Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung: Forderungen, Immaterialgüterrechte und sonstige Gegenstände als Kaufobjekte und das reformierte Schuldrecht 9783161579356, 3161479750

Erst die Schuldrechtsreform bindet die Veräußerung der heute wirtschaftlich sehr bedeutsamen unkörperlichen Güter - insb

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German Pages 391 [395] Year 2020

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Einleitung
§ 1. Problemstellung und Zielsetzungen, Themenabgrenzung, Methodendiskussion, Gang der Untersuchung
A. Problemstellung und Zielsetzungen
B. Themenabgrenzung
I. Immaterialgüterrechte, Forderungen, sonstige Güter informationellen Gehalts
II. Kaufrechtliches Kausalgeschäft, insbesondere die Mängelgewährleistung
C. Die Einbindung der Immaterialgüterrechtsveräußerung in das Kaufrecht als Methode der Rechtsfortbildung
I. Die Entwicklung eines sonderprivatrechtlichen »Immaterialgüterschuldrechts« als alternativer Ansatz der Rechtsfortbildung
II. Das BGB als vermögensrechtliche Kodifikation mit umfassendem Regelungsanspruch
III. Die systembildende Funktion des BGB
IV. Folgerungen
D. Gang der Untersuchung
1. Kapitel. Entwicklungslinien des Rechts der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände
§ 2. Die Veräußerung unkörperlicher Gegenstände im geschichtlichen Überblick
A. Das antike römische Recht
B. Der vernunftrechtliche Neuansatz im Vermögensrecht
C. Das Begriff des Vermögensrechts bei Savigny und in der historischen Rechtsschule
D. Die germanistische Gegenbewegung
I. Rahmenbedingungen
II. Die schrittweise Anerkennung der Immaterialgüterrechte als Vermögensgegenstände
III. Der weite germanistische Sach- und Eigentumsbegriff
E. Die Redaktionsgeschichte des BGB in Bezug auf die Veräußerung werthafter unkörperlicher Güter
I. Entscheidung für das romanistische Konzept des Vermögensrechts
II. Die Veräußerlichkeit nichtsachenrechtlicher unkörperlicher Wertgegenstände in den Redaktionsarbeiten
III. Die Redaktionsgeschichte des Rechtskaufvertrags
1. Vertragsgegenstand und kaufrechtliche Primärpflichten
2. Die Entstehungsgeschichte der früheren Vorschriften über die Rechtsmängelgewährleistung beim Rechtskauf
3. Die Entstehungsgeschichte der Vorschriften über kaufähnliche Verträge (§§ 445, 493 BGB a.F.)
4. Kaufverträge über sonstige Gegenstände
5. Schlussfolgerungen
F. Ergebnisse
§ 3. Überblick über aktuelle Entwicklungen; insbesondere die Schuldrechtsreform
2. Kapitel. Unkörperliche Objekte als Kaufgegenstände
§ 4. Der vorrechtliche Gegenstandsbegriff
A. Bedeutung der Fragestellung
B. Umgangssprachlicher Gegenstands- bzw. Dingbegriff
C. Philosophisch-logischer Gegenstandsbegriff
I. Das Kriterium der Körperlichkeit
II. Unterscheidung konkreter und abstrakter Gegenstände?
D. Schlussfolgerungen
§ 5. Rechtsgegenstände im Sinne des BGB
A. »Sachen und Rechte« i.S.d. §§ 90 ff. BGB
I. Gesetzliche Ausgangslage
II. Der beschränkte gesetzliche Geltungsanspruch der Unterscheidung von Sachen und Rechten
III. Ergebnis
B. Der Weg von der Unterscheidung zwischen »Sachen und Rechten« zur Einteilung der Rechtsgegenstände in »Herrschafts- bzw. Nutzungsrechte und Forderungen«
I. Andreas von Tuhr und die Lehre von den Vermögensrechten
II. Der Gegenstandsbegriff Rudolf Sohms
III. Walter Schönfeld und die Lehre vom Kulturgut als Rechtsgegenstand
IV. Gerhard Husserls rechtstheoretische Studien
V. Franz Wieacker und der Versuch einer Neusystematisierung des Vermögensrechts
VI. Alois Trollers Unterscheidung zwischen Lebensgut und Immaterialgüterrecht
VII. Ernst Wolfs Lehre von den Rechtsgegenständen als den Inhalten eines absoluten Rechts
VIII. Karl Larenz und die Lehre von den Rechtsgegenständen erster und zweiter Ordnung
IX. Schlussfolgerungen, Stellungnahme und Ausblick
§ 6. Kaufgegenstände
A. Problemstellung
B. Der Begriff der »Kaufsache« und seine Grenzen
I. Überblick über den Meinungsstand
II. Informationelle Inhalte als Sachen im Sinne des Kaufrechts?
1. Die Überlassung verkörperter informationeller Inhalte als Sachkaufverträge?
2. Die Überlassung unverkörperter informationeller Inhalte als Sachkaufverträge und die Hintergründe für die entsprechende Zuordnung durch die h.M.
3. Stellungnahme: Informationelle Inhalte als sonstige Gegenstände
4. Ausblick
C. Der gegenständliche Anwendungsbereich des Rechtskaufs
D. »Sonstige Gegenstände« als Kaufgegenstände
E. Zusammenfassung und Ausblick
3. Kapitel. Grundstrukturen des Kaufvertrags über unkörperliche Gegenstände
§ 7. Formen der Güterübertragung und -verwertung
A. Translative Rechtsübertragungen
B. Konstitutive Rechtsübertragungen
I. Begriff
II. Anwendungsfälle
1. Einräumung beschränkt dinglicher Rechte
2. Lizenzverträge
a. Ausschließliche Lizenzen
b. Einfache Lizenzen
aa. Begriff
bb. Vorliegen eines Übertragungsgegenstands
dd. Verfügungswirkung der einfachen Lizenz
ee. Einräumung einfacher Lizenzen als »Rechtsübertragungen minderer Intensität«
ff. Ergebnis
C. Obligatorische Gestattungsverträge
I. Überblick
II. Gestattungsverträge mit verdinglichter Wirkung
III. Streng obligatorisch wirkende Gebrauchsüberlassungsverträge
D. Einwilligungen
E. Zusammenfassung
§ 8. Allgemeine Strukturcharakteristika des Kaufvertrags
A. Methodische Vorbemerkungen
B. Austausch von Ware gegen Geld und Entgeltlichkeit des Gütertransfers
C. Verhältnis zwischen Kausalgeschäft und Verfügung
I. Trennungsprinzip
II. Abstraktionsprinzip
D. Charakteristika kaufrechtlich relevanter Verfügungen
I. Unterscheidung zwischen Verfügung und Realakt
II. Auf Güterumsatz gerichtete Verfügungen
1. Abgrenzung zu Verzichts- oder Aufhebungsverträgen
2. Rechtsübertragungen und Rechtseinräumungen
a. Translative Rechtsübertragungen
b. Konstitutive Rechtsübertragungen
III. Folgerungen
§ 9. Folgen für die Anwendung von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände
A. Veräußerungsverträge über Immaterialgüterrechte als Kaufverträge
I. Überblick über den Meinungsstand und Kritik
II. Stellungnahme
1. Ausschließliche Lizenzverträge als Kaufverträge
a. Konstitutive Rechtsübertragungen und Kaufrecht
b. Geltung des Trennungsprinzips bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten
c. Kaufrechtliches Grundgeschäft und ausschließliche Lizenzeinräumung
aa. Schuldrechtliche Verpflichtung zur gegenständlichen Lizenzeinräumung
bb. Untersuchung weiterer typusprägender Charakteristika
(1) Der Verlagsvertrag als eigenständiger Typus
(2) Sonstige immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge als Kaufverträge
cc. Folgerungen
2. Einfache Lizenzverträge als obligatorische Gebrauchsüberlassungsverträge
B. Die Veräußerung sonstiger Gegenstände und das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags
C. Ergebnisse
4. Kapitel. Die Mängelgewährleistung beim Kauf subjektiv-rechtlich geschützter Gegenstände
1. Abschnitt. Sachkauf
§ 10. Die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf als Ausgangspunkt
A. Die Unterscheidung zwischen Nichterfüllung und kaufrechtlicher Mängelgewährleistung
B. Die Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängeln und die Schuldrechtsreform
I. Frühere Bedeutung und historische Grundlagen
II. Der Diskussionsstand zur Grenzziehung im Überblick
1. Die traditionellen Abgrenzungstheorien
2. Grenzen der Gewährleistungshaftung für rechtliche Umstände
3. Die Lehre Wolfgang Ernsts von der Rechtsmängelhaftung als Haftung für die Nichtverschaffung rechtlicher Zuständigkeit
III. Abgrenzungsproblematik und Auswirkungen der Schuldrechtsreform
1. Bedeutung des Meinungsstreits für die Abgrenzungsproblematik
2. Geringe Aussagekraft der rechtshistorischen Argumentationslinie
3. Die Rechtsmängelhaftung als verschuldensunabhängige Sphärenhaftung vor und nach der Schuldrechtsreform
a. Methodische Vorbemerkung
b. Die Ratio der Rechtsmängelhaftung nach früherem Recht
c. Die Situation nach der Schuldrechtsreform
aa. Keine Änderung der Interessenlage
bb. Verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Rechtsmängelhaftung
cc. Der Konflikt zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit
dd. Ergebnis
IV. Die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung aufgrund von Risikoerwägungen im Einzelnen
1. Rechtsmängelhaftung als Haftung für die Nichtverschaffung der Zuständigkeit?
2. Rechtszuständigkeit als dingliche Zuständigkeit?
3. Zwischenergebnis
C. Fallgruppen der Rechtsmängelhaftung
I. Vorbemerkung
II. Die Fallgruppen im Einzelnen
1. Wichtige Anwendungsfälle der Rechtsmängelhaftung
a. Beschränkt dingliche Rechte
b. Relative Verfügungsbeschränkungen
c. Dem Sachgebrauch entgegenstehende Immaterialgüterrechte Dritter
2. Differenzierte Betrachtung gesetzlicher Beschränkungen der Sachnutzung
a. Überblick und Themenabgrenzung
b. Keine Haftung für den Sachgebrauch regelnde, generellabstrakte Normen
c. Individualisierte, den Gebrauch einer konkreten Sache spezifisch treffende Normierungen
3. Öffentlich-rechtliche Entzugsrechte
D. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
2. Abschnitt. Forderungskauf
§ 11. Rechtsmängelhaftung und Forderungskauf
A. Die Ausgestaltung der Nichterfüllungs- und Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf
I. Der gesetzliche Ausgangspunkt
II. Bestandshaftung gem. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2, 280 ff. BGB
1. Wegfall der Vorschrift des § 437 BGB a.F. und die Folgen für das reformierte Schuldrecht
2. Die Pflicht zur Verschaffung der Forderung als solcher gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1 BGB
a. Nichtexistenz der Forderung, Abtretung der »falschen« Forderung bzw. fehlende Forderungsinhaberschaft des Verkäufers
b. Nachträglicher ex-tunc-Wegfall der Forderung
c. Verantwortlichkeitsmaßstab
3. Begrenzung der Haftung für den Bestand der Forderung aufgrund von Risikoerwägungen
a. Fragestellung
b. Die Bedeutung von Risikoerwägungen bei der Haftung für die Nichtverschaffung der Forderung
c. Dogmatische Begründung
4. Folgerung: Allgemeines Prinzip der strengen Verkäuferhaftung bei Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers für die Verschaffung der Forderung
III. Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2, 435 ff. BGB
1. Abgrenzung zur Nichterfüllungshaftung
a. Problemstellung und Bedeutung
b. Meinungsstand
c. Stellungnahme
2. § 435 BGB als Ausdruck der Sphärenverantwortlichkeit des Forderungsverkäufers
3. Anwendungsfälle von § 435 BGB
a. Haftung für die Verschaffung umfassender und andauernder Forderungszuständigkeit
aa. Begriff der Forderungszuständigkeit
bb. Beschränkt gegenständliche Rechte an Forderungen und Verfügungsbeschränkungen
cc. Mögliche zukünftige Vernichtbarkeit der Forderung
b. Die »Forderung als Gegenstand« betreffende Mängel
c. Grenzen der Rechtsmängelhaftung bei fehlender ausschließlicher Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers
4. Subjektivierung des Begriffs des Rechtsmangels gemäß § 435 BGB?
IV. Ergebnis
B. Weitere Haftungsinstitute beim Forderungskauf
I. Themenabgrenzung
II. Verkäuferhaftung aufgrund eines selbständigen Garantievertrags
III. Haftung aus culpa in contrahendo
1. Problemstellung und Bedeutung
2. Anwendbarkeit der culpa in contrahendo neben den Gewährleistungsregeln
3. Forderungskaufspezifische Aufklärungspflichten im Einzelnen
a. »Vereitelung des Vertragszwecks« als maßgebliche Fallgruppe
b. Objektive Tatbestandsmerkmale
c. Möglichkeit und Zumutbarkeit der Selbstinformation durch den Käufer
aa. Einreden
bb. Mängel in der Bonität des Schuldners
IV. Ergebnis
C. Rechtsmängelhaftung bei sachbezogenen Forderungen gemäß § 453 Abs. 3 BGB
I. Problemstellung
II. Bestandsaufnahme der Korrekturansätze vor der Schuldrechtsreform
1. Übersicht
2. Werner Flume und die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum
3. Neuere Auffassungen
III. Stellungnahme und Folgerungen für die Auslegung von § 453 Abs. 3 BGB
D. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
3. Abschnitt. Immaterialgüterrechtskauf
1. Unterabschnitt. Grundlagen
§ 12. Erscheinungsformen von Mängeln an Immaterialgüterrechten
A. Strukturgemeinsamkeiten und -unterschiede von Immaterialgüterrechten, Sachen und Forderungen im Überblick
I. Strukturgemeinsamkeiten von Mängeln an unterschiedlichen Kategorien von Immaterialgüterrechten
II. Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Mängeln beim Sach- und Immaterialgüterrechtskauf
III. Mängelbezogene Strukturunterschiede zwischen Immaterialgüterrechten und Forderungen
IV. Folgerungen für die weitere Untersuchung
B. Erscheinungsformen von Mängeln bei immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen im Einzelnen
I. »Rechtsmängel im engeren Sinne«
II. »Rechtsmängel im weiteren Sinne«
III. »Kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel«
IV. »Reine Beschaffenheitsmängel«
C. Schlussfolgerungen und Ausblick
§ 13. Immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge als »gewagte Geschäfte«?
A. Problemstellung
B. Identifizierung der relevanten Wagniselemente
C. Überblick über die allgemeine zivilrechtliche Beurteilung von Risikoverträgen
D. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung als Risikovertrag?
I. Konkretisierung der Fragestellung
II. Der immaterialgüterrechtliche Veräußerungsvertrag als Spekulationsvertrag?
III. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung als »echter Risikovertrag«?
E. Ergebnis
2. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche Vollveräußerungsverträge
§ 14. Gewährleistungshaftung bei immaterialgüterrechtlichen Vollveräußerungsverträgen
A. Überblick
B. Nacherfüllungsrechte
C. Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf sämtliche Arten von Äquivalenzstörungen?
D. Die Ausgestaltung der Mängel- bzw. Bestandshaftung beim Immaterialgüterrechtskauf im Einzelnen
I. Die Haftung für Rechtsmängel im engeren Sinne
1. Anfängliches Fehlen der Rechtsposition
2. Anfängliche Belastung der Rechtsposition mit Mängeln der gegenständlichen Zuständigkeit
II. Die Haftung für Rechtsmängel im weiteren Sinne
1. Problemstellung
2. Überblick über den Meinungsstand
a. Bundesgerichtshof
b. Literatur
3. Stellungnahme
a. Grundsätzlicher Bestand einer Gewährleistungspflicht
b. Die anwendbare Gewährleistungsordnung
aa. Die Zwitterstellung der Rechtsmängel im weiteren Sinne als Ausgangspunkt
bb. Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung?
cc. Die Anwendung der Rechtsmängel- bzw. Nichterfüllungshaftung und ihre Ausgestaltung im Einzelnen
(1) Grundsätzliche begriffliche Anwendbarkeit
(2) Haftungsausschluss wegen Veräußerung ihrer Art nach unübertragbarer Rechte?
(3) Einschränkung der Rechtsmängelhaftung nach Sphärengesichtspunkten
4. Ergebnis
III. Kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel
1. Problemstellung
2. Überblick über den Meinungsstand
3. Stellungnahme
a. Parallelität zu den Sachmängeln beim Sachkauf
b. Unterscheidung zu Rechtsmängeln im engeren bzw. im weiteren Sinne
c. Unterscheidung zu Rechtsmängeln beim Forderungskauf
d. Ergebnis
IV. »Reine Beschaffenheitsmängel« des Immaterialguts
1. Überblick über Gesetzeslage und Meinungsstand
2. Stellungnahme
3. Grenzen der Sachmängelhaftung für Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts
a. Haftung für Beschaffenheitsmängel von geringer Bedeutung?
b. Keine Haftung für Bindungen des Immaterialguts durch generellabstrakte Regelungen
E. Anwendbarkeit sonstiger kaufrechtlicher Haftungsgrundsätze
I. Verschuldensunabhängige Haftung des Immaterialgüterrechtsverkäufers bei Eigenschaftszusicherungen
II. Anwendung der kaufmännischen Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB?
III. Rechtsfolgen des Immaterialgüterrechtskaufs
1. Haftungsumfang und Aktivlegitimation bei der Rechtsmängelhaftung
IV. Verjährung
V. Exkurs: Die Anwendung der allgemeinen Haftungsvorschriften auf den Immaterialgüterrechtskauf im Überblick
F. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
3. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge
A. Fragestellung
B. Lizenzverträge als »kaufähnliche Geschäfte« bzw. als »entgeltliche Belastung eines Gegenstands« (§§ 445, 493 BGB a.F.)?
I. Fragestellung
II. Geltungsbereich von § 445 BGB a.F.
III. Die Bedeutung des § 493 BGB a.F. für Lizenzverträge
C. Gang der Darstellung
§ 15. Der Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis
A. Einleitung
B. Überblick über die Lehre vom Dauerschuldverhältnis im allgemeinen Zivilrecht
I. Der Begriff des Dauerschuldverhältnisses
II. Kaufrechtliche Dauerschuldverhältnisse
III. Rechtsfolgen
1. Das außerordentliche Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gem. § 314 BGB
2. Einschränkung der ex-tunc-Rückabwicklung nach Invollzugsetzung
a. Einschränkung der Wirkungen des gesetzlichen Rücktrittsrechts
b. Grundsatz der Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen der Anfechtung bei Dauerschuldverhältnissen?
C. Die Einordnung des ausschließlichen Lizenzvertrags als Dauerschuldverhältnis und die Konsequenzen für die Rechtsanwendung
I. Der nur teilweise bestehende Dauercharakter lizenzvertraglich geschuldeter Leistungen
1. Dauercharakter der Überlassung des Vertragsgegenstands?
2. Dauercharakter sonstiger lizenzvertraglicher Leistungspflichten
II. Parallele Anwendbarkeit von außerordentlicher Kündigung und Rücktrittsrecht bei Lizenzverträgen
1. Außerordentliches Kündigungsrecht und Mängelansprüche im Verlagsrecht
2. Die Rechtslage bei nicht verlagsrechtlichen Lizenzverträgen
III. Grundsätzliche Möglichkeit der ex-tunc-Rückabwicklung von Lizenzverträgen aufgrund Rücktritts bei Mängeln des Vertragsgegenstands
1. Rückabwicklung und Rücktritt mit ex-nunc-Wirkung im Verlagsrecht
2. Rückabwicklung nicht verlagsrechtlicher Lizenzverträge
IV. Rückabwicklung des Lizenzvertrags in anderen Fällen, insbes. bei Anfechtung
1. Rückwirkung nach erfolgter Anfechtung
2. Ausschluss der Rückabwicklung bei Schlechterfüllung sonstiger Leistungspflichten
D. Ergebnis
§ 16. Immaterialgüterrechtliche Leerübertragungen und die Wirksamkeit von Lizenzverträgen
A. Problemstellung und heutige Bedeutung der Fragestellung
B. Überblick über die Lehre von der Leerübertragung
C. Die Rechtslage unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
§ 17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung und Lizenzvertrag
A. Grundsätzliche Anwendbarkeit von §§ 434, 435 ff. BGB auf Lizenzverträge
I. Rechtsmängelhaftung und Lizenzvertrag
II. Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge
1. Problemstellung
2. Die Situation im Verlagsrecht
a. Charakteristika der verlagsvertraglichen Haftung für die Vertragswidrigkeit des Werks
b. Ausdehnung dieser Grundsätze auf andere Lizenzverträge?
3. Überblick über den Meinungsstand zur Anwendung der Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge
4. Stellungnahme zur Anwendung der Sachmängelhaftung
a. Haftung für Zusicherungen
b. Haftung für Sachmängel entsprechend § 434 BGB n.F.
aa. Kritik an der Rechtsprechung
bb. Der Analogieschluss im Einzelnen
B. Die kaufrechtliche Gewährleistungshaftung bei Lizenzverträgen und unterschiedliche Erscheinungsformen von Mängeln
I. Rechtsmängel im engeren Sinne
II. Rechtsmängel im weiteren Sinne
1. Die Auffassung der Rechtsprechung
2. Stellungnahme
3. Folgerungen, insbesondere die Verjährung
4. Keine Notwendigkeit der Geltendmachung des Rechts
III. Kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel
1. Anwendbarkeit von § 434 BGB
2. Anwendbarkeit der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB
IV. Reine Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts
F. Ergebnisse
5. Kapitel. Der Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich geschützte sonstige Gegenstände
A. Einführung und Überblick
B. Plan des weiteren Vorgehens
§ 18. Sonstige Gegenstände als Kaufgegenstände
A. Bestandsaufnahme des Kreises sonstiger Gegenstände; insbesondere die Rechtsnatur von Know-how
I. Digitalisierte informationelle Inhalte
II. Andere nicht immaterialgüterrechtlich schutzfähige unkörperliche Güter
III. Das Know-how als sonstiger Gegenstand
B. Die Behandlung sonstiger Gegenstände als Kaufobjekte vor der Schuldrechtsreform
§ 19. Der Vertrag über die Veräußerung sonstiger Gegenstände als Kaufvertrag
A. Bestandsaufnahme
I. Dogmatische Qualifikation des Know-how-Vertrags
1. Kaufvertrag
2. Dienstvertrag
3. Pachtvertrag
4. Kritik
II. Erscheinungsformen anderer Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände
1. Verträge, die auf Dienst- oder Werkleistungen gerichtet sind
2. Auf Überlassung eines Gegenstands gerichtete Verträge
B. Das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags und Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände
I. Die Methode der typologischen Zuordnung als Ausgangspunkt
II. Kaufrechtliche Formen der Güterüberlassung
1. Unterscheidung zwischen Überlassungsverträgen und Dienstverträgen
2. Kaufrechtliche Erscheinungsformen der Überlassung des Guts
a. Übersicht
b. Keine Rechtsübertragung bei der Verschaffung einfacher Mitbenutzungsbefugnisse
c. Einräumung ausschließlicher, zeitlich beschränkter Nutzungsbefugnisse als teilweiser Inhaberwechsel
d. Zeitlich unbeschränkter Inhaberwechsel als Vollveräußerung
e. Zwischenergebnis
III. Verpflichtung, Verfügung und Trennungsprinzip
IV. Folgerungen
1. Vollveräußerungsverträge über sonstige Gegenstände als Kaufverträge
2. Verträge über die zeitlich beschränkte ausschließliche Nutzungsüberlassung sonstiger Gegenstände als pachtähnliche Verträge
V. Ergebnis
§ 20. Die Mängelhaftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände
A. Fragestellung und Bedeutung nach der Schuldrechtsreform
B. Die Haftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände
I. Bestandshaftung des Verkäufers eines sonstigen Gegenstands gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2, 280 ff. BGB
1. Objektiv fehlende Existenz des sonstigen Gegenstands
a. Grundsätzliche Bestandshaftung
b. Einschränkungen der Bestandshaftung bei »seiner Art nach« fehlender Existenzmöglichkeit des sonstigen Gegenstands
2. Anfängliches Unvermögen zur Verschaffung des Gegenstands mangels Inhaberschaft seitens des Veräußerers
II. Rechtsmängelhaftung gem. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 BGB
1. Keine Rechtsmängelhaftung wegen Nichtverschaffung umfassender Rechtsinhaberschaft
2. Rechtliche Gebrauchshindernisse
a. Gebrauchshindernde private Rechte Dritter
b. Keine Haftung für generell-abstrakte Normierungen des Verkaufsgutes
3. Zusammenfassung
C. Die Sachmängelhaftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände
I. Fragestellung
II. Sachmängelhaftung und die Veräußerung digitalisierter informationeller Inhalte
III. Sachmängelhaftung bei Know-how-Verträgen
1. Parallelität der Risikosituation beim Sach-, Immaterialgüterrechts- und Know-how-Verkauf und die Übertragbarkeit der Wertungen von § 434 BGB
2. Subjektiver Fehlerbegriff und Know-how-Vertrag
3. Sonderproblem: Anfänglich fehlender Geheimnischarakter des Know-how als Sachmangel
IV. Verjährung
V. Kaufmännische Rügeobliegenheit
D. Schlussfolgerungen
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Schlussbewertung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes
A. Ausdehnung des gegenständlichen Anwendungsbereichs des Kaufrechts
B. Rechtsfolgen der Mängelgewährleistung
Literaturverzeichnis
Personen- und Stichwortverzeichnis
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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 77

ARTIBUS

Maximilian Haedicke

Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung Forderungen, Immaterialgüterrechte und sonstige Gegenstände als Kaufobjekte und das reformierte Schuldrecht

Mohr Siebeck

Maximilian Haedicke, geboren 1967; Studium der Rechtswissenschaften in München, Genf und Washington D. C.; 1996 Promotion; 1998-2001 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht an der Ludwig-MaximiliansUniversität München und Wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht.

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Juristischen Fakultät der Universität München gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

978-3-16-157935-6 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-147975-0 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2003 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden.

Fiir Gerhard Schricker

Vorwort Eine frühere Fassung der Arbeit wurde im Sommersemester 2001 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Habilitationsschrift angenommen. Die Untersuchung wurde sodann mit Blick auf die Schuldrechtsreform gründlich überarbeitet und der - sich zurzeit noch völlig im Fluss befindlichen - neuen Rechtslage angepasst. Das Manuskript wurde am 15. Februar 2002 abgeschlossen. Die spätere Entwicklung der Diskussion über die Auslegung der Vorschriften des reformierten Schuldrechts konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Meinem hochverehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Gerhard Schricker, schulde ich großen Dank. Er hat meine berufliche Entwicklung stets gefördert und mir während meiner Zeit am Lehrstuhl für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht alle Freiheiten gelassen, diese Arbeit anzufertigen. Vor allem aber hat er in mir das Verständnis für die engen Zusammenhänge zwischen zivilrechtlicher Rechtsdogmatik und gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht geweckt. Zum Dank für die genossene Förderung und aus Respekt vor seinem akademischen Vorbild widme ich ihm dieses Werk. Herrn Professor Dr. Helmut Köhler gebührt mein Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Er hat mir in der letzten Phase der Arbeit den Ansporn gegeben, die Herausforderung der Schuldrechtsmodernisierung anzunehmen und die Untersuchung aus diesem Blickwinkel heraus noch einmal umfassend zu überarbeiten. Weiterhin geht mein besonderer Dank an die heutigen bzw. früheren Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht, allen voran an Eva Bastian, Bettina Goldmann und Ansgar Ohly sowie an Annette Kur, Thomas Dreier, Gisbert Hohagen und Daniele Schiuma. Die freundliche Atmosphäre am Institut, die zahlreichen anregenden Gespräche und die von allen geteilte Begeisterung für den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht gaben mir stets Ansporn, die Arbeit fortzuführen. Persönliche Freundschaften sind hier begründet und vertieft worden. Meinen Eltern und Joachim Schulz, die an der Arbeit stets großen Anteil genommen haben und die die mühselige Aufgabe der Durchsicht des Manuskripts auf sich genommen haben, sei ebenfalls gedankt. Ganz besonders herzlichen Dank für das entgegengebrachte Verständnis und Vertrauen schulde ich schließ-

VIII

Vorwort

lieh Kathleen Ernst. Sie u n d ihr Verständnis haben ganz entscheidend zum Gelingen der Arbeit beigetragen. München, den 15. Februar 2002

Maximilian Haedicke

Inhaltsübersicht

§ 1. Problemstellung und Zielsetzungen, T h e m e n a b g r e n z u n g , M e t h o d e n diskussion, G a n g der U n t e r s u c h u n g

1. Kapitel. Entwicklungslinien unkörperlicher Gegenstände

1

des Rechts der

Veräußerung 17

§ 2. D i e Veräußerung unkörperlicher Gegenstände im geschichtlichen Überblick

17

§ 3. U b e r b l i c k über aktuelle Entwicklungen; insbesondere die Schuldrechtsreform

2. Kapitel. Unkörperliche

44

Objekte

als Kaufgegenstände

47

§ 4. D e r vorrechtliche Gegenstandsbegriff

47

§ 5. Rechtsgegenstände im Sinne des B G B

55

§ 6. Kaufgegenstände

67

3. Kapitel. Grundstrukturen Gegenstände

des Kaufvertrags

über

unkörperliche 79

§ 7. F o r m e n der Güterübertragung und -Verwertung

79

§ 8. Allgemeine Strukturcharakteristika des Kaufvertrags

93

§ 9. F o l g e n für die A n w e n d u n g von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände

4. Kapitel. Die Mängelgewährleistung geschützter Gegenstände

100

beim Kauf

subjektivrechtlich 111

1. Abschnitt. Sachkauf

113

§ 1 0 . D i e Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf als Ausgangspunkt

113

2. Abschnitt. Forderungskauf

149

§ 11. Rechtsmängelhaftung und Forderungskauf

149

3. Abschnitt. Immaterialgüterrechtskauf

185

1. Unterabschnitt. Grundlagen

187

§ 12. Erscheinungsformen von Mängeln an Immaterialgüterrechten

187

X

Inhaltsübersicht

§13. Immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge als „gewagte Geschäfte"?

197

2. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche Vollveräußerungsverträge

207

§ 14. Gewährleistungshaftung bei immaterialgüterrechtlichen Vollveräußerungsverträgen

207

3. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge

243

§15. Der Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis §16. Immaterialgüterrechtliche Leerübertragungen und die Wirksamkeit von Lizenzverträgen §17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung und Lizenzvertrag

247 266 269

5. Kapitel. Der Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich „sonstige Gegenstände"

295

geschützte

§18. Sonstige Gegenstände als Kaufgegenstände 297 § 19. Der Vertrag über die Veräußerung sonstiger Gegenstände als Kaufvertrag 301 § 20. Die Mängelhaftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände 313 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

329

Schlussbewertung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

343

Literaturverzeichnis

345

Personen- und Stichwortverzeichnis

361

Inhaltsverzeichnis Abkürzungen

XXV

Einleitung

1

§ 1. P r o b l e m s t e l l u n g u n d Zielsetzungen, T h e m e n a b g r e n z u n g , M e t h o d e n d i s k u s s i o n , G a n g der U n t e r s u c h u n g

1

A. Problemstellung und Zielsetzungen

1

B. Themenabgrenzung I. Immaterialgüterrechte, Forderungen, sonstige Güter informationellen Gehalts II. Kaufrechtliches Kausalgeschäft, insbesondere die Mängelgewährleistung

4 4 5

C. Die Einbindung der Immaterialgüterrechtsveräußerung in das Kaufrecht als Methode der Rechtsfortbildung I. Die Entwicklung eines sonderprivatrechtlichen »Immaterialgüterschuldrechts« als alternativer Ansatz der Rechtsfortbildung II. Das BGB als vermögensrechtliche Kodifikation mit umfassendem Regelungsanspruch III. Die systembildende Funktion des BGB IV. Folgerungen

9 11 13

D. Gang der Untersuchung

14

1. Kapitel. Entwicklungslinien unkörperlicher Gegenstände

7 7

des Rechts der Veräußerung 17

§ 2. D i e V e r ä u ß e r u n g u n k ö r p e r l i c h e r G e g e n s t ä n d e im geschichtlichen U b e r b l i c k

17

A. Das antike römische Recht

17

B. Der vernunftrechtliche Neuansatz im Vermögensrecht

22

C. Das Begriff des Vermögensrechts bei Savigny und in der historischen Rechtsschule

25

XII

Inhaltsverzeichnis

D . D i e germanistische G e g e n b e w e g u n g I. R a h m e n b e d i n g u n g e n II. D i e schrittweise A n e r k e n n u n g d e r I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t e als V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e III. D e r weite germanistische Sach- u n d Eigentumsbegriff E. D i e R e d a k t i o n s g e s c h i c h t e des B G B in B e z u g auf die V e r ä u ß e r u n g werthafter unkörperlicher Güter I. E n t s c h e i d u n g f ü r das romanistische K o n z e p t des V e r m ö g e n s r e c h t s II. D i e Veräußerlichkeit nichtsachenrechtlicher u n k ö r p e r l i c h e r W e r t gegenstände in den R e d a k t i o n s a r b e i t e n III. Die R e d a k t i o n s g e s c h i c h t e des R e c h t s k a u f v e r t r a g s 1. Vertragsgegenstand u n d kaufrechtliche P r i m ä r p f l i c h t e n 2. D i e E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e d e r f r ü h e r e n Vorschriften ü b e r die R e c h t s m ä n g e l g e w ä h r l e i s t u n g b e i m Rechtskauf 3. D i e E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e d e r Vorschriften ü b e r k a u f ä h n l i c h e Verträge (§§ 445, 493 B G B a.F.) 4. K a u f v e r t r ä g e ü b e r sonstige G e g e n s t ä n d e 5. Schlussfolgerungen F.

Ergebnisse

§ 3. Uberblick über aktuelle Entwicklungen; insbesondere die Schuldrechtsreform 2. Kapitel.

Unkörperliche

Objekte

als Kaufgegenstände

§ 4. Der vorrechtliche Gegenstandsbegriff A. B e d e u t u n g d e r Fragestellung B. U m g a n g s s p r a c h l i c h e r G e g e n s t a n d s - bzw. Dingbegriff C . Philosophisch-logischer Gegenstandsbegriff I. Das K r i t e r i u m der K ö r p e r l i c h k e i t II. U n t e r s c h e i d u n g k o n k r e t e r u n d abstrakter G e g e n s t ä n d e ? D . Schlussfolgerungen

§ 5. Rechtsgegenstände im Sinne des BGB A. »Sachen u n d Rechte« i.S.d. §§ 90 ff. B G B I. Gesetzliche Ausgangslage II. D e r b e s c h r ä n k t e gesetzliche G e l t u n g s a n s p r u c h der U n t e r s c h e i d u n g v o n Sachen u n d R e c h t e n III. E r g e b n i s B. D e r Weg v o n der U n t e r s c h e i d u n g zwischen »Sachen u n d Rechten« z u r Einteilung der Rechtsgegenstände in » H e r r s c h a f t s - bzw. N u t z u n g s r e c h t e und Forderungen«

..

Inhaltsverzeichnis I. A n d r e a s v o n T u h r u n d die Lehre v o n d e n V e r m ö g e n s r e c h t e n II. D e r Gegenstandsbegriff R u d o l f S o h m s

XIII 58 59

III. Walter Schönfeld u n d die L e h r e v o m K u l t u r g u t als Rechtsgegenstand

61

IV. G e r h a r d H u s s e r l s rechtstheoretische Studien

62

V. F r a n z Wieacker u n d d e r Versuch einer N e u s y s t e m a t i s i e r u n g des V e r m ö g e n s r e c h t s

62

VI. Alois Trollers U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n L e b e n s g u t u n d Immaterialgüterrecht

63

VII. E r n s t Wolfs L e h r e v o n d e n R e c h t s g e g e n s t ä n d e n als den I n h a l t e n eines absoluten Rechts

64

V I I I . Karl L a r e n z u n d die L e h r e v o n d e n R e c h t s g e g e n s t ä n d e n erster u n d zweiter O r d n u n g IX. Schlussfolgerungen, Stellungnahme u n d A u s b l i c k

65 65

§ 6. Kaufgegenstände

67

A. P r o b l e m s t e l l u n g

67

B. D e r Begriff d e r »Kaufsache« u n d seine G r e n z e n

67

I. U b e r b l i c k ü b e r d e n M e i n u n g s s t a n d II. I n f o r m a t i o n e l l e Inhalte als Sachen im Sinne des K a u f r e c h t s ?

67 68

1. D i e Ü b e r l a s s u n g v e r k ö r p e r t e r i n f o r m a t i o n e l l e r Inhalte als Sachkaufverträge?

68

2. D i e Ü b e r l a s s u n g u n v e r k ö r p e r t e r informationeller Inhalte als Sachkaufverträge u n d die H i n t e r g r ü n d e f ü r die e n t s p r e c h e n d e Z u o r d n u n g d u r c h die h . M

70

3. Stellungnahme: I n f o r m a t i o n e l l e Inhalte als sonstige G e g e n s t ä n d e . .

72

4. A u s b l i c k

73

C . D e r gegenständliche A n w e n d u n g s b e r e i c h des R e c h t s k a u f s

73

D . »Sonstige G e g e n s t ä n d e « als K a u f g e g e n s t ä n d e

75

E. Z u s a m m e n f a s s u n g u n d Ausblick

77

3. Kapitel. Grundstrukturen des Kaufvertrags über unkörperliche Gegenstände

79

§ 7. Formen der Güterübertragung und -Verwertung

79

A. Translative R e c h t s ü b e r t r a g u n g e n

80

B. Konstitutive R e c h t s ü b e r t r a g u n g e n

80

I. Begriff II. A n w e n d u n g s f ä l l e

80 81

1. E i n r ä u m u n g b e s c h r ä n k t dinglicher R e c h t e

81

2. Lizenzverträge

81

a. Ausschließliche L i z e n z e n

82

XIV

Inhaltsverzeichnis

b. Einfache Lizenzen

83

aa. bb. dd. ee.

83 84 86

Begriff Vorliegen eines Ubertragungsgegenstands Verfügungswirkung der einfachen Lizenz Einräumung einfacher Lizenzen als »Rechtsübertragungen minderer Intensität« ff. Ergebnis

87 87

C. Obligatorische Gestattungsverträge I. Überblick II. Gestattungsverträge mit verdinglichter Wirkung III. Streng obligatorisch wirkende Gebrauchsüberlassungsverträge

88 88 89 90

D. Einwilligungen

91

E. Zusammenfassung

92

§ 8. A l l g e m e i n e S t r u k t u r c h a r a k t e r i s t i k a des K a u f v e r t r a g s

93

A. Methodische Vorbemerkungen

93

B. Austausch von Ware gegen Geld und Entgeltlichkeit des Gütertransfers . . .

93

C. Verhältnis zwischen Kausalgeschäft und Verfügung I. Trennungsprinzip II. Abstraktionsprinzip

94 94 95

D. Charakteristika kaufrechtlich relevanter Verfügungen I. Unterscheidung zwischen Verfügung und Realakt II. Auf Güterumsatz gerichtete Verfügungen 1. Abgrenzung zu Verzichts- oder Aufhebungsverträgen 2. Rechtsübertragungen und Rechtseinräumungen a. Translative Rechtsübertragungen b. Konstitutive Rechtsübertragungen III. Folgerungen

97 97 98 98 98 98 98 100

§ 9. F o l g e n f ü r die A n w e n d u n g v o n K a u f r e c h t auf V e r ä u ß e r u n g s verträge ü b e r u n k ö r p e r l i c h e G e g e n s t ä n d e

100

A. Veräußerungsverträge über Immaterialgüterrechte als Kaufverträge I. Uberblick über den Meinungsstand und Kritik II. Stellungnahme 1. Ausschließliche Lizenzverträge als Kaufverträge a. Konstitutive Rechtsübertragungen und Kaufrecht b. Geltung des Trennungsprinzips bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten c. Kaufrechtliches Grundgeschäft und ausschließliche Lizenzeinräumung aa. Schuldrechtliche Verpflichtung zur gegenständlichen Lizenzeinräumung bb. Untersuchung weiterer typusprägender Charakteristika (1) Der Verlagsvertrag als eigenständiger Typus

101 101 102 102 102 103 105 105 105 105

Inhaltsverzeichnis (2) Sonstige immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge als Kaufverträge cc. Folgerungen

XV ...

107 107

2. Einfache Lizenzverträge als obligatorische Gebrauchsüberlassungsverträge 108 B. Die Veräußerung sonstiger Gegenstände und das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags

108

C. Ergebnisse

110

4. Kapitel. Die Mängelgewährleistung beim Kauf subjektiv-rechtlich geschützter Gegenstände

111

1. Abschnitt. Sachkauf

113

§ 10. Die R e c h t s m ä n g e l h a f t u n g beim Sachkauf als A u s g a n g s p u n k t . . .

113

A. Die Unterscheidung zwischen Nichterfüllung und kaufrechtlicher Mängelgewährleistung

113

B. Die Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängeln und die Schuldrechtsreform I. Frühere Bedeutung und historische Grundlagen II. Der Diskussionsstand zur Grenzziehung im Uberblick 1. Die traditionellen Abgrenzungstheorien 2. Grenzen der Gewährleistungshaftung für rechtliche Umstände . . . 3. Die Lehre Wolfgang Emsts von der Rechtsmängelhaftung als Haftung für die NichtVerschaffung rechtlicher Zuständigkeit III. Abgrenzungsproblematik und Auswirkungen der Schuldrechtsreform 1. Bedeutung des Meinungsstreits für die Abgrenzungsproblematik . 2. Geringe Aussagekraft der rechtshistorischen Argumentationslinie . 3. Die Rechtsmängelhaftung als verschuldensunabhängige Sphärenhaftung vor und nach der Schuldrechtsreform a. Methodische Vorbemerkung b. Die Ratio der Rechtsmängelhaftung nach früherem Recht c. Die Situation nach der Schuldrechtsreform aa. Keine Änderung der Interessenlage bb. Verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Rechtsmängelhaftung cc. Der Konflikt zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit . . . dd. Ergebnis

IV. Die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung aufgrund von Risikoerwägungen im Einzelnen 1. Rechtsmängelhaftung als Haftung für die NichtVerschaffung der Zuständigkeit? 2. Rechtszuständigkeit als dingliche Zuständigkeit? 3. Zwischenergebnis

115 115 116 117 119 120 122 122 122 123 123 124 127 128 129 132 133

133 134 136 136

XVI

Inhaltsverzeichnis

C. Fallgruppen der Rechtsmängelhaftung I. Vorbemerkung II. Die Fallgruppen im Einzelnen 1. Wichtige Anwendungsfälle der Rechtsmängelhaftung a. Beschränkt dingliche Rechte b. Relative Verfügungsbeschränkungen c. D e m Sachgebrauch entgegenstehende Immaterialgüterrechte Dritter 2. Differenzierte Betrachtung gesetzlicher Beschränkungen der Sachnutzung a. Uberblick und Themenabgrenzung b. Keine H a f t u n g f ü r den Sachgebrauch regelnde, generellabstrakte N o r m e n c. Individualisierte, den Gebrauch einer konkreten Sache spezifisch treffende Normierungen 3. Öffentlich-rechtliche Entzugsrechte

137 137 138 138 138 139 140 143 143 144 146 146

D. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

147

2. Abschnitt. Forderungskauf

149

§11. Rechtsmängelhaftung und Forderungskauf

149

A. Die Ausgestaltung der Nichterfüllungs- und Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf I. Der gesetzliche Ausgangspunkt II. Bestandshaftung gem. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a Abs. 2, 280 ff. BGB 1. Wegfall der Vorschrift des § 437 BGB a.F. und die Folgen f ü r das reformierte Schuldrecht 2. Die Pflicht zur Verschaffung der Forderung als solcher gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l BGB a. Nichtexistenz der Forderung, Abtretung der »falschen« Forderung bzw. fehlende Forderungsinhaberschaft des Verkäufers b. Nachträglicher ex-tunc-Wegfall der Forderung c. Verantwortlichkeitsmaßstab 3. Begrenzung der H a f t u n g für den Bestand der Forderung aufgrund von Risikoerwägungen a. Fragestellung b. Die Bedeutung von Risikoerwägungen bei der H a f t u n g für die NichtVerschaffung der Forderung c. Dogmatische Begründung

150 150 151 151 152

152 153 154 155 155 156 156

XVII

Inhaltsverzeichnis 4. Folgerung: Allgemeines Prinzip der strengen Verkäuferhaftung bei Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers für die Verschaffung der Forderung

157

III. Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2, 435 ff. BGB

158

1. Abgrenzung zur Nichterfüllungshaftung

158

a. Problemstellung und Bedeutung

158

b. Meinungsstand

158

c. Stellungnahme

159

2. § 435 B G B als Ausdruck der Sphärenverantwortlichkeit des Forderungsverkäufers

161

3. Anwendungsfälle von § 435 B G B

162

a. Haftung für die Verschaffung umfassender und andauernder Forderungszuständigkeit

162

aa. Begriff der Forderungszuständigkeit bb. Beschränkt gegenständliche Rechte an Forderungen und Verfügungsbeschränkungen cc. Mögliche zukünftige Vernichtbarkeit der Forderung

162

b. Die »Forderung als Gegenstand« betreffende Mängel

164

163 164

c. Grenzen der Rechtsmängelhaftung bei fehlender ausschließlicher Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers

....

4. Subjektivierung des Begriffs des Rechtsmangels gemäß § 435 B G B ? IV. Ergebnis

168 170

B. Weitere Haftungsinstitute beim Forderungskauf

171

I. Themenabgrenzung II. Verkäuferhaftung aufgrund eines selbständigen Garantievertrags

165

171 ....

III. Haftung aus culpa in contrahendo 1. Problemstellung und Bedeutung

171 172 172

2. Anwendbarkeit der culpa in contrahendo neben den Gewährleistungsregeln

173

3. Forderungskaufspezifische Aufklärungspflichten im Einzelnen . . .

175

a. »Vereitelung des Vertragszwecks« als maßgebliche Fallgruppe . .

175

b. Objektive Tatbestandsmerkmale

176

c. Möglichkeit und Zumutbarkeit der Selbstinformation durch den Käufer aa. Einreden bb. Mängel in der Bonität des Schuldners

IV. Ergebnis

176 176 177

178

C. Rechtsmängelhaftung bei sachbezogenen Forderungen gemäß § 4 5 3 Abs. 3 B G B I. Problemstellung II. Bestandsaufnahme der Korrekturansätze vor der Schuldrechtsreform 1. Übersicht

178 178 180 180

XVIII

Inhaltsverzeichnis

2. Werner Flume und die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum 3. Neuere Auffassungen III. Stellungnahme und Folgerungen für die Auslegung von § 453 Abs. 3 BGB

180 181 183

D. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

184

3. Abschnitt.

185

Immaterialgüterrechtskauf

1. Unterabschnitt. Grundlagen 187 §12. Erscheinungsformen von Mängeln an Immaterialgüterrechten . . 187 A. Strukturgemeinsamkeiten und -unterschiede von Immaterialgüterrechten, Sachen und Forderungen im Uberblick I. Strukturgemeinsamkeiten von Mängeln an unterschiedlichen Kategorien von Immaterialgüterrechten II. Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Mängeln beim Sach- und Immaterialgüterrechtskauf III. Mängelbezogene Strukturunterschiede zwischen Immaterialgüterrechten und Forderungen IV. Folgerungen für die weitere Untersuchung

187 187 188 189 189

B. Erscheinungsformen von Mängeln bei immaterialgüterrechtlichen VeräußerungsVerträgen im Einzelnen I. »Rechtsmängel im engeren Sinne« II. »Rechtsmängel im weiteren Sinne« III. »Kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel« IV. »Reine Beschaffenheitsmängel«

190 191 192 193 194

C. Schlussfolgerungen und Ausblick

196

§13. Immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge als »gewagte Geschäfte« ?

197

A. Problemstellung

197

B. Identifizierung der relevanten Wagniselemente

198

C. Überblick über die allgemeine zivilrechtliche Beurteilung von Risikoverträgen

199

D. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung als Risikovertrag? I. Konkretisierung der Fragestellung II. Der immaterialgüterrechtliche Veräußerungs vertrag als Spekulationsvertrag? III. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung als »echter Risikovertrag«? . . .

201 201

E. Ergebnis

206

202 204

Inhaltsverzeichnis

2. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche Vollveräußerungsverträge

XIX

207

§ 14. G e w ä h r l e i s t u n g s h a f t u n g bei immaterialgüterrechtlichen Vollveräußerungsverträgen

207

A. Überblick

207

B . Nacherfüllungsrechte

208

C . A n w e n d u n g der Rechtsmängelhaftung auf sämtliche A r t e n von Aquivalenzstörungen?

209

D . D i e Ausgestaltung der Mängel- bzw. Bestandshaftung beim Immaterialgüterrechtskauf im Einzelnen I. D i e H a f t u n g für Rechtsmängel im engeren Sinne 1. Anfängliches Fehlen der Rechtsposition

211 211 211

2. Anfängliche Belastung der Rechtsposition mit Mängeln der gegenständlichen Zuständigkeit I I . D i e H a f t u n g für Rechtsmängel im weiteren Sinne 1. Problemstellung 2. Ü b e r b l i c k über den Meinungsstand

212 213 213 214

a. Bundesgerichtshof

214

b. Literatur

215

3. Stellungnahme

216

a. Grundsätzlicher Bestand einer Gewährleistungspflicht

216

b. D i e anwendbare Gewährleistungsordnung

217

aa. Die Zwitterstellung der Rechtsmängel im weiteren Sinne als Ausgangspunkt bb. Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung? cc. Die Anwendung der Rechtsmängel- bzw. Nichterfüllungshaftung und ihre Ausgestaltung im Einzelnen (1) Grundsätzliche begriffliche Anwendbarkeit (2) Haftungsausschluss wegen Veräußerung ihrer Art nach unübertragbarer Rechte? (3) Einschränkung der Rechtsmängelhaftung nach Sphärengesichtspunkten

4. Ergebnis I I I . K o m b i n i e r t e R e c h t s - und Beschaffenheitsmängel

217 217 218 218 219 220

221 222

1. Problemstellung

222

2. Ü b e r b l i c k über den Meinungsstand

223

3. Stellungnahme a. Parallelität zu den Sachmängeln beim Sachkauf

224 225

b. Unterscheidung zu Rechtsmängeln im engeren bzw. im weiteren Sinne

226

c. Unterscheidung zu Rechtsmängeln beim Forderungskauf

227

d. Ergebnis

227

XX

Inhaltsverzeichnis IV. »Reine Beschaffenheitsmängel« des Immaterialguts

228

1. U b e r b l i c k ü b e r Gesetzeslage u n d M e i n u n g s s t a n d

228

2. Stellungnahme

229

3. G r e n z e n der S a c h m ä n g e l h a f t u n g f ü r Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts

230

a. H a f t u n g f ü r Beschaffenheitsmängel v o n geringer B e d e u t u n g ?

....

230

b. Keine H a f t u n g f ü r B i n d u n g e n des Immaterialguts d u r c h generellabstrakte Regelungen

231

E. A n w e n d b a r k e i t sonstiger k a u f r e c h t l i c h e r H a f t u n g s g r u n d s ä t z e

232

I. V e r s c h u l d e n s u n a b h ä n g i g e H a f t u n g des I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s verkäufers bei E i g e n s c h a f t s z u s i c h e r u n g e n

232

II. A n w e n d u n g der k a u f m ä n n i s c h e n R ü g e o b l i e g e n h e i t g e m ä ß § 377 H G B ?

235

III. R e c h t s f o l g e n des I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s k a u f s

237

1. H a f t u n g s u m f a n g u n d Aktivlegitimation bei d e r R e c h t s m ä n g e l haftung

237

IV. V e r j ä h r u n g

239

V. E x k u r s : D i e A n w e n d u n g d e r allgemeinen H a f t u n g s v o r s c h r i f t e n auf d e n Immaterialgüterrechtskauf im U b e r b l i c k F. Z u s a m m e n f a s s u n g u n d Schlussfolgerungen

3. Unterabschnitt. Immaterialgüterrechtliche

240 241

Lizenzverträge

A. Fragestellung

... 243 243

B. Lizenzverträge als »kaufähnliche Geschäfte« bzw. als »entgeltliche Belastung eines G e g e n s t a n d s « (§§ 445, 493 B G B a.F.)? I. Fragestellung II. G e l t u n g s b e r e i c h v o n § 445 B G B a.F. III. Die B e d e u t u n g des § 493 B G B a.F. f ü r Lizenzverträge

244 244 244 245

C. Gang der Darstellung

247

§ 1 5 . D e r L i z e n z v e r t r a g als D a u e r s c h u l d v e r h ä l t n i s

247

A. Einleitung

247

B. U b e r b l i c k ü b e r die Lehre v o m D a u e r s c h u l d v e r h ä l t n i s im allgemeinen Zivilrecht I. D e r Begriff des Dauerschuldverhältnisses II.

Kaufrechtliche D a u e r s c h u l d v e r h ä l t n i s s e

III. R e c h t s f o l g e n

248 248 250 251

1. D a s a u ß e r o r d e n t l i c h e K ü n d i g u n g s r e c h t aus w i c h t i g e m G r u n d gem. § 3 1 4 B G B

251

2. E i n s c h r ä n k u n g der e x - t u n c - R ü c k a b w i c k l u n g nach I n v o l l z u g setzung

252

Inhaltsverzeichnis

XXI

a. E i n s c h r ä n k u n g der W i r k u n g e n des gesetzlichen R ü c k t r i t t s rechts

252

b. G r u n d s a t z d e r E i n s c h r ä n k u n g der N i c h t i g k e i t s f o l g e n der A n f e c h t u n g bei D a u e r s c h u l d v e r h ä l t n i s s e n ?

253

C . Die E i n o r d n u n g des ausschließlichen Lizenzvertrags als D a u e r s c h u l d verhältnis u n d die K o n s e q u e n z e n f ü r die R e c h t s a n w e n d u n g

254

I. D e r n u r teilweise bestehende D a u e r c h a r a k t e r lizenzvertraglich geschuldeter L e i s t u n g e n

254

1. D a u e r c h a r a k t e r der Ü b e r l a s s u n g des Vertragsgegenstands?

254

2. D a u e r c h a r a k t e r sonstiger lizenzvertraglicher Leistungspflichten

. . 255

II. Parallele A n w e n d b a r k e i t v o n a u ß e r o r d e n t l i c h e r K ü n d i g u n g u n d R ü c k t r i t t s r e c h t bei L i z e n z v e r t r ä g e n

256

1. A u ß e r o r d e n t l i c h e s K ü n d i g u n g s r e c h t u n d M ä n g e l a n s p r ü c h e im Verlagsrecht

256

2. D i e Rechtslage bei nicht verlagsrechtlichen L i z e n z v e r t r ä g e n

257

III. G r u n d s ä t z l i c h e Möglichkeit der e x - t u n c - R ü c k a b w i c k l u n g v o n L i z e n z verträgen a u f g r u n d R ü c k t r i t t s bei M ä n g e l n des Vertragsgegenstands . . 259 1. R ü c k a b w i c k l u n g u n d R ü c k t r i t t mit e x - n u n c - W i r k u n g im Verlagsrecht

259

2. R ü c k a b w i c k l u n g nicht verlagsrechtlicher L i z e n z v e r t r ä g e

260

IV. R ü c k a b w i c k l u n g des Lizenzvertrags in a n d e r e n Fällen, insbes. bei A n f e c h t u n g

263

1. R ü c k w i r k u n g nach erfolgter A n f e c h t u n g

263

2. Ausschluss d e r R ü c k a b w i c k l u n g bei Schlechterfüllung sonstiger Leistungspflichten

265

D. Ergebnis

265

§16. Immaterialgüterrechtliche Leerübertragungen und die Wirksamkeit von Lizenzverträgen

266

A. P r o b l e m s t e l l u n g u n d heutige B e d e u t u n g der Fragestellung

266

B. U b e r b l i c k ü b e r die Lehre v o n der L e e r ü b e r t r a g u n g

266

C . D i e Rechtslage u n t e r G e l t u n g des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

. . 268

§17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung und Lizenzvertrag . . . . 269 A. G r u n d s ä t z l i c h e A n w e n d b a r k e i t v o n §§ 434, 435 ff. B G B auf L i z e n z verträge

270

I. R e c h t s m ä n g e l h a f t u n g u n d L i z e n z v e r t r a g II. A n w e n d b a r k e i t d e r S a c h m ä n g e l h a f t u n g auf Lizenzverträge

270 271

1. P r o b l e m s t e l l u n g

271

2. D i e Situation im Verlagsrecht

271

a. C h a r a k t e r i s t i k a der verlagsvertraglichen H a f t u n g f ü r die Vertragswidrigkeit des Werks b. A u s d e h n u n g dieser G r u n d s ä t z e auf andere Lizenzverträge? . . . .

272 273

XXII

Inhaltsverzeichnis 3. Ü b e r b l i c k über den Meinungsstand zur A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge 4. Stellungnahme zur A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung

B.

276 279

a. H a f t u n g für Zusicherungen

279

b. H a f t u n g für Sachmängel entsprechend § 4 3 4 B G B n.F. aa. Kritik an der Rechtsprechung bb.Der Analogieschluss im Einzelnen

279 279 281

D i e kaufrechtliche Gewährleistungshaftung bei Lizenzverträgen und unterschiedliche E r s c h e i n u n g s f o r m e n von Mängeln

282

I.

Rechtsmängel im engeren Sinne

283

II.

Rechtsmängel im weiteren Sinne

283

1. D i e Auffassung der R e c h t s p r e c h u n g

283

2. Stellungnahme

284

3. Folgerungen, insbesondere die Verjährung

287

4. K e i n e N o t w e n d i g k e i t der G e l t e n d m a c h u n g des R e c h t s

288

I I I . K o m b i n i e r t e R e c h t s - und Beschaffenheitsmängel 1. A n w e n d b a r k e i t von § 4 3 4 B G B

289 289

2. A n w e n d b a r k e i t der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 438 A b s . 1 Nr. 3 B G B IV.

290

Reine Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts

F. Ergebnisse

5. Kapitel. Der Kaufvertrag über nicht geschützte sonstige Gegenstände

292 293

subjektivrechtlich 295

A . Einführung und U b e r b l i c k

295

B . Plan des weiteren Vorgehens

296

§18.

297

S o n s t i g e G e g e n s t ä n d e als K a u f g e g e n s t ä n d e

A . Bestandsaufnahme des Kreises sonstiger Gegenstände; insbesondere die Rechtsnatur von K n o w - h o w I.

Digitalisierte informationelle Inhalte

297 297

II. A n d e r e nicht immaterialgüterrechtlich schutzfähige unkörperliche Güter I I I . Das K n o w - h o w als sonstiger Gegenstand

297 298

B . D i e Behandlung sonstiger Gegenstände als K a u f o b j e k t e v o r der Schuldrechtsreform

299

§ 19. D e r Vertrag ü b e r die V e r ä u ß e r u n g sonstiger G e g e n s t ä n d e als K a u f v e r t r a g A . Bestandsaufnahme

301 302

Inhaltsverzeichnis

XXIII

I.

Dogmatische Qualifikation des Know-how-Vertrags 1. Kaufvertrag 2. Dienstvertrag 3. Pachtvertrag 4. Kritik II. Erscheinungsformen anderer Veräußerungs Verträge über sonstige Gegenstände 1. Verträge, die auf Dienst- oder Werkleistungen gerichtet sind 2. Auf Überlassung eines Gegenstands gerichtete Verträge

B. Das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags und Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände I. Die Methode der typologischen Zuordnung als Ausgangspunkt II. Kaufrechtliche Formen der Güterüberlassung 1. Unterscheidung zwischen Überlassungsverträgen und Dienstverträgen 2. Kaufrechtliche Erscheinungsformen der Überlassung des Guts . . . a. Übersicht b. Keine Rechtsübertragung bei der Verschaffung einfacher Mitbenutzungsbefugnisse c. Einräumung ausschließlicher, zeitlich beschränkter Nutzungsbefugnisse als teilweiser Inhaberwechsel d. Zeitlich unbeschränkter Inhaberwechsel als Vollveräußerung . . e. Zwischenergebnis III. Verpflichtung, Verfügung und Trennungsprinzip IV. Folgerungen 1. Vollveräußerungsverträge über sonstige Gegenstände als Kaufverträge 2. Verträge über die zeitlich beschränkte ausschließliche Nutzungsüberlassung sonstiger Gegenstände als pachtähnliche Verträge . . . . V. Ergebnis

302 302 302 303 303 305 305 306 307 307 308 308 309 309 309 310 310 311 311 312 312 312 313

§ 2 0 . Die Mängelhaftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände

313

A. Fragestellung und Bedeutung nach der Schuldrechtsreform

313

B. Die Haftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände I. Bestandshaftung des Verkäufers eines sonstigen Gegenstands gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2, 280 ff. BGB 1. Objektiv fehlende Existenz des sonstigen Gegenstands a. Grundsätzliche Bestandshaftung b. Einschränkungen der Bestandshaftung bei »seiner Art nach« fehlender Existenzmöglichkeit des sonstigen Gegenstands 2. Anfängliches Unvermögen zur Verschaffung des Gegenstands mangels Inhaberschaft seitens des Veräußerers

314 315 315 315 316 316

XXIV

Inhaltsverzeichnis

II. R e c h t s m ä n g e l h a f t u n g gem. §§ 433 A b s . 1 S. 2, 435 B G B

316

1. Keine R e c h t s m ä n g e l h a f t u n g w e g e n N i c h t V e r s c h a f f u n g u m f a s s e n d e r Rechtsinhaberschaft

317

2. Rechtliche G e b r a u c h s h i n d e r n i s s e

317

a. G e b r a u c h s h i n d e r n d e private R e c h t e D r i t t e r

317

b. Keine H a f t u n g f ü r generell-abstrakte N o r m i e r u n g e n des Verkaufsgutes 3. Z u s a m m e n f a s s u n g C . D i e S a c h m ä n g e l h a f t u n g beim Verkauf sonstiger G e g e n s t ä n d e I. Fragestellung

318 318 319 319

II. S a c h m ä n g e l h a f t u n g u n d die V e r ä u ß e r u n g digitalisierter i n f o r m a t i o n e l l e r Inhalte III. S a c h m ä n g e l h a f t u n g bei K n o w - h o w - V e r t r ä g e n

320 321

1. Parallelität der Risikosituation b e i m Sach-, I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s u n d K n o w - h o w - V e r k a u f u n d die U b e r t r a g b a r k e i t d e r W e r t u n g e n von §434 BGB 2. Subjektiver Fehlerbegriff u n d K n o w - h o w - V e r t r a g

321 323

3. S o n d e r p r o b l e m : A n f ä n g l i c h f e h l e n d e r G e h e i m n i s c h a r a k t e r des K n o w - h o w als Sachmangel IV. V e r j ä h r u n g

324

V. K a u f m ä n n i s c h e Rügeobliegenheit D . Schlussfolgerungen

Zusammenfassung Schlussbewertung

323 325 326

der wichtigsten Ergebnisse des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

329 343

A. A u s d e h n u n g des gegenständlichen A n w e n d u n g s b e r e i c h s des K a u f r e c h t s . . 343 B. R e c h t s f o l g e n der M ä n g e l g e w ä h r l e i s t u n g

343

Literaturverzeichnis

345

P e r s o n e n - u n d Stichwortverzeichnis

361

Abkürzungen a.A.

anderer Ansicht

a.a.O. ABl.

am angeführten O r t Amtsblatt Absatz Abteilung Abzahlungsgesetz Archiv für civilistische Praxis

Abs. Abt. AbzG AcP a.F. AfP ABGB AGBG

alte Fassung Archiv für Presserecht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Österreichs Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

ALR Alt. Anm.

Alternative Anmerkung

ArchBüR Art. Aufl. Az.

Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Auflage Aktenzeichen

BayBO BB

Bayerische Bauordnung Betriebsberater

Bd. Begründung

Band Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, B T - D r s . 14/6040. Bundesgesetzblatt Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, Amtliche

BGBl. BGB BGH BGHZ BMJ BT-Drs. BVerfGE bzw. c.i.c. CISG CR dass. DB DE

Preußisches Allgemeines Landrecht

Sammlung Bundesjustizministerium Bundestagsdrucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Amtliche Sammlung

dies. E

beziehungsweise culpa in contrahendo Convention on Contracts for the International Sale of G o o d s C o m p u t e r und Recht dasselbe D e r Betrieb Diskussionsentwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz derselbe das heißt dieselbe Entwurf

EG Einf. Einl.

Europäische Gemeinschaft Einführung Einleitung

ders. d.h.

XXVI etc. EuGH EWG EuZW f.; ff. Fn. FuR GebrMG gem. GeschMG GjSM GmbH GRUR GRUR Int. HGB h. Lit. h.M. HRG Hrsg. i.d.R. i.e.S. insb. i.S.v. i.V.m. i.w.S. JheringsJB JSchÖG JuS JZ JW Kap. KritV Lit. LM LMBG MarkenG Mitt. MMR MuW MüKo m.w.N. NJW NJW-RR Nr. OLG OLGE OLGZ Prot. PrPG Recht

Abkürzungen et cetera Gerichtshof der Europäischen Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Zeitung für Wirtschaftsrecht folgende Fußnote Film und Recht Gebrauchsmustergesetz gemäß Geschmacksmustergesetz Gesetz über jugendgefährdende Schriften und Medieninhalte Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Handelsgesetzbuch herrschende Literaturauffassung herrschende Meinung Handwörterbuch der Deutschen Rechtsgeschichte Herausgeber in der Regel im engeren Sinne insbesondere im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit Juristische Schulung Juristen-Zeitung Juristische Wochenschrift Kapitel Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Literatur Lindenmaier-Möhring Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz Markengesetz Mitteilungen der deutschen Patentanwälte Multimedia und Recht Markenschutz und Wettbewerb Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen, Amtliche Sammlung Protokolle der 2. Kommission zum Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs Produktpiratieriegesetz Das Recht. Juristisches Zentralblatt für Praktiker

Abkürzungen Rn. RG RGRK RGZ RIW SeuffA Rspr. S. s. Schulze SMI SortenschutzG StGB StPO st. Rspr. s.o. SZ (Germ. Abt.) SZ (Rom. Abt.) UFITA UrhG v. VerlG Vor/Vorbem WarnRspr. WM WRP WZG z.B. ZHR ZIP ZNR ZRP ZUM ZVG

XXVII

Randnummer Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Rechtsprechung Seite siehe Schulze, Rechtsprechung zum Urheberrecht Schweizerische Mitteilungen über Immaterialgüterrecht Sortenschutzgesetz Strafgesetzbuch Strafprozeßordnung ständige Rechtsprechung siehe oben Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung Zeitschrift für Urheber-, Film- und Theaterrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) von 1965 vom/von Verlagsgesetz Vorbemerkung Warneyers Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts Wertpapier-Mitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Warenzeichengesetz zum Beispiel Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für neuere Rechtsgeschichte Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Einleitung 5 1. Problemstellung und Zielsetzungen, Methodendiskussion, Gang der

Themenabgrenzung, Untersuchung

A. Problemstellung und Zielsetzungen Dem B G B liegt ein Wirtschaftsmodell zugrunde, das auf das vorindustrielle, agrarisch-handwerklich geprägte 19. Jahrhundert zurückgeht. 1 Diesen historischen Wurzeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht es, dass sich das Kaufrecht auch noch nach der grundlegenden Schuldrechtsmodernisierung des Jahres 2002 in erster Linie am Leitbild der Veräußerung körperlicher Gegenstände orientiert. Mit erheblich geringerer Ausführlichkeit regelt das Gesetz daneben auch den Kauf von Rechten und neuerdings auch von sonstigen Gegenständen. War der Verkauf von Forderungen und sonstigen Rechten vor der Schuldrechtsreform einer vergleichsweise ausführlichen eigenständigen Regelung unterworfen, 2 so verweist § 453 Abs. 1 B G B heute für den Rechtskauf pauschal auf die Vorschriften über den Kauf von Sachen und gebietet deren entsprechende Anwendung. Dazu, wie die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften im Einzelnen ausgestaltet zu sein hat, schweigt das Gesetz. Als wichtige Neuregelung gebietet § 453 Abs. 1 B G B nun die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf sonstiger Gegenstände. Blieben Veräußerungsgeschäfte über solche weder als Sachen noch

1 Vgl. hierzu Staudinger-Köhler, Vorbem zu §433 ff. Rn. 9; Esser/Wcyers § 2 II (S. 5 ff.). S. auch Wieacker, Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher und die Entwicklung der modernen Gesellschaft, in: ders. (Hrsg.), Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 9, 12 ff.; ders., Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 479 ff.; zu den wirtschaftlichen Ordnungsproblemen des Privatrechts im 19. Jahrhundert s. auch Going, Europäisches Privatrecht, Bd. II, S. 89 ff. 2 Dies galt jedenfalls für den Kauf von solchen sonstigen Rechten, die zum Besitz einer Sache berechtigen. Vgl. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435, 436, 437 Abs. 2, 439 Abs. 2, 441, 451 B G B a.E, die jeweils ausdrücklich oder implizit nur die Veräußerung von solchen Rechten regelten, die zum Besitz einer Sache berechtigen. Für die gegenständliche Ebene der Güterübertragung ergibt sich auch noch nach der Schuldrechtsreform ein ähnliches Bild: Insbesondere in den §§398 ff. B G B wird beinahe ausschließlich auf den Forderungskauf abgestellt, wogegen die Veräußerung sonstiger Rechte den Vorschriften über die Forderungszession durch § 413 B G B nur als Annex angefügt wird.

2

Einleitung

als Rechte qualifizierbare Wirtschaftsgüter 3 bis zur Schuldrechtsreform vom Gesetz beinahe vollständig unbeachtet, so finden sie heute in § 453 Abs. 1 B G B Erwähnung. Allerdings enthält das Gesetz keine ausdrücklichen Hinweise darauf, auf welche Formen sonstiger Gegenstände die Vorschriften des Sachkaufs anwendbar sind und welche Modifikationen gegebenenfalls geboten sind. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Realitäten des beginnenden 21. Jahrhunderts stehen in offenem Widerspruch zur geringen Aufmerksamkeit, die das B G B - auch noch nach der Schuldrechtsmodernisierung - dieser Art von Verkehrsgeschäften widmet. Trotz ihrer nur marginalen gesetzlichen Beachtung hat die Veräußerung von nicht sachbezogenen Rechten vielfältigster Form sowie von nicht subjektivrechtlich erfassten sonstigen Gegenständen im heutigen Wirtschaftsleben eine kaum zu überschätzende tatsächliche Bedeutung. Aus dem großen Kreis der Rechte und der nicht subjektivrechtlich geschützten werthaften Güter kommt den Immaterialgüterrechten sowie den vielfältigen informationellen Inhalten, wie Ideen, Know-how 4 und neuerdings auch Software-, Musik-, Text- oder Videodateien, ein besonderer wirtschaftlicher sowie gesellschaftlicher Wert zu. Die Anwendung kaufrechtlicher Normen auf Verkehrsgeschäfte über solche Rechtsobjekte stößt allerdings auf erhebliche Schwierigkeiten. Ungeklärt ist nicht nur, welche der genannten unkörperlichen Güter als Veräußerungsgegenstände in Betracht kommen. Fraglich ist vor allem auch, ob das bürgerlich-rechtliche Kaufrecht hier zu einem sinnvollen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien führt und ein passendes Regime der Gewährleistungshaftung bereithält. Unklarheiten bestehen hierbei nicht nur im Lizenzvertragsrecht; sie ergeben sich vielmehr ganz allgemein bei Veräußerungsverträgen über Immaterialgüterrechte sowie über nicht subjektivrechtlich erfasste werthafte Güter informationellen Inhalts. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung besteht in erster Linie darin, Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten sowie solche über den Verkauf von diesen ähnlichen, jedoch subjektivrechtlich nicht erfassten sonstigen unkörperlichen Gegenständen in das bürgerlich-rechtliche System das Kaufrechts zu integrieren, so wie es sich nach der Schuldrechtsmodernisierung darstellt. Auf diese Weise soll ein Beitrag zur Schaffung einer rechtssicheren und systematisch kohärenten rechtlichen Grundlage für Verkehrsgeschäfte geleistet werden, die unkörperliche Güter zum Gegenstand haben. Besonderes Gewicht wird dabei der Ausgestaltung des Haftungsregimes und damit der Einfügung von Veräußerungen unkörperlicher Gegenstände in die novellierte kaufrechtliche Gewährleistungsordnung beigemessen. Der Grund für diese Schwerpunktsetzung besteht darin, dass es sich bei der Mängelhaftung um die praktisch wohl

Zum Begriff des »sonstigen Gegenstands« s. näher § 6 D. Zur Frage nach der Qualifizierbarkeit des Know-how als subjektives Recht vgl. ausführlich unten § 18 A III. 3 4

§ 1. Problemstellung und Zielsetzungen

3

bedeutsamste Frage des Kaufrechts handelt. Außerdem erscheint eine U n t e r s u chung der Gewährleistung bei der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände auch vor der Hintergrund der Schuldrechtsmodernisierung als geboten. D e n n da das kaufrechtliche Haftungsregime grundlegend umgestaltet worden ist, stellt sich die Frage, wie sich die Verkäuferhaftung für Mängel unkörperlicher Gegenstände nach der neuen Rechtslage im Einzelnen darstellt. E i n wesentliches Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, die Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 B G B mit Inhalt zu füllen: Dabei sind U m f a n g und G r e n z e n der Anwendbarkeit des Rechts des Sachkaufs auf die Veräußerung von Rechten und sonstigen Gegenständen im Einzelnen zu erörtern. Es liegt auf der H a n d , dass eine Untersuchung des jüngst modernisierten Kaufrechts nicht ohne eine Gegenüberstellung zur bisherigen Rechtslage ausk o m m e n kann. Dies gilt bei der Untersuchung des Rechtskaufs ganz besonders deshalb, weil der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsmodernisierung in diesem Bereich - anders als beim Sachkauf - keine grundlegenden Wandlungen der bisherigen Rechtslage beabsichtigte, sondern vielmehr sogar betont hat, dass die Neuregelung des § 453 Abs. 1 B G B n.F. im Einklang mit dem geltenden R e c h t stehe. 5 D i e vorliegende Arbeit wird deshalb auch die bisherige rechtliche B e handlung von Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung in die Betrachtung mit einschließen. N u r auf dieser Grundlage kann beurteilt werden, o b und auf welche Weise diese Grundsätze auch im modernisierten Schuldrecht Bestand haben. A u c h wenn die vorgelegte Untersuchung im Wesentlichen auf Immaterialgüterrechte, sonstige Gegenstände informationellen Gehalts sowie auf F o r d e rungen eingeht, soll darüber hinausgehend gleichzeitig ein allgemeiner Beitrag zur Frage der Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in seiner durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz

reformierten

Gestalt

auf

unkörperliche

Wertgegenstände vorgelegt werden. Dabei wird insbesondere zu überdenken sein, inwieweit die bis heute fortbestehende pandektistische Zweiteilung der Vermögensgegenstände in Sachen und R e c h t e den gesteigerten Verkehrsbedürfnissen des modernen Wirtschaftslebens noch gerecht werden kann, das U m s a t z geschäfte über verschiedenste Arten von Wertobjekten kennt. I m Sinne Wieackers6

Franz

soll deshalb versucht werden, einen Beitrag zu einem Recht der Ver-

mögenszuordnung und Zuordnungsänderung zu leisten, dessen Anwendungsbereich nicht nur Sachen und Rechte, sondern Vermögensgegenstände schlechthin erfasst. Begründung, S. 242. Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, passim, sowie insbes. a.a.O. S. 34 ff.; s. dazu auch die Entgegnung von H. Lange, AcP 147 (1941), 290 ff.; zur Struktur der Vermögensrechtsordnung und der Unterscheidung von Zuordnungs- und Umgestaltungebene vgl. aus neuerer Zeit Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 12 ff.; vgl. auch ähnlich Walz, KritV 1986, 131, 163, wonach das Sachenrecht der Spezialfall eines umfassenden Vermögensrechts sei, an dessen Entwicklung uns die Versteinerung der dogmatischen Tradition nicht hindern solle. Walz betont demgemäß, dass auch die Entwicklung eines Rechtssystems der Zuordnung von »Nicht-Sachen« Aufgabe der Rechtsordnung sei. 5

6

4 B.

Einleitung Themenabgrenzung

I. Immaterialgüterrechte, Gehalts

Forderungen,

sonstige Güter

informationellen

Das moderne Wirtschaftsleben hat eine große Zahl von unkörperlichen Gütern hervorgebracht, die durch entgeltliche Umsatzgeschäfte

unterschiedlichster

Ausprägung verwertet werden. D i e F o r m e n veräußerbarer nichtsächlicher Verkehrsgegenstände reichen dabei von Forderungen und Immaterialgüterrechten über Gesellschaftsanteile und Kapitalmarktpapiere bis zu U n t e r n e h m e n und Arztpraxen. 7 Entsprechend der Vielgestaltigkeit dieser G ü t e r und der Unterschiedlichkeit der mit der Veräußerung verfolgten wirtschaftlichen Ziele reicht die Spannweite der Verwertungsverträge von klassischen Forderungskaufverträgen und Wechseldiskontierungen über bankrechtliche Finanzierungsgeschäfte bis hin zu modernen multifunktionalen Vertragstypen wie dem Factoring. E i n e gemeinsame Behandlung dieser unterschiedlichen Veräußerungsverträge über ganz verschiedene G ü t e r innerhalb einer einzelnen Untersuchung erscheint allerdings angesichts der Komplexität der jeweiligen hiermit verbundenen Fragestellungen 8 weder möglich noch sinnvoll. Aus dem Kreis der unterschiedlichen F o r m e n unkörperlicher Gegenstände greift die vorliegende Arbeit deshalb die Immaterialgüterrechte als eine wirtschaftlich äußerst bedeutsame F o r m verkehrsfähiger R e c h t e sowie die diesen ähnlichen sonstigen Gegenstände informationellen Gehalts heraus. Innerhalb der G r u p p e der Immaterialgüterrechte wird dabei im Wesentlichen nur auf Urheberrechte, Patente und Marken eingegangen. D e n n bei diesen handelt es sich u m die wichtigsten Gegenstände des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts, an die sich die rechtliche B e handlung anderer Schutzobjekte anlehnt. D a allerdings das R e c h t der Veräußerung der genannten G ü t e r in das System des Kaufrechts eingebettet werden soll, kann die Untersuchung nicht vollständig auf diese A r t von Rechtsobjekten beschränkt werden. D e n Ausgangspunkt für die Themenabgrenzung bildet die Erwägung, dass das Gesetz ursprünglich den Rechtskauf weitgehend anhand des Leitbilds der Veräußerung von Rechten, die zum Besitz einer Sache berechtigen, sowie in geringerem M a ß e anhand des Forderungskaufs ausgestaltet hatte. D a diese dogmatischen Wurzeln bis heute 7 Vgl. hierzu die Übersichten bei MüKo-H.P.Westermann, §433 Rn. 7 ff.; Soergel-Huber, § 433 Rn. 47 ff.; Staudinger-Köhler, § 433 Rn. 46 ff. 8 Vgl. nur die bis heute nicht abgeschlossene und kaum mehr zu überblickende Diskussion über die Haftung bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen bzw. von gesamten Unternehmen. Siehe hierzu grundlegend Canaris, ZGR 1982, 395 ff.; ders. Handelsrecht, § 8 (S. 177 ff.); Grunewald, ZGR 1981, 623 ff.; Huber, ZGR 1972, 395 ff. Sehr komplex ist auch die Diskussion über die zutreffende rechtliche Erfassung des Factoring. Vgl. hierzu z.B. Canaris, NJW 1981, 249ff.; ders., NJW 1981, 1347ff.; ders., in: Larenz/Canaris, Schuldrecht II/l, §65 (S. 84ff.); Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, S. 242ff.; Sertck, NJW 1981, 794ff.; ders., NJW 1981, 1715. Durch die Schuldrechtsmodernisierung sind weitere Fragen hinzugetreten, die hier nicht vertieft werden sollen.

§ 1. Problemstellung

und

Zielsetzungen

5

fortwirken, sind diese Formen von Veräußerungsgegenständen ebenfalls in den Themenbereich der vorliegenden Untersuchung einzubeziehen. Die Untersuchung ist darüber hinaus auch auf die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf auszudehnen: Die Rechtsmängelhaftung beim Rechtskauf bestimmt sich aufgrund der Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 B G B nach den Vorschriften der §§ 435 ff. B G B , die im Zentrum der Regelungen über den Kauf von Sachen stehen. Gleichwohl liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der Untersuchung der Veräußerung und Gewährleistungshaftung bei Forderungen, Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen informationellen Gehalts. Andere Veräußerungsobjekte wie insbesondere die Sachen werden daneben nur insoweit mitbehandelt, als dies geboten ist, um einen Vergleich zu den hier in erster Linie interessierenden Verkaufsgütern ziehen zu können.

II. Kaufrechtliches

Kausalgeschäft,

insbesondere

die

Mängelgewährleistung

Die vorliegende Untersuchung versteht sich nicht als ein Handbuch des Rechtskaufs oder gar des Lizenzvertragsrechts. Eine Erörterung sämtlicher im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immaterialgüterrechten und sonstiger Gegenstände auftretenden Fragestellungen ist weder möglich noch geboten. Dem Anliegen entsprechend, schuldrechtliche Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen in weiterem Maße als bisher in die bürgerlich-rechtliche Kaufrechtsordnung und insbesondere in das reformierte Schuldrecht einzubinden, liegt der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf der strukturellen Erfassung dieser Güter als Kaufgegenstände. Vor allem sollen dabei allgemeine Grundsätze der Mängelhaftung bei der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände unter der Geltung des neuen Kaufrechts entwickelt werden. Sonstige Probleme, die die Anwendung des modernisierten Kaufrechts in den hier zu untersuchenden Veräußerungsverträgen mit sich bringt, werden dagegen nur erörtert, sofern dies insbesondere für die Betrachtung der Mängelhaftung als erforderlich erscheint. Bei der hier vorgelegten Abhandlung handelt es sich um eine kaufrechtliche, nicht dagegen um eine immaterialgüter- oder persönlichkeitsrechtliche Untersuchung. D a das Gesetz den Kaufvertrag als einen von der dinglichen Ebene unabhängigen schuldrechtlichen Vertrag ausgestaltet hat, steht die Untersuchung des kaufrechtlichen Kausalverhältnisses der Veräußerung von Immaterialgüterrechten, sonstigen Gegenständen und Forderungen im Mittelpunkt dieser Abhandlung. Eine Erörterung der grundsätzlichen Veräußerlichkeit unkörperlicher Gegenstände, wie insbesondere die Behandlung der äußerst umstrittenen Frage nach der Ubertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten, ist dagegen nicht bezweckt. 9 Den Ausgangspunkt der hier vorgelegten kaufrechtlichen Betrachtung 9 Vgl. hierzu Gotting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, passim; s. auch Ohly, Volenti non fit iniuria, passim, sowie Peifer, Individualität im Zivilrecht, passim; vgl. weiter aus

6

Einleitung

bildet die dieser Diskussion nachgelagerte Erkenntnis, dass ein bestimmtes werthaftes unkörperliches G u t dem G r u n d e nach als veräußerungsfähig anerkannt ist. Es ist durchaus vorstellbar, dass eines Tages die rechtliche U b e r z e u gung vorherrschen könnte, dass Persönlichkeitsrechte als mit gegenständlicher Wirkung veräußerbare Vermögens- bzw. Immaterialgüterrechte anzuerkennen sind 1 0 und deshalb dem E r w e r b e r nicht nur im Wege der Einwilligung, sondern auch durch weitergehende Rechtsübertragungen überlassen werden können. 1 1 In diesem Fall können die in dieser Untersuchung entwickelten Überlegungen als Wegweiser für die rechtliche Ausgestaltung der Veräußerung derartiger Persönlichkeitsdetails herangezogen werden. Dagegen wird die grundsätzliche Frage nach der Veräußerlichkeit von Persönlichkeitsrechten hier nicht aufgeworfen. Z u m inhaltlichen Kern der vorliegenden kaufrechtlichen Untersuchung zählt somit weder die Frage nach dem »ob« der Veräußerlichkeit unterschiedlicher F o r m e n unkörperlicher Gegenstände, n o c h die Beurteilung des »wie« der Veräußerung unkörperlicher G ü t e r auf der gegenständlichen Ebene 1 2 . Ziel der vorliegenden Arbeit ist es somit nicht, eigenständige Lösungsansätze zu den M o d a litäten der Übertragung immaterieller G ü t e r zu entwickeln. Gleichwohl wäre eine völlige Ausblendung der gegenständlichen Ebene der Güterübertragung weder möglich n o c h sinnvoll. D i e Ausgestaltung des Kaufvertrags ist von der Struktur der jeweiligen Veräußerungsobjekte und vom Grad ihrer Verkehrsfähigkeit abhängig. Kann eine Rechtsposition wie das Urheberrecht grundsätzlich nicht umfassend unter Lebenden übertragen werden, oder bezwecken die Parteien - wie bei der M a r k e n - oder Patentlizenz - lediglich eine zeitlich bzw. inhaltlich beschränkte Rechtsübertragung, so hat dies nachhaltige Auswirkungen auch auf die Ausgestaltung des jeweiligen schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrags. Deshalb kann sich die Abhandlung nicht streng auf die Betrachtung des schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses beschränken. Statt dessen sind die dogmatischen Strukturen der Übertragung immaterieller Kaufgegenstände für die vorliegende Arbeit insoweit von Relevanz, als sie die Ausgestaltung des Kausalgeschäfts beeinflussen.

jüngerer Zeit Ulimann, AfP 1999, 209; Forkel, Zur Fortentwicklung unseres Lizenzrechts, in: Festschrift für Kraft, S. 85 ff.; ders., NJW 1993, 3181; Peukert, ZUM 2000, 710 ff.; Freitag, Die Kommerzialisierung von Darbietung und Persönlichkeit des ausübenden Künstlers, passim; vgl. auch B G H G R U R 1987, 128 - Nena. 10 Vgl. zumindest wohl ansatzweise in diese Richtung gehend B G H J Z 2000,1056 - Marlene Dietrich, wo der B G H erstmals den Erben Schadensersatz wegen postmortaler Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährt und diesem daher die Funktion des durch den Erben wahrnehmbaren Schutzes auch kommerzielle Interessen zuschreibt. Vgl. die kritische Anm. von Schuck, a.a.O., S. 1060, der vor der Gefahr warnt, dass aus diesem Urteil künftig die Existenz eines verfügbaren Persönlichkeits-Immaterialgüterrechts abgeleitet wird. 11 Vgl. hierzu ausführlich Ohly, Volenti non fit iniuria, passim. 12 Hierin unterscheidet sich die vorliegende Untersuchung grundlegend von Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, der im Wesentlichen nicht die schuldrechtliche, sondern die gegenständliche Ebene von Rechtsübertragungen an immateriellen Gütern thematisiert.

$ 1. Problemstellung

und Zielsetzungen

7

C . D i e E i n b i n d u n g der I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s v e r ä u ß e r u n g in das K a u f r e c h t als M e t h o d e der R e c h t s f o r t b i l d u n g

I. Die Entwicklung eines sonderprivatrechtlichen »Immaterialgüterschuldrechts« als alternativer Ansatz der Rechtsfortbildung Das R e c h t der immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsgeschäfte sowie dasjenige der Übertragung sonstiger Gegenstände ist im Wesentlichen durch Kautelarjurisprudenz und -praxis geprägt. 1 3 Es besteht die Notwendigkeit einer Systematisierung dieses Rechtsstoffes, da nur auf diese Weise dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit hinreichend R e c h n u n g getragen werden kann. Soweit es das auch n o c h nach der Schuldrechtsmodernisierung lückenhafte - Regelungsnetz des B G B zulässt, werden zu diesem Z w e c k im R a h m e n der vorliegenden Untersuchung diesbezügliche Verträge in das modernisierte Schuldrecht und dabei insbesondere in das Kaufrecht integriert. D i e dieser Vorgehensweise zugrunde liegende These, dass für die Ausgestaltung des Rechtsverkehrs der unkörperlichen Gegenstände auf die Grundsätze des B G B zurückzugreifen ist, bedarf einer näheren Rechtfertigung. D e n n als Alternative zu dem hier eingeschlagenen Weg käme die Entwicklung eines v o m B G B weitgehend unabhängigen Sonderprivatrechts der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände in Betracht. Hiermit könnte der allgemeinen gesetzgeberischen Tendenz R e c h n u n g getragen werden, das Immaterialgüterrecht in Spezialgesetzen zu regeln und als eine vom B G B weitgehend losgelöste Rechtsmaterie zu behandeln. 1 4 Dass sich die Veräußerung von Forderungen nach den kaufrechtlichen Vorschriften des B G B richtet, liegt auf der H a n d und bedarf keiner näheren Begründung. Ein wesentlicher inhaltlicher Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt

13 Vgl. etwa die Einschätzung von Reimer-frrcst Reimer, PatG, § 9, Anm. 44, wonach angesichts der gänzlich ungeklärten Voraussetzungen der Mängelhaftung und weil die ganze Materie der Haftung für Rechts- und Sachmängel so schwierig und in vielfacher Hinsicht so umstritten sei, es vorzuziehen sei, die Rechts- und Sachmängelhaftung möglichst eingehend im Veräußerungs- bzw. Lizenzvertrag zu regeln. Vgl. auch Lindenmaier, G R U R 1959, 507, 507 ff., der für die Fälle der Haftung des Patentinhabers bei Veräußerung des Patents und Lizenzbestellung die Beurteilung des Sachverhalts nach Treu und Glauben als am sachgerechtesten ansieht. 14 Immaterialgüterrechtliche Vorschriften wurden auch in jüngerer Zeit durch Schaffung oder Änderung immaterialgüterrechtlicher Sondergesetze in die Rechtsordnung integriert. Wichtige Beispiele hierfür sind das MarkenG aus dem Jahr 1994 sowie die einzelnen urheberrechtlichen EG-Richtlinien und die Änderungen des UrhG, die im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien erfolgt sind. Vgl. auch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, BGBl. I 2002, S. 1155. Dieses schafft ein detailliertes Urhebervertragsrecht im Wege der Änderung des UrhG, führt aber nicht zu einer weiter gehenden Integrierung des Urhebervertragsrechts in das BGB. Keines der genannten Gesetze hat eine nachhaltige Änderung der schuldrechtlichen Komponenten des Lizenzvertragsrechts zum Gegenstand, so dass die Frage der Vereinbarkeit der Regelungen mit dem B G B nicht zur Debatte stand. Vgl. z.B. §§ 27 ff. MarkenG, die weitgehend nur die gegenständliche Seite des Lizenzvertrags zum Gegenstand haben.

8

Einleitung

allerdings gerade darin, die Anwendbarkeit der kaufrechtlichen N o r m e n des B G B auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten u n d sonstigen unkörperlichen Gegenständen zu erörtern. Diese F o r m von Verkehrsgeschäften ist im B G B allerdings nur ansatzweise geregelt. Angesichts des wenig konkreten Regelungsinhalts von § 453 Abs. 1 B G B liegt kein unmittelbarer gesetzlicher Rechtsanwendungsbefehl vor. Statt dessen ist insbesondere das Immaterialgüterrecht überwiegend in eigenständigen Spezialgesetzen u n d damit außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs niedergelegt. Zwar behandeln die bedeutsamsten immaterialgüterrechtlichen Spezialgesetze wie das PatG, das U r h G u n d das M a r k e n G die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Rechtsinhaber u n d Verwerter nur fragmentarisch und haben vorwiegend die auf der gegenständlichen Ebene liegenden Fragen der Ubertragbarkeit der jeweiligen Schutzposition im Auge. D e n n o c h finden sich auch verschiedentlich spezialgesetzliche Regelungen über die schuldrechtliche Ausge-staltung entsprechender Verwertungsverträge. 1 5 N a mentlich der Verlagsvertrag als eine besondere F o r m der urheberrechtlichen Nutzungsrechtseinräumung ist durch das VerlG erfasst und weitgehend unabhängig vom BGB geregelt. Methodisch käme daher als Alternative z u m Rückgriff auf die kaufrechtlichen Grundsätze des B G B durchaus die Entwicklung eines - vom B G B weitgehend unabhängigen - Sonderprivatrechts der unkörperlichen Gegenstände im Sinne eines »Immaterialgüterschuldrechts« in Betracht. Dieses könnte sich an den fragmentarischen schuldrechtlichen Vorschriften der einzelnen Immaterialgüterrechtsgesetze sowie insbesondere an denjenigen des VerlG orientieren. Besonders kennzeichnend f ü r ein solches unabhängiges Immaterialgüterschuldrecht wäre ein eigenständiges, an den spezialgesetzlichen Vorgaben orientiertes Haftungsregime. Dieses würde anstelle der Leistungsstörungs- oder Gewährleistungsvorschriften des B G B im Falle der N i c h t - oder Schlechterfüllung immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge eingreifen.

II. Das BGB als vermögensrechtliche Regelungsanspruch

Kodifikation

mit

umfassendem

D e n Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob u n d inwieweit eine Integration von Verwertungsverträgen, die Immaterialgüterrechte u n d sonstige Gegenstände z u m Gegenstand haben, in die O r d n u n g des bürgerlichen Rechts gerechtfertigt ist, bildet der kodifikatorische Regelungsanspruch des BGB. Die Redaktoren des B G B verfolgten die Absicht, die im B G B geregelte Materie

15 Insbesondere in den §§31 ff. U r h G finden sich auch verschiedene Regelungen über die Ausgestaltung des - der urheberrechtlichen Nutzungsrechtseinräumung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses; vgl. z.B. §31 A b S . 4 U r h G , der Verpflichtungen zur Einräumung von Nutzungsrechten unter bestimmten Voraussetzungen für unwirksam erklärt; s. auch §§41 f. UrhG.

§ 1. Problemstellung

und

Zielsetzungen

9

grundsätzlich abschließend zu behandeln. 1 6 Dabei zählte das Immaterialgüterrecht jedoch gerade nicht zu den Themen, die in dieser Kodifikation umfassend behandelt werden sollten. Vielmehr wurde der Kreis der Bereiche, die im Rahmen des allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vermögensrechts geregelt werden sollten, im Wesentlichen mit Blick auf die wirtschaftlichen Bedürfnissen des Bürgertums im 19. Jahrhunderts definiert. Namentlich die Übertragung und Verwertung von Gütern, die wie Forderungen, Grundpfandrechte oder bewegliche bzw. unbewegliche Sachen das damalige wirtschaftliche Leben entscheidend prägten und gleichzeitig in den Traditionen des Pandektenrechts verankert waren, sollten vom B G B erfasst werden. 1 7 Immaterialgüter und sonstige unkörperliche Gegenstände dagegen standen gerade nicht in der Pandektentradition; auch war diese Art von Verkehrsobjekten für die Wirtschaftsbürger des 19. Jahrhunderts von nur sehr untergeordneter Bedeutung. 1 8 Die weitgehende Ausklammerung dieser Güter aus dem B G B war keineswegs rein zufälliger Natur; sie entsprach vielmehr dem ursprünglichen Kodifikationsplan des B G B - G e s e t z gebers. Anders stellt sich die Situation dagegen für den intendierten Anwendungsbereich des Schuld- und insbesondere des Kaufrechts dar. Namentlich das Kaufrecht war bereits zur Zeit der Schaffung des B G B von einem umfassenden kodifikatorischen Regelungsansatz getragen. Schon aus dem weiten Begriff der von §§ 433 ff. B G B a.F. erfassten »Rechte«, mit dessen Hilfe eine große Zahl unterschiedlicher Formen werthafter Güter unter die vergleichsweise detaillierten Regelungen des Rechtskaufs gefasst werden können, wird der weite Geltungsanspruch der diesbezüglichen bürgerlich-rechtlichen Regelungen deutlich. Für die Veräußerung nicht subjektivrechtlich geschützter Gegenstände stellte der Gesetzgeber demgegenüber zwar keine ausdrücklichen Regelungen bereit; gleichzeitig schloss er aber Kaufverträge über solche Güter auch nicht aus. 19 16 Zu den historischen Grundlagen des B G B als Kodifikationsgesetz vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 475; ders., Das Sozialmodell der klassischen Privatrechtsgesetzbücher und die Entwicklung der modernen Gesellschaft, in: ders., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 9, 10 ff.; ders., Aufstieg, Blüte und Krisis der Kodifikationsidee, in: Festschrift für Boehmer, S.34, 46 ff.; Karsten Schmidt, Die Zukunft der Kodifikationsidee, S. 32 ff.; Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. II, S. 16 ff. Vgl. zum heute nicht mehr vertretenen Anspruch auf Lückenlosigkeit von Kodifikationen grundlegend Thibault, der von einer Kodifikation verlangte, sie müsse »materiell vollkommen und erschöpfend« sein, in: Thibault, Uber die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland, 1814, S. 12 f., in: Hattenhauer (Hrsg.), Thibault und Savigny - Ihre programmatischen Schriften, 1973, S. 67. Kritisch zum - heute allgemein als überholt geltenden - Dogma der Lückenlosigkeit z.B. Karsten Schmidt, a.a.O., S. 17 ff. m.w.N. 17 Zur Entwicklung der abstrakten Forderung als Verkehrserleichterung (zunächst nur für den neuen Gläubiger), vgl. Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation, Bd. II, S. 112, 122; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 68 ff. 18 Zur Entwicklung der Immaterialgüter als Rechtsgegenstände vgl. ausführlich unten § 2. 19 So ausdrücklich Prot. II S. 51, wonach auch andere Werte als Sachen und Rechte Gegenstand eines Kaufs sein könnten und die Fassung des Entwurfs des B G B dies auch nicht ausschließe.

10

Einleitung

G r u n d für das Schweigen des Gesetzes war die Erwägung, dass diesbezügliche gesetzliche Regelungen nicht nötig seien, da solche Veräußerungsverträge nach »Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte« behandelt werden könnten 2 0 , so dass eine eigenständige gesetzliche N o r m i e r u n g als nicht erforderlich angesehen wurde. Im U m k e h r s c h l u ß folgt hieraus, dass der historische Gesetzgeber nicht gezögert hätte, entsprechende Normierungen in das G e setz aufzunehmen, wenn er hierfür eine Notwendigkeit erblickt hätte. Auch derartige unkörperliche Gegenstände waren somit zumindest im Grundsatz vom kaufrechtlichen Regelungsplan des Gesetzgebers erfasst. D i e Anwendung der im B G B niedergelegten kaufrechtlichen Prinzipien auf die Veräußerung solcher G ü t e r läuft somit den Absichten des historischen Gesetzgebers nicht entgegen, da dieser das Kaufrecht auf grundsätzlich sämtliche wirtschaftliche bedeutsamen Veräußerungsverträge, ungeachtet der Beschaffenheit der jeweiligen Güter, erstrecken wollte. Gesetzessystematisch wird der im Regelungsplan des B G B angelegte weite Geltungsanspruch des Kaufrechts insbesondere durch die Einführung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips verdeutlicht: Diese Prinzipien verwirklichen eine weitgehende konzeptionelle Unabhängigkeit des Schuldrechts von der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung des gegenständlichen Zuordnungswechsels. Sie schaffen somit ein abstraktes Schuldrecht, das unabhängig vom Verkehrsgegenstand Anwendung finden kann. Hieraus geht hervor, dass der historische Gesetzgeber die Anwendung der kaufrechtlichen Vorschriften grundsätzlich auch für solche Gegenstände postulierte oder jedenfalls nicht ausschloss, die im B G B keine ausführliche Regelung gefunden hatten. Insgesamt ergibt sich somit, dass aus dem umfassenden kodifikatorischen R e gelungsanspruch des bürgerlich-rechtlichen Schuldrechts eine - für den Gesetzesanwender verbindliche - Vermutung zugunsten der Anwendbarkeit kaufrechtlicher Grundsätze auch auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen abzuleiten ist.

III. Die systembildende Funktion des BGB Bedeutsamer noch als die Frage, ob und inwieweit sich der Kodifikationswille des historischen Gesetzgebers über die im B G B ausdrücklich geregelten Rechtsgegenstände hinaus auf den Rechtsverkehr mit weiteren F o r m e n unkörperlicher G ü t e r erstreckt, ist ein Blick auf die Systematik des B G B . Es stellt sich die Frage nach der inhaltlichen Berechtigung und dogmatischen Folgerichtigkeit einer - in der vorliegenden Arbeit angestrebten - Rückführung des Rechts der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände auf die Grundsätze des B G B - K a u f r e c h t s .

20

Vgl. hierzu Prot. II S. 51 sowie unten § 2 E III 4.

§ 1. Problemstellung

und

Zielsetzungen

11

Angesichts der zentralen Stellung des BGB als grundlegender Kodifikation des Vermögensrechts kommt den in diesem Gesetz enthaltenen Normen und Grundsätzen nachhaltige ordnende und systembildende Kraft zu. 21 Das BGB stellt den »rechtssystematischen Brennpunkt« 22 für eine einheitliche vermögensrechtliche Systembildung im Privatrecht dar. 23 Die Erstreckung der im BGB enthaltenen Grundsätze auf andere Rechtsbereiche ermöglicht es, Fallkonstellationen, die sich außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des BGB befinden, mit gleichgelagerten, im bürgerlichen Recht unmittelbar verwurzelten Sachverhalten gleich zu behandeln. Das in diesem Bestreben zum Ausdruck kommende Systemdenken 24 hat die Folgerichtigkeit der Rechtsfortbildung zum Ziel. Es soll das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung verwirklichen 25 und damit auch dem Gedanken der Gerechtigkeit zur Geltung verhelfen, der im Grundsatz der Gleichbehandlung gleichgelagerter Sachverhalte zum Ausdruck kommt 26 . Aus dem umfassenden, systembildenden Geltungsanspruch des bürgerlichrechtlichen Vermögensrechts lassen sich wichtige Schlussfolgerungen für das Verhältnis zwischen dem BGB und den Sondergebieten bzw. »Sonderprivatrechten« ziehen, die sich - wie beispielsweise das Immaterialgüterrecht - vom BGB abgespaltet haben und auf einen engen Realbereich zugeschnitten sind. 27 Der Bedeutung des BGB als rechtssystematischer Brennpunkt des Vermögensrechts entspricht es, für Fragen, die allgemein - und nicht nur in dem spezifischen, sonderprivatrechtlich geregelten Teilbereich - auftreten, auf die Grundsätze des allgemeinen Zivilrechts zurückzugreifen. Die unterschiedliche Behandlung gleichgelagerter Fälle allein aufgrund der Tatsache, dass sie in einem Sonderbereich auftreten, würde dem - dem Gleichbehandlungsgrundsatz imma-

21

So insbesondere Karsten Schmidt, Die Z u k u n f t der Kodifikationsidee, S. 39. Diese F o r m u l i e r u n g wird - wenngleich auch mit leicht abgewandeltem Bedeutungsgehalt - ü b e r n o m m e n von Karsten Schmidt, Die Z u k u n f t der Kodifikationsidee, S. 48 f. 23 Insoweit hat die Kodifikationsidee auch in der heutigen Zeit ihre Berechtigung. Vgl. dazu Karsten Schmidt, Die Z u k u n f t der Kodifikationsidee, passim. Z u r Diskussion ü b e r die Bedeutung von Kodifikationen vgl. Kühler, J Z 1969, 645, 646 ff.; Wieacker, Aufstieg, Blüte u n d Krisis der Kodifikationsidee, in: Festschrift f ü r Boehmer, 34, 46 ff. 24 S. hierzu grundlegend Canaris, Systemdenken u n d Systembegriff in der Jurisprudenz, passim. 25 Vgl. hierzu grundlegend Engisch, Einheit der R e c h t s o r d n u n g , 1935, passim, sowie Canaris, Systemdenken u n d Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 16. 26 Z u m Gerechtigkeitsgehalt des Systemdenkens vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 13 ff.; zur Bedeutung der Gleichheit f ü r eine gerechte Rechtsgew i n n u n g vgl. F. Bydlinski, Juristische M e t h o d e n l e h r e u n d Rechtsbegriff, S. 339 ff.; Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, passim; zur Bedeutung des Gleichheitssatzes zur Lückenfeststellung u n d -füllung vgl. ders., Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 71 ff. 27 Z u Begriff u n d Theorie der Sonderprivatrechte vgl. umfassend F. Bydlinski, System u n d Prinzipien des Privatrechts, S. 415ff.; Zöllner, A c P 188 (1983), 85, 90 ff.; vgl. auch Medicus, Allgemeiner Teil, Rn. 13 ff. 22

Einleitung

12

nenten - Gerechtigkeitspostulat widersprechen und wäre zudem angesichts ungerechtfertigter Verdoppelungen rechtlicher Regelungen irrational. 2 8 D i e Schaffung von Sonderprivatrechten mit einem v o m B G B abweichenden Regelungsgehalt ist demzufolge nur dort sinnvoll, w o die Anwendung bürgerlich-rechtlicher Grundsätze angesichts abweichender Interessenlagen und Sachverhaltskonstellationen nicht in Betracht k o m m t . D i e Selbständigkeit von Sonderprivatrechten ist daher aus systematischen Gründen stets relativ; das allgemeine Zivilrecht fungiert grundsätzlich als »Allgemeiner Teil des Sonderprivatrechts«. 2 9 Hieraus ergibt sich, dass die Integration des Rechts der Veräußerung von I m materialgüterrechten in die bürgerlich-rechtliche Verkehrs- und Haftungsordnung grundsätzlich gegenüber der Entwicklung eines eigenständigen schuldrechtlichen Sonderprivatrechts der Immaterialgüter dogmatisch und systematisch vorzugswürdig ist. 3 0 O b

ein solches Vorgehen allerdings

tatsächlich

möglich ist, hängt in erster Linie davon ab, o b das B G B Grundsätze bereitstellt, die auf Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten anwendbar sind. Sollten den Regelungen des bürgerlich-rechtlichen Kaufrechts, so wie es sich insbesondere nach der Schuldrechtsmodernisierung darstellt, auch für die Veräußerung von Immaterialgüterrechten stimmige Lösungen zu entnehmen sein, so wäre deren Anwendung systematisch geboten. Als Ausdruck des allgemeinen Gerechtigkeitspostulats des Gleichmaßes wäre ein Rückgriff auf das B G B auch inhaltlich gegenüber der Ausbildung eines Sonderprivatrechts wertungsmäßig vorzuziehen.

IV.

Folgerungen

Als vorläufiges Ergebnis dieser methodischen Überlegungen kann festgestellt werden, dass die Einbeziehung immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge in das B G B als dem »kodifikatorischen Brennpunkt« des Vermögensrechts gegenüber der Schaffung eines eigenständigen Sonderprivatrechts der immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträge dogmatisch, systematisch und wertungsmäßig grundsätzlich vorrangig ist. Gleichzeitig entspricht ein am B G B orientiertes Vorgehen dem Willen des historischen Gesetzgebers, den Vorschriften des bürgerlich-rechtlichen Schuldrechts einen grundsätzlich umfassenden G e l tungsanspruch zu verleihen.

So auch F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 418. So ausdrücklich F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 419. 30 Vgl. noch erheblich weitergehend F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 419, der die Existenz von Sonderprivatrechten auf lange Sicht für ein »rechtssystematisches Ärgernis« hält und deshalb langfristig für die Wiedergewinnung einer - nicht mehr nach allgemeinem Zivilrecht und Sonderprivatrechten differenzierenden - »großen systematischen Einheit« plädiert. 28

29

§ 1. Problemstellung

und

Zielsetzungen

13

Auch wenn somit die Anwendung kaufrechtlicher Normen auf immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge methodisch vorzugswürdig ist, liegt es gleichwohl auf der Hand, dass die Integration neuer Realbereiche in das Schuldrecht nicht undifferenziert und »gewaltsam« erfolgen kann. Vielmehr ist dem grundlegenden rechtssystematischen Gebot der Gleichbehandlung nur gleichgelagerter Fälle Rechnung zu tragen. Demzufolge ist die Einbeziehung der Veräußerung von Immaterialgüterrechten in die Systematik des B G B gegenüber der Schaffung eines diesbezüglichen Sonderprivatrechts nicht schlechthin vorrangig. Ein Rückgriff auf das B G B ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Grundsätze des Kaufrechts auch auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten übertragen werden können und für die dort auftretenden Interessenkonflikte sachgerechte Lösungen bereitstellen. Es stellt sich somit für den weiteren Fortgang der vorliegenden Arbeit die Frage, ob und inwieweit die Einbeziehung immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge in den Anwendungsbereich des B G B einer rationalen und systematischen Rechtsfortbildung entspricht. Die These, wonach die Einbeziehung solcher Verträge in das B G B im Interesse einer Methode der Rechtsfortbildung zu erfolgen hat, die der wertungsmäßigen Folgerichtigkeit und inneren Einheit der Rechtsordnung verpflichtet ist, bedarf somit einer eingehenden Begründung anhand der konkreten Rechtsprobleme, die sich im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immaterialgüterrechten stellen. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit wird somit der Versuch unternommen zu zeigen, dass die kaufrechtlichen Grundsätze des B G B auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten Anwendung finden können. Sollte dieses Vorhaben gelingen, und könnte die Veräußerung von Immaterialgüterrechten deshalb als Kauf i.S.d. B G B aufgefasst werden, so würde dem alternativen methodischen Ansatz - der Ausbildung eines Sonderprivatrechts der Immaterialgüterrechtsveräußerung - hiermit gleichzeitig der Boden entzogen.

D . G a n g der U n t e r s u c h u n g Aus dem Grundanliegen der vorliegenden Arbeit, Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen in das bürgerlich-rechtliche System des Kaufrechts zu integrieren, ergibt sich die Vorgehensweise der Untersuchung. Zunächst erfolgt ein entwicklungsgeschichtlicher A b riss der rechtlichen Behandlung unkörperlicher Gegenstände als Veräußerungsobjekte, der nicht nur die rechtshistorische Entwicklung betrachtet, sondern auch auf moderne Tendenzen des Kaufrechts und nicht zuletzt auch auf die jüngsten Änderungen durch die Schuldrechtsmodernisierung eingeht. Im zweiten Kapitel wird die Frage zu beantworten sein, welche unkörperlichen Objekte generell als Kaufgegenstände zu betrachten sind. Ausgehend von einer Untersuchung der erkenntnistheoretischen, dogmatischen und strukturel-

14

Einleitung

len Charakteristika der unterschiedlichen Kaufgegenstände wird analysiert, inwieweit es gerechtfertigt ist, zwischen dem Sachkauf einerseits und dem Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen andererseits zu unterscheiden. Entscheidender Maßstab dafür wird sein, inwieweit sich die dogmatische Struktur der im Zentrum des bürgerlich-rechtlichen Kaufrechts stehenden sächlichen Verkaufsgüter von derjenigen anderer, in den §§ 433 ff. BGB nicht umfassend geregelter Rechte und sonstiger unkörperlicher Gegenstände unterscheidet. Auf dieser Grundlage wird insbesondere der kaufrechtliche Sachbegriff einer Kritik zu unterziehen sein. Sodann wendet sich die Arbeit im dritten Kapitel den grundlegenden Strukturcharakteristika des Kaufvertrags als einer zentralen Erscheinungsform der gesetzlich vorgesehenen Güterverwertungsgeschäfte zu. Die Bestimmung der typologischen Merkmale des Kaufvertrags als solchem ohne Berücksichtigung der spezifischen Eigenheiten des Sach- und des Forderungskaufs soll es ermöglichen, die Gruppe der Verwertungsverträge über sonstige Rechte und sonstige Gegenstände zu bestimmen, die vom gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags mitumfasst sind. Auf dieser Grundlage wird sodann namentlich die Frage zu beantworten sein, ob und inwieweit Verträge, die nicht auf eine Voll-, sondern nur auf eine beschränkte Übertragung unkörperlicher Gegenstände abzielen, als Kaufverträge angesehen werden können. Besonderes Gewicht ist dabei der Abgrenzung zwischen Kaufverträgen über unkörperliche Gegenstände einerseits und Nutzungsverträgen wie der Miete oder Pacht andererseits beizumessen. Mit der Verdeutlichung sowohl der grundlegenden typologischen Merkmale des Kaufvertrags als auch der Strukturcharakteristika der unterschiedlichen Formen von Kaufgegenständen ist die Grundlage für die Integration der Immaterialgüterrechte in das kaufrechtliche Haftungssystem gelegt. Dementsprechend wird sich das vierte Kapitel der Untersuchung der Mängelgewährleistung beim Kauf unkörperlicher, durch subjektive Rechte geschützter Gegenstände zuwenden, wobei besonderes Gewicht auf die Reform der kaufrechtlichen Haftung durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gelegt wird. Ausgangspunkt für diese Untersuchung sind die Modalitäten der neugestalteten Rechtsmängelhaftung beim Sach- und beim Forderungskauf, die in den ersten beiden Abschnitten des vierten Kapitels kritisch untersucht und dabei insbesondere den bis zur Neufassung des Kaufrechts geltenden Haftungsgrundsätzen gegenübergestellt werden. Der dritte Abschnitt wendet sich sodann der Mängelhaftung bei Immaterialgüterrechtsveräußerungen zu. Hierbei wird sowohl auf Vollveräußerungswie auch auf Lizenzverträge einzugehen sein. Vorrangig wird dabei jeweils die Frage erörtert, inwieweit auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten neben der Rechtsmängelhaftung auch andere Haftungsregelungen wie insbesondere die Sachmängelhaftung Anwendung finden. Das fünfte Kapitel wendet sich den Kaufverträgen über nicht subjektivrechtlich geschützte sonstige Gegenstände informationellen Inhalts zu. U m bestimmen zu können, ob diese Veräußerungsverträge -möglicherweise sogar stärker

§ 1. Problemstellung

und

Zielsetzungen

15

als nach bisherigem Kaufrecht - in die kaufrechtliche Dogmatik eingebunden werden können, werden die gleichen Fragestellungen zu erörtern sein wie bei den in den vorangehenden Kapiteln thematisierten Veräußerungsverträgen über subjektivrechtlich geschützte unkörperliche Gegenstände. Deshalb wird auch hier untersucht, welche sonstigen Gegenstände ihrer Struktur nach als Kaufgegenstände in Betracht kommen und wie die Mängelhaftung hier im Einzelnen auszugestalten ist. Den Schluss der Arbeit bildet neben einer Zusammenfassung insbesondere eine kritische Analyse der Vorschriften über den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen, so wie sich diese nach der Neuordnung des Schuldrechts darstellen.

1.

Kapitel

Entwicklungslinien des Rechts der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände U m Bedeutung und Tragweite der bürgerlich-rechtlichen Regelungen über den Rechtskauf für Verkehrsgeschäfte über Forderungen, Immaterialgüterrechte und sonstige Gegenstände würdigen zu können, ist es notwendig, die einschlägigen Vorschriften zunächst in ihren rechtshistorischen Zusammenhang zu stellen. Neben der Entwicklungsgeschichte des Kaufs von Forderungen und beschränkt dinglichen Rechten kommt dabei der Frage besondere Bedeutung zu, inwieweit die Ausschlussrechte an werthaften unkörperlichen Gegenständen in das System des Vermögensrechts integriert werden können. Somit sind zunächst die historischen Grundlagen der rechtlichen Erfassung von unkörperlichen Gegenständen als Verkehrsobjekte aufzuzeigen (§ 2). U m das entwicklungsgeschichtliche Bild zu vervollständigen, ist daneben auch ein Blick auf die Vorgeschichte des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zu werfen (§ 3).

Gegenstände § 2. Die Veräußerung unkörperlicher im geschichtlichen Uberblick Im Rahmen des nun folgenden geschichtlichen Uberblicks sind mehrere Themenkreise zu erörtern, die in unterschiedlichen Epochen mit abweichender Schwerpunktsetzung diskutiert worden sind. Unter verschiedenen Perspektiven wurde die Frage nach dem Anwendungsbereich des Kaufrechts gestellt. Eng verbunden hiermit war die Frage nach der Bestimmung des Kreises der Rechtsgegenstände sowie die Ausgestaltung dieser Objekte als verkehrsfähige Vermögensgüter.

A. Das antike römische Recht Der Kauf nach römischem Recht war praktisch zwar im Wesentlichen auf die Veräußerung körperlicher Gegenstände beschränkt, konnte sich aber auch auf beschränkt dingliche Rechte, Forderungen, Erbschaften und sogar auf »Hoff-

18

1. Kapitel: Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

nungen« beziehen. 1 Während hiermit dem Kaufvertrag grundsätzlich ein weiter Anwendungsbereich eröffnet wurde, war der Kreis der als Rechtsobjekte anerkannten Gegenstände noch vergleichsweise eng. Insbesondere kannte das römische Recht keinerlei rechtlich schutzfähige unkörperliche Güter nach Art der heutigen Immaterialgüterrechte. 2 Allerdings bestand eine ganze Reihe von Rechten, die als übertragbare unkörperliche Gegenstände einen Bestandteil der antiken römischen Ordnung des Rechtsverkehrs bildeten. Die Grundlagen der für die Verkehrsrechtsordnung äußerst bedeutsamen Einteilung der Rechtsgegenstände im antiken römischen Recht, die bis in das Vermögensrecht des B G B nachwirken, liegen in der aus den Institutionen des Gaius hervorgehenden3 Unterscheidung zwischen res corporales und res incorporales. Gaius unterteilte das Recht in die Abschnitte Personenrecht (personae), »Sachen«-recht (res) und Klagerecht (actiones).A Im Recht der res behandelte Gaius nacheinander das Eigentum, das Erbrecht und das Recht der Schuldverhältnisse.5 Nach heutigem Forschungsstand hatte der res-Begriff des Gaius mehrere Bedeutungen: 6 Einerseits 1 Vgl. Käser, Das römische Privatrecht, Bd. I, S. 545, 548; Hansell!Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, S. 306. Zum Erbschaftskauf s. Honsell/Mayer-Maly/Selb, a.a.O. S. 306. Zum Hoffnungskauf (emptio spei) s. Käser, Bullettino dell'istituto di diritto romano 1971, 45, 47f. Vgl. ders., a.a.O., wonach wegen der Möglichkeit des Erwerbs der »Hoffnung« im Rahmen des Hoffnungskaufs der Anwendungsbereich des Kaufrechts nach römischen Recht sogar auf »Nicht-res« erstreckt wurde. Zum Forderungs- und Erbschaftskauf vgl. auch Medicus, Id quod interest, S. 163 ff. 2 Allgemeine Meinung; vgl. etwa Bappert, Wege zum Urheberrecht, S. 20 ff.; Kohler, Autorrecht, S. 319 ff.; Schricker- Vogel, Einl. Rn. 50; Visky, UFITA 106 (1987), 17 ff.; Eggert, UFITA 138 (1999), 183, 192 ff. Dies bedeutet allerdings nicht, dass kein Bewusstsein über die moralische Verwerflichkeit des vom Autor nicht gestatteten Nachdrucks bestand. Vgl. hierzu nur das berühmte Epigramm von Martial (I 52) (wiedergegeben bei Bappert, a.a.O. S. 18 f.) in dem er denjenigen, der seine Werke kopierte, als plagiarius (Menschenräuber) bezeichnete. 3 Vor der Systematisierung des römischen Rechtsstoffes durch Gaius im 2. Jahrhundert nach Christus dürfte es noch keine konzeptionell deutliche Unterscheidung zwischen Personenund »Sachen«-recht gegeben haben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass zuvor - wie wohl insbesondere im System des Q. Mucius - der Stoff dessen, was heute Privatrecht genannt würde, in Anschluß an die Geschäftstypen testamentum, manicipium, in iure cessio, legis actio de societate coeunda, sowie anhand einer Reihe von Bußvorschriften behandelt worden war; vgl. Kreller, SZ (Rom. Abt) 56 (1948), 572, 575. S. auch Käser, SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 127, 138. 4 Institutionen I 8.: Omne autem ius quo utimur vel ad personas pertinet, vel ad res, vel ad actiones. (...) (Alles Recht aber, dessen wir uns bedienen, erstreckt sich entweder auf Personen oder auf Sachen oder auf Klagen. (...)) 5 Die Grundgedanken dieser Einteilung werden von Kreller folgendermaßen beschrieben: »Sollte das Recht dem Bürger Macht geben über Lebensgüter, so war eben zu fragen, w e r dazu berufen war, eine Rolle in dem juristischen Drama zu spielen, d.h. wem darin eine Maske (persona) zukam, ferner w i e er sich darin zu verhalten, zu >agieren< hatte, und last not least daher als Hauptteil in die Mitte gestellt - w a s dabei auf dem Spiele stand, um welche Interessen sich die friedlichen oder streitigen Verhandlungen der Parteien drehen konnten.« Kreller, SZ (Rom. Abt) 56 (1948), 572, 581 f. 6 Vgl. zum folgenden Honsell!Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, S. 81 ff.; Käser, Römisches Privatrecht, Bd. I, S. 377; ders., SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 127, 143; s. auch Bretone, I Fondamenti del Diritto Romano, S. 3 ff.

§2. Die Veräußerung unkörperlicher

Gegenstände im geschichtlichen Überblick

19

bezeichnete er die einzelne abgegrenzte, juristisch selbständige körperliche Sache unter Einbeziehung der Sklaven. In einem weiteren Sinne umfasste er alles der Person Gegenüberstehende und damit jeden möglichen Gegenstand eines privaten Rechts oder Zivilprozesses. Zuweilen stand der Begriff auch für das Vermögen als Ganzes. In Anbetracht dieses allumfassenden Inhalts der res war eine weitergehende Unterteilung der von diesem Begriff umfassten Inhalte nötig. Daher treffen die Institutionen die bekannte Unterscheidung zwischen den res corporales und res incorporales7 In Inst. II 12-14 heißt es demgemäß: 8 12. Q u a e d a m praeterea res corporales sunt, quaedam incorporales. 13. Coporales hae sunt quae tangí possunt: uelut f u n d u s , h o m o , uestis, aurum, argentum et denique aliae res innumerabiles. 14. Incorporales sunt quae tangi n o n possunt, qualia sunt ea quae in iure consistunt, sicut hereditas, ususfructus, obligationes q u o q u o m o d o contractae. N e c ad rem pertinet, q u o d in hereditate res corporales continentur, et fructus qui ex f u n d o percipiuntur, corporales sunt, et q u o d ex aliqua obligatione nobis debetur, id p l e r u m q u e corporale est, ueluti fundus, h o m o , pecunia; nam ipsum ius successionis et ipsum ius utendi fruendi et ipsum ius obligationis incorpórale est. (,..) 9

Dem Begriff der res corporalis stellte Gaius somit den Begriff der res incorporalis gegenüber. Die res incorporales umfassten solche Substrate von Rechtsbeziehungen, die als res zwar Rechtsgegenstände waren, die aber gleichwohl der sinnlichen Wahrnehmung nicht offen standen, sondern in iure consistunt. Auf den Streit über das zutreffende Verständnis dieses Begriffspaares 10 kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Uber die für die vorliegende Arbeit in erster Linie relevante Wirkungsgeschichte und die Einflussnahme der

7 Die Unterscheidung zwischen Sachen göttlichen Rechts und den Sachen menschlichen Rechts (res divini - humani iuris) (Gai Inst. II 2-9) sowie zwischen öffentlichen und privaten Sachen (humani iuris aut publicae aut privatae)(Gai Inst. II 10,11) sind im vorliegenden Zusammenhang irrelevant. 8 Text nach Spruit/Bongenaar, Gaius Institutes, S. 39. 9 12. Gewisse Sachen sind außerdem körperlich, gewisse unkörperlich. 13. Körperlich sind diejenigen, welche berührt werden können, z.B. das Grundstück, der Sklave, das Kleid, Gold, Silber und endlich unzählige andere Sachen. 14. Unkörperlich sind diejenigen, welche nicht berührt werden können, wie z.B. alles, was in einem Rechte besteht, wie z.B. die Erbschaft, der Nießbrauch, die Obligationen, wie sie auch immer abgeschlossen sein mögen; und dabei macht es nichts aus, dass in der Erbschaft auch körperliche Sachen enthalten sind. Sowohl die vom Grundstücke perzipierten Früchte sind körperlich, als auch das uns infolge einer Obligation geschuldete ist meistens körperlich, z.B. ein Grundstück, ein Sklave oder Geld: denn das Successionsrecht selbst, das Nießbrauchsrecht selbst und das Obligationsrecht selbst ist unkörperlich (...). (Übersetzung nach Lammeyer, Die Institutionen des Gaius, S. 59). 10 Vgl. aus der kaum zu überblickenden Literatur Flume, SZ (Rom. Abt.) 79 (1962), 19 ff.; Käser, SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 127ff.; Kreller, SZ (Rom. Abt.) 66 (1948), 572ff.; Orestano, ,Diritto«, Incontri e Scontri, S. 297ff.; Pflüger, SZ (Rom. Abt.) 65 (1947), 339ff.; vgl. aus neuerer Zeit Bretone, Le cose e la natura, passim; s. dazu Gröschler, SZ (Rom. Abt.) 117 (2000), 578. S. auch den Überblick bei Fezer, Teilhabe und Verantwortung, S. 111 ff.; Duhischar, Grundlagen der schulsystematischen Zweiteilung der Rechte in sogenannte absolute und relative, S. 3 ff.

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1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

gaianischen Gegenstandslehre auf das B G B lassen sich jedoch einige wichtige Aussagen treffen: Zunächst ist festzuhalten, dass die Klassifizierungen des Gaius zu einer deutlichen Unterscheidung zwischen Sache und Sacheigentum einerseits (res corporales) und unkörperlichen Rechtsgegenständen andererseits (res incorporales) führten, wobei zu den unkörperlichen Gegenständen insbesondere die dinglichen Rechte und schuldrechtliche Ansprüche gerechnet wurden. 11 Damit legte die klassische Einteilung der res die Grundlage für ein eigenständiges Sachenrecht der körperlichen Sachen, das vom übrigen Vermögensrecht und dabei insbesondere vom Obligationenrecht deutlich getrennt war. Es ist weiter davon auszugehen, dass mit dem Begriff der res corporalis nicht nur die Sache als tatsächliches Objekt, sondern auch das an ihr bestehende Eigentumsrecht bezeichnet wurde. 12 Hieraus folgt, dass Gaius das Eigentumsrecht nur auf Sachen bezog. Der Gedanke, dass unkörperliche Vermögensgegenstände wie etwa Forderungen ähnlich wie körperliche Sachen deren Inhaber in Form von Eigentum zugeordnet würden, stand dem klassischen römischen Recht dagegen fern. 13 Rechtsbeziehungen zwischen Person und Gegenstand, die in der heutigen Terminologie als »absolute Rechte« zu bezeichnen wären, kamen vielmehr nur in Bezug auf körperliche Sachen in Betracht. Damit legte Gaius den Grundstein für einen engen, nur auf körperliche Gegenstände bezogenen Eigentumsbegriff, der bis heute fortwirkt. Zwischen der Sache als Objekt und dem Sacheigentum als normativem Begriff wurde in der gaianischen Systematik nicht differenziert. Deshalb kam es zu einer begrifflichen Verschmelzung von Sache und Sacheigentum als res corporalis,

Gröschler, SZ (Rom. Abt.) 117 (2000), 578, 589. Dafür, dass sowohl die Sache selbst als auch das Sacheigentum als »res corporalis« eingeordnet wurden, spricht die Tatsache, das Gaius das Eigentumsrecht {proprietas) nicht bei der Gruppe der res incorporales anführte. Vielmehr überging er dieses Institut trotz seiner Bedeutung als wichtigstes dingliches Recht und erwähnte anstatt dessen vergleichsweise marginale Rechte wie den ususfructus. So wie es auch im heuten Sprachgebrauch noch üblich ist, vom »Haben der Sache« zu sprechen, ohne streng zwischen der Sache und dem an ihr bestehenden Eigentumsrecht zu unterscheiden, ist anzunehmen, dass das Eigentum nach römischer Rechtsanschauung mit seinem Träger, dem Eigentumsobjekt so verschmolzen war, dass mit der Bezeichnung des Eigentumsobjekts zugleich auch das Eigentumsrecht selbst gemeint war. Vgl. bereits ausführlich Affolter, S. 373 ff.; a. A. Flame, SZ (Rom. Abt.) 79 (1962), 1, 24 ff. Vgl. als Überblick über die diesbezügliche Kritik Käser, SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 127, 128ff, 142. 13 Allerdings findet sich entgegen dieser allgemeinen Linie schon in einem Fragment des Hochklassikers Salvius Julianus (D 7.6.3) die Erwähnung des dominium am ususfructus, womit möglicherweise das Eigentum an einer res incorporalis anerkannt worden sein könnte. Vgl. zu dieser - hier nicht weiter zu vertiefenden - Frage Coing, SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 348, 350; Käser, Römisches Privatrecht, Bd. I, S.448; Honseil/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, S. 185. In der Nachklassik wurden immer stärkere Tendenzen deutlich, nicht nur zwischen der körperlichen Sache und dem an diesem bestehenden Eigentum, sondern auch zwischen dem unkörperlichen Rechtsobjekt und dessen Innehabung zu unterscheiden. S. dazu Huwiler, Begriff der Zession, S. 2 ff. 11

12

5 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

21

die der res incorporalis gegenübergestellt wurden. Keine Beachtung fand die Erwägung, dass das Eigentumsrecht aufgrund seiner rein normativen Existenz den res incorporales nahe verwandt ist, wogegen es von der Sache als tatsächlichem Objekt deutlich zu unterscheiden ist. Logisch zutreffender wäre - jedenfalls nach heutigem Verständnis - gewesen, das Sacheigentum als rein normatives Konzept in den Kreis der res incorporales einzuordnen. 14 Statt dessen wurde durch diese Einteilung des Gaius der Grundstein für die ebenfalls logisch angreifbare Unterscheidung der Rechtsgegenstände des Bürgerlichen Gesetzbuchs in »Sachen und Rechte« gelegt.15 Da die Sache bzw. das Sacheigentum den rein normativen Objekten, d. h. solchen, die nur in iure consistunt, entgegengestellt wurde, war in der Einteilung des Gaius systematisch kein Raum für unkörperliche, aber gleichwohl tatsächlich und nicht nur normativ existierende Gegenstände wie für die späteren Immaterialgüterrechte. Mangels Körperlichkeit des Bezugsobjekts hätten solche Gegenstände nicht als res corporales angesehen werden können; da sie allerdings auch nicht lediglich in iure consistunt, hätten sie auch nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Gruppe der res incorporales eingegliedert werden können. Zwar mag diese begriffliche Enge des res-Begriffs des Gaius für das römische Recht ohne Bedeutung gewesen sein, da dort für die Anerkennung solcher geistigen Güter noch kein Bedürfnis bestand. Wie noch zu zeigen sein wird, musste allerdings ein System wie das des Gaius, das neben körperlichen Sachen nur rein normative Wertgegenstände anerkannte, die in späteren Zeiten notwendige Integration nicht rein rechtlicher, sondern realer unkörperlicher Güter in die Vermögensrechtsordnung nachhaltig erschweren. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass das antike römische Recht unter maßgeblichem Einfluss der Institutionen des Gaius die Grundlage für die Zweiteilung des Vermögensrechts in die Bereiche des Sachen- und des Obligationenrechts legte. Obwohl das römische Kaufrecht grundsätzlich auf körperliche sowie unkörperliche Wertobjekte Anwendung finden konnte und damit einen weiten Geltungsbereich hatte, erlangte die römische Verkehrsrechtsordnung mit den Einteilungen des Gaius eine erhebliche strukturelle Beschränkung, die sich in der Zukunft noch in erheblichem Maße auswirken sollte: Unkörperliche tatsächliche Güter, die in späterer Zeit als Rechtsobjekte Anerkennung finden würden, konnten kaum in diese Vermögensrechtsordnung eingefügt werden, da sie weder als Sachen bzw. beschränkt dingliche Rechte, noch als Obligationen qualifizierbar sind. So konnten mit dem römischen System des

14 Vgl. zur Kritik dieser Einteilung von Gaius Käser, SZ (Rom. Abt.) 70, 127, 142 f., der von einer »logisch bedenklichen Scheidung« spricht. Nach Kreller, SZ (Rom. Abt.) 66 (1948), 572, 585, hat Gaius mit dieser Einteilung eine »gerade sekuläre Verwirrung« angerichtet. Hiergegen aber Flume, SZ (Rom. Abt.) 79 (1962), 23, wonach diese Einteilung die sachgerechte Grundlage der gaianischen Ordnung sei. 15 Vgl. hierzu ausführlich unten § 5.

22

1. Kapitel: Entwicklungslinien des Rechts der Veräußerung unkörperlicher

Gegenstände

Vermögensrechts zwar die zu dieser Zeit anerkannten werthaften G ü t e r unschwer in die Verkehrsrechtsordnung eingefügt werden; für die späteren I m m a terialgüter bestand hingegen in dieser systematischen Einteilung der Gegenstände kein Raum.

B . D e r v e r n u n f t r e c h t l i c h e N e u a n s a t z im V e r m ö g e n s r e c h t Während der res-Begriff des Gaius

die in der Tradition des römischen Rechts

stehende mittelalterliche Rechtswissenschaft in erheblichem U m f a n g beeinflusste 1 6 , steht der Neuansatz des Vernunftrechts in deutlichem Gegensatz zur römischen Rechtstradition des Vermögensrechts. Das Zeitalter des Vernunftrechts wendete sich von den römischen Quellen ab und bemühte sich um eine N e u b e gründung der Rechtsordnung auf philosophisch-ethischer Grundlage. 1 7 Dabei erfolgte eine Neubestimmung der Lehre von den Rechtsgegenständen, die nicht mehr auf dem römischen System der res corporales

und res incorporales

beruhte.

D i e im Vernunftrecht entwickelten Gedanken können daher gleichsam als G e genentwurf zum römischen Vermögensrecht angesehen werden. Ausgehend von dem Gedanken, dass es Z w e c k der Rechtsordnung sei, die Pflichtenbereiche der einzelnen Rechtsträger gegeneinander abzugrenzen, gaben insbesondere 1 8 Samuel

Pufendorf19

und Christian

Wolff20

dem Begriff des Ei-

gentums einen weiten Inhalt. D i e Aufgabe des Eigentums sahen sie in der Zuordnung von Gütern gleich welcher Art in der Weise, dass dasjenige, was einer Person zustehe, einer anderen zugleich nicht z u k o m m e n könne. Unabhängig von der körperlichen oder unkörperlichen Beschaffenheit des jeweiligen G e g e n -

16 Vgl. hierzu Going, SZ (Rom. Abt.) 70 (1953), 348, 350, 352; Huwiler, Begriff der Zession, S. 2 ff.; Bretone, I Fondamenti del Diritto Romano, S. 227 ff. (insbes. zu Donellus); Dubischar, Grundlagen der schulsystematischen Zweiteilung der Rechte in sogenannte absolute und relative, S. 24 ff. Eine eingehende Analyse des res-Begriffs im Mittelalter ist im Rahmen dieser Arbeit nicht geboten, da das hier zu untersuchende moderne Recht in erster Linie die klassischen römischen Wurzeln rezipiert. 17 Zum Vernunftrecht vgl. grundlegend Thieme, SZ (Germ. Abt.) 56 (1936), 202 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 249 ff.; zum germanistischen Eigentumsbegriff s. Kroeschell, Zur Lehre vom germanistischen Eigentumsbegriff, in: ders., Studien zum frühen und mittelalterlichen deutschen Recht, S. 210 ff. 18 Zu weiteren vernunftrechtlichen Theoretikern und ihrem Einfluß auf den Vermögensbegriff vgl. ausführlich Huwiler, Begriff der Zession, S. 37ff., dessen Ausführungen hier im Wesentlichen gefolgt wird. 19 Pufendorf, Natur- und Völkerrecht, 4. Buch, IV. und V. Kapitel; vgl. dazu Huwiler, Begriff der Zession, S. 37ff.; vgl. insbes. auch Huwiler, a.a.O., S. 43, mit der Schlußfolgerung, dass das Sachenrecht Pufendorfs die gemeinrechtliche Dichotomie von körperlichen und unkörperlichen Dingen überwunden habe und als umfassendes Vermögensrecht zum Ort der Güterzuordnung an Personen schlechthin geworden sei. 20 Chr. Wolff, Institutiones, §§ 183 ff., insbes. § 195; vgl. dazu Huwiler, Begriff der Zession, S. 45 ff.

§ 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

23

stands sei maßgeblich, ob der betreffende Gegenstand dem Menschen nützlich sei und sein Wohlergehen fördere. Entscheidend sei, dass der Berechtigte die Befugnis habe, Unbefugte auszuschließen und mit der Sache nach Belieben zu verfahren. Während die vorkantianischen Theoretiker des Vernunftzeitalters den Begriff des Rechtsgegenstands empirisch ermittelten und nach der Zuordnung sinnlich oder verstandesmäßig erfassbarer Gegenstände fragten, leitete die kritische Philosophie Immanuel Kants den Begriff der Rechtsgegenstände ausschließlich aus der Vernunft ab und löste sich damit von jeder Sinnbefangenheit des Gegenstandsbegriffs.21 Unter »Mein und Dein« verstand Kant dabei dasjenige außerhalb der Person, womit diese so verbunden sei, dass der Gebrauch, den ein anderer ohne Einwilligung der Person machen würde, diese lädieren würde. 22 Kant erkannte die Inhaberschaft auch unkörperlicher Wertobjekte an, wobei er sich allerdings auf Obligationen bezog: Auch die Leistung von etwas könne man sein nennen, so Kant, wenn man behaupten könne, man sei Besitzer der Willkür des anderen, diesen zur Leistung zu bestimmen. Dieses Versprechen gehöre zu Habe und Gut. 23 Die vernunftrechtlichen Kodifikationen des späten 18. und des 19. Jahrhunderts nahmen die Gedanken der vorkantianischen vernunftrechtlichen Theoretiker und die kritische Philosophie Kants auf. Sie bereiten damit einem einheitlichen und umfassenden Vermögensrecht den Boden, das nicht nur die Innehabung körperlicher Sachen, sondern auch die Zuordnung unkörperlicher Gegenstände durch das Eigentumsrecht regelte. Dementsprechend waren der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1754, das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 und auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Österreichs von 1811 als die wichtigsten naturrechtlichen Kodifikationen einem weiten Sachbegriff verpflichtet, der auch unkörperliche Gegenstände mit einbezog. So legte der Codex Maximilianeus unter der Rubrik »Von Sachen und deren Einteilung« einen weiten Sachbegriff fest: Unter Sachen verstehe man nichts anderes als Hab und Gut, mithin alles, was zum menschlichen Gebrauch und Nutzen dienen könne. Die Sachen unterteilten sich dabei in bewegliche und unbewegliche, körperliche und unkörperliche. 24 Noch deutlicher als der Codex Maximilianeus folgte das Preußische Allgemeine Landrecht dem vernunftrechtlichen Sach- und Eigentumsbegriff, indem 21 Zum Rechtsgegenstandsbegriff Kants vgl. ausführlich Huwiler, Begriff der Zession, S. 84 ff. 22 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 353. 23 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 355f.; vgl. auch a.a.O., S. 385f. 2 4 Codex Maximilianeus 2. Teil, Caput I, § 1. Vgl. aber auch die im gaianischen System verhafteten Wurzeln des Codex, a.a.O. 2 I § 10 ff.: »Unter den unkörperlichen Dingen sind in senso juridico nur iura, actiones und obligationes begriffen. Die ersten teilen sich auch in iura personalia und realia, je nachdem man das Recht auf eine gewisse andere Person hat. Eigentum, Inhaber und Unterpfand, Dienstbarkeit sind die vier Gattungen von iure reali.«

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1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

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Gegenstände

es auf die im Codex Maximilianeus noch klar ersichtliche Unterscheidung zwischen res corporales und res incorporales völlig verzichtete. 25 Als »Sache« wird im Allgemeinen Landrecht alles bezeichnet, was »Gegenstand eines Rechts oder einer Verbindlichkeit« sein kann.« 26 Auch die Handlungen von Menschen und ihre Rechte, insofern solche den Gegenstand eines anderen Rechts ausmachten, fielen unter den weiten Sachbegriff. Hiermit einher ging ein ebenfalls umfassender Eigentumsbegriff: Eigentümer sei derjenige, welcher befugt sei, über die Substanz einer Sache oder eines Rechts, mit Ausschließung anderer, aus eigener Macht, durch sich selbst oder einen Dritten zu verfügen.27 Weiter heißt es: »Alles, was einen ausschließlichen Nutzen gewähren kann, ist Gegenstand des Eigentums.« 28 In ähnlicher Weise - wenngleich auch noch stärker durch die kantische Philosophie beeinflusst 29 - differenzierte auch das A B G B zwischen der vernünftigen Person und der vernunftlosen Sache und unterteilte das Zivilrecht in die Bereiche des objektiven Personenrechts und des rechtlichen Mein und Dein, das mit dem Eigentum gleichgesetzt wurde. Dementsprechend definierte das A B G B die »Sache im rechtlichen Sinne« als »alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauch der Menschen dient«. 30 Parallel hierzu lag dem A B G B auch ein weiter Eigentumsbegriff zugrunde, der nicht nur körperliche, sondern auch unkörperliche Dinge erfasste. Als Eigentum im Sinne des A B G B galt dabei »alles, was jemandem zugehört, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen.« 31 Insgesamt kann daher festgehalten werden, dass die Ausweitung des Sachund Eigentumsbegriffs für das Vernunftzeitalter charakteristisch war. Gleichzeitig verlor damit die Unterscheidung zwischen res corporales und res incorporales an Bedeutung. Forderungen und Handlungen erhielten ebenso den Status werthafter und deshalb eigentumsfähiger Sachen wie körperliche Gegenstände. Der Kreis möglicher Vermögensgegenstände, die vom Rechtsinhaber »innegehabt« werden können, wurde erweitert. Somit standen sich zu Anfang des 19. Jahr-

2 5 Vgl. allerdings A L R I 2 §3: »In engerem Sinne wird Sache nur dasjenige genannt, was entweder von Natur, oder durch die Ubereinkunft der Menschen, eine Selbständigkeit hat, vermöge derer es der Gegenstand eines dauernden Rechts sein kann.« Hierunter fallen auch der ususfructus oder Servituten, die im römischen Recht unter den Begriff der res incorporales gefaßt worden wären. Vgl. dazu Huwiler, Begriff der Zession, S. 121 m.w.N. 2 6 A L R I 2 § 1. 2 7 A L R I 8 § 1. 28 A L R 1 8 § 2 . 2 9 Der Hauptredaktor des A B G B , Franz v. Zeiller, war der kantischen Philosophie besonders verpflichtet Vgl. hierzu im einzelnen Huwiler, Begriff der Zession, S. 135. 3 0 §285 A B G B . Allerdings wurde weiter differenziert, vgl. §291 A B G B : »Die Sachen werden nach dem Unterschied ihrer Beschaffenheit eingeteilt: in körperliche und unkörperliche; in bewegliche und unbewegliche; in verbrauchbare und unverbrauchbare; in schätzbare und unschätzbare.« 31 §353 A B G B .

$ 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

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hunderts zwei konzeptionell unterschiedliche Entwürfe gegenüber: Auf der einen Seite befand sich die römische Tradition, in der ganz deutlich zwischen dem Recht der körperlichen Sachen und den Obligationen differenziert wurde, wobei das Eigentumsrecht nur die Zuordnung körperlicher Gegenstände bewirken sollte. Für eine eigentumsähnliche Zuordnung anderer Vermögensgegenstände war dort kein Raum. Dagegen bezog der vernunftrechtliche Sach- und Eigentumsbegriff auch unkörperliche Wertobjekte mit ein. Wenngleich hiervon zum damaligen Zeitpunkt im Wesentlichen nur eigentumsfähige Obligationen bzw. Handlungen Dritter umfasst wurden, war das diesem zugrunde liegende weite und flexible Eigentumsverständnis zur Integration neuartiger immaterieller Wertobjekte besser geeignet als das engere, römisch geprägte System des Vermögensrechts.

C. Der Begriff des Vermögensrechts bei Savigny Rechtsschule

und in der historischen

Die Rückbesinnung der historischen Rechtsschule auf das klassische römische Recht 32 als Grundlage für die Rechtswissenschaft führte zu einem erneuten Wendepunkt im Verständnis des Sach- und Eigentumsbegriffs. Besonders deutlich waren dabei zunächst die Auswirkungen dieses Umschwungs auf die Lehre von der Ubertragbarkeit der Forderung. Entsprechend den römischen Quellen unterschied Christian Friedrich Mühlenbruch in seinem grundlegenden Werk über die Forderungszession innerhalb des Vermögensrechts zwischen dominum und obligatio:33 In der Tradition Gaius' stellte er dabei den Sach- und Eigentumsbegriff in eine enge Verbindung zur körperlichen Sache: Das dominum drücke als Eigentum das Recht an der körperlichen Sache aus. 34 Den komplementären Teil des Vermögensrechts erblickte Mühlenbruch in der obligatio. Allerdings sah er - in Ubereinstimmung mit dem römischen Recht 35 - die Obliga32 Zur Entstehungsgeschichte der unterschiedlichen Rechtsschulen im 19. Jahrhundert vgl. Wieacker, Der Kampf des 19. Jahrhunderts um die Nationalgesetzbücher, in: ders., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 79, 84 ff.; ders., Pandektenwissenschaft und industrielle Revolution, a.a.O., S. 55, 57 ff.; ders., Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 348 ff.; Coing, Europäisches Privatrecht, Bd. II, S. 39 ff. 33 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 5 ff. Zur Bedeutung Mühlenbruchs (1785-1843) für die Lehre von der Forderungszession im 19. Jahrhundert vgl. Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: CoinglWilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation Bd. II, S. 112,118 f.; Huwiler, Begriff der Zession, S. 149 ff.; s. auch Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 65 ff. 34 Allerdings erkannte Mühlenbruch ein dominium servitutis an ( M ü h l e n b r u c h , Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 5 f.). 35 Angesichts der persönlichen Natur der Obligation wurde die Übertragung von Forderungen ohne Mitwirkung des Schuldners im römischen Recht grundsätzlich nicht für möglich gehalten. Der »Erwerber« einer Forderung konnte allerdings als Stellvertreter des ursprüngli-

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1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

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Gegenstände

tion nicht als werthaften verkehrsfähigen Vermögensgegenstand an, sondern er erachtete die wechselseitige Beziehung zwischen Schuldner und Gläubiger als allein maßgeblich. Die Forderung existiere, so Müblenbruch36, in dieser Bindung, so dass jede Veränderung hinsichtlich der Subjekte als den Trägern der Relation den Untergang der Forderung bewirken müsse. Die Veräußerung der Forderung sei im Grunde nichts anderes als eine Sache zu zerstören, hinterher aber sie noch auf andere übertragen zu wollen 37 . Vollendet wurde das romanistische System des Vermögensrechts durch die Arbeiten Friedrich v. Savignys. Seine Lehre vom engen, auf körperliche Gegenstände bezogenen Sachbegriff und die durch ihn betonte Dichotomie zwischen den Obligationen als persönlichen Rechten und dem Recht der körperlichen Sachen bilden die Grundlage für die Einteilung des B G B in die Bereiche des Schuld- und Sachenrechts. 38 Savigny wendete sich vom weiten und einheitlichen Gegenstandsbegriff des Vernunftrechts ab und erhob statt dessen das subjektive Recht am körperlichen Gegenstand zum obersten Einteilungsgesichtspunkt: Savigny und die Anhänger der von ihm auf der Basis der Philosophie Kants und Hegels begründeten »Willenstheorie« 39 sahen den Kernpunkt des subjektiven Rechts in der Machtbefugnis der berechtigten Person. 40 Indem die Rechtsordnung entsprechende Machtbefugnisse gewährleiste, sichere sie die sittliche Freiheit des Menschen. Die Rechtsordnung sei vorhanden, um dem Menschen einen sicheren, freien Raum zu schaffen, in dem er seinen Willen verwirklichen könne.41 Ein Machtbereich, in dem der individuelle Wille wirken könne, werde am vollständigsten an den Dingen der »unfreyen Natur« gewährt. Die »unfreye Natur« erkannte Savigny in der Welt des körperlich-dinghaften: Sie zeichne sich

chen Gläubigers auftreten (procurator in rem suam). Später konnte der Erwerber die Forderung auch ohne Bestellung zum procurator aufgrund eines Kaufvertrags im Wege einer actio utilis geltend machen. Vgl. zu dieser Entwicklung Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: Coing/ Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation, Bd. II, S. 112, 114 f.; zum römischen Recht speziell s. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, S. 268; Käser, Römisches Privatrecht, Bd. I, S. 652 ff.; vgl. auch Maier, in: Festschrift für Rabel, S. 205 ff. 36 Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S. 21. 37 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand jedoch sodann auf Grundlage der Lehren von Winscheid und Bähr die Möglichkeit einer Sonderrechtsnachfolge in Forderungen schrittweise Anerkennung. Vgl. Winscheid, Die Actio des römischen Civilrechts vom Standpunkte des heutigen Rechts, S. 120 ff.; Bähr, JheringsJB 1 (1857), S. 351 ff. Vgl. zu dieser Entwicklung aus moderner Sicht Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation Bd. II, S. 112, S. 124 ff.; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 67 ff. 38 Vgl. hierzu auch Wiegand, AcP 190 (1990) 112, 113 ff. 39 Vgl. zu der Debatte über das subjektive Recht, die sich über das gesamte 19. Jahrhundert erstreckte, ausführlich Fezer, Teilhabe und Verantwortung, S. 205 ff.; Coing, Zur Geschichte des Begriffs »subjektives Recht«, in: ders. (Hrsg.), Zur Geschichte des Privatrechtssystems, S. 29 ff. 40 Savigny, System, Bd. I, S. 7. 41 Savigny, System, Bd. I, S. 331 f.; zum Rechtsbegriff Savignys vgl. näher Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 397 f.

§ 2. Die Veräußerung

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Gegenstände

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Überblick

27

durch räumliche Begrenzungen aus und bestehe aus körperlichen Sachen.42 Auf diese beziehe sich die erste Art möglicher Rechte: das Recht an der Sache, welches in seiner reinsten und vollständigsten Gestalt Eigentumsrecht heiße.43 Daneben könne der Wille auf die dem Wollenden gleichartigen Wesen, also auf fremde Personen, einwirken. 44 Hier beziehe sich die Herrschaft nicht auf eine Person im Ganzen, sondern auf einzelne Handlungen. Die entsprechenden Handlungen würden aus der Freiheit des Einzelnen ausgeschieden und dem Willen der anderen Partei unterworfen. Eine Obligation sei ein solches rechtliches Verhältnis über eine einzelne Handlung der fremden Person. Insgesamt bestehe das Vermögensrecht, so Savigny, aus dem Sachenrecht und dem Obligationenrecht. 45 Savignys Abwendung vom einheitlichen und weiten Gegenstands- und Eigentumsbegriff des Vernunftrechts und die hiermit erfolgende Beschränkung auf körperliche Objekte als umfassend zuordnungsfähige tatsächliche Gegenstände dürfte angesichts der Anfang des 19. Jahrhunderts noch äußerst rudimentären Entwicklung unkörperlicher Vermögensgegenstände damals noch keine nennenswerten Auswirkungen gehabt haben. Diese Lehren mögen somit eine sachgerechte systematische Grundlage für das Vermögensrecht des beginnenden 19. Jahrhunderts dargestellt haben. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass hiermit ein vermögensrechtliches System begründet wurde, in das neben den körperlichen Gegenständen ohne Schwierigkeiten nur Obligationen integriert werden konnten. 46 Für die in späterer Zeit notwendig werdende Einfügung unkörperlicher Gegenstände in die Vermögensrechtsordnung müssen die vermögensrechtlichen Lehren Savignys und der historischen Rechtsschule daher als Rückschritt bewertet werden.

Savigny, System, Bd. I, S. 338. Saviginy, System, Bd. I, 338. 44 Savigny, System, Bd. I, S. 334 f. 45 Savigny, System, Bd. I, S. 334 ff.; 367. 46 So erkannte beispielsweise Bekker, System des heutigen Pandektenrechts Bd. I, S. 63 an, dass unkörperliche Gegenstände bei dinglichen Rechten oder Obligationen nicht unterzubringen seien; das Begreifen des Wesens dieser unkörperlichen Gegenstände bereite besondere Schwierigkeiten. Offenbar stünde man einem neuen und eigenartigen Stoffe menschlicher Herrschaft gegenüber. 42 43

28

1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

D. Die germanistische Gegenbewegung I.

Rahmenbedingungen

Forschungsgegenstand der historischen Rechtsschule war all dasjenige, was auf das römische ius commune zurückgeführt werden konnte. Das nichtrömische deutsche Privatrecht widmete sich dagegen der Gesamtheit der Rechtsgebiete, die im Corpus Iuris keine Grundlage fanden.47 Damit befasste sich die germanistische Rechtswissenschaft mit den Rechtsinstituten, denen für die moderne Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eine besondere wirtschaftliche Bedeutung zukam.48 Diese Zeit erforderte eine Neugestaltung der Privatrechtsordnung, die die größtmögliche Mobilisierung von Produktion, Kapital und Boden als Tauschobjekte sowie als Kreditunterlage gewährleisten musste.49 Dementsprechend wurde es zur Aufgabe der germanistischen Rechtswissenschaft, Wertgegenstände, die bisher nicht kapitalisiert und wirtschaftlich verwertet worden waren, zu rechtlich geschützten Vermögenspositionen auszugestalten und in die Ordnung des Rechtsverkehrs einzubinden.50 Dieser Prozess betraf namentlich die Ausweitung des Kreises verkehrsfähiger Vermögensgegenstände:51 Neue Wertpapiere wie Aktien, Industrieobligationen und Pfandbriefe wurden entwikkelt.52 Daneben begann sich auch schrittweise ein Recht des industriellen und geistigen Eigentums zu entwickeln, das zur Anerkennung von Immaterialgüterrechten als werthafte Vermögensgüter führte.53 II. Die schrittweise Anerkennung als Vermögensgegenstände

der

Immaterialgüterrechte

Der Weg zu einer umfassenden rechtlichen Anerkennung von Immaterialgüterrechten als Gegenstände des Rechtsverkehrs und somit als potentielle Kauf-

47 Zur Germanistischen und Romanistischen Rechtsschule vgl. Wieacker, Pandektenwissenschaft und Industrielle Revolution, in: ders., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 55, 57 ff.; Going, Europäisches Privatrecht Bd. II, S. 40 ff.; 49 ff. 48 Wieacker, Pandektenwissenschaft und Industrielle Revolution, in: ders., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 55, 57; 49 Vgl. Going, Europäisches Privatrecht, Bd. 2, S. 89 ff. 50 Wieacker, Pandektenwissenschaft und Industrielle Revolution, in: ders., Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, S. 56. 51 Daneben war auch die Schaffung neuer Gesellschaftsformen von erheblicher Bedeutung, vgl. Going, in: ders. (Hrsg.), Einführung, Handbuch III/3, S. 2848 ff.; Wagner, Gesellschaftsrecht, in: Going (Hrsg.), Handbuch, a.a.O., S. 2969 ff. 52 Going, Einführung, in: ders. (Hrsg.), Handbuch III/3, S. 2850. 53 Zum Zusammenhang zwischen gewerblichem Rechtsschutz und industrieller Revolution vgl. Wadle, Der Schutz des geistigen und gewerblichen Schaffens, in: GRUR-Festschrift Bd. I, S. 93, 99.

§ 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

29

objekte war im 19. Jahrhundert noch weit. 54 Zwar wurde insbesondere im Bereich des Verlagsrechts die Notwendigkeit deutlich, die Beziehungen zwischen dem A u t o r und den Verwertern von Druckerzeugnissen rechtlich zu erfassen und somit die verlagsrechtlichen Rechtspositionen in den Rechtsverkehr zu integrieren. Insbesondere in diesem Rechtsgebiet löste man sich daher ganz langsam von dem Gedanken, dass der A u t o r mit der Übertragung des Manuskripts an den Verleger nur ein Nachdruckverbot aufhebe. 5 5 Statt dessen begann sich die Sichtweise durchzusetzen, dass dem Verleger durch den Verlagsvertrag ein eigenständiges, vom Eigentum am Manuskript zu unterscheidendes Recht zur Vervielfältigung eingeräumt werde. 5 6 Weit überwiegend wurde jedoch das Recht des Urhebers noch bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts von Gesetzgebung 5 7 u n d weiten Teilen der Wissenschaft 5 8 als Reflex wirtschaftlich motivierter Nachdruckverbote angesehen oder als öffentlich-rechtliches Privileg bzw. M o n o p o l qualifiziert, das nur aus wirtschaftlichen Zweckmäßigkeitsgründen gewährt wird. 5 9

54 Vgl. z u m Stand der Theorie v o m gewerblichen Rechtsschutz u n d U r h e b e r r e c h t im 19. J a h r h u n d e r t ausführlich DölemeyeriKlippel, Theorie des gewerblichen Rechtsschutzes u n d U r heberrechts, in: G R U R - F e s t s c h r i f t Bd. I, S. 200 ff.; s. auch Schricker- Vogel, U r h G , Einleitung, Rn. 69; Klippel, Z N R 1982, 132 ff.; s. auch Beier, Gewerbefreiheit u n d Patentschutz. Z u r E n t wicklung des Patentrechts im 19. J a h r h u n d e r t , in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation im 19. J a h r h u n d e r t , Bd. III, S. 183 ff. 55 Z u r traditionellen Praxis der Verlagsverträge vgl. Vogel, Die E n t w i c k l u n g des Verlagsrechts, in: G R U R - F e s t s c h r i f t Bd. II, S. 1211 ff.; zur Geschichte des Verlagsrechts vgl. Schricker, Verlagsrecht, Einl. Rn. 5 ff. 56 Vgl. die Vorschrift des § 5 7 7 dd S.2 des Badischen Landrechts von 1810, in d e m erste Ansätze zur A n e r k e n n u n g eines Eigentums am Geisteswerk deutlich werden (Buch II Titel II Kap 6 § 577 dd): »Wer sie (Anm.: eine H a n d s c h r i f t ) z u m Verlag des U b e r n e h m e r s ... hingibt, der tritt d a d u r c h das E i g e n t u m an der H a n d s c h r i f t ganz ab, u n d beschränkt sein Eigenthum am Inhalt d u r c h das Verlagsrecht.« (zitiert nach Schricker, Verlagsrecht, Einl. Rn. 7). In diese Richtung auch Klostermann, Das U r h e b e r r e c h t u n d das Verlagsrecht, S. 293 ff., der davon spricht, dass der Verleger d u r c h den Verlagsvertrag ein N u t z u n g s r e c h t an dem geistigen Eigentum erhalte. 57 Vgl. das vom N o r d d e u t s c h e n Bund am 11. Juni 1870 erlassene Gesetz betr. das U r h e b e r recht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen K o m p o s i t i o n e n u n d dramatischen Werken, das v o m Deutschen Reich ü b e r n o m m e n w u r d e . Dieses Gesetz war noch weitgehend am G e d a n k e n des N a c h d r u c k v e r b o t e s orientiert. S. dazu Dölemeyer, in: Going (Hrsg.), H a n d b u c h , S. 4017 ff.; Schricker- Vogel, Einl. Rn. 73. 58 So i n s b e s . / o / / j , Die Lehre v o m N a c h d r u c k , S. 59, 87ff.; Gerber, U b e r die N a t u r der Rechte des Schriftstellers u n d Verlegers, JheringsJB 3 (1859), 359, 369; s. auch Ortloff, JheringsJB 5 (1861), 263 ff. Vgl. auch den Uberblick über die urheberrechtlichen T h e o r i e n des 19. J a h r h u n derts bei Dölemeyer/Klippel, Theorie des gewerblichen Rechtsschutzes u n d Urheberrecht, in: G R U R - F e s t s c h r i f t Bd. I, S. 186, 220 ff. S. auch Bappert, Wege z u m Urheberrecht, S. 281 ff., der diese T h e o r i e n pauschal als Irrwege bezeichnet (a.a.O. S. 281); s. auch Schricker- Vogel, U r h G , Einl., Rn. 69. 59 In diesem Sinne insbes. Schaffte, Die national ö k o n o m i s c h e Theorie der ausschließlichen Absatzverhältnisse, S. 133 f.

30

1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

Die Erkenntnis, dass das Geisteswerk bzw. die technische Erfindung neben dem Manuskript bzw. der Verkörperung der Erfindung als eigenständiger Gegenstand existiert, der dem Autor umfassend zur Nutzung zugeordnet ist, begann sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts durchzusetzen. Maßgeblichen Einfluss hierauf hatten Karl Gareis sowie insbesondere Josef Kohler und Otto v. Gierke. Die bereits wiederholt dokumentierten Grundgedanken ihrer Lehren60 sollen hier nur insoweit dargestellt werden, als dies erforderlich ist, um Aussagen über das Verhältnis zwischen der Lehre von den Immaterialgüterrechten und der allgemeinen vermögensrechtlichen Doktrin treffen zu können. v. Gierke entwickelte unter dem Einfluss von Gareis61 eine umfassende Theorie der Persönlichkeitsrechte. 62 Hierunter verstand er solche Rechte, durch die Teile der Persönlichkeit verselbständigt würden und die ihrem Subjekt die Herrschaft über einen Bestandteil der eigenen Persönlichkeitssphäre als Objekt gewährleisteten. 63 Als Persönlichkeitsrechte sah v. Gierke die unterschiedlichsten Lebensgüter an. Er zählte hierzu Leben, Freiheit und Ehre, Name und geschäftliche Kennzeichen, Vergünstigungen wie Gewerberechte, sowie auch die Erzeugnisse eigener geistiger Schöpferkraft und damit auch Urheber- und Patentrechte.64 Den Ausgangspunkt seiner Überlegungen zur Verkehrsfähigkeit von Persönlichkeitsrechten und somit zu ihrer Anerkennung als Kaufgegenstände im weitesten Sinne war die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und somit verkehrsfähigen und persönlichkeitsrechtlichen und deshalb grundsätzlich unübertragbaren Rechtspositionen. 65 v. Gierke war der Ansicht, dass diese klare Trennung nicht bei allen Rechtspositionen möglich sei: Vielmehr sei es durchaus nicht unüblich, dass persönlichkeitsrechtliche Rechtspositionen gleichzeitig auch vermögensrechtliche Interessen schützten. In dem Maße, in 60 Vgl. z.B. Dölemeier!Klippel, Theorie des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrecht, S. 186, 224 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 109 ff.; Bappert, Wege zum Urheberrecht, S. 292 ff. (zu Josef Kohler); Fechner, Geistiges Eigentum und Verfassung, S. 48 ff. 61 Vgl Gareis (zur Person vgl. Rehbinder, UFITA 129 (1995), 69 ff.), der den Geltungsgrund der Urheber-, Erfinder- und Namensrechte in dem Recht eines jeden Rechtssubjekts sah, seine Individualität als solche bzw. das Resultat seiner Betätigungen anerkannt zu sehen, sofern er sich literarisch, künstlerisch oder erfinderisch betätige (BuschsA 35 (1877), 185, 196 ff.). Bezüglich der Frage nach der Verkehrsfähigkeit der »Individualrechte« verwies Gareis auf das positive Recht: Individualrechte könnten veräußert und vererbt werden, jedoch nicht alle in gleicher Weise und überhaupt nicht alle. Die Ubertragbarkeit werde nicht in allen Fällen durch die »Natur der Sache«, sondern häufig durch das pure positive Recht allein bestimmt; ein Teil der Individualrechte sei somit beschränkt oder unbeschränkt negotiabel (a.a.O. S. 201). Eine Einbindung dieser Rechte in das Kaufrecht erfolgte jedoch nicht. Vor Gareis vgl. bereits Bluntschli, Kritische Überschau 1 (1853), 1 ff. 62 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 702 ff.; vgl. dazu Simon, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine gewerblichen Erscheinungsformen, S. 38; s. auch Scheyhing, AcP 158 (1959), S. 503, 522 ff. 63 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 705. 64 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 705, 708 ff. 65 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 707 f.

5 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

31

dem der Vermögenswert der jeweiligen Rechtsposition in den Vordergrund trete, werde diese einer vermögensrechtlichen Ordnung zugänglich. Manche Persönlichkeitsrechte könnten daher ganz oder teilweise der Ausübung nach, manche sogar der Substanz nach, auf andere Personen übertragen werden. 66 Das Urheberrecht, so v. Gierke, trage nicht nur vermögensrechtliche, sondern auch starke persönlichkeitsrechtliche Züge: Die Herrschaft des Urhebers über sein Geisteserzeugnis nehme zwar in dem Maße, in dem sich das Geisteswerk von seinem Schöpfer löse, Züge der Sachherrschaft an, gehe jedoch niemals in ein reines Vermögensrecht über. Es bleibe jeweils eine persönlichkeitsrechtliche Bindung des Werks an den Autor bestehen. 67 Die Übertragung des Urheberrechts hielt v. Gierke dennoch in weitem Maße für möglich, da das Urheberrecht in der Verfügungsgewalt über ein von der Person ablösbares Persönlichkeitsgut bestehe. Allerdings sei es nur der Ausübung nach übertragbar. Selbst wenn der Urheber einem Dritten die volle Verfügungsgewalt einräume, bleibe das Urheberrecht »mit der Wurzel in seine Person gesenkt.« 68 Auch das Erfinderrecht betrachtete v. Gierke als Persönlichkeitsrecht, durch das ein Geisteserzeugnis als Bestandteil der Persönlichkeitssphäre anerkannt werde und das dem Träger ein entsprechendes Herrschaftsrecht gewähre.69 Es handele sich um ein aus geistiger Schöpfung erworbenes Recht am eigenen Persönlichkeitsgut 70 , das nicht als Vermögensrecht angesehen werden könne. Bevor es zum Patent angemeldet werde, sei es ein reines Persönlichkeitsrecht. Sobald es sich jedoch zum Patentrecht entfaltet habe, handele es sich um ein überwiegend vermögensrechtliches Gebilde, behalte aber dennoch seinen persönlichkeitsrechtlichen Kern 71 . Als Patentrecht sei es angesichts seines überwiegend vermögensrechtlichen Charakters unbeschränkt übertragbar 72 . Die Frage der Übertragbarkeit der Firmen- und Zeichenrechte behandelte v. Gierke nur kurz. Er stellte lediglich fest, dass es sich auch bei diesen Rechten um Persönlichkeitsrechte handele, die vermögensrechtliche Komponenten beinhalteten. Entsprechend der damaligen geltenden Gesetzeslage erklärte er, dass Firmen und Warenzeichen nur zusammen mit dem Geschäftsbetrieb übertragbar seien 73 . Die persönlichkeitsrechtliche Herleitung der Urheber- und Erfinderrechte durch v. Gierke wurde namentlich von Kohler kritisiert, 74 der statt dessen das

v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 707 f. v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 763 f. 68 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 767 f., 805 ff. 69 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 856. 70 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 858. 71 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 859 f. 72 v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. I, S. 889 f. 73 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I., S. 725f., 738. 74 Zur Kritik vgl. Kohler, ArchBüR 10 (1895), 241, 253 f.; ders. Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, S. 3 ff.; vgl. auch ders., BuschsA 47 (1887) 169 ff. = UFITA 123 (1993), 8 Iff. 66 67

32

1. Kapitel: Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

Begriffsgegensatzpaar »Immaterialgüterrecht« und »Individualrecht« schuf.75 Für ihn stellten Autoren- und Erfinderrechte keine Berechtigungen an den »Gütern der eigenen Person« im Sinne v. Gierkes dar, sondern er unterstrich deren Eigenständigkeit gegenüber der Person des Rechtsinhabers. Damit sah er diese Rechte bzw. die durch diese geschützten Positionen in noch weitergehendem Maße als v. Gierke als selbständige Rechtsobjekte an: Es handele sich, so Kohler, bei diesen Rechtspositionen nicht um Persönlichkeits- oder Individualgüter, sondern statt dessen um »Immaterialgüterrechte«, um Rechte »an einem außerhalb des Menschen stehenden, aber nicht körperlichen, nicht faß- und greifbaren Rechtsgute.«76 Diese Immaterialgüterrechte hätten eine selbständige Wesenheit77 und seien deshalb gerade nicht »Bestandteil der Persönlichkeitssphäre« im Sinne v. Gierkes.n Die Immaterialgüterrechte bildeten für Kohler somit neben dem auf körperliche Güter bezogenen Sacheigentum eine besondere vermögensrechtliche Kategorie. Aufgrund ihrer Unabhängigkeit gegenüber der Person, so folgerte Kohler, seien nicht nur Patentrechte, sondern auch Urheberrechte frei und unbeschränkt veräußerlich.79 Mit diesen Ausführungen legte Kohler einen wichtigen Grundstein für die Anerkennung von Immaterialgütern als grundsätzlich verkehrsfähige Rechtsgegenstände. Als eng mit den Immaterialgüterrechten verklammert,80 aber doch von diesen unabhängig, sah Kohler die »Individualrechte« bzw. »Persönlichkeitsrechte« an. Diese hätten das Recht des Einzelnen zum Inhalt, in seiner Besonderheit und Individualität anerkannt zu werden, so dass er jede Vermischung mit anderen Individuen fernhalten könne. Hieraus folge der Anspruch des Einzelnen, dass seine Taten nur ihm selbst zugeschrieben und nur als die seinen anerkannt würden.81 Kraft ihres organischen Zusammenhangs mit der berechtigten Persönlichkeit seien Persönlichkeitsrechte untrennbar mit dieser verbunden und einer direkten Veräußerung nicht fähig. Sie könnten daher auch nur mit rein obligatorischer Wirkung der Benützung eines Dritten anheim gegeben werden.82 Patentrechte zählte Kohler zu den Immaterialgüterrechten, da es sich bei ihnen um Rechtspositionen mit kaum nennenswertem persönlichkeitsrechtlichem Gehalt handele.83 Andererseits handele es sich bei den Markenrechten um Individualrechte, da sie Ausdruck der Berechtigung des Erzeugers seinen, als solcher

75 76 77 78 79 79 80 81 82 83

Vgl. z.B. Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 1 ff. 13 ff. Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 1. Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 1 f. Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 5. Kohler, Autorrecht, S. 74 f.; ders., Urheberrecht an Schriftwerken, S. 243. Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 243 ff. So die Formulierung von Kohler, Urheberrecht an Schriftwerken, S. 439. Kohler, Warenzeichenrecht, S. 5; ders. Urheberrecht an Schriftwerken, S. 1 ff. Kohler, Autorrecht, S. 74 f. Kohler, Lehrbuch des Patentrechts, S. 13 ff.

§ 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

33

anerkannt zu werden und verlangen zu können, dass ihm kein fremdes Produkt untergeschoben werde. 84 Trotz aller Unterschiede in den jeweiligen Begründungen für die Existenz der »Immaterialgüterrechte« bzw. der »Individualrechte« war sowohl mit den Arbeiten v. Gierkes als auch in denjenigen Kohlers die Existenz von Immaterialgütern als von der Person selbst grundsätzlich unterscheidbaren und konzeptionell selbständigen Wertgegenständen geklärt: Der Rechtsinhaber steht zum Immaterialgut in einem Subjekt-Objekt-Verhältnis, wenngleich auch die Subjekt-Objekt-Beziehung insbesondere nach der Lehre v. Gierkes weit enger ausgestaltet ist als diejenige zwischen Sacheigentümer und körperlicher Sache. Das Hauptthema der Diskussion zwischen Kohler und v. Gierke war dabei nicht das »ob« der Anerkennung solcher unkörperlicher Rechtsobjekte, sondern die Frage nach deren Geltungsgrund, der Ausgestaltung ihrer Beziehung zur Person des Rechtsinhabers und ihrer Übertragbarkeit. Die Grundsätze der rechtlichen Anerkennung dieser unkörperlichen Güter wurde sowohl durch Kohler als auch durch v. Gierke vollständig außerhalb der romanistischen vermögensrechtlichen Doktrin entwickelt. Dem entspricht es, dass die Frage nach der Verkehrsfähigkeit dieser Objekte sowohl von Kohler wie auch durch v. Gierke nur auf der »gegenständlichen« Ebene diskutiert wurde, indem nur allgemein die Ubertragbarkeit dieser Güter erörtert wurde. Die Frage nach der Möglichkeit einer Integration dieser Wertgegenstände in das romanistisch geprägte Vermögensrecht oder gar in das Kaufrecht wurde weder durch Kohler noch durch v. Gierke gestellt.85 Entsprechend der Trennung zwischen rechtswissenschaftlichem Germanismus und Romanismus entwickelte sich somit die immaterialgüterrechtliche Theorie ohne jede Beziehung zum allgemeinen Vermögensrecht, dessen Systematik sich bald darauf ohne Berücksichtigung besonderer Erfordernisse der Veräußerung von Immaterialgüterrechten im B G B widerspiegeln sollte.

Kohler, Warenzeichenrecht, S. 62. Allerdings waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf Seiten der Romanisten Immaterialgüter, sofern sie durch Rechte erfaßt waren und als veräußerlich anerkannt waren, als Gegenstand von Kaufverträgen grundsätzlich anerkannt. Dies entspricht der römischen Tradition, die schon immer von einem weiten Anwendungsbereich des Kaufrechts ausgegangen war (s. oben § 2 A). Vgl. zum Kauf unkörperlicher Güter Beckmann, Der Kauf nach gemeinem Recht, Bd. II, S. 132 f.; Dernburg, Pandekten, Bd. II, III, S. 249 f. Eine umfassende Dogmatik des Kaufs von Immaterialgüterrechten, die diese neuartigen Rechtsobjekte an die Dogmatik der Veräußerung traditionellerer Kaufgegenstände angebunden hätte, bildete sich jedoch gleichwohl auch auf romanistischer Seite nicht heraus. 84

85

34

1. Kapitel:

Entwicklungslinien

III. Der weite germanistische

des Rechts der Veräußerung

Sach- und

unkörperlicher

Gegenstände

Eigentumsbegriff

Angesichts der Notwendigkeit der Anerkennung neuartiger Vermögensobjekte, und der Tradition des weiten Sach- und Eigentumsbegriffs des Vernunftrechts folgend, sprach sich die germanistische Rechtswissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts für einen weiten Sachbegriff aus, der auch unkörperliche Wertgegenstände erfassen konnte. 86 Zur »Sache« eigne sich, so v. Gierkew, jedes unpersönliche Ding, dem die Rechtsordnung die Fähigkeit zuweise, Rechtsobjekt zu sein, und damit jeder Bestandteil der äußeren Welt, der im Verhältnis der Menschen zueinander einer für andere Willen bindenden Willensherrschaft unterworfen werden könne. Sachen seien nicht nur körperliche, sondern auch unkörperliche Gegenstände und daher auch ideell begrenzte Ausschnitte aus der zu rechtlicher Beherrschung geeigneten Beziehungen der äußeren Güterwelt. Auch Immaterialgüterrechte müssten, so v. Gierke, dem Sachbegriff unterfallen und auf diese Weise in das allgemeine System der Vermögensrechte integriert werden: Eine unkörperliche Sache könne auch der Gegenstand eines Rechts an der eigenen Person sein, sofern sich dieser gesondert vorstellen lasse, in dieser Gesondertheit einen selbständigen Wert habe und mithin ein äußeres, obschon unsinnliches Gut bilde. Entscheidend sei, ob sich dieser Gegenstand nach den in der Rechtsordnung ausgeprägten Lebensanschauungen als ein unpersönliches und in solcher Trennung von der Person in sich selbst wertvolles äußeres Gut vorstellen lasse. Dies sei beim Urheberrecht das Geisteswerk, beim Erfinderrecht die Erfindung, beim Markenrecht das Persönlichkeitszeichen. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass angesichts entsprechender wirtschaftlicher Bedürfnisse und aufgrund des maßgeblichen Einflusses Kohlers und v. Gierkes gegen Ende des 19. Jahrhunderts feststand, dass neben Sachen, Forderungen und beschränkt dinglichen Rechten im Grundsatz auch unkörperliche, jedenfalls teilweise verkehrsfähige Güter als Rechtsgegenstände anzuerkennen sind; eine umfassende Integration dieser neuartigen Formen werthafter Güter in die romanistisch geprägte Vermögensrechtsordnung war damit allerdings noch nicht einmal im Ansatz verwirklicht.

8 6 Eine weitere Grundlage für den weiten germanistischen Sach- und Eigentumsbegriff bildete auch das germanische Rechtsinstitut der Gewere, dass - vereinfacht ausgedrückt - die Innehabung von körperlichen und unkörperlichen Gegenständen (Rechtsgewere bzw. ideelle Gewere) ausdrückte. Vgl. dazu v. Gierke, Deutsches Privatrecht Bd. III, S. 187 ff.; Huber, Die Bedeutung der Gewere im deutsche Sachsenrecht, passim sowie aus neuerer Zeit Ogris, H R G Bd. I, Sp. 1658 ff. 8 7 Vgl. hierzu und zum folgenden v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 269 ff.

5 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

35

E. D i e R e d a k t i o n s g e s c h i c h t e des B G B in B e z u g auf die V e r ä u ß e r u n g werthafter unkörperlicher Güter I. Entscheidung

für das romanistische

Konzept

des

Vermögensrechts

A m Vorabend der Redaktionsarbeiten z u m B G B standen sich somit zwei grundsätzlich gegenläufige E n t w ü r f e des Vermögensrechts gegenüber: Während der in der Tradition der historischen Rechtsschule stehende romanistische Vermögensrechtsbegriff im Wesentlichen nur Rechte an körperlichen Sachen u n d Obligationen einbezog, wäre der weite Rechtsgegenstandsbegriff der germanistischen Rechtswissenschaft weit eher in der Lage gewesen, unkörperliche Gegenstände in die Vermögensordnung der geplanten Kodifikation des bürgerlichen Rechts zu integrieren. In den Beratungen z u m BGB w u r d e allerdings sehr schnell deutlich, dass sich das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich an der romanistischen Tradition des Vermögensrechts orientieren würde. 8 8 So ging schon aus dem 1. Entwurf hervor, dass ein enger, auf körperliche Dinge bezogener Sach- u n d Eigentumsbegriff Einzug in das B G B finden würde. Gleichzeitig w u r d e von den Gesetzesredaktoren eine - in der Savigny'schen Tradition stehende - strikte U n terscheidung zwischen Sachenrecht und Obligationenrecht geplant. Diese romanistisch verwurzelte Konzeption musste bei den Vertretern der germanistischen Rechtsschule auf Ablehnung stoßen. Namentlich v. Gierke verurteilte somit auch den »atomistischen und materialistisch verunstalteten« Sachbegriff des 1. Entwurfs 8 9 und die strenge Unterscheidung zwischen Schuld- u n d Sachenrecht 9 0 . Der Sachbegriff sei materialistisch, so v. Gierke, weil der Begriff der unkörperlichen Sache wegfalle, hiermit aber die Rechte ohne grob sinnliches Substrat verkümmerten, und die Immaterialgüterrechte aus geistiger Schöpfung womöglich unter die singulären u n d nur durch den Privilegienbegriff zu rettenden Gebilde verwiesen würden. Mit der Kritik am Sachbegriff einher ging v. Gierkes Kritik am nur auf körperliche Dinge bezogenen Eigentumsbegriff, der zu einer nicht gerechtfertigten Sonderstellung des Rechts der körperlichen Gegenstände führe. 9 1

88 Diese Feststellung gilt in erster Linie f ü r das hier interessierende Vermögensrecht. Vgl. auch v. Gierke, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches, S. 2, der den Entwurf des B G B als ein »in Gesetzesparagraphen gegossenes P a n d e k t e n k o m p e n d i u m « bezeichnet. Vgl. zu den romanistischen Wurzeln des E n t w u r f s auch ders., a.a.O., S. 80. Indes darf nicht übersehen werden, dass auch germanistisches G e d a n k e n g u t in das B G B Einzug fand. F ü r eine differenzierte Betrachtung der romanistischen und germanistischen Einflüsse auf das B G B s. Luig, Die T h e o rie der Gestaltung eines nationalen Privatrechtssystems aus römisch-deutschem Rechtsstoff, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft u n d Kodifikation, Bd. I, S. 217ff. 89 v. Gierke, Die sociale Aufgabe des Privatrechts, S.27f.; vgl. zur Kritik ders., Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 271 Fn. 8, sowie ders., E n t w u r f eines bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 283 ff. 90 v. Gierke, Die sociale Aufgabe des Privatrechts, S. 26. 91 Vgl. insbes. v. Gierke, Die sociale A u f g a b e des Privatrechts, S. 24: »Der sonderbare Aberglaube, der sich mit d e m romanistischen Eigentumsbegriff v e r k n ü p f t , u n d den ganzen deut-

36

1. Kapitel: Entwicklungslinien des Rechts der Veräußerung unkörperlicher

Gegenstände

D i e von germanistischer Seite geäußerte Kritik am vermögensrechtlichen System des B G B wirkte sich jedoch nicht entscheidend aus. D e r kritisierte Sachund Eigentumsbegriff sowie die Zweiteilung des Vermögensrechts in ein R e c h t der körperlichen Sachen und in ein Obligationenrecht wurden in die endgültige Fassung des B G B übernommen. D a m i t blieb der traditionelle deutschrechtliche, im Vernunftrecht begründete weite Sachbegriff weitgehend unberücksichtigt, der nichtsächliche reale G ü t e r - wie beispielsweise die Immaterialgüter - besser in die bürgerlich-rechtliche Vermögensordnung hätte integrieren können als der romanistische Ansatz.

II. Die Veräußerlichkeit gegenstände in den

nichtsachenrechtlicher Redaktionsarbeiten

unkörperlicher

Wert-

T r o t z oder gerade wegen dieser grundsätzlichen Absage an eine vollständige I n tegration unkörperlicher Wertgegenstände in das bürgerlich-rechtliche Vermögensrecht ist ein Blick auf die Frage geboten, inwieweit das Recht der Veräußerung unkörperlicher Wertobjekte im Gesetz bei den Redaktionsarbeiten gleichwohl zumindest in Ansätzen Berücksichtigung fand. Bei den Beratungen stand, der romanistischen Tradition entsprechend, im Zentrum der Diskussion über Verkehrsgeschäfte an unkörperlichen Gegenständen die Frage nach der Ausgestaltung der Forderungsübertragung. 9 2 D i e Gesetzesredaktoren entschieden sich dabei nach anfänglichem Zögern für die abstrakte Zession, 9 3 so dass Kauf und Übertragung nicht nur bei körperlichen G e g e n ständen, sondern auch im R e c h t der Forderungsübertragungen

nun strikt

voneinander getrennt behandelt wurden. Mit der Einführung des B G B stand somit endgültig fest, dass Forderungen ebenso wie das Sacheigentum als grundsätzlich umfassend verkehrsfähige Rechtsgegenstände anzusehen waren. Sie konnten somit ohne weiteres Gegenstand eines Kaufvertrags sein. sehen Entwurf durchzieht, besteht in dem Dogma, dass das Eigentum ein von allen übrigen Rechten spezifisch verschiedenes Recht ist, ein Recht, das gewissermaßen die Sache selbst aufzehrt, sich mit einem Stück der Körperwelt deckt und nur noch für Rechte von völlig anderer Struktur Raum läßt.« 92 Vgl. zur Entwicklung der Zession und zur schrittweisen Abstrahierung der Zession von ihrer Causa Huwiler, Begriff der Zession, S. 173 ff.; Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation, Bd. II, S. 111, 124 ff.; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 67 ff. 93 Dementsprechend wurde in § 18 AbS. 2 S. 2 des Teilentwurfs von v. Kübel aus dem Jahr 1882 ein Bestreiten der Legitimation des Zessionars aus Gründen, die der causa cessionaris entnommen waren, nicht als unzulässige exceptio de iure tertii bezeichnet. Vgl. dazu Luig, Zession und Abstraktionsprinzip, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation Bd. II, S. 112; Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 69 f. Ebenfalls diskutiert wurde über hierzu alternative Möglichkeiten zur Gewährung hinreichenden Schuldnerschutzes. Vgl. hierzu insbes. die Materialien zu §398 bei Jakohs!Schubert, Recht der Schuldverhältnisse Bd. I, S. 757 ff.; diskutiert wurde beispielsweise, ob die bei der Abtretung zu deren Wirksamkeit die Denunziation an den Schuldner nötig sei (Prot. I 1269).

§2.

Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

37

Die Übertragbarkeit »sonstiger Rechte« 94 , zu denen die Gesetzesredaktoren auch Immaterialgüterrechte zählten 95 , sollte das BGB dagegen nicht abschließend regeln. Vielmehr verweist das Gesetz durch § 413 BGB grundsätzlich auf die jeweiligen Spezialgesetze: Die Ubertragbarkeit sonstiger Rechte richtet sich gem. § 413 BGB nur nach dem Recht der Forderungszession, »soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt«. Umfangreiche Beratungen zur Vorschrift des §413 BGB sowie allgemein zur Frage der Ubertragbarkeit sonstiger unkörperlicher Gegenstände sind, soweit ersichtlich, in den Gesetzgebungsarbeiten nicht erfolgt. Die Regelung, wonach alle veräußerungsfähigen »anderen« Rechte im Wege der Zession übertragen und veräußert werden, wurde in den Beratungen der 1. Kommission als »klarstellend« bezeichnet 96 . Es wurde sogar die Ansicht geäußert, dass eine solche Vorschrift gänzlich entbehrlich sei. Denn es sei selbstverständlich, dass die Veräußerung eines übertragbaren Rechts durch einen formlosen, von dem obligatorischen Rechtsgeschäfte sich unterscheidenden Vertrag zu geschehen habe. 97 Zwar setzte sich diese Auffassung nicht durch. Deutlich wird hiermit aber gleichwohl die geringe Bedeutung, die die Redaktoren des BGB dem Problemkreis der Ubertragbarkeit anderer Rechte als Forderungen beimaßen. III. Die Redaktionsgeschichte

des

Rechtskaufvertrags

Aus dem einschränkungslosen Wortlaut der Vorschriften des Rechtskaufs gemäß §§ 433 ff. BGB a.F. bzw. § 453 BGB ergibt sich, dass sich diese Normen auf die Veräußerung sämtlicher Formen von »Rechten« mit Ausnahme des Eigentumsrechts beziehen. Hieraus folgt, dass sowohl der historische als auch der moderne Gesetzgeber einen umfassenden Anwendungsbereich für diese Form des Kaufvertrags vorgesehen haben. Für die vorliegende Arbeit ist die Frage von besonderer Bedeutung, ob sich der historische BGB-Gesetzgeber trotz des umfassenden Geltungsanspruchs dieser Normen bei der Abfassung der Vorschriften des Rechtskaufs am Leitbild nur bestimmter Typen des Rechtskaufs orientiert hat. Hiermit einher geht die weitere Frage, inwieweit die Redaktoren des BGB 94 In den Beratungen w u r d e n die »sonstigen Rechte« als solche Rechte charakterisiert, bei denen »es an einem Schuldner fehlt«; Prot. I 3308, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratungen z u m BGB, Schuldrecht Bd. II, S. 837. 95 Vgl. Mot. II, S. 141 (zu § 3 1 2 des 1. Entwurfs, der dem späteren § 4 1 3 B G B im Wesentlichen entspricht), w o darauf hingewiesen w i r d , dass mit dieser N o r m eine L ü c k e ausgefüllt wird, soweit, w i e etwa im Urheber-, Muster- oder Patentrecht, keine Regelungen über Art und Weise sowie F o r m der Ü b e r t r a g u n g vorlägen. 96 Zitiert aus den Materialien zu § 4 1 3 B G B bei Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratungen z u m B G B , Schuldrecht, Bd. I, S. 836 f. 97 Diese »Selbstverständlichkeit« hielt die Kommissionsmehrheit indes für »mindestens sehr bestreitbar«, so dass sie sich für die A u f n a h m e einer entsprechenden Vorschrift aussprach. Vgl. Prot. I 3308, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratungen z u m BGB, Schuldrecht Bd. I, S. 837.

38

1. Kapitel: Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

Besonderheiten der Veräußerung sonstiger Rechte sowie sonstiger unkörperlicher Gegenstände berücksichtigt haben. 1. Vertragsgegenstand

und kaufrechtliche

Primärpflichten

Die ersten Vorläufer der kaufrechtlichen Regelungen des BGB finden sich in den Vorentwürfen v. Kübels für die 1. Kommission. 98 Als möglicher Gegenstand entgeltlicher Veräußerungsverträge wurde dabei zunächst lediglich die Sachübereignung, die Verschaffung und Übertragung beschränkt dinglicher Recht e " sowie die Veräußerung von Forderungen 100 angesprochen. Die Übertragung anderer Formen unkörperlicher Gegenstände blieb dagegen unerwähnt. In den Beratungen der 1. Kommission wurde ohne Gegenstimmen und, soweit ersichtlich, auch ohne nennenswerte Diskussion die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Gruppe der zunächst auf den Forderungskauf bezogenen Kaufvorschriften auch auf andere Arten von Rechten beschlossen. 101 Bereits in der Redaktionsvorlage für den Redaktionsausschuss der 1. Kommission wurden sodann generell sowohl Sachen als auch Rechte als möglicher Gegenstand des Kaufvertrags benannt. Entsprechend dem romanistisch geprägten vermögensrechtlichen Grundkonzept des BGB bezogen sich die kaufrechtlichen Regeln über die Veräußerung von Rechten dabei allerdings im Wesentlichen auf den Verkauf beschränkt dinglicher Rechte. 102 Ob der Verkauf anderer Rechte als Forderungen und beschränkt dinglicher Rechte wie insbesondere derjenige von Immaterialgüterrechten möglicherweise andersartige als die in den Entwürfen bereits vorgesehenen Regelungen erfordern könnte, wurde, soweit ersichtlich, in keiner Weise diskutiert.

98 Die Vorentwürfe v. Küheis sind widergegeben bei Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Schuldrecht Bd. I - III. 99 Vorlage Nr. 20 des Teilentwurfs zum Obligationenrechts von v. Kübel (Rechte und Pflichten aus Verträgen), Abschn. I Tit. 2 I 3 a § 7 lautet wie folgt: »Wer durch entgeltlichen Vertrag verpflichtet ist, einem Anderen das Eigenthum oder ein sonstiges Recht an einer Sache zu übertragen oder ein Recht an einer Sache zu bestellen, ist dem Anderen zur Gewährleistung verpflichtet, wenn dieser wegen eines Mangels in dem Rechte des Veräußerers durch die Ubertragung oder Bestellung das vertragsmäßige Recht ganz oder teilweise nicht erworben hat.« (zitiert nach Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht Bd. I, S. 372). 100 Vgl. Teilentwurf 1877 Nr. 1, bei Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Schuldrecht Bd. III, S. 1085f. In der Vorlage v. Kübels wird jedoch im Wesentlichen auf die Übertragung und nur bezüglich der Rechtsgewährleistung auf die Forderungsübertragung eingegangen. 101 Vgl. das Protokoll der 186. Sitzung vom 12.3.1883, wonach die Bestimmungen über den Gegenstand des Kaufs keine Beanstandungen erfahren haben, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des BGB, Schuldrecht Bd. II, S. 5. 102 Vgl. den (allerdings erfolglosen) Antrag von Planck in der 186. Sitzung vom 12.3.1883, wonach der Begriff des »dinglichen Rechts« ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut hätte aufgenommen werden sollen, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des BGB, Schuldrecht Bd. II, S. 5.

5 2. Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

2. Die Entstehungsgeschichte der früheren gewährleistung beim Rechtskauf

im geschichtlichen

Vorschriften über die

Überblick

39

Rechtsmängel-

Die Gewährleistungspflichten des Verkäufers waren zunächst zweigleisig ausgestaltet: Die »Gewährleistung des veräußerten Rechts«, bei der es sich im Wesentlichen um den Vorläufer der bis zur Schuldrechtsreform geltenden Vorschriften zur Rechtsmängelgewährleistung handelt103, war Bestandteil der allgemeinen Regelungen über die Veräußerung.104 Der vom Gesetzgeber intendierte Hauptanwendungsbereich dieser Vorschriften betraf daher die Veräußerung des Eigentumsrechts bzw. die Bestellung oder Übertragung beschränkt dinglicher Rechte. Die Vorläufervorschrift des für den Forderungskauf bis zur Schuldrechtsreform zentralen § 437 B G B a.F., der eine Haftung für den Bestand der Forderung festlegte, regelte dagegen ursprünglich ausschließlich die Gewährleistung beim Verkauf von Forderungen, nicht aber diejenige für sonstige Rechte. 105 Im 2. Entwurf des B G B von 1888 wurden sodann die Gewährleistungsvorschriften in das Kaufrecht integriert. Dieses erfasste von nun an die Haftung sowohl beim Sachais auch beim Rechtskauf. 106 Dabei wurde auch die Vorschrift des § 6 des Teilentwurfs107, die im Vorentwurf v. Kübels und im Entwurf der 1. Kommission noch ausschließlich die Gewährleistung beim Forderungskauf geregelt hatte, in den Kreis der allgemeinen kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften übernommen. Gleichzeitig wurde der Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf sämtliche Arten von Rechten ausgedehnt.108 Soweit ersichtlich wurde über die pauschale Ausdehnung der zunächst für den Forderungskauf konzipierten Mängelgewährleistung auf sonstige unkörperliche Rechtsgegenstände nicht diskutiert. Etwaige Probleme, die sich hieraus ergeben könnten, wurden nicht behandelt und nicht erkannt.

103 Vgl. Vorlage Nr. 20 des Teilentwurfs zum Obligationenrecht von v. Kübel (Rechte und Pflichten aus Verträgen), Abschn. I Tit. 2 I 3 a § 7, der sich auf »entgeltliche Verträge bezieht, durch die einem Anderen das Eigentum oder ein sonstiges Recht an einer Sache übertragen oder ein Recht an einer Sache bestellt wird.« (s. die wörtliche Wiedergabe oben in Fn. 99) 104 Der diesem Entwurf zugrunde liegende weite Veräußerungsbegriff koreliiert mit dem gemeinrechtlichen Kauf- bzw. Veräußerungsbegriff. Dieser umfaßte jede Verschaffung eines dinglichen Rechts an einer Sache, gleich ob Eigentum oder beschränktes Recht, gleich ob Ubertragung oder Bestellung. So spricht Bechmann, Der Kauf nach gemeinem Recht, S. 123 ff. bei der Einräumung eines Nutzungsrechts vom »constitutiv wirkenden Kauf« (S. 124). Vgl. auch Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S. 352 105 Vgl. § 6 der Vorlage Nr. 1 v. Kübels (1877): »Ist die Übertragung einer Forderung aufgrund eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts erfolgt, so hat der bisherige Gläubiger für den Bestand der Forderung zu haften und es finden die über die Gewährleistung des veräußerten Rechts geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung«; zitiert nach Schubert (Hrsg.), Vorentwürfe der Redaktoren, Schuldrecht Bd. III, S. 1088. 106 §379 E II, §431 E III. 107 Vgl. Fn. 105. 108 ^ 298 des E I; an dieser Regelung der Gewährleistung wurde in der Folgezeit als §§ 370 380 im E II (Entwurf des B G B 1888) unverändert festgehalten

40

1. Kapitel:

Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

Insgesamt lässt sich somit feststellen, dass die Gewährleistungsvorschriften vom Gesetzgeber nicht einmal ansatzweise auf die Veräußerung unkörperlicher realer Güter wie insbesondere auf den Verkauf von Immaterialgüterrechten zugeschnitten worden waren. Statt dessen stammten die §§ 434 ff. a.F. ursprünglich aus dem Recht der Sachveräußerung bzw. der Übertragung und Bestellung beschränkt dinglicher Rechte; die Vorläufernorm von § 437 B G B a.F. dagegen war ursprünglich ganz konkret für den Forderungskauf - und somit ebenfalls nicht für Verkehrsgeschäfte über unkörperliche reale Güter - geschaffen worden.

3. Die Entstehungsgeschichte (§§ 445, 493 BGB a.F.)

der Vorschriften über kaufähnliche

Verträge

Auch schon vor der Schuldrechtsreform war die Subsumtion bestimmter Formen von Veräußerungsverträgen über unkörperliche Gegenstände unter das Kaufrecht dem Gesetzeswortlaut nach nicht ausgeschlossen. Vielmehr lag es durchaus nahe, gewisse Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände als »kaufähnlich« i.S.v. § 445 B G B a.F. bzw. § 493 B G B a.F. anzusehen. Somit ist die Entstehungsgeschichte der §§ 445, 493 B G B a.F. für die vorliegende Untersuchung von besonderem Interesse. Denn aus diesen Vorschriften könnte sich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des BGB-Kaufrechts über die traditionellen Formen der entgeltlichen Veräußerungsverträge hinaus ableiten lassen, die ihrerseits wiederum Auswirkungen auf die Auslegung des reformierten Schuldrechts haben könnten. 1 0 9 Wie bereits erwähnt, war die Gewährleistung in den ersten Vorentwürfen zum B G B im Zusammenhang mit den allgemeinen Vorschriften über die Veräußerung, nicht dagegen im Kaufrecht geregelt. 1 1 0 Während der Redaktionsarbeiten setzte sich jedoch die Uberzeugung durch, dass die Mängelhaftung um der »Anschaulichkeit, der Verständlichkeit und der praktischen Handhabung des Gesetzes willen« in das Kaufrecht integriert werden sollte. 1 1 1 Dies hätte allerdings zur Folge gehabt, dass die Gewährleistung für die nicht als Kauf i.S.d. B G B zu qualifizierenden Veräußerungsverträge ungeregelt geblieben wäre.

109 Allerdings wäre es nach dem heutigen Stand der Lehre von der typologischen Zuordnung einzelner Verträge zu ihren jeweiligen gesetzlichen Leitbildern und wegen der Grundsätze zur Anwendung der jeweils sachnächsten Vorschriften auf Innominatverträge durchaus möglich, auf »kaufähnliche Verträge« auch ohne die Regelungen der §§ 445, 493 B G B a.F. die jeweils passenden kaufrechtlichen Normen anzuwenden. Vgl. hierzu ausführlich unten vor § 15 B I, II. 1 1 0 Vgl. T E - O R Nr. 20 §§7-21 »Gewährleistung des veräußerten Rechts«; §381 des E I: »Wer sich durch Vertrag zur Veräußerung einer Sache verpflichtet ...«. 111 Prot. II Bd. 1 S. 653 f.; Vgl. den Beschluß der Vorkommission des Reichsjustizamtes in der Sitzung am 27.12.1891, die Gewährleistung wegen Mängeln der Sache in die Kaufrechtsvorschriften einzureihen (wiedergegeben bei Jakobs/Schubert (Hrsg.), Beratung des B G B , Schuldrecht, Bd. II, S. 126).

§2.

Die Veräußerung

unkörperlicher

Gegenstände

im geschichtlichen

Überblick

41

Gleichzeitig mit dem Antrag in der Vorkommission des Reichsjustizamtes, die H a f t u n g f ü r Mängel der veräußerten Sache in dem Abschnitt über den Kauf anzusiedeln 1 1 2 , w u r d e deshalb die A u f n a h m e einer Vorschrift in das Gesetz beantragt, nach der die Vorschriften über die kaufrechtliche Gewährleistung auf andere F o r m e n entgeltlicher Veräußerungsverträge entsprechende A n w e n d u n g finden sollten. 113 Deutliche Aussagen über die genaue Bestimmung des Kreises der veräußerbaren Rechte und der Struktur von Veräußerungsverträgen, auf die die kaufrechtlichen Vorschriften über die Verweisungsnorm des § 445 BGB a.F. angewendet werden sollten, wurden nicht getroffen. Da jedoch die ursprünglichen Regelungen über »Veräußerungsverträge« vornehmlich Sachen u n d beschränkt dingliche Rechte z u m Gegenstand hatten, ist § 445 B G B a.F. in erster Linie f ü r - nicht unmittelbar als Kauf qualifizierbare - Veräußerungsverträge über sachenrechtliche Rechtsgegenstände geschaffen worden. 1 1 4 In den Gesetzesberatungen w u r d e demgemäß wiederholt auf die Veräußerung eines Gegenstands aufgrund einer Pfändung als einem beispielhaften Anwendungsfall von § 445 B G B a.F. abgestellt. 115 Die A n w e n d u n g von § 445 BGB a.F. auf Veräußerungsverträge über Immaterialgüterrechte dagegen wurde, soweit ersichtlich, in den Beratungen nicht thematisiert. 1 1 6 Ebenfalls aufgrund der Verlagerung der Mängelgewährleistungsvorschriften in das Kaufrecht war bei der Sachmängelhaftung eine Lücke entstanden, sofern der Vertrag - wie etwa im Falle der Bestellung eines beschränkt dinglichen Rechts - zwar eine Sachveräußerung, nicht aber einen Kauf beinhaltete. U m den Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung auf diese Verträge entsprechend der ursprünglichen Absicht der Redaktoren zu erstrecken, w u r d e die A u f n a h m e einer dem § 493 B G B a.F. entsprechenden Vorschrift f ü r nicht als Kauf qualifizierbare Veräußerungsverträge über Sachen gefordert. 1 1 7 Als sodann die 2. Kommission endgültig beschloss, die Sachmängelgewährleistung in das Kaufrecht zu integrieren, w u r d e die Vorläufervorschrift des § 493 B G B a.F. in das

112

Vgl. die entsprechenden Anträge von Struckmann (Nr. 1, 105) u n d Planck (Nr. 6, 9) in der Vorkommission des Reichs justizamtes, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des B G B , Schuldrecht, Bd. II, S. 126. 113 So der Antrag v o n Struckmann (Nr. 1,104) in der Vorkommission des Reichsjustizamtes, zitiert nach Jakobs!Schubert (Hrsg.), Die Beratung des B G B , Schuldrecht, Bd. II, S. 75. Vgl. so auch Prot. II S. 668. S. auch Planck, BGB, § 445 A n m . 1. 114 Vgl. Planck, B G B , § 445, A n m . 1,2, w o n a c h §445 [a.F.] den Vergleich sowie Verträge, bei denen das Entgelt in H a n d l u n g e n bestehe, betreffe. Ein auf die »Belastung eines Gegenstands« gerichteter Vertrag sei insbes. der Pfändungsvertrag. 115 Vgl .Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des B G B , Schuldrecht Bd. II, S. 75 f. 116 A u c h im K o m m e n t a r von Planck findet sich bei der K o m m e n t i e r u n g von §445 B G B keine E r w ä h n u n g von Immaterialgüterrechten. 117 Vgl. schon den A n t r a g Struckmanns N r . 1, 105 § gg AbS. 1 in der Vorkommission des Reichsjustizamtes, zitiert nach Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des B G B , Schuldrecht Bd. II, S. 263.

42

1. Kapitel: Entwicklungslinien

des Rechts der Veräußerung unkörperlicher

Gegenstände

Gesetzesvorhaben aufgenommen. 118 Auch die Redaktionsarbeiten zur Vorschrift des § 493 B G B a.F., die sich ihrem Wortlaut nach ohnehin nur auf die Veräußerung von »Sachen« bezog, weisen somit keine besondere Nähe zum Rechtsverkehr mit Immaterialgüterrechten auf, sondern beziehen sich ebenfalls auf bestimmte Formen sachenrechtlicher Rechtsgeschäfte. 4. Kaufverträge

über sonstige

Gegenstände

Mit der weitgehenden Beschränkung der kaufrechtlichen Regelungen auf den Sach- und den Rechtskauf schloss der historische BGB-Gesetzgeber die Anwendung von Kaufrecht auf sonstige Gegenstände gleichwohl nicht umfassend aus. Eine nähere Regelung von Kaufverträgen über sonstige Gegenstände wurde allerdings als verzichtbar angesehen, »weil dasjenige, was in denselben dem Verkäufer obliege, sich aus Treu und Glauben und allenfalls aus der Verkehrssitte von selbst ergebe«. Es empfehle sich im Interesse der Klarheit, nur die Sachverhalte zu regeln, deren Ordnung der Verkehr erfordere. 119 5.

Schlussfolgerungen

Insgesamt wird deutlich, dass bei der Redaktion des B G B im Allgemeinen und der Ausgestaltung der Vorschriften des Rechtskaufs im Besonderen der Rechtsverkehr mit Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen weitgehend unberücksichtigt blieb, obgleich diese Rechtsobjekte vornehmlich aufgrund der Arbeiten Kohlers und v. Gierkes im Grundsatz bereits anerkannt waren. Nicht nur konnten Immaterialgüter und andere Formen unkörperlicher Gegenstände in einem bürgerlich-rechtlichen Vermögensrecht kaum Platz finden, das sich im Wesentlichen als ein Recht der körperlichen Sachen und der Obligationen verstand. Auch bei der Ausgestaltung des Kaufrechts orientierte sich der Gesetzgeber an den der romanistischen Tradition folgenden vermögensrechtlichen Grundprinzipien: Bei der Schaffung der Vorschriften über den Rechtskauf hatte der Gesetzgeber weitgehend die Veräußerung von Forderungen und beschränkt dinglicher Rechte im Auge. Mögliche besondere Anforderungen, die an die gesetzliche Regelung der Veräußerung von Immaterialgüterrechten zu stellen sind, wurden dagegen weder auf der Primärebene des Kaufvertrags noch bei der Ausgestaltung der Mängelhaftung berücksichtigt.

1 1 8 Vgl. § 386 des E II: »Die Vorschriften der §§ 375 bis 385 (Anm.: die Gewährleistungsvorschriften) finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.« 1 1 9 Prot. I I S . 51.

§ 2. Die Veräußerung unkörperlicher Gegenstände im geschichtlichen Überblick

43

F. Ergebnisse Die bürgerlich-rechtliche Kaufrechtsordnung steht in der Tradition des römischen Rechts und dessen Rezeption durch die historischen Rechtsschule. Grundlegend für dieses - insbesondere durch Savigny geprägte - Rechtsverständnis war die Zweiteilung des Vermögensrechts in Sachen- und Obligationenrecht, die sich letztlich aus der gaianischen Unterscheidung zwischen res corporales und res incorporales ableiten lässt. Der romanistischen Verwurzelung des BGB-Kaufrechts entspricht es, dass dessen Anwendungsbereich zwar nicht streng auf die Veräußerung von Sachen, Forderungen und beschränkt dinglichen Rechten begrenzt wurde, aber die kaufrechtlichen Regelungen sowohl der Primär- als auch der Sekundärebene dennoch in erheblichem Maße durch diese Veräußerungsgüter bestimmt sind. Die Orientierung an derartigen, bereits im römischen Recht anerkannten Gütern wird nicht zuletzt in den Redaktionsarbeiten zum B G B deutlich, in denen der Kauf von Sachen, Forderungen und beschränkt dinglichen Rechten diskutiert wurde. Die Veräußerung von Immaterialgütern dagegen fand allenfalls in Ansätzen Erwähnung. Zwar mag der historische Gesetzgeber des B G B somit Immaterialgüterrechte und sonstige unkörperliche Gegenstände bei der Schaffung der Vorschriften über den Rechtskauf nicht ausdrücklich vor Augen gehabt haben. Gleichwohl ergab sich weder aus der rechtshistorischen Tradition noch aus den Redaktionsarbeiten zum B G B das Gebot der Ausklammerung der Veräußerung von Immaterialgüterrechten aus dem Kaufrecht. Vielmehr sollten die kaufrechtlichen Normen nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich sämtliche Verträge erfassen, aufgrund derer Güter entgeltlich übertragen werden. Es fehlte weniger an einer umfassenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers als vielmehr an einer hinreichenden Beachtung der spezifischen Anforderungen, die an die Ausgestaltung eines Kaufrechts der unkörperlichen Gegenstände zu stellen sind. Somit bestehen aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht keine Bedenken gegen die grundsätzlich umfassende Anwendbarkeit des BGB-Kaufrechts auf Verträge über die Veräußerung unkörperlicher Gegenstände. Allerdings ergeben sich aus der Rechtsgeschichte auch keine Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des Rechtskaufs in diesen Fällen: Weder aus der Entwicklung des Kauf- und Vermögensrechts insgesamt noch auch der Redaktionsgeschichte des B G B lassen sich maßgebliche Vorgaben für eine historische Auslegung der kaufrechtlichen Vorschriften ziehen, sofern der Kaufgegenstand weder eine Sache noch eine Forderung, sondern ein Immaterialgüterrecht ist. Vielmehr wurden die Probleme, die sich bei der Anwendung des BGB-Kaufrechts auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten ergeben, von historischen BGB-Gesetzgeber weitgehend weder erkannt noch berücksichtigt.

1.

44

Kapitel

5 3. Überblick über aktuelle Entwicklungen; die Schuldrechtsreform

insbesondere

T r o t z d e r w ä h r e n d des g e s a m t e n 2 0 . J a h r h u n d e r t i m m e r w e i t e r g e w a c h s e n e n B e d e u t u n g v o n R e c h t e n u n d s o n s t i g e n u n k ö r p e r l i c h e n G ü t e r n als V e r k e h r s o b j e k t e lag u n d liegt b i s h e u t e d e r w e i t ü b e r w i e g e n d e S c h w e r p u n k t d e r k a u f r e c h t l i c h e n N e u e n t w i c k l u n g e n i m R e c h t des W a r e n k a u f s . W i e s c h o n aus s e i n e r B e z e i c h n u n g als das » E i n h e i t l i c h e G e s e t z ü b e r d e n i n t e r n a t i o n a l e n K a u f v o n b e w e g l i c h e n S a c h e n « d e u t l i c h w i r d , b e z o g s i c h das H a a g e r K a u f r e c h t v o n 1 9 6 4 a u f d e n W a r e n - u n d s o m i t g e r a d e n i c h t a u f d e n R e c h t s k a u f . G l e i c h e s gilt f ü r das U N - K a u f r e c h t 1 2 0 , dessen A n w e n d u n g s b e r e i c h sich gem. A r t . 1 A b s . 1 C I S G ebenfalls auf » K a u f v e r t r ä g e ü b e r W a r e n « u n d damit gerade nicht auf R e c h t e und sonstige unkörperliche Gegenstände bezieht.121 A u c h die E G - V e r b r a u c h s g ü t e r k a u f r i c h t l i n i e 1 2 2 als d e r b i s l a n g b e d e u t e n d s t e k a u f r e c h t l i c h e R e c h t s s e t z u n g s a k t d e r E u r o p ä i s c h e n U n i o n ist g e m ä ß A r t . 1 A b s . 2 lit. b n u r a u f » b e w e g l i c h e k ö r p e r l i c h e G e g e n s t ä n d e « a n w e n d b a r . E n t s p r e c h e n d d i e s e r T r a d i t i o n h a t a u c h die N e u o r d n u n g des S c h u l d r e c h t s d u r c h das S c h u l d r e c h t s m o d e r n i s i e r u n g s g e s e t z w e d e r z u i n h a l t l i c h s p e z i f i s c h e n Regelungen

über

die

Immaterialgüterrechtsveräußerung

noch

zu

höherer

1 2 0 Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf (CISG) vom 11. April 1980 (BGBl. 1989 II 558, berichtigt B G B l . 1990 II 1699). 121 Vgl. hierzu Staudinger -Magnus, Art. 1 C I S G Rn. 42. Das UN-Kaufrecht wird allerdings auch auf den Verkauf von Standardsoftware angewendet, da man davon ausgeht, dass es sich hierbei aufgrund des verwendeten körperlichen Speichermediums ebenfalls um Waren handelt. Vgl. z.B. Staudinger-Afag««s, a.a.O.; Diedrich, R I W 1993, 441, 446 ff.; noch weitergehend und damit den Wortlaut des C I S G wohl überspannend Schmitz, M M R 2000, 256, 258 f., wonach immaterielle Leistungen und damit auch Datentransfers via Internet generell Waren i.S.d. Konvention seien könnten. Begrifflich stellt die Anwendung des UN-Kaufrechts auf Software wegen der Körperlichkeit des Datenträgers keine Ausnahme vom Gebot der Körperlichkeit der Waren als Kaufobjekten i.S.d. C I S G dar. Da in Zukunft allerdings die Veräußerung von Software sowie anderer informationeller Inhalte wie von Musik, Texten oder Videos vielfach online erfolgen wird, ist fraglich, ob diese Argumentation aufrecht erhalten werden kann und ob nicht eine Revision des C I S G erforderlich sein wird. Zur von der h.M. angenommenen Sacheigenschaft von Software, auf der die Anwendung des C I S G auf Computerprogramme begrifflich basiert, vgl. unten § 6 B II, D. Vgl. auch Schmitt, C R 2001, 145. 122 Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkauf und der Garantien für Verbrauchsgüter vom 25.5.1999 (»Verbrauchsgüterkaufrichtlinie«), ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12 ff., in Kraft getreten am 7.7.1999. Aus der umfangreichen Literatur zur Richtlinie vgl. z.B. Brüggemeier, J Z 2000, 529; Ehmann/Rust, J Z 1999, 853; Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410, Honseil, J Z 2001, 278; Lehmann, JZ 2000, 280; jeweils m.w.N. Zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag (ABl. E G Nr. C 307 v. 16.10.1996, S. 8) vgl. Medicus, ZIP 1996, 1925; zum Gemeinsamen Standpunkt s. SchmidtRäntsch, ZIP 1998, 849. Zu den verschiedenen Fassungen des Diskussionsentwurf vgl. aus der umfangreichen Literatur statt vieler Altmeppen, Betrieb 2000, 1131, 1821; Canaris, J Z 2001, 499, ders., Betrieb 2001, 1815, Dauner-Lieb, J Z 2001, 8; Ernst, Z R P 2001, 1; Huber, ZIP 2000, 2137, 2273; Honseil, 2001, 18;Tillmann, Mitt. 2001, 282.

$ 3. Überblick über aktuelle Entwicklungen;

insbesondere die Schuldrechtsreform

45

Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Veräußerungsgeschäften über unkörperliche Gegenstände geführt. So nimmt weder das Gesetz selbst noch dessen Begründung ausdrücklich dazu Stellung, ob u n d gegebenenfalls wie die Sachmängelhaftung auf die Veräußerung von Immaterialgütern und Immaterialgüterrechten angewendet werden sollte. D a allerdings § 453 Abs. 1 B G B die Vorschriften über den Kauf von Sachen auch f ü r den Kauf von sonstigen Gegenständen f ü r anwendbar erklärt, werden z u m ersten Mal Veräußerungsgüter, die weder als Sachen noch als Rechte zu qualifizieren sind, ausdrücklich in den A n wendungsbereich des Kaufrechts einbezogen. Laut der Gesetzesbegründung zählen hierzu »die entgeltliche Übertragung von U n t e r n e h m e n oder U n t e r n e h mensteilen, von freiberuflichen Praxen, von Elektrizität u n d Fernwärme, von (nicht geschützten) Erfindungen, technischem Know-how, Software, Werbeideen u.s.w.«. 123 Jedenfalls f ü r den Unternehmenskauf sieht die Gesetzesbegründung die N o r m des 453 Abs. 1 B G B auch als Verweisung auf die Sachmängelvorschriften an. 124 Der A n w e n d u n g des Sachmängelrechts auch auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten steht damit der gesetzgeberische Wille nicht im Wege. N ä h e r e Einzelheiten hierzu lassen sich allerdings der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird insbesondere zu diskutieren sein, wie diese Lücke auszufüllen ist.

123 Begründung, S. 242. Die Begründung stimmt insoweit beinahe wörtlich überein mit dem Abschlußbericht der Schuldrechtskommission. Vgl. BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, § 454 BGB-KE, S. 239 Nr. 20. 124 Begründung, S. 242.

2.

Kapitel

Unkörperliche Objekte als Kauf gegenstände Der Begriff der »körperlichen Sache« ist unmittelbar in der allgemeinen Lebenswirklichkeit verankert und erschließt sich dem Betrachter regelmäßig auch ohne Blick in das Gesetz. Darüber hinaus finden sich in §§ 90 ff. B G B verschiedene gesetzliche Regelungen, die den Begriff der körperlichen Sache für das B G B näher ausgestalten. Dagegen ist der Begriff des »unkörperlichen Gegenstands« der unmittelbaren Erkenntnis weniger einfach zugänglich. Auch fehlen klare gesetzliche Vorgaben darüber, welche nichtsächlichen werthaften Güter in den Anwendungsbereich des B G B fallen und wie diese insbesondere im kaufrechtlichen Zusammenhang zu behandeln sind. U m trotz dieser Schwierigkeiten die Frage nach der Anwendbarkeit des B G B auf unkörperliche Wertgegenstände beantworten zu können, ist es erforderlich, zunächst einen kurzen Blick auf den vorrechtlichen Gegenstandsbegriff zu werfen (§ 4). Sodann ist der Begriff des Gegenstands im Rechtssinne, der dem vermögensrechtlichen System des B G B zugrunde liegt, insbesondere in Hinblick darauf zu untersuchen, ob und in welcher Weise dieser auch unkörperliche Gegenstände erfasst (§ 5). Abschließend ist auf die Frage einzugehen, welche Schlussfolgerungen sich für den Begriff des Kaufgegenstands und insbesondere für den Anwendungsbereich von Sach- und Rechtskauf ziehen lassen (§ 6).

§ 4. Der vorrechtliche

Gegenstandsbegriff

A. Bedeutung der Fragestellung Auch wenn es sich bei der Erfassung des der Rechtsordnung vorgegebenen, vorrechtlichen Gegenstandsbegriffs nicht um eine juristische Fragestellung handelt, ist ein Blick auf diese Thematik in der vorliegenden Abhandlung aus mehreren Gründen erforderlich. Zunächst hat sich die Rechtsordnung an den Vorgaben der Lebenswirklichkeit und somit am vorrechtlichen Phänomen der Gegenstände zu orientieren. Es ist ihre Aufgabe, die werthaften Güter so, wie sie sich ihr darstellen, in ihr System zu integrieren. Die Erkenntnis der der Rechtsordnung vorgegebenen Güter bereitet bei unkörperlichen Gütern erheblich größere Schwierigkeiten als bei körperlichen Gegenständen. Deshalb ist zu erörtern, wie die unkörperlichen Güter im einzelnen strukturiert sind, die dem Vermögensrecht und dabei insbesondere dem Kaufrecht vorgegeben sind.

48

2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte

als

Kaufgegenstände

Zudem bereitet gerade im Bereich der Immaterialgüterrechte eine generalisierende Betrachtung, die die Immaterialgüter, ungeachtet ihrer Qualifizierung als dem Urheberrecht, dem Markenrecht oder dem Patentrecht unterliegend erforscht, gewisse Probleme. Das Schrifttum betont vielfach eher die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Immaterialgüter 1 . Eine Integration der Immaterialgüterrechte in das Kaufrecht des B G B erscheint hingegen nur dann als möglich, wenn nicht das Trennende, sondern das die unterschiedlichen Immaterialgüter Verbindende in den Vordergrund gestellt wird. Dessen ungeachtet wurde allerdings gerade in letzter Zeit auch der Versuch unternommen, das »Wesen« der Immaterialgüter zu erforschen und sie als »abstrakte O b jekte« im Sinne einer entsprechenden philosophischen Diskussion zu qualifizieren. 2 Hierzu erscheint eine kritische Stellungnahme geboten. Allerdings können die mit der Frage nach dem vorrechtlichen Gegenstandsbegriff verbundenen ontologischen, sprachphilosophischen und erkenntnistheoretischen Problemstellungen hier allenfalls ansatzweise erörtert werden. Ziel der nun folgenden Ausführungen ist lediglich, den Boden für die sich anschließende juristische Analyse zu bereiten. Keineswegs soll eine umfassende kritische Untersuchung der einschlägigen philosophischen Fragestellungen versucht werden.

B. Umgangssprachlicher Gegenstands- bzw. Dingbegriff Der umgangssprachliche Begriff des »Gegenstands« bzw. des synonymen Ausdrucks »Ding« ist diffus, da ihm ganz unterschiedliche Bedeutungen zukommen können: 3 In seiner engsten Form erfasst er körperliche Gegenstände. In einem weiteren Sinn bezeichnet der Begriff allerdings auch jeden möglichen Inhalt einer Handlung und jedes Thema einer Aussage. So wird vom »Gegenstand einer Arbeitsleistung« oder vom »Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung« gesprochen. 4 Auch lassen Redewendungen wie »Es sind merkwürdige

1 So bestehen bis heute in der Wissenschaft Bedenken gegen den generalisierenden Begriff des »Immaterialgüterrechts«. Statt dessen beharrt man auf dem Begriffspaar »gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht«, da man nur so die Unterschiede zwischen den Rechtsgebieten hinreichend betonen könne. Vgl. Hubmann, Gewerblicher Rechtsschutz, 5. Aufl., S. 2; ähnlich Hubmann/Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, 6. Aufl., S. 3. Vgl. auch Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S. 18 ff., der auf die Unterschiede abstellt, allerdings auch die Gemeinsamkeiten betont (a.a.O., S. 22). 2 Drahos, A Philosophy of Intellectual Property, S. 151 ff.; vgl. auch Godenhielm, GRUR Int. 1996, 327, 329. 3 Vgl. hierzu Heidegger, Die Frage nach dem Ding, S. 3 ff. 4 Vgl. hierzu auch Heidegger, Die Frage nach dem Ding, S. 4. Vgl. dort auch weiter zum philosophischen Gebrauch des Wortes »Ding an sich«, der von einem noch weiteren Begriffsverständnis ausgeht.

§ 4. Der vorrechtliche

Gegenstandsbegriff

49

Dinge im Spiel« oder die Präposition »vor allen Dingen« auf einen weiten Begriffsinhalt schließen. Der enge, auf das Körperliche beschränkte umgangssprachliche Gegenstandsoder Dingbegriff umfaßt die rechtlich relevanten Güter nicht vollständig, da alles Unkörperliche außerhalb seines Begriffsinhalts liegt. Weder Forderungen noch Immaterialgüter wie Erfindungen, Formgestaltungen oder Geisteswerke sind unter diesen Gegenstandsbegriff subsumierbar. Als Ausgangspunkt für eine juristische Erfassung sämtlicher rechtserheblicher Objekte ist dieser enge Gegenstandsbegriff somit ungeeignet. Dem zweitgenannten, weiten Begriffsverständnis unterfallen dagegen auch Immaterialgüter. Allerdings geht dieser Dingbegriff weit über die Gruppe werthafter unkörperlicher Güter hinaus, da er jedes gedankliche Konzept und somit jedes Thema und jeden Inhalt erfasst. Angesichts seiner Weite ist auch dieser Begriff für die Zwecke der Bestimmung werthafter Veräußerungsgegenstände ungeeignet. Zumindest ohne weitergehende Klarstellungen ist auch er somit nicht geeignet zu verdeutlichen, welche Erscheinungsformen der Realität außer den körperlichen Sachen als Gegenstände im Rechtssinne in Betracht kommen.

C. Philosophisch-logischer Gegenstandsbegriff I. Das Kriterium

der

Körperlichkeit

Das Bemühen um eine nähere Konkretisierung des Gegenstandsbegriffs führt unmittelbar in die - hier nicht weiter zu vertiefende - grundlegende philosophische Debatte über das Wesen der Dinge und ihre Erkennbarkeit für die Menschen. Bei der Erörterung dieser Frage gelangt Heidegger auf der Grundlage einer Erörterung der platonischen, aristotelischen und kantischen Philosophie in seiner Abhandlung »Über die Frage nach dem Ding« 5 zu der Schlussfolgerung, dass ein »Ding« in der Geschichte der Philosophie trotz verschiedenartiger Umschreibungen stets der Sache nach als der »Träger von Eigenschaften« definiert worden sei: Ein Ding zeige sich immer als etwas, was Eigenschaften habe und was daher in einer bestimmten Weise beschaffen sei. Das Ding sei das Etwas, das den Beschaffenheiten gleichsam unterliege, der Kern, um den die vielen wechselnden Eigenschaften herumlägen und somit das Etwas, das diese Eigenschaften besitze. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt auch das neuere logische und sprachphilosophische Schrifttum.6 Insbesondere in Anknüpfung an die grundlegenden

Heidegger, Die Frage nach dem Ding, S. 24 ff. Vgl. hierzu und zum folgenden zusammenfassend Kamiah/Lorenzen, tik, S . l l f f . 5 6

Logische Propädeu-

50

2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte

als Kauf

gegenstände

Arbeiten Gottlob Freges1 und Willard van Orman Quiness hat sich dort ein trennscharfer, gleichzeitig aber auch sehr weiter Gegenstandsbegriff entwickelt und allgemein durchgesetzt. Den Ausgangspunkt für diesen bildet die Überlegung, dass über einzelne Dinge bzw. Konzepte charakterisierende Aussagen getroffen werden können, d.h. in der Terminologie der Logik, dass an ihnen eine Prädikation vorgenommen werden kann.9 Als Gegenstände gelten dabei diejenigen Objekte von Prädikationen, die ihrerseits nicht mehr zur näheren Charakterisierung ihrer selbst geeignet sind.10 In den Worten der Logik ist somit der Gegenstand der allgemeinste Prädikator, der nicht mehr zur Unterscheidung geeignet ist.11 Gegenstände sind daher alle diejenigen Konzepte, die durch Eigennamen bzw. Kennzeichnungen prädiziert werden können.12

7 Frege, Grundlagen der Arithmetik, passim; ders., Über Begriff und Gegenstand, in: Vierteljahresschriftfür wissenschaftliche Philosophie 16 (1892), 192 ff.; vgl. zu Freges Lehre von den abstrakten Objekten auch Dummet, Frege: Philosophy of Language, S. 471 ff.; ders., Frege and other Philosophers, S. 249 ff. 8 Vgl. grundlegend Quine, Wort und Gegenstand, passim; ders., Dinge und ihr theoretischer Ort, in ders., Theorien und Dinge, S. 11 ff.; ders., On what there is, in: ders., From a Logical Point of View, S. 1 ff.; ders., On Mental Entities, in: ders, The Ways of Paradox and Other Essays, S. 221 ff.; zu Quine und seinem Verständnis vom Begriff des Gegenstands sowie dessen Verhältnis zur menschlichen Sprache vgl. Hookway, Quine. Language, Experience and Reality, S. 7 ff.; Gochet, Quine zur Diskussion, S. 97 ff.; Lauener, Willard van Orman Quine, S. 98 ff.; S. 127ff.; Quine wurde insbesondere durch die ontologischen und sprachphilosophischen Studien Rudolf Carnaps beeinflußt; vgl. zu deren wesentlichen Grundsätzen insbes. Carnap, Erapiricism, Semantics, and Ontology, in: ders., Meaning and Necessity, S. 205 ff. 9 In Aussagen wie »dies ist ein Stuhl« ist die Prädikation »... ist ein Stuhl« von dem »Objekt« der Prädikation zu unterscheiden, d.h. von der Entität bzw. den Entitäten, über die die jeweilige Aussage getroffen wird. 10 So ist die beispielsweise die durch den Begriff »München« bezeichnete Agglomeration von Menschen und Gebäuden als Objekt nicht mehr geeignet, auf die Stadt München hinzuweisen und diese somit näher zu beschreiben bzw. sie durch einzelne Merkmale von anderen Städten zu unterscheiden, sondern ist gerade der Gegenstand, dem die Prädikation »München« (und darüber hinaus auch viele andere Prädikationen) zukommt. 11 Vgl. aber Kamiah/Lorenzen, Logische Propädeutik, S. 39 ff., die aufgrund der Allgemeinheit des Begriffs des Gegenstands diesem keine Prädikatoreigenschaft zuerkennen. 12 So insbes. Kamiah/Lorenzen, Logische Propädeutik, S. 40. Während beispielsweise der Prädikator »Stadt« einer Vielzahl von Gebäudeansammlungen zugesprochen werden kann, ist der Name »München« oder die Kennzeichnung » S. 77 des Buches X Y « oder das Hindeuten auf die entsprechende Buchseite (Bezeichnung durch Ostensionsgeste) nur zur Bezeichnung eines einzigen Gegenstandes geeignet. S. z.B. Kamiah/Lorenzen, Logische Propädeutik, S. 39 ff.; ähnlich auch Quine, On what there is, in: ders., From a Logical Point of View, S. 1 ff., insbes. S. 8 f., der insbes. zwischen »meaning« (dem Beschreiben eines Gegenstands) und »naming« (dem Benennen eines Gegenstands) unterscheidet. S. auch Hale, Abstract Objects, S. 3 f. Vgl. auch Heidegger, Die Frage nach dem Ding, S. 18 f. der trotz seines andersartigen Erklärungsansatzes ebenfalls das Kriterium der Ostension als maßgeblich ansieht: Das Ding sei das »je diese«. Im »Dieses« liege ein Zeigen, ein Hinweisen. Das »Dieses«, statt ein Charakter des Dinges selbst zu sein, sei nur eine subjektive Zutat unsererseits (Heidegger, a.a.O. S. 20).

§ 4. Der vorrecbtliche

Gegenstandsbegriff

51

Die beiden genannten philosophischen Ansätze unterstreichen jeweils, dass als Gegenstand all dasjenige in Betracht kommt, über das der Mensch Aussagen zu treffen vermag und das sich nicht lediglich als Aussage über etwas anderes darstellt. Dieser weite und flexible, von menschlichen Zwecksetzungen und menschlichen Sprachverhalten ausgehende Gegenstandsbegriff entspricht einem sich in der juristischen Literatur wiederfindenden Gedanken: Dort w i r d darauf hingewiesen, dass die Bestimmung dessen, was als einheitlicher Gegenstand zu gelten habe, dem Menschen nicht vorgegeben werde, sondern weitgehend der Wertung und Formung durch die Rechtssubjekte unterworfen sei. 13 Entscheidend für das Gegebensein eines »Gegenstands« ist somit nicht etwa die körperliche Beschaffenheit des jeweiligen Etwas, sondern die Frage, ob und in welcher Weise ein Konzept oder eine Entität durch den Menschen aufgrund seines Erkenntnisvermögens auf die Weise aus der Realität »isoliert« wird, dass es den Gegenstand von Aussagen bildet. Ü b e r unkörperliche Konzepte können in gleicher Weise Aussagen getroffen werden wie über greifbare Dinge, so dass sie in gleicher Weise als Gegenstände in diesem Sinne zu gelten haben. Insgesamt ergibt sich somit, dass körperliche und unkörperliche Phänomene immer dann »Gegenstände« sind, wenn sie vom Subjekt als einheitliches Konzept gedacht werden. Die Körperlichkeit oder Unkörperlichkeit des »Etwas« spielt hierfür keinerlei Rolle.

II. Unterscheidung

konkreter und abstrakter

Gegenstände?

Eine nennenswerte Einschränkung des Gegenstandsbegriffs, der dessen Integration in die Rechtsordnung durch eine trennscharfe Abgrenzung des Kreises der Rechtsgegenstände ermöglichen würde, ergibt sich jedoch aus den soeben dargestellten Erklärungsansätzen nicht. Es fragt sich daher, ob anhand außerrechtlicher Kriterien eine weitergehende Einteilung der Gegenstände möglich ist, die insbesondere die Gruppe der unkörperlichen werthaften Güter genauer zu erfassen und in ihren Besonderheiten zu erklären vermag. Im philosophischen 1 4

13 Vgl. Brecher, Das Unternehmen als Rechtsgegenstand, S. 35; vgl. bereits Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut, S. 191, 234 ff., der von der einer Unterscheidung zwischen »Kulturobjekten« und »Rechtsobjekten« ausgeht. 14 Vgl. aus neuerer Zeit Haie, Abstract Objects, passim; Künne, Criteria of Abstractness, in: Smith (Hrsg.), Parts and Moments, S.401, 401 f.; Quine, Wort und Gegenstand, S.402f. Der Gedanke der »abstrakten Objekte« ist wesentlich auf das Werk Gottlob Freges zurückzuführen. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war im Wesentlichen die Frage nach der Erfassung des Seins der einzelnen Zahlen. (Frege, Die Grundlagen der Arithmetik, passim). Zu diesem Zweck teilte er die Gegenstände in drei unterschiedliche Kategorien ein: (Vgl. insbes. Frege, a.a.O., §§ 26, 85. Vgl. auch die Textinterpretation und die Darstellung der Wirkungsgeschichte Freges bei Dummet, Frege: Philosophy of Language, S. 480). Ausgehend von dem Gedanken, dass Gefühlszustände nur eine Realität innerhalb der Wahrnehmung desjenigen hätten, der diese Empfindung gerade verspüre, faßte Frege das Reich der »inneren Vorgänge« bzw. des »Subjektiven«

52

2. Kapitel: Unkörperliche Objekte als Kauf gegenstände

und neuerdings auch vereinzelt im immaterialgüterrechtlichen

Schrifttum 1 5

wird zwischen »konkreten« und »abstrakten« O b j e k t e n unterschieden. I m m a terialgüter seien, so wird von juristischer Seite geltend gemacht, als »abstrakte O b j e k t e « zu qualifizieren und könnten damit von den konkreten O b j e k t e n als den körperlichen Gütern unterschieden werden. 1 6 D e r Begriff des »abstrakten Gegenstands« und seine Abgrenzung zu den »konkreten Gegenständen« bereitet Schwierigkeiten. 1 7 Trennscharfe Definitionen werden nicht gegeben. Statt dessen wird er regelmäßig durch beispielhafte Aufzählungen, durch Benennung seiner einzelnen Eigenschaften sowie durch Gegenüberstellung zu den »konkreten Gegenständen« erläutert. D i e Aussagen über die Eigenschaften, die für die Bestimmung der beiden unterschiedlichen Gruppen von O b j e k t e n vorgetragen werden, lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen: » K o n k r e t e Gegenstände« seien diejenigen Gegenstände, die körperlich existieren und der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich sind. Sie hätten eine räumliche Ausdehnung und seien zeitlich durch Anfang und Ende ihrer E x i stenz determiniert. Zudem folgten sie üblicherweise den Kausalitätsgesetzen, so dass ihre Veränderung durch Einflussnahme von außen möglich sei. D e r Begriff der »abstrakten Gegenstände« wird ebenfalls nicht durch klare Definitionen, sondern durch allgemeine Beschreibungen erläutert: Abstrakte Gegenstände seien unveränderbar und nicht unmittelbar sinnlich wahrnehmbar, hätten keine räumliche Ausdehnung und seien in ihrer Existenz grundsätzlich nicht zeitlich beschränkt. Auch könnten sie regelmäßig durch äußere Faktoren nicht beeinflusst werden. Bei näherer Betrachtung ist keines der genannten Kriterien geeignet, eine trennscharfe Abgrenzung zwischen konkreten und abstrakten Gegenständen zu liefern. 1 8 Keineswegs alle körperlichen O b j e k t e sind sinnlich wahrnehmbar; vie-

als eine der drei Kategorien der Gegenstände auf. Von dieser »psychologischen« Welt des Subjektiven unterschied er das »Objektive«, das durch eine »Unabhängigkeit von unserem Empfinden, Anschauen und Vorstellen, von dem Entwerfen innerer Bilder aus den Erinnerungen früherer Empfindungen« zu charakterisieren sei und das damit von dem »Handgreiflichen, Räumlichen, Wirklichen« unterschieden werden müsse. Die Welt des Objektiven teilte Frege ihrerseits in zwei unterschiedliche Kategorien ein: Einerseits gebe es im Reich des Objektiven sogenannte »wirkliche« Gegenstände, d.h. solche, die fähig seien, unmittelbar oder mittelbar auf die Sinne zu wirken bzw. die eine Wirkung hervorrufen und erleiden könnten. Daneben gebe es Gegenstände, die zwar objektiv, aber nicht »wirklich« im Sinne von »handgreiflich« seien: So seien die einzelnen Zahlen, der Äquator und der Massenmittelpunkt des Sonnensystems objektiv gegeben und nicht nur das Ergebnis eines seelischen Vorgangs: Sie seien nicht erdacht, sondern nur durch das Denken erkannt und ergriffen. 15 Drahos, A Philosophy of Intellectual Property, S. 151 ff. 1(1 Drahos, A Philosophy of Intellectual Property, S. 151 ff. 17 Vgl. den Uberblick bei Haie, Abstract Objects, S. 46 ff. Vgl. auch Kiinne, Criteria of Abstractness, in: Smith (Hrsg.), Parts and Moments, S. 401 ff. 18 Zu einer ausführlicher Kritik an den genannten Definitionsversuchen vgl. Dummett, Philosophy of Language, S.480 ff.; Haie, Abstract Objects, S. 45 ff.; Kiinne, Criteria of Abstractness, in: Smith (Hrsg.), Parts and Moments, S. 401 ff.

5 4. Der vorrechtliche

Gegenstandsbegriff

53

le, insbesondere sehr kleine oder weit entfernte Gegenstände sind nur verstandesmäßig erschließbar. 19 Auch würde den menschlichen Sinnen und ihrer Begrenztheit zu großes Gewicht beigemessen, wenn die sinnliche Wahrnehmbarkeit zum maßgeblichen Kriterium für die Abgrenzung abstrakter und konkreter Objekte erhoben würde. 2 0 Ebenso zweifelhaft ist es, auf die Zeitlichkeit des G e genstands als Abgrenzungskriterium abzustellen. Zwar wäre es beispielsweise sinnlos, nach den Anfängen der Existenz einer Zahl zu fragen. Geistige Schöpfungen und Erfindungen dagegen entstehen zu einem bestimmten Zeitpunkt; die Existenz eines Geisteswerks oder einer Erfindung findet einen Endzeitpunkt, wenn sämtliche Werkexemplare vernichtet sind und auch die Erinnerung an das jeweilige Immaterialgut erloschen ist. Auch die Aussage, dass abstrakte Gegenstände unveränderlich seien, trifft nur auf einige unkörperliche Gegenständen wie beispielsweise Zahlen zu, nicht aber auf Geisteswerke oder Erfindungen, an denen Modifikationen vorgenommen werden können, ohne dass hierdurch die Identität des Geisteswerks notwendigerweise aufgehoben würde. Es wird deutlich, dass eine trennscharfe Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Objekten bis heute nicht erzielt worden ist. Das einzige Kriterium, das zur Unterscheidung »konkreter« und »abstrakter« Objekte geeignet ist, ist dasjenige der fehlenden räumlichen Ausdehnung unkörperlicher Gegenstände im Gegensatz zur Räumlichkeit konkreter Gegenstände. Eine solche Unterscheidung trifft die Rechtsordnung allerdings ohnehin, wenn sie zwischen körperlichen Gegenständen, Forderungen und unkörperlichen Gütern unterscheidet. Die Unterscheidung zwischen konkreten und abstrakten Objekten unterstreicht damit allenfalls erneut, dass der Kreis der Gegenstände weiter ist als das, was greifbar und der sinnlichen Objekterfahrung unmittelbar zugänglich ist. Der Kern der philosophischen Diskussion über abstrakte Objekte besteht allerdings nicht in der Bestimmung ihrer Eigenschaften und der Frage ihrer A b grenzbarkeit zu konkreten Objekten. Vielmehr stehen dort ontologische und erkenntnistheoretische Fragen, die Existenz und Erkennbarkeit solcher Dinge betreffen, im Mittelpunkt der Diskussion. 2 1 Diese Problemstellungen bedürfen allerdings in der vorliegenden Abhandlung keiner Erörterung. Denn die Existenz sowie der wirtschaftliche bzw. ideelle Wert unkörperlicher Güter stellt

19 Während beispielsweise Lichtwellen der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich sind, können die hiervon nur graduell unterscheidbaren Radiowellen nur mit Hilfe technischer Instrumente wahrgenommen werden und müssten somit als abstrakte Objekte gelten, obwohl ansonsten kein qualitativer Unterschied zwischen den beiden Gruppen von Gegenständen feststellbar ist. Vgl. Hale, Abstract Objects, S. 47. 20 Hale, Abstract Objects, S. 47. 2 1 Vgl. z.B. Hale, Abstract Objects, passim; Quine, Wort und Gegenstand, S. 402 ff., ders., O n what there is, in: ders., From a Logical Point of View, S. 1 ff.; Carnap, Empiricism, Semantics, and Ontology, in: ders., Meaning and Necessity, S. 205 ff.

54

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

ah

Kaufgegenstände

sich für die Rechtsordnung als Faktum dar. Unabhängig von der metaphysischphilosophischen Frage nach der Wirklichkeit der menschlich wahrnehmbaren Welt und der hierin enthaltenen, sinnlich oder intellektuell erfahrbaren Gegenstände ist die Anerkennung der Existenz auch unkörperlicher »abstrakter« O b jekte unabdingbare Voraussetzung für eine funktionierende Rechtsordnung.

D . Schlussfolgerungen Anders als der umgangssprachliche Begriff des Gegenstands auf den ersten Blick vermuten ließe, besteht keinerlei Anlass, auf vorrechtlicher Ebene zwischen körperlichen und unkörperlichen Gegenständen zu unterscheiden. Sowohl körperliche als auch unkörperliche Objekte stammen aus einer Realität, die mittels des menschlichen Erkenntnisvermögens zu Gegenständen der menschlichen Wahrnehmung und Wertschätzung gemacht werden. Innerhalb der für den Menschen erschließbaren Realität stehen unkörperliche Gegenstände auf der gleichen Existenzebene wie körperliche Dinge. Von den soeben erörterten »vorrechtlichen« Gegenständen, die alle gleichermaßen und ohne Rücksicht auf ihre Körperlichkeit bzw. Unkörperlichkeit in der Welt des realen Seins existieren, können allerdings diejenigen Objekte unterschieden werden, die nur in der Welt des Normativen Geltung haben. Zu diesem Kreis von »Gegenständen« zählen vor allem Forderungen 2 2 . Daneben sind zu dieser Gruppe der »normativen Gegenstände« auch sämtliche anderen Rechtspositionen zu rechnen, die wie das Eigentumsrecht oder die Immaterialgüterrechte ein in der Welt des tatsächlich Seienden bestehendes körperliches oder unkörperliches Bezugsobjekt haben und dieses einem Rechtsinhaber unmittelbar zuordnen. Zu unterscheiden ist somit nicht zwischen körperlichen und unkörperlichen Gegenständen, sondern einerseits zwischen den Gegenständen, die ohne Rücksicht auf Körperlichkeit oder Unkörperlichkeit auf der Ebene des tatsächlich Seienden existieren, und den normativen Gegenständen andererseits. Die Aufgabe der Rechtsordnung besteht darin, den Kreis der rechtlich relevanten tatsächlichen Gegenstände zu bestimmen. Gleichzeitig muss sie die Verwertung solcher Gegenständen anhand nachvollziehbarer Kriterien im einzelnen ausgestalten.

2 2 Zu der rein normativen Existenz von Forderungen vgl. Larenz, (S. 573).

Schuldrecht I, § 33 III

§ 5. Rechtsgegenstände

§ 5. Rechtsgegenstände

im Sinne des

BGB

55

im Sinne des BGB

Nur ein verhältnismäßig geringer Teil der soeben beschriebenen vorrechtlichen Gegenstände wird von der Rechtsordnung aufgegriffen und zu Rechtsgegenständen ausgestaltet. Es ist somit zu untersuchen, welche Gruppen von Gegenständen als Rechtsgegenstände dem Anwendungsbereich des bürgerlich-rechtlichen Vermögensrechts und damit möglicherweise auch dem Kaufrecht unterfallen. Besondere Bedeutung kommt in der vorliegenden Untersuchung dabei der Frage zu, welche unkörperlichen Gegenstände als Rechtsgegenstände i.S.d. B G B in Betracht kommen.

A . »Sachen und R e c h t e « i.S.d. §§ 9 0 ff. B G B

I. Gesetzliche Ausgangslage Den Ausgangspunkt der Überlegungen zum Gegenstandsbegriff des B G B bilden die §§ 90 ff. B G B , da diese Vorschriften nicht nur den Sachbegriff des B G B definieren, sondern die »Sachen« gleichzeitig zu einer Teilmenge aus dem größeren Kreis der Gegenstände erklären: Sind gemäß § 90 B G B Sachen im Sinne des Gesetzes nur körperliche Gegenstände, so folgt daraus im Umkehrschluß, dass auch andere als körperliche Gegenstände dem Anwendungsbereich des B G B unterfallen. Allerdings wird weder der Begriff des Gegenstands an sich noch derjenige des unkörperlichen Gegenstands als Gegenstück zum körperlichen Gegenstand definiert. Vielmehr finden unkörperliche Gegenstände im gesamten B G B keine ausdrückliche Erwähnung. Anstatt dessen nimmt das B G B in den §§ 90 ff. B G B eine Unterscheidung zwischen Sachen und Rechten vor. In den Fällen, in denen das Gesetz den Anwendungsbereich einer Vorschrift nicht auf körperliche Sachen beschränken will, werden die Gegenstände in »Sachen und Rechte« eingeteilt: § 99 B G B stellt die Begriffe der Sach- und Rechtsfrüchte nebeneinander; § 100 B G B beschreibt Nutzungen als die Früchte oder Gebrauchsvorteile aus einer Sache oder einem Recht. Die Unterscheidung zwischen Sachen und Rechten beschränkt sich nicht nur auf die §§ 90 ff. B G B , sondern zieht sich durch das gesamte bürgerlich-rechtliche Vermögensrecht, was insbesondere auch aus der Differenzierung zwischen Sach- und Rechtskauf deutlich wird. Die dem Gesetz zugrunde liegende Unterteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte 2 3 kann nicht überzeugen. »Sachen« und »Rechte« können nicht in logisch schlüssiger Weise als gleichrangige Formen von Rechtsgegenständen nebeneinander gestellt werden, da sie unterschiedlichen Realitätsebenen angehö-

2 3 Vgl. Mot. III S. 33: Dort, wo sich eine Norm sowohl auf Sachen als auch auf Rechte beziehen soll, wird der Ausdruck »Gegenstand« gewählt. Vgl. auch Binder, Z H R 59 (1907), 1, 12 f.

56

2. Kapitel: Unkörperliche Objekte ais

Kaufgegenstände

ren. 2 4 Körperliche Sachen sind nur eine von mehreren Erscheinungsformen vorrechtlicher Gegenstände und bilden das Bezugsobjekt von Rechten, durch die bestimmte vorrechtliche

Gegenstände Rechtsinhabern

zugeordnet

werden.

»Rechte« dagegen sind rein normativer N a t u r und dürfen deshalb nicht als logisch gleichrangig neben Sachen gestellt werden. Schlüssig wäre statt dessen die Unterscheidung zwischen vorrechtlich existierenden Gegenständen auf der einen und den rein normativ bestehenden Rechten auf der anderen Seite.

II. Der beschränkte gesetzliche Sachen und Rechten

Geltungsanspruch

der Unterscheidung

von

Ein Blick auf die Gesetzgebungsgeschichte der §§ 90 ff. B G B macht deutlich, dass der historische Gesetzgeber mit diesen Vorschriften nur die Abgrenzung des Begriffs der Sache, nicht dagegen Aussagen über die Anwendbarkeit des B G B auf andere als körperliche Sachen bezweckte. N a c h der ursprünglichen K o n z e p t i o n des Sachenrechts im Teilentwurf von Johow

standen die allgemei-

nen Bestimmungen über Sachen am Beginn der sachenrechtlichen Regelungen 2 5 und nicht wie heute im Allgemeinen Teil. Ihnen kam die Aufgabe zu, entgegen dem weiten Sachbegriff der Vernunftrechtskodifikationen den Anwendungsbereich der Vorschriften des Sachenrechts im B G B auf körperliche Dinge einzuschränken. Eigentum und beschränkt dingliche Rechte sollten demnach grundsätzlich nur an körperlichen Sachen entstehen können. 2 6 Angesichts dieses R e gelungszwecks wurde dem Sachbegriff für den Bereich des Schuldrechts somit ursprünglich keinerlei Bedeutung zugemessen. D i e systematische Stellung der »allgemeinen Bestimmungen über Sachen« 2 7 am Beginn des Sachenrechts blieb während der Redaktionsarbeiten der ersten K o m m i s s i o n erhalten. Gleichwohl wurde jedoch auch bereits zu einem frühen Zeitpunkt in den Gesetzgebungsarbeiten erwogen, diese Vorschriften in den

24 Vgl. zur Kritik an der gaianischen Unterscheidung zwischen res corporales und res incorporales oben Kap. 1 Fn. 14. Zur Kritik an der Unterscheidung zwischen Sachen und Rechten in Bezug auf das BGB vgl. Binder, ZHR 59 (1907) 1, 12 f. und aus neuerer Zeit Staudinger-Dilcher, Vor § 90 Rn. 2. 25 Vgl. den Vorentwurf des Sachenrechts von Johow, in: Schubert (Hrsg.), Redaktionsvorlagen, Sachenrecht 1, S. 15 ff. (§§ 1 ff. der Redaktionsvorlage von Johow)-, zu dem jeweiligen geplanten Standort der heutigen §§ 90 ff. BGB in den heutigen Vorlagen vgl. Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des BGB, Allgemeiner Teil I, S. 421 zu § 90. 26 Vgl. § 1 der Redaktionsvorlage Johows zum Sachenrecht: »Die über Sachen gegebenen Bestimmungen finden auf Rechte nur nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Vorschrift Anwendung«, in: Schubert (Hrsg.), Redaktionsvorlagen, Sachenrecht 1, S. 15; vgl. in diesem Sinne auch Johows Begründung zu seinem Entwurf, in: Schubert (Hrsg.), Redaktionsvorlagen, a.a.O., S. 141 ff. 27 So die Uberschrift der Redaktions vorlage von Johow, vgl. Schubert (Hrsg.), Redaktionsvorlagen, Sachenrecht 1, S. 15.

§ y Rechtsgegenstände

im Sinne des BGB

57

Allgemeinen Teil zu verweisen und dort als eigenen Abschnitt einzugliedern. 28 Damit sollte allerdings nur klargestellt werden, dass die allgemeinen Vorschriften über Sachen auch auf die in den anderen Teilen des geplanten Gesetzbuches enthaltenen Regelungen anwendbar sein sollten, die ebenfalls bewegliche Sachen bzw. Grundstücke betreffen. Der entsprechende Antrag wurde indes von der Kommissionsmehrheit zu diesem Zeitpunkt noch abgelehnt. 29 Im 2. Entwurf von 1894/1895 wurden die Vorschriften allerdings sodann ohne nennenswerte inhaltliche Änderungen in den Allgemeinen Teil gezogen. 30 Die Gründe, die für die Entscheidung der Gesamtkommission letztlich im Einzelnen ausschlaggebend waren, die Vorschriften zum Sachbegriff nun doch aus dem Sachenrecht auszugliedern und in den Allgemeinen Teil zu verlagern, können, soweit ersichtlich, nicht mehr rekonstruiert werden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Argumente, die schon in den vorangegangenen Beratungen von Kritikern vorgebracht worden waren, wiederum eine entscheidende Rolle gespielt haben dürften: Für die Einbeziehung der Regelungen über Sachen in den Allgemeinen Teil dürfte das Bestreben ausschlaggebend gewesen sein klarzustellen, dass nicht nur im Sachenrecht, sondern im gesamten BGB immer dann, wenn von »Sachen« die Rede ist, grundsätzlich nur körperliche Gegenstände gemeint sind. III.

Ergebnis

Es wird deutlich, dass in den Beratungen zum BGB nicht angestrebt wurde, den Kreis sämtlicher Gegenstände im Einzelnen festzulegen, auf den sich die Vermögensrechtsordnung des BGB beziehen sollte. Der Gesetzgeber wollte lediglich eine Aussage über die »Sache« im Rechtssinne, nicht aber über den Inhalt des Begriffs des »Rechts« als Vermögensgegenstand oder gar über den Anwendungsbereich des BGB insgesamt machen. Der Begriff des Rechts als Gegenstück zu dem der Sache wurde vielmehr auf das Betreiben Johowsix diskussionslos aus dem gemeinen Recht übernommen, ohne dass diesem erhebliche Bedeu-

28 Vgl. die Anträge von v. Schmitt u n d v. Weber in der Sitzung der 1. Kommission v o m 11.2.1884, in: Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des BGB, Allgemeiner Teil Bd. I, S. 425. 29 Jakobs/Schubert (Hrsg.), Die Beratung des BGB, Allgemeiner Teil, S. 425. A u s den P r o t o kollen geht hervor, dass die entsprechenden Anträge von v. Schmitt u n d v. Weber von der Mehrheit abgelehnt w u r d e n . 30 Siehe §§ 77 a ff. des E n t w u r f s eines bürgerlichen Gesetzbuches f ü r das deutsche Reich nach den Beschlüssen der R e d a k t i o n s - K o m m i s s i o n , Zweite Lesung, 1894, 1895; vgl .Jakobs! Schubert (Hrsg.), Die Beratung des B G B , Allgemeiner Teil Bd. I, S. 492. 31 Johow hat sich ausdrücklich z u m engen Gegenstandsbegriff des Pandektenrechts bekannt: Wie Savigny dargetan habe, gebe es n u r zwei Gegenstände möglicher Willensherrschaft, die unfreie N a t u r u n d f r e m d e Personen. Johow, Begriff des Sachenrechts u n d dessen selbständige Stellung in dem bürgerlichen Gesetzbuche, in: Schubert (Hrsg.), Redaktionsvorlagen, Sachenrecht, Teil 1, S. 125 (im Original S. 1).

58

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

als Kauf

gegenstände

tung beigemessen worden wäre. Dem Recht als Rechtsgegenstand und den zwischen unterschiedlichen Arten von Rechten bestehenden Strukturunterschieden wurde in den Redaktionsarbeiten keine weitere Beachtung geschenkt.

B. Der Weg von der Unterscheidung zwischen »Sachen und Rechten« zur Einteilung der Rechtsgegenstände in »Herrschafts- bzw. Nutzungsrechte und Forderungen« I. Andreas von Tuhr und die Lehre von den

Vermögensrechten

Angesichts des undeutlichen, in der Tradition des Pandektenrechts verhafteten Begriffs des Rechtsgegenstands als Summe der »Sachen und Rechte« entwickelte sich alsbald nach Inkrafttreten des BGB eine Diskussion darüber, um welche unkörperlichen Gegenstände es sich bei den »Rechten« im Einzelnen handelt, inwieweit die vermögensrechtlichen Vorschriften des BGB auf diese Anwendung finden und welche Besonderheiten gegenüber Verkehrsgeschäften mit beweglichen Sachen zu berücksichtigen sind. Maßgebliche Autoren 32 aus der Frühzeit des BGB lösten sich von der dem BGB zugrundeliegenden traditionellen 33 Aufteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte, indem sie Rechte sowohl an körperlichen als auch an unkörperlichen Gegenständen unter den Oberbegriff der Vermögensrechte subsumierten. Namentlich Andreas v. Tuhr34 ersetzte den Begriff des Rechtsgegenstands durch denjenigen des Vermögensrechts: Hierbei handele es sich, so v. Tuhr; um den Kreis derjenigen Rechte, die dem Menschen die wirtschaftlichen Mittel seiner Existenz und der Betätigung seines Willens sichern und die von den Familienund Personenrechten zu unterscheiden seien.35 Als maßgebliche Kriterien für

32 v. Tuhr, AT Bd. I, S. 313 ff.; vgl. auch v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. 1, S. 272 f., der ungeachtet der Gesetzgebungsarbeiten zum BGB in seinem Deutschen Privatrecht Bd. I im Jahr 1895 von dem weiten deutschrechtlichen Sachbegriff ausgeht (a.a.O.). 33 Als beispielhaft für einen exegetischen, weitgehend an der pandektenrechtlichen Tradition orientierten Ansatz vgl. aber Leonhard, Allgemeiner Teil, S. 152 ff.: Der Begriff des Vermögensgegenstandes sei mit der römischen res gleichbedeutend und unterfalle in res corporales (= Sachen) und res incorporales (= unkörperliche Gegenstände). Während Leonhard mit »körperlichen Sachen« solche Stücke der Natur bezeichnet, die der ausschließlichen rechtlichen Herrschaft einzelner unterworfen werden können, faßt er den Begriff der unkörperlichen Gegenstände rein normativ, indem er damit die entsprechenden Rechtspositionen selbst, nicht aber die diesen zugrundeliegenden unkörperlichen Entitäten bezeichnet: Res incorporales seien die nur durch eine Denktätigkeit erkennbaren Vermögensstücke, also die Rechte mit Ausnahme des Eigentums, das, wenn es unbelastet sei, als Wertstück mit der Sache identisch sei. (a.a.O., S. 157). »Unrömisch« sei dagegen, so Leonhard, eine Definition der unkörperlichen Sachen, die zu ihnen Gesamtsachen, Erfindungen und dergleichen zähle. (a.a.O. S. 158). 34 v. Tuhr, AT Bd. I, S. 313 ff. 35 v. Tuhr, AT Bd. I, S. 314.

§ 5. Rechtsgegenstände

im Sinne des BGB

59

die Bestimmung des Kreises der Vermögensrechte betrachtete v. Tuhr insbesondere den Geldwert, die Ubertragbarkeit und die Fähigkeit eines Rechts, als Haftungsobjekt dienen zu können. Um Vermögensrechte handele es sich insbesondere beim Eigentum und den beschränkt dinglichen Rechten, bei Forderungen auf geldwerte Leistungen, aber auch beim Autor-, Erfinder- und Warenzeichenrecht sowie auch bei Mitgliedschaftsrechten und Gestaltungsrechten mit Vermögenswert.36 II. Der Gegenstandsbegriff

Rudolf Sohms

Während v. Tuhr Vermögensrechte auf der Grundlage allgemeiner, im B G B nicht explizit zum Ausdruck kommender Grundsätze als grundsätzlich übertragbare Rechtspositionen charakterisierte, bemühte sich Rudolf Sohm um eine Anbindung der Vermögensrechte an das BGB. 3 7 Sein Anliegen war es zu verdeutlichen, welche Rechte nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen38 als »Gegenstände« zu gelten hätten, somit als Anknüpfungspunkte verkehrsrechtlicher Regelungen des B G B in Betracht kämen und deshalb Objekte einer Rechtsnachfolge sein könnten. 39 Sohm sah einen engen Zusammenhang zwischen dem Begriff des »Gegenstands« i.S.d. B G B und demjenigen der Verfügung. Als »Gegenstände« erkannte er nur verfügbare Einzelrechte an: Aus dem B G B gehe hervor, dass Verfügungsgeschäfte Geschäfte über Gegenstände seien, und nur über Gegenstände könne verfügt werden 40 . Gegenstände und damit Vermögensrechte seien deshalb nur die veräußerlichen Rechte mit Einschluß ihrer Tochterrechte 41 . Zur Begründung verwies Sohm auf eine Reihe von Vorschriften im BGB, die den Begriff des Gegenstands im Zusammenhang mit Verfügungen erwähnen 42 . Den Vermögensrechten stünden die verkehrsunfähigen Personenrechte

36 v. Tuhr, AT, Bd. I, S. 133 ff. Innerhalb der Vermögensrechte maß v. Tuhr den Herrschaftsrechten, aufgrund derer der Mensch ein außerhalb seiner selbst stehendes Objekt seinem Willen unterwerfen könne, eine besondere Bedeutung bei. Die beherrschte Sache könne eine Person, eine Sache oder auch ein Geisteswerk sein. Das Geisteswerk sei zwar nicht körperlich, aber existiere deshalb nicht weniger real. Wenn der Urheber vermöge der ihm zuerkannten Befugnisse das äußere Schicksal seines Werks bestimmen könne, so beherrsche er damit nicht mehr ein Stück seiner Person, sondern etwas, was sich von seiner Person losgelöst habe, a.a.O. S. 147. 37 Sohm, Der Gegenstand, passim; ders., ArchBüR 28 (1906), 173; ders., JheringsJB 53 (1908) 373; vgl. hierzu aus heutiger Sicht Wilhelm, Begriff und Theorie der Verfügung, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation Band II, S. 213 ff. 38 Vgl. z. B. Sohm, ArchBüR 28 (1906), 173, 174, wonach die Rechtsbegriffe nach Maßgabe der positiven Rechtssätze zu bilden seien. 39 Sohm, JheringsJB 53 (1908) 373, 374. 40 Sohm, Der Gegenstand, S. 6. 41 Sohm, JheringsJB 53 (1908) 373, 377. 4 2 Als Beispiele nannte er dabei §§ 135, 161, 185, 816, 2040 BGB; vgl. Sohm, Der Gegenstand, S. 6.

60

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

als

Kaufgegenstände

gegenüber, die gerade keine Gegenstände des verfügungsgeschäftlichen Verkehrs seien und die deshalb nicht unter den Gegenstandsbegriff des BGB fielen 43 . Innerhalb der Gruppe der Gegenstände unterschied Sohm zwischen körperlichen und unkörperlichen Gegenständen: Der Begriff des unkörperlichen Gegenstands erfasse alle Gegenstände des verfügungsgeschäftlichen Verkehrs, die keine Sachen und auch nicht das an diesen bestehende Eigentumsrecht seien. Neben den beschränkt dinglichen Rechten handele es sich dabei um die übertragbaren unkörperlichen Rechtspositionen, die selbständig durch Verfügungsgeschäft veräußert werden könnten. Unter diesem Gesichtspunkt seien neben den Forderungsrechten auch die veräußerlichen Immaterialgüterrechte Gegenstände44. Die zeitgenössische Kritik an Sohms Gegenstandsbegriff wendete sich vornehmlich dagegen, dass sich seine Theorie auf den Wortlaut des BGB stützen lasse.45 Die Kritiker beriefen sich darauf, dass der Begriff des Gegenstands im BGB nicht nur im Zusammenhang mit übertragbaren Rechten gebraucht werde, sondern häufig auch dann, wenn der Gesetzgeber bemüht sei, einen möglichst allgemeinen Ausdruck für ein Objekt zu finden. »Gegenstand« könne als ein Wort angesehen werden, mit dem der Gesetzgeber ebenso wenig wie unsere Sprache einen bestimmten technischen Begriff verbunden habe, und das daher kaum entbehrlich, aber doch nicht definierbar sei46. Wenn das Gesetz von Verfügungen über Gegenstände spreche, dann mache es damit nur deutlich, dass Verfügungen nicht bloß in Bezug auf Sachen i.S.d. § 90 BGB möglich seien. Rechtsgegenstand im Sinne des BGB könne zwar, müsse aber nicht zwingend Verfügungsgegenstand sein« 47 . Insgesamt dürfte diese streng am Wortlaut des BGB orientierte Kritik jedoch der Bedeutung der Lehre Sohms nicht gerecht geworden sein: Mit seiner Interpretation des Begriffs des Gegenstands i.S.d. BGB als Verfügungsgegenstand unternahm Sohm erstmals den Versuch einer Abkehr von der pandektistischen Tradition der Gegenstandslehre auf der dogmatischen Grundlage des neugeschaffenen BGB 48 . Die besondere Bedeutung dieses Bemühens wird insbesondere in der heutigen Zeit deutlich, in der die Notwendigkeit der Integration neuartiger unkörperlicher Vermögensgegenstände in das BGB immer offensichtlicher wird. Sohms zeitgenössische Kritiker, die seiner Theorie im Wesentlichen mit

Sohm, Der Gegenstand, S. 22 f. Hierbei handele es sich um das Urheberrecht, das Verlagsrecht, das Erfinderrecht, nicht dagegen - mangels selbständiger Ubertragbarkeit - um das Firmen- oder Zeichenrecht. Vgl. Sohm, Der Gegenstand, S.21; vgl. auch ders., JheringsJB 53 (1908) 373, 383. 45 Vgl. zur Kritik vor allem Binder, ZHR 79 (1907) 1, 10 ff.; ders., ArchBüR 34 (1910), 209 ff.; Hedemann, ArchBüR 31 (1908) 322 ff. Vgl. auch die Entgegnung von Sohm, JheringsJB 53 (1908) 373, 374. 46 Binder, ZHR 79 (1907) 1,3. 47 Binder, ZHR 79 (1907) 1, 10 ff.; ähnlich Hedemann, ArchBüR 31 (1908), 322, 326. 48 Vgl. Sohm, ArchBüR 28 (1906), 173, 174ff., wo er besonders betont, dass seine Theorie auf den Rechtssätzen des BGB beruhe. 43

44

§

Rechtsgegenstände

61

im Sinne des BGB

Wortlautargumenten entgegentraten, haben diesen bedeutenden Grundgedanken der Lehre Sohms - die Erweiterung des Anwendungsbereichs des BGB über den Kreis der Sachen und Rechte hinaus - nicht hinreichend gewürdigt. 49 Es kann nur darüber spekuliert werden, ob sich das Immaterialgüterrecht auch dann als eine vom BGB weitgehend unabhängige Rechtsmaterie entwickelt hätte, wenn der integrative Ansatz Sohms von Rechtsprechung und Wissenschaft aufgegriffen und fortentwickelt worden wäre: Jedenfalls wären dann die Immaterialgüterrechte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts eindeutig als Vermögensgegenstände i.S.d. BGB aufgefaßt worden. Dies hätte die Entwicklung eines Rechts der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände auf bürgerlich-rechtlicher Grundlage maßgeblich erleichtert. III. Walter Schönfeld und die Lehre vom Kulturgut

als

Rechtsgegenstand

Auch nach Beendigung der durch Sohm im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts ausgelösten Diskussion über den Gegenstand i.S.d. BGB wurde die Frage nach dem gegenständlichen Anwendungsbereich des BGB verschiedentlich neu erörtert. Hierbei wurden allerdings für die hier in erster Linie interessierende Frage nach der Integration unkörperlicher Objekte in die Vermögensordnung des BGB keine nennenswerten neuen Antworten entwickelt. 50 So betonte Walter Schönfeld51 in einem Festschriftbeitrag zum 50-jährigen Bestehen des Reichsgerichts im Jahr 1929, dass Gegenstand alles sei, was »gewußt werde« und somit der Erkenntnis zugänglich sei. 52 Diesem allgemeinen und neutralen Gegenstandsbegriff setzte Schönfeld den Begriff des »Kulturguts« gegenüber: Indem der Mensch als Kultursubjekt auf die Welt einwirke und sie im Sinne übergeordneter Ziele pflege, mache er die Gegenstände zu »Kulturgütern«, die es dem Menschen ermöglichten, seiner Bestimmung als körperlich-geistiges Wesen gerecht zu werden. Zu diesen Kulturgütern zählten nicht nur körperliche, sondern auch rein geistige Güter, da diese in gleicher Weise wie die körperlichen Kulturgüter der Pflege durch den menschlichen Geist zugänglich und der Bestimmung des Menschen zu dienen geeignet seien. 53 Vom Begriff des Kulturguts

4 9 Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt Wilhelm, Begriff und Theorie der Verfügung, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation Band II, S. 213, 228 ff. 50 Vielmehr verfestigte sich in dieser Zeit die E n t w i c k l u n g des Immaterialgüterrechts zu einer vom B G B weitgehend unabhängigen Spezialmaterie. Vgl. hierzu im Einzelnen die umfassenden historischen Darstellungen der E n t w i c k l u n g der unterschiedlichen Teilgebiete des Immaterialgüterrechts im 20. J a h r h u n d e r t in der G R U R - F e s t s c h r i f t , passim. 51 Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut, S. 191 ff. 52 Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut, S. 191, 208. Zu den Parallelen dieses Ansatzes, der ohne weiteres auch unkörperliche Güter als Gegenstände umfaßt, mit den sprachphilosophischen Erkenntnissen insbesondere von Frege, Carnap und Quine vgl. oben § 4 C . 53 Vgl. sinngemäß Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut, S. 191, 209f.

62

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

als

Kaufgegenstände

leitete Schönfeld denjenigen des Rechtsguts ab:54 Die Kulturobjekte bildeten, so Schönfeld, die möglichen und wirklichen Rechtsobjekte; entscheidend sei, ob sie vom Recht dazu formiert und normiert worden seien. Nähere Überlegungen dazu, wie dieser Gegenstandsbegriff in das BGB integriert werden könnte, und welche Folgerungen sich hieraus für unkörperliche Wertobjekte ergeben könnten, stellte Schönfeld indes nicht an. IV. Gerhard Husserls rechtstheoretische

Studien

Nur kurze Zeit später veröffentlichte Gerhard Husserl seine rechtstheoretische Monographie »Der Rechtsgegenstand. Rechtslogische Studien zu einer Theorie des Eigentums.« Darin widmete sich Husserl vornehmlich der logischen Erfassung des Eigentums an körperlichen Sachen, erwähnte dagegen unkörperliche Gegenstände nur am Rande 55 . Somit stellte er in seiner Studie weniger die hier in erster Linie interessierende Frage nach der positivrechtlichen Integrationsfähigkeit unterschiedlicher Wertobjekte in die Vermögensrechtsordnung des BGB. Vielmehr erforschte er die theoretische Frage, wie das Innehaben eines werthaften Etwas, eines »Rechtsgegenstandes«, rechtslogisch zu verstehen sei.56 Mögen seine Ausführungen somit auch von erheblichem rechtstheoretischem Interesse sein, so sind sie gleichwohl für die Anwendung und Fortentwicklung des positiven Rechts der unkörperlichen Gegenstände von nur untergeordneter Bedeutung.

V. Franz Wieacker und der Versuch einer des Vermögensrechts

Neusystematisierung

Eine Studie zur Erweiterung des gegenständlichen Anwendungsbereichs des Vermögensrechts und zur Abkehr von der pandektenrechtlichen Beschränkung des Gegenstandsbegriffs des BGB auf das Recht der Forderungen und körperli-

Vgl. hierzu und zum folgenden: Schönfeld, Rechtsperson und Rechtsgut, S. 191, 234 f. Husserl, Rechtsgegenstand, §§151 ff. (S. 176 ff.). Zu seinen Grundthesen vgl. Husserl, a.a.O. § 1 (S. 1). 56 Vgl. zu dieser Frage auch noch Karl Engisch, Die Sache im Recht, in: ders., Vom Weltbild des Juristen, S. 141 ff., der ebenfalls die Frage nach dem Gegenstand und insbesondere nach dem bürgerlich-rechtlichen Sachbegriff aufgriff. Engisch beschränkte seine Abhandlung jedoch im Wesentlichen auf den Sachbegriff, da dieser einerseits ein elementarer Begriff sei, er andererseits der historisch ursprünglichste und zugleich prägendste Begriff unter den juristischen Gegenstandsbegriffen sei. Schon aus dieser Themenwahl folgt, dass weder der Begriff des Rechtsgegenstandes noch der engere Begriff des unkörperlichen Gegenstands und die Frage nach dessen Integrationsfähigkeit in das BGB thematisiert wurden. 54 55

§ 5. Rechtsgegenstände

im Sinne des

63

BGB

chen Gegenstände hat Franz Wieacker im Jahr 1941 vorgelegt. 57 Anlaß hierfür waren seine Vorschläge zur Reform des Vermögensrechts zum Zweck der Schaffung des sogenannten »Volksgesetzbuches«. Ausgehend von dem Postulat, dass Aufgabe einer systematischen Rechtsordnung die »Unterstellung der vielfältigen Wirklichkeit unter die Einheit einer höheren Anschauung der Wirklichkeit« sei, wendet er sich gegen die auf der Pandektentradition beruhende, »wirklichkeitsfremde« Unterteilung zwischen Obligationen- und Sachenrecht 58 . Das Vermögensrecht habe »zu seinem Gegenstand die Zuteilung und den Austausch von Vermögensgütern« 59 . Dementsprechend könne das Vermögensrecht gegenständlich nicht auf die absoluten Rechte an körperlichen Gegenständen 60 beschränkt werden 61 . Die Thesen Wieackers hätten eine grundlegende Reform des bürgerlich-rechtlichen Gegenstandsbegriffs und des Vermögensrechts insgesamt erforderlich gemacht. Sie fanden nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs keine Beachtung mehr. Darüber, ob der »germanistische« Ansatz Wieackers eine nachhaltigere Integration unkörperlicher Gegenstände in das bürgerlich-rechtliche Vermögensrecht möglich gemacht hätte, könnten nur unsichere Mutmaßungen angestellt werden; diese Frage kann daher offen bleiben.

VI. Alois Trollers Unterscheidung güterrecht

zwischen Lebensgut und

Immaterial-

Zwar keine dogmatische Studie zur Integrationsfähigkeit unkörperlicher Gegenstände in das allgemeine bürgerlich-rechtliche Vermögensrecht, aber eine besonders deutliche Klarstellung der weitgehenden strukturellen Gemeinsamkeiten von körperlichen Sachen und Immaterialgütern hat Alois Troller62 vorgelegt. Wie in ähnlicher Form schon zuvor für Schönfeld ist Ausgangspunkt auch für ihn die Unterscheidung zwischen Lebensgütern (Genussobjekten) einerseits und Rechtsobjekten andererseits. Als Lebensgüter betrachtet er die objektiv,

57 Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, S. 1 ff.; s. dazu auch die Entgegnung von H. Lange, AcP 147 (1941), 290 ff. 58 Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, S. 13 f.; S. 30. Vgl. auch ähnlich ders., AcP 148 (1941) 57, 58 ff. 59 Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, S. 13. 60 Trotz dieses weiten Verständnisses des Vermögensrechts wendet sich auch Wieacker gegen die in der Konsequenz seiner Auffassung liegende Integrierung des Immaterialgüterrechts in das Vermögensrecht des »Volksgesetzbuchs«: Für den Bereich des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes sowie den Verlagsvertrag seien Sondergesetze vorzugswürdig, da sich hier bereits spezialisierte Lösungen herausgebildet hätten. Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, S. 16 f. 61 Wieacker, Zum System des deutschen Vermögensrechts, S. 30 f.; ähnlich ders., AcP 148 (1941), 57, 65. 62 Troller, Immaterialgüterrecht Bd. I, S. 49 ff.; vgl. auch Schönherr, Zur Begriffsbildung im Immaterialgüterrecht, in: Festschrift für Troller, S. 57, 62 f.

64

2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte

als

Kaufgegenstände

d.h. für jedem Menschen wahrnehmbaren Erscheinungen der empirisch erfassbaren Welt, deren Genuss angestrebt wird. O b die Lebensgüter körperlich greifbar oder unkörperlich seien, spiele dabei keine Rolle. Während allerdings Sachgüter regelmäßig als Rechtsobjekte anerkannt seien 63 , seien aus dem Kreis der vielfältigen Arten unkörperlicher Güter nur diejenigen als Rechtsgüter und damit als Immaterialgüterrechte anzusehen, die die Rechtsordnung ausdrücklich als solche vorsehe. Dementsprechend unterlägen die Immaterialgüterrechte als Herrschaftsrechte 6 4 über ein solches rechtlich anerkanntes geistiges Gut einem Numerus Clausus 6 5 . VII. Ernst Wolfs Lehre von den Rechtsgegenständen eines absoluten Rechts

als den

Inhalten

Die Arbeiten Ernst Wolfs führten zu einer weiteren Verfestigung eines Gegenstandsbegriffs, der sich von der pandektistischen Unterteilung zwischen Sachen und Rechten loslöst. 6 6 Wolf versteht unter »Gegenständen eines rechtlichen Verhältnisses« jedes Konzept, das Gegenstand von Rechtsbeziehungen gleich welcher Art sein könne; als »Rechtsgegenstände« dagegen sieht er nur diejenigen Gegenstände an, die geeignet sind, den Inhalt eines absoluten subjektiven Rechts zu bilden. 67 D a Wolf allerdings eine weitergehende Unterteilung der absoluten Rechte nicht vornimmt und er insbesondere den Begriff des Herrschaftsrechts ablehnt 68 , differenziert seine Lehre nicht weitergehend zwischen einzelnen Formen von Rechtsgegenständen. Der Gegenstandsbegriff Wolfs ermöglicht es zwar, Handlungen und Unterlassungen aus dem Begriff des Rechtsgegenstands auszuklammern, da diese nur im Rahmen relativer rechtlicher Verhältnisse erfasst sind. Gleichwohl bleibt der Kreis der »Rechtsgegenstände« auf Grundlage der Thesen Wolfs inhomogen, da absolute Rechte an einer großen Zahl unterschiedlicher Gegenstände bestehen können. Familienrechte, dingliche Rechte und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht sind als absolute Rechte zu qualifizieren, ohne dass eine nennenswerte Strukturverwandtschaft zwischen ihnen erkennbar wäre.

63

Troller., Immaterialgüterrecht Bd. I, S. 50. Vgl. sinngemäß Troller, Immaterialgüterrecht Bd. I, S. 99, 109. 65 Troller, Immaterialgüterrecht Bd. I, S. 59. 6 6 Die Begriffe der Rechts- bzw. Lebensgüter lehnt er allerdings aus terminologischen Gründen ab. Vgl. Ernst Wolf, AT, S. 128. 67 Ernst Wolf, AT, S. 127ff. 68 Ernst Wolf, AT, S. 92. 64

§ 5. Rechtsgegenstände

im Sinne des

65

BGB

VIII. Karl Larenz und die Lehre von den Rechtsgegenständen zweiter Ordnung

erster

und

Der bisherige Endpunkt der Diskussion über den Begriff des Rechtsgegenstands dürfte mit der Lehre Karl Larenz von den Rechtsgegenständen erreicht worden sein. Als »Rechtsobjekte erster Ordnung« bezeichnet Larenz die der Ebene des real Seienden zugehörigen Bezugspunkte von Herrschafts- und Nutzungsrechten. Nach Larenz sind Rechtsgegenstände erster Ordnung neben Sachen i.S.v. § 90 B G B auch solche unkörperlichen Gegenstände, an denen Dritten gegenüber wirksame Herrschafts- oder Nutzungsrechte möglich sind.70 Bei den Rechtsgegenständen erster Ordnung im Sinne Larenz' handelt es sich somit um den Kreis derjenigen vorrechtlichen Gegenstände, die aufgrund einer entsprechenden Wertentscheidung des Gesetzgebers als grundsätzlich schutzfähige, teilweise darüber hinausgehend auch als verwertbare Güter anerkannt sind. In der Tradition Sohms differenziert Larenz zwischen diesen tatsächlichen Gütern und den rein normativen Vermögensgegenständen, die Objekt einer Verfügung sein können. Solche übertragbaren Rechte und Rechtsverhältnisse bezeichnet Larenz als »Rechtsobjekte zweiter Ordnung«. In ihrer rein normativen Existenz unterscheiden sie sich grundlegend von den vorrechtlich gegebenen Rechtsgegenständen erster Ordnung. IX. Schlussfolgerungen,

Stellungnahme

und

Ausblick

Bereits alsbald nach Erlass des B G B hatte sich in der Rechtswissenschaft die Uberzeugung durchgesetzt, dass nicht nur Rechte an körperlichen Sachen sowie Forderungen, sondern auch Rechtspositionen an unkörperlichen vorrechtlichen Wertobjekten als Gegenstände des durch das B G B geregelten Rechtsverkehrs in Betracht kommen. Insbesondere auf Grundlage der Lehre Sohms galt dies für unkörperliche Gegenstände jedenfalls dann, wenn diese als übertragbar ausgestaltet waren und deshalb Objekt einer Verfügung sein konnten. Die Einteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte war damit bereits zu einem frühen Zeitpunkt weitgehend aufgegeben worden. Die weitere Rechtsentwicklung hat deutlich gemacht, dass die grundlegende Einteilung der vermögensrechtlichen Rechtsgegenstände nicht zwischen Sachen und Rechten, sondern zwischen Herrschafts- und Nutzungsrechten an körperlichen bzw. unkörperlichen Gütern auf der einen Seite sowie Forderungsrechten auf der anderen Seite differenziert. Nach dem modernem, insbesondere durch Larenz geprägten Verständnis vom Rechtsgegenstand i.S.d. BGB spielt somit die Körperlichkeit 69 Larenz, AT, 7. Aufl., § 1 6 (S. 281 ff.); ähnlich Larenz/Wolf, AT, 8. Aufl., § 2 0 Rn. l f f . (S. 383 ff.). 7 0 Nicht zu den Rechtsgegenständen erster Ordnung zählt Larenz die Persönlichkeit, da diese schon nach dem Sprachsinn das allen Gegenständen Gegenüberstehende sei. Das Persönlichkeitsrecht sei demnach kein Herrschaftsrecht; vgl. Larenz, AT, 7. Aufl., § 16 I (S. 282).

66

2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte als

Kaufgegenstände

des jeweiligen Guts nur eine ganz untergeordnete Rolle bei der Frage, ob ein Gut als Vermögensgegenstand i.S.d. B G B zu qualifizieren ist. Fest steht somit, dass die vermögensrechtlichen Vorschriften des B G B - über die von der Pandektentradition anerkannten Gegenstände hinausgehend grundsätzlich auch auf die Gruppe der erst in neuerer Zeit anerkannten unkörperlichen Gegenstände wie insbesondere auf Immaterialgüterrechte angewendet werden können. Auf dieser Grundlage stellt sich die Frage, wie die Gegenstände, auf die das B G B somit Anwendung findet, näher zu charakterisieren und gegeneinander abzugrenzen sind. Den Ausgangspunkt für die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Arten rechtlich erfasster Gegenstände bilden die jeweiligen Existenzebenen der Rechtsobjekte: Während insbesondere Forderungen lediglich auf rein normativer Ebene existieren, haben die körperlichen und unkörperlichen »realen« Gegenstände wie Sachen und Immaterialgüterrechte eine tatsächliche, vorrechtliche Existenz. Körperliche Gegenstände sind dabei beinahe stets als Rechtsgegenstände ausgestaltet, indem die Rechtsordnung Herrschaftsrechte an ihnen verleiht. Dagegen werden aus dem großen Kreis der unkörperlichen vorrechtlichen Gegenstände nur bestimmte Teilmengen im Wege eines Numerus Clausus herausgegriffen. An diesen verleiht die Rechtsordnung in Verwirklichung gewisser Wertvorstellungen gegebenenfalls Herrschafts- bzw. Nutzungsrechte und gestaltet sie damit vielfach als voll oder eingeschränkt übertragbar, teilweise aber auch als unübertragbar aus. Angesichts dieser Überlegungen ist der Lehre Larenz' von den Rechtsgegenständen uneingeschränkt zu folgen: Als »Rechtsgegenstände erster Ordnung« sind all diejenigen vorrechtlichen tatsächlichen Güter anzusehen, die durch die Gewährung von Ausschließlichkeitsrechten in die Rechtsordnung integriert werden. Bei den Rechtsobjekten zweiter Ordnung handelt es sich um die rein normativen Wertgegenstände wie einerseits die Forderungen, andererseits aber auch die verschiedenen Erscheinungsformen absoluter Rechte als solcher, die die Rechtsordnung dem Einzelnen an bestimmten vorrechtlichen Gegenständen zuerkennt. Mit der Lehre Larenz' wird die pandektistische Unterteilung zwischen Sachen und Rechten bzw. zwischen körperlichen und unkörperlichen Gegenständen als Grundlage des Rechtsgegenstandsbegriffs endgültig überwunden. An ihre Stelle tritt die Unterscheidung zwischen vorrechtlichen Gegenständen (erster Ordnung) und rein normativen Gegenständen (zweiter Ordnung). Die Körperlichkeit bzw. Unkörperlichkeit des jeweiligen vorrechtlichen Gutes ist dagegen für die Einteilung der Gegenstände von nur untergeordneter Bedeutung. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird vor diesem dogmatischen Hintergrund näher auf die Frage einzugehen sein, ob das kaufrechtliche Regelungssystem des BGB, das gleichwohl in der pandektistischen Lehre vom Rechtsgegenstand verhaftet ist, den Bedürfnissen einer modernen Verkehrsrechtsordnung gerecht werden kann, die auch unkörperliche Güter zu integrieren hat.

§ 6. Kaufgegenstände

§ 6.

67

Kaufgegenstände

A . Problemstellung Entgegen der vorzugswürdigen Unterteilung der Rechtsgegenstände in vorrechtliche und rein normative Güter unterschied das Gesetz bis zur Schuldrechtsreform lediglich zwischen Sach- und Rechtskauf. Als dritte Gruppe werden nun Kaufverträge über »sonstige Gegenstände« erwähnt. Denkbar wäre, dass das Gesetz hierdurch einen dritten, im Wesentlichen eigenständigen kaufrechtlichen Grundtypus neben dem Sach- und dem Rechtskauf gestellt hat, dessen Konturen allerdings bislang noch undeutlich sind. Im Folgenden sind deshalb die Begriffe der »Sache«, des »Rechts« und des »sonstigen Gegenstands« im Sinne der kaufrechtlichen Vorschriften auf ihren Inhalt und ihre Grenzen hin zu untersuchen.

B. D e r Begriff der »Kaufsache« und seine G r e n z e n

/. Überblick über den Meinungsstand Den Ausgangspunkt für den Sachbegriff im Sinne des Kaufrechts bilden wiederum die §§ 90 ff. B G B . Ist ein körperlicher Gegenstand als Sache i.S.v. §§ 90 ff. B G B zu qualifizieren, so unterliegt seine Veräußerung unproblematisch den gesetzlichen Vorschriften über den Sachkauf i.S.v. §§ 433ff. B G B . 7 1 Jedenfalls bis zur Schuldrechtsreform entsprach es allerdings der weit überwiegenden Auffassung, dass der Anwendungsbereich der Vorschriften des Sachkaufs nicht streng auf körperliche Veräußerungsgüter i.S.v. §§ 90 ff. B G B beschränkt ist. So ist in Ansehung der wirtschaftlichen Bedürfnisse, die verlangen, Veräußerungsverträge über andere Güter wie beispielsweise Wärme oder elektrische Energie rechtlich zu regeln, bereits seit langem anerkannt, dass der gegenständliche Anwendungsbereich der N o r m e n des Sachkaufs über den Verkauf körperlicher Sachen i.S.d. §§ 90 ff. B G B hinausreicht. 7 2 Nach herrschender Meinung ist deshalb der

71 Vgl. z.B. MüKo-H.P.Westermann, §433 Rn. 3; Soerge\-Huber, § 4 3 3 Rn. 21; StaudingerKöbler,% 433 Rn. 31. 72 Verträge über die Lieferung von Wärme bzw. elektrischer Energie werden dem Recht des Sachkaufs unterstellt, obgleich es sich nicht um Sachen i.S.v. § 90 B G B handelt (s. z.B. PalandtHeinrichs, § 90 Rn. 2; Erman-Micbalski, § 90 Rn. 2). Vgl. aber Staudinger-Köhler, § 433 Rn. 42, wonach mit dieser begrifflichen Einordnung als Sachkauf die Sachfragen nicht gelöst werden können. Vgl. zu den diesbezüglichen Ausweitungen des Sachbegriffs der §§ 90 ff. B G B auch P. Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 289, 292 ff. Vielfach wird auch der Unternehmenskauf entsprechend den Vorschriften des Sachkaufs behandelt. Die Problematik des Unternehmenskaufs liegt aber außerhalb des Themenbereichs der vorliegenden Arbeit. Vgl. zu der entsprechenden Themeneinschränkung unten § 6 D.

68

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

als Kauf

gegenstände

Sachbegriff des § 433 Abs. 1 B G B erweiternd auszulegen: All diejenigen Gegenstände seien als Sachen im Sinne des Kaufrechts zu qualifizieren, die entsprechend dem Normzweck des Sachkaufs bzw. nach der Verkehrsanschauung oder der Intention der Parteien als Sache anzusehen seien. 73 Eine hiervon abweichende ältere Auffassung gelangte auf andere Weise zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Sachkaufs, kam aber regelmäßig zu denselben Ergebnissen: Sie legte zwar den Sachbegriff im Sinne von § 433 Abs. 1 B G B nicht gegenüber demjenigen des § 90 B G B erweiternd aus, wendete aber die Vorschriften über den Sachkauf auf bestimmte, nicht als Sachen i.S.v. § 90 ff. B G B zu qualifizierende Gegenstände analog an. Voraussetzung für die entsprechende Anwendung von § 90 B G B war nach diesem Ansatz jedoch, dass die Verpflichtungen aus dem Sachkauf mit der Eigenart des Leistungsgegenstands verträglich seien. 74

II. Informationelle

Inhalte als Sachen im Sinne des

1. Die Überlassung verkörperter

informationeller

Kaufrechts?

Inhalte als

Sachkaufverträgef

Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der kaufrechtlichen Vorschriften über die Veräußerung von körperlichen Sachen und Rechten hinaus auf andere werthafte Güter wurde - jedenfalls unter Geltung des früheren Schuldrechts insbesondere bei der Veräußerung von Computersoftware für notwendig erachtet. Angesichts des offensichtlichen wirtschaftlichen Bedürfnisses, diesbezügliche Veräußerungsverträge rechtlich zu regeln, ist in der Rechtsprechung 7 5 und in der wohl überwiegenden Literatur 7 6 anerkannt, dass die dauerhafte Überlassung von Standardsoftware als Sachkauf zu qualifizieren ist oder die Vorschriften des Sachkaufs - insbesondere diejenigen der Sachmängelhaftung - jedenfalls entsprechende Anwendung finden müssen. Zur Begründung der »zumindest ent-

73 Staudinger-Köhler, §433 Rn. 34; Staudinger-Dilcher, § 9 0 Rn. 10; MüKo-//. P. Westermann, § 433 Rn. 2; KöhlerlFritsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513, 519 f.; vgl. auch Soergel-Huber, Vor § 4 3 3 Rn. 29, der zwar auch anerkennt, dass in Grenzfällen der Begriff der Sache in § 433 B G B nicht mit dem des § 90 B G B identisch ist, aber für eine nur sehr vorsichtige Erweiterung plädiert. 74 Ennecerus/Lehmann, § 101 II (S. 405, 407 f.); Heck, Schuldrecht, § 91, 11 (S. 297 t). 75 Vgl. insbes. B G H N J W 1988,406; B G H Z 102,135, 139ff.; B G H Z 109, 97, 99; B G H N J W 1993, 461, 462 sowie zuletzt B G H N J W 2000, 1415,1415 = C R 2000,207 m. Anm. v. Chrocziel; s. zu dieser Entscheidung auch Müller-Hengstenberg, N J W 2000, 3544. 7 6 Vgl. aus dem kaum mehr zu überblickenden Schrifttum z.B. P. Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 306; Hoeren, Softwareüberlassung als Sachkauf, passim; dersJSchuhmacher, C R 2000, 137 ff.; Köhler!Fritsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513, 516 ff.; a.A. D. Ulmer, C R 2000, 493, 494 f. Vgl. insbesondere auch den umfassenden Überblick über den Meinungsstand bei Marly, Softwareüberlassungsverträge, S. 12 ff., insbes. S. 27 ff. sowie bei Kort, D B 1994, 1505, 1506Fn. 16.

§ 6.

Kaufgegenstände

69

sprechenden Anwendbarkeit der §§ 459ff. B G B a.F.« 77 wird auf die Verkörperung der Computersoftware auf einem Datenträger hingewiesen, dem Sacheigenschaft i.S.v. § 90 B G B zukomme. 7 8 Insoweit sei der Kauf von Software mit dem Kauf eines Buchs vergleichbar. 79 Der überwiegende Teil des Schrifttums tritt dagegen in diesen Fällen für eine autonome, von den Vorgaben des § 90 B G B gelöste Ermittlung des Anwendungsbereichs des Sachkaufs ein 80 : Zwar liege keine Sache i.S.v. § 90 B G B vor, wohl aber eine Kaufsache i.S.v. § 433 Abs. 1 B G B a.F., so dass die Vorschriften des Sachkaufs unmittelbar oder entsprechend auf den Veräußerungsvertrag angewendet werden könnten. 8 1 Die Subsumierbarkeit von Computersoftware unter den Sachbegriff i.S.v. § 90 B G B erscheint schon in den Fällen als äußerst zweifelhaft, in denen das werthafte Gut auf einem - körperlichen - Datenträger gespeichert ist: Gegenstand des Veräußerungsvertrags ist nicht in erster Linie der Datenträger selbst, sondern der auf diesem gespeicherte Inhalt. Der Vergleich mit einem Buch als sächlichem Kaufobjekt erscheint nicht als gerechtfertigt, da dem Datenträger beim Rechtserwerb anders als dem körperlichen Buch regelmäßig nur eine ganz untergeordnete Bedeutung zukommt. Insgesamt ist das Abstellen auf den Datenträger als reine Hilfsbegründung zu bewerten, die es auf rein begrifflicher Basis ermöglichen soll, die Veräußerung von Software unter das Kaufrecht zu subsumieren. Dogmatisch etwas überzeugender ist eine von den Vorgaben der §§ 90 ff. B G B unabhängige Bestimmung des kaufrechtlichen Sachbegriffs. Denn den

77 Zur Kritik an der durch B G H N J W 1988, 406, 408 eingeführten, wenig aussagekräftigen Terminologie der »zumindest entsprechenden Anwendung der §§459ff. B G B « im Falle der Veräußerung von Standardsoftware s. Marly, Softwareüberlassungsverträge, S. 31 Fn. 170. 78 B G H Z 102, 135, 141 ff.; vgl. auch B G H Z 109, 97, 101, wonach es im Falle der Überspielung der Daten dahinstehen könne, ob - jedenfalls für die Zwecke der Anwendung des AbzG von einem Sachkauf ausgegangen werden könne. Jedenfalls verschaffe auch hier der Verkäufer dem Käufer den Besitz an der in einem Datenträger, nämlich der Festplatte eines Computers, verkörperten Programmkopie. S. auch Hoeren, Softwareüberlassung als Sachkauf, S. 30, mit dem Hinweis darauf, dass (im Jahr 1989) die Verkörperung des Programms auf einem Datenträger die derzeit wichtigste Form des Handels mit Standardprogrammen sei, ohne die ein wirtschaftlich effizienter Vertrieb von Massensoftware kaum möglich sei. O b diese Auffassung heute noch aufrechterhalten werden kann, ist zweifelhaft. Für die Sacheigenschaft eines Computerprogramms im Falle von dessen Speicherung auf einem Datenträger auch Palandt-Heinrichs, § 90 Rn. 2. 79 P. Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 306. 80 Kort, D B 1994, 1505, 1506; Köhler/Fritscbe, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513, 519 f.; vgl. auch z.B. B G H N J W 2000, 1415, 1415, wo die Sacheigenschaft der Software i.S.v. § 9 0 B G B gerade nicht ausdrücklich bejaht wird, wo das Gericht jedoch gleichwohl von der Software als »Kaufsache« spricht. 81 Vgl. z.B. Kort, D B 1994, 1505, 1506 ff.; vgl. auch Köhler/Fritsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, S. 513, 519, die für die Einordnung als kaufähnliches Geschäft i.S.v. § 493 B G B a.F. eintreten. Zur sehr beschränkten Aussagekraft von § 493 B G B a.F. vgl. jedoch unten vor § 15 B II.

70

2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte

als Kauf

gegenstände

wirklichen Grund für die Anwendung des Rechts des Sachkaufs bei der Überlassung von Standardsoftware bildet die Erwägung, dass dieses Regelungsregime am besten geeignet ist, die entsprechenden Veräußerungsverträge zu erfassen. Ebenso wie der Verkauf einer Sache zielt die dauerhafte Überlassung von Software auf die vollständige Verschaffung eines vorrechtlichen Guts ab. Bei Anwendung des Rechts des Sachkaufs kann die Güterüberlassung als solche unproblematisch als Übereignung und somit als Verpflichtung des Verkäufers i.S.v. § 433 Abs. 1 S. 1 B G B zur Vornahme einer Verfügung angesehen werden. Vor allem aber erscheint die kaufrechtliche Sachmängelhaftung als das geeignete Haftungsregime, das nach früherem Recht nur im Zusammenhang mit dem Sachkauf anwendbar war. Ein die kaufrechtliche Äquivalenz störender tatsächlicher Fehler am Übertragungsgegenstand, der am sachgerechtesten durch Anwendung des § 434 BGB n.E bzw. von §§ 459ff. B G B a.F. erfasst wird, kann sich nicht nur bei tatsächlichen Mängeln des Datenträgers ergeben. Er kann seine Ursache statt dessen auch in einem Programmfehler und damit in einem Mangel der übertragenen unkörperlichen Information als solcher haben.82 Den Hintergrund für die Anwendung des Rechts des Sachkaufs auf die Veräußerung von Software bildet somit die Erwägung, dass tatsächliche Mängel körperlicher Güter der gleichen rechtlichen Behandlung wie Mängel der unkörperlichen Information als solcher bedürfen. Für die Anwendung der Vorschriften des Sachkaufs in diesen Fällen ist somit nicht die Körperlichkeit des Objekts maßgeblich, sondern die Tatsache, dass ein vorrechtlicher Gegenstand veräußert wird, der mit Mängeln behaftet sein kann, die dessen Wert zur gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Nutzung aufheben oder mindern.83 2. Die Überlassung unverkörperter informationeller Inhalte als Sachkaufverträge und die Hintergründe für die entsprechende Zuordnung durch die h.M. Gegenwärtig nimmt die wirtschaftliche Bedeutung unkörperlicher Formen der Überlassung informationeller Inhalte wie die online-Übertragung von Com82 Auch kann bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der §§ 459 ff. B G B a.F. die die bürgerlichrechtlichen Kaufvorschriften ergänzende, kaufmännische Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB, die nur für den Kauf körperlicher Gegenstände gilt, angewendet werden. Vgl. zur Anwendung der Rügeobliegenheit auf Softwareüberlassungsverträge B G H N J W 2000,1415 = C R 2000, 207 m. Anm. v. Chrocziel. Zur Frage, inwieweit die Anwendung der kaufmännischen Rügeobliegenheit generell beim Kauf unkörperlicher Güter gerechtfertigt ist, vgl. unten § 14 E II sowie §20 C V. Siehe zu den Programmfehlern im einzelnen Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 63. 83 Vgl. auch B G H G R U R 1974, 50, 51 = NJW 1973, 843, 844 - Nottestamentmappe, wo der B G H die Frage offen ließ, ob beim Verkauf eines inhaltlich unrichtigen Druckerzeugnisses ein Sachmangel vorliegt; jedenfalls hat der B G B die Anwendung des § 463 B G B a.F. bejaht. Richtig dürfte es sein, auch in diesen Fällen von der Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung auszugehen, da ebenfalls bezüglich des Verkaufsguts eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit vorliegt.

§ 6. Kauf gegenstände

71

puterprogrammen und digitalisierter Musik-, Text- oder Videodateien über das Internet in immer größerem M a ß e zu. Wirtschaftliche Bedeutung hat diese F o r m von Veräußerungsverträgen zur Zeit insbesondere beim online-Vertrieb von Software, bei music-on-demand, beim Verkauf digitalisierter Fotografien durch Internet-Bildagenturen sowie beim Herunterladen von e - b o o k s . In dem Maße, in dem die Bandweite des Internet und damit die Übertragungsgeschwindigkeiten zunehmen, wird auch der Vertrieb weiterer Wirtschaftsgüter wie beispielsweise der Verkauf von Filmen zunehmend in unverkörperter F o r m via Internet erfolgen. Möglicherweise wird diese F o r m der Übertragung digitalisierter Inhalte in Zukunft die weitaus kostenträchtigere und fehleranfälligere Überlassung körperlicher Datenträger vollständig ablösen. Mangels Ü b e r g a b e eines Datenträgers als körperlichem Gegenstand kann hier die Analogie zum Sachkauf in noch geringerem M a ß e gezogen werden als beim Kauf von auf Datenträgern gespeicherten Dateien. 8 4 Bei der online-Veräußerung digitalisierter informationeller Inhalte fehlt jede Verkörperung des Kaufgegenstands. 8 5 Anders als den körperlichen Datenträgern k o m m t den bei der D a t e n fernübertragung einzig wahrnehmbaren, zwischen den Geräten fließenden Strömen mangels jeder Verkörperung keine Sachqualität i.S.v. § 90 B G B zu. 8 6 N a c h früher geltendem Recht, das Regelungen im Wesentlichen nur für den Sach- und den Rechtskauf bereithielt, erscheint gleichwohl die Anwendung der §§ 433 ff., 4 5 9 f f . B G B a.F. im Ergebnis als wertungsmäßig geboten. D e n n von der Interessenlage her wäre es unangebracht, diesen Fall anders zu behandeln als die Übertragung eines verkörperten Datenträgers. F ü r den N u t z e r macht es keinen Unterschied, o b der digitalisierte Inhalt im Wege der Überlassung eines körperlichen Datenträgers oder durch online-Überspielung via Internet in seinen Machtbereich gelangt. 8 7 Von der Körperlichkeit bzw. Unkörperlichkeit des Veräußerungsguts hängt dieses Ergebnis indes in keiner Weise ab. G r u n d für die Anwendung insbesondere von § 434 B G B n.F. bzw. der §§ 4 5 9 f f . B G B a.F. auch auf unverkörperte 84 Vgl. aber P. Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 309 ff; B G H Z 109, 97, 101; O L G Stuttgart NJW 1989, 2635, 2636. 85 Zwar mag man den auf der Festplatte gespeicherten Inhalt als Verkörperung des Ubertragungsgutes ansehen; bei der Veräußerung als solcher wird allerdings gerade kein verkörpertes Objekt übertragen. 86 Marly, Softwarüberlassungsverträge, S.45f.; a.A. P. Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 320, der allerdings an anderer Stelle selbst zugibt, dass hierbei das methodische Instrumentarium (Analogie, weite Auslegung u.s.w.) durchaus strapaziert werde und dass man in manchen Bereichen mit den herkömmlichen Begriffen und Normen auf nur schwer oder überhaupt nicht zu überwindende Grenzen stoße (a.a.O., S. 327 f.). 87 Vgl. in diesem Sinne auch B G H Z 109, 97, 101, wo betont wird, dass es für den Erwerber von Software keinen Unterschied mache, ob diese durch die Ubergabe einer Diskette oder durch direktes Uberspielen auf die Festplatte in dessen Machbereich kommt: Der Endzweck des Erwerbs von Standardsoftware, nämlich die Nutzbarmachung des Programms für den Erwerber durch Einspeicherung auf der Festplatte seines Computers, sei in dem einen wie dem anderen Fall in gleicher Weise erreicht.

72

2. Kapitel:

Unkörperliche

Objekte

als Kauf

gegenstände

Computersoftware ist die Notwendigkeit, das Recht des Sachkaufs generell auf vorrechtliche - auch unkörperliche - Gegenstände anzuwenden. Angesichts der parallelen Interessenlage erscheint der Rückgriff auf die Sachmängelhaftung auch bei Programmfehlern von online überspielter Software als geboten. Denn die inhaltliche Mangelhaftigkeit des informationellen Guts hängt nicht davon ab, ob dieses in verkörperter oder unverkörperter Form überlassen worden ist. Ausschlaggebend für die Anwendung des kaufrechtlichen Sachmängelrechts ist vielmehr auch hier die Erwägung, dass - ebenso wie beim Kauf eines körperlichen Gegenstands und von auf Datenträgern verkörperter Software - ein vorrechtliches werthaftes Gut veräußert worden ist, an dem Mängel aufgetreten sind, die dessen Brauchbarkeit zum gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Entscheidend für die Anwendung von § 434 B G B n.F. bzw. der §§ 459ff. B G B a.E ist ausschließlich seine nicht rein normative, sondern vielmehr vorrechtliche und somit »tatsächliche« Existenz. Denn erst diese führt dazu, dass an dem tatsächlichen Gut als solchem - also gerade nicht an dem Recht, welches an diesem besteht - Mängel aufgrund fehlender oder eingeschränkter Brauchbarkeit auftreten können. 3. Stellungnahme:

Informationelle

Inhalte

als sonstige

Gegenstände

Angesichts dieser Erwägungen kann der Rückgriff auf das Recht des Sachkaufs zur Regelung der Übertragung unverkörperter sowie auch in Datenträgern »verkörperter« werthafter Inhalte zwar im Ergebnis weitgehend überzeugen. Gleichwohl ist festzuhalten, dass es sich bei den hier veräußerten Gütern um keine »Sachen« im Sinne von körperlichen Gegenständen der §§ 90 ff. B G B handelt bzw. dass die Körperlichkeit für diese Art von Waren vollkommen unwesentlich ist. Das maßgebliche Übertragungsgut ist in diesen Fällen nicht ein körperlicher Gegenstand, sondern ein informationeller Inhalt. Dieser ist zwar ebenso wie eine körperliche Sache als vorrechtlicher Gegenstand zu betrachten; die Verkörperung stellt für diesen aber anders als für »Sachen« kein maßgebliches Charakteristikum dar. U m dem Gebot der Methodenehrlichkeit zu entsprechen, und um die Probleme, die bei der Anwendung des Rechts des Sachkaufs auf unverkörperte informationelle Inhalte auftreten, im weiteren Verlauf der Arbeit zutreffend beurteilen zu können, ist somit zu unterstreichen, dass informationelle Inhalte wie Computersoftware ohne Rücksicht auf ihre mögliche Verkörperung auf einem Datenträger gerade keine »Kaufsachen« sind. Eine »autonome« Auslegung des Sachbegriffs im Rahmen des Kaufrechts findet keine Grundlage in der Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften. Vor allem aber kommt bei der Überlassung unkörperlicher Güter eine für den Verkauf körperlicher Gegenstände charakteristische Übereignungsverpflichtung, wie sie in § 433 Abs. 1 S. 1 B G B vorgesehen ist, nicht in Betracht. Damit überschreitet die Einordnung solcher informationeller Inhalte als »Kaufsachen« die Grenzen der zulässigen Auslegung des

5 6.

Kaufgegenstände

73

Gesetzeswortlauts. Richtigerweise sind und waren Computerprogramme und vergleichbare digitalisierte Inhalte statt dessen als unkörperliche »sonstige Gegenstände« zu qualifizieren, so wie diese nun in § 453 Abs. 1 B G B eigens gesetzlich erwähnt sind. 88 Zwar mag insbesondere das Gewährleistungsrecht des Sachkaufs auf diese Gegenstände aufgrund gleichgelagerter Interessen weitgehend entsprechend anwendbar sein. Vom unmittelbaren Anwendungsbereich des Sachkaufrechts waren und sind diese unkörperlichen Gegenstände informationellen Inhalts, die weder als Sachen noch als Rechte zu betrachten sind, jedoch nicht erfasst. 4. Ausblick Festzuhalten ist somit, dass jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes der Anwendungsbereich des Sachkaufs über körperliche Gegenstände hinaus auf die Veräußerung bestimmter Formen sonstiger Gegenstände ausgedehnt worden ist, ohne dass dieses Vorgehen dogmatisch im Einzelnen abgesichert gewesen wäre. Wesentlicher Grund für den Rückgriff auf das Recht des Sachkaufs insbesondere bei der Veräußerung verkörperter und unverkörperter informationeller Inhalte war dabei die gewünschte Erweiterung des Geltungsbereichs der Sachmängelhaftung gemäß §§ 459ff. B G B a.F.. Dieser Absicht lag die - nicht offen ausgesprochene - Erkenntnis zugrunde, dass die Veräußerung unkörperlicher vorrechtlicher Gegenstände grundsätzlich des gleichen Regelungsregimes bedarf wie der Verkauf körperlicher Sachen. Denn bei Sachen und unkörperlichen Gegenständen handelt es sich um strukturell unmittelbar vergleichbare, vorrechtliche und werthafte Güter. Die begriffliche Enge eines Rechts des Sachkaufs, das die Veräußerung unkörperlicher tatsächlicher Gegenstände nicht einbezieht, tritt hierbei deutlich hervor

C. D e r gegenständliche Anwendungsbereich des Rechtskaufs Während die Bestimmung des Anwendungsbereichs des Sachkaufs angesichts der Enge des Sachbegriffs Schwierigkeiten bereitet, ist der Geltungsbereich der Vorschriften des Rechtskaufs kaum umstritten. Da der Gesetzgeber den spezifischen Vorschriften des Sachkaufs im Wesentlichen nur die Veräußerung des Eigentums an körperlichen Sachen unterworfen hat, fällt nicht nur der Verkauf von Forderungen, sondern grundsätzlich auch der Verkauf sämtlicher anderer Formen veräußerlicher subjektiver Rechte mit Ausnahme des Sacheigentums in den Anwendungsbereich des Rechtskaufs. 89

Vgl. hierzu sogleich unter C. D e r Grundsatz, wonach der Verkauf sämtlicher subjektiver Rechte mit Ausnahme der Übertragung des Eigentums an körperlichen Gegenständen in den Anwendungsbereich des 88

89

2. Kapitel: Unkörperliche Objekte als

74

Kaufgegenstände

D i e Zahl verkehrsfähiger Rechte ist seit Erlass des B G B erheblich angestiegen. D i e Rechtsordnung kennt heute weit mehr subjektive Vermögenswerte Rechte als im ausgehenden 19. Jahrhundert. Angesichts der besonderen Weite des B e griffs des »Rechts« im Sinne des Rechtskaufs sind die einzelnen F o r m e n von O b j e k t e n , deren Verkauf sich nach diesen Vorschriften richtet, strukturell sehr verschieden. Vor allem unterscheiden sich Forderungen als rein normative G e genstände grundlegend von sonstigen Rechten, die ein Ausschlussrecht an einem vorrechtlichen B e z u g s o b j e k t gewähren. Innerhalb der Gruppe der sonstigen Rechte wiederum unterscheiden sich Immaterialgüterrechte von beschränkt dinglichen Rechten strukturell grundlegend dadurch, dass erstere ein Vollrecht an einem unkörperlichen Gegenstand gewähren, wogegen beschränkt dingliche Rechte grundsätzlich nur einen Teilausschnitt aus den Befugnissen des Sacheigentümers vermitteln. D a n e b e n sind als Rechte im Sinne des Rechtskaufs auch Ansprüche 9 0 und Rechte auf Abschluss eines Vertrags 9 1 anzusehen. In den A n wendungsbereich des Rechtskaufs fällt darüber hinaus auch die Veräußerung von Verträgen 9 2 und der Verkauf von Gesellschaftsanteilen und Mitgliedschaftsrechten 9 3 . Diese deutlichen Unterschiede zwischen den einzelnen O b j e k t e n des Rechtskaufs legen die im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit im Einzelnen zu untersuchende Frage nahe, ob die gesetzlichen Regelungen, die den Kauf von Forderungen und sonstigen Rechten weitgehend einheitlich behandeln, überzeugend sind oder möglicherweise gewisser Korrekturen bedürfen.

Rechtskaufs fällt, wird im Falle einer deutlichen Parallelität der veräußerten Rechtsposition mit dem Sacheigentum durchbrochen. So unterfällt insbesondere der Kauf von Miteigentumsanteilen (vgl. hierzu Soergel-Huber, § 433 Rn. 23) und der Kauf von Wohnungseigentum (SoergelHuber, § 433 Rn. 22) dem Recht des Sachkaufs. Gemeinsam ist den benannten Rechtspositionen, dass es sich bei ihnen jeweils um umfassende, d.h. gerade nicht beschränkt dingliche Rechte an körperlichen Gegenständen handelt. Da jedoch diese speziellen Veräußerungsgegenstände außerhalb des Themenbereichs der vorliegenden Arbeit liegen, ist auf sie nicht näher einzugehen. 90 Zu denken ist hierbei im Rahmen der vorliegenden Untersuchung insbesondere an Ansprüche gegenüber dem Patent- und Markenamt auf Vornahme einer Schutzrechtseintragung (Schutzrechtsanmeldung). Ein solcher Anspruch »erstarkt« erst nach Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen zu einem Schutzrecht. 91 Vgl. z.B. O L G Hamburg, O L G Z 33, S. 259 sowie R G Z 150,397: Veräußerung der Rechte aus einem Meistgebot aus einer Versteigerung. 92 Vgl. hierzu Rother, Der Vertrag als Vertragsgegenstand, in: Festschrift für Larenz, S. 435 ff.; Koller, J R 1982, 353; vgl. dazu auch Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 23. 93 Vgl. nur Staudinger-Äo'Wer, § 433 Rn. 49 ff.; Canaris, Handelsrecht, S. 189 ff.

§ 6.

Kaufgegenstände

75

D . »Sonstige Gegenstände« als Kaufgegenstände In der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung besteht regelmäßig das Bedürfnis, Güter veräußern zu können, sofern ihnen ein tatsächlicher Vermögenswert zukommt. Das Recht hat diesem Postulat grundsätzlich Folge zu leisten, sofern der Veräußerung keine übergeordneten ethischen Interessen entgegenstehen. Der Kreis der nun durch § 453 Abs. 1 B G B erfassten veräußerlichen Wirtschaftsgüter, die als »sonstige Gegenstände« nicht den körperlichen Sachen oder Rechten zuzuordnen sind, ist weit. Bei ihnen handelt es sich insbesondere um Vermögensgesamtheiten wie Unternehmen, Arztpraxen oder Bibliotheken. D a neben fallen in den Kreis der sonstigen Gegenstände des Kaufrechts allerdings auch einzelne unkörperliche Güter 9 4 , an denen zwar keine subjektiven Rechte bestehen, die aber - etwa aufgrund ihres informationellen Gehalts - einen eigenständigen Wert verkörpern und deshalb als umfassend verwertbare Wirtschaftsgüter zu betrachten sind. Angesichts der steten Änderung der rechtlichen und gesellschaftlichen Anschauungen darüber, welche - nicht durch Ausschließlichkeitsrechte in die Rechtsordnung integrierten - Güter werthaft und veräußerlich sein sollten, ist der ohnehin sehr weite Kreis verkehrsfähiger sonstiger Gegenstände einem steten Wandel unterworfen. Eine Untersuchung der Anwendbarkeit kaufrechtlicher Vorschriften auf sämtliche Arten sonstiger Gegenstände würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Aus der weiteren Betrachtung auszuklammern sind daher komplexe Vermögensinbegriffe wie Unternehmen oder Arztpraxen 9 5 sowie beispielsweise auch Verträge über die Veräußerung von Verträgen. 9 6 Veräußerungsverträge über Sachgesamtheiten können mit Hilfe des Rechts des Sachkaufs unschwer erfasst werden. Auch auf sie ist im Folgenden nicht mehr weiter einzugehen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich statt dessen auf sonstige Gegenstände informationellen Gehalts, d.h. auf Ergebnisse geistiger Leistungen im weitesten Sinne. Die gemeinsame Behandlung von Veräußerungsverträgen über Immaterialgüterrechte sowie über diese Gruppe sonstiger Gegenstände rechtfertigt sich dadurch, dass die genannten Arten von Wertgegenständen eng miteinander verwandt sind; häufig sind die vorrechtlichen Gegenstände, an denen immaterialgüterrechtliche Ausschließlichkeitsrechte bestehen können, mit denjenigen, die als sonstige Gegenstände in den Rechtsverkehr zu integrieren sind, sogar identisch. Bei den durch immaterialgüterrechtliche Ausschließlichkeitsrechte schutzfähigen Gütern handelt es sich ebenso wie bei den sonstigen Gegenständen um unkörperliche Güter (»Immaterialgüter«), die im Verkehr als

9 4 Die Unterscheidung zwischen Vermögensgesamtheiten und einzelnen unkörperlichen Vermögenswerten findet sich auch bei Staudinger-Köhler, § 433 Rn. 52. 9 5 Vgl. die Nachweise oben, § 1 Fn. 7. 9 6 Vgl. hierzu Koller, J R 1982, 353 ff.; Rother, Der Vertrag als Vertragsgegenstand, in: Festschrift für Larenz (1973), S. 435 ff.

76

2. Kapitel: Unkörperliche Objekte als Kauf gegenstände

einheitliche verkehrsfähige O b j e k t e angesehen werden und die einen gewissen Wert verkörpern. Häufig kann derselbe Gegenstand entweder durch ein I m m a terialgut geschützt werden oder nicht: So kann etwa das Geisteswerk zunächst urheberrechtlich geschützt sein und der Urheberrechtsschutz später mit Zeitablauf entfallen. Vor allem aber im Patentrecht besteht mitunter keinerlei Unterschied zwischen Erfindungen als sonstigen Vermögenspositionen und den G e genständen, an denen ein Patentrecht gewährt wird. D e m Inhaber einer Erfindung steht es frei, sich diese durch ein Patent schützen zu lassen, wobei er im Gegenzug die Erfindung aufzudecken und sie nach Ablauf der Patentfrist der Allgemeinheit zugänglich zu machen hat. Alternativ dazu kann er auf den Patentschutz verzichten und die Erfindung

als - möglicherweise immerwähren-

des - K n o w - h o w hüten. D i e Abweichungen zwischen den unkörperlichen Veräußerungsgegenständen des Rechtskaufs und den sonstigen Gegenständen als Veräußerungsobjekten ergeben sich somit im Wesentlichen aus der Tatsache, dass die Überlassung des werthaften Gegenstands im Falle der Veräußerung eines sonstigen Gegenstands anders als bei der Übertragung eines Immaterialgüterrechts nicht von der Übertragung einer Rechtsposition an dem Veräußerungsgut begleitet wird. A u c h die bereits angesprochenen online übertragbaren informationellen I n halte werden regelmäßig immaterialgüterrechtlich und dabei zumeist durch das Urheberrecht geschützt sein. Tatbestandlich liegt allerdings gleichwohl keine Veräußerung der an diesen gegebenenfalls bestehenden Rechtsposition vor. D e n n durch die Veräußerungshandlung wird lediglich der informationelle I n halt, nicht aber das R e c h t als solches übertragen: E b e n s o wenig wie der Verkauf eines Buchexemplars zur Einräumung eines urheberrechtlichen Nutzungsrechts am Geisteswerk führt, bewirkt die online-Übertragung einer Text-, M u s i k - oder Videodatei die Übertragung von Immaterialgüterrechten. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Verschaffung des Inhalts als Realakt. Vielfach wird die Ü b e r t r a gung immaterialgüterrechtlicher Nutzungsrechte ohnehin schon daran scheitern, dass der Veräußerer selbst nicht Inhaber entsprechender Rechtspositionen ist. H a t er die Musikdatei beispielsweise selbst von einem music-on-demandAnbieter erworben, so waren mögliche Urheberrechte an dem Werkexemplar ohnehin regelmäßig bereits erschöpft. D a h e r war der Verkäufer seinerseits nicht Inhaber entsprechender Nutzungsrechte, die er an den Erwerber hätte übertragen können. D i e sonstigen Gegenstände informationellen Gehalts sind strukturell unmittelbar mit den durch Ausschließlichkeitsrechte geschützten und verkäuflichen Immaterialgütern verwandt und teilweise sogar mit ihnen identisch. Diesem Ergebnis entspricht § 453 Abs. 1 B G B , der die entsprechende Anwendung des Kaufrechts auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände und damit auch auf G ü ter informationellen Inhalts fordert. A u c h die Entwurfsbegründung erwähnt als veräußerliche sonstige Gegenstände neben Vermögensinbegriffen ausdrücklich auch solche Informationsgüter: Sie bezeichnet nicht geschützte technische Er-

5 6.

Kaufgegenstände

77

findungen, Software, Werbeideen u n d technisches K n o w - h o w als sonstige Gegenstände i.S.v. § 453 Abs. 1 BGB. 9 7 Mit der Erkenntnis, dass derartige Güter grundsätzlich als Kaufgegenstände in Betracht kommen, steht allerdings noch keineswegs fest, dass die kaufrechtlichen Vorschriften stets und umfassend auf diesbezügliche Verwertungsverträge A n w e n d u n g finden können. In welchem U m f a n g das Kaufrecht hier Geltung verlangt, kann nicht allein mit Blick auf den Kaufgegenstand beurteilt werden. Vielmehr ist das Gesamtgefüge des Kaufvertrags und insbesondere auch die Angemessenheit des Gewährleistungsregimes zu berücksichtigen 9 8 . Erst im weiteren Verlauf der Arbeit wird somit deutlich werden können, welche kaufrechtlichen Regelungen auf Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände im Einzelnen A n w e n d u n g finden können.

E. Z u s a m m e n f a s s u n g u n d A u s b l i c k Entsprechend der kritikwürdigen, noch in der pandektenrechtlichen Tradition verwurzelten Zweiteilung der Rechtsgegenstände wurden diese im allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vermögensrecht in Sachen u n d Rechte unterteilt. Die gleiche Einteilung ergab sich bis vor kurzem auch im Kaufrecht, w o bis zur Schuldrechtsreform weitgehend nur zwischen Sach- und Rechtskauf unterschieden w o r d e n war. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat als dritte G r u p p e den Kauf sonstiger Gegenstände hinzugefügt. Dieser gesetzgeberische Schritt ist umfassend zu begrüßen, da die Zweiteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte weder im allgemeinen Vermögensrecht noch im Kaufrecht als sinnvoll erscheint. So machten Rechtsprechung und Praxis zum Anwendungsbereich von Sach- und Rechtskauf schon vor der Schuldrechtsreform deutlich, dass die Einteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte auch im Bereich des Kaufrechts nicht streng d u r c h f ü h r b a r ist u n d zu Wertungswidersprüchen f ü h r e n würde. Das Merkmal der Körperlichkeit des Veräußerungsgegenstandes ist nicht stets dazu geeignet, eine interessengemäße und systemkonforme Gleichbehandlung wirtschaftlich und sachlich vergleichbarer werthafter Güter zu gewährleisten. Dementsprechend hat sich der kaufrechtliche Sachbegriff von den Vorgaben der auf die Körperlichkeit des Kaufobjekts abstellenden §§ 90 ff. B G B emanzipiert, so dass er auf unkörperliche vorrechtliche Gegenstände erstreckt wurde. 9 9 Mag auch die A n w e n d u n g des Rechts des Sachkaufs auf diese Gegen-

97

Begründung, S. 242. Vgl. auch § 453 AbS. 1 B G B , w o n a c h das Recht des Sachkaufs entsprechende Anwendung findet ( H e r v o r h e b u n g d u r c h den Verf.). 99 Vgl. auch P. Bydlmski, A c P 198 (1998), 287, 328, der eine ausdrückliche A u s w e i t u n g des Anwendungsbereichs der auf Sachen bezogenen Vorschriften auf »sonstige beherrschbare Gegenstände« vorschlägt, die »wie Sachen behandelt werden«. 98

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2. Kapitel: Unkörperliche

Objekte ah

Kaufgegenstände

stände im Wesentlichen als gerechtfertigt erscheinen, so ist doch zu betonen, dass es sich bei dieser Art von Veräußerungsgütern nicht u m Sachen, sondern u m unkörperliche sonstige Gegenstände informationellen Gehalts handelt. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz erleichtert die Rechtsanwendung, da nun § 453 Abs. 1 B G B klarstellt, dass die Vorschriften des Sachkaufs auf den Kauf sonstiger Gegenstände entsprechende A n w e n d u n g finden. Die früher bestehenden Schwierigkeiten zur Begründung der A n w e n d u n g des Sachkaufrechts auf sonstige Gegenstände sind somit weitgehend weggefallen. Anders als beim Sachkauf bereitet die Bestimmung des gegenständlichen Anwendungsbereichs des Rechtskaufs zwar begrifflich keine Schwierigkeiten, da grundsätzlich sämtliche veräußerungsfähigen Rechte mit Ausnahme des Eigentumsrechts hierunter zu subsumieren sind. Angesichts der grundlegend unterschiedlichen dogmatischen Struktur von Forderungen und absoluten Herrschafts- bzw. Nutzungsrechten an unkörperlichen Gegenständen einerseits und der Parallelität von Sacheigentum und Immaterialgüterrechten andererseits erscheint die gesetzlich vorgegebene grundsätzlich gemeinsame Behandlung des Verkaufs von Forderungen und Immaterialgüterrechten allerdings als fraglich. Sie muss im Folgenden näher untersucht werden. »Sonstige Gegenstände« sind diejenigen werthaften und veräußerlichen O b jekte, an denen keine subjektiven Rechte bestehen. Sie bilden die dritte Gruppe möglicher Kaufgegenstände i.S.v. § 453 Abs. 1 BGB. Soweit diese Objekte Ergebnisse geistiger Leistungen sind, sind sie mit den Immaterialgütern strukturell unmittelbar verwandt, da es sich bei ihnen u m grundsätzlich gleichgelagerte informationelle vorrechtliche Gegenstände handelt. Insgesamt zeigt sich damit, dass die Unterteilung des Kaufvertrags in Sachund Rechtskauf ebenso wenig zu überzeugen vermag wie die generelle Einteilung der Rechtsgegenstände in Sachen und Rechte. Die A b k e h r von dieser pandektistischen Unterscheidung hatte sich bereits seit langem dadurch angedeutet, dass gewisse unkörperliche Gegenstände als Kaufsachen betrachtet wurden. Mit der Einführung von § 453 Abs. 1 B G B ist diese Entwicklung v o m Reformgesetzgeber in begrüßenswerter Weise weiter fortgesetzt worden, ohne dass die genaue Ausgestaltung des Rechts der Veräußerung informationeller Inhalte bereits im Einzelnen festgelegt wäre.

3. Kapitel

Grundstrukturen des Kaufvertrags über unkörperliche

Allein mit Blick auf die jeweiligen Veräußerungsgegenstände kann über die Anwendung der jeweiligen kaufrechtlichen Vorschriften auf bestimmte Formen von Güterverwertungsverträgen nicht entschieden werden. Sachen, Rechte und sonstige Gegenstände können nicht nur verkauft, sondern auch in anderer Weise genutzt werden. So ist namentlich im Bereich der Verwertung von Immaterialgüterrechten durch Vergabe von Lizenzen bis heute ungeklärt, ob Kaufrecht anzuwenden ist oder ob statt dessen auf andere vertragsrechtliche Normen des allgemeinen oder besonderen Schuldrechts zurückzugreifen ist. Auch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gibt hierüber keinen Aufschluss, da auch dieses den Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Vorschriften für Veräußerungsgeschäfte über unkörperliche Gegenstände nicht im Einzelnen vorgibt. Es besteht demnach die Notwendigkeit, die Typenmerkmale zu identifizieren, die es erlauben, ein Umsatzgeschäft als Kaufvertrag zu qualifizieren und die unabhängig vom jeweiligen - körperlichen oder unkörperlichen - Verkaufsgegenstand wesensbestimmend für kaufvertragliche Güterverwertungsverträge sind. Zu diesem Zweck ist im Folgenden zunächst allgemein darzulegen, welche Formen der Güterverwertung von der Rechtsordnung anerkannt sind (§ 7) und auf welche von ihnen die Vorschriften des Kaufrechts generell und ohne Anschauung des spezifischen Kaufgegenstands Anwendung finden können (§ 8). Auf der Grundlage dieser allgemeinen typologischen Bestimmung der Merkmale des Kaufvertrags ist sodann zu erörtern, wie Verwertungsverträge über unkörperliche Gegenstände beschaffen sein müssen, um dem gesetzlichen Leitbild des Kaufrechts zu entsprechen (§ 9).

$ 7. Formen der Güterübertragung

und

-Verwertung

Den Ausgangspunkt für die Identifizierung der typusprägenden Merkmale des Kaufvertrags bildet die Feststellung, dass rechtserhebliche Verkehrsvorgänge, mittels derer werthafte Güter in den Rechtsverkehr eingegliedert werden, von der Rechtsordnung in vielfältig unterschiedlicher Weise ausgestaltet sind. Güterverwertung im weitesten Sinne erfolgt dadurch, dass ein werthaftes Objekt, das einem bestimmten Rechtsträger zugeordnet ist, in der Weise in den Geschäfts-

80

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

verkehr eingegliedert wird, dass der Inhaber dieses Guts daraus wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann. So können werthafte Güter nicht nur durch Veräußerungsverträge, sondern beispielsweise auch durch Abschluß von Miet- oder Pachtverträgen verwertet werden. Die Rechtsordnung strukturiert die unterschiedlichen Formen der Güterverwertung, indem sie diese als Zuordnungsänderungen unterschiedlicher Intensitätsstufen ausgestaltet. Die kaufrechtlichen Vorschriften des BGB beziehen sich dabei nur auf einen bestimmten Ausschnitt aus dem weiten Kreis solcher Verkehrsvorgänge.

A. Translative Rechtsübertragungen Die unbeschränkte oder »translative« Rechtsübertragung stellt die intensivste Form eines Güterverwertungsvorgangs dar, da sie zu einem vollständigen Zuständigkeitswechsel an der übertragenen Rechtsposition führt. Nach der grundlegenden Definition v. Tubrs liegt eine translative Rechtsübertragung dann vor, wenn das zu transferierende Recht in seinem vollen Bestand auf ein neues Subjekt übergeht, so dass der bisherige Inhaber einen definitiven Rechtsverlust erleidet, der mit einem entsprechenden Rechtszuwachs auf Seiten des Erwerbers korrespondiert. 1 Als translative Rechtsübertragungen lassen sich Übereignungen, Forderungsabtretungen sowie diejenigen Veräußerungen sonstiger Rechte einordnen, die, wie beispielsweise die Vollübertragung eines Patents oder einer Marke, zu einem vollständigen Zuordnungswechsel führen. Jede rechtsgeschäftlich bewirkte translative Rechtsübertragung stellt dabei zugleich auch eine Verfügung dar, da sie unmittelbar zu einer Rechtsübertragung führt. 2

B. Konstitutive Rechtsübertragungen I. B e g r i f f Die wirtschaftliche Nutzung von Rechtspositionen an werthaften Gütern kann nicht nur durch Vollübertragung erfolgen, sondern auch durch die Einräumung gegenständlicher Teilbefugnisse, die aus dem Mutterrecht ausgeschnitten und auf den Erwerber übertragen werden. Bei dieser Form der Rechtsübertragung geht nicht das gesamte Recht im Wege eines vollständigen Zuordnungswechsels über. Statt dessen entsteht ein Recht geringeren Inhalts, das zugleich auf ein an-

v. Tubr, AT Bd. II, § 45 I (S. 59). Vgl. auch Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 15 Zur Definition der Verfügung vgl. z.B. RGZ 90, 395, 399; BGHZ 1,294, 304; BGHZ 13, 1, 3; Ennecerus/Nipperdey, AT, § 143 II (S. 882); Flume, AT Bd. II, § 11 Nr. 5 a (S. 140); Hübner, AT, Rn. 390; Larenz/Wolf., AT, §23 Rn. 36; Medicus, AT, Rn. 208. S. auch Haedicke, JuS 2001, 966. 1

2

§ 7. Formen der Güterübertragung

und

-Verwertung

81

deres Subjekt übergeleitet wird, ohne dabei die Bindung zum Mutterrecht vollständig zu verlieren. Diese Form der Veräußerung eines Rechts wird als konstitutive Rechtsübertragung bezeichnet. 3 Die konstitutive Rechtsübertragung kann auch - ohne wesentliche Unterschiede in der Sache - als »gebundene Rechtsübertragung« charakterisiert werden, womit die fortbestehende Abhängigkeit des Tochterrechts vom Mutterrecht besonders plastisch zum Ausdruck gebracht wird. 4 II.

Anwendungsfälle

1. Einräumung beschränkt dinglicher Rechte Die Einräumung beschränkt dinglicher Rechte an Sachen und Forderungen führt zur Abspaltung bestimmter Befugnisse aus dem Mutterrecht und ist somit als Verfügung in Form einer konstitutiven Rechtsübertragung anzusehen. 5 Den Ubertragungsgegenstand bildet dabei das beschränkt dingliche Nutzungsrecht. Als Folge der auf die Bestellung dieser Rechtsposition ausgerichteten Verfügung entsteht in der Person des Erwerbers ein gegenständliches bzw. - angesichts der Körperlichkeit des Verkehrsgegenstands - ein »dingliches« Recht. Diese Rechtsposition vermittelt dem Erwerber umfassenden Klageschutz gegen Dritte sowie Sukzessionsschutz sowie Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit. 6 2.

Lizenzverträge

Konstitutive Rechtsübertragungen erfolgen nicht nur auf dem Gebiet des Sachenrechts. Auch die Einräumung von Lizenzen und Nutzungsrechten 7 an Im-

3 Vgl. grundlegend v. Tuhr, AT Bd. II, § 45; aus neuerer Zeit z u s t i m m e n d insbes. f ü r den Bereich der E i n r ä u m u n g urheberrechtlicher N u t z u n g s r e c h t e Ulmer, U r h e b e r - und Verlagsrecht, § 83 I, II (S. 358ff.); Schricker-Schricker, U r h G , Vor §§ 28 Rn. 43; vgl. auch Forkel, G e b u n d e n e Rechtsübertragungen, S. 133. 4 G r u n d l e g e n d zu d e m Begriff der »gebundenen Rechtsübertragung«, der insbesondere im immaterialgüterrechtlichen Kontext verwendet wird, Forkel, G e b u n d e n e Rechtsübertragungen, passim u n d insbes. S. 132 ff.; vgl. auch Schuck, U r h e b e r - und Urhebervertragsrecht, Rn. 529 f. S. aber auch Schricker-Schricker, Vor § § 2 8 ff. U r h G Rn. 43, der den Begriff der konstitutiven Rechtsübertragung bevorzugt; ebenso Gotting, Urheberrechtliche u n d vertragsrechtliche Grundlagen, in: Festschrift f ü r Schricker, S. 53, 68; ders., Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 279. 5 Von einer »Abspaltung« beschränkt dinglicher Rechte sprechen z.B. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 3 B (S. 17); Larenz, AT, 7. Aufl., § 13 V a (S.239); Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl., § 2 8 I 3 (S. 115); 7. Aufl., § 3 I 1 c (S. 18); a.A. Sontis, Strukturelle Betrachtungen z u m Eigentumsbegriff, in: Festschrift f ü r Larenz I (1973), S. 981, 994. 6 Zu den Kriterien der Gegenständlichkeit bzw. Dinglichkeit einer Rechtsposition vgl. Canaris, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Festschrift f ü r Flume, S. 371 ff. 7 Angesichts des üblichen Sprachgebrauchs im Immaterialgüterrecht wird im Folgenden f ü r N u t z u n g s r e c h t e an Rechten aus dem Gebiet des Urheberrechts u n d des gewerblichen Rechts-

82

3. Kapitel: Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

m a t e r i a l g ü t e r r e c h t e n k a n n in vielen F ä l l e n d o g m a t i s c h m i t d e m I n s t i t u t der k o n stitutiven R e c h t s ü b e r t r a g u n g e r k l ä r t w e r d e n . I n j ü n g e r e r Z e i t w i r d d a r ü b e r h i n aus s o g a r e r w o g e n , a u c h die V e r w e r t u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s d e t a i l s m i t H i l f e der R e c h t s f i g u r der k o n s t i t u t i v e n R e c h t s ü b e r t r a g u n g zu erfassen. 8 E s stellt sich s o m i t die F r a g e , u n t e r w e l c h e n n ä h e r e n V o r a u s s e t z u n g e n L i z e n z v e r t r ä g e ü b e r R e c h t e an u n k ö r p e r l i c h e n G ü t e r n d o g m a t i s c h als G ü t e r v e r w e r t u n g s v e r t r ä g e in F o r m von gebundenen Rechtsübertragungen qualifiziert werden k ö n n e n . Hierf ü r ist eine g e t r e n n t e B e t r a c h t u n g v o n a u s s c h l i e ß l i c h e n u n d e i n f a c h e n L i z e n z e n erforderlich. a. A u s s c h l i e ß l i c h e L i z e n z e n D u r c h die E r t e i l u n g einer a u s s c h l i e ß l i c h e n L i z e n z w e r d e n d e m L i z e n z n e h m e r N u t z u n g s b e f u g n i s s e e i n g e r ä u m t , die i h n d a z u b e r e c h t i g e n , den g e s c h ü t z t e n G e g e n s t a n d u n t e r A u s s c h l i e ß u n g aller a n d e r e n P e r s o n e n e i n s c h l i e ß l i c h des I n h a b e r s des M u t t e r r e c h t s auf die A r t zu n u t z e n , die den I n h a l t des R e c h t s bildet. A u c h hat er die B e f u g n i s , D r i t t e n e i n f a c h e N u t z u n g s r e c h t e zu g e w ä h r e n . 9 D i e E i n r ä u m u n g e i n e r a u s s c h l i e ß l i c h e n L i z e n z w i r d h e u t e allgemein als F a l l der k o n s t i t u t i v e n R e c h t s ü b e r t r a g u n g a n g e s e h e n . 1 0 D e n n d u r c h die a u s s c h l i e ß l i c h e L i z e n z e i n r ä u m u n g w e r d e n qualitative T e i l e des M u t t e r r e c h t s in die R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t des E r w e r b e r s ü b e r f ü h r t , i n d e m s o w o h l ein p o s i t i v e s B e n u t z u n g s r e c h t als a u c h ein e n t s p r e c h e n d e s V e r b o t s r e c h t ü b e r t r a g e n w e r d e n . 1 1 D e r L i -

schutzes einheitlich der Begriff der »Lizenz« verwendet. Dies schließt indes nicht aus, dass es gerade im Bereich des Urheberrechts sinnvoller sein kann, aus Gründen der terminologischen Klarheit statt von Lizenzen von »Nutzungsrechtseinräumungen« zu sprechen. Vgl. hierzu Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 21. 8 Forkel, G R U R 1988, 491, 495ff.; ders., Zur Fortentwicklung unseres Lizenzrechts, in: Festschrift für Kraft, S. 85, 97 ff.; vgl. auch Ullmann, AfP 1999, 209, 214; Beuthin!Schmölz, Persönlichkeitsschutz durch Persönlichkeitsrechte, S. 34. 9 Definition nach Schricker-ScÄnc&er, §§ 31, 32 Rn. 4; vgl. auch § 31 Abs. 3 UrhG. Vgl. auch Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 49 ff. Da die Lizenzvergabe grundsätzlich der Vertragsfreiheit unterliegt, können Lizenzen auch anders ausgestaltet werden, so z.B. als ausschließliche Lizenzen schwächerer Wirkung, vgl. Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 48. 10 Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 33 ff. (für das Patentrecht), S. 133 f. (für das Urheberrecht); Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 540; Schricker-Schricker, Vor §§28ff. Rn. 43; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, §83 (S.358f.); Kraßer, G R U R Int. 1973, 230, 233; ders./Schmidt, G R U R Int. 1982, 324, 329. 11 Vgl. aber Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 111 ff. Cebulla plädiert für die Einordnung der ausschließlichen Lizenz als rein schuldrechtliches Rechtsverhältnis. Für die Anerkennung eigenständiger Klagerechte des Lizenznehmers sei ein Rückgriff auf die dingliche Rechtsnatur der Lizenz nicht erforderlich. Der Schutz des Lizenznehmers könne durch die Anerkennung des deliktischen Schutzes für relative Rechte als »sonstige Rechte« i.S.v. § 823 Abs. 1 B G B gewährleistet werden. Die herrschende Meinung ist gleichwohl vorzugswürdig. So bestehen gegen die Einordnung der ausschließlichen Rechtseinräumung als konstitutive Rechtsübertragung keine dogmatischen oder konstruktiven Bedenken. Vor allem aber läßt sich auf diese Weise der Deliktsschutz des Lizenznehmers weit ungezwungener erklären als nach

§ 7. Formen der Güterübertragung

und

-Verwertung

83

zenzgeber verliert das Recht, das Gut auf die lizenzvertraglich festgelegte Weise zu nutzen; insbesondere ist er auch nicht mehr in der Lage, der Lizenzeinräumung widersprechende Verfügungen vorzunehmen. 12 Statt dessen ist der Lizenznehmer zu der im Lizenzvertrag festgelegten Nutzung nun grundsätzlich allein befugt. Dabei korrespondiert der Rechtserwerb des Nehmers grundsätzlich mit dem Verlust der entsprechenden Befugnisse durch den Veräußerer: Dem Lizenznehmer werden mit diesem Rechtsgeschäft umfassende Ausschlußbefugnisse eingeräumt. 13 Damit liegt nicht lediglich eine Verdoppelung von Zuständigkeiten vor, sondern ein Zuständigkeitswechsel. Im Ergebnis erhält der ausschließliche Lizenznehmer ähnlich wie der Erwerber einer beschränkt dinglichen Rechtsposition somit eine gegenständliche, gegenüber Dritten gesicherte Rechtsstellung, die ihm das Nutzungsrecht mit absoluter Wirkung zuordnet und ihm ebenso wie dem Inhaber des Mutterrechts Klage- und Sukzessionsschutz gewährleistet.14 Allerdings dürfen auch die gleichwohl bestehenden Unterschiede zu konstitutiven Rechtseinräumungen i.S.d. Sachenrechts nicht übersehen werden: Lizenzvertragliche Nutzungsrechtseinräumungen sind keinem Numerus Clausus unterworfen. Darüber hinaus besteht gerade im Urheberrecht aufgrund der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Veräußerers eine besonders enge Verbindung zwischen Mutter- und Tochterrecht. Andererseits ist das immaterialgüterrechtliche Tochterrecht auch selbständiger als ein beschränkt dingliches Recht, da es nach dem Verzicht auf das Mutterrecht bestehen bleibt. 15 Im Ergebnis steht somit fest, dass die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz als Verfügung in Form der Rechtsübertragung anzusehen ist. Durch die Abspaltung eines Ausschnitts des Rechts wird unmittelbar auf das Mutterrecht eingewirkt. b. Einfache Lizenzen aa. Begriff. Einfache Lizenzen 16 berechtigen den Erwerber zwar dazu, das Immaterialgut neben dem Lizenzgeber zu nutzen. Anders als der Empfänger einer

der Theorie Cebullas: Die Anerkennung des Deliktsschutzes für obligatorische Rechtsverhältnisse widerspräche den Grundprinzipien des Deliktsrechts. 12 Kraßer, G R U R Int. 1983, 537, 537f.; Leßmann, D B 1987, 145, 150. 13 Das Erfordernis der Einräumung von Ausschlußbefugnissen als Voraussetzung für eine Rechtsübertragung betont insbesondere Kraßer, G R U R Int. 1973, 231, 234. 14 Vgl. Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, § 4 0 S. 692. Vgl. allerdings Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 106 ff. 15 Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 43; für das Verlagsrecht vgl. Scbricker, Verlagsgesetz, § 8 Rn. 4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 103 I 4 (S.443f.). Das Urheberrecht ist aber jedenfalls nicht im ganzen verzichtbar; vgl. zur in den Details umstrittenen Frage des Verzichts im Urheberrecht Schncken-Schricker, § 29 Rn. 15 ff.; Seetzen, Der Verzicht im Immaterialgüterrecht, passim. 16 Vgl. § 31 Abs. 3 S. 1 UrhG; § 15 Abs. 2 PatG; § 30 Abs. 1 MarkenG.

84

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

ausschließlichen Lizenz kann der einfache Lizenznehmer jedoch nicht gegen die Nutzung des Immaterialgutes durch Dritte vorgehen; auch steht ihm in der Insolvenz des Lizenzgebers keine Sonderstellung zu. Während die Einordnung ausschließlicher Lizenzen als konstitutive Rechtsübertragung und als Verfügung hinreichend geklärt ist, bestehen bis heute gewisse Zweifel an der dogmatischen Qualifikation einfacher Lizenzverträge. Zur Klärung der Frage, ob diese Form von Veräußerungsverträgen typologisch als Kaufvertrag zu qualifizieren ist, sind im Folgenden die dogmatischen Grundstrukturen der einfachen Lizenz zu identifizieren. bb. Vorliegen eines Übertragungsgegenstands. Heute besteht, soweit ersichtlich, Einigkeit darüber, dass auch der einfache Lizenznehmer mangels abweichender vertraglicher Vereinbarungen ein positives Benutzungsrecht am Immaterialgut erhält. 17 Im Unterschied zur Rechtseinräumung bei ausschließlichen Lizenzen wird das dem Lizenznehmer zugewendete einfache Benutzungsrecht nicht von einem korrespondierenden Verbietungsrecht begleitet.18 Die ältere Auffassung, die die einfache Lizenz rein negativ beurteilte und dies damit begründete, dass die Vereinbarung lediglich verhindern solle, dass der Lizenzgeber gegenüber dem Lizenznehmer Verbotsansprüche geltend mache 19 , wird dagegen heute nicht mehr vertreten. 20 cc. Gegenständliche Wirkung der Rechtsübertragung. Strittig ist allerdings die Einordnung des einfachen Nutzungsrechts als gegenständliche21 oder als

17 Benkard-W/ma««, § 15 Rn. 56; Fezer, § 3 0 MarkenG Rn. 7; Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 79; Gotting, Urheberrechtliche und vertragsrechtliche Grundlagen, in: Festschrift für Schricker, S. 53, 68; Kraßer/Schmidt, G R U R Int. 1982, 324, 328; Mes, PatG, § 15 Rn. 23 f.; Schuck, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 539; Schricker-Schricker, Vor §§ 28 Rn. 49; so bereits Rasch, S. 6 mit Nachweisen aus der älteren Rspr. Vgl. auch R G Z 155, 306, 310, 313; B G H G R U R 1965, 591, 595 - Wellplatten. Anders war die Rechtslage unter der Geltung des W Z G . Eine gegenständliche Warenzeichenlizenz kam nach h.M. in Rspr. und Literatur nicht in Betracht. Allerdings war umstritten, ob die Warenzeichenlizenz rein negativ als Verpflichtung zur zeitweisen Nichtausübung des Verbotsrechts (vgl. v. Gamm, W Z G , § 8 Rn. 19) oder auch positiv als die Einräumung eines schuldrechtlichen Benutzungsrechts verstanden werden sollte (h.M.; vgl. z.B. Baumbach/Hefermehl, W Z G , Anh. § 8 Rn. 2 m.w.N.); zum Meinungsstand unter Geltung des W Z G vgl. auch Schricker, G R U R 1980, 650, 650; KurlHenningBodewig, Marke und Verbraucher Bd. II, S. 202 ff. Zur heutigen Rechtslage siehe Biihling, G R U R 1998, 196. 18 Vgl. z.B. Benkurd-Ullmann, § 15 Rn. 56; Fezer, Markenrecht, § 30 Rn. 7; Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 79; Fromm/Nordemann-//erii«, §§31/32 Rn. 2; SchrickerSchricker, Vor §§ 28 ff. Rn. 49. 19 Vgl. z.B. R G Z 75, 400, 404; R G Z 76, 235, 235; R G Z 90, 162, 164; R G Z 106, 362, 366. 2 0 Diese Feststellung wurde schon von Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, im Jahr 1965 getroffen, a.a.O. S. 79 m.w.N.; vgl. ebenso Kraßer/Schmidt, G R U R Int. 1982, 324, 328. Eine solche rein negative Lizenz kann allerdings im Rahmen der Vertragsfreiheit von den Vertragsparteien ohne weiteres vereinbart werden. 21 Zur Vorzugswürdigkeit des Begriffs »gegenständlich« im immaterialgüterrechtlichen Kontext vgl. Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 47.

§ 7. Formen

der Giiteriibertragung

und

-Verwertung

85

schuldrechtliche Rechtsposition. Diese Diskussion wurde über einen langen Zeitraum hinweg mit Blick auf die Frage geführt, ob dem einfachen Lizenznehmer Sukzessionsschutz im Falle der Veräußerung des Mutterrechts zukommt. Dies, so wurde vorgebracht, könne nur dann angenommen werden, wenn der Lizenznehmer eine gegenständliche Rechtsposition erworben habe, da nur eine solche auch dem - mit dem Lizenznehmer obligatorisch nicht verbundenen Erwerber des Mutterrechts entgegengehalten werden könne. 2 2 Heute ist der Sukzessionsschutz zugunsten des einfachen Lizenznehmers ausdrücklich im Gesetz festgelegt. 23 Mit diesem Akt des Gesetzgebers wurde dieser ursprünglich äußerst wichtigen Frage ein Großteil ihrer praktischen Bedeutung genommen. 2 4 Die heute weit überwiegende Meinung 2 5 beruft sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Festlegung des Sukzessionsschutzes zugunsten des einfachen Lizenznehmers 2 6 und geht davon aus, dass der einfache Lizenznehmer schon aus diesem Grunde ein weitgehend gegenständliches Nutzungsrecht erhalte. Fest steht jedoch auch, dass dieser Rechtsposition des einfachen Lizenznehmers mangels eines eigenständigen Klagerechts keine umfassend gegenständliche Wirkung zukommt. Somit verweist die Gegenansicht darauf, dass der Lizenznehmer eine Rechtsposition erhalte, über die er nicht verfügen könne und die es ihm auch nicht ermögliche, gegen die Benutzung des Gegenstands vorzugehen 2 7 . Das einfache Nutzungsrecht erschöpfe sich im Duldungsanspruch gegen den Inhaber des Mutterrechts 2 8 . Allein der Sukzessionsschutz gegenüber späteren kollidierenden Verfügungen des Inhabers des Ausschließlichkeitsrechts verschaffe dem einfachen Nutzungsberechtigten noch nicht die Rechtsstellung, die mit dem für

2 2 Vgl. zu dieser Frage insbes. B G H Z 83, 251 = G R U R 1982, 411 - Verankerungsteil m. Anm. v. Forkel, N J W 1983, 1746, Kraßer, G R U R 1983, 537; Brandi-Dorn, G R U R 1983, 146; Mager, G R U R 1983, 51; Völp, G R U R 1983, 45; zum urheberrechtlichen Sukzessionsschutz s. Sieger, F u R 1983, 580, 585 ff. 2 3 Vgl. § 33 U r h G , § 15 Abs. 3 PatG, § 30 Abs. 5 MarkenG. 2 4 S. zu dieser Einschätzung auch Schricker-Sc/'nc&er, Vor § § 2 8 f f . Rn. 49. Vgl. dort auch zur verbleibenden Bedeutung der Qualifikationsfrage für die Grenzen der Aufspaltbarkeit von Nutzungsrechten. Vgl. auch Schuck, Urheber- und Urhebervertragsrecht, S. 540 und a.a.O., Fn. 40, mit Hinweis auf die verbleibende Bedeutung dieser Fragestellung bei der Weiterübertragung einfacher Nutzungsrechte. 2 5 So für das Urheberrecht Schricker-Schricker, Vor § 28 Rn. 49; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 85 III (S. 368 f.); v. Gamm, U r h G , § 31 Rn. 11. Vgl. allgemein auch Kraßer/Schmidt, G R U R Int. 1982, 324, 329; Kraßer, G R U R Int. 1973, 230, 234; ders., G R U R Int. 1983, 537, 541 ff.; Forkel, N J W 1983, 1764, 1765 ff. 2 6 Vgl. z.B. Schricker-Schricker, Vor § § 2 8 ff. Rn. 49; s. ausführlich zur früheren Rechtslage Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 222 ff. 2 7 So sinngemäß Benkard-i7//m, § 535, 536 Rn. 21 ff.; Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, S. 23 f.

5 7. Formen der Güterübertragung und -Verwertung

II. Gestattungsverträge

mit verdinglichter

89

Wirkung

Entsprechend dieser unterschiedlichen Ausgestaltung von Gestattungsverträgen kann zwischen verdinglichten und rein obligatorisch wirkenden Verträgen unterschieden werden. D i e bereits angesprochene obligatorische Rechtsstellung des Grundstücksmieters ist teilweise verdinglicht 3 7 , da dieser nach Maßgabe von § 571 B G B im Wege eines gesetzlichen Vertragsübergangs Sukzessionsschutz erhält. Anders als dem Inhaber eines beschränkt dinglichen Rechts k o m m t allerdings auch dem Mieter kein A b w e h r - bzw. Klageschutz zugute. Abgesehen von der Möglichkeit der Geltendmachung der nur schwach ausgeprägten und nicht auf das Mietverhältnis als solches bezogenen Besitzschutzansprüche kann er aus eigenem R e c h t nicht gegen Störungen seines Mietverhältnisses durch Dritte vorgehen. Insoweit bliebt es bei der Relativität des mietvertraglichen Schuldverhältnisses. V o m ausschließlichen Lizenzvertrag unterscheidet sich der Grundstücksmietvertrag durch seine obligatorische Natur: D i e im R a h m e n eines solchen Mietvertrags überlassene Nutzungsbefugnis ist als zwar teilweise verdinglichte, aber gleichwohl obligatorische Rechtsposition und damit gerade nicht als beschränkt dingliches Recht zu qualifizieren. Anders als dem ausschließlichen Lizenznehmer ist dem Grundstücksmieter keine umfassend gegenständliche Rechtsposition zugewiesen. Während dem Mieter nur Sukzessionsschutz gemäß § 571 B G B zugute k o m m t , steht dem ausschließlichen Lizenznehmer zusätzlich ein eigenständiger Abwehr- und Klageanspruch zu. In weit stärkerem M a ß e als beim Grundstücksmietvertrag wird somit im R a h m e n des ausschließlichen L i z e n z vertrags ein Ausschnitt aus der umfassenden Rechtsposition des Veräußerers herausgelöst und auf den Erwerber übertragen. Dagegen werden erhebliche Parallelen zwischen dem Grundstücksmietvertrag und dem einfachen, Sukzessionsschutz vermittelndem Lizenzvertrag deutlich: In beiden Fällen wird gleichermaßen eine positive Nutzungsbefugnis auf den »Erwerber« übergeleitet: D i e Übertragung der positiven Nutzungsbefugnis im R a h m e n des Lizenzvertrags, aufgrund derer der Lizenzgeber keine Unterlassungsansprüche gegen den Lizenznehmer geltend machen kann, kann mit der Einräumung berechtigten Mietbesitzes an einem Grundstück verglichen werden, den der Vermieter zu dulden hat. A u c h auf rein tatsächlicher E b e n e stimmen der einfache Lizenzvertrag und der Grundstücksmietvertrag insoweit überein, als der Lizenzgeber dem Lizenznehmer jeweils den Besitz am Vertragsobjekt zu verschaffen hat: E b e n s o wie der Vermieter zur Gebrauchsüberlassung am Grundstück verpflichtet ist, hat der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das I m materialgut tatsächlich zugänglich zu machen, indem er ihm Kenntnis von die-

37 Canaris, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Festschrift für Flume (1978), S. 372, 393 ff.; Schön, J Z 2001, 119ff. Vgl. auch Staudinger-£mmm'cü>, § 571 Rn. 8.

90

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

sem verschafft und ihm auf diese Weise den »geistigen Besitz« 38 überträgt. Vor allem aber sind die einfache Lizenz und der Grundstücksmietvertrag auch in ihren Wirkungen weitgehend vergleichbar: Ahnlich wie der einfache Lizenznehmer erhält der Grundstücksmieter nach Maßgabe von § 571 BGB Sukzessionsschutz. 39 Ebensowenig wie dem Mieter eine eigene Klageberechtigung zusteht, verschafft die Nutzungsbefugnis des Lizenznehmers diesem Klageschutz gegen Dritte. Angesichts der vergleichbaren beschränkten Ubertragungswirkung von mietvertraglicher Gebrauchsüberlassung an Grundstücken und einfacher lizenzrechtlicher Rechtseinräumung können beide Formen von Verwertungsverträgen ihrer Wirkung nach als Verträge mit zumindest teilweise verfügender Wirkung qualifiziert werden: Die Rechtsposition des »Veräußerers« wird in jeweils paralleler Weise geschmälert: Er kann angesichts des zugunsten des Dritten bestehenden Sukzessionsschutzes keine Verfügung mehr treffen, die dem Erwerber die umfassenden Nutzungsbefugnisse an der Sache verschaffen würde. 40 Gleichzeitig ist die Befugnisübertragung inhaltlich in beiden Fällen dadurch beschränkt, dass die Rechtsstellung des Veräußerers lediglich durch den Sukzessionsschutz, nicht aber in ihrem umfassenden Klageschutz geschmälert wird. III.

Streng obligatorisch wirkende

Gebrauchsüberlassungsverträge

Sofern der Mietvertrag nicht auf die Überlassung eines Grundstücks gerichtet ist, kommt § 571 BGB nicht zur Anwendung. In diesem Fall entfaltet die Nutzungsüberlassung ihre Wirkungen ausschließlich zwischen den Mietparteien. Einem solchen Vertrag wohnt kein Element der Dinglichkeit inne. Es handelt sich vielmehr um einen rein schuldrechtlichen Gebrauchsüberlassungsvertrag.

38 Zum »geistigen Besitz« im Immaterialgüterrecht vgl. Pawlowski, Der Rechtsbesitz im geltenden Sachen- und Immaterialgüterrecht, S. 73 ff.; speziell zum Erfindungsbesitz vgl. Benk a r d - B r u c h b a u s e n , § 12 Rn. 5. 39 Nicht übersehen werden darf allerdings, dass die gesetzgeberische Technik der Verschaffung des Sukzessionsschutzes voneinander abweicht: Während es beim Mietvertrag zu einer vollständigen Vertragsübernahme kommt, beschränkt sich der Sukzessionsschutz des Lizenznehmers auf die Fortgeltung nur der Lizenz. Vor der ausdrücklichen gesetzlichen Festlegung des Sukzessionsschutzes wurde § 571 BGB teilweise als maßgebliches Argument für den Sukzessionsschutz auch bei Lizenzverträgen herangezogen. Vgl. in diesem Sinne Reimer-Ernst Reimer, § 9 Rn. 95; s. aber dagegen ausdrücklich Kraßer, GRUR Int. 1973, 230, 234; Forkel, NJW 1983, 1764, 1766; BGHZ 83, 251, 256ff. - Verankerungsteil; einschränkend auch Leßmann, DB 1987, 145, 151. 40 Zwar steht fest, dass die rein tatsächliche Besitz- und Gebrauchsüberlassung keinesfalls als Verfügung angesehen werden kann, da nur Rechtsübertragungen und nicht rein tatsächliches Handeln als Verfügungen qualifiziert werden können. Als Gegenstand einer Verfügung kommt daher nur die Übertragung des Besitz- bzw. Nutzungsrechts in Betracht. Angesichts der verdinglichten Natur des Mietvertrags hat die Besitzüberlassung aber gerade eine »verdinglichte« Wirkung.

5 7. Formen der Güterübertragung

und

-Verwertung

91

A u c h zu dieser A r t v o n N u t z u n g s v e r t r ä g e n f i n d e t sich eine Parallele i m I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t . D e n n die P a r t e i e n e i n e r i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t l i c h e n N u t z u n g s r e c h t s e i n r ä u m u n g k ö n n e n ebenfalls p r i v a t a u t o n o m einen V e r t r a g a b s c h l i e ß e n , der auf eine rein o b l i g a t o r i s c h w i r k e n d e R e c h t s e i n r ä u m u n g u n t e r A u s s c h l u ß j e g l i c h e n S u k z e s s i o n s s c h u t z e s g e r i c h t e t ist. 4 1 D e r a r t i g e i m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t l i c h e N u t z u n g s v e r t r ä g e b e w i r k e n die E i n r ä u m u n g e i n e r rein s c h u l d r e c h t l i c h e n B e f u g n i s des L i z e n z n e h m e r s z u r N u t z u n g des I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t s in der vertraglich v e r e i n b a r t e n V e r w e r t u n g s f o r m .

D.

Einwilligungen42

D i e E i n w i l l i g u n g 4 3 stellt die a m w e n i g s t e n i n t e n s i v e F o r m der w i r t s c h a f t l i c h e n V e r w e r t u n g r e c h t l i c h g e s c h ü t z t e r G ü t e r dar. 4 4 I h r p r a k t i s c h e r W e r t b e s t e h t v o r allem d a r i n , dass sie es e r l a u b t , ü b e r an sich u n v e r ä u ß e r l i c h e G ü t e r in b e g r e n z t e m R a h m e n zu d i s p o n i e r e n . Sie e r m ö g l i c h t i n s b e s o n d e r e die w i r t s c h a f t l i c h e V e r w e r t u n g v o n P e r s ö n l i c h k e i t s d e t a i l s , 4 5 die n a c h ü b e r w i e g e n d e r A u f f a s s u n g als u n ü b e r t r a g b a r , u n v e r z i c h t b a r u n d h ö c h s t p e r s ö n l i c h b e t r a c h t e t w e r d e n u n d d e s h a l b n i c h t als G e g e n s t a n d einer a u s s c h l i e ß l i c h e n o d e r e i n f a c h e n L i z e n z in

41 Für das UrhG vgl. Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 25; § 33 Rn. 3; Schricker, Verlagsrecht, § 8 Rn. 5c (S. 285); v. Gamm, UrhG, § 33 Rn. 5; Rehbinder, § 43 Rn. 306 (S. 232). Eine solche Vereinbarung ist im Urheberrecht schon deshalb ohne weiteres möglich, weil § 33 UrhG nicht zwingend ist (vgl. § 33 a.E.). Vgl. aber auch Hubmann/Gotting, S. 194, wonach eine solche Lizenz als reine Negativlizenz anzusehen sei, weil sie sich in dem Verzicht des Lizenzgebers auf sein Verbietungsrecht erschöpfe. 42 Vgl. zur Einwilligung umfassend Ohly, Volenti non fit iniuria - Die Einwilligung im Privatrecht, passim. 4 3 Sofern man die Einwilligung als einseitiges Rechtsgeschäft ansieht, kommt daneben auch die Negativlizenz in Betracht, die ebenso wie die Einwilligung nicht zu einer Rechtsübertragung führt, sondern nur die entsprechenden Verbotsansprüche des Gestattenden ausschließt. Ein näheres Eingehen auf diese Problematik ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht geboten, da weder die obligatorischen Gestattungsverträge noch die einseitigen Einwilligungen in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen. 4 4 Daneben hat die Einwilligung die wichtige Funktion, ärztliche Heileingriffe rechtlich zu ermöglichen. Vgl. hierzu ausführlich Ohly, Volenti non fit iniuria. 4 5 S. hierzu Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild, passim; Forkel, G R U R 1988, 491, 495 ff. sowie ders., Zur Fortentwicklung unseres Lizenzrechts, in: Festschrift für Kraft, S. 85, 91 ff., der gebundene Rechtsübertragungen an Persönlichkeitsrechten für zulässig erachtet. S. auch Gotting, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, S. 142 ff., aber auch ders., a.a.O., S. 279. Einwilligungen sind im Falle entsprechender vertraglicher Abreden auch im Immaterialgüterrecht möglich, vgl. Schricker-Sc/m'c&er, Vor §§28 ff. Rn. 25. S. auch ders., Zur Einwilligung des Urhebers in entstellende Änderungen des Werks, in: Festschrift für Hubmann, S. 409 ff. S. allgemein zur Einwilligung im Zivilrecht auch Kothe, AcP 185 (1985), 105, 105 ff. Zweifelhaft ist, ob die Verwertung von Persönlichkeitsdetails dogmatisch schlüssig erklärt werden kann, sofern nicht davon ausgegangen wird, dass zumindest positive Nutzungsbefugnisse übertragen werden.

92

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

Betracht kommen. 4 6 Trotz aller Streitigkeiten um die dogmatische Erfassung der Rechtsfigur der Einwilligung besteht Einigkeit darüber, dass diese keinen Zuordnungswechsel an dem Substrat der Einwilligung bewirkt. 4 7 Mit einer Einwilligung erfolgt somit kein Transfer positiver Nutzungsbefugnisse. Die ursprüngliche Zuordnung des zu verwertenden Guts wird vielmehr umfassend aufrecht erhalten.

E . Zusammenfassung Rechtsobjekte können ohne Rücksicht auf ihre Körperlichkeit oder Unkörperlichkeit gegebenenfalls im Wege der translativen sowie der konstitutiven Rechtsübertragung oder durch obligatorische, dabei teilweise verdinglichte oder streng schuldrechtliche Gestattungsverträge sowie überdies auch mittels bloßer Einwilligung verwertet werden. Die für die Veräußerung von Immaterialgüterrechten äußerst bedeutsamen Lizenzverträge sind im Falle der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz als Verfügungen zu qualifizieren, die zu einer konstitutiven Rechtsübertragung am Immaterialgüterrecht führen. Anders als die ausschließliche Lizenz bewirkt die einfache Lizenz keine umfassende Befugnisübertragung. Sie hat somit keine volle Verfügungswirkung, aufgrund derer der Veräußerer seine Nuzungsbefugnisse verlieren würde; vielmehr folgt aus ihr eine Befugnisverdoppelung, da nicht mehr nur der Lizenzgeber, sondern auch der Lizenznehmer zur Nutzung des Lizenzgegenstands berechtigt ist. Dogmatisch kommt der einfachen Lizenz angesichts des regelmäßig durch sie vermittelten Sukzessionsschutzes allerdings ebenfalls eine gewisse gegenständliche Wirkung zu. Insoweit unterscheiden sich einfache Lizenzverträge strukturell nicht grundlegend von Grundstücksmietverträgen, die dem Mieter gemäß § 571 B G B ebenfalls einen gewissen Sukzessionsschutz vermitteln. Schwächer noch ausgestaltet ist die Rechtsstellung des Lizenznehmers in einem rein schuldrechtlich wirkenden immaterialgüterrechtlichen Nutzungsvertrag. Strukturell entspricht dessen Position derjenigen des Mieters eines nicht grundstücksbezogenen Gegenstands. Beide dieser Formen von Verträgen wirken ausschließlich im Ver-

4 6 O b sich an diesem Grundsatz aufgrund der Nena-Entscheidung des B G H ( G R U R 1987, 128) etwas geändert hat, erscheint zweifelhaft. Dort läßt der B G H die Entscheidung über die Ubertragbarkeit des Rechts am eigenen Bild ausdrücklich offen (a.a.O. S. 128 re. Sp.). Vgl. aber dazu auch Forkel, G R U R 1988, 491, 495 ff. sowie Ullmann, AfP 1999, 209, 212. Zur jüngsten Entscheidung des B G B zur Verkehrsfähigkeit von Persönlichkeitsgütern (Übertragung vermögensrechtlicher Befugnisse auf den Erben) s. B G H J Z 2000, 1056 - Marlene Dietrich mit kritischer Anm. von Schack, a.a.O. S. 1060. 4 7 Allerdings schneidet sich der Gestattende sämtliche Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche wegen der Nutzung der durch die Einwilligung erfaßten Rechtsposition gegenüber dem durch die Einwilligung Begünstigten ab. Vgl. Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild, S. 27 ff.

5 8. Allgemeine

Strukturcharakteristika

des

Kaufvertrags

93

hältnis zwischen den Vertragsparteien. Das untere Ende der Stufenleiter der Güterverwertungsverträge bilden die einseitigen Einwilligungen sowie die reinen Negativlizenzen. Diese führen zu keinerlei Befugnisübertragung, sondern heben lediglich ein Verbot auf.

5 8. Allgemeine Strukturcharakteristika

des

Kaufvertrags

A . Methodische Vorbemerkungen U m den Teilausschnitt aus dem Kreis der soeben beschriebenen Veräußerungsvorgänge identifizieren zu können, auf den die kaufrechtlichen Vorschriften grundsätzlich Anwendung finden können, ist nun auf die typusprägenden Charakteristika des Kaufvertrags einzugehen. Im Folgenden sind deshalb die Eigenschaften eines Vertragsverhältnisses zu verdeutlichen, die unabhängig von der Körperlichkeit bzw. Unkörperlichkeit des Übertragungsgegenstands dafür ausschlaggebend sind, dass ein schuldrechtlicher Güterverwertungsvertrag als Kaufvertrag zu qualifizieren ist. Vorwegzuschicken ist allerdings, dass es sich hierbei um die Feststellung von Typen- und somit gerade nicht von begrifflichen Definitionsmerkmalen des Kaufvertrags handelt. Sofern ein Vertrag sämtliche der im Folgenden zu identifizierenden Typenmerkmale verwirklicht, ist er dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags unmittelbar zugehörig. Nicht stets müssen aber alle Typenmerkmale erfüllt sein, damit ein Vertrag dem gesetzlichen Leitbild zugeordnet werden kann. Sofern das Gesamtbild des Vertrags dem gesetzlichen Typus im Wesentlichen entspricht, können einige Züge in nur geringem Maße ausgeprägt sein oder sogar ganz fehlen. 4 8 Deshalb können auch die folgenden Ausführungen nur dazu dienen, die typischen Züge eines Kaufvertrags zu identifizieren, die bei unterschiedlichen Arten von Verträgen in mehr oder minder starker Ausprägung vorhanden sein können.

B . Austausch von Ware gegen G e l d und Entgeltlichkeit des Gütertransfers Beim Kaufvertrag handelt es sich um einen entgeltlichen Vertrag, bei dem Ware gegen Geld hingegeben wird. Vom Tausch i.S.v. § 480 B G B unterscheidet sich der Kaufvertrag somit dadurch, dass beim Kauf wirtschaftliche Güter gerade unter Zwischenschaltung von Geld gegeneinander umgesetzt werden 4 9 . Beim Tausch dagegen werden ausschließlich Sachwerte gegeneinander hingegeben. 4 8 Vgl. hierzu ausführlich Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 171, 179 ff.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 296 f.; kritisch zur Methode der typologischen Zuordnung Oechsler, Gerechtigkeit in modernen Austauschverträgen, S. 298 ff. 4 9 Vgl. Esser/Weyers, § 10, 4 (S. 106); zustimmend Staudinger-Mader, § 515 Rn. 1.

94

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

Von der Schenkung i.S.v. § 516ff. B G B ist der Kauf anhand des Merkmals der Entgeltlichkeit abzugrenzen. 5 0 Ist ein Veräußerungsvertrag allerdings nur teilweise unentgeltlich, da die zu leistende Zahlung nach dem Willen der Parteien den Wert der Gegenleistung nur teilweise abdeckt, so liegt eine gemischte Schenkung vor. Hierbei handelt es sich um einen klassischen Typenverschmelzungsvertrag. Nebeneinander kommt hier deshalb die Anwendung von Kauf- sowie teilweise auch von Schenkungsrecht in Betracht, wobei jeweils auf den Zweck der betreffenden N o r m abzustellen ist. 51 Für die typologische Festlegung der Merkmale des Kaufvertrags haben die genannten Abgrenzungen allerdings noch keine entscheidende Aussagekraft. Die Entgeltlichkeit sowie die Verpflichtung, die Gegenleistung für die Hingabe eines Wirtschaftsguts in Geld zu erbringen, läßt sich weitgehend für jede Art von Güterverwertungsverträgen festlegen.

C . Verhältnis zwischen Kausalgeschäft und Verfügung

I.

Trennungsprinzip

Dogmatisch wesentlich charakteristischer für den Kaufvertrag als das Merkmal der Entgeltlichkeit ist der Umstand, dass das Gesetz diesen Vertragstypus als rein obligatorisches, auf eine gegenständliche Rechtsänderung bezogenes Rechtsgeschäft ausgestaltet hat. D e r Kaufvertrag ist ein reines Verpflichtungsgeschäft und bewirkt selbst unmittelbar keinerlei Zuordnungsänderung. E r bereitet eine solche vielmehr nur vor. Die Verfügung, durch die der Rechtsübergang erfolgt, erfolgt nicht durch den Kaufvertrag selbst, sondern erst in dem hiervon zu unterscheidenden dinglichen Vertrag. 52 Diesem Gedanken gibt das Trennungsprinzip Ausdruck. Es besagt, dass das Verfügungsgeschäft einen selbständigen, gegebenenfalls durch einen Realakt ergänzten Vertrag darstellt, der zwar rein tatsächlich mit der verpflichtenden Einigung zusammenfallen kann, aber als selbständiges Rechtsgeschäft zu werten ist. 53

5 0 Zur Schenkung vgl. insbesondere Larenz, Schuldrecht I I / l , § 47 (S. 196ff). Der Kreis der möglichen Objekte einer Schenkung ist weiter als derjenige der möglichen Kaufgegenstände, da als »Zuwendung« i.S.v. § 516 B G B jede Handlung anzusehen ist, die darauf abzielt, einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Als »Schenkung« kommt daher auch der Erlaß einer Forderung in Betracht (vgl. Larenz, a.a.O. S. 196), obgleich hierbei keine Übertragung von Befugnissen erfolgt. 51 Vgl. hierzu im einzelnen Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 63 III 1 (S. 54 ff.). 5 2 Dies ist völlig unstreitig, vgl. nur Larenz, Schuldrecht II/1 § 39 II a (S. 10 ff.). 53 Vgl. hierzu aus der überreichen Literatur grundlegend Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 7 m.w.N.; Larenz, Schuldrecht I I / l § 39 II a (S. 10 ff.); ders., AT, § 18 II d (S. 326 ff.); ders./Wolf, AT, § 23 Rn. 74 (S. 457 ff.); Baur/Stürner, § 5 IV (S. 47 ff.); Flume, AT, Bd. II, § 12 III (S. 173 ff.); Habermeier, AcP 195 (1995), 283, 283.

§ 8. Allgemeine

Strukturcharakteristika

des

Kaufvertrags

95

Mit Hilfe des Trennungsprinzips kann eine Abgrenzung zwischen dem Kaufvertrag und den miet- bzw. pachtrechtlichen Nutzungsüberlassungsverträgen des B G B erfolgen: Zwar haben diese ebenfalls eine Güterverwertung zum G e genstand und beinhalten, wie vorstehend gezeigt worden ist, jedenfalls zum Teil sogar gewisse Verfügungselemente. Anders als beim Kaufvertrag sind dort jedoch die verpflichtenden und die verfügenden rechtsgeschäftlichen Elemente des Vertrags in ein einheitliches Vertragsverhältnis integriert. Insgesamt ergibt sich somit, dass jedenfalls diejenigen Arten von Verwertungsverträgen, bei denen zwischen einem obligatorischen Vertrag und einem diesem gegenüber eigenständigen Verfügungsvertrag unterschieden werden kann, eine hinreichende systematische Nähe zum kaufrechtlichen Regelungsmodell aufweisen.

II.

Abstraktionsprinzip

Als Abgrenzungskriterium zwischen dem Kaufvertrag und den sonstigen Güterüberlassungsverträgen kommt zusätzlich auch das Abstraktionsprinzip in Betracht, aufgrund dessen die Wirksamkeit des schuldrechtlichen und des dinglichen Rechtsgeschäfts unabhängig voneinander zu beurteilen sind. 54 Zweifellos stellt das Abstraktionsprinzip einen für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen kauf- und sachenrechtlichen Vorschriften des B G B maßgeblichen Grundsatz dar: Kann für einen entgeltlichen Veräußerungsvertrag nicht nur die Geltung des Trennungs-, sondern darüber hinaus auch die des Abstraktionsprinzips anerkannt werden, so spricht dies ganz entscheidend für die Einordnung des entsprechenden Kausalverhältnisses als Kaufvertrag. Die Frage, ob das Abstraktionsprinzip eine notwendige Bedingung für die typologische Einordnung eines Veräußerungsvertrags als Kaufvertrag ist, stellt sich im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immaterialgüterrechten mit besonderer Dringlichkeit. Bei immaterialgüterrechtlichen Rechtseinräumungen ist die Anwendbarkeit des Abstraktionsprinzips differenziert zu beurteilen: In § 9 Abs. 1 VerlG findet sich die ausdrückliche Regelung, dass das Nutzungsrecht des Verlegers mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt. Damit ist jedenfalls für den Bereich des Verlagsrechts ausdrücklich die Abhängigkeit der Nutzungsrechtseinräumung von dem ihr zugrundeliegenden Kausalverhältnis geregelt. Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben steht fest, dass bei auf die Einräumung des subjektiven Verlagsrechts gerichteten Verträgen das Abstraktionsprinzip keine Anwendung findet. 55 Auch in anderen Fällen der konstitutiven Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte oder der Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutzrechten lehnt die h.M. die Anwendung des Abstrak-

Zum Abstraktionsprinzip beim Kauf vgl. die Nachweise in Fn. 53. Einhellige Meinung, vgl. nur Schricker-Schricker, Vor § § 2 8 ff. Rn. 60; Schricker, Verlagsrecht, § 9 Rn. 3; Fromm/Nordemann-Z/ertz«, Vor §31 Rn. 10; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 92 I (S. 390); Wentel Härle, G R U R 1997, 96, 97. 54

55

96

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

tionsprinzips ab. 56 Maßgebliche Gründe hierfür sind nicht nur der Gedanke des § 9 Abs. 1 VerlG, sondern vor allem auch die Erwägung, dass immaterialgüterrechtliche Nutzungsrechte anders als die Sachenrechte gerade keinem Numerus Clausus unterworfen sind. Da sich Umfang und Inhalt des gegenständlichen Nutzungsrechts deshalb regelmäßig nur mit Blick auf die der Rechtseinräumung zugrunde liegende Kausalvereinbarung ermitteln lassen, besteht eine im Vergleich zum Recht der körperlichen Gegenstände engere Bindung zwischen Verpflichtung und Verfügung. 5 7 Die immaterialgüterrechtliche Verfügung gewinnt erst durch den Verpflichtungsvertrag ihre Konturen, da sie anders als im Sachenrecht nicht durch einen Numerus Clausus dinglicher Rechte auf bestimmte Gestaltungen festgelegt ist. Weiter ist bei der Einräumung insbesondere urheberrechtlicher Nutzungsrechte der Gedanke der Zweckbindung stark ausgeprägt, so dass auch deshalb erst das schuldrechtliche Geschäft Inhalt und Umfang der Rechtseinräumung im Einzelnen festlegt. Die besondere konzeptionelle Nähe des Abstraktionsprinzips zum Recht der Veräußerung körperlicher Sachen wird zudem auch daran deutlich, dass der dem Abstraktionsprinzip zugrunde liegende Gedanke der Rechts- und Verkehrssicherheit für das Immaterialgüterrecht der unkörperlichen Gegenstände nicht stichhaltig ist, da dort kein Gutglaubensschutz stattfindet. 58 Bei der translativen Weiterübertragung bereits bestehender Nutzungsrechte gilt dagegen das Abstraktionsprinzip in umfassender Weise. 59 In diesen Fällen ist das Nutzungsrecht bereits zu einem früheren Zeitpunkt entstanden, so dass dessen Inhalt bereits aufgrund von Faktoren feststeht, die außerhalb des spezifischen Vertrags begründet sind. Daher sind dort weder der Gesichtspunkt der Zweckbindung des Nutzungsrechts im Interesse des Urhebers noch derjenige der Prägung des gegenständlichen Rechts durch den Schuldvertrag einschlägig. Das Abstraktionsprinzip sollte insbesondere bei Veräußerungsverträgen über unkörperliche Gegenstände nicht als notwendiges kaufrechtliches Strukturmerkmal angesehen werden. Historisch hat sich das Abstraktionsprinzip in en-

56 Vgl. Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 162 ff.; Kraßer, GRUR Int. 1973, 230, 235 ff.; Benkard/Kraßer, Patentrecht, S. 698; Schricker-Schricker, Vor §§ 28 ff. Rn. 61, §§31/32 Rn. 2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 92 I, (S. 390 ff.); so wohl auch Möhring/NicoliniSpautz, § 31 Rn. 13 f. Für die Geltung des Abstraktionsprinzips dagegen Fromm/NordemannHertin, Vor §31 Rn. 10, nach denen allerdings das Nutzungsrecht automatisch erlischt, wenn das Verpflichtungsgeschäft wegfällt; Schuck, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 526 f.; v. Gamm, Urheberrecht, Einl. Rn. 70; Wente/Härle, GRUR 1997, 96, 98 ff.; BGHZ 27, 90, 95 Privatsekretärin (zum früheren Recht). Für das Urheberrecht ist auf die Vorschrift des §40 Abs. 3 UrhG hinzuweisen, die ein Durchschlagen der Unwirksamkeit der Verpflichtung auf die Verfügung über Nutzungsrechte an künftigen Werken bewirkt (Schricker-Schricker, Vor §§28 ff. Rn. 61). 57 Vgl. nur Schricker-Schricker, Vor §§28ff. Rn. 61. 58 Vgl. Schricker-Schricker, UrhG, Vor §§28 ff. Rn. 61, 63. 59 Schricker-Schricker, UrhG, Vor §§28 Rn. 62; Fromm/Nordemann-Hertin, Vor §31 Rn. 10; Schricker, Verlagsrecht, § 28 Rn. 12; Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 157, 163.

5 8. Allgemeine

Strukturcharakteristika

des

Kaufvertrags

97

gern Zusammenhang mit dem Recht der körperlichen Sachen entwickelt. 6 0 Es stellt insbesondere ein Korrelat zum Numerus Clausus der dinglichen Rechte dar, da deren Umfang grundsätzlich unabhängig vom zugrundeliegenden Kausalverhältnis ermittelbar ist. Insbesondere im Sachenrecht kann dieses Prinzip sein Ziel verwirklichen, das in der Gewährung umfassenden Verkehrsschutzes liegt. Das Abstraktionsprinzip wurde dagegen schon für den Forderungserwerb erst nach längeren Diskussionen anerkannt. 6 1 Für Immaterialgüterrechte und sonstige Gegenstände, die erst zu einem noch späteren Zeitpunkt umfassende Anerkennung als veräußerliche Rechtsobjekte fanden, wurde das Abstraktionsprinzip nicht konzipiert. Daher kann es nicht als notwendiges Typenmerkmal immaterialgüterrechtlicher Kaufverträge angesehen werden. Erfüllt ein Veräußerungsvertrag die sonstigen Anforderungen, die das Gesetz an das tatbestandliche Vorliegen eines Kaufvertrags stellt, und ist insbesondere das Trennungsprinzip anwendbar, so bestehen im Grundsatz keine Bedenken dagegen, die §§ 433 ff. B G B heranzuziehen.

D . Charakteristika kaufrechtlich relevanter Verfügungen

I. Unterscheidung

zwischen Verfügung und

Realakt

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Kaufvertrag nach seinem gesetzlichen Leitbild auf die Verpflichtung zur Vornahme einer Verfügung gerichtet ist. N u r rechtsgeschäftlich bewirkte Güterübertragungen und somit nur die Ubertragung subjektiver Rechte sind als Verfügungen zu qualifizieren. 62 Anders als beim Sach- oder Rechtskauf, die jeweils die Verpflichtung zur Übertragung subjektiver Rechte beinhalten, erfolgt die Übertragung sonstiger Gegenstände durch Realakt, da an diesen definitionsgemäß gerade kein subjektives Recht besteht. Die Veräußerung sonstiger Gegenstände ist somit nicht unmittelbar vom klassischen Leitbild des Sach- bzw. Rechtskaufvertrags erfasst/' 3

6 0 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte des Abstraktionsprinzips Stadler, Gestaltungsfreiheit, S. 46 ff.; Ranieri, Die Lehre von der abstrakten Ubereignung in der deutschen Zivilrechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, in: Coing/Wilhelm (Hrsg.), Wissenschaft und Kodifikation, Bd. II, S. 90 ff. 61 Vgl. insbesondere zu den Lehren Mühlenbruchs im 19. Jahrhundert oben § 2 C. 6 2 Unstrittig, vgl. Ennecerus/Nipperdey, § 143 II (S. 882); Flume, AT II, § 11 Nr. 5 a (S. 140); Hübner, AT, Rn. 390; Larenz/Wolf, § 23 Rn. 36; Medicus, AT, Rn. 208. 63 In Betracht kommt allerdings, dass es sich hierbei um eine dritte Art des Kaufs, nämlich gerade um den Typus des Kaufs sonstiger Gegenstände handelt. Vgl. hierzu ausführlich unten § 9 B sowie 5. Kapitel.

98

3. Kapitel:

Grundstrukturen

II. Auf Güterumsatz 1. Abgrenzung

des Kaufvertrags

gerichtete

über unkörperliche

Gegenstände

Verfügungen

zu Verzichts- oder

Aufhebungsverträgen

Angesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Verfügungen bedarf der Kreis der kaufrechtlich relevanten Verfügungen noch einer näheren Konkretisierung. Soweit Verpflichtungsgeschäfte auf Verfügungen gerichtet sind, die, wie etwa der Verzicht oder die Aufhebung eines Rechts, keinen Güterumsatz bewirken, liegt kein hinreichend enger Zusammenhang mit dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags als Umsatzgeschäft 64 vor. Bei den genannten Schuldverträgen handelt es sich um atypische Verträge, die die Anwendung von Kaufrecht nur vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfall zulassen. 2. Rechtsübertragungen

und

Rechtseinräumungen

a. Translative Rechtsübertragungen Auch innerhalb des Kreises der Güterumsatzgeschäfte können verschiedene Arten von Verfügungen identifiziert werden, die dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags unterschiedlich nahe stehen. Fest steht, dass diejenigen Verfügungen, die wie Sachübereignungen, Forderungsübertragungen, vollständige Patent- oder Markenrechtsveräußerungen sowie die Übertragung bereits abgespaltener urheberrechtlicher Nutzungsrechte zu einer translativen Rechtsübertragung führen, in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen. Denn hierbei handelt es sich um Rechtsübertragungen, die der Sachübereignung gemäß § 929 B G B bzw. der Forderungszession nach § 398 B G B strukturell unmittelbar entsprechen. In sämtlichen dieser Fälle gibt der Veräußerer seine Rechtsinhaberschaft zugunsten des Erwerbers vollständig auf. Gleichzeitig erfolgt eine umfassende Übertragung des Guts selbst. Die Strukturgleicheit derartiger immaterialgüterrechtlicher Rechtsübertragungen mit den im B G B geregelten Vollveräußerungsverträgen ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, dass im Falle fehlender Sonderregelungen gemäß § 413 B G B die Vorschrift des § 398 B G B auf die Veräußerung sonstiger Rechte zur Anwendung kommt. b. Konstitutive Rechtsübertragungen Einer näheren Untersuchung bedarf die Frage, ob auch konstitutive Rechtsübertragungen in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen. Zu unterscheiden ist dabei einerseits zwischen den konstitutiven Rechtsübertragungen, die dem Erwerber eine umfassende gegenständliche Rechtsposition vermitteln, und andererseits solchen Veräußerungsverträgen, bei denen nur ein geringeres Maß an Befugnissen zugewendet wird. Letztere sind deshalb in der vorliegenden Arbeit 64

(S.6).

Zur Einordnung des Kaufvertrags als Umsatzgeschäft s. Larenz,

Schuldrecht I I / l , § 3 9 I

5 8. Allgemeine

Strukturcharakteristika

des

Kaufvertrags

99

bereits aus dem Begriff der konstitutiven Rechtsübertragung ausgeschieden worden. 6 5 Konstitutive Rechtsübertragungen, bei denen, wie im Falle der ausschließlichen Lizenz oder der Einräumung beschränkt dinglicher Nutzungsrechte, ein Teil der umfassenden Rechtsposition des Veräußerers dem Mutterrecht »entnommen« und auf den Erwerber übertragen wird, führen zu einer grundsätzlich umfassenden Zuordnungsänderung an den veräußerten Befugnissen. Sie befinden sich damit konzeptionell in unmittelbarer Nähe zur translativen Rechtsübertragung. Dem kaufrechtlichen Leitbild einer umfassenden Güterübertragung als Umsatzgeschäft stehen sie sehr nahe: Mit dem Verlust der Rechtszuständigkeit des Veräußerers korrespondiert in diesen Fällen ein entsprechender Rechtserwerb durch den Erwerber. Nach der Übertragung der Nutzungsbefugnisse steht dem Erwerber eine Rechtsposition zu, aufgrund derer er nun sämtliche Befugnisse innehat, die zuvor dem Veräußerer zugestanden hatten. Der Erwerber genießt nicht nur Sukzessionsschutz, sondern ihm stehen nun Verbotsrechte zu, die auch gegenüber dem Veräußerer wirksam sind. D a diese Form der konstitutiven Rechtsübertragung das kaufrechtliche Merkmal der durch Verfügung bewirkten umfassenden Güterübertragung im Wege eines Umsatzgeschäfts in hohem Maße verwirklicht, ergeben sich gegen die grundsätzliche Anwendbarkeit kaufrechtlicher Vorschriften auf diesen Typus von Veräußerungsverträgen keine Bedenken. Fraglich ist allerdings, ob das Kaufrecht im Grundsatz 6 6 auch auf weniger intensive Formen von Veräußerungsverträgen wie auf den einfachen Lizenzvertrag anwendbar ist. Dieser führt, wie bereits erörtert, nicht zu einer umfassenden Zuordnungsänderung am Veräußerungsgegenstand, sondern bewirkt lediglich eine Zuordnungsverdoppelung. Vom kaufrechtlichen Leitbild ist diese Erscheinungsform des »VeräußerungsVertrags« weit entfernt, da kein Vermögensgegenstand umfassend übertragen wird. Auch aus dem Gesetz geht deutlich hervor, dass diese Form von Verwertungsverträgen nicht dem Kaufrecht zuzuordnen ist: Kauf- und Gebrauchsüberlassungsverträge unterscheiden sich typologisch gerade durch die unterschiedliche Intensität der Rechtsübertragung. Durch den Kaufvertrag wird das Gut grundsätzlich vollständig auf den Erwerber übertragen, so dass dieser nicht nur Sukzessions-, sondern auch Klageschutz erhält. Die vertragsgegenständliche Rechtsposition wird ihm damit umfassend »gegenständlich« 67 zugeordnet. Der Mieter dagegen als der paradigmatische Fall des

Vgl. oben § 7 B II 2 b. Diese Frage stellt sich nur dann, wenn von der Geltung des Trennungsprinzips bei solchen Formen konstitutiver Rechtsübertragungen ausgegangen wird. Für die Zwecke der Diskussion soll dies zunächst angenommen werden. Vgl. dazu ausführlich unten § 9 A II 2 . 67 Ein »gegenständlicher« Zuordnungswechsel erfolgt auch beim Forderungskauf, da dort die Forderung umfassend auf den Erwerber übertragen wird, so dass nur mehr dieser und kein anderer an der Forderung berechtigt ist. Vgl. dazu Larenz, Schuldrecht I, § 33 III (S. 573 f.). 65

66

100

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

Inhabers eines bloßen Gebrauchsrechts erhält eine allenfalls durch Sukzessionsschutz abgesicherte, schwächer ausgestaltete Rechtsposition. Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass einfache, nicht umfassend gegenständliche Nutzungsrechtsübertragungen regelmäßig gerade nicht in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen. Festzuhalten ist daher, dass »schwache« Formen vertraglicher Güterüberlassungen dem typologischen Leitbild des Kaufvertrags weit weniger nahe stehen als konstitutive Rechtsübertragungen, da nur letztere zu einer umfassenden gegenständlichen Zuordnungsänderung am betroffenen Vermögensgut führen.

III.

Folgerungen

Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass als kaufrechtliche Veräußerungsgeschäfte entgeltliche, auf den Austausch von Ware gegen Geld gerichtete Schuldverträge in Betracht kommen, die auf einen rechtsgeschäftlich durch Verfügung bewirkten Güterumsatz abzielen. Notwendig für das Vorliegen eines Kaufvertrags entsprechend dem gesetzlichen Leitbild ist dabei die Möglichkeit einer Trennung zwischen schuldrechtlichem und gegenständlichem Geschäft. Darüber hinaus darf die Verfügung, auf die das obligatorische Rechtsgeschäft gerichtet ist, nicht lediglich eine Befugnisverdoppelung zugunsten des Erwerbers bewirken. Sie muss vielmehr zu einem umfassenden Zuordnungswechsel zumindest an einem gegenständlichen Teilausschnitt des Veräußerungsguts führen.

§ 9. Folgen für die Anwendung von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände Nachdem nun die grundlegenden Typenmerkmale des gesetzlichen Leitbilds des Kaufvertrags verdeutlicht worden sind, können Schlußfolgerungen darüber gezogen werden, welche Arten von Verwertungsvorgängen über unkörperliche Objekte informationeller Natur im einzelnen in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen. Eine abschließende typologische Zuordnung kann zwar nicht ausschließlich mit Blick auf die Ausgestaltung der Primärpflichten erfolgen, sondern muss auch die Angemessenheit der gesetzlichen Regelung der Sekundärebene mit einbeziehen. Eine Würdigung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts und seine Anwendbarkeit auf Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände kann allerdings an diesem Punkt der Untersuchung noch nicht erfolgen. Es läßt sich jedoch bereits hier feststellen, ob das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags in seinen Grundzügen mit den unterschiedlichen Formen von Verträgen über die Verwertung von Immaterialgüterrechten und sonstigen informationellen Gütern übereinstimmt.

5 9. Folgen für die Anwendung von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge

101

A . V e r ä u ß e r u n g s v e r t r ä g e ü b e r I m m a t e r i a l g ü t e r r e c h t e als K a u f v e r t r ä g e

I. Uberblick über den Meinungsstand und Kritik Wie bereits erwähnt, ist die Verpflichtung zur translativen Übertragung eines Vollrechts an einem körperlichen oder unkörperlichen Vermögensgut - wie etwa die Vollveräußerung eines Patents oder einer Marke - die paradigmatische Erscheinungsform des Kaufvertrags. Fraglich und weitgehend ungeklärt ist aber, o b und inwieweit auch Lizenzverträge als Kaufverträge zu qualifizieren sind. Zur Frage der dogmatischen Qualifikation von Lizenzverträgen stehen sich im Wesentlichen 6 8 drei Auffassungen gegenüber: E i n e Meinung bezweifelt insgesamt die Subsumierbarkeit von Lizenzverträgen unter die gesetzlich vorgegebenen Vertragstypen. Sie sieht deshalb den Lizenzvertrag als Vertrag sui generis bzw. als Typenmischvertrag an, der Elemente des Kauf- und Pachtvertrags in sich vereine 6 9 . E i n e hiervon graduell abweichende, ebenfalls sehr verbreitete Ansicht ordnet den Lizenzvertrag vorrangig unter die Vorschriften der Rechtspacht ein 7 0 . Sie beruft sich insbesondere auf dessen Dauerschuldverhältnischarakter, der gerade für den Pachtvertrag, nicht aber für den Kaufvertrag typisch sei 7 1 . A u c h verpflichte sich der Lizenzgeber nicht, über das ganze Recht zu verfügen, sondern spalte lediglich einen Teil seines Rechts, nämlich die Befugnis zur Benutzung ab, was der pachtvertraglichen Gebrauchsüberlassung entspreche 7 2 . Andere Autoren dagegen sehen im Lizenzvertrag im Wesentlichen

einen

Rechtskaufvertrag bzw. kaufähnlichen Vertrag 7 3 , wobei insbesondere auf die Angemessenheit der Sachmängelhaftung rekurriert wird 7 4 . 68 Es liegt auf der Hand, dass die Grenzen zwischen den Auffassungen, die von einem Vertrag sui generis ausgehen, der von pachtvertraglichen Elementen geprägt ist, und denen, die den Lizenzvertrag weitgehend als Pachtvertrag einordnen, zerfließen. Zu weiteren Auffassungen (Qualifikation als Gesellschafts- oder Mietvertrag) vgl. den Uberblick bei Henn, Rn. 91 ff, 103 ff.; S. insbes. zum Schweizer Recht Hilty, Lizenzvertragsrecht, S. 107 ff. 69 Vgl. RGZ 75, 400, 405; RGZ 142, 212, 213; RGZ 155, 306, 310; BGHZ 26, 7, 9; BGHZ 105, 374, 378. S. auch Henn, Rn. 90; Reimer -Ernst Reimer, PatG, §9 Anm. 5 m.w.N. aus der älteren Rspr.; vgl. auch Rasch, S. 119; Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, S. 398 f. 70 Vgl. z.B./. Baur, ZHR 129 (1967), 1, 9ff.; Cehulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 98 ff. mit ausführlichen Nachweisen zum aktuellen Streitstand; Staudinger-Emmerich Vor §581 Rn. 85; Gaul/Bartenhach/Gennen, K 11 Rn. 16 ff.; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 24 (für eine analoge Anwendung der pachtrechtlichen Vorschriften); Palandt-Pxtzo, Vor § 581 Rn. 7 (i.d.R. Pachtvertrag mit kauf- und gesellschaftsrechtlichen Elementen); Benkard-Ullmann, § 15 Rn. 49; Staudinger-tföWer, § 445 Rn. 11; Bernhardt/Kraßer, § 41 I 5 (S. 699); Ohl, GRUR 1992, 77, 77. 71 Gaul/Bartenhach/Gennen, K 10 Rn. 14; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 20. Mit Hinweis auf den Dauerschuldverhältnischarakter wendet sich Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, S. 396, gegen die kaufrechtliche Einordnung des Lizenzvertrags. 72 Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 20. Gaul/Bartenhach/Gennen, K 10 Rn. 14 73 Dieser war bis zur Schuldrechtsmodernisierung in §445 BGB a.F. ausdrücklich erwähnt. Vgl. Soergel-Huber, Vor § 433 Rn. 242; § 445 Rn. 15; Seligsohn, § 6 Anm. 5; Nirk, GRUR 1970, 329, 329 f. 74 So insbes. Nirk, GRUR 1970, 329, 329 f.

102

3. Kapitel:

Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

Auf Grundlage der erwähnten Argumente läßt sich indes weder die Anwendung von Kauf- noch diejenige von Pachtrecht überzeugend begründen. Anders als bei den herkömmlichen Erscheinungsformen der Rechtspacht, wie etwa der Jagd- oder Fischereipacht, wird dem Lizenznehmer das Recht nicht auf Zeit zum Gebrauch überlassen, sondern wirtschaftlich gesehen zwar nicht im Ganzen, aber zu einem Teil umfassend übertragen. 75 Abweichend davon, wie dies regelmäßig beim Kauf der Fall ist, wird der Lizenznehmer allerdings nicht umfassender Inhaber der erworbenen Rechtsposition. Auch kann der Hinweis auf den Dauerschuldverhältnischarakter des Lizenzvertrags als Argument für die Anwendung von Pachtrecht nicht genügen. Einerseits können auch Kaufverträge Dauerschuldverhältnischarakter aufweisen; 76 andererseits liegt in der Lizenzeinräumung eine konstitutive Rechtsübertragung, die sich in einem einmaligen Akt der Übertragung des Vertragsgegenstands erschöpft. Auch das Argument, wonach die Anwendung von Kaufrecht deshalb auszuschließen sei, weil beim Lizenzvertrag keine umfassende Rechtsübertragung stattfinde, kann nicht überzeugen, da zumindest im Falle der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz wenigstens ein Teilausschnitt des Vollrechts umfassend auf den Erwerber übertragen wird. II.

Stellungnahme

U m die Anwendbarkeit von Kaufrecht auf den Lizenzvertrag beurteilen zu können, genügt es nicht, isoliert einzelne Charakteristika des Lizenz- sowie des bürgerlich-rechtlichen Kaufvertrags herauszugreifen und einander gegenüberzustellen. Vielmehr erscheint es geboten, die Strukturcharakteristika des Lizenzvertrags insgesamt mit den grundlegenden typologischen Merkmalen des gesetzlich vorgegebenen Vertragstypus zu vergleichen. 1. Ausschließliche

Lizenzverträge

als

Kaufverträge

a. Konstitutive Rechtsübertragungen und Kaufrecht Im Bereich des allgemeinen Zivilrechts ist die Anwendung von Kaufrecht auch auf konstitutive Rechtsübertragungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Das obligatorische Grundgeschäft der Bestellung dinglicher Nutzungsrechte wird weit überwiegend als Rechtskauf 7 7 bzw. als kaufähnliches Geschäft 78 und somit

75 Auf diesen Unterschied zum Leitbild des Pachtvertrags wird insbesondere von SoergelHuber, Vor § 433 Rn. 242 hingewiesen. 7 6 Vgl. hierzu ausführlich unten § 15. 7 7 B G H Z 52, 243, 248 (kaufrechtliches Grundgeschäft des Dauerwohnrechts i.S.v. §433 Abs. 1 S.2 B G B a.F.); Esser/Weyers, Schuldrecht II, § 4 II 3; Palandt-P«tzo, § 433 Rn. 15. 7 8 Vgl. §§ 445, 493 B G B a.F.; s. Staudinger-Honseil, § 433 Rn. 3; MüKo-//.fi 433 Rn. 7; Soerge\-Huber, § 493 Rn. 9 f.

Westermann,

§ 9. Folgen für die Anwendung

von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge

103

gerade nicht als miet- oder pachtähnliches Schuldverhältnis angesehen. 79 Maßgeblich für die grundsätzlich kaufrechtliche Einordnung solcher Verträge ist die Tatsache, dass die Einräumung der gegenständlichen Nutzungsbefugnis hier gerade nicht auf dem Grundgeschäft, sondern auf einem abstrakten dinglichen Recht basieren soll.80 Für die Annahme eines rein obligatorischen Mietvertrags, aus dem sich die Verpflichtung zur Verschaffung einer gegenständlichen N u t zungsbefugnis ergeben würde, ist deshalb kein Raum. Aufgrund der Geltung des Trennungsprinzips ist somit statt dessen die Befugnisübertragung als solche ausschließlich in der dinglichen Ebene des Vertrags verankert. Die schuldrechtliche Ebene beinhaltet lediglich eine Verpflichtung zur Übertragung der entsprechenden gegenständlichen Befugnisse. b. Geltung des Trennungsprinzips bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten Ahnlich wie die Bestellung beschränkt dinglicher Rechte das Eigentumsrecht des Veräußerers beschneidet, führen ausschließliche Lizenzeinräumungen zur Übertragung eines gegenständlichen Ausschnitts aus dem immaterialgüterrechtlichen Vollrecht. In beiden Fällen liegt eine insoweit umfassende Rechtsübertragung vor: Der Veräußerer erleidet einen Rechtsverlust, der im Wesentlichen dem Zuwachs an Rechtsmacht auf Seiten des Erwerbers entspricht. Parallel zur Argumentation im Bereich der beschränkt dinglichen Rechte wäre deshalb auch die Verpflichtung zur Vergabe einer ausschließlichen Lizenz als Kaufvertrag bzw. als kaufähnliches Geschäft zu qualifizieren, wenn auch hier das Trennungsprinzip Anwendung finden würde. Die Geltung des Trennungsprinzips bei der Vergabe ausschließlicher Lizenzen entspricht einhelliger und zustimmungswürdiger Ansicht. 81 Die vorstehend dargestellte Diskussion über die Geltung des Abstraktionsprinzips ist nur unter der Prämisse möglich, dass bei Lizenzverträgen das Trennungsprinzip gilt. Denn ohne eine Trennung zwischen Verpflichtungsgeschäft und unmittelbarer Rechtseinräumung könnte die Diskussion über die mögliche Unabhängigkeit der beiden Ebenen des Veräußerungsgeschäfts nicht sinnvoll geführt werden. Auch rechtssystematisch ist die Geltung des Tren-

79 Vgl. differenzierend insbesondere zum Grundgeschäft des Nießbrauchs Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S. 354 ff. 80 Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S. 354 f. 81 Vgl. z.B. Schricker-Sc^ric&er, Vor §§28 ff. Rn. 58 für das Urheberrecht; für das Verlagsrecht s. Haberstumpf, Verfügungen über urheberrechtliche Nutzungsrechte im Verlagsrecht, in: Festschrift für Hubmann, S. 127,128 f.; Schricker, Verlagsrecht, § 8 Rn. 2, § 9 Rn. 3; Wente/Härle, G R U R 1997, 96; Schwarz/Klinger, G R U R 1998, 103, 104 ff. Zum Patentrecht vgl. BenkardUllmann, PatG, § 15 Rn. 8; Lichtenstein, NJW 1965, 1839; Lüdecke/Fischer, Vorbem. 6; Gaul/ Bartenbach/Gennen, K 8, Rn. K 10. Vgl. aber Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 141 f., der die Geltung des Trennungsprinzips im Urheberrecht insgesamt bestreitet, um sämtliche Formen von Lizenzverträgen unter das Pachtrecht subsumieren zu können.

104

3. Kapitel: Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

nungsprinzips im Immaterialgüterrecht geboten. Angesichts der Tatsache, dass das BGB den »kodifikatorischen Brennpunkt 82 « des gesamten Vermögensrechts und somit auch des Lizenzvertragsrechts bildet, muss sich die Entscheidung über die Anwendbarkeit des Trennungsprinzips auch in diesem Bereich an den Wertungen des BGB orientieren. 83 Die Geltung des Trennungsprinzips basiert auf der Absicht des Gesetzgebers, eine systematische Vereinfachung des Rechts der Güterveräußerung herbeizuführen. 84 Zu diesem Zweck ermöglicht das Trennungsprinzip eine Unterscheidung zwischen den Wirksamkeitsvoraussetzungen der Verpflichtung und der Zuordnungsänderung selbst. Dabei kommt insbesondere der durch das Trennungsprinzip bewirkten Isolierung der Verfügung erhebliche Bedeutung zu, da diese angesichts ihrer gegenständlichen Wirkung - anders als die Verpflichtung - die Interessen Dritter maßgeblich berührt. Während schuldrechtliche Geschäfte unabhängig von der »Verpflichtungsmacht« des Schuldners gültig sind 85 , sind Verfügungen deshalb grundsätzlich nur dann wirksam, wenn der Verfügende eine entsprechende Verfügungsmacht 86 innehat. Die Verfügungsmacht bildet den Brennpunkt, in dem Interessen des Veräußerers, Dritter und der Allgemeinheit im Rahmen eines rechtsgeschäftlich bewirkten Gütertransfers zum Ausgleich gebracht werden 87 . Das Bedürfnis, die Wirksamkeit einer Verfügung durch mögliche Beschränkungen der Verfügungsmacht zu steuern und sie deshalb vom Kausalgeschäft zu unterscheiden, besteht generell bei Veräußerungsverträgen, die zu einem umfassenden gegenständlichen Zuordnungswechsel führen. Dies gilt unabhängig davon, ob die gegenständliche Zuordnungsänderung an einem körperlichen oder unkörperlichen Gegenstand erfolgt. Denn während das obligatorische Geschäft grundsätzlich nur Wirkungen zwischen den Vertragsparteien entfaltet, müssen Dritte die Änderung der Inhaberschaft am Ubertragungsgegenstand im Falle einer gegenständlich wirkenden Rechtsübertragung - gleich über welche Form von Gegenständen - umfassend gegen sich gelten lassen.

82

Vgl. dazu oben § 1 C. In diesem Sinne auch Schricker-Schricker, Vor §§ 28 ff. U r h G Rn. 58, der darauf hinweist, dass im System des Privatrechts zwischen Verpflichtung u n d Verfügung unterschieden werde. 84 Larenz, Schuldrecht I I / l , § 39 II c (S. 13). 85 Kann der Schuldner seine Verpflichtung nicht erfüllen, so besteht eine Schadensersatzpflicht. 86 Vgl. Flume, AT Bd. II, § 11 5 c (S. 142), w o n a c h der Sinn des Begriffs der Verfügung ausschließlich in der Verfügungsmacht liege. 87 Vgl. hierzu ausführlich Haedicke,]viS20Q\, 966, 969 f.; Einschränkungen der Verfügungsmacht als relative oder absolute Verfügungsbeschränkungen i.S.v. §§ 135 f. B G B oder absolute Verfügungsbeschränkungen i.S.v. §§ 161, 2113 B G B berücksichtigen die überwiegenden Interessen Dritter, die gegen einen wirksamen Gütertransfer gerichtet sind, da beispielsweise eine F o r d e r u n g gepfändet w u r d e (§§ 935ff. Z P O , 135 BGB) oder über eine unter Eigentumsvorbehalt stehende Sache verfügt w u r d e (§ 161 BGB). Vgl. ausführlich Haedicke, a.a.O. 83

§ 9. Folgen für die Anwendung

von Kaufrecht auf Veräußerungsverträge

105

c. Kaufrechtliches Grundgeschäft und ausschließliche Lizenzeinräumung Somit steht fest, dass das Trennungsprinzip auch bei der ausschließlichen Lizenzvergabe Anwendung findet. Im nächsten Schritt ist nun zu fragen, ob der von der Verfügung zu isolierende Schuldvertrag, der die Verpflichtung zur Vergabe einer ausschließlichen Lizenz beinhaltet, als kaufrechtliches bzw. kaufähnliches Geschäft oder aber als obligatorischer Gebrauchsüberlassungsvertrag zu qualifizieren ist. aa. Schuldrechtliche Verpflichtung zur gegenständlichen Lizenzeinräumung. Die Strukturbetrachtung dieses lizenzrechtlichen Verpflichtungsvertrags macht erhebliche Parallelen zum gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags deutlich, so wie dieses bei der Bestellung dinglicher Nutzungsrechte zum Ausdruck kommt: Ebenso wie bei der Bestellung ausschließlicher dinglicher Nutzungsrechte ist bei der Lizenzvergabe die Befugnisübertragung ausschließlich auf der gegenständlichen Ebene angesiedelt. Die obligatorische Verpflichtung beschränkt sich in Bezug auf die Rechtsübertragung dagegen auf die Bestellung des Nutzungsrechts, d.h. auf die Vornahme der konstitutiven Rechtsübertragung als solcher und auf die Festlegung der gegebenenfalls zu vereinbarenden lizenzvertraglichen Nebenpflichten. Für eine kausale Verdoppelung der gegenständlichen Befugnisgewährung, die dadurch erfolgen könnte, dass die gegenständliche Rechtseinräumung durch eine inhaltsgleiche obligatorische Nutzungsüberlassungsvereinbarung wie einen Mietvertrag untermauert würde, besteht hingegen weder Raum noch Notwendigkeit. Die Parteien haben regelmäßig den Willen, dem Lizenznehmer die Nutzungsbefugnis aufgrund einer gegenständlichen Rechtseinräumung zu verschaffen. Die Annahme eines zusätzlichen Parteiwillens, der darauf gerichtet wäre, zusätzlich auch einen obligatorischen Nutzungsüberlassungsvertrag zu schließen, würde auf Fiktion beruhen. bb. Untersuchung weiterer typusprägender Charakteristika. Angesichts der Geltung des Trennungsprinzips sowie wegen der Tatsache, dass die Befugnisübertragung auf der dinglichen und nicht nur auf der obligatorischen Ebene erfolgt, ergibt sich somit beim ausschließlichen Lizenzvertrag eine deutliche Parallele zur Struktur der kaufrechtlichen Verschaffungspflicht. Indes ist nicht jeder Vertrag, der auf die Verschaffung einer ausschließlichen immaterialgüterrechtlichen Rechtsposition gerichtet ist, pauschal als Kaufvertrag im Sinne des gesetzlichen Leitbilds der §§ 433 ff. B G B anzusehen. Entscheidend für die Zuordnung ist die nähere Ausgestaltung der jeweiligen Erscheinungsform des Lizenzvertrags und dessen Nähe zum gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags. (1) Der Verlagsvertrag als eigenständiger Typus. Insbesondere der Verlagsvertrag unterscheidet sich in seiner gesetzlichen Ausgestaltung erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags. Anders als der Kaufvertrag ist dieser nicht zwingend auf die Verschaffung einer Rechtsposition gerichtet. So können Verlagsverträge so geschlossen werden, dass dem Verleger in Abweichung von § 8

106

3. Kapitel: Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

VerlG ein subjektives Verlagsrecht überhaupt nicht eingeräumt werden soll, sondern ihm nur die schuldrechtliche Befugnis gegenüber dem Verfasser zugestanden wird, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. 8 8 Auch der verlagsrechtliche Schuldvertrag als solcher beinhaltet neben der - nicht konstitutiven Pflicht zur Einräumung eines gegenständlichen Verlagsrechts zusätzlich weitere Hauptpflichten: Begriffswesentlich f ü r den Verlagsvertrag ist insbesondere die Auswertungspflicht des Verlegers, aufgrund derer er das Werk auf eigene Rechnung zu vervielfältigen u n d zu verbreiten hat. 89 Eine vergleichbare Pflicht obliegt dem Käufer nicht. Die Abnahmepflicht des Verkäufers gem. § 433 Abs. 2 B G B ist grundsätzlich nur eine Nebenpflicht, die ohne weiteres abbedungen werden kann. Ein weiterer Unterschied zwischen Verlagsvertrag u n d Kaufvertrag besteht darin, dass die Vergütungspflicht des Verlegers anders als die des Käufers kein zwingendes Typenmerkmal des Verlagsvertrags darstellt. 90 A u c h in den Fällen, in denen die verlagsvertragliche Pflicht zur Bestellung eines subjektiven Verlagsrechts besteht, u n d selbst dann, w e n n diese von den Vertragsparteien als vertragswesentlich angesehen werden sollte, handelt es sich hierbei u m keine kaufrechtliche K o m p o n e n t e des Vertrags. D e n n die verlagsrechtliche Gewährleistungshaftung, die im Falle der Mangelhaftigkeit des Werks zur A n w e n d u n g k o m m t , ist weitgehend nicht am Leitbild des bürgerlich-rechtlichen Kaufrechts orientiert. Im Falle nicht vertragsmäßiger Beschaffenheit des übertragenen Gegenstands findet § 3 1 i.V.m. § 3 0 VerlG A n w e n d u n g , wonach dem Verleger in erster Linie ein Rücktrittsrecht nach Fristsetzung zuerkannt ist. 91 Daneben k o m m t zwar die A n w e n d u n g der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung in Betracht 9 2 , w e n n ein normativer Mangel an einem inhaltlich einwandfreien Werk vorliegt. Der Rückgriff auf die kaufrechtlichen Vorschriften des B G B macht damit zwar wiederum deutlich, dass das Kaufrecht auch hier den systematischen Brennpunkt des Rechts des Gütertransfers bildet, das subsidiär zur A n w e n d u n g k o m m t . D e r weitgehend eigenständigen gesetzlichen Ausgestaltung des Verlagsvertrags entspricht es allerdings, diesen gleichwohl nicht als einen Unterfall des Kaufs anzusehen. Vielmehr ist der Verlagsvertrag ein eigenständiger Vertragstypus, der gleichberechtigt neben dem Kaufvertrag steht. 93

88

Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 8, § 8 Rn. 17, 40. Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 7. 90 Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 8. Schricker weist a.a.O. auch darauf hin, dass in der Vertragspraxis die Nebenleistungen zu H a u p t p f l i c h t e n w e r d e n k ö n n e n . 91 Vgl. umfassend zu den Sekundärrechten des Verlegers Schricker, Verlagsrecht, K o m m e n tierung zu §§30, 31; Ulmer, U r h e b e r - u n d Verlagsrecht, § 102 (S. 436 ff.); Haberstumpf/Hintermeier, S. 154 ff. 92 F r ü h e r wäre Rechtsgrundlage § 445 B G B a.F. gewesen; heute käme die A n w e n d u n g von Kaufrecht a u f g r u n d der Kaufähnlichkeit des Vertrags in Betracht. Vgl. zu § 4 4 5 B G B a.F. Schricker, Verlagsrecht, § 8 Rn. 38; B G H Z 2, 331, 335. S. auch unten, vor § 15 B. 93 Schricker, Verlagsrecht, Einl. Rn. 3; Haberstumpf/Hintermeier, S. 59; B G H G R U R 1960, 642, 643 - Drogistenlexikon. 89

§ 9. Folgen für die Anwendung

von Kaufrecht

auf Veräußerungsverträge

107

(2) Sonstige immaterialgüterrechtliche Lizenzverträge als Kaufverträge. Anders als Verlagsverträge sind andere Formen immaterialgüterrechtlicher ausschließlicher Lizenzverträge nicht als eigenständige, neben dem Kaufvertrag stehende Vertragstypen anzusehen. Für das allgemeine Urhebervertragsrecht, das auf solche Verträge Anwendung findet, sind detaillierte gesetzliche Vorschriften, so wie sie das Verlagsrecht kennt, nicht gegeben.94 Ebensowenig wie in den sonstigen Gebieten des Immaterialgüterrechts stellt hier der Gesetzgeber Regelungen für die Nicht- oder Schlechterfüllung des Lizenzvertrags bereit. Statt dessen muss auf außerhalb der unmittelbar einschlägigen Spezialgesetze liegende Haftungsgrundsätze zurückgegriffen werden. Dabei drängt sich die Parallele zu dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags auf: Die Bestellung der ausschließlichen Lizenz ist ebenso wie die kaufrechtliche Rechtsverschaffungspflicht regelmäßig als vertragliche Hauptpflicht anzusehen, da ihr vertragswesentliche Bedeutung zukommt. Ziel des Lizenzvertrags ist es gerade, dem Lizenznehmer den Vertragsgegenstand zur ausschließlichen Nutzung zu übertragen. Ebenso ist die Zahlungspflicht beim ausschließlichen Patent- und Markenlizenzvertrag angesichts der kommerziellen Natur des Vertragsgegenstands stets als Hauptpflicht anzusehen. Bei ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechtseinräumungen gilt im Fall fehlender anderweitiger Absprachen regelmäßig gleiches.95 Eine dem Verlagsvertrag vergleichbare, besondere Interessenlage, aufgrund derer von einem Interesse des Urhebers auch zur unentgeltlichen Vervielfältigung und Verbreitung des Werks durch den Verleger ausgegangen werden könnte, kann auch bei der urheberrechtlichen ausschließlichen Nutzungsrechtseinräumung nicht pauschal angenommen werden. cc. Folgerungen. Angesichts der Geltung des Trennungsprinzips und des Bestehens einer Hauptpflicht zur entgeltlichen Verschaffung eines subjektiven Rechts ist die Pflicht zur Einräumung ausschließlicher Lizenzen im Immaterialgüterrecht außerhalb des Anwendungsbereichs des VerlG grundsätzlich kaufrechtlich zu beurteilen. Auch wenn diese Hauptpflicht gegebenenfalls in andere lizenzvertragliche Pflichten eingebettet ist, kommt somit im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands die Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts in Betracht.

9 4 Auch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, das eine detaillierte Regelung des allgemeinen Urhebervertragsrechts vorsieht, beinhaltet keine Vorschriften über Vertragsstörungen im Lizenzvertragsrecht. Ahnlich bereits der Vorschlag für ein Urhebervertragsgesetz von Nordemann, G R U R 1991, l f f . Vgl. zum Regelungsinhalt des Urhebervertragsrechts grundlegend Dietz, Urhebervertragsrecht, in: Festschrift für Schricker, S. 1 ff. 9 5 Zu einem anderen Ergebnis wird man in den Fällen gelangen, in denen ideelle Interessen des Urhebers im Vordergrund stehen. Hierbei kommt es auf die Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls an.

108

3. Kapitel: Grundstrukturen

2. Einfache Lizenzverträge

des Kaufvertrags

über unkörperliche

als obligatorische

Gegenstände

Gebrauchsüberlassungsverträge

Die einfache Lizenz weicht vom gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags als U m satzgeschäft 96 dagegen generell deutlich ab. Sie bewirkt keine umfassende Rechtsübertragung, die zu einem vollständigen Zuordnungswechsel führen würde. Wie bereits erörtert, gleichen sich deshalb die Strukturen der Rechtseinräumung beim Miet- und beim einfachen Lizenzvertrag: Beide Verträge führen gleichermaßen zur Einräumung eines positiven Benutzungsrechts und verschaffen dem Erwerber eine aufgrund des Sukzessionsschutzes nur teilweise verdinglichte Rechtsposition. Qualifiziert der Gesetzgeber des BGB strukturgleiche Gebrauchsüberlassungen innerhalb des traditionellen Geltungsbereichs des BGB als Miet- bzw. Pachtvertrag und damit gerade nicht als Kaufvertrag, so ist dies ein wichtiger Hinweis darauf, dass die strukturell unmittelbar vergleichbaren einfachen Lizenzverträge ebenso zu behandeln sind. Auch die Anwendung des Trennungsprinzips findet bei einfachen Lizenzen eine weit geringere Berechtigung als bei ausschließlichen Lizenzen. Einfachen Lizenzen k o m m t allenfalls eine eingeschränkt dingliche Wirkung zu; sie können privatautonom allerdings auch mit rein obligatorischer Wirkung vereinbart werden. 97 Stets wirken einfache Lizenzen somit im Wesentlichen nur zwischen den Vertragsparteien. Deshalb sind die Interessen der Allgemeinheit bei der Vergabe einfacher Lizenzen in geringerem Maße berührt als bei ausschließlichen Lizenzeinräumungen. Demgemäß besteht hier ein geringeres Bedürfnis, die Rechtsübertragung als eigenständigen Vertrag zu isolieren und dessen Wirksamkeit an den Bestand unbeschränkter Verfügungsmacht zu knüpfen. 9 8 Daher ist der h . M . " darin zu folgen, dass einfache Lizenzverträge dem bürgerlich-rechtlichen Gebrauchsüberlassungsvertrag erheblich näher stehen als dem Kaufrecht. Sie sind infolgedessen nicht dem typologischen Leitbild des Rechtskaufvertrags zuzuordnen. Als Gebrauchsüberlassungsverträge unterfallen sie vielmehr grundsätzlich dem Pachtrecht.

B. Die Veräußerung sonstiger Gegenstände u n d das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags Wie bereits im vorangegangenen Kapitel betont worden ist, handelt es sich bei sonstigen Gegenständen um werthafte Güter, die strukturell mit den durch absolute Rechte geschützten Gegenständen vergleichbar bzw. teilweise sogar unmittelbar identisch sind. Seit der Schuldrechtsreform erklärt § 453 Abs. 1 BGB

96 97 98 99

Larenz, Schuldrecht I I / l , § 39 I (S. 6). Vgl. oben § 7 C III. So Kraßer, G R U R Int. 1973, 230, 237. Vgl. die Darstellung des Streitstands oben § 9 A I.

§ 9. Folgen für die Anwendung

von Kauf recht auf Veräußerungsverträge

109

die Vorschriften über den Sachkauf ausdrücklich auf den Kauf sonstiger Gegenstände für entsprechend anwendbar, ohne jedoch Umfang und Inhalt der Verweisung näher zu verdeutlichen. Damit stellt sich auch unter Geltung des neuen Schuldrechts die Frage, inwieweit die Veräußerung sonstiger Gegenstände dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags typologisch zuzuordnen ist und in welchen Fällen diese Art von Verkehrsgeschäften grundsätzlich einem anderen Vertragstypus angehört. Weder mit dem Wortlaut von § 453 Abs. 1 B G B vereinbar noch inhaltlich angemessen wäre es, Verträge über die uneingeschränkte Veräußerung von nicht subjektivrechtlich geschützten informationellen Inhalten, d.h. von sonstigen Gegenständen, pauschal dem Miet- bzw. dem Pachtrecht zuzuordnen. Eine solche Qualifikation ist insbesondere dann nicht möglich, wenn eine zeitliche Limitierung des Gebrauchs des Gutes und die Möglichkeit seiner Rückforderung durch den Veräußerer nicht vorgesehen sind, sondern das Gut endgültig beim Erwerber verbleiben soll. Unmittelbar stimmen Veräußerungsverträge über derartige Gegenstände allerdings auch nicht mit dem gesetzlichen Leitbild des Sachbzw. des Rechtskaufs überein, so dass die umfassende Anwendbarkeit der §§ 433ff. B G B über die Verweisung des § 453 Abs. 1 B G B jedenfalls nicht unmittelbar auf der Hand liegt. Denn die Übertragung des informationellen Inhalts erfolgt durch Realakt und somit gerade nicht im Wege einer Rechtsübertragung. Verträge über sonstige Gegenstände sind daher nicht auf die Vornahme einer Verfügung gerichtet. Dementsprechend findet weder das Trennungs- noch das Abstraktionsprinzip Anwendung. Allerdings ist die Zuordnung eines Vertrags zu einem gesetzlichen Typus auch dann möglich, wenn dieser nicht sämtliche Strukturcharakteristika des gesetzlichen Leitbildes aufweist. Angesichts der Strukturparallelen der jeweiligen Veräußerungsgüter 1 0 0 sowie der bezweckten zeitlich unbegrenzten Güterüberlassung kommt die Anwendung von Kaufrecht auch auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände in Betracht, wenngleich auch erhebliche Abweichungen vom kaufrechtlichen Leitbild identifiziert werden können. Jedoch stehen diese Verträge mangels Vorliegens einer Rechtsübertragung dem gesetzlichen Leitbild der §§ 433 ff. B G B weit weniger nahe als Verträge, die auf translative oder konstitutive Rechtsübertragungen gerichtet sind. Aus diesen Unterschieden folgen in der rechtlichen Gestaltung sowohl der vertraglichen Primär- als auch der Sekundärebene maßgebliche Abweichungen gegenüber dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags. Es empfiehlt sich daher für den weiteren Verlauf der Arbeit, zwischen Veräußerungsverträgen über subjektivrechtlich geschützte Wertgegenstände, die dem kaufrechtlichen Leitbild näher stehen, und dem Kauf sonstiger Gegenstände zu unterscheiden. 1 0 0 Es wurde bereits festgestellt, dass derselbe unkörperliche Gegenstand - insbesondere im Patentrecht - entweder subjektivrechtlich geschützt sein kann oder nicht; in beiden Fällen kommt die Verwertung dieses Gutes durch »Übertragung« in Betracht. Vgl. oben § 6 D .

110

3. Kapitel: Grundstrukturen

des Kaufvertrags

über unkörperliche

Gegenstände

C . Ergebnisse Das vorliegende Kapitel hat deutlich gemacht, dass die entgeltliche rechtsgeschäftliche Güterverwertung in ganz unterschiedlichen Formen erfolgen kann. Das Kaufrecht ist nur auf diejenigen verpflichtenden Veräußerungsverträge anwendbar, die translative oder bestimmte Formen konstitutiver Rechtsübertragungen z u m Gegenstand haben und bei denen eine Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsvertrag möglich ist. Zuwendungen, zu denen die Kaufverträge das obligatorische Grundgeschäft bilden können, sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zu einer umfassenden Übertragung von N u t z u n g s b e fugnissen auf die Person des Erwerbers führen, so dass der Erwerber bezüglich seiner Rechtsposition nicht nur Sukzessionsschutz genießt, sondern ihm auch ein umfassendes Ausschlußrecht zukommt. Im Anwendungsbereich des Kaufrechts liegen daher insbesondere grundsätzlich die Kausalgeschäfte von Vollübertragungen, die Einräumung beschränkt dinglicher Nutzungsrechte und die Verschaffung ausschließlicher Lizenzen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildet der Verlagsvertrag, der aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften nicht als Unterfall des Kaufvertrags qualifizierbar ist. Dagegen können einfache Lizenzen, obligatorische Nutzungsüberlassungen sowie Einwilligungen nicht Gegenstand von Kaufverträgen sein, da dort weder das Trennungsprinzip A n w e n dung findet noch ein umfassender Zuständigkeitswechsel am Vertragsgegenstand erfolgt. Die A n w e n d u n g von Kaufrecht kommt darüber hinaus auch auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände in Betracht, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass in diesen Fällen, anders als im Gesetz grundsätzlich vorgesehen, gerade keine Rechtsübertragung, sondern nur die tatsächliche Verschaffung des Gegenstands erfolgt.

4.

Kapitel

Die Mängelgewährleistung beim Kauf subjektivrechtlich geschützter Gegenstände Das vorliegende Kapitel wendet sich dem Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung bei der Veräußerung subjektivrechtlich geschützter Gegenstände zu, so wie sich dieses Haftungsregime unter der Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes darstellt. Nach früherer Rechtslage lag die Notwendigkeit der Bestimmung des Inhalts der Rechtsmängelhaftung und das damit verbundene Gebot der Abgrenzung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung auf der Hand. Denn nur Sachmängel i.S.v. §§ 459ff. BGB a.F., die nach der Vorstellung des Gesetzgebers lediglich beim Sachkauf auftreten konnten, lösten die eigenständige Sachmängelhaftung aus. Rechtsmängel führten dagegen zur gänzlich andersartigen Rechtsmängelhaftung, die im Wesentlichen in die allgemeine Nichterfüllungshaftung integriert war. Trotz der vom Gesetzgeber beabsichtigten Angleichung der Rechtsfolgen von Rechts- und Sachmängelhaftung bleibt die Bestimmung des Haftungsinhalts der Rechtsmängelhaftung auch unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von Bedeutung. Grund hierfür ist nicht etwa nur das Systematisierungsinteresse, das sich aus der Beibehaltung der tatbestandlichen Unterscheidung zwischen Sachmängeln (§ 434 BGB) und Rechtsmängeln (§ 435 BGB) ergibt. Entscheidend ist auch nicht allein, dass für bestimmte Formen von Rechtsmängeln gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine eigenständige 30-jährige Verjährungsfrist vorgesehen ist. Vielmehr ist mit Blick auf die Ratio von Rechts- und Sachmängelhaftung zu überprüfen, inwieweit die vom Reformgesetzgeber beabsichtigte Nivellierung der Rechtsfolgen von Sach- und Rechtsmängelhaftung tatsächlich durchführbar ist und durchgeführt wurde. Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit einer Klärung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung insbesondere auch in Hinblick darauf, dass die hier im Rahmen der Untersuchung des Sachkaufs begründete Konzeption der Rechtsmängelhaftung im weiteren Verlauf der Arbeit auch der Mängelhaftung beim Kauf von Forderungen und sonstigen Rechten zugrunde gelegt werden soll: Vor diesem Hintergrund käme eine Einstandspflicht des Rechtskäufers für »Sachmängel« des Rechts gemäß §453 Abs. 1, 434 BGB und damit möglicherweise die Ausdehnung des Kreises der mängelbegründenden Äquivalenzstörungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Rechtsmängelhaftung nicht sämtliche haftungsrechtlich relevanten Umstände erfassen würde. Nur wenn Klarheit über die Grenzziehung

112

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung besteht, kann deshalb im weiteren Verlauf der U n t e r s u c h u n g ü b e r p r ü f t werden, ob die Anwendungsprinzipien der Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf auch f ü r den Rechtskauf Geltung erlangen können. Insbesondere mit dieser Zielsetzung - aber auch zur Ermittlung der Rechtsfolgen der Rechtsmängelhaftung nach modernisiertem Schuldrecht - ist nun die Erörterung von Inhalt u n d U m f a n g der Rechtsmängelhaftung geboten. Ausgangspunkt hierfür ist der Sachkauf. D e n n hat der Gesetzgeber Sach- und Rechtsmängelhaftung mit Blick auf den Sachkauf ausgestaltet, so kann nur vor diesem Hintergrund eine homogene A n w e n d u n g der Rechtsmängelhaftung auch beim Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen erfolgen. Der weitere Verlauf der U n t e r s u c h u n g stellt sich nach alledem wie folgt dar: Entsprechend der Gesetzessystematik der neugefassten §§433 ff. B G B bildet die Untersuchung von Ratio, Anwendungsbereich und Rechtsfolgen der Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf unter besonderer Berücksichtigung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes den ersten Abschnitt dieses Kapitels. Anschließend ist im zweiten Abschnitt auf die Gewährleistungshaftung beim Forderungskauf einzugehen. Im dritten Abschnitt wird sodann die Veräußerung von Immaterialgüterrechten erörtert, wobei zwischen Vollveräußerungs- u n d Lizenzverträgen zu unterscheiden sein wird.

1.

Abschnitt

Sachkauf § 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf als

Ausgangspunkt

A. D i e U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n N i c h t e r f ü l l u n g u n d k a u f r e c h t l i c h e r Mängelgewährleistung Die nun folgenden A u s f ü h r u n g e n beziehen sich in erster Linie auf die kaufrechtliche Mängelhaftung, insbesondere auf die Rechtsmängelhaftung. Die allgemeine Nichterfüllungshaftung, die sich auch im Rahmen des Kaufrechts nach den Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts richtet, steht hingegen nicht im Z e n t r u m der Untersuchung. N i c h t näher thematisiert werden deshalb die Konstellationen, in denen die Kaufsache als solche nicht geliefert wird bzw. trotz Lieferung der Sache das an dieser geschuldete Eigentumsrecht dem Käufer insgesamt nicht verschafft wird. Die Ausklammerung dieser Themenbereiche aus der vorliegenden Untersuchung ist gerechtfertigt, weil es sich bei diesen Fällen der vollständigen N i c h t verschaffung des Geschuldeten u m keine spezifisch gewährleistungsrechtlichen Situationen handelt. Vielmehr sind diese Fragen dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zuzurechnen und bedürfen keiner kaufrechtlichen Sonderbehandlung. Dies war schon vor der Schulrechtsreform weitgehend anerkannt: N a c h weit überwiegender Auffassung kam nicht die Rechtsmängelhaftung gemäß § 440 Abs. 1 BGB a.F., sondern die allgemeine Nichterfüllungshaftung gemäß §§ 325 f. B G B zur A n w e n d u n g , w e n n der Sachverkäufer überhaupt nicht lieferte oder er das Recht insgesamt nicht übertrug. 1 Auch nach der Schuldrechtsreform sollte bei der Rechtsanwendung entsprechend der Differenzierung in § 433 Abs. 1 B G B zwischen der Verschaffung der Kaufsache einerseits u n d der Lieferung der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln andererseits unterschieden werden. Der Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung sollte weiterhin auf die Fälle der Lieferung einer mit Sach- bzw. Rechtsmängeln belasteten Kaufsache beschränkt werden. Für die A n w e n d u n g der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften ist dagegen weder bei der vollständigen Nichtlieferung noch dann Raum, wenn beim

1 Vgl. nur Staudinger-Köhler, § 440 Rn. 7; Larenz I I / l , § 40 II a; §§ 440, 441 Rn. 4.

MüKo-H.P.Westermann,

114

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Stückkauf ein Identitäts-aliud, d.h. eine andere als die geschuldete Kaufsache, geliefert wird. 2 N a c h wie vor sind keine G r ü n d e ersichtlich, Fälle der vollständigen Nichterfüllung der kaufrechtlichen Ubergabe- bzw. Rechtsverschaffungspflicht anders zu beurteilen als diejenigen der vollständigen Nichterfüllung der Vertragspflichten bei anderen Vertragstypen. Dieser Bestimmung des A n w e n dungsbereichs der Gewährleistungs- u n d Nichterfüllungshaftung steht auch der Wortlaut von § 434 Abs. 3 B G B n.F. nicht entgegen, der insoweit einschränkend auszulegen ist, als er nicht die Fälle des Identitäts-aliud erfasst. Dies ergibt sich f ü r die Fälle der vollständigen Nichterfüllung der Rechtsverschaffungspflicht bereits aus dem Wortlaut von § 435 BGB, der mit § 434 Abs. 3 B G B in Einklang gebracht werden muss: Indem § 435 B G B von »Rechten Dritter« spricht, wird verdeutlicht, dass die vollständige NichtVerschaffung des geschuldeten Rechts an der Kaufsache nicht unter diese Vorschrift subsumierbar ist. Vor allem aber dem Sinn u n d Zweck von § 434 Abs. 3 B G B nach erscheint es vorzugswürdig, diese N o r m insoweit restriktiv auszulegen: Mit Hilfe dieser Vorschrift sollen zukünftig die früheren Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen peius- u n d aliudLieferung vermieden werden, die sich unter A n w e n d u n g von §§ 433 ff. B G B a.F. bzw. auch unter Heranziehung der Lehre vom genehmigungsfähigen aliud i.S.v. § 378 H G B ergaben. Diese Problematik tritt weder im Falle der Lieferung eines Identiäts-aliud noch bei vollständiger Nichtlieferung der Kaufsache auf. N i c h t zuletzt spricht f ü r die Anwendbarkeit von §§ 434 B G B nur auf die Lieferung der mängelbehafteten Kaufsache selbst auch die Erwägung, dass § 434 Abs. 3 B G B grundsätzlich nur beim Sachkauf oder jedenfalls nur in den Fällen zur A n w e n d u n g k o m m e n kann, in denen angesichts der Struktur des Kaufgegenstands das Vorliegen von Sachmängeln nicht ausgeschlossen ist. Damit kann § 434 B G B jedenfalls auf den Forderungskauf nicht angewendet werden, weil »Sachmängel der Forderung« nicht anerkannt werden können. 3 Mangels A n wendbarkeit von § 434 Abs. 3 B G B k o m m t im Falle der vollständigen Nichtverschaffung der Forderung bzw. der Zession einer anderen als der geschuldeten Forderung eine Käuferhaftung nur gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 280 ff., 311a Abs. 2 B G B in Betracht. Die Wertungswidersprüche, die sich bei extensiver Auslegung von § 434 Abs. 3 B G B in der unterschiedlichen rechtlichen Behandlung paralleler Fälle der N i c h t - bzw. aliud-Lieferung verschiedener Arten von Kaufgegenständen ergeben würden, können vermieden werden, w e n n auch beim Sachkauf im Falle der Nichtlieferung bzw. der Lieferung eines Identitätsaliud auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht zurückgegriffen wird.

2 In diesem Sinne auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, E i n f ü h r u n g S X X I I I ; vgl. dazu Begründung, S. 216, w o festgestellt wird, dass beim Identitäts-aliud neben dem E r f ü l lungsanspruch ein hiervon verschiedener Nachlieferungsanspruch nicht in Betracht k o m m e . 3 Vgl. hierzu ausführlich u n t e n § 11 A III.

§10. Die Rechtsmängelbaftung

beim Sachkauf als Ausgangspunkt

115

B. Die Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängeln und die S c h u l d r e c h t s r e f o r m Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz bezweckte der Gesetzgeber die Angleichung der Rechtsfolgen von R e c h t s - und Sachmängelhaftung, ohne dabei die tatbestandliche Unterscheidung zwischen diesen beiden Haftungsformen aufzugeben. Vielmehr geht die Gesetzesbegründung davon aus, dass die Schwächen des früheren Rechts nicht in der Definition des Rechtsmangels lägen, die für sich genommen sachgerecht sei. D i e Schwierigkeiten ergäben sich vielmehr aus den unterschiedlichen Rechtsfolgen bei Sach- und Rechtsmängeln. 4 Verwirft der Gesetzgeber somit nicht die bisherige Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung, so kann weiterhin grundsätzlich auf die vor der R e f o r m entwickelten Abgrenzungskriterien zurückgegriffen werden. Deshalb ist es geboten, die wesentlichen Auffassungen zu dieser Frage kurz darzustellen und sie im Licht des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf ihre heutige Tragfähigkeit zu überprüfen. D i e folgenden Ausführungen dienen allerdings nicht der Ermittlung neuer Wege zur Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung, sondern der näheren Bestimmung von Sinn und Z w e c k dieser beiden H a f tungssysteme. Hieraus sollen Folgerungen für die jeweiligen Rechtsfolgen und insbesondere für den Anwendungsbereich

der Rechtsmängelhaftung

beim

Rechtskauf gezogen werden.

I. Frühere Bedeutung und historische

Grundlagen

Die Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung im R a h m e n des Sachkaufs war bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von praktisch kaum zu überschätzender Bedeutung: 5 So betrug die Verjährungsfrist im Falle der Sachmängelhaftung gem. § 4 7 7 B G B a.F. für bewegliche Sachen sechs M o n a t e und für Grundstücke ein Jahr. Ersatzansprüche im R a h m e n der Rechtsmängelhaftung unterlagen dagegen der allgemeinen Verjährungsfrist von grundsätzlich 30 Jahren. Daneben konnten - und können auch noch heute Sachmängel beim Handelskauf nur nach vorheriger Rüge gem. § 377 H G B geltend gemacht werden, wogegen die Rechtsmängelhaftung keiner vergleichbaren Beschränkung unterliegt. Auch hatte die Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängeln

erhebliche A G B - r e c h t l i c h e

Bedeutung: N a c h

§11

Nr. 10 a

A G B - G e s e t z a.F. war eine Vertragsklausel unwirksam, die Sachmängelgewährleistungsansprüche gegen den Verwender ausschloss oder von der vorherigen Inanspruchnahme Dritter abhängig machte. Bei Verzug des Verkäufers oder im Falle der U n m ö g l i c h k e i t der Verschaffung einer rechtsmängelfreien Sache k o n n 4

Begründung, S. 217. Vgl. hierzu ausführlich Grunewald, Rn. 2. 5

Grenzziehung, S. 17 f.; Erman-Grunewald, §434

116

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

te der Käufer v o m Kaufvertrag zurücktreten bzw. gegebenenfalls nach Fristsetzung und Ablehnungsdrohung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Im Falle eines Sachmangels stand dem Käufer dagegen ein Schadensersatzanspruch nach Maßgabe von § 463 B G B a.F. nur im Falle einer Zusicherung bzw. einer arglistigen Täuschung zu. N i c h t zuletzt war die Rechtsmängelhaftung nur dann ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel bei Kaufabschluss kannte (§ 439 BGB a.F.), die Sachmängelhaftung dagegen regelmäßig auch schon dann, wenn der Käufer den Sachmangel grob fahrlässig übersah (§ 460 B G B a.F.). Die diesen N o r m i e r u n g e n zugrunde liegende Unterscheidung zwischen Sachund Rechtsmängelhaftung ist historisch bedingt 6 und verwirklichte bis z u m Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zwei vollständig verschiedene Haftungskonzeptionen. D e m Käufer stand im Falle eines Rechtsmangels zunächst ein Erfüllungsanspruch zu, da der Verkäufer die Verschaffung des Kaufgegenstands unbelastet von Rechten Dritter als Erfolg schuldete (§ 434 B G B a.F.). In A b k e h r von den gemeinrechtlichen G r u n d s ä t z e n der Eviktionshaftung 7 bestand eine Pflicht des Verkäufers zur Beseitigung von Rechten Dritter. Diese Pflicht ergab sich unabhängig davon, ob das Recht auch tatsächlich gegen den Käufer geltend gemacht wurde. 8 Erfüllte der Verkäufer seine Verpflichtung nicht, so bestimmten sich die Rechte des Käufers nach den allgemeinen Vorschriften über die Nichterfüllung gegenseitiger Verträge, d.h. nach den §§ 320 bis 327 B G B a.F. (§ 440 Abs. 1 B G B a.F.). Dagegen führte das Vorliegen eines Sachmangels nicht zur A n w e n d u n g der Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, sondern zur Geltung des gänzlich andersartig ausgestalteten Haftungsregimes der §§ 459ff. B G B a.F.

II. Der Diskussionsstand zur Grenzziehung

im Überblick

Die genaue Grenzziehung zwischen dem Anwendungsbereich von Sach- und der Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf ist bis heute nicht geklärt. Auch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gibt hierüber keinen näheren Aufschluss. Die Ursache f ü r die Abgrenzungsschwierigkeiten liegt im Wesentlichen darin begründet, dass auf Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs des Sachkaufs, der dem früheren sowie dem reformierten Kaufrecht zugrunde liegt, auch f ü r den Käufer nachteilige rechtliche Verhältnisse der Kaufsache als Sachmängel aner-

6 Z u r geschichtlichen E n t w i c k l u n g der Sachmängelhaftung als eigenständiges Rechtsinstitut vgl. S o e r g e l - H u b e r , Vor § 459 Rn. 6 f.; Staudinger-//o«se//, Vor §§ 459 ff. Rn. 5 f.; zur geschichtlichen E n t w i c k l u n g der Rechtsmängelhaftung siehe ausführlich Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 12 ff.; Rabel, Die H a f t u n g des Verkäufers wegen Mangels im Recht, S. 1 ff. 7 Zu den im f r ü h e r e n B G B - K a u f r e c h t bestanden Spuren der Eviktionshaftung in §§ 440 II, III B G B a.F. fort. 8 Vgl. Larenz, § 4 0 II b (S. 31); vgl. dazu ausführlich Ernst, Rechtsmängelhaftung, passim, insbes. S. 8 ff. ( z u m römischen Recht) u n d S. 123 ff. z u m geltenden Recht.

§ 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

117

kannt sind. Da rechtlich fundierte Mängel des Übertragungsgegenstands vielfach jedoch auch die Rechtsmängelhaftung auslösen können, verschwimmen die Grenzen zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung. Zusammenfassend ließen sich am Vorabend des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zur Frage der Grenzziehung zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung die folgenden wesentlichen Standpunkte unterscheiden: 9 1. Die traditionellen

Abgrenzungstheorien

Ausgangspunkt für die namentlich von H.P. Westermann10 vertretene Auffassung ist die Tatsache, dass die Rechtsmängelhaftung dadurch als rechtshistorisches Novum gekennzeichnet ist, dass sie den Verkäufer entgegen der gemeinrechtlichen Eviktionshaftung 11 dazu verpflichtet, Rechte Dritter unabhängig davon zu beseitigen, ob das Recht auch tatsächlich gegen den Käufer geltend gemacht wird. Entscheidend sei daher, ob die Beseitigungspflicht hinsichtlich der rechtlichen Nutzungsbeeinträchtigung, die sich aus der Rechtszuständigkeit einer anderen Person bezüglich der Kaufsache ergebe, neben der Erfüllungspflicht bezüglich der Speziessache selbständig bestehen könne und dem Verkäufer die Beseitigung daher überhaupt möglich sei. Ahnlich deutet auch Larenz an, dass es für die Annahme eines Sachmangels entscheidend sei, ob ein Privater den Mangel beseitigen könne; allerdings komme es auch darauf an, ob der Käufer mit entsprechenden rechtlichen Verhältnissen rechnen müsse.12 Grundlage für die von Huber13 vorgeschlagene Abgrenzung bildet die Erwägung, dass die Rechtsmängelhaftung eine gegenüber der Sachmängelhaftung vorrangige Stellung innehabe. Ausgehend von der vor der Schuldrechtsreform bestehenden Rechtslage betont er, dass die Rechtsmängelhaftung der gegenüber der Sachmängelhaftung stärkere Rechtsbehelf sei und dem Käufer die weiterreichenden, stärker durchschlagenden Befugnisse gewähre. Die Rechtsmängelhaftung trete ein, weil der Verkäufer seine Pflicht zur Verschaffung des Eigentums nicht vollständig erfüllt habe. Der stärkere Rechtsbehelf des Rechtsmangels müssen vom Käufer nicht gegen den schwächeren des Sachmangels eingetauscht werden. Der Sachmangel könne somit negativ vom Rechtsmangel abgegrenzt werden: Nur eine Beeinträchtigung, die nicht Rechtsmangel sei, könne als Sach-

9 Zu weiteren Ansichten und Abgrenzungskonzeptionen vgl. Grunewald, Grenzziehung, S. 18 ff. m.w.N. 10 MüKo-H.P.Westermann, § 4 3 4 Rn. 4. 11 Zur Wirkungsgeschichte der rechtshistorischen Argumentationslinie, die die gegenwärtige Rechtsmängelhaftung in einen Interpretationzusammenhang mit der gemeinrechtlichen Eviktionshaftung stellt, vgl. ausführlich Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 1 ff.; s. auch SoergelHuber, § 433 Rn. 3. 12 Larenz, Schuldrecht ll/\, § 40 II b (S. 29), ohne diese Gesichtspunkte jedoch ausdrücklich zu einem maßgeblichen Unterscheidungskriterien zu erheben. 13 Soergel-Huber § 434 Rn. 8 ff.; zustimmend Staudinger-/iöWer, § 434 Rn. 4.

118

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

mangel qualifiziert werden. Grunewald weist allerdings darauf hin, dass diese Feststellung Hubers zum Konkurrenzverhältnis nicht die Abgrenzungsproblematik löse, da Vorrangfragen erst diskutiert werden könnten, wenn klar sei, ob ein Rechtsmangel vorliege.14 Die Rechtsprechung zieht den Kreis möglicher Sachmängel sehr weit, indem sie nicht nur sämtliche tatsächlichen, sondern auch diejenigen rechtlichen Verhältnisse als Sachmängel ansieht, die wegen ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung Einfluss auf die Wertschätzung oder Brauchbarkeit der Sache ausüben können. 15 Allerdings schränkt sie den Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung gleichzeitig im Wege der Fallgruppenbildung ein. So betonte der B G H , dass nur solche rechtlichen Beziehungen als Sachmängel angesehen werden könnten, die - wie bauordnungsrechtliche Benutzungsbeschränkungen - in der Beschaffenheit der Sache selbst ihren Grund haben. Diese seien den typischen Sachmängeln deshalb sehr ähnlich, weil sie für den Käufer äußerlich erkennbar seien, so dass die kurze Verjährungsfrist des § 477 B G B a.F. angemessen sei.16 In Anschluss insbesondere an Heck17 bemüht sich dagegen Grunewald, die Grenze zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung weitgehend anhand abstrakter Kriterien festzulegen. Den Ausgangspunkt von Grunewalds Theorie der Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmängelhaftung bildet die jeweilige Risikoverteilung zwischen Verkäufer und Käufer: Die verschuldensunabhängige Haftung für den Zustand der Kaufsache, die dem Verkäufer bei der Sachmängelhaftung angesonnen werde, sei für ihn kalkulierbar, weil er vor Gefahrenübergang regelmäßig die Sachherrschaft über den Kaufgegenstand innehabe und deshalb über die damit verbundenen Kontrollmöglichkeiten verfüge. Das rein tatsächliche Haben der Sache gebe aber eine Uberprüfungsmöglichkeit der Sache nur bezüglich deren körperlicher Beschaffenheit, da nur sie bei Betrachtung der Sache erkennbar sei. Rechte Dritter, die sich erst aus der individuellen Vorgeschichte der Sache ergäben, seien demgegenüber für den Verkäufer bei einer Untersuchung der Kaufsache nicht erkennbar. Soweit solche Rechte dagegen an der Beschaffenheit der Kaufsache anknüpften, ergebe die körperliche Überprüfung immer noch Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen. Für die Rechtsmängelhaftung dagegen sei es das maßgebliche Kriterium, ob der Mangel die »Vorgeschichte der Sache« berühre. Solche Rechtsverhältnisse seien bei einer körperlichen Untersuchung der Sache nicht auffindbar. Daher sei in diesen Fällen die kurze Verjährungsfrist des § 477 B G B a.F. unangemessen.18 Die Vorgeschichte 14 Erman-Grunewald, §434 Rn. 2; zur Kritik an Huher s. auch MüKo-H.P. Westermann, §434 Rn. 4. 15 St. Rspr.; vgl. z.B. RGZ 52, 1, 2; RGZ 59, 120, 123; BGHZ 79, 183, 185 f. 16 BGH NJW 76, 1888 17 Heck, Schuldrecht, S. 270, der a.a.O. bereits von der »Vorgeschichte der Sache« als Maßstab für die Anwendung der Rechtsmängelhaftung spricht. 18 Grunewald, Grenzziehung, S. 27 ff.

§10.

Die Rechtsmängelbaftung

beim Sachkauf

als Ausgangspunkt

119

der Sache sei dem Verkäufer zwar nicht erkennbar, wohl aber grundsätzlich überprüfbar, was eher dem Verkäufer als dem Käufer zuzumuten sei. Insgesamt beruhe die Rechtsmängelhaftung damit auf folgendem Gedanken: Rechtsverhältnisse, die die verkaufte Sache individuell erfassten, die also nicht für alle Sachen gleicher Art gelten, fielen in den Risikobereich des Verkäufers, weil ihm die Besonderheiten der Kaufsache bekannt sein könnten. Treffe dagegen das Recht beispielsweise unterschiedslos alle Gegenstände der verkauften Art, so habe der Verkäufer typischerweise keinen Informationsvorsprung vor dem Käufer. Ihn gleichwohl mit der Rechtsmängelhaftung zu belasten, wäre nicht sachgerecht. 19 Insgesamt, so bleibt festzuhalten, schlägt Grunewald somit in Anlehnung an entsprechende Tendenzen in der Rechtsprechung die Anwendung des Sachmängelrechts für die Fälle vor, in denen der Sachmangel »regelmäßig erkennbar« sei; der Rechtsmangel ergebe sich dagegen aus der »Vorgeschichte der Sache«. 20 2. Grenzen der Gewährleistungshaftung

für rechtliche

Umstände

Bei Zugrundelegung der h.M., so wie sie sich jedenfalls vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz darstellte und wie sie auch heute fortbestehen dürfte, besteht nur in ganz seltenen Fällen keinerlei gewährleistungsrechtliche Haftung des Verkäufers für nachteilige rechtliche Bindungen der Kaufsache. Sowohl der Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung, die auch »rechtliche Umweltbeziehungen« der Sache erfasst, als auch derjenige der Rechtsmängelhaftung werden sehr weit ausgelegt. Nach Huber21 bezieht sich die die Rechtsmängelhaftung begründende Verpflichtung des Verkäufers zur Veräußerung unbelasteten Eigentums auf die Verschaffung des Eigentums in seiner »allgemeinen gesetzlich vorgeformten Ausgestaltung« 22 . Diese Verpflichtung sei verletzt, wenn das Eigentum im Vergleich zum Normalfall durch eine individuelle Belastung beeinträchtigt sei - gleichgültig ob diese wie etwa eine Dienstbarkeit auf Rechtsgeschäft beruhe, wie ein Vermieterpfandrecht auf Gesetz, oder auf Hoheitsakt so wie z.B. die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren. Als nicht haftungsauslösend seien dagegen die allgemeinen gesetzlichen Schranken des Eigentums hinzunehmen, die sich beispielsweise aus dem privaten Nachbarrecht oder aus der allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Eigentums ergäben. 23 In ähnlicher Weise sieht Köhler24 alle Rechte als rechtsmängelbegrün-

Grunewald, Grenzziehung, S. 28. Grunewald, Grenzziehung, S. 25 ff.; vgl. auch Erman-Grunewald, § 434 Rn. 2, wonach als Sachmängel nur Umstände in Betracht kämen, die in der Beschaffenheit der Kaufsache ihren Grund hätten und daher bei der Untersuchung der Kaufsache zumindest theoretisch für den Käufer erkennbar seien. Alles, was nicht in der Beschaffenheit der Kaufsache seinen Grund habe, können nur Rechtsmangel sein. 21 Soergel-Huber, § 434 Rn. 15 f. 2 2 Soergel-Huber, § 4 3 4 Rn. 15; vgl. den (wenngleich in anderem Zusammenhang erfolgenden) Hinweis auf § 903 B G B als Ausgangspunkt für die Rechtsmängelhaftung (a.a.O. Rn. 13). 19

20

120

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

dend an, die den Kaufgegenstand trotz Übertragung nach wie vor ergreifen und deshalb das Recht des Käufers, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, beeinträchtigen können. 3. Die Lehre Wolfgang Emsts von der Rechtsmängelhaftung für die NichtVerschaffung rechtlicher Zuständigkeit

als

Haftung

Eine hiervon abweichende Interpretation der Ratio der Rechtsmängelhaftung und ihrer Abgrenzung gegenüber der Sachmängelhaftung hat Wolfgang Ernst vorgelegt.25 Ausgehend von einer Untersuchung der geschichtlichen Entwicklung der Rechtsmängelhaftung wendet er sich gegen all diejenigen Ansätze, die die Regelung dieses Rechtsinstituts in einen Interpretationszusammenhang zur römischen und gemeinrechtlichen Eviktionshaftung stellen26. Eine umfassende Einstandspflicht des Verkäufers für die Rechtsverschaffung im Rahmen der Rechtsmängelhaftung sei historisch nicht begründbar und stelle ein erstmalig im B G B in Erscheinung tretendes Novum dar. Im römischen und gemeinen Recht sei der Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung dadurch beschränkt gewesen, dass die Haftung des Verkäufers nur im Falle der Eviktion der Sache Platz gegriffen habe. Da der BGB-Gesetzgeber auf dieses Haftungserfordernis verzichtet habe, bestehe nun die Gefahr einer uferlosen Ausdehnung der Rechtsmängelhaftung und einer unangemessenen Belastung des Verkäufers. Der Verkäufer dürfe nicht allein aufgrund des Verkaufs zum »Rechtsschutzversicherer« des Käufers gemacht werden - »für dreißig Jahre, prämienfrei und ohne Summenbegrenzung« 27 . Dementsprechend fordert Ernst im Interesse der Verwirklichung einer sachgerechten Risikoverteilung eine Neubestimmung und Soergel-Huber, § 434 Rn. 15 f. Staudinger-ÄoWer, § 434 Rn. 5. 25 Ernst, Rechtsmängelhaftung, passim und insbes. S. 125f., kritisch Erman-Grunewald, § 434 Rn. 2, Soergel-Huber, § 434 Rn. 26 a f. (indes zu einer älteren Fassung der Theorien Emsts). 26 Die Argumentation Emsts bezieht sich im Wesentlichen darauf, dass die Käuferhaftung im römischen Recht als Eviktionshaftung ausgestaltet gewesen sei, die Haftung im B G B dagegen eine Haftung f ü r die NichtVerschaffung des Rechts sei. Interpretiere man die Rechtsmängelhaftung des B G B in der Weise, dass es sich bei dieser um eine Pflicht des Verkäufers zum umfassenden Einstehen für die Rechtsverschaffung im Rahmen der Rechtsmängelhaftung handele, so sei dies historisch nicht begründbar. Eine derartige Weite habe die gemeinrechtliche Haftung nie gehabt: Sie sei dadurch beschränkt gewesen, dass die Haftung des Verkäufers nur im Falle der Eviktion der Sache Platz gegriffen habe. Da der BGB-Gesetzgeber auf die Eviktion als Haftungsvoraussetzung verzichtet habe, die haftungsbeschränkend wirkte, da nur solche Drittrechte haftungsauslösend sein konnten, die zu einer gerichtlichen Entziehung der Sache führen konnten, bestehe nun die Gefahr einer uferlosen Ausdehnung der Rechtsmängelhaftung und einer unangemessenen Belastung des Verkäufers. Deshalb sei der Haftungsumfang im B G B autonom und unabhängig von der römischen und gemeinrechtlichen Tradition zu bestimmen. Ernst, Rechtsmängelhaftung, passim und insbes. S. 125 f.; gegen Rabel, Die Haftung des Verkäufers wegen Mangels im Rechte, passim. 27 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 129f. 23

24

§ 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

121

Beschränkung des Haftungsumfangs der Rechtsmängelhaftung. Auf der Grundlage seiner rechtshistorischen Analyse deutet er dieses Rechtsinstitut als Haftung ausschließlich für die Verschaffung der Rechtszuständigkeit wie insbesondere für die Eigentumsverschaffung. 28 Die Rechtsmängelhaftung sei die Haftung für die Verschaffung ungeteilter rechtlicher Zuständigkeit und komme deshalb nur dann zur Anwendung, wenn der Erwerber die Sache insgesamt nicht erhalte oder der Verkäufer ihm nicht die unbeschränkte Rechtszuständigkeit zuwende. Während Ernst somit die Rechtsmängelhaftung auf Mängel in der Verschaffung der Rechtszuständigkeit beschränkt, grenzt er den unmittelbaren Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung auf Beeinträchtigungen des Sachgebrauchs durch körperliche Mängel der Sache ein. Die direkte Anwendung der Sachmängelhaftung auf rechtliche Umweltbeziehungen komme nicht in Betracht, da eine Sache zu ihrer Umwelt keine Beziehungen unterhalte. 29 Die analoge Anwendung von Sachmängelrecht auf rechtliche Beschränkungen des Sachgebrauchs sei nur dann möglich, wenn der Gebrauch, zu dem die Sache nach dem Vertrag geeignet sein solle, zwar nicht an sächlichen Eigenschaften der Sache selbst, wohl aber an den für die Sache aufgestellten Normierungen scheitere. 30 Dürfe beispielsweise ein Baukran wegen Verstoßes gegen das Gerätesicherheitsgesetz nicht betrieben werden, so liege kein Fehler der Sache vor, sondern es müsse das Risiko hinsichtlich des Bestehens einer von den Parteien nicht bedachten Rechtslage bewältigt werden. Da jedoch diese Normierung den Sachgebrauch berühre, zu dem die Sache in ihrer gegenständlichen Beschaffenheit tauglich sein solle, lasse sich die rechtliche Normierung derjenigen Risikoregelung mit unterwerfen, wie sie durch die Kaufvereinbarung hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit getroffen worden sei. Der Käufer könne daher analog der Sachmängelgewährleistungsregelungen wandeln oder mindern. 31 Auch im Falle eines fremden Schutzrechts, aufgrund dessen der Schutzrechtsinhaber dem Käufer die gewerbliche Nutzung der Kaufsache untersagen könne, sei die Sachmängelhaftung entsprechend anwendbar.32 Unanwendbar sei die Sachmängelhaftung dagegen im Falle des Vorliegens allgemeiner rechtlicher Normierungen, die - wie beispielsweise eine fehlende Steuerbegünstigung im Falle des Erwerbs einer Wohnung - keine Auswirkungen auf den vertraglich vereinbarten Gebrauch der Sache hätten. 33

Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 30 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 31 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 32 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. gentumswohnung, vgl. Ernst, a.a.O. 33 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. JuS 1982, 335,337. 28 29

126 ff. 176. 179. 177f. 155 ff.; 181; gleiches gelte für die Sozialbindung einer Ei179f.; so auch B G H Z 114, 263, 266f.; s. auch

Landsberg,

122

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

III. Abgrenzungsproblematik reform

beim Kauf geschützter

und die Auswirkungen

1. Bedeutung des Meinungsstreits für die

der

Gegenstände

Schuldrechts-

Abgrenzungsproblematik

Zwar unterscheiden sich die dogmatischen Ansatzpunkte der Lehre Emsts von der Auffassung der h.M. grundlegend. Die Konsequenzen des Meinungsstreits für die Abgrenzungsproblematik sollten indes - nicht zuletzt auch angesichts der Rechtsfolgenangleichungen im Zuge der Schuldrechtsreform - nicht überbewertet werden: Im Ergebnis bestehen die Unterschiede zwischen der Auffassung Emsts und der h.M. im Wesentlichen darin, dass Ernst den Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung zu Lasten der Rechtsmängelhaftung teilweise ausweitet. Vor allem schlägt er Immaterialgüterrechte, die dem Sachgebrauch entgegenstehen, entgegen der h.M. nicht der Rechts-, sondern der Sachmängelhaftung zu. Rechtliche Bindungen der Kaufsache, welche die h.M. als die Sachmängelhaftung auslösende rechtliche Umweltbeziehungen betrachtet, bezieht auch Emst in den Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung mit ein, wenngleich er die §§459ff. B G B a.F. in diesen Fällen nur entsprechend anwenden will. Darüber hinausgehend rechnet er allerdings auch solche rechtlichen Mängel an der Sache als Objekt der Sach- und somit gerade nicht der Rechtsmängelhaftung zu, die nicht »in der Sache selbst« ihre Ursache haben. 34 Gleichwohl ist angesichts der jedenfalls teilweise unterschiedlichen Zuordnung von Mängeln sowie wegen der grundlegend voneinander abweichenden dogmatischen Konzeption der Lehren Emsts und der h.M. eine Stellungnahme in diesem Meinungsstreit erforderlich. Sollte der Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung im Sinne der Vorschläge Emsts enger zu fassen sein als dies von der h.M. anerkannt ist und sollten diese Argumente auch noch nach der Schuldrechtsreform tragfähig sein, so könnte dies Auswirkungen auch auf die Konzeption der Rechtsmängelhaftung insgesamt und damit auch auf die Verkäuferhaftung beim Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen haben. 2. Geringe Aussagekraft

der rechtshistorischen

Argumentationslinie

Sowohl Ernst wie auch die h.M. stützen ihre unterschiedlichen Auffassungen zum Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung unter anderem auf rechtshistorische Argumente. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist es nicht möglich, hierzu abschließend Stellung zu nehmen. Für die Frage nach dem Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung dürfte den Einzelheiten dieser Diskussion allerdings ohnehin keine entscheidende Aussagekraft zukommen. Denn folgt man der Auffassung von Ernst, wonach die Eviktionshaftung und die geltende Rechtsmängelhaftung zueinander in einem aliud-Verhältnis stehen, so ergibt sich, dass die historische Auslegung der Rechtsmängelhaftung für die Festlegung ihres Anwendungsbereichs gerade keine maßgeblichen Aufschlüsse gibt. 34

In diesem Sinne auch Staudinger-Honseil, § 459 Rn. 34.

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

123

Vielmehr hätte sich dann der Gesetzgeber von rechtshistorischen Traditionen gerade gelöst. Bei Zugrundelegung der Auffassung der h.M. wäre demgegenüber zwar davon auszugehen, dass die bürgerlich-rechtliche Rechtsmängelhaftung unmittelbar in der gemeinrechtlichen Tradition der Eviktionshaftung steht bzw. - angesichts der Streichung von § 440 Abs. 2 BGB a.F. - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes stand. Da das BGB allerdings die Eviktion als Haftungserfordernis gerade abgeschafft hat und § 440 Abs. 2 BGB aufgehoben worden ist, wäre auch hier eine Neubewertung der Haftungserfordernisse aufgrund der geänderten Risikoverhältnisse geboten. Vor allem aber entsprechen die materiellen Bewertungen der Redaktoren des BGB nicht mehr der heutigen Rechtswirklichkeit, so dass ihnen für die Gesetzesinterpretation kein entscheidendes Gewicht mehr beigemessen werden kann: Eine extensive Auslegung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung führte - jedenfalls vor der grundsätzlichen Angleichung der Rechtsfolgen durch die Schuldrechtsreform und möglicherweise auch noch heute - angesichts der erheblich angewachsenen Zahl rechtlicher Normierungen zu andersartigen Risikobewertungen und damit zu einer weit stärkeren Belastung des Verkäufers, als sie der Gesetzgeber seinen damaligen Erwägungen zugrunde legen konnte. U m dem wahren Willen des Gesetzgebers Geltung zu verleihen, ist es daher nicht so sehr geboten, die historischen Auslegungstraditionen fortzuführen, als vielmehr den hinter dem Gesetz stehenden Interessenbewertungen auch unter den Anforderungen der heutigen Zeit Geltung zu verschaffen.

3. Die Rechtsmängelhaftung als verschuldensunabhängige Schuldrechtsreform vor und nach der

Sphärenhaftung

a. Methodische Vorbemerkung Mit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform und der damit verbundenen weitgehenden Rechtsfolgenangleichungen kann heute nicht mehr unmittelbar von gesetzlich angeordneten Rechtsfolgenunterschieden auf die Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung geschlossen werden. An Überzeugungskraft verloren hat daher die Argumentation Emsts, wonach der historische Gesetzgeber bei der Rechtsfolgenfestlegung die Risikobelastung des Käufers durch die Rechtsmängelhaftung in dem heute bestehenden Umfang nicht habe absehen können, so dass aus diesem Grund eine Einschränkung der scharfen Rechtsmängelhaftung bei gleichzeitiger Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Sachmängelhaftung geboten sei. Umgekehrt ist es jedoch nach wie vor möglich, aus dem Sinn und Zweck der Haftungsinstitute der Rechts- bzw. Sachmängelgewährleistung auf die Grenzziehung und sogar auf fortbestehende Rechtsfolgenunterschiede bei der Anwendung von §§ 434, 435 BGB zu schließen. Eine zwischen den Rechtsfolgen von Rechts- und Sachmängelhaftung differenzierende Gesetzesauslegung wäre gerechtfertigt, wenn Rechts- und Sachmängel für die Parteien des Kaufvertrags ein unterschiedliches Risikopotential verwirklichen würden. Denn sollte bestimm-

124

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

ten rechtliche Bindungen der Kaufsache ein stärkeres Gefährdungspotential innewohnen als anderen Mängeln, so käme es durchaus in Betracht, diese nach wie vor als »Rechtsmängel« zu qualifizieren und den Verkäufer für diese A r t von Äquivalenzstörungen in Anlehnung an die traditionellen Haftungsgrundsätze der Rechtsmängelhaftung schärfer einstehen zu lassen als für die übrigen Arten von Mängeln. Bei andersgearteten rechtlichen Bindungen der Sache k ö n n t e hingegen die Aufteilung des Risikos zwischen den Parteien als angemessen erscheinen, so dass im R a h m e n der heutigen gesetzlichen Vorgaben nach den Möglichkeiten einer gewissen haftungsmäßigen Entlastung des Verkäufers zu fragen wäre. D i e hiermit angesprochene Problematik des Umfangs der Einstandspflicht für rechtlich fundierte Aquivalenzstörungen beim Kauf besteht somit unter Geltung des reformierten Schuldrechts weiter fort. D i e traditionellen Ansätze zur Unterscheidung zwischen Sach- und R e c h t s mängelhaftung sind deshalb nach wie vor für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Rechts- und Sachmängelhaftung insoweit von Bedeutung, als sie deren jeweilige R a t i o verdeutlichen, so dass aus dieser unterschiedliche Rechtsfolgen hergeleitet werden können. Deshalb ist es gerechtfertigt, im Folgenden zunächst zu untersuchen, ob sich für bestimmte F o r m e n rechtlich fundierter Mängel unterschiedliche Grade der Verantwortlichkeiten der jeweiligen Vertragsparteien ergeben. A u f dieser Grundlage können sodann die Rechtsfolgen von Rechts- und Sachmängeln unter Geltung des neuen Schuldrechts beurteilt werden. Es gilt somit, nun die der Rechtsmängelhaftung zugrunde liegenden R i sikobewertungen im Einzelnen herauszuarbeiten und sie der Ratio der Sachmängelhaftung gegenüberzustellen, um auf diese Weise zu einer sachgerechten Auslegung des reformierten Kaufrechts zu gelangen. b. D i e Ratio der Rechtsmängelhaftung nach früherem R e c h t D i e weitaus meisten 3 5 Fälle der Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf betreffen Konstellationen anfänglichen U n v e r m ö g e n s 3 6 des Verkäufers zur Verschaffung 3 5 Die Zurechnung in den seltenen Fällen rechtlicher Mängel, die erst nach Vertragsschluß, aber noch vor Ubereignung der Sache entstanden sind, bereitet keine grundlegenden Schwierigkeiten. Beruht die nachträgliche Entstehung des Rechtsmangels auf einem Rechtsgeschäft des Verkäufers, der z.B. ein beschränkt dingliches Recht an der Sache bestellt, dann liegt bezüglich der NichtVerschaffung des Rechts regelmäßig Vorsatz vor. In seltenen Fällen wird die Kaufsache in anderer, dem Verkäufer nicht vorwerfbarer Weise belastet. Insgesamt ist die Zurechnung der in diesem Zeitraum entstehenden Rechtsmängel nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie bei anfänglichen Rechtsmängeln, so dass auch entscheidend ist, welche Arten von Mängeln typischerweise in der Verkäufersphäre begründet sind. Regelmäßig wird daher eine Einstandspflicht des Verkäufers aufgrund einer entsprechenden Risikobewertung nach Sphärenkriterien zu bejahen sein. Für eine weitgehende Einstandspflicht in diesen Fällen s. auch Erman-Grunewald, §434 Rn. 2; vgl. auch Staudinger-Köhler, §434 Rn. 30, wonach die Verpflichtung nach § 434 B G B auch eingreife, wenn ein solches Recht erst nach Vertragsschluß begründet wurde. 36 Lag anfängliche objektive Unmöglichkeit zur Rechtsverschaffung vor, so war das Rechts-

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

125

einer umfassenden Rechtsposition an der Kaufsache. Die nach früherem Recht umfassende, auf Ersatz des positiven Interesses gerichtete Einstandspflicht des Verkäufers gemäß §§ 434, 440, 325 B G B a.F. 37 ergab sich dabei vor allem in den Situationen, in denen das Kaufobjekt schon bei Vertragsschluss mit dem Recht eines Dritten belastet war oder in fremdem Eigentum stand. Dogmatisch wurde diese weite Haftung des Verkäufers überwiegend mit dem Hinweis begründet, dass § 440 B G B a.F. als Rechtsfolgenverweisung auf § 325 B G B a.F. anzusehen sei. Hieraus ergebe sich, so wurde betont, dass der Verkäufer bei anfänglichem Unvermögen zur Rechtsverschaffung stets auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung hafte. 38 Die umfassende Einstandspflicht für rechtliche Beschaffenheiten der Kaufsache wurde im Wesentlichen deshalb als angemessen erachtet, weil man davon ausging, dass derjenige, der sich zu einer Leistung verpflichtet, damit grundsätzlich zu erkennen gebe, er sei zu der Leistung in der Lage. Hierauf vertraue der Vertragspartner, wobei er es verdiene, in diesem Vertrauen geschützt zu werden. 39 Nach Auffassung Hubers begründet sich die umfassende Einstandspflicht des Verkäufers in seiner vertraglichen Verpflichtungserklärung: Das Gesetz tue nichts anderes, als den Verkäufer an seinem Wort festzuhalten. 40 Zutreffender dürfte es allerdings sein, die - nicht durch einen besonderen Garantiewillen verstärkte - kaufvertragliche Erklärung des Verkäufers nicht als alleiniges die Rechtsmängelhaftung begründendes Zurechnungsmoment anzusehen. Denn der vertraglichen Erklärung des Verkäufers kann der Erwerber redlicherweise nicht die Aussage entnehmen, der Verkäufer wolle umfassend für sämtliche rechtlich begründeten Aquivalenzstörungen gleich welcher Art einstehen. Entscheidend für den Haftungsumfang und für eine mögliche verschuldensunabhängige Haftung müssen vielmehr materielle Interessenbewertungen sein, die eine Belastung des Verkäufers mit dem vollen Aquivalenzrisiko rechtfertigen. Im Interesse einer sachgerechten Risikoverteilung ist deshalb im Ein-

geschäft gemäß § 306 B G B a.F. nichtig. Um dieses wenig interessengerechte und rechtspolitisch angreifbare Ergebnis zu vermeiden, wurde der Begriff des anfänglichen Unvermögens sehr weit verstanden. Vgl. Staudinger-ZföWer, § 4 4 0 Rn. 17, wonach Rechtsmängel beim Sachkauf kaum je eine objektive Unmöglichkeit begründeten.. 37 Vgl. B G H Z 8, 222, 231 f.; B G H Z 11, 16, 31 f.; Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 34; SoergelHuber § 434 Rn. 7; ders., Leistungsstörungen I, § 27 II (S. 531 f.). Von einem echten Verschulden könnte ohnehin nicht die Rede sein, da zur Zeit der mängelbegründenden Handlung kein Vertragspartner gegeben war, gegenüber dem schuldhaft hätte gehandelt werden können. 38 Vgl. hierzu Larenz, Schuldrecht II/l, § 4 0 II b 3 (S.32ff.); Staudinger-K-'Wer, § 4 4 0 Rn. 21 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 692; Walter, Kaufrecht, S. 121 ff.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 230; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 282. A.A. Huber, Leistungsstörungen I, § 23 I 1 (S. 547), ders., in: Soergel-Huber, § 4 4 0 Rn. 12ff.: § 4 4 0 B G B stelle eine Rechtsgrundverweisung dar; dass der Schuldner für sein anfängliches Unvermögen hafte, sei ein allgemeines Prinzip des B G B und nicht aus § 440 B G B herzuleiten. 39 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 8 II (S. 101); vgl. auch ders., Schuldrecht II/l § 40 II b (S. 33). 40 Huber, Leistungsstörungen, § 2 2 II (S. 536).

126

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

zelnen zu bestimmen, unter welchen Umständen den Verkäufer die jedenfalls nach früherem Recht anerkannte umfassende Einstandspflicht traf bzw. auch heute möglicherweise noch trifft. Für Larenz^ lag der wesentliche Grund für die umfassende Haftung für die Rechtsverschaffung darin, dass der Veräußerer im Vergleich zu seinem Vertragspartner grundsätzlich weit eher in der Lage ist zu beurteilen, ob er die Leistung zu erbringen vermag.42 Dementsprechend erkannte Larenz eine Einstandspflicht des Schuldners nach den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung nur in den Fällen an, in denen die Ursache der Leistungsstörung aus dessen eigenem Organisationsbereich stammt. Bei anfänglichem Unvermögen zur Rechtsverschaffung hafte der Schuldner für die »Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises«, nicht dagegen für diejenigen Umstände, die darin nicht ihre Ursache haben. Zu der Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises gehöre, so Larenz, vor allem das Vermögen des Verkäufers, dem Käufer das Eigentum an der verkauften Sache zu verschaffen. Den Mangel der eigenen Berechtigung habe der Verkäufer deshalb stets zu vertreten.43 Vergleichbare Grundsätze zur Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Verkäufer und Käufer ergaben sich auch aus Kollers Lehre von der »abstrakten Beherrschbarkeit« als Maßstab der Risikozurechnung bei Zweckstörungen in Austauschverträgen.44 Danach seien, so Koller, demjenigen Vertragspartner alle Gefahren samt ihren wirtschaftlichen Auswirkungen unabhängig von ihrer konkreten Beherrschbarkeit nach generell-typischen Kriterien zuzurechnen, aus dessen Sphäre diese stammten bzw. auf dessen Sphäre sie sich auswirkten.45 Dieser Vertragspartner sei nach generell-typischen Kriterien besser imstande, das entsprechende Risiko zu steuern.46 Grundsätzlich hafte danach der Verkäufer für sein anfängliches Unvermögen, es sei denn, der Leistungsmangel habe seine Ursache außerhalb des Bereichs der für den Verkäufer abstrakt beherrschbaren Umstände. 47

41 Larenz, Schuldrecht I, § 8 II (S. 102 f.), in Anschluß an Oertmann, AcP 140 (1935), S. 129, 148 f. Vgl. hierzu ausführlich und kritisch Koller, Risikozurechnung, S. 66 ff. 42 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 8 II (S. 101), unter Verweis auf Koller, Risikozurechnung, S. 269 ff. 43 Larenz, Schuldrecht AT, § 8 II (S. 103). 44 Koller, Risikozurechnung, passim, und zum Prinzip der abstrakten Beherrschbarkeit insbes. S. 78 ff.; 100 ff. Die Verwandtschaft zur Sphärentheorie wird von Koller nicht geleugnet, vgl. a.a.O., S. 87. Den Unterschied zur Sphärentheorie sieht Koller darin, dass der Sphärengedanke nur ein Element einer abstrakt-typischen Beherrschbarkeit sei, neben den andere Elemente wie beispielsweise der Gesichtspunkt der arbeitsteiligen Spezialisierung der Vertragsparteien träten (a.a.O. S. 87). 45 Koller, Risikozurechnung, S. 78. 46 Koller, Risikozurechnung, S. 87. 4 7 Vgl. ausführlich Koller, Risikozurechnung, S. 269 ff.

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

ah

Ausgangspunkt

127

Auch Köhler48 begründete die unbedingte Einstandspflicht des Veräußerers für Rechtsmängel mit Risikoerwägungen: Da das Recht an einer Sache nicht sinnlich wahrnehmbar sei und man der Sache insbesondere nicht ansehe, in wessen Eigentum sie stehe oder ob sie mit Rechten Dritter belastet sei, sei es angemessen, den Verkäufer auch ohne Verschulden haften zu lassen. Der Gedanke, dass dem Verkäufer die scharfe Rechtsmängelhaftung nur in den Fällen zumutbar ist, in denen der rechtliche Umstand in seiner Sphäre begründet liegt, fand nicht zuletzt auch in Grunewalds Lehre zur Abgrenzung zwischen Rechts- und Sachmängeln Ausdruck: Aus ihren Ausführungen zur Abgrenzung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung ergibt sich, dass die scharfe Rechtsmängelhaftung für die »Vorgeschichte der Sache« angemessen sei, weil diese für den Verkäufer eher als für den Käufer überprüfbar sei. Die Rechtsmängelhaftung beruhe auf dem Gedanken, dass Rechtsverhältnisse, die die verkaufte Sache individuell erfassten, in den Risikobereich des Verkäufers fielen.49 Diese Argumentation Grunewalds, die von der Überprüfbarkeit durch den Verkäufer auf die Zurechenbarkeit schließt, stellt allerdings nur auf die Erkenntnismöglichkeiten des Verkäufers ab und lässt die Risikosteuerungsmöglichkeiten des Käufers als mögliches haftungseinschränkendes Korrektiv außer Betracht. Für eine sachgerechte Beurteilung des Kreises rechtlicher Umstände, die bei sachgemäßer Interpretation des früheren Rechts zur scharfen Rechtsmängelhaftung führten, sollte indes zusätzlich auch berücksichtigt werden, ob der Käufer von den jeweiligen Mängeln typischerweise ebenso gut wie der Verkäufer Kenntnis hätte erlangen können. Denn gerade in solchen Fällen erscheint es als angemessen, die Haftung zwischen den Vertragsparteien aufzuteilen und nicht ausschließlich den Verkäufer im Wege der Anwendung der Rechtsmängelhaftung mit dem gesamten Mängelrisiko zu belasten. c. Die Situation nach der Schuldrechtsreform Die genannten Erklärungsansätze konnten - und können auch noch heute - die Einstandspflicht des Verkäufers für Rechtsmängel im Ergebnis zutreffend und überzeugend begründen. Wie bereits erwähnt, bezweckte der Gesetzgeber nicht, mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz den bisherigen Geltungsgrund der Rechtsmängelhaftung in Frage zu stellen. Es besteht deshalb kein Grund dafür, von dieser Bestimmung der Ratio der Rechtsmängelhaftung abzuweichen, sofern und soweit diese nach wie vor zu überzeugen vermag und mit dem Gesetzeswortlaut der neugefassten Rechtsmängelvorschriften vereinbar ist.

Staudinger-ÄoWer, § 440 Rn. 24 f. Grunewald, Grenzziehung, S. 27ff.; Erman-Grunewald, § 434 Rn. 2; vgl. in diesem Sinne bereits Heck, Schuldrecht, S. 270. 48 49

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4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

aa. Keine Änderung der Interessenlage. Auch unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ergibt sich die Ratio der Rechtsmängelhaftung aus dem Gedanken der Sphärenverantwortlichkeit des Veräußerers. Nach wie vor lässt sich die Einstandspflicht des Verkäufers für rechtlich fundierte Mängel am einleuchtendsten damit erklären, dass typischerweise er in der Lage ist, den Bestand von rechtlichen Gebundenheiten der Kaufsache zu überprüfen, wogegen dem Käufer keine auch nur annähernd vergleichbaren Erkenntnismöglichkeiten offen stehen. So kann nur der Verkäufer die Wirksamkeit seines eigenen Rechtserwerbs beurteilen; nur er hat die grundsätzliche Möglichkeit, die Erwerberkette zurückzuverfolgen und auf diese Weise mögliche Mängel seiner eigenen Rechtszuständigkeit zu eruieren. Durch die umfassende Sphärenverantwortlichkeit und die typischerweise nur für den Verkäufer gegebene Erkennbarkeit des Mangels unterschied - und unterscheidet sich unverändert noch heute - der Geltungsgrund der Rechtsmängelhaftung von demjenigen der Sachmängelhaftung: Sachmängel, d.h. Mängel, die der Sache als Gegenstand aktuell anhaften, liegen typischerweise nicht ausschließlich in der Verkäufersphäre. Vielmehr ist der betreffende Umstand für Veräußerer und Erwerber üblicherweise gleichermaßen erkennbar, da auch der Erwerber die Beschaffenheit des Kaufgegenstands überprüfen kann. Deshalb hat der Verkäufer, für den Käufer erkennbar, typischerweise kein überlegenes Wissen bezüglich der möglichen Fehlerhaftigkeit der Kaufsache. Angesichts dieser unterschiedlichen Risikosituationen erscheint eine unterschiedliche Behandlung von Sach- und Rechtsmängelhaftung nach wie vor als angemessen. Eine Begrenzung der Einstandspflicht des Verkäufers und eine Risikomitübernahme durch den Käufer für Sachmängel am Kaufobjekt, die typischerweise von beiden Parteien in gleichem Maße ermittelt werden können, erscheint geboten. Dagegen kann dem Verkäufer eine alleinige, vergleichsweise umfassendere Haftung für diejenigen Umstände zugemutet werden, die in dessen eigener Verantwortlichkeitssphäre begründet sind. Wertungsmäßig ist deshalb im Falle von nicht ausschließlich im Machtbereich des Verkäufers liegenden Mängeln eine Begrenzung der Einstandspflicht und eine Risikomitübernahme durch den Käufer nach wie vor angemessen. Diese ergab sich früher durch die Anwendung der in ihren Rechtsfolgen den Verkäufer weniger belastenden Sachmängelhaftung und kann, wie sogleich näher zu zeigen sein wird, bei sachgerechter Gesetzesinterpretation dem Gesetz auch heute entnommen werden. Soweit der Kreis der Rechtsmängel i.S.v. § 435 B G B auf diejenigen Umstände beschränkt wird, die in der Sphäre des Verkäufers angesiedelt sind, entspricht eine verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Einstandspflicht im Ergebnis in weit höherem Maße einem sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Parteien des Kaufvertrags als eine Begrenzung der Verkäuferhaftung auf Rücktritt und Minderung, die nur im Falle des Verschuldens oder bei Zusicherungen des Verkäufers auf einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung ausgedehnt würde. Eine Anbindung der Schadensersatzhaf-

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

129

tung für Rechtsmängel an das Verschuldensprinzip würde den überragenden Risikobeherrschungsmöglichkeiten des Verkäufers nicht gerecht. Eine am Gedanken der Sphärenverantwortlichkeit anknüpfende Einstandspflicht des Verkäufers für Rechtsmängel führt nicht zuletzt auch zu zumindest gleichermaßen flexiblen Lösungen wie eine im Verschuldensprinzip verankerte Rechtsmängelhaftung. Festzuhalten bleibt, dass eine verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Verkäuferhaftung wertungsmäßig nach wie vor vorzugswürdig und geboten ist, wenn die Kaufsache mit rechtlichen Mängeln belastet ist, die in der Sphäre des Verkäufers begründet sind. bb. Verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Rechtsmängelhaftung. Diesem Ergebnis scheint jedenfalls auf den ersten Blick die Vorschrift des § 3 1 1 a Abs. 2 B G B n.F. entgegenzustehen, die gemäß § 4 3 7 Nr. 3 B G B auch im Rahmen des Kaufvertrags zur Anwendung kommt, falls die Verschaffung der Rechtsposition bzw. der ungestörten Rechtsinhaberschaft anfänglich unmöglich ist. § 311a Abs. 2 B G B statuiert eine Schadensersatzpflicht, die nur im Falle zu vertretender Unmöglichkeit besteht: Die Schadensersatzpflicht statt der Leistung greift nach dem Wortlaut des Gesetzes für Fälle anfänglicher Unmöglichkeit ein, es sei denn, der Schuldner kennt das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht und hat seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten. Das Vertretenmüssen i.S.v. § 311a Abs. 2 B G B bezieht sich dabei auf die Pflicht zur Information des Schuldners bzgl. seiner Leistungsfähigkeit, nicht etwa auf die Verschaffung des Leistungsgegenstands, da eine diesbezügliche Vertragspflicht vor Vertragsschluss noch nicht bestehen kann. 50 Der Vorwurf der Informationspflichtverletzung besteht darin, dass der Schuldner die Erfüllungspflicht übernimmt, obwohl er weiß oder wissen muss, dass er sie nicht erfüllen kann. Das für den Schadensersatzanspruch gem. § 311a Abs. 2 B G B vorausgesetzte Vertretenmüssen wird heute in § 276 B G B genauer geregelt als in der früheren Fassung dieser Norm: Gemäß § 276 B G B n.F. haftet der Schuldner für Vorsatz und Fahrlässigkeit, soweit sich nichts anderes aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses wie insbesondere aus der Übernahme einer Garantie entnehmen lässt. Angesichts dieses Gesetzeswortlauts kann durchaus in bestimmten Fällen eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung anzuerkennen sein - sei es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls oder aufgrund der typischen Interessenlage für bestimmte abstrakt beschreibbare Fallkonstellationen. 51 5 0 Vgl. Begründung, S. 166; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, Einführung, S. XIV; ders., D B 2001, 1818. 51 So auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, Einführung, S. XIV. Canaris erwähnt, dass als Beispiel für eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung möglicherweise der Fall des Verkaufs eines Rechts in Betracht komme; so in der Tendenz auch Zimmer, N J W 2002,1, 3; ders., in: Ernst!Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 191, 196 (dort aber auf individuelle Vertragsauslegung abstellend).

130

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Vor diesem Hintergrund fragt es sich, unter welchen Umständen der Verkäufer seine Unkenntnis von dem anfänglichen Leistungshindernis i.S.v. § § 3 1 1 a Abs. 2 S. 2, 276 B G B zu vertreten hat und ob sich aus der Neufassung des Gesetzes eine Abkehr von der früheren grundsätzlich verschuldensunabhängigen Einstandspflicht ergibt. Der Wortlaut des Gesetzes lässt dabei beide Auslegungsalternativen zu: Das Vertretenmüssen i.S.v. § 311a Abs. 2 B G B kann entweder als Verschulden oder aber als verschuldensunabhängige Haftung ausgelegt werden, die sich gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 B G B aus dem »sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses« ergibt. Die Entwurfsbegründung betont, dass in Zukunft die Einstandspflicht des Verkäufers für anfängliches Unvermögen zur Rechtsverschaffung verschuldensabhängig sein solle. 5 2 Gleichzeitig spricht sich die Begründung gegen die Geltung des Garantieprinzips aus, da dieses zu Ergebnissen führe, die unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten keinesfalls zu überzeugen vermögen. Das Verschuldensprinzip zeichne sich dagegen sowohl durch höhere rechtsethische Uberzeugungskraft als auch durch größere Flexibilität aus. Im Ergebnis ist gleichwohl daran festzuhalten, dass der Verkäufer gemäß §§ 311a Abs. 2, 276 Abs. 1 B G B für anfängliche Mängel der Rechtsverschaffung grundsätzlich verschuldensunabhänig haftet, weil sich dies »aus der Natur des Schuldverhältnisses« i.S.v. § 276 Abs. 1 B G B ergibt. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen der Mangel in der Verkäufersphäre begründet liegt und nur vom Verkäufer eruiert werden kann. Die Entwurfsbegründung widerspricht diesem Ergebnis nicht: Die Kritik an der Garantiehaftung trifft nur die umfassende, nicht durch den Maßstab der Sphärenverantwortlichkeit modifizierte verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Verkäufers. Unbillige Ergebnisse, so wie sie befürchtet werden, können im Rahmen der durch den Sphärengedanken modifizierten verschuldensunabhängigen Haftung nicht auftreten. Denn im Rahmen der Bestimmung der jeweiligen Sphäre, für deren Zulänglichkeit den Verkäufer eine umfassende Verantwortlichkeit trifft, wird dem jeweiligen Einzelfall durchaus in hinreichendem Maße Rechnung getragen. Keinesfalls führt die verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Haftung für Rechtsmängel zu Ergebnissen, die den Käufer in unangemessener Weise belasten würden. Wertungsmäßig unangemessene Ergebnisse würden vielmehr gerade dann erzielt, wenn die Verantwortlichkeit des Verkäufers für die umfassende Rechtsverschaffung nur im Falle seines Verschuldens anerkannt würde. Angesichts der nur dem Verkäufer offen stehenden Möglichkeit, seine Sphäre auf mögliche Rechtsmängel zu überprüfen, bliebe der Käufer rechtlos, falls sich der Verkäufer exkulpieren könnte. 5 3 Bezüglich seiner eigenen Sphäre trifft den Verkäufer eine 5 2 Begründung, S. 165; ähnlich Canaris, J Z 2001, 499, 506; vgl. auch H.P. Westermann, 2001,530, 532. 5 3 In diesem Sinne auch Goldmann!Redecke, M M R 2002, 5 f.

JZ

§10.

Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

131

umfassende Erkundigungs- und Überwachungspflicht, so dass im Rahmen der verkäufereigenen Sphäre die mögliche Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit der Verletzung der Informations- und Erkundigungspflichten nicht mehr eigens festzustellen ist. Zu einem sehr ähnlichen Ergebnis - der umfassenden Einstandspflicht des Verkäufers - käme man auch, wenn man den Fahrlässigkeitsmaßstab für in der Verkäufersphäre verwurzelte Umstände so niedrig ansetzen würde, dass eine Informationspflicht für sämtliche diesbezüglichen Umstände begründet würde. 5 4 Konsequenter und zu einem höheren Maß an Rechtssicherheit führend erscheint dagegen die Anwendung des Garantieprinzips in seiner hier vertretenen Ausformung. 5 5 Die verschuldensunabhängige Einstandspflicht ergibt sich aus der »Natur des Schuldverhältnisses« i.S.v. § 276 B G B Abs. 1 S. 1 B G B abstrakt für die Rechsverschaffung, ohne dass es auf einen diesbezüglichen eigens feststellbaren Garantiewillens des Verkäufers ankäme: Ebenso wie nach früherer Rechtslage folgt die verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit des Verkäufers für die Verschaffung der Rechtsposition mangels eines hinreichend konkretisierten diesbezüglichen Willens allerdings nicht aus der Übernahme einer Garantie, sofern keine besonderen Anhaltspunkte dies nahe legen. Vielmehr ergibt sich die Haftung ebenso wie schon nach früherer Rechtslage - unmittelbar und abstrakt aus der Natur des Schuldverhältnisses, der spezifischen Interessenbewertung und, hiermit zusammenhängend, aus der besonderen Beschaffenheit und Risikostruktur von Rechtsmängeln. Aufgrund dieser Wertungen besteht grundsätzlich eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht dafür, dass das Kaufobjekt frei von innerhalb der Verkäufersphäre begründeten Rechtsmängeln verschafft wird, so dass der Verkäufer anderenfalls auf Schadensersatz statt der Leistung haftet. Eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht besteht auch in den Fällen, in denen zwar die Sache als körperlicher Gegenstand, nicht aber das an dieser bestehende Recht verschafft wird. Eine parallele Wertung zu solchen Rechtsmängeln, die den Bestand der Rechtsposition unberührt lassen, ist geboten, falls das Recht an der Kaufsache insgesamt nicht verschafft wird. Denn für die Beurteilung der Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers macht es keinen Unterschied, ob die geschuldete umfassende Rechtsverschaffung vollständig oder teilweise scheitert. In beiden Fällen muss dem Käufer ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung zuerkannt werden. Anders stellt sich dagegen die Situation dar, wenn die Kaufsache als Gegenstand insgesamt nicht verschafft wird bzw. sie mit Sachmängeln behaftet ist. Hier ist entsprechend der Vorgaben in §§ 311a Abs. 2, 276 Abs. 1 B G B das Ver-

5 4 So von Wilmowsky, Beilage JuS 2002, S. 1, 12, der von besonderes hohen Sorgfaltsanforderungen für in der Sphäre des Verkäufers begründeten Umständen ausgeht. 5 5 Kritisch zur Ermittlung einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht anhand der Auslegung der Willenserklärung auch Zimmer, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 191, 196.

132

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

schulden zwar zu vermuten; der Verkäufer kann aber die Verschuldensvermutung durch den Nachweis ordnungsgemäßen Verhaltens entkräften. Die Bindung des Schadensersatzes statt der Leistung an das Verschuldenserfordernis ist hier deshalb geboten, weil nur auf diese Weise Wertungswidersprüche vermieden werden, die sich aus einer Ungleichbehandlung der Fälle ergäbe, in denen die Kaufsache kurz vor oder aber kurz nach Vertragsschluss gestohlen wird. Gerade in der Angleichung der Rechtsfolgen in diesen von gewissen Zufälligkeiten abhängigen Fällen des Zeitpunkts des Abhandenkommens des Kaufgegenstands liegt auch das Hauptmotiv des Gesetzgebers für die Angleichung der Rechtsfolgen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit durch die Vorschrift des § 31 la Abs. 2 B G B . 5 6 Wertungsmäßig ist die unterschiedliche Behandlung von Schadensersatzansprüchen bei Sachmängeln bzw. Nichtverschaffung der Sache einerseits und von Rechtsmängeln bzw. der NichtVerschaffung des Rechts andererseits angemessen: In den zuerst genannten Fällen ist der Käufer weniger schutzwürdig als im Falle der NichtVerschaffung des Rechts, da er sich vielfach in geringerem Maße auf die diesbezüglichen Aussagen des Verkäufers wird verlassen müssen. cc. Der Konflikt zwischen Einzelfallgerecbtigkeit und Rechtssicherheit. Besteht nach alledem die Notwendigkeit fort, zwischen den Rechtsfolgen der Rechtsund Sachmängelhaftung jedenfalls im Bereich der Schadensersatzpflicht zu unterscheiden, so ergibt sich hieraus, dass gewisse Rechtsunsicherheiten bei der Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmängeln weiter fortbestehen. Im Vergleich zu früher wird die Rechtssicherheit gleichwohl in erheblichem Maße erhöht, da die Rechtsfolgen von Rechts- und Sachmängelhaftung jedenfalls außerhalb der Schadensersatzpflicht angeglichen worden sind. Einer Abgrenzung bedarf es mithin nur noch in den Fällen, in denen ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht wird und sich die Verantwortlichkeit nicht ohnehin schon aus echtem Verschulden i.S.v. § 276 B G B - etwa aus der konkret nachweisbaren Vernachlässigung von Prüfungs- bzw. Informationspflichten ableiten lässt. Die übrigen Abgrenzungsprobleme, die sich aus der insoweit fortbestehenden Unterscheidung zwischen Sach- und Rechtsmängeln ergeben, sind im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und des Gebots der Berücksichtigung der legitimen Interessen der Vertragsparteien, insbesondere des Verkäuferschutzes, hinzunehmen. Denn wie soeben gezeigt worden ist, kann ein sachgerechter Interessenausgleich zwischen Verkäufer und Käufer nur dadurch erfolgen, dass der Verkäufer für diejenigen rechtlichen Mängel, die in seiner Sphärenverantwortlichkeit liegen, verschuldensunabhängig auf Schadensersatz statt der Leistung einzustehen hat.

56

Vgl. Begründung, S. 165; siehe auch H.P. Westermann,

N J W 2002, 241, 247f.

§10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf als Ausgangspunkt

133

dd. Ergebnis: Unterschiedliche Rechtsfolgen von Rechts- und Sachmängeln. Im Ergebnis bleibt somit die verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leitung gerichtete Haftung des Sachverkäufers für Rechtsmängel auch nach der Schuldrechtsreform bestehen. Ein wesentlicher Unterschied zur früheren Rechtslage besteht indes darin, dass die Verjährungsfrist für Rechtsmängel gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B grundsätzlich nur noch zwei Jahre und nicht mehr wie gemäß § 195 B G B a.F. 30 Jahren beträgt. Nur in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 1 B G B bleibt es bei der früheren langen Verjährungsfrist für Rechtsmängel. Diese weitreichende Verkürzung der Verjährung führt zu einer Optimierung des Interessenausgleichs, da dem Verkäufer trotz seiner Sphärenverantwortlichkeit eine 30-jährige Haftung kaum zumutbar ist und eine zeitliche Begrenzung der Verkäuferhaftung auch im Interesse des Rechtsfriedens als angemessen erscheint. Damit führt die Rechtsmängelhaftung nach wie vor zu einer schärferen Belastung des Verkäufers, der für die in seiner Sphäre gelegenen rechtlichen Gebundenheiten der Kaufsache umfassender einzustehen hat als im Falle von Sachmängeln: Zwar kann der Käufer in beiden Fällen gegebenenfalls Nacherfüllung verlangen oder anderenfalls mindern oder vom Kaufvertrag zurücktreten. Allerdings trifft den Verkäufer einer mit Sachmängeln behafteten Kaufsache grundsätzlich keine verschuldensunabhängige, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Einstandspflicht. Vielmehr ergibt sich eine solche umfassende Haftung für Sachmängel nach wie vor nur im Falle von Zusicherungen, d.h., sofern der Verkäufer die Erklärung abgegeben hat, für bestimmte Mängel verschuldensunabhängig einstehen zu wollen.57 IV. Die Begrenzung Bestandshaftung

des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelbzw. aufgrund von Risikoerwägungen im Einzelnen

Nach alledem erfolgt eine Zurechnung von anfänglichen Leistungsstörungen im Rahmen der verschuldensunabhängigen, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichteten Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung deshalb, weil diese Mängel typischerweise in der ausschließlichen Sphäre des Verkäufers liegen bzw. regelmäßig nur von diesem gesteuert werden können. Aus dem engen Zusammenhang zwischen dem Sphärengedanken und der Ratio der verschuldensunabhängigen Einstandspflicht des Sachverkäufers für Rechtsmängel bzw. für die Nichtverschaffung der Rechtsposition ergibt sich, dass eine strenge Verkäuferhaftung nach den Grundsätzen der Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung mangels ausschließlicher Zurechenbarkeit nicht in Betracht kommt, wenn der betreffende rechtliche Umstand nicht in der Sphäre des Verkäufers begründet liegt. In diesem Fall hat der Verkäufer typischerweise keine im Vergleich zum Käufer gestei-

57

Begründung, S. 132.

134

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

gerten Erkenntnismöglichkeiten. Aus dieser Erwägung lassen sich Schlussfolgerungen für den Anwendungsbereich der Haftung ziehen: Nur diejenigen rechtlichen Bindungen können dem Verkäufer unter Rechtsmängelgesichtspunkten zugerechnet werden, die typischerweise ausschließlich in seiner Sphäre liegen bzw. nur seinem Risikosteuerungsvermögen unterworfen sind. Angesichts der Unschärfe der Kriterien der »Sphäre« und der »Erkennbarkeit« eines Mangels für den Käufer ist allerdings eine rechtssichere und trennscharfe Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung allein unter Rückgriff auf die vorstehend erörterten allgemeinen und abstrakten Grundsätze kaum möglich. Somit hat nun eine nähere Bestimmung derjenigen Umstände zu erfolgen, die die Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung auslösen. Eine umfassende Erörterung der im Rahmen des Sachkaufs auftretenden vielfältigen, potentiell die Gewährleistungshaftung gemäß §§435, 311a Abs. 2 B G B auslösenden rechtlichen Verstrickungen der Kaufsache kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit allerdings nicht erfolgen. Es soll statt dessen lediglich aufgezeigt werden, wie diejenigen rechtlich begründeten Mängel der Kaufsache zu behandeln sind, die im ähnlicher Form beim Forderungs- und vor allem auch beim Immaterialgüterrechtskauf auftreten könnten. Auch eine weitere Differenzierung zwischen kaufrechtlicher Rechtsmängel- und leistungsstörungsrechtlicher Bestandshaftung ist im vorliegenden Zusammenhang nicht angezeigt. Sollte die Äquvialenzstörung zur Zeit des Geltendmachung des Mangels zum vollständigen Wegfall der Rechtsposition geführt haben, so greift die Bestandshaftung ein. Ansonsten ist die Haftung gemäß § 435ff. B G B gegeben. 1. Rechtsmängelhaftung der Zuständigkeit?

als Haftung für die

NichtVerschaffung

Zunächst stellt sich die Frage, ob unter Berücksichtigung der vorstehend erörterten Risikogesichtspunkte der Auffassung ErnstsiS zu folgen ist, wonach die Rechtsmängelhaftung auf die Haftung für die »Verschaffung rechtlicher Zuständigkeit« begrenzt werden könne. Gegen die Thesen Emsts spricht, dass die Mängel, die zur NichtVerschaffung rechtlicher Zuständigkeit im Sinne Emsts führen, nicht trennscharf von sonstigen Erscheinungsformen sachbezogener Äquivalenzstörungen unterschieden werden können. Eine eindeutige Definition des Begriffs der »rechtlichen Zuständigkeit« legt Ernst nicht vor. Vielmehr umschreibt er die Gruppe der Drittrechte, die eine Rechtsmängelhaftung auslösen, als diejenigen, aufgrund derer man sagen könne, dem Käufer sei Eigentum nicht verschafft 59 . Das Pflichtenprogramm des Verkäufers charakterisiert er dahingehend, dass der Käufer zum Zuordnungsobjekt der Eigentümerbefugnisse

58 59

Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 126 ff. Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 131 f.

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

135

gemacht werden müsse 6 0 . Rechtliche Umstände, wegen derer der Käufer die Rechtsmängelhaftung geltend machen könne, seien Umstände, die der Verkäufer gerade in Erfüllung seiner Pflicht zur dauernden Verschaffung (unbelasteten) Eigentums zu beseitigen habe 6 1 . Neben beschränkt dinglichen Rechten Dritter 6 2 faßt Ernst auch bestimmte obligatorische Rechte unter den A n w e n dungsbereich der Rechtsmängelhaftung: 6 3 Voraussetzung sei, dass das obligatorische Recht, das sich gegen den Käufer richte, von der Rechtsordnung dahingehend ausgestaltet sei, dass es eine eigenständige, auf die Sache sich beziehende rechtliche Zuständigkeit gebe, die sich gegenüber der Zuständigkeit des Eigentümers durchsetze. Wegen § 571 B G B sei dies insbesondere beim Bestehen eines Mietverhältnisses am Kaufgrundstück der Fall. Der Besitzer dagegen, der die Herausgabe einer Sache nach § 986 Abs. 2 B G B verweigern könne, habe keine eigene rechtliche Zuständigkeit. Seine Position gegenüber dem Eigentümer beschränke sich darauf, dass er die Herausgabe verweigern könne; die bloße Befugnis zur Zurückbehaltung der Kaufsache beschränke jedoch nicht die Alleinzuständigkeit des Eigentümers 6 4 . Trotz dieser näheren Umschreibungen bleibt der Begriff der »Rechtszuständigkeit«, so wie ihn Ernst verwendet, unscharf. Insbesondere beschränkt Ernst die Pflicht des Verkäufers zur Verschaffung umfassender rechtlicher Zuständigkeit nicht auf die Zuwendung einer durch gegenständliche Rechte unbelasteten Eigentümerposition. Der Bestand eines Mietrechts als rein obligatorisches Schuldverhältnis, das Ernst dem Kreis der Zuständigkeitsmängel zuschlägt, führt trotz dessen verdinglichter W i r k u n g 6 5 gerade nicht zu einer dinglichen Belastung der Eigentumsposition des Erwerbers. Beeinträchtigt w i r d nicht die Rechtsstellung des Eigentümers, sondern vielmehr die Möglichkeit z u m Gebrauch der Mietsache als Objekt. Der andererseits von Ernst befürworteten Ausklammerung von § 986 Abs. 2 B G B aus dem Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung könnte angesichts der Unschärfe eines nicht auf die dingliche Zuständigkeit beschränkten Begriffs der »Zuständigkeit« entgegengehalten werden, dass die NichtVerschaffung des Sachbesitzes eine sehr intensive Beeinträchtigung der Zuständigkeit des Erwerbers darstellt. Denn gemäß § 903 B G B fällt es grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Eigentümers, mit der ihm eigentumsrechtlich zugeordneten Sache nach Belieben zu verfahren. Somit kann

Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 132. Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 132. 62 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 148. 63 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 149. 64 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 148 f. 65 Vgl. zu den verdinglichten Wirkungen des Mietvertrags Canaris, Die Verdinglichung ligatorischer Rechte, in: Festschrift für Flume I, S. 372, 393 ff. Die rein obligatorische Natur Mietvertrags wird insbesondere auch daran deutlich, dass die »Verdinglichung« i.S.v. § BGB lediglich im Wege einer schuldrechtlichen Vertragsübernahme erfolgt; s. auch Schön, 2001, 119. 60 61

obdes 571 JZ

136

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

die Möglichkeit des Sachgebrauchs ohne weiteres z u m Inhalt des »Zuständigkeitsbereichs« des Eigentümers gezählt werden. Insgesamt ergibt sich, dass eine klare Unterscheidung zwischen solchen Befugnissen des Eigentümers, die seine rechtliche Zuständigkeit betreffen, u n d solchen, die nur den Sachgebrauch regeln, auf Grundlage der Lehre Emsts nicht d u r c h f ü h r b a r ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil § 903 B G B dem Eigentümer eine grundsätzlich umfassende Nutzungsbefugnis an der Sache zuweist, die begrifflich auch als umfassende Zuständigkeit verstanden werden könnte. Darüber hinaus erscheint die unterschiedliche rechtliche Behandlung des Eigentümers, der sein Eigentum in den Fällen des § 571 BGB einerseits u n d denen des § 986 Abs. 2 B G B andererseits nicht genießen kann, auch wertungsmäßig als unangemessen. Die Situation des Erwerbers ist in beiden Fällen insoweit vergleichbar, als dieser zwar dinglich unbelastetes Eigentum erhält, nicht aber den Sachbesitz erlangt. Sein Ziel, durch die Begrenzung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung eine angemessene u n d systematisch kohärente Risikobegrenzung zugunsten des Verkäufers zu erreichen, kann Ernst in derartigen Fallkonstellationen nicht erreichen. 2. Rechtszuständigkeit

als dingliche

Zuständigkeit?

D e n k b a r wäre es, den Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung noch enger zu ziehen als Ernst u n d nur Mängel der dinglichen Zuständigkeit hierunter zu subsumieren. Erfasst von der Rechtsmängelhaftung wären in diesem Fall lediglich beschränkt dingliche Rechte Dritter und auch bestimmte gesetzliche Verfügungsbeschränkungen. Eine solche Begrenzung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung hätte zwar den Vorteil eines hohen Maßes an Rechtssicherheit, könnte aber wertungsmäßig kaum überzeugen: Unmittelbar im Zuständigkeitsbereich des Verkäufers liegt nicht nur dessen eigene gegenständliche Rechtsstellung am Veräußerungsgut, sondern auch andere, in der »Vorgeschichte« der Sache liegende U m s t ä n d e wie insbesondere bestimmte Formen öffentlich-rechtlicher Beschränkungen der Sachnutzung sowie gewisse öffentlichrechtliche Befugnisse z u m vollständigen Entzug der Sache. 3.

Zwischenergebnis

Die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung kann somit nicht ausschließlich auf Grundlage einer begrifflich-abstrakten Unterscheidung verschiedener Arten von Mängeln erfolgen. Trotz der geäußerten Kritik an der Ausfüllung des Begriffs der »Zuständigkeit« ist allerdings der Auffassung von Ernst in ihrem Ausgangspunkt zu folgen, wonach eine Einstandspflicht für Rechtsmängel nur in den Fällen angemessen ist, in denen die mängelbegründenden rechtlichen Umstände vornehmlich im Machtbereich des Verkäufers liegen und damit seine »Zuständigkeit« f ü r das Veräußerungsgut betreffen. Allerdings bringt der Begriff der »Zuständigkeit« keine wesentlich weitergehenden H i n -

§10.

Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als Ausgangspunkt

137

weise für die Bestimmung des Kreises der die Rechtsmängelhaftung auslösenden Umstände als derjenige der »Sphäre«. Insgesamt führt daher an einer Fallgruppenbildung, die die jeweils spezifische Risikosituation bei einer bestimmten Gruppe von Mängeln eigenständig berücksichtigt, kein Weg vorbei. Methodisch ergeben sich gegen die Bildung von Fallgruppen keine Bedenken; die Grenzziehung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung im Wege der Fallgruppenbildung und somit gleichzeitig auch die Festlegung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung ist allgemein anerkannt. 6 6

C . Fallgruppen der Rechtsmängelhaftung

I.

Vorbemerkung

Bevor nun auf die Fallgruppen im Einzelnen eingegangen werden kann, ist zu betonen, dass mit dem Ausschluss der Rechtsmängelhaftung in Fällen mangelnder Sphärenverantwortlichkeit des Veräußerers nicht dessen gewährleistungsrechtliche Haftungsfreistellung verbunden ist. Sind die eine Aquivalenzstörung begründenden Umstände sachbezogen, so kommt auf der Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs die Anwendung der Sachmängelhaftung in Betracht. Ebenso wie bei der Rechtsmängelhaftung sind auch bei diesem Haftungsinstitut sowohl Haftungsbegründung als auch Haftungsbegrenzung Ausdruck spezifischer Risikozurechnungserwägungen. 6 7 Diese orientieren sich an den typischen Verhältnissen beim Sachkauf: Der im Vergleich zur Rechtsmängelhaftung geringere Haftungsumfang kann darauf zurückgeführt werden, dass dem Käufer typischerweise die Uberprüfung der Kaufsache auf Sachmängel zugemutet werden kann. Hierin liegt gerade der maßgebliche Unterschied zur Rechtsmängelhaftung: Während der Käufer die für die Existenz eines Rechtsmangels relevanten Tatsachen typischerweise weder vollständig noch zuverlässig zu erkunden vermag, da diese entweder in der Vergangenheit oder im internen Bereich des Veräußerers liegen, kann er sich regelmäßig unter entsprechendem Aufwand ohne weiteres vergewissern, ob das Kaufobjekt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses sachmängelfrei ist. Ist der Mangel typischerweise nicht allein für den Verkäufer erkennbar, sondern stehen auch dem Käufer grundsätzlich gleichgelagerte Überprüfungs- und Erkenntnismöglichkeiten offen, so ist der Erwerber am Mängelrisiko haftungsrechtlich zu beteiligen. Die Anwendung der Vorschriften der Sachmängelhaftung erscheint in diesen Fällen gegenüber der allein den Verkäufer belastenden 66 Honseil, Z H R 146 (1982), 99, 100; so auch Grunewald, Grenzziehung, passim, die zwar zunächst allgemeine Abgrenzungsgesichtspunkte entwickelt, sodann aber auch im Wege der Fallgruppenbildung vorgeht. 6 7 Vgl. ausführlich Koller, Risikozurechnung, S. 115 ff.; vgl. auch Flume, AcP 193 (1993), 89, 108 f.

138

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Rechtsmängelhaftung wertungsmäßig als vorzugswürdig. Eine solche Entlastung des Verkäufers erfolgt nach gegenwärtig herrschender Auffassung bereits in Teilbereichen durch die A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung auf Grundlage der Lehre von den »rechtlichen Umweltbeziehungen«. D e n n wird ein rechtlicher U m s t a n d auf diese Weise als Sachmangel eingeordnet, so führt dies zu einer entsprechenden Verteilung des Mängelrisikos zwischen den Parteien. Diese F o r m der Risikozurechnung sollte auch auf Mängel ausgedehnt werden, die zwar nicht in der Sache selbst »unmittelbar« verwurzelt sind, bezüglich derer der Verkäufer aber ebenfalls keinen strukturellen Informationsvorsprung innehat. Eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Lehre von den mängelbegründenden Umweltbeziehungen der Kaufsache entspricht überdies auch dem im Bereich der Sachmängelhaftung geltenden subjektiven Fehlerbegriff. D e n n unter Geltung der subjektiven Theorie sind in erster Linie die Parteivorstellungen f ü r die Bestimmung des Fehlers i.S.v. § 434 B G B relevant. Ein G r u n d dafür, die Parteivorstellungen nur dann als maßgeblich anzusehen, wenn sie sich auf »unmittelbar sachbezogene« Beschaffenheiten der Kaufsache beziehen, ist nicht ersichtlich. Als konsequenter erscheint es, generell auf die die Beschaffenheit der Kaufsache bestimmenden Parteivereinbarungen abzustellen. Die hierdurch von den Vertragsparteien vertragsautonom geschaffene Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache sollte nicht durch das künstliche u n d ohnehin unscharfe Kriterium des unmittelbaren Sachbezugs eingeschränkt werden.

II. Die Fallgruppen im Einzelnen Grundlage der Fallgruppenbildung ist wiederum die Erwägung, dass die strenge Rechtsmängelhaftung, die einseitig den Verkäufer belastet, nur in solchen Sachverhaltskonstellationen ihre Berechtigung findet, in denen die Äquivalenzstörung ausschließlich oder weit überwiegend im Verantwortungsbereich des Veräußerers liegt. Die A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung dagegen erscheint angesichts der durch sie erfolgenden Risikoverteilung zwischen den Parteien des Kaufvertrags dann als angemessen, w e n n typischerweise nicht nur dem Verkäufer, sondern auch dem Käufer Möglichkeiten zur Kenntnisnahme von dem entsprechenden Mangel offen stehen.

1. Wichtige Anwendungsfälle der Rechtsmängelhaftung a. Beschränkt dingliche Rechte Unproblematisch ist die Feststellung, dass die Rechtsmängelhaftung jedenfalls in den Fällen A n w e n d u n g findet, in denen der Veräußerer dem Erwerber nicht die volle dingliche Zuständigkeit am Veräußerungsgut verschafft. Die unmittelbare dingliche Beziehung des Verkäufers zu der von ihm zu übertragenden Sache liegt typischerweise ausschließlich in seinem Risikobereich. Die dem Ver-

§ 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

139

Ausgangspunkt

k a u f v o r a u s g e h e n d e E i n r ä u m u n g b e s c h r ä n k t d i n g l i c h e r R e c h t e an D r i t t e k a n n typischerweise nur v o m Veräußerer u n d nicht v o m E r w e r b e r zuverlässig beurteilt w e r d e n . D i e A n w e n d u n g d e r R e c h t s m ä n g e l h a f t u n g a u f M ä n g e l d e r d i n g l i c h e n Z u s t ä n d i g k e i t des E r w e r b e r s e n t s p r i c h t d e m g e m ä ß a u c h a l l g e m e i n e r M e i nung.68 b. R e l a t i v e V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n D i e r e l a t i v e n 6 9 V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n i.S.v. § § 1 3 5 , 1 3 6 B G B 7 0

berühren

u n m i t t e l b a r die g e g e n s t ä n d l i c h e R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t des E r w e r b e r s : S i e m i n dern

dessen

Macht,

allseits

gültige Verfügungen

vorzunehmen,71

da

diese

R e c h t s m a c h t g e g e n ü b e r d e n d u r c h die V e r f ü g u n g b e g ü n s t i g t e n D r i t t e n n i c h t in v o l l e m U m f a n g b e s t e h t . 7 2 I n g l e i c h e r W e i s e b e s c h r ä n k e n die r e l a t i v e n V e r f ü g u n g s b e s c h r ä n k u n g e n z u g u n s t e n des N a c h e r b e n g e m . § 2 1 1 3 B G B die R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t des E r w e r b e r s . 7 3 D e n n s e i n e V e r f ü g u n g e n f ü h r e n n i c h t m e h r z u e i n e m v o l l w i r k s a m e n I n h a b e r w e c h s e l . V i e l m e h r ist d i e R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t des Z w e i t e r w e r b e r s i n s o w e i t b e s c h r ä n k t , als s e i n e R e c h t s i n h a b e r s c h a f t in B e z u g a u f

6 8 Vgl. z.B. Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 6; Soergel-Huber, § 434 Rn. 30 ff.; Erman-Grunewald, § 4 3 4 Rn. 2.; MüKo-H.P.Westermann, §434 Rn. 6; B G H N J W 1974, 1552; B G H N J W 1988, 2878; B G H N J W - R R 1993, 396; B G H ZIP 1994, 1863, 1864. 6 9 Im Falle der absoluten Veräußerungsverbote stellt sich die Sachlage ganz anders dar. Beispiele für solche absoluten Veräußerungsverbote sind etwa das Verbot des Handels mit Betäubungsmitteln gem. § 2 9 B t M G oder das Verbot des gewerbsmäßigen Inverkehrbringens von bestimmten Lebensmitteln nach Maßgabe von § 17 L M B G . Absolute Veräußerungsverbote beziehen sich nicht auf die Verfügungsmacht des Eigentümers und berühren damit auch nicht dessen Zuständigkeit, sondern sie heben die Verkehrsfähigkeit des Gegenstands insgesamt auf. Somit beschränken sie objektiv die Verfügbarkeit bestimmter Gegenstände, stellen deshalb als Imperativsätze auf das Verfügendürfen des Rechtsinhabers ab und betreffen somit den Gegenstand selbst (vgl. MüKo-Mayer-Maly, § 135 Rn. 5). Die Veräußerung von Gegenständen, die einem absoluten Veräußerungsverbot unterliegen, ist generell verboten und soll im Allgemeininteresse unterbleiben. Wird eine verbotswidrige Verfügungshandlung gleichwohl vorgenommen, so ist sie sowie das ihr zugrunde liegende schuldrechtliche Geschäft gemäß § 134 B G B nichtig. Somit liegt weder ein Rechts- noch ein Sachmangel vor; vielmehr richtet sich die Rückabwicklung nach den allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regelungen. 7 0 Beispiele für behördliche bzw. gerichtliche Verfügungsverbote sind z.B. einstweilige Verfügungen (§§935 ff. ZPO); Grundstücksbeschlagnahmen nach §§20, 23, 146 ZVG; Veräußerungsverbote gem. §§106, 113 Z P O . Gesetzliche Verfügungsbeschränkungen gem. § 135 B G B gibt es nach h.M. nicht; vgl. Flume, § 17 6 c (S. 356 ff.). 71 Zur Konstruktion vgl. einerseits die »Theorie von der Duplizität des Rechtsobjekts« (v. Tuhr, AT II, S. 330) und andererseits die heute h.M., die von der grundsätzlichen Wirksamkeit der Verfügung ausgeht, wobei der verfügende Teil die Rechtsmacht zur Verfügung über das Recht des Dritterwerbers im Rahmen des durch das Verfügungsverbot gewährten Schutzes behält. S. Staudinger-Kohler, § 135 Rn. 86; Flume, AT II § 17 6 d (S. 356 ff.). 7 2 Vgl. zu den einzelnen Schutzfunktionen der relativen Verfügungsbeschränkungen Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 18 ff.; s. auch E. Wagner, Vertragliche Abtretungsverbote im System zivilrechtlicher Verfügungshindernisse, S. 60 f. 73 Allg. Meinung; vgl. Soergel-Huber, § 434 Rn. 33; Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 8; s. auch R G J W 1912, 188.

140

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

den Nacherben, dessen Recht sie vereiteln oder beeinträchtigen würde, unwirksam ist. Somit stellt die Einordnung der genannten relativen Verfügungsbeschränkungen als Mängel der dinglichen Rechtszuständigkeit begrifflich keine Schwierigkeit dar. Die hierdurch begründete Vermutung, dass die NichtVerschaffung umfassender Verfügungsmacht die Rechts- und nicht die Sachmängelhaftung auslöst, erscheint auch unter Risikoaspekten als angemessen. Ahnlich wie die Möglichkeit des Bestands beschränkt dinglicher Rechte Dritter an der Kaufsache fällt auch die Gefahr des Vorliegens relativer Verfügungsbeschränkungen in die Risikosphäre des Veräußerers. Denn typischerweise hat nur er und nicht der Erwerber die Möglichkeit, den Bestand solcher Verfügungsbeschränkungen zu ermitteln 7 4 . Eine Einstandspflicht des Verkäufers nach den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung erscheint angemessen. c. D e m Sachgebrauch entgegenstehende Immaterialgüterrechte Dritter Ein Schutzrecht wirkt nicht stets nur gegen den Hersteller des rechtsverletzenden Gegenstands. Unter bestimmten Umständen kann der Rechtsinhaber sein Recht auch gegenüber schuldlos handelnden Erwerbern, Benutzern oder Weiterveräußerern geltend machen, so dass diese gegebenenfalls ebenfalls auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Für das Patentrecht gilt, dass jede einzelne der in § 9 PatG genannten Formen der Nutzung des patentierten Gegenstands selbständig für sich den Tatbestand der Patentverletzung erfüllt, wenn sie ohne Zustimmung des Berechtigten vorgenommen wird. 7 5 So begeht nicht nur der unberechtigte Hersteller eines patentierten Erzeugnisses bzw. des unmittelbaren Erzeugnisses eines patentierten Verfahrens eine Patentverletzung. Das Schutzrecht verletzt gleichermaßen auch derjenige selbständig und unmittelbar, der das patentierte, rechtswidrig hergestellte 76 Erzeugnis besitzt, um es i.S.v. § 9 PatG in den Verkehr zu bringen, anzubieten oder zu gebrauchen. Parallele Grundsätze gelten auch im Bereich des Markenrechts. Die dem Markeninhaber vorbehaltenen markenrechtlichen Benutzungshandlungen, die in dem Katalog des § 14 Abs. 3 MarkenG beispielhaft aufgezählt sind, können auch vom Erwerber der Markenware verwirklicht werden. 7 7 Anspruchsgegner des 7 4 Eine Ausnahme besteht indes in den Fällen der Veräußerung eines Grundstücks, bezüglich dessen ein Nacherbfolgevermerk in das Grundbuch eingetragen ist. Hier hat der Erwerber die Möglichkeit zur Kenntnisnahme von der Verfügungsbeschränkung, so dass hier die Verkäuferhaftung ausscheiden dürfte. 75 Benkard-Bruchhausen, PatG, § 9 Rn. 28; vgl. auch B G H G R U R 2001, 407 - Bauschuttsortieranlage; O L G Karlsruhe G R U R 1987, 892, 895 - Rohrleitungsverteileranlage. 7 6 Keine Patentverletzung begeht dagegen der Inhaber des patentierten Erzeugnisses oder des unmittelbaren Erzeugnisses eines patentierten Verfahrens, das vom Rechtsinhaber bzw. mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden ist: In diesem Fall ist das Patentrecht insoweit erschöpft. 7 7 Erheblich weitergehend Fezer, Markenrecht, § 14 Rn. 460, wonach als rechtserhebliche Benutzungshandlung über den Katalog des § 14 Abs. 3 MarkenG hinaus zur Begründung einer

5 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

141

Markeninhabers ist nicht nur derjenige, der das Zeichen selbst unberechtigterweise an der Ware anbringt, sondern auch der Weiterveräußerer, der als Großoder Einzelhändler die markierte Ware i.S.v. § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG besitzt, um sie seinerseits anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. 78 Auch der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 U r h G kann gegenüber dem Weiterveräußerer der urheberrechtsverletzenden Ware geltend gemacht werden. Nicht nur der Hersteller der unberechtigten Werkkopie verletzt das Urheberrecht aufgrund seiner unberechtigten Vervielfältigungshandlungen; eine eigenständige Urheberrechtsverletzung in Form der Verletzung des Verbreitungsrechts gemäß § 17 Abs. 1 U r h G begeht auch derjenige, der das unrechtmäßig hergestellte Werkstück bzw. das Werkstück, dessen Verbreitung der Urheber nicht zugestimmt hat, 79 in Verkehr bringt. 80 Besondere Persönlichkeitsrechte oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Dritten können sich ebenfalls nachteilig auf die Benutzbarkeit der verkauften Sache auswirken. So dürfen beispielsweise Waren, die mit Abbildungen bekannter Personen versehen sind, ohne Gestattung des Betroffenen nicht vermarktet werden. Für den Weiterveräußerer sind solche nicht genehmigten Waren deshalb weitgehend unbrauchbar. 81 Daneben ist mit dem Produktpirateriegesetz 82 für die Bereiche des Patent-, Urheber- und Markenrechts 83 sowie für verschiedene andere Immaterialgüter-

Markenrechtsverletzung jede B e n u t z u n g im geschäftlichen Verkehr in Betracht k o m m e . Diese spezifisch markenrechtliche Frage, die im Z u s a m m e n h a n g mit d e m S c h u t z u m f a n g des M a r k e n rechts steht, kann im R a h m e n der vorliegenden Arbeit nicht weiter vertieft werden. 78 Keine Markenrechtsverletzung begeht dagegen der K o n s u m e n t , da er selbst nicht A k t e u r des Warenumsatzes auf d e m M a r k t u n d insoweit nicht Adressat der markenrechtlichen Verbietungsansprüche ist. Vgl. Fezer, Markenrecht, § 14 Rn. 475. 79 D a es sich bei d e m Verbreitungsrecht u m ein gegenüber d e m Vervielfältigungsrecht ( § 1 6 U r h G ) selbständiges Recht handelt, kann der U r h e b e r auch die Verbreitung rechtmäßig hergestellter Vervielfältigungsstücke untersagen, sofern er nicht der Verbreitung zugestimmt hat oder sie aus sonstigen G r ü n d e n erlaubt ist. Vgl. Schricker-Loewenheim, § 17 Rn. 14. 80 Keine Urheberrechtsverletzung begeht dagegen der Letzterwerber einer urheberrechtsverletzenden Sache, die er z u m eigenen G e n u ß erwirbt, da er mit dem E r w e r b des Sacheigentums in keine urheberrechtliche Befugnis eingreift. 81 Vgl. z.B. B G H Z 110, 196, 200 - Boris Becker - zu Rechtsmängeln an sog. »Transfers« (Aufbügelmotiven), zu deren Herstellung u n d Vertrieb keine Einwilligung von Boris Becker vorlag. Die gegen den E r w e r b e r der Transfers geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach § 12 B G B wegen Verletzung des N a m e n s r e c h t s u n d nach § 1004 analog a u f g r u n d einer Verletz u n g des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sah das Gericht als Grundlage f ü r einen Rechtsmangel an den Transfers an. Zu d e m Unterlassungsanspruch des N a m e n s i n h a b e r s gegen die nicht gestattete V e r w e n d u n g des N a m e n s zu Werbezwecken vgl. bereits B G H G R U R 1983, 262, 263 - U w e ; B G H Z 81, 75, 77ff. - Carrera. 82 Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur B e k ä m p f u n g der P r o duktpiraterie v o m 7. M ä r z 1990, BGBl. I 1990, S. 422 ff. 83 A r t . 1 P r P G ( z u m heute nicht m e h r geltenden W Z G ) ; vgl. jetzt insbes. den Vernichtungsanspruch nach § 18 M a r k e n G sowie die Beschlagnahme bei Ein- u n d A u s f u h r gem. §§ 146 ff. MarkenG.

142

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

rechte 8 4 ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Beseitigung, Vernichtung, Sicherstellung oder Abänderung immaterialgüterrechtsverletzender Gegenstände eingeführt worden. So kann der Urheberrechtsinhaber gem. § 98 Abs. 1 U r h G verlangen, dass alle rechtswidrig hergestellten, verbreiteten und zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke, die im Besitz oder Eigentum des Verletzers stehen, vernichtet werden. A u f ein Verschulden des Verletzers k o m m t es dabei nicht an. 8 5 D e r Anspruch aus § 98 U r h G kann somit gegebenenfalls auch den schuldlos handelnden Käufer treffen, der die urheberrechtsverletzende Ware seinerseits anbietet und damit das Verbreitungsrecht des U r h e b e r s selbständig verletzt. G e m . § 99 U r h G besteht parallel dazu ein Anspruch auf Vernichtung bzw. Überlassung der Vorrichtungen, die zur rechtswidrigen Herstellung von Vervielfältigungsstücken

benutzt oder

be-

stimmt sind. Vergleichbare Ansprüche finden sich insbesondere auch in § 140 a P a t G : Aufgrund dieser Vorschrift kann v o m Verletzer verlangt werden, dass das Erzeugnis, das Gegenstand eines Patents ist, sowie die zu dessen Herstellung verwendeten Vorrichtungen vernichtet werden. D a m i t ist deutlich geworden, dass Immaterialgüter- sowie Persönlichkeitsrechte das Aquivalenzinteresse des Sachkäufers nachhaltig beeinträchtigen k ö n nen, wenn das R e c h t des Dritten dem Sachgebrauch entgegensteht. Es stellt sich somit die Frage nach der gewährleistungsrechtlichen Behandlung solcher G e brauchshindernisse. N a c h h.M. hat der Verkäufer für den Bestand von Immaterialgüter-

oder Persönlichkeitsrechten

Dritter nach den Grundsätzen

der

Rechtsmängelhaftung einzustehen. 8 6 Dagegen k o m m t nach der insbesondere von Ernst

vertretenen Gegenauffassung in diesen Fällen die Rechtsmängelhaf-

tung nicht in Betracht, da die Zuständigkeit des Rechtserwerbers durch I m m a t e rialgüterrechte Dritter nicht beeinträchtigt werde. 8 7

84 § 14a Abs. 3 GeschMG; §24 a GebrMG; § 9 Halbleiterschutzgesetz und § 3 7 a SortenschutzG. 8 5 Allg. Meinung; vgl. nur Schricker- Wild, §§ 98/99 Rn. 1; kritisch zur konkreten Ausgestaltung der §§ 88 f. UrhG Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 706. 86 Erman-Grunewald, §434 Rn. 3; Soergel-Huber, §434 Rn. 12; Staudinger-iföWer, §434 Rn. 9;; Malzer, G R U R 1973, 620, 621 f.; RGRK-Afezger, § 434 Rn. 6; Uüüo-H.P.Westermann, §434 Rn. 6; R G J W 1911, 645f. (Unbenutzbarkeit einer verkauften Maschine wegen des Patents eines Dritten als Rechtsmangel); B G H N J W 1973, 1545, 1546 = G R U R 1973, 667, 668 Rolladenstäbe (bekanntgemachte Patentanmeldung als Rechtsmangel); B G H N J W 1979, 713, 713 f. (Unveräußerlichkeit des zum Weiterverkauf erworbenen Öls aufgrund eines entgegenstehenden Patentrechts eines Dritten als Rechtsmangel); für das Urheberrecht vgl. O L G Hamm, NJW-RR 1991, 953, 954 (Lieferung eines nicht lizenzierten Computerprogramms als Rechtsmangel); B G H N J W 1991, 1109, 1110 - Lizenzmangel (fehlende Lizenzrechte zur Videoauswertung eines Films als Rechtsmangel); B G H G R U R 2001, 407 - Bauschuttsortieranlage (Rechtsmangel bei behaupteter Patentverletzung). 87 Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 155 ff.; vgl. auch schon O L G Königsberg, O L G E 23, 24 f. in dem besonders gelagerten Fall, in dem nicht die erworbene Maschine, sondern die durch sie hergestellten Dachziegel dem Patent eines Dritten unterfielen. Das O L G Königsberg sah hier einen Sachmangel und keinen Rechtsmangel als gegeben an, da nicht die erworbene Maschine

§ 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf als Ausgangspunkt

143

Der h.M. ist zu folgen. Unabhängig davon, ob Immaterialgüter- oder Persönlichkeitsrechte Dritter begrifflich als Mängel an der »Kaufsache als Objekt« oder als Mängel der »rechtlichen Zuständigkeit« im Sinne der Unterscheidung Emsts zu qualifizieren sind, liegen die hier zu beurteilenden Äquivalenzstörungen ausschließlich in der Verkäufersphäre begründet. Sie müssen deshalb als Rechtsmängel betrachtet werden. Die Wertungsgesichtspunkte, die dafür maßgeblich sind, beschränkt dingliche Rechte der Veräußerersphäre zuzuordnen, sind auch auf Immaterialgüterrechte Dritter übertragbar: Ausschlaggebend für die Risikozuordnung ausschließlich zu Lasten des Veräußerers ist die Erwägung, dass eine Verletzung von Immaterialgüterrechten Dritter ebenso wenig wie der Bestand beschränkt dinglicher Rechte bei Betrachtung der Kaufsache ersichtlich wird. Auch bei intensiver Überprüfung des Kaufgegenstands vermag der Käufer beispielsweise nicht in Erfahrung zu bringen, ob dem Verkäufer eine wirksame Herstellungslizenz erteilt worden ist oder ob das Schutzrecht gegebenenfalls bereits erschöpft ist. Überdies steht der Verkäufer der ursprünglichen Quelle des Mangels näher als der Käufer. Typischerweise erfolgen Immaterialgüterrechtsverstöße nicht unbewusst. Statt dessen beruhen sie regelmäßig auf vorsätzlichen oder zumindest fahrlässigen Handlungen des ursprünglichen Herstellers der Kaufsache, der beispielsweise das Geisteswerk unberechtigt vervielfältigt, das Zeichen ohne Lizenz verwertet oder das technische Erzeugnis unter Verstoß gegen ein Patent hergestellt hat. Sofern der Verkäufer selbst das schutzrechtsverletzende Verkaufsgut hergestellt hat, liegt seine umfassende Einstandspflicht auf der Hand. Sollte er dagegen die Kaufsache seinerseits von einem Dritten erworben haben, so ist er - ebenso wie der Erwerber eines mit einem dinglichen Recht belasteten Kaufobjekts - »näher daran« als der Erwerber, für die Schutzrechtsverletzung einzustehen. Denn nur er ist potentiell in der Lage, die Verkäuferkette zurückzuverfolgen und Erkundigungen - etwa über die Wirksamkeit einer Lizenz einzuziehen. Nimmt er eine solche Überprüfung der Rechtekette nicht vor, so unterliegt diese Entscheidung seiner Gefahreneinschätzung, da er weit besser als der Käufer das Risiko zu beurteilen vermag, das sich bei der Weiterveräußerung der Kaufsache gegebenenfalls verwirklichen könnte. 2. Differenzierte

Betrachtung

gesetzlicher

Beschränkungen

der

Sachnutzung

a. Überblick und Themenabgrenzung Auch öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen der Kaufsache können deren Gebrauchswert erheblich beeinträchtigen oder gänzlich aufheben. Auch hier stellt sich deshalb die Frage nach möglichen Gewährleistungsansprüchen selbst mit dem Patent eines Dritten belastet war, sondern das durch sie produzierte Erzeugnis. D i e Maschine selbst sei daher frei von Rechten Dritter. W o h l aber sei die Maschine, die ihrer Zweckbestimmung entzogen sei, mit einem Sachmangel belastet (a.a.O. S. 25).

144

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

des Käufers. Gesetzliche Beschränkungen der Sachnutzung sind nach allgemeiner Auffassung weder einseitig der Sachmängelhaftung noch ausschließlich der Rechtsmängelhaftung zuzuordnen; vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Gruppen gesetzlicher Beschränkungen vorzunehmen. 8 8 Zu unterscheiden ist, soweit hier relevant 89 , zwischen generell-abstrakten, den Sachgebrauch regelnden Normen einerseits und öffentlich-rechtlichen Entzugsrechten andererseits. b. Keine Haftung für den Sachgebrauch regelnde, generell-abstrakte Normen Soweit öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Vorschriften die Benutzung des Kaufgegenstands allgemein und in generell-abstrakter Form beschränken, haftet der Verkäufer grundsätzlich nicht nach den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung. 90 Als Beispiele für derartige generell-abstrakte Nutzungsbeschränkungen kommen auf dem Gebiet des Privatrechts Eigentumsschranken wie das Notwegerecht gemäß § 9 1 7 B G B oder der entschuldigte Uberbau i.S.v. § 9 1 2 B G B in Betracht. Öffentlich-rechtliche Benutzungsbeschränkungen können insbesondere sicherheitsrechtlicher Art sein. Denkbar wäre unter anderem die fehlende oder eingeschränkte Brauchbarkeit der Kaufsache wegen Verstoßes gegen Waffengesetze. 9 1 Zur Begründung für das Nichteingreifen der Rechtsmängelhaftung im Falle solcher Regelungen wird darauf verwiesen, dass es sich hierbei um Inhaltsschranken des Eigentums handele, die der Verkäufer weder besei-

8 8 Dies entspricht heute allgemeiner Auffassung, vgl. nur Soergel-Huber, § 4 3 4 Rn. 46 ff; Staudinger-Köhler, §434 Rn. 20; MüKo-H.P.Westermann, §434 Rn. 4; Erman-Grunewald, § 4 3 4 Rn. 3 ff.; vgl. ausführlich Grunewald, Grenzziehung, S. 48 ff. S. aber auch Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S. 159 ff., der, vereinfacht ausgedrückt, einen Rechtsmangel dann als gegeben ansieht, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarten rechtlichen Eigenschaften hat, einen Sachmangel hingegen dann, wenn sachliche Eigenschaften fehlen. Zur Kritik vgl. Grunewald, Grenzziehung, S. 18, sowie Soergel-Huber, §434 Rn. 24 ff. 89 Auf den weiten Bereich anderer öffentlich-rechtlicher Normen wie insbesondere auf die öffentlichen Baubeschränkungen ist nicht weiter einzugehen, da es sich hierbei um eine ausschließlich für den Bereich des Sachkaufs relevante Materie handelt. Denn den Baulasten strukturell vergleichbare rechtliche Belastungen von Forderungen oder unkörperlichen Gegenständen existieren nicht. Die Erörterung dieses Fragenkreises würde deshalb für den weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit keinen Ertrag bringen. Die Anwendung der Sachmängelhaftung bei öffentlichen Baubeschränkungen befürworten in diesen Fällen wegen der Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung z.B. B G H N J W 1978, 1429; B G H N J W 1979, 2200, 2201; B G H W M 1986, 1189; vgl. auch Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 134 f. Zur Gegenmeinung, die die Rechtsmängelhaftung als anwendbar ansieht, vgl. Soergel-Huber § 434 Rn. 59; Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 25; Grunewald, Grenzziehung, S. 62 f.; O L G Hamm, N J W - R R 1989, 524. 9 0 Vgl. Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 19; Soergel-Huber, § 434 Rn. 15. 91 Soweit die fehlenden Nutzbarkeit des Gegenstands evident ist, käme die Anwendung der Rechtsmängelhaftung auch wegen § 439 B G B nicht in Betracht. Der Frage nach der Kenntnis des Käufers von einem möglichen Rechtsmangel logisch vorgelagert ist jedoch die Feststellung der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Rechtsmängelhaftung.

§10.

Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf ah

Ausgangspunkt

145

tigen könne noch müsse. 92 Allerdings sei gegebenenfalls die Sachmängelhaftung anwendbar 9 3 . Dieser Auffassung, nach der grundsätzlich keine Einstandspflicht des Verkäufers f ü r generell-abstrakte N o r m i e r u n g e n der Kaufsache besteht, ist zuzustimmen. N i c h t nur kann eine Pflicht des Verkäufers, die auf Verschaffung des Eigentums im Widerspruch zu dessen gesetzlicher A u s f o r m u n g stünde, nicht angenommen werden. Vor allem liegt in den genannten Fällen auch keine Aquivalenzstörung vor, die dem Verkäufer nach Sphären- bzw. Risikogesichtsp u n k t e n zurechenbar wäre und die deshalb wertungsmäßig in seinen Verantwortungsbereich fiele. 94 Weder der Verkäufer noch seine Rechtsvorgänger haben Einfluss auf den Bestand eines solchen »Mangels«. Verstößt der Gebrauch des durch einen wirksamen Kaufvertrag erworbenen Gegenstands gegen generell-abstrakte N o r m e n , so liegen diese Umstände nicht im Risikobereich des Verkäufers. D e n n vom Inhalt der Gesetze, die den Sachgebrauch regeln, kann der Erwerber der Kaufsache ebenso gut Kenntnis nehmen wie der Veräußerer. Eine Haftpflicht nach den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung ist in Fällen des Bestehens generell-abstrakter N o r m e n , die die Sachnutzung nach allgemeinen Kriterien unmittelbar u n d f ü r den Käufer nachteilig regeln, mangels Zurechenbarkeit des entsprechenden Risikos wertungsmäßig allgemein nicht begründbar. Auch der Hinweis der h.M., wonach in den genannten Fällen gegebenenfalls die Sachmängelhaftung eingreifen könne, verdient Zustimmung. U n t e r Geltung des subjektiven Fehlerbegriffs ist ein Fehler i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dann gegeben, w e n n konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von den Parteien Beschaffenheiten der Kaufsache vereinbart w o r d e n sind, die den öffentlichrechtlichen N o r m i e r u n g e n widersprechen. Geht man mit der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Ansicht davon aus, dass bei der Bestimmung des Kreises möglicher Fehler auf das Merkmal des unmittelbaren Sachbezugs zu verzichten ist, 95 so wird im Falle entsprechender Parteivereinbarungen das Äquivalenzrisiko zwischen den Parteien des Kaufvertrags in wertungsmäßig angemessener Weise verteilt.

92 Staudinger-ÄöWer, § 434 Rn. 19. Vgl. auch B G H N J W 1981,1362 (keine H a f t u n g im Falle eines entschuldigten Uberbaus). 93 Staudinger-iföWer, § 434 Rn. 19; B G H N J W 1981, 1362. 94 Etwas anderes würde nur im Fall einer ausdrücklichen diesbezüglichen Beschaffenheitsvereinbarung gelten. D a n n käme angesichts der entsprechenden vertraglichen Erklärungen des Verkäufers die A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung in Betracht. 95 Entscheidend ist vielmehr die Risikobewertung, vgl. oben § 10 B.

146

4. Kapitel:

Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

c. Individualisierte, den Gebrauch einer konkreten Sache spezifisch treffende Normierungen Während generell-abstrakte Normen für beide Vertragsparteien gleichermaßen erkennbar sind und eine allgemeine, nicht die Rechtsmängelhaftung auslösende Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen, liegen individuell-konkrete N u t zungsbeschränkungen des Kaufgegenstands typischerweise in der Verkäufersphäre. Eine individualisierte Gebrauchsbeschränkung oder ein Benutzungsverbot kommt beispielsweise in Betracht, wenn die Kaufsache nicht dem notwendigen TUV-Genehmigungsverfahren unterzogen worden ist. 9 6 Möglich sind gleichermaßen etwa auch Nutzungsbeschränkungen oder Veränderungsverbote aufgrund des Denkmalschutzgesetzes 9 7 oder sicherheitsrechtliche individuelle Nutzungsverbote 9 8 . Diese auf die spezifische Kaufsache konkretisierten normativen Gebrauchsbeschränkungen fallen anders als generell-abstrakte Normierungen typischerweise in den Verantwortungs- bzw. Sphärenbereich des Verkäufers. N u r er und nicht der Käufer kann mit hinreichender Sicherheit kontrollieren, ob die Kaufsache dem Genehmigungsverfahren unterzogen, ob ihre Nutzung untersagt oder ob sie unter Denkmalschutz gestellt worden ist. D a diese Normierungen der Kaufsache damit in der »Vorgeschichte« der Sache begründet liegen und sie der Risikoverantwortung des Veräußerers unterliegen, findet in diesen Fällen die Rechtsmängelhaftung Anwendung. 9 9

3. Öffentlich-rechtliche

Entzugsrechte

Besteht eine öffentlich-rechtliche Befugnis zur Besitzentziehung, so findet nach überwiegender Auffassung generell die Rechtsmängelhaftung Anwendung. 1 0 0

9 6 Vgl. B G H Z 90, 198, 206 - Fehlen einer zum Betrieb erforderlichen Typengenehmigung für einen konkreten Kran. 9 7 Vgl. z.B. Art. 5, 6 Bayerisches Denkmalschutzgesetz. 9 8 Vgl. z.B. Art. 82 S. 2 BayBO. In diesen Fällen ist nicht ausgeschlossen, dass - etwa wegen der Baufälligkeit des Hauses - neben dem Rechtsmangel gleichzeitig ein Sachmangel vorliegt, da das öffentliche Recht an die Sachbeschaffenheit anknüpft und die Sache nicht so beschaffen ist wie geschuldet. Vgl. ähnlich Erman-Grunewald, § 434 Rn. 5. 9 9 A.A. Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 28, wonach im Falle des Natur- und Denkmalschutzes kein Rechtsmangel vorliege, sondern allenfalls die Sachmängelhaftung anwendbar sei. Indes wird zwischen generell-abstrakten Regelungen einerseits (z.B. naturschutzrechtliche Satzungen) und individuellen Normierungen andererseits (z.B. Denkmalschutz für ein konkretes Bauwerk) zu unterscheiden sein. Vgl. auch Staudinger-iföWer, § 4 3 4 Rn. 27, wonach der B G H in B G H Z 90, 198 ff. wegen der fehlenden Typengenehmigung des Krans zutreffenderweise die Sachmängelhaftung herangezogen habe, da die Eingriffsbefugnis ihren Grund letztlich in der Beschaffenheit der Sache habe. Da jedoch auch ein umfassend funktionstauglicher und genehmigungsfähiger Kran einem Genehmigungsverfahren unterliegt und ohne die Genehmigung nicht in Betrieb genommen werden darf, dürfte eher davon auszugehen sein, dass die tatsächliche Beschaffenheit des Kaufobjekts gerade nicht die Ursache des Mangels darstellt, so dass das Sachmängelrecht nicht anwendbar ist. 1 0 0 Soergel-Huber, § 434 Rn. 48; Staudinger-/ft>7>/er, § 434 Rn. 26.

§ 10. Die Rechtsmängelhaftung

beim Sachkauf

als

Ausgangspunkt

147

Grunewald dagegen differenziert danach, ob das jeweilige Entzugsrecht an die Beschaffenheit der verkauften Sache oder an deren Vorgeschichte anknüpft. 101 Im ersten Fall spricht sie sich für die Anwendung der Sachmängelhaftung aus: Da die Sachbeschaffenheit für Verkäufer und Käufer im Normalfall überprüfbar sei, und Normen dem Veröffentlichungsgebot unterlägen, sei in diesem Fall kein für die Kaufvertragsparteien unkalkulierbares Risiko gegeben. 102 Beruhe das Entzugsrecht auf der Vorgeschichte der Sache, so finde dagegen die Rechtsmängelhaftung Anwendung. 103 Der Auffassung Grunewalds ist zu folgen, da der von ihr vertretene Ansatz der hier vorgeschlagenen Abgrenzung zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung nach Risikoaspekten umfassend gerecht wird: Die Ursachen öffentlich-rechtlicher Entzugsrechte liegen dann nicht in der ausschließlichen Sphäre des Verkäufers, wenn sie typischerweise für beide Parteien gleichermaßen erkennbar sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Entzugsrecht an die Beschaffenheit der verkauften Sache anknüpft und somit auch für den Käufer erkennbar ist. In diesen Fällen ist das Risiko des nachträglichen Entzugs des Kaufobjekts zwischen den Parteien zu verteilen. Ist das Risiko dagegen in der »Vorgeschichte« der Sache verwurzelt, erschiene eine risikomäßige Beteiligung des Käufers nicht als gerechtfertigt, so dass der Anwendung der Rechtsmängelhaftung zuzustimmen ist.

D. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf ist auch noch nach der Schuldrechtsreform in eine Haftungsstufenleiter eingebunden, die entsprechend den unterschiedlichen Risikosteuerungsmöglichkeiten bei verschiedenen Arten von Mängeln des Kaufgegenstands abgestuft ist. An oberster Stelle steht dabei auch unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die scharfe Rechtsmängelhaftung. Sie weist dem Verkäufer das umfassende Haftungsrisiko zu, indem sie ihn verschuldensunabhängig und auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet für Mängel einstehen lässt. Diese umfassende Haftung ist allerdings nur in denjenigen Fällen angemessen, in denen der rechtliche Mangel typischerweise ausschließlich in der Sphäre des Verkäufers angesiedelt ist und somit regelmäßig nur

Grunewald, Grenzziehung, S. 57 f. Grunewald, Grenzziehung, S. 57. 103 Grunewald, Grenzziehung, S. 58; Erman-Grunewald, § 434 Rn. 5. Insoweit stimmt die Auffassung Grunewalds mit der h.M. überein. Vgl. R G Z 105, 273, 275; R G Z 106, 350, 353: Verkauf von Heeresgut ohne Genehmigung durch das Reich; R G Z 105, 390, 391: Beschlagnahme wegen Steuerhinterziehung; R G J W 26, 2738: Beschlagnahme wegen Zollbetrugs; B G H N J W 91, 915: Sicherstellung von Treibstoff gem. § 14 a Nr. 2 MineralölsteuerG als Rechtsmangel; a.a. dort aber L G Bonn, N J W 77, 1823: Beschlagnahme zur Beweissicherung im Strafverfahren gem. § 94 StPO begründet keinen Rechtsmangel i.S.v. § 434 B G B . 101

102

148

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

von diesem abgeschätzt werden kann. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die Fälle der NichtVerschaffung der unbeschränkten dinglichen Zuständigkeit an der Kaufsache, um dem Sachgebrauch entgegenstehende Immaterialgüterrechte Dritter sowie um bestimmte, in der Vorgeschichte der Sache begründete öffentlich-rechtliche Normierungen der Brauchbarkeit oder vergleichbare Befugnisse zum Sachentzug. Andere rechtliche Bindungen der Kaufsache dagegen befinden sich außerhalb der ausschließlichen Sphäre des Verkäufers und können von diesem regelmäßig gleichermaßen gut oder schlecht wie vom Käufer beurteilt werden. Soweit es sich hierbei nicht um generell-abstrakte Inhaltsbestimmungen des Eigentums handelt, ist die Sachmängelhaftung anwendbar, sofern entsprechende Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen worden sind. Da keine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht besteht, teilt § 434 B G B das Mängelrisiko zwischen den Parteien in der Weise auf, dass der Käufer grundsätzlich nicht das gesamte Schadensrisiko auf den Verkäufer abwälzen kann. Die Sachmängelhaftung wird im Falle des Vorliegens entsprechender kaufvertraglicher Beschaffenheitsvereinbarungen nicht nur für in der Sache selbst verwurzelte rechtliche Umweltbeziehungen ausgelöst; sie kommt auch dann zur Anwendung, wenn der mängelbegründende Umstand nicht unmittelbar in der Sache selbst verankert ist. Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit von besonderer Bedeutung ist die Erkenntnis, dass die Körperlichkeit des Veräußerungsguts auch nach der Schuldrechtsreform weder für die Interpretation der Ratio der Sach- noch der Rechtsmängelhaftung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Entscheidend ist nicht, ob die Kaufsache oder deren Beeinträchtigung körperlicher Natur ist oder nicht. Maßgeblich für die Grenzziehung zwischen Sach- und Rechtsmangel ist vielmehr, ob die rechtliche Gebundenheit als »Rechtsmangel« ausschließlich in die Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers fällt oder als »Sachmangel« im Wege der Untersuchung des Kaufgegenstands von Verkäufer und Käufer gleichermaßen abgeschätzt werden kann. Der Sache nach entspricht dies der bereits seit langem herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, die die Sachmängelhaftung teilweise auch auf rechtliche Mängel der Kaufsache anwendet. Diese Auffassung hat auch nach der Schuldrechtsreform ihre Gültigkeit beibehalten. Für den weiteren Verlauf der Arbeit eröffnet sich auf dieser Grundlage die Frage, ob Sach- und Rechtsmängelhaftung angesichts ihrer - nicht auf die Körperlichkeit des Kaufobjekts oder des Mangels abstellenden - Ratio ebenfalls auf den Kauf von Forderungen und Immaterialgüterrechten anwendbar sein könnten.

2.

Abschnitt

Forderungskauf

§11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

Ein wesentliches Anliegen der vorliegenden Untersuchung besteht darin, ein für den Sach-, Forderungs- und Immaterialgüterrechtskauf systematisch und wertungsmäßig homogenes Regime der Mängelgewährleistung, insbesondere der Rechtsmängelhaftung, zu entwickeln. Denn soweit sich die Interessen der Vertragsparteien beim Kauf von Sachen, Forderungen und sonstigen Rechten entsprechen, ist angesichts des Gebots der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle das Gesetz einheitlich auszulegen. Das gilt jedenfalls, sofern sich aus der Systematik des Gesetzes insgesamt keine anderweitigen Vorgaben ableiten lassen. 104 Vor diesem systematisch-methodischen Hintergrund wendet sich die Arbeit im Folgenden der Untersuchung der Mängelgewährleistung beim Forderungskauf zu, so wie sich diese nach der Schuldrechtsreform darstellt. Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen zu Ratio und Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf ist nun zu erörtern, ob sich die für die Veräußerung von Sachen entwickelten Grundsätze der Rechtsmängelhaftung auf den Forderungskauf übertragen lassen. Zunächst werden deshalb die Ausgestaltung der Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf und mögliche Änderungen der Rechtslage durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz im Einzelnen zu diskutieren und näher zu konkretisieren sein (A). Daran anschließend ist zu untersuchen, wie sich die Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf in das umfassendere System der schuldrechtlichen Haftungsinstitute einfügen lässt (B). In einem dritten Schritt wird sodann kurz auf die - nun gesetzlich geregelte - Sonderproblematik der Haftung bei sachbezogenen Forderungen eingegangen (C).

1 0 4 Vgl. zur systematischen Notwendigkeit einer homogenen Gesetzesauslegung im Einzelnen oben § 1 C .

150

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

A. D i e Ausgestaltung der Nichterfüllungs- und Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf I. Der gesetzliche

Ausgangspunkt

Anders als vor der Schuldrechtsreform ist die Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf heute gesetzgebungstechnisch über die Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 B G B weitgehend in das System der sachkaufrechtlichen Mängelhaftung eingebunden. Diese wiederum ist durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eng mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht verzahnt worden. Rechtskaufspezifische Sonderregelungen kennt das Gesetz heute nur noch in § 453 Abs. 2, 3 B G B . Mit dieser weitgehenden gesetzessystematischen Neufassung des Forderungskaufs war jedoch keine materielle Neugestaltung der Verkäuferhaftung für Mängel der Forderung beabsichtigt. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus, dass die traditionelle Definition des Rechtsmangels für sich genommen sachgerecht sei; grundlegende Änderungen gegenüber dem bisher geltenden Recht seien deshalb nicht erforderlich. 105 U m im weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung zu dieser Einschätzung Stellung nehmen zu können und damit den Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf im Einzelnen bestimmen zu können, ist es notwendig, die Parallelen zwischen früherer und heutiger Rechtslage aufzuzeigen und die Grundgedanken der Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf zu verdeutlichen. Gemäß § 453 Abs. 1 i.V.m. 433 Abs. 1 S. 1 B G B hat der Verkäufer dem Käufer den Kaufgegenstand - hier die Forderung - zu verschaffen. § 433 Abs. 1 S. 2 B G B sieht weiter vor, dass die Forderung frei von Mängeln zu verschaffen ist. Insoweit gleicht die Ausgestaltung der Käuferpflichten beim Forderungskauf der Rechtslage im früheren Schuldrecht, wo sowohl für Verschaffung der Forderung (§§ 433 Abs. 1 S. 2 a.F., 437 B G B a.F.) als auch für die Freiheit der Forderung von entgegenstehenden Rechten Dritter gemäß §§ 440, 434, 325 f. B G B a.F. gehaftet wurde. Im Ergebnis sind damit die Vorgaben zur Bestandshaftung des Forderungsverkäufers gemäß §§ 433 Abs. 1 S. 2, 437 B G B a.F. in den Vorschriften der §§ 433 Abs. 1 S. 1, 435 B G B aufgegangen, und die Rechtsmängelhaftung gemäß § 434 B G B a.F. findet sich im heutigen § 435 B G B wieder. Bei der Beurteilung der Einstandspflicht für die Verschaffung einer mangelfreien Forderung ist somit zu unterscheiden zwischen der sich aus §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1 B G B ergebenden Verpflichtung zur Verschaffung der Forderung als solcher einerseits und der Verpflichtung zur Verschaffung der Forderung als mangelfreiem Gegenstand andererseits (§§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2, 435 B G B ) . Diese Differenzierung und die damit verbundene Frage, wie die Nichterfüllung der Verschaffungspflicht gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1 B G B gegenüber der Rechtsmängelhaftung i.S.v. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 435 B G B 105

Begründung, S . 2 1 7 .

§11.

Rechtsmängelhaftung

und

151

Forderungskauf

abzugrenzen ist, ist nach neuer Rechtslage von weitaus größerer praktischer Bedeutung als früher. Jeweils ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen: Sofern der Verkäufer seine Rechtsverschaffungspflicht nicht erfüllt, kann der Käufer gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B Schadensersatz statt der Leistung geltend machen. Liegt hingegen ein Rechtsmangel i.S.v. § 435 B G B vor, so stehen dem Käufer die Ansprüche und Rechte aus § 437 B G B zu. Diese kaufrechtlich modifizierte Haftung unterscheidet sich von den allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften insbesondere durch die Gewährung eines Minderungsrechts, des Nacherfüllungsanspruchs sowie vor allem durch die unterschiedlichen Verjährungsfristen: Ist die Forderung mit Rechtsmängeln behaftet, kommt die grundsätzlich zweijährige Verjährung gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B zur Anwendung, wogegen im Falle der Nichterfüllung der Verschaffungspflicht die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist von § 195 B G B zu laufen beginnt. Angesichts dieser Rechtsfolgenunterschiede ist es geboten, Bestands- und Rechtsmängelhaftung im Folgenden separat zu behandeln und gegeneinander abzugrenzen.

II. Bestandshaftung 280 f f . BGB

gem. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a Abs. 2,

U m den Anwendungsbereich der Bestandshaftung beim Forderungskauf nach heutigem Recht zu bestimmen und diese von der Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 435 B G B abzugrenzen, ist wiederum ein Blick auf die frühere Rechtslage geboten, da das Gesetz dort ebenfalls zwischen Nichterfüllung (§ 437 B G B a.F.) und Mangelhaftigkeit des Rechts (§ 435 B G B a.F.) unterschieden hatte. 1. Wegfall der Vorschrift Schuldrecht

des $ 437 BGB a.F. und die Folgen für das

reformierte

Das frühere Kaufrecht regelte sowohl die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer das veräußerte Recht zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 S.2 B G B a.F.) sowie auch dessen Haftung für den »Bestand« der Forderung. (§ 437 B G B a.F.). Es fragt sich, ob sich aus der Streichung von § 437 B G B a.F. Änderungen im U m fang der Verkäuferhaftung ableiten lassen. Indem § 437 B G B a.F. dem Verkäufer eine grundsätzlich unbedingte Einstandspflicht 106 für den anfänglichen Bestand

1 0 6 Die Annahme einer grundsätzlich umfassenden Einstandspflicht für anfängliches Unvermögen zur Rechtsverschaffung auch beim Forderungskauf entsprach absolut h.M., vgl. z.B. B G H Z 8, 222, 234; Erman-Grunewald, § 437 Rn. 3; Soergel-Huber, § 437 Rn. 4; StaudingerKöhler, § 437 Rn. 31; MüKo-H.P.Westermann, § 437 Rn. 1. Unklarheit bestand, ob § 440 Abs. 1 B G B a.F. insoweit eine Rechtsfolgenverweisung auf § 325 B G B a.F. darstellte (so die h. Lit., vgl. z.B. Larenz, Schuldrecht I, § 4 0 II b S. 32f.) oder aber eine Rechtsgrundverweisung, bei der

152

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

der Forderung aufbürdete, regelte diese Vorschrift in erster Linie die Haftung bei anfänglich objektiver Unmöglichkeit zur Rechtsverschaffung. §437 B G B a.F. stellte insoweit eine Ausnahmevorschrift zu § 306 B G B a.F. dar, da durch § 437 B G B a.F. der Vertrag für gültig erklärt und dem Käufer ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437, 440 B G B a.F. zuerkannt wurde. 107 Hintergrund für die Streichung von § 437 B G B a.F. ist die Aufhebung von § 306 B G B a.F.. Damit ist heute keine die Vorschrift des § 306 B G B a.F. außer Kraft setzende Regelung mehr nötig, die die Einstandspflicht des Forderungsverkäufers für Fälle der objektiven Unmöglichkeit der Rechtsverschaffung festlegen würde. 108 Eine Vorschrift nach Art von § 437 B G B a.F. ist somit im reformierten Schuldrecht überflüssig. Soweit § 437 B G B a.F. die vertragliche Haftung des Verkäufers im Falle anfänglicher objektiver Unmöglichkeit vorsah, lässt sich diese Haftungsfolge heute statt dessen unmittelbar den §§ 433 Abs. 1 S. 1, 31 la Abs. 2 B G B entnehmen. 2. Die Pflicht zur Verschaffung 433 Abs. 1 S.l BGB

der Forderung als solcher gemäß §§ 453 Abs. 1,

a. Nichtexistenz der Forderung, Abtretung der »falschen« Forderung bzw. fehlende Forderungsinhaberschaft des Verkäufers In Abgrenzung zur Mängelhaftung greift die unmittelbar leistungsstörungsrechtliche, nicht kaufrechtlich modifizierte Haftung gemäß §§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a, 280 ff. B G B ein, sofern der Verkäufer dem Käufer die Forderung als solche nicht verschafft hat: Gemäß §§ 433 Abs. 1 S. 1 B G B hat der Verkäufer dem Käufer das Recht am Kaufgegenstand zu verschaffen und die Kaufsache zu übergeben. Wendet man diese Vorschrift nach Maßgabe von § 453 Abs. 1 B G B auf den Forderungskauf an, so ergibt sich die Verpflichtung des Forderungskäufers zur Abtretung der Forderung an den Käufer. §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a B G B sind deshalb in den Fällen anwendbar, in denen dem Veräußerer die Abtretung der Forderung objektiv oder subjektiv unmöglich ist. Uberträgt der Verkäufer eine andere als die geschuldete Forderung, oder nimmt er die Leistungshandlung insgesamt nicht vor, obwohl ihm die Leistungshandlung möglich wäre, so kann der Käufer die Rechte gemäß §§ 280 ff. B G B geltend machen. allerdings das Merkmal des Vertretenmüssens i.S.v. § 325 BGB a.F. durch § 437 BGB a.F. ersetzt und damit gerade nicht zu prüfen war. Vgl. dazu Staudinger-ÄoWer, § 4 3 7 Rn. 31 (unter Hinweis auf B G H Z 8, 222, 234), wonach das Erfordernis des Vertretenmüssens der Unmöglichkeit in § 325 BGB a.F. durch § 437 BGB a.F. gerade ausgeschlossen sei. 107 Allg. Meinung, vgl. z.B. Erman-Grunewald, § 4 3 7 Rn. 1; Soergel-Huber, § 4 3 7 Rn. 1; Staudinger-^öWer, § 437 Rn. 1; MüKo-H.P.Westermann, § 4 3 7 Rn. 1; s. auch Prot. I, S. 669. 108 Lt. der Begründung ist § 4 3 7 BGB a.F. durch die Streichung von § 306 BGB überflüssig geworden, da nun die Notwendigkeit entfallen ist, die Wirksamkeit des Kaufvertrags über ein nicht bestehendes Recht besonders zu regeln, (vgl. Begründung, S. 202).

§ 11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

153

Die Pflicht zur Verschaffung des Kaufgegenstands als solchem und auch die mit dieser Pflicht einhergehende vertragliche Haftung besteht gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a Abs. 2, 280 ff. BGB nach heutigem Recht ohne Einschränkung. Weggefallen sind damit insbesondere auch die Schwierigkeiten, die sich nach früherer Rechtslage bei der Anwendung von §§ 433 Abs. 1 S. 2, 437 BGB a.F. ergaben, wenn die Rechtsübertragung daran scheiterte, dass die Verschaffung der Forderung dem Verkäufer nur subjektiv unmöglich war. 109 Hierbei handelte es sich um die Konstellationen, in denen die als solche bestehende und übertragbare Forderung nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten gehörte, der sich zur Forderungsübertragung nicht bereit fand. Wie bereits verdeutlicht, ergibt sich auch in diesen Fällen die Haftung heute unmittelbar aus §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 BGB. b. Nachträglicher ex-tunc-Wegfall der Forderung Da § 4 3 3 Abs. 1 S.l BGB eine umfassende Verpflichtung zur Verschaffung der Forderung statuiert, fallen auch solche Mängel in den Regelungsbereich dieser Vorschrift, die unmittelbar zum Erlöschen der Forderung führen können und die die Forderung zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs auch tatsächlich zum Erlöschen gebracht haben. Die Anwendung von §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2. BGB kommt somit auch in den Fällen in Betracht, in denen die Forderung schon zur Zeit des Vertragsschlusses mit einem Mangel behaftet ist, der später zur ex-tunc-Unwirksamkeit der Forderungsübertragung geführt hat. Ist beispielsweise eine Forderung verkauft worden, die sich gegen einen beschränkt Geschäftsfähigen richtet, so ist sie gemäß § 108 BGB zunächst schwebend unwirksam. § 433 Abs. 1 S.2 BGB greift bei endgültiger Verweigerung der Genehmigung ein, da in diesem Fall die Forderung mit ex-tunc-Wirkung wegfällt. Die gleiche Situation ergibt sich etwa auch beim Verkauf anfechtbarer Forderungen oder dann, wenn die Forderung an eine Bedingung geknüpft ist, die nachträglich, d.h. zur Zeit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs, zu deren ex-tunc-Wegfall geführt hat. 110

109 Vgl. hierzu Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 10; vgl. auch BGH WM 1959, 324, 328 (Anwendung von § 437 BGB a.F. beim Verkauf von nicht dem Veräußerer gehörenden GmbH-Anteilen). 110 Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 10 (Anwendung von § 437 BGB a.F., wenn die Forderung durch Aufrechnung zum Erlöschen gebracht werden kann bzw. wenn ihr eine Bedingung anhaftet); Erman-Grunewald, §437 Rn. 3 (Haftung des Verkäufers dafür, dass die Forderung nicht angefochten ist). Vgl. aus der Rspr. OLG Braunschweig Recht 1910 Nr. 2510 = SeuffA 65 (1910) S. 224 f. (Nr. 118), wonach der Käufer einer von einer Bedingung abhängigen Forderung vom Verkäufer Schadensersatz verlangen kann, wenn dieser wegen Ausfalls der Bedingung schon bei dem Verkauf unvermögend war, die Forderung zu verschaffen. S. auch RG Recht 1910 Nr. 1509, wonach ein Rechtsmangel besteht, wenn die Forderung mit einer Minderungseinrede behaftet ist.

154

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

c. Verantwortlichkeitsmaßstab Verschafft der Verkäufer dem Käufer die Forderung nicht, so haftet er gemäß § § 4 5 3 Abs. 1, 433 Abs. 1 S . l , 311a Abs. 2, 2 8 0 ff. B G B auf Schadensersatz statt der Leistung. Fraglich ist dabei, o b hier - ebenso wie nach früherer Rechtslage eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht besteht oder ob §§ 311a Abs. 2, 2 7 6 B G B eine Verkäuferhaftung nur bei Verschulden vorsehen. Sinn und Z w e c k der Haftung des Forderungsverkäufers für die NichtVerschaffung des Vertragsgegenstands entspricht demjenigen bei der Haftung für Rechtsmängel beim Sachkauf sowie für die vollständige NichtVerschaffung des Rechts im R a h m e n des Sachkaufs. Entscheidend war und ist die Erwägung, dass dem Veräußerer eines Rechts die umfassende Einstandspflicht für den Bestand des Rechts grundsätzlich zugemutet werden kann und muss. D e n n der Käufer eines nicht sinnlich wahrnehmbaren Gegenstands hat weitaus weniger M ö g l i c h keiten als der Sachkäufer, seinerseits die grundsätzliche

Erfüllbarkeit des Ver-

trags durch Uberprüfung des Vertragsgegenstands einzuschätzen. 1 1 1 Mangels sichtbarer Verkörperung des Rechts ist der Forderungskäufer in besonderem M a ß e auf die im Leistungsversprechen enthaltene Behauptung des Verkäufers angewiesen, dass das R e c h t bestehe. 1 1 2 Spiegelbildlich hierzu kann die Verkäuferhaftung für die NichtVerschaffung des Rechts auch mit Blick auf die R i s i k o steuerungsmöglichkeiten des Verkäufers begründet werden: D e n n regelmäßig kann sich ausschließlich der Verkäufer zuverlässig über die Existenz des Rechts informieren; wesentliche für den Bestand des Rechts relevante Faktoren liegen im betrieblichen oder persönlichen Bereich des Verkäufers, den dieser so organisieren kann, dass ihm die für ein Urteil über die Existenz des Rechts erheblichen Daten nicht entgehen k ö n n e n . 1 1 3 Hieraus folgt, dass das Erfordernis des Vertretenmüssens gemäß § 31 l a Abs. 2 B G B im Falle der NichtVerschaffung der veräußerten Forderung ebenso auszulegen ist wie bei Rechtsmängeln an der Kaufsache. Danach trifft den Verkäufer die Pflicht, sich über sämtliche Umstände, die in seiner Sphäre liegen und die Auswirkungen auf den Bestand der veräußerten Forderung haben könnten, umfassend zu informieren. E r haftet gemäß § 311a Abs. 2 B G B auf Schadensersatz statt der Leistung unabhängig davon, ob ihm eine konkrete Vernachlässigung seiner Informationspflichten nachgewiesen werden kann oder nicht.

111 MüKo-H.P.Westermann, §437 Rn. 1; Staudinger-Köhler, §437 Rn. 2 f.; s. auch BGH NJW 1970, 556, 557: Haftung nach § 437 BGB für die Übertragbarkeit der Mietrechte an den Geschäftsräumen, die im Rahmen des Verkaufs eines Erwerbsunternehmens mitübertragen werden. 112 Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 2, Larenz, Schuldrecht \V\, § 45 I, (S. 160 f.). 113 Koller, Risikozurechnung, S. 105.

§ 11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

155

3. Begrenzung der Haftung für den Bestand der Forderung aufgrund von Risikoerwägungen a. Fragestellung Die umfassende Verkäuferhaftung für den Bestand der Forderung wurde nach früherem Recht nicht nur durch den - auch heute noch geltenden - gesetzlichen Ausschluss der Bonitätshaftung begrenzt. 114 Vielmehr wurde § 437 BGB a.F. in den Fällen teleologisch reduziert, in denen Übertragung bzw. Verschaffung des veräußerten Rechts seiner Art nach ausgeschlossen war. Der Verkäufer haftete in solchen Fällen offensichtlicher anfänglicher objektiver Unmöglichkeit gemäß §§306, 307 BGB a.F. allenfalls auf das negative Interesse. 115 Ausschlaggebend für diese Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 437 BGB a.F. war die Erwägung, dass in diesen Fällen keine scharfe Verkäuferhaftung gerechtfertigt sei, da beiden Parteien parallele Informationsmöglichkeiten bezüglich der mängelbegründenden Umstände offen stünden. So könne sich der Käufer beispielsweise ebenso gut wie der Verkäufer darüber informieren, dass die Abtretung einer höchstpersönlichen Forderung - wie z.B. die eines Urlaubsanspruchs - nicht möglich ist. Deshalb kam nach allgemeiner Auffassung in diesen Fällen der durch § 437 BGB a.F. verdrängte § 306 BGB a.F. zur Geltung, nach dem ein auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichteter Vertrag nichtig ist.116 Es fragt sich, ob auch nach heutiger Rechtslage eine im Ergebnis vergleichbare Einschränkung der Einstandspflicht des Forderungsverkäufers für ihrer Art nach unübertragbare Forderungen vorzunehmen ist. Die Gesetzesmaterialien nehmen zur Frage der Verkäuferhaftung in den Fällen, in denen die Verschaffung des Rechts seiner Art nach ausgeschlossen ist, nicht ausdrücklich Stellung. Angesichts der Absicht des Gesetzgebers, den materiellen Gehalt der Rechtsmängelhaftung grundsätzlich unangetastet zu lassen, 117 spricht eine erste Vermutung dafür, dass diese Einschränkung der Verkäuferhaftung auch im neuen Schuldrecht im Ergebnis beibehalten werden soll und kann.

114 D e r Ausschluss der Bonitätshaftung ergab sich aus d e m Wortlaut von §§437, 438 a.F. (allgemeine Meinung). Vgl. n u r S o e r g e l - H u b e r , §434 Rn. 5f.; Staudinger-Köhler, § 4 3 8 Rn. 1. Dass hier keine Ä n d e r u n g der Rechtslage beabsichtigt ist, ergibt sich aus der Begründung, S. 202. 115 Allgemeine Meinung; vgl. n u r M ü K o - H . P . W e s t e r m a n n , § 4 3 7 Rn. 1; Staudinger-Köhler, § 4 3 7 Rn. 7; Larenz Schuldrecht I I / l § 4 5 I (S. 160 f.). Vgl. d a z u insbes. auch Soergel-Huber § 4 3 7 Rn. 19, der betont, dass die A n w e n d u n g von § 4 3 7 B G B dann in Betracht k o m m t , w e n n die Beseitigung eines privatrechtlichen Abtretungsverbots rechtlich möglich ist. S. im gleichen Sinne auch Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 7. 116 Vgl. hierzu z.B. Larenz, Schuldrecht I I / l § 45 I (S. 160 f.); Staudinger-ÄTöWer, § 437 Rn. 7; S o e r g e l - H u b e r , § 4 3 7 Rn. 24; speziell zu Leasingforderungen s. Schölermann/Schmidt-Burgk, S. 933,936. 117 Vgl. dazu Begründung, S. 217.

156

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

b. Die Bedeutung von Risikoerwägungen bei der H a f t u n g f ü r die NichtVerschaffung der Forderung Bei Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien erscheint es im Ergebnis nach wie vor als angemessen, die H a f t u n g des Verkäufers in den genannten Fällen einzuschränken. Ebenso wie die H a f t u n g f ü r den Bestand der Forderung ist auch deren Einschränkung f ü r ihrer Art nach nicht existenzfähige oder unübertragbare Forderungen in vergleichbaren Risikoerwägungen verwurzelt: Der Verkäufer soll nur f ü r diejenigen Risiken des Rechtskaufs streng nach den Grundsätzen der Rechtsmängelhaftung haften, auf die sich das vom Gesetz als besonders schutzwürdig angesehene enttäuschte Vertrauen des Käufers eines Rechts richtet. Deshalb ist es angemessen, die strenge H a f t u n g nur bei denjenigen Risiken eingreifen zu lassen, die sich daraus ergeben, dass der Kaufgegenstand beim Rechtskauf nicht sinnlich wahrnehmbar ist u n d der Käufer deshalb insoweit auf die Angaben des Verkäufers vertrauen muss. 1 1 8 Stellt man dagegen wiederum nicht so sehr auf die Schutzbedürftigkeit des Erwerbers als vielmehr auf die Angemessenheit der Risikobelastung des Verkäufers ab, so kann die Restriktion der grundsätzlich umfassenden Verkäuferhaftung spiegelbildlich zu der soeben genannten Begründung als Ausdruck des Bemühens angesehen werden, zu einer sachgerechten und hinreichend trennscharfen Risikoverteilung zu gelangen: Die Begrenzung der strengen Einstandspflicht findet dann ihre Rechtfertigung darin, dass der Verkäufer nicht mit dem vollen Risiko des Bestehens solcher U m s t ä n d e belastet werden soll, die nicht in erster Linie nur durch ihn kontrollierbar sind. 119 Demnach ist eine Risikoentlastung zugunsten des Verkäufers f ü r solche Umstände angemessen, in denen das Risiko eines Rechtsmangels typischerweise entweder vom Verkäufer überhaupt nicht gesteuert bzw. von beiden Parteien gleichermaßen beherrscht werden kann: 1 2 0 Kann ein Recht schon seiner Gattung nach nicht existieren oder ist es seiner Art nach unübertragbar, so können sowohl der Verkäufer als auch der Käufer dieses Leistungshindernis zuverlässig eruieren, zumal da dieses nicht im internen Bereich des Verkäufers liegt. Der Käufer muss zur Untersuchung nicht auf U m stände zurückgreifen, die in der Vergangenheit liegen u n d daher von ihm nicht mehr mit Sicherheit rekonstruiert werden können. 1 2 1 c. Dogmatische Begründung Die Einschränkung der Verkäuferhaftung f ü r ihrer Art nach nicht existenzfähige Forderungen müsste sich auch aus den Vorschriften des reformierten Schuldrechts herleiten lassen. Ausgangspunkt hierfür ist die Erkenntnis, dass mit der ersatzlosen Streichung von § 306 B G B a.F. ein Forderungskaufvertrag, auch 1,8 119 120 121

Vgl. Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 4, 7. So namentlich Koller, Risikozurechnung, S. 107. Koller, Risikozurechnung, S. 107. So auch die Einschätzung von Koller, Risikozurechnung, S. 110.

§11.

Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

157

wenn dieser auf die Übertragung einer ihrer Art nach nicht bestandsfähigen Forderung gerichtet ist, wirksam ist. In Abweichung von der früheren Rechtslage könnten deshalb in diesen Fällen vertragliche Sekundäransprüche ausgelöst werden. Gemäß § 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 311a Abs. 2 B G B haftet der Verkäufer deshalb auf Schadensersatz statt der Leistung, da er in diesen Fällen seine U n kenntnis stets zu vertreten haben wird. Der Verkäufer hat die Pflichtverletzung jedenfalls deshalb fahrlässig herbeigeführt, weil er die objektive Unmöglichkeit der Rechtsverschaffung bei solchen Forderungen hätte erkennen müssen und ggf. entsprechende Nachforschungspflichten verletzt hat. Da diese Erkenntnismöglichkeiten allerdings gleichermaßen auch dem Käufer offen stehen, trifft diesen ein erhebliches Mitverschulden am Scheitern der Rechtsübertragung, sofern die Forderung ihrer Art nach nicht bestehen kann oder unübertragbar ist. Dieses weitgehende Mitverschulden des Käufers wird die Höhe von dessen Schadensersatzanspruchs statt der Leistung regelmäßig erheblich reduzieren. Auch steht dem Verkäufer nach heutiger Rechtslage die Möglichkeit offen, gemäß § 437 Nr. 2 B G B vom Vertrag zurückzutreten bzw. den Kaufpreis zu mindern und somit eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses zu bewirken. Im Ergebnis wird damit das Risiko von außerhalb der Verkäufersphäre liegenden Umständen aufgrund der Berücksichtigung des Mitverschuldens zwischen den Parteien in sachgerechter Weise geteilt. 4. Folgerung: Allgemeines Prinzip der strengen Verkäuferhaftung bei Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers für die Verschaffung der Forderung Der Forderungsverkäufer hat nach heutigem Recht ebenso wie früher für die von ihm versprochene Verschaffung der Forderung grundsätzlich verschuldensunabhängig und auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtet zu haften. Die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit bezüglich der Beschaffung der Forderung liegt in seiner Sphäre. Ihm stehen diesbezüglich typischerweise überlegene Erkenntnis- und Kontrollmöglichkeiten offen. In den Fällen, in denen der die Verschaffung verhindernde Umstand von Verkäufer und Käufer gleichermaßen beurteilt werden kann, da die Forderung ihrer Art nach nicht bestehen kann, wird das entsprechende Risiko über den Gesichtspunkt des Mitverschuldens zwischen den Parteien aufgeteilt. Mit dieser Ausgestaltung der Haftung für die NichtVerschaffung der Forderung wird die Parallelität zwischen der grundsätzlich umfassenden Einstandspflicht für die Rechtsverschaffung beim Sachkauf und der Einstandspflicht für den Bestand der Forderung deutlich: Ebenso wie die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf immer, aber auch nur dann Anwendung fand und auch heute noch findet, wenn ein mangelbegründender rechtlicher Umstand im Verantwortungsbereich des Veräußerers verwurzelt ist, greift die auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete umfassende Bestandshaftung des Rechtsverkäufers beim Forderungskauf im Falle der Risikoverantwortlichkeit des Forderungsverkäufers ein.

158

III.

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

Rechtsmängelhaftung 435 f f . BGB

1. Abgrenzung

zur

gemäß

beim Kauf geschützter

Gegenstände

§§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2,

Nichterfüllungshaftung

a. Problemstellung und Bedeutung Die Einstandspflicht für Rechtsmängel beim Forderungskauf gemäß §§ 453, 433 Abs. 1 S. 2, 435 B G B steht in unmittelbarer Beziehung zu der soeben erörterten Nichterfüllungshaftung gemäß § § 4 5 3 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B . Je weiter der Anwendungsbereich der Nichterfüllungshaftung ausgedehnt wird, desto weniger Raum bleibt für die Rechtsmängelhaftung. Bei extensiver Auslegung des Geltungsbereichs der Nichterfüllungshaftung wären die allgemeinen Vorschriften der §§ 311a, 280 ff. B G B nicht nur auf die soeben erörterten Fälle des vollständigen Fehlschlagens des Forderungserwerbs anwendbar, sondern auch auf die nun zu untersuchenden Fälle, in denen die Forderung dem Käufer zwar als solche verschafft worden ist, sie aber Mängel aufweist. Damit würde jede den wirtschaftlichen Wert beeinträchtigende nachteilige rechtliche Bindung der Forderung unmittelbar die Haftung nach den allgemeinen Vorschriften auslösen, ohne dass die kaufrechtlichen Sondervorschriften der §§ 434ff. B G B zur Anwendung kämen: Besteht beispielsweise an der veräußerten Forderung ein Pfandrecht, so ist zwar das Kaufobjekt als solches übertragen worden. Gleichwohl weist die Forderung aufgrund der gegenständlichen Belastung nachteilige Beschaffenheiten auf und ist deshalb mangelhaft. Vergleichbare Haftungsfragen stellen sich auch bei einredebehafteten Forderungen: Ist die veräußerte Kaufpreisforderung mit einer Minderungs- bzw. Verjährungseinrede belastet, so hat dies keinen Einfluss auf die Existenz der Forderung als Kaufgegenstand. Auch in diesem Fall ist der Bestand der Forderung - jedenfalls im engeren Sinne - nicht beeinträchtigt. 122 Parallele Probleme ergeben sich auch, wenn die veräußerte Forderung zwar existiert, aber vernichtbar wie z.B. anfechtbar ist, so dass der Forderungskäufer Gefahr läuft, dass die Forderung vernichtet wird. b. Meinungsstand Wieder ist die Frage zu stellen, ob sich aus der früheren Rechtslage zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Bestandshaftung nach § 437 B G B und der Rechtsmängelhaftung nach § 434 B G B Schlussfolgerungen für die Situation nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ziehen lassen.

122 Insbesondere liegt hier auch kein Fall objektiver Unmöglichkeit der Verschaffung einer unbelasteten Rechtsposition vor, da der Verkäufer nicht daran gehindert ist, die entsprechende Rechtsposition des Dritten abzulösen; vgl. auch Larenz, Schuldrecht I I / l , § 45 I (S. 160).

§11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

159

Huberni zog den Anwendungsbereich von § 437 BGB a.F. sehr weit und ging vom Vorrang des § 434 BGB a.F. nur im Falle des Bestehens beschränkt dinglicher Rechte Dritter an der Forderung aus. Der Verkäufer hafte gemäß §437 BGB dafür, so Huber, dass das Recht so bestehe, wie er es angegeben habe und wie es infolgedessen Gegenstand des Kaufvertrags geworden sei.124 Demzufolge sah er die Verkäuferhaftung nach § 437 BGB a.F. auch in den Fällen als gegeben an, in denen die Forderung zwar bestehe, aber durch Einreden entkräftet werden könne oder mit Bedingungen behaftet sei.125 Einem vergleichbar weiten Verständnis vom Anwendungsbereich des § 437 BGB a.F. neigte auch Köhler zu: Ein Rechtsmangel i.S.v. § 437 BGB a.F. liege nicht nur dann vor, wenn das Recht nicht entstanden sei oder nicht dem Rechtsinhaber gehöre. Der Verkäufer hafte vielmehr auch für die rechtliche Möglichkeit, das Recht geltend zu machen und müsse deshalb beispielsweise für dessen Bedingungsfreiheit einstehen. 126 Larenzni dagegen unterschied, ohne allerdings die Abgrenzungsfrage ausführlich zu thematisieren, zwischen dem Anwendungsbereich von § 437 BGB a.F. und § 434 BGB a.F. entsprechend der systematischen Bedeutung des § 437 BGB a.F. als Ausnahmeregelung zu § 306 BGB a.F. danach, ob die Beseitigung des Rechtsmangels dem Verkäufer anfänglich objektiv unmöglich ist: Sei die Forderung mit dem Recht eines Dritten belastet, oder stehe ihr eine Einrede entgegen, die dem Käufer gemäß § 404 BGB a.F. entgegengesetzt werden könne, so sei der Verkäufer nach § 434 BGB a.F. zu deren Beseitigung verpflichtet. Dagegen ergebe sich nur dann eine Verpflichtung des Verkäufers gemäß § 437 BGB a.F. zur Verschaffung des verkauften Rechts, wenn es schon zur Zeit des Kaufabschlusses nicht bestehe und seine Verschaffung daher objektiv unmöglich sei. c. Stellungnahme Ausgangspunkt für die Abgrenzung zwischen kaufrechtlicher Rechtsmängelund leistungsstörungsrechtlicher Nichterfüllungshaftung nach den allgemeinen Vorschriften ist der Gesetzeswortlaut von § 433 Abs. 1 S. 1 BGB einerseits und von § 435 BGB andererseits. Während § 433 Abs. 1 S.l BGB von der »Verschaffung« des Kaufgegenstands spricht, definiert § 435 BGB den Rechtsmangel dahingehend, dass »Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufver-

123

Soergel-Huber, § 437 Rn. 18. Soergel-Huber, § 437 Rn. 16. 125 Soergel-Huber, § 437 Rn. 13 mit Hinweis auf RG Recht 1910 Rn. 1509 und O L G Braunschweig, SeuffA 65 Nr. 118. Ahnlich geht auch Erman-Grunewald, §437 Rn. 4 vom Vorrang des § 437 BGB a.F. aus: § 437 BGB a.F. gelte, wenn ein verkauftes Recht nicht verschafft werde oder ihm Rechte Dritter entgegenstünden, also im gesamten Anwendungsbereich von §§ 433 Abs. 1, 434 BGB a.F. auf den Rechtskauf. 126 Staudinger-Ä'ö/i/er, §437 Rn. 10, mit Hinweis auf O L G Braunschweig, SeuffA 65 Nr. 118. 127 Larenz, Schuldrecht II/l §45 I (S. 159 f.). 124

160

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

trag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können«. Damit hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 435 B G B weit gezogen, da er die Rechte, die gegen den Käufer i.S.v. § 435 BGB geltend gemacht werden können, nicht weiter konkretisiert hat. Vor allem aber sprechen gesetzessystematische Argumente für eine weite Auslegung des Anwendungsbereichs von § 435 BGB: Entscheidend ist die Erwägung, dass die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften vom Gesetzgeber als für den Kaufvertrag spezifischer Interessenausgleich vorgesehen worden sind. Sofern das Aquivalenzinteresse des Käufers beeinträchtigt ist, ihm der Leistungsgegenstand aber als solcher verschafft wurde, geht das Gesetz davon aus, dass dem Käufer grundsätzlich nicht die allgemeinen leistungsstörungsrechtlichen Ansprüche und Rechte zustehen, sondern ihm diese in ihrer kaufrechtlichen Modifikation nach Maßgabe von §§ 435ff. BGB offen stehen sollen. So soll dem Käufer der Nacherfüllungsanspruch gemäß § 439 BGB zustehen; seine Mängelrechte soll er nur innerhalb der Fristen von §438 Abs. 1 B G B geltend machen können. Die umfassende Anwendung der §§ 435 ff. B G B auf kaufrechtliche Aquivalenzstörungen ist deshalb geboten, weil diese den Interessenkonflikt zwischen Verkäufer und Käufer spezifisch und daher für diesen Bereich grundsätzlich umfassend regeln. Damit ist dem Gesetz bei auf das Kaufobjekt bezogenen Äquivalenzstörungen im Rahmen des Kaufvertrags eine Vermutung zugunsten der Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften zu entnehmen. Auch im Interesse einer einheitlichen Auslegung des Gewährleistungsrechts im Rahmen des gesamten Kaufrechts ist es vorzugswürdig, den Anwendungsbereich von §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B eng auszulegen und Aquivalenzstörungen, die nicht zum vollständigen Scheitern des Forderungserwerbs führen, der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung gemäß § 435 BGB zuzuschlagen. Erhält der Käufer einer Sache den Kaufgegenstand, weist dieser aber unerwünschte rechtliche Bindungen auf, so ist dem Käufer der Kaufgegenstand als solcher verschafft worden, so dass die Anwendung von §§ 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B nicht in Betracht kommt. Lösen deshalb rechtliche Bindungen der Kaufsache die Rechtsmängelhaftung aus, so sollte im Interesse einer systematisch kohärenten Gesetzesauslegung Gleiches für den Forderungskauf gelten. Nicht zuletzt entspricht die enge Auslegung des Anwendungsbereichs der Verschaffungspflicht gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1 B G B der vorzugswürdigen Auslegung der Bestandshaftung des § 437 B G B a.F., die ebenfalls von der Rechtsmängelhaftung gemäß § 434 B G B a.F. abzugrenzen war: Als Konsequenz der geschilderten Auffassung Hubers und Köhlers, die sich für eine weite Auslegung der Haftungsnorm des § 437 BGB a.F. ausgesprochen hatten, hätte sich eine weitgehende Duplizierung des Regelungsinhaltes von § 434 BGB a.F. durch § 437 B G B a.F. für die Gewährleistungshaftung beim Rechtskauf ergeben. § 434 B G B a.F. wäre kaum eigenständige Bedeutung zugekommen, da sämtliche mög-

§11.

Rechtsmängelhaftung

und Forderungskauf

161

liehen Forderungsmängel als »Bestandsmängel im weiteren Sinne« im A n w e n dungsbereich von § 437 BGB gelegen hätten. 1 2 8 Eine derartige Gesetzesinterpretation wäre indes nicht als angemessen erschienen. Sie hätte den Wortlaut des § 434 B G B a.F. missachtet, wonach diese Vorschrift allgemein auf »Gegenstände« anwendbar war. Ihr musste daher auch f ü r den Rechtskauf ein eigenständiger Bedeutungsgehalt z u k o m m e n . Auch wäre eine extensive Auslegung von § 437 B G B a.F. zu Lasten von § 434 B G B a.F. einer einheitlichen Auslegung von § 434 B G B a.F. im gesamten Kaufrecht entgegengestanden. Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 434 B G B a.F. wäre nur im Rahmen des Rechtskaufs möglich gewesen, da § 437 B G B a.F. nur dort als ergänzende Vorschrift A n w e n d u n g gefunden hätte. Eine ohne zwingende systematische oder wertungsmäßige G r ü n d e vorgenommene unterschiedliche Auslegung derselben N o r m hätte dem Postulat einer grundsätzlich homogenen Gesetzesauslegung widersprochen. Vor allem aber lag die dogmatische Bedeutung von § 437 B G B a.F. in ihrer Funktion als Ausnahmeregelung zu § 306 B G B a.F., da sie eine Einstandspflicht des Verkäufers f ü r die anfängliche Unmöglichkeit der Rechtsverschaffung statuierte. Für anfängliche Mängel der Forderung, die deren Bestand nicht berühren, stellte § 434 B G B a.F. demgegenüber die sachnähere Vorschrift dar. Insgesamt sprachen somit die überwiegenden G r ü n d e f ü r eine enge Auslegung des Anwendungsbereichs von § 437 B G B a.F. u n d damit f ü r eine Beschränkung ihrer Geltung nur auf anfängliche Mängel im Bestand des Rechts, die dem Verkäufer die Rechtsverschaffung insgesamt unmöglich machten. D a keine G r ü n d e ersichtlich sind, von dieser Gesetzesauslegung nach der Schuldrechtsreform abzuweichen, hat sie auch weiterhin Geltung. Festzuhalten ist daher, dass die Nichterfüllungshaftung nach §§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B nur die Fälle erfasst, in denen die Forderung bereits bei Vertragsschluss nicht existiert, dem Veräußerer nicht gehört, bei Geltendmachung des Rechts bereits mit ex-tunc-Wirkung weggefallen oder allgemein unübertragbar ist. Die spezifisch kaufrechtliche Gewährleistungshaftung gemäß §§ 435 ff. B G B ist dagegen in sämtlichen anderen Fällen und deshalb immer dann anwendbar, w e n n die dem Käufer als solche verschaffte u n d bestehende Forderung mängelbehaftet ist. 2. § 435 BGB als Ausdruck der des Forderungsverkäufers

Sphärenverantwortlichkeit

Es fragt sich, ob auch die H a f t u n g des Forderungsverkäufers f ü r Rechtsmängel i.S.v. § 435 B G B nach Sphärengesichtspunkten ermittelt werden kann. In diesem Falle läge es nahe, von einem allgemeinen Haftungsprinzip zu sprechen, gemäß dem sich der Anwendungsbereich der H a f t u n g f ü r rechtliche U m s t ä n d e des Kaufgegenstands stets nach Sphärengesichtspunkten bestimmt. 128

In diesem Sinne sehr deutlich E r m a n - G r u n e w a l d , § 437 Rn. 4.

162

4. Kapitel:

Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die dem heutigen § 435 B G B inhaltlich weitgehend entsprechende Norm des § 434 B G B a.F.. Wie bereits festgestellt worden ist, sind Fallkonstellationen, in denen der konkrete Mangel die Forderung zur Zeit der Geltendmachung der Gewährleistungsrechte nicht vernichtet hat, nicht durch die Verschaffungspflicht nach §§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a Abs. 2 B G B erfasst. Auf diese Fälle ist vielmehr die kaufrechtliche Rechtsmängelgewährleistung gemäß §§435 ff. B G B anwendbar. Die Tatsache, dass die Haftung für den Bestand der Forderung sowie die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf gemäß § 435 B G B den gleichen Grundsätzen der Risikoverteilung folgen, legt die Vermutung nahe, dass auch der Anwendungsbereich von § 435 B G B im Rahmen des Forderungskaufs auf der Grundlage des Sphärengedankens bestimmt werden kann. Es fragt sich deshalb, ob die Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers für Rechtsmängel, die die Rechtfertigung seiner verschuldensunabhängigen Einstandspflicht liefert, beim Forderungskauf parallel zu den beim Sachkauf ermittelten Grundsätzen erfolgen kann. Um dies beurteilen zu können, ist es erforderlich, den Kreis der Mängel, die im Rahmen eines Forderungskaufs auftreten können, und die gemäß §§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 435 B G B zur Verkäuferhaftung führen, nun im Einzelnen zu bestimmen. 3. Anwendungsfälle

von § 435 BGB

a. Haftung für die Verschaffung umfassender und andauernder Forderungszuständigkeit Für den Bereich des Sachkaufs ist festgestellt worden, dass das Risiko von Mängeln der gegenständlichen Rechtsposition sowie der Belastung des Kaufgegenstands mit einem beschränkt dinglichen Recht stets in der Verkäufersphäre liegt. Diese Mängel stellen deshalb den Kernbereich derjenigen Umstände dar, die die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf auslösen. Fraglich ist, ob diese Wertung auf den Bereich des Forderungskaufs übertragen werden kann, so dass auch dort die Rechtsmängelhaftung jedenfalls immer dann eingreift, wenn die gegenständliche Rechtsstellung des Forderungserwerbers beeinträchtigt ist. 129 aa. Begriff der Forderungszuständigkeit. Den Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage bildet die Erkenntnis, dass bei Forderungen ebenso wie bei absoluten Rechten zwischen den Elementen der Zuständigkeit einerseits und der Forderung als Vermögensgegenstand andererseits unterschieden werden kann. Die subjektivrechtliche Zuordnung eines jeden werthaften Gegenstands beinhaltet sowohl Elemente positiver Rechtsinhaberschaft als auch Ausschlusselemente gegenüber Dritten. Beim paradigmatischen Fall des Kaufs eines kör1 2 9 Im Falle des vollständigen Wegfalls der Rechtsposition kommt die Haftung nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 280 ff. B G B in Betracht. S. hierzu oben § 11 II.

§11.

Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

163

perlichen Gegenstands ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer das Eigentum an der Sache als umfassende gegenständliche Rechtsposition zu übertragen. Nach Durchführung des Kaufvertrags ist die Kaufsache nur noch diesem zugeordnet. Der Käufer kann die Sache umfassend nutzen, Störungen Dritter abwehren und über das Kaufobjekt verfügen. 130 Parallel hierzu stellt sich auch die Rechtslage im Falle des Forderungskaufs dar. Die umfassende Forderungsinhaberschaft des Zessionars führt insoweit zu einer »Vergegenständlichung der Forderung als Zuordnungsobjekt« 131 , wenngleich es sich bei der Forderung um ein relatives Recht handelt, das inhaltlich nur ein Band zwischen Gläubiger und Schuldner legt. In den Worten Larenznil liegt die Rechtszuständigkeit des Forderungsinhabers darin, dass die Forderung das Recht einer bestimmten Person ist, d.h. sie dem Rechtsinhaber und keinem anderen zusteht. In dem »mir und keinem anderen« liege, so Larenz, zugleich die Ausschließlichkeit der rechtlichen Zuordnung. bb. Beschränkt gegenständliche Rechte an Forderungen und Verfügungsbeschränkungen. Die Situation, in der der Käufer eine Forderung erhält, die mit dem beschränkt »dinglichen« - im nichtsachenrechtlichen Kontext besser als gegenständlich bezeichneten 133 - Recht eines Dritten, wie etwa mit einem Pfandrecht oder einem Nießbrauch, belastet ist, bildet den paradigmatischen Fall der Anwendung von §435 BGB auf Forderungsmängel 134 . Der Erwerber erhält nicht die Alleinzuständigkeit an der Forderung, da einem Dritten eine dingliche Mitberechtigung zusteht. Die umfassende Einstandspflicht des Verkäufers erscheint aus Sphärengesichtspunkten ohne weiteres als gerechtfertigt. Denn die Beurteilung seiner umfassenden Forderungsinhaberschaft obliegt ausschließlich dem Verkäufer selbst. Sie ist damit ausschließlich seinen Risikosteuerungsmöglichkeiten unterworfen. Ein Mangel in der gegenständlichen Zuständigkeit ist auch dann gegeben, wenn der Forderungsinhaber in der freien Verfügung über die Forderung aufgrund relativer Verfügungsbeschränkungen eingeschränkt ist. Ist die Zession gegenüber einem Dritten unwirksam, so ist der Käufer nicht in seiner Verfügungsmacht unbeschränkter Forderungsinhaber geworden. Da die Beurteilung seiner Verfügungsmacht dem Verkäufer obliegt, ergeben sich auch hier keine Bedenken 130 Eine ähnlich umfassende Rechtsposition erlangt der E r w e r b e r einer beschränkt dinglichen Rechtsposition. Soweit seine Rechtsposition inhaltlich reicht, genießt er f ü r sie a u f g r u n d seines dinglichen Rechts umfassenden Klage-, Sukzessions- u n d Insolvenzschutz. 131 Westermann, Sachenrecht 5. Aufl., § 2 II 2 (S. 8); 7. Aufl., § 2 II 2 (S. 10 f.). 132 Larenz, Schuldrecht I, § 33 III (S. 573 f.); z u s t i m m e n d Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 76 II 4 g (S. 397), w o ebenfalls betont wird, dass die F o r d e r u n g dem Gläubiger zugeordnet sei u n d ihr deshalb Zuweisungsgehalt u n d A u s s c h l u ß f u n k t i o n z u k o m m e . Siehe zur dogmatischen Erfassung der Forderungszuständigkeit ausführlich Koziol, Die Beeinträchtigung f r e m d e r Forderungsrechte, S. 140 ff. 133 Vgl. Schricker-Schricker, Vor §§ 28 ff. Rn. 47 sowie oben 3. Kap., Fn. 21. 134 Vgl. z u r parallelen Situation bei § 434 B G B a.F. n u r Soergel-Huber, § 437 Rn. 18.

164

4. Kapitel:

Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

gegen eine umfassende Verkäuferhaftung auf Grundlage von §§453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 435 B G B . cc. Mögliche zukünftige Vernichtbarkeit der Forderung. Fraglich ist die Behandlung solcher Umstände, die zukünftig zum Erlöschen der Forderung führen können, sich aber zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Gewährleistungsanspruchs noch nicht verwirklicht haben. Diese Situation ergibt sich insbesondere bei anfechtbaren oder auflösend bedingten Forderungen. Zu dem Zeitpunkt, in dem die Forderung noch nicht weggefallen ist, ist die Forderungszuständigkeit des Käufers zwar noch in vollem Umfang gegeben. Da allerdings die Gefahr besteht, dass ihm die Forderung alsbald gänzlich entzogen wird, ist die Forderungszuständigkeit des Käufers nicht dauerhaft gesichert. Grundlage des Gewährleistungsanspruchs ist in diesen Fällen § 435 B G B und nicht unmittelbar § 433 Abs. 1 S.l, 280 B G B , da die Forderung zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Gewährleistungsanspruchs zwar mit einem die Zuständigkeit des Käufers gefährdenden Mangel behaftet ist, aber gleichwohl noch als solche besteht und deshalb »verschafft« werden kann. b. Die »Forderung als Gegenstand« betreffende Mängel Auch eine Forderung kann in rechtliche Verstrickungen eingebunden sein, die ihrer Art nach zwar nicht zum vollständigen Scheitern des Forderungserwerbs führen oder führen können, die aber gleichwohl die rechtliche Beschaffenheit der Forderung nachteilig beeinflussen. So kann einer Forderung beispielsweise eine dauerhafte oder vorübergehende Einrede entgegenstehen, die auch dem Forderungserwerber gemäß § 404 B G B entgegengehalten werden kann. Als Mängel der Forderungszuständigkeit können derartige Aquivalenzstörungen des Kaufvertrags begrifflich nicht eingeordnet werden. Denn erwirbt der Käufer eine einredebehaftete Forderung, so ist er vollgültiger Forderungsinhaber geworden. Er allein und kein anderer hat die gegenständliche Zuständigkeit an der Forderung inne, auch wenn diese - beispielsweise wegen bereits erhobener oder drohender Verjährungseinrede - vollständig wertlos sein sollte. Ebenso wenig wie die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf auf Mängel der dinglichen Zuständigkeit beschränkt werden konnte, würde eine Begrenzung der Einstandspflicht des Verkäufers beim Forderungskauf nur auf die Haftung für Mängel der Forderungszuständigkeit zu einer sachgerechten Risikoverteilung nach Sphärengesichtspunkten führen. Im Falle einer solchen restriktiven Anwendung von § 435 B G B wären die Interessen des Käufers nur durch die im Einzelfall anwendbaren allgemeinen Haftungsinstitute wie culpa in contrahendo oder den selbständigen Garantievertrag und damit nur in unzureichendem Maße gewahrt. 135 Eine solche, vergleichsweise schwache und unsichere Verkäu-

135 Vgl. zum Anwendungsbereich dieser Haftungsinstitute im Einzelnen unten § 11 B.

5 11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

165

ferhaftung bei Mängeln, die nicht die Forderungszuständigkeit berühren, wäre nicht mit dem Grundsatz vereinbar, dass eine umfassende gewährleistungsrechtliche Einstandspflicht des Verkäufers immer dann geboten ist, wenn der Mangel der Verkäufersphäre zuzuordnen ist. Aus diesem Grunde findet § 435 B G B auch in den Fällen gegenstandsbezogener, d.h. nicht die Forderungszuständigkeit betreffender Rechtsmängel der Forderung Anwendung: Hat der Verkäufer selbst den Vertrag geschlossen, der der Verschaffung einer mängelbehafteten Forderung zugrunde liegt und aus dem sich der objektbezogene Mangel ableitet, so liegt die Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers unmittelbar auf der Hand. Die Sphäre des Verkäufers ist allerdings auch dann berührt, wenn dieser lediglich Weiterveräußerer einer bereits zum Zeitpunkt seines Rechtserwerbs mängelbehafteten Forderung ist. In diesem Fall spricht ein Vergleich zu den Mängeln in der Forderungszuständigkeit für die umfassende Risikobelastung des Verkäufers. Die Interessenlage ist in beiden Fällen unmittelbar vergleichbar: Da typischerweise nur der Verkäufer den vorhergehenden Verkäufer der Forderung kennt, ist er weit eher in der Lage als der Käufer, die Erwerberkette zurückzuverfolgen und Nachforschungen über mögliche Umstände anzustellen, die zur Entwertung der Forderung führen. D e m Verkäufer obliegt es daher, das Risiko abzuschätzen, das sich verwirklichen könnte, wenn sich bei der Weiterveräußerung der Forderung deren Mangelhaftigkeit herausstellt. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die der Forderung anhaftenden Mängel ihrer Art nach die Forderungszuständigkeit berühren oder aber der Forderung als O b j e k t anhaften. c. Grenzen der Rechtsmängelhaftung bei fehlender ausschließlicher Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers Vor der Schuldrechtsmodernisierung war nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auf Mängel von Forderungen ausschließlich die Rechts- und nicht auch die Sachmängelhaftung anwendbar. Heute kann dieses Ergebnis dem Gesetz nicht mehr eindeutig entnommen werden, da die Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 B G B offen formuliert ist und keine ausdrückliche Beschränkung auf die Rechtsmängelhaftung unter gleichzeitigem Ausschluss der Sachmängelhaftung beinhaltet. Es fragt sich, ob unter Geltung des neuen Schuldrechts die Grenzen der Rechtsmängelhaftung des Forderungsverkäufers in gleicher Weise zu ziehen sind wie früher oder ob ergänzend auf das Sachmängelgewährleistungsrecht zurückzugreifen ist. Ebenso wie nach früherer Rechtslage besteht auch unter Geltung des reformierten Schuldrechts kein Bedürfnis zur Ausweitung der Verkäuferhaftung des Forderungsverkäufers über den Kreis derjenigen Äquivalenzstörungen hinaus, die nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen die Rechtsmängelhaftung auslösen. Greift die Rechtsmängelhaftung im Einzelfall tatbestandsmäßig nicht ein, so besteht vielmehr keine Gewährleistungshaftung. Der Käufer hat in diesen Fällen das Risiko des Minderwerts des Kaufgegenstands zu tragen. In Betracht kommt hier

166

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

der Rückgriff auf allgemeine Haftungsinstitute wie auf die culpa in contrahendo. Unter besonderen Umständen kommt auch ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung eines eigenständigen Garantievertrags in Betracht. 136 Zu derartigen Situationen wird es allerdings praktisch nur äußerst selten kommen. Gleichwohl ist zu fragen, ob der Rückgriff auf das allgemeine Haftungsregime, das vielfach allenfalls auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet ist, in den Fällen zu wertungsmäßig angemessenen Ergebnissen führt, in denen die Anwendung der Rechtsmängelhaftung nicht in Betracht kommt. In einem vom B G H entschiedenen Fall 137 konnte eine nach deutschem Recht verkaufte Forderung deshalb nicht realisiert werden, weil sie in Südafrika unter Feindvermögensverwaltung stand und mit ihrer Freigabe in absehbarer Zeit nicht zu rechnen war.Das Gericht entschied, dass hier die Verkäuferhaftung gemäß §§437, 440, 325 BGB a.F. eingreife. 138 Überträgt man diese Entscheidung auf das geltende Recht, so ergibt sich, dass das Gericht diesen Sachverhalt als einen Anwendungsfall der Haftung für die NichtVerschaffung des Rechts nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a, 280 ff. BGB ansah. Zur Begründung führte das Gericht aus, es bestehe ein Mangel im rechtlichen Bestand der Forderung, für den der Verkäufer zu haften habe, denn der Forderung fehle nicht nur die tatsächliche, sondern auch die rechtliche Realisierbarkeit 139 . Dieser Entscheidung kann indes weder in der Begründung noch im Ergebnis zugestimmt werden. Kritikwürdig ist zunächst, dass der B G H seine Entscheidung auf die Vorschrift des § 437 BGB a.F. und nicht auf § 434 BGB a.F. stützte. Denn wie vorstehend erörtert, erschien es - und erscheint es noch heute - als vorzugswürdig, den Begriff des Bestandes der Forderung i.S.v. § 437 BGB a.F. bzw. die Verschaffungspflicht nach § 433 Abs. 1 S.l BGB einschränkend auszulegen. Daher sind richtigerweise nur solche Fallkonstellationen unter die Haftungsnorm des § 437 BGB a.F. bzw. § 433 Abs. 1 S.l, 311a, 280 ff. BGB zu subsumieren, in denen der Forderungserwerb vollständig gescheitert ist. Für andere Erscheinungsformen von Äquivalenzstörungen bei der Verschaffung der Forderung als Kaufgegenstand kommt dagegen gegebenenfalls die Rechtsmängelhaftung nach § 435 BGB bzw. § 434 BGB a.F. in Betracht. Allerdings ist auch § 434 BGB a.F. bzw. § 435 BGB seinem Regelungszweck nach nicht auf den vom B G H konkret entschiedenen Sachverhalt anwendbar. Der Mangel der rechtlichen Realisierbarkeit der Forderung aufgrund einer Beschlagnahme, die keinen Entzug der Forderung darstellt, führt entgegen der 136

Vgl. ausführlich unten § 11 B. B G H NJW 1963, 1971. 138 Vgl. auch den ähnlich gelagerten Fall R G Z 109, 295, 297, wo das Reichsgericht entschieden hatte, dass eine über ein Wertpapier verhängte Zahlungssperre die Geltendmachung des beurkundeten Rechts hindere und somit einen Mangel in dessen Bestand darstelle. Auch hier wurde die Geltendmachung des Rechts ohne Entzug der Rechtszuständigkeit des Käufers ausgeschlossen. 139 B G H N J W 1963, 1971, 1972. 137

§11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

167

Auffassung des B G B nicht zu einer gewährleistungsrechtlichen Einstandspflicht des Verkäufers auf Grundlage der Rechtsmängelhaftung. Der Verkäufer hat sein e - sich aus § 433 Abs. 1 S.l B G B ergebende - vertragliche Pflicht zur Verschaffung der unbeschränkten Rechtszuständigkeit an der Forderung umfassend erfüllt, da die Abtretung w i r k s a m w a r und der Erwerber vollgültiger Inhaber einer - allerdings nicht durchsetzbaren - Forderung geworden ist. Eine Einstandspflicht des Verkäufers könnte sich aber ergeben, w e n n die Äquivalenzstörung als Rechtsmangel i.S.v. § 435 BGB zu qualifizieren wäre. Hierbei ist die A n w e n dung der gleichen Grundsätze zur Feststellung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung geboten wie im Rahmen des Sachkaufs in denjenigen Fallkonstellationen, in denen die Kaufsache mit öffentlichen Entzugsrechten belastet ist. 140 Dort w a r festgestellt worden, dass die Beschlagnahme einer Sache die Rechtsmängelhaftung auslöst, w e n n der Grund für die Beschlagnahme in der Vorgeschichte der Sache verwurzelt ist, wogegen die Sachmängelhaftung A n w e n d u n g findet, w e n n der Grund für den Entzug in der Sache selbst begründet liegt und durch Verkäufer und Käufer gleichermaßen ermittelt werden kann. Grund für die Beschlagnahme der Forderung in dem konkret vom B G H entschiedenen Fall w a r die Tatsache, dass die Forderung in Südafrika als »Feindvermögen« qualifiziert wurde, da sie einem Deutschen zustand. Diese Eigenschaft haftete der Forderung zur Zeit der Abtretung an. Dieser Mangel kann nicht als für den Käufer allgemein nicht erkennbare - »Vorgeschichte« der Forderung angesehen werden. Vielmehr handelte es sich u m einen für beide Vertragsparteien gleichermaßen ersichtlichen, aktuell der Forderung anhaftenden Umstand: Der Käufer, der sich auf den Erwerb dieser Forderung einließ, hätte ebenso gut w i e der Verkäufer entsprechende Nachforschungen über die Möglichkeit der Geltendmachung dieser Forderung anstellen können. Der Ratio der Rechtsmängelhaftung als einer Haftung für die Zulänglichkeit der Verkäufersphäre w i r d eine Einstandspflicht des Verkäufers für solche, für Verkäufer und Käufer gleichermaßen erkennbare Umstände nicht gerecht. Da Wert und Brauchbarkeit der Forderung in diesem Fall gleichwohl konkret beschränkt waren, käme möglicherweise die entsprechende A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung gemäß § 459 Abs. 1 B G B a.F. analog bzw. - nach heutiger Rechtslage - von §§ 453 Abs. 1, 434 B G B in Betracht. Denn die Sachmängelhaftung erfasst auch in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich Situationen, in denen ein mängelbegründender Umstand, der sich bezüglich des Kaufobjekts konkretisiert hat, sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer gleichermaßen deutlich ersichtlich ist, so dass das Mängelrisiko zwischen den Parteien zu verteilen ist. Der Sache nach handelt es sich bei der Beschlagnahme im konkreten Fall somit u m eine rechtliche U m w e l t b e z i e h u n g der Forderung. Allerdings kann § 434 BGB ebenso wenig w i e der frühere § 459 Abs. 1 B G B auf Mängel von Forderungen angewendet werden. Es besteht keine hinreichen140

Vgl. dazu oben §10 B IV 3.

168

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

de Ähnlichkeit zwischen Mängeln an der Forderung als Gegenstand einerseits und Sachmängeln an körperlichen Kaufobjekten andererseits. Die Sachmängelhaftung greift nach den gesetzlichen Vorgaben bei Mängeln ein, die an Beschaffenheit und Brauchbarkeit eines vorrechtlichen realen Gegenstands anknüpfen. D i e K o n t u r e n des Anwendungsbereichs der Sachmängelhaftung würden verschwimmen, wenn sie auch auf rein rechtliche Verstrickungen normativer G e genstände angewendet würde. D a weder die Rechts- noch die Sachmängelhaftung in dem hier diskutierten Fall eingreift, k o m m t lediglich eine Einstandspflicht des Verkäufers nach den allgemeinen Haftungsgrundsätzen in Betracht. Sofern der Verkäufer Kenntnis von der Beschlagnahme der Forderung hatte oder haben musste, besteht gegen ihn ein Anspruch aus culpa in contrahendo wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungsfrist, der auf Rückgängigmachung des Vertrags gerichtet ist. Zu prüfen wäre weiterhin unter Berücksichtigung der U m s t ä n d e des Einzelfalls, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines selbständigen Garantievertrags vorliegen. In diesem Falle wäre ein Schadensersatzanspruch gegeben, der sich auf Ersatz des positiven Interesses richten würde. Insgesamt ergibt sich somit, dass der Verkäufer in diesem Falle nur dann schadensersatzpflichtig ist, wenn besondere, zum Vertragsabschluß als solchem hinzutretende Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, die die Grundlage für eine vertragliche oder gesetzliche Einstandspflicht legen. Wertungsmäßig ist die weitgehende Risikobelastung des Käufers hinnehmbar. D i e forderungsbezogene Äquivalenzstörung beruht in diesen Fällen auf U m ständen, die außerhalb der jeweiligen Sphären von Verkäufer und Käufer liegen und die daher von beiden Parteien grundsätzlich gleichermaßen beurteilt werden können. Insoweit liegt eine gewisse Ähnlichkeit zu den Fällen vor, in denen ein K a u f o b j e k t aufgrund generell-abstrakter Normierungen nicht benutzt werden darf. In diesen Fällen ist die Rechtsmängelhaftung ebenfalls nicht anwendbar, da auch hier eine Risikobelastung des Verkäufers angesichts gleichwertiger Erkenntnismöglichkeiten des Käufers als unangemessen erschiene. Insgesamt gilt somit auch beim Forderungskauf der Grundsatz, dass Umstände, die außerhalb der Sphäre des Veräußerers liegen, die Rechtsmängelhaftung nicht zu begründen vermögen. D a die Sachmängelhaftung hier nicht ergänzend anwendbar ist, lösen derartige externe Faktoren nur eine Einstandspflicht nach allgemeinen vertraglichen oder vertragsähnlichen Haftungsgrundsätzen aus. 4. Subjektivierung

des Begriffs

des Rechtsmangels

gemäß

§ 435

BGB?

Traditionell gilt bei der Rechtsmängelhaftung anders als bei der Sachmängelhaftung der objektive Fehlerbegriff, 1 4 1 so dass der Begriff des Rechtsmangels o b j e k -

141 Vgl. bereits R G Z 99, 217, 220, wo ausgeführt wird, dass der Verkäufer i.d.R. für den normalen Inhalt des übertragenen Rechts hafte. So auch insbes. Soergel-Huber, § 434 Rn. 28;

§ 11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

169

tiv und damit gerade nicht vertragsbezogen-individuell auszulegen ist. Es fragt sich, ob es nicht gleichwohl vorzugswürdig wäre, von der objektiven Bestimmung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf abzuweichen, um forderungsbezogene Äquivalenzstörungen flexibler erfassen zu können. Bei der Neuordnung des Schuldrechts wurde die ausschließlich objektive Bestimmung des Begriffs des Rechtsmangels beibehalten. 142 Ebenso wie früher wäre auch nach gegenwärtiger Rechtslage eine subjektive Interpretation des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. Denn anders als die Vorschriften des heutigen § 434 BGB bzw. des § 459 Abs. 1 S. 1 BGB a.F., die von »vereinbarter Beschaffenheit« bzw. vom »nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch« sprechen, bieten 435 BGB bzw. § 434 BGB a.F. für eine den Parteiwillen miteinbeziehende Auslegung des Mängelbegriffs keinen Anhaltspunkt. Ein subjektivierter Fehlerbegriff bei Rechtsmängeln würde überdies - jedenfalls beim Forderungskauf 1 4 3 - ohnehin nicht zu einer Ausweitung, sondern vielmehr zu einer Einschränkung des Haftungsumfangs des Verkäufers führen. Rechte, die Dritte gegen den Käufer geltend machen können, würden gewährleistungsrechtlich außer Betracht zu bleiben haben, wenn sie den Käufer bei der vertraglich vorausgesetzten Verwendung des Veräußerungsgegenstands nicht beeinträchtigen können. Angesichts der Ratio von § 435 BGB, die Sphärenverantwortlichkeit des Veräußerers zu verwirklichen, erschiene eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 435 BGB deshalb nicht als mit Sinn und Zweck dieser Vorschrift vereinbar. Noch weniger als beim Sachkauf kann die Subjektivierung der Rechtsmängelhaftung im Rahmen des Forderungskaufs überzeugen: Unter Geltung des subjektiven Fehlerbegriffs würden solche Rechte Dritter, die die »Gebrauchsfähigkeit« der Forderung nicht beeinträchtigen, keine Verkäuferhaftung auslösen. Solche Rechte Dritter dürften kaum praktisch vorkommen: Der Kreis vorstellbarer »Gebrauchszwecke« der Forderung ist, verglichen mit möglichen Formen des Sachgebrauchs, stark limitiert: Forderungen können im Wesentlichen nur im Wege der Einziehung oder Weiterveräußerung verwendet werden. Mängel der Forderung werden stets in diese Zwecksetzungen des Forderungserwerbers eingreifen und entweder die Einziehung und/oder die Veräußerung der Forderung

Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 169. Staudinger-KöWer, 437 Rn. 11; B G H : L M 437 N r . 5: keine H a f t u n g f ü r bestimmte Eigenschaften oder die wirtschaftliche Brauchbarkeit des Rechts. A n ders aber Flume, Eigenschaftsirrtum u n d Kauf, S. 159 ff. Flume erweitert den Begriff des Rechtsmangels, indem er ihn auf alle d e m Käufer nachteiligen rechtlichen Beschaffenheiten der Kaufsache ausdehnt u n d schränkt z u m Ausgleich den A n w e n d u n g s b e r e i c h von § 434 B G B a.F. dadurch ein, dass er die H a f t u n g v o m k o n k r e t e n Vertragsinhalt abhängig macht, was zu einer Subjektivierung des Rechtsmangels f ü h r t . 142 Vgl. Begründung, S. 218. 143 A n d e r s aber beim Kauf sonstiger Rechte, vgl. dazu Begründung, S. 218.

170

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

verhindern. Eine Subjektivierung des Fehlerbegriffs i.S.v. § 435 B G B im Rahmen des Forderungskaufs erschiene somit als nicht sinnvoll. Nicht zuletzt besteht für die Subjektivierung des Fehlerbegriffs im Rahmen des Forderungskaufs auch kein praktisches Bedürfnis. Denn wie im Folgenden noch näher zu zeigen sein wird, liegt in den Fällen, in denen der Verkäufer konkrete Beschaffenheitsangaben über die Forderung macht, regelmäßig eine Garantieerklärung vor, die ebenfalls eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Verkäufers begründet.

IV.

Ergebnis

Heute ist die Unterscheidung zwischen allgemeiner Nichterfüllungs- und kaufrechtlicher Rechtsmängelhaftung in höherem Maße von Bedeutung als vor der Schuldrechtsreform, da die Rechtsfolgen vom Gesetzgeber teilweise unterschiedlich ausgestaltet worden sind. Demgegenüber sind die Haftungsvoraussetzungen gegenüber der früheren Rechtslage unverändert geblieben. Der Verkäuferhaftung beim Forderungskauf liegt die gleiche Ratio wie früher zugrunde: Sowohl die Bestandshaftung als auch die Rechtsmängelhaftung werden beim Forderungskauf von dem Gedanken getragen, dass der Verkäufer nur für solche Umstände streng einzustehen hat, die ausschließlich oder weit überwiegend in seinem Verantwortungsbereich liegen. Die sich hieraus ergebende Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Verkäufers dem Grunde nach auf in der Verkäufersphäre begründete, forderungsbezogene Äquivalenzstörungen führt zu sachlich angemessenen Ergebnissen und lässt keine interessenwidrigen Haftungslükken offen. Insbesondere gibt die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz herbeigeführte Neufassung der Regelungen über die Rechtsmängelhaftung und das allgemeine Leistungsstörungsrecht keinen Anlass, die Ratio dieser Haftungsinstitute anders zu erklären als bisher und den Anwendungsbereich der Rechtsmängel- bzw. Nichterfüllungshaftung neu zu definieren. Nach wie vor trifft den Verkäufer im Ergebnis keine umfassende, auf Ersatz des positiven Interesses gerichtete Schadensersatzpflicht, wenn Umstände zur Nichtentstehung oder Unübertragbarkeit der Forderung führen, die die Existenz oder Verkehrsfähigkeit der Forderung »ihrer Art nach« ausschließen. Zwar sind in diesen Fällen anders als früher die Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung grundsätzlich anwendbar; wegen des erheblichen Mitverschuldens des Forderungskäufers wird der Schadensersatzanspruch jedoch der Höhe nach gemindert, so dass das entsprechende Haftungsrisiko zwischen den Parteien aufgeteilt wird. Diese Einschränkung der Schadensersatzpflicht beim Forderungskauf ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass die umfassende Einstandspflicht des Schuldners nur für solche rechtlichen Umstände gilt, die in dessen Sphäre verwurzelt sind.

§11.

Rechtsmängelhaftung

und Forderungskauf

171

B . Weitere Haftungsinstitute beim Forderungskauf

I.

Themenabgrenzung

Wie bereits erwähnt, steht das Rechtsinstitut der Rechtsmängelgewährleistung beim Forderungskauf nicht für sich allein. Statt dessen bildet es mit den allgemeinen Haftungsregelungen ein gemeinsames System der Einstandspflicht für rechtlich begründete Äquivalenzstörungen an der Forderung als Kaufobjekt. Die Beschränkung der Rechtsmängelhaftung auf in der Sphäre des Veräußerers begründete Umstände sowie die Möglichkeit vertraglicher Einschränkungen der Gewährleistungshaftung führen zu der Frage nach der komplementären Geltung anderer Haftungsvorschriften. In Betracht kommen dabei vor allem die allgemeinen Rechtsfiguren der Garantie sowie der culpa in contrahendo, auf die im Folgenden jeweils im Zusammenhang mit dem Forderungskauf einzugehen ist. Dies ist nicht nur deshalb gerechtfertigt, weil das Konkurrenzverhältnis zwischen Kaufrecht und dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht nach erfolgter Schuldrechtsreform allgemein einer Neubewertung bedarf. Vielmehr hat die Anwendung der allgemeinen Haftungsinstitute den spezifischen Gegebenheiten des Forderungskaufs Rechnung zu tragen und weicht daher teilweise von derjenigen beim Sachkauf ab.

II. Verkäuferhaftung

aufgrund eines selbständigen

Garantievertrags

Macht der Verkäufer Angaben über die rechtliche Beschaffenheit der Forderung, indem er sie beispielsweise als einredefrei schildert, so verspricht er einen über die Mangelfreiheit der Forderung hinausgehenden Umstand. Solche Erklärungen 1 4 4 können als Garantieversprechen eine über die Rechtsmängelhaftung hinausgehende Einstandspflicht des Verkäufers auslösen, so dass eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht nach §§ 280 ff. B G B in Betracht kommt. 1 4 5 Inhalt und Grenzen des Garantievertrags sind in erster Linie durch Auslegung der entsprechenden Erklärungen zu ermitteln. Regelmäßig wird eine Garantieerklärung beim Forderungskauf nur anfängliche, d.h. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon vorhandene Umstände abdecken. Sofern keine bestimmte Garantiefrist vereinbart ist, darf der durch die Garantie Begünstigte aus deren Sinn und Zweck grundsätzlich nur die Zusage entnehmen, dass der Ver144 Die Annahme des Rechtsbindungswillens wird hier regelmäßig keine Probleme bereiten: Verkäuferangaben rechtlichen Inhalts über die Kaufsache müssen nach ihrem Sinn und Zweck und angesichts ihrer originär rechtlichen Natur aus Sicht des Erklärungsempfängers regelmäßig als rechtlich bindend angesehen werden. 145 Zur Garantie im neuen Kaufrecht, den Rechtsgrundlagen (insbes. § 443 B G B ) und den Streitfragen vgl. Dauner-Lieb, ZIP 2002, 108. H.P. Westermann, N J W 2002, 241, 247f.; s. auch Begründung, S. 237.

172

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

käufer für die Fehlerfreiheit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einstehen wird. Der Mangel muss daher zu diesem Zeitpunkt zumindest im Keim begründet sein, was allerdings regelmäßig der Fall sein wird.

III.

Haftung aus culpa in

1. Problemstellung

contrahendo

und Bedeutung

Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat in § 311 B G B das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo in das B G B eingefügt. Eine Abkehr von den bisherigen Haftungsgrundsätzen war damit allerdings nicht bezweckt. Vielmehr verfolgt § 3 1 1 B G B weitgehend den Zweck, den derzeit von der Rechtsprechung praktizierten Rechtszustand wiederzugeben. 1 4 6 In Betracht kommt vor allem eine Verkäuferhaftung aus culpa in contrahendo gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 B G B wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, auch wenn diese Fallgruppe in der neugefassten Vorschrift des § 3 1 1 Abs. 2 B G B nicht eigens erwähnt ist. Denn häufig wird der Verkäufer einen Informationsvorsprung bezüglich des Bestehens wertmindernder rechtlicher Bindungen des Kaufobjekts haben. Der Forderungskäufer muss sich dagegen in höherem Maße auf die Erklärungen des Forderungsverkäufers verlassen als der Sachkäufer, da letzterer jedenfalls sachbezogene Äquivalenzstörungen durch Uberprüfung des Kaufobjekts typischerweise wird feststellen können. 1 4 7 Insbesondere in den Fällen, in denen der Verkäufer den der Forderung zugrunde liegenden Vertrag selbst abgeschlossen hat, verfügt er über einen erheblichen Informationsvorsprung. Daneben stellt sich ganz allgemein die Frage, ob dem Verkäufer im Falle eines Informationsgefälles beim Forderungskauf Aufklärungspflichten obliegen. In diesem Falle könnte das Schweigen 1 4 8 des Verkäufers eine auf das negative Interesse ge-

Begründung, S. 163; vgl. auch Canaris, J Z 2001, 499, 519. Ahnliche Erwägungen wie die Frage nach dem Verhältnis zwischen c.i.c. und Rechtsmängelhaftung beim Forderungskauf dürften allerdings auch beim Sachkauf bezüglich solcher Umstände gelten, die die Rechtsmängelhaftung auslösen können. Dort stellt sich aber das Problem der komplementär zum Gewährleistungsrecht anwendbaren allgemeinen Haftungsgrundsätze mit geringerer Dringlichkeit, da sachbezogene Äquivalenzstörungen regelmäßig entweder durch die Sach- oder die Rechtsmängelhaftung gewährleistungsrechtlich bewältigt werden. Beim Forderungskauf dagegen greift keine Gewährleistungshaftung ein, sofern der mängelbegründende Umstand nicht gerade in der Verkäufersphäre begründet liegt. 148 Gegenstand der folgenden Ausführungen sind diejenigen Fallkonstellationen, in denen der Verkäufer relevante Umstände verschweigt. Nicht näher zu behandeln ist dagegen die Haftung für fahrlässige positive Falschangaben. Eine Täuschung durch positives Tun im Wege der Abgabe bewußt oder fahrlässig falscher Erklärungen bzw. durch Erklärungen »ins Blaue« hinein ist ohne Ansehen der spezifischen Natur des Rechtsgeschäfts grundsätzlich immer rechtsund pflichtwidrig, so dass sich hier keine für den Forderungskauf spezifischen Fragen ergeben. Vgl. ausführlich St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 409 ff. m.w.N. 146

147

5 11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

173

richtete vorvertragliche Haftung auslösen, so dass der Käufer den Kaufpreis zurückfordern könnte. 1 4 9 Sofern der Mangel an der Forderung dazu führt, dass die Forderungsübertragung insgesamt scheitert, da die Forderung entweder nicht besteht oder sie einer anderen Person als dem Verkäufer zugeordnet ist, ist die Bedeutung einer ergänzenden Haftung aus culpa in contrahendo, die - wohl auch noch nach der Schuldrechtsreform - lediglich auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet ist, nur gering. Dem Käufer stehen in diesem Falle mit §§433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 BGB weiterreichende Haftungsansprüche zur Verfügung, so dass für die Geltendmachung der culpa in contrahendo kein Bedürfnis besteht. Anders stellt sich die Lage jedoch in denjenigen Konstellationen dar, in denen die Gewährleistungshaftung ausgeschlossen ist oder die Rechtsmängelhaftung tatbestandlich nicht eingreift, da der Mangel außerhalb der Verkäufersphäre angesiedelt ist. Zudem kommt eine Verkäuferhaftung aus culpa in contrahendo wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten in den Fällen in Betracht, in denen der »Mangel« der Forderung in der fehlenden Bonität des Schuldners besteht und somit keine Rechtsmängelhaftung auslöst. Bei der Frage nach der Anwendbarkeit der culpa in contrahendo wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten durch den Verkäufer sind zwei Themenbereiche zu unterscheiden, die im Folgenden getrennt voneinander zu behandeln sind: 150 Zum einen ist das Konkurrenzverhältnis zwischen c.i.e.-Haftung und Gewährleistungsrecht beim Forderungskauf zu erörtern. Die andere Problematik besteht in der Ermittlung des konkreten Umfangs und Inhalts der Aufklärungspflichten. 2. Anwendbarkeit

der culpa in contrahendo

neben den

Gewährleistungsregeln

Es stellt sich die Frage, inwieweit auf das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo beim Forderungskauf zurückgegriffen werden kann, obgleich das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht im Falle der Mangelhaftigkeit der Forderung eine vertragliche Haftung gemäß §§ 433 ff., 280 ff. BGB vorgibt. In den gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften könnte eine abschließende Sonderregelung zu erblicken sein, deren vorrangige Wertungen nicht durch die Anwendung der culpa in contrahendo unterlaufen werden dürfen. Der B G H hat in mehreren Entscheidungen zur früheren Rechtslage kurz auf die umfassende Anwendbarkeit der

149

Vgl. hierzu f ü r den Bereich des Sachkaufs Ernst, Rechtsmängelhaftung, S. 174; Flume, A c P 193 (1993) 111. 150 Auf die N o t w e n d i g k e i t dieser U n t e r s c h e i d u n g weist insbesondere St. Lorenz, D e r Schutz vor d e m u n e r w ü n s c h t e n Vertrag, S. 393 ff., insbes. S. 396, hin. S. d o r t auch zur Kritik an der möglichen U n t e r s c h e i d u n g zwischen den Begriffen des Fehlers (§459 Abs. 1) u n d der fehlenden zugesicherten Eigenschaft (§ 459 Abs. 2) u n d den sich hieraus ergebenden Folgen f ü r die Reichweite der H a f t u n g aus fahrlässiger c.i.c. Vgl. hierzu auch den Rechtsprechungsüberblick bei S o e r g e l - H u b e r , Vor § 459 Rn. 226

174

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

culpa in contrahendo neben den Vorschriften der Rechtsmängelhaftung hingewiesen. 1 5 1 Zur Begründung führt er lediglich an, dass sich die mit den Besonderheiten des - früheren - Sachmängelgewährleistungsrechts begründete Ablehnung der Anwendung der culpa in contrahendo beim Sachkauf nicht auf die Konkurrenzfrage zwischen culpa in contrahendo

und

Rechtsmängelhaftung

übertragen lasse. 1 5 2 Anders als früher ist die Rechtsmängelhaftung heute mit dem Sachmängelgewährleistungsrecht grundsätzlich parallel geschaltet. Kaufrechtliche Sonderregelungen wie insbesondere die Vorschrift des § 442 Abs. 1 S. 2 B G B gelten daher heute gemäß § 453 Abs. 1 B G B grundsätzlich auch für den Forderungskauf. D a her wäre denkbar, dass die culpa in contrahendo heute auch beim Forderungskauf grundsätzlich unanwendbar sein könnte, damit kaufrechtliche Sondervorschriften nicht unterlaufen werden. Eine solche Subsidiarität der culpa in contrahendo ist indes nicht anzuerkennen. Ungeachtet des Regelungsinhalts von § 4 4 2 B G B ist sowohl nach früherer wie auch nach heutiger Rechtslage von einer umfassenden Anspruchskonkurrenz zwischen der culpa in contrahendo und der R e c h t s - bzw. Sachmängelhaftung auszugehen. Diese Rechtsinstitute haben einen vollständig unterschiedlichen Geltungsgrund: D e n n wie bereits ausführlich erörtert worden ist, dient die Rechtsmängelhaftung dazu, dem Verkäufer das Risiko des Bestehens bestimmter Mängel der Kaufsache zuzurechnen. Bei der Haftung nach § 311 a Abs. 2 B G B besteht der Vorwurf in der unterlassenen Selbstinformation des Verkäufers über seine Leistungsfähigkeit. Hingegen haftet der Verkäufer aus culpa in c o n trahendo aus ganz anderen Gründen: Seine Einstandspflicht besteht deshalb, weil er vertragliche Aufklärungspflichten gegenüber dem Käufer schuldhaft verletzt hat. D i e culpa in contrahendo findet neben der Bestands- und Rechtsmängelhaftung somit in erster Linie deshalb Anwendung, weil die jeweiligen A n knüpfungspunkte der Haftung grundlegend unterschiedlich sind. Als Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass culpa in contrahendo und kaufrechtliche Mängelgewährleistungsvorschriften angesichts ihres unterschiedlichen Geltungsgrundes umfassend nebeneinander anwendbar sind. Allerdings ist die praktische Bedeutung der culpa in contrahendo jedenfalls in den Fällen als äußert gering anzusehen, in denen die - in ihren Rechtsfolgen erheblich weiterreichende - Rechtsmängelhaftung eingreift.

151 B G H Z 65, 246, 253 (zum G m b H - Anteilskauf); N J W 1985, 2697, 2698 (Wohnungseigentum); B G H N J W 1991, 2700 (Grundstückskauf); B G H N J W - R R 1992, 91 (Grundstückskauf). 152 B G H N J W 1985, 2697, 2698.

5 11. Rechtsmängelhaftung

3. Forderungskaufspezifische

und

Aufklärungspflichten

Forderungskauf

im

175

Einzelnen

a. »Vereitelung des Vertragszwecks« als maßgebliche Fallgruppe Einigkeit besteht im Ausgangspunkt darüber, dass kein generell schützenswertes Vertrauen des Verhandelnden darauf besteht, von seinem Gegenüber ungefragt über alle für seinen Vertragswillen entscheidenden Punkte informiert zu werden. Aufklärungspflichten bedürfen innerhalb des vorvertraglichen Verhältnisses deshalb stets einer besonderen Begründung. 153 Die begrifflich exakte, abstrakte Definition von Aufklärungspflichten muss allerdings angesichts der Vielgestaltigkeit der betroffenen Lebenssachverhalte als unmöglich angesehen werden. 1 5 4 Eine Fallgruppenbildung ist deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit unabdingbar. 155 Die im vorliegenden Zusammenhang in erster Linie maßgebliche Fallgruppe der Haftungsbegründung bei der Verletzung von Aufklärungspflichten ist diejenige der Vereitelung des Vertragszwecks 156 . Ihre Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt, wenn so gravierende Umstände gegeben sind, dass der betroffene Vertragspartner bei deren Kenntnis den Abschluss des Vertrags unterlassen hätte. Derartige Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn sich der Vertrag für die vom Käufer unmittelbar verfolgten Zwecke als untauglich erweist 157 , oder sofern sich für den Käufer besondere Gefahren bei der Vertragsdurchführung ergeben können 1 5 8 . Neben der objektiven Bedeutung 153 St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 416 f.; ähnlich Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 150; M ü K o - E m m e r i c h , Vor § 2 7 5 Rn. 79; Lehmann, Vertragsanbahnung durch Werbung, S. 352. 154 Zur Ermittlung der jeweils einschlägigen Aufklärungspflichten sind methodisch zwei Möglichkeiten gegeben. Einerseits ist es möglich, bestimmte Aussagen bezüglich des jeweils zur Beurteilung anstehenden Vertragstypus zu treffen, (so z.B. Staudinger-Löwisch, Vor § 2 7 5 Rn. 80), Vgl. auch Medicus, Verschulden bei Vertragsverhandlungen, in: Gutachten und Vorschläge, S. 479, 539, für ein auf den jeweiligen Vertrag bezogenes Herausarbeiten von Aufklärungspflichten. Andererseits können im Wege einer Interessenwertung allgemeingültige Maßstäbe für die Herleitung von Aufklärungspflichten herausgearbeitet werden (hierfür insbesondere St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 416 f.; einschränkend M ü K o - E m m e r i c h , Vor § 275 Rn. 80 ff.), wenngleich derartige Grundsätze notwendigerweise sehr abstrakt bleiben müssen. Für den vorliegend verfolgten Zweck, Umfang und Inhalt der Aufklärungspflichten beim Forderungskaufvertags als einem konkreten Vertragstypus zu ermitteln, bietet es sich an, beide methodischen Ansätze zu kombinieren. Deshalb sind vertragstypspezifische Aufklärungspflichten zu identifizieren, wobei deren Umfang mit Hilfe abstrakter Grundsätze der Interessenwertung im einzelnen festgelegt werden muß. 1 5 5 Vgl. St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 416; S. 317 ff. (dort allerdings im Zusammenhang mit dem Parallelproblem des § 123 B G B ) 156 Zu dieser Fallgruppe s. St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 417 ff.; vgl. auch M ü K o - E m m e r i c h , Vor § 2 7 5 Rn. 89.; s. bei St. Lorenz, a.a.O., S. 426 ff. auch zu den anderen Fallgruppen; diese sind jedoch allgemeiner Natur und weisen für den Forderungskauf keine spezifischen Besonderheiten auf, so dass auf diese hier nicht näher eingegangen werden kann. 157 St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S.417; M ü K o - E m m e r i c h Vor § 2 7 5 Rn. 89. 158 MüKo-Emmerich Vor § 275 Rn. 89; aus der Rspr. vgl. z.B. B G H N J W 1978, 41, 42.

176

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

der aufzuklärenden Tatsache für den Vertragsschluss ist vor allem aber auch die Möglichkeit des Käufers zur Selbstinformation von entscheidender Bedeutung. 159 Nur so kann ein Abwälzen des Risikos unterlassener Selbstinformation auf den Vertragspartner verhindert werden. Denn grundsätzlich ist es Sache jedes Vertragsschließenden, diejenigen Umstände zu erforschen, die für seinen Vertragsentschluss von Bedeutung sind. 160 b. Objektive Tatbestandsmerkmale Für den Forderungskauf lassen sich die objektiven Umstände, die zu einer »Vereitelung des Vertragszwecks« führen, angesichts der beschränkten Nutzungsmöglichkeiten des Kaufobjekts verhältnismäßig einfach konkretisieren: Die Forderung ist dann für die Zwecke des Erwerbers untauglich, wenn sie nicht durch Geltendmachung oder durch Weiterübertragung verwertet werden kann bzw. wenn ihr Wert in erheblichem Maße geschmälert wurde. Ist die Forderung beispielsweise mit einer Einrede behaftet, so kann sie vorübergehend oder dauerhaft nicht geltend gemacht werden. Steht die Forderung unter einer auflösenden Bedingung, so wird der Forderungsinhaberschaft des Veräußerers bei Bedingungseintritt vollständig der Boden entzogen. Nichts anderes gilt auch für die Fälle mangelnder Bonität des Forderungsschuldners. Dieser Umstand führt ebenfalls zu einer teilweisen oder vollständigen Entwertung der Forderung und gefährdet somit den Vertragszweck in nachhaltiger Weise. In all den genannten Fällen kommt den jeweiligen nachteiligen Umständen für die Kaufentscheidung eine ganz entscheidende Bedeutung zu. c. Möglichkeit und Zumutbarkeit der Selbstinformation durch den Käufer Wie bereits dargelegt, genügt die unterlassene Aufklärung für sich allein genommen nicht zur Begründung einer Verkäuferhaftung aus culpa in contrahendo. Denn es ist dem Käufer grundsätzlich zumutbar, sich die für ihn relevanten Informationen selbst zu beschaffen, so dass der Verkäufer nicht für diesbezügliche Versäumnisse seines Vertragspartners einzustehen hat. Entscheidend ist deshalb, in welchem Umfang und bezüglich welcher konkreten Umstände dem Forderungskäufer die Selbstinformation über mögliche Forderungsmängel angesonnen werden kann. 161 aa. Einreden. Ist die verkaufte Forderung mit einer Einrede belastet, die wie etwa §§ 320, 273 B G B auf bestimmten, im Zusammenhang mit dem Vertrags1 5 9 Dies wird insbesondere betont von St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 421. 160 St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 421. 161 Die Frage der Zumutbarkeit der Selbstinformation bezeichnet St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 424 als den »zentralen Angelpunkt der Begründung von Aufklärungspflichten.«

5 11. Rechtsmängelbaftung

und

Forderungskauf

177

schluss begründeten Umständen beruht, so erscheint die Anerkennung einer Aufklärungspflicht des Verkäufers als angemessen. Maßgeblich hierfür ist, dass der Käufer häufig nicht in der Lage sein wird, die entsprechenden Umstände selbst zu erkennen. Mangels deutlicher Anhaltspunkte wird der Verkäufer regelmäßig nicht in Erfahrung bringen können, ob zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien konnexe Forderungen i.S.v. § 273 B G B bestehen oder o b die vertraglich geschuldete Gegenleistung i.S.v. § 320 B G B bereits entrichtet wurde. In diesen Fällen sind die Möglichkeiten des Forderungskäufers zur Selbstinformation aufgrund fehlender Einblicksmöglichkeiten in die Interna der ursprünglichen Vertragsparteien äußerst beschränkt. H a t der Verkäufer Anhaltspunkte über das Bestehen derartige Umstände, so wird er angesichts seines faktischen Informationsmonopols den Käufer hierüber aufklären müssen. Anders stellt sich die Sachlage bei solchen Einreden dar, die, wie beispielsweise die Verjährungseinrede, ihre Ursache in objektiven Umständen haben. Zwar ist die G e l tendmachung der Verjährungseinrede ein ausschließlich der Entscheidung des Schuldners obliegender und deshalb in seiner Sphäre angesiedelter Umstand. Maßgeblich für die Entstehung der Einrede ist jedoch der Entstehungszeitpunkt der Forderung als objektiv feststellbare Tatsache. U b e r diese wird sich ein sorgfältiger Käufer selbst informieren. H a t er ein diesbezügliches Informationsdefizit, so besteht keine Veranlassung, den Verkäufer für diese Obliegenheitsverletzungen des Käufers einstehen zu lassen. bb. Mängel in der Bonität des Schuldners Ist die veräußerte Geldforderung wegen fehlender Bonität des Schuldners wertlos oder ist ihre Einbringlichkeit gefährdet, so ist dieser U m s t a n d für den Käufer regelmäßig nur sehr schwer erkennbar. Ähnlich wie im Falle gewisser Einreden liegen hier die Ursachen für die Entwertung der Forderung in der Sphäre eines Dritten: In die Interna des Forderungsschuldners hat der Forderungskäufer regelmäßig keinen Einblick. Jedenfalls in den Fällen, in denen der Forderungsverkäufer konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist, wird deshalb eine Aufklärungspflicht anzuerkennen sein. Generelle Aussagen über Bestand und U m f a n g von Informationspflichten im Falle des Bestehens bloßer Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners können hingegen kaum getroffen werden. Hier wird vielfach bereits zweifelhaft sein, ob tatsächlich eine »Vereitelung« oder zumindest eine »erhebliche Gefährdung« des Vertragszwecks vorliegt. In diesen Fällen steht nicht die objektive Wertlosigkeit der Forderung fest, sondern es sind lediglich mehr oder minder starke Zweifel am Wertgehalt der Forderung vorhanden. N u r dann, wenn die Prüfung der U m s t ä n d e des Einzelfalls ausnahmsweise ergeben sollte, dass die Einbringlichkeit der Forderung tatsächlich erheblich gefährdet ist oder gänzlich vereitelt zu werden droht, und wenn der Käufer, für den Verkäufer ersichtlich, die entsprechenden Informationen nicht selbst erhalten kann, wird hier eine Aufklärungspflicht zu bejahen sein.

178

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

IV.

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Ergebnis

Gibt der Verkäufer mit Rechtsbindungswillen Erklärungen über das Nichtvorhandensein von Mängeln der Forderung ab, so haftet er dem Käufer nach allgemeinen Grundsätzen umfassend aufgrund eines konkludent abgeschlossenen Garantievertrags. In den Fällen, in denen das Verschweigen des Mangels dem Verkäufer vorwerfbar ist, da er im konkreten Fall über Kenntnisse verfügt, die der Käufer typischerweise nicht erlangen konnte, hat der Verkäufer dieses Informationsgefälle durch entsprechende Hinweise auszugleichen. Greift die Rechtsmängelhaftung ausnahmsweise tatbestandlich nicht ein, führt die auf den konkreten Einzelfall abstellende culpa in contrahendo zu wertungsmäßig angemessenen Ergebnissen. Die im Regelfall großzügige Anwendung der culpa in contrahendo im Falle der Verletzung von Aufklärungspflichten stellt sicher, dass der Verkäufer das Risiko rechtlicher Bindungen der Kaufsache jedenfalls in den Fällen trägt, in denen ihm ein konkret vorwerfbares Verhalten zur Last gelegt werden kann.

C . Rechtsmängelhaftung bei sachbezogenen Forderungen gemäß § 4 5 3 A b s . 3 B G B

I.

Problemstellung

Eine vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform außerordentlich umstrittene und auch mit Einfügung von § 453 Abs. 3 B G B nicht abschließend geklärte Fragestellung betrifft die Haftung für sachbezogene Forderungen. Ausgangspunkt hierfür ist die Erkenntnis, dass Gegenstand eines Forderungskaufvertrags ausschließlich die Forderung als solche, nicht aber die mittelbar von der Forderung betroffene Sache ist. 1 6 2 Nach der Systematik des Gesetzes wären demzufolge im Gewährleistungsfalle ausschließlich die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung auf diese Veräußerungsverträge anwendbar. Da der Verkäufer auf Grundlage dieser Vorschriften nur für Bestand und Mangelfreiheit der Forderung als Vertragsgegenstand einzustehen hat und sich die Haftung nicht auf mittelbar betroffene Sachen erstreckt, stünden dem Käufer für Mängel der Sache keine Gewährleistungsansprüche zu. Gleichwohl kann in diesen Fällen das Äquivalenzinteresse des Forderungskäufers in erheblichem Maße beeinträchtigt sein. Denn die vom Käufer erworbene Forderung kann zwar als solche intakt und durchsetzbar sein, der Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Sache, auf die sie sich bezieht, kann sich jedoch als erheblich geringer als angenommen erweisen, oder die Sache kann gar nicht existieren. Es stellt sich deshalb die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen den Verkäufer über die Einstandspflicht für den Be-

162

Vgl. aber Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S. 183 f.

§11. Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

179

stand und die Mangelfreiheit der Forderung als solcher hinaus auch eine Gewährleistungshaftung für den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit des mittelbar geschuldeten Gegenstands trifft. Der Kreis der möglichen Beziehungen, in denen die veräußerte Forderung zu einer das Äquivalenzinteresse des Forderungskäufers beeinträchtigenden fehlerhaften Sache stehen kann, ist äußerst vielfältig: So kann eine Forderung auf Verschaffung des Eigentums an einem körperlichen Gegenstand gerichtet sein, so wie dies beispielsweise beim Ubereignungsanspruch oder dem Anspruch aus einem Meistgebot bei einer Grundstücksversteigerung 1 6 3 der Fall ist. Miet- oder Pachtforderungen stehen dagegen in der Weise in Zusammenhang mit einer körperlichen Sache, dass sie auf die Erlangung unmittelbaren Besitzes sowie auf die Ermöglichung der Sachnutzung gerichtet sind. Wie das Verhältnis zwischen Pfandrecht bzw. Hypothek und gesicherter Forderung deutlich macht, können Forderungen zu körperlichen Gegenständen auch im Verhältnis der Akzessorietät stehen. Wirtschaftlich betrachtet besteht zudem in den Fällen eine ähnlich intensive Verbindung zwischen besicherter Forderung und Sicherungsobjekt, in denen das Objekt zwar nicht im Wege der Akzessorietät mit der Forderung verbunden ist, in denen es aber wie etwa eine Grundschuld mit der besicherten Forderung in engem wirtschaftlichem Zusammenhang steht. Sämtlichen der erwähnten Arten von Forderungen ist gemeinsam, dass sie ihren Wert zu einem erheblichen Teil aus der Sache ableiten, zu der sie in enger Beziehung stehen: Der Wert des Eigentumsverschaffungsanspruchs wird wesentlich durch die zu verschaffende Sache bestimmt, ebenso wie ein Miet- bzw. Pachtanspruch dann weitgehend wertlos ist, wenn die geschuldete Miet- bzw. Pachtsache unbrauchbar ist. Auch der Wert einer hypothekarisch bzw. durch eine Grundschuld gesicherten Forderung richtet sich nach dem Wert des Sicherungsobjekts: Obgleich beispielsweise beim »Verkauf einer Hypothek« die hypothekarisch gesicherte Forderung der eigentliche vom Kaufvertrag erfasste Veräußerungsgegenstand ist, liegt der wirtschaftliche Sinn eines derartigen Veräußerungsgeschäfts regelmäßig in der Überlassung der Hypothek als solcher. Die angesprochene Problematik des Haftungsumfangs des Verkäufers eines sachbezogenen Rechts ist mit der Einführung von § 453 Abs. 3 BGB vom Gesetzgeber zwar gesetzlich geregelt, aber nicht endgültig geklärt worden. Diese Vorschrift ordnet an, dass im Falle des Verkaufs eines Rechts, das zum Besitz einer Sache berechtigt, der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Es stellt sich deshalb die Frage, ob neben den in der Begründung ausdrücklich erwähnten »Rechten« wie dem Erbbaurecht 164 auch Forderungen in den Anwendungsbereich von § 453 Abs. 3 BGB fallen. Weiter ist zu untersuchen, welche Arten von Forderungen ggf. im Einzelnen unter den vom Gesetzgeber in § 453 Abs. 3 BGB gewählten Begriff 163 164

Vgl. hierzu RG 150, 397; SeuffA 117, S. 259; RG Warn. 1908 Nr. 455. Begründung, S. 242.

180

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

eines Rechts fallen, »das zum Besitz einer Sache berechtigt«. Aus der Gesetzesbegründung ergeben sich hierfür keine näheren Hinweise: Diese schweigt zu der Frage, ob und ggf. welche Forderungen von § 453 Abs. 3 BGB erfasst sind. II. Bestandsaufnahme

der Korrekturansätze

vor der

Schuldrechtsreform

1. Ubersicht Verschiedene Stimmen in der Literatur bemühten sich bereits lange vor der Schuldrechtsreform, das den Käufer oft stark belastende Ergebnis strenger Anwendung der Sachmängelhaftung zu korrigieren. Sie forderten die entsprechende Anwendung der Sachmängelgewährleistungsvorschriften bei Mängeln der vom Forderungskauf mittelbar betroffenen Sache, ohne dass jedoch Einigkeit bei den Einzelheiten der Anwendung von §§459ff. BGB a.F. erzielt worden wäre. Den Ausgangspunkt für solche Korrekturversuche bildeten Zweifel an der dargestellten, im Gesetz verankerten Systematik, gemäß derer die Sachmängelhaftung auf den Sachkauf beschränkt war, wogegen auf den Rechtskauf ausschließlich die Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung anwendbar war. So kritisierte Flume, dass der Grundsatz der Beschränkung der Sachmängelhaftung auf den Sachkauf ausschließlich auf die unhinterfragte Übernahme der Sachmängelhaftung des römischen Rechts zurückzuführen sei, ohne dass dabei der Sinn dieser Beschränkung für das geltende Recht besonders geprüft worden sei165. Grunewald meinte sogar, der Gesetzgeber habe seine eigene Systematik nicht voll durchschaut und habe deshalb für den Sonderfall der sachbezogenen Forderung keine konsequente Regelung getroffen. 166 2. Werner Flume und die Lehre vom geschäftlichen lb7

Eigenschaftsirrtum

Im Einzelnen sprach sich Flume insbesondere in Anschluss an Heck168für die analoge Anwendung der Sachmängelvorschriften auf den Kauf von auf Sachleistungen gerichteten Forderungen aus, sofern die Mängelfreiheit der Sache zum Inhalt der Verkaufsvereinbarung geworden sei. Ausgangspunkt hierfür war seine Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum 169 . Sei ein Recht irgendwie auf einen Gegenstand bezogen, so seien auch die Eigenschaften dieses Gegenstands, soweit sie für das Recht von Bedeutung sind, Eigenschaften des Rechts. Die Rechte des Käufers bestimmten sich in den Fällen, in denen irrtümlich vom Vorhandensein bestimmter geschäftlicher Eigenschaften der Kaufsache ausgegangen werde, nach der Regelung der Sachmängelhaftung. Wenn das verkaufte Recht in seinen nichtrechtlichen Eigenschaften der Kaufvereinbarung nicht entspreche, 165 166 167 168 169

Flume, Eigenschaftsirrtum u n d Kauf, S. 184 f. Grunewald, G r e n z z i e h u n g , S. 105. Flume, Eigenschaftsirrtum u n d Kauf, S. 182 ff. Heck, Schuldrecht, S. 286. Flume, Eigenschaftsirrtum u n d Kauf, passim.

§11.

Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

181

so sei es mit einem Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 B G B a.F. behaftet. §§ 459ff. B G B a.F. seien insoweit analog auf den Rechtskauf anwendbar. 170 Der Auffassung Flumes ist - ganz ohne Rücksicht auf § 453 Abs. 3 B G B nicht zu folgen. Entgegen Flume bezieht sich die Vereinbarung über den Kauf einer Forderung jedenfalls dann, wenn es sich um einen Eigentumsverschaffungsanspruch handelt, allein auf die Verschaffung des Kaufgegenstands selbst, beinhaltet dagegen aber gerade keine Pflicht zur Verschaffung des jeweiligen fehlerfreien Bezugsobjektes der Forderung. Der Erklärung des Verkäufers könnte nur im Wege der Fiktion der Bedeutungsgehalt zugemessen werden, dass er nicht nur die Verschaffung einer fehlerfreien Forderung schulden, sondern eine zusätzliche Einstandspflicht bezüglich des mittelbar betroffenen Gegenstands übernehmen wolle. Die Einbeziehung der Sacheigenschaften in die Eigenschaften der Forderung würde zu einer weitreichenden Ausdehnung der Leistungspflichten des Verkäufers führen, die weder im Gesetz noch in den vertraglichen Erklärungen eine Grundlage hätte. Dass die Parteien einen Forderungs- und keinen Sachkauf vereinbaren, ist gerade darauf zurückzuführen, dass sie eben nicht die Sache zum Gegenstand ihres Veräußerungsvertrags machen wollen. Darüber hinaus ist auch die Richtigkeit der Prämisse Flumes zu bezweifeln, der davon ausgeht, dass es »außer Frage« stehe, dass dem Käufer einer Forderung, deren Bezugsobjekt mängelbehaftet sei, »geholfen werden« müsse. 171 Denn mit dem Schutz der Interessen des Käufers durch Gewährleistungsansprüche einher geht stets eine Belastung des Verkäufers, die ihrerseits begründungsbedürftig ist. Eine Antwort auf die Frage, weshalb der Verkäufer in diesem Fall das Sachmängelrisiko zu tragen habe, obgleich der Käufer bewusst und gewollt gerade nicht die Sache, sondern nur das Recht erworben hat, gibt Flume nicht. 3. Neuere

Auffassungen

Vor Erlass von § 453 Abs. 3 B G B lehnte eine Auffassung die Anwendung von §§ 459ff. B G B a.F. auf sachbezogene Forderungen generell ab. Zur Begründung wurde unter anderem auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sowie auf die Interessenlage verwiesen, die den Käuferschutz durch die analoge Anwendung von §§ 459ff. B G B als nicht geboten erscheinen lasse. 172

Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S. 175 f. Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, S. 183. 172 Soergel-Huber §§ 433 Rn. 51; 437 Rn. 7; 459 Rn. 5; MüKo-H.P. Westermann, § 437 Rn. 6, 11. So auch B G H J Z 1962, 671 m. Anm. v. Esser. Der B G H führt dort aus, dass der Rechtskauf naturgemäß entsprechend der Regelung des § 4 3 7 B G B a.F. für den Käufer erhebliche Risiken mit sich bringe, weil im Regelfalle eben nicht für die Güte der den mittelbaren Gegenstand des Kaufes bildenden Ware gehaftet werde; vgl. aber auch B G H N J W 1986, 1605: Objektive Unmöglichkeit und damit Verkäuferhaftung beim Verkauf eines Erbbaurechts, wenn das Erbbaugrundstück zur Zeit der Bestellung des Erbbaurechts nicht mehr bebaut werden darf. 170

171

182

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Demgegenüber wendete die wohl überwiegende Meinung die § § 4 5 9 f f . B G B a.F. wegen der besonders ausgeprägten Nähe zum Sachkauf auf diejenigen Konstellationen des Forderungskaufs an, in denen die Forderung nicht nur zum Besitz der Sache berechtigt, sondern zusätzlich auch die Sachnutzungsbefugnis vermittelte. Nach dieser Auffassung wurden § § 4 5 9 f f . B G B a.F. insbesondere auf die Veräußerung von Miet- oder Pachtforderungen für anwendbar erklärt. 173 In sämtlichen weiteren Fällen sachbezogener Forderungen wurde die Anwendung von §§ 459ff. B G B a.F. mit Verweis auf den Wortlaut des Gesetzes abgelehnt. 1 7 4 So bestand beispielsweise Einigkeit darüber, dass der Verkäufer einer hypothekarisch oder durch eine Grundschuld gesicherten Forderung oder eines Auflassungsanspruchs nicht für Mängel der Sache haftet, auf die sich das Recht bezieht. 1 7 5 Nicht zuletzt auch für die Auslegung von § 453 Abs. 3 B G B besonders instruktiv ist die Problemanalyse Grunewalds176, die den Zusammenhang zwischen dem Umfang der Haftung für sachbezogene Forderungen und der Problematik der sachgerechten Risikozurechnung deutlich aufzeigt. Grundlage ihrer Auffassung bildet die These, dass zwischen der Rechts- und der Sachmängelhaftung anhand der jeweiligen Kontrollmöglichkeiten, die der Verkäufer am Veräußerungsgegenstand habe, zu unterscheiden sei. Dabei erweise sich die Rechtsmängelhaftung dann als angemessen, wenn der Mangel auf der »Vorgeschichte« der Sache beruhe. 1 7 7 Bei auf den Erwerb einer Sache gerichteten Forderungen seien die Sachmängelvorschriften unanwendbar, weil der Verkäufer, der die Sache selbst nicht besitze, regelmäßig keine Möglichkeit zur Uberprüfung des Gegenstands habe und dies dadurch zum Ausdruck bringe, dass er nur die Forderung, nicht aber die Sache verkaufe. Anders sei dies aber beim Verkauf von Mietoder Pachtrechten: Hier habe der Verkäufer typischerweise die Sache zunächst in Besitz und verfüge deshalb auch über entsprechende Kontrollmöglichkeiten. Die entsprechende Anwendung der Sachmängelvorschriften sei daher angemessen.

173 Larenz, Schuldrecht I I / l § 45 I (S. 161 f.); Reinicke/Tiedtke, Rn. 1074. Die Sachmängelhaftung beim Verkauf einer auf Besitz der Sache gerichteten Forderung bejaht generell ErmanGrunewald, § 4 3 7 Rn. 6; dies., Grenzziehung, S. 106 ff. 174 Weitergehend jedoch O L G Frankfurt, N J W - R R 1989, 762, 763, wonach eine verkaufte Leasingforderung schon dann mangelhaft sei und einen Anspruch aus §§ 4 3 3 , 4 3 7 , 4 4 0 B G B a.F. begründe, wenn die Leasingforderung zwar als solche bestehe, der Leasinggeber aber nicht Eigentümer des Leasinggutes sei. In diesem Fall könne der wahre Eigentümer aufgrund seines besseren Rechts das Leasinggut jederzeit an sich nehmen, so dass die schuldrechtlichen Verpflichtungen in ihrem Bestand gefährdet seien. 175 Staudinger-Hoiwe//, § 459 Rn. 11; Htmzn-Grunewald, § 437 Rn. 7. 176 Grunewald, Grenzziehung, S. 107; vgl. auch Erman-Grunewald, § 437 Rn. 6. 177 Vgl. Grunewald, Grenzziehung, S 25 ff.; vgl. ausführlich oben § 11 A III.

§11.

Rechtsmängelhaftung

und

Forderungskauf

183

III. Stellungnahme und Folgerungen für die Auslegung von § 453 Abs. 3 BGB Mit Blick auf die Interessen der Vertragsparteien des Kaufvertrags und die Ratio der Sachmängelhaftung erscheint die Erstreckung der Gewährleistungshaftung auf die mittelbar betroffene Sache auch beim Forderungskauf als sinnvoll und geboten. Die Veräußerung der Forderung selbst und die Besitzverschaffung an dem von der Zession mittelbar betroffenen Gegenstand sind als wirtschaftliche Einheit anzusehen, die eine Ausdehnung der Gewährleistungshaftung über eine Einstandspflicht für den Vertragsgegenstand hinaus - entgegen der sonstigen gesetzlichen Systematik - als angemessen erscheinen lässt. Die Aufnahme von § 453 Abs. 3 B G B in das Gesetz ist deshalb zu begrüßen. Auch mit der Ratio der Sachmängelhaftung ist diese Erstreckung ihres Geltungsbereichs auf bestimmte Formen des Forderungskaufs durchaus vereinbar. Soweit eine sachbezogene Forderung veräußert wird, die zum Besitz der Sache berechtigt, entspricht die Interessenlage der Vertragsparteien derjenigen beim Sach- und gerade nicht beim typischen Forderungskaufvertrag. Denn ist ein Mangel des »Veräußerungsgegenstands« typischerweise für Verkäufer und Käufer gleichermaßen erkennbar, greift ihrer Ratio gemäß grundsätzlich die Sachmängelhaftung ein. Sachmängel des tatsächlichen Objekts, auf das sich die Forderung bezieht, liegen typischerweise außerhalb der ausschließlich für den Veräußerer einsehbaren Sphäre. Vielmehr können sich sowohl der Verkäufer als auch der Käufer über mögliche Sachmängel des Objekts der Forderung informieren und es insbesondere körperlich inspizieren. Zustimmungswürdig ist auch die gesetzgeberische Entscheidung, wonach die Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung nicht undifferenziert auf sämtliche sachbezogenen Forderungen gleich welcher Art ausgedehnt werden soll. Vielmehr erscheint es angemessen, nur diejenigen Fälle sachbezogener Forderungen in den Anwendungsbereich der Haftung zu integrieren, die aufgrund des Merkmals der Verschaffung des Sachbesitzes eine hinreichende Ähnlichkeit zum Sachkaufvertrag aufweisen. Auch die Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf mangelhafte mittelbar betroffene Sachen ist überzeugend, wenn und soweit dem Verkäufer in diesen Fällen parallele Erkundigungsmöglichkeiten offen stehen wie beim Sachkauf. Hieraus ergibt sich im Ergebnis, dass gemäß § 453 Abs. 3 B G B die Sachmängelhaftung grundsätzlich auf sachbezogene Forderungen anwendbar ist. § 453 Abs. 3 B G B kommt dabei nicht nur im Fall von Miet- bzw. Pachtforderungen zur Anwendung, sondern insbesondere auch bei Forderungen, die auf Herausgabe eines Gegenstands gerichtet sind und die zwar den Besitz, nicht aber notwendigerweise die Sachnutzungsbefugnis vermitteln. Somit fällt insbesondere auch der Verkauf von Herausgabeansprüchen in den Anwendungsbereich von § 453 Abs. 3 B G B . Eine erweiternde Anwendung der Haftung auf hypothekarisch gesicherte Forderungen oder auf solche, die zu dem Kaufgegenstand im Verhältnis der Akzessorietät stehen, ist dagegen weder vom Gesetzeswortlaut

184

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

her geboten noch angesichts der fehlenden Ähnlichkeit zum Sachkaufvertrag inhaltlich überzeugend.

D . Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Abschließend ist noch einmal zu betonen, dass die Bestands- und Rechtsmängelhaftung im Rahmen des Forderungskaufs von denselben Haftungsprinzipien geleitet wird wie die Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf. Ihre gedankliche Grundlage findet die Bestands- und Rechtsmängelhaftung auch beim Forderungskauf in Sphärenerwägungen: Diese Haftung als nach wie vor schärfste Form der Einstandspflicht des Verkäufers ist dann begründet, wenn die Ursache des Mangels in der Verkäufersphäre begründet liegt, was bei Aquivalenzstörungen im Rahmen des Forderungskaufs regelmäßig der Fall ist. Angesichts der offenen Verweisung auf die Vorschriften über den Kauf von Sachen beschränkt zwar das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gem. § 453 Abs. 1 B G B die Gewährleistungshaftung beim Forderungskauf nicht mehr ausdrücklich auf die Rechtsmängelhaftung. Die dem Gesetzeswortlaut nach jetzt mögliche Anwendung der Sachmängelhaftung auf den Forderungsverkauf - etwa für Mängel der »Forderung als Gegenstand« - ist jedoch gleichwohl nicht geboten: Zwischen Forderungen und körperlichen Sachen besteht keine hinreichende strukturelle Vergleichbarkeit, die einen Analogieschluss tragen würde. Zudem können auch auf Grundlage der Rechtsmängelhaftung wertungsmäßig angemessene Ergebnisse erzielt werden. Anders ist dies nur bei den sachbezogenen Forderungen. Soweit diese dem Verkäufer das Recht zum Besitz und zur Benutzung der Sache gewähren, greifen Rechts- und Sachmängelhaftung aufgrund der hierfür neu eingeführten gesetzlichen Vorgaben.

3.

Abschnitt

Immaterialgüterrechtskauf Die praktisch bedeutsamste Frage, die sich im Zusammenhang mit der Veräußerung von Immaterialgüterrechten stellt, betrifft die Ausgestaltung der Haftungsordnung. Deshalb ist im Folgenden die dogmatische Anbindung von Immaterialgüterrechtsveräußerungen an das kaufrechtliche System der Mängelgewährleistung im Einzelnen zu erörtern. Ausdrückliche gewährleistungsrechtliche Regelungen sind gegenwärtig nur auf dem beschränkten Teilgebiet des Verlagsrechts vorhanden. Ansonsten ist die Mängelhaftung durch weitgehend undurchsichtige Haftungsgrundsätze bestimmt, die von Kautelarpraxis, Schrifttum und Rechtsprechung in wenig systematischer Weise entwickelt worden sind. Auch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz schafft hier keine Klarheit. Abgesehen von der Vorschrift des § 453 Abs. 1 BGB beinhaltet es keine Regelungen, die die Haftung im Falle der Immaterialgüterrechtsveräußerung unmittelbar festlegen würden. Vor diesem Hintergrund soll nun der Versuch unternommen werden, als Alternative zu den traditionellen kautelarjuristischen Ansätzen ein auf dem reformierten gesetzlichen Kaufrecht basierendes, systematisches Gegenmodell der Mängelhaftung bei Immaterialgüterrechtsveräußerungen zu entwickeln. Weiter oben ist bereits deutlich gemacht worden, dass Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten angesichts der spezifischen Ausgestaltung der vertraglichen Primärpflichten dem Typus des Kaufvertrags näher stehen als anderen gesetzlich vorgezeichneten Vertragsformen. Der Blick auf die Primärebene dieser Verträge für sich allein genommen hatte jedoch nicht zur Vornahme einer für die Zwecke der vorliegenden Arbeit abschließenden typologischen Zuordnung zu der Gruppe der Kaufverträge genügt. Die folgende Erörterung der Gewährleistungshaftung bei Verträgen über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten soll nun zu diesem Ziel führen. Es ist daher im Folgenden die These zu überprüfen, wonach die Anwendung der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung auf Veräußerungsverträge über Immaterialgüterrechte zu wertungsmäßig angemessenen und dem System des BGB entsprechenden Ergebnissen führt. In diesem Fall würde der grundsätzlich umfassende Geltungsanspruch des BGB als kodifikatorischer Brennpunkt des Vermögensrechts zum Tragen kommen. Gleichzeitig wäre der Beweis dafür erbracht, dass die Einbindung obligatorischer immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge in das bürgerlich-rechtliche Schuldrecht, insbesondere in das Kaufrecht, gegenüber der Entwicklung eines sonderrechtlichen »Immaterialgüterschuldrechts« vorzugswürdig ist.

186

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Die beiden genannten Ziele - die Entwicklung eines kaufrechtlichen Gewährleistungsmodells für Immaterialgüterrechtsveräußerungen und die typologische Einordnung immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge in das Kaufrecht - werden im Folgenden gemeinsam verfolgt. Damit erfolgt die Beurteilung der Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Vorschriften mit Blick auf die Angemessenheit der diesbezüglichen Gewährleistungshaftung, an deren gesetzlicher Ausgestaltung gegebenenfalls Modifikationen vorgenommen werden sollen. Der Vorwurf der Zirkularität eines solchen Vorgehens liegt allerdings nahe. Denn es wird von der Angemessenheit der kaufrechtlichen Rechtsfolgen auf die tatbestandliche Anwendbarkeit der § § 4 3 3 ff. B G B geschlossen. Damit wird das Ergebnis der dogmatischen Einordnung eines Vertrags als Kaufvertrag, das in der Anwendung bestimmter Rechtsfolgen liegt, in den Qualifikationsprozess mit eingebunden. Indes ist anerkannt, dass bei der Entscheidung über die typologische Zuordnung eines Vertrags als hermeneutischem Prozess die Angemessenheit der Rechtsfolgen in die Betrachtung mit einzubeziehen ist. 1 7 8 N u r auf diese Weise kann der Gesamtzusammenhang der einen Vertragstypus regelnden Normen zutreffend erfasst werden. 1 7 9 D e r weitere Verlauf der Abhandlung stellt sich wie folgt dar: Als Grundlage der Untersuchung der Mängelhaftung bei den einzelnen Formen immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge werden im ersten Unterabschnitt allgemeine Charakteristika und Haftungsgrundsätze verdeutlicht, die für die Mängelgewährleistung bei Immaterialgüterrechtsveräußerungen ungeachtet des jeweiligen Vertragsgegenstands und der konkreten Ubertragungsform von Bedeutung sind. Daran anschließend wird im zweiten Unterabschnitt die Verkäuferhaftung im Falle der Vollübertragung von Immaterialgüterrechten im Einzelnen zu betrachten sein. Die vorrangige Behandlung von auf Vollübertragungen gerichteten Verträgen ist trotz ihrer im Vergleich zum Lizenzvertrag geringen praktischen Bedeutung systematisch gerechtfertigt, da Vollveräußerungsverträge dem gesetzlichen Regelungsmodell des Kaufs näher stehen. Abschließend soll im dritten Unterabschnitt auf die Mängelgewährleistung bei Lizenzverträgen eingegangen werden. Hier tritt zu den auch bei Vollveräußerungsverträgen zu berücksichtigenden Besonderheiten in der Struktur des Verkaufsgegenstands als zusätzliche Schwierigkeit hinzu, dass die Lizenzverträge - anders als das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags - nicht auf die Bewirkung einer vollständigen Rechtsübertragung abzielen. Sie verlangen deshalb möglicherweise nach weitergehenden Modifikationen der gesetzlich vorgegebenen Haftungsordnung.

178 179

LarenzlCanaris, Methodenlehre, S. 297; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 181. Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 42 ff., 181.

1. Unterabschnitt

Grundlagen

Die verschiedenen Erscheinungsformen von Mängeln an Immaterialgüterrechten können unabhängig davon ermittelt werden, ob die Kausalabrede auf eine translative oder konstitutive Übertragung des Kaufobjekts gerichtet ist und ob gegebenenfalls das Verlagsrecht als spezielle Haftungsordnung unmittelbar einschlägig sein sollte. Deshalb bietet es sich an, die unterschiedlichen Arten möglicher Mängel zunächst allgemein zu identifizieren (§ 12). Ebenfalls nur von der Beschaffenheit des Kaufgegenstands und nicht von der konkreten vertraglichen Verwertungsform abhängig ist die Beurteilung, ob die Veräußerung von Immaterialgüterrechten als »gewagtes Geschäft« zu qualifizieren ist. Deshalb ist auch die Frage, ob die möglicherweise aleatorische Natur der Immaterialgüterrechtsveräußerung generell zum Haftungsausschluss oder zu Haftungsbeschränkungen führen sollte, der Erörterung einzelner Formen von Kaufgegenständen voranzustellen (§ 13).

$ 12. Erscheinungsformen

von Mängeln an

Immaterialgüterrechten

A. Strukturgemeinsamkeiten und -unterschiede von Immaterialgüterrechten, Sachen und Forderungen im U b e r b l i c k

I. Strukturgemeinsamkeiten von Mängeln an unterschiedlichen von Immaterialgüterrechten

Kategorien

Zwar unterscheiden sich die verschiedenen Arten von Immaterialgüterrechten voneinander erheblich in wichtigen Eigenschaften wie Geltungsgrund, Schutzinhalt, Übertragbarkeit und Schutzdauer. Gleichwohl weisen sie bestimmte Strukturgemeinsamkeiten auf, die es rechtfertigen, gegenstandsbezogene Leistungsstörungen, die im Rahmen der Veräußerung von Immaterialgüterrechten auftreten können, gemeinsam zu behandeln. Immaterialgüterrechte wie namentlich Urheber-, Patent- oder Markenrechte sind absolute Rechte an unkörperlichen vorrechtlichen Gegenständen. Die kaufvertragliche Äquivalenz kann deshalb jeweils entweder durch einen Mangel in der Rechtsposition selbst oder aufgrund eines Mangels des immaterialgüterrechtlich geschützten Gegenstands gestört werden. Soweit sich ein Mangel des vorrechtlichen Gegenstands unmit-

188

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

telbar auf den Bestand der Rechtsposition auswirkt, sind auch kombinierte gegenstands- und rechtsbezogene Mängel möglich.

II. Gemeinsamkeiten und. Unterschiede von Mängeln beim Sach- und Immaterialgüterrechtskauf Zwar bestehen anerkanntermaßen erhebliche Unterschiede zwischen Sacheigent u m und Immaterialgüterrechten, aufgrund derer es zumindest bei streng dogmatischer Betrachtungsweise als u n k o r r e k t erscheint, vom Immaterialgüterrecht als »geistigem Eigentum« 1 8 0 zu sprechen. Diese Divergenzen werden beispielsweise an der grundsätzlich beschränkten Schutzdauer der Immaterialgüterrechte sowie an deren teilweise persönlichkeitsrechtlichen Gehalt deutlich. Da allerdings auch Immaterialgüterrechte absolute Rechte an vorrechtlichen Gegenständen gewähren, ergeben sich gleichzeitig erhebliche Strukturparallelen z u m Eigentumsrecht. Mängel können beim Sacheigentum ebenso wie bei Immaterialgüterrechten sowohl an dem übertragenen Recht als auch an dem realen Gegenstand bestehen, der durch das Recht zugeordnet wird. Weit mehr als beim Eigentumsrecht können sich im Immaterialgüterrecht auch Zwischenformen zwischen rein gegenstands- u n d ausschließlich rechtsbezogenen Mängeln ergeben: Der Bestand des Sacheigentums ist an keinerlei vergleichbare qualifizierte Voraussetzungen wie die einzelnen Immaterialgüterrechte gebunden: Während die G e w ä h r u n g eines Immaterialgüterrechts von qualifizierten Schutzvoraussetzungen abhängig ist, schlagen Mängel des geschützten Gegenstands im A n w e n dungsbereich des Sacheigentums nur im Falle der vollständigen Vernichtung des eigentumsrechtlich geschützten Gegenstands auf den Bestand des Rechts durch.

180 Die Frage nach der Vergleichbarkeit von Sacheigentum u n d Immaterialgüterrechten als »geistigem Eigentum« w a r bereits Gegenstand der D e b a t t e ü b e r das geistige E i g e n t u m im 18. J a h r h u n d e r t . Vgl. hierzu n u r Bappert, Wege z u m Urheberrecht, S. 254 ff.; Gieseke, Vom Privileg z u m U r h e b e r r e c h t , S. 115 ff.; 157 ff.; Ulmer, U r h e b e r - und Verlagsrecht, S. 56 ff.; Troller, I m m a terialgüterrecht Bd. I, S. 20 ff. Im Ergebnis setzte sich die U b e r z e u g u n g durch, dass Immaterialgüterrechte angesichts der vielen Unterschiede gerade kein d e m Sacheigentum angenähertes »geistiges Eigentum« vermitteln. U n a b h ä n g i g v o n der streng dogmatischen Betrachtung mag die V e r w e n d u n g des Begriffs des »geistigen Eigentums« verfassungsrechtlich sowie auch rechtspolitisch durchaus als angemessen erscheinen. Vgl. B V e r f G E 3 1 , 2 2 9 , 2 3 8 ff.; B V e r f G E 49, 382, 392 sowie zuletzt BVerfG N J W 2001, 43, 43 - Klinische Versuche. Vgl. auch die Bezeichn u n g der P V U als Pariser V e r b a n d s ü b e r e i n k u n f t z u m Schutz des gewerblichen Eigentums. A u c h rechtspolitisch k o m m t d e m Begriff des geistigen Eigentums erhebliche Bedeutung zu. Es verleiht dem G e d a n k e n der Gemeinsamkeiten der verschiedenen Arten von Immaterialgüterrechten A u s d r u c k u n d verankert diese Rechtsgüter in der E i g e n t u m s o r d n u n g , so dass sich mit diesem Begriff ein staatlicher Schutzauftrag verbinden läßt. Vgl. zur rechtspolitischen Bedeutung ausführlich Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. I, S. 91 ff.; vgl. auch Recht, U F I T A 57 (1970) 1 ff.; Seifert, Geistiges Eigentum - ein unverzichtbarer Begriff, in: Festschrift f ü r Piper, S. 769, 786; s. aber kritisch zu diesem Begriff Roeber, U F I T A 21 (1956), 385ff. S. auch Wadle, Z u r Wiederkehr der Formel »Geistiges Eigentum«, in: ders., Geistiges Eigentum, S. 3 ff.

§ 12. Erscheinungsformen

von Mängeln

an

Immaterialgüterrechten

189

Anders als ein Immaterialgut ist eine körperliche Sache ungeachtet ihrer Qualität, ihres Wertes oder ihrer Brauchbarkeit stets mögliches O b j e k t von Eigentumsrechten.

III. Mängelbezogene Strukturunterschiede ten und Forderungen

zwischen

Immaterialgüterrech-

Mit den Forderungen teilen Immaterialgüterrechte u n d die durch sie geschützten vorrechtlichen Gegenstände im Wesentlichen nur das Merkmal der U n k ö r perlichkeit. Dagegen unterscheiden sich Immaterialgüterrechte von F o r d e r u n gen in ganz erheblichem Maße dadurch, dass es sich bei Immaterialgüterrechten um absolute Rechte an vorrechtlichen Gegenständen handelt, wogegen Forderungen ihre Existenz ausschließlich auf der Ebene des rechtlich Geltenden haben 1 8 1 und nur ein Recht auf, nicht aber ein Recht an einem realen Wertgegenstand vermitteln. Wie bereits dargelegt worden ist, können deshalb Mängel des Objekts, auf das sich die Forderung bezieht, regelmäßig keine Gewährleistungsansprüche des Verkäufers auslösen. 182

IV. Folgerungen für die weitere

Untersuchung

Angesichts ihrer Bezogenheit auf einen vorrechtlichen Gegenstand sind I m m a terialgüterrechte in ihrer rechtlichen Struktur dem Sacheigentum angenähert und stehen den Forderungen als rein normativen Gegenständen eher fern. Gleichwohl unterfielen sie jedenfalls vor der Schuldrechtsreform als sonstige Rechte begrifflich ausschließlich den gesetzlichen Vorschriften über den Rechtskauf. 1 8 3 Trotz der Ähnlichkeit z u m Sachkauf waren nach dem Wortlaut des Ge-

181

Vgl. n u r Larenz, Schuldrecht I, § 3 3 III (S. 573). Zu den unterschiedlichen Arten u n d Realitätsebenen von Rechtsgegenständen vgl. oben § 5. 182 Zu der gewährleistungsrechtlichen Behandlung sachbezogener F o r d e r u n g e n vgl. ausführlich oben § 11 C . 183 In der weit überwiegenden Zahl von Immaterialgüterrechtskaufverträgen wird ein Stückkauf vorliegen, da der Kaufvertrag ü b e r ein k o n k r e t individualisiertes Immaterialgut wie eine bestimmte E r f i n d u n g , eine k o n k r e t benannte M a r k e oder ein im Einzelnen bezeichnetes Geistesgut abgeschlossen wird. In der Rechtsprechung w u r d e n auch bisher, soweit ersichtlich, ausschließlich Fälle der Veräußerung von Immaterialgüterrechten erörtert, die als Stückkauf zu qualifizieren sind. D e r Gattungskauf von Immaterialgütern ist angesichts des G r u n d s a t z e s der Vertragsfreiheit zwar o h n e weiteres möglich, spielt aber keine nennenswerte praktische Rolle. So wäre es w o h l nicht völlig undenkbar, dass n u r der G a t t u n g nach bestimmte Immaterialgüterrechte gekauft werden. Beispielsweise k ö n n t e sich ein Musikverlag von einem K o m p o n i s t e n die Rechte an mehreren, n u r nach abstrakten M e r k m a l e n bestimmten K o m p o s i t i o n e n einräumen lassen. (Soweit aber der K o m p o n i s t die entsprechenden Werke erst herstellen m u ß , läge ein Werkvertrag vor, der nach anderen rechtlichen G r u n d s ä t z e n zu behandeln ist.) Angesichts der fehlenden tatsächlichen Bedeutung solcher Vertragskonstellationen soll auf den »Gattungsimmaterialgüterrechtskauf« im folgenden nicht weiter eingegangen werden.

190

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

setzes somit nur die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung und nicht auch die der Sachmängelgewährleistung anwendbar. Heute erlaubt es das Gesetz auf Grundlage von § 453 Abs. 1 BGB dagegen durchaus, auch die Sachmängelvorschriften auf den Immaterialgüterrechtskauf anzuwenden. 1 8 4 Damit stellt sich die Frage, ob das Haftungsregime des Rechtskaufs, das traditionell am Forderungskauf und am Kauf beschränkt dinglicher Rechte orientiert war, bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten zu dogmatisch schlüssigen und sachlich angemessenen Ergebnissen führt oder ob zukünftig zusätzlich auch die Vorschriften der Sachmängelhaftung allgemein auf Immaterialgüterrechtskaufverträge Anwendung finden sollen. Da diese Frage für unterschiedliche Arten von Mängeln in unterschiedlicher Weise beantwortet werden muss, ist im Folgenden zunächst zwischen den möglichen Strukturformen von Mängeln zu unterscheiden, die bei einem Immaterialgüterrechtskauf auftreten können und die entweder zur vollständigen NichtVerschaffung des Rechts führen oder aber eine Aquivalenzstörung in Bezug auf das verschaffte Recht bewirken. Erst auf dieser Grundlage wird überprüft werden können, ob das Rechtsmängelgewährleistungsregime gem. §§433 Abs. 1 S.2, 435 ff. BGB bzw. die H a f t u n g für die vollständige NichtVerschaffung des Vertragsgegenstands gemäß § 433 Abs. 1 S. 1, 280 ff., 311a Abs. 2 BGB seinem Sinn und Zweck nach auf sämtliche möglichen Erscheinungsformen von Mängeln anwendbar ist. Sodann kann auch erörtert werden, wie möglicherweise bestehende Haftungslücken - ggf. durch komplementäre Anwendung der Sachmängelhaftung - zu schließen sind.

B. E r s c h e i n u n g s f o r m e n v o n Mängeln bei immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen im Einzelnen Immaterialgüterrechte gewähren eine Schutzposition am Immaterialgut als einem unkörperlichen Gegenstand. Deshalb kann zunächst zwischen Mängeln am Immaterialgüterrecht und Mängeln am Immaterialgut unterschieden werden. 1 8 5 184 Vgl. Begründung, S. 242, die sich f ü r die A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung auf den U n t e r n e h m e n s k a u f u n d damit auf eine F o r m des Kaufs sonstiger Gegenstände ausspricht. Dies lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die erweiterte A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung im Einzelfall d u r c h a u s als sachgerecht ansieht. 185 Streng v o n den im Folgenden näher zu erörternden Mängeln am Immaterialgüterrecht bzw. am Immaterialgut zu unterscheiden sind diejenigen Sachmängel, die an der körperlichen Sache bestehen, welche d e m Immaterialgüterrechtsvertrag z u g r u n d e liegt bzw. die aus Anlaß des Immaterialgüterrechtsvertrags mitgeliefert wird. Ist beispielsweise die im R a h m e n eines Filmverwertungsvertrags mitgelieferte Filmrolle fehlerhaft (vgl. Schulze B G H Z N r . 6, f, 7f. u n t e r B e z u g n a h m e auf R G Z 161, 324), so liegt kein Mangel an einem unkörperlichen Gegenstand, sondern an der Filmrolle als einer körperlichen Sache vor. Die Behandlung derartiger Mängel richtet sich unmittelbar nach den entsprechenden Vorschriften des BGB, die sich auf die körperliche Gebrauchsüberlassung an der Filmrolle beziehen, u n d soll daher nicht weiter vertieft werden. Vgl. dazu auch Asprogerakas-Grivas, S. 82 ff.

5 12. Erscheinungsformen

von Mängeln an Immaterialgüterrechten

191

Da jedoch Immaterialgüterrecht und Immaterialgut in einem engem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen, muss die Unterscheidung in noch differenzierterer Weise erfolgen. Welche weitergehenden Unterscheidungen innerhalb der Gruppen der rechts- und gegenstandsbezogenen Mängel zu treffen sind, wird nun im Einzelnen zu erörtern sein. Bei der folgenden Ubersicht über die unterschiedlichen Strukturformen von Rechten wird der Begriff des Rechtsmangels unabhängig davon verwendet, ob die Rechtsposition wegen dieser Äquivalenzstörung nicht oder aber nur eingeschränkt verschafft wird. Die Frage der Subsumtion des jeweiligen Mangels unter § 435 B G B bzw. unter die nicht spezifisch kaufrechtlichen Vorschriften der allgemeinen Nichterfüllungshaftung wird erst an späterer Stelle gestellt werden.

I. »Rechtsmängel im engeren Sinne« Ebenso wie jedes andere veräußerliche Recht kann auch das Immaterialgüterrecht Rechtsmängel aufweisen, die dessen gegenständliche Zuordnung berühren, indem sie die ausschließliche Inhaberschaft des Erwerbers unmittelbar beeinträchtigen oder sogar ganz entfallen lassen. 1 8 6 Die Rechtsverschaffung kann beispielsweise daran scheitern, dass der Veräußerer niemals Inhaber des Immaterialgüterrechts war oder er dieses bereits vor Vertragsschluss an einen Dritten veräußert hatte. Die gegenständliche Rechtsposition an einem Immaterialgüterrecht kann daneben auch durch Pfandrechte sowie durch andere gegenständliche Rechte Dritter am veräußerten Recht oder auch durch relative Verfügungsbeschränkungen am Veräußerungsgut beeinträchtigt sein. Neben diesen Mängeln allgemein zivilrechtlicher Natur kann die durch das Immaterialgüterrecht vermittelte umfassende Nutzungsmöglichkeit des Immaterialguts auch durch spezifisch immaterialgüterrechtliche Gebundenheiten des Rechts beeinträchtigt werden. So kann das subjektive Urheber-, Marken- oder Patentrecht mit ausschließlichen oder einfachen Lizenzen belastet sein. Zudem kann die Verwertbarkeit der Erfindung gemäß § 12 PatG aufgrund des Vorbenutzungsrechts eines Dritten beschränkt sein. Auch ist denkbar, dass eine Benutzungsanordnung i.S.v. § 13 PatG oder eine Zwangslizenz nach § 24 PatG besteht. Die genannten, hier nicht abschließend aufzählbaren Arten rein normativer Mängel, die die Rechtsinhaberschaft des Immaterialgüterrechtskäufers beschränken oder gänzlich aufheben, teilen die Gemeinsamkeit, dass sie von der spezifischen Beschaffenheit des der Rechtsposition zugrunde liegenden Immaterialguts vollständig oder weitgehend unabhängig sind. Sie setzen unmittelbar am Immaterialgüterrecht und nicht am Immaterialgut an. In ihren Ursachen so186 Dazu, dass auch Forderungen ihrem Inhaber gegenständlich zugeordnet sind, vgl. oben § 11 A III 3 a aa. Völlig unproblematisch ist dagegen die Feststellung, dass auch Immaterialgüterrechte gegenständliche (wenngleich auch nicht »dingliche«, vgl. Schricker-Schricker, Vor § 29 Rn. 47) Rechte sind.

192

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

wie auch in ihren Auswirkungen bewegen sie sich auf rein rechtlicher Ebene. Im Folgenden sollen sie deshalb als »Rechtsmängel im engeren Sinne« bezeichnet werden.

II. »Rechtsmängel im weiteren Sinne« Während grundsätzlich sämtliche körperlichen Sachen ungeachtet ihrer B e schaffenheit und der Dauer ihrer Existenz mittels Sacheigentumsrechten zuordnungsfähig sind, kann der Bestand eines Immaterialgüterrechts aufgrund bestimmter rechtlicher Einschätzungen des Immaterialguts als vorrechtlichem G e genstand entfallen, ohne dass der Gegenstand dabei einen Qualitätsmangel aufweisen würde. Anders als die rein normativen »Rechtsmängel im engeren Sinne« knüpfen diese Wertungen weitgehend am Immaterialgut selbst und an dessen Umweltbeziehungen an. Als rein rechtliche Bewertungen tatsächlicher Gegebenheiten stellen sie gleichwohl nicht auch die tatsächliche Gebrauchstauglichkeit des vorrechtlichen G u t s zum gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Gebrauch in Frage, so dass es sich bei ihnen um keine Qualitätsmängel des Immaterialguts handelt. Beispielsweise mag die - für sich genommen gebrauchstaugliche - Erfindung nicht dem patentrechtlichen Neuheitserfordernis i.S.v. § 3 P a t G genügen, so dass das Schutzrecht aus diesem Grunde nicht erteilt werden kann oder nachträglich wegfällt. Vergleichbare Fälle, die z u m Fortfall des Ausschließlichkeitsrechts ohne gleichzeitige Beeinträchtigung der Brauchbarkeit des Schutzgegenstands als solchem führen, treten auch auf dem Gebiet des Urheber- und Markenrechts auf: D e n k b a r ist, dass ein Geisteswerk nicht urheberrechtlich

geschützt ist, obgleich es als Gegenstand vollständig ge-

brauchsfähig ist. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen das Werk, wie sich nachträglich herausstellt, angesichts seiner niedrigen Schöpfungshöhe nicht als persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 U r h G schutzfähig ist, aber gleichwohl als Werkstück - beispielsweise als musikalische Tonfolge oder Werbeprospekt - vollständig einsatzfähig ist. Ein solcher am tatsächlichen G u t anknüpfender, aber dessen Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtigender M a n gel liegt auch vor bei Zeichen, denen gemäß § 3 bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 1 M a r k e n G die Unterscheidungskraft als gesetzliche Schutzvoraussetzung fehlt, die aber dennoch ihrer F u n k t i o n als Produktkennzeichnung vollauf gerecht werden k ö n nen. Weiterhin k o m m t im Markenrecht auch die Vernichtung der Rechtsstellung des Käufers eines Zeichens aufgrund der Priorität des Schutzrechts eines Dritten nach § 6 M a r k e n G in Betracht. D e n k b a r ist auch eine fehlende umfassende Ausschließlichkeitswirkung des Markenrechts aufgrund der Koexistenz gleichrangiger Zeichenrechte gemäß § 6 Abs. 4 M a r k e n G sowie aufgrund der allgemeinen Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen. 1 8 7 Als rechtlich begründeter Mangel

187

Vgl. hierzu ausführlich Knaak,

Das Recht der Gleichnamigen, passim.

§12.

Erscheinungsformen

von Mängeln an

Immaterialgüterrechten

193

ist nicht zuletzt auch der Ablauf der immaterialgüterrechtlichen Schutzfrist zu qualifizieren, die zur Gemeinfreiheit des Geisteswerks führt. Die hier erörterten Äquivalenzstörungen unterscheiden sich strukturell von den zuvor beschriebenen »Rechtsmängeln im engeren Sinne« dadurch, dass sie zwar einerseits normativer Natur und in erster Linie Ausdruck rechtlicher Wertungen sind, gleichzeitig aber in bestimmten Beschaffenheiten des Immaterialguts als solchem ihre Grundlage haben. Trotz ihrer Verwurzelung im vorrechtlichen Gegenstand handelt es sich bei ihnen allerdings gerade nicht um Tauglichkeits- bzw. Qualitätsmängel des Immaterialguts. Vielmehr weicht das Immaterialgut als solches nicht von der üblichen bzw. gegebenenfalls auch vertraglich vereinbarten Beschaffenheit ab. Diese spezifisch im Immaterialgüterrecht auftretenden Mängel haben trotz gewisser Verwurzelungen im Immaterialgut ihre Grundlage in erster Linie in rechtlichen Beurteilungen der Kaufsache. Sie führen ex tunc zur Nichtigkeit der veräußerten Rechtsposition, ohne die tatsächliche Gebrauchstauglichkeit des erworbenen Gegenstands zu beeinträchtigen. Im Folgenden sollen sie als »Rechtsmängel im weiteren Sinne« bezeichnet werden.

III.

»Kombinierte Rechts- und

Beschaffenheitsmängel«

Neben den soeben erörterten, in erster Linie normativ geprägten Erscheinungsformen von Mängeln können bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten ebenso wie beim Sachkauf auch solche Mängel auftreten, die ihre Grundlage in der mangelnden Qualität oder fehlenden Gebrauchstauglichkeit des Veräußerungsguts haben. Anders allerdings als im Falle des Sacheigentums, dessen Bestand von Sachmängeln regelmäßig unberührt bleibt, wirken sich Mängel der Gebrauchstauglichkeit des Veräußerungsgegenstands vielfach unmittelbar auf den Bestand des Immaterialgüterrechts als solchem aus. Veräußerte Rechte haben deshalb in solchen Fällen ein »Doppeldefizit«, da weder das verschaffte Immaterialgut die vereinbarte Beschaffenheit und Qualität aufweist, noch eine an dem Immaterialgut bestehende Rechtsposition übertragen werden kann. Von den vorstehend behandelten »Rechtsmängeln im weiteren Sinne« unterscheiden sich solche Mängel somit dadurch, dass die Äquivalenzstörung in erster Linie tatsächlicher Natur ist und nicht die bloße Folge normativer Einschätzungen des - als solches umfassend gebrauchstauglichen - vorrechtlichen Gegenstands darstellt. Praktisch handelt es sich hierbei in erster Linie um Mängel der Beschaffenheit oder Brauchbarkeit einer technischen Erfindung. 1 8 8 Denn ist die Erfindung 188 Vgl. hierzu im Einzelnen Benkard-Bruchhausen, § 1 Rn. 70 f.; auf die immaterialgüterrechtliche Spezialfrage nach der Möglichkeit einer Unterscheidung zwischen Ausführbarkeit und Brauchbarkeit ist hier nicht einzugehen, da, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, beide Formen von Mängeln die gleichen Haftungsfolgen auslösen. Zur Unterscheidung vgl. z.B. Benkard-Bruchhausen, a.a.O., Nirk, G R U R 1970, 329, 332; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 293 ff.; Herrn, Rn. 307 ff.

194

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

technisch unausführbar oder unbrauchbar, so ist das veräußerte Immaterialgut mangelhaft. Gleichzeitig kann auch das Schutzrecht für diesen Gegenstand nicht erteilt werden. 1 8 9 Anders als die »Rechtsmängel im weiteren Sinne« haben diese Mängel ihre Grundlage in objektiven Qualitätsmängeln des tatsächlichen Guts und führen gerade aus diesem G r u n d zum vollständigen Scheitern des Rechtserwerbs. D a derartige Qualitätsmängel einerseits die Gebrauchstauglichkeit des Immaterialguts selbst beeinträchtigen, andererseits aber auch auf das Schutzrecht durchschlagen, sollen diese Mängel im Folgenden als

»kombinierte

Rechts- und Beschaffenheitsmängel« bezeichnet werden.

IV. »Reine

Beschaffenheitsmängel«

Wie die zuletzt geschilderten Fälle deutlich gemacht haben, können Beschaffenheiten des Immaterialguts zum Fortfall der immaterialgüterrechtlichen Rechtsposition führen. Zwingend ist ein solches Durchschlagen eines Mangels des vorrechtlichen Gegenstands auf die normative E b e n e indes nicht. Verschiedene Mängel bzw. nachteilige rechtliche Bindungen betreffen nur das Immaterialgut selbst und wirken sich nicht auf das Immaterialgüterrecht aus. Diesen Erscheinungsformen von Mängeln ist gemeinsam, dass sie zwar die immaterialgüterrechtliche Rechtsposition unberührt lassen, jedoch zur Einschränkung der vertraglich vereinbarten oder vorausgesetzten Gebrauchsmöglichkeiten führen. Sie sollen im Folgenden deshalb als »reine Beschaffenheitsmängel« des Immaterialguts bezeichnet werden. Beispiele für solche reinen Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts finden sich insbesondere im Patentrecht: Wie bereits erwähnt, führen Beschaffenheitsmängel des Patents zwar regelmäßig zum Wegfall des Schutzrechts, da ein Patent nur für gebrauchstaugliche Erfindungen erteilt wird. In Betracht k o m m t aber, dass Mängel der patentierten Erfindung parallel zum subjektiven Fehlerbegriff des Sachkaufs 1 9 0 ihre Grundlage in spezifischen, den Kaufgegenstand betreffenden Beschaffenheitsvereinbarungen der Parteien haben, ohne dass hierdurch der Bestand des Patentrechts berührt würde. 1 9 1 Ein solcher Fall läge beispielsweise vor, wenn eine Erfindung zwar objektiv vollständig gebrauchstauglich und deshalb patentfähig wäre, sich aber für den vertraglich vorausgesetzten spezifischen Gebrauchszweck des Erwerbers gleichwohl als untauglich erweisen würde. Weiter käme in Anlehnung an die Lehre von den »rechtlichen U m w e l t b e z i e h u n gen« beim Sachkauf in Ausnahmefällen eine Verkäuferhaftung für rechtliche

Vgl. hierzu ausführlich B e n k a r d - B r u c k h a u s e n , § 1 Rn. 70 f. Zu der Frage, ob § § 4 5 9 f f . B G B a.F. bzw. § 4 3 4 B G B auf den Patentkauf entsprechend anwendbar sind und somit dort der subjektive Fehlerbegriff gilt, vgl. unten § 14 D . 191 O b das Patentamt ein Patent erteilt, richtet sich nach den streng objektiven Kriterien der §§ 1 ff. PatG, so dass Abreden der Vertragsparteien im Rahmen eines Verkehrsgeschäfts über das Patent keine Bedeutung für den Bestand des behördlich erteilten Patents haben. 189

190

5 12. Erscheinungsformen

von Mängeln an

Immaterialgüterrechten

195

Umweltbeziehungen des Immaterialguts in Betracht: Verhindern rechtliche, der Sache aktuell anhaftende Bindungen des immaterialgüterrechtlichen Kaufgegenstands, wie beispielsweise gewisse sicherheitsrechtliche Nutzungsbeschränkungen, dessen vertraglich vorausgesetzte Verwendung, so ist in Anbetracht des subjektiven Fehlerbegriffs auch hier eine Gewährleistungshaftung des Verkäufers denkbar. Anders als das Patentrecht, das bei fehlender Gebrauchstauglichkeit der Erfindung zumeist entfällt, bleibt der Bestand des Urheber- bzw. Verlagsrechts von Beschaffenheitsmängeln des Geisteswerks regelmäßig unberührt. D e n n mit der Gewährung des Urheberrechtsschutzes ist kein Urteil über die künstlerische, literarische oder wissenschaftliche Qualität einer Gestaltung verbunden. 1 9 2 So k ö n n e n Mängel des veräußerten urheberrechtlich geschützten Werks auftreten, die nicht den Fortfall des Urheberrechts bewirken. Ein Beispiel hierfür aus dem Bereich des Verlagsrechts bildet die objektiv vertragswidrige Beschaffenheit 1 9 3 wie etwa die Unvollständigkeit 1 9 4 eines in Verlag gegebenen Schriftwerks. Gleiches gilt für die fehlende subjektive Ausgabefähigkeit des durch Verlagsvertrag zur N u t z u n g überlassenen Werks: Ein Werk ist nicht ausgabefähig, wenn der konkrete Verleger aufgrund bestimmter Eigenschaften des Werks seiner Vertragspflicht zur Vervielfältigung und Verbreitung nicht n a c h k o m m e n kann, weil das Werk zu seiner Persönlichkeit einen unüberbrückbaren Gegensatz bildet und ihm Gründe zur Seite stehen, die ihn nach Treu und Glauben von seinen Verpflichtungen befreien. 1 9 5 D e n k b a r wäre auch, dass ein Verlagserzeugnis nicht den inhaltlichen A n f o r derungen genügt, die zu dessen freiem Verkauf erforderlich sind. 1 9 6 Mit derartiSchricker-Loewenheim, § 2 Rn. 2. Zwar kann der Verleger Mängel der Qualität des Werkes grundsätzlich nicht rügen (BGH G R U R 1960, 642, 644 - Drogistenlexikon; O L G Hamburg, UFITA 92 (1982), 229, 234 ff.). S. auch Kohler, Urheberrecht, S. 308 (»Der Verleger darf sich nicht zum Beurteiler des Werks aufwerfen, und die literarische Kritik kann nicht die juristischen Folgen des Verlagsgeschäfts berühren.«). Wohl aber ist ein inhaltlich unvollständiges Werk bzw. ein wissenschaftliches Werk, das unwissenschaftlich gehalten ist, als vertragswidrig anzusehen. Vgl. hierzu umfassend Schricker, Verlagsrecht, § 31 Rn. 4 ff. Wenn ein Buchinhalt dagegen die Gefahr gerichtlicher Auseinandersetzungen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen der in dem Manuskript enthaltenen Personen begründet, ist damit jedoch nicht zwingend die vertragswidrige Beschaffenheit des Manuskripts begründet ( B G H G R U R 1979, 396 - Herren und Knechte). 194 S. B G H G R U R 1960, 642, 643 ff. - Drogistenlexikon. 195 Hoffmann, UFITA 6 (1933), 215 ff.; Schricker, Verlagsrecht, § 31 Rn. 11 f.; zur Ausgabefähigkeit vgl. im einzelnen Elster, UFITA 2 (1929), 47 ff. 196 In Betracht käme die Aufnahme des Verlagserzeugnisses in den Index jugendgefährdender Schriften durch die Bundesprüfstelle gemäß §§1, 8 f. des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS). In diesem Fall ist gem. § 4 der Verkauf u.a. im Einzelhandel sowie in Kiosken untersagt. Da die Ausgabefähigkeit des Werks an bestimmte Voraussetzungen in der Person des Verlegers gekoppelt ist, muss die Indexierung des Werkes nicht zwingend zur fehlenden Ausgabefähigkeit führen. Die mangelnde, sich entgegen den Parteivereinbarungen ergebende objektive Verwertbarkeit kann sich somit trotz Ausgabefähigkeit des Werks ergeben. 192

193

196

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

gen Beschränkungen der Veräußerbarkeit und der sonstigen Nutzung des Werks ist nicht zwingend das Verdikt der Sitten- oder Gesetzwidrigkeit des Vertragsverhältnisses gemäß §§ 134, 138 B G B verbunden. Kaufverträge über indizierte Werke sind regelmäßig zivilrechtlich wirksam, so dass eine vertragliche Einstandspflicht des Veräußerers durchaus in Betracht kommt. 1 9 7 Nicht zu den hier diskutierten Problembereichen zählen dagegen Vereinbarungen über die Verwertung solcher Gegenstände, deren Vertrieb sittenwidrig ist oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. In diesen Fällen kommt mangels wirksamen Kaufvertrags keine vertragliche Gewährleistungshaftung in Betracht. Auch außerhalb des Verlagsrechts kommt inhaltlichen Mängeln des Immaterialguts, die die Rechtsposition nicht zerstören, in vielfältiger Form Bedeutung zu. Beispielsweise wird das Aquivalenzinteresse des Filmverwerters beeinträchtigt, wenn das Filmwerk, das entsprechend den Parteivereinbarungen als Kinderfilm verwertet werden soll, durch die Freiwillige Selbstkontrolle einer Altersbeschränkung unterworfen worden ist. 1 9 8 Auch das Aquivalenzinteresse des Inhabers der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an einem Werk der bildenden Kunst, das Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt, kann zu Einschränkungen des vertraglich vorausgesetzten Wertes und der Gebrauchstauglichkeit des unkörperlichen Kaufobjekts führen. Deshalb stellt sich dort ebenfalls die Frage nach einem möglichen gewährleistungsrechtlichen Interessenausgleich.

C . Schlussfolgerungen und A u s b l i c k Die Bandbreite möglicher Mängel, die im Rahmen der Veräußerung von Immaterialgüterrechten auftreten können, ist weiter und differenzierter als beim Forderungs- und vor allem auch als beim Sachkauf. Die Äquivalenz des Vertrags kann nicht nur wegen isolierter Mängel des Rechts oder des Gegenstands beeinträchtigt sein; vielmehr schlagen sich für den Erwerber nachteilige Beschaffenheiten und Umweltbeziehungen des Gegenstands verschiedentlich auch auf den Bestand des Rechts nieder. Für die vorliegende Untersuchung ergibt sich damit die Aufgabe, diese unterschiedlichen Formen der Beeinträchtigung des Werts und der Gebrauchstauglichkeit des Kaufgegenstands, die teilweise von den beim

197 Im Umkehrschluß zu §§ 4, 5 GjS ergibt sich, dass entsprechende Schriften in geeigneten Geschäftslokalen vertrieben werden können. Bedenken gegen die zivilrechtliche Wirksamkeit diesbezüglicher Veräußerungsverträge bestehen somit nicht. Auch Filmwerke, die von der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) nur unter Altersbeschränkungen freigegeben sind (vgl. dazu Fn. 20), können zivilrechtlich wirksam vertrieben werden. Zu gesetzes- oder sittenwidrigen Verlagserzeugnissen vgl. Schricker., Verlagsrecht, § 1 Rn. 39; s. auch Asprogerakas-Grivas, S. 34 ff. 1 9 8 Rechtsgrundlage hierfür ist § 6 des Gesetzes zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit QÖSchG) (BGBl. 1 1990 S. 1221 ff.).

5 13. Immaterialgüterrechtliche

Veräußerungsverträge

als »gewagte Geschäfte« ?

197

Rechts- bzw. Sachkauf üblicherweise auftretenden Mängeln abweichen, und die überdies zum Teil spezifisch verlagsrechtlichen Regelungen unterstehen, in ein einheitliches gesetzliches System einzufügen, das sich grundsätzlich an der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung orientiert.

§ 13. Immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge als »gewagte Geschäfte«? A.

Problemstellung

In Rechtsprechung 1 9 9 und Schrifttum 2 0 0 wird vielfach die T h e s e vertreten, dass es sich bei der Vollübertragung bzw. Lizenzierung 2 0 1 von Immaterialgüterrechten 2 0 2 um so genannte »gewagte Geschäfte« handele und dass deshalb der Verkäufer allenfalls eingeschränkt hafte. Das gesetzlich vorgesehene Modell der R i sikoverteilung bei Austauschverträgen, so wie es namentlich durch die Mängelgewährleistung beim Kauf vorgegeben werde, könne nicht oder nicht umfassend angewendet werden. Folge der bewussten Wagnisübernahme durch den Erwerber sei eine Beschränkung seiner Gewährleistungsansprüche. Es sei widersprüchlich, wenn der Käufer, der bewusst ein besonderes Wagnis übernommen habe, im Falle der Verwirklichung des übernommenen Risikos Ersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend machen könne. D e r Wagnischarakter der Immaterialgüterrechtsveräußerung sollte nach früherer Rechtslage entgegen § 306 B G B a.F. zur Wirksamkeit des Vertrags im Falle anfänglicher objektiver U n m ö g l i c h k e i t führen und könnte auch im reformierten

199 Vgl. z.B. RGZ 163,1, 8 - Geliermittel; B G H G R U R 1957, 595, 596 - Verwandlungstisch; B G H G R U R 1961, 466, 468 - Gewinderollkopf; B G H Z 83, 283, 288 f. - Hartmetallkopfbohrer; siehe zuletzt B G H Z 129, 236, 248. 2 0 0 Benkard-Ulimann, § 15 PatG Rn. 17; Mediger, G R U R 1968, 564, 564f.; Lindenmaier, G R U R 1955, 507, 510; dagegen Nirk, G R U R Int. 1970, 329, 329 ff.; Schwerdtner, G R U R 1968, 9,22; andeutungsweise kritisch Schricker, G R U R 1980, 650, 652 (man pflege sich mit dem Wagnischarakter bezüglich der Vertragsnichtigkeit aus der Affäre zu ziehen). 201 Die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen beziehen sich vielfach auf Lizenzverträge. Dies ist insbesondere auf die weit höhere praktische Bedeutung von Lizenzverträgen im Vergleich zu Vollveräußerungsverträgen zurückzuführen. Da jedoch die Sachlage bei Lizenzierung und Vollveräußerung von Immaterialgüterrechten grundsätzlich gleich zu bewerten ist, können sie generell für Immaterialgüterrechtsveräußerungen Geltung beanspruchen. 2 0 2 Der Wagnischarakter von Immaterialgüterrechtsveräußerungen wird regelmäßig nur im Zusammenhang mit Patenten diskutiert. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse können allerdings auch auf andere Immaterialgüterrechte übertragen werden. So kann beispielsweise eine Marke nachträglich für nichtig erklärt werden; ein Geisteswerk kann nachträglich durch ein Gericht für nicht urheberrechtlich schutzwürdig erklärt werden. Somit erscheint es als zulässig, die Aussagen auch auf Verträge heranzuziehen, die andere Immaterialgüterrechte als Patente betreffen.

198

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Schuldrecht zur Modifikation des kaufrechtlichen Haftungsregimes Veranlassung geben. 2 0 3 Zur Begründung wird angeführt, das Wagnis bestehe darin, dass die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Schutzrechts vielfach im Voraus nicht deutlich abgeschätzt werden könne. Bei der Patentveräußerung lasse sich nicht mit Sicherheit übersehen, o b und in welchem U m f a n g sich bei der gewerblichen Verwertung der Erfindung noch technische Schwierigkeiten einstellen können und ob sich der durch die Erfindung offenbarte technische Fortschritt gewinnbringend ausnützen lasse. 2 0 4 A u c h ergebe sich die Gefahr, dass das Schutzrecht aufgrund neuheitsschädlicher Entgegenhaltungen gar nicht erst erteilt oder wegen erst nachträglich entdeckter U m s t ä n d e mit ex-tunc-Wirkung für nichtig erklärt werde. 2 0 5 Niemals könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Schutzrecht auf D a u e r bestehe. N a c h der regelmäßigen Interessenbewertung liege das Risiko einer Enttäuschung der Erwartungen hinsichtlich der Erteilung und des Bestands des nachgesuchten Schutzrechts daher grundsätzlich beim Käufer. 2 0 6 Es ist nun zu untersuchen, o b diesen Einschätzungen zu folgen ist. In dem Fall müsste die Verkäuferhaftung für Mängel des Immaterialgüterrechts umfassenden Modifizierungen gegenüber dem gesetzlichen Leitbild unterworfen oder möglicherweise sogar gänzlich ausgeschlossen werden.

B . I d e n t i f i z i e r u n g der relevanten W a g n i s e l e m e n t e E s liegt auf der Hand, dass jedes Kaufgeschäft unabhängig von der N a t u r des Kaufgegenstands ein gewisses Wagnis für beide Vertragsparteien beinhaltet. D i e gesetzliche Mängelhaftung führt zu einer Verteilung bestimmter vertragstypischer objektbezogener Risiken zwischen Verkäufer und Käufer. Entscheidend k o m m t es deshalb darauf an, welche spezifischen Wagniselemente gerade den immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen immanent sind und inwiefern sich diese von aleatorischen Elementen unterscheiden, die auch in anderen Austauschverträgen beinhaltet sind. D e n n nur solche Wagniselemente, die typischerweise ausschließlich bei Immaterialgüterrechten auftreten, wären gegebenenfalls von der gesetzlichen Ausgestaltung der Mängelhaftung nicht erfasst und könnten deshalb möglicherweise eine andersartige Risikozuordnung erforder203 Zur den unterschiedlichen Begründungen des »Wagnischarakters« vgl. auch Nirk, GRUR 1970, 329,334. 204 Benkard-Ulimann, § 15 PatG Rn. 17. 205 So z.B. BGH GRUR 1961,466,468 - Gewinderollkopf; BGHZ 83,283,288 f. - Hartmetallkopfbohrer; BGH GRUR 1957, 595, 596 - Verwandlungstisch; zustimmend StaudingerKöhler, §437 Rn. 18, wonach sich aus dem Wagnischarakter die Folgerung ergebe, dass Beschränkungen, die erst nachträglich offenbar werden, nicht die Verkäuferhaftung auslösen. 206 So insbes. BGHZ 83, 283 - Hartmetallkopfbohrer (dort für die Veräußerung einer Schutzrechtsanmeldung).

§13. Immaterialgüterrechtliche

Veräußerungsverträge als »gewagte Geschäfte« ?

199

lieh machen als diejenige, die durch das kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrecht v o m Gesetzgeber vorgesehen wurde. Aus diesem G r u n d sind für die weitere Untersuchung diejenigen Risikogesichtspunkte unbeachtlich, die die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Immaterialguts berühren. Es entspricht allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen, dass es im alleinigen Risikobereich des Erwerbers liegt, das K a u f o b j e k t in wirtschaftlich sinnvoller Weise einsetzen zu k ö n n e n . 2 0 7 Kann beispielsweise der Patenterwerber sein Patent nicht gewinnbringend verwerten, weil zwischenzeitlich eine andere und bessere Erfindung auf den Markt gekommen ist und das Patent damit überholt ist, werden hierdurch keine Haftungsansprüche begründet. 2 0 8 Dieses wirtschaftliche Risiko hat allein der Käufer zu tragen. Dagegen unterscheiden sich immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge bezüglich des in ihnen enthaltenen Risikos darin von herkömmlichen Kaufverträgen über Sachen und Rechte, dass im Immaterialgut selbst verwurzelte M ä n gel auf den Bestand der Rechtsposition durchschlagen können. Ist das erworbene Immaterialgut mit Rechtsmängeln im weiteren Sinne behaftet, da es beispielsweise nicht neu i.S.v. § 3 P a t G bzw. nicht individuell i.S.v. § 2 Abs. 2 U r h G ist oder weil ein Beschaffenheitsmangel als »kombinierter Rechts- und Beschaffenheitsmangel« auf den Bestand des Patents durchschlägt, so führt dies zum Wegfall des Schutzrechts. I m Anwendungsbereich des Eigentumsrechts bestehen dagegen, wie bereits erwähnt, keine vergleichbaren Umstände, die zum Wegfall des Ausschließlichkeitsrechts führen könnten. D e r Käufer einer körperlichen Sache muss nicht damit rechnen, dass das Sacheigentum aufgrund bestimmter Beschaffenheiten der Kaufsache wegfällt. Es stellt sich damit die Frage, nach welchen Grundsätzen das besondere Risiko des Nichtentstehens bzw. des Wegfalls einer

immaterialgüterrechtlichen

Rechtsposition, das sich aus rechtlichen Bindungen der Kaufsache ergibt, zwischen den am Kaufvertrag Beteiligten zu verteilen ist. Zu untersuchen ist dabei insbesondere, ob dieses Risikoelement, das in einem möglichen Wegfall des Schutzrechts besteht, zu generellen Einschränkungen der Verkäuferhaftung A n lass gibt.

C. Uberblick über die allgemeine zivilrechtliche Beurteilung von Risikoverträgen Die hier aufgeworfene Frage nach der Einschränkung der Verkäuferhaftung aufgrund der »gewagten N a t u r « der Immaterialgüterrechtsveräußerung kann sinn207 Die schlichte mangelnde wirtschaftliche Nützlichkeit der Kaufsache begründet unstreitig weder einen Mangel gemäß § 459 BGB a.F. - und wohl auch nach § 434 BGB n.F. - noch berechtigt sie zur Anfechtung des Kaufvertrages gemäß §§119 Abs. 1, Abs. 2 BGB. 208 So mit Beispielen aus der Rechtsgeschichte auch Nirk, GRUR 1970, 329,334. Vgl. bereits RGZ 106, 362, 366; bestätigt durch BGH GRUR 1955, 338, 340 - Beschlagfreie Brillengläser.

200

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

voller Weise nicht allein mit Blick auf die Rechtslage im Immaterialgüterrecht gelöst werden. Statt dessen ist zunächst ganz allgemein zu untersuchen, unter welchen Umständen bei Austauschverträgen angesichts besonderer Risikolagen Abweichungen von der üblichen Risikoverteilung anzuerkennen sind, so dass die Gewährleistungshaftung eingeschränkt bzw. ausgeschlossen wird. Fraglich ist deshalb, in welchen Fällen bürgerlich-rechtliche Austauschverträge als »risikobehaftet« bzw. »aleatorisch« in dem Sinne zu betrachten sind, dass Modifikationen der gesetzlich vorgegebenen Mängelhaftung vorzunehmen sind. Diese Frage wurde in der allgemein zivilrechtlichen Literatur zumindest bis vor kurzem nur am Rande 209 und regelmäßig ausschließlich im Zusammenhang mit der Lehre von der Geschäftsgrundlage erörtert. 210 In Anlehnung an die Ausführungen von Martin Henssler2n, der im Jahr 1994 ausführlich zu der Behandlung von Risikoverträgen Stellung nahm, kann nach heutigem Erkenntnisstand davon ausgegangen werden, dass im Wesentlichen zwischen drei verschiedenen Stufen der Risikoverteilung in Austauscherträgen unterschieden werden kann: Die erste Gruppe bilden die vom Gesetzgeber als typisch vorgegebenen Vertragssituationen. Hier werden die Risikomomente durch Einsatz der allgemeinen schuldrechtlichen Rechtsinstitute, wie insbesondere der Vertragsauslegung, der Gefahrtragung, der Mängelhaftung und der unterschiedlichen Informationspflichtenprogramme, zwischen den Parteien verteilt. Daneben können »echte Wagnisverträge« oder »echte Risikoverträge« identifiziert werden, d.h. solche Verträge, die eine bewusste, vertragswesentliche Risikoübernahme enthalten. Solche Verträge weisen objektiv ein gesteigertes Risikoelement auf und sind subjektiv von einer bewussten Risikoübernahme durch den Käufer geprägt, die sich daraus ergibt, dass die Parteien das Risikoelement als vertragswesentlich ansehen. Neben gesetzlich vorgegebenen Vertragstypen, die, wie beispielsweise die Bürgschaft, bereits aufgrund der ihnen immanenten Risikolage einer der Vertragsparteien ein besonderes Risiko aufbürden, 212 sind solche Risikoverträge auch bei sämtlichen anderen Formen von Austauschverträgen denkbar. Voraussetzung ist jeweils nur, dass ein besonderes Risiko in die

2 0 9 Vgl. z.B. Larenz AT, 7. Aufl, § 2 0 III (S. 395): »Bei der Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage ist zu prüfen, ob das Risiko der Unrichtigkeit einer Vorstellung bzw. Erwartung nach dem Sinn der getroffenen Vereinbarung oder des betreffenden Vertragstypus nur die eine oder die andere Partei trifft, was vor allem bei spekulativen Geschäften, jedoch nicht nur bei diesen, der Fall sein könne.« Weitere Ausführungen zur Frage nach derartigen speziellen Vertragstypen fehlen indes bei Larenz. Vgl. auch die Kritik von Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 285. 2 1 0 Vgl. z.B. Larenz AT, 7. Aufl, § 20 III (S. 395). 2 1 1 Vgl. zum folgenden ausführlich Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, passim und insbes. S. 731 ff. 2 1 2 Zum Bürgschaftsvertrag als Risikovertrag vgl. Henssler, S. 323 ff.; weitere Risikoverträge des allgemeinen Zivilrechts wären z.B. der Garantievertrag oder der Leibrentenvertrag. Vgl. dazu Henssler, S. 364 ff.; 392 ff.

5 13. Immaterialgüterrechtliche

Veräußerungsverträge

als »gewagte

Geschäfte«

?

201

konkrete Vertragsgestaltung als vertragswesentlich integriert wird. 213 Eine umfassende Verkäuferhaftung kann bei solchen Verträgen nicht anerkannt werden. 214 Denn wer bewusst das Risiko der künftigen Veränderung der Sachlage wegen der damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen übernimmt, kann sich auf eine tatsächlich eintretende Veränderung der Umstände nicht berufen. Die Inäquivalenz der ausgetauschten Leistungen begründet in diesen Fällen kein Anpassungsrecht bzw. kein Recht der Risikoabwälzung. Für die allgemeinen rechtlichen Instrumentarien zur Korrektur oder Begrenzung des gesetzlichen Verteilungskonzepts im Bereich des vertragstypischen Risikoelements bleibt dann somit grundsätzlich kein Raum, so dass beispielsweise die Gewährleistungshaftung ausgeschlossen sein kann. Die Grenzen der Risikoübernahme und die gegebenenfalls erforderliche Abweichung vom gesetzlichen Leitbild sind in diesen Fällen über die erläuternde und ergänzende Vertragsauslegung zu ermitteln. Als dritte Kategorie von Risikoverträgen können die »echten aleatorischen Verträge« angesehen werden, für die ein erhebliches Unsicherheitselement prägend und wertbestimmend ist. Zu dieser Gruppe zählen Spekulationsverträge, die durch eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit einer nachteiligen Entwicklung gekennzeichnet sind 215 , sowie auch das rechtlich unverbindliche Spiel im Sinne von § 762 BGB. Die Möglichkeiten für Vertragskorrekturen sind hier noch restriktiver zu fassen als bei den sonstigen Risikoverträgen. 216 Regelmäßig kann hier der durch das Risiko belastete Teil das Risiko von Aquivalenzstörungen in keiner Weise auf seinen Vertragspartner abwälzen, da er das Risiko bewusst übernommen hat.

D. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung als Risikovertrag? I. Konkretisierung

der Fragestellung

Im Betracht kommt, dass immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge typischerweise als Risikoverträge anzusehen sind und sie deshalb ein vom Leitbild des Kaufvertrags abweichendes atypisches System der Risikoverteilung aufweisen. Dann könnte das kaufrechtliche Gewährleistungsregime nur in modifizierter Form oder insgesamt nicht anwendbar sein. Es ist deshalb nun zu untersuchen, in welche der vorstehend genannten Kategorien von Risikoverträgen Ver-

213

Vgl. Henssler, S. 291. Diese Frage stellt sich selbstverständlich nur, sofern ein entsprechendes gesetzliches Leitbild v o r h a n d e n ist, das - wie z.B. die kaufrechtliche Gewährleistungshaftung - eine andere Risikosituation z u g r u n d e legt. 215 Z u r Definition des Spekulationsvertags vgl. Henssler, S. 290 ff. 216 Vgl. Henssler, S. 293 ff. 214

202

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

träge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten einzuordnen sind. Fest steht, dass der Erwerber das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des Kaufobjekts trägt. 217 Fraglich ist dagegen, wer das Risiko bezüglich der vertraglichen Äquivalenz des Immaterialgüterrechts sowie des Immaterialguts als Kaufgegenstand zu tragen hat. Im Falle mangelnden geschäftlichen Erfolgs kann der Erwerber keine Regressansprüche gegen den Veräußerer geltend machen. 2 1 8 Entscheidend ist somit, wer das Risiko trägt, welches sich verwirklicht, falls das veräußerte Immaterialgüterrecht bzw. Immaterialgut als solches mit rechtlichen oder tatsächlichen Mängeln belastet ist.

II. Der immaterialgüterrechtliche vertrag?

Veräußerungsvertrag

als Spekulations-

Spekulationsverträge 219 sind durch ein deutliches Element erkannter Unsicherheit über die künftige Entwicklung geprägt. Bei der Spekulation soll der Gewinn nicht allein durch die Verwertung eines Wirtschaftsguts im Sinne einer Veränderung der Ressourcenallokation erzielt werden, sondern in erster Linie durch die Ausnutzung eines Unsicherheitsmoments. 2 2 0 Ein Beispiel aus dem Bereich von Kaufverträgen wäre etwa der Erwerb eines Bildes, über dessen Echtheit sich beide Parteien im Unklaren sind. 221 Es handelt sich hierbei um solche Verträge, bei denen der Schutz des Risikoträgers durch Vertragskorrekturen oder Verhaltenspflichten des Vertragspartners nur unter besonders strengen Voraussetzungen bzw. überhaupt nicht zulässig ist. 222 Wären Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten als Spekulationsverträge zu qualifizieren, dann käme die Anwendung der kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen generell nicht in Betracht.

217 Vgl. dazu auch Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 54, wonach ein Verlagsvertrag nur dann vorliegt, wenn Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes auf eigene Rechnung des Verlegers erfolgen müssen. Wirtschaftlich bedeute dies, dass der Verleger dem Verfasser als selbständiger Unternehmer gegenübertritt, der das geschäftliche Wagnis und damit das Gewinn- und Verlustrisiko trägt. 218 Vgl. oben § 13 B. Die allgemeinen Ausführungen über die Risikozuordnung haben deutlich gemacht, dass die Frage, welche der Vertragsparteien das allgemeine wirtschaftliche Wagnis trägt, das in der gewinnbringenden Verwertung jedes Kaufgegenstands liegt, für die Qualifizierung eines Vertrags als Risikogeschäft nicht entscheidungserheblich sein kann. 219 Von vornherein auszuschließen ist die Einordnung von Immaterialgüterrechtsveräußerungen als echte aleatorische Verträge i.S.v. §§ 762, 764 B G B , die keine rechtliche Bindung begründen. Zur Abgrenzung zwischen Spekulationsgeschäft und unverbindlichem Spiel vgl. Henssler, S. 291. Die Tatsache, dass in der zivilrechtlichen Literatur vor allem solche unvollständigen Verträge als »aleatorisch« bezeichnet werden (vgl. z.B. Palandt-Sprau § 762 Rn. 1), gebietet eine gewisse Zurückhaltung bei der Bezeichnung von Immaterialgüterrechtsveräußerungen als »aleatorisch«. (So aber auch z.B. Mediger, G R U R 1968, 564, 565) 220 Henssler, S. 290. 221 Vgl. Henssler, S. 291. 222 Henssler, S. 291,293 ff.

§ 13. Immaterialgüterrechtliche

Veräußerungsverträge

als »gewagte

Geschäfte«

? 203

Immaterialgüterrechtliche Kaufverträge können grundsätzlich nicht als Spekulationsverträge qualifiziert werden. Der Erwerb von Immaterialgüterrechten beinhaltet typischerweise kein überwiegendes, den Vertrag nachhaltig prägendes Element der Unsicherheit über Bestand und Gebrauchstauglichkeit des Veräußerungsguts. Bei genauer Recherche vorbestehender Rechte bzw. neuheitsschädlicher Offenbarungen und bei sachgerechter Fassung des Patentanspruchs kann beispielsweise im Patentrecht das Vertragsrisiko weitgehend minimiert werden. Auch der Bestand einer ordnungsgemäß angemeldeten und umfassend recherchierten M a r k e kann nicht als grundsätzlich unsicher qualifiziert werden. Insgesamt zielen Kaufverträge über Immaterialgüterrechte ebenso wie typische Sachkaufverträge im Allgemeinen darauf ab, Gewinne durch die Verwertung des ordnungsgemäß beschaffenen Vertragsgegenstands zu verwirklichen. Der Sinn und Zweck des immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsvertrags besteht somit in erster Linie in der Verwendung wertvoller immaterieller Ressourcen und nicht in der A u s n u t z u n g eines Unsicherheitsmoments. Angesichts des Fehlens eines überwiegenden objektiven Unsicherheitsfaktors ist auch kein den Vertrag prägender subjektiver Wille des Erwerbers zur Ausnutzung eines Unsicherheitsmoments vorhanden. Der Unterschied zu spekulativen Geschäften, wie etwa Termingeschäften, besteht nicht etwa nur darin, dass beide Partner nicht gegeneinander, sondern miteinander gegen noch unbekannte Dritte wetten. 2 2 3 Wie auch bei anderen Austauschverträgen hoffen die Parteien vielmehr darauf, dass der Vertragsgegenstand nicht durch exogene Einflüsse entwertet wird. Insgesamt kann daher der Lizenzvertrag keinesfalls als reiner Spekulationsvertrag angesehen werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könnte sich bei Verträgen über die Einräumung von Lizenzen an künftigen, noch zu schaffenden Immaterialgütern ergeben. Da der konkrete Vertragsgegenstand in diesen Fällen zur Zeit des Vertragsschlusses von den Vertragsparteien noch nicht auf seine Tauglichkeit und Verwertbarkeit hin untersucht werden kann, besteht eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich seiner zukünftigen Beschaffenheit. Trotz dieses gesteigerten U n s i cherheitsmoments sind Gewährleistungsansprüche des Lizenznehmers gleichwohl nicht grundsätzlich ausgeschlossen, w e n n das später hergestellte Immaterialgut mängelbehaftet ist. Vielmehr werden die Parteien bei Vertragsabschluß übereinstimmend davon ausgegangen sein, dass das künftig zu übertragende Immaterialgut den allgemeinen sowie den durch die Parteivereinbarungen näher konkretisierten Anforderungen zu entsprechen hat, die an Wertobjekte dieser Gattung zu stellen sind und die deren Gebrauchstauglichkeit begründen. Ein maßgebliches, einseitig vom Lizenznehmer zu tragendes Element der Unsicherheit w i r d diesen Verträgen regelmäßig nicht immanent sein. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die möglichen Risiken gerade v o m Erwerber getragen werden

223

So aber Mediger, GRUR 1968, 564, 565.

204

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

müssen. Uberträgt der Veräußerer deshalb später ein nicht taugliches Objekt, so bestehen gegen seine grundsätzliche gewährleistungsrechtliche Einstandspflicht keine Bedenken. Der Grundsatz, dass die Mängelhaftung grundsätzlich auch bei Verträgen über künftige Leistungen angewendet wird, findet im Urheber- und Verlagsrecht jedenfalls ansatzweise Ausdruck. Insbesondere mit der Vorschrift des § 40 U r h G , die im Verlagsrecht ihre größte Bedeutung habe dürfte 2 2 4 , sind Verträge über die Herstellung künftiger Werke ausdrücklich anerkannt. Eine Einschränkung der Haftung des Verlaggebers im Falle der Schlechterfüllung eines Vertrags über ein künftig von ihm zu verschaffendes Werk wird nicht diskutiert, obgleich die Haftung des Verlaggebers für die Schlechterfüllung seiner Verpflichtungen in § § 3 1 , 30 VerlG ausdrücklich geregelt ist. Auch das durch einen Verlagsvertrag im Voraus übertragene, künftige Werk 2 2 5 muss somit den allgemeinen verlagsrechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Erfüllung - insbesondere die objektive Vertragsmäßigkeit sowie die Ausgabefähigkeit - entsprechen. Eine grundsätzlich andersartige Risikobewertung bezüglich der Mängelansprüche findet hier nicht statt: Die verlagsrechtliche Mängelhaftung kann auch im Rahmen solcher Verträge geltend gemacht werden.

III. Die Immaterialgüterrechtsveräußerung

als »echter Risikovertrag« ?

Die entscheidende Frage besteht somit darin, ob die regelmäßige Risikoverteilung im Immaterialgüterrechtskaufvertrag so weitgehend von derjenigen des gesetzlichen Leitbilds des Kaufvertrags abweicht, dass der Vertrag über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten zwar nicht als Spekulations-, wohl aber als »echter Risikovertrag« qualifiziert werden müsste. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Vertragsgegenstand strukturell erhebliche Unsicherheitselemente aufweist, die diejenigen bei sonstigen Kaufverträgen übersteigen. Gleichzeitig müssten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass solche Unsicherheitsmomente entgegen der allgemeinen gesetzlichen Wertungen nicht vom Verkäufer, sondern vom Käufer zu tragen sind. Der Erwerb eines Immaterialgüterrechts ist mit einem höheren Risiko bezüglich des Bestands des Rechts als Kaufobjekt belastet als der Sachkauf. Denn die Entstehung bzw. das Fortbestehen von Immaterialgüterrechten ist angesichts möglicher kombinierter Rechts- und Beschaffenheitsmängel und Rechtsmängel im weiteren Sinne stärker gefährdet als der Bestand von Sacheigentum. Allerdings darf das Maß, in dem das Risiko objektiv gegenüber demjenigen gesteigert ist, das in vergleichbaren Austauschverträgen besteht, auch nicht überbewertet werden: Ist das Patent bereits erteilt, so wird es nur in praktisch eher seltenen 224 225

36 ff.

Schricker-Schricker, § 40 Rn. 2. Zu Verlagsverträgen über noch herzustellende Werke vgl. Schricker,

Verlagsrecht, § 1 Rn.

§ 13. Immaterialgüterrecbtliche

Veräußerungsverträge als »gewagte Geschäfte« ?

205

Fällen für nichtig erklärt werden. A u c h im Falle der Veräußerung einer Schutzrechtsanmeldung ist die Gefahr, dass das Schutzrecht gänzlich unerwartet nicht erteilt wird, als verhältnismäßig gering zu betrachten. D i e Parteien werden regelmäßig mit weitgehender Sicherheit abschätzen können, ob das Patent erteilt wird bzw. o b die Gefahr seines späteren Entzugs besteht. Bedeutender jedoch als das praktisch ohnehin kaum quantifizierbare M a ß o b jektiver Risikosteigerung gegenüber solchen Kaufverträgen, die unmittelbar dem gesetzlichen Leitbild entsprechen, ist die Frage, o b das gesteigerte Mängelrisiko nach allgemeinen Sphärengesichtspunkten dem Verantwortungsbereich des Veräußerers zugerechnet werden kann. D i e das Immaterialgüterrecht als Vertragsgegenstand betreffenden Umstände, die im R a h m e n des Schutzrechtsverkaufs zu einem typischerweise erhöhten Vertragsrisiko führen, fallen regelmäßig in die Verkäufersphäre: H a t der Verkäufer die Patent- oder Markenanmeldung selbst vorgenommen, so fällt es in seinen Verantwortungsbereich, die notwendigen Nachforschungen vorzunehmen und den Antrag entsprechend abzufassen oder abfassen zu lassen. H a t der Verkäufer das R e c h t seinerseits von einem Dritten erworben, so muss er sich dessen Sorgfaltsverstöße bei der Schutzrechtsanmeldung zurechnen lassen. D e n n der Weiterveräußerer steht diesen Risiken nach allgemeinen Sphärengesichtspunkten näher als der Zweiterwerber, der den ursprünglichen Verkäufer typischerweise nicht kennt. Ist die Erfindung mit kombinierten Rechts- und Beschaffenheitsmängeln belastet, so besteht ebenfalls aus Sphärengesichtspunkten kein Grund, die Verkäuferhaftung auszuschließen: D e r Veräußerer als Erfinder oder Weiterveräußerer ist »näher daran«, auch diese Risiken überwiegend zu tragen. Allerdings k o m m t in diesen Fällen eine Risikomitverantwortung des Käufers in Betracht, da auch ihm M ö g lichkeiten zur Uberprüfung der Gebrauchstauglichkeit des Kaufgegenstands offen stehen. 2 2 6 Gleichwohl wäre eine ausschließliche Risikobelastung des Käufers dann geboten, wenn immaterialgüterrechtlichen Kaufverträgen typischerweise eine besondere Interessenlage zugrunde läge, die trotz der Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers spezifische Anhaltspunkte für eine Verschiebung der gesetzlich vorgesehenen Risikoverteilung gäbe. Solche Hinweise sind jedoch nicht ersichtlich. Anders als im Falle von Spekulations-, aber auch als von »echten Risikoverträgen« gehen die Parteien einer Immaterialgüterrechtsveräußerung typischerweise gemeinsam davon aus, dass das Schutzrecht fortbestehen wird. Die M ö g lichkeit

einer

späteren

Vernichtung

des

Schutzrechts

legen

sie

ihren

Vorstellungen typischerweise nicht in solcher Weise zugrunde, dass hierbei von einem kalkulierten Risiko gesprochen werden könnte, das v o m Käufer zu tragen wäre. 2 2 7 Insoweit deckt sich die Lage beim Immaterialgüterrechtskauf mit derje2 2 6 Zur Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung, die sich in diesen Fällen als Risikoverteilungsregel anbietet, vgl. unten § 14 D (Vollveräußerungsverträge), 17 A II (Lizenzverträge). 227 Schwerdtner, G R U R 1968, 9, 22; zustimmend Nirk, G R U R 1970, 329, 334 f.

206

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

nigen beim typischen Kaufgeschäft. Auch dort gehen die Parteien übereinstimmend von der Mängelfreiheit des Kaufobjekts sowie vom Bestand des Rechts aus; liegt im Einzelfall ein Mangel vor, so hat grundsätzlich der Verkäufer für diesen einzustehen.

E . Ergebnis Bei immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen handelt es sich weder um Spekulationsverträge noch um echte Risikoverträge. Vielmehr liegen die Umstände, die zur besonderen Gefährdung des Bestands eines Schutzrechts führen, ebenso wie bei »typischen« Kaufverträgen üblicherweise in der Sphäre des Veräußerers begründet. Angesichts der vorwiegend diesem offenstehenden Risikokontrollmöglichkeiten besteht keine Veranlassung dazu, die entsprechenden Risiken ausschließlich oder überwiegend dem Erwerber aufzubürden, indem ihm die Gewährleistungsansprüche versagt würden. Die die rechtlichen und tatsächlichen Beschaffenheiten des Veräußerungsobjekts betreffenden Wagniselemente, welche bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten zu beurteilen sind, entsprechen vielmehr im Wesentlichen denjenigen Vertragsrisiken, die dem Verkäufer allgemein bei Kaufverträgen im Wege der Gewährleistungshaftung zugeordnet werden. Auch bei immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen ist die im Kauf- und Verlagsrecht enthaltene Wertentscheidung des Gesetzgebers zu beachten, wonach für Sach- und Rechtsmängel eine grundsätzliche Einstandspflicht des Verkäufers im Wege der Mängelgewährleistung besteht. Somit ergeben sich keine hinreichenden Gründe für ein Abweichen von den gesetzlich vorgegebenen Grundsätzen der Risikoverteilung, so wie diese im Recht der Mängelgewährleistung zum Ausdruck gekommen sind. Eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Haftungsregelungen mit Hinweis auf den »gewagten« Charakter des Immaterialgüterrechtserwerbs kommt daher weder im Anwendungsbereich des Verlagsrechts noch bei anderen immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen in Betracht.

2.

Unterabschnitt

Immaterialgüterrechtliche Vollveräußerungsverträge

$ 14. Gewährleistungshaftung bei immaterialgüterrechtlichen Vollveräußerungsverträgen A. Überblick Im Folgenden ist die Mängelgewährleistung bei denjenigen Kaufgeschäften, die translativen Rechtsübertragungen zugrunde liegen, näher zu untersuchen. Anders als bei Lizenzverträgen besteht an der typologischen Qualifikation von Vollveräußerungsverträgen über Immaterialgüterrechte als Kaufverträge i.S.v. § 433 ff. BGB kein Zweifel. 228 Die folgenden Erörterungen können sich deshalb auf die spezifische Ausgestaltung der kaufrechtlichen Mängelhaftung konzentrieren. Es ist nun zu überprüfen, ob die Gewährleistungsvorschriften des reformierten Kaufrechts, insbesondere diejenigen des Rechtskaufs, für diese Veräußerungsverträge systematisch und wertungsmäßig angemessene Regelungen bereit stellen. Möglicher Gegenstand von auf Vollübertragungen gerichteten Kaufverträgen über Immaterialgüterrechte sind in erster Linie die unbeschränkt übertragbaren Patent- und Markenrechte. 229 Dagegen sind translative Rechtsübertragungen am subjektiven Urheberrecht gemäß § 29 S. 2 U r h G unter Lebenden grundsätzlich nicht möglich 230 , so dass ein Kaufvertrag über das Urheberrecht insgesamt nicht 228 Vgl. R G M u W 1927/28,498,499 - Abstech-Vorrichtung; R G G R U R 1938, 33, 34 - Kilometerzähler an Kleidungsstücken; ähnlich R G M u W 1936, 449, 450 - Reflektorlinse (wo das R G v o m »Verkäufer einer Erfindung« spricht; s. auch B G H Z 83, 283, 287 - H a r t m e t a l l k o p f b o h r e r (Vollveräußerung einer Patentanmeldung aus Rechtskauf); Nirk, G R U R 1970, 329, 333; Tillmann, Mitt. 2001, 282, 285. N i c h t vollständig geklärt ist, wie die Vorschriften des Kaufvertrags im einzelnen A n w e n d u n g finden. Vgl. zweifelnd bereits R G M u W 1936, 449, 450 - Reflektorlinse; s. Henkurd-Ullmann, § 15 Rn. 20, w o n a c h die Bestimmungen ü b e r den Kauf von Rechten rechtsähnlich a n z u w e n d e n seien; vgl. auch Schricker-Schricker, § § 3 1 / 3 2 Rn. 14. 229 Die translative Ubertragbarkeit der M a r k e ergibt sich aus § 27 M a r k e n G ; die Veräußerlichkeit des Patents folgt aus § 15 Abs. 1 S. 2 PatG. 230 Als A u s n a h m e v o m G r u n d s a t z der U n ü b e r t r a g b a r k e i t unter Lebenden kann das U r h e berrecht in E r f ü l l u n g einer Verfügung von Todes wegen u n t e r Lebenden ausnahmsweise übertragen w e r d e n . Beispiele hierfür sind das Vermächtnis (§ 2174 BGB) sowie die Auflage (§ 2192). Vgl. Schricker-Scbricker, § 29 Rn. 12 ff. Die u n t e r Lebenden möglichen Vollveräußerungsverträge sind allerdings erbrechtlich geprägt, so dass die A n w e n d u n g von Kaufrecht auf diese von vornherein nicht in Betracht k o m m t . Z u r Rechtslage in der Schweiz vgl. Hilty, SMI 1992,211 ff.

208

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

in Betracht kommt. Allerdings können gegenständliche Nutzungsrechte, die bereits vom Urheberrecht abgespalten sind, im Wege translativer Rechtsübertragungen weiterveräußert werden. Sie sind somit ebenfalls möglicher Gegenstand eines Rechtskaufs und werden daher in die Untersuchung einbezogen. Trotz dieser partiellen Mitbehandlung urheberrechtlicher Veräußerungsverträge kann das Gewährleistungsregime des Verlagsrechts aus den nun folgenden Überlegungen ausgeklammert werden: Das VerlG regelt in erster Linie das Rechtsverhältnis zwischen Urheber und Verleger i.S.v. § 1 VerlG. Insbesondere in den speziellen Haftungsvorschriften der § § 3 1 , 30 VerlG stellt das Gesetz auf die originäre, konstitutive Nutzungsrechtseinräumung in diesem Rechtsverhältnis ab. Für translative Rechtsübertragungen an bereits abgespalteten Nutzungsrechten enthält das VerlG dagegen keine spezifischen Haftungsregelungen. 2 3 1 Als gegenüber den kaufrechtlichen Normen vorrangiges Haftungsregime kommt das VerlG daher bei den im Folgenden zu erörternden Verkehrsgeschäften an bereits entstandenen Nutzungsrechten nicht in Betracht. 2 3 2

B . Nacherfüllungsrechte Unabhängig von der Qualifizierung eines Mangels als Rechts- oder Sachmangel hat der Verkäufer gemäß §§ 453 Abs. 1, 439 B G B im Falle der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstands grundsätzlich das Recht, Nacherfüllung im Wege der Ersatzlieferung oder der Nachbesserung zu verlangen. N u r falls die Nachlieferung verweigert wird oder sie unmöglich bzw. unzumutbar ist, kann nach Maßgabe von § 437 B G B Minderung bzw. Rücktritt sowie Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht werden. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein solches Nacherfüllungsrecht der Geltendmachung von Rücktritt, Minderung oder Schadensersatzanspruch nicht nur beim Sachkauf, sondern auch beim Immaterialgüterrechtskauf vorgeschaltet ist. Der wohl wichtigste Anwendungsfall des Nacherfüllungsanspruchs betrifft die Lieferung neuer Sachen insbesondere im Rahmen des Gattungskaufs; hier soll dem Käufer das Recht gewährt werden, die Reparatur der Kaufsache bzw. die Lieferung einer fehlerfreien Sache zu verlangen. Eine hiermit vergleichbare Verpflichtung zur Reparatur bzw. zur Ersatzlieferung im Falle eines mit einem Beschaffenheitsmangel belasteten Immaterialguts kommt grundsätzlich nicht in

2 3 1 § 28 VerlG betrifft zwar die Übertragung der Verlegerrechte, hat aber keinen Einfluß auf die Art des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts. Vgl. Schricker, Verlagsrecht, § 2 8 Rn. 12, wonach das der Übertragung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft u.a. ein Kauf sein könne. S. auch Haherstumpf, Verfügungen über urheberrechtliche Nutzungsrechte im Verlagsrecht, in: Festschrift für Hubmann, S. 127 ff. 2 3 2 Anders jedoch bei den konstitutiven Rechtsübertragungen an Immaterialgüterrechten. Vgl. hierzu unten § 1 5 C I .

5 14.

Gewährleistungshaftung

209

Betracht. Regelmäßig wird das Leistungsinteresse des Gläubigers nur durch die Lieferung des ganz konkreten Immaterialguts befriedigt werden können; auch wird es dem Verkäufer regelmäßig unzumutbar sein, ein gleichwertiges Immaterialgut zu beschaffen oder das Immaterialgut zu »reparieren«, indem er z.B. die Erfindung durch erneute Forschungs- und Entwicklungstätigkeit verbessert. Vielfach wird allerdings im Falle von Rechtsmängeln des Immaterialgüterrechts ein Nacherfüllungsanspruch in Betracht kommen: Entspricht das Immaterialgut den Anforderungen, ist jedoch das Immaterialgüterrecht mit Mängeln behaftet, so kann eine Nacherfüllung durchaus möglich, sinnvoll und erfolgversprechend sein. Der Verkäufer mag die fehlende Lizenz beschaffen können oder das Drittrecht ablösen. Grundsätzlich erscheint es daher interessengerecht, dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zu geben, den Rechtsmangel zu beseitigen, bevor der Käufer seine vertraglichen Rechte geltend machen kann. Ein Nacherfüllungsrecht des Verkäufers war in ähnlichen Fällen von der Rechtsprechung deshalb schon vor der Schuldrechtsreform anerkannt. 233 Vielfach wird dem Verkäufer allerdings ein solches Tätigwerden unmöglich bzw. unzumutbar sein. Die Frage nach dem Bestand eines Nachbesserungsrechts bzw. nach dessen Möglichkeit und Zumutbarkeit muss deshalb letztlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Der Käufer kann Schadensersatz statt der Leistung, Rücktritt und Minderung als die hier in erster Linie interessierenden Gewährleistungsrechte erst geltend machen, wenn die Nacherfüllung gescheitert, unmöglich bzw. unzumutbar ist. Wenn im Folgenden die Anwendbarkeit der weiteren Gewährleistungsrechte untersucht wird, so wird jeweils unterstellt, dass ein Nacherfüllungsanspruch nicht bzw. nicht mehr in Betracht kommt, so dass der Käufer unmittelbar Rücktritt, Minderung und ggf. Schadensersatz statt der Leistung geltend machen kann.

C . Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf sämtliche Arten von Aquivalenzstörungen? Die grundsätzliche Anwendung der Rechtsmängelvorschriften auf Rechtskaufverträge entspricht langjähriger Tradition und wird auch durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nicht in Frage gestellt. Dagegen ist nicht eindeutig geklärt, ob gemäß § 453 Abs. 1 B G B daneben auch die Vorschriften über die Sachmängelhaftung auf den Immaterialgüterrechtskauf anwendbar sind. Denkbar wäre es statt dessen, bei gegenstandsbezogenen Aquivalenzstörungen ungeachtet der jeweiligen spezifischen Form des Mangels stets die Rechtsmängelhaf-

2 3 3 B G H G R U R 2002, 407, 408 - Bauschuttsortieranlage; vgl. auch M M R 2002, 3 , 4 .

Goldmann/Redeke,

210

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

tung zur Anwendung zu bringen, da es sich bei Immaterialgüterrechten um R e c h t e - und gerade nicht um Sachen - handelt. Unterstützt würde eine solche Auffassung durch Wortlaut und Systematik von §§ 4 5 9 f f . B G B a.F.. D a n a c h war der unmittelbare Anwendungsbereich der Sachmängelhaftung auf den Sachkauf beschränkt. D i e Rechtsmängelhaftung dagegen war über den Bereich des Sachkaufs hinaus auch auf den Rechtskauf anwendbar. A u f den Kauf von Immaterialgüterrechten als einer F o r m sonstiger R e c h t e fanden somit nach Gesetzeswortlaut und -systematik ausschließlich die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung und gerade nicht zusätzlich auch diejenigen der Sachmängelhaftung Anwendung. D i e Notwendigkeit einer Ergänzung der gesetzlichen Rechtsmängelhaftung durch die entsprechende Anwendung von § § 4 5 9 f f . B G B a.F. und eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Erscheinungsformen von Mängeln hätte sich nicht gestellt, wenn man davon ausgegangen wäre, dass sämtliche möglichen nachteiligen Beschaffenheiten des Kaufobjekts von der Rechtsmängelhaftung ergriffen worden sind. Eine solche weite Auslegung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung wäre allerdings nur dann möglich, wenn aus der Klassifizierung des Veräußerungsgegenstands als R e c h t unmittelbar die umfassende und unbeschränkte Anwendung der Rechtsmängelhaftung zu folgern wäre. Jedenfalls nach früherem R e c h t hätte eine solche weite Auslegung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung möglicherweise mit der Begründung gerechtfertigt werden können, die Rechtsmängelhaftung sei nach dem Willen des Gesetzgebers als umfassendes Haftungsinstrument für die Fälle der Nichterfüllung von Verkäuferpflichten vorgesehen, die hinsichtlich der Verschaffung eines fehlerfreien nichtsächlichen Leistungsgegenstands bestehen. 2 3 4 Hiergegen ergaben sich allerdings bereits nach früherem Recht - und heute in noch stärkerem M a ß e - gewichtige Bedenken. So steht der Wortlaut von § 434 B G B a.F. bzw. § 435 B G B n.F. einer derartig weiten und undifferenzierten A n wendung der Rechtsmängelhaftung auf jede F o r m objektbezogener Äquivalenzstörungen entgegen. D i e Rechtsmängelhaftung ist nach dem Gesetzeswortlaut tatbestandlich gegeben, sofern Dritte R e c h t e gegen den Käufer geltend machen können, nicht dagegen bei Mängeln der vertraglich vereinbarten bzw. vorausgesetzten Brauchbarkeit des durch das Ausschlussrecht erfassten G e g e n stands. Überdies würde die umfassende und unhinterfragte Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf Immaterialgüterrechte dem rechtssystematischen G e bot zuwiderlaufen, im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle die Rechtsmängelhaftung im gesamten Zivilrecht grundsätzlich einheitlich auszulegen. Wie bereits ausführlich dargelegt worden ist, richtet sich der Anwendungs-

2 3 4 So wohl Staudinger-//o«se//, § 4 5 9 Rn. 10 (wenngleich auch in etwas anderem Zusammenhang). D o r t kritisiert er die Auffassung, nach der für die Frage, ob Sach- oder Rechtsmängelhaftung im R a h m e n des Rechtskaufs eingreift, nicht auf den Kaufgegenstand, sondern auf die Art des Mangels abgestellt wird.

5 14.

Gewährleistungshaftung

211

bereich der Rechtsmängelhaftung im Bereich des Sach- und Forderungskaufs danach, ob ein rechtlicher Umstand ausschließlich oder weitgehend in der Sphäre des Verkäufers angesiedelt ist. Dabei mag die gesetzlich vorgesehene Beschränkung der Gewährleistungshaftung auf die Rechtsmängelhaftung zwar im Bereich des Forderungskaufs als sinnvoll erscheinen, da forderungsbezogene Mängel regelmäßig in der Verkäufersphäre angesiedelt sind, in die der Käufer keinen Einblick nehmen kann. 235 Im Bereich der Veräußerung von Immaterialgüterrechten dagegen sind Mängel des immateriellen Vertragsgegenstandes ähnlich wie Sachmängel des körperlichen Gutes für den Käufer typischerweise erkennbar, da dieser das erworbene Gut auf seine Brauchbarkeit hin untersuchen kann. Angesichts dieser Parallelen erschiene es keinesfalls als sachgerecht, nachteilige Beschaffenheiten des immaterialgüterrechtlichen Kaufobjekts als Gegenstand in den Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung einzubeziehen. Noch weniger als nach früherer Rechtslage kann unter Geltung des neuen Schuldrechts die Haftung für sämtliche beim Immaterialgüterrechtskauf möglichen Äquivalenzstörungen unter den Begriff der Rechtsmängelhaftung i.S.v. § 435 B G B subsumiert werden. Heute steht anders als früher der Gesetzeswortlaut einer entsprechenden Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf den Immaterialgüterrechtskauf nicht mehr entgegen. Denn § 453 Abs. 1 B G B gibt dem Rechtsanwender die Möglichkeit, die Vorschriften der Sachmängelhaftung auch auf den Immaterialgüterrechtskauf anzuwenden. Für eine systematisch inkohärente Ausweitung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung auf im Immaterialgut selbst verwurzelte Äquivalenzstörungen besteht kein Bedürfnis. Somit bleibt festzuhalten, dass auch beim Immaterialgüterrechtskauf kein Anlass besteht, den Anwendungsbereich der Rechtsmängelhaftung über diejenigen Umstände hinaus auszuweiten, die beim Sach- und beim Forderungskauf als rechtsmängelbegründend anzusehen sind. Die Rechtsmängelhaftung greift auch hier nur im Falle des Vorliegens von Rechtsmängeln und nicht undifferenziert bei sämtlichen Arten von Äquivalenzstörungen.

D . D i e Ausgestaltung der Mängel- bzw. Bestandshaftung beim Immaterialgüterrechtskauf im Einzelnen

I. Die Haftung für Rechtsmängel

im engeren

Sinne

1. Anfängliches Fehlen der Rechtsposition Wie bereits erwähnt, können Rechtsmängel im engeren Sinne dadurch in Erscheinung treten, dass die Verschaffung der Rechtszuständigkeit des Erwerbers am Immaterialgut vollständig scheitert. Bei Zugrundelegung des Gesetzeswort-

235

Vgl. oben § 11 A III.

212

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

lauts ergeben sich in diesen Fällen bezüglich der Bestimmung des H a f t u n g s r e gimes keine besonderen Schwierigkeiten, da die Nichterfüllungshaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2, 280 ff. B G B zur A n w e n d u n g kommt: Führt der Mangel dazu, dass der Rechtserwerb insgesamt fehlschlägt, da der Veräußerer z.B. nicht Inhaber des Immaterialgüterrechts ist oder er sich weigert, die Leistungshandlung vorzunehmen, so besteht der Erfüllungsanspruch gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 B G B fort. Der Verkäufer haftet dem Erwerber in diesem Fall gemäß §§ 31 l a Abs. 2 B G B bzw. §§ 280 ff. B G B auf Schadensersatz statt der Leistung. Diese umfassende Verkäuferhaftung ergab sich f r ü h e r und ergibt sich auch heute in den Situationen, in denen das veräußerte Recht trotz entgegenstehender vertraglicher Abreden bereits von Anfang an nicht bestanden hat, da der Mangel bereits z u m Zeitpunkt des Vertragsschusses vorlag u n d das Schutzrecht nicht erst nachträglich mit ex-tunc-Wirkung f ü r nichtig erklärt w o r d e n ist. 236 Hier greift unmittelbar der der strengen H a f t u n g f ü r den Bestand des Rechts zugrunde liegende Gedanke, wonach der Verkäufer f ü r seine Leistungspflicht z u m Zeitpunkt des Vertragsschlusses grundsätzlich umfassend u n d auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet einzustehen hat. Das Risiko des Bestands des Rechts ist insoweit in der Verkäufersphäre begründet. Wie bereits ausführlich dargestellt, ist in diesen Fällen grundsätzlich immer dann von der Verantwortlichkeit des Verkäufers nach §§ 311a Abs. 2, 280 ff., 276 B G B auszugehen, wenn der mängelbegründende U m s t a n d in seiner Sphäre beinhaltet liegt. Ein darüber hinausgehendes Verschulden muss nicht mehr eigens festgestellt werden. 2 3 7 2. Anfängliche Belastung der Rechtsposition Zuständigkeit

mit Mängeln der

gegenständlichen

Entsprechend der Unterscheidung zwischen der Bestandshaftung gemäß §§ 433 Abs. 1 S.l, 311a, 280 ff. BGB u n d der Rechtsmängelhaftung nach §§ 433 Abs. 1 S.2, 435 BGB 2 3 8 findet statt der allgemeinen Nichterfüllungshaftung die spezifisch kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung gemäß §435 ff. BGB in den Fällen A n w e n d u n g , in denen ein rechtlicher Mangel die Rechtsstellung des Erwerbers beeinträchtigt, ohne dabei insgesamt z u m Scheitern des Rechtserwerbs zu f ü h ren. Wertungsmäßig erscheint die scharfe Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 435 ff. B G B in diesen Fällen ohne weiteres als angemessen. N i c h t nur die vollständige NichtVerschaffung des Rechts, sondern auch die Veräußerung einer mit einer Lizenz oder einem beschränkt gegenständlichen Recht belasteten Rechtsposition f ü h r t zu einer Beeinträchtigung der Rechtszuständigkeit des Erwerbers. Auch

236 Vgl. Lindenmaier, G R U R 1955, 507, 508 f.; Nirk, Köhler § 437 Rn. 18. 237 Vgl. hierzu im Einzelnen oben § 10 B III 3. 238 Vgl. oben § 1 1 A.

G R U R 1970, 329, 329; Staudinger-

§14.

Gewährleistungshaftung

213

dieser Umstand liegt unmittelbar in der Verkäufersphäre begründet. Der Anwendung von § 435 B G B auf derartige Fallkonstellationen stehen somit keine Bedenken entgegen. 2 3 9

II. Die Haftung für Rechtsmängel 1.

im weiteren

Sinne

Problemstellung

Fraglich ist, ob die scharfe Bestands- bzw. Rechtsmängelhaftung auch in denjenigen Fällen Anwendung findet, in denen Rechtsmängel im weiteren Sinne auftreten. Gemeint sind die Situationen, in denen das Schutzrecht ursprünglich von beiden Vertragsparteien als wirksam angesehen worden ist, sich aber aufgrund einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung nachträglich als ex tunc unwirksam herausstellt. Beispiele hierfür wären Patent- oder Markenveräußerungsverträge, bei denen es sich nach erfolgter Rechtsübertragung erweist, dass das Patent wegen fehlender Neuheit bzw. die Marke aufgrund mangelnder U n terscheidungskraft von Anfang an nichtig ist. Vergleichbare Situationen treten auch dann auf, wenn nicht ein bereits entstandenes Patent, sondern eine Schutzrechtsanmeldung verkauft wird, für die später - entgegen den gemeinsamen Vorstellungen der Parteien - kein Patent erteilt wird. Parallel gelagerte Sachverhalte können sich darüber hinaus bei der Weiterübertragung abgeleiteter urheberrechtlicher Nutzungsrechte ergeben: So ist das weiterveräußerte Tochterrecht dann als von Anfang an nichtig anzusehen, wenn die Nichtigkeit des Mutterrechts - beispielsweise aufgrund unzureichender urheberrechtlicher Individualität des veräußerten Geisteswerks - nachträglich gerichtlich festgestellt wird. Bei strikter Anwendung des Gesetzes und unter Heranziehung des der Rechtsmängelhaftung zugrunde liegenden Gedankens der Sphärenverantwortlichkeit des Verkäufers ergeben sich keine Schwierigkeiten bei der haftungsrechtlichen Beurteilung solcher Sachverhaltskonstellationen. Gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 B G B hat der Verkäufer dem Käufer das Kaufobjekt als solches zu verschaffen. Erweist sich das veräußerte Recht als von Anfang an nicht existent bzw. ist es mit ex-tunc-Wirkung nichtig, so begeht der Verkäufer eine Pflichtverletzung i.S.v. § 3 1 1 a B G B . Ist die Rechtsposition bereits mit ex-tunc-Wirkung vernichtet, so greift die Bestandshaftung ein; besteht die Rechtsposition noch, so ist die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung anwendbar. Geht man weiter davon aus, dass den Verkäufer ohne Rücksicht auf dessen Verschulden eine Sphärenverantwortlichkeit trifft, so führt dieser Mangel der Rechtsposition unmittelbar zur Verkäuferhaftung gemäß §§ 433 Abs. 1 S . l , 311a B G B . Unter Geltung des früheren Rechts versuchten Rechtsprechung und Teile des Schrifttums, die scharfe Einstandspflicht des Verkäufers abzumildern. Damit

2 3 9 So im Ergebnis auch Nirk, G R U R 1970, 329, 333, der dies allerdings auf die Anwendung von § 437 B G B a.F. stützte.

214

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

liegt die Frage auf der Hand, wie derartige Situationen nach neuem Recht zu beurteilen sind.

2. Überblick über den Meinungsstand a. Bundesgerichtshof In der Hartmetallkopfbohrer-Entscheidung 2 4 0 hatte der B G H zur Frage der Verkäuferhaftung im Falle der Vollübertragung einer Anmeldung für ein in seiner Tauglichkeit zwar fehlerfreies, mangels Neuheit aber nicht erteilungsfähiges Patent Stellung zu nehmen. Nach Vornahme einer entsprechenden Risikoeinschätzung schloss das Gericht jedenfalls für den Fall eines angemeldeten, aber noch nicht erteilten Patents 241 jede Verkäuferhaftung aus. Zwar qualifizierte der B G H den Veräußerungsvertrag ohne weiteres als Rechtskauf 2 4 2 , lehnte aber gleichwohl jede gesetzliche Verkäuferhaftung ab. Die Anwendung kaufrechtlicher Gewährleistungsvorschriften zog das Gericht nicht einmal in Betracht. Ausdrücklich lehnte es hingegen die Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage als einem gegenüber der Rechtsmängelhaftung für den Veräußerer milderen Haftungsinstitut ab: D e r Käufer könne sein Risiko unter dem G e sichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht auf den Verkäufer abwälzen, da der Käufer dieses Risiko zu tragen habe. Trotz der Nichterteilung des Schutzrechts habe der Käufer den Vertrag zu erfüllen und die Kaufpreisraten vollständig zu entrichten. E r rücke mit dem Rechtserwerb endgültig und vollständig in die mit dem Risiko der Schutzrechtsversagung oder -Vernichtung behaftete Rechtsposition des Veräußerers ein. Der Kauf einer noch ungeschützten, aber zum Patent angemeldeten Erfindung sei ein gewagtes Geschäft, weil weder die Erlangung noch der zukünftige Bestand des Schutzrechts mit Sicherheit abgeschätzt werden könnten. Nach der regelmäßigen Interessenbewertung liege in solchen Fällen das Risiko einer Enttäuschung der Erwartungen hinsichtlich der Erteilung und des Bestands des nachgesuchten Schutzrechts grundsätzlich beim Käufer. 243

B G H Z 83, 283 - Hartmetallkopfbohrer. Zwar bezieht sich die geschilderte Entscheidung auf die Veräußerung einer Patentanmeldung. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der B G H die gleiche Entscheidung auch dann getroffen hätte, wenn Kaufgegenstand ein bereits entstandenes Patentrecht gewesen wäre. Auch der Kauf eines bereits entstandenen Patents muss als gewagt angesehen werden, da hier gleichermaßen für den Verkäufer die Gefahr besteht, dass eine neuheitsschädliche Entgegenhaltung aufgefunden wird, die nach Durchführung eines entsprechenden Nichtigkeitsverfahrens zur ex-tunc-Nichtigkeit der Patenterteilung führen würde. So führt der B G H aus, dass der Käufer eines Schutzrechts oder einer Schutzrechtserteilung in die mit dem Risiko behaftete Rechtsstellung des Verkäufers eintrete. 242 B G H Z 83, 283, 287 - Hartmetallkopfbohrer. 243 B G H Z 83, 283, 288 f. - Hartmetallkopfbohrer. 240 241

§ 14.

Gewährleistungshaftung

215

b. Literatur Im Schrifttum herrschte weitgehende Uneinigkeit über die Behandlung derartiger Rechtsmängel. So wurde vertreten, dass sich die Beurteilung der Verkäuferhaftung nach der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 242 BGB bzw. § 313 BGB n.F. richte, wenn sich der Mangel nach Vertragsschluss herausstelle und sofern beide Vertragsparteien in gutem Glauben gehandelt hätten. Das Vorhandensein des Patentschutzes bzw. die Erwartung der späteren Patentierung im Falle der Veräußerung einer Patentanmeldung sei als Grundlage des Geschäfts anzusehen. 244 Auf diese Weise könne eine der Interessenlage gerecht werdende Gestaltung des Vertragsverhältnisses erfolgen; allen Komplikationen des Sachverhaltes könne man so in einer Treu und Glauben entsprechenden Weise gerecht werden. 245 Einen weniger auf allgemeinen Billigkeitserwägungen basierenden, weit stärker der Rechtssicherheit verpflichteten Beitrag zur Einordnung der Gewährleistung bei Patentveräußerungsverträgen in das Bürgerliche Gesetzbuch hat Rudolf Nirk im Jahr 1970 vorgelegt. 246 Seine Grundthese besteht darin, dass sowohl Lizenz- als auch Vollübertragungsverträge nach Beseitigung einiger Missverständnisse in die Dogmatik des bürgerlich-rechtlichen Kaufvertrags eingebunden werden könnten 247 . Falle das veräußerte Schutzrecht nach Vertragsschluss mangels Neuheit mit ex-tunc-Wirkung fort, so sei der Vertrag gemäß § 437 BGB a.F. wirksam 248 . Regelmäßig hafte der Verkäufer in diesen Fällen daher nach §§ 437,434, 440, 445, 320 ff. BGB a.F. und somit garantiemäßig und auf das positive Interesse gerichtet. Die unbedingte Einstandspflicht für die anfängliche Unmöglichkeit der Rechtsverschaffung begrenzt Nirk allerdings - in Anlehnung an Larenz24z, Vor §31 Rn. 28; v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, Einf. Rn. 76; Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 20 f.; speziell zum Verlagsvertrag vgl. Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 20; Haberstumpf/Hintermeier, § 8 III (S. 65 f.); .Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 1042; Fromm/Nordemann-//ertztt, Vor §31 Rn. 26ff.; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, § 110 IV (S. 475 f.). 301 Vgl. z.B. Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 20 ff. 302 Zur vorgeblichen Unangemessenheit von §477 BGB a.F. vgl. RGZ 82, 155, 159; RG GRUR 1938, 33, 34 - Kilometerzähler an Kleidungsstücken; Reimer-£r«sf Reimer, §9 Anm. 39; Gaul/Bartenbach/Gennen, S. K 160, Rn. K 458; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 321; Gleiss, S. 83 ff.; vgl. zu dieser Thematik allerdings unten § 17 B II.

§15.

Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

249

griff des Dauerschuldverhältnisses, sollte hierdurch jedoch nicht berührt werden. Auch bezüglich der nun gesetzlich geregelten Kündigung von Dauerschuldverhältnissen übernimmt das Gesetz im Wesentlichen die bisherige Rechtsprechung. 3 0 4 Im Folgenden kann daher auf die traditionellen Grundsätze zu Begriff, Inhalt und Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen zurückgegriffen werden. Als »Dauerschuldverhältnisse« werden Vertragsverhältnisse bezeichnet, bei denen die Leistungspflicht mindestens einer Vertragspartei oder auch beider Parteien in einem dauernden Verhalten oder in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen besteht und die somit durch eine dauernde Pflichtenanspannung gekennzeichnet sind. Dauerschuldverhältnisse unterscheiden sich von den auf eine einmalige Leistung gerichteten Schuldverhältnissen insbesondere dadurch, dass aus ihnen während der gesamten Vertragslaufzeit bestimmte Pflichten nicht erlöschen, dass ständig neue Leistungs- und Schutzpflichten entstehen sowie durch die vertragswesentliche Bedeutung des Zeitelements. Der Umfang der geschuldeten Leistung und damit auch der Umfang der vom Gläubiger zu erbringenden Gegenleistung ist beim Dauerschuldverhältnis von der Dauer der Zeit abhängig, während der die Leistungen des Schuldners fortlaufend zu erbringen sind. 3 0 5 Der Gesamtumfang der Leistung wächst mit dem Fortgang der Zeit. Ein Dauerschuldverhältnis kann von vornherein für eine bestimmte Zeit begründet werden, nach deren Ablauf es ohne weiteres endet. Es kann aber auch auf unbestimmte Zeit geschlossen und durch eine spätere Vereinbarung oder durch Kündigung beendet werden. 3 0 6 Die andauernde Leistung kann in einem fortdauernden Verhalten wie einem Unterlassen, Belassen oder Dulden oder auch in periodisch wiederkehrenden Leistungen wie einer entsprechend ausgestalteten Vergütung beruhen. 3 0 7 Als Dauerschuldverhältnisse zu qualifizieren sind zum einen bestimmte gesetzlich ausgebildete Vertragstypen wie etwa Miet-, Pacht-, Leih-, Verwahrungs- oder Gesellschaftsverträge. Daneben kann auch atypischen Verträgen Dauerschuldverhältnischarakter zukommen, sofern sie auf Dauer angelegt und durch eine dauernde Pflichtenanspannung einer oder beider Vertragsparteien gekennzeichnet sind.

3 0 3 Vgl. grundlegend v. Gierke, JheringsJB 64 (1914), 355 ff.; Esser/Schmidt, Schuldrecht Bd. I, § 15 II 4 (S: 224f.); Gernhuher, Schuldverhältnis, § 16 I 1 (S. 377ff.); Huber, Leistungsstörungen Bd. II, § 46 f. (S. 436 ff.); MüKo-Äramer, Einl. Rn. 85 ff. zu Band II; Larenz, Schuldrecht I, § 2 V (S. 29 ff.); Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, passim; vgl. auch Horn, Vertragsdauer, in: Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 551 ff. 3 0 4 Begründung, S. 177. 3 0 5 Vgl. Huber, Leistungsstörungen, Bd. 2, § 46 I 1 (S. 437); ders., Leistungsstörungen Bd. I, § 6 III 1 (S. 160). Ähnlich Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S. 29 f.). Zu weiteren Definitionsansätzen vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, § 16 I 1 (S. 377 ff.). 306 Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S. 30). 307 Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S.29f.).

250

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Für den Charakter eines Vertrags als Dauerschuldverhältnis ist entscheidend, dass der Umfang der Gesamtleistung von der Länge der Zeit abhängt, während der die Leistungen fortgesetzt werden sollen. Daher ist insbesondere der - sogleich näher zu behandelnde - echte Sukzessiv- bzw. Ratenlieferungsvertrag nicht als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren. Denn bei einem solchen Vertrag hat das Moment der Zeit keinen Einfluss auf den Inhalt und Umfang der von Anfang an feststehenden - Leistung, sondern nur auf ihre Art und Weise.308 II. Kaufrechtliche

Dauerschuldverhältnisse

Auch wenn das Gesetz von einem Leitbild des Kaufvertrags ausgeht, der durch einen einmaligen Güteraustausch geprägt ist, so ist doch gleichwohl allgemein anerkannt, dass auch bestimmte zeitlich gestreckte Formen von Kaufverträgen als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren sind. Den kaufrechtlichen Dauerschuldverhältnissen ist gemeinsam, dass die Verschaffung des geschuldeten Kaufguts nicht in einem einzigen Akt erfolgt, sondern die entsprechenden Lieferungen über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen. Zu unterscheiden ist in Bezug auf den Dauercharakter zwischen echten und unechten Sukzessivlieferungsverträgen. 309 Für Raten- oder Teillieferungsverträge als echte Sukzessivlieferungsverträge ist charakteristisch, dass eine von vornherein bestimmte Liefermenge in Teilleistungen mit unterschiedlichen Fälligkeitsterminen zu bewirken ist. Deshalb sind diese nicht als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren. Denn das Zeitmoment beeinflusst hier nicht Inhalt und Umfang der Leistung, sondern nur deren Art und Weise.310 Dagegen sind Bezugs- oder Dauerlieferungsverträge als unechte Sukzessivlieferungsverträge auf die Lieferung von zunächst unbestimmten Mengen gerichtet. Da die geschuldete Leistungsmenge bei diesen nicht von vornherein feststeht, sondern sich nach dem Bedarf des Abnehmers richtet, handelt es sich hierbei um Dauerschuldverhältnisse. Die für diese Art von Verträgen spezifischen Rechtsfolgen finden hier somit Anwendung. 311

308 So ausdrücklich Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S. 30); vgl. auch Huber, Leistungsstörungen Bd. II, § 42 III 1 (S. 343 ff.), § 46 I 1 (S. 439); S o e r g e l - H u b e r , Vor § 433 Rn. 44; z u m Sukzessivlieferungsvertrag insgesamt vgl. grundlegend A. Hueck, D e r Sukzessivlieferungsvertrag, passim. 309 G r u n d l e g e n d Hueck, D e r Sukzessivlieferungsvertrag, passim. Vgl. zu dieser Unterscheid u n g (Sukzessivlieferungsvertrag i.e.S. u n d i.w.S.) ausführlich S o e r g e l - H u b e r , Vor § 4 3 3 Rn. 43 ff. 310 Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S. 30); in diesem Sinne auch Soergel-Huber, Vor § 433 Rn. 44; Soergel-Teichmann, §241 Rn. 7; Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 2 V I (S. 30); Staudinger-KoÄler, Vorbem zu §§ 433 ff. Rn. 19 311 Vgl. Palandt-Heinrichs, Einf. § 3 0 5 Rn. 28; Staudinger-Köhler, Vorbem zu §§433 ff. Rn. 19; S o e r g e l - H u b e r , Vor § 4 3 3 Rn. 58; Soergel-Teichmann, §241 Rn. 6; MüKo-Emmerich, Vor § 275 R n 376; Pzhndt-Heinrichs, Einf § 305 Rn. 28.

§15. Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

251

Als kaufrechtliche Dauerschuldverhältnisse werden, soweit ersichtlich, nur Erscheinungsformen des Sachkaufs behandelt. 312 Weitgehend undiskutiert ist dagegen die Frage, ob und unter welchen Bedingungen auch Kaufverträge über Rechte und sonstige Gegenstände als Dauerschuldverhältnisse zu charakterisieren sind und welche rechtlichen Folgerungen sich hieraus gegebenenfalls ableiten lassen. Damit stellt sich die Frage, ob die Grundsätze des Dauerschuldverhältnisses auch auf Lizenzverträge als Verträge über die konstitutive Übertragung von Rechten anwendbar sind. III.

Rechtsfolgen

1. Das außerordentliche gem. §314 BGB

Kündigungsrecht

aus wichtigem

Grund

Die Funktion des Begriffs des Dauerschuldverhältnisses besteht darin, den Kreis der Verträge festzulegen, für die gewisse Rechtsfolgen gelten, welche aufgrund des Dauercharakters des Vertragsverhältnisses und ungeachtet des jeweiligen spezifischen Vertragsinhalts zur Anwendung kommen. 313 Vor allem resultieren aus der Charakterisierung eines Vertrags als Dauerschuldverhältnis besondere Kündigungsmöglichkeiten. Dauerschuldverhältnisse können, wie nun in §314 BGB ausdrücklich geregelt worden ist, aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. 314 Diese Befugnis zur Lösung vom Vertrag trägt dem Umstand Rechnung, dass die Dauerbeziehung zwischen den Vertragsparteien nicht, d.h. auch nicht bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist, aufrecht erhalten werden soll, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses einem oder beiden Teilen unter Berücksichtigung der Eigenart des Schuldverhältnisses, des gesamten Verhaltens und der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann. 315 Ist dagegen ein Vertragsverhältnis - wie insbesondere der Raten- oder Teillieferungsvertrag - nicht als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren, so besteht ein solches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gerade nicht. Eine Vertragsbeendigung

312 Dies gilt letztlich auch für die Stromlieferungsverträge, da diese allgemein als Sachkaufverträge behandelt werden. Eine Ausnahme bildet allenfalls der Lizenzvertrag, der aber regelmäßig gerade angesichts seiner Dauernatur gerade nicht als Kaufvertrag angesehen wird. 313 Vgl. hierzu den Uberblick bei Palandt-Heinrichs, Einl § 241 Rn. 21 ff.; Huber, Leistungsstörungen, §§ 46 f. (S. 436 ff.); Soergel-Huber, Vor § 433 Rn. 44 ff. 314 Schon vor der Schuldrechtsreform entsprach das Kündigungsrecht, das analog §§ 554 a, 626, 723, § 89 a H G B gewährt wurde, der allgemeinen Meinung; vgl. z.B. B G H Z 29, 171, 172; B G H Z 41, 104, 108; zuletzt B G H N J W 99, 1177, 1178; vgl. V^nAt-Heinrichs, Einl §241 Rn. 18 f.; Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S. 30); Esser/Schmidt, Schuldrecht I, § 15 II (S. 226); MüKoKramer, Einl. Bd. II, Rn. 87 ff.; Huber, Leistungsstörungen, Bd. 2, §46 II 2 (S. 442); SoergelHuber, Vor § 433 Rn. 58; Staudinger-Köhler, Vorbem zu §§ 433 ff. Rn. 19. 315 MüKo-Kramer, Einl. Bd. II, Rn. 88; Larenz, Schuldrecht I, §2 VI (S. 33); vgl. auch Huber, Leistungsstörungen, Bd. 2, §46 II 2 (S. 442 f.).

252

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

k o m m t in diesem Falle - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben - nur durch Rücktritt in Betracht. 3 1 6 2. Einschränkung

der ex-tunc-Rückabwicklung

nach

Invollzugsetzung

a. Einschränkung der Wirkungen des gesetzlichen Rücktrittsrechts Vielfach wird angenommen, dass die Rückabwicklung eines in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnisses aufgrund Rücktritts ausgeschlossen sei. 317 Die aus dem Wesen des Dauerschuldverhältnisses folgende Möglichkeit zur Kündigung aus wichtigem G r u n d mit ex-nunc Wirkung verdränge als speziellere Regel den Rücktritt als das allgemeinere Rechtsinstitut. 3 1 8 Zur Begründung wird angeführt, dass den Parteien im Allgemeinen nicht daran gelegen sei, das Vertragsverhältnis auch f ü r die vergangene Zeit aufzulösen, in der es durch Leistung u n d Gegenleistung abgewickelt w o r d e n ist. A u c h könne die Rückabwicklung des ganzen Vertragsverhältnisses, also auch f ü r die Zeit, in der der Vertrag durchgef ü h r t w o r d e n ist, häufig beträchtliche Schwierigkeiten bereiten. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nimmt zu dem Konkurrenzverhältnis zwischen Kündigung gemäß §314 B G B und dem Rücktritt gemäß §§323 ff. B G B nicht ausdrücklich Stellung und lässt die Frage damit offen. Eine Gegenposition zur h.M. vertritt insbesondere Emmerich,319 Er wendet sich unter Berufung auf gewisse Ansätze in der neueren Rechtsprechung 3 2 0 gegen die Annahme, wonach das Rücktrittsrecht des Gläubigers stets durch die Kündigung aus wichtigem G r u n d ersetzt werde. Von einer generellen U n a n wendbarkeit des Rücktrittsrechts auf alle Dauerschuldverhältnisse könne keine Rede sein. Vielmehr sei im Gegenteil von der grundsätzlichen Geltung des § 326 B G B a.F. - u n d damit wohl auch von § 323 ff. B G B n.F. - auch für Dauerschuldverhältnisse auszugehen. Es sei lediglich im Einzelfall zu prüfen, ob mit Rücksicht auf die Besonderheiten des betreffenden Schuldverhältnisses Modifikatio-

316 Staudinger-Äoi/er, Vorbem zu §§433 ff. Rn. 19; S o e r g e l - H u b e r , Vor § 4 3 3 Rn. 44; Larenz, Schuldrecht I, § 2 VI (S.30); B G H N ] W 1981, 679, 680. 317 Vgl. Musielak, JuS 1979, 96, 97; MüY^o-Kramer, Einl. § 241 ff. Rn. 90; Palandt-Heinrichs, § 3 2 6 Rn. 3; Soergel-Teichmann, § 2 4 1 Rn. 8; Larenz, Schuldrecht I, § 2 6 d (S. 413 f.); Staudinger-Oiio, § 3 2 6 Rn. 24ff.; vgl. aus der Rspr. z.B. B G H W M 1976, 508, 509; B G H N J W 1986, 124, 125. 318 So besonders deutlich Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 36 m.w.N. 319 MüKo-Emmerich § 326 Rn. 19f. 320 B G H N J W 1987, 2004, 2006. H i e r hat der B G H klargestellt, dass der G r u n d s a t z , w o nach bei einem Dauerschuldverhältnis eine K ü n d i g u n g an die Stelle des Rücktritts trete, w e n n der Vertrag bereits vollzogen sei, n u r f ü r den Regelfall gelte, dass die Parteien eines Dauerschuldverhältnisses kein Interesse daran hätten, wegen einer nachträglich (d.h. w ä h r e n d des in Vollzug gesetzten Vertragsablaufs) eingetretene Störung auch die bereits erbrachten Leistungsteile rückgängig zu machen (vgl. B G H W M 1972, 625). Bestehe dagegen ausnahmsweise ein derartiges Interesse, so k ö n n e auch bei einem Dauerschuldverhältnis ein Rücktritt in Betracht k o m m e n , selbst w e n n einzelne Leistungen bereits erbracht seien.

§ 15. Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

253

nen geboten seien. Die Ersetzung des Rücktrittsrechts gelte nur für die Fälle, in denen die Parteien tatsächlich kein Interesse daran hätten, die beiderseits schon erbrachten Leistungen rückabzuwickeln. Wo jedoch ein derartiges Interesse bestehe, bleibe es auch für Dauerschuldverhältnisse bei der vollen Anwendbarkeit des Rücktrittsrechts. b. Grundsatz der Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen der Anfechtung bei Dauerschuldverhältnissen? Die Möglichkeit einer ex-tunc-Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen im Falle von Leistungsstörungen ist deutlich von der Frage nach der Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen bei erfolgter Anfechtung zu unterscheiden. Die Anfechtung führt gemäß § 142 Abs. 1 B G B grundsätzlich zu einer rückwirkenden Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Dieses ist sodann bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln. Beim Rücktritt dagegen entsteht ein obligatorischer Anspruch auf Herstellung des früheren Zustandes, so dass der Vertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgestaltet wird. Bezüglich in Vollzug gesetzter Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse ist allgemein anerkannt, dass die Anfechtung abweichend von § 142 Abs. 1 B G B grundsätzlich nur ex nunc wirkt 3 2 1 . Die Einschränkung der Irrtumsanfechtung für Gesellschafts- und Arbeitsverhältnisse bedeutet eine Rechtsfortbildung extra legem, deren Ausdehnung auf weitere Fallgruppen ein jeweils gesondert zu begründendes dringendes Bedürfnis des Rechtsverkehrs voraussetzt. 322 Bei Gesellschaftsverträgen gilt der Ausschluss der Rückwirkung grundsätzlich nur,sofern kein Anfechtungsgrund i.S.v. § 123 B G B gegeben ist. 323 Mietverträge sind dagegen nach herrschender Auffassung mit ex-tunc-Wirkung anfechtbar. 324 Schon die Anfechtbarkeit des Mietvertrags ex tunc sowie die Möglichkeit der ex-tunc-Anfechtung eines durch arglistige Täuschung zustande gekommenen Gesellschaftsvertrags machen allerdings deutlich, dass ein allgemeiner zivilrechtlicher Grundsatz, wonach die Anfechtbarkeit von Dauerschuldverhältnis-

321 Vgl. z.B. Palandt-Heinrichs, § 142 Rn. 3 sowie § 119 Rn. 5; Staudinger-Äoi^, § 142 Rn. 32; Larenz/Wolf, AT, § 36 Rn. 114 f. (S. 690); zur beschränkten Anfechtbarkeit von Arbeitsverhältnissen vgl. B A G N J W 1984, 446; bei Arbeitsverhältnissen wirkt die Anfechtung jedoch bei Fehlen von Rückabwicklungsschwierigkeiten ex tunc, Palandt-Heinrichs, § 1 1 9 Rn. 5; vgl. B A G N J W 1985, 646. Zur eingeschränkten Anfechtbarkeit von Gesellschaftsverträgen vgl. Palandt-Sprau § 705 Rn. 17 ff.; Baumbach/Hopt, H G B , § 105 Rn. 75 ff.; Rn. 80 ff.; B G H Z 55, 5, 8. 322 Staudinger-flot/?, § 142 Rn. 36. 323 Str., vgl. Baumbach/Hopt, H G B , § 195 Rn. 80 m.w.N.; s. auch Staudinger-ÄoiÄ, § 142 Rn. 33; Medicus, AT Rn. 255. Bei Arbeitsverträgen wird überwiegend angenommen, dass auch die Anfechtung nach § 123 B G B nur für die Zukunft wirkt. Vgl. B A G N J W 1958, 516; s. aber auch B A G N J W 1984, 446; kritisch Staudinger-ÄoiA, § 142 Rn. 34; MüKo-Mayer-Maly, § 142 Rn. 16. 324 H.M., vgl. z.B. MüKo-Mayer-Maly, §142 Rn. 15; Staudinger-£m»zmc/), Vorbem zu §§ 535, 536, Rn. 182.; offengelassen in B G H W M 1967, 515; B G H WM 1968, 1306.

254

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

sen nur mit Wirkung für die Zukunft möglich sei 3 2 5 , kaum anerkannt werden kann bzw. dass diesem angesichts der vielen allgemein zugelassenen Ausnahmen keine nachhaltige Aussagekraft zur Lösung von Zweifelsfällen zukommt.

C . D i e E i n o r d n u n g des ausschließlichen Lizenzvertrags als Dauerschuldverhältnis und die K o n s e q u e n z e n für die Rechtsanwendung Es ist deutlich geworden, dass zwischen der Einordnung eines Vertrags als Kauf einerseits und seiner Qualifizierung als Dauerschuldverhältnis andererseits kein Widerspruch besteht. Auch Kaufverträge sind als Dauerschuldverhältnisse anzusehen, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen aufweisen. Daher stellt sich nun die Frage, ob und inwieweit ausschließliche Lizenzverträge als kaufrechtliche Dauerschuldverhältnisse qualifizierbar sind und welche konkreten Folgerungen sich aus dieser Klassifizierung für die Ausgestaltung der Gewährleistungshaftung ableiten lassen.

I. Der nur teilweise bestehende geschuldeter Leistungen

Dauercharakter

lizenzvertraglich

Wie bereits ausgeführt, sind Lizenzverträge angesichts des in ihnen verkörperten Zeitelements als Dauerschuldverhältnisse einzuordnen. 3 2 6 Es sollen nun die Folgerungen, die sich aus dieser Qualifikation ableiten lassen, im Einzelnen untersucht werden. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, zunächst diejenigen Elemente innerhalb des Lizenzvertrags zu identifizieren, die durch ein Merkmal dauernder Pflichtenanspannung geprägt sind und somit den Dauercharakter des Lizenzvertrags begründen. Daran anschließend kann festgestellt werden, welche Konsequenzen sich für den Lizenzvertrag aus seinem Dauerschuldcharakter im Einzelnen ergeben.

1. Dauercharakter

der Überlassung des

Vertragsgegenstands?

Fraglich ist zunächst, ob der vom Lizenzgeber regelmäßig 3 2 7 geschuldeten Hauptleistungspflicht, die in der Verschaffung und Belassung des Vertragsgegenstands besteht, Dauercharakter zukommt. Bezüglich der Modalitäten der Überlassung des Vertragsgegenstands sind die Verschaffungspflichten bei Dauerschuldverhältnissen über Sachleistungen nicht mit der lizenzvertraglichen Rechtseinräumung vergleichbar: Wiederholte Sachlieferungen setzen auch im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen eine Kette voneinander zu unterschei3 2 5 Einen solchen Grundsatz erkennt Fikentscher »in der Regel« an, vgl. Fikentscher, Schuldrecht, Rn. 36; ähnlich Horn, Vertragsdauer, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge, Bd. I, S. 628. A.A. MüKo-Mayer-Maly, § 142 Rn. 15; Staudinger-Äoti, § 142 Rn. 36. 3 2 6 Vgl. oben § 15 A. 3 2 7 Anders jedoch beim Verlagsvertrag, der nicht zwingend auf die Verschaffung des subjektiven Verlagsrechts gerichtet sein muß; vgl. Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 8.

§ 15. Der Lizenzvertrag als

Dauerschuldverhältnis

255

dender körperlicher Übertragungsakte bezüglich der jeweils konkret zu erbringenden Leistungen voraus. Dagegen beschränkt sich eine auf gewisse D a u e r gerichtete Rechtsübertragung an einem unkörperlichen Gegenstand auf einen einmaligen Übertragungsakt. 3 2 8 N a c h erfolgtem Transfer des Rechts wird nur n o c h dessen weitere Belassung geschuldet. Diese der Rechtsverschaffung nachfolgende Pflicht kann regelmäßig durch schlichtes Untätigbleiben des Lizenzgebers erfüllt werden. Insbesondere im Patentrecht, w o weitere Tätigkeitsverpflichtungen des Lizenzgebers durchaus in Betracht kämen, ist dieser mangels entsprechender besonderer Vereinbarungen nicht dazu verpflichtet, die Erfindung weiterzuentwickeln, erzielte Verbesserungen mitzuteilen und geschützte Verbesserungen zu lizenzieren. 3 2 9 Das Dauerschuldverhältniselement im R a h m e n der Überlassung des Vertragsgegenstands liegt somit im Wesentlichen nur in der Tatsache begründet, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vielfach noch nicht absehbar ist, für welchen Zeitraum der Veräußerer das weitere Unterlassen der Rückforderung des Vertragsgegenstands im Sinne eines schlichten Untätigbleibens schuldet. Von einer »dauernden Pflichtenanspannung« des Veräußerers kann daher insoweit nur ganz eingeschränkt die Rede sein.

2. Dauercharakter

sonstiger lizenzvertraglicher

Leistungspflichten

Während die Überlassung des Vertragsgegenstands nur am Rande durch ein Element der Dauerhaftigkeit geprägt ist, tragen die vielfältigen, diesen Transfer begleitenden Rechte und Pflichten der Parteien deutliche Züge eines Dauerschuldverhältnisses. So treffen den Lizenzgeber während der gesamten Dauer des Lizenzvertrags bestimmte Ausübungs-, Treue- und Informationspflichten. A u f grund dieser ist er beispielsweise regelmäßig zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der Schutzrechtsposition 3 3 0 an den Lizenznehmer verpflichtet. D e r Lizenznehmer seinerseits ist üblicherweise während des gesamten Zeitraums des Lizenzvertrags zur fortlaufenden Lizenzgebührenzahlung, zur Ausübung der Lizenz 3 3 1 sowie auch zur Abrechnung verpflichtet. 3 3 2 328 Insoweit bestehen auch erhebliche Unterschiede zur Gebrauchsüberlassung im Rahmen des Mietvertrags, da dort der Vermieter vielfach wird tätig werden müssen, um seinen aktiven Erhaltungspflichten genügen zu können. 329 Kraßer/Schmidt, GRUR Int. 1982, 324, 332; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 287; Benkard-Ullmann, § 15 Rn. 89; Herrn, Rn. 324. 330 Vgl. hierzu ausführlich Gaul/Bartenbach/Gennen, K 137, Rn. 372ff.; Henn, Rn. 321 ff.; diese Verteidigungspflicht besteht auch gegenüber dem ausschließlichen Lizenznehmer, vgl. Henn, a.a.O. m.w.N. 331 Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 163, gehen unter Zustimmung von Henn, Rn. 285, sogar davon aus, dass es sich bei der Ausübungspflicht um eine Hauptpflicht i.S.v. § 326 BGB handelt. Vgl. aber auch Henn, Rn. 292, wo dieser deutlich macht, dass die Lizenzierung des Vertragsgegenstandes der wichtigste Bestandteil des Vertrags ist. 332 Zur Abrechnungspflicht vgl. z.B. Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 136ff.; Benkard-i//Imann, § 15 Rn. 84 ff.

256

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

II. Parallele Anwendbarkeit von außerordentlicher Rücktrittsrecht hei Lizenzverträgen

Gegenstände

Kündigung

und

Da beim Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis dem Lizenznehmer das Recht zur Kündigung aus wichtigem G r u n d gem. §314 B G B zusteht, ergibt sich die Frage, in welchem Verhältnis dieses Recht der außerordentlichen Vertragsauflösung zu den gesetzlichen Mängelrechten des Erwerbers steht. Zunächst ist im Sondergebiet des Verlagsrechts das Verhältnis zwischen der Kündigungsbefugnis aus wichtigem G r u n d und den verlagsrechtlichen Sekundäransprüchen bei Mangelhaftigkeit des Werks zu erörtern. Sollte das VerlG die Sekundäransprüche des Verlegers auf ein Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d beschränken, so würde dies Anlass zu der Vermutung geben, dass parallel dazu auch die kaufrechtliche Gewährleistungshaftung für nicht verlagsrechtliche Lizenzverträge durch das außerordentliche Kündigungsrecht verdrängt wird. Sollten dagegen die beiden Rechtsinstitute im Verlagsrecht parallel anwendbar sein, wäre dies ein Indiz dafür, dass Gleiches auch bei sonstigen Lizenzverträgen gilt.

1. Außerordentliches Kündigungsrecht und Mängelansprüche im Verlagsrecht Der Verlagsvertrag als Dauerschuldverhältnis 3 3 3 kann nach allgemeiner Auffassung aus wichtigem G r u n d gekündigt werden, zumal da der Verlagsvertrag in besonderem Maße auf gegenseitigem Vertrauen zwischen Verfasser u n d Verleger beruht. 3 3 4 Entscheidend f ü r den Bestand eines Kündigungsrechts ist, wie die konkreten U m s t ä n d e auf den Kündigenden wirken und ob sie sein Vertrauen in die Vertragstreue und Redlichkeit seines Vertragspartners zu erschüttern geeignet sind. Dies ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insbesondere der Besonderheiten der Vertragsbeziehungen u n d der darauf beruhenden Interessenlage, sowie in Hinblick auf Art und Maß der in Frage stehenden Störungen zu prüfen. 3 3 5 D e r Verleger kann sich vom Verlagsvertrag allerdings nicht nur im Wege der Kündigung aus wichtigem G r u n d lösen, die im Falle der Erschütterung der Vertrauensgrundlage eingreift. Vielmehr steht ihm unabhängig davon das Rücktrittsrecht gemäß §§ 31, 30 VerlG im Falle nicht vertragsgemäßer Beschaffenheit des Werks zu. 3 3 6 Die Voraussetzungen, die das Rücktrittsrecht nach §31, 30 333 Vgl. nur Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 20; Haberstumpf/Hintermeier, § 8 III (S. 65 f.). Als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren ist der Verlagsvertrag auch dann, wenn er auf eine bestimmte Zahl von Auflagen (§ 29 Abs. 1 VerlG) oder für eine bestimmte Zeit (§ 29 Abs. 3 VerlG) geschlossen ist. 334 Schricker, Verlagsrecht, § 35 Rn. 23; Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 20 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 1042; Fromm/Nordemann-//ertz«, Vor §31 Rn. 26 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 110 IV (S. 475 f.). 335 Vgl. nur Schricker, Verlagsrecht, §35 Rn. 24 m.w.N.; Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 21 m.w.N.. 336 Daneben kennt das VerlG weitere Rücktrittsrechte wie insbes. dasjenige aus § 30 VerlG wegen nicht rechtzeitiger Ablieferung sowie das Rücktrittsrecht des Verfassers gemäß § 35

$ 15. Der Lizenzvertrag als

Dauerschuldverhältnis

257

VerlG auslösen, unterscheiden sich grundlegend von denjenigen, die das Recht zur außerordentlichen Kündigung begründen: F ü r die Anwendung von § § 3 1 , 30 V e r l G k o m m t es lediglich auf die Vertragswidrigkeit des Werks an 3 3 7 ; eine mögliche Erschütterung der Vertrauensgrundlage zwischen den Vertragsparteien ist dagegen irrelevant. Festzuhalten ist daher, dass das außerordentliche Kündigungsrecht des Verlegers, das im Falle der Erschütterung der Vertrauensgrundlage ausgeübt werden kann, unabhängig vom Rücktrittsrecht wegen nicht vertragsmäßiger Beschaffenheit des Vertragsgegenstands besteht. D a h e r lassen sich aus dem VerlG keine Vorgaben ableiten, denen zufolge dem Lizenznehmer im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands lediglich ein Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d zustehen würde, das andere, spezifisch mängelbezogene Rechtsbehelfe verdrängen würde.

2. Die Rechtslage bei nicht verlagsrechtlichen

Lizenzverträgen

Auch im Falle sonstiger Lizenzverträge, bei denen ebenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d i.S.v. § 314 B G B besteht, ist ein Rückgriff auf spezifische Mängelgewährleistungsregelungen nicht generell ausgeschlossen. E b e n s o wie im Anwendungsbereich des Verlagsrechts ist nicht jeder Mangel des Vertragsgegenstands als wichtiger G r u n d qualifizierbar, der eine außerordentliche Kündigung tragen würde. D e n n auch im R a h m e n des allgemeinen Lizenzvertragsrechts kann ein außerordentliches Kündigungsrecht nach Maßgabe von § 314 Abs. 1 B G B nur dann anerkannt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zu dessen vereinbarter Beendigung nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar ist. 3 3 8 In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass ein solches außerordentliches Kündigungsrecht jedenfalls bei Lizenzverträgen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag besteht, soweit einem der Vertragsparteien ein weiteres Zusammenarbeiten mit dem Vertragspartner nicht mehr zugemutet werden kann, da die Vertrauensbasis des Zusammenwirkens zerstört ist. 3 3 9 Gleiches wird auch dann angenommen, wenn eine PflichtVerlG wegen veränderter Umstände. Auf diese ist allerdings nicht näher einzugehen, weil sie nicht auf im subjektiven Verlagsrecht enthaltenen Mängeln beruhen. 337 Hierzu ist auch die fehlende Ausgabefähigkeit zu zählen (vgl. Schricker, Verlagsrecht, §31 Rn. 11), die zwar auch auf die Persönlichkeit des Verlegers und die Unzumutbarkeit des Vertriebs des Werks abstellt, auf die aber das Vertrauensverhältnis zwischen Verfasser und Verleger weitgehend ohne Einfluß ist. 338 Vgl. z.B. auch BGH GRUR 1992, 112, 114 - pulp-wash. 339 Benkard-Ulimann, § 15 Rn. 121; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 485ff.; grundlegend aus der Rspr. für diese Fallgruppe BGH GRUR 1959, 616, 617 - Metallabsatz; so auch Gaul/ Bartenbach/Gennen, K 320, Rn. 988, die indes die ratio decidendi dieses Urteils zu weit auslegen und aus dieser Entscheidung die allgemeine Anerkennung eines Kündigungsrechts aus

258

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Verletzung im Rahmen eines langfristigen, ein Vertrauensverhältnis unter den Vertragspartnern begründenden Lizenzvertrags erfolgt, sofern zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Vertragspflichten die Mitwirkung des anderen Vertragsteils erforderlich ist. 340 In den genannten Fallkonstellationen erfolgt zur Begründung des außerordentlichen Kündigungsrechts, über die Feststellung der objektiven Pflichtverletzung hinausgehend, eine zusätzliche Wertungsentscheidung darüber, dass die Vertragsfortführung unzumutbar ist, da ein besonderes Vertrauensmoment beeinträchtigt worden ist.341 Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht daher nicht schon bei schlichter Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands, sofern nicht gleichzeitig die Erschütterung des Vertrauensverhältnisses feststellbar bzw. die Rückabwicklung unmöglich oder unzumutbar ist.342 Führt ein Mangel des Vertragsgegenstands nicht zugleich auch zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses bzw. kann dem Mangel abgeholfen werden, so liegt tatbestandlich kein wichtiger Grund vor, wegen dem ein solches Kündigungsrecht geltend gemacht werden könnte. Spezifische Mängelgewährleistungsvorschriften werden deshalb durch das außerordentliche Kündigungsrecht nicht verdrängt. U m die in der Mangelhaftigkeit des Lizenzguts begründete Aquivalenzstörung ausgleichen zu können, ist der Rückgriff auf Vorschriften zuzulassen, die spezifisch im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands eingreifen und nicht die Erschütterung eines Vertrauensverhältnisses voraussetzen.

wichtigem Grund bei Lizenzverträgen unter diesen Umständen ableiten wollen. Indessen bezog sich diese Entscheidung nur auf einen Lizenzvertrag mit gesellschaftsrechtlichen Komponenten, bei dem aus diesem Grunde eine gesteigerte Vertrauensbasis anzuerkennen war. 340 Benkard-Ulimann, § 15 Rn. 122 341 So insbesondere auch Gaul/Bartenbach/Gennen, K 320, Rn. 988, die vom Vorliegen eines wichtigen Grundes grundsätzlich schon bei groben - auch unverschuldeten - Pflichtverletzungen ausgehen, aber zusätzlich fordern, dass die Zerstörung der Vertrauensgrundlage zwischen den Vertragsparteien endgültig sei. Vgl. auch einschränkend Benkard-Ullmann, § 15 Rn. 122, wonach ein Kündigungsrecht auch und gerade bei einem langfristigen Lizenzvertrag als einem Dauerschuldverhältnis bestehe, das zumeist ein Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien begründe. Vgl. auch B G H G R U R 1956,93, 95 - Bioglutan, wo die außerordentliche Kündigung eines auf »einer auf vertrauensvollen Zusammenarbeit beruhenden Dauerschuldverhältnisses« wegen »Erschütterung des Vertrauens« für zulässig erklärt wurde; vgl. auch B G H G R U R 1959, 384, 386 - Postkalender, wonach ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bei Rechtsverhältnissen von längerer Dauer gegeben sei, insbesondere wenn diese ein persönliches Zusammenarbeiten und gütliches Einvernehmen forderten. 342 So wohl auch Henn, Rn. 220; vgl. auch Gaul/Bartenbach/Gennen, K 322 f., Rn. 991, wo die Mangelhaftigkeit des Lizenzgegenstands nicht im Rahmen der möglichen Kündigungsgründe aufgeführt ist; nicht ganz eindeutig insoweit a.a.O., K 321 f. Rn. 990 (Anerkennung eines Kündigungsrechts aufgrund mangelnder Qualität des Vertragsgegenstands ?).

§ IS. Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

259

III. Grundsätzliche Möglichkeit der ex-tunc-Rückabwicklung von Lizenzverträgen aufgrund Rücktritts bei Mängeln des Vertragsgegenstands Mangels Vorrangigkeit des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bestehen keine Bedenken dagegen, die gesetzlichen Mängelgewährleistungsansprüche auf Lizenzverträge anzuwenden, soweit nicht das Verlagsgesetz als lex specialis eingreift. Es stellt sich damit die weitere Frage, ob die Rückabwicklung des Vertrages mit ex-tunc-Wirkung, so wie sie insbesondere beim gesetzlichen Rücktrittsrecht wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache oder der früheren Wandlung gem. §§459ff. BGB a.F. vorgesehen ist, wegen des Dauerschuldcharakters des Lizenzvertrags ausgeschlossen ist. 1. Rückabwicklung

und Rücktritt mit ex-nunc-Wirkung

im Verlagsrecht

Der Blick auf das VerlG kann auch hier wichtige Hinweise für die Beantwortung dieser Fragestellung im allgemeinen lizenzvertraglichen Kontext geben. Gemäß § 37 VerlG finden die Vorschriften der §§ 346 bis 356 BGB a.F. - nach neuem Schuldrecht der §§ 346 bis 352 BGB - auf die im Verlagsgesetz enthaltenen Rücktrittsbestimmungen Anwendung. Dies gilt insbesondere auch für die Fälle der Vertragswidrigkeit der Leistung gemäß § 31, 30 VerlG. Der hierin zum Ausdruck kommende Grundsatz, wonach im Falle der Mangelhaftigkeit des Werks das Schuldverhältnis mit ex-tunc-Wirkung rückabzuwickeln ist, wird allerdings durch § 38 VerlG modifiziert: Ist das Werk bereits abgeliefert, so hängt es von den Umständen ab, ob der Vertrag teilweise aufrechterhalten wird oder nicht. Gemäß § 38 Abs. 2 VerlG wird der Vertrag nach Ablieferung im Zweifel so weit aufrechterhalten, als er sich auf die nicht mehr zur Verfügung des Verlegers stehenden Abzüge, auf frühere Abteilungen des Werks oder auf ältere Auflagen bezieht. Bis zum Beweis des Gegenteils wird daher in diesen Fällen vermutet, dass der Vertrag insoweit aufrecht erhalten wird. 343 Damit treten gemäß § 38 Abs. 2 VerlG im Falle eines Rücktritts unter gewissen Voraussetzungen die Rechtsfolgen ein, die das Gesetz sonst nur bei der Kündigung kennt. 344 Grund hierfür sind die erheblichen Rückabwicklungsschwierigkeiten, die sich ergeben, wenn die bereits hergestellten Verlagserzeugnisse in den Verkehr gebracht worden sind. Allerdings können auch nach Ablieferung des Werks Umstände dafür sprechen, dass der Vertrag rückwirkend zum Erlöschen gebracht wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rücktritt alsbald nach Ablieferung des Werks erklärt wird und mit Vervielfältigung und Verbreitung noch nicht begonnen worden ist. Aber selbst nach diesem Zeitpunkt kann sich in besonderen Fällen aus den Umständen ergeben, dass der Verlagsvertrag durch die Rücktrittserklärung rückwirkend zum Erlöschen gebracht werden soll.345 343

Schricker, Verlagsrecht, §§ 37/38 Rn. 11. Schricker, Verlagsrecht, §§ 37/38 Rn. 10. 345 Schricker, Verlagsrecht, §§37/38 Rn. 12. Vgl. auch Haberstumpf/Hintermeier, (S. 208). 344

§24 II 2

260

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Die Betrachtung des in § 38 VerlG vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses ergibt, dass der Verlagsvertrag auch nach Ablieferung des Werks grundsätzlich in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umzugestalten ist. Der Austausch der Leistungen für sich genommen rechtfertigt somit keine Ausnahme vom grundsätzlichen Geltungsanspruch der §§346ff. B G B ; die Rückabwicklung ist nur dann ausgeschlossen, wenn diese Rechtsfolge nicht als interessengemäß angesehen werden kann. Vom grundsätzlichen Fortbestand des Vertrags mit ex-nunc-Lösungsmöglichkeit geht das Gesetz gemäß § 38 Abs. 2 VerlG nur aus, wenn bereits Werkstücke in den Verkehr gelangt sind und die Rückabwicklung deshalb offensichtlich nicht sachgerecht wäre. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach ein in Vollzug gesetzter Lizenzvertrag nicht ex tunc rückabgewikkelt werden soll, kennt das Verlagsrecht somit gerade nicht. Es beschränkt die Rückwirkung der Vertragsauflösung vielmehr auch bei bereits in Vollzug gesetzten Verlagsverträgen nur in den Fällen, in denen die Rückabwicklung auf besondere Schwierigkeiten stoßen würde und deshalb nicht sachgerecht wäre. 2. Rückabwicklung

nicht verlagsrechtlicker

Lizenzverträge

Es fragt sich, ob die ex-tunc-Rückabwicklung nicht verlagsrechtlicher Lizenzverträge allgemein ausgeschlossen ist oder ob statt dessen - parallel zur gesetzlichen Wertung des Verlagsrechts - die Umgestaltung eines solchen Lizenzvertrags in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis grundsätzlich als möglich erscheint. Die ältere Rechtsprechung sah die Rückabwicklung von Lizenzverträgen nach Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts trotz ihrer ex-tuncWirkung als zulässig an. Dies gelte, so das Reichsgericht, jedenfalls für solche Fälle, in denen das Vertragsverhältnis noch ohne besondere Schwierigkeiten aufgelöst werden könne. 346 Dagegen geht die heute weit überwiegende Meinung davon aus, dass die Rückabwicklungsvorschriften des gesetzlichen Rücktrittsrechts bei in Vollzug gesetzten 347 Lizenzverträgen durch ein Kündigungsrecht ersetzt werden. 348 Eine rückwirkende Auflösung des Vertrags komme nicht in Betracht, da dieser auf längere Zeit geschlossen sei, ein Dauerschuldverhältnis begründe und eine erhebliche Rechtsverwirrung der Rechtsbeziehungen der Beteiligten verhindert werden müsse. 349 3 4 6 Vgl. R G Z 126, 65, 67, wo das Reichsgericht einen auf eine Stücklizenz gerichteten Vertrag als den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln und damit auch dem § 326 B G B a.F. unterworfen ansah. 3 4 7 Vor Ausführung des Lizenzvertrags sind diese Rechte unproblematisch gegeben. Vgl. Benkard-Ulimann, § 15 Rn. 95. 3 4 8 Benkard-Ulimann, § 15 Rn. 95; Henn, Rn. 223; Ohl, G R U R 1992, 77, 77; B G H G R U R 1959, 616, 617 - Metallabsatz. Einschränkend B G H N J W 1987, 2004, 2006, wonach die Rückabwicklung nur bei einer entsprechenden Interessenlage ausgeschlossen sei. Von der grundsätzlichen Möglichkeit der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Lizenzverträge ausgehend auch Möhring, Mitt. 1969, 296, 297. 3 4 9 Benkard-UIlmann, § 15 Rn. 95.

§ Ii.

Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

261

Der h.M. ist nicht zu folgen. Der generelle Ausschluss der Rückabwicklung des Lizenzvertrags ist weder systematisch geboten noch in besonderem Maße praktikabel. Von der gesetzlichen Ausgangslage her stellt die Kündigung eines Austauschvertrags an Stelle der Rückabwicklung eine Ausnahme dar und bedarf somit einer besonderen Begründung. Deshalb sollte nicht von der begrifflichen Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis automatisch auf dessen Aufhebbarkeit nur ex nunc geschlossen werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich bei der Einschränkung der Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen um einen rechtlichen Grundsatz handelt, der ohnehin nicht streng zur Anwendung kommt. 350 Statt dessen ist - ebenso wie im Verlagsrecht entscheidend, inwieweit die für Lizenzverträge typische Interessenlage eine solche Modifikation der gesetzlich angeordneten Rechtsfolgen zwingend verlangt. 351 Nur im Falle eines solchen Bedürfnisses - etwa weil unter Lizenz hergestellte Werkstücke bereits in größerer Anzahl weiterveräußert worden sind wird die Ausgangsvermutung widerlegt, nach der auch Lizenzverträge grundsätzlich mit ex-tunc-Wirkung rückabzuwickeln sind. Selbst wenn man mit der h.M. und entgegen der Auffassung Emmerichs davon ausginge, dass die Rückabwicklung von in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich ausgeschlossen ist, wäre dieser Grundsatz nur dann auf Lizenzverträge anwendbar, wenn die Interessenlage gerade auch bei Lizenzverträgen dies fordern würde. Gleichzeitig müssten die Gründe, die allgemein für den Ausschluss der Rückabwicklung vorgebracht werden, auch konkret für sämtliche Arten von Lizenzverträgen einschlägig sein. Das wichtigste Argument, das gegen die ex-tunc-Rückabwicklung von in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen vorgebracht wird, bezieht sich auf die besonderen praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Rückabwicklung. 352 So würde sich beispielsweise das komplexe Geflecht von Handlungen innerhalb eines Gesellschafts- oder Arbeitsverhältnisses kaum zurückverfolgen lassen. Vielfach kann der Inhalt des Lizenzvertrags dagegen auf eine beschränkte, grundsätzlich leicht feststellbare Anzahl von Vertragsverpflichtungen zurückgeführt werden, die üblicherweise im Kern auf die Verschaffung des Vertragsgegenstands gegen Entgelt gerichtet sind. Soweit der spezifische Lizenzvertrag - anders als der Verlagsvertrag oder Vertriebslizenzen - im Wesentlichen nur zur internen Nutzung des Vertragsgegenstands führt, sind vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten nicht erkennbar. Die Rückabwicklung beschränkt sich in solchen Fällen im Wesentlichen auf die Vornahme einer entsprechenden Verfügung als actus contrarius sowie auf die Rückzahlung der Lizenzgebühren. Sind im Rahmen des Lizenzvertrags weitere Leistungen wie Informations- oder Verteidigungshandlungen erfolgt, wird auch die Berechnung des Vgl. hierzu oben § 15 B III. Vgl. ebenso M ü K o - E m m e r i c h §325 Rn. 19f. 3 5 2 Vgl. z.B. Benkard-t///m«»w, § 15 Rn. 95. Ähnlich z.B. B G H W M 1972, 625, 628, wo von »beachtlichen Schwierigkeiten« bei der Rückabwicklung die Rede ist. 350 351

262

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Wertes dieser Leistungen keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten. R e gelmäßig werden diese nicht stärker ins G e w i c h t fallen als die Berechnung und der Ausgleich sonstiger sachbezogener Aufwendungen, für deren R ü c k a b w i c k lung das Gesetz in §§ 346 ff. B G B ausführliche, von Rechtsprechung und Lehre weiterentwickelte und im Einzelnen konkretisierte Regelungen bereitstellt. Als Argument gegen die e x - t u n c - R ü c k a b w i c k l u n g von Dauerschuldverhältnissen wird vielfach auch vorgebracht, dass den Parteien üblicherweise nicht daran gelegen sei, das Vertragsverhältnis für die vergangene Zeit aufzulösen, in der es durch Leistung und Gegenleistung abgewickelt worden sei. 3 5 3 A u c h diese Einschätzung kann jedoch bei Lizenzverträgen in vielen Fällen nicht überzeugen. D e n n wird dem Lizenznehmer ein mangelhafter Leistungsgegenstand verschafft, so wird dieser für die Zwecke des Erwerbers regelmäßig bereits von A n fang an gänzlich bzw. teilweise unbrauchbar sein. Angesichts dieser anfänglichen, sich über die gesamte Vertragslaufzeit auswirkende Schlechterfüllung wird der Lizenznehmer regelmäßig kein Interesse daran haben, den Lizenzvertrag bis z u m Zeitpunkt einer möglichen Kündigungserklärung als wirksam zu behandeln. Hierin unterscheidet sich der Lizenzvertrag insbesondere von kaufrechtlichen Dauerschuldverhältnissen über körperliche Gegenstände, bei denen der Vertrag regelmäßig nur als ex nunc auflösbar angesehen wird: B e i m Dauerlieferungsvertrag werden häufig nur einzelne Teilleistungen mangelhaft sein, wogegen der Käufer die mangelfreien, bereits erbrachten Leistungen nicht wird zurückgewähren wollen. I m Falle eines Mangels des lizenzvertraglichen Vertragsgegenstandes ist dagegen der -

unteilbare -

Vertragsgegenstand

insgesamt

mängelbehaftet, so dass der Käufer vielfach kein Interesse haben wird, diesen zu behalten. Parallelen bestehen deshalb vielmehr zwischen Lizenzverträgen und Ratenlieferungsverträgen: D e n n auch bei Ratenlieferungsverträgen als zeitlich gestreckten Kaufverträgen sind die geschuldeten Einzelleistungen regelmäßig so weitgehend voneinander abhängig, dass im Falle der Mangelhaftigkeit nur einer Teilleistung der gesamte Vertrag rückabgewickelt werden kann. Zudem k ö n n t e das Äquivalenzinteresse des Lizenznehmers, der einen mangelhaften Lizenzgegenstand erhalten hat, ohnehin nicht hinreichend geschützt werden, wenn ihm nur eine Kündigungsmöglichkeit ohne gleichzeitige G e w ä h rung weiterer, auf die Vergangenheit bezogener Ausgleichsansprüche zuerkannt würde. N e b e n der auf die Zukunft gerichteten Kündigungsmöglichkeit müssen ihm Ansprüche gewährt werden, mit deren Hilfe er Ersatz für seine Aufwendungen wie insbesondere für die vergeblich bezahlten Lizenzgebühren erlangen kann. 3 5 4 Wirtschaftlich betrachtet muss daher im Falle der Lieferung eines man-

Vgl. B G H W M 1972, 625, 628. Vgl. besonders deutlich B G H W M 1972, 625, 628, wonach die fristlose Kündigung bei Leistungsstörungen im Lizenzvertrag keinen Freibrief für eine vertragsuntreue Partei bedeute. Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung würden durch eine Kündigung nicht ausgeschlossen. S. dazu MüKo-Kramer, Einl. §241 ff. Rn. 90. 353 354

§ Ii.

Der Lizenzvertrag

als

Dauerschuldverhältnis

263

gelhaften Vertragsgegenstands eine umfassende Rückabwicklung des Vertrags erfolgen. Anstatt dieses Ergebnis durch eine Kombination von Kündigung und auf die Vergangenheit bezogenen Ausgleichsansprüchen zu erzielen, erscheint es als sachgerechter und gesetzesnäher, zu diesem Ziel unmittelbar über die Anerkennung der Möglichkeit zur ex-tunc-Rückabwicklung des Lizenzvertrags zu gelangen. Ahnlich wie im Verlagsrecht verbietet sich somit auch bei sonstigen Lizenzverträgen eine starre Lösung, die die ex-tunc-Rückabwicklung des Lizenzvertrags deshalb ausschließt, weil dieser Vertrag begrifflich als Dauerschuldverhältnis zu betrachten ist. Die Möglichkeit der ex-tunc-Vertragsauflösung stellt vielmehr den gesetzlichen Grundsatz dar, von dem allerdings immer dann abgewichen werden kann, wenn die Parteiinteressen dies erfordern.

IV. Rückabwicklung des Lizenzvertrags insbes. bei Anfechtung

in anderen

Fällen,

Es ist soeben festgestellt worden, dass der Lizenzvertrag im Falle der Mangelhaftigkeit des Lizenzgegenstands mit ex-tunc-Wirkung rückabgewickelt werden kann, indem er in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgestaltet wird. Darüber hinausgehend stellt sich jedoch die Frage, ob bei Lizenzverträgen stets eine ex-tunc-Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses angenommen werden kann, wenn die gesetzlichen Vorschriften - wie etwa § 142 Abs. 1 B G B - dies verlangen. Dies würde zusätzlich die These stützen, dass die Rückabwicklung des Lizenzvertrags bei Mangelhaftigkeit des Lizenzgegenstands nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist.

1. Rückwirkung nach erfolgter

Anfechtung

Das immaterialgüterrechtliche Schrifttum sowie die lizenzvertragliche Rechtsprechung behandeln die Frage einer möglichen Einschränkung der Rückwirkung des Vertrags nach Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 B G B nicht oder allenfalls ganz am Rande. 3 5 5 Auch der B G H hat sich, soweit ersichtlich, lediglich einmal in F o r m eines obiter dictum zur Frage der Anfechtung von Lizenzverträgen geäußert. Er deutete dabei an, dass die rückwirkende Vertragsauflösung im Wege der »Anfechtung, z.B. wegen arglistiger Täuschung« möglich sei. 3 5 6

355 y g j z g Benkard-W/man«, § 15 Rn. 9, wo zwar die Voraussetzungen, nicht aber die Rechtsfolge der Anfechtung erörtert werden. Zu dieser Frage schweigen auch Bernhard/Krasser, Lehrbuch des Patentrechts; Stumpf/Groß, Lizenzvertrag; Henn. Vgl. aber Gaul/ Bartenbach/Gennen, K 118 Rn. 287, die wohl eher die ex-tunc-Wirkung der Anfechtung vertreten scheinen, sich dazu aber auch nicht klar äußern, sondern eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Regelung vorschlagen. 3 5 6 B G H v. 13. Juli 1982, Az. X ZR 50/81 - Skiliegesitz (unveröffentlicht); insoweit unrichtig genannt bei Gaul/ Bartenbach/Gennen, K 118 Rn. 287, wo das Urteil unzutreffenderweise

264

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

D e r Auffassung des B G H ist zu folgen. Kann der Lizenzvertrag im Falle des Vorliegens eines gesetzlichen Rücktrittsrechts grundsätzlich ex tunc rückabgewickelt werden, so ist erst recht die rückwirkende Vernichtbarkeit des Lizenzvertrags nach erfolgter Anfechtung anzuerkennen. Als Ausgangspunkt f ü r die umfassende Geltung von § 142 Abs. 1 B G B auch im Rahmen von Lizenzverträgen ist die Wertentscheidung des Gesetzgebers zu akzeptieren, gemäß derer der Schutz des sich im Sinne von § 119 Abs. 1 B G B Irrenden bzw. des gemäß § 123 B G B Getäuschten oder Bedrohten grundsätzlich Vorrang gegenüber dem Interesse des Erklärungsempfängers genießt. Die besondere Interessenlage, die im Gesellschafts- bzw. Arbeitsrecht eine Modifikation der Rechtsfolgen des § 142 Abs. 1 B G B erfordert, liegt beim Lizenzvertrag nicht vor. Die Interessen Dritter sind im Rahmen des Lizenzvertrags typischerweise weit weniger berührt als im Falle einer bereits in Vollzug gesetzten, nach außen wirtschaftlich tätigen Gesellschaft. Auch die besonderen Vertrauensmomente, die beim Arbeitsvertrag zu beachten sind u n d die dort die Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen einer Anfechtung gebieten, bestehen im Rahmen eines Lizenzvertrags nicht in gleicher Weise. Ebenso wenig wie die Rückabwicklung des Lizenzvertrags aufgrund des gesetzlichen Rücktrittsrechts ausgeschlossen ist, bestehen Bedenken dagegen, den Lizenzvertrag im Falle erfolgter Anfechtung mit rückwirkender Kraft entfallen zu lassen. Gemäß § 142 Abs. 1 B G B fällt das N u t z u n g s r e c h t des Lizenznehmers aufgrund einer Anfechtung nach §§ 119ff. B G B weg. Dies gilt insbesondere auch bei der Anfechtung nur des lizenzvertraglichen Kausalverhältnisses. D e n n da das Abstraktionsprinzip im Verhältnis zwischen originärem Rechtsinhaber u n d Nutzungsberechtigtem nicht gilt 357 , bewirkt die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Vereinbarung auch die Unwirksamkeit der gegenständlichen Rechtseinräumung. Einen gutgläubigen Erwerb, so wie er im Sachenrecht bei Anfechtung einer Übereignung gemäß §§ 929, 932 i.V.m. § 142 Abs. 2 B G B in Betracht käme, kennt das Immaterialgüterrecht nicht. 358 Somit gelten der Lizenznehmer sowie der Inhaber einer Sublizenz nach erfolgter Anfechtung als mit ex-tunc-Wirkung nicht zur N u t z u n g des Werks berechtigt. Die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses richtet sich demgemäß nach Bereicherungsrecht. Insbesondere ist daher der Lizenznehmer gemäß § 818 Abs. 2 B G B zum Wertersatz sowie zur Herausgabe der gezogenen N u t z u n g e n verpflichtet.

als Beleg d a f ü r angeführt wird, dass der B G H eine r ü c k w i r k e n d e A u f l ö s u n g des Vertrags aufgrund einer A n f e c h t u n g für ausgeschlossen hält. 357 Vgl. dazu ausführlich oben § 8 C II. 358 Unstreitig; vgl. f ü r das U r h e b e r r e c h t Schricker-Schricker, Vor §§ 28ff. Rn. 63.

§ IS. Der Lizenzvertrag

2. Ausschluss der Rückabwicklung pflichten

als

Dauerschuldverhältnis

bei Schlechterfüllung

sonstiger

265 Leistungs-

Anders stellt sich die Situation dagegen dar, wenn eine sonstige lizenzvertragliche Pflicht wie beispielsweise ein Informations-, Fortentwicklungs- oder Verteidigungsgebot verletzt worden ist. Solche Verpflichtungen unterscheiden sich von der Pflicht zur Verschaffung eines fehlerfreien Vertragsgegenstands dadurch, dass es sich um dauerhafte bzw. sich stets erneut manifestierende Verhaltensgebote handelt. Die Tatsache, dass es sich hierbei somit um für Dauerschuldverhältnisse typische dauerhafte bzw. sich stets erneuernde Formen der Pflichtenanspannung handelt, spricht schon prima facie für eine in weiterem Umfang gebotene Anwendung der für Dauerschuldverhältnisse geltenden Grundsätze. Hier erscheint es durchaus im Interesse beider Parteien, den Vertrag grundsätzlich bis zu dem Zeitraum als gültig zu behandeln, an dem die Pflichtverletzungen zum ersten Mal aufgetreten sind. Ist die Pflichtverletzung von erheblichem Gewicht und macht sie die weitere Zusammenarbeit der Vertragsparteien im Einzelfall unzumutbar, so erscheint eine Vertragsauflösung ex nunc als die angemessene Rechtsfolge. Diesem Gedanken trägt auch § 38 Abs. 2 VerlG Rechnung, da nach dieser Vorschrift ältere, bereits abgewickelte Vertragsteile im Zweifel jedenfalls dann wirksam bleiben, wenn sich dies nach den Umständen als sinnvoll erweist.

D . Ergebnis Die Qualifizierung des Lizenzvertrags als Erscheinungsform des Dauerschuldverhältnisses ändert nichts daran, dass die lizenzvertragliche Gewährleistungshaftung jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs des Verlagsrechts grundsätzlich kaufrechtlich einzuordnen ist: Tatbestandlich wird die Mängelgewährleistung grundsätzlich nicht durch ein für Dauerschuldverhältnisse spezifisches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund verdrängt. Statt dessen sind beide Rechtsinstitute nebeneinander anwendbar. Das für Dauerschuldverhältnisse geltende außerordentliche Kündigungsrecht setzt grundsätzlich eine qualifizierte Erschütterung des Vertrauens voraus, die bei bloßen Mängeln des Leistungsgegenstands nicht zwingend vorliegt. Mängelhaftungsansprüche, die konkret an Beschaffenheiten des Veräußerungsgegenstands ansetzen, sind demnach nicht ausgeschlossen. Auch gegen die ex-tunc-Rückabwicklung von in Vollzug gesetzten Lizenzverträgen im Fall der anfänglichen Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands bestehen keine grundsätzlichen Bedenken; diese ist vielmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

266

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

516. Immaterialgüterrechtliche Leerübertragungen und die Wirksamkeit von Lizenzverträgen A. Problemstellung und heutige Bedeutung der Fragestellung Bevor in § 17 auf die Modalitäten der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung im Einzelnen eingegangen werden kann, stellt sich die Frage nach der grundsätzlichen Wirksamkeit von Lizenzverträgen, die fehlerbehaftete Immaterialgüterrechte zum Gegenstand haben. Diese Problematik war unter Geltung des alten Schuldrechts von erheblicher praktischer Bedeutung: Gemäß § 306 BGB a.F. waren Verträge nichtig, die auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet waren. Bei Lizenzverträgen kam somit die Vertragsnichtigkeit insbesondere dann in Betracht, wenn das Schutzrecht an dem an sich mangelfreien Gegenstand aus objektiven Gründen - etwa mangels hinreichender Individualität des Geisteswerks gem. § 2 Abs. 2 U r h G oder wegen fehlender Neuheit gemäß § 3 PatG - nicht bestehen konnte. Die Problematik der »Leerübertragung« und der hieraus möglicherweise folgenden Vertragsnichtigkeit stellt sich angesichts der Streichung des in seinem rechtspolitischen Sinn äußerst umstrittenen 359 § 306 BGB a.F. und der gleichzeitigen Aufnahme von § 31 la BGB in das Gesetz heute nicht mehr in gleicher Schärfe wie früher. Gleichwohl ist es gerechtfertigt, einen kurzen Blick auf die nach früherem Schuldrecht äußerst umstrittene Frage der Wirksamkeit solcher Lizenzverträge zu werfen. Denn nur vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage wird das Schicksal der früher vieldiskutierten Problematik der »Leerübertragung« unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes deutlich.

B. Uberblick über die Lehre von der Leerübertragung Angesichts der systematisch vorrangigen kaufrechtlichen Gewährleistungsregelungen kam im Falle der Vollveräußerung von Immaterialgüterrechten die Vorschrift des § 306 BGB a.F. regelmäßig nicht zur Anwendung. Denn konnte das Recht von Anfang an objektiv nicht verschafft werden, so griff grundsätzlich § 437 BGB a.F. ein. Parallel dazu verhinderten §§ 459ff. BGB a.F. die objektive Nichtigkeit des Vertrags, wenn die Verschaffung des Rechts als solchem zwar möglich, das Immaterialgut jedoch mit Fehlern behaftet war. Anders stellte sich dagegen die Situation bei Lizenzverträgen dar, da die Anwendung von Kaufrecht hier als zweifelhaft erschien: In den Fällen, in denen die im Rahmen des

359 Vgl. zur Kritik z.B. M ü K o - T h o d e , § 306 Rn. 3; BM]{Hrsg.), Abschlußbericht der K o m mission zur Ü b e r a r b e i t u n g des Schuldrechts, S. 16 f.; S. 145 f.; kritisch auch Larenz, Schuldrecht I, § 8 I (S. 99). Vgl. aber dagegen Huber, Z I P 2000, 2137, 2149f.; Ernst, J Z 1994, 801, 808 f.

§ 16. Immaterialgüterrechtliche

Leerübertragungen

267

Lizenzvertrags übertragene Rechtsposition als solche nicht bestand, gingen Rechtsprechung 3 6 0 und Schrifttum 3 6 1 zwar ebenfalls weit überwiegend von der Wirksamkeit des Vertrags entgegen § 306 B G B a.F. aus. D a der Lizenzvertrag regelmäßig nicht als Kaufvertrag qualifiziert wurde, k o n n t e allerdings die W i r k samkeit des Vertrags nicht mit dem Anwendungsvorrang des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts begründet werden. Statt dessen ergab sich die N o t w e n digkeit, den rechtlichen Bestand dieser Vereinbarung auf lizenzvertragsspezifische Erwägungen zurückzuführen. So entschied das Reichsgericht schon früh, dass Verträge, die auf die Übertragung eines nichtigen Schutzrechts gerichtet sind, grundsätzlich als gültig zu behandeln seien. D i e Nichtigkeit des gesamten Vertrags sei keine notwendige Folge der Nichtigerklärung des Schutzrechts. 3 6 2 Zur Begründung der Fortgeltung des Vertrags erwähnte das Gericht zwar den Rechtsgedanken des § 4 3 7 B G B a.F. 3 6 3 . I m Wesentlichen führte das Gericht jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung durch: Hätten die Parteien mit der späteren Nichtigerklärung des Patents gerechnet, so hätten sie den Vertrag nicht als von Anfang an nichtig, sondern vielmehr als fortbestehend angesehen. I m Ergebnis ging das Reichsgericht somit davon aus, dass § 306 B G B a.F. bei Lizenzverträgen grundsätzlich konkludent abbedungen werde, da den Parteien der Wille zur ausgeglichenen Rückabwicklung des Vertrags unterstellt werden könne. Dagegen befürwortete das Reichsgericht die Anwendbarkeit der N i c h t i g keitsfolge des § 306 B G B a.F. in Fällen, in denen die Entstehung der übertragenen Lizenz rechtlich unmöglich war und in denen sich gleichzeitig der die U n möglichkeit begründende Umstand sowohl für den Lizenzgeber wie auch für den Lizenznehmer als erkennbar darstellte. So wurde die Anwendbarkeit von § 306 B G B a.F. in Fällen bejaht, in denen ein Lizenzvertrag über den Zeitablauf des Patents hinaus 3 6 4 oder über ein rechtlich nicht schutzfähiges Gebrauchsmuster an einem seiner A r t nach nicht dem Musterschutz zugänglichen G e g e n stand 3 6 5 geschlossen worden war. A u c h in einer Situation, in denen die Erfindung nicht ausführbar war, ging das Reichsgericht von der Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 306 B G B a.F. aus. 3 6 6 D i e Anwendbarkeit von § 306 B G B a.F. auf die zuletzt genannten Fälle offensichtlicher Unmöglichkeit der Rechtseinräumung ließ der Bundesgerichtshof 360 Vgl. z.B. BGH GRUR 1958, 595 -Wendemanschette; BGH GRUR 1961, 466, 468 - Gewinderollkopf; BGH GRUR 1969, 677, 678 - Rüben-Verladeeinrichtung; BGHZ 83, 283,288 Hartmetallkopfbohrer. 361 Vgl. grundlegend Trüstedt, GRUR 1939, 516; Benkard-Ulimann, §15 Rn. 92f.; Preu, GRUR 1974, 623 ff.; Gleiss, S. 80 ff.; a.A. jedoch Möhring, Mitt. 1969, 296; Nirk, GRUR 1970, 329, 338. 362 RGZ 86, 45, 55 - Sprungfedermatratze. 363 RGZ 86, 45, 53 - Sprungfedermatratze. 364 RGZ 51, 92, 94. 365 RGZ 68, 292, 293 ff. - Annoncen-Briefumschlag. 366 RG GRUR 1934, 542, 545 - Triumphator.

268

4. Kapitel: Die Mängelgewäbrleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

ausdrücklich offen. 3 6 7 Dagegen bestätigte das Gericht die bereits durch das Reichsgericht gefestigte Rechtsprechung, gemäß derer Verträge über die Veräußerung von Immaterialgüterrechten, bei denen das Immaterialgüterrecht als solches nicht besteht, entgegen § 306 B G B a.F. als wirksam anzusehen sind. 3 6 8 Zuletzt wurde dieser Gedanke auch auf das Urheberrecht angewendet. 3 6 9 Dabei wurde die Nichtanwendung von § 306 B G B a.F. vor allem damit gerechtfertigt, dass der Erwerb eines Scheinrechts für den Lizenznehmer eine dem Erwerb eines rechtsgültigen Immaterialgüterrechts ähnliche wirtschaftliche Lage schaffe. Denn der Erwerber könne das Immaterialgut jedenfalls für eine gewisse Zeit unangefochten durch den ursprünglichen Inhaber und in einer faktischen M o n o polstellung ausnutzen. Dogmatisch scheint der B G H dabei angesichts der jedenfalls übertragenen wirtschaftlichen Vorzugsstellung von einer konkludenten Abbedingung von § 306 B G B ausgegangen zu sein.

C . D i e Rechtslage unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Zwar mag die soeben dargestellte ständige Rechtsprechung im Ergebnis interessengemäß gewesen sein, da sie dazu führte, dass entgegen dem Regelungsinhalt von § 306 B G B a.F. nicht einseitig der Lizenzgeber mit dem Mängelrisiko belastet wurde. Allerdings konnte die Begründung dieses Ergebnisses dogmatisch nicht befriedigen: Wird das Schutzrecht nachträglich für nichtig erklärt, so entfällt sein Bestand mit ex-tunc-Wirkung. Die Verschaffung des geschuldeten Rechts erweist sich daher als ex tunc objektiv unmöglich. Deshalb wäre bei strenger Anwendung des Gesetzes von der Anwendbarkeit des § 306 B G B a.F. auszugehen gewesen. 3 7 0 D e r Hinweis der Rechtsprechung auf die dem Lizenznehmer durch die Lizenzierung eingeräumte wirtschaftliche Vorzugsstellung gab lediglich der Erwägung Ausdruck, dass die Anwendung von § 306 B G B a.F. interessenmäßig nicht zu überzeugen vermochte. Sie lieferte aber kein dogmatisch zwingendes Argument, das den Geltungsanspruch dieser Vorschrift beseitigen hätte können. Auch der Rückgriff auf die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung war nicht stichhaltig. Die Unterstellung entsprechender vertraglicher Vereinbarungen basierte regelmäßig auf Fiktion. Bei der Anwendung der Grundsätze der Leerübertragung handelte es sich damit um eine im Ergebnis zwar sachgerechte, vom Gesetz aber jedenfalls auf dieser dogmatischen Grund3 6 7 B G H G R U R 1957, 595, 595 - Verwandlungstisch. Zweifelnd auch B G H G R U R 1960, 44, 45 - Uhrgehäuse. Zustimmend dem Grundsatz nach dagegen wohl B G H Z 115, 69, 73 Keltisches Horoskop. Eine abschließende Stellungnahme steht gleichwohl bis heute aus. 3 6 8 Vgl. z.B. B G H G R U R 1957, 595, 595f. - Verwandlungstisch. Offengelassen in B G H G R U R 1960, 44, 45 - Uhrgehäuse; B G H G R U R 1969, 677, 678 - Rüben-Verladeeinrichtung; B G H G R U R 1961, 466, 468 - Gewinderollkopf. 3 6 9 B G H Z 115, 69, 75 - Keltisches Horoskop. 3 7 0 In diesem Sinne nachdrücklich Möbring, Mitt. 1969, 296, 297.

§ 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

269

läge nicht gestützte Rechtsfortbildung contra legem. Vorzugswürdig wäre es gewesen, statt dessen die gegenüber § 306 B G B vorrangigen kaufrechtlichen G e währleistungsvorschriften auf Lizenzverträge anzuwenden, zumal da - wie oben festgestellt - die Primärebene des Lizenzvertrags dem Leitbild des Kaufvertrags angenähert ist. Nach heutiger Rechtslage kann die dogmatische Beurteilung der Lehre von der Leerübertragung sowie die Frage der Anwendung des kaufrechtlichen G e währleistungsrechts auf Lizenzverträge jedenfalls unter dem Aspekt der Vermeidung der unerwünschten Nichtigkeitsfolge des § 306 B G B a.F. offen bleiben. Angesichts der Streichung von § 306 B G B a. F. stellt sich seit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes die Frage nach der Nichtigkeit des Lizenzvertrags aufgrund anfänglicher objektiver Unmöglichkeit nicht mehr. Denn § 31 l a Abs. 1 B G B regelt, dass das Bestehen eines anfänglich objektiven Leistungshindernisses der Wirksamkeit von Verträgen gleich welchen Typs nicht entgegensteht. Gemäß § 311a Abs. 2 B G B stehen dem Gläubiger in einem solchen Fall die dort näher bestimmten Sekundärleistungsansprüche wie insbesondere der Schadensersatzanspruch statt der Leistung zu. Daraus ergibt sich, dass sich nach heutigem Recht die Wirksamkeit eines Lizenzvertrags ungeachtet seiner Einordnung als Vertrag sui generis oder als Kauf unmittelbar aus § 31 l a B G B ergibt. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass Lizenzverträge nach heutigem Recht unter Geltung von § 311 a B G B auch ohne Heranziehung der dogmatisch bedenklichen Lehre von der Leerübertragung stets wirksam sind. Sie können deshalb ohne weiteres vertragliche Sekundäransprüche auslösen. Dies gilt sowohl, wenn die Verschaffung eines Schutzrechts bzw. die ungeteilte Rechtsinhaberschaft an diesem objektiv unmöglich ist, als auch dann, wenn der veräußerte Gegenstand nicht behebbare Beschaffenheitsmängel aufweist.

§ 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und

Lizenzvertrag

Es stellt sich nun die Frage nach der Anwendung der kaufrechtlichen Vorschriften der Rechts- und Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge. Hierbei ist zunächst zu klären, ob die Ratio der kaufrechtlichen Mängelhaftung auf Lizenzverträge übertragbar ist. Sollte dies der Fall sein, so wäre sodann zu erörtern, wie die Anwendung der einschlägigen Vorschriften auf Lizenzverträge im Einzelnen ausgestaltet zu sein hat. Wird das Recht im Rahmen eines Lizenzvertrags insgesamt nicht verschafft oder ist es zur Zeit der Geltendmachung ex tunc weggefallen, so kommen die allgemeinen leistungsstörungsrechtlichen Nichterfüllungsregelungen der §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S . l , 31 la, 280 ff. B G B zur Anwendung. Es ergibt sich in diesem Fall neben Rücktritt und ggf. Minderung somit eine - nach der hier vertretenen Auslegung verschuldensunabhängige - Einstandspflicht auf Schadenser-

270

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

satz statt der Leistung. Schwieriger zu beurteilen ist dagegen die Behandlung der Äquivalenzstörungen, die nicht zum endgültigen Fortfall der Rechtsposition führen bzw. die zur Zeit ihrer Geltendmachung noch nicht hierzu geführt haben. In diesen Fällen kommt gemäß § 453 Abs. 1 BGB die Anwendung der kaufrechtlichen Mängelhaftung nach §§ 434, 435 ff. BGB in Betracht.

A. Grundsätzliche Anwendbarkeit von §§ 434, 435 ff. B G B auf Lizenzverträge I. Rechtsmängelhaftung

und

Lizenzvertrag

Voraussetzung für die Anwendung der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung auf Lizenzverträge wäre, dass § 435 BGB nicht nur auf translative, sondern auch auf konstitutive Rechtsübertragungen Anwendung findet. Wie bereits ausführlich erörtert, bestehen der Sinn und Zweck von § 435 BGB und der hiermit verbundenen Sphärenhaftung darin, im Rahmen von Veräußerungsverträgen eine angemessene Verteilung des Risikos des Nichtbestehens der überlassenen Rechtsposition zu erreichen. Diesem Gedanken kommt im Zusammenhang mit lizenzvertraglichen konstitutiven Rechtsübertragungen die gleiche Bedeutung zu wie bei Vollübertragungen: Ist der Lizenzgeber nicht Inhaber der von ihm veräußerten Rechtsposition, so ist dieser Umstand grundsätzlich allenfalls für ihn, nicht aber für den Lizenznehmer erkennbar. Die Risikosteuerungs- und Erkenntnismöglichkeiten der Parteien hängen nicht davon ab, ob ein Vollrecht oder eine aus dem Mutterrecht abgespaltene Rechtsposition übertragen wird. Entscheidend für die Anwendbarkeit von § 435 BGB ist somit nicht die Ausgestaltung der Rechtsübertragung als translativ oder konstitutiv, sondern die Sphärenzuordnung der jeweiligen Umstände, die zum Scheitern des Rechtserwerbs führen. Bestehen gegen die Anwendung von § 435 BGB auf Lizenzverträge keine Bedenken, so stellt sich die Frage, ob auch die Grundsätze zur Einschränkung der Rechtsmängelhaftung auf das Lizenzvertragsrecht übertragen werden können. 371 Ebenso wie bei Vollveräußerungsverträgen sind bei Lizenzverträgen Si371 Für eine Anwendung von § 437 a.F. auf Lizenzverträge (insbes. auf Markenlizenzverträge) auch Schricker, GRUR 1980, 650, 652; ebenso für Urheberrechtsverträge Schricker-Schrikker, §§31/32 Rn. 13; für Verlagsverträge Schricker, Verlagsrecht, §§ 39/40 Rn. 2; AsprogerakasGrivas, S. 74 ff.; vgl. auch die Begründung zum Verlagsrecht, S. 24: »Die Bestimmung, dass der Verfasser verpflichtet ist, dem Verleger das Verlagsrecht zu verschaffen, entspricht dem § 433 BGB im Fall des Verkaufs eines Rechts. Daraus ergibt sich, dass wenn der Verfasser (Verlaggeber) dieser Verpflichtung um deswillen nicht genügen kann, weil er kein Urheberrecht am Werke besitzt, die Gültigkeit des Verlagsvertrags dadurch nicht berührt wird. Der Mangel des Urheberrechts auf Seiten des Verfassers hat aber zur Folge, dass dieser dem Verleger nach den allgemeinen Grundsätzen über die Gewährleistung wegen eines Mangels im Recht haftbar ist (vgl. §§ 320, 327, 440, 445 BGB).« (zitiert nach Asprogerakas-Grivas, S. 74).

5 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und

Lizenzvertrag

271

tuationen denkbar, in denen für Verkäufer und Käufer gleichermaßen erkennbar ist, dass eine Rechtsposition nicht besteht und nicht bestehen kann. 372 In diesen Fällen ergibt sich keine Sphärenverantwortlichkeit des Lizenzgebers, da dem Lizenznehmer diesbezüglich die gleichen Beurteilungsmöglichkeiten offen stehen wie dem Lizenzgeber. Hier erscheint die strenge Einstandspflicht des Lizenzgebers gemäß § 311a Abs. 2 BGB und die hiermit verbundene umfassende Risikozurechnung ebenso wenig gerechtfertigt wie bei den insoweit unmittelbar vergleichbaren, auf Vollübertragungen gerichteten immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen. Da für diese Fälle die verschuldensunabhängige Haftung nicht gilt, besteht mangels gesondert festgestellten Verschuldens kein Schadensersatzanspruch, so dass dem Lizenznehmer nur die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses offen steht. Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Anwendung der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung auch auf Lizenzverträge zu sinnvollen Ergebnissen führt. Einschränkungen der durch die Rechtsmängelhaftung begründeten, grundsätzlich umfassenden und auf Schadensersatz statt der Leistung gerichteten Verkäuferhaftung im Falle von Rechtsmängeln im engeren oder im weiteren Sinne sind bei Lizenzverträgen ebenso wie bei Vollveräußerungen nur in den Fällen geboten, in denen der mängelbegründende Umstand nicht in der Verkäufersphäre angesiedelt ist.373 II. Anwendbarkeit

der Sachmängelhaftung

auf

Lizenzverträge

1. Problemstellung Auch die Vorschriften der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung könnten auf Mängel des lizenzierten Schutzrechts mit der Begründung Anwendung finden, dass die Qualifizierung der Verfügung als translativ oder konstitutiv für die Anwendung dieser Vorschriften ohne Bedeutung ist. Sollte der Ähnlichkeitsschluss zu § 434 BGB gelingen, und sollte insbesondere das VerlG keine vorrangigen Haftungsregelungen für den gesamten Bereich des Lizenzvertragsrechts bereitstellen, so wäre gemäß §§453 Abs. 1, 434 BGB im Falle des Vorliegens von »Sachmängeln« des Immaterialguts die Sachmängelhaftung anwendbar. 2. Die Situation im Verlagsrecht Eine differenzierte Stellungnahme zur Anwendbarkeit der §§435 ff. BGB auf Lizenzverträge muss berücksichtigen, dass das VerlG besondere Regelungen für die Lieferung eines vertragswidrigen Werks vorsieht. Bevor die Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung beurteilt werden kann, ist es deshalb ge372 373

21 f.

Vgl. in diesem Sinne auch Schricker, G R U R 1980, 650, 652. Vgl. in diesem Sinne auch Nirk, G R U R 1970, 329, 338 f.; Schwerdtner,

G R U R 1968, 9,

272

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

boten, auf die entsprechende Rechtslage im Verlagsrecht einzugehen. Denn nur auf dieser Grundlage kann ermittelt werden, ob die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung - oder möglicherweise aber die Vorgaben des VerlG - über den Bereich der Rechtsbeziehungen zwischen Verfasser und Verleger hinausgehend für sämtliche Arten von Lizenzverträgen Geltung beanspruchen können. a. Charakteristika der verlagsvertraglichen Haftung für die Vertragswidrigkeit des Werks Die Verschaffung eines nicht vertragsgemäßen subjektiven Verlagsrechts stellt einen Fall der Nichterfüllung des Verlagsvertrags dar. Solange die diesbezüglichen Mängel nicht beseitigt sind, kann der Verleger deshalb dem Honoraranspruch des Verfassers mit der Einrede des nichterfüllten Vertrags gemäß § 320 B G B entgegentreten. 3 7 4 Vor allem aber ist der Verleger gemäß § 31 Abs. 1 i.V.m. § 30 VerlG nach Fristsetzung zum Rücktritt vom Verlagsvertrag berechtigt, wenn das Werk nicht von vertragsgemäßer Beschaffenheit ist. Hat der Verfasser den Mangel zu vertreten, so kann der Verleger gemäß § 3 1 Abs. 2 VerlG statt dem Rücktrittsrecht einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen. Das verlagsvertragliche Rücktrittsrecht nach § § 3 1 , 30 VerlG unterschied sich von den §§ 459ff. B G B a.F. in erheblichem Maße dadurch, dass es dem Verleger zunächst einen Anspruch auf Nachbesserung gewährt, bevor er sein Recht zur Liquidierung des Vertragsverhältnisses ausüben kann. Insgesamt glichen - jedenfalls nach früherer Rechtslage - die §§ 31, 30 VerlG strukturell in erster Linie den Rechtsbehelfen des Werkvertragsrecht gemäß § 633 B G B a.F. und somit gerade nicht dem Kaufrecht. 3 7 5 Heute gewährt das reformierte Kaufrecht dem Verkäufer allerdings in §§ 437 Nr. 1, 439 B G B ebenfalls ein Nacherfüllungsrecht, so dass die früheren grundlegenden typologischen Abweichungen nicht mehr fortbestehen. Allerdings ergibt sich auch nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ein maßgeblicher Unterschied zwischen Verlags- und Kaufvertrag. Im Verlagsrecht wird die Fehlerhaftigkeit des Vertragsgegenstands in ganz anderer Weise ermittelt als im Kaufrecht. Die haftungsauslösende Vertragswidrigkeit des übertragenen Guts i.S.v. § 31 VerlG ist anders als der Fehlerbegriff des § 435 B G B nicht im Wege der bloßen Feststellung einer Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit des Ubertragungsgegenstands zu ermitteln. Statt dessen fließen spezifisch Urheber- bzw. verlagsrechtliche Erwägungen in die Beurteilung mit ein. So kann der Verleger Mängel der Qualität, d.h. der wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Güte, grundsätzlich nicht rügen. 3 7 6 Spezifisch urheber- bzw. 374 Schricker, Verlagsrecht, § 31 Rn. 13; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, § 102 I 2 (S. 438); B G H G R U R 1960, 642, 643 - Drogistenlexikon. 3 7 5 Dies wird besonders betont in B G H G R U R 1960, 642, 643 - Drogistenlexikon. 3 7 6 Vgl. dazu insbesondere Schricker, Verlagsrecht, § 31 Rn. 9; s. auch Asprogerakas-Grivas, S. 107 ff.

5 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und

Lizenzvertrag

273

verlagsrechtlicher Natur ist auch die - ebenfalls die Vertragswidrigkeit des Werks begründende - fehlende Ausgabefähigkeit des Werks, die auf die Unzumutbarkeit der Verbreitung des Werks gerade für die Person des konkreten Verlegers abstellt. 377 Die genannten verlagsrechtlichen Haftungsregelungen sind auf die Besonderheiten der Rechtsbeziehung zwischen Verleger und Verfasser ausgerichtet. Die gesetzliche Ausgestaltung des Verlagsvertrags hat ihre Ursache darin, dass der Verfasser das Werk selbst herstellt; überdies wird das Werk zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vielfach noch nicht endgültig vorhanden sein, sondern vom Verfasser noch erstellt bzw. fertiggestellt werden müssen. Die Besonderheiten bei der Bestimmung der Vertragswidrigkeit des Werks sind dadurch zu erklären, dass der Verlagsvertrag - anders als Lizenzverträge des gewerblichen Rechtsschutzes und auch abweichend von zahlreichen anderen Formen urheberrechtlicher Nutzungsverträge - von einem spezifisch verlagsrechtlichen Treue- und Vertrauensgrundsatz geprägt ist. Denn gemäß dem Leitbild des Gesetzes und nach Auffassung des Schrifttums besteht beim Verlagsvertrag ein besonderes Vertrauen vielfach nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern häufig auch auf geistiger und persönlicher Ebene. 378 Das Persönlichkeitsrecht des Verlegers findet im Rahmen der verlagsrechtlichen Mängelgewährleistung seinen Niederschlag darin, dass ihm ein Rücktrittsrecht nicht nur bei objektiven Beschaffenheitsmängeln des Werkes, sondern gleichermaßen auch im Falle der - bezüglich der Person des Verlegers subjektiv zu bestimmenden - fehlenden Ausgabefähigkeit zusteht. Auch den Persönlichkeitsinteressen des Autors wird im Verlagsrecht besonders Rechnung getragen: Die Gestaltungsfreiheit des Urhebers und sein Interesse an ungehinderter künstlerischer Entfaltung findet insoweit Berücksichtigung, als es dem Verleger grundsätzlich versagt ist, den Rücktritt gemäß §§31, 30 VerlG aufgrund des Vorliegens rein inhaltlicher, in der Qualität des Werkes begründeter Mängel zu erklären. b. Ausdehnung dieser Grundsätze auf andere Lizenzverträge? Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, ob die Grundsätze der verlagsrechtlichen Mängelhaftung verallgemeinerungsfähig sind, so dass sie auf sämtliche immaterialgüterrechtlichen Lizenzverträge oder jedenfalls auf Verträge, die urheberrechtliche Nutzungsrechtseinräumungen zum Gegenstand haben, übertragen werden können. Zur Ermittlung der Vertragswidrigkeit patent- oder markenrechtlicher Lizenzverträge kommt die Anwendung der verlagsrechtlichen Grundsätze nicht Zum Begriff der fehlenden Ausgabefähigkeit vgl. Schricker, Verlagsrecht, § 31 Rn. 11. Vgl. Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 20. Vgl. in diesem Sinne schon v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, S. 751: »...der Urheber vertraut dem Verleger sein Persönlichkeitsgut an, der Verleger traut dem inneren Wert und der äußeren Verwertbarkeit der fremden geistigen Schöpfung«. (Zitat nach Schricker, a.a.O.). 377 378

274

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

in Betracht und wird, soweit ersichtlich, auch nicht diskutiert. Im gewerblichen Rechtsschutz liegt, anders als dies im Verlagswesen vielfach der Fall ist, typischerweise keine werkvertraglich geprägte Situation vor, in der Rechte an einem n o c h zu schaffenden Immaterialgut übertragen werden. Zwar nähert sich das reformierte Kaufrecht dem Verlagsrecht dadurch an, dass beide Vertragstypen ein Nacherfüllungsrecht vorsehen, so dass sich hieraus keine Argumente für die Zuordnung von Lizenzverträgen zu dem einen oder anderen Regelungsmodell ableiten lassen. Allerdings k o m m t diesem R e c h t im R a h m e n des Lizenzvertrags - wie bei der Immaterialgüterrechtsveräußerung insgesamt - eine nur untergeordnete Bedeutung zu: D e n n wie bereits im Einzelnen ausgeführt, sind N a c h besserungen an Erfindungen als O b j e k t im Wege der Durchführung weiterer Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten kaum möglich und können dem L i zenzgeber angesichts der hohen Entwicklungskosten technischer Erfindungen regelmäßig auch nicht zugemutet werden. 3 7 9 Vor allem aber sind die Lizenzverträge des gewerblichen Rechtsschutzes anders als der Verlagsvertrag nicht von persönlichkeitsrechtlichen Elementen geprägt. Typischerweise verbindet weder der Lizenzgeber n o c h der Lizenznehmer mit der Patent- oder Markenlizenz andere als vermögensrechtliche Interessen. F ü r eine Einschränkung der Mängelhaftung nach den Grundsätzen der Vertragswidrigkeit i.S.v. §§ 31, 30 VerlG, die den Persönlichkeitsinteressen von Verfasser und Verleger Rechnung tragen, ist demgemäß kein Raum. Insgesamt k o m m t somit eine Übertragung der verlagsrechtlichen Grundsätze zur Feststellung der Vertragswidrigkeit des Übertragungsobjekts auf Lizenzverträge des gewerblichen Rechtsschutzes nicht in Betracht. Weniger eindeutig beantworten lässt sich dagegen die Frage, ob die Ü b e r t r a gung der verlagsrechtlichen Grundsätze auf das Urhebervertragsrecht insgesamt geboten ist. Anders als die Lizenzen des gewerblichen Rechtsschutzes enthalten auch nicht verlagsrechtlich geprägte urheberrechtliche Nutzungsverträge teilweise ein starkes persönlichkeitsrechtliches Element, das mit demjenigen des Verlagsvertrags vielfach an G e w i c h t vergleichbar ist. Zwingend ist der hohe Stellenwert persönlichkeitsrechtlicher Interessen bei urheberrechtlichen N u t z u n g s rechtseinräumungen indes nicht. Angesichts der erheblichen Bedeutung des U r heberrechts für die gesamte Medien- und Kommunikationsindustrie sowie vor allem wegen der Ö f f n u n g des Urheberrechts für neue Bereiche des Werkschaffens hat sich dieses Rechtsgebiet zum Recht der Kulturwirtschaft insgesamt entwickelt und muss deren Produktionsweisen und Marktbedingungen gerecht werden. 3 8 0 Viele F o r m e n urheberrechtlicher Nutzungsrechtseinräumungen, insVgl. hierzu oben § 14 B. S. hierzu insbesondere Sóinckeí-Schricker, Einleitung Rn. 2; ders., G R U R 1992, 242 ff.; vgl. auch Hoeren, C R 2000,3, 3, der das Urheberrecht als die »Magna Charta der Informationsgesellschaft« bezeichnet. Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Urheberrechts in der Gegenwart vgl. auch Haedicke, Urheberrecht und die Handelspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 199 ff. 379

380

§17.

Kaufrecbtliche

Gewäbrleistungshaftung

und Lizenzvertrag

275

besondere im Bereich der Softwareindustrie und, wenngleich in geringerem Maße, auch auf dem Filmsektor, zielen in erster Linie auf die wirtschaftliche Verwertung kommunikativer Inhalte ab, ohne dass persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen eine maßgebliche Rolle zukommen würde. Eine generelle persönlichkeitsrechtlich geprägte Ausgestaltung der Mängelhaftung nach dem Vorbild der verlagsrechtlichen Grundsätze erschiene deshalb als zu unflexibel und als vielfach nicht interessengerecht: Insbesondere könnte angesichts des eingeschränkten Umfangs der Haftung des Lizenzgebers für Qualitätsmängel des Vertragsgegenstands das Aquivalenzinteresse des Verwerters nicht hinreichend geschützt werden. Spiegelbildlich dazu könnte der Verwerter die Vermarktung des Lizenzgegenstands unter Rüge der mangelnden Ausgabefähigkeit aufgrund letztlich nicht rational überprüfbarer Gründe verweigern. Insgesamt würde die Erstreckung verlagsrechtlicher Haftungsgrundsätze erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich der Frage auslösen, aufgrund welcher Aquivalenzstörungen der Lizenznehmer Sekundärleistungsansprüche gegen den Lizenzgeber geltend machen kann. Gegenüber der Anwendung des § 31 VerlG vermittelt der subjektive Fehlerbegriff des § 435 Abs. 1 B G B ein erheblich höheres Maß an Rechtssicherheit, das dem Interesse der Beteiligten am kulturwirtschaftlichen Leistungsaustausch in weit höherem Maße gerecht wird. Auch wenn die verlagsrechtlichen Grundsätze der Gewährleistungshaftung somit nicht pauschal auf das gesamte Urheberrecht ausgedehnt werden sollten, ist es gleichwohl keineswegs ausgeschlossen, die Wertungen des VerlG insoweit zur Feststellung des Bestands von Haftungsansprüchen heranzuziehen, als dies erforderlich ist, um den Persönlichkeitsinteressen der Vertragsparteien im Einzelfall gerecht zu werden. So wird beispielsweise bei Nutzungsrechtseinräumungen an Werken der bildenden Kunst 3 8 1 ein Mangel der künstlerischen Qualität ebenso wenig die Mängelhaftung auslösen können wie im Verlagsrecht. Gewährleistungsansprüche werden dagegen - parallel zur Lehre von der verlagsrechtlichen Ausgabefähigkeit - bei solchen Vertragsverhältnissen auch dann anzunehmen sein, wenn es gerade dem Nutzungsberechtigten unzumutbar ist, das konkrete Kunstwerk zu vermarkten. Insgesamt erscheint somit der Rahmen, den das Verlagsrecht der Mängelhaftung zuweist, als zu eng und zu unflexibel, um das immaterialgüterrechtliche Lizenzvertragsrecht insgesamt oder auch nur das Urhebervertragsrecht in seiner Funktion als Vertragsrecht der Kulturwirtschaft generell zu bestimmen. Soweit Nutzungsrechte an persönlichkeitsrechtlich geprägten, urheberrechtlich geschützten Produkten eingeräumt werden, können zwar die Grundsätze der Bestimmung der Vertragswidrigkeit i.S.v. § 31 VerlG zur Ermittlung von fehlerbegründenden Mängeln herangezogen werden. Eine pauschale persönlichkeitsrechtlich orientierte Modifikation der Mängelhaftung im gesamten Urheber3 8 1 Zum Kunstverlag vgl. allgemein Schricker, Verlagsrecht, § 1 Rn. 86 ff.; Ohly, Verwertungsverträge im Bereich der bildenden Kunst, in: Festschrift für Schricker, S. 427 ff.

276

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

recht, so wie sie das VerlG für Verlagsverträge vorsieht, erschiene aber als unangemessen. 382 §§ 31, 30 VerlG sind somit nicht auf andere Formen urheberrechtlicher Nutzungsrechtseinräumungen entsprechend anwendbar. 3. Uberblick über den Meinungsstand auf Lizenzverträge

zur Anwendung

der

Sachmängelhaftung

Nach alledem steht fest, dass § 3 1 VerlG die Lücke nicht zu schließen vermag, die das Gesetz bei der Mängelgewährleistung im Rahmen immaterialgüterrechtlicher Lizenzverträge gelassen hat. Angesichts der typologischen Nähe des Lizenzvertrags zum gesetzlichen Leitbild des Sachkaufs ist im Folgenden auf die Frage einzugehen, ob die Vorschriften der Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge dem Grunde nach Anwendung finden können. Soweit ersichtlich wurde bislang nicht zur Anwendbarkeit der §§ 435 ff. B G B n.F. auf Lizenzverträge Stellung bezogen. In der Literatur zur früheren Rechtslage bestand jedoch dem Grunde nach Einigkeit darüber, dass der Lizenzgeber für Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts zu haften hat. Entsprechend der vielfältigen Literaturauffassungen zur Frage der typologischen Qualifikation von Lizenzverträgen 383 war allerdings umstritten, ob gerade das kaufrechtliche Sachmängelrecht oder möglicherweise die pachtrechtliche Mängelgewährleistung auf Beschaffenheitsmängel des Immaterialgutes Anwendung finden sollte. Unter denjenigen jedoch, die Lizenzverträge als Kaufverträge qualifizieren, bestand Ubereinstimmung darüber, dass Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts die kaufrechtliche Sachmängelhaftung auslösen. § § 4 5 9 ff. B G B a.F. waren somit nach dieser Auffassung auf Lizenzverträge entsprechend anzuwenden. 384 Uneinheitlich in der Behandlung der Verkäuferhaftung für Beschaffenheitsmängel bei Lizenzverträgen war auch die Rechtsprechung, die bis heute zu kei3 8 2 Ahnlich Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 14, gemäß dem Zurückhaltung bei der entsprechenden Anwendung von §§ 459 ff. B G B a.F. auf urheberrechtliche Nutzungsrechtseinräumungen geboten sei; zu weitgehend dagegen Fromm/Nordemann-//erti?z, Vor § 31 Rn. 22, wonach eine Sachmängelhaftung in diesen Fällen angesichts der einschlägigen Grundsätze des Verlagsrechts, die im Urheberrecht allgemein gelten würden, nicht in Betracht komme. 3 8 3 Vgl. dazu oben § 9 A. 384 Schwerdtner, G R U R 1968, 9,21 ;Nirk, G R U R 1970, 329, 330; Klauer/Möhring-Mrvfe, § 9 Rn 72 ff.; Malzer, G R U R 1970,107,108; G R U R 1971, 96, 98. Vgl. Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 14, wonach zwar die Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung im Urheberrecht in Betracht komme, aber diesbezüglich Zurückhaltung geboten sei. Gegen die Anwendung der §§459 ff. B G B a.F. in Urheberrecht Fromm/Nordemann-//ertzn, Vor § 31 Rn. 22 unter Hinweis auf die Rechtslage beim Verlagsvertrag. Gegen die Anwendung von §§ 459 ff. B G B a.F. bei Patentlizenzen z.B. Benkard-Ulimann, § 15 Rn. 98, der ausgehend von der pachtrechtlichen Einordnung des Lizenzvertrags die pachtrechtliche Sachmängelhaftung für anwendbar erklärt. Noch anders Soergel-Huber, § 445 Rn. 15, der Lizenzverträge als kaufähnliche Verträge i.S.v. § 445 B G B a.F. ansieht und daher nur die Rechtsmängelhaftung anwendet, ansonsten aber auf die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts zurückgreifen will. Für einen Rückgriff auf das allgemeine Schuldrecht auch Gleiss, S. 70. Zur Kritik an der Anwendung von § 445 B G B a.F. vgl. aber oben vor § 15 B.

5 17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung

und

277

Lizenzvertrag

nem eindeutigen und rechtssicheren Lösungsansatz gelangt ist. In einer E n t scheidung, die die Lizenzierung eines mit objektiven Beschaffenheitsmängeln behafteten

Geheimverfahrens

zum

Gegenstand

hatte, betonte

bereits

das

Reichsgericht die parallelen haftungsrechtlichen Interessen bei Sachkauf und L i zenzvertrag: 3 8 5 D e r Lizenzvertrag sei mit dem Sachkauf vergleichbar. A n Stelle einer körperlichen Sache handele es sich zwar um einen unkörperlichen Wertgegenstand; davon abgesehen sei die Rechtslage aber nahe verwandt. 3 8 6 Zu denselben Haftungsfolgen gelange man auch, so betonte das Reichsgericht jedoch gleichzeitig, wenn man den Vertrag unter dem Gesichtspunkt der Pacht beurteilen und deshalb §§ 536, 581 Abs. 2 B G B anwenden würde. 3 8 7 In einer ähnlich gelagerten Entscheidung aus dem J a h r 1939, die die Verkäuferhaftung bei der Übertragung eines Geheimverfahrens zum Gegenstand hatte, umriss das Reichsgericht erneut seine Haltung zur Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Vorschriften. Dabei rückte es von einer kaufrechtlichen Beurteilung der lizenzvertraglichen Mängelhaftung ab: 3 8 8 D i e Eigenart von Lizenzverträgen als kaufähnlichen Geschäften lasse grundsätzlich die Anwendung der Sachmängelvorschriften nicht zu. Vielmehr müsse im einzelnen Fall auf G r u n d der Vereinbarungen der Vertragsparteien unter Heranziehung aller für die Auslegung in Betracht kommenden Umstände ermittelt werden, o b und unter welchen Voraussetzungen der Veräußerer eines Geheimverfahrens für Mängel hafte, die sich auf die Ausführbarkeit und Brauchbarkeit des Verfahrens bezögen. Bejahe man eine solche Haftung aus Vertrag, so folge daraus noch keineswegs eine rechtsähnliche Anwendung der §§ 4 5 9 f f . B G B [a.F.]. D e n n dafür wäre Voraussetzung, dass der Mangel der übertragenen Berechtigung sich auf eine Sache bezöge - was bei einem Geheimverfahren gerade nicht der Fall sei. Insgesamt zog das Reichsgericht zur Frage der Sachmängelgewährleistung sodann die Schlussfolgerung, dass die Leistungspflicht des Veräußerers sowie dessen Schadensersatzpflicht nicht nach § § 4 5 9 f f . B G B a.F., sondern in der Regel nach den allgemeinen B e stimmungen über gegenseitige Verträge gemäß §§ 3 2 0 ff. B G B a.F. zu beurteilen seien. D e r Bundesgerichtshof bestätigte dem Grunde nach die Haftung des L i z e n z gebers für Qualitätsmängel der Erfindung. 3 8 9 D e r Käufer könne den Vertrag jedenfalls mit ex-nunc-Wirkung kündigen. Das Gericht ließ dabei allerdings ausdrücklich offen, o b sich dieses Recht des Lizenznehmers aus § 326 B G B , aus

3 8 5 Allerdings war Gegenstand der Entscheidung nicht die Sachmängelhaftung, sondern die Haftung für zugesicherte Eigenschaften. Zudem leitete das Reichsgericht die Haftung im k o n kreten Fall auch aus § 437 B G B a.F. her.

R G Z 82, 155, 158 - Konit. R G Z 82, 155, 1 5 8 - K o n i t . 3 8 8 R G Z 163, 1, 5 f. - Geliermittel. 3 8 9 B G H G R U R 1955, 338, 340 f. - Beschlagfreie Brillengläser; B G H G R U R 1965, 298, 301 - Reaktions-Meßgeräte. 386 387

278

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

§§ 459, 462 B G B oder aus dem Fehlen bzw. Wegfall der Geschäftsgrundlage ergebe. 3 9 0 I m J a h r 1970 beschäftigte sich der B G H mit der Schadensersatzpflicht des Lizenzgebers im Falle von Zusicherungen bezüglich einer mit Qualitätsmängeln behafteten Erfindung. 3 9 1 A u c h hier ließ das Gericht die für die Einstandspflicht einschlägige Rechtsgrundlage offen: Es könne dahingestellt bleiben, o b sich eine verschuldensunabhängige Haftung aus den miet- bzw. pachtrechtlichen Vorschriften der §§ 536, 581 B G B oder aus § 463 B G B [a.F.] ergebe. Mit Rücksicht auf die gleichliegenden Interessen beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften einer lizenzierten Erfindung sei der den §§ 463 B G B [a.F.] und §§ 536, 581 B G B zugrunde liegenden Rechtsgedanke, dass derjenige, welcher derartige Zusicherungen mache, beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einzustehen habe, auf den Lizenzvertrag entsprechend anzuwenden. 3 9 2 Während die genannten Urteile die Anwendbarkeit kaufrechtlicher Vorschriften zwar in Betracht zogen, sich jedoch nicht umfassend hierauf stützten, lehnte der B G H in der »Mineralwolle«-Entscheidung 3 9 3 aus dem J a h r 1979 die Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung auf Qualitätsmängel bei einer Lizenz für ein nicht patentiertes Geheimverfahren ausdrücklich ab. Zur Begründung berief sich das Gericht im Wesentlichen darauf, dass die Anwendung kaufrechtlicher Vorschriften die Interessen des Lizenznehmers nicht hinreichend schützen könne: D e m Lizenznehmer dürfte nicht nur im Falle einer Zusicherung ein verschuldensunabhängiger, auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch zuerkannt werden 3 9 4 . Eine vergleichbare Haftung müsste den L i zenzgeber auch im Falle von Mängeln der technischen Brauchbarkeit der Erfindung treffen. D i e Vorschriften über die Sachmängelhaftung beim Kauf beruhten auf Überlegungen, die auf den Lizenzvertrag nicht zuträfen. Eine sachgerechte Wahrung der Interessen des Lizenznehmers sei nur durch die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über gegenseitige Verträge möglich. Fehle dem L i zenzgegenstand die Brauchbarkeit zu dem vertraglich vorhergesehenen Zweck, so müsse der Lizenzgeber für anfängliches U n v e r m ö g e n auch ohne spezielle Zu-

B G H G R U R 1965, 298, 301 - Reaktions-Meßgeräte. B G H G R U R 1970, 547 - Kiemfilter. 3 9 2 B G H G R U R 1970, 547, 548 f. - Kleinfilter. Das Gericht urteilte weiter, dass der Ausschluß der Schadensersatzpflicht des Verkäufers wegen der gewagten Natur des Lizenzvertrags nicht in Betracht komme: Der Lizenznehmer müsse sich wegen der Risiken bei der Auswertung von Erfindungen auf die Zusicherungen des Lizenzgebers hinsichtlich der Eigenschaften der lizenzierten Erfindung verlassen können. 3 9 3 B G H G R U R 1979, 768 - Mineralwolle; zustimmend Staudinger-Köhler, § 437 Rn. 18. 394 Im Falle einer Zusicherung bejahte der B G H in der Mineralwolle-Entscheidung wie bereits in der Kleinfilter - Entscheidung (BGH 1970, 547) die Haftung des Lizenzgebers entsprechend §§ 463, 538, 581 B G B a.F.. 390 391

5 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

279

Sicherung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung haften, sofern sich nicht aus den Umständen des Falles eine andere Risikoverteilung ergebe. 395 4. Stellungnahme

zur Anwendung

der

Sachmängelhaftung

a. Haftung für Zusicherungen Gegen die garantiemäßige Haftung des Veräußerers im Falle von Eigenschaftszusicherungen bezüglich des Vertragsgegenstands wurden auf Grundlage des früheren Schuldrechts keine Bedenken erhoben 396 . Gleiches muss auch für die im Ergebnis gegenüber dem früheren Recht gleichartige Zusicherungshaftung gemäß §§ 434, 437, 280 ff. BGB n.F. gelten. Da auch der Lizenzgeber in den Fällen einer Eigenschaftszusicherung bewusst eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht übernimmt, erscheint die strenge Schadensersatzhaftung auch in diesen Fällen als gerechtfertigt. Der allgemeinen Meinung, die eine Schadensersatzhaftung des Verkäufers in diesen Fällen bejaht, ist aus diesem Grund zuzustimmen. Allerdings liefert die Anerkennung einer Schadensersatzpflicht im Falle des Nichtbestehens zugesicherter Eigenschaften kein hinreichendes Argument für die Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung. Denn nach früherem Recht bestand eine zu § 463 BGB a.F. parallele Einstandspflicht insbesondere auch gem. §§ 536, 581 BGB für das Miet- und Pachtrecht. Dies gilt noch stärker für das modernisierte Schuldrecht. Denn die Haftung für Zusicherungen besteht nach wie vor nicht nur beim Kaufvertrag, sondern gleichermaßen auch für das Miet- und Pachtrecht. b. Haftung für Sachmängel entsprechend § 434 BGB n.F. aa. Kritik an der Rechtsprechung. Die entscheidende Frage besteht darin, in welcher Weise der Lizenzgeber außerhalb von Zusicherungen für Beschaffenheitsmängel des Vertragsgegenstands einzustehen hat. Nicht überzeugen kann jedenfalls die Argumentation des Reichsgerichts, nach der § 459 Abs. 1 BGB a.F. auf die Lizenzierung eines mangelhaften unkörperlichen Gegenstands deshalb nicht entsprechend angewendet werden könne, da es sich bei dem Lizenzgegen-

395

B G H G R U R 1979, 768, 769 - Mineralwolle. Vgl. aber einschränkend RGZ 163,1,6 — Geliermittel, wonach eine Zusicherung nur bezüglich der Tauglichkeit der Erfindung für ihren Vertragszweck in Betracht käme, nicht dagegen die Möglichkeit, Verfahrenserzeugnisse gewinnbringend zu verwerten. Es entspricht indes allgemeinen kaufrechtlichen Grundsätzen, dass wirtschaftliche Bezüge der Kaufsache nur dann zusicherungsfähig gemäß § 459 Abs. 2 BGB a.F. sind, wenn sie ihren Grund in der Beschaffenheit der Kaufsache selbst haben; Marktwert und Preis sind deshalb auch nach Kaufrecht nicht zusicherungsfähig, vgl. nur Palandt-Putzo, § 459 Rn. 20. In diesem Hinweis des Reichsgerichts liegt somit keine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 459 Abs. 2 BGB a.E. 396

280

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

stand um keine körperliche Sache handele. 3 9 7 D i e zu beurteilende Frage bestand - und besteht auch noch heute - gerade darin, ob die Sachmängelhaftung auf unkörperliche Gegenstände entsprechend anwendbar ist. D i e Begründung des Reichsgerichts lässt somit offen, ob die Sachmängelvorschriften angesichts einer eventuellen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage der Veräußerung unkörperlicher Wertgegenstände möglicherweise entsprechend herangezogen werden könnte. Ebenfalls nicht zu überzeugen vermögen die gesetzlich nicht abgesicherten Billigkeitserwägungen in der Mineralwolle-Entscheidung, mit denen sich das Gericht gegen die Anwendung der §§ 4 5 9 f f . B G B a . E aussprach. Zwar vermittelte das allgemeine Leistungsstörungsrecht jedenfalls vor der Schuldrechtsref o r m dem Lizenznehmer im Falle anfänglicher Beschaffenheitsmängel grundsätzlich einen verschuldensunabhängigen, auf Ersatz des positiven Interesses gerichteten Schadensersatzanspruch, sofern ein Anwendungsfall des anfänglichen Unvermögens vorlag. Allerdings führte der Rückgriff auf diese Haftungsnorm nicht stets zu einer auf Ersatz des positiven Interesses gerichteten Haftung des Lizenzgebers. War der Mangel der Erfindung objektiv unbehebbar, so lag ein Fall anfänglicher objektiver Unmöglichkeit gemäß § 306 B G B a.F. vor, der allenfalls zum Ersatz des negativen Interesses gemäß § 307 B G B a.F. führte. In diesen Fällen wären die v o m Gericht als besonders schutzwürdig erachteten Interessen des Lizenznehmers bei Anwendung der § § 4 5 9 f f . B G B a.F., die zumindest ein Wandlungsrecht gewährten, weit besser gewahrt worden als durch den R ü c k griff auf das Leistungsstörungsrecht. Mag dieses Argument mit dem Erlass von § 311a B G B heute an Überzeugungskraft verloren haben, so ergäbe sich gleichwohl auch nach neuem Recht bei Rückgriff auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht eine ungerechtfertigte Privilegierung des Lizenznehmers gegenüber demjenigen, der einen körperlichen oder unkörperlichen Gegenstand im Weg der translativen Rechtsübertragung erwirbt. D e n n würde nach heutigem R e c h t statt § § 4 3 4 , 4 3 7 f f . B G B unmittelbar auf die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts gem. §§ 31 l a Abs. 2, 2 8 0 ff. B G B zurückgegriffen, so käme dem Lizenznehmer die dreijährige Verjährungsfrist des § 1 9 5 B G B statt der grundsätzlich zweijährigen Frist des § 438 B G B Abs. 1 N r . 3 B G B zugute. A u c h bestünde der weitreichende Nacherfüllungsanspruch gemäß § 439 B G B nicht zu Gunsten des Rechtskäufers. Diese Ungleichbehandlung wäre ungerechtfertigt,

3 9 7 R G Z 163, 1, 5 f. - Geliermittel. Weiter führte das Reichsgericht in dieser Entscheidung (a.a.O., S. 6) aus, dass die Sachmängelhaftung bei Lizenzverträgen unmittelbar nur auf das E n d erzeugnis angewendet werden könne, da es sich bei diesem um eine körperliche Sache handele. Auch diese Begründung geht fehl, da beim Lizenzvertrag nicht die Lieferung einer körperlichen Sache, sondern diejenige eines unkörperlichen Gegenstandes Vertragsinhalt ist. Aus diesem Grunde kann auf einen Mangel des körperlichen Erzeugnisses als haftungsbegründendem U m stand nicht abgestellt werden. Ein solcher Mangel berechtigt nicht unmittelbar zur Liquidation des Lizenzvertrages, sondern nur dann, wenn dieser unmittelbar in dem Beschaffenheitsmangel des unkörperlichen Gegenstandes begründet liegt.

§ 17. Kaufrecbtliche

Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

281

da gegenstandsbezogene Beschaffenheitsmängel von Sachen und Immaterialgüterrechten ungeachtet der Form der Rechtsübertragung für Veräußerer und Erwerber grundsätzlich in gleicher Weise erkennbar sind. Eine Besserstellung des Immaterialgüterrechtserwerbers gegenüber dem Sachkäufer erscheint nicht zuletzt gerade auf der Grundlage der Rechtsprechung des B G H auch deshalb als fraglich, weil das Gericht vielfach sogar betont, dass die Gewährleistungsrechte des Erwerbers eines Immaterialguts aufgrund der »gewagten Natur« solcher Verträge eingeschränkt werden müssten. Mag die Interessenbewertung somit im Ergebnis gegen die Anwendung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und für die Anwendung der Sachmängelhaftung sprechen, so kann diese Diskussion gleichwohl im Ergebnis offen bleiben. Denn entscheidend für die Festlegung der Rechtsfolgen im Falle des Vorliegens von Mängeln des unkörperlichen Vertragsgegenstands sind in erster Linie die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben und die in diesen verkörperten Haftungsprinzipien. Sollte sich aus den gesetzlichen Wertungen ergeben, dass dem Erwerber der Rückgriff auf die Sachmängelhaftung und nicht die Haftung nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht offen stehen soll, so wäre diese gesetzgeberische Entscheidung bei der Rechtsanwendung zu respektieren. bb. Der Analogiescbluss im Einzelnen. Die erste Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der Sachmängelgewährleistung auf Lizenzverträge gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.2, 434 B G B wäre, dass der diesbezügliche Interessenkonflikt nicht durch speziellere gesetzliche Regelungen gelöst worden ist. Da §§31, 30 VerlG außerhalb des Verlagsgesetzes nicht anwendbar sind, und da auch die Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 435 B G B bei reinen Beschaffenheitsmängeln des Ubertragungsgegenstands sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach nicht eingreift, ist die gesetzliche Regelung der lizenzvertraglichen Mängelgewährleistung lückenhaft. Zwar wäre - wie bei jedem gegenseitigen Vertrag - ein Rückgriff auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht der §§ 275 ff. B G B möglich. Eine solche Behandlung von Beschaffenheitsmängeln des Immaterialguts entspräche jedoch nicht der Strukturähnlichkeit von Lizenzvertrag und Kaufvertrag. Diese gebietet es, vorrangig die Möglichkeit einer einheitlichen Behandlung dieser parallelen Formen von Äquivalenzstörungen zu prüfen und diese Sachverhaltskonstellationen im Falle der Vergleichbarkeit der Interessenlage gleich zu behandeln. Die Anwendung konkret gewährleistungsrechtlicher Vorschriften ist somit gegenüber dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht systematisch vorrangig. Um entscheiden zu können, ob gerade die Anwendung der Sachmängelvorschriften wertungsmäßig angemessen ist, muss die Vergleichbarkeit der Interessenlage der Parteien des Sachkaufs einerseits und derjenigen von Lizenzgeber und -nehmer andererseits beurteilt werden. Die Interessenlage der Parteien eines Lizenzvertrags, in dem der Vertragsgegenstand mit einem Beschaffenheitsmangel behaftet ist, gleicht im Wesentlichen derjenigen beim Sachkauf. Die

282

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Strukturgleichheit von Immaterialgüterrechten und absoluten Rechten an körperlichen Gegenständen, die eine Übertragbarkeit der Grundsätze des Sachkaufs auf die Veräußerung von Immaterialgüterrechten nahe legt, w u r d e bereits ausführlich erörtert. 3 9 8 Ebenfalls w u r d e bereits im Zusammenhang mit der Diskussion über die A n w e n d b a r k e i t der Sachmängelhaftung auf immaterialgüterrechtliche Vollübertragungen deutlich gemacht, dass Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts für den Erwerber bei Untersuchung des Kaufobjekts typischerweise nicht weniger deutlich erkennbar sind als Mängel eines körperlichen Gegenstands. Denn Immaterialgüter können einer vergleichbaren Tauglichkeitsprüfung unterzogen werden w i e körperliche Gegenstände. Die Ratio der Sachmängelhaftung auch unter Geltung des reformierten Schuldrechts, die in einer Risikoaufteilung zwischen Veräußerer und Erwerber angesichts der beiderseitigen Risikosteuerungsmöglichkeiten liegt, passt daher auf Vollveräußerungsbzw. Lizenzverträge über Immaterialgüterrechte in gleicher Weise w i e bei Verträgen über körperliche Kaufgegenstände. Eine gegenüber dem Sachkauf abweichende Risikobeurteilung ist somit weder bei immaterialgüterrechtlichen Vollübertragungs- noch bei Lizenzverträgen geboten und w ä r e auch angesichts des Gleichheitsgrundsatzes nicht möglich. Für Lizenzverträge gelten deshalb parallele gewährleistungsrechtliche Wertungen wie bei der Vollveräußerung von Sachen und Immaterialgüterrechten. 3 9 9

B. D i e k a u f r e c h t l i c h e G e w ä h r l e i s t u n g s h a f t u n g bei L i z e n z v e r t r ä g e n u n d unterschiedliche Erscheinungsformen von Mängeln Ist die A n w e n d u n g der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung auf Lizenzverträge somit nicht generell ausgeschlossen, so stellt sich nun die Frage, für welche Arten von Mängeln jeweils die Sachmängelhaftung oder die Rechtsmängelhaftung bzw. die Haftung für die NichtVerschaffung der Rechtsposition einschlägig ist. Die Strukturparallelen der Mängel bei Lizenzverträgen zu Mängeln bei Vollübertragungen von Immaterialgüterrechten sprechen für die Übernahme der dort entwickelten Grundsätze. Inwieweit die bei der Untersuchung der translativen Rechtsübertragung entwickelten Grundsätze der Haftung bei der Veräußerung von Immaterialgüterrechten auf Lizenzverträge übertragen werden können, hängt im Wesentlichen nur noch davon ab, welchen Einfluss der Dauercharakter des Lizenzvertrags auf das Haftungsregime ausübt. Insbesondere unter diesem Gesichtspunkt ist nachfolgend zunächst die lizenzvertragliche Haftung für Rechtsmängel im engeren und weiteren Sinne zu erörtern. Sodann ist auf die Modalitäten der gewährleistungsrechtlichen Einstandspflicht des Lizenzgebers Vgl. oben § 12 A; § 14 D III, IV. Zur Frage, ob sich aus dem Dauercharakter des Lizenzvertrags die Notwendigkeit zur Modifizierung der kaufrechtlichen Verjährungsfristen gemäß ergibt, vgl. unten § 17 B II. 398

399

5 17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

283

für kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel sowie für reine Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts einzugehen.

I. Recbtsmängel

im engeren

Sinne

Ist der Lizenzgeber nicht Inhaber des Schutzrechts, da die Rechtszuständigkeit an diesem vollständig oder teilweise einem anderen gebührt oder die R e c h t s p o sition schon bei Vertragsschluss nicht bestand, so bestehen gegen die A n w e n dung der strengen Verkäuferhaftung nach Maßgabe von § § 4 5 3 Abs. 1, 433 ff., 311a, 2 8 0 ff. B G B keine Bedenken. J e nachdem, o b der Kaufgegenstand insgesamt nicht verschafft wird bzw. ex tunc weggefallen ist, oder ob der E r w e r b e r nur nicht die vollständige Rechtsposition erlangt, k o m m t die allgemeine N i c h t erfüllungshaftung nach §§ 433 Abs. 1 S . l , 311a Abs. 2, 2 8 0 B G B oder die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung gemäß §§ 435 ff. B G B zur Anwendung. D i e im Zusammenhang mit der Vollübertragung von Sachen bzw. Immaterialgüterrechten gemachten Ausführungen 4 0 0 zur R a t i o der strengen Einstandspflicht für die Verschaffung der Rechtszuständigkeit sind in vollem U m f a n g auf Lizenzverträge übertragbar. D e n n es ist unmaßgeblich, ob sich der - strukturgleiche - M a n gel der gegenständlichen Rechtszuständigkeit des Veräußerers im R a h m e n einer Vollübertragung

oder

einer auf gewisse D a u e r

erfolgenden

konstitutiven

Rechtsübertragung auswirkt.

II. Rechtsmängel

im weiteren

1. Die Auffassung der

Sinne

Rechtsprechung

Genügt das Immaterialgut nicht den rechtlichen Schutzvoraussetzungen, da es beispielsweise, wie sich nachträglich herausstellt, keine hinreichende patentrechtliche Neuheit aufweist, so löst dies nach den bisherigen Erkenntnissen jedenfalls bei auf Vollübertragungen gerichteten Kaufverträgen die verschuldensunabhängige Verkäuferhaftung gemäß §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435, 437, 311a Abs. 2, 280 ff. B G B bzw. § § 4 3 3 Abs. 1 S . l , 311a Abs. 2, 280 ff. B G B aus. Allerdings lehnte der B G H bei Lizenzverträgen in den hier betroffenen Fällen eine Verkäuferhaftung auf der Grundlage der Rechtsmängelvorschriften nach früherem Schuldrecht ab. Statt dessen befürwortete das Gericht die Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage: 4 0 1 §§ 437, 440 B G B [a.F.] seien nicht anwendbar, wenn das Schutzrecht nachträglich für nichtig erklärt worden sei bzw. falls sich Vgl. oben §10 B I I I , 1 4 C . D . BGH GRUR 1957, 595, 596 - Verwandlungstisch (in Anlehnung an Lindenmaier, GRUR 1955, 507, 509ff.); BGH GRUR 1961, 466, 468 - Gewinderollkopf; bestätigt auch durch BGHZ 83,283,288 ff. - Hartmetallkopfbohrer; vgl. auch BGHZ 115, 69, 75 - Keltisches Horoskop, wo von einer angemessenen (gegebenenfalls geminderten) Zahlungspflicht nach Treu und Glauben die Rede ist. 400 401

284

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

nachträglich eine offenbare oder wahrscheinlich gewordene Nichtigkeit des Schutzrechts herausgestellt habe. Die bloße Vernichtbarkeit des Patents mache dieses nicht zu einem Recht, dessen Entstehung unmöglich sei. Denn solange das Patent nicht für nichtig erklärt sei, entfalte es seine vollen Rechtswirkungen, so dass jedenfalls ein Fall anfänglicher Unmöglichkeit nicht gegeben sei. 402 Jedoch habe der Lizenznehmer das Recht, das Vertragsverhältnis mit ex-nuncWirkung zu lösen; er sei aber verpflichtet, bis zur Nichtigerklärung des Patents, bzw. bis zu seiner offenbar oder wahrscheinlich gewordenen Nichtigkeit die Lizenzgebühren zu zahlen. Hierbei handele es sich um einen Anwendungsfall der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Geschäftsgrundlage sei das Vorhandensein und Bestehenbleiben des Patentschutzes; diese falle bei fehlender Patentfähigkeit weg. 403 Insbesondere deshalb, weil sich der Lizenzvertrag anders als die Vollrechtsübertragung nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfe, liege hier die Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage besonders nahe: Denn beim Lizenzvertrag bestehe eine gemeinsame Vorstellung vom Fortbestehen der Umstände, die den wirtschaftlichen Vorteil des Lizenznehmers ausmachten. Der Geschäftswille der Parteien baue im Zweifel auf den gemeinsamen Vorstellungen vom Fortbestand derjenigen Umstände auf, die den Lizenznehmer in die Lage versetzen, den wirtschaftlichen Vorteil wahrzunehmen, den ihm die Lizenz während der Vertragsdauer verschafft. 404 2.

Stellungnahme

Der Auffassung des B G H kann nicht gefolgt werden. Ungeachtet des Zeitpunkts, zu dem sich die Unwirksamkeit des Patents erweist, führt die Vernichtung des Schutzrechts wegen fehlender Neuheit dazu, dass die Entstehung bzw. Verschaffung dieses Rechts anfänglich objektiv unmöglich ist. Ist der Nichtbestand des Rechts zur Zeit der Geltendmachung der Verkäuferhaftung positiv festgestellt, so haftet der Verkäufer für die fehlende Rechtsverschaffung gemäß den Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts. Anderenfalls ergibt sich die Rechtsmängelhaftung nach Maßgabe von § 435 B G B . Hätte das Patentamt zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Patentanmeldung sämtliche relevanten Umstände gekannt, dann wäre die rechtsgültige Erteilung des Schutzrechts wegen fehlender Neuheit des angreifbaren Patents von Anfang an objektiv nicht

4 0 2 B G H G R U R 1957, 595, 595 f. - Verwandlungstisch; bestätigt durch B G H G R U R 61, 4 6 6 , 4 6 8 - Gewinderollkopf: keine rückwirkende Unwirksamkeit des Vertrags bei Leerübertragung. 4 0 3 B G H G R U R 1957, 5 9 5 , 5 9 6 - Verwandlungstisch; B G H G R U R 1 9 6 1 , 4 6 6 , 468 - G e w i n derollkopf; bestätigt auch durch B G H Z 83, 283, 288 ff. - Hartmetallkopfbohrer. Vgl. aber die Entscheidung B G H Z 115, 69, 75 - Keltisches H o r o s k o p , in der das Gericht zwar erneut im Falle eines Lizenzvertrags die Möglichkeit einer ex-nunc-Kündigung herausstellte, aber keine rechtliche Grundlage für das Kündigungsrecht anführte. 404

B G H Z 83, 283, 2 8 9 f. - Hartmetallkopfbohrer.

§ 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

285

möglich gewesen. Das Patentamt hätte eine Ablehnungsentscheidung treffen müssen, ohne dass ihm ein Ermessensspielraum zugestanden hätte. Parallel dazu vernichtet auch ein Gericht, das die mangelnde urheberrechtliche Schutzfähigkeit eines Geisteswerks gemäß § 2 Abs. 2 UrhG feststellt, nicht nachträglich ein zuvor bestehendes Schutzrecht. Es stellt statt dessen lediglich fest, dass ein wirksamer urheberrechtlicher Schutz in der Tat niemals bestanden hat. Die Nichtigkeit des Schutzrechts wirkt auch hier stets ex tunc, so dass die Rechtsstellung des Veräußerers von Anfang an als nichtbestehend anzusehen ist. Aus der - allein relevanten - ex-post-Perspektive ist daher von einem Fall anfänglicher Unmöglichkeit der Rechtsverschaffung auszugehen. 405 Nicht zuletzt gilt die gleiche Einschätzung auch im Falle von nachträglich für nichtig erklärten Markenrechten, da auch hier das Schutzrecht als ex tunc nichtig angesehen wird. Wendet man die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung im Grundsatz auf Lizenzverträge an, so fordert das Gebot der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fallkonstellationen eine verschuldensunabhängige, auf das positive Interesse gerichtete Haftung auch für Rechtsmängel im weiteren Sinne, da bei ihnen das veräußerte Recht nicht verschafft werden kann. Die Nichtanwendung der Rechtsmängelhaftung kann daher nicht mit dem Gesetzeswortlaut, sondern allenfalls mit Wertungen begründet werden, die gegenüber der Gesetzesanwendung vorrangig sind. 406 Entgegen der Rechtsprechung des B G H erscheint allerdings eine Verkäuferhaftung nach §433, 311a Abs. 2 BGB wertungsmäßig als angemessen, selbst wenn dem Erwerber die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit des Immaterialguts verschafft worden ist. Wegen der ex tunc als fehlend zu betrachtenden immaterialgüterrechtlichen Schutzposition ist die Rechtsstellung des Erwerbers eines nichtigen Schutzrechts weit schwächer als die des Inhabers eines gültigen Immaterialgüterrechts. Anhängige Verletzungsklagen des Lizenznehmers gegenüber Dritten sind unbegründet. Es besteht darüber hinaus auch die Gefahr der Inanspruchnahme des vermeintlichen Lizenznehmers durch zuvor zu Unrecht verklagte Benutzer der Erfindung. Da der anfängliche Rechtsmangel im weiteren 405 So auch Möhring, Mitt. 1969, 296, 297. Für die Anwendung der Rechtsmängelhaftung spricht auch, dass in den parallel gelagerten Fällen, in denen eine Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB, die die gegenseitigen Forderungen rückwirkend zum Erlöschen bringt, nach Kaufvertragsschluß erklärt wird, die Rechtsmängelhaftung ebenfalls für anwendbar gehalten wird. S. (zur Anwendung von §437 BGB a.F.) Staudinger-.ft"ó'Wer, §437 Rn. 28. Vgl. auch Schricker, GRUR 1980, 650, 658, der die Annahme bezweifelt, dass der Lizenzvertrag nicht ex tunc nichtig sei, diese Frage aber im Ergebnis für Patentlizenzen dahingestellt lässt. 406 So wohl Staudinger-ATöWer, §437 Rn. 18, 28: §437 BGB [a.F.] gelte aufgrund der gewagten Natur der Patentveräußerung nicht für nachträglich für nichtig erklärte Patente. Wären Patentveräußerungen dagegen nicht als gewagte Geschäfte zu qualifizieren, dann dürfte § 437 BGB a.F. - und damit auch § 435 BGB n.F. - wohl auch nach Köhler auf Fälle der nachträglichen ex-tunc-Nichtigerklärung von Patenten anwendbar sein, zumal da er diese Norm auch in den parallelen Fällen der Aufrechnung anwendet, die ebenfalls nachträglich zum ex-tunc-Wegfall einer Rechtsposition führt (a.a.O. Rn. 28).

286

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Sinne in der Sphäre des Lizenzgebers liegt und ihm somit zurechenbar ist, erscheint es deshalb als sachgerecht, eine grundsätzlich umfassende Verkäuferhaftung vorzusehen. Auf diese Weise wird der Erwerber gegen die Gefahr eines möglichen Rückgriffs durch Dritte haftungsrechtlich abgesichert. Der Hinweis darauf, dass der Lizenznehmer durch den Erhalt des nichtigen Schutzrechts eine Vermögenswerte Stellung erlangt habe, liefert kein hinreichendes Argument gegen die Anerkennung der umfassenden kaufrechtlichen Haftung des Lizenzgebers. Denn hat der Scheinrechtsinhaber aus dem ihm verschafften Gegenstand geldwerte Vorteile ziehen können, so wie dies zumeist der Fall gewesen sein wird, so können diese Vermögenszuwächse im Rahmen der Berechnung seines Schadensersatzanspruchs als schadensmindernde Posten bzw. im Rahmen des Rücktritts als gezogene Nutzungen ohne weiteres berücksichtigt werden. Überdies kann die Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage an Stelle der kaufrechtlichen Haftung auch tatbestandlich nicht überzeugen. Die Vertragsparteien gehen bei Vertragsabschluß in aller Regel von Bestand und künftigem Fortbestand des Schutzrechts aus, wobei das lizenzierte Patent bzw. die Marke sogar einer unabhängigen sachlichen Prüfung durch eine öffentliche Stelle unterzogen worden ist. Ubertragungsgegenstand eines immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsvertrags ist deshalb gerade nicht nur der Gegenstand als tatsächliches Gut, sondern auch die Rechtsposition selbst. Findet die Löschung der Marke statt, oder wird das Patent mangels Neuheit zu Fall gebracht, so fehlt nicht die Geschäftsgrundlage, sondern vielmehr der Vertragsgegenstand selbst. Deshalb kommt die Haftung wegen der NichtVerschaffung des Rechts gemäß §§ 433 Abs. 1,311a, 280 BGB und nicht die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Anwendung. 407 Stets betrifft die Aquivalenzstörung daher den Bestand des Rechts selbst, nicht aber eine »Geschäftsgrundlage«, die dem Vertrag nur zugrunde läge und gerade nicht Vertragsgegenstand geworden wäre. 408 Zudem sind die Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ohnehin streng subsidiär. Bestehen vorrangige Gewährleistungsvorschriften, die die Fälle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands zu erfassen und sinnvoll zu regeln vermögen, so kann nicht auf die Lehre von der Geschäftsgrundlage zurückgegriffen werden. Nicht zuletzt kann mit der Anwendung der Lehre von der Geschäftsgrundlage gemäß §313 BGB zwar möglicherweise der Einzelfallgerechtigkeit, nicht aber dem Erfordernis der Rechtssicherheit gedient werden.

407 Vgl. aber Schricker, G R U R 1980, 650, der von einer weitgehenden Wirksamkeit des Lizenzvertrags auch dann ausgeht, w e n n Rechte D r i t t e r gegen das Markenrecht geltend gemacht w e r d e n k ö n n e n , da diese verwirkt w e r d e n k ö n n e n bzw. der Löschungsgrund aufgrund nachträglicher Verkehrsgeltung entfallen kann. Zu d e m Z e i t p u n k t jedoch, zu dem ein Löschungsgrund besteht, muss der L i z e n z n e h m e r Mängelansprüche wegen der Verletzung seines Aquivalenzinteresses geltend machen k ö n n e n . 408 Vgl. ähnlich Nirk, G R U R 1970, 329, 335; kritisch auch Schwerdtner, G R U R 1968, 9, 22.

§17.

3. Folgerungen,

Kaufrechtliche

insbesondere

Gewährleistungshaftung

die

und

Lizenzvertrag

287

Verjährung

Ebenso wie Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung im Rahmen der Vollübertragung von Immaterialgüterrechten für Rechtsmängel im weiteren Sinne einschlägig sind, kommen diese Vorschriften richtigerweise auch bei Lizenzverträgen zur Anwendung. 4 0 9 Zur Begründung kann im Wesentlichen auf die Argumentation verwiesen werden, die im Zusammenhang mit Vollveräußerungsverträgen entwickelt worden ist: 410 Bei Rechtsmängeln im weiteren Sinne handelt es sich um Umstände, deren Ursachen in der Sphäre des Lizenzgebers begründet liegen, so dass er für diese verantwortlich ist. Diese Erwägung gilt unabhängig davon, ob der Vertragsgegenstand dem Erwerber auf Dauer oder für einen beschränkten Zeitraum überlassen wird. Überdies sind die gegenseitigen Leistungs- und Treuepflichten der Parteien eines Dauerschuldverhältnisses im Vergleich zu denjenigen bei einem reinen Austauschvertrag, bei dem sich die Vertragspflichten im Wesentlichen auf einen einmaligen Leistungsaustausch beschränken, eher verstärkt, so dass jedenfalls keine Haftungsminderung in Betracht kommt. Somit steht der Dauercharakter des Lizenzvertrags nicht in Widerspruch zur Anwendung der Vorschriften der §§433 Abs. 1 S.l, 311a, 280 ff. BGB, die eine umfassende Bestandshaftung des Veräußerers festlegen. 411 Gegen die Anwendung der Rechts- bzw. Bestandshaftung würde es allerdings sprechen, wenn eine Befugnis des Lizenznehmers anzuerkennen wäre, den Vertrag im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands während der gesamten Dauer des Lizenzvertrags rückabwickeln zu können, und wenn gleichzeitig die Anwendung der kaufrechtlichen Grundsätze den Weg zu einer solchen Rückabwicklung versperren würden. Ein Interesse an der Erstreckung der Gewährleistungsrechte auf die gesamte Dauer des Lizenzvertrags könnte insbesondere auf dem Gebiet der Markenlizenz anzuerkennen sein, da es sich bei der Marke - anders als beim Patent - um ein zeitlich nicht begrenztes Schutzrecht 409 Vgl. Schricker, GRUR 1980, 650, 651 ff., der für Lizenzverträge jedenfalls den Rechtsgedanken von §437 BGB a.F. für anwendbar erklärt, obgleich er im Ergebnis nicht die kauf-, sondern die mietvertragliche Rechtsmängelhaftung für anwendbar erklärt. 410 Eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten des Lizenzgebers aufgrund eines möglichen aleatorischen Charakters des immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsvertrags ist bereits weiter oben abgelehnt worden. Beide Parteien gehen typischerweise vom Bestand und Fortbestehen des veräußerten Schutzrechts aus, so dass der Vertrag weder objektiv noch subjektiv von einem besonderen Unsicherheitselement geprägt ist. 411 Eine schärfere Haftung des Lizenzgebers im Vergleich zum Verkäufer bei der Vollübertragung eines Immaterialgüterrechts scheint BGHZ 83, 283, 289 f. - Hartmetallkopfbohrer anzunehmen. Beim Kauf eines Schutzrechts rücke der Käufer mit dem Erwerb des Rechts endgültig in die mit dem Risiko der Schutzrechtsversagung oder -Vernichtung behaftete Rechtsposition ein (deshalb und mit Hinblick auf die gewagte Natur des Immaterialgüterrechtskaufs lehnt der BGH in diesen Fällen grundsätzlich die Verkäuferhaftung ab); beim Lizenzvertrag dagegen baue der Geschäftswille der Parteien darauf auf, dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Vorzugsstellung während der gesamten Dauer des Vertrags zu gewähren habe. Deshalb erkennt der BGH hier grundsätzlich eine Einstandspflicht des Lizenzgebers an (wenngleich auch nach den Grundsätzen vom Wegfall der Geschäftsgrundlage).

288

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

handelt, das dem Lizenznehmer das Recht zur kontinuierlichen Benutzung des Zeichens vermittelt. 412 Sofern es sich bei dem »Rechtsmangel im weiteren Sinne« um einen bereits anfänglich vorhandenen, aber sich erst später auswirkenden Mangel des Vertragsgegenstands handelt, werden die Interessen des Lizenznehmers an der Inhaberschaft eines rechtsbeständigen Schutzrechts nach gegenwärtiger Rechtslage hinreichend geschützt. Denn der Lizenznehmer kann anfängliche Mängel gemäß § § 4 3 3 , 311a Abs. 2, 280 B G B innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist des § 195 B G B innerhalb von 3 Jahren geltend machen, bzw. wenn ein Rechtsmangel vorliegt, in den in § 438 B G B genannten Verjährungsfristen. Zwar hat damit das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Frist für die Geltendmachung des anfänglichen Nichtbestands des Rechts im Gegensatz zur früheren 30-jährigen Frist erheblich abgekürzt. Diese Begrenzung der Frist zur Geltendmachung anfänglicher Rechtsmängel erscheint jedoch im Interesse der Rechtssicherheit und angesichts des Bedürfnisses der Wiederherstellung des Rechtsfriedens nicht als unangemessen. Liegt dagegen ganz ausnahmsweise ein Mangel des Vertragsgegenstands vor, der nicht bereits bei Vertragsschluss bzw. nicht spätestens zum Zeitpunkt der Verschaffung des Rechts zumindest im Keim vorhanden war, greift die Haftung nach § § 4 3 3 , 311a, 280 B G B nicht ein. Als Beispiel hierfür können Fälle angeführt werden, in denen nach Vertragsschluss ein Gesetz erlassen wird, aufgrund dessen das Nutzungsverbot für den Lizenzgegenstand ausgesprochen wird. In diesen Fällen wird man die Verjährungsfrist mit der Entstehung des Mangels zu laufen beginnen lassen müssen. 4. Keine Notwendigkeit

der Geltendmachung

des

Rechts

Gegen die Anwendung der kaufrechtlichen Haftungsgrundsätze auf Rechtsmängel im weiteren Sinne könnte überdies sprechen, dass die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung bereits bei Bestand der entgegenstehenden Rechtsposition des Dritten eingreift. 413 Eine tatsächliche Geltendmachung des Rechts oder gar dessen tatsächlicher Entzug ist nicht Voraussetzung 414 der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung. 415 Insbesondere bei Markenrechten könnte deshalb die 4 1 2 In diesem Sinn e Schricker, G R U R 1980, 650, 659, der deshalb die grundsätzliche Anwendung mietvertraglicher Gewährleistungsregelungen befürwortet. 4 1 3 Die Anwendung von § 4 3 7 B G B a.F. schon bei bloßem Bestand des Rechts entspricht allgemeiner Meinung; vgl. nur Schricker, G R U R 1980, 650, 658; Staudinger-Köhler, § 434 Rn. 5. Gleiches ergibt sich auch aus § 435 B G B n.F. (»...geltend machen können«.) 4 1 4 Eine Ausnahme bildete die Geltendmachung von Schadensersatz. Gemäß § 4 4 0 Abs. 2 B G B a.F. muss der Geltendmachung von Schadensersatz die Eviktion vorausgehen. Vgl. Schrikker, G R U R 1980, 650, 658; Staudinger-Köhler, § 440 Rn. 40 ff. 4 1 5 Kritisch deshalb Schricker, G R U R 1980, 650, 658 ff., der sich für die Markenlizenz gegen die Anwendung von § 437 B G B a.F. und statt dessen für den grundsätzlichen Rückgriff auf die mietvertragliche Gewährleistungshaftung aussprach.

5 17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

289

Einstandspflicht, die dem Lizenzgeber durch die Rechtsmängelhaftung auferlegt wird, als zu scharf anzusehen sein. D e n k b a r wäre es, dass auf diese Weise die D y n a m i k des Zeichenrechts nicht in hinreichendem Maße berücksichtigt werden kann: D e n n in Fällen, in denen das Recht eines Dritten besteht, das gegen die Benutzung der M a r k e gerichtet werden könnte, wird diese Rechtsposition nicht zwingend auch tatsächlich geltend gemacht. Ein Drittrecht oder ein L ö schungsgrund können sogar nach einiger Zeit wieder wegfallen. Beispielsweise kann dieses Recht verwirkt worden sein; möglich ist auch, dass das M a r k e n recht, das zunächst wegen fehlender Unterscheidungskraft löschungsfähig war, später wegen Verkehrsgeltung unangreifbar geworden ist. 4 1 6 Gleichwohl ist auch hier im Ergebnis von der Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung auszugehen. Bei der Einräumung einer Markenlizenz schuldet der Lizenzgeber ebenso wie auch bei sonstigen gegenständlichen Rechtseinräumungen nicht lediglich die Gebrauchsüberlassung, sondern die Verschaffung des Schutzrechts selbst. Diese Pflicht ist nicht erfüllt, solange der Löschungsgrund Bestand hat und nicht endgültig ausgeräumt worden ist. Erfüllt der Lizenzgeber seine diesbezügliche vertragliche Verpflichtung nicht, und ist die Rechtsposition des Lizenznehmers deshalb zur Zeit der Geltendmachung der Rechtsmängelhaftung noch durch entgegenstehende R e c h t e Dritter belastet, so ergibt sich die strenge Verkäuferhaftung aus dem kaufvertraglichen Pflichtenprogramm des Lizenzgebers. D i e umfassende Anwendbarkeit der Rechtsmängelhaftung erscheint auch als interessengemäß und entspricht der Ratio der Rechtsmängelhaftung. D e n n die mit entgegenstehenden Rechten Dritter belastete Lizenz ist in ihrem Wert gemindert. So wird beispielsweise der ausschließliche Lizenznehmer angesichts der Unsicherheit seiner eigenen Rechtsposition keine Unterlizenzen einräumen können und kann deshalb das Schutzrecht nicht optimal verwerten. D i e hiermit verbundene Wertminderung seiner Rechtsposition ist auf U m s t ä n d e zurückzuführen, die überwiegend in der Sphäre des Veräußerers begründet liegen. Ist allerdings das Drittrecht zum Zeitpunkt seiner Geltendmachung bereits verwirkt, oder hat das Zeichen Verkehrsgeltung erlangt, so sind Mängelansprüche zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht mehr begründet. Insgesamt ergibt sich deshalb auch bei Lizenzverträgen die A n w e n d barkeit der Grundsätze der kaufrechtlichen Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung für anfängliche Rechtsmängel im weiteren Sinne.

III.

Kombinierte

1. Anwendbarkeit

Rechts- und

Beschaffenheitsmängel

von j 434 BGB

Mängel der Beschaffenheit des Vertragsgegenstands sind grundsätzlich für den E r w e r b e r ebenso wie für den Veräußerer eruierbar. Diese Untersuchungs- bzw. 416

Vgl. Schricker, GRUR 1980, 650, 654, 657 ff.

290

4. Kapitel:

Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

Risikosteuerungsmöglichkeiten bestehen ohne Rücksicht darauf, ob das Veräußerungsobjekt körperlicher oder unkörperlicher Natur ist, sowie unabhängig davon, ob das Gut durch translative oder konstitutive Rechtsübertragung verwertet wird. Eine Risikoverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber nach Maßgabe der Sachmängelhaftung erscheint aus diesem Grunde nicht nur bei Vollveräußerungsverträgen über Immaterialgüterrechte, sondern auch bei Lizenzverträgen als grundsätzlich interessengemäß. Aus der Anwendung von §§453 Abs. 1, 434 B G B auf Verträge, die auf die translative Übertragung von Schutzrechten gerichtet sind, ergibt sich somit konsequenterweise auch die analoge Anwendung der Sachmängelhaftung auf Lizenzverträge. Denn aus den gleichen Gründen wie im unmittelbaren Geltungsbereich von § 434 B G B erscheint auch hier bei der Lizenzeinräumung eine Beschränkung der Haftung des Veräußerers auf die Gewährung eines zeitlich beschränkten Rechts zur Rückabwicklung unter grundsätzlichem Ausschluss eines verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs als geboten. 2. Anwendbarkeit

der kurzen Verjährungsfrist

gemäß 5 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB

Fraglich ist allerdings, ob auch die kurze zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B auf Lizenzverträge Anwendung finden kann. Die Frage nach der Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung stellte sich unter Geltung der sechsmonatigen Frist von § 459 B G B a.F. noch eindringlicher als heute, da § 477 B G B a.F. die Interessen des Lizenznehmers noch weit stärker beschnitt als die Zweijahresfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B . Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat allerdings die Frage nach der Angemessenheit der kurzen kaufrechtlichen Gewährleistungsfrist nicht ausgeräumt. Denn in langfristigen Lizenzverträgen können sich Beschaffenheitsmängel des Vertragsgegenstands durchaus erst weit nach Ablauf der in § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B vorgesehenen Zweijahresfrist abzeichnen. Demgemäß wurde in der patentlizenzvertragsrechtlichen Literatur 417 sowie in der Rechtsprechung 418 zum früheren Schuldrecht einhellig die Ansicht vertreten, dass sich die kurze Verjährungsfrist des § 477 B G B a.F. für den Lizenzvertrag nicht eigne und daher dort auch keine Anwendung finden könne. Der Lizenzvertrag sei ein Dauerschuldverhältnis, so dass die Geltendmachung von Mängeln während der gesamten Vertragsdauer möglich sein müsse. Entscheidend für die Frage der Anwendbarkeit von § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B auf Lizenzverträge ist, welche Uberzeugungskraft dem Argument zukommt, 417 Stumpf/Groß, Lizenzvertrag, Rn. 321; Reimer-Ernst Reimer, § 9 Rn. 39; s. auch Gaul/ Bartenhach/Gennen, K 160 Rn. 458, die aber eine erhebliche Einschränkung der langen Verjährung unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung fordern. 4 1 8 Vgl. z.B. R G Z 82, 155, 159 - Konit; R G G R U R 1938, 33, 34 - Kilometerzähler an Kleidungsstücken (dort allerdings für eine Vollübertragung). Vgl. auch die Nachweise oben vor § 15 Fn. 12.

§ 17. Kaufrechtliche Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

291

dass die kurze kaufrechtliche Verjährung mit dem Dauerschuldverhältnischarakter des Lizenzvertrags unvereinbar sei. Es ist davon auszugehen, dass der Dauercharakter des Lizenzvertrags keine Verlängerung der Verjährungsfrist über das in § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B vorgesehene M a ß hinaus rechtfertigt. E b e n so wenig wie der Sachverkäufer auf D a u e r für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache soll einstehen müssen, erschiene es als gerechtfertigt, den Lizenzgeber während der gesamten D a u e r des Lizenzvertrags für anfängliche Beschaffenheitsmängel

des

Vertragsgegenstands

haften

zu

lassen.

Weist

das

lizenzierte

Immaterialgut einen Beschaffenheitsmangel auf, so ist dieser notwendigerweise bereits zum Zeitpunkt der konstitutiven Rechtsübertragung wenigstens latent vorhanden.Bezüglich des Zeitpunkts, zu dem sich Beschaffenheitsmängel des Vertragsgegenstands ergeben können, gleicht der Lizenzvertrag somit einerseits dem typischen, punktuellen Kaufvertrag, unterscheidet sich andererseits jedoch deutlich

von

anderen

Dauerschuldverhältnissen

wie etwa

dem

Pachtver-

trag 4 1 9 .Denn bei letzterem entstehen Mängel des Ubertragungsgegenstands vielfach erst im Verlauf des Vertragsverhältnisses, da beispielsweise das Pachtobjekt aufgrund äußerer Einwirkungen während der Vertragslaufzeit beschädigt wird und den Verpächter Erhaltungspflichten bezüglich der Pachtsache treffen. I m Gegensatz dazu können Immaterialgüter als unkörperliche Gegenstände weder beschädigt noch abgenutzt werden. E i n e nachträgliche Verschlechterung des Vertragsgegenstands k o m m t bei diesen somit grundsätzlich 4 2 0 nicht in Betracht. E b e n s o wie dem Sachkäufer oder dem Käufer eines Immaterialgüterrechts, der dieses ohne zeitliche Befristung erworben hat, ist es dem Lizenznehmer zumutbar, den Vertragsgegenstand binnen angemessener Frist auf anfängliche Mängel hin zu untersuchen. Deshalb ist der dem § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B zugrunde liegende Gedanke auf Lizenzverträge übertragbar, nach dem Beschaffenheitsmän-

4 1 9 Auch im Pachtrecht ist die Sachmängelhaftung - auch für anfängliche Mängel - zeitlich eingeschränkt. Zwar unterliegt die sich aus §§ 581, 537 B G B ergebende Haftung nicht der Verjährung, da es sich bei der pachtrechtlichen Sachmängelhaftung nicht um einen Anspruch, sondern um eine kraft Gesetzes erfolgende Verminderung des Mietzinses handelt (vgl. nur PalandtPutzo, §537 Rn. 21). Diese Konstruktion wird allerdings als dogmatisch verfehlt angesehen, und das Bedürfnis für einen verkürzten Zeitraum, in dem die Mängel geltend gemacht werden können, wird als notwendig anerkannt (vgl. MüKo-Voe/s&ow, §537 Rn. 11). Rechtsprechung und Schrifttum haben daher auch die Haftung des Verpächters zeitlichen Schranken unterworfen. Erkennt der Mieter einen Mangel erst nach Vertragsschluß und zahlt er trotz Kenntnis des Mangels die Miete über einen längeren Zeitraum hinweg vorbehaltlos in voller Höhe weiter, so ist §539 B G B analog (vgl. B G H NJW-RR 1992, 267, 268; B G H N J W 1997, 2674) oder das Rechtsinstrument der Verwirkung gemäß § 242 B G B anwendbar. Vgl. dazu ausführlich Staud'mger-Emmerich, § 537 Rn. 95 ff. Ebenso wie im Pachtrecht erscheint es deshalb auch bei Lizenzverträgen als angemessen, von einer Einschränkung des Zeitraums auszugehen, in welchem der Lizenzgeber die - notwendigerweise anfänglichen - Mängel geltend machen kann. 4 2 0 Denkbar ist freilich, dass nachträglich öffentlich-rechtliche Vorschriften erlassen werden, die den Gebrauch des Immaterialgutes einschränken können. Generell-abstrakte Vorschriften führen allerdings nicht zu einem Sachmangel, es sei denn, sie wurden mit Bezug auf den konkreten Kaufgegenstand konkretisiert. Vgl. hierzu oben § 10 C II 2.

292

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

gel angesichts der typischerweise vorhandenen diesbezüglichen

Erkenntnis-

möglichkeiten des Erwerbers innerhalb von zwei Jahren geltend gemacht werden müssen. Möglicherweise früher bestehende Zweifel an der Angemessenheit der A n wendung der kaufrechtlichen Verjährungsregelungen auf Lizenzverträge dürften mit Inkrafttreten

des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

ausgeräumt

worden sein. D i e Verlängerung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre gegenüber der früheren sechsmonatigen Frist des § 4 7 7 B G B a.F. ist auch im Bereich des Lizenzvertragsrechts zu begrüßen. Sie führt insbesondere bei versteckten M ä n geln zu einer weitaus sachgerechteren Verteilung des Mängelrisikos zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer. Insgesamt ergibt sich, dass der § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B zugrunde liegende G e danke, demzufolge der Veräußerer für Beschaffenheitsmängel nicht zeitlich unbeschränkt haften soll, auch für Lizenzverträge einschlägig ist. Die kurze Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 N r . 3 B G B ist für Lizenzverträge gleichermaßen angemessen wie beim Sachkauf und bei der translativen Übertragung von I m m a terialgüterrechten. Gegen die systematisch gebotene und aus § 453 Abs. 1 B G B sich ergebende Anwendung von § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B ergeben sich keine B e denken.

IV. Reine Beschaffenheitsmängel

des

Immaterialguts

Ist § 434 B G B auf kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts gemäß §§ 453 Abs. 1 B G B anwendbar, obgleich diese Mängel zugleich zum Entfallen der Rechtsposition führen und damit möglicherweise die Rechtsmängelhaftung auslösen könnten, so gilt § 4 3 4 B G B erst recht bei Mängeln, die sich ausschließlich auf die Qualität oder die Gebrauchstauglichkeit des Immaterialguts niederschlagen. D i e Risikoerwägungen, die die Ratio der Sachmängelhaftung im R a h m e n des Sachkaufs bestimmen, sind nicht nur auf immaterialgüterrechtliche Vollrechtsübertragungen, sondern auch auf Lizenzverträge übertragbar: D e n n wie bereits mehrfach betont, sind Beschaffenheitsmängel des vorrechtlichen Gegenstands für den Erwerber unabhängig davon erkennbar, ob ihm das unkörperliche reale G u t im R a h m e n einer Vollrechtsübertragung oder mittels einer L i z e n z verschafft wird. Zudem ist der subjektive Fehlerbegriff, dessen Verwendung auf Grundlage der Anwendung von §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2, 4 3 4 Abs. 1 S.l B G B auch für den Lizenzvertrag ermöglicht wird, im R a h m e n des Lizenzvertragsrechts ebenso sachgerecht wie bei Vollveräußerungsverträgen. D e n n auch der Lizenznehmer erwartet, dass das Immaterialgut nicht nur von gewöhnlicher Beschaffenheit ist. Zusätzlich ist ihm daran gelegen, dass der Vertragsgegenstand diejenigen Beschaffenheiten aufweist, die sich aus den Vereinbarungen mit dem Veräußerer ergeben und die seinem spezifischen Gebrauchszweck Rechnung tragen. Auch diese Interesseneinschätzung hängt nicht davon ab, o b das werthafte G u t im

$ 17. Kaufrechtliche

Gewährleistungshaftung

und Lizenzvertrag

293

Wege einer translativen oder konstitutiven Rechtsübertragung verwertet wird. Entscheidend ist vielmehr nur, dass ein vorrechtlicher Gegenstand veräußert wird, dessen Beschaffenheit durch Parteivereinbarungen konkretisiert werden kann und dessen NichtVerschaffung das Äquivalenzinteresse des Erwerbers beeinträchtigt. Ist somit § 434 B G B auf nachteilige Abweichungen der Istbeschaffenheit des Vertragsgegenstands von seiner Sollbeschaffenheit grundsätzlich anwendbar, so müssen insbesondere im Bereich des Kunsturheberrechts gleichwohl die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Lizenzgebers sowie auch diejenigen des Verwerters berücksichtigt werden. Wie bereits angesprochen, müssen hier die verlagsrechtlichen Grundsätze zur Bestimmung der Vertragswidrigkeit des Lizenzgegenstands berücksichtigt werden. 4 2 1 Dementsprechend wird ein Mangel in der künstlerischen Qualität des Werks regelmäßig keine Mängelansprüche des Lizenznehmers auslösen können, da dem Verwerter ein diesbezügliches Beurteilungsrecht nicht zuzuerkennen ist. Überdies wird dem Verwerter - parallel zur Lehre von der Ausgabefähigkeit des Verlagserzeugnisses - ein Mängelgewährleistungsanspruch in Fällen zuzusprechen sein, in denen es diesem unzumutbar ist, das für sich betrachtet objektiv gebrauchstaugliche und marktgängige Geisteswerk zu verwerten.

F. Ergebnisse Außerhalb des stark persönlichkeitsrechtlich geprägten Sondergebiets des Verlagsrechts ist die kaufrechtliche Sach- und Rechtsmängelhaftung auf Lizenzverträge in grundsätzlich gleicher Weise anwendbar wie auf Sachkaufverträge und immaterialgüterrechtliche Vollveräußerungsverträge. Angesichts der Strukturgemeinsamkeiten von Vollveräußerungs- und Lizenzverträgen stimmen auch die diesbezüglichen Sekundärpflichten der Vertragsparteien miteinander grundsätzlich überein. Für Mängel im Bestand der Rechtsposition kommt die auf dem Gedanken der Sphärenverantwortlichkeit basierende, auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Haftung für den Bestand bzw. die Mängelfreiheit des Vertragsgegenstands zur Anwendung. Mängel des Immaterialguts als vorrechtlichem Gegenstand unterliegen der Sachmängelhaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 434 B G B , die dem Erwerber regelmäßig nur Rücktritts- und Minderungsrechte zuerkennt und einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung nur bei Zusicherungen oder gesondert festgestelltem Verschulden gewährt. Die einleitend gestellte Frage, ob der ausschließliche Lizenzvertrag auch mit Blick auf dessen Sekundärebene dem Kaufrecht zuzuordnen ist, kann nun ange4 2 1 Vgl. hierzu ausführlich oben § 17 A II; für eine »vorsichtige Anwendung« der §§ 459ff. a.F. auf urheberrechtliche Nutzungsrechtsverträge, die die genannten persönlichkeitsrechtlichen Aspekte hinreichend berücksichtigt, vgl. Schricker-Schricker, §§31/32 Rn. 14.

294

4. Kapitel: Die Mängelgewährleistung

beim Kauf geschützter

Gegenstände

sichts der umfassenden Anwendbarkeit der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung bejaht werden. Vom Forderungskauf als der jedenfalls bis zur Schuldrechtsreform leitbildhaften Form des Rechtskaufs unterscheidet sich der Lizenzvertrag jedoch erheblich: Die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung vermögen für sich genommen die Verkäuferhaftung bei gegenstandsbezogenen Äquivalenzstörungen im Rahmen des Lizenzvertrags nicht befriedigend zu regeln. Demgegenüber ähneln Immaterialgüterrechte strukturell den Eigentumsrechten an körperlichen Sachen, so dass die Ratio der kaufrechtlichen Sach- und Rechtsmängelhaftung über den Bereich des Sachkaufs hinaus für die Haftung bei Mängeln des Immaterialgüterrechts im Rahmen der translativen oder konstitutiven Übertragung von Immaterialgüterrechten Geltung verlangt. Nicht als Kaufvertrag auch nur im weitesten Sinne qualifizierbar ist dagegen der Verlagsvertrag. Dies gilt auch für die Gewährleistungsebene: Entsprechend den besonderen Bedürfnissen des Verlagswesens ist dieser Vertragstypus vom Gesetzgeber auch haftungsrechtlich in eigenständiger Weise ausgestaltet. Verlagsrechtliche Grundsätze, die die Haftung aufgrund persönlichkeitsrechtlicher Erwägungen modifizieren, sind im Einzelfall auf Urheberrechtsverträge, nicht aber auf Lizenzen des gewerblichen Rechtsschutzes übertragbar. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat mit §§ 453 Abs. 1, 433 ff. B G B in die kaufrechtliche Qualifikation von Lizenzverträgen vermehrt Klarheit gebracht. Mit der Aufnahme der Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 B G B in das Gesetz steht einer Anwendung der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung auf Lizenzverträge gesetzessystematisch und wertungsmäßig nichts mehr entgegen. § 453 Abs. 1 B G B ist dahingehend zu interpretieren, dass auf Lizenzverträge nicht nur die Rechtsmängelhaftung, sondern zusätzlich auch die Sachmängelhaftung anwendbar ist, sofern der Lizenzgegenstand auf der Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs Beschaffenheitsmängel aufweist. § 4 3 8 Abs. 1 B G B sieht zudem gegenüber der früheren Vorschrift von § 477 B G B a.F. die Verlängerung der Gewährleistungsfrist vor, was beiden Vertragsparteien im Interesse der Rechtsicherheit zumutbar ist.

5. Kapitel

Der Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich geschützte sonstige Gegenstände A. Einführung und Uberblick Es ist bereits festgestellt worden, dass eine große und immer weiter wachsende Zahl werthafter unkörperlicher Güter existiert, die als Verkehrsgegenstände anzusehen sind, obgleich sie ihrer Art nach nicht durch subjektive Ausschließlichkeitsrechte geschützt sind und deshalb weder als Sachen noch als Rechte qualifizierbar sind. Entsprechend der Terminologie des neuen § 453 Abs. 1 BGB sollen diese Güter hier als »sonstige Gegenstände« bezeichnet werden. Wie ebenfalls bereits dargelegt wurde, sind aus dem großen Kreis dieser sonstigen Gegenstände für die vorliegende Arbeit Informationsgüter wie beispielsweise Know-how, nicht schutzfähige Formgestaltungen, gemeinfreie Werbeideen und digitalisierte Wertobjekte wie Text-, Musik- und Videodateien von Bedeutung. 1 Da die genannten Arten unkörperlicher Gegenstände trotz fehlenden Schutzes durch ein Ausschließlichkeitsrecht vielfach einen ganz erheblichen Wert verkörpern, liegt das Bedürfnis auf der Hand, sie als Veräußerungsobjekte in den Rechtsverkehr zu integrieren. Die Einschätzung des historischen BGB-Gesetzgebers, dass sich die Vertragspflichten bei der Veräußerung solcher Gegenstände »aus dem Inhalt des Vertrags unter Berücksichtigung von Treu und Glauben von selbst ergeben« würden, 2 führt aus heutiger Sicht zu nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheiten. Die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Veräußerung dieser nicht als Sachen oder Rechte zu qualifizierenden sonstigen Gegenstände bereitet traditionell Schwierigkeiten, obgleich es sich bei ihnen um Rechtsgegenstände im Sinne des BGB handelt und sie damit grundsätzlich vom Kaufrecht erfasst sind. Die Literatur zur Verkäuferhaftung beim Unternehmenskauf als dem Kauf einer Erscheinungsform sonstiger Gegenstände ist nahezu unübersehbar. 3 Dagegen wird die hierzu parallele Frage nach der Einstandspflicht des Veräußerers

1 Ausgeklammert aus der vorliegenden Untersuchung wurden dagegen bereits zu Anfang komplexe Vermögensgesamtheiten wie ganze Unternehmen bzw. Arztpraxen, deren Veräußerung andersartigen, weniger leicht auf einheitliche Grundsätze reduzierbare Regeln unterworfen ist. Vgl. dazu oben §§ 1, 6. 2 Prot. I I S . 51. 3 Vgl. hierzu die Nachweise oben Einl. Fn. 7.

296

i. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

bei der Übertragung anderer, ihrer Art nach weniger komplexer F o r m e n sonstiger Güter, wie den hier zu behandelnden informationellen Inhalten im weitesten Sinne, nur in Teilbereichen diskutiert. Die vergleichsweise stärkste Beachtung findet dabei noch der Know-how-Vertrag. Wie allerdings der Problemkreis der online-Übertragung werthafter Güter deutlich macht, ist die Problematik der Veräußerung sonstiger Gegenstände informationellen Inhalts keineswegs auf Know-how-Überlassungen oder auch nur auf das Immaterialgüterrecht im weitesten Sinne beschränkt. Gemäß der Verweisungsnorm des neuen § 453 Abs. 1 B G B finden die Vorschriften über den Kauf von Sachen heute ausdrücklich nicht nur auf den Kauf von Rechten, sondern auch auf den Kauf sonstiger Gegenstände entsprechende A n w e n d u n g . In der E n t w u r f s b e g r ü n d u n g heißt es, dass mit der Neufassung des Gesetzes der Rechtsprechung gefolgt werde, die schon heute die Vorschriften des Kaufvertragsrechts, soweit sie passen, auf die Veräußerung z.B. von nicht geschützten Erfindungen, technischem K n o w - h o w , Software, Werbeideen u.s.w. anwende. 4 Aus der offenen Verweisung auf den »Kauf von Sachen« geht allerdings nicht hervor, welche Vorschriften des Sachkaufs im Einzelnen auf den Kauf sonstiger Gegenstände A n w e n d u n g finden sollen. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der nun folgenden A u s f ü h r u n g e n in erster Linie darin, § 453 Abs. 1 B G B insoweit mit Inhalt zu füllen und zu diesem Zweck generelle Leitlinien zu entwickeln, mit deren Hilfe die Veräußerung sonstiger Gegenstände informationellen Inhalts in das kaufrechtliche Haftungsregime integriert werden kann.

B. Plan des w e i t e r e n Vorgehens Es ist somit im Folgenden zu untersuchen, inwieweit das Kaufrecht im Allgemeinen und die kaufrechtliche Mängelhaftung im Besonderen auf die Verwertung sonstiger Gegenstände anwendbar ist. Hiermit wiederholt sich f ü r den Bereich der Veräußerung sonstiger Gegenstände thematisch die bereits erörterte Frage nach der Anwendbarkeit des Kaufrechts auf die Veräußerung subjektivrechtlich geschützter unkörperlicher Gegenstände. Aus der Parallelität der Fragestellung ergibt sich auch der Gleichlauf des weiteren Vorgehens: Zunächst ist ein Überblick über die Charakteristika der sonstigen Gegenstände als Veräußerungsgegenstände zu geben (§ 18). Im Anschluss daran wird untersucht, ob u n d inwieweit die Strukturen der Veräußerung sonstiger Gegenstände dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags entsprechen und ob deshalb eine typologische 4 Begründung, S. 242. Daneben geht die Begründung, a.a.O., auf die H a f t u n g beim Unternehmenskauf ein, die durch diese Verweisung sowie die Änderungen im Recht des Sachkaufs selbst wieder ins Kaufrecht integriert werden könne. Da der Unternehmenskauf nicht den Gegenstand der vorliegenden Abhandlung bildet, ist diese Frage hier nicht weiter zu vertiefen.

§ 18. Sonstige Gegenstände als

297

Kaufgegenstände

Zuordnung der Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände zu der Gruppe der Kaufverträge möglich ist (§ 19). Abschließend ist sodann die praktisch sehr wichtige Frage zu beantworten, ob und inwieweit das kaufrechtliche Haftungsregime auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände Anwendung finden kann (§ 20).

§ 18. Sonstige Gegenstände

als

Kaufgegenstände

A . B e s t a n d s a u f n a h m e des K r e i s e s s o n s t i g e r G e g e n s t ä n d e ; i n s b e s o n d e r e die Rechtsnatur von K n o w - h o w

I. Digitalisierte informationelle

Inhalte

Zu den hier in erster Linie interessierenden Erscheinungsformen sonstiger G e genstände zählen die bereits angesprochenen digitalisierten informationellen Inhalte. Es wurde bereits verdeutlicht, dass Informationsgüter unabhängig von einem möglichen immaterialgüterrechtlichen Schutz als Verkehrsobjekte in B e tracht k o m m e n . D e n n ihre Verwertung kann nicht nur im Wege der R e c h t s einräumung bzw. Rechtsübertragung, sondern - wie insbesondere im Falle der Online-Uberspielung von Dateien - auch durch bloße rein tatsächliche Überlassung der Information als solcher erfolgen. In diesem Fall wird dem E r w e r b e r ein sonstiger Gegenstand verschafft.

II. Andere nicht immaterialgüterrechtlich Güter

schutzfähige

unkörperliche

Auch nicht digitalisierte unkörperliche Güter, die keinem spezifischen Schutz durch die immaterialgüterrechtlichen Spezialgesetze zugänglich sind, können als sonstige Gegenstände veräußert werden. D i e zur Ermittlung des Kreises dieser gemeinfreien O b j e k t e erforderliche Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Immaterialgüterrechts bezüglich bestimmter unkörperlicher G ü t e r ist eines der zentralen T h e m e n des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts. Es liegt daher auf der Hand, dass in der vorliegenden Arbeit nicht einmal ansatzweise erörtert werden kann, nach welchen Grundsätzen im Einzelnen

zwischen

schutzfähigen und gemeinfreien Immaterialgütern differenziert werden kann. F ü r die Zwecke dieser Untersuchung genügt die Feststellung, dass als »sonstige Gegenstände« sämtliche unkörperlichen G ü t e r in Betracht k o m m e n , die trotz ihrer grundsätzlich anerkannten Veräußerlichkeit nicht durch subjektive Rechte geschützt werden. Allerdings muss in diesem Zusammenhang vor einer undifferenzierten B e schreibung des Kreises der sonstigen Gegenstände gewarnt werden: Wenn die Begründung zur Schuldrechtsmodernisierung ausführt, dass die Vorschriften

298

Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

über den Kauf sonstiger Gegenstände auf Werbeideen Anwendung fänden 5 , dann könnte dies den unzutreffenden Eindruck erwecken, dass Werbekampagnen einem urheberrechtlichen Schutz schlechthin nicht zugänglich seien. Soweit indes eine Werbekonzeption - so wie dies regelmäßig der Fall sein dürfte die urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen i.S.v. § 2 UrhG erfüllt, handelt es sich um ein subjektivrechtlich geschütztes urheberrechtliches Werk. 6 Gestattet die Werbeagentur einem Dritten die Nutzung einer solchen Werbekampagne, so wird hierin regelmäßig eine urheberrechtliche Nutzungsrechtseinräumung und nicht die Veräußerung eines sonstigen Gegenstands zu erblicken sein. Im Übrigen liegt die Veräußerung eines sonstigen Gegenstands und nicht eine Nutzungsrechtseinräumung nur dann vor, wenn an dem betroffenen Immaterialgut nicht nur kein Urheberrecht, sondern auch kein Leistungsschutzrecht i.S.v. §§ 70 ff. UrhG besteht. Beispielsweise ist das Schaffen des ausübenden Künstlers gemäß §§ 73 ff. UrhG trotz der möglichen Gemeinfreiheit des dargebotenen Werks schutzfähig, so dass die Verwertung der künstlerischen Leistung durch Nutzungsrechtseinräumung erfolgt. III.

Das Know-how

als sonstiger

Gegenstand

Umstritten ist, ob Know-how, verstanden als nicht allgemein zugängliches und daher geheimes, nicht durch ein Patent oder eine Patentanmeldung geschütztes technisches oder betriebswirtschaftliches Wissen eines anderen 7 , als subjektives Recht geschützt ist. 8 Zur Begründung des subjektivrechtlichen Charakters des Know-how wird im Wesentlichen vorgetragen, dass das Geheimwissen einen Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts 9 oder ein eigenständiges Vermögensrecht 10 darstelle, zumal da die Rechtsordnung das Know-how zugunsten des jeweiligen Rechtsinhabers durch Abwehrrechte (§ 1 UWG, §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 17ff. U W G ) schütze. Das Know-how sei deshalb als sonstiges

Begründung, S. 242; ähnlich auch Soergel-Huber, Vor § 433 Rn. 27. Vgl. zur Frage der Schutzwürdigkeit von Werbeideen und Werbekampagnen grundlegend Schricker, GRUR 1996, 815. 7 Zur hier nicht weiter zu vertiefenden Frage der Begriffsbestimmung vgl. Henn, Rn. 29, sowie ausführlich Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 210 ff.; Köhler/Piper, § 17 Rn. 4 ff.; Staudinger-Köhler, § 433 Rn. 57. S. auch Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 178. 8 Vgl. zu dieser Frage z.B. Forkel, Zur Ubertragbarkeit geheimer Kenntnisse, in: Festschrift Schnorr-von-Carolsfeld, S. 105, 115ff., 121 ;Kraßer, GRUR 1970, 587, 594; ders., GRUR 1977, 177, 181, 187 f.; Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 226 ff.; P f a f f , BB 1974, 565, 567 f.; Pfister, Das technische Geheimnis >know-how< als Vermögensrecht, passim; s. auch z.B. Körner, GRUR 1982, 341, 347. 9 So insbes. Forkel, Zur Ubertragbarkeit geheimer Kenntnisse, in: Festschrift für Schnorrvon-Carolsfeld, S. 105, 110 ff., 121. 10 Pf ister, Das technische Geheimnis >know-how< als Vermögensrecht, S. 146 ff. 5 6

5 18. Sonstige Gegenstände

als

Kaufgegenstände

299

Recht gemäß § 823 Abs. 1 B G B zu qualifizieren 11 und könne sogar auch Gegenstand einer Verfügung analog §§ 929ff. B G B sein 1 2 . Zutreffend sieht dagegen die weit überwiegende Auffassung das K n o w - h o w zwar als Immaterialgut an, aber nicht als Gegenstand eines Immaterialgüterrechts. 1 3 Ausschlaggebend für diese Einordnung ist in erster Linie der Numerus Clausus der Immaterialgüterrechte. Für das K n o w - h o w erkennt die Rechtsordnung - anders als etwa für bestimmte technische Erfindungen und Geisteswerke - gerade kein Ausschließlichkeitsrecht zugunsten des Inhabers an. Zwar ist das Geheimwissen insbesondere gemäß § § 1 , 17 ff. U W G unter qualifizierten Voraussetzungen gegenüber Dritten in gewissem Umfang geschützt. Aus diesem im Wesentlichen wettbewerbsrechtlich begründeten - Abwehrschutz folgt allerdings nicht die Anerkennung eines subjektiven Rechts. Denn einen rechtlichen Zuweisungsgehalt, der für die Annahme eines subjektiven Rechts neben der A b wehrkomponente erforderlich wäre 1 4 ,weist das K n o w - h o w gerade nicht auf: 15 Anders als bei den subjektiven Herrschaftsrechten nach Vorbild des Sacheigentums oder des Urheber- bzw. Patentrechts »gebührt« dem Inhaber des K n o w how das Geheimwissen nicht 1 6 ; das Recht gewährt ihm hieran keinen ihm allein vorbehaltenen Handlungsspielraum. Nicht nur der Inhaber, sondern grundsätzlich auch jeder Dritte kann das Geheimwissen benutzen, sofern keine an qualifizierte verhaltensbezogene Voraussetzungen gekoppelte und deshalb rechtswidrige Übernahme des Wissensschatzes erfolgt. Insgesamt ergibt sich somit, dass das K n o w - h o w ebenso wenig wie andere Güter, an denen ebenfalls keine vom Gesetzgeber eigens vorgesehene ausschließliche Rechtsposition besteht, als subjektives Recht angesehen werden kann. Auch das K n o w - h o w ist damit als sonstiger Gegenstand zu qualifizieren.

B. D i e Behandlung sonstiger Gegenstände als K a u f o b j e k t e vor der Schuldrechtsreform Nachdem nun der Kreis sonstiger Gegenstände in seinen wesentlichen Umrissen geklärt ist, stellt sich die weitere Frage, welche Voraussetzungen diese Güter 11 Zum Schutz nach § 8 2 3 Abs. 1 B G B als sonstiges Recht vgl. Pfister, Das technische Geheimnis >know-how< als Vermögensrecht, S. 85 ff. 12 Pfister, Das technische Geheimnis >know-how< als Vermögensrecht, passim und S. 47 ff. 13 Henkzrd-Ullmann, § 1 5 Rn. 140; Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 181 ff.; Herrn, Rn. 64; Martinek, Moderne Vertragstypen II, S.226ff.; P f a f f , B B 1974, 565, 567f.; Troller, G R U R Int. 1958, 385, 387. 14 Zu der Notwendigkeit dieser positiven Komponente zur Kennzeichnung eines subjektiven Rechts vgl. Larenz, Zur Struktur »subjektiver Rechte«, in: Festschrift für Sontis, S. 129, 147 f. 15 In diesem Sinne auch Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 228. 16 Vgl. hierzu Larenz, Zur Struktur »subjektiver Rechte«, in: Festschrift für Sontis, S. 129, 147 f.

300

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

erfüllen müssen, um grundsätzlich als Kaufobjekte in Betracht zu kommen. Hierzu könnten sich Aufschlüsse aus dem Diskussionsstand vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ergeben. Die dort geäußerten Auffassungen basierten zwar noch auf einer anderen gesetzlichen Grundlage, nahmen aber zu den gleichen Sachproblemen Stellung, die sich auch heute ergeben. Ungeachtet der jeweiligen Beschaffenheit des Guts und ohne Rücksicht auf seine Ablösbarkeit vom Rechtsinhaber vertrat Huber unter Geltung des früheren Kaufrechts die Auffassung, dass sonstige Gegenstände generell nicht als Objekt eines Kaufvertrags in Betracht kämen. Sie könnten allenfalls durch kaufähnliche Verträge i.S.v. § 445 B G B a.F. veräußert werden17. Deshalb sei gemäß § 445 B G B a.F. nur die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände anwendbar. Die außerhalb des Bereichs der Rechtsmängelhaftung auftretenden Fragen müssten bei der entgeltlichen Veräußerung solcher Gegenstände, die keine Sachen und auch keine Rechte sind, dagegen unmittelbar durch Rückgriff auf die Bestimmungen und Grundsätze des Allgemeinen Teils und des Allgemeinen Schuldrechts beantwortet werden18. Nach weit überwiegender Auffassung dagegen konnte das Kaufrecht bereits vor der Schuldrechtsreform auf die Veräußerung sonstiger Güter im Grundsatz umfassend angewendet werden. Voraussetzung hierfür sei lediglich die Ablösbarkeit des jeweiligen Guts von seinem Träger.19 Es wird damit deutlich, dass im weit überwiegenden Schrifttum schon vor der Schuldrechtsreform keine grundsätzlichen Bedenken dagegen bestanden, den Abschluss von Veräußerungsverträgen über werthafte Güter zuzulassen, auch wenn die konkret betroffenen Objekte begrifflich nicht als Sachen oder Rechte qualifiziert werden konnten. Streitig war dagegen insbesondere mit Blick auf die erwähnte Auffassung Hubers, inwieweit bei solchen Verträgen auf das Kaufrecht zurückgegriffen werden konnte. Soweit Huber für die Anwendung von § 445 B G B a.F. eintrat und hieraus nur die Anwendung der Rechtsmängelhaftung auf Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände folgerte, ansonsten aber auf das allgemeine Schuldrecht zurückgreifen wollte, kann ihm auch auf Grundlage des früheren Schuldrechts nicht zugestimmt werden. Denn wie bereits ausgeführt worden ist 20 , vermochte § 445 B G B a.F. nicht zu verdeutlichen, welche Verträge gerade als dergestalt »kaufähnlich« anzusehen waren, dass auf diese aus dem großen Kreis der Kaufrechtsnormen nur die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung Anwendung finden konnten. § 445 B G B a.F. konnte somit den Rechtsanwender nicht von einer typologischen Einordnung der Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände entbinden. Soerge\-Huber, Vor § 433 Rn. 27 ff. Soerge\-Huber, Vor § 433 Rn. 29. 19 Vgl. dazu Staudinger-Köhler, §433 Rn. 52; Larenz, Schuldrecht ll/\, § 4 5 II (S. 164); MüKo-H.P. Westermann, § 433 Rn. 20: Insbesondere könne deshalb die Arbeitskraft nicht Gegenstand eines Kaufvertrags sein. 2 0 Vgl. hierzu oben vor § 15 B. 17 18

§19.

Der Vertrag über die Veräußerung

sonstiger Gegenstände

als Kaufvertrag

301

Zudem war die grundsätzliche Ausklammerung sonstiger Gegenstände aus dem unmittelbaren Anwendungsbereich des Kaufrechts auch schon nach früherem Recht deshalb abzulehnen, weil sie der gesetzgeberischen Absicht und nicht zuletzt auch dem hier verfolgten Anliegen zuwider gelaufen wäre, die Vorschriften über den Kaufvertrag zum systematischen Ausgangspunkt grundsätzlich sämtlicher relevanten Formen von Veräußerungsverträgen zu erheben. Mit der Regelung des Verkaufs von Sachen und Rechten glaubte der historische Gesetzgeber sämtliche wirtschaftlich bedeutenden Veräußerungsverträge einer gesetzlichen Regelung zugeführt zu haben. Die Ausklammerung der Veräußerung sonstiger Gegenstände war deshalb von dem heute nicht mehr zutreffenden G e danken getragen, dass derartige Veräußerungsverträge wirtschaftlich ohnehin weitgehend bedeutungslos seien, so dass sich eine diesbezügliche gesetzliche Regelung erübrige. Festzuhalten ist daher, dass der Anwendbarkeit des Kaufrechts auf sonstige Gegenstände außerhalb des Bereichs der Rechtsmängelhaftung bereits unter Geltung des früheren Rechts keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstanden, wobei die Anwendbarkeit von Kaufrecht auch nicht auf bestimmte Formen sonstiger Gegenstände beschränkt war.

§ 19. Der Vertrag über die Veräußerung sonstiger als Kaufvertrag

Gegenstände

Erst recht ergeben sich nach heutigem Recht keine generellen Einwendungen gegen die Anerkennung sonstiger Gegenstände als Kaufobjekte im Sinne des B G B , zumal da § 453 Abs. 1 B G B deren Einbeziehung in das Kaufrecht nun sogar ausdrücklich anordnet. Mit dieser Feststellung ist allerdings noch nicht geklärt, ob und unter welchen näheren Bedingungen Verträge über die Verwertung solcher Objekte dem Typus des Kaufvertrags zuzuordnen sind, so dass § 453 Abs. 1 B G B auf diese grundsätzlich Anwendung finden kann. Trotz der zahlreichen Erscheinungsformen sonstiger Gegenstände wird diese Frage im Schrifttum im Wesentlichen nur in Bezug auf Know-how-Verträge diskutiert. D a die Frage nach der dogmatischen Einordnung dieser Verträge über Geheimwissen als Vorbild für die typologische Qualifikation weiterer Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände zu dienen vermag, ist es gerechtfertigt, zunächst den Meinungsstand zur Einordnung des Know-how-Vertrags zu diskutieren. Sodann wird allgemein die Zuordnung von Verträgen erörtert, die die Verwertung unkörperlicher Wertobjekte zum Gegenstand haben.

302

í. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrecbtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

A. Bestandsaufnahme I. Dogmatische 1.

Qualifikation

des

Know-how-Vertrags

Kaufvertrag

Ein Teil insbesondere des älteren Schrifttums qualifiziert Know-how-Verträge generell als Kaufverträge.21 Es sei schwierig, dem Know-how-Nehmer nach Ablauf der Vertragslaufzeit die Weiterbenutzung des überlassenen Erfahrungswissens zu verbieten. Der Know-how-Vertrag richte sich daher grundsätzlich auf die endgültige Überlassung des Vertragsgegenstands. Das Kaufrecht sei dabei insbesondere in den Fällen anwendbar, in denen der Know-how-Nehmer bestimmte Modelle, Formen, Rezepte oder sonstige Konstruktionsunterlagen ohne jede weitere Information erhalten habe.22 Der differenzierenden Auffassung von Martinek zufolge ist eine unmodifizierte Anwendung kaufrechtlicher Vorschriften nur im Einzelfall geboten. Kaufrecht gelte vor allem in den Fällen, in denen sich ein einmaliger, zeitlich unbeschränkter Wissenstransfer gegen eine einmalige Zahlung auf die bloße Ubereignung von Konstruktionszeichnungen, Plänen, Listen und Computerausdrucken beschränke. Hiervon sei insbesondere auszugehen, sofern eventuelle weitere Nebenpflichten des Know-how-Verkäufers als ganz untergeordnete Nebenleistungspflichten erschienen oder - z.B. bei Aufgabe der Geschäftstätigkeit durch den Veräußerer - vollständig fehlten. Daneben komme eine analoge Anwendung des Kaufrechts allerdings auch dann in Betracht, wenn sich zwar das Know-how nicht in körperlichen Gegenständen manifestiere, sich der Wissenstransfer aber gleichwohl als einmalig und endgültig sowie als punktuell und definitiv darstelle.23 2.

Dienstvertrag

Vereinzelt wird der Know-how-Vertrag auch als Dienstvertrag eingeordnet, wobei vorgeschlagen wurde, neben den §§ 611 ff. BGB auch die Regelung über die Erteilung eines Rates gemäß § 676 B G B a.F. heranzuziehen.24 Der Hauptzweck des Know-how-Vertrags sei auf Unterrichtung und Beratung des Knowhow-Nehmers gerichtet. Die Dienstleistung des Know-how-Gebers bestehe in

21 Vgl. in diesem Sinne, allerdings ohne genauere Begründung Lüdeckel Fischer, Lizenzverträge, M 15 (S. 661) - selbst wenn der Preis in Gestalt laufender Abgaben gezahlt werde; einschränkend im neueren Schrifttum Benkard-Ullmann § 15 Rn. 139, wonach Kaufrecht im Falle der Überlassung eines Betriebsgeheimnisses gegen einmaliges Entgelt anwendbar sei. 22 Stumpf, Der Know-how-Vertrag, S. 42 f. 23 Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 234 f.; ähnlich Staudinger-Köhler, wonach ein Kauf bzw. ein kaufähnlicher Vertrag vorliege, wenn das Know-how auf Dauer zur Verfügung gestellt werde, ohne dass Rückforderungsansprüche bestünden. 24 So insbes. Gaul/Bartenbach/Gennen, Q 18 f. Rn. 38 ff.

§ 19. Der Vertrag über die Veräußerung

sonstiger Gegenstände

als Kaufvertrag

303

der Unterweisung des Know-how-Nehmers in der einmaligen oder fortlaufenden Anwendung des überlassenden Erfahrungswissens. 2 5 3.

Pachtvertrag

Eine andere, häufig vertretene Auffassung geht dagegen von einer grundsätzlich pachtvertraglichen Qualifizierung des Know-how-Vertrags aus. 26 Die zeitlich beschränkte entgeltliche Zuwendung des Guts, die dem Erwerber das Recht zum Fruchtgenuss gewähre, könne auf diese Weise am Besten erfasst werden. 2 7 Vor allem sei der Know-how-Vertrag ein Dauerschuldverhältnis. Deshalb könne das Pachtrecht den Rahmen für die während der Laufzeit des K n o w - h o w Vertrags zwischen beiden Parteien bestehenden Rechte und Pflichten auf Information, Kontrolle, Weiterentwicklung und Ersatz von Verwendungen geben. 2 8 4.

Kritik

Zumindest auf der Grundlage der soeben dargestellten jeweiligen Begründungen vermag keine der genannten Literaturauffassungen zu überzeugen. So kann der Dauercharakter des Know-how-Vertrags nicht als Argument gegen dessen Einordnung als Kaufvertrag und für seine Qualifikation als Dienst- bzw. Pachtvertrag vorgebracht werden. 2 9 Denn zum einen sind Konstellationen des K n o w how-Vertrags denkbar, in denen sich das Rechtsgeschäft im Wesentlichen auf einen einmaligen Leistungsaustausch beschränkt, so dass der konkrete Vertrag kein Element dauernder Pflichtenanspannung beinhaltet. 3 0 Zum anderen spricht aber vor allem die begriffliche Einordnung eines Vertrags als Dauerschuldverhältnis auch deshalb nicht gegen dessen kaufrechtliche Qualifikation, da, wie das Beispiel der Dauerlieferungsverträge zeigt, 31 auch kaufrechtliche Dauerschuldverhältnisse ohne Weiteres denkbar sind. Eine nur geringe Aussagekraft kommt auch der Erwägung zu, dass sich bei der Rückabwicklung des Know-how-Vertrags angesichts der Unkörperlichkeit

Gaul/Bartenbach/Gennen, Q 18 Rn. 38. Benkard-Ullmann, § 15 Rn. 139 (für die entsprechende Anwendung der pachtrechtlichen Vorschriften auf den Know-how-Vertrag als einem Vertrag sui generis, jedenfalls soweit das Geheimnis nicht gegen einmaliges Entgelt überlassen wird); Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 189 f.; Henn, Rn. 98; M ü K o - V o e l s k o w , Vor § 581 Rn. 14 (Lizenzvertrag als Vertrag sui generis, der mit der Pacht verwandt sei); Pf ä f f , B B 1974, 565, 568 f.; Staudinger-fmttjerich, § 581 Rn. 17, 86. 27 Pfaff B B 1974, 565, 569. 28 Pfaff B B 1974, 565, 569. 2 9 Den Dauerschuldverhältnischarakter als Argument gegen eine kaufrechtliche Qualifikation betont insbes. Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 233 f.; vgl. auch Pfaff B B 1974, 565, 569. 3 0 Dies erkennt allerdings auch Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 233 f. an, der derartige Know-how-Verträge dem Kaufrecht zuordnet. 31 Vgl. oben § 1 5 B II. 25

26

304

5. Kapitel:

Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

des Vertragsgegenstands Schwierigkeiten ergeben können. Es ist regelmäßig möglich, den Wert des übertragenen Wissens und der sonstigen ausgetauschten Leistungen zu beziffern und auf dieser Grundlage eine vermögensrechtliche Rückabwicklung durchzuführen. Zwar mögen sich gleichwohl gewisse praktische Schwierigkeiten bei der »Passivierung des Know-how« einstellen. 32 Ist allerdings der Vertragsgegenstand mangelhaft, so wird das Geheimwissen für den K n o w - h o w - N e h m e r ohnehin keinen erheblichen Wert haben. Er wird an der Weiterverwertung des K n o w - h o w in diesem Fall vielfach kein maßgebliches Interesse haben. Bei erheblichen praktischen Rückabwicklungsschwierigkeiten kann überdies auch bei Kaufverträgen - entsprechend dem Gedanken des § 38 Abs. 2 VerlG - die ex-tunc-Rückabwicklung ausgeschlossen sein, so dass der Wandlung nur eine ex-nunc-Wirkung zukommt. 3 3 Darüber hinaus handelt es sich bei den angesprochenen Hindernissen, die sich im Zusammenhang mit der praktischen Durchführung der Rückabwicklung bzw. endgültigen Vertragsbeendigung stellen, um eine Problematik, die bei Know-how-Verträgen allgemein und nicht nur im kaufrechtlichen Zusammenhang auftritt. Vergleichbare Schwierigkeiten ergeben sich ganz allgemein bei der Beendigung zeitlich begrenzter Know-how-Verträge, bei denen der Vertragsgegenstand nach der Beendigung des Vertrags »zurückzugeben« ist und nicht mehr weiter benutzt werden darf. 34 Bewertet man die sich hieraus ergebenden Bedenken als besonders gewichtig, so würde dies in letzter Konsequenz dazu führen, die Zulässigkeit zeitlich beschränkter Know-how-Verträge generell in Abrede zu stellen. Ein Argument gerade gegen eine kaufrechtliche Qualifikation solcher Vereinbarungen kann hieraus dagegen nicht abgeleitet werden. Überdies können vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten bei sämtlichen Verkehrsgeschäften über unkörperliche Gegenstände auftreten: Auch die Verpflichtung, einen immaterialgüterrechtlich geschützten unkörperlichen Gegenstand wie beispielsweise ein patentiertes Verfahren nach Vertragsablauf nicht mehr weiter zu benutzen und zurückzugeben, ist nur unter praktischen Schwierigkeiten durchführbar. Dies darf aber nicht generell dazu führen, solche Verträge aus der im Wesentlichen an körperlichen Gegenständen ausgebildeten Dogmatik des bürgerlich-rechtlichen Vertragsrechts auszuklammern. Dagegen ist den genannten Literaturstimmen darin zuzustimmen, dass der Know-how-Vertrag entsprechend seiner jeweiligen konkreten Ausgestaltung gegebenenfalls als Dienst- oder auch als Werkvertrag zu qualifizieren sein kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn innerhalb des Vertrags ein Tätigwerden des Know-how-Gebers im Vordergrund steht, bzw. wenn der »Veräußerer« das

S. hierzu ausführlich Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 267 f. Zur Einschränkung der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Dauerschuldverhältnisse vgl. oben § 1 5 B III 2. 3 4 Vgl. z.B. §§ 581 Abs. 2 B G B i.V.m. § 556 Abs. 1. S. dazu Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 266 ff. 32

33

§ 19. Der Vertrag über die Veräußerung

sonstiger Gegenstände

als Kaufvertrag

305

K n o w - h o w zunächst selbst für den K n o w - h o w - N e h m e r zu entwickeln hat. Steht allerdings die Überlassung eines klar abgegrenzten Bestands von Geheimwissen als einem unkörperlichen Gegenstand im Vordergrund, so würde eine rein dienstvertragliche Qualifikation der in solchen Verträgen beinhalteten vertragswesentlichen Überlassungskomponente nicht gerecht. U m den Vertragsinhalt zutreffend zu erfassen, muss in diesen Fällen statt dessen vom Vorliegen eines Überlassungsvertrags - sei es in Form eines Gebrauchsüberlassungs- oder eines Kaufvertrags - ausgegangen werden. 3 5 Es ergibt sich, dass keine der genannten Auffassungen eine hinreichende Begründung für eine abschließende dogmatische Qualifikation des K n o w - h o w Vertrags liefert. D a grundsätzlich jede Überlassung eines unkörperlichen Guts nicht nur als dessen Übertragung, sondern bei anderer Sichtweise auch als Tätigwerden im Sinne einer Dienstleistung angesehen werden kann, hängt die dogmatische Einordnung in hohem Maße von der jeweiligen Perspektive des Betrachters ab. Vor allem aber weist der Know-how-Vertrag ganz verschiedene rechtstatsächliche Erscheinungsformen auf, die eine einheitliche Einordnung maßgeblich erschweren.

II. Erscheinungsformen Gegenstände

anderer

Veräußerungsverträge

über sonstige

Wie bereits verdeutlicht wurde, ist neben der Know-how-Vergabe die Veräußerung anderer, ebenfalls nicht durch Ausschließlichkeitsrechte erfasster Inhalte möglich. D a jedoch Rechtsprechung und Schrifttum den Begriff der »Sache« im Rahmen des Sachkaufs äußerst weit auslegen und daher Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände als Sachkaufverträge einordnen, sind Stellungnahmen zur dogmatischen Natur und rechtlichen Behandlung von Veräußerungsverträgen über sonstige Gegenstände der hier zu untersuchenden Art äußerst selten. Im Folgenden allerdings wird deutlich werden, dass die Probleme und Lösungswege, die sich bei der rechtlichen Erfassung solcher Verträge ergeben, denjenigen gleichen, die für den Kreis der Know-how-Verträge bestehen.

1. Verträge, die auf Dienst- oder Werkleistungen gerichtet sind Vielfach wird der Veräußerer den sonstigen Gegenstand zunächst herzustellen haben. Auch wird die Übertragung des Guts häufig in umfassende Beratungs-, Informations- und sonstige Tätigkeitspflichten des Veräußerers eingebettet sein. So ist beispielsweise die Entwicklung von individualisierter Software als Werkvertrag zu qualifizieren 3 6 . Soweit eine im Einzelfall nicht urheberrechtlich So auch Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 237. Vgl. nur Köhler/Fritsche, Die Herstellung und Überlassung von Software im bürgerlichen Recht, in: Lehmann (Hrsg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, Rn. 136 ff. m.w.N. 35 36

306

5. Kapitel: Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich

geschützte sonstige

Gegenstände

schutzfähige Werbekampagne 3 7 durchgeführt wird, werden nicht nur Ideen als sonstige Gegenstände veräußert. Vielmehr wird sich in einem solchen Fall regelmäßig eine Werbeagentur dazu verpflichten, eine Kampagne umfassend durchzuführen. Häufig wird dabei die Überlassung der Ideen und Gestaltungen an den Auftraggeber nicht geschuldet sein. Insgesamt wird ein solches Vertragsverhältnis regelmäßig als Dienstvertrag anzusehen sein, so dass die Anwendung von Kaufrecht nicht in Betracht k o m m t . 2. Auf Überlassung

eines Gegenstands

gerichtete

Verträge

In anderen Fällen dagegen steht nicht ein Tätigwerden des Veräußerers, sondern die Übertragung des Gegenstands als solcher im Vordergrund der Vereinbarung. Beispiele hierfür sind die Fälle der endgültigen online-Überlassung digitalisierter informationeller Inhalte wie von Software 3 8 , Musik, Filmen oder Texten. Kennzeichnend für diese Verträge ist, dass der Veräußerer keine R e c h t e an der konkreten digitalen Werkkopie zurückbehält, nachdem er den informationellen Inhalt an den E r w e r b e r übermittelt hat. Mit der Veräußerung begibt er sich jeden Rechts an der Kopie. 3 9 Ist der Veräußerer des Inhaltes wie einer Musikdatei oder eines e - b o o k s nicht seinerseits Inhaber eines immaterialgüterrechtlichen Nutzungsrechts an dem Geisteswerk, so hat er nach der Veräußerung des Inhalts die ihm auf seiner Festplatte verbliebenen diesbezüglichen Dateien zu löschen. Anderenfalls würde er das Vervielfältigungsrecht des urheberrechtlich N u t zungsberechtigten verletzen. Somit gibt der Veräußerer des digitalen Inhalts die Inhaberschaft an dem Vertragsgegenstand umfassend auf. A u c h kann er den veräußerten Inhalt später grundsätzlich nicht zurückfordern; er hat keine Befugnisse an dem konkreten Übertragungsgegenstand zurückbehalten. In einem solchen Fall steht kein Tätigwerden bzw. kein Erfolg im Sinne eines Dienst- oder Werkvertrags im Vordergrund, sondern die Überlassung eines nicht als Sache oder Recht zu qualifizierenden informationellen Inhalts als unkörperlicher Gegenstand. N o c h stärker als bei K n o w - h o w - V e r t r ä g e n , bei denen Tätigkeitsverpflichtungen häufig eine maßgebliche Rolle spielen, werden hier Parallelen zum gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags deutlich.

Z u r urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Werbekampagnen vgl. oben § 18 A II. Vgl. hierzu Begründung, S. 242, die Software ausdrücklich als Kaufobjekt nennt. 3 9 Dieser Inhalt kann, muss aber nicht urheberrechtlich geschützt sein. D e r Veräußerer kann, muss aber nicht notwendigerweise Inhaber einer Rechtsposition an dem Gegenstand sein. I m Falle der Weiterveräußerung eines digitalen Inhaltes wird das Verbreitungsrecht des ursprünglich Berechtigten regelmäßig bereits erschöpft sein. 37 38

5 19. Der Vertrag über die Veräußerung

sonstiger Gegenstände

als Kaufvertrag

307

B . Das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags und Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände

I. Die Methode der typologiscben Zuordnung als Ausgangspunkt Vorstehend ist verdeutlicht worden, dass die Anwendung von Kaufrecht und somit auch § 453 Abs. 1 B G B auf verschiedene, aber keineswegs auf sämtliche rechtstatsächlichen Erscheinungsformen von Veräußerungsverträgen über sonstige Gegenstände in Betracht kommt. Der Inhalt von Veräußerungs- bzw. Überlassungsverträgen über sonstige Gegenstände unterliegt der Dispositionsfreiheit der Parteien. Er weist angesichts der Vielfältigkeit der Erscheinungsformen sonstiger Gegenstände und der jeweils unterschiedlichen Bedürfnisse der Vertragsbeteiligten ganz vielfältige Inhalte auf. Deshalb verbietet sich eine einheitliche kaufrechtliche oder sonstige vertragliche Qualifikation solcher Vereinbarungen. Vielmehr muss zwischen unterschiedlichen Erscheinungsformen von Uberlassungsverträgen an sonstigen unkörperlichen Gegenständen unterschieden und die Gruppe derjenigen Verträge identifiziert werden, die dem Kaufrecht unterstellt werden können. An diesem Erfordernis ändert auch die neue Vorschrift des § 453 Abs. 1 B G B nichts. Denn um zur Anwendbarkeit dieser Verweisungsnorm zu gelangen, ist zunächst zu klären, ob es sich bei dem Vertrag um einen Kauf sonstiger Gegenstände oder aber um einen ganz anderen Vertragstypus handelt. Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, inwieweit das Kaufrecht auf Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände anwendbar ist, ist das gesetzlich festgelegte Leitbild des Kaufvertrags. Bereits an einer früheren Stelle hat die vorliegende Untersuchung bestimmte grundlegende typologische Strukturcharakteristika des Kaufvertrags identifiziert: 40 Die maßgeblichen Merkmale des Kaufvertrags bestehen neben dessen Entgeltlichkeit vor allem darin, dass er auf eine Rechtsübertragung abzielt, wobei der Rechtsverlust des Veräußerers und der Rechtszuwachs des Erwerbers im Wesentlichen miteinander korrespondieren. Daneben ist für den Kaufvertrag dessen rein schuldrechtliche Natur sowie insbesondere auch die hiermit in Zusammenhang stehende Geltung des Trennungsprinzips charakteristisch. Im Folgenden ist somit zu überprüfen, ob und inwieweit die Primärpflichten der Parteien eines Veräußerungsvertrags über sonstige Gegenstände diesem Leitbild entsprechen und unter welchen Voraussetzungen eine andere als kaufrechtliche typologische Einordnung geboten erscheint.

40

Vgl. hierzu oben § 8

308

y Kapitel: Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich

II. Kaufrechtliche

Formen der

geschützte sonstige

Gegenstände

Güterüberlassung

Von großer Bedeutung für das gesetzliche Leitbild des Kaufvertrags ist, dass dieser Vertragstypus auf die Bewirkung eines Inhaberwechsels am jeweiligen Vertragsgegenstand gerichtet ist. A u f dieser Grundlage können

Veräußerungs-

verträge einerseits von Dienstleistungsverträgen und andererseits von reinen Gebrauchsüberlassungsverträgen, durch die ein bloßes Mitbenutzungsrecht gewährt wird, unterschieden werden.

1. Unterscheidung zwischen Uberlassungsverträgen

und

Dienstverträgen

Obgleich die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann, richtet sich die U n terscheidung zwischen Dienstverträgen und Uberlassungsverträgen danach, ob innerhalb des konkreten Vertragsverhältnisses eine Dienst- bzw. Werkleistung oder aber die Überlassung eines Gegenstands als Veräußerungsobjekt im Vordergrund steht. Bei der Überlassung klar abgegrenzter, nicht schutzfähiger Geisteswerke oder Erfindungen sowie bei der online-Veräußerung von digitalisierten Inhalten liegt der Vertragsschwerpunkt regelmäßig in der Übertragung des unkörperlichen Gutes als solchem. Weder der online-Transfer informationeller Inhalte noch die Verschaffung einer nicht immaterialgüterrechtlich schutzfähigen geistigen Schöpfung -

etwa einer nicht urheberrechtlich

schutzfähigen

Formgestaltung - ist mit erheblichen Einweisungs- oder sonstigen Dienstverpflichtungen des Veräußerers verbunden; über die Überlassung des konkreten Vertragsgegenstands hinaus wird dieser typischerweise zu keinerlei Tätigkeiten verpflichtet sein. Zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Dienst- und Veräußerungsverträgen kann es demgegenüber bei K n o w - h o w - V e r t r ä g e n k o m m e n . D o r t wird vielfach fraglich sein, ob die Überlassung eines bestimmten Wissensschatzes oder die Unterrichtung und Einweisung des K n o w - h o w - N e h m e r s im Vordergrund steht. Auch hier ist zum Z w e c k der typologischen Einordnung auf den Schwerpunkt der vertraglichen Vereinbarung abzustellen: Steht die Verschaffung eines abgrenzbaren unkörperlichen Guts im Vordergrund, so ist der Vertrag als Veräußerungsvertrag zu qualifizieren; neben der Überlassung des Guts bestehende Nebenpflichten können dann diese Einordnung nicht berühren. So wird ein K n o w - h o w - V e r t r a g beispielsweise auch immer dann als Veräußerungsvertrag zu qualifizieren sein, wenn in diesem neben der Übertragung von Geheimwissen - wie regelmäßig - lediglich die zusätzliche Verpflichtung enthalten ist, den Erwerber in den Gebrauch des Wissens einzuweisen.

§19.

Der Vertrag über die Veräußerung

2. Kauf rechtliche

Erscheinungsformen

sonstiger

Gegenstände

der Überlassung

als Kaufvertrag

309

des Guts

a. Übersicht Keineswegs sämtliche Verträge, bei denen eine Güterüberlassung im Vordergrund steht und die deshalb nicht als Dienstvertrag zu qualifizieren sind, können allein deshalb schon als Kaufverträge gelten. Vielmehr ist innerhalb dieser Gruppe zwischen den Veräußerungs- und Gebrauchsüberlassungsverträgen zu unterscheiden. Die Grundlage für diese Unterteilung bildet die an früherer Stelle vorgenommene Unterscheidung zwischen den verschiedenen Intensitätsstufen der Güterverwertung: 41 Wie bereits dargelegt, kann im Wesentlichen zwischen translativen Rechtsübertragungen, konstitutiven Rechtsübertragungen, rein schuldrechtlichen Gebrauchsüberlassungen und Einwilligungen unterschieden werden. Bei Kaufverträgen handelt es sich dabei um solche Schuldverträge, die auf translative oder konstitutive Rechtsübertragungen abzielen, wogegen auf Gebrauchsüberlassungen gerichtete Vereinbarungen grundsätzlich dem Mietbzw. Pachtrecht zuzuordnen sind. Es stellt sich somit die Frage, ob innerhalb der Gruppe derjenigen Verträge, die auf die Verschaffung sonstiger Gegenstände gerichtet sind, entsprechende Unterscheidungen vorgenommen werden können und welche Rückschlüsse sich damit auf die Anwendung von Kaufrecht ziehen lassen. Unabhängig davon, ob der unkörperliche Gegenstand durch ein Ausschließlichkeitsrecht geschützt ist oder nicht, kann zwischen der Gewährung einer einfachen Mitbenutzungsbefugnis, einer zeitlich beschränkten, aber gleichwohl ausschließlichen Rechtseinräumung und einer vollständigen Übertragung des Gegenstands unterschieden werden. Für jede dieser Gruppen ist eine eigenständige typologische Zuordnung vorzunehmen: b. Keine Rechtsübertragung bei der Verschaffung einfacher Mitbenutzungsbefugnisse Fraglich ist zunächst die Behandlung von Verträgen, bei denen der Veräußerer lediglich das Recht zur Mitbenutzung des Gegenstands erhält, indem er z.B. das technische Geheimnis oder das nicht urheberrechtlich geschützte Geisteswerk neben dem ursprünglichen Inhaber mitverwerten darf, ohne dass hierdurch dessen eigene Verwertungsbefugnisse geschmälert würden. Da das gesetzliche Leitbild des Kaufrechts von der Verpflichtung zur Vornahme einer translativen oder konstitutiven Rechtsübertragung ausgeht, fallen Vereinbarungen, die den Erwerber lediglich zur Mitbenutzung des sonstigen Gegenstands berechtigen, ebenso wie einfache Immaterialgüterrechtslizenzen aus dem Anwendungsbereich des Kaufrechts heraus: 42 Der Veräußerer begibt sich in diesen Fällen nicht der Inhaberschaft des Vertragsgegenstands, sondern er verdoppelt lediglich die 41 42

Vgl. hierzu oben § 7. Vgl. hierzu oben § 9.

310

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

Benutzungsbefugnisse an diesem. Das gesetzliche Leitbild des Pachtvertrags steht den zeitlich beschränkten Verträgen über die Mitbenutzung sonstiger G e genstände näher als dasjenige des Kaufrechts: Auch der Pachtvertrag zielt auf eine zeitlich limitierte Befugnisübertragung ab, die durch eine tatsächliche Uberlassung des Gegenstands erfolgt. c. Einräumung ausschließlicher, zeitlich beschränkter Nutzungsbefugnisse als teilweiser Inhaberwechsel D e m gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags als einem auf die Durchführung einer Rechtsübertragung gerichtetem Vertrag näher stehen Vereinbarungen, aufgrund derer der Erwerber den Gegenstand für einen gewissen, nicht notwendigerweise schon von Anfang an feststehenden Zeitraum ausschließlich nutzen darf, ohne dass gleichzeitig auch der Veräußerer zur weiteren Mitbenutzung des Vertragsgegenstands berechtigt wäre. Ähnlich wie bei konstitutiven Rechtsübertragungen liegt auch hier die beschränkte Übertragung eines werthaften Guts vor. Definiert man den Begriff der Übertragung dahingehend, dass ein Befugnisverlust des Veräußerers mit einem im Wesentlichen gleichartigen Befugniszuwachs des Erwerbers korrespondiert, so führt die zeitlich beschränkte ausschließliche Verschaffung der Nutzungsbefugnisse an einem sonstigen Gegenstand zu einer - wenngleich auch zeitlich beschränkten - Übertragung des Rechtsobjekts. Nach der Durchführung des Rechtsgeschäfts kommt zumindest im Verhältnis zwischen den Parteien nicht mehr dem Veräußerer, sondern nur noch dem Erwerber die ausschließliche Befugnis zur Nutzung des Gegenstands zu. Handelt es sich beim Veräußerungsgegenstand um Know-how, so ist die Rechtsstellung des Erwerbers nicht nur gegenüber dem Veräußerer vertraglich geschützt, sondern auch gegenüber Dritten mit Abwehransprüchen bewehrt. Vom Zeitpunkt der Übertragung des Guts an kann der Erwerber aus eigenem Recht Ansprüche gegen Dritte insbesondere gemäß §§ 1 U W G , 823 II B G B i.V.m. §§ 17ff. U W G sowie aus § 8 2 6 B G B geltend machen 4 3 , wodurch der Wechsel der Inhaberschaft zusätzlich unterstrichen wird. d. Zeitlich unbeschränkter Inhaberwechsel als Vollveräußerung Die nachhaltigste Form der Übertragung eines sonstigen Gegenstands liegt in den Fällen vor, in denen die Verschaffung auf unbeschränkte Dauer und auf einen endgültigen Inhaberwechsel gerichtet ist, ohne dass dem Veräußerer die Möglichkeit vorbehalten bliebe, die Nutzung des Gegenstands durch den Erwerber nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu beenden. Sind schon die vorstehend erörterten, zeitlich beschränkten ausschließlichen Nutzungsüberlassungen als kaufrechtlich relevante Formen der Güterübertragung anzusehen, so muss 4 3 Vgl. zum zivilrechtlichen Geheimnisschutz Baumbach/Hefermehl, ler/Piper, § 17 Rn. 1 ff.; § 19 Rn. 1 ff.

§ 17 Rn. 46 ff.; Köh-

§ 19. Der Vertrag über die Veräußerung sonstiger Gegenstände als Kaufvertrag

311

dies erst recht für Verträge gelten, die auf die Bewirkung eines vollständigen Inhaberwechsels gerichtet sind. In diesem Falle stehen dem Veräußerer nach Durchführung des Vertrags keine Befugnisse am Ubertragungsobjekt mehr zu. E b e n s o wie Ubereignung und Zession zu einem umfassenden Zuständigkeitswechsel am transferierten subjektiven Recht führen, bewirkt die inhaltlich und zeitlich unbeschränkte Veräußerung eines sonstigen Gegenstands einen umfassenden Inhaberwechsel, der allerdings gerade nicht durch den Zuständigkeitswechsel an einem subjektiven R e c h t begleitet ist. e. Zwischenergebnis Festzuhalten ist daher, dass das Merkmal der kaufrechtlich relevanten Güterüberlassung nur im Falle der Verschaffung ausschließlicher zeitlich beschränkter Nutzungsbefugnisse sowie bei der Vereinbarung eines dauerhaften Inhaberwechsels erfüllt ist. Verträge, die schwerpunktmäßig auf die Vornahme einer Dienstleistung oder auf die Einräumung einer einfachen Mitbenutzungsbefugnis gerichtet sind, liegen dagegen schon mangels eines entsprechenden U b e r t r a gungsakts außerhalb des Anwendungsbereichs des Kaufrechts.

III.

Verpflichtung,

Verfügung und

Trennungsprinzip

Auch solche Verkehrsgeschäfte über sonstige Gegenstände, bei denen das G u t dem E r w e r b e r zur zeitlich begrenzten ausschließlichen oder aber zur endgültigen alleinigen N u t z u n g zugewendet wird, unterscheiden sich grundlegend vom gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags. Mangels Bestehens eines Ausschließlichkeitsrechts am Veräußerungsobjekt wird notwendigerweise kein subjektives Recht übertragen. D i e Veräußerung eines sonstigen Gegenstands erfolgt somit nicht im Wege einer Verfügung, da diese zwingend eine Zuständigkeitsänderung an einem Recht voraussetzen würde. Statt dessen wird die Zuwendung eines sonstigen Gegenstands durch dessen tatsächliche Verschaffung als Realakt bewirkt. Ist der Vertrag über die Veräußerung sonstiger Gegenstände nicht auf eine Rechtsübertragung gerichtet, so folgt hieraus, dass auch das für das Kaufrecht grundlegende Trennungsprinzip nicht greifen kann, da dieses gerade zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft unterscheidet. Statt dessen liegt ein Rechtsgeschäft vor, das durch die Güterüberlassung als Realakt erfüllt wird. Gilt schon das Trennungsprinzip nicht, so k o m m t erst recht auch das Abstraktionsprinzip nicht zur Anwendung. Dieses ist zwar für das gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags nicht zwingend 4 4 , aber ihm k o m m t gleichwohl innerhalb der kaufrechtlichen D o g m a t i k eine ganz erhebliche Bedeutung zu.

44

Vgl. hierzu oben § 8 C II.

312

IV.

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

Folgerungen

1. Vollveräußerungsverträge

über sonstige Gegenstände

als

Kaufverträge

Bei Verträgen, die auf die endgültige Überlassung des sonstigen Gegenstands abzielen, wird eine starke typologische Nähe zum Kaufvertrag deutlich, obwohl diese Verträge nicht auf die Vornahme einer .Rechtsübertragung gerichtet sind. Denn abgesehen davon, dass es bei solchen Veräußerungsverträgen nicht zu einer Zuständigkeitsänderung an einem subjektiven Recht kommt, entspricht die Übertragung dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags: Der endgültige Verlust der Befugnisse am Vertragsgegenstand auf Seiten des Veräußerers korrespondiert mit einem vollständigen und zeitlich unbeschränkten Inhaberschaftszuwachs des Erwerbers. Kein anderer gesetzlich geregelter Vertragstypus sieht einen vergleichbar nachhaltigen Zuständigkeitswechsel an einem Rechtsobjekt vor. Die Bedeutung des Fehlens einer Verfügung tritt hier gegenüber dem Merkmal der endgültigen Zuwendung des werthaften Guts zurück. Die Nähe solcher Überlassungsverträge insbesondere zum Sachkaufvertrag wird bei der onlineVeräußerung digitaler Inhalte in ganz besonders hohem Maße deutlich: Dort hängt es häufig vom Zufall ab, ob die Veräußerung durch Übergabe eines körperlichen Datenträgers oder aber online erfolgt. Angesichts der nahezu identischen Interessenlage bei der online-Überspielung und der weit überwiegend als Sachkauf qualifizierten Überlassung eines bespielten körperlichen Datenträgers wie einer C D oder einer Videocassette wäre eine unterschiedliche rechtliche Behandlung nicht gerechtfertigt. Entgeltliche Verträge über die zeitlich unbeschränkte Veräußerung sonstiger Gegenstände sind deshalb entsprechend der Vorgaben des § 453 Abs. 1 B G B den Kaufverträgen zuzuordnen. Dies führt zur kaufrechtlichen Qualifikation sowohl von Vereinbarungen über die endgültige und abschließende Überlassung von Know-how 45 als auch zur grundsätzlichen Anwendbarkeit von Kaufrecht auf Verträge, die die online-Veräußerung informationeller Inhalte zum Gegenstand haben. 2. Verträge über die zeitlich beschränkte ausschließliche sonstiger Gegenstände als pachtähnliche Verträge

Nutzungsüberlassung

Anders als die auf eine Vollübertragung gerichteten Verträge unterscheiden sich Verträge über die zeitlich beschränkte ausschließliche Nutzung von sonstigen Gegenständen gleich in doppelter Weise vom gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrags. Bei ihnen kann weder zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft differenziert werden, noch erfolgt ein umfassender Inhaberwechsel an dem Veräußerungsgut. Daraus, dass die beschränkte Überlassung eines sonstigen Gegenstands nicht durch eine vom Grundgeschäft zu trennende Verfügung erfolgt, er45 Vgl. z.B. in diesem Sinne Qenkurd-Ullmann, § 15 Rn. 139; Martinek, t y p e n II, S. 234 f.; Staudinger-tföWer, § 433 Rn. 58.

M o d e r n e Vertrags-

§20.

Die Mängelhaftung

beim Verkauf sonstiger Gegenstände

313

gibt sich ein maßgeblicher Unterschied zu ausschließlichen immaterialgüterrechtlichen Lizenzverträgen. Denn ausschlaggebend für die kaufrechtliche Einordnung der ausschließlichen Immaterialgüterrechtslizenz war vor allem die Erwägung, dass bei ihr ebenso wie im Kaufrecht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft als zwei voneinander zu trennenden Verträgen unterschieden werden konnte. Ist eine solche Trennung nicht möglich, und erfolgt die Güterübertragung statt dessen unmittelbar durch Realakt, dann fällt das wichtigste Argument für eine mögliche kaufrechtliche Qualifikation der Vereinbarung weg. Verträge über die zeitlich beschränkte ausschließliche Nutzungsüberlassung sonstiger Gegenstände stehen dem gesetzlichen Leitbild des Pachtvertrags näher als dem Kaufvertrag. Denn gerade die pachtrechtliche Gebrauchsüberlassung führt zu einer zeitlich limitierten Güterüberlassung, die nicht durch Rechtsübertragung, sondern durch tatsächliche Ubergabe erfolgt. Somit ist der h.M. darin zuzustimmen, dass zeitlich beschränkte Nutzungsüberlassungsverträge über sonstige Gegenstände als pachtähnliche Verträge einzuordnen sind. 46

V.

Ergebnis

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände nur dann in den Anwendungsbereich des Kaufrechts fallen, wenn sie auf die umfassende und zeitlich unbeschränkte Übertragung der Inhaberschaft des zu verwertenden Gut gerichtet sind. Dagegen sind zeitlich begrenzte Uberlassungsverträge mangels Geltung des Trennungsprinzips nicht als Kaufverträge, sondern vielmehr als pachtähnliche Nutzungsüberlassungsverträge zu qualifizieren. Dies gilt anders als bei immaterialgüterrechtlichen Lizenzverträgen unabhängig davon, ob dem Erwerber die ausschließliche Nutzung oder lediglich ein Mitbenutzungsrecht an dem sonstigen Gegenstand eingeräumt wird. Die folgenden Ausführungen können sich auf Vollveräußerungsverträge über sonstige Gegenstände beschränken, da nach alledem nur diese dem Leitbild des bürgerlich-rechtlichen Kaufvertrags zugeordnet werden können.

§ 20. Die Mängelhaftung

beim Verkauf sonstiger

Gegenstände

A. Fragestellung und Bedeutung nach der Schuldrechtsreform Nun ist die praktisch sehr wichtige Frage zu erörtern, wie sich die Mängelhaftung im Falle des Verkaufs sonstiger Gegenstände im Einzelnen darstellt. Bis zur

4 6 Zur Frage der Anwendbarkeit pachtrechtlicher Gewährleistungspflichten vgl. im Einzelnen Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 262 ff.

314

5. Kapitel: Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich geschützte sonstige

Gegenstände

Schuldrechtsreform regelte das Gesetz die kaufrechtliche Gewährleistung außerhalb des Bereichs der Veräußerung von Sachen und Rechten nicht umfassend. Bei streng begrifflicher Gesetzesinterpretation konnte allenfalls gemäß §§ 445, 434 B G B a.F. die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung angewendet werden; ansonsten kam mangels unmittelbar anwendbarer Sondervorschriften bei wörtlicher Gesetzesauslegung nur der Rückgriff auf die Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts in Betracht. 4 7 In deutlichem Gegensatz dazu steht der neue § 453 Abs. 1 B G B , der »sonstige Gegenstände« ausdrücklich in den Kreis der Kaufgegenstände mit einbezieht und besagt, dass die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf diese Gegenstände entsprechende Anwendung finden. Alternativ zur Anwendung der §§ 453 Abs. 1, 434ff. B G B käme im Falle von rechts- oder gegenstandsbezogenen Aquivalenzstörungen bei der Veräußerung sonstiger Gegenstände auch heute der Rückgriff auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht in Betracht. Mit der Schuldrechtsreform hat die Entscheidung zwischen der Anwendbarkeit des Kaufrechts, insbesondere der Sachmängelgewährleistung, oder alternativ dazu des allgemeinen Leistungsstörungsrechts erheblich an Bedeutung verloren, da die jeweiligen Rechtsfolgen einander weitgehend angepasst worden sind. Gleichwohl differenziert das Gesetz nach wie vor zwischen Kaufrecht und allgemeinem Leistungsstörungsrecht und erhält praktisch wichtige Rechtsfolgenunterschiede - insbesondere im Verjährungsrecht - aufrecht. Nicht zuletzt ordnet § 453 Abs. 1 B G B die Anwendbarkeit von Kaufrecht auf bestimmte Veräußerungsverträge über sonstige Gegenstände ausdrücklich an, so dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift zu bestimmen ist. Ebenso wie nach früherer Rechtslage die analoge Anwendung der kaufrechtlichen Mängelhaftung diskutiert werden musste, ist deshalb heute mit Blick auf die neue Vorschrift des § 453 Abs. 1 B G B zu fragen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die gesetzlich angeordnete Anwendung der kaufrechtlichen Sach- und Rechtsmängelhaftung auf den Kauf sonstiger Gegenstände geboten ist.

B. D i e Haftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände Ahnlich wie bei Immaterialgüterrechten ist innerhalb der Haftung beim Kauf sonstiger Gegenständen zu unterscheiden zwischen der NichtVerschaffung des geschuldeten Gegenstands, seiner Belastung mit Rechten Dritter und der Einstandspflicht für Mängel in der Beschaffenheit des vorrechtlichen Gegenstands als solchem. Bei der Struktur der Mängel sonstiger Gegenstände kann dagegen nicht auf die Kategorien von Mängeln zurückgegriffen werden, die im Zusammenhang mit immaterialgüterrechtlichen Veräußerungsverträgen aufgestellt

47

In diesem Sinne Sotr^d-Huber,

Vor §433 Rn. 27 ff.

5 20. Die Mängelhaftung beim Verkauf sonstiger

315

Gegenstände

worden sind. D a an sonstigen Gegenständen definitionsgemäß gerade kein immaterialgüterrechtliches Ausschließlichkeitsrecht besteht, k ö n n e n Beschaffenheiten des Immaterialguts nicht auf ein solches Schutzrecht durchschlagen. I m Folgenden ist daher in erster Linie zwischen Bestandshaftung, Rechtsmängelhaftung und Sachmängelhaftung

und weniger zwischen

unterschiedlichen

Strukturformen von Mängeln zu differenzieren.

I. Bestandshaftung des Verkäufers eines sonstigen Gegenstands §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2, 280 f f . BGB

gemäß

Ahnlich wie im Fall der Veräußerung von Sachen und Rechten lassen sich beim Verkauf sonstiger Gegenstände verschiedene Ursachen unterscheiden, die das vollständige Scheitern des Rechtserwerbs bewirken können. Zwar bestehen an sonstigen Gegenständen definitionsgemäß keine subjektiven

Ausschließlich-

keitsrechte. Deshalb k o m m e n im Veräußerungsfall keine Mängel in Betracht, die zum anfänglichen Scheitern der Verschaffung einer die Inhaberschaft am Veräußerungsgegenstand vermittelnden Rechtsposition oder zu deren nachträglichem, aber ex tunc wirkenden Wegfall führen würden. D i e allgemeine Nichterfüllungshaftung als Haftung für die NichtVerschaffung des veräußerten G e g e n stands gemäß § § 4 3 3 Abs. 1 S. 1, 311a Abs. 2 B G B greift jedoch ein, sofern der veräußerte Gegenstand wie etwa das Geheimwissen dem Erwerber nicht verschafft wird. D e n k b a r ist dabei, dass das Verkaufsgut schon anfänglich nicht existiert hat oder objektiv unübertragbar ist.

1. Objektiv fehlende Existenz des sonstigen

Gegenstands

a. Grundsätzliche Bestandshaftung D i e Übertragung des sonstigen Gegenstands kann daran scheitern, dass das k o n krete O b j e k t als solches nicht existiert. So kann sich der Veräußerer zur U b e r tragung eines nicht vorhandenen K n o w - h o w oder eines bestimmten Musiktitels verpflichtet haben, der nie bestanden hat und daher dem Erwerber auch nicht verschafft werden kann. D i e Anwendung der Bestandshaftung gemäß §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311a B G B folgt hier vor allem daraus, dass die gleiche Wertung wie im Falle der Veräußerung von Forderungen und Rechten angebracht ist: D i e Beurteilung der Existenz des unkörperlichen Gegenstands zur Zeit des Vertragsschlusses ist ein Umstand, der grundsätzlich umfassend der Verkäufersphäre zuzuordnen ist. D e r Käufer hat angesichts der U n k ö r p e r l i c h keit des Veräußerungsgegenstandes in erster Linie auf die Erklärungen des Verkäufers zu vertrauen, da nur dieser zuverlässig den Bestand des verkauften G e genstands beurteilen kann. Typischerweise stehen nur dem Verkäufer und nicht dem E r w e r b e r die entsprechenden Risikosteuerungsmöglichkeiten offen. D i e

316

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

scharfe Verkäuferhaftung erscheint daher als angemessen, so dass die Anwendung von §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 1, 311 a B G B gerechtfertigt ist 4 8 b. Einschränkungen der Bestandshaftung bei »seiner Art nach« fehlender Existenzmöglichkeit des sonstigen Gegenstands Ebenso wie Sinn und Zweck der grundsätzlich umfassenden Garantiehaftung des Veräußerers einer Forderung oder eines sonstigen Rechts auf die Veräußerung sonstiger unkörperlicher Gegenstände übertragen werden können, sind auch die Einschränkungen der Einstandspflicht für »ihrer Art nach« nicht existenzfähige Forderungen und Rechte auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände anzuwenden. Kann der Veräußerungsgegenstand seiner Art nach nicht existieren, oder ist der Mangel aus anderen Gründen außerhalb des Gefahrenbereichs des Veräußerers angesiedelt, so ist dieser Umstand für Veräußerer und Erwerber gleichermaßen erkennbar. In diesem Falle ist der Schadensersatzanspruch angesichts des Mitverschuldens des Erwerbers erheblich zu reduzieren. 49 2. Anfängliches Inhaberschaft

Unvermögen seitens des

zur Verschaffung Veräußerers

des Gegenstands

mangels

Ist der Veräußerer nicht Inhaber des Verkaufsobjekts, da er beispielsweise das als solches existierende - veräußerte Know-how oder die Musikdatei niemals in seinem Besitz gehabt hat, so haftet er für das Scheitern der Rechtsverschaffung verschuldensunabhängig nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S.l, 311a Abs. 2, 280 ff. B G B . Auch hier findet der Grundsatz Anwendung, dass es allein dem Verkäufer obliegt zu klären, ob er tatsächlich Inhaber des von ihm veräußerten Guts ist. Maßgeblich hierfür sind die Risikoerwägungen, die von Rechtsprechung und Lehre im Zusammenhang mit der Veräußerung von Sachen, Forderungen und sonstigen Rechten entwickelt wurden: Wie bereits ausführlich erörtert, besagen diese, dass der Verkäufer für anfängliches Unvermögen beim Kauf aufgrund von Sphärenerwägungen grundsätzlich umfassend einzustehen hat. Dieser allgemeine Grundsatz gilt unabhängig davon, ob die Zuordnung des Guts durch ein Ausschließlichkeitsrecht vermittelt wird oder nicht.

II.

Rechtsmängelhaftung

gem. §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435

BGB

Die Rechtsmängelhaftung nach §§ 433 Abs. 1 S.2, 435 B G B wäre gemäß §§ 453 Abs. 1 B G B entsprechend auch auf sonstige Gegenstände anwendbar, sofern die 4 8 Vgl. aber die gegenteilige Einschätzung von Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 234, wonach die Anwendung der §§ 437,440 B G B a.F. auf die Veräußerung von Know-how unangemessen scharf sei. 4 9 Als »Lehrbuchbeispiel« käme die endgültige Überlassung des Know-how zur Erstellung eines Perpetuum Mobile in Betracht.

5 20. Die Mängelhaftung beim Verkauf sonstiger Gegenstände

317

Vergleichbarkeit von Sachverhalt und Interessenlage diese Analogie fordern würde. Es stellt sich deshalb die Frage, ob auch beim Kauf sonstiger Gegenstände rechtlich fundierte, in der Verkäufersphäre liegende Äquivalenzstörungen auftreten können, die zur Belastung des - als solcher existierenden und vom Käufer erworbenen - veräußerten Gegenstands führen. 1. Keine Rechtsmängelhaftung Rechtsinhaberschaft

wegen NichtVerschaffung

umfassender

Da an sonstigen Gegenständen definitionsgemäß kein subjektives Ausschließlichkeitsrecht besteht, kommen Mängel nicht in Betracht, die auf der Nichtverschaffung bzw. dem Wegfall einer umfassenden ausschließlichen Rechtsposition beruhen würden. Gegenständliche Belastungen der Inhaberschaft am sonstigen Gegenstand nach Art eines Pfandrechts sind angesichts der Struktur dieser Form von Wertgegenständen nicht möglich. 2. Rechtliche

Gebrauchshindernisse

a. Gebrauchshindernde private Rechte Dritter Ebenso wie im Falle der Veräußerung von Ausschließlichkeitsrechten können sich bei sonstigen Gegenständen Vertragsstörungen daraus ergeben, dass der Erwerber den Gegenstand aufgrund rechtlicher Bindungen des Objekts nicht ungestört nutzen kann. Hierzu kommt es insbesondere in den Fällen, in denen einem Dritten ein Immaterialgüterrecht wie insbesondere ein Patent an dem veräußerten Gegenstand zusteht, das der Benutzung des erworbenen Guts durch den Käufer entgegengehalten werden kann. Auch kann im Falle des online-Verkaufs von urheberrechtlich geschützten Inhalten die Innehabung und Nutzung der Werkkopie durch den Käufer das Vervielfältigungsrecht des Urhebers gemäß § § 1 5 , 16 U r h G verletzen, sofern sich dieses nicht bereits erschöpft hat. Eine Verletzung von urheberrechtlichen Nutzungsbefugnissen wird insbesondere bei digitalen Inhalten häufiger vorliegen als bei körperlichen Gegenständen: Die bloße Nutzung eines urheberrechtsverletzenden körperlichen Werkstücks wie etwa die Betrachtung des Bildes oder die Lektüre eines Buches - stellt keine eigenständige Urheberrechtsverletzung dar. Dagegen führt jeder Computerabruf eines rechtswidrig hergestellten digitalen Inhalts zu einer Rechtsverletzung, da bereits das Laden der Datei in den Arbeitsspeicher durch den Erwerber eine unberechtigte Vervielfältigungshandlung und somit eine Urheberrechtsverletzung darstellt. 50 Solche urheberrechtliche Unterlassungsansprüche auslösenden

5 0 F ü r C o m p u t e r p r o g r a m m e ist dieses Ergebnis eindeutig, da es in diesem Bereich Recht zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch gibt (Umkehrschluß zu § 69 d U r h G ) sonstige digitale Inhalte k o m m t es entscheidend darauf an, ob das Recht zum privaten brauch nach § 53 Abs. 1 U r h G voraussetzt, dass die Vorlage, von der die Kopien gem.

kein Für Ge§ 53

318

5. Kapitel:

Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

Rechtsverletzungen werden regelmäßig darauf zurückzuführen sein, dass bereits der Verkäufer wissentlich oder unwissentlich das an dem Inhalt bestehende Immaterialgüterrecht eines Dritten verletzt hat, indem er das Werk unberechtigterweise vervielfältigt bzw. verbreitet hat. Auch Persönlichkeitsrechte Dritter können den Gebrauch des erworbenen sonstigen Gegenstands hindern, da sie dem Verletzten einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Gegenstands entsprechend § 1004 Abs. 1 B G B zuweisen. Wertungsmäßig erscheint in den geschilderten Beispielsfällen die Anwendung der scharfen Rechtsmängelhaftung gleichermaßen als angemessen wie im Falle der Veräußerung immaterialgüterrechtlich geschützter unkörperlicher Gegenstände. Wie gezeigt worden ist 5 1 , sind dem Gebrauch des Kaufobjekts entgegenstehende Ausschließlichkeitsrechte Dritter der Verantwortungssphäre des Veräußerers zuzurechnen. Für die Bestimmung der Einstandspflicht auf dieser Grundlage macht es keinen Unterschied, ob das Veräußerungsgut seinerseits durch ein Ausschließlichkeitsrecht geschützt ist oder nicht. b. Keine Haftung für generell-abstrakte Normierungen des Verkaufsgutes Wie bereits dargelegt wurde, ist mit dem Gesetzeszweck der Rechtsmängelhaftung die verschuldensunabhängige Nichterfüllungshaftung nur bei solchen Äquivalenzstörungen vereinbar, die in der Sphäre des Veräußerers begründet liegen. Dagegen ist die Gefahr des Bestands generell-abstrakter Regelungen, die die Nutzung dieser Art von Kaufobjekten ganz allgemein einschränken, grundsätzlich dem Risikobereich des Erwerbers zuzuordnen. 5 2 Kann dieser den sonstigen Gegenstand aufgrund generell-abstrakter Vorschriften nicht nutzen, bestehen keine Rechtsmängelansprüche gegenüber dem Veräußerer. Ist beispielsweise die Benutzung des konkreten Know-how verboten, ohne dass gleichzeitig der Kaufvertrag gemäß §§ 134, 138 B G B nichtig ist, so besteht keine Einstandspflicht des Verkäufers gemäß § 434 B G B . Dieser haftet ebenso wenig wie in den vergleichbaren Fällen der Veräußerung einer körperlichen Sache oder eines Immaterialgüterrechts. 3.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ergibt sich, dass der Veräußerer eines sonstigen Gegenstands im Rahmen seiner Sphärenverantwortlichkeit regelmäßig für dessen Nichtverschaffung und für Rechtsmängel verschuldensunabhängig und auf das positive

Abs. 1 U r h G übernommen werden, ihrerseits rechtmäßig sein muß. Hiervon ist aus Gründen des Urheberschutzes auszugehen, vgl. K G G R U R 1992, 168 - Dia-Kopien. 5 1 Vgl. oben § I O C II 2. 5 2 Denkbar ist allerdings im Einzelfall eine Einstandspflicht aufgrund der Sachmängelhaftung, die im Falle der Geltung des subjektiven Fehlerbegriffs in Betracht käme. Zur Anwendung der Sachmängelhaftung auf Know-how-Verträge vgl. unten § 20 C.

§ 20. Die Mängelhaftung

beim Verkauf sonstiger

Gegenstände

319

Interesse gerichtet haftet. Dies gilt grundsätzlich immer dann, w e n n der seiner Art nach existenzfähige Veräußerungsgegenstand nicht existiert, der Verkäufer nicht dessen Inhaber ist oder dem Käufer der Sachgebrauch aufgrund entgegenstehender Rechte Dritter vollständig entzogen w i r d . Keine Rechtsmängelhaftung trifft den Veräußerer dagegen in den Fällen, in denen generell-abstrakte Regelungen den Gebrauch des Gegenstands allgemein aufheben oder beschränken. Die Wertungen, die die strikte Einstandspflicht des Verkäufers eines sonstigen Gegenstands begründen, entsprechen unmittelbar denjenigen, die auch für die Anerkennung der strengen Rechtsmängelhaftung im Bereich des Sach-, Forderungs- und Immaterialgüterrechtskaufs ausschlaggebend sind. Unabhängig davon, ob die zu übertragende Rechtsposition subjektivrechtlich geschützt ist, hat der Veräußerer das Risiko der fehlerfreien Verschaffung einer Vermögensposition jedenfalls insoweit umfassend zu tragen, als die Leistungshindernisse in der von ihm typischerweise kontrollierbaren Sphäre begründet sind. Diese Einschätzung gilt unabhängig von der Körperlichkeit oder Unkörperlichkeit des veräußerten Gegenstands sowie auch ohne Rücksicht darauf, ob die Verschaffung der Vermögensposition durch die Übertragung eines Ausschließlichkeitsrechts begleitet w i r d oder nicht.

C . D i e S a c h m ä n g e l h a f t u n g b e i m Verkauf sonstiger G e g e n s t ä n d e

I.

Fragestellung

Ebenso wie beim Verkauf von körperlichen Sachen und Immaterialgüterrechten stellt sich bei sonstigen Gegenständen die Frage nach der Verkäuferhaftung für Mängel am Gut selbst, d.h. für Qualitätsmängel bzw. für Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit. Betroffen hiervon sind Fälle, in denen der Erwerber z w a r Inhaber des Veräußerungsgegenstands wird, dieser Gegenstand aber mit Fehlern behaftet ist, die am Objekt anknüpfen und dessen Wert oder Gebrauchstauglichkeit mindern oder aufheben. Solche »Sachmängel« sind gerade nicht von der fehlerfreien Zuwendung eines subjektiven Rechts, sondern nur von der Beschaffenheit des vorrechtlichen Gegenstands als solchem abhängig. Daher können sie nicht nur an eigentumsrechtlich erfassten körperlichen Sachen und an durch Immaterialgüterrechte zuordnungsfähigen unkörperlichen Gütern auftreten, sondern ohne weiteres auch an sonstigen Gegenständen. § 453 Abs. 1 B G B könnte dahingehend auszulegen sein, dass die Sachmängelvorschriften der §§ 434 ff. B G B auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände anwendbar sind. Die hierfür entscheidende Frage besteht darin, ob die in der Sachmängelhaftung angelegte Risikoverteilung ähnlich w i e bei Verkauf und Lizenzierung von Immaterialgüterrechten auch für den Bereich der Veräußerung sonstiger Gegenstände zu wertungsmäßig angemessenen und systemkonformen Lösungen führt. U m dies beurteilen zu können, ist im Folgenden die A n w e n d -

320

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

barkeit der §§ 434 ff. B G B auf die Gruppe der sonstigen Gegenstände informationellen Gehalts zu erörtern.

II. Sachmängelhaftung und die Veräußerung informationeller Inhalte

digitalisierter

Für den Bereich von körperlich übermittelter Computersoftware war bis zur Schuldrechtsreform - und ist wohl auch heute - nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung von der Geltung der Sachmängelhaftung auszugehen. 53 Dagegen ist über die Anwendbarkeit der §§ 434ff. B G B in Fallkonstellationen, in denen die Software nicht mittels eines körperlichen Trägermediums, sondern online übertragen wurde, bislang nicht ausdrücklich entschieden worden. 5 4 Allerdings ist zu erwarten, dass die Vorschriften der Sachmängelhaftung ebenfalls beim unkörperlichen Datentransfer zur Anwendung kommen. Denn auch in den bislang noch im Vordergrund stehenden Fällen der Veräußerung verkörperter Software ist die Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung nicht nur im Falle der Schadhaftigkeit des körperlichen Datenträgers anerkannt, sondern auch bei Programmfehlern, d.h. bei inhaltlichen Abweichungen der Istbeschaffenheit der Software von ihrer Sollbeschaffenheit. 55 In der Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt es, dass dieselben Fehler, soweit sie nicht bei der Veräußerung verkörperter Datenträger, sondern im Zusammenhang mit dem online-Erwerb fehlerhafter Dateien auftreten, ebenfalls mit Rückgriff auf §§ 434ff. B G B zu beurteilen sind. Zwar ist, wie ausführlich dargelegt wurde, der Kauf von Software und anderer informationeller Inhalte richtigerweise nicht als Sachkauf, sondern als Kauf eines sonstigen Gegenstands zu qualifizieren. Dies gilt umso mehr nach der Schuldrechtsreform angesichts der ausdrücklichen Erwähnung der sonstigen Gegenstände in § 4 5 3 Abs. 1 B G B . 5 6 Im Ergebnis ist jedoch eine Übertragung der Grundsätze der Sachmängelhaftung auf den Erwerb von Software und anderer informationeller Inhalte umfassend zu begrüßen. Denn für die Risikoverteilung bei Programmfehlern an Computersoftware ist es unerheblich, ob die Übermittlung des mängelbehafteten Programms im Wege der Übergabe eines körperlichen Speichermediums oder online erfolgt. Gleiches gilt für die Ermittlung von Sachmängeln im Falle der Veräußerung anderer Arten informationeller Inhalte: Auch hier ist die Übertragungs- bzw. Speicherungsform ohne Belang. 53 Vgl. zuletzt B G H C R 2000, 207, 208 m.w.N.; vgl. auch im einzelnen die Rechtsprechungsübersicht oben § 6 C sowie Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 63. 54 Vgl aber O L G Stuttgart, N J W 1989, 2635; B G H Z 109, 97, 101, wo es allerdings nicht um die Anwendung von Gewährleistungsrecht ging, sondern um die Anwendung des AbzG; B G H Z 109, 97, 100 f. betont, dass es interessenmäßig keinen Unterschied mache, ob die Software auf einem Datenträger übergeben oder aber überspielt werde. 55 Vgl. ausführlich Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 707 ff. 56 Vgl. oben § 6 B, D.

§20. Die Mängelhaftung

beim Verkauf sonstiger Gegenstände

321

Entscheidend ist lediglich, dass eine kaufvertragliche Aquivalenzstörung vorliegt, die sich aus der Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit des vorrechtlichen Verkaufsguts ergibt. Da Mängel an unkörperlichen Gegenständen vom Erwerber in gleicher Weise erkannt werden können wie solche an körperlichen Gütern, können die in §§ 434 ff. B G B niedergelegten Grundsätze der Risikoverteilung auch für den Verkauf unverkörperter informationeller Inhalte gemäß § 453 Abs. 1 B G B umfassend Geltung verlangen. III.

Sachmängelhaftung

bei

Know-how-Verträgen

1. Parallelität der Risiko Situation beim Sacb-, ImmaterialgüterrechtsKnow-how-Verkauf und die Ubertragbarkeit der Viertungen von § 434 BGB

und

Soweit beim Know-how-Vertrag das Ubertragungselement im Vordergrund steht und dieser deshalb als Kaufvertrag zu qualifizieren ist, stellt sich auch hier die Frage nach der Risikoverteilung im Falle des Vorliegens inhaltlicher Mängel des Ubertragungsgegenstands. Wie gezeigt wurde, ist die Sachmängelhaftung in den vergleichbaren Fällen der Übertragung von Patenten, bei denen ebenfalls ein Immaterialgut veräußert wird, als systemkonform und wertungsmäßig angemessen angesehen worden. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Gleiches auch für die Einstandspflicht des Veräußerers im Falle des Vorliegens von tatsächlichen Mängeln am Know-how gilt. Gegen die Anwendbarkeit der §§434, 436ff. B G B auf die Veräußerung von Know-how könnte allerdings sprechen, dass die Sachmängelhaftung möglicherweise zu einer übermäßig scharfen Verkäuferhaftung führen könnte. So vertritt Martinek die Auffassung, dass §§ 459ff. BGB a.F. beim Sachkauf ihre Rechtfertigung darin fänden, dass der Verkäufer die Tauglichkeit bzw. Fehlerhaftigkeit der Sache aufgrund ihrer Körperlichkeit leicht überprüfen könne. 57 Know-how sei demgegenüber ein immaterielles Gut faktischen Wissens, das sich der Uberprüfbarkeit seines Wertes oder seiner Tauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder den gewöhnlichen Gebrauch oft entziehe. Eine Verkäuferhaftung nach § 459 B G B Abs. 1 BGB a.F. lasse sich nur dann begründen, wenn für den Know-how-Veräußerer eine Tauglichkeitsprüfung durchführbar sei. Der Argumentation Martineks kommt nach erfolgter Schuldrechtsreform nicht mehr die gleiche Aussagekraft zu wie früher, da die Rechtsfolgen von Sachmängelhaftung und dem alternativ dazu anwendbaren allgemeinen Leistungsstörungsrecht nicht mehr so stark variieren wie früher. Da allerdings die jeweiligen Rechtsfolgen auch noch heute teilweise unterschiedlich sind und der Verkäufer im Falle der Anwendung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts von einer kürzeren Verjährungsfrist profitiert, ist die Frage nach der Anwen-

57

Martinek, Moderne Vertragstypen Bd. II, S. 235 f.

322

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

dung von Sachmängel- bzw. allgemeinem Leistungsstörungsrecht auch noch heute von praktisch großer Bedeutung. Den gegen die Anwendung der Sachmängelhaftung gerichteten Bedenken Martineks, der mit Hinweis auf § 477 B G B a.F. als den Verkäufer entlastende Norm gleichwohl im Ergebnis eine Verkäuferhaftung gem. §§ 459 ff. B G B a.F. befürwortet 58 , ist nicht zu folgen. Zweifelhaft ist bereits, ob die Ratio der Sachmängelhaftung tatsächlich darin besteht, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass dem Verkäufer Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Mangelfreiheit des Veräußerungsguts als Objekt zustehen. Könnte der Verkäufer die Vertragstauglichkeit der Ware typischerweise genau prüfen, so läge es nahe, ihn für Sachmängel stets verschuldensunabhängig auf das positive Interesse gerichtet haften zu lassen und ihn nicht durch die Anwendung von Kaufrecht gegenüber der Einstandspflicht nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht - nach neuem Schuldrecht insbesondere durch die kürzere Verjährung - zu privilegieren. Beim Sachverkäufer handelt es sich vielmehr regelmäßig um eine Person, die - anders als der Werkunternehmer - die zu veräußernde Sache nicht selbst herstellt, sondern das Gut lediglich weitervertreibt und daher zur Vornahme umfassender Kontrollen des Kaufguts gerade nicht in der Lage ist. Entgegen Martinek findet die Sachmängelhaftung ihre Rechtfertigung vielmehr darin, dass auch dem Käufer Risikokontrollmöglichkeiten bezüglich der Kaufsache offen stehen, so dass dieser mit einem Teil des Mangelrisikos belastet werden kann - so wie dies insbesondere aus der gegenüber den allgemeinen Vorschriften verkürzten Verjährung deutlich wird. Jedoch selbst wenn man Martineks Interpretation der Ratio der Sachmängelhaftung folgen wollte, so könnte seine These nicht überzeugen, dass dem Verkäufer von Know-how keine dem Sachverkäufer vergleichbaren Kontrollmöglichkeiten offen stünden. Vielmehr wird dem Verkäufer von Know-how regelmäßig die Möglichkeit der Kontrolle des veräußerten Guts auf Tauglichkeitsmängel in noch weitergehendem Maße offen stehen als dem Veräußerer eines komplexen körperlichen Gegenstands. Denn typischerweise hat der Knowhow-Geber das Geheimwissen selbst entwickelt bzw. in seinem eigenen Unternehmen verwendet. Anders als der Sachverkäufer in seiner Rolle als bloßer Weiterveräußerer kann der Know-how-Geber somit Einblicke in die Funktionsfähigkeit des Veräußerungsguts gewinnen. In den Fällen, in denen das Knowhow für die Zwecke des Erwerbers aufgrund ganz spezifischer, für den Veräußerer nicht erkennbarer innerbetrieblicher Besonderheiten nicht gebrauchstauglich ist, wird bereits tatbestandlich kein Fehler des Know-how anzunehmen sein. Denn die für die Sachmängelhaftung in solchen Fällen erforderliche, einen Fehler im Sinne des subjektiven Fehlerbegriffs i.S.v. § 434 Abs. 1 S. 1 B G B n.F. begründende Vereinbarung über die Gebrauchsfähigkeit des Geheimwissens unter den spezifischen betrieblichen Verhältnissen des Veräußerers wird regelmäßig nicht erfolgt sein. 58

Vgl. Martinek,

Moderne Vertragstypen II, S. 234.

§ 20. Die Mängelhaftung

2. Subjektiver

Fehlerbegriff

beim Verkauf sonstiger

und Know-how-

Gegenstände

323

Vertrag

Als besonders geeignet für den Know-how-Vertrag erweist sich der soeben bereits angesprochene flexible subjektive Fehlerbegriff des Sachmängelrechts. Die Parteien des Kaufvertrags vereinbaren die Übertragung des Know-how üblicherweise nicht abstrakt, da der Know-how-Nehmer eine konkretisierte Verwertungsmöglichkeit des Geheimwissens im Auge hat. 59 Die Ermittlung der Fehlerhaftigkeit auf objektiver Grundlage würde auf erhebliche praktische Schwierigkeiten stoßen. Vorzugswürdig ist es demgegenüber, auf Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs des § 434 Abs. 1 S. 1 B G B davon auszugehen, dass die Parteien die Übertragung eines Vertragsgegenstands beabsichtigen, der bestimmte, vertraglich vereinbarte Beschaffenheiten aufweist. Insgesamt ergibt sich daher, dass die entsprechende Anwendung der Sachmängelgewährleistung auch auf die Veräußerung von Know-how systematisch geboten und wertungsmäßig angemessen ist. 3. Sonderproblem: Anfänglich als Sachmangel

fehlender

Geheimnischarakter

des

Know-how

Ein wesentlicher Teil des Wertes von Know-how liegt darin begründet, dass es sich um geheimes Wissen handelt. Die subjektive Äquivalenz des Know-howVertrags ist daher nachhaltig gestört, wenn das Know-how bereits zum Zeitpunkt seiner Übertragung allgemein bekannt ist und dem Erwerber daher keine wirtschaftliche Vorzugsstellung vermitteln kann. 60 Deshalb fragt es sich, welche Haftungsfolgen die Veräußerung von Know-how hat, das in Wirklichkeit bereits bekannt ist. Nach früherem Recht war in diesen Fällen die Anwendung von § 306 B G B a.F. mit der Begründung denkbar, dass es zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv unmöglich gewesen ist, das Know-how als Geheimwissen zu verkaufen. 61 Angesichts der Aufhebung von § 306 B G B a.F. besteht dagegen nach heutigem Recht an der Wirksamkeit des Vertrags kein Zweifel. Es stellt sich daher nur noch die Frage, ob und welche Form der vertraglichen Haftung hier Anwendung findet. In Betracht kommt die unmittelbare Anwendung der Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, insbesondere von § 3 1 1 a B G B . 6 2 Qualifiziert man jedoch den Know-how-Vertrag als Kaufvertrag, so stellt sich systematisch

Vgl. Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 235. Vgl. zu dieser Frage Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 257f.; Staudinger-Köhler, § 4 3 7 Rn. 21. 61 B G H G R U R 1963, 297, 209 - Kieselsäure. 6 2 Vgl. Staudinger-Köhler, §437 Rn. 21; Soergel-Huber, § 4 3 7 Rn. 68, die nach früherem Recht von anfänglichem Unvermögen - und nicht von der Anwendung von Kaufrecht - ausgingen. 59

60

324

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

vorrangig die Frage nach der Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechts der §§ 434ff. B G B . D a es bei der hier angesprochenen Art von Aquivalenzstörungen nicht um das Scheitern der Verschaffung des Gegenstands oder um den Bestand entgegenstehender Rechtspositionen Dritter geht, kommt in erster Linie die analoge Anwendung der Sachmängelhaftung in Betracht. 6 3 Zutreffenderweise ist das »Geheimsein« des Wissens als ein diesem unmittelbar anhaftendes Beschaffenheitsmoment im Sinne einer »Umweltbeziehung« anzusehen. Daher kann die allgemeine Bekanntheit des Wissens als Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit die Sachmängelhaftung auslösen. Haftet dem Wissen nicht der Geheimnischarakter als Beschaffenheit an, so liegt der Schwerpunkt der Aquivalenzstörung in einer Beeinträchtigung der Brauchbarkeit des Wertes und der Gebrauchstauglichkeit des Wissens als Objekt. Die Anwendung der Sachmängelhaftung für die bereits anfänglich bestehende O f fenkundigkeit des Wissens erscheint auch wertungsmäßig als angemessen, da auch hier dem Erwerber die Möglichkeit offen steht, innerhalb der Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B zu erforschen, ob ein anderer neben ihm selbst ebenfalls bereits Kenntnis von dem spezifischen Wissensschatz hat. 6 4 Wird dagegen das Wissen erst nach Vertragsschluss offenkundig, so ist das Risiko einer solchen Aquivalenzstörung vom Käufer zu tragen. Die endgültige Überlassung von Know-how ist als einmaliger Güteraustausch anzusehen, nicht als Dauerschuldverhältnis. 6 5 Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das Risiko von Verschlechterungen des Kaufguts, die erst nach Gefahrübergang eintreten, in den ausschließlichen Risikobereich des Erwerbers fällt.

IV.

Verjährung

Für die Frage nach der Anwendbarkeit der im Vergleich zur allgemeinen Verjährung verkürzten Frist des § 438 B G B gelten im Wesentlichen die gleichen Erwägungen, die bereits im Zusammenhang mit der Sachmängelhaftung beim Kauf von Immaterialgüterrechten dargelegt worden sind. Für die Anwendung von § 4 3 8 B G B auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände spricht nicht nur die pauschale Verweisung von § 453 Abs. 1 B G B , sondern vor allem auch die Syste6 3 Ganz dezidiert gegen die Anwendung von § 459 B G B a.F. allerdings Soergel-Huber, § 437 Rn. 68 unter Berufung auf R G Warn. 1914 Nr. 214. 6 4 Denkbar wäre es, in der Einordnung fehlenden Geheimseins des Know-how einen Widerspruch dagegen zu sehen, dass die Fälle mangelnder urheberrechtlicher Gestaltungshöhe, fehlender patentrechtlicher Neuheit oder nicht hinreichender erfinderischer Tätigkeit bei der Veräußerung bzw. Lizenzierung von Patenten als Rechtsmängel i.w.S. der Rechtsmängelhaftung zugeschlagen worden sind. Ausschlaggebend hierfür war allerdings die Erwägung, dass diese Mängel nicht in erster Linie die Vertragstauglichkeit des Guts als solche, sondern vor allem dessen rechtliche Bewertung beeinflußten. 6 5 Auf die Frage nach der Beurteilung von als Dauerschuldverhältnissen qualifizierbaren Know-how-Verträgen über offenkundig gewordenes Know-how muss hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu Fischer, G R U R 1985, 638; ^enkarA-Ullmann, § 14 Rn. 144.

§ 20. Die Mängelhaftung

beim

Verkauf

sonstiger

Gegenstände

325

matik des Gesetzes und die einschlägigen Interessenbewertungen. Die Mangelhaftigkeit von K n o w - h o w oder Computersoftware ist grundsätzlich nicht schwerer zu erkennen als die Fehlerhaftigkeit komplexer körperlicher Gegenstände. Eine Privilegierung des Käufers eines sonstigen Gegenstands durch Nichtanwendung von § 4 3 8 B G B und die damit einhergehende stärkere Belastung des Verkäufers erschiene deshalb als systemwidrig. Die Strukturgleichheit von Sachen und sonstigen Gegenständen würde nicht hinreichend berücksichtigt. Die Anwendung von § 438 B G B auf die Veräußerung von sonstigen Gegenständen ist somit aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle systematisch erforderlich. Sie ist - insbesondere im Vergleich zur 6-monatigen Frist des § 477 B G B a.F. - auch wertungsmäßig durchaus angemessen. Sie führt zu einer sachgerechten Verteilung des Verjährungsrisikos zwischen den Parteien des Kaufvertrags. Dem Käufer wird nach heutigem Recht innerhalb einer längeren Zeitspanne als bisher die Möglichkeit eröffnet, auch versteckte Mängel des sonstigen Gegenstands geltend zu machen. Im Vergleich zum früheren Recht kann er einen größeren Teil des Risikos auf den Verkäufer abwälzen.

V. Kaufmännische

Rügeobliegenheit

Der B G H wendet auf Verträge über die Veräußerung von Standardsoftware nicht nur die Vorschriften der Sachmängelhaftung an, sondern schränkt die Verkäuferhaftung auch durch die kaufmännische Rügeobliegenheit gemäß § 377 H G B ein. 6 6 Es fragt sich, ob die Rügeobliegenheit auch dann gilt, wenn Software - oder ein anderer sonstiger Gegenstand informationellen Gehalts - in unverkörperter Form übertragen und dieser Vertrag richtigerweise nicht als Sachkaufvertrag, sondern als Kaufvertrag über einen sonstigen Gegenstand qualifiziert wird. Wie bereits im Zusammenhang mit der parallel gelagerten Frage der Anwendbarkeit von § 377 H G B auf immaterialgüterrechtliche Veräußerungsverträge erörtert worden ist, spricht der Wortlaut des Gesetzes gegen die Erweiterung des Anwendungsbereichs der kaufmännischen Rügeobliegenheit: Software ist keine Sache, sondern ein sonstiger Gegenstand, so dass ein entsprechender Veräußerungsvertrag begrifflich nicht in den Anwendungsbereich des § 3 7 7 H G B fällt. 6 7 Der Gesetzeswortlaut sowie auch der Respekt vor dem Gesetzgeber, der unlängst eine umfassende H G B - N o v e l l e erlassen hat, ohne den Anwendungsbereich von § 377 H G B zu modifizieren, gebieten es, trotz evident gleichgelagerter Interessen die kaufmännische Rügeobliegenheit nicht auf den Verkauf sonstiger Gegenstände anzuwenden. Entsprechende Einschränkungen der Verkäuferhaftung können de lege lata nicht vorgenommen werden. De lege ferenda ist indes ein dringender Appell an den Gesetzgeber zu richten, die Anwendung 6 6 B G H C R 2000, 207, 208 (wobei die Software allerdings nicht online, sondern auf einem Datenträger gespeichert übergeben wurde). 67

Vgl. hierzu ausführlich oben § 14 E II.

326

5. Kapitel: Kaufvertrag über nicht subjektivrechtlich geschützte sonstige

Gegenstände

der kaufrechtlichen Rügeobliegenheit generell auch auf Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände festzuschreiben, sofern es sich bei solchen Vereinbarungen - abgesehen von der Unkörperlichkeit des Veräußerungsguts - um einen Handelskauf handeln würde. Denn geht die Entwurfsbegründung zutreffenderweise davon aus, dass der Softwarekauf als Kauf eines sonstigen Gegenstands zu qualifizieren ist, 68 so besteht das dringende Bedürfnis, entsprechend der gegenwärtigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die handelsrechtlichen Beschränkungen der kaufrechtlichen Haftung auf den Softwarekauf für anwendbar zu erklären. Aufgrund der gleichgelagerten Interessenlage beim Kauf anderer Informationsgüter als Software besteht die gleiche Notwendigkeit auch bei Kaufverträgen über die Veräußerung anderer Arten sonstiger Gegenstände.

D.

Schlussfolgerungen

Die Bedeutung der kaufrechtlichen Vorschriften des B G B geht weit über den Bereich der Veräußerung von Sachen und Rechten hinaus. Neben diesen Kaufobjekten existiert eine große Zahl weiterer werthafter Güter, die als möglicher Gegenstand von Veräußerungsverträgen in Betracht kommen, ohne dass der an ihnen vollzogene Inhaberwechsel zur Übertragung eines subjektiven Rechts führen würde. Angesichts der Strukturgleichheit von Sachen, Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen sowie wegen der Vergleichbarkeit der jeweiligen Interessenlagen finden die kaufrechtlichen Haftungsgrundsätze auf Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände umfassende Anwendung. War das frühere Kaufrecht seinem Wortlaut nach im Wesentlichen auf die Veräußerung von Sachen und Rechten beschränkt, so erkennt das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ausdrücklich an, dass das Recht des Sachkaufs auch auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände Anwendung findet. Die Grundsätze der Risikoverteilung bei der Rechtsmängelhaftung sind weitgehend auf den Verkauf sonstiger Gegenstände übertragbar. Sofern die rechtlich begründete Aquivalenzstörung in der Sphäre des Verkäufers liegt, hat er für diese Umstände auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet einzustehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der veräußerte Gegenstand körperlicher oder unkörperlicher Natur ist oder ob er durch ein subjektives Recht geschützt ist oder nicht. Ebenso wie die Rechtsmängelhaftung ohne maßgebliche Modifikationen auf die Fälle des Verkaufs sonstiger Gegenstände Anwendung findet, ist auch die Sachmängelhaftung bei objektbezogenen Mängeln des Veräußerungsguts entsprechend anwendbar. Für den Verkauf von Computersoftware, den die Rechtsprechung allerdings unzutreffenderweise begrifflich dem Sachkauf zuordnet,

68

Begründung, S.242

5 20. Die Mängelhaftung

beim Verkauf sonstiger

Gegenstände

327

ist dies in der Rechtsprechung bereits seit langem anerkannt. Das gleiche Haftungsregime hat allerdings aufgrund unmittelbar gleichgelagerter Interessen auch für den online-Verkauf sonstiger digitaler informationeller Inhalte sowie für die Veräußerung von K n o w - h o w zu gelten. Die ausdrückliche Einbeziehung sonstiger Gegenstände in den Kreis der Kaufobjekte ist uneingeschränkt zu begrüßen. § 453 Abs. 1 B G B greift die tatsächlichen Entwicklungen auf, die in der Rechtswirklichkeit bereits seit längerer Zeit die Ausdehnung sowohl des Kreises der Kaufgegenstände als auch die Vergrößerung des Anwendungsbereichs der Sachmängelgewährleistung bewirkt haben. Es ist zu hoffen, dass solche Veräußerungsverträge angesichts des fehlenden körperlichen Veräußerungsobjekts zukünftig nicht mehr als Sachkaufverträge angesehen werden, was auch bisher ohnehin nur im Wege der Uberdehnung des Begriffs der »Kaufsache« möglich war. Dem Gebot der Methodenehrlichkeit entsprechend sollten Kaufverträge über sonstige unkörperliche Güter zukünftig als Verträge über den Verkauf sonstiger Gegenstände qualifiziert werden. Die Verweisungsnorm des § 453 Abs. 1 BGB, w o n a c h die Vorschriften über den Sachkauf auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände entsprechende A n w e n d u n g finden, ist deshalb so zu verstehen, dass auf Kaufverträge über sonstige Gegenstände das Recht der Sach- sowie der Rechtsmängelhaftung in grundsätzlich umfassender Weise A n w e n d u n g findet. Die vorliegende Arbeit hat im Wesentlichen nur Veräußerung und Gewährleistungshaftung bei Forderungen sowie vor allem bei Immaterialgüterrechten und sonstigen Gegenständen informationellen Gehalts untersucht. Die Grundsätze, die zu einem System der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung entwickelt wurden, das auf Risiko- und Sphärengesichtspunkte gestützt ist, weisen allerdings über den Bereich der hier im Einzelnen erörterten Verkaufsgüter hinaus. Die Maßstäbe zur Festlegung des Anwendungsbereichs der Rechtsmängelhaftung und der komplementär dazu eingreifenden Sachmängelhaftung haben bei der Veräußerung verkehrsfähiger vorrechtlicher Güter jeder Art grundsätzliche Gültigkeit. Dies gilt unabhängig davon, ob das entsprechende Gut durch ein subjektives Ausschließlichkeitsrecht des Sachen- oder des Immaterialgüterrechts geschützt ist oder ob es sich u m einen sonstigen Gegenstand informationellen oder sonstigen Inhalts handelt: Die Rechtsmängelhaftung, verstanden als verschuldensunabhängige, grundsätzlich auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtete Einstandspflicht, ist stets dann angemessen, wenn die Umstände, die zur Fehlerhaftigkeit des Verkaufsguts führen, in der Verkäufersphäre begründet liegen. Dagegen greift die Sachmängelhaftung als ein den Käufer in verstärktem M a ß e mitbelastendes Risikoregime ein, wenn der vorrechtliche Veräußerungsgegenstand als solcher Mängel aufweist, die dessen Wert oder Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen. Insgesamt w i r d somit deutlich, dass die pandektistische Einteilung der Kaufgegenstände in Sachen und Rechte und die auf diese Unterteilung abstellenden gesetzlichen Grundsätze der Gewährleistungshaftung nicht zu überzeugen vermögen. Die ausdrückliche gesetzliche Ausweitung des Krei-

328

5. Kapitel: Kaufvertrag

über nicht subjektivrechtlich

geschützte

sonstige

Gegenstände

ses der Kaufgüter auf die Gruppe der sonstigen Gegenstände ist daher uneingeschränkt zu begrüßen. Als Kaufgegenstände in Betracht k o m m e n rein normative Gegenstände, vorrechtliche Gegenstände, die durch ausschließliche Herrschafts- bzw. N u t z u n g s rechte zugeordnet sind, sowie auch sonstige Gegenstände. Nicht an die Unterscheidung von Sachen und Rechten, sondern an die Einteilung in vorrechtliche und rein normative Rechtsgegenstände knüpft das System der kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung seinem Sinn und Zweck nach an. Damit bildet es die rechtssystematische Grundlage eines umfassenden Vermögensrechts der Zuordnungsänderung.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse § 1. Bis zur Schuldrechtsreform regelten die kaufrechtlichen Vorschriften des B G B im Wesentlichen nur den Kauf von Sachen, Forderungen und bestimmten Formen sonstiger Rechte. Da hierdurch der Rechtsverkehr mit unkörperlichen Gütern nur partiell erfasst wurde, konnten die §§ 433 ff. B G B a.F. den Erfordernissen, die an eine moderne und umfassende Verkehrsrechtsordnung zu stellen sind, nicht vollständig gerecht werden. Erst das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 01.01.2002 konnte diesem Mangel zumindest teilweise abhelfen. Dieses Gesetz hat die Sonderstellung des Sachkaufs und dabei vor allem diejenige der Sachmängelhaftung aufgehoben: Mit § 453 Abs. 1 B G B wurde der Kreis der Kaufgegenstände ausdrücklich auf sonstige Gegenstände ausgeweitet und die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen für entsprechend anwendbar erklärt. Offen ist allerdings die Frage, wie die weite gesetzliche Verweisung des § 453 Abs. 1 B G B mit Inhalt zu füllen ist. Ungeklärt ist insbesondere, auf welche »sonstigen Gegenstände« die Vorschriften des Sachkaufs anzuwenden sind und ob bzw. in welchen Fällen diese Verweisung auch für die Vorschriften der Sachmängelhaftung gilt. Vor diesem Hintergrund untersucht die vorliegende Arbeit, inwieweit das Kaufrecht und dabei insbesondere die kaufrechtliche Gewährleistungshaftung auf Verträge über die Veräußerung von Forderungen, Immaterialgüterrechten und von nicht durch subjektive Rechte geschützte Gegenständen anwendbar ist. Die Rückführung solcher Verkehrsvorgänge auf die Grundsätze des bürgerlichrechtlichen Kaufrechts ist nicht nur wegen des neuen § 453 Abs. 1 B G B erforderlich. Sie erweist sich auch als systematisch geboten, weil das Schuldrecht des B G B den rechtssystematischen Brennpunkt des Vermögensrechts insgesamt darstellt. Die Anwendung kaufrechtlicher Regelungen ist deshalb gegenüber der Herausbildung eines Sonderprivatrechts der Veräußerung von Immaterialgütern vorzugswürdig. Da der Kreis der Rechte und der sonstigen Gegenstände unübersehbar und einer steten Erweiterung zugänglich ist, beschränkt sich die vorliegende Untersuchung auf das Recht der Veräußerung von Forderungen, von Immaterialgüterrechten und von informationellen Inhalten im weitesten Sinne. Gleichwohl soll die Arbeit über diese Form von Veräußerungsgegenständen hinausweisen und allgemein einen Beitrag zur Entwicklung einer Vermögensrechtsordnung leisten, die die wirtschaftlich immer bedeutender werdenden unkörperlichen Wertobjekte allgemein in ihren Anwendungsbereich einbezieht.

330

Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse der

Untersuchung

§ 2. Die bürgerlich-rechtlichen Regelungen des Kaufrechts basieren traditionell auf der Veräußerung von Sachen, zum Sachbesitz berechtigenden Rechten und Forderungen. Ihr Anwendungsbereich kann deshalb nur unter Berücksichtigung der rechtsgeschichtlichen Entwicklung der Anerkennung von unkörperlichen Gegenständen als Verkehrsobjekten umfassend gewürdigt werden. Das antike römische Recht, so wie es insbesondere in den Institutionen des Gaius überliefert ist, hat das BGB entscheidend geprägt. Dort wurden körperliche Gegenstände (res corporales) und eine gewisse Anzahl zumeist sachbezogener Rechte (res incorporales) als veräußerliche Rechtsgegenstände anerkannt. Forderungen galten dagegen grundsätzlich als unübertragbar. Immaterialgüterrechte waren gänzlich unbekannt und konnten deshalb auch nicht zum Gegenstand kaufrechtlicher Lehren gemacht werden. Dem auf die Veräußerung von Sachen und Rechten beschränkten Vermögensrechtsbegriff der romanistischen Tradition setzte das Zeitalter des Vernunftrechts ein sehr weites Verständnis vom Kreis möglicher Veräußerungsgegenstände entgegen, das zunächst insbesondere Forderungen mitumfasste. Dieser Denkansatz wurde von der germanistischen Rechtsschule des 19. Jahrhunderts aufgegriffen, die sich der rechtlichen Aufarbeitung der unkörperlichen Vermögensgegenstände des damaligen modernen Wirtschaftslebens widmete. Zu den neuartigen unkörperlichen Vermögensgegenständen zählten neben Gesellschaftsanteilen in zunehmendem Maße auch Immaterialgüterrechte. Diese waren zwar gegen Ende des 19. Jahrhunderts als werthafte Güter anerkannt. Sie standen aber vollständig außerhalb des romanistisch geprägten Systems des Vermögensrechts. In den Beratungen zum BGB setzte sich trotz der wachsenden Bedeutung der unkörperlichen Gegenstände als veräußerliche Verkehrsobjekte nicht der weite germanistische, sondern der in der Tradition des römischen Rechts stehende enge Vermögensrechtsbegriff Savigny'scher Prägung durch. Entsprechend der antiken Lehre von den res corporales und den res incorporales als Rechtsgegenstände bezieht sich deshalb die bürgerlich-rechtliche Verkehrsrechtsordnung im Wesentlichen auf die Veräußerung von Sachen und beschränkt dinglichen Rechten an körperlichen Gegenstände. Als Zugeständnis an die modernen Verkehrsbedürfnisse wurde die Veräußerlichkeit von Forderungen als Novum in das Gesetz mit aufgenommen. Im Wesentlichen unberücksichtigt blieben dagegen - jedenfalls bis zur Schuldrechtsreform - die spezifischen rechtlichen Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Veräußerung sonstiger Rechte und nicht subjektivrechtlich geschützter »sonstiger Gegenstände«. § 3. Das Regelungsdefizit, das bei der kaufrechtlichen Behandlung der Veräußerung sonstiger Rechte und sonstiger Gegenstände aufgetreten ist, trat angesichts der zunehmenden Bedeutung des Rechtsverkehrs mit unkörperlichen Gegenständen immer deutlicher zutage. Gleichwohl blieb diese Regelungslücke bis in die jüngste Zeit hinein vom Gesetzgeber weitgehend unbeachtet. Die kaufrechtlichen Reformansätze des 20. Jahrhunderts betrafen beinahe ausschließlich

Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse der Untersuchung

331

den Warenkauf. Erst das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat sich ausdrücklich des Kaufs unkörperlicher Güter angenommen. Aber auch dieses Gesetz regelt diese Form von Veräußerungsverträgen nur äußerst lückenhaft: § 453 Abs. 1 BGB gebietet die A n w e n d u n g der Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen, ohne dem Rechtsanwender nähere Leitlinien für die Modalitäten der »entsprechenden« A n w e n d u n g dieser Vorschriften an die H a n d zu geben. § 4. Den Ausgangspunkt für die gemäß § 453 Abs. 1 B G B gebotene Erstrekkung der Regelungen des Kaufrechts auf unkörperliche Verkehrsgüter des modernen Wirtschaftslebens bildet die Untersuchung der Strukturgemeinsamkeiten und -unterschiede von Sachen, Forderungen, Rechten und sonstigen Gegenständen. Auch ohne Berücksichtigung spezifischer gesetzlicher Vorgaben lässt sich erkennen, dass zwischen rein normativen Gütern wie Forderungen einerseits und vorrechtlich existierenden Gegenständen wie Sachen, Erfindungen oder Geisteswerken andererseits unterschieden werden kann. Die Erkenntnis sowohl der körperlichen als auch der unkörperlichen, ebenfalls der Rechtsordnung vorgegebenen Wertobjekte w i r d dem Menschen durch seine Wahrnehmung vermittelt; beide Formen von Objekten sind gleichermaßen real. Die im Gesetz angelegte pauschale Unterscheidung zwischen den Sachen als körperlichen Objekten (Sachen) und unkörperlichen Objekten (Forderungen, sonstigen Rechten und neuerdings auch sonstigen Gegenständen) erscheint daher als künstliche Trennung. § 5. Die in der romanistischen Tradition des B G B verwurzelte Unterscheidung zwischen Sachen und Rechten als Rechtsgegenstände i.S.v. §§ 90 ff. B G B stellt Rechtsobjekte unterschiedlicher Realitätsebenen nebeneinander. Dieser bürgerlich-rechtliche Gegenstandsbegriff ist logisch in hohem M a ß e angreifbar. Zudem vermag er es nicht, unkörperliche Vermögensgegenstände in hinreichendem M a ß e in die Vermögensrechtsordnung zu integrieren, da der Begriff der »Rechte« für diesen Zweck zu undifferenziert ist. Angesichts dieser Schwächen hat die Einteilung der Gegenstände in Sachen und Rechte in der heutigen Rechtslehre keine Bedeutung mehr. Als sinnvoll erscheint statt dessen eine Einteilung, die zwischen einerseits Forderungen und andererseits Herrschafts- und Nutzungsrechten an vorrechtlichen Gegenständen, seien sie körperlicher oder unkörperlicher Natur, unterscheidet. § 6. Die traditionelle begriffliche Einteilung der Veräußerungsobjekte in Sachen und Rechte ist auch für das Kaufrecht nur von sehr eingeschränktem N u t zen. Die besondere gesetzliche Betonung des Sachkaufs basiert im Wesentlichen auf den Vorgaben der Wirtschaftsordnung des antiken Roms, die auf dem Austausch körperlicher Waren basierte. Die gemeinsame Behandlung von Forderungen und sonstigen Rechten ist in der letztlich unmaßgeblichen Tatsache begründet, dass beide Gruppen von Gegenständen unkörperlich sind und dass körperliche Gegenstände von diesen dadurch zu unterscheiden sind, dass sie regelmäßig zu eindringlicheren Sinneserfahrungen führen als unkörperliche Objekte.

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Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse

der

Untersuchung

Angesichts der angreifbaren Differenzierung zwischen Sachen und Rechten als Kaufgegenständen ist anerkannt, dass eine strikte Anwendung des gesetzlichen Sachbegriffs nicht dazu geeignet ist, den Kreis der Güter abzustecken, die sinnvollerweise auf Grundlage der Vorschriften über den Sachkauf veräußert werden sollen. Dementsprechend legen der Bundesgerichtshofs sowie die wohl h.L. den kaufrechtlichen Sachbegriff weit aus. In den Anwendungsbereich des Sachkaufs fallen danach nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch C o m putersoftware sowie neuerdings online übertragene informationelle Inhalte wie Text-, Musik- oder Videodateien. Während der Anwendung des Rechts des Sachkaufs auf diese Kaufgegenstände angesichts der interessengerechten Rechtsfolgen im Ergebnis zugestimmt werden kann, ist doch gleichwohl das Festhalten an Begründungen zu kritisieren, die rein begrifflich auf die Körperlichkeit des veräußerten Datenträgers abstellen. Richtigerweise sollte statt dessen eingestanden werden, dass unkörperliche informationelle Inhalte wertungsmäßig die Anwendung des gleichen Ubertragungs- und Haftungsregimes erfordern wie körperliche Gegenstände. Denn entscheidend für die Anwendung des Rechts des Sachkaufs ist nicht die Körperlichkeit des Kaufobjekts, sondern die Tatsache, dass ein grundsätzlich umfassender Inhaberwechsel an einem vorrechtlich existierenden Gegenstand erfolgt. Seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform lässt sich dieses Ergebnis unmittelbar dem Gesetz entnehmen: Auf sonstige G e genstände sind gemäß § 453 Abs. 1 B G B die Vorschriften über den Kauf von Sachen entsprechend anwendbar. Uber diese Verweisungsnorm können die Vorschriften der Sach- und Rechtsmängelhaftung auf den Kauf von Rechten in systematisch schlüssiger Weise angewendet werden. § 7. Mögen auch erhebliche Parallelen zwischen körperlichen und unkörperlichen Veräußerungsgütern bestehen, so ist hiermit gleichwohl nicht entschieden, ob und inwieweit das gesetzliche Regelungsmodell des Kaufrechts auf Veräußerungsverträge über unkörperliche Gegenstände Anwendung finden kann. Fraglich ist deshalb, wie sich die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen nach Maßgabe von § 453 Abs. 1 B G B im Einzelnen darstellt. U m hierüber Klarheit zu gewinnen, ist zu überprüfen, inwieweit die Strukturcharakteristika des gesetzlichen Leitbilds des Kaufvertrags mit den in der Realität auftretenden Formen der Verwertung von Immaterialgütern übereinstimmen. Ausgangspunkt hierfür ist die Erkenntnis, dass die Veräußerung werthafter Güter verschiedene Intensitätsgrade aufweisen kann. Die translative Rechtsübertragung stellt dabei die nachhaltigste Form der Güterverwertung dar. Vergleichsweise schwächer ausgestaltet ist die konstitutive Rechtsübertragung, bei der zwar ebenfalls gegenständliche Befugnisse auf den Erwerber übertragen werden, aber der Veräußerer gleichwohl einen Teil seiner Rechtsposition zurückbehält. Die am wenigsten intensiven Formen der Güterverwertung stellen der obligatorische Gestattungsvertrag sowie die Einwilligung dar.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

333

§ 8. F ü r die Beantwortung der Frage, auf welche der genannten F o r m e n von Veräußerungsverträgen das Kaufrecht Anwendung findet, sind die gesetzlichen Strukturmerkmale des Kaufvertrags maßgeblich. Diese sind losgelöst von der Körperlichkeit bzw. Unkörperlichkeit des Veräußerungsgegenstands zu ermitteln. N e b e n der Entgeltlichkeit des Gütertransfers ist für den Kaufvertrag dessen rein obligatorische N a t u r charakteristisch. Diese führt stets zur Geltung des Trennungsprinzips; vielfach findet darüber hinaus auch das Abstraktionsprinzip Anwendung. Das Abstraktionsprinzip hat jedoch seine historischen Ursprünge sowie auch seine heutige Berechtigung bei der Übertragung von Rechten an körperlichen Sachen. F ü r andersartige Verkehrsobjekte wie insbesondere die I m m a terialgüterrechte ist es nicht konzipiert und teilweise nicht sachgerecht; es kann daher nicht umfassend auf sämtliche kaufrechtlichen Verkehrsvorgänge erstreckt werden. Soweit deshalb Ubertragungsvorgänge - wie insbesondere immaterialgüterrechtliche Nutzungsrechtseinräumungen - nicht dem Abstraktionsprinzip unterfallen, steht dies angesichts des eingeschränkten Geltungsanspruchs

des Abstraktionsprinzips

einer kaufrechtlichen

Einordnung

nicht

entgegen. N i c h t zuletzt bewirken die aufgrund eines Kaufvertrags erfolgenden Verfügungen regelmäßig einen Gütertransfer, der nicht die Nutzungsbefugnisse am Veräußerungsgegenstand verdoppelt, sondern vielmehr dazu führt, dass ein Rechtsverlust des Veräußerers mit einem Befugniszuwachs auf Seiten des Erwerbers korreliert. § 9. F ü r die Veräußerung von unkörperlichen Gegenständen folgt hieraus, dass Verpflichtungen zu rechtsgeschäftlichen Vollübertragungen sowie zur Verschaffung ausschließlicher Lizenzen v o m Anwendungsbereich des Kaufrechts umfasst sind. Insbesondere kann hier jeweils zwischen Schuldvertrag und Verfügungsgeschäft unterschieden werden. Eine kaufvertragliche Qualifikation ist allerdings bei den durch das VerlG sondergesetzlich geregelten Verlagsverträgen nicht möglich. Diese nehmen auf besondere verlagsrechtliche Interessenkonstellationen Rücksicht und gestalten deshalb die Rechtsbeziehung zwischen Verleger und Verfasser in andersartiger Weise aus als es für das Kaufrecht charakteristisch ist. Auch einfache Lizenzen unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der §§ 433 ff. B G B , da sie regelmäßig einstufig konzipiert sind: Bei diesen erleidet der Veräußerer im Wesentlichen keinen Rechtsverlust; vielmehr führt die Lizenzierung nur zu einer Befugnisverdoppelung. Auch die Veräußerung sonstiger Gegenstände kann mangels Vorliegens eines Verfügungsgeschäfts typologisch jedenfalls nicht unmittelbar dem gesetzlich vorgegebenen Leitbild des Kaufvertrags unterstellt werden. § 10. Das praktisch bedeutsamste Motiv für die dogmatische Einordnung eines Rechtsgeschäfts unter einen gesetzlich vorgegebenen Vertragstypus besteht in der Festlegung des konkret anwendbaren

Mängelgewährleistungsregimes.

Ein wesentliches Ziel der vorliegenden Arbeit besteht deshalb darin, die Modalitäten der Mängelhaftung bei der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände im Einzelnen zu bestimmen. Hierfür ist zunächst der Anwendungsbereich der

334

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

Rechtsmängelhaftung beim Sachkauf zu untersuchen, so wie sich dieses H a f tungsregime unter Geltung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes darstellt. D e n n die Rechtsmängelhaftung ist ursprünglich für die Sachveräußerung konzipiert worden und sollte im Interesse der systematischen Vereinheitlichung der Verkehrsrechtsordnung sowie wegen des G e b o t s der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle im gesamten Kaufrecht nach grundsätzlich einheitlichen M a ß stäben angewendet werden. Maßgeblich für die Bestimmung des Anwendungsbereichs und die Auslegung der Rechtsmängelhaftung muss auch nach der Schuldrechtsreform die E r w ä gung sein, dass die Rechtsmängelhaftung eine Risikozuordnung zu Lasten des Veräußerers für die Freiheit der Kaufsache von rechtlichen Bindungen vornimmt. Eine Zurechnung solcher Umstände ist dann angemessen, wenn die Mängel in der Sphäre des Veräußerers angesiedelt sind. D e n n typischerweise kann nur der Veräußerer einschätzen, o b er die gegenständliche Zuständigkeit am Veräußerungsgut innehat. A u c h erscheint die Rechtsmängelhaftung des Veräußerers in den sonstigen, begrifflich indes nicht trennscharf abgrenzbaren Fällen als angemessen, in denen der Mangel in der Verkäufersphäre begründet liegt, da er typischerweise auf Handlungen des Verkäufers oder eines seiner Rechtsvorgänger zurückzuführen ist. D i e Ratio der Rechtsmängelhaftung ist somit nach der Schuldrechtsreform unverändert erhalten geblieben. D e r Verkäufers haftet für Rechtsmängel nach wie vor grundsätzlich verschuldensunabhängig und auf Schadensersatz statt der Leistung gerichtet. D i e strenge Rechtsmängelhaftung greift dabei nur für diejenigen rechtlichen Umstände ein, die in der Verkäufersphäre angesiedelt sind, so dass typischerweise nur dem Veräußerer und nicht dem E r w e r b e r die Möglichkeit zur Risikokontrolle offen steht. D a m i t gleicht der U m f a n g der Rechtsmängelhaftung nach heutigem R e c h t im Ergebnis weitgehend der früheren Rechtsmängelhaftung. D e n n auch schon nach früherem R e c h t bestand eine verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit des Verkäufers nach richtiger Ansicht nur für dessen eigene Risikosphäre. Anders als früher muss seit der Schuldrechtsreform zwischen den Rechtsfolgen für die NichtVerschaffung des Rechts und der Verschaffung eines mängelbehafteten Rechts unterschieden werden. Wird das R e c h t insgesamt nicht verschafft, so sind nicht die Vorschriften der kaufrechtlichen Rechtsmängelhaftung, sondern diejenigen der allgemeinen Nichterfüllungshaftung anwendbar. Diese weichen in ihren Rechtsfolgen in gewissem U m f a n g von der Rechtsmängelhaftung ab, verschaffen dem Käufer jedoch nach der hier vertretenen Auffassung ebenfalls einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch statt der Leistung, sofern der Mangel in der Verkäufersphäre angesiedelt ist. D i e Sachmängelhaftung findet dagegen stets dann Anwendung, wenn ein Mangel typischerweise nicht nur v o m Verkäufer, sondern bei hinreichender U n tersuchung des Kaufgegenstands auch vom Käufer entdeckt werden kann. Hierbei handelt es sich neben Beschaffenheitsmängeln der Kaufsache und rechtlichen

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

335

Umweltbeziehungen auch um - auf die Kaufsache im Einzelfall konkretisierte rechtliche Verstrickungen der Sache, die auf Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs zur Sachbeschaffenheit zu zählen sind. Keine Verkäuferhaftung besteht dagegen bei sonstigen generell-abstrakten Vorschriften, die den Sachgebrauch nur allgemein regeln. § 11. Bis zur Schuldrechtsreform war den gesetzlichen Vorgaben zufolge auf den Forderungskauf ausschließlich die Rechtsmängelhaftung bzw. die Haftung für die NichtVerschaffung der Forderung anwendbar. Auch nach neuem Schuldrecht greift neben der Haftung für die vollständige NichtVerschaffung der F o r derung nur die Rechtsmängelhaftung, nicht dagegen aber die Sachmängelhaftung ein. N a c h wie vor ist auch die Rechtsmängel- bzw. Bestandshaftung beim Forderungskauf als grundsätzlich umfassende Haftung des Verkäufers für seine eigene Sphäre zu verstehen. Deshalb besteht diese Haftung unabhängig von einem konkreten Verschulden. Sie greift allerdings nur dann ein, wenn der Mangel typischerweise ausschließlich für den Veräußerer und nicht auch für den Erwerber erkennbar ist. D a dies bei Forderungen regelmäßig der Fall ist, ergeben sich keine nicht hinnehmbaren Haftungslücken. Haftet der Forderung ausnahmsweise ein für Käufer und Verkäufer gleichermaßen erkennbarer

Mangel an -

etwa da die Forderung »ihrer Art nach« nicht bestehen kann -, so besteht ein Schadensersatzanspruch angesichts der erheblichen Mitverantwortlichkeit des Forderungskäufers der H ö h e nach nur sehr eingeschränkt. Hiermit wird das R i siko zwischen den Parteien in sachgerechter Weise aufgeteilt. Im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung wurde das Sonderproblem der Haftung für sachbezogene Forderungen vom Gesetzgeber dahingehend gelöst, dass der Verkäufer für Sach- und Rechtsmängel der Forderung haftet, sofern die Forderung zum Besitz der Sache berechtigt. D i e Ausweitung der Verkäuferhaftung auf die Mängelfreiheit der mitveräußerten Sache ist zu begrüßen. Diese Verteilung des Mängelrisikos bezüglich des durch den Forderungsverkauf mittelbar betroffenen Gegenstands entspricht den typischerweise vorhandenen R i sikokontrollmöglichkeiten der Vertragsparteien. § 12. F ü r die Veräußerung von Immaterialgüterrechten als einer F o r m sonstiger Rechte kann heute aufgrund unmittelbarer gesetzlicher Anordnung gemäß § 453 Abs. 1 B G B neben der Rechts- auch die Sachmängelhaftung angewendet werden. Es fragt sich, ob diese Verweisungsnorm tatsächlich in dieser Weise zu verstehen ist oder ob auf den Rechtskauf - insbesondere auf den Immaterialgüterrechtskauf - stets nur die Rechtsmängelhaftung

angewendet

werden sollte. B e v o r diese Thematik in Bezug auf unterschiedliche Erscheinungsformen immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge erörtert werden kann, ist zunächst auf die verschiedenen Arten von Mängeln einzugehen, die im R a h m e n immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge auftreten können. D e n n die dort möglichen Mängel unterscheiden sich in ihrer Struktur teilweise von M ä n geln an Forderungen und Sachen.

336

Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse

der

Untersuchung

Ebenso wie bei der Veräußerung anderer subjektiver Rechte können sich Mängel am veräußerten Immaterialgüterrecht dadurch ergeben, dass das verkaufte Recht dem Erwerber nicht oder nicht vollständig zugewendet wird. Denkbar ist, dass der Veräußerer seinerseits nicht Rechtsinhaber ist oder dass einem Dritten ein Recht wie beispielsweise ein Pfandrecht am Verkaufsobjekt zusteht. Daneben kann das Immaterialgüterrecht dem Erwerber deshalb nicht die umfassende Befugnis zu dessen Nutzung und Verwertung verschaffen, weil einem Dritten eine immaterialgüterrechtliche Befugnis - etwa eine Zwangslizenz - zusteht, die das Immaterialgüterrecht ähnlich wie ein beschränkt gegenständliches Recht einschränkt. Da die genannten Formen von Mängeln die umfassende rechtliche Zuordnung des Immaterialgutes aufheben oder beschränken und dabei ausschließlich am Immaterialgüterrecht und nicht am Immaterialgut ansetzen, sollen sie als »Rechtsmängel im engeren Sinne« bezeichnet werden. In erheblich höherem Maße als das Eigentum von der Beschaffenheit der geschützten Sache abhängig ist, richtet sich der Bestand der immaterialgüterrechtlichen Rechtsposition nach der spezifischen Ausgestaltung des Immaterialguts. Die Verschaffung eines Immaterialgüterrechts kann daran scheitern, dass, wie sich erst nachträglich herausstellt, das Immaterialgut nicht die spezifischen immaterialgüterrechtlichen Qualifikationsvoraussetzungen wie patentrechtliche Neuheit oder urheberrechtliche Individualität aufweist. In diesem Fall wird das Schutzrecht mit ex-tunc-Wirkung für nichtig erklärt. Diese sich erst nach Vertragsschluss herausstellenden Aquivalenzstörungen sollen »Rechtsmängel im weiteren Sinne« genannt werden, da sie ihre Ursache in rein rechtlichen Wertungen haben, durch die die Gebrauchstauglichkeit des Veräußerungsguts nicht berührt wird. Daneben können auch in der Beschaffenheit des Immaterialguts wurzelnde Mängel zum Scheitern des Rechtserwerbs führen. Insbesondere kann der Erfindung die für die Erteilung des Patents erforderliche Beschaffenheit bzw. G e brauchstauglichkeit fehlen. Diese »Doppelmängel« können als »kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel« des Immaterialguts bezeichnet werden, da sie gleichzeitig die Gebrauchstauglichkeit des Immaterialguts wie auch den Bestand der an diesem zu gewährenden Rechtsposition beeinträchtigen. Darüber hinaus können »reine Beschaffenheitsmängel« als nachteilige Beschaffenheiten des Immaterialguts auftreten, die den Bestand des Immaterialgüterrechts in keiner Weise beeinflussen. Sie sind den Sachmängeln an körperlichen Gütern unmittelbar vergleichbar, da auch diese das Eigentumsrecht grundsätzlich unberührt lassen. Im Falle geprüfter Schutzrechte wie etwa bei Patenten handelt es sich dabei um Mängel, die den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch des Immaterialguts beschränken. Bei ungeprüften Immaterialgüterrechten wie insbesondere dem Urheberrecht beeinträchtigen objektive Qualitätsmängel wie die inhaltliche Fehlerhaftigkeit des Geisteswerks zwar regelmäßig nicht den Bestand des Rechts, führen aber gleichwohl zu Störungen der vertraglichen Äquivalenz. Im Verlagsrecht bestehen besondere Grundsätze zur Identifizierung der-

Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse

der Untersuchung

337

artiger Mängel, die zur Vertragswidrigkeit des Werks führen. Entscheidend ist dort die Erwägung, dass inhaltliche Mängel des Verlagserzeugnisses vielfach nicht ohne weiteres objektiv ermittelbar sind bzw. dem Verfasser eine Qualitätskontrolle durch den Verleger nicht zugemutet werden kann. § 13. Bevor auf die Haftung bei den einzelnen Formen immaterialgüterrechtlicher Veräußerungsverträge im Einzelnen eingegangen werden kann, ist zunächst noch allgemein zu klären, ob die Einstandspflicht des Veräußerers für den Nichtbestand des Schutzrechts, d.h. insbesondere für Rechtsmängel im weiteren Sinne, generell ausgeschlossen werden sollte. Grundlage hierfür wäre der G e danke, dass es sich beim Immaterialgüterrechtserwerb um ein für den Erwerber gewagtes Geschäft handeln könnte, so dass der Käufer, der bewusst das Mängelrisiko übernommen hat, den Veräußerer möglicherweise nicht haftbar machen könnte. Diese Auffassung ist allerdings abzulehnen. Beide Vertragsparteien setzen den Bestand des Schutzrechts regelmäßig als sicher voraus. Auch ist der Vertrag weder subjektiv noch objektiv von einem erheblichen Unsicherheitsmoment geprägt. Vor allem aber liegen die Ursachen für Rechtsmängel im weiteren Sinne grundsätzlich in der Veräußerersphäre, so dass dessen Haftungsfreistellung auch wertungsmäßig nicht als angemessen erschiene. § 14. Es fragt sich nun, wie die Mängelhaftung im Falle der - als Kauf eines sonstigen Rechts zu qualifizierenden - Vollveräußerung eines Immaterialgüterrechts im Einzelnen ausgestaltet zu sein hat. Angesichts der Strukturgleichheit einerseits von Rechtsmängeln, die bei der Sachveräußerung auftreten, und andererseits von Rechtsmängeln im engeren Sinne, die sich im Falle des Verkaufs von Immaterialgüterrechten ergeben können, sind hier gemäß § 453 Abs. 1 B G B die Vorschriften der §§ 433 Abs. 1 S. 1, 435 B G B anwendbar. Wird das Immaterialgüterrecht aufgrund eines solchen Mangels insgesamt nicht verschafft, so greift gemäß § § 4 5 3 Abs. 1 S.1,433 Abs. 1 S . l , 311a Abs. 2 , 2 8 0 ff. B G B unmittelbar die allgemeine leistungsstörungsrechtliche Nichterfüllungshaftung ein. Aber auch für Rechtsmängel im weiteren Sinne erscheint die Anwendung der Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung bzw. die Haftung für die NichtVerschaffung des Kaufgegenstands - und nicht die Sachmängelhaftung - als angemessen. Denn auch diese Mängel betreffen in erster Linie den rechtlichen Bestand des Schutzrechts; auch sie sind in der Sphäre des Verkäufers begründet, so dass die Ratio der Rechtsmängelhaftung hier ebenfalls gilt. Den Schwerpunkt der Aquivalenzstörung bei kombinierten Rechts- und Beschaffenheitsmängeln bildet die eingeschränkte oder gänzlich fehlende Tauglichkeit des Immaterialguts für den üblichen oder vertraglich vorausgesetzten G e brauch. Hier erscheint deshalb gemäß §§ 453 Abs. 1, 434 B G B die entsprechende Anwendung der Sachmängelhaftung als vorzugswürdig. Die Rechtsmängelhaftung als Haftung für normative Umstände vermag Fehler in der tatsächlichen Beschaffenheit des Veräußerungsguts nicht zu erfassen. Die Sachmängelhaftung dagegen stellt für diese Fallkonstellationen das weitaus sachnähere Risikoverteilungssystem dar. Der Grundgedanke der Sachmängelhaftung,

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Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

der in der grundsätzlichen Erkennbarkeit des Mangels auch für den Erwerber liegt, kann auf Beschaffenheitsmängeln von unkörperlichen Gütern übertragen werden. D e n n unabhängig davon, ob der Mangel an einem körperlichen oder unkörperlichen O b j e k t besteht, ist dieser typischerweise für den E r w e r b e r erkennbar, sobald er das Veräußerungsgut in Gebrauch nimmt. Deshalb ist der Käufer am Mängelrisiko zu beteiligen. Dies erfolgt durch die Anwendung der Sachmängelhaftung, die angesichts der kurzen Verjährungsfrist des § 4 3 8 B G B Abs. 1 Nr. 3 B G B und wegen des Ausschlusses eines verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch den Verkäufer im Vergleich zur Rechtsmängelhaftung weniger stark belastet. Erst recht richtet sich auch die Verkäuferhaftung für rein objektbezogene Äquivalenzstörungen und damit für reine Beschaffenheitsmängel des Immaterialgüterrechts nach den Vorschriften der Sachmängelhaftung. D i e Erwägungen, die zur entsprechenden Anwendung von § 4 3 4 B G B im Falle kombinierter R e c h t s - und Beschaffenheitsmängel führen, gelten in noch gesteigertem M a ß e für reine Beschaffenheitsmängel des Immaterialguts: Angesichts der potentiellen Erkennbarkeit des Mangels auch für den Erwerber ist auch hier die Aufteilung des Mängelrisikos zwischen Veräußerer und Erwerber im Wege der Sachmängelhaftung angemessen. Überdies wäre hier mangels nachteiliger Betroffenheit der Rechtsposition die Anwendung der Rechtsmängelhaftung ohnehin nicht möglich. Insgesamt folgt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Sachmängelhaftung auf Immaterialgüterrechte dem fundamentalen rechtssystematischen

Gebot,

parallel gelagerte Fallkonstellationen gleich zu behandeln. Mit Hilfe der Sachmängelgewährleistung wird das Risiko von Beschaffenheitsmängeln körperlicher und unkörperlicher vorrechtlicher Gegenstände in der jeweils gleichen Weise zwischen den Vertragsparteien des jeweiligen Veräußerungsvertrags verteilt. Auch gegen die umfassende Geltung der Rechtsfolgen der Sachmängelgewährleistung bei Kaufverträgen über Immaterialgüterrechte ergeben sich keine grundsätzlichen Bedenken. D i e Rückabwicklung von Veräußerungsverträgen über unkörperliche G ü t e r ist möglich und grundsätzlich praktikabel. D e n n kann auch das unkörperliche G u t nicht zurückgegeben werden, so ist doch jedenfalls ein vermögensmäßiger Wertausgleich in Geld möglich. Die - durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in ihrer Schärfe ohnehin gemilderten - Verjährungsfolgen der Sachmängelhaftung sind hinzunehmen. Insbesondere ergeben sich gegen die zweijährige kaufrechtliche Verjährungsfrist keine Bedenken spezifisch immaterialgüterrechtlicher Art. Mängel an unkörperlichen Gegenständen sind typischerweise nicht schwerer zu erkennen als solche an - vielfach ebenfalls komplexen - körperlichen Sachen. Auch aus diesem G r u n d e lässt sich kein Abweichen von der gesetzlich vorgegebenen kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung rechtfertigen. Allerdings ist die Anwendung der kaufmännischen Rügeobliegenheit gemäß § 3 7 7 H G B angesichts des eindeutigen gesetzgeberi-

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung sehen Willens de lege lata nicht möglich, wenngleich sie auch de lege

339 ferenda

durchaus als wünschenswert anzusehen ist. § 15. D a bereits geklärt worden ist, dass ausschließliche Lizenzverträge als eine besondere F o r m von Rechtskaufverträgen anzusehen sind, stellt sich nun die Frage, o b die umfassende Anwendung des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts auch auf diese Art von Veräußerungsverträgen möglich ist. Modifikationen der kaufrechtlichen Haftung könnten insbesondere deshalb erforderlich sein, weil es sich bei Lizenzverträgen anerkanntermaßen um Dauerschuldverhältnisse handelt. D i e zeitlich limitierte Übertragung des Vertragsgegenstands durch konstitutive Rechtsübertragung erfolgt allerdings mittels eines einmaligen Rechtsgeschäfts zu Beginn der Vertragsdurchführung; später schuldet der Veräußerer dem E r w e r b e r diesbezüglich im Wesentlichen nur noch die Belassung des Vertragsgegenstands. D i e den Dauercharakter des Lizenzvertrages begründende dauernde Pflichtenanspannung der Parteien bezieht sich auf anderweitige lizenzvertragliche Pflichten, die jedoch nicht Bestand oder Mangelfreiheit des Vertragsgegenstands berühren. Insgesamt ist damit der Lizenzvertrag als kaufrechtliches Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren, bei dem allerdings die U b e r lassung des Lizenzguts durch einen einmaligen A k t der Rechtseinräumung erfolgt. Angesichts dessen erscheint es als unangemessen, im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands die Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses generell auszuschließen und sie durch eine Kündigung ex nunc zu ersetzen. Maßgeblich hierfür ist die gesetzgeberische Entscheidung, wonach Kaufverträge über mängelbehaftete G ü t e r grundsätzlich rückabzuwickeln und gerade nicht ex nunc zu kündigen sind. Soweit sich der Lizenzvertrag im Wesentlichen auf eine einmalige, zeitlich begrenzte konstitutive Rechtsübertragung beschränkt, ist der Lizenzvertrag auch weniger komplex als sonstige Dauerschuldverhältnisse, so dass die Rückabwicklung auf geringere praktische Durchführungsschwierigkeiten stößt. A u c h ergibt sich ein erheblicher Unterschied zu anderen - insbesondere kaufrechtlichen - Dauerschuldverhältnissen daraus, dass im Falle der Mangelhaftigkeit des Vertragsgegenstands die vertragliche Äquivalenz von Anfang an gestört ist und nicht nur die weitere Fortsetzung eines ursprünglich einwandfreien Vertrags durch einen nachträglich auftretenden Mangel in Frage gestellt wird. D a der Lizenzvertrag von Anfang an mängelbehaftet ist, muss ohnehin stets die bereits ursprüngliche Äquivalenzstörung ausgeglichen und der Vertrag deshalb wirtschaftlich rückabgewickelt werden; am Einfachsten erfolgt dies, wenn die extunc-Rückabwicklung des Vertrags durch dessen Umgestaltung in ein R ü c k a b wicklungsschuldverhältnis zugelassen wird. Zudem greift das für Dauerschuldverhältnisse typische außerordentliche Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d bei Mängeln des Immaterialguts vielfach auch tatbestandlich nicht ein, so dass von der Verdrängung möglicher Gewährleistungsvorschriften durch das außerordentliche Kündigungsrecht keine Rede sein kann. D e n n das für Dauerschuldverhältnisse typische Kündigungsrecht aus wichtigem G r u n d setzt regelmäßig die

340

Zusammenfassung

der wichtigsten

Ergebnisse

der

Untersuchung

Erschütterung des Vertrauensverhältnisses voraus - ein Umstand, der sich aus einer bloßen Lieferung eines mängelbehafteten Vertragsgegenstands nicht zwingend folgern lässt. D e m Grunde nach ist damit die Anwendung der kaufrechtlichen Mängelhaftung auf den Lizenzvertrag trotz dessen Dauercharakters nicht ausgeschlossen; soweit sich im Einzelfall die Rückabwicklung als undurchführbar erweist, ist zwar eine ex-nunc-Vertragsauflösung möglich; ein genereller Ausschluss der Rückabwicklung ist dagegen weder gesetzlich vorgegeben, noch entspräche er der spezifisch lizenzvertraglichen Interessenlage. § 16. Vor der Aufhebung von § 306 B G B a.F. wendete die überwiegende Auffassung die Grundsätze der »Leerübertragung« an, um die Wirksamkeit des Lizenzvertrags entgegen § 306 B G B a.F. trotz anfänglich objektiver Unmöglichkeit der Verschaffung eines mangelfreien Vertragsgegenstands zu begründen. Ein Rückgriff auf diese - dogmatisch nur schwer begründbare - Lehre ist angesichts der Aufhebung von § 306 B G B a.F. überflüssig geworden. Seit der Schuldrechtsreform sind Lizenzverträge auch im Falle fehlenden Bestandes des Schutzrechts stets wirksam, so dass gegebenenfalls vertragliche Schadensersatzansprüche in Betracht kommen. § 1 7 . Die Anwendung der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften ist gegenüber dem Rückgriff auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage auch beim Lizenzvertrag dogmatisch vorrangig und inhaltlich vorzugswürdig. Die kaufrechtliche Rechtsmängelhaftung ist auch hier auf Rechtsmängel im engeren und im weiteren Sinne anwendbar; die Sachmängelhaftung gilt dagegen für kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel sowie für reine Beschaffenheitsmängel. Insbesondere ergeben sich auch gegenüber der Anwendung der Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 B G B keine gewichtigen Bedenken: Mängel des lizenzvertraglichen Gegenstands sind ebenso wie Mängel an einer körperlichen Kaufsache oder einem vollständig veräußerten Immaterialgut regelmäßig bereits von Anfang an vorhanden. Deshalb ist die Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist gerechtfertigt. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Überlassung des »geistigen Besitzes« am Immaterialgut. § 18. Neben den bislang behandelten, durch subjektive Rechte geschützten Gütern besteht eine immer weiter wachsende Zahl von unkörperlichen Wertobjekten, die nicht als »Sachen« oder »Rechte« qualifiziert werden können. Da diese aber gleichwohl veräußerungsfähig sind, müssen sie angesichts der Vorgaben von § 453 Abs. 1 B G B , wegen des grundsätzlich umfassenden Geltungsanspruchs des BGB-Schuldrechts und nicht zuletzt auch im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle in das Kaufrecht integriert werden. Von besonderer Bedeutung ist hierbei neben der Software das Know-how, das entgegen verschiedenen Literaturstimmen nicht als subjektives Recht zu qualifizieren ist. Als Kaufobjekte kommen auch die informationellen Inhalte in Betracht, die wie Musik, Texte und Videos online und damit in unverkörperter Weise übertragen und innegehabt werden können, ohne jedoch ihrem Inhaber als »Sachen« durch ein Eigentumsrecht zugeordnet werden zu können.

Zusammenfassung

der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung

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§ 19. Soweit Verträge über die Veräußerung sonstiger Gegenstände dazu f ü h ren, dass der Veräußerer die Inhaberschaft des Inhalts umfassend u n d zeitlich unbefristet aufgibt, liegt ein dem gesetzlichen Leitbild des Kaufs ähnliches Vertragsverhältnis vor. Die Tatsache, dass die Güterüberlassung nicht im Wege einer Verfügung, sondern durch tatsächliche Überlassung erfolgt, weicht in ihrer Bedeutung gegenüber dem Merkmal der umfassend bewirkten Güterübertragung zurück. Ist dagegen die Überlassung des sonstigen Gegenstands zeitlich begrenzt, so steht das entsprechende Rechtsgeschäft der Pacht typologisch weit näher als dem Kauf. D e n n auch die Pacht hat zeitlich begrenzte, nicht durch Verfügung bewirkte Gebrauchsüberlassungen z u m Gegenstand. § 20. Ist somit die entgeltliche u n d dauerhafte Überlassung sonstiger Gegenstände als ein dem gesetzlichen Leitbild des Kaufs ähnliches Vertragsverhältnis zu qualifizieren, so finden gemäß § 453 Abs. 1 B G B die kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsvorschriften auf diese F o r m von Veräußerungsverträgen entsprechende Anwendung. Die A n w e n d u n g der Rechtsmängelhaftung k o m m t insbesondere dann in Betracht, w e n n der sonstige Gegenstand dem Erwerber aufgrund des Rechts eines Dritten entzogen werden kann. A u c h die A n w e n dung der Sachmängelhaftung bereitet keine konzeptionellen Schwierigkeiten: Ist der digitale Inhalt oder das K n o w - h o w mit einem - auf Grundlage des subjektiven Fehlerbegriffs zu ermittelnden - Beschaffenheitsmangel behaftet, so ist dieser auch f ü r den Erwerber erkennbar. Dies rechtfertigt auch die A n w e n d u n g der Sachmängelhaftung, da diese das Mängelrisiko - anders als die Vorschriften der Rechtsmängelhaftung - zwischen Veräußerer und Erwerber aufteilt.

Schlussbewertung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

A. A u s d e h n u n g des gegenständlichen A n w e n d u n g s b e r e i c h s des K a u f r e c h t s Die im Zuge der N e u o r d n u n g des Schuldrechts erfolgte Reform des Kaufrechts ist weitgehend zu begrüßen. Zuzustimmen ist vor allem der ausdrücklichen Erstreckung des Kreises möglicher Kaufobjekte auf sonstige Gegenstände. Trotz der Unbestimmtheit dieses Begriffs wäre eine - v o m Gesetzgeber ohnehin nicht in Betracht gezogene - nähere Bestimmung dieser veräußerlichen Güter nicht sinnvoll gewesen, da der Kreis solcher Rechtsobjekte offen ist u n d auch in Zukunft erweiterungsfähig gehalten werden muss. Zuzustimmen ist auch der A u f h e b u n g der systematischen Sonderstellung des Sachkaufs. Diese ist angesichts der zunehmenden Bedeutung unkörperlicher subjektivrechtlich erfasster und sonstiger Kaufgegenstände heutzutage nicht mehr gerechtfertigt. Die früheren Sonderregelungen des Sachkaufs verschleierten den Umstand, dass die Veräußerung sonstiger Gegenstände im Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle regelmäßig unter A n w e n d u n g der Grundsätze der Sachmängelhaftung zu erfolgen hat. Begrüßenswert ist auch, dass nun gemäß § 453 Abs. 1 BGB sowohl die Rechts- als auch die Sachmängelhaftung aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Verweisung auf veräußerliche absolute Rechte an unkörperlichen Gegenständen sowie auf sonstige unkörperliche Gegenstände angewendet werden kann. § 453 Abs. 1 B G B sollte als Ausgangspunkt f ü r eine grundsätzlich umfassende A n w e n d u n g auch der Sachmängelhaftung auf die Veräußerung sonstiger Gegenstände angesehen werden.

B. R e c h t s f o l g e n d e r M ä n g e l g e w ä h r l e i s t u n g Weit weniger überzeugend als die grundsätzliche Einbeziehung der Immaterialgüterrechte u n d der sonstigen Gegenstände in den Anwendungsbereich des Rechts des Sachkaufs ist die weitgehende Nivellierung der Rechtsfolgen von Rechts- u n d Sachmängelhaftung. Die Gewährleistungshaftung dient stets der sachgerechten Verteilung des Mängelrisikos zwischen Veräußerer und Erwerber. Ihre Rechtsfolgen müssen daher zumindest in typisierender Weise nach den regelmäßig vorhandenen Erkenntnis- u n d Risikokontrollmöglichkeiten der Vertragsparteien differenzieren. Für Sachmängel ist die Verlängerung der Verjäh-

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Schlussbewertung des

Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes

rungsfrist auf zwei Jahre grundsätzlich zu begrüßen, da auf diese Weise der Veräußerer am Risiko versteckter Mängel der Kaufsache in höherem M a ß e beteiligt wird als bisher. Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Interesse der Wiederherstellung des Rechtsfriedens erscheint auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist für die Geltendmachung bestimmter F o r m e n von Rechtsmängeln als hinnehmbar. Dagegen erschiene die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs für Rechtsmängel nur bei gesondert feststellbarem Verschulden und die hieraus resultierende Angleichung der jeweiligen Haftungsfolgen als unangemessen: Soweit, und gerade weil Rechtsmängel ausschließlich in der Verkäufersphäre begründet liegen, ist für diese A r t von Aquivalenzstörungen statt dessen eine verschuldensunabhängige

Verkäuferhaftung

geboten.

Die

Vorschriften

des

reformierten Schuldrechts sind deshalb dahingehend auszulegen, dass den Verkäufer für Rechtsmängel, die in seiner Sphäre begründet liegen, eine Sphärenverantwortlichkeit trifft, die einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung auslöst.

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Personen- und Stichwortverzeichnis

Abstrakte Gegenstände 51 ff. Abstraktionsprinzip 95ff Aktivlegitimation 237f. Aleatorische Geschäfte 197ff. Aufhebungsvertrag 98 Aufklärungspflichten s. ,Informationspflichten' Ausschließliche Lizenz 82ff. - als konstitutive Rechtsübertragung 82 - u n d Kauf recht 105 - u n d sonstige Gegenstände 312 Beschaffenheitsmängel s . , r e i n e BeschaffenheitsmängeP Beschränkt dingliche Rechte - als Rechtsmangel 138 - Einräumung Bestandshaftung 151ff., 315ff. Bonität 177 Culpa in c o n t r a h e n d o 172ff., 240 f. Dauerschuldverhältnis 101,247ff. - u n d Kaufrecht 250 ff. - u n d Lizenzvertrag 254ff. - u n d Nichtigkeitsfolgen 253 - u n d Rücktrittsrecht 252 Dingbegriff s. .Gegenstandsbegriff' Eigenschaftszusicherung 232ff. Einfache Lizenz 83ff., 108f. - als Verfügung 86 Einreden 176f. Einwilligung 91 f. Entgeltliche Belastung eines Gegenstands 244 Entgeltlichkeit des Kaufvertrags 93f. Erbschaftskauf 17 Ernst, Wolfgang 120, 122, 142 Factoring 4 Flume, Werner 180 f. F o r d e r u n g als Gegenstand 164f. Forderungkauf 149ff. - u n d Aufklärungspflichten 175

- u n d N i c h t e r f ü l l u n g s h a f t u n g 150 ff. - u n d Rechtsmängelhaftung 149ff. Forderungszession 36, 25f. Forderungszuständigkeit 162ff. Gaius 18ff. Garantievertrag 171 - u n d Forderungskauf 171 Gareis, Karl 30 Gebrauchsüberlassungsvertrag 90 G e b u n d e n e Rechtsübertragung 81 Gegenstand 48ff. G e r m a n i s m u s 28ff., 35f. Germanistischer Sachbegriff 34 Geschäftlicher Eigenschaftsirrtum 180 f. Geschichte der Veräußerung unkörperlicher Gegenstände 17ff. Gesetze als Rechtsmängel 145, 231f., 318 Gestattungsverträge 88 Gewagte Geschäfte 197ff. v. Gierke, Otto 30 ff., 35 G r e n z z i e h u n g zwischen Rechts- und Sachmängelhaftung 115 Grunewald, Barbara 118, 119, 127, 147, 182 G ü t e r ü b e r t r a g u n g 79ff. G ü t e r u m s a t z 98 G ü t e r v e r w e r t u n g 79ff. Haager Kaufrecht 44 H a f t u n g bei der Veräußerung sonstiger Gegenstände 314ff. H a f t u n g s b e g r e n z u n g beim Forderungskauf 155 H a r t m e t a l l k o p f b o h r e r - E n t s c h e i d u n g 214 Heck, Phillip 118,180 Heidegger, Martin 49 Henssler, Martin 200 f. Herrschaftsrechte 58ff. Historische Rechtsschule 25ff., 35 H o f f n u n g s k a u f 17f. Huber, Ulrich 117, 119, 125, 159, 160, 224, 300 Husserl, Gerhard 62

362

Personen-

und

Immaterialgüterrecht - als Vermögensrecht 28ff. - als Rechtsmangel 140 ff. - und Erscheinungsformen von Mängeln 187 - Unterscheidung zu Lebensgut 63f. Immaterialgüterschuldrecht als Weg zur Rechtsfortbildung 7 Individualrecht 32 Informationelle Inhalte als Kaufgüter 68ff., 297ff. Informationelle Inhalte als sonstige Gegenstände 72 Informationspflichten 154, 175ff. Informationspflichten beim Forderungskauf 175 Insolvenz 81 Johow

56

Kant, Immanuel 23 Kaufähnliche Verträge 244ff. Kaufähnlicher Vertrag 40,101 Kaufgegenstände 67 Kaufrechtliche Formen der Güterüberlassung 309ff. Kaufrechtliche Primärpflichten 93ff. Kaufsache 67ff. Kaufvertrag, allgemeine Strukturcharakteristika 93ff. Kausalgeschäft 5 Know-how 298ff. - als sonstiger Gegenstand 298f. - als subjektives Recht 299, 302ff. - und fehlender Geheimnischarakter 323f. - und Nichterfüllungshaftung 315 - und Sachmängelhaftung 321 Know-how Vertrag - als Dienstvertrag 302f. - als Pachtvertrag 303f. Kodifikationsgedanke 9ff., 13 Köhler, Helmut 127, 159, 160 Kohlerjosef 30 Koller, Ingo 126 Kombinierte Rechts- und Beschaffenheitsmängel 193, 222, 289ff. Konkrete Gegenstände 51 ff. Konstitutive Rechtsübertragung 80 ff., 98ff., 102ff. Körperlichkeit als Kriterium für den Gegenstandsbegriff 49ff. v. Kübel 38

Stichwortverzeichnis Kündigungsrecht und Dauerschuldverhältnis 251 Kuturgut als Rechtsgegenstand 61f. Larenz, Karl 65, 117, 126, 163, 215 Leerübertragung 266ff. Lizenzvertrag 81ff., 243ff. - Anfechtung 263 - als Dauerschuldverhältnis 247ff. - als kaufähnlicher Vertrag 244 - als Kaufvertrag 108, 247, 250 f., 269ff. - und Immaterialgüterrechte 243ff. - und kaufrechtliche Gewährleistung 269ff. - und Kündigungsrechte 251ff., 256ff. - und Rechtsmängelhaftung 270 ff. - und Rückabwicklung 259ff. - und Sachmängelhaftung 276ff. - und Zusicherungen 279 Mängelgewährleistung 111 ff. Methodendiskussion 7ff., 307f. Mietvertrag 88, 89, 99f. Mineralwolle-Entscheidung 278, 280 Mitbenutzungsrechte an sonstigen Gegenständen 310 Mühlenbruch, Christian Friedrich 25f. Nacherfüllungsrecht 208f. Nichterfüllung und kaufrechtliche Gewährleistung 113ff. Nichterfüllungshaftung und Rechtsmängelhaftung 158ff. Nirk, Rudolf 215f., 220 Nutzungsrecht 58ff. Öffentlich-rechtliche Entzugsrechte 146 Pachtvertrag 88 Persönlichkeitsrecht 5f., 30, 141f., 273f., 293 - als Rechtsmangel 141 Philosophisch-logischer Gegenstandsbegriff 49 Produktpirateriegesetz 141 v. Pufendorf Samuel 22 Quine, Willard van Orman

50ff.

Realakt 97, 109,311 Rechtsfolgen des Immaterialgüterrechtskaufs 237 Rechtsgegenstand erster und zweiter Ordnung 65f. Rechtsgegenstand und absolutes Recht 64

Personen- und Rechtskauf 37ff. - gegenständlicher Anwendungsbereich 73f. - Redaktionsgeschichte im B G B 37ff. Rechtsmängel im engeren Sinne 191ff., 211ff., 283 Rechtsmängel im weiteren Sinne 192ff., 213, 283ff. Rechtsmängelhaftung - Abgrenzung zur Nichterfüllungshaftung 151ff.,158ff. - Abgrenzung zur Sachmängelhaftung 115ff. - als Haftung für Zuständigkeit 120 f., 134ff. - Fallgruppen 137ff. - historische Grundlagen 115f. - Redaktionsgeschichte 39f. - Ratio nach früherem Recht 124ff. - Ratio nach heutigem Recht 127ff. - und Forderungskauf 149ff., 227 - und gesetzliche Beschränkungen der Sachnutzung 143ff. - und Sachkauf 113,225 - und sonstige Gegenstände 316ff. - und Verschulden 129ff., 154ff., 232ff. Rechtsübertragung, gegenständliche Wirkung 84 Rechtszuständigkeit 134ff. Redaktionsgeschichte des B G B 35ff., 56f. Reine Beschaffenheitsmängel 194, 228, 292f. Relative Verfügungsbeschränkungen 139 Res corporales 18ff. Res incorporales 18ff. Risikogeschäfte 197 Risikozuordnung nach Sphärengesichtspunkten: siehe Sphärenverantwortlichkeit Romanismus 25 Romanismus und Vermögensrecht 35 Römisches Recht 17ff. Rücktrittsrecht 252 Rügeobliegenheit 235ff., 325f. Sachbegriff des B G B 55 Sachbegriff, germanistischer 34 Sachbezogene Forderungen 178ff. Sachkauf 113ff. - und Lizenzverträge 271ff. - und Rechtsmängelhaftung 113f£. Savigny, Friedrich v. 25ff., 35, 43 Schönfeld, Walter 61, 63

Stichwortverzeichnis

363

Schuldrechtsreform - und Know-how-Vertrag 299f. - und Leerübertragung 268f. - und sonstige Gegenstände 313 - Überblick 44 Selbstinformation des Käufers 176 Sohm, Rudolf 59ff., 65, 67ff. Sonderprivatrecht 7f.., 11 Sonstige Gegenstände lf., 72, 75ff., 108ff., 295ff. - und Kaufrecht 108ff., 295ff., 301ff., 312ff. - und Mängelhaftung 313ff. - und Sachmängelhaftung 319ff. - und Rechtsmängelhaftung 316ff. Spekulationsvertrag 202 Sphärenverantwortlichkeit 123ff., 128, 133ff., 145, 147, 156ff., 161, 165, 220, 230 ff., 321 ff. Strukturgemeinsamkeiten von Immaterialgüterrechten 187f. Subjektivierbarkeit des Rechtsmangels 168ff. Sukzessionsschutz 81, 85ff., 89f., 108 Systemgedanke 11 ff. Themenabgrenzung 4 Translative Rechtsübertragung 80, 98 Trennungsprinzip 6, 94f. 103f., 109, 311 - und Veräußerung sonstiger Gegenstände 311 - und Lizenzvertrag 103ff. Troller, Alois 63f. v. Thür, Andreas 58, 80 Typologie von Verträgen 185f., 105f., 109, 186 UN-Kaufrecht 44 Unterscheidung zwischen konkreten und abstrakten Gegenständen 51 ff. Unterscheidung zwischen Uberlassungsverträgen und Dienstverträgen 308 Verantwortlichkeitsmaßstab beim Forderungskauf 154 Veräußerung sonstiger Gegenstände als Kaufverträge 307 Verdinglichung 86, 89 Vereitelung des Vertragszwecks 175f. Verfügung 7 0 , 8 0 , 8 1 , 3 1 1 Verfügung und Realakt 97 Verjährung 111, 115, 118, 239f., 287f., 290 f., 324f. Verlagsvertrag 105ff., 256f., 259f., 271ff.

364

Personen-

und

Verlagsvertrag u n d Kündigungsrecht 256, 259f. Vernunftrecht 22ff., 36 Verpflichtungsgeschäft 311 Vertragswidrigkeit im Verlagsrecht 272ff. Verzicht 98 Vollübertragung von Immaterialgüterrechten u n d Gewährleistung 207ff.

Stichwortverzeichnis Wechseldiskontierung 4 Westermann, H. P. 117 Wieacker, Franz 62 Wirtschaftsmodell des B G B 1 Wolff, Christian 22 Zielsetzungen der Arbeit lff. Z u s a m m e n f a s s u n g 329ff. Zusicherungen u n d Lizenzverträge 279 Zuständigkeit 212

Jus Privatum Beiträge zum Privatrecht - Alphabetische Übersicht Assmann, Dorothea: Die Vormerkung (§ 883 BGB). 1998. Band 29. Bayer, Walter: Der Vertrag zugunsten Dritter. 1995. Band 11. Beater, Axel: Nachahmen im Wettbewerb. 1995. Band 10. Beckmann, Roland Michael: Nichtigkeit und Personenschutz. 1998. Band 34. Berger, Christian: Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen. 1998. Band 25. Berger, Klaus: Der Aufrechnungsvertrag. 1996. Band 20. Bittner, Claudia: Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht. 2000. Band 46. Bodewig, Theo: Der Rückruf fehlerhafter Produkte. 1999. Band 36. Braun, Johann: Grundfragen der Abänderungsklage. 1994. Band 4. Brors, Christiane: Die Abschaffung der Fürsorgepflicht. 2002. Band 67. Bruns, Alexander: Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung. 2003. Band 74. Busche, Jan: Privatautonomie und Kontrahierungszwang. 1999. Band 40. Dauner-Lieb, Barbara: Unternehmen in Sondervermögen. 1998. Band 35. Dethloff, Nina: Europäisierung des Wettbewerbsrechts. 2001. Band 54. Dreier, Thomas: Kompensation und Prävention. 2002. Band 71. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 1998. Band 31. Eberl-Borges, Christina: Die Erbauseinandersetzung. 2000. Band 45. Einsele, Dorothee: Wertpapierrecht als Schuldrecht. 1995. Band 8. Ekkenga, Jens: Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt. 1998. Band 30. Ellger, Reinhard: Bereicherung durch Eingriff. 2002. Band 63. Escher-Weingart, Christina: Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht. 2001. Band 49. Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb. 2002. Band 64. Gotting, Horst-Peter: Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte. 1995. Band 7. Habersack, Mathias: Die Mitgliedschaft - subjektives und 'sonstiges' Recht. 1996. Band 17. Haedicke, Maximilian: Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung. 2003. Band 77. Heermann, Peter W: Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. 1998. Band 24. Heinrich, Christian: Formale Freiheit und materielle Gerechtigkeit. 2000. Band 47. Henssler, Martin: Risiko als Vertragsgegenstand. 1994. Band 6. Hergenröder, Curt Wolfgang: Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung. 1995. Band 12. Hess, Burkhard: Intertemporales Privatrecht. 1998. Band 26. Hofer, Sibylle: Freiheit ohne Grenzen. 2001. Band 53. Huber, Peter: Irrtumsanfechtung und Sachmängelhaftung. 2001. Band 58. Jänich, Volker: Geistiges Eigentum - eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum? 2002. Band 66. Jung, Peter: Der Unternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Gesellschaft. 2002. Band 75. Junker, Abbo: Internationales Arbeitsrecht im Konzern. 1992. Band 2. Kaiser, Dagmar: Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB. 2000. Band 43. Katzenmeier, Christian: Arzthaftung. 2002. Band 62. Kindler, Peter: Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht. 1996. Band 16. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person. 1997. Band 22. Krause, Rüdiger: Mitarbeit in Unternehmen. 2002. Band 70.

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