Risikomanagement und Existenzsicherung: Mit Konzepten und Fallstudien zu KMU 9783486710465, 9783486597530

Risikomanagement und die damit einhergehende Frage der Existenzsicherung von Unternehmen ist nicht mehr nur ein Problem

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German Pages 268 [272] Year 2010

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Risikomanagement und Existenzsicherung: Mit Konzepten und Fallstudien zu KMU
 9783486710465, 9783486597530

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LU

ü

Ri sikom an ag em erit und Existenzsicherung Mit Konzepten und Fai]Studien zu KMU

vori

Prof. Dr.Jürgen Stiefl

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

©2010 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Dr. Jürgen Schechler Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Cover-Bild: iStockphoto Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Grafik + Druck GmbH, München ISBN 978-3-486-59753-0

Vorwort zur ersten Auflage Das vorliegende Buch befasst sich zum einen mit den theoretischen Aspekten des Risikomanagements und der daraus abgeleiteten Existenzsicherung von Unternehmen und beinhaltet zum anderen praktische Lösungsansätze. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf kleinen und mittleren Unternehmen. Die Zielsetzung des Buches besteht zunächst einmal darin, Studierenden von Hochschulen Einblicke in die stellenweise komplexen Zusammenhänge des Risikomanagements und der Existenzsicherung zu geben. Insbesondere sind es immer wieder Querverbindungen zu artverwandten Bereichen der Betriebswirtschaftslehre, die die Komplexität ausmachen. Zweitens richtet sich das Buch an Praktiker, die sich ganz konkret die Frage stellen, wie sie in ihrem eigenen Unternehmen Risikomanagement einfuhren können. Drittens soll das Buch Unternehmens- und Steuerberatern sowie Wirtschaftsprüfern eine Orientierungshilfe geben, sofern sie in Unternehmen die Einfuhrung eines Risikomanagementsystems begleiten. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle zunächst einmal bei den Studierenden der HTW Aalen, die mir im Rahmen der Vertiefungswahl „Finanz- und Rechnungswesen" durch ihre Fragen und Hinweise wertvolle Tipps gegeben haben. Auch haben mir zahlreiche Anregungen im Rahmen von Seminaren zum Thema Risikomanagement bei der Entwicklung des Buches weitergeholfen. Bedanken möchte ich mich ferner bei Herrn Dr. Jürgen Schechler für die stets kooperative Unterstützung, auch stellvertretend für die zahlreichen Ansprechpartner beim Oldenbourg Wissenschaftsverlag. Der besondere Dank aber gilt meiner Familie, die mir wiederholt den entsprechenden zeitlichen Freiraum fur die Erstellung des Buches gegeben hat.

Jürgen Stiefl Juni 2010

Inhalt 1

Grundlagen

1

1.1

Zielsetzung des Buches

1

1.2

Aufbau des Buches

2

1.3

Risiko - ein erstes einführendes Beispiel

3

1.4

Risiko und Chancen - unterschiedliche Sichtweisen?

4

1.5

Risiko - ein zweites einführendes Beispiel

5

1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3 1.6.4 1.6.5

Risikomanagement und Existenzsicherung Bedeutung und Notwendigkeit der Risikomanagements Der Risikomanagementprozess Was sind typische unternehmerische Risiken? Die primären Ziele des Risikomanagements Die Geschichte des Risikomanagements

1.7 1.7.1 1.7.2 1.7.3 1.7.4 1.7.5 1.7.6 1.7.7 1.7.8

Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements Überblick Das Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG) Der Prüfiingsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW PS 340) Das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS 5 und 15) Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) Der Sarbanes Oxley Act (SOA) Risikoberichterstattung gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) 1.7.9 Die Baseler Eigenkapitalvereinbarung - Basel II 1.7.9.1 Vorbemerkungen zu Basel II 1.7.9.2 Der Baseler Ausschuss fur Bankenaufsicht 1.7.9.3 Basel 1 1.7.9.4 Basel II 1.7.9.4.1 Mindesteigenkapitalanforderungen 1.7.9.4.2Aufsichtsrechtliche Prüfungsverfahren 1.7.9.4.3 Marktdisziplin 1.7.9.5 Unterschiede zwischen Basel I und Basel II 1.7.9.6 Zusammenfassung von Basel II

8 8 9 10 11 12 15 15 17 19 20 20 21 21 22 22 23 23 23 24 25 30 30 31 32

VIII

Inhalt

2

Zielbildung und Risikoidentifikation

35

2.1

Das Zielsystem einer Unternehmung

35

2.2

Früherkennungssysteme als Instrument der Risikoidentifikation

37

2.3

Unternehmerische Risikofelder

40

2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4

Rating als spezifisches Risikoidentifikationssystem Grundlagen des Ratings Das Bankenrating Internes versus externes Rating Das Dr. Schneck Rating als internes Ratingsystem

42 42 45 46 49

2.5

Das Risikoinventar

54

3

Risikobewertung

57

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen 3.1.1 Rendite und Kapital wert 3.1.1.1 Rendite/Verzinsung 3.1.1.1.1 Unterjährige Verzinsung 3.1.1.1.2Mehrperiodige Verzinsung 3.1.1.2 Kapitalwert - Kapitalwertmethode 3.1.2 Risikospezifische Verteilungsfunktionen 3.1.2.1 Die Normalverteilung/Standardnormalverteilung 3.1.2.2 Die Gleichverteilung 3.1.2.3 Die Dreiecksverteilung 3.1.2.4 Die Binomialverteilung 3.1.3 Spezielle Instrumente zur Risikomessung/-bewertung 3.1.3.1 Volatilität 3.1.3.2 Value at Risk 3.1.3.3 Kovarianzanalyse 3.1.3.4 Minimum-Varianz-Ansatz 3.1.3.5 Korrelationsanalyse 3.1.3.6 Regressionsanalyse 3.2 Existenzsichernde Maßnahmen 3.2.1 Die Risikomatrix 3.2.2 Wertorientiertes Management 3.2.2.1 Messung des Periodenerfolges 3.2.2.2 Unternehmensbewertung 3.2.2.2.1 Überblick 3.2.2.2.2 Ertragswertmethode 3.2.2.2.3Modifizierte Ertragswertmethode

57 58 58 58 60 61 64 64 69 72 75 80 80 86 89 90 92 95 99 99 102 103 108 108 110 113

Inhalt

IX

4

Risikoaggregation

117

5

Risikobewältigung und -Überwachung

121

5.1

Möglichkeiten der Risikobewältigung

121

5.2

Risikoüberwachung

124

6

Fallbeispiel - Stanzformhersteller

127

6.1 6.1.1 6.1.2 6.1.3 6.1.4 6.1.4.1 6.1.4.2 6.1.4.3 6.1.4.4 6.1.5

Ausgangssituation Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung Umsatzstruktur Forderungsstruktur Kostenrechnungssystem Abgrenzungsrechnung Betriebsabrechnungsbogen Betriebsergebnis Maschinenstundensatzrechnung Zusammenfassung

127 128 130 131 132 132 134 134 135 137

6.2

Implementierung eines internen Ratingsystems

137

6.3

Das Risikoinventar

141

6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.2.1 6.4.2.2

Existenzsichernde Maßnahmen Die Risikomatrix Wertorientiertes Management Messung des Periodenerfolges Unternehmensbewertung

142 142 144 144 147

6.5 6.5.1 6.5.2 6.5.3

Risikoaggregation Ausgangssituation Risikoaggregation mit Hilfe von „Crystal Ball" Ergebnisse der Simulationsläufe

152 152 154 160

6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.3 6.6.4 6.6.5 6.6.6 6.6.7

Risikobewältigung Risikobewältigungsstrategien/-maßnahmen Internes Rating nach Risikobewältigung Risikomatrix nach Risikobewältigung Messung des Periodenerfolges nach Risikobewältigung Unternehmensbewertung nach Risikobewältigung Risikoaggregation nach Risikobewältigung Zusammenfassung der Risikobewältigungsmaßnahmen

166 166 170 172 174 175 178 183

6.7

Risikoüberwachung und -dokumentation

184

X

Inhalt

7

Fallstudien

187

8

Lösungen zu den Fallstudien

201

9

Abbildungsverzeichnis

223

10

Anhang

227

10.1

Anlagevermögen des KMU

227

10.2

Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen

228

10.3

Fragenkatalog des Ratings

230

10.4 10.4.1 10.4.2 10.4.3

Einzelschritte der Crystal Ball Simulation Exceltabellenblatt „Monte-Carlo-Modell" nach Schritt 4 Exceltabellenblatt „Monte-Carlo-Modellparameter" nach Schritt 13 Exceltabellenblatt „Monte-Carlo-Modellparameter" nach Schritt 21

244 244 245 246

10.5

Standardabweichungen zu wichtigen GuV-Größen

248

10.6

Tabelle der Standardnormalverteilung

249

11

Literaturverzeichnis

251

12

Stichwortverzeichnis

257

1

Grandlagen

1.1

Zielsetzung des Buches

Risikomanagement und die damit einhergehende Frage der Existenzsicherung von Unternehmen ist spätestens seit den enormen internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen, die mit der derzeitigen (weltweiten) Finanz- und Wirtschaftskrise ihren vorläufigen Höhepunkt fand, nicht mehr nur ein Problem von großen international agierenden Konzernen, sondern tangiert in zunehmendem Maße auch immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen. Setzt man Existenzsicherung gleich mit der Sicherung des unternehmerischen Daseins, so lassen sich mehrere Faktoren ausfindig machen, die vom Unternehmer eingefordert werden: •

Ausreichendes technisches Know-how,



ausreichendes betriebswirtschaftliches Wissen,



eine solide und sichere Auftragslage und



genügend Eigenkapital.

Während ausreichendes technisches Know-how bei KMU's meist kein Problem darstellt, verhält es sich mit ausreichendem betriebswirtschaftlichen Wissen genau umgekehrt. Dies ist oftmals bei KMU's nicht vorhanden. Insbesondere eine mangelhafte oder gar fehlende Kostenrechnung oder unzureichende oder fehlende Liquiditätsplanungen mit einhergehenden Fehlinvestitionen gefährden die unternehmerische Existenz. Auch eine solide und sichere Auftragslage ist häufig nicht gegeben. Der Verkauf von Gütern und Dienstleistungen reicht dann zur Existenzsicherung nicht aus. Ebenso gravierend ist die Eigenkapitalausstattung des KMU-Sektors. So ist aus Überschuldungs- und Risikoaspekten heraus bereits bei Existenzgründung die Eigenkapitaldecke oftmals ungenügend. An diesen Punkten setzt das Buch an. Es enthält neben theoretischem Basiswissen einen Leitfaden mit vielen Fallbeispielen, der dem Praktiker wichtige Hinweise und Tipps mit auf den Weg geben soll, um obige Probleme zu umgehen. Ebenso richtet sich das Buch an beratende Personen, die KMU's mit ihrem Know-how unterstützend zur Seite stehen. Last but not least soll das Buch als begleitende Literatur Studierenden eine Hilfestellung in Fragen des Risikomanagements und der Existenzsicherung geben.

1 Grundlagen

2

1.2

Aufbau des Buches

In fünf Theoriekapitel werden zunächst der gesamte Risikomanagementprozess inklusive der rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen (Kapitel 1 ) erläutert. Es folgt ein umfangreiches sechstes Kapitel, in dem anhand eines Praxisbeispiels der gesamte Risikomanagementprozess erläutert wird. Mit Hilfe der Kapitel sieben und acht können separate Fallstudien bearbeitet und mit Hilfe der Lösungen kontrolliert werden. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, alle Kapitel chronologisch zu bearbeiten. Ebenso können einzelne Inhalte des Risikomanagementprozesses für sich alleine betrachtet werden. So baut bspw. der praktische Abschnitt 6.2 „Implementierung eines internen Ratingsystems" auf dem theoretischen Kapitel 2.4.4 „Das Dr. Schneck Rating als internes Ratingsystem" auf und wird durch 6.6.2 „Internes Rating nach Risikobewältigung" abgeschlossen. PRAXIS (KAPITEL 6)

T H E O R I E (KAPITEL 1-5) Risikoidentifikation/Zielbildungsphase 2.4.4

Das Dr. Schneck Rating als internes Ratingsystem

2.5

Das Risikoinventar

Risikobewältigungsphase

Implementierung eines internen Ratingsystems 6.3

6.6.2

Internes Rating nach Risikobewältigung

Das Risikoinventar

Risikobewertungsphase m m m

• 6.6.3

Risikomatrix nach Risikobewältigung

m

^6.6.4

Messung des Periodenerfolges nach Risikobewältigung

6.4.2.2 Unternehmensbewertung •

• 6.6.5

Unternehmensbewertung nach Risikobewältigung

».6.6.6

Risikoaggregation nach Risikobewältigung

3.2.1

Die Risikomatrix

6.4.1

Die Risikomatrix

3.2.2.1

Messung des Periodenerfolges

6.4.2.1 Messung des Periodenerfolges

3.2.2.2

Unternehmensbewertung

Risikoaggregationsphase 4

Risikoaggregation

E

6.5

Risikoaggregation

Risikobewältigungsphase 5

Risikobewältigung und Überwachung

Abbildung 1: Aufbau und Struktur des Buches

6.6.1

Risikobewältigungsstrategien/ -maßnahmen

1.3 Risiko - ein erstes einführendes Beispiel

1.3

3

Risiko - ein erstes einführendes Beispiel

Dass die Frage nach dem Risiko bzw. der Risikodefinition nicht trivial ist, verdeutlicht bereits ein erstes einführendes Beispiel. Sie nehmen an einer Spielshow teil, bei der Ihnen der Showmaster zwei Alternativen anbietet: •

Sie erhalten entweder einen Sofortgewinn in Höhe von 1.000,- € (Alternative 1) oder wählen eine Lotterie (Alternative 2), bei der Sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% 2.000,- € gewinnen und mit der gleichen Wahrscheinlichkeit leer ausgehen.

Wie würden Sie sich entscheiden? Möglicherweise wählen Sie mit Alternative 1 die Sicherheitsvariante, weil Sie sich mit dem Gewinn von 1.000,- € einen langgehegten Konsumwunsch oder einen Urlaub erfüllen können. Möglicherweise wählen Sie aber auch die Lotterie, weil Sie als vermögender Mensch keinen entscheidenden Zusatznutzen von dem Geld haben und deshalb aufgrund des Nervenkitzels das Spiel vorziehen. Objektiv gesehen gibt es zwischen den beiden Varianten keinen Unterschied! Gewichtet man nämlich die Lotterie mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten (2.000,- € 0,5 + 0,- € 0,5), so entspricht der Wert der Lotterie dem sicheren Gewinn. Variieren wir nun ein erstes Mal die Auszahlungen der Lotterie: •

Während Alternative 1 wieder einem Sofortgewinn von 1.000,- € entsprechen soll, besteht nun die Lotterie (Alternative 2) aus einem Gewinn in Höhe von 3.000,- € bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 50%, während man mit der gleichen Wahrscheinlichkeit nichts gewinnt.

Sehen wir einmal von der oben diskutierten Vermögenssituation des Entscheiders ab, so spricht nun objektiv betrachtet sicherlich einiges für die Lotterie, da diese nun einen erwarteten Gewinn von 1.500,- € aufweist (3.000,- € 0,5 + 0,- € 0,5) und damit über dem Sofortgewinn liegt. Dennoch mag es auch hier Personen geben, die dem Sofortgewinn den Vorzug geben. Interessant wäre hier die Frage, wie hoch in diesem Fall der erwartete Gewinn der Lotterie sein müsste, damit diese Personen zwischen beiden Alternativen indifferent wären. Dieser Fragestellung soll aber hier nicht weiter nachgegangen werden. Eine zweite Variation der Lotterie liefert folgendes Szenario: •

Mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit gewinnen Sie nun 10.000,- €, allerdings zahlen Sie mit der gleichen Wahrscheinlichkeit nun 1.000,- € an den Showmaster.

Der Erwartungswert der Lotterie ist nun mit 4.500,- € (10.000,- € 0,5 - 1.000,- € 0,5) deutlich höher als der sichere Gewinn, jedoch gibt es nun sogar ein 50%iges Verlustrisiko. Die Frage nach der „richtigen" Entscheidung ist somit auch in diesem Fall nicht möglich, denn neben objektiven Kriterien müssen immer auch die persönlichen Umstände des Entscheidungsträgers mit einbezogen werden. Deshalb kann es durchaus rational sein, die letzte Lotterie abzulehnen, bspw. dann, wenn der mögliche Verlust von 1.000,- € den Entscheider in den finanziellen Ruin treiben würde.

4

1 Grundlagen

1.4

Risiko und Chancen - unterschiedliche Sichtweisen?

Wirtschaftswissenschaftler befragten in einer Versuchsreihe eine Gruppe von Probanden, welche Alternative sie vorziehen würden: 1 •

Alternative A: mit 80% Wahrscheinlichkeit 4.000,- € zu gewinnen oder mit 20% nichts zu erhalten,



Alternative B: einen sicheren Gewinn von 3.000,- € zu bekommen.

Obwohl der Erwartungswert der Alternative A mit 3.200,- € höher war als der sichere Gewinn, entschieden sich 80% der Probanden für Alternative B. Die Probanden verhielten sich risikoavers. Ein gänzlich anderes Verhalten zeigte eine zweite Versuchsreihe: •

Alternative A: mit 80% Wahrscheinlichkeit einen Verlust von 4.000,- € zu erleiden oder mit 20% Wahrscheinlichkeit keinen Verlust verbuchen,



Alternative B: mit Sicherheit einen Verlust von 3.000,- € erleiden.

92% der Probanden entschieden sich (überraschenderweise) für die Lotterie, obwohl der erwartete Verlust mit 3.200,- € jetzt höher war. Sie verhielten sich bezüglich des reinen Verlustrisikos risikofreudig. Die Untersuchung lässt den Schluss zu, dass Chancen und Risiken offensichtlich unterschiedlich wahrgenommen werden. Dies lässt auch nachfolgende Graphik vermuten. Hier wurden 121 Unternehmen danach befragt, womit sie den Begriff des Risikos assoziieren.

1

Vgl. Kahnemann D./Tversky Α., 1979, S. 263ff. und Meier G./Reh G., 1998, S. 44 - 48.

1.5 Risiko - ein zweites einführendes Beispiel

40,00% -,

5

36,90%

35,00% • 28,60%

30,00% · 25,00% -

22,60%

20,00% 15,00% -

10,70% 10,00% 5,00% 1,20%

1

0,00% Verlust

eher Verlust

Abbildung 2: Chancen und Risiken - unterschiedliche

Verlust/Gewinn

eher Gewinn

Gewinn

Sichtweisen?

Die Graphik verdeutlicht, dass 39,3% der befragten Unternehmen den Begriff des Risikos eher mit einer Verlustsituation in Verbindung bringen, während für lediglich 23,8% der Begriff eher positiv, d.h. mit Gewinnen verbunden ist. Für 36,9% hatte der Begriff eine neutrale Bedeutung, denn er beinhaltete sowohl Gewinn- als auch Verlustmöglichkeiten. 2

1.5

Risiko - ein zweites einführendes Beispiel

Die subjektiven Verhaltensmuster bezüglich des Risikos verdeutlicht auch nachfolgendes Beispiel. 3 Eine Person beabsichtigt, ein Omelett aus sechs Eiern zu backen. Bereits in einer Schüssel befindet sich der Inhalt von fünf Eiern. Daneben liegt ein ungeöffnetes sechstes Ei, dessen Zustand (faul oder gut) man nicht kennt. Zu diesem Beispiel gibt es nun verschiedene Handlungsalternativen, Eintrittswahrscheinlichkeiten der Umweltzustände sowie Ergebnisbewertungen.

2

Vgl. Meier G./Reh G., 1998, S. 44ff.

3

Vgl. Schierenbeck H., 2003, S. 191 ff.

6

1 Grundlagen



Handlungsalternativen: Es besteht die Möglichkeit, auch das sechste Ei in die Schüssel zu brechen, das Ei zuerst in eine Tasse zu brechen, um zu sehen, ob es gut ist, oder das Ei gleich wegzuwerfen.



Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ei gut ist, betrage 90%, dass es faul ist entsprechend 10%.



Bewertung der Ergebnisse: Jedes Ei zu einem Omelett vereinigt, ergibt einen Nutzen von einer Geldeinheit (GE). Der Wert eines guten Eies betrage 0,20 GE, ein faules Ei hat keinen Wert. Eine Tasse abwaschen verursacht Kosten in Höhe von 0,50 GE.

Für welche Alternative wird man sich entscheiden? Um die Thematik noch etwas besser zu strukturieren, sei das Omelettproblem nochmals zusammengefasst.

\

Umwelt zustand

Ei gut, Wahrscheinlichkeit 90%

Ei faul, Wahrscheinlichkeit 10%

Sechstes Ei in die Schüssel brechen (Al)

Omelett aus sechs Eiern (= 6,00GE)

kein Omelett und fünf gute Eier zerstört ( = - 1.00GE)

Sechstes Ei in die Tasse brechen (A2)

Omelett aus sechs Eiern und Tasse abwaschen (= 5,50GE)

Omelett aus fünf Eiern und Tasse abwaschen (= 4,50GE)

Entscheidungs· alternativen

Sechstes Ei wegwerfen (A3)

Omelett aus fünf Eiern und ein gutes Ei zerstört (= 4,80GE)

Omelett aus fünf Eiern (= 5,00GE)

Abbildung 3: Das „ Omelettproblem "

Die nähere Betrachtungsweise zeigt, dass es nicht die „richtige" Entscheidung gibt: •

Der Optimist wird aller Voraussicht nach Alternative A l wählen, denn er möchte aus allen potenziellen Ergebnissen das maximal mögliche erreichen, d.h., er spekuliert auf das Omelett, das aus sechs guten Eiern besteht und einen Gesamtnutzen von 6 GE hat. Zweifel, das sechste Ei könne auch faul sein und er hätte mit der Alternative Al fünf gute Eier zerstört, kommen dem Optimisten nicht. Er verfährt nach der so genannten Maximax-Regel, er verhält sich risikofreudig.

1.5 Risiko - ein zweites einführendes Beispiel

7



Der Pessimist sieht die Umwelt gewissermaßen als aktiven böswilligen Gegenspieler. Demzufolge entscheidet er sich fur Alternative A3. Hierbei hat er im ungünstigsten Fall einen Gewinn von 4,80 GE, während er bei A2 im schlechtesten Fall 4,50 GE an Nutzen erzielt und bei Al sogar einen Verlust von 1 GE erleidet. Der Pessimist ist risikoavers und orientiert sich an der Maximin-Regel (auch Wald-Regel genannt). Er wählt aus den Handlungsalternativen diejenige aus, die den minimalen Gewinn maximiert.



Eine dritte Person, es ist möglicherweise der Realist, bewertet die Eintrittsrisiken und entscheidet sich demnach fur Alternative A2. Diese hat den größten Erwartungswert (μΟ, verstanden als Summe der mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichteten Ergebnisse: μ, = 0,9 6 - 0 , 1

1 =5,30

μ2 = 0,9 '5,5 + 0,1 4,5 = 5,40 μ 3 = 0,9 · 4,8 + 0 , 1 5 = 4,82 Obige Entscheidung beruht auf der so genannten Erwartungswert-Regel. Diejenige Alternative wird ausgesucht, die dem maximalen Erwartungswert entspricht. Das Omelettbeispiel weist bereits eine gewisse Komplexität auf. Noch wesentlich vielschichtiger aber sind unternehmerische Entscheidungen, bei denen i.d.R. mehrere Handlungsalternativen auf viele potenzielle Umweltzustände treffen, die möglicherweise aufgrund fehlender Erfahrung keine Eintrittswahrscheinlichkeiten gestatten. Aus diesen Überlegungen heraus können insgesamt vier Kategorien der Unsicherheit abgeleitet werden. 4

llnsicherheitskategorie

Beispiele

1. Ordnung

Es liegen objektive Eintrittswahrscheinlichkeiten für alle zukünftigen Umweltzustände vor.

Wechselkursschwankungen, Krankenstände der Mitarbeiter.

2. Ordnung

Es liegen subjektive Eintrittswahrscheinlichkeiten für alle zukünftigen Umweltzustände vor.

Erwartete Umsatzerlöse und Anlaufverluste bei Markterweiterung.

3. Ordnung

Es liegen keine Eintrittswahrscheinlichkeiten für zukünftige Umweltzustände vor, die Umweltzustände sind aber alle der Art nach bekannt.

Grundlagenforschung für ein neues Produkt, Ausweitung des Versandhandels.

4. Ordnung

Es liegen keine Eintrittswahrscheinlichkeiten für zukünftige Umweitzustände vor, die Umweltzustände sind nicht einmal alle der Art nach bekannt.

Auswirkungen neuer Produkte im Bereich Biotechnologie, Jahr 2000-Problem.

Abbildung 4:

4

Charakteristika

Unsicherheitskategorien

V g l . W e b e r J . / W e i ß e n b e r g e r B . E . / L i e k w e g Α . , 1 9 9 9 , S. 13.

8

1 Grandlagen

Die Kombinationen all dieser Unsicherheitskategorien innerhalb der unternehmerischen Prozesse mit den einhergehenden Risiken fordern von der Unternehmensleitung und den Entscheidungsträgern ein aktives Risikomanagement, um den Fortbestand und damit die Existenz der Unternehmung zu sichern.

1.6

Risikomanagement und Existenzsicherung

1.6.1

Bedeutung und Notwendigkeit der Risikomanagements

Risikomanagement und die daraus ableitbaren Existenzsicherungsmaßnahmen sind seit jeher Bestandteil vorausschauender Führung. Die entscheidenden Fragen, die es dabei zu beantworten gilt sind: •

Was kann den unternehmerischen Erfolg gefährden?



Wie können Gefahren abgewendet werden?



Können ggfs. unternehmerische Risiken in einen unternehmerischen Vorteil umgewandelt werden?

Die Bedeutung bzw. die Notwendigkeit eines systematischen Risikomanagements belegen vier konkrete Entwicklungen: •

In Deutschland ist die Zahl der Insolvenzen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Ein maßgeblicher Grund ist die ständig sinkende Eigenkapitalquote, d. h. Eigenkapital, das Risiken abfedert, wird knapper.



Die Unternehmen sind immer höheren Risiken ausgesetzt. Zunehmende Vernetzung sorgt für mehr Verwundbarkeit, lokale Ereignisse senden globale Schockwellen aus (siehe 11. September 2001 oder die amerikanische Immobilien-/Finanzkrise, die im Herbst 2008 das europäische Festland erreichte).



Die Bonität der Unternehmen hat gelitten. Mehr Risiken bedeuten weniger Sicherheit fur Fremdkapital, die Unternehmen bekommen auf breiter Front schlechtere Ratings von den Ratingagenturen und werden durch höhere Kapitalkosten sowie geringere Refinanzierungslinien belastet.



Kapitalmarkt, Ratingagenturen und Gesetzgeber verlangen ein aktives Risikomanagement. Je miserabler ein Unternehmen in dieser Disziplin abschneidet, desto schlechter und teurer werden Zugang zu Fremd- und Eigenkapital.

Diese Entwicklungen legen nahe, dass ein aktives Risikomanagement eine unabdingbare Voraussetzung für den (langfristigen) Fortbestand einer Unternehmung ist.

1.6 Risikomanagement und Existenzsicherung

1.6.2

9

Der Risikomanagementprozess

Das vorliegende Buch folgt inhaltlich der klassischen Einteilung/Aufteilung des Risikomanagementprozesses. 5 Risikomanagement wird also als ein Prozess definiert, innerhalb dem alle erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Risikobekämpfung ablaufen. Aus unternehmerischer Sicht soll Risikomanagement die Unternehmensfuhrung unterstützen, wesentliche Risiken, die den Unternehmenserfolg oder -bestand gefährden können, rechtzeitig zu erkennen und zu bewältigen helfen.

Abbildung 5:

Risikomanagementprozess

Die gesetzlichen Regelungen, seien sie nationaler oder internationaler Natur, bilden die Basis für den Risikomanagementprozess und werden in diesem Kapitel der Grundlagen erläutert.

5

Vgl. Gleißner W., 2008, S. 45ff., Retzlaff M., 2007, S. 63ff. oder bspw. Schröer C., 2007, S. 52ff.

10

1 Grundlagen

Im Kapitel der Zielbildung und der Risikoidentifikation geht es um die methodische Vorgehensweise der Risikoidentifikation, der Herausarbeitung der unternehmerischen Risikofelder und der Ableitung des so genannten Risikoinventars. Ein besonderes Augenmerk in diesem Kapitel gilt dem (internen) Rating als spezifisches Risikoidentifikationssystem. Die Phase der Risikobewertung ist wahrscheinlich der zentrale Baustein des gesamten Risikomanagementprozesses, denn hier werden die existenzsichernden Maßnahmen herausgearbeitet und bewertet. Darunter fallen die Quantifizierung der unternehmerischen Risiken in der so genannten „Risikomatrix" sowie die Berechnung des einperiodigen Wertbeitrages, bspw. durch den Economic Value Added (EVA), aber auch die mehrperiodige Betrachtungsweise, ausgedrückt durch den Unternehmenswert. Mit Hilfe der Risikoaggregation können Einzelrisiken verdichtet werden. Als zentraler Baustein hat sich hier die so genannte Monte-Carlo Simulation etabliert. Mit ihrer Hilfe gelingt es nicht nur Einzelrisiken zusammenzufassen, sondern auch durch Sensitivitätsanalysen einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Mit der fünften und letzten Phase der Risikobewältigung und Risikoüberwachung schließt sich der Kreis des Risikomanagementprozesses. Aus den Arten der Risikobewältigungsmaßnahmen werden Risikostrategien abgeleitet. Ist dies erfolgt, können wiederum die Auswirkungen auf den Risikoumfang (Risk Map), das Rating, sowie den ein- und mehrperiodischen unternehmerischen Wertbeitrag ermittelt werden.

1.6.3

Was sind typische unternehmerische Risiken?

Wurden im vorangegangenen Kapitel Begriffe wie Risiko, Chance und Unsicherheit recht allgemein gehalten, so soll nun der Begriff des unternehmerischen Risikos sowie typische unternehmerische Risiken, und nur um diese geht es im weiteren Verlauf, näher konkretisiert werden. Unternehmerisches Risiko steht für ein Wagnis, das man mit einem bestimmten Vorhaben eingeht. Betriebswirtschaftlich gesehen stellen alle Gefahren und Unsicherheitsfaktoren, die die wirtschaftlichen Handlungen bzw. den wirtschaftlichen Erfolg gefährden, Wagnisse bzw. Risiken dar. Deshalb ist es fur einen sinnvollen und effektiven Umgang mit Risiken zunächst einmal unumgänglich, die Risikolage des Unternehmens einzuschätzen und zeitnah abzubilden. Typische unternehmerische Risiken findet man auf allen Unternehmensebenen, in allen Unternehmensphasen und auf allen unternehmerischen Prozessebenen. •

Für die Unternehmenssteuerung liegen oftmals keine ausreichend aufbereiteten Informationen über Risiken vor. Es gibt kein systematisches „Radar", das eine Früherkennung von Gefahren ermöglichen würde. Folglich fehlt bereits die Risikoidentifikation.



Gelegentlich messen Risikoindikatoren zwar den Risikoeintritt, warnen aber nicht rechtzeitig davor. In diesem Fall fehlt es an bestandssichernden Maßnahmen.

1.6 Risikomanagement und Existenzsicherung

11



Ein frühzeitig erkanntes Risiko, dessen Wirkung auf die Unternehmensziele unbekannt ist, kann möglicherweise nicht qualifiziert bekämpft werden.



Zwar wurde im Unternehmen ein Risikomanagement installiert, der Pflegeaufwand wird aber als zu hoch angesehen, so dass es keine permanente Kontrolle und Risikoverfolgung gibt.



Es gibt keine ausreichende Kommunikation der Untemehmensstrategie und -ziele, so dass auch die Risiken nicht befriedigend bekämpft werden können.



Es mangelt an der Verbindung zwischen Zielen und den daraus ableitbaren Risiken.



Der implementierte Risikomanagementprozess ist „zu teuer", weil knappe Ressourcen nicht effektiv eingesetzt werden.

All diese Komponenten können einzeln oder in der Summe dazu führen, dass unternehmerische Risiken nach Art, Umgang oder dem zeitlichen Ausmaß nur unzulänglich beachtet und behandelt werden. Der unternehmerische Erfolg ist dadurch gefährdet, möglicherweise sogar die Existenz des Unternehmens bedroht.

1.6.4

Die primären Ziele des Risikomanagements

Aus dem bereits beschriebenen Risikomanagementprozess und den daraus abgeleiteten Risiken lassen sich eine Reihe von primären unternehmerischen Zielen ableiten, die sicherlich unabhängig von Unternehmensgröße und Branche gelten. Daran wird letztlich jede Unternehmung gemessen. •

Sicherung des zukünftigen Erfolges verstanden als positiver Wertbeitrag der kommenden Abrechnungsperioden.



Vermeidung und Senkung der Risikokosten verstanden als Optimierung von Eigen- und Fremdkapitalquote und damit des Verschuldungsgrades sowie der damit einhergehenden Verzinsung.



Marktwertsteigerung des Unternehmens verstanden als Verbesserung des Untemehmenswertes durch Erhöhung der zukünftigen geplanten Ergebnisse/der Cashflows und/oder Verringerung der Kapitalkostensätze.



Existenzsicherung verallgemeinernd verstanden als Sicherung der langfristigen Ertragskraft und der Liquidität.

Die vier dargestellten Ziele machen deutlich, dass zwischen ihnen eine große Abhängigkeit besteht und dass sie wie ein Puzzle ineinander greifen. 6

6

Vgl. Reichmann T., 2006, S. 599ff.

12

1 Grundlagen

Existenzsicherung

Sicherung des zukünftigen Erfolges

Unternehmens - ( spezifisches, maßgeschneidertes Risikomanagement • System

Vermeidung und Senkung der Risikokosten

Markwertsteigerung des Unternehmens

Risikobewusstsein schaffen durch einen im Unternehmen systematisch verankerten Prozess

Abbildung 6: Primäre Ziele des

Risikomanagements

Ein unternehmensspezifisches, maßgeschneidertes Risikomanagementsystem, das systematisch als Prozess verankert ist, führt somit zu einem geschärften Risikobewusstsein. In diesem Zusammenhang steigt dann die Chance, die obigen primären Ziele erreichen zu können.

1.6.5

Die Geschichte des Risikomanagements

Auch wenn der Begriff des Risikos oder des Risikomanagements ein eher neuzeitliches Phänomen zu sein scheint, so reicht dessen Entstehung bis in die Antike zurück.7 Nach der damaligen Weltanschauung hing das Schicksal eines jeden einzelnen vom Wohlwollen der Götter ab, so dass man durch Opfergaben sein eigenes „Lebensrisiko" zu minimieren versuchte. Im Unterschied zur modernen Zeit konnte man Risiken jedoch noch nicht berechnen, was auch am Fehlen von Zahlensystemen lag. Ab etwa 1.000 n. Chr. wurde dann in der westlichen Welt das arabische Zahlensystem verbreitet und der Mystizismus wich mehr und mehr der Logik. Möglicherweise war es Fibonacci (Leonardo da Pisa), der zu Beginn des 13. Jahrhunderts durch einfache mathema-

7

Vgl. im folgenden Wolke T., 2008, S. 7ff.

1.6 Risikomanagement und Existenzsicherung

13

tische Modeiiierangen dem heutigen Risikomanagement den Weg ebnete. Es folgte Luca Pacioli, der in seinem Werk „Summa de arithmetic, geometrica et proportionalita" 1494 erstmalig die Quantifizierung des Risikos über das Glücksspiel vornahm. Ferner gilt er als Erfinder der Doppelten Buchführung. Fragen zu Glücksspielen standen dann mehr und mehr im Fokus der Wissenschaftler und sollten dann erstmals 1525 durch Gerolamo Cardano in dessen Studie „Liber de Ludi Aleae" dazu führen, statistische Regeln fur Wahrscheinlichkeiten zu entwickeln. Ab diesem Zeitpunkt nahm der Fortgang der Wahrscheinlichkeitstheorie dann einen rasanten Verlauf. Als deren „Erfinder" gelten Blaise Pascal und Pierre de Fermât, die zu Beginn der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts über Würfelspiele erstmalig Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen modellierten. Sie gelten heute noch als die Pioniere der Versicherungsmathematik über Risikoabschätzungen sowie Kosten-Nutzen-Analysen. John Graunt entwickelte darauf aufbauend Stichprobenverfahren, indem er Zahlen von Geburten und Todesfallen zu demographischen Aussagen bezüglich der Bevölkerungsentwicklung benutzte. Edmund Halley entwickelte dies in der Konstruktion der so genannten Sterbetafeln weiter. Abraham de Moivre skizzierte 1733 in seiner Schrift „Doctrine of Changes" erstmals den Übergang einer diskreten Verteilung (Binomialverteilung) zu einer stetigen Verteilung (Normalverteilung). Der Begriff des Risikos und des Risikomanagements ist bis heute stark mit dem Versicherungswesen verbunden. In diesem Zusammenhang brachte Daniel Bernoulli einen neuen wichtigen Aspekt, nämlich, dass Menschen Risiken unterschiedlich bewerten. Er führte den Gedanken des subjektiven Nutzens ein. Danach ist der Zusatznutzen von 10 Geldeinheiten (GE) für einen Menschen, der bereits 1.000 GE besitzt, deutlich kleiner als für eine Person, die erst 10 GE besessen hat. „Der Nutzen, der sich aus jeder geringen Mehrung des Wohlstandes ergibt, wird umgekehrt proportional sein zur vorherigen Besitzmenge." Aus diesen Überlegungen heraus entstand im Jahre 1854 das auf Hermann Heinrich Cossen zurückgehende Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen. Francis Galton führte mit der Regression und zusammen mit Karl Pearson kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts mit der Korrelation zwei statistische Maße ein, die heute in der Risikoanalyse und -betrachtung eine ganz zentrale Rolle spielen. Auf Galton geht auch das nach ihm benannte Galtonbrett zurück, mit dem man Wahrscheinlichkeitsverteilungen optisch demonstrieren kann. Frank Knight, ein Mitbegründer der Chicagoer Schule der Ökonomie, legte den Grundstein zur modernen Entscheidungs- und neoklassischen Wettbewerbstheorie. Er machte erstmals den Unterschied deutlich zwischen dem Begriff des Risikos, für den sich Eintrittswahrscheinlichkeiten ableiten lassen, so dass das Risiko berechenbar ist und dem Begriff der Ungewissheit (Unsicherheit). Bei letzterem können keine Eintrittswahrscheinlichkeiten und damit keine Erwartungswerte angegeben werden. Somit handelt es sich bei unternehmerischen Unsicherheiten um nicht kalkulierbare Risiken. John Maynard Keynes als der Begründer des Keynesianismus rückte, wahrscheinlich insbesondere hervorgerufen durch die Weltwirtschaftskrise 1929, immer stärker von Versuchen ab, ökonomische Beziehungen und die daraus entstehenden Risiken durch mathematische Wahrscheinlichkeiten zu erklären. Hierzu seien strukturelle Brüche viel zu eklatant.

14

1 Grundlagen

Oskar Morgenstern und John von Neumann lieferten 1944 mit Ihrem Buch „Theory of Games and Economic Behavior" einen bahnbrechenden Beitrag zur Spieltheorie und damit implizit auch zum Risikomanagement. Die auf Markowitz zurückgehende Portfoliotheorie untersucht das Investitionsverhalten an Kapitalmärkten und versucht die Frage zu beantworten, wie aus Risikominimierungsgesichtspunkten heraus die optimale Anlagestrategie aussehen kann. Fischer Black und Myron Samuel Scheies entwickelten 1973 ein Modell, mit dem Finanzoptionen bewertet werden konnten. Neben diesem ursprünglichen Einsatz hat sich das BlackScholes-Modell zwischenzeitlich auch in anderen Bereichen der Finanzwirtschaft etabliert. So bspw. als Fundament fur Investitionsentscheidungen oder zur Ableitung von Methoden fur effizientes Risikomanagement. Die „Neue Erwartungstheorie" (Prospect Theory) wurde 1979 von Daniel Kahnemann und Amos Tversky als eine psychologisch realistischere Alternative zu der Erwartungsnutzentheorie vorgestellt. Sie erlaubt die Beschreibung der Entscheidungsfindung in Situationen der Unsicherheit. So kam man u. a. zu dem Ergebnis, dass Wirtschaftssubjekte Gewinn- und Verlustsituationen völlig unterschiedlich beurteilen. Während man in Gewinnsituationen risikoavers handelt, agieren Wirtschaftssubjekte bei Verlusten risikofreudig.8 Das auf die Investmentgesellschaft Morgan Stanley zurückgehende Konzept des Value at Risk schließlich bezeichnet ein Risikomaß, das angibt, welchen Wert der Verlust einer bestimmten Risikoposition (z. B. eines Portfolios von Wertpapieren) mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit und in einem gegebenen Zeithorizont nicht überschreitet. Eine Zusammenfassung der Meilensteine des Risikomanagements liefert die folgende Abbildung. Dabei werden im weiteren Verlauf des Buches die (Standard)Normalverteilung und das Value at Risk Konzept intensiv zur Sprache kommen.

g Vgl. hierzu auch den Gliederungspunkt 1.3.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements Jahr

Historisches Ereignis

Vertreter

1202

Buch der Rechenkunst

Fibonacci

1494

Doppelte Buchführung, Quantifizierung des Risikos

Pacioli

1525

Erste Versuche der Wahrscheinlichkeitsrechnung

Cardano

1654

Entdeckung der Wahrscheinlichkeitstheorie

Pascal, Fermât

1662

Entwicklung von Stichprobenverfahren

Graunt

1693

Berechnung der Lebenserwartung

Halley

1733

Normalverteilung, Streuung als Maß

de Moivre

1738

Nutzentheorie

Bernoulli

1854

Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen

Gossen

1885

Regression und Korrelation

Galton, Pearson

1921

Unterscheidung Ungewissheit und Risiko

Knight

1937

Abkehr von mathematischen Wahrscheinlichkeiten

Keynes

1944

Spieltheorie

Morgenstern/Neumann

1952

Portfoliotheorie

Markowitz

1973

Optionspreisbewertungsmodelle

Black/Scholes

1979

Prospect Theory

Kahnemann/Tversky

1994

Value at Risk Konzept

Morgan Stanley

Abbildung 7: Geschichte des

15

Risikomanagements

1.7

Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

1.7.1

Überblick

Das Risikomanagement hat, vergleichbar zur gesamten Corporate Governance-Debatte 9 , seit einigen Jahren seinen Platz in der Diskussion um die Notwendigkeit der Verbesserung der unternehmensinternen Steuerungssysteme von Kapitalgesellschaften, zunehmend auch von Nicht-Kapitalgesellschaften. Dabei haben sich eine Reihe von nationalen und internationalen rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen herauskristallisiert, die das Risikomanagement reglementieren und steuern sollen.

9

Unter Corporate Governance sei hier die Gesamtheit aller nationalen und internationalen Regeln, Vorschriften und Grundsätzen verstanden, die die Unternehmensfuhrung und -Steuerung betreffen.

16

1 Grundlagen



Die deutschen Rechtsnormen finden sich in erster Linie im Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG), das kein eigenständiges Gesetz darstellt, sondern sich aus verschiedenen Gesetzesquellen, vorwiegend aus dem Handelsgesetzbuch und dem Aktiengesetz, ergibt.



Konkretisiert wird das KonTraG durch den Prüfiingsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW PS 340). Hierin wird die Prüfung von unternehmerischen Risikofrüherkennungssystemen durch die Abschlussprüfer genauer spezifiziert.



Neue Rahmenbedingungen fur das Risikomanagement ergeben sich auch durch das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG), nach dem Kapitalgesellschaften nun die voraussichtlichen zukunftsbezogenen Risiken und Chancen in einem Prognosebericht festhalten müssen.



Der Deutsche Rechnungslegungsstandards Nr. 5 und 15 (DRS 5 bzw. DRS 15) weiten die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) um Komponenten des Risikomanagements aus und konkretisieren, ähnlich zum IDW PS 340, die Anforderungen, die durch die Gesetzestexte des KonTraG bereits vorgegeben werden.



Beim Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) handelt es sich um freiwillige Selbstverpflichtungsnormen, gerichtet an die Unternehmensfuhrung von börsennotierten Aktiengesellschaften.



Mit dem Sarbanes-Oxley Act (SOA) wurden internationale Bestrebungen in Gang gesetzt, das Risikomanagement in Unternehmen besser zu verankern.



Die International Financial Reporting Standards (IFRS) enthalten einige punktuelle Risikoberichtsinhalte, die sich im Wesentlichen in den IFRS 7 und den IAS 32 widerspiegeln.



Die Baseler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) schließlich macht die Eigenkapitalhinterlegung der Banken von der Höhe des Risikopotenzials ihrer Kunden abhängig und schafft somit faktische Rahmenbedingungen für das Risikomanagement in Unternehmen.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

17

KontraG

IFRS

_

'S"-

B A S E L

\

1.7.2

und internationale

\

)

BilReG

DRS5/15

DCGK

8: Nationale

χ

If

SOA

Abbildung

IDWPS 340

rechtliche

und faktische

Rahmenbedingungen

Das Kontroll- und Transparenzgesetz (KonTraG)

Das im April 1998 verabschiedete Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) schaffte die rechtliche Grundlage für die Implementierung von Risikomanagementsystemen in Unternehmen. 1 0 Die Beweggründe, die zur Installation des KonTraG führten, werden in den spektakulären Unternehmenszusammenbrüchen, wie etwa der Firmengruppe von Dr. Jürgen Schneider im Jahr 1994 oder der Bremer Vulkan Werft im Jahr 1996 gesehen. In beiden Fällen machte man unzureichende Kontrollmechanismen als Hauptursache für den jeweiligen Unternehmensuntergang aus. Es folgten Forderungen nach einer intensiveren Kontrolle von Entscheidungsprozeduren und Richtlinien. Zunächst beschränkte sich das KonTraG auf börsennotierte Aktiengesellschaften vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der Orientierung der Unternehmensstrategie auf langfristige Wertsteigerungen für die Anteilseigner sowie einer geforderten Angleichung an internationale Standards.

10

Vgl. Schmiedel Α., 2009, S. 7ff.

18

1 Grundlagen

Wie bereits erwähnt, ist das KonTraG kein eigenständiges Gesetz, sondern eine deutsche Rechtsnorm, die unterschiedliche Paragraphen des HGB bzw. AktG tangiert. 1 ' •

Gemäß § 91 (2) AktG hat der Vorstand einer Aktiengesellschaft geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, „damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden können".



Laut § 317 (4) HGB ist im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses zu beurteilen, ob der Vorstand die ihm nach § 91 (2) AktG obliegende Maßnahmen in einer geeigneten Form getroffen hat und ob das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann.



Ferner werden §§ 289, 315 und 317 des HGB ausdrücklich hinsichtlich der Risiko Vorsorge ergänzt, indem explizit auf die Bekanntmachung der Risiken der zukünftigen Entwicklung einzugehen ist. Diese betreffen die prognostizierten bestandsgefahrdenden Risiken der kommenden 12 Monate sowie diejenigen Risiken, die innerhalb der kommenden 24 Monate wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmung haben werden.

Anhang

Bilanz

GuV

Anhang Grundform

Lagebericht

Risiko

Segmentberichterstattung Kapitalflussrechnung

Nur börsennotierte A G s Alle Kapitalgesellschaften

Abbildung 9: Risikoreporting

im KonTraG

Die Abbildung verdeutlicht, dass die Anforderungen an das externe Rechnungswesen im Sinne des Risikomanagements leicht differieren. Während börsennotierte Aktiengesellschaften im Anhang neben einer Segmentberichtserstattung eine Kapitalflussrechnung erstellen müssen, beschränkt sich bei den übrigen Kapitalgesellschaften das KonTraG auf die Darstellung der Risiken innerhalb des Lageberichts.12

1

' Vgl. Bitz H., 2000, S. 232.

12

Vgl. hierzu auch Hommelhoff P./Mattheus D., 2000, S. 217ff., Lück W., 1998, S. 8ff., Gerpott T./Hoffmann A. 2008, S. 7ff., Lück W., 2000, S. 31 Iff., Knuppertz T./Ahlrichs F., 2007, S. 49Iff. und Wolf K., 2004, S. 625ff.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

19

Von besonderer Bedeutung im Sinne des KonTraG ist auch die Definition des Begriffs Risiko.

Risiko 1

I

1

Im Sinne von Volatilität

Im Sinne eines spekulativen Risikos (Risiko aus unternehmerischem Handeln)

Im Sinne von Schadensgefahr (reines Risiko)

• Risiko und Chance • Finanzwirtschaft * Investitionstheorie

• Bedrohung der Interessen des Unternehmens • Ertragsfähigkeit

Risikoverständnis im Sinne des Risikomanagements

Abbildung 10: Die Risikodefinition

• umgangssprachlicher Gehalt des Begriffs "Risiko" • Allein Ausdruck ungünstiger oder sogar existenzbedrohender Zukunftsentwicklungen

Risikoverständnis im Sinne des KonTraG

im Zuge des KonTraG

Das KonTraG versteht unter Risiko das „reine" Risiko im umgangssprachlichen Sinne von Gefahr, während Risikomanagement den Begriff des Risikos auch auf den Bereich der positiven Abweichung vom Zielerreichungsgrad, also die Chance, ausweitet.

1.7.3

Der Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW PS 340)

Der IDW PS 340 konkretisiert das KonTraG. Dabei sorgt er für die Umsetzung der bereits oben angesprochenen § 317 (4) HGB und § 91 (2) AktG. Im Einzelnen enthält er Anforderungen zur Festlegung der unternehmerischen Risikofelder, Risikoerkennung und Risikoanalyse, Risikokommunikation, Zuordnung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben innerhalb der Unternehmung, Einrichtung eines Überwachungssystems und der Dokumentation von getroffenen Maßnahmen.

20

1 Grundlagen

Gemäß IDW PS 340 sind die Abschlussprüfer ferner dazu angehalten, das unternehmerische Risikofrüherkennungssystem im Rahmen der Abschlussprüfungen zu analysieren.

1.7.4

Das Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG)

Das BilReG regelt insbesondere die Veränderung der Prognoseberichterstattungspflicht. •

Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 289 (1) Satz 4 HGB die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens mit ihren Chancen und Risiken beurteilen und erläutern.



Betroffen sind Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2004 beginnen.



Im Gegensatz zum KonTraG aber wird die Unternehmensleitung nicht verpflichtet, ein Organisationssystem für die Erkennung und Nutzung von Chancen einzurichten.

Im Gegensatz zum KonTraG fördert das BilReG das Risiko- und Chancenmanagement.

1.7.5

Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS 5 und 15)

DRS 5 und DRS 15 ergeben in ihrer Summe eine Ausweitung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) um Komponenten des Risikomanagements. Die DRS 5 sind Standards für die Konzernrechnungslegung und werden durch § 342 (2) HGB legitimiert. Danach müssen im Risikobericht zu folgenden Kriterien Stellung bezogen werden: •

Darstellung des Risikomanagementsystems,



Definition der Risikokategorie und der Risikofelder,



konkrete Beschreibung der Risiken,



Quantifizierung der Risiken sowie



Beschreibung der Risikobewältigungsmaßnahmen.

Demgegenüber baut DRS 15 auf dem Bilanzrechtsreformgesetz auf und bezieht somit auch die Chancen einer Unternehmung in die Überlegungen mit ein. •

Die Chancen sind im Prognosebericht (Lagebericht) darzulegen.



Die Grundlagen und Annahmen fur die Prognosen sind zu erläutern.

Das Hauptziel der Deutschen Rechnungslegungsstandards ist es, entscheidungsrelevante und zuverlässige Informationen für ein zutreffendes Bild über Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung des Konzerns zu erhalten.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

1.7.6

21

Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK)

Der DCGK beinhaltet als Ergänzung zum KonTraG weitere Regelungen fur Kapitalgesellschaften. Die Vorschriften stellen dabei jedoch kein zwingendes Gesetzesrecht dar, sondern entsprechen an börsennotierte Aktiengesellschaften gerichtete Verhaltensregeln zu guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Ausführungen des DCGK zum Risikomanagement finden sich in verschiedenen Artikeln des DCGK. •

Artikel 4.1.4 erklärt, dass der Vorstand einer Kapitalgesellschaft für ein angemessenes Risikomanagement und -controlling zu sorgen hat.



Artikel 3.4 (2) und (3) beinhalten die Verpflichtungen des Vorstandes zur regelmäßigen, zeitnahen und umfassenden Information des Aufsichtsrates über alle für das Unternehmen relevanten Fragen des Risikomanagements und der Risikolage.



Artikel 5.3.2 legt die Einrichtung eines Audit Commitees (Prüfungsausschusses) im Rahmen des Aufsichtsrates fest, der sich u. a. mit Fragen des Risikomanagements befasst.



Artikel 7.2.3 bezieht sich auf die zwischen dem Aufsichtsrat und dem Abschlussprüfer zu treffenden Vereinbarungen, nach denen Letzterer über alle für die Aufgaben des Aufsichtsrates wesentlichen Fragestellungen und Vorkommnisse, die sich bei der Durchführung der Abschlussprüfung ergeben, unverzüglich an den Aufsichtsrat zu berichten hat.

1.7.7

Der Sarbanes Oxley Act (SOA)

Der SOA wurde im Jahr 2002 vom damaligen US-Senator Paul Sarbanes und dem Kongressabgeordneten Michael Oxley erlassen und war die Antwort auf die Finanzskandale des ehemaligen Energiekonzerns Enron im Jahr 2001 und dem früheren Telekommunikationsriesen Worldcom aus dem Jahr 2002. •

Der SOA hat in Deutschland Gültigkeit für alle US-notierten deutschen Unternehmen und Tochtergesellschaften aller an amerikanischen Börsen gehandelten Unternehmen.



Mit dem SOA besteht eine internationale Bestrebung, das Risikomanagement besser in den Unternehmen zu verankern.



Nach Section 302 müssen CFO's (Chief Financial Officer = Finanzvorstand) und CEO's (Chief Executive Officer = Vorstandsvorsitzender) die Richtigkeit der quartalsweisen und jährlichen Berichterstattung beeiden.



Nach Section 906 haften die Manager auch mit strafrechtlichen Folgen für die Richtigkeit ihrer Aussage.

22 •

1 Grundlagen Section 404 fordert darüber hinaus die Einrichtung eines internen Kontrollsystems (IKS) und dessen Dokumentation.

Das wesentliche Ziel des SOA bestand in der Wiederherstellung des Vertrauens der Investoren in die Integrität der Kapitalmärkte und in die Rechnungslegung und Überwachung. Der Geltungsbereich des SOA erstreckt sich derzeit auf ca. 7.500 in den Vereinigten Staaten börsennotierten Unternehmen, unter denen sich ca. 300 ausländische Gesellschaften befinden. Aus Deutschland sind es eine Reihe von Unternehmen aus dem Marktsegment des Prime Standards, also aus der DAX-Familie, die an US-Börsen gelistet sind und damit die Regelungen des SOA erfüllen müssen. 13

1.7.8

Risikoberichterstattung gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS)

Die Anhangangaben nach IFRS enthalten einige punktuelle Risikoberichtsinhalte, die im Wesentlichen in den IFRS 7 und den IAS 32 enthalten sind. Dabei geht es um Angaben •

zur Risikomanagementpolitik,



zum Zinsänderungsrisiko,



zum Ausfallrisiko und



zum beizulegenden Zeitwert und den Methoden seiner Ermittlung.

Die IFRS 7 verfolgt das Ziel, die Adressaten des Risikomanagements in die Lage zu versetzen, den Einfluss von Finanzierungsinstrumenten auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage abzuschätzen. Ferner liefert der Standard darüber hinaus Informationen über Finanzrisiken sowie Informationen über den Umgang des Unternehmens mit Finanzrisiken.

1.7.9

Die Baseler Eigenkapitalvereinbarung - Basel II

Die Baseler Eigenkapitalvereinbarungen schaffen, im Gegensatz zu den oben dargestellten rechtlichen Rahmenbedingungen, die faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements. Da im weiteren Verlauf des Buches das Thema Rating noch eine zentrale Rolle spielen wird und Basel II die entscheidende Grundlage des Ratings darstellt, soll nun etwas intensiver auf den so genannten Baseler Akkord eingegangen werden. 14

13

Bspw. die Allianz AG, BASF AG, Bayer AG, Deutsche Bank AG, Deutsche Telekom AG, SAP AG oder Siemens AG. 14

Der Gliederungspunkt ist weitestgehend identisch mit einem veröffentlichten Beitrag des Verfassers. Vgl. Stiefl J„ 2008, S. 256ff.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements 1.7.9.1

23

Vorbemerkungen zu Basel II

Funktionierende Finanzmärkte leisten einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung einer jeden Volkswirtschaft. Sie unterstützen zum einen die Finanzierung von privaten Haushalten, Unternehmen und öffentlichen Institutionen und tragen auf der anderen Seite zur langfristigen Vermögensbildung von Privatpersonen und Unternehmen bei. Um die Stabilität der Weltwirtschaft, die sich infolge von Globalisierung und Liberalisierung auch im Hinblick auf die sich neubildende Europäische Union stark verändert hat, gewährleisten zu können, ist eine gesicherte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte von Nöten. Dies betrifft sowohl das inländische als auch das ausländische Bankensystem. So hat man im Zuge von mehreren weltwirtschaftlichen Schuldenkrisen (z.B. Mexiko 1994 und Südostasien 1997) und Bankinsolvenzen eine ausreichende Eigenkapitalausstattung der Banken gefordert. Dies ist das Kernstück des so genannten Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, welches besagt, dass eine jede Kreditvergabe der Banken zu einem bestimmten Prozentsatz des Kreditbetrages mit Eigenkapital hinterlegt sein muss. 15

1.7.9.2

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht wurde 1975 von den Präsidenten der Zentralbanken der Länder der G10-Staaten gegründet und tritt im Drei-Monatsturnus bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel zusammen. 16 Er bezweckt die Entwicklung eines internationalen Aufsichtsregel- und -netzwerks, um die Qualität der Bankenaufsicht weltweit zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden bestimmte Vorgaben erarbeitet, die aber streng genommen nur freiwillige Vereinbarungen zwischen den Aufsichtsbehörden und international tätigen Großbanken sind. 1.7.9.3

Basel I

Bereits im Jahr 1988 erließ der Baseler Ausschuss einheitliche Richtlinien fur die Eigenkapitalausstattung der Banken, die in den ersten Baseler Akkord eingingen. In Deutschland wurden diese Richtlinien im Grundsatz I des KWG (Gesetz über das Kreditwesen) festgeschrieben. Die Eigenkapitalunterlegung für Kredite wurde standardisiert und der Begriff Eigenkapital verbindlich definiert. Eigenkapitalunterlegung bedeutet, dass die Banken für vergebene Kredite ein gewisses Volumen an Eigenkapital vorhalten und nachweisen müssen, wodurch bei Kreditausfallen größere negative Auswirkungen auf die Liquidität der Banken verhindert werden sollen.

15 Auch die jüngsten Geschehnisse um die Immobilienkrise, die ja eine Bankenkrise ist, verdeutlicht die Problematik, auch wenn sie etwas anders gelagert ist. 16 Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht - 3. Konsultationspapier 2003 und Ratjan R./Zingales L., 1995, S. 4 2 I f f .

24

1 Grundlagen

Das zur Unterlegung von Kreditrisiken erforderliche Eigenkapital (EK) berechnete sich nach der Formel: EK = Bemessungsgrundlage Risikogewicht 8% (= Kapitalkoeffizient) Die Risikogewichte ergaben sich dabei wie folgt: Risikogewichte Kreditnehmer

Inland und Zone A*

Unternehmen

100%

Zone B** 100%

Banken: Laufzeit < 1 Jahr

20%

20%

Banken: Laufzeit > 1 Jahr

20%

100%

0%

100%

Staatliche Kreditnehmer

* Zone A sind alle OECD-Länder (Industrieländer) ** Zone Β sind alle Nicht-OECD-Länder (Schwellen- und Entwicklungsländer) Abbildung II: Risikogewichte gemäß Base11

Vergab die Bank bspw. einen Kredit in Höhe von 1.000.000 € an den eigenen Staat, musste kein Eigenkapital hinterlegt werden. Wurde ein Kredit an ein inländisches Unternehmen, ein Unternehmen aus einem beliebigen Land, an einen ausländischen Nicht-OECD-Staat oder langfristige Kredite an ausländische Banken eines Nicht-OECD-Staates vergeben, mussten 80.000 € eigene Mittel hinterlegt werden (1.000.000 100% 8%). Bei allen kurzfristigen Krediten an Banken sowie langfristigen Krediten an inländische Banken oder Banken aus OECD-Ländern betrug die Eigenkapitalhinterlegung hingegen 16.000 € (1.000.000 20% 8%). Die Eigenkapitalhinterlegung unter Basel I hatte also ein sehr grobes Risikoraster zur Grundlage. Im Laufe der Zeit wurden die Methoden zur Messung der unternehmerischen Risiken immer besser und gleichzeitig die Kritik laut, dass es offensichtlich vor dem Hintergrund der Finanzkrisen in Asien und Mexiko falsch sei, alle kreditnehmende Staaten pauschal zu besteuern. So wurde Basel I durch Basel II abgelöst.

1.7.9.4

Basel II

Um die Schwachstellen der alten Eigenkapitalhinterlegung zu beheben, hatte der Baseler Ausschuss im Juni 1999 ein erstes Konsultationspapier verfasst, welches die 1988 getroffene Regelung ersetzen und ergänzen sollte. Eine Verfeinerung erfuhr das erste Konsultationspapier dann im Januar 2001 (zweites Konsultationspapier). Das erste Konsultationspapier enthielt drei grundlegende Neuerungen, die alle auf einer risikogerechten Ausrichtung der Eigenkapitalhinterlegung fußten. Die erste Neuerung bestand in der Klärung und Erweiterung des Geltungsbereichs der bisherigen Eigenkapitalvereinbarungen. Konkret bedeutete dies, dass es keine pauschale Unterle-

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

25

gung von Bankkrediten geben sollte, sondern eine differenzierte, ausgerichtet an der Bonität des Schuldners. Die zweite Neuregelung sah vor, dass hochentwickelte Banken selbständig durch interne Ratings die Eigenkapitalhinterlegung berechnen konnten. Die dritte Neuerung schließlich gestattete es den Banken, auf externe Ratingagenturen zurückzugreifen, die die Bonität der Bankenschuldner begutachten konnten. Das zweite Konsultationspapier aus 2001 sah als wesentliche Änderung die Implementierung des so genannten Drei-Säulen-Konzeptes vor.

Das Drei-Säulen-Konzept Mindesteigenkapitalanforderung

Aufsichtsrechtliche Prüfungsverfahren

Marktdisziplin

Ziel: Stabilität des Finanzsystems

Abbildung 12: Drei-Säulen-Konzept

1.7.9.4.1

nach Base! II

Mindesteigenkapitalanforderungen

Als erste Säule des Baseler Konzeptes wurden die aufsichtsrechtlichen Mindesteigenkapitalanforderungen für das Kredit-, Markt- und das operationelle Risiko definiert. Künftig sollten sowohl externe als auch interne Ratings bei der Ermittlung des zu unterlegenden Eigenkapitals berücksichtigt werden. Gegenüber Basel I wird die Höhe des zu hinterlegenden Eigenkapitals nun nicht mehr pauschal mit 8% angesetzt, sondern gemäß der Bonität des Kunden. Das bedeutet, dass fìir Kunden mit einer guten Bonität niedrigere und für schlecht beurteilte Kunden höhere Quoten hinterlegt werden müssen. 17 Durchschnittlich soll dabei die Eigenkapitalunterlegung im Verhältnis zu der risikogewichteten Aktiva bei durchschnittlich 8% bleiben, wobei sich die risikogewichtete Aktiva aus der Summe aller gewichteten Risikoaktiva 18 sowie dem 12,5-fachen der Eigenkapitalanforderungen für das Marktrisiko und dem operationellen Risiko ergibt:

17 Häufig wird an dieser Stelle befurchtet, dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen durch „schlechte" Ratings zukünftig mit höheren Kreditzinsen rechnen müssen. Vgl. Grunert J./Kleff V./Norden L./Weber M„ 2002, S. 1045ff. 18 Dies entspricht dem Kreditrisiko.

26

1 Grundlagen

Eigenkapital X gewichtete Risikoaktiva + (Marktrisiko + operationelles Risiko)

Unter Kreditrisiko, auch als Bonitätsrisiko bezeichnet, ist die Gefahr zu verstehen, dass eine Vertragspartei ihren Verpflichtungen entweder gar nicht, unvollständig oder nicht fristgerecht nachkommt. Das Kreditrisiko stützt sich auf ein Basel II konformes Rating, welches die Bonität des Schuldners analysiert. Der Baseler Ausschuss sieht fur diese Bemessung drei unterschiedliche gleichberechtigte Ansätze vor.

Abbildung 13: Die Kreditrisikoansätze nach Basel II

Beim Standardansatz werden in Abhängigkeit des Adressaten den Kreditforderungen vorgegebene Risikogewichte zugewiesen, wobei die Gewichte von einer Bonitätseinstufung abhängig sind. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die anzuwendenden Risikogewichte:

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

27

Ratingkategorien 19 Forderung an

AAA bis AA-

A+ bis A-

BB+ bis B-

Unter B-

Nicht geratet

0%

20%

50%

100%

150%

100%

Option 1 *

20%

50%

100%

100%

150%

100%

Option 2 **

20%

50%

50%

100%

150%

50%

Option 2 ***

20%

20%

20%

50%

150%

20%

50%

100%

Staatliche Kreditnehmer Banken

BBB+ bis BBB-

Unternehmen

150%

20% 100%

* = Bonität des Staates; ** = Bonität der Bank; *** = Bonität der Bank bei kurzfristigen Forderungen Abbildung 14: Die Risikogewichte

des

Standardansatzes

Für die Behandlung von Forderungen an Banken sieht das 2. Konsultationspapier zwei Optionen vor. Die nationalen Aufsichtsinstanzen entscheiden, welche Optionen für alle Banken und deren Aufsichtsbereich zur Anwendung kommen. Bei der ersten Option leitet sich das Risikogewicht fìir eine Bank aus dem Rating des Sitzstaates ab. Die Banken werden dabei grundsätzlich eine Kategorie schlechter als der Staat eingestuft, in dem die Bank ihren Hauptsitz hat. Bei der zweiten Option wird das Risikogewicht einer Bank von ihrem externen Rating bestimmt. Obige Abbildung macht die Problematik deutlich. So werden z.B. Kredite an Unternehmen, die über kein externes Rating verfugen, einem Risikogewicht von 100% zugeordnet 20 , während Unternehmen, die sich einem Rating unterziehen und schlechter als BBB- abschneiden, ein Risikogewicht von 150% erhalten. Diese Unternehmen bekommen in der Konsequenz von der Bank ungünstigere Kreditkonditionen und haben zusätzlich noch die teilweise nicht unerheblichen Ratingkosten zu tragen. Hier weist die Baseler Eigenkapitalverordnung jedoch darauf hin, dass die 100% Risikogewichtung eines ungerateten Unternehmens jederzeit von der nationalen Aufsichtsinstanz erhöht werden kann. Bei den beiden internen Ratingsystemen können die Banken selbst das Rating durchführen, wobei diese an die bereits vorhandenen Steuerungs- und Risikomessmethoden der Banken anknüpfen. 21 Die internen Ratingsysteme untergliedern sich dabei in den einfacheren IRBBasisansatz (IRB-Foundation Approach) und den fortgeschrittenen Ansatz (Advanced Approach). Bei beiden sind jeweils vier Risikoparameter zu berücksichtigen: •

19 20

die Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners innerhalb eines Jahres (Probability of Default; PD),

Die hier dargestellten Ratingkategorien AAA etc. werden an späterer Stelle genauer spezifiziert. Das wären derzeit die meisten deutschen Unternehmen.

Dabei kann beobachtet werden, dass sich die Strukturen und damit auch der Informationsgehalt und die Aussagekraft der Ratingverfahren von Bank zu Bank unterscheiden. Vgl. Ewert R./Szczesny Α., 2002, S. 574ff.

28

1 Grundlagen



die Verlustquote bei Ausfall des Kreditengagements (Lost Given Default; LGD),



die Forderungsbeträge bei Ausfall (Exposure at Default; EAD) und



die Restlaufzeit (Maturity; M).

Diese vier Risikoparameter ergeben dann die Gewichtungsfunktion G. G = (LGD · PD · M) · EAD Im IRB-Ansatz schätzt die Bank lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeit auf Basis des bankinternen Ratings, d.h. der Kreditnehmer wird an Hand des Ratingergebnisses einer Ratingklasse zugeordnet. 22 Für jede Ratingklasse gibt es aufgrund historischer, empirischer Ausfalldaten eine konservative Einschätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD). Die anderen drei Parameter werden standardmäßig von der Bankenaufsicht vorgegeben (z.B. LGD bei unbesicherten Forderungen = 45%, bei unbesicherten nachrangigen Forderungen = 75%) oder es erfolgt keine Anrechnung (M). Im fortgeschrittenen Ansatz ermittelt die Bank neben der Ausfallwahrscheinlichkeit die Verlustquote und die Forderungsbeträge selbst, während die Restlaufzeit von der Bankenaufsicht vorgegeben wird. Der Vergleich der drei Ansätze lässt also eine Reihe von Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede erkennen.

Methode

Standardansatz

IRB-Basisansatz

Fortgeschrittener Ansatz

externes Rating

internes Bankenrating

internes Bankenrating

PD-Schätzung

keine

eigene Schätzung

eigene Schätzung

EAD-Schätzung

keine

Vorgabe Bankenaufsicht

eigene Schätzung

LGD-Schätzung

keine

Vorgabe Bankenaufsicht

eigene Schätzung

M-Schätzung

keine Anrechnung

keine Anrechnung

Vorgabe Bankenaufsicht

Rating

Abbildung 15: Gegenüberstellung

der Kreditrisikoansätze

nach Basel II

Bezüglich der zu hinterlegenden Eigenmittel der Banken zeigt die nachfolgende Abbildung noch einmal eine Gegenüberstellung von Basel I mit dem Standardansatz und dem IRBAnsatz nach Basel II.

22

Vgl. Hofmann G., 2002, S. 549.

29

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

BISHER

Kreditbetrag abzgl. Wertberichtigung

Forderung bei Ausfall

Unternehmen, Assets 100% Banken 20%, Staaten 0%

SolvabilitätsRisikogewicht

(EAD)

KÜNFTIG

(8%)

Standardansatz

Standardansatz

Kreditvergabe abzgl. Wertberichtigung

(Externes Rating)

IRB-Ansatz

Koeffizient

20%, 50%, 100%, 150%

IRB-Ansatz LGD

PD

Maturity

Abbildung 16: Erforderliche Eigenmittel bei Basel 1 und Basel II

Markt- bzw. Preisrisiken entstehen durch Schwankungen von Währungen, Aktienkursen, Güterpreisen, Zinssätzen oder Indizes. Die bereits bestehenden Regeln zur Bestimmung des Marktrisikos und deren Berücksichtigung im Rahmen der Eigenkapitalunterlegung bleiben annähernd unverändert bestehen. Unter dem operationellen Risiko, das den Kernpunkt des neuen Baseler Akkords darstellt, wird die Gefahr von unmittelbaren oder mittelbaren Verlusten, die durch Versagen von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder externen Ereignissen eintreten, verstanden. So zählen u. a. Rechtsrisiken, Hard- und Softwarefehler, das Versagen von Mitarbeitern oder Betrug zu den operationeilen Risiken. Gemäß den ursprünglichen Vorstellungen des Baseler Ausschusses sollten operationelle Risiken 20% der gesamten Eigenkapitalunterlegung eines Instituts umfassen. Zur Erfassung der operationeilen Risiken kann zwischen drei Ansätzen gewählt werden, zu denen der Basisindikator-Ansatz (BIA), der Standard-Ansatz (STA) sowie der ambitionierte Messansatz (AMA) zählen. Jeder dieser Ansätze beinhaltet einen von der nationalen Aufsichtsbehörde vorgegebenen Faktor, der zur Bestimmung des operationeilen Risikos mit den durchschnittlichen jährlichen Bruttoerträgen der letzten drei Jahre multipliziert wird. Beim BIA wird ein einzelner Risikoindikator (α-Faktor, derzeit 15%) fur das gesamte Betätigungsfeld der Bank zugrunde gelegt. Der STA spaltet das gesamte Betätigungsfeld in Untersegmente auf und vergibt hier jeweils spezifische Risikoindikatoren, so genannte ß-Faktoren (z.B. für das Marktsegment der Unternehmensfinanzierung 18%).

30

1 Grandlagen

Beim AMA gibt es weitere Indikatoren, die in einer Datenbank verknüpft sind und teilweise von der Bank ermittelt werden. Der BIA ist der einfachste und fur die Banken mit keinen weiteren Zulassungskriterien verbundene Ansatz. Für die Anwendung des STA hat die Bank bestimmte qualitative Anforderungen zu erfüllen, beispielsweise den Aufbau eines unabhängigen Risikokontroll- und Prüfungssystems oder den Aufbau einer „Verlustdatenbank", in der operationeile Risiken systematisch erfasst werden. Die ambitionierten Messansätze des AMA bauen auf dem STA auf und erfordern weitere Analyseinstrumentarien, so zum Beispiel die Implementierung von Berichten und Risikoanalysen in das Tagesgeschäft.

1.7.9.4.2

Aufsichtsrechtliche Prüfungsverfahren

Das aufsichtsrechtliche Prüfungsverfahren, welches gleichberechtigt neben den Mindesteigenkapitalanforderungen und der Förderung der Markttransparenz (Marktdisziplin) steht, stellt eine wesentliche Neuerang der bisherigen Baseler Eigenkapitalvereinbarangen dar. Der Umfang der verschiedenen bankinternen Verfahren macht die Notwendigkeit einer umfassenden qualitativen Bankenaufsicht deutlich. Dies wird in vier zentralen Grundsätzen dieser zweiten Säule des Baseler Abkommens betont. 1. Grundsatz: Banken sollen ein Verfahren zur Beurteilung ihrer angemessenen Eigenkapitalausstattung im Verhältnis zu ihrem Risikoprofil sowie eine Strategie für den Erhalt ihres Eigenkapitalniveaus aufweisen. 2. Grundsatz: Die Aufsichtsinstanzen sollten die bankinternen Beurteilungen und Strategien zur angemessenen Eigenkapitalausstattung überprüfen, bewerten und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, wenn sie mit den Ergebnissen der Verfahren nicht einverstanden sind. 3. Grundsatz: Die Aufsichtsinstanzen sollten von den Banken erwarten, dass diese eine höhere Eigenkapitalausstattung als das aufsichtsrechtlich geforderte Mindesteigenkapital vorhalten und sie sollten die Möglichkeit haben, von den Banken eine höhere als die Mindestkapitalausstattung zu fordern. 4. Grundsatz: Die Aufsichtsinstanzen sollten frühzeitig eingreifen, um zu verhindern, dass das Eigenkapital unter die geforderte Mindestausstattung fällt, die aufgrund des Risikoprofiis einer bestimmten Bank notwendig ist. Sie sollten schnelle Abhilfe fordern, wenn das Eigenkapital nicht erhalten oder nicht wieder ersetzt wird. Die zweite Säule darf nicht isoliert betrachtet werden, sie ist vielmehr Voraussetzung fur den Einsatz der Instramente, die die erste Säule bietet. Außerdem soll sie zu einer globalen Harmonisierung der Aufsichtspraktiken fuhren, mit dem Hintergrund, die Wettbewerbsbedingungen vergleichbarer zu machen.

1.7.9.4.3

Marktdisziplin

Die dritte Säule von Basel II enthält erweiterte Publizitätsanforderungen an Banken, unter anderem bei der Berechnung der Eigenkapitalausstattung und den Methoden der Risikobe-

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

31

wertung, welche die Marktdisziplin erhöhen sollen. Sie soll die erste und zweite Säule ergänzen. Treffender noch lässt sich die dritte Säule mit „Offenlegungsanforderungen" umschreiben, denn es handelt sich um eine Vielzahl von weitgehenden Empfehlungen bzw. Vorschriften zur Offenlegung von Informationen zur Eigenkapital- und Risikoanlage der Bank. Die zu veröffentlichenden Informationen werden in vier Bereiche unterteilt und zwar in den Anwendungsbereich der Eigenkapitalvorschriften, die Eigenkapitalstruktur, die Eigenkapitaladäquanz und die eingegangenen Risiken. Um der Diskrepanz zwischen großer Transparenz und dem Schutz vertraulicher Informationen entgegenzuwirken, wurde das Konzept flexibel gestaltet, indem Umfang und Häufigkeit der Offenlegung dem Grundsatz der Wesentlichkeit entsprechen.

1.7.9.5

Unterschiede zwischen Basel I und Basel II

Die oben beschriebenen sehr unterschiedlichen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen haben auf die Kreditvergabepolitik der Banken mit hoher Wahrscheinlichkeit gravierende Auswirkungen, was man an Hand von stark vereinfachten Bankenbilanzen unter Basel I und Basel II erläutern kann.23

Basel I

Basel Π

Bankbilanz Aktiva (Vermögen)

Bankbilanz

Passiva (Kapital)

Aktiva (Vermögen)

Passiva (Kapital)

A Kredite = Forderungen

Eigenkapital =

ß

8% der Forderungen

C Kredite = Forderungen

Eigenkapital = χ % von 8 % der Forderungen

D

Abbildung 17: Bankbilanzen nach Basel I und Basel II

Basel I legte das zu hinterlegende Eigenkapital der Banken bei 8% fest, unabhängig davon, ob das Kreditinstitut vorwiegend Kunden mit einer sehr guten Bonität (A- und B-Kunden) oder mit schlechter Bonität (C- und D-Kunden) hatte. Basel II macht nun die Eigenkapitalbasis der Banken von den Gewichten der A-, B-, C- und D-Kunden abhängig. Je höher der

23

Vgl. auch Paul S „ 2002, S. 556ff.

32

1 Grundlagen

Anteil der A- und B-Kunden, desto niedriger muss das zu hinterlegende Eigenkapital sein, so dass man mit möglicherweise weniger als durchschnittlich 8% auskommt. Umgekehrt verhält es sich natürlich im Falle, dass der Anteil der C- und D-Kunden ausgeprägter ist. In diesem Falle wird die Eigenkapitalhinterlegung der Bank größer als 8% sein. Die Konsequenz ist, dass Basel II zu einem stärkeren Wettbewerb der Banken um die A- und B-Kunden fuhrt. 24 Für deutsche Unternehmen änderte sich seit 2007 durch Basel II sowohl die Festlegung von Kreditkonditionen als auch die Vorgehensweise der Banken bei der Bonitätsbeurteilung.

Kreditkonditionen

Bonitätsbeurteilung Abbildung 18: Kreditkonditionen

1.7.9.6

Basel I

Basel II

Kaum Berücksichtigung der Bonität bei der Festlegung des Kreditzinses

Bonitätseinstufung bestimmt Eigenkapitalhinterlegung der Banken und damit die Höhe der Kreditzinsen

Konventionelle Bonitatsprufung und Bonitätsbeurteilung

. , , ,. • » • ΓUmfassendes nRating

nach Basel I und Basel II

Zusammenfassung von Basel II

Die oben skizzierten Baseler Eigenkapitalvereinbarungen haben elementare Auswirkungen sowohl auf die Kreditvergabepolitik der Banken, als auch auf bzw. für die kreditsuchenden Unternehmen. •

Die erforderliche Eigenkapitalausstattung der Banken ist jetzt sehr viel stärker als unter Basel I an das Risiko der Kreditportfolioposition gekoppelt.



Banken, die verstärkt bonitätsschwache Unternehmen in ihrem Portfolio haben, müssen zur eigenen Risikoabsicherung verstärkt eigenes Eigenkapital aufbauen.



Bonitätsschwache Unternehmen erhalten somit von den Banken entweder gar kein Bankendarlehen mehr oder zu sehr viel teureren Zinskonditionen.



Zur Aufnahme von Bankenkrediten ist somit ein externes oder bankeninternes Rating erforderlich, um die Zinskonditionen bestimmen zu können.

24

Siehe Fallstudie 1.

1.7 Die rechtlichen und faktischen Rahmenbedingungen des Risikomanagements

33

An späterer Stelle dieses Buches werden deshalb Ratingverfahren vorgestellt, aus denen sich die Bonität, die Risiken und eingeschränkt auch die Zinskonditionen, die die Banken einfordern würden, ableiten lassen.

2

Zielbildung und Risikoidentifikation

Im diesem Kapitel der Zielbildung und der Risikoidentifikation werden aufeinander aufbauend elementare Bausteine als Vorstufe der Risikobewertung entwickelt. Diese sind im Einzelnen: •

das Zielsystem der Unternehmung als Basis bzw. als notwendige Voraussetzung für die Erreichung aller unternehmerischen Ziele,



die Darstellung und Entwicklung von Instrumenten und Methoden der Risikoidentifikation,



die Ableitung von unternehmerischen Risikofeldern und daraus entwickelt



ein spezifisches internes Ratingsystem zur Risikoidentifikation sowie



das Risikoinventar, das eine Vorstufe der Risikobewertung darstellt.

2.1

Das Zielsystem einer Unternehmung

Basierend auf den Unternehmensleitlinien und den obersten strategischen Maximen einer Unternehmung werden zunächst die unternehmerischen Ziele festgelegt, wobei sich eine prozessuale oder eine funktionale Gliederung anbietet und man zusätzlich noch in die langfristigen strategischen und kurz- bis mittelfristigen operativen Ziele untergliedern kann. Grundsätzlich werden leistungswirtschaftliche, soziale und finanzielle Unternehmensziele definiert, die dann die Basis bilden fur die Zielsetzung innerhalb des Risikomanagementsystems bzw. des Risikomanagementprozesses.

2 Zielbildung und Risikoidentifikation

36

Abbildung 19: Das Zielsystem einer Unternehmung

Innerhalb des Zielsystems nehmen die leistungswirtschaftlichen Ziele eine bedeutende Stellung ein. Es handelt sich hierbei um die elementaren strategischen und operativen Beschaffungs-, Produktions- und Absatzziele. Zu den strategischen und operativen Absatzzielen zählen: •

die Erreichung eines hohen Marktanteils,



die Erhöhung des Bekanntheitsgrades,



die Erzielung eines vorgegebenen Umsatzes und



der pünktliche Zahlungseingang.

Sind die Absatzziele definiert, können daraus die strategischen und operativen Beschaffungssowie Produktionsziele abgeleitet werden. Beschaffungsziele sind: •

Lieferantenflexibilität bei Versorgungsengpässen,



Kostenreduktion bei wichtigen Rohstoffen,



gleich bleibendes Qualitätsniveau der Produkte,



Preisstabilität,



Wirtschaftlichkeit sowie



die Versorgungssicherheit.

2.2 Früherkennungssysteme als Instrument der Risikoidentifikation

37

In das Segment der Produktionsziele fallen: •

die Kostenfìihrerschaft,



die Produktionsoptimierung,



die Realisierung des vorgegebenen Produktionsprogramms,



eine hohe Produktivität und



eine hohe Kapazitätsauslastung.

Die sozialen Ziele sind i.d.R. qualitativer Natur und betreffen: •

Mitarbeiterspezifische Angelegenheiten,



gesellschaftsbezogene Ziele,



die unternehmerische Umweltpolitik sowie



das Unternehmensimage.

Die finanziellen Unternehmensziele konzentrieren sich auf: •

den Erhalt bzw. die Steigerung des (Unternehmens)Wertes,



die jederzeitige Sicherung der Zahlungsbereitschaft (Liquidität),



ein adäquates Umsatzwachstum,



einen ausreichenden Cashflow und auf



die Erzielung einer angemessenen Rentabilität des eingesetzten Kapitals.

2.2

Früherkennungssysteme als Instrument der Risikoidentifikation

Hat man aus dem Zielsystem die unternehmensspezifischen Ziele abgeleitet, so werden im nächsten Schritt Risiken identifiziert. Hierzu hat man eine Reihe von Instrumenten bzw. Methoden zur Verfügung. Kennzahlenanalysen: Bei Kennzahlenanalysen werden quantitative Daten, bspw. aus dem internen und externen Rechnungswesen erhoben und im Rahmen eines Benchmarking analysiert, um daraus etwaige Risikofelder identifizieren zu können. Dabei können sowohl absolute als auch relative Kennzahlen herangezogen werden. Absolute Kennzahlen machen allerdings nur im unternehmensinternen Vergleich einen Sinn, beispielsweise dann, wenn man den Kapitaldienst als absolute Kennzahl im Zeitablauf darstellt, um daraus Rückschlüsse auf die Entwicklung der Zahlungsfähigkeit der Unternehmung ziehen zu können. Bei relativen Kennzahlen bietet sich auch ein Unternehmensvergleich an. So kann bspw. der Vergleich der

38

2 Zielbildung und Risikoidentifikation

Eigenkapitalrentabilität, also der Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals mit Branchenunternehmen einen ersten Anhaltspunkt fur eine drohende Risikoposition bedeuten. Expertenbefragung: Bei der Expertenbefragung werden fachlich qualifizierte, meist externe und auch wissenschaftlich ausgebildete Fachleute eingesetzt, die zu ausgewählten Problembereichen Stellung beziehen können. Bspw. bietet sich im Rahmen des Risikomanagementprozesses die Hinzuziehung von speziellen Anwälten und Steuerberatern an, die zu rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen Auskunft geben können. Regelmäßige Workshops: Hierbei werden unternehmensintern in immer wieder kehrenden (gleichen) Abständen Analysen zu Risikobereichen erstellt. Dazu werden die Verantwortlichen befragt, bei denen es sich i.d.R. um die Experten aus den verschiedenen Unternehmensbereichen handelt. Durch die wiederkehrende Analyse soll ein umfassendes Gesamtbild zum Risikoportfolio des Unternehmens möglich werden. Zeitreihenanalysen: Bei der Zeitreihenanalyse handelt es sich um ein statistisches Verfahren, bei dem einzelne Werte im Zeitablauf dargestellt und in Komponenten, wie den Trend, die Saison oder die konjunkturelle Komponente zerlegt werden. Brainstorming: Der Grundgedanke des Brainstormings ist, einen interdisziplinären, d.h. unternehmerischen und unternehmensinternen Teilnehmerkreis zur Entwicklung von Ideen anzuregen. Der Vorteil dieser Methode liegt im geringen Zeitaufwand, den geringen Kosten und der schnellen Ideensammlung. Der Nachteil liegt eindeutig in der begrenzten Anzahl von Teilnehmern. Es existiert kein vorgeschriebener Ablauf, es sollten jedoch einige Punkte beachtet werden: •

Die Teilnehmerzahl beträgt fünf bis acht Personen,



wobei der Teilnehmerkreis möglichst hierarchisch gleichgestellt ist,



die Dauer beträgt maximal 45 Minuten,



Ideen werden schriftlich festgehalten,



alle Ideen werden grundsätzlich festgehalten,



Ideen sollen anschließend weiterentwickelt werden können und



Ideen werden abschließend von der Gruppe bewertet und ggfs. Handlungsmaßnahmen abgeleitet.

Brainwriting (Methode 635): Diese Methode ist eine Abwandlung des Brainstormings. Sechs Teilnehmer einer Gruppe notieren jeweils drei Ideen auf einem Blatt. Die Teilnehmer erhalten dann das Formblatt ihres Nachbarn, um sich von dessen Ideen anregen zu lassen und deren Gedanken weiterzuentwickeln. Dieser Prozess der Weiterentwicklung findet fünf Runden statt. Am Ende werden alle Mitglieder über sämtliche Ideen urteilen und als Gruppe Handlungsempfehlungen aussprechen. Delphimethode: Hierbei handelt es sich um eine schriftliche Befragung von mehreren Experten zur Einschätzung über künftige qualitative und quantitative Entwicklungen. Dieses

2.2 Früherkennungssysteme als Instrument der Risikoidentifikation

39

Verfahren stellt einen anonymen und iterativen Prozess dar, d.h., die Teilnehmer kennen die Zusammensetzung der Gesamtgruppe nicht. In der ersten Befragungsrunde legen die Experten die erforderlichen Prämissen für die Prognose der zukünftigen Entwicklung fest. In der zweiten Runde werden diese vom Projektleiter den Testpersonen präsentiert und gleichzeitig zur Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten aufgefordert. In den folgenden Runden haben die Experten die aus der vorigen Runde ermittelten Gruppenurteile erneut zu bewerten und kritisch zu begründen. Durch diese wiederholte Befragung lassen sich objektivere Aussagewerte bestimmen. Nachteilig sind die starre Befragungstechnik und der hohe Zeit- und Kostenaufwand. Simulationsverfahren: Mit Hilfe der Simulationstechnik wird ein vorher definiertes Modell auf seine Sensitivität hin überprüft, d.h. man versucht herauszufinden, wie sich eine abhängige Variable (bspw. der Materialaufwand) verändert, wenn sich die unabhängige erklärende Variable (bspw. der Umsatzerlös) verändert. Ein bekanntes Verfahren der Simulationstechnik ist die Monte Carlo Simulation, die im Risikomanagement eine weite Verbreitung gefunden hat und die auch im vorliegenden Buch ausführlich beschrieben wird. Entscheidungsbaumverfahren: Beim Entscheidungsbaumverfahren werden, ausgehend von einem Startpunkt, verschiedene Handlungsalternativen dargestellt und mit Hilfe deren Eintrittswahrscheinlichkeiten und Auswirkungen analysiert. I.d.R. handelt es sich beim Entscheidungsbaumverfahren um ein mehrstufiges Verfahren, d.h. dass eine gewählte Handlungsalternative wiederum neue Handlungsalternativen und deren Auswirkungen mit sich bringt. Die in der Kurzform dargestellten Verfahren haben in der Praxis einen ganz unterschiedlichen Verbreitungsgrad gefunden (Angaben in %). 25

Sonstige Ehtscheidungsbaumverfahren Simulationsverfahren

12,7 ZZI 2,2 Z U 2,7

Brainstorming

~1 10.8

Zeitreihenanalysen

I 11,8

Expertenbefragung Kennzahlenanalyse

. .;. 0

"V: 5

Abbildung 20: Bedeutung der Früherkennungssysteme

25

-:

10

15

in Deutschland

Vgl. eine R i s i k o m a n a g e m e n t s t u d i e des Control 1er-Verein e.V., 2001.

20



~~124,3 :

25

\ 27,5 30

40

2 Zielbildung und Risikoidentifikation

Mit Abstand am häufigsten zur Anwendung kommt im Rahmen der Risikoidentifikation somit die Kennzahlenanalyse. Deren Weiterentwicklung ist ein Ratingsystem, das neben Kennzahlen auch qualitative Faktoren beinhaltet. Rating kann somit als unternehmensspezifisches Risikoidentifikationssystem verstanden und angewendet werden. Aufgrund der hohen Praktikabilität wird deshalb, nach der Darstellung der unternehmerischen Risikofelder, detailliert auf Ratingsysteme eingegangen.

2.3

Unternehmerische Risikofelder

Für einen sinnvollen und effektiven Umgang mit Risiken ist es zunächst einmal erforderlich, die Risikolage einer Unternehmung einschätzen zu können. Jede Unternehmung, unabhängig von der Größe, der Branche und der Struktur, ist einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt, die es zu identifizieren und zu erfassen gilt. Aufbauend auf den unternehmerischen Zielen sollte zunächst eine möglichst grobe, allgemeingültige Risikosystematik erarbeitet werden. Nachstehende Abbildung etwa teilt Unternehmerrisiken zunächst in acht Risikobereiche, denen dann die verschiedenen Risikoarten zugeordnet werden.

Vermögensrisiken

• e In rt (100)

Bsp.: In r2 = In 0,9871 ( 100) = -1,298

Nachfolgend wird die gesamte Arbeitstabelle dargestellt und anhand dieser alle weiteren Schritte erläutert: Datum 05.10.2009 06.10.2009 07.10.2009 08.10.2009

EK-Preis 33,34 32,91 33,18 33,54

09.10.2009 12.10.2009 13.10.2009 14.10.2009

33,20 33,75 34,01 34,42 34,54 34,71

15.10.2009 16.10.2009

rt

0,987

In rt(' 100 )

(In rt - μ)2

-1,298 0,817 1,079

3,047 0,137 0,399

0,990 1,017 1,008

-1,019 1,643 0,767

2,150 1,429 0,102

1,012 1,003 1,005

1,198 0,348 0,491

0,564 0,010 0,002

4,026

7,840

1,008 1,011

Abbildung 54: Arbeitstabelle zur Ermittlung der annualisierten Volatilität

3. Schritt: Bildung des Durchschnittswertes der logarithmierten Veränderungsraten μ: μ = - · Σ 1 η Γ , η i=i

Bsp.:

μ = - · 4 , 0 2 6 = 9

0,447

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

85

4. Schritt: Berechnung der Varianz σ 2 und der Standardabweichung σ: Die allgemeine Formel der Varianz lautet:

ι 1 n t σ2=-Σ(1ηΓ(-μ)2 η i=i Im vorliegenden Fall wird der Wert der Varianz aus einer (kleinen) Stichprobe gezogen. Um einen so genannten erwartungstreuen Schätzwert fur die Varianz der Grundgesamtheit zu erhalten, wird verlangt, die Summe der quadrierten Abweichung durch n-1 zu dividieren. Die Formel fur die erwartungstreue Varianzschätzung lautet somit: σ2 = —-—Σ(1ηΓ(-μ)2 η — 1 i=i

Bsp.: σ 2 = — -7,84 = 0,98 9-1

Daraus ergibt sich die Standardabweichung: σ = Va2 =

= 0,99

5. Schritt: Bildung der annualisierten Veränderungsrate (=Volatilität) Die Berechnung der annualisierten Veränderungsrate erfolgt allgemein mit der Formel:

wobei η im vorliegenden Fall das auf das Jahr bezogene Zeiteinteilungsintervall ist. Liegen Tageswerte vor, so unterstellt man n=250 Arbeitstage, bei Wochenwerten ist n=52, bei Monatswerten entsprechend n=12 und bei Quartalswerten entspricht n=4. Den annualisierten Jahreswert (o ann ) erhält man also: auf Basis von Tagesrenditen durch:

σ3ηη =a-y¡250 auf Basis von Wochenrenditen durch: auf Basis von Monatsrenditen durch: auf Basis von Quartalsrenditen durch: In obigem Beispiel ergibt sich: σ 3 η = 0 , 9 9 · Λ/250 =15,653

σ„ πη = σ · V i l

86

3 Risikobewertung

Bezogen auf das Jahr, wird folglich bei den Einkaufspreisen mit einer Volatilität in Höhe von 15,653% gerechnet. 45

3.1.3.2

Value at Risk

Der Value at Risk („wahrscheinlicher Höchstschaden") wurde als statistisches Risikomaß erstmals in den 90er Jahren von der Investmentgesellschaft Morgan Stanley im Rahmen der Risikobewertung eingesetzt. 46 Definiert ist er als Schadenshöhe, die in einem bestimmten Zeitraum mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau von z.B. 95%) nicht überschritten wird. Der Gedanke des Value at Risk baut damit auf der bereits besprochenen (Standard)Normalverteilung auf, wie die Abbildung verdeutlicht.

Abbildung 55: Der Value at Risk

1. Beispiel: Bezogen auf die im vorangegangenen Kapitel dargestellten beiden Investitionsobjekte ergibt sich der entsprechende Value at Risk wie folgt: Für Ii: χ, = 3,4% - 1,65 ' 8,3% = -10,30% (Value at Risk auf dem 95%-Niveau) x 2 = 3,4% - 2,33 ' 8,3% = -15,94% (Value at Risk auf dem 99%-Niveau) Mit einem vorgegebenen Vertrauensbereich von 95% bzw. 99% wird die Rendite von -10,3% bzw. -15,94% folglich nicht überschritten. Man kann es auch anders formulieren.

45 46

Siehe Fallstudie 11.

Vgl. Uhlir H./Aussenegg W., 1996, S. 83Iff. und Weiß G./Aßmann M., 2008, S. 455ff. Der Value at Risk wird gelegentlich auch als statistisches Maß branchenspezifisch weiterentwickelt. Vgl. Winter P., 2004, S. 289ff.

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

87

Das „Restrisiko", dass die Rendite einen negativen Wert von 10,3% bzw. 15,94% überschreitet, beträgt 5% bzw. 1%.

2. Beispiel: Anhand eines vorgegebenen Konfidenzintervalls auf dem 95%-Niveau soll der Value at Risk bestimmt werden. Es liegen die drei Gewinnsituationen G¡ (in Mio. €) mit jeweils gleicher Eintrittswahrscheinlichkeit Ρ vor:

G,

G2

G.,

Ρ

-10

10

20

20

20

25

0,1 0,2

30

30

30

0,4

40

40

35

0,2

70

50

40

0,1

Abbildung 56: Ermittlung des Value at Risk

Zunächst sind für alle drei Gewinnsituationen die Erwartungswerte zu bestimmen. Dieser beträgt jeweils μ, = 30, denn es gilt: μ, = - 1 0 0,1 + 2 0 0 , 2 + 30 0 , 4 + 40 0 , 2 + 70 0,1 = 3 0 μ 2 = 10 0,1 + 2 0 0,2 + 30 0,4 + 40 0,2 + 50 0,1 = 3 0 μ 3 = 20 0,1 + 2 5 0,2 + 30 0,4 + 35 0,2 + 40 0,1 = 3 0 Allerdings unterscheiden sich die Varianzen σ 2 , und die daraus abgeleiteten Standardabweichungen a¡ voneinander. σ 2 | = (-10-30) 2 0,1 + (20-30) 2 0,2 + (30-30) 2 ' 0,4 + (40-30) 2 0,2 + (70-30) 2 0,1 = 360 σ22 = ( 10-30)2 0,1 + (20-30) 2 • 0,2 + (30-30) 2 0,4 + (40-30) 2 0,2 + (50-30) 2 0,1 = 120 σ 2 3 = (20-3O)2 0,1 + (25-30) 2 0,2 + (30-30) 2 0,4 + (35-30) 2 • 0,2 + (40-30) 2 0,1 = 30 Daraus errechnen sich die Standardabweichungen: σ, = 18,97 σ 2 = 10,95 σ 3 = 5,48

88

3 Risikobewertung

Aus dem vorgegebenen Konfidenzniveau in Höhe von 95% folgt der z-Wert von -1,65 und schließlich für die einzelnen Gewinnsituationen die kritischen Value at Risk Werte: χ, = - 1,65 · 18,97+ 30 = -1,3 x 2 = - 1,65 10,95 + 30 = 11,93 x 3 = - 1,65 5,48 + 30 = 20,96 D.h., mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% werden bei den Alternativen 1 bis 3 höchstens Xi = 1,3 Verluste, bzw. bei x2/x3 mindestens 11,93/20,96 Gewinne realisiert. Ebenso könnte man mit dem Verfahren der Standardnormalverteilung bspw. die Frage beantworten, mit welcher Wahrscheinlichkeit bei den Alternativen kein Gewinn erwirtschaftet wird, wo also die Situation χ < 0 eintritt. χ = 0 eingesetzt in die standardisierte Normalverteilungsformel ergibt dann die Zj-Werte und daraus abgeleitet die Wahrscheinlichkeiten P¡: ζ, =-1,58

=>

Pi = 5,71%

z2 = -2,74

=>

P 2 = 0,31%

z 3 = -5,47

=>

P 3 = 0%

Aus den Ergebnissen folgt unmittelbar, dass das Risiko entscheidend von der Höhe der Standardabweichung σ abhängig ist, d.h., je größer σ, desto höher das Risiko. 47 Im Rahmen der Risikoanalyse besteht ein besonderes Problem darin, einzelne Risiken, insbesondere die, die für den unternehmerischen Fortbestand bedeutsam sind, zu quantifizieren und in ihrem Zusammenspiel zu bewerten, d.h. zu aggregieren. 48 Diese Aggregation ist das Hauptprobleme innerhalb des Risikomanagementprozesses, denn die Risiken in ihrer Summe, die einzelnen Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen und damit zusammengefasst der Gesamtrisikoumfang stellt die eigentliche Herausforderung an die Unternehmensleitung dar. Deshalb wurden Verfahren entwickelt, mittels denen man Risiken zusammenfassen, ihre Auswirkungen simulieren und letztlich zu einwertigen Größen verdichten kann. Eines der bekannten Maße stellt der hier vorgestellte Value at Risk dar, der beispielsweise folgende Aussagen erlaubt:

47 48

Siehe Fallstudien 12 und 13. Vgl. Gleißner W./Meier G„ 1999, S. 926ff.

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

89



Mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1% wird die Unternehmung im kommenden Jahr einen Liquiditätsengpass von mehr als 100 Mio. € erleiden.



Mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 5% wird die Unternehmung im kommenden Jahr einen Verlust von mehr als 10 Mio. € produzieren.

Diese Aussagen ermöglichen es dann der Unternehmensleitung, geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten oder aber schlicht, mit dem „Restrisiko" zu leben. 49 Der Value at Risk kann auf unterschiedlichste Arten abgeleitet werden. Findet man eine komplexe Struktur vor, wie dies in der Praxis im Tagesgeschäft einer Unternehmung normalerweise der Fall ist, so kann man ihn simulieren, wobei sich die Monte-Carlo-Simulation anbietet, da sie relativ leicht mit herkömmlichen Tabellenkalkulationsprogrammen durchfuhrbar ist. Die Monte-Carlo-Simulation erlaubt es dabei in besonderem Maße, die verschiedenen Risiken anhand von Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu verdichten. Liegen bereits konkrete Parameter für eine Problemstellung vor, hat man bspw. bereits Erwartungswerte und Standardabweichungen von Gewinnen in einer Abrechnungsperiode, so wie im vorliegenden Beispiel, folgt man dem oben beschriebenen Verfahren. Bei letzterem unterstellt man also, dass die untersuchten Parameter einer (Standard)Normalverteilung folgen. Etwas später wird das Instrumentarium des Value at Risk nochmals aufgegriffen, nämlich dann, wenn Risiken mittels der Monte-Carlo-Simulation rechenbar gemacht werden.

3.1.3.3

Kovarianzanalyse

Die Kovarianz beschreibt den Zusammenhang zwischen zwei unabhängigen Variablen χ und y, ohne dabei allerdings die Stärke des Zusammenhangs zu konkretisieren. Die Konkretisierung erfolgt später im Rahmen der Korrelationsanalyse, bei der die Kovarianz eine entscheidende Rolle spielt, oder im Rahmen der Regressionsanalyse, bei der die Kovarianz das Steigungsmaß des Regressionsansatzes bestimmt. In Verbindung bzw. als Bestandteil der Volatilitätsmessung wird die Kovarianz ferner im Rahmen der Risikodiversifikation benötigt. Cov

1 » x,y = - · Σ ( χ ί - μ χ ) · ( Υ ί - μ ν ) η

i=i

mit: Xi = Merkmalsausprägung der χ-Werte μ χ = Erwartungswert der x-Werte y¡ = Merkmalsausprägung der y-Werte μ ν = Erwartungswert der y-Werte

49 Der in der Praxis häufig zur Anwendung kommende Ansatz des Value at Risk ist jedoch nicht unumstritten. Vgl. Weiß G., 2008, S. 270ff.

3 Risikobewertung

90

Aus der Formel der Kovarianz wird ersichtlich, dass sie ein positives Vorzeichen hat, wenn die Merkmale der χ und y-Werte gleichlaufend sind, d.h. entweder beide positive bzw. beide negative Werte aufweisen. Bei gegenläufigen Merkmalen besitzt die Kovarianz ein negatives Vorzeichen. Beispiel: Beschreibe die Renditereihe des obigen Investitionsobjektes 1 (rn) die Merkmalsausprägung x¡ und die Renditereihe des Investitionsobjektes 2 (ri2) die Merkmalsausprägung y¡, so lässt sich die Kovarianz aus nachfolgender Arbeitstabelle ableiten:

Χ;-μ

Xj

y,

[in % ]

[in % . ]

6,5

30,4

12,1 5,4 -10,3

-3,3

μχ-3,4

μν=

Yi-My

(Χί-μχ)·(γ;-μγ)

17,1 -16,6

53,01 -144,42

10,3

3,1 8,7 2,0

-3,0

-6,00

15,6

-13,7

2,3

-31,51

χ

13,3

-128,92

Abbildung 57: Ermittlung der Kovarianz

Cov x

-128,92 = -32,23

y

Es besteht zwischen den beiden Investitionsobjekten somit eine negative Beziehung, d.h. beide haben tendenziell ein gegenläufiges Verhalten. Steigt/fallt die Rendite des Investitionsobjektes 1, so fallt/steigt die Rendite des Investitionsobjektes 2. Diese Beziehung spielt bei dem nun folgenden Minimum-Varianz-Ansatz eine zentrale Rolle.50 3.1.3.4

Minimum-Varianz-Ansatz

Wurden oben die Instrumentarien Rendite und Volatilität auf einzelne Investitionsobjekte angewendet, so soll jetzt die Frage gestellt und ggfs. beantwortet werden, ob nicht eine Teilrealisierung der verschiedenen Objekte zu einer im Hinblick auf Rendite und Risiko günstigeren Gesamtsituation fuhren kann. Dies setzt natürlich grundsätzlich die beliebige Teilbarkeit der Investitionsobjekte voraus. Diesen Gedanken greift der Minimum-Varianz-Ansatz auf, dessen Ziel darin besteht, ein Gesamtportfolio aus verschiedenen Einzelobjekten zu bilden, das die Gesamtvolatilität und damit das Gesamtrisiko minimiert. Es soll anhand der beiden Investitionsobjekte 1 und 2 erläutert werden.

50

Siehe Fallstudie 14.

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

91

Die (erwartete) Gesamtrendite des Portfolios μρ0ιΚοΐίο sowie dessen Gesamtvolatilität a P0rt f 0 i i0 wird durch folgende Formeln beschrieben: l·1 Portfolio = ( μ χ · λ

χ

) +

^Portfolio = ^ / ( σ χ 2 · λ

χ

( μ

2

)

ν

· λ

γ

)

+ ( σ γ 2 -/.y2) + ( 2 - C o v x

y ·λ

·λ

χ

γ

)

Neben den bereits bekannten Erwartungswerten μι und Varianzen o¡ 2 ist also die oben diskutierende Kovarianz (Cov x y ) ein Bestandteil des Gesamtrisikoportfolios, λ, sind die Anteile der beiden Investitionsobjekte χ und y. B e i s p i e l : Für die beiden Investitionsobjekte (siehe oben) erhalten wir - in 10%-igen Anteilsschritten - eine Minimierung des Risikoportfolios bei einem Mischungsverhältnis von 6 0 - 4 0 zugunsten des Investitionsobjektes 1. Zur Erinnerung hier die Einzelwerte: 5 1 μ χ = 3 , 4 3 ; μ ν = 13,27; σ χ = 8,30; o y = 12,09; Cov = - 3 2 , 2 3 .

Mischungsverhältnisse in % Κ

0

10

2 0

3 0

4 0

5 0

6 0

7 0

8 0

9 0

1 0 0

1 0 0

9 0

8 0

7 0

6 0

5 0

4 0

3 0

2 0

10

0

Mportfolio

13,27

12,28

11,30

10,32

9,33

8,35

7,37

6 , 3 8

5 , 4 0

4,41

3,43

^portfolio

12,09

10,64

9 , 2 6

8,01

6,93

6 , 1 2

5,71

5,77

6 , 2 9

7,17

8,30

Abbildung 58: Rendite und Volatilität eines Gesamtportfolios

Die Abbildung enthält neben dem risikominimierenden Mischungsverhältnis von 6 0 zu 4 0 zugunsten von Investitionsobjekt 1 ( x ) aber noch andere interessante Informationen. J e größer der Portfolioanteil von I,, desto niedriger wird die Gesamtrendite. Ausgehend von einem Portfolio, das ausschließlich aus I 2 (y) besteht, erkauft man sich also durch die Beimischung von I| die Reduzierung des Risikos durch eine sinkende Rendite. Weitere Informationen erhält man anhand der graphischen Aufbereitung der Rendite/Risikokombinationen durch nachfolgendes μ-σ-Diagramm.

51

Berechnung mit zwei N a c h k o m m a s t e l i e n .

3 Risikobewertung

92

Portfoliomix w>n II und 12

Volatilität in %

Abbildung 59: μ-σ-Diagramm eines Gesamtportfolios

Offensichtlich existiert ein Bereich, der aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus irrelevant ist. Ausgehend von der Portfoliozusammensetzung 60 zu 40, die zu einer RenditeVolatilitätskombination von 7,37%/5,71% fuhrt, sind alle Bereiche unterhalb ineffizient, da hier trotz wieder ansteigender Volatilität - also des Risikos - die Gesamtrendite abnimmt. Lediglich Punkte oberhalb der Kombination 60 zu 40 kommen als Portfoliozusammensetzungsmöglichkeiten überhaupt in Frage. Der „risikoeffiziente" Bereich wird also durch den positiven Ast der obigen Kurve beschrieben. Die Mengenkombination von 60 zu 40 mit der entsprechend niedrigsten Volatilität beschreibt somit den Punkt, bei dem die Varianz das Minimum aufweist. Sie ist jetzt für den Entscheidungsträger der Ausgangspunkt fur alle weiteren wirtschaftlichen Überlegungen. So kann man bspw. durch Reduktion/Erhöhung des Ii/[ 2 -Anteils die Renditeerwartung erhöhen, was aber dann sukzessive mit einem ansteigenden Risiko erkauft wird. 3.1.3.5

Korrelationsanalyse

Mit der Korrelation bzw. dem Korrelationskoeffizienten (r) wird der lineare Zusammenhang zweier Merkmale gemessen. Zielsetzung der Korrelationsanalyse ist es somit, Beziehungen zwischen zwei Variablen aufzudecken, zu quantifizieren und schließlich zu testen. Beide Merkmale können dabei „gleichberechtigt" nebeneinander stehen, d.h. man unterscheidet nicht in abhängige (endogene, zu erklärende) und unabhängige (exogene, erklärende) Merkmale.

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

93

Von Interesse ist der Grad des Zusammenhangs, wobei der Korrelationskoeffizient, unabhängig von der Ausprägung, immer auf das Intervall [-1, +1] beschränkt ist. Es handelt sich somit um ein normiertes statistisches Maß. Folgende Aussagen lassen sich zum Korrelationskoeffizienten treffen: •

Es gilt immer-1 < r < 1.



Je näher I r I an 1 liegt, desto weniger weichen die Einzelwerte von einer (gedachten) Geraden ab.



r = 0 bedeutet, dass die beiden Merkmale (x und y) keinen Zusammenhang erkennen lassen.



r = 1 bedeutet einen perfekten positiven Zusammenhang der Merkmale, r = -1 bedeutet einen perfekten negativen Zusammenhang der Merkmale.



r > 0 heißt: y nimmt mit steigendem χ ebenfalls zu; r < 0 heißt: y nimmt ab, wenn χ zunimmt.



Abweichungen von r = 1 können aber auch auf Nichtlinearität hinweisen, wie in der folgenden Abbildung das Bild rechts unten zeigt.

r = 0.9 x

x

χ

χ

r = 0,90

Abbildung 60: Korrelationsmuster

Die Korrelationsanalyse gibt es in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Es gibt den •



Korrelationskoeffizienten nach Bravais-Pearson (rBp), der bei metrischen Daten zur Anwendung kommt und zwar sowohl fur gruppierte als auch ungruppierte Daten sowie den Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman (r s ), für den ordinal skalierte Daten ausreichen.

Beide haben, obwohl von unterschiedlichen Datenqualitäten ausgehend, die gleiche Aussagekraft, ebenso ist Aufbau und Vorgehensweise der Analyse identisch. Im hier vorliegenden

94

3 Risikobewertung

Fall konzentrieren wir uns auf den „klassischen" Korrelationskoeffizienten nach BravaisPearson mit folgendem Aufbau: η Σ(χί-μχ)·(Υί-μν)

η

i=i

r =

v

_

,/Σ(χί-μχ)2·Σ(Υ1-μν)2 V i=I

*y

^QxxQyy

i=l

wobei 1 η μ χ = — Σ χ ί = Mittelwert (Erwartungswert) der χ-Werte η

i=i

1 η μ = — · Σ y i = Mittelwert (Erwartungswert) der y-Werte η i=i η Qxy — Σ(Χί

μ χ ) ' Cy¡

My) Es handelt sich hier um die bereits behandelte Kovarianz

i=l

η , Q x x = Σ ( * ί - μ χ ) = Summe der quadrierten Abweichungen der x-Werte i=l

η Qyy = Z ( y ¡ ~ μ γ ) = Summe der quadrierten Abweichungen der y-Werte i=l

Beispiel: Beschreibe die Renditereihe des obigen Investitionsobjektes 1 (r n ) wiederum die Merkmalsausprägung x¡ und die Renditereihe des Investitionsobjektes 2 (rI2) die Merkmalsausprägung y¡, so lässt sich die Korrelation aus nachfolgender Arbeitstabelle ableiten:

*i



[in %]

[in %]

6,5

30,4

12,1 5,4 -10,3

-3,3 10,3 15,6

μχ = 3,4

μν = 13,3

Abbildung

61: Arbeilstabelle

χ, - μ χ 3,1 8,7 2,0 -13,7

zur Ermittlung

yi

(x¡ - M x ) - ( y j " M y )

(χ. - μ χ ) 2

(Υί-μγ)2

53,01 -144,42

9,61

292,41

75,69

275,56

-31,51

4,00 187,69

9,00 5,29

-128,92

276,99

582,26

17,1 -16,6 -3,0 2,3

der

-6,00

Korrelation

52

Im Rahmen der deskriptiven Statistik wird der Erwartungswert μ χ durch den Mittelwert der Grundgesamtheit X ersetzt. Inhaltlich sind es aber die gleichen Größen.

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

r =

η Σ(χί-μχ)·(Υί-μϊ)

-128,92

i=l

Σ(χί-μχ)

i=l

·Σ(Υι-μγ)

2

V276,99· 582,26

95

-0,32

i=l

Der Korrelationskoeffizient deutet auf einen negativen Zusammenhang zwischen den beiden Investitionsobjekten hin. D.h., mit steigenden/fallenden Renditen des Investitionsobjektes 1 fallt/steigt tendenziell die Rendite des Objektes 2. Aus Risikominimierungsgesichtspunkten heraus wäre also eine Kombination der beiden Investitionsobjekte sinnvoll, da sich ihre Renditen gegenläufig zueinander verhalten.53 3.1.3.6

Regressionsanalyse

Ebenso wie es zur Korrelationsanalyse verschiedene Ausprägungen gibt, so kommt die Regressionsanalyse in unterschiedlichen Varianten vor. • • •



Die einfache (lineare) Regression unterstellt zwischen einer abhängigen und einer unabhängigen Variablen einen linearen Zusammenhang. Die multiple (lineare) Regression unterstellt zwischen einer/mehreren abhängigen und mehreren unabhängigen Variablen einen linearen Zusammenhang. Die quasilineare Regression fuhrt eine nichtlineare Beziehung zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen durch geeignete Transformation wieder in einen linearen Ansatz zurück. Die nichtlineare Regression geht davon aus, dass es auch durch Transformation nicht möglich ist, die Beziehung zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen zu linearisieren und benutzt deshalb im Vergleich zu den ersten drei Verfahren einen modifizierten Ansatz.

Im Rahmen der Risikoanalyse kann sich die Darstellung auf die einfache lineare Regression beschränken. Die lineare Einfachregression: •



53

54

beschreibt den Zusammenhang zwischen zwei quantitativen Variablen, bei der die eine Variable die Ursache (Einflussgröße x, unabhängige oder exogene Größe) und die andere Variable die Wirkung (Zielgröße y, abhängige oder endogene Größe) ist.54 Sie wird manchmal auch als Hilfskonstruktion zur Beurteilung von Korrelationen verwendet. Während die Korrelation jedoch die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen beschreibt, untersucht die Regressionsanalyse, ob es überhaupt einen (positiven oder negativen) Zusammenhang zwischen den beiden Variablen gibt.

Siehe Fallstudie 15.

Dies ist der entscheidende Unterschied zur Korrelationsanalyse, bei der die beiden Merkmale χ und y gleichberechtigt sind, d.h., diese erfordert keinen funktionalen Zusammenhang.

96 •

3 Risikobewertung Mit der gefundenen Regressionsgeraden kann man im Anschluss Schätzungen (Prognosen) für die Zielgröße y vornehmen.

Der Regressionsansatz schätzt die „Gleichung der besten Geraden" y¡ = b , + b 2 -x¡ Als Kriterium gilt: X(y¡ - y ¡ ) 2 —> Minimum i=l

b | und b2 werden so bestimmt, dass die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen den Schätzwerten y¡ und den Messwerten y¡ über alle η Messwerte so klein wie möglich ist. Deshalb spricht man auch von der Methode der kleinsten Quadrate. Aus der Minimum-Bedingung können folgende Berechnungsformeln für bj und b2 abgeleitet werden: 11

Σ(χί-μχ)·(Υί-μν)

b2 =

i=l

η _

Vxy

Σ(χί-μχ)2 i=I

b, = μ ν - b 2 · μ χ Das Beispiel aus den vorangegangenen Kapiteln ist in dieser Ausprägung weniger für die Regressionsanalyse geeignet, da eine unterstellte Abhängigkeit zweier Investitionsobjekte voneinander wirtschaftlich betrachtet keinen großen Sinn ergibt. Aus diesem Grund unterstellen wir die Abhängigkeit des Investitionsobjektes 1 von einem Vergleichsindex. Beispiel: Es soll untersucht werden, ob die Renditeentwicklung des Investitionsobjektes 1 (rn) abhängig ist von der Renditeentwicklung des Vergleichsindexes (VI).

iii (yO [%]

VI(xO [%]

6,5

10,3

12,1

10,5

5,4 -10,3

3,2 -8,2

μν=3,4

μ χ = 4,0

χ

(y,-μ,)2

.-μχ

(χί-μχ)2

3,1 8,7 2,0

6,3

19,53

9,61

39,69

6,5 -0,8

56,55

75,69 4,00

-13,7

-12,2

-1,60 167,14

42,25 0,64

187,69

148,84

241,62

276,99

231,42

Abbildung 62: Arbeitstabelle zur Ermittlung der Regressionsgeraden

3.1 Statistische und finanzmathematische Grundlagen

97

24162 Qxx

231,42

b, = μ^, - b 2 - μ χ = 3,4-1,04·4,00 = - 0 , 7 6 Die Regressionsgerade lautet somit y = -0,76 +1,04 · \ Graphisch liegt die Gerade in der Punktewolke, und zwar so, dass die Summe der quadrierten Abweichungen der tatsächlichen Werte von den Schätzwerten minimiert wird. Renditen eines Investitionsobjektes in Abhängigkeit von einem Vergleichsindex y

Abbildung 63: Graphische Darstellung der Regressiongeraden

Die geschätzte Regressionsgerade kann nun zur Prognose herangezogen werden. Bspw. könnte man die Rendite des Investitionsobjektes 1 schätzen für den Fall, dass die Rendite des Vergleichsindexes 5% beträgt: y = -0,76 +1,04-5 = 4,44 Die prognostizierte Rendite des Investitionsobjektes 1 bei einer unterstellten Rendite des Vergleichsindexes von 5% würde folglich bei 4,44% liegen. Betrachten wir kurz die Beziehung zwischen dem Regressionsansatz und der Korrelation. Diese besteht zwischen der Steigung der Regressionsgeraden (b 2 ) und dem Korrelationskoeffizienten. Beide haben das gleiche Vorzeichen. Das Steigungsmaß der Regressionsgeraden b2 ist mit +1,04 positiv, der Korrelationskoeffizient hat den Wert:

3 Risikobewertung

98

r

=

=

VQxx-Qyy

=

0 9 5

V276,99-231,42

Wir haben hier also aufgrund der Normierung [-1, +1] einen sehr starken positiven Zusammenhang zwischen den beiden Rentabilitätsmaßen. Anhand der Formeln erkennt man, dass das Vorzeichen von Q xy die Beziehung angibt. Ein positives Vorzeichen bedeutet einen positiven Korrelationskoeffizienten und eine positive Steigung der Regressionsgeraden und umgekehrt. Wichtige Zusatzinformationen zur Regression: Zwar sind mit dem Achsenabschnitt bi und dem Steigungsmaß b2 die entscheidenden Parameter der Regression bestimmt, jedoch ist ferner zu prüfen, ob der Regressionsansatz als Ganzes überhaupt einen Sinn ergibt. Diese Überprüfung erfolgt mittels des Bestimmtheitsmaßes (B). Das Bestimmtheitsmaß gibt den Anteil der Summe der quadrierten Abweichungen Qyy der y-Werte an, der durch die Regression erklärt wird und liefert damit eine Aussage über die Güte der Regression. Β lässt sich im Rahmen der linearen Einfachregression aus den Informationen der obigen Arbeitstabelle bereits ableiten, denn es ergibt sich aus:

g_

2 O Vxy

_ f2

Q XX Q yy Ebenso wie beim Korrelationskoeffizienten handelt es sich beim Bestimmtheitsmaß um ein normiertes Maß, denn es gilt immer 0 < Β < 1. Für obiges Beispiel ergibt sich:

B=

-.2 241622 -y = = 0,91 Q^-Qyy 276,99-231,42 Q

Die Interpretation dieses Wertes ist wie folgt: 91% der Entwicklung der Rentabilität des Investitionsobjektes 1 lassen sich auf die Rentabilitätsentwicklung des Vergleichsindexes zurückfuhren. Die übrigen 9% gehen auf andere Faktoren zurück, die nicht im linearen Regressionsansatz enthalten sind. Damit können wir beim gewählten Beispiel von einer hohen Güte und damit von einem sinnvoll gewählten Regressionsansatz ausgehen. Als Faustformel kann festhalten werden, dass im Rahmen der Regressionsanalyse Β > 0,8 gefordert wird, d.h. mindestens 80% der endogenen Variable(n) y sollten durch die exogene(n) Variable(n) χ erklärt werden. 55

55

Siehe Fallstudie 16.

99

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

3.2

Existenzsichernde Maßnahmen

Neben der Abbildung der Risikomatrix, die die logische Fortentwicklung der Risikoinventarliste ist, gibt es weitere Instrumentarien, die als existenzsichernde Maßnahmen im Rahmen des Risikomanagements definiert werden können. Mit Hilfe des Wertorientierten Managements kann errechnet werden, ob im abgelaufenen Jahr Unternehmenswerte geschaffen oder vernichtet wurden. Ferner erlaubt die Diagnose der Werttreiber das Aufspüren von Verbesserungspotenzialen. Die Unternehmensbewertung schließlich lässt Rückschlüsse zu, wie die Unternehmung zukünftig aufgestellt ist, indem sie mehrperiodische Planungsrechnungen analysiert und zu einer einwertigen Größe, dem Unternehmenswert, kumuliert.

3.2.1

Die Risikomatrix

Aufbauend auf der ermittelten Risikoinventarliste, in der die Risiken einer Vorqualifikation unterzogen wurden, erfolgt nun eine konkrete Bewertung der Einzelrisiken, indem die Häufigkeit und das Schadensausmaß der betrachteten Gefahren abgeschätzt werden. Das Ergebnis lässt sich in einer Risikomatrix oder auch Risk Map, bei der Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit dargestellt sind, sehr gut visualisieren. Zunächst jedoch müssen hierfür zur Häufigkeit und dem potenziellen Schadensausmaß geeignete Kategorien definiert werden, die folgendermaßen aussehen könnten:

Klassifizierung der Eintrittsvvahrscheinlichkeit Eintrittswahrscheinlichkeit (x)

Erwartung

Erfahrung

5 = sehr hoch (x > 60%)

mehr als einmal im Jahr

in den letzten 5 Jahren jeweils mindestens einmal eingetreten

4 = hoch (35% < χ < 60%)

einmal im Jahr

in den letzten 3 Jahren jeweils einmal eingetreten

3 = mittel (15% < χ < 35%)

einmal in 2 Jahren

in den letzten 4 Jahren zweimal eingetreten

2 = gering (1% < χ < 15%)

alle 8 Jahre

in den zurückliegenden 8 Jahren einmal eingetreten

1 = unwahrscheinlich (x < 1%)

kann nicht ausgeschlossen werden

noch nicht vorgekommen

Abbildung 64: Risikobewertung -

Schadenseintrittswahrscheinlichkeit

100

3 Risikobewertung Klassifizierung der Schadenshöhe

Schadensausmaß (y)

bedeutet

5 = Katastrophe (y > 10 Mio. €)

Unternehmensexistenz ist gefährdet

4 = Großrisiko (1 Mio. € < y < 10 Mio. €)

Eintritt würde zu einem hohen Jahresverlust und Liquiditätsproblemen führen

3 = mittleres Risiko (250 T€ < y < 1 Mio. €)

Eintritt würde den Jahresgewinn gefährden und die Liquiditätsreserven angreifen

2 = Kleinrisiko (10 T€ < y < 250 T€)

Eintritt kann zu einer unterdurchschnittlichen Jahresrendite führen

1 = Bagatellerisiko (y < 10 T€)

Eintritt hat keinen Einfluss auf das Jahresergebnis und die Rendite

Abbildung 65: Risikobewertung - Schadenshöhe

Nach dieser Klassifizierung werden die einzelnen Risiken von einem kompetenten Team in einer Risikomatrix zusammengeführt:

I

R

T

τ

1 1

1 1

1 2

1 3

4

5

Schaden Abbildung 66: Risikomatrix I

Die farbliche Kennzeichnung charakterisiert die Bedeutung der Risiken, d.h. zunächst muss sich die Unternehmensfuhrung mit den Risiken im rechten oberen (dunklen) Bereich befassen, also mit den Risiken mit hohen Eintrittswahrscheinlichkeiten und hohen Schadensausmaßen. Mit abnehmenden Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen verliert folglich das Risiko an Bedeutung und kann nachrangig bearbeitet werden. Nachfolgend soll beispielhaft aus dem bereits erstellten Risikoinventar die Risikomatrix abgeleitet werden. Zum besseren Verständnis sei die Risikoinventarliste mit der entsprechenden Vorqualifikation nochmals ins Gedächtnis gerufen:

101

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen Nr.

Risiko

Risikofeld

Wirkung

Relevanz

1

Veraltete Software (Warenwirtschaftssystem)

V

E

2

2

Hohe Devisenpositionen

F

Β

4

3

Hohe Mitarbeiterfluktuation

M

E

3

4

Häufige Betriebsunterbrechungen

R

υ

4

5

IT-Ausfall

I

U, E

2

6

Qualitätsmängel

Ma

U, E

4

7

Labile Auslandsmärkte

S

U, E

2

8

Erdkontamination

υ

Κ

1

Risikofeld

Wirkung

Risikorelevanz

Vermögen = V

Infrastruktur = 1

E = Erfolg

1 = unbedeutend

Finanzen = F

Markt = Ma

U = Umsatz

2 = gering

Mitarbeiter = M

Sozial = S

Κ = Kosten

3 = mittel

Prozess = R

Umwelt = U

Β = Bilanz

4 = hoch 5 = bestandsgefahrdend

Abbildung 67: Risikoinventarliste

II

Nun werden den Risiken anhand der bereits vorgenommenen Klassifikation Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen zugewiesen und anschließend der Risikomatrix zugeführt. Nr.

Risiko

Eintrittswahrscheinlichkeit

Schadenshöhe

1

Veraltete Software (Warenwirtschaftssystem)

2

3

2

Hohe Devisenpositionen

4

3

3

Hohe Mitarbeiterfluktuation

4

2

4

Häufige Betriebsunterbrechungen

3

4

5

IT-Ausfall

2

1

6

Qualitätsmängel

4

5

7

Labile Auslandsmärkte

3

2

8

Erdkontamination

1

2

Abbildung 68:

Risikoqualifizierung

102

3 Risikobewertung

2

3

6

7

4

R 5

1 8

Τ 1

2

3

4

5

Schaden Abbildung 69: Risikomatrix II

Oberste Priorität genießt das Risiko 6, denn in der Vergangenheit wurden mit steigender Tendenz Qualitätsmängel ausfindig gemacht, die die Unternehmensexistenz gefährden kön-

Ebenfalls kurzfristig sollten die Risiken 2 und 4 behandelt werden. Hohe Devisenpositionen mit den entsprechenden Kursverlusten haben eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und würden den Jahresgewinn und die Liquiditätsreserven angreifen. Betriebsunterbrechungen traten in der Vergangenheit durchschnittlich alle 2 Jahre auf und gefährden den gesamten Jahreserfolg. Als letztes kurzfristig zu behandelndes Risiko kann ggfs. die hohe Mitarbeiterfluktuation (Risiko 3) gelten. Zwar wird der Schaden als relativ gering bewertet, jedoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit ohne eingeleitete Gegenmaßnahmen auch in der Zukunft recht hoch. Die übrigen Risiken können aufgrund des geringen bis mittleren Schadensausmaßes in Verbindung mit geringen bis moderaten Eintrittswahrscheinlichkeiten erst einmal nachrangig beachtet werden.

3.2.2

Wertorientiertes Management

Wurde im vergangenen Kapitel auf das Rating eingegangen, so wird nun mit dem Wertorientierten Management der nächste logische Schritt vollzogen. Nicht ganz unproblematisch ist dabei die Frage, was letztlich Wertorientierung und damit das Wertorientierte Management ausmacht. Häufig wird Wertorientiertes Management mit Unternehmensbewertung gleichgesetzt. Dies würde dem Begriff „Management" aber nicht gerecht, denn es geht schließlich nicht nur darum, den Unternehmenswert zu bestimmen, sondern vielmehr auch um das Ausloten von Möglichkeiten, diesen zu erhöhen. Somit kann die Unternehmensbewertung als

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

103

Unterpunkt des Wertorientierten Managements verstanden werden. Letztlich sind es vier Kernaktivitäten, die Wertorientierung bestimmen:

Abbildung 70: Kernaktivitäten des Wertorientierten

Managements

Die größte Bedeutung im Rahmen des hier zu diskutierenden Risikomanagements haben zweifellos die Kernaktivitäten der Unternehmensbewertung und die Messung des Periodenerfolges. Auf diesen beiden Gebieten liegt demzufolge auch der Fokus der folgenden Kapitel. 56

3.2.2.1

Messung des Periodenerfolges

Steigende Anforderungen der Kapitalgeber (Investoren) sowie steigender Kapitalbedarf der Unternehmen aufgrund der zunehmenden Internationalisierung und der technologischen Entwicklung haben in den letzten Jahren zunehmend die Forderung nach einem (praktikablen) Wertmanagement laut werden lassen. Betrachtet man dabei die gesamte zukünftige Entwicklung, so wird damit der dynamische Prozess der Unternehmensbewertung angesprochen. Liegt der Schwerpunkt jedoch bei einer einwertigen d.h. einperiodigen Betrachtungsweise, so befindet man sich im Bereich der Messung des Periodenerfolges.

" 6 Ein interessanter Beitrag z u m Value Added Reporting der D A X - 3 0 Unternehmen findet sich bei Fischer T./Rödl K „ 2005, S. 23ff.

104

3 Risikobewertung

Wurde dieser ermittelt und ggfs. im zweiten Schritt optimiert, ist eine solide Ausgangsbasis geschaffen, um im Anschluss die dynamische Betrachtungsweise, also die (Gesamt)Unternehmensbewertung durchzuführen. Aus diesem Grund wird deshalb zunächst mit dem Konzept des Economic Value Added (EVA) ein Verfahren gezeigt, den Periodenerfolg zu ermitteln. Dieses auf Steward/Stern zurückgehende Verfahren hat gegenüber anderen Methoden den Vorteil, dass es gleichzeitig die Werttreiber sowie Ansatzpunkte für Verbesserungspotenziale liefert.57 Nach der EVA-Methode sollen Investitionen Renditen erwirtschaften, die über den Kapitalkosten, also den Preisen für die eingesetzten finanziellen Mitteln liegen. Sind die Renditen höher als die Kapitalkosten, so ist es der Geschäftsführung gelungen, einen zusätzlichen Wert zu schaffen, liegen die Renditen darunter, so wurde (Unternehmens)Wert vernichtet.

Wertzuwachs

Wertverzehr Kapitalkosten

NOPAT Kapitalkosten

NOPAT

Abbildung 71: Der Economic Value Added

Im Schaubild links kommt es aufgrund von Kapitalkosten, die unter dem operativen Ergebnis nach Steuern und vor Zinsen (= NOPAT; Net Operating Profit After Taxes) liegen, zu einem Wertzuwachs, in der Mitte ist der Mindestverzinsungsanspruch erfüllt, d.h. die Rendite reicht gerade aus, um die Kapitalkosten zu decken, und im rechten Schaubild werden die Kapitalkosten nicht erwirtschaftet, es kommt zu einer Wertvernichtung. Algebraisch ermittelt man den EVA einer Periode aus dem Produkt vom gesamten ins Unternehmen investierte Kapital (IK = Eigenkapital und verzinsliches Fremdkapital) und der in der Periode erwirtschafteten „Überrendite", verstanden als Differenz von erwirtschafteter Rendite auf das investierte Kapital (iik) und den gewogenen Kapitalkosten (iWACC):58

57

Andere Rechenansätze zur wertorientierten Unternehmensfiihrung können nachgelesen werden unter: J. Stiefl/K v. Westerholt, 2007, S. 25ff. 58

Vgl. hierzu auch die DCF-Methode im Rahmen der Unternehmensbewertung. Im Unterschied zur Gesamtkapitalrentabilität bezieht sich die hier erwirtschaftete Rendite auf das investierte Kapital i¡k nicht auf das Gesamtkapital (= Bilanzsumme) sondern lediglich auf das Eigenkapital inklusive des verzinslichen Fremdkapitals.

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

105

(1) EVA = (ijk- i WACC ) · IK Da die Rendite auf das investierte Kapital definiert ist als Quotient aus operativem Ergebnis vor Zinsen und nach Steuern (NOPAT) und investiertem Kapital (IK), gilt: ... . (2)

NOPAT

Durch Umformung von (1) erhält man dann: (3) EVA = NOPAT - i WACC IK Damit ist klar, dass ein Wertzuwachs nur dann möglich ist, wenn der NOPAT die gesamten Kapitalkosten, verstanden als Produkt des gewogenen Kapitalkostensatzes und des investierten Kapitals, übersteigen. Etwas dezidierter lassen sich die Bestimmungsgründe fur die Entwicklung des EVA noch bestimmen, wenn man die gewogenen Kapitalkosten in den Anteil des Eigen- und Fremdkapitals zerlegt: Die Gleichung ,

.WA r r

·. FK

EK

mit: r

FK/rEK = durchschnittlicher Zinssatz für Fremdkapital/Eigenkapital

s = Steuerersparnis (tax shield) FK/EK/GK = Fremdkapital/Eigenkapital/Gesamtkapital eingesetzt in (3) ergibt: (5) EVA = NOP AT-

FK+r rpK

GK

+ r E K

EK

IK

GK

Als nicht ganz unproblematisch erweist sich in obiger Formel die Höhe des anzusetzenden Eigen- und Fremdkapitalzinssatzes. •

Beim Fremdkapitalzinssatz rFK ist der Ansatz dann einfach, wenn man diesen aus den Darlehenskonditionen der Unternehmung ableiten kann. Es ergibt sich dann ein gewichteter durchschnittlicher Fremdkapitalkostensatz, der sich aus den unterschiedlichen Fremdkapitalkategorien mit ihren jeweiligen Zinssätzen zusammensetzt.



Liegen keine Fremdkapitalkonditionen vor oder weichen die für den EVA zu berücksichtigenden Konditionen stark von den zurückliegenden Zinssätzen ab, so sind die anzusetzenden Zinskonditionen zu schätzen oder bspw. aufgrund eines Bankenratings zu berücksichtigen.



Bei der Ermittlung der Eigenkapitalkosten rEK haben sich zwei Ansätze herausgebildet:

3 Risikobewertung

106



Nach der Risikozuschlagsmethode59 setzt sich der Zinssatz rEK additiv aus einem riskofreien Zinssatz rf sowie einem subjektiven Risikozuschlag rz zusammen. Es gilt also: rEK = r f + r z



Nach der CAPM (Capital Asset Pricing-Method) ergeben sich die Eigenkapitalkosten aus der risikolosen Rendite rf zuzüglich einer Risikoprämie, die sich aus dem Marktpreis für das Risiko (rm-rf) multipliziert mit der Risikohöhe β ergibt. rm ist dabei die durchschnittliche Marktrendite fur Wertpapiere. rEK = rf + β (rm-rf) Die Anwendbarkeit der CAPM ist damit abhängig von der Schätzbarkeit von β und rm. Für die Bewertung börsennotierter Unternehmungen hat sich die CAPM als adäquate Methode zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten herausgestellt, da die ß-Faktoren branchenspezifisch angegeben werden können. Bei nicht-börsennotierten Unternehmen liegen diese nicht vor. Zudem konnte die CAPM empirisch weder bestätigt noch widerlegt werden.60

Unabhängig davon, wie die Eigen- und Fremdkapitalkosten ermittelt werden, können zum wertorientierten Management nach dem EVA folgende Aussagen getroffen werden: Der Wert des Unternehmens erhöht sich ceteris paribus: •

mit steigendem operativen Gewinn (NOPAT),

• •

mit einer Verringerung des investierten Kapitals (IK) und/oder durch eine Reduktion der Eigen- und Fremdkapitalkosten verbunden auch mit einer Verringerung des Risikopotenzials (rz und/oder ß).

Aus obigen Werttreibern ergeben sich dann Ansatzpunkte zur Wertsteigerung:

59

Sie findet in Deutschland die häufigste Anwendung im Rahmen der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes beim Ertragswertverfahren. 60 Unterschiedliche Diskussionsbeiträge hierzu finden sich bei Mankiw G./Shapiro M., 1986, S. 452ff., Mac Kinley C., 1987, S. 34Iff., Stoimenov P./Wilkens S., 2005, S. 295ff. und Black F./Jensen M./Scholes M., 1972, S. 79ff. Siehe Fallstudie 17. Vgl. dazu auch den obigen Exkurs zur Berechnung von Volatilitäten aufgrund von unterjährigen Angaben.

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

Wertgeneratoren

107

2. Ebene

1. Ebene

Ansatzpunkte für Wertsteigerung

Preis Umsatz Menge Steigerung des NOPAT

Deckungsbeitrags-

Variable Kosten

rechnung

Operativer Aufwand Fixkosten

Leasing

Anlagevermögen

Verringerung Investiertes Kapital r— Forderungen Umlaufvermögen

Forderungsmanagement





Kapitalstruktur

Vorräte

Lageroptimierung

Optimierung der Kapitalstruktur

Reduzierung Kapitalkosten Risikostruktur Abbildung 72: Ansatzpunkte zur

Aktives Risikomanagement

Unternehmenswertsteigerung

Im Bereich des Umsatzerlöses stellt die Deckungsbeitragsrechnung über die Preisseite und die Rabattpolitik über die Mengenkomponente möglicherweise ein geeignetes Instrumentarium dar, um den operativen Gewinn steigern zu können. Über die Deckungsbeitragsrechnung können bspw. die Produkte mit negativen Deckungsbeiträgen herausgefiltert und durch

3 Risikobewertung

108

höherpreisige Produkte ersetzt werden. Mittels von Rabattstaffeln können u.U. die abgesetzten Mengen erhöht werden, was sich ebenfalls positiv auf den Gewinn auswirken kann. Durch Neuakquise von neuen, günstigeren Lieferanten können in Produktionsunternehmen häufig Materialkosten, die i.d.R. neben den Personalaufwendungen den größten (variablen) Kostenblock ausmachen, zur Senkung der operativen Aufwendungen fuhren. Ein weiteres geeignetes Instrumentarium kann das Zero-Base-Budgeting oder auch die Gemeinkostenwertanalyse sein, mit denen die Fixkosten eine Überprüfung und ggfs. eine Reduktion erfahren. Die Reduktion des investierten Kapitals kann über das Anlagevermögen erfolgen, indem weniger Kapital in Folge der Substitution von Anlagevermögen durch Leasing erforderlich ist oder aber, indem das Umlaufvermögen reduziert wird. Ansatzpunkte sind hier das Factoring, also der Verkauf von Forderungen 61 oder die Lageroptimierung mit dem Instrumentarium der ABC-Analyse. Die Reduzierung der Kapitalkosten als letzte Möglichkeit kann über eine Umstrukturierung des eingesetzten Kapitals erfolgen. So kann „teures" Fremdkapital durch zinsgünstigeres Fremd- oder Eigenkapital ersetzt werden. Zudem können durch ein aktives Risikomanagement das unternehmerische Risiko reduziert und damit die Kapitalkosten gemindert werden.

3.2.2.2

Unternehmensbewertung

3.2.2.2.1

Überblick

Ist der (einperiodige) Wertbeitrag ermittelt, so ist der zweite logische Schritt die Prognose der Wertbeiträge zukünftiger Perioden und durch Kumulation die Berechnung des gesamten Unternehmenswertes. Damit schließt sich der Kreis nicht nur des Wertorientierten Managements, sondern auch der Bewertung von unternehmerischen Risiken. In Theorie und Praxis werden eine Vielzahl von Bewertungsmethoden diskutiert. Diese können in Gesamtbewertungs-, Einzelbewertungs- und die Mischverfahren unterteilt werden. 62

61 62

Vgl. auch Friege C./Stauss B., 2007, S. 554ff.

Ein sehr detaillierter Überblick findet sich u. a. bei Schultze W., 2003, S. 71ff., Mandl G./Rabel K., 2002, S. 47ff. und Ballwieser W., 1993, S. 151 ff.

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

Abbildung 73:

109

Unternehmensbewertungsverfahren

Zu allen Bewertungsmodellen gibt es eine Vielzahl von einschlägiger Literatur, insbesondere für die Ertragswert- und die unterschiedlichen Verfahren der Discounted Cashflow Methoden. Im hier vorliegenden Fall geht es im Rahmen des Risikomanagementprozesses um Bewertungsmodelle, die im Falle von KMU's herangezogen werden können. 63 Natürlich wurde für Unternehmen dieser Größe „das Rad der Unternehmensbewertung" nicht grundsätzlich neu erfunden. Vielmehr leiten sich die dort dargestellten Bewertungsmethoden aus dem allgemeinen Standard ab. So ist das klassische Bewertungsverfahren für KMU sicher die Ertragswertmethode, die um KMU-spezifische Komponenten modifiziert wird, während die Multiplikatormethode aus den Vergleichswertverfahren der Gesamtbewertungsmodelle abgeleitet wird. Die Praktikermethode, auch „Daumenregel" genannt, gilt letztlich als Richtgröße, um einen Näherungswert zum Unternehmenswert des KMU zu erhalten. Neben den oben dargestellten Verfahren gibt es eine Reihe von weiteren Verfahren, die aber keine oder nur (noch) eine untergeordnete Rolle spielen. Dazu gehören bspw. so genannte Mischverfahren, wie das Mittelwertverfahren oder die Stuttgarter Methode. Im vorliegenden Fall konzentrieren wir uns auf die modifizierte Ertragswertmethode. Sie hat die mit Abstand

63

Vgl. zur weiteren Darstellung auch J. Stiefl, 2008, S. 301ff.

110

3 Risikobewertung

größte Praxisrelevanz für KMU's und kann im Zuge eines zu implementierenden Risikomanagementprozesses sehr gut eingesetzt werden. Dazu ist es jedoch zunächst einmal erforderlich, die allgemeine Ertragswertmethode zu erläutern.

3.2.2.2.2

Ertragswertmethode

Bei der Ertragswertmethode werden die geplanten künftigen Einnahmeüberschüsse - um deren Vergleichbarkeit zu gewährleisten - mit Hilfe eines Kapitalisierungszinsfüßes auf den vorher definierten Bewertungsstichtag abgezinst. Das Verfahren orientiert sich von der Vorgehensweise her an der Kapitalwertmethode. Die ermittelten Barwerte ergeben dann kumuliert den Ertragswert. Dabei wird ein etwaiges nichtbetriebsnotwendiges Vermögen gesondert bewertet und dem Ertragswert zur Ermittlung des gesamten Unternehmenswertes hinzugefügt.

Unternehmensbewertunq mittels der Ertragswertmethode

Abbildung 74: Prozess der Unternehmensbewertung nach der

Ertragswertmethode

Die Abbildung verdeutlicht, dass der Ertragswert durch zwei aufeinander folgende Phasen bestimmt und berechnet wird. Die erste Planungsphase umfasst etwa drei bis fünf Jahre. In dieser Zeit werden aus den Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen die Einnahmeüberschüsse

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

111

(Ertragsüberschüsse) abgeleitet und auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Die zweite Planungsphase beinhaltet die Prognose der nachhaltigen Überschüsse, die so genannte „ewige Rente". Für gewöhnlich geht man also davon aus, dass die Unternehmung eine unendliche Lebensdauer hat. Dieser nachhaltige Überschuss wird ebenfalls auf den Bewertungsstichtag abgezinst und ergibt zusammen mit den Ergebnissen der ersten Phase sowie etwaigem nicht betriebsnotwendigen Vermögen den Ertragswert und damit den Untemehmenswert. Formal errechnet sich der Ertragswert aus:

t=i(i+ir

1

(i+i)n

mit: E = Ertragswert (kumulierter Barwert) R1 = zu kapitalisierender Ertrag der Periode t, wobei t = l,2,...n R = nachhaltiger zu kapitalisierender Ertrag i = Kapitalisierungszinssatz η = Planungshorizont des detaillierten Zeitraums

Die Formel verdeutlicht, dass es einmal die Höhe der zu kapitalisierenden Ertragsüberschüsse sind, die den Wert der Unternehmung bestimmen und zum anderen der Kapitalisierungszinssatz. (1) Ermittlung der Ertragsüberschüsse Der Wert des Unternehmens wird durch die Höhe der Ertragsüberschüsse an den (potenziellen) Investor bestimmt, die er zu seiner freien Verfügung hat. Diese Nettozuflüsse ergeben sich aus den Ertragsüberschüssen vor Steuern, die um Gewerbesteuern, Körperschaftsteuem bei Kapitalgesellschaften (inklusive Solidaritätszuschlag), sowie den persönlichen Ertragsteuern auf der Unternehmensebene vermindert werden. 64 Als problematisch erweisen sich die immer wieder wechselnden steuerlichen Gegebenheiten. Derzeit gelten steuerliche Regelungen, die anhand eines kleinen Beispiels verdeutlicht werden sollen. 65

64

65

Vgl. Peemöller V./Kunowski S., 2004, S. 246ff.

Vgl. Kußmaul H./Hilmer K.., 2008, S. 48ff., Streitferdt F., 2008, S. 268ff. und Zeidler G./Schöninger S./Tschöpel Α., 2008, S. 276ff.

112

3 Risikobewertung

Ergebnis vor Unternehmenssteuern

100,00 €

Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %) im Sinne der Körperschaftsteuer nicht abzugsfahig 66

-14,00 €

Körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage KSt. inkl. Soli (15,825%) 67

100,00 €

Ergebnis vor persönlicher Ertragssteuer

-15,83 € 70,17 €

Ertragsteuerbelastung Anteilseigner Abgeltungssteuer (26,375%) 68

-18,51 €

Zu kapitalisierendes Ergebnis Abbildung 75: Steuerliche Abschläge im Zuge der

51,66 € Unternehmensbewertung

Das Beispiel zeigt, dass nach dem derzeitig geltenden Steuerrecht von ursprünglich 100,- € durch Berücksichtigung der unterschiedlichen Steuern im Sinne der Unternehmensbewertung noch 51,66 € übrig bleiben. (2) Der Kapitalisierungszins Bedeutsam im Rahmen der Unternehmensbewertung ist neben den Ertragsüberschüssen der Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die finanziellen Überschüsse auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden. Der Kapitalisierungszinsfuß wird durch eine Risiko-/Chancenanalyse ermittelt und repräsentiert die Alternativverzinsung, die ein möglicher Anteilserwerber mit einer (Kapital)Anlage mit vergleichbarem Risiko erzielen könnte. Er setzt sich zusammen aus einem Basiszinsfuß (für eine risikolose Anlage), der um eine Risikoprämie erhöht und ggfs. um die Wachstumsrate der Preissteigerung sowie die Ertragsteuerbelastung vermindert wird. Die Risikoprämie bildet die allgemeinen Unternehmerrisiken (Markt- und Konjunkturrisiken etc.), die geringere Fungibilität von Geschäftsanteilen im Vergleich zu einer Anlage in öffentliche Anleihen sowie die speziellen Unternehmerrisiken (Abhängigkeit des Erfolges von innerbetrieblichen Faktoren etc.) ab. Die Ermittlung der „richtigen" Höhe erweist sich beim Kapitalisierungszinssatz als recht schwierig. Bereits beim Basiszins stellt sich die Frage, ob der aktuelle Zinssatz für risikolose Anleihen die Grundlage bilden soll, oder aber der langfristige Zins (bspw. der Durchschnittszinssatz fur risikolose Anleihen der letzten 50 Jahre). Ähnliche Fragen stellen sich bei der Ermittlung des Risikozuschlages. Dieser hängt nicht nur von der betreffenden Branche und der unternehmensindividuellen Situation ab, sondern auch davon, ob der Planansatz zur Ermittlung der Ertragsüberschüsse eher pessimistisch oder eher optimistisch erfolgte. Im ersten Fall wäre der Risikozuschlag tendenziell niedrig, im zweiten Fall eher hoch anzusetzen.

66

Gewerbesteuer = Messzahl "Hebesatz = 0,035 4 = 14%.

67

Körperschaftsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) = Steuersatz · (1+Soli) = 15% · (1+0,055) = 15,825%.

68

Abgeltungssteuer (ab 2009) = Steuersatz (1+Soli) = 25% (1+0,055) = 26,375%.

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

113 .69

Beispiel für einen Kapitalisierungszins:'

in % Basiszins

6,00

- Abgeltungssteuer (26,375%)

1,58

+ Risikozuschlag

4,00

= Kapitalisierungszinsfuss

8,42

Abbildung 76: Ermittlung des Kapitalisierungszinses

3.2.2.2.3

-

Ertragswertmethode

Modifizierte Ertragswertmethode

Das modifizierte Ertragswertverfahren baut auf dem „klassischen" Ertragswertverfahren auf, und berücksichtigt darüber hinaus KMU-spezifische Besonderheiten. Diese betreffen insbesondere: (1) die Abhängigkeit des unternehmerischen Erfolges von der starken Personenbezogenheit des ausscheidenden Unternehmers/Eigentümers, (2) die Bemessung des Unternehmerlohnes, der bei der Unternehmensbewertung zum Ansatz zu bringen ist und (3) die Berücksichtigung des spezifischen Risikos von kleinen und mittleren Unternehmen.

Zu (1): Aus Käufer- aber auch aus Verkäufersicht ist die Abhängigkeit des unternehmerischen Erfolges vom ausscheidenden Gesellschafter - sofern dieser ausscheidet - zu berücksichtigen. Aus diesem Grund vergleicht man die Unternehmerqualitäten der neuen und alten Geschäftsführung miteinander und nimmt bei signifikanten Unterschieden Zu- oder Abschläge auf das abzuzinsende Ergebnis vor. Folgende Merkmale und Gewichtungsfaktoren haben sich in der Praxis bewährt:

69

Bei dem hier dargestellten Beispiel wird der intuitiven praxisnahen Vorgehensweise gefolgt. In der Literatur findet sich eine Fülle von Beiträgen, um die einzelnen Komponenten zu schätzen. Vgl. z.B. Damodaran Α., 1996, S. 397, Weber M./Schiereck D., 1993, S. 131ff., Eisenfiihr F., 1993, S. 99ff., Fama E„ 1977, S. 3ff. oder Kraschwitz L„ 1993, S. 121ÍT.

3 Risikobewertung

114 Merkmal

Gewichtungsfaktor

Fachkenntnis und Branchenerfahrung Kaufmännische Kenntnisse Kommunikative Fähigkeiten Kreativität

10 8 8 9

Durchsetzungsvermögen Fähigkeit, Aufgaben zu delegieren Umgang mit Risiko

8

Bereitschaft, viel zu arbeiten

7

Unterstützung im Privatleben

5

7 5

Abbildung 77: Gewichtungsfaktoren der modifizierten Ertragswertmethode I

Diese Checkliste wird nun auf die beiden zu vergleichenden Geschäftsführer (potenzieller Verkäufer und Käufer) angewandt, wobei fur jedes Merkmal eine 7er-Skala gilt (1 = keine Fähigkeiten bis 7 = sehr gute Fähigkeiten). Durch Multiplikation mit den Gewichtungsfaktoren und anschließender Addition aller Ergebnisse erhält man eine einwertige Größe, die miteinander verglichen wird. Die Höhe der Abweichung bestimmt die Höhe des Zu- oder Abschlags vom abzuzinsenden Ergebnis. Folgende Tabelle bietet dabei eine Orientierung:

Vorsprung des Verkäufers/Käufers (in Punkten) 0-20 21-50 51-100 101-200 mehr als 200

Abschlag/Zuschlag auf das Ergebnis (in %) Kein Ab-/Zuschlag 10% 15% 25% 50%

Abbildung 78: Gewichtungsfaktoren der modifizierten Ertragswertmethode II

Zu (2): Bei der Bemessung des Unternehmerlohnes, der bei der Unternehmensbewertung zum Ansatz gebracht werden muss, ist zu fragen, ob der derzeitig angesetzte Unternehmerlohn „angemessen" ist oder nicht. Hierbei vergleicht man den derzeitigen Unternehmerlohn mit dem branchenüblichen Gehalt inklusive der Sondervereinbarungen und nimmt entsprechende Modifikationen des abzuzinsenden Ergebnisses vor. Zu (3): Die Berücksichtigung des spezifischen Unternehmerrisikos findet im Kalkulationszinsfuß seinen Niederschlag. Je nach Stärke der Abhängigkeit des Geschäftserfolges von der Geschäftsleitung ist der Risikozuschlag auf den Basiszins zu modifizieren, d.h. je höher

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

115

die Abhängigkeit, desto größer ist das Risiko und umso höher der zu wählende Risikozuschlag. Im nachfolgenden Beispiel wurde ein Risikozuschlag von 3%-Punkten gewählt. 70

in % Basiszins

6,00

- Abgeltungssteuer (26,375%)

1,58

+ Risikozuschlag (gewöhnlich)

4,00

+ Risikozuschlag (spezielles Risiko) = Kapitalisierungszinsfuss

3,00 11,42

Abbildung 79: Risikozuschlag - modifizierte Ertragswertmethode I

Im Rahmen des später gezeigten Fallbeispiels wird die modifizierte Ertragswertmethode ausfuhrlich demonstriert.

70

Vgl. auch Jödicke D., 2007, S. 166ff. und Gillenkirch R . / T h a m m R „ 2008, S. 685ff.

4

Risikoaggregation

Bislang wurden Risiken identifiziert und einzeln bewertet. Bspw. klassifizierte man das Einzelrisiko des Forderungsausfalls oder des Umsatzerlöseinbruches. In diesem Zusammenhang interessiert insbesondere aber auch, wie die Einzelrisiken im Zusammenspiel wirken. Gibt es möglicherweise Risiken, die sich gegenseitig verstärken oder eventuell sogar neutralisieren? Eine Möglichkeit, Risiken aggregieren zu können, ist die so genannte Monte-CarloSimulation. Mit ihrer Hilfe lassen sich bspw. Aussagen treffen, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass die Unternehmung im nächsten Jahr insolvent wird oder eine bilanzielle Überschuldung erleidet. Bevor die Risikoaggregation später anhand des Beispielsunternehmens dezidiert erfolgen soll, werden hier die Schritte der Monte-Carlo-Simulation sowie ein kleines händisch nachvollziehbares Beispiel gezeigt. Die Monte-Carlo-Simulation läuft immer nach dem gleichen Muster ab:71 1. Schritt: Erzeugen der fur die Monte-Carlo-Simulation benötigten Zufallszahlen, die ein Risiko (bzw. eine risikobehaftete Plan-Variable) beschreiben. Die Zufallszahlen werden 1.d.R. aus Expertenbefragungen abgeleitet. In der Praxis benötigt man also Entscheidungsträger, die die entscheidenden zu planenden Werte und Parameter einschätzen können. 72 2. Schritt: Umwandlung der Zufallszahlen in die benötigte (relevante) Verteilungsfunktion. Zu diesem Zweck wurden im letzten großen Kapitel die bedeutendsten Verteilungsfunktionen erläutert. 3. Schritt: Berechnung eines Szenarios einer Monte-Carlo-Simulation gemäß den gezogenen Zufallszahlen und der dahinter liegenden Verteilung, also bspw. die Erzeugung einer Gewinn- und Verlustrechnung mit zufällig generierten Umsätzen und Kosten. 4. Schritt: Wiederholen der Schritte 1, 2 und 3, bis eine ausreichende Anzahl von Simulationen (Szenarien) generiert wurde, um hieraus ein repräsentatives Bild risikobedingter Zufallsszenarien, stabile Verteilungen und Statistiken abzuleiten.

71

Vgl. Brealey R./Myers S./A)len F., 2005, S. 253-257.

72

Vgl. auch Bleuel H „ 2006, S. 3 7 I f f .

4 Risikoaggregation

118

5. Schritt: Endauswertung, d.h. Berechnung von Mittelwerten der Planvariablen und der Risikomaße (z.B. der Standardabweichung, des Value at Risk, des Eigenkapitalbedarfs etc.). Nun soll die Monte-Carlo Simulation anhand einer Risikoanalyse auf Basis des Return on Investment (ROI) erläutert werden. Beispiel: Die Unternehmensfuhrung einer Gesellschaft möchte anhand einer ROI-Studie beurteilen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, dass eine Investition einen negativen ROI liefert, was den Fortbestand der Unternehmung in Frage stellen würde. Um die Frage beantworten zu können, muss zunächst einmal das entsprechende Modell formuliert werden. Der ROI wird bestimmt durch: R Q I =

(p-k)-x-KF I

mit:

ROI = Rentabilität in % pro Jahr (Return on Investment) I = Investitionssumme in € ρ = Verkaufserlös in €/Mengeneinheit k = variable Kosten in €/Mengeneinheit χ = produzierte und abgesetzte Menge pro Jahr K F = beschäftigungsunabhängige (fixe) Kosten pro Jahr

Die Investitionssumme I ist mit 900.000,- € veranschlagt. Nun werden in einem ersten Schritt mittels Expertenbefragung die voneinander stochastisch unabhängigen unbekannten Parameter, nämlich die Werte fur die Absatzmenge, den Absatzpreis, die variablen Kosten und die Fixkosten geschätzt. Den unbekannten Parametern werden durch die Experten dann im zweiten Schritt Wahrscheinlichkeitsverteilungen und über die Vergabe der Wahrscheinlichkeiten die Zufallszahlen zugeordnet.

3.2 Existenzsichernde Maßnahmen

119

Absatzmenge (x) in Tsd. Mengenein leiten/Jahr 73 Wahrsch. in % Zufallszahlen

70

80

90

100

110

120

7,5

12,5

22,5

25,0

22,5

10,0

001-075

076-200

201-425

426-675

676-900

901-000

Absatzpreis (p) in €/Mengeneinheit Wahrsch. in % Zufallszahlen

14,70

14,85

15,00

15,15

15,30

15,45

7,5

22,5

30,0

22,5

12,5

5,0

076-300

301-600

601-825

826-950

951-000

001-075

Variable Kosten (k) in €/Mengeneinheit 10,50 Wahrsch. in % Zufallszahlen

10,60

10,70

10,80

10,90

10,0

22,5

40,0

17,5

10,0

001-100

101-325

326-725

726-900

901-000

260

270

10,0

27,5 101-375

Fixe Kosten (K F ) in T€/Jahr Wahrsch. in % Zufallszahlen

001-100

280

290

300

30,0

17,5

15,0

376-675

676-850

851-000

Abbildung 80: Monte-Carlo-Simulation anhand des ROI I

Im Anschluss werden jetzt im dritten Schritt mit vier stochastisch unabhängigen Ziehungen dreistellige Zufallszahlen gezogen, wobei jede Zufallszahl mit der Wahrscheinlichkeit 0,1% auftritt. Die erste Zufallszahl wird der Absatzmenge, die zweite dem Absatzpreis, die dritte den variablen Kosten und die vierte den Fixkosten zugeordnet. Mit Hilfe der vorgenommenen Normierung (001-000) kann jeder Zufallszahl dann der dazugehörige Schätzwert zugeordnet werden. Dabei stellt die Normierung sicher, dass die Schätzwerte aufgrund der Expertenangaben mit der „richtigen" Wahrscheinlichkeit auftreten. Es werden bspw. die vier dreistelligen Zufallszahlen gezogen: Zufallszahl 1: 805

χ = 110.000 ME/Jahr

Zufallszahl 2 : 4 3 1

p=15,-€/ME

Zufallszahl 3: 230

k = 10,60 €/ME

Zufallszahl 4: 902

73

->·

K F = 300.000 €/Jahr

Die Wahrscheinlichkeit fur eine A b s a t z m e n g e von 70 Tsd. w u r d e also von den Experten mit 7 , 5 % beziffert, d e m z u f o l g e erhält die A b s a t z m e n g e von 1.000 zu vergebenden Zufallszahlen genau 7,5% und damit die Zufallszahlen 001 bis 075 usw.

4 Risikoaggregation

120 Daraus ergibt sich ein ROI von 20,44% /Jahr.

Dieser Prozess wird im vierten Schritt so lange wiederholt, bis eine aussagefáhige Verteilung des ROI zustande gekommen ist (mit einem leistungsfähigen Softwareprogramm sind mehrere tausend Iterationen innerhalb weniger Sekunden möglich). Nachdem der Simulationslauf abgeschlossen ist, erhält man mit dem abschließenden fünften Schritt die zugehörige beispielhafte Wahrscheinlichkeitsverteilung (Endauswertung):

ROI in % /Jahr 43 > ROI > 30

Absolute

Wahrscheinlichkeit in

Kumulierte

Häufigkeit

%

Wahrscheinlichkeit in % 2,20

2,20

22,40

24,60 79,70 93,20 100,00

30 > ROI > 2 1

22 224

21 > ROI > 9

551

9 > ROI > 0

135

55,10 13,50

68

6,80

1.000

100,00

0 > ROI Summe

Abbildung 81: Monte-Carlo-Simulation anhand des ROI II

Aus dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung ergibt sich jetzt für die Firmenleitung die Schlussfolgerung, dass mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 6,8% der ROI negativ sein wird. Demzufolge müssen sich jetzt die Verantwortlichen überlegen, ob dieses Risiko akzeptabel ist, oder ob geeignete Anpassungsmechanismen eingeleitet werden müssen, um die Wahrscheinlichkeit und damit das Risiko zu reduzieren. Ebenso kann man anhand obiger Tabelle durch weitere Feinspezifikationen den Value at Risk ermitteln, bspw., indem man nach dem maximalen negativen ROI bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 5% fragt. Dieser würde hier vielleicht bei -8% liegen.

5

Risikobewältigung und -Überwachung

5.1

Möglichkeiten der Risikobewältigung

Nachdem der Prozess der Risikobewertung und -aggregation abgeschlossen ist, kann der Steuerungsprozess im Risikomanagementkreislauf beginnen. Die unterschiedlichen Strategien zur Behandlung der Risiken bilden dabei einen ganz zentralen Punkt im Rahmen des Risikomanagementprozesses. Die Aufgabe der Risikosteuerung ist es, den identifizierten unternehmerischen Risiken im Hinblick auf die Zielsetzung und die strategische Ausrichtung zu begegnen. Dabei hat man, ausgehend vom Gesamtrisiko, verschiedene Möglichkeiten der Risikobewältigung. Beispiele Vermeiden Risiko wird nicht eingegangen oder beendet. Reduzieren durch Vermindern der Eintrittswahrsch. Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit für eine negative Abweichung verringern (ursachenorientiert) Reduzieren durch Vermindern der Schadenshöhe Maßnahmen, die die Höhe einer negativen Abweichung verringern (wirkungsorientiert) Überwälzen / Transformieren auf Dritte Negative Abweichungen werden von Dritten getragen Diversifizieren Geringeres Gesamtrisiko durch Verteilung auf verschiedene (kleine) Einzelrisiken Selbst Tragen Aufbau eines ausreichenden Risikodeckungspotenzials, um restliche Risiken selbst übernehmen zu können

Abbildung

74

82: Möglichkeilen

der

Risikobewältigung

Vgl. Gleißner W „ 2008, S. 159 und Campenhausen v. C„ 2006, S. 96ff.

Ausstieg aus riskantem Geschäftsfeld Verzicht auf Projekt oder bestimmte Technologie Verstärkte Wartung wichtiger Anlagen Vorbeugender Brandschutz Reduktion des Fixkostenanteils (Outsourcing) Sprinkleranlage Versicherung Währungskurs-Sicherung am Finanzmarkt

breite Kunden- und Lieferantenbasis Breites Produktprogramm

Eigenkapital erhöhen Liquiditätsspielraum schaffen Rating verbessern

122

5 Risikobewältigung und -Überwachung

Risikovermeidung bedeutet, dass das Unternehmen auf risikoreiche Aktionen verzichtet. Das Risiko wurde also als nicht annehmbar bewertet und Maßnahmen zur Beherrschung des Risikos könnten nur mit einem unangemessen hohen Aufwand durchgeführt werden. Bei der Risikoreduktion (-Verminderung) werden Maßnahmen durchgeführt, die die Schadenshöhe oder die Eintrittswahrscheinlichkeit auf ein annehmbares Maß reduzieren, so dass sie anschließend tolerierbar sind. Risikoüberwälzung ist gleichbedeutend mit der Übertragung der Risiken an Dritte. Klassischerweise handelt es sich hier um Risiken, die eine sehr niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit, aber eine sehr hohe Schadenshöhe bei Eintritt haben. Eine Möglichkeit der Überwälzung sind Versicherungen oder die Überwälzung von Risiken auf Lieferanten und/oder Kun-

Bei der Risikodiversifizierung (-kompensation) wird das Risiko zwar grundsätzlich akzeptiert und angenommen, es werden aber gleichzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet, die das Risiko ausgleichen. Übrig bleibt am Ende das strategische Risiko, durch welches das allgemeine unternehmerische Risiko abgebildet wird und vom Unternehmer zu tragen ist. Zu fragen ist nun, welche Risikostrategien aus der bereits dargestellten Risikomatrix abgeleitet werden können. Zur Erinnerung seien noch einmal Risikoqualifizierung und Risikomatrix dargestellt.

Nr.

Risiko

Eintrittswahrscheinlichkeit

Schadenshöhe

1

Veraltete Software (Warenwirtschaftssystem)

2

3

2

Hohe Devisenpositionen

4

3

3

Hohe Mitarbeiterfluktuation

4

2

4

Häufige Betriebsunterbrechungen

3

4

5

IT-Ausfall

2

1

6

Qualitätsmängel

4

5

7

Labile Auslandsmärkte

3

2

8

Erdkontamination

1

2

Abbildung 83: Risikoqualifizierung

123

5.1 Möglichkeiten der Risikobewältigung E

5

I Ν Τ

3

4

2

6

7

3

4

R I Τ

2

5

1 8

1

Τ 1

2

3

4

5

Schaden Abbildung 84: Risikomatrix

III

Das unmittelbar anzugehende Risiko 6 der Qualitätsmängel sollte durch eine Verminderungsstrategie deutlich reduziert werden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Schadenshöhe reduzieren sich bspw. durch die Einführung von bestimmten Qualitätsstandards, durch die Verwendung von anderen (besseren) Rohstoffen und/oder eine solidere Schulung der Mitarbeiter. Das ebenfalls kurzfristig anzupackende Risiko 2 der hohen Devisenpositionen könnte durch Währungssicherungsgeschäfte überwälzt, oder durch eine Diversifikationsstrategie im Sinne einer breiteren Kundenbasis verringert werden. Risiko 4 der Betriebsunterbrechung könnte ebenfalls durch den Abschluss einer Versicherung ttberwälzt oder durch bspw. neuere hochwertigere Anlagen in der Eintrittswahrscheinlichkeit reduziert werden. Die identifizierte hohe Mitarbeiterfluktuation (Risiko 3) könnte im Zuge einer veränderten Unternehmensphilosophie reduziert, oder durch eine universellere Einarbeitung diversifiziert werden. Die übrigen Risiken waren aufgrund des geringen bis mittleren Schadensausmaßes in Verbindung mit geringen bis moderaten Eintrittswahrscheinlichkeiten erst einmal als nachrangig zu betrachten. Zusammenfassend ergaben sich folgende Risikostrategien, deren Verfolgung dann zu einer deutlich verbesserten Risikomatrix fuhren.

124

5 Risikobewältigung und -Überwachung

Risiko-Nr.

Risiko

Risikostrategie akzeptieren

1

Veraltete Software

2

Hohe Devisenpositionen

überwälzen, vermindern

3

Hohe Mitarbeiterfluktuation

vermindern, diversifizieren

4

Häufige Betriebsunterbrechungen

überwälzen, vermindern

5

IT-Ausfall

akzeptieren

6

Qualitätsmängel

vermindern

7

Labile Auslandsmärkte

akzeptieren

8

Erdkontamination

akzeptieren

Abbildung 85: Risikostrategien I

E

5

I Ν Τ

4 7

3

R I Τ

2 1

5

3

1,2

6 4

8

Τ 2

3

4

5

Schaden Abbildung 86: Risikomatrix IV

Bei allen zu behandelnden Risiken ist nun eine Reduktion in der potenziellen Schadenshöhe bzw. der Eintrittswahrscheinlichkeit festzustellen.

5.2

Risikoüberwachung

Im Zuge der Risikoüberwachung und -dokumentation geht es im weitesten Sinne um die Überwachung der Wirksamkeit des gesamten Risikomanagementprozesses. Die Risikoüberwachung oder auch Risikokontrolle ist die letzte Phase im gesamten Risikomanagementprozess und lässt die einzelnen Bereiche i.d.R. durch Soll-Ist-Vergleiche Revue passieren.

5.2 Risikoüberwachung

125



Wurden erstens alle markanten und von der Unternehmensleitung als relevant betrachteten Ziele im Rahmen des Risikomanagements nach Art und Ausmaß berücksichtigt?



Wurden zweitens daran anknüpfend die richtigen Ziele identifiziert?



Gelang drittens im Rahmen der Risikobewertung die adäquate Beurteilung der Einzelrisiken im Hinblick auf Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit?



Konnten viertens zweckmäßige und angemessene Maßnahmen zur Risikobewältigung eingeleitet werden?

In größeren Unternehmen wird die Risikoüberwachung insbesondere vom Controlling und/oder der internen Revision durchgeführt. Bei KMU's sind diese Stabsabteilungen i.d.R. nicht vorhanden, so dass die kaufmännische Geschäftsleitung bzw. deren Assistenz diese Aufgaben wahrnehmen muss. Eine Risikoüberwachungsmatrix hat sich als Instrumentarium bewährt und soll anhand der bereits identifizierten Hauptrisiken der hohen Devisenpositionen (2) und der Qualitätsmängel (6) erläutert werden. 75

Nr.

Risiko

Schaden

Strategie

Soll

1st

Begründung

2

Devisenposition

hoch

überwälzen

Reduktion 1 Mio. €

Reduktion 200 T€

EUGeschäft greift nicht

6

Qualitätsmängel

existenzbedrohend

vermindern

Retouren 500 Tsd. Stck.

Retouren konstant

Schlechtes Rohmaterial

Abbildung 87:

Risikoübenvachungsmatrix

Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden nun die Risikotreiber identifiziert und nach deren Wirkung auf das Risiko klassifiziert. Für das existenzbedrohende Risiko des Qualitätsmangels könnte diese Risikotreiberliste wie folgt aussehen:

75

Zur Diagnose der Ist-Situation mit entsprechenden U./Frommeyer J„ 2004, S. 217.

Risikostrategien vgl. auch Merbecks A./Stegemann

126

5 Risikobewältigung und -Überwachung

Risikotreiber

Voijahr

2. Quartal

4. Quartal

Tendenz

Mangelhafte Mitarbeiterqualifikation

-2

-2

-1

Verbesserung

Schlechte Rohstoffe

-2

-2

-2

Konstant

Fehlende Rohstoffbezugsquellen

-2

-2

-2

Konstant

Veraltete Maschinen

-2

-1

0

Verbesserung

Produktimage

-2

-2

-1

Verbesserung

Abbildung 88: Risikotreiberfiir das Risiko „ Qualitätsmangel"

Dabei kann eine ordinal skalierte Bewertungsskala herangezogen werden. Wirkung des Risikotreibers auf das Risiko stark negativ -2

negativ -1

neutral 0

positiv +1

stark positiv +2

Bis jetzt wurde der gesamte Risikomanagementprozess, angefangen bei der Zielbildungsund Identifikationsphase bis schließlich zur Risikobewältigungs- und -Überwachungsphase auf einer eher theoretischen Basis erläutert. Nun soll anhand eines zusammenhängenden Praxisbeispiels diese komplexe Materie veranschaulicht werden.

6

Fallbeispiel Stanzformhersteller

6.1

Ausgangssituation

Eine kleine Unternehmung mit einem Umsatzvolumen von 2,4 Mio. € hat als Geschäftszweck die Herstellung von Stanz Werkzeugen. Das Unternehmen wird in der Form der GmbH von den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern (Kaufmann und Techniker) gefuhrt. Noch vor wenigen Jahren betrug das Umsatzvolumen zwischen 5 und 6 Mio. €, hat sich aber seit dieser Zeit auf dem jetzigen Niveau eingependelt. Auch die Umsatzrendite ist von einem ehemals zweistelligen Wert auf das jetzige Niveau gesunken. Gründe für den Umsatz- und Renditerückgang liegen in der stark angestiegenen Konkurrenz von fernöstlichen „Garagenbauern". Zum Unternehmen liegen eine Reihe von Informationen, nämlich der aktuelle Jahresabschluss, Umsatz- und Forderungsstruktur, sowie das Kostenrechnungssystem vor. Diese werden nachfolgend dargestellt und bilden die Grundlage für das anschließend zu installierende Risikomanagementsystem sowie die daraus abgeleiteten existenzsichernden Maßnah-

76

Dass der eigentliche Risikomanagementprozess eines großen Unternehmens im Vergleich zu einem K M U grundsätzlich ähnlich abläuft, verdeutlicht bspw. eine Studie zur Beiersdorf AG. Einer der entscheidenden Unterschiede liegt sicherlich in der Aufbauorganisation und teilweise in der Komplexität der Aufgabenstellungen begründet. Vgl. Diederichs M./Eberenz R./Eickmann O., 2009, S. 265ff.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

128

6.1.1

Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung

Der aktuelle Jahresabschluss der Stanzform-GmbH hat folgendes Aussehen:

Bilanz (in €) Passiva

Aktiva Technische Anlagen

162.420 Gezeichnetes Kapita!

50.000

Andere Anlagen

134.250 Gewinnvortrag

13.200

Anlagevermögen

296.670 Bilanzgewinn

31.365

Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe

179.251 Eigenkapital

94.565

87.412

Unfertige und fertige Erzeugnisse Vorräte

266.663 Langfr. Bankendarlehen

724.620

Forderungen LuL

442.100 Gesellschafterdarlehen

100.000

16.152 Verbindlichkeiten LuL

Kasse Umlaufvermögen Bilanzsumme

724.915 Fremdkapital 1.021.585 Bilanzsumme

Abbildung 89: Bilanz des KMU - Ausgangssituation

102.400 927.020 1.021.585

6.1 Ausgangssituation

129

Gewinn- und Verlustrechnung Umsatzerlös Materialaufwand Hilfs- und Betriebsstoffe

in €

in %

2.402.124

100,0

693.750

28,9

56.250

2,3

Löhne

827.316

34,4

Gehälter

380.000

15,8

Abschreibung

139.330

5,8

Miete

61.533

2,6

Reparaturen

22.500

0,9

Strom

18.750

0,8

Wasser

5.250

0,2

22.500

0,9

Kfz-Aufwand

39.000

1,6

Versicherungen

26.250 9.200

1,1 0,4

2.301.629

95,8

100.495

4,2

Steuern vom Einkommen und Ertrag

15.530

0,6

NOPAT 77

84.965

3,5

Zinsaufwand

53.600

2,2

31.365

1,3

Büromaterial

Sonstige Aufwendungen Betriebliche Aufwendungen Operatives Ergebnis

Bilanzgewinn Abbildung

90: GuVdes

KMU -

Ausgangssituation

Aufgrund der prekären finanziellen Situation erklärten sich die beiden geschäftsfuhrenden Gesellschafter im abgelaufenen Jahr gegenüber ihrer Hausbank bereit, jeweils ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 50.000,- € zu geben. Es hat damit quasi Eigenkapitalcharakter. Aus dem gleichen Grund wurde der im Jahr erwirtschaftete Gewinn thesauriert.

77

= Net Operating Profit After Tax

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

130

6.1.2

Umsatzstruktur

Der in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Umsatzerlös in Höhe von 2.402 T€ setzt sich aus insgesamt 37 Kunden wie folgt zusammen: Kd. Nr.

Gruppe

T€

%

Kd. Nr.

Gruppe

T€

%

100414

KG1

460

19,15%

100038

KG1

35

1,46%

703421

KG7

287

11,95%

203086

KG2

34

1,42%

100396

KG1

214

8,91%

100032

KG1

30

1,25%

100109

KG1

120

5,00%

503021

KG5

30

1,25%

202115

KG2

101

4,20%

601205

KG6

29

1,21% 1,13%

100040

KG1

97

4,04%

100430

KG1

27

701201

KG7

92

3,83%

502088

KG5

27

1,13%

100142

KG1

86

3,58%

503131

KG5

25

1,04%

100302

KG1

83

3,46%

503207

KG5

20

0,83%

303214

KG3

72

3,00%

502113

KG5

18

0,75%

100310

KG1

64

2,67%

601210

KG6

17

0,71%

100025

KG1

60

2,50%

800435

KG8

16

0,67%

202099

KG2

54

2,25%

801329

KG 8

14

0,58%

302112

KG3

42

1,75%

203244

KG2

12

0,50%

800120

KG8

41

1,71%

402876

KG4

12

0,50%

100072

KG1

40

1,67%

402135

KG4

10

0,42% 0,42% 0,25%

100269

KG1

40

1,67%

804201

KG8

10

401107

KG4

40

1,67%

601401

KG6

6

800024

K.G8

37

1,54%

Abbildung 91: Umsatzstruktur des KMU - Ausgangssituation

Kundengruppe KG1 = Deutschland

KG5 = übriges Westeuropa

KG2 = Benelux

KG6 = Skandinavien

KG3 = Frankreich

KG7 = Russland

KG4 = Großbritannien

KG8 = übriges Osteuropa

Erklärung: Der größte Kunde (Kd. Nr. 100414) kommt aus Deutschland, hat ein Umsatzvolumen von 460 T€, was einem Umsatzanteil von 19,15% entspricht usw.

6.1 Ausgangssituation

6.1.3

131

Forderungsstruktur

Die in der Bilanz ausgewiesenen Forderungen haben folgende Alters-(Fälligkeits)Struktur:

Altersstruktur der Forderungen KG

Nicht fällig

Fällig seit 1 bis 30 Tagen

%

Τ €

1

69,6

15,8

29,8

2

62,3

14,4

Τ €

%

Fällig seit 31 bis 60 Tagen Τ €

%

Fällig seit über 60 Tagen Τ €

%

6,7

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

3

44,8

10,1

3,4

0,8

0,0

0,0

0,0

0,0

4

38,4

8,7

0,1

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

5

53,9

12,2

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

6

17,8

4,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

7

14,2

3,2

0,0

0,0

64,8

14,7

0,0

0,0

8

0,0

0,0

43,0

9,7

0,0

0,0

0,0

0,0

Σ

301,0

68,1

76,3

17,2

64,8

14,7

0,0

0,0

Abbildung 92: Forderungsstruktur des KMU - Ausgangssituation

Erklärung: Von den noch ausstehenden Forderungen in Höhe von 442,1 T€ sind somit 301 T€ (68,1%) noch nicht fallig. Nicht fallig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das vereinbarte Kundenziel (Zahlungsziel) noch nicht abgelaufen ist. Beim genaueren Blick in die Vertragsvereinbarungen fallt den Verantwortlichen auf, dass die meisten Kaufverträge mit deutschen und westeuropäischen Kunden eine Zahlungszielvereinbarung von 60 Tagen (rein netto Kasse) haben, während mit Osteuropa (inklusive Russland) sogar 90 Tage vereinbart wurden. D.h., dass aufgrund der obigen Altersstruktur der Forderungen bspw. 6,7% der deutschen Außenstände bereits im ersten Monat überfallig sind oder das bspw. 14,7% der Forderungen an russische Kunden bereits vor über einem Monat hätten bezahlt werden müssen. Somit wurden diese Rechnungen, betrachtet man das mit osteuropäischen Kunden vereinbarte Zahlungsziel von 90 Tagen, bereits vor über 4 Monaten fakturiert! Kritisch sind die bereits falligen Außenstände insbesondere deshalb, weil es sich bei den 64,8 T€ (Russland) resp. 29,8 T€ (Deutschland) um 3 Großkunden handelt, die zwar in der Vergangenheit immer, wenn auch verspätet, ihre Rechnungen zahlten, die aber wirtschaftlich gesehen als insolvenzgefahrdet betrachtet werden müssen.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

132

6.1.4

Kostenrechnungssystem

6.1.4.1

Abgrenzungsrechnung

Die Stanzform-GmbH entschied sich im aktuellen Jahr, ein Kostenrechnungssystem auf Vollkostenbasis in Form einer Maschinenstundensatzrechnung durchzufuhren. Aus diesem Grund überführte man zunächst die Ergebnisse der Gewinn- und Verlustrechnung (Gesamtergebnisrechnung) über eine Abgrenzungsrechnung in die Kosten- und Leistungsrechnung (Betriebsergebnisrechnung). Ergebnistabelle Finanzbuchhaltung

Kosten- und Leistungsrechnung

Gesamtergebnisrechnung Kto.

Aufwand

5000

Abgrenzungsrechnung Neutraler Aufwand

Erträge

Betriebsergebnisrechnung

Neutraler Ertrag

Kosten

2.402.124

2.402.124

6100

693.750

693.750

6160

56.250

56.250

6200

827.316

827.316

6300

380.000

6520

139.330

380.000 139.330

6610

61.533

6640

22.500

61.533 22.500

6660

18.750

18.750

6670

5.250 22.500

5.250

6700 6810

22.500

39.000

6820

26.250

6900 7077 8010

9.200 15.530

12.000

9.200 : 15.530 24.050

29.550 2.402.124

41.550

31.365 Gesamtergebnis Abbildung

27.000 26.250

53.600 2.370.759

Leistungen

93: Abgrenzungsrechnung

0 41.550

Neutrales Ergebnis des KMU -

Ausgangssituation

2.329.209

2.402.124

72.915 Betriebsergebnis

6.1 Ausgangssituation

133 Konten

Kto.

Bezeichnung

Kto.

Bezeichnung

5000

Umsatzerlös

6660

Strom

6100

Materialaufwand

6670

Wasser

6160

Hilfs- und Betriebsstoffe

6700

Büromaterial

6200

Löhne

6810

Kfz-Aufwand

6300

Gehälter

6820

Versicherungen

6520

Abschreibungen

6900

Sonstiger Aufwand

6610

Miete

7077

Betriebliche Steuern

6640

Reparaturen

8010

Zinsaufwand

Abbildung 94:

Kontenbezeichnungen

Erklärung zur Abgrenzungsrechnung: Die Umsatzerlöse (2.402.124,- € ) wurden im Rahmen der operativen Geschäftstätigkeiten erzielt und sind damit als Leistungen in die Kostenund Leistungsrechnung zu übernehmen. Ebenfalls eindeutig sind die Aufwendungen fur Materialien (693.750,- €), Hilfs- und Betriebsstoffe (56.250,- €), Löhne (827.316,- €), Gehälter (380.000,- €), Abschreibungen (139.330,- €), Miete (61.533,- €), Reparaturen (22.500,- €), Strom (18.750,- €), Wasser (5.250,- €), Büromaterial (22.500,- €), Versicherungen (26.250,- €), sonstige Aufwendungen (9.200,- € ) und Betriebliche Steuern (15.530,- €). Es sind Aufwendungen, hervorgerufen durch den betrieblichen Leistungsprozess und somit als Kosten (auch in dieser Höhe) in die Kosten- und Leistungsrechnung einzustellen. Vom Kfz-Aufwand wurden 12.000,- € abgegrenzt, d.h. nicht in die Kosten- und Leistungsrechnung übernommen, da es sich in dieser Höhe um außerordentliche Aufwendungen (nicht über die Versicherung gedeckter Unfallschaden) handelte. Die Zinsaufwendungen wurden ebenfalls modifiziert und durch kalkulatorische Zinsen ersetzt. Das Unternehmen geht hier von 5 % Zinsen für langfristiges Fremdkapital auf den halben Wiederbeschaffüngswert des Anlagevermögens aus. Die Anschaffungskosten der Anlagen beliefen sich auf insgesamt 961.890,- €. Die kalkulatorischen Zinsen auf den halben Wiederbeschaffungswert (480.945,- €) betragen damit 24.050,- €. 7 8 Es ergibt sich ein bilanzieller Gewinn in Höhe von 31.365,- €, das operative Ergebnis hingegen beträgt 72.915,- €. Die Differenz liegt in den neutralen Aufwendungen in Höhe von 4 1 . 5 5 0 , - € begründet.

78

Z u m A n l a g e v e r m ö g e n , den Abschreibungsmodalitäten sowie den kalkulatorischen Zinsen vergleiche Anhang

10.1.

134 6.1.4.2

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller Betriebsabrechnungsbogen

Zur Ermittlung der Gemeinkostenzuschläge und der Maschinenstundensätze erstellte das Unternehmen einen Betriebsabrechnungsbogen, um die Gemeinkosten auf die insgesamt sieben Kostenstellen zu verteilen.79 Konto

Betrag

CAD

Laser

Linie

Montage

Versand

Admin

Vertrieb

6160

56.250

5.000

3.000

5.000

22.000

21.250

6200

827.316

176.400

77.616

64.680

323.400

185.220

6300

380.000

296.000

84.000

6520

139.330

30.705

46.875

25.000

9.375

3.000

16.875

7.500

6610

61.533

4.860

4.050

3.024

27.324

10.125

8.100

4.050

6640

22.500

4.000

7.000

3.000

4.000

1.500

2.000

1.000

6660

18.750

3.000

7.000

2.000

2.750

1.000

2.000

1.000

6670

5.250

700

1.950

600

800

600

300

300

6700

22.500

15.000

7.500

6810

27.000

17.550

9.450

6820

26.250

3.750

3.750

3.750

3.750

3.750

3.750

3.750

6900

9.200

1.314

1.314

1.314

1.314

1.314

1.314

1.314

7077

15.530

2.219

2.219

2.219

2.219

2.219

2.219

2.219

8010

24.050

5.157

9.376

3.751

1.875

375

2.578

938

1.635.459

237.105

164.150

114.338

398.807

230.353

367.686

123.020

Abbildung 95: Betriebsabrechnungsbogen

6.1.4.3

des KMU -

Ausgangssituation

Betriebsergebnis

Das operative Ergebnis der Stanzform GmbH gestaltete sich für das abgelaufene Geschäftsjahr wie folgt:

79

Da die Werte ohne Nachkommastellen dargestellt sind, ergeben sich teilweise kleine Rundungsdifferenzen. Die Erläuterungen zu der Aufteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen sind im Anhang 10.2 dargestellt.

6.1 Ausgangssituation

135 Betrag

Materialeinzelkosten

693.750,00

+ Gemeinkosten CAD

237.105,07

+ Gemeinkosten Laseranlage

164.149,93

+ Gemeinkosten Linienbearbeitung

114.337,29

+ Gemeinkosten Bemessern und Montage

398.807,07

+ Gemeinkosten Gummierung und Versand

230.352,90

= Herstellkosten der Fertigung

1.838.502,26

100,00%

+ Verwaltungsgemeinkosten

367.686,28

20,00%

+ Vertriebsgemeinkosten

123.020,46

6,69%

= Selbstkosten

2.329.209,00

Umsatzerlös

2.402.124,00

Betriebsgewinn Abbildung 96: Betriebsergebnisrechnung

72.915,00 des KMU - Ausgangssituation

D.h., das Betriebsergebnis, das sich durch Abzug der Selbstkosten von den Umsatzerlösen ergibt, beträgt 72.915,- €. Als Nebenprodukt werden die beiden Gemeinkostenzuschlagssätze des administrativen Bereichs Verwaltung und Vertrieb mit 20,00 bzw. 6,69%, gemessen an den Herstellkosten der Fertigung, ermittelt. Die Gemeinkosten der Fertigung (CAD, Laseranlage, Linienbearbeitung, Bemessern/ Montage sowie Gummierung/Versand) werden nicht als Zuschlagssatz für anstehende Kalkulationen errechnet, sondern durch eine Maschinenstundensatzrechnung dargestellt.

6.1.4.4

Maschinenstundensatzrechnung

Wurden im Rahmen der Betriebsergebnisermittlung die beiden Gemeinkostenzuschläge für Verwaltung und Vertrieb ermittelt, so werden für die fünf Kostenstellen der Fertigung Maschinenstundensätze errechnet und anschließend für Kalkulationen benutzt.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

136

Gemeinkosten

Mitarbeiter

Stunden/Jahr

Stundensatz

der CAD-Anlage

237.105,07

2

3.200

74,10

der Laseranlage

164.149,93

1

1.600

102,59

der Linienbearbeitung

114.337,29

1

1.600

71,46

Bemessern und Montage

398.807,07

5

8.000

49,85

Gummierung und Versand

230.352,90

2,5

4.000

57,59

Abbildung 97: Maschinenstundensatzrechnung

des KMU - Ausgangssituation

Ein Kalkulationsbeispiel lautet: qm/Stück Holz

Kosten/qm

0,88

24,20

Meter/Stück

Kosten/Meter

Kosten/Stück 21,30

Schneidlinien

7,00

0,95

6,65

Rilllinien

6,00

0,70

4,20

14,00

0,85

11,90

Gummimischung Verpackung

3,90

= Einzelkosten

47,95 Zeit/min

Kosten/h

CAD

50

74,10

61,75

Laseranlage

28

102,59

47,88

Linienbearbeitung

45

71,46

53,59

Bemessern

105

49,85

87,24

Gummieren

95

57,59

91,18

= Fertigungsgemeinkosten

341,64

Herstellkosten der Fertigung

in %

389,59

+ Verwaltungsgemeinkosten

20,00

77,91

6,69

26,07

+ Vertriebsgemeinkosten = Selbstkosten Abbildung 98: Kalkulation eines Produktes auf Basis der

493,57 Maschinenstundensatzrechnung

6.2 Implementierung eines internen Ratingsystems

137

Die Kalkulation auf Basis der Maschinenstundensatzrechnung ergab für das Beispielprodukt Selbstkosten in Höhe von 493,57 €. Liegt jetzt bspw. der vom Markt vorgegebene Preis darunter, erwirtschaftet die Stanzform GmbH einen Verlust u.u.

6.1.5

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde die Ausgangssituation des kleinen Stanzformenherstellers beschrieben. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass •

das Unternehmen über einen (geringen) handelsrechtlichen Gewinn in Höhe von 31,4 T€ verfügt, was einer Umsatzrendite von 1,3% entspricht.



die Eigenkapitalquote, also der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme lediglich 9,3% beträgt.



sich aus der Umsatzstruktur eine sehr hohe Abhängigkeit von Großkunden ergibt. Auf die größten 3 Kunden entfallen ca. 40% des Gesamtumsatzes.



die Forderungsstruktur nicht zufriedenstellend ist. Das Debitorenziel (Kundenforderungen/Monatsumsatz), das sich aus der Bilanz ableiten lässt, beträgt 2,2 Monate und somit mehr als 60 Tage. Von den zum 31.12 eingebuchten Forderungen sind bereits 141 T€ fällig.



das Unternehmen bezogen auf die Größe über ein bereits gut ausgelegtes (Voll) Kostenrechnungssystem verfügt. Die Gesellschaft kalkuliert mit Maschinenstundensätzen, indem für die fünf produktiven Kostenstellen die Kosten pro produzierter Stunde errechnet werden, während für die beiden Kostenstellen der Administration (Verwaltung und Vertrieb) mit Gemeinkostenzuschlagssätzen gearbeitet wird. Das vergangene Betriebsergebnis lag bei ca. 73 T€ und damit um ca. 41,6 T€ über dem handelsrechtlichen Ergebnis. Die Gründe hierfür lagen in der Abgrenzung von neutralen Kfz-Kosten sowie geringeren kalkulatorischen Zinsen.

Auf Basis dieses Status quos kann nun die Implementierung eines Risikomanagementsystem erfolgen.

6.2

Implementierung eines internen Ratingsystems

Mit Hilfe der Dr. Schneck Rating Software führte unser Hersteller von Stanzwerkzeugen ein internes Rating durch, um einen ersten Überblick über die entsprechenden Risikofaktoren zu erhalten. Es ergaben sich für das qualitative Rating folgende Ergebnisse: 80

80

Zum kompletten Fragenkatalog siehe Anhang 10.3.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

138 Qualitatives Rating

Punkte

Gewichtung

Produkte und Branche

45,86

10,20%

Marktdynamik

58,25

3,06%

Strategie

51,25

4,08%

Unternehmensfuhrung

71,80

20,41%

Personalpolitik

78,57

3,06%

Organisation und Prozesse

56,86

8,16%

Forschung und Entwicklung Einkauf, Lager und Produktion Unternehmensplan ung Controlling & Risikosteuerung Kontodaten und Finanzpolitik

1

0

0%

55,00

10,20%

64,40

10,20%

42,60

8,16%

73,33

20,41%

Ergebnis des qualitativen Ratings = BBAbbildung 99: Ergebnisse des qualitativen Ratings nach Dr. Schneck

Das qualitative Rating zeigt, dass die Bereiche „Produkte und Branche" sowie „Controlling und Risikosteuerung" im Vergleich zum Branchendurchschnitt schlecht abschneiden. Die Gründe liegen im Wesentlichen •

im Bereich Produkt und Branche an der sehr schlechten Branchenrentabilität sowie der starken Abhängigkeit von Großkunden und



im Bereich Controlling und Risiko hauptsächlich an der mangelnden Versicherung gegenüber unternehmerischen Risiken wie Betriebsunterbrechungen, aber auch an fehlenden unterjährigen Berichtswesen sowie Soll-Ist-Vergleichen.

Aus der bereits dargestellten Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung ergibt sich das quantitative Rating in den Rubriken Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage:

6.2 Implementierung eines internen Ratingsystems AAA Vermögen*1

Wert

(1)

0,1235

(2)

0,1110

(3)

0,1840

(4)

9,26

(5)

0,1365

(6)

0,1396

AA

A

139 BB Β

BB

Β

ccc

cc

c

Ertragslage (1)

0,000

(2)

33,17

(3)

8,32

(4)

1,31

(5)

-0,181

Finanzlage (1)

0,3188

(2)

3,0983

(3)

0,1577

(4)

4,4751

(5)

7,0792

(6)

-2,127

(7)

2,5852

(8)

0,124

-435T€ (9) Ergebnis des quantitativen Ratings = BBAbbildung



100: Ergebnisse

des quantitativen

Ratings

nach Dr.

Schneck

Bei der Bewertung werden einzelne Kennzahlen entsprechend ihrem Wert in die Ratingkategorie zwischen AAA und C eingeteilt. Im Anschluss erfolgt eine Durchschnittsbildung. Zu einigen Kennzahlen erfolgt kein Rating, da bei ihnen eine Klassifikation nicht möglich/sinnvoll ist. Das quantitative Rating ergab insgesamt die Bewertung BB-.

81 Die Bedeutung der nummerierten Kennzahlen aus den Bereichen Vermögen, Ertrag und Finanzen wurden oben im Kapitel „Das Dr. Schneck Rating als internes Ratingsystem" dargestellt.

140

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller



Im vorliegenden Fall sind aus den drei Bereichen folgende Kennzahlen branchenunterdurchschnittlich und verhindern ein besseres quantitatives Ergebnis:



aus dem Vermögensbereich das Debitorenziel (Kennzahl 3), die Eigenkapitalquote (4) und die Relation der Gewinnrücklagen zum Eigenkapital (6),



aus dem Ertragsbereich die Umsatzrendite (4) und die Cash Flow Marge (5) und



aus dem Bereich der Finanzlage der Liquiditätsgrad 1 (3) und der dynamische Verschuldungsgrad (6).

Nachdem die Unternehmung hinsichtlich ihrer softskills (qualitative Faktoren) und den hard facts (quantitative Faktoren) geratet wurde, erfolgt die Zusammenführung der Ergebnisse. Je nach Branche und Größe kann dabei die Gewichtung, hier 30 zu 70, etwas differieren. Rating

Gewichtung

AAA AA

Qualitativ

BB-

30%

A BBB

Quantitativ

BB-

70%

BB Β

Gesamt

BB-

CCC CC C

Abbildung 101: Das Gesamtergebnis nach Dr. Schneck

Gemäß dem Gesamtergebnis von BB- würde die Unternehmung gerade noch einen Kredit zu den alten Konditionen bekommen, da die Eigenkapitalhinterlegung der Bank hier noch bei 8% des Kreditvolumens liegt. Bereits beim Gesamtergebnis von Β hätte die Unternehmung mit höheren Zinssätzen zu rechnen, da die Eigenkapitalhinterlegung der Bank dann 12% betragen würde. Mit obigem Ergebnis befindet sich die Unternehmung in guter Gesellschaft zum deutschen Mittelstand, der zu 51% in diese Kategorie fällt.

6.3 Das Risikoinventar

6.3

141

Das Risikoinventar

Die beiden Geschäftsführer der Stanzform-GmbH ermittelten im Rahmen eines Workshops, den sie gemeinsam mit dem Arbeitsvorbereiter, dem Vertriebsverantwortlichen und einem externen Unternehmensberater durchführten, folgende Risikoinventarliste. Dabei wurden auch weitestgehend die Ergebnisse des Ratings einbezogen: Nr.

1 2 3

Risiko

Risikofeld

Wirkung

Wegfall von Schlüsselkunden, mangelnde Umsatzrendite und Cash Flow Marge

Ma

U,

Forderungsausfalle, hohe Debitorenziele

V V s

Β, E

4

Β

2 2

Hoher Vorratsbestand

E

Relevanz

5

4

Änderung des politischen Umfelds in Osteuro-

5 6 7

Permanenter Umsatzrückgang

Ma

υ υ, Ε

Geringe Eigenkapitaldecke

F

Β

4

Höhere Zinskonditionen aufgrund von sinkender Bonität

F

Ε, Κ

2

Veraltete Produktionsanlagen

Β

3 3 3

8 9 10

Innovationsbedarf (Anlagevermögen)

V V

Kostenstruktur (Personal, Material, Kfz)

Ma

11

Abhängigkeit vom technischen GF

M

Risikofeld

Wirkung

Β

Ε, Κ Ε

5

5

Risikorelevanz

Vermögen = V

Infrastruktur = I

E = Erfolg

1 = unbedeutend

Finanzen = F

Markt = Ma

U = Umsatz

2 = gering

Mitarbeiter = M

Sozial = S

Κ = Kosten

3 = mittel

Prozess = R

Umwelt = U

Β = Bilanz

4 = hoch 5 = bestandsgefährdend

Abbildung 102: Risikoinventarliste des KMU

Der Wegfall von Schlüsselkunden (1) führte bereits in der Vergangenheit zu einem erheblichen Umsatzrückgang mit einhergehenden sinkenden Umsatzrenditen und Cash Flow Margen. Das weitere Risiko wird als bestandsgefährdend angesehen, da mit den größten drei Kunden ca. 40% des gesamten Umsatzvolumens gemacht wurden. Forderungsausfälle (2) würden die Liquidität sowie das Ergebnis ganz erheblich belasten. Die Analyse der Debitorenliste ergab diesbezüglich ein hohes Risiko. Zum einen besteht ein wesentlicher Teil der offenen Posten gegenüber Großkunden, zum anderen werden einige dieser Kunden als insolvenzgefahrdet eingestuft. Darüber hinaus ist der Forderungsbestand in Relation zum Umsatzerlös viel zu hoch.

142

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

Der hohe Vorratsbestand (3) fuhrt zu einer hohen Lagerbindung und belastet demzufolge die Liquidität. Allerdings wird das Risiko für den Fortbestand des Unternehmens als eher gering angesehen. Die potenziellen Änderungen des politischen Umfelds in Osteuropa (4) werden zwar als Risikoquelle, aber nicht als existenzbedrohend ausgemacht. Der permanente Umsatzrückgang (5) wird in Verbindung mit Risiko (1) - Wegfall von Schlüsselkunden - diskutiert. Ähnlich dazu handelt es sich folglich um ein die Existenz der Unternehmung bedrohendes Risiko. Die geringe Eigenkapitaldecke (6) - die Eigenkapitalquote ist in diesem Jahr auf unter 10% gesunken - wird als ernstzunehmendes Risiko eingestuft und ist natürlich die Folge des permanenten Umsatzrückgangs in Verbindung mit sinkenden Gewinnen. Höhere Zinskonditionen aufgrund von sinkender Bonität (7) könnten die Folge des vorher diskutierten Risikos (6) sein, allerdings handelt es sich um kein vorrangig zu behebendes Risiko. Veraltete Produktionsanlagen (8) und Innovationsbedarf im Anlagevermögen (9) sind zwei ähnliche Risiken, deren Relevanz im mittleren Risikobereich angesiedelt wird. Es ist die Folge von fehlender vergangener Liquidität. Auch die Kostenstruktur (10) im Bereich der Hauptkostentreiber Material und Personal wird als mittelfristig anzugehendes Risiko definiert. Schließlich wird die Abhängigkeit vom technischen Geschäftsführer (11) als letztes, aber sehr relevantes Risiko klassifiziert. Die Geschäftsleitung hat nun durch die Ermittlung der Risikofaktoren einen ersten Überblick über die Risiken und deren geschätzten Tragweiten erhalten. Diese müssen jetzt im nächsten Schritt natürlich detaillierter betrachtet, d.h. nach der Schadenshöhe und der Eintrittswahrscheinlichkeit katalogisiert werden. 82

6.4

Existenzsichernde Maßnahmen

6.4.1

Die Risikomatrix

Aus dem obigen Risikoinventar soll nun für unser Beispielunternehmen die Risikomatrix abgeleitet werden, indem für jedes Einzelrisiko die Zuweisung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe erfolgt.

Siehe Fallstudie 18.

6.4 Existenzsichernde Maßnahmen

143

Ν

Risiko

Eintrittswahrscheinlichkeit

Schadenshöhe

1

Wegfall von Schlüsselkunden, mangelnde Umsatzrendite und Cash Flow Marge

5

5

2

Forderungsausfälle, hohe

4

4

3

Hoher Vorratsbestand

2

1

4

Änderung des politischen Umfelds in Osteuropa

3

2

5

Permanenter Umsatzrückgang

5

4

6

Geringe Eigenkapitaldecke

4

5

7

Höhere Zinskonditionen aufgrund von sinkender Bonität

1

2

8

Veraltete Produktionsanlagen

3

3

9

Innovationsbedarf (Anlagevermögen)

3

3

10

Kostenstruktur (Personal, Material)

4

3

11

Abhängigkeit vom technischen GF

5

5

Abbildung 103: Risikoqualifizierung des KMU

E

5

5

1,11

2

fc

I Ν Τ

10

4 4

3

8,9

R I

2

3

Τ

7

1 τ 1

2

3

4

5

Schaden Abbildung 104: Risikomatrix des KMU - Ausgangssitualion

Die Risikomatrix bringt zum Vorschein, dass der Wegfall von Schlüsselkunden (1) sowie die Abhängigkeit vom technischen Geschäftsführer (11) die beiden Risiken sind, die bei der Risikobewältigung die oberste Priorität besitzen. Beide sind existenzbedrohend und bezüglich Eintrittswahrscheinlichkeit bereits konkret vorhanden.

144

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

Der permanente Umsatzrückgang (5) steht in engem Kontext zum Risiko (1), dem Wegfall von Schlüsselkunden. Zwar bedrohen einzelne Kundenverluste nicht die unternehmerische Existenz, weswegen das Schadensausmaß auch etwas niedriger eingestuft wurde als der Wegfall der Schlüsselkunden, jedoch ist der kumulierte Umsatzrückgang sehr bedeutsam und genießt aus diesem Grund oberste Priorität. Ebenfalls in enger Beziehung zum permanenten Umsatzrückgang steht Risiko (6), die geringe Eigenkapitaldecke. Verluste haben diese aufgezehrt und bedrohen nun die unternehmerische Existenz, da die bilanzielle Überschuldung droht. Forderungsausfalle in Verbindung mit einem zu großen Debitorenziel (Risiko 2), insbesondere bei Großkunden, gefährden sowohl die Liquidität als auch das Ergebnis. Auch hierbei handelt es sich mit den beiden Merkmalsklassen 4 um unmittelbar zu bearbeitende Risiken. Das Risiko der Kostenstrukturen (10), also den Relationen der beiden Hauptkostentreiber Personal und Material zum Umsatzerlös, ist das letzte Risiko, das unmittelbar angegangen werden muss, da es in Kombination mit den sinkenden Umsatzerlösen die Gesamtmisere des Unternehmens verstärkt. Mit den beiden in Beziehung stehenden Risiken veraltete Produktionsanlagen (8) und Innovationsbedarf im Anlagevermögen (9) sind zwei Bereiche angesprochen, die im mittleren Risikobereich liegen und somit erst im zweiten Schritt Beachtung finden sollten. Letztlich wurden mit den Risiken Änderungen des politischen Umfelds in Osteuropa (4), hoher Vorratsbestand (3) sowie höhere Zinskonditionen aufgrund von sinkender Bonität (7) zwar potenzielle Gefahrenquellen erkannt, jedoch ist die Risikobekämpfung aufgrund des relativ geringen Schadensausmaßes und/oder der geringen Eintrittswahrscheinlichkeit direkt nicht zwingend vorzunehmen. 83

6.4.2

Wertorientiertes Management

6.4.2.1

Messung des Periodenerfolges

Im theoretischen Teil wurde bereits beschrieben, dass der Economic Value Added als geeignetes Instrumentarium herangezogen werden kann, um den Periodenerfolg zu messen. Wir hatten ihn in einem Zwischenschritt, ohne den gewichteten Kapitalkostensatz genauer zu spezifizieren, definiert als EVA = NOP AT - i WACC IK Übersteigt der NOP AT, also das Jahresergebnis nach Steuern aber vor Fremdkapitalzinsen, die Kapitalkosten, die sich aus den gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten ergeben, so wurde Wert geschaffen, im anderen Fall wurde Wert vernichtet.

o-Î

Siehe Fallstudie 19.

6.4 Existenzsichernde Maßnahmen

145

Unser KMU hatte zusammengefasst folgenden Jahresabschluss: Bilanz (in €) Aktiva

Passiva

Technische Anlagen

162.420 Gezeichnetes Kapital

50.000

Andere Anlagen

134.250 Gewinnvortrag

13.200

Anlagevermögen

296.670 Bilanzgewinn

31.365

Roh- Hilfs- und Be-

179.251 Eigenkapital

94.565

Unfertige und fertige

87.412

Vorräte

266.663 Langfr. Bankendarlehen

724.620

Forderungen LuL

442.100 Gesellschafterdarlehen

100.000

Kasse

16.152 Verbindlichkeiten LuL

Umlaufvermögen Bilanzsumme

724.915 Fremdkapital 1.021.585 Bilanzsumme

1.021.585

Abbildung 105: Bilanz des KMU - Ausgangsbasis zur Ermittlung des EVA

Gewinn- und Verlustrechnung in €

in %

2.402. Í 24

100,0

Materialaufwand

750.000

31,2

Personalaufwand

1.207.316

50,3

Abschreibung

139.330

5,8

Sonstiger betrieblicher Aufwand

204.983

8,5

2.301.629

95,8

100.495

4,2

Steuern vom Einkommen und Ertrag

15.530

0,6

NOPAT

84.965

3,5

Zinsaufwand

53.600

2,2

Bilanzgewinn

31.365

1,3

Umsatzerlös

Betriebliche Aufwendungen Operatives Ergebnis

Abbildung 106: GuV des KMU - Ausgangsbasis zur Ermittlung des EVA

102.400 927.020

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

146

Einfach, weil direkt ablesbar, ist der NOPAT, der sich nach Abzug der betrieblichen Aufwendungen und der Steuern vom Umsatzerlös ergibt und 84.965 € beträgt. Etwas schwieriger gestaltet sich die Ermittlung der Kapitalkosten, die sich ja aus den beiden Komponenten investiertes Kapital (IK) und dem gewichteten Kapitalkostensatz i WACC erge-

Beim investierten Kapital gilt die Regel, dass lediglich das (langfristig) investierte und verzinsliche Kapital zu berücksichtigen ist. Aus obiger Bilanz ergibt sich: Investiertes Kapital in € Gezeichnetes Kapital

in %

50.000

Gewinnvortrag

13.200

Investiertes Eigenkapital

63.200

7,12

Langfristiges Bankendarlehen

724.620

Gesellschafterdarlehen

100.000

Investiertes Fremdkapital

824.620

92,88

Investiertes Gesamtkapital

887.820

100,0

Abbildung 107: Investiertes Kapital des KMU - Ausgangsbasis zur Ermittlung des EVA

Das investierte Kapital enthält also nicht den Bilanzgewinn, der sich ja erst zum 31.12 in der Bilanz einstellt und mit obigem eingesetztem Eigenkapital erwirtschaftet wurde. Ebenso fehlen beim zu berücksichtigenden Fremdkapital die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, die i.d.R. nur kurzfristigen Bilanzbestand haben und im Rahmen der Verzinsung keinen Ansatz finden. Beim gewichteten Kapitalkostensatz lässt sich, wie oben beschrieben, der Eigenkapitalkostensatz entweder nach der Risikozuschlagsmethode ableiten, oder aus dem CAPM-Ansatz. Da für letzteren börsentaugliche Daten zur Verfügung stehen müssen, die für unser KMU nicht vorliegen, werden die Eigenkapitalkosten mit Hilfe der Risikozuschlagsmethode entwickelt. r EK = r f + r z Als risikofreier Zinssatz (r f ) werden 5% angesetzt. Dies entspricht einem durchschnittlichen langfristigen Marktzins bspw. fur eine risikolose Staatsanleihe. Schwieriger gestaltet sich der Ansatz des Risikozuschlages (rz). Hier werden allgemeine und spezielle unternehmerische Risiken berücksichtigt. Allgemeine unternehmerische Risiken sind z.B. das Markt- und Konjunkturrisiko, während im speziellen unternehmerischen Risiko z.B. die Abhängigkeit des unternehmerischen Erfolges von den Personen der Firmeninhaber zum Ausdruck kommt. In

6.4 Existenzsichernde Maßnahmen

147

unserem Beispiel werden insgesamt 10% angesetzt, so dass sich für den Eigenkapitalkostensatz rEK = rf + rz = 5% + 10% = 1 5 % ergeben. Einfacher ist die Ermittlung des Fremdkapitalkostensatzes, der sich prinzipiell aus dem bilanzierten zu verzinsenden Fremdkapital ergibt. Der Zinsaufwand der GuV (53.600 €) in Relation gesetzt zu den Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (724.620 €) entspricht einem Zinssatz von 7,4%. Da die Fremdkapitalzinsen den zu versteuernden Gewinn reduzieren, ist der Zinssatz noch um den so genannten tax shield zu reduzieren. Hier wird eine durchschnittliche Einsparung von 35% unterstellt. Insgesamt ergibt sich der gewichtete (Gesamt)Kapitalkostensatz aus diesen Informationen wie folgt: , s FK 824.620 Λ0/ 0/. ι•WACC = rFK · ,(1 - s) + r FK ΕΚ = _7,4% • (1 -, .35%) GK GK 887.820

, „ . 63.200 +15% 887.820

= 5,53%

Daraus leitet sich ein Economic Value Added ab von: EVA = NOP AT - iWACC ' IK = 84.965 - 5,53% ' 887.820 = 35.868,55 € In der Abrechnungsperiode wurde folglich Wert geschaffen. Dennoch stellt sich die Frage, inwieweit dieser Wertbeitrag verbessert werden kann. Dieser Frage wird im Rahmen der Risikobewältigungsmaßnahmen nachgegangen. 84

6.4.2.2

Unternehmensbewertung

Aufbauend auf dem Jahresabschluss 2009 und den oben gewonnenen Erkenntnissen zur modifizierten Ertragswertmethode plant die Geschäftsleitung des KMU folgende Planzahlen der GuV (in T€):

84

S i e h e Fallstudie 2 0 .

148

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller 2014

2015

2011

2012

2013

2.400

2.472

2.546

2.623

2.701

2.782

Materialaufwand

750

772

796

820

844

869

Personalaufwand

Jahr

2010

Umsatz

1.200

1.236

1.273

1.311

1.351

1.391

Abschreibungen

140

140

140

140

140

140

Sonstiger Aufwand

205

215

225

235

245

255

Zinsaufwand

54

54

54

54

54

54

Ergebnis vor Steuern

51

55

58

63

67

73

Abbildung 108: Ermittlung des Ergebnisses vor Steuern

Der Unternehmenswert soll zunächst einmal anhand der „klassischen" Ertragswertmethode ermittelt werden, wobei die folgenden Prämissen gelten: •

Bewertungsstichtag ist der 01.01.2010.



Der Gewerbesteuerhebesatz beträgt 400%.



Es wird mit einem Kapitalisierungszinssatz von 8,42% gerechnet.



Das Jahr 2015 dient als Grundlage zur Berechnung der ewigen Rente.

Der Unternehmenswert ergibt sich gemäß folgender Tabelle: Jahr

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Ergebnis vor Steuern

51,00

55,00

58,00

63,00

67,00

73,00

7,14

7,70

8,12

8,82

9,38

10,22

- Gewerbesteuer (14%) - KSt (inkl. Soli) (15,825%) = Ausschüttungsbetrag

8,07

8,70

9,18

9,97

10,60

11,55

35,79

38,60

40,70

44,21

47,02

51,23

- Abgeltungssteuer (26,375%)

9,44

10,18

10,73

11,66

12,40

13,51

= Zu kapitalisierender Betrag

26,35

28,42

29,97

32,55

34,62

37,72

0,9223

0,8507

0,7846

0,7237

0,6675

7,9276

24,30

24,17

23,51

23,56

23,11

299,03

Abzinsungsfaktoren Barwerte Unternehmenswert

417,68

Abbildung 109: Ermittlung des „ klassischen " Ertragswertes

Zunächst ist der Ausschüttungsbetrag zu ermitteln, der sich aus dem Ergebnis vor Steuern ergibt, das um 14% Gewerbesteuer (Messzahl von 3,5% multipliziert mit dem Hebesatz von 400%) und 15,825% Körperschaftsteuer (inklusive Solidaritätszuschlag) reduziert wurde.

6.4 Existenzsichernde Maßnahmen

149

Nach Abzug der Abgeltungssteuer in Höhe von 26,375% (25% plus Solidaritätszuschlag von 5,5%) errechnet sich dann der zu kapitalisierende Betrag. Die Abzinsungsfaktoren ergeben sich aus dem zugrunde gelegten Kapitalisierungszins mittels der Formel (l+i/100)" n . Für das Jahr 2011 bspw. ergibt sich der Abzinsungsfaktor, da der Bewertungsstichtag der 01.01.2010 ist und das Ergebnis aus 2011 folglich zwei Jahre abgezinst werden muss, aus (l+8,42/100)" 2 = 0,8507. Für das Jahr 2015 wird die ewige Rente angesetzt. Demzufolge ergibt sich der 1 85 Abzinsungsfaktor aus . :

Nun soll der modifizierte Ertragswert für unser KMU ermittelt werden, d.h. ausgehend von obigem Ergebnis vor Steuern soll beispielhaft dargestellt werden, wie sich der Unternehmenswert im Falle eines Verkaufes und Änderung der Geschäftsführung verändern würde.

Jahr

2010

Ergebnis vor Steuern Abbildung

110: Ergebnisse

2011

51

vor Steuern

55

- modifizierte

2012 58

2013 63

2014 67

2015 73

Ertragswertmethode

1. Schritt: Vergleich der Geschäftsführer Es sei unterstellt, dass sich einer der beiden Geschäftsführer im Zuge eines geplanten Unternehmensverkaufs zurückziehen und durch eine neue Person ersetzt würde. Der Vergleich der beiden Personen fuhrt zu folgender Gegenüberstellung:

85 Der Wert der ewigen Rente ist mit 5 Jahren (n=5) zu diskontieren. Dies ergibt sich aus der Tatsache heraus, dass die e w i g e Rente z u m 01.01.2015 berechnet wird, w a s inhaltlich d e m 31.12.2014 g l e i c h k o m m t .

150

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller Gesellschafter (alt)

Gesellschafter (neu)

Wichtung

Fachkenntnis und Branchenerfahrung

7

4

10

70

40

Kaufmännische Kenntnisse

6

7

8

48

56

Kommunikative Fähigkeiten

6

5

8

48

40

Kreativität

5

5

9

45

45

Merkmal

Werte (alt)

Werte (neu)

Durchsetzungsvermogen

6

6

8

48

48

Fähigkeit, Aufgaben zu delegieren

6

5

7

42

35

Umgang mit Risiko

5

6

5

25

30

Bereitschaft, viel zu arbeiten

5

6

7

35

42

Unterstützung aus Privatleben

7

5

5

35

25

396

361

Gesamtbewertung Abbildung III: Bewertung der Geschäftsführer - modifizierte

Vorsprung des Verkäufers/Käufers

Ertragswertmethode

Abschlag/Zuschlag auf das Ergebnis

(in Punkten)

(in %)

0-20

Kein Ab-/Zuschlag

21 - 5 0

10% 15%

51 - 100 101-200 mehr als 2001

25% 50%

Abbildung 112: Gewichtungsfaktoren der modifizierten Ertragswertmethode III

Der übernehmende Gesellschafter wird im Zuge der Unternehmensbewertung mit 35 Punkten schlechter beurteilt als der scheidende Geschäftsführer. Gemäß der obigen Tabelle erfolgt somit ein Abschlag auf das Ergebnis vor Steuern von 10%. 2. Schritt: Adäquate Berücksichtigung des Unternehmerlohns Der ausscheidende Gesellschafter bezog aus der Unternehmung ein Jahresgehalt von 120 T€ (im Personalaufwand berücksichtigt). Nachfragen beim Branchenverband haben ergeben, dass das durchschnittliche Einkommen eines Geschäftsführers 100 T€ beträgt. Somit ist das ursprüngliche Ergebnis vor Steuern in Höhe der Differenz (20 T€) zu verbessern.

151

6.4 Existenzsichernde Maßnahmen 3. Schritt: Berücksichtigung des spezifischen Unternehmerrisikos

Die zu bewertende Gesellschaft befindet sich in einer Branche, in der ganz spezifisches Fachwissen gefragt ist, was nicht häufig am Markt nachgefragt werden kann. Deshalb ist der Unternehmenserfolg in besonderem Maße von der Geschäftsleitung und dessen technischem Know-how abhängig. Dies ist beim Risikozuschlag im Kapitalisierungszinssatz entsprechend zu berücksichtigen. in % Basiszins

6,00

- Abgeltungssteuer (26,375%)

1,58

+ Risikozuschlag (gewöhnlich)

4,00

+ Risikozuschlag (spezielles Risiko) = Kapitalisierungszinsfuss

3,00 11,42

Abbildung 113: Risikozuschlag - modifizierte Ertragswertmethode II

Somit ergibt sich aufgrund der KMU-spezifischen Besonderheiten eine modifizierte Unternehmensbewertung: Jahr

2010

2011

2012

2013

2014

2015

Ergebnis vor Steuern

51,00

55,00

58,00

63,00

67,00

73,00

10%iger Abschlag (GF)

-5,10

-5,50

-5,80

-6,30

-6,70

-7,30

Personalkosten alte GF

+120

+120

+120

+120

+120

+120

Personalkosten neue GF

-100

-100

-100

-100

-100

-100

Modifiziertes Ergebnis

65,90

69,50

72,20

76,70

80,30

85,70

- Gewerbesteuer (14%)

9,23

9,73

10,11

10,74

11,24

12,00

- KSt (inkl. Soli) (15,825%)

10,43

11,00

11,43

12,14

12,71

13,56

= Ausschüttungsbetrag

46,24

48,77

50,66

53,82

56,35

60,14

- Abgeltungssteuer (26,375%)

12,19

12,86

13,36

14,20

14,86

15,86

Zu kapitalisierender Betrag

34,05

35,91

37,30

39,62

41,49

44,28

Abzinsungsfaktoren

0,8975

0,8055

0,7230

0,6489

0,5824

5,0994

30,56

28,93

26,97

25,71

24,16

225,80

Barwerte Ertragswert

Abbildung 114: Unternehmenswert - modifizierte

362,13 Ertragswertmethode

152

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

Unser Beispiel zeigt einen modifizierten Ertragswert, der um 43,73 T€ unter dem „klassischen" Ertragswert liegt. Zwar sind die modifizierten Ergebnisse (vor Steuern) höher, werden jedoch durch den deutlich größeren Kapitalisierungszinssatz überkompensiert. 86

6.5

Risikoaggregation

6.5.1

Ausgangssituation

Im Kapitel 4 wurde bereits in groben Zügen dargestellt, wie die Risikoaggregation, also die Zusammenfuhrung einzelner Risiken zum gesamten „Risikopaket" mittels eines Simulationsverfahrens - hier mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation - erfolgen kann. Dies soll nun anhand eines konkreten Beispiels demonstriert werden. Gemeinsam mit der Geschäftsleitung des Stanzformenherstellers sollen Sie das Risiko dafür berechnen, dass die Unternehmung im kommenden Jahr •

bilanziell überschuldet ist,



illiquide wird bzw.



keinen Gewinn erwirtschaftet.

Dazu gehen Sie von folgenden Prämissen aus: Bilanz (in €) Passiva

Aktiva Technische Anlagen

162.420 Gezeichnetes Kapital

Andere Anlagen

134.250 Gewinnvortrag

13.200

Anlagevermögen

296.670 Bilanzgewinn

31.365

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

179.251 Eigenkapital

94.565

Unfertige und fertige Erzeugnisse

50.000

87.412

Vorräte

266.663 Langfr. Bankendarlehen

724.620

Forderungen LuL

442.100 Gesellschafterdarlehen

100.000

Kasse Umlaufvermögen Bilanzsumme

16.152 Verbindlichkeiten LuL 724.915 Fremdkapital 1.021.585 Bilanzsumme

Abbildung 115: Bilanz des KMU - Ausgangsbasis der Risikosimulation

86

Siehe Fallstudie 21.

102.400 927.020 1.021.585

6.5 Risikoaggregation

153

Gewinn und Verlustrechnung in € Umsatzerlös Materialaufwand

2.402.124 750.000

Deckungsbeitrag

1.652.124

Personalaufwand

1.207.316

Abschreibungen

139.330

Sonstige Aufwendungen

204.983

EBIT (Betriebsergebnis)

100.495

Zinsergebnis

-53.600

a.o. Ergebnis

0,00

EBT

46.895

Unternehmenssteuern

15.530

Bilanzgewinn

31.365

Abbildung 116: GuVdes KMU - Ausgangsbasis der Risikosimulation

Durch Diskussionen erhalten Sie noch weitere wichtige Informationen: •

Umsatzmengenschwankungen sieht die Geschäftsleitung in den Bandbreiten -10% (Minimum), keine Schwankung (wahrscheinlich), +5% (Maximum).



Umsatzpreisschwankungen werden in den Bandbreiten -5% (Minimum), keine Schwankung (wahrscheinlich), +2% (Maximum) gesehen.



Die Materialkosten sind zu 100% variabel, verändern sich also mit den Umsatzerlösen. Ansonsten sieht man die Materialkosten bei einer erwarteten Schwankung von 0%, die Standardabweichung betrage 5%.



Die Personalkosten sind zu 35% variabel und zu 65% fix. Ansonsten sieht man diese bei einer erwarteten Schwankung von 0% und einer Standardabweichung von 2%.



Ähnlich zu den vergangenen Jahren prognostiziert man Forderungsausfälle mit unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeiten sowie entsprechenden Schadenshöhen. Einen Kleinschaden definiert die Geschäftsleitung mit 5 T€ bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 20%, der mittlere Schaden betrage 50 T€ bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 5%, während als Großschaden eine Schadenshöhe von 100 T€ bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1% klassifiziert wird. Die möglichen Schäden sieht man unabhängig voneinander, d.h. es kann bspw. sowohl gleichzeitig ein Großschaden als auch ein Kleinschaden eintreten.



Großkundenverluste musste man in der Vergangenheit ebenfalls verkraften. Für das anstehende Jahr sieht man dieses Risiko bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 10%, was einen Umsatzverlust von 20% zur Folge hätte.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

154

6.5.2

Risikoaggregation mit Hilfe von „Crystal Ball"

Obige Ausgangssituation inklusive der Zusatzinformationen und Risikovariablen werden nun mittels des Excel Add On „Crystal Ball" beschrieben. Dabei handelt es sich um eine Software, die Risiken durch die Monte-Carlo-Simulation generiert und aggregiert.87 Folgende Schritte werden nacheinander mit Hilfe von leeren Excel-Arbeitsmappen durchgeführt:88 1.

2.

3.

4.

Anlegen des Tabellenblattes „Monte-Carlo-Modell" mit der Spalte (A) Plan-GuV; (Umsatzerlöse A3 bis Bilanzgewinn A14 gemäß der im letzten Unterkapitel vorgestellten GuV-Struktur). Für das zu planende Jahr (2010) werden 3 Spalten gebildet; Planwert (B), Risikowert (C) und Istwert (D). Der Risikowert ist dabei die positive und negative Abweichung vom Planwert. Die Addition von Plan- und Risikowert ergibt somit später den Istwert. Füllen der Plan-Spalte (B) mit Werten (Umsatz = 2.402.124 bis Bilanzgewinn = 31.365); dabei werden wichtige Verknüpfungen gebildet. Z.B. ergibt der Umsatz abzüglich Materialaufwand den Deckungsbeitrag. Das Betriebsergebnis ergibt sich durch Subtraktion von Personalaufwand, Abschreibungen und Sonstigen Aufwendungen vom Deckungsbeitrag. Das Ergebnis vor Steuern ist das Resultat des Betriebsergebnisses verändert um das Zins- und a.o. Ergebnis. Der Bilanzgewinn ergibt sich durch Subtraktion der Unternehmenssteuem vom Ergebnis vor Steuern. Der Bilanzgewinn ist dabei die relevante Zielgröße, deren Ausprägung die wirtschaftliche Situation des Unternehmens beschreibt. Jede Abweichung von diesem Ergebnis zeigt, ob ein Risiko eingetreten ist oder nicht. Unternehmenssteuern werden nur auf positive Ergebnisse gezahlt. Deshalb erfolgt in der Zelle B13 eine „wenn/dann-Abfrage" (@WENN(B12>0;B12 0,35;0)), d.h. im Falle eines Bilanzgewinns wird dieser mit 35% versteuert, im Verlustfall entfällt die Unternehmenssteuer. Übernahme der Bilanz zum 31.12.2009 in die Zeilen 17 bis 39 gemäß der im letzten Unterkapitel vorgestellten Bilanzstruktur. Die einzige Veränderliche ist auf der Passiva der Bilanzgewinn; dieses Feld (B33) referenziert auf die Zelle Dl4. Auf der Aktivseite bilden die liquiden Mittel (B26) die Residualgröße. Es werden wiederum sinnvolle Verknüpfungen gebildet. Bspw. ist das gesamte Anlagevermögen das Ergebnis der Technischen Anlagen und der Anderen Anlagen. Die Bilanzsumme der Passiva ergibt sich durch Addition von Eigen- und Fremdkapital etc. 89

87

Das Beispiel orientiert sich strukturell an: Gleißner W./Romeike F., 2005, S. 308ff. Siehe aber auch Gleißner W./Müller-Reichart M./Romeike F., 2005, S. 59ff.

88 Aufbau und Struktur der Excel-Arbeitsblätter können im Anhang 10.4 „Einzelschritte der Crystal Ball Simulation" eingesehen werden. 89

Genau genommen müssten die Zellenverknüpfungen in Spalte Β (Plan) noch nicht erfolgen, sondern erst in Spalte C und D (Risiko und Ist).

6.5 Risikoaggregation

155

Zum Zwischenergebnis vgl. Anhang 10.4.1: Exceltabellenblatt „Monte-Carlo-Modell" nach Schritt 4 5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

Anlegen des Tabellenblattes „Monte-Carlo-Modellparameter". Hier werden die Risiken des Unternehmens dargestellt. Diese werden durch Diskussion mit der Geschäftsleitung erarbeitet und bilden die Grundvoraussetzung für eine realistische Risikoerfassung. In der Spalte A (Risiken) werden die ereignisorientierten Risiken abgetragen; hier sind dies Umsatzmengenschwankungen (A3), Umsatzpreisschwankungen (A4), Materialaufwandsschwankungen (A6), Personalaufwandsschwankungen (A7), Forderungsausfall (AIO) und Großkundenverlust (Al5). Nun werden die Risiken durch Verteilungsfunktionen beschrieben. Umsatzmengenund -Preisschwankungen werden häufig durch eine Dreiecksverteilung erklärt (A2). Hierzu sind die Angabe von Minimal- (B2), Maximal- (D2) und dem wahrscheinlichsten (likeliest) Wert (C2) erforderlich. Materialaufwands- und Personalaufwandsschwankungen folgen häufig einer Normalverteilung (A5), definiert durch den Erwartungswert (B5) und die Standardabweichung (C5). Die Dreiecksverteilung oder aber Gleichverteilung (A9) findet Anwendung, wenn bspw. 3 Schadensklassen modelliert werden sollen. Wir modellieren im Rahmen des Forderungsausfalls einen kleinen ( A l l ) , mittleren (Al 2) und großen Schaden (Al 3). Schließlich können mit der digitalen Verteilung oder wiederum der Gleichverteilung ( A l 4 ) Ereignisse modelliert werden, die entweder eintreten oder nicht. Hierüber bildet man bspw. einen drohenden Großkundenverlust ab. In den Spalten Β und C werden nun wiederum die Parameter eingetragen. Für die hier unterstellte Gleichverteilung benötigen wir die Eintrittswahrscheinlichkeit (BIO/B 14) und die potenzielle Schadenshöhe. Diese wird beim Forderungsausfall (CIO) in € und beim Großkundenverlust (C14) in % (vom Umsatz) angegeben. Nun werden die Spalten B, C und ggfs. D mit numerischen Werten gemäß den Gesprächen mit der Geschäftsleitung gefüllt. Bei der Umsatzmengenschwankung unterstellen wir eine Minimumabweichung (B3) von -10%, einen Likeliestwert (C3) von 0% und eine Maximalabweichung (D3) von 5%. WICHTIG: Damit die Simulation richtig funktioniert, müssen die Felder, in denen %-Werte hinterlegt sind, auch als Prozentwerte eingegeben werden, d.h., über „Format - Zellen" muss „Prozent" (mit 2 Nachkommastellen?) eingegeben werden. Umsatzpreisschwankungen werden prognostiziert mit einer Abweichung nach unten, also ein Minimumwert (B4) von -5%, einer wahrscheinlichen Abweichung (C4) von 0% und einer Maximalabweichung (D4) von 2%. Materialaufwandsschwankungen werden mit Erwartungswert (B6) von 0% und einer Standardabweichung (C6) von 5% prognostiziert. Personalaufwandsschwankungen ebenfalls mit Erwartungswert (B7) von 0% bei einer Standardabweichung (C7) von 2%. 90 Der potenzielle Forderungsausfall wird von der Geschäftsleitung wie folgt beziffert: Kleinschaden - Eintrittswahrscheinlichkeit ( B l l ) von 20% bei einer Schadenshöhe (C11) von 5 T€, mittlerer Schaden - Eintrittswahrscheinlichkeit (B12) von 5% mit einer Schadenshöhe (C12) von 50 T€) und Großschaden - Eintrittswahrschein-

90 Zu wichtigen Branchen befinden sich Standardabweichungen zu den elementaren GuV-Positionen im Anhang. Siehe Gliederungspunkt 10.5.

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

156

lichkeit (B13) von 1% bei einer Schadenshöhe (C13) von 100 T€. Der Großkundenverlust wird mit 10%- Wahrscheinlichkeit (B15) bei 20% Umsatzverlust (C15) beziffert. 13. In der Spalte E werden später die Verteilungswerte (E2) berechnet. Deshalb werden hier bereits Zellen vorgemerkt und die Inhalte mit 0% belegt (E3/E4/E6/E7). Zum Zwischenergebnis vgl. Anhang Modellparameter" nach Schritt 13 14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

10.4.2:

Exceltabellenblatt

„Monte-Carlo-

Im Tabellenblatt „Monte-Carlo-Modell" werden jetzt in der Spalte der Istwerte D diverse Formeln hinterlegt. Der Deckungsbeitrag (D5) ergibt sich durch Subtraktion des Materialaufwandes (D4) vom Umsatzerlös (D3). Das Betriebsergebnis EBIT (D9) ist der Deckungsbeitrag (D5) abzüglich der Personalaufwendungen (D6), Abschreibungen (D7) und der sonstigen Aufwendungen (D8). Das Ergebnis vor Steuern EBT ist das Betriebsergebnis (D9) verändert um das Zinsergebnis (D10) und des außerordentlichen Ergebnisses (Dil). Unternehmenssteuern (Dl3) entstehen nur im Falle von Gewinnen. Deshalb erfolgt in der Zelle D13 eine „wenn/dann-Abfrage" (@wenn(D12>0;D12'0,35;0)), d.h. im Falle eines Bilanzgewinns wird dieser mit 35% versteuert, im Verlustfall entfallt die Unternehmenssteuer. Der Bilanzgewinn (Dl4) schließlich ist das Resultat des Ergebnisses vor Steuern (Dl2) abzüglich der Unternehmenssteuern (Dl3). Für die restlichen Istwerte der Spalte D (Modell) gilt immer: Ist-Wert = Planwert + Risiko. Folglich wird bspw. für den Umsatzerlös die Zelle D3 gefüllt durch Addition der Zellen B3 und C3 usw. Nach den oben beschriebenen Verteilungsfunktionen der Risiken sind nun die Auswirkungen auf die GuV darzustellen. Es muss also eine rechnerische Verknüpfung der Risiken, d.h. der Verteilungszellen (Spalte E und teilweise D des Blattes Parameter) mit der Planungsrechnung erfolgen. Da die Umsatzerlöse (C3) sowohl von den Mengen als auch den Preisen abhängig sind, wird das Risiko als Produkt der beiden Einzelrisiken programmiert In Zelle C3 gilt +B3( 1 +'Monte-Carlo-Modellparameter' ! E4)'( 1 +'Monte-Carlo-Modellparameter' ! E3)'Monte-Carlo-Modell'! B3. Absatzpreisschwankungen wirken sich in der Regel lediglich auf den Umsatz aus. Absatzmengenschwankungen aber betreffen auch die variablen Kosten. Deshalb werden jetzt noch die Verknüpfungen des Umsatzerlöses mit den variablen Kosten hergestellt. Wir gehen davon aus, dass lediglich die Materialaufwendungen (zu 100%) und die Personalaufwendungen (zu 35% = Montage und Hilfsarbeiter) variabel sind. Dies wird im Arbeitsblatt „Monte-Carlo-Modellparameter" in der Gestalt Rechnung getragen, indem hier die Kostenvariabilitäten eingetragen werden. Zelle A l 7 = Kostenvariabilität, A l 8 = Materialaufwand, A19 = Personalaufwand, Zelle B18 = 100%, Zelle B19 = 35%. Nun kann man noch, um die Modellierung etwas überschaubarer zu machen, den Zellen B18 und B19 über die Excelfunktionalität „Einfügen", „Namen", „Definieren" einen „sprechenden" Namen zuweisen. Hier B18 = k var Material und B19 = k var Personal. Die Zellen C4 (Materialaufwand) und C6 (Personalaufwand) des Tabellenblattes „Monte-Carlo-Modell" sind nun infolge der Variablen- bzw. Fixkostencharaktereigenschaften sowie der entsprechenden Verteilungsfunktionen zu modellieren. Für die Materialaufwendungen (C4) gilt: =+B4(l+'Monte-Carlo-Modellparameter'!E6)(l+'MonteCarlo-Modellparameter'!E3'k_var_Material)-'Monte-Carlo-ModeH'!B4. Für die Perso-

6.5 Risikoaggregation

21.

nalaufvvendungen (C6) gilt: =+B6(l+'Monte-Carlo-Modellparameter'!E7)'(l+'MonteCarlo-Modellparameter' ! E3'k_var_Personal)-'Monte-Carlo-ModeH' ! B6. Jetzt werden die noch offenen Zellen der Plan-GuV (Spalte C) gefüllt, d.h. da die Abschreibungen, die sonstigen Aufwendungen und das Zinsergebnis annahmegemäß fix sind, wird das Risiko mit 0 belegt. Der Deckungsbeitrag (C5) ist das Ergebnis des Umsatzerlösrisikos (C3) abzüglich des Materialaufwandes (C4). Das Betriebsergebnis (C9) ergibt sich durch Abzug der Aufwendungen C6 - C8 vom Deckungsbeitrag (C5), das Ergebnis vor Steuern (C12) nach Berücksichtigung des Zins- und des a.o. Ergebnisses (C10/C11) vom Betriebsergebnis (C9) und schließlich der (risikobehaftete) Bilanzgewinn (C14) nach Abzug der Unternehmenssteuern (C13) vom Ergebnis vor Steuern (C12). Wichtig ist wiederum, dass lediglich bei positiven Risikowerten Steuern erhoben werden. In Zelle C13 ist die Formel @wenn(C12>0;C12'0,35;0) einzutragen.

Zum Zwischenergebnis vgl. Anhang 10.4.3: Exceltabellenblätter Modell" und „Monte-Carlo-Modellparameter" nach Schritt 21 22. 23.

157

„Monte-Carlo-

Nun erfolgt das Anlegen (Hinterlegen) der Verteilungsfunktionen mit Crystal ball. Dazu wird Crystal Ball aufgerufen. Im Feld E3 und E4 (Monte-Carlo-Modellparameter) - Umsatzmengen- und Preisschwankungen - hinterlegen wir die Dreiecksverteilung (Button „Annahmen definieren"), indem die Zellen B3 bis D4 als Minimum-, Likeliest- und Maximumwerte eingetragen werden.

Wird der Button „Annahmen definieren" betätigt, öffnet sich die Menge aller möglicher Verteilungen (Gallery):

158

6 Fallbeispiel - Stanzformhersteller

CE kJ Gamma

E

Lognormal

Gleich

Normal

π

M in.-Extrem

Weibull

iL SI

L I,,.

L· Max.-Extrem

Students t

Exponential

illlli,

Hypergeometrisch

Ν eg. Binomial

Binomial

Pareto

Ja-Nein

Geometrisch

Ili

Benutzerdefiniert

Abbildung 117: Mögliche Verteilungsfunktionen mit Crystal Ball

Nachfolgend bspw. die Dreiecksverteilung des Feldes E3 Umsatzmengenschwankung.

Name

¡Verteilung

Dreieck-Verteilung

Minimum | l O.ÖO?i

\ ¡

Wahrscheinlichster \ÖßÖ%

%

Maximum Ιδ,ΟΟϊ;

Abbildung 118: Dreiecksverteilung im Rahmen der Risikoaggregation mit Crystal ball

V

6.5 Risikoaggregation 24.

159

Ähnlich wird bei den Zellen E6 und E7 - Material- und Personalaufwandsschwankungen - verfahren, wo die Normalverteilung mit den Mittelwerten und Standardabweichungen (Zellen B6 bis C7) hinterlegt wird.

Nachfolgend bspw. die Standardnormalverteilung des Feldes E6 Materialaufwandsschwankung.

Abbildung

119: Normalverteilung

im Rahmen der Risikoaggregalion

mil Crystal ball

25.

Über den Button „Prognose definieren" werden nun bereits die Variablen festgelegt, die mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation prognostiziert werden sollen. Hier ist es bspw. der Bilanzgewinn ( D l 4 - Monte-Carlo-Modell), das Eigenkapital (B34) bzw. die Liquidität (B26). Nachdem die Felder ausgewählt wurden, sind sie hellblau markiert. 26. Etwas komplexer sieht das Verfahren bei Spezialproblemen wie bspw. Forderungsausfallen oder Großkundenverlusten aus. Hier kann eine herkömmliche Verteilung nicht helfen. 27. Im Falle des Großkundenverlustes bspw. tritt mit der Wahrscheinlichkeit von 10% (Annahme) ein Umsatzerlösverlust von 20% ein. Hierzu hinterlegen wir in der Zelle D l 5 (Monte-Carlo-Modellparameter) zunächst die Gleichverteilungsfunktion mit Minimumwert 0% und Maximumwert 100%. Dies hat zur Folge, dass das System bei den Simulationsläufen nun Werte zwischen 0 und 100% mit gleichen Häufigkeiten annimmt. Jetzt erfolgt die Programmierung eine wenn/dann Funktion in der Zelle E15; @wenn(D15 60%)

mehr als einmal im Jahr

in den letzten 5 Jahren jeweils mindestens einmal eingetreten

4 = hoch (35 < χ < 60%)

einmal im Jahr

in den letzten 3 Jahren jeweils einmal eingetreten

3 = mittel (15 < χ < 35%)

einmal in 2 Jahren

in den letzten 4 Jahren zweimal eingetreten

2 = gering (1 < x < 15%)

alle 8 Jahre

in den zurückliegenden 8 Jahren einmal eingetreten

1 = unwahrscheinlich (x < 1%)

kann nicht ausgeschlossen werden

noch nicht vorgekommen

Klassifizierung der Schadenshöhe Schadensausmaß (y)

bedeutet

5 = Katastrophe (y > 900 T€)

Unternehmensexistenz ist gefährdet

4 = Großrisiko (500 < y < 900 T€)

Eintritt würde zu einem hohen Jahresverlust und Liquiditätsproblemen fuhren

3 = mittleres Risiko (100 < y < 500 T€)

Eintritt würde den Jahresgewinn gefährden und die Liquiditätsreserven angreifen

2 = Kleinrisiko (10 < y < 100 T€)

Eintritt kann zu einer unterdurchschnittlichen Jahresrendite führen

1 = Bagatellerisiko (y < 10 T€)

Eintritt hat keinen Einfluss auf das Jahresergebnis und die Rendite

Unter Zuhilfenahme des Expertenteams wurden den Risiken folgende Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen zugewiesen:

195

7 Fallstudien Eintrittswahrscheinlichkeit 5

4

hoher Forderungsbestand (l,6fache des Monatsumsatzes)

4

2

3

Veraltete Produktionsanlagen (Anteil Afa am Maschinenrestbuchwert von 50%)

5

4

4

Währungsrisiko

5

2

5

Mitarbeiterüberalterung

5

2

6

Mitarbeiterfluktuation

5

3

7

Relativ hohe Lieferantenverbindlichkeiten (1,28 fache des Materialaufwandes)

3

2

8

Geringe Barmittel/Liquidität

5

3

Nr.

Risiko

1

Rückläufige Umsatzerlöse und verstärkter Kostendruck aufgrund von niedrigen Markteintrittsbarrieren

2

Schadenshöhe

Entwickeln Sie aufgrund dieser Informationen die Risikomatrix und erläutern Sie die aktuell zu behebenden Risiken.

Fallstudie 20: Economic Value Added Berechnen Sie aufgrund des unter Fallstudie 18 dargestellten Jahresabschlusses den Economic Value Added unter Berücksichtigung folgender Zusatzinformationen. •

Die Eigenkapitalkosten werden nach der Risikozuschlagsmethode berechnet. Der risikolose Zinssatz rf betrage 5%, der Risikozuschlag rz 9%.



Beim investierten Kapital wird lediglich das langfristig investierte verzinsliche Kapital zugrunde gelegt.



Die Fremdkapitalzinsen vor Berücksichtigung des tax shield betragen 6%. Es wird mit einem tax shield von 35% kalkuliert.

Fallstudie 21: Modifizierte Ertragswertmethode Aufbauend auf der unter Fallstudie 18 dargestellten Gewinn- und Verlustrechnung entwickelt die Unternehmensleitung eine Planungsrechnung für die nächsten 5 Jahre (Ergebnisse in T€).

7 Fallstudien

196 Jahr

2011

2012

2013

2014

2015

Umsatz

6.000

6.180

6.365

6.556

6.753

Materialaufwand

1.875

1.931

1.989

2.049

2.110

Personalaufwand

3.400

3.502

3.607

3.715

3.827

Abschreibungen

150

150

150

150

150

Sonstiger Aufwand

350

355

360

365

370

Zinsaufwand

110

110

110

110

110

Ergebnis vor Steuern

115

132

149

167

186

Unter Berücksichtigung weiterer Informationen soll der modifizierte Ertragswert (Unternehmenswert) ermittelt werden: •

Bewertungsstichtag ist der 01.01.2011.



Der Gewerbesteuerhebesatz betrage 320%.



Es wird mit einem Kapitalisierungszinssatz gerechnet, der sich aus einem 5%igen Basiszinssatz (vor Berücksichtigung der Abgeltungssteuer), einem gewöhnlichen Risikozuschlag von 3,5% und einem speziellen Risikozuschlag aufgrund der Unternehmensgröße von 3% zusammensetzt.



Der potenzielle übernehmende Gesellschafter hat eine Beurteilung, die um 15 Punkte besser ist als die des jetzigen Gesellschafters.



Der in der Ergebnisrechnung enthaltene Unternehmerlohn ist branchenüblich, so dass keine Änderung erforderlich ist.



Das Jahr 2015 wird zur Berechnung der „ewigen Rente" benutzt.

7 Fallstudien

197

Fallstudie 22: Risikomatrix nach Risikobewältigung Aufbauend auf folgender Risikomatrix wird eine Risikobewältigungsstrategie entwickelt. 4,5

6,8

1,3

3

4

2 7

1

2

5

Schaden

Nr.

Risiko

Strategie

Maßnahme

1

Rückläufige Umsatzerlöse und verstärkter Kostendruck aufgrund von niedrigen Markteintrittsbarrieren

reduzieren

verstärkte Kundenakquise in Fernost und Senkung des Materialeinsatzes

2

Hoher Forderungsbestand

reduzieren

verbessertes Mahnwesen

3

Veraltete Produktionsanlagen

reduzieren

Ersatzinvestitionen

4

Währungsrisiko

akzeptieren

(zunächst) keine

5

Mitarbeiterüberalterung

akzeptieren

(zunächst) keine

6

Mitarbeiterfluktuation

reduzieren

Mitarbeitermotivation durch Incentives

7

Relativ hohe Lieferantenverbindlichkeiten

akzeptieren

(zunächst) keine

8

Geringe Barmittel

reduzieren

Steigerung des operativen Ergebnisses (siehe 1)

7 Fallstudien

198

Durch verstärkte Kundenakquise (1) kann zunächst einmal der Umsatzerlös stabil bei 6 Mio. € gehalten werden. Gleichzeitig gelingt es durch den Einkauf von günstigeren Vorprodukten, den Materialaufwandsanteil auf 30% zu reduzieren. Der Einsatz eines verbesserten Mahnwesens (2) fuhrt dazu, dass sich der Forderungsbestand auf einen Monatsumsatzerlös reduziert (500 T€). Ersatzinvestitionen (3) sind aufgrund der angespannten Liquiditätssituation schwierig. Die Geschäftsleitung hat sich deshalb dazu entschlossen, eine wichtige Maschine zu leasen. In Folge dessen entstehen auf der einen Seite Leasingaufwendungen in Höhe von 80 T€ p.a., gleichzeitig verringert sich durch die gestiegene Qualität der Produkte der Ausschussanteil und der Materialaufwand um weitere 2% (gemessen an den Umsatzerlösen). Die Leasingaufwendungen werden unter dem sonstigen operativen Aufwand verbucht. Die Risiken (4), (5) und (7) finden zunächst keine Beachtung. Die Erhöhung der Mitarbeitermotivation durch Anreizsysteme (6) führt kurzfristig noch nicht zu einem zählbaren Erfolg. Die Erhöhung der Barmittel (8) durch Steigerung des operativen Geschäftes erfolgt parallel mit der Zielerreichung von (1) und (3). Es ergeben sich hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe folgende neue Werte (die alten Werte in Klammern): Nr.

Eintrittswahrscheinlichkeit

Schadenshöhe

1

3(5)

3(4)

2

3(4)

1(2)

3

3(5)

3(4)

4

5(5)

2(2)

5

5(5)

2(2)

6

5(5)

3(3)

7

3(3)

2(2)

8

3(5)

2(3)

Entwickeln Sie die neue Risikomatrix.

Fallstudie 23: Economic Value Added nach Risikobewältigung Die unter Fallstudie 22 dargestellten Maßnahmen ergeben gravierende Veränderungen (Verbesserungen) im Jahresabschluss:

199

7 Fallstudien Bilanz (in €) Aktiva

Passiva

Grundstücke und Gebäude

1.000.000 Gezeichnetes Kapital

Maschinen

300.000 Gewinnvortrag

Anlagevermögen

50.000 500.000

1.300.000 Bilanzgewinn

149.500

Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe

200.000 Eigenkapital

699.500

Unfertige und fertige Erzeugnisse

300.000

Vorräte

500.000 Langfr. Bankendarlehen

1.100.000

Forderungen LuL

500.000 Kurzfr. Bankendarlehen

700.000

Kasse

399.500 Verbindlichkeiten LuL

200.000

Umlaufvermögen

1.399.500 Fremdkapital

2.000.000

Bilanzsumme

2.699.500 Bilanzsumme

2.699.500

Gewinn und Verlustrechnung in € Umsatzerlös

6.000.000

Materialaufwand

1.680.000

Deckungsbeitrag

4.320.000

Personalaufwand

3.400.000

Abschreibungen

150.000

Sonstige Aufwendungen

430.000

EBIT (Betriebsergebnis)

340.000

Zinsergebnis a.o. Ergebnis EBT Unternehmenssteuern Bilanzgewinn

-110.000 0,00 230.000 80.500 149.500

Durch die Reduktion der Risiken kann gleichzeitig der Risikozuschlag beim eingesetzten Eigenkapital von 9% auf 7% reduziert werden. Ansonsten gelten die unter Fallstudie 20 gemachten Annahmen. Entwickeln Sie daraus den Economic Value Added.

Fallstudie 24: Modifizierte Ertragswertmethode nach Risikobewältigung Aufbauend auf den unter Fallstudie 23 gewonnenen Erkenntnissen soll nun der neue modifizierte Ertragswert bestimmt werden. Die Planungsrechnung enthält nun Werte wie folgt!

7 Fallstudien

200 Jahr Umsatz

2011 6.000

2012

2013

2014

2015

6.180

6.365

6.556

6.753

Materialaufwand

1.680

1.730

1.782

1.836

1.891

Personalaufwand

3.400

3.502

3.607

3.715

3.827

Abschreibungen

150

150

150

150

150

Sonstiger Aufwand

430

435

440

445

450

Zinsaufwand

110

110

110

110

110

Ergebnis vor Steuern

230

253

276

300

325

Es gelten ansonsten die unter Fallstudie 21 getroffenen Annahmen.

8

Lösungen zu den Fallstudien

Fallstudie 1: Der Standardansatz nach Basel II Die Umorientierung von Basel I nach Basel II hat für die Bank insgesamt einen positiven Effekt.

Unternehmen Rating Risikogewicht

A

Β

„AAA"

„unter B-"

20%

150%

100.000,-€

100.000,-€

Basel I

100.000 0,08 = 8.000,- €

100.000 0,08 = 8.000,-e

Basel II

100.000 0,20 0,08 = 1.600 , - €

100.000 1,50 0 , 0 8 = 12.000 , - €

Kredithöhe

Für Unternehmen A sind 6.400,- € weniger an Eigenkapital zu hinterlegen, für Unternehmen Β aufgrund der schlechten Bonität 4.000,- € mehr. Insgesamt ergibt sich somit ein Gesamteffekt von 2.400,- €, den die Bank gegenüber Basel I weniger an Eigenkapital hinterlegen muss.

Fallstudie 2: Unterjährige Verzinsung Zu a) Die Zinszahlung erfolgt monatlich:

K, = K 0 . 1 1 + 1 1 η J

?ΛΙ2

=100.il + 0 ' 0 3 ^

\2~)

Bei monatlichen Zinszahlungen beträgt der Jahresendwert 103,04 €. Zu b) Die Zinszahlung erfolgt zweimal im Jahr:

K, = K 0 - | ^ l + £ j

+

=103,02

Bei einer halbjährlichen Zinszahlung beträgt der Jahresendwert 103,02 €.

202

8 Lösungen zu den Fallstudien

Fallstudie 3: Mehrperiodige Verzinsung Zu a) Über die insgesamt sechs Jahre entwickelt sich der Wert wie folgt: K n = K 0 - q n = 100.000 ·1,035 6 =122.925,53 € Der Endwert nach Ablauf des 6. Jahres beträgt folglich 122.925,53 €. Zu b) Die Formel K„=K0.qn aufgelöst nach q ergibt: ^ 1 3 0 0 0 0

=

\ 100.000 Der jährliche durchschnittliche Zinssatz beläuft sich auf 4,47%.

Zu c) Die Formel K„=K0.qn aufgelöst nach η ergibt: η=

In Κ 3 - I n K 0 In q

=

In 2 0 0 . 0 0 0 - I n 100.000 In 1,09

= 8,04 Jahre

Bei einer unterstellten jährlichen 9%igen Verzinsung müsste der Investor das Geld etwas länger als 8 Jahre anlegen, damit sich sein Startkapital verdoppelt.

Fallstudie 4: Kapitalwertmethode Zu a) Die Kapitalwerte der Objekte K 0l lauten: K n , = - 4 5 + — + 2 4 , + 1 0 , + 1 2 , = - 4 5 +12,84 + 20,20 + 7,72 + 8,50 = 4,26 1,09 (1,09) (1,09) (1,09)

Κ02 =-45+ 02

38

(1,09)

, +

16

(1,09)

= - 4 5 + 31,98 + 11,33 = -1,69

8 Lösungen zu den Fallstudien

203

K 0 , = -45 + — + 4 8 , = ^ 5 + 8,26 + 37,06 = 0,32 1,09 (1,09) Die Objekte Ol und 0 3 haben einen positiven Kapitalwert, so dass die geforderte Mindestverzinsung des Investors in Höhe von 9% gewährleistet ist. Da der Kapitalwert von Ol größer ist, wird dieses Objekt realisiert. 0 2 scheidet als Alternative aus, da dessen Kapitalwert negativ ist.

Zu b) Bei einer geforderten Verzinsung von 10% ergeben sich die Kapitalwerte wie folgt: Kn, = - 4 5 + — + + + = - 4 5 +12,73 +19,83 + 7,51 + 8,20 = 3,27 U 0.1) 0,1) (U) 4

K 0 2 = - 4 5 + - ^ - + - ^ - = - 4 5 + 31,40+ 10,93 = -2,67 (ID 2 (i,D 4

Kn, = —45 + — + — = U (U) 3

—45 + 8,18 + 36,06 = -0,76

Liegt die geforderte Mindestverzinsung des Investors bei 10%, erfüllt lediglich das Objekt Ol die Anforderung eines positiven Kapitalwertes und wird realisiert. 0 3 ist jetzt ebenfalls (neben 0 2 ) negativ und scheidet als Investitionsalternative aus.

Fallstudie 5: Standardnormalverteilung I Zu a) Umsatzerlös von höchstens 13 Mio. € Der z-Wert ermittelt sich aus:

F(x < 13) =0,9332 = 93,32% Mit einer Wahrscheinlichkeit von 93,32% beträgt der Umsatzerlös höchstens 13 Mio. €. Zu b) Umsatzerlös von mindestens 9 Mio. € Der z-Wert ermittelt sich aus:

204

8 Lösungen zu den Fallstudien F(x > 9 ) = 1 - 0,3085 = 0,6915 = 69,15%

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Umsatzerlös mindestens 9 Mio. € beträgt, liegt bei 69,15%. Zu c) Umsatzerlös zwischen 8 und 12 Mio. € Gesucht ist der zentrale Bereich um μ = 10, d.h. jeweils eine Abweichung um 2 Jahre. Es genügt deshalb, einen Wert zu ermitteln und dann beim zentralen Wert D(z) nachzuschlagen: ζ=

12

~10 = 1 ;

D(z) = 0,6827

F(8 < χ < 12) = 0,6827 = 68,27% Die zentrale Abweichung von 2 Jahren um den Mittelwert (10 Jahre) fuhrt zu einer Wahrscheinlichkeit von 68,27%. Zu d) Umsatzerlös zwischen 9 und 13 Mio. € z,=I^-i°=l,5

F(z) = 0,9332

9-10 z2 = — =

F(z) = 0,3085

-0,5

F(9 < χ < 13) = 0,9332 - 0,3085 = 0,6247 = 62,47% Im Gegensatz zu Aufgabe c) ist hier nicht nach einem zentralen Bereich gefragt, so dass die einzelnen z-Werte bestimmt werden mussten. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 62,47% liegt der Umsatzerlös zwischen 9 und 13 Mio. €. Fallstudie 6: Standardnormalverteilung II Zu a) Zeit zwischen Auftragseingang und Auslieferung unter 12,5 Tage Achtung! In der Aufgabenstellung wurde nicht die Standardabweichung σ, sondern die Varianz σ 2 angegeben, aus der zunächst die Standardabweichung zu berechnen ist. z =

12,5-15

= 1 2 5 ;

F(z) = 0,1056

F(x < 12,5) = 0,1056 = 10,56% Lediglich 10,56% beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Zeitspanne zwischen Auftragseingang und Auslieferung weniger als 12,5 Tage ist.

8 Lösungen zu den Fallstudien

205

Zu b) Zeit zwischen Auftragseingang und Auslieferang über 19 Tage 19-15 ζ =—-— =2;

F(z) = 0,9772

F(x >19) = 1 - 0,9772 = 0,0228 = 2,28% In 2,28% aller Fälle ist die Zeitspanne größer als 19 Tage. Zu c) In welchem Bereich liegt die Zeit in 95% der Fälle? Gesucht ist hier der mittlere 95%-Bereich der Gaußschen Glockenkurve. Der korrespondierende z-Wert zu D(z) = 0,95 ist 1,96. ζ=

X—11 σ

aufgelöst nach χ ergibt:

χ = μ + ζ σ (fur ζ > 0) und χ = μ - ζ σ (für ζ < 0) Daraus folgen: χ, = 15 + 1,96 2 = 18,92 und χ 2 = 15 - 1,96 " 2 = 11,08 und In 95% aller Fälle (mittlerer Bereich) liegt die Zeit zwischen Auftragseingang und Auslieferung der Ware zwischen 11,08 und 18,92 Tagen.

Fallstudie 7: Gleichverteilung Zu a) Dichtefunktion ! =7 f(x) = ( 1 5 - 8 ) 0

für 8 < χ < 15 sonst

206

8 Lösungen zu den Fallstudien

Zu b) Verteilungsfunktion 0 F(x) =

fur χ < 8

(x-8) (15-8) 1

für 8 < χ < 15 fur χ > 15

Zu c) Eigenkapitalrentabilität höchstens 10% (mindestens 12%) F(x < 10) =

(15-8)

= 0,286 = 28,6%

F(x > 12) = 1 - ( 1 2 ~ 8 ) = 1-0,571 = 0,429 = 42,9% (15-8) Die Wahrscheinlichkeit für eine Eigenkapitalrentabilität von höchstens 10% (mindestens 12%) liegt bei 28,6% (42,9%). Zu d) Erwartungswert und Varianz E(x) = ^

V(x) =

= H,5%

(15 ~8) 2 = 4,08% 12

Fallstudie 8: Dreiecksverteilung Zu a) Dichtefunktion 2(x - 900) (1.700-900) (1.200-900)

f(x):

2(1.700-x) (1.700 -1.200) (1.700 - 9 0 0 ) 0

sonst

für 9 0 0 < x < 1.200

für 1.200 < x 3) = 0,0256 + 0,0016 = 0,0272 = 2,72%

Zu e) Erwartungswert und Varianz E(X) = η Ρ = 4 0,2 = 0,8 V(X) = η Ρ Q = 4 0,2 0,8 = 0,64 Würde man obige Stichprobe also beliebig oft ziehen, würde sich ein Erwartungswert von 0,8 fehlerhaften Bleistiften bei einer Varianz von 0,64 und einer Standardabweichung von 0,8 Bleistiften einstellen. Fallstudie 10: Binomialverteilung II - Spieltheorie Wir betrachten zunächst einmal die Variationsmöglichkeiten der einzelnen Würfel zueinander und leiten daraus die Gewinnwahrscheinlichkeiten ab. Exemplarisch soll dies am Vergleich des gelben mit dem grünen Würfel dargestellt werden. Gelb

Grün

0

1

0

1

4

1

4

5

4

5

4

5

210

8 Lösungen zu den Fallstudien

Jeder Würfel hat sechs Seiten, so dass sich jede Zahl des gelben Würfels mit jeder Zahl der grünen Würfels kombinieren lässt. Aus der Variation mit Zurücklegen 97 erhalten wir also Vmz = N n = 6 2 = 36 Möglichkeiten und zwar: 01

01

41

41

41

41

01

01

41

41

41

41

01

01

41

41

41

41

05

05

45

45

45

45

05

05

45

45

45

45

05

05

45

45

45

45

Daraus leitet sich ab, dass der grüne den gelben Würfel mit einer Wahrscheinlichkeit von 24:12, oder im Verhältnis 2:1 schlägt (grün schlägt gelb mit einer Wahrscheinlichkeit Ρ = 2/3). Gleiche Überlegungen stellen wir zu allen übrigen Würfelpaaren auf und erhalten zusammenfassend folgendes Bild: gelb

grün

Häufigkeit

gelb

blau

Häufigkeit

gelb

rot

0

1

6x

0

2

8x

0

3

12x

0

5

6x

0

6

4x

4

3

24x

4

1

12x

4

2

16x

4

5

12x

4

6

8x

grün schlägt gelb 24:12

blau schlägt gelb 20:16

Häufigkeit

gelb schlägt rot 24:12

grün

blau

Häufigkeit

grün

rot

Häufigkeit

blau

rot

Häufigkeit

1

2

12x

1

3

18x

2

3

24x

5

3

18x

6

3

12x

1

6

6x

5

2

12x

5

6

6x

blau schlägt grün 24:12

unentschieden

rot schlägt blau 24:12

Daraus leiten sich folgende Strategien des Dozenten ab: Spielt Spielt Spielt Spielt

Student Student Student Student

den den den den

gelben Würfel, spielt der Dozent den grünen Würfel. grünen Würfel, spielt der Dozent den blauen Würfel. blauen Würfel, spielt der Dozent den roten Würfel. roten Würfel, spielt der Dozent den gelben Würfel.

In allen Fällen ist die Chance des Dozenten 24:12!

97

Siehe hierzu Stiefl J., 2006, S. 78ff.

211

8 Lösungen zu den Fallstudien

Aus der Binomialverteilung lässt sich nun das Risiko ableiten, dass der Dozent verliert. Dazu betrachten wir die Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsftinktion zu folgender Verteilung: P(X = k) = k

11 k

Ρ (X = k) in %

ΨΦ

ll-k

P(X < k) in %

0

0,00

0,00

1

0,01

0,01

2

0,12

0,13

3

0,75

0,88

4

2,98

3,86

5

8,35

12,21

6

16,69

28,90

7

23,84

52,74

8

23,84

76,58

9

15,90

92,48

10

6,36

98,84

11

1,16

100,00

Aus obiger Tabelle leitet sich ab, dass das Risiko des Dozenten, weniger als 6 Spiele zu gewinnen, lediglich 12,21% beträgt. Fallstudie 11 : Annualisierte Volatilität Zur Berechnung des annualisierten Volatilität wird folgende Arbeitstabelle benötigt: Datum

Aktie

31.01.2009

106,85

28.02.2009

106,63

In rt

(lnr.-μ)2

-0,206

0,184

31.03.2009

107,77

1,063

0,707

30.04.2009

105,34

-2,281

6,267

31.05.2009

104,30

-0,992

1,476

30.06.2009

104,19

-0,106

0,108

31.07.2009

104,21

0,019

0,041

31.08.2009

107,91

3,489

10,668

30.09.2009

108,03

0,111

0,012

31.10.2009

105,18

-2,674

8,389

30.11.2009

107,77

2,433

4,884

31.12.2009

109,50

1,593

1,876

2,450

34,612

8 Lösungen zu den Fallstudien

212

μ = - · Σ 1 η Γ ,

η i=i

σ

2

= - î -

= — - 2 , 4 5 =

·¿ O n r

t

- μ )

2

= - i —

η - 1 i=i

σ

σ

·3 4 , 6 1 2 =

3 , 4 6 1

11-1

= Λ/ο2" = - ^ 3 , 4 6 1 =

3 η η

0 , 2 2 3

11

1,86

= σ •- ν / η = 1 , 8 6 · λ/Ϊ2 =

6 , 4 4

Die auf das Jahr hochgerechnete Volatilität beträgt somit

6 , 4 4 % .

Fallstudie 12: Value at Risk I Aus dem Stückdeckungsbeitrag von folgende Gewinntabelle: Absatzmenge

Gewinn in €

25.000

-125.000

30.000

-50.000

35.000

25.000

40.000

100.000

45.000

175.000

50.000

250.000

15,-

€ und den Fixkosten von

5 0 0 . 0 0 0

€ ergibt sich

Gewichtet mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten ergibt sich der erwartete Gewinn: μο = -125.000 0,08 - 50.000 0,12 + 25.000Ό,3 + 100.000Ό,3 + 175.000 0,12 + 250.0000,08 = 62.500 € Daraus leiten sich Varianz und Standardabweichung ab: σ 2 = (-125.000-62.500) 2 Ό,08 + (-50.000-62.500) 2 Ό,12 + (25.000-62.500) 2 Ό,3 + (100.000-62.500) 2 Ό,3 + (175.000-62.500) 2 Ό,12 + (250.000-62.500) 2 Ό,08 = 9.506.250.000 σ = 97.500 6 Daraus ergibt sich der Value at Risk: -1,645 97.500 + 62.500 = -97.887,50 € Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% wird also der Verlust von 97.887,50 € nicht überschritten, d.h. die Stühle werden produziert.

213

8 Lösungen zu den Fallstudien Fallstudie 13: Value at Risk II

Eine Rendite von 8% bedeutet einen erwarteten Gewinn μο von 400.000 €. Die Standardabweichung σ beträgt bei unterstellten 18% 72.000 €. Daraus leitet sich ein z-Wert von (300.000-400.000)/72.000 = -1,39 ab, woraus sich eine Wahrscheinlichkeit von 8,23% ergibt. So groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Gewinn unterhalb von 300.000 € liegt. Fallstudie 14: Kovarianz Die Arbeitstabelle zur Berechnung der Kovarianz beinhaltet neben der Berechnung der Erwartungswerte die Abweichungen der Einzelwerte sowie die daraus abgeleiteten Produkte:

G(xn [T€]

EKQ (.ν, ) [%]

x

i -μχ

y¡ - μ .

(*ί-μ»)·(>ί-μ,)

100

7

-500

-18

9.000

70

9

-530

-16

8.480

240

10

-360

-15

5.400

310

15

-290

-10

2.900

500

18

-100

-7

700

420

24

-180

-1

180

745

27

145

2

290

1.210

32

610

7

4.270

1.081

51

481

26

12.506

1.324

57

724

32

23.168

/ / t = 600

¿Λ=25 1

Cov

w

Qxy = 66.894 w

\

x,y = - - I ( x ¡ -Mx)-(y¡ ~ μ γ ) = η i=i

66.894 1Λ

10

=6.689,4

Zwischen der Merkmalen Eigenkapitalquote und Gewinn besteht somit ein positiver Zusammenhang, d.h. steigende Gewinne gehen mit steigenden Eigenkapitalquoten einher u.u.. Die Stärke des Zusammenhangs kann jedoch nicht angegeben werden, da es sich bei der Kovarianz um ein nicht normiertes Maß handelt. Dazu muss die Korrelationsstudie herangezogen werden.

214

8 Lösungen zu den Fallstudien

Fallstudie 15: Korrelationsanalyse Zur Berechnung des Korrelationskoeffizienten wird folgende Arbeitstabelle benötigt: G(xn [T€]

EKQ ( y¡ ) [%]

100

χ

ί-μχ

y¡-My

(χί-μχ)·(Υί-μγ)

(Xi-μχ)2

7

-500

-18

9.000

250.000

324

-530

-16

8.480

280.900

256

-360

-15

5.400

129.600

225

310

15

-290

-10

2.900

84.100

100

500

18

-100

-7

700

10.000

49

420

24

-180

-1

180

32.400

1

745

27

145

2

290

21.025

4

1.210

32

610

7

4.270

372.100

49

1.081

51

481

26

12.506

231.361

676

1.324

57

724

32

23.168

524.176

1.024

μ χ = 600

μ γ = 25

Qxy = 66.894

Qxx = 1.935.662

II oo

9 10

0