsätze wie das uf sines vater ere get. Gemeint ist hier das verräterische Bündnis Heinrichs (VII.) gegen seinen Vater, Friedrich II., also ein ganz bestimmtes konkretes Ereignis. Durch die Wiederaufnahme des eingangs genannten Subjekts {swelch son) im Haupt- oder Kernsatz (der son) wird die Fernstellung von Subjekt und Prädikat umgangen und auf diese Weise vermieden, daß dem H ö r e r der Sinnzusammenhang des Ganzen über eine lange Kette von Gliedsätzen hinweg verlorengeht 61 . Der Aufbau des Satzgefüges ist also in diesem Fall hörer- oder empfängerorientiert. Mit anderen Reflexen gesprochener Sprache zusammengenommen, lassen Beispiele wie diese Schlüsse auf die besondere Gebrauchssituation, die Verkündung oder Verlesung zu, für die dieser Text im ganzen bestimmt gewesen ist 62 .

61 Ebd. S. 18 f. u. S.46. 62 S c h m i d t - W i e g a n d (wie Anm.25) 351 ff.

insb.

S. 346-349

8.

Passivvermeidung

Für die dt. Fassung des MRLF ist gegenüber dem lat. Vorbild die Vermeidung des Passivs besonders bemerkenswert, - eine Stileigentümlichkeit des Gesetzestextes, die sich tendenziell auch am Text des Ssp feststellen läßt. Bei dem Ersatz von Passivformen durch Aktivformen ist den Modalverben wie suln und mugen offensichtlich eine besondere Rolle zugefallen. Formelhafte Wendungen wie cogatur iudice wurden mit den sal der richter dar (zu) twingen (fol. 1 recto 23) wiedergegeben; entsprechend ministeriales vero in causis ministerialium ... admittantur durch ein dinstman mag is ouch bezugen mit andern dinstmannen (fol. 1 verso links 15/16). Man kann Passiwermeidungen wie diese, die für die dt. Fassung des MRLF ganz allgemein typisch sind, damit erklären, daß für den Ubersetzer das Interesse an dem Vorgang und seinem Träger im Vordergrund gestanden hat 6 3 , - und man möchte hinzufügen: zumindest unbewußt. Dies wird ζ. B. auch daran deutlich, daß von ihm Nominalformen von Verben meist durch Sätze mit eigenem Prädikat wiedergegeben worden sind. Ein Beispiel mag dies belegen: Precepimus autem omnes stratas publicas observari et coactus stratas cessare entspricht im deutschen Text Wir sezcin unde gebiten, das man di rechten lantstrasen vare unde nimant den anderen mit gewalt twinge von der rechtin strase (fol. 2 recto links 30/33). Das geringe Auftreten von Passivformen im Text des Ssp ist auch vor dem Hintergrund dieser Tendenz zu sehen.

9. Paarformeln Obwohl im MRLF das vielgliedrige Satzgefüge vorherrscht, gibt es auch in ihm eine Reihe von Kurzsätzen, bei denen man annehmen kann, daß sie aus der gesprochenen Sprache kommen, besonders dann, wenn es sich inhaltlich um altes Gewohnheitsrecht handelt, wie etwa bei der Regel Di nideren enmugens den hogem nicht gehelfin (fol. 1 verso links 21/22). Die Verbindlichkeit solcher Rechtsregeln wie auch der Gebote oder Verbote, die in diesem Gesetzestext enthalten sind, wird nicht allein durch die Modalverben suln, musen, mugen unterstrichen, sondern auch durch die Verwendung von Paarformeln, wie hier durch die legislative Formel Wir sezzen und gebiten, die im Text des MRLF häufiger vorkommt, um Bestimmungen einzuleiten, mit denen der Kaiser als Gesetzgeber bestehenden Miß-

u. 63 S c h u l z e (wie Anm.60) S. 88-103, insb. S . 8 6 f .

Sprache und Stil der Wolfenbütteler

Bilderhandschrift

ständen im Reich wirksam entgegentreten wollte. Formal gesehen handelt es sich bei dieser Paarformel 6 4 um eine tautologische Formel, bei der die beiden Glieder sezzen und gehiten in semantischer Beziehung zwar nicht völlig gleich sind, sich aber doch weitgehend decken. Diesen tautologischen Paarformeln, die in Rechtstexten besonders reichlich vertreten sind, stehen kontrastive Formeln wie uf wassere oder uf lande, di sullen den wegen und den brücken (fol. 2 recto links 15/16), durch liebe noch leide (fol. 3 recto links 23/24) gegenüber. Schließlich kommen als dritte Gruppe die differenzierenden Formeln wie recht unde gewonheit (fol. 2 verso links 13/14), recht unde gebot (fol. 3 verso links 9/10) hinzu, mit denen zwischen Gewohnheitsrecht und Satzungsrecht unterschieden wird. In beiden Texten von W ist die Stilform der Paarformel nahezu gleich häufig vertreten. Im Gegensatz zur Dichtung haben diese Paarformeln aber hier, im Rechtstext, nicht allein schmückende Funktion. Sie dienen vielmehr unmittelbar der Verdeutlichung des Wortlauts, indem sie die Umschreibung eines abstrakten Begriffs enthalten, der selbst nicht genannt zu werden braucht. Das gleiche leisten grundsätzlich auch die drei- oder mehrgliedrigen Wortreihen. Zwei Beispiele mögen dies belegen. Mit der Paarformel bevriden unde beleiten (fol. 2 recto links 19) ist,Schutz' gemeint; mit der Wortreihe egenes unde lenes unde varndis gutes ,Besitz' , dessen Vollständigkeit durch den Zusatz unde werlichen alles gutes (fol. 1 recto 15) noch unterstrichen wird.

10. Herkunft

der

Paarformeln

Paarformeln wie die eben genannten gehören zum Stil mittelalterlicher Urkunden und Rechtstexte hinzu und lassen sich seit den Anfängen einer Aufzeichnung des Rechts nachweisen. Man hat deshalb bezweifelt, daß sich die Zwillingsformeln aus der heimischen Spruchpraxis herleiten, sondern an das Urkundenwesen und die Kanzleien als Herkunftsort gedacht 6 5 . Der Blick auf den MRLF und auf den Ssp in W kann hier zu einer Klärung beitragen. Wir sezzen und gebiten als ein analytischer Ausdruck ist im dt. MRLF mehrfach an die Stelle einer synthetischen Formel des lat. Textes

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Artikel ,Paarformeln', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie Anm.6) 3, Berlin 1984, Sp. 1387-1393. 65 K A R L S I E G F R I E D B A D E R , Recht - Geschichte - Sprache. Rechtshistorische Betrachtungen über Zusammenhänge zwischen drei Lebens- und Wissensgebieten, in: Historisches Jahrbuch 93, 1973, S. 1-20.

217 getreten wie statuimus (fol. 1 recto) oder precepimus (fol. 2 recto links). Ein Zwang zur zweigliedrigen Formel bestand also von der Vorlage aus gesehen nicht. Mit der Entscheidung für die Zweigliedrigkeit folgte der Ubersetzer vielmehr einer in seiner Sprache angelegten Tendenz. Im Ssp gibt es die legislative Formel Wir sezzen und gebiten nicht. Hier unterscheiden sich Gesetz und Recht, von denen nur das eine ausgesprochenen Satzungscharakter hat. Doch finden sich außerdem zwischen den Paarformeln des Landfriedens und des Rechtsspiegels Parallelen, die nur mit der gemeinsamen Herkunft dieses Formelgutes aus einer mündlichen Tradition erklärt werden können. Wenigstens einige dieser Parallelen sollen im Folgenden genannt werden. Die mit dem Begriff der Hehlerei verbundene Paarformel dubig oder roubig (fol. 3 verso links) begegnet im Text des Ssp Ldr II 36 § 4 mit der Variante duplich oder rouplich (fol. 34 verso 10) bzw. auch Ldr II 29 mit Negation undiuplich unde unrouplich (fol. 33 verso 14); die Formel egenes unde lenes (fol. 1 recto 14) hat Ldr II 21 §3 in an eigen oder an lene (fol. 31 recto 21) ihre Entsprechung, und die Formel erlös und rechtlos, die im MRLF allein fünfmal begegnet, ist im Ssp Ldr II 13 §1 als erlös unde rechtelos (fol. 29 recto 23) überliefert, wobei es sich hier um eine allgemein weitverbreitete differenzierende Formel handelt, indem die Unechtheit (ζ. B. durch uneheliche Geburt) oder die Unehrlichkeit (aufgrund bestimmter Berufe) zwar Rechtsminderung, aber keine völlige Rechtlosigkeit nach sich zog 6 6 . Der Ssp läßt eine Entwicklung erkennen, die von der Formel echtlos und rechtlos bzw. echt und recht zu erlös unde rechtlos geführt hat. Bezeichnend für diese Entwicklung ist die Aufnahme der Paarformel echtlos und rechtlos in den Ldr I 51 § 1 enthaltenen Merksatz Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos (fol. 21 recto 32). Mit ihm wird der Meinung entgegengetreten, daß es sich bei rechtlos und echtlos bereits um synonyme Begriffe handelt. Eine gewisse Unsicherheit in bezug auf die Semantik der beiden Bezeichnungen läßt sich im Ssp ohnehin feststellen. Sie führte schließlich zum Ersatz der Formel echtlos und rechtlos durch das Wortpaar erlös und rechtlos^. Der MRLF, in dem echtlos als mnd. Reliktform

64

66

R O B E R T S C H E Y H I N G , Artikel ,Ehre', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie Anm.6) Sp.846-849; A D A L B E R T E R L E R , Artikel Rechtlosigkeit, Rechtsminderung', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie Anm.6) 4, Berlin 1990, Sp.258-261. 67 J A N Z (wie Anm.47) S. 262 ff.

218 ohnehin keinen Platz gehabt hätte, spiegelt zusammen mit dem Ssp einen Prozeß wider, der sich in der gesprochenen Sprache abgespielt hat. Mag auch der Kanzleistil die Zwei-, Drei- und Mehrgliedrigkeit des Ausdrucks in den deutschsprachigen Rechtstexten ge-

Ruth Schmidt- Wiegand fördert haben, so lassen MRLF und Ssp doch eine mündliche Tradition erkennen, die neben dem Schriftgebrauch weiterhin bestanden und auf die Texte eingewirkt haben muß.

Ruth Schmidt-Wiegand

Der Rechtswortschatz Der Gegenstand der folgenden Ausführungen ergänzt den Beitrag , Sprache und Stil der Wolfenbütteler Bilderhandschrift' 1 in bezug auf die Lexik. Eine gesonderte Behandlung des Rechtswortschatzes empfahl sich aus mehreren Gründen. Vor allem ist es das Eigengewicht der Lexik, die als „Fachwortschatz" in der gegenwärtigen Diskussion um Fachtexte und Fachsprachen2 eine eingehende Behandlung erfordert. Sie hätte den Rahmen der Abhandlung über ,Sprache und Stil' rein umfangmäßig gesprengt. Zum anderen bedarf das Glossar der Rechtswörter einer Einführung, in der seine Anlage begründet wird und verschiedene Aspekte seiner Benutzung dargelegt werden können. Beides ist für die Erschließung der Wolfenbütteler Bilderhandschrift als einem Instrument künftiger Arbeit am Text notwendig. Daß der Befund dieser Handschrift exemplarischen Charakter für die Sachsenspiegelforschung wie die Rechtsbücherforschung überhaupt besitzt, bedarf nach dem, was bisher ausgeführt worden ist, keiner weiteren Begründung.

oder den Quellentyp ,Rechtsbücher' innovativ geworden ist 4 , sollte das althergekommene, angewandte Gewohnheitsrecht für die Entscheidungen im Gericht „verfügbar" machen. Denn der Gerichtsspruch der Schöffen im Ding, das Urteil, das von ihnen gefunden und von dem Richter verkündet wurde, war immer auf den konkreten Einzelfall bezogen. Das Rechtsbuch hingegen hatte die allgemeinen, abstrakten, vom Einzelfall abgezogenen Regeln festzuhalten, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen waren. Es besaß von hier aus Modellcharakter, der sich auch auf die sprachliche Gestalt ausgewirkt hat. Einige charakteristische Züge des Textes wie das Vorherrschen der Modalverben, die Verwendung des Konjunktivs, die unbestimmten und verallgemeinernden Pronomina sind bereits behandelt worden 5 : Sie bringen die Verbindlichkeit wie die Allgemeingültigkeit der Rechtssätze zum Ausdruck. Nachzutragen bleibt hier eine Charakterisierung des Wortschatzes, der praktisch Kernstück einer Fachsprache ist.

1. Der Sachsenspiegel

Dabei ist der Rechtswortschatz generell von der Lexik anderer Fachsprachen deutlich unterschieden 6 . Wie sich das Recht auf die ganze Breite des Lebens bezieht,

als

Fachbuch

Beim Sachsenspiegel handelt es sich um ein Werk mittelalterlicher Fachliteratur 3 . Seine Aufzeichnung, mit der das Mittelniederdeutsche in bezug auf die „Textsorte"

1 S.o. S.201-218. Für die Mitarbeit bei der Erstellung der Belegsammlung sei Petra Menke Μ. A. an dieser Stelle gedankt. 2 Vgl. demnächst R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Der Wortschatz des Sachsenspiegels, in: Fachsprachen. Ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft (HSK = Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, hg. von H U G O S T E G E R - H E R BERT E R N S T W I E G A N D ) Berlin - New York (im Druck). 3

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Der .Sachsenspiegel' Eikes von Repgow als Beispiel mittelalterlicher Fachliteratur, in: Zeitschrift f ü r Literaturwissenschaft und Linguistik (Lili), Jg. 1 3 , H e f t 5 1 / 5 2 , Fachsprache und Fachliteratur, 1983, S. 2 0 6 - 2 2 6 .

4

K A R L H Y L D G A A R D - J E N S E N , Die Textsorten des Mittelniederdeutschen, in: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, h g . v o n W E R N E R B E S C H - O S K A R R E I C H M A N N - STEFAN S O N D E R E G G E R . Zweiter Halbbd., Berlin - New York 1985, S. 1247-1251, insb. S. 1248; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Prolegomena zu einer Texttypologie des Mittelniederdeutschen, in: Aspekte der Germanistik. Fs. für Hans-Friedrich Rosenfeld, hg. von W A L T E R T A U B E R (Göppinger-Arbeiten zur Germanistik 521) Göppingen 1989, S.261-283, insb. S.262f.

5 S.o. S.214ff. Sprache und Stil III.4.ff. 6 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Rechtssprache', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R - E K K E H A R D K A U F M A N N , Berlin 1971 ff., 4, Berlin 1990, Sp. 344-360; E B E R H A R D F R H R . VON K Ü N S S BERG, Die deutsche Rechtssprache, in: Zeitschrift für Deutschkunde 44, 1930, S. 379-389.

220

Ruth Schmidt- Wiegand

so ist auch der Rechtswortschatz nicht auf eine bestimmte Berufsgruppe wie etwa die der Juristen beschränkt 7 , sondern bezieht sich auf alle Sprachträger, die mit dem Recht in Berührung kommen können, eben auch auf die berufsmäßig nicht vorgebildeten Personengruppen wie Richter, Schultheißen, Schöffen, Fronboten oder die Dinggenossen, also die unstudierten Laienkreise. Rechtssprache ist von hier aus die Sprache des Rechtslebens überhaupt. Der Eindeutigkeit, welche den Wortschatz einer Fachsprache auszeichnet, steht deshalb hier eine gewisse Vagheit der Begrifflichkeit gegenüber, die aus ihrer Nähe zur Allgemeinsprache, in diesem Fall des Mittelnieder- und Mittelhochdeutschen, kommt und vor allem die Bedeutung, also die semantische Komponente der Wörter, betrifft. Die verschiedenen Darstellungen zur mittelalterlichen Fachliteratur und Fachsprache berücksichtigen zwar den Sachsenspiegel 8 , ohne indessen auf die Problematik, die seinen Wortschatz betrifft, einzugehen. Mit den folgenden Ausführungen soll versucht werden, diese Lücke zu schließen. Dazu ist es notwendig, etwas weiter auszuholen.

2. Rechtswörter im engeren und weiteren

Sinne

Die Lexikographie, wie sie am , Deutschen Rechtswörterbuch' praktiziert wird 9 , unterscheidet bei einem Rechtstext Rechtswörter in einem engeren Sinne von Rechtswörtern in einem weiteren Sinne und Nicht-

7 Eine juristisch orientierte Berufsausbildung gab es in Deutschland erst zu Ende des 14. Jahrhunderts, also nach dem Sachsenspiegel, vgl. G E R H A R D K Ö B L E R , Artikel J u r i stenausbildung', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie Anm. 6) 2, Berlin 1978, Sp. 484-488. 8 G E R H A R D E I S , Mittelalterliche Fachliteratur, Stuttgart 2 1967, S. 49 f.; P E T E R A S S I O N , Altdeutsche Fachliteratur (Grundlagen der Germanistik Bd. 15) Berlin 1973, S. 40; W A L T H E R VON H A H N , Fachkommunikation. Entwicklung. Linguistische Konzepte. Betriebliche Beispiele (Sammlung Göschen 2223) Berlin - New York 1983, S. 19. 9 Vgl. zum Folgenden G Ü N T H E R D I C K E L - H E I N O S P E E R , Deutsches Rechtswörterbuch. Konzeption und lexikographische Praxis während acht Jahrzehnten (1897-1977), in: Praxis der Lexikographie. Berichte aus der Werkstatt, hg. von H E L M U T H E N N E , Tübingen 1979, S. 20-37; R U T H SCHMIDT-WIEGAND, Das ,Deutsche Rechtswörterbuch'. Geschichte und Struktur, in: Wörter und Namen. Aktuelle Lexikographie. Symposium Schloß Rauischholzhausen, 25.-27.9.1987 (Marburger Studien zur Germanistik Bd. 13 = Schriften der Brüder Grimm-Gesellschaft 23) Marburg 1990, S. 155-168, insb. S. 158 f.

rechtswörtern. Rechtswörter in einem engeren Sinne wie rechtelös ,rechtlos', richter und gerichtet bezeichnen per se eine rechtsspezifische Sache und sind ohne diesen Zusammenhang nicht denkbar. Ihre Bedeutung liegt von hier aus relativ fest. Meist handelt es sich bei diesen Wörtern um Zusammensetzungen wie bei rechtelös oder um Ableitungen, Prä- und Suffixbildungen, wie bei gerichte und richter von richten, das eine zentrale rechtliche Tätigkeit bezeichnet. Bei Rechtswörtern im weiteren Sinne wird eine außerrechtliche Erscheinung rechtlich gewertet. Es sind meist Wörter, bei denen eine allgemeinsprachliche Bedeutung von einer spezifisch rechtssprachlichen Bedeutung zu unterscheiden ist, wie ζ. B. bei klagen. In der Wolfenbütteler Bilderhandschrift meist mit der kontrahierten Form clait belegt, meint dieses Wort außerrechtlich und allgemeinsprachlich ,sich klagend gebärden'; in spezifisch rechtssprachlicher Bedeutung aber wird damit die Klage vor Gericht im Sinne von ,beklagen' oder ,anklagen' gemeint 11 . Ahnlich bedeutet geloben12 im allgemeinsprachlichen Bereich zunächst ,loben' bzw. ,preisen'. Mit der Bedeutung , geloben, versprechen' wird das Wort zu einem Rechtswort im weiteren Sinne. Im Sachsenspiegel ist geloben mit dieser rechtssprachlichen Bedeutung belegt, hingegen nicht mit der weitergehenden Spezialisierung in der Wendung eine geloben ,sie zu ehelichen versprechen' bzw. ,verloben'.

3. Rechtswortschatz und Gemeinsprache Die Nähe des Rechtswortschatzes zum Wortschatz der Gemeinsprache, wie sie ζ. B. bei geloben versprechen' zu beobachten ist, wie die Vagheit der Begriffe sind auch von Eike gesehen worden, wie gelegentliche Definitionen, die er dem Benutzer seines Buches an die Hand gibt, verraten. Der Autor versucht, die notwendige Eindeutigkeit zu erreichen, wenn er ζ. B. den Begriff gut ,Besitz an Grund und Boden', dort wo er sich auf das ,Vermögen' im allgemeinen oder ,die Hinterlassenschaft eines Mannes' im Ganzen bezieht, wie folgt erläutert: Mit welchem gute der man stirbit, das heist alles erbe (fol. 12 recto 16). Oder dann, wenn die

10

G E R H A R D K Ö B L E R , Richten - Richter - Gericht, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 87, 1970, S. 57-113. 11 G E R H A R D B U C H D A , Artikel ,Klage', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 2, Berlin 1978, Sp.837845. 12 M A T T H I A S L E X E R , Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1, Leipzig 1872, Sp.8226 (geloben).

Der

221

Rechtswortschatz

Begriffe laster und schaden im Text gebraucht werden. Laster hatte im allgemeinsprachlichen Bereich die Bedeutungen ,Schmähung, Schimpf', eben ,was die Ehre kränkt', auch lasterhaftes Verhalten'. Für die Anwendung des Rechts mußte diese Vieldeutigkeit oder Polysemie eingeschränkt und genau gesagt werden, was als Verletzung des Rechts zu gelten hatte: Zu lästere spreche ich darumme, ab he slet durch des herren schult unde nicht durch des knechtes oder durch ire beider schult (fol. 33 verso 34, 34 recto 1/1 a). Auch schade S c h a den, Schädigung, körperliche Schwächung', das im Ssp in eben dieser letzten Bedeutung gebraucht wird, glaubt der Autor durch eine besondere Definition verdeutlichen zu müssen: Zu schaden Sprech ich, ab he en geslagen hat, das he sins herren dinst nicht volbrengen mag (fol. 34 recto 2 f.). Eine andere Möglichkeit, Vagheit auszuschalten und Eindeutigkeit zu erreichen, besteht darin, wie bei schade und laster die konkreten Fälle im einzelnen zu benennen, die dem Begriff zu subsumieren sind, wie dies etwa bei dem Begriff hanthafte tat (fol. 34 recto 12 ff.) der Fall ist: Die hanthafte tat ist da, wo man einen man mit der tat begrift oder in der vlucht der tat oder ab he dube oder roup in sinen gewern hat, da he selbe den slussil zu treit. Immer geht es um die Festlegung der spezifisch rechtssprachlichen Bedeutung.

vorhanden, ferner des riches nöt ,Heeresdienst, Reichsdienst' (fol. 85 recto 19): Wen is im des riches not benimt, das di not werde bewiset noch rechte. Von dem semantisch eingeengten, rechtssprachlichen Begriff nöt , Notzucht' aus sind dann durch Zusammensetzung und Ableitung weitere, mehr oder weniger eindeutige Begriffe, Rechtswörter im engeren Sinne, gebildet worden. So gehören zu nöt ,Notzucht, Vergewaltigung' die verbalen Ableitungen nötigen n o t züchtigen, vergewaltigen': Swer ... unechte wip notiget oder den vriden an en brichet (fol. 48 recto 34) und nötzogen - in W mit der Lesart notzagen (fol. 42 verso 19) - mit gleicher Bedeutung. Hinzu kommt die Zusammensetzung nötnunft , Frauenraub' bzw. , Notzucht' (fol. 42 verso 25), dazu nötnunftig in der Wendung in notnunftiger clage ,bei einer Klage um Notzucht' (fol. 20 recto 22). Auch für den Begriff der ,Notwehr' gibt es eine Abstraktbildung mit dem Suffix -ung: das hes in notwerunge tete (fol. 40 verso 12), in notwerunge sines libes (fol. 56 recto 9). Dazu im Mainzer Reichslandfrieden das Verb: das he sinen Up da unde sin gut notwerende si (fol. 1 verso rechts 6).

So bedeutet not im allgemeinsprachlichen Bereich ,Drangsal, Notwendigkeit' und ,Kindesnot'. Rechtssprachlich wurde das Wort auf , Nötigung, Vergewaltigung' bzw. auch ,Notwehr' eingeengt. Im Ssp der Wolfenbütteler Bilderhandschrift und im Mainzer Reichslandfrieden ist das Wort in seiner allgemeinsprachlichen Bedeutung belegt: durch not sinen vienden widersagen (fol. 1 verso rechts 13) und he lidet darumme keine not (fol. 28 verso 25, ähnlich 20 verso 3, 28 verso 25). Auch die Bedeutung ,Kindesnot' ist vorhanden: zu irre not ,in ihren Kindesnöten' (fol. 18 verso 20). Daneben begegnet aber auch die spezifisch rechtssprachliche Bedeutung , Nötigung, Vergewaltigung' in Wendungen wie von der not maget oder wibes (fol. 6 recto links 4, 7 recto links 18, 40 verso 24). Ferner ist not mit der Bedeutung , Notwehr' belegt: Slet ein man den andern tot durch not (fol. 29 verso 15). Phraseologische Wendungen wie echte not (fol. 5 recto rechts 13), ehafie not (fol. 1 verso links 2) meinen die , rechtlich anerkannte Notlage oder den Hinderungsgrund, vor Gericht zu erscheinen', als da sind: Krankheit, Heeresdienst bzw. Reichsdienst und Gefangenschaft. Außer dem mhd. ehafie not sind Varianten zu dem Begriff der echten not (fol. 5 recto rechts 13, 27 verso 14, 36 recto 27, 80 recto 2) wie rechte nöt bzw. ane rechte not ,ohne rechtlichen Hinderungsgrund' (fol. 13 verso 15)

Mit der Einteilung des Rechtswortschatzes in Rechtswörter im engeren und weiteren Sinne und in Nichtrechtswörter ist ein heuristisches Prinzip gegeben, das der Ordnung und Bewältigung des Rechtswortschatzes dient, aber kaum sprachhistorischen und linguistischen Ansprüchen genügt. Sprachhistorisch gesehen sind Erb- und Lehnwörter zu unterscheiden, denen eine kleine Zahl von Fremdwörtern gegenübersteht. Sieht man einmal von den lateinischen Zwischenüberschriften wie Incipit liber tertius capitulum I (fol. 42 verso 16) oder Liber tertius (fol. 6 recto links 3) ab, die das Muster lateinischer Rechtsbücheraufzeichnungen deutlich erkennen lassen, so sind es nur ganz wenige Fremdwörter, die der Text enthält und die ausnahmslos in die höfische Sphäre des Rittertums gehören: Es ist die amie, die Freundin oder Geliebte, von der im Register Von not der amien (fol. 6 recto rechts 32) und im Text des Ssp gesprochen wird: An vamden wiben unde an siner ameien mag der man not tun unde sinen lip vorwirken, ab he si ane danc belegit (fol. 48 recto 36 f.). Und es ist das turnei ,Turnier' 1 · 5 , das im Zu-

4.

13

Fremdwörter

U L R I C H M Ö L K , Philologische Aspekte des Turniers, in: Das ritterliche Turnier im Mittelalter, hg. von J O S E F F L E C K E N S T E I N , Göttingen 1 9 8 5 , S . 1 6 3 - 1 7 4 .

222

Ruth Schmidt- Wiegand

sammenhang mit den gebundenen Tagen, den Friedenstagen, erwähnt wird: Binnen geswomen vride ensal man keine wapen vuren, wen zu des riches dinste unde zu turnei sunder swert (fol. 41 verso 28). Als ein Rechtswort im engeren Sinne kann man voitie ,Vogtei' (fol. 19 recto 16 u.ö.) 1 4 mit voit ,Vogt' (fol. 10 verso 6 u.ö.) bezeichnen, wobei zu fragen ist, ob sich voit < voget von mlat. vocatus im Ssp nicht bereits auf dem Wege zum Lehnwort befindet. Bei der Endung -ie handelt es sich jedenfalls um ein Lehnsuffix aus dem Französischen, das hier zusammen mit dem Wort übernommen worden ist.

5.

Lehnwörter

Ungleich größer als die Zahl der sogenannten Fremdwörter ist die der Lehnwörter, d.h. solcher Bezeichnungen, die in bezug auf die Wortbildungselemente (insb. Suffixe), Schreibung, Flexion und Betonung dem Mittelhochdeutschen bereits weitgehend angeglichen sind. Auch sie beziehen sich gelegentlich auf die Umwelt ritterlicher Kultur wie allem voran das aus dem Niederländischen entlehnte ritter, mnd. riddere, das seinerseits eine Lehnübersetzung von frz. chevalier ist und ursprünglich die Bedeutung , Reiter' hatte 1 5 . Im Ssp ist

14

F R I E D R I C H K L U G E , Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 21. unveränderte Aufl. Berlin - N e w York 1975, S. 823 (Vogt, Vogtei), 22. völlig neu bearb. Aufl. von E L M A R S E E B O L D , Berlin - New York 1989, S. 767 f. N a c h K L U G E ist Vogtei zufrühest bei Berthold von Regensburg belegt. Indessen hat schon die mnd. Fassung des Ssp vogedie ,Vogtei*. Zur Wortgeschichte von Vogt vgl. auch G A B R I E L E VON O L B E R G , Anwalt, Vogt und ihre Synonyme in den Schriften des Bauernkrieges und der Voraufstände (15./16. Jh.), in: Text- und Sachbezug in der Rechtssprachgeographie, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion G A B R I E L E VON O L B E R G (Münstersche Mittelalter-Schriften 52) München 1985, S. 70-103; K L A U S G R U B M Ü L L E R , Advocatus: fürsprech - vogt - advokat, Beobachtungen an Vocabularien II., in: Sprache und Recht. Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Fs f ü r Ruth Schmidt-Wiegand, hg. von K A R L H A U C K - K A R L K R O E SCHELL -

STEFAN S O N D E R E G G E R -

BRIELE VON

OLBERG,

DAGMAR HÜPPER -

GA-

2 Bde., Berlin - New York 1986,

S. 158-171. 15

K L U G E (wie Anm. 14) S.602f., K L U G E - S E E B O L D (wie Anm. 14) S . 602; vgl. auch K A R L O T T O B R O G S I T T E R , Miles, chevalier und ritter, in: Sprachliche Interferenz, Fs f ü r Werner Betz, hg. von H E R B E R T K O L B - H A R T M U T LAUFFER in Verbindung mit K A R L O T T O B R O G S I T T E R - W O L F G A N G H U B E R - H A N S H . R E I C H - H A N S S C H O T T M A N N , Tübingen 1977, S. 421-435.

ritter (fol. 33 recto I f . ) - Phaffen unde rittere und ir gesinde sullen wesin zolvri (vgl. auch fol.49 recto 13) - eindeutig Standesbezeichnung, was auch die Wendung von ritters art (fol. 15 recto 24, 18 recto 1) beweist. In diesem Zusammenhang wäre auch wapen (fol. 6 recto links 1, 41 verso 27, 42 verso 32, 75 verso 23), die mnd. Entsprechung zu mhd. wäfen ,Waffen' (fol. 41 verso 13, 42 verso 35), zu nennen, die mit der Lehnbedeutung ,Waffenzeichen' ebenfalls aus dem Mittelniederländischen entlehnt worden ist 16 , im Ssp aber mit dieser Bedeutung nicht erscheint (zu vergleichen wapin fol. 54 recto 5). Ein Wort ritterlicher Standeskultur ist auch die Bezeichnung für die Rüstung des freien Mannes, insbesondere des Ritters, harnasch17, das in Zusammenhang mit dem hergeweteis, dem Vorbehaltsgut des Mannes, belegt ist: Gihit der vatere sime sune kleider und ros unde phert unde harnasch (fol. 13 recto 31) bzw. So sal di vrouwe zu hergewete gebin irs mannes swert und das beste ros oder phert gesatilt unde das beste harnasch (fol. 16 verso 7). Mhd. harnasch bzw. auch hämisch wurde Mitte des 12. Jahrhunderts aus dem Altfranzösischen mit der Bedeutung ,Ausrüstung des Kriegers' entlehnt und wird hier im Ssp mit der eingeschränkten, bereits auch bei Wolfram von Eschenbach belegten Bedeutung ,Waffenhemd' gebraucht: Nicht zuletzt die Abbildungen im Bildteil von W bestätigen diesen Sprachgebrauch. Die Masse der im Text des Ssp enthaltenen Lehnwörter ist indessen vor der höfischen Zeit entlehnt worden; das zeigt u. a. die Tatsache, daß eine Anzahl von ihnen bereits an der zweiten oder althochdeutschen Lautverschiebung teilgenommen hat, also vor dem 8. Jahrhundert entlehnt sein muß. Genannt sei hier kamph ,Zweikampf' < l a t . campus ,Schlachtfeld' 1 9 , das im Ssp

16

K L U G E ( w i e A n m . 1 4 ) S. 8 3 0 u. 8 3 8 ; K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 14) S . 7 7 2 u.

17

KLUGE

(wie

777.

A n m . 14)

S. 2 9 0 ;

KLUGE

-

SEEBOLD

(wie

Anm. 1 4 ) S. 2 9 4 ; E M I L P L O S S , Zur Wortgeschichte von harnasch, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 8 1 , Tübingen 1 9 5 9 , S. 1 0 7 - 1 1 0 . 18 Dazu R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Kleidung, T r a c h t und O r nat nach den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Terminologie und Typologie mittelalterlicher Sachgüter: Das Beispiel der Kleidung. Internationales Round-TableGespräch Krems an der D o n a u , 6. O k t o b e r 1986 (Veröffentlichungen des Instituts f ü r mittelalterliche Realienkunde Österreichs Nr. 10 = Sitzungsberichte der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Phil.-Hist. Kl. 511. Band) Wien 1988, S. 143-175, insb. S.147f. 19

KLUGE

(wie

Anm. 14)

S.

A n m . 14)

350;

S. 3 4 4 ;

KLUGE

DAGMAR HÜPPER-DRÖGE,

-

SEEBOLD

(wie

D e r gerichtliche

Der

Rechtswortschatz

223

mit Bezug auf den gerichtlichen Zweikampf verwendet wird, ζ. B. in dem Satz: Lame lute suln ouch entwortin unde clagen ane Vormunden, is ensi, das di clage zu kamphe ge, d. h. „es sei denn, die Klage läuft auf einen gerichtlichen Zweikampf hinaus" (fol. 20 verso 33-21 recto 1). Es ist meistens anlautendes p-, das zu ph (pf bzw. / ) verschoben ist 20 : phaffe, phalburgere, phalenze , Pfalz', phant/phenden, phenning, phert, phlage , Pflege' und phlechafie, phlicht, phule, phunt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang phlug21, ein Wort der Alltagskultur, das im Ssp mehrfach belegt ist (z.B. fol. 19 recto 12, 29 recto 31, 39 verso 30). Die Abbildungen in W 2 2 , vergleicht man sie mit entsprechenden Illustrationen in anderen mittelalterlichen Handschriften 2 3 , scheinen der Realität der Sachsenspiegelzeit mit ihrer Sachkultur besonders nahezustehen 2 4 . Den Wörtern, die von der ahd. Lautverschiebung betroffen sind, stehen unverschobene, also später entlehnte Bezeichnungen wie pabist, paradis, pine, pristere gegenüber. Sie beziehen sich wie die älteren Lehnwörter bischof und

Zweikampf im Spiegel der Bezeichnungen für ,Kampf', ,Kämpfer', ,Waffen', in: Frühmittelalterliche Studien 18, 1984, S. 607-661; H E I N Z H O L Z H A U E R , Der gerichtliche Zweikampf, in: Sprache und Recht (wie Anm. 15) S.263283. 20 S.o. S.204. 21 WOLFGANG P. SCHMID, Zur Etymologie des Wortes „Pflug", in: Untersuchungen zur eisenzeitlichen und frühmittelalterlichen Flur in Mitteleuropa und ihrer Nutzung. Bericht über die Kolloquien der Kommission für die Altertumskunde Mittel- und Nordeuropas in den Jahren 1975 und

1976,

hg. von

HEINRICH

BECK -

DIETRICH

DENECKE

Teil I I (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Phil.-Hist. Kl. III. Folge, Nr. 1 1 6 ) Göttingen 1 9 8 0 , S . 7 7 - 8 1 ; H E I N R I C H B E C K , Zur Terminologie von Pflug und Pflügen - vornehmlich in den nordischen und kontinentalen germanischen Sprachen, in:

phaffe auch auf die kirchliche Hierarchie und Organisation oder wie kelch und kresam , Salböl' auf liturgische Gegenstände und Utensilien. Hinzu kommen im Ssp Bezeichnungen, die schon früh mit den betreffenden Sachen im Zuge eines römisch-deutschen Kulturaustausches in das Deutsche übernommen worden sind: mole ,Mühle', münze ,Münze', sträze und nicht zuletzt spigel mögen hier genannt werden. Spezifisch Rechtliches findet sich kaum darunter, was bei dem geschlossenen Charakter, den das deutsche Recht zur Zeit Eikes noch hatte, nicht überrascht 2 5 . Eine Ausnahme macht hier pine ,peinliche Strafe, Leibesstrafe' 26 , das für die Anfänge einer „peinlichen" Strafjustiz im Ssp aufschlußreich ist: Swelch man einen beclageten man umme ungerichte geweldiclichen deme gerichte enphurt, wirt he gevangen, he lidet pine ieme (fol. 44 recto 21 f.). Erwähnt werden mögen hier auch noch wette und phant Wette27, das heute auch in wett ,quitt' weiterlebt, meinte im Mhd. den , Pfandvertrag, die Rechtsverbindlichkeit, den Ein- oder Ersatz', dazu mlat. vadium ,Verpfändung beweglicher Habe' < germ, wadja - , Pfand'. Das Wort, das eine weitgespannte Wortfamilie im Deutschen und seinen Nachbarsprachen entfaltet hatte, ist im Laufe des Mittelalters von pfant < frz. pand ,Tuch, Fetzen' bzw. lat. pannus ,Stück Tuch' oder ,das dem Schuldner abgenommene Besitzstück' an die Seite gedrängt worden. Im Ssp ist wette bzw. gewette (fol. 77 verso 13 u.ö.) auf die Summe eingeschränkt, die bei einem verlorenen Prozeß außer der Buße an den Gerichtsherrn abzuführen war, während phant mit phenden im auch heute üblichen Sinn verwendet wird: Is ensal kein zinsman vor sinen herin phant dulden poben sinen zcins, den he jerlich geldin sal (fol. 22

- HERBERT JANKUHN,

e b d . S. 8 2 - 9 8 .

22 Fol. 19 recto 3 links, 29 recto 5 links, 39 verso 4 links, vgl. auch 41 recto 19 und ebd. Bildstreifen 4. 23 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Wörter und Sachen. Zur Bedeutung einer Methode für die Frühmittelalterforschung. Der Pflug und seine Bezeichnungen, in: Wörter und Sachen im Lichte der Bezeichnungsforschung, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung Bd. 1) Berlin - New York 1981, S. 1-41, Abb. 3-7. Die Bilderhandschriften des 24 RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Sachsenspiegels als Quelle der Kulturgeschichte, in: Der Sachsenspiegel als Buch, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D - D A G M A R H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte Bd. 1) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1991, S.219-260 insb. S.237f. und Abb. 12.

25 Der Sachsenspiegel liegt zeitlich vor der Übernahme des römischen Rechts. Zur Problematik auch R U T H S C H M I D T W I E G A N D , Fremdeinflüsse auf die deutsche Rechtssprache, in: Sprachliche Interferenz (wie Anm. 15), S. 226-245. 26 Zu Wort und Begriff F R I E D R I C H S C H E E L E , Di sal man alle radebrechen. Todeswürdige Delikte und ihre Bestrafung in Text und Bild der Codices picturati des Sachsenspiegels, Bd. I: Textband, Bd. II: Tafelband, Oldenburg 1992, insb. S. 61 ff. 27

KLUGE

(wie

A n m . 14)

S. 8 5 5 ,

KLUGE

-

SEEBOLD

(wie

Anm. 14) S. 789; H E I N R I C H T I E F E N B A C H , Studien zu Wörtern volkssprachiger Herkunft in karolingischen Königsurkunden. Ein Beitrag zum Wortschatz der Diplome Lothars I. und Lothars II. (Münstersche Mittelalter-Schriften 15) München 1973, S . 103-105; R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Sprache und Geschichte im Spiegel historischer Bezeichnungen, in: Frühmittelalterliche Studien 19, 1985, S.3147, insb. 40 f.

224

Ruth Schmidt- Wiegand

verso 6 f.) und Der herre mag wol phendin uf sime gute vor sin gelt, das man im von sime gute gelobit hat. (ebd. 20 f.). Diese Beispiele, die leicht zu vermehren wären, mögen an dieser Stelle genügen. Mehr der Kuriosität halber sei hier erwähnt, daß auch die ältesten Lehnwörter des Deutschen überhaupt, die wahrscheinlich aus dem Keltischen entlehnt worden sind, nämlich Amt2i und Reich29, in W mit den Formen ammechte, ammecht (fol. 3 recto links 7, 3 recto rechts 28) und ammechtman (fol. 7 verso rechts 33) bzw. nche ,Reich' und ,Herrscher, König' vertreten sind: Das riche [ = der König] und der Swabe enmugen sich nimmer vorswigen an irme erbe, die wile sis gezugen mugen.

6. Erbwörter Auch unter den sogenannten Erbwörtern, die aus der heimischen Volkssprache, dem Deutschen oder seinen Vorstufen, kommen, finden sich viele Rechtswörter im engeren Sinne, die ein hohes Alter besitzen, wie der Vergleich mit ihren außerdeutschen, ja außergermanischen Entsprechungen zeigt. Dies überrascht an sich nicht, gehört doch die Rechtssprache zu den ältesten „Fachsprachen" überhaupt, die mit ihrem Grundwortschatz bis in das Germanische beziehungsweise Indogermanische zurückreicht. So gehört mhd. bani0 ,Gebot unter Strafandrohung, Verbot, Gerichtsbarkeit und deren Gebiet' mit dem Verb bannen ,unter Strafandrohung ge- oder verbieten' zu einer Wortfamilie, die - wie auch ags. ban ,Acht, Aufgebot' und an. bann ,Verbot' zeigen - bereits im Germanischen einen ausgesprochenen Rechtswortcharakter besaß. Die Übernahme des Wortes in das Altfranzösische mit ban öffentliche Verkündigung' und arban ,Heerbann' bestätigt diesen Sachverhalt 31 . Im Ssp wird ban vor allem in Wendungen wie bi des kuniges banne (fol. 40 recto 24) für die königliche Banngewalt gebraucht; ferner für den Kirchenbann: Ban schadet der sele unde ennimt doch nimande den Up (fol. 52 recto 31 f.); die höchste, vom König verliehene Gerichtsbarkeit: ...unde ouch deme voite, der under kuniges banne dinget, ab he den ban von deme kunige hat (fol. 52 verso

21); beziehungsweise auch für das Hochgericht selbst: Swo man dinget bi kuniges banne (fol. 6 verso links 32). Hinzu kommt die Zusammensetzung banvorst Doch sin dri stete binnen Sachsen, da den wilden tiren vride geworcht is bi kuniges banne, ...dis heisen banvursten (fol.40 recto 24). Was hier für Bann ausgeführt worden ist, gilt in vergleichbarer Weise auch für Buße1'2, mhd. buoze, md. büze, deren germ. Vorform *böto , Besserung' schon früh die spezielle Bedeutung ,rechtliche Genugtuung' hinzugewonnen haben muß. Dies legt jedenfalls die Rolle des Wortes im Zauberspruch wie seine Übertragung in den religiös-sittlichen Bereich, in dem es noch heute seinen Platz hat, nahe. Im Ssp ist mit buse u.ä. das Strafgeld gemeint, das der im Prozeß Unterlegene zu zahlen hat: he sal den schaden gelden uf recht unde ouch sine buse geben (fol. 37 recto 3). Entsprechendes ließe sich an ächte ,Verfolgung, Friedlosigkeit' 33 , diube ,Diebstahl', ding ,Gericht', erbe, vride, munt ,Schutz' und ,Vormundschaft' mit vormunt, roub, sache Streitsache', schult und süne u. a.m. zeigen, die samt und sonders zu einem Rechtswortschatz des Germanischen oder Vordeutschen gehören, dabei aber noch immer im Ssp vertreten sind, ja bis zum heutigen Tage zum Kernbereich der Rechtssprache gehören. Es zeichnet sich darin ein Konservatismus ab, der die Rechtssprache ganz allgemein auszeichnet, der aber gerade auch für den Ssp und seine Wortwahl gilt 34 .

7.

Komposition

Aus den Erb- und Lehnwörtern rechtlichen und nichtrechtlichen Inhalts sind durch Zusammensetzung oder Zusammenrückung meist zweier Wörter, also durch Wortkomposition, Rechtswörter im engeren Sinne wie z.B. baimunden ,für einen schlechten Vormund erklären' gebildet worden 3 5 . Man spricht hier auch von 32

K L U G E ( w i e A n m . 1 4 ) S . 1 1 4 , K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) S. 1 1 6

33

f.;

JOSEPH WEISWEILER,

Buße, Halle

1930.

K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) , S. 8 ; E B E R H A R D F R H R . VON

Acht, Weimar 1 9 1 0 und Deutsches Rechtswörterbuch (DRWB), Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache Bd. 1, bearb. von R I C H A R D S C H R Ö D E R - E B E R H A R D F R H R . VON K Ü N S S B E R G , Weimar 1 9 1 7 , S . 3 6 1 - 3 7 0 . Beispiele wie phlege bei R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Textsorte und Rechtsquellentyp in ihrer Bedeutung für die Rechtssprachgeographie, in: Text- und Sachbezug (wie KÜNSSBERG,

28

K L U G E ( w i e A n m . 1 4 ) S . 2 0 ; K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) S. 2 6

29

f.

K L U G E ( w i e A n m . 1 4 ) S . 5 9 1 , K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 )

34

S. 5 9 0 . 30

31

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Studien zur historischen Rechtswortgeographie. Der Strohwisch als Bann- und Verbotszeichen. Bezeichnungen und Funktionen (Münstersche Mittelalterschriften 18) München 1978, S.76f. K L U G E ( w i e A n m . 1 4 ) S . 5 0 , K L U G E - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) S. 5 9 ; EDUARD WIESSNER,

Twing und Bann, Baden

1935.

A n m . 14), 35

S.21-37.

Hierzu und zum Folgenden W A L T E R H E N Z E N , Deutsche Wortbildung, Tübingen 2 1 9 5 7 ; J O H A N N E S E R B E N , Einführung in die deutsche Wortbildungslehre, in: Grundlagen der Germanistik 1 7 , Berlin 1 9 7 5 , S . 5 7 - 6 6 .

Der

Rechtswortschatz

Univerbierung. Diese Rechtswörter konnten, wenn sie ein hohes Alter hatten, zur Sachsenspiegelzeit den Sprechern nicht mehr verständlich gewesen sein und bedurften dann einer Erklärung: man sal en baimunden, das is, man sal im vorteilen alle vormundeschaft (fol. 19 verso 32). Baimunden wie hantgemal ,Stammgut' und morgengabe ,das, was der Ehemann seiner Frau am Morgen nach der Brautnacht schenkt', sind schon in den Stammesrechten bezeugt und gehen damit in die vordeutsche oder germanische Zeit zurück - ein Zeichen dafür, wie verbreitet es schon in frühester Zeit war, durch Wortkomposition Rechtsbegriffe neu zu bilden. Neben der äußerst produktiven Wortfamilie von dinc , Gericht' mit dincphlichtic, dincstat, dincvluchtig, goudinc und tedinc < tagedinc, dingen und getedingen, dinczale, lipgedinge konnte sich das ältere Wort für ,Gericht', nämlich mal< mahal nur vereinzelt in Wortkompositionen wie malboum (fol. 33 recto 23f.) erhalten: Immerhin ein bezeichnender oder signifikanter Fall, sind doch in Wortkompositionen häufig Wörter erhalten geblieben, die im aktiven Wortschatz bereits veraltet oder ausgestorben gewesen sind. Baimunden (fol. 19 verso 33) war bereits ein Beispiel hierfür. Meineid zu mein ,falsch', im Ssp mit meineide (fol. 57 verso 21) belegt, ist ein anderes. Auch die Wortkompositionen mit misse-, das fast die Funktion eines Präfixes hat, mit dem das Verkehrte oder Verfehlte eines Tuns wie bei missetät angezeigt wird, sind hier zu nennen. Im Ssp sind missetüt (fol. 63 verso 12) und missetet (fol. 61 verso 30) zu missetün sowie missetät (fol. 14 verso 27 u.ö.), missebarte zu missebam ,sich schlecht aufführen', misse spricht (fol. 23 verso 31, 76 verso 24f.) belegt, - nach Ausweis der diplomatischen Umschrift bei verbalen Bildungen noch meist mit Getrenntschreibungen, bei missetät (vgl. auch fol. 41 recto 9 u. 41 verso 3) bereits mit Zusammenschreibung. O f t stößt hier die wissenschaftliche Erkenntnis an ihre Grenzen, wenn die Etymologie von Wörtern wie kebes- in kebeskint (fol. 21 verso 6) 36 oder bier- in birgelden (fol. 48 recto 4), biergelden (fol. 53 recto 3 f., 54 verso 11) nicht mehr eindeutig zu bestimmen ist. Zu den sprachhistorisch wie rechtshistorisch gleicherweise bemerkenswerten Bezeichnungen gehören neben den bereits genannten Komposita hüsgenöze (fol. 74 verso 16f. u.ö.), lantrecht (passim.) und lantrichtere (fol. 83 verso 3) 37 ,

36

KLUGE -

37

SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) S. 3 6 4 .

Summarium Heinrici: Der Rachinburgius ist ein Landrechter, in: Sprache und Recht (wie REINER HILDEBRANDT,

A n m . 1 4 ) S. 2 4 6 - 2 6 1 .

225 lipgedinge (s.o.), musteil (fol. 55 recto 26 u.v., u.ö.), Schultheis (passim), swertmag (fol. 18 recto f., 30 recto 18), mortbrant (fol. 29 verso 1) und totslac (fol. 30 recto 16) 38 , wergeld (passim) und wikbilde39 (fol. 56 verso 26) und viele andere mehr. Im Rahmen dieses Beitrages konnte aus der Vielzahl der Zusammensetzungen, bei denen auch die Fälle der Getrenntschreibung in der diplomatischen Umschrift stets mitzubedenken sind, nur eine kleine Zahl exemplarischer Beispiele behandelt werden. Erwähnt werden müssen hier noch die Zusammensetzungen mit Präpositionen bzw. Adverbien, die eine lokale Bedeutung haben: ab-, ane-, ent-, über-, üf-, um-, under-, wider-, zü-. Einige wenige Belege mögen genügen: ab(e)gewinnen ,im Rechtsstreit abgewinnen, absprechen' (fol. 32 recto 23), anevangen ,etwas durch Angreifen als sein Eigentum ansprechen' (fol. 34 recto 23), entreden ,sich verteidigen, freischwören, durch Eid reinigen' (fol.45 verso 18), ubirzügen ,mit Zeugen überführen' (fol. 3 verso links 27), üfbieten ,vor Gericht bekanntmachen' (fol. 33 verso 6), üfläzen ,vor Gericht auflassen' (fol. 20 verso 10), üzwisen ,gerichtlich ausweisen' (fol. 27 recto 33), widersprechen ,rechtlich wirksam widersprechen' (fol. 22 recto 11). Die Präpositionen bzw. Adverbien haben in diesen Fällen fast schon die Funktion von Präfixen, deren ursprüngliche oder eigentliche Bedeutung dem Sprecher nicht mehr voll bewußt gewesen ist. Besonders deutlich ist dies bei den Zusammensetzungen mit ent-, bei denen die ursprüngliche Bedeutung von anti- ,auf etwas hin, von etwas weg' weitgehend verlorengegangen ist: entworten ,sich vor Gericht verantworten' (fol. 29 verso 32) mit entworte ,Antwort, Verteidigung des Beklagten' (fol. 46 recto 2) sind hier als besonders zentrale Begriffe zu nennen. Die häufige Ersetzung von ent- durch unt- in unphan (fol.69 verso 28), untreden (fol.2 verso rechts 15), untschuldigen (fol.67 verso 10) u.a.m. zeigt, daß

38

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Mord und Totschlag in der älteren deutschen Rechtssprache, in: Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde 10, 1988, S. 1 4 3 - 1 7 5 .

39

R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Wik und Weichbild. Möglichkeiten und Grenzen der Rechtssprachgeographie, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 95, 1978, S. 121-157; D I E S . , Rechtssprachgeographie als Sonderfall historischer Wortgeographie, in: Ergebnisse und Aufgaben der Germanistik am Ende des 20. Jahrhunderts, Fs für Ludwig Erich Schmitt, hg. von E L I S A B E T H F E L D B U S C H , Hildesheim - Zürich - New York 1989, S.39-95, insb. S.66f.

226

Ruth

diese Partikel bereits zu einem Präfix geworden ist. In diesen Fällen liegt denn auch Zusammenschreibung vor, wie mit einem Blick auf die diplomatische Umschrift leicht festzustellen ist.

8. Präfixbildungen Eine Möglichkeit, „Fachwörter" bzw. „Rechtswörter im engeren Sinne" zu bilden, war mit den Affixen, den Prä- und Suffixen, gegeben, mit denen Nomen und Verben zusätzlich ausgestattet werden konnten 4 0 . Uber ent- (s.o.) wurde bereits gesprochen. Vergleichbar sind ir- in irloiben ,erlauben von Seiten des Richters' (fol. 25 verso 30), dazu urlop ,Erlaubnis des Richters' (ebd. 32) mit gleichbedeutendem orlop (fol. 19 recto 26 u. ö.). In Rechtstexten häufig verwendet wird auch das Negationspräfix un- in Wörtern wie unverhaln (fol. 34 recto 18) bzw. unverholn (fol. 43 verso 29, 57 verso 5), unverstoln (fol. 43 verso 29), das durch Assimilation (s.o. S.210) auch zu um- wie in umbescholden (fol. 83 recto 1) verändert sein kann. Dies ist am diplomatischen Text leicht nachzuprüfen. Das Präfix ver- wird in W fast immer durch vor- wiedergegeben, so in vorlouken ,verleugnen, ableugnen' (fol. 16 recto 25) und vorrethere (fol. 29 recto 32); doch schwanken die Texte. Was die Häufigkeit angeht, so stehen die Präfixe beund ge- eindeutig an der Spitze. Durch sie werden Bezeichnungen spezifisch rechtssprachlicher Bedeutung und Funktion gebildet, die sich darin von den Bezeichnungen allgemeinsprachlicher Art ganz spezifisch unterscheiden. Aufgrund der Vagheit ihrer Bedeutung bzw. Multifunktionalität, diese bei be-, jene bei ge-, waren sie dazu besonders gut geeignet. Wieder brauchen nur einige wenige Beispiele genannt zu werden.

Schmidt-Wiegand

9, 13) neben erben ,vererben' und ,Erbe nehmen' (fol. 62 recto 21). Das Präfix ge- hat bei Verben ursprünglich den Bezug auf Eintritt oder Abschluß einer Handlung wiedergegeben. Es hatte also eine „perfektivierende" wie „futuristische" Funktion. In der Rechtssprache folgert daraus eine Verstärkung oder Intensivierung wie bei gebiten ,gebieten, befehlen, auffordern' gegenüber biten ,anbieten', ,erbieten'; gebrechen ,streitig machen, entziehen' neben brechen ,brechen, widerrufen, verlieren' usw. Das Präfix ge- tritt aber auch bei Substantiven mit kollektivierender Funktion auf wie bei genoz ,Standesgenosse' (fol. 21 recto 30), gesinde ,Dienerschaft, Gesinde' (fol. 33 recto 1), geverte ,Genösse, Gefährte' (fol. 13 verso 22). Von beiden Aspekten aus, dem der Kollektivierung wie dem der Intensivierung, sind mit ge- eine Fülle von Rechtswörtern gebildet worden, die in ihrer Zeit und zum Teil bis heute ihre rechtliche Bedeutung bewahrt haben wie gebot , Gebot, Vorschrift, Befehl', im Ssp auch ,Verbot' und beschlagnahme' (fol. 58 recto 10f.), gedinge Nutzungsrecht', Rechtsanspruch auf ein Gut' (fol. 18 verso 22), geleite ,Geleitrecht' (fol. 2 recto links 25) bzw. ,Geleitschutz' (fol.33 recto 7), gerade ,Aussteuer, Frauengut' (fol. 12 recto 8 u. ö.), gerichte (passim), geruchte (fol. 10 verso 7) und gerufte (fol. 24 recto 26), gesetze ,Gesetz, Festsetzung, Bestimmung', gewalt (fol. 10 recto 16 u.ö.), gewette ,Geldbuße, die man dem Richter zahlen muß' (fol. 22 recto 26), gewerfe) Rechtskräftig gesicherter Besitz' (fol. 15 verso 20), ,Besitzrecht' (fol. 36 verso 11) und ,Gewährschaft' (fol. 30 recto 16).

9.

Suffixbildungen

Das Präfix be-, das von seiner Etymologie her mit der Präposition bei in eins gesetzt werden kann, hat als ein typisches Verbalpräfix seine ursprüngliche Bedeutung verloren. In rechtssprachlichen Texten dient es zur Bildung von ,Rechtswörtern im engeren Sinne', d. h. zur Bedeutungsspezialisierung und -differenzierung. So tritt neben klagen nun beklagen ,vor Gericht klagen, Anklage erheben, verklagen' als ein besonderer Terminus der Rechtssprache, der sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat; beleiten ,Geleitschutz gewähren' (fol. 2 recto links 19) neben leiten ,führen'; belenen ,belehnen im Sinne des Lehnrechts' neben lenen ,leihen' (fol. 22 verso 30 u. ö.); beerben ,Erbe erhalten, beerben' (fol. 65 recto

Die Rechtssprache als Fachsprache wie als Sprache des Rechtslebens von erheblichem Alter benötigt seit jeher Abstrakta, die in der Regel mittels bestimmter Suffixe 41 gebildet worden sind. Einzelne von ihnen wie -schaft, -heit und -tum sind aus selbständigen Nomen hervorgegangen, wie noch im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen belegtes schaft ,Beschaffenheit', heit ,Wesen, Beschaffenheit, Stand' und tuom V e r hältnis, Stand, Würde' beweisen. Andere Formen der Abstraktbildung wie der Femina auf -e und -t reichen hinter das Deutsche, in das Germanische und Indogermanische, zurück. In der Gruppe der Femininabstrakta auf -e sind Ableitungen von Eigenschaftswörtern wie hulde (fol. 50 recto 28 u.ö.) zu hold und

40

41

HENZEN

S. 66 ff.

(wie

Anm. 35)

S . 9 8 ff.;

ERBEN

(wie

ANM.

35)

HENZEN

S. 76 ff.

(wie A n m . 3 5 ) S. 109ff.;

ERBEN

(wie A n m . 3 5 )

Der

Ableitungen von Verben wie süne zu sünen, suonen zusammengefallen. Meist handelt es sich wie bei vare, volge usw. um Bezeichnungen f ü r eine rechtlich gewertete Tätigkeit. Mit dem Suffix -t bzw. -ti wurden bereits im Idg. Verbalabstrakta, besonders Nomina actionis von starken Verben, gebildet. Im Ssp gehören in diese G r u p p e Femininabstrakta wie macht (fol. 2 recto links 19) zu mac/mugen, phlicht (fol. 42 recto 3) zu phlegen, geburt/gebort (fol. 25 recto 30 u. ö., 56 recto 17 u. ö.) zu bern ,tragen', notnunft (fol. 42 verso 25) mit Gleitlaut - / - zu nemen, schult (fol. 66 verso 4 u. 6) und unschult (fol. 45 verso 18) zu sal/suln, vorgift ,Gift' (fol. 29 verso 8) zu geben, vlucht (fol. 34 recto 14) zu vliehen usw. Auch schaft zu schaffen gehört in diesen Zusammenhang. W ä h r e n d die Femininabstrakta auf -t in mittelhochdeutscher Zeit nicht mehr recht produktiv gewesen sind, entfaltete -schaft als Suffix eine reiche Produktivität. Von seiner G r u n d b e d e u t u n g B e s c h a f fenheit' aus eignet es sich nicht allein wie bei botschaft (fol.29 recto 33), Wissenschaft (fol. 12 recto 30) und unwissenschaft (fol. 73 recto 8) zu Ableitungen von Verben, sondern auch f ü r Ableitungen von N o m e n . Diese Ableitungen bezeichnen wie bei eigenschaft ,Knechtschaft, Unfreiheit' (fol. 46 verso 21) häufig einen rechtlich-sozialen Zustand oder eine dementsprechende Institution wie bei burmeisterschaft (fol. 84 verso 1), geburschaft (fol. 56 verso 10 f.), gouschaft (fol. 23 recto 3), graveschaft (fol. 23 recto 21 u. ö.) und lantgraveschaft (fol. 52 recto 5), manschaft (fol. 8 recto links 1 u. ö.) und vormundeschaft (fol. 18 verso 3). Eine vergleichbare Funktion haben offensichtlich die Suffixe -heit und -tum gehabt. Die Ableitungen mit -tum, -tuom, das selbst eine Abstraktbildung zu dem Verb mhd. tuon ist und das als selbständiges W o r t mit as. afries. döm ,Urteil, Gericht' ein Rechtswort von zentraler Bedeutung gestellt hat 4 2 , sind im Ssp noch herzogtum (fol. 52 recto 3) und schultheistum (fol. 79 verso 17) belegt. Besonders produktiv scheint also dieser Typ zur Sachsenspiegelzeit nicht gewesen zu sein. Entsprechendes gilt auch f ü r die Ableitungen mit -heit, die erst in der Mystik so recht M o d e geworden sind.

42

227

Rechtswortschatz

K A R L F R E D R I K F R E U D E N T H A L , Arnulfingisch-karolingische Rechtswörter, Göteborg 1 9 4 9 ; H U G O M O S E R , Deutsche Sprachgeschichte der älteren Zeit, in: Deutsche Philologie im Aufriß, hg. von W O L F G A N G S T A M M L E R , Berlin 2 1 9 5 7 , Nachdruck Berlin 1 9 6 6 , Bd.I Sp. 6 2 1 - 8 5 4 , insb. S p . 7 2 8 F . u. 8 4 6 . Jetzt auch R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Artikel ,Urteil', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 5 , Sp. 6 1 0 f.

Dieses Suffix tritt besonders häufig an Eigenschaftswörter wie gewis, gewon ,gewohnt', kranc, stetig, unkiusch, war und warlos an und ist in W in gewisheit (fol. 3 recto rechts 11), gewonheit (fol. 25 verso 10), krancheit (fol. 17 recto 4), Stetigkeit (fol. 10 verso 33), unküscheit (fol. 12 recto 1), wärheit (fol. 20 verso 24) 4 3 und warlösekeit (fol. 5 verso links 22) belegt. Auch ein zentraler Begriff wie vriheit , Stand der Freien' ist hier zu nennen: Vriheit is abir drierhande (fol. 10 recto 22): Schöffenbarfreie, Pfleghafte und Landsassen, heißt es Ldr I 2 §1. Von Substantiven wie kint, kristen, mensch und tör aus sind mit -heit zentrale, ja universale Begriffe wie kintheit (fol. 17 recto 4), kristenheit (fol. 41 recto 26), menscheit (fol. 41 recto 9) und torheit (fol. 17 recto 4) gebildet, die freilich mehr der Allgemeinsprache als der Rechtssprache zuzurechnen sind. Weitaus am produktivsten ist das Suffix -unge gewesen, das wahrscheinlich mit älterem -inge identisch ist. Es w a r in allen westgerm. Dialekten zur Ableitung von Verben verfügbar; ursprünglich diente es aber, wie die Verwandtschaft mit - inge nahelegt, zur Bildung von Denominativa. Im Ssp überwiegen die Deverbativa besonders da, wo es um z . T . zentrale Rechtsbegriffe geht, die neu gebildet werden mußten. H i e r sind etwa zu nennen: absunderunge ,Abfindung bzw. Auszahlung künftiger Erben' (fol. 4 verso links 14), besserunge A u s besserung' (fol. 2 recto links 17), bewisunge ,Einweisung in ein Gut' (fol. 62 recto 12) und inwisunge ,dass.' (fol. 27 verso 1), ladunge ,Vorladung vor Gericht' (fol. 77 verso 26), lenunge ,Belehnung' (fol. 61 recto 14) und Hunge ,dass.' (fol. 71 verso 14), losunge F r e i l a s sung' (fol. 47 recto 9), marcscheidunge ,Gemarkungsgrenze' (fol. 79 verso 4), nötwerunge ,Notwehr' (fol. 40 verso 12), saczunge ,Verpfändung' (fol. 69 verso 5), samunge ,Versammlung des Heeres' (fol. 60 recto 16), sinnunge ,Lehensbegehren' (fol. 64 verso 29), sizzunge ,Festsetzung, Verurteilung' (fol. 57 recto 12), statunge ,Erstattung, Vergütung' (fol. 62 verso 14), teilunge ,Erbteilung' und erbeteilunge (fol. 14 recto 2) ,Erbteilung, Erbtrennung', vorvestunge , Gerichtliche Achtung, Bezirksacht' (fol. 22 verso 22), zcweiunge ,Halbbürtigkeit' (fol. 11 recto 10). Ein besonderer Fall sei seiner Kuriosität halber hier noch erwähnt. Die mit den -«»^-Ableitungen später konkurrierenden Bildungen auf -nis, -nisse sind im Ssp nur spärlich vertreten. Die Ableitungen von Verben bezeichnen meist das Ergebnis einer Tätigkeit, die nomi-

43

K A R L K R O E S C H E L L , Wahrheit und Recht im frühen Mittelalter, in: Sprache und Recht (wie Anm. 14) S.455-473.

Ruth Schmidt- Wiegand

228 nalen Ableitungen meist einen Zustand. Im Ssp sind bedütnis ,Bedeutung' zu diuten ,deuten' (fol. 10 recto 10), gevencnisse ,Gefangenschaft' zu vähen, vangen (fol. 46 recto 24 u.ö.), vengnisse ,dass.' (fol. 67 verso 10) und kentnisse ,Kenntnis' (fol. 61 recto 4) belegt. In dieser Gruppe, die zunächst Abstrakta umfaßte, läßt sich bei einigen Bezeichnungen wie Verzeichnis, Zeugnis, Hindernis eine Entwicklung zum Konkreten hin beobachten. Auch Gefängnis, das im Ssp noch ganz abstrakt für ,Gefangenschaft' als Ergebnis der Gefangennahme gebraucht wird, hat an dieser Entwicklung teilgenommen.

10. Adjektiv

+

Substantiv

Für den Autor des Ssp war die Bildung der einschlägigen Rechtsbegriffe offenbar noch im Fluß. Manche Entwicklungen wie das Wuchern der Bildungen auf -tum und -heit sowie -nisse, -nis setzten erst später ein. Die Bildungen auf -unge scheinen hier eine Ausnahme zu machen. Insofern kam dem Adjektiv als einem zusätzlichen Merkmalspender für die Unterscheidung der Rechtswörter von den Wörtern der Allgemeinsprache eine besondere Bedeutung zu. Eike verwendete Fügungen aus Adjektiv + Substantiv besonders häufig und definierte auch zusätzlich die auf diesem Wege gewonnene Begrifflichkeit. Ein Beispiel wurde bereits genannt: hanthafte tat mit allgemeinsprachlichem tat (fol. 22 verso 31), das durch das Adjektiv hanthaft rechtssprachlich auf die Bedeutung ,frische Tat, bei der der Täter die Waffen noch in der Hand hat', festgelegt wird. Ein anderes Beispiel ist echte bzw. ehafte not, d.i. der ,rechtlich anerkannte Hinderungsgrund, vor Gericht zu erscheinen', nämlich Krankheit, Gefangenschaft, Heeres- oder Reichsdienst (fol. 67 verso 10). Die besondere Funktionalität, die Adjektive in einem Rechtstext haben können, läßt sich auch daran ablesen, daß einige von ihnen durch Konversion, d. h. Wortartenwechsel, zu Substantiven geworden sind. Das gilt gerade auch für so zentrale Begriffe wie recht, gut und eigen, die, der Bedeutung dieser Begriffe entsprechend, im Text der Wolfenbütteler Bilderhandschrift mit einer Fülle von Belegen und mancherlei Bedeutungsvarianten, in Ableitungen und Zusammensetzungen vertreten sind. Dies gilt besonders für Recht, das sich von dem Adjektiv recht , gerade gerichtet, richtig' herleitet 44 . Das

Wort ist im Ssp häufig vertreten und kann hier die Bedeutungen ,Recht', ,Gericht', , Rechtsspruch' und Rechtsanspruch' haben. Es sei hier an den Kernsatz des Prologs Got is selber recht, dar umme is im recht lip (fol. 9 verso 16 f.) erinnert. Ohne auf die Begriffsgeschichte des Wortes einzugehen, die einer eigenen Studie wert wäre, sei angemerkt, daß recht als Bezeichnung des objektiven wie subjektiven Rechts älteres e < ewa , Recht, Gesetz, Bund' abgelöst hat, das in W nur in bezug auf den Bund Gottes mit den Menschen, also im Blick auf die heilsgeschichtliche Entwicklung (fol.9 verso 31, 15 recto 8, 41 recto 28, 47 recto 6a), gebraucht wird sowie mit der noch heute bei Ehe gebräuchlichen semantischen Einengung auf den Rechtlichen Bund der Ehe' (fol. 19 recto 25). Uber die Ableitung ehaft/echt , rechtmäßig, ehelich' wurde bereits an anderer Stelle gesprochen. Auch elich ,ehelich' (fol. 11 recto 8) als Möglichkeit einer jüngeren Ableitung wäre hier zu nennen. Das Adjektiv eigen ,hörig, leibeigen', auch in Wortverbindungen wie eigenman (fol. 1 verso links 16f.) und eigenkint (fol.21 verso 6), aber von eigenen luten, kann für sich stehend als Substantiv mit der Bedeutung , H ö riger' bzw. ,Hörige' gebraucht werden: is si eigen, man mag si vrilasin (fol. 21 verso 6). Auch die Bezeichnung der Unfreiheit als eigenschaft (fol.46 verso 21 u.ö.) wurde bereits erwähnt. Unabhängig von dieser Entwicklung ist eigen als Substantiv eine Bezeichnung für , Eigentum', besonders an Liegenschaften: der son sal sin vorteilt egenes unde lenes (fol. 1 recto 14). Mit dieser Bedeutungsspezialisierung ist das substantivierte Adjektiv sowohl im MRLF wie im Ssp belegt. Entsprechend häufig ist substantiviertes gut mit den Bedeutungen ,Gut, Lehensgut', ,Besitz' und ,Vermögen' in beiden Texten vertreten. Der Multifunktionalität, die Adjektive bzw. Adverbien im Rechtstext haben können, entspricht die Vielfalt ihrer Formen durch Ableitung 45 . Neben den einfachen Formen oder Simplicia wie arm und rieh, lang und kurz, alt und elter stehen Ableitungen mit Präfixen wie be-, ge-, un- oder Suffixen wie -ig/-ic, -lieh, -haft und -los, Rechtswörter im engeren Sinne. Die wohl größte Gruppe bilden die Adjektive auf-ig/-ic, die auch

bindung mit STACKMANN

44

Reht und ewa. Die Epoche des Althochdeutschen in ihrer Bedeutung für die Geschichte der deutschen Rechtssprache, in: Althochdeutsch, in VerRUTH SCHMIDT-WIEGAND,

HERBERT -

HEINRICH

KOLB

-

KLAUS

TIEFENBACH

-

MATZEL LOTHAR

-

KARL VOETZ,

Bd. 2: Wörter und Namen, Forschungsgeschichte, Heidelberg 1987, S. 937-958. 45 H E N Z E N (wie Anm.35) S . 195 ff.; E R B E N (wie Anm. 3 5 ) S . 94 ff.

Der

Rechtswortschatz

heute noch am häufigsten sind. Mit ihrer Hilfe werden Ableitungen von Abstrakten wie Konkreten gebildet: von den abstrakten Bezeichnungen, Vorgangs- und Zustandsbezeichnungen, von den konkreten Bezeichnungen für eine Eigenschaft. Im Text des Ssp überwiegen hier eindeutig die Ableitungen von abstrakten Bezeichnungen wie ebenbürtig (fol. 13 recto 3), hervluchtig (fol. 19 verso 25), miselsuchtig ,aussätzig' (fol. 50 recto 8), phlichtic (fol. 13 recto 2), schuldig (fol. 12 recto 33), wegevertig (fol. 35 recto 25 f.), ungloubig ,ketzerisch, heidnisch' (fol. 29 verso 7) usw. Ähnlich häufig sind die Adjektive auf -lieh vertreten, - ein Suffix, das wiederum auf ein selbständiges Wort mit der Bedeutung ,Leib, Körper' zurückgeht. Wie bei den Adjektiven auf -ig/-ic handelt es sich auch hier um Ableitungen von Substantiven, Personen- und Gegenstandsbezeichnungen, zu denen eine gewisse Zugehörigkeit oder Ähnlichkeit besteht; hinzu kommen Ableitungen von anderen Adjektiven und Verben, die dann einen Vorgang oder Zustand fixieren. Es mögen hier nur keiserlich (fol.41 recto 13) und kuniclich (fol. 19 verso 1 f.), schedelich (fol. 3 recto rechts 13) usw. genannt werden. Besonders häufig werden aus dieser Gruppe die notwendigen Adverbien genommen, von denen einige so fest geworden sind, daß sie auch heute noch - freilich mit abweichender Bedeutung - gebraucht werden: bescheidelich festgesetzt, bestimmt, bedingt' (fol. 69 verso 12), gemeinliche η gemeinschaftlich' (fol. 2 verso rechts 30), gewislichen ,zuverlässig, auf sicherstellende Art und Weise', redelich (fol. 51 recto 28), offenlichen (fol.2 verso links 25), vrevelichen (fol. 1 recto 17), willecliche (fol. 3 recto links 32) und wissinlich (fol. 14 verso 31) usw. Die Grenzen zwischen den Adjektivgruppen auf -ig/-ic und -lieh sind fließend, - möglicherweise auch bedingt durch dialektale Unterschiede: -igl-ic gehört eher in das Mitteldeutsche, -lieh ist stärker im Oberdeutschen vertreten. In W hat man es jedenfalls mit einem Mischtext zu tun. In ihm steht dubig (fol. 33 verso 9, 35 recto 2) neben duplich (fol. 34 verso 10) und roubig (fol. 3 verso rechts 10) neben rouplich (fol. 16 verso 29); auch dubish ,diebisch' (fol. 3 verso rechts 6) ist belegt. Von diesem Schwanken zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Ableitung ist auch billich betroffen gewesen, wie seine Wortgeschichte zeigt. Im Ssp ist das Wort in der genannten Form und mit der Bedeutung , angemessen, zu Recht, billiger Weise' (fol. 15 verso 23, 63 recto 26) belegt 46 , hinzu kommt die negierte Form unbillich (fol. 84 verso 23 f.). Hier

4 6 KLUGE - SEEBOLD ( w i e A n m . 1 4 ) S. 8 5 .

229 könnte billich auch zu einer Gruppe -isch/-ich gehören, zu der auch dubish ,diebisch' zu zählen ist. Ursprünglich bezeichneten Adjektive dieser Art die Abstammung oder Herkunft, wie im Ssp auch bei wendisch (fol. 54 recto 7 u. 55 recto 3). Bei -haft handelt es sich um ein ursprünglich selbständiges Adjektiv mit der Bedeutung ,verbunden mit', das schon im Voralthochdeutschen zum Suffix geworden ist. Hier ist es in hanthafte tat (s.o.) bereits begegnet. Zu ergänzen sind nun libhaft , lebend' im erbrechtlichen Zusammenhang (fol. 18 verso 26), schadehaft (fol. 56 verso 21), werhaft (fol. 43 verso 37), wettehaft ,zur Zahlung eines Gewettes verpflichtet' (fol. 46 recto 5), wissenthaft (fol.48 verso 5), hier substantivisch im Sinne von ,ohne sein Wissen' gebraucht, wonhaft (fol. 4 recto links 15). Eine besondere Stellung hat phleghaft ,zur Abgabe = Phlege verpflichtet'. Im Text des Ssp ist dieses Adjektiv wieder substantiviert; Der phleghafie ist der ,Abgabenpflichtige' (fol. 10 recto 24 u. ö.). Ähnlich ist schephinbäre mit dem Suffix -bär, -beere in schephinbare lute (fol. 10 recto 23) und schephinbarvn (fol. 49 verso 27) zu einem festen Standesbegriff geworden. Das Suffix -bär, das auf ein Adjektiv ,tragend' zurückgeht und im Neuhochdeutschen zur Zeit eine große Produktivität entfaltet, ist in W nicht allzu häufig belegt: seintbar < sentbär ,gerichtsfähig' (fol. 1 verso links 12) und schephinbar sind als Belege im MRLF und im Ssp zu nennen. Auf dem Wege zum Suffix war zweifellos schon in der Sachsenspiegelzeit das Adjektiv lös ,frei, ledig', das mehrfach in Kompositionen wie echtelos (fol. 21 recto 33), erbelos (fol. 18 recto 7), erlös (fol. 29 recto 23), rechtelos (fol. 21 recto 33), sinnelos (fol. 43 recto 3) und truwelos (fol. 19 verso 24) zur Bildung von Begriffen rechtlichen Inhalts benützt worden ist. Hier ist noch kurz über die Präfixe bei Adjektiven zu sprechen. Das kollektivierende oder soziierende geht bei gemeine , gemeinsam' bzw. , allgemein' belegt: das ist der gebure gemeine zu trinkene (fol. 53 recto 10), ferner bei getrüwe (fol. 59 verso 12); auch die adjektivisch gebrauchten Partizipien mit ge-, bei denen die perfektivierende Funktion des Präfixes nachwirkt, ist hier anzumerken. Beispiele im Ssp sind geboren/geborn ,geboren, abstammend, herkünftig' (fol. 11 recto 11 u. ö.), gelobt ,versprochen' (fol. 44 verso 1) und gezweiet , geteilt, getrennt' in bezug auf die eheliche Gütergemeinschaft (fol. 18 recto 28). Auch die Präfixbildungen auf be- (s.o.) haben diese Entwicklung geteilt, wie bescholden (fol. 29 recto 10) mit unbescheiden (fol. 29 recto 10) zeigt. Andere Adjektive aus Partizipien, die in der Rechtssprache ihren festen Platz haben, sind abgesundert (fol. 13 verso 31 f.), angeborn (fol. 14 verso

230

Ruth Schmidt- Wiegand

If.), usgeradet (fol. 11 verso 32), vorkouft (fol.6 verso rechts 21). Der Aspekt der Abgeschlossenheit des Vorgangs unterstreicht hier die notwendig damit verbundene Verbindlichkeit des Zustands. Eine relativ große Gruppe bilden die Adjektive mit Präfix un-, das eine Negation ausdrückt; außer den bereits genannten unbillich (fol. 84 verso 23f.), unbescholden (fol. 29 recto 10), unecht (fol. 48 recto 32) sind unelich (fol. 19 recto 28 u.ö.), ungezweit (fol. 6 verso rechts 9), ungetruwelich (fol. 46 verso 1) und ungewaldig (fol. 20 recto 2) zu nennen. 11. Sachsenspiegelwortschatz

und

Sprachausgleich

Auf das Ganze gesehen hat der Sachsenspiegel einen eher konservativen als innovativen Rechtswortschatz, vergleicht man ihn mit anderen Rechtsquellen des 13./14. Jahrhunderts, vor allem mit dem Wortschatz der Urkunden 4 7 . Eike von Repgow hat altertümliche Rechtswörter wie hantgemal, die schon von seinen Zeitgenossen nicht mehr verstanden worden sind, benützt, ohne ihnen eine Erklärung beizugeben 48 . Als Bezeichnung für die regelmäßige Abgabe der zinspflichtigen Bauern hat er das „altmodische" plege/phlege beibehalten 49 , das durch die Standesbezeichnung der pleghaften/phleghaften gestützt wurde. Rein zahlenmäßig aber überwiegt das Lehnwort tins/zins < lat. census50. Für den Begriff der ,beweglichen Habe' werden im Ssp die Begriffe varnde guot oder varnde habe gebraucht, obwohl die städtischen Urkunden längst zu dem jüngeren Begriff bzw. seiner Bezeichnung übergegangen sind 51 . Wie denn überhaupt der Sprachgebrauch der Urkunden

47

KARL BISCHOFF,

Zur Sprache des Sachsenspiegels von Eike von Repgow, in: Zeitschrift für Mundartforschung 19, 1943/44, S. 1-80, insb. S.43f. 4 8 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , hantgemcelde (Parzival 6 , 1 9 ) . Rechtswort und Rechtssinn bei Wolfram von Eschenbach, in: Studien zu Wolfram von Eschenbach, Fs f ü r Werner Schröder, hg. von K U R T G Ä R T N E R - J O A C H I M H E I N Z L E , Tübingen 1 9 8 9 , S. 3 3 3 - 3 4 2 . 49 Zu as. plegan verantwortlich sein, einstehen für' vgl. KLUGE (wie Anm. 1 4 ) S. 5 4 5 ; E R I C H M O L I T O R , Die Pfleghaften des Sachsenspiegels im Sächsischen Stammesgebiet (Forschungen zum deutschen Recht I V , 2) Weimar 1 9 4 1 ; H A N S THIEME, Artikel ,Pfleghafte', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (wie Anm. 6 ) 3 , Sp. 1 7 3 3 - 1 7 3 6 . 50

KLUGE (wie A n m . 14)

51

Mit weiteren Beispielen R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Textsorte und Rechtsquellentyp in ihrer Bedeutung für die Rechtssprachgeographie, in: Text- und Sachbezug (wie Anm. 14) S. 21-37, insb. S. 30.

S.885.

innovativer gewesen ist als der der Rechtsbücher gleicher oder auch jüngerer Zeit. Dieser konservative Grundzug in der Sprache des Rechtsbuches Schloß nicht aus, daß der Ssp in bezug auf den Rechtswortschatz zum niederdeutsch/hochdeutschen Sprachausgleich 52 beigetragen hat, der Grundlage der neuhochdeutschen Schriftsprache wurde. Die Tatsache, daß mit diesem Rechtsbuch die hochdeutsch/niederdeutsche Sprachgrenze überschritten worden ist 53 , wird dabei meist mit den oberdeutschen Fassungen des Deutschen- und des Schwabenspiegels 54 in Zusammenhang gebracht. Es ist aber auch an die Umsetzung des ursprünglich niederdeutschen Textes 55 in das Mitteldeutsche zu denken, die schon sehr früh eingesetzt hat. Denn bei einer der ältesten Handschriften des Ssp überhaupt, bei der Quedlinburger Handschrift 56 , die noch dem 13. Jahrhundert angehört, handelt es sich bekanntlich um einen mitteldeutschen Text mit besonders vielen niederdeutschen Reliktwörtern. Dieser Bestand an nd. Reliktwörtern geht im Laufe der Zeit in den md. Texten zurück, wie ein Vergleich mit jüngeren Hss., z.B. einer Merseburger Hs. des 15. Jahrhunderts, zeigt 57 . Auch die md. Bilderhandschrif-

52 Zum Grundsätzlichen vergleiche W E R N E R B E S C H , Sprachlandschaften und Sprachausgleich im 15. Jahrhundert. Studien zur Erforschung der spätmittelhochdeutschen Schreibdialekte und zur Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache, München 1967; U L R I C H K R I E G E S M A N N , Die Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache im Widerstreit der Theorien (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte Bd. 14) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1990, insb. S. 213-241. 53 Hierzu auch R U D O L F G R O S S E , Die mitteldeutsch-niederdeutschen Handschriften des Schwabenspiegels in seiner Kurzform. Sprachgeschichtliche Untersuchung (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-hist. Kl. Bd. 56, Heft 4) Berlin 1964, insb. S. 118. 54 Zu den verschiedenen Rechtsbüchern jetzt U L R I C H - D I E T E R O P PITZ, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd.I, Beschreibung der Rechtsbücher, Köln - Wien 1990, insb. S. 34 ff. 55 R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Der Sachsenspiegel. Überlieferungs- und Editionsprobleme, in: Der Sachsenspiegel als Buch, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D - D A G M A R H Ü P PER (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte Bd. 1) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1991, S. 19-56. 56 U L R I C H - D I E T E R O P P I T Z , Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd. II, Beschreibung der Handschriften, Köln Wien 1990, Nr. 657, S. 545 f.; J U T T A F L I E G E , Die H a n d schriften der ehemaligen Stifts- und Gymnasialbibliothek Quedlinburg in Halle, Halle/S. 1982, S. 58-59. 57

OPPITZ (wie A n m . 56).

231

Der Rechtswortschatz ten des Ssp stehen in dieser Entwicklung, wie die nd. Reliktformen der Wolfenbütteler Hs. beweisen 58 . Zu dem Bestand der Wörter, die mit dem Ssp aus dem Niederdeutschen in das Hochdeutsche vorangetragen worden sind und heute noch weiterleben, indem sie ihre spezifisch rechtliche Bedeutung aufgegeben haben, gehören Gerücht, echt und billig. Mit typisch rechtssprachlicher Bedeutung und Funktion aber hat sich Vortnund59 erhalten. In Bamberger Urkunden des 12. Jahrhunderts ist zwar die latinisierte Form foramundus schon belegt, doch erst mit dem Ssp hat sich md. voremunde, das auch im Mühlhäuser Reichsrechtsbuch begegnet, gegenüber den konkurrierenden Bezeichnungen im deutschen Sprachraum voll durchsetzen können 60 . Die gleichbedeutenden Bezeichnungen wurden damit an den Rand gedrängt bzw. auf landschaftlich begrenzte Sprachräume beschränkt: Gerhab auf das BairischOsterreichische, Momber auf den fränkischen Westen, Vogt auf das Umland des Rheins, Träger auf den deutschen Südosten, Pfleger auf die Schweiz und Schwaben, Treuhaider auf Hessen.

12. Das Verzeichnis

des

Rechtswortschatzes

Das Verzeichnis der Wortformen und Wortbedeutungen des Rechtswortschatzes, das man auch als Glossar 61 bezeichnen kann, enthält die Rechtswörter im engeren und weiteren Sinne. Die Nichtrechtswörter werden nur dann berücksichtigt, wenn sie durch den Kontext eine rechtliche Konnotation erhalten haben,

58

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Die mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels und die sprachgeschichtliche Stellung des Elb-Saale-Raums im H . J a h r h u n dert, in: Fs für Rudolf Große, hg. von SABINE H E I M A N N GOTTHARD

LERCHNER -

ULRICH MÜLLER -

INGO

REIFFEN-

(Stuttgarter Arbeiten zur GermaniStuttgart 1 9 8 9 , S. 9 3 - 1 0 1 .

STEIN - U T A S T Ö R M E R

stik Nr. 2 3 1 ) 59

KLUGE

(wie

A n m . 14)

S. 8 2 6 ,

KLUGE

-

SEEBOLD

A n m . 1 4 ) S . 7 6 9 ; G R U B M Ü L L E R ( w i e A n m . 1 4 ) ; VON

(wie

OLBERG

(wie Anm. 1 4 ) ; ferner E B E R H A R D F R H R . VON K Ü N S S B E R G , Rechtssprachgeographie (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. Jg. 1 9 2 6 / 2 7 , 1 . Abh.) Heidelberg 1 9 2 6 , S. 3 8 - 4 2 u. Deckblatt 10-14.

60

RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Rechtssprachgeographie als Sonderfall historischer Wortgeographie, in: Ergebnisse und Aufgaben der Germanistik am Ende des 20. Jahrhunderts, Fs Ludwig Erich Schmitt, hg. von E L I S A B E T H F E L D BUSCH, Hildesheim - Zürich - New York 1989, S. 39-95, insb. S. 70-103. 61 S. unten S. 247-331.

wie dies etwa bei banc , Schöffenbank' oder stül, Schöffenstuhl' bzw. lant ,Territorium' u. a. der Fall ist. Die Stichwörter sind alphabetisch und nach Wortarten (Substantive, Adjektive, Adverbien, Verben) angeordnet, wobei die durch Ableitung von Adjektiven gebildeten Adverbien bei diesen erscheinen; nur dann, wenn sie, wie ζ. B. bestimmte Partizipien, bereits voll lexikalisiert sind, haben sie einen besonderen Artikel erhalten. Substantivierte Infinitive haben ein eigenes Stichwort, erscheinen aber nach dem Verb. Das Lemma wird durch Fett- und Kursivdruck hervorgehoben. Es erscheint grundsätzlich in der mitteldeutschen Form des Textes, also gut für guot, biten für bieten usw. Können sich daraus für den Benutzer etwa durch den besonderen Stammsilbenvokalismus Schwierigkeiten der Zuordnung ergeben, so ist die hochdeutsche bzw. oberdeutsche Form beigegeben, die jederzeit ein Nachschlagen im Mittelhochdeutschen Handwörterbuch von Matthias Lexer 62 ermöglicht. Neben Vollformen wie enphähen werden auch die im Text verwendeten Kurzformen wie enphän im Kopfteil der Wortartikel aufgeführt. Auf das Stichwort folgt die Angabe der Wortklasse und die der Bedeutungen, die sich aus dem Kontext belegen läßt. Bei Rechtswörtern im engeren Sinne wie bei gerichte führt die Reihe von der am häufigsten belegten Bedeutung ,Gericht' zu den Spezialisierungen , Gerichtsgewalt', ,Urteilspruch', ,Gerichtsverfahren'. Die allgemeinsprachliche Bedeutung , Mahlzeit' wird hier angehängt. Anders bei den Rechtswörtern im weiteren Sinne wie not: Hier geht die allgemeinsprachliche Bedeutung , Drangsal, Notwendigkeit' mit der daraus abgeleiteten Bedeutung ,Kindesnot' voraus. Es folgen darauf die rechtssprachlichen Bedeutungen , Nötigung, Vergewaltigung' und , Notwehr'. Phraseologische Wendungen wie echte not, rechte not ,rechtlich anerkannter Hinderungsgrund, vor Gericht zu erscheinen' schließen sich an. Für jede Bedeutung wird ein Beleg angeführt; manchmal sind es auch mehrere. Grundlage ist der zitierfähige Text, also ein leicht geglätteter Text ohne Längenzeichen, der dem Textband dieser Ausgabe entnommen ist. Der Paralleldruck der diplomatischen Umschrift dort ermöglicht dem Benutzer jederzeit eine Nachprüfung der handschriftlichen Grundlage. In den Bedeutungsgruppen werden die übrigen nachgewiesenen Belege nach ihrer grammatischen Form (Nominativ bis Akkusativ beim Substantiv, Präsens, Präteritum, Partizip beim Verb usw.) aufge-

62

M A T T H I A S L E X E R , Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. 1-3, Leipzig 1872-1878, Nachdruck Stuttgart 1965.

232 führt. Bei den Stellenangaben bezieht sich die erste Zahl auf die Blattzählung der Handschrift (z.B. 40r = folio 40 recto); die nachgesetzten Zahlen, in dem angeführten Fall 22/23, beziehen sich auf die Zeilenzählung der Ausgabe und die darin enthaltene Wendung bi kuniges banne. Will man nach den Titeln und Artikeln des Ssp zitieren (Ldr II 61 §2), so sind die Angaben hierzu dem Text-Bildleistenkommentar bzw. auch der Synopse am Ende dieses Bandes zu entnehmen. Mit Verweisen auf Hilfsmittel und Literatur wurde im Rechtswortverzeichnis verhältnismäßig sparsam um-

63 Deutsches Rechtswörterbuch (DRWB). Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache, hg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1-8, Weimar 19141991 (Mahlgenosse). 64 Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), h g . v o n ADALBERT ERLER - EKKEHARD KAUFMANN, B d . 1 b i s

4 f., Berlin 1971-1993 (Untereigentum). 65 Wörterbuch der Mittelhochdeutschen Urkundensprache (WMU) auf der Grundlage des Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum J a h r 1300. Unter Leitung von B E T T I N A K I R S C H S T E I N und U R S U L A S C H U L Z E , erarbeitet von

Ruth Schmidt- Wiegand gegangen. Regelmäßig eingesehen wurden das Deutsche Rechtswörterbuch 6 3 , das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte 64 , das Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache 6 5 , der Lexer, das Grimmsche Wörterbuch 6 6 , Trübners Deutsches Wörterbuch 6 7 und das Etymologische Wörterbuch von Friedrich Kluge 68 . Dies ist aber am Fuß der Wortartikel nur dann angemerkt worden, wenn sich aus diesen Werken weitere neue Aspekte für die Wortgeschichte, besonders für die Semantik, ergeben. Querverweise wie z.B. von mag, mac ,Verwandter' nach swertmac beschließen die Wortartikel.

SIBYLLE O H L Y und P E T E R S C H M I T T , Berlin 1986ff. (gesenden). 66 Deutsches Wörterbuch, begr. von J A C O B und W I L H E L M GRIMM, Bd. 1-16, Quellenverzeichnis, Leipzig 1854-1971. 67 Trübners Deutsches Wörterbuch, im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft für deutsche Wortforschung, hg. von A L F R E D G Ö T Z E (Bd. 1 - 4 ) und W A L T H E R M I T Z K A , in Zusammenarbeit mit E D U A R D B R O D F Ü H R E R - A L F R E D S C H I R M E R - M A X G O T T S C H A L D - G Ü N T E R H A H N (Bd. 5-8) Berlin 1939-1957. 68 S.o. Anm. 14.

Brigitte Janz

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels Anmerkungen zur Kodikologie und zur ,Aussagekraft' der Textlücken Mit der Faksimile-Ausgabe 1 der Dresdener Bilderhandschrift 2 des Sachsenspiegels ( = D) und mit den im Umfeld dieses Projektes entstandenen Arbeiten 3 hat 1 Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von K A R L VON A M I R A , I (Facsimile) Leipzig 1 9 0 2 , Neudruck Osnabrück 1968, 11,1 u. 11,2 (Erläuterungen) Leipzig 1 9 2 5 / 2 6 , Neudruck Osnabrück 1 9 6 9 . zuletzt U L R I C H - D I E T E R O P P I T Z , Deutsche 2 Vgl. zu D Rechtsbücher des Mittelalters und ihre Handschriften, I. Beschreibung der Rechtsbücher, II. Beschreibung der Handschriften, Köln - Wien 1990, I I I / l . u. 2. Abbildungen der Fragmente, Köln - Wien 1992, Nr. 450; W O L F GANG M I L D E , Die Dresdener Bilderhandschrift Mscr. Dr. Μ 32, in: Gott ist selber Recht. Die vier Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Oldenburg - Heidelberg - Wolfenbuttel - Dresden. Ausstellung in der Schatzkammer der Bibliotheca Augusta vom 12. Februar bis 11. März 1992, Ausstellung und Katalog: R U T H S C H M I D T - W I E G A N D und W O L F G A N G M I L D E , hg. von der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel in Verbindung mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 67) Wolfenbüttel 1992, S.66f. Vgl. auch RUTH SCHMIDT-WIEGAND, Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels im Vergleich, in: ebd., S. 9-30. 3 V. a. K A R L VON A M I R A , Die Genealogie der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. Kl. XXII. Bd. II. Abt., München 1902, S. 325-385; K A R L VON A M I R A , Die grosse Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm, in: Sitzungsberichte der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., Philos.-philol. Kl., Jg. 1903, H e f t 2, München 1903, S.213-240 und K A R L VON AMIRA, Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Abhandlungen der Kgl. Bayer. Akademie der Wiss., I. Kl., XXIII. Bd., II. Abt., München 1905, S. 163-263 sind hier zu nennen.

Karl von Amira für lange Zeit die Voraussetzungen für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit den Codices picturati geschaffen. Den ersten Band seiner Edition eröffnet er mit einer ausführlichen kodikologischen Beschreibung 4 von D, von der hier nur diejenigen Punkte erneut aufgegriffen werden sollen, in denen von Amira heute als überholt gilt bzw. konkretisiert wurde oder bei denen der Ist-Zustand des Codex Korrekturen erzwingt. Damit sind zunächst die Aspekte , Datierung und Herkunft' der Handschrift, ihre ,Stellung in der Uberlieferung' sowie ihr ,Erhaltungszustand' im allgemeinen, der der Farben im besonderen, avisiert. Im Anschluß daran stehen die in D bzw. in der Wolfenbütteler Handschrift ( = W) fehlenden Blätter, vor allem die 28 Seiten aus D, die der nun vorliegenden Faksimile-Ausgabe von W in diesem Band beigegeben sind, um deren Lücken in bezug auf Text und Bild zu schließen und so den mitteldeutschen Uberlieferungstyp der Codices picturati ganzheitlich zu präsentieren, mit ihren Besonderheiten und Auffälligkeiten und mit der Frage nach den möglichen Gründen für die Verluste gerade dieser Blätter im Zentrum dieses Beitrages. Karl von Amira datiert D nach sorgfältiger Erwägung zahlreicher Anhaltspunkte - Gestalt der Initialen, Textinhalte, Mundart, Besonderheiten der Kostüme, der Waffen u.a.m. - auf ca. 1350-1375 5 und lokalisiert ihre Heimat in dem Raum, „wenn nicht gar in der

4 Vgl. Die Dresdener Bilderhandschrift (wie Anm. 1) I, S.7-13. 5 V g l . e b d . , S. 12 u n d VON AMIRA, G e n e a l o g i e (wie A n m . 3)

S. 373.

234 Stadt Meissen selbst" 6 . In den 40er Jahren unseres Jahrhunderts modifiziert der Historiker Rudolf Kötzschke von Amiras Ergebnisse 7 . In bezug auf D denkt er eher an den Anfang des bei von Amira umrissenen Entstehungszeitraums, ermittelt als Auftraggeber einen wettinischen Fürsten - Friedrich III., der Strenge, Markgraf von Meißen und Landgraf von Thüringen (*1332, f l 3 8 1 ) , oder dessen Bruder Wilhelm I., Markgraf von Meißen (*1343, f l 4 0 7 ) - und betont, „daß die Herstellung der Hs. einer Zeit angehört, in der wesentliche Reformen in der wettinischen Landesverwaltung mit gesteigerter Verwendung schriftlicher Buchungen durchgeführt wurden" 8 . Zuletzt hat Klaus N a ß - ausgehend von den Wappen - die durch von Amira und Kötzschke aufgestellten Thesen zur Datierung und Lokalisierung der Codices picturati überprüft 9 . Für D bestätigt er die Herkunft aus dem Raum Meißen, verlegt aber den Terminus ante quem des Entstehungszeitraums vor auf 1363, da der Illustrator - bei grundsätzlicher Neigung zur Aktualisierung der Territorialwappen - das zu diesem Zeitpunkt bezeugte, neue Lausitzer Stierwappen offensichtlich nicht kannte 1 0 . Behält man den durch von Amira ermittelten Terminus post quem von 1350 bei, ist der für die Entstehungszeit in Frage kommende Zeitraum nunmehr auf 13 Jahre (1350-1363) enger eingegrenzt. Die von Karl von Amira angenommene zentrale Bedeutung von D für die Lokalisierung der Stammhandschrift weist N a ß als ,Uberschätzung' zurück 1 1 . Während , Datierung und Lokalisierung' der einzelnen Handschriften also regelmäßig diskutiert und dabei konkretisiert wurden, sind die stemmatologischen Er-

6 Die Dresdener Bilderhandschrift (wie Anm. 1) I, S. 12. 7 Vgl. R U D O L F K Ö T Z S C H K E , Die Heimat der mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Berichte über die Verhandlungen der Sachs. Akademie der Wiss. zu Leipzig, Phil.-hist. Kl., 95, 2, 1943, S. 1-80. 8

KÖTZSCHKE ( w i e A n m . 7 ) S. 3 6 .

9

Die Wappen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Zu Herkunft und Alter der Codices picturati, in: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, I. Textband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R , II. Tafelband, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion D A G M A R H Ü P P E R - U L R I K E L A D E (Münstersche Mittelalter-Schriften 55/1 u. II) München 1986, I, S.229270.

Brigitte Janz gebnisse Karl von Amiras oft zitiert, aber lange nicht in Frage gestellt worden. Danach hat man „von mindestens drei grossen und überaus werthvollen [...] verschollenen Codices picturati" 1 2 und insgesamt vier Handschriftengenerationen auszugehen: X

Η

O

W Den vier erhaltenen Handschriften liegt ein gemeinsamer Archetyp (X) zugrunde, aus dem über die ebenfalls verlorenen Zwischenglieder Y und Ν zwei Uberlieferungsgruppen entstanden: eine niederdeutsche aus N, die heute nur durch die Oldenburger Handschrift ( = O) vertreten ist, und eine mitteldeutsche aus Y, der D, W und der Heidelberger Codex ( = H ) angehören. Η und D sind Schwesterhandschriften, W ist eine Kopie von D. In letzter Zeit finden sich erste vorsichtige Distanzierungen von dieser herrschenden Auffassung und die Aufforderung, die Genealogie der Bilderhandschriften „neu zu überdenken" 1 3 . Karl von Amiras Angaben zum Erhaltungszustand des Dresdener Codex 1 4 bedürfen sicher der Korrektur. Da die diesbezüglichen Äußerungen in der Literatur

12 VON AMIRA, G e n e a l o g i e (wie A n m . 3) S. 3 7 3 .

13 Vgl. R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Die mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels und die sprachgeschichtliche Stellung des Elb-Saale-Raums im 14. Jahrhundert, in: Festschrift für Rudolf Große zum 65. Geburtstag, hg. von SABINE H E I M A N N - G O T T H A R D L E R C H N E R - U L R I C H

MÜLLER

(Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik 231) Stuttgart 1989, S. 93-101, S.94: „Die Wolfenbütteler Bhs. [...] wahrscheinlich eine Kopie von D"; DIES., Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, in: Frühmittelalterliche Studien 22, 1988, S. 357-388, S.369: „Indem die Illustratoren die Wappendarstellungen der Stammhandschrift ihrer eigenen Umgebung angepaßt und damit aktualisiert haben, liefern sie zugleich dem modernen Interpreten die Indizien für die Einordnung der Uberlieferung in den historischen Kontext. Die Genealogie der Bilderhandschriften des ,Sachsenspiegels' ist von hier aus neu zu überdenken." Zu den Bedenken im einzelnen und zum neuesten Forschungsstand vgl. jetzt R U T H S C H M I D T - W I E G A N D in diesem Band. -

KLAUS NASS,

10 Vgl. N A S S (wie Anm. 9) S.255. 11 Vgl. ebd., S.231 u. 255.

D

14

I N G O REIFFENSTEIN -

U T A STÖRMER

V g l . VON A M I R A ( w i e A n m . 1 ) I , S . 7 f f .

Die Dresdener

Bilderhandschrift

des

235

Sachsenspiegels

s t a r k d i v e r g i e r e n 1 5 , sei dieser hier a u s f ü h r l i c h b e s c h r i e 16

b e n . T a t s ä c h l i c h ist „die E r h a l t u n g d e r H a n d s c h r i f t keine t a d e l l o s e " 1 7 . D a s P e r g a m e n t ist leicht wellig. W a s s e r r ä n d e r f i n d e t m a n a b e r n u r vereinzelt, vorwieg e n d in d e r M i t t e des C o d e x . D u r c h N ä s s e , m ö g l i c h e r weise , n u r ' d u r c h e x t r e m h o h e L u f t f e u c h t i g k e i t h a t die

15 1970 schreibt Walter Koschorreck in seinem Kommentar zur Faksimile-Ausgabe der Heidelberger SachsenspiegelHandschrift über D: „Die Handschrift [...] hat während des Zweiten Weltkrieges leider erhebliche Beschädigungen durch Wassereinwirkung erlitten. Die Illustrationen müssen bis auf wenige Seiten als zerstört gelten." Vgl. Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Faksimileausgabe und Kommentar, hg. von W A L T E R K O S C H O R RECK, Frankfurt/Main 1970, Nachdruck neu eingeleitet von W I L F R I E D W E R N E R , Frankfurt/Main 1 9 8 9 , S. 1 6 1 Anm. 4. Die Einschätzung Koschorrecks zieht sich seitdem durch die Literatur, wird immer wieder unbesehen zitiert, aber auch großzügig zur „weitgehenden Zerstörung" und zur „weitgehenden Unbrauchbarkeit" der Handschrift gesteigert. Solche Gesamteinschätzungen sind grundsätzlich problematisch, liegen nicht der Standort und die Intention des Gutachters offen. Geht es um die ,Brauchbarkeit' der Handschrift für eine repräsentative Ausstellung oder um die Rechtfertigung der veranschlagten Kosten zur Restaurierung bzw. Konservierung? Wird sie beurteilt im Hinblick auf ihre , Brauchbarkeit' als Quelle für eine kunstgeschichtliche oder für eine rechts- oder sprachwissenschaftliche Arbeit? 16 An dieser Stelle sei der Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel und der Sächsischen Landesbibliothek, Dresden für Unterstützung und Entgegenkommen gedankt. Außer auf eigene Anschauung stützt sich die kodikologische Beschreibung auf ein am 15.9.1989 von den Leitern der Restaurierungswerkstätten der HAB und der SLB, Dag-Ernst Petersen und Dr. Antje Tautmann, erstelltes Gutachten zum „Erhaltungszustand des Dresdener Sachsenspiegels und seiner Restaurierung". Mit den erforderlichen Untersuchungen wurde inzwischen begonnen, vgl. D A G - E R N S T P E T E R S E N , Zum Erhaltungszustand des Dresdener Sachsenspiegels und die Möglichkeiten der Konservierung, in: Gott ist selber Recht (wie Anm. 2) S.80f. 17 So VON A M I R A (wie Anm. 1) I, S. 12, aber auch schon DERS., Genealogie (wie Anm. 3). Neben den Seitenverlusten führt er dort auf: „Das Pergament ist stellenweise vergilbt und abgegriffen oder auch angerissen und durchlöchert [...]. Wurmstiche gehen durch den Falz der Lagen. Mehrfach finden sich Spuren von Feuchtigkeit, die den Abdruck der Schrift auf der gegenüberliegenden Seite bewirkte. [...] Die Farben der Bilder sind oft nachgedunkelt oder ausgeblasst. Am meisten gelitten hat der Goldbelag in Bildern und Initialen. An mehreren Stellen ist er abgefallen oder durch Oxydation geschwärzt."

s c h w a r z - b r a u n e E i s e n g a l l u s t i n t e 1 8 Säure entwickelt, ist auf die jeweilige R ü c k s e i t e d u r c h g e d r u n g e n , h a t sich teils gelöst, w u r d e vom Pergament aufgesogen u n d h a t es i n s g e s a m t d u r c h g e h e n d b r ä u n l i c h v e r f ä r b t . D a d u r c h ist d e r K o n t r a s t zwischen Schriftträger u n d Tinte n u r noch gering. D a s Lesen des T e x t e s ist teils m ü h s a m , a b e r n i c h t u n m ö g l i c h , d a d e r P r o z e ß n o c h nicht so weit f o r t g e s c h r i t t e n ist - d u r c h z u r ü c k l i e g e n d e erste R e s t a u r i e r u n g s m a ß n a h m e n m ö g l i c h e r w e i s e auch g e s t o p p t w u r d e - , d a ß Teile des T e x t e s v e r l o r e n g e g a n g e n w ä r e n . G r ö ß e r ist d e r d u r c h F e u c h t i g k e i t s e i n w i r k u n g ausgelöste S c h a d e n auf d e r Seite d e r Bilder. H i e r f i n d e t sich vereinzelt T i n t e n f r a ß , d. h. die T i n t e h a t - f ü r die U m r i s s e d e r Figuren o f f e n s i c h t l i c h s t ä r k e r a u f g e t r a g e n als beim Schreiben - die M e m b r a n z e r s t ö r t , so d a ß gelegentlich F e n s t e r c h e n die Z e i c h n u n g e n k o n t u r i e r e n . P r o b l e m a t i s c h w i r d es bei d e n F a r b e n d e r Illustrationen: In diesem P u n k t ist m a n , w a s d e n u r s p r ü n g l i c h e n Z u s t a n d a n b e l a n g t , auf die B e s c h r e i b u n g K a r l von A m i r a s angewiesen, d a auch die sechs d e r FaksimileA u s g a b e z u s ä t z l i c h beigegebenen F a r b t a f e l n 1 9 w e g e n t e c h n i s c h e r Schwierigkeiten w o h l n i c h t g a n z d e m O r i ginal e n t s p r a c h e n 2 0 . „ M i t L a s u r f a r b e n u n d G o l d sind die Z e i c h n u n g e n b e m a l t . D i e F a r b e n , die mit s i c h e r e r P i n s e l f ü h r u n g a u f g e t r a g e n w u r d e n , sind: M e n n i g e , vielleicht m i t Z i n n o b e r g e m i s c h t [ . . . ] , b r a u n e r u n d violetter O k e r , ein d e m S a f t g r ü n ähnliches C h r o m g r ü n , P e r m a n e n t g r ü n , Smalte, Sepia, S c h w a r z . [ . . . ] V o n allen F a r b e n mit A u s n a h m e von S c h w a r z g e w a n n d e r I l l u m i n a t o r d u r c h V e r d ü n n u n g v e r s c h i e d e n e T ö n e , so d a ß er ζ. B. Sepia bis z u m lichten G e l b , violetten O k e r bis z u m hellsten R o s a a b s c h w ä c h t e . " 2 1 V o n dieser Farbskala ist n u r wenig geblieben. Die Farben h a b e n an Intensität verloren u n d gehen ins Bräunliche. I m Zusammenspiel mit d e m n a c h g e d u n k e l ten U n t e r g r u n d fehlen n u n die K o n t r a s t e . E i n e r d e r

18 Zu den mittelalterlichen Tintenrezepten vgl. B E R N H A R D B I SCHOFF, Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters (Grundlagen der Germanistik 24) 2., überarbeitete Aufl. Berlin 1986, S. 32 ff. und O T T O MAZAL, Lehrbuch der Handschriftenkunde (Elemente des Buch- und Bibliothekswesens 10) Wiesbaden 1986, S. 75. 19 Das sind die Seiten D 4 recto, 17 verso, 19 verso, 49 recto, 57 recto und 65 recto. 20 Vgl. VON A M I R A (wie Anm. 1) I, S. 10. Außerdem haben Farbuntersuchungen ergeben, daß zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert an einigen Stellen ,nachgebessert' worden ist. Den Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Manfred Mühlner, SLB Dresden, schriftliche Mitteilung vom 20.06.1990. 21

V O N AMIRA ( w i e A n m . 1 ) I, S. 10.

236

Brigitte Janz

Grüntöne, das leuchtende Permanentgrün, hat sich zum Schriftspiegel hin verstärkt - bräunlich-grau verfärbt, nun ähnlich dem bei der Kleidung häufig verwendeten Rot-Braun. Der dunklere, auf den Farbtafeln der Faksimile-Ausgabe ins Olive gehende Grünton ist jetzt blau, mit unterschiedlicher Intensität von leuchtend Azuritblau 22 (z.B. der Spitzhut des Schultheißen am Bildrand in D 4 recto 5) bis eher ins Gräuliche gehend (z.B. die Dalmatika des Papstes in D 4 recto 1,2). Die Rot- und Grüntöne der Illustrationen sind in der Regel am äußeren Blattrand, in der untersten Bildzeile, wie überhaupt im Lehnrecht etwas besser erhalten. Zahlreiche v. a. bei den Text-Bild-Buchstaben pastos aufgetragene Farben haben die Feuchtigkeitseinwirkung wohlbehalten überstanden, fallen in der recht farblosen Umgebung um so deutlicher auf und geben einen Eindruck von der ursprünglichen Leuchtkraft der Farben. Auch Mennige, bis zur jetzigen neunten Bogenlage 23 nur für die Initialen, dann auch für die Kleidung eingesetzt, und den Vergoldungen konnte die Feuchtigkeit offensichtlich weniger anhaben. Insgesamt sind die erlittenen Wasserschäden also nicht annähernd so gravierend, wie manche Angaben in der Literatur vermuten ließen. Auch der Vergleich mit anderen, ehemals völlig durchnäßten Pergamenthandschriften der Sächsischen Landesbibliothek zeigte deutlich, daß D von einem solchen Schicksal verschont geblieben ist. Der Text ist vollständig erhalten, und auch die Bilder des Originals bieten noch immer weit mehr als ihre Schwarz-Weiß-Reproduktionen in der Faksimile-Ausgabe. Da jedoch, wo die Farben für die Interpretation von Text und Bild von besonderer Bedeutung sind, ist D als alleinige Quellenbasis völlig unzureichend. Keine der erhaltenen drei mitteldeutschen Bilderhandschriften des Sachsenspiegels ist ohne Blatt- bzw. Lagenverluste geblieben24. Dabei bietet D mit nur acht (von

22 Laut Gutachten (wie Anm. 16) k ö n n t e hier der Farbumschlag einer Kupferverbindung stattgefunden haben. Allerdings stimmen schon die Farbangaben von Amiras im K o m m e n t a r d e r Bilder nicht ganz mit den Farbtafeln übere i n , v g l . z . B . VON A M I R A ( w i e A n m . 1 ) 1 1 , 1 , S . 1 3 5

(zu

D

4 recto 1) und S. 144 (zu D 4 recto 5). 23 Mit dieser Bogenlage beginnt D 57 recto das Lehnrecht. Am Rande sei hier angemerkt, d a ß von Amiras Angaben zu den Kustoden korrigiert werden müssen: Von den römischen Ziffern sind die III, VII und X I ganz weggeschnitten, IUI, V, VI und VIII teilweise, I, II, I X und X ganz erhalten. Vgl. dagegen VON A M I R A (wie Anm. 1 ) 1 , S. 7. 24 Die mittelniederdeutsche Oldenburger H a n d s c h r i f t ist unvollendet, aber ohne Verluste geblieben. Sie überliefert den

100) fehlenden Blättern die vollständigste Überlieferung. Die bruchstückhafteste findet sich in H , der bei nur noch 30 (von wahrscheinlich 92 25 ) vorhandenen Blättern auch das gesamte erste Buch des Landrechts fehlt. Fragen drängen sich auf: Wie kam es zu diesen Verlusten? Wer hat die Blätter genommen? Und vor allem zu welchem Zweck? Erlauben diese Lücken Aussagen über die Funktionsbereiche der Bilderhandschriften? Da dann die Entnahme in Zusammenhang mit der Thematik der Seiten stehen müßte, soll der Frage nach den Inhalten und Besonderheiten der in D und W fehlenden Seiten im folgenden nachgegangen werden 2 6 . Zur besseren Übersichtlichkeit seien deren Lücken gegenübergestellt und jeweils durchnumeriert:

gesamten Text, die Illustrationen brechen jedoch fol.88 recto mit Ldr III 81 § 1 ab. Für die Bilder vgl. die N a c h zeichnungen von G E O R G S E L L O (Staatsarchiv Oldenburg, Best. 2 7 1 - 2 5 , N r . 5 1 ) , f ü r den Text: D e r Sachsenspiegel, Landrecht und Lehnrecht. N a c h dem O l d e n b u r g e r Codex picturatus von 1 3 3 6 hg. von A U G U S T L Ü B B E N . M i t Abbildungen in Lithographie und einem V o r w o r t zu denselben von F R I E D R I C H VON A L T E N , O l d e n b u r g 1 8 7 9 , N a c h d r u c k Amsterdam 1 9 7 0 . Z u r H a n d s c h r i f t T I M O T H Y S O D M A N N , Zur Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie A n m . 9 ) I, S . 2 1 9 - 2 2 8 ; J Ü R G E N G O Y D K E , Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels aus dem Kloster Rastede, in: 175 J a h r e Oberlandesgericht Oldenburg, Köln - Berlin - Bonn München 1 9 8 9 , S. 5 9 7 - 6 4 0 ; W E R N E R P E T E R S , Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels als Textzeuge, in: Niederdeutsches Wort 2 9 , 1 9 8 9 , S. 1 3 - 2 6 ; B R I G I T T E J A N Z , Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, in: Die Beredsamkeit des Leibes. Zur Körpersprache in der Kunst, Katalog zur Ausstellung der Graphischen Sammlung Albertina in Wien vom 13. Mai - 12. Juli 1992, hg. von ILSEBILL BARTA FLIEDL - C H R I S T O P H G E I S S M A R , Salzburg 1 9 9 2 , S. 5 5 - 5 8 und Die Oldenburger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, hg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit der Niedersächsischen Sparkassenstiftung durch R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Redaktion F R I E D R I C H SCHEELE (Patrimonia H e f t 5 0 ) Berlin - Hannover 1 9 9 3 . 25 Vgl. W I L F R I E D W E R N E R , Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels - Anmerkungen zu ihrer G e schichte und zur Kodikologie, in: S C H M I D T - W I E G A N D (wie A n m . 9 ) S . 2 1 3 - 2 1 8 , S.216. 26 Η wird aufgrund ihres stark fragmentarischen Charakters, der f ü r meine Fragestellung kaum mehr Aussagen ermöglicht, nur am R a n d e berücksichtigt. Die Stellenangaben (Buch, Kapitel und P a r a g r a p h e n ) beziehen sich - zum besseren Vergleich mit den gängigen Textausgaben - immer auf die Zählung der Vulgata. Auf Textstellen der Bilderhandschriften wird mit Folio- und bei kürzeren Zitaten auch mit Zeilenangaben verwiesen.

237

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels Hs

Lücke

Position zwischen

Textstelle/ Inhalt

Blätter/ Ergänzung Seiten durch

D

1

lr/2r

MRLF, Von d. Herren Geburt, Inhaltsverz., Glossar

6/12

W 2r-7v

D

2

29v/30r

II 32 § 2 II 40 §5

2/4

W 34r-35v

W

1

27v/28r

I 71 § 1 II 11 §3

2/4

D 22r-23v

W

2

45v/46r

III 25 § 3 III 39 §2

2/4

D 40r-41v Η 16r-17v

w

3

55v/56r

III 77 § 2 III 84 §2

2/4

D 52r-53v Η 26r-27v

w

4

74v/75r

Lnr 48 § 2 Lnr 65 §21

8/16

D 73r-80v

Dabei gibt es qualitativ unterschiedliche Lücken: solche, die durch Herausnahme von einem (D 2, W 1 und W 3) oder mehreren ( D l ) Bögen, einmal einer ganzen Lage (W 4), im ungebundenen Zustand der Handschrift entstanden sind, und eine, die auf Ausschneiden einzelner Blätter im gebundenen Zustand (W 2) zurückzuführen ist. Von den zwei Lücken in D liegt die erste und größere außerhalb des Sachsenspiegel-Textes. Mit Ausnahme des ersten und letzten Blattes ( = D 1 recto und D 2 recto) fehlt mit den drei inneren Bogen der Lage fast die gesamte vorgeschaltete Mitüberlieferung. Wieviel und was verlorengegangen ist, weiß man aufgrund des ursprünglichen Lagenumfangs von vier Doppelblättern (Quaternio) und durch den Vergleich mit den entsprechenden, dort komplett vorhandenen Seiten in W 2 7 . Beide Handschriften beginnen auf ihrer jeweils ersten Recto-Seite 28 mit dem deutschen Text des Mainzer Reichslandfriedens Friedrichs II. von 1235. Aus der Tatsache, daß in D die Lagenbezeichnung und deren tatsächliche Reihenfolge nicht übereinstimmen - auf der letzten Verso-Seite der jetzigen zweiten Lage (—

17 W liefert in bezug auf den Mainzer Reichslandfrieden eben keinen „bruchstückhaften Text", so U R S U L A S C H U L Z E , Lateinisch-deutsche Parallelurkunden des 13. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Syntax der mittelhochdeutschen Urkundensprache (Medium aevum 30) München 1975, S. 34. 28 Da die noch heute gültigen Foliierungen beider H a n d schriften aus dem 18./19. Jahrhundert über die Lücken hinwegzählen, stimmt die Zählung von D und W schon ab fol. 2 recto nicht mehr überein.

D 10 verso) findet sich die Kustode I -, folgert Karl von Amira, daß „die jetzige No. 2 die erste Lage, No. 1 hingegen die jüngste oder zwölfte" 2 9 war. Konsequent weitergedacht, hat diese Folgerung weitreichende Konsequenzen: Da die erste Lage ja keinen Sachsenspiegel-Text, sondern die sog. Mitüberlieferung - Mainzer Reichslandfrieden, den Text Von der herren geburt, Inhaltsverzeichnis und Register - enthält, bedeutet das, daß der Aufbau der Handschrift bei den Vorarbeiten vor dem Schreiben noch nicht feststand bzw. daß die Mitüberlieferung ursprünglich nicht an den Anfang der Handschrift gestellt werden sollte 30 . D hat dann ganz offensichtlich als erste der Bilderhandschriften Mitüberlieferung und SachsenspiegelText in der vorliegenden Form zusammengestellt. Bei der unmittelbaren Vorlage von D - der nicht mehr erhaltenen und seit Karl von Amira 3 1 so genannten Handschrift Y - wird die Kombination noch nicht vorgelegen haben, wären sonst die Lagen von D gleich entsprechend numeriert worden. D a f ü r spricht auch, daß die zweite von Y abhängende Handschrift Η eine eigene Textorganisation präsentiert. Koschorreck nimmt, wenn er von einem ursprünglichen Umfang von 92 Blättern ausgeht, offensichtlich an, daß Η die Mitüberlieferung, die nur in W noch vollständig vorhanden ist und acht Blätter umfaßt, nicht enthalten hat 3 2 . Dies

29

V O N A M I R A (wie Anm. 1 ) I, S. 7. Auf Folio D 2 verso, der letzten Verso-Seite der ehedem zwölften Lage, findet sich keine Kustode XII, ohne daß entschieden werden kann, ob sie nie vorhanden war oder weggeschnitten wurde. 30 Da sowohl stilistische (Bild) als auch paläographische (Text) Kriterien die beiden Lagen eindeutig als zusammengehörig erweisen, darf aus diesen Beobachtungen in bezug auf die Lagenfolge nicht auf eine spätere Kompilation der Rechtstexte geschlossen werden. Vgl. dazu B R I G I T T E J A N Z , Wir sezzen unde gebiten. Der Mainzer Reichslandfriede in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 112, 1990, S.242-266, S.243f.

31 Vgl. VON AMIRA, Genealogie (wie Anm.3) S.352f. u. S. 373 ff. 32 Vgl. K O S C H O R R E C K (wie Anm. 15) S. 14 und D E R S . , Über den Cpg 164 der Universitäts-Bibliothek Heidelberg, in: Heidelberger Jahrbücher 15, 1971, S. 57-72, S.57. So auch W E R N E R (wie Anm.25) S.216; D E R S . (wie Anm. 15) S.72 und DERS., Die Heidelberger Bilderhandschrift, in: Gott ist selber Recht (wie Anm. 2) S. 46 f. Van Hoek geht dagegen davon aus, daß Η den Mainzer Reichslandfrieden enthalten habe, und zwar „achteraan". Dies begründet er mit dem Fehlen von Ldr II 71 § 1 Wer den vride bricht, das sal man richten, als hi vor gesprochen ist (W 41 verso). Da hi

238 mag für Mainzer Reichslandfrieden, Inhaltsverzeichnis und Register stimmen, ist jedoch auch aufgrund der Lagenfolge und mit Hilfe der erhaltenen Kustoden nicht sicher auszuschließen, wenn man wie in D für die Mitüberlieferung mit einer Lage ohne Bezeichnung rechnen muß. Sie könnte dann sowohl mit dem Anfang des Landrechts 3 3 als auch mit dem Ende des Lehnrechts 34 verlorengegangen sein. Der Text Von der Herren geburt jedenfalls ist in Η vorhanden. Während er sich in W ohne Absatz an den Mainzer Reichslandfrieden anschließt (W 3 verso/4 recto), füllt er in Η ( Η 30 verso) die sonst (D 56 verso, W 58 verso) leergebliebene Verso-Seite am Ende des dritten Buches, also zwischen Land und Lehnrecht. Aus der unterschiedlichen Anordnung in D / W und Η ist zu folgern, daß zumindest eine der beiden Handschriften sich von der gemeinsamen Vorlage Y gelöst hat. D a ß die Mitüberlieferung in D entgegen der ursprünglichen Planung dem eigentlichen Rechtsbuch vorausgeschickt wurde, wird repräsentative und autoritative Gründe gehabt haben. Der Sachsenspiegel-Text beginnt ja mit den Prosa-Vorreden 3 5 (Prologus und

vor bei angehängtem Mainzer Reichslandfrieden nicht mehr gepaßt habe, sei der Satz weggelassen worden. Vgl. J U L I A N U S B O N I F A T I U S M A R I A VAN H O E K , Eike van Repgow's rechtsboek in beeld. Observaties omtrent de verluchting van de Saksenspiegel, Zutphen 1982, S. 134. D a ß sich dieser Satz in D und W tatsächlich auf den vorgeschalteten Mainzer Reichslandfrieden bezieht, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Er gehört zur Vulgat-Fassung des Sachsenspiegels, kommt also in zahlreichen Handschriften ohne Mainzer Reichslandfrieden vor. Sicher bezieht er sich auf den Strafenkatalog in Ldr II 13, wo in §5 für den Friedebrecher bestimmt wird, den sal man das houpt abeslan (W 29 verso). Zudem fehlt in Η an dieser Stelle nicht nur II 71 §1, sondern auch das vorhergehende Kapitel II 70 mit gänzlich anderer Thematik. 33 Setzt erst mit Ldr II 19 $2 ein. 34 Bricht mit Lnr 24 § 4 ab. 35 Die Reimvorreden fehlen in den Codices picturati. Auch wenn diese bei der Abschrift von Rechtstexten häufig weggelassen wurden (Zahlenangaben bei R U T H S C H M I D T - W I E GAND, Artikel , Reimvorreden', in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, hg. von A D A L B E R T E R L E R E K K E H A R D K A U F M A N N . Redaktion D I E T E R W E R K M Ü L L E R , ab Bd. 2 unter philologischer Mitarbeit von R U T H S C H M I D T W I E G A N D , 4, Berlin 1990, Sp. 823-829, Sp. 824), kann doch im Falle der Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (D und W) vermutet werden, daß es einen Zusammenhang zwischen fehlenden Reimvorreden und ergänztem Mainzer

Brigitte Janz Textus prologi) auf einer Verso-Seite ( = D 3 verso). Das war zwar gängige Handschriften-Praxis 3 6 - wohl zum Schutz der ersten Seite -, hatte aber eine unattraktive Eröffnung des Codex zur Folge. Schlug man ihn auf, sah man zunächst auf eine wenig schöne, leere Recto-Seite ( = D 3 recto), auf der Schrift und Bilder der Rückseite stellenweise durchscheinen. Bei vorgeschalteter Mitüberlieferung fällt der Blick dagegen sofort auf eine in mehrfacher Hinsicht herausragende Seite ( = D 1 recto). Es ist die einzige Seite der Handschrift, die nicht in zwei Kolumnen aufgeteilt und deren Text entsprechend über die ganze Breite in Langzeilen geschrieben ist 37 . Nur oben links blieb ein Rechteck ausgespart, in das ohne Konkurrenz durch weitere Bilder auf der Seite wie sonst ja immer - die Titelminiatur zum Mainzer Reichslandfrieden gezeichnet ist 38 . In im Detail besonders aufwendiger und sorgfältiger Ausführung zeigt sie den Kaiser (Friedrich II.) mit Ornat, Krone, Zepter und Reichsapfel, frontal mit übereinandergeschlagenen Beinen in einer reich verzierten Thronarchitektur sitzend. Es ist dies die gebietende Stellung, die ihm als Gesetzgeber - und damit auch der Handschrift, die dieses Recht tradiert - zusteht. So erhielt die Handschrift eine adäquate Anfangsseite mit Titelminiatur, Uberschrift (Dys recht saczte der keyser zcu mencze myt der vorsten wyllekor), W-Initiale aus der die einzelnen Textabschnitte stereotyp einleitenden subjektiven Ver-

Reichslandfrieden gibt, spiegelt doch der ,Austausch' hier „den Weg des Rechtsbuches von einer ,Privatarbeit' zu einem Text ,mit Gesetzeskraft' wider", S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm. 13) S.361 f.; vgl. dazu auch J A N Z (wie Anm.30) S. 263. Zuletzt ausführlich zu den Reimvorreden des Sachsenspiegels: A L E X A N D E R I G N O R , Uber das allgemeine Rechtsdenken Eikes von Repgow (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, N.F. 42) Paderborn - München - Wien - Zürich 1984, S. 63-92; vgl. aber auch U L R I C H D R E S C H E R , Geistliche Denkformen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 12) Frankfurt/Main - Bern - New York - Paris 1989, bes. S.71ff. 36

V g l . BISCHOFF ( w i e A n m . 1 8 )

S.40.

37 Geplant war auch das offensichtlich nicht von vornherein, da die zwei senkrechten Linien zur Kolumneneinteilung wie auf allen anderen Seiten vorhanden waren, dann aber einfach überschrieben wurden. Bei der Vorbereitung des Wolfenbütteler Codex wurden diese, da sie sinnlos waren und das Gesamtbild eher störten, wohlweislich weggelassen. 3 8 Vgl. dazu auch S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm. 1 3 ) S . 3 6 1 f. u n d JANZ ( w i e A n m . 3 0 ) S . 2 4 4 m i t A n m . 8.

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels ordnungsformel 3 9 Wir sezzen unde gebiten und geschlossenem Text 4 0 . Auf der Rückseite des ersten Blattes wird dieser zweispaltig fortgeführt. Auf den leergebliebenen Linien am jeweiligen Kolumnenende sind vom Rubrikator 4 1 zur Gliederung des Textes und damit zu dessen leichterer Handhabung Überschriften' 4 2 in roter Farbe nachgetragen: Dys recht ys do von das sych nymant selbe reche (D 1 verso links) und Dys ys von den zcollen (D 1 verso rechts). Damit bricht der Text des Mainzer Reichslandfriedens in D ab. Es fehlen die folgenden sechs Blätter, zunächst mit weiteren 7 1 / 2 Kolumnen mit den restlichen Bestimmungen des Reichsgesetzes 43 . Dem folgt in W ohne Absatz in direktem Anschluß die Vorrede Von der herren geburt, eine Auflistung zu Herkunft und Geburtsrecht der Herren(geschlechter) in Sachsen 44 . Der

39 Zu den unterschiedlichen Legislativwendungen in den deutschen Handschriften des Mainzer Reichslandfriedens vgl. S C H U L Z E (wie Anm.27) S . 4 3 und J A N Z (wie Anm. 3 0 ) S. 2 4 5 .

Ganz ähnliche Motive vermutet W E R N E R (wie Anm. 2 5 ) S.217 als Grund dafür, daß im Heidelberger Codex das Lehnrecht an den Anfang der Handschrift gestellt ist. 41 Dieser ist durch Orthographie und Duktus deutlich von dem Schreiber zu unterscheiden. Zur Rubrizierung in antiken und mittelalterlichen Handschriften vgl. M A Z A L (wie Anm. 18) S.75f. 42 Beide sind in D an den Rändern klein als Randnotiz vorgeschrieben. Auch in W stehen sie am Ende der Kolumnen. 43 Dis is von dem orlouge (W 2 recto links); Dis is von den strasen (W 2 recto links); Dis is von stetin unde von bürgen (W 2 recto rechts); Dis is von munczen (W 2 recto rechts); Dis ist von den, di gerichte haben (W 2 verso links); Von des keisers hoferichtere (W 3 recto links); Dis is von den geistlichen suchen (W 3 verso links); Dis is von den voitin der gotishusere (W 3 verso links); Dis is, wer do roub kouft (W 3 verso rechts). In der Mitte dieser Kolumne endet dann der Text des Mainzer Reichslandfriedens. 40

44 Der Text stammt nicht von Eikes, sondern von späterer H a n d und ist in zahlreichen jüngeren Handschriften überliefert, vgl. H O M E Y E R (wie Anm. 1) S. *6 und Sachsenspiegel, Land- und Lehnrecht, hg. von K A R L A U G U S T E C K H A R D T ( M G H Font. iur. Germ. ant. N. S. 1,1 u. 1,2) Göttingen - Frankfurt/Main 3 1973, 1,1, S.53. Zur „Vorrede von der Herren Geburt" jetzt ausführlich R O L F L I E B E R W I R T H , Die Sachsenspiegelvorrede von der herren geburt, in: Der Sachsenspiegel als Buch. Vorträge und Aufsätze, hg. von R U T H S C H M I D T - W I E G A N D - D A G M A R H Ü P P E R (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 1) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1991, S. 1-18.

239 Rest der folgenden Seite ( = W 4 recto rechts) bleibt frei, sicher weil mit dem Inhaltsverzeichnis auf einer neuen Seite ( = W 4 verso) begonnen werden sollte. Dieses erstreckt sich in W - inklusive des Stellenregisters am Ende des Inhaltsverzeichnisses für das Landrecht (W 7 recto links) und Lehnrecht (W 8 recto rechts) - über acht Seiten bis folio W 8 recto. Die Entsprechung zu dieser letzten Seite ist auch in D wieder vorhanden ( = D 2 recto). Den Seitenanfang um vier Zeilen verschoben, stimmen Zählung und Text (wörtlich) beider Handschriften überein. Die fehlenden Seiten der ersten Lücke in D enthalten also einen Großteil des Mainzer Reichslandfriedens ( « 6 5 % ) und des Inhaltsverzeichnisses («s 87%). Damit trennt die Lücke willkürlich inhaltlich eng Zusammengehörendes, was sicher gegen eine gezielte Entnahme der verlorenen Seiten spricht. Der eigentliche Sachsenspiegel-Text ist in D mit Ausnahme nur der zweiten Lücke von zwei Blättern - das ist der innerste Bogen der 5. Lage - im zweiten Landrechts-Buch (zwischen 29 verso und 30 recto) vollständig erhalten. Auch diese Lücke ist mit Hilfe von W zu schließen ( = W 34 recto-35 verso). Es fällt auf, daß die Bilderhandschriften gerade an dieser Stelle von der Reihenfolge und Zählung der Vulgatfassung abweichen. Auf II 31 §3 4 5 folgt in allen drei Handschriften 4 6 II 34 § l 4 7 . Ungefähr in der Mitte dieses Paragraphen bricht der Text in D mitten im Wort spre[che] ab. Die fehlenden Artikel 32 §§1-3 und 33 sind wenige Seiten später zwischen Art. 39 und 40 der Vulgatzählung zu finden 48 . Diese Umstellung hatte natürlich Konsequenzen für die Zählung. Während der Schreiber von D die neue reduzierte Kapitelzählung - Art. 32-39 mußten um zwei erniedrigt, dann die zwei ausgelassenen eingefügt werden, so daß die Zählung ab Art. 40 wieder paßt - gichtig' am Rand vorschrieb 49 und der Rubrikator diese auch entsprechend übernahm, hat eine jüngere Hand die erniedrigte .XXXII. in .XXXIIII verbessert 50 , also

45 Nimant enmag vorwirken eins andern mannes gut, ab hes under im hat, dennoch ab he sinen lip vorwirket (W 33 verso). 46 Vgl. D 29 verso, W 33 verso und Ο 50 recto. 47 Wer so eins mannes knecht slet . . . (W 33 verso). 48 Vgl. W 35 recto/verso und Ο 52 verso (LÜBBEN [wie Anm.24] S.53). 49 XXX, XXXI, XXXII auf D 29 verso. 50 Das ging ja leicht durch Hinzufügung von zwei Strichen. Zu erkennen ist dies ganz deutlich, da der erste ergänzte Strich durch den Punkt verläuft und sich beide durch Breite und Federführung unterscheiden. W E R N E R (wie Anm. 15)

240 die ursprüngliche Vulgat-Zählung des Artikels Wer so eins ma[n]nes knecht slet... (D 29 verso) wieder eingeführt. Karl von Amira übersieht, daß es sich bei der Zählung XXXIIII um eine nachträgliche Korrektur handelt, und folgert fälschlich: „Der Miniator [...] hat die Nummern der Vulgata beibehalten. Sie müssen also in Y und X noch vorhanden gewesen sein." 51 Es ist jedoch wohl recht unwahrscheinlich, daß eine gleiche Umstellung der Artikelfolge unabhängig voneinander in beiden Überlieferungszweigen Y und Ν durchgeführt wurde, was ja, da D und W einerseits, Ο andererseits gleichermaßen von der Vulgat-Zählung abweichen, der Fall sein müßte. Statt dessen wird sie wohl schon in der Stammhandschrift X vollzogen worden sein. Ein späterer Benutzer der Dresdener Handschrift, dem offensichtlich parallel ein Text mit Vulgat-Zählung vorlag, entdeckte die Diskrepanz und korrigierte die Zählung entsprechend 52 . In W dagegen ist die veränderte Zählung durchgehend nicht korrigiert worden 5 3 . Es bleibt zu fragen, ob diese Textumstellung in den Bilderhandschriften inhaltlich motiviert ist und was genau in D verlorengegangen ist. Auf den fehlenden Seiten werden drei jeweils geschlossene Themenbereiche behandelt: 1. Thema: , H e r r und Knecht' = II 32 §1 - 34 §2 2. Thema: ,Verfahren bei Diebstahl und Raub' = II 35 - 39 §2 3. Thema: ,Tierschaden' = II 40 §§1-5. In der Reihenfolge der Vulgatfassungen wird Thema 1 logisch und durchdacht - vom allgemeinen V e r a n t wortung, Lohn und Kündigung' (Art. 32 und 33) zum

S. 72 fragt grundsätzlich, „ob die Markierungen der Buchanfänge und die Artikelzählungen [...] wirklich unmittelbar nach der Niederschrift des Textes entstanden sein müssen". Von derselben H a n d wurde die Korrektur mit einem Α möglicherweise abgezeichnet. Zur kritischen Behandlung von Handschriften vgl. W I L H E L M W A T T E N B A C H , Das Schriftwesen im Mittelalter, 3., vermehrte Auflage, Leipzig 1896, S. 317ff. und B I S C H O F F (wie Anm. 18) S.66. 51 V O N A M I R A (wie Anm. 1) 11,1, S.393. 52 D a ß er das außer bei Art. 32 auch bei Art. 33-39 durchführte, läßt sich leider nicht feststellen, da diese in D ja fehlen. 53 Auch wurde hier die Kapitelzählung nicht am Rand vorgeschrieben, sondern wohl gleich übertragen. Das Inhaltsverzeichnis zu W hat - deckungsgleich mit dem Text - die veränderte Reihenfolge. Vgl. W 5 verso links von XXXII Swer eins mannes knecht slet oder swer einen gevangen hat bis XXXIX Swelch knecht elich wip nimt.

Brigitte Janz besonderen ,Verletzung und Gefangennahme des Knechtes' (Art. 34) - aufgerollt. Es gibt also vom Inhaltlichen her keine Erklärung dafür, warum dieser Themenkomplex in den Bilderhandschriften auseinandergerissen und der einleitende Teil an späterer Stelle - im Anschluß an den ,Tierschaden' und vor einem ganz neuen Thema , Beschlagnahmung eines Gutes' (Art. 41 §§1,2) - , ohne daß er dort noch ,paßt', eingefügt wird. Den weitaus größten Teil der fehlenden vier Seiten füllt Thema 2: ,Verfahren bei Diebstahl und Raub'. Das sind im einzelnen: II 35 II 36 §§1-8

II 37 §§1-3

II 38 II 39 §§1,2

Die handhafte Tat (W 34 recto) Verfahren bei der Rückforderung gestohlenen oder geraubten Gutes (W 34 recto/verso) Verfahren bei gefundenen oder dem Dieb abgenommenen Sachen (W 35 recto) Haftung für aus Unachtsamkeit entstandenen Schaden (W 35 recto) Korndiebstahl, Pferdefütterung auf Reisen (W 35 recto)

Mit Handhaft-, Anefangs- und Dritthandverfahren (Zug auf die Gewähren) sind die wichtigsten „Mittel der gerichtlichen Fährnisverfolgung" 54 und die Möglichkeiten zur Reinigung von einem Diebstahlsvorwurf thematisiert. Dabei handelt es sich um äußerst komplizierte, an Formen und Fristen gebundene, je nach Rechtslage variable, besondere Verfahrensarten, die minuziös durch die einzelnen (möglichen) Verfahrensschritte hindurch beschrieben werden. Entscheidend für den genauen Verlauf ist vor allem die Aussage des Beklagten. So besteht dieser Text über lange Passagen ausschließlich aus Sätzen vom Typ 5 5 :

54

D I E T E R W E R K M Ü L L E R , Artikel ,Anefang', in: H R G (wie Anm. 35) 1, Berlin 1971, Sp. 159-163, Sp. 159; vgl. auch J U L I U S W . P L A N C K , Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter. Nach dem Sachsenspiegel und den verwandten Rechtsquellen, 2 Bde., Braunschweig 1879, Nachdruck Hildesheim - New York 1973, 1, S. 694 ff., 757 ff. und 824 ff.; D I E T E R W E R K M Ü L L E R , Artikel , H a n d h a f t e Tat', in: H R G (wie Anm. 35) 1, Berlin 1971, Sp. 1965-1973 und G U N T E R G U D I A N , Artikel ,Gewährschaftspflicht', in: ebd., Sp. 1642.

55 Zur Bedeutung der Verwendung bestimmter Satztypen für die Textsorten-Problematik im allgemeinen vgl. W E R N E R K A L L M E Y E R - R E I N H A R D M E Y E R - H E R M A N N , Artikel T e x t linguistik', in: Lexikon der germanistischen Linguistik, hg. von

HANS

PETER ALTHAUS -

HELMUT HENNE -

HERBERT

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels SPRICHT ABER JENER da wider, ab is gewant is, he habe is lasen wirken, oder ab is phert sin oder ander vie, he habe is in sime stalle gezogen, he mus is mit mereme rechte behalden, ienir, der is in den geweren hat, ab hes selb dritte siner nakebure gezugen mag, denne iener, der is geanevangit hat. SPRICHT ABER IENER, he hab is gekouft uf deme markte, he wisse nicht widir wen, so is he dube unschuldig, das he bewise unde sin recht dar zu tu di stat. SPRICHET ABER IENER, is si im gegeben oder he habe is gekouft, so mus he benennen sinen gewern, wider den hes gekouft hat, unde di stat, da hes inne kaufte. He mus aber swern, das [...] (W 34 recto/verso, II 36 §§3,4, Hervorhebungen von Verf.). Immer wieder eingeleitet durch stereotypes spricht aber iener., steht - häufig an zahlreiche weitere Bedingungen 56 geknüpft - eine mögliche Aussage des des Diebstahls Verdächtigten in der indirekten Rede 5 7 am Anfang der Sätze, wobei der genaue Wortlaut der Angaben wichtig ist. Dem folgt die sich daraus ergebende rechtliche Konsequenz - oft wiederum an Konditionen gebunden - als detaillierte Handlungsanweisung, deren illokutionärer Charakter und imperativischer Anspruch durch das Modalverb (he mus) unterstrichen wird. Der

2., vollst, neu bearb. u. erw. Aufl. Tübingen 1980, S. 242-258, S.255f., für die des Mittelniederdeutschen R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Prolegomena zu einer Texttypologie des Mittelniederdeutschen, in: Aspekte der Germanistik, Fs. für Hans-Friedrich Rosenfeld zum 90. Geb., hg. von W A L T E R T A U B E R (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 521) Lorch 1989, S.261-283, S. 278 ff. ERNST WIEGAND,

56 Zu den mit Konjunktion ab eingeleiteten konditionalen Nebensätzen im Sachsenspiegel vgl. W A L T E R M A S C H E C K , Zur Syntax der Bedingungssätze im Landrecht des Sachsenspiegels, Diss. Weida 1913, S. 38 ff. 57 Es fällt auf, daß sich gerade in den Satzabschnitten in indirekter Rede Relikte gesprochener Sprache häufen, so z.B. apokopiertes he hab oder häufig kontrahiertes hes. Eine Ubersicht über die Erscheinungen des gesprochenen Mittelniederdeutschen in den Schriftquellen gibt K A R L B I SCHOFF, Uber gesprochenes Mittelniederdeutsch (Abhandlungen der Akademie der Wiss. u. der Literatur, Mainz. Geistes- u. Sozialwissenschaftliche Kl., 1981, H e f t 4) Wiesbaden 1981, S. 7 ff. und DERS., Reflexe gesprochener Sprache im Mittelniederdeutschen, in: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, hg. von W E R N E R B E S C H - O S K A R R E I C H MANN - S T E F A N S O N D E R E G G E R , 2 Halbbde., Berlin - New York 1984 f., 2., S. 1263-1268. Zu den sprachlichen Besonderheiten von W, aufgezeigt am Beispiel von W 34 recto, vgl. S C H M I D T - W I E G A N D (wie Anm. 13) S.96ff.

241 Informationsgehalt dieser an zahlreiche Bedingungen geknüpften, ins Detail gehenden instruktiven Sätze ist besonders hoch. Sie sind schwer zu merken, müssen aber wörtlich genau genommen werden. W hat mit 86 (von 100) Pergamentblättern 5 8 Verluste sowohl im Land- als auch im Lehnrecht. Insgesamt verteilen sich die 14 fehlenden Blätter/28 Seiten 59 auf vier Lücken zu dreimal vier und einmal 16 Seiten. Bei der ersten zwischen 27 verso und 28 recto fehlt das innerste Doppelblatt der 4. Lage, das durch D 22 recto-23 verso zu ergänzen ist. Es handelt sich hier um die ersten vier Seiten des zweiten Buchs des Landrechts, das auf D 22 recto in der vierten Zeile mit roter Kapitelüberschrift in lateinischer Sprache 60 Incipit liber secundus, cap. / u n d einer dreizeiligen, mennigumrissenen goldenen U^-Initiale einsetzt. Wieder geht es auf den verlorenen Seiten, die die ersten elf Kapitel des zweiten Buchs beinhalten, um den Gang des Gerichtsverfahrens. Das Generalthema, das in Kap. 2 grundlegend eröffnet 6 1 und in Kap. 11 abgeschlossen wird 6 2 , ist das ,Erscheinen und Ausblei-

58 Vgl. die Übersicht zu Lagenfolge, Inhalt und Ausstattung der Handschrift bei W O L F G A N G M I L D E , Zum Wolfenbütteler Sachsenspiegel, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm.9) I, S.207-211, S.207ff. und DERS., Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift, in: Gott ist selber Recht (wie Anm. 2) S.56f. 59 Vgl. den Abdruck der entsprechenden Seiten von D (in diesem Bande). 60 Direkt daneben ist diese als Randnotiz für den Rubrikator - wie auch im folgenden die Kapitelzählung - vorgeschrieben. In den Bilderhandschriften findet sich „erstmals die dann vulgat gewordene Drei-Bücher-Einteilung des Landrechts", F R I E D R I C H E B E L , Artikel,Sachsenspiegel', in: H R G (wie Anm. 35) 4, Berlin 1990, Sp. 1228-1237, Sp. 1230. Vgl. dazu jetzt auch R U T H S C H M I D T - W I E G A N D , Die überlieferungskritische Ausgabe des Sachsenspiegels als Aufgabe der mittelniederdeutschen Philologie, in: Franco-Saxonica. Münstersche Studien zur niederländischen und niederdeutschen Philologie. Jan Goossens zum 60. Geburtstag, hg. von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Niederländischen Seminars und der Niederdeutschen Abteilung des Germanistischen Instituts und der Kommission f ü r Mundart und Namenforschung Westfalens, Neumünster 1990, S. 1-13, S . l l . 61 Vorsumet der greve sin echte ding, das alleine vorluset der cleger; vorsumet he der dinge eins, di um ungerichte uz geleit werdin, man mus derclage beginnen als von erst (D 22 recto, Ζ. 9 ff.; II 2). 62 In II 12 §§1-15 geht es dann um die Modalitäten der Urteilsfindung, in II 13 folgt der mit einem Rechtssprichwort eröffnete Strafenkatalog, vgl. dazu B R I G I T T E J A N Z

Brigitte Janz

242 ben (Säumnis) vor Gericht' 6 3 . Im einzelnen werden behandelt: II 2 II 3 §§1-3 II 4 § 1

II 4 §2 II 6 §3 II 7 II 4 §3 II 8 II II II II II

9 §1 9 §2 11 § 1 11 §2 11 §3

Säumnis des Richters (D 22 recto) Termine und Fristen zur Antwort (D 22 recto) Aufhebung der Bezirksacht und Erscheinen des Verfesteten vor Gericht (D 22 recto) Erneute Verfestung wegen Abwesenheit (D 22 verso) Fehlen des Gerichtspflichtigen (D 22 verso) Hinderungsgründe (echte Not) (D 23 recto) Nachweis der echten Not (D 23 recto) Klage bei Abwesenheit des Beklagten (D 23 recto) Säumnis des Beklagten (D 23 recto) Bürgschaft für das Erscheinen (D 23 recto) Säumnis bei gelobtem Eid (D 23 verso) Ausbleiben des Gläubigers (D 23 verso) Empfangsverzug bei Geldschuld (D 23 verso)

Auf den fehlenden Seiten geht es um die Voraussetzungen, Bedingungen, Modalitäten und Konsequenzen bei Nichterscheinen vor Gericht. Dabei wird differenziert zwischen der gedachten Abwesenheit der verschiedenen Personen (Richter, Verfesteter, Gerichtspflichtige, Beklagter und Kläger), mögliche Gründe werden diskutiert (echte Not oder nicht), die Art der Klage (um Schuld, auf Gut, um Ungerichte) ist entscheidend, und die präzise Form der Rechtshandlungen - verbunden mit zahlreichen Zeitangaben für Terminlichkeiten und Fristen vor allem die möglichen Beweismittel und die daran geknüpften Bedingungen werden beschrieben. Damit ist der Themenkomplex - was das Landrecht angeht - nahezu vollständig und zusammenhängend Rechtssprichwörter im Sachsenspiegel. Eine Untersuchung zur Text-Bild-Relation in den Codices picturati (Germanistische Arbeiten zu Sprache und Kulturgeschichte 13) F r a n k f u r t / M a i n - Bern - New York - Paris 1989, S. 458 ff. 63 Zum Ungehorsamsverfahren vgl. P L A N C K (wie Anm. 54) 2, S. 268 ff. und G E R H A R D B U C H D A , Artikel ,Contumacia', in: H R G (wie Anm.35) 1, Berlin 1971, Sp.636-637. D a ß Säumnis im Strafprozeß, anders als in zivilrechtlichen Streitigkeiten, „als ein Mangel an persönlicher Glaubwürdigkeit gewertet wurde", betont A L E X A N D E R I G N O R , Indiz und Integrität. Anmerkungen zum Gerichtsverfahren des Sachsenspiegels, in: Text-Bild-Interpretation (wie Anm. 9) I, S. 77-91, S. 89.

behandelt. Das reicht vom Fehlen des Richters/Grafen, was beim echten Ding dem Kläger zum Nachteil gereicht und bei der Klage um ungerichte zur Folge hat, daß von vorn begonnen werden muß (II 2), bis hin zu der Regelung, daß der Empfänger einer Geldschuld, erscheint er nicht wie vereinbart, nur den Termin, nicht den Anspruch auf das Geld verliert (II 11 §3). Im Vergleich zur Vulgatfassung fällt wieder eine Textumstellung auf: II 4 § 3 mit der Bestimmung, daß der Bürge die Gründe des durch echte N o t Verhinderten benennen und durch Eid auf die Reliquien bekräftigen muß, folgt im Anschluß an II 7, wo erst ausgeführt wird, was überhaupt als echter Hinderungsgrund anerkannt wird und dann das Ausbleiben vor Gericht entschuldigt 64 . Der Artikel ,paßt' also in der Reihenfolge der Bilderhandschriften 6 5 durchaus besser, sind doch in Kap. 4 die Voraussetzungen zum Verständnis von Art. 3 noch nicht gegeben. Das Thema , Abwesenheit bei Gericht' stellt besonders hohe Anforderungen an den Illustrator. Sollen seine Bilder der Thematik gerecht werden, muß er - entgegen sonstiger Gewohnheit, das, was nicht ist oder sein darf, im Bild zu vernachlässigen 66 - den Nichtanwesenden, der ja im Text immer wieder am Ausgangspunkt der Überlegungen steht, integrieren. Dazu drei Beispiele: In D 22 recto 3 ist die Abwesenheit des Grafen durch das Davonreiten desselben ausgedrückt. D a ß er dadurch einen Gerichtstermin versäumt, ist dem Bild allerdings nicht zu entnehmen 6 7 . In D 22 recto 4 bitten

64 Dazu zählen: Gefangenschaft, Krankheit, Wallfahrt und Reichsdienst, in dieser Reihenfolge in D 23 r 1,2 durch einen an eine Säule gefesselten, sitzenden Mann, durch einen Bettlägerigen mit Ablehnungsgestus, durch einen Pilger mit Stab, H u t und Wegzehrung auf dem Rücken und durch einen Reiter mit der Königskrone in der Linken ausgedrückt. Zur echten N o t vgl. P L A N C K (wie Anm. 54) 2, S. 326 ff. und W O L F G A N G S E L L E R T , Artikel ,Not, echte', in: H R G (wie Anm.35) 3, Berlin 1984, Sp. 1040-1042. Auch in Ο folgt I I 4 Ξ 3 erst auf I I 7 . Vgl. LÜBBEN (wie Anm. 24) S.39f. 66 Vgl. W I L H E L M M E S S E R E R , Einige Darstellungsprinzipien der Kunst im Mittelalter, in: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 36, 1962, S. 157-178, S. 163; D E R S . , Z U einer Grammatik der mittelalterlichen Kunstsprache, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Vergleichende Kunstforschung in Wien, 29. Jg., Nr. 3 / 4 , 1977, S. 1-6, S.2 und J A N Z (wie Anm. 62) S.74f. und 527. 67 Der Zeichner von Ο hat durch einen aufwendig verzierten, leeren Richterstuhl neben der Szene einen Hinweis darauf zu geben versucht (O 38 recto 4). 65

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels

243

ein zum Zweikampf aufgeforderter Schöffenbarfreier und ein Dienstmann vor Gericht um Aufschub, damit sie gehen und sich rüsten können. Ihr Anliegen wird durch ihre vom Geschehen vor Gericht abgewandte Körperhaltung, die ihnen zustehenden Fristen werden durch Zahlzeichen VI und II für sechs bzw. zwei Wochen, je nach Geburtsstand, ausgedrückt. In D 23 recto 3 nennt ein Bürge dem Richter den Grund für die Abwesenheit desjenigen, für dessen Erscheinen er gebürgt hat, und bestärkt seine Angaben durch Eid auf die Reliquien. Dennoch ist der Säumer direkt neben der Gerichtsszene im Bild zu sehen: Er hält sich in seinem Haus auf und ist bettlägerig. So ist über den Text hinaus, der ,nur' von ehafte not spricht, ein Exempel geschaffen. Die mündliche Aussage des Bürgen wird im Bild sichtbar. Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, mit welchem Einfallsreichtum der Illustrator das schwierige Thema meistert. Zu berücksichtigen sind immer auch die Handgebärden 6 8 der Figuren, denen ja in der Rechtsikonographie eine besondere Bedeutung zukommt 6 9 . Der Zeichner nutzt sie sowohl zur Vertiefung der Bildaussage als auch als Interpretations- und Verständigungshilfe für den Benutzer. Besonders häufig findet man Redegebärden 7 0 , denn entscheidend für die sich aus der Abwesenheit ergebenden Konsequenzen sind die Angaben/Aussagen der Säumer bzw. ihrer Bürgen. Auch der Text dieser Seiten hat mit zahlreichen synkopierten, apokopierten und kontrahierten Formen 7 1 noch viel von der dieser Materie eigenen Mündlichkeit erhalten, die an einer Stelle sogar in wörtlicher Rede gipfelt: Beclait man einen

68 Seit VON AMIRA, Handgebärden (wie Anm. 3) werden im Sachsenspiegel drei Arten von Handgebärden unterschieden: die objektiven aus dem Bereich „der Symbolik des Rechts" (S. 166), die subjektiven aus dem Bereich „der Symbolik des Künstlers" (ebd.) und diejenigen, die „dem Vorrat, der in älteren Werken der zeichnenden Kunst überliefert war (S. 262), entnommen sind. 69 Zur Gebärdensprache im mittelalterlichen Recht vgl. den g l e i c h n a m i g e n A u f s a t z v o n RUTH SCHMIDT-WIEGAND,

in:

FMSt (wie Anm. 13) 16, 1982, S.363-379; DIES., Artikel ,Gebärden', in: H R G (wie Anm. 35) 1, Berlin 1971, Sp. 1411-1419 und BRIGITTE JANZ, Hand in Hand. H a n d und Handgebärde im mittelalterlichen Recht, in: Die Beredsamkeit des Leibes (wie Anm. 24) S. 195-197. 7 0 V g l . VON AMIRA, H a n d g e b ä r d e n

( w i e A n m . 3 ) S. 1 7 0 - 2 0 3

und Tafel 1 a - 2 b. 71 So z.B. allein auf D 22 recto in den ersten drei Kapiteln des zweiten Buches: hern, swern, eins, geleit, beclait, gewern, neisten, is, andern, gebn, habn, hes (Zeile 5-22).

[man] in sine keginwertikeit umme eigen oder umme len, das he in rechten gewern hat, man sal im tedingen zu dem neisten dinge, ab he spricht: herre, mir is hir umme nicht her getedinget (D 22 recto, Ζ. 14 ff., II 3 §1). Der gedachten, an eine bestimmte Voraussetzung geknüpften Situation (Beclait man...) folgt unmittelbar die Handlungsanweisung (man sal...), jedoch gebunden an eine - unter anderem in der wörtlichen Genauigkeit liegenden - Bedingung (ab he spricht...). Präzise Formulierungen und Formen von Rechtshandlungen hatten auch und gerade im Falle von Säumnis tragende Bedeutung. Die zweite Lücke in W liegt im dritten Buch des Landrechts zwischen fol. 45 verso und 46 recto. Hier sind zwei (halbe Doppel-)Blätter - nämlich das letzte der 6. und das erste der 7. Lage - mit relativ unsauberem Schnitt, wie die stehengebliebenen Kanten zeigen, ausgeschnitten. Die so fehlenden Seiten des dritten Buchs des Landrechts (III 25 § 3 - 3 9 §2) sind in D (40 recto-41 verso) und Η (16 recto-17 verso) erhalten. Inhaltlich erweisen sich diese Artikel nicht als zusammengehörig. Die Themen wechseln häufig und fallen in die verschiedensten rechtlichen Bereiche 72 . Es findet sich nur ein etwas längerer zusammenhängender Themenkomplex: , Beweis von Freiheit und Unfreiheit' 73 . Da dieser auf D 40 verso beginnt und dort in der letzten Zeile abgeschlossen wird - sich also nicht über beide Blätter erstreckt und diese thematisch verbindet - , kann auch diese Textpassage nicht den Grund für das Ausschneiden der beiden Blätter liefern. Auf der der Lücke in W folgenden Seite ( = W 46 recto) hat sich die Tinte der Schrift gelöst und ist stellenweise ausgelaufen, was als Ursache Feuchtigkeit vermuten läßt. Sollten hier die beiden Blätter ,nur' herausgetrennt

72 In eben dieser Reihenfolge: ,Richtergewalt des Königs' und ,Rechte und Pflichten der Schöffenbarfreien' (III 26 §§ 1-3), ,Kinder aus ungültiger Ehe' (III 27), ,Nachweis der Rechtlosigkeit' (III 28 §§1,2), ,Handgemal' und ,Kürrecht' (III 29 §§1,2), ,Antwort vor Gericht' und , Pflichten des Richters' (III 30 §§1,2), .Haftung des Erben und dem Erben gegenüber' (III 31 §§1,2), ,Beweis von Freiheit und Unfreiheit' (III 32 §§2-9), ,Gewette' (III 32 §10), ,Recht vor dem König' (III 33 §§1-5), ,Acht und Oberacht' (III 34 §§1-3), , H a n d h a f t e Tat und Gewährenzug' (III 35 § 1), ,Vom Friedebruch' (III 36 §§1,2), ,Ausschluß vom Gerichtszeugnis', ,Eintreiben fremden Viehs' und .Schneiden fremden Korns' (III 37 §§2-4), ,Rechte Gewere', ,Bleiberecht der schwangeren Witwe', ,Musteil und Morgengabe' und ,Recht des Witwers aus der Niftelgerade' (III 38 §§ 1-3,5), , H a f t u n g des Schuldners' (III 39 §§1,2). 73 III 32 §§2-9. §1 fehlt in D und H.

244 worden sein, weil sie verderbt waren? Das allerdings wäre dann ein starkes Indiz für eine weniger sachliche, sondern eher repräsentative Funktion der Handschrift. Für eine ganz konkrete Benutzung gerade einer dieser Seiten spricht jedoch eine Besonderheit auf D 40 recto: Wie sonst auch gelegentlich erkennt man am äußeren rechten Rand noch deutlich die auf der H ö h e der jeweiligen Zeile klein vorgeschriebene Artikelzählung ( X X V I - X X X I ) , die in einem späteren Arbeitsgang mit roter Farbe durchgehend an entsprechender Stelle in den Text übertragen wurde. Das Besondere an dieser Seite ist nun eine zusätzliche Redaktion, was die Zählung angeht. Mit schwarzer Tinte wurden von einer späteren H a n d 7 4 Korrekturen vorgenommen: Die XXIX (Zeile 21) hat diese gestrichen und drei Zeilen tiefer am Rand neu geschrieben, die XXX (Zeile 29) setzte sie eine Zeile herunter, vergaß aber, erstere zu streichen, so daß sie nun doppelt vorhanden ist. In beiden Fällen wie auch bei der XXVI in der zweiten und der XXXI in der letzten Zeile zog sie mit ,rücksichtsloser' Hand unsaubere Verweisstriche in den Text hinein. Solche Korrekturen werfen ein deutliches Licht auf ihren Urheber: Für diesen war die Handschrift sicher kein Repräsentationsobjekt, sondern Gebrauchsgegenstand 7 5 . Ihm ging es um den Inhalt bzw. um dessen Erschließbarkeit. Er war, so Karl von Amira, „mit der alten Kapiteleinteilung unzufrieden" 7 6 . Das setzt voraus, daß er damit zu arbeiten versucht hat, daß er sie benutzt hat. Tatsächlich läßt sich die Frage nach dem Warum seiner Unzufriedenheit leicht beantworten: Er hatte eine Unstimmigkeit zwischen der Zählung des zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch vollständig vorhandenen - Inhaltsverzeichnisses und der des Textes bemerkt 7 7 . Bei der Behebung des Fehlers ging es

74 So auch VON A M I R A (wie Anm. 1) I, S. 8. 75 Inhaltsverzeichnis und Register machen sie ja zu einer Art ,Nachschlagewerk'. Neben der Benutzung im praktischen Rechtsleben ist so als Gebrauchsraum auch an Schule und Studium, also an eine theoretische Auseinandersetzung mit der Materie, zu denken. Vgl. K A R L K R O E S C H E L L , Rechtsaufzeichnung und Rechtswirklichkeit. Das Beispiel des Sachsenspiegels, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. von P E T E R C L A S S E N (Vorträge und Forschungen XXIII) Sigmaringen 1 9 7 7 , S. 3 4 9 - 3 8 0 , S. 3 6 7 ff. und J A N Z (wie Anm. 3 0 ) S. 2 6 2 ff. 76

V O N AMIRA ( w i e A n m . 1 ) I, S. 8.

77 Der entsprechende Teil des Inhaltsverzeichnisses fehlt mit Lücke D 1. Da jedoch die in D und W erhaltene letzte Seite (vgl. D 2 recto und W 8 recto) übereinstimmt, kann

Brigitte Janz ihm ausschließlich um die Korrektheit der Angaben und nicht um die Ästhetik der Seite. Bei der dritten Lücke zwischen W 55 recto und 56 recto - ebenfalls im dritten Buch des Landrechts - fehlt das innerste Doppelblatt der 8. Lage. Es enthielt III 77 § 2 - 8 4 §2 und ist in D (52 recto-53 verso) und in Η (26 recto-27 verso) erhalten. Auch hier ist keine inhaltliche Zusammengehörigkeit zu erkennen. Die Themen wechseln häufig 7 8 , das der ,Treuepflicht', das einzige, das ausführlich über gut eine Seite (D 52 recto/verso) behandelt wird, verbindet die Blätter nicht. Auch sonst geben Text und Bilder der Seiten kein Indiz für eine möglicherweise gezielte Entnahme. Bei der vierten, letzten und größten Lücke zwischen W 74 verso und 75 recto fehlt zwischen der 10. und 11. eine komplette Lage. Bei ehemals gut 70 ist mit diesen 16 Seiten (Lnr 48 §2-65 §21) nahezu ein Viertel ( » 22,7%) des Lehnrechts abhanden gekommen. Glücklicherweise können die Blätter auch hier aus D (73 recto-80 verso) ergänzt werden. Gegenstand ohne auffallenden Unterschied zu den vorherigen Artikeln/Seiten ist das gemeineme Unrechte79 mit den ihm eigenen Institutionen und Bestimmungen, hier (D 73 recto-78 recto, Lnr 48 §2-64 §2) z.B. Belehnungsarten und -fristen, Lehnserneuerung, -pflichten, -gebräuche, -treue, -erbrecht und -anwartschaft. Dann findet sich jedoch ein deutlicher thematischer Einschnitt, dem äußerlich bei der Gestaltung der Seite D 78 recto über Bildbuchstabe Κ hinaus keine Rechnung getragen wurde. Mit Lnr 65 § 1 setzt hier der dritte Teil 8 0 des allgemeinen Lehnrechts in Zeile 15

auch hier auf W zurückgegriffen werden: X X I X Kein schephinbare man darf sin hantgemal bewisen, X X X Vorsprechin sal he darben..., X X X I Swas ein man dem andern schuldig is (W 6 recto rechts). 78 Dazu gehören ,Treuepflicht' (III 78 §§1-9), .Dorfgründungen' und ,Gerichtsort' (III 79 §§ 1-3), ,Erbloses Eigen' und ,Dienstmannenrecht' (III 80 § 1 - 82 §2), ,Rechtlosigkeit' und ,Vergabe und Besitzen von Gut' (III 82 § 1 83 § 1), ,Gewährspflicht' (III 83 §§2,3) und ,Vergehen gegen den Erblasser' (III 84 §1). 79 D 85 verso, W 79 verso (Lnr 71 § 1). Dieses erstreckt sich, gegliedert in drei Teile, von Art. 1-70. Zur Gliederung des Sachsenspiegels, die in bezug auf das Lehnrecht „aus dem Text selbst hervorgeht", vgl. G E R H A R D T H E U E R K A U F , Lex, Speculum, Compendium iuris. Rechtsaufzeichnung und Rechtsbewußtsein in Norddeutschland vom 8. bis zum 16. Jahrhundert (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 6) Köln - Graz 1968, S.117ff., Zitat S. 119. 80 Vgl. die Übersichten bei T H E U E R K A U F (wie Anm. 79) S. 116 (nach Molitor) u. S. 132 f.

Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels der Seite mit dem Thema ,Lehngericht' ein, der sich über das Ende der Lücke W 4 hinaus bis Lnr 69 §12 erstreckt 8 1 . Zunächst wird der Gang des Verfahrens im Lehngericht minuziös behandelt: „der Angeklagte mußte unter Einräumung einer 14tägigen Frist vor Gericht geladen werden und bei Nichterscheinen wurde die Ladung noch zweimal wiederholt; falls wiederum vergeblich, erfolgte die Absprechung des Lehens, sofern keine ,echte Not' als Entschuldigungsgrund vorlag" 82 . Der gesamte Prozeß wird ausführlich im Hinblick auf das Wofür, Wann, Wo und vor allem Wie des Verlaufs - von der Ladung bis zum Schlußurteil - beschrieben. Besonders breiten Raum nimmt das Verfahren bei Nichterscheinen des Geladenen, das dreimalige Heischen und der Ladungsbeweis durch Befragung, ein.

245 Zentrales Beweismittel neben dem Eid ist „die Aussage der Mannen, die ja gerade deshalb bei Lehnsgeschäften als Handlungszeugen fungierten" 8 3 . Weiß der Mann um die Sache, so hat er mit einer feststehenden Formel zu antworten: Alse der herre des dritten tages sines mannes gewartit, bis di sunne nidirwert get, SO VRAGE HE, WAS da rechtis umme si; SO VINT MAN, DAS he sine teding gezugen sal, das erste, das andere unde das dritte, ir icliche mit zewen sunderlichen mannen; dirre gezug SAL ALSUS LUTEN: Hene, ich verphlege mich des bi uch, daz ir Ν getedinget habt an dise stat unde sin da gewartet, alse lenrecht is; das sach ich unde hortes unde bin is uwer gezug. Noch icliches mannes gezuge VRAGE DER HERRE, AB he mit im volkumen si, als iz im helfende si zu sime rechte. Swen der gezug bi des herren hulden SAGET, DAS he weiz von der rede, der he GEVRAGETiz, odir bi des herren hulden sich vorphlege, das he dar ab nicht enwisse, so ensal man nicht vorbas VRAGEN; der hene muz wol VRAGEN, swi manchen sinen man he wil, wen bis he sinen gezug volbrenge. Swen der herre gezuget alsus dri siner tedinge, SO VRAGE HE, WAS da rechtis umme si, das der beschuldigete man nicht vorkumen is; SO VINT MAN, DAS man im sin gut vorteile, das he vonme herren hat; SO VRAGE DER HERRE, WEDIR he das tun sulle odir ein sin man; SO VINT MAN im, einer sin man; DER SPRECHE ALSUS: Alse mime herren zu rechte iz vunden, also virteile ich Ν so getan gut, alse he von mime herren gehabit hat; so vrage der herre, was he mit deme gute tun sulle, das sime manne virteilt is. SO VINT MAN IM ... (D 80 recto/verso, Lnr 65 §18, Hervorhebungen von Verf.).

Vor mittage muz der herre sins tedinges wol beginnen, alse im di tedinges zeit irteilt is unde he vorsprechen genomen hat, SO VRAGE HE, ab he icht muze lazin heischen zu lenrechte einen sinen man, den he dar getedinget hat umme schuldegunge. Alz iz gevunden wirt, SO VRAGE HE, wer en sulle heischen; SO VINT MAN, ein sin bote, das iz hören zewene sine man uf dem ende des hoves, da der herre tedinget, UNDE SPRECHE ALSUS: Ich heische vor minen herren Ν zeu einem male, zeum andir male, zeum dritten male umme so getane schuldegunge, als im her getedinget is; enis he denne da nicht, so kume der bote wider zeume herren UNDE SAGE: herre, he was da nicht noch niemant, der sine not bewiset. Alse des der bote bekennet, SO VRAGE DER HERRE, was da rechtes umme si; SO VINT MAN zu rechte, das man en anderweide heische unde sint zeum dritten male (D 79 verso/80 recto, Lnr 65 §15, Hervorhebungen von Verf.).

81 Das Gerichtslehen fällt nicht unter das allgemeine Lehnrecht, sondern zählt neben Lehen an Eigengut und Burglehen zu den besonderen Lehnsarten: noch sal ich uch dri lenunge bescheiden unde sagen, wo si zeweien von gemeineme lenrechte (W 79 verso, Lnr 71 §1). 82 K A R L - H E I N Z S P I E S S , Artikel ,Lehnsgericht', in: H R G (wie Anm.35) 2, Berlin 1978, Sp. 1714-1717, Sp. 1715. Zum Verfahren im Lehnsgericht vgl. Des Sachsenspiegels Zweiter Theil, nebst den verwandten Rechtsbüchern, 2., Der Auetor vetus de benefieiis, das Görlitzer Rechtsbuch und das System des Lehnrechts, hg. von C A R L G U S T A V H O MEYER, Berlin 1844, S. 581 ff. - Der Verlust des Lehens ist die weitestgehende Strafe, die ein Lehnsgericht verhängen konnte. Zur sachlichen Begrenzung der Gerichtsgewalt im Lehnrecht vgl. P L A N C K (wie Anm. 54) 1, S. 15 ff.

Der Themawechsel vom ,materiellen Lehnrecht' zum , Lehngericht' hat deutlich auch einen Wechsel auf der sprachlichen Ebene des Textes zur Folge. Der besonderen Bedeutung, die der Aussage der Mannen im Lehngericht zukommt, entsprechend, drängt sich diese Mündlichkeit sprachlich immer mehr in den Vordergrund. Sie wird schon durch den gehäuften Gebrauch illokutionärer Verben aus dem Bereich der ,Rede' 8 4 selbst zum Thema. Der regelmäßige Wechsel von in-

83

SPIESS ( w i e A n m . 8 2 ) S p . 1 7 1 6 .

84 Allein in den zwei hier zitierten Textpassagen: irteilen ,Urteil sprechen', vragen ,sich erkundigen', vinden ,ein Urteil ermitteln und aussprechen', hören ,hören', sprechen ,reden', sagen ,vortragen', bekennen ,erklären' und luten ,ausrufen'.

246 direkter und direkter Rede trägt dem Stellenwert der Zeugenaussage als Beweismittel im Lehnrecht Rechnung. Jede sprachliche Äußerung hat - je nach Wortlaut - direkte Konsequenzen f ü r die ihr folgende (Sprech-) Handlung. In indirekter Rede präsentiert der Text Instruktionen in bezug auf die Inhalte der Fragen und Antworten, in den Passagen in direkter Rede diktiert er Aussagen, gibt wörtlich genau zu nehmende sprachliche Handlungsanweisungen, die dann wohl auswendig gelernt oder abgelesen werden mußten. Auch in den entsprechenden Bildern wird die Bedeutung der Rede im G a n g der Verhandlung immer wieder hervorgehoben: Redegebärden treten gehäuft auf, besonders wichtige Redehandlungen werden durch Fingerzeig auf den M u n d betont (D 78 verso 1). Das Vorfordern des Beschuldigten erledigt der Bote mit weit geöffnetem M u n d , also besonders laut rufend (D 79 verso 5). Ohrenzeugen zeigen zum Zeichen, d a ß sie etwas gehört haben, auf ihr O h r (D 78 recto 4, 79 recto 3, 79 verso 5, 80 recto 1,2), wer etwas nicht hören will, hält sich die Ohren zu ( D 79 recto 2). Bei der Urteilsfindung wird mit verschiedenen Schweigegebärden unterschieden zwischen ,nicht können' und ,nicht (mehr) müssen'. Im ersten Fall verdeckt die H a n d f l ä c h e das Kinn (D 79 verso 1), im zweiten den M u n d (D 79 verso 3) 85 . Zusammenfassend bleibt festzuhalten, d a ß die bei der Fragestellung angenommenen Zusammenhänge zwischen Inhalt und denkbaren Einsatzbereichen der fehlenden Seiten bei drei der insgesamt sechs Lücken in D und W vorhanden sind. H i e r haben sich auffällige Gemeinsamkeiten ergeben: Bei D 2, Ψ 1 und W 4

85 Zu den Redegebärden, „insbesondere bei prozessualen Geschäften", vgl. VON AMIRA, Handgebärden (wie Anm. 3) S. 194 ff., zu den Schweigegebärden ebd. S. 235.

Brigitte

Janz

beinhalten die fehlenden Textpassagen relativ geschlossene Themenkreise zum G a n g des Gerichtsverfahrens, dem bei Diebstahl und Raub (D 2), dem bei Säumnis (W 1) und dem des Lehngerichts (W 4), wobei wiederum das Nichterscheinen des Geladenen eine besondere Rolle spielt. Schritt f ü r Schritt werden die einzelnen, komplizierten, an Voraussetzungen, Formen, Fristen und Bedingungen geknüpften Verfahrensabschnitte entwickelt und Konsequenzen aufgezeigt. Instruktive Sätze, sprachliche Handlungsanweisungen mit hohem Informationsgehalt dominieren. D e r illokutionäre Charakter der Textpassagen wird immer wieder in indirekter und sogar direkter Rede greifbar. Das verwundert nicht, sind doch ζ. B. die Aussagen des Beklagten bei der Fahrnisverfolgung, die des Bürgen bei Säumnis und die der Mannen im Lehngericht von entscheidender Bedeutung. Präzise Formulierungen und wörtliche Genauigkeit in der Aussage sind von großer Relevanz f ü r den Verlauf und unabdingbare Voraussetzungen f ü r den reibungslosen Ablauf des jeweiligen Verfahrens. Da, wo es um Inhalt und sprachliche Gestalt der Rede geht, häufen sich in apokopierten, synkopierten und kontrahierten Formen Relikte gesprochener Sprache, wird Mündlichkeit im Recht zum T h e m a . Die Sätze sind schwer zu merken, müssen aber wörtlich genau genommen werden. Bleibt nur die Möglichkeit, sie auswendig zu lernen oder abzulesen, d.h. sie abzuschreiben, den Codex als Ganzen vor O r t zu benutzen oder eben die entsprechenden Seiten zu entnehmen. In diesem Sinne ist es durchaus denkbar, d a ß es sich bei diesen drei Lücken tatsächlich um „Gebrauchsspuren" 8 6 handelt.

86 Neben „Verschmutzungen, Abreibungen und sonstige[n] Fingerspuren" zählt WERNER (wie Anm. 25) S. 215 auch die Beschneidung der Ränder, das regelmäßige Einbinden und den fragmentarischen Charakter der Handschrift zu den Gebrauchsspuren. Auch nach SCHMIDT-WIEGAND, Die mitteldeutschen Bilderhandschriften (wie Anm. 13) S. 371 sprechen „Blatt- und Lagenverluste wie Lagenverschiebungen" für die tatsächliche Benutzung der Handschriften.

Anhang

Glossar der Rechtswörter Werner Peters und Friedrich Scheele unter Mitarbeit von Bärbel Müller A ab(e)brecben st.V. 1. 'abbrechen, abreißen': Ortbant von den swertscheiden suln si abbrechen 25v31, Was der man buwet ..., das mus he wol abbrechen 38r28; 2. 'entziehen, wegführen': Sidir haben en di keisere beide, vorsten unde vanlen, abegebrochen 49vl2, Wirt ein wip mit rechte von irme manne gescheiden ..., das enmus aber si nicht abbrechin noch dannen vuren 5 5 r l 3 / 1 4 . -> brechen 5 ab(e)eren sw.V. 'ackern, pflügen': Swer siner gebure gemeine aberet 6vr27, Swer siner nakebure gemeine abeerit 56v3. ab(e)gelden st.V. 'zahlen, entgelten': Swas zinses oder phlege in des wibes gute was, da man ir abgeldin solde 55v20, he enis da nicht phlichtig, ab zu geldene phlege noch zins 55vl8. -> gelden 1 ab(e)gen unr.V. 'verlorengehen, lossagen': oder ir ein des andern nicht abe enget 24rl7. ab(e)genemen st.V. 'befreien': Wirt aber beide, vater unde sun, beclait um eine tat, da enmag he en nicht abegenemen 30v21/22. ab(e)nemen st.V. 'rückgängig machen, aufheben': Wir gebiten aber alle di zcolle, di gehoget sint, andirs denne si zu dem erstin gesazt wurdin, das man di irhounge abeneme 2rl9. ab(e)gewinnen st.V. 'im Rechtsstreit abgewinnen, absprechen, entziehen': Man ensal nimande von sinen geweren wisen, si ensi im mit rechte abgewunnen 72v4, abegewunnen 32r23, 3 6 v l 9 / 2 0 . -> angewinnen; gewinnen 1 ab(e)gezügen sw.V. 'durch Zeugen abgewinnen, durch Zeugenbeweis aberkennen': Dar umme enmus nimant

mit rechte sine gewer abegezugen iener, der di gewer hat 32r22. ab(e)jagen sw.V. 'abjagen, bei der Verfolgung wegnehmen': Was der man vint oder dibin oder roubern abejait 35r3, so behelt hes das dritte teil, der is den dieben oder den roubern abegejaget hat 3 5 r l l , abejaget 5vl21. ab(e)lien st.V. 'als Lehen weitergeben, weiterverleihen': ir kein enmag ane den anderen keinen teil ablien noch lasen 71r3. -> gelien ; lien; vor Hen 1 ab(e)rouben sw.V. 'durch Raub entreißen, einem etwas rauben, jemanden berauben': wirt si im vorstoln oder abgeroubet 4 0 r l 0 , abgeroubet 43r28/29, abgeroubit 43vl2. ab(e)slän st.V. 'einen Schlag geben, schlagen, abschlagen': den sal man das houpt abeslan 29v3/4, man slet im di hant ab 30r20. ab(e)sundem sw.V. 'sondern, absondern, trennen, abfinden': al das gut, da si mite abegesundirt warin 13v31/32. -> sundem ab(e)sunderunge st. F. 'Absonderung, Trennung, Unterscheidung, Abfindung': Von absunderunge der kindere 4vll4. abeswich st. M., in der Verbindung abeswich tun 'im Stich lassen, Abstand nehmen von etwas, von etwas lassen': unde tut he im abeswich siner werschaft 36r23, abeswich tut 81v22/23. ab(e)wisen sw.V. 'vor Gericht abweisen, zurückweisen': unde wirt si dar abegewiset mit rechte 18vl2a, unde enmag he ... ienen nicht abegewisen mit rechte 30r6, oder ir ein enwise den andern ab Vorgerichte mit rechte 44v27. gewisen 1

250 abrunnig Adj. 'entlaufen, flüchtig', zu mnd. afrunnich, mhd. aberinnec; Wirt aber he abrunnig 35v22. abt st. M. 'Abt': Swen man kuset bischove oder epte 6vll 7, epte 10v27, 46vl2, 51r21. ächte st. F. 1. 'öffentlich gebotene Verfolgung, gerichtliche Rechtloserklärung, Acht': Doch ensal man nimande vorteiln sinen lip mit der vorvestunge noch mit der achte, da he mit namen nicht inkumen is 26v22, man tut zu hant in di achte alle, di sie viengen 51vl8, achte lr31, 2vl25, 2vl26, 2vl32, 2vrl, 3rll8, 3rl30, 3rl30b, 3rr3, 3rr4, 3rr6, 3rr7, 3 r r l 6 , 3vl28, 3vl29, 8rr9, 1 9 v l l , 19vl2, 62v23, 79v28; 2. des nches ächte 'Reichsacht': Von des riches achte 4vrl2, riches achte 7rl20/21, 19r31, 19vl0, 40v21/22, 41v9, 6 6 r l 8 ; 3. des kuniges ächte 'dass.': Unde wer mit vestunge in des kuniges achte kumt 6 r r l 6 , kuniges achte 52v2. W M U 1, S. 40 f.; D R W B 1, S. 361 ff.; H R G 1, S.25ff.; Lexer I, Sp.30; Grimm, D W B 1, Sp. 166f.; T r ü b n e r 1, S. 47 f.; Kluge/Seebold, S. 8 -»• kunig; riche 1; vorächten adelkint st. N. 'freigeborenes Kind, adeliges Kind': Ein wip mag gewinnen elich kint, adelkint, eigenkint unde kebiskint 21v5. altvil sw. M. 'Schwachsinniger, Blöder, Zwitter, der im rechtlichen Sinne erbunfähig ist': Uf altvilen unde uf getwerge irstirbit noch len noch erbe noch uf kropilkint 1 lv7. amie sw. F. 'Geliebte, Buhle': Von not der amien 6rr32, An varnden wiben unde an siner ameien 48r36. ammecht st. N . 'Amt, dienstliche Stellung': Der sal bi dem ammechte bliben zcum minsten ein jar 3rl9, durch keiner hande ding schribe noch tu an sime ammechte 3rr28. ammechtman st. M. 'Verwalter, Amtmann, Dienstmann': Nimant enmag sime herren gut enphuren, des ammechtman he is 7vr33. aae sw. M.F. 'Ahn, Großvater, G r o ß m u t t e r ' : Von den vier anen 4vr32, anen 21v9, 21vl6. anersterben st. V. 1. 'vererben': Wer aber ein gut in geweren hat, das im anirstorben is 36vl6, anirstirbt l l v 3 3 ; 2. 'durch Sterbefall auf jemanden kommen, von Todes wegen zufallen': Welch knecht ... eine vormundeschaft anirsterbit von kindern 35v4. -> ersterben 1, 2 anegevelle st. Ν. 1. 'Anwartschaft auf ein Erbe, N u t zungsanfall': An anegevelle enis keine volge 7vll2, ab

Glossar dem kinde odir im selbe das anegevelle geiigen is 68v27, anegevelle 6 9 r l , 69r25, 69r27, 69vl, 80vl8; 2. 'Einkünfte': Also entut der herre deme kinde noch des kindes erben, wen he das anegevelle nimt 39v21. anevang st. M. 'Beschlagnahmung eines gestohlenen Gutes, Zurückfordern durch Anfassen': Von dem anevange 5vl20. anevangen sw. V. 'etwas durch Anfassen als sein Eigentum ansprechen': Wen mit des richters urlobe mus he sin gut wol anevangen mit rechte 34r23, geanevanget 34v23, geanevangit 34v29, gevangit 34v31, anvanget 4 3 r l 2 , anevangin 57v6. W M U 1, S. 122f.; D R W B 1, S.624; H R G 1, S. 159ff.; Lexer I, Sp.64; Grimm, D W B 1, Sp. 325f.; T r ü b n e r 1, S.78; Kluge/Seebold S.29 angebom Part.Prät. 'angeboren, von Geburt an etwas besitzen': Man mus den man schuldigen in der spräche, di en angeboren is 6vr3, das kint behelt sulch recht, als im angebom ist 14vl0, so gebricht im der buse, di im angebom is 77vl3, angebom 54r27. angesprechen

->

ansprechen

angest st. F.M. 'Angst, Furcht, Besorgnis': vor sins libes angiste 'aus Angst um sein Leben' 29vl7. angewinnen st. V. 'erlangen, im Rechtsstreit abgewinnen, entziehen, absprechen': im enwerde di gewere mit rechte angewunnen 41v23, angewinnen 29v27, angewunnen 34v33, angewinnet 5 3 v l 2 / 1 3 . ab(e)gewinnen; gewinnen 1 angnfen st. V. 1. 'angreifen, H a n d anlegen': Swelch son an sins vatir lip retet oder vrevelichen angrift Irl7, angrifet 2rl26, 2vr20; 2. 'den Besitz ergreifen, fassen': Saget aber der herre, he wolles den man geweren unde hes heist in angrifen 71r27; 3. 'fassen, ergreifen, gefangennehmen': he ... grife en an vor sinen dip 34r27. anspräche st. F. 'Anspruch, Rechtsanspruch': Sprechen zwene man ein gut an mit glicher anspreche 45r35, das he sin gut vorste und des obirsten herren ansprache irlege mit 'rechte 64r9, ansprache 70v7, 70v8/9, 73r25, 7 5 r 2 / 3 , 75vl3, ansproche 82r3. anspreche Adj. 'angesprochen, angefochten, angeklagt, eingeklagt': Is ein gut von zwen mannen anspreche 44v33. ansprechen st.V. 1. 'anklagen': Mag sich der selbe, der da angesprochin ist, nicht unschuldigen zu den heiligen lvr26; 2. 'einklagen': da enmag he denne keine gäbe angesprechin 22r5; 3. '(gerichtlich) auffordern': Derrichtere

Glossar enmag nimande ansprechen mit Vormunde noch ane Vormunde 7rl7, angesprechin 58r6/7; 4. 'beanspruchen, Ansprüche geltend machen': Ab zcwene ein gut gliche ansprechen 7vrl, Spricht der man gut an 7vrl6, anspricht 61r3, 7 5v30, Wollen si... ir erbeteil ansprechen 13v28, ab si is beide sunder gewer ansprechen 36rl8, Sprechen zwene man ein gut an mit glicher anspreche 45r35/36, ansprechen 59r22, 6 I r l 2 , 72v24; 5. 'herausfordern (zu einem gerichtlichen Zweikampf)': alleine enhabe he en mit kemphin von erst nicht angesprochen 21rl 1/12, anspricht 25r31, ansprach 26rl7, Spricht ein gewunt man den zu kamphe an 2 I r l 8 , ansprichit 21 vi5, he enhabe en denne kemphlich angesprochen 24r31. W M U 1, S. 105 f.; Lexer I, Sp.63; Grimm, DWB 1, Sp. 467 ff.; Trübner 1, S.99 -> kamph; kemphlich 1 aarechten st.V. 'angreifen': des landes not, ab is ein anderlant anvechte 67vl2. arc Adj. 1. 'schlecht, von geringem, niederen Wert': weder he di wisunge vorspreche mit der ergeren geburt 85v5; 2. 'unbillig': So clage he vor bas ..., das is nicht ergir ensi 25r9/10. art st. F. 1. 'Stand, Herkunft, Abstammung': Iclich man unde wip von ritters art 4vl33, art 5vl5, 15r24, 15v25, 18rl, 18r4, 31rl6, 5 9 r l l ; 2. 'Gebiet, Land, Boden': wenne der kunig uf sechsiche art kumet 19r8, Is aber der herre us deme lande ..., swen he erst widerkumt an duzche art 78vl6, art 15rl7, 28r30, 32v3, 52vl0. W M U 1, S. 131; Lexer I, Sp.98; Grimm, DWB 1, Sp. 568 ff.; Trübner 1, S. 128; Kluge/Seebold, S. 41 f. -» lant 1; ritter 2; swebisch

Β bähest st. M. 'Papst': Zwei swert lies got in ertriche, czu beschirmene di cristenheit: dem babiste das geistliche, dem keiser das werltliche 10r4, is ensi, das en der pabist schuldige, das he an deme rechtin gloubin zwivele 50r3, Den keiser enmus der babist noch nimant bannen ... ane umme dri sache 50v22, babiste 6vl23, 52r21/22, babist l l v 3 , 1 lv5, 49r23, babistis 50r9, babeste 60r9. W M U 1, S. 134 f.; Lexer I, Sp. 107; Grimm, DWB 7, Sp. 1448 f.; Trübner 5, S. 53 f.; Kluge/Seebold, S. 526 -» ban 6 baimunden sw.V. 'für einen ungetreuen, schlechten Vormund erklären oder halten': man sal en baimunden, das is, man sal im vorteilen alle vormundeschaft 19v32. -> Vormunden

251 ban st. Μ. 1. 'Gebot, Verbot unter Strafandrohung': ban 8rr9; 2. 'die Strafe selbst': der sal wetten des kuniges ban, das sin sechzig Schillinge 40r27; 3. 'die dem Richter vom König verliehene Gewalt bzw. das Recht, diese Gewalt im Namen des Königs auszuüben': Ban liet man ane manschaft 52v30, ban 23r32, 23r33, 23v4, 52v22, 52v25; 4. 'Kirchenbann': ban 6vl23, 22v3, Ban schadit der sele unde ennimt doch nimande den lip 52r31, banne 40v23; 5. des kuniges ban 'dass.': Unde was der brichit, der bi kuniges banne dinget unde des nicht enhat 5rll2, kuniges banne 6vl32, 6vrl, 10r28/29, 23r30/31, 23r31, 23v3/4, 23v6, 2 5 r l 8 / 1 9 , 26v30, 28rl0, 29r3, 40r22/23, 45rl7, 52v32, Wo man dinget bi kuniges banne, da ensal noch schepphin noch richter kappin anhabin 54rl, kunigis ban 15v33, 52v29, kuniges ban 23v2/3, 28rl3, 28v6, 52v22/23, 53r4, kunigis banne 52v21; 6. des bäbestes ban 'Kirchenbann, Bann des Papstes': der in des babistis banne is mit rechte, den enmus man zu kunige nicht kisen 50r9. -» W M U 1, S. 138 f.; DRWB 1, Sp. 1192 ff.; H R G 1, Sp. 306 ff.; Lexer I, Sp. 118 f.; Grimm, DWB 1, Sp. 1113 f.; Trübner 1, S.226; Kluge/Seebold, S.59 banc st. F.M. 'Bank, Gerichtsbank': Der aber zu den benken nicht geborn is 29r4, Schildit ir urteil ein irgenos, he sal der banc bitten, ein andirs zu vindene 54rl0. W M U 1, S. 140; Lexer I, Sp. 140; Grimm, DWB 1, Sp. 1105ff.; Trübner 1, S.224f.; Kluge/Seebold, S. 58 bannen st.V. 'in den Kirchenbann tun, exkommunizieren': Den keiser enmus der babist noch nimant bannen 50v23, bannen 6vll3. -> vorbannen banvorst st. Μ. 1. 'Forst, in dem nur dazu Berechtigte jagen und Holz hauen dürfen': Doch sin dri stete binnen Sachsen ... dis heisen banvursten 40r24, banvorst 40r28, banvorsten 5vr20, 40vl3. barhaftig Adj. 'schwanger, ein Kind tragend': ein wip, di kint treit ... unde sich barhaftig bewiset 18vl5/16. bedingen sw.V. 'verhandeln, durch Verhandlung festsetzen und bestimmen, versprechen, vereinbaren': wen alse he wider sinen herren bedinget hat 82vl6. bedorfen unr.V. 'bedürfen, nötig haben': Ein man sal zugen sine lenunge, ab hes bedarf 7 r r l 2 / 1 3 , Welch schephinbare vri man einen sinen genos zu kamphe ansprichit, der bedarf wol zu wissene sine vier anen 21vl5, bedorfen 68vl2, bedarf lOrl7, 12vl7, 13r32, 20r5, 25v2, 2 6 v l l , 33r4, 36r33, 39v29, 45rl7, 48r8, 60vl2, 62r3, 74vl8,

252 8 0 r l 0 / l 1, 81 rl 1, 84rl5, 84v24, enbedarf 31vl, 60vl8, enbedorfte 54v21/22. beerben sw. V. 1. 'vererben, Erben bestellen, einsetzen': Zu der selbn wis nimt das wip man unde gewinnet eliche kindere ..., unde si beerbit mit irme rechte unde mit erme gute 32r6; 2. 'beerben, Erbe erhalten, zufallen': Swenne der son noch des vater tode..., so is he beerbet mit sins vater lene 65r9, beerbit 65rl3. begeben Adv. 'in ein Kloster gehen, eintreten': Hat aber he sich begeben an sins elichen wibes willen 17v20, begeben 4vl31, 17vl6, 31vl9, 31v21, begibet 4vl32, 5vl6, begibit 31vl3, begibt 17vll/12, 17v26. begraben st.V. 'vergraben, eingraben, begraben': Alle schacz in der erdin begraben 19rl2, Wirt ein man gemordit..., wer den begrebit uf dem velde 57vl3, begrabeneme 4vr8, begrabin 57v20. begrifen st.V. 1. 'ergreifen, fassen': Begeint aber eine hanthafte tat ..., da der man mite begriffen wirt 22v32, begriffen 29v3, 43vl8/19, 52v4, begrift 34rl3; 2. 'in Worte fassen, mit Worten geltend machen': Ab is mit clage vor gerichte nicht begriffen is 10vl4, begriffen 60r23, begrift 72rl9; 3. 'einschließen, umfassen': di mit des kuniges tegeliche vride begriffen sin 42v36; 4. das Unrecht begrifen 'das Lehensgericht eröffnen, beginnen': Alse der herre sin lenrecht begriffen habe 76r6. -> W M U 1, S. 157 f.; Lexer I, Sp. 147 f.; Grimm 1, Sp. 1307ff.; Trübner 1, S.261; Kluge/Seebold, S.69 behalden st.V. 1. 'beherbergen, bewirten, bei sich aufnehmen': Wir sezcin unde gebiten, das nimant einen echter behalde 2vrl2, behalden 2vr25, 2 4 r l l , beheldit 2vr33, behelt 3vr7; 2. 'behalten, im Besitz bewahren, aufbewahren, erhalten': di ir recht behalden habin 'die im Besitz ihrer Rechte sind' 2rr23, der man behalde das gut, da he sine manschaft umme bot 65v29, behalde 14rl2, 14rl6, 18v31, behalden 3vll7, 4vr5, 7rr32, 33v23/24, 34r34, 36v8, 66r4, 71v21, 71v25, 79v24, 80vl3/14, behaldene 6rl9, 42vl3, 43rl8, 43r28, behaldin 17v22, 18v9, 50rl2, beheldet 14v5, 36vl, beheldit 16rl0, 20v5, 31r29, 36v38, behelt 4vll8, 6vr4, 14v7, 14v9, 15v21, 17vl 1, 18v20, 34v6, 35r9, 35rl3, 35v6, 35v29, 36rl6, 37rl, 39vl3, 43v31, 45v4, 48vl6/17, 54v8, 55rl6, 55v7, 61rl5, 62rl5, 63r6, 65r26, 65v3, 69vl6, 70vl3, 70v29, 83r27, 83vl4, behilt 54vl9, behilden 14v28, 15r7, 49v9, enbehalde 19r2/3; 3. 'beweisen, beschwören, vor Gericht durch Zeugen bzw. Eid erhärten': is ensi denne, das ... der belente man das behalde noch rechte binnen siner jarzcale 60v23, Morgengabe behelt das wip uf den heiligen 15vl 9/20, des musen

Glossar si wol uf den heiligen behalden 16r27, behalden 45vl, 64v2, 67r26, 7 3 r l l , 77v20, 82v24, behaldene 14r27, 15vl8, 29r8, 63r23/24, 64v24, 72v25/26, 72v29, behaldin 15v29, 22vl4a, behelt 73r23; 4. 'vor Gericht erstreiten, mit Zeugenbeweis erringen, gewinnen': der man ... envorliese dar mite nicht, ab is sin herre dar noch behalde 64rl4, das behalde he mit gezuge al zu hant 66vl9, behalden 43r8/9, 61r22, 6 3 r l l , 63r25, 63r28/29, 64v2, 73r6, 74v6, behaldene 7rrl9, 71vl2, behaldin 15r6, 28vl8/19, beheldit 36v34, behelt 7vll9, 28v27, 61r5, 67v5, 72rl0, 75v7, enbehald 63rl9, 63vl9/20; 5. 'zurückbehalten, aufbehalten': Di dube behalden oder roup 29v4, in enstet aber in des herren willen nicht, welche dri he behalde 76vl7; 6. 'Recht behalten': Swelch irme di meiste menie volget, der behelt 78rl4, behelt 79v7, behalde 78r32, behaldene 68vl8, 81r2/3; 7. ledig behalden 'vorbehalten': das dinst mag der herre ledig behalden 82vl0, behaldin 3rl 17/18; 8. 'verhalten': ab he sich wol unde recht beheldet 3rll0; 9. 'verbergen, verstecken': Ab der herre ... sich behelt 7vrl4, behelt 75rl2. W M U 1, S. 159 f.; Lexer I, Sp. 151; Grimm, DWB 1, Sp. 1321 ff. behüren sw.V. 'Ehebruch treiben, außerehelich beschlafen': Wer eins mannes wip behuret 4vrl0, behuret 19r24. bekennen sw.V. 1. 'anerkennen': Spricht der man gut an, des im der herre nicht bekennet 7vrl7, bekennet 67rl5, enbekennet 61rl0, 68v24, 7 1 v l 0 / l l , 74v6, enbekenne 7lvl8; 2. 'eingestehen, zugeben, bekennen': Der schult, di der man schuldig is, der darf man en nicht inren, he sal bekennen oder louken 12r34/12vl, bekennen 12r30/31, 25rl5, 33v8, 7 6 v l 0 / l l , bekennet 25rl6, 29vl8, 43rl3, 43rl5, 66vl9, bekenne 20v24. bekentnisse st. F. N. 'Zustimmung, Anerkennung': mit deme bekentnisse des herren behelt der man sin gut kegen deme herren ane gezug 61r4. beklagen sw.V. 'klagen gegen, beklagen, anklagen, verklagen': der sal vor sinen richter varn unde sal en beclagin lvr23, Unde weis he des vridebrecheris namen nicht, he beclage en ungenant 24r33, vor gerichte beclagen 83r30, beclagin 57v7, beclagen 48v3, beclaget 5vr28, 6rl21, 6vr29, 41 vi 1, 42r29/30, beclagit 5rr5/6, 56vl3, 66r20, 74r3, 83v5, beclait 3rl29, 6vll, 25v34, 26v24, 27v21, 30v20, 3 1 r l / 2 , 32r24, 36vl2, 42v7, 44r7, 44r28, 44r30, 44v21, 45vl2, 50v21, 56v7, 56vl4, 56vl8, 56v25, 60v2, 72vl5, beclaiten 6rll6, beclageten 44r21. -*• klagen 1

253

Glossar beköstigen sw. V. 1. 'beköstigen': Di sal der richter beköstigen: brot unde bier sal he en gnug geben 28r22, beköstigen 78vl, beköstiget 39v9; 2. 'die Kosten bestreiten, bezahlen': Dis selbe sal ouch ein herre tun, ab ein man gut kegin im beköstiget 13r9. beleiten sw. V. 'geleiten, führen': Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant den anderen beleite durch das lant durch kein gut 2vr9, beleiten 2rll9. belemen sw.V. '(mit bleibender Lähmung) verletzen': Wer den andern belemt oder wundet, wirt hes beredet, man slet im di hant ab 30rl9, Belemt ein vie das andere vor dem hirten oder wirt is getret oder gebeist 38vl4, belemt 5rr25, 5rr27, 6vl2, 30r31/32, 30v3, 35vl0, 41r3, 48vl5, 48v20. lernen belenen sw.V. 'belehnen, verleihen': Swelch bischof von dem riche belent is mit vanlene binnen deme lande zcu Sachsen 4rll7, Dar umme enmag kein gesaczt man richter sin noch nimant, he ensi gekorn oder belent richter 22v30, Der belente man enmus dar über keinen kunigis ban haben 52v28, belent 7rr9, 36rl9, 59r33, 59v27, 61v5/6, 62v3, 62vl2, 65r30, 67r24, 68r21, 69rl8, 71r9, 71vl, 72vl, 78rl0, 79r7, 81v4, belente 7vl25, 23rl2, 27v32, belenten 23r2, 61v23, 70rl5, 79vl8, belentin 53r4, belene 64r28, 70rl9, belenen 66r3, 70r21. WMU 1, S. 178; Lexer I, Sp. 172; Grimm, DWB 1, Sp. 1442 benemen st. V. 1. 'hindern, verhindern': deme das echt not benimet, das he nicht kumen enmag 67v23, benimt 67r2, 85rl9, benam G7v29, enbeneme 19v3/4, 27vl3/14, 36r27, 73vl2, 80rl, 82r8/9, enbenemen 41v36; 2. 'berauben, wegnehmen, entziehen': so das im mit der achte nimant sinen lip benemen mag 19vl3, benumen 24rl6; 3. 'einer Anklage entziehen, entlasten': he enbeneme sich uf den heiligen 76v22, enbenemes 70r27. benennen sw.V. 1. 'nennen, namentlich benennen, bezeichnen': di not benennen lvl29, dar zu alle di vri herren unde schephin ..., sundir di hie vor benant sint 4rll6, noch groser recht hat der dar an, deme is geiigen unde benant wirt 62r7, benennen 15rl8/19, 34vl2, 38vl6, 63v22, 66v23, 81vl2, benante 17v4, benennene 21vl7, benennet 67rl4; 2. 'bestimmen, festsetzen': Unde dem andern benant gut 7rr8, beide sulln si benennen di zeit der lenunge 61rl3, benennen 64rl7, 66vl5, 67r27, benant 60v28, benennene 64r26, 66vl3, 69v2/3, benennet 66vl7, 66vl8, enbenennet 64rl6. berech(en)en sw.V. 'Rechenschaft ablegen, berechnen':

so sal hes en widergebn, dazu allir ir gut, he enkunne si berechen 16v27, Wer aber des kindis erbe is, den sal des kindis

Vormunde

berechin

17r6, wo aber der

Vormunde

ouch erbe ist, da endarf he nimande berechenen 17rl2. bereden sw.V. 1. 'vor Gericht vorgehen, vor Gericht verteidigen': Der vater mag aber uf di lute, si sin dinstman oder eigen, nicht beredin lr28, beredin 2rr31; 2. '(als Friedebrecher) überführen': Swer truwelos beredit wirt 4vrl4, 19v24, unde en zu eime vridebrechere beredin wil 21r26, beredet 27r28, 30rl9, bereden 27r27; 3. 'beweisen, nachweisen, (durch Eid) beschwören': unde sal der mag beredin lvl26/27, das der gewislichen uf den heiligen beredin muge 2rl5, beredin 19r5/6, bereden 71vl8, beredit lvl30, 2rr32, 56rl0; 4. 'beanspruchen, sein Recht geltend machen': kein recht enmag he mer an deme gute bereden 64vl6, bereden 82v5; 5. mit kamphe bereden 'durch Zweikampf überführen': Wil man aber di bürg beredin mit kamphe 42r32, beredin 2lrlO; 6. mit kemphen bereden 'mit einem Lohnkämpfer überführen': mit kemphin enmag aber he einen unbescholdin man an sime rechte nicht bereden 2Irl7. ^ WMU 1, S. 189 ff.; Lexer I, Sp. 187; Grimm, DWB 1, Sp. 1492 ff. berouben sw.V. 'berauben': So clage he vor bas, das he en beroubit habe sins gutis 25r8, beroubet 40v33. besachen sw.V., mnd. besaken, 'abstreiten, leugnen': Wer deme andern sine varnde gut liet..., wil is im iener da nach besachen 14r25, besacht gutes 62v28. ->• vorsachen bescheideliche Adv. 'festgesetzt, bestimmt, bedingt': Lest man aber ein vorligen gut eime kinde uf also bescheidelich, das hes eime anderen lie 69vl2, bescheideliehen 69vl7, 71v24. bescheiden st.V. 1. 'Auskunft geben, deutlich berichten, belehren, erklären, benachrichtigen': Das ich recht unde unrecht der Sachsen bescheide 9v5, noch sal ich uch dri lenunge bescheiden 79vl3, bescheidene 84vl9; 2. 'entscheiden, bestimmen, bescheiden': Zcweiet man aber an deme gezuge also sere ..., so bescheide man das, alse hi vor geredit is in dem lantrechte 79v9, bescheiden 9vl3/14, 29rl, 44v35, 45v2, 45v6, 46vl4, 61vl3/14, 68v25, 70rl4, 72v28, 73rl3, 79rl3, enbescheidet 61rl8. bescheiden Part. Adj. 'bestimmt, verabredet, bezeichnet, festgesetzt': zu bescheiden tagen 'auf bestimmte Zeit' 45vl0/11, bescheiden 39v3, 46rl7, 46r20, 56r30, 62rl3, bescheidene 37vl5, 81vll, bescheidenen 44r27, 55v25, 81v29, bescheidener 10r7, 23r6, 47r33, 84vl2/13.

254 bescheldunge st. F. 'Unterscheidungszeichen, unterscheidende Bezeichnung': Nimant ensal ouch phenninge slan andern phenningen glich, si enhaben denne sunderlich bescheidunge 32v26. bescheit st. Μ. N. 'Festsetzung, Bestimmung': umme bescheit oder ane bescheit 'auf bestimmte oder unbestimmte Zeit' 14r24/25. bescheiden st.V. 'anfechten, tadeln, schelten, für ungültig erklären': Wen das wip man nimt, gewint si ein kint e irre rechtin zeit, das das kint leben muge, man mag is bescheiden an sime rechte 19rl9, Welch man von sinen vier anen ... unbescholdin is an sime rechte, den enkan nimant bescheiden an sinergeburt 21vl2, Umme ein bescheiden urteil sal man keiner volburt vragen 29rl0, bescheidin 24r4, 5 4 r l 7 / 1 8 , bescholden 28v29, 61v27, bescheiden 53rl4, beschulden 78v25, beschuldene 79rl4. W M U 1, S. 205; Lexer I, Sp.205; Grimm, DWB 1, Sp. 1562 beschern st.V. 'die Haare abschneiden, scheren': Phaffen unde juden, di da wapen vuren unde nicht beschorn ensin 42v32, beschorne 8rrl3. beschirmen sw. V. 'beschützen, verteidigen': Zwei swert lies got in ertriche, czu beschirmene di cristenheit 10r3, beschirmen 3vll5. beschrien st. sw. V. 'beschreien (eines Missetäters), Klagegeschrei erheben': Kumt aber he hinweg, man vorvestit en zu hant, ab he in der tat mit deme gerufte beschriet is 44r25, beschriet 38vl2, beschriete 25rl4. beschuldigen sw. V. 'beschuldigen, anklagen': Is he beschuldiget umme ungerichte, man sal en zu hant vorvesten 36v28, So sal der man vorkumen, der beschuldiget was, zu entworfene 78vl9, beschuldeget 6rl3, beschuldiget 34rl 1, beschuldigit 36v32, 54r25. -» schuldigen besessen Part.Adj. 'bewohnt, ansässig': Disen gezug suln di ummesessin bescheiden, di in deme dorfe besessin sin 45v3. besetzen sw.V. 'besetzen, in Besitz nehmen, erobern': Kam besas Africam 46v26, Jafet, unse vordere, besazte Europam 46v28, besasen 47vl3, besasin 47vl4. besigelen sw.V. 'besiegeln, durch Siegel bekräftigen': mit eineme offen brive besigelt 36r29. besizzen st.V. 1. 'besitzen, in Besitz haben': doch enheist das keine rechte gewer, das der man mit gewalt besiezt 63vl3, besieze 65v30, besizeen 80v6, besizt 72rl4; 2.

Glossar 'besiedeln, eine Siedlung anlegen': Swo gebure ein nuwe dorf besiezen von wilder worzeln 6vrl6. besprechen st.V. 'sich über etwas beraten': Dar umme mus he sich wol besprechen unde weiger es mit rechte, ab he mag 76rl0. bessern sw.V. 1. 'bessern, verbessern': Doch mus der man sine clage wol bessern 25r21, bessern 31r25; 2. 'Genugtuung leisten, büßen, wiedergutmachen': so musen si bessern das gerufte 33rl5, bessern 6rll5, 34r4, 41r4, 44r7, 4 4 r l l , 44v23, 52r24/25, besserne 27r9, bessirn 37rl7, 38r8, bessere 42vl, bessirt 56vl0, gebessert 61v29; 3. mit büze bessern 'als Wiedergutmachung eine Buße leisten': Das sal he deme herren ... mit buse ... bessern 34r5/6; 4. 'entschädigen, bezahlen': man sal en bessern alse eime leien 42v34, bessert 5rr26, 30v4, besseren 5vrl5, bessern 8rrl8, 30r32, 33rl2, 35vl2, 35v25, 39rl7, 45vl2, bessirn 30v7, 45r29. W M U 1, S. 245 f.; Lexer I, Sp.261; Grimm, DWB 1, Sp. 1647 ff. -> büze 3 besserunge st. F. 'Ausbesserung': di sullen den wegen ... ir recht haldin ... mit besserunge 2rll7. bestaten sw.V. 1. 'eine Stätte geben, jemandem einen Wohnsitz, Aufenthalt anweisen': Unde man sal si halden bis an den drisegisten, das si sich mugen bestaten 16r22; 2. 'zu Lehenrecht vergeben, verleihen': Cins mus der herre oder sin bote, der das lant bestadet, bas behaldin ... 22vl4, bestatene 62v5, bestatet 62v7/8, 82vl3, bestatten 47vl 8. bestetigen sw.V. 1. 'festnehmen, ergreifen': ab he in der hanthaften tat bestetiget is 42rl2, bestetiget 33rl4, bestetigit 35v23, bestetigen 44vl4, 50v3; 2. 'bestätigen': man enmuge gezugen, das das gelubde vor deme gerichte bestetigit si 33vl9, bestetiget 12v29. besweren sw.V. 'einen Eid zumuten': Di sal man vragen bi des ersten herren hulden unde ensal si nicht besweren 74v8. bete st. F. 1. 'Bitte, Ansinnen': Etliche lute sagen, das man kein gedinge lien muse, ane iens bete 62rl, bete 3rl24; 2. 'Abgabe': vordirt imant zu deme dinst, bete oder herberge 82vl5. betedingen sw.V. 'vor Gericht verklagen': Kindere jarzcale is driezen jar unde sechs wochen von irre geburt; doch bedorfen si des dar noch, ab si imant betedingen wil 68vl3, enbetedingen 70v4. beteilen sw.V. 'aufteilen': In einer sacke von eime lene

Glossar enmugen si zcwene nicht gezug sin, di wile si an deme lene nicht beteilt ensin 61v5. beten sw.V. 'bitten': Ab ein man an sins vorsprechen wort nicht enjet ..., he enswere da vor, das he anders nicht gesprochen habe, wen alse iener bete 65r3. betwingen st.V. 1. 'bezwingen, unterwerfen': Mit irre helfe hatte he betwungen al Asiam 47v8, betwingen 10rl2, betwungen 49v9; 2. 'zu etwas zwingen': unde man en von gerichtis halbin des mit phande nicht betwingen enmag 57r4. bevelen st.V. 'übergeben, anbefehlen': Dar umme sen si sich alle vor di, den gerichte von gotis halbin bevolin si 9vl9. bevriden sw.V. 'Frieden und Schutz verschaffen': Unde von weme si den zcol nemen, di sullen si bevriden 2rll9. bevrönen sw.V. 'beschlagnahmen': Wo der richter sin gewette nicht usgephenden enmag uf eins mannes eigen, das also kleine gilt, das sal der vronebote bevronen 36rl, bevronen 50v4. bewaren sw.V. 1. 'verhindern, bewahren': Weme aber he geleite gibet, der sal den schaden bewaren in sime geleite 33r7, beware 16rl4; 2. 'absichern': Unde wartet he denne des zendin nicht, der man vorczende im selbe, alse he sinen eit dar an beware 3 7 v l l ; 3. 'beschützen, behüten, aufpassen auf': Welch dorf bi wassere lit unde einen tarn haben, der si bewart vor der vlut 39rl, bewaren 38rl6, 38vl; 4. 'einhegen': Der man sal gelden den schaden, der von siner vorwarlosekeit geschit andern luten ..., den he nicht bewart enhat 35rl7. W M U 1, S. 237; Lexer I, Sp.253; Grimm, DWB 1, Sp. 1762 ff.; Trübner 1, S.318f. beweren sw.V. 'beschwören': das musen si sweren, er si gezugen, odir den gezug uf den heiligen beweren 7 4 v l l / 1 2 , beweret 67rl6. bewern sw.V. 'verweigern, verwehren': Kamphes mag ouch ein man sime mage bewerin 25v3/4. bewirken sw. V. 'einzäunen, umhegen': Menlich sal ouch bewirken sin teil des hoves 38r6, bewirkene 5vr7, bewerken 38rl9, beworchten 40vl4. bewisen sw.V. 1. '(mit Schwur) beweisen, nachweisen, vorweisen, zeigen': Kein schephinbare man darf sin hantgemal bewisen 6rrl0, Is iz aber ander gut, das man bewisen mag 13v33, Di not sal man aber bewisen, als recht is 19v5, alleine muge man sinen rechtin Vormunden bewisen 21r9, unde bewisen czwen sinen geburen 37vl2, Ouch sal der kunik durch recht sinen hanczchen dar sen-

255 den zu bewisene, das is sin wille si 32v23, bewisen 21v24, 25r6, 32r27, 40v36, bewise 34v4/5, 36r27/28, 37rl5, 67vl6, bewiset 27r7, 3 1 r l l / 1 2 , 37rl0, 37r31, 43r35/36, 67r4, 73vl2, 85r20, bewist 18v25, bewisin 14r32, 16vl8; 2. 'einweisen in ein Gut, anweisen auf, belehnen mit': Swen aber ein herre weigert zu bewisene 7rrl3, 6 2 r l 0 / l l , das man im des vater gut bewise 60vl9, Swen ein herre sime manne gut bewisen let 62r8, bewistes gutes 'Gut, in das eingewiesen wurde' 62vl7, bewiset 62r20, 74v27; 3. 'sich erweisen, sich zeigen': ein wip, di kint treit ... unde sich barhaftig bewiset zu der bigraft 18vl6. W M U 1, S. 239f.; Lexer I, Sp.257; Grimm, DWB 1, Sp. 1778ff.; Trübner 1, S.320f.; Kluge/Seebold, S. 82 gewisen 2; inwisen; unbewiset·, wisen 3, 5 bewisunge st. F. 'Einweisung auf ein rechtlich zugesprochenes Gut oder Lehensgut': swo is im ledig si, sunder bewisunge 62rl2. -*• inwisunge·, wisunge bezügen sw.V. 1. 'durch Zeugnis beweisen, bezeugen': Ein dinstman mag is ouch bezugen mit andern dinstmannen l v l l 5 / 1 6 , bezeugen lvll4, 2rrl2, bezeugit 2rr20; 2. 'überführen': Swer mer zcolles nimet, denne he zeu rechte sal, ... wirt he des bezeugit vor sime richtere 2rll2. gezügen 1 , 2 ; zügen bigraft st. F. 'Begräbnis': Mit sime rate sal och di vrouwe di bigraft unde den drisegesten tun 16rl6, bigraft 18vl6. birgelde st. M. 'Abgabenpflichtiger, Biergelde': Nimt aber ein vri schephinbare wip einen biergelden 5 4 v l l , birgelden 48r4, biergeldin 53r3/4. bischof st. M. 'Bischof: Swelch bischof von dem riche belent is mit vanlene 4rll7, bischof 50v27, 52rl0, 52rl3, 52rl4, 52rl6, 54vl8, 60r6, bischove 3vl8/9, 6vll7, 6vl22, 7rr31, 10r23, 10v27, 10v29, 46vl2, 51r20, 51r25, 59r7, 65r28, bischoves 54v25/26, bischoven 49r20, bischhove l l r 2 / 3 . bischtüm st. N. 'Bistum': sint he zu sinen tagen kumen is, in dem bischtum, da he inne gesessin is 10r21. bisorge st. sw. F. 'Fürsorge, Seelsorge': Swen man kuset bischove odir epte ..., das lien suln si vor enphan unde di bisorge nach 51r22/23. biten st.V. 1. 'anbieten': Unde swer sich zu gezuge buit 6rr20, Der man endarf nicht anderweit biten sine manschaft 66r6, biten 72v25, bieten 73rl8, buet 85v24, buit 7rrl9, butet 15r33, butit 25r22, bot 26vl3, 65v30, but 46rl4, 66rl0, bite 65vl3, biete 65v24, bietene 66rl4,

256 bitene 68rl, 7 l v l 6 ; 2. 'Gewährschaft leisten': So bite iener der gewere, di sal man im tun 25rl9; 3. 'erbieten': Welch urteil iener denne vint, das bite he zu behaldene mit sime rechte 29r8, Buit aber ein des toten mac, ...en vorzustene mit kamphe 26r24, but 29vl9, 63r23, 64v24, bot 29v30, biten 7 1 v l l ; 4. 'auffordern': Wil aber iener sin gut werin mit rechte ..., so bite he en widerkeren vor gerichte 34r25; 5. 'aufbieten': Ab zcwene man ein gut ansprechen gliche unde gezug dar zu biten 59r23; 6. 'fordern': Swen man aber einen vorvestin man ane hanthafte tat vor gerichte vuret unde bitet der sizzunge über en 57rl2; 7. zü rechte biten 'zu Recht erweisen': Is enmag kein greve, der bi kuniges banne dinget, kein echt ding gehabn ane sinen schultheisen, vor deme he sich zu rechte biten sal 23v8, but 44rl6; 8. zü kamphe biten 'zum Kampf erbieten': Kumt he zu der dritten ladunge nicht vor, der cleger sal ufsten unde sich zu kamphe biten 26rl4, biten 26r24; 9. 'wegnehmen': swer gezug buit 8rrl2; 10. 'verleihen': Des mannes jarzcale beginnet ..., alse ... iener das im buit 74v25; 11. 'ausgeben': Buitet der munczer einen valschen phenning us 32v6. -» W M U 1, S. 252; Lexer I, Sp.286; Grimm, DWB 2, Sp. 4 ff.; Trübner 1, S.332f.; Kluge/Seebold, S.84 -» gebiten 2, 4, 5; ufbiten-, vorbiten 1 bitten st. V. 1. 'bitten': Dar umme bitte ich czu helfe alle gute lute 9v9, Wer kemplich grusen wil einen sinen genos, der sal bitten den richter 24v21, biten 24v33, bitten 29r5, 76v6, 78r29, bittet 84r6, bitte 29r9, 44v21, 75rl8, 7 6 r l 6 / 1 7 , 78r27, bite 68r3, gebeten 79r23; 2. 'erbitten': Schildit ir urteil ein ir genos, he sal der banc bitten, ein andirs zu vindene 54rl0, bittet 23vl9. blütgerüchte st. N. 'Blutgerüft, Hilferuf, Notgeschrei aus Anlaß einer Bluttat': Umme blutgeruchte wettit man ubir sechswochen volkumen 5rl20. blutig Adj. 'blutig': Mit der blutigen wunden ane vleischwundin 27rl0. blutrünstig Adj. 'blutig wund, mit Blutergüssen versehen': oder wer den andern blutrünstig macht 27r4. blütwunde st. sw. F. 'blutende Wunde': unde iclich burmeister rügen sal das geruchte unde menschen blutwundin, di im ein ander hat geslain 10v8. borge st. F. 'Bürgschaft': man sal en da vor phendin unde das phant zu borge tun 27v9, borge 27vl0. borgen sw. V. 1. 'sich verbürgen, für etwas oder jemanden bürgen': Swer borget einen man umme ungerichte 5rl25, Wer icht borgit oder gelobit, der sal is gelden 12v2, borget 26vl, geborget 26v4, borgit 44rl7; 2. 'borgen,

Glossar jemandem anvertrauen, als Pfand geben': das hes im liet oder borget 47r32. bote sw. M . ' (Gerichts-)Bote, Bevollmächtigter, Vertreter': Dem sal der richter selber vor gebiten oder sin bote lvr25, Der richter sal zwene boten geben 25v8, bote 22vl4, 67vl7, 67vl8, 81v26, boten 28rl6, 28rl8, 28vl, 29rl0, 36r36, 42r24, 45v8, 51vl8, 67vl5, 67v21, 67v25, 74v27, 78r30, 78vl, 85rl4, boteme 46rl6, botin 51vl3. botschaft st. F. 'Vollmacht': oder di ire botschaft werbin czu irme vrumen 29r33. brant st. M. 'Brand, Feuerbrand, Feuersbrunst': Der man sal gelden den schaden, der von siner vorwarlosekeit geschit andern luten, is si von brande oder von burnen 35rl6. -> mortbrant brechen st.V. 1. 'brechen, zerbrechen, zerstören': Is ensi also vil, das he mit totslage den vride breche 2rr29, so enmag man uffe di bürg keine clage getun, da man si mit rechte umme brechin sulle 53vl7, brichet 2rl21, 48r34, bricht 29v2, 39r3, brach 9v25, 41v21, bricht 41v24, 44r3, 44rl2, 53v8, 79r28, enbreche 22v2, 23r8, gebrochen 2rrl9, 2rr24, 2vl3, 25rl, 42r4, 43v21, 53v8, 79r31, 82rl7, gebrochin lvr22, 2rr25/26; 2. 'widersprechen, widerrufen': geloben is aber di kindere bin iren jaren, das mugen si brechen unde nicht der herre 70vl9, mit rechte gebrochen 'vor Gericht widerrufen' 69vl9, 71r22/23, bricht 14r29a, 66rl3, 69vl5, enbreche 32rl0, 71r8, gebrochen 55r23, 60v9/10, gebrochin 13r25; 3. 'herausbrechen, abbauen': Von begrabeneme schazce. Unde silber zu brechene 4vr8, bricht 39r8; 4. 'verlieren, verwirken': Unde was der brichit, der bi kuniges banne dinget unde des nicht enhat 5rl 11, Unde stirbit is da noch, is ... brichet alle gedinge an des vatir lene 18v22, enbricht 65rl4; 5. 'abbrechen, abreißen, pflücken': oder bricht he sin obis oder houwet he malboume 33r23. W M U 1, S. 283 ff.; Lexer I, Sp.343ff.; Grimm, DWB 2, Sp. 342 ff.; Trübner 1, S. 421 ff.; Kluge/Seebold, S. 104 -*• ab(e)brechen 1; gebrechen 1, 2, 3; niderbrechen brif st. Μ. 1. 'Urkunde': Doch mugen di vursten gewern einen man mit eineme offen brive besigelt 36r29, brif 36r31, brive 3rr23; 2. mit bnf unde ingesigel 'mit Brief und Siegel': Der kunig mus wol tedingen zu lenrechte einen vorsten über sechs wochen mit sime brive unde mit sime ingesigele in eine bescheidene stat 8 1 v l 0 / l l , mit sinen briven unde ingesigele 52v8. W M U 1, S. 289 f.; Lexer I, Sp.352; Grimm, DWB

Glossar 2, Sp. 379 f.; Trübner S. 105

257 1, S. 431 ff.; Kluge/Seebold,

bruch st. M. 'Mangel, Schaden': ab ieme bruch wirt an deme gewern 34v30, bruch 36v24, 77r24, 78rl6. brüder st. Μ. 1. 'Bruder': Bruder unde swester nemen erbe ires ungezweiten bruder 5vl3, 5vl4, bruder 1 I r l 5 , 1 I r l 8 , 1 lr22, 12r9, 13v28, 14vl3, 14vl4, 31r5, 46v22, 56r6, brudir 31r7, brudere 4vl30, l l r l 4 , 13vl2, 13vl9, 13v22, 13v29, 14v20, 17v8, 31r3, 31r4, 31r8, 46v35, 70vl, 82v20, bruderen 7vl22, 70v20, brudern 13vl, 14rl2, 14rl8, brudirn 12r5, 13vl6; 2. 'Klosterbruder, Klostergeistlicher': man mag is wol uf en gezugen ane gerichte ... mit den brudern, da he sich begeben hatte 31v21. brukzol st. M. 'Brückenzoll, Abgabe, die für die Benutzung einer Brücke zu entrichten ist': Wer so brukzol oder wassirzol enphurt, der sal en viervalt gelden 32v31, brukczolle 32v35. brustwer st. F.N. 'Brustwehr, Schutz wall': czinnen unde brustwere ensal da nicht an sin 53v5. buch st. N. 'Buch': Nu last uch nicht wundirn, das dis buch so luzzil sait von dinstlute rechte 46v9, buch 9vl2, 85rl, buche 77v 11, 85r3, bucher 43v25, buchere 17r28. bümite st. F. 'Heiratszins': Man sait, das alle Wendinnen vri sin ..., des enis nicht, wen sie gebin ire bumite irme herrin 55r5. bürg st. F. 'Burg, befestigte Gebäudeanlage': Uf swelcher bürg man den vridebrecher helt 6rl2, Man saget, das vursten unde bürge keinen wide enhaben 6rll3, Swert enmus man ouch nicht tragen an bürgen noch an steten noch an dorfen 41v31, Ab si volgen vor eine burk, dri tage suln si da bliben 41v38, bürg 2rr3, 6rl3, 6vl30, 6vl31, 42rl8, 42r21, 42r22, 42r26, 42r30, 42r32, 42r35, 42v3, 42v7, 42vl0, 42vl3, 42vl4, 51vl9, 53r20, 53v6, 53v9, 53vl2, 53vl4, 53vl6, 53v20, 75rl2, 8 0 v l l , 80vl7, 80v25, 80v29, 81r2, 81r8, 81rl0, 81v22, 82r4, 82rl6, 82v2, 82v5, bürge 43v35, 80v27, bürgen lr6, 2rrl, 42r8, 81rl4. bürge sw. M. 'Prozeßbürge, Beweisbürge': Kein cleger endarf bürgen seczin, er di clage getait wirt 24r9, Swer da bürge wirt eins mannes, in vor gerichte zu brengene 44r4, bürge 6rll4, 12r22, 35r30, 44rl4, 44rl7, 44rl8, 44r32, 44r35, 44vl, 56r26, 56r29, 78r9, bürgen 3rr8, 5rll7, 5rr9, 5rrl6, 6rll9, 13r29, 17rl3, 24r4, 24r9, 24rl0, 26r30, 42rl5, 44rl5, 44r36, 44v2, 44v9, 44vl5, 45r8, 45rl0, 56r25, 56r28, 61v23, 6 9 r l 5 / 1 6 , 78r7. W M U 1, S. 323 f.; DRWB 2, Sp.579ff.; Lexer I,

Sp. 395; Grimm, DWB 2, Sp. 536; Trübner 1, S.473; Kluge/Seebold, S. 115 -> sezzen 4 burger st. M. 'Bewohner einer Burg, Burgmann, Burglehensmann': Schuldiget man di bürg umme den roup, ... das mus wol entschuldigen der bürg herre oder sin burger uf den heiligen 42r28, Wil man aber di bürg beredin mit kamphe, das mus wol entredin der herre oder di bürgere 42r33, burger 80r23, 80v20, 81r4/5, 81v22, 82r3, 82r9, 8 2 r l 7 / 1 8 , bürgere 80vl2, 80v27, 80v30, 81rl, 81r3, 81v21, 81v23, 81v24, 81v28, 82rl, 82r6, 82r28, 82vl. burggreve sw. M. 'Burggraf: Also is derphalczgreve ubir den keiser unde der burggreve ubir den markgreven 49v4, burcgreven 4rll. bürg herre sw. M. 'Burgherr, Lehensherr': Uber wen man claget, das he von einer bürg gesucht habe, den mus der bürg herre vorbrengen 42vl, bürg herre 42r28, 42v5. bürgten st. N. 'Lehen, das für Wachdienste auf einer Burg gegeben wird': In burglene is gedinge unde wette als in anderme lene 80rl5, Liet ein burger sin burglen eime zu lene, he enkan is im mit lenrechte nicht gebrechen 80v20, burglen 59v4/5, 80rl7, 80r20, 80r28, 80v25, 81r5, 81r7, 81rl5, 81rl9, 81v24, 82rl, 82r8, 8 2 r l l / 1 2 , 82rl4, 82rl9, 82r25, 82r27, 82vl, burclen 80rl8, burglene 8rll5, 63rl 1, 80vl3, 80vl8, 80v24, 81r8, 8 1 r l 6 / 1 7 , 82rl3, burglenes 82rl8/19. W M U 1, S. 316 f.; DRWB 2, Sp.628f.; H R G 1, Sp. 562 f.; Lexer I, Sp. 391; Grimm, DWB 2, Sp.543 burgrecht st. Ν. 1. 'Burggericht': Burgrecht enmag der herre niergen gehaben me, wen uf sinen bürgen 8 I r l 2 / 1 3 , burgrechte 8 I r l 2 , 81v25, 81v29; 2. 'Burgrecht': Di burgetore suln offen sin, da der herre zu burgrechte inne tedinget 81vl7. burgsäze st. F. 'Wohnung auf der Burg, rechtliche Verpflichtung, auf der Burg zu wohnen': wenne is ist denne ir recht len, sint si der burgsase dar ab ledig sin 82r30. burgtor 81vl6.

st. N. 'Burgtor': Di burgetore suln offen sin

burgwere st. F. 'Befestigung einer Burg, Burgbezirk': Sint da aber dorf oder hove, di in eine burgwere oder in einen hof gehöret 75r6, burgwere 75r9. bürmeister st. M. 'Bauermeister, Vorsteher einer Dorfgemeinde': Dar under ein iclich voit dingin sal unde iclich bürmeister rügen sal das geruchte 10v7, bürmeister 5vrl3, 29r21, 29r24, 38v32, 42r9, 56vl4/15, 84v2, burmeistere 56v4, 56v6/7, burmeistire 53r8, burmester 27r6. -> gebürmeister

258 bürmeisterschaft st. F. 'Bauermeisteramt, Amt des Dorfvorstehers': Len zu bürmeisterschaft geiigen erbet der burmeister uf den son 84vl, bürmeisterschaft 8rl22. burne sw. M. 'Brunnen': Der man salgelden den schaden, der von siner vorwarlosekeit geschit andern luten, is si von brande oder von burnen 35rl7. bumen sw. V. 'brandschatzen, niederbrennen, anzünden': Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant ... der gotishuser gut ... wedir bume noch roube noch phende 3vl25, Ist di stat ungemuret, si sal der richter burnen 3rl2, burnen 29v9, 53v23, burnet 29vl. -» mortbrant; mortbumer büsem st. M. 'Nachkommenschaft, die direkt ab- und aufsteigende Verwandtschaft': Is enget nicht us dem buseme, di wile der ebinburtige buseme da is 14v21, 14v22. butel st. M. 'Büttel, Gerichtsdiener': Der butel sal zu minnesten haben eine halbe huve eigens 51v26. büwen sw.V. 1. 'mit Bauten befestigen': Wir sezcen unde gebiten, swelch herre sine stat oder sine bürg buwen wil 2rr3, buwin 2rr4; 2. 'bauen, aufbauen, ein Gebäude errichten': Wo man buwen mus ane des richters orlop 6vl29, Man enmus keinen markt buwen deme andirn einre milen nae 53rl8, buwen 53r26, buwin 53r20, 53v7, 53vl 1, buwet 5 v r l l , 38r26, gebuwit 82r21. büze st. F. 1. 'rechdiche Wiedergutmachung, die jemand leisten muß, sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Bereich': Des vronenbotin ... buze is ouch zwivalt 12vl8, Der mus wettin zu geistlichem rechte unde zu werltlichem unde gebit eine buzse ieme, den he geseret hat 22v5, he mus dar umme wettin deme richtere unde ieme sine buse geben, des urteil he gescholden hat 28r3, he mus das gut mit gewette unde mit buse lasen 34v20, buse 2vl21, 2vl22, 5rl3, 21v20, 24r6, 26r6, 31v32, 33v31, 33v34, 34v24, 36v3, 37r3, 3 7 r l l , 42v9, 44v32, 47r30, 48r31, 48vl6, 48v20, 48v24, 48v32, 56v23, 78r9, buzse 22r30, buze 28v20, 30r22, 47v32; 2. 'rechtliche Buße, die jemandem zusteht, Leistung an den widerrechtlich Geschädigten': Nu vormemt aller lute buse unde wergelt 6rr31, da der man sine buse mite gewinnet 22r25, Ein iclich man hat buse noch siner geburt 30r22, Ein iclich vinger unde czen hat sine sunderliche buse 30r34, Vol wergelt unde volle buse sal haben iclich man 31r9, buse 20rl3, 22r29, 30v9, 30vl3, 47v23, 47v24, 47v27, 47v36, 47v38, 48r6, 48rl2, 48r22, 48r25, 48r26, 48r29, 49vl4, 49vl6, 49vl7, 54vl3, 77v9, 77vl0, 77vl3, 77vl4, 79vl, 79v3; 3. mit büze bessern 'als Wiedergutmachung eine Buße leisten': Das sal he deme herren bessern ... unde mit buse im bessern 34r5/6.

Glossar W M U 1, S. 310 f.; DRWB 2, Sp.655ff.; Lexer I, Sp. 389; Grimm, DWB 2, Sp.570f.; Trübner 1, S.479f.; Kluge/Seebold, S. 116f. -> bessern 3; werbüze büzen sw.V. 'Entschädigung leisten, im rechtlichen Sinne büßen, abgelten': he sal im gelden den schaden uf recht unde busen mit drin Schillingen 37r6, he mus im wetten unde den geburen mit drisig Schillingen busen 56v9, busen 56vl6, buzen 60r22.

c

κ, ζ

D danc st. M. 'Wille, Absicht': ab he si ane danc belegit 48vl, Swer des andern vie totit..., dankis oder ane dang 48vl4, danckis 48vl9, danc 5 6 r l l . darben sw.V. 'fehlen, entbehren, nicht haben': Rechtelose lute darben Vormunden 4vr26, Alle len ane gewere darben der volge 7vr25, alle, di des herschildes darbin 59rl8, Swelch man aber des sons darbit 60v20, darbit 6rl25, 60vl6, 61r23, 65rl7, 66rl8, 78rl, 83r6, darben 6rrl 1, 7rr2, 59rl2, 61rl3, 71vl3, 72v6, 75r23, 82rl9, 83v20, darbe 31rl0, 62r25, 84v2/3, darbet 59r28, 65v2, 66rl0, 72rl 1, 80v22, 83r24, darbin 59r9, 59rl5, endarbe 64vl 1. diep st M. 'Dieb': man sal ubir en richten alse ubir einen dip 3vrl 5, Was der man vint oder dibin oder roubem abejait 35r3, dip 3vr6, 5rl7, 23r9, 29rl8, 34r27, diep 43rl4, 43v28, dieben 35rl0, dibes genos 21r30, diebes genos 43rl4. ding st. Ν. 1. 'Gericht, Gerichtsversammlung': Di plechaften sint ouch phlichtig, des schultheizin dinc czu suchene 10r36, Ane erben gelubde unde ane echt ding enmus nimant sin eigen noch sine lute vorgebn 21v21, gougreven dinge 23rl9, greven ding 23r20, richters ding 29vl2, dinges zit 23v9, dinc 10v5, ding 10r27, 23v6, 48r5, 49r35, 51v21, dinge 5rll4, 10r30/31, lOvlO, 15rl9/20, 22r21, 22r28, 23rl9, 36r22/23; 2. 'Gerichtstag, Gerichtstermin': Vorsumet der greve sin echte ding 5rr5, Uber achzcen wochen sal der greve sin ding uslegin 6vl21, ding 10r29, dinge 20v27, 22r20, 24v4, 26v25, 29v25, dingen 5rl32, 19v30, 27v3; 3. 'Gerichtspflicht': Einen man von iclicheme dorfe mus he wol dinges irlasin 50v20, das is allis dingis von im ledic is 10r35; 4. 'Sache, Gegenstand, Ding': durch keiner hande ding lr22, Got, der da is begin unde ende aller guten dinge 9v22, Alle

259

Glossar lebende ding, das in der notnunft was, das sal man enthoubeten 42v25, ding lr30, 2vl8, 3rr28, 16vl3, 17v4, 2 5 v l l , 46r35, 58r5, dinge lr27a, lvr2, 16vl5, dingen 2vr29, 26r21, 40r20, 62v3, 75vl0, dinges 7rll, 18r7, 43v28, 62r29. -> W M U 1, S. 380 ff.; Lexer I, Sp.433f.; Grimm, DWB 2, Sp. 1152 ff.; Trübner 2, S.60f.; Kluge/Seebold, S.144f. -> echt 3; gouding; tag 3; ceding 1 dingen sw.V. 1. 'richten, Gericht halten': Bi kuniges banne ensal kein man dingen 23r32, An gebundenen tagen enmus man nicht dingen 28rl, dinget 5rll2, 6vl32, 6vrl, 23v4, 23v6, 52v21/22, 52v31, 53r2, dingit 5 3 r l l , dinget 54rl, 81 vi 3, dingin 10v6, endinget 54rl5, gedingen 79vl8; 2. 'Leibgedinge aussetzen, bestellen': Dinget ein man sime wibe gut 7vl21, dinget 70vl4; 3. 'jemandem etwas versprechen, zusichern': unde stirbet iener, der das gedinget hat 13rl. -» W M U 1, S. 384 f.; Lexer I, Sp.437f.; Grimm, DWB 2, Sp. 1169ff.; Kluge/Seebold, S. 145 -> tagen 2; tedin gen 3; vordingen dingphlichte sw. M. 'Dingpflichtiger, Gerichtsbeisitzer bei den unteren Gerichten': Das gezuget he selbe dritte der dingphlichten, di da urteil vinden 31v4, dingphlichten 57r9. dingphlichtig Adj. 'gerichtspflichtig, verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen': Clait man aber umme schult über den, der da nicht dingphlichtig enis 27v5, dingphlichtig 51v28/29. dingstat st. F. 'Gerichtsstätte': di hoestin dingstat 15r20, zcu rechter dingstat 23r30, zu echter dingstat 26v31, czu echter dingstat 51v23. dingvluchtig Adj. 'gerichtsflüchtig, sich der Verpflichtung, vor Gericht zu erscheinen, entziehend': Swer dingvluchtig wirt 5vrl, dingvluchtig 36v27. dingzal st. F. 'Gerichtstermin, festgesetzter Gerichtstag': Rechtis weigirt der richter, wen he nicht richten wil oder rechten dingzale nicht enhelt 56v31 dinen sw.V. 1. 'dienen, in Dienst stehen, Dienst erweisen': Wer uf gnade gedient hat 16r27, Wil aber der erbe, si suln vol dinen 16r23, dinet 8rl8, 75v9, dinen 17r2, 49rl2, 60rl8, 60v3, 69r21, dinene 60r29, 71v2, 81r9; 2. 'jemandem etwas schulden': da ein man deme riche nicht phlichtig enis ab zu dinende 59v7; 3. 'jemandem etwas leisten': Des riches dinst ..., das sal he dinen bi phlicht binnen duzchir zungen 59v24. dinst st. M.N. 1. 'Dienst als Tätigkeit oder persönliche

Leistung für einen Herrn': Wirt aber im sin phert ... vorstoln oder abgeroubit in des herren dinste 43vl2, dinst 34r3, dinste 34r5, 60r27, 75vl4, 77rl2, dinstes 61 vi4; 2. 'Dienst als persönliche Verpflichtung': Das selbe dinst is ouch der man phlichtig von sime eigene sime herren zu tunde 79r2, dinst 65r26, 69r21, 82v9, 82vl4, 83vl5, dinstes 82v8; 3. des riches dinst 'Waffendienst für das Reich': Gebut der kunig des riches dinst oder hof 6vl25, des riches dinst 59v20, 60rl, 6 7 v l l , 74rl7, 74r26, 74vl, 85r24, des riches dinste 7rr4, 19v25, 41v27, 8 5 r l l , 85r22; 4. gotes dinst 'Dienst als gottesdienstliche Handlung': schapile, seltere unde alle buchere, di zu gotis dinste gehom 17r28, gotis dinste 18rl5, gotes dinste 41vl; 5. üs sines dinst kumen 'aus jemandes Diensten scheiden': Welch knecht aber elich wip nimt..., der mus wol us sins herrren dinste kumen 35v5; 6. 'Abgabe': He enmus ouch kein gebot noch herberge gebiten noch dinst 5 8 r l l ; 7. 'Arbeitseinsatz': Wo brudere oder andere lute ir gut zusamne haben, getan si das ... mit irme dinste 13vl4. W M U 1, S. 374 ff.; Lexer I, Sp.426; Grimm, DWB 2, Sp. 1115 ff.; Trübner 2, S. 56; Kluge/Seebold, S. 142 f. dinstlüte st. Subst.Pl. 'Dienstleute': Doch wechseln di herrin wol ire dinstlüte ane gerichte 21v23, dinstlüte 46vl0, dinestlute 54v21. dinstman dinstman st. sw. M. 'Dienstmann': Hat der vater dinstman oder eigene lute lr24, Vrie lute unde des riches dinstman musen wol vor deme riche gezug sin 45r20, dinstman lr27a, lr29, lvll5, lvl20, 6rl28, 14v8, 36r30, 46vl5, 54vl8, dinestmannen 54v22, dinstmannen 1 vi 16, dinstmanne 19v5/6. dinstlüte dinstwip st. N. 'Dienstmagd': Ist aber der vater dinstman oder di mutir dinstwip 14v8. dime st. F. 'Dienerin, Magd': Di heilige schrift heist Ismahele der dirnen son 46v31. dort st. N. ' D o r f : Swelch dorf bi wassere ligen 5vrl4, Swo gebure ein nuwe dorf besiezen von wilder worzeln 6vrl6, dorf 8rll3, 38v8, 38vl0, 38v36, 39rl, 41rl8, 62rl3, 62r27, 72v27, 75r5, 79v5, dorfe 7rrl5, 25r2, 29rl9, 37r35, 37v9, 38v22, 42r7, 45v2/3, 50v20, 53r22, 56v27, 57vl4, 57v23, dorfes 5vrl3, 38v33, dorfern 3vl7, dorfen 23rl, 41v32. dorfer st. M. 'Dorfbewohner, Bauer': Phaffen, dorfere 59r9.

kouflute,

dorfgebüwe st.N. 'Dorfgebäude': Umme kein ungerichte ensal man ufhouwen dorfgebüwe 42vl8.

260 drisegeste sw. M. 'der dreißigste Tag nach dem Begräbnis, Termin für die Seelenmesse': als ir man stirbit, binnen sechswochen noch dem drisegesten 15r31/32, Ab zwene man uf ein gut sprechen noch dem drisegisten 6rl23, drisegisten 16rl3, 16r21, 16v2/3, 18rl0, 18vl6/17, 44v25, 44v30, drisegesten 16rl6, drisigisten 16rl8. WMU 1, S. 404; HRG 1, Sp.785f.; Lexer I, Sp. 468; Grimm, DWB 2, Sp. 1394 dübe st. F. 1. 'Diebstahl': Di ir recht mit roube oder mit dube vorlorn haben 19vl8, dube 8rrl3, 12rl9, 19r28, 22v31, 26r20, 29r20, 32v9, 33vll, 34v4, 34v21, 43r20, 48r28, 57v7; 2. 'Diebesgut, gestohlenes Gut': Di dube behalden 29v4, Diube oder roup 33v22, dube 34rl4, 34rl6, 34r21, 40v27. dübig Adj. 'aus einem Diebstahl herrührend, gestohlen': swer wissentlichen roup koufet oder dubish gut 3vr6, Was iemant vint, loukent hes, ab man da nach vraget, so ist is dubig 35r2, dubig 3vrl0, 3vrl4, 33v9. -* düplich 2 dümelle, -eine st. sw. F. 'Maß von der Spitze des Daumens bis zum Ellenbogen': von eime steine oder stocke einer dumeln ho 21v32, das sint czwene unde drisig siege mit einer grünen eichinen gerten, di zweier dumeln lang sin 30r28, dumeln 37vl8. dunerstag st. M. 'Donnerstag': Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt, dar zu in iclicher wochen vier tage, dunrstag ... 41r24, Des dunrstages wiet man den kresem 41r25, dunrstagis 41r27, 41r28/29. düplich Adj. 1. 'auf diebische Weise, wie ein Dieb': wen hes diuplich gehalden hat 33vl 1; 2. 'aus einem Diebstahl herrührend, gestohlen': das is im düplich oder rouplich genumen si 34vl0. -> dübig

Ε e st. F. 1. 'Gesetz, Bund': nu halde wir sine e unde sin gebot 9v31, was wider der cristenheit e ... enwas 15r8, e 41r28, 47r6a; 2. 'der rechtliche Bund der Ehe': Wer eins mannes wip behuret ..., nimt he si da noch zu e 19r25. ebenbürtig Adj. 'ebenbürtig, von gleichem Stand': di musen wol sin unde irrer muter erbe nemen, wenne si en ebenbürtig sin 21vla, ebinburtig 1 Irl7, llv22, 13r3/4,

Glossar 13v3, 14v23, 16v24, 17rl5, 18v22, 20r28, 20vl, 20v7, 21r34, 28r9, 54v9, 54vl3, 65rl8, 65v4, ebenbürtige 14v22, ebinburtige 21rl/2, ebenbürtigen 18r2. echt Adj. 1. 'ehelich': Der kunig sal sin vri unde echt geborn 50rll, echt 4vll8, 6vr4, 12r26, 14v7, 54v7; 2. echte not, ehafte not 'rechtlicher Hinderungsgrund': doch mag iren iclichen echt not untschuldigen: vengnisse, suche, des riches dinst unde des landes not 67vl0, Ist aber, das der vatir ... von ... ehafter not das recht nicht gevordern mag lvl24, ehafte not lvl27/28, 19v4, echten not 5rrl3, echt not 27vl4, 36r27, 41v37, 67r2/3, 73vl2, 80r2, 82r9; 3. echt ding 'rechtmäßig eröffnetes und abgehaltenes Gericht': Ane erben gelubde unde ane echt ding enmus nimant sin eigen noch sine lute vorgebn 21v21, echteme ding 5rll4, echte ding 5rr5, echtin dinge 10r30/31, echteme dinge 15rl9/20, echt ding 23v6, 49r35; 4. echt unde recht 'Ehr- und Rechtsfähigkeit': Wer jar unde tag in des riches achte is, unde im noch der jarzcal vorteilt wird echt unde recht 19vll; 5. 'rechtmäßig': Ubir schephinbare lute ... enmus nimant richten wen der echte vronebote 50r25, Clait man ungerichte über einen vrien schephinbaren man, den sal man tedingen ...zu echter dingstat 26v31, echter 51v23, echte 51v32/33. WMU 1, S.419f.; Lexer I, Sp. 513; Grimm, DWB 3, Sp. 20; Trübner 2, S. 126f.; Kluge/Seebold, S. 164 echtlich; geborn 3; not 8; recht 5 echtelds Adj. 'rechtsunfähig: Is ist man aber echtelos, unde nicht rechtelos 4vr31, echtelos 21r32. -*• rechtelos 3 echter st. Μ. 1. 'der Geächtete, der Verfolgte": Swas iclichem richter gewettit wirt, das he den echtere us der achte läse 2vl32, unde sal man ubir en richten als ubir einen echter 2vrl5, echtere 2vrl8, echter 2vrl2, 2vrl9, 2vr24, 3rll, 3vr7/8; 2. des riches echter 'derjenige, der sich in der Reichsacht befindet, der im gesamten Reich geächtet ist': Des riches echtem unde vorvesten luten endarf nimant entwerten, ab si clagen 45r2. echtlich Adj. 'rechtmäßig, gesetzmäßig': In dem houpte is beczeigit man unde wip, di elich unde echtlich zusamne kumen sin llr8. -» echt 5 edelman st. M. 'Adliger, Edelmann': Dem herzogen wettit iclich edil man zen phunt 52vl5. eigen Adj. 'hörig, leibeigen': Von anegenge was recht, das vri wip nimmer eigen kint gewinne 6vr6, Orteil suln si vindin vastende ubir iclichen man, he si duzch oder wendisch oder eigen oder vri 54r8, eigenen man 5vl2,

Glossar

261

6rrl4, eigine man 14v5, eigenen man 30v33, eigene lute lr24, von eigenen luten 7rl30, eigen 54v25, 67vl9. -* eigenman

eldirvater erbe glich iren vettern an irs vater stat 1 lv25, eldirvater llv29, eldervetern 21vl0, eldirvatir 59rl 1/12, eldervater 85v6a, 85vl5.

eigen st. N.M. 1. 'Eigen, Eigentum (bes. an Liegenschaften)': der son sal sin vorteilt egenes unde lenes l r l 4 , Swer an lene oder an lipgedinge eigen saget 5vl31, eigen 4vl8, 5vl30, 8rl 15, 10r34, 10v4, 12r5, 12v9, 15v30, 15v32, 18rl9, 18r31, 18vl2, 18vl3, 18v30, 19rl, 19r5, 19r7, 19r33, 19v6, 20r32, 20v9, 23r27, 24v3, 31r21, 35v35, 36v4, 36v6, 36v8, 38v4, 48rll, 49r25, 50vl7, 55v9, 78v28, 80rl2, 80v25, 81r8, 83vlO, 83vll, eigene 4vr2, 5vl30, 6vr8, 16rll, 18v4, 18v9, 55rl2, 79r3, 79r5, 79r7, eigenes 56r7, eigens lvl6, 19v29, 51v27; 2. 'Leibeigene(r), Hörige(r)': Der vater mag aber uf di lute, si sin dinstman oder eigen, nicht beredin mit disen dingen lr27b, Is si eigen, man mag si vrilasin 21v6, eigen 30v35, 47r5, eigene 47r2.

elich Adj. 'ehelich, durch Ehe rechtsgültig': Wi manch elich wip ein man haben mag 5vl8, In dem houpte is beczeigit man unde wip, di elich unde echtlich zusamne kumen sin llr8, elich 21r33, 21v2, 21v5, 32r3, 35v3, 50v25, eliche 19r25, 19v8, 32r5, elichen 17v20, 21v7.

WMU 1, S. 426f.; Lexer, Sp. 518; Grimm, DWB 3, Sp. 96; Trübner 2, S. 139 ff. eigenkint st. N. 'leibeigenes Kind': Ein wip mag gewinnen elich kint, adelkint, eigenkint unde kebiskint 21v6. elgenlich Adj. 'eigentümlich, eigen': eigenliche gewer 'Eigentumsbesitz' 36v23. eigenman st. M. 'Leibeigener, Höriger': Ein dinstman mag is ouch bezugen mit andern dinstmannen, ein eigenman mit sinen genosin 1 vi 16/17 eigen eigenschaft st. F. 'Leibeigenschaft, Unfreiheit': Wo man saget, das sich eigenschaft irhube 6rr28, eigenschaft 21vla, 46v21, 46v24, 46v26, 46v36, 47rll.

ellebogen sw. Μ. 1. 'Geschwisterkinder (in der bildlichen Darstellung der Verwandtschaftsgrade)': Dis is di erste sippe zcu tale, di man zu magen rechint: bruder kint unde swestir kint. In deme ellebogin stet di andere 1 lr23; 2. 'Ellenbogen': Si habn drier hande kore: das gluende isen zu traine oder in einen sidenden kessil zu grifene bis an den ellebogen 19v23. enbem st. V. 'nicht haben, entbehren, verzichten': Haben si aber ir erbeteilunge dar an vorlobit, der suln si enpern 14r3, enpem 20r5. ende st. N.M. 'Ende': Got, der da is begin unde ende aller guten dinge 9v22, Alle lenrecht habe ich zu ende brocht 84vl0, an manchen enden 'manchmal, ab und zu' 37vl4/15, ende lvr4, 46vll, 69r29, endin 60r24. enden sw.V. 'enden, aufhören': Nu merket, wi odir wo di sippe beginne unde ende llr7, endit llr29, enden 79rl8. enig Adj. 'los, frei von etwas, ledig': Ein iclich man mag sins rechten gutes wol enig werdin mit rechte 32rl6.

eldermüter st. F. 'Großmutter': Welch man von sinen vier anen, das is von zwen eldervetern unde von zwen eldirmutern ... unbescholdin is an sime rechte 21vl0, eldermüter llv29/30.

enphangen, enphan st.V. 1. 'empfangen (von Lehen), erhalten': Hat aber he len vor der suche enphangen l l v l 9 , he enhabe den ban von deme kunige enphangen 23r33, enphangen 2vl2, 23v4, 46v5, 51r23, 68v6, 69v30, 71r5, 80rl, 83rll, enphangin l l v l 5 , enphet 4vr3, 18r24, 19r2, 23r33, 51rl6, 64rl7, 64vll, 68vl, 68v2, 72r5, 81r27, enphing 12r22, 18v8, 51rl8, 63r2, 80r29, enpha 8rll9, 13rl5, 51rl5, 83r4, enphaen 56r22, enphan 7rr24, 7vll, 7vll7, 16r23, 20v20, 20v22/23, 23vl, 51r22, 64v8, 65vl, 66rl2, 70r2, 70rl0, 70rl2, 70v22, 80r2, 80r31, 81r6, 81r26, 82rl5, enphande 70r25, enphane 65rl9/20, 69r20, unpha 59v2, unphan 69v28, enunpha 84r29; 2. 'annehmen, übernehmen, aufnehmen': Ab der herre weigert mit Unrechte, das he en zu manne nicht enphet 65v29, enphet 66r25, enphan 7vl2, 66r24, 66v3; 3. 'ein Kind empfangen, gebären': Des kindes jar sal man nicht rechenen von der zeit, das is di muter enphing 68v20/21. -» WMU 1, S. 464 f.; Lexer I, Sp.562; Grimm, DWB

eldervater st. M. 'Großvater': di sune nemen teil in ires

3, Sp. 421 f.; Trübner 2, S. 181 f.; Kluge/Seebold, S. 177

ehaft -*• echt eit st. Μ. 1. 'Eid, eidliches Versprechen als Rechtsbehauptung bei gerichtlichen Verhandlungen': Ir eide sullen si selbe tun 4vr24, Swer eide gelobet vor schult 5rrl 8, alse he sinen eit dar an beware 37vll, eit 44r37, 44vl, 50r3, 50r7, 57v6, 76v24, eide 6rll9, 12v5, 13v31, 19v3, 31v27, 43v32, 44r36, 48v9, 49rl7, 57r9, 85v21, eiden lr9, 20vl7; 2. 'Reinigungseid des Beklagten': Wenne di gewere getan is, so butit iener sine unschult, das is ein eit 25r23, eit 48v24, 57r21, eide 42v8. -> meineide

262 enphellen sw.V. 'entziehen aus, sich entziehen': Nimt der herre dem manne gut oder enphellit he im der werschaft 7 νr 10/11. enphirren sw.V. 'entziehen, wegnehmen, entfernen': das sis im rechten erben mite enphirre noch irme tode 18v6, alleine lebit der son noch des vater tode, he envernt nimande kein gedinge an vorligeneme gute sins vater 65r21, enphirre 22r2, enphirren 63rl7, envirnet 80v8. enphüren sw.V. 1. 'entziehen, wegnehmen': Nimant enmag sime herren gut enphüren, des ammechtman he is 7vr32/33; 2. 'entführen, fortschaffen': Unde swer einen beclaiten man deme gerichte enphuret 6rll6, enphurt 44r22, envuert 35r27; 3. 'eidlich für unwahr oder ungültig erklären': he enphurt is im mit sime eide 12v4; 4. 'hinterziehen': Wer so brukzol oder wassirzol enphurt 32v31a, enphurt 32v32. entsprechen st.V. 'entziehen': der man mus has sich selben unde sin gut deme herren mit gezuge ensprechen 86r2. enthalden st.V. 'vorenthalten, zurückhalten': Wo man aber dem hirten Ion gelobit von der huven unde nicht von deme vie, das Ion sal nimant enthalden 38v7. enthoubeten sw.V. 'enthaupten': Alle lebende ding, das in der notnunft was, das sal man enthoubeten 42v26. entreden sw.V. 1. 'vor Gericht mit Eid widerlegen, sich von einer Anklage durch Beweis vor Gericht freimachen': Untredit he abir sich, alse recht ist 2vrl5, Die inwisunge mag der man entreden binnen der jarzal 27vl, Da sal man über richten oder man entrede is noch rechte 42v20, ab iener ... der not entredet 42v22, entredit 27vl2, 46r3, entredin 27vl3, 42r33, entrede 27v7, entreden 35v26, 74r5, entredete 42v23/24; 2. 'sich verteidigen, freischwören, durch Eid reinigen': das he bessere oder di bürg entrede 42v2, enweis hes aber nicht, he entredit das gewette mit siner unschult 45vl8, entredene 27r9, entredet 30v22, entredit 45vl8. W M U 1, S. 471; Lexer I, Sp.578; Grimm, DWB 3, Sp. 582 entsagen sw.V. 1. 'verneinen, durch Eid widerlegen': Bin der jarzale mag der man alle gewette untsagen 7vrl 5, Haben si aber ir erbeteilunge dar an vorlobit, der suln si enpern, si entsagen sich des uf den heiligen 14r3, entsage 31v28, entsages 77rl6; 2. 'aufkündigen': Unde wi ir ein dem anderen untsagen sal 8rl21, Swenne ein man sime herren gutes loukent unde is im entsaget vor sinen mannen 64r3, entsage 83v28, 84r4, 84r9, 8 4 r l l , entsagen 83v23, 84r7, entsaget 65r23, 7 3 r l 9 / 2 0 , 83vl8, 83v28,

Glossar 84rl7, 84rl8, 84r21, entsagit 73vl7, untsaget 7rr30, 82vl, 83v6, 83v8, 83vl7. entsagen st.N. 'Aufkündigung': Dis entsagens sal der man gezug haben an zcwen des herren mannen 84rl3. entschuldigen sw.V. 1. 'freischwören, lossagen, durch Eid von der Schuld befreien': des mus he sich enschuldigen noch rechte 34v22, entschuldigit he sich uf den heiligen 57v9, enschuldigen 42r30/31, entschuldigen 42r28, 76v28, entschuldiget 42r31, unschuldigen lvr26; 2. 'entschuldigen': doch mag iren iclichen echt not untschuldigen: vengnisse, suche, des riches dinst unde des landes not 67vl0. entweldigen sw.V. 'berauben, aus dem Besitz setzen, entziehen': Clait mait oder witewe zu lantrechte über iren vormundin, das he si entweldige eigens oder lenes 19v29. entworte st. F.N. 1. 'Antwort, Verteidigung des Beklagten': wem der richter zu entworte gebut 6rr25, entworte 46r2, 76rl6, 76v9; 2. 'Gegenwart, Anwesenheit': Swelches mannes gut der herre vorliet in sin entworte 7rr25, entworte 32r23, 36v26, 44vl2, 64vl3, 72vl0, 74rl0, 84r21. entworten sw.V. 1. 'antworten, sich verantworten': Nimant entwortet vor sinen knecht 5vl24, Bin marktin darf nimant entworten 6rr6, he mus entworten umme sinen hals 29v32, der mus entworten iclichem sime herren 34r9, entworte 27v5, entworten 6rr25, 34vl8, 35v21, 36r26, 40v20, 42v3, 43vl6, 44r34/35, 44v5, 45r3, 45v34, 62v25, 62v26, 75v2, 76r22, entwortit 6 r r l l , 7rr26, 54v5, entwortene 5rrl5, 44v7, 54r26, 63v25/26, 64vl9, 76r3, 77rl7, 78v20, entwertene 8rl7, geentwortit 54v3, geentwortet 76r20/21, enentwortit 22rl4, 30vl4, 46r3, 46r6, 53rl4, 74rl; 2. 'überantworten, übergeben': der sal si entworten 17v28, das sal man entwortin dem richten 18r9, Den brif sal man entworten 36r32, entworten 42rl2, 44v34, 46rl7, 6 3 v l l , entworte 44v36, entwortene 44rl8, geentwortit 44rl9; 3. 'frei machen, überlassen': das he sin burglen bin sechswochen entworte 80r21. envem -> enphirren enzweien sw.V. 'unterscheiden': Swebisch recht enzweit nicht von sechsicheme rechte 15r21, enzweien 21v2. eptissin st. F. 'Äbtissin': Undir iclicheme bischove unde epte unde eptischinnen haben dinstlute sundirlich recht 46vl2/13, eptischinnen 10v28, 51r21. erbe st. sw. Ν. 1. 'Erbe, Erbschaft, Erbgut': swo is get an iren lip odir an ir recht oder an ire ere, an ir erbe odir an ir len oder andir hoe sache 3rll6, Erbe enphet

Glossar man noch des landis rechte 4vr3, erbe 4vl4, 4vl5, 4vl6, 4vll9, 5vl3, 7rl9, 7rr6, l l r l 7 , l l r 3 3 , l l v l , l l v 8 , 11ν24, 1 lv25, llv30, 12r3, 12r5, 12rl0, 12rl3, 12rl7, 12rl9, 14vl 1, 14vl5, 14vl9, 14v24, 14v25, 15rlO, 15r22, 16rl 8, 17v5, 17v33, 18r2, 18r6, 18r8, 18rl6, 18rl7, 18r23, 18r24, 18vlO, 18v20, 19r5, 21vl, 21v3, 22v26, 28r8, 3 0 r l l , 31r4, 31r8, 33vl5, 36r7, 39r6, 44v29, 46v5, 54v8, 54vl6; 2. 'Grundeigentum': Burgen mus he aber seczen, da he kein erbe hat, -vor des richters gewette unde vor buse 24r5, erbe 24rl0. erbe sw.st.M. 'Erbe, Erbberechtigter': Wirt ein kint geborn stum oder handelos oder vuoselos oder blint, das is wol erbe zu lantrechte unde nicht zcu lenrechte l l v l 4 , erbe 12r23, 14r26, 16r2, 16rl2, 16r22, 17r5, 1 7 r l l , 18rl3, 20vl3, 21v26, 31r29, 31r31, 36r6, 39r20, 39v26, 44r33, 44r37, 47r3, erben l l v 9 / 1 0 , 16r31, 18v5, 19vl, 21v21, 21v29, 31rl5, 33v22, 38r29, 39v21, 40rl5, 55v27, 80v28, erbin 4vl26, 12r32, 12v30, 13r5, 13v2, 15r26, 15v4, 15v31, 18v30, 21v25, 55v22, 55v29, 57v25, erbn 16r28, 16vl, erbis llv32. -> ganerbe·, lenerbe erbeeigen st.N. 'Erbeigentum, ererbtes, vererbliches Eigentum': Erbeeigen mus ein man bas behalden den ein ander gekouft eigen oder gegeben eigen 36v7, erbeigen 5vl29. erbegüt st.N. 'Erbschaft, Erbgut': Mag aber iener, der is in gewern hat, sine gezug dar an gezugin oder sin erbegut 14r29. erbeit st. F. 'Arbeit, Arbeitsertrag': Gejaret sich das kint aber vor, der herre hat vorlorn sin erbeit 39vl9, erbeit 36v33, 36v36, 49r9. erbeiten sw. V. 'bebauen, bestellen, bearbeiten': Erbeitet ein herre ... garten odir boumgarten 39v7, erbeiten 55vl3, geerbeitet 5 5 v l l / 1 2 . erbeten st. N. 'in Erbleihe vergebenes Gut': Lest der vater sime sone gut uf von sime herren, erbelen enhat der son da nicht an 12τ2. erbelos Adj. 1. 'ohne Erben, erblos': Erbelos irstirbet hergewete oder gerade 4vrl, erbelos 6vrl7, 18r7, 50vl5; 2. 'ohne Erbrecht': Der Swabe enmag ouch von wiphalbin kein erbe genemen, wenne di wip in irme gesiechte alle erbelos sint gemacht durch irre vordim missetat 14v26. erben sw. V. 'vererben': Bin des herrin teding mag der man gut lien unde erben 7vr5, erben 62r21, 83r21, erbin I r l 5 , 73v27, enerbin 59rl4, enerbit 18r30, 31r22/23, 65vl0, 69r28, erbet 4vl33, 5vl4, 18rl, 31rl4, 62r24,

263 66r2, 80v24, 83vl5, 84v2, erbit 17v31, 18v21, 55r27, 60vl7, 60v20, 62r31, 62v4, 73vl4, geerbit 69v9, 72r4, geerbet 69vl0. erbeteil s t M . N . 'Erbteil, Erbe': Wollen si noch des vater tode ... ir erbeteil ansprechen 13v28. erbeteilunge st. F. 'Erbteilung, Erbtrennung': Haben si aber ir erbeteilunge dar an vorlobit 14r2. erde st. sw. F. 'Erde, Erdboden': Got, der da is begin unde ende aller guten dinge, der machte alrest himel unde erde 9v23, binnen sechswochen noch dem drisegesten sal si mit dem gebu rumen, so das si di erde nicht enwunde 15r33, erde 15v3, 41r33, erden 35rl8, 53vl, erdin 19rl2, 39vl5, 53r25. -> ertliche ere st. F. 'Ansehen, Ruf, Ehre': Wip mag mit unkuscheit ires libes ir wiplich ere krenken 12r2, Wer truwelos beredit wirt..., deme vorteilt man sine ere 19v26, ere lr9, 3rll6, 28r5, 28r8, 33vl2, 45r25, 56rl. eren sw. V. 'Ehre erweisen': he sal ouch sinen herren mit Worten unde mit tat eren 59vl7, eren 68r4, eret 47v25. eren sw. V. 'ackern, pflügen': Swer eret eins andern lant unwissende 5vr2, Swer des andern lant eret 6rl30, Wer da erit eins andern mannes lant unwissende 36v30, di wile hes erit 36v32/33, Wer da besaeten acker eins andern mannes anderweide erit, he sal im den schaden gelden uf recht 37r2, eret 7rl29. ergem sw.V. 'verschlechtern, im Wert mindern': Wen ein iclich man mus wol sin gebu bessern unde ergern uf sime lene wider sins herren willen 31r25, geergert 37vl4, geergirt 45vl3. erheben st.sw.V. 1. 'entstehen, beginnen, anfangen': Doch sagen sumeliche lute, di der warheit irre gen, das sich eigenschaft irhube an Kaine 46v21, Zu Babilonie irhup sich das riche 47r35, irhub 6rr30, irhube 6rr28; 2. 'Klage erheben': Zu glicher wis, als man di clage irhebin mus in allen stetin 45r7; 3. 'errichten, erbauen': Nimant ensal markt noch muncze erhebin ane des richters urlop 32v21; 4. 'sich erheben, auftauchen': Welch wert sich erhebet binnen eime vlusse 39rl0; 5. 'aufbrechen': In drin tagen sullen sich di boten irheben 7 8 v l l / 1 2 . erholen sw.V. 'wiederholen, eine Prozeßhandlung erneut vornehmen': ab he sich vorspricht, des he sich nicht irholen mag 23vl6, Der Stammemde man, missespricht he, he mus sich wol irholn 23v32, irholen 67rl3. H R G 1, Sp. 1001 ff.; DRWB 3, Sp.204f; W M U

264

Glossar

1, S. 504; Lexer I, Sp.637f.; Grimm, DWB 3, Sp.853 ff.; Trübner 2, S.224f.; Kluge/Seebold, S. 185 erläsen st. V. 'jemandem etwas erlassen': Einen man von iclicheme dorfe mus he wol dinges irlasin 50v20. erlegen sw.V. 1. 'entgegentreten, widersprechen': das he sin gut vorste unde des obirsten herren ansprache irlege mit rechte 64r9; 2. 'niederlegen, fallen lassen': unde vorteilin im sin gut, ab he di ansprache nicht irleget 70v9. erlös Adj. 'ehrlos, ohne Ansehen (und damit eides- und lehensunfähig)': erlös unde rechtelos sin lr28, erlös unde rechtelos l r l 9 , lr26, lvr28, 2vll, 29r23, rechtelos unde erlös 31r2. -i- rechtelös 2 erlösen sw.V. 'erlösen': das he uns irloste mit siner marter 9v28, Got hat den man noch im gebildit unde mit siner martir irlost 46v7. erlouben sw.V. 'erlauben, gestatten': Di sippe went an dem sibendin, erbe zcu nemene, ab der babist hat irloubit l l v 3 / 4 , irloiben 25v30. ermüte st. F. 'Armut': oder let si der herre zugen mutwillen odir durch ermute 53vl0.

von

erslagen st.V. 'niederschlagen, erschlagen, töten': Doch sagen sumeliche lute, di der warheit irre gen, das sich eigenschaft irhube an Kaine, der sinen bruder irslug 46v22, Wirt ouch eineme manne sin mag oder sin vrunt irslagen 57vl6/17. -> sJagen, slän 3; tötslagen erstaten sw.V. 'ersetzen, erstatten': Wer is im aber getan hat, der sal im irstaten sinen schaden 36v35, irstaten 71r25, 71r28, irstate 80rl2. ersterben st.V. 1. 'vererben': Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin, weder nageborn erbe noch nimant, uf den das gut irstirbit 16r3, irstirbet 12rl3, irsterben 17v29, irstirbit 18r7/8, 55vl5, irstorben 69v6; 2. 'durch Sterbefall auf jemanden kommen, von Todes wegen zufallen, erben': Noch der, uffe den das gerichte irstirbit 79v31, irstirbet 6vrl7, l l v l 8 , irsturbe 12r8, irstorben 22rl6, irstirbit 64v22, 80rl3; 3. 'erblos bleiben': Unde wo ein gut erbelos irstirbit von manne oder von wibe 50vl5. -> anersterben 1,2 erteilen sw.V. 1. 'Urteil sprechen, urteilen, richten über': unde swas uns über den irteilt wirt, des wolle wir nicht lasin 2vll8, irteilt 2vl23, 3rl26, 5rr30; 2. 'durch Urteil zusprechen, zuerkennen': Wen im das mit urteiln irteilt wirt 24v24, oder ab sime herren gewette irteilt si uf sin

gut 74r4, irteilt 25rl8, irteiln 29v21; 3. 'erteilen, auferlegen': im ensi alrest mit urteilen der geczug irteilt 30v28. ertriche st. N. 'Erde, Erdreich': Got ... machte ... den menschin in ertriche 9v24, Zwei swert lies got in ertriche 10r2, ertriches 33r34. -» erde ertstadellch Adj. 'die Bodenlage des eingebrachten Korns': Unde wo ein gut erbelos irstirbit von manne oder von wibe, das ertstadelege korn is sin 50vl6. ervam st.V. 1. 'ausmachen': Wen si den kunig von erst irvarn binnen sechsischer art 28r29; 2. 'in Erfahrung bringen, erfahren': so der man das erst irvert bin der jarczale, das he volgen sal 85r28. ervolgen sw. V. 'einklagen, auf dem Rechtsweg verfolgen': Swelch gut man aber nimt deme manne mit gewalt, unde hes irvolget mit rechter clage 62r23, irvolget 63vl4, irvolge 7 I r l 9 , enirvolgit 77r3. ervollen sw.V. 'ersetzen, den Anspruch erfüllen, vollständig leisten': di wile sal der herre den mannen irvollen iren schaden 62v8/9. ervreischen sw.V. 'vernehmen, erfahren, von etwas hören': Is aber der herre us deme lande ..., swen he erst widerkumt an duzche art ..., unde he sine kunst irvreischet 78vl7, irvreischt 80rl9. erweln sw.V. 'erwählen, wählen, auswählen': Di zu deme ersten an der kore sin genant, di ensuln nicht kisen noch irme mutwillen, wen swen di vorsten alle zu kunige irweln 51 r 11. kisen erwerben st.V. 'erwirken, erwerben, erlangen, gewinnen': Erwerbin ander recht 4vll7, Niemant enmag irwerbin ander recht, wen als im angebom is 14vl, Disen vride irwarp ein jude 43v22, irwerbe 12v35, 13rl3, irwerbin 13rl7, 13rl9, irwirbet 27v33a, irwirbit 66v7. erzbischof st. M. 'Erzbischof: Deme erzbischove Bremen is undertan der von Lubeke 52rl8.

von

erzbistüm st. N. 'Erzbistum': Ouch sin zwei erzebischtum zu Sachsen in dem lande unde vunfzen andere 52r7/8. erzpnester st. M. 'Erzpriester': Wir gebiten, das man in stetin unde in dorfem allenthalben in unsem riche an geistlichen Sachen halde der bischofe, der erczpristere 3vl9, erczpristere 10r25.

Glossar

G gibe st. F. 1. 'Gabe, Geschenk': Dar umme enmag kein wip irme manne gegeben gäbe 18v4, gäbe 43r7a; 2. 'Ubergabe, Veräußerung': Swelche gäbe der man siet 5rrl2, Wer aber den andirn gelobet, ein eigen zu gebene vor gerichte ..., stirbit ienir denne, er im di gäbe bestetiget wirt 12v29, gäbe 19r2, 22r5, 22rl 1. morgengäbe gäe Adj. 'schnell, jäh, ungestüm': da mus man wol umme kisen einen gougreven zu minnesten von dren dorfen, di gaen tat zu richtene 23rl, gaen 23r5. -> tat galgen sw. M. 'Galgen': Wer des nachtis korn stilt, der vorschult den galgen 35r24. ganerbe sw.M. 'Miterbe, Gesamterbe': alle, di sich gliche na zu der sippe gestuppin mugen, di nemen glich teil dar an, is si wip oder man. Dise heisin di Sachsen ganerbin 14vl8. gare st. F. 'Kleidung, Rüstung': einen rok ane errnele über der gare 25v20. gast st. Μ. 1. 'Gast': Di muter is gast in des suns gewern 15v24; 2. 'Fremder': Andere vrie lute ... kumen unde varn in gastis wise 4 8 r l 0 / 1 1 , gaste 82vl4. gebiten st.V. 1. 'gebieten, befehlen, auferlegen': Wir sezzen unde gebiten lr3, Vride sal man dem kreize gebiten bi deme halse 25v21, Gebuit der kunig des riches dinst 52v5, He enmus ouch kein gebot... gebiten 58rl 1, Der herre mus wol sinen mannen gebiten mit urteiln 61vl2, gebiten l v r l , 2rll, 2rl6/7, 2rl28, 2rr2, 2rr8, 2rrl7, 2vl4, 2vll0, 2vll4, 2vl20, 2vl24, 2vl30, 2vr4, 2vrl 1, 3vl6, 3vll2, 3vr5, 27v5, 5 8 r l l , 74r27, 7 4 v l / 2 , 77r6, 8 0 r l 9 / 2 0 , 85r8/9, gebotin 25v29, gebot 47r8, 74r28, geboten 59v20/21, 74v3, 85rl7, gebut 6vl25, 85r6, gebuit 78rl3, 82r4; 2. 'auffordern': Unde wem der richter zu entwerte gebut 6rr25, gebut 46r2/3, gebite 76rl6; 3. 'vorladen': Dem sal der richter selber vor gebiten lvr25; 4. 'aufbieten': dise hervart sal man gebiten sechs wochen 6 0 r l 4 / 1 5 , Gebuit aber der herre sine samenunge uf den man 83v26, geboten 69r22, 74rl7, gebiten 74r27; 5. 'anbieten': ab iener im sine manschaft also geboten habe 66v2, geboten 66r28. -> W M U 1, S. 563 f.; DRWB 3, Sp. 1238 ff.; Lexer I, Sp. 574; Grimm, DWB 4.1.1, Sp. 1752; Trübner 3, S.37f. -> biten 1, 4, 5; sezzen 3 gebom PartAdj. 1. 'geboren, abstammend, herkünftig':

265 disse sint alle geborne Swabin 4 r l l l / 1 2 , von welcheme lande he geborn si 4rl20, geborne 4rll3, 25r29, gebom 4vr9, 1 I r l 1, l l v l 2 , 18vl7, 19r20, 19r22, 25r28, 51v25, 54v9, 65v2, 77rl3, 80v9/10; 2. 'durch Geburt (zur Erbschaft) berechtigt sein': das der man im von swerthalbin zu geborn si 15rl2, Wo zwene man oder dri zu eime hergewete geborn sin 16v20/21, geborn 16r5, 29r4, 39v23, 45rl, 47v38, 59r23/24, 59r27, 85vl7; 3. echt geborn 'ehelich, frei geboren': di alle schephinbar sin oder echt geborn sin 12r26, echt geborn 5 0 r l l ; 4. unelich geborn 'unehelich, unfrei geboren': Kemphin unde ir kindere, spillute unde alle, di unelich geborn sin 19r28, unelich geborn 20v29, 21r29, 48r21/22, 59rl0. gebot st.N. 1. 'Gebot, Vorschrift, Befehl': Swer das gebot zu drin malen brichet 2rl21, gebot 3vll0, 9v31, geböte 3rl21; 2. 'Verbot, Beschlagnahme': He enmus ouch kein gebot noch herberge gebiten 5 8 r l 0 / l l . gebrechen st.V. 1. 'brechen': Man sait, das bürge unde vorsten keinen vride ensuln haben, den man an in gebrechen muge 43v36, gebrechen 60v30, 85v26; 2. 'streitig machen, absprechen, verlieren': Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin 16rl, gebrechen 63r7, 69v9, 70vl7, gebricht 77vl2/13, gebrochen 3 0 r l 3 / 1 4 ; 3. 'rückgängig machen': swas aber he dar ab liet oder lest, das enmag he selbe nicht gebrechen 71r7; 4. 'entziehen': Liet ein burger sin burglen eime zu lene, he enkan is im mit lenrechte nicht gebrechen 80v21/22, gebrechin 55r21/22; 5. 'fehlen': Gebricht da aber icht an 27vl8, gebricht 30rl3, 43v33, 62v6. -* brechen 1, 2, 4 gebü st. M.N. 'Bau, Gebäude, Bauwerk': Der zcinsman erbet sin gebu, he ensi von ritters art 5vl5, gebu 15r32, 31rl4, 31r25, 31r30, 53v20, 55rl2, 55rl5, 55v8, 80vl6, 82v4, gebiu 15r30, gebues 31r33. gebulen st.N. 'Gebäudelehen': unde gebulen ende, alse der man da nicht uffe ensiczt 84vl4. gebunden Part.Adj. 'befriedet, gebunden, auf bestimmte Handlungen beschränkt', in der Verbindung gebundene tage 'Tage, an denen Recht und Gericht auf gewisse Handlungen beschränkt sind': Wo man richtet in gebundenen tagen 5rrl7, An gebundenen tagen enmus man nicht dingen 28rl, Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt 41r22, gebundenen tagen 51v22, 60r20, 60r21/22, 60r24/25, 7 9 r l 7 / 1 8 , 81vl4. -*• H R G 1, Sp. 1424 ff.; Lexer I, Sp.763; Grimm, DWB 4.1.1, Sp. 1900 f. ^g 5

266 gebär st. sw. Μ. 'Bauer, Nachbar, Dorfgenosse': Ein dinstman mag is ouch bezugen mit andern dinstmannen ..., ein gebur mit sinen genossin 1 vi 17, nach der gebure kore 'nach Schätzung der Nachbarn' 15vl, gebur 14r7, 47vl7/18, gebure 6vrl6, 37rl0, 38r31, 38v34, 42r9, 53rl0, 58r2, 73rl, geburen 27r7, 35r4, 37r31, 37vl2, 56v8, 56vl6. gebürmeister st. M. 'Bauermeister, Vorsteher einer Dorfgenossenschaft'·. Der gebürmeister is wol gezug über den gebur in sime gerichte 14r6, gebürmeister 50v21. -> bürmeister

Glossar halden hat 51r28; 3. 'behalten': Dube oder roubis ... entschuldigit he sich uf den heiligen, ab hes gezug hat, das hes unhelingen gehalden habe 57vl0, gehalden 3 4 r l 8 / 1 9 ; 4. 'ein Tier halten': einen glumenden hunt oder einen czamen wolf... gehalden 40v8. gehören sw.V. 1. 'gehören': Gemeste swin gehören zu dem musteile 17r20, Is he aber duzch, so gehört is noch der muter 55rl, gehört 16vl4, 17rl7, 17r23, 17v4/5, 19rl3, 39rl2, 75r9, gehöret 54v30, 75r6/7, 79v21, 82r25, 83vl2, gehorit 49v22, gehorn 17r29, 45v22/23, gehören 54v27, gehörten 54v20; 2. 'hören': Uf welcher bürg man di vridebrechere helt wider recht, ... unde man si ... heischet, als recht is, das man das gehören muge 42r21.

gebum sw.V. 'rechtlich zufallen, zukommen, gebühren': noch deme das en geburt an der teilunge 14rl3, me wen also vil, alse menlicheme gebort 56rl7, geburt 16r20, 30vl, 35v6, 40rl6, 4 9 r l l , 78v8, geborit 55v31/32.

gehörsam Adj. 'gehorsam': dem babiste gehorsam czu sine 10rl4/15, gehorsam 52r29/30.

gebürschaft st. F. 'Bauerschaft, Dorfgenossenschaft': Zu dirre seibin wis bessirt eine gebürschaft der andern 5 6 v l 0 / l 1.

gehörsam st. F.M. 1. 'Gehorsam': Der brach den gehorsam, uns allin czu schaden 9v25/26; 2. 'geistliches Gelübde': He hab gehorsam getan oder nicht 31v21.

geburt st. sw. F. 1. 'Geburt, Geburtsstand': sine buze is ouch zwivalt unde sin wergelt nach siner geburt 12vl9, geburt 20v5, 21vl3, 25r30, 30r22/23, 37v24, 37v26, 53rl6, 54v7, 6 8 v l l / 1 2 , 77v9, 85v5, 85vl0, 85v28, geburte 10v23/24, engeburt 17v3; 2. 'Abstammung, Herkunft': Nu vornemet umme der herren geburt von deme lande zcu Sachsen 3vrl7, geburt 50rl4. H R G 1, Sp. 1426 ff.; DRWB 3, Sp. 1322 ff.; W M U 1, S. 573 f.; Lexer I, Sp. 765; Grimm, DWB 4.1.1, Sp. 1902ff.; Trübner 3, S.34f.; Kluge/Seebold, S.249

geist st. M. 'der Heilige Geist': Des heiligen geistis minne, der sterke mine sinne 9vl, Got rugete den sibinden tag, ... unde uns sante sinen geist 47r7.

gedinge st. N. 'Nutzungsrecht, Anwartschaft, Rechtsanspruch auf ein Gut': Von gedinge an eins andern gute 7rr5, noch gedinges rechte 6 1 r l / 2 , 71vl4/15, 84r30, gedinge 7vr22, 18v22, 55r24, 60v6, 60v8, 60v9, 60vl4, 60v22, 60v28, 60v29/30, 61rl, 64v23, 65rl4, 70v27, 79v26, 80rl6, 80v5, 80v6, 80v9, 80vl9, 82v25, 83v20, 84r25, 84r28, gedinges 65rl6. W M U 1, S. 580; Lexer I, Sp.772; Grimm, DWB 4.1.1, Sp. 2025 -> lipgedinge·, recht 9

gelasen st.V. 'auflassen': des enmag he keinen teil gelten noch gelasin 7lr6.

gegelden -» gelden gegenöte st. F. 'Gegend, Landschaft': Der gegenote is doch gnug binnen deme herzogetume, di sundirlich recht wollen haben 52vl6. gehalden st.V. 1. 'unterschlagen': wen hes diuplich gehalden hat 3 3 v l l ; 2. 'verhalten': Wo man bischove ... nicht enkuset binnen sechswochen, da di lenunge an den keiser get, he liet is, weme he wil, der sich redelich ge-

geistlich Adj. 'geistlich, fromm': So sal di geistliche gewalt helfen dem werblichen gerichte lOrl5, geistlich 4vl2, 52r27, geistliche 9v32/33, 10r4/5, 41rl6, 47v5, 51r29, geistlichen 3vl5, 3vl8, 6vll8, 52r23, geistlichem 6vr28, 10rl2, 22v4, 40v22, geistlicheme 79r30. gerichte 1; swert 2

gelden st.V. 1. 'entgelten, bezahlen, ersetzen, zu einer Zahlung bzw. Leistung verpflichtet sein': zcu hant sal he zcwivalt gelden ienem sin gut 3vr9, Swer schult vorderet uf den, der nicht gegelden enmag 6rr24, man mus is im gelden mit eime halben wergelde 30r33, unde he im sine kost gelde noch gutir lute kure 33v5, gegeldin 48v29, gelde 26v9, 27v6, gelden 5rrl9, 12rl8, 12r31, 12v3, 26v9, 28vl, 32v28, 33r7, 35rl4, 35r22, 37r3, 37r5, 37r9, 37r25, 38vl0, 38vl3, 38v20, 38v28, 40v5, 41r5, 43r32, 43vl3, 46rl3, 48v20, 49rl6, 80vl7, 82v4, geldin lvr9, 5vl22, 6rr26, 12r23, 12r32, 16rl9, 22v7, 26v7, 26v8, 46rl0, 46rl6, 46r20, 46r21, 48v7, 48v9, 48vl5, 48v28, 56r23, 56vl7, 57r2, 57v26, geldene 5rl26, 12r21, 26vl2/13, 35r29, 39v2/3, 43v9/10, 56r21, 56r30, engelde 3vl30, engelden lr32, engilt 22r22, 37r28, 39vl9, 42v23, 43vl, 47r32, 57r2, gildet 33r20, gilt 4vl6, 12v35, 39v27, 46r27, 4 8 v l l , 48vl5,

Glossar 48v21, 48v24, 48v34, 49rl0, 56vl2; 2. 'gelten, für etwas halten': Wo der richter sin gewette nicht usgephenden enmag uf eins mannes eigen, das also kleine gilt, das sal der vronebote bevronen mit eime krucze 36rl. -> W M U 1, S. 626 f.; Lexer I, Sp. 827; Grimm, DWB 4.1.2, Sp. 3066 ff.; Trübner 3, S. 84; Kluge/Seebold, S. 255 -» ab(e)gelden; vorgelden geieisten sw.V. 'leisten, erfüllen, erbringen': Swas so ein man swert unde en truwen gelobit ..., unde enmag hes nicht geieisten, is enschadet im zu sime rechte nicht 46r32. leisten geleite st. Ν. 1. 'Geleitrecht': Wo zcwene mit ein ander urlogen, der einer oder beide geleite haben 2rl25, geleite 2vrl0; 2. 'Geleitgeld': Werne aber he geleite gibet, der sal den schaden bewaren in sime geleite, oder he sal en im gelden 33r6, geleites 33r4; 3. 'Geleitschutz': der sal den schaden bewaren in sime geleite 33r7, Bittet der man geleites den herren 84r6. gehen st.V. '(ver)leihen, als Lehen geben': des enmag he keinen teil gelien noch gelasin 7 lr6, bin den tedingen enmag der man des gutes nicht gelien 74r9, gelien 80rl7. -> lien; vorlien 1, 2 geiigen st.V. 1. 'sich lösen von': Begibt sich aber ein man, der zu sinen jaren kumen is, he hat sich von lantrechte unde von lenrechte geleit 17vl4; 2. 'aufgehoben sein, erledigt sein, ruhen': Wen der greve kumt zu des gougreven dinge, so sal des gougreven ding nider sin geleit 23r20; 3. 'liegen, sich befinden': Die erste is Gruna. Di andere Werle, di ist zu Gosler geleit 51v34. geloben sw.V. 'versprechen, geloben': Swer eine gewere globet vor gerichte 5rr24, Wer aber den andirn gelobet, ein eigen zu gebene vor gerichte 12v26, sin bürge mus den eit vor en tun zu gelobter czit 44vl, geloben 20vl9/20, 30r3, 46r36, 68vl8, 70v2, globen 5rr4, 6vr26, 79v2, globin 56rl3, 56r20, gelobet 5rrl8, 12v26, 13r 11, 13r29, 26r30, 30r5, 30rl0, 35r34, 44v3, 47r34, 55rl9, gelobit 12v3, 12v34, 22v22, 30r3, 38v6, 46rl9, 46r30, 56rl9, 56r25, 56r29/30, 74rl5, gelobt 16r30, globet 4vll0, 39v28, 44r2, 44rl3, globit 46r25, 46r28, globt 44rl2, gelobete 30r9/10, 56rl9, globe 79v3. gelt st. N.M. 1. 'Gewinn, Ertrag': swer is in nuzce odir in gelde hat 63v9, das gelt des gutes 69r2; 2. 'Geld, Preis': man sal en abir phenden also lange, bis ienir sin gelt habe 27v20, gelt 5rl26, 6vr26, 43vl, 56rl4, geldes 62vl7, 78r4; 3. 'Abgabe, Zahlung, Schuldforderung, Geldschuld': Der herre mag wol phendin uf sime gute vor sin gelt 22v21, gelt 39r35, 39v6, 46rl, 46rl3, 46v2; 4.

267 'Entschädigung, Schadenersatz': he enmag da kein hoer gelt an gevordern wen sine buse 30vl2. -*• wergelt; zinsgelt gelubde st. F.N. 1. 'Versprechen, Gelöbnis': Wer im so erbe zusagit... von gelubdes halben 33vl 7, Eines iclichen gevangenen gelubde ensal durch recht nicht stete sin 46r23, gelubde 5vll5, 33vl8, 43v2, 44r20, 46rl5, 46v2, 46v4, 50r6/7, 56r22, gelubede 6rr27; 2. 'Zustimmung, Erlaubnis': Ane erben gelubde ... enmus nimant sin eigen noch sine lute vorgebn 21v21, gelubde 15v31, 18v30/31, 21v26, 21v29, 70vl5. gemannet Adj. 'verheiratet': di gemannete tochter 13v29. gemechte st.N. 'männliches Geschlechtsteil': Welch man an munde, an nasen ... unde an des mannes gemechte ... belemt wirt 30r30/31. gemeine Adj. 1. 'gemeinsam': Derne burmeistire wettit man ... dri Schillinge vor hut unde vor hare, das is der geburegemeine zu trinkene 53rl0, Zcwene man enmugen in eime gerichte kein gemeine lenrecht gehaben 79v26, gemeine 13vl9/20, 13v23, 71r8, 71vl9, gemeinen 38v3; 2. 'allgemein': Welches wassir stramm vluzt, das is gemeine zu varne 33r32, gemeine 1 6 v l l / 1 2 , 37r20, gemeineme 79vll, 79vl3/14; 3. 'gewöhnlich': gemeiner gewere si gezug ein iclich unbeschulden man an sime rechte 72vl; 4. 'gemeingültig': Dar umme sin dise vier tage gemeine vridetage 41 v7. gemeine Adv. 'allgemein': Der kunig is gemeine richter über al 6rr7. gemeine st. F. 'Gemeindeland, Grundeigentum einer Gemeinde': Swer siner nakebure gemeine abeerit... mus wettin dri Schillinge 56v2, gemeine 6vr27. gemeinliche Adv. 'gemeinschaftlich': Beheldit en eine stat gemeinlichen unde wissenlichen 2vr30. gemiten sw.V. '(be)lohnen, dingen': Stirbet ouch der gemitte man 16r29, oder wen he mit phenningen gemiten mag 21r 7. gen unr.V. 1. 'gehen, sich begeben': Vor deme richter suln si beide gegerwit gen 25v33, gen 17rl9; 2. 'hinauslaufen auf, zur Bestrafung führen': Rechtelose lute darben Vormunden unde lame lute, is enge zu kamphe 4vr27, da is en an den lip odir in di hant nicht enget 4rl24, enget 31v3; 3. 'reichen, sich erstrecken': Siner boume este ensuln ouch über den zun nicht gen 38r25; 4. 'gegen jemanden gehen, zu jemandes Lasten gehen': di clage, di enge denne uf den kunig 23r23/24, gieng 42v24; 5. 'sich ereignen, geschehen': das über ienen solde gen

268 29vll; 6. 'abführen, herausgehen, weggehen': Is enget nicht us dem buseme 14v21. genemen st. V. 1. 'nehmen': Wer deme andirn ebinburtig nicht enis, der enmag sin erbe nicht genemen 14v24, genemen 14v25; 2. 'Ehepartner nehmen, heiraten': He is ouch der witewin Vormunde, bis das si man genimt 17rl4. -» nemen 1, 3 genenden sw. V. 'wagen, aufs Spiel setzen': unde mit rechte si he geleites vri, wo he sins gutes oder des libes genenden wil 33r5. genge unde gebe Adv. 'gang und gäbe', zu genge Adj. 'gängig, gültig, im Umlauf befindlich' und gebe Adj. 'annehmbar, willkommen, gut': mit silbere oder mit phenningen, di genge unde gebe da woren 26vl3/14, genge unde gebe 46r21, 77v6/7. genos st. sw. M. 'Standesgenosse': Al si ein man spilleman ..., he enis doch ... dibes genos nicht 21r30, Kegin sinen genosin enmag he ... mit gezuge nicht volkumen 67rl, genos 5rl23, 20v2, 21vl4, 24v21, 43rl5, 54r9, 85v22, 85v27, genosen 17vl7, 28vl7, 31vl9, 42r33/34, genosin lvll7, 6vl28, genossin lvll8, 53rl5. -> hüsgenos; undergenös; zinsgenös genösinne st-F. 'Standesgenossin, Ebenbürtige': Das wip is ouch des mannes genösinne, swen si in sin bette trit 48r2. gensezende sw. M. 'Gänsezehnt': In Sente Walpurgetage is der lemmerzende vordinet, zu wurzmesse der gensezende 39r25. gephenden sw.V. 'pfänden': di man nicht gephenden mag 35v31. -=> phenden; üsgephenden gephlegen st. V. 'erfüllen, leisten': der richter sal en halden, bis he rechtis gephlege 45rl0. -> phlegen 3 gerade st. F. 'Aussteuer, weibliche Geräte und Kleider als Erbe': Wo man erbe unde gerade nemen sal 4vl5, Erbelos irstirbet hergewete oder gerade 4vrl, gerade 6rr23, 7rlll, 12r8, 12rl2, 13v33, 15vl4, 15v21/22, 17r22, 17r32, 17v31, 18r8, 18r31, 30rl2, 44v29, 55rl5/16, 55vl/2, 55v8. -> HRG 1, Sp. 1527ff.; DRWB 4, Sp.255f.; Lexer I, Sp. 870; Grimm, DWB 4.1.2, Sp. 3554 ff.; Trübner 3, S. 107 -» rade; ungeradet; üsgeradet

Glossar mit urteiln richtet 24vl4, gerichte 2rl20, 2vll2, 2vll5, 2vl21, 3rll 1, 4vr30, 5rl31, 5rr24, 5vll6, 6rll5, 6rll6, 6rl27, 6rrl8, 6vll0, 6vrl9, 6vr32, 7vr30, 8rll4, 9vl8, 9v20, 10vl4, 12v5, 12v6, 12v21, 12v23, 12v27, 14r4, 14v2, 14v31, 15rl5, 19r29/30, 20r31/32, 20vl6, 20v27, 21r25, 21v24, 24vl6, 26vl7/18, 26v24, 27r20, 27r23/24, 27r26, 27v21, 27v28/29, 29rl4/15, 29rl8, 29r24, 29vl6, 29vl8, 29v31, 30rl, 30vll, 31rll, 31vl8, 33vl8/19, 34r24/25, 34r25, 36r6, 36v26, 40v28, 40v30, 41vl2, 4 2 r l l , 42rl5, 42v29/30, 44r5, 44rl4, 44r27/28, 44vll, 44v31, 45r3a, 45v31, 46rl, 46rl8, 46v2, 47r34, 49vl8, 51v5, 51v26, 52v26, 53v28, 54r21, 54v4, 57r6/7, 5 7 r l l / 1 2 , 57rl6/17, 57r24, 57r26, 57vl9, 62r28, 65r6, 69r26, 79r30, 79vl5, 79v20, 79v21, 79v25, 79v29/30, 82vl7, 83r29, gerichten 45v22, gerichtis 29vl0, geistlich gerichte 4vl2, 52r27, vor geistlichem gerichte 6vr28, 40v22, mit geistlichem gerichte 10rl2, geistlicheme gerichte 56vl9, 79r30, werltlich gerichte 22v27, 52r27, werltlichem gerichte 79r30, werblichen gerichte 10rl6/17, uswendigem gerichte 6vr29, 56v26/27, uswendigene gerichte 45v34, von gerichtis halben 20r2, 20v21, 33vl9, 56rl8, von gerichtis halbin 20r8, 27v6, 32rl2/13, 57r3, von gerichtes halbin 32r9; 2. 'Gerichtsbezirk, Gerichtssprengel': Der geburmeister is wol gezug über den gebur in sime gerichte 14r7, gerichte 2vr31, 6rr4, 15v32, 23r26, 23v22, 27v25, 32v22, 35r9, 40v20/21, 41v9, 42r5, 45r6, 45v21, 49vl3, 62v21/22, 66rl9; 3. 'Gerichtsbarkeit, Gerichtsgewalt': In di vierde hant ensal kein len kumen, das gerichte si ubir hals unde ubir hant 49r32, gerichte 2 3 r l l , 79v21; 4. 'Urteil, Urteilsspruch': Der richter sal swern zeu den heiligen, das he von nimande ichein gut neme umme kein gerichte 3rl23, gerichte 3rrl; 5. 'Gerichtsverfahren': Wen sine vormundeschaft, di wert nicht lenger wen alse das gerichte wert 20v27; 6. 'Mahlzeit, angerichtete Speise': brot unde bier sal he en gnug geben unde dri gerichte zu dem essene 28r24, gerichte 28r25, 78v2/3, 78v4. HRG 1, Sp. 1551 ff.; DRWB 4, Sp.299ff.; WMU 1, S.655ff.; Lexer I, Sp.880f.; Grimm, DWB 4.1.2, Sp. 3635 ff.; Trübner 3, S. 110 ff.; Kluge/Seebold, S.260 gerichten sw.V. 'richten, Gericht halten': Des enmag he nicht gerichten wen zeu rechter dingstat 23r29, gerichten 49r28, 79v29. -»• richten 1

gern, geren sw.V. 1. 'begehren, bitten um etwas, verlangen': Swen der man in den obirsten henen volget sime gute unde ... der wisunge an en gert 64r25, dises sullen si geren bin irre jarczale 71vl0, gert 25v26, 27vl0, gerichte st.N. 1. 'Gericht': der richter, in des gerichte das 66r30, gem 25v30, gegert 68r9; 2. 'auswählen': sinen gesehen is lr32, In allen stetin is gerichte, da der richter gezug sal aber he zu hant benennen ...; der sal der herre

Glossar

269

sibene brengen, der der man gert 66v25; 3. 'streben nach': Dar umme bitte ich czu helfe alle gute lute, di rechtis gern 9 v l l , gern 84v20. gerte st. sw. F. 'Gerte, Rute': des kuniges malder, das sint czwene unde drisig siege mit einer grünen eichinen gerten 30r28. geruchte

gerufte

gerufte st. N. 'Hilferuf, Klagegeschrei zur Festnahme eines Missetäters': Umme blos gerufte wettit ein man dri Schillinge 24r26, Wip oder mait, di not vor gerichte claget, di suln clagen mit gerufte durch di hanthafte tat 40v25, gerufte 6rl5, 22rl7, 24r21/22, 24r23, 2 5 r l 4 / 1 5 , 27v21, 32r28, 33rl5, 34r26, 38vl2, 39r4, 40v28, 40v32, 40v35, 40v37/38, 41v34, 4 2 r l / 2 , 42r8, 42rl9, 42v26, 44r25, 50vl0, 53v30, 54r21, 67vl3, geruchte 5vr25, 10v7. H R G 1, Sp. 1583; DRWB 4, Sp.401ff.; W M U 1, S. 660; Lexer I, Sp.891; Grimm, DWB 4.1.2, Sp. 3751 ff.; Trübner 3, S. 117; Kluge/Seebold, S. 117 -» blütgeruchte; schrien gerwen, geren sw. V. 'sich bereiten, rüsten': Vor deme richter suln si beide gegerwit gen 25v33, gere 25v9/10, gerwit 26r9. gesament Adj. 'versammelt, vereinigt': mit gesamenter hant 'gemeinschaftlich, gesamthänderisch' 70v21. geschuldigen sw.V. 'beschuldigen': Wer ... sine dube ... under eime manne vindet, der is offenbar gekouft hat..., den enmag man keiner hanthaften tat geschuldigen 34r20, geschuldiget 16r8. -* schuldigen gesetze st. N. 'Gesetz, Festsetzung, Bestimmung': Unde an welcher me dis gesezce gebrochin wirt lvr22. gesigen sw.V. 'siegen': wo di meiste menie gesiget, di haben das urteil behaldin 15r6. gesinde st. N. 'Dienerschaft, Gesinde': Phaffen unde rittere unde ir gesinde sullen wesin zolvri 33rl, gesinde 4vl27, 82r4, 82rl3, gesindes 35v20/21. gesinnen st.V. '(Lehenserneuerung) begehren, verlangen': Is ouch sin herre us deme lande odir gegangen, das he sins gutes nicht gesinnen enmag 68r27, gesinnen 66rl, gesunnen 70r22, 73r29/30. -»• sinnen gesiechte st. N. 'Geschlecht, Stamm, Abstammung': Di herzcogen von Lüneburg unde sin gesiechte sint alle geborne Sachsin 4rll3, gesiechte 14v26, 46v22.

gespreche st.N. 'Beratung, Besprechung': Der cleger unde uf den di clage get, di musen wol gespreche haben um icliche rede driens 24vl2, gespreche 76v7, 76vl2, 76vl8, 77v24, 77v28, gespreches 24vl9, 76rl7, 76v6, 76v9, 76vl0, gesprechis 24v32. gesprechen st.V. 'absprechen': also enmag deme kunige nimant an sinen lip gesprechen 5 0 r l 8 / 1 9 . gesten st.V. 1. 'eingestehen, bekennen': Wil aber, der den hantvride gemachit hat oder enphangen, nicht gesten des rechten 2vl2; 2. 'stehen, stehen bleiben': enmag he nicht lenger gesten, he lege sich 77vl8, gesten 77vl\. gestetegen sw.V. 'bestätigen': Nu vomemt den alden vride, den die keiserliche gewalt gestetiget hat in Sachsenlande 4 I r l 3. gestuppen rechnen': dirt, alle, di nemen

mnd. sw. V. 'mit den Fingern tupfend zählen, Wenne aber ein erbe vorswestirt unde vorbrudi sich gliche na zu der sippe gestuppin mugen, glich teil dar an 14vl6/17.

gesunt Adj. 'gesund, geheilt von etwas': Disen vride irwarp ... Josaphus, wider den kunig Vespesianum, da he sinen son Titum gesunt machte von der gicht 43v24. gesunt nimant 50r21, 45r25,

st. F. 'Gesundheit': Ubir der vorsten lip enmus richter sin unde ubir iren gesunt wen der kunig gesunt 12vll, 23v25, 28r4, 33vl3, 35r21, 40r20, 45r33, 46r31.

geswern st.V. 1. 'abschwören': Is iz aber ander gut, das man bewisen mag, da mugen si nicht vor geswern 14rl; 2. 'freischwören': Wer aber sins vies vormisset unde zu hant zu dem hirten get, unde en dar umme schuldeget..., so mag der hirte da vor nicht geswern 38v27. geswom Part.Adj. 'geschworen': In geswornen vride sal man keine wapen vuren 6rll, geswornen 41v26. getedingen sw.V. 'vor Gericht laden': so das im kein sin herre zu lenrechte getedingen enmag 60rl, getedingen 85rl0. -» tedingen 2 geteilen sw.V. 1. 'teilen': Swen aber sis geteilen, ir kein enhat recht an des anderen gute, ab ir ein stirbit 70v25; 2. 'einteilen, ins Erbe einsetzen': Nimt der son wip bi des vatir libe, di im ebinburtig is, unde gewint he sune bi ir unde stirbit he da nach, e sin vater in geteilt von deme erbe 1 lv24. teilen 1 geteling st. M. 'Verwandter': Wer von gerichtis halben den lip vorlust, sin neiste geteling nimt sin erbe 33v20.

270

Glossar

getrosten sw.V. 1. 'auf sich nehmen': Ane vorsprechen mus ... ein man ... entwortin, ab he sich des schaden getrosten wil, der im da von begeinen mag, ab he sich vorspricht 23vl4/15; 2. 'trösten': Swer zu allen dingen gerne rechte spricht, he gewinnet dar ab manchen has, des sal sich der vmme man getrosten durch got 84v31. getruwe Adj. 'treu': Der man sal phlichtig sime herren hulde tun unde sweren, das he im ... getruwe ... si, alse durch recht ein man sime herren sulle 59vl2, getruwe 80v31, getruwin lr5. getruwen sw.V. 'glauben': Ab der herre nicht getruwen enwil, das das kint zu sinen jaren si kumen, das mus geweren ... das kint 69r5, entruwe 67vl7, entruwit 74v9. getwang st. M.N. 'Zwang': In willen unde in Worten so enis kein getwang, da envolge di tat 72vl8, getwange 47r24/25. getwerg st. N.M. 'Zwerg': Uf altvilen unde uf getwerge irstirbit noch len noch erbe l l v 7 / 8 . getwingen st. V. 'zwingen': getwingen halben 56rl7.

... von gerichtis

gevän st. V. 'gefangennehmen, ergreifen': Ab he san in ein ander gerichte vlut, mugen si en gevaen uf deme velde 42r5/6. gevangeae sw. M. 'Gefangener': Wen der kunig in das lant kumt, so sin im alle gevangen ledig 6vl20, gevangen 5rl31, 27r26, 40v27/28, gevangenen 6rr27, 8rrl, 46r23, 51v9. gevellen st.V. '(durch Erbschaft) zufallen, fallen an': durch das he beware, das des icht vorloren werde, des an en gevellit 16rl5, das lose, he wil, deme is zu rechte gevellit 17v7, ieme, an den das gut gevellet 39v29. gevencnisse, gevengnisse st.F.N. 1. 'Gefangenschaft': ... oder in keiner hande bant legit, das gevengnisse heisit l r l 9 , gevengnisse 46r24, 47r25, 67v24, gevencnisse lvl23, vengnisse 67vl0; 2. 'Gefangennahme': Swelch son an sins vatir Up retet oder vrevelichen angrift mit wundin oder mit gevencnisse I r l 8 . gevernen sw.V. 'entfernen, entziehen': wen he enmag, di wile nicht sime herren an dem gute gevernen mit der lenunge, di he tut, ander he wirt mit rechte zu getwungen 68v8/9. geverte st. M. 'Genösse, Gefährte': Den schadin, den he da nimt, sal sin eines sin unde nicht ... siner gevertin 13v22.

gevolgen sw.V. 1. 'folgen, nachfolgen': Der man ensal sin vie da heime nicht lasen, das deme hirten gevolgen mag 38r34; 2. 'verfolgen': Is aber he gewundet, das he nicht gevolgen mag, so suln di lute volgen bi phlicht 42r3; 3. 'einholen, festnehmen': das si im gevolget haben in der hanthaften tat 42rl4; 4. 'nachfolgen (mit einem Lehensgut)': Swelch gut der man an sinen geweren nicht enhat ..., deme enmag he nicht gevolgen an einen anderen herren noch erben an sinen son 62r21, gevolget 64v3, gevolgen 65r27, 7 1 r l l , 83r5. -> ervolgen; volgen 2, 3 gevordem sw.V. 'rechdich vor Gericht fordern, stellen': Ist aber, das der vatir von gevencnisse odir von suche oder von andirre ehafter not das recht nicht gevordem mag lvl25, he enmag da kein hoer gelt an gevordem wen sine buse 30vl2/13, gevordirn 43v8, gevordirt 15rl5. vordem 1 gewaldig Adj. 'Gewalt habend, mächtig': Lasit den keiser sines bildes gewaldig unde gotis bilde gebit gote 47rl9. gewalt st. F. 1. 'Gewalt, Macht': Wir sezzen unde gebiten mit unser keiserlichen gewalt lr4, gewalt 3rl6, 10rl6, 19rl3, 19vl, 19v2, 19v6, 19v7, 2 4 r l l , 40rl7, 41rl3, 47r26, 49r22, 50v3; 2. 'Verfügungsgewalt': Hat der seibin ichein len von dem vatere ..., liet hes im wider, so sal he dem richtere sins eigens odir sins lenes also vil in sine gewalt lien oder brengin lvl7, gewalt 16rl7, 36vl3, 62v7, 63vl3, 63vl4, 72vl5/16, 82r25; 3. 'Anwendung von Gewalt': Wir sezcin unde gebiten, das man di rechten lantstrasen vare unde nimant den anderen mit gewalt twinge von der rechtin strase 2rl30, gewalt 3 v l l l , 7 r r l 4 / 1 5 , 42v33, 48v5, 62r23, 66r8, 82rl7. gewandeln sw. V. 'etwas rückgängig machen, jemandem etwas entziehen': behelt he das gut... ane rechte widerspräche sins herren, der herre enmag im das nicht gewandelen 62rl8. geweigem sw.V. 1. 'sich weigern, sich widersetzen': Swo der son deme vatere nicht ebinburtig is unde di man geweigeren mugen ir gut von im zcu enphane 65rl9, geweigem 52v25, 59r27, 7 6 r l l / 1 2 , weigern 7vl4, 54r25/26, 66v3; 2. 'verweigern, verwehren, versagen': Vorspreche enmag nimant geweigern zu wesene in dem gerichte 23v21, geweigem 63v23, 80r8, geweigirn 14rl9. -> weigern 1, 2 geweldiclich Adj. 'gewaltsam': Swer deme andern sine bürg angewinnet mit Unrechte, clait iener dar uf zu rechte, unde helt man im di bürg geweldiclich vor 53vl4, geweldiclichen 44r22.

Glossar geweidigen sw.V. 'Vollmacht geben, die Verfügungsgewalt übertragen': der richter... geweidige si von gerichtis halben irs gutes 20rl, geweidigen 27r32, 32r32, geweidiget 43r23. gewer(e) st. F. 1. 'rechtskräftig gesicherter Besitz, Gewere': Alle len ane gewere darben der volge 7vr25, Morgengabe behelt das wip uf den heiligen, di gewer aber mit gezuge 15v20, Lenis geweren mus man gezugen mit sechs mannen des herren 82v28, gewer 5vll0, 7vr26, 13r20/21, 13r21, 13r24, 15vl6, 18v7, 30v27, 32rl4, 32r26, 32r32, 35vl2, 36rl8, 36r20, 60v5, 60vl6, 60v21, 61rl3, 61r23, 63vl0, 63vl3, 72v6, 73r2, gewere 7vl32, 7vr2, 7vr27, 18v2, 36rl7, 61r8, 62r9, 62r26, 63r3, 63r7, 63r24, 63v8, 63v30, 6 4 v l l , 66rl0, 69v4, 70v22, 71vl3, 71vl7, 71v20, 72r9, 7 2 r l l , 72r22, 72r29, 72r30, 72v20, 72v26, 72v28/29, 73r3, 73r6, 73rl7, 73v5, 82v22, 82v30, geweren 5vl9, 5vrl5, 6rr21, 7vl33, 8rll7, 32r8, 34r35, 36vl6, 45v5, 57v25, 60v7, 60v9, 6 0 v l l , 60v31, 61 r 11, 62rl, 62rl9, 63rl, 63rl2, 63rl6, 63v26, 64r6/7, 70vl3, 71v6, 72r27, 72v3, 74r7, 80r24, 82vl8, 82v20/21, 82v27, 83r20/21, 83r23, gewern 14r28, 15v24, 16r6, 16v4, 16v8, 2 0 v l l , 33vl4, 3 4 r l 4 / 1 5 , 34v32, 36vl0, 40r8, 40r9, 40vl4, 41v23, 43v27, eigenliche gewer 'Eigentumsbesitz' 36v23, lediclichir gewer 'freier Besitz' 39rl7, lediclichen gewern 19r3, gemeiner gewere 'gewöhnlicher Besitz' 72vl; 2. 'Besitzrecht': Welch man ein gut in gewern hat jar unde tag ane rechte widerspräche, he hat dar an eine rechte gewer 3 6 v l l , gewer 22r4a, 32r20, 32r22, 36r25, 60vl7, gewern 20vl 1, gewere 5vl32, 6vr20, 20v22, 36vl4, 41v23, 57r27/28, 63r4/5, 69v8; 3. 'Gewährschaft': Gewere sal iclich man tun umme totslag unde umme lemden unde umme wunden vor sinen herren 30rl6, gewere 5rr24, 7rl25/26, 7vl32, 25rl9, 25r21, 25r22, 30r2, 44v21, 68vl7, 79v2, gewer 20vl9, 30r5, 30r9, 3 0 r l 0 / l l , 30rl3, 43rl5, 44v22, geweren 6vr22, 7vl33, 71rl4, gewerde 46rl4. H R G 1, Sp. 1658ff.; DRWB 4, Sp.635ff.; Lexer I, Sp.994f.; Grimm, DWB 4.1.3, Sp.4785ff.; Trübner 3, S. 159 -» len; were gewer(e) sw. M. 'Bürge, Gewährsmann': Der jude enmus des kristen mannis gewer nicht sin 43vl6, gewer 36r22, 43rl3, gewern 3 2 v l l , 32vl5, 34vl2, 34v25, 34v30, gewere 6 r l l l , 34vl7, 36rl6, 39v30, 71r23, geweren 14r29, 14r29b, 36rl5, 43rl0, 63v21/22. geweren sw.V. 1. 'schwören, beschwören': Ab der herre nicht getruwen enwil, das das kint zu sinen jaren si kumen, das mus geweren uf den heiligen das kint 69r7,

271 geweren 30v34, 85rl4, gewere 25v5, gewerin 58r4, gewern 4 0 v l l , 41rl0, gewert 48vl2; 2. 'etwas gewähren, zugestehen': Wirt hes gewert, als recht is, der gewere mus entwerten an siner stat vor das gut 34vl7, geweret 3 6 r l 5 / 1 6 ; 3. 'Gewährschaft für einen oder etwas leisten': Saget aber der herre, he wolles den man geweren 71r26, geweren 71r28, gewern 36r28, gewert 83r26; 4. 'jemandem etwas überlassen': Tut ein man sin lant besait us zu zinse ..., zu welcher zit he undir des stirbit, man sal is den erben besäet widerlasin, wen he is en nicht lenger geweren enmochte, wen di wile he lebete 55v28; 5. 'zulassen': Wer das erbe nimt, der sal di schult gelden also verre, alse das erbe gewert an der varndin habe 12rl9; 6. 'betragen, sich belaufen auf': Nimant is ouch phlichtig, vor sinen knecht zu geldene vorbas wen als sin Ion gewert 35r29/30. gewette st. N. 'Geldbuße, die man dem Richter zahlen muß': Der richter sal nemen alle di gewette, di im gewettit werdin unde vor im beclait werdin 3rl28, gewette 3rl31, 5rl3, 5rrl0, 5rr26, 5vl27, 7vrl5, 22r26, 22r30, 24r5/6, 26r5, 28v28, 29v21/22, 29v23, 31v3, 33vl0, 34v20, 34v24, 35vl8, 35v34, 3 6 r l l , 44rl0, 45vl8, 48r31, 48v32, 49vl3, 52r22, 52vl9, 74r3/4, 77r22, 77v7, 78r8/9, 78rl5, 79r25, gewetti 56vl5, gewettis 76v22. H R G 1, Sp. 1674f.; DRWB 4, Sp.757ff.; Lexer I, Sp. 989; Grimm, DWB 4.1.3, Sp. 5698 ff. -> wette gewetten sw.V. 'ein Strafgeld an den Richter bezahlen': Ab ein man an sines vorsprechen wort nicht enjet unde aber der herre den vorsprechen schuldiget des, he mus dar umme gewetten 65rl, gewettet 78r20. -» wetten gewinnen st. V. 1. 'überführen, erobern, im Kampf oder im Rechtsstreit besiegen': wirt he dingvluchtig, he is in der clage gewunnen 36v28, gewunnen 44r8, 46r7, 75v6, gewinnen 26r27; 2. 'in den Besitz von etwas kommen, erhalten, erlangen': Dis buch gewinnet manchen vient 85rl, gewinnet 40v2, 84v29; 3. 'Buße, Frist, Schuld erhalten, erstreiten': unde umme alle schult, da der man sine buse mite gewinnet 22r25/26, gewinnet 22r30, 28vl2, gewunnene 22r22/23, gewunnen 26v6, 36r9, 44v2, 46rl3, 77v7, 85v4, engewinnet 79vl; 4. 'etwas oder jemanden gewinnen': Nimant enmag eine rechte gewere gewinnen mit lenunge 69v4, gewinnen Irl7, l v r l l , 18v7/8, 4 3 r l l , gewinnet 21r5, gewinne 3 1 r l 2 / 1 3 , engewinnet 36vl4, 79r24; 5. 'ein Kind bekommen, zur Welt bringen': Ein wip mag gewinnen elich kint 21v5, gewinne 6vr6, gewint llv22, 19r20, 54vl2, gewinnen 19v9, 21r34, 21v8, gewinnet 32r5,

272 37r32, 80v8, gewunne 54v25, gewan 68v21; 6. 'Land bearbeiten, bestellen': Unde ab man vert über gewunnen lant 5vll2, gewunnen 33rlO. -> ab(e)gewinnen; angewinnen gewis Adj. 'zuverlässig, sicher': sunder gewisse zal 'ohne Gewißheit über die D a u e r ' 10v25. gewis Adv. 'sicher, fest': Wer aber des kindis erbe is, den sal des kindis Vormunde ... gewis machin, das hes zu unphlicht nicht vortu 17r7. gewisen sw. V. 1. 'vor Gericht abweisen, zurückweisen, von Gerichts wegen versagen': Der richter enmag nimande von siner clage gewisen 6rl25, den man ... enmag man von der volge nicht gewisen 80rl 5; 2. 'weisen, zum Zweck der Belehnung verweisen an, einweisen auf ein Gut': der obirste herre enmag sine hindere mit deme gute an den herren nicht wider gewisen 56r5; 3. 'beweisen vor Gericht, schwören': das mus der bote gewisen ufden heiligen 67vl9. -> ab(e)wisen·, bewisen 2; inwisen; wisen 3, 5 gewisheit st. F. 1. 'Gewißheit': he neme di gewisheit, das dem clegere gerichtet werde noch des landis gewonheit 2vl27; 2. 'Bürgschaft, P f a n d ' : Unde sal anscriben di gewisheit, di man dem clegere tut noch des landis gewonheit 3rrl 1. gewisltche Adv. 'zuverlässig, auf sicherstellende Art und Weise': gewislichen uf den heiligen beredin 2rl5. gewonheit st. F. 'Rechtsgewohnheit, H e r k o m m e n ' : he neme di gewisheit, das dem clegere gerichtet werde noch des landis gewonheit 2vl28, gewonheit 3 r r l 2 , noch rechtir gewonheit 25vl0, noch rechter gewonheit 37v20/21, an Unrechter gewonheit 4 7 r 2 6 / 2 7 , noch des landis gewonheit 55r9. gewunt Part.Adj. 'verwundet, verletzt': Swer ouch den anderen gewunt vor gerichte vurt 4vr30, gewunt 4vr29, 2 1 r l 8 , gewundet 25v25/26, 42r2, gewundete 3 8 v l 8 / 1 9 , gewundeten 27r26. gezien s t V . 1. 'zu etwas gehören, zu etwas zählen': Di zcwischin deme naile unde deme houpte sich zcu der sippe geczien mugen an glicher stat l l r 3 2 , gezcien l l v l ; 2. 'bezichtigen, zeihen': di wile enmag he nimande valsches geczien, da iener wandil umme tun dürfe 32vl8, gezien 43r20; 3. 'ziehen, fortbewegen': Phaffenkindere unde di unelich geborn sin, den gibt man zu buse ein vuedir houwes, alse zwene jerige ochsin gezien mugen 48r23; 4. 'hinhalten': der herre mochte anders an der schulde gezogen den man 64v28; 5. 'sich worauf beziehen, berufen': Dar

Glossar noch sal he gezug sin allir dinge, di man an en gezuit bi des riches huldin 50r6. -» zien 7 gezüg(e) st. sw. M . N . 'Zeugnis, Beweis': Alle, di der vatir nennet zu gezuge lr20, Swas aber ein man weis, des endarf man en nicht inren mit gezuge 12r28, gezuge 6rr20, 15v21, 26r22, 31v33, 36r32, 36v6/7, 43v33, 4 5 r l 3 , 45v3/4, 5 9 r l 6 , 61r22, 66v20, 6 7 r l / 2 , 71vl2, 73v2, 77r25, 85v9, 85vl9, 85v29, 86r2, 86r4, 86r7, gezug 19rl0, 26r26, 2 6 v l l , 31v24/25, 32v4, 45v2, 51vl7, 59r20, 61r6, 62v21, 63rl 1/12, 6 7 r l 7 , 67v8, 71vl2, 72r26, 72v25, 7 3 r l 8 , 73v2, 7 4 r l 8 , 7 4 v l l , 85v24, 85v25, 85v27, geczug 18vl8, 30v28, gezcug 86r4, 86r5, gezcuge 64v2, gezcugene 8 6 r 9 / 1 0 , gezugene 7 3 r l 8 , 82v26/27, gezuges 12r28, 24vl, 31vl, 31v7, 31v25, 31v30, 49v30, 5 7 r l 7 , 64v6, gezugen 5rr30, 60vl4, gezuk 63vl8, getuch 14r29a, getug 15v29/30. Grimm, D W B 4.1.4, Sp. 6981 ff. gezüg(e) st. sw. M. 'Zeuge': Unde der herre buit mit gezuge zinsgut zu behaldene 7 r r l 9 , unde tut he das unde kundiget hes ieme mit gezuge 13rl4, gezuge 8 r r l 0 , 31v6, 4 3 r l 6 , 4 5 r l 8 , 56r31, 63r23, 63r25, 65v27, 6 7 r l 3 , 73r3, 74vl2, 7 5 r l 4 , 79v6, 79v8, 80r27, 85v20/21, gezug 7 r r l 7 , 8 r r l 3 , 12vl5, 12vl6, 14r6/7, 14r28, 1 7 v l 5 / 1 6 , 18v28, 27v27, 3 4 r l 9 , 40v20, 45r21, 45r24, 50r5, 5 7 r l 6 , 57vl0, 59r22, 59r24a, 59vl6, 61v4, 66r7, 66v22, 67r3, 67r6, 6 7 r l 9 , 67r26, 6 9 r l 0 , 70vl8, 72r30, 73r3, 78r31, 79v6/7, 8 l r l 4 , 8 1 r l 7 , 81r20, 81v4, 81v6, 8 2 r l 6 , 83vl, 84rl4, 84v8, geczug 38vl3, gezcug 78r5, 81r23, gezcuge 8 r r l 6 , gezugen 6rl28, 1 5 v l 8 / 1 9 , 43r9, 6 7 r l 4 , 71vl4, gezuk 31v9/10, 31vl2. Lexer I, Sp. 1005; Grimm, D W B 4.1.4, Sp. 6981 ff. gezugen sw.V. 1. 'zeugen, durch Zeugnis beweisen, den Zeugenbeweis erbringen': Des vronenbotin gezug stet vor zwene man, ab man is bedarf, da man mit siben mannen gezugen sal 12vl7, gezugen 12v24, 15rl3, 15vl7, 18r23, 1 8 v l l , 21v25, 23v30, 24v3, 27v23, 30v28, 31r36, 3 I v l 8 , 31v23, 33vl8, 34vl, 35v24, 36r8, 3 6 r l 0 , 36vl5, 36v24, 38v29, 40v7, 4 1 v l 9 / 2 0 , 4 2 r l 3 , 4 3 r l 9 , 43v30, 4 4 r l 6 , 44r26, 4 5 r l 6 , 46r9, 57r7, 5 7 r l 4 , 60vl2, 6 1 r l , 62v25/26, 63r4, 63r8, 63vl5, 63v28, 72r22, 73r24, 7 4 r l 3 , 7 4 v l l , 82v24/25, 8 5 v l 5 / 1 6 , gezcugen 5vl7, 7vl6, 8 5 v l l , gezeuget 7vl32, 62r2, gezuget 7vr6, 27v33, 31v3, 62r26, 64v4/5, gezugin 14r28/29, gezugit 12v22, 26v20, 34v28, 54r22, gezuigen 6 5 r 5 / 6 , gezugene 5rl27; 2. 'überführen': Wo man aber eigen gibit oder sezt oder eime manne gezugen wil an sin recht 12vl0. -» bezügen 1, 2; zügen gezweit

Adj. 1. 'halbbürtig (innerhalb der Verwandt-

Glossar

273

schaftsgrade)': Brudere unde swestere nemen irs ungeczweiten brudere unde swestere erbe vor den bruder unde vor di swester, di geczweit von vater unde von muter sin 31r5, geczweiten 31r8; 2. 'getrennt, geteilt': Man unde wip enhaben kein gezweit gut 4vr4, gezweiet 18r28, 82r27. gift st. N. 'Gabe, Geschenk': Von rechte ensal nimant wisen liebe noch leide, zcorn noch gift 9vl6, gift 13vl8, 75vl0. gischen sw. V. 'gähnen': Ab der man sich wischet... gischet ..., dar umme enwettet he nicht 77r26.

odir

glich Adj. 'gleich, in gleicherweise': Der phaffe nimt glich teil der swester in der muter rade 12r4, Phenninge sal der munczer halden phundisch unde ebene, swer unde gliche wit 32v20, Vorsten unde vrie herrin, ... di sin glich in buse unde in wergelde 47v24, glich l l r 3 3 , 1 lv25, 12rl0, 14rl7, 14vl7, 32v25, 57r31, gliche 7vrl, 1 l r l 6 , 1 lv28, 14vl6, 16v22, 26r3, 31r7, 37v6, 44r23, 45v9, 59r22, 70v22, 72v24, 7 3 r l l , 73rl2, glichen 48vl2, 72v25, glicher l l r 3 2 , 36v5, 45r6, 45r36, 8 0 r l l , glichir 10r25/26, glicheme 45vl, geliche 71v20. glichen st.V. 'gleichen': herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat 84r5, glich 7rll, glichen 48vl2. glit st. Ν. 1. 'Glied, Gelenk': Nu merket, wi odir wo di sippe beginne unde ende ... In des halsis glide ire kindere, di an zcweiunge von vatir unde von mutir gebom sin l l r 9 , Wundet man einen man an dem glit, das im vorgolden is Vorgerichte 30vl0, glide l l r l 2 , l l r 2 4 , l l r 2 5 , l l r 2 6 , 1 lr27, glit l l r l 3 , l l r 2 8 , glides 31rl0; 2. 'Knoten, Gliedknoten': noch der czit, das das korn glide gewinnet 40v2. gloube sw. M. 'Glaube': Da zu behilden si allir ir aldis recht, was wider der cristenheit e unde wider deme rechtin gloubin nicht enwas 15r8, gloubin 50r4, 50v25. gnade st. F. 1. 'Gnade, Gnadenlohn, Gunst': Wer uf gnade gedient hat, der mus den erbn gnadin manen 16r27, 16r28, gnaden 69r31; 2. zu gnaden varn 'in den Himmel auffahren': Der suntag was der erste tag, der je gewart unde wirt der lezte, alse wir ufsten suln von deme tode unde varn zu gnaden mit übe unde mit sele 41v5. golt st. N. 'Gold': Alle tuch gesniten zu vrouwenkleidern, golt noch silber ungeworcht, das engeburt den vrouwen nicht 17v3, golde 47v26, goldis 47v29. got st. Μ. 'Gott': Got is selber recht, dar umme is im recht lip 9vl6, Des vritagis machte got den man 41r31, gotes dinst 41vl, gotes urteil 73rl3, got 9v21, 9v30, 10r2, 26rl, 40rl6, 41r27, 41r29, 41v6, 46v6, 47r6, 47rl7, 75r24, 84v31, gotis 9vl9, 9v20, 10v23, 17r28, 18rl5,

47rl9, 47r20, 47r21, gote 3vll6, 40rl9, 41v3, 47r20, 47r23, 52r24, 85r2. dinst 4; hulde goteshüs st. N. 'Gotteshaus, Kirche': Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant durch keines voites schulde noch im zcu leide der gotishuser gut, das sine voitie ist, wedir burne noch roube nochphende 3vl24/25, gotishus 83vl2, gotishusere 3vll4, gottishusere 50v26, gotishusem 3vll7/18, gotishuseren 3vll4, gotishuse 3vl31, gotshus 80rl3/14. gouding st. N. 'Gericht des Gaugrafen': sus getane ding sal man abir zu goudingen rügen 58r5. gougreve sw. M. ' G a u g r a f : Wen is ist der lantlute vrie kore, das si gougreven kisen zu iclicher gaen tat 23r5, gougreve 2 3 r l l , 27v31, gougreven 5rl5, 5rll0, 10v5, 22v33, 23rl2a, 23rl8, 23rl9, 53r6. gouschaA st. F. 1. 'Amt des Gaugrafen': An gouschafi is mit rechte kein len noch volge 23r3, gouschaft 5rl6; 2. 'Bezirk, Gaugrafensprengel': Dis selbe mus tun ein lantman dem andern, ab he en beclait in wikbilde ..., ab si beide in ... einer gouschaft siezzen 56v27/28. graben st.V. 1. 'abbauen, ausgraben': Silber enmus he nicht graben uf eins andirn mannes gute 19rl4; 2. 'graben, anlegen': Kein zinsman enmus steingruben noch leimgrubin grabin 22v24, grabin 53r23, gegraben 33r21. gräveschaft st. F. 'Grafschaft, Verwaltungsbezirk des Grafen': Vorliet ein greve siner graveschaft ein teil oder ein voit siner voitie, das is unrecht 52v27, graveschaft 23r21, 28rl9, 28v3, 28v4, 49r30, 49r34, 49v21/22, 52r6, 79v22. greve sw. M. 'Graf, Verwaltungsbeamter des Königs': Der greve sal haben sinen schultheisen an echteme dinge 5rl 13, Uber achzcen wochen sal der greve sin ding uslegin 6vl21, greve 5rl9, 5rr5, 23rl8, 23v5/6, 28v4, 49r30, 49r34, 51v21, 52v26, 52v32, 79vl8, greven 5rl9, 10r27, 23r20, 27v32, 27v33a, 49r29, 49vl. -> gougreve·, lantgreve; markgreve; phaJenzgreve grüsen sw.V. 1. 'herausfordern, ansprechen': Swer kemphlich sinen genos wil grusen 5rl23, also vorwint man den ouch, der zu kamphe gevangen unde gegrusit ist 26r30, gegrusit 25r24, grusen 24v20, grusit 25r32; 2. 'antreiben': volgen im di hunde in den vorst, der man mus wol volgen, so das he ... di hunde nicht gruse 40r34. -> kemphlich guldin Adj. 'golden, aus Gold bestehend': Doch eret man di vorsten unde vrie herren mit golde zu gebene unde gibet en zwelf guldine phenninge zu buse A7v27.

274 gurtel st. sw. F.M. 'Gürtel': ouch tu he von im vingerlin, vorspan unde alle iserin ringen unde gurtele 75v26. gurten sw.V. 'gürten': di wile ... he gegurt mit eime swerte 21v29. güt st. Ν. 1. 'Gut, Besitz': Man unde wip enhaben kein gezweit gut 4vr4, Kein wip enmag ouch irs gutis nicht vorgeben ane irs mannes willen 18r32, Wer sich selbe ouch von deme libe tut, sine erben nemen sin gut 33v22, gut lvr6, 3rl23, 3rrl, 3vl25, 3vrl3, 4vl32, 5rl32, 5vl28, 5vl29, 5vrl5, 5vrl6, 6rll0, 6rll2, 6rl23, 6rl32, 6 v r l l , 6vr23, 7rrl4, 7vr21, 7vr28, 7vr32, 8rll, 8rl5, 8rll6, 8rll9, 12v28, 12v33, 13r9, 13rl2, 13r20, 13r24, 13r25, 13v8, 13vl2, 13vl7, 13vl9, 13v23, 13v31, 13v32, 13v33, 16r2, 16rl3, 16v27, 17rl3, 18r29, 18v2, 19r3, 19vl7, 20r31, 22rl5, 23v22, 27r30, 27v2, 30v27, 31r24, 33v27, 34r23, 34r24, 34v7, 34vl8, 34v20, 34v31, 34v32, 35r9, 36r31, 36vl0, 36vl2, 36vl6, 36vl9, 39rl4, 39rl7, 39v25, 39v29, 4 3 r l l , 43r22, 43r24, 43r25, 43r27, 43v3, 43v7, 4 3 v l l , 44v24, 44v33, 45r36, 45v4, 45v35, 50v4, 50v7, 55v6, 55vl4, 55v21, 55v22, 55v31, 56rl, 57r27, 57v3, 57v26, 59v3, gute l r l 6 , l v r l 7 , lvr20, 2rr4, 2rr5, 5 v r l l , 5vr32, 6vrl0, 13v4, 13v25/26, 15v6, 15 v7, 15vl0, 15vll, 15vl5, 15vl7/18, 16r4, 16r5, 16rl7, 16v33, 18v7, 22vl6, 22v21, 22v22, 30v31, 31r34, 32r6, 36r20, 38r27, 39rl6, 40rl4, 41r6, 41rl7, 41v22, 52r26, 55r29, 55v2, 5 5 v l l , 55v20, 56r4, gutes 6vr25, 20r2, 32rl6, 33r5, 39v6, 55rl8, 60r26, gutis 17r7, 20v9, 25r8/9, 30v27, 34r30, 36rl7, 36r25, 36r34, 45vl4, varnde gut 4vll6, 13v32, 14r23, vamdis gutes l r l 4 , bischove gut 7rr31, 65r28, riches gut 60rl2, 79r7/8, 80r6, riches gute 5 9 v l / 2 , 79r4a, 80rl2, 81r7, dubish gut 3vr6; 2. 'Lehensgut': Nimant endorf anderweide gut enphan 7rr24, Swelch man ... des sons darbit, der erbit uf den herren di gewer des gutes 60v21, gut 5vl28, 5vl29, 7rr7, 7rr8, 7rr21, 7rr25, 7vll, 7vl5, 7 v l l l , 7vll5, 7vll7, 7vll8, 7vll9, 7vl20, 7vl21, 7vl22, 7vl26, 7vl27, 7vl28, 7vl30, 7vrl, 7vr4, 7vr5, 7vr8, 7vr9, 7vrl0, 7vrl2, 7vrl6, 7vrl8, 7vr20, 7vr23, 8rll7, 31r32, 36rl3, 36v3, 39r21, 59rl3, 59r22, 59vl4, 6 0 v l l , 60vl9, 60v25, 61r3, 61r5, 61r7, 61rl2, 61rl5, 61rl9, 61r20, 61r23, 61vl2, 61vl7, 61v21, 62rl, 62r8, 6 2 r l l , 62rl3, 62rl5, 62rl8, 62r22, 62r24, 6 2 v l l , 62vl6, 63r6, 63rl2, 63v6, 63vl6, 63v25, 63v28, 63v30, 64r4, 64r6, 64r8, 64r22, 64r26, 64v9, 64vl3, 64vl4, 64v23, 65rl5, 65rl9, 65r26, 65v29, 66r5, 66r8, 6 6 r l l , 66r26, 66r29, 6 6 v l l , 67r8, 67rl5, 67r27, 67v8, 68r2, 68r3, 6 8 r l l , 68r23, 68v2, 68v4, 69rl5, 69rl9, 69v2, 69vl2, 69v28, 69v29, 69v30, 70r2, 70r5, 70r9, 70rl2, 70rl7, 70r23, 70r25, 70v6, 70v8, 70vl5, 70v21, 70v30, 7 I r l , 71r22, 71v5, 71vl5, 71v21, 71v24, 72rl, 72rl2, 72rl6, 72rl9, 72r24,

Glossar 72r25, 72r27, 72v5, 72v8, 72v9, 72vl4, 72vl9, 72v24, 72v28, 73r22, 73v4, 73v8, 73vl4, 73v23, 73v27, 74r2, 74r4, 74rl0, 74vl8, 74vl9, 74v24, 7 5 r l l , 75rl6, 75r20, 75r22, 75r26, 75v7, 75vl3, 75vl5, 77rl, 77rl4, 78v23, 79rl 1, 80rl0, 80r24, 82v7, 8 2 v l l , 82vl2, 82vl4, 82vl8, 82v20, 82v27, 83r4, 83rl3, 83r22, 83v4, 83v7, 83v9, 83vl4, 83vl9, 84rl3, 84r22, 84r23, 84r27, 86rl, 86r3, 86rl0, gute 7rr5, 7rr9, 7vr7, 8rl28, 39v23, 39v27, 59rl4, 59v3/4, 60vl8, 61v8, 61vl0, 63rl3, 63rl7, 63r21, 63v4, 63vl8, 64rl3, 64rl5, 64r24, 64vl6, 65rl7, 65r22, 67v30, 68r6, 68rl6, 68rl8, 68r21, 68v8, 68v30, 69r9, 69v6, 70r2, 70v23, 70v26, 71r9, 71r24, 71vl6, 71v20, 72r7, 72r8, 72r9, 74v3, 74v22, 75r3, 75r30, 77rl2, 77r23, 80r8, 80r25/26, 80v3, 80v5, 80v7, 83r7, 83v21, 85rl3, 85r26, gutes 7rrl8, 7rr22, 8rl2, 60vl7, 61r9, 61v6, 62r9, 6 2 r l l a , 62vl7, 62v28/29, 63rl5, 64r2, 65v21, 65v23, 67r21, 68rl2, 68r26, 69r2, 70r29, 70v2/3, 71rl7, 71r20, 71v9, 7 1 v l l , 72v20, 73rl7, 73rl9, 73r26, 73r28, 73v6, 73vl8, 74r9, 74v5, 74v26, 75r4, 77r24, 78r29, 79rl3, 83r27; 3. 'Vermögen': Mit welchem gute der man stirbit, das heist alles erbe 12rl6, gut 2vr9, gute 12rl 1; 4. 'Ertrag': Ab das kint sine jarzal behelt er den zinstagen, das das gut vordint is, is sal den zins usnemen 39v4, gutes 39v6. DRWB 4, Sp. 1286ff.; Lexer I, Sp. 1122; Grimm, DWB 4.1.6, Sp. 1353ff.; Kluge/Seebold, S.283 -> zinsgüt

Η habe st. F. 1. 'Habe, Eigentum': Wer in siner suche sine habe vorgibt oder usseczt zu der zit, so hes nicht getun mag, das wip ... sal dar umme nimande schuldigen 22x7, habe 30rl5; 2. varnde habe 'Fahrhabe, bewegliche H a be': Stirbit ein kint oder begibt man is binnen sinen jaren, wer sine varnde habe under im hat, der sal si entworten deme, uf den si noch sime tode irsterben mochte 17v27, Stirbit aber das wip bi des mannes libe, si enerbit keine varnde habe wen gerade unde eigen 18r30/31, varnde habe 5vrl9, 7rl32, 12v32/33, 21v28, 29r27, 3 0 r l 2 / 1 3 , 33v3, 40r7, 43r7, 49rl5, varndin habe 12rl9, 55v8, varnden habe 18v5, varnder habe 18rl8. DRWB 4, Sp. 1362 ff.; Lexer I, Sp. 1129 f.; Grimm, DWB 4.2, Sp. 42 ff. hafte st. F. 'Haft, Gefangenhaltung': Wer einen man gegangen hat, der mus entworten iclichem sime herren ..., wirt he dar umme beschuldiget, di wile he en in der hafte hat 34rl 1.

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Glossar hals st. M. 'Hals, Leben': Buitet der munczer einen valschen phenning us, das he da mite koufen wil, is get im an den hals 32v8, hals 29v20, 29v29, 29v33, 35r25, 44rl3, 49r32, 78v28, halsis l l r 9 , bi deme halse 'bei Strafe des Hängens' 25v21. handelös Adj. 'ohne Hände': Wirt ein kint gebom stum oder handelos oder vuoselos oder blint, das is wol erbe zu lantrechte unde nicht zcu lenrechte 11 vi 2/13. hint st.F. 'Hand': der richter ... sal en nimmer us der achte gelasin ane des clegers willen, oder he vorlise di hant dar umme 2rr28, hant 2vl8, l l r 2 4 , 25vl5, 25vl7, 30r9, 32vl0, 49r31, 50r30, 79vl7, 80r5, 8 3 r l l , hende 65vl7, 65v20, henden 25vl3, 30r31, 65vl4, lip oder hant 4rl24, 5rl24, 10vl2/13, 26r32, 27rl, 48v30, sine vordirn hant 'seine Schwurhand' 15r3, vordere hant 28vl5, mit gesamenter hant 'gemeinschaftlich, gesamthänderisch' 70v21, zu hant 'sofort' lvl4, 14rl5/16, 20r6, 20r26, 22r32, 24v2, 24v31, 27v24, 27v33b, 32r29, 32r31, 36v29, 37rl0, 38v25, 44r24/25, 45vl2, 51vl8, 62r8, 66rl2, 66vl3, 69rl9, 72v20, 85r30, zcu hant 3vr9, 67v22, in keiner hande 'in irgendeiner Art' I r l 8, durch keiner hande ding 3rr27, aller hande 'alles, irgend etwas' 3rl27, 83v20, manchir hande 'mancherlei, einige' 17r32, zcweier hande 'zweierlei' 79rll, drier hande 'dreierlei' 10r22, 14v28, 19v21, 7 9 r l l , welcherhande 'irgendeine' 35v9, 40r6. H R G 1, Sp. 1960ff.; DRWB 5, Sp.58; Lexer I, Sp. 1170ff.; Grimm, DWB 4.2, Sp.324ff.; Trübner 3, S. 309 ff.; Kluge/Seebold, S.290 - h p hantgemal st. N. 'Stammgut': Kein schephinbare man darf sin hantgemal bewisen 6rrl0, hantgemal 21 vi 6. H R G 1, Sp. 1960 ff.; DRWB 5, Sp.58 f.; Lexer I, Sp. 1173; Grimm, DWB 4.2, Sp.409 hanthaft Adj. 'offenkundig': Die hanthafte tat is da, wo man einen man mit der tat begrift oder in der vlucht der tat 34rl2, Der ouch mit dube oder mit roube einen gevangen vor gerichte brenget, der sal clagen mit gerufte durch di hanthafte tat, di si mit den luten vorbrengit 40v29, hanthaft 34r28, hanthafte 5rl27, 22v31, 32r27, 40v25/26, 40v32, 40v36, 40v37, 5 7 r l l , hanthaften 5vll9, 6rrl7, 6vr31/32, 7rl24, 20r25, 2 3 r l 3 / 1 4 , 26vl6, 34r20, 35v24, 41v8, 42rl2, 42rl4, 50rl6, 54r20, 57r24, hanthafter 5rl5. H R G 1, Sp. 1965ff.; DRWB 5, Sp.57f.; Lexer I, Sp. 1180; Grimm, DWB 4.2, Sp.397 tat 2 hantvride

st. M.

'durch

Handschlag

geschlossener

Friede': Wil aber, der den hantvride gemachit hat oder enphangen, nicht gesten des rechten, das he an im gebrochen si, dem sal der richter gebiten bi des keisers hulden, das her im sins rechtis gehelfe 2vl2, hantvride 2rrl9, 2rr21. DRWB 5, Sp. 47 f.; Lexer I, Sp. 1180; Grimm, DWB 4.2, Sp. 388; Trübner 3, S. 309 ff. här st. N. 'Haar': Swelches mannes alder man nicht weis, hat he har an dem barte ..., so sal man wissen, das he zu sinen tagen kumen is 20rl4, Man ensal über kein wip richten, di lebinde kint treit, hoer wen zu hut unde zu hare 43r2, har 19r30, 33r31, hare 29r22, 53rl0. -* hüt harnasch sime sune bedarf..., mit sinen

st. N.M. 'Harnisch, Rüstung': Gibet der vater kleidere ... unde harnasch zu der zeit, als hes stirbet sint der vater, he endarf des nicht teiln brudern 13r31, harnasch 16v7.

has st. M. ' H a ß , feindliche Gesinnung': Swer zu allen dingen gerne rechte spricht, he gewinnet dar ab manchen has 84v30, has 14v30, 47vl0. hegen sw. V. 1. 'hegen, pflegen, aufbewahren': Swer wilde tir hegen wil 5vr23, hegen 40vl3; 2. 'umzäunen, mit einem Zaun umgeben': Ungewunnen lant, wer dar über vert, is ensi denne eine gehegete wise, der blibet is ane wandil 37r23. heil Adj. 'gesund, heil': So sal he wisen di wunde odir di narwe, ab si heil is 25r7. heilig Adj. 'heilig': Des heiligen geistis minne 9vl, von der heiligen schrift 10vl9/20, heilige schrift 46v30, heilige tage 41r21. -> schrift heilige sw. M. 'Reliquie, Heiligenstock': Ab der man aber vor den herren kumt, he bitte aller erst vorsprechen, da noch der heiligen unde des stebers, das he sin gut uszeie 75rl9, heiligen 50vl, 75r21, 75r24, uf den heiligen 2rl5, 14r3, 15v20, 15v29, 16r27, 25v5, 27v2, 30vl9, 30v34/35, 33v32, 34r7, 34v8, 36r7, 4 0 v l l , 41rl0, 42r28/29, 48vl3, 57v9, 58r4, 63r5, 63v3, 67rl6, 67r26, 67vl6, 67vl9, 69r7, 70r27/28, 7 3 r l l , 74vll, 76v22/23, 77rl6, 77vl9/20, 78r20, 82v24, 8 5 r l 3 / 1 4 , zu den heiligen lr23, lr26, lvl27, lvr26/27, 3rr25/26, zcu den heiligen Irl 1, 2rr20, 2vl5/6, 2vrl7, 3rl21/22. DRWB 5, Sp. 575 f.; Lexer I, Sp. 1214; Trübner 3, S. 384ff. heischen sw.V. 'fordern, auffordern': das sal man entwortin dem richtere oder dem vronenboten, ab hes heischet noch dem drisegisten 18rl0, heische 22vl2, heischen

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Glossar

42rl 1, heischet 42r20, heischit 44v33, 51vl2/13, geheischt 51 v i 6 / 1 7 . vorheischen; widerheischen helfe st. F. 'Hilfe, Unterstützung': D; behalden oder roup oder di si mit helfe dar zu Sterken, werdin si des vorwundin, man richtet über si als über iene 29v4, helfe lvll, 9vl0, 21v32, 47v8, rate oder helfe lr24, lr29, ratis unde helfe 48v3. helfen st.V. 1. 'helfen, beistehen': Wo der man recht vordert, da sal he rechtis phlegen unde helfen 24r7, Welch man sin eigen gibt unde das wider zu lene enphet, den herrin hilft di gäbe nicht 19r2, helfe 26r2, 75r24, helfin lvll4, 53v21, 53v29, hilfet lvll8, lvl20, 39r5, hülfen 18vl9, enhilf 63r24; 2. 'nützen': Wen im das mit urteiln irteilt wirt, das he tun muse, so vrage he, wo he sich sin undirwinden sulle, das is im helfinde si zu sime rechte 24v26, helfende 61v28, 85v6c. hengen sw.V. 'hängen, aufhängen': Den dip sal man hengen 29rl9, hengen 38r5. her st. N. 'Heer, Kriegsheer': Unse vorderen, da di herquamen unde di Doringe vortriben, di waren in Alexanders her gewest A7\7. herberge st. sw. F. 1. 'Herberge, Unterkunft': Swert enmus man ouch nicht tragen an bürgen ..., ane alle, di dar inne wanunge oder herberge haben 41v33, herberge 57v30, 5 8 r l l , 82vl5; 2. 'Stall': Ein iclich vie, wen is sine jungen gewinnet, wo is des abindes zu herbergen kumt, da sal man das vie vorzenden 37r33. herbergen sw.V. 'beherbergen, jemandem Unterkunft geben': Wir sezcin unde gebiten, das nimant einen echter behalde oder herberge 2vrl2, herberget 6rr2, herbergit 7rl5, 45vl6, 57v28. hergewete st. N. 'Heergewäte, Kriegsausrüstung': Wo zwene man oder dri zu eime hergewete gebom sin, der eldiste nimt das swert zu vor 16v20, hergewete 4vl27, 4vrl, 15rl5, 16v5, 16vl2, 16v25, 17rl6, 18r3, 18r6, 18r8, 30rl 1, 44v29, 44v37. H R G 2, Sp. 29 f.; DRWB 5, Sp.520ff.; Lexer I, Sp. 1256; Grimm, DWB 4.2, Sp.757 herphül st. M. 'Feldbett': So sal di vrouwe zu hergewete gebin irs mannes swert unde das beste ros ... unde ... einen herphul 16v9. herre sw. Μ. 1. 'Herr, Gebieter': oder sine bürg buwen wil, der sal oder mit siner lute gute unde nicht 2rr2, Von deme erbe sal man allir

swelch herre sine stat buwin mit sime gute von der lantlute gute erst geldin dem inge-

sinde ir vordiente Ion, als en geburt bis an den tag, da ir herre starb 16r20, herre 6vrl2, 7rr26, 7vl6, 7vl8, 7vr3, 7vr6, 7vrl9, 8rl6, 13rl6, 30v32, 32v5, 35r31, 35vl0, 39v8, 39vl 1, 39vl2, 39vl3, 39vl8, 39v20, 42r28, 42r33, 42v5, 43vl3, 46v34, 48v28, 53v9, herren 5rr4, 6rl10, 6vll6, 6vrl4, 19v7, 30rl8, 34rl, 34r3, 34r4, 34r5, 34r7, 34rl0, 35r33, 35v5, 43vl2, 43vl4, herrin 5 I r l 3 ; 2. 'Lehensherr': Ab der herre mus wol usnemen sinen eigenen man 5vll, Wil ein herre vorwisen sinen zcinsman rechte 5vrl7, herre 7rr7, 7rrl3, 7rrl5, 7rrl8, 7rrl9, 7rr22, 7rr25, 7rr30, 7vl2, 7vl8, 7 v l l l , 7vll5, 7vll7, 7vl23, 7vl26, 7vl34, 7vr2, 7vr4, 7vr8, 7vr9, 7vrl0, 7 v r l l , 7vrl3, 7vrl6, 7vrl8, 8rl3, 14r9, 2 2 v l l , 22vl4, 22v20, 23r6, 31r32, 38r31, 39v22, 39v28, 56r2, 59rl2, 59rl9, 59v32, 60vl, 60v4, 60v22, 60v25, 61r3/4, 61r7, 61r9, 61rl6, 61r30, 6 1 v l l , 61vl7, 62r7, 62rl0, 6 2 r l l a , 62rl2, 62rl7, 62r27, 62v4, 62v6/7, 62v8, 62v9, 62v28, 63rl3, 63rl9, 63r22, 63r27, 63vl8, 63v27/28, 64r6, 6 4 r l l , 64rl4, 64r20, 64vl, 64v9, 64vl3, 64vl7, 64v25, 64v27, 64v31, 65r22, 65vl4, 65v22, 65v27, 6 6 r l l , 66rl3, 66rl6, 66r20, 66r23, 66r25, 66r28, 66r32, 66v5, 66v8, 6 6 v l l , 66vl6, 66vl9, 66v24, 66v27, 66v30, 67r5, 67r7, 67r9, 67rl4, 67rl7, 67rl8, 67r22, 67v3, 67v8, 67vl6, 6 8 r l / 2 , 68r7, 6 8 r l l , 68r21, 68r23, 68r24, 68r25, 68v2, 68v3, 68v6, 68v25, 68v29, 69r5, 69r9, 69rl7, 69r23, 69v3, 70r8, 70rl3, 70rl6, 70rl9, 70r23, 70r27, 70v6, 70vl7, 70vl9, 71rl2, 71rl3, 71r20, 71r21, 71r26, 71v5, 7 1 v l l , 71vl3, 71vl8, 71v25, 72v9, 72vl3, 72v23, 73r4, 73rl6, 73r21, 73r24, 73r27, 73v3, 73v5, 73v8, 73vl6, 74rl3, 74rl6, 74rl8, 74r20, 74r22/23, 74vl, 74v5, 74vl2, 74vl9, 74v23, 75r3, 75r7, 75rl2, 75r20, 75r25, 75r26, 75r27, 75vl, 75vl2, 75vl5, 75v28, 76r2, 76r5, 76r7, 76rl2, 76rl5, 76r28, 76vl2, 76v23, 76v26, 77r6, 77vl9, 78rl3, 78r30, 78vl, 78vl4, 79r24, 80r9, 80r30, 8 0 v l l , 81rl3, 81v7, 81vl7, 81v20, 81v24, 82rl, 82r5, 82rl2, 82vl, 82v5, 82v6, 82vl0, 83r4, 83r22, 83r24, 83r26, 83vl, 83v8, 83vl6, 83v22, 83v26, 84r2, 84rl6, 84r20, 84r22, 84r26, 84vl6, 85r5, 85rl0, 85rl7, 85r30, 85v6b, 85vl8, 85v21, 86r3, 86r5, 86r7, herren 5rr20, 7rr3, 7 r r l l , 7rr21, 7rr23, 7vl4, 7vll3, 7vll6, 7vl27, 7vl30, 7vr32, 8rl6, 8rl8, 8rl9, 8 r l l l , 8rl20, 8rl27, 8rl29, 22v24, 23v23, 28r3, 31rl8, 31r26, 31r35, 32rl8, 33v33, 36rl4, 37rl6, 39v26, 55r7, 56r4, 59rl6, 59r29, 59r34, 59v4, 59v9, 59vl 1, 59vl3, 59vl7, 59v29, 6 0 r l l , 60rl8, 60r29, 60vl2, 60v21, 61r2, 61r5, 61r5/6, 61r9, 61rl9, 61r27, 61v2, 61vl8, 61v21, 61v23, 62r4, 62r9, 62rl7, 62r21, 62r25, 62vl5, 63r2, 63rl7, 63r26, 63v3, 63v5, 63v6, 63vl6, 63vl7, 63v22, 63v25, 64rl, 64r2, 64r4, 64r7, 64r9, 64rl2, 64rl6, 64rl9, 64r23/24, 64r26, 64r27, 64v2, 64v5, 64v6, 64v21, 64v23724, 64v26,

Glossar 65r24, 65vl3, 65vl7, 66v23, 66v31, 67r21, 67r22, 67r24, 67v21, 68rl, 68r3, 68r5, 68rl3, 68v4, 68v8, 68vl6, 69r8, 69rl3, 69r21, 70rl, 7 0 r l l , 70rl2, 70rl5, 70r20/21, 70r29/30, 70v2, 70v3, 70vl0, 70v24, 7 1 r l l , 71v8, 7 l v l 6 , 71v22, 71v23, 72r2, 72rl2, 72rl3, 72r21, 72r23, 72r25, 72r26, 72r28, 72r31, 72v7, 72vl5, 72vl9, 73rl9, 73v2, 73v20, 73v23, 73v26, 74rl, 74r3, 74r26, 74v4, 74v5, 74v7, 74v8, 74v9, 74vl6, 74v20, 74v27, 75rl0, 75rl4, 75rl7, 75rl8, 75v2, 75v8, 7 5 v l l , 75vl8, 75v21, 75v30, 75v31, 76r2, 76r8/9, 7 6 r l 8 / 1 9 , 76r20, 76vl6, 76vl9, 76v21, 77r2, 77r4, 77r5, 7 7 r l l , 77rl4, 77rl5, 77rl8, 77v9, 77vl5, 77vl7, 77v22, 78r5, 78rl0, 78rl 1, 78r29, 78v24, 79r3, 79rl2, 80r26, 80r28, 80v2, 80vl9, 8 I r l , 81r9, 81rl2, 81rl6, 81vl, 81v3, 81v8, 82rl4, 82r26, 82v3, 82vl6, 82v21, 82v30, 83rlO, 83rl4, 83rl7, 83r28, 83v5, 83v7, 83vlO, 8 3 v l l , 83vl8, 83v22, 83v27, 84r3, 84r5, 84r6, 84rl2, 84rl4, 84rl8, 84r24, 84v4, 84v5, 84v6, 85rl2, 85r25, 85r27, 85r30, 85vl7, 85v22, 85v27, 86r2, 86r5, 8 6 r l l , herin 12v35, 22v6, Herrin 7v 131, 7vr5, 13v2, 17rl, 18v24, 19r2, 19r33, 21v23, 39v28, 49rl2, 61v9; 3. 'Adliger, vornehmer Herr': Von der herren geburt 3vrl5, Under den vrien herren sin Swaben di von Hakenbume 3vr22, herren 3vrl7, 47vl7, vri herren 4rl 14, vrie herren 47v25/26, vrie herrin 47v23/24, vrien hern 10v30, vrien herrin 10v31. DRWB 5, Sp. 781 ff.; Lexer I, Sp. 1259; Grimm, DWB 4.2, Sp. 1124ff.; Trübner 3, S.418f.; Kluge/Seebold, S. 306 f. herschilt st. Μ. 1. 'Heerschild, Schild als Zeichen des Kriegsaufgebots, Heerbann': ein man mus wol sinen herschilt niderlegin ane sins wibes willen 17v24, herschilt 4rll9, 8rr5, l l r 4 , 17vl5, 31v22, 53rl7, 59v2, 65v7, 78r3, 83r7/8, herschilde 10v26, 59r23, 59r24a/25, 59r26, 59r31, 74vl5, 81r21, 81v3, 84v9, 85vl6, 85v22/23, 85v28, herschilden 4vl3, herschildes 7rr2, 18r5, 59rl8, 59r28, 59r30, 59r32/33, 59v8, 66rl7, 78rl, 83r6, 83r23; 2. 'Symbol der lehensrechtlichen Ständegliederung, Heerschildrecht': Swen man kuset bischove odir epte odir eptischinnen, di den herschilt haben, das lien suln si vor enphan unde di bisorge nach 51r21, Alrest sul wi merken, das der herschilt an deme kunige begint unde in deme sibendin lent 59r4, Len zu burmeisterschaft geiigen erbet der burmeister uf den son, alleine darbe he des herschildes 84v3, herschilt 10v36, 79rl. -> H R G 2, Sp. 1731 f. (Lehn(s)recht, Lehnswesen); DRWB 5, Sp. 530 ff.; Lexer I, Sp. 1263; Grimm, DWB 4.2, Sp. 760 -»· schilt 1 herstüre st. F. 'Kriegssteuer, Heersteuer': Belent wip oder mait ensin nicht phlichtig, hervart zu dinene, mer

277 hersture sullen si geben noch gesazteme rechte 7 lv3, herestuire 74r29. hervart st. F. 'Heerfahrt, Kriegszug': dise hervart sal man gebiten sechs wochen unde ein jar unde dri tage vor er der samenunge 60rl4, hervart 60rl6, 71v2, 81rl0, des riches hervart 8rl26, 85rl5. herrluchtig Adj. 'fahnenflüchtig': Wer truwelos beredit wirt oder hervluchtig us des riches dinste, deme vorteilt man sine ere 19v25. herzöge sw. M. 'Herzog, dem König verantwortlicher Beamter mit den Rechten eines Grafen, aber größerem Amtsbereich': Dem herzogen wettit iclich edil man zen phunt 52vl5, herzöge 51r3, 60r7/8, herzogen 49v8, herzcogen 4rll2. himel st. M. 'Himmel': Des dunrstagis vurte got unse menscheit zu himele unde offente uns den weg hin, der uns beslossen was 41r29, himel 9v23, 41r33. hi3, hoch Adj. 'hoch': Wi ho ein man bürgen sezcin sal 5rrl5, Man ensal über kein wip richten, di lebinde kint treit, hoer wen zu hut unde zu hare 43r2, Schilt man ein urteil, des sal man czien an den hogern richter 28rl5, ho 21v32, 35rl8, 74vl5, hoch lvll3, 53v3, hogern lvl22, hoer 30vl2, 31v2, 31v5, 36rl0, 58r9, hoget 7rr33, hogisten 53r6, hoe lute 3rll5, hoe sache 3rll7, in deme hoestin gerichte 45v21, das hoeste gerichte 29r24, das hoeste gewette 29v21/22, di hoestin dingstat 15r20. höchzit st. F.N. 'Feiertag': Der sal alle tage zcu gerichte siezen ane an deme suntage unde an anderin grosen hochzeiten 3rll2/13. hof st. Μ. 1. ' H o f , Lehenshof: Iclichen hof unde worte ... vorzendit man mit eime hune an Sente Mertinstage 37v2, hof 5vr7, 37vl6, 38r6, 38rl3, 38rl8, 53v2, 75r6, 75r9, 81v27, 82v2, hove 38rl9a, 38r21, 43r26, 51vl4, 78v23, hoves 38r7, 75r7; 2. 'Hoftag': Vunf stete, di phalzen heisen, Ilgen zu Sachsen in dem lande, da der kunig echte hove haben sal 51v33, hof 6vl25, 52v6; 3. 'kaiserlicher H o f : Wir sezcin, das unse hof habe einen hoverichter, der ein vri man si 3rl7; 4. 'königlicher H o f ' : Wen si den kunig von erst irvarn binnen sechsischer art, so suln si zu hove varn unde da noch über sechswochen das urteil widerbrengen 28r30; 5. 'Gerichtshof, Gerichtsplatz': swo he offenbar dinget, das is der hof 81 vi 3, hof 75vl7, 81v29, hove 77v27. -> DRWB 5, Sp. 1162 ff.; Lexer I, Sp. 1320 f.; Grimm, DWB 4.2, Sp. 1654 ff.; Trübner 3, S.459f.; Kluge/Seebold, S. 313 hofvart st. F. 'Hoffahrt, Zug zum Hof des Lehensherrn':

Glossar

278 Von burglene enis he nicht phlichtig, sime herren zu dinene noch hofvart noch hervart me 81rlO, hofvart 85rl5. hören sw.V. 'hören': Swenne der son noch des vater tode lebet alse lange, das man sine stimme hören mag 65r8, Dise dri sache mus der herre bas gezugen mit zcwen sinen mannen, di is sagen unde horten 74r24, horten 22vl8, 60vl5, 74rl9, hört 18v28, gehört 18vl9, 3 1 v l O / l l , hören 23v29, 28rl7, 36vl, 59v23/24, 73r4, 77v27, 81v28, 82r7, 84rl0. hört st. F. 'Scheiterhaufen': Welch cristenman oder wip ungloubig is unde mit czouber ummeget... unde des vorwunden wirt, di sal man uf der hört burnen 29v9. houbt, houpt st. Ν. 1. 'Kopf, Haupt': In dem houpte is beczeigit man unde wip 1 lr7, Der den man slet oder vet oder roubet oder burnet..., den sal man das houpt abeslan 29v3, houpte 1 lr31, houbt 25vl2; 2. 'Oberhaupt': Noch hat Rome das werbliche swert unde von Sente Petirs halben das geistliche, da von heist si houbet allir werlde 47v5. houwea sw.V. 1. 'niederreißen, zerhauen, zerschlagen': Da suln di lantlute zu helfin mit houwin unde mit rammen 53v22; 2. 'abmähen, abschlagen, abernten': Wer des nachtis gehouwen gras oder gehouwen holcz stilt 33r28/29, 33r29, houwen 22v25, 39vl7, houwet 33rl7, 33r21, 33r23; 3. 'abhauen, abtrennen': Wundet man einen man an dem gilt, das im vorgolden is vor gerichte, houwit man is im suber ab, he enmag da kein hoer gelt an gevordern wen sine buse 3 0 v l l . -> üfhouwen hoverichter st. M. 'Hofrichter': Wir sezcin, das unse hof habe einen hoverichter, der ein vri man si 3rl8, hoferichtere 3rl6. hulde st. F. 'Treue, Treuversprechen, Huldigung': Der man sal phlichtig sime herren hulde tun 5 9 v l l , bi des keisers hulden 2vl4, bi des riches huldin 50r6, bi des kuniges hulden 57r7/S, gotis hulden 9v6, hulde 3vll6/17, 8rr9, 45r22, 49v28, 50r28, 74vl0, hulden 2vi 11, 2vr8, 3vl23, 49v29, 53rl2, 73r5, 74v8, 85vl9; huldin 53r2. hüs st. N. 'Haus, Wohnung': Ubir den wirt, der en beheldit, sal man richten als über einen echter unde sin hus zcuvuren 3rll, Di tochter, di in deme huse is unbestat, di teilt nicht irre muter rade mit der tochter, di usgeradet is llv30, hus 37rl6, 37v3, 38r30, 84rl0, huse 3vr7, 22vl3, 26r9, 37r35, 37v24, 43v26, 43v30, 46rl2, 51vl4, 77vl5, 78v23, huses 65r9. hüsgenös sLsw.M. 'Mitvasall, Gefolgsmann, Lehensge-

nosse': Ein man mag sinen husgenos mancher sache bas vorzeugen den der herre den man 72v22, husgenose 74vl6/17, husgenosen 76vl2, 77r9, husgenosin 61r6/7, 75rl3/14. husten sw.V. 'husten': Ab der man ... snuzeet ... oder hustet ..., dar umme enwettet he nicht 77r26/27. hüt st. F. 'Haut': zu hut unde zu hare 'zu H a u t und Haar, Züchtigungsstrafe' 43r2, zu hüte unde czu hare 29r22, zu hüte unde zu har 33r31, vor hut unde vor hare 53r9/10, hut unde har 19r30, hut 44r35. H R G 2, Sp. 1787 (Leibesstrafe); DRWB 5, Sp. 489 ff.; Lexer I, Sp. 1408 f.; Grimm, DWB 4.2, Sp. 701 ff.; Trübner 3, S. 363 ff.; Kluge/Seebold, S. 363 ff. -> Aar hüten sw.V. 'achthaben, achtgeben': sich an den gotis husern hüten 'auf die Kirchen achtgeben' 3vll8. hüve st.sw.F. 'Hufe, Landstück von bestimmter Größe': Der butel sal zu minnesten haben eine halbe huve eigens 51v27, halbe huve 18v31, 62vl6, 78r3, huven 18rl9, 37vl5, 38v6, 48r8, 75r8, hove 75r5.

I ingebom Part.Adj. 'von Geburt an': Doch sten gewern einen man mit eineme offen also das si da mite senden im ingebornen das gut vorste an ire stat 36r30, ingeborn

mugen di vurbrive besigelt, dinstman, der 30v35.

ingesigel st. N. 'Siegel': Der kunig mus wol tedingen zu lenrechte einen vorsten über sechs wochen mit sime brive unde mit sime ingesigele in eine bescheidene stat 8 lvl 1, ingesigele 52v8. -» brif 2 Ingesinde st. N. 'Dienerschaft im Haus des Herrn': Von deme erbe sal man allir erst geldin dem ingesinde ir vordiente Ion 16rl9, ingesinde 22r9. inkumen Part.Adj. 1. 'eingewandert, zugezogen': Ein iclich inkumen man enphet erbe in dem lande zu Sachsin noch des landes rechte 18r24; 2. 'hineingekommen': Doch ensal man nimande vorteiln sinen lip mit der vorvestunge noch mit der achte, da he mit namen nicht inkumen is 26v23. inhden sw. st.V. 'einladen, vorladen, vorfordern': Der cleger unde uf den di clage get, di musen wol gespreche

Glossar haben um icliche rede driens, also lange, bis si der vronebote wider inlade 24vl4. ->· laden 1; vorladen inren sw.V. 1. 'erinnern, den Erinnerungsbeweis führen': Der schult, di der man schuldig is, der darf man en nicht inren 12r34, inren 12r27, geinret 12r24; 2. 'überzeugen': swenne he mit der schephin gezuge der warheit geinret wirt 45v33. innten st. N. 'Einreiten, Hineinreiten in ein Gut, das Gut in Besitz nehmen': he is von im ledig des inritens unde nicht des uflasens 13rl 8. DRWB 2, Sp. 1441; Lexer I, Sp. 1442; Grimm, DWB 4.2, Sp. 1087, 1421 intragen st. V. 'hineintragen, nach Hause tragen': Vellit ein man oder wirt he gewundit..., wer den intreget, unde stirbit he denne binnen sinen geweren, he blibit is ane schadin 57v24. inwisen sw.V. 'einweisen in ein rechtlich zugesprochenes Gut, anweisen auf, belehnen mit': man sal en dar inwisen unde sal is en geweidigen 27r31. -> bewisen 2; gewisen 2; wisen 5 inwisunge st. F. 'Einweisung auf ein rechtlich zugesprochenes Gut oder auf ein Lehensgut': Die inwisunge mag der man entreden binnen der jarzal uf den heiligen 27vl. -> bewisunge; wisunge ir- -> erirregen unr.V. 'irregehen, sich täuschen': di der warheit irre gen 46v20, ginge ... irre 9v26/27. irren sw.V. 'verhindern, behindern': Swen echt not irret, das he zu lenrechte nicht enkumt, der sende dar sinen boten, der sine not da bewise uf den heiligen 67vl4, inen 25v24, irret 67v24, 79rl4. isen st. N. 'Eisen': das heise isen tragen 'Form des Gottesurteils' 4vrl3, das gluende isen zu traine 19v22. iserin Adj. 'eisern': di pukele, di mus wol iserin sin 25vl9, iserin 75v26.

J jagen sw.V. 1. 'jagen, auf der Jagd sein, ein Wild jagen': Jaget man ein wilt busen deme vorste 40r31, Nimant enmus di saet tretin durch jagen noch durch hezzen 40vl; 2. 'jagen, verfolgen, hetzen (eines Verbrechers)': unde jaget man einen ritenden oder zu vuse 40rl. ab(e)jagen

279 jär st. Ν. 1. 'Jahr': Der sal bi dem ammechte bliben zcum minsten ein jar, ab he sich wol unde rechte beheldet 3rll0, Ubir ein unzcwenzig jar, so is der man zu sinen tagen kumen 20r9, Uber sechzcig jar, so is he über sine tage kumen 2 0 r l l , jar 37v26, 39r27, 47r9, 47rl3, 47rl4, 60rl4, 63rl, 63r20, 6 4 v l l , 66r9, 6 8 v l l , 68vl9, 74r31, 78r4, 79v24, jare 10r20, 16r26, 17r6, 17r7, 17vl9, 36rl9, 37v23, 37v24, 68rl9,jaren 10vl8, 18r20, 49rl0, 55v25; 2. jär unde tag 'Jahresfrist, die genau ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage beträgt': dise hervart sal man gebiten sechs Wochen unde ein jar unde dri tage vor er der samenunge 60rl5, jar unde tag 6rr21, 1 8 r l l , 18r21, 19r4, 19r31, 19vl0, 33v24, 36r20/21, 36vl0, 51v2, 62rl6, 63rl4, 7 2 r l 4 / 1 5 , jar unde tage 19v2, 49v25, jare unde tage 36r4, 61r29/30, 65vl2, 68r8; 3. binnen sinen jären sin 'volljährig sein, mündig sein (vom 21. bis 60. Lebensjahr)': bin sinen jaren 8rr7, 68v23, 69r3/4, 6 9 r l l , 69rl8, 69v7, binnen sinen jaren 17vl0, 17v26/27, 4 I r l , binnen iren jaren 16v23, 70vl, binnen iren jarin 15r28; 4. zu sinen jären kämen 'volljährig werden, das Erreichen der Mündigkeitsgrenze von 21 Jahren': zu sinen jaren kumen 16v31/32, 17r9, 17vl2, 31vl4, 68r29/30, 69r6, 70r28/29, 80r3, zu sinen jaren kumet 69r30, zu sinen jaren kumt 20rl7, 69vl4, 69vl5/16, 69v24, zu iren jaren kumen 16v26, 41v35, kumen zcu iren jaren 70v4/5. -> DRWB 6, Sp. 398 ff.; Lexer I, Sp. 1472; Grimm, DWB 4.2, Sp. 2230 ff.; Trübner 4, S.36f.; Kluge/Seebold, S. 338 -> tag 4 jären sw.V. 'volljährig werden, mündig werden': unde enhat sich das kint noch nicht gejaret 3 9 v l l , gejare 39vl3. -> vorjären järzal st. F. 1. 'Jahresfrist, die Zeit eines Jahres': Die inwisunge mag der man entreden binnen der jarzal uf den heiligen 27v2, jarzcale 7v 114, 60v24, 72rl8, 72v7, 72vl6, 73 v7, 73vl3/14, jarczale 74v22, jarzcal 1 9 v l 0 / l 1; 2. 'Mündigkeit': Ab das kint sine jarzal behelt 39v3; 3. 'Belehnungsfrist': Swas ein herre von mutwillen liet sineme manne, des he en nicht geweren enmag, he sal is im irstaten, also das sich der man in siner jarczale nicht vorsume 71rl6, jarczale 71vl0, 71v22, 73vl, 85r28, jarzcale 7vl9, 68rl4, 68rl5, 68rl7, 68r20, 68vl0, 69v27, 70rl, 70rl8, 70r26, 71r31, 73r25, 73v26, 74v23, 75r2, 80r26, jarzale 7vr9, 7vrl5, 68rl4, 6 9 r l 9 , jarzcal 66rl3. DRWB 6, Sp.469ff.; Lexer I, Sp.l475f.; Grimm, DWB 4.2, Sp. 2249; Trübner 4, S.36f.

280 jen st. V. 'gutheißen, zustimmen, für wahr erklären': Der richter sal immer den man vragen, ab he an sins vorsprechen wort je 24v6, je 76r24, 76v5, jet 7rr27, enjet 6rl22, 64v31, 76r26, engiet 23vl8, 44vl9. jerig Adj. 'ein Jahr alt, einjährig': Phaffenkindere unde di unelich geborn sin, den gibt man zu buse ein vuedir houwes, alse zwene jerige ochsin gezien mugen 48r23. jerlich Adv. 'jährlich': Is ensal kein zinsman vor sinen herin phant dulden poben sinen zcins, den he jerlich geldin sal 11 v7. juncherre sw. M. 'junger Herr, junger Adliger': Swen der hene stirbit, der sone hat, der man ensal sines gutes an den obersten herren nicht sinnen bin des juncherren jarzcale 68rl3. jude sw. M. 'Jude': Von phaffen unde juden, di wapen vuren 6rl6, Der jude enmus des kristen mannis gewer nicht sin 43vl5, jude 43vl7, 43v22, 43v25, juden 4 1 r l 6 / 1 7 , 42v31, 43v20, 47r6a.

K(C) kamph st. M.N. '(gerichtlicher) Zweikampf': Kamphes mag ... ein man sime mage bewerin, ab sie beide mage sin 25v2/3, Welch ungerichte man ... uf den man beredet mit kamphe, das get im an den lip 30r21, kamph 21r20, 21r23, 24r29, 25rl2, 25r23, 25r26, 26r27, 27r28, kamphe 4vr27, 4vr29, 5rr7, 6rrl8, 7rl21/22, 20r23, 20v32, 21rl, 21r3, 21rl8, 21vl5, 21vl9, 22rl8, 25v22, 2 6 r l 3 / 1 4 , 26rl8, 26r23, 26r25, 26r29, 27rl3, 27r27/28, 42r32, 53rl4, kamphes 25r27, 25r31, kamphi 26r2, kamphis 21vl7/18. DRWB 6, Sp. 1013 ff.; Lexer I, Sp.1506; Grimm, DWB 5, Sp. 138 ff.; Trübner 4, S.88f.; Kluge/Seebold, S. 350 -*• ansprechen; bereden 5; biten 8; vangen, vähen 3 kamphwart st. M. 'Kampfvormund': Wen das kint zu sinen jaren kumt, so mus is wol Vormunde sins wibes sin ... unde san zu kamphwarte 2 0 r l 9 / 2 0 , kamphewart 20r27, 58r8. kamphwerdig Adj. 'würdig, einen gerichtlichen Zweikampf auszufechten': So clage he vor bas, das he en beraub it habe sins gutis unde des genumen so vil, das is nicht ergir ensi, is ensi wol kamphwerdig 25rl0. kebes st. sw. F. 'die in einem außerehelichen Verhältnis (Konkubinat) lebende Frau': Is si kebis, si mag elichen

Glossar man nemen unde mag immer kindere dar binnen gewinnen 21v7. DRWB 7, Sp. 681 f.; Lexer, Sp. 1533; Grimm, DWB 5, Sp. 373; Trübner 4, S. 115; Kluge/Seebold, S. 364 kebeskint sL N. 'uneheliches Kind': Ein wip mag gewinnen elich kint, adelkint, eigenkint unde kebiskint 21v6, kebeskint 21v4. keiser st. M. 'Kaiser': Der phalenzgreve richtet ubir den keiser 6vl7, Der keiser liet alle geistliche vorstenlen mit deme sceptrum, alle werltliche vanlen mit deme vanen 51r29, keiser I r l , 2rl2, 2rl22, 2rrl0, 2vl8, 2vl29, 3rl5, 6vll8, 10r5, 10r8, 10rl3, 47rl8, 47v3, 49r26, 49v4, 50v22, 51r27, keisere 4 9 v l l , keisers 2vl4, 3rl6, 6vll4, 19vl5, 50v26. -> hulde; riebe 2 keiserh'ch Adj. 'kaiserlich': Mag das der richter nicht getun, so sal man is dem keiser kundigen, unde sal hes tun mit siner keiserlichen gewalt 3rl6, keiserliche 4 I r l 3 , keiserlichen lr3, keisirlichen 49r24. kemerer st. M. 'Kämmerer, Schatzmeister': Undir den leien is der erste an der kore der phalenzgreve von deme Rine ..., der dritte, der kemerer, der markgreve von Brandenburg 51r4. kemphe sw. M. 'Berufskämpfer, Lohnkämpfer, der für Miete einen gerichtlichen Zweikampf ausficht': Kemphin unde ir kindere ..., di sint alle rechtelos 19r27, kemphe 8rrl3, kemphen 19v23, kemphin 4vr28, 21r9, 21rl0, 21rl 1, 2 1 r l 4 / 1 5 , 2 1 r l 5 / 1 6 , 21r31, 48r25. -> bereden 6 kemphlich Adj. 1. 'kampfbereit': kemplich grusen 'zum gerichtlichen Zweikampf herausfordern' 24v20, kemphlich ... grusen 5rl23, kemphlich angesprochen 'dass.' 24r31; 2. 'zum Kampf gehörig': mit kemphlichen Worten mag ein man den andern zu kamphe van 27rl2. -> ansprechen; grüsen 1 kessel st. M. 'Kessel': Si habn drier hande kore: das gluende isen zu traine oder in einen sidenden kessil zu grifene bis an den ellebogen oder dem kemphen sich zu werne 19v22. kint st. N. 'Kind': Kein kint mag sinen lip vorwirken 5vr26, Kint mag kinde gut lien 7vr23, Ein wip mag gewinnen elich kint, adelkint, eigenkint unde kebiskint 21v5, Echt kint unde vri behelt sins vater schilt 54v7, Kindere jarzcale is driezen jar unde sechs wochen von irre geburt 68vl0, kint 3vr28, 4vl32, 4vr6, 6rl7, 6vr4, 6vr6, 7vll 1, 1 I r l 8 , l l r 2 0 , l l r 2 2 , l l v l 2 , 14v7, 14v9, 14vll,

281

Glossar 14vl9, 16v31, 17r9, 17v9, 17v26, 18vl4, 18vl7, 18v20, 18v25, 19rl8, 19r21, 19r26, 20rl7, 21v3, 31r7, 39v3, 39vl 1, 39vl7, 39vl8, 39vl9, 41rl, 41r7, 41r8, 43r2, 54v25, 54v30, 66r3, 68rl4, 68v23, 68v30, 69r3, 69r4, 69r6, 69r7, 69rl2, 69rl8, 69r29, 69r31, 69v9, 69v23, 69v26, 70v29, 80v4, 80v28, 83r21, 83vl6, kinde 39v20, 68v27, 69r20, 69vl2, 70r23, 70vl0, kindes 7vll0, 17rl, 17r7, 39vl2, 39vl6, 39v21, 41r6, 68vl9, 68v25, 68v25/26, 68v26, 68v29, 69r9, 69r23, 69v6, 6 9 v l l , 82v20, kindis 17r2, 17r5, 17r6, kinder 16v25, hindere 3vr30, 4vll2, 4vll4, 7vl9, l l r l O , l l r l 5 , 13v5, 15vlO, 17rl0, 19r27, 19v8, 21r34, 21v8, 32r5, 54vl2, 55r3, 56r4, 59rl5, 69rl6, 70rl8, 70v5, 70vl7, 71v8, 71vl9, hinderen 4vl23, 4vr9, 48r26, 55r30, 55v5, 70rl6, 71v5, kinderin 4vl28, 23r7, kindern 6vrl0, 7vl26, 15v4, 35v4. H R G 2, Sp. 717 ff.; Lexer I, Sp. 1575 f.; Grimm, DWB 5, Sp. 707 ff.; Trübner 4, S. 144 ff.; Kluge/Seebold, S. 370 adelkint-, eigenkint·, kebeskint·, kropelkint; phaffenkint kintheit st. F. 'jugendliche Unerfahrenheit, Unverstand': Ab wol ein kint zu lenrechte zu sinen jaren kumen is, sin rechte Vormunde sal is doch an sime gute vorsten ..., di wile is sich selbe nicht vermag noch bedenkin enkan von siner kintheit oder vor torheit oder vor krancheit des libes 17r4. kirche sw.F. 1. 'Kirche, Kirchengebäude': An gebundenen tagen unde in allen steten, ane in kirchen, mus der kunig sin lenrecht wol haben 81 vi5, kirchen 18v27, 29r31/32, 35r4, 41rl7, 66r30; 2. 'Kirchenbesitz, Kirchenlehen': Di ungeradete swester, di teilt nicht irre muter rade mit deme phaffen, der kirche oder phrunde hat 12rl5, kirchen 59v5. kirchenere st. M. 'Küster, Mesner': Deme suln durch recht volgen alle, di zu iren jaren kumen sin ... sunder phaffen unde wip unde kirchenere 41v37/38. kirchove st. M. 'Kirchhof, der ummauerte Raum einer Kirche': Alle mordere unde di den phlug rouben ... oder kirchove ..., di sal man alle radebrechen 29r32, kirchove 41rl8, kirchoven 66r30. kisen st. V. 'wählen, auswählen': Di duzchen sullen den kunig kisen 6vl6, kisen 10v2, 22v33, 23r5, 48r7, 48r9, 49rl9, 50rl0, 51r7, 51r9/10, 51rl2, 60r3, kiesin 67vl, kise 38r3, kuset 5rl5, 5rl8, 6vll7, 23rl3, 23rl5, 49v31, 51r20, kusit 49r24/25, enkuset 51r26, gekorn 12v20, 22v30, 50r27, 78v27, gekorne 27v31. H R G 2, Sp. 714 ff.; DRWB 7, Sp. 801 ff.; Lexer I,

Sp. 1568 f.; Grimm, DWB 5, Sp. 692 ff.; Trübner 4, S. 143, 312; Kluge/Seebold, S. 369 -» erweln klage st. F. 'Klage vor Gericht, gerichtliche Klage': he enclage alrest deme richtere unde volge siner clage zu ende lvr4, clage lvrlO, l v r l l , 3rr4, 3vll9, 3vl20, 5rll7, 5rll9, 6rl25, 7vr4, 10vl3, 20r22, 20r26/27, 20r31, 20vl4, 20v31, 21rl, 22rl7, 22r29, 23r25, 23v24, 23v30, 24r9, 24rl2, 24rl4, 2 4 r l 8 / 1 9 , 24r23, 24r28, 24vl2, 25r21, 26rl6, 26v33, 27r33, 27v27, 29r26, 29v27, 32rl 1, 32r33, 32v4, 36r33, 36v27, 36v36, 44r8, 44v8, 44vl0, 44v23, 45r7, 45v7, 53vl7, 57v21, 62r26, 63r7, 63vl4, 66r9, 71rl9, 72r20, 73v4, 77r3, clagen 36vl5. klagen sw.V. 1. 'klagen, gegen jemanden eine gerichtliche Klage erheben': so sal siner mage einer clagen 2rr30, unde sal allen luten richten, di im clagen 3rll3, Klagen vil lute uf einen man ungerichte 44v6, clagen 5rll5, 6rl20, 14r20, 20v33, 23vl3, 2 5 r l l , 40vl6, 40v20, 45r3, 57r5, 62v24, 83v2, clage 23vl2, 25r3, 25r7, 27v26, 50vl2, claget 4vrl5, 5rl32, 5vl28, 24rl5, 36rl2, 40v24, 42r35, 42v3, 43vl4, clagit 27r5, 81v23/24, clait 5rl28, 5rl32, 5rrl, 5rrl4, 19v27, 20r29, 23r27, 24rl2, 26v28, 27v3, 27v4, 29vl9, 29v32, 36r32, 40v30, 43r23, 44v4, 44vl7, 45r3, 49vl, 53vl3, 57rl, claine 24rl5, geclaget 54v3, geclait 3rr24, 27r30, claite 29v30/31, enclage lvr3; 2. klagen mit gerufte 'mit Hilferuf klagen': Wer mit geruchte clagen sal 5vr25, di suln clagen mit gerufte 40v25, clagen mit gerufte 40v28, 40v31/32, clage mit gerufte 40v35, ane gerufte clagen 40v37/38. beklagen·,

vorklagen

kleger st. M. 'Kläger (bei Gericht), der Klagende': Kein cleger darf bürgen sezcin, er di clage getagit wirt 5rll7, cleger 6vl9, 22r28/29, 24r8, 2 4 v l l , 26r6, 26rl3, 26vl8, 27v22, 42r24, 42v27, 44vl3, 44v22, 45rl5, 45v7, 46r9, 49vl4, 54v2, 57rl6, 57rl8, 57r22, 58r8, 73v5, 7 3 v l l , clegere 2vl27, 3rr9, 3 r r l l , 32r29, 36r26, 44r9, 49vl6, 73vl0, clegers 2rr27. knecht st. Μ. 1. 'Knecht, Bediensteter': Nimant entwortet vor sinen knecht 5vl24, Nimant is ouch phlichtig, vor sinen knecht zu geldene 35r28, knecht 5vll7, 5vl25, 6rll0, 15r27, 33v29, 34r4, 35r28, 35r31, 35r33, 35v2, 43v3, knechte 28r28, 78v9, knechten 78v4, knechtin 28r25/26, knechtes 34rla, knechtis 34r7, 35v20, 43vl2/13; 2. 'Ritter, Krieger': Nu vornemt den alden vride, den die keiserliche gewalt gestetiget hat in Sachsenlande mit der guten knechte willekor des landis 41rl4, di guten knechte 42rl0. DRWB

7,

Sp. 1141 ff.; Lexer I,

Sp. 1644 ff.;

282

Glossar

Grimm, DWB 5, Sp. 1380ff.; Trübner 4, S. 197ff.; Kluge/Seebold, S. 383 knie st. N. 'Knie': eins knies ho 'kniehoch' 3 5 r l 7 / 1 8 , eins knies hoch 53vl. knien sw. V. 'knien, auf die Knie fallen': Noch des vater tode der son kume binnen jare unde tage zu sime herren unde bite im di manschaft mit gevaldenen henden unde ge im also nae, ab der herre ste, das he en gereichen muge, siezt he aber, so sal he vor en knien 65vl6, kniet 65vl9. knutein sw.V. 'mit Knüppeln schlagen': Wer aber den andim knutelit, so das im di siege swellin ..man sal en vorvesten 27r3. knuttel st. M. 'Knüttel, Prügel': Swen man mit slet 5rl29.

knutteln

kore s t F. 1. 'Wahl, Auswahl': Unde von des keisers kure 6vll4, In des keisers kore sal der erste sin der bischof von Menze 50v27, kore 19v21, 22v28, 23r9, 25vl6, 51r9, 59v2, 60r5, 67v21, 70r21; 2. 'Prüfung, Schätzung': Butet si aber is zu losene nach der gebure kore 15vl, kore 37rl0, 38r31, 53r7, kure 33v6; 3. 'Wille, Überlegung, Erwägung': Wen is ist der lantlute vrie kore, das si gougreven kisen 23r4; 4. 'Wahlrecht': Der schenke des riches, der kunig von Bemen, enhat keine kore 51r6. DRWB 8, Sp. 126ff.; Lexer I, Sp. 1790f.; Grimm, DWB 5, Sp. 1794 f.; Kluge/Seebold, S.420 körn st. Ν. 1. 'Korn, Getreide': Wer des nachtis korn stilt, der vorschult den galgen 35r23, korn 5vl23, 35r26, 35v30, 37r26, 37v7, 40v2, 41vl5, 50vl6; 2. 'Kornfeld': Swer sin vie tribit uf eins andern korn oder gras 5vr3, korn 37r5. kornzende sw. M. 'Kornzehnt, Steuer, Abgabe von Korn': Wo man kornzendin gibt, da sal das seil, da di garbe mite gebundin is, einer dumeln lang sin 37vl7, kornzende 39r30. kost st. F. 1. 'Aufwand, Ausgaben, Kosten': Sechs Wochen sal der man dinen sime herren bi siner kost 59v29, kost 13vl3, 13vl8, 28vl, 33v5, 35r7, 57v26, 57v28; 2. 'Speise, Beköstigung': Sundert der vater oder di muter einen iren sun oder eine ire tochter von in mit irrne gute, si zweien sich mit der kost oder nicht 13v26.

fen wil 32v7, koufen 2vr27, 2vr28, koufet 3vr5/6, koufit 43v28, kouft 3vr3, 5vl30, 43v24, kaufte 34vl4, koift 32v29, gekouft 34rl8, 34vl2, 34vl3, 36v8, 82v8. -> vorkoufen koußüte PI. von koufman st. M. 'Kaufmann': Phaffen, kouflute, dorfere ... sullen lenrechtes darben 59r8/9. krancheit st. F. 'Krankheit, körperliche Schwäche': vor krancheit des libes 17r4. kreis st.M. 'eingehegter Kampfplatz in Kreisform': Vride sal man dem kreize gebiten bi deme halse 25v20/21, kreis 26r7, 29rl6, kreise 25v28, kreises 25v29. -»• DRWB 7, Sp. 1417f.; Lexer I, Sp. 1718 f.; Grimm, DWB 5, Sp.2144ff.; Trübner 4, S.266f.; Kluge/Seebold, S.411 krenken sw.V. 'schmälern, schwächen, verletzen': der babist enmag kein recht geseezen, da he unse lantrecht oder lenrecht mitte krenke 11 v7, Wip mag mit unkuscheit ires libes ir wiplich ere krenken 12r2, krenkit 20rl2, enkrenkit 52r32, gekrenkit 53rl7. krigen st.V. 'streiten, kämpfen': Ien aber, si des gutis, da si umme crigen 36r34. kristen Adj. 'christlich': cristine kunige 9v33, kristen mannis 43vl5, kristens mannes 43vl7, kristenes mannes 6rll 1. kristen st.M. 'Christ': Slet ouch der kristen einen juden 43v20. kristenheit st. F. 'Christenheit, Menschen christlichen Glaubens': Zwei swert lies got in ertriche, czu beschirmene di cristenheit 10r3/4, cristenheit 10v32/33, 15r8, 41vla, kristenheit 41r26. kristenman st.M. 'Christ': Ein iclich cristenman is phlichtic, sint czu suchene 10rl8, cristenman 29v6. kristen wip st. N. 'Christin': Welch cristenman oder wip ungloubig is 29v6. kropelkint st. N. 'verkrüppeltes Kind': Uf altvilen unde uf getwerge irstirbit noch len noch erbe noch ufkropilkint 1 lv9.

kouf st. M. 'Geschäft, Verkauf': Dis selbe gerichte get über unrecht mas unde Unrechte wage unde über valschen kouf 29r30, koufes 43r7, 43rl3, 43rl5.

krüze st. N. 'Kreuz': Wo der richter sin gewette nicht usgephenden enmag uf eins mannes eigen, das also kleine gilt, das sal der vronebote bevronen mit eime krueze 36rl/2.

koufen sw.V. 'kaufen, Handel treiben': Spricht aber iener, he hab is gekouft uf deme markte 34v3, Buitet der munezer einen valschen phenning us, das he da mite kou-

künde st. F. 'Kunde, Kenntnis': wen da man der warheit mit keiner Wissenschaft in künde enmag kumen 73rl5, künde 84v26.

Glossar

283

kundig Adj. 'bekannt, kund': unde di mir sint kundig bi miner zeit 4rll5, Nu is uns kundig von der heiligen schrift 10vl9, kundig 47r20. kundigen sw. V. 'verkündigen, bekannt machen, darlegen': so sal man is dem keiser kundigen 3rl5, kundigen 24v30, 37v8, 39v24, 43r24, 52v7, 73vl0, kundegen 81v26, kundiget 13rl3, 74v23, gekundiget 59v22/23, 78v21/22, 82r5/6, enkundeget 77r2. kunig st. M. 'König': Der kunig is gemeine richter über al brr7, Den kunig enmus nimant bannen 6vll3, Di duzehen sullen den kunig durch recht kisen 49rl8, kunig 5rl8/9, 6vl6, 6vlll, 6vll9, 6vl25, 14v29, 19r8, 19vl5, 23r21, 23r23, 23r24, 23vl, 28rl6, 32v2, 43v23, 49r24, 49v24, 49v31, 5 0 r l 0 / l l , 50rl2, 50r22, 51r5, 51rl3, 51v2/3, 51v7/8, 51vl2, 51v32, 52r21, 52v5, 52v24, 60r2, 60rl7, 65r28, 78v27, 79v28, 81vl, 81v8, 81vl5, kunik 32v22, kunic 10v26, kunige 6rrl5, 7rl31, 9v33, 23r33, 28rl8, 29rl, 49v28, 50rl0, 50rl8, 5 1 r l l , 5 1 r l 5 / 1 6 , 52vl2, 52v22, 59r4, 68rl7, 77v5, 79r5, 79vl5/16, kuniges 5rll2, 5vrl8, 6rrl6, 6vll0, 6vl32, 6vrl, 10r28, 23r30, 23r31, 23v2/3, 23v3, 23v6, 25r2, 26v30, 28rl0, 28rl3, 28v6, 29r3, 39v31, 40r22/23, 40r27, 41rl9, 42v35, 43v21, 45rl7, 51vl7, 52v22/23, 53r4, 54rl, 54rl5, 60rl0, kunigis 15v33, 52v21, 52v29, des kuniges malder 30r26, des kuniges achte 52v2, kuniges banne 52v32, kuniges hulden 57r7. -*• ächte 3; ban 5; hulde kuniglich, kuniclich Adj. 'königlich': Alle schacz in der erdin begraben, tifer den ein phlug get, der gehört zu der kuniclichengewalt 19rl3, kunicliche 19r33/19vl, 19v6, kunigliche 49r21, kuniclichen 19vl/2, 49r22. kunigriche st. N. 'Königreich': Sachsen, Beiern unde Vranken unde Swaben, das waren allis konigriche 49v7, kunigriche 6vl8. kunst st. F. 'Ankunft': Is aber der herre us deme lande, an den man des orteiles zut, swen he erst widerkumt an duzehe art, ... unde he sine kunst irvreischet, so sal man das orteil widerbrengen über sechs wachen 78vl7. kure

köre

L laden st.sw.V. 1. 'einladen, vorladen': he enwerde ... zu sinen rechten tedingen geladen 32r24, he lade in mit gerufte 40v35, laden 42r9, ladin 2 6 r l l , 50vl0, enlade 32rl2, geladen 77v26, geladin 32r28, 53v29/30, 67vl3;

2. 'bitten, zu etwas laden, zusammenrufen': Is aber das vie so getan, das man is nicht ingetriben mag ..., so lade he da zu zwene man 37rl4, geladin 9v30, ledit 39r3, 67r5, ledet 76vl 1; 3. 'beladen': Der lere wagen sal rumen deme geladen 39v33, geladen 32v34, 40r4, 4 2 r l 9 / 2 0 , geladenen 33r8/9, geladene 39v33. DRWB 8, Sp. 255 ff.; H R G 2, Sp. 1336ff.; Lexer I, Sp. 1811; Grimm, DWB 6, Sp. 45 ff.; Kluge/Seebold, S. 424 f. -> inladen; vorladen; widerladen ladunge st. F. 'Vorladung': Kumt he zu der dritten ladunge nicht vor 26rl2, ladunge 77v26. lam Adj. 'lahm, verletzt': Blibit aber ein vie tot oder lam von eins mannes schulden ane sinen willen ..., he gilt is ane buse 48v22, Rechtelose lute darben Vormunden unde lame lute 4vr26, Lamen man unde miselsuchtigen ..., den enmus man zu kunige nicht kisen 50r8, lame lute 5vl4, 20v32, lame man 21r3, lamen man 30v5. lant st. Ν. 1. 'Land, Gebiet': Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant den anderen beleite durch das lant durch kein gut 2vr9, Wen der kunig in das lant kumt, so sin im alle gevangen ledig 6vll9, lant 3rr21, 47r36, 51v4, 51v8, 58rl2, 58rl3, 67vl2, lande 2rl3, 2rll5, 3rrl4, 3vrl8, 4rll8, 7vrl3, 10v4, 18r25, 24r2, 46vl6, 47vl0, 47vl5, 48rl 1, 51v32, 52r3, 52r8, 52rl3, 68r25/26, 78vl4, landen 49r27, landes 18rl5, 47vl0, landis 41rl5, 53r22, noch des landes rechte 18r25, noch des landis rechte 4vr3, des landes richtere 66r21, 84rl 1/12, des landis recht... unde gewonheit 2vll3/14, des landis gewonheit 2vl28, 3rrl2, 55r9, des landes not 6 7 v l l ; 2. 'Acker, Feld, Landstück': Unde ab man vert über gewunnen lant 5vll2, lant 5vr2, 5vr6, 6rl30, 7rl29, 22vl4, 33rl0, 36v30, 37rl, 3 8 r l l , 39r8, 39vl2, 45r26, 45r28, 45r30, 45r34, 55vl6, 55v24, lande 6rl31, 35r26, 39r7, 45r30, landes 39r9; 3. 'Landvolk, Einwohnerschaft eines Landes': mit deme gerufte sal he das lant dar zu ladin 50vl0, lande 42r6. ^ art 2 lantgräveschaft st. F. 'Landgrafschaft': Siben vanlen sin ouch in deme lande zu Sachsen:... di lantgraveschaft zu Doringen 52r5. lantgreve sw. M. 'königlicher Richter und Verwalter eines Landes, Landgraf: Phalenzgreve unde lantgreve dinget undir kuniges banne alse der greve 52v31, lantgreven 3vr31. lantlüte st.M. PI. 'Landbewohner, Landgenossen': Gouschaft is der lantlute willekore 5rl6, lantlute 2rr5, 23r8, 49v20/21, 53r7, 53v21.

284 lantman st. M. 'Landbewohner, Landgenosse': Dis selbe mus tun ein lantman dem andern, ab he en beclait in wikbilde oder in eime uswendigem gerichte 56v25. lantrecht st. N. 'Recht eines Landes (im Gegensatz zum Lehenrecht)': Wirt ein kint geborn stum oder handelos oder vuoselos oder blint, das is wol erbe zu lantrechte unde nicht zcu lenrechte l l v l 4 , Wen der babist enmag kein recht geseczen, da he unse lantrecht oder lenrecht mitte krenke l l v 6 , lantrecht 8rrl6, 1 4 r l l , 14rl 4, 14r20, 17vll, 17v22, 53rl6, 78v29, 85r23, lantrechte 4rl22/23, 4rl25, 12r29, 14r20/21, 17vl3, 19v28, 20r29, 24r3, 31r32, 32rl9, 39r20, 52vl, 56v22, 69v7, 7 7 v l l , 79vl0, 80v28, lantrechtes 85r21. DRWB 8, Sp. 547 ff.; H R G 2, Sp. 1527 ff.; Lexer I, Sp. 1827; Grimm, DWB 6, Sp. 128 lantrichter st. M. 'Landrichter, Vorsteher des Landgerichtes': Roubet aber der herre den man, he mus is wol unde iclich ungerichte uf en clagen vor sime lantrichtere 83v3. lantsesse, lantseze sw. M. 'Landsasse': Di lantsezin, di kein eigen habin in deme lande, di suln suchin ires gougreven dinc über sechs wochen 10v3/4, Andere vrie lute, di lantsesin heisen, di kumen unde varn in gastis wise unde enhaben kein eigen in deme lande 48rl0, lantsezin 10r25, lantsessin 14v6, 5 4 v l l / 1 2 . DRWB 8, Sp. 574 ff.; H R G 2, Sp. 1547 ff.; Lexer I, Sp. 1828; Grimm, DWB 6, Sp. 130 lantsträse st. sw. F. 'öffentlicher Weg durchs Land, Landstraße': Wir sezcin unde gebiten, das man di rechten lantstrasen vare 2rl29. lantvolc st. N. 'Einwohner eines Landes, Gerichtsgemeinde': Unde bekennet hes nicht, ich wil is en beredin mit alle dem rechte, das mir das lantvolg irteilt 25rl7. läsen, län st. V. 1. 'lassen': Der man ensal sin vie da heime nicht lasen 38r34, Lasit den keiser sines bildes gewaldig unde gotis bilde gebit gote 47rl8, lasen 26r8, 34r32, 39vl7, läse 37vl2, lasin 47rl0, 59vl9, last 46v9, lest lvl28, 4vll7, 7rl2, 13r21, 16r6, 18r5, 26r5, 37r25, 40r8, 42r23, 46r25, 63rl2, let 37r30, 46r34, 52v7, 62r8, liesin 47vl7; 2. 'entlassen, freilassen, loslassen': Swen der kunig och aller erst in das lant kumt, so suln im ledig sin alle gevangenen uffe recht, unde man sal si vor en brengin ..., oder mit rechte lasen 51 vi 1, unde das ichein richter nimande us der achte läse 2vl26, läse 2vl32, lasin 21v20, gelasin lr32, 2rr26/27, 24v29, lan 3rll9, 3vl29; 3. 'ablassen, aufgeben': Der is ouch vunden hat, der mus da nicht abe lasen ane iens willen 29rl2, he mus das gut mit gewette unde mit buse lasen 34v20, läse

Glossar 61v25, 78r9, last 2vr5; 4. 'auflassen': Stirbet aber iener, der das lasen solde 13r27, lasen 22r4a, 71r3, 83v4, läse 72vl4, 84rl2, lasene 4vll0, 13r3, 13r5, 83r20, lasin 7rrl0, 13r6, 13rl2, 22r2, lest 70vl2, 71r7, let 60v8, lies 72v21, enlies 69v22, gelasen 72v8, 72vl0, 80vl6, gelasin 60vl0, 69vl6, 72rl9, 72vl2, 74v24; 5. 'verlassen, zurücklassen': Dis selbe sal der man tun, ab hes gut lasen wil 39v25, läse 76vl9, lest 50v26, 55r6, 70r7; 6. 'erlassen': unde swas uns über den irteilt wirt, des wolle wir nicht lasin 2vll8, lasin 2vr2, 3rl30a, läse 2vl33, lan 2vl23; 7. 'überlassen': Zwei swert lies got in ertriche 10r2, lasin 55rl7, 56vl0, lest 8 0 v l l , 82v20; 8. 'verlieren': si wetten deme nchtere dar umme unde lasen di habe mit buze 30rl5, laze 54rl4; 9. 'unterlassen': Lest he das durch manschaft oder durch icheiner slachte ding 2vl6; 10. 'zurückgeben': Swes sich der man mit Unrechte underwint..., he mus is mit buse lasin 47r30; 11. 'abhalten, durchführen': Unde wo hes beginnet unde wo hes let 8rl4. DRWB 8, Sp.719ff.; Lexer I, Sp. 1843f.; Grimm, DWB 6, Sp.213ff.; Trübner 4, Sp.380ff.; Kluge/Seebold, S. 429 üfläsen·, widerläsen läsen st. N. 'Auflassung, Rücküberlassung': swen di liunge mit rechte gebrochen wirt..., so enis ouch das lasen nicht 69v21, Der son enmus ouch des mannes gut nicht zcweien mit lasene 70r5, lasene 4vr7, 13r28. laster st. N. 'Schmähung, Schmach, Schande': Wer so eins mannes knecht slet oder vet oder roubet ..., noch rechte sal he en beiden buse geben, he enturre denne das uf den heiligen swem, das hes deme herren weder zu lästere noch zu schaden habe getan 33v33, lastirs 34r6, lästere 7b\2b. leben sw. V. 'leben, lebendig sein': Der son envimet ouch nimande kein gedinge, he enwerde lebinde gebom unde lebe noch des vater tode 80vl0, leben 19rl9, lebet 7rr29, 65r7, 83r26, lebete 55v29, lebit 18v23, 65r20. leben st. Ν. 1. Ordensleben, Klosterleben': sibin mannen siner genosen, di en in dem lebene haben gesen 17vl8, Hat aber he sich begeben an sins elichen wibes willen, unde vordert si en zu seintrechte us deme lebene, sin lantrecht hat he behaldin unde nicht sin len 17v22, lebene 31v20; 2. 'Leben': Wirt is abir zu der kirchen brächet offenbar, wer is siet unde hört, der mus sins lebins wol gezug sin 18v28. lip 1 lebende Part. Adj. 'lebend': Alle lebende ding, das in der notnunft was, das sal man enthoubeten 42v25, lebende

Glossar urkunde 'lebender Beweis' 66r2, lebinde 18vl7, 43rl, 80v9. lebendig Adj. 'lebendig': Des kindes jar sal man nicht rechenen von der zeit, das is di muter enphing, mer den von der zit, das si is gewan, unde lebindig in di werlt quam 68v22. ledicliche Adv. 'frei': Welch man sin eigen gibt unde das wider zu lene enphet, den herrin hilft di gäbe nicht, he enbehalde das gut in sinen lediclichen gewern 19r3, lediclichir 39rl7. ledig Adj. 'frei, ledig': Wen der kunig in das lant kumt, so sin im alle gevangen ledig 6vl20, So solde man ledig lasin unde vri alle, di gevangen waren 47rl0, Das wip is ouch des mannes genosinne ..., noch des mannes tode is si ledig von des mannes rechte 48r3, ledig lvl4, 2rl23, 7rr7, 7vrl2, 13rlO, 17vl4, 18v24, 19r33, 20v4, 23v20, 31r24, 33v34, 38v24, 44rl7, 44v8, 44v36, 46rl5, 46r28, 47rl2, 47rl5, 49v23, 49v24, 51vl, 51v3, 51v5, 51v9, 60v26, 61rl7, 61rl9/20, 61r24, 61r27, 61r30, 61v2, 62r5, 62rl2, 62r30, 64r4, 67r22, 67v27, 70r27, 71v4, 73vll, 79v24, 82r26, 82r30, 82vl0, 82v26, 83r24, 83v7, 85r22, ledic 10r35, lediges 73vl8. behalden 7 ledigen sw.V. 1. 'einlösen': Lest man en aber uf sine truwe riten zu tage, he sal durch recht widerkumen unde sine truwe ledigen 46r27; 2. 'befreien, auslösen, loskaufen': Swer lip oder hant lediget 5rl24, lediget 19r30a, geledigit 56r28. legen sw.V. 1. 'niederlegen, lagern': Der man enmus nicht siezeen bin lenrechte ane des herren orlop, enmag he nicht lenger gesten, he lege sich 77vl8; 2. 'gefangensetzen, festsetzen': Swelch son an sins vatir lip retet oder vrevelichen angrift ... oder in keiner hande bant legit, das gevengnisse heisit, ... der selbe ist erlös unde rechtelos ewiclichen Irl8. -* niderlegen; üsgelegen; üsgeleget; üslegen; vorlegen; widerlegen

285 gerichte beclaget 6vr28, Undir den leien is der erste an der kore der phalenzgreve von deme Rine 51rl, leie 56vl8, leien 6vll5, 42v34, 56vl8, 81vl. leienvurste, -vorste sw.M. 'weltlicher Fürst, Laienfürst': Zu der seibin wis sint di herschilde usgeleit, den der kunic den ersten hat ..., di leienvursten den dritten 10v28, leienvursten 1 Irl, leienvorsten 59r6. leisten sw.V. 'leisten, erfüllen (bes. ein Versprechen)': Beide, buse unde wette, sal man leisten über vierzcennacht zu des herren nesten huse 77vl4, leisten 12v30, 20v20, 46r29, 46r36, leistet 56r23, leistene 56rl4, geleist 56r24. -» geieisten leiten sw.V. 'führen, erbringen': gezug leiten 'ein Zeugnis beibringen' 67r22, kemphin uf en leiten 'einen Lohnkämpfer gegen jemanden führen, vorschicken' 21r31. lemde st. F. 'Lähmung, körperliche Verletzung': vor lemde den kamph volbrengen 25r25, Gewere sal iclich man tun umme totslag unde umme lemden unde umme wunden vor sinen herren unde vor sinen swertmag 30rl7, lemde 3Irl 1. lernen sw.V. 'lähmen, verletzen': Ane vleischwundin mag man ouch einen man toten oder lernen mit siegen oder mit stosen 27rl5. -> belemen lemmerzende sw.M. 'Lämmerzehnt, steuerliche Abgabe von Lämmern': In Sente Walpurgetage is der lemmerzende vordinet 39r24.

len st. Ν. 1. 'geliehenes Gut, Lehen': Uf altvilen unde uf getwerge irstirbit noch len noch erbe llv8, das lien suln si vor enphan unde di bisorge 51r22, len lvl2, lvl3, lvllO, 3rll6, 5vl28, 6vll0, 6vll8, 7rr6, 7vll0, 7vr25, 7vr30, 8rl 15, 8rl22, 11ν15, 11ν18, l l v l 9 , 14rll, 17vl4, 17v23, 18v24, 19r33, 23r3, 38v4, 49r25, 49r32, 49vl9, 49v26, 51r23, 55r24, 55r25, 55r26, 55vl0, 60vl3, 61r27, 63rl 1, 63r21, 63r22, 63r25, 64vl6, 64v23, 65r25, 65vl, 65vl0, 68v23, 69rl7, 69r26, 70vll, leide st. F. 1. 'Feindseligkeit, Mißgunst, Boshaftigkeit': 71vl7, 73rl0, 73v24, 74r6, 77r5, 78v29, 79r5, 80r6, Wo zewene mit ein ander urlogen, der einer oder beide 80r30, 80vl6, 81rl8, 81v2, 82rl4, 82r20, 82r30, 82v2, geleite haben, swer deme di lute zu leide angrifet..., ubir 82v5, 82v23, 84vl, lene 4vll5, 5vl31, 8rll4, 14rl5, den sal man richten als ubir einen strasrouber 2rl26, leide 18v23, 19rl, 31rl9, 31r21, 31r26, 31r30, 36rl3, 36v4, 3vl27; 2. 'Leid, Schmerz': noch durch libe noch durch 36v7, 36v21, 39r21, 51rl7, 55r22, 59r33, 60v29, 61v3, leide 'weder aus Liebe noch aus Leid' 3rl23/24, 3rr26, 61v4, 61v5, 62r30, 62v3, 62v6, 63r28, 64rl8, 65rl0, liebe noch leide 9vl5/16. 65rl3, 72rl4, 77rl4, 79r4, 79r8, 79vl5, 79v27, 80r4, h> liebe, libe 80rl4, 80rl6, 80v20, 81rl9, 81r29, 84v7, lenes l r l 4 , leie sw. M. 'Nichtgeisdicher, Laie': Der selbe schriber sal lvl7, 19v29, 56r7, 62v7, 69rl4, 77r9, lien 59v5, 68vl3, ein leie sin 3vl3, Swelch leie den andern vor geistlichem liene 73r20; 2. lenes gewere 'Lehensgewere': lenes ge-

286 were 7v132, 63r4/5, lenes geweren 63v21/22, 80r24, lenis gewere 72r29, 72r29/30, /enii geweren 82v27, 82v28. DRWB 8, Sp. 880 ff. u. Sp.935 (Lehnsgewähr); Lexer I, Sp. 1859 f.; Grimm, DWB 6, Sp.537ff.; Trübner 4, S.418; Kluge/Seebold, S.434 -> burglen; gebulen; gewer(e); schiltlen; van(en)len; vorstenlen lenerbe sw. M. 'Lehenserbe': iereer w das phlichtig zu lasene sinem lenerbin, he si im ebinburtig oder nicht 13r3, lenerbe 31r28, 65rl2, lenerben 5vl5, 39rl9, 60v7, lenerbin 13r3. leagen sw. V. Verlängern, zeitlich aufschieben': wen der herre bricht im sine jarzcal mit dem bietene, alse si der man lenget mit deme sinnene 66rl4. Unrecht st.N. 'Lehenrecht, Gericht, wo das Lehenrecht gesprochen wird': Swer lenrecht kunnen wil 7rrl, Muncht man ein kint binnen sinen jaren, das ... behelt lantrecht unde lenrecht 17vll, Alse der herre sin lenrecht begriffen habe 76r5/6, lenrecht 8rl9, 8rrl7, 10v36, 1 lv6, 14r9, 19v26, 51r24, 59r2, 59rl4, 59rl9, 62r6, 64v21, 64v25, 68r27, 69r25, 69v23, 74vl6, 75v4, 79rl, 79v26, 80r27, 80v3, 81v30, 83r9, 83rl5, 83rl9, 83vl6, 84vl0, lenrechte 4rl22, 4rl26, 7vl7, l l v l 5 , 12r30, 14rl9, 16v31, 17vl3/14, 32rl9, 52vl, 59rl7, 59r24, 59vl6, 60rl9, 61vl7, 62vl9, 63v23, 64vl7, 65v4, 67rl 1, 67v7, 67vl4, 68vl6, 6 9 r l l , 69v7, 70v6, 71r21, 71v4, 72r25, 72v5, 73v22, 74rl4, 75v2, 76r3, 76r9, 76v3, 77vl, 78r24/25, 79rl0, 79vl4, 80v21, 80v29, 81v9, 83r27, 84vl8, 85r6, 85rl8, lenrechtes 59rl2, 60r29, 80r8, 85rl2, lenrechtis 23r7, 60v3. DRWB 8, Sp. 970 ff.; H R G 2, Sp. 1714 ff. u. Sp. 1725 ff.; Lexer I, Sp. 1861; Grimm, DWB 6, Sp.542 lenten sw.V. 'ans Ziel bringen, enden, beenden': das he wol richten mus al di clage, di vor gerichte nicht enbegunt noch gelent ensin 51 v7, Alrest sul wi merken, das der herschilt an deme kunige begint unde in deme sibendin lent 59r5, lent 60rl6. lenunge st. F. 1. 'Belehnung': Ein man sal zugen sine lenunge, ab hes bedarf 7rrl2, lenunge 7vr27, 8rl27, 51r26/27, 61r4, 61rl4, 61r26, 62r3, 6 2 v l 0 / l l , 64r24, 68v9, 69v4/5, 80r5, 81r28; 2. 'Form der Belehnung': noch sal ich uch dri lenunge bescheiden unde sagen, wo si zcweien von gemeineme lenrechte 79vl2. liden st.V. 'dulden, ertragen, erleiden': Was man uf zcinsgute liden sulle 5rl4, liden 18vl, 20v23, 43r30, 49v21, 54r23, 59r20, 85r23, lidet 28v24/25, lidit 44r23, enlieden 42v28/29.

Glossar liebe, übe st. F. 'Liebe, Gunst': Der richter sal swern zcu den heiligen, das he von nimande ichein gut neme umme kein gerichte, noch durch libe noch durch leide ... anders richte, wen noch rechte 3rl24, durch libe noch durch leide 3rr26, Von rechte ensal nimant wisen liebe noch leide, zcorn noch gift 9vl5. leide 2 lien st.V. 'verleihen, leihen, als Lehen geben': Der herre endarfis ouch nicht lien me wen eime irs vatergut 7vll8, Der kunig enmag mit rechte nicht geweigern, den ban zu liene, deme das gerichte gelien is 52v26, lien lvl8, 7 v l l l , 7vr5, 7vr21, 7vr23, 13rl0, 19r5, 22r2, 52v23, 59v3, 60v5, 61v31, 65r29, 66r29, 6 8 r l l , 69rl5, 69r27, 70v21, 71v26, 73v27, 79v20, 81r7, 86r8, liene 4vr7, 13rl6/17, 52v25, 59r28, 60rl2, 66r26, 68r25, 70rl7, 71v28, 83rl9, liet lvl5, 4vll6, 5vrl9, 6rl9, 6 r r l , 6vll8, 7rr7, 7rrl5, 7vl22, 7vl23, 7vl26, 7 v r l l , 7vrl8, 7vr20, 14r23, 23r6, 31r32, 40r6, 43rl8, 43r32, 45vl0, 47r32, 49r28, 51r27, 51r29, 52v30, 59rl3, 60v25, 60v27, 61r7, 61rl6, 62r8, 62r27, 62v9, 6 6 v l l , 68vl, 69vl3, 70r22, 70vl2, 71r6, 71rl3, 71v5, 72v9, 80rl0, 80rl7, 80v20, 81r28, 83rl4, 83rl8, 84r26, lies 69vl7, leich 40rl2, lige 69vl8, 69v22, lege 62rl0, enlie 14rl0, gelien lvl5, 68r23, geiigen 7vr26, 8rll, 13r2, 36vl7, 49v20, 60r26, 60vl5, 61 r21, 62r6a, 6 2 r l l , 62rl4, 64v9, 65rl7, 65v9/10, 68r23, 68r29, 68v28, 69v3, 70rl3, 70v27/28, 71rl7, 71v9, 74v25/26, 79v20, 80v6, 80v26, 83rl0, 84r25, 84r29, 84vl, geliget 6 2 r l l a . -» ab(e)lien; gelien; vorlien 1, 2; weglien liep, lip Adj. 'lieb, teuer': Got is selber recht, dar umme is im recht lip 9vl7, im was der arme also liep alse der riche 46v8, lip 25rl5. Up st. Μ. 1. 'Leben': Swelch son an sins vatir lip retet I r l 7 , ab he andirs tu, denne recht ist, das is im an den lip ge 3vl4, Swer lip oder hant lediget 5rl24, Wer sich selbe ouch von deme libe tut, sine erben nemen sin gut 33v21, lip lvr6, 3rll5, 4rl24, 4vl8, 5vll6, 5vr26, 6vl4, 10vl2, 12vl 1, 19r30, 19vl3, 23v24, 26r32, 26v21, 27rl, 27rl7, 27r21, 28r4, 28r8, 30r22, 33vl3, 33vl9, 33v28, 35r21, 40r20, 41r2, 44r8, 45r25, 45r32, 46r8, 48r36, 48v30, 49r26, 50rl5, 50rl8, 50r20, 50r23, 50v6, 52r32, 52v3, 56rl, libe l v r l 7 , l v r l 9 , 41rl7, 52r25, libes 29vl7, 33r5, 56r9; 2. 'Körper, Leib': vorkrancheit des libes 17r5, von unkraft sins libes 21r20, mit libe unde mit sele 41v5, wen alse der man get, da he stet, odir kniet vor en, da he siezet, so weget sich al sin lip 65v20; 3. 'Lebenszeit': Morgengabe unde eigen zu irrne libe 4vl24, bi des vater libe 7v 126, libe 11 v21, 15vl2, 16v8, 17v6, 18r29, 18r30, 18vl2, 20r33, 55r22, 55r27,

Glossar 65r26, 7Iv6, 83vl5, 84vl7; 4. 'Lebenswandel, Lebensführung': Wip mag mit unkuscheit ires libes ir wiplich ere krenken 12r 1. haat; leben 2 lipgedinge st. N. 'auf Lebenszeit zur Nutznießung ausbedungenes und übertragenes Gut, Leibrente': Kein wip mag behalden zu eigene lipgedinge 4vr5, lipgedinge 5vl31, 6vr8, 15v33, 16r6, 16rl0, 18v9/10, 18vl3, 20vl0, 31 r21, 31r27, 36v21/22, 55r20, 55vlO, lipgedinges 19v29. -> DRWB 8, Sp. 1076 ff.; H R G 2, Sp. 1805 ff.; Lexer I, Sp. 1932; Grimm, DWB 6, Sp.600; Kluge/Seebold, S. 435 gedinge liphaft Adj. 'lebensfähig': So werdin di len den herrin ledig, ab das kint bewist wirt unde gesen also gros, das is liphaft mochte gesin 18v26. Ion der Ion nes

st. M.N. 'Lohn, Entlohnung, Verdienst': Wil aber erbe, si suln vol dinen unde vol Ion enphan 16r23, 16r20, 16r29, 35r29, 35r32, 38v3, 38v6, 38v7, lo16r24, 35v6, lonis 16r25, 16r31.

lösen sw.V. 1. 'ablösen, auslösen, abkaufen, einlösen': Sin recht is ouch der zende man, den man vorteiln sal, das he en zu losene tu 50vl4, Wer lip oder hant loset, das im mit rechte vorteilt is, der is rechtelos 26r32, lose 17v6, 48v31, 77r7, losene 15vl, 29r23, 37v31, losen 32v28, 38r31, 60rl2, enlost 39r28; 2. 'verlorengehen, verlieren': Vortopilt he aber sins selbis gut, oder zu welcher wis hes gelosit mit willen 43v7, gelosit 13v9, geloset 32r20, 71r30, gelost 16v30/31. lösunge st. F. 'Befreiung, Freilassung': das sibinde jar, das heist das jar der losunge 47r9. louken(en) sw.V. 'bestreiten, leugnen': he sal bekennen oder louken 12vl, louken 12r31, 31vl7, 74rl5, loukenen 22vl9/20, 7 6 v l l , 84rl8, loukent 33v8, 35rl, 43r7, 43r7/7a, 4 3 r l 5 / 1 6 , 57rl3, 64r2, 64rl5, gelouken 22vl5. vorlouken lugener st. M. 'Lügner': Wen man, ane vleischwunden, slet oder schilt lugener, deme sal man buse geben noch siner geburt 30v8. lüte st. M.N. PI. 1. 'Menschen, Leute, Personen': Aller slachte ander lute, di des vatir dinstman oder eigen nicht sin ..., der richter ... sal di seibin lute in di achte tun lr29, lr31, Ab lute ir gut zusamne habin 4vll3, Rechtelose lute darben Vormunden 4vr26, noch gutir lute kure 'nach Schätzung ehrenhafter Leute' 33v5, lute lr27a,

287 2rl26, 2vl33, 3rll5, 4vl31, 4vr26/27, 5vl4, 6rl20, 6rl28, 6rr31, 6rr32, 6vr26, 7rl5, 8rl23, 9vl0, 9v33, 10r23, 10v31, 12vl4, 13vl2, 16r4, 16vl3, 20v32, 28r5, 34v9, 37r4, 37r26, 41rl6, 42r3, 42vl0, 44rl, 44v6, 45rl, 45rl9, 46vl6, 46v20, 47v23, 48rl0, 48r29, 48r32, 48v3, 50r22, 51vl9, 52vl3, 56rl2, 56r21, 57r32, 61v30, 65vl6, 75vl8, 75v27, 77v3, 84v25, 85vl6, luite 28r21, 47v24, 56r22, 57v28, 8 4 v l l , luiten 47v32, luten lvr27, 3rll4, 3rrl3, 4 v r l l , 6vrl7, 7rll9, 7vl22, 35rl6, 40v29, 41r22, 41v8, 45r3, 83rl; 2. 'Mannen, Lehensleute': swelch herre sine stat oder sine bürg buwen wil, der sal buwin mit sime gute oder mit siner lute gute 2rr4, lute 21v22, 71r9; 3. 'Einwohner, Bewohner': Sezcit sich di stat da wider, stat unde lute sint rechtelos 3rl3; 4. eigen lüte 'Eigenleute, Hörige': Hat der vater dinstman oder eigene lute lr24, Von eigenen luten 7rl30. luteprister st. M. 'Pfarrer, Weltgeistlicher': Wirgebiten, das man ... an geistlichen Sachen halde der bischove, der erczpristere unde der lute pristere recht unde gebot 3vl9.

Μ mäc st. Μ., mäge sw. Μ. 'Blutsverwandter, blutsverwandte Person in der Seitenlinie': Dis is di erste sippe zcu tale, di man zu magen rechint l l r 2 1 / 2 2 , Kamphes mag ouch ein man sime mage bewerin, ab sie beide mage sin 25v3, 25v4, Bult aber ein des toten mac, wer he si, en vorzustene mit kamphe, der vorleget alle gezug 26r25, mag lvl26, 18r2, 28r4, 81v8, mage lvl26, 2rr30, llvlO, 23v23, 25v6, 31r23, 34rl0, magen 29v23. -> DRWB 8, Sp. 1574 ff.; Lexer I, Sp. 2001; Grimm, DWB 6, Sp. 1435 f.; Kluge/Seebold, S.454 -> nailmäg(e); swertmäg(e) macht st. F. 'Vermögen, Kraft, Macht': Unde von weme si den zcol nemen, di sullen si bevriden unde beleiten noch irre macht 2rl 19. maget, mait st. F. 1. 'Mädchen, Jungfrau': Von der not maget oder wibes 6rl4, magit 4 v r l l , mait 4vrl5, 19r24, 19v27, 20r29, 20vl3, 29v2, 40v24, 42vl8, 47v37, 71vl, meide 4vr23, 2 0 v l l , 41rl6; 2. 'Dienerin, Magd': Des morgens, als he mit ir zu tische gat vor essin, an erbin gelubde, so mag he ir gebn einen knecht odir eine mait 15r2 7. milboum st. M. 'Grenzbaum': Vischit he aber in tichen ... oder houwet he malboume ..., he gibet drisig Schillinge 33r23/24, malboume 38rl0. man st. Μ. 1. 'Lehensmann': des riches getruwin

mannen

288 lr5, Wirt ein man sins genosin man 6vl28, Liet ein hene zcwen mannen gut 7vrl2, Doch behilden si di vorsten zu mannen 49vl0, man 5vl2, 6rrl4, 6vrl2, 6vrl4, 6vr24, 7rr3, 7 r r l l , 7rrl2, 7rrl6, 7rr20, 7rr23, 7rr28, 7vll, 7vl4, 7vll3, 7vll6, 7vl22, 7vl27, 7vl28, 7vl30, 7vl34, 7vr2, 7vr3, 7vr5, 7vr6, 7vr7, 7vrl4, 7vrl5, 7vrl6, 7vr26, 8rl2, 8rl6, 8rl8, 8rl9, 8rll7, 8rll8, 8rl20, 10v29, 1 lr3, 13r9, 1 3 r l l , 14v5, 22vl2, 22vl5, 22vl6, 22vl7, 23v24, 28r3, 30v33, 39rl9, 49rl2, 51vl5, 51vl7, 52v28, 53rl6, 56r3, 59r7, 59r21, 59r26, 59r31, 59v6, 59vl0, 59vl3, 59vl4, 59v23, 59v28, 6 0 r l l , 60rl7, 60v20, 60v23, 61r5, 61rl0, 61rl2, 61rl8, 61r21, 61r24, 61vl8, 61v23, 61v25, 62r2, 62r4, 62r9, 6 2 r l l , 62rl4, 62rl9, 62r31, 62v3, 62vl5, 63r3, 63rl3, 63r21, 63r22, 63r26, 63v2, 63vl5, 63vl9, 63v21, 63v24, 63v27, 63v28, 64r2, 64r6, 64rl2, 64r22, 64r23, 64r28, 64v28, 64v30, 65r4, 65r24, 65r25, 65v7, 65vl8, 65v21, 65v27, 65v29, 66r4, 66r6, 66vl, 66v4, 66v6, 66vl6, 66v30, 67rl0, 67rl2, 67rl3, 67rl4, 67rl9, 67r23, 67vl, 67v2, 67v4, 67v7, 67v24, 67v30, 68rl2, 68rl5, 68v3, 68vl6, 69r8, 69v26, 70r2, 7 0 r l l , 70vl4, 71r4, 71rl5, 71r26, 71r28, 71v23, 72r6, 72rl9, 72r24, 72r27, 72v7, 72vl3, 72vl8, 72v21, 72v23, 73r5, 73rl6, 73r21, 73r29, 73vl, 73v9, 73vl3, 73v20, 73v27, 74r6, 74r8, 74r9, 74rl3, 74rl4, 74r24, 74r25, 74v3, 74v6, 74vl3, 74vl7, 74vl8, 74v21, 75rl, 75rl0, 75rl3, 75rl7, 75r25, 75r26, 75r28, 75v2, 75v8, 75vl8, 75vl9, 75v24, 75v30, 76rl, 76r2, 76r5, 76r7, 76rl7, 76r20, 76r23, 76r25, 76v2, 76v7, 7 6 v l l , 76vl7, 76v20, 76v24, 77r5, 77r9, 77r22, 77r25, 77v3, 77v9, 77vl6, 77v21, 77v23, 7 8 r l l , 78r21, 79r2, 79r20, 79v25, 80rl4, 80r23, 80r28, 80v2, 80v4, 80v23, 81r20, 81v2, 81v7, 82rl5, 82vl8, 82v20, 82v22, 82v27, 83rl, 83r3, 83r6, 83rlO, 83r28, 83vl, 83v7, 83v9, 83vl0, 83vl3, 83vl5, 83vl7, 83v21, 83v27, 84r3, 84r6, 84r9, 84rl4, 84rl8, 84rl9, 84r23, 84vl4, 85v2, 85v4, 85v6, 85vl4, 85vl7, 85vl8, 85vl9, 85v21, 86rl, manne 7rrl4, 7rrl8, 7rr26, 7rr30, 7vl2, 7vrl0, 7vr20, 8rll, 8rl3, 8rl6, 23r7, 31r33, 34rl7, 59v20, 60vl, 60v25, 61r2, 61r7, 61rl6, 61r21, 61r26, 61v7, 61v8, 61v22, 62r7/8, 62r22/23, 62r27, 62v28, 63r24, 63vl8, 64v3, 64vl7, 64vl9, 64v22, 65rl5, 65r23, 65v28, 66r8, 66rl 1, 66r24, 66r25, 66r28, 66v2, 6 6 v l l , 71rl4, 71r25, 73r28, 73v3, 74rl6, 74r20, 74v2, 74vl4, 74vl7, 75r4, 75vl, 75vl3, 76r2/3, 76r27, 76r30/31, 77rl, 77rl8, 8 0 r l l , 80r30, 83rl8, 83v8, 83vl7, 84r2, 84rl7, 84vl6, 85r5, mannen 2vrl7, 8rl25, 60v2, 60v4, 60vl3, 61vl2, 62v6, 62v8, 64r3, 66v23, 68v26, 69v24, 73r25, 73r27, 74rl8, 74r23, 74v7, 74v24, 77rl9, 82v29, 83r31, 83v5, 84rl5, 85r6, mannes 7rr22, 7rr25, 7vll5, 7vr4, 7vr8, 7vrl3, 7vrl8, 31r34, 61rl7, 63r28, 64rl5, 64vl2, 64vl4, 65v9, 67vl7, 67v22, 68r20, 70r4/5, 70r8/9,

Glossar 70r28, 71r23, 72v21, 73rl8, 73v4, 73v24, 74vl9, 74v20, 74v22, 79r9, 83r25, 84r5, 85v25; 2. 'Ehemann': Ab ein wip kint treit na des mannes tode 4vr6, man 4vr4, 4vr20, 5vl8, 7vl21, l l r 8 , 13vl5, 15r30, 15v8, 15v22, 16r9, 16vl9, 17rl4, 18r28, 18vl, 18v6, 19rl7, 20r32, 20vl, 21v7, 32r5, 47v38, 55r6, 55r28, 55v4, 55v7, manne 6vr7, 18v4, 5 5 r l 0 / l l , 5 5 r l 7 / 1 8 , mannes 4vr22, 6rr22, 6vrl0, 15v4, 15v9, 15vl3, 15vl5, 15v23, 16v3/4, 16v5/6, 17v6, 18r30, 18r33, 18vl5, 19r21, 19r23, 20v7, 20v8, 22rl5, 47v36, 48r2, 48r3, 48r4, 55rl8, 55r24, 55r25, 55r29, 55vl7, 55v22; 3. 'Mann, männliche Person, Mensch': bezuget in des sin vater zeu den heiligen vor sime richtere mit zcwen seintbaren mannen I r l 2 , Swelch bischof von deme riche belent is mit vanlene ... mag wol orteil vinden ... ubir iclichen man 4rl23, Got hat den man noch im gebildit 46v6, man der werlde 'Laie' 31 vi4, man 4vl7, 4vl33, 4vrl6, 4vr28, 4vr29, 4vr33, 5rll, 5rl25, 5rr6, 5rr7, 5rrl2, 5rrl5, 5rrl9, 5rr23, 5rr26, 5vl6, 5vl7, 5 v r l l , 6rll6, 6rll7, 6rl21, 6rl22, 6rl23, 6rl26, 6rl32, 6rr2, 6rrl0, 6rrl2, 6rrl5, 6rr21, 6rr29, 6vll, 6vl28, 6vr2, 6 v r l l , 6vr31, 7rr3, l l v l 7 , 12rl6, 12r27, 12r28, 12r33, 12vl2, 12vl6, 12v21, 13vll, 13vl7, 14r30, 14vl0, 14vl8, 1 5 r l l , 15r23, 16r29, 16vl8, 16v20, 17vl2, 17v24, 17v33, 18rl, 18r4, 18r24, 18v29, 19rl, 19r7, 19v9, 20r4, 20rl0, 21r3, 21rl5, 21rl6, 21rl8, 21r28, 21r32, 21r33, 21v3, 21v9, 21vl4, 21v29, 22rl8, 22r25, 22v29, 22v32, 23r28, 23r32, 23vl3, 23v26, 23v31, 23v32, 24rl, 24r7, 24rl3, 24r26, 24v2, 24v5, 24vl6, 25r20, 25r27, 25r31, 25v3, 25v23, 26vl, 26vl9, 26v29, 27rl3, 27rl4, 27rl9, 27r26, 27r30, 27vl, 28r6, 28rl0, 28v23, 28v30, 29rl4, 29rl6, 29r34, 29vl4, 29v28, 30rl, 30rl0, 30rl6, 30r20, 30r21, 30r22, 30r29, 30v2, 30v5, 30vl0, 31rl0, 31rl6, 31r24, 31r28, 31r36, 31v7, 31v24, 31v25, 31v26, 32rl, 32rl5, 33r2, 3 3 r l l , 34r9, 34rl3, 35r3, 35rl4, 35r21, 35v25, 35v30, 36r29, 36v9, 37rl4, 37r25, 37r30, 37v7, 37vl0, 38r26, 38r33, 39v25, 39v28, 40r5, 40r33, 40v7, 40v9, 40vl9, 41r3, 41r6, 41r8, 41r31, 42v3, 43r3, 43rl0, 4 3 r l l , 43r27, 43vl8, 4 4 r l l , 44rl2, 44rl5, 44rl8, 44r20, 44r21, 44r27, 44v6, 4 4 v l l , 44vl8, 45r4, 45r8, 45r24, 45r36, 45vl7, 46rl9, 46r30, 47r28, 48rl8, 48r36, 48v2, 48v30, 50r8, 50v4, 50v7, 50vl3, 50vl9, 52vl5, 53rl2, 53rl5, 53r24, 53v4, 54rl6, 54r25, 55r26, 55v9, 55v24, 56r5, 56v32, 57r6, 5 7 r l l , 57rl7, 57r23, 57r26, 5 7 v l l , 57v22, 57v28, 63r9, 63v2, 63vl0, 63vl3, 72v2, 78vl9, 81r2, 81r24, 84v7, 85r22, manne 5vr30, 12vl0, 12v24, 24v7, 26r22, 36vl2, 38v26, 41vl4, 43rl8, 43r32, 50vl5, 52v3, 56r21, 57vl6, 78r22, 79r26, 79r28, mannen 2rr23, 5vl7, 12r25, 12v8, 12vl7, 12v23, 17vl7, 18vl8, 26vl2, 31v23, 36v24, 38v30, 42rl3, 44v33, 45rl5, 63r4, 63r8, 72r22, mannes 4vrl0, 5vll7,

289

Glossar 6rlll, 6rll4, lOvlO, Uv27, 18r26, 20rl4, 21v3, 21v32, 2 2 r l 0 / l 1, 24r24, 30r30, 31vl9, 33vl4, 33v27, 33v29, 35vl9, 35v23, 35v35, 36v30, 37r2, 38r6, 38rl7, 38rl9a, 39rl4/15, 39r33, 42rl5/16, 43vl7, 44r4, 44rl4, 48r25, 48v23, 49r26, 49v28, 50r29, 50vl7, 62vl9, 77vl0, 78v28, mannis 43vl5. DRWB 9, Sp. 116 ff.; Lexer I, Sp.2021 ff.; Grimm, DWB 6, Sp. 1553 ff.; Trübner 4, S. 547 ff.; Kluge/Seebold, S. 460 -*• gemannet; lantman; muntman ; vriman; zinsman manen sw.V. 'erinnern, auffordern, ermahnen': Wer uf gnade gedient hat, der mus den erbn gnadin manen 16r28, mit urteilen manen 'gerichtlich auffordern' 64r7/8, manen 62vl4. manschaft st F. 'Lehenspflicht, Abhängigkeitsverhältnis des Lehensmanns gegenüber seinem Herrn': Swen der herre sinen schilt mit manschaft nideret 7vrl9, Ban liet man ane manschaft 52v30, manschaft lr22, 2vl7, 8rl2, 52v30, 65v5, 65vl3, 65v24, 65v30, 66r7, 66rl6, 66r27, 66vl, 68rl, 71vl6, 85vl3. marke st. F. 1. 'Gemarkung, abgegrenzter Bezirk einer Gemeinde': Swervie tribit uf andere marke 5vr5, marke 37r20; 2. 'Markgrafschaft': geschit is aber in einer marke, so mogens wesin allerhande luite, wer si sin, vollenkumen an irme rechte 28r20, di marke zu Brandenburg 52r4, marke 28v4, 79v22. markgreve sw. M. 'Markgraf, königlicher Richter und Verwalter eines Grenzlandes': di markgreven von Missene ... sin alle Swabin 3vr20, markgreve 23rl6, 51r4, 53rl 1, 60r8, markgreven 6vl27, 28v5, 49v5, 53rl. markscheidunge st. F. 'Markgrenze, Gemarkungsgrenze': Ab zcwei dorf umme eine margscheidunge sich zcweien 79v4, margscheidunge 8rll3. markstein s t M . 'Grenzstein': Swer marksteine sezt 5vr8, marksteine 38rl0, marksteinen 33r24/25. markt st. Μ. 1. 'Markt, der auf dem Marktplatz getriebene Handel': Von valschen phenningen, von markte, von münzen 5vlll, Nimant ensal markt noch muncze erhebin ane des richters urlop 32v20, markt 53rl8, markte 34v3; 2. 'Marktort': Binnen markte oder binnen uswendigene gerichte endarf nimant entwerten 45v33, marktin 6rr6. DRWB 9, Sp. 242 ff.; HRG 3, Sp.324ff.; Lexer I, Sp.2049; Grimm, DWB 6, Sp. 1644ff.; Trübner 4, S. 559 f.; Kluge/Seebold, S.463 marktzol st. M. 'Marktzoll, Abgabe für die Handelser-

laubnis auf dem Markt': Wer so marketzol enphurt, der sal drisig Schillinge geben

32v31a.

marschalk st. M. 'Marschall, Aufseher über das Gesinde bei Reisen und Heereszügen': der marschalk, der herzöge von Sachsin 51r3. marter st. F. 'Martyrium, Marter': Got hat den man noch im gebildit unde mit siner martir irlost 46v7, marter 9v29, martir 41r35. martern sw.V. 'kreuzigen': Des vritagis machte got den man unde wart des vritages gemarterit durch den man 41r31/32. mäs st. N. 'eine bestimmte Menge zum Messen, Maß': Dis selbe gerichte get über unrecht mas 29r29. meineide Adj. 'meineidig': danoch sal swerin sin gezug, das sin eit reine unde nicht meineide si 57r21. menie, menige st. F. 'Vielheit, Menge, Schar': di meiste menie 'die Mehrheit' 15r4, 28vl6, 28vl8, 45v3, 78rl4, der meisten menie 38v34, di meiste menige 73r2. mensche sw. M., mensch st. M. 'Mensch, das menschliche Geschlecht': Da bi is uns kundig von gotis wortin, das der mensche gotis bilde is 47r21, Got... machte den menschin in ertriche 9v24, menschen 10v8, 40rl6/17. menscheit st. F. 'Menschheit, Gesamtheit aller Menschen': Des dunrstagis vurte got unse menscheit zu himele 41r29. meren sw.V. 'das Abendmahl feiern': Des dunrstagis merte got mit sinen jungern in deme kelche 41r27. merken sw.V. 'verstehen, erkennen, begreifen': Nu merket, wi odirwo di sippe beginne unde ende 1 lr6, merken 59r3/4. messer st. N. 'Messer': Er he ouch vor den henen kume, he sal swert, messer ... unde alle wapen von im tun 7 5v22. miden st.V. 'meiden, fernbleiben': Im sal nimant icht odir nicht zu koufen geben ..., unde sal en miden an allen dingen 2vr29. mile st F. 'Längenmaß, Meile': Man enmus keinen markt buwen deme andirn einre milen nae 53rl9. minne st. sw. F. 1. 'Liebe, Freundschaft, Wohlwollen, Güte': Des heiligen geistis minne, der sterke mine sinne 9vl/2, si envorebenen sich mit minnen 44v27; 2. mit minnen sizzen 'sich gütlich einigen': wo man ieme leistet, deme man geldin sal, oder mit sinen minnen sizt, da hat man en allen geleist 56r23/24.

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Glossar

-> H R G 3, Sp. 582ff.; Lexer I, Sp.2144ff.; Grimm, DWB 6, Sp. 2238 ff.; Trübner 4, S. 630 ff.; Kluge/Seebold, S. 480 -> sizzen 4 miselsuchtig Adj. 'aussätzig': Lamen man unde miselsuchtigen ..., den enmus man zu kunige nicht kisen 50r8, missilsuchtigen 1 lvl 7. missebären sw.V. 'sich ungebärdig benehmen, betragen': Das vorlos in allen Calefomia, di vor deme riche missebarte von czorne 40vl7. missesprechen st. V. 'sich versprechen': Der stammernde man, missespricht he, he mus sich wol irholn 23v31, missespricht 76r24/25. -» vorsprechen 3 missetät st. F. 'Vergehen, Missetat': di wip in irme gesiechte alle erbelos sint gemacht durch irre vordirn missetat 14v27, missetat 41r9, 41v3. missetün unr.V. 'Schaden anrichten, unrecht handeln': kein urteil enmus he me scheidin, he enhabe gebessert, das he an den dren orteiln missetet 61v30, missetut 63vl2, enmissetut 40r34, 57vl5. mite st. F. 'Lohn, Belohnung': das he durch libe noch durch leide noch durch mite ... schribe noch tu an sime ammechte 3rr27. -» bümite mittag st. M. 'Mittag (als Frist bei Rechtshandlungen)': Kamphes mag ein man wol weigern, ab man en grusit noch mittage 25r32, Gerichtis suln alle warten, di dingphlichtig sin, von der zit, das di sunne ufget, bis zu mittage, ab der richter da is 51v30, mittage 60r21, 60r24. morden sw.V. 'morden, ermorden': Wirt ein man gemordet uf dem velde 7rl3, gemordit 5 7 v l l . morder st. M. 'Mörder': Alle mordere unde di den phlug rouben ..., di sal man alle radebrechen 29r30/31. morgen st.M. 'Ackermaß, Morgen': Eine wurte oder ein morgen 7rr20, morgen 63vl. morgengäbe st. F. 'Geschenk des Mannes an die Frau am Morgen nach der Hochzeitsnacht, das Vermögen der Frau im weiteren Sinne': Was man gibt zu morgengabe 4vl22, morgengabe 4vl24, 4vl29, 7rll6, 15r24/25, 15vl3/14, 15vl9, 15v28, 17rl7, 31r32, 55rl5, 55vl. H R G 3, Sp.678 ff.; Lexer I, Sp.2200f.; Grimm, DWB 6, Sp. 2567 f. mortbrant

st. M. 'Brandstiftung': Der den man slet oder

vet oder roubet oder burnet, sunder mortbrant..den man das houpt abeslan 29vl. mortburnere st. M. 'Mordbrenner': mortburnere 29r32/33.

vorrethere

sal unde

munch st.M. 1. 'Mönch': Derphaffe teilt mit deme brudere unde nicht der munch 17v8, munchen 17vl6; 2. gräwer munch 'Zisterzienser': grawer munche recht 17vl9. munchen sw. V. 'zum Mönch machen, ins Kloster schicken': Muncht man ein kint binnen sinen jaren, das mus wol binnen sinen jaren usvaren unde behelt lantrecht unde lenrecht 17v9. munchskleit st. N. 'Mönchskleidung, Kutte': Begibit sich ein man der werlde, der zu sinen jaren kumen is, unde tut he munchscleidere an 3 lvl 5. mundelin st. N. 'Mündel': Wen alse he sich selbe mus vorsten, als mus he sine mundeline vorsten 20r21. munt st.M. 'Mund': Welch man an munde ... belemt wirt..., man mus is im gelden mit eime halben wergelde 30r29, munde 68r9, von munde zu munde 74r21/22. muntman st. M. 'der sich in den Schutz eines anderen begibt, Schützling, Klient': Wir vorbiten vesteclichen, das imant icheinen muntman habe 2vr3. münze st. F. 1. 'Münze, geprägtes Geldstück bzw. das Recht, die Münze zu prägen, Währung': Nimant ensal markt noch muncze erhebin ane des richters urlop 32v21, münze 51v4, munzce 77v6, munczen 39vl, 62vl, münzen 5vlll, 7rrl5; 2. 'Münzstätte': Wir sezcin unde gebiten, das alle di munzcen, di sint unsers vatirs, des keiser Heinriches gezciten, gemacht sint, das di abe sint 2rr9, munczen 2rr7, munzcen 2rrl7. H R G 3, Sp. 770 ff.; Lexer I, Sp.2236; Grimm, DWB 6, Sp. 2703 ff.; Trübner 4, S. 704 ff.; Kluge/Seebold, S. 493 -*• phenning; phunt·, schilling munzer st. M. 'Münzmeister, der das Recht besitzt, die Münzen zu prägen': Buitet der munczer einen valschen phenning us, das he da mite koufen wil, is get im an den hals 32v6, munczer 32vl9, munzer 32v29. müsteil st. N. 'die Hälfte der bei der Erbteilung vorhandenen Speisevorräte, die an die Frau fällt': Von morgengabe, musteil unde gerade 4vl29, Gemeste swin gehören zu dem musteile unde alle di gehovete spise in iclichen hove irs mannes 17r20, musteil 15vl4, 55rl6, 55v2. H R G 3, Sp. 798 f.; Lexer I, Sp.2241

Glossar müsteilen sw.V. 'die bei der Erbteilung vorhandenen Speisevorräte zur Hälfte teilen': Dar noch mus di vrouwe mit den erbn musteilen alle gehovete spise 16vl/2. müter st. F. 'Mutter': Helt der vater oder di muter kindere in Vormunde 4vll2, muter I r l 5 , llv31, 12r4, 12rl4, 13v6, 13v8, 13v24, 14vl2, 14vl3, 14v20, 15vl5, 15vl7, 15vl8, 15v23, 18v21, 21vl, 21v4, 2 1 v l l , 31r6, 36v22, 54vl5, 55rl, 68v20, mutir 1 I r l 1, 13v27, 14v8/9, 54v28. mütwille sw. Μ. 1. 'freier, eigener Wille, Gutdünken': Swas ein herre von mutwillen liet 7vl23, Vragit he noch sime mutwillen unde nicht noch rechte, das enschadet noch envromt irme kein 24v8, mutwillen 51rl0, 71rl3, 76r29; 2. 'böse Absicht': Entket der knecht den herren von mutwillen, he sal deme herren also vil geben, als im der herre gelobet hatte 35r33, mutwillen 53vl0.

Ν nacht st. F. 'Nacht': Unde wirt der dip oder der rouber binnen tage unde binnen nacht nicht vorwunden, so hat der gougreve kein gerichte dar an 23rl0, Wer des nachtis korn stilt, der vorschult den galgen 35r23, binnen drin tagen unde nacht 4 2 v l l , nacht 28r27, 78v7, 82rl0, 83v25, nachtis 33r28. vierzennacht nägebom Part. Adj. 'nachgeboren, zweitgeboren': Lipgedinge enkan den vrouwin nimant gebrechin, weder nageborn erbe noch nimant, uf den das gut irstirbit 16r2. nail st. Μ. 1. 'Nagel, Verwandtschaft des siebten Grades': An deme sibindin stet ein nail unde nicht ein gilt l l r 2 8 , naile l l r 3 0 ; 2. 'Nagel, Schraube, um etwas daran zu befestigen': Icliche rute sal haben zwelf naile uf wert 48rl7, nail 48rl7, 48r20, naile 4 8 r l 9 / 2 0 , 48r20. nailmag(e) sw. M. 'Nageimage, Verwandter im siebten Grad': Dar umme endit sich da di sippe unde heisin nailmage l l r 3 0 . nakebure sw.st. M. 'Anwohner, Dorfgenosse, Nachbar': Unde swer sich zu gezuge buit unde siner nakebure vie intribet 6rr20, nakebure 34vl, 35v30, 38r25, 56v2, 57vl4, nakebures 38r24. name sw. M. 'Name, Benennung': Unde sal schriben alle di namen, di zeu schedelichen luten dem lande besait werdin 3rrl3, Unde weis he des vridebrecheris namen nicht, he beclage en ungenant 24r32, mit namen 'namentlich' 26v23, namen 49r24, 49v8, 51rl2, 78r22/23.

291 narwe sw.st.F. 'Narbe': So sal he wisen di wunde odir di narwe, ab si heil is 25r7, narwen 27rl 1. nase sw.st.F. 'Nase': Welch man an munde, an nasen, an ougen ... belemt wirt ..., man mus is im gelden mit eime halben wergelde 30r29. nemen st. V. 1. 'nehmen': Der richter sal nemen alle di gewette, di im gewettit werdin 3rl28, Noch dem hergewete sal das wip nemen ir morgengabe 17rl 6, Swebisch recht enzweit nicht von sechsicheme rechte, wen an erbe zu nemene unde urteil zu scheldene 15r22, nemen 2rll8, 3rr23, 4vl4, 4vl5, 5vl3, 6vrl8, l l r l 3 , l l r 3 2 / 3 3 , llv26, 1 lv28, 14vl7, 15v8, 31r3, 33v22, 39r21, 50r30, 55v3, 68vl5, 69r2, 69rl0, 84vl2, neme 2vl32, 3rl23, 3rrl, 14rl8, 20r31, 36rl2, 67v22, 76rl9, nemene l l r l 7 , 18r6, 26vl5, 29v24, 31r8, 76rl4, nimt 2rr6, 4vl6, 4vll9, 7rl9, llv21, 12r3, 12rl0, 12rl7, 13vl6, 13v21, 14vl 1, 14vl4, 15r9, 15v6, 15vl3, 16v21, 16v24, 17r22, 24rl3, 31 r l 8 , 31r23, 33v20, 35rl2, 35vl3, 36vl9, 37v22, 37v30, 3 9 v l l , 39v21, 43v25, 48v4, 52v3, 54v8, 55vl, 57v4, 62r22, 63v9, 70vl3, 76vl8, nimet 2rll0, l l v l , nam 47v29, ennemen 54vl5, ennimt 37r29, genumen 15rl6, 22r4, 22r7, 25r9, 34vl0, 76r6/7, genomen 55v4/5; 2. 'wegnehmen, entwenden': Swo aber dem manne sin gut mit gewalt genumen wirt 6br9, nimt 6vll, 6vr23, 7rll, 7rrl4, 7vrl0, 71rl8, 77rl, nemen 7vl20, 38vl 1, ennimt 6rrl3, 21v2, 52r31, 69r28/29, ennimet 36vl8; 3. 'Ehepartner nehmen, heiraten': Di wile der man ane wip nicht wesen wil oder enmag, so mus he wol elich wip nemen 32r3, nemen 21v7/8, nemene l l v 4 , nimt 5vl25, 6rr8, 15vll, 18vl, 19rl7, 19r25, 32r4, 35v3, 54vl0, 55r5, 55v9; 4. 'erhalten': he neme di gewisheit, das dem clegere gerichtet werde noch des landis gewonheit 2vl26/27, enneme 2vrl0; 5. 'erleiden': si engelden dem vater sinen schadin zcwivalt, den he von en oder von irre helfe genomen hat lvll; 6. 'freischwören': Das sal he deme herren bessern ..., he enneme sich ab des lastirs unde des schaden uf den heiligen 34r6; 7. 'leisten': he mus deme richtere wettin unde ieme sine buse geben unde us deme schaden nemen 56v24. -> Lexer II, Sp.52ff.; Grimm, DWB 7, Sp. 521 ff.; Trübner 4, S. 772 ff.; Kluge/Seebold, S.501 -> genemen 1, 2; üsnemen; widernemen nennen sw.V. 'bestimmen, nennen': Alle, di der vatir nennet zu gezuge vor dem richtere ..., di suln des nicht uberig werdin durch manschaft noch durch keiner hande ding lr20, nenne 17r33. niderbrechen s t V . 'niederreißen, niederbrechen': Beheldit en eine stat gemeinlichen unde wissenlichen, ist si

292 ummemuret, der richter, in des gerichte das ist, der sal si niderbrechin 2vr32. nidere st. F.M. 'Person niederen Standes': Di nideren enmugens den hogern nicht gehelfin lvl21. nideren sw.V 'erniedrigen, herabsetzen': Swen der herre sinen schilt mit manschaft nideret 7vrl9, das man imande mit sime gute nidere 68r6, genidert 53rl7, 85v6, ennideret 65v5/6. niderlegen sw.V. 'niederlegen, ruhen': Wen der greve kumt zu des gougreven dinge, so sal des gougreven ding nider sin geleit 23rl9/20, wen ein man mus wol sinen herschilt niderlegin ane sins wibes willen 17v24, nidergeleit 31v22/23. niftele sw. F. 1. 'Schwestertochter, Nichte': So behelt ouch ir niftele ir gerade noch irrne tode 15v21, nifteln 36v22; 2. 'Verwandte im weiteren Sinne': Iclich wip erbit zweier wege: ir gerade an ir nehiste niftele, di ir von wiphalben zugehorte 17v32. nöchkumeiing st. M. 'Nachfolger im Amt': Stirbet ein richter, swas bi sinen geziten gesehen is, das sal sin nöchkumeiing an deme gerichte gezug wesin 45v30. nöt st. F. 1. 'Drangsal, Bedrängnis': durch di not sinen viendin widersagin lvrl3, unde di not an im getan 25r5, des landes not 67vll; 2. 'Nachteil, Schaden': unde sider keine not dar umme liden 20v23, he lidet dar umme keine not 28v25, not 42v29, 43r30; 3. 'Notwendigkeit, Bedürfnis': sin rechte Vormunde sal is doch an sime gute vorsten zu siner not 17rl; 4. 'Kindesnot': zu irre not 'in ihren Kindesnöten' 18v20; 5. 'Nötigung, Vergewaltigung': Von der not maget oder wibes 6rl4, Von der not 7rll7, Wip oder mait, di not vor gerichte claget 40v24; 6. 'Notwehr': Slet ein man den andern tot durch not 29vl5, unde di not uf den totin beredit werde 56r9; 7. 'Vergehen': unde sich der not entredet 42v22; 8. echte, ehafte, rechte nöt 'rechtlich anerkannte Notlage, Hinderungsgrund, vor Gericht zu erscheinen (Gefangenschaft, Krankheit, Reichsdienst, Not des Landes)': Von der echten not 5rrl3, echt not 27vl4, 41v37, 67r2/3, 67r4, 67vl0, 67vl3/14, 67vl5, 67v23, 73vl2, echt not, di he bewise 36r27, is enbeneme im echt not 80r2, 82r9, ehafter not lvl24, lvl29, ehafte not 19v4, 19v5, ane rechte not 'ohne rechtlichen Hinderungsgrund' 13rl5; 9. des riches nöt 'Reichsdienst, Heeresdienst': wen is im des riches not benimt, das di not werde bewiset noch rechte 85rl9, 85r20. Lexer II, Sp. 103 f.; Grimm, DWB 7, Sp.905ff.; Trübner 4, S. 816 ff.; Kluge/Seebold, S.507 -*• echt 2; recht(e) 1; riche 1

Glossar nötigen, nötegen sw.V. 'notzüchtigen, vergewaltigen': swer... unechte wip notiget unde den vride an en brichet 48r34, notiget 4vrll, 19r25, noteget 29v2, genotiget 42vl9. nötzagen nötnunft st. F. 1. 'gewaltsamer Raub, besonders Frauenraub und Notzucht': Alle lebende ding, das in der nötnunft was, das sal man enthoubeten 42v25. nötnunftig Adj. 'gewaltsam': in notnunftiger clage 'bei einer Klage um Notzucht' 20r22. nötweren sw.V 'Gewalt abwehren, sich notwendigerweise verteidigen': das he sinen lip da unde sin gut notwerende si lvr6. nötwerunge st. F. 'Notwehr, Abwehr von Gewalt': das hes in nötwerunge tete 40vl2, in nötwerunge sins libes 56r9. nötzagen sw.V. 'vergewaltigen, notzüchtigen': Umme kein ungerichte ensal man ufhouwen dorfgebuwe, is ensi, das da mait oder wip genotzaget inne werde 42vl9. -» nötigen, nötegen nuz st. Μ. 1. 'Gebrauch, Nutzung': Ab sich dar under nimant noch rechte zu enezut, der richter ker is an sinen nocz 33v26, nuez 18rl3, nuzce 63v8, 72r28; 2. 'Nutzen, Vorteil': nu halde wir sine e unde sin gebot..., in Sachsinlande noch sines rechtis nuez 9v35, nuez 16v29, nuzce 68r28. nuzze Adj. 'nützlich, brauchbar': Das habe wir dar umme gesezeit, wen is uns nuzce dunkit 3rr31. nuzzen sw.V. 'gebrauchen, benützen, sich bedienen': des herren husgenose si nuezen di man in der manne stat, swo he ir bedarf 74vl7, nuezen 13r32, nuzzen 33r34.

Ο offen Adj. 'offen, geöffnet, unverhohlen': Doch mugen di vursten gewern einen man mit eineme offen brive besigelt 36r29, Di burgetore suln offen sin, da der herre zu burgrechte inne tedinget 81 vi6. offenbar Adv. 'öffendich, deutlich sichtbar': Wirt is abir zu der kirchen brächet offenbar, wer is siet unde hört, der mus sins lebins wol gezug sin 18v27, offenbar 19r24, 24vl5, 34rl7/18, 43rl8, 81 vi3, offenbare 76v2. offenliche Adv. 'öffentlich, allen wahrnehmbar und ver-

293

Glossar ständlich': Wir sezcin unde gebiten, das ichein richter nimande in di achte tu wen offenlichen 2vl25. ör st. sw. N. 'Ohr': Welch man an munde, an nasen ... unde an orn ... belemt wirt ..., man mus is im gelden mit eime halben wergelde 30r30. orlop

urlop

orlouge st. N. 'Streit, Fehde': Dis is von dem orlouge 2rl23. urlögea ortbant st. N. 'eisernes Band an der Spitze der Schwertscheide': Ortbant von den swertscheiden suln si abbrechen 25v30. orteil -*• urteil orvede st. F. 'Urfehde, Verzicht auf Rache': Sune aber unde orvede, di der man vor gerichte tut, di gezugit man mit dem richtere unde mit zwen mannen 12v21, orvede 4vl9, 46r28. Lexer II, Sp.2016f.; Grimm, DWB 11.3, Sp. 2409 ff.; Trübner 2, S. 310; Kluge/Seebold, S.753 orvundig, zu mhd. vündic Adj. 'überführt, nachgewiesen': Dis selbe gerichte get über unrecht mas unde Unrechte wage unde über valschen kouf, ab man des orvundig wirt 29r30. ouge sw. N. 'Auge': belemt hes aber in eime ougen, he gilt is mit deme halben teile 48v21.

Ρ pibest

habest

paradis s t N . 'Paradies': Got ... machte den menschin in ertriche unde saczte en in das paradis 9v25. phaffe sw. M. 'Priester, Geistlicher, Weltgeistlicher': Der phaffe teilt mit deme brudere 4vl30, Phajfen unde rittere unde ir gesinde sullen wesin zolvri 33rl, phaffe 12r3, 17v7, 59vl, 59v7, phaffen 41rl6, 41vl, 41v37, 42v31, 59r8, 59r32, phaffin 12rl0, 51r8. phaffenkint st. N. 'Kind eines Priesters, Pfaffenkind': Phaffenkindere unde di unelich gebom sin, den gibt man zu buse ein vuedir houwes 48r21. phalburger st. M. 'Bürger, der außerhalb der Stadtmauer wohnt': Wir sezcin unde gebiten, das man di phalburgere allenthalben lasi 2vr4/5. phalenze st. F. 'Pfalz, Hof eines Fürsten': Vunf stete, di

phalzen heisen, ligen zu Sachsen in dem lande, da der kunig echte hove haben sal 51v31, phalenze 52r4, phalencz 6vl22. Lexer II, Sp.224; Grimm, DWB 7, Sp. 1601; Trübner 5, S. 82 f.; Kluge/Seebold, S. 538 f. phalenzgreve sw.M. 'Pfalzgraf, Richter am kaiserlichen H o f : Der phalenzgreve richtet ubir den keiser 6vl6/7, phalczgreve 49v3/4, phalenzgreve 5 l r l / 2 , 52v31, 60r7. phalz -* phalenze phant st. Ν. 1. 'Pfand': Is ensal kein zinsman vor sinen herin phant dulden poben sinen zcins 22v6, das phant zu borge tun 27v9, phant 27vl5, 32v28, 33rl4, 46rl, phande 43v25, 57r3; 2. phandes recht 'Pfändungsrecht': Wem si das phant wider recht ..., so musen si ... doch phandis recht tun 33rl6. phenden sw. V. 'pfänden': Man mus wolphenden uf sime lande 6rl31, der vronebote sal en da vor phenden 22r32, phenden 22r34, 27vl9, 33rl3, 83r29, phendin 5vr4, 22v20, 27v8, 33r27, 45r30, 50v3, phende 3vl26, 3vrl, gephant 37r8, 37rl8, 37r21. -» gephenden; üsgephenden phenning st.M. 'Münze, Geld, Pfennig': Wer so Unrechten weg slet über gewunnen lant, vor iclich rat sal he geben einen phenning 3 3 r l l , di vrischen phenninge 'Fersengeld, Fersenpfennig' 55r7, phenning 32v6/7, 32vl0, 32v33, 37v27, 37v29, 47v28, 47v28/29, phenninge 2rrl4, 6rr26, 29r26, 29v22, 32v4, 32vl3, 32vl6, 32vl9, 32v24, 32v26, 34v5, 3 7 r l l , 37r21/22, 37v33, 43v31, 43v33, 46rl3, 46rl9, 47rl7, 47v27, 47v30, 47v33, 47v35, 48v35, 48v35/36, 53r8, 77v6, phenningen 5vll 1, 21r7, 26vl3, 32v25, 32v28, 37v32, 39r27. -*• vrisch 2 phert st. N. 'Pferd, Reitpferd': Gibit der vater dem sone ros unde phert 4vlll, phert 5vr30, 6rrl, 13r31, 15v27, 16v6, 34r32, 35r8, 35vl9, 35v23, 35v27, 37rl3, 40r6, 41vl4, 43r34, 4 3 v l l , 44r34, 45vl0, 49rl3, 60r25, 78v4, pherde 10r8, 28r26, 28r28, 78v8. -» ntephert; ros; runzit; zeiter phläge st. F. 'Obhut, Fürsorge, Pflege': Wer denne di erben sint unde ir nehisten mage, di suln si haldin mit phlage l l v l l , phlage 38vl9. phlege st. F. 'Pachtzahlung, Abgabe': In Sente Bartholomeustage is allerhande zins unde phlege vordinet 39r23, phlege 55vl9. phlegen sw.V. 1. 'pflegen, betreiben, mit etwas umgehen': di vrouwen phlegen zu lesene 17r29, phliet 29v22;

294 2. 'geben, gewähren, stellen': Der richter sal ouch phlegen eins schildes unde eins swertis deme, den man da schuldigit, ab hes bedarf 25vl; 3. (len)rechtphlegen 'der (Lehens-)Pflicht nachkommen, einer (lehens)rechtlichen Verpflichtung nachkommen': Liet si aber ein herre, he sal da lenrechtis sinem manne ... phlegen 23r7/8, rechtes phlegin 18v33/34, rechtis phlegen 24r7, rechtis zu phlegene 19v31/32, 52r30, rechtis ... czu phlegene 29vl2/13, lenrechtes zu phlegene 60r29/30, lenrechtis phlegen 60v3. Lexer II, Sp.252f.; Grimm, DWB 7, Sp. 1736ff.; Trübner 5, S.lOOf.; Kluge/Seebold, S.541 phleghafte sw. M. 'Zinspflichtiger': Di phlechaften sint ouch phlichtig, des schultheizin dinc czu suchene 10r35, phlechaftin 10r24, phleghaften 48r4/5. phlicht(e) st. F. 'Obliegenheit, Pflicht': Is aber he gewundet, das he nicht gevolgen mag, so suln di lute volgen bi phlicht, di wile si ienen sen, der den vride gebrochen hat 42r3, bi phlicht 'pflichtgemäß' 59v24, 74vl3, bi phlichte 10r32. phlichtig Adj. 'verpflichtet, schuldig': Stirbet ouch der gemitte man, er den he sin Ion vordient, das im gelobt was, man enis sinen erben nicht me lonis phlichtig zu gebene, wen als he vordient hatte, da he starp 16r31, phlichtig 7rr3, 7vl25, lOvll, 12r20, 13r2, 13r5, 13r28, 22vl2, 29vl 1, 35r28, 43v9, 44r2/3, 55vl7, 56rl4, 59v6, 59vl0, 60r28/29, 63v24, 64r25, 64vl9, 66vl3, 69v2, 70rl6, 71v2, 7 5 v l l , 76rl, 77rl7, 79r4, 80vl2, 81r9, 82v9, 86r9, phlichtic 10rl8. phründe st. F. 'Pfründe, geistliches Amt bzw. die Einkünfte daraus': Di ungeradete swester, di teilt nicht ine muter rade mit deme phaffen, der kirche oderphrunde hat 12rl 5. phundisch Adj. 1. 'ein Pfund wiegend': Phenninge sal der munczer halden phundisch unde ebene, swer unde gliche wit 32vl9; 2. 'das rechte Gewicht habend, vollwichtig': Den schepphinbaren vrien luiten gibit man dnsig Schillinge zu buze phundischir phenninge, der sullen zwenzig Schillinge eine marg wegin 47v33, phundischer 47v35. phunt s t N . 'Pfund Geldes, Münzeinheit': Ir wergelt sin ächzen phunt phundischer phenninge 47v35, Zcen phunt wettit der man sime herren 77v3, phunt 48r6, 52vl2, 52vl3, 52vl5, 74r30, 77v5, 77v8, phunde 49rl2, 60rl3, 62r5. pine st. F. 'Strafe, Leibesstrafe': Swelch man einen beclageten man umme ungerichte geweldiclichen deme ge-

Glossar richte enphurt, wirt he gevangen, he lidit gliche pine ieme 44r23. puckel st. M. 'halbrund erhöhter Metallbeschlag in der Mitte des Kampfschildes': di pukele, di mus wol iserin sin 25vl8.

R rade st. F. 'Aussteuer, weibliche Geräte und Kleider als Erbe': Di tochter, di in deme huse is unbestat, di teilt nicht irre muter rade mit der tochter, di usgeradet is 1 lv31, rade 12r4, 1 2 r l l , 12rl4/15. gerade radebrechen sw. V. 'auf bzw. mit dem Rad brechen, hinrichten, rädern': Alle mordere unde di den phlug rouben oder mulen oder kirchen oder kirchove, unde vorrethere unde mortburnere ..., di sal man alle radebrechen 29r34. rammen sw.V. 'einstoßen, niederstoßen': Da suln di lantlute zu helfin mit houwin unde mit rammen 53v22. rät st. M. 'Rat, Unterstützung': Wir sezzen unde gebiten mit unser keiserlichen gewalt unde mit der vursten rate lr4, rat 84r5, rate 16rl5, 84r3, ratis 42v9, 48v3. tat 5 raten st.V. 'in feindlicher Absicht auf etwas sinnen, nach etwas trachten': Swelch son an sins vatir lip retet I r l 7. rechen st.V. 'rächen, Rache nehmen': Dis recht is do von, das sich nimant selbe reche lvl32, reche lvr3, richit lvr7. rechenen sw.V. 'zählen, rechnen': Des kindes jar sal man nicht rechenen von der zeit, das is di muter enphing, mer den von der zit, das si is gewan, unde lebindig in di werlt quam 68v20. recht st. Ν. 1. 'Recht, rechtliche, gesetzliche Anordnung, gesetzliche Bestimmung': Dis recht saezte der heiser zeu Mencze mit der vursten willekor I r l , Dis recht is do von, das sich nimant selbe reche lvl31, Got is selber recht, dar umme is im recht lip 9vl7, durch recht 'von Rechts wegen, dem Recht entsprechend' 18vl, sunder recht 'ohne rechtliche Legitimation, unrechtmäßig' 34r5, uf recht 'dem Recht entsprechend' 42v8, mit rechte 'zu Recht, dem Recht entsprechend' Irl2/13, von rechte 'dass.' 2rll0, noch rechte 'dem Recht gemäß' 3rl25/26, recht lvr5, 2rll3, 2rll6, 2rl23, 2rl27, 2vll3, 2vll7,

Glossar 2vrl6, 2vr21, 3rr29, 3vl4, 3vll3, 3vl28, 3vr8, 3 v r l l , 6vr5, 9v3, llv5, 12r25, 14v28, 14v30, 15r7, 15r20, 17vl9, 21v25, 22r22, 25v6, 28v9, 28v32, 29r9, 31vl2, 31v27, 31v35, 32v23, 33rl4, 33rl6, 33r20, 33v4, 34vl7, 36r7, 37r6, 41v35, 42rl9, 42r20, 43v6, 46r23, 46r26, 46vl3, 47r27, 49rl9, 49v32, 51v9, 52vl7, 54rl2, 54rl3, 54v24, 54v26, 55r6, 56vl3, 59vl3, 63rl5, 63rl9, 64rl0, 64rl7, 64v4, 67r6, 69r23, 70r7, 71v26, 75r23, 76rl3, 76rl4, 78r26, 83rl5, 83v23, 84vl8, 85r4, rechte 2rll 1, 2rrl3, 2rrl8, 4vl21, 4vr3, 7vl24, 9vl3, 9vl5, 10rl4, 13r25, 14r29a, 15r21, 16r9, 17v7, 18rl2, 18r26, 18vl2a, 21vl8, 21vl9, 22rl3, 22rl7, 22rl9, 22v4, 23r3, 23v8, 23v20, 24rl6, 24r22, 24r27, 24r28, 24v9, 24v23, 24v26, 24v27, 25rl7, 25r24, 25v29, 26r33, 27v7, 29vl9/20, 29v30, 30rl4, 30v23, 30v26/27, 32rl5, 32r20, 32r21, 33r4, 33v25, 33v31, 34r23, 34r24, 34r31, 34v22, 34v33, 36r35, 36vl3, 40rl5, 41v23, 42r22, 42v21, 43v5, 44rl6, 44vl4, 44v34, 44v36, 45r29, 45v7/8, 47rl, 47r29, 50rl, 50v2, 51vlO, 5 1 v l l , 51vl3, 51vl6, 53vl4, 53vl7, 53v25/26, 54rl4, 55rlO, 58rlO, 60v23/24, 61rl5, 61v24, 63v29, 64r9, 64v24, 64v25, 65v23, 66r4, 66r26, 66r30, 66v3, 66vl2, 67r4, 67r8, 68vlO, 69rl4, 69r31, 69vl5, 70r22, 70r24, 71r22, 71v4, 73rl0, 74r5, 7 6 r l l , 76r30, 78r8, 78r28, 79v24, 79v29, 84r27, 84v21, 84v26, 84v27, 84v28, 85r2, 85v6c, 85v8, rechtin 4vl20, rechtes 29vl3, 78rl8, rechtis 2vr2, 9vl0, 9v35, 24r7, 45rl0, 50v9, 52r30, 54v24, 56v6, 56vl3, 56v32, 76r28; 2. 'Besitzrecht, rechtlicher Anspruch': kein recht zu dem seibin gute ... gewinnen I r l 6 , Welch man im ander recht zusagit 7vl29, Sin recht is ouch der zende man 50vl3, mit mereme rechte 'mit größerem rechtlichen Anspruch' 14vl2/13, recht lvl2, 15v7, 22r6, 23v23, 24r7, 36r5, 58rl2, 62r6, 63vl9, 64vl5, 70v26, 72r6, 72r8, rechte lr20, lr27, lvr30, 3rrl6, 15vl3, 31 r31, 34r34, 45vl4, 72rl0, rechtes 66r5, 66vl7/18, 75r25/26, 77rl9, 77r21, 83rl3, 83r30, 83v6, rechtis 6vr30, 36v20/21, 45r31, 56v28, 57r5, 60vl; 3. 'Geburtsrecht, Rechtsstatus einer Person, Gesamtheit der Rechte und Pflichten einer Person': Mag ein iclich seintbare vriman, der sin recht hat, dem vatir ... helfin das bezeugen lvll2, mannen, di ir recht behalden habin 2rr23, is get an iren Up odir an ir recht 3rll6, Niemant enmag irwerbin ander recht, wen als im angeborn is 14vl, recht lvl25, 3vl9, 4vl8, 4vll7, 4vll8, 6rrl5, 6vr4, 6vrl9, 12r2, 12vl 1, 14v2, 14v3, 14v6, 14v8, 14v9, 19vl3, 19vl6, 19vl8, 20v3, 20v5, 21vl3, 32v8, 48r28, 50rl3, 50rl7, 52v4, 54vl4, 54vl7, 54v20, 55v7, 58rl2, 77vl2, rechte 6vll2, 17r2, 18r26, 19rl9/20, 19v8, 20v5, 21rl2, 21rl7, 24r4, 26v4, 27r24, 29r8, 30r25, 32r6, 34v9, 42v33, 45r22, 46r32, 46vl0, 47rl2, 47v21, 48r4, 49v29, 52vl9, 53rl3, 64r21, 81r4, 83r2, 83r7, 85vl2, rechtis

295 2vl5, 19v31, 29vl2, 59r9; 4. 'Reinigungseid': doch stet is in des herren kore, weder he des boten recht zeu hant neme oder des mannes zu deme tage 67v21, rechte 46r4, 64v3; 5. echt unde recht 'Recht und Gesetz, Ehr- und Rechtsfähigkeit': Wer jar unde tag in des riches achte is, unde im noch der jarzcal vorteilt wirt echt unde recht, us der achte mag he sich den noch zein 19vl 1; 6. sin recht dar zu tun 'sein Recht ausüben, seinen Reinigungseid leisten': Enmag der lame man ... sins rechtin Vormunden nicht gehaben, unde tar he sin recht dar zu tun, he gewinnet zu Vormunden, wer das vor en tun wil 21r5, sin recht dar zu tu 34v5, sin recht dar zu tun 38v23, tut he sin recht da vor 43r30/31, tut he sin recht dar zu 43r36; 7. vollenkomen an sime rechte sin 'voll rechtsfähig sein': Busen kuniges banne mus iclich man über den andern urteil vinden unde urteil scheiden, der da vollenkomen is an sime rechte 28rl2, vollenkumen an irme rechte 28r21/22, an sime rechte volkumen 3 2 v l l / 1 2 , mugen si des mit rechte volkumen 66v5, he envolkume des rechtes 72r7/8, envolkumt he nicht mit rechte 79r20/21; 8. vrides recht 'Friedensrecht': man sal über en richten noch vrides rechte 48r35; 9. gedinges recht 'Gedingrecht, Recht auf die Anwartschaft auf ein Gut': Iener mus aber sin gedinge gezugen noch gedinges rechte vor deme herren kegin dem manne, der sin gut anspricht 6 1 r l / 2 , gedinges rechte 71vl4/15, 84r30. Lexer Trübner 5, -> biten seintrecht;

II, Sp.377ff.; Grimm, DWB 8, Sp.364ff.; S. 334 ff.; Kluge/Seebold, S.586 7; echt 4; lantrecht; Unrecht·, sechsisch·, swebisch; vrenkisch; zinsrecht

recht(e) Adj. Adv. 1. 'rechtmäßig, rechtskräftig, dem Recht entsprechend': Unde welch ein recht gewere si 5vl32, An eigene is recht lipgedinge der vrouwen 6vr8, Stirbet aber iener rechtis todis odir unrechtis 'Stirbt jener aber eines natürlichen oder unnatürlichen Todes' 40rl3, rechte richten 'dem Recht gemäß richten' 2vll2/13, rechte not 'rechtsgültiger, gesetzlicher Hinderungsgrund, vor Gericht zu erscheinen' 13rl5, rechte gewer 'rechtmäßiger Besitz' 63vl2/13, binnen sinen rechten tedingen 'innerhalb seines festgesetzten Gerichtstermins' 27r8/9, recht 15rl, 16vl2, 19v5, 2 2 r l l , 68r6, 69vl4, 79r26, 80vl6, 81 r l 8 , 82rl4, 82r29, 82v5, rechte 2vl22, 3rll0, 5vrl7/18, 16v32, 20vl9, 32v29, 36r20, 36vl0, 3 6 v l l , 36vl4, 42rl6, 55r25, 62rl7, 63rl4, 64vl4, 67vl7, 69v4, 72rl5, 7 2 v l l , 74rl0, 80r24, 80vl4, 82r20, 82v2, 84v29, 85v8, rechtem 4 2 r l l , rechteme 3 5 v l l , rechten 2vl3, 6rr21, 18v5, 20r25, 2 2 v l l , 32rl3, 36vl5, 37v4, 39v6, 55v21, 56v31, 63r3, 63v5, 64rl9, 69v8, 71rl9, 72r9, 79rl7, 80r26, rechtin 13r5, 15r8, 16r7, 19rl8, 20r30, 21r4, 21r8, 22r31, 22v8, 23r8, 26r32, 50r4, 62r26,

296 rechter 14r21, 23r30, 27r33, 3 2 r l l , 37v21, 46r2, 62r23, 63r6/7, 63vl4, 71rl9, 76rl6, 77r3, 85rl7, rechtir 18v2, 25vl0, 34vl5, 47r23; 2. Von Rechts wegen zugänglich, öffentlich': Wir sezcin unde gebiten, das man di rechten lantstrasen vare 2rl29, rechtin 2rl31; 3. 'rechts': Werbuse, das is sine rechte hant 30r9, von deme rechten Stade 'auf das rechte Ufer' 33vl. not 8 rechtelös Adj. 1. 'gerichtsunfähig, ohne Recht': Kemphin unde ir kindere, spillute unde alle, di unelich geborn sin ..., di sint alle rechtelos 19r30a, rechtelos 3rl4, 20v29/30, 21r32, 26r33, 54rl7, rechtelose 4vr26, 21r33, 45rl, rechtelosen 4 v r l l , 7rll9; 2. erlös unde rechtelös 'ehrlos und gerichtsunfähig': Swelch son an sins vatir lip retet..., der selbe ist erlös unde rechtelos ewiclichen I r l 9, erlös unde rechtelos lr26, lr28, lvr28, 2vll, 29r23, rechtelos unde erlös 3 lr2; 3. echtelös unde rechtelös 'rechtsund gerichtsunfähig': Is ist mancher echtelos unde nicht rechtelos 4vr31, Is ist manch man rechtelos, der nicht enis echtelos 21r32. -» echtelös; erlös rechtste Adv. 'am besten, zutreffend': Dar umme bitte ich czu helfe alle gute lute, di rechtis gern ..., so sis rechste wissen 9vl4, rechste 28v24. rede st. F. 1. 'rechtlicher Zweck, rechtliche Absicht': Unde sal schriben alle di urteile, di von grasen suchen vor uns gesament werdin uf di rede, das man an sulchen Sachen di selben orteile stete habe 3rrl9; 2. 'Rechtssache': Dar umme bitte ich czu helfe alle gute lute, di rechtis gern, ab keine rede begeine, di min tumme sin vormide 9 v l l ; 3. 'Erklärung, Rede vor Gericht': Der richter sal immer den man vragen, ab he an sins vorsprechen wort je, unde sal urteil vragen zcwischen zwier manne rede 24v7, rede 24vl3, 76r23, 76r28, 76vl0, 77v23, 85v6b; 4. 'Rede, Überredung, Überzeugung': Durch das bedarf man manchvaldir rede, er man di lute des in künde brenget, wor an man rechte tu 84v25. redelich Adv. Adj. 1. 'ordnungsgemäß, rechtmäßig': Wer in deme nidirsten vorvest is, he enis in dem hoesten nicht vorvest, he enwerde da redelichen inbracht 45v24, redeliche kore 'rechtmäßige Wahl' 60rl0; 2. 'rechtschaffen, redlich': he liet is, weme he wil, der sich redelich gehalden hat 51r28. reine Adj. 'wahr, ehrlich, lauter': danoch sal swerin sin gezug, das sin eit reine unde nicht meineide si 57r21. remen sw. V. 'zielen nach': Der man salgelden den schaden ..., alse he remet eins vogels 35rl9.

Glossar nche st. Ν. 1. 'Reich, Herrschaft, beherrschtes Land': Wir vorbiten bi unsen hulden, das imant den anderen beleite durch das lant durch kein gut, he enneme das geleite von deme riche 2vrl0, des riches getruwin mannen lr4, romischeme riche 59v25, 78vl6, riche 3rr32, 3vl7/8, 6rr30, 47r35, 47r37, 47vl, 49v31, 50rl, 51v3, 59v6, 78v26/27, 80rl3, riches 3vr24, 4vrl2, 6rl28, 6vll5, 7rl20, 7rr4, 8rl26, 19r31, 19vl0, 40v21, 41v27, 45r2, 45r20, 45r23, 49r23, 50r6, 51r2, 51r5, 51r7, 51rl2, 51rl9, 51v2, 52v6, 59vl, 59v20, 59v30, 60rl, 60rl2, 66rl8, 6 7 v l l , 74rl7, 74r26, 74vl, 79r4a, 79r7, 80r6, 80rl2, 81r7, 81r24, 81r25, 8 5 r l l , 85rl2, 85rl9, 85r22; 2. 'Reichsoberhaupt, Kaiser': Swer mer zcolles nimet, denne he zcu rechte sal ..., wirt he des bezcugit vor sime richtere oder vor deme riche, alse recht ist, den sal man vor einen strasrouber haben 2rI13, riche 2rrl2, 4rll7, 18r21, 28v22, 40vl7, 45r22, 50rl9, 54v6, riches 18rl4; 3. 'Gericht, Königsgericht': das dritte is das, das man kein urteil so recht vor dem riche binnen Sachsin envint 15rl, riche 6rl29, 45r21. Lexer II, Sp.417f.; Grimm, DWB 8, Sp.573ff.; Trübner 5, S. 352 ff.; Kluge/Seebold, S. 590 -> ächte 2; dinst 3; hulde-, keiser; nöt 9 nche st. M. 'der Reiche': Got hat den man noch im gebildit ...; im was der arme also liep alse der riche 46v8. richten sw. V. 1. 'Recht sprechen, richten, verurteilen': Unde swen hes beredit, so sal man im richten über di sache an des vater stat lvl30, Der ... sal allen luten richten, di im clagen 3rll3, Alle clage unde alle ungerichte mus der richter wol richten in sime gerichte 23r26, richte 3rl25, 3rl32, 29vl7, richten 2rl28, 2vI13, 2vl22, 2vl29, 2vrl5, 2vr23, 2vr33, 3vl20, 3vr2, 3vrl5, 5 r l l l , 5rr29, 6rl7, 9v20, 23rl2, 26rl7, 27r29, 28rl3, 29r21, 29r25, 29r27/28, 30v24, 30v26, 32r29, 32v2, 41v25, 41v29, 42rl6, 42v20, 43rl, 43r4, 44r3, 45v25/26, 48r34/35, 51v5/6, 56v31, richtene 2 3 r l / 2 , richtet 3vrl3, 5rrl7, 5rr22, 6vl7, 6vl31, 24vl5, 26r4, 29v5, 42r34, 43v20, richtit 43vl9, 43v27, gerichtet l v r l 3 , 2vl27/28, 42v21, gerichtit 10r32/33, enrichtet 6 v l l l , 29v9/10, 32vl; 2. 'nachrichten, die Todesstrafe vollziehen': scherflichen richten 2vll7, Wer des nachtis gehouwen gras oder gehouwen holcz stilt, das sal man richten mit der wit 33r30, Ubir schephinbare lute, wenne di iren lip vorwirkin unde vorteilt sin, so enmus nimant richten wen der echte vronebote 50r24; 3. 'vorbringen, richten an': Swer aber sine clage richtit ..., wirt im nicht gerichtet, so mus he durch di not sinen viendin widersagin l v r l l . Lexer II, Sp. 433 ff.; Grimm, DWB 8, Sp.867ff.; Trübner 5, S. 390 ff.; Kluge/Seebold, S.599 gerichten; scherfliche; volrichten

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Glossar richter st. M. 'Richter': Der richter sal nemen alle di gewette, di im gewettit werdin 3rl28, Wenne der richter vrouwen Vormunden sal 4vrl9, Der kunig is gemeine richter über al 6rr7, Dar umme enmag kein gesaczt man richter sin noch nimant, he ensi gekorn oder belent richter 22v29, 22v30, des landes richtere 'Landrichter' 66r21, des hoesten richters 45v28, oberste richter 45v26, niderste richter 45v25, richter l r l 6 , lr23, lr31, lvl2, lvr23, lvr24, 2rr24, 2vl8, 2vl24, 2vl26, 2vl29, 2vl31, 2vr31, 3rl2, 3rl4, 3rl21, 3rr2, 5rll, 5 r l l l , 5vl27, 6rl24, 6rr5, 6rr25, 6vl8, 6vl9, 12v8, 1 8 r l l , 18rl3, 19r6, 19rl0, 20rl, 20v28, 22r26, 23rl2, 23vl8, 23v27, 24v5, 24vl5, 24vl7, 24v21, 25r33, 25v23, 25v30, 25v32, 26r8, 26rl7, 27v25, 27v32, 28rl6, 28r22, 29v9, 31v7, 31v9, 31vl2, 32r28, 32r29, 32vl, 33v23, 35rl3, 35v34, 36r8, 36r36, 40v34, 42rl9, 44vl6, 44v34, 45rl0, 45v8, 45v29, 46r2, 48r9, 49v3, 49vl2, 49vl4, 49vl4/15, 50r21, 50r29, 51v30, 53vl8, 54r2, 54v2, 56v20, 56v30, 57r7, 58r6, richtere I r l 1, l r l 9 , lr21, lr23, lr26, 1vl6, lvr4, lvr28, 2rll3, 2rr21, 3rl31, 5vl6, 7rl6, 10r34, 12v22, 18r9, 18v33, 19r9, 22r24, 22r27, 23v28, 24r20, 25v28, 25v32, 27r5, 28r34, 28vl, 29v21, 30r8, 30rl4, 30r24, 31r36, 31v32, 35vl8, 36v2, 40rl5, 44rl0, 44v36, 45rl3, 49r25, 50r26, 50vl2, 56v7, 56vl4, 56v22/23, 57rl5, 78v27, 84rl2, richteres 45rl5, 45r31, richters 3vrl, 4vr25, 6vl29, 14r8, 18v29, 22v22, 23r2, 23r22, 24r5, 24r25, 27v27, 29vl2, 31vl, 31v6, 32v21, 33r28, 34r22, 42r23, 46rl2, 48r31, 53r22, 53v6, 53vl 1, 57v20. Lexer II, Sp.431; Grimm, DWB 8, Sp. 888 ff.; Trübner 5, S.392f. hoverichter; hntrichter riten st. V. 1. 'reiten, ausreiten, voranreiten': Wer so durch den banvorst rit, sin böge unde sin armburst sal ungespannen sin 40r28, Ein iclich man sal ouch wesin czolvri, he vare oder rite oderge 33r3, riten 42v9, 46r25, ritende 78v9, ritene 10r6/7, ritet 42rl; 2. der ntende man 'Reiter, Berittener': Vier vusgenger geben einen phenning, ein ritende man einen halben 32v33, ritende man 33rl 1. -> inriten

von ritters art 5vl5, 15r23/24, 31 rl 6, 59rl 1.

15v25, 18rl,

18r4,

ros st. N. 'Roß, Streitroß': Gibit der vater dem sone ros unde phert 4vlll, ros 13r30, 16v6, 21v30, 49rl3, rosse 53v4. roub -» roup rouben sw.V. 'rauben, berauben, ausrauben': Swelch son sinen vater von sinen bürgen oder von anderen sinem gute vorstozet oder vorburnet oder roubit lr7, roube 3vl26, rouben 29r31, roubet 29vl, 33v30, 48r33, 83vl, geroubit 42v4. -*• ab(e)rouben\ berouben rouber st. M. 'Räuber': über den sal man richten als ubir einen roubere 3vr3, rouber 3vr6, 3vrl4, 23rl0, 32r30, 42vl4, rouberen 5vl21, roubern 35r3, 35rl0, roubers 21r30, roibere 3 8 v l l . sträsrouber roufen sw.V. 'raufen, jemanden bei den Haaren ziehen, die Haare ausreißen': Swer den andern slet oder rouft 6rrl9, Schilt aber ein man ein kint oder rouft hes 41r8. roup st. Μ. 1. 'Beute, Raubgut': swer wissentlichen roup koufet 3vr5, Di dube behalden oder roup 29v4, roup 33v23, 34rl4, 34rl7, 40v34, 42r25, 42vl2, 42vl4, roub 3vr3, roube 40v27; 2. 'Räuberei': Ab man di bürg beschuldeget umme den roup 6rl3, ab man si dube oder roubis anderweide schuldiget 19vl9, roup 8rrl2, 12r20, 32r30, 42r26, 66r21, roube 19vl8, 22v32, 26r20, 32v9, 48r28, roubes 34v21, 43r20, roubis 57v8. roupJich Adj. 'räuberisch, auf räuberische Weise': Von rouplicher gewer 5vll0, rouplich 16v29, 34vl0, 53v24, roupliche 32r26, roubig 3vrl0, 3vrl3. rügen sw.V. 'tadeln, rügen': Ab is mit clage vorgerichte nicht begriffen is, andirs endarf hes nicht rügen 10vl5, rügen 10v7, 58r5, gerugit 56v5. rügen sw.V. 'ruhen': Got rugete den sibindin tag 47r6, rugete 41r32, 41r34.

ntene, ntende sw.M. 'Berittener, Reiter': Di ritenen wichen deme wagen unde di genden den ritenden 39v34, 39v35, ritenden 40rl.

rünen sw.V. 'flüstern, raunen, leise reden': Offenbare enmus der man nicht sprechen in lenrechte, me den runen stillichen zu sime vorsprechen 76v3.

ntephert st. N. 'Reitpferd': das ritephert, da der man sime herrin uffe dinen sal 4 9 r l l .

runzit st. N. 'kleines Pferd, Klepper, Mähre': Rittere phert, ros unde czelder unde runziten enis kein wergeld gesazt 49rl3.

ritter st. Μ. 1. 'Ritter, Streiter zu Pferde': Phaffen unde rittere unde ir gesinde sullen wesin zolvri 33rl, rittere 49rl3; 2. von ntters art 'von ritterlichem Stand': Iclich man unde wip von ritters art erbet zcweier wegene 4vl33,

rüte st. sw. F. 'Stange, Längenmaß': sin wergelt is ein bark vol weisis von zwelf ruten, als icliche rute von der anderen ste eins vadems lang 48rl5, rute 48rl6.

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s sache st. F. 1. 'rechtliche Angelegenheit, Streitsache, Rechtshandel': Alle, di der vatir nennet zu gezuge vor dem richtere über alle di sache, di hi vor geschriben sint, di suln des nicht uberig werdin durch manschaft noch durch keiner hande ding lr21, Unde swen hes beredit, so sal man im richten über di sache an des vater stat lvl30, mancher sache 'in mehreren Fällen' 72v22, sache 3rll7, 3rr4, 3rr6, 14r8, 22v2, 28rl3, 30r2, 50v24, 61v3, 64v20, 74rl2, 74r22, 76rl6, 79r29, 79v3, 81v20, sacken lvllO, 3vl5, 3vl8, 7vr6, 22r24; 2. gröse sache 'Hochgerichtssache': Unde sal schriben alle di urteile, di von grosen Sachen vor uns gesament werdin 3rrl8. sachwalde sw. M. 'Streitgegner, Gegenpartei vor Gericht': Was he aber vor gerichte tut, des vorzugit en der sachwalde mit zwen mannen, unde der richter sal der dritte sin 12v7, sachwalden 73r9. samenen sw.V. 'vereinigen, versammeln': Unde sal schriben alle di urteile, di von grosen Sachen vor uns gesament werdin 3rrl9. samenunge st. F. 'bewaffnete Schar, Aufgebot, Heer': dise hervart sal man gebiten sechs wochen unde ein jar unde dri tage vor er der samenunge 60rl6, samenunge 83v26, 84rl. sazzunge st. F. 'Verpfändung, Übergabe eines Pfandes': Nimant enmag eine rechte gewere gewinnen mit lenunge oder mit saczunge 69v5, sazzunge 43r34. schade sw. M. 'Nachteil, Schaden': Man sal geldin den schaden, der von warlosekeit geschiet 5vl22, Wer da besaeten acker eins andern mannes anderweide erit, he sal im den schaden gelden uf recht 37r3, Wo keine hanthafte tat nicht is, da mus man ane gerufte clagen, ab man is ane schaden bliben wil 40v38, us deme schaden nemen 'entschädigen' 56v24, schaden 5rl2, 6vl3, 6vrl4, 7rl27/28, 9v26, 23vl4, 24r20, 24r24/25, 33r6, 33rl2, 33r27, 33v33, 34r2, 34r7, 35r27, 3 5 v l l , 35vl7, 35vl9, 35v29, 36v35, 37r5/6, 37r8/9, 37rl5, 37vl3, 38rl8, 38r25, 38vl7, 40v5, 40v6, 40v9, 41r5, 43r26, 44v20, 62v9, 67rl0, 72vl5, 76r4, 76v26/27, schadin lr32, l v r l , 3vl30, lOvlO, 13v20/21, 24r30, 35vl6, 56vl2, 56vl7, 57v25, 58r2, schade 13vl5, 35vl3, 38r8, 38r9, schaden tun 'schädigen' 42vl0, tut ... schaden 48v27, schadin tun l v r l 6 / 1 7 , lvr21, schadin ... tut lvr8. Lexer II, Sp.625f.; Grimm, DWB 8, Sp. 1969 ff.; Trübner 6, S.20f.; Kluge/Seebold, S.622 schadehaft Adj. 'geschädigt': unde brengit he en in scha-

Glossar dehaft ..., he mus deme richtere wettin unde ieme sine buse geben unde us deme schaden nemen 56v21. schaden sw. V. 'Schaden verursachen, Schaden anrichten': Slet ein man einen hunt zu tode ..., binnen des is im schaden wil, he blibet is ane wandil 40vl0a, Ban schadet der sele 6vl24, schaden 38vl, 83v25, 84r4, 84rl6, schadin lvr8, 84rl, schade 61vl0, schadet 5vl26, schadit 52r31, enschadit 2 I r l 2 , 26v3/4, enschadet 24v9, 46r32, 70r24, 70vl2, 76r26, 76r30, enschade 48v27, geschat 37r8. schapel st. N. 'Kranz von Laub, Blumen als Kopfschmuck, bes. bei Jungfrauen': Alle schof unde gense ..., schapile, seltere ... unde alle gebende; dis gehört zu vrouwen gerade 17r27. schar st. F. 'Gefolge des Königs, Abteilung, Schar': An sin recht enkan aber he nicht widerkumen, he enzcuschtire vor des keisers schar, da he einen andirn kunig mit strite bestet 19vl5. Schate st. sw. M. 'Schatten': Spillute unde alle, di sich zu eigen geben, den gibet man zu buse den schaten eins mannes 48r25. schatröwe st. F., mhd. schaftruowe, 'Schaftruhe, Ruhe vom Lanzendienst, Zeit der Befreiung vom Heerdienst': Sechs wochen sal der man dinen sime herren bi siner kost, sechs wochen vor unde sechs wochen nach sal he des riches vride haben unde schatröwe 59v31. schaz st. M. 'Schatz, Reichtum': Alle schacz in der erdin begraben, tifer den ein phlug get, der gehört zu der kuniclichen gewalt 1 9 r l l , schazce 4vr8. schedelich Adj. 'schädlich, Schaden bringend': Swer helt schedeliche tir 5vr21, Unde sal schriben alle di namen, di zcu schedelichen luten dem lande besait werdin 3rrl3. scheiden sw.V. 'trennen': Heldet ouch der vater sine hindere in Vormundeschaft noch irre muter tode, wen si sich von im scheiden 13v7, scheidet 4vl23, 15v6, gescheiden 6vr7, 16rl0, 5 5 r l l . üsscheiden scheiden st.V. 1. 'entscheiden': doch mus der herre wol scheiden zcweier siner manne ansprache 75vl2, gescheiden 7 9 r l 6 / 1 7 ; 2. 'sich auseinandersetzen mit': wollen aber si sich scheiden mit deme gute 70v23. scheiden st.V. 1. 'schelten, tadeln, schmähen': Wen man, ane vleischwunden, slet oder schilt lugener 30v8, Schilt aber ein man ein kint 41 r7; 2. '(ein Urteil) schelten, anfechten, verwerfen': Stende sal man urteil scheiden 29r2, scheiden 2 8 r l l , 29rl5, 61v22, 76v7, 78r5,

Glossar 85v7/8, scheid 78r25, scheide 28v31, 78r22, scheldene 5rr21, 8rll2, 15r22, scheidin 15r2, 15rl6, 28r9, 61v29, schalt 78vl2, enschalt 78rl7, schildet 28v29/30, schildit 54r9, schilt 28rl4, 28vl4, 28v32, 61v26, 78r6, 78rl7, 79rl9, geschelden 78r2, gescholden 28r32, 28r35, £escholdenen 28v2, geschulden 79r9, 85v3. schenke sw. M. 'Schenke, Mundschenk': Der schenke des riches, der kunig von Bemen, enhat keine kore 51r5. schephe sw. M. 'Schöffe, beisitzender Urteilssprecher': ei« rann 5mi gezuges volkumt mit deme schultheisen ... unde mit den schephen, da sal der richter ouch gezuk sin 31 v9, das sal der vronebote bevronen mit eime krucze, das sal he steken uf das tor noch der schephin urteile 36r2/3, Swer aber under kuniges banne vorvest wirt, der bedarf zweier schephin unde des richteres zu gezuge, swen he sich uszut 45rl8, des riches schephen 3vr24, schephin 4rl 14, 25rl8, 26rlO, 45v32, 50r27, 51v23, 57r8, schepphen 48r9, schepphin 36v6, 54r2, schepfin 10r27. -> Lexer II, Sp.679f.; Grimm, DWB 9, Sp. 1441 ff.; Trübner 6, S.193f.; Kluge/Seebold, S.650 schephenbär Adj. 'zum Schöffenamt geboren': Kein schephinbare man darf sin hantgemal bewisen 6rrl0, mannen ..., di alle schephinbar sin 12r25, Schephinbare vrie lute musen wol urteil vinden über iclichen man 28r5, Die boten suln wesin schephenbare vrie 2 8 r l 8 / 1 9 , Doch enmus des riches dinstman über den schepphin vrien man weder orteil vinden noch gezug wesin 45r23/24, schephinbare lute 10r22/23, 10v30/31, 50r22, schepphinbare luite 47v24, schepphinbaren vrien luiten 47v31/32, schephinbare vri man 21vl4, schephinbare vrien man 23r28, vrien schephinbaren man 26v28/29, vri schephinbare wip 5 4 v l 0 / l l , schephinbare 5rr20, schephinbarvri 49v2 7. Lexer II, Sp.681; Grimm, DWB 9, Sp.1444 vri 2 scherfßche Adv. 'scharf, mit der Schärfe des Beils': Swer das nicht tut, ubir den wolle wir scherflichen richten 2vll6. schilling st. M. 'Münzeinheit, Schilling (aus Gold = 40 Pfennige, aus Silber = 12 Pfennige)': Wer an sime rechte volkumen is, vint man bi im einen schilling valscher phenninge, di phenninge hat he vorlorn unde nicht me 32vl2, schilling 49r4, 53r7, 74r30, Schillinge 8rr5, 29r20, 32v32, 3 3 r l 9 / 2 0 , 33r25, 40r27, 47v31, 47v32, 47v33/34, 48r6, 48rl2, 48r21, 50vl9, 52r23, 52v20, 53rl, 53r3, 53r5, 53r9, 55r8, 56v5/6, 56vl6, 62vl7, 78r4, Schillingen 29r22, 33rl6, 37r6, 49r6, 49r7, 49r7a, 49rl0, 56v9, 5 6 v l l , 77v8.

299 schilt st. Μ. 1. 'Heerschild, Symbol der lehensrechtlichen Ständegliederung': Alse di cristenheit in der sibinden werlt keine stetikeit enweis, wi lange si sten sulle, also weis man ouch an deme sibindin Schilde nicht, ab he lenrecht oder herschilt gehabin muge 10v35, schilt 7rr32, 7rr33, 7vrl9, l l r 2 , 54v8, 59r6, 65v4, 65v9, 68rl6, Schilde 84vl4; 2. 'Kampfschild, Schutzschild': Alle varnde habe gibit der man ane erben gelubde, di wile das he gegurt mit eime swerte unde mit eime Schilde uf ein ros kumen mag 21v30, schilt 25vl7, schildes 25vl, schildis 48r26. Lexer II, Sp.737ff.; Grimm, DWB 9, Sp. 109ff.; Trübner 6, S.76f.; Kluge/Seebold, S.633 herschih 1, 2 schihlen st. N. 'Schildlehen, Lehen, wofür der Belehnte Kriegsdienste leisten muß': Doch sagen sumeliche luite, das me liunge sin, di ende nemen zu bescheidener zeit, alse schiltlen, das ende mit deme Schilde 84vl3. schinbär Adj. 'offenkundig, sichtbar, deutlich': Der ouch toten vor gerichte brenget unde clait das ungerichte, das an im getan is, di suln clagen mit gerufte durch di hanthafte tat, di da schinbar is 40v32/33, schinbar 85r4a. schonen sw. V. 'schonen, Rücksicht nehmen a u f : swas uns über den irteilt wirt, des wolle wir nicht lasin unde dar an nimande ubirsen noch nimandes schonen 2vl20, schonen 3vl22. schriber st. M. 'Schreiber, Notar': Der selbe richter sal haben einen schriber, der anschribe alle, di in di achte kumen 3rr2, schriber 3rr23, 3rr25, 3vl3. schrien st. V. 'rufen, schreien': Wer nicht volgit, als man gerufte schriet 22rl7, schrie 34r26, schriet 24r21, geschriet 42r2. beschrien schrift st. F. 'Schrift, schriftliche Quelle': Nu is uns kundig von der heiligen schrift, das an Adame di erste werlt began 10v20, di heilige schrift 46v30. heilig schuldig Adj. 1. 'verpflichtet, etwas zu geben bzw. zu zahlen': Man sal ouch deme erbin geldin, was man deme totin schuldig was 12r33, schuldig 6rrl2, 12r33, 46v3a, 46v5; 2. 'schuldig (eines Vergehens)': Weigirt hes, he schrie im das gerufte nach unde grife en an vor sinen dip, als ab di tat hanthaft si, wen he sich schuldig hat gemacht mit der vlucht 34r28, schuldig 2vl9, 29vl0, 42vl5, 57rl9. schuldigen sw.V. 'beschuldigen, anschuldigen, anklagen': Man mus den man schuldigen in der spräche, di en

300 angeboren is 6vr2, schuldigen 22rl0, 24v33, 48v4, 57vl0a, 76v23/24, schuldige 25r4, 37rl6, 50r4, 76rl5, schuldeget 38v25a/26, 77vl9, 7 8 r l 7 / 1 8 , schuldiget 7vr3, 12r29, 14r30, 19v20, 36v26, 42r26, 44v31, 54r28, 64v20, 65rl, 66v8, 73r21, 76v25, schuldigit 25v2, 38vl5, 38v21, 46r2, 57v8, enschuldige 54r26. beschuldigen·, geschuldigen schuldigunge st. F. 'Anschuldigung, Anklage, Beschuldigung': Aller schuldegunge enket der man 7rr28, schuldigunge 31v2, 44vl5, 64v26, schuldegunge 65r4/5, 75v29, 76rl9. schult st. F. 1. 'Schuld, Verfehlung, Vergehen': Umme welche schult der man vorvest wirt, wirt he in der vorvestunge gevangen unde vor gerichte bracht, is get im an den lip 27rl8, gewunnen in der schult 'der Schuld überführt' 46r7, schult 5rrl, 13v9, 27v4, 33v31, 34rl, 34rla, 43r31, 43r35, 43vl3, 44r30, 44v2, 46r8, 49v3, 56v20, 57v29, 66v4, 66v6, 67r9, 75v6, 76v21, 76v24, 83r29, schulde 3vl24, schulden 2vrl4, 48v23, schuldin 2vr23; 2. 'Beschuldigung, Anklage, Anschuldigung': der herre mochte anders an der schulde gezogen den man, wen bis he sich vorjarete an siner sinnunge 64v27, schult 25v34, 31v5, 81v25, schulden 3rrl5; 3. 'Geldschuld, Verpflichtung, etwas zu geben': Swer das erbe nimt, der gilt di schult 4vl6, schult 5rrl0, 5 r r l l , 5rrl8, 6rr24, 12rl8, 12r21, 12r23, 12r33, 16vl7, 22r23, 26v6, 36r8, 36rl0, 56r21, 57r2. Lexer II, Sp.810f.; Grimm, DWB 9, Sp. 1870ff.; Trübner 6, S. 230, Kluge/Seebold, S. 655 schuhheise sw. M. 'Schultheiß, wörtl. derjenige, der Verpflichtungen und Leistungen befiehlt': Der greve sal haben sinen schultheisen an echteme dinge 5rll3/14, Di birgelden unde phleghaften heisen unde des schultheisen ding suchen, den gibet man vunfzen Schillinge zu buse 48r5, schultheise 49v2/3, 51v23, schultheisen 23v7, 23v8/9, 31v5, 31v8, 45rl4, 49r30, 49r35/49vl, 49v2, 53r3, 79vl9, schultheizin 10r36. schultheistum st. N. 'Schultheißenamt': Dar umme liet he den vorsten vanenlen unde di vorsten den greven di graveschaft unde der greve den schultheisen das schultheistum 49r31, schultheistum 49r33, 79vl7. sechsisch Adj. 'sächsisch': Swebisch recht enzweit nicht von sechsicheme rechte 15r21, uf sechsiche art 19r8, binnen sechsischer art 28r30, in sechsiche art 32v3. sechswochen Kompositum aus sechs Num. card, und woche sw. F. 'rechtliche Frist von sechs Wochen': Wo der vrouwen di stat nicht enis mit deme gebiu, als ir man stirbit, binnen sechswochen noch dem drisegesten sal si

Glossar mit dem gebu rumen 15r31, Gezuges sal man ubir sechs wochen volkumen, des sich der man vormessin hat, oder zu hant, ab he wil 24vl, sechswochen lOvl, 10v5, 28r31, 33v7, 35r5, 35rl2, 36r35/36, 42v6, 51r26, 52v8, 62v29, 79rl8, 80r20, 82r2, 82r7, 82rl0, sechswochin 53rl2, sechs wochen 2 7 v l l , 59v21, 60rl5, 61vl3, 64rl0, 64vl 1, 68rl9, 6 8 v l l , 77r7, 78vl3, 78vl8, 81vl0, 84rl6, sechs wochin 26v30. seinen sw.V. 'segnen, bekreuzigen': Noe seinte zwene sone 46v25, Jacob wart geseint von sine vatere 46v33. seint st. M. 'Sendgericht, geistliches Gericht': gerichte aber unde seint sal he dar ab suchen 82vl7, sint 10r23. seintbäre Adj. 'gerichtsfähig, berechtigt, am Sendgericht teilzunehmen': bezuget in des sin vater zcu den heiligen vor sime richtere mit zcwen seintbaren mannen, di nimant mit rechte vorwerfm mag, der son sal sin vorteilt egenes unde lenes I r l 2 , mit siben seintbaren luten lvr27, seintbaren mannen 2rr22/23, 2vrl6/17, seintbäre lvll2. seintrecht st.N. 'geistliches Recht': Hat aber he sich begeben an sins elichen wibes willen, unde vordert si en zu seintrechte us deme lebene, sin lantrecht hat he behaldin unde nicht sin len 17v21. selb dritte Adv. 'selbst mit zwei Helfern': bezuget en des sin vater vor sinem richtere selbe dritte zu den heiligen lr26, selb dritte 14r27, 22vl8, 34r35, 34v8, 40v8, 43rl9, 43v30/31, 44r33, selp dritte 34v28, 35r6, 36r9, 85vl6, selbe dritte 31v3, 43r8. selb sibende Adv. 'selbst mit sechs Helfern': Kamphes mag ouch ein man sime mage bewerin, ab sie beide mage sin, also das hes selb sibende gewere uf den heiligen, das si also nae mage sin, das si durch recht nicht zu samne vechten suln 25v5, selb sibende 26vl8, 27v23, 28vl7, 31vl8, 41vl9, 46r9, selp sibende 8 5 v l l , selb sibinde 12v24, 15r5. sele st. sw. F. 'Seele': Ban schadet der sele 6vl24, mit libe unde mit sele 41v6, sele 52r31. lip 2 senden st. V. 'schicken, übermitteln, senden': Swen echt not irret, das he zu lenrechte nicht enkumt, der sende dar sinen boten, der sine not da bewise 67vl5, senden 32v23, 36r30, 36vl, 73r5, ensent 67v25, gesant 67vl8. seren sw.V. 'versehren, verletzen, verwunden': Der mus wettin ... unde gebit eine buzse ieme, den he geseret hat 22v5. sezzen sw.V. 1. 'setzen, stellen, legen': So sal en der richter nemen bi der hant unde sezzen en uf ein kussin

Glossar 50r30, Wer malboume oder Marksteine seczsit 3 8 r l 0 / 1 1 , sezt 5vr8, sezzin 54rl 1/12, seczin 16vl2, sezcin 3rl7, sezce 65v26, gesazt 33r25; 2. 'bestimmen, festsetzen, anordnen': Dis recht saczte der keiser zcu Mencze I r l , sazte 46vl5, gesaczt 9v34, 10r6, gesazt 2rl8, 41r23, 48r30, 49r20, 57r25, gesazteme 71v3, gesazten 38v21, 48vl5, geseczen l l v 5 / 6 , gesezcet 2rl3, gesezcit 3rr9, gesezt 2rll2, gesezzen 58rl2; 3. sezzen unde gebiten 'zu Recht festsetzen und anordnen': sezzen unde gebiten lr3, sezcen unde gebiten 2rll, 2rr2, sezcin unde gebiten l v r l , 2rl30, 2rr8, 2vll0, 2vl23/24, 2vl30, 2vr4, 2 v r l l , 3vll2, 3vr4/5; 4. bürgen sezzen 'Bürgen festsetzen, Bürgen bestimmen': bürgen sezzen 42rl5, 44v9, 45r9, bürgen sezze 44vl5, bürgen sezt 6rll9, 44r36, 56r25, bürgen sezcen 6 9 r l 5 / 1 6 , 78r7, bürgen sezcin 5rll7, 5rr9, 5rrl6, bürgen seczen 17rl3, 24r4/5, bürgen seczin 24r9, bürgen seczt 26r30, bürgen ... gesazt 13r29, he ensezce bürgen 61v22/23; 5. Versetzen, verpfänden': Wo man aber eigen gibit oder sezt 12v9, sezt 40r6, 43r32, saczte 9v24/25, sazte 40rl3, seczt 14r23; 6. 'einsetzen': Dar umme enmag kein gesaczt man richter sin 22v29; 7. 'gefangensetzen': Swen aber der man gesazt wirt 57rl8; 8. 'widersetzen': Sezcit sich di stat da wider 3rl3; 9. 'zugestehen, zusagen': al habe he im sin vorliesin gesazt 43vl0.

301 sinnen st. N. 'Lehensbegehren': wen der herre bricht im sine jarzcal mit dem bietene, alse si der man lenget mit deme sinnene 66rl5, sinnene 66v7, sinnende 73i22. sinnunge st. F. 'Lehensbegehren': der herre mochte anders an der schulde gezogen den man, wen bis he sich vorjarete an siner sinnunge 64v29. sippe st. F. 'Blutsverwandtschaft, Verwandtschaft': Also der herschilt in deme sibendin zuget, also czuget di sippe an dem sibenden glide 11 r5, erste sippe zcu tale 'erster Verwandtschaftsgrad' 11 r21, sippe 4vl3, l l r 6 , l l r 2 9 , 1 lv2, 14vl6, 15rl0, 33vl6.

Lexer II, Sp.894ff.; Grimm, DWB 10.1, Sp. 643 ff.; Trübner 6, S. 343 ff.; Kluge/Seebold, S. 669 f. üssezzen; vorsezzen

sizzen st.V. 1. 'zu Gericht sitzen': Wir sezcin, das unse hof habe einen hoverichter... Der sal alle tage zcu gerichte siezen ane an deme suntage 3 r l l l ; 2. 'sich aufhalten, sich befinden, ansässig sein': Lest abir eine herre einen man siezen mit sime gute jar unde tag 63rl3, Swer in Unrechter gewere sizet sunder lenunge 7vr27, sizzen 47vl8, siezzen 56v28, siezt 2 0 v l l , 22vl6, 83r21, ensiezt 84vl5, gesessen 39r4, gesessin 10r21, 53v28; 3. 'sitzen, niedersitzen': Der man enmus nicht siezeen bin lenrechte ane des herren orlop 77 w 16/17, sizzende sal man urteil vinden under kuniges banne 29r2, siezet 65vl9, siezt 65vl5, sizzende 53v4, 54r8; 4. mit minnen sizzen 'sich gütlich einigen': wo man ieme leistet, deme man geldin sal, oder mit sinen minnen sizt, da hat man en allen geleist 56r23/24; 5. da mite sizzen 'in Besitz behalten': Kumen si denne nicht vor, he sal da mitte sizzen, bis das sis im mit clage angewinnen 29v26.

sicherlicbe Adv. 'sicher, ungefährdet': Sint mag hes sichtlichen ieme lien, so das he noch eigen noch erbe dar an beredin mag 19r4.

Lexer II, Sp.944f.; Grimm, DWB 10.1, Sp. 1280 ff.; Trübner 6, S. 382 ff.; Kluge/Seebold, S.675 -» minne 2

sichern sw.V. 'eine Zusage eingehen, ein Versprechen leisten, geloben': Swelch son sinen vater von sinen bürgen oder von anderen sinem gute vorstozet oder vorburnet oder roubit oder zcu sines vatir viendin sichert mit truwen oder mit eiden lr8.

sizzunge st. F. 'Festsetzung, Verurteilung': di vorvestunge sal man gezugen er der sizzunge mit deme richtere unde mit den dingphlichten 57rl4, sizzunge 57rl2.

sic, sige st. M. 'Sieg': Wo di meiste menie sige vichtet, di behaldin das urteil 28vl8, sige 26r5. silber st. N. 'Silber': Swer silber gelden sal 5rrl9, Swer phenninge geldin sal oder silber 6rr26, silber 4vr8, 17v3, 19rl3, 46rl3, 46rl9, 46r21, silbere 26vl3, silbers lvl9, 47v28, silbirs 47v30, silbir 12v28. sinnen st. V. 'verlangen, begehren': Der man sal icliches gutes sinnen mit manschaft 8rl2, di wile he sins gutes sinnen sal odir is uszeien sal 63rl5, sinnen 68rl3, 69v25, 80vl, sinnet 8rl27, 64v24, 65v21, 69rl4, 70r28, 85r26. -> gesinnen; vorsinnen

slag st. M. 'Schlag, Schlag mit der Hand, mit einem Werkzeug oder mit einer Waffe': Wer aber den andirn knutelit, so das im di siege swellin 27r3, siegen 27rl5, siege 26rl4, 30r27, 53vl9. slagen, slän st.V. 1. 'einen Schlag geben, schlagen, schlagen mit einem Werkzeug oder einer Waffe': Swen man mit knutteln slet 5rl29, der cleger sal ufsten unde sich zu kamphe biten unde sla zwene siege 26rl4, Der richter sal... mit einem bile dri siege slan an eine bürg 53vl9, slet 5vll7, 5vr26, 6rrl9, 30v8, 33v29, 34rl, 41r8, geslain 10v9, geslagen 34r2, ensluge 4 1 r l l , geslagin 57v22; 2. 'schlagend gestalten, anfertigen, schmieden, prägen': Unde swer uf imandis phenninge keiner slachte valsch slet, den sal man haben vor einen

302

Glossar

velschere, unde den alsam, der si da heiset slan 2 r r l 5 , 2 r r l 6 , slan 32v24; 3. 'erschlagen, totschlagen': Wirt ein man gemordet uf dem velde oder ein sin vrunt gestagen 7rl4, Sus sal man ouch vorwinden einen toten, ab man en an dube oder an roube oder in sogetanen dingen gestagen hat 26r21, jlet 5rr23, 5vr21, 7rl5, 29r34, 29vl4, 40v9, 41r2, 41r6, 43vl7, 43v20, 57v28, slugen 47vl7; 4. 'eine Richtung nehmen, einen Weg einschlagen': Wer so Unrechten weg slet über gewunnen lant 33rl0; 5. 'herausschlagen, ausschlagen, hinaustreiben': Slet hes aber us unde enhovet is 35vl3. -> ab(e)slän; schen

erslagen;

tötslagen;

ungeslagen ; vel-

smächeit st. F. 'Schmach, Schimpf, verächtliche Behandlung': tut he im smacheit mit worten oder mit tat ..., dar umme mus he deme herren wetten 77 rlO. snüzen sw. V. 'sich schneuzen': Ab der man sich wischet odir snuzcet..., dar umme enwettet he nicht, alleine weite« is tumme lute 77r26. son, sün, mhd. sun, st.Μ. 'Sohn': Swen der son lebet noch des vater tode 7rr29, Vatir unde muter, swester unde bruder erbe nimt der son unde nicht di tochtir 14vl4, son lr5, l r l 3 , l r l 7 , lr25, lr28, lr30, 5rr28, 7vll3, 1 lv21, 13r27, 14rl4, 1 5 v l l , 15vl7, 30vl4, 30vl6, 30vl9, 30v30, 30v31, 31r28, 46v31, 54vl9, 60vl7, 62r24, 65r7, 6 5 r l l , 6 5 r l 8 , 65r20, 65v3, 65v6, 65vl 1, 69r28, 7 0 r l , 70r4, 70r28, 72r2, 73vl5, 73v22, 73v28, 7 4 r l , 74v5, 80v8, 84v2, sone 4 v l l l , 5vll, 7rr32, 7vll3, 7vl28, 14rl0, 16v23, 46v25, 54v27, 68rl 1/12, 69v27, 69v28, 7 0 r l 2 , 70vl5, 7 2 r l , sonen 80v24, sones 14vl9, sons 15vl2, 15vl9, sun 13v24, 15vl2, 30v20, suns 15v24, sune l l v 2 4 , 13r30. Lexer II, Sp. 1302 spilman st. M. 'Spielmann, f a h r e n d e r Sänger, Gaukler': Al si ein man spilleman oder unelich geborn, he enis doch roubers noch dibes genos nicht 21r29, spilman 8 r r l 5 , spillute 19r27, 48r24.

22r21, 3 4 v l l , 76v20, sprachen 76vl4, sprach 4 7 r l 8 , gesprochen 65r2, 76v27; 2. 'beanspruchen, Anspruch erheben': Ab zwene uf ein gut sprechen noch dem drisegisten, iener, der is under im hat, der ensal is ir keime entworten 44v24, sprechen 45r35, spricht 63r22, 68v22, 82v23, 83r22, gesprechen 29v29; 3. 'behaupten, aussagen': Spricht aber iener, he hab is gekouft uf deme markte 34v2, spricht 22vl6, 38v28, sprechen 7vr26; 4. 'herausfordern': Spricht ein gewunt man den zu kamphe an, der en gewundet hat 2 1 r l 8 , sprichit 4vr29; 5. 'klagen': Wirt aber he vorwundin, uf den man sprichit, man richtet über en 26r4, spricht 74r6; 6. 'widersprechen': Spricht aber iener da wider, ab is gewant is 34r31. -> ansprechen dersprechen

4; missesprechen;

vorsprechen

1; wi-

stat st. F. 1. 'Stelle, O r t , Stätte': Di zcwischin deme naile unde deme houpte sich zcu der sippe geczien mugen an glicher stat, di nemen das erbe glich l l r 3 2 , Der geburmeister is wol gezug über den gebur in sime gerichte an des richters stat um sulche sache 14r8, an des vater stat 'anstelle des Vaters' lvl30, lenes stat 'Lehensstätte' 62v4/5, stat 2 r l l l , l l v 2 6 , 17rl, 26v9, 27v27, 31v7, 34v4, 36r31, 39v26, 43vl7, 4 5 r l 5 , 45v28, 53r7, 5 4 r l 2 , 62r30, 62vl2, 65v6, 68v25, 70v29, 73v22, 74r2, 74r5, 74vl7, 81vl 1, 8 4 r l 3 , stete 40r21, steten 66r29, 81vl4, stetin 7vl3, 24vl4, 45r5; 2. 'Stadt, bewohnter O r t ' : Wir sezcen unde gebiten, swelch herre sine stat oder sine bürg buwen wil, der sal buwin mit sime gute oder mit siner lute gute 2rr3, stat 2vr24, 2vr30, 3rll, 3rl3, 51v2, 6 2 r l 3 , stete 51v31, steten 41v31/32, 42r7a, stetin 2 r r l , 2vr6, 3vl6; 3. 'Boden, Stätte, Grundstück': Wo der vrouwen di stat nicht enis mit deme gebiu, als ir man stirbit, binnen sechswochen noch dem drisegesten sal si mit dem gebu rumen 15r29, stat 15v2, 19rl5, 33r26. statunge st.F. 'Erstattung, Vergütung': di sullen den herren irer statunge manen 62vl4.

spräche st. sw. F. 'Sprache': Man mus den man schuldigen in der spräche, di en angeboren is 6vr2, spräche 54r27, 54r29.

steber st. M. 'Eidvorsprecher': Ab der man aber vor den herren kumt, he bitte aller erst vorsprechen, da noch der heiligen unde des stebers, das he sin gut uszcie 7 5 r l 9 , steber 75r21/22.

sprechen st.V. 1. 'sagen, sprechen': Wer den vride bricht, das sal man richten als hi vor gesprochen ist 41v25/26, Mait ... musen Vormunde haben an iclicher clage, durch das man si nicht Vorzügen mag, des si vor gerichte sprechen 20vl6, sprechen 6rl23, 2 4 r l 4 , 24vl9, 36v5, 65vl6, 76v2, 76v5, sprechin 24vl6, spreche 2 5 r l 3 , 28v30, 33v34, 65v21, 7 6 r l 2 , 78r21, Sprech 34r2, spricht 7vrl6, 9 v l 3 , 18vl2, 76r21, 84v29, sprichit 7 4 r l 4 , sprichet

stegereif st.M. 1. 'Steigbügel': Alle varnde habe gibit der man ane erben gelubde, di wile das he gegurt mit eime swerte unde mit eime schilde uf ein ros kumen mag, von eime steine oder stocke einer dumeln ho, ane mannes helfe, das man im das ros unde den stegereif halde 21v33; 2. den stegereif halden 'den Steigbügel halten zum Zeichen der Lehensuntertänigkeit': Swelches tages der man sime herren den stegereif helt..., des tages enis he nicht phlich-

Glossar tig, sime herren zu lenrechte zu stende 75v9, stegereif 10r9. Lexer II, S p . l l 5 8 f . ; Grimm, DWB 10.2.1, Sp. 1386 ff.; Trübner 6, S.553f.; Kluge/Seebold, S.698 Stelen st. V. 'stehlen': Wer des nachtis gehouwen gras oder gehouwen holcz stilt, das sal man richten mit der wit 33r29, stilt 5vl23, 35r23, 35r24. -> vorstoln sterben st.V. 'sterben': Unde stirbet des mannes wip, von der gerade berichtit man im sin bette 6rr22, stirbet 4vr20, 13rl, 1 3 r l l , 13r27, 13r33, 15vl2, 15vl7, 16r28, 23v2, 40rl3, 43r29, 44r34, 45v29, 80r22, 80v4, 80v27, 82v21, 83r4, stirbit 6rll7, 6rr5, 7vll3, 10v3, llv23, 12rl6, 12v28, 13rl6, 13vl0, 14vl0, 15v22, 17v26, 18r6, 18r29, 18v21, 20v4, 31r22, 35r21, 38v20, 39v25, 39v27, 44r29, 44r31, 55r28, 55v6, 55vl2, 55v27, 57v24, 57v27, 60v30, 65rl2, 68r2, 6 8 r l l , 68v3, 69r29, 69v26, 70rl, 70v26, 70v28, 71rl2, 73vl3, 73vl6, 73v23, gestirbet 30vl5, starb 15v8, 16r21, 16v8, starp 16r32, 47v9, 55v20, sterbe 60v7, 6 0 v l l , 66r7/8, enstirbit 30v2. -*• ersterben 2 Sterken sw.V. 1. 'stärken, kräftigen': Des heiligen geistis minne, der sterke mine sinne 9v2, Alse man den kunig kuset, so sal he deme riche hulde tun unde swern, das he recht sterke unde unrecht krenke 49v32; 2. 'unterstützen, behilflich sein': Di dube behalden oder roup oder di si mit helfe dar zu Sterken, werdin si des vorwundin, man richtet über si als über iene 29v5; 3. 'bekräftigen': des lenes gewere sterkit he alleine uf den heiligen 63r5. stete Adj. 'beständig, fest, anhaltend': kirchen unde kirchove unde iclich dorf..., di suln steten vride haben 41r20. stete Adv. 1. 'beständig, dauerhaft, stets': Unde sal schriben alle di urteile, di von grosen Sachen vor uns gesament werdin uf di rede, das man an sulchen sachen di selben orteile stete habe 3rr21, stete halden 'gewährleisten' 12v3, 68v2, stete 69vl3; 2. 'bindend': Eines iclichen gevangenen gelubde ensal durch recht nicht stete sin, das he in dem gevengnisse globit 46r24. stetikeit st. F. 'Gewißheit, Sicherheit': Alse di cristenheit in der sibinden werlt keine stetikeit enweis, wi lange si sten sulle, also weis man ouch an deme sibindin Schilde nicht, ab he lenrecht oder herschilt gehabin muge 10v33. stören sw.V. 'zerstören, vernichten': Den keiser enmus der babist noch nimant bannen ..., ane umme dri sache:

303 ab he an deme gloubin zwivelt odir gottishusere störet 50v26.

oder sin elich wip lest

stöz st. M. 'Stoß, Stich': Ane vleischwundin mag man ouch einen man toten oder lernen mit siegen oder mit stosen 27rl5. sträse st. sw. F. 'Straße, Landstraße': Wir sezcin unde gebiten, das man di rechten lantstrasen vare unde nimant den anderen mit gewalt twinge von der rechtin strase 2rl33, des kuniges strase 25r2, 39v31, 41rl9/20, strasen 2rl29. sträsrouber st. M. 'Straßenräuber': Swer mer zcolles nimet, denne he zcu rechte sal ..., den sal man vor einen sträsrouber haben 2rll4, sträsrouber 2rl29. streben sw.V. 'sich gegen etwas stellen, Widerstand leisten': alle, di wider gote unde wider deme rechte streben, di werden disem buche gram 85r2. strit st. M. 'Streit, Kampf': An sin recht enkan aber he nicht widerkumen, he enzcuschtire vor des keisers schar, da he einen andirn kunig mit strite bestet 19vl6. stul st. Μ. 1. 'Schöffenstuhl': Stende sal man urteil scheiden, sizzende sal man urteil vinden under kuniges banne, menlich uf sime stule 29r4, stul 29r6, stules 29r5; 2. 'Thron, Kaiserthron': Swen der gewiet wirt von den bischoven, di da zu gesazt sin, unde zu Ache uf den stul kumt, so hat he kunigliche gewalt unde kuniclichen namen 49r21; 3. 'Stuhl, Sitz': So sal en der richter nemen bi der hant unde sezzen en uf ein kussin unde uf einen stul kegin im 50r31. stum Adj. 'stumm': Wirt ein kint geborn stum oder handelos ..., das is wol erbe zu lantrechte unde nicht zcu lenrechte 11 vi 2. suche st. F. 'Krankheit, Seuche': Ist aber, das der vatir von gevencnisse odir von suche ... das recht nicht gevordern mag lvl24, suche 7vl20, l l v l 9 , 22r7, 6 7 v l l . suchen sw.V. 1. 'aufsuchen, besuchen': Binnen tedingen enmag man keine teding den mannen gelegen, das si suchen sullen me den des riches hervart 8rl25, Czu glichir wis suln si werltlich gerichte suchen 10r27, suchen 48r5, 52v9, 67v28, 82vl7, suchin 10r23/24, 10r31, 10v5, suchene 4vl2, 10rl9, lOvl, 29vl2, 85r9; 2. 'suchen, nachforschen': Lest man aber dar uf des richters boten sechse unde den cleger, di suchen di vridebrechere unde den roup 42r24; 3. 'feindlich aufsuchen, mit kriegerischer Absicht gegen jemanden ziehen': Uber wen man claget, das he von einer bürg gesucht habe 42r35. sumen sw.V. 'zaudern, zögern': Ab der andere zu lange

304

Glossar

sumet, der richter sal en lasen vorheischen den vronenboten in deme huse, da he sich inne gerwit 26r7. -» vorsümen

38vl8, 45v7, 45v9, 46r35, 49v32, sweret 6 7 r l 8 , 7 2 r l 7 , swerene 14r27a, swere lr23, 2vl6, 30vl9, 75r21, swerne 80v31, enswere 65r2.

sunäbent st. M. 'Sonnabend, Samstag': Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt, dar zu in iclicher wochen vier tage, dunrstag unde vritag, sunabint unde suntag 41r24, sunabindes 41r32, 41r34, sunabindis 41r35.

swert st. Ν. 1. 'Kampfschwert': Wo zwene man oder dri zu eime hergewete geborn sin, der eldiste nimt das swert zu vor, das andere teiln si gliche undir sich 16v21, Wer sin swert zuit uf eins andern mannes schaden, das swert is des richters 24r24, 24r25, swert 5rll9, 10v9, 16v6, 25vl4, 41v28, 41v36, 50v8, 57r30, 75v22, swerte 21v30, swertis 25vl; 2. 'Sinnbild der weltlichen bzw. geistlichen Gewalt': Noch hat Rome das werltliche swert unde von Sente Petirs halben das geistliche 47v4, swert 10r2, swertin 4vll.

sunderlich Adj. 'besonder, eigen, jedes einzelne': Nimant ensal ouch phenninge slan andern phenningen glich, si enhaben denne sunderlich bescheidunge 32v25, sunderlich 37v3, 79v20/21, sunderliche 30r34, 38v2, 38v5, 49v21, sunderlichen 20v28, 82r26, sundirlich 46vl3, 52vl7, sundirlicheme 3rl20/21. sunderliche Adv. 'im einzelnen, f ü r sich, insbesondere': Der herre underwinde sich des gutes, das dem manne vorteilt is, sunderlichen swo is lit 7 5 r 4 / 5 , sunderlichen 75v20, sundirlichen 16vl7, 17vl. sundem sw.V. 'mit einem G u t oder Lehen absondern, trennen, abfinden': Sundert der vater oder di muter einen iren sun oder eine ire tochter von in mit irme gute 13v24, sundirt 14rl5, sundern 30v30. -> ab(e)sundem; ab(e)sunderunge süne st. F. 'Sühne, Versöhnung': Sune aber unde orvede, di der man vor gerichte tut, di gezugit man mit dem richtere unde mit zwen mannen 12v20, sune 4vl8, 19r29. suane sw. st. F. 'Sonne (als Fristsymbol)': Sweme man icht geldin sal, der mus is warten, bis di sunne underget, in sins selbes huse oder in deme neisten huse des richters, da das gelt gewunnen is 46rl 1, Gerichtis suln alle warten, di dingphlichtig sin, von der zit, das di sunne ufget, bis zu mittage, ab der richter da is 51v29, sunne 26r2, sunnen 48r27. suntag s t M . 'Sonntag': Der suntag was der erste tag, der je gewart unde wirt der lezte, alse wir ufsten suln von deme tode 41v3, suntag 41r24, suntage 3rll2, suntagis 41v2. swebisch Adj. 'schwäbisch': Von swebischeme rechte 4vl21, das swebissche recht 14v29/30, swebisch recht 15r20, binnen swebischer art 15rl 7. swern st.V. 'schwören, durch Eid versichern': Der richter sal swern zcu den heiligen, das he von nimande ichein gut neme umme kein gerichte 3rl21, unde sin gelubde sal he tun vor den eit, da man vride swerit 5 0 r 7 / 8 , sweren 48v6, 57r22, 5 9 v l l , 73r9, 74vl0, 80r27, swerin 5 7 r l 9 , 57r20, swern 3rr25, 12r31, 25v33, 33v32, 34vl4,

swerthalben Adv. 'von männlicher Seite, von väterlicher Seite (bei der Verwandtschaft)': Swer so hergewete vordirt, der sal von swerthalben dar zu geborn sin 44v37, swerthalbin 15r 12. swertmäg(e) st. sw. M. 'Verwandter von der väterlichen Seite': Ein man is Vormunde sins wibes. Alse he stirbet, so ist is ir swertmag 4vr21, swertmag 18r3/4, 3 0 r l 8 , swertmage 16v24, 20r28, 20v7, 21r2. swertscheide st. F. 'Schwertscheide': Ortbant von den swertscheiden suln si abbrechen, si enhabens denne urlop von deme richtere 25v31. swester st. sw. F. 'Schwester': Bruder unde swester nemen erbe ires ungezweiten bruder 5vl3, swester U r 2 0 , 12r4, 12rl4, 14vl3, 31r5, swestere 31r3, 31r4, swestem 13v30, swestir l l r 2 2 , swestire 14v20, swestirn 11 r l 4 . swigen st.V. 'verschweigen': Menlich wol swigen, wi lange he wil 24r21. vorswigen 2

mus sins schaden

Τ tag st. Μ. 1. 'Tag, Zeitspanne eines Tages': bis an den vierdin tag sal he im keinen schadin tun l v r l 6 , tag 16r20, 3 4 r l 6 , 41v3, 47r6, 7 5 r l , tage l v r l 4 , l v r l 5 , l v r l 8 , 3rll 1, 5rl7, 2 3 r l 0 , 28r26, 4 1 r l 5 , 41r21, 4 1 r 2 3 / 2 4 , 41v7, 42v6, 6 0 r l 5 , 78v6, 83v25, tagen 42vl 1, 45vl 1, 7 8 v l l , tages 8rl8, 2 3 r l 4 , 27v30, 28r24, 29rl 9, tagis 33r30, 35r24/25; 2. 'Frist, Termin': Der lezte gewinnet is tag also lange, als ieme getedinget is, uf den das urteil get 28vl3, tage 20r7, 22vl0, 26v8, 59v22, tagen 22v8, tages 22v9, tagis 3 r r 7 / 8 , 27v28, tagin 22r31; 3. 'Gerichtstag': Den tag sal aber kundigen, der das gut under im hat, ieme, des das gut is 43r24, tag

305

Glossar 78v21, tage 44r32, 46r26, 66v29, 67rl8, 67vl, 67v23, 67v26, 74vl2/13, 75r29, 75vl6, 77v22, 78v21, tage» 44r27, tag« 75v8, 75vl0; 4. jär unde tag 'gesetzliche Frist von einem Jahr, sechs Wochen und drei Tagen': jar unde tag 6rr21, 18rl1, 19r31, 19vl0, 33v24, 36r20/21, 36vl0, 51v2, 62rl6, 63rl4, 7 2 r l 4 / 1 5 , jar unde tage 7vl8, 19v2, 49v25, jare unde tage 36r4, 61r29/30, 65vl2, 68r8; 5. gebundene tage 'befriedete Tage, Tage, an denen Recht und Gericht gebunden, d.h. auf gewisse Handlungen beschränkt sind': Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt 41r22, gebundenen tage 7 9 r l 5 / 1 6 , 7 9 r l 7 / 1 8 , gebundenen tagen 5rrl7, 28rl, 51v22, 60r20, 60r21/22, 60r24/25, 81vl4; 6. zu sinen tagen kümen 'einundzwanzig Jahre alt werden, volljährig werden': Ein iclich cristenman is phlichtic, sint czu suchene driins in dem jare, sint he zu sinen tagen kumen is 10r20, tagen 20r3, 20r4, 20rl0, 20rl6, 68vl4; 7. über sine tage kämen 'älter als sechzig Jahre sein': Uber sechzcig jar so is he über sine tage kumen 20rl 1. Lexer II, Sp. 1384ff.; Grimm, DWB 11.1.1, Sp. 27 ff.; Trübner 7, S. 3 ff.; Kluge/Seebold, S.718 -> ding 2; gebunden; jar 2; teding 1; vn'detag; zinstag tagen sw.V. 1. 'das Gericht vertagen': Ab ... das lenrecht mit orteilen getaget wirt, swelchir ir da nicht enkumt, der is gewunnen in der schult 75v4/5, getagit 44v8/9; 2. 'einen Gerichtstag anberaumen, auf einen bestimmten Tag festlegen': Kein cleger darf bürgen sezcin, er di clage getagit wirt 5rll8, getait 24r9. -» dingen 1; tedingen 2; Vortagen tageworchte sw. M. 'Tagewerker, Tagelöhner': Von den lasin, di sich vorworchten an irme rechte, quamen di tageworchten 47v21, Zwene wolline hanzchen unde ein mistgabele is des tageworchten buse 48rl4. tat st. F. 1. 'Missetat, Vergehen, Verbrechen': Is ensi also vil, das he mit totslage den vride breche, so sal siner mage einer clagen umme di selbe tat 2rr30, tat 22v3, 27r7, 27r21, 27v30, 30v21, 31rl, 34rl3, 35vl8, 42vl5, 44r25, 57rl9, 84r6; 2. hanthafte tat 'frisches, offenbares Verbrechen': Swer mit der hanthaften tat gevangen wirt 6rrl7, Die hanthafte tat is da, wo man einen man mit der tat begrift oder in der vlucht der tat oder ab he dube oder roup in sinen gewern hat 34rl2, hanthafte tat 5rl27, 22v31, 32r27, 40v25/26, 40v29, 40v32, 40v36, 40v37, 57rl 1, hanthaften tat 5vll9, 6vr31/32, 7rl24, 20r25, 2 3 r l 3 / 1 4 , 26vl6, 34r20, 35v24, 41v8, 42rl4, 50rl6, 54r20, 57r24, 57vl0a, hanthafter tat 5rl5; 3. gäe tat 'jähes, ungestümes Verbrechen, Affekthandlung':

Wen is ist der lantlute vrie kore, das si gougreven kisen zu iclicher gaen tat 23r5, gaen tat 23rl; 4. mit worten unde mit tat 'mit Wort und Tat': he sal ouch sinen herren mit worten unde mit tat eren 59vl7, In willen unde in worten so enis kein getwang, da envolge di tat 72vl8, mit worten oder mit tat 7 7 r l 0 / l 1; 5. mit rät unde tat 'mit Rat und Tat': he tut ungetruwelich, wen der herre sime manne noch der man sime herren mit rate noch mit täte nicht schaden ensal 84r3. -> Lexer II, Sp. 1408; Grimm, DWB 11.1.1, Sp. 307 ff.; Trübner 7, S.22f.; Kluge/Seebold, S.722 -> rät; wort 2 teding st. Ν. 1. 'Gerichtstag, auf einen Tag anberaumte Gerichtsverhandlung': Bin des herrin teding mag der man gut lien unde erben 7vr5, teding 8rl24, 73v9, 81v27, 84rl2, tedingen 7rr26, 16r7, 27r31, 32rl3, 44vl4, 66r23, 85r7, tedinges 8 5 r l 8 / 1 9 ; 2. 'Gerichtstermin': Wer nicht vorenkumt zu dem dritten tedinge, den vorvestet man 26v32, tedingen IGr'il, 32r24, 64rl9; 3. 'Gerichtsverfahren': bin deme tedinge enis he nicht phlichtig, dem manne zu entwortene 64vl8, tedinge 85rl0, tedingen 8rl24, 64v26, 73v26, 74r8; 4. 'Ladung zum Gerichtstag, Vorladung': keine worte endarf he benennen in sinen tedingen 81 vi2. -> Lexer II, Sp. 1387f.; Grimm, DWB 11.1.1, Sp. 233 f.; Trübner 7, S.39f.; Kluge/Seebold, S.725 ding 2; tag 3 tedingen sw.V. 1. 'Frist geben, einen Termin setzen': Der lezte gewinnet is tag also lange, als ieme getedinget is, uf den das urteil get 28vl3, tedingen 21r22; 2. 'einen Gerichtstag setzen, vor Gericht laden': Wirt ein man durch ungerichte vor gerichte beclait ..., unde wirt im vor getedinget 44vl3, getedinget 66r22, 75vl6, 75v29, 75v31, 76r7/8, 77v28/29, 79rl0, 85rl7/18, tedingen 26v25, 26v27, 26v29, 66vl6, 67r7, 73v8/9, 75r26a, 75r27/28, 81v9, 81v20, 8 5 v l / 2 , tedinget 8rl3, 64vl7/18, 74r7, 74rl9/20, 85r5; 3. 'Gericht halten': Di burgetore suln offen sin, da der herre zu burgrechte inne tedinget 81 vi 7. -> dingen 1; getedingen; tedingen

tagen 2; unbetedinget;

vor-

teil st. N.M. 'Teil, Anteil': Der phaffe nimt glich teil der swester in der muter rade 12r4, teil 3vl31, 3vl32, llv24, llv27, 1 lv28, 12rl0, 13rl, 14rl7, 14vl7, 30v2, 33rl, 33r9, 35rl0, 35rl3, 38r7, 38v35, 39rl, 52v27, 61v6, 70r7, 70r9, 71r3, 71r5, 79rl2, teile 48vl6, 48v22. teilen sw.V. 1. 'teilen, zerteilen': Man enmus ouch keine gerichte teilen 49vl9, teilen 70v23/24, teiln llv33, 13vl, 16v22, 45v9, teilne 4vll5, teilt 4vl30, llv31,

Glossar

306 12rl4, 13vl6, 17v7; 2. 'durch Urteil entscheiden, durch Urteilsspruch erklären': Deroch jar unde tag in des riches achte is, den teilt man rechtelos 19r32, teilt 46r4; 3. 'verteilen': Swo si sich beide zusagen unde gliche uf den heiligen behalden, das sal man en gliche teilen oder mit wasserorteilen si bescheiden 73rl2, teiln 49vl9; 4. 'zuteilen': Di sunne sal man en gliche teiln, wen si erst zusamne gen 26r3; 5. 'gerichtlich freisprechen': Kumt iener vor unde der cleger nicht, man teilt en ledig, is enbeneme im echt not 73vll. -> geteilen 1; unbeteilt; vorteilen 1 teilunge st. F. 'Teilung, Trennung': Sundert der vater oder di muter einen iren sun oder eine ire tochter von in mit irme gute ..., si musen en di teilunge brengen mit irme eide al das gut, da si mite abegesundirt warin 13v30, teilunge 14rl3.

tötbiesen st.V. 'totbeißen': Vrezzit ein man siner nakebure korn ... mit swinen oder mit gensen ..., hezzit man si denne mit hunden, biesin si di hunde tot oder wunden si sie, man blibit is ane wandil 35v32/33. töte sw. M. 'Toter, Leichnam': Als us wert man einen toten 4vr27, Swer einen toten unde gevangen vor gerichte vuret 5rl31, toten 5rl24, 21rl3, 26rl9, 26r22, 29v31, 29v33, 40v30, totin 12r32, 29vl8, 56rl0, 57vl9. töten einen 6vl2, 56r3,

sw.V. 'töten': Ane vleischwundin mag man ouch man toten oder lernen 27rl5, tötet 5vll6, 5vr31, 6vr24, 35vl0, totit 21r25, 41vl8, 48r33, 48vl8, 56r5.

tötslag(e) st. M. 'Totschlag': Gewere sal iclich man tun umme totslag ... vor sinen herren unde vor sinen swertmag 3Or 16, totslage 2rr29.

tochter unr.F. 'Tochter': Di tochter, di in deme huse is unbestat, di teilt nicht irre muter rade mit der tochter, di usgeradetis llv30, llv32, tochter llv27, llv29, 13v25, 13v29, 14vl9, 54v20, tochtir 14vl4/15, tochtere 54v27.

tötslagen st.V. 'töten, erschlagen': Slet ein man den andern tot durch not 5rr23, Slet... tot 5vr21/22, 7rl5/6, 29vl4/15, 41r6/7, 57v28/29. -> erslagen·, slagen, slän 3

topelspel st. N. 'Würfelspiel, Glücksspiel': Dube noch roup noch topilspel is he nicht phlichtig zu geldene 12r20.

toufe st. F. 'Taufe': Des dunrstages wiet man den kresem, da man uns alle mite zeichent zu der kristenheit in der toufe 41r27.

tör(e) sw. M. 'Narr, Tor, Geisteskranker': Uber toren unde über sinnelosen man ensal man ouch nicht richten 43r3, toren 6rl7. tdrheit st. F. 'Torheit, Geisteskrankeit, Verrücktheit': Ab wol ein kint zu lenrechte zu sinen jaren kumen is, sin rechte Vormunde sal is doch an sime gute vorsten ..., di wile is sich selbe nicht vermag noch bedenkin enkan von siner kintheit oder vor torheit 17r4. torwarte st. M. ' Türhüter, Torwächter': Nimant enmag recht len uf einer bürg bereden, da der herre torwarten unde wechtere beköstiget 82v5/6. tot Part. Adj. 'tot, gestorben': Gibt hes wider recht ane erbin gelubde, der erbe underwinde sichs mit urteiln, als ab iener tot si, der is da gab, so hes nicht geben enmochte 21v27, Di wile der man ane wip nicht wesen wil oder enmag, so mus he wol elich wip nemen, alleine sin im dri wip tot oder viere oder me 32r3, tot 44r29, 48v22, toten 27r25, totin 17v6. tot st. M. 'Tod': Swer dem andern gut nimt wen an iens tot 6vr23, tot 44r33, 70vl3, 71v7, 82v28, tode 2rr33, 4vr6, 7rr29, 7vlll, 12rl2, 13v6, 14rl7, 14r26, 15v22, 17v29, 18v6, 18vl0, 18vl5, 18v24, 19r21, 22r3, 38r29, 39r20, 40vl0, 41v5, 48r3, 55r25, 61rl7, 65r7, 65vl 1/12, 69rl2, 70rl7/18, 71v7, 71v21, 80vl0, 82r26, 83rl2, 83r25, todis 40rl3.

trugsesse sw. M. 'Hofbeamter, der die Speisen aufsetzt, Truchseß': Undir den leien is der erste an der kore der phalenzgreve von deme Rine, des riches trugsesse 51r2. trüwe st. F. 1. 'Treue': Wen swer den vorsten vride globet unde en truwe phlichtig is, bricht he den vride, man sal über en richten 44r2, truwe 7vr20, 46r25, 46r34, truwen 46r30, 46r35; 2. 'Treuwort': Lest man en aber uf sine truwe riten zu tage 46r25, truwe 46r27, truwen lr8; 3. 'Treuepflicht': Was ein herre unde iclich man mus wol tun, das nicht ensi wider sinen truwen 6vrl3. träwelös Adj. 'wortbrüchig, treulos': Wer truwelos heredit wirt..., deme vorteilt man sine ere 19v24, truwelos 4vrl4. truwen sw.V. 1. '(zur Ehe) antrauen': Der man is ouch Vormunde sins wibes, alse si im getruwet wirt 48rl; 2. 'glauben': Wil ouch der herre gezug leiten uf den man unde getruwit des der man nicht 67r23. tum Adj. 'töricht, dumm': Dar umme bitte ich czu helfe alle gute lute, di rechtis gern, ab keine rede begeine, di min tumme sin vormide 9 v l l / 1 2 , tumme lute 'törichte Leute' 77v3, durch tummer lute wan 'nach Meinung törichter Leute' 75v27. tümprobest st. M. 'Domprobst': Vriheit is abir drierhan-

307

Glossar de: Schephinbare lute, di der bischove sint suchin suln. Phlechaftin der tumprobiste, lantsezin der erczpristere 10r24/25.

üfhouwen sw.V. 'abhauen, abschlagen, niederreißen': Umme kein ungerichte ensal man ufhouwen dorfgebuwe 42vl7.

tümvoget 4rl9.

üfläsen st.V. 'auflassen, in eine andere Hand übergeben': Ein wip enmag ane irs mannes willen nicht ... lipgedinge uflasen 20vl0, Lest man aber ein vorligen gut eime kinde uf 6 9 v l l / 1 2 , uflase 13r21, uflasin 61v9, uflesit 32rl7, uflest 14rl6, 68r2, 68v3, 72r4, 72rl2, 72v6, 73vl6, 74vl9, 83vl8, uflet 7vl30, 7vr8, 64vl0, 65rl6, ufgelasen 71v27, 80r30/31, ufgelasin 13r22, 63v28/29, 72r26, ufzulasene 12v34, lest ... uf 71v23/24, 72rl, let... uf7v 127, 7vl28, enlase uf 84vl7. Lexer II, Sp. 1695f.; Grimm, DWB 1, S.681 -> geläsen; läsen 4; widerläsen

st. M. 'Domvogt': der tumvoit von Halbirstat

turnei st. M. 'Turnier': Binnen geswornen vride ensal man keine wapen vuren, wen zu des riches dinste unde zu turnei sunder swert 41v28. twingen st.V. 1. 'zwingen': Unde clagen si über en zu lantrechte, si twingen en da zu wol mit urteiln zu rechter teilunge 14r21, Man sal nimande twingen zu keiner clage, der he nicht begonst enhat vor dem richtere 24rl8, twingen lr23, 2vl21, 5rll9, twingene 52r24, twinge 10rl4, 46v2, 52r26, 52r29, twinget 7v134, 72vl3, getwungen 7vl24, 68vl0, 71 r21; 2. 'verdrängen': Wir sezcin unde gebiten, das ... nimant den anderen mit gewalt twinge von der rechtin strase 2rl33.

u ubel st. F. 'Böses, Bosheit, Schlechtigkeit': In welche stat der echter kumt, den sal man nicht behalden, unde swer im ubil tut, das sal nimant wem 2vr25. uberhür st. N.M.F. 'Ehebruch': Der ... den vride bricht unde di in ubirhure begriffen werdin, den sal man das houpt abeslan 29v2/3. ubemechtig Adj. 'eine Nacht überdauernd, worüber eine Nacht vergangen ist': Vor dem gibt man achte, der mus ouch wol ubemechtig ungerichte richten 23rl7, über nechtig 29r25/26, ubimechtig 5rr2. Überzügen sw.V. 'mit Zeugen überführen': Swer is dar über tut, dem voite zcu leide, wirt he sin ubirzcuget ..., den sal man zu achte tun 3vl27/28, ubirzcuget 3vr8. üfbiten st.V. 'bekanntmachen, proklamieren': Was der man vint oder dibin oder roubem abejait, das sal he üfbiten vor sinen geburen unde zu der kirchen 35r4, ufbieten 33v6. üfgeben st.V. 'aufgeben, niederlegen': Begibt sich aber ein man, der zu sinen jaren kumen is, he hat sich von lantrechte unde von lenrechte geleit, sine len sint von im ledig, wen he den herschilt hat ufgegeben 17vl5. üfhalden st.V. 'festnehmen, verhaften': Vint man in in der stat, man mus en wol phendin oder üfhalden vor den schaden ane des richters urlop 33r27.

üfläsen st. N. 'Auflassung, Überlassung': Nimant enmag eine rechte gewere gewinnen mit lenunge oder mit saczunge noch mit uflasene 69v5, he is von im ledig des inritens unde nicht des uflasens 13rl 9. üfzien st.V. 'an sich ziehen, beanspruchen': Zcut ein man sin gut us kegen sinen herren, das im vorteilt was, der hat alle gedinge, das im was geiigen, damite ufgezcogen 84r26. -> üsgezien-, üszien 2 ummesesse sw. M. 'Nachbar, Anwohner': Disen gezug suln di ummesessin bescheiden, di in deme dorfe besessin sin 45v2, ummesessen 73rl, 73r8, ummesessin 45v4, 56vl2. unbegraben Part. Adj. 'unbegraben, nicht beerdigt': Brengit man aber den toten vor gerichte unbegraben unde clait uf in, he mus entworten umme sinen hals oder he mus den toten bereden 29v31/32. unbekümmert Part. Adj. 'unbehindert, unbeeinträchtigt': Alle schult mus man wol geldin, dem man si geldin sal, vor deme tage, das man si geldin solde, also das man si gelde an der stat, da si iener, dem man si gelden sal, unbekümmert von dennen muge brengen 26vl0. unbescheiden Part. Adj. 'nicht zugewiesen, ungeteilt': Ab me lute den einer mit eime gute belent sin unde sint si unbescheiden dar an, ir kein enmag gevolgen an einen anderen herren, ab ir herre stirbit, er wen ir ein 71rl0. unbeschulden, -scholden Part. Adj. 'unbescholten, nicht gemindert, unangefochten': gemeiner gewere si gezug ein iclich unbeschulden man an sime rechte 72v2, mit unbescheidenen luten an irrne rechte 'mit an ihrem Recht unbescholtenen Leuten' 83rl, unbeschuldene gewer'unangefochtener Besitz' 15vl6, unbescholdin 21rl6, unbeschuldener 8 5 v l l .

308 unbestatet Part. Adj. 'unausgestattet, unverheiratet': Di tochter, di in deme huse is unbestat, di teilt nicht irre muter rade mit der tochter, di usgeradet is llv31, unbestatte 13v29/30. unbetedinget Part. Adj. 'gerichtlich unangefochten, unbehelligt': man sal abir im bürgen sezcen, ab der kindere mer is den eins, das der herre unbetedinget blibe umme das len 69rl 7. unbeteilt Part. Adj. 'unaufgeteilt, ungetrennt': Ab zcwene mit eime lene belent sin unde des gutes ein teil vorlien eineme manne, ir keiner enmag an den anderen an deme gute sinen manne nicht vorteilen noch uflasin sime herrin ..., di wile si an deme gute unbeteilt sin 61 vi 1, unbeteilt 80v29. unbetwungen Part. Adj. 'ohne Zwang, freiwillig': Ein iclich man mag sins rechten gutes wol enig werdin mit rechte, ab hes vorkouft oder vorseczzit... oder zu welcher wis hes anget unbetwungen 3 2 r l 9 / 2 0 . unbewiset Part. Adj. 'nicht eingewiesen, ohne Einweisung': Swelch unbewiset gut, das deme manne geiigen wirt, sal der man behalden mit gezuge, wen is im geiigen wirt, da he der gewer an darbit 61r20. unbilliche Adv. 'ungemäß, nicht rechtgemäß': wen is enist nimant so ungerecht, is endunke in unbillich, tut man im unrecht 84v23/24. undergenös s t s w . M . 'der weniger ist als seinesgleichen, der von niederer Herkunft ist': ein dinstman hilfet des ouch wol deme, der sin undirgenos is lvl21. -> genös underscheit st. M. 'Vorbehalt, Bedingung': Liet ouch ein herre ein gut eineme manne ane underscheit, was da gebues uffe is, das is des mannes allis mit deme gute 31r33. undertän Part. Adj. 'untertänig, untergeben': Dem von Meideburg is undirtan der bischof von Nuwenburg unde der von Merseburg ... unde der von Havelberg 52r9/10, undertan 52rl9, 78vl6, undirtan 5 2 r l 7 / 1 8 , 59v26. undertän st. M. 'Untertan, Untergebener': Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in dem lande 52rl 3. underwinden st.V. 1. 'in Besitz nehmen, sich bemächtigen, aneignen': Swes sich der man underwint mit Unrechte 6rr29, Wer kemplich grusen wil einen sinen genos, der sal bitten den richter, das he sich underwinden muse eins sines vridebrecheres zu rechte, den he da se 24v22, underwinden 34r30, 45vl3, 61r24, underwinde 21v26, 35vl6, 62rl la, 75r3, underwint 5rl3, 47r28, 47r30,

Glossar 62rl6, 75r7, 77r8, underwunden 75r8, undirwinden 24v25, undirwint 64r5, 68r28, 74v26, undirwant 47v3, undirwunden 24v31, enunderwinde 71rl6; 2. 'jemanden zum Zweikampf herausfordern': Wer sich undirwindet des andirn zu kamphe, enket he im mit rechte, he mus en mit buse lasin 21 vi 8. Lexer II, Sp. 1811 f.; Grimm, Sp. 1907ff; Trübner 7, S.333f. -» vorwinden

DWB

11.3,

undiupliche Adv. 'ohne Diebstahl, nicht diebisch': wen hes undiuplich unde unrouplich us iens mannes gewern brochte 33vl4. unecht Adj. 'rechtlos': Ane wergelt sint unechte lute 6rr32, unechte 48r32. -*• echt 5 unecht st. N. 'Rechtlosigkeit': Swem man unecht saget 6rr9, unecht 8rrl2. unelich Adj. 1. 'unehelich, außerhalb der Ehe': Kemphin unde ir kindere, spillute unde alle, di unelich geborn sin 19r28, unelich 20v29, 21r29, 48r21/22, 59rl0; 2. 'gesetzlos, rechtlos': Eliche kindere enmag der uneliche man sider nicht gewinnen 19v9, Unelicher lute buse gibet luzil vrumen 48r29, uneliches 21v2/3. -> elich-, geborn 4 ungelobet Part. Adj. 'nicht gelobt, nicht versprochen': Di wile di gewer ungelobit is 44v22. ungelucke st. N. 'Unglück': Heldet ouch der vater sine kindere in Vormundeschaft noch irre muter tode, wen si sich von im scheiden, he sal in widerlasin ... alle irre muter gut, is ensi im von ungelucke unde ane sine schult gelosit 13v9, ungelucke 16v30. ungemannet Part. Adj. 'unverheiratet': Meide unde ungemannete wip, di vorkoifen ir eigen an irs Vormunden willen, he ensi denne da erbe zu 2 0 v l l / 1 2 , ungemannet 47v37. ungenös st. M. 'Ungenosse, jemand, der von geringerem Stand ist': Swer an den obersten herren siner liunge oder wisunge mit sime gute sinnet, wiset he en denne an sins herren ungenos, so der man das erst irvert bin der jarczale, das he volgen sal, so Widerrede he di wisunge vor dem obersten herren 85r27, ungenos 8rl29, ungenosen 53rl5, 80vll/12. ungerädet Adj. 'unausgestattet, nicht ausgesteuert': Di ungeradete swester, di teilt nicht irre muter rade mit deme phaffen 12rl3/14. ungerecht Adj. 'ungerecht': wen is enist nimant so un-

309

Glossar gerecht, is endunke 84v23.

in unbillich,

tut man im

unrecht

ungerichte st. N. 'Verbrechen, Vergehen, Unrecht': Swer borget einen man umme ungerichte 5rl25, ungerichte 5 r r l 4 , 5vr28, 6rl21, 10r30, 10vl2, 2 3 r l 3 , 2 3 r l 7 , 23r25, 23r28, 2 4 r l 2 , 2 5 r l l , 26vl, 26v28, 27v20, 2 9 r l 7 , 29v9, 30r20, 30vl7, 36v28/29, 40v31, 41vl0, 42r29, 42vl7, 43vl8, 44r21/22, 4 4 v l l , 44v20/21, 45v36, 48v31, 49r27, 50v6, 52vl4, 53v7, 54r20, 57r23, 57v30, 66r22, 8 2 r l 7 , 83v2, ungerichtis 2 1 r 2 7 / 2 8 , 30vl5. uagescheidea Part.Adj. 'unabgefunden, unabgesondert': he is von sime vatere ungescheiden mit sime gute 13v4, ungescheiden 15v 11. ungeslagen Part. Adj. 'nicht geschlagen, nicht erschlagen, am Leben gelassen': da liesin si di gebur sizzen, ungeslagen unde bestatten en den ackir 47vl8. ungetruwelich Adj. 'treuwidrig, treulos': Twinget der herre sinen man ungetruwelich 7vl34, ungetruwelich 46r33, 46v.l, 72vl3, 84r2. ungevangen Part. Adj. 'frei, nicht gefangen': Zut aber he sich us der vorvestunge unde kumt her ungevangen vor gerichte, he kumt zu sime rechte, also ab he nie vorvestet wurde 27r23, ungevangen 3 8 v l l . ungewaldig Adj. 'nicht in Gewalt habend, der Gewalt, des Besitzes oder Gebrauchs von etwas beraubt': der richter ... geweidige si von gerichtis halben irs gutes, des si ungewaldig was 20r2, ungewaldig 53vl5. ungezweit Part. Adj. 1. vollbürtig (innerhalb der Verwandtschaftsgrade)': Ungezweite brudir kint sint ouch gliche na deme geczweiten brudere, an deme erbe czu nemene 3 1 r 6 / 7 , ungeczweiten 31r4, ungezweiten 5vl3, ungezcweiter 11 r l 8; 2. 'ungeteilt, ohne Teilung': Blibit di witewe ungezcweiet mit den kindern in des mannes gute 6vr9, ungezcweit 15v5, ungezweit 55r30. ungloubig Adj. 'ungläubig': Welch cristenman oder wip ungloubig is ... unde des vorwunden wirt, di sal man uf der hört burnen 29v7.

unlust st. F. ' U n r u h e , Lärm vor Gericht': Dar umme sal he den schultheisen des ersten Urteils vragen, ab is dinges zit si, unde da noch, ab he vorbiten muse unrecht unde unlust 2 3 v l l . unphlicht

st. F. 'Pflichtverletzung, Pflichtwidrigkeit':

Wer aber des kindis erbe is, den sal des kindis Vormunde berechin von jare zu jare des kindes gutis unde im gewis machin, das hes zu unphlicht nicht vortu, sint das kint zu sinen jaren kumen is 17r8. unrecht Adj. 'unrecht, ungerecht, unrichtig': Vraget man einen man Urteils unde vint he noch sime sinne, so hes rechste weis, ist is wol unrecht, he lidet dar umme keine not 28v24, Vorliet ein greve siner graveschaft ein teil oder ein voit siner voitie, das is unrecht 52v28, unrecht 22vl2, 28v31, 2 9 r 2 8 / 2 9 , 78r25, 84vl5, Unrechte 29r29, Unrechten 3 3 r 9 / 1 0 , Unrechter 7vr27, 47r25, unrechtis 40rl4. unrecht st. N. 'Unrecht, Ungerechtigkeit': Des heiligen geistis minne, der sterke mine sinne: Das ich recht unde unrecht der Sachsen bescheide, noch gotis hulden unde noch der werlde vrumen 9v4, mit Unrechte 'zu Unrecht' 6rr29, 19r6, 22r4, 2 2 r l 2 , 26vl5, 3 2 r 9 / 1 0 , 44v30, 45vl5, 47r28, 53vl3, 65v28, 68r24, 69vl0, 7 7 r 9 / 1 0 , 80vl, 8 4 r 8 / 9 , zu Unrechte 'dass.' 7rr30, 1 9 r l 0 / l l , 65r23, unrecht 2 3 v l 0 / l l , 33vl7, 49v32, 7 7 r l 2 , 82vl5, 84v24, 84v27, 85r4, Unrechtes 8 4 v l 9 / 2 0 . unroupliche Adv. 'nicht räuberisch, ohne Raub': wen hes undiuplich unde unrouplich us iens mannes gewern brochte 33vl4. unschuldig Adj. 'unschuldig, schuldlos': Untredit he abir sich, alse recht is, mit siben seintbaren mannen zcu den heiligen, das he nicht enwisse, das he ein echtere was, he sal unschuldig sin 2 v r l 8 / 1 9 , unschuldig 14r5, 19v20, 2 6 r l , 3 0 v l 9 / 2 0 , 3 1 r l , 34v4, 35vl6, 38v31, 40v7, 42v9, 42vl3, 74r25, 8 2 r l 8 , 84rl9.

unhelinge Adv. 'unverhohlen, nicht heimlich': Dube oder roubis ... entschuldigit he sich uf den heiligen, ab hes gezug hat, das hes unhelingen gehalden habe 57vl0.

unschult st. F. 'Reinigungseid, den der Beklagte zu leisten hat': Schuldiget man den man umme das, des he nicht enhat, des enket he mit siner unschult 14r31, unschult 14r33, 14v32/33, 16vl9, 24r29/30, 25r23, 4 3 r l 2 , 45vl8, 58r9, 61vl, 65r5, 66vl0, 72vl2, 73r23, 85v26. Lexer II, Sp. 1934; Grimm, D W B 11.3, Sp. 1345 ff.

unkraft st. F. 'Schwäche, Kraftlosigkeit': von sins libes 'aus körperlicher Schwäche' 21r20.

unkraft

untrüwe Adj., zu ungetrüwe 'untreu, treulos': herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat 84r5.

utiküscheit st. F. 'unreine Begierde, Unkeuschheit': Wip mag mit unkuscheit ires libes ir wiplich ere krenken, ir recht vorlusit si da mite nicht noch ir erbe 12rl.

unvolent P a r t Adj. 'unvollendet, noch anhängig (bei einer gerichtlichen Angelegenheit)': Ab der herre sinem manne zu lenrechte tedinget, bin deme tedinge enis he

310 nicht phlichtig, dem manne zu entworfene, ab he en ichtes schuldiget, di wile sin sache unvolent is 64v21. unvorclait Part. Adj. 'unangeklagt': Was he so seit unvorclait, he beheldit di saet unde gibt sinen zins ieme, der das lant behelt 36v37. unvorgolden Part. Adj. 'nicht bezahlt, nicht erstattet': Swo me lute den einer zusamne globin ein wergelt oder ander gelt, alle sin sie das phlichtig zu leistene, di wile is unvorgoldin is 56rl5, unvorgolden 60r28. unvorholn Part. Adj. Adv. 'nicht verborgen, nicht heimlich': Swas he andirs dinges koufit unvorholn unde unvorstoln bi tagislichte unde nicht in beslosseneme huse, mag hes gezugen selb dritte, he behelt sine phenninge dar an 43v28/29, unvorholn 57v5, unvorhaln 34rl8. unrorstoln Part. Adj. Adv. 'unverstohlen, öffentlich': unvorholn unde unvorstoln 43v28/29. unvortan Part. Adj. 'unveräußert': Dis sal der richter haldin jar unde tag unvortan 1 8 r l l , unvortan 2 7 v l l / 1 2 , 33v6. unvorterbet Part. Adj. 'unbeschädigt': Was man aber deine manne liet oder sezt, das sal he gelden noch sime werde, oder he sal is unvorterbet widerbrengen 43r33. unvorvest Part. Adj. 'nicht in der Verfestung befindlich, nicht gerichtlich geächtet': Sus sal ouch der cleger unde sin gezug sweren uf einen unvorvesten man, der durch ungerichte in der hanthaften tat wirt gevangen unde vor gerichte mit orteiln gesazt 57r23. unwissende Adv. 'unwissend, unbewußt, unabsichtlich': Wer da erit eins andern mannes lant unwissende ..., wirt he dar umme beschuldigit, di wile hes erit, sin erbeit vorlust he dar an, ab is ienre beheldit 36v31, unwissende 5vr2, 45r26/27, 5 6 r l l . unwissenschaft st. F. 'Unwissenheit, Unkenntnis': Welche gewere man nicht bescheiden enmag durch di zcweiunge der ummesessen oder durch ir unwissenschaft, so sal man di sachwalden heisen sweren, das si wisen nach rechte sulch len alse ir si 73r8. unzucht st. F. 'Ungezogenheit, ungebührliches Verhalten': Doch wettit man deme richtere dicke umme unczucht, di man tut in deme dinge 22r27/28. urkunde st. N.F. 'Zeugnis, Beweis': mit urkunde zweier manne 38v26, urkunde 40rl9, 43r25, 46vl9, 47rl7, 66r2, urkundes 47r5/6. urlögen sw.V. 'streiten, Krieg führen': Wo zcwene mit ein ander urlogen, der einer oder beide geleite haben, swer

Glossar deme di lute zu leide angrifet..., ubir den sal man richten als ubir einen strasrouber 2rl25. -> orlouge urlop st. M.N. 'Erlaubnis, Genehmigung': Wo man buwen mus ane des richters orlop 6vl29, orlop 19rl6, 53r23, 53r27, 5 3 v l l , 77vl7, 82rl4, urlop 3vr2, 22v22/23, 25v27, 25v32, 32v21, 33r28, 45r31, 53r22, 53v6/7, 57v20/21, 70v24, 77r5, urlob 18v29, urlobe 24v29, 34r22. ursale st. F. 'rechtlich andauerndes Eigentum': unde da ir ir man gibt eigen in ursale oder zu irme libe 20r33. urteil st. N. 'Urteil, Urteilsspruch, richterliche Entscheidung': Doch enmus des riches dinstman über den schephin vrien man weder orteil vinden noch gezug wesin 45r24, Orteil suln si vindin vastende ubir iclichen man 54r5, gotes orteil 73rl3, orteil 4rl21, 5rrl9, 5rr21, 7vl4, 54r8, 61v21, 61v25, 75r26, 75v9, 76vl5, 78r5, 78r6/7, 78r8, 78rl 1, 78rl7, 78r22, 78r25, 78r32, 78vl2, 78vl3, 78v24, 79r6, 79r9, 79rl6, 79rl9, 79r20, 79r22, 81rl4, 81 r l 7 , 81r20, 81r23, 81v4, 81v6, 84v8, 85v3, orteile 3rr20, 3rr22, orteilen 74v2/3, 75v4, 77v25, 78v21, 85rl6, orteiles 5rl21/22, 78r27, 78vl5, 85v3, 85v6b, orteiln 8rll2, 53v20, 57r25, 61v30, 66r22, 74rl7, 74r22, 74r27, 76vl4, 77r6, 80rl9, 82rl2, 82r24, 86r4, orteils 28v8, urteil 12vl4/15, 15rl, 15r4, 15r6, 15rl6, 15r22, 24v6/7, 28r2, 28r6, 28r7, 28r9, 2 8 r l l , 28rl4, 28r32, 28r35, 28vl4, 28vl5, 28vl9, 28v21, 28v27, 28v29, 28v30, 28v33, 29r2, 29r3, 29r6, 29r7, 29rl0, 29rl3, 29rl5, 31v4, 53rl3, 54r8, 54r9, 5 4 r l l , 54rl6, 54r23, 54v4, 5 9 r l 7 / 1 8 , 59r20, 60rl9, 61v28, 66v4, 76vl, urteile 3rrl8, 36r3, urteilen 30v28, 64r7, 64v22, urteiles 4rl21, 66r32, 76r31, urteiln 14r21, 21v26, 22vl 1, 24vl5, 24v24, 29r5, 50rl9, 50v5, 52v6, 53v8, 59v21, 60r22/23, 61vl2, 67v27, 75r27, 75r28, Urteils 23v9, 24vl0, 28v2, 28v23. Lexer II, Sp.2014f.; Grimm, DWB 11.3, Sp. 2569 ff.; Trübner 7, S. 360 ff.; Kluge/Seebold, S.753 -> bescheiden-, scheiden 2; vinden 2; wasserurteil, -orteil; widervinden üsbescheiden s t V . 'aussondern, ausnehmen': Vorliet der herre ein gut, da di zinsgelden zu geboren sin oder sich in das zinsgelt gekouft haben, unde eczwas dinstes dar ab sin phlichtig zu tune, das dinst mag der herre ledig behalden, ab hes usbescheidet, als he das gut vorliet 82vl0. üsdingen sw.V. 'vorbehalten, ausbedingen': he endinge is denne us 31r35. üsgelegen sw.V. 'ansetzen, anordnen, festsetzen': Swen ein herre tedinget sime manne zu lenrechte ..., bin den

311

Glossar tedingen enmag he kein ander usgelegen, das he en gebiten muge zu suchene 85r8. üsgeleget Part. Adj. 'anberaumt, festgesetzt': Zu deme usgeleiten tage sal der man kiesin sibene, di man vrage umme sinen gezug 67vl. üsgephenden sw.V. 'auspfänden': Swo der richter sin gewette nicht üsgephenden mag 5vl27, üsgephenden 35v34/35.

der man aber vor den herren kumt, he bitte aller erst vorsprechen, da noch der heiligen unde des stebers, das he sin gut uszcie 75r20, uszcien 8rl5, 63rl6, 73vl4, 73v21, 73v23, 7 5 r l l , 82r2, uszcuet 75vl5, uszuzciene 72>\7, usgezcogen 73vl9, usgezogen 79v30, zcuet ...us 7 5r26, zcut... us 84r23, zut... us 7 5 r l 5 / 1 6 , 75r26a/27, zuet ...us 73v8, enzcut... us 75rl. -» üfzien; üsgezien; ziert 2, 3

üsgerädet Part.Adj. 'ausgestattet, ausgesteuert': Di tochter ..., di teilt nicht irre muter rade mit der tochter, di usgeradet is 11ν32.

üsziende sw. M. 'das Ansichziehen, Inanspruchnahme': Ab der herre den man schuldiget, das he sin gut habe an sinnende vorjaret oder an uszciende, das behelt mit siner unschult der man 73r22/23.

üsgezien st. V. '(ein Gut) an sich ziehen, beanspruchen': Sweme man sin gut in sine entworte vorteilt ane rechte widerspräche, der enmag is nicht me usgezcien 74rll.

Y

üslegen sw.V. 'ansetzen, anordnen, festsetzen': Uber achzcen wochen sal der greve sin ding uslegin 6vl21, uslegin 51v22, üsgeleget 85rl6, usgeleit 10v26, 20r8, usgeleitem 22rl9, legit... us 10r29. üsnemen st.V. 1. 'befreien, auslösen': Der herre mus ouch wol usnemen eins sinen eigenen man, swen he vorteilt is 30v33, usnemen 5rr28, 5vll/2; 2. 'erheben': Ab das kint sine jarzal behelt er den zinstagen, das das gut vordint is, is sal den zins usnemen 39v5; 3. 'auswählen': Iener aber, des das vie is, der sal zu vor usnemen czwei under sechsen, dri under nuinen, e den der zendener kise 38rl. üsscheiden st.V. 'ausschließen, ausscheiden': Swer da koufes bekennet, der sal is gewer sin, des he vorkouft hat, wen he is diep oder diebes genos, der des koufes bekennet unde der gewer loukent, he enhabe si usgescheiden mit gezuge, da he si vorkoufte 43rl6. üssezzen sw.V. 'versetzen, verpfänden': Wer in siner suche sine habe vorgibt oder usseczt 22r8, Sezt ouch ein man sin len us ane sins herren urlop 77r4. üswendig Adj. 'auswärtig': Binnen markte oder binnen uswendigene gerichte endarf nimant entwerten, he enhabe da wanunge oder gut binnen 45v34, uswendigem gerichte 6vr29, 56v26/27. üswisen sw.V. 'verdrängen aus, ausweisen, verweisen (von einem zugesprochenen Gut)': da enmus en nimant uswisen, he entu is mit rechter clage 27r33. üszien sLV. 1. 'befreien, freimachen, herausziehen': Ein vorvest man mus sich wol usczien in allen stetin in deme gerichte, da he inne vorvest is 45r5, uszcien 6rl26, uszien 45r8, usgezogen 6rl27, uszut 45rl8, zut ...us 27r22; 2. '(ein Gut) an sich ziehen, in Anspruch nehmen': Ab

valsch Adj. 'falsch, unredlich, betrügerisch': herren unde mannes valsche rat glichen wol untruwere tat 84r5, valschen 5vlll, 29r29, 32v6, valscher 32vl2/13. valsch st. Μ. 1. 'Betrug, Unredlichkeit': Der richter sal swern zcu den heiligen, das he von nimande ichein gut neme umme kein gerichte ... unde he von sinen sinnen aller beste kan ane aller hande valsch 3rl28; 2. 'Fälschung': Unde swer uf imandis phenninge keiner slachte valsch slet, den sal man haben vor einen velschere 2rrl5, valsches 32vl7/18. vane sw. M. 'Fahne': Der keiser liet alle geistliche vorstenlen mit deme sceptrum, alle werltliche vanlen mit deme vanen 51r31. van(en)Ien st. N. 'Fahnenlehen, vom König einem Fürsten mit symbolischer Ubergabe einer Fahne verliehenes Lehen': Der keiser enmag aber in allen landen nicht gesin unde alle ungerichte nicht gerichten zu aller zit. Dar umme liet he den vorsten vanenlen 49r29, vanenlen 49vl0, vanlen 6vl22, 7rr31, 49vl2, 51rl4, 51r31, 51vl, 52r2, 52vl 1, 65r28, 65r30, 65v9, 77v4, 79v22/23, 81r22, 81r30, 81v2, vanlene 4rll8, vanlenes 65v2. -> DRWB 3, Sp. 354f.; H R G 2, Sp. 1725; Lexer III, Sp. 19; Grimm, DWB 3, Sp. 1242 vangen, vähen st.V. 1. 'gefangennehmen, ergreifen': Swer mit der hanthaften tat gevangen wirt 6rrl7, gevangen 34r8, 34r9, 41v8, 41v30, 46r34, 54r24, 57r24, vehit 6rrl3, vieng 47rl2, viengen 51vl9; 2. 'gefangenhalten': Swer eins mannes knecht slet oder swer einen gevangen hat 5vll7; 3. zü kamphe vän 'durch Anfassen zum Zweikampf herausfordern': also vorwint man den ouch, der zu kamphe gevangen unde gegrusit ist 26r29, zu kamphe van 27rl3.

312 var st. F. 'Heerfahrt, Kriegszug': Belent wip oder mait ensin nicht phlichtig, hervart zu dinene, mer hersture sullen si geben noch gesazteme rechte, vare sullen si ledig sin bin lenrechte 7 lv4. -> hervart väre st. F. 'nachteilige Rechtsstellung, erniedrigende Behandlung': Dise vare ensal nimant haben ane der, deme der herre dar getedinget hat umme sine schuldegunge 75v28, vare 76rl. vater st. Μ. 1. 'Vater': Gibit der vater dem sone ros unde phert 4 v l l l , Vri unde echt behelt des vater recht 4vll8, vater lr6, lr9, I r l 1, I r l 5 , lr24, lr25, lr27a, lr30, lr32, lvl27, lvl30, lvl31, 2rl2, 5rr28, 5vll, 6vr4, 7rr29, 7rr32, 7vlll, 7vll8, 7vl26, 7vl28, llv23, llv26, 13r30, 13r33, 13v2, 13v5, 13vl0, 13vll, 13v24, 13v27, 1 4 r l l , 14rl4, 14rl7, 14v8, 14v20, 18v20, 2 1 v l l , 30vl4, 30vl6, 30v20, 30v29, 31r6, 54v8, 54vl4, 54v28, 54v30, 56r6, 59rl 1, 60vl7, 60vl9, 65r7, 6 5 r l 4 / 1 5 , 65r20, 65r22, 65v3, 65v6, 6 5 v l l , 69rl2, 70rl7, 70v29, 70v30, 71v5, 71v6, 71v7, 71vl6, 71vl9, 71v21, 72rl, 72r3, 73v22, 73v23, 74r2, 80vl0, 85v6a, 85vl5, vatere lr22, lvl3, 13v3, 46v34, 55r3, 65rl2, 65rl8, vatir lr8, l r l 7 , lr20, lr29, lvl23, l l r l O , llv21, 14vll, 14vl2, 14vl3, 18v23, 18v23/24, 69v30, 74r5, vatirs 2rrl0. vechten st.V. 1. 'erkämpfen': Wo di meiste menie sige vichtet, di behaldin das urteil 28vl8, vichtet 26r5; 2. 'kämpfen, fechten': Umme urteil sal man nirgen vechten 28v21/22, vechten 25v7, 29rl6, vechtin 25v9, 28vl7, gevochten 28v21. velschen sw. V. 'fälschen, falsche Münzen schlagen': Velschit der munczer sine phenninge unde enhelt he si nicht nach irme rechte, di wile enmag he nimande valsches geczien, da iener wandil umme tun dürfe 32vl5. slagen, slän 2 velschere st. M. 'Falschmünzer': Unde swer uf imandis phenninge keiner slachte valsch slet, den sal man haben vor einen velschere 2rrl6. vernen sw.V. 'entziehen, entfernen': Swer sime herren oder sime kinde oder imande, der des wartende is, sin len vernen wil 7 0 v l l , gevernt 61r8, 69v29, gevirnt 65rl0, virne 71r4. -> enphirren vest -> vestunge vestunge st. F. 'Verfestung, gerichtliche Achtung, Bezirksacht': Swer sich us der vestunge zcien wil 5rr8, Der niderste richter enmus nicht richten di vestunge, di der

Glossar oberste richter getan hat 45v26, vestunge 6rrl6, 27v33a, vest 8rr9, 8rrl5. -> vorvestunge vetter sw. M. 'Bruder des Vaters, Vetter': Nimt der son wip bi des vatir libe, di im ebinburtig is, unde gewint he sune bi ir unde stirbit he da nach, e sin vater in geteilt von deme erbe, di sune nemen teil in ires eldirvater erbe glich iren vettern an irs vater stat llv25, vetteren 70v30. vient st. M. 'Feind': Dis buch gewinnet manchen vient, wen alle, di wider gote unde wider deme rechte streben, di werden disem buche gram 85rl, viendin lr8, lvrl3/14. viertag st. M. 'Feiertag, Festtag': Der man sal ouch sime herren dinen da mite, das he im urteil vinde zu lenrechte vor mittage unde buzen gebundenen tagen unde buzen viertagen 60r20/21, viertagen 60r22, 60r25. vierzennacht st. F. 'vierzehn Nächte, die Frist eines halben Monats': Dries über virzennacht sal man ienen vorladen, vorzustene sin gut, ab he wil 43r21, zuet hes aber us, der herre sal im tedingen vor sine man unde sal das teding deme clegere kundigen vierzcennacht vore 73vl0, vierczennacht 34vl6, vierzcennacht 77vl4/15, vierzennacht 66vl5, 66v21/22, virczennacht 32v27, virzcennacht 10r31, 26v27, virzennacht 27v6/7, 27v9. vinden st.V. 1. 'finden': Diube oder roup, di man under im vindet, di sal der richter behalden under im jar unde tag 33v23, vindet 33v9, 34rl7, vint 5vl21, 32v9, 33r26, 34r21, 35rl, 35r3, 43v26; 2. ein urteil vinden 'ein Urteil finden, die sich aus der Verhandlung jeweils ergebende Entscheidung ermitteln und aussprechen': Welches Urteils man von erst vraget, das sal man von erst vinden 24vl 1, sizzende sal man urteil vinden under kuniges banne 29r3, Vrie lute ... musen ... vor deme riche gezug sin unde orteil vinden 45r21, vinden 4rl21, 5rr29, 28r2, 28r7, 28rl 1, 28v9, 28vl0, 30v23, 30v26, 31v4, 45r24, 54r8, 54r9, 5 4 r l 6 / 1 7 , 61v20, 76vl, 76vl5, 78rl2, 79r6, 81rl2, 81rl4, 81rl7, 81r20, 81r23, 81v4, 81vl9, 84v8, vindene 7v 14/5, 29r6, 54rl0, 59rl8, 66v4, 81v6, vinde 54rl2, 60rl 9, vindin 54r6, vint 5rrl9, 24v27, 28v23, 28v26, 29r7, 53rl2, 75v9, 77vl0, 7 8 r l l , 78r28, vant 29r7, 54rl 1, 78vl2, 79r22, vunden 28v30/31, 2 9 r l l , 78r25, vundin 2 3 v l l , gevunden 29rl3, 54v4, envint 15r2. DRWB 3, Sp. 539 ff.; Lexer III, Sp.354; Grimm, DWB 3, Sp. 1641 ff.; Trübner 2, S.346ff; Kluge/Seebold, S. 215 vire st. F. 'Feiertagsruhe, Ausruhen von der Arbeit': Swer an einem manne den vride unde di vire bricht, der

Glossar mus zcwies wetten durch eine suche, deme unde geistlicheme gerichte 79r28.

313 werblichem

vleischwunde sw. st. F. 'Fleischwunde, blutige Wunde': Ane vleischwundin mag man ouch einen man toten oder lernen 27rl4, vleischwunden 30v8, vleischwundin 27r5, 27rl 1. vleischzende sw. M. 'Fleischzehnt, Abgabe von Tieren': In Sente Johanstage allerhande vleischzende, da man mit phenningen den zenden alle jar losit 39r26. vlucht st. F. 'Flucht': Die hanthafte tat is da, wo man einen man mit der tat begrift oder in der vlucht der tat 34rl4, vlucht 41v20. vluchtsal st. F. 'betrügerische Ubergabe eines Gutes an einen anderen': Von der vluchtsale 7vr24. voit st. Μ. 1. 'Landesherr, Fürst': Under des riches schephen sin Swaben di von Tubule ..., der voit Albrecht von Spandouwe 3vr26, voit 52v27; 2. 'höherer weltlicher Richter, Gerichtsbeamter': Dar under ein iclich voit dingin sal unde iclich burmeister rügen sal das geruchte 10v6, voite 52v21; 3. 'Schirmherreines Gotteshauses': Wir sezcin unde gebiten alse recht ist unde vil vesteclichen, das aller der gotishusere voite den gotishuseren vorsin unde si beschirmen uf ir voitien 3vll4, voit 3vl21, voite 3vl27, 3vl32, voitin 3vlll, voites 3vl23/24. voitie st. F. 1. 'Vogtei, Amtsbezirk des Vogtes': Binnen einer voitie enmag kein kuniges ban gesin wen einer 23v2, voitie 3vll8, 3vl25, 52v27, voitien 3vll5; 2. 'Schutzherrschaft, Schirmherrschaft': Gibt aber hes orlop, di voitie is sin dar ubir 19rl 6.

Is aber das vie so getan, das man is nicht ingetriben mag ..., so lade he da zu zwene man ... unde volge deme vie in sins herren hus 37rl5, volgen 6rl5, 34vl5, 40r32, 40r33, 41v35, 42r3, 42v26, volge 40v34, 48r31, volget 41v34, 48v28, 70r7, volgit 22rl6, gevolget 42rl4, envolgit 24r27; 3. 'Lehensfolge leisten': Weigert aber der herre, des zu tunde wider recht, der man volge an den obirsten herren sime gute 64rl2, volgen 7\rl2, 59r30, 59r35, 59v9, 64rl, 68rl, 70r2, 71vl5, 73v21, 80vl5, 82r28, 83vl4, 85r29, 85vl, volge 64rl8, 74v21, 82v2, 83r6, 83vl0, volgene 68rl8, 80vl3, volget 7vr7, 61vl7, 62r30, 62v3/4, 63v5, 64r24, 74v3/4, 77r23, 80r25, 80v24, 84v3, volgit 7rr23, 62r24, 73vl5, gevolget 64v3; 4. 'befolgen, zustimmen': Swer lenrecht kunnen wil, der volge dis buches lere 59r2, orteiles volgen 'einem Urteil zustimmen' 4rl21, volgen 76vl6, volget 78rl4, volgeten 79r23, envolget 78rl2; 5. 'hinterherkommen, folgen': was im volget, das is sin, was andersit blibet, das is sins nakebures 38r23, envolge 52vl, 72vl8. DRWB 3, Sp.607ff.; Lexer 3, Sp.441f.; Grimm, DWB 3, Sp. 1875 ff.; Trübner 2, S. 409 ff.; Kluge/Seebold, S. 225 -» gevolgea 1, 2, 4 volkumen st. V. 'vor Gericht nachweisen, beweisen, mit etwas durchdringen': Vorsinet aber he sin recht vor gerichte unde sait he im zu ein ander recht, des he nicht volkumen kan, he vorlusit beide 14v4, volkumen 24vl, 31 vi3, 57r27, 63r27, 66v5, 67r2, 73vl, volkume 28rl7, 61v24, 78r8, 85v9, volkumt 8rll2, 28r32/33, 31v8, 45rl3, 57rl7, 67v4, envolkume 72r7/8, envolkumt 79r20/21.

volbort, volburt st. F.N. 'Zustimmung der Dinggenossen zum Urteilsvorschlag': Widersprichet einer di volbort unde vint he ein ander urteil, welchir di mere volge hat, der behelt sin urteil 28v26, volburt 5rr21, 2 9 r l l , 79r24.

volleist st.M. 'Helfer, Mithelfer': Wirt abir ein man beclait umme roupliche gewer ..., der richter sal... richten ... über den rouber unde über sine Unrechte volleist allirerst zu hant 32r31.

volge st. F. 1. 'Lehenserneuerung, Lehensnachfolge': An anegevelle enis keine volge 7vll2, Alle len ane gewere darben der volge 7vr25, volge 23r4, 49v20, 59rl5/16, 60v8, 69r26, 69r27/28, 77r23, 80r7, 80v22, 83rl8, 84v6; 2. 'rechtliche Zustimmung bei der Abfassung eines Urteils': Widersprichet einer di volbort unde vint he ein ander urteil, welchir di mere volge hat, der behelt sin urteil 28v27.

voI(len)kumen, vollenkomen Part. Adj. 'vollkommen, vollständig': Wer an sime rechte volkumen is 'Wer unbescholten und voll rechtsfähig ist' 32vll/12, volkumen 59r24, 59v31, 81r21, 81v3, 84v9, vollenkumen 28r21, vollenkumener 34v8/9, vollenkomen 28rl2. -» recht 7

volgen sw.V. 1. 'gerichtlich verfolgen, nachgehen': swas schadin imande an keiner slachte dinge gesche, das hes selbe nicht reche, he enclage alrest deme richtere unde volge siner clage zu ende lvr4, volgen 32r29, 81v28, volge 2 2 v l l , envolget 45r27; 2. 'hinterhergehen, verfolgen':

volrichten sw.V. 'zu Ende Recht sprechen, ein abschließendes Urteil fällen': Wo im der richter nicht enrichtet oder nicht volrichten enmag, da sal im der kunig richten 3 2 v l / 2 . volvordern sw.V. 'eine Klage vor Gericht zu Ende führen': Volvordert he aber sine clage noch rechte ane kamph

314 unde enket im iener mit unschult, he blibet is ane schadin 24r28. vorächten sw.V. 'in die Acht erklären, ächten': Des ... vorachteten mannes ... gezug mag man wol vorlegen in deme gerichte, da he ... in di achte getan is 62v20. vorbannen st. V. 'in den Bann tun, von Seiten des Gerichts bestrafen': Des vorbannen mannes ... gezug mag man wol vorlegen in deme gerichte, da he vorbannen ... is 62vl9, 62v22. vorbiten st.V. 1. 'verbieten, untersagen': Wir ... vorbiten alle valsch 2rrl8, vorbiten 2vr2, 2vr7/8, 3vl22, 3vrl, 23vl0, vorbutet 32v26/27; 2. 'den Aufenthalt an einem Ort untersagen': Swo man den echter vorbutet odir angrifet, den sal nimant weren 2vrl9. vorbören sw.V. 'verwirken': Burgen mus he aber seczen, da he kein erbe hat, vor des richters gewette unde vor buse, ab he si vorboret, unde nicht er 24r6, envorboret 17x21. vorbrengen unr.V. 'vor Gericht bringen, vorführen': Wer da borget, einen man umme ungerichte vorzubrengene, ab he en nicht vorbrengen enmag, he mus sin wergelt geben 2 6 v l / 2 , 26v2, vorbrengen 42vl, 44r6, vorbrengit 40v29/30, vorzubrengene 51vl6. vordere sw. M. 'Vorfahr, Ahne': Jafet, unse vordere, besazte Europam 46v27, vorderen 8rrl8, 47v6, vordem 46vl6, vordirn 14v27. vordem sw.V. 1. 'vor Gericht fordern, stellen, bringen': Schriet aber he das gerufte, das mus he wol vordem mit rechte, wen das gerufte is der clage begin 24r22, vordem 30rl2, 43v5, vordere 22rl3, vorderen 70v5, vorderet 6rr24, vorderit 48v8, vordert 17v21, 23v23, 24r7, 30rl, 3 0 r l l , envordere 79v3, envordert 22rl8; 2. 'fordern, verlangen': Swer so hergewete vordirt, der sal von swerthalben dar zu geborn sin 44v37, vordirt 46v3, 82vl4. gevordern vorderunge st. F. 'rechtliche Forderung, Verlangen': Welch man vor gerichte vordert so getane sache ..., he mus sine vorderunge lasen mit einer werbuse unde mus deme richtere wetten 30r7, vorderunge 4 0 r l l / 1 2 , 48v7/8. vordingen sw. V. 'vertraglich zusichern, sich vertraglich verpflichten': Wer ouch den andirn sin gut vordinget..., unde stirbet iener, der das gedinget hat, er is im geiigen wirt, iener is das phlichtig zu lasene sinem lenerbin 12v33. dingen 3 vorgeben st.V. 1. 'veräußern, vergeben': Wen ein man

Glossar sin gut vorgeben mag 4vr33, vorgeben 18r32/33, 18v30, 20v9, 43r6, vorgebin 4vr22, vorgebn 21v22; 2. 'schenken, hingeben': Im sal nimant icht odir nicht zu koufen geben noch vorgebin 2vr27/28. vorgelden st.V. 'zurückerstatten, bezahlen': Wundet man einen man an dem gilt, das im vorgolden is vor gerichte, houwit man is im suber ab, he enmag da kein hoer gelt an gevordern wen sine buse 30vl0/11, virgelde 12v31, vorgelde 13r6/7, vorgalt 26vl2, vorgolden 22vl7, 3 I r l 3 , 35vl, 56r27, vorgoldin 22vl9, 56r20, 56r32, vorgulden 5 r r l l . -*• gelden 1 vorgift st. F.N.M. 'Gift, Giftmischerei': Welch cristenman oder wip ungloubig is unde mit czouber ummeget oder mit vorgift unde des vorwunden wirt, di sal man uf der hört bumen 29v8. vorheischen sw. V. 'zum gerichtlichen Zweikampf auffordern': Ab der andere zu lange sumet, der richter sal en lasen vorheischen den vronenboten in deme huse, da he sich inne gerwit 26r8. -> heischen vorjären sw.V., mhd. verjähren 'die Belehnungsfrist verstreichen, verjähren lassen': Ab der herre den man schuldiget, das he sich vorjaret habe 7vr3, vorjaren 68v5, 69v25, vorjaret 3 2 r l 7 / 1 8 , 63rl8, 66v9, 68v7, 73r22, vorjarete 64v28, virjaret 69v31. vorjären sw.V., mhd. verjären 'mündig werden, ein bestimmtes Alter erreichen': Vorjart is sich aber noch den rechten zinstagen, das gelt des gutes hat is vorlorn 39v5. vorklagen sw.V. 'anschuldigen, verklagen': Wo ein man sinen herren vorclagen sal 8rl20. vorkoufen sw.V. 'verkaufen': Meide unde ungemannete wip, di vorkoifen ir eigen an irs Vormunden willen, he ensi denne da erbe zu 20vl2, vorkoufen 22r32/33, 27vl5/16, vorkouft 6rl8, 6vr21, 3 2 r l 6 / 1 7 , 40r8, 43r6, 43rl4, 43v4, 64vl0, 73vl7, vorkoufte 43rl6. vorkumen st.V. 1. 'vor Gericht erscheinen': Alse hi vor gesait is, also vorwint man den ouch, der zu kamphe gevangen unde gegrusit ist unde gelobet unde bürgen seczt vorzukumene, unde nicht vorenkumt zu rechtin tedingen 26r31, Wer nicht vorenkumt zu dem dritten tedinge, den vorvestet man 26v31, vorkumen 19v4, 78vl9, vorkume 45r9, vorkumt 41vl2, 42v22, kumt ... vor 19v31. vorladen sw.V. 'vor Gericht laden': Di sal man vorladen, ir wergelt zu nemene, czu den neestin dinge 29v24, vorladen 43r21, vorledit 44vl7, vorgeladin 19v30. -*• inladen; laden 1

Glossar vorlegen sw. V. 1. 'widerlegen, abweisen, zurückweisen': Welch man zu deme herschilde nicht geborn is, der enmag ... keinen sinen herren vorlegen, ab he an in volgen sal, dennoch he des herschildes nicht enhat 59r29, vorlegen 25r30, 59rl7, 62v21, 67v20, 71vl3, 85v30, vorleget 26r26, 77r23/24, 72r26, vorlegit 59r25; 2. 'beseitigen, vermeiden': Durch das bedarf man manchvaldir rede, er man di lute des in künde brenget..., wi si unrecht mit rechte vorlegen unde zcu rechte brengen 84v27/28, vorleget 86r5, 86r7, vorlegit 73v2. vorlien st.V. 1. 'als Lehen geben, als Lehen verleihen': Swelches mannes gut der herre vorliet in sine entwerte 7rr25, vorlien 61v6, 73vl8, 79v23, 84v4, vorligen 64r5, 69r24, 69vl 1/12, 80v5, 84r22, vorlegen 60v22, virligen 61r20, vorligeneme 65r22, envorlies 49v25, unvorligen 69rl; 2. 'verleihen': iener, der si vorleich oder vorsazt hat, der mag keine vorderunge dar uf gehaben, ane uf den, dem he si leich oder sazte 4 0 r l l . -» gellen; lien vorliesen st.V. 1. 'verlieren, verwirken, abhanden kommen': Das vorlos in allen Cale/ornia, di vor deme riche missebarte von czorne 40vl6, he vorlise di hant dar umme 2rr27, vorliesen 72rl7, vorlisen 2rl20/21, 16r9, vorlisens 19v3, vorlust 34v5/6, 36r24, 36v33, 37r24/25, 39r9, vorluset 4vl25, 36rl7, vorlusit llv20, 12r2, 43v33, vorlos 49rl6, vorlorn 18vl3, 32vl3, 37vl4, 39r7/8, 39v7, 43vl, 48v8, 56r8, 72r8/9, 75v6, 83v9, vorloren 16rl4, 60r27, envorlisen 70r3, envorliese 64rl3, envorluset 65r25, 67r4/5, 73vl3, 78rl5; 2. 'vor Gericht verlieren': Swer sinen lip vorluset vor gerichte oder sich selber tötet 5vll6, vorliese 78r32, vorliesene 68vl9, vorlust 33v20, 36v2, vorluset 6vrl9, 34v22, 36vl, 67v6, vorlusit 14v4, vorlorn lvrlO, 19vl8, 2 5 r l 2 / 1 3 , 34r22, 84r27. vorliesen st.N., Substantivierung von vorliesen st.V. 'Verlust': Vortopilt he aber sins selbis gut ..., der herre enmag da nicht uf gevordirn, wen he enist is im nicht phlichtig zu geldene, al habe he im sin vorliesin gesazt 43vl0. vorlouken sw. V. 'absprechen, bestreiten, in Abrede stellen': Ab der herre vorloukent sinem manne gutes 7rrl8, vorloukent 7rr22, 16r25. -> louken(en) vormunde sw. M. 'Vormund, rechtmäßiger Fürsprecher': Wen man den vrouwen Vormunde gebin sal 4vrl 8, Ein man is Vormunde sins wibes 4vr20, Vormunde 7rl7, 7rl7/8, 13vl 1, 16v26, 16v32/33, 17r6, 17rl0, 1 7 r l l , 17rl4, 20rl, 20rl8, 20r27/28, 20v2, 20vl4, 20vl8/19,

315 20vl9, 20v21, 21rl, 41r3, 43r4, 48rl, 68v29/30, 69r8, 69rl3, 69r23, Vormunden 4vl28, 4vrl5, 4vrl6, 4vr23, 4vr26, 6rl25, 20r4, 20r6, 20rl2, 20r26, 20r30, 20vl2, 20v28, 20v31, 20v33, 21r4, 21r6, 21r8, 21r21, 31rl2, 40vl6, 45r2, 68vl5, 68v26, vormundin 19v28, 20r24, 58r7, 58r7/8. Lexer III, Sp.476f.; Grimm, DWB 12.2, Sp. 1322 ff.; Trübner 7, S. 750 ff.; Kluge/Seebold, S. 769 vormunde sw. F. 'Vormundschaft': Helt der vater oder di muter kindere in vormunde 4vll2. Vormunden sw. V. 'bevormunden, Vormund sein': Wenne der richter vrouwen Vormunden sal 4vrl9, Vormunden 20r32. -> baimunden vormundeschaft st. F. 'Vormundschaft': Wie lange des richters vormundeschaft wert 4vr25, vormundeschaft 7rl 15, 8rll7, 13v5/6, 18v3, 19v33, 20v25/26, 35v3/4, 82vl9. vorphlegen st.V. 'sich veφflichten': Disen gezug salder herre hören oder zcwene sine man dar senden, di sich vorphlegen bi sinen hulden 73r5, vorphlegin 57r8, vorphlege 49v29. vorreter st. M. 'Verräter': Alle mordere ..., unde vorrethere ..., di sal man alle radebrechen 29r32. vorsachen sw.V. 'bestreiten, leugnen': Ab ein man vorsachet, des man en zciet 4vl7, vorsachen 72v7. -> besachen vorschulden sw.V. 'verdienen, verschulden, schuldig werden': Wer des nachtis korn stilt, der vorschult den galgen 35r24, vorschulde 22v3, vorschult 27rl8. vorsezzen sw.V. 'versetzen, verpfänden': Wer gewette unde buzse nicht engibt zu rechtin tagin, der vronebote sal en da vor phenden unde sal is zu hant vorseczin oder vorkoufen vor di schult 22r32, vorsezzen 27vl5, vorsezzin 27vl6, vorsezt 40r9, vorseczzit 32rl7, vorsazt 40rl 1. vorsinnen sw.V. 'falsch sinnen, verleugnen': Vorsinet aber he sin recht vor gerichte unde sait he im zu ein ander recht, des he nicht volkumen kan, he vorlusit beide 14v2. vorspreche sw. M. 'Vorsprecher, Verteidiger vor Gericht, Anwalt': Ab ein man an sines vorsprechen wort nicht enjet unde aber der herre den vorsprechen schuldiget des, he mus dar umme gewetten, he enswere da vor, das he anders nicht gesprochen habe, wen alse iener bete, deme he zu vorsprechen gegeben si 64v30, 64v31, 65r3, vorspreche 4rl22, 5rl 16, 5vr24, 7 r r l l , 7rrl7, 23v20, 23v33,

316

Glossar

24r2, 40vl5, 40vl9, 54vl, 61vl9, 76r25, 81v6, worsprecÄeii 5rll5, 6rl22, 7rr27, 23vl3, 23vl7, 2 3 v l 8 / 1 9 , 2 4 r l , 24vl7, 24vl8, 40vl8, 4 4 v l 8 / 1 9 , 44v20, 62v23, 7 5 r l 8 / 1 9 , 76r6, 7 6 r l 7 , 7 6 r l 7 / 1 8 , 7 6 r l 9 , 76r21, 76r24, 76v4, 76v5, 76vl8, 77r28, vorsprechin 6 r r l l , 23vl2. Lexer III, Sp.610; Grimm, D W B 12.2, Sp. 1625 ff.; T r ü b n e r 7, S. 763 vorsprechen st. V. 1. 'widersprechen, abstreiten': so mus der man sagen, weder he di wisunge vorspreche mit der ergeren gehurt oder mit manschaft, da sich iener mitte genidert habe 85v5, versprochen 85vl0; 2. 'verweigern, ablehnen, zurückweisen': Der herre ensal nimandes manschaft vorsprechen ane des, der des herschildes darbit 6 6 r l 7 , vorsprechen 84v6, vorspricht 5 r r l l , 83rl7; 3. 'versprechen, falsch sprechen': Der herre mag sich vorsprechen unde vorswigen an sime rechte unde nicht sine man, ab si das gut vorsten noch rechte 64r20, vorspricht 23vl6. -*• missesprechen;

sprechen

6

vorste sw. M. 'Fürst, derjenige, der allen voransteht': Vorste heist durch das vorste des riches, das sin vanlen, da he vorste ab wesen sal, nimant vor im enphan ensal 81r24, 81r24/25, 81r25, des riches vorste 'Reichsfürst' 51 r l 9 , vorste l v l l 3 , 5 1 r l 5 , 65v2, 77v4, 81r22, 81r30, vorsten 2 v l l l , 3rll4, 3vr21, 6 v l l l , 6vll5, 6vll8, 43v35, 4 4 r l , 44r2, 47v23, 47v25, 49r29, 49vl0, 4 9 v l l , 49vl7, 50r20, 51r8, 5 1 r l 2 , 5 2 v l l , 60r4, 65r30, 81r22, vursten l r 2 , l r 4 , 6rll3, 36r28. -*• leienvurste, -vorste vorsten unr.V. 'vorstehen, vertreten, einstehen f ü r etwas': Doch mugen di vursten gewern einen man mit eineme offen brive besigelt, also das si da mite senden im ingebornen dinstman, der das gut vorste an ire stat 36r31, vorsten 7vr9, 13r22, 16v33, 20r21, 63v31, 64r22, vorste 5 0 r l , 64r8, 68vl6, vorzustene 26r25, 43r22. vorstenlen st. N . 'Fürstenlehen': Der keiser liet alle geistliche vorstenlen mit deme sceptrum 51r29, vorsten len 81v2. vorstoln Part. Adj. 'gestohlen, heimlich weggenommen': iener behelt sin gut, das im vorstoln was, ab he sich dar zu czut 34v7, vorstoln 4 0 r l 0 , 43r28, 4 3 v l l . vorsümen sw.V. 1. 'verlieren, Verlust erleiden': Bin sinen jaren enmag das kint sich nicht vorsumen zu lenrechte 69r4, an sime erbe ... vorsumen 'sein Erbe verlieren' 18r 18; 2. 'versäumen, verstreichen lassen': Swas ein herre von mutwillen liet sineme manne, des he en nicht geweren enmag, he sal is im irstaten, also das sich der man in siner jarczale nicht vorsume 7 I r l 6 , Vorsumet der greve sin

echte ding 5rr5, vorsumet 22r21, 30r25, 6 8 r l 4 , 70r26, 71r29; 3. 'vergessen': Er he ouch vor den herren kume, he sal swert, messer ... unde alle wapen von im tun, ab der man an disen dingen sich vorsumet, he wettet dar umme 75v24; 4. 'benachteiligen': Vorsumit he ouch kein man, des vorspreche he is, he mus sich wol irholn mit eime andern vorsprechen 23v32; 5. 'Nachteil erleiden durch Versäumnis': Wenne im das vundin wirt, so clage menlich, das im werre, mit vorsprechin, durch das he sich nicht enversume 23vl2a, vorsumit 6 6 r l 2 . -> sümen vorswestem unde vorbrüdem sw.V. 'unter Schwestern und Brüdern ein Erbe teilen': Wenne aber ein erbe vorswestirt unde vorbrudirt, alle, di sich gliche na zu der sippe gestuppin mugen, di nemen glich teil dar an 14vl5/16. vorswigen st. sw. V. 1. 'durch Schweigen den Anspruch verlieren, Schaden erleiden': Bis swenne man sich vorswigen mag an eigene 4vr2, vorswigen 18r20; 2. 'verschweigen, nicht nennen': Der herre mag sich vorsprechen unde vorswigen an sime rechte unde nicht sine man, ab si das gut vorsten noch rechte 64r21, vorswigit 2 5 r l 2 . -> swigen Vortagen sw.V. 'einen Gerichtstermin ansetzen': He sal nimande Vortagen, he tu is mit unseme sundirlicheme geböte 3rl20. vortedingen sw.V. 'vor Gericht laden': Brechen dis di hindere unde vorderen si das gut zu lenrechte, der herre sal beide ... vortedingen 70v7. vorteilen sw.V. 1. 'durch Urteil absprechen, entziehen': Clait mait oder witewe zu lantrechte über iren vormundin ..., unde kumt he nicht vor zu deme dritten tage rechtis zu phlegene, man sal en baimunden, das is, man sal im vorteilen alle vormundeschaft 19v33, vorteilen 61v8/9, vorteilin 70v8, vorteiln 26v21, 29v20, 80r22, vorteile 67r8, vorteilt l r l 3 / 1 4 , 7vr4, 12vl3, 19r32, 1 9 v l l , 19vl7, 19v26, 26r33, 3 2 r l 4 , 3 2 r l 8 , 35r20, 36r4, 45r34, 5 0 r l 7 , 61vl6, 63v29, 6 5 r l 6 , 68r2, 72r25, 72v5, 73r26, 73r28, 73v3, 73v6, 7 4 r l 0 , 75r4, 75r22, 75r29, 75vl5, 7 6 r l 8 , 79v30, 8 2 r l , 82r2, 82r8, 83vl9, 84r24, 84vl8; 2. 'verurteilen': Sin recht is ouch der zende man, den man vorteiln sal, das he en zu losene tu 5 0 v l 3 / 1 4 , vorteilt 6vl31, 30v34, 50r23, 53v20/21. Lexer III, Sp.482; Grimm, D W B 12.1, Sp. 2051 ff. -> teilen 2 vortopeln sw.V. 'durch Würfelspiel verlieren, verspielen': Vortopelt ein knecht sins herren gut 6rll0, vortopilt 43v3, 43v6.

Glossar

317

vortriben st.V. 'wegtreiben, vertreiben': Unse vorderen, da di herquamen unde di Doringe vortriben, di waren in Allexanders her gewest 47v7, vortribet 35r31.

23rl 1, 29v8, 30v25, 42v28, vorwundin 2 6 r l 8 , 29v5. underwinden 2

voruntrüwen sw.V. 'treulos handeln, durch Treulosigkeit schädigen': Nicht wen durch dri sache mag der herre tedingen sime bürgere, ab he sich voruntruwit kegin im ... oder ab ein bürgere uf den anderen clagit umme bürgten 81v21.

vorwirken sw.V. 'verwirken, verlieren': Kein kint mag sinen lip vorwirken 5vr26, vorwirken 33v26, 4 0 r 2 0 / 2 1 , 45r33, 48r29, 48r36, 50v7, vorwirkin 5 0 r l 5 , 50r23, vorwerkin 19v7/8, vorwirke 41r2, vorwirket 27rl7, 33v28, 48v31, vorwirkit 56r2, vorworcht 21vl3, 30r23, 32v8, 39r5, 77vl2, vorworchten 47v21, envorwirke 45v35/36, envorwirkes 16r3.

rorvare sw. M. ' V o r f a h r , Ahne': Der Swabe nimt wol hergewete unde erbe bobin der sibenden sippe, alse verre ..., alse hes gezugen mag, das ein sin vorvare ienes vorvaren oder ienes vorvare sins vorvaren hergewete gevordirt habe vor gerichte oder genumen 15rl3, 15rl4, 15rl 4 / 1 5 . vorvest Part. Adj. 'gerichtlich geächtet': Swen man aber einen vorvesten man in der hanthaften tat vor gerichte vuret 6vr31, vorvest 6rl26, 26r28, 26v20, 2 7 r l 9 , 40v21, 41v9, 45r3a, 45r4, 45r6, 4 5 r l 7 , 45v21, 45v22, 45v23, 45v24, 5 7 r l , 57r20, 62v22, 6 6 r l 9 , vorvesten 26vl9, 4 5 r 2 / 3 , 45vl6, 62v20, vorvestin 6rr2, 5 7 r l 0 / l l . -» un vorvest vorvesten sw.V. 1. 'verfesten, gerichtlich ächten': Umme andirs keine clage sal man den man vorvesten ane umme di, di an den lip oder an di hant get 2 7 r l , vorvesten 2 7 r l 0 , 36v29, 42r25, vorvestet 26v32, 27v29, 27v33, 42r22, vorvestit 27vZ3, 42r34, 44r24; 2. 'eintreten für, vertreten': He mus aber das gut vorvestin drin dingen, ab man dar uf clait 27v3. Lexer III, Sp.287f.; Grimm, D W B 25, Sp.330f. vorvestunge st. F. 'Verfestung, gerichtliche Achtung, Bezirksacht': Doch ensal man nimande vorteiln sinen lip mit der vorvestunge noch mit der achte, da he mit namen nicht inkumen is 26v22, vorvestunge 5rl27, 2 7 r l 7 / 1 8 , 2 7 r l 9 / 2 0 , 27r22/23, 27v33, 4 5 r l 2 , 4 5 r l 6 , 45v20, 52v2, 5 7 r l 3 . -> unvorvest; vestunge·, vorvest·, vorvesten vorwerfen st.V. 'vor Gericht zurückweisen, abweisen': bezuget in des sin vater zcu den heiligen vor sime richtere mit zcwen seintbaren mannen, di nimant mit rechte vorwerfin mag, der son sal sin vorteilt egenes unde Ienes 1 rl 3. vorwinden st.V. 'vor Gericht überführen, besiegen': Enwirt der dip bin tage nicht vorwunden 5rl7, Man enmag nimande mit vestunge vorwinden in eime andern gerichte 6 r r 3 / 4 , vorwinden 2 6 r l 9 , 26r22/23, 45v20, 5 1 v l 0 / l l , vorwint 26r28, 72vl7, vorwunden 19r30, 21r27,

26r4, 2 6 r l 6 ,

vorwisen sw. V. 'verweisen von, ausweisen, verbannen': Wil ein herre vorwisen sinen zeinsman rechte 5vrl7, oder lute von dem gute vorwise, di zu dem gute geborn sin 16r5. -> wisen vorzenden sw.V. 'den zehnten Teil als Abgabe leisten': Iclichen hof unde Worte unde sunderlich hus vorzendit man mit eime hune an Sente Mertinstage 37v3, vorzenden 37r33/34, vorzendet 37r34, vorezende 37vl0, vorczendit 38r3. vorzien st.V. 'verzichten auf, aufgeben': Sinnet eins mannes son, der zu sinen jaren kumen is, gutes an sinen herren unde hat he brudere, di binnen iren jaren sin, he mus deme herren geloben, das sine brudere des gutes sich vorzeien 70v3. Vorzügen sw.V. 'durch Zeugnis vor Gericht beweisen, mit Zeugnis beweisen': Wo man den eigenen man vorzeugen sal 6 r r l 4 , vorzeugen 72v23, 7 4 r l 6 , 7 4 r l 9 , vorzeuigen 84r20, Vorzügen 14r5, 14v33, 20vl5, 2 6 v l 8 / 1 9 , 54v5, vorzuget I r l 9 , vorzugit 12v7, 27r22. vrenkisch Adj. 'fränkisch': Der kunig sal habin vrenkisch recht, swen he gekorn is, von welchir geburt he si 5 0 r l 3 , vrenkisch 5 0 r l 7 . vrevelliche Adv. 'auf vermessene, das Recht verletzende Weise': Swelch son an sins vatir Up retet oder vrevelichen angrift mit wundin oder mit gevenenisse ..., der selbe ist erlös unde rechtelos ewiclichen I r l 7 . vri Adj. 1. 'freigeboren, nicht leibeigen': Vri kint unde echt behelt des vater recht 6vr4, vries mannes rechte 49v28, 50r29, vri 6vr5, 14v5, 14v7, 46vl6, 5 0 r l l , 51v25, 54r7, 54v8, 54v24, 55r2, 67vl9, vrie 6rl28, 48r9, vrien 6vrl7, vrier 14v6; 2. 'adlig': Wir sezein, das unse hof habe einen hoverichter, der ein vri man si 3rl8, vri herren 4rll4, vri 21vl4, 36v24, 54vl0, vrie 28r5, 2 8 r l 9 , 4 5 r l 9 , 47v23, 47v25, vrien 3vr22, 10v30, 10v31, 23r28, 26v28, 45r24, 47v31/32; 3. 'frei von etwas, ledig, unbeschränkt': mit rechte si he geleites vri, wo he

318 sins gutes oder des libes genenden wil 33r5, vri 8rl 16, 82vl2, vrie 23r4; 4. 'nicht gefangen, freigelassen': So solde man ledig lasin unde vri alle, di gevangen waren 4 7 r l 0 , vri 4 7 r l 2 , 4 7 r l 5 . D R W B 3, Sp. 683 ff.; Lexer III, Sp.507; Grimm, D W B 4.1, Sp. 94 ff.; T r ü b n e r 2, S. 430 ff.; Kluge/Seebold, S. 230 -> echt 1; gebom 3; recht 5; schephenbär vride st. sw.M. 1. 'Friede, Sicherheit, Schutz': Unde von dem tage, alse he im widersait hat, denne bis an den vierdin tag sal he im keinen schadin tun, weder an libe noch an gute; so hat he dri ganzce tage vride l v r l 8 , geswornen vride 6 r l l , 41v26, des kuniges tegeliche vride 42v35, des kuniges vride 43v21, des riches vride 59v30/31, vride wirken 'rechtlichen Schutz gewähren, etwa bei der Ausübung eines Amtes' 50v2, noch vrides rechte 'nach Friedensrecht' 27r29, 48r35, vride 2rr24, 6rll3, 22v2, 2 5 r l , 25v20, 25v28/29, 29v2, 29v28, 40r22, 41v21, 41v24, 42r4, 43v22, 43v35, 44r3, 4 4 r l 2 , 44vl6, 45r34, 48r34, 50r7, 50vl8, 79r31; 2. 'Friedensregelung, Friedensordnung': Nu vornemt den alden vride 5vr27, vride 4 1 r l 2 ; 3. 'Friedensbruch': Unde wi man vride bessern sal 6rll5, vride 4 4 r l l . -*• hantvride; recht 8 vridebrecher st. M. 'Friedensbrecher': Swer tötet oder wundet einen vridebrecher 5vr31, vridebrecher 6rl2, 5 8 r 2 / 3 , vridebrechere 21r26, 27r27, 41vl8, 4 2 r l 8 , 42r24, 42v27, vridebrecheres 24v22/23, vridebrecheris 24r32. vridetag st. M. 'Tag, an dem von Rechts wegen Frieden geboten ist': Heilige tage unde gebundene tage, di sin allen luten zu vridetagen gesazt 4 1 r 2 2 / 2 3 , vridetage 41 v7. vnheit st. F. 'Freiheit': Vriheit is abir drierhande: Schephinbare lute, di der bischove sint suchin suln. Phlechaftin der tumprobiste, lantsezin der erczpristere 10r22. vriläsea st. V. 'freilassen': Is si eigen, man mag si vrilasin 21 v7, vri lest 4vll7. vriman st. M. 'freier, nicht leibeigener M a n n ' : ein iclich vriman hilfet des ouch wol einem dinstmanne l v l l 8 , vriman lvll 2, 1 vi 13. vrisch Adj. 1. 'frisch, jung': in der vrischen tat 'auf frischer T a t ' 27r7; 2. vrische phenninge 'Fersenpfennige, Fersengeld': Lest si ouch iren man, alse wendisch recht is, si musen irme herren di vrischen phenninge geben, das sin dri Schillinge unde andreswo me, noch des landis gewonheit 55r7.

Glossar Lexer III, Sp.225f.; Grimm, D W B 3, Sp. 1546 f.; T r ü b n e r 2, S.328; Kluge/Seebold, S.210. vrist st. F. 1. 'Frist, festgelegter Zeitraum': ab he nicht enmag, so habe he vrist vierzennacht 66v21; 2. 'Vertagung, Verschiebung': Wil he aber, he mag im tedingen vor sine man, eins unde nicht mer, da enwerde orteil geschulden oder orteiles vrist mit rechte gewunnen 85v3. D R W B 3, Sp. 949 ff.; Lexer III, Sp.520; Grimm, D W B 4.1, Sp. 204 ff.; T r ü b n e r 2, S.451; Kluge/Seebold, S. 233 vristen sw.V. 1. 'hinhalten, aufschieben, vertagen': Wirt aber des herren lenrecht gevrist mit urteilen 64v21/22; 2. 'erhalten, bewahren, retten': Swas so ein man swert unde en truwen gelobit, sinen lip mite zu vristene ..., is enschadet im zu sime rechte nicht 46r31. vritag st. M. 'Freitag': Des vritagis machte got den man unde wart des vritages gemarterit durch den man 41r31, vritag 41r24. vromen sw.V. 'nützen, förderlich sein': Vragit he noch sime mutwillen unde nicht noch rechte, das enschadet noch envromt irme kein 24v9. vröne sw.M. 'Fronbote, Gerichtsbote': Wer keine bürgen hat, da he ouch kein erbe enhat, den sal di vrone gewalt behalden, ab he umme ungerichte clait oder di clage uf en get 24rl 1. vrönebote sw.M. 'Fronbote, Gerichtsbote': Wer gewette unde buzse nicht engibt zu rechtin tagin, der vronebote sal en da vor phenden unde sal is zu hant vorseczin oder vorkoufen vor di schult 22r31, vronebote 10v3, 2 4 v l 3 / 1 4 , 30r24, 3 6 r l , 50r25, 50r26, 50v2, 51v24, vroneboten 31v6, 31v8/9, 45rl4, vronenboten 5 r r 2 5 / 2 6 , 6vll2, 12v20, 18r9, 2 6 r 8 / 9 , 27r6, 27v26, 4 8 r 7 / 8 , vronenbotin 10v2/3, 12vl5. vroude sw. st. F. 'Freude, Frohsinn': Ubir siben mal siben jar quam das vunfczigeste jar, das hies das jar der vrouden 4 7 r l 5 . rrouwe sw. F. 1. 'Frau': So aber di vrouwe keinen bruder enhat wen einen phaffin, si nimt im glich teil in erbe als in der rade 12r9, vrouwe 83r5, 83r25, 83r27, vrouwen 4 v r l 8 , 4vri9, 7vr21, 8 r l l 8 / 1 9 , 17r29, 17v4, 2 0 r l , 20vl7, 30rl 1/12, 83r3, 8 3 r l l , 8 3 r l 7 / 1 8 , 83r22, vrouwin 20r24; 2. ' E h e f r a u , Gemahlin': Mit sime rate sal och di vrouwe di bigraft unde den drisegesten tun, andirs ensal he keine gewalt habn an deme gute bis an den drisigisten 1 6 r l 5 / 1 6 , vrouwe 16vl, 16v5, 18vl8, 31r27, 55vl, vrouwen 6vr8, 15r29, 55r21, vrouwin 15v30, 16rl.

Glossar ν rum Adj. 'rechtschaffen, ehrbar': Swer zu allen dingen gerne rechte spricht, he gewinnet dar ab manchen has, des sal sich der vrume man getrosten durch got unde durch sin ere 84v30. vrume, vrome sw. st. M. 'Nutzen, Gewinn, Vorteil': Wo brudere oder andere lute ir gut zusamne haben, getan si das mit irre kost oder mit irme dinste, der vrome is ir algemeine 13vl4, vrumen 5vrl3, 9v7/8, 29rl3, 38v33, 48r30, 84v20. vrunt st. Μ. 1. 'Freund': Wirt ouch eineme manne sin mag oder sin vrunt irslagen, he mus en begrabin, ab hes wol weis, wer is getan hat 57vl6, vrunt 7rl4; 2. 'Verwandter': Is is gut, das ein man der vrouwen vrunt ir gut mit ir enpha 8rll9, vrunt 83r3.

319 des andern sulle sin 46vl8, warheit lr22, 20v24, 31vl0, 45v32, 46v20, 47r24, 73rl4. wärlösekeit st. F. 'Unachtsamkeit': Man sal geldin den schaden, der von warlosekeit geschiet 5vl22. warten sw.V. 1. 'abwarten': Dis sal der richter haldin jar unde tag unvortan unde wortin, ab sich imant dar zu mit rechte zcie 18rl 1/12; 2. 'warten auf, erwarten': So mus he sin warten mit deme erbe, bis he widerkume 18rl6, warten 4 6 r l 0 / l l ; 3. 'wahrnehmen': Gerichtis suln alle warten, di dingphlichtig sin, von der zit, das di sunne ufget, bis zu mittage, ab der richter da is 51v28, wartet 37v9; 4. 'rechnen auf etwas, Anwartschaft haben': Tötet ein man sinen herren oder imant den andern, di sines gutes wartende is 6vr25, wartende 56r7, 7 0 v l l , wartinde 22r3.

vurste -s> vorste

w wäfen, wäpen st. N. 'Waffe, Bewaffnung': Wer so umme ungerichte beclaget wirt, he enmus nicht me wen drisig man vuren vor gerichte, wen he vorkumt, di ensuln keine wafen tragen ane swert 41vl3, wafen 42v35, wapen 6rl6, 41v27, 41v28, 41v33, 42v32, 75v23, wapin 54r5. wage st. F. 'Gewicht, Waage': Dis selbe gerichte get über unrecht mas unde Unrechte wage ..., ab man des orvundig wirt 29r29. wän st. M. 'unbegründete Meinung, Vermutung': ouch tu he von im vingerlin, vorspan unde alle iserin ringen unde gurtele unde Spangen durch tummer lute wan 75v27, wane 57r32, 57v5. wandel st. N.M. 'Buße, Strafgeld als Schadenersatz': Wer holcz houwet oder gras snit oder vischet in eines andern mannes wassere an wilder wage, sin wandil, das sin dri Schillinge 33rl9, wandil 32vl8, 35v7, 37r24, 38r9, 40vl 1, 41r9/10, 41vl9, 45r27, 47r34. wanen sw.V. 'wohnen, sich aufhalten': Vorspreche enmag nimant geweigern zu wesene in dem gerichte, da he wanet oder gut inne hat 23v22, wanen 81 r 11. wanunge st. F. 'Wohnung, Aufenthalt': Swert enmus man ouch nicht tragen an bürgen noch an steten noch an dürfen, ane alle, di dar inne wanunge oder herberge haben 41v32/33, wanunge 45v35. wärheit st. F. 'Wahrheit, W i r k l i c h k e i t A n minen sinnen enkan ich is nicht usgenemen nach warheit, das iemant

wartunge st. F. 'Anwartschaft': Totit ouch ein man sinen vater odir sinen bruder odir sinen mag oder imande, des eigenes oder lenes he wartende is, al sine wartunge hat he vorlorn 56r8. wasserurteil, -orteil s t N . 'Form des Gottesurteils durch Wasser': Enis das den ummesessin nicht wisselich, wer das in geweren habe, so mus man das wol bescheiden mit eime wasserurteile 45v6, wasserorteilen 73rl2. wasserzol st. M. 'Wasserzoll, Fährzoll': Wer so brukzol oder wassirzol enphurt, der sal en viervalt gelden 32v31, wasserzolle 32v35. Wechsel st. M. 'Wechsel, Tausch, Austausch': Da enbedorfte man keiner wechsele under den dinestmannen 54v22, wechsele 8 0 r l l . wechseln sw.V. 'wechseln, tauschen, austauschen': Doch wechseln di herrin wol ire dinstlute ane gerichte, ab man das widerwechsil bewisen unde gezugen mag 21v23. wechter st. M. 'Wächter': Nimant enmag recht len uf einer bürg bereden, da der herre torwarten unde wechtere beköstiget 82v6. weglien st. V. 'anderweitig verleihen, jemand anderem als Lehen geben': Swelches mannes gut der herre wegliet in sine entworte, des das gut is, ane des mannes rechte widerspräche, kein recht enmag he mer an deme gute bereden, des len is er was 64vl3. weigern sw.V. 1. 'sich weigern, sich widersetzen': Nimant enmag ouch weigern, zu lenrechte orteil zu vindene 81v5, weigern 7vl4, 54r25/26, 66v3, weigert 7rrl3, 44v30, 62rl0, 6 4 r l l , 65v27, 69v23, weigirt 13rl5, 3 1 v l l , 34r26, 51vl5, weigerte 26vl4; 2. 'verweigern, verwehren, versagen': Ein iclich man mag kamphes wei-

320 gern deme, der wers geborn is 25r27, weigern 25r32, 56vl3, 66r26, weiger 76rl0, weigert 6vr30, 21vl7, 56v6, 60vl, 75r20, 84r8, wei^'rt 13rl6, 56v30, 56v32, geweigert 19rl0, 29vl3, 66r5, 68r24/25, 77rl9, 83r30, 83v6, geweigirt 56v28, enweigere 75r25, enweigert 36v21. Lexer III, Sp.743; Grimm, DWB 14.1, Sp. 635 ff.; Trübner 8, S.84; Kluge/Seebold, S.783 -> geweigern 1, 2 wendisch Adj. 'wendisch': Orteil suln si vindin vastende ubir iclichen man, he si duzch oder wendisch oder eigen oder vri 54r7, wendisch 54v29, 55r6, wendischen 55r3. werben sLV. 'einsetzen, benutzen': Alle mordere ... unde mortburnere oder di ire botschaft werbin czu irme vrumen, di sal man alle radebrechen 29r33. werbüze st. F. 'Strafe für mißbräuchliche Leistung der Gewährschaft, Gewährschaftsbuße': Werbuse, das is sine rechte hant, da he di gewer mitte gelobete oder sin halbe wergelt 30r8, werbuse 30r7. Grimm, DWB 14.1, Sp.218 -» büze were st. F. 'Gewere, rechtskräftig gesicherter Besitz': Wer ein gut im zusait zu lene unde ein ander sait, is si sin eigen, sprechen si is mit glicher were an, iener mus is bas zu eigen behalden mit zweier schepphin gezuge den der andere zu lene 36v5, were 8rr20. -> gewer(e) were st. F. 1. 'Wehrbefestigung': Man sait, das bürge unde vorsten keinen vride ensuln haben, den man an in gebrechen muge, durch di were, di di bürge haben 43v37; 2. 'Waffe zur Verteidigung': Swert ensal he nicht voren noch keine were 50v9. brustwer

Glossar liunge, di der herre dem manne tut, sal weren zu sime libe 84vl6, wert 4vr25, 20v26. wergelt st. N. 'Geldbuße für einen Totschlag, Manngeld': sine buze is ouch zwivalt unde sin wergelt nach siner geburt sint der zeit, das he zu vronenboten gekom wirt 12vl8/19, Ane wergelt sint unechte lute 6rr32, wergelt 5rl26, 5vl4, 6rr31, 6vl5, 6vr26, 20rl3, 26v3, 26v5, 29v23, 29v24, 30rl0, 31r9, 35r22, 3 6 r l l , 41r7, 42rl6, 44r9, 44vl0, 47v23, 47v34, 47v36, 48rl2, 48rl4, 48r32, 48v34, 49rl4, 56rl3, wergelde 30r33, 30vl, 30v4, 35vl 1, 38v21, 41r4, 47v25, 48r7, 48vl5, 48v20, 54vl3/14. Lexer III, Sp.779; Grimm, DWB 14.1, Sp.320ff.; Trübner 8, S. 121; Kluge/Seebold, S.788 werhaft Adj. 'kampfbereit, zum Kampf gerüstet': Man sait, das bürge unde vorsten keinen vride ensuln haben, den man an in gebrechen muge, durch di were, di di bürge haben, unde durch di werhaften lute, di di vorsten suln vuren 43v37. werliche Adv. 'glaubwürdig, wahrhaft': wen ab en der herre dar nach schuldiget, das he sich kegen im vorjaret habe, da he sin unschult da vor deste werlicher getun mag 66vl0. werlt st. F. 1. 'Weltalter, Zeitalter': Origenes wissaite hi vor, das sechs werlde solden sin, di werlt bi tusent jaren ufgenumen, in deme sibinden solde si czugen 10vl7, werlt 10v20, 10v33, werlden 4vl3; 2. 'Menschheit, die Gesamtheit aller Menschen': Kains gesiechte wart vortiliget, da di werlt mit wassere zuging 46v23, werlde 9v7, 47v6; 3. 'Welt, Erde als Lebensraum': Des kindes jar sal man nicht rechenen von der zeit, das is di muter enphing, mer den von der zit, das si is gewan, unde lebindig in di werlt quam 68v22; 4. 'weltliches Leben': man der werlde 'Laie' 31vl4. Lexer III, Sp.782ff.; Grimm, DWB 14.1, Sp. 1456ff.; Trübner 8, S. 111 ff.; Kluge/Seebold, S.786

wer(e)n sw.V. 1. 'zur Wehr setzen, verteidigen, schützen': Swo man den echter vorbutet odir angrifet, den sal nimant weren 2vr20, weren 4vr28, 8 1 r l l , 83v3, wem 2 I r l 4 , 2 I r l 5 , werne 19v23, wert 2vr20, werit 21r9, geweret 2vr22; 2. 'abwehren, verhindern': In welche stat der echter kumt, den sal man nicht behalden, unde swer im ubil tut, das sal nimant wem 2vr26, weret 76r22; 3. 'verweigern, verwehren': Wil aber iener sin gut werin mit rechte, er is vor gerichte kumt, so bite he en widerkeren vor gerichte 34r24, wem 3rl3, 33rl3, wert 19r6; 4. sinen Up weren 'sein Leben verwirken': Swo der duzche sinen lip weret 6vl4.

werren st.V. 'in Zwietracht bringen, durcheinander bringen, verwirren': Wenne im das vundin wirt, so clage menlich, das im werre, mit vorsprechin, durch das he sich nicht enversume 23vl2.

wer(e)n sw.V. 'dauern, währen, Bestand haben': alle

werschaft st. F. 'Gewährschaft, Bürgschaft': Nimt

werltlich Adj. 'weltlich, im Gegensatz zu geistlich': Geistlich gerichte unde werltlich zu suchene 4vl2, werltlich 10r26, 22v27, 52r22, 52r27, werltliche 10r5/6, 47v4, 51r30, 56v20, werltlichem 10rl3/14, 22v4, 79r30, werltlichen 10rl6. -> gerichte 1; swert 2

der

Glossar

321

herre dem manne gut oder enphellit he im der werschaft 7vrl 1, werschaft 8rr20, 13r23, 36r23. gewer(e) 3

Wir haben ouch noch in unseme rechte, das nimant sich selbe zu eigene gegeben mag, is widerlege sin erbe wol 47r2.

wert Adj. 'Wert habend, wert': Geschiet aber in deme dorfe des tages eine dube, di minre denne drier Schillinge wert is, das mus der burmeister wol richten des selben tages zu hüte unde czu hare 29r20, wert 35v27, 47v31, 57v27, 76v22.

widernemen st. V. 'zurücknehmen, wieder an sich nehmen': Der selbe herre, der is gut liet, mus is wol widernemen, ab hes bedarf, das hes dem manne mit glicher wechsele an des riches gute irstate 80rl0, widerneme 80r21.

wert st. N.M. 'Wert, Kaufpreis': Wes hunt oder ber oder ochse oder welcherhande vie das si einen andern tötet oder belemt oder ein vie, sin herre sal den schaden noch rechteme wergelde oder noch sime werde bessern 35vl2.

Widerrede st. F. 'gerichtlicher Widerspruch, rechtliche Antwort': Lest abir eine herre einen man siezen mit sime gute jar unde tag ane rechte Widerrede ..., mit den geweren enmag he sime herren an deme gute nicht enphirren 63rl4. widerspräche

wette st. N. 'Strafgeld, das bei einem Vergehen als Gebühr an den Richter zu zahlen ist': Beide, buse unde wette, sal man leisten über vierzcennacht zu des herren nesten huse, da si gewunnen werde 77v 14, wette 80rl6, 80vl8/19. -» gewette wetten sw.V. 1. 'als Strafe bezahlen, zur Strafe verwirken': Wer bi kuniges banne dinget, der den ban nicht enphangen hat, der sal wetten sine zcunge 23v5, wetten 40r26/27, wette 79r27, wettet 30r26; 2. 'ein Strafgeld an den Richter zahlen': Wor umme man deme richter wettit 5rll, he mus ... deme richtere wetten 30r8, wetten 30rl4, 31v32, 44v32, 56v8, 75vl9/20, 76v29, 77rl5, 79r29, wettin 22v3, 28r33, 45vl7, 5 2 v l 0 / l l , 52vl2, 52vl3, 56v5, 56vl5, wettet 8 r l l l , 28vl9, 75v24/25, 77r8, wettit 5rl20, 6vl26, 22r24, 24r26, 30r24, 36v2, 52vl5, 52v20, 52v32, 53r3, 53r8, 76v21, 77r4, 77v3, enwettet 76v25, 77v21, enwettit 22vl, 52vl4, gewettit 2vl31, 3rl29; 3. 'als Pfand geben, einsetzen': Unde ab gut wettet 6rll2. Lexer III, Sp.809f.; Grimm, DWB 14.1, Sp.690ff. widerheischen sw.V. 'zurückfordern, wiederverlangen': Swer da widerheischet, das he vorgeben oder vorkouft hat, unde loukent he des koufes ..., iener, der si under im hat, mus si selbe dritte wol behalden mit den, di is sagen 43r5. widerladen sw. V. 'zurückrufen, erneut vor Gericht rufen, laden': Ledet der man sine husgenosen in sin gespreche, di sal der herre im geben alle sunder dri, durch das, ab si zu lange sprachen, das he si mit orteiln widerlade 76vl4/15. widerläsen st. V. 'erneut überlassen, zurückgeben': wen si sich von im scheiden, he sal in widerlasin unde widirgeben alle irre muter gut 13v7, widerlase 55v26, widerlasin 55v27/28. widerlegen sw.V 'sich widersetzen, Widerstand leisten':

Widerreden sw.V. 'vor Gericht widersprechen, Einspruch erheben': Swer an den obersten herren siner liunge oder wisunge mit sime gute sinnet, wiset he en denne an sins herren ungenos, so der man das erst irvert bin der jarczale, das he volgen sal, so Widerrede he di wisunge vor dem obersten herren 85r29, widirredin 38v35, enwiderredit 32r33. widersagen sw.V. 'Frieden und Freundschaft aufkündigen, Feindschaft ankündigen': Swer aber sine clage richtit, als da vor geschriben stet, wirt im nicht gerichtet, so mus he durch di not sinen viendin widersagin lvrl4, widersait lvrl5, lvr21, widersagit lvrl8/19. widerspräche st. F. 'gerichtlicher Widerspruch, Einspruch vor Gericht': Welch man ein gut in gewern hat jar unde tag ane rechte widerspräche, he hat dar an eine rechte gewer 36vll, widerspräche 62rl7, 63r2/3, 64vl4/15, 67r20, 71r30, 72rl5, 72vll, 7 4 r l l , 80r25, widerspreche 36r21. -> Widerrede widersprechen st. V. 'widersprechen, verweigern': Wer in siner suche sine habe vorgibt oder usseezt ..., das wip unde das ingesinde sal dar umme nimande schuldigen, wen si musin des mannes gäbe nicht widersprechin, si sie recht oder unrecht 2 2 r l l , widerspricht 5rr21, widersprichet 28v25. widerstän, -sten unr.V. 'widerstehen, sich widersetzen': Sus sal werltlich gerichte unde geistlich ubereintragen, swas so deme einen widerstat, das man is mit deme andern twinge, gehorsam zu wesine unde rechtis zu phlegene 52r28, widirste l O r l l , widirstet 50v9. widerstatunge st. F. 'Entschädigung, Wiedergutmachung': Dube noch roup noch topilspel is he nicht phlichtig

322 zu geldene, noch keine schult wen di, der he widerstatunge enphing oder bürge wurden was 12r22. widervechten st.V. 'anfechten': widervichtit he das urteil selb sibinde wider andere sibene, wo di meiste menie gesiget, di haben das urteil behaldin 15r4. widervinden st.V. 'ein Urteil erneut finden, wieder finden': Swelch man dries orteil schilt, unde im das widervunden wirt, das hes nicht also bescheiden enhabe, als is im helfende si, kein urteil enmus he me scheidin 61v26. vinden 2 widerwechsel st. M. 'Austausch': Doch wechseln di herrin wol ire dinstlute ane gerichte, ab man das widerwechsil bewisen unde gezugen mag 21v24. wikbilde st. N. 'städtischer Gerichtsbezirk': Dis selbe mus tun ein lantman dem andern, ab he en beclait in wikbilde oder in eime uswendigem gerichte 56v26. wille sw. st. Μ. 1. 'Wille, Entscheidung, Entschluß': Ouch sal der kunik durch recht sinen hanczchen dar senden zu bewisene, das is sin wille si 32v24, wille 40vl8, 82v21, willen 70r23, 72vl7, 76vl6, durch rechtes willen 78rl 8/19; 2. 'Zustimmung, Einwilligung': Vorspricht aber der herre der vrouwen volge unde liet hes dem manne alleine, he hat vol lenrecht dar an zu liene unde zcu lasene mit der vrouwen wille 83r20, willen 2rr27, 4vl20, 4vr22, 14v29, 17v21, 18r33, 19rl5, 20v8, 29rl2, 31r26, 40r8, 47r31, 48v23, mit willen 'freiwillig, aus freien Stücken' 34r29, 43v7/8. Lexer III, Sp. 888 f.; Grimm, DWB 14.2, Sp. 137 ff.; Trübner 8, S. 168 ff.; Kluge/Seebold, S.793 -» mutwille 1 willeclich Adj. 'bereitwillig, freiwillig': Dise gewette gebe wir deme richtere, das he deste willeclicher richte 3rl32. willekor st. F. 'Zustimmung, Einwilligung, freier Wille': Dis recht saczte der keiser zcu Mencze mit der vursten willekor lr2, willekor 38v33, 41rl4, willekore 5rl6, 70rl8/19. Lexer III, Sp.890f.; Grimm, DWB 14.2, Sp.204ff.; Trübner 8, S. 175f.; Kluge/Seebold, S.793 wip st. Ν. 1. 'Frau': Iclich man unde wip von ritters art erbet zcweier wegene 4vl33, wip 4vr23, 5vr24, 6rl7, 6vr5, 7vl25, 7vr31, 12rl, 14vl8, 14v26, 17v31, 17v33, 21v5, 29v6, 40vl5, 40v24, 41rl6, 41v37, 42vl9, 43rl, 47v37, 48r33, 54v24, 59r9, 59vl, 63vl0, 71vl, 81r2, 84v7, wibe 14v30, 50vl6, 59r32, wibes 6rl4, wiben 18vl9, 48r35; 2. 'Ehefrau': Man unde wip enhaben kein gezweitgut 4vr4, Ein man is Vormunde sins wibes 4vr20, wip 4vr5, 4vr6, 4vrl0, 5vl8, 5vl25, 6rr8, 6rr22, 6vr5,

Glossar 1 lr8, 1 l r l 5 , l l v 4 , llv21, 13vl0, 15vl2, 15v20, 15v28, 16vl4, 16vl9, 17rl6, 18r28, 18r29, 18r32, 18vl, 18v3, 18v9, 18vl4, 19rl7, 19r24, 19r25, 20v8, 21r33, 21v2, 22r9, 31rl9, 31r21, 32rl, 32r3, 32r4, 35v3, 48r2, 50v25, 55rl0, 55r26, 55r27, 55v4, 55v7, 55vl2, 55vl5, 80v4, wibe 7vl21, 13vl6, 15r24, 16rl0, 20vl, 3 I r l 6 / 1 7 , 34rl0, 55r28, 70vl5, wibes 17v25, 18v7, 20rl8, 48rl, 55v7, 82vl9, wiben 15v26. wiphalben Adv. 'weiblicherseits, mütterlicherseits': Iclich wip erbit zweier wege: ir gerade an ir nehiste niftele, di ir von wiphalben zugehorte, unde das erbe an den nehisten, is si wip oder man 17v33, von wiphalbin 14v25. wiplich Adj. 'weiblich, was einer Frau schicklich ist': Wip mag mit unkuscheit ires libes ir wiplich ere krenken, ir recht vorlusit si da mite nicht noch ir erbe 1 2 r l / 2 , wipliche 17r26. wirken sw.V. 1. '(Friede) erwirken, schaffen': unde man sal im vride wirken 29v28, wirken 50v2, wirkit 50vl8, wirket 44vl6, geworcht 40r22, 45r34; 2. 'ein Kleidungsstück wirken, fertigen': Spricht aber iener da wider, ab is gewant is, he habe is lasen wirken 34r32; 3. 'bearbeiten': den ackir ... gewirken 47vl6. wisen sw.V. 1. 'weisen, verweisen von, ausweisen': Man ensal nimande us sinen geweren wisen 5vl9, Man sal nimande wisen von sime gute 5vr32, Wil ein herre wisen sinen zinsman von sime gute, der zu deme gute nicht geborn is 39v22, wisen 7vl33/34, 32r8, 41v22, 72v4; 2. 'sich von etwas abbringen, wegführen lassen': Von rechte ensal nimant wisen liebe noch leide 9vl5; 3. 'beweisen, vorzeigen, vorweisen': dise wiset von gezuge 8rrl5, So sal he wisen di wunde odir di narwe, ab si heil is 25r6, das si wisen nach rechte sulch len alse ir si 73r9/10, wiset 8rr9; 4. 'hinweisen auf, unterrichten': das si rechte wisen 'daß sie zu Recht darauf hingewiesen haben' 45v8; 5. 'einweisen in, zum Zweck der Belehnung verweisen an, belehnen mit': Ab he en denne wiset in sins herren ungenos 8rl29, Wil en ouch der herre wisen 64vl, Swen der herre binnen jare unde tage nirgen enwiset 68r8, wisen 64v4, 68rl0, 73v5, 84v5, 86r8, wiset 64v7, 85r26, 85v6a, 85vl4, 85v22, enwiset 7v 18, wise 64r28, 68r4, 70rl4. -> Lexer III, Sp.941f.; Grimm, DWB 14.1, Sp. 1078ff.; Trübner 8, Sp.97f.; Kluge/Seebold, S.785 bewisen 1, 2; gewisen 2, 3; inwisen; üswisen; vorwisen wisliche Adv. 'bewußt, bekannt': Der niderste richter enmus nicht richten di vestunge, di der oberste richter getan

323

Glossar hat, is ensi im also wislich, das he ir selbe gezug wolle wesin in des hoesten richten stat 45v27, wislich 60r9. wissen unr.V. 'wissen, kennen': Swelches mannes aider man nicht weis, hat he har an dem barte unde da nidene unde under iclichem arme, so sal man wissen, das he zu sinen tagen kumen is 20rl4, 20rl6, wissen 9vl5, 34v9, 60vl3, wissene 21vl6, 72r20, wisse 34v3, weis 1 vi 15, 10v34, 12r27, 24r32, 28v24, 40v33, 57vl7, 66vl4, 7 7 r l l , enweis 10v34, 3 1 v l l , 42v4, 45vl7, 57vl2, 66vl4, 72rl5, enwisse lr24, 2vrl7/18, 31v29, enwoste 72rl8, 61v2, 80r29. wissea(t)llche Adv. 'bekannt, bewußt, wissentlich': Zuet ein man sins gezuges uf den selben man, uf den der gezug get, der sal durch recht sagen bi sime eide, was im wissenlich si dar umme 31v27/28, Beheldit en eine stat gemeinlichen unde wissenlichen, is si ummemuret, der richter ... sal si niderbrechin 2vr30, wissenlich 45vl6, wissinlichen 2vr22, wissinlich 14v31, wisselich 45v5, wissentlichen 3vr6. wissen(t)schaft st. F. 'Wissen, Kenntnis': Das ein man sinem herren schaden tut ane sine wissinschaft 6vrl5, Wissenschaft 31v35, 73rl5, 74v20, 82v21, wissinschaft 57vl4/15, wissentschaft 12r30, wissenthaft 48v5. -> unwissenschaft

wonhaft Adj. 'wohnhaft, ansässig': Di herzcogen von Lüneburg unde sin gesiechte sint alle geborne Sachsin; dar zu alle di vri herren unde schephin, di zu Sachsen sint wonhaft 4rl 15. wort st. Ν. 1. 'Wort, Rede': Ab der man an des vorsprechen wort nicht enjet 6rl22, wort 7rr27, 23vl8, 24rl4, 24v6, 24vl 8, 64v30, 76r24, 76r26, 76v5, worte 44v20, Worten 27rl2, 72vl7, wortin 47r20/21; 2. mit worten unde mit tat 'mit Wort und Tat, mit Reden und H a n deln': he sal ouch sinen henen mit Worten unde mit tat eren, wo he bi im is, unde ufsten kegen im unde en lasin vorgen 59vl7, mit Worten oder mit tat 7 7 r l 0 / 1 1 . wunden sw.V. 'verletzen, verwunden': hezzit man si denne mit hunden, biesin si di hunde tot oder wunden si sie, man blibit is ane wandil 35v33, Swer den anderen belemt oder wundet 5rr25, wundet 5vr31, 21r24, 30rl9, 30v3, 30vl0, 48r33, wundit 41vl8, wundete 41v20, gewundet 2 I r l 9 , gewundit 25r4/5, 57v22. wurf st. M. 'Wurf beim K a m p f : Ane vleischwundin mag man ouch einen man toten oder lernen mit siegen oder mit stosen oder mit würfen 27rl6.

wisunge st. F. 'Einweisung auf ein rechtlich zugesprochenes Gut oder auf ein Lehensgut': Swer an den obersten herren sinnet lenunge oder wisunge mit sime gute 8rl28, alleine darbe he der wisunge 62r31, Swer aber di wisunge mit gezuge vorleget 86r6/7, wisunge 64r25, 6 4 v l / 2 , 68r9, 80v2, 85r25/26, 85r29, 85v4/5. bewisunge; inwisunge

wurte, worte st. F. 1. 'erhöhte Hofstätte, erhöht angelegter Platz zum Hausbau': Ane des richten urlob mus ein man sin eigen wol vorgeben in erbingelubde, das hes behalde eine halbe huve unde eine wurte, das man einen wain dar uffe wendin muge 18v32, wurte 7rr20, 63vl; 2. 'Gerichtsstätte': Der kunig mus wol tedingen zu lenrechte einen vorsten über sechs wochen ..., keine worte endarf he benennen in sinen tedingen, den swo he offenbar dinget, das is der hof 81vl2.

wit st. F. 'Strang, Strick zur Vollstreckung des Todesurteils': Wer des nachtis gehouwen gras oder gehouwen holcz stilt, das sal man richten mit der wit 33r30.

Ζ (C, C Z , Z,

witewe st. sw. F. 'Witwe': Blibit di witewe ungezcweiet mit den kindern in des mannes gute 6vr9, witewe 4vl23, 4vrl5, 15vl9, 19v27, 20r29, wittewe 15v9, 55v9, witewin 16rl2, 17rl4. wiünge st. F. 'Weihe, kirchliche Segnung': Swen aber di Duzehen einen kunig kisen unde he zu Rome vert noch der wiunge, so sint phlichtig sechs vorsten mit im zu varne, di di ersten an der kore sin 60r3/4. woche sw. F. 'Woche': Uber achzcen wochen sal dergreve sin ding uslegin 6vl21, woche 47r6a, wochen 24vl, 26v5, 2 7 v l l , 41r23, 59v21, 60rl5, 61vl3, 64rl0, 64vl 1, 68rl9, 6 8 v l l , 77r7, 78vl3, 78vl8, 81vl0, 84rl6, wochin 10r28, 26v30, 51v21. -> sechswochen

ZC)

zelder st. M. 'Paßgänger, Zelter': Rittere phert, ros unde czelder ... enis kein wergelt gesazt 49rl3. zen Num.card. 'zehn': Sin recht is ouch der zende man 50vl3, sin czende teil 30v2, das czende schog 37v6, czenide garbe 37v6/7, czen phunt 48r6, zen phunt 52vl3, 52vl5, zeen phunt 77v3, das zeende phunt 74r30, zeenden phunde 60rl3, den zeendin schilling 74r29. zende sw. st. F.M. 'der zehnte Teil, Zehnt, bes. als Abgabe von Vieh und Früchten': Icliches vies gibet man czenden, sunder hunre l>7vl, Wer den czenden noch rechter gewonheit gibt, der hat en wol gegeben 37v20, zeendin 5rl4, 5vr6, 7rl23, 22vl5, 62r28, 62v2, czenden

324 37r29, zendin 37vl0, zenden 37vl5, 37v23, 39r27, zende 39r31. gensezende; komzende; lemmerzende; vleischzende zendener st. M. 'Zehnteinnehmer, Zehntherr': Das selbe tut man umme czenden, ab en der zcendener nicht ennimt 37r29, zendener 37v23, 37v31, 38r3. zepter st. M.N. 'Zepter': Der keiser liet geistlichen vorsten len mit dem ceptre 6vll9, sceptrum 51r30. zerbrechen st.V. 'zerbrechen, entzweibrechen': Wer aber da mite koift hoben di rechte zit, der munzer mus si wol im zubrechen 32v30. zervuren sw. V. 'zerstören, verwüsten, vernichten': Ubir den wirt, der en beheldit, sal man richten als über einen echter unde sin hus zcuvuren 3rll, zuvorte 47r36/37. zien st. V. 1. 'bringen': Keins gescholdenen Urteils mus man nicht czien us einer graveschaft 28v3, zien 29r9, 54rl 3, 86r3, czien 28v8, 28v32, zie 28v31, 54rl3, czie 29r9; 2. 'Anspruch erheben auf, beanspruchen': Kumt aber nimant binnen sechswochen, der sich dar zu czie 35rl2, zien 34v29, 35r6, zie 33v4, 36r6, czie 40rl4, 43v6, zcie 18rl2, zut 53v25, czut 34v8, enzuit 61r28, enczut 33v25; 3. 'ziehen, herausziehen': Swer so swert zut 5rll9, Unde wer sich us der vorvestunge zcut 5rl30, so mus im iener volgen über vierczennacht, wo he zuet 34vl6, zcien 5rr8, 78r26, 78r28, 78v27, czien 28rl5, zuit 24r24, zut 78vl5, zcie 78r26, zie 38r22, gezogen 45rl2, gezcogene 10v9; 4. 'sich berufen a u f : Schilt ouch ein Sachse ein urteil unde czut hes an sine vordere hant 28vl5, zcien 15rl7, zut 15r3, zuit 49v30; 5. 'befreien': Wer jar unde tag in des riches achte is ..., us der achte mag he sich den noch zcin 19vl2, enzut 36r3; 6. 'bezichtigen': Wirt aber im bruch an deme geweren ..., unde ziet man en dube oder roubes dar an 34v20, zciet 4vl7; 7. 'sich beziehen a u f : Man mus sich wol zien uf manchen gewem 34v24/25, zuet 31v25; 8. 'aufziehen': oder ab is phert sin oder ander vie, he habe is in sime stalle gezogen 34r33, gezogen 34v27; 9. 'sich ziehen, begeben in': di gevangen waren unde in eigenschaft gezogen 4 7 r l l ; 10. zü rechter zucht zien 'mit Recht zum Eigentum erklären': He mus aber swern, das hes zie czu rechtir czucht 34vl4/15. Lexer III, Sp. 1103ff.; Grimm, DWB 16, Sp.258; Kluge/Seebold, S.812 gezien 5; üfzien; üszien 1, 2 zinne sw. st. F. 'Zinne, Mauerbefestigung': czinnen unde brustwere ensal da nicht an sin 53v5.

Glossar zins st. M. 'Abgabe, Zins, Zinsforderung': Wer sinen zins zu rechtin tagen nicht engibet 22v8, Cins mus der herre ... bas behaldin den is der man gelouken muge 22vl3, Swo man alle jar zcins abegibit 63r20, zins 22vl3, 36v38, 38r27, 39r23, 39v5, 39v28, 55vl3, 55vl8, 55v30, zcins 22v7, 63v9, zcinse 6 v r l l , 7vr28, 7vr29, zinses 55vl9, zinse 55v24. -> Lexer III, Sp. 1126; Grimm, DWB 15, Sp. 1479 f.; Trübner 8, S.412; Kluge/Seebold, S.814 zinsgelde sw. M. 'Zinsgeber, Zinszahler': Doch enis der herre nicht phlichtig zu entwortene ... sime zcinsgelden 77r20, zinsgelden 82v7. zinsgeh st. N. 'Zinsgeld, Zins': Vorliet der herre ein gut, da di zinsgelden zu geboren sin oder sich in das zinsgelt gekouft haben 82v8, zinsgelt 55vl8/19. zinsgenös st. M. 'Zinsgenosse, jemand, der den gleichen Zins entrichten muß': he enhabe im er rechtes geweigert vor sinen czinsgenosen 77r21. zinsgüt st.N. 'zinspflichtiges Gut, Gut, welches als Zins gegeben wird': Was man uf zcinsgute liden sulle 5rl4, zinsgut 7rrl9, 22v26, 55vl0, 63r28, zcinsgut 63r23, zinsgute 22v26, 3 I r l 5 . zinsman st. M. 'Zinsmann, Zinspflichtiger': Der czinsman, wer he si, he erbet sin gebu uf sinen erben uf zinsgute 3 I r l 4 , zcinsman 5vl4, 5vrl7, 22v25, zinsman 22v6, 22v23, 39v22. zinsrecht st.N. 'Zinsrecht, Recht, den Zins zu erheben': Is aber ein vri gut, da nimant zinsrecht an enhat 82vl2, zinsrecht 8rll6. zinstag st. M. 'Tag, an dem der Zins zu entrichten ist': Gelt von mulen unde von zollen ... is vordint, wen der zinstag kumt 39v2, zinstagen 39v4, 39v6, 55v21. zit st. F.N. 'Zeit, Zeitraum, Zeitpunkt': Swen man kuset zu langer zeit 5rl8, Wen das wip man nimt, gewint si ein kint e irre rechtin zeit 19rl 8, Ab zewene man ein gut ansprechen ..., beide suln si benennen di zeit der lenunge 61rl4, zu bescheidener zeit 10r7, 84vl2/13, zu bescheidener zit 47r33, noch irre rechtin zit 19r21/22, boben di rechte zit 32v29, zu gelobter czit 4 4 v l / 2 , bin siner rechten zit 7 I r l 8 / 1 9 , bin siner rechten zeit 79rl7, zu rechter zeit 85rl7, zeit 4rll6, 7vll, 12vl9, 13r31, 21r23, 67v27, 68r20, 68v20, 80v7, zit 22r8, 23rl5, 23vl0, 26v6, 35v7, 35vl3, 40v8, 41rl5, 42v6, 49r28, 51vl2, 51v29, 55v3, 55v26, 66r29, 68v21, ziten 22r20. zitig Adj. 'der Tageszeit entsprechend': Di sal der richter

Glossar

325

beköstigen: ... dri gerichte zu dem essene, di des tages czitig sin 28r24.

gehören': Iclich wip erbit zweier wege: ir gerade an ir nehiste niftele, di ir von wiphalben zugehorte 17v32.

zogen st. sw. N. 'Verzögern der Gerichtsverhandlung, Prozeßverschleppung': Swer ein orteil schilt, schuldeget man en, das hes nicht durch rechtes willen tu, wen durch zcogen, des mus enken uf den heiligen, oder he gewettet dar umme 78rl9.

zunge st. sw. F. 1. 'Zunge': Wer bi kuniges banne dinget, der den ban nicht enphangen hat, der sal wetten sine zcunge 23v5, zungen 30r30; 2. 'Sprache': binnen duzchir zungen 59v25, di gewere mit vingeren unde mit zcungen geloben 68vl8.

zol st. Μ. 1. 'Zoll, Abgabe': Ein itel wagen gibet halben czol wider eime geladenen 33r8, zcol 2rl9, 2rll5, 2rll8, 2rl23, 2rr6, zcolle 2rll, 2rl7, zcolles 2rll0, zcoln 5vl 12; 2. 'Recht, den Zoll zu erheben': In welche stat des riches der kunig kumet binnen deme riche, da is im ledig czol unde münze 51v4, zcollen 62vl, zollen 39vl. Lexer III, Sp. 1147; Grimm, DWB 16, Sp.37ff.; Trübner 8, S.425f.; Kluge/Seebold, S.816 -» brukzol; marktzol; wasserzol

züphlichten sw.V. 'zustimmen, beipflichten': Vorspilt aber ein man sin gut ..., da sine brudere oder di ir gut mit im gemeine haben, nicht zugephlicht haben 13v20.

zolvri Adj. 'zollfrei': Phaffen unde rittere unde ir gesinde sullen wesin zolvri 33r2, czolvri 33r3. zübrechen

zerbrechen

zucht st. F. zü rechter zucht zien 'mit Recht zum Eigentum erklären': He mus aber swern, das hes zie czu rechtir czucht 34vl4/15. -» zien 10 zügen unr.V. 'untergehen, zerfallen, enden': Also der herschilt in deme sibendin zuget, also czuget di sippe an dem sibenden glide l l r 4 , l l r 5 , czugen 10vl9, zuging 46v23. zügen sw.V. 'Zeugnis ablegen, bezeugen': Ein man sal zugen sine lenunge, ab hes bedarf 7rrl2, zugen 7rrl0, zugene 7rll2. -> ab(e)gezügen; bezügen 1; gezügen 1; Überzügen; Vorzügen zuhören sw.V. 1. 'gehören': Kumt iener bin sechswochen, deme das zuhört 35r5; 2. 'verwandt sein, zu jemandem

zusagen sw.V. 'Anspruch erheben auf etwas': Ab der herre unde der man eines gutes gewere en zusagen unde das bieten zu gezugene, des mannes gezug get vor 73rl 7, zusagen 7 3 r l 0 / l l , zusagete 63v20, zusagit 7vl29, 33vl6, 47r22, zusait 36v3, 45r28. züvüren

zervüren

zweien sw.V. 1. 'teilen, trennen': Der herre enmus des mannes gut nicht zcweien 7vll5, zcweien 65r29, 70r5, zweien 13v26, 55r31; 2. 'streiten, sich entzweien': Ab zwei dorf sich zcweien umme margscheidunge 8rll3, zcweien 79v5; 3. 'sich unterscheiden': noch sal ich uch dri lenunge bescheiden unde sagen, wo si zcweien von gemeineme lenrechte 79vl3, zcweiet 79v7, zweiet 28v7. -> enzweien; gezweit 2; ungezweit 2 zweiunge st. F. 1. 'Entzweiung, Uneinigkeit, Streit': Welche gewere man nicht bescheiden enmag durch di zcweiunge der ummesessen ..., so sal man di sachwalden heisen sweren, das si wisen nach rechte sulch len alse ir si 73r7; 2. 'Halbbürtigkeit, Verschiedenheit eines Elternteils': In des halsis glide ire kindere, di an zcweiunge von vatir unde von mutir geborn sin llrlO, zcweiunge 1 I r l 1/12. Lexer III, Sp. 1208; Grimm, DWB 16, Sp. 1079f. gezweit 1; ungezweit 1

Namenregister Friedrich Scheele Aachen, Pfalz: Swen der gewiet wirt von den bischoven, di da zu gesetzt sin, unde zu Ache uf den stul kumt, so hat he kunigliche gewalt 49r21.

enphet erbe in dem lande zu Sachsin noch des landes rechte unde nicht noch des mannes rechte, he si Beier oder Swab oder Franke 18r27.

Abraham: Nu is uns kundig von der heiligen schrift, das an Adame di erste welt began. An Noe di andere. An Abrahame di dritte 10v21/22.

Böhmen, 1. König von: Der schenke des riches, der kunig von Bemen 51r6; 2. Land: Alle, di aber in osterhalp der Sale belent sin, di suln dinen zu Wenden, zu Bemen unde zu Polen 59v27.

Adam: Nu is uns kundig von der heiligen schrift, das an Adame di erste welt began 10v20, Des suntagis worde wir vorsunet mit gote umme Adams missetat 41v3. Afrika: Kam besas Affricam

46v26/27.

Alexander der Große: Den vorsigete Allexander unde kerte das riche an Kriche 47vl, di waren in Allexanders her gewest 47v7, Allexander 47v9.

Biesenrode, Landgrafen von: ... unde di von Besenrode ..., disse sint alle geboren Swabin 4rl8. Blankenburg, Landgrafen von: Di lantgreven von Düringen sin Vranken, unde di von Regenstein unde von Blankenburg 4rll.

Alstedt, Pfalz: Vunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen in dem lande, da der kunig echte hove haben sal. Di erste is Gruna. Di andere Werle, di ist zu Gosler geleit, Walhusen is di dritte, Alstete di vierde 52rl.

Brandenburg, 1. Markgrafen von: ... unde di von Brandinburg ..., dise vorsten sin alle Swabin 3vrl9, . . . der markgreve von Brandenburg 60r8/9; 2. Markgrafschaft: ... di marke zu Brandenburg 52r4; 3. Bischof von: Dem von Meideburg is undirtan der bischof von Nuwenburg ... unde der von Brandenburg 52rl 1.

Altenhausen, Landgrafen von: ... unde di von husen sint Swabin 4rl6.

Braunschweig, Landgrafen von: Di lantgreven ... von Brunswig 4rl4.

Die

Brehna, Markgrafen von: ... unde di markgreven Missene unde di von Bren 3vr21.

von

Anhalt, Fürst von: Der von Anehalt

Alden-

3vrl8.

Arnstein, Landgrafen von: Unde di von Werningenrode unde di von Arnstein ..., disse sint alle geborne Swabin 4rl7. Aschersleben, Grafschaft: Siben vanlen sin ouch in deme lande zu Sachsen:..., di graveschaft zu Asschirsleve 52r7. Asien: Sem bleip in Asia 46v27, Mit irre helfe hatte he betwungen al Asiam 47v8/9.

Bremen, Erzbischof von: Deme erzbischove von Bremen is undirtan der von Lubeke 52rl9. Calefurnia: Das vorlos in allen Calefornia, di vor deme riche missebarte von czome, da ir wille an vorsprechen nicht muste vorgen 40vl6/17.

Babylon: Czu Babilonie irhub sich das riche 6rr30, Babilonie 47r35.

Cyrus: Zu Babilonie irhup sich das riche, das was gewaldig über alle lant, da zuvorte is Zyrus unde wandilte das riche in Persiam 47r37.

(Sankt) Bartholomeustag, 24. August: In Sente Bartholomeustage is allerhande zins unde phlege vordinet 39r22/23.

Darius III.: ... da zuvorte is Zyrus unde wandilte das riche in Persiam; da stunt is bis an Darium den lezten 47r38.

Bayern, 1. Königreich: Sachsen, Beiern waren kunigriche 6vl8, Beiern 49v6; 2. der Bayer: Ein iclich inkumen man

David: Origines wissaite hi vor, das sechs werlde solden sin, ... .An Davide di vunfte 10v23.

Namenregister

328 Deutsch(en), 1. der/die Deutsche(n): Di duzchen sullen den kunig kisen 6vl6, Swo der duzche man sinen lip oder sine hant vorwirket mit ungerichte 48v30, duzch 51r7, 54v29, duzchen 49rl8, 60r2; 2. in deutschen Landen: Gebuit der kunig des riches dinst oder sinen hof..., den sullen si suchen binnen duzcher art 52v9/10, duzche art 78vl5/16, binnen duzchir zungen 59v25.

tumvoit von Halbirstat..., 4rll0.

Dobin, Herren von: . . . unde di von Obin, disse sint alle geborne Swabin 4 r l l l .

Havelberg, Bischof von: Dem von Meideburg is undirtan der bischof... von Havelberg 52rl2.

Dröbel, Herren von: Under des riches schephen sin Swaben di von Tubule 3vr25.

Heinrich VI., Kaiser: Wir sezcen unde gebiten, das alle di zcolle, di von unses vater gezciten keiser Heinriches sint gesezcet uf wassere oder uf lande, das di abe sin 2rl2/3, des keiser Heinriches gezciten 2rrl0.

Elsdorf, Herren von: Under des riches schephen sin Swaben ..., di von Edeleresdorf 3vr25. Emersleben, Herren von: . . . unde di von Emersleve ..., disse sint alle geborne Swabin 4rl8. Esau: So sait man ouch, is queme von Esau 46v33, Esau 46v35. Europa: Jafet, unsere vordere, besazte Europam 46v28. Franken, 1. Königreich: Sachsen, Beiern unde Vranken unde Swaben, das waren allis königliche 49v6; 2. der/die Franke(n): Di lantgreven von Doringen sin Vranken 3vr32, . . . unde di von Druzke unde di von Kotebus, di sint alle Vranken 4rl3, Vranke 50rl4, Franke 18r2 7. Gersleben -> Schrapen Giebichenstein, Burggrafen von: . . . unde di burcgreven von Gevekenstein ..., disse sint alle geborne Swabin 4rl9.

disse sint alle geborne

Swabin

Ham: Ouch sait man, das eigenschaft queme von Kamme, Noe sone 46v24, Kam besas Affricam 46v26. Harz, Bannforst: . . . dis heisen banvursten. ..., di andere der Harcz 40r25.

Hildesheim, Bischof von: Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in dem lande, ... den von Hildensheim 52rl4. Holstein, Landschaft: Der gegenote is doch gnug binnen deme herzogetume, di sundirlich recht wollen haben, alse Holtsessin 52vl8. Isaak: Wi mochte da Noe oder Isaac einen andern zu eigene gegeben, sint sich selbe nimant zu eigen gegeben mag 47r3. Ismahel: Man sait ouch, eigenschaft queme von Ismahele 46v30, Ismahele 46v30/31. Jakob: Jacob wart geseint von sineme vatere unde hies en herre wesin bobin sime brudere Esau 46v33. Japhet: Jafet, unse vordere, besazte Europam 46v27.

Gneiz, Herren von: Under den vrien henen sin Swaben ... di von Gnercz 3vr23.

Jerdingshof, Anno von: Under des riches schephen sin ..., Anne von Irkesdorf 3vr29.

Goslar, Pfalz: Vunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen in deme lande, ... di ist zu Gosler geleit 51v34.

(Sankt) Johannstag, 24. Juni: In Sente Johanstage allerhande vleischzende 39r26.

Griechen(land): ... da stunt is bis an Darium den lezten. Den vorsigete Allexander unde kerte das riche an Kriche 47vl/2.

Josephus, röm. Geschichtsschreiber: Disen vride irwarp ein Jude, der his Josaphus 43v22/23.

Grone, Pfalz: Vunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen in deme lande, ... Die erste is Gruna 51v33. Hadeln, Landschaft: Der gegenote is doch gnug deme herzogetume, ... unde Hedelere 52vl8.

binnen

Hakeborn, Herren von: Under den vrien herren sin Swaben di von Hakenburne 3vr23. Halberstadt, 1. Bischof von: Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in dem lande, den bischof von Halberstat... 52rl4; 2. Domvogt von: . . . unde der

Julius Caesar: Da stunt is so lange, bis is sich Rome undirwant unde Julius keiser wart 47v3. Kain: Doch sagen sumeliche lute, di der warheit irre gen, das sich eigenschaft irhube an Kaine, der sinen bruder irslug 46v21, Kains geschlechte wart vortiliget, da di werlt mit wassere zuging 46v22. Karl der Große: Von den rechtin wider Karies willen 4vl20, ... nu halde wir sine e unde sin gebot, das uns sine wissagin gelart habin unde gute geistliche lute unde ouch cristine kunige habin gesaczt, Constantin unde Karle

Namenregister

329

9v34, Drierhande recht behilden di Sachsin widir Karies willen 14v29. Koine, Bannforst: . . . du heisen banvursten. das is di heide zu Koine 40r25.

kunig

Das eine,

Klöden, Landgrafen von: Di lantgreven ... von Clodene 4rl2. Köln, Erzbischof von: In des keisers kore sal der erste sin der bischof von Menze, der andere von Triere, der dritte von Kolne 50v28, . . . sint undirtan dem von Kolne 52rl7, Kolne 60r6. Konstantin der Große: Constantin gap dem babiste Silvestre 6vl23, ... nu halde wir sine e unde sin gebot, das uns ... ouch cristine kunige habin gesaczt, Constantin unde Karle 9v34, Constantin 52r21. Kottbus, Burggrafen von: . . . unde di burcgreven von Vinni unde di von Clodene unde di von Druzke unde di von Kotebus 4rl3. Krautweihfest, Fest der Maria Himmelfahrt (15. August): ... zu wurzmesse der gensezende 39r25. Krosick, Burggrafen von: . . . unde di burcgreven ... von Druzke 4rl2/3. Lausitz, Markgrafschaft: . . . di marke zu Lusiz 52r6. Lichtenberg, Herren von: . . . unde di von Lichtenberg unde di von Obin, disse sint alle geborne Swabin 4rl 10/11. Lichtmeß, 2. Februar: Wil ein herre wisen sinen zinsman von sime gute, der zu deme gute nicht geborn is, das sal he im kundigen zu Lichtemesse 39v24. Lüneburg, Herzöge von: . . . unde di von Lüneburg ... sint Swabin 4rl4, Di herczogen von Lüneburg unde sin gesiechte sint alle geborne Sachsin* 4rll2. Lübeck, Bischof von: Deme erzbischove von Bremen is undirtan der von Lubeke 52rl9. Magdeburg, 1. Erzbischof von: Dem von Meideburg is

undirtan der bischof von Nuwenburg ... 52r9; 2. Wichmann, Erzbischof von: Dis selbe recht hilden ouch di dinstman bis an den bischof Wichman von Meideburg 54vl8/19. Mainz, Erzbischof von: In des keisers kore sal der erste sin der bischof von Menze 50v27, Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen 52rl2, Menzce 60r6. (Sankt) Margaretentag, 13. Juli: In Sente Margaritentage alle ander kornzende 39r29. (Sankt) Martinstag, 11. November: Iclichen hof unde worte unde sundirlich hus vorzendit man mit eime hune an Sente Mertinstage 37v4. Mehringen, Hermann von: Under des riches schephen sin Swaben ..., Herman von Meringe 3vr29. Meißen, 1. Markgrafen von: . . . unde di markgreven von Missene 3vr20; 2. Markgrafschaft: . . . di marke zu Misne 52r6; 3. Bischof von: Dem von Meideburg is undirtan ... der von Misne 5 2 r l l . Merseburg, Bischof von: Dem von Meideburg is undirtan der bischof von Nuwenburg unde der von Merseburg 52rl 0. Minden, Bischof von: Der bischof von Osenbrucke unde der von Minden unde der von Munstre sint undirtan dem von Kolne 52rl7. Moses: Origines wissaite hi vor, das sechs werlde solden sin, di werlt bi tusent jaren ufgenumen, in deme sibinden solde si czugen. ... An Moisi di vierde 10v22. Mosigkau, Bannforst: . . . dis heisen banvursten dritte di Magitheide 40r26.

...

di

Mücheln, Herren von: JJnder den vrien herren sin Swaben ... di von Mochele 3vr24. Münster, Bischof von: . . . unde der von Munstre undirtan dem von Kolne 52rl7.

sint

Naumburg, Bischof von: Dem von Meideburg is undirtan der bischof von Nuwenburg ... 52rl0. *

Lesart nach W fol. 4rl 12: Di herzcogen von Limborch ...; vgl. hierzu Lieberwirth, Sachsenspiegelvorrede, S. 17: „Es beeindruckt doch sehr, wie eng der Verfasser dieser Vorrede mit den Familienverhältnissen der schwäbischen, fränkischen, nordschwäbischen und sächsischen Adelsgeschlechter vertraut war, obwohl ihm mit der Einordnung des Herzogs von Lüneburg und seinem Geschlecht in die Gruppe der gebornen Sachsen möglicherweise eine Ungenauigkeit unterlaufen war."

Noah: Origines wissaite hi vor, das sechs werlde solden sin, di werlt bi tusent jaren ufgenumen, in deme sibinden solde si czugen .... An Noe di andere 10v21, Ouch sait man, das eigenschaft queme von Kamme, Noe sone 46v24, Noe 46v25, 47r3. Origines: Origines wissaite hi vor, das sechs werlde solden sin 10vl6.

330

Namenregister

Orlamünde, Markgrafen von: Der von Anehalt unde di von Brandinburg unde di von Orlamünde 3vrl9/20. Osnabrück, Bischof von: Der bischof von Osenbrucke unde der von Minden ... sint undirtan dem von Kolne 52rl6. Osterburg, Herren von: ... unde di von Ostirburg sint Swabin 4rl5.

...

Paderborn, Bischof von: Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in dem lande ..., den von Padilburne 52rl5/16. Persien: . . d a zuvorte is Zyrus unde wandilte das riche in Persiam 47r37. Petrus, Apostel: Noch hat Rome das werltliche swert unde von Sente Petirs halben das geistliche, da von heist si houbet allir werlde 47v4. Polen: Alle, di aber in osterhalp der Sale belent sin, di suln dinen zu Wenden, zu Bemen unde zu Polen 59v27a. Poppenburg, Herren von: unde di von Poppenburg sint Swabin 4rl6.

...

Preußen: ... unde schiften mit drinhundirt kielin. Di vorturbin alle bis uf vierundevunfzig, der quamen ächzen zu Prusen ... 47vl3. Ratzeburg, Bischof von: Derne erzbischove von Bremen is undirtan ... der von Ratisburg 52r20. Regenstein, Landgrafen von: Di lantgreven von Düringen sin Vranken, unde di von Regenstein ... 3vr32. Rhein, Pfalzgraf von: Undir den leien is der erste an der kore der phalenzgreve von deme Rine 51r2, . . . der phalenzgreve von deme Rine 60r7. Rom, Rome 47v4; unde 49v9.

1. Weltreich/Stadt: Da stunt is so lange, bis sich undirwant unde Julius keiser wart 47v2, Rome 2. die Römer: . . . sider wandilte man en di namen heist si herzogen, sider si di Romere betwungen

Rügen, Insel: ... unde schiften mit drinhundirt kielin. Di vorturbin alle bis uf vierundevunfzig, ... zwelve besasin Ruian 47vl4. Saale, Fluß: Alle, di aber in osterhalp der Sale belent sin 59v2 7. Sachsen, 1. Land: Nu vornemet umme der herren geburt von deme lande zcu Sachsen 3vrl8, ... dar zu alle di vri herren unde schephin, di zu Sachsen sint wonhaft 4rll4/15, Sachsen 4rll8, 40r21/22, 51v32, 52r3/4,

52r8, Sachsin 15r2, 18r25, 24r2, Sachsenlande 41rl4, Sachsinlande 9v35; 2. Königreich: Sachsen, Beiern unde Vranken unde Swaben, das waren allis konigriche 49v6, Sachsen 6vl8; 3. Herzog von: ... der marschalk, der herzöge von Sachsin 51r3, der herzöge von Sachsen 60r8; 4. der/die Sachse(n): Di herczogen von Lüneburg unde sin gesiechte sint alle geborne Sachsin 4rll3, Das ich recht unde unrecht der Sachsen bescheide 9v5, Sachse 15r2, 18rl9/20, 28vl4, 28v33, 54rl8, 54rl9, 54r21, Sachsen 4rll9, 14vl8, 28v33, Sachsin 14v28, 54rl8, 54r22/23. Seedorf, Herren von: Under des riches schephen sin Swaben ... di von Sedorf 3vr30. Sem: Sem bleip in Asia 46v27. Silvester I., Papst: Constantin gap dem babiste Silvestre 6vl23, . . . deme babiste Silvestre 52r22. Spandau, Vogt Albrecht von: Under des riches schephen sin Swaben ..., der voit Albrecht von Spandouwe 3vr26. Stormarn, Landschaft: Der gegenote is doch gnug binnen deme herzogetume, di sunderlich recht wollen haben, alse Holtsessin unde Stormere ... 52vl8. Suselitz, Herren von: ... unde di von Suselicz ..., disse sint alle geborne Swabin 4rll0. Schneidlingen, 1. Heinrich Judas von: Under des riches schephen sin Swaben ..., Heinrich Judas von Snetlinge 3vr25/26; 2. Alberich und Konrad von: ... unde Alverig unde Cunrat von Snetlinge 3vr27. Schrapen, Junker von Gersleben: Under des riches schephen ..., unde Strapen, kint von Jersleve, ... di sint alle Swabin 3vr28. Schwaben, 1. Land: Di Swabin scheidin wol urteil under en selbe binnen swebischer art unde zcien des an di eidern Swabe 15rl8; 2. Königreich: Sachsen, Beiern unde Vranken unde Swaben, das waren allis konigriche 49v6; 3. der/die Schwabe(n): Der von Anehalt unde di von Brandinburg ..., dise vorsten sin alle Swabin 3vr21/22, Under den vrien herren sin Swaben 3vr22, Swabe 14v24, 15r9, 18r22, 28v33, Swaben 3vr24, 4vll9, Swabin 3vr31, 4rl6, 4rll2, 15rl6, Swab 18r27. Schwerin, Bischof von: Deme erzbischove von is undertan ..., der von Zwerin 52r20.

Bremen

Thüringen, 1. Landgrafen von: Di lantgreven von Düringen sin Vranken 3vr32, Doringe 47v7, di doringeschen herren 47vl6/17; 2. Landgrafschaft: . . . di lantgraveschaft zu Doringen 52r5. Titus, Sohn des Kaisers Vespasian: ... wider den kunig

Namenregister

331

Vespesianum, da he sinen son Titum gesunt machte von der gicht 43v24. Trier, Erzbischof von: In des keisers kore sal der erste sin der bischof von Menze, der andere von Triere 50v28, ... der bischof..., von Trire 60r6. (Sankt) Urbanustag, 25. Mai: In Sente Urbanustage sint wingarten unde boumgarten vordint 39r31/32, Sente Urbanustag 39vl0. Verden, Bischof von: Der bischof von Mencze hat vier undirtanen zu Sachsen in deme lande, ... den von Werdin 52rl5. Vespasian, Kaiser: Disen vride irwarp ein jude, der his Josaphus, wider den kunig Vespesianum 43v23. Wettin, Burggrafen von: . . . unde di burcgreven Vinni . . d i sint alle Vranken 4rl2.

von

Wallhausen, Pfalz: Vunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen ..., Walhusen is di dritte 51v34. (Sankt) Walpurgistag, 1. Mai: In Sente Walpurgetage is der lemmerzende vordinet 39r24.

Wenden, 1. Land: Alle, di aber in osterhalp der Sale belent sin, di suln dinen zu Wenden, zu Bemen unde zu Polen 59v27; 2. der/die Wende(n/-innen): Swo man nicht endinget under kuniges banne, da mus iclich man wol urteil vinden über den andirn, den man rechtelos nicht bescheidin mag, ane der Went uf den Sachsin unde der Sachse uf den Went 54rl8, Went 54rl9, 54r22, 54v30, . . . unde der Wendinnen kint gehöret noch deme vater, ab he ein Went is 54v29, Wendinnen 55r2. Werla, Pfalz: Vunf stete, di phalzen heisen, ligen zu Sachsen in dem lande, ... Di andere Werle 51v34. Wernigerode, Herren von: Unde di von Werningenrode unde ..., disse sint alle gebome Swabin 4rl7. Wichmann

Magedeburg

Winningen, Heidolfs Kinder von: Under des riches schephen sin Swaben ..., Heidolves kindere von Winninge 3vr30. Wurzmesse Zyrus

Cyrus

Krautweihfest

Synopse Überblick über die in den Bilderhandschriften illustrierten Textstellen des Sachsenspiegels Rolf Lieberwirth Textstelle

Ο

Η

6r 1, 6ν 2 I, I,

I,

I, I,

1 2 § 1 § 2 § 3 § 4 3 § 1 § 2 § 3 Forts. 4 5 § 1 Forts. § 2 Forts.

§ I, 6 § § S I, 7 I, 8 § I,

3 1,2 3,4 5

1, 2 § 3 9 § 1 § 2 Forts.

I, 10

§ § § §

3 4 5 6

Forts.

I, 11 Forts. I, 12

Forts.

7r 7r 7r 7r 7v 7v 8r 8r 8r 9v

1,2 3 4 5 1-4 4,5 1,2 3 4, 9v 1 2

9v lOr lOr lOr lOv lOv lOv lOv llr llr llr llv llv llv llv 12r 12r 12r 12r 12r 12v 12v

3 1 2,3 4 1 2 4 5 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 4 1 2 + 3

D

W

3v 1-4 4r 1,2 4r 3,4 4r 4r 4v 4v 4v 5r 5v 5v 5v 5v 5v 6r 6r 6r 6r 6r 6v 6v 6v 6v 6v 7r 7r 7r 7r 7r 7r 7v 7v 7v 7v 7v

5 6 1 2-4 5,6 1,2,3 1 2,3 4 5 6 1 2,3 4 5 6 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 6 1 21 2 r 3 4

9v lOr lOr lOr lOr lOv lOv lOv llr llv llv llv llv llv 12r 12r 12r 12r 12r 12v 12v 12v 12v 12v 13r 13r 13r 13r 13r 13r 13v 13v 13v 13v 13v

1-4 1,2 3,4 5 6 1 2-4 5,6 1,2,3 1 2,3 4 5 6 1 2,3 4 5 6 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 6 1 21 2 r 3 4

334

Rolf Ο

Textstelle I, 13 § 1 § 2 I, 14 § 1 § 2 Forts. I, 15 § 1 § 2 I, 16 § 1 § 2 I, 17 § 1 Forts. § 2 I, 18 § 1-3 I, 19 § 1 §2 I, 20 § 1 § 2 § 3 § 4 Κ s ςs § 6 § § ί\ 3 1,21 §

4 1 2 + 3 1 2

14r 14r 14v 14v 14v 15r 15r 15v 15v 15v 16r 16r 16r

1 2 1 2 3 1 2 1 2 3,4 1 2 3

W

7v 8r 8r 8r 8r 8r

5 1 2 3 4 5

13v 14r 14r 14r 14r 14r

5 1 2 3 4 5

8v 8v 8v 8v 8v 9r 9r 9r 9r 9r 9v 9v

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2

14v 14v 14v 14v 14v 15r 15r 15r 15r 15r 15v 15v

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2

16v 1 16v 2

1

17r 17r 17v 17v 17v 17v 18r 18r 18v 18v 18v 19r 19r 19r 19v

1 2,3 1 2 3 4,5 1 2,3 1 2 3 1 2 3-5 1

9v lOr lOr lOr lOr lOr lOv lOv lOv lOv llr llr llr llr llv

5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 1 2 3 4-6 1

15v 16r 16r 16r 16r 16r 16v 16v 16v 16v 17r 17r 17r 17r 17v

5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 1 2 3 4-6 1

19v 19v 19v 20r

1 2 3 1

llv llv llv llv

2 3 4 5

17v 17v 17v 17v

2 3 4 5

§ 2 Forts. Forts. 3 4 5 1

§ 2 Forts. 1,24 § 1,2 § 3 Forts. § 4 I, 25 § 1 § § § S

12v 13r 13r 13v 13v

D

7 8 α9

§ 2 I, 22 § 1

§ § I, 22 § I, 23 §

Η

Lieberwirth

2 3 4 i;3

I, 26 I, 27 § 1 § 2 Forts.

20r 2 20r 3 20v 1

9v 3 9v 4

llv 6 llv 7 12r 1

15v 3 15v 4

17v 6 17v 7 18r 1

335

Synopse Ο

Textstelle I, I, I, I,

28 29 30 31 § l , S a t z 1 Satz 2

I, 32 I, 33

§ 2

Forts. I, 34 § 1 § 2 § 3 I, 35 § 1 £

Η

D

W

20v 20v 21r 21r 21r 21r 21v 21v 22r 22r 22r 22r 22v

2 3 1 2 3 4 1 2 1 2 3 4 1,2

12r 12r 12r 12r 12r 12v 12v 12v 12v 12v 13r 13r 13r

2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 1 2 3 r

18r 18r 18r 18r 18r 18v 18v 18v 18v 18v 19r 19r 19r

2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 1 2 3

22v 22v 23r 23r 23r 23v 23v 23v 24r 24r 24v 24v 24v 24v 25r 25r 25r

3 4 1 2 3 1 2 3 1 2 1 2 3 4 1 2 3

13r 13r 13r 13v

31 4 5 1

19r 19r 19r 19v

3 4 5 1

13v 13v 13v 13v

2 3 4 5

19v 19v 19v 19v

2 3 4 5

14r 14r 14r 14r 14v 14v 14v

1 2 3 4 1 2 3

20r 20r 20r 20r 20v 20v 20v

1 2 3 4 1 2 3

25v 25v 26r 26r

1 2 1 2

14v 14v 15r 15r

4 5 2 1

20v 20v 21r 21r

4 5 2 1

26v 26v 26v 26v 27r 27r 27r 27v 27v

1 2 3 4 1 2 3 1,2 3

15r 15r 15r 15v 15v 15v 15v 15v 16r

3 4 5 1 2 3 4 5,6 1

21r 21r 21r 21v 21v 21v 21v 21v 22r

3 4 5 1 2 3 4 5,6 1

Ί

S 2

I, 36 1,37 I, 38 § 1

§ 2 Forts. I, 38 § 3 I, 39 I, 40 1,41 I, 42 § 1 § 2

I, 43 I, 44 I, 45 § 1

§ 2 I, 46 I, 47 § 1 § 2 I, 48 § 1

S2

§ 3 I, 49 I, 50 § 1

§ 2 1,51 § 1 Forts. § 1,2 Forts. Forts. § 2,3

S 4,5 I, 52 § 1 § 2 X 3τ, § 4

28r 1

16r 2

22r 2

Rolf

336 Ο

Textstelle Forts. I, 53 § 1 § 2 § 3 § 4 I, 54 § 1,2 I, 54 § 3 § 4 § 5 56 1,55, I, 57 I, 58

Η

Lieberwirth

D

W

28r 2 28r 3

16r 3 16r 4

22r 3 22r 4

28v 28v 29r 29r 29v 29v 29v 30r

1 2 1 2 1 2 3 1

16r 16v 16v 16v 16v 16v 17r 17r

5 1 2 3 4 5,6 1 2

22r 22v 22v 22v 22v 22v 23r 23r

5 1 2 3 4 5,6 1 2

30r 30r 30v 30v 30v

2 3 1 2 3

17r 17r 17r 17v 17v

3 4 5 1 2

23r 23r 23r 23v 23v

3 4 5 1 2

1

§2 Forts. I, 59 § 1 Forts. S 2 I, 60 2

1

I, 61

§ 2 § § § I, 62 §

3 4 5 1

§ 2 § § § § 5

3 4 5 6 7

§ 9 § 10 § 11 I, 63 § 1 Forts. Forts. Forts. § 2 § 3 I, 63 § 3 Forts. § 4 Forts. Forts. Forts. § 5 Forts. I, 64

17v 3

23v 3

17v 4 18r 1 18r 2

23v 4 24r 1 24r 2

32r 2

18r 3 18r 4 18r 5

24r 3 24r 4 24r 5

32r 3

18v 1

24v 1

32v 1

18v 2

24v 2

32v 32ν 33r 33r 33r 33v 33v 33v 34r 34r 34v 34v 34v 35r 35r

18v 18v 19r 19r 19r 19r 19r 19v 19v 19v 19v 20r 20r 20r 20r

24v 24v 25r 25r 25r 25r 25r 25v 25v 25v 25v 26r 26r 26r 26r

31r 1 zusammen mit I, 62 § 1 (s. d.) 31r 2 31v 1 31v 2 31v 3 32r 1

2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 1 2 3 1 2

3 4 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4 1 2 3 4

3 4 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4 1 2 3 4

337

Synopse Textstelle

Ο

I, 65 § 1 §2

Η

§ 3 § 4 I, 66 § 1 § 2 § 3 I, 67 § 1 Forts.

36r 2 36r 3

20v 4 20v 5

26v 4 26v 5

36r 4 36v 1,2

20v 6 21r 1,2

26v 6 27r 1,2

36v 3

21r 3

27r 3

37r 37r 37r 37r 37v 37v 37v 38r 38r 38r 38r

1 2 3 3,4 1 2 3 1 2 3 4,5

21r 21r 21r 21v 21v 21v

4 5 6 1,2 3 4

27r 27r 27r 27v 27v 27v

21v 22r 22r 22r

5,6 1 2 3

27v 5,6

38v 38v 39r 39r 40r 39r 39r 39v 39v

1 2 1 2 1 3 4 1 2

22r 4 22r 5 22v 23r 22v 22v 22v 22v

1 3 2 3 4 5

II, 7 II, 8 II, 9 § 1,2

39v 39v 40r 40r

3 4,5 2 3

22v 23r 23r 23r

6 1,2 4 5

§ 3 II, 10 § 1

40v 1

23v 1

40v 40v 41r 41r 41v

23v 2 23v 3

§ § § §

2 3 4 5

I, 69 I, 70 § 1 Forts. § 2 Forts. § 3 Forts. 1,71 I, 71 Forts. II, 1 II, 2 II, 3 § 1 II,

§ 2,3 4 § 1

§2 II,

§ 3 5 § 1

S2

Forts. II, 6 § 1,2 § 3 § 4

§ § § 11,11 §

2 3 4 1

§ 2 §3

2 3,4 1 2 1

20r 20v 20v 20v

W

35v 35v 35v 36r

§ 2 I, 68 § 1

1 2 3 1

D

5 1 2 3

23v 4 23v 5

26r 26v 26v 26v

5 1 2 3

4 5 6 1,2 3 4

Äo/f Lieberwirth

338 Textstelle

Η

D

W

41v 2 41v 2

24r 1 24r 1

28r 1 28r 1

41v 41v 42r 42r 42r

24r 24r 24r 24r 24v

28r 28r 28r 28r 28v

Ο

§ 4 II, 12 § 1 § 2 § 3 § 4 Forts. Forts. § 5 §6

3 4 1,2 3 4

2 3 4 5,6 1

2 3 4 5,6 1

42v 1 42v 2 43r 1

24v 2 24v 3 24v 4

28v 2 28v 3 28v 4

43r 2 43r 3 43r 4

24v 5 25r 1 25r 2

28v 5 29r 1 29r 2

43v 1 43v 2

25r 3

29r 3

43v 3 44r 1 44r 3,4

25r 4 25r 5,6 25v 1

29r 4 29r 5,6 29v 1

44r 5,6

25v 2

29v 2

II, 14 § 1 Forts. Forts.

44v 1 44v 2 44v 3

25v 3 25v 4 25v 5

29v 3 29v 4 29v 5

II, 15 § 1 Forts.

45r 1 45r 2

26r 1 26r 2

30r 1 30r 2

§ 2 II, 16 § 1 § 2 fr "i S 3 § 4

45r 3

26r 3

30r 3

45r 45v 45v 45v

26r 26r 26v 26v

30r 30r 30v 30v

§ § § § § § II, 12 §

7 8 9,10 π 12 13 13 Forts.

§ 14 § 15 II, 13 § 1 Κ 9 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 fr cο S

fr Ί

II, 17 II, 18 II, 19 II, 20

§ 5,6 § 7 § 8 § 9 § 1,2 §1 § 2 §1 §2 §1 Forts.

4 1 2 2

4 5,6 1 2

4 5,6 1 2

45v 3 46r 1

26v 3 26v 4

30v 3 30v 4

46r 46r 46r 46r

26v 26v 27r 27r

30v 30v 31r 31r

2 3 4 5

7r 1 7r 2

5 6 1 2

5 6 1 2

Synopse

339

Textstelle

Η

Ο

II, 21 § 1 § 2 11,21 § 3 Forts. § 4 § 5 II, 22 § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 11,23 II, 24 § 1 §2 Forts. 11,25 § 1 § 2 II, 26 § 1 §2 § 3,4

D

W

46v 1 46v 2

7r 3 7r 4

27r 3 27r 4

31r 3 31r 4

46v 47r 47r 47r 47v 47v 47v 47v 48r 48r 48r 48v 48v 48v 48v

7r 7v 7v 7v 7v 7v

27r 2 7v 2 7v 2 7v 27v 27v 28r 28r 28r 28r 28r 28v 28v 28v 28v

5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4

31r 31v 31v 31v 31v 31v 32r 32r 32r 32r 32r 32v 32v 32v 32v

5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4

28v 29r 29r 29r 29r 29r 29v 29v 29v 29v

5 1 2 3 4 5 1,2 3 4 5

32v 33r 33r 33r 33r 33r 33v 33v 33v 33v

5 1 2 3 4 5,6 1,2 3 4 5

3 1 2 3 1 2 3 4 1 2 3 1 2 3 4

5 1 2 3 4 5

49r 1 § 5,6 II, 27 § 1 § 2 § 3,4 11,28 § 1 §2 § 3 II, 29 II, 30 5 II, 31 § 1,2 § 3 Κ S 11 II, 32 § 2 3 3 II, 33 II, 34 § 1 § 2 II, 35 II, 36 § 1,2 § 2 § 3 § 4 § 5,6 11,37 § 1 Forts. §2

49r 2 49r 3 49r 4,5 49v 1 49v 2 49v 3 50r 1,2 Or 3 50r 4 50r 5 52v 2

35r 6

52v 50v 50v 50v 50v 51r 51r 51v 51v 52r 52r

35v 34r 34r 34r 34r 34r 34v

3 1 2 3 4 1 2 1 2,3 1 2

1 1 2 3 4 5 1

34v 2 - 4 35r 1 35r 2

§ 3 II, 38

52r 3

35r 3

340

Rolf Ο

Textstelle

ι

11,39 § § 2 II, 40 § 1 § 2

Κ

11,41 II, 42

11,43 II, 44

§ § § § § § § § § § §

4 5 1 2 1-2 3 4 1,2 1 2 3

§ 3 § 4

ι

11,48 § § 2,3 § 4 § 5 §6 fr 7 °e S >Λ § 9

II, 55

W

52r 52v 52v 53r

4 1 4 1

35r 35r 35v 35v

4 5 2 3

53r 53r 53v 53v

2 3 1 2

30r 1 30r 2

35v 35v 36r 36r

4 5,6 1 2

53v 54r 54r 54r

3 1,2 3 4

30r 30r 30v 30v

36r 36r 36v 36v

3 4,5 1 2

3 4,5 1 2

54v 1 54v 2 54v 3,4

30v 3 30v 4 30v 5

36v 3 36v 4 36v 5

55r 55r 55r 55r 55v 55v 55v 55v 55v 55v

31r 31r 31r 31r

1 2 3 4

37r 37r 37r 37r

1 2 3 4

31r 31r 31r 31v 31v

5 6 7 1 2

37r 37r 37r 37v 37v

5 6 7 1 2

1 2 3 4,5 1 2 3 4 5 6

55v 7

31v 3

37v 3

1,2

56r 56r 56r 56v

8r 1 8r 2

31v 31v 32r 32r

37v 37v 38r 38r

ι

56v 2,3

8r 3

32r 3

38r 3

2 3 1,2

57r 1

8r 4

32r 4

38r 4

57r 2 57r 3

8r 5,6 8v 1

57v 1,2 57v 3

8v 2,3 8v 4

32r 32v 32v 32v 32v

38r 38v 38v 38v 38v

§ 10 § 11 § 12 Forts.

§ § § §

D

%

11,45 II, 46 § 1 § 2 S 3 §4 II, 47 § 1,2

II, 49 § II, 50 II, 51 § § § 11,52 § 11,53 II, 54 §

Η

Lieberwirth

1 2 3,4 5 6

1 2 3 1

4 5,6 1 2

5,6 1 2 3 4

4 5,6 1 2

5,6 1 2 3 4

Synopse

341

Ο

:lle

Η

D

W

9r 1

33r 1

39r 1

II, 56 § 1 ft1 Ί S % 3

58r 1 58r 2

9r 2

33r 2

39r 2

II, 57

58v 1

9r 3

33r 3

39r 3

§ 2 Forts.

58v 2 ff

9r 4-10

33r 4-8

39r 4-8

59r 1

9v 1

33v 1

39v 1

§ 3

59r 2

9v 2

33v 2

39v 2

II, 59 § 1

59r 3

9v 3

33v 3

39v 3

§ 2

59r 4

9v 4

33v 4

39v 4

§ 3 ft4 ά. S

59v 1,2

9v 5,6

33v 5,6

39v 5,6

II, 58 § 1

II, 60 § 1

59v 3

lOr 1

34r 1

40r 1

§ 2 11,61 § 1

59v 4,5

lOr 2

34r 2

40r 2

60r 1

lOr 3

34r 3

40r 3

§ 2

60r 2

lOr 4

34r 4

40r 4

§ 3 II, 62 § 1

60r 3

lOr 5

34r 5

40r 5

60v 1

lOv 1

34v 1

40v 1

§ 2

60v 2

lOv 2

34v 2

40v 2

§ 3

60v 3

lOv 3

34v 3

40v 3

60v 4

lOv 4

34v 4

40v 4

II, 63 § 1,2 II, 64 § 1-3 11,65 § 1

61r 1,2

lOv 5

34v 5

40v 5

61r 3

llr 1

35r 1

41r 1

61r 4

llr 2

35r2

41r 2

II, 66 § 1

61v 1,2

llr 3,4

35r 3,4

41r 3,4

§ 2

61v 3,4

llr 5,6

35r 5,6

41r 5,6

§2

62r 1,2 Forts.

62r 3

llv 1

35v 1

41v 1

II, 67

62v 1

llv 2

35v 2

41v 2

II, 68

62v 2

llv 3

35v 3

41v 3

II, 69

62v 3

llv 4

35v 4

41v 4

§ 2

62v 4,5

llv 5

35v 5

41v 5

§ 3

63r 1,2

llv 6,7

35v 6,7

41v 6,7

63ν 1,2

12r 1,2

36r 1,2

42r 1,2

63v 3

12r 3

36r 3

42r 3

63v 4

12r 4

36r 4

42r 4

63v 5,6

12r 5,6

36r 5,6

42r 5,6

§ 3

64r 1

12v 1

36v 1

42v 1

§ 4

64r 2

12v 2

36v 2

42v 2

§ 5 III, 1 S 1

64r 3

12v 3

36v 3

42v 3

64r 4

12v 4

36v 4

42v 4

II, 70 11,71 § ι

63r 3 § 4 § 5 II, 72 § 1 §2 Forts.

64v 1 ft 9 S 1 III, 2

64v 2

12v 5

36v 5

42v 5

III, 3

64v 3

12v 6

36v 6

42v 6

342

Rolf

Forts. III, 4 § 1 § 2 III, 5 § 1 5 2 § 3 § 4 § 5 III, 6 § § § III, 7 § § § III, 8 III, 9 §

III,

III, III, III, III, III,

2 3 1 2,3 4

1 § 2 S 3,4 § 5 10 § 1 § 2 § 3 11 12 13 14 15 § 1

III, 16

III, III, III, III, III,

Η

D

W

4 5 1 2

13r 1 13r 2 13r 3

37r 1 37r 2 37r 3

43r 1 43r 2 43r 3

65r 3

13r 4

37r 4

43r 4

65v 1 65v 2

13r 5 13v 1

37r 5 37v 1

43r 5 43v 1

65v 3

13v 2

37v 2

43v 2

66r 66r 66r 67r 66v 66v 66v 67r

1 2 2,3 1 1 2 3 2

13v 13v 13v 14r 14r

37v 37v 37v 38r 38r

43v 43v 43v 44r 44r

14r 3 14r 4

38r 3 38r 4

44r 3 44r 4

67r 67r 67v 67v

3 4 1 2

14r 5

38r 5

44r 5

14v 1 14v 2

38v 1 38v 2

44v 1 44v 2

67v 3 68r 1

14v 3 14v 4

38v 3 38v 4

44v 3 44v 4

68r 68r 68v 68v 68v

14v 15r 15r 15r

38v 39r 39r 39r

44v 45r 45r 45r

Ο

Textstelle

§2 § 3 § 4 § 1 § 2 § 3 § 1,2 § 1 § 2

17 18 18 19 20 § § § 111,21 § $ III, 22 III, 23 III, 24 III, 25 §

1 2 3 1 2

1 § 2 3 III, 26 1,2

Lieberwirth

64v 64v 65r 65r

2 3 1 2 3

3 4 5,6 1 2

5 1 2 3

3 4 5,6 1 2

5 1 2 3

3 4 5,6 1 2

5 1 2 3

69r 1

15r 4

39r 4

45r 4

69r 69r 69v 69v

15r 15v 15v 15v

39r 39v 39v 39v

45r 45v 45v 45v

2 3 1 2

5 1 2 3

5 1 2 3

69v 3 70r 1

15v 4 15v 5

39v 4 39v 5

70r 2,3

16r 1

40r 1

5 1 2 3

45v 4 45v 5

Synopse

343 Ο

Η

D

§ 3 III, 27 III, 28 § 1 III, 28 § 1

70r 4 70v 1 70v 2

16r 2 16r 3 16r 4

40r 2 40r 3 40r 4

§ 2 III, 30 III, 31 § 1,2 111,31 § 3

70v 3

16r 5

40r 5

70v 4

16v 1 16v 2 r

40v 1 40v 2 r

16v 2 1

40v 2 1

71r 2,3

16v 3

40v 3

71r 71v 71v 71v 72r 72r 72r

16v 16v 17r 17r 17r 17r 17r

40v 40v 41r 41r

Textstelle

III, 32 § 1 § 2 ΚΪ

III, 33

§ § § § §

4,5 6 7,8 9 10

(S 3) III, 34 § 1

III, III, III, III,

4 1 2 3 1 2 3

4 5 1 2 3 4 5

§ § § III, 38 §

2 3 4 1

§ 2 s ^ § 4 § 5 III, 39 § 1 § § § III, 40 §

2 3 4 1

§ § § 111,41 §

2 3 4 1,2

§ § III, 42 § § §

3 4 1 2 3

4 5 1 2

41r 3 41r 4

§ 2 § 3

35 36 § 1 36 § 2 37 § 1

W

41r 5 41r 6 72v 72v 72v 72v 72v 72v 73r

1 2 3 4 5 6 1

17v 17v 17v 17v 17v

1 2 3 4 r 41

41v 41v 41v 41v 41v

1 2 3 4 r 41

73r 2 73r 3

17v 5 17v 6

41 ν 5 41v 6

73r 4

18r 1

42r 1

46r 1

73v 1 73v 2

18r 2

42r 2

46r 2

73v 3 73v 4 74r 1

18r 3 18r 4

42r 3 42r 4

46r 3 46r 4

74r 74r 74r 74r

18v 18v 18v 18v

42v 42v 42v 42v

46v 46v 46v 46v

2 3 4 5, ν 1

1 2 3 4

1 2 3 4

1 2 3 4

344

Rolf

Textstelle

Ο Forts. Forts. § 4 Forts. § 5 § 6

III, 43 III, 44 § 1 Forts. III, 44 § 2 § 3 III, 45 § 1 Forts.

Η

D

Lieberwirth W

74v 74v 75r 75r 75r 75r

2 3,4 1 2 3 4

18v 18v 19r 19r 19r 19r

5 r 51 1 2 3 4

42v 42v 43r 43r 43r 43r

5 r 51 1 2 3 4

46v 46v 47r 47r 47r 47r

5 r 51 1 2 3 4

75v 7 5v 75v 76r 76r 76r

1 2 3,4 1 2 3

19r 19v 19v 19v 19v 19v

5,6 1 2 3 4 5

43r 43v 43v 43v 43v 43v 43v

5 1 2 3 4 5 6

47r 47v 47v 47v 47v 47v 47v

5 1 2 3 4 5 6

§ 2 3(Γ •>1 § 4

76v 1

20r 1

44r 1

48r 1

§ 5 § 6

76v 2

20r 2 1

44r 2 1

48r 2 1

76v 77r 77r 77r 77r 77r 77r 77r 77v

3,4,5 1 3 2 3 4 5 6 1

77v 77v 77v 77v 77v 78r 78r 78r 78v 78v 78v 79r

3 2 4 r 41 5 1 2 3-7 1-3 4 5 4,5

20r 20r 20r 20r 20r 20r 20v 20v 20v 20v 20v 20v 20v

2 r 3 41 4 r 5 r 51 1 2 3 r 41 31 4 r 5 r

44r 44r 44r 44r 44r 44r 44v 44v 44v 44v 44v 44v 44v

2 r 3 41 4 r 5 r 51 1 2 3 r 41 31 4 r 5 r

48r 48r 48r 48r 48r 48r 48v 48v 48v 48v 48v 48v 48v

2 r 3 41 4 r 5 r 51 1 2 3 r 41 31 4 r 5 r

20v 5 1 20v 6

44v 44v 45r 45r 45r 45r 45v

51 6 1-5 6 7 8 1

48v 48v 49r 49r 49r 49r 49v

51 6 1-5 6 7 8 1

ft S '7

§ 8 § 9 Forts. Forts. Forts. III, 46 § 1 § 2 III, 47 § 1 § 2 III, 48 § 1 § 2 Forts. Forts. § 3 § 4 III, III, III, III,

49 50 51 52 § 1 Forts. Forts. § 2

ft S

III, 53 § 1 § 2 § 3 III, 54 § 1 § 2 III, 54 § 3 S 4

79r 1 79r 2 79r 3

45v 2 45v 3 45v 4

49v 2 49v 3 49v 4

79v 1,2 79v 3

46r 1,2 46r 3

50r 1,2 50r 3

Synopse

345

Textstelle

Ο

III, 55 § 1 § 2 III, 56 § 1 § 2 § 3 Forts. III, 57 § 1 § 2 Forts. Forts. III, 58 III, 59 § 1,2 III, 60 § 1 Forts. § 2 § 3 III, 61 § 1 - 3 § 4 III, 62 § 1 § 2 § 3 III, 63 § 1 Forts. §2 § 3 III, 64 § 1 § 2 § 3,4 § 5 Forts. §6 § 7 III, 64 § 8 § 9 III, 64 § 10 § 11 III, 65 § 1,2 III, 66 § 1 § 2,3 Forts. §3 § 4 III, 67 III, 68 § 1 κs ?1 III, 69 § 1 § 2 Forts, u. § 3 III, 70 § 1 § 2

Η

D

W 4 5 1 2 3 4 5,6 1 2 3

50r 50r 50v 50v 50v 50v 50v 51r

79v 80r 80r 80r 80r 80r 80v 80v 80v 80v

4 1 2 3 4 5 1 3 4 5

21r 1 21r 2 21r 3

46r 46r 46v 46v 46v 46v 46v 47r 47r 47r

4 5 1 2 3 4 5,6 1

81r 81r 81r 81r 81r 81v 81v 81v 81v 82r 82r 82r 82r 82r 82v 82v 82v 82v 83r 83r 83r 83r 83r 83r 83r 83r 83v 83v 83v 83v 83v 84r

1 2 3 4 5 1 2 3 4,5 1 2 3 5 4 1 2 3,4 5 1 2 3 r 31 4 5 6 7 1,2 2 r 3 4 5 1,2

21r 21r 21v 21v 21v 21v 21v 22r 22r 22r 22r 22r 22v 22v 22v 22v 22v 22v 22v 23r 23r 23r 23r 23r 23r 23r 23r 23r 23v 23v 23v 23v

4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 11 1 r 2 3 4 5 r 5 16 1 2 r 21 3 r 31 41 4 r 5 6 1 2 3 4,5

47r 47r 47v 47v 47v 47v 47v 48r 48r 48r 48r 48r 48v 48v 48v 48v 48v 48v 48v 49r 49r 49r 49r 49r 49r 49r 49r 49r 49v 49v 49v 49v

4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 1 1 r 2 3 4 5 r 5 16 1 2 r 21 3 r 31 41 4 r 5 6 1 2 3 4,5

51r 51r 51v 51v 51v 51v 51v 52r 52r 52r 52r 52r 52v 52v 52v 52v 52v 52v 52v 53r 53r 53r 53r 53r 53r 53r 53r 53r 53v 53v 53v 53v

4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 1 1 r 2 3 4 5 r 5 1 6 1 2 r 21 3 r 31 41 4 r 5 6 1 2 3 4,5

84r 84r 84r 84v 84v

3 4 5 1 2

24r 24r 24r 24r 24r

1 2 3 4 5

50r 50r 50r 50r 50r

1 2 3 4 5

54r 54r 54r 54r 54r

1 2 3 4 5

51r 3

346

Rolf

Textstelle

Η

Ο

III, 71 § 1 § 2 III, 72 III, 73 § 1 §2 Forts. § 3 III, 74 111,75 § 1,2 s ·>ι III, 76 § 1 § 2 § 3 §4 § 5 III, 77 § 1 §2 III, 78 § 1 §2 III, 78 § 3 § § § § § § III, 79 §

4 5 6 7 8 9 1

§ 2 S> 3 III, 80 § 1 Forts. Forts. § 2 III, 81 § 1 § 2 III, 82 § 1 Forts. § 2 III, 83 § 1 § 2 § 3 III, 84 § 1 § 2 Forts. Forts. § 3 III, 85 § 1 § 2 § 3

D

Lieberwirth W

84v 84v 84v 85r 85r 85r 85r 85r 85v

3 4 5 1 2 3 4 5,6 1

24v 24v 24v 24v 24v 25r 25r 25r 25r

1 2 3 4 5 1 2 3 4

50v 50v 50v 50v 50v 51r 51r 51r 51r

1 2 3 4 5 1 2 3 4

54v 54v 54v 54v 54v 55r 55r 55r 55r

1 2 3 4 5 1 2 3 4

85v 85v 85v 85v

2 3 4 5,6

25r 25v 25v 25v

5 1 2 3

51r 51v 51v 51v

5 1 2 3

55r 55v 55v 55v

5 1 2 3

86r 86r 86r 86r 86r 86v 86v 86v 86r 86v 87r 87r 87r

1 2 4 3 5 1 2 3 ν 4 5,6 1,2 3 4,5

25v 25v 26r 26r 26r 26r 26r 26r 26v 26v 26v 26r 26v

4 5 1 1 1r 2 3 4 5 1 2 3 4 5,6

51v 51v 52r 52r 52r 52r 52r 52r 52v 52v 52v 52v 52v

4 5 1 1 1 r 2 3 4 5 1 2 3 4 5,6

55v 4 55v 5

27r 1 r 27r 1 1 27r 2 27r 3 27r 4 27r 5 27r 6 27v 1 2 7v 2 2 7v 3 r 27v 3 1 27v 4 2 7v 5 2 7v 6 28r 1 28r 2 28r 3 28r 4 28r 5 28r 6

53r 53r 53r 53r 53r 53r 53r 53v 53v 53v 53v 53v 53v 53v 54r 54r 54r 54r 54r 54r

1 r 1 1 2 3 4 5 6 1 2 3 r 31 4 5 6 1 2 3 4 5 6

87v 1 87v 2 87v 3

56r 56r 56r 56r 56r 56r

1 2 3 4 5 6

Synopse

347

Textstelle

Ο

§4 III, 86 § 1 § 2 III, 87 § 1 § 2 § 3 III, 88 § 4 III, 88 § 1 § 2,3 §4 III, 89

§ 5

Forts. III, 90 § 1 § 2 § 3 III, 91 § 1 Forts. § 2,3

Lnr.

1 Forts. 2 § 1 § 2 Forts. Forts. § 4 § 5 § 6 Forts. § 7 3 4 § 1 Forts. Forts. § § § § 4 § 5 § § 6 §

2 3 4 5 5 Forts. 1 2 1

§ 2 7 § 1 Forts.

Η

D

28v 28v 28v 28v 28v 29r 29r 29r 29r 29r 29v 29v 29v 29v 29v 29v 30r 30r

W

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 6 1 2

54v 54v 54v 54v 54v 55r 55r 55r 55r 55r 55v 55v 55v 55v 55v 55v 56r 56r

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 6 1 2

56v 56v 56v 56v 56v 57r 57r 57r 57r 57r 57v 57v 57v 57v 57v 57v 58r 58r

1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 6 1 2

lr lr lr lr lr lr

1 1 1 r 2 r 21 3 r 31

57r 57r 57r 57r 57r 57r

1 1 1 r 2 r 21 3 r 31

59r 59r 59r 59r 59r 59r

1 1 1 r 2 r 21 3 r 31

lr lr lr lv lv lv lv lv 2r 2r 2r 2r 2r 2v 2v 2v 2v 2v 2v 3r

4 r 41 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 41 4 r 5 1

57r 4 r 57r 4 1 57r 5 57v 1 57v 2 57ν 3 5 7v 4 57v 5 58r 1 58r 2 58r 3 58r 4 58r 5 58v 1 58v 2 58v 3 58v 4 1 58v 4 r 58v 5 59r 1

59r 59r 59r 59v 59v 59v 59v 59v 60r 60r 60r 60r 60r 60v 60v 60v 60v 60v 60v 61r

4 r 41 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 41 4 r 5 1

348

Rolf

Textstelle

Ο § § § § § § § § 8 §

2 3 4 5 6 7 8 9 1

§ 2 9 §1 § 2 10 § 1

Η

D

W

3r 2

59r 2

61r 2

3r 3 3r 4

59r 3 59r 4

61r 3 61r 4

3r 3v 3v 3v

59r 59v 59v 59v

61r 61v 61v 61v

5 1 2 3

3v 4

§ 2 § 3 § 4 § 5 11 § 1 Forts. § 2 S 3 § 4 § 5 12 § 1 §2 13 § 1 Forts. § § § 14 §

§ 2 20 § 1 Forts. § 3 § 2 5 4

5 1 2 3

5 1 2 3

59v 4

61v 4

60r 1 60r 2

62r 1 62r 2

60r 60r 60r 60v

3 4 5 1

62r 62r 62r 62v

3 4 5 1

2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 5 1

62v 62v 62v 63r 63r 63r 63r 63v 63v 63v 63v 64r 64r 64r 64r 64v 64v 64v 64v 64v 65r

2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 5 1

2 31 3 r 41 4 r

65r 65r 65r 65r 65r

2 31 3 r 41 4 r

4r 4r 4r 4r 4v 4v 4v 4v 4v 5r

1 2 3 4 1 2 3 4 5 1

60v 60v 60v 61r 61r 61r 61r 61v 61v 61v 61v 62r 62r 62r 62r 62v 62v 62v 62ν 62v 63r

5r 5r 5r 5r 5r

2 31 3 r 41 4 r

63r 63r 63r 63r 63r

2 3 4 1

§ 2 § 3 § 4 Forts. 15 § 1 § 2 § 3 16 17 18 Forts. 19 § 1

Lieberwirth

Synapse

349

Textstelle

Ο § 5 Forts. 21 § 1,2 § 2 Forts. § 3 22 § 1,2 § 3 Forts. § 4 23 § 1 § 2 § 3 24 § 1 Forts. § 2,3 § 4 24 § 5 Forts. § 6 Forts. § 7 Forts. § 8 §9 25 § 1 § 2 § 3 Forts. § 4 Forts. § 5 26 § 1 § 2 Forts. § 3 § 4,5 § 6 § 7 SΚ 88 § 9 S 10 § 11 27 § 1 § 2 28 § 1 §2 29 § 1 § 2 § 3,4

Η

D

W

5r 5v 5v 5v

5 1 2 r 21

63r 63v 63v 63v

5 1 2 r 21

65r 65v 65v 65v

5 1 2 r 21

5v 5v 6r 6r 6r

3 4 1 2 3

63v 63v 64r 64r 64r

3 4 1 2 3

65v 65v 66r 66r 66r

3 4 1 2 3

6r 6v 6v 6v 6v

4 1 2 3 4

64r 64v 64v 64v 64v 65r 65r 65r 65r 65v 65v 65v 65v 66r 66r 66r 66r 66r 66v 66v 66v 66v 67r 67r 67r 67r

4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 r 21 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

66r 66v 66v 66v 66v 67r 67r 67r 67r 67v 67v 67v 67v 68r 68r 68r 68r 68r 68v 68v 68v 68v 69r 69r 69r 69r

4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 r 21 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4

67v 67v 67v 67v 68r 68r 68r

1 2 3 4 1 2 3

69v 69v 69v 69v 70r 70r 70r

1 2 3 4 1 2 3

68r 4 68r 5

70r 4 70r 5

350

Rolf Lieberwirth

Textstelle

Ο § 5 30 § 1 § 31 § § 32 §

2 1 2 1,2

§ 3 § 4 33 § 1 § 2,3 34 35 § 1 §2 36 37 § 1 § 2 § 3 38 § 1 Forts. § 2 § 3,4 39 § 1

S2 § 3 § 4 40 § 1 Forts. § 2 41 42 § 1 § 2 43 § 1 §2 44 § 1 §2 § 3 45 § 1 § 2 § 3 § 4 46 § 1 Forts. Forts. § 2 § 3 47 § 1 § 2 48 § 1 Forts.

Η

D

W

68v 1 68v 2

70v 1 70v 2

68v 3

70v 3

68v 69r 69r 69r 69r 69v 69v 69v 69v 70r 70r 70r 70r 70r 70r 70v 70v 70v 70v

4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 r 21 3 4 5 1 2 3 4

70v 71r 71r 71r 71r 71v 71v 71v 71v 72r 72r 72r 72r 72r 72r 72v 72v 72v 72v

4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 r 21 3 4 5 1 2 3 4

70v 71r 71r 71r 71r 71v 71v

5 1 2 3 4 1 2

72v 73r 73r 73r 73r 73v 73v

5 1 2 3 4 1 2

71v 3 71v 4

73v 3 73v 4

72r 72r 72r 72r 72r 72r

1 2 r 21 3 4 5

74r 74r 74r 74r 74r 74r

1 2 r 21 3 4 5

72v 72v 72v 72v 72v

1 2 3 4 5

74v 74v 74v 74v 74v

1 2 3 4 5

351

Synopse Textstelle

Ο § 2 Forts. 49 § 1 § 2 50 § 1 Forts. Forts, u. § 2 § 3 § 4 Forts.

Η

D

W

73r 1 73r 2 73r 3 73r 73r 73v 73v 73v 73v

4 5 1 2 3 4

73v 74r 74r 74r 74r 74r 74v 74v

5 1 2 3 4 5 1 2

51 52 53 53 Forts. 54 § 1 § 2 55 § 1 Forts. § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 Forts. § 8 55 § 9 56 § 1 § 2 § 3 § 4 Forts. Forts. § 5 57 § 1 Forts. § 2 § 3 § 4 § 4,5

74v 74v 74v 74v 75r 75r 75r 75r 75r

3 4 5 6 1 2 3 4 5

75r 7 5v 75v 75v 75v 75v 75v 76r 76r 76r

6 1 2 r 21 3 4 5 1 2 3

58 § 1 Forts. § 2 Forts. 59 § 1 Forts. § 2 § 3 § 4

76r 76r 76v 76v 76v 76v 76v 77r 77r

4 5 1 2 3 4 5 1 2

Rolf

352

Textstelle

Ο Forts. 60 § 1 S 2

Forts. 61 § 1

§ 2 62 § 1

§ 2 63 § 1 Forts. § 2 64 § 1 § 2 65 § 1-3 Forts. Forts. § 4 § 5 Forts. § 6 § 7 § 8 § 9

Forts. Forts. § 10 S 11 § 12

Η

D

Lieberwirth W

77r 77r 77v 77v 77v 77v 77v 77v 77v 78r 78r

3 4,5 1 2 31 3 r 41 4 r 5,6 1 2

78r 78r 78r 78v 78v 78v 78v 78v 78v 79r 79r 79r 79r 79r 79v 79v

3 4 5,6 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5,6 1 2

79v 79v 79v 80r 80r 80r 80r

3 4 5,6 1 2 3 4

80r 80v 80v 80v 80v 80v 81r 81r 81 r 81r 81r 81v

5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5,6 1

§ 13 § 14 § 15

Forts. Forts. Forts. § 16 Forts. § 16 S 17

§ 18 Forts. § 19

§ 20 § 21 § 22 Forts. 66 § 1 S 2

§ 3 § 4

75r 75r 75r 75r 75r 75v

1 2 3 4 5,6 1

Synopse

353 Ο

Textstelle § 5 67 § 1 Forts. §2 § 3 §4 § 5 Forts. §6 §7 § 8 § 9 § 10 Forts. 68 § 1 § 2 § 3 §4 § 5 § 6 § 7 § 8 Forts. § § § § 69 §

9 io 11 12,13 1

§ 2 § 3 Forts. § 4 § 5 §6 Forts. Forts. 69 Forts. § 7 Forts. § 8 Forts. Forts. § § § §

9 10 11 12

70 Forts. 71 § 1

Η

D

W

81v 81v 81v 81v 82r 82r 82r 82r

2 3 4 5 1 2 3 4

75v 75v 75v 75v 76r 76r 76r 76r

2 3 4 5 1 2 3 4

82r 82v 82v 82v 82v 82v 83r 83r 83r 83r

5 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4

76r 76v 76v 76v 76v 76v 77r 77r 77r 77r

5 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4

83r 5,6 83v 1 83v 2

77r 5,6 77v 1 77v 2

83v 83v 83v 84r 84r 84r 84r

3 4 5,6 1I 1 r 2 3

77v 77v 77v 78r 78r 78r 78r

3 4 5,6 1 1 1 r 2 3

84r 84r 84v 84v 84v 84v 84v 84v 85r 85r 85r 85r 85r 85r 85v 85v

4 5,6 1 2 31 3 r 4 5 1 2 3 4 5 6,7 1 2

78r 78r 78v 78v 78v 78v 78v 78v 79r 79r 79r 79r 79r 79r 79v 79v

4 5,6 1 2 31 3 r 4 5 1 2 3 4 5 6, 7 1 2

354

Rolf Lieberwirth

Textstelle

Ο § 2 § 3 § 4 § 5 Forts. § 6 Forts. Forts. § 7 § 8,9 § 9 Forts. § 10 § 11 § 12 § 13 § 14,15 § 16 Forts. § 17 § 18 § 19 § 20 Forts. 71 § 2 1 § 22 § 23 72 § 1 Forts. Forts. § 2 § 3 § 4 § 5 Forts. § 6 § 7 § 8 § 9 § io 73 § 1 § 2 74 § 1 § 2 75 § 1 Forts. § 2 § 3 76 § 1 § 2

Η

D

W

85v 85v 85v 85v 86r 86r 86r 86r 86r 86r 86r 86r 86v 86v 86v 86v 86v 87r

3 4 5 6 1r 1 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5,6 1

79v 79v 79v 79v 80r 80r 80r 80r 80r 80r 80r 80r 80v 80v 80v 80v 80v 81r

3 4 5 6 1r 1 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5,6 1

87r 87r 87r 87r

2 3 4 5

81r 81r 81r 81r

2 3 4 5

87v 87v 87v 87v 87v 87v 87v 88r 88r 88r 88r 88r 88r 88v 88v 88v 88v 88v 88v 89r 89r 89r 89r 89r 89v

1 1 1r 2 31 3 r 4 5,6 1 2 3 1 3 r 4 5,6 1r 1 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4 5,6 1

81v 81v 81v 81v 81v 81v 81v 82r 82r 82r 82r 82r 82r 82v 82v 82v 82v 82v 82v 83r 83r 83r 83r 83r 83v

1 1 1r 2 31 3 r 4 5,6 1 2 3 1 3 r 4 5,6 1r 1 1 2 3 4 5,6 1 2 3 4 5,6 1

Synopse

355

Textstelle

Ο § 3 Forts. § 4 § 5 § 6 § 7 Forts. Forts. oo § 1 § 2 § 3 Forts. § 1 § 2 § 3 § 1 Forts. § 2 Forts. Forts. § 3 § 4 Forts.

Η

D 89v 89v 89v 89v 90r 90r 90r 90r 90r 90v 90v 90v 90v 91r 91r 91r 91r 91r 91v 91v 91v 91v 91v 92r 92r

W 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1,2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2

83v 83v 83v 83v 84r 84r 84r 84r 84r 84v 84v 84v 84v 85r 85r 85r 85r 85r 85v 85v 85v 85v 85v 86r 86r

2 3 4 5 1 2 3 4 5 1,2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2

Ergänzungsblätter aus der Dresdener Bilderhandschrift Nach 27v in W sind D 22r-23v (Ldr. I 71 § 1 - II 11 § 3) zu ergänzen; hinter 45v in W folgen D 40r-41v (Ldr. III 25 §3 - III 39 §2); nach 55v in W sind D 52r-53v (Ldr. III 77 §2 - III 84 §2) einzufügen; hinter 74v in W folgen D 73r-80v (Lnr. 48 §2 - 65 §21). Der Landesbibliothek Dresden ist für die Erteilung der Abdruckgenehmigung und die Überlassung der Druckvorlagen zu danken.

Die Herausgeberin

358

Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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D folio 22 recto

Bilderhandschrift

D folio

359

22 recto

II. vestunge vor dem greven, he irwirbet des greven vestunge über ienen al zu hant. Sus irwirbet ouch der greve mit siner vestunge des kuniges achte. Incipit liber secundus. 5

Cap. I. W o vursten oder hern zu samene swern mit eiden, si ennemen denne das riche uz, so haben si wider das riche getan.

25

C.II. Vorsumet der greve sin echte ding, das alleine vorluset der cleger. Vorsumet he der dinge eins, di um ungerichte uz geleit werdin, man mus der clage beginnen als von erst. Beclait man einen in sine keginwertikeit umme eigen oder umme len, das he in rechten gewern hat, man sal im tedingen zu dem neisten dinge, ab he spricht: herre, mir is hir umme nicht her getedinget. Zu der andern clage, bitte he des dinges, das sal man im gebn, sint sal he entwortin. C.III. Gruset man einen man zu kamphe, der ungewarnt dar kumen is unde im umme di sache dar nicht bescheiden is, he sal tag habn noch siner geburt, ab hes bittet, das he sich dar zu gewarne, wen der kamph gelobt is, unde nicht er: Der vrie schephinbare man über sechs wochen, der dinstman über virzennacht unde

30

andere vrie lute. Umme alle andere sache, da man den man umme beschuldiget, sal he entwortin zu hant, ober bekennen oder louken. C.IV. Wer sich uz der vorvestunge zin wil, dem sal der richter vride wirken vor zu kumen, ab

10

15

20

man is von siner wege. Wen he sich uf den heiligen uz gezut, so sal en der richter uz der vestunge lazen unde das lant mit vingern unde mit zungen, als man en in di vorvestunge tet. Weigert man im

4 achte Ο Horn., fehlt

D.

5 swern] sekeret Ο Horn.

617

. . . Verfestung vor dem Grafen, so erwirkt er des Grafen Verfestung über jenen sofort. Ebenso erwirkt auch der Graf mit seiner Verfestung die Reichsacht des Königs. Kapitel I. Wo immer sich Fürsten oder Herren mit Eiden untereinander verbünden, wenn sie das Reich nicht davon ausnehmen, so haben sie gegen das Reich gehandelt. Kapitel II. Versäumt der Graf sein echtes Ding, so verliert daran einzig der Kläger. Versäumt er (der Graf) irgendeinen der Gerichtstermine, die wegen eines Verbrechens anberaumt waren, so muß man die Klage von vorne beginnen. Beklagt man einen Mann in seiner Gegenwart um ein Grundeigentum oder um ein Lehen, das er in rechtmäßiger Gewere hat, so soll man ihm bis zum nächsten Gerichtstermin Frist geben, wenn er erklärt: „Herr (Richter), mir ist hierfür kein Verhandlungstermin gesetzt." Wenn er auch bei der zweiten Klage um Vertagung 1 bittet, so soll man ihm auch diese geben, danach muß er aber antworten. Kapitel III. Fordert man einen Mann zu einem gerichtlichen Zweikampf, der unvorbereitet 2 ist und wegen dieser Sache nicht dorthin vorgeladen ist, so soll er, wenn er darum bittet, Aufschub 3 seinem Geburtsstand entsprechend erhalten, damit er sich dafür rüste 4 , und zwar wenn der Zweikampf gelobt worden ist, und nicht eher: Der freie schöffenbare Mann über sechs Wochen, der Dienstmann über vierzehn Nächte, und ebenso die anderen freien Leute. Zu allen anderen Sachen, deren man den Mann beschuldigt, soll er sofort antworten, bekennen oder bestreiten. Kapitel IV. Wer sich aus einer Verfestung befreien will, dem soll der Richter Frieden erwirken, um vor Gericht zu kommen, wenn dies von seiner Seite 5 (gewünscht wird). Wenn er sich mit einem Eid auf die Reliquien befreit, so sollen ihn der Richter und das Landvolk mit Fingern und Zungen aus der Verfestung entlassen, genauso wie man ihn in die Verfestung tat. Verweigert man ihm

1 ding st. N. 'Gericht, Gerichtstermin', hier 'Vertagung des

si - uz] se ne bescheden dat rike dar unbuten O, se ne be-

Gerichtstermims';

sceiden dat rike dar buten Horn.

überrascht';

7/8 das riche] dat rike O,

deme rike Horn., das me riche D.

31 siner wege] sinent

halven gheret O, sinent halven geret Horn. ine Horn., fehlt

D.

34 en] ene O,

2 ungewamet

Part. Adj. 'unvorbereitet,

3 tac st. M. 'auf einen Tag anberaumte Ge-

richtsverhandlung', hier 'Aufschub der Gerichtsverhandlung'; 4 warnen sw.V. refl. 'vorbereiten, rüsten, versehen mit'; 5 sinerwegen

Adv. 'seinetwegen, von seiner Seite'.

360

Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

Bilderhandschrift

l t f t P m w m < f r m ä - f ö t M r a e tm Muh vctfr usrt^vftltfßHiöast ilsß!\o:2i! tommcsu s r t B Ä » a m r o Ä ä b tmmirvb'nttfa

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D folio 22 verso

361

D folio 22 verso des mit Unrechte, uncle zut he sich uz uf den heiligen, he is ein unvorvest man. So sal man im ouch vride wirken, unde he sal bürgen sezzen, vor zu kumene zu 4 drin dingen, ab man is von im heischet, da zu 4a entworfene, ab imant über en cla5 gen wolle, unde clait nimant über en zu drin dingen, so sal man en ledig teiln von der clage. Zut sich aber ein man uz der vorvestunge, da der cleger zu entworte nicht enis, unde gelobit unde sezzet he bürgen vor zu kumene zu rechte, unde kumt he nicht vor, das bur10 gezok hat der richter gewunnen unde nicht der kleger, ab he en wider in die vorvestunge tut, als he zu rechte sal. C.V. Wer eigens also vil hat, das besser is denne sin wergelt in deme gerichte, der endarf keine bürgen 15 sezzen, ab man en beclait umme ungerichte. Uber virzzennacht sal man schult geldin, di man gewinnet vor gerichte, gewette über sechs wochen, buze noch deme gewette über virzzennacht. Gewinnet aber der man sine buze 20 er dem gewette, man sal si leisten über sechs wochen, unde das gewette da noch über virzzennacht. Zu des huse sal man das gelden, deme man iz schuldig is, bi sunnenschine, ab he hus in deme gerichte hat, odir zu des richters neistew 25 huse, ab iener da unbehuset is.

30

C.VI. Wer sine rechte buze vorsprichet vor gerichte, der enhat keine buse me. Alle vorgoldene schult sal der man volbrengen selb dritte, dis saen unde horten. Wer zu dinge nicht enkumt, den teilt man wettehaft, ab he phlichtig is dar zu kumene, he enmuge is denne mit rechte widerredin. Welch gäbe der man siet,

4 ab - heischet] ofte men it uan erne eschet Ο, of man't von ime eschet Horn., fehlt D. 9 zu rechte] to rechte Ο Horn., fehlt D. 24 neisten] nesten Horn., neiste D, fehlt O. 31 is Ο Horn., fehlt D.

dies zu Unrecht, und befreit er sich durch den Eid auf die Reliquien, so ist er ein unverfesteter Mann. Dann soll man ihm auch Frieden erwirken, und er soll einen Bürgen dafür stellen, daß er zu drei Gerichtstagen erscheint, wenn man dies von ihm fordert, und dort zu antworten, wenn jemand gegen ihn klagen will. Klagt aber niemand gegen ihn innerhalb dreier Dingtage, so soll man ihn von der Klage freisprechen. Befreit sich aber ein Mann aus der Verfestung, wenn der Kläger nicht anwesend ist, und gelobt oder stellt er Bürgen dafür, daß er vor Gericht erscheint, kommt er dann aber nicht, so erhält der Richter das Bürgengeld und nicht der Kläger, wenn er (der Richter) ihn nämlich wieder in die Verfestung tut, wie er dem Recht entsprechend soll. Kapitel V. Wer soviel Grundeigentum in dem Gerichtsbezirk besitzt, daß es mehr wert ist als sein Wergeid, der braucht keinen Bürgen zu stellen, wenn man ihn eines Verbrechens anklagt. Innerhalb von vierzehn Nächten soll man die Schuld begleichen, die jemandem vor Gericht zugesprochen worden ist; das Gewette binnen sechs Wochen und die Buße nach dem Gewette während vierzehn Nächten. H a t aber der Mann (der Kläger) seine Buße vor dem Gewette zugesprochen bekommen, so soll man sie innerhalb von sechs Wochen bezahlen und das Gewette danach binnen vierzehn Nächten. Man soll es im Hause desjenigen bezahlen, dem man es schuldig ist, (und zwar) bei Tageslicht 1 , wenn er sein Haus innerhalb des Gerichtsbezirks hat, oder in dem nächstgelegenen Haus des Richters, wenn jener selbst hier ohne Haus ist. Kapitel VI. Wer seine ihm rechtmäßig zustehende Buße vor Gericht ablehnt, der hat keinen Bußanspruch mehr. Jede geleistete Schuld soll ein Mann selbdritt beweisen, (und zwar mit denjenigen,) die es sahen und hörten. Wer zum Ding nicht erscheint, obwohl er zu kommen verpflichtet ist, den verurteilt man zu einem Strafgeld, es sei denn, er kann zu Recht Einspruch erheben. Welche Ubergabe man sieht

1 sunnenschin st. Μ. 'Sonnenschein, Tageslicht',

362

Ergänzungsblätter

Miw^totm·

D folio 23 recto

aus der Dresdener

Bilderhandschrift

Ό folio 23 recto

363

II.

5

10

15

20

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30

oder welch orteil he vinden höret, widerredet hes zu hant nicht, dar noch mag hes nicht wederreden. C.VII. Vier Sachen sint, di ehaft not heisen: gevenknis, suche, gotis dinst uzwendig landes unde des riches dinst. Welche dirre sache den man irret, das he zu dinge nicht enkumt, wirt si bewiset, als recht is, von eime sime boten, wer he si, he blibt is ane schaden unde gewinnet tag bis an das neiste ding, alse he von der echten not ledig wirt. Wer abir bürgen sezzit vorzukumene, benimt is im ehafte not, das he nicht vorkumen mag, di not sal sin bürge benennen unde swern uf den heiligen unde anders kein sin bote. C.VIII. Wer so ungerichte clait uf einen, der da zu kege nwert nicht enis, kumt he sider vor, unde enclait iener uf en nicht, he mus dem richtere wetten und ieme sine buse gebn, ouch teilt man ienen der clage ledig. Volvorderet he aber sine clage, unde ab he im enket mit rechte, he enlidet dar umme keine not, he enhabe en denne kemphlich vorgeladen. C.IX. Wer so ouch beginnet zu enwortene, unde wirt im ein ding geleit mit urteiln, kumt he nicht vor, he is in der clage gewunnen. Der richter sal ouch bürgen habn von deme cleger unde uf den di clage get, das si zu rechte vorkumen, si suln ouch irs rechtes uf das gerichte seen. Wen di clage mit urteiln gevristet wirt bis an einen andern tag umme den gevangenen man, so sal man en zu borge gebn, he ensi denne in der hanthaften tat gevangen. C.X. Den vorvesten man mus man wol bestetigen binnen gebundenen tagen, nicht enmus

1 he D O, die man Horn. 2 d a r noch] seder O, dar na Horn. 4/5 uzwendig] buten Ο Horn. 7 bewiset] bescheneghet O, besceneget Horn. 10/14 W e r - bote] Horn. II 4 § 3. 12 di not] de echte not O, die echten not Horn. 13 swern] beholden O, beweren Horn. 15 so Ο Horn., fehlt D. 15/16 kegenwert] ieghenwart O, jegenwarde Horn., kenwert D. 23 so] wie Ii.

oder welches Urteil man finden hört, erhebt man nicht auf der Stelle dagegen Einspruch 1 , so kann man es später nicht mehr bestreiten 1 . Kapitel VII. Vier Gründe 2 gibt es, die als echte Hinderungsgründe bezeichnet werden: Gefangenschaft und Krankheit, Aufenthalt außer Landes im Dienst Gottes und der Reichsdienst. Welche dieser Ursachen 2 jemanden hindert, zum Gericht zu kommen, werden sie, so wie es Recht ist, von einem seiner Bevollmächtigten, wer immer er sei, dargelegt, so entstehen ihm keine Nachteile daraus, und er erhält Frist bis zum nächsten Gerichtstermin, an dem er von der echten N o t frei ist. Wer aber einen Bürgen dafür stellt, daß er vor Gericht erscheint, und er wird durch echte N o t daran gehindert, so daß er nicht kommen kann, so soll sein Bürge diese Gründe benennen und durch Eid auf die Reliquien beschwören und kein anderer als sein Beauftragter. Kapitel VIII. Wer einen anderen, der nicht anwesend ist, wegen eines Verbrechens anklagt, erscheint dieser später vor Gericht und jener klagt nicht gegen ihn, so muß er dem Richter das Strafgeld und jenem (dem von ihm Beklagten) die Buße bezahlen; außerdem spricht man jenen von der Klage frei. Führt er (der Kläger) aber seine Klage durch und entgeht er (der Beklagte) ihm zu Recht, so hat er (der Kläger) keinen Nachteil daraus, es sei denn, er hat den anderen zu einem gerichtlichen Zweikampf herausgefordert. Kapitel IX. Wer so auch damit beginnt, sich zu verantworten und ihm wird durch ein Urteil der Gerichtstag bestimmt und er erscheint nicht (vor Gericht), so ist er mit der Klage überführt 3 . Der Richter soll ferner von dem Kläger und von demjenigen, gegen den die Klage geht, einen Bürgen dafür haben, daß sie dem Recht gemäß (vor Gericht) erscheinen. Sie sollen ferner darauf achten, daß sie vom Gericht auch ihr Recht erhalten. Wenn die Klage wegen eines gefangenen Mannes bis auf den nächsten Tag durch Urteil ausgesetzt wird, so soll man ihn gegen Bürgschaft entlassen, es sei denn, er sei in handhafter Tat ergriffen worden. Kapitel X. Einen verfesteten Mann darf man wohl während der gebundenen Tage festnehmen, doch man darf

1 Widerreden sw.V. 'Einspruch erheben, bestreiten, widersprechen'; 2 sache st. F. 'Ursache, G r u n d ' ; 3 in der clage gewunnen sin 'mit der Klage ü b e r f ü h r t sein', zu gewinnen st.V. 'vor Gericht überwinden, ü b e r f ü h r e n ' .

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Ergänzungsblätter

ans der Dresdener

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D folio 23 verso

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man über en richten, da ensi di hanthafte tat. Nimant enis phlichtig, hoger bürgen zu sezzene vor gerichte, wen alse sin wergelt stet, is ensi denne schult, der he bekenne oder di mit rechte uf en bracht wirt. An gebundenen tagen mus man nicht swern wen den vride unde ouch uf den man, der mit hanthaftir tat gevangen is. Wer den vride bricht an gebundenen tagen, den beschirmen die gebunden tage nicht. Also entut di kirche, noch der kirchof an der tat, di he dar inne tut. Was man andirs claget an gebundenen tagen ane ungerichte, das mus der richter wol richten über den man, der da zu entworte is, unde sal im gebiten, das he bekenne unde bessere zu rechter zit oder loukene. C.XI. Wer aber eide gelobet vor schult unde leistet he ir nicht zu rechter zit, he is an der schult gewunnen, da di eide vor gelobet waren, is enbeneme im ehafte not, di man bewisen muge. Was der eit vor gerichte gelobet, man mus deme richtere wetten unde deme manne sine buze gebn, deme he den eit gelobete. Is der man bereit, zu leistene sinen eit, den he gelobete zu rechter zit, unde wil is iener nicht, oder is he da nicht, da man en tun sal, des eides sal he ledig sin unde der schult, da he den eit vor gelobete, ab hes gezug hat. C.XII. Werne man silber oder phenninge gelden sal, wartet hes zu rechten tagen nicht oder annamet hes nicht, he envorluset da mite sin gelt nicht, den tag hat he aber da mite vorlorn. Hette he ouch ieme gelobet, da vor in zu ritene, he is des inritens ledig unde nicht des geldis, noch der schult, da vor he inriten solde.

8 an D O, binnen Horn. 11 claget] dot Ο, klaget Horn.·, an] in O, binnen Horn. 13 entworte] ieghenwarde O, antwerde Horn.; he Ο Horn., fehlt D. 14 loukene] uerseke O, besake Horn.; nach loukene] Nicht ne mot he auer dinghen in ghebundenen daghen. War men auer ede louet, de sal men lesten to den nesten unghebundenen daghe O , Nicht ne mut he aver dingen binnen gebundenen dagen. Svar man aver eide lovet, die sal man lesten to me nesten ungebundenen dage Horn. 21 bereit] rede Ο Horn. 24 ledig] los O, ledich Horn. 26 silber] suluer O, silver Horn., fehlt D. 32 solde] ergänzt nach D folio 24 recto, Zeile 1, wegen des Ubergangs zu W folio 28 recto.

365 nicht über ihn richten, es sei denn, es liegt handhafte Tat vor. Niemand ist verpflichtet, vor Gericht für einen höheren (Betrag) Bürgen zu stellen, als sein Wergeid beträgt, es sei denn, daß es sich um eine Schuld handelt, zu der er sich bekannt hat oder die gerichtlich gegen ihn geltend gemacht wird. An gebundenen Tagen darf man nichts anderes beschwören als den Frieden selbst und (gegen keinen anderen einen Eid leisten als) gegen den Mann, der auf handhafter Tat ergriffen wird. Wer den Frieden an den gebundenen Tagen bricht, den schützen auch die gebundenen Tage nicht. Entsprechendes gilt für die Kirche oder den Kirchhof wegen der Tat, die jemand dort verübt hat. Weswegen man sonst an gebundenen Tagen klagt, Verbrechen ausgenommen, darüber darf der Richter wohl richten über denjenigen, der sich zu verantworten bereit ist, und er soll ihm gebieten, entweder zu rechter Zeit zu bekennen und wiedergutzumachen oder zu bestreiten. Kapitel XI. Wer aber wegen einer Schuld Eide gelobt, sie aber nicht rechtzeitig leistet, der ist wegen der Schuld überführt, wegen der die Eide gelobt worden waren, es sei denn, er wäre durch echte N o t daran gehindert gewesen, was man aber beweisen muß. War der Eid vor Gericht gelobt, so muß man dem Richter das Gewette und dem Mann, dem man den Eid gelobt hat, die Buße zahlen. Ist der Mann (der Schuldner) bereit, den Eid, den er zu rechter Zeit gelobt hat, zu leisten und will es jener (der Gläubiger) nicht oder ist er nicht dort anwesend, wo man ihn (den Eid) leisten soll, so ist er (der Schuldner) seines Eides ledig und auch der Schuld, wegen der er den Eid gelobte, wenn er das (das Säumnis des Gläubigers) durch Zeugen beweisen kann. Kapitel XII. Wenn der, dem man Silber oder Pfennige bezahlen soll, am verabredeten 1 Tag nicht darauf wartet oder es nicht annimmt, so hat er damit zwar nicht sein Geld, wohl aber den Termin verloren. Hatte er ferner jenem versprochen, deswegen einzureiten, so ist er des Einreitens ledig, aber weder des Geldes noch der Schuld, weswegen er einreiten sollte.

1 recht Adj. 'recht, gehörig', hier Verabredet, abgesprochen'.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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tet, wen is sin phlug nicht enbeging, da he starp. C.LXXVIII. Der kunig unde iclich richter mus wol richten über hals unde hant unde über icliches sins mannes odir mages gut unde entut wider sinen truwen nicht. Der man mus ouch wol sime kunige unde sime richtere unrechtis widersten unde zu allir wis helfen weren, alsi he sin mag odir sin herre, unde entut wider sinen truwen nicht. Der man mus ouch wol volgin sime herrin, unde der herre dem manne, der mag dem mage, unde san helfin bestetigen von gerichtis halben umme ungerichte, da he mit deme gerufte zcu geladen wirt an einer hanthaften tat, unde entut widir sinen truwin nicht. Der man mus wol volgen vor sins herren bürg, unde der herre vor des mannes, der mac vor des magis, da he durch ungerichte mit deme gerufte vor geladin wirt, unde mus si wol helfin brechin, ab man is mit rechte nicht entredit, unde entut wider sinen truwin nicht. Ein iclich man mus wol helfin werin stete, bürge unde lant unde sins herrin lip, mages unde mannis unde sins vrundis wider herren unde mage unde manne, di si gewaldiclichen suchen, unde mus wol uf si striten unde entut wider sinen truwin nicht, das he selbe irre habe nicht enneme. Wundit ein man sinen herren, oder slet he en zu tode an notwere, oder der herre den man, he entut widir sinen truwin nicht, ab di not uf en mit rechte volbracht wirt.

. . . auslieh, weil es nicht sein eigener Pflug bearbeitete, als er starb. Kapitel LXXVIII. Der König und jeder Richter dürfen wohl richten über Hals und Hand und über jedes Gut ihrer Lehensleute oder Magen und verstoßen damit nicht gegen ihre Treupflicht. Ebenso darf der Lehensmann seinem König und seinem Richter Widerstand gegen das Unrecht leisten und in jeder nur möglichen Weise dabei helfen, es abzuwehren. Auch wenn es ein Mage oder sein Lehensherr ist, so verstößt er damit nicht gegen seine Treupflicht. Der Lehensmann darf auch seinen Herrn verfolgen und der Herr seinen Lehensmann und der Mage den Magen und dazu beitragen, daß er wegen seiner Vergehen von Seiten des Gerichts festgenommen wird, wenn er mit dem Gerüfte zur Verfolgung einer handhaften Tat geladen ist - dann verstößt er nicht gegen seine Treupflicht. Der Lehensmann darf auch seinen Herrn bis vor dessen Burg folgen und ebenso der Herr bis vor die des Mannes und der Mage vor die des Magen, wenn er wegen eines Verbrechens durch das Gerüfte geladen wird; er darf sogar helfen, sie aufzubrechen, wenn man dem nicht zu Recht widerspricht, und er verstößt damit nicht gegen seine Treupflicht. Jeder darf helfen, Städte, Burgen und Land zu verteidigen und ebenso das Leben seines Herrn, seines Magen und seines Lehensmannes und seines Freundes gegenüber seinem Herrn und Magen und Mann, wenn diese jene mit Gewalt 1 heimsuchen. Er darf wohl für sie streiten, und er verstößt dabei nicht gegen seine Treupflicht, wenn er ihnen selbst von ihrer Habe nichts nimmt. Wenn ein Lehensmann seinen Herrn verwundet oder ihn in Notwehr erschlägt oder der Herr den Mann, so verstößt er nicht gegen seine Treupflicht, wenn die Notwehr gegenüber jenem vor Gericht bewiesen wird.

5 gut D H, erue O, erve Horn. 16 burg] burk H, borch Ο, hus Horn. 18 durch D H, umme O, um Horn. 27 das] daz H, erst O, deste Horn.

1 gewalticlich

Adv. 'mit Gewalt, gewaltsam',

Ergänzungsblätter

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aus der Dresdener

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D folio 52 verso

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D folio

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Sime wegevertigen gesellen u n d e sime gaste unde sime wirte, d a he geherbergit is, unde wer zu sinen g n a d i n vlut, sal d e r m a n helfin, d a s he sich u n r e c h t i r n o t w i d e r aller menlich irwere, u n d e e n t u t w i d e r sinen truwen nicht. Sucht der herre den man oder der man den herren unvorclait v o r sinen m a n n e n n a c h rechte, he tut w i d e r sinen t r u w e n . E n k u m t h e abir uf sinen s c h a d i n nicht u z u n d e geschiet im s c h a d e von im o d i r von d e n , di d u r c h sinen willen d a sin, o d i r d a he h e l f e r z u is u n w i s s e n d e , d e n s c h a d e n sal he geldin uf r e c h t u n d e e n t u t wid e r sinen t r u w i n nicht.

15

C . L X X I X . S w o abir ein m a n in einer reise is u n d e nicht ein h o u b i t m a n is, riten luite

20

an en u n d e an di sinen, t u t he s c h a d i n sime h e r r i n o d i r sime m a n n e o d e r sime m a g e , o d i r sweme das si, ane sinen r a t u n d e ane sine tat, gewerit hes uf d e n heiligen, he blibit is ane gelt u n d e ane lastir.

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C . L X X X . S w o g e b u r e ein n u w e d o r f besiezen v o n w i l d e r w o r z e l n , d e n m a g des d o r fis h e r r e wol gebn e r b e z i n s r e c h t an d e m e gute, alleine ensin si z u d e m e gute n i c h t g e b o r n . Kein r e c h t m a g he abir in gegebin n o c h si selber gekiesin, d a si des landis r i c h t e r e sin r e c h t mite b r e c h i n o d i r sin g e w e t t e mite g e m i n r e n o d i r g e m e r i n m u g e n . Kein u z w e n d i g m a n enis phlichtig, in d e m e d o r f e zu e n t w e r t e n e n o c h irme s u n d i r l i c h e m e d o r f e r e c h t e , me w e n n o c h g e m e i n e m e l a n t r e c h t e , h e enclage d a uf e r b e o d i r uf g u t o d e r u m m e schult.

4 not D H, wait Ο, gewalt Horn. 10 von im D H, uan eme suluen O, von ime selven Horn. 16 he D H, se O, sie Horn. 24 gute H, gode O, gude Horn., fehlt D. 27 brechin D H, breken O, krenken Horn.

377 Seinem R e i s e g e f ä h r t e n 1 u n d seinem G a s t und seinem W i r t , w o m a n b e h e r b e r g t ist, u n d w e r in seinem S c h u t z 2 flieht, d e m soll m a n g e g e n ü b e r j e d e r m a n n helfen, d a m i t er sich Unrechter G e w a l t e r w e h r e n k a n n , u n d m a n v e r s t ö ß t d a m i t nicht gegen seine T r e u p f l i c h t . Wenn der H e r r den Lehensmann oder der M a n n den L e h e n s h e r r n überfällt, o h n e ihn, wie es R e c h t ist, v o r seinen L e h e n s m a n n e n z u verklagen, so v e r s t ö ß t er gegen seine T r e u p f l i c h t . G e h t es ihm a b e r nicht um dessen S c h a d e n , u n d leidet er S c h a d e n d u r c h sich selbst o d e r d u r c h die, die auf seinen W u n s c h mit a n w e s e n d sind, o d e r ist er unwissentlich H e l f e r , so m u ß er d e n S c h a d e n e r s e t z e n u n d h a t d a m i t nicht gegen seine T r e u p f l i c h t v e r s t o ß e n . Kapitel L X X I X . W e n n sich a b e r ein M a n n auf K r i e g s f a h r t 3 b e f i n d e t u n d n i c h t H a u p t m a n n ist u n d mit seinen Leuten von b e r i t t e n e n M ä n n e r n a n g e g r i f f e n w i r d , u n d w i r d seinem H e r r n o d e r seinem M a n n o d e r seinem M a g e n , o d e r w e m auch i m m e r , S c h a d e n z u g e f ü g t , o h n e seinen R a t u n d seine T a t , u n d b e s c h w ö r t er dies auf die Reliquien, so bleibt er o h n e G e l d s t r a f e u n d o h n e S c h m ä h u n g . Kapitel L X X X . W o B a u e r n ein D o r f in N e u l a n d aus w i l d e r W u r z e l 4 anlegen, d e n e n k a n n d e r H e r r des D o r f e s E r b z i n s an d e m G u t verleihen, o b w o h l sie n i c h t zu d e m G u t g e b o r e n sind. Sie d ü r f e n a b e r kein R e c h t e r h a l t e n n o c h sich selbst w ä h l e n , mit d e m sie d e m R i c h t e r des L a n d e s sein R e c h t s c h m ä l e r n o d e r sein G e w e t t e v e r m i n d e r n o d e r v e r m e h r e n k ö n n e n . Kein a u s w ä r t i g e r M a n n ist v e r p f l i c h t e t , sich in i h r e m D o r f n a c h i h r e m b e s o n d e r e n D o r f r e c h t zu v e r a n t w o r ten, s o n d e r n n a c h allgemeinem L a n d r e c h t , w e n n e r n i c h t auf E r b e o d e r G u t o d e r w e g e n einer Schuld klagt.

1 der wegevertige geselle, zu wegevertic Adj. 'des Weges fahrend, reisend' und geselle sw. M. 'Gefährte, Freund'; 2 gnäde st. F., hier 'Schutz'; 3 reise st. F. 'Aufbruch, Reise', hier 'Kriegszug, Heereszug, Kriegsfahrt'; 4 besitzen von wilder worzel 'in Neuland anlegen, besiedeln von Brachland', zu besitzen st. V. 'in Besitz nehmen, wohnen' und wurze(l), md. worz(el), st. sw. F. 'Wurzel'.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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D folio 53 recto

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Wo man jemanden beklagt, da muß er sich verantworten, wenn man ihn verklagt, ausgenommen, die Klage läuft auf einen gerichtlichen Zweikampf hinaus. Kapitel L X X X I . Bleibt Grundeigentum von einem Biergelden, drei Hufen oder weniger, bei Todesfall ohne Erben, so fällt es an das Schultheißenamt. Wenn dreißig Hufen oder weniger frei werden, so fallen diese an das Grafenamt. Handelt es sich aber um mehr als dreißig Hufen, so wird dies alles dem König frei. Läßt der König oder ein anderer Herr seinen Dienstmann oder Eigenmann frei, so erhält er das Recht freier Landsassen. Sterben 1 aber die Schöffen in einer Grafschaft, dann darf der König Reichsdienstleute kraft Urteils freilassen und zu Schöffen bestellen, damit man auf diese Weise Recht erlangen und Gericht bei Königsbann halten kann. Er (der König) soll ihnen aber vom Reichsgut soviel als Grundeigen geben, daß sie daraufhin Schöffen sein können, jedem von ihnen drei Hufen oder mehr. Dieses Gut darf der König wohl aus dem Gut der Grafschaft nehmen, wo immer es der Graf etwa dadurch ledig hat, daß Grundeigen der Schöffen in der Grafschaft durch Tod frei geworden ist. Dienstleute vererben und nehmen Erbe wie freie Leute nach Landrecht, mit dem Unterschied, daß sie außerhalb ihres Herrn Gewalt weder vererben noch Erbe nehmen. Kapitel L X X X I I . Wer sein Recht vor Gericht an einem Ort verliert, der hat es überall verloren, wenn man dafür das Gerichtszeugnis hat. Es ist aber niemand verpflichtet, das Gerichtszeugnis in ein anderes Gericht zu bringen, sondern jener Richter, vor dem seine Rechtlosigkeit behauptet wird, soll zwei

Wo der man clait, da mus he entwortin, ab man uf en clait, ane zu kamphe. C . L X X X I . Irstirbit ein eigen von eime biergeldin erbelos, dri huven odir minre, das gehöret in das schultheistum. Von drisig huven odir minre, irstirbit das, is gehöret in di graveschaft. Is is aber me denne drisig huven, is ist deme kunige ledig. Let der kunig oder ein ander herre sinen dinstman odir sinen eigenen man vri, der behelt vrier lantsessin recht. Zuget abir der schephin in einer graveschaft, der kunig mus wol des riches dinstman mit orteilin vrilasin unde machen zu schephin, durch das man rechtis bekume unde kuniges ban da behaldin muge. He sal abir des richis gutis en so vil zu eigene gebin, das si schephin dar ab gewesin mugen, ir iclicheme dri huven oder me. Das gut mus he wol nemen us dem gute der graveschaft, swo is der greve ledig hat, durch das der schephin eigen in der graveschaft erstorben is. Dinstman erbit unde nimt erbe alse vrie luite noch lantrechte, wen alleine, das he busen sins herren gewalt nicht erbit noch erbe nimt. C . L X X X I I . Swer sin recht vorluiset in einer stat vor gerichte, he hat is über al vorlorn, ab man des an dem gerichte gezug hat. Des gerichtis gezug enis niemant phlichtig zu brengene in ein andir gerichte, me wen der richter, von deme he rechtelos gesait wirt, der sal zwe-

2 kamphe D H, camprechte O, kampe wart Horn. D H, dar beneden Ο Horn.

irsterft O, Van sveme it irstirft Horn., fehlt wie 4. H.

4 minre

5 vor Von] Uan weme en eghen D H.

6 minre]

23 erstorben] irstoruen O, irstorven Horn., fehlt

D

25 wen D Η Horn., mer O; sins] sines Η, irs Ο Horn.

30 gerichtes D Η Horn., richteres O. uor O.

32 von] vor Η Horn.,

1 zügen 'sterben'.

unr.V. 'untergehen, zugehen, sich schließen', hier

Ergänzungsblätter

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aus der Dresdener

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D folio 53 verso

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ne siner b o t e n sendin v o r d e n richter, d a he sin r e c h t v o r l o r n h a t , d a s si h ö r e n , ab m a n is en Vorzügen m u g e , u n d e si suln des d e n n e gez u g sin. Swer ein gut eime a n d i r n h e r r i n gibt u n d e let im in sine gewere, d a he selbe keine gewere an h a t t e , u n d e w i r t iener von gerichtis halbin d a r ingewist, iener, d e r di g e w e r h a t , mus wol di inwisunge w i d e r r e d i n u n d e ienen uzwisen, das hes v o r s t e z u d e m e neisten uzgeleiten dinge. W e n ein m a n enis nicht phlichtig, sine gewere zu r u m e n e , he enw e r d e d a r u m m e beclait u n d e vorgeladin. W i r t ieme d e n n e di gewere irteilt, u n d e wiset m a n en d a r in von gerichtis halbin, m a n e n m u s en nicht uzwisen ane mit u r teiln. C . L X X X I I I . Swas ein m a n eime m a n n e o d e r eime wibe gipt, das suln si besizzin dri t a ge. Swas si mit clage i r v o r d i r n o d e r uf si geerbit wirt, des e n d u r f i n si nicht besizzin. W e r ein g u t liet o d e r let eime a n d i r n , j a r u n d e t a g sal hes en geweren. Swer eigen o d i r v a r n d e h a b e v o r k o u f t , des sal he g e w e r sin, di wile he lebt. M a n sal a b e r im das gut in sine gewere lasin zu b e h a l d e n e u n d e zu vorlisene, di wile hes v o r s t e n sal. W e n n e he e n m a g d a n i c h t an g e s p r e c h e n , d e m is gegebn is, w e n n e eine gäbe. C . L X X X I V . Swer d e m a n d i r n gut geweldecliehen n i m t bis an iens tot, allis r e c h t h a t he v o r l o r n , d a s en an d e m e gute a n i r s t e r b i n m o c h t e n o c h iens t o d e . 7 o tit d e r m a n sinen h e r r e n , h e h a t v o r w o r c h t

4 herrin] herren H, fehlt Ο Horn. 8 widerredin] Widerreden H, wederreden O, wederspreken Horn. 9 das] da7. H, erste

O, deste Horn. 15 ane D H, men ne dot Ο, man ne du't Horn. 17 ein man D H, men Ο, man Horn. 28 wenne] wen H, mer O, den Horn.

31 vor vorlorn] an den gode O ,

an deme gude Horn., fehlt D, Ii. 33/34 Totit] Tötet H, Dodet O, Horn., in D nach Bildbuchstaben auf folio 53 verso 6 ergänzt.

seiner Boten zu d e m R i c h t e r s e n d e n , w o er sein R e c h t verloren h a t , d a m i t sie h ö r e n , ob m a n es ihnen mit Z e u g n i s beweisen k a n n ; u n d d a f ü r sollen sie d a n n Zeugen sein. W e r ein G u t einem a n d e r e n H e r r n gibt, u n d es ihm als Besitz ü b e r l ä ß t , obgleich er selbst kein Bes i t z r e c h t d a r a n h a t , und w i r d j e n e r von Seiten des G e richts eingewiesen, d e r j e n i g e , d e r d a s Besitzrecht h a t , d a r f d e r E i n w e i s u n g w i d e r s p r e c h e n u n d jenen ausweisen, w e n n er dies auf d e m n ä c h s t e n a n b e r a u m t e n D i n g vertritt. D e n n m a n ist nicht verpflichtet, seinen Besitz a u f z u g e b e n , w e n n m a n d e s h a l b n i c h t v e r k l a g t u n d vorgeladen ist. W i r d j e n e m d a n n d e r Besitz z u g e s p r o c h e n u n d weist m a n ihn von Seiten des G e r i c h t s ein, so d a r f m a n ihn n i c h t ausweisen, es sei d e n n k r a f t Urteils. Kapitel L X X X I I I . W a s m a n einem M a n n o d e r einer Frau gibt, d a s müssen sie drei T a g e besitzen. W a s sie a u f g r u n d einer Klage g e w o n n e n h a b e n o d e r w a s auf sie v e r e r b t w i r d , d a s b r a u c h e n sie n i c h t zu besitzen. W e r einem a n d e r e n ein G u t leiht o d e r a u f l ä ß t , d e r soll ihm d a f ü r J a h r u n d T a g G e w ä h r s c h a f t leisten. W e r G r u n d eigen o d e r F a h r h a b e v e r k a u f t , soll d a f ü r G e w ä h r s m a n n sein, solange er lebt. M a n soll ihm a b e r das G u t in seinem Besitz auflassen, es zu erstreiten o d e r zu verlieren, s o l a n g e er es v e r t r e t e n soll. D e n n d e r , d e m es gegeben w i r d , k a n n n u r ü b e r die U b e r g a b e aussagen. Kapitel L X X X I V . W e r einem a n d e r e n g e w a l t s a m G u t n i m m t bis z u dessen T o d h a t jedes R e c h t an diesem G u t v e r l o r e n , das ihm an diesem G u t n a c h dessen T o d zufallen k ö n n t e . T ö t e t ein M a n n seinen H e r r n , so h a t er v e r w i r k t . . .

Ergänzungsblätter

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aus der Dresdener

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Nimant sal sines herren gutes sinnen an einen oberen herren, he enhore er sins herren wort, ab hes gelasin habe oder dar an versumet. Enbekennet is der herre nicht, der man mane en vor sinen mannen mit orteilen, das he sin gut vorste binnen rechten tedingen, das is bin sechswochen, unde des sin gewere si. Weigert des der herre mit Unrechte, unde hat is der man gezug, he volge sime gute unde blibit is ane schaden, ab is si herre dar noch behelt. C.L. Nimt ein herre sime manne gut, oder weigert he im lenrechtes, odir enphellet he im der werschaft, alse he en geweren sal, das clage der man sime obersten herren vor sinen mannen. Der sal im mit orteiln gebiten, selbe odir sin bote, da das zwene sine man hören, das he rechte tu unde des gutes rechte gewere si. Entut hez nicht, so liez im der oberste herre unde si iz sin gewere, ab iz der man gezuget noch lenrechte. C.LI. Vert der herre uz deme lande bin des mannes jarczale, das he sin gut enphan sal, das enschadet deme manne nicht zu sime rechte. Swen aber der herre widerkumt, so get des mannes jarczale an. Siet aber der man den herren binnen der jarczale zu huse odir zu hove oder zu tedingen, noch des, das he widerkumen is, unde enphet he sin gut von im nicht, he vorsumet sich an sime gute.

I Nimant] De man ne O, nieman Horn. 8 nach des] to dunde Horn. 10 nach schaden] weder sinen herren Horn. II L aus LI nach Inhaltsverzeichnis verbessert. 18 gewere Horn., ghewere O, fehlt D. 21 LI aus LH nach Inhaltsverzeichnis verbessert. Lnr. 49 § 2 fehlt D O. 28 he] die herre Horn., fehlt O.

Niemand soll die Belehnung mit dem Gut seines Herrn beim Oberlehensherrn begehren, es sei denn, er höre vorher aus dem Mund seines Herrn, daß er es aufgelassen oder die Belehnungsfrist daran versäumt hat. Bekennt es der Herr nicht, so fordere ihn der Mann mit Urteil vor dem Mannengericht dazu auf, daß er für sein Gut innerhalb der rechten Frist, das ist innerhalb von sechs Wochen, einstehe und so sein Gewährsmann sei. Verweigert das der Herr zu Unrecht und hat der Mann Zeugen dafür, so verlange der Mann die Belehnung vom Oberlehensherrn und bleibt ohne Nachteil, wenn es (das Gut) sein Herr danach im Rechtsstreit erringt. Kapitel L. Nimmt ein Herr seinem Mann Lehengut weg oder verweigert er ihm die lehensherrlichen Pflichten oder entzieht er sich der Gewährschaft, wenn er eine solche vor Gericht leisten soll, dann klage der Mann vor dem Mannengericht des Oberlehensherrn. Dieser soll ihm (dem Herrn) mit Urteil gebieten selbst oder durch einen seiner Boten, so daß es zwei seiner Mannen hören - , daß er seinem Mann gegenüber die Lehenspflichten erfülle und für das Gut des Mannes rechte Gewährschaft leiste. Wenn er (der Herr) seiner Pflicht nicht nachkommt, so leihe ihm (dem Mann) der Oberherr das Gut und sei sein Gewährsmann, wenn der Mann (sein Recht) durch Zeugen beweist, wie es Lehenrecht ist. Kapitel LI. Fährt der Herr während der Lehensfrist des Mannes aus dem Lande, in welchem er sein Gut empfangen soll, so schadet das dem Mann an seinem Recht nicht. Wenn aber der Herr wiederkommt, dann beginnt die Belehnungsfrist des Mannes. Sieht aber der Mann den Herrn während der Belehnungsfrist zu Hause oder bei Hofe oder bei Gericht, nachdem der Herr zurückgekehrt ist, und empfängt er sein Gut nicht von ihm, so verliert er sein Gut.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

Bilderhandschrift

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D folio 73 verso

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Vert ouch der man uz deme lande bin siner jarczale, he enlenget di jarczale da mite nicht. Also alse der man sine jarczale lengit, ab he sins gutes sinnet unde des im der herre weigert zu Unrechte, also korzit si im der herre, ab he im das gut but. Behelt sich der herre, oder beslust he sich uf einer bürg, das der man zu im nicht kumen enmag, das enschadet deme manne nicht zu sime rechte, ab hes gezug hat, das he den herren suchte zu hove unde zu huse, da sin invart unde uzvart si, unde manschaft bote umme sin gut oder iz uzczoge noch rechte. Stirbit ein man über mer oder anderswo, swen sine kindere sinen tot erst ervreischen, da get an ire jarczale ir gut zu enphande. Stirbet eins mannes herre unwissenlich den mannen, swen si sinen tot erst irvreischen, da get an ir jarzcale ir gut zu enphande. C.LII. In rechter jarzcale mag der man alle gewette, di uf en irteilt sin ane sine keginwerte, enczagen uf den heiligen kegen den herren, der herre enbehalde si mit gezuge, alse hi vor geredet is. C.LIII. Spricht ein man gut an, des im der herre vorsacht, unde der man der gewere dar an darbit, he mus deme herren bürgen sezcen sins gewettes unde der manne buse, ab he si vorburt, er im der herre zu lenrechte bescheide; enhat he anders kein gut von deme herren wen das, das he ane gewere

Fährt aber der Mann innerhalb der Belehungsfrist außer Landes, dann verlängert er seine Belehnungsfrist damit nicht. Wie der Lehensmann seine Belehnungsfrist verlängert, wenn er die Belehnung begehrt und sie der Herr ihm zu Unrecht verweigert, ebenso verkürzt 1 sie ihm der Herr, wenn er ihm das Gut anbietet. Verbirgt sich der H e r r oder schließt er sich auf einer Burg ein, so daß der Mann nicht zu ihm kommen kann, so schadet das diesem nicht an seinem Recht, wenn er Zeugen dafür hat, daß er seinen Herrn bei Hof und Haus, wo seine Einfahrt und Ausfahrt ist, aufgesucht und die Mannschaft wegen eines Gutes angeboten oder sein Gut rechtmäßig wieder an sich gezogen habe. Stirbt ein Mann während eines Kreuzzuges 2 oder anderswo, so beginnt die Belehnungsfrist der Kinder, wenn sie von seinem T o d erfahren. Stirbt der Herr eines Mannes ohne Wissen seiner Lehensmannen, so beginnt ihre Belehnungsfrist zum Empfang ihres Gutes, sobald sie von seinem Tod erfahren. Kapitel LH. Innerhalb rechtmäßiger Jahresfrist kann der Mann gegen alle Gewette, die ihm in seiner Abwesenheit auferlegt worden sind, Widerspruch gegen seinen Herrn durch Eid auf die Reliquien erheben, es sei denn, daß der Herr sie (die Strafen) durch Zeugenbeweis im Rechtsstreit erringt, wie schon zuvor gesagt ist. Kapitel LIII. Beansprucht der Mann ein Gut zu Lehen, das ihm der H e r r ableugnet und an dem er keinen Besitz hat, so muß er dem Herrn Bürgen stellen für das Gewette und für die Bußansprüche der Mannen, falls er solche verwirkt hat, bevor ihm der H e r r einen Tag vor dem Lehengericht ansetzt, sofern er kein anderes Gut von dem Herrn zu Lehen hat als dasjenige, das er, ohne es zu besitzen,

6 Behelt] H u t Ο Horn. 16/19 Stirbet - enphande fehlt O. 18 tot] dot Horn. 19 LII nach Inhaltsverzeichnis ergänzt. 25 vorsacht] besect Q, bekant Horn.

1 kürzen, md. korzen sw.V. 'kürzen, verkürzen'; 2 über mer 'auf See', zu mer st. N. 'Meer', hier 'im gelobten Land, beim Kreuzzug'.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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IV. anspricht. Swo aber he di gewere an hat, sin gewere sal sin bürge sin, ab he si behelt kegen dem herren mit gezuge. 5

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C . L I V . Liet der herre sins mannes gut einen anderen, unde ab hes sin gewere is mit vingere unde mit zungen, durch das ensal iener der ersten lenis gewere nicht darben, der herre enmuge das gezugen, das he im di gewere mit lenrechte vorteilt unde gebrochen habe. D e r herre enmag nimande gut gelien unde en des geweren, he enhabe is selbe in geweren. C . L V . Swen der herre sinen schilt mit manschaft nidert, alle siner manne len hat he vorlorn, das sin eigen nicht enis, unde di man suln ir gut von dem obirsten herren enphan, oder he sal si wisen an ires herren genoz. Dasselbe tu der man, ab sin herre sin gut nidert unde von eime anderen herren enphet, denne hes e hatte. Doch enis des mannes herschilt nicht genidert da mite, ab he sins genosin man wirt unde san gut von im enphet durch totslag, das di manschaft nicht geerbit werde. C . L V I . Wirt einen manne gut geligen uf sine truwe, das hes wider uflase, swen is sin herre lose zu bescheidener zeit, das gut mag der herre losen, ab he wil, unde mag is lasin. Stirbit ouch der man ane lenerben, das gut wirt dem herren ledig unde der herre enis nicht phlichtig zu gebene iens erben di losunge des gutes. Derne dis gut alsus geiigen wirt uf sine

14 enis] nis O , n'is Horn., ens is D.

O, nederen Horn.

18 anderen] andren

29 herren Ο Horn., fehlt D.

beansprucht. Wenn er aber den Besitz daran hat, so soll der Besitz sein Bürge sein, wenn er ihn gegenüber dem Herrn durch Zeugen beweist. Kapitel LIV. Leiht der H e r r das Gut seines Mannes einem anderen, auch wenn er mit Finger und Zunge hierfür dessen Gewährsmann ist, so soll deswegen jener den früheren Lehenbesitz nicht verlieren, es sei denn, der H e r r kann durch Zeugen beweisen, daß er ihm den Besitz durch das Lehengericht abgesprochen und entzogen habe. D e r Herr kann niemandem ein Gut leihen und ihm dafür Gewährschaft leisten, wenn er es nicht selbst in Besitz hat. Kapitel LV. Wenn der Herr seinen Schild durch (unstandesgemäße) Mannschaft erniedrigt, so hat er alle Lehen seiner Mannen verloren, die nicht sein Eigentum sind, und seine Mannen sollen dann ihr Gut vom Oberlehensherrn empfangen, oder dieser soll sie an einen Standesgenossen ihres (bisherigen) Herrn verweisen. Dasselbe tue der Mann, wenn sein H e r r sein Gut erniedrigt, indem er es von einem niedriger stehenden Mann empfängt, als er es bisher hatte. Jedoch wird der Heerschild des Mannes nicht dadurch erniedrigt, daß er wegen Totschlags (zur Sühne) Lehensmann seines Standesgenossen wird und sein Gut von diesem zu Lehen empfängt, wenn nur die Mannschaft nicht vererbt wird. Kapitel LVI. Wird einem Mann Lehengut auf sein Treuwort geliehen, daß er es wieder auflasse, wenn es sein H e r r von ihm zu bestimmter Zeit auslöst, so kann der H e r r dieses Gut auslösen, wenn er will, oder er kann es unterlassen. Stirbt der Mann ohne Lehenerben, so wird dem Herrn das Gut ledig, und der Herr ist nicht verpflichtet, dem Erben das Lösegeld 1 für das Gut zu geben. Wenn derjenige, dem dieses Gut auf Treuwort geliehen ist,

1 losunge st. F. 'Lösegeld, Auslösung durch Geld'.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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D folio 74 verso

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truwe, wil he sine truwe brechen unde loukenen, das hes icht lasin sulle, da mus he wol sin unschult vor tun, man enmuges en Vorzügen, das hes bin lenrechte gelobit habe. 5

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Alle schuldegunge, di an gewette get unde bin lenrechte geschit, mag der herre di gezugen uf den man mit zcwen sinen mannen, di behelt der herre. D a abir der man sin len mite vorliesin mag, das muz der herre selp sibende gezugen siner manne. Gut, das deme manne geiigen wirt uf sine truwe, da mag he lenrecht mite tun sime manne unde erbit is uf sine sune, unde di endorfen is nicht uflasen deme herren umme losunge, si enhaben is selbe gelobet. D e r man enis nicht phlichtig, sins herren gelubde zu leistene noch das kint sines vatir, umme sin gut zu lasene. Gut mag der herre sezzcen ane manschaft eime manne. Das stet uffe des herren truwe, ab hes dem manne stete laze; wil hes abir im brechen mit siner unschult, das muz he wol tun, der man enmuge in des vorzcugen, das hez im vor gerichte saczte. Swas aber der herre menlicheme liet, das stet uf des mannes truwe, weder hes laze oder tu noch sime gelubde, der herre enmuge in vorzeugen, das hes bin lenrechte gelobete. Derne alsus gut geligen wirt, he enis is nicht phlichtig, das gut uf zu lasene umme losunge des herren deme sune noch manne, an den das gebort noch sins herren tode, he

1 wil - truwe] wel he sine trüwe Horn., fehlt O; loukenen] besaken Ο Horn. 8 di - herre fehlt Horn. 10 Horn. Lnr. 55 § 3 fehlt D O. 13 di] die Horn., fehlt O. 18 ane D O, sunder Horn. 19 eime manne] enen manne Horn., fehlt D O. 20 ab] of Ο, dat Horn. 29 das gut] dat gut Horn., fehlt D O. 30 manne D O, niemanne Horn.

389 dieses Treuwort brechen oder leugnen will, daß er es nämlich wieder auflassen soll, so muß er seinen Unschuldseid darauf leisten, wenn man nicht durch Zeugen den Beweis erbringen kann, daß er es (das Versprechen) vor dem Lehengericht gegeben hat. Jede Beschuldigung, auf die ein Gewette steht und die im Lehengericht erfolgt, kann der Herr gegen seinen Mann durch das Zeugnis von zwei seiner Mannen beweisen; dieses gewinnt der Herr. Wenn aber der Mann dadurch sein Lehen verlieren kann, so muß der Herr den Zeugenbeweis selbsiebt mit seinen Mannen erbringen. Lehengut, das einem Mann auf sein Treuwort geliehen wird, kann er nach Lehenrecht seinen Mannen weiterverleihen. E r vererbt es auch auf seine Söhne, und diese brauchen dem Herrn nicht das Lösegeld zurückzugeben, wenn sie es nicht selbst versprochen haben. D e r Mann ist nicht verpflichtet, das Versprechen seines Herrn, sein Gut zurückzugeben, zu erfüllen, noch das Kind, ein solches seines Vaters zu erfüllen. Ein Gut kann der Herr einem Mann ohne Mannschaftsdienst verpfänden. Es steht dann in der Treue des Herrn, ob er es dem Mann wirklich beläßt. Will er ihm das Gut durch einen Unschuldseid wieder nehmen, so darf er das tun, es sei denn, daß der Mann durch Zeugen beweisen kann, daß es ihm der Herr vor Gericht verpfändet habe. Wenn aber der H e r r etwas mit Mannschaftsdienst verleiht, dann steht es in der Treue des Mannes, ob er es nach seinem Versprechen zurückgibt oder nicht, es sei denn, der Herr kann durch Zeugen beweisen, daß er sein Versprechen im Lehengericht gegeben hat. Wem in dieser Weise ein Gut geliehen wird, der ist nicht verpflichtet, das Gut gegen Lösegeld dem Sohn des Herrn noch sonst jemandem, dem es nach dem T o d des Herrn gebührt, zurückzugeben, es sei denn, er

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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enhabe iz im gelobit zu lazene. Swer so saget, das im gut zu sazzunge geligen si, der saget Unrechte, wen sazzcunge enmag nimant gelien. Sal man gut sezcen, so das is helfinde si, das muz gesehen vor des landes richtere, so das man des di dingphlichtigen zu gezuge habe. Sal aber lenunge gesehen, di sal gesehen vor des herren mannen, an den man des gezug habe. Geligene sazezunge enis nen len noch sazzunge. Swas der herre menlicheme liet, das is recht len odir erbelen odir burglen oder gedinge an eins benanten mannes gute, swas so deme herren ledig werde. C.LVII. Ouch mag der man gut enphan mit einer vrouwen, so das he si an deme gute vorste, unde volge da mite an einen anderen herren, ab ir herre sterbe, das ir der volge nicht enzuste, wen si des herschildes darbit. D e r man hat den herschilt unde di gewere von der vrouwen halp an deme gute. Durch das hat he di volge daran. Stirbit abir di vrouwe, von der halben he di gewere hat in deme gute, sin liunge hat ende, di he zu vormundeschaft enphing, im ensi recht len odir gedinge dar an geiigen. Swer me lenunge saget an gute, das man menlicheme liet, den hi vor gesaget is, der saget Unrechte, is si herre odir man. Lest ouch di vrouwe ir gut uf odir wirt iz ir mit lenrechte vorteilt, iener enhat

habe versprochen, es ihm zurückzugeben. Wer sagt, daß ihm ein Gut 'als Pfand verliehen' sei, der drückt sich falsch aus, denn Verpfändung ist nicht Belehnung. Soll man ein Gut verpfänden, so daß es rechtsgültig 1 ist, so muß dies vor den Mannen des Herrn geschehen, damit man Zeugen dafür hat. Soll es aber eine Belehnung sein, so soll diese vor den Mannen des Herrn vorgenommen werden, die man dann als Zeugen hat. 'Geliehenes Pfandrecht' ist weder Lehen noch Verpfändung. Was der H e r r mit Mannschaft verleiht, das ist entweder ein rechtes Lehen oder ein Erblehen oder ein Burglehen oder eine Anwartschaft am Gut eines bestimmten Mannes, sobald eines dem Herrn frei wird. Kapitel LVII. Auch kann der Mann ein Gut mit einer Frau empfangen, so daß er sie an dem Gut vertrete und auch Lehenserneuerung von einem neuen Herrn verlangen, wenn der H e r r stirbt, denn ihr fehlt das Folgerecht, weil sie keinen Heerschild hat. D e r Mann hat den Heerschild und für die Frau den Besitz an dem Lehengut. Deswegen hat er daran das Recht auf Lehenserneuerung. Stirbt aber die Frau, für welche er den Besitz an dem Gut hat, so ist sein Lehenrecht beendet, das er zur Vormundschaft empfing, wenn ihm das Gut nicht selbst als rechtes Lehen oder zu Anwartschaft verliehen wurde. W e r behauptet, es gebe an einem mit Mannschaft geliehenen Gut noch mehr Belehnungsarten als die, die vorher angesprochen sind, der hat Unrecht, er sei Herr oder Mann. Läßt eine Frau ihr Gut auf oder wird es ihr im Lehengericht abgesprochen, so hat jener, der es mit ihr empfing, kein Recht mehr daran.

da nicht recht an, der iz mit ir enphing.

9 enis - sazzunge] dat nis weder len noch sattunghe O, dat n'is weder len noch sattunge Horn., fehlt D. 12 nach gute] oder wardunge an enes unbenümeden mannes gude Horn., fehlt D O. 15 gute] gode O, gude Horn., fehlt D. 18 darbit] daruet O, nicht ne hevet Horn. 21 hat] heuet O, hevet Horn., fehlt D. 31 recht fehlt D Ο Horn., vgl Horn. Lnr. 56 § 4 Anm. 14.

1 so daz iz helfende si 'hilfreich sein', hier 'rechtsgültig sein' (vgl. Homeyer, Glossar, S. 440).

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Ergänzungsblätter aus der Dresdener

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Lest abir hez, odir wirt iz im vorteilt mit lenrechte, si enverluset da mite nicht, wen si in den geweren siezt. Lien enmac he ouch nicht dar an wider der vrouwen willen, ane das en vorligen ankumt unde da he mit lenrechte zu getwungen wirt. Swas dar ledig an wirt, das is der vrouwen ledig unde nicht dem herren noch dem manne, der das mit ir enphing. C.LVIII. Gedinge an vorligeneme gute mag he wol vorlien mit der vrouwen willen, unde swas dar ledig an wirt, durch das si beide ein vol lenrecht haben mit gesamenter hant an deme gute enphangen. He hat di liunge unde den herschilt, si hat di selbe liunge unde di gewere. Liet ein herre wibe oder manne gedinge an eins mannes gute, stirbit iener dar noch, der iz in geweren hat, di gewer des gutes is irstorben uffe den, dem das gedinge dar an geiigen was. Er was is sin len undir gedinge unde under dem bescheide, ab der man ane lenerben stürbe. Der is in geweren hatte, da he starp, da was is sin len ane gedinge. Das hes den herren inre, ab hes nicht enbekennet, bin siner rechten jarczale, mit zeweier manne gezuge, di di liunge sagen unde horten, da hes im ane gewere leich. Swen der stirbit ane erben, der das gut in geweren hat, der herre mus is sich wol underwinden, ab hes sich nicht vorsumet, das he das gedinge dar an iemande geiigen habe.

6 Swas - wirt] Svat dar ledich an wert Horn., fehlt D O. 12 lenrecht D Horn., recht O. 23 ane D O, sunder Horn. 26 ane] wie 23. 27 erben] eruen O, lenerven Horn. 30 vorsumet] uorsint O, versint Horn.

Läßt er es aber auf oder wird es ihm im Lehengericht abgesprochen, so verliert sie damit nichts, weil sie (das Gut) in Besitz hat. Weiterverleihen kann er es nicht ohne Einwilligung der Frau, ausgenommen wenn ihnen ein verliehenes Gut wieder anfällt oder wenn er durch das Lehengericht gezwungen wird. Was davon frei wird, das ist der Frau frei und nicht dem Herrn oder dem Mann, der es mit ihr empfing. Kapitel LVIII. Eine Anwartschaft an verliehenem Gut kann er wohl mit Einwilligung der Frau verleihen, und ebenso, was davon ledig wird, weil sie beide ein volles, mit gesamter Hand empfangenes Lehenrecht an dem Gut haben. Er hat das Lehenrecht und den Heerschild, sie hat dasselbe Lehenrecht und den Besitz. Verleiht ein Herr einer Frau oder einem Mann eine Anwartschaft am Gut eines Mannes und stirbt danach jener, der es in Besitz hat, so fällt der Besitz des Gutes dem zu, dem die Anwartschaft geliehen war. Zuerst war es sein Anwartslehen unter der Bedingung 1 , daß der ohne Lehenserben stirbt, der es in Besitz hatte. Als dieser starb, wurde es sein Lehen ohne Anwartschaft. Wenn dies der H e r r nicht anerkennt, so soll ihn der Mann innerhalb seiner rechten Jahresfrist durch das Zeugnis zweier Mannen überführen, die die Belehnung sahen und hörten, als er (der Herr) es (das Gut) ohne Besitz verlieh. Wenn derjenige ohne Lehenerben stirbt, der das Lehengut in Besitz hat, so darf sich der H e r r des Gutes bemächtigen, wenn er sich dessen nicht bewußt ist, daß er die Anwartschaft daran verliehen hat.

1 Bescheide st. F. 'Bedingung, Bestimmung',

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Bemächtigt sich ferner jener des Gutes, dem ein Warterecht 1 oder eine Anwartschaft daran geliehen ist, bevor es der Herr tut, so begeht er kein Unrecht, wenn er nur das Gut sofort vertritt und sein Recht daran gegenüber dem Herrn wahrnimmt, wenn dieser ihn darum beschuldigt oder vor Gericht lädt. Denn wie er (der Mann) seine Lehensfrist durch das Lehensbegehren verlängert 2 , so verkürzt sie ihm der Herr, wenn er ihm das Recht (auf das Lehengut) anbietet. Stirbt ein Herr oder läßt er das Anwartschaftsgut seines Mannes innerhalb der Belehnungsfrist auf, nachdem es dem Mann bereits angefallen ist und dieser wegen der Belehnung den Erinnerungsbeweis führen soll, so verlange er die Lehenserneuerung für sein Gut nicht als Anwartschaft, sondern als rechtes Lehen, wenn er an den Herrn mit Recht verwiesen wird. Gegenüber dem ersten Herrn soll er sich aber erbieten, das Gut mit Zeugenbeweis gerichtlich zu erringen. Widerspricht dieser dem zu Unrecht, so hat er (der Mann) das Gut mit Recht errungen, da ihm das Recht darauf verweigert wird, und hat daran (bei Herrenwechsel) das Recht auf Lehenserneuerung. War es aber aufgelassen zu Lebzeiten dessen, der es in Besitz hatte, und war er redlich und recht an jenen verwiesen, dem es der Herr verlieh, oder hatte er es von ihm empfangen, so ist die ganze Anwartschaft unwirksam3, die der erste Herr an dem Gut verliehen hatte. Kapitel LIX. Ein Kind kann einem Kind Lehengut leihen, solange sie beide noch binnen ihren Jahren sind, und ebenso das Angefälle, wenn es dem Kind vorher selbst geliehen worden ist. An Angefälle besteht aber kein Recht auf Lehenserneuerung, wenn der Herr stirbt, der es geliehen hat. Von seinem Mann nimmt der Herr das Angefälle ebenso wie von seinem eigenen Gut,

Undirwint es sich ouch iener, dem eine wartunge oder ein gedinge dar an geiigen is, er den der herre, he enmissetut nicht, das hez zu hant vorste unde sin recht dar an berede kegin sinen herren, swen he en dar umme beschuldiget odir dar umme betedinget. Keiner jarzcale ensal he damite beiten, wen alse he sine jarzcale mit sinnende lenget, also kurzcet si der herre, ab he im da von recht buit. Stirbit ein herre odir lest he uf sins mannes gut bin der jarzcale, alse iz den man anirstorben is unde he den herren der liunge inren sal, he volge sime gute nicht vor ein gedinge mer vor ein recht len, alse he an en gewist mit rechte wirt. Dem ersten herren sal aber he biten, das gut zu behaldene mit gezuge. Widerspricht hes mit Unrechte, so behelt he das gut mit rechte, da im rechtes ab geweigert is, unde hat da rechte volge an. Was is aber gelasin bi ienis libe, der is in geweren hatte, unde was he redelich unde rechte an ienen gewist, dem is der herre lest, odir hatte hes von im enphangen, so is alle gedinge gebrochen, das der erste herre geligen hatte in deme gute. C . L I X . Kint mag kinde gut lien, di wile si beide binnen iren jaren sin, unde anegevelle, ab iz im selbir erst geiigen is. In deme anegevelle enis aber keine volge, ab der herre stirbit, der is geiigen hat. Von sime manne nimt der herre anegevelle, alse in sines selbes gute,

3 das] erste O, deste Horn. 30 vor manne] mannes

Horn.

6 odir - betedinget] fehlt

O.

1 wartunge

st. F. 'Erwartung, Anwartschaft',

hier 'Warte-

recht'; 2 lengen sw. V. 'verlängern, aufschieben'; chenez gedinge 'unwirksame Anwartschaft'.

3

gebro-

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Ergänzungsblätter aus der Dresdener



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Bilderhandschrift

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D folio 76 verso

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D folio 76 verso

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di wile di kindere beide bin iren jaren sin. Swer so gut liet zu vluchtsale, he mus dar umme wetten sime herren, he enunschuldege sich is noch rechte, unde muz bin sechs wochen di liunge brechen ieme mit rechte, odir man teilt im sin gut. C.LX. Vluchtsale heizt, swas der man liet an zcwivele sins libes, an suche, odir als hez lant rumen wil, unde ab he geniset oder widerkumt, das hez gut widerhaben wil. Swer sus gut liet, he liet is wider gote unde wider recht unde wider sinen truwen, wen he sime herren phlichtig is, holt unde getruwe zu wesene. He enliet nicht, das sin is, he liet das sinis herren is odir eins anderen noch sime tode, wen hes bi sime übe nicht enpern enwil. Vordingt aber ein man, gut zu lasene eime anderen, der is von im nicht enwil nemen, lest hez im denne in sine gewere, unde liet hez gut sinen luten noch iens willen, daz si iz halden in liunge, ieme mite zu sterkene sine Unrechten gewere. Schuldiget en denne sin herre dar umme vor sinen mannen, das hes also geiigen habe, unde bekennet hes, he hat das gut vorlorn, das he uz siner gewere hat gelasen ieme, der da keine liunge an enhat. Dis is also, ab hes gutes gezogen hette an einen herren vor sime herren unde vor sinen mannen. Wirt aber he durch das beclagit noch lenrechte dries in sine keginwerte, man vorteilt im das gut. H e en-

18 nach nemen] noch it ime sin herre nicht lien ne wel Horn.,

fehlt D O.

397 solange die Kinder beide noch binnen ihren Jahren sind. Wer ein Gut zu 'Fluchtsal' 1 weiterverleiht, der muß deswegen seinem Herrn Gewette zahlen, wenn er sich nicht durch einen Eid entlasten kann, und er muß innerhalb von sechs Wochen diese Belehnung vor Gericht zurücknehmen, oder man spricht ihm das Gut ab. Kapitel LX. 'Fluchtsal' bedeutet, daß ein Mann etwas verleiht, weil er nach einer Krankheit am Leben verzweifelt oder weil er das Land verlassen 2 und das Gut wiederhaben will, wenn er gesund wird oder zurückkommt. Wer auf diese Weise Lehengut verleiht, der verleiht es gegen Gott und gegen das Recht und gegen seine Treupflicht, denn er ist verpflichtet, seinem Herrn getreu und ergeben zu sein. Er verleiht nicht, was ihm zusteht, sondern er verleiht, was seinem Herrn oder einem anderen nach seinem Tod zusteht, weil er es selbst zu seinen Lebzeiten nicht entbehren will. Verspricht aber ein Mann, sein Gut einem anderen zu überlassen, der es von ihm jedoch nicht zu Lehen nehmen will, und überläßt er es diesem dann in seinem Besitz und leiht das Gut nach dessen Willen dessen Leuten, damit sie es im Lehensverhältnis behalten, um seinen Unrechten Besitz noch zu festigen, und beschuldigt ihn dann deswegen der Lehensherr vor seinen Mannen, weil dieser eine solche Belehnung vorgenommen hat, und gibt dieser es zu, so hat er das Gut verloren, dessen Besitz er jenem überlassen hat, und ihm steht daran kein Lehenrecht zu. Es verhält sich damit genauso, als wenn er sich wegen des Gutes vor seinem Herrn und vor seinen Mannen auf einen anderen Herrn berufen hätte. Wird er aber deswegen in seiner Gegenwart dreimal vor dem Lehengericht verklagt, so spricht man ihm das Gut ab. Wenn er

1 vluchtsal st. F. 'betrügerische Übergabe eines Gutes an einen anderen zum Nachteil der Gläubiger'; 2 rümen sw. V. 'etwas verlassen, räumen'.

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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IV.

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zcies bin sechs wochen uz unde phlege da rechtes ab, man vorteilt im alle ansprache dar an, durch das he der gewer darbit noch si nimant zu lene von im enhat. Den das gut ouch alsus geiigen iz, di enhaben daran keine volge, wen si der gewer darben noch si nimant von en zu lene enhat. C . L X I . Alle len ane gewere darben der volge, unde alle gewere ane liunge is unrecht. Si enhabe ein man beide, so sin si beide unrecht. C . L X I I . Spricht aber der man, deme das gut geiigen is, di gewere an, der muz si gezugen mit der meisten menie der ummesessin kegin den obirsten herren nach diser schuldigunge, swen irme herrin sin recht gebrochen is. Loukent is der man, der das gut alsus hat geiigen, des mus he sich unschuldigen uf den heiligen unde mus bin sechs wochen sine man noch lenrechte twingen, das sis gut wider an ir gewer nemen, unde ieme sine gewer brechen mit minne odir mit rechte, der dar an liunge hat. Entut hes nicht binnen rechten tedingen, im enhilft di unschult nicht, di he tet, man envorteile im das gut, is enirre im Unrechte gewalt unde he di beclage noch rechte. C . L X I I I . Swer in Unrechter gewere sizt ane liunge, wil he si behalden da mite, das he saget, das gut si sin zinsgut, unde ab is ouch iener bekennet, an den he is zuit, so wisse man das, das bürge noch stete noch gerichte noch dinst über manne gut nimant mag zu zinse getun,

4 gut fehlt O. 17 Loukent] Versect O, Besäet Horn. 29 ane D O, sunder Horn. 30 das he saget] dat he seget Horn., fehlt D O.

es dann innerhalb von sechs Wochen nicht wieder an sich zieht und die dazu erforderlichen Rechtspflichten erfüllt, so spricht man ihm alle Ansprüche daran ab, weil er den Besitz daran nicht hat und diesen niemand von ihm zu Lehen hat. Diejenigen, denen dieses Gut geliehen ist, haben kein Recht auf Lehenserneuerung, weil sie keinen Besitz daran haben und diesen niemand von ihnen zu Lehen hat. Kapitel L X I . Jedem Lehen ohne Besitz fehlt das Recht auf Lehenserneuerung, und jeder Besitz ohne Belehnung ist Unrecht. Wenn ein Mann nicht beides hat, si ist beides Unrecht. Kapitel L X I I . Behauptet aber der Mann, dem das Gut geliehen ist, den Besitz daran zu haben, so müß er dies vor dem Oberlehensherrn durch das Mehrheitszeugnis der Nachbarn des Gutes nachweisen, und zwar nach der Anschuldigung, wenn seinem Herrn sein Recht abgesprochen ist. Leugnet der Mann (die Anschuldigung), der das Gut in dieser Weise weiterverliehen hat, so muß er sich durch Eid auf die Reliquien entschuldigen, und er muß innerhalb von sechs Wochen seine Mannen durch das Lehengericht zwingen, daß sie jenem, der es (ohne) Belehnung hat, in Güte oder vor Gericht den Besitz abnehmen. Kommt er dem nicht innerhalb der rechtmäßigen Frist nach, so nutzt ihm sein Unschuldseid nichts, den er geleistet hat, und man spricht ihm das Lehengut ab, es sei denn, daß ihn Unrechte Gewalt gehindert hat und er dagegen vor Gericht Klage erhebt. Kapitel LXIII. Wer Unrechten Besitz ohne Belehnung hat und diesen gerichtlich erringen will, indem er behauptet, das Gut sei sein Zinsgut, und wenn es auch jener bestätigt, auf den er sich beruft, so wisse man, daß niemand weder Burgen noch Städte noch Gericht noch Dienst, der auf Mannes Dienst ruht, gegen Zins ausleihen kann,

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Ergänzungsblätter

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aus der Dresdener

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nemelichen sime genosen oder manne boben sich, so das sin herre dulden dürfe noch di lute noch di man, über di das gerichte oder dinst get. Mulen aber unde munzcen unde allirhande zcolle, hove unde gut zu zinse usgetan oder zu phlege enmuz andirweide nimant zu zinse tun, so man das durch recht liden dürfe. C . L X I V . Swer zcinsgut redelich wil haben, der sal is selbe erbeiten oder sine knechte, di he beköstiget mit spise unde mit lone. T u t hez andirweide luten zcu zinse odir zcu phlege, so is he selbe ein unrecht zcinsman in deme gute. C . L X V . Len ane gerichte enmuz kein phaffe noch wip noch echtelos man habe». Iz enmuz ouch nimant richten, er hes gerichte enphangen habe. Swen hez aber eins enphet, stirbit sin herre, odir lest hes uf, he muz wol richten binnen siner jarzcale, das hes gerichte enphan sal andirweide. C . L X V I . Nimant enmag sime herren gut mit der gewer enphuren, des ammechtman he is, ab hez im zu lene saget, wen im sin herre alle sin gut in sine gewere bevolen hat. Liet im aber der herre gut, des he im sider nicht bekennet, das mus he gezugen, alse iener, der der gewere darbit, mit den, di iz sagen unde horten, unde enmag deme gute nicht gevolgen an einen anderen herren, noch erben an sinen sun binnen ammechte. C . L X V I I . Swelch gut dem manne ane manschaft geiigen wirt, das enheist kein

vor allem nicht seinen Standesgenossen oder seinen standeshöheren Mann, so daß es weder sein Herr von ihm dulden müsse noch die Leute und Mannen, die dem Gericht oder der Dienstpflicht unterstehen. Eine Mühle, eine Münze, allerhand Zoll, eine Hufe und sonstiges Gut, das gegen Zins oder andere Leistungen ausgeliehen ist, darf niemand gegen Zins nochmals austun, so daß man es von Rechts wegen dulden müßte. Kapitel L X I V . W e r Zinsgut rechtmäßig haben will, der soll es selbst bearbeiten oder durch seine Knechte bearbeiten lassen, die er mit Speise und Lohn unterhält. Leiht er es anderen Leuten gegen Zins oder Leistung, so ist er selbst ein Unrechter Zinsmann des Gutes. Kapitel L X V . Ein Gerichtslehen darf weder ein Pfaffe noch eine Frau noch ein Rechtloser haben. Es darf auch niemand Gericht halten, bevor er das Gerichtslehen empfangen hat. Wenn er es aber einmal empfangen hat und stirbt dann sein H e r r oder läßt er (das Gut) auf, so darf er Gericht halten während seiner Belehnungsfrist, innerhalb der er das Gerichtslehen erneut empfangen soll. Kapitel L X V I . Niemand kann seinem Herrn ein Gut, dessen Verwalter 1 er ist, aufgrund seines Besitzes entziehen, indem er ein Lehenrecht daran behauptet, denn sein Herr hat ihm den Besitz all seines Gutes anvertraut 2 . Verleiht ihm aber der Herr ein Gut, das er ihm danach nicht anerkennt, so muß es der Mann beweisen wie jener, der keinen Besitz hat, mit denen (als Zeugen), die es sahen und hörten, und er kann von einem neuen Herrn keine Wiederbelehnung mit dem Gut verlangen, noch kann er es auf seinen Sohn vererben, solange das Verwalteramt dauert. Kapitel L X V I I . Ein Gut, das einem Mann ohne Lehenspflicht geliehen wird, bezeichnet man nicht als

15/76 haben] hebben Ο Horn., habe D. hren D.

1 ammechtman st. M. 'Amtmann, Verwalter'; st. V. (md.) 'anempfehlen, anvertrauen'.

29 herren Ο Horn.,

2

bevelen

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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recht len, alse gut, das der herre sime dinstmanne liet ane manschaft zu hoverechte. Da sal he hoverechtis ab phlegen unde nicht lenrechtis. Noch hoverechte sal iclich dinstman geboren sin trucsesse odir schenke odir kemerer odir marschalg. Durch di manchvaldin zcweiunge des rechtis so ensprichit man von irme rechte nicht vorbas, wen undir iclicheme bischove unde epte unde eptischinen sagen in di dinstman sundirlich recht zu. C.LXVIII. Der man sal icliches gutes mit manschaft sinnen, alleine si he des herren man. Manschaft muz der man uf den heiligen wol behalden, der im der herre besacht. H e muz aber selbe di heiligen gewinnen. C.LXIX. Umme icliche schult mus der herre sime manne zu lenrechte wol tedingen, ab di schult gewettis wert is. Vor mittage unde buzen gebundenen tagen unde in allen steten muz der herre wol sins tedinges beginnen, ane in kirchen unde in kirchoven. Alse der herre tedinges beginnen wil, so vrage he sinen man, das iz zcwene siner manne odir me anhören, ab he eime sime manne zu lenrechte tedingen muze urarae sine schuldegunge. Swen das urteil gevunden wirt unde gevolget, so sal im der herre tedingen von deme seibin tage mit orteilin odir von den nesten sechs tagen über vierzcen nacht in ein benant dorf unde in eine benante worte, di des herren ledig odir vorliegin sie.

8 man] ik Ο Horn. 15 heiligen] hilighen O, hilgen Horn., fehlt D. 21 ane fehlt O.

'rechtes Lehen', ebenso nicht das Gut, das der H e r r seinem Dienstmann ohne Mannschaftspflicht zu H o f recht verleiht. Davon soll er Hofrechtspflichten, aber nicht Lehenrechtspflichten erfüllen. Nach Hofrecht soll jeder Dienstmann von seiner Geburt her Truchseß, Schenk, Marschall oder Kämmerer sein. Wegen der mannigfaltigen Verschiedenheiten des Dienstrechts spricht man nicht weiter vom Recht (der Dienstleute), denn unter jedem Bischof, jedem Abt und jeder Äbtissin beanspruchen die Dienstleute für sich ein besonderes Recht. Kapitel LXVIII. Der Mann soll jedes Gut mit Lehenspflicht zu Lehen begehren, obwohl er schon des Herrn Mann ist. Die Mannschaft muß sich der Mann durch Eid auf die Reliquien gerichtlich anerkennen lassen, wenn sie ihm der H e r r bestreitet. Er muß aber selbst die Reliquien herbeischaffen. Kapitel LXIX. Der Herr darf seinen Mann wegen jeder Schuld vor das Lehengericht laden, wenn die Schuld ein Gewette wert ist. Der H e r r darf das Gericht vor Mittag und außerhalb der gebundenen Tage beginnen, und er kann es an allen Orten halten außer in Kirchen und auf Kirchhöfen. Wenn der Herr den Gerichtstag eröffnen will, so frage er einen seiner Mannen, so daß es zwei andere oder mehr hören, ob er seinen Mann wegen der Beschuldigung vor das Lehengericht laden darf. Wenn dann das Urteil gefunden und beschlossen 1 ist, so soll der H e r r den Beschuldigten durch Urteil laden, innerhalb von vierzehn Nächten, von demselben Tag an oder sechs Tage danach gerechnet, in einem bestimmten Dorf oder Hof zu erscheinen, der dem Herrn ledig oder geliehen ist.

1 gevolgen sw.V. 'Folge leisten, nachfolgen'.

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Ergänzungsblätter

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Vraget der man den herren, wo das dorf lige, da he im hat getedinget, he sal in des berichten, wen vil dorf haben einen namen, di doch verre enzcwei ligen. H a t der man 5 des riches gut von eime herren, he sal im tedingen 5a des riches gut. Hat aber he sin eigen zu lene, he sal im tedingen uf eigen. H a t aber he gut von me herren, das len is des herren, alleine si is wol eigen, der herre mus im wol tedingen uf iclich sin rechte len. Swen der herre 10 sime manne sus tedinget, he muz wol sinen mannen, di da zu keginwerte sin, mit urteilen gebiten, daz si zu sime lenrechte kumen. Swelch irre nicht enkumt, den teilt man wettehaft dem herren, is enirre en echt not, das 15 he nicht kumen enmuge. Der man enwirt nicht wettehaft, ab he vor mittage in das lenrecht kumt, alleine si iz vor begriffen. D e r herre gewint gewette uf den man, deme da getedinget is mit ortei20 len in sine keginwerte, ab he zu me tage nicht enkumt, is enirre en echt not, unde sins gewettes sal der herre uf des mannes gut sen, das he von im hat. D e r zinsgelde ensal vor sinen herren kein phant liden, 25 wen vor also vil geldis, alse deme herren alle jar geben sal, unde ab hes noch under im hat.

2 in] ene O, den man Horn.

uf

5/5a von - gut ] van mer heren,

he sal eme deghedinghen uppes rikes god Ο, von'me herren,

he sal ime degedingen up des rikes gut Horn., fehlt D. 13 teilt] delt O, vint Horn. 14 enirre] ne erre O, ne neme Horn. 21 enirre] wie 14. 26 alle - sal] iarlikes gheuen sal O , jarlikes to geldene Horn.

Fragt der Mann den Herrn, wo das D o r f liege, in das er ihn geladen hat, so muß es ihm der Herr mitteilen, denn viele D ö r f e r haben den gleichen Namen und liegen doch weit auseinander. H a t der Mann Reichsgut von einem Herrn, so soll ihn dieser auf das Reichsgut laden. H a t er aber sein Eigengut zu Lehen, so soll ihn der Herr auf sein Eigengut laden. H a t er (der M a n n ) aber ein Gut von einem Herrn, das dessen Lehen ist, obwohl es Eigengut ist, so darf ihn der Herr auf jedes seiner rechten Lehen laden. Wenn der H e r r seinen Mann auf diese Weise lädt, so darf er seinen Mannen, die dabei gegenwärtig sind, mit Urteil gebieten, daß sie zu seinem Lehengericht kommen. Wer von ihnen nicht kommt, den verurteilt man zu einem Gewette an den Herrn, er sei denn durch echte Not verhindert, so daß er nicht kommen kann. D e r Mann hat sein Gewette auch nicht verwirkt, wenn er noch vor Mittag zum Lehengericht kommt, obwohl es schon vorher begonnen hat. D e r H e r r gewinnt auch ein Gewette gegen den Mann, der durch Urteil in seiner Gegenwart geladen ist und zu dem Gerichtstag nicht kommt, er sei denn durch echte Not verhindert. D e r H e r r soll sein Gewette vom Gut des Mannes fordern, das dieser von ihm zu Lehen hat. D e r Zinspflichtige braucht eine Pfändung seines Herrn nur bis zu dem Betrag zu dulden, den er dem Herrn jährlich bezahlen muß und soweit er den Zins noch nicht entrichtet hat.

Ergänzungsblätter aus der Dresdener Bilderhandschrift

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D folio 79 recto

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Swo der herre sin gewette nicht uz gephenden mag in dem gute, das der man von im hat, da underwinde he sich des gutes vor das gewette. Entredet der man das gewette nicht noch rechte binnen jare unde tage, man vorteilt im sin gut dar umme. Is der man da zu keginwerte, da im sin herre tedinget, also nae, das he sin teding gehören mag, ab hes nicht hören wil unde sin oren behelt, da mite enmag he nicht geweigern sins herren teding zu suchene. Enis aber der man da zu kegenwerte nicht, der herre sal im den tag kundigen odir sin bote, daz iz zcwene sine man hören, im selbir odir in sinen hof, da sin uzvart unde invart sie. Envint man aber sin nicht, unde enhat he so getanes hoves nicht, man sal kundigen dise teding uf also getan gut, alse he vonme herren hat, vierzcennacht er deme uzgeleiteme tage. D a sal der herre brengen zu minnesten sechse siner manne unde einen boten, der den man heische, dem dar getedinget is. Alse der herre beginnet sins tedinges, so vrage he alrest, ab iz dinges zit si. Alse im das gevunden wirt, so vrage he, ab he nemen muze einen sinen man, der zu lenrechte sin wort spreche. Swen das orteil vunden wirt, so vrage he ie sine man, ab si is volgen. Enkunnen di man zu hant des orteiles nicht vinden, si gewinnen vierzcen nacht tag, das

11 nach nicht] dar man ime degedinget Horn., fehlt D Ο. sin D O, sines selves Horn.

D.

18 vierzcennacht] nacht

20 nach manne] to deme dage Horn., fehlt DO.

io O, immer Horn.

30 das] erste O, deste Horn.

doppelt

27 ie]

Wenn der H e r r sein Gewette an dem Gut, das der Mann von ihm hat, nicht auspfänden kann, so bemächtige er sich für das Gewette des Gutes. Legt dann aber der Mann nicht innerhalb von J a h r und T a g Widerspruch gegen das Gewette ein, so spricht man ihm sein Gut darum ab. Ist der Mann dort anwesend, wohin ihn sein H e r r lädt, so nah, daß er seine Ladung hören kann, will er sie aber nicht hören und hält er sich die Ohren zu, so kann er damit nicht verhindern, daß er am Gerichtstag seines Herrn erscheinen muß. Ist aber der Mann dort nicht anwesend, wo man ihn lädt, so soll ihm der Herr oder sein Bote den Gerichtstag so verkünden, daß es zwei Mannen hören. (Die Kundgabe) ergeht an ihn selbst oder in seinem H o f , dort wo seine Einfahrt und seine Ausfahrt sind. Findet man ihn aber selbst nicht und hat er auch keinen solchen H o f , dann soll man ihm diesen Gerichtstag auf einem solchen Gut, das er von dem Herrn hat, vierzehn Nächte vor dem angesetzten T a g verkünden. Dorthin soll der H e r r mindestens sechs seiner Mannen bringen und dazu einen Boten, der den geladenen Mann vor Gericht fordert. Sobald der H e r r sein Gericht eröffnet, frage er zuerst, ob es Gerichtszeit sei. Sobald das bejaht wird, so frage er, ob er einen von seinen Mannen nehmen darf, der im Lehengericht als Vorsprecher das W o r t spreche. Wenn das Urteil gefunden ist, so frage er immer seine Mannen, ob sie dem zustimmen. K ö n nen die Mannen das Urteil nicht sofort finden, so haben sie vierzehn Nächte Frist,

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Ergänzungsblätter

aus der Dresdener

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