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German Pages 98 Year 2001
ARTUR WOLL
Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb
Abhandlungen zu Bildungsforschung und Bildungsrecht Herausgegeben von Frank-Rüdiger Jach und Siegfried Jenkner
Band 10
Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb
Von
Artur Woll
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Woll, Artur:
Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb I von Artur Woll. Berlin: Duncker und Humblot, 2001 (Abhandlungen zu Bildungsforschung und Bildungsrecht; Bd. 10) ISBN 3-428-10280-0
Alle Rechte vorbehalten
© 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: OLD-Satz digital, Neckarsteinach Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1433-0911 ISBN 3-428-10280-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068
Vorwort Die deutschen Hochschulen stehen auf dem Prüfstand. Wichtigster Anlass für die anhaltende öffentliche Diskussion sind die Überfüllung der Hochschulen und immer längere Studienzeiten. Im internationalen Vergleich geraten die deutschen Hochschulen zunehmend ins Hintertreffen. Ausländische Studenten machen einen Bogen um Deutschland und bevorzugen vor allem die USA, obwohl sie dort- anders als in Deutschland- erhebliche Studiengebühren zahlen müssen. Diese Entwicklung ist umso erstaunlicher, als im 19. und frühen 20. Jahrhundert die deutschen Universitäten eine Spitzenstellung in der Welt einnahmen. An Versuchen, die deutsche Hochschulmisere zu beheben, hat es in den letzten Jahrzehnten nicht gefehlt. Bewirkt haben die staatlichen Eingriffe mit Sicherheit nur eines: eine früher unbekannte Bürokratisierung der Hochschulen. Kein einziges Problem konnte wirklich gelöst werden. Der deutschen Hochschulpolitik fehlt es an politischer Entschlossenheit und an einem umfassenden, widerspruchsfreien Konzept- Voraussetzungen, die für eine wirkliche Krisenbewältigung unerlässlich sein dürften. Sie leidet unter dem Bemühen, Chancengleichheit und "soziale Gerechtigkeit"- was immer das sein mag- zu verwirklichen. Damit werden die Hochschulen zum Terrain einer egalitären Sozialpolitik, die nicht nur im Bildungswesen, sondern auch in anderen Gebieten den wirtschaftlichen Fortschritt behindert. Die vorliegende Untersuchung stellt den Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulausbildung ins Zentrum der Überlegungen. Dass der Wettbewerb ein geeignetes Mittel sei, die gegenwärtige Hochschulmisere zu lindern oder zu beseitigen, wird seit einigen Jahren auch von Bildungspolitikern gesehen, gelegentlich sogar betont. Doch den Lippenbekenntnissen sind bisher keine entsprechenden Taten gefolgt, im Gegenteil. Wie oft in der Vergangenheit widerspricht ihr tatsächliches Handeln eigenen Bekundungen. Ein Beispiel dafür ist die Absage an Studiengebühren, die mit dem Bekenntnis zum Wettbewerb nicht zu vereinbaren ist. Diese Schrift stützt sich auf ein Gutachten, das der Verfasser Ende 1999 für die Monopolkommission erstellt hat. Der ursprüngliche Text wurde seines Gutachtencharakters entkleidet, auf den laufenden Stand gebracht, an einigen Stellen ausgeführt sowie durchgängig mit Fußnoten, einem Literaturverzeichnis und Sachwortregister ergänzt. Artur Woll
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.1 Strukturmerkmale des Hochschulsystems und des Studiums . . . . . . . . . . .
13
2.2 Kennzahlen zur Lage der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.3.1 Fehlentwicklungen beim Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.3.2 Ursachen der Fehlentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
3. Zur künftigen Entwicklung der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.1 Bundesweite Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
3.2 Geplante Gesetzesänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
3.3 Errichtung von internationalen Privatuniversitäten und unternehmenseigenen ,.Universitäten" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
4.1 Wettbewerb als Leitbild für die Hochschulpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
4.1.1 Erstausbildung als marktfähiges Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
4.1.2 Einwand des Marktversagens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern . . . . . . . . . . .
38
4.2.1 Für Wettbewerb der Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
4.2.2 Einschränkung oder Beseitigung des Hochschulrahmengesetzes . . .
40
4.2.3 Zulassung von differierenden Prüfungs- und Studienordnungen . . .
41
4.2.4 Mehr Länderkompetenz und stärkere Orientierung an der Lehre im Besoldungs- und Dienstrecht für Hochschullehrer . . . . . . . . . . . . . . .
44
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.3.1 Wiedereinführung von Studiengebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
4.3.2 Einbettung der Studiengebühren in ein System von Stipendien, Studienkrediten und sozialpolitischer Abfederung . . . . . . . . . . . . . . .
54
4.3.3 Gründe gegen Bildungsgutscheine und Akademikersteuer . . . . . . . .
58
4.4 Wettbewerb durch Deregulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
4.4.1 Freie Wahl der Hochschulen bei der Aufnahme von Studenten . . . .
60
8
Inhaltsverzeichnis 4.4.2 Erleichterung von privaten Hochschulgründungen . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Abkehr vorn hochschulrechtlichen Aktionismus, Abbau unnötiger Regelungen und Warnung vor falschen Wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 67
4.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
5. Hochschulausbildung im internationalen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
5.1 Hochschulausbildung in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
5.2 Hochschulausbildung in den Vereinigten Staaten von Amerika . . . . . . . .
78
Anhang: Hochschulrahmengesetz (HRG)- Auszug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
Sachwertregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einleitung Die deutschen Hochschulen sind seit mehr als zwei Jahrzehnten Gegenstand einer lebhaften Diskussion. Im vorigen Jahrhundert und in diesem bis zum Ersten Weltkrieg hatten deutsche Universitäten weltweit eine Spitzenstellung inne und waren zahlreichen Ländern bei der Gründung und Ausgestaltung von Hochschulen ein Vorbild.l Gegenwärtig befinden sich die Hochschulen hierzulande in einem von vielen Seiten beklagten Zustand. 2 Im Hinblick auf ihre Aufgaben- Studium, Forschung, Weiterbildung und sonstige Dienstleistungen (z.B. allgemeine Krankenversorgung)- wird vor allem das Studium, die Erstausbildung von Studenten, als reformbedürftig angesehen. Symptomatisch für den Reformbedarf ist die kontinuierliche Verlängerung der tatsächlichen Studienzeiten. Seit den siebziger Jahren beträgt - bei leicht steigender Tendenz- das Durchschnittsalter für Diplom- oder entsprechende Prüfungen 28, für Promotionen 32 Jahre3- mit der Folge eines späten Eintritts in einen Beruf. Im internationalen Vergleich sind die an deutschen Hochschulen Ausgebildeten um mehrere Jahre älter als Absolventen im Ausland.4 Da sich die längere Ausbildungszeit nicht in einer signifikant besseren Qualifikation niederschlägt, führt dies - zumal im Zeitalter der Globalisierung- zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil auf dem Arbeitsmarkt. Die Errichtung und der Unterhalt von Hochschulen gehört nach deutscher Tradition zu den Aufgaben des Staates, der bis Anfang der achtziger Jahre dieses Jahrhunderts auch keine privaten Hochschulen mit Universitätsrang zuließ. Eine Ausnahme bildeten die Kirchen, die einen historisch begründeten, verfassungsrechtlichen Anspruch haben, ihre Geistlichen und Mitarbeiter selbst auszubilden (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 der Weimarer Verfassung). Träger der staatlichen Hochschulen sind die Bundeslän- . der, der privaten Hochschulen Institutionen unterschiedlicher Art, unter denen die Kirchen traditionell den größten Anteil haben. Die Finanzierung der 1 D. Gale Johnson (2000, 7) führte kürzlich in seiner presidential address vor der American Economic Association aus: "German universities dominated the world's graduale education in the nineteenth century." 2 Einen aktuellen Überblick, der auf langjähriger Erfahrung als Präsident einer deutschen Universität beruht, bietet Morkel (2000) in den Begründungen zu seinen neun Thesen, die er für eine Erneuerung der Universität entwickelt. 3 Wissenschaftsrat (1996, 23). 4 Zum höheren Alter der Hochschulabsolventen trägt auch die allgemeine Wehrpflicht bei, an der in Deutschland- anders als in anderen Ländern der westlichen Welt - festgehalten wird.
10
1. Einleitung
Hochschulen erfolgt dementsprechend überwiegend aus den Länderhaushalten, an der sich der Bund für Aufgaben in bestimmten Fällen beteiligt, zum Beispiel bei Hochschulbauten oder zentralen Forschungsorganisationen. Die staatlichen Ausgaben für Hochschulen- abzüglich der Einnahmen- belaufen sichjährlich auf gut 30 Milliarden DM, mit einem Anteil des Bundes von 7%.5 Dieser Betrag enthält neben den Ausgaben für die Ausbildung von Studenten auch die für die Forschung, die sich kaum separieren lassen. Das überkommene deutsche Hochschulsystem bestand nur aus Universitäten, die zum Teil schon über ein halbes Jahrtausend alt waren, und einigen Technischen Hochschulen, die mit der Industrialisierung gegen Ende des letzten Jahrhunderts aufkamen. Ein akademisches Studium wurde früher nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung- von etwa 3% eines Altersjahrgangesabsolviert. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu tiefgreifenden Änderungen im Bildungswesen. Ein wachsender Teil der Bevölkerung verlangte nach einer qualifizierten Schulausbildung. Auf diese, auch durch private und öffentliche Bildungsaufrufe angeregte Nachfrage reagierte der Staat mit einem erheblichen Ausbau des Sekundarschulwesens und der Hochschulen. In wenigen Jahrzehnten stieg der Anteil der Studenten auf das Zehnfache an, so dass heute etwa 30% eines Altersjahrganges eine Hochschule besuchen. Trotz großer staatlicher Anstrengungen konnte der Ausbau der Hochschulen auf Dauer mit der steigenden Nachfrage nicht Schritt halten. Es trat eine generelle Überfüllung ein - in der Regel gemessen an der Relation von Lehrpersonen und Studenten-, von der die einzelnen Hochschulen und Studiengänge indes ganz unterschiedlich betroffen wurden. Die Überfüllung führte gleichermaßen zu einer Verschlechterung der Studienbedingungen für Studenten und der Arbeitsbedingungen für Hochschullehrer- mit der Folge, dass immer mehr Studenten das Studium auch deswegen vor einem Abschluss aufgaben, die Studiendauer permanent anstieg und Forschungsarbeiten in Mitleidenschaft gezogen wurden. Auf den offenkundigen Reformbedarf reagierten die Bundesländer als Träger der Hochschulen in einer Weise, die für die Behandlung von Problemen in einem öffentlichen Sektor typisch ist, das heißt vor allem durch Dekrete. Eine Flut von Gesetzen, Verordnungen und Erlassen ergoss sich über die Hochschulen- mit zunehmender Intensität, zumal sich zunächst verordnete Maßnahmen oft als wirkungslos, manchmal sogar als verschlimmernd erwiesen haben.6 Bekannte Beispiele für planwirtschaftlich-administrative Eingriffe sind die Zuteilungen von Studenten an die Hochschulen durch ein zentrales Amt, die Festsetzung von Richtwerten für das Ausbildungsangebot und für die Mittelzuweisung. Die staatlichen Regulierungen und die damit s Wissenschaftsrat (1996, 34ff.). Symptomatisch dafür ist, dass sich in Deutschland ein Wissenschaftsrecht-als früher unbekannte eigene Disziplin- entwickelt hat, dokumentiert etwa in dem von C. Flämig u. a. herausgegebenen, mehr als 2000 Seiten umfassenden "Handbuch des Wissenschaftsrechts", 2. Aufl., Heidelberg 1996. 6
1. Einleitung
11
einher gehende Bürokratisierung an deutschen Hochschulen sind zu einem Reformproblem eigener Art, insbesondere aber zu einem Hindernis für die Beseitigung der aufgezeigten Schwierigkeiten in Studium und Forschung geworden. Relativ spät, nach ersten Ansätzen in den achtziger Jahren, wird auch von staatlichen Stellen der Wettbewerb als ein Mittel zur Reform der Hochschulen ins Auge gefasst. Dass Wettbewerb auch intern, innerhalb eines staatlichen Sektors stattfinden und positive Wirkungen entfalten kann, zeigt nicht zuletzt die historische Erfahrung in Deutschland. Im 19. Jahrhundert gab es eine lebhafte Konkurrenz - vor allem um die besten Professoren eines Faches - zwischen den deutschen Universitäten. Auf spontane Weise bildete sich unter ihnen eine Rangfolge heraus, angeführt von Spitzenuniversitäten, wie Berlin, München und Heidelberg, die nicht zufällig in verschiedenen Ländern lagen, bis hin zu Erstberufungsuniversitäten, wie Gießen, Rostöck und Greifswald. Ein Justus von Liebig oder ein Wilhelm Röntgen haben ihre akademische Karriere in Gießen begonnen, jedoch in München beendet, was ähnlich für zahlreiche Gelehrtenbiographien dieser Zeit zutrifft. Dies verdeutlicht, dass auch ein System öffentlicher Hochschulen zu Leistungen fähig ist, wie beispielsweise private Eliteuniversitäten in den Vereinigten Staaten von Amerika, die sich im Wettbewerb von weniger renommierten Hochschulen abheben. Die Frage nach einem Wettbewerb im staatlichen Hochschulsystem drängt sich auch deswegen auf, weil die Hochschulen externe Konkurrenz bekommen haben. Immer mehr Deutsche - oft die besseren Studenten - absolvieren ihr Studium im Ausland und ausländische Universitäten gründen Filialen in Deutschland, wo sie trotz hoher Studiengebühren genügend qualifizierte Nachfrager finden. In einigen Studiengängen macht sich überdies die Konkurrenz privater Hochschulen bemerkbar, auch wenn aus einer Reihe von Gründen deren Einfluss insgesamt noch gering scheint. In der Wissenschaftspolitik wird zwar neuerdings die Bedeutung des Wettbewerbs für die Reform der Hochschulen gesehen und es gehört zum guten Ton, sich dafür auszusprechen. Doch fehlt es den Bundesländern als der weitaus wichtigsten Gruppe unter. den Trägern der Hochschule an einem überzeugenden Konzept - das unterschiedliche Auffassungen im Einzelnen nicht ausschließt-, insbesondere aber am entschlossenen Willen, die unerlässlichen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb zu schaffen. Die folgenden Ausführungen zur Reform der Hochschulen beschränken sich auf das Studium als Erstausbildung von Studenten. Ausgeklammert bleiben - erstens - Aspekte eines Studiums für andere Zwecke, zum Beispiel für Senioren, für andere Gruppen der Bevölkerung oder für die Weiterbildung in der Praxis tätiger früherer Hochschulabsolventen. Zweitens wird nicht eingegangen auf die Forschung- eine vom Umfang bedeutende, von der Funktion her zentrale Aufgabe der Universitäten. Die Vernachlässigung der Forschung ist im Hinblick auf die Einheit von Lehre und Forschung an Universitäten pro-
12
1. Einleitung
blematisch, hier gleichwohl zweckmäßig, weil die an den Hochschulen vorherrschende Grundlagenforschung in der Regel nicht marktgängig ist und den Charakter eines öffentlichen Gutes hat,7 so dass die meisten Überlegungen zur Reform der marktfähigen Hochschulausbildung für die Forschung nicht- oder nicht unbesehen- gelten würden. Dahingestellt sei, ob und gegebenenfalls inwieweit für die Forschung an den Hochschulen ein Reformbedarf besteht. Drittens wird nicht auf Reformmöglichkeiten eingegangen, die zum Wettbewerb in keiner oder einer nur losen Beziehung stehen. Zu denken ist an Reformen, die durch staatliche Zuweisungen von Personal, Räumen und Sachmitteln ermöglicht werden - von den Hochschulen nachdrücklich geforderten Maßnahmen, mit denen der Überfüllung begegnet werden soll, die aber keineswegs gewährleisten, dass sie Wirkungen zeitigen, die vom Wettbewerb zu erwarten sind.
7 Vgl. z.B. Sachverständig~nrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999, Ziffer 441).
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen 2.1 Strukturmerkmale des Hochschulsystems und des Studiums Das gegenwärtige deutsche Hochschulsystem besteht - sieht man von Kunsthochschulenab-aus zwei Gruppen von Hochschultypen: den Universitäten, eine Gruppe, die gleichrangige Hochschulen einschließt (z.B. Technische Hochschulen, Medizinische Hochschulen, Gesamthochschulen, eigenständige Pädagogische Hochschulen (nur noch in Baden-Württemberg) und Theologische Hochschulen), und den Fachhochschulen, die nach früher häufigem Sprachgebrauch nicht mit spezialisierten Hochschulen im Universitätsrang (z. B. Handelshochschulen oder Bergakademien) zu verwechseln sind. Die Universitäten als wissenschaftliche Hochschulen sind Forschungsstätten, an denen gelehrt wird. Ihr traditionelles Wesensmerkmal ist das Prinzip der Einheit von Lehre und Forschung, das Wilhelm von Humboldt (1767-1835) für viele Länder mustergültig an der Berliner Universität realisierte. Getragen wird diese Einheit insbesondere durch den Universitätsprofessor, dessen Aufgabe es ist, zu forschen und sein Wissen, das auf Forschungen gründet, an Studenten zu vermitteln. Ein wesentliches Qualifikationserfordernis für die Einstellung zum Universitätsprofessor ist- in der Regel -die Habilitation oder eine adäquate Forschungsleistung im Anschluss an die Promotion.S Die Fachhochschulen sind eine junge Hochschulart, die Ende der sechziger Jahre aufkam, um den steigenden Bildungsbedarf zu decken. Häufig sind sie nicht neu errichtet worden, sondern durch Aufwertung bestehender Einrichtungen entstanden, vor allem von Ingenieurschulen sowie von Höheren Fachschulen in den Bereichen Wirtschaft, Sozialwesen und Gestaltung. Im öffentlichen Bereich werden seit einiger Zeit die Anwärter für den gehobenen Dienst an eigenen Fachhochschulen ausgebildet (Verwaltungsfachhochschulen zum Unterschied von allgemeinen Fachhochschulen). Das Studium an den Fachhochschulen ist anwendungsbezogen, an der unmittelbaren Umsetzung von Wissen in die Berufspraxis orientiert. Dementsprechend wird von den Lehrern, heute in der Regel Professoren, neben der wissenschaftlichen Qualifizierung durch ein abgeschlossenes Studium eine fünfjährige berufliche Praxis - davon mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs - als Voraussetzung für eine Einstellung verlangt. 9 Anders als bei den Universitäts8 9
HRG (Hochschulrahmengesetz), in der Fassung vom 20. August 1998, §44 Abs. 2. HRG §44 Abs. 3.
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen
14
professoren gehört die Forschung nicht zu den Amtsaufgaben, mit der Folge, dass die Lehrverpflichtungen höher sind. Über das Nebeneinander von zwei Hochschultypen sowie über ihre jeweiligen Vor- und Nachteile setzte vor zwei Jahrzehnten eine intensive Diskussion ein, die bis heute nicht völlig abgeklungen ist und Nachwirkungen zeigt. Im Jahr 1970 empfahl der Wissenschaftsrat, beide bisher jeweils selbständigen Hochschultypen bei Neugründungen organisatorisch und verwaltungsmäßig unter einem Dach zu integrierten Gesamthochschulen zusammenzufassen.IO Für bestehende Hochschulen wurde- gleichsam als Minimallösung- ein regionales Zusammenwirken empfohlen (kooperative Gesamthochschule). Diese Empfehlungen sind in nur wenigen Bundesländern umgesetzt worden, fanden aber ihren Niederschlag im Hochschulrahmengesetz von 1976. In den siebziger Jahren wurden in Nordrhein-Westfalen sechs Gesamthochschulen gegründet (Duisburg, Essen, Hagen (als Fernuniversität), Paderborn, Siegen und Wuppertal) und in Hessen eine (Kassel). Auch die beiden Universitäten der Bundeswehr (Hamburg und München) sind als Gesamthochschulen errichtet worden, ohne diese Bezeichnung zu tragen. In den achtziger Jahren wurden die Ansätze, ein Hochschulsystem aus integrierten und kooperativen Gesamthochschulen zu schaffen, wieder aufgegeben. Die vorhandenen integrierten Gesamthochschulen, die in Nordrhein-Westfalen seit 1980 die Bezeichnung Universität-Gesamthochschule tragen, verstehen sich als Träger eines bildungspolitischen Konzepts, das die Offenheit des Hochschulzugangs, die Durchlässigkeit zwischen verwandten Studiengängen durch eine Verzahnung (Y-Modell) und die Praxisorientierung der Ausbildung betont.!' Das gegenwärtige Hochschulsystem insgesamt ist jedoch durch die Zweiteilung in die beiden Gruppen Universitäten und Fachhochschulen geprägt, die jeweils unterschiedliche Aufgaben und Ziele haben und zwischen denen es für Studenten nur wenig Übergänge gibt. Das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss soll an einer Universität in viereinhalb Jahren absolviert werden (Regelstudienzeit).12 In den meisten Studiengängen gibt es nach dem Abschluss eines Grundstudiums -in der Regel von 4 Semestern- eine Zwischenprüfung, deren Bestehen Voraussetzung für die Zulassung zum Hauptstudium ist. Das Studium insgesamt wird mit einem Diplom oder Magister abgeschlossen, die von der jeweiligen Universität verliehen werden, oder mit einem Staatsexamen (Jura, Lehrämter, Medizin, Pharmazie). Der erfolgreiche Abschluss des Grundstudiums ist - anders als der Abschluss des Studiums insgesamt - nicht berufsqualifizierend. Ein kleiner Teil der Studenten- im Durchschnitt etwa 20%- setzt das Studium bis zur Promotion fort. Ein noch geringerer Teil - etwa 1 % - habi10 11
Wissenschaftsrat (1970}. Woll (1980, 19}.
12HRG§ll.
2.1 Strukturmerkmale des Hochschulsystems und des Studiums
15
litiert sich.n Nur Universitäten haben das Recht zur Promotion und Habilitation. Das Studium an einer Fachhochschule soll in vier Jahren absolviert werden,14 Eine Zwischenprüfung gibt es nicht. In den meisten Studiengängen wird von den Studenten ein Praktikum vor oder während des Studiums verlangt. Das Studium schließt mit einem Diplom ab, das sich durch den Zusatz FH von dem einer wissenschaftlichen Hochschule unterscheidet. Für eine Promotion muss der Absolvent einer Fachhochschule an eine Universität wechseln, die in den letzten Jahren den Übergang erleichtert oder in einigen Bundesländern einen unmittelbaren Zugang ermöglicht hat. Die Zulassung zum Studium an einer Hochschule liegt generell in der Hand einer höheren Schule, die Schülern nach dem erfolgreichen Abschluss die Berechtigung zum Hochschulstudium verleiht (allgemeine oder fachbezogene Hochschulreife (Abitur) bzw. Fachhochschulreife). Ein Schulabschluss reicht nicht aus für die Zulassung zum Studium an Kunsthochschulen und an Fachhochschulen (einige Studiengänge). Wer die allgemeine Hochschulreife besitzt, ist grundsätzlich berechtigt, an jeder Universität jedes Fach zu studieren. Dass Schulen über die Zulassung zum Studium entscheiden, ist international ungewöhnlich - sieht man insbesondere von Österreich, der Schweiz und Frankreich ab. Weltweit, vor allem in England, den USA und in von diesen beeinflussten Ländern ist dagegen typisch, dass wissenschaftliche Hochschulen selbst darüber befinden, wen sie zum Studium zulassen. In Deutschland können sich tatsächliche Beschränkungen bei der Zulassung ergeben, wenn die Aufnahmekapazitäten von Fächern drastisch überschritten werden. Zunächst sind die Kapazitäten von den Hochschulen nach staatlichen Vorgaben zu ermitteln (Kapazitätsverordnung). Darüber hinaus sind die Hochschulen gehalten, weitere Studenten nach fiktiven "Überlastquoten" aufzunehmen. Wenn bundesweit die Nachfrage nach Studienplätzen deren Angebot erheblich übersteigt, erfolgt die Zulassung zum Studium über eine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS).t 5 Die Zulassung zum Studium an einer Fachhochschule setzt den Abschluss an einer Fachoberschule (Fachhochschulreife), in einigen Studiengängen auch die Zustimmung der Fachhochschule voraus. In den letzten Jahren hat sich ein steigender Anteil von Schülern mit der allgemeinen Hochschulreife an Fachhochschulen eingeschrieben,16 wobei eine Rolle gespielt haben dürfte, dass sich in der privaten Wirtschaft - im Gegensatz zum staatlichen Sektor - die Anfangsgehälter der Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten nicht nennens13 Wissenschaftsrat (1996, 24ff.), Bundesministerium für Bildung und Forschung (1999, 236f.) und eigene Berechnungen. 14 HRG §11. 15 HRG §31. 16 Bundesministerium für Forschung und Bildung (1999, 188).
16
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen
wert unterscheiden und das Studium an einer Fachhochschule sich durch Kürze und Praxisnähe auszeichnet. 2.2 Kennzahlen zur Lage der Hochschulen In Deutschland gibt es weit über 300 Hochschulen, deren Aufteilung nach
Arten die Übersicht zeigt (Tabelle 1).
Tabelle 1 Hochschulen nach Arten
Jahr
insgesamt
318 314 325 326 335 337
davon Universitäten•> 122 113 112 112 113 113
Fachhochschulenbl 153 157 167 168 176 178
Kunsthoch schulen 43 44 46 46 46 46
1992 1993 1994 1995 1996 1997 darunter nichtstaatliche Hochschulen 1992 1993 1994 1995 1996 1997
62 60 65 63 65 78
23 23 23 23 23 25
39 35 40 38 40 51
-
2 2 2 2 2
•> Einschließlich Gesamthochschulen, Pädagogische Hochschulen und Theologische Hochschulen. b) Einschließlich Verwaltungsfachhochschulen. Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten sowie nichtstaatliche Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Arten der Hochschulen sind von sehr unterschiedlicher Größe (gemessen an der Zahl der Studenten), wie für das letzte Jahr (1997) der Tabelle mit ergänzten Zahlen illustriert sei. In diesem Jahr machen die 113 Universitäten ein Drittel (33,5%) der Hochschulen insgesamt aus. Von den insgesamt 1832 800 Studenten sind jedoch drei Viertel (74,5%) bei ihnen eingeschrieben. Mehr als die Hälfte (52,9%) von allen 337 Hochschulen sind Fachhochschulen. Bei ihnen sind 438400 Studenten eingeschriebenen, etwa ein Viertel (23,9%) der Studenten insgesamt. Die Kunsthochschulen haben einen Anteil
17
2.2 Kennzahlen zur Lage der Hochschulen
von 13,6% an den Hochschulen, von 2,2% an den Immatrikulierten. Erhebliche Größenunterschiede gibt es nicht nur zwischen den Hochschularten, sondern auch zwischen den staatlichen und nichtstaatlichen Hochschulen. Im Jahr 1997 haben etwa ein Viertel (23,2%) der Hochschulen insgesamt nichtstaatliche Träger, mit etwa 40000 Studenten aber nur einen Anteil von 2,2% an deren Gesamtzahl. Während an einer staatlichen Universität im Durchschnitt über 12000 Studenten eingeschrieben sind, beläuft sich die entsprechende Zahl - mit erheblichen Streuungen - bei den nichtstaatlichen Einrichtungen auf etwa 500. Tiefgreifende Änderungen im Bildungswesen werden an der Entwicklung der Studentenzahlen in den letzten Jahrzehnten deutlich (Tabelle 2). Tabelle 2
Studienanfänger und Studenten (in Tausend)•> Jahr
Studienanfänger
Prozentbl
1950 1960
26,1 79,4
3,2 7,9
1970 1980 1990
125,7 195,0 317,7
15,4 19,1 29,6
510,5 1044,2 1 717,4
1997
266,7
30,4
1832,8
Studenten insgesamt 128,4 291,1
•> Alle Hochschularten (Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen), un-
abhängig von der Trägerschaft (staatlich oder nichtstaatlich), bis 1980 nur alte Bundesländer, ab 1990 alte und neue Bundesländer.
b)
In Prozent des Durchschnittsjahrgangs der 19- bis unter 21-jährigen Bevölkerung.
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten.
Vom Jahr 1950 bis heute (1997) hat sich die Zahl der Studienanfänger in absoluten und relativen Zahlen etwa verzehnfacht Weitaus die meisten Studenten sind an Universitäten eingeschrieben. Von ihnen sind im Jahr 1997 1674700 Deutsche (91,4%), 158100 Ausländer. Die Zahl der Deutschen, die im Ausland studieren, steigt seit Jahren stark an und belief sich im Jahr 1996 auf 43100 (1980: 17890). Der Entwicklung der Nachfrage, gemessen an der Zahl der Studenten, ist die Ausweitung des Angebots gegenüber zu stellen, wofür - neben den hier vernachlässigten räumlichen Richtwerten - die Zahl der Personalstellen der wichtigste Indikator ist (Tabelle 3). 2 Woll
18
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen Tabelle3 Personalstellen (in Tausend)•)
Jahr
Personalstellen
Wissenschaftliches Personal insgesamt Professoren
Studenten pro Professorbl
Nichtwissenschaftliehes Personal
1960
62,0
19,1
5,5
23
42,9
1970
141,9
54,5
14,9
34
87,4
1980
214,5 243,3
79,0 86,5
32,9 33,0
32 52
135,8
322,5
114,0
41,7
44
208,5
1990 1997
156,8
•l Alle Hochschularten, einschließlich Stellen für Zentrale Einrichtungen (Bibliotheken, Rechenzentren, Hochschulverwaltung, sonstige Zentrale Einrichtungen, allgemeine Hochschulangelegenheiten), bis 1990 nur alte Bundesländer. b)
Eigene Berechnungen.
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten.
Die Tabelle verdeutlicht, dass der personelle Ausbau mit der zunehmenden Studentenzahl bis 1980 in etwa Schritt halten konnte. Eine wichtige Kenngröße dafür ist das Betreuungsverhältnis, die Zahl der Studenten pro Professor, die hier wegen ihrer Aussagekraft ähnlichen Kenngrößen - wie z. B. Zahl der Studenten pro Lehrperson oder pro wissenschaftliches Personal - vorgezogen wird. Durch den Aufbau der Fachhochschulen und die deutsche Einigung im Jahr 1990 wird in Tabelle 3 die Entwicklung an den Universitäten im früheren Bundesgebiet etwas überdeckt. Für deren Lage ist kennzeichnend, dass sich die Zahl der Professoren seit Jahrzehnten nicht verändert hat (1975: 22200; 1995: 22400), die der Studenten jedoch drastisch angestiegen ist (1975: 675200; 1995: 1241700). Überdies weist die durchschnittliche Vergrößerung des Betreuungsverhältnisses in den Studiengängen erhebliche Streuungen auf, so dass die Verschlechterung in einigen Studiengängen - etwa der Betriebswirtschaftslehre- der Tabelle nicht zu entnehmen ist. 2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen 2.3.1 Fehlentwicklungen beim Studium
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Studiendauer und das Prüfungsalter erhöht (Tabelle 4).
2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen
19
Tabelle 4 Studiendauer und Prüfungsalter>
Hochschulart
Studiendauer in Jahren bei Prüfungen der Jahrebl 1980
Universitäten Fachhochschulen
7,1 4,1
1985 7,5 4,6
1990 7,8 5,1
1996 6,5 5,1
Alter bei der Prüfung 1980 1985 1990 1996 27,6 27,9 28,1 27,8 25,8 26,5 26,9 28,3
•> Bis 1990 nur alte, 1996 alte und neue Bundesländer.
b) Studiendauer von der Erstimmatrikulation bis zum Abschluss der Prüfung. Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung; Grund- und Strukturdaten; Wissenschaftsrat, Fachstudiendauer an Universitäten und Fachhochschulen.
Tabelle 4 zeigt, dass sich im beobachteten Zeitraum die Studiendauer zunächst permanent verlängert und dann auf einem hohen Niveau stabilisiert hat. Die Zahlen für 1996 weichen bei den Universitäten vom Trend ab, weil es in den meisten Studiengängen wegen der statistischen Einbeziehung der neuen Bundesländer ab 1991 zu einem sprunghaften Rückgang der Studiendauer und des Prüfungsalters kam. Bereits im Jahr 1994lässt sich jedoch wieder ein leichter Anstieg dieser Zeiten feststellen. Das höhere Prüfungsalter an Fachhochschulen geht auf ein höheres Durchschnittsalter bei Studienbeginn (1996: 23,2 Jahre) im Vergleich zu dem der Universitäten (1996: 21,3 Jahre) zurück. Mit dem verlängerten Studium an Universitäten ist auch das Lebensalter für weitere Qualifikationen gestiegen, so dass nach den letzten Erhebungen (1997) Promovierte im Durchschnitt 32, Habilitierte 40 Jahre alt sind. Dieser Anstieg hat erhebliche Konsequenzen. So kann wegen der späten Habilitation qualifizierter Nachwuchs oft nicht an Universitäten gehalten werden. Die Habilitation ist in der Regel Voraussetzung für eine Berufung zum Universitätsprofessor. Das schon vorhandene berufstypische Risiko, überhaupt nicht berufen zu werden und damit das Ziel jahrelanger Arbeit zu verfehlen, wird durch eine späte Habilitation weiter erhöht. Es kommt hinzu, dass in den meisten Bundesländern Berufene höchstens 52 Jahre alt sein dürfen. Ein wichtiger Gradmesser für die Notwendigkeit einer Reform der Hochschulausbildung sind die Studienabbrecher: Je mehr Studenten das Studium definitiv aufgeben, um so reformbedürftiger scheint die Hochschulausbildung. Die übliche Messgröße ist der Anteil der Studienabbrecher, bezogen auf die Gesamtzahl der Studenten eines bestimmten Studienjahres (Studienabbrecherquote, häufig auch Drop-Out-Quote). Diese Quote ist aus methodischen Gründen schwer zu ermitteln, vor allem weil die Zahl der Studenten, die sich abmelden (zum Beispiel wegen eines Hochschulwechsels oder einer Studienunterbrechung), schwer zu trennen sind von Studienabbrechern, die ihr Studium endgültig aufgegeben haben.
20
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen Tabelle 5
Hochschulprüfungen•> Jahr
Absolventen
1960
47 800
291100
Anteil der Absolventen im Verhältnis zur Anzahl der Studenten (in v.H.) 16,4
1970
87000
510500
17,0
1980
123 680
1 044 200
11,8
1990
166101
1585 200
10,5
1992
177 949
1 681100
10,5
Studenten
•> Alte Bundesländer. Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Grund- und Strukturdaten und eigene Berechnungen.
Tabelle 5, bei der aus methodischen Gründen die neuen Bundesländer nicht einbezogen wurden, weist aus, dass zwischen 1970 und 1980 die Anzahl der Absolventen im Verhältnis zur Zahl der Studenten deutlich abgenommen hat. Allerdings kann die Quote der Studienahbrecher nicht der Tabelle entnommen, sondern nur durch besondere empirische Untersuchungen ermittelt werden. Ein Vergleich der Mitte der siebziger Jahre ermittelten Daten mit den analogen Ergebnissen Mitte der neunziger Jahre weist in den alten Bundesländer für die Universitäten aus, dass die Studienabbrecherquote erheblich zugenommen hat. Wegen der größeren Studentenzahl in den neunziger Jahren hat sich die absolute Zahl der Studienahbrecher noch stärker erhöht (Tabelle 6). Tabelle 6
Studienabbrecher an Universitäten•> Studienjahr 1974n5
Studienjahr 1993/94
Quote
12-16%
29-31%
absolute Zahl
ca.l4000
ca. 60000
•>
Alte Bundesländer. Quelle: Karl Lewin u.a., Studienabbruch, Hochschul-Informations-System, A1/95.
Die Ergebnisse dieses Vergleichs liegen auf einer Linie mit der Tendenz zur Verlängerung der Studiendauer (Tabelle 4) und der abnehmenden Absolventenquote (Tabelle 5). Die in der Tabelle 6 aufgeführten Werte sind durch Befragungen ermittelt worden. In den Befragungen wurden verschiedene Gründe für den Studienabbruch genannt. Der wichtigste Grund für einen Studienabbruch ist, dass sich die Entscheidung für ein Studium in dessen Verlauf als falsch erwiesen hat. Demgegenüber kommt finanziellen und familiären Gründen nur eine untergeordnete Bedeutung zu.
2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen
21
2.3.2 Ursachen der Fehlentwicklungen
Der Markt für die schulische Ausbildung und der Arbeitsmarkt, das Bildungssystem und das Beschäftigungssystem, sind in der Bundesrepublik Deutschland unterschiedlich verfasstP Das gesamte Bildungssystem - Grundund Hauptschulen, weiterführende Schulen, Hochschulen- besteht weit überwiegend aus staatlichen Einrichtungen, deren zentral gelenkte Ausgestaltung und Aufgabenstellung im Entscheidungsprozess vor allem politischen Maßgaben und nur sekundär den Anforderungen des Arbeitsmarktes folgt. Das Beschäftigungssystem ist demgegenüber Teil der dezentralen marktwirtschaftliehen Ordnung. Beide Systeme stehen in einer funktionalen Beziehung. Die Ausbildung geschieht für den Arbeitsmarkt - auch wenn Bildung nicht nur ökonomische Aspekte aufweist -, so dass der Arbeitsmarkt das Bildungswesen letztlich steuern müsste. Zugleich folgt aus den Grundrechten, dass der Staat die Bildungs- und Berufswahlentscheidungen der Bürger hinzunehmen hat und diese allenfalls indirekt - etwa durch Beratung und Hilfen bei bestimmten Ausbildungen - beeinflussen kann. Der Konflikt, dessen Bedeutung für die Fehlentwicklungen an den Hochschulen häufig übersehen wird, zeigt sich darin, dass das subordinierte Bildungssystem auf die Signale des Arbeitsmarktes nicht, stark verzögert oder falsch reagiert. Für die Lösung dieses Konflikts bleibt nur der verfassungsrechtlich offene und ordnungspolitisch erwünschte Weg, das Bildungssystem zu deregulieren, das heißt den staatlichen Einfluss zurückzunehmen. Für diesen Weg spricht, dass auch staatliche Entscheidungen sich auf künftige Erwartungen richten, von denen niemand mit Sicherheit weiß und wissen kann, ob sie tatsächlich eintreten. Fehlentscheidungen- gemessen an den Erwartungen- sind deshalb unvermeidlich, gleichgültig, ob sie zentral vom Staat oder dezentral von Marktteilnehmern getroffen werden. In einem dezentralen Lenkungssystem sind jedoch Häufigkeit und Ausmaß der Fehlentscheidungen systematisch geringer als bei einem zentralen, vor allem wegen der Risikostreuung unter den Entscheidungsträgern und der Anpassungsflexibilität nach Fehlentwicklungen. Auf die Hochschulgesetzgebung sei insoweit eingegangen, als sie für die Fehlentwicklungen an den Hochschulen und den Wettbewerb relevant scheint. Im traditionellen System wissenschaftlicher Hochschulen (Universitäten, Technische Hochschulen) gab es bis Mitte der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts keine Hochschulgesetze. Rechtsgrundlage für den akademischen Bereich war ein manchmal Jahrhunderte altes Satzungs- und Gewohnheitsrecht, für den staatlichen Bereich (Haushalts- und Personalwesen) das öffentliche Recht des jeweiligen Landes. Für das Studium existierten Studienordnungen nur in Fächern, die mit einem Staatsexamen abgeschlossen wurden. In den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften war der reguläre Stu17 Eine umfassende Analyse des Problems, allerdings ohne Berücksichtigung der ordnungspolitischen Fragen, findet sich bei Timmermann (1988, 25ff.).
22
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen
dienabschlussdie Promotion, für die es keine vorgeschriebenen Studienzeiten gab. Die Diplomprüfung als erster berufsqualifizierender Abschluss wurde im Jahr 1899 durch kaiserlichen Erlass an Technischen Hochschulen eingeführt und der Promotion vorgeschaltet Dieses Verfahren fand nach dem Ersten Weltkrieg auch in den naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen Eingang. Mehr an Einheitlichkeit gab es kaum. Dass in einem solchen, rechtlich wenig intensiven und dezentralen Studiensystem Wettbewerb zwischen den Hochschulen möglich war und stattfand, scheint evident. Im gesamten Deutschen Reich gab es vor Beginn des Zweiten Weltkrieges 23 Universitäten und 10 Technische Hochschulen, an denen rund 62000 Studenten immatrikuliert waren - weniger, als derzeit an den größten deutschen Universitäten.IS Erst mit dem rapiden, in den sechziger Jahren einsetzenden Ausbau der deutschen Hochschulen vor allem durch Neugründungen- in wenigen Jahrzehnten entstanden mehr Universitäten als 600 Jahre zuvor - kam es in allen Bundesländern zum Erlass von Hochschulgesetzen, die anfänglich zum Teil die Rechtsgrundlage für Neugründungen schufen, stets jedoch vor allem als Regelungen für bestehende Hochschulen gedacht waren. Der wichtigste Entstehungsgrund für solche historisch unbekannten Hochschulgesetze war die politische Intention, die Gruppenuniversität gegen den Widerstand der "Ordinarienuniversität" durchzusetzen. Zur Wahrung der Rechtseinheitlichkeit in allen Ländern wurde das Grundgesetz im Jahr 1969 geändert. Nach Artikel75 Absatz 1 Ziffer la hat der Bund seitdem das Recht, Rahmenvorschriften über die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu erlassen. Das Hochschulrahmengesetz (HRG) wurde nach langer Diskussion 1976 verabschiedet und seitdem mehrmals novelliert.I 9 Dieses Gesetz und die ausführenden Ländergesetze enthalten eine Reihe von Vorschriften, die für den Wettbewerb beim Studium keine oder nur eine geringe Bedeutung haben. Zu diesen gehören die Regelungen über die hier vernachlässigte Forschung, über die Mitglieder, das wissenschaftliche Personal und die Organisation der Hochschule. Für den Wettbewerb unmittelbar bedeutsam sind dagegen Vorschriften über das Studium und die Lehre, die Zulassung zum Studium sowie über die Rechtsform der Hochschule. Die generelle Problematik dieser Vorschriften ist vor allem darin zu sehen, dass das dezentral angelegte deutsche Hochschulsystem durch das bundesweite Hochschulrahmengesetz eine beachtliche zentralistische Komponente erhält. Vorschriften, die für eine einzelne Hochschule gelegentlich zweckmäßig sein mögen, werden durch ihre bundesweite Geltung zum Wettbewerbshemmnis. So ist in der bundesweiten Koordination von Studien- und Prüfungsordnungen - trotz der Abmilderung der Regelung in der letzten Gesetzesnovelle - eine Wettbewerbsbeschränkung zu sehen (§9 HRG). Wettbewerbshemmend sind überdies gesetzliche ts Zur Entwicklung der Universitäten in Deutschland sei verwiesen auf die Monographie von Müller (1990). 19
Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (1998a).
2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen
23
Festschreibungen schon früher geltender Verfahren, wie die Zulassung zum Studium durch eine höhere Schule (§27 HRG). Hierher gehört auch die Vergabe von Studienplätzen durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), die gesetzlich verankert ist (§31 HRG). Schon vor Erlass des Hochschulrahmengesetzes bestand eine wettbewerbshemmende Tendenz zur Zentrlllisierung und Vereinheitlichung, die auf Vereinbarungen der Länder zurückgeht. In den fünfziger Jahren haben die Länder damit begonnen, in der Hochschulpolitik zusammen zu arbeiten, häufig mit dem Ziel, den Wettbewerb zwischen ihnen zu begrenzen oder auszuschalten.20 In der Kultusministerkonferenz (KMK), die ein ständiges Sekretariat einrichtete, werden Abstimmungen vorgenommen, die Kartellcharakter haben. Beispiele dafür sind die Anerkennung von ausländischen Studien- und Prüfungsleistungen sowie die Verfahrensweise bei der Berufung von Professoren. Im letzteren Falle verpflichteten sich die Wissenschaftsverwaltungen zunächst nur zur gegenseitigen Benachrichtigung bei der Erteilung von Rufen. Ein nächster Schritt war die Vereinbarung von Berufungssperren, von denen Berlin ausgenommen wurde. Schließlich einigte man sich über die Höhe der sogenannten Berufungsgewinne, mit differenzierten Sätzen je nach der Herkunft des Berufenen (eigenes Land, anderes Land, Ausland, private Wirtschaft). Einige dieser Absprachen sind später gesetzlich verankert worden, wie auch die Festlegung von Lehrdeputaten. Mit ihren wettbewerbsbehindernden Kartellvereinbarungen, die sich im Beispielsfalle in einer erheblich verringerten räumlichen Mobilität der Hochschullehrer zeigte, haben die Länder die verfassungsrechtlich erlaubten Regelungen voll ausgeschöpft und untereinander abgestimmt. De facto ist die Kompetenz in der Hochschulpolitik von den Ländern auf die Kultusministerkonferenz übergegangen, die aber nur einstimmig entscheidet. Bei gegenwärtig sechzehn Bundesländern hat dies hochschulpolitische Immobilität oder Minimallösungen zur Folge, die notwendige Reformen behindern können. Trotzdem ist das Regelungsnetz für die Hochschulen durch zahlreiche Länderabsprachen nicht nur dichter, sondern bundesweit auch uniformer geworden. Die Überfüllung der Hochschulen geht nicht nur auf eine gestiegene Nachfrage nach Erstausbildung zurück, sondern auch auf eine Verknappung des Angebots durch Änderung früher geltenden Rechts. Eine gravierende Reduzierung des Lehrangebots war die unmittelbare Folge der bundesweiten Beseitigung der Emeritierung und die Herabsetzung des Höchstalters für den Eintritt in den Ruhestand von 68 auf 65 Jahre in einigen Bundesländern. Diese Neuregelungen verminderten nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Lehre, weil auf die Nutzung langjähriger Erfahrungen bewusst verzichtet wurde. Welches Potential dahinter steht, hat sich nach der deutschen Vereinigung im Jahr 1990 gezeigt, als die Emeriti nennenswerte Teile des 2o
Woll (1992, 342).
24
2. Zur gegenwärtigen Lage der Hochschulen
Lehrangebots und des akademischen Wiederaufbaus in den neuen Bundesländern übernommen haben. Die für die genannten Änderungen des Dienstrechts angeführten Gründe können nicht überzeugen. Die finanzielle Belastungen der öffentlichen Haushalte durch Emeriti sind minimal - Emeriti erhalten zwar die vollen, aber nur die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge- und stehen in keinem Verhältnis zu den Vorteilen dieses Instituts. Die Herabsetzung des Ruhestandsalters soll die Chancen des wissenschaftlichen Nachwuchses verbessern, was jedoch zu einer erheblichen Mehrbelastung der Haushalte führt. Im Ergebnis wird das Lehrangebot mit viel Geld verknappt. Eine ähnliche Verknappung des Lehrangebots ist durch eine Änderung des Besoldungsrechts der Hochschullehrer, die sogenannte Kolleggeldreform, verursacht worden, mit der eine an den Lehrleistungen orientierte Bezahlung der Professoren abgeschafft wurde. Früher erhielten Professoren neben dem festen Gehalt, das vom Dienstalter und von der Zahl der Berufungen abhing, einen variablen Einkornmensanteil, der aus Hörergeldern - abzüglich der Verwaltungskosten - stammte. In Fächern mit kleinen Studentenzahlen, wie der Sinologie, wurden Mindestpauschalen für den Ausfall von Hörergeld gewährt. Das Einkommen der Professoren wurde auf diese Weise zu einem erheblichen Teil vorn Zuspruch bestimmt, den diese bei Studenten fanden. Insgesamt spiegelten die Bezüge der Professoren gleichermaßen die wissenschaftliche Reputation und die Lehrerfolge wider, was sowohl alter Tradition in Deutschland als auch herrschender internationaler Praxis entspricht. Die Abschaffung des Kolleggeldes geschah unabhängig von und zeitlich vor der Abschaffung der Studiengebühren. Erst seitdem wurde es von der Wissenschaftsverwaltungfür nötig erachtet, die Vorlesungsverpflichtungen durch die Festsetzung von Lehrdeputaten zu regeln und die Lehrkapazitäten zu berechnen. Unter dem geltenden Besoldungsrecht der Hochschullehrer wird nur noch die Forschungsleistung der Universitätsprofessoren besonders honoriert, so dass diese ein Interesse daran haben, möglichst wenig Lehrveranstaltungen zu halten, sofern sie ihr Berufsethos nicht davon abhält. Durch falsche Signale und Anreize haben- wie im Dienstrecht-Quantitätund Qualität der Lehre gelitten. Die wahrscheinlich folgenreichste Ursache für die Fehlentwicklungen dürfte die Abschaffung der Studiengebühren gewesen sein, die -unbestritten und so gewollt- zu einer erheblichen Ausweitung der Nachfrage nach Erstausbildung beigetragen hat. Diese Einschätzung wird nicht dadurch fragwürdig, dass die früher erhobenen Studiengebühren nur einen kleinen Teil der Kosten einer Universität deckten. Dass Studiengebühren-wie alle Preise- bestimmte Wirkungen haben, ist unbestritten und durch Erfahrungen belegt. Auch wenn sich das quantitative Ausmaß solcher Wirkungen nicht beziffern lässt, ist die Richtung und die wahrscheinliche Stärke evident: Ohne die völlige Beseitigung der Studiengebühren wären weder die derzeitige Überfüllung der Hochschulen noch der abnehmende Studienerfolg zu erklären. Die Auswei-
2.3 Fehlentwicklungen beim Studium und ihre Ursachen
25
tung der Nachfrage ging indes einher mit der oben erwähnten Verknappung des Angebots, die in die gleiche Richtung wirkte. Eine weitere Ursache für den abnehmenden Studienerfolg ist in einer Zunahme der Studierunfähigkeit zu sehen.21 In den letzten Jahren gibt bereits jeder vierte Student vor dem Examen sein Studium endgültig auf, vor allem weil dieses sich als eine Fehlentscheidung im Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten und Erwartungen erwiesen hat. Durch eine Bildungsoffensive, die in den sechziger Jahren einsetzte, wurden nicht nur Begabungsreserven ausgeschöpft was das erklärte Ziel der Offensive war-, sondern auch viele junge Menschen zum Studium gebracht, die seinen Anforderungen nicht gewachsen sind. Defizite in der Schulausbildung führen dazu, dass an den Hochschulen Versäumtes nachgeholt werden muss, was im übrigen oft zur Verlängerung des Studiums beiträgt. Gewiss geht die Erhöhung der Quote der Studienahbrecher nicht nur auf eine zunehmende Studierunfähigkeit, sondern auch auf andere Gründe zurück (z.B. auf Distanz zum Studium und zu seinen Begleitumständen). Durch Befragungen über die Gründe zum Studienabbruch, durch spezielle wissenschaftliche Untersuchungen sowie durch alltägliche Erfahrungen von Hochschullehrern ist jedoch hinreichend gesichert, dass viele Studenten mit einem Studium überfordert sind. Das traditionelle Verfahren, die Hochschulreife, die eine positive Prognose über den Studienverlauf impliziert, durch weiterführende Schulen zu erteilen, wird durch diese Entwicklung fragwürdig.
21
So schon frühzeitig in einer empirisch fundierten Arbeit Heldmann (1984).
3. Zur künftigen Entwicklung der Hochschulen 3.1 Bundesweite Neuregelungen
Das im Jahr 1998 novellierte Hochschulrahmengesetz enthält einige neue Regelungen, die für den Wettbewerb der Hochschulen bedeutsam sein können.22 Zu diesen Regelungen gehört die Möglichkeit, Bachelor- und Masterstudiengänge zu erproben(§ 19 HRG), welche die traditionellen Studiengänge ergänzen oder ersetzen sollen: Die Regelstudienzeit für den Studiengang des Bachelor beträgt mindestens drei und höchstens vier Jahre. Mit dem von der Hochschule verliehenen Grad eines Bachelor (oder Bakkalaureus) wird ein erster berufsqualifizierender Abschluss erworben. Die Regelstudienzeit für den Studiengang des Master, der an den des Bachelor anschließt, beträgt mindestens ein Jahr und höchstens zwei Jahre. Mit dem Grad des Master (oder Magister) wird ein weiterer berufsqualifizierender Abschluss erworben. Bachelor- und Masterstudiengänge können an Universitäten und Fachhochschulen, an denen es bisher keine abgestuften Studiengänge gab, eingeführt werden. Die Fachhochschulen brauchen auch die Urkunden über die Grade nicht mehr mit dem Zusatz FH zu kennzeichnen, wie es bei den Diplom-Urkunden vorgeschrieben bleibt(§ 18 HRG). Mit der Einführung der neuen Studiengänge angelsächsischen Zuschnitts soll nach der amtlichen Begründung der Gesetzesnovelle der Studienstandort Deutschland für ausländische Studenten wieder attraktiver werden, weshalb die Hochschulen auch gehalten sind, den Urkunden auf Antrag eine englischsprachige Übersetzung beizufügen. Die amtliche Begründung wird nicht gestützt durch die ausländische Nachfrage nach einem Studium in Deutschland im Allgemeinen. Die Ausländerquote, der Anteil ausländischer Studenten unter allen Studenten in v. H., betrug im Jahr 1980 5,5% - ähnlich wie schon im Jahr 1970-, im Jahr 1997 dagegen 8,6%.23 Diese Quote ist im internationalen Vergleich ähnlich hoch wie in Frankreich und Großbritannien, aber niedriger als in den USA. Der Anstieg in Deutschland geht vor allem auf eine verstärkte Nachfrage von Studenten aus europäischen und afrikanischen Ländern zurück, während der Anteil der Studenten aus außereuropäischen Ländern, insbesondere aus den USA, rückläufig ist. Andererseits ist trotz des niedrigeren 22
5ff.).
Zu den Neuregelungen vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (1998a,
23 Bundesministerium für Bildung und Forschung (1999, 195), Wissenschaftsrat (1999, 129) und eigene Berechnungen.
3.1 Bundesweite Neuregelungen
27
Niveaus der Zuwachs an ausländischen Studenten in den USA höher als hierzulande. Interpretiert man die amtliche Begründung in diesem, mit der Realität vereinbaren Sinne, scheint es fragwürdig, ob es gelingt, mit angelsächsisch orientierten Studiengängen den Studienstandort Deutschland international wettbewerbsfähiger zu machen. Die internationale Attraktivität eines Standortes dürfte von anderen Umständen erheblich stärker abhängen als von der Studienorganisation, z.B. von den Studienbedingungen und von der Reputation, wie historische Erfahrungen mit der Nachfrage nach einem Studium in Deutschland vor allem vor dem ersten Weltkrieg belegen. An solchen Umständen dürften Studiengangkopien aus anderen Ländern nichts oder kaum etwas ändern.24 Kaum bedacht worden scheint zu sein, dass ein angelsächsisches College- verglichen mit dem deutschen Schulsystem- eine Verbindung aus gymnasialer Oberstufe und akademischer Grundstufe darstellt, der Bachelor als Collegeabschluss deshalb auf dem Niveau einer universitären Zwischenprüfung steht. Dahingestellt sei auch, welchen Marktwert die gesetzliche Deklaration der Berufsqualifikation in der Praxis haben wird. Nicht zuletzt das Verhalten des Staates, der sich in der Vergangenheit geweigert hat, Absolventen der Fachhochschulen als Anwärter für den höheren Dienst einzustellen, wird über die praktische Bedeutung der gesetzlichen Bekundung entscheiden. Eine weitere Neuerung des Hochschulrahmengesetzes ist die regelmäßige Evaluation von Lehre, Forschung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und Erfüllung des Gleichstellungsauftrages. Die Studenten sind bei der Bewertung der Qualität der Lehre zu beteiligen. Die Ergebnisse der Bewertungen sollen veröffentlicht werden (§6 HRG). In der Begründung zu dieser Regelung der Gesetzesnovelle heißt es, dass eine systematische und regelmäßige Evaluation des Studienbetriebes von allen hochschulpolitisch Verantwortlichen für erforderlich gehalten werde. Durch die Ergebnisse der Lehrevaluation sollen die Grundlagen für verschiedene Zwecke geschaffen werden: für die Information der Studienberater, für die Fortbildung von Inhalten und Formen der Lehre im Rahmen der Studienreform, schließlich für die . vorgesehene staatliche Hochschulfinanzierung und hochschulinterne Mittelverteilung nach erfolgsorientierten Kriterien. Mit der Aufnahme der Evaluation in das Hochschulrahmengesetz wird eine seit Jahren an den Hochschulen geübte oder sich anbahnende Praxis fixiert. Im Gegensatz zur Forschung, für die bei der Besoldung von Universitätsprofessoren ein Ansporn und bei Drittmitteln ein erheblicher Wettbewerb besteht, bietet die Lehre seit der sogenannten Kolleggeldreform nur wenig Anreize. Dem versuchen Hochschulpolitiker und Wissenschaftsverwaltungen 24 Morkel (2000, 86ff.) befürchtet vielmehr, dass die praxisorientierten Bachelor- und Masterstudiengänge die herkömmlichen akademischen Studiengänge der Universitäten verdrängen könnten.
28
3. Zur künftigen Entwicklung der Hochschulen
seit langem auf verschiedene Weise zu begegnen. So hat der Wissenschaftsrat im Jahr 1993 im Rahmen seiner zehn Thesen zur Hochschulpolitik empfohlen, von den Fachbereichen Lehrberichte zu verlangen und die Hochschulen nach internen und externen Verfahren zu evaluieren.25 Diese Empfehlungen sind von den Wissenschaftsverwaltungen mehr oder weniger aufgenommen und nunmehr rahmengesetzlich verankert worden. Dass eine Evaluation aus verschiedenen Gründen zweckmäßig sein kann, dürfte kaum kontrovers sein. Fragwürdig ist jedoch der in Deutschland bisher eingeschlagene Weg. Negativ ist zunächst anzumerken, dass ein aufwendiges System von Lehrberichten und Evaluationen das bereits dichte Regelungsnetz der Hochschulen um ein weiteres Element verstärkt. Gravierender ist jedoch der Einwand, dass eine Evaluation von zweifelhafter Qualität und begrenztem Aussagewert ist, weil es in einem staatlichen Hochschulsystem keinen wirksamen Markt gibt. Ein solcher liegt schon deswegen nicht vor, weil ein verfehltes Angebot nicht durch die Nachfrage sanktioniert werden kann. Würden für Hochschulen im wesentlichen die Bedingungen eines freien Marktes gelten, käme es zur Evaluation der Lehre, ohne dass es dazu bürokratischer Prozeduren bedürfte. In den USA, in denen Hochschulen einem lebhaften Wettbewerb ausgesetzt sind, werden Lehrkräfte von den Hochschulen erfolgsorientiert evaluiert und entsprechend honoriert, die Hochschulen ihrerseits extern laufend bewertet. Dieses, ohne einen Markt unbekannte Ergebnis eines Wettbewerbsprozesses können bürokratische Verfahren in einer staatlich gelenkten Industrie nicht oder nicht hinreichend ersetzen. 3.2 Geplante Gesetzesänderungen Die einzelnen Bundesländern sind zwar Träger der Hochschulen, aber nicht die unmittelbaren Gestalter der Hochschulpolitik. Wegen des Hochschulrahmengesetzes und der Existenz bundesweiter Gremien, wie der Kultusministerkonferenz und dem Wissenschaftsrat, werden die Hochschulen im föderal verfassten Deutschland weitgehend so geführt wie in Zentralstaaten. Ein Wechsel der Mehrheitsverhältnisse im Bund, wie im Herbst 1998, kann deshalb erhebliche Auswirkungen auf die Hochschulen haben. Was auf die Hochschulen zukommt, ist in den Koalitionsvereinbarungen - mit einer Reihe von Absprachen über Bildung, Forschung und Wissenschaft- ebenso nachzulesen wie in der Regierungserklärung vor dem Bundestag. Einige allgemeine Aussagen in dieser Erklärung, wie "Die Hochschulen ... müssen Zentren der Ideenführung und der Problemlösung sein" oder "Auch an Universitäten und Fachhochschulen muss es Wettstreit geben",26 können übergangen werden, andere dagegen von erheblicher Tragweite für die Hochschulen sein. 25 26
Wissenschaftsrat (1993, 53ff.). Bulletin der Bundesregierung (1998, 906).
3.2 Geplante Gesetzesänderungen
29
Nach den Koalitionsvereinbarungen soll das Hochschulrahmengesetz im Einvernehmen mit dem Bundesrat weiterentwickelt und die Erhebung von Studiengebühren ausgeschlossen werden. Die Studiengebühren waren ein zentraler Streitpunkt in der Diskussion um die Novelle zum Hochschulrahmengesetz, die vom Bundestag ohne die Zustimmung des Bundesrates - vor allem deswegen- im Jahr 1998 verabschiedet wurde. Vor dieser Novellierung hatten die Länder Berlin (1996), Baden-Württemberg (1997) und Sachsen (1997/98) für bestimmte Hochschulleistungen bereits Gebühren eingeführt,27 wozu sich neuerdings auch Niedersachsen (1999) entschlossen hat. Die in den Koalitionsvereinbarungen vorgesehene Novellierung des Hochschulrahmengesetzes mit einem Verbot der Erhebung von Studiengebühren jeglicher Art steht noch aus. Bemerkenswert ist zunächst, dass auf Studiengebühren in der Regierungserklärung, in der sich die meisten Absprachen der Koalitionsvereinbarungen wiederfinden, nicht eingegangen wird. Ob es zu einem Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz kommen wird, ist unwahrscheinlich, nachdem die Kultusministerkonferenz einen entsprechenden Vorschlag der Bundesministerin für Bildung und Forschung im Mai 2000 abgelehnt hat. Die Kultusminister einigten sich darauf, Studiengebühren erst nach Überschreiten der Regelstudienzeit um mehr als ein Semester zu erheben. Bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss bleibt das Studium an staatlichen Hochschulen in Deutschland damit gebührenfrei. Den einzelnen Bundesländern wird die Entscheidung darüber belassen, welches Modell sie für die Erhebung der Langzeitgebühren wählen. Die Einigung soll in einem Staatvertrag festgelegt werden. Unabhängig von solchen politischen Entwicklungen wird auf die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert Studiengebühren für eine Hochschulreform durch Wettbewerb haben, zurück zu kommen sein (siehe 4.3.1). Zur Agenda der neuen Bundesregierung gehören Änderungen des Dienstund Besoldungsrechts des Hochschulpersonals. Mit diesen Änderungen sollen mehr Anreize für Leistung und Innovation geschaffen werden. Welche Vorschriften im Einzelnen geändert werden sollen, ist weder der Regierungserklärung noch der Koalitionsvereinbarung zu entnehmen und bleibt deshalb abzuwarten. Nach Äußerungen von maßgeblichen Bildungspolitikern wird im Dienstrecht der Beamten an die Übertragung der Funktion eines Dienstherrn vom Minister auf den jeweiligen Rektor (oder Präsidenten) gedacht. Als Regelvoraussetzung für eine Lebenszeitprofessur soll an die Stelle der Habilitation eine zeitlich befristete Assistenzprofessur treten. Im Besoldungsrecht sei vorzusehen, Professoren künftig stärker als bisher nach Leistung zu bezahlen. Einen dahingehenden Vorschlag für die Besoldung von Universitätsprofessoren und Professoren an Fachhochschulen hat bereits eine Mehrheit der Hochschulrektorenkonferenz im November 1998 verabschiedet.zs Eine von der 27
28
Schwielen (1998, 226ff.). Hochschulrektorenkonferenz (1998, 9ff.).
30
3. Zur künftigen Entwicklung der Hochschulen
Bundesministerin für Bildung und Forschung eingesetzte Expertenkommission hat im April 2000 Empfehlungen für eine "Reform des Hochschuldienstrechts vorgelegt, die auf der Linie der von Auftraggeberio geäußerten Änderungswünsche liegen. Es ist unbestritten - und oben bereits angedeutet worden -, dass die Art der Besoldung von Professoren ein wesentliches Element einer wettbewerbsorientierten Umstrukturierung der Hochschulen ist. Dazu geeignete Vorschläge werden deshalb an geeigneter Stelle im Zusammenhang zu unterbreiten sein (siehe 4.2.4).
3.3 Errichtung von internationalen Privatuniversitäten und unternehmenseigenen "Universitäten" Die nichtstaatlichen Hochschulen haben seit Beginn der neunziger Jahre in Deutschland erheblich an Bedeutung gewonnen. In dieser Zeit nahm ihre Zahl von 51 auf 75 zu.29 Die Zahl der nichtstaatlichen universitären Hochschulen ist dabei konstant geblieben, während sich die der privaten (nichtkirchlichen) Fachhochschulen verdreifacht hat. Für die Zukunft kommt als neues Element die internationale Privatuniversität hinzu, die als deutsche Einrichtung mit einer bestimmten ausländischen Universität kooperiert, von der vor allem Lehrpersonen, Lernmethoden und Studiengänge transferiert werden. Deshalb ist es auch gerechtfertigt, von Filialen ausländischer Universitäten zu sprechen. So entsteht in Hannover eine"German International Graduate School of Management and Administration" in Zusammenarbeit mit der Purdue University in Indiana (USA), in Bremen eine "International University Bremen", deren Kooperationspartner die Rice University in Texas (USA) ist. Weitere Gründungen ähnlichen Zuschnitts dürften zu erwarten sein. Für die Neugründung in Bremen scheint bemerkenswert, dass das Land einen Zuschuss für den Aufbau von über 200 Millionen DM leistet; der laufende Betrieb dagegen soll aus den Erträgen eines Stiftungsvermögens, aus Spenden und aus Studiengebühren bestritten werden.Jo Die quantitative Bedeutung der internationalen Privatuniversitäten ist als gering zu veranschlagen. So soll die "International University Bremen" nach Beendigung des Aufbaus (im Jahr 2005) 1200 Studenten aufnehmen, das sind weniger als 0,1% der gegenwärtig Studierenden. Dennoch können von diesen Neugründungen Signalwirkungen auf das staatliche Hochschulsystem in Deutschland ausgehen: Erstens entscheiden die internationalen Universitäten selbst, wie die sonstigen privaten Hochschulen, über die Aufnahme der Studenten. Zweitens erheben sie Studiengebühren, die- auch im Hinblick auf die Sätze an den bisherigen privaten Hochschulen - mit mindestens 20000 DM 29 30
Bundesministerium für Bildung und Forschung ( 1998b, 5). Für einen Überblick vgl. Barthold (2000).
3.3 Internationale Privat- und unternehmenseigene "Universitäten"
31
vergleichsweise hoch sind und sich denen an amerikanischen Eliteuniversitäten annähern. Drittens wird ein Studienangebot mit Bachelor- und Masterabschlüssen geschaffen, das für international orientierte Absolventen attraktiv sein kann. Die Neugründung in Bremen beschränkt sich- viertens- nicht auf den Studiengang Betriebswirtschaftslehre, wie etwa die Privathochschulen universitären Ranges in Winkel-Oestrich und Vallendar, umfasst vielmehr neben den Geistes- und Sozialwissenschaften (30%) auch Ingenieur- und Naturwissenschaften (70% ). Mit einem derartigen Konzept gewinnt die Hochschullandschaft in Deutschland an Differenzierung und Profilierung, was für das private Engagement generell gilt und noch zu erörtern bleibt (siehe 4.4.2). Größere deutsche Firmen sind in den letzten Jahren zunehmend dazu übergegangen, unternehmenseigene Nachwuchsakademien, zu gründen, die als "Corporate Universities" bezeichnet werden.Jt Die Firmen folgen damit einer Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika. In den USA werden als Universitäten auch Institutionen bezeichnet, denen nach deutschem Sprachgebrauch wesentliche Merkmale einer Universität fehlen, wie insbesondere ein möglichst umfassendes Fächerangebot, das Promotionsrecht, die akademische Selbstverwaltung sowie die Freiheit von Lehre und Forschung. Die "Corporate University" ist im Kern nur ein Programm- eine virtuelle "Uni~ versität" meist ohne eigenes Domizil-, um die Führungskräfte einer Firma für die unternehmenseigenen Bedürfnisse weiterzubilden. Deshalb kooperieren sie oft mit namhaften, international bekannten Universitäten, insbesondere mit deren Business Schools. Sie nehmen eine Aufgabe wahr, die ansonsten unternehmensexterne Management-Seminare erfüllen. Für die Erstausbildung sind "Corporate Universities" unmittelbar ohne Belang. Eine mittelbare Bedeutung haben sie- wegen der Kooperation von Unternehmen und Universitäten in der Weiterbildung - für die Auswahl und Praxisnähe des Lehrangebots im Erststudium.
31
Deiser (2000, 48ff.).
4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen 4.1 Wettbewerb als Leitbild für die Hochschulpolitik
4.1.1 Erstausbildung als marktfähiges Gut
Seit drei Jahrzehnten wird in Deutschland eine Hochschulpolitik betrieben, die sich selbst als "Reform" versteht, tatsächlich aber zur Verschlimmerung unerwünschter, durch Daten belegter Zustände beigetragen haben dürfte. Ein grundlegender Mangel aller bisherigen Maßnahmen liegt darin, dass die Hochschulausbildung jeweils von Fall zu Fall - auch Zeitströmungen und politischen Ideologien folgend - durch administrative, oft länderübergreifende Regulierungen verbessert werden sollte. Aus einem umfangreichen Katalog seien dafür einige, zum Teil schon genannte Beispiele angeführt: In den siebziger Jahren wurde eine Behörde zur zentralen Verteilung von Studienplätzen errichtet und die der kollegialen Verfassung deutscher Universitäten fremde Figur des Präsidenten gesetzlich ermöglicht oder vorgeschrieben. Gegenwärtig setzt die Wissenschaftsverwaltung große Hoffnungen auf die Zuweisung von Globalhaushalten, die Stärkung der Position des Dekans und Präsensvorschriften für Hochschullehrer. Alles in allem hat sich der punktuelle hochschulpolitische Aktionismus der letzten Jahrzehnte als Flickwerk erwiesen, vor allem, weil es an einer übergeordneten Leitidee für eine durchgreifende Reform fehlte. Wie für alle Bereiche der Politik gilt, dass die Hochschulpolitik nicht aus dem Zusammenhang mit anderen Bereichen gelöst werden darf, wenn permanente Friktionen mit unerwünschten Wirkungen vermieden werden sollen. Eng verzahnt mit der Erstausbildung an Hochschulen ist- wie dargelegt (siehe 2.3.2) -das marktwirtschaftlich orientierte Beschäftigungssystem. Schon deswegen dürfte es angezeigt sein, die Hochschulpolitik am Wettbewerb auszurichten. Dafür spricht auch, dass die Erstausbildung die Merkmale eines privaten, das heißt marktfähigen Gutes besitzt.32 Hochschulen sind- vergleichbar mit beliebigen Unternehmen- Stätten, an denen knappe Ressourcen eingesetzt werden, um bestimmte Güter zu erzeu32 Die theoretische Unterscheidung nach privaten, marktfähigen und öffentlichen, nichtmarktfähigen Gütern dient in der Finanzwissenschaft zur Begründung von Staatseingriffen. Zu den Unterscheidungskriterien von privaten und öffentlichen Gütern vgl. Blankart (1998, 55f.).In der Realität ist davon auszugehen, dass die meisten Güter marktfähig sind. Wenn ein marktfähiges Gut, wie die Hochschulausbildung, in einigen Ländern gleichwohl nicht auf privaten Märkten angeboten und nachgefragt wird, ist das die Folge eines gesellschaftlichen Arrangements, das sich ändern lässt.
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gen, konkret für die Erstausbildung: die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten. Da die Erstausbildung in der Regel den Zweck hat, das mit dem Studium Erworbene beruflich zu nutzen, stellt sie aus ökonomischer Sicht eine Investition in Humankapital dar, die sich von Investitionen in Sachkapital nicht grundsätzlich unterscheidet.33 Der studentische Investor knüpft an seine Ausbildung bestimmte Erwartungen, wie die auf ein höheres Einkommen, attraktive Tätigkeiten und Aufstiegschancen. Treten solche Erwartungen ein, hat sich das Studium gelohnt- im weiten Sinne dieses Wortes-, andernfalls war es eine Fehlinvestition.34 Dass die Hochschulausbildung die Eigenschaften eines privaten ökonomischen Gutes hat, gehört seit Jahrhunderten zum Gedankengut der Wirtschaftswissenschaft.35 Gesamtwirtschaftlich gesehen sind Investitionen in Humankapital eine unerlässliche Voraussetzung für Wirtschaftswachstum. Hochschulpolitik ist deshalb- ob sie es wahrhaben will oder nichtimmer auch Wachstumspolitik. Im Zeitalter der Globalisierung wird die internationale, von Investitionen abhängige Wettbewerbsfähigkeit zum wichtigsten Maßstab für den Erfolg der Hochschulpolitik, die sich bisher von den Gesichtspunkten der Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit leiten ließ.36 Für ein privates marktfähiges Gut gibt es keine Notwendigkeit einer Bereitstellung durch den Staat. In einer marktwirtschaftliehen Ordnung besteht dessen Aufgabe in erster Linie darin, Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu setzen. Deshalb kann die Hochschulausbildung grundsätzlich dem Markt überlassen werden. Der Markt ist der obwaltenden administrativen Lenkung systematisch überlegen. Für die Systemüberlegenheit einer vom Wettbewerb gesteuerten Hochschulausbildung sprechen insbesondere drei Gründe: die Informationsfunktion des Marktes, die Dezentralität der Lenkung und die Effizienz der Faktorallokation. Wettbewerb wird nach modernem Verständnis als ein Verfahren zur Entdeckung von Tatsachen verstanden, die ohne ihn entweder unbekannt bleiben oder zumindest nicht genutzt werden würden.37 Durch den Entdeckungsprozess kann mehr Wissen genutzt und können damit mehr Wünsche erfüllt werden als in allen anderen uns bisher bekannten Organisationsformen der Produktion und Verteilung von Gütern. An der Informationsü33 Im neueren Schrifttum grundlegend ist das Werk von Schu/tz (1971). Eine umfassende theoretische und empirische Analyse bietet Becker (1993). Wichtige Arbeiten über das Humankapital hat Kiker (1971) zusammengetragen. Schu/tz und Becker sind mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden, für dessen Begründung die zitierten Arbeiten wesentlich waren. 34 Zur Analyse von Kosten und Erträgen einer Ausbildungsinvestition vgl. die vorbildliche Darstellung bei Ehrenberg/Smith (1994, 279ff.). 35 Ein frühzeitiger, häufig zitierter Beleg ist Adam Smith (1776, 758ff.). Einen Überblick über die Auffassung der klassischen Ökonomen zur Ausbildung geben Cohn (1972, 13ff.) und West (1994, 137ff.). 36 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999, Ziffer 440). 37 Hayek (1968). 3 Woll
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berlegenheit des Marktsystems hat sich durch die Entwicklung der modernen Kommunikationstechnologie nichts entscheidend geändert. Denselben Effekt bewirkt- unabhängig von der Informationsfunktion des Marktes- das System dezentraler Lenkung. Im Hinblick auf die individuell unterschiedlichen Erwartungen kommt es zur Kompensation von Fehlerwarlungen und zur Begrenzung von Verlusten. Wenn in einem Marktsystem eine Universität z.B. den zukünftigen Bedarf nach Studienplätzen zu hoch einschätzt, mag es bei einer anderen Universität umgekehrt sein. Durch diese Kompensation und Begrenzung ist das Ausmaß der volkswirtschaftlichen Verluste generell geringer als bei unvermeidlichen Fehlentscheidungen, die alle Universitäten eines Landes gleichermaßen erfassen. Im Systemvergleich sind zentral gelenkte Hochschulen teurer als marktwirtschaftlich organisierte, weil sie größere Verluste aufweisen. Die höhere Effizienz einer Marktwirtschaft geht schließlich darauf zurück, dass der Wettbewerb zwischen den vorhandenen Anbietern ständig stimuliert und der Eintritt potentieller Anbieter gewährleistet wird. Rascher als bei einer administrativen Lenkung sind die Hochschulen gezwungen, der Nachfrage zu folgen, das heißt ihr Studienangebot den Wünschen der Studenten anzupassen und im Hinblick auf die Kosten effizient zu gestalten. Zügig werden deshalb Überkapazitäten abgebaut, nachgefragte Ausbildungsgänge verstärkt offeriert. Die höhere Effizienz einer Marktwirtschaft beruht- ebenso wie ihre Fähigkeit, die Pläne von Anbietern und Nachfragern zur Deckung zu bringen -letztlich auf einer Steuerung durch die Nachfrage, im Gegensatz zur Angebotskontrolle mit Nachfragerationierung durch eine administrative Lenkung. Überdies liegt ein erhebliches gesamtwirtschaftliches Sparpotential in einer - mangels Kostenkontrolle durch den Markt - oft überdimensionierten Verwaltungs- und Überwachungsbürokratie, die für eine zentrale Planwirtschaft unerlässlich, für eine Marktwirtschaft jedoch überflüssig ist. Der Ausschluss der Hochschulausbildung von den wohltätigen Wirkungen des Marktes ist in Deutschland ein historisches Versäumnis. Mehrmals hätte in den letzten Jahrzehnten Anlass bestanden, über den ordnungspolitischen Standort der Hochschulausbildung nachzudenken. Doch weder mit der Einführung der Demokratie nach den beiden Weltkriegen noch mit der Entscheidung für eine marktwirtschaftliche Ordnung im Jahr 1948 ist der staatliche Charakter der Hochschulen und ihre Lenkung nach zentralverwaltungswirtschaftlichen Methoden in Frage gestellt worden. Einer der Gründe dafür mag gewesen sein, dass eine Vielzahl von Ländern- ursprünglich 11, seit der Wiedervereinigung 16- verfassungsrechtlich für die Hochschulen zuständig sind. Auch die in den siebziger Jahren einsetzende, noch andauernde Deregulierung und Privatisierung, mit denen der staatliche Einfluss auf den privaten Sektor zurückgedrängt werden soll, hat an der ordnungspolitischen Vergessenheit der Hochschulen kaum etwas geändert. So hat Ende der neunziger Jahre die Deregulierungskommission, eine unabhängige Expertenkommission zum Abbau marktwidriger Regulierungen, auch für nichtprivate Bereiche
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- wie für die zum einem großen Teil in öffentlicher Hand befindliche Stromwirtschaft - eine stärkere marktwirtschaftliche Ausrichtung empfohlen, über die Hochschulen jedoch geschwiegen.38 Die einzige systematische Stellungnahme amtlicher Stellen zu diesem Thema findet sich in den "Empfehlungen zum Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem" des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 1985.39 Im analytischen Teil wird der Wettbewerb der Hochschulen, der Länder, der Hochschullehrer und der Studenten behandelt, so dass alle wesentlichen Aspekte des Themenkomplexes angesprochen werden. Die anschließenden Empfehlungen sind jedoch halbherzig, nicht hinreichend konsequent. Überwiegend geht es dem Wissenschaftsrat nach seinen eigenen Worten um die Ausnutzung von Spielräumen, die jetzt schon gegeben seien. Eine seiner Thesen ist, dem deutschen Hochschulsystem fehle es an Wettbewerb, weil es intransparent sei. Dem solle durch eine Selbstdarstellung der Hochschulen und durch eine Evaluation, die dann für die Zuteilung von Mitteln zu gelten habe, abgeholfen werden. Eine Studiengebühr wird abgelehnt, ebenso eine Zulassung von Studenten durch die Hochschulen, von der sich, so wird behauptet, schwerlich Wettbewerbseffekte einstellen würden. Die öffentliche Resonanz auf solche Vorschläge war gering, ganz im Gegensatz zu einigen anderen Empfehlungen des Wissenschaftsrates. Wegen der Zusammensetzung des Wissenschaftsrates und des internen Abstimmungsverfahrens sind bei Themen wie dem Wettbewerb ordnungspolitisch konsistente Empfehlungen auch kaum zu erwarten. Die Überforderung des aus zwei Kommissionen bestehenden Wissenschaftsrates mit dieser Thematik wurde einige Jahre später wieder sichtbar, als seine mit unabhängigen Experten besetzte Wissenschaftskommission die Einführung von Studiengebühren empfahl, was von seiner politisch gesteuerten Verwaltungskommission abgelehnt wurde, so dass es an der für eine Verabschiedung von Empfehlungen notwendigen Zweidrittelmehrheit fehlte.40 4.1.2 Einwand des Marktversagens
Gegen die Ansicht, die Hochschulausbildung trage zahlreiche Merkmale eines privaten marktfähigen Gutes und sei deshalb grundsätzlich dem Markt zu überlassen, werden Einwendungen vorgebracht, die der Lehre vom Marktversagen entstammen.41 Nach dieser Lehre komme es bei einer privatwirtschaftDeregulierungskommission (1991 ). Wissenschaftsrat (1985). 40 Einvernehmen bestand zwischen den beiden Kommissionen des Wissenschaftsrats nur über die 10 Thesen zur Hochschulpolitik {1993), in denen das Wort Studiengebühren nicht vorkommt. 41 Zur Marktversagenslehre im Bildungsbereich bietet eine vorzügliche Übersicht Lith (1985, 18ff.). 38
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liehen Hochschulausbildung zu einem allokativen Marktversagen, weil externe Effekte aufträten: Eine Humankapitalinvestition führe zwar zu privaten Erträgen, hätte aber auch soziale Wirkungen - etwa auf das Wirtschaftswachstum -,so dass Dritte, die nicht investiert hätten, daraus Nutzen zögen. Sind die Erträge insgesamt höher als die des privaten Investors, liegen positive externe Effekte vor, bei denen die privaten Humankapitalinvestitionen geringer als sozial erwünscht seien (unteroptimal), weil der Ertrag aus den Investitionen nicht vollständig dem Investor zufließe. Daraus wird als politische Schlussfolgerung abgeleitet: Dieses Allokationsproblem - eine unteroptimale Humankapitalinvestition -lasse sich durch eine kostenlose staatliche Bereitstellung der Hochschulausbildung beheben, rechtfertige auch die Belastung der Allgemeinheit mit den Kosten der Ausbildung.42 Eine empirische Überprüfung der Hypothese vom allokativen Marktversagen stößt auf erhebliche, methodisch kaum überwindbare Schwierigkeiten. Positive externe Effekte liegen nur dann vor, wenn der Markt eine Hochschulausbildung nicht hinreichend honoriert, quantifizierbare Ausbildungsvorteile nicht nur bei Studenten anfallen, sondern auch bei anderen Personen, welche die Studenten nicht von diesen Vorteilen ausschließen können. Ein solcher quantifizierter Nachweis lässt sich jedoch nur schwer, jedenfalls nicht generell führen.43 Dochtrotz der empirischen Schwierigkeiten einer quantitativen Erfassung von Ausbildungsvorteilen lässt sich sagen, dass der Unterschied zwischen sozialen und privaten Erträgen aus einer Reihe von Gründen nur gering sein dürfte, vor allem weil oft die sozialen Erträge weit gefasst,44 negative externe Effekte vernachlässigt45 und positive externe Effekte doppelt gezählt46 werden. Keinesfalls kann aus der Hypothese vom allokativen Marktversagen eine vollständige staatliche Finanzierung der Hochschulausbildung begründet abgeleitet werden. Die ordnungspolitische Tragweite einer solchen Schlussfolgerung wird daran deutlich, dass diese Hypothese uneingeschränkt auch für Sachkapitalinvestitionen gilt und somit bedeuten würde: Die Investitionen In diesem Sinne z.B. Dilger (2000, 310). Perlman (1973, 27ff.), Becker (1993, 208ff.) und Brinkmann u.a. (1976, 167ff. und 260f.). 44 Nach Blaug (1970, 108) werden nicht nur Wirtschaftswachstum, sondern auch eine Förderung des demokratischen Bewusstseins, eine Verminderung der Kriminalität und soziale Aktivitäten häufig zu den sozialen Erträgen einer Ausbildung gerechnet. 4S West (1995, 141f.) nennt als Beispiel soziale Unruhen, die häufig von akademisch ausgebildeten Rebellen ausgingen. 46 Weizsäcker (1971, 535ff.) und der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999, Ziffer 446) betonen, dass Raum für externe Effekte nur dann verbleibt, wenn Leistungen von anderen in Anspruch genommen werden, ohne dass der Leistende ein Entgelt fordern könnte. Ein Mediziner z.B., der sozial wertvolle Dienste leistet, dafür aber am Markt entlohnt wird, erhöht nicht die positiven externe Effekte. Geschieht dies- wie zu beobachten ist- in solchen und ähnlichen Fällen gleichwohl, kommt es zu Doppelzählungen. 42
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der Unternehmen in Sachkapital werden aus dem Steueraufkommen finanziert, die Erträge jedoch privat vereinnahmt. Daranzeigt sich, dass die Belastung der Studenten mit den Kosten der Ausbildung einem wesentlichen Prinzip der freiheitlichen Ordnung entspricht, nach dem Entscheidungsfreiheit und Entscheidungsfolgen individuell zu koppeln sind. Ein zweiter Einwand gegen eine marktwirtschaftliche Hochschulausbildung ist die Behauptung über ein distributives Marktversagen: Die Leidtragenden einer Finanzierung der Hochschulausbildung über Marktpreise seien Familien mit niedrigem Einkommen, vor allem mit mehreren Kindern im studierfähigen Alter. Nur noch die Wohlhabenden könnten sich ein Studium leisten. Die sozialen Unterschiede würden mit einem marktwirtschaftliehen Hochschulsystem verschärft und der Aufstieg Minderbemittelter behindert.47 Es gebe deshalb ein allgemeines Interesse, den Zugang zu Hochschulen jedem offen zu halten, was nur in einem staatlichen System gewährleistet sei. Die Abschaffung von Gebühren- Preisen für die Inanspruchnahme von Leistungen an staatlichen Hochschulen - seien soziale Errungenschaften, die nicht aufgegeben werden dürften, auch nicht bei großer Finanznot der öffentlichen Haushalte. Für diese Argumentation ist die soziale Herkunft der Studenten, die überkommene Einkommensverteilung, das entscheidende Beurteilungskriterium. Hochschulpolitik wird wie so oft zum Unterfall einer egalitären Sozialpolitik.4B Völlig außerhalb dieser Denkweise liegt die Tatsache- gleichgültig davon, ob sie allen bewusst ist -, dass mit einer Humankapitalinvestition die künftige Einkommensverteilung erheblich verändert wird. Die Nutznießer der öffentlich finanzierten· Hochschulausbildung zahlen später die in Anspruch genommenen Leistungen nur zu einem sehr kleinen Teil über hochschulbezogene Abgaben zurück. Diese Feststellung gilt auch bei einem progressiven Einkommensteuertarif. Eine empirische Untersuchung kommt -je nach Studiengang- auf zurückbezahlte Anteile von 10 bis 20%, so dass die Nichtakademiker die Ausbildungskosten der Studenten bis zu 90% tragen müssen.49 Obwohl die Lebenseinkommen der Akademiker über dem Durchschnitt liegen, werden sie von den Beziehern niedriger Einkommen subventioniert. Diese Einkommensumverteilung von "unten nach oben" widerspricht der gesellschaftspolitischen Zielsetzung, nach der die Ärmeren - gemessen am Einkommen - zu Lasten der Reichen begünstigt werden sollen. Der Widerspruch zwischen dem gesellschaftspolitischen Ziel Verteilungsgerechtigkeit und einer aus Steuern finanzierten Hochschulausbildung wird von den politi47 In diesem Sinne Bundesregierung (1999, Ziffer 150) in ihrer Stellungnahme zum Jahresgutachten 1998/99 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. 48 Schmidt (1984, 159f.). 49 Grüske (1994, 71ff.).
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sehen Akteuren entweder negiert oder- allen Tatsachen zum Trotz - geleugnet. Mit einem Marktsystem vereinbar ist der Grundsatz, dass Begabte von einem Studium nicht aus finanziellen Gründen abgehalten werden sollen (siehe 4.3.2). 4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern 4.2.1 Für Wettbewerb der Systeme
Der Ausdruck Wettbewerb wird in der Regel für eine Marktwirtschaft mit privaten Anbietern und Nachfragern verwendet. Seit einigen Jahren findet der Ausdruck in der Wissenschaft zunehmend Verwendung auch für ähnlichen Werten verpflichteten politischen Einheiten - meistens Staaten - , die miteinander um die mobilen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Wissen konkurrieren. Die zunehmende Globalisierung bewirkt, dass nationale Entscheidungen auf Politikmaßnahmen anderer Staaten achten müssen, wie es bei einem Wettbewerb zwischen privaten Entscheidungsträgern der Fall ist. In diesem Wettbewerb der Systeme- oder Wettbewerb der Staaten- sind Anbieter oder "Unternehmer" die Regierungen, Nachfrager oder "Konsumenten" die Einwohner.so Das Konzept vom Wettbewerb der Systeme lässt sich sinnvoll auf das deutsche Hochschulsystem übertragen, in dem die Bundesländer Träger der Hochschulen sind. Daran dürfte sich auch in der Zukunft nichts ändern, weil eine Privatisierung von staatlichen Hochschulen - obwohl ordnungspolitisch angezeigt oder zumindest erwägenswert - politisch kaum realisierbar scheint und privaten Universitäten wohl nur eine marginale Bedeutung zukommt (siehe 4.4.2). Einem Wettbewerb der System werden ähnlich positive Eigenschaften zugeschrieben wie Wettbewerbsmärkten im traditionellen Verständnis. Der entscheidende Grund dafür ist die Möglichkeit zur Mobilität, was international offene Grenzen voraussetzt, und das alternative Angebot eines anderen Staates, die öffentliche Unternehmer stärker unter Konkurrenzdruck setzt als verordneter Wettbewerb. Einflussreicher als ein Netzwerk gesetzlicher Vorschriften, die eine Regierung binden, ist eine Disziplinierung durch Bürger des Landes, die "mit den Füßen" und ihrem Vermögen abstimmen, sich für ein anderes Land entscheiden können. Oft mag die Drohung genügen, so dass umfängliche zwischenstaatliche Wanderungen nicht zwangsläufige Folge eines Wettbewerbs der Systeme sein müssen. Gewiss gibt es Unterschiede zwischen einem privaten und einem öffentlichen Wettbewerbssystem. So dürfte der Zwang zur Effizienz, die Steuerung des Verhaltens durch Gewinne und Verso Von den zahlreichen neueren Publikationen zu diesem Thema seien die Werke von
Apo/te (1999) und Gerken (1999) genannt, in denen sich weiterführende Literaturhin-
weise finden.
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern
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luste oder gar die Drohung, am Markt auszuscheiden, für den öffentlichen Unternehmer nicht von so zentraler Bedeutung sein, wie für den privaten. Trotzdem sprechen im Hochschulbereich alle früheren deutschen und gegenwärtigen internationalen Erfahrungen dafür, dass ein Wettbewerb zwischen den Eigentümern öffentlicher Einrichtungen bessere Ergebnisse für den Studenten zeitigt, als ein einheitliches Vorgehen nach zuvor abgestimmtem Verhalten. Die übliche Begründung für bundesweite staatliche Vereinbarungen und Hochschulgesetze ist die Vergleichbarkeit von Studiengängen und Studienabschlüssen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und - was neuerdings betont wird - auch mit dem Ausland, näherhin mit dem angelsächsischen Hochschulsystem. Die Vergleichbarkeit soll die Freizügigkeit der Studenten zwischen den Hochschulen und - im Hinblick auf die Berufe von Hochschulabsolventen - bestimmte Standards der Ausbildung gewährleisten. Der Begründung solcher staatlichen Eingriffe liegt die Auffassung zugrunde, dass ansonsten beides - studentische Mobilität und angemessene berufliche Qualifikation- nicht gesichert sei. Diese Begründung verkennt, dass die Entwicklung von zweckmäßigen Normen zum Wesensgehalt eines dynamischen Wettbewerbsprozesses gehört. Die Rolle des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren hat zur Folge, dass für einen offenkundigen Bedarf auch Angebote bereitgestellt werden, die vorher unbekannt sind. Eine staatliche Einheitsregelung, die Wettbewerb ausschließt und sich beim gegenwärtigen Wissensstand als zweckmäßig ausnehmen mag, verhindert einen unvorhersehbaren Pool von Alternativregeln. Unter den verschiedenen Angeboten eines dynamischen Wettbewerbs breitet sich meistens eine kraft Vorbildes aus, jedenfalls dann, wenn es die Wünsche der Nachfrager am besten befriedigt. Beispiele für die Ausbreitung von Normen und Standards, die sich herausbilden und mit dem Fortschritt auch anpassen, lassen sich überall dort finden, wo Wettbewerb im Hochschulsystem herrscht. So gibt es in den Vereinigten Staaten weit über 3000 Colleges, die auf den ersten Blick den Eindruck einer chaotischen Vielfalt vermitteln. Trotzdem hat sich einem Wettbewerbsprozess historisch die gleiche Examensstruktur durchgesetzt, ohne dass es dazu irgendeiner staatlichen Regulierung bedurft hätte.sl Die inhaltliche Ausgestaltung und die Standards, die im Laufe der Zeit immer wieder angepasst wurden, sind zwischen Hochschulen ähnlichen Niveaus hinreichend vergleichbar. Ähnliches trifft für die Schweiz zu, in der es wie in Deutschland ein weitgehend von den Ländern (Kantonen) getragenes Hochschulsystem, jedoch kein landesweit gültiges Hochschulgesetz gibt (siehe 5.1). Das Fehlen einer bundesweiten Regulierung hat auch dort die Ausbreitung von Normen und Standards nicht behindert. SI
Rüegg (1991, 64).
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Eine bundesweite Regelung des Studiums dürfte in bestimmten Fällen vertretbar sein. Erstens ist zu denken an Berufe im staatlichen Sektor, die eine akademische Ausbildung erfordern, wie insbesondere der des Richters. Die akademische Juristenausbildung zielt in Deutschland - anders als in anderen Ländern- allgemein auf den Erwerb der Befähigung zum Richteramt ab. Deshalb schreiben ein bundesweit gültiges Richtergesetz und die Justizausbildungsvorschriften der Länder für das Studium die Dauer, die Pflicht- und Wahlfächer sowie praktische Studienzeiten vor. Zweitens scheint eine bundesweite Regelung des Studiums für Berufe vertretbar, für die der Staat zum Schutze der Allgemeinheit eine Berufserlaubnis erteilt, wie bei Ärzten und Apothekern. 4.2.2 Einschränkung oder Beseitigung des Hochschulrahmengesetzes
Das im Jahr 1976 verabschiedete, seitdem mehrfach novellierte Hochschulrahmengesetz (HRG) enthält eine Reihe von Vorschriften, die einem Wettbewerb zwischen den Bundesländern im Wege stehen und die Freiheit der Hochschulen unnötig behindern. Die Einsicht, dass eine Einschränkung des Hochschulrahmengesetzes geboten sei, hat sich in den letzten Jahren auch bei den Bildungspolitikern durchgesetzt. Deshalb wurden mit der letzten Novelle (1998), die einige Neuerungen brachte, eine Reihe von Detailvorschriften ersatzlos gestrichen, so zur Weiterentwicklung des Studiums, zu Prüfungen, Prüfungs- und Studienordnungen sowie zum Lehrangebot Nach einer Erklärung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie müsse ein Hochschulrahmengesetz nicht alles zentral regeln. 52 Dieser Meinung ist aus wettbewerbspolitischer Sicht zuzustimmen. Eine Durchsicht der geltenden Vorschriften zeigt jedoch, dass der eingeschlagene Weg nicht konsequent zu Ende gegangen worden ist. Noch immer gibt es im geltenden Recht Regelungen, die einen Wettbewerb behindern oder ausschließen. So ist in der bundesweiten Koordination von Studien- und Prüfungsordnungen eine Wettbewerbsbeschränkung zu sehen (§9 HRG; siehe 4.2.3). Wettbewerbshemmend sind überdies gesetzliche Festschreibungen schon früher geltender Verfahren, wie die Zulassung zum Studium durch die Schule (§27 HRG; siehe 4.4.1). Hierher gehört auch die Vergabe von Studienplätzen durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS), die gesetzlich verankert ist (§31 HRG). Letztlich stellt sich die Frage, ob das Hochschulrahmengesetz nicht aufgegeben werden sollte, auch wenn ein solches Vorhaben im Hinblick auf die für eine Verfassungsänderung notwendige Mehrheit politisch kaum realisierbar scheint. Gleichwohl haben im Juli 1999 die Ministerpräsidenten von BadenWürttemberg, Bayern und Hessen die Forderung erhoben, die Ziffer 1a in Ar52
Bundesministerium für Bildung und Forschung (1998a, 3).
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern
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tikel 75 Absatz 1 des Grundgesetzes, die dem Bund das Recht zur Rahmengesetzgebung im Hochschulwesen gibt, ersatzlos zu streichen. 53 Diese Forderung ist Teil eines Gesamtkonzepts, mit dem der Wettbewerb zwischen den Ländern gefördert werden soll. Folgt man der amtlichen Begründung zur letzten Novelle des Hochschulrahmengesetzes, so sind zahlreiche Detailvorschriften bundesweit unnötige, für die Freiheit der Hochschulen hinderliche Regulierungen. Diese Begründung lässt erkennen, dass der Bundesgesetzgeber sich in einem Rahmengesetz nicht- wie vom Grundgesetz gefordert- mit dem Erlass allgemeiner Grundsätze begnügt hat. Ein Beleg dafür ist auch, dass in den ausführenden Ländergesetzen die Vorschriften des Rahmengesetzes oft nicht ausgefüllt werden brauchten und wörtlich übernommen worden sind. Eine Prüfung der im entschlackten Hochschulrahmengesetz noch enthaltenen Vorschriften dürfte kaum das Ergebnis haben, dass diese bundesweit unerlässlich sind, obwohl sie für ein einzelnes Bundesland einen Sinn ergeben können. Die Intention bei der Verfassungsänderung des Jahres 1969, die Rechtseinheit im Hochschulsystem durch eine Bundesgesetzgebung zu wahren, hat sich nicht verwirklichen lassen. Durch das Hochschulrahmengesetz ist nicht verhindert worden- wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Bundestagsanfrage schon Ende der achtziger Jahre belegt-, dass in den Ländergesetzen gegen das Bundesrecht oder die Verfassung verstoßen wird. Träfe die Behauptung zu, ein Bundesgesetz sei für die Wahrung von Freizügigkeit der Studenten und für die Äquivalenz von Studien- und Prüfungsleistungen notwendig, wäre schwer zu erklären, dass viele Staaten ein Hochschulsystem haben, das ohne eine zentrale Lenkung auskommt und einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht. Gegen eine solche Behauptung spricht auch die Erfahrung, dass sich in einem Wettbewerbsprozess zweckmäßige Standards und Normen herausbilden, die auftretende Bedürfnisse befriedigen. Ein Verfassungsgesetzgeber, der die Rahmenkompetenz des Bundes bei den Hochschulen aufgäbe, würde kein Chaos auslösen, jedoch einen Beitrag für die Ausbreitung von wohltätigen Wettbewerbswirkungen leisten. 4.2.3 Zulassung von differierenden Prüfungs- und Studienordnungen
In einer Dokumentation der Westdeutschen Rektorenkonferenz aus dem Jahr 1989 wird festgestellt, dass das Regelungsnetz bei Prüfungs- und Studienordnungen in den letzten Jahrzehnten nicht nur zunehmend dichter, sondern auch bundesweit einheitlicher geworden sei.54 An diesem Trend hat sich bis heute nichts geändert. Die zunehmende Regulierung des Studien- und Prüfungswesens geht auf die Zeit vor Erlass des Hochschulrahmengesetzes zu53
Ministerpräsidenten der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen (1999,
54
Westdeutsche Rektorenkonferenz (1989).
21).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
rück. Erste Ansätze dazu gab es in den fünfziger Jahren als die Kultusministerkonferenz daran ging, Unterschiede im Hochschulsektor zwischen den Bundesländern zu beseitigen. In den sechzigerund siebziger Jahren wurdenunterhalb der Gesetzesebene - von den Wissenschaftsverwaltungen bundesweit gültige Rahmenordnungen für Prüfungen im Allgemeinen und für Studiengänge im Besonderen durchgesetzt. Alle Hochschulprüfungsordnungen mussten den Rahmenprüfungsordnungen entsprechen, andernfalls wurden sie nicht genehmigt. Die Rahmenprüfungsordnungen waren das Ergebnis jahrelanger Verhandlungen zwischen der Hochschulrektorenkonferenz - unter Beteiligung von Fakultätentagen - und der Kultusministerkonferenz, die jedoch das letzte Wort hatte. Unvermeidlicher Ausfluss eines solchen Netzwerks war eine immense rechtliche Verdichtung des Prüfungswesens in den Hochschulen. Das Hochschulrahmengesetz hat bundesweit diesem Zustand parlamentarische Dignität verliehen. Zwar wurde mit der letzten Novelle die obligatorische Anpassung jeder einzelnen Prüfungsordnung an die Rahmenordnung aufgegeben, jedoch als eine Möglichkeit zur Vereinheitlichung neben anderen- wie zum Beispiel eine ex post-Kontrolle durch Evaluation- beibehalten. 55 Unverändert geblieben ist das Ziel, eine länderübergreifende Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen zu gewährleisten. Ein Wettbewerbssystem lässt sich mit einer bundesweiten Gleichwertigkeit, dem Ziel des deutschen Studien- und Prüfungssystems, kaum in Einklang bringen. Wettbewerb lebt vom Unterschied, von der Verschiedenheit. Gleichheit und Gleichgewicht- obwohl eine wichtige Kategorie auch ökonomischer Theorie- schließen Wettbewerb aus. Damit kontrastiert die hinter dem Hochschulrahmengesetz stehende Philosophie, nach der alle Hochschulen in Deutschland vorgegebene Standards in der Lehre gleich gut zu gewährleisten haben, so dass sie- aus der Sicht der Nachfrager, der Studenten- ein homogenes Gut anbieten und keine Präferenzen offerieren. Ein solches Ziel ist nicht nur wirklichkeitsfremd, sondern auch ein ungeeigneter Maßstab für hochschulpolitische Entscheidungen, die eine Verstärkung des Wettbewerbs bewirken sollen. Für eine Intensivierung des Wettbewerbs sind differierende Prüfungs- und Studienordnungen angezeigt. Dieses Erfordernis ergibt sich - wie oben dargelegt- aus den Voraussetzungen und aus der Natur des Wettbewerbsprozesses. Es entspricht aber auch - wie hinzuzufügen bleibt - einer bestimmten Entwicklung: Das Tempo des wissenschaftlichen Fortschritts hat sich, mit Unterschieden auf einzelnen Gebieten, zunehmend beschleunigt, so dass das Wissen schneller als früher veraltet. Eine wissenschaftliche Erstausbildung, die mit der rasanten Wissensvermehrung Schritt halten und der davon beeinflussten Dynamik des Arbeitsmarktes entsprechen will, muss für neue Inhalte offen und im Verfahren flexibel sein. Da wegen Ungewissheiten in der Zukunft 55
Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (1998a, 3 und 9).
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern
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niemand vorher sagen kann, wie solchen Herausforderungen am besten zu begegnen sei, sind alternative Wege, die sich bewähren oder versagen können, einer einheitlichen, mit demselben Zukunftsrisiko behafteten Lösung vorzuziehen. Für alternative Wege, die im Wettbewerb entstehen, darf auf dessen Rolle als Entdeckungsverfahren vertraut werden. Die Möglichkeit, auf den wissenschaftlichen Fortschritt durch eine Gestaltung der Studien- und Prüfungsordnungen zu reagieren, sollte grundsätzlich jeder Hochschule im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten selbst überlassen bleiben. Dass darunter die- in ihrer praktischen Bedeutung für die Mobilität der Studenten oft überschätzte - länderübergreifende Einheitlichkeit der Erststudien leiden kann, wäre hinzunehmen, zumal zu erwarten ist, dass sich in einem Wettbewerbsprozess Angebote oder Verfahren herausbilden, auftretende Wünsche von Nachfragern zu befriedigen. Nach geltendem bundesweitem Recht werden Prüfungsordnungen von der nach Landesrecht zuständigen Stelle genehmigt(§ 16 HRG). Die Länder wären somit frei, dieses bisher weitgehend von den Wissenschaftsverwaltungen wahrgenommene Recht auf die Hochschulen zu übertragen. Die typische Reaktion im staatlich gelenkten Hochschulsystem auf Innovationen oder bestimmte Entwicklungen ist der Modellversuch, ein neuer Studiengang unter Aufsicht der Wissenschaftsverwaltung, der nach Ablauf einer bestimmten Zeit entweder aufgegeben oder auf Dauer fortgeführt wird. Solche Modellversuche, deren oft zeitaufwendige Genehmigung dem Erfordernis einer raschen Reaktion auf neue Entwicklungen entgegensteht, würden sich weitgehend erübrigen, wenn die Hochschulen von sich aus handeln könnten. Die gegenwärtigen Bemühungen in der Hochschulpolitik lassen für das Studien- und Prüfungswesen nicht erkennen, dass auf das Bekenntnis zu einem Mehr an Wettbewerb auch die entsprechenden Taten folgen. Ein Beispiel ist die Neuregelung des Hochschulrahmengesetzes, die eine Erprobung von Bachelor- und Masterstudiengängen angelsächsischen Zuschnitts ermöglicht (§ 19 HRG; siehe 3.1). Von einer bundesweiten Vereinheitlichung dieser Studiengänge ist im Gesetz nicht die Rede. Die Kultusministerkonferenz hat je- · doch mit zwei Beschlüssen- vom Dezember 1998 und März 199956 - dafür die Voraussetzungen geschaffen. Nach diesen Beschlüssen wird für diese neuen Studiengänge ein Akkreditierungsverfahren mit einem länderübergreifenden Akkreditierungsrat eingerichtet. Die Akkreditierung soll fachlich-inhaltliche Mindeststandards gewährleisten und die Berufsrelevanz der Abschlüsse prüfen. Die Aufgabe des Akkreditierungsrates besteht insbesondere darin, die Begutachtung der neuen Studiengänge zu koordinieren sowie zu überwachen, dass die Begutachtung nach einsichtigen Regeln abläuft. Eine Akkreditierung soll zwar keine zwingende Voraussetzung für die Genehmigung von Bachelorund Masterstudiengängen sein, dürfte jedoch zumindest Regelvoraussetzung 56
Kultusministerkonferenz und Hochschulrektorenkonferenz (1999, 59 und 71).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
werden. Dieses Verfahren, so einsichtig es sich prima facie ausnehmen mag, läuft auf dasselbe hinaus, wie eine Genehmigung nach einer Rahmenprüfungsordnung, der es in der Begründung zur letzten Novelle des Hochschulrahmengesetzes als Alternative an die Seite gestellt wird. Nicht die Nachfrage von Studenten, sondern eine Bürokratie entscheidet über Art und Inhalt des Studienangebots. Das ist das Gegenteil eines Marktes. Auch scheint die Vorstellung, Studien- und Prüfungsordnungen müssten bundesweit abgestimmt werden, unüberwindbar. Ein Mehr an Wettbewerb ist entgegen allen Bekundungen in der gegenwärtigen Hochschulpolitik auf diesem Wege nicht zu erwarten.
4.2.4 Mehr Länderkompetenz und stärkere Orientierung an der Lehre im Besoldungs- und Dienstrecht für Hochschullehrer Durch eine bundesweite Zentralisierung und Vereinheitlichung, die in der Hochschulpolitik merklich schon vor der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes einsetzte, ist der Wettbewerb zwischen den Ländern abgeschwächt worden. Dieser Trend lässt sich auch beim Besoldungs- und Dienstrecht für Hochschullehrer ausmachen. Im Besoldungsrecht ist das Kolleggeldsystem, das die Leistungen der Professoren in der Lehre finanziell honorierte, abgeschafft worden. Im Dienstrecht wurde in den meisten Bundesländern das Ruhestandsalter von 68 auf 65 Jahre herabgesetzt und die Emeritierung bundesweit beseitigt. Das konnte für die Erstausbildung nicht ohne Folgen bleiben, auf die oben bereits hingewiesen wurde (siehe 2.3.2). Das Besoldungs- und Dienstrecht für Hochschullehrer hat eine oft übersehene oder nicht hinreichend gewürdigte Bedeutung für eine Hochschulreform durch Wettbewerb. Generell ist auf diesem Rechtsgebiet eine größere Länderkompetenz notwendig, was für einen intensiveren Wettbewerb der Systeme unerlässlich scheint, sowie eine stärkere Orientierung der Besoldung an der Lehre, die einer Verbesserung der Erstausbildung unmittelbar zugute käme. Für das Besoldungsrecht der Hochschullehrer sollte der frühere verfassungsrechtliche Zustand wieder hergestellt, das heißt nur eine Rahmenzuständigkeit des Bundes vorgesehen werden. Dies deckt sich mit dem Vorschlag von einigen Ministerpräsidenten, die den Wettbewerb zwischen den Ländern generell57 und in konkreten Fällen fördern wollen. Ursprünglich gehörte das Besoldungsrecht für Hochschullehrer zur Rahmengesetzgebung nach Artikel 75 des Grundgesetzes. Durch einen neuen Artikel 74 a wurde im Jahr 1971 das Besoldungs- und Versorgungsrecht aller Beamten des öffentlichen Dienstes57 Ministerpräsidenten der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen (1999, 10): "Es geht darum ... , die positiven Wirkungen eines stärker am Gedanken des Wettbewerbs der Länder um die besten politischen Lösungen orientierten föderalen Systems zu erschließen .. ."
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern
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also auch der Länder- Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Noch im seihen Jahr wurde ein Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern verabschiedet. Eine bundesweit einheitliche Gestaltung der Besoldung ist nicht geboten und für einen Wettbewerb zwischen den Ländern, insbesondere im Bereich der Hochschulen, hinderlich. Diese Einsicht ist weder neu noch in der Praxis unbeachtet geblieben. So wurden in der Zeit vor dem Jahr 1990 für das Land Berlin wegen seiner Insellage oft Ausnahmen von der einheitlichen Besoldung gemacht - teilweise über Zugeständnisse bei der Besteuerung -, die als Ergebnis eine höhere Bezahlung als im übrigen Bundesgebiet zur Folge hatten. Die Einheitlichkeit der Besoldung wurde auch unterlaufen durch in den Ländern unterschiedliche Zulagen und Ämterbewertungen, wenn es für bestimmte Ziele zweckmäßig schien. Dass mit der Einfügung von Artikel 74 a in das Grundgesetz die Geburtsstunde der Besoldungseinheit in der Bundesrepublik Deutschland geschlagen habe- wie die amtliche Begründung zur Verfassungsänderung im Bundesrat meint -,58 wird man deswegen nicht generell sagen können. Dennoch fehlt gegenwärtig der Hochschullehrerbesoldung jene Flexibilität und Differenzierung, die vor der Vereinheitlichung zur Belebung des Wettbewerbs zwischen den Hochschulen beitrugen und für Anreize in der Lehre sorgten. Durch Erfahrungen ist hinreichend belegt, dass relativ geringe Gehaltsdifferenzen für einen Wettbewerb zwischen den Hochschulen ausreichen. Auch wenn es dem Besoldungsrecht für Hochschullehrer an Flexibilität und Differenzierung mangelt, bedarf es keiner grundlegenden Umgestaltung, vor der eher zu warnen ist. Als auch international bewährte Regel kann gelten, dass die Höhe der Besoldung vor allem von der Berufung abhängt. Eine Berufung, die aufgrund des Sachverstandes von Fachleuten erteilt wird, erfolgt im Wettbewerb. Sie tritt an die Stelle der Beförderung und der Beurteilung durch weisungsberechtigte Vorgesetzte, die es im Hochschullehrerberuf wegen der Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes nicht gibt. Durch eine Koppelung der Besoldung an die Berufung ist sichergestellt, dass die individuelle wissenschaftliche Leistung des Hochschullehrers finanziell honoriert wird. Trotz mancher Schwächen des Berufungssystems ist kein besseres Verfahren für eine den wissenschaftlichen Leistungen angemessene Bezahlung bekannt. Der einzige gravierende Mangel des gegenwärtigen Besoldungssystems liegt darin, dass es die Leistungen des Hochschullehrers in der Lehre nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt. Die sonstigen Probleme sind nicht systemimmanent - meistens vielmehr die gewollte Folge bestimmter politischer Entscheidungen - und deswegen leicht zu beheben. So hat die Vereinheitlichung des Besoldungsrechts dazu geführt, dass die Berufungszuschüsse standardisiert und schließlich gesetzlich fixiert worden sind. ss Vgl. Maunz/Dürig (1983, Art. 74a, Randnote 19).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
Durch Kartellabreden der Kultusministerkonferenz wurde das Berufungshöchstalter auf 52 Jahre festgesetzt und eine Berufungssperre nach Neuberufungen verordnet. Der wettbewerbshemmende Charakter dieser Mängel ist evident. Ihre Beseitigung, mit der lediglich der frühere Zustand eines ausgeprägteren Länderwettbewerb wieder hergestellt würde, scheint geboten, wenn eine Reform der Hochschulen nicht beeinträchtigt werden soll. Es dürfte eine weitgehende Einigkeit darüber bestehen, dass sich in der Besoldung der Hochschullehrer stärker als bisher auch die Leistungen in der Lehre widerspiegeln sollten. Die Vorschläge dazu weichen im einzelnen voneinander ab. Die meisten Gründe aus wettbewerbspolitischer Sicht sprechen für das frühere Kolleggeldsystem: Erstens basiert es - im Gegensatz zu anderen Vorschlägen- auf einer exakt messbaren Größe für die Nachfrage nach Lehrleistungen der Hochschullehrer, der Semesterwochenstunde pro Student. Zweitens bestimmen die Nachfrager unmittelbar - und nicht Messziffernkonstrukte oder gar eine Verwaltung - die Höhe des Entgelts, was ordnungspolitisch nicht gering zu veranschlagen ist. Drittens haben sich Kolleggelder über Jahrhunderte hinweg im Großen und Ganzen bewährt, so dass man im Hinblick auf die Folgen einer Einführung nicht- wie bei anderen Regelungen - bloß auf Vermutungen angewiesen ist. Viertens war es aus guten Gründen üblich, die Kolleggelder aus Studiengebühren zu finanzieren, so dass sie den Steuerzahler nicht belasten. Gleichwohl sollte das frühere Kolleggeldsystem nicht unbesehen übernommen werden. Bei der Abschaffung der Kolleggelder sind die Grundgehälter um pauschale Mindestbeträge erhöht worden. Die Festbetragsbezüge der Professoren wären deshalb insoweit zu vermindern. Für Vertreter kleiner Fächer könnten neu festzusetzende Mindestpauschalen einen Ausgleich für ausfallende Kolleggelder schaffen, so dass keine Gehaltseinbußen entstünden. Überdies gab es im früheren Kolleggeldsystem gewisse Auswüchse, denen zu begegnen wäre. So sollte beispielsweise sichergestellt werden, dass ein Hochschullehrer möglichst kein Monopol für bestimmte Lehrveranstaltungen und keine Präferenz für Veranstaltungsformen mit hohen Belegungszahlen besitzt. Nach den Plänen der neuen Bundesregierung soll das Dienst- und Besoldungsrecht für Hochschullehrer geändert werden, um mehr Anreize für Leistung und Innovation zu schaffen. Für das Besoldungsrecht hat die Hochschulrektorenkonferenz im November 1998 einen Vorschlag unterbreitet, der von Bildungspolitikern im Bund und von der Kultusministerkonferenz beifällig aufgenommen worden ist und deshalb Grundlage einer künftigen Regelung werden könnte. 59 Es gibt deshalb Grund, vor falschen Wegen in der Besoldung der Hochschullehrer zu warnen. Zunächst soll nach dem Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz die Neuregelung wie bisher bundeseinheitlich gelten, so dass den Ländern auf diesem Gebiet keine Möglichkeit für einen Wettbe59
Hochschulrektorenkonferenz (1998).
4.2 Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Bundesländern
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werb verbliebe. Inhaltlich ist ihr Ausgangspunkt, dass das Gehalt der Hochschullehrer aus zwei Teilen besteht, einem Festbetrag und einer leistungsbezogenen Zulage. Das ist schon bisher der Fall, allerdings mit zwei wichtigen Abweichungen vom Vorschlag der Hochschulrektoren: Erstens wird der Festbetrag wie in der Beamtenbesoldung allgemein üblich mit dem Dienstalter erhöht (Alterszulage), zweitens gibt es seit der Abschaffung des Kolleggeldes keine leistungsbezogene Zulage für die Lehre. Neu an dem Vorschlag der Hochschulrektoren sind folgende Elemente: Der Alterszulage soll entfallen, das Land die dadurch ersparten Beträge den Hochschulen zuweisen. Aus diesen Mitteln könnte die Hochschulleitung befristete Zulagen an die Hochschullehrer gewähren. Gewährungsgründe für Zulagen sollen sein Leistungen (in Forschung und Lehre), Belastungen (etwa die Zahl der Prüfungen) und Funktionen (vor allem Rektorat, Dekanat und Mitarbeit in Gremien). Als Festbetrag-Basisgrundgehalt genannt- ist bei Universitätsprofessoren die Besoldungsgruppe C 3, bei Fachhochschulprofessoren C 2 vorgesehen. Seine Aufbesserung soll - wie bisher nur bei Universitätsprofessoren der Besoldungsgruppe C 4 - generell durch Berufungsvereinbarungen möglich sein. Das geltende Besoldungsrecht für Hochschullehrer bedarf keiner so tiefgreifenden Änderung. Erstens sind erhebliche Bedenken gegen das Verfahren einer Zulagengewährung durch Hochschulleitungen angebracht. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, welche Konflikte in die Hochschulen getragen würden, wenn von Gruppen gewählte Vertreter in der Hochschulleitungauch noch über die Höhe der Einkommen ihrer Wähler zu befinden hätten. Die Erfahrungen mit den sogenannten Globalhaushalten zeigen hinreichend deutlich, dass mit jeder Art von Mittelverteilung fast zwangsläufig ein enormes Konfliktpotential entsteht. Die Hochschule als Thmmelplatz für Kämpfe um die Einkommensverteilung- das wäre das Letzte, was man ihr wünschen könnte und mit Sicherheit kein Beitrag zu einer Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit. Zweitens setzt der Vorschlag der Hochschulrektoren voraus, dass das variable Gehaltselement Zulagen insgesamt reformbedürftig sei. Das trifft nur für die Lehre zu. Das Zulagensystem, das auf Berufungen basiert und dem Wettbewerb unterliegt, bedarf - wie dargelegt - lediglich der Ergänzung und keiner Ausweitung durch eine neue Verteilungsstelle, die Hochschulleitung, oder durch neue Gründe, wie Mitarbeit in Gremien. Drittens ist es problematisch, das Festgehalt- je nach Hochschulart- in der Höhe von C 3 beziehungsweise C 2 anzusetzen. Anders als eine mit der Wiedereinführung des Kolleggeldsystems verbundene Festgehaltssenkung, die sich rechnerisch durch Abzug der eingearbeiteten Pauschalen ergibt, ist ein solches Basisgehalt rational nicht zu begründen. Sie bedeutet im Vergleich mit dem geltenden Zustand, bei dem die Mehrzahl der Universitätsprofessoren nach C 4 besoldet wird, für viele eine erhebliche Verschlechterung. Viertens bleibt der Entfall der Dienstalterszulage ohne jede Begründung, außer dass man die dadurch ersparten Mittel für den Zulagenpool benötigt. Die vermutliche Im-
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
plikation, dass Alterszulagen generell nichts mit Leistungen zu tun haben wie von Bildungspolitikern gelegentlich zu vernehmen ist-, dürfte gerade für Professoren fragwürdig sein. Alles in allem ist der Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz so ziemlich das Gegenteil einer ordnungspolitisch angezeigten und Erfolg versprechenden Änderung der Hochschullehrerbesoldung. Auch im Dienstrecht für Hochschullehrer, das vom Besoldungsrecht nicht immer scharf getrennt werden kann, sind für eine Reform der Hochschulen keine durchgreifenden Änderungen erforderlich. Notwendig scheinen eine Korrektur früherer Fehlentscheidungen und eine Flexibilisierung. Zur Korrektur wird hier konkret empfohlen, die Pensionierung wieder zugunsten der Emeritierung aufzugeben. In kaum einem Beruf ist die Ausreifungszeit von Humankapitalinvestitionen so lang und deshalb die Zeit der Berufsausübung im Falle einer Pensionierung so kurz wie in dem des Professors, so dass die Erhaltung des Potentials gut begründet ist. Dieser Grund spricht auch dafür, die Altersgrenze, die in den meisten Bundesländern bei 65 Jahren liegt, auf 68 oder - wie früher in der Schweiz - auf 70 Jahre anzuheben, was im Hinblick auf die steigenden Lebenserwartungen ohnedies erwägenswert sein dürfte. Das Dienstrecht der Hochschullehrer lässt - im Vergleich mit dem Dienstrecht anderer Beamter - ein höheres Maß an Flexibilität als wünschenswert erscheinen. Insbesondere sollte ein Wechsel zwischen Hochschule und Praxis mehr als bisher erleichtert werden. Das Erststudium bereitet auf Berufe vor, so dass ein stärkerer, auch aktuell gültiger Bezug auf die Praxis für die meisten Studiengänge von großem Nutzen wäre. Obwohl seit längerem entsprechende Anregungen zum Dienstrecht der Hochschullehrer gegeben werden, ist bisher kaum etwas geschehen. Für eine flexible Anpassung des Lehrangebots an eine sich ändernde Nachfrage wäre daran zu denken, den Anteil der lebenslang angestellten Professoren langfristig zu verringern, wobei -auch nach Erfahrungen im Ausland- ein Anteil von 25% an der Zahl der gesamten Lehrpersonen ausreichen dürfte. Dafür braucht das geltende Dienstrecht für Professoren jedoch nicht geändert, sondern nur ausgeschöpft zu werden.
Zu warnen ist wie im Besoldungsrecht vor Bestrebungen, bewährte Regelungen des Dienstrechts für Professoren zu ändern, wenn die Qualität von Lehre und Forschung sowie die für diese Qualität bedeutsame Unabhängigkeit der Wissenschaftler nicht vermindert oder gefährdet werden soll. Zutreffend geht das Grundgesetz in Artikel 5 Absatz 3 davon aus, dass nur eine unabhängige Wissenschaft die ihr zugedachten gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen kann. Zu den problematischen dienstrechtlichen Änderungsvorschlägen gehört die Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz, die Funktion des Dienstherrn vom Wissenschaftsminister des Landes auf den Rektor (oder Präsidenten) zu übertragen. Gegen eine solche Übertragung sprechen mehrere Gründe. Ein Rektor oder Präsident ist gerade in Zeiten, in denen der Dienstherr seinen Beamten auch Schutz gewähren muss, völlig überfordert, wie etwa während der Studentenunruhen in den sechziger und siebziger Jah-
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb
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ren offenkundig wurde, als die Hochschulleiter nicht nur nicht Hochschullehrer, sondern auch sich selbst nicht vor rechtswidrigen Angriffen schützen konnten. Wie beim Vorschlag der Hochschulrektorenkonferenz über Gehaltszulagen sind erhebliche Bedenken angebracht, bestimmte Aufgaben auf Personen zu übertragen, dessen Wahl von Hochschulangehörigen abhängt, denen gegenüber diese Aufgaben wahrzunehmen sind. Zu den immer wieder auftauchenden Vorschlägen gehört, Professoren nur noch im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. Dabei wird übersehen, dass an staatlichen Hochschulen mit dem Amt des Professors die Ausübung hoheitlicher Funktionen - wie zum Beispiel die Mitwirkung bei Prüfungen - zwingend verbunden ist. Derartige Befugnisse können nach Artikel 33 Absatz 4 des Grundgesetzes auf Dauer und im Regelfall nur Beamten anvertraut werden. Deshalb kann bei Lehrpersonen an staatlichen Hochschulen nicht ganz auf Beamte verzichtet werden. Das Beamtenverhältnis hat sich in der Vergangenheit als Sicherung der Freiheit von Forschung und Lehre zudem besser bewährt als jedes andere Dienstverhältnis. 4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb 4.3.1 Wiedereinführung von Studiengebühren
Die Wiedereinführung von Studiengebühren ist zum zentralen Thema der Diskussion über eine Hochschulreform geworden. In der Tat haben Studiengebühren eine kaum zu überschätzende Bedeutung, wenn eine Reform durch Wettbewerb, das heißt durch eine Implementierung marktwirtschaftlicher Elemente angestrebt wird. Die Abschaffung der Studiengebühren vor etwa drei Jahrzehnten hat die Nachfrage nach einem Hochschulstudium dramatisch erhöht (siehe Tabelle 2). Diese Entwicklung wurde durch eine Expansion der höheren Schulen- einhergehend mit einer Aufweichung des Abiturs- zusätzlich verstärkt, aber nicht ausgelöst. Erst die Tatsache, dass die erheblichen direkten Kosten des Studiums vollständig vom Steuerzahler getragen werden, liefert den eigentlichen Erklärungsgrund für den starken Zustrom von Studenten. Da diesem Zustrom seit den siebziger Jahren kein entsprechender Ausbau der Hochschulen folgte, entstand bald das Dilemma, entweder Studenten abzuweisen oder über vorhandene Kapazitäten hinaus einzuschreiben. Die Ministerpräsidenten haben sich im Jahr 1977 für das letztere Verfahren entschieden -in der fälschliehen Annahme, dass eine Überfüllung der Hochschulen nur von kurzer Dauer sein werde. Tatsächlich hat der Zustrom von Studenten danach weiter zugenommen. Eine erneute Aufstockung der Ausbildungskapazitäten kam in den achtziger Jahren aus verschiedenen Gründen -nicht zuletzt wegen knapper Mittel- nicht in Betracht, zumal ständig auf ein "Abschmelzen des Studentenberges" gehofft wurde. Es folgten jahrelange Versuche, eine Hochschulreform auf administrativem Wege zu bewältigen. 4 Woll
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
Diese haben die oben aufgezeigten Probleme, die ganz überwiegend auf die Überfüllung zurückgehen, nicht lösen können, oft verschärft und das Regelungsnetz für die Hochschulen jedenfalls verdichtet. Die Wiedereinführung von Studiengebühren scheint nach allem unvermeidlich und wird deswegen nachdrücklich empfohlen.fiJ Für die Wiedereinführung von Studiengebühren sprechen vor allem wirtschaftliche und verteilungspolitische Gründe. Die Erstausbildung an einer Hochschule ist aus wirtschaftlicher Sicht ein marktfähiges Gut. Wenn Studenten nicht nur die Kosten eines wegen des Studiums entgangenen Einkommens, sondern auch direkte Ausbildungskosten zu tragen haben, werden unvermeidlich und stärker als bisher wirtschaftliche Überlegungen in ihre Entscheidungen eingehen, etwa bei folgenden Fragen: Soll ein Studium überhaupt aufgenommen werden, welcher Studiengang entspricht am besten der individuellen Begabung und den Chancen am Arbeitsmarkt, wie kann das Studium effizient gestaltet und kurz gehalten werden? Solche Fragen stellen sich um so dringlicher,je höher die Studiengebühren sind. Die Hochschulen andererseits sind bei Wettbewerb gezwungen, die Entscheidungen der studentischen Nachfrager zu berücksichtigen, weil ihre Einkünfte davon abhängen. Die Ausbildung von Studenten ist nicht eine eher lästige Verpflichtung der Hochschulen, sondern eine Grundlage ihrer wirtschaftlichen Existenz, dies um so stärker, je höher der Anteil der Studiengebühren an ihren Einnahmen ist. Hochschulgebühren, die sich dem Markt anpassen, bringen generell Angebot und Nachfrage zum Ausgleich und brächten deshalb den hierzulande bestehenden Nachfrageüberschuss zum Verschwinden. Zahlreiche administrative Regelungen, wie die Zuteilung von Studienplätzen durch eine Behörde oder Vorschriften für die Ermittlung von Kapazitäten, würden sich bei Studiengebühren erübrigen und die Hochschulen bei der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgaben entlasten. Für Studiengebühren sprechen auch verteilungspolitische Gründe. Da eine Erstausbildung eine Investition in Humankapital darstellt, fließen aus erfolgreichen Investitionen künftig Erträge. Die Kosten der Investition trägt bei Gebührenfreiheit der Steuerzahler, während die Erträge dem studentischen Investor zugute kommen. Die Folge dieser Finanzierungsart ist eine Einkommensumverteilung zugunsten der akademisch Ausgebildeten, die sich weder durch externe Effekte begründen lässt noch durch höhere Steuern von Akademikern beseitigt wird.61 Eine Gebührenfreiheit für Studenten steht deshalb im Widerspruch zur verbreiteten Vorstellung einer "sozial gerechten" Einkommensverteilung. 60 Für Studiengebühren sprechen sich- weltweit praktisch einmütig- vor allem Wirtschaftswissenschaftler aus, die sich mit Hochschulfragen beschäftigt haben. Aus dem deutschen Schrifttum seien u.a. genannt: Dohmen (1995), Donges u.a. (1993), Grüske
(1994), Lith (1985), Peters (1996), Richter/ Eufinger (1993), Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999), Schmidt (1984) und Timmermann (1994); die einzige Ausnahme ist Dilger (2000). 61 Grüske (1994, 76 und 110).
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb
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Die Wettbewerbswirkungen auf das Studienangebot werden erheblich verstärkt, wenn die Studiengebühren-wie früher in Deutschland üblich- neben der Immatrikulationsgebühr und Sozialabgaben auch Kolleggelder enthalten, eine Gebühr für belegte Lehrveranstaltungen. Der Anteil der Kolleggelder an den gesamten Studiengebühren belief sich vor ihrer Abschaffung auf etwa 20%. Ohne erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern betrugen die Immatrikulationsgebühren und Sozialabgaben pro Semester etwa 200 DM, die Kolleggebühr 2,50 DM pro Semesterwochenstunde, so dass sich bei 20 belegten Stunden ein Betrag von 50 DM ergab. Die Kolleggelder wurden- nach Abzug von Verwaltungskosten für die Einziehung - an die Hochschullehrer semesterweise ausgezahlt. Diese Honorierung von Leistungen hat sich in der Lehre als ein Stimulans für den Wettbewerb erwiesen, dessen Wirkung nicht unterschätzt werden sollte. Schon vor zwei Jahrhunderten legte Adam Smith aufgrundseiner Erfahrungen als Student, Professor und akademischer Administrator in seinem Buch "Wealth ofNations" überzeugend dar, dass die Leistungen von akademischen Lehrern entscheidend von der Art ihrer Bezahlung abhängen62 - ein Thema, das in der Tradition deutscher Hochschulen oft tabuisiert worden ist. Smith vertritt die Auffassung, dass akademische Lehrer am meisten leisteten, wenn ihre Einkünfte völlig von Studenten aufgebracht würden. Ihre Leistungen nähmen ab, wenn ihr Gehalt nur zum Teil von Studenten oder aus Quellen stamme, die unabhängig vom Lehrerfolg und der akademischen Reputation seien. Eine Leistungskontrolle für Hochschullehrer werde am besten über eine völlige oder wenigstens teilweise Bezahlung durch Studenten erreicht. Andere, von Smith erörterte Kontrollsysteme, wie eine Innenkontrolle durch Kollegen oder eine Außenkontrolle durch die Regierung, seien entweder unwirksam oder unbefriedigend. Die Einsichten von Adam Smith haben sich in der Realität immer wieder bestätigt. Für Hochschulen, die sich von Behörden kaum unterscheiden, ist ein hypertrophes Kontrollsystem mit Defiziten in der Qualität der Lehre typisch. Überall dort jedoch, wo Hochschulen im Wettbewerb stehen, wird nicht darauf verzichtet, wenigstens einen Teil der Vergütung von einer Bezahlung durch Studenten abhängig zu machen. Es wird deshalb empfohlen, Kolleggelder als essentiellen Teil von Studiengebühren vorzusehen. Mit der Wiedereinführung von Studiengebühren wäre das Besoldungsrecht für Hochschullehrer entsprechend zu ändern. Studiengebühren lösen auch Wirkungen aus, die bildungspolitisch unerwünscht sind. Erstens könnten Hochbegabte, an dessen wissenschaftlicher Ausbildung ein allgemeines Interesse besteht, aus wirtschaftlichen Gründen vom Studium abgehalten werden. Zweitens könnten Studenten außerstande sein, neben den Kosten der Lebenshaltung die Hochschulgebühren zu bestreiten. Drittens werden vor allem Familien mit mehreren Kindern im studierfä62
Smith (1776, 759f.).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
higen Alter stark belastet. Auf Maßnahmen, die den negativen Wirkungen von Studiengebühren entgegen wirken, wird noch eingegangen (siehe 4.3.2). Die Zuständigkeit für die Erhebung von Studiengebühren liegt bei den Bundesländern. Einige von ihnen haben in den letzten Jahren bereits Studiengebühren für bestimmte Hochschulleistungen eingeführt, so Baden-Württemberg eine Gebühr von 1000 DM für Langzeitstudenten, Berlin eine Einschreibegebühr von 100 DM für alle Studenten und Sachsen Gebühren zwischen 75 und 600 DM für ein Zweit- oder Aufbaustudium; die angegeben Beträge gelten für jeweils ein Semester,63 Die von Studenten angerufenen Verwaltungsgerichte haben die Gebührenerhebung für rechtmäßig erklärt. Es wird empfohlen, die Zuständigkeit der Länder für eine Festsetzung von Studiengebühren zu erhalten und nicht durch eine gesetzliches Verbot von Studiengebühren aufzuheben. Ein solches, von Mitgliedern der Bundesregierung und von einigen Länderregierungen angestrebtes dauerhaftes oder auch nur temporäres Verbot würde eine wirksame Reform der Hochschulen verhindern, wie an der Erfolglosigkeit der bisherigen Reformversuche und im Hinblick auf die Wirkungen von Studiengebühren deutlich geworden sein dürfte. Die finanzielle Kehrseite der Überfüllung ist die Unterfinanzierung der Hochschulen. Die diesen zur Verfügung stehenden Mittel reichen nicht aus, um Studenten in der in Prüfungs- und Studienordnungen vorgesehenen Zeit angemessen auszubilden. Es läge deshalb nahe, mit Studiengebühren die Haushalte der Hochschulen aufzubessern. Einem solchen, in diesem Zusammenhang von Hochschulleitern regelmäßig vorgetragenem Verlangen ist strikt zu begegnen. Mit Studiengebühren sollen nicht die Einnahmen des Staates erhöht, sondern die Lasten des Studiums anders als bisher verteilt werden, nämlich vom Steuerzahler auf Studenten. Diese Umverteilung wird nur dann erreicht, wenn die Einnahmen aus Studiengebühren nicht zur Erhöhung der Ausgaben, sondern zu einer Senkung der staatlichen Zuweisungen an die Hochschulen führen. Für die Bemessung der Zuweisungen bleibt zu beachten, dass sich mit Studiengebühren zwar die Einnahmen der Hochschulen erhöhen, in bestimmten Fällen- wie bei Kolleggeldern - aber auch Auszahlungen zur Folge haben können. Die Ersparnis im Landeshaushalt müsste als Steuersenkung weitergegeben werden, das um so mehr, je höher die Gebühren sind. Es wäre fatal und für die Akzeptanz von Studiengebühren in der Bevölkerung verheerend, wenn der Eindruck entstünde, es ginge dem Staat nur darum, mit Studiengebühren neue Einnahmequellen zu erschließen.64 Die Umschichtung von Steuern auf Gebühren bedeutet allerdings nicht, dass sich der Staat aus der Finanzierung der Hochschulen zurückziehen kann. Mit Gebühren lassen sich immer nur ein Teil der Hochschulausgaben bestreiten, Schwirlen (1998, 226ff.). So nachdrücklich der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999, Ziffer 453). 63
64
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb
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wie auch ein Blick auf die Budgets von privaten inländischen oder ausländischen Hochschulen, die beträchtliche Studiengebühren erheben, deutlich zeigt. Die Einführung von Studiengebühren sollte für den Staat Anlass sein, die dauerhafte Grundfinanzierung seiner Hochschulen aus dem öffentlichen Haushalt zu sichern. Bei der Höhe der Studiengebühren stellt sich zunächst die Frage, in welchem Umfang die staatlichen Kosten der Erstausbildung gedeckt werden sollen. Eine erste Möglichkeit, die Vollkostendeckung, würde ganz erhebliche Studiengebühren erfordern, wie wenige Zahlen verdeutlichen. Die jährlichen öffentlichen Aufwendungen für Hochschulen belaufen sich pro Student auf knapp 15000 DM an Universitäten, auf gut 8000 DM an Fachhochschulen Geweils für 1996). Allerdings streuen diese Aufwendungen stark nach Fächergruppen, an Universitäten zwischen einem Minimum von 3600 DM für Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und einem Maximum von 52000 DM für Humanmedizin.65 Bei einer Vollkostenanlastung nach Fächergruppen würden für ein Studium von 6 Jahren- der durchschnittlichen Studienzeit in Deutschland- zwischen 21000 DM bis 310000 DM an Studiengebühren zu entrichten sein, bei einer für alle Studenten gleichen Gebühr 90000 DM. Mehrere Gründe sprechen jedoch für die alternative Möglichkeit, eine Teilkostendeckung. Die angegebenen Zahlen, die sich aus einer Division der staatlichen Hochschulausgaben durch die Zahl der Studenten ergeben, übertreiben die Kosten des Studiums, weil sie auch Aufwendungen für andere Hochschulaufgaben, insbesondere für die Forschung und die allgemeine Krankenversorgung, enthalten. Mangels einer betrieblichen Kostenrechnung lassen sich die Kosten für die Erstausbildung nicht oder nicht hinreichend genau spezifizieren. Insbesondere in Fächergruppen mit hohen anderen Kosten, wie der Humanmedizin, liegen die Ausbildungskosten erheblich niedriger als die angegebenen Zahlen suggerieren. Neben der kalkulatorischen Schwierigkeit, die vollen Kosten überhaupt hinreichend genau zu ermitteln, sprechen mögliche externe Effekte der Hochschulausbildung für eine Teilkostendeckung. Zwar stößt die Ermittlung dieser Effekte auf Schwierigkeiten. Auch sprechen ihre vermutlichen Ausmaße und ordnungspolitische Gründe gegen eine vollständige Finanzierung der Erstausbildung durch öffentliche Mittel, nicht jedoch gegen einen Verzicht auf Erstattung der vollen Kosten. Solche Gründe legen es nahe, bei der Ermittlung der Höhe der Studiengebühren pragmatisch vorzugehen. Als erste Orientierung können die Sätze gelten, die vor der Abschaffung der Studiengebühren in Kraft waren. Schreibt man die damaligen Studiengebühren, die sich um 250 DM pro Semester bewegten, entsprechend der Realeinkommensentwicklung fort, so ergibt sich heute ein Betrag von etwa 1000 DM. Dieser Betrag sollte nur Ausgangspunkt für weitere Überlegungen zur 65
Bundesministerium für Bildung und Forschung (1999, 243ff.).
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Gebührenhöhe sein. Erstens ließe sich die Wirkung von Studiengebühren steigern, wenn ein höherer Betrag, etwa 2000 DM pro Semester, festgesetzt würde. Zweitens spräche manches für eine, wenn auch grobe Differenzierung im Hinblick die unterschiedlichen staatlichen Kosten der Erstausbildung. Für vergleichsweise "billige" Studiengänge- wie Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften- wäre es vertretbar, die Studiengebühren geringer anzusetzen als für "teure", wie die Medizin. Nach fachspezifischen Kosten differierende Studiengebühren gibt es z.B. seit 1996 in Australien.66 Drittens sollten den Hochschulen für die Gebührenfestsetzung nur ein Rahmen vorgegeben werden- ähnlich wie den Gemeinden-, den sie zur Bestimmung von Hebesätzen in eigener Verantwortung ausfüllen können. Nichts spricht in einem Wettbewerbssystem dafür, dass alle Hochschulen in Deutschland oder auch nur die eines Bundeslandes dieselben Studiengebühren erheben. Vielmehr belegen ausländische Erfahrungen, dass unterschiedliche Studiengebühren als Preise für Dienstleistungen die Qualität der Ausbildung und- damit zusammenhängend- die Reputation der Anbieter einerseits widerspiegeln, andererseits den Wettbewerb erheblich stimulieren. 4.3.2 Einbettung der Studiengebühren in ein System von Stipendien, Studienkrediten und sozialpolitischer Abfederung
Bei einer Einführung von Studiengebühren ist zu erwarten, dass bei der Hochschulausbildung das Angebot steigt und die Nachfrage zurückgeht. Durch Studiengebühren werden jedoch nicht nur Studierunfähige, sondern auch Begabte vom Studium abgehalten. Die Bildungsnachfrage wäre suboptimaL Es besteht deshalb ein allgemeines Interesse daran, Begabten ein Studium wirtschaftlich zu erleichtern. Deshalb wird empfohlen, die Wiedereinführung von Studiengebühren mit einem Ausbau der Begabtenförderung zu koppeln. Die Förderung von begabten Studenten ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern unterentwickelt. Sie wird vor allem getragen von zehn überregionalen Stiftungen. Daneben existieren eine Vielzahl kleiner privater Stiftungen, die oft nur eine bestimmte Ausbildung und selten mit Studienbeginn fördern. Unter den überregionalen Stiftungen besitzt die im Jahr 1925 gegründete und parteineutrale Studienstiftung des deutschen Volkes das größte Gewicht.67 Die anderen Stiftungen, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, haben sich an dieser orientiert, stehen jedoch- mit einer Ausnahme- den politischen Parteien, Kirchen oder Gewerkschaften nahe. Kriterien für die Auswahl von Stipendiaten sind überdurchschnittliche Begabung, charakterliche Reife sowie politisches Interesse und soziale Aufge66 Müller-Böling (1995, 145ff.) und Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1999, Ziffer 457). 67 Institut der deutschen Wirtschaft (1998, 7).
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schlossenheiL Nur jeder zehnte Bewerber erhält ein Stipendium,68 das sich in der Höhe am Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) orientiert (1997 maximal1180 DM, Doktoranden 1400 DM; Zuschläge für Verheiratete). Mit dem Stipendium soll der Lebensunterhalt bestritten werden. Dieser Förderzweck weicht von dem in einigen anderen Ländern ab, in denen Stipendien einen teilweisen oder völligen Erlass von Studiengebühren bedeuten. Als es in Deutschland noch Studiengebühren gab, sind Stipendiaten der Studienstiftung des deutschen Volkes - die meisten anderen Stiftungen existierten noch nicht- von der Gebührenentrichtung befreit gewesen. Von den zehn überregionalen Stiftungen werden 13200 Studenten und Graduierte gefördert (1997), das sind 0,7% der Immatrikulierten. Die Mittel von etwa 140 Millionen DM stammen ganz überwiegend oder- wie bei den parteinahen Stiftungen- völlig aus öffentlichen Haushalten.69 Nach Lage der Dinge kann ein Ausbau der Begabtenförderung derzeit nur über eine Verstärkung der öffentlichen Zuweisungen erreicht werden. Eine zusätzliche Belastung öffentlicher Haushalte ließe sich dabei vermeiden, wenn auf die Mittel für das BAföG zurückgegriffen würde. Der finanzielle Aufwand für Studenten aufgrunddieses Gesetzes beläuft sich aufmehr als das Zehnfache (19971,8 Milliarden DM70) der Mittel, die Stiftungen zur Begabtenförderung aus öffentlichen Haushalten bekommen. Durch eine Umschichtung ließe sich die Begabtenförderung ganz erheblich ausweiten, wobei in Kauf zu nehmen wäre, dass mit einer höheren Aufnahmequote von Bewerbern das durchschnittliche Förderungsniveau sinkt. Die Förderung nach dem BAföG sollte entweder gänzlich aufgegeben oder- wie zwischenzeitlich geschehen- allenfalls auf eine Darlehensgewährung beschränkt werden. Dass die Förderung von Begabten so gut wie vollständig aus öffentlichen Haushalten finanziert wird, erscheint unbefriedigend. Anzustreben wäre ein höherer Anteil privater Spenden, wie es in vielen Ländern - nicht nur in den USA - selbstverständlich scheint. Diese Aufgabe stellt sich hierzulande generell in der Wissenschaftsförderung und wird deswegen noch an anderer Stelle behandelt (siehe 4.4.2). Bei einer Aufstockung der staatlichen Zuweisungen für die Begabtenförderung sollte - erstens - die Bevorzugung der parteinahen Stiftungen, die fast das Doppelte der Zuschüsse parteineutraler Stiftungen erhalten, aufgegeben werden. Dafür spricht auch, dass parteineutrale Stiftungen anders als parteinahe eine Selbstbewerbung nicht kennen- Abiturienten oder Studenten können nur von Lehrern oder Hochschullehrern vorgeschlagen werden - und Ausländer mit Studienbeginn fördern. Eine Mittelzuweisung sollte- zweitens 68 Dieser Durchschnitt trifft nur auf Stiftungen zu, bei denen sich Studenten selbst bewerben können; vgl. Institut der deutschen Wirtschaft (1998, 6). Bei der Studienstiftung des deutschen Volkes, die nur von Lehrpersonen Vorgeschlagene aufnimmt, wird von diesen etwa jeder vierte gefördert; vgl. Studienstiftung des deutschen Volkes (2000, 55). 69 70
Institut der deutschen Wirtschaft (1999, 6). Bundesministerium für Bildung und Forschung (1999, 257).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
- an die Bedingung geknüpft sein, dass die Begabung den Ausschlag für die Förderung gibt und nicht die Bedürftigkeit. Erst nach einer Förderzusage wäre zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Stipendiaten eine finanzielle Unterstützung notwendig erscheinen lassen. Durch die Einführung von Studiengebühren werden die Kosten der Ausbildung weiter erhöht, so dass ein Rückgang der Nachfrage zu erwarten ist, vor allem dann, wenn die Gebühren merklich angehoben werden. Soweit ein Nachfragerückgang auf einem Kosten-Nutzen-Kalkül beruht, liegt er in der Logik eines marktwirtschaftliehen Prozesses, dessen Ergebnis als Ausfluss individueller Entscheidungen hinzunehmen ist. Unterstellt wird dabei, dass andere Entscheidungen möglich gewesen wären. Daran kann es jedoch fehlen, weil es keine Finanzierungsmöglichkeiten für eine Alternative gibt. Eine Finanzierung der Ausbildung erfölgt entweder aus Eigenkapital, das dem Studenten zur Verfügung steht, aus Fremdkapital - einem zurückzuzahlenden Darlehen - oder aus einem Stipendium, einem Geschenk. Wenn kein oder kein ausreichendes Eigenkapital vorhanden ist, muss ein Student für die Finanzierung der Ausbildung ein Darlehen aufnehmen, sofern er kein Stipendium erhält. Dabei würde sich der Bildungspolitik keine Aufgabe stellen, wenn es einen funktionierenden Kapitalmarkt für Ausbildungsdarlehen gäbe. Tatsächlich hat sich in den meisten Ländern ein solcher Markt nicht entwickelt7 1• Wo solche Märkte existieren- wie in den USA-, sind sie durch staatliche U nterstützung, durch die Hilfe von Stiftungen, Banken oder sonstigen privaten Einrichtungen entstanden. So wird in Anlehnung an ausländische Vorbilder für Deutschland vorgeschlagen, Studiengebühren von einer privaten Institution zu kreditieren und nach Abschluss der Ausbildung einkommensabhängig zurückzuzahlen.72 Wesentliche Gründe dafür, dass sich Kapitalmärkte für Humankapitalinvestitionen nicht ohne weiteres herausbilden, dürften sein: die im Vergleich zu anderen Darlehensnehmern geringe Bonität studentischer Investoren und deren hohe, auch internationale Mobilität in räumlicher und sozialer Hinsicht, die eine Durchsetzung von Rückzahlungen für private Darlehensgeber relativ aufwendig und riskant macht. Deshalb stellt sich die Frage, wie das Studium von unvermögenden Begabten, die mangels eines Stipendiums auf eine Fremdfinanzierung angewiesenen sind, finanziert werden kann. Eine erste Antwort ist, dass der Staat selbst Darlehen vergibt, eine zweite, dass er eine private Darlehensvergabe in geeigneter Weise fördert. Mit dem ersten Verfahren - staatlichen Studienkrediten - gibt es in Deutschland hinreichende Erfahrungen. Die staatliche Förderung "geeigneter und bedürftiger" Studenten an den wissenschaftlichen Hochschulen in der Richterl Eufinger (1993, 386) und Schwirten (1998, 240). Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Centrum für Hochschulentwicklung (1998); kritisch dazu Schwirten (1999). 71
72
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb
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Bundesrepublik Deutschland wurde mit dem "Honnefer Modell" im Jahr
1955 eingeleitet.73 Nach diesem Förderungsprogramm wurde für zwei Semes-
ter ein Stipendium - ein nicht zurückzuzahlendes "Darlehen"- gewährt, danach ein Darlehen von 40% der Zahlung, die - abhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers - maximal 2500 DM jährlich betrug. Bei einem erfolgreichen Studienabschluss verminderte sich die maximale jährliche Verschuldung von 2500 DM auf 1500 DM. Gefördert wurden zwischen 15 bis 20% der Studenten. Die Mittel zur Finanzierung des Programms- jährlich etwa 180 Millionen DM- brachten Bund und Länder zu gleichen Teilen auf. Im Jahr 1959 wurde diese Art der Förderung auf andere Hochschulen übertragen ("Rhöndorfer Modell"), im Jahr 1969 durch das ausschließlich vom Bund finanzierte BAföG ersetzt. Dieses Gesetz schließt Schüler und neuerdings auch Handwerker ("Meister-BAföG") ein, deren Aufstieg gefördert wird. Studenten haben für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Förderung einen Rechtsanspruch, wenn ihnen die erforderlichen Mittel für einen Lebensunterhalt anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Die Erfahrungen mit Studienkrediten nach dem "Honnefer Modell" können als positiv bezeichnet werden. Die Studentenwerke, die mit der Einziehung der Darlehen beauftragt waren, berichteten von einer guten Zahlungsmoral, auch wenn genauere Angaben über die Forderungsausfälle fehlen. Diese Beobachtung deckt sich mit der Tatsache, dass die Haushaltsansätze der Länder für die Darlehensrückflüsse von den tatsächlichen Zahlungseingängen meist übertroffen worden sind. Zu diesen positiven Erfahrungen dürften bestimmte Eigenheiten des Honnefer Modells beigetragen haben, wie die Kontakte zu den Darlehensgebern, die dezentrale Vergabe und Einziehung der Darlehen sowie der privatrechtliche Charakter des Kreditvertrags. Die Erfahrungen mit dem BAföG sind dagegen negativ. Die Rückzahlungsmoral wird von den damit beauftragten Stellen generell als schlecht bezeichnet, obwohl - im Vergleich zu den Zeiten des Honnefer Modells - die gestiegenen Einkommen als Rückzahlungsvoraussetzung besser geworden sind. Die Bundeskasse beziffert die Forderungsausfälle auf 30% - ein weltweiter Rekord für Studiendarlehen. Ursachen für diese Entwicklung dürften sein: der Rechtsanspruch auf ein Darlehen, die Anonymität von Kreditgeber und -nehmer sowie geringe Anreize einer zentralen Bundesstelle bei der Einziehung der Darlehen. Wenn an dem Verfahren einer Vergabe von Studienkrediten durch den Staat überhaupt festgehalten werden soll - was nicht vorgeschlagen wird-, empfiehlt es sich zumindest, die gesetzlichen Regelungen für eine Kreditgewährung so zu ändern, wie es insbesondere die deutschen Erfahrungen nahe legen. Weil die gegenwärtige Bundesregierung an eine konzeptionelle Neugestaltung der staatlichen Studienhilfen denkt, bietet sich eine Änderung des geltenden Rechts ohnedies an. 73
Vgl. auch zum folgenden Lith (1985, 175ff.).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
Ein zweites Verfahren zur Bereitstellung von Studienkrediten ist eine staatliche Unterstützung privater Darlehensgeber. Bei dieser Verfahrensweise sind Studienkredite konventionelle Darlehen, für die es an den Finanzmärkten eine Vielzahl an Formen gibt, mit der Besonderheit einer staatlichen Ausfallbürgschaft. Diese Bürgschaft soll typische Risiken von Studiendarlehen abdecken. Über private Studienkredite mit staatlicher Bürgschaft gibt es in Deutschland keine Erfahrungen, wohl aber in vielen anderen Ländern (z.B. in den skandinavischen Ländern, den USA und Japan).74 Diese Erfahrungen widerlegen die Behauptung auch amtlicher deutscher Stellen, Studenten- vor allem aus Familien mit geringem Einkommen - fehle es an einer Bereitschaft zu einer Verschuldung. Sie zeigen vielmehr, dass die Risiken von Investitionen in Humankapital oft überschätzt werden und dort am geringsten sind, wo sie flexibel gehandhabt werden - etwa bei der Stundung für besondere Umstände - und die Darlehensnehmer gegen unverschuldete Rückzahlungsunfähigkeit - wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und Tod- versichert sind. Es wird deshalb empfohlen - und gegenüber einer staatlichen Darlehensvergabe präfedert -, die Errichtung eines privaten Finanzierungssystems für Studienkredite mit staatlicher Ausfallbürgschaft zu unterstützen. In welcher Form dies im Einzelnen geschieht, kann dahingestellt bleiben. So wäre eine Bürgschaftsübernahme mit Abwicklung jedes Darlehensvertrages durch staatseigene Institutionen nicht nötig, wenn damit Versicherungen- wie bei bestimmten Exportkrediten schon üblich -oder Banken im Auftrag des Staates tätig würden. Vorschläge für staatlich verbürgte Studienkredite hierzulande sind in der Vergangenheit wiederholt gemacht, aber niemals umgesetzt worden. Die Erhöhung der Ausbildungskosten durch Studiengebühren würde Familien mit mehreren Kindern im studierfähigen Alter besonders stark belasten und sollte deswegen sozialpolitisch abgefedert werden. Dieser Belastung wurde schon in der Vergangenheit durch das Steuersystem nicht hinreichend Rechnung getragen, wie das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen entschieden hat. Es wird empfohlen, die Ausbildungsfreibeträge insbesondere für solche Familien mit einer Einführung von Studiengebühren zu erhöhen. Dadurch entstehende Einnahmenausfälle dürften sich in Grenzen halten, jedenfalls den Spielraum für eine allgemeine Steuersenkung, der durch die Haushaltsersparnis mit der Einführung von Studiengebühren geschaffen wird, nicht ausschöpfen. 4.3.3 Gründe gegen Bildungsgutscheine und Akademikersteuer
Als finanzielle Anreize für Wettbewerb im Hochschulsystem werden anstelle von Studiengebühren häufig Bildungsgutscheine und eine Akademikersteuer genannt. Bildungsgutscheine - auch Bildungsscheine genannt - sind 74
Lith (1985, 176).
4.3 Finanzielle Anreize für Wettbewerb
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ganz allgemein an Bildungsnachfrager vom Staat kostenlos verteilte Wertpapiere, die bei einem Bildungsanbieter der Wahl abgegeben werden, auch nur dort Gültigkeit haben und zur Inanspruchnahme des Angebots berechtigen.75 An der staatlichen Finanzierung der Hochschulen würde sich bei einer Ausgabe von Bildungsgutscheinen für Studenten nichts ändern. Die öffentlichen Mittel gingen den Hochschulen nicht wie bisher durch staatliche Zuweisungen unmittelbar zu, sondern mittelbar über die von den Studenten erhaltenen Bildungsgutscheine. Die Verteilung der den einzelnen Hochschulen zufließenden öffentlichen Mittel wird nicht mehr durch Entscheidungen staatlicher Stellen, sondern durch Wahlakte der Studenten vorgenommen. Bisherige Verteilungskämpfe zwischen den Hochschulen eines Landes, aber auch innerhalb der Hochschulen zwischen den Fächern, könnten sich dadurch entschärfen. Der Wettbewerb der Hochschulen um Studenten würde verstärkt und das Ausbildungsangebot verbessert. Bei einer entsprechenden Ausgestaltung sind die allokativen Wirkungen von Bildungsgutscheinen denen von Studiengebühren ähnlich. Mehrere Gründe sprechen jedoch dagegen, dass Bildungsgutscheine eine Alternative zu Studiengebühren sein können. Ein gravierender Einwand gegen Bildungsgutscheine ist - erstens -, dass sich mit ihrer Einführung an der ausschließlichen Finanzierung der Hochschulen über Steuern nichts ändern würde. Es gäbe keine Umschichtung von Steuern auf Gebühren, es bliebe bei einer Einkommensumverteilung mit einer Begünstigung der Bezieher hoher Einkommen und bei einer Überfüllung der Hochschulen. Von Bildungsgutscheinen gehen anders als von Studiengebühren keine distributiven Wirkungen aus. Sie schaffen - zweitens - vielmehr neue Verteilungsprobleme. Wenn Bildungsgutscheine mit einem hohen Geldwert nur an Studenten ausgegeben werden, wird zwangsläufig die Frage auftauchen, warum Altersgenossen, die nicht studieren, für ihre Ausbildung keine Gutscheine erhalten. Die gesamte heranwachsende Bevölkerung bis zum Lebensalter der Studenten bei Studienabschluss mit Gutscheinen zu versorgen, dürfte aus wirtschaftlichen Gründen ausscheiden. Es ist deswegen kein Zufall, dass Modellversuche mit Bildungsgutscheinen nur in wenigen Ländern und ausschließlich an Schulen stattfanden, zu deren Besuch eine allgemeine Pflicht besteht. Eine Ausnahme im Hochschulbereich war die Ausgabe von Bildungsgutscheinen in den USA an die aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehrenden Soldaten (GI Bill). Die Akademikersteuer sieht vor, Studenten nach Abschluss ihres Studiums an den Kosten ihrer Ausbildung zu beteiligen.76 Diese Intention lässt sich auf verschiedene Weise realisieren, etwa durch einen zeitlich unbegrenzten Zuschlag zur Einkommensteuer oder durch Tilgung eines bestimmten Betrages 75 Vgl. den ausführlichen, auch historischen Überblick bei Lith (1985, 182ff.) und Mangold u.a. (1999). 76 Dazu im deutschen Schrifttum umfassend Kuna (1980).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
in Raten. Durch eine Akademikersteuer würde eine Umverteilung von überdurchschnittlichen zu unterdurchschnittlichen Einkommen bewirkt. Doch wie bei Bildungsgutscheinen sprechen einige Gründe dagegen, eine Akademikersteuer als Alternative zu Studiengebühren anzusehen. Ein erster Einwand ist, dass sich die Wirkungen einer Akademikersteuer vor allem auf die Redistribution beschränken. Einen Effekt auf das Leistungsangebot der Hochschulen gibt es nur insoweit, als die Studenten die künftig eintretende Belastung zutreffend antizipieren. Die auf diesem Weg induzierten Wirkungen allokativer Art dürften gering bleiben, sofern sie überhaupt auftreten. Auch an der Finanzierung der Hochschulen aus dem Staatshaushalt würde sich anders als bei Studiengebühren nichts ändern. Mit der Einführung einer Akademikersteuer werden - zweitens - einige Fragen aufgeworfen, so vor allem, ob eine Subvention ein hinreichender Grund für eine Sondersteuer sein kann oder wie andere Subventionsempfänger steuerlich zu behandeln sind. Zusammenfassend sei festgehalten, dass Bildungsgutscheine nur allokative, eine Akademikersteuer nur distributive Wirkungen haben und damit jeweils nur einen Teil der anstehenden Probleme lösen können, zu deren Bewältigung Studiengebühren geeignet sind.
4.4 Wettbewerb durch Deregulierungen 4.4.1 Freie Wahl der Hochschulen bei der Aufnahme von Studenten
Das Niveau der akademischen Ausbildung hängt entscheidend von der Qualifikation der Professoren und Studenten ab. Eine Hochschule kann nur so gut sein wie ihre akademischen Lehrer und Schüler. Dass die Qualifikation der Lehrpersonen ein unerlässliches Erfordernis für eine gute Hochschulausbildung ist, wird allgemein gesehen. Das zweite Erfordernis- die Qualifikation der Studenten- ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend aus dem Blickfeld geraten. In dieser Hinsicht weichen deutsche Hochschulen stärker als auf anderen Gebieten von Hochschulen im Ausland ab. So halten amerikanische Universitäten, die auf hohe Anforderungen achten, landesweit und international nach den besten Studenten Ausschau. Eine Reform der Hochschulen in Deutschland bliebe ein Torso, wenn es nicht gelänge, der Freiheit der Studenten, eine Hochschule zu wählen, eine andere an die Seite zu stellen: die Freiheit der Hochschulen, sich ihre Studenten auszusuchen. Der Verwirklichung der Hochschulfreiheit bei der Auswahl von Studenten steht das geltende Recht entgegen. Nach dem Hochschulrahmengesetz kann sich ein Deutscher, der eine auf das Studium vorbereitende Schulbildung erfolgreich abgeschlossen hat, an einer Hochschule seiner Wahl einschreiben lassen (§27 HRG). Gleiches gilt für Ausländer, wenn diese die für das Studium erforderlichen Sprachkenntnisse nachweisen. Nur ausnahmsweise reicht das
4.4 Wettbewerb durch Deregulierungen
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Abitur als Zulassungsvoraussetzung nicht aus. In den Bereichen Sport, Kunst, Musik und zweisprachige Studiengänge überprüfen auch die Hochschulen die Qualifikation der Bewerber. Davon abgesehen entscheiden damit ausschließlich Schulen, wer als Student einzuschreiben ist, sofern nicht tatsächliche Beschränkungen in überfüllten Studiengängen bestehen. Dieses, auch früher international unübliche Zulassungsverfahren bedarf wegen einer bestimmten Entwicklung dringend der Reform: Als Folge der Bildungswerbung in den sechziger und siebziger Jahren - zum Teil auch wegen geburtenstarker Jahrgänge- haben sich die Abiturientenzahlen sprunghaft erhöht (1970: 91000; 1981: 258000) und auf einem hohen Niveau stabilisiert (1994: 250000; alle Zahlen für das frühere Bundesgebiet).?? Die Leistungsanforderungen in den Schulen wurden teilweise herabgesetzt oder unterlaufen, vor allem durch eine dem Schüler erlaubte Abwahl schwerer, für viele Hochschulstudiengänge aber wichtiger Fächer, wie Fremdsprachen und Mathematik. Deswegen gibt es auch nicht mehr "das" Abitur, das bisher eine verlässliche Prognose für die Studierfähigkeit erlaubte, sondern nur noch Abschlüsse, die im Niveau vor allem zwischen den Bundesländern erheblich streuen und den Anforderungen eines Hochschulstudiums oft nicht genügen, wie die mit der Abiturinflation rapide angestiegene Zahl der Studienahbrecher belegt. Dieser Tatbestand ist weitgehend unstreitig. Bemühungen in einigen Bundesländern, ihn zu beheben - z. B. durch landeseinheitliche schriftliche Abituraufgaben - haben vorhandene Unterschiede zwischen den Bundesländern weiter verstärkt. Wenn den Hochschulen versagt wird, auf die Auswahl ihrer Studenten Einfluss zu nehmen, werden sie des wichtigen Mittels beraubt, Wettbewerb um die besten Studenten zu entfalten und unqualifizierte Bewerber abzuweisen. Es empfiehlt sich deshalb, den Hochschulzugang neu zu ordnen und auch in Deutschland das weltweit üblich Verfahren zuzulassen, dass die Hochschulen ihre Studenten selbst auswählen können. 78 Dabei sollte an der Voraussetzung festgehalten werden, dass eine auf das Studium vorbereitende Schulbildung erfolgreich abgeschlossen worden ist, also für ein Universitätsstudium die allgemeine Hochschulreife (Abitur), für ein Fachhochschulstudium die Fachhochschulreife vorliegt. Schulen und Hochschule wirken auf diese Weise gemeinsam bei der Zulassung mit. Dieses Verfahren deckt sich mit der bereits an Kunst-, Musik- und Sporthochschulen geübten Zulassungspraxis. Ausgeschlossen werden sollte dagegen ein Hochschulzulassung ohne eine vorbereitende Schulbildung, die das Hochschulrahmengesetz erlaubt (§27 Absatz 2 HRG). Von dieser Möglichkeit wird in einigen Bundesländern, wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, Gebrauch gemacht. Dort können Berufstätige nach einer Überprüfung zum Studium an Universitäten und 77
Bundesministerium für Bildung und Forschung (1999, 81).
Vgl. v.a. Dallinger (1998), der sich im Schrifttum und als leitender Beamter des zuständigen Bundsministeriums filr eine Änderung des geltenden Zulassungsrechts eingesetzt hat. 78
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
Fachhochschulen zugelassen werden. Das Studium für Berufstätige ohne Schulabschluss ist Ausfluss sowohl einer bestimmten bildungspolitischen Ideologie als auch der Forderung vor allem von Handwerksverbänden, die Lehrlinge dadurch gewinnen wollen, dass sie auf spätere Möglichkeiten für ein Studium hinweisen können. Berufstätige sollten darauf verwiesen werden, die allgemeine Hochschulreife an Abendgymnasien oder durch eine Sonderreifeprüfung zu erlangen. Die rechtliche Umsetzung der Empfehlung hängt davon ab, ob eine bundesweite Regelung angestrebt wird oder nur eine für die einzelnen Bundesländer. Für den Wettbewerb zwischen den Bundesländern wäre eine länderübergreifende Regelung nachteilig. Deshalb ist oben die Frage aufgeworfen worden, ob das Hochschulrahmengesetz nicht ersatzlos gestrichen werden sollte, wie es neuerdings von einigen Ministerpräsidenten gefordert wird. Käme es dazu, würde sich eine Reihe von Beschlüssen der Kultusministerkonferenz zum Hochschulzugang erübrigen. Der Zugang wäre dann landesgesetzlich zu regeln, was nicht heißt, dass er landeseinheitlich-ohne Unterschiede zwischen den Landeshochschulen - sein müsste. Dass es zwischen den Bundesländern und den Hochschulen zu Abweichungen kommt, ein bundesweiter Wechsel während des Studiums auch beeinträchtigt wird, wäre im Hinblick auf die Vorteile eines Wettbewerbs um Studenten hinzunehmen. Bei einer länderübergreifenden Regelung durch das Hochschulrahmengesetz sollte deshalb die Möglichkeit von unterschiedlichen Zulassungsanforderungen einzelner Bundesländer und Hochschulen gewahrt bleiben. Dem trägt beispielsweise ein Vorschlag des sächsischen Wissenschaftsministers vom Juni 1995 Rechnung, den die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft im Jahr danach aufgenommen und ergänzt haben.79 Nach dem Vorschlag der deutschen Wirtschaft soll § 27 des Hochschulrahmengesetzes zunächst durch die Vorschrift erweitert werden, dass der Nachweis zum Studium nicht nur durch einen auf das Studium vorbereitenden Schulabschluss, sondern darüber hinaus durch eine Entscheidung der Hochschule erbracht wird. Ergänzend wird vorgeschlagen, dass die aufnehmende Hochschule ermächtigt sein soll zu entscheiden, ob und welche weiteren Leistungs- und Eignungsfeststellungen für den gewählten Studiengang erforderlich sind. Ein dahingehender Vorschlag ist auch in einer Ausarbeitung aus dem Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft mit dem Titel "Hochschulen im 21. Jahrhundert" enthalten, die der Vorbereitung der letzten Novelle zum Hochschulrahmengesetz diente, dort aber keinen Eingang fand.so Der Einzug des Wettbewerbs bei der Zulassung würde das Verhalten von Bewerbern und die Entscheidungen von Schule und Hochschule tiefgehend verändern. Wenn bekannt wird, welche Anforderungen eine bestimmte 79
Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) (1996).
so Zu Einzelheiten Dallinger (1998, 147ff.).
4.4 Wettbewerb durch Deregulierungen
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Hochschule stellt, werden sich die Schüler anders als bisher verhalten. Will die Schule dem Wunsch von Schülern, die dort studieren möchten, Rechnung tragen, muss sie die von der Hochschule verlangten Anforderungen berücksichtigen. Mit dieser Aufgabenverteilung zwischen Schule und Hochschule nicht zu vereinbaren wäre ein "Studium auf Probe", wie in der Diskussion um die Neuordnung des Hochschulzugangs gelegentlich vorgeschlagen wird. Es kann nicht die Aufgabe der Hochschule sein, Defizite der Schulausbildung zu beheben. Die Hochschulen sollten frei bleiben zu entscheiden, ob und welche Leistungs- und Eignungsfeststellungen sie für erforderlich halten, aber auf eine Transparenz des Verfahrens hochschulintern und nach außen achten. So mag es Hochschulen geben, die vom Bewerber bei einem bestimmten Studiengang nur das Abitur verlangen, während andere auf ergänzende Feststellungen nicht verzichten wollen, wofür es verschiedene Möglichkeiten gibt, wie Fähigkeitstests, Fremdsprachenprüfungen und Auswahlgespräche. Sicher dürfte sein, dass mit einem Wettbewerb bei der Zulassung die bisher erzwungene Gleichheit in der Ausbildung von Studenten aufgegeben wird zugunsten einer breiten Differenzierung in den Ausbildungsqualitäten, die den menschlichen Leistungs- und Begabungsunterschieden besser entspricht. Da deutsche Hochschulen in der Vergangenheit ihre Studenten nicht ausgewählt haben, kommt bei einer Reform der Zulassung eine Aufgabe auf sie zu, für die sie nicht gerüstet sind. Die Hochschulen, die seit Jahren über die Zustände bei der Erstausbildung klagen, werden nur glaubwürdig sein, wenn sie bei der Beseitigung des Übels tatkräftig mitwirken und ihr Engagement nicht von der Zuweisung neuer Stellen abhängig machen. Es wird erforderlich werden, Auswahlkommissionen für die Zulassung einzusetzen und geeignete Verfahren zur Leistungsfeststellung- etwa für Tests oder Interviews- zu entwickeln. Dabei könnte auf Erfahrungen in anderen Ländern zurückgegriffen werden. In dem Maße, in dem die Hochschulen bei der Zulassung mitwirken, wird der Eindruck ihrer Handlungsunfähigkeit verschwinden, ihr Einfluss auf die Ausbildung verstärkt und für sie ein neuer Antrieb entstehen, ihre Lehre zu verbessern. 4.4.2 Erleichterung von privaten Hochschulgründungen In fast allen demokratisch regierten Ländern gibt es eine Mischung von staatlichen und privaten Hochschulen, die sich für den Wettbewerb als vorteilhaft erwiesen hat. Ein intensiver Wettbewerb zwischen Hochschulen ist vor allem in Ländern zu beobachten, in denen - wie in den USA und Japan - der Anteil oder die Bedeutung privater Hochschulen groß ist. Für ein Land mit einem traditionellen System staatlicher Hochschulen wie Deutschland wäre mit einer Verstärkung des in Ansätzen vorhandenen privaten Hochschulsektors eine Belebung des Wettbewerbs auch und gerade bei der Erstausbildung von Studenten zu erwarten. Seit den siebziger Jahren hat hierzulande die Zahl
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
nichtstaatlicher Hochschulen, vor allem die der Fachhochschulen, rasch zugenommen, so dass derzeit etwa jede vierte Hochschule einen privaten Träger hat (siehe Tabelle 1). Diese hohe Quote täuscht über die quantitative Bedeutung der meist kleinen privaten Hochschulen hinweg, an denen nur 2% der Studenten eingeschrieben sind.St Von diesen entfällt der größte Teil auf die kirchlichen Fachhochschulen. Unter den privaten Hochschulen gibt es acht mit Studiengängen wie an Universitäten (für Humanmedizin, Zahnmedizin und Wirtschaftswissenschaften), die in einigen Fällen- wie die Hochschulen in Eichstätt und Witten/Herdecke- auch die Bezeichnung Universität führen. Private Universitäten mit einem breiten Fächerangebot fehlen bisher in der deutschen Hochschullandschaft Durch internationale Privatuniversitäten, die im Entstehen begriffen sind, dürfte sich an diesem Zustand nichts Wesentliches ändern. Angezeigt für eine künftige Verstärkung des privaten Hochschulsektors und des Wettbewerbs insgesamt wäre zunächst ein Abbau der rechtlichen Oberregulierung, die den Zugang von privaten Hochschulen behindert und ihre Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt, wie nachfolgend erläutert sei. Der Staat hat als Träger der Hochschulen erst in den siebziger Jahren damit begonnen, das Monopol, das er mit Ausnahme des kirchlichen Hochschulbereichs innehatte, aufzugeben. Es hätte in einer freiheitlichen Demokratie mit einer marktwirtschaftliehen Ordnung nahegelegen, die Gewerbefreiheit als Prinzip auch für Hochschulgründungen anzusehen und es dem Wettbewerb zu überlassen, ob und inwieweit Abschlüsse privater Hochschulen auf dem Arbeitsmarkt Anerkennung finden. Diese Möglichkeit ist aber den privaten Hochschulen faktisch verwehrt worden durch das Erfordernis der staatlichen Anerkennung,82 das in einem traditionell staatlichen Hochschulsystem für die öffentlichen Arbeitgeber eine zwingende, für die privaten Arbeitgeber eine wichtige Entscheidungsgrundlage darstellt. Überdies werden in der Regel für die Erstausbildung öffentliche Mittel sowie Steuervorteile für Nachfrager und Anbieter nur bei einer staatlichen Anerkennung der Hochschulen gewährt. Ohne diese Anerkennung sind auch private Hochschulen unter den in Deutschland bestehenden Verhältnissen nicht existenzfähig, wie das Beispiel der ehemals Nordischen Universität Flensburg zeigt. Bundesweit wurde erstmals im Hochschulrahmengesetz von 1976 geregelt, welche Auflagen erfüllt sein müssen, wenn nichtstaatlichen Hochschulen die staatliche Anerkennung verliehen werden soll (§ 70 HRG ). Aus einer langen Liste von Auflagen seien drei herausgegriffen: Die Studienziele müssen sich am Hochschulrahmengesetz orientieren; es müssen mehrere nebeneinander 81 Bundesministerium für Bildung und Forschung (1998b) und Konegen-Grenier (1995). 82 Immerhin scheint ein Umdenken erkennbar. Das Bundesministerium für Justiz hat im Jahr 2000 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die prüft, ob für die Errichtung einer Stiftung künftig auf die staatliche Stiftungsgenehmigung verzichtet werden kann und Stiftungen ähnlich den Vereinen durch Eintragungen in ein Register entstehen dürfen.
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bestehende oder aufeinander folgende Studiengänge angeboten werden; hauptberuflich Lehrende müssen die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für eine Tätigkeit an staatlichen Hochschulen gelten. Das erklärte Ziel einer staatlichen Anerkennung ist die Herstellung eines Mindestmaßes an Homogenität von nichtstaatlichen und staatlichen Hochschulen. In den ausführenden Ländergesetzen gibt es zum Teil erheblich weitergehende Regelungen. So ist z. B. in Nordrhein-Westfalen eine zusätzliche Voraussetzung einer staatlichen Anerkennung, dass der Bestand der Hochschule sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Hochschulpersonals dauerhaft gesichert sind (§ 114 Universitätsgesetz und§ 74 Fachhochschulgesetz). Es liegt auf der Hand, dass über die Erfüllung solcher Anforderungen, die eine Prognose über die künftige wirtschaftliche Entwicklung einer Hochschule impliziert, verschiedene Ansichten bestehen. Als hinderlich haben sich insbesondere die personellen Vorgaben erwiesen, wie zum Beispiel die Festschreibung der Habilitation für hauptamtliche Lehrkräfte, die erfahrenen Berufspraktikern eine Tätigkeit versperrt.83 Nach allem ist es nicht verwunderlich, dass über Anträge auf eine staatliche Anerkennung meist erst nach jahrelangen Verhandlungen zwischen Antragsteller und Genehmigungsbehörde entschieden wird, wodurch die Antragsteller zu Konzessionen veranlasst werden, die ihren Handlungsspielraum im Wettbewerb verkleinern. Fragwürdig ist schließlich, dass die Genehmigungsbehörde für eine staatliche Anerkennung privater Hochschulen identisch ist mit der Wissenschaftsverwaltung staatlicher Hochschulen. Ein noch größeres Hindernis als die rechtliche Überregulierung ist die Beschaffung finanzieller Mittel für private Hochschulen. Für die Gründung und den laufenden Unterhalt entstehen hohe Kosten, die auf Dauer ohne nennenswerte staatliche Unterstützung gedeckt werden müssen. Nach Erfahrungen mit neuen staatlichen Hochschulen sind die Gründungskosten-vor allem für Bauten und Einrichtungen- für kleinere bis mittlere Universitäten ohne eine medizinische Fakultät mit etwa 500 Millionen DM zu veranschlagen, die Kosten für den Unterhalt pro Jahr mit etwa einem Drittel davon, also mit 170 Millionen DM. Kommt die Medizin dazu, sind diese Beträge mindestens zu verdoppeln. Insbesondere die Gründungskosten müssen voll aufgebracht werden, während sich die Unterhaltskosten durch Studiengebühren vermindern lassen. Vor allem aus zwei Gründen ist es bisher in Deutschland nicht möglich gewesen, solche Beträge aus privaten Spenden aufzubringen. Erstens hat die staatliche Vorsorge für die akademische Ausbildung keinen Bedarfund damit keine Tradition für wissenschaftliche Stiftungen entstehen lassen, die ihre Aufgabe in der Gründung und dem Unterhalt einer Universität sehen.S4 Das Stiftungsvermögen der deutschen Neugründungen mit universitären Rang liegt weit unterhalb der genannten Zahlen. Zu einer Gründung kommt es oft erst- wie gegen83
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Institut der deutschen Wirtschaft (1995, 5). Vgl., auch zum folgenden Helberger (2000, 221 ff.).
5 Woll
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
wärtig in Bruchsal und Stuttgart -, wenn staatliche Zuschüsse während der Aufbauphase gewährt werden. Selbst dann reicht es nur für kostengünstige wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge. Die private, ursprilnglich auf die medizinische Ausbildung beschränkte Hochschule Witten/Herdecke ist nur scheinbar eine Ausnahme, weil sie inzwischen eine erhebliche laufende Unterstützung vom Land erhält. Zweitens wird die Bereitstellung privater Mittel durch das Steuerrecht behindert. Die Steuerbefreiung von Spenden hängt davon ab, wie die steuermindernde Gemeinnützigkeit abgegrenzt wird. Diese Abgrenzung ist eng und- im internationalen Vergleich- auf relativ kleine Beträge beschränkt, so dass das gesamte Spendenaufkommen gering bleibt. So können Spenden für die Wissenschaft in Deutschland von den zu versteuernden Einkünften bis maximallO%, in den USA dagegen von der Steuerschuld bis zu 50% abgezogen werden. Anderes kommt erschwerend hinzu, so die für Hochschulen bedeutsame Vorschrift der Abgabenordnung, nach der gemeinnützige Einrichtungen Stiftungsmittel zeitnah verwenden müssen. Daraus folgern die Behörden, dass es verboten ist, einer Hochschule Mittel zu stiften, aus deren Zinsen die wissenschaftliche Lehre und Forschung finanziert wird. Deshalb dürfen sogenannte "Stiftungslehrstühle" in Deutschland nur durch laufende Zahlungen des Stifters für eine begrenzte Zeit unterhalten werden.S5 Eine immer wieder angemahnte durchgreifende Reform des Steuerrechts86 und des Stiftungsrechts87 hat es bisher nicht gegeben. Sie ist auch nicht zu erwarten, weil bei denjeweils Regierenden die Befürchtung vorherrscht, dass die Steuerausfälle größer sein werden als das Spendenaufkommen für gemeinnützige Zwecke. Zudem müssten sich Bund und Länder über die Verteilung des Ausfalls bei einer Einkommensteueränderung einigen, was durch die Tatsache, dass die Länder Träger der Hochschulen sind, ein zusätzliches Reformhemmnis ist. Der einzige realistische Weg, um das erforderliche Stiftungskapital aufzubringen, scheint ein Rückgriff auf ein bestimmtes öffentliches Vermögen: Es wird vorgeschlagen, private Hochschulen aus Privatisierungserlösen staatlicher Unternehmen zu finanzieren. Dieser Vorschlag ist, auch wenn er unvertraut klingen mag, keineswegs neu. Er knüpft an eine, auch öffentliche geführte Diskussion vor drei Jahrzehnten an. In dieser Diskussion ging es um die Frage, was mit dem Erlös aus dem Verkauf der Anteile des Bundesam Volkswagenwerk geschehen soll. An die in den letzten Jahren üblich gewordene Verwendung von Privatisierungserlösen Einstellung in den Haushalt zur Verringerung eines Defizits- wurde nicht gedacht, wohl aber an die Gründung einer Universität mit Reformcharakter, die ss Lith (1990, 488) und Seifart (1987, 450). 86 Im Zuge der Änderungen des Einkommensteuerrechts sind die künftig geltenden Sätze für Sonderausgaben erhöht worden. Von einer durchgreifenden Reform des Steuerrechts zugunsten der Stiftungen kann jedoch - anders als amtliche Verlautbarungen Glauben machen wollen- nicht die Rede sein. 87
Seifart (1987, 61ff.}.
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von einer privaten Stiftung zu tragen sei. Der Privatisierungserlös von mehreren Milliarden DM wäre für die Gründung und den Unterhalt ausreichend gewesen. Offenbar scheint jedoch die Zeit für ein solches Vorhaben noch nicht reif gewesen zu sein. Auch die Tatsache, dass die Länder und nicht der Bund Träger der Hochschulen sind, dürfte eine Rolle für die Entscheidung gespielt haben. Der Stiftung Volkswagenwerk ist deshalb als Aufgabe übertragen worden, die Wissenschaft im Allgemeinen zu fördern, wie es schon durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geschieht. Der Abbau des staatlichen Monopols in der akademischen Ausbildung und das allseitige Verlangen nach einem verstärkten Wettbewerb zwischen den Hochschulen legen es nahe, die Idee, Hochschulen aus Privatisierungserlösen zu finanzieren, wieder aufzugreifen. Dafür spricht auch, dass die Länder, die für die Hochschulen verantwortlich sind, sich bei Privatisierungen in der Vergangenheit anders als der Bund sehr zurückgehalten haben und deshalb noch über einen erheblichen Bestand an gefragten Unternehmungen verfügen. Zu denken wäre unter anderem an die den Ländern gehörenden Banken von oft beträchtlichem Marktwert, deren Verkauf auch aus ordnungspolitischen Gründen zu empfehlen ist.88 4.4.3 Abkehr vom hochschulrechtlichen Aktionismus, Abbau unnötiger Regelungen und Warnung vor falschen Wegen In einer Wettbewerbsordnung ist nach Walter Eucken Konstanz der Wirtschaftspolitik ein zentrales Erfordernis.89 Ohne dieses Prinzip, "bei einer nervösen Unrast, die oft heute verwirft, was gestern galt," sei eine Wettbewerbsordnung nicht funktionsfähig. Das durch Erfahrungen immer wieder bestätigte Prinzip gehört zu den unbestrittenen essentiellen Merkmalen einer rationalen Wirtschaftspolitik. Gleichwohl wird auch in Fällen, in denen ausdrücklich eine Verbesserung des Wettbewerbs angestrebt wird, häufig dagegen verstoßen, bei der Durchsetzung von Mehrheitsentscheidungen nicht auf Kontinuität geachtet. Diese Beobachtung trifft auch auf die Hochschulpolitik der letzten Jahrzehnte zu, für die ein permanenter Interventionismus der Gesetzgeber in Bund und Ländern charakteristisch ist. Dringend geboten ist deshalb für eine allseitig geforderte Reform durch Wettbewerb eine Abkehr vom hochschulrechtlichen Aktionismus. Dieser Aktionismus setzte um das Jahr 1970 ein. Um die damals in den Bundesländern aufkommende, früher unbekannte Gesetzgebung für Hochschulen zu harmonisieren, wurde nach einer erforderlichen Verfassungsänderung das Hochschulrahmengesetz im Jahr 1976 verabschiedet. Dieses Gesetz wurde seitdem mehrmals novelliert, wobei es nicht nur um Marginalien ging, sondern auch um für einen Wettbewerb wichtige Vorschriften. Die Änderungen des Hoch88 89
s•
Möschel (1999). Eucken (1952, 285).
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
Schulrahmengesetzes haben in der Regel zu Novellierungen der ausführenden Gesetze in ursprünglich elf, seit 1990 in sechzehn Bundesländern geführt, diese wiederum zu meistens vom Minister zu genehmigende Satzungsänderungen in einigen hundert Hochschulen. Ein solcher hochschulrechtlicher Aktionismus behindert den Wettbewerb, weil sich dessen Bedingungen ständig verflüchtigen und kein Vertrauen auf künftige Rahmenbedingungen entstehen kann, absorbiert aber auch ein enormes Maß an Arbeitskraft, das sonst für Lehre und Forschung zur Verfügung stünde. Zur Sicherstellung dieses Arbeitspotentials scheint es nur konsequent, alle Mitglieder einer Hochschule zur Mitwirkung an der Selbstverwaltung zu verpflichten (§37 HRG), was im übrigen auch von privaten Hochschulen bei einer staatlichen Anerkennung verlangt wird ( § 70 HRG). Nach der letzten Novelle des Hochschulrahmengesetzes vom August 1998 haben die Landesregierungen wie üblich Änderungsgesetze in Angriff genommen, den Parlamenten zugeleitet oder gar schon in einigen Ländern verabschiedet.90 Noch bevor diese Novellierungswelle die letzte Hochschule erreichen konnte, ist erneut mit einer Änderung des Hochschulrahmengesetzes zu rechnen. Einen Monat nach der Verabschiedung der letzten Novelle kam es im Bund zu einerneuen Regierungskoalition, die eine abermalige Novellierung des Rahmengesetzes und weitere Gesetzesänderungen zu Regelungen vereinbarte, die für den Wettbewerb innerhalb der Hochschulen und zwischen ihnen von erheblicher Tragweite sind (siehe 3.2). Statt Kontinuität oder behutsame Anpassung der Rechtsvorschriften, die für eine den Wettbewerb förderliche Hochschulpolitik angezeigt wäre, haben sich Tempo und Ausmaß staatlicher Interventionen vergrößert. Auch wenn eine Abkehr vom hochschulrechtlichen Aktionismus geboten ist, sollten unnötige Regelungen, vor allem, wenn sie den Wettbewerb behindern, abgebaut werden. Es sei daran erinnert, dass die Universitäten in Deutschland über Jahrhunderte hinweg ohne besondere Hochschulgesetze ausgekommen sind, wie es heute noch in vielen Ländern der Fall ist. Dass eine ersatzlose Streichung zumindest des Hochschulrahmengesetzes für die gesetzlichen Regelungen in den Ländern ohne negative Folgen bleiben und für den Wettbewerb positive Wirkungen entfalten könnte, wird zunehmend von in der Verantwortung stehenden Politikern gesehen. Der Vorschlag, den Status quo ante auch in den Ländern herzustellen, würde zwar gut in das Konzept eines marktwirtschaftlich orientierten Hochschulsystems passen, dürfte jedoch kaum Aussicht auf Erfolg haben. Realistisch scheint demgegenüber die Empfehlung, die Landeshochschulgesetze mit dem Ziel abzurüsten, dem Wettbewerb neue Möglichkeiten zu eröffnen. Dies war auch eine Intention bei der zum ersten Mal vorgenommenen Verschlankung des Hochschulrahmengesetzes, die jedoch nicht konsequent genug verwirklicht wurde. 90
Lippert (1999).
4.4 Wettbewerb durch Deregulierungen
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Zur Verdeutlichung mag ein Beispiel zur Rechtsform der Hochschule genügen. Das Hochschulrahmengesetz schrieb früher vor, dass Hochschulen Körperschaften des öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtungen sind (§58 HRG). Eine gleichlautende Regelung gab es deswegen in allen Landeshochschulgesetzen. Mit der Novellierung im Jahr 1998 ist "in der Regel" eingefügt worden, so dass die bisherige Rechtsform nicht mehr zwingend vorgeschrieben wird. In den Landesgesetzen sollte deshalb, was überwiegend noch nicht geschehen konnte, vielleicht auch nicht beabsichtigt ist, die enge alte Regelung geändert werden. Dann bestünde in den Ländern ein Handlungsspielraum, Hochschulen zum Beispiel in der Rechtsform einer Stiftung oder privatrechtlichen Gesellschaft zuzulassen. Davon könnten gerade in einem öffentlichen Hochschulsystem ganz neue Impulse ausgehen. Für eine Abrüstung bieten sich weitere Materien an, die im Hochschulrahmengesetz nunmehr entfallen sind. Aber auch darüber hinaus gibt es Anlass, das jeweilige Landeshochschulgesetz unter dem Aspekt zu durchforsten, ob eine Regelung tatsächlich unumgänglich ist. Jeder Verzicht auf eine unnötige Regelung ganz gleich welcher Art - wäre ein Gewinn für den Wettbewerb. Für einen funktionierenden Markt sind geeignete Rahmenbedingungen nötig, nicht jedoch externe Kontrollen von Angebot und Nachfrage. Wenn- wie vorgeschlagen- für die Erstausbildung im öffentlichen Hochschulsystem dem freien Markt ähnliche Bedingungen geschaffen werden, erübrigen sich staatliche Eingriffe, die in einer gelenkten Wirtschaft notwendig sind. Deshalb muss bei Wettbewerb extern weder die Nachfrage rationiert und verteilt, noch das Angebot zu Leistungen angehalten und kontrolliert werden. Diese Aufgaben werden durch die Selbststeuerung des Marktes gelöst, ohne dass es staatlicher Interventionen bedarf. Fehlen jedoch die Voraussetzungen für einen Wettbewerb und die von diesem ausgehenden Impulse, besteht in der Wissenschaftspolitik eine permanente Versuchung, die Ergebnisse eines Konkurrenzprozesses durch administrative Eingriffe anzustreben. Solange die Grundstruktur der deutschen Hochschulen nicht auf Wettbewerb ausgerichtet ist, sind auch wohlgemeinte staatliche Eingriffe problematisch. Denn alle Erfahrungen zeigen, dass Gesetzesvorschriften und Verwaltungsakte den Markt nicht ersetzen können und häufig zu unerwünschten Ergebnissen führen. Vor falschen Wegen beim Bestreben, Marktergebnisse durch staatliche Interventionen zu erreichen, ist zu warnen. An Beispielen für solche wohlgemeinten Eingriffe besteht in der Vergangenheit und Gegenwart kaum Mangel. So wird - um einen beliebigen Fall zu nennen- seit Jahren versucht, an die Stelle einer Beurteilung der Lehrqualität durch den zahlenden Nachfrager mit seinen Reaktionen ein administrativ gesteuertes Lehrberichts- und Evaluationssystem zu setzen. Obwohl die zu erwartenden negativen Folgen unübersehbar sind, wie eine aufwendige Bürokratie, nichtssagende Ergebnisse und enorme Opportunitätskosten der Hochschullehrer, will die Wissenschaftspolitik und -administration dieses Sys-
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
tem weiter ausbauen, ohne zu registrieren, dass es dem erklärten Ziel eines verstärkten Wettbewerbs in der Erstausbildung zuwiderläuft. Ein weiteres Beispiel ist die gegenwärtig diskutierte Kontrolle von Professoren, die insbesondere durch einen starken Dekan und ein neues Dienstrecht ausgebaut und verschärft werden soll. Gäbe es wirklichen Wettbewerb in der Erstausbildung, würden sich solche Überlegungen erübrigen. Erfahrungen an ausländischen Hochschulen mit ausgeprägtem Wettbewerb belegen: Es liegt im Interesse aller Fakultätsmitglieder, das Studienangebot attraktiv für Studenten und wettbewerbsfähig zur Konkurrenz zu machen. Dadurch wird das Verhalten von Professoren hinreichend diszipliniert, weil sie an diesem Angebot auch in Zukunft teilnehmen und entsprechend ihrer Leistung wirtschaftlich beteiligt sein wollen. Solche Ergebnisse lassen sich durch einen Dekan, dessen Aufgabe es sein soll, Arbeitszeiten zu kontrollieren, oder durch ministerielle Dekrete über eine wöchentliche Mindestpräsenz in der Hochschule nicht erreichen. Eine Kontrolle kann die Motivation durch Wettbewerb nicht ersetzen, ein Disziplinarrecht- bei unkündbaren Beamten grundsätzlich notwendig- nicht die Rolle des Marktes übernehmen. Neben den staatlichen Eingriffen, mit denen insbesondere ein Substitut für einen nicht existierenden Markt geschaffen werden soll, gibt es solche, die auf eine Einschränkung der akademischen Selbstverwaltung abzielen. Solchen Eingriffen liegt die- meistens nicht genannte- Auffassung zugrunde, dass die Misere der Ausbildung an deutschen Universitäten letztlich durch deren Autonomie in der Verwaltung akademischer Angelegenheiten und deren Unabhängigkeit gegenüber politischen Einflüssen verursacht worden sei. Gegen diese Auffassung spricht ganz eindeutig die Erfahrung, die mit der akademischen Selbstverwaltung zu einer Zeit gemacht wurde, in der es keine Probleme- jedenfalls keine in Art und Ausmaß wie gegenwärtig- in der Hochschulausbildung gab. Da die akademische Selbstverwaltung als letztes Übel der Hochschulmisere ausscheidet, ist im Hinblick auf ihre Vorzüge, wie die Stärkung der Wissenschaftsfreiheit, vor einer Einschränkung zu warnen. Diese Warnung scheint angebracht insbesondere wegen der zunehmenden hochschulpolitischen Neigung, einzelne Elemente des amerikanischen Hochschulsystems nach Deutschland zu importieren. Solche Elemente können in den Vereinigten Staaten sinnvoll und geboten sein, hier aber Bewährtes zerstören oder neue Friktionen schaffen. Der Import der Figur des Präsidenten, der gleichermaßen der akademischen und allgemeinen Hochschulverwaltung vorsteht, oder der eines Hochschulrats, der in Nachbildung eines Board of Trustees wichtige Grundsatzentscheidungen für die Hochschule fällt, mögen als Beispiele für die vergangene und gegenwärtige Hochschulpolitik genügen. Was immer die Gründe für die gesetzlich erzwungene Implantation fremder Elemente in ein System der akademischen Selbstverwaltung sein mögen, eine Reform der Erstausbildung dürfte damit kaum zu erzielen sein. Nach einer Ausrichtung der deutschen Hochschulen am Wettbewerbssystem würden die-
4.5 Zusammenfassung
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se im Rahmen ihrer Möglichkeiten Einzelregelungen treffen, die in ihrem Interesse liegen, das heißt nicht zuletzt im Interesse ihrer Studenten. 4.5 Zusammenfassung
Die deutschen Hochschulen hatten im vorigen Jahrhundert international eine Spitzenstellung inne und waren für viele Länder ein Vorbild. Heute befinden sie sich in einem allseitig beklagten Zustand. Vor allem das Studium, die Erstausbildung von Studenten, wird als reformbedürftig angesehen. Symptome dieser Krise sind die Überfüllung der meisten Studiengänge und lange Studienzeiten mit der Folge eines späten Berufseintritts. Seit zwei Jahrzehnten versuchen die Bundesländer als Träger der Hochschulen die Probleme mit den üblichen Mitteln staatlicher Eingriffe zu lösen. Diese Regulierungen und die damit einhergehende Bürokratisierung haben die Hochschulen nicht nur nicht reformieren können, sondern die Probleme noch verschärft. Eine durchgreifende Reform, die diese Bezeichnung verdient, lässt sich nur mit Wettbewerb erreichen, innerhalb der Hochschulen und insbesondere zwischen ihnen. Es ist mit Sicherheit zu erwarten, dass durch einen Wettbewerb der bestehende Nachfrageüberschuss abgebaut, das Angebotsdefizit beseitigt und die Qualität des Produkts Ausbildung verbessert würde. Die Einsicht über die Fähigkeiten des Wettbewerbs hat sich in den letzten Jahren auch in der Wissenschaftspolitik durchgesetzt, so dass es inzwischen zum guten Ton gehört, sich für ihn auszusprechen. Wettbewerb ist auch in einem Hochschulsystem möglich, das sich wie hierzulande fast vollständig in den Händen des Staates befindet. Die Voraussetzungen dafür sind in Deutschland besonders günstig, weil die Hochschulen nicht einem Zentralstaat, sondern sechzehn Ländern gehören, die in Wettbewerb miteinander treten können, so wie es früher auch deutlich der Fall war. Empfohlen wird ein Bündel von Maßnahmen, die aufeinander abgestimmt sind und deswegen möglichst zusammen verwirklicht werden sollten. Eine erste Gruppe von Vorschlägen ist darauf gerichtet, den in Ansätzen teilweise noch vorhandenen Wettbewerb zwischen den Bundesländern generell zu verstärken. Im Einzelnen wird vorgeschlagen: - Das Hochschulrahmengesetz sollte ersatzlos gestrichen werden, wie es auch von einigen Ministerpräsidenten gefordert wird; zumindest wäre mit derbegonnenen Verminderung des Regelungsumfanges fortzufahren. - Die bundesweite Vereinheitlichung von Prüfungs- und Studienordnungen sollte zugunsten einer lokalen Differenzierung, die eine Profilbildung erlaubt, aufgegeben werden. - Beim Besoldungsrecht der Hochschullehrer sollte wie früher der Bund nur eine Rahmenzuständigkeit haben. Die Besoldung sollte- ohne Aufgabe be-
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4. Wettbewerb als Mittel zur Reform der Hochschulen
währter Grundsätze - flexibler und differenzierter gestaltet, die Zulagen durch eine Honorierung der Leistungen in der Lehre erweitert, die Festbezüge entsprechend vermindert werden. Für eine an den Lehrleistungen orientierte Zulage scheint insbesondere das Kolleggeldsystem geeignet. Eine zweite Gruppe von Vorschlägen richtet sich auf finanzielle Anreize, die geeignet sind, eine Oberfüllung der Hochschulen zu beseitigen, aber auch positive Wirkungen auf das Lehrangebot haben: - Nachdrücklich wird als Kern jeder Hochschulreform die Wiedereinführung von Studiengebühren empfohlen. Bei der Festsetzung der Höhe sollten die einzelnen Hochschulen - ähnlich wie die Kommunen bei den Hebesätzen für die Gewerbesteuer - einen Gestaltungsspielraum haben. - Zur Vermeidung unerwünschter Wirkungen von Studiengebühren sollte deren Einführung gekoppelt werden mit einem Ausbau des Stipendienwesens, einem Angebot von Studienkrediten mit staatlicher Ausfallbürgschaft und einer sozialpolitischen Abfederung von bestimmten Härtefällen. - Die häufig vorgeschlagene Einführung von Bildungsgutscheinen, die keine Distributionswirkungen haben, und einer Akademikersteuer, von der keine oder kaum allokative Effekte ausgehen, wird nicht empfohlen. Mit einer dritten Gruppe von Vorschlägen sollen Wettbewerbsbeschränkungen, die insbesondere auf staatliche Regulierungen in den Ländern zurückgehen, behoben und der Marktzugang gefördert werden: - Die Hochschulen sollten das Recht erhalten, sich ihre Studenten auszusuchen. - Privaten Hochschulen sollte der Eintritt in den Ausbildungsmarkt und eine Finanzierung ihrer Tätigkeit erleichtert werden, vor allem durch den Abbau von Überregulierungen bei der staatlichen Anerkennung, deren Notwendigkeit überdies anzuzweifeln ist. - Angesichts des geringen Spendenaufkommens wird empfohlen, von Stiftungen getragene Hochschulen aus Erlösen einer Privatisierung von landeseigenen Unternehmen zu finanzieren.
5. Hochschulausbildung im internationalen Vergleich 5.1 Hochschulausbildung in der Schweiz9I Das Hochschulsystem in der Schweiz trägt einige Charakterzüge, die für deutsche Hochschulen typisch sind oder waren, bevor diese einem Vereinheitlichungsprozess unterworfen wurden. Zu diesen Gemeinsamkeiten gehört- erstens-, dass es in der Schweiz eine tertiäre Bildungsstufe mit Universitäten und Fachhochschulen gibt. Die letzteren sind in den letzten Jahren aus Fachschulen entstanden. Das Angebot an Fachschulen insgesamt ist sehr heterogen. Unter ihnen bildeten die Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) und Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen (HWV) den traditionell wichtigsten Zweig. Um eine europaweite Kompatibilität der HTL und HWV zu gewährleisten, ist dieser bisherigen Art von Fachschule - entsprechend dem Vorgehen in Deutschland Anfang der siebziger Jahre- der Status einer Fachhochschule verliehen worden. Der universitäre Bereich des tertiären Bildungssektors umfasst sieben Universitäten (Basel, Bern, Freiburg, Genf, Lausanne, Neuenburg und Zürich), zwei Technische Hochschulen (Lausanne und Zürich), die Hochschule für Wirtschafts-, Sozial- und Rechtswissenschaften in St. Gallen, die Theologische Fakultät in Luzern und die Pädagogische Hochschule in St. Gallen. Eine zweite Gemeinsamkeit des schweizerischen und deutschen Hochschulsystems ist die Trägerschaft Für die Fachhochschulen ist typisch, dass es private und öffentliche Eigentümer gibt, während sich die Universitäten und diesen gleichgestellte Hochschulen ausschließlich in öffentlicher Hand befinden. Träger der sieben Universitäten und der sonstigen universitären Hochschulen in St. Gallen und Luzern sind die jeweiligen Kantone. Nur ein Drittel der 26 Kantone ist Sitz einer Universität, im Gegensatz zu den deutschen Bundesländern, die jeweils mindestens eine Universität besitzen, in der Regel allerdings auch erheblich größer sind als ein Kanton. Die Technischen Hochschulen gehören dem Bund, der Eidgenossenschaft. Nach der Bundesverfassung ist der Bund berechtigt, Hochschulen zu errichten und zu unterhalten. Von diesem Recht hat er bisher zweimal Gebrauch gemacht. Der Bund gründete im Jahr 1854 die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich (ETHZ, früher ETH), im Jahr 1969 die Eidgenössisch Technische Hochschule in Lausanne (ETHL, französische Abkürzung EPFL), die aus einem vormals kantonalen Polytechnikum hervorging. 9t
Vgl. auch Rüegg (1985).
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5. Hochschulausbildung im internationalen Vergleich
Ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen den Hochschulsystemen beider Länder gibt es- drittens- bei der Finanzierung. So werden die beiden Technischen Hochschulen in der Schweiz- ähnlich wie die beiden Universitäten der Bundeswehr in Deutschland- praktisch vollständig vom Bund finanziert. Für die Finanzierung der Universitäten und diesen gleichgestellten Einrichtungen sind die Kantone zuständig. Der Bund beteiligt sich jedoch an der Finanzierung der kantonalen Hochschulen, wie es in Deutschland für die Gemeinschaftsfinanzierung - etwa bei Hochschulbauten - der Fall ist. Die Universitätskantone werden seit dem Jahr 1971 nach dem Hochschulförderungsgesetz vom Bund unterstützt durch Grundfreibeträge für den Hochschulbetrieb, durch Investitionsbeiträge und durch Beteiligung an Aufgaben, die im gesamtschweizerischen Interesse liegen. Eine Besonderheit dieser Förderung ist, dass finanzschwache Universitätskantone vom Bund 60%, finanzstarke- wie Zürich und Genf- nur 35% ihrer Hochschulausgaben vom Bund erhalten. Die Hochschulausgaben in der gesamten Schweiz werden zu 40% vom Bund und zu 50% von den Kantonen getragen, die restlichen 10% vor allem aus Betriebseinnahmen und Studiengebühren gedeckt. Viertens entspricht die Zulassung und Auswahl von Studenten in der Schweiz weitgehend der Verfahrensweise in Deutschland, zumindest in der Zeit vor der Bildungsexpansion in den siebziger Jahren. In der Schweiz wird bei den Fachhochschulen der Abschluss einer Schule auf der Sekundarstufe II verlangt, bei einigen Studiengängen auch der Nachweis einer beruflichen Praxis. Der Zulassung geht eine Prüfung der Bewerber durch die Hochschule voraus, wobei es vielgestaltige Aufnahmeverfahren gibt (z. B. Aufnahmeprüfung, Eignungsprüfung und Interview). Bei den Universitäten und ihnen gleichgestellten Einrichtungen wird die Absolvierung einer Maturitätsschule auf der Sekundarstufe II verlangt (Maturität). Eine weitere Auswahl durch die Universität erfolgt nicht, so dass die Studenten bei der Immatrikulation die Fachrichtung und die Hochschule - außer Medizin - selbst wählen können. Eine Ausnahme sind Ausländer, die an einigen Universitäten - wie Lausanne und St. Gallen- eine Aufnahmeprüfung ablegen müssen. Das schweizerische Hochschulwesen weist auch einige Merkmale auf, die es von der deutschen Hochschullandschaft deutlich abhebt. Ein erster Unterschied ist, dass die Universitäten in der Schweiz wesentlich kleiner sind als in Deutschland, gemessen an der Zahl der Studenten. Mehr als 10000, aber deutlich weniger als 20000 Studenten haben die größten Universitäten in Zürich (15000) und Genf (13000), sowie die Eidgenössisch Technische Hochschule in Zürich (11000). Alle übrigen Universitäten liegen zum Teil erheblich darunter, so dass in der Schweiz die Universitäten durchschnittlich etwa halb so groß sind wie in Deutschland (siehe Ziffer 2.2). Ein weiterer Unterschied ist die Zweiteilung in Universitäten mit deutscher und französischer Unterrichtssprache, die sich nach dem Sitz der Universität richtet (Territorialprinzip). Eine Ausnahme bildet die Universität Freiburg, an der das Studium vollstän-
5.1 Hochschulausbildung in der Schweiz
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dig in deutscher oder französischer Sprache, aber auch als zweisprachiger Studiengang absolviert werden kann. Die Zweisprachigkeit führt dazu, dass im Zuge der Europäisierung des Hochschulwesens die Zusammenarbeit zwischen gleichsprachigen schweizerischen und benachbarten ausländischen Universitäten enger ist als innerhalb der Schweiz zwischen verschiedensprachigen Universitäten. So arbeitet die Universität Basel eng mit den deutschen Universitäten Freiburg im Breisgau und Karlsruhe zusammen oder die Universität Genf mit den französischen Universitäten Lyon und Grenoble. Die Hochschulgesetzgebung in der Schweiz ist mit der in Deutschland in den fünfziger Jahren vergleichbar. Es gibt keine Rahmengesetzgebung des Bundes. Einen direkten Einfluss auf Hochschulen hat der Bund nur in seinem Bereich, den Eidgenössisch Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne, die durch einen Schulrat verwaltet werden. Auf die den Kantonen gehörenden Universitäten kann der Bund allenfalls indirekt über die Hochschulfinanzierung einwirken. Die Universitätskantone sind dabei auf die Wahrung ihrer Kompetenz bedacht. Das Hochschulrecht ist von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich und im Einzelfall nur aus der jeweiligen historischen Entwicklung verständlich. So ist die Autonomie der Hochschulen nicht überall gleich groß oder ihr personeller Gestaltungsspielraum mehr oder weniger eng. Bei der Anstellung von Professoren hat sich ohne bundeseinheitliche Vorgaben als Regel ein zeitlich befristeter Vertrag von 5 bis 7 Jahren durchgesetzt. Jedoch nur in Ausnahmefällen, von denen die meisten auch nach deutschem Disziplinarrecht eine Entlassung von auf Lebenszeit angestellten Beamten ermöglichen würden, kommt es nicht zu einer Vertragsverlängerung. Bei der Zulassung von Studenten sind die Behörden, Bund und Kantone, nicht berechtigt, Richtzahlen für die Einschreibung festzusetzen. Bei Fachhochschulen wird durch das Aufnahmeverfahren eine eventuell überschießende Nachfrage auf das Angebot zurückgeführt. Bei den Universitäten ist ein Numerus clausus bisher nicht erforderlich gewesen und deswegen unbekannt. Der Grund dafür ist, dass die Kapazitäten derUniversitätenfür die Aufnahme der Absolventen von Maturitätsschulen ausreichen, zumal es in der Vergangenheit- anders als in Deutschland- keine Explosion bei der Zahl der Studienberechtigten gegeben hat, die Hochschulkapazitäten auch ausgeweitet worden sind. Die Maturitätsquote liegt seit vielen Jahren bei etwa 13% eines Altersjahrganges, während sich in Deutschland die Zahl der Abiturienten-allerdings mit starken Streuungen zwischen den Bundesländern - um ein Vielfaches vergrößert hat (siehe Tabelle 2). Die Ausbildung an schweizerischen Universitäten differiert von Hochschule zu Hochschule. Einheitliche und verbindliche Studienpläne existieren nur für Ärzte und Apotheker. Durch den Erlass von Prüfungsvorschriften übernimmt der Bund dabei auch die Verantwortung für die Qualität der Ausbildung. In allen anderen Fachgebieten wurde zwar in der Vergangenheit versucht, die Studienpläne zeitlich und inhaltlich zu koordinieren. Aber alle Versuche zur
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5. Hochschulausbildung im internationalen Vergleich
Vereinheitlichung sind rasch gescheitert, weil die Kantone ihr weitgehendes Recht, die Hochschulen zu gestalten, nicht einschränken lassen wollten. Mittlerweile wird in der Vielfalt von Studiengängen auch ein Vorteil gesehen. Die einzelnen Hochschulen sind in der Lage, ihren Studiengängen nach Dauer und Inhalt ein Profil zu geben, das sie von anderen abhebt. Beispielsweise ist in den wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen an fast allen Universitäten eine Regelstudienzeit von 4 Jahren vorgesehen, in Genf dagegen von 3 Jahren, in Verbindung mit einem Kreditsystem. Wegen der lokal verschiedenen Studien- und Prüfungsbestimmungen ist ein späterer Ortswechsel in der Schweiz erheblich schwieriger als in Deutschland und deswegen auch selten. An den Universitäten werden Studien- und Prüfungsgebühren in unterschiedlicher Höhe erhoben. Je nach Universität belaufen sich die jährlichen Studiengebühren auf 600 bis 1500 DM. Eine Folge der niedrigen Studiengebühren im Vergleich zu einigen europäischen Ländern- wie Großbritannien, Irland, Niederlande und Spanien -scheint die lange Studiendauer von 6 Jahren zu sein, die bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss benötigt werden. Der übliche Abschluss ist das Lizentiat, das dem deutschem Diplom entspricht. Dass Studiengebühren eine Wirkung auf die Nachfrage haben, zeigte sich vor einigen Jahren an der Universität Zürich. Eine deutliche Erhöhung der Züricher Studiengebühren, die über dem schweizerischen Mittel liegen, hatte einen auch gewollten Rückgang der eingeschriebenen Studenten von 21000 (im Jahr 1992) auf 15000 (1998) zur Folge. Bestrebungen, die Studiengebühren zu erhöhen, bestehen bei der Erstausbildung - anders als bei der Weiterbildung- nur vereinzelt. Die Studienbedingungen an schweizerischen Hochschulen sind im Vergleich zu denen in Deutschland gut, aber auch verbesserungsfähig. Die Studierquote, der Anteil der Studenten an ihrem Altersjahrgang, ist in der Schweiz mit etwa 15% nur halb so groß wie derzeit in Deutschland. Sie entspricht damit deutschen Verhältnissen vor dem Einsetzen der von den höheren Schulen ausgehenden Bildungsexpansion nach 1970 (siehe Tabelle 2), die es in der Schweiz nicht gegeben hat. Die in einem langen zeitlichen Prozess angepassten Kapazitäten von Maturitätsschulen und Universitäten sind nicht- wie in Deutschland - durch eine Vervielfachung von Studienberechtigungen aus dem Gleichgewicht gebracht worden. Zwar haben in der Schweiz die Schülerzahlen zugenommen, zum Teil aus demographischen Gründen. Doch auch die Universitäten sind ausgebaut worden, allerdings in einem im internationalen Vergleich bescheidenen Rahmen. Vom Arbeitsmarkt ging kein Druck aus, die Absolventenquote drastisch zu erhöhen oder die Hochschulausbildung tiefgreifend zu ändern. Die Arbeitslosigkeit der Akademiker liegt wie eh und je unter dem Durchschnitt, die Hochschulausbildung hat wenig an Wert verloren. Durch die kontinuierliche, nicht durch abrupte Ereignisse gestörte Entwicklung des schweizerischen Ausbildungssystems konnte eine Überfüllung der Hochschulen vermieden werden. Das Betreuungsverhältnis, die Zahl der
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Studenten pro Hochschullehrer, ist generell wesentlich besser als derzeit in Deutschland, bleibt jedoch - wie in einem öffentlichen Hochschulsystem zu erwarten ist -hinter dem an nordamerikanischen Privatuniversitäten zurück. Wenn eine Überfüllung zu befürchten war, wie etwa wegen der Verhältnisse in Deutschland in den Studiengängen Betriebswirtschaftslehre und Medizin, wurde die überschießende Nachfrage durch Zulassungsbeschränkungen oder Aufnahmeprüfungen für Ausländer auf das Angebot zugeschnitten. Besser als Betreuungszahlen, die in der Regel auch innerhalb einer Hochschule stark streuen, können die durchschnittliche finanziellen Aufwendungen pro Student die Studienbedingungen widerspiegeln. Trotz der Studentenflut sind in Deutschland die Hochschulhaushalte nicht nennenswert- wenn überhauptaufgestockt worden, so dass die öffentlichen Ausgaben pro Student stark abgefallen sind. Diese Entwicklung hat es in der Schweiz nicht gegeben, in der im Jahr 1995 die öffentliche Ausgaben pro Student $18000 betrugen, in Deutschland dagegen nur $8000, bei einem Durchschnitt für alle OECD-Länder von $12000. Die in Deutschland beklagte "Unterfinanzierung" der Hochschulen existiert in der Schweiz vor allem deswegen nicht, weil es keine Überfüllung durch Studenten gibt. Die Hochschulausbildung in der Schweiz ist mit einigen Problemen behaftet, die seit Jahren erkannt, bisher aber nicht beseitigt worden sind. Ein Problem ist die Studiendauer bis zum ersten Abschluss, die in den meisten Studiengängen 4 Jahre betragen soll, tatsächlich aber 6 Jahre erreicht. Das ist im Vergleich zu Deutschland (ohne neue Bundesländer) etwa 1 Jahr weniger (siehe Tabelle 4 ). Noch größer ist die Differenz beim Prüfungs- oder Berufseintrittsalter der Akademiker, weil in der Schweiz beim Übergang von der höheren Schule zur Hochschule keine Zeit verloren geht und die Wehrpflicht nach dem Milizsystem nicht zum Hinausschieben des Studiums führt, so dass die Studienanfänger jünger sind als in Deutschland. Dennoch wird die Tatsache, dass die vorgesehene Studienzeit um 50% überschritten wird, als ein Mangel der Hochschulausbildung angesehen. Der schweizerische Wissenschaftsrat, welcher der gleichnamigen deutschen Institution nachgebildet worden ist, hat als beratende Regierungskommission schon vor einer Reihe von Jahren Empfehlungen zur Verkürzung der Studiendauer vorgelegt. Dies Empfehlungen sind jedoch von den Kantonen nicht aufgegriffen und umgesetzt worden. Ein weiteres Problem in der Hochschulausbildung ist die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Hochschulen. Die relativ reichen Hochschulen des Bundes und die der finanzstarken Kantone Genf und Zürich verfügen in Forschung und Lehre über erheblich mehr Mittel als die übrigen Universitäten, denen es schwer fällt, mit kostenintensiven wissenschaftlichen Entwicklungen Schritt zu halten. Eine Konsequenz ist, dass zwischen den Hochschulen kein Wettbewerb entsteht, wie er zwischen ähnlich starken Konkurrenten möglich wäre, sondern eine asymmetrische Beziehung. So ist es durchaus üblich, dass ein Oberassistent der ETH Zürich eine Professur in Neuenburg erhält, kaum
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jedoch umgekehrt. Diese Tendenz zu einer Art Mehrklassen-Gesellschaft im schweizerischen Hochschulsystem ist seit Jahren bekannt. An Ideen, wie ihr zu begegnen sei, hat es nicht gefehlt, wiederum jedoch an der Fähigkeit, sie umzusetzen und die Voraussetzungen für einen Wettbewerb zu verbessern. 5.2 Hochschulausbildung in den Vereinigten Staaten von Amerika92
Die Hochschulausbildung in den USA ist durch einige Merkmale gekennzeichnet, mit denen sie sich von der in Deutschland abhebt. Ein wichtiger Unterschied ist - erstens- eine vertikale Gliederung des amerikanischen Hochschulbereichs in Colleges und Universitäten und nicht- wie in Deutschland und der Schweiz- eine horizontale Gliederung in Fachhochschulen und Universitäten. Ein College ist entweder selbständig oder Teil einer Universität. Die alten Colleges, die im 17. und 18. Jahrhundert in den englischen Nordamerikakolonien nach dem Vorbild von Oxford und Cambridge errichtet wurden, haben sich zu Universitäten entwickelt, den Namen College aber nur selten bewahrt. Das Studium an einem College baut auf dem Abschluss an einer HighSchool nach insgesamt zwölf Schuljahren auf. Es dauert in der Regel vier Jahre (undergraduate study). Das Studium entspricht in etwa dem Angebot der beiden letzten Jahre der gymnasialen Oberstufe und der ersten vier Hochschulsemester in Deutschland. Dass ein College-Studium je zur Hälfte Schulund Hochschulstoff umfasst, scheint bei der Implantation dieses Studiengangtyps in deutsche Hochschulen und den davon erwarteten Wirkungen nicht hinreichend bedacht worden zu sein (siehe Ziffer 3.1). Den Absolventen eines College wird der akademische Grad eines Bachelors (B.A.) verliehen. Vor allem in kleineren Städten und auf dem Lande gibt es Colleges mit zweijährigen Studienprogrammen ohne einen akademischen Abschluss (Junior oder Community Colleges). Der größere Teil der College-Absolventen nimmt eine Berufstätigkeit auf. Der Bachelor-Grad wird auf dem Arbeitsmarkt als erste akademische Berufsqualifikation anerkannt und entsprechend honoriert. Der kleinere Teil der College-Absolventen setzt das Studium an einer Universität oder gleichrangigen Hochschule fort (graduate study), um den akademischen Grad eines Masters (M.A.) und vielleicht anschließend den Grad eines Doktors der Philosophie (Ph. D.) zu erwerben. Oft erfordert ein Graduiertenstudium den Wechsel der Hochschule. Studienprogramme für den Master dauern in der Regel zwei Jahre. Für den Erwerb des Ph. D., der vor allem aufgrund einer Forschungsarbeit verliehen wird, sind weitere drei bis fünf Jahre zu veranschlagen. Der Grad des Masters entspricht einem Diplom einer deutschen Hochschule. Für den Grad des Ph.D., der in den USA in der Regel Voraussetzung für eine selbständige akademische Lehrtätigkeit ist, fehlt in Deutschland ein adäquates Pendant. Die an deutschsprachigen Universitäten dafür übliche 92
Vgl. auch Rüegg (1985) und Münch (2000, 75ff.).
5.2 Hochschulausbildung in den Vereinigten Staaten von Amerika
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Abfolge akademischer Grade, eine Promotion zum Doktor und eine Habilitation, gibt es in den USA nicht. Zweitens sind die Hochschulen in den USA ein duales System von privaten und öffentlichen Trägern, sowohl bei Colleges als auch bei Universitäten im ursprünglichen Wortsinn, das heißt mit einem möglichst umfassenden Fächerangebot. Private Universitäten solcher Art gibt es bisher in Deutschland überhaupt nicht und in anderen europäischen Ländern mit Ausnahme von Großbritannien nur selten. Alle Hochschulen waren in den Vereinigten Staaten ursprünglich private Einrichtungen, die fast ausschließlich als kirchliche Stiftungen in den Neuenglandstaaten entstanden. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden zunehmend mit öffentlichen Mitteln Hochschulen errichtet, die es schwer hatten, gegen die privaten Hochschulen anzukommen und sich bisher vergeblich bemühten, deren Reputation zu erlangen. Der wichtigste Träger öffentlicher Hochschulen sind die Bundesstaaten, die in den föderal verfassten Vereinigten Staaten die Kulturhoheit besitzen. In besonders begründeten Ausnahmefällen haben sich auch Kommunen- vor allem bei zweijährigen Colleges- und der Bund als Gründer von öffentlichen Hochschulen betätigt. Im Zuge der laufenden Grenzverschiebung der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert kam es im mittleren Westen, im Süden und Westen zu einer Gründungsflut staatlicher Hochschulen, die von den neuen Bundesstaaten errichtet wurden. Für diese Staaten ist anders als für Neuengland typisch, dass es zunächst nur zu staatlichen Hochschulgründungen kam und die später errichteten privaten Hochschulen sich gegen staatlich unterstützte Einrichtungen durchsetzen mussten. Drittens gibt es in der Finanzierung der öffentlichen und privaten Hochschulen in den USA zwar bestimmte Gemeinsamkeiten, aber auch beachtliche Unterschiede zu den Verhältnissen in Deutschland. Zu den Gemeinsamkeiten gehört, dass in den Vereinigten Staaten öffentliche Hochschulen Zuweisungen der Bundesstaaten und des Bundes für die laufenden Ausgaben in der Lehre erhalten, aber auch Mittel für die Forschung - laufende Mittel oder Forschungsaufträge -, die der Lehre nur mittelbar zugute kommen und bei bestimmten Projekten in Konkurrenz zu anderen Antragstellern vergeben werden. Anders als gegenwärtig in Deutschland sind für viele staatliche Hochschulen Studiengebühren eine wichtige Einnahmequelle. Die nach Bundesstaaten sehr unterschiedliche Höhe der Studiengebühren ist an staatlichen Hochschulen generell zwar geringer als an privaten, kann dort aber gleichwohl beachtlich sein. So betragen die jährlichen Studiengebühren an der staatlichen Universität von Kalifornien in Berkeley $13500 (1996/97), an der nahegelegenen privaten Stanford University $27900; beide Beträge schließen indes Unterbringung und Verpflegung der Studenten ein, wofür $7000 zu veranschlagen sind. Staatliche Hochschulen verfügen häufig auch über nennenswerte Mittel aus privaten Stiftungen (endowments)- oder ziehen Nutzen aus Sachstiftungen, z. B. Gebäuden - sowie aus Spenden. Die Finanzierung der
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privaten Hochschulen unterscheidet sich von der staatlicher Hochschulen im allgemeinen nicht nach der Art, sondern nach dem relativen Gewicht einzelner Einnahmequellen. Öffentliche Zuweisungen für den laufenden Betrieb werden auch an private Hochschulen gewährt, aber generell in einem geringeren Umfang und nicht in jedem Bundesstaat. So erhält beispielsweise die Stanford University keinerlei staatliche Unterstützung, außer in der Form von Regierungsaufträgen für Forschungsprojekte. Die privaten Universitäten sehen in den relativ hohen Zuweisungen öffentlicher Mittel an staatliche Einrichtung eine Wettbewerbsverfälschung. Die Studiengebühren machen dagegen einen größeren Teil der Einnahmen aus als an staatlichen Hochschulen, ebenso die Erträge aus Stiftungsvermögen, die bei einigen Eliteuniversitäten einen Wert von mehreren Milliarden Dollar haben. Eine erhebliche Bedeutung kommt schließlich den Spenden zu, für deren Gewinnung es in den USA ein hochentwickeltes System gibt (fundraising)- mit zum Teil professionellen Mittelbeschaffern -,das für private Universitäten von großer Reputation viel ergiebiger ist als für staatliche Hochschulen. In den USA hat sich ein Zulassungsverfahren im Hochschulbereich entwickelt, das sich -viertens- wesentlich vom deutschen unterscheidet. Bei allen Zulassungen zum Studium hat stets die Hochschule das letzte Wort. Über die Zulassung zum College als erster Stufe des vertikalen Ausbildungssystems wird fast überall nach drei Kriterien entschieden: Erstens müssen an der High School bestimmte Fächer belegt worden sein; eine Gruppe vor allem privater High Schools hat sich darauf spezialisiert, von den Colleges verlangte Fächer anzubieten (preparatory schools). Zweitens wird ein Mindestnotendurchschnitt (Grade Point Average) und eine Mindestpunktzahl in einem national standardisierten Testverfahren (insbesondere SAT oder ACT) verlangt. Drittens überprüft das College die Eignung der Bewerber für ein Studium nach eigenen Maßstäben, wobei es für seine Urteilsbildung auf im Einzelnen unterschiedliche Methoden (z.B. Interview oder schriftliche Prüfung) zurückgreift. Die Zulassungsverfahren sind bei öffentlichen und privaten Colleges im wesentliche dieselben, weichen jedoch im Hinblick auf die angelegten Maßstäbe stark voneinander ab. Bei der Festsetzung solcher Maßstäbe sind vor allem private Hochschulen völlig autonom. Das prozentuale Verhältnis der Zahl der angenommenen zu den abgelehnten Bewerbern (Aufnahmequote) ist bei öffentlichen Colleges generell größer als bei privaten, obwohl diese erheblich höhere Studiengebühren verlangen. Verbreitete Praxis bei Absolventen der High Schools -insbesondere der preparatory schools - ist deswegen, sich zugleich an mehreren renommierten privaten Colleges, aber auch an einem staatlichen College mit hoher Aufnahmewahrscheinlichkeit zu bewerben. Über die Zulassung zum Graduiertenstudium entscheidet die aufnehmende Hochschule nach ähnlichen Modalitäten wie bei der Zulassung zum College. Ein erstes Beurteilungskriterium sind die bisherigen Leistungen, die belegten Fächer und der Notendurchschnitt, ein zweites die Ergebnisse im Testverfah-
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ren (z.B. GRE oder LSAT), ein drittes die Eignung des Bewerbers, wobei den Gutachten von Hochschullehrern eine große Bedeutung zukommt. Die Aufnahmequoten für Graduiertenprogramme liegen wegen der oft geringen Kapazitäten eher unter denen von Colleges, so dass sich auch für dieses Zulassungsverfahren die Praxis einer Mehrfachbewerbung herausgebildet hat. Eine nationale Hochschulgesetzgebung gibt es in den USA nicht. Hochschulangelegenheiten sind Sache der einzelnen Bundesstaaten, in denen gesetzliche Regelungen vor allem für öffentliche und kaum für private Hochschulen bestehen. Eine besondere bundesstaatliche Gesetzgebung deutschen Zuschnitts, die alle Bereiche von Hochschulen gesetzlich erfasst, existiert auch für den öffentlichen Hochschulbereich nicht. Bundesweit gültige Gesetze betreffen die Studentenförderung und die in dieser Stellungnahme vernachlässigte Forschungsförderung. Die Studentenförderung ist im Higher Education Act von 1965 geregelt. Nach diesem Gesetz werden Mittel sowohl an Institutionen für bestimmte studentische Programme- z.B. Zinsvergünstigungen für Hochschuldarlehen an Studenten- als auch an Personen für Studienkredite gewährt. Die Hochschulausbildung in den USA differiert- ähnlich wie in der Schweiz - von Hochschule zu Hochschule. Konzeptionen, Ziele und Qualitäten der amerikanischen Hochschulen unterscheiden sich in einer Art, die in Europa nur schwer vorstellbar ist. Die Spannbreite reicht von weltweit berühmten Universitäten, wie Harvard, Yale, Princeton, Chicago und Stanford, bis hin zu Einrichtungen mit zweifelhaftem Ruf. Die akademische Anerkennung von Studienzeiten und -Ieistungen bei einem Hochschulwechsel ist deswegen in den USA besonders problematisch. Die dezentrale und liberale Hochschulpolitik erlaubt oft eine großzügige Verwendung von Bezeichnungen, so dass von Institutionen mit dem Namen College oder Universität nicht ohne weiteres eine gute Ausbildung erwartet werden darf. Dies gilt vor allem für den privaten Hochschulbereich, der für Neugründungen relativ leicht zugänglich ist und am Gewinn orientierte Unternehmen zur Ausbildung von Studenten erlaubt. In den USA gibt es derzeit etwa 3500 Colleges und Universitäten mit über 14 Millionen Studenten (1996), von denen etwa 30% private Hochschulen besuchen. Für diesen riesigen Markt besteht angesichts der qualitativen Streuung und der sehr unterschiedlichen Kosten für Eltern und Studenten ein hoher Informationsbedarf. Dieser wird zu einem großen Teil durch Bewertungslisten (rankings) befriedigt, die von verschiedenen Stellen - meistens Presseorganen- fortlaufend veröffentlicht werden.
Die sehr unterschiedlichen Standards an amerikanischen Hochschulen sind zum Teil die Konsequenz, die sich aus einem Verzicht eines obligatorischen Curriculums ergeben hat. Ein solches Curriculum existierte in den alten Colleges, die stark religiös geprägt waren und eine breit angelegte Ausbildung in geisteswissenschaftlicher Richtung (liberal arts) anboten, mit starkem Gewicht der alten Sprachen Latein und Griechisch. Vor über hundert Jahren setzte sich -ausgehend von Harvard- in sämtlichen Bundesstaaten ohne po6 Woll
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litisches Einwirken eine Reformbewegung durch, die an die Stelle des verbindlichen Curriculums die freie Wahl von Kursen durch Studenten als bestimmendes Prinzip setzte (elective system). 93 Eine Fülle von neuen Kursen, nun auch in den Naturwissenschaften und in der Technik, wurde eingeführt und das Lehrangebot damit erheblich erweitert. Zusätzlich zur Wahlfreiheit bei den Kursen entwickelte sich das Kreditsystem. Nach diesem System wird jeder Kurs mit bestimmten credits (auch credit hours) quantifiziert, dieser Wert mit der erzielten Note ausgedrückt in Zahlen multipliziert (Zahlen 0 bis 4 entsprechen den Noten E bis A). Ein vierjähriger Bachelor-Studiengang im Semester-Turnus ist beispielsweise in 120 credits unterteilt, die sich erreichen lassen, wenn in jedem Semester vier bis fünf Kurse belegt werden. Das amerikanische Kreditsystem, das von anderen Ländern in manchmal abgewandelter Form übernommen worden ist, zerlegt die Lehre in kalibrierte Einheiten, die auf einen akademischen Abschluss hin akkumuliert werden können. Als Vorteile dieses Systems werden die Steigerung der Flexibilität und Lerneffizienz, als Nachteile die Fragmentierung des Studiums und des studentischen Wissens sowie die Behinderung eines Hochschulwechsels angesehen. Die akademische Ausbildung in den USA ist im internationalen Vergleich mit relativ hohen privaten Kosten verbunden. Die jährlichen Studiengebühren an den privaten Colleges von Weltruf belaufen sich nach einem rasanten Anstieg seit 198094 gegenwärtig auf über $30000, ohne Unterbringung und Verpflegung auf etwa $25000, so dass für ein vierjähriges Studium ein erhebliches Kapital erforderlich ist. Allerdings erhält ein großer Teil der Studenten - oft über 50% - insbesondere an solchen Colleges ein Stipendium, wobei grundsätzlich nur Teilstipendien gewährt werden und somit ein erheblicher Teil der Ausbildungskosten individuell zu tragen bleibt. An weniger renommierten privaten und an allen staatlichen Colleges sind die Studiengebühren niedriger -oft gleichwohl beachtlich-, das Ausmaß von Stipendien allerdings auch geringer. Fast ausnahmslos ist auch hier ein Anteil der Ausbildungskosten individuell zu tragen. Alle Studiengebühren sind in den letzten beiden Jahrzehnten in den USA drastisch angestiegen. Von 1980 bis 1995 haben sich die durchschnittlichen Studiengebühren bei den öffentlichen Universitäten von $5000 auf $7000, bei den privaten sogar von $11000 auf $25000 erhöht. Wegen der hohen Kosten einer Collegeausbildung ist es in den Vereinigten Staaten üblich, dass in Familien für die akademische Ausbildung der Kinder wenn möglich gespart wird, wofür sich besondere Spar- und Versicherungsformen entwickelt haben. Eine zweite Quelle sind Studienkredite, die entweder bei den Hochschulen zinsverbilligt-wegen einer Förderung durch den Bund93 Rüegg (1991, 64) betont mit Recht, dass die gleiche Examensstruktur an amerikanischen Hochschulen nicht das Ergebnis staatlicher Gesetzgebung, sondern "eines ungefähr hundertjährigen Prozesses (ist), in welchem der freie Wettbewerb als eine Art ,invisible hand' fungierte." 94 Clotfelter (1996, 3).
5.2 Hochschulausbildung in den Vereinigten Staaten von Amerika
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oder bei Banken nach einem ausgebauten "College Loan System" aufgenommen werden. Anders als in Europa hat sich in den USA aufgrund solcher Initiativen amtlicher und privater Stellen ein Kapitalmarkt für Studiendarlehen entwickelt. Die Konsequenz, dass nach Abschluss des Studiums oft eine erhebliche fünfstellige Verschuldung abzutragen bleibt, wird im Hinblick auf die Vorteile eines Studiums akzeptiert und ist kein Gegenstand einer öffentlichen Diskussion. Eine dritte Einkommensquelle ist- ähnlich wie in Deutschlanddie Ausübung eines Jobs vor oder während eines Studiums. Für die Finanzierung eines Graduiertenstudiums gilt ähnliches mit der Besonderheit, dass der Stipendienanteil generell höher ist als auf einem College - bis hin zu Vollstipendien- und dass oft zwischen College- und Universitätsstudium eine berufliche Tätigkeit eingeschoben wird, nicht selten in der Absicht, das Graduiertenstudium ohne Hilfe aus dem Elternhaus zu bewältigen. Die amerikanischen Hochschulen sind ein Paradigmafür eine durch den Wettbewerb gesteuerte akademische Ausbildung, an dem sich die Hochschulpolitik anderer Länder orientiert. Tatsächlich sind in den USA eine Reihe von Voraussetzungen für einen Wettbewerb unter Hochschulen erfüllt, an denen es in anderen Ländern oft mangelt: Die Staatseingriffe halten sich auch im öffentlichen Bereich in engen Grenzen, so dass die Hochschulen vergleichsweise autonom sind, etwa bei der Ergänzung des Lehrkörpers und der Mittelbeschaffung. Zwischen den Bundesstaaten gibt es eine Konkurrenz auch im Hochschulsektor, die durch nationale Regelungen nicht nennenswert beeinträchtigt wird. Die Hochschulen können die Studenten selbst auswählen und dabei weitgehend eigene Maßstäbe anlegen. Das Betreuungsverhältnis, das durch die Zulassung gesteuert wird, ist generell besser als in Deutschland, eine Überfüllung ist auch an staatlichen Hochschulen unbekannt. Die Studenten müssen erhebliche Studiengebühren zahlen, was durch Stipendien und Studienkredite erleichtert wird. Der Wettbewerb unter den Hochschulen wird jedoch erheblich beeinträchtigt durch die Subventionierung öffentlicher Hochschulen. Dieser Zustand ist nicht die zwangsläufige Folge eines Systems dualer Trägerschaft, weil Subventionen unmittelbar an die Studenten - statt an Hochschulen -gegeben werden könnten. Das amerikanische System der höheren Ausbildung erlaubt Rückschlüsse über die Wirkungen, die von einer Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb ausgehen. Die in Deutschland zu erwartenden Wirkungen hängen zunächst davon ab, dass im Quasi-Markt des öffentlichen Hochschulsystems ein erheblich stärkerer Wettbewerb als bisher zwischen den Bundesländern ermöglicht, das heißt von Länderkartellen und egalisierenden Bundesgesetzen Abschied genommen wird. Die Wirkungen im Einzelnen sind bei den Empfehlungen erwähnt worden und seien deshalb nur summarisch skizziert: Die Studiengebühren würden die Hochschulen zwingen, sich der Nachfrage anzupassen und die Qualität der Ausbildung zu steigern. Unterschiedliche Gebühren hätten Differenzierungen in der Ausbildungsqualität zur Folge, die den nicht 6*
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homogenen Qualifikationen von Studenten entsprächen. In dieselbe Richtung würde eine Auswahl der Studenten durch die Hochschulen wirken, mit der Mindestanforderungen für ein Studium gewährleistet, aber auch individuellen Fähigkeiten Rechnung getragen werden könnte. Die Unterschiede in der Ausbildungsqualitätschlügen sich in einem entsprechend differenzierten Angebot der Hochschulen nieder. Die jahrhundertealte amerikanische Erfahrung zeigt nachdrücklich, dass der Wettbewerb das geeignete und unter den in Deutschland obwaltenden Umständen das einzige Mittel ist, die allseitig beklagte Hochschulmisere zu überwinden.
Anhang: Hochschulrahmengesetz (HRG) -Auszug vom 26. Januar 1976 (BGBI. I S. 185), in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April1987 (BGBI. I S.1170) zuletzt geändert durch Artike11 des Gesetzes vom 20. August 1998 (BGBI. I • S. 2190) §1
Anwendungsbereich Hochschulen im Sinne dieses Gesetzes sind die Universitäten, die Pädagogischen Hochschulen, die Kunsthochschulen, die Fachhochschulen und die sonstigen Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind. Dieses Gesetz betrifft, soweit dies in § 70 bestimmt ist, auch die staatlich anerkannten Hochschulen. 1. Kapitel Aufgaben der Hochschulen 1. Abschnitt Allgemeine Bestimmungen §2
Aufgaben (1) Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und der Künste durch Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. (2) Die Hochschulen fördern entsprechend ihrer Aufgabenstellung den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs. (3 Die Hochschulen fördern die Weiterbildung ihres Personals. (4) Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit; sie berücksichtigen die besonderen Interessen von Studierenden mit Kindern und von behinderten Studierenden. Sie fördern in ihrem Bereich den Sport. (5) Die Hochschulen fördern die internationale, insbesondere die europäische Zusammenarbeit im Hochschulbereich und den Austausch zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse ausländischer Studenten.
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(6) Die Hochschulen wirken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben untereinander und mit anderen staatlichen und staatlich geförderten Forschungs- und Bildungseinrichtungen zusammen. Dies gilt insbesondere für die nach der Herstellung der Einheit Deutschlands erforderliche Zusammenarbeit im Hochschulwesen. (7) Die Hochschulen fördern den Wissens- und Technologietransfer. (8) Die Hochschulen unterrichten die Öffentlichkeit über die Erfüllung ihrer Aufgaben. (9) Die unterschiedliche Aufgabenstellung der Hochschularten nach § 1 Satz 1 und die Aufgaben der einzelnen Hochschulen werden durch das Land bestimmt. Andere als in diesem Gesetz genannten Aufgaben dürfen den Hochschulen nur übertragen werden, wenn sie mit den in Absatz 1 genannten Aufgaben zusammenhängen. 2. Abschnitt Studium und Lehre §7
Ziel des Studiums Lehre und Studium sollen den Studenten auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihm die dafür erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, dass er zu wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt wird. §8
Studienreform Die Hochschulen haben die ständige Aufgabe, im Zusammenwirken mit den zuständigen staatlichen Stellen Inhalte und Formen des Studiums im Hinblick auf die Entwicklungen in Wissenschaft und Kunst, die Bedürfnisse der berufliche Praxis und die notwendigen Veränderungen in der Berufswelt zu überprüfen und weiterzuentwickeln. §9
Koordinierung der Ordnung von Studium und Prüfungen (1) Bund und Länder tragen gemeinsam Sorge für die Behandlung grundsätzlicher und struktureller Fragen des Studienangebots unter Berücksichtigung der Entwicklungen in der Wissenschaft, in der beruflichen Praxis und im Hochschulsystem. (2) Die Länder tragen gemeinsam dafür Sorge, dass die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels gewährleistet werden. (3) Die Hochschulen und Sachverständige aus der Berufpraxis sind bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 zu beteiligen.
§10
Studiengänge (1) Die Studiengänge führen in der Regel zu einem berufsqualifizierenden Abschluss. Als berufsqualifizierend im Sinne dieses Gesetzes gilt auch der Abschluss eines Studiengangs, durch den die fachliche Eignung für einen beruflichen Vorbereitungsdienst oder eine berufliche Einführung vermittelt wird. Soweit bereits das jeweilige Studienziel eine
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berufspraktische Tätigkeit erfordert, ist sie mit den übrigen Teilen des Studiums inhaltlich und zeitlich abzustimmen und nach Möglichkeit in den Studiengang einzuordnen. (2) In den Prüfungsordnungen sind die Studienzeiten vorzusehen, in denen ein berufsqualifizierender Abschluss erworben werden kann (Regelstudienzeit). Die Regelstudienzeit schließt Zeiten einer in den Studiengang eingeordneten berufspraktischen Tätigkeit, praktische Studiensemester und Prüfungszeiten ein. Die Regelstudienzeit ist maßgebend für die Gestaltung der Studiengänge durch die Hochschule, für die Sicherstellung des Lehrangebots, für die Gestaltung des Prüfungsverfahrens sowie für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten (§29 Abs. 1) und die Berechnung von Studentenzahlen bei der Hochschulplanung.
§11
Regelstudienzeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss Die Regelstudienzeit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss beträgt, unbeschadet des§ 19 Abs. 2 Satz 2, 1. bei Fachhochschulstudiengängen höchstens vier Jahre, 2. bei anderen Studiengängen viereinhalb Jahre. Darüber hinausgehende Regelstudienzeiten dürfen in besonders begründeten Fällen festgesetzt werden; dies gilt auch für Studiengänge, die in besonderen Studienformen durchgeführt werden. In geeigneten Fachrichtungen sind Studiengänge einzurichten, die in kürzerer Zeit zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führen. §12 Postgraduale Studiengänge Für Absolventen eines Hochschulstudiums können zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher oder beruflicher Qualifikationen oder zur Vertiefung eines Studiums, insbesondere zur Heranbildung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses, Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien (postgraduale Studien) angeboten werden. Postgraduale Studiengänge, die zu einem Diplom- oder Magistergrad führen, sollen höchstens zwei Jahre dauern. § 19 Abs. 3 bleibt unberührt. §13 Fernstudien, Multimedia
(1) Bei der Reform von Studium und Lehre und bei der Bereitstellung des Lehrangebots sollen die Möglichkeiten eines Fernstudiums sowie der Informations- und Kommunikationstechnik genutzt werden. Bund, Länder und Hochschulen fördern diese Entwicklung im Rahmen ihrer Zuständigkeiten. (2) Eine in der Prüfungsordnung vorgesehene Studienleistung wird auch durch erfolgreiche Teilnahme an einer entsprechenden Fernstudieneinheit nachgewiesen, soweit die Einheit dem entsprechenden Lehrangebot des Präsenzstudiums inhaltlich gleichwertig ist. Die Feststellung der Gleichwertigkeit wird durch Landesrecht geregelt. §14 Studienberatung
Die Hochschule unterrichtet Studierende und Studienbewerber über die Studienmöglichkeiten und über Inhalte, Aufbau und Anforderungen eines Studiums. Während
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des gesamten Studiums unterstützt sie die Studierenden durch eine studienbegleitende fachliche Beratung. Sie orientiert sich bis zum Ende des ersten Jahres des Studiums über den bisherigen Studienverlauf, informiert die Studierenden und führt gegebenenfalls eine Studienberatung durch. Die Hochschule soll bei der Studienberatung insbesondere mit den für die Berufsberatung und den für die staatlichen Prüfungen zuständigen Stellen zusammenwirken.
§15
Prüfungen und Leistungspunktsystem (1) Das Studium wird in der Regel durch eine Hochschulprüfung, eine staatliche oder eine kirchliche Prüfung abgeschlossen. In Studiengängen mit einer Regelstudienzeit von mindestens vier Jahren findet eine Zwischenprüfung statt. Prüfungen können auch studienbegleitend abgenommen werden. Der Übergang in das Hauptstudium setzt in der Regel die erfolgreiche Ablegung einer Zwischenprüfung voraus. (2) Für alle geeigneten Studiengänge sind die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen eine innerhalb der Regelstudienzeit abgelegte Abschlussprüfung im Falle des Nichtbestehens als nicht unternommen gilt (Freiversuch). Das Landesrecht kann vorsehen, dass eine im Freiversuch bestandene Prüfung zur Notenverbesserung wiederholt werden kann. (3) Zum Nachweis von Studien- und Prüfungsleistungen soll eine Leistungspunktsystem geschaffen werden, das auch die Übertragung erbrachter Leistungen auf andere Studiengänge derselben oder einer anderen Hochschule ermöglicht. (4) Prüfungsleistungen dürfen nur von Personen bewertet werden, die selbst mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen.
§16
Prüfungsordnungen Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderungen und -verfahren sind so zu gestalten, dass die Abschlussprüfungen innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des §3 Abs. 2 und des §6 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der Iandesrechtlichen Regelungen über den Erziehungsurlaub ermöglichen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer Prüfungsordnung verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 5 nicht entspricht.
§17
Vorzeitiges Ablegen der Prüfung Hochschulprüfungen können vor Ablauf einer für die Meldung festgelegten Frist abgelegt werden, sofern die für die Zulassung zur Prüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen werden.
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§18 Hochschulgrade (1) Auf Grund der Hochschulprüfung, mit der ein berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, verleiht die Hochschule einen Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung. Auf Grund der Hochschulprüfung an Fachhochschulen oder in Fachhochschulstudiengängen anderer Hochschulen wird der Diplomgrad mit dem Zusatz "Fachhochschule" ("FH") verliehen. Die Hochschule kann einen Diplomgrad auch auf Grund einer staatlichen Prüfung oder einer kirchlichen Prüfung, mit der ein Hochschulstudium abgeschlossen wird, verleihen. Das Landesrecht kann vorsehen, dass eine Hochschule für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums einen Magistergrad verleiht; dies gilt, unbeschadet des§ 19, nicht für den Abschluss in einem Fachhochschulstudiengang. Nach näherer Bestimmung des Landesrechts kann eine Hochschule für den berufqualifizierenden Abschluss eines Studiums auf Grund einer Vereinbarung mit einer ausländischen Hochschule andere als die in den Sätzen 1, 2 und 4 genannten Grade verleihen. Ein Grad nach Satz 5 kann auch zusätzlich zu einem der in den Sätzen 1, 2 und 4 genannten Grade verleihen werden. (2) Im übrigen bestimmt das Landesrecht, welche Hochschulgrade verliehen werden. Es kann vorsehen, dass die Kunsthochschulen für den berufsqualifizierenden Abschluss eines Studiums andere als die in Absatz 1 genannten Grade verleihen. §19 Bachelor- und Magisterstudiengänge (1) Zur Erprobung können Studiengänge eingerichtet werden, die zu einem Bachelor- oder Bakkalaureusgrad und zu einem Master- oder Magistergrad führen. (2) Auf Grund von Prüfungen, mit denen ein erster berufsqualifizierender Abschluss erworben wird, kann die Hochschule einen Bachelor- oder Bakkalaureusgrad verleihen. Die Regelstudienzeit beträgt mindestens drei und höchstens vier Jahre. (3) Auf Grund von Prüfungen, mit denen ein weiterer berufsqualifiZierender Abschluss erworben wird, kann die Hochschule einen Master- oder Magistergrad verleihen. Die Regelstudienzeit beträgt mindestens ein Jahr und höchstens zwei Jahre. (4) Bei konsekutiven Studiengängen, die zu Graden nach den Absätzen 2 und 3 führen, beträgt die Gesamtregelstudienzeit höchstens fünf Jahre. (5) § 11 Satz 2 gilt entsprechend. (6) Den Urkunden über die Verleihung der akademischen Grade fügen die Hochschulen auf Antrag eine englischsprachige Übersetzung bei. §20 Studium an ausländischen Hochschulen Studien- und Prüfungsleistungen, die an ausländischen Hochschulen erbracht worden sind, werden anerkannt, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist. §5 a Abs. 1 Satz 2 und § 112 des Deutschen Richtergesetzes bleiben unberührt.
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Anhang: Hochschulrahmengesetz (HRG)- Auszug 2. Kapitel Zulassung zum Studium
§27 Allgemeine Voraussetzungen (1) Jeder Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist zu dem von ihm gewählten Hochschulstudium berechtigt, wenn er die für das Studium erforderliche Qualifikation nachweist. Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union sind Deutschen gleichgestellt, wenn die für das Studium erforderlichen Sprachkenntnisse nachgewiesen werden. Zugangshindemisse, die in der Person des Studienbewerbers liegen, ohne sich auf die Qualifikation zu beziehen, regelt das Landesrecht. (2) Der Nachweis nach Absatz 1 Satz 1 wird für den Zugang zu einem Studium, das zu dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt, grundsätzlich durch den erfolgreichen Abschluss einer auf das Studium vorbereitenden Schulbildung erbracht. In der beruflichen Bildung Qualifizierte können den Nachweis nach näherer Bestimmung des Landesrechts auch auf andere Weise erbringen. §29 Maßstäbe der Ausbildungskapazität (1) Im Zusammenwirken von Hochschulen und zuständigen staatlichen Stellen sind einheitliche Grundsätze für die Ermittlung und Festsetzung der Ausbildungskapazitäten der Hochschulen zu entwickeln. Der Berechnung ist grundsätzlich die für den jeweiligen Studiengang festgesetzte Regelstudienzeit zugrunde zu legen. §30 Festsetzung von Zulassungszahlen (1) Zulassungszahlen werden durch Landesrecht festgesetzt. Sie sind für jede Hochschule festzusetzen, wenn ein Studiengang in das Verfahren der Zentralstelle nach §31 Abs. 1 einbezogen wird. §31 Zentrale Vergabe von Studienplätzen (1) In Studiengängen, für die für mehrere Hochschulen Zulassungszahlen festgesetzt sind, können die Studienplätze von der von den Ländern errichteten Zentralstelle vergeben werden. In das Verfahren der Zentralstelle ist ein Studiengang möglichst zum frühestmöglichen Zeitpunkt einzubeziehen, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für alle staatliche Hochschulen festgesetzt sind und zu erwarten ist, dass die Zahl der Bewerber die Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Plätze übersteigt, soweit nicht wegen der Art der Zugangsvoraussetzungen oder Auswahlmaßstäbe den Hochschulen die Entscheidung vorbehalten wird. In das Verfahren der Zentralstelle soll ein Studiengang einbezogen werden, wenn für ihn nach der Feststellung der Zentralstelle Zulassungszahlen für die Mehrzahl der staatlichen Hochschulen festgesetzt sind.
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3. Kapitel Mitglieder der Hochschule
1. Abschnitt Mitgliedschaft und Mitwirkung §37 Allgemeine Grundsätze der Mitwirkung (1) Die Mitwirkung an der Selbstverwaltung der Hochschule ist Recht und Pflicht aller Mitglieder ... 4. Kapitel Rechtsstellung der Hochschule §58 Rechtsform und Selbstverwaltungsrecht (I) Die Hochschulen sind in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen. Sie können auch in anderer Rechtsform errichtet werden. Sie haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. (2) Die Hochschulen geben sich Grundordnungen, die der Genehmigung des Landes bedürfen. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Genehmigung sind gesetzlich zu regeln. 5. Kapitel Staatliche Anerkennung §70 Anerkennung von Einrichtungen (I) Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht nicht staatliche Hochschulen sind, können nach näherer Bestimmung des Landesrechts die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Hochschule erhalten, wenn gewährleistet ist, dass 1. das Studium an dem in § 7 genannten Ziel ausgerichtet ist, 2. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen es Bildungswesens vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahegelegt wird, 3. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 4. die hauptberuflich Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden und 5. die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studium in sinngemäßer Anwendung der für staatliche Hochschulen geltenden Grundsätze mitwirken.
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Sachwortregister Akademikersteuer 7, 58-60, 72 Bachelor- und Masterstudiengänge 26f. Begabtenförderung 54f. Beschäftigungssystem 21, 32 Bildungsgutscheine 7, 58-60, 94 Bildungssystem 21 Bürokratisierung 5, 11, 71 Corporate Universities 31 Emeritierung 23, 44, 48 Erstausbildung 9, 11, 23f., 31-33, 42, 44, 50, 53f., 63f., 69-71,76 Evaluation der Lehre 27 externe Konkurrenz 11 Fachhochschulen 13-19, 26-30, 53, 62, 64, 73-75, 78 Gesamthochschule 14, 95 Gesetzesänderung - Dienst- und Besoldungsrecht 7, 29, 44,45,47,48 - Gesetzesänderungen 7, 28,68 - Koalitionsvereinbarungen 28f. - Regierungserklärung 28f. - Studiengebührenverbot 29 Hochschulgesetzgebung 21, 75, 81 Hochschulrahmengesetz 8,13f., 22, 26f., 29,40-42,60-62,64,67,69,71,85,92 - Aufgabe 40 - Einschränkung 40 Hochschulreform 29, 44, 49, 72 Hochschultypen 13f. - Übersicht 16 Höchstalter für Ruhestand 23
internationaler Vergleich 5, 8f., 26, 41, 66, 73, 76,82,93,95 - Schweiz 73 - Vereinigten Staaten von Amerika 78 Kolleggelder 46, 51 Kolleggeldreform 24, 27 - System 46 Kultusministerkonferenz (KMK) 23 Marktversagen 35-37 - allokativ 36 - distributiv 37 Personalstellen 17 f. Privatuniversität 8, 30, 63 - Abbau der rechtlichen Überregulierung 64 - international 30 Prüfungsalter 18f. Prüfungsordnung 7,40-42,52,71 - Gleichwertigkeit 42 Regulierungen 10, 32, 34, 41, 71f. Stiftungen 54-56, 64-66, 72, 79, 93 Studentenzahlen 17, 24,87 Studienabbrecher 19f., 25,61 Studiendauer 10, 18-20, 76f. Studiengebühren 5, 7,11, 24, 29f., 35, 46, 49, 50-54, 56, 58-60, 65, 72, 74, 76, 79f., 82f., 92, 94f. - Abschaffung 49 - Ausbildungsfreibeträge 58 - Darlehen 56-58 - Höhe 53,79 - Wiedereinführung 50f., 54 Studienordnungen 41 Studierunfähigkeit 25
97 Studium 9-11, 13-15, 18-21, 25f., 33, 37f., 40, 50f., 53f., 56,60-63,71,74, 78, 80, 82, 84 - berufsqualifizierenden Abschluss 14 - Zulassung 14f., 22f., 35, 40f., 61-63, 74f., 80,83 tiefgreifenden Änderungen im Bildungswesen 10 Träger 9 Träger der staatlichen Hochschulen 9 unternehmenseigene Nach Wuchsakademien 31
7 Woll
Vereinheitlichung 23, 42-45, 71, 76 Wettbewerb 5,llf., 21, 23, 26f., 29, 32f., 35,38-45,47,49-51,54,58, 60-65,67-71, 77,83,94 - als Mittel zur Reform 11 - der Systeme 7, 38, 44 - Empfehlungen des Wissenschaftsrates 35 - Entwicklung von zweckmäßigen Normen 39 - historisches Versäumnis 34 Zentralisierung 23, 44