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German Pages 350 Year 2015
Historische Forschungen Band 105
Recht, Konfession und Verfassung im 17. Jahrhundert West- und mitteleuropäische Entwicklungen Herausgegeben von Robert v. Friedeburg Mathias Schmoeckel
Duncker & Humblot · Berlin
Recht, Konfession und Verfassung im 17. Jahrhundert
Historische Forschungen Band 105
Recht, Konfession und Verfassung im 17. Jahrhundert West- und mitteleuropäische Entwicklungen
Herausgegeben von Robert v. Friedeburg Mathias Schmoeckel
Duncker & Humblot · Berlin
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Vorwort Das 17. Jahrhundert ist eine Periode des Wandels der politischen Theorie und des Verfassungsrechts sowie deren Verhältnis zu den Konfessionen und Konfessionskirchen. Namen wie Hobbes, Pufendorf, Spinoza und Bayle stehen oft für die schrittweise Emanzipation der politischen Theoriebildung von den konfessionellen Theologien. Doch könnten die Dinge wesentlich komplexer liegen, wenn wir die Weiterentwicklung auch der Konfessionen in dieser Zeit berücksichtigen. Vielleicht ist dann die wissenschaftliche Neuerung keine Abkehr von der Theologie mehr, sondern ein Nachvollziehen der neuen konfessionellen Lehre. Dabei vollzog sich die große Transformation des 17. Jahrhunderts in den verschiedenen regionalen und konfessionellen Kontexten ganz unterschiedlich. Es lohnt sich also auch für das 17. Jahrhundert, den Kontext von Rechts-, Verfassungs- und politischer Ideengeschichte einerseits und Theologie andererseits nicht aufzugeben. Doch die größere Vielgestaltigkeit und Mannigfaltigkeit der Positionen erschwert diese Aufgabe, die sich wandelnden Begründungen des Rechts, die neuen religiösen Konflikte, die Entwicklungen im Zeichen des „neueren Naturrechts“ und die jeweils besonderen ,nationalen‘ Traditionen zu erkennen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen die verschiedenen Konfessionen und Religionen der Zeit und die Besonderheiten der Herrschaften in den verschiedenen Teilen Europas in den Blick genommen werden. Diese große Arbeit erfordert zunächst, die spezifischen Anliegen und Kontexte zu erfassen. Hier geht es daher nicht um die handbuchartige Erfassung der europäischen Rechts-, Staats- und Ideenlehre, sondern um die Öffnung der Perspektiven. Die Beiträge beziehen sich dabei alle mehr oder weniger auf religiöse, rechtliche und politische Lehren im Europa des 17. Jahrhunderts und entziehen sich damit einer einfachen Kategorisierung. Acht der folgenden Beiträge beschäftigen sich mit Fragen des Rechts, der Rechtsbegründung und gegebenenfalls ihrem Zusammenhang mit konfessionellen Faktoren: Angela De Benedictis behandelt die Abhängigkeit von Johannes Althusius von Quellen des Ius Commune. Wim Decock zeigt, wie traditionell sich die Vorstellung vom Gewissensrecht noch bei dem reformierten niederländischen Juristen van der Meulen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts darstellte, dessen Position ebenfalls fundamental in Quellen des gemeinen Rechts wurzelte. Dazu zählte seine Vorstellung, ein Sohn müsse seinen Vater, werde dieser ein Feind des Vaterlandes, töten. Die „,DNA‘ der westlichen Rechtskultur“, das Spannungsverhältnis von ,himmlischem‘ und ,weltlichem Recht‘, prägte hier noch am Ausgang des 17. Jahrhunderts die Analyse des Gewissensrechts dieses reformierten Juristen.
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Vorwort
Heinrich de Wall widmet sich der Einheit von öffentlicher Ordnung und Kirche in der Politica des Johannes Althusius und damit des „zutiefst religiösen Gehalts seiner Theorie der staatlichen Gemeinschaft“ und ihrer „konfessionellen Prägung“. Christoph Strohm untersucht die Kompetenzen der weltlichen Obrigkeit in Religionsangelegenheiten bei David Pareus. Dabei kam es zu einer Vermittlung zwinglianischerastianischer und calvinistischer Elemente. Mathias Schmoeckel untersucht die Entstehung eines öffentlichen Rechtes des Reiches anhand des Wirkens von Dominik Arumaeus, der Entwicklung der Rechtswissenschaft in Jena und den besonderen Interessen der Weimarer Fürsten. Entscheidend für die weitere Absicherung und Emanzipation eines öffentlichen Rechts des Reiches wurde die lutherische Konfession von Universität und Juristen nur insofern, als positive Rechtsquellen die Grundlegung des Unternehmens bildeten. Vor allem wichtig war jedoch die Interessenlage der Weimarer Fürsten, die sich durch das Reich geschützt sehen, aber den katholischen Kaiser in seiner Position nicht einseitig stärken wollten. Walter Sparn setzt sich mit dem Verhältnis von Naturrecht und Verfassungsfrage im Hinblick auf das Problem der Toleranz auseinander. Sparn erinnert an das zu Grotius’ Auffassungen konträre Verständnis von Naturrecht. Seine Beispiele sind Johann Gerhard (1610) und Theophil Lessing (1669). Beide halten daran fest, die ,wahre Religion‘ sei das wichtigste Fundament des Gemeinwesens, sprechen sich jedoch gegen die von der Kirche von Rom legitimierten Maßnahmen gegen Ketzer aus. Lessing beließ den niederen Obrigkeiten auch einen größeren Ermessenspielraum und unterstrich darüber hinaus auch die funktionalen Vorteile der Tolerierung abweichender Bekenntnisse. Er blieb jedoch insgesamt der „bloß regierungsklug ermäßigten Intoleranz“ seines Vorgängers treu. Demgegenüber konnte später J. F. Budde zu Beginn des 18. Jahrhunderts Religion als Vermögen des Menschen verstehen, das nicht von vorneherein konfessionell festgeschrieben war. Robert von Friedeburg wendet sich dem Begriff des ,Fürstenstaates‘ bei Seckendorf zu und sucht ihn aus dessen Auseinandersetzung mit fürstenkritischen Polemiken und Satiren aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges zu verstehen. Nils Jansen zeigt anhand der Restitutionslehre, wie bedeutend konfessionelle Unterschiede für die Juristen mit Hinblick auf diese Lehre blieben. Zwei Beiträge beleuchten die besonderen Rechte der Krone auch in ihrem Verhältnis zur Kirche im gallikanischen Frankreich und katholischen Sizilien. Orazio Condorelli behandelt die besonders starke Position der Krone – auch gegenüber der Kirche – im Königreich Sizilien, nicht zuletzt aufgrund der Rechte, die der Krone als Vertreter des Papstes zukamen. Frédéric Gabriel beschäftigt sich mit der Weihe der französischen Könige im Urteil gallikanischer Juristen. Dabei unterstreicht er die Rolle u. a. alttestamentarischer Vorbilder, nicht zuletzt in Abgrenzung zum Papsttum und dessen Leitungsanspruch der Kirche. Zwei weitere Untersuchungen widmen sich besonderen Entwicklungen der politischen Ideengeschichte. Markus M. Totzeck beschäftigt sich mit dem Vorbild des
Vorwort
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Volkes Israel und seines Gemeinwesens für die politische Theorie des 17. Jahrhunderts am Beispiel von John Weemes. Marcel Senn setzt Spinoza in Bezug zur christlichen Mystik des 17. Jahrhunderts. Damit soll jedenfalls ansatzweise die anhaltende Bedeutung des Judentums auch in der Frühen Neuzeit verdeutlicht werden. Der Beitrag von Lea Campos-Boralevi (The Biblical Polity: Mosaic and Noachic Laws) konnte leider nicht mitpubliziert werden. Die folgenden Beiträge fragen nach der Relativierung konfessioneller Gesichtspunkte, dem bisher herkömmlichen Deutungsansatz. Henk Nellen fragt nach der Rolle der Religion als legitimem Kriegsgrund und der Natur von Grotius’ ,Naturrecht‘ in diesem Zusammenhang. Die Findung des Naturrechts und der ,natürlichen Religion‘ konstruierte Grotius, so Nellen, ,auffallend‘ parallel: Beide ließen sich durch eine Mischung aus a priori- und ex posteriori-Beobachtungen und -Reflektionen eruieren. Die Religion habe außerdem eine wichtige Funktion als sozialer Kitt des Gemeinwesens. Naturrecht und natürliche Religion blieben dabei unabhängig von göttlicher Offenbarung und damit der konfessionellen Lehre der Kirchenführer. Gleichwohl ließ sich Grotius durchaus von Pareus inspirieren. Das bestätigt Christoph Strohms These, wonach die konfessionellen Konflikte Argumente schufen, die in nachkonfessionellen Argumentationszusammenhängen weiter gebraucht wurden, doch nun in anderem Zusammenhang. So übernahm Grotius Begrifflichkeiten von Pareus. Wo Pareus aber den protestantischen Fürsten gegen seine katholische Umwelt zu schützen suchte, um der reformierten Sache zu dienen, dort wollte Grotius die Obrigkeit in einem allgemeineren Sinn unabhängiger von den Konfessionskirchen machen. Auch die letzten beiden Beiträge zur Rolle der Tugend im Gemeinwesen und zur Frage der ,Staatsräson‘ stützen weniger die These einer generellen Umwälzung aller politischen Lehren um die Mitte des 17. Jahrhunderts, sondern eher das Nebeneinander unterschiedlicher Stränge, die sich gegenseitig immer wieder beeinflussten und schließlich neue Symbiosen eingingen. Paul A. Rahe geht der Fundierung der Tugend jenseits des Christentums und der Konfessionen nach. Er verfolgt die innerweltlichen Erfolgskalkulationen und deren Entwicklung von Machiavelli über Blaise Pascal bis zu Hobbes und dann zu Bayle und Mandeville. Marianne Klerk beschäftigt sich mit den Funktionalisierungen der Analyse der ,Staatsräson‘ von Henri Duc de Rohan bis zu den holländischen Publizisten De La Court und Valkenier sowie dem Bestreben des letzteren, wiederum eine solide Basis für eine Herrschaft der Gesetze zum Schutz der Gesellschaft zu eruieren. John Witte zeigt andererseits, wie sehr Grotius in seinen Überlegungen zu Ehe und Familie den weiterhin seit der Antike überlieferten und von Thomas Aquinas kanonisierten Vorstellungen anhing. Durch sein Abstellen auf diese tradierten Autoritäten sowie die ratio konnte er unabhängig vom kanonischen Recht der Katholiken ein eigenes Rechtssystem entwickeln, das ihm erlaubte, traditionelle Vorgaben der Gesell-
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Vorwort
schaft gegenüber dem Individuum aufrecht zu erhalten. Witte macht damit deutlich, wie vielgestaltig schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts allein die calvinistischen Rechtslehren waren. Überblickt man diesen bunten Strauß der versammelten Beiträge, so relativieren sie die für die politischen Ideen und die Verfassungsgeschichte häufig gebrauchten Zäsuren wie die um 1500 (Renaissance, Reformation), um die Mitte des 17. Jahrhunderts, aber auch um 1800. Die Ansätze der Reformation wurden weiter entwickelt. Dabei gab es zunehmend auch Querverbindungen, so dass sich die Unterschiede auch etwas verschliffen. Diese Ansätze lassen manche Entwicklungen zum 19. Jahrhundert hin fassbar werden. Doch keine der möglichen Periodisierungen soll deswegen hier in Frage gestellt werden. Aber die Entwicklung der politischen Ideengeschichte, besonders im Hinblick auf die Begründung des Rechts, verlief offenbar in anderen Zyklen und dabei mit hoher relativer Unabhängigkeit und intellektueller Eigendynamik. Antike Quellen und Argumente blieben noch lange einschlägig. Von den Konfessionskirchen entwickelte Argumente wurden nach den sich wandelnden Interessen weiter verwendet oder weiter verändert. Grundlegende Argumente der Zeit um 1800 lassen sich weit in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Die noch einigermaßen fassbare Welt dreier großer Konfessionen zerfiel in ein buntes, schwer übersehbares Chaos von vielen Richtungen, die sich umso schärfer bekämpften, je näher sie sich dogmenhistorisch standen, während dagegen die alten theologischen Gegner zunehmend ohne Berührungsängste gelesen und rezipiert wurden. Die These einer klaren Scheidung in konfessionelles und säkulares Zeitalter ist damit so wenig zu vereinbaren wie die von einer Dichotomie von Vormoderne und Moderne. Die ,DNA‘ der Rechts- und politischen Ideen- und Verfassungsgeschichte des lateinischen Europa mit ihrem überlieferten Bestand einschlägiger Texte und dessen schrittweiser Veränderung hatte hohe Bestandskraft, schuf aber zugleich über die Jahrhunderte immer wieder Verästelungen und Transformationen, denen eine zu strikte Periodisierung nur bedingt gerecht wird. Die insgesamt sechzehn Beiträge dieses Bandes gehen auf eine Tagung der Althusius Gesellschaft im Mai 2013 in Rotterdam zurück. Für großzügige finanzielle Unterstützung sei unter anderem der NWO (Nederlandse Wetenschappelijke Organisatie) und dem Erasmus Center for Early Modern Studies herzlich gedankt. Am Lehrstuhl von Mathias Schmoeckel kümmerte sich Vincent Nossek aufopfernd um die Formatierung der Beiträge. Dem Verlag Duncker und Humblot sei, wie schon viele Male zuvor, für die Aufnahme des Bandes in sein Programm gedankt. Rotterdam / Bonn
Robert v. Friedeburg, Mathias Schmoeckel
Inhaltsverzeichnis Angela De Benedictis Majestätsverbrechen und Verfassungsfrage: Althusius und die italienischen Juristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wim Decock Das Gewissensrecht in der reformierten Tradition: Johannes A. Van der Meulen (1635 – 1702) und sein Tractatus theologico-juridicus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Heinrich de Wall Pactum religiosum und kirchliche Verwaltung in der Politica des Johannes Althusius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Christoph Strohm Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten. Entstehung und Wirkung von David Pareus’ Überlegungen zum Ius circa sacra . . . . . . . . . . . . .
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Mathias Schmoeckel Dominik Arumaeus und die Entstehung des öffentlichen Rechts als rechtswissenschaftliches Lehrfach in Jena . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Walter Sparn Naturrecht und Verfassungsfrage im frühneuzeitlichen Luthertum – am Beispiel religiöser Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Robert von Friedeburg Zum Begriff des Fürstenstaates bei Seckendorff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Nils Jansen Katholische Theologie und protestantische Jurisprudenz. Zur Rechtsgeschichte der Restitutionslehre im 16. und 17. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Orazio Condorelli Church Institutions and Legal Culture in Ancien Régime Sicily. Brief Notes . . 189 Frédéric Gabriel The Public of Confession among Gallican Civil Lawyers (16th to 18th Centuries) 203
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Inhaltsverzeichnis
Markus M. Totzeck Politischer Hebraismus: Möglichkeiten und Grenzen eines Forschungskonzeptes am Beispiel des schottischen Theologen und Hebraisten John Weemes (ca. 1579 – 1636) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Marcel Senn Spinoza und die christliche Mystik des 17. Jahrhunderts – eine kritische Erörterung des Säkularisierungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Henk Nellen Hugo Grotius on religion as a motive for waging war . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Paul A. Rahe Beyond Confessional Paradigms: Re-Grounding Virtue on Secular Calculation Alone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Marianne Klerk ‘The unheard Changes in Europe, and the strange Revolutions which happened in our United Provinces in our times’: reason of state and rule of law in Petrus Valkenier’s ‘t Verwerd Europa (1675) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 John Witte, Jr. Hugo Grotius and the Natural Law of Marriage: A Case Study of Harmonizing Confessional Differences in Early Modern Europe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Verzeichnis der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
Majestätsverbrechen und Verfassungsfrage: Althusius und die italienischen Juristen* Von Angela De Benedictis I. Tyrannis als Majestätsverbrechen „Durch den Widerstand verhindern die Ephoren mit Wort und Tat eine Tyrannis des obersten Magistrats, setzten ihn ab oder verweisen ihn aus ihrer Mitte, wenn die Tyrannis nicht heilbar ist und die Rechte des Gemeinschaftskörpers anders nicht wohlbehalten, in gutem Zustand und unversehrt bewahrt werden können und es auch sonst nicht möglich ist, das Gemeinwesen von den Übeln zu befreien“1. „Für das den Optimaten im Namen des Volkes zustehende Recht, dem obersten Magistrat Widerstand zu leisten und ihn aus seinem Amt zu entfernen, lassen sich im Wesentlichen die folgenden zehn [vielmehr: 12] Gründe anführen“2.
Die in Verfassungsfragen maßgebliche Rolle der Ephoren in der consociatio althusiana wird bekanntermaßen3 gerade von der Möglichkeit und der Pflicht zum Widerstand gegen die Tyrannis bestimmt. Im vierten der seiner dazu genannten Gründe führt Althusius aus, dass die Ephoren in ihrer Rolle als Volksvertreter das Recht haben, den von ihnen gewählten Magistrat abzusetzen4. Unter den auctoritates, *
Übersetzt von Dr. Antje Foresta. Johannes Althusius, Politik, übersetzt von Heinrich Janssen, in Auswahl herausgegeben, überarbeitet und eingeleitet von Dieter Wyduckel, Berlin 2003, S. 393 (XXXVIII, § 29). 2 Althusius, Politik (FN 1), S. 393 (XXXVIII, § 30). 3 Die Literatur zu den in diesem Beitrag angesprochenen Problemen ist überaus reich und es ist nicht möglich, alle Titel an dieser Stelle aufzulisten. Ich beschränke mich darauf, diejenigen Aufsätze zu zitieren, die für diesen Beitrag verwendet wurden, und zähle dabei auf die Tatsache, dass der wissenschaftliche Sitz der Tagung und des Tagungsbands die Althusius Gesellschaft ist. Umfangreichere bibliographische Angaben finden sich bei A. De Benedictis, „Contrarium ego assero“. Althusius vs. Gentili nel capitolo XXXVIII della Politica methodice digesta, in: G. Dilcher / D. Quaglioni (Hrsg.), Gli inizi del diritto pubblico, 3. Verso la costruzione del diritto pubblico tra medioevo e modernità / Die Anfänge des öffentlichen Rechts, 3. Auf dem Wege zur Etablierung des öffentlichen Rechts zwischen Mittelalter und Moderne, Bologna-Berlin 2011, S. 379 – 397. 4 „Der vierte Grund ist, dass die Ephoren, so wie die Vollmacht und das Recht der Einsetzung und Wahl im Namen des Volkes besitzen, ebenso verdientermaßen auch das Recht der Absetzung haben. … Wie nämlich ein allgemeines Konzil über dem Papst, das Kollegium des Kapitels über dem Bischof und der Senat über dem Konsul steht, so auch das Reich oder Königreich, das von den Optimaten repräsentiert wird, über dem Herrscher. Daraus erhellt, dass die Gewalt des Herrschers in diesem Punkt nicht gleich der des Volkes ist, die es auf seine 1
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Angela De Benedictis
die Althusius zur Untermauerung des gerechten Grunds beifügt, dem Kaiser das imperium zu entziehen, befindet sich auch der Traktat De Syndicatu des italienischen Juristen Paride del Pozzo aus dem 15. Jahrhundert. Er wird ausdrücklich wegen seiner Ansicht zitiert, dass der Tyrann getötet werden könne, wenn er des Verbrechens der Majestätsbeleidigung schuldig sei. Der Akt seiner Tötung verhelfe vielen zur Rettung5. Aufgrund dieser Präzisierung vonseiten Althusius’ halte ich es für lohnenswert, das Problem des Verhältnisses zwischen Tyrann und Widerstandsrecht im Kapitel XXXVIII der Politica methdice digesta (Ausgabe 1614) weiter zu vertiefen, obwohl dies kein neues Thema ist. Die als Majestätsbeleidigung verstandene Tyrannis bietet in der Tat die Möglichkeit, das komplexe Problem des „Widerstandsrechts“ nicht nur bei Althusius, sondern auch im juristischen Denken der frühen Neuzeit zu untersuchen, also im Verhältnis zwischen dem Autor und dem juristischen Wissen der Zeit. Eine deutliche Anregung in diese Richtung gibt die Lektüre des Textes von Althusius, und zwar durch seine unentwirrbare Einheit von Argumentation und dem Zitieren von Quellen (und dies gilt eigentlich für die ganze Politica, nicht nur für das Kapitel XXXVIII). Eine solche Lesart zeigt, wie das Problem der Tyrannis bei Althusius als strafrechtliches Problem analysiert und beschrieben wird, wie übrigens schon Diego Quaglioni vor einigen Jahren festgestellt hat: „Die Definition des Tyrannen richtet sich logisch wie auch jene des aktiven Subjekts, egal ob es monarchisch oder polyarchisch ist, an der verbrecherischen Handlung aus, die bewusst begangen wird, um die Grundlagen und rechtlichen Bindungen des politischen Körpers aufzulösen“6.
Die von Althusius gegebene Definition ist
Ephoren übertragen hat, sondern weit darunter steht“: Althusius, Politik (FN 1), S. 394 – 395 (XXXVIII, § 35). 5 „Unde ex justissima causa Imperatorem imperio privari posse, tradit … Paris de Puteo de synd. c. de reg. excess. § ult. ubi dicit Tyrannum crimen laesae majestatis committere, ideoque occidi posse, quo ipso multorum salutem procurari dicit“. Dieser Teil des § 35 wurde in der Ausgabe Althusius, Politik (FN 1) nicht übersetzt. Das lateinische Original und die italienische Übersetzung, auf die ich mich beziehe, befindet sich in Johannes Althusius U.J.D., La politica. Elaborata organicamente con metodo, e illustrata con esempi sacri e profani [1614], a cura e con un saggio introduttivo di Corrado Malandrino; traduzione di Corrado Malandrino, Francesco Ingravalle e Maurizio Povero; apparato critico di Francesco Ingravalle e Maurizio Povero, Torino 2009, S. 1736 – 1737. 6 D. Quaglioni, Tyrannis, in: C. Malandrino / D. Wyduckel (Hrsg.), Politisch-rechtliches Lexikon der Politica des Johannes Althusius. Die Kunst der heilig-unverbrüchlichen gerechten, angemessenen und glücklichen symbiotischen Gemeinschaft, Berlin 2010, S. 353 – 364, 361. Es muss daran erinnert werden, dass dem Band eine italienische Ausgabe voranging: F. Ingravalle / C. Malandrino (Hrsg.), Il lessico della Politica di Johannes Althusius: l’arte della simbiosi santa, giusta, vantaggiosa e felice, Firenze 2005 (D. Quaglioni, Tyrannis, S. 325 – 337).
Majestätsverbrechen und Verfassungsfrage
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„allgemein angelegt und schlechthin strafrechtlich ausgerichtet … (wie die zahlreichen angeführten Auslassungen der frühneuzeitlichen Traktatschreiber zum Thema des crimen laesae maiestatis von Gigante bis Farinaccio belegen)“7.
Wenn Girolamo Gigante (ausgehendes 15. Jh. – 1566?) und Prospero Farinacci (1544 – 1618) tatsächlich die beiden italienischen Juristen und Autoren von Traktaten zum crimen laesae maiestatis sind, die von Althusius zusammen mit dem deutschen Juristen Jacob Middendorp (dem Verfasser der Politicae quaestiones) im § 3 des Kapitels – demjenigen, das ausdrücklich dem „Begriff des Tyrannen“ gewidmet ist – als auctoritates verwendet wurden, so greift der Syndicus von Emden ohnehin wiederholt sowohl auf sie als auch auf andere italienische Juristen zurück, die zwischen dem 14. und den ersten zwanzig Jahren des 17. Jahrhunderts tätig waren, und zwar in der gesamten Abhandlung über die Tyrannis und ihre Gegenmittel. Ein gutes Drittel der von Althusius im Kapitel zitierten auctoritates besteht in der Tat aus Bartolo da Sassoferrato, Luca da Penne, Paride del Pozzo, Roberto Maranta, Antonio Capece, Francesco Gioannetti, Girolamo Gigante, Aimone Cravetta, Giulio Claro, Rolando dalla Valle, Giuseppe Mascardi, Tiberio Deciani, Giacomo Menochio und Antonio Tesauro8. Nicht alle werden freilich mit derselben Häufigkeit zitiert. Zu den meistzitierten gehören Paride del Pozzo, Francesco Gioannetti, Girolamo Gigante und Prospero Farinacci. Das ist kein Zufall. Bei allen vieren stellt die Tyrannis ein grundlegendes Problem dar und wird nicht nur vermittels offensichtlicher Argumente anhand des zivilen und kanonischen Rechts auf detaillierte Weise ausgeweidet, sondern auch – wie es üblicherweise in der Jurisprudenz des gemeinen Rechts gehandhabt wird – vermittels des Rückgriffs auf exempla der heiligen und profanen Geschichte. Ebenso grundlegend ist die daraus folgende Frage nach dem erlaubten Widerstand gegen die Tyrannis, die als schlechte Regierung und als Missbrauch der Regierungsgewalt verstanden wird. Zu den Argumenten, die Althusius von del Pozzo, Gioannetti, Gigante und Farinacci übernimmt, werde ich nun einige Hinweise geben. Meine Absicht besteht darin, zur Illustration eines Aspekts beizutragen, welcher in der Geschichtsschreibung bislang im Allgemeinen vernachlässigt wurde, jedoch zwei Wege aufzeigen könnte, die es verdienen, weiter vertieft zu werden. Den ersten Weg wollte ich mit dem Titel meines Beitrags zusammenfassen: Verbrechen der Majestätsbeleidigung und Verfassungsfrage bei Althusius als Neubearbeitung (auch) von Fragen, die in der italienischen Jurisprudenz bereits weit verbreitet waren, also in jener Li-
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Quaglioni, Tyrannis (FN 6), S. 361. Im Anhang kann man überprüfen, welche Juristen (und welche ihrer Werke) in den verschiedenen Paragrafen des Kapitels über die Tyrannis vertreten sind. Bei den zitierten Ausgaben handelt es sich um diejenigen, die ich herangezogen habe, um die von Althusius verwendeten Passagen zu überprüfen. 8
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Angela De Benedictis
teratur zum gemeinen Recht, die Althusius sehr gut kannte9. In diesem Sinn werde ich die Argumente aufgreifen, die aus del Pozzo, Gigante und Farinacci stammen. Der zweite Weg wird von einer Beobachtung Christoph Strohms über den nicht allzu großen Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten bezüglich ihrer juristischen Lehrmeinung angeregt10: eine Betrachtung, die meinem Eindruck nach gut auf den wiederholten Gebrauch zugeschnitten ist, den der calvinistische Jurist Althusius von dem katholischen Juristen Francesco Gioannetti macht, vor allem bei einem besonderen Aspekt, auf den ich später zurückkommen werde11. II. Tyrannis und Widerstand bei Paride del Pozzo, Girolamo Gigante und Prospero Farinacci § 9. Tyrannisch ist es, von der absoluten Gewalt Gebrauch zu machen; § 11. Ein Tyrann ist, wer die Ausübung der reinen Religion verhindert; § 13. Wer die Ersten des Gemeinwesens unterdrückt; § 15. Wer die besonderen Aufgaben seines Amtes vernachlässigt; § 19. Wer die 9 Wie zum Beispiel von C. Strohm, Althusius Rechtslehre im Kontext des reformierten Protestantismus, in: F. S. Carney / H. Schilling / D. Wyduckel (Hrsg.), Jurisprudenz, politische Theorie und politische Theologie. Beiträge des Herborner Symposions zum 400. Jahrestag der Politica des Johannes Althusius, 1603 – 2003, Berlin 2004, S. 71 – 102 bereits hervorgehoben wurde. Es scheint mir angebracht, an dieser Stelle daran zu erinnern, dass die oben genannten italienischen Juristen auch in den Gebieten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gedruckt wurden. Allein mit Bezug auf Frankfurt am Main wurde dort im Jahr 1591 der Traktat Tiberio Deciani gedruckt; die Consilia des Aimone Cravetta 1572; die Consilia des Rolando della Valle 1584; die Conclusiones des Giuseppe Mascardi 1585; die Opera omnia des Giulio Claro 1604: Frankfurt am Main als Druckort juristischer Literatur 1530 – 1630, Frankfurt am Main 1986, S. 45 – 64. Die kaiserliche Kriminalistik verwendet auf der anderen Seite seit den Syngulares Observationes von Joachim Mynsinger aus dem Jahr 1565 regelmäßig die italienische Kriminalistik und wird ihrerseits von der letzteren von Prospero Farinacci an wiederverwendet. Zu diesem Prozess wissenschaftlicher Kommunikation bietet M. Sbriccoli, Crimen laesae maiestatis. Il problema del reato politico alle soglie della scienza penalistica moderna, Milano 1974, scharfe Beobachtungen. Einige Anmerkungen finden sich auch in meinem Beitrag A. De Benedictis, According to Bartolo, according to Baldo. Archives of Knowledge for the Study of Revolt, in: A. De Benedictis / K. Härter (Hrsg.), Revolten und politische Verbrechen zwischen dem 12. und 19. Jahrhundert. Rechtliche Reaktionen und juristisch-politische Diskurse / Revolts and Political Crime from the 12th to the 19th Century. Legal Responses and Juridical-political Discourses, Frankfurt am Main 2013, S. 17 – 40. 10 Strohm, Althusius Rechtslehre (FN 9), S. 80: „Althusius in breitestem Umfang und vielfach zustimmend auf katholische Juristen – vor allem die spanischen Spätscholastiker – zurückgreift. … in der auffälligen Mischung aus klaren konfessionellen Präferenzen bei den theologischen Autoren bei weitestgehend unbefangenem sachlichen Bezug auf juristischen Autoren aller Konfessionen zeigt sich ein eigenartiges Ineinander von konfessionalisierenden und säkularisierenden Tendenzen“. Seit kurzem hat M. Schmoeckel, Das Recht der Reformation. Die epistemologische Revolution der Wissenschaft und die Spaltung der Rechtsordnung in der frühen Neuzeit, Tübingen 2014, S. 200, betont: „Die Zitation von Autoren der anderen Konfession war unproblematisch. Auch Althusius versuchte durch Zitationen von Autoren anderer Konfessionen und Lager, die Allgemeingültigkeit seiner Lehre nachzuweisen.“ 11 Man muss unterstreichen, dass alle drei der oben genannten Juristen normale auctoritates für die juristische und juristisch-politische Literatur des Reichs waren.
Majestätsverbrechen und Verfassungsfrage
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Untertanen durch maßlose Geldeintreibung ausbeutet; § 23. Wer öffentliche Güter verschwendet, weggibt, verschleudert und mindert; § 35. Denen, die das Recht haben, den Magistrat einzusetzen steht auch das Recht zu, ihn des Amtes zu entheben § 36. Die Grenzen der Verpflichtung zwischen Eltern und Kindern und zwischen Herrn und Vasall; § 45. Beispiele von Königabsetzungen aus der weltlichen Geschichte12.
Bei der Bereitstellung von fünf seiner fünfzehn Definitionen des Tyrannen („Ein Tyrann ist, wer…“, § 11 – 25) sowie bei der Identifizierung des tyrannischen Verhaltens mit Anwendung der potestas absoluta (§ 9) greift Althusius auch auf den Tractatus de Syndicatu von Paride del Pozzo zurück. Die Verwendung von del Pozzo bei Althusius ist bereits ausführlich hervorgehoben und kommentiert worden, und zwar schon vor sechzig Jahren von Mario D’Addio in seiner umfangreichen und klassischen Studie L’idea del contratto sociale dai sofisti alla riforma e il „De Principatu“ di Mario Salamonio13. Hier bildet Althusius den terminus ad quem bei der Entwicklung der „Idee eines Gesellschaftsvertrags“, dessen besondere Deklination nach Art der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts anhand des Traktats in Dialogform De principatu von dem römischen Juristen Mario Salamonio degli Alberteschi (der ebenfalls eine der Quellen Althusius’ war) analysiert wurde. Die Verantwortung des Princeps angesichts der universitas civium, der Tyrannenmord im juristisch-politischen Denken Italiens im 15. Jahrhundert und die auf einem Vertrag beruhende Grundlage der Macht sind die Fragen, die D’Addio ausführlich bei del Pozzo behandelt findet14. „Im Traktat De syndicatu von Paride del Pozzo wird in erster Linie genau bestimmt, welche die Normen sind, die der Kaiser, der König und der Fürst einhalten müssen, um nicht die Straftat der Überschreitung ihrer herrschaftlichen Kompetenzen zu begehen, wie wir in moderner Sprache sagen würden, De excessibus Imperatoris, De Regum, Principum, Ducum excessibus. Es ist ein besonders interessanter Versuch Paride del Pozzos, auf juristischer Ebene die Grenzen der herrschaftlichen Macht zu bestimmen, indem das Recht, den unfä12 Die Titel der Paragraphen sind von Johannes Althusius übernommen worden: Althusius, Politik (FN 1). 13 M. D’Addio, L’idea del contratto sociale dai sofisti alla riforma e il „De Principatu“ di Mario Salamonio, Milano 1954. Die Studie von D’Addio wurde in breitem Umfang von Q. Skinner, The foundations of modern political thought, Cambridge 1978 (I. The Renaissance, S. 148 – 152; II. The Age of Reformation, S. 131 – 134) auf den Seiten über das Werk von Mario Salamonio degli Alberteschi verwendet. Dem Traktat von del Pozzo hat R. Ferrante, La difesa della legalità. I sindacatori della Repubblica di Genova, Torino 1995, viel Platz gewidmet. Auf S. 307 – 308 sieht er in Althusius einen radikalen Verteidiger der Legalität. Kürzlich wurde De syndicatu in der Studie von M. Isenmann, Legalität und Herrschaftskontrolle (1200 – 1600). Eine vergleichende Studie zum Syndikatsprozess: Florenz, Kastilien und Valencia, Frankfurt am Main 2010, in Betracht gezogen, vor allem auf den S. 318 – 329, jedoch ohne Bezug auf die Präsenz der Themen des Traktats im politisch-juristischen Denken des 16. und 17. Jahrhunderts. 14 Von D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13) auf den S. 357 – 392 vorgeschlagene Thematiken, davon besonders zu del Pozzo S. 382 – 392.
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Angela De Benedictis higen Kaiser abzusetzen, mit dem Recht, den zum Tyrannen gewordenen König zu töten, in Beziehung gesetzt wird; so wird die juristische Plattform geschaffen, auf der sich im 16. Jahrhundert die Thematik der Monarchomachen abspielen wird: das Widerstandsrecht gegenüber dem Tyrannen und die Volkssouveränität“15.
D’Addio hebt hervor, wie der Kaiser bei del Pozzo als ein einfacher Verwalter des Reichs zu betrachten sei und nicht als dessen Besitzer. So beleuchtet er, wie der Kaiser „in seiner verfassungsmäßigen Position als ein Magistrat des Volks anzusehen sei“16. Das „nicht verfassungskonforme Verhalten“17 wird allerdings im Zusammenhang mit den Machtüberschreitungen von Königen, Fürsten und Grafen ausführlicher beschrieben. „Die Könige können keine drückenden Steuern auferlegen ohne gerechten Grund: …; sie können die freien Untertanen nicht versklaven: …; sie können den Untertanen nicht ihren Besitz wegnehmen: …; sie können nicht den Münzfuß verändern, und falls sie genötigt sind, eine Münze mit einem höheren Nominalwert im Vergleich zum realen Geldwert einzuführen, so müssen sie nach Beendigung der Notlage die Untertanen für den erlittenen Schaden entschädigen“18.
Die von del Pozzo umrissene „politische Gesellschaft“19 gründet der Interpretation D’Addios zufolge „auf einer Reihe von Beziehungen, die für den Fortbestand der Gesellschaft gleichbleibend erhalten werden müssen: Das Recht sichert die Stabilität sozialer Beziehungen, damit die politische Autorität, um dem Recht Genüge zu tun, jene Beziehungen achten muss“20. Solche Voraussetzungen bilden die Basis dafür, dass der König, „der jene Grenzen missachtet, sich wie ein Tyrann verhält: Mit der Zerstörung der Stabilität der Beziehungen zwischen den Mitgliedern zerstört die Gemeinschaft die Gesellschaft selbst“21. Es ist eine Pflicht des Königs, den Rechten seiner Untergebenen nachzukommen, denn „das Regnum ist iure gentium conditum“22. Nur die gerechte und redliche Herrschaft des Königs kann als Gegenleistung 15 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 382 – 383. Vielleicht ist es an diesem Ort nicht überflüssig daran zu erinnern, dass die kritische Literatur zu Althusius, auf die D’Addio sich stützen konnen, vor allem aus dem Buch von F. Ercole, Da Bartolo all’Altusio. Saggi sulla storia del pensiero pubblicistico del Rinascimento italiano, Firenze 1932; aus der Einleitung von C. Friedrich zu Johannes Althusius, Politica methodice digesta, Cambridge 1932; und aus O. von Gierke, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien: zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Rechtssystematik, Breslau 1880, der etwa zwanzig Jahre zuvor ins Italienische übersetzt wurde (O. von Gierke, Giovanni Althusius e lo sviluppo storico delle teorie politiche giusnaturalistiche. Contributo alla storia della sistematica del diritto, traduzione dalla 3a edizione tedesca del 1913 a cura di A. Giolitti, Torino 1943); und aus P. Mesnard, L’essor de la philosophie politique, Paris 19522, bestand. 16 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 383. 17 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 384. 18 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 384. 19 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385. 20 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385. 21 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385. 22 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385.
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den Gehorsam der Einzelnen erhalten, so del Pozzo, der sich dabei auf den Hl. Augustinus bezieht. Für den Juristen des 15. Jahrhunderts hat „die politische Macht … ein Vertragsfundament, welche nur dann sich rechtfertigen kann, wenn sie sich an den Rahmen des ius gentium und des generale factum societatis hält: Der König, der diesen fundamentalen Vertrag verletzt, verhält sich wie ein Tyrann“23. Der König, der sich wie ein Tyrann verhält, muss umgehend abgesetzt werden und kann ungestraft von jedermann getötet werden, falls er auf die Verteidigung seiner herrschaftlichen Prärogativen besteht. Da er sich faktisch der Gesellschaft entzogen hat, genießt er nicht mehr dieselben Rechte, welche die übrigen Menschen genießen. Darunter fällt als erstes das Recht auf die Verteidigung des eigenen Lebens. Da ferner die summa potestas von Gott verliehen wird, bleibt der König nur so lange König, wie er nicht gegen die göttlichen Gesetze verstößt. Sobald er sie nicht mehr achtet und sich als Tyrann verhält, hört er automatisch auf, König zu sein, und ihm wird ipso facto seine herrschaftliche Immunität entzogen. Folglich ist es sowohl rechtens, von der Gewalt Gebrauch zu machen, um ihn abzusetzen, als auch ihn zu töten, und zwar auf Grundlage desselben göttlichen Rechts24. Zu diesem Punkt ist das von Paride del Pozzo aufgestellte Prinzip besonders wichtig, „weil es später, zu Beginn der monarchomachischen Polemik, von Pietro Vermigli aufgegriffen wird, um die Absetzung und den Kampf gegen den tyrannischen König zu rechtfertigen und so dem reformierten calvinistischen Denken die Rechtfertigung des Widerstandsrechts zu liefern“25. Zur speziellen Frage ob es rechtens ist, den Tyrannen zu töten, zeigt laut D’Addio das ganze Kapitel, das del Pozzo dem Thema widmet (An liceat occidere regem tyrannum, qui non habet superiorem, vel ei non paret), dass der Jurist des 15. Jahrhunderts – auch, was die Bibelepisoden betrifft, die er wiedergibt – „die analoge Haltung der calvinistischen Monarchomachen“ vorwegnimmt, „die von der heiligen Geschichte der Bibel das Recht ableiten, den Tyrannen zu töten“26. Alle die vom Traktat De Syndicatu hervorgehobenen Fragen sind besonders wichtig, auch weil sie „im Abstand eines Jahrhunderts von Althusius aufgegriffen werden, um festzulegen, welche Handlungen des Summus Magistratus als tyrannisch anzusehen sind, und um das Recht des Volkes auf Absetzung des Tyrannen aufzuzeigen“27, merkt D’Addio zum Schluss an und zitiert aus den Paragrafen 9, 11, 15, 16 und 35 des Kapitels XXXVIII der Politica von Althusius. Ich habe mich nicht nur deshalb lange bei D’Addio, dem Interpreten Paride del Pozzos, aufgehalten, weil dies mir erlaubt hat, die zentralen Kernbereiche der Argumentation in De Syndicatu zusammenzufassen, sondern auch, weil es mir wichtig 23
D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385. D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 385 – 387. 25 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 387. 26 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 387. 27 D’Addio, L’idea del contratto sociale (FN 13), S. 391. 24
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schien, nicht länger eine Studie zu übergehen, die für die Ziele der Althusius-Gesellschaft (und folglich auch der Tagung „Confessional Paradigms for European Politics and Jurisprudence in the 17th Century?“) nach wie vor wichtige Impulse zur Reflexion liefern kann, auch in seiner mangelnden Aktualität. Natürlich war De Syndicatu aufgrund seiner praktischen Funktion für alle Verleger aktuell und nützlich. Nach der editio princeps von 1485 druckten sie das Werk im 16. und 17. Jahrhundert erneut. Darunter befinden sich zwei Frankfurter Verleger, welche die etwa 1070 Seiten als Oktav zunächst im Jahr 1605 und dann 1608 druckten28. Man kann nicht sagen, ob Althusius eine dieser Ausgaben für die Politica von 1614 verwendet hat, aber man kann es auch nicht ausschließen. In beiden Ausgaben besteht der De Regum, Principum & Ducum excessibus gewidmete Teil aus fünfundzwanzig dicht bedruckten Seiten29, von denen fünfzehn vor allem von der Beschreibung der Machtüberschreitungen in Anspruch genommen werden30. Dabei sind die ersten ausdrücklich von eins bis sechzehn nummeriert, dann folgen weitere achtundzwanzig („Excedunt etiam…“), die methodisch zur Schau gestellt werden und sich in 28 Es handelt sich jeweils um Paris de Puteo, De Syndicatu Tractatus Elegantissimus et Absolutissimus: Opus Omnibus In Foro Versantibus, inprimis vero Iudicibus, Assessoribus atque Officialibus utile, imo summopere necessarium … Nunc Primum In Germania excusus, typorum varietate ac elegantia exornatus, a quamplurimis & innumeris mendis repurgatus, Summariisque adauctus, Francofurti, Saurius, 1605; und um Paris de Puteo, De Syndicatu … Tractatus Elegantissimus & absolutissimus: Opus, Omnibus In Foro Versantibus, inprimis vero Iudicibus, Assessoribus atque Officialibus utile, imo summopere necessarium Nunc Primum In Germania Excusus, typorum varietate ac elegantia exornatus, a mendis quamplurimis & innumeris repurgatus: Summariis, Indiceque copiosissimo adauctus, Francofurti, Excudebatur typis Wolffgangi Richteri, sumptibus Egenolphi Emmelii, 1608. Zwischen den beiden Drucken gibt es eigentlich keinen Unterschied, was den Text von De Syndicatu betrifft. Die Ausgabe von 1608 hat in der Tat denselben Kolophon von 1605, wie auch in der Beschreibung im VD 17 1:059266H angegeben wird. Dies könnte von den persönlichen Beziehungen abhängen, die zwischen Johannes Saur auf der einen Seite (1605) und Egenolff Emmel und Wolfgang Richter auf der anderen (1608) bestanden; vgl. dazu C. Reske, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet auf der Grundlage des gleichnamigen Werkes von Josef Benzing, Wiesbaden, S. 242 – 243, 245 – 246 und 251 – 252. Ich danke Dr. Douglas Osler (MPIER) für seine Hinweise zum Thema. Es ist vielleicht von Interesse kurz darauf hinzuweisen, dass beide Drucke eine übrigens gebräuchliche Widmung enthalten, deren Inhalt bis auf die jeweiligen Empfänger zudem indentisch ist: Graf Wolfgang Ernst von Isenburg-Büdingen (1605) und allgemein der Leser (1608). In beiden Fällen wird auf dreizehn Seiten erklärt, welche – dem Herausgeber zufolge – die möglichen Gründe sein könnten, die Paride del Pozzo zur Erstellung des Traktats veranlasst hätten: die häufigen Unstimmigkeiten zwischen Adel (illustre Personen) und der Menge (Plebejer) in der respublica und ihre Konsequenzen für die Veränderungen des status der respublica. Von dieser Hypothese ausgehend entwickelt die Widmung eine Abhandlung zu den Ursachen der bürgerlichen Zwietracht und ihrer Gefahr für das Leben der respublica und auch für die Charakteristika der Regierung der Adligen über die Plebs. Indem sie sich auf den Unterschied zwischen Dominus und Rector stützt, entwickelt die Widmung zum Schluss eine Art speculum principis und behandelt die Frage, was die Regierenden und ihre Beamten vermeiden sollten und was hingegen sie in der Ausübung ihres officium tun sollten, um nicht Gefahr zu laufen, in die Tyrannis zu verfallen. 29 de Puteo, De Syndicatu (FN 28), S. 10 – 34. 30 de Puteo, De Syndicatu (FN 28), S. 10 – 24.
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ihren Argumentationsweisen nicht sehr von denjenigen unterscheiden zu scheinen, die Althusius ein Jahrhundert später verwendet hat. Die Gegenüberstellung von Rex und Tyrannus nimmt etwa fünf Seiten ein und umfasst zweiundzwanzig Paragrafen31. Der letzte Teil, An liceat occidere regem tyrannum?, erstreckt sich über weitere fünf Seiten32. Es sind jedoch nicht nur die den Machtüberschreitungen von Königen, Fürsten und Grafen gewidmeten Seiten, die Fragen behandeln, welche auch bei Althusius zu finden sind. In dem Teil, in dem es um das officium der Syndacatoren geht33, wird auch die Frage des Widerstands gegen einen ungerechten Richter analysiert, und aus Gründen der Analogie auch gegen den ungerechten Fürsten, und zwar in einem Paragraph, der speziell den Titel Resistentia trägt34 : ob es rechtens sei, einem Richter Widerstand zu leisten, der in der Ausübung seines Amtes seine Macht überschreitet, und folglich auch einem Fürsten, der sich auf gleiche Weise verhalte (1. Iudici excedenti modum in exercitio sui officij an licitum sit resistere. Et quod in principe 3 & 5); ein Richter kann sich den Befehlen eines Fürsten widersetzen, wenn diese eine Ungerechtigkeit enthalten (6. Iudex potest resistere literis principis contenientibus iniustitiam); die Beamten müssen sich einem Podestà widersetzen, der unbillig handelt (7. Officiales debent resistere potestati inique facienti). Aus Platzgründen ist es nicht möglich, an dieser Stelle die Argumente, die auctoritates und die exempla wiederzugeben, anhand derer del Pozzo seine Position zu den angeführten Argumenten erklärt und aufzeigt. Damit ließe sich sicher weiter untermauern, als es hier möglich ist, welchen thesaurus an Motiven der Traktat des Juristen aus dem 15. Jahrhundert Althusius geboten hat, wie übrigens auch allen jenen Juristen und als Politiker tätigen Juristen, die sich bis zu Althusius (und eigentlich auch darüber hinaus) mit den Problemen der Gewalt des Fürsten, mit ihren Grenzen, dem Machtmissbrauch der Regierung und folglich mit der Tyrannis beschäftigten. Dass derjenige, der den zum Tyrannen gewordenen König, Fürsten oder Regierenden absetzt oder tötet, nicht der Majestätsbeleidigung angeklagt wird, ist eine Frage, die ausführlich in den Traktaten De crimine laesae maiestatis untersucht wurde. Unter den wichtigsten Autoren befinden sich diejenigen, die Althusius im Kapitel XXXVIII verwendet hat und die zuvor schon erwähnt wurden. Sowohl bei Girolamo Gigante als auch bei Prospero Farinacci ist der Traktat De Syndicatu von del Pozzo eine oft benutzte Quelle.
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de Puteo, De Syndicatu (FN 28), S. 26 – 30. de Puteo, De Syndicatu (FN 28), S. 30 – 34. 33 de Puteo, De Syndicatu (FN 28), De Officio Syndacatorum, & quis sint Syndacatores, & an officialis semel syndicatus possit in patria conveniri, & fe gestis pendente syndicatu, & de represaliis contra Syndicantes, iniuste condemnantes, & multa de materia & modo syndicatus, S. 62 – 1070. 34 de Puteo, De Syndicatu (FN 28), S. 771 – 774. 32
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In seinem Werk De crimine laesae maiestatis35 behandelt Gigante36 die Frage in der quaestio LXV: Quaero an crimen laesae maiestatis committi dicatur contra tyrannum, qui iurisdictionem sibi uxurpavit37, auf die er unmittelbar mit Et regulariter dicendum erit quod non antwortet und unter anderen mit Bartolo da Sassoferato, dem Hl. Augustinus und Paride del Pozzo begründet. Auch auf Grundlage des göttlichen Rechts läuft nicht unter dem Verbrechen der Majestätsbeleidigung, wer einen König oder Fürst tötet, der sich als Tyrann gebärdet, führt Gigante38 weiter aus und stützt sich auf del Pozzo als Autorität. Wenngleich, fügt er hinzu, die Ansicht von Jan Hus während der fünfzehnten Session des Konstanzer Konzils verurteilt worden sei, sei es rechtens, einen Tyrannen zu töten. Auch Prospero Farinacci39 widmet der Tyrannis und der Tötung des Tyrannen zahlreiche Abschnitte in der quaestio CXII seiner Praxis et theorica criminalis, die speziell De crimine læsæ maiestatis, quid sit, quando dicatur commissum in primo, vel in secundo capite. An æquiparetur Hæresi, Simonia, Sacrilegio, et alta de eius gravitate, & atrocitate, & contra quos committatur gewidmet ist40. Das Verbrechen der Majestätsbeleidigung begeht man an einem König, nicht an einem Tyrannen. Es ist rechtens, einen Tyrannen aus Gründen des Gemeinnutzes zu töten, aber nicht aus Gründen des Privatnutzes. Ein geduldeter Tyrann darf nicht getötet werden. Die Unterscheidung dessen, was rechtens und was hingegen nicht rechtes sei, führt Farinacci zur Wiederaufnahme der Definition des tyrannischen Verhaltens. Daher die Beschreibungen tyrannus dicitur is …, die nicht nur in der Ausformulierung der einzelnen Punkte, sondern auch in ihrem Inhalt das ganze, im Vorfeld aufgehäufte Wissen aufgreifen. Ich greife hier nur einige der bedeutendsten notabilia auf: „31. Tyrannus quis dicatur; 32. Tyrannus dicitur is, qui propter partialitates civitatis, dicit se eiusdem civitatis Dominum; 33. Tyrannus dicitur is, qui in communi Republica non iure principatur; … 35. Tyrannus dicitur ist, qui non iure Principatum tenet; 36. Tyrannus est manifestus, qui Principatum sine titulo possidet, & 37. Ubi idem
35 Ich zitiere hier aus der in Hieronymus Gigas, De crimine læsæ maiestatis, in: Tractatus illustrium in utraque tum pontificii, tum cæsarei Juris facultate iurisconsultorum, XI, I, De Judicijs Criminalibus, Venetiis, Societas Aquilæ se renovantis, 1584, cc. 33v-89v. veröffentlichten Ausgabe. 36 R. Isotton, Gigante Girolamo, in: I. Birocchi / E. Cortese / A. Mattone / M. N. Miletti, Bologna 2013, S. 999 – 1000. 37 Gigas, De crimine (FN 35), cc. 47v, a/b – 48r, a. Die quaestio LXV ist diejenige, die von Althusius wiederholt aufgegriffen wird. 38 Gigas, De crimine (FN 35), c. 47v, b, 16: „An autem occidens Regem, seu principem, qui tyrannice vivit, incurrat crimen laesae maiestatis? Dicendum videtur quod non, quinimmo de iure divino etiam puniendus non esset“. 39 A. Mazzacane, Farinacci Prospero, in: Birocchi / Cortese / Mattone / Miletti (Hrsg.) (FN 36), S. 822 – 825. 40 Zitierte Ausgabe: Prosperus Farinacius, Praxis et theoricæ criminalis Partis secundæ Tomus secundus, Venetiis, apud Iuntas, 1609, cc. 1r-9r.
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si haberet titulum, sed iniustum, & 38. Ubi quid si a principio violenter statum occupavit, & postea a Papa, vel ab Imperatore titulum obtinuit“41. Wenn diese quaestio CXII wegen ihrer Definition des Tyrannen und wegen der Rechtmäßigkeit des Tyrannenmords eine Quelle Althusius’ darstellt, dann bietet eine andere quaestio, die XXXII (die De carceribus et de carceratis gewidmet ist) dem Syndicus von Emden weitere Stützpunkte für die Frage nach dem rechtmäßigen Widerstand. In der Tat diskutiert Farinacci in dieser quaestio die Frage nach dem Widerstand gegen den Richter und seine Beamten. Wenn man dem Richter und seinen Beamten keinen Widerstand leisten darf (so wie man den Vorgaben des Fürsten Gehorsam zu leisten hat) – und wer dies dennoch tut, begeht das Verbrechen der Majestätsbeleidigung –, so ist es jedoch erlaubt, dem Richter Widerstand zu leisten, der ungerechte Urteile fällt, und den Beamten, die sie ungerechterweise ausführen, auch wenn die Meinungen zu dem Gesichtspunkt verschieden sein mögen. Wenn der Richter Diener Gottes genannt wird („89. Iudex dicitur minister Die»), dann kann sich der Richter, der Ungerechtigkeit verübt, nicht mehr Richter nennen, sondern Diener des Teufels („90. Iudex si iustitiam non facit, non dicitur Iudex, sed minister diaboli“). Dem Richter und seinen Beamten, die Ungerechtigkeit verüben, kann man Widerstand leisten, und zwar gleichermaßen, wenn der Schaden, der von ihrer Ungerechtigkeit hervorgerufen wird, irreparabel ist („93. Iudici & eius Officialibus iniuste exequentibus indistincte resisti potest, quando damnum est irreparabile“). Man kann dem Richter Widerstand leisten, der die ordo iuris nicht achtet („97. Iudex procedenti iuris ordine non servato resisti potest“)42. Die kurzen Anmerkungen, die hier Girolamo Gigante und Prospero Farinacci gewidmet sind, bezeugen also, inwiefern die Fragen nach der Tyrannis und nach dem Widerstand gegen die verschiedenen Formen der Tyrannis einen Gegenstand der Traktatliteratur zum crimen laesae maiestatis bilden, aus der Althusius viele seiner Motive entnommen hat. III. Selbstverteidigung, Notwehr und Widerstand bei Francesco Gioanetti Im Kapitel XXXVIII der Politica ist Francesco Gioannetti neben Paride del Pozzo der von Althusius meist zitierte italienische Jurist. Er beginnt ihn in Betracht zu ziehen, als er anfangs ausführt, dass nicht jeder Magistrat, der ungerecht handelt, ein Tyrann ist (§ 4.), und später, als er die verschiedenen Tyrannenbeschreibungen aus der Heiligen Schrift wiedergibt (§ 26). Auf Gioannetti kommt er erneut zurück im § 37. Es ist erlaubt, sich gegen denjenigen zu verteidigen, der von Gewalt und Unrecht Gebrauch macht; im § „45. Beispiele von Königabsetzungen aus der weltlichen Geschichte“; im § „47. Wer Tyrannen Widerstand leisten darf und muss“; im § „56. Wann einem Tyrannen Widerstand zu leisten ist“; im § „65. Warum Private einer Ty41
Farinacius, Praxis et theoricæ criminalis Partis secundæ (FN 40), c. 6r. Prosperus Farinacius, Praxis et theoricæ criminalis Partis primæ Tomus secundus, Lugduni, Sumptibus Horatij Cardon, 1614, c. 109r. 42
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rannis keinen Widerstand leisten dürfen“; im § „66. Inwieweit der Magistrat von den Gesetzen entbunden ist“; im § „67. Wann den Untertanen aufgrund tyrannischer Herrschaft die Flucht erlaubt ist“. Im Tractatus defensionis tripartitae ad l. ut vim ff. De Just. & Jure43 diskutiert Zoanetti die Frage nach der Selbstverteidigung und nach dem rechtmäßigen Widerstand in Bezug auf Einzelpersonen (Pars prima), und zwar auf Grundlage des Prinzips der inculpata tutela (Pars secunda), und schließlich die Verteidigung gegen die Magistrate (Pars tertia). Auf diesen dritten Teil nimmt Althusius hauptsächlich Bezug. Genau an dieser Stelle greift Zoanetti nämlich die communis opinio zum Tyrannen und zum Tyrannenmord auf und arbeitet sie aus44. 43
Der Traktat ist viermal herausgegeben worden: Franciscus Zoannettus, Tractatus defensionis tripartitae ad l. ut vim ff. De Just. & Jure, Ingolstadt, 1560; Lugduni, apud Bartholomaeum Molinaeum, 1561; Venetijs, apud Andream Arriuabenem, 1564; in: Opera omnia, Marpurgi, excudebat Paulus Egenolphus Tipog. Acad., 1600, S. 1 – 71. 44 Ich zitiere im Folgenden aus den notabilia die Fragen, die Zoanetti und Althusius unmittelbar teilen, auch über die direkten Zitierungen des Syndicus von Emden hinaus: 1. Defensio contra magistratum an lege sit nobis permissa, & quando? habes sub nu. 45, 48, 49, 54 (S. 52); 2. Magistratum seu principem esse Dei immagine: cui sit reverentia & honor debiti non manserint integri, civitatis decus peribit (S. 52); 3. Magistratum, qui injuriam nobis intulit, qua ratione reum in judicio agamus: & oportere distingui inter magistratum majorem et minorem, traditur (S. 52); 13. Officialibus & ministris principis, metas sui officii excedentibus, privati nomine, quorum interest, etiam manu armata resistere posse (S. 53); 14. Officiales magistratui suo illicita praecipienti resistere debet; 19. Magistratus cur instituti (S. 54); 20. Magistratui etiam in dubio resistendum, quando iniuria aut damnum irreparabile foret, secundum Cyni & Pauli Castrensis opinionem (S. 54); Imo quoque & si damnum recuperabile esset, secundum Ludo. Roma. nu. 21. Sed illorum sententia falsa, ut. nu. 39, 40, 48, 49, 52 (S. 54); 22. Iudici exequenti sententiam nullam, vi contraria non inique resisti (S. 54); 28. Tyrannum defensionis ergo a subditis expelli de imperio secundum Isernia opinionem posse: secundum Philosophum autem juste etiam occidi. Id quod & Thomas de Aquino probat, & Isernia quadam cum distinctione tandem recipit, sub. nu. 35. Decisam denique praeter alios habes quaestionem, sub nu. 95. 104, 121, 122 (S. 56); 29. Tyrannos ab hominibus privatis quando interemptos fuisse, historia Judeorum est (S. 56); 30. Tyrannum perpulchre suibus comparari (S. 56); 32. Malis resistendum esse, non cedendum & cur (S. 56 – 57); 43. Magistratus quando dicatur manifeste seu notorie contra legem agere, ut ei non pareatur impune. & nu. 46 (S. 58 – 59); 44. Magistratus, qui officium suum notorie transgreditur, agere tunc dicitur velut privatus aliquis: idcirico in his illi minime parendum (S. 59); 95. Tyranno armata vi, defensionis gratia, resistere populum jure posse, qui alium nominem, ac Tyrannum, habeat superiorem (S. 67); 96. Populos prios fuisse quam Reges, Principes, aut Imperatores (S. 67); 102. Tyranno abrogari posse imperium ab eo cui subsit ipse Tyrannus (S. 68); 103. Vassallum qui subditos male tractat, feudo per dominum juste privari (S. 68); 104. Tyrannum nemini subditorum privata authoritate defensionis causa occidere permitti: caeterum illi perinde ac justoprincipi obtemperandum (S. 68); 106. Principes bonos, Tyrannidis praetextu, authoritate privata plerunque trucidatos (S. 69). Eine kurze Anspielung auf den Traktat von Gioannetti findet sich auch bei R. R. Benert, Inferior Magistrates in Sixteenth-Century Political and Legal Thought, University of Minnesota, Ph.D., 1967, S. 344. Es lohnt sich zu unterstreichen, dass Gioannetti sich im Traktat mit der Beziehung zwischen Selbstverteidigung, Verteidigung aus Notwehr und Widerstand beschäftigt, also mit Fragen und Begriffen, die im Werk des Althusius eine zentrale Rolle spielen, woran mehrfach R. von Friedeburg erinnert hat, von dem ich hier nur folgende Beiträge zitiere: Widerstandsrecht, Notwehr und die Repräsentation des
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Nur für sich genommen könnte Althusius als Leser und Verwender Zoanettis einfach auf die Auswahl eines weiteren Autors aus dem weiten corpus der juristischen Doktrin zum gemeinen Recht hinweisen; nicht anders, als er es mit den anderen italienischen Juristen getan hat. Aber im Vergleich zu Paride del Pozzo, zu Girolamo Gigante und zu Prospero Farinacci stellt die Verwendung von Zoanetti ein Problem dar: das der Relevanz des konfessionellen Paradigmas bezüglich der europäischen Politik und Jurisprudenz des 17. Jahrhunderts. Zoanetti ist in der Tat ein Jurist, der – im Unterschied zu den anderen drei, die hier zusammenfassend betrachtet wurden45 – in seinem Traktat nicht nur offen erklärt, auf Basis seiner katholisch-römischen Option das Prinzip der Überlegenheit des Konzils über den Papst zu verurteilen, sondern auch ausdrücklich auf seine eigene Erfahrung in einer allgemeinen kaiserlichen Kanzlei Bezug nimmt, in der er als Professor von der lutherischen Häresie versucht worden sei. Francesco Zoanetti wurde tatsächlich zwischen 1510 und 1515 in Bologna geboren, und in Bologna starb er 158646. An der dortigen Universität hatte er 1540 den Titel eines doctor utriusque iuris erworben und begann im selben Jahr kanonisches Recht zu lehren, womit er bis 1547 fortfuhr. In diesem letzten Jahr rief Herzog Wilhelm IV. von Bayern Zoanetti an die katholische Universität Ingolstadt. Der Bologneser Jurist blieb dort siebzehn Jahre lang bis 1564. Während seines Aufenthalts in Ingolstadt wurde Zoanetti zum Berater sowohl des Herzogs als auch Kaiser Friedrichs I. Im Jahr 1564 zwang der Senat von Bologna, das höchste Organ der Stadtregierung in der Stadt des Kirchenstaats, den Juristen zur Rückkehr, um in Bologna zu lehren. Nach seiner Rückkehr bis zu seinem Tod bekleidete Zoanetti den Lehrstuhl für kanonisches Recht. Er wurde auch zum Berater der Inquisition, und in dieser Rolle lernte er sehr gut die Gefahren kennen, die von den Studenten der Natio germanica ausgingen, welche in der Stadt als potentielle lutherische Häretiker auftreten konnten. Eine Gefahr, die er während seines Aufenthalts in Ingolstadt selbst erlebt hatte, wie er im Tractatus schreibt47. Gemeinwesen in der Politica des Althusius (1614) und in der schottischen Althusiusrezeption, 1638 – 1669, in: E. Bonfatti / G. Duso / M. Scattola (Hrsg.), Politische Begriffe und historisches Umfeld in der Politica methodice digesta des Johannes Althusius, Wiesbaden 2002, S. 291 – 314; und von Friedeburg, Widerstandsrecht, Untertanen und Vaterlandsliebe: die Politica des Johannes Althusius von 1614 und ihre Rezeption in einem ständisch-fürstlichen Konflikt (1647 – 1652), in: Carney / Schilling / Wyduckel (Hrsg.) (FN 9), S. 261 – 283. 45 Das spezifische Problem stellt sich für Paride del Pozzo aus chronologischen Gründen natürlich nicht. 46 A. De Benedictis, Giovannetti (Gioanetti, Joannetus, de Zoanettis) Francesco, in: Birocchi / Cortese / Mattone / Miletti (Hrsg.) (FN 36), S. 1006 – 1007. 47 Zoannetus, Opera omnia (FN 43), S. 67: „Credite mihi, ô pia clarissimæ Germaniæ proles, illius veteratoris antiqui has esse imposturas & manifesta præstigia, qui prætextu expressi verbi Dei, fideles ab obedientia magistratus (quo ita disjunctos commodius votet) seducere conatur. Est is hodie ille seprens Diabolus, qui olim, iisque ad homines decipiendos utitur artibus, quibus antea nunquam. Tentavit & me in Germania ter per ministrum quendam
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Wenn nun zweifelsohne der Traktat De defensione tripartita die Frage nach dem Widerstand gegen Magistrate über religiöse Fragen diskutiert, was für Lutheraner und Calvinisten von grundlegender Bedeutung ist, so ist es aber auch wahr, dass seine Position – wie bereits zuvor angedeutet – erklärtermaßen römisch-katholisch und ausdrücklich polemisch gegenüber den lutherischen Positionen ist (zu seiner Zeit bezog er sich ausschließlich auf diese): Er akzeptiert das protestantische Prinzip nicht, demzufolge eher dem Evangelium als den Magistraten zu gehorchen sei, und besteht auf die volle Autorität des Konzils der Katholischen Kirche, was die Auslegung des Evangeliums betrifft. Welche Hypothese kann man nun abschließend aufstellen, um das Problem hervorzuheben und weiterhin zur Diskussion zu stellen? Wenn man in Betracht zieht, dass Althusius, wie man weiß, eigene Positionen zum katholischen juristisch-politischen Denken (und das gilt für alle Positionen der sogenannten Schule von Salamanca)48 aufstellt und sie mit der ihm eigenen Methode ausarbeitet, dann könnte man seine Übernahme einiger bedeutender Argumentationen Zoanettis gerade mit ihrer „verfassungsmäßigen“ Konfiguration erklären. Althusius konnte darin also eine analoge Neigung wiedererkennen, der Macht des Fürsten/Magistrats Grenzen zu setzen; die Bande als fundamental zu betrachten, dank derer das Verbrechen der Majestätsbeleidigung, das vom Tyrannen gegen die Gemeinschaft begangen wurde, notwendigerweise mit sich brachte, dass die gerechten Magistrate und Vertreter des Volks, die Ephoren, die Regierungshandlungen des höchsten Magistrats kontrollierten und anfochten. Diese Fragen gab es in gewisser Weise auch bei den italienischen Juristen, von denen die Rede war. Anhang Johannes Althusius, Politik49 Cap. XXXVIII, Die Tyrannis und ihre Gegenmittel 2. Worauf die menschliche Gesellschaft beruht und wodurch sie ins Wanken gebracht wird. Robertus Maranta, Disputationes perutiles nonnullarum quaestionum, Neapoli, apud Io. Dominicum de Gallis,1546.
ejus insignem Sathanas: nihilque aliud a me ter efflagitavit, quam ut ab obedientia & unitate Romanæ Ecclesiæ discederem, & in obtortas concederem sectas. Verum gratia Dei omnipotentis, per unigenitum filium suum Jesum Christum adjutus, a nefario lapsu semper abhorrui“. 48 Wie von W. Wyduckel, Konfession und Jurisprudenz bei Althusius, in: C. Strom / H. de Wall, Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit, Berlin 2009, S. 167 – 172: 171 – 172 wieder betont wurde. 49 Althusius, Politik (FN 1).
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3. Begriff des Tyrannen. Jeronymus Gigas, De crimine læsæ maiestatis, in: Tractatus illustrium in utraque tum pontificii, tum cæsarei Juris facultate iurisconsultorum, XI, I, De Judicijs Criminalibus, Venetiis, Societas Aquilæ se renovantis, 1584, cc. 33v-89v. Prosperus Farinacius, Praxis et theoricæ criminalis Partis secundæ Tomus secundus, Venetiis, apud Iuntas, 1609. 4. Nicht jeder Magistrat, der Unrecht tut, ist tyrannisch. Franciscus Zoannettus, Tractatus defensionis tripartitae ad l. ut vim ff. De Just. & Jure, in: Opera omnia, Marpurgi, excudebat Paulus Egenolphus Tipog. Acad., 1600, p. 1 – 71. Gigas (1584). 9. Tyrannisch ist es, von der absoluten Gewalt Gebrauch zu machen. Paris a Puteo, De Syndicatu Tractatus Elegantissimus et Absolutissimus: Opus Omnibus In Foro Versantibus, inprimis vero Iudicibus, Assessoribus atque Officialibus utile, imo summopere necessarium … Nunc Primum In Germania excusus, typorum varietate ac elegantia exornatus, a quamplurimis & innumeris mendis repurgatus, Summariisque adauctus, Francofurti, Saurius, 1605. Farinacius (1609). Antonius Capycius, Decisiones nouae Sacri Regii Concilii Neapolitani, Venetijs, apud haeredes Lucaeantonij Iuntae Florentini, 1541. 11. Ein Tyrann ist, wer die Ausübung der reinen Religion verhindert. a Puteo (1605). 13. Wer die Ersten des Gemeinwesens unterdrückt. a Puteo (1605). 15. Wer die besonderen Aufgaben seines Amtes vernachlässigt. a Puteo (1605). 16. Wer die Glieder des Reichs nicht gegen Gewalt und Unrecht verteidigt. Gigas (1584). 19. Wer die Untertanen durch maßlose Geldeintreibung ausbeutet. a Puteo (1605). 21. Wer öffentliche Güter des Reichs zum eigenen Belieben missbraucht. Aymo Cravetta, Consiliorum sive responsorum […] Pars prima et secunda, Venetiis, apud Nicolaum Bevilacquam, 1568. Julius Clarus, Liber Quintus sive Practica Criminalis, Venetiis, Typografia Baretiana, 1640. a Puteo (1605). 23. Wer öffentliche Güter verschwendet, weggibt, verschleudert und mindert. a Puteo (1605).
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26. Die verschiedenen Bezeichnungen der Tyrannen in der Heiligen Schrift. Zoannettus (1600). 27. Ein Tyrann ohne Rechtstitel (absque titulo) ist kein Tyrann im eigentlichen Sinne und kann auch von Privaten abgesetzt werden. Bartolus a Saxoferrato, Tractatus de tyranno, in: Politica e diritto nel Trecento italiano, con l’edizione critica dei trattati De guelphis et gebellinis, De regimine civitatis e De tyranno, a cura di D. Quaglioni, Firenze 1983, S. 175 – 213. Gigas (1584). Farinacius (1609). 30. Gründe für diesen Widerstand [29. Welcher Widerstand gegen eine Tyrannis erlaubt ist]. Rolandus a Valle, Consilia seu mavis responsa, Francofurti ad Mœnum, Apud Joannem Wechelum, impensis Sigismundi Feyerabendii, 1584. Josephus Mascardus, Conclusiones probationum omnium, Venetiis, Zenaro, 1592 – 1593. Antonius Gabrieli, Conclusiones, Venetiis, apud Marcum Amadorum & socios, 1570. 36. Die Grenzen der Verpflichtung zwischen Eltern und Kindern und zwischen Herrn und Vasall. Clarus (1640). a Puteo (1605). 37. Es ist erlaubt, sich gegen denjenigen zu verteidigen, der von Gewalt und Unrecht Gebrauch macht. Zoannettus (1600). 40. Fehlen Grund und Ziel des Vertrags (contractus), so fehlt auch die Verpflichtung. Mascardus (1592 – 1593). a Valle (1584). 41. Wo kein Richter ist, darf jeder für sich Recht sprechen. Tiberius Decianus, Tractatus criminalis, Venetiis, apud Ioannem, & Andream Zenarios, fratres, 1590. 42. Gegenüber einem notorisch unrecht Handelnden ist Widerstand erlaubt. Prosperus Farinacius, Praxis et theoricæ criminalis Partis primæ Tomus secundus, Lugduni, Sumptibus Horatij Cardon, 1614. Jacobus Menochius, De recuperanda possessione, Coloniae Agrippinae, apud Gualtherum Fabricium et Ioannem Gymnicum, sub Monocerote, 1572. Maranta (1546). 45. Beispiele von Königabsetzungen aus der weltlichen Geschichte. a Puteo (1605). Zoannettus (1600).
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47. Wer Tyrannen Widerstand leisten darf und muss. Zoannettus (1600). 56. Wann einem Tyrannen Widerstand zu leisten ist. Zoannettus (1600). 64. Das Gemeinwesen macht durch seine Billigung einen Tyrannen zu einem legitimen Magistrat. Farinacius (1609). Gigas (1584). 65. Warum Private einer Tyrannis keinen Widerstand leisten dürfen. Zoannettus (1600). 66. Inwieweit der Magistrat von den Gesetzen entbunden ist. Zoannettus (1600). 67. Wann den Untertanen aufgrund tyrannischer Herrschaft die Flucht erlaubt ist. Zoannettus (1600). 76. Ein Teil oder Glied des Reiches kann einen besonderen Herrscher einsetzen. Decianus (1590). Lucas de Penna, Commentaria in Tres Posteriores Lib. Codicis Iustiniani, Lugduni, apud Ioannam Iacobi Iuntae, 1582. 78. Wann es erlaubt ist, einem Vater und wann, einem König Widerstand zu leisten. Decianus (1590). de Penna (1582). 102. Wann Widerstand erlaubt ist. Maranta (1546). Gigas (1584). 110. Ob sich einzelne Städte gegen ihren Magistrat erheben dürfen. Gigas (1584). Decianus (1590). Farinacius (1614). 125. Die Einräumung absoluter Herrschaftsgewalt gewährt kein Recht, gegen die Gesetze zu händeln. Antonius Tessaurus, Nouae decisiones sacri senatus Pedemontani, Venetiis, apud Hieronymum Polum, 1591. 129. Die dieser entgegengesetzte tyrannische und absolute Herrschaftsgewalt. Tessaurus (1590).
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130. Siehe § 128 [Das Wesen königlicher Herrschaft und § 130]. Aymo Cravetta, Tractatus de antiquitate temporis, Venetiis, apud Michaelem Bonellum, 1576. Vorwort.
Das Gewissensrecht in der reformierten Tradition: Johannes A. Van der Meulen (1635 – 1702) und sein Tractatus theologico-juridicus Von Wim Decock1 I. Einführung 1. Ein religiös-juristisch-politisches Programm „Denjenigen, die sich mit dem geltenden Recht beschäftigen, mag es nicht entgehen, dass dieses Recht manchmal vom Recht Gottes, der Moral und der Vernunft abweicht. Deshalb“, so teilte Van der Meulen vorab seinen Lesern mit2, „bin ich immer der Meinung gewesen, dass es keine Energieverschwendung wäre, wenn ich das geltende Recht kurz durchsehen würde, um die fehlbaren Falllösungen der Gottlosen gegen das Licht des unfehlbaren Wort Gottes – des einzigen Maßstabs und der Norm aller Rechtsysteme – zu halten.“ Somit war das Programm seines Traktas Forum conscientiae seu jus poli, hoc est tractatus theologico-juridicus von Anfang an unmissverständlich klar: Van der Meulens Anliegen war es, aufgrund reformiertreligiöser Prinzipien, die Rechtsordnung des forum externum möglichst vollständig mit den Gesetzen des forum internum in Einklang zu bringen.3 Der letzte Maßstab für das menschliche Verhalten solle das göttliche Recht sein, das ius poli. 1 Für die Sprachkorrektur dieses Aufsatzes dankt der Verfasser Frau Jasmin Hauck M.A. und Frau Maria Wagner. 2 J. A. Van der Meulen, Forum conscientiae seu jus poli, hoc est Tractatus theologicojuridicus, in quo jus fori ad normam juris poli revocatur et examinatur, per selectas quaestiones, secundum tria juris praecepta digestas, et in tres partes divisas, Ultrajecti, 1693, Ad lectorem: ,Qui juri civili operam dedit, illum fugere non potest, jus illud in quibusdam paucis capitibus a lege Dei, ab honestate, et a ratione deflectere. Affirmat hoc incomparabilis sui temporis J.C. Antonius Matthaeus. Nec puto quempiam frontis adeo perfrictae futurum, ut hoc negare audeat. Non igitur oleum et operam perditurum putavi, si jus civile breviter percurrerem, ac gentilium fallibilia responsa, ad infallibile Dei verbum, omnis juris normam ac basim unicam, revocarem et deciderem.‘ 3 Somit teilte Van der Meulen seinen Versuch mit anderen Theologen und Juristen der reformierten Tradition; s. u. a. M. Schmoeckel, Das Gesetz Gottes als Ausgangspunkt christlicher Ethik? Zu calvinistischen Traditionen des 16. Jh.s im Hinblick auf ihre rechtshistorische Relevanz, in: Ius commune, 25 (1998), S. 347 – 366, J. F. Keenan, William Perkins (1558 – 1602) and the Birth of British Casuistry, in: J. F. Keenan / Th. A. Shannon (Hg.), The Context of Casuistry, Washington DC 1995, S. 105 – 130, und Ch. Strohm, Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte im Werk reformierter Juristen, Rechtsgeschichte, Zeitschrift des MaxPlanck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte, 15 (2009), S. 14 – 32.
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2. Ein Richter aus Utrecht Der reformierte Jurist Van der Meulen studierte an der Universität Utrecht u. a. römisches Recht bei Joannes Voet (1647 – 1713) und wurde dort zum doctor utriusque iuris promoviert.4 Er war Deichgraf von Vianen, einer Herrschaft in der Nähe von Utrecht, und Richter am dortigen Gerichtshof. Die Herrschaft Vianen hatte seit dem 15. Jahrhundet den Herren von Brederode gehört, bis das Geschlecht 1679 ausstarb und die Herrschaft an das deutsche Haus Lippe überging. Van der Meulen hat eine juristische Abhandlung über das Testament von Graf Johan Wolfard von Brederode hinterlassen, in der er die Nachfolge des Grafen zu Lippe verteidigt. Außerdem erörterte er in einem 1684 veröffentlichten Traktat die Statuten und Gewohnheitsrechte der Diozöse Vianen und Ameyden unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und unter Angabe der überholten Rechtssätze aus dem ius commune. Später wurde Van der Meulen auf das Richteramt am „Hof van Brabant“ zu Den Haag berufen. Er war also gut mit der Rechtspraxis vertraut. Darüber hinaus interessierte er sich als überzeugter Calvinist stark für theologische Fragen. Manchem Theologen warf er vor, sich beim Erforschen des Glaubensmysteriums zu sehr auf die Vernunft zu stützen. In fast pietistischem Sinne glaubte er, die Vernunft solle nicht Maßstab der Religion sein.5 Am Rande seines Traktats über das Gewissensforum setzte er sich etwa mit dem zeitgenössischen Theologen Balthasar Bekker (1634 – 1698) auseinander, der in seinem einflussreichen Werk „De betoverde weereld“ („Die bezauberte Welt“) versucht hatte, die Realität des Teufels auf Erden zu verneinen.6 3. Die nähere Reformation Im Gegensatz zu seinem frühaufklärerischen Landesgenossen, konnte bei Van der Meulen von einer „Entzauberung der Welt“ (Max Weber) noch nicht die Rede sein. Seine Lebenswelt war in beträchtlicher Weise von der „näheren Reformation“ (Nadere Reformatie), einer holländischen Frömmigkeitsbewegung mit Schwerpunkt in 4 Eine eigenständige Biografie zu J. A. Van der Meulen fehlt. Einzelheiten über sein Leben und Werk können der Digitale Bibliotheek voor Nederlandse Letteren entnommen werden: http://www.dbnl.org/tekst/aa__001biog15_01/aa__001biog15_01_0053.php#m1359 [Webseite zuletzt am 15. Mai 2013 besucht]. 5 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 22, S. 292: ,Reprehendendi igitur theologi, qui nimis rationi confidunt, omnia Theologiae dogmata ad ratiocinationis trutinam revocantes: animalis enim homo non est capax eorum, quae sunt Spiritus Dei, sunt enim ei stultitia, nec potest ea cognoscere, quia spiritualiter dijudicantur, ut Paulus inquit 1 ad Corinth. cap. 2, v. 14. Ratio itaque religionis norma esse non potest.‘ 6 J. A. Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 22, S. 293 – 300. Die Kontroverse um Balthasar Bekker ist Gegenstand der Analyse in A. Cooper Fix, Fallen Angels: Balthasar Bekker, Spirit Belief and Confessionalism in the Seventeenth Century Dutch Republic (International Archives of the History of Ideas, 165), Dordrecht 1999. Die Rolle Bekkers bei der Delegitimierung der Hexenverfolgungen wird besprochen von R. Attfield, Balthasar Bekker and the Decline of the Witch-Craze: The Old Demonology and the New Philosophy, Annals of Science, 42 (1985), S. 383 – 395.
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Utrecht, geprägt. Genauso wie die Puritaner, ihr englisches Pendant, strebte diese Bewegung eine sittenstrenge, puritanische Glaubensbelebung an. Begründer der Bewegung war der Utrechter Theologe Gijsbert Voet (1589 – 1676), Großvater des Juristen Joannes Voet.7 Seiner Ansicht nach konnte nur eine „Sauberkeit sauberer als die herkömmliche Reformation“ (purior quaedam puritas supra communem et receptam reformationem) gottgefällig sein.8 Von diesem Puritanismus war Van der Meulens Geist tief durchdrungen. Im Vorwort seines Traktats spricht er über seine Religion als eine, die sauberer ist als alle anderen (nostra purior religio). Darüber hinaus widmet er seinen Traktat Wilhelm III. von Oranje-Nassau (1650 – 1702), dem neuen Fürst Englands, der sich laut Van der Meulen völlig der purior religio verschrieben hatte. 4. Das Gewissensforum Tatsächlich erschien Van der Meulen’s theologisch-juristischer Traktat 1693, gut fünf Jahre nach der „Glorious Revolution“, diesem bedeutenden Ereignis der englischen Geschichte, das auf Van der Meulen offenbar einen großen Eindruck gemacht hatte. Er hatte sich in die Geschichte Englands eingelesen, und meinte sogar, man könne nach Vorbild der Engländer das Gewissensforum das „Gericht der Christenheit“ (curia christianitatis) nennen.9 Sir Thomas Smith (1513 – 1577) hatte diesen Begriff bei seiner Erörterung der kirchlichen Gerichtsbarkeit in England verwendet.10 In einer Abhandlung, die dem eigentlichen Traktat vorausgeht, erläutert Van der Meulen seine Auffassung vom Gewissensforum:11 „Wir, denen es gegönnt 7 A. Mühling, Zwischen Puritanismus, Orthodoxie und frühem Pietismus – Gisbert Voetius und die „Nahere Reformatie“, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, 52 (2003), S. 243 – 254; W. J. van Asselt / E. Dekker (Hg.), De scholastieke Voetius: Een luisteroefening aan de hand van Voetius’ Disputationes selectae, Zoetermeer 1995; A. Goudriaan, Reformed Orthodoxy and Philosophy, 1625 – 1750. Gisbertus Voetius, Petrus van Mastricht, and Anthonius Driessen (Brill’s Series in Church History, 26), Leiden 2006; A. J. Beck, Gisbertus Voetius (1589 – 1676). Sein Theologieverständnis und seine Gotteslehre (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, 92), Göttingen 2007. 8 F. G. M. Broeyer, Gisbertus Voetius, God’s Gardener. The pattern of godliness in the Selectae Disputationes, in: M. Wisse / M. Sarot / W. Otten (Hg.), Scholasticism reformed, Essays in Honour of Willem J. van Asselt, Leiden-Boston 2010, S. 127 – 154 (145). 9 Van der Meulen, Forum conscientiae seu jus poli, hoc est tractatus theologico-juridicus, Diss. prael. de conscientiae et ejus foro, S. 33. 10 Th. Smith, De republica Anglorum: The maner of governement or policie of the Realme of Englande, London, 1583, book 3, chapter 9 (Of the court which is called spirituall or ecclesiasticall, and in the bookes of law, court Christian, or ,curia christianitatis‘), online verfügbar unter: http://www.constitution.org/eng/repang.htm. 11 Van der Meulen, Forum conscientiae seu jus poli, hoc est tractatus theologico-juridicus, Diss. prael. de conscientiae et ejus foro, S. 33: ,Nos, quibus purissimam illam aequam vitae aeternae ex ipsa fonte haurire concessum est, per illam curiam tale forum indigitamus, in quo omnis juris quaestio secundum doctrinam Christianam in Sacris tabulis contentam, deciditur, in quo nil justum existimatur, nisi quod illius doctrinae principiis conveniat, aedoque cujus unica decidendi norma, doctrina Christi est, quam discipuli ejus sequi debent, ut Christiani dici queant (…).‘
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wurde, jenes reine und saubere Wasser des ewigen Lebens aus der Quelle selbst zu schöpfen, bezeichnen mit dieser curia jenes Gericht, in dem jede Rechtsfrage auf Grundlage der Lehre Christi wie sie in den Heiligen Schriften offenbart wurde, entschieden wird. Vor diesem Gericht wird nichts für rechtmäßig gehalten, wenn es nicht mit den Prinzipien der Lehre Christi übereinstimmt, ja der einzige Entscheidungsmaßstab (norma decidendi) in diesem Gericht ist die Lehre Christi. Seine Schüler müssen dieser Lehre folgen, um überhaupt Christen genannt werden zu können.“ 5. Verhältnis zur katholischen Spätscholastik Dieses „saubere“ Glaubenswasser und die „saubere“ Lehre Christi hatten die Katholiken noch nicht getrunken, meinte Van der Meulen. Ihm war völlig bewusst, dass es eine katholische Literatur über Gewissen und Recht gab.12 Er bezeichnete ihre Autoren als diejenigen, die Traktate „Über Gerechtigkeit und Recht“ geschrieben hatten, und gewöhnlich „Kasuisten“ genannt wurden.13 Er wollte auch nicht bestreiten, dass die katholischen Theologen und Juristen wertvolle Erkenntnisse geliefert hatten, aber er glaubte, dass sie nicht von den richtigen Prinzipien ausgegangen waren, weil sie der falschen Religion angehört hatten. Seine Methode, und seine Ausgangspunkte, so Van der Meulen, waren andere.14 Sein Maßstab war das „saubere“ Wort Gottes. Ein wichtiger Ausgangspunkt der Kritik Van der Meulens an seinen katholischen Vorgängern war, neben ihrer Anwendung des Probabilismus, dass sie die Schlechtigkeit der menschlichen Natur nicht ernst genug genommen hatten.15 Dar12
Dazu M. Turrini, La coscienza e le leggi, Morale e diritto nei testi per la confessione delle prima età moderna (Annali dell’Istituto storico italo-germanico, Monografie, 13), Bologna 1991, P. Prodi, Eine Geschichte der Gerechtigkeit, Vom Recht Gottes zum modernen Rechtsstaat, München 2003 [=Una storia della giustizia, Dal pluralismo dei fori al moderno dualismo tra coscienza e diritto, Bologna 2000], und M. Meccarelli, Ein Rechtsformat für die Moderne, Lex und Iurisdictio in der spanischen Spätscholastik, in: C. Strohm / H. de Wall (Hg.), Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit (Historische Forschungen, 89), Berlin 2009, S. 285 – 311. Weitere Literaturhinweise in W. Decock, From Law to Paradise. Confessional Catholicism and Legal Scholarship, Rechtsgeschichte, Zeitschrift des MaxPlanck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte, 18 (2011), S. 12 – 34. 13 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), Ad lectorem: ,Non me praeterit, hoc etiam ab aliis factitatum, et quidem ab illis doctoribus praecipue, qui de justitia et jure scripsêre, quique vulgo Casistae vocantur.‘ 14 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), Ad lectorem: ,Attamen idcirco laborem hunc non incassum esse, sed lectori quodammodo etiam conducere posse, satis quoque persuasus sum. Praeterquam enim, quod Ulpiano teste, addendo et detrahendo jus nostrum efficimus, alia mihi methodus, alia mihi basis est, quae haec doctrina mea nititur. Verbum Dei purum, sanamque illi innixam rationem ut solam respondendi normam agnosco, cum contra plerique eorum, secundum spuriae religionis principia, quae incerta et falsa sunt, quaestiones hasce deciderint.‘ 15 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 22, S. 278: ,Haec quoque faciet ut nullus vestrum plurium votis vel vulgi opinionibus in judicando alligatus sit: scientia enim non multitudine judicandum, nec semper sentiendum cum vulgo, cum nulla pronior ad errorem via sit, quam per vulgi vestigia.‘ Die Kritik am Probabilismus, vor allem an seinem
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über hinaus fehlte bei Van der Meulen der institutionelle Rahmen der katholischen Gewissensrechtsliteratur, nämlich das Sakrament der Beichte.16 6. Gliederung des Traktats Im Gegensatz zu seinen katholischen Vorgängern, gliedert Van der Meulen seinen Traktat über das Gewissensrecht nicht nach Tugenden, sondern nach den drei Grundprinzipien des Rechts, die Ulpian zu Beginn der Digesten erwähnt: honeste vivere, neminem laedere, ius suum cuique tribuere. In einer zweiten Abhandlung, die seinem Traktat vorausgeht, setzt sich Van der Meulen explizit mit der Verbindlichkeit des römischen Rechts im Gewissen auseinander. Dort erwähnt er, die drei Prinzipien Ulpians sollen die Grundlage jedes von Menschen erlassenen Gesetzes bilden, weil sie dem Naturrecht entsprächen.17 Im ersten Teil seines Forum conscientiae setzte sich Van der Meulen mit zweiundzwanzig Fällen auseinander, die seiner Meinung nach mit dem Prinzip honeste vivere verbunden seien, etwa der Frage, ob der Richter seinem Gewissen folgen dürfe; der Frage, ob ein lediger Mann eine Geliebte haben darf; der Frage, ob Monopole mit dem Gewissen vereinbar sind. Im zweiten Teil bespricht Van der Meulen Fragen, die in irgendeiner Weise mit Körperverletzung (neminem laedere) zu tun haben, etwa ob Notwehr erlaubt ist, ob Tyrannenmord ohne Sünde begangen werden kann, ob Kinder für das Majestätsverbrechen ihres Vaters gestraft werden dürfen, usw. Im dritten und letzten Teil, das dem Grundsatz ius suum cuique tribuere entspricht, erörtert Van der Meulen Fälle wie etwa die „Verkürzung über die Hälfte“ (laesio enormis), Wuchergeschäfte, und Erbstreitigkeiten. Im Folgenden wird anhand von drei exemplarischen Fällen, aus je einem Teil des Traktats Forum conscientiae, beleuchtet, wie Van der Meulen bei der Abwägung von positivem Gesetzesrecht und göttlichem Gewissensrecht vorgeht. Außerdem steht auch die Frage im Vordergrund, wie sich Van der Meulen auf das ius commune und die Spätscholastik bezieht. Der erste Fall betrifft die Gültigkeit von Gewohnheiten und Rechtsbräuchen als Rechtfertigung von Schuld- und Straftaten. Danach wird der Frage nachgegangen, ob gesetzliche Formvorschriften im Gewissen einzuhalten sind. Drittens folgt der Fall der Tötung eines Geächteten.
Gebrauch in den moralischen Traktaten der Jesuiten, ist zur Genüge bekannt. Für eine kritische Betrachtung, cf. J. P. Gay, Le Jésuite improbable. Remarques sur la mise en place du mythe du Jésuite corrupteur de la morale en France à l’époque moderne, in: P.-A. Fabre / C. Maire (Hg.), Les Antijésuites: Discours, figures et lieux de l’antijésuitisme à l’époque moderne, Rennes 2010, S. 305 – 327. 16 Über diesen institutionellen Rahmen, der in der post-tridentinischen katholischen Kirche sogar verstärkt wurde, cf. M. Schmoeckel, Fragen zur Konfession des Rechts im 16. Jahrhundert am Beispiel des Strafrechts, in: I. Dingel / W.-F. Schäufele (Hg.), Kommunikation und Transfer im Christentum der Frühen Neuzeit (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beihefte, 74), Mainz 2008, S. 185 – 187. 17 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), Diss. prael. 2 de legum humanarum nexu in conscientiae necnon de tribus juris praeceptis, S. 45 – 46.
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II. Fallbesprechungen 1. Gewohnheit als Entschuldigungsgrund a) Straflose Wucherverträge? Die Vermutung liegt nahe, dass sich der religiöse Argwohn Van der Meulens der verderbten menschlichen Natur gegenüber auch in seiner Auffassung von den Rechtsquellen widerspiegelt. Deshalb möchten wir zunächst einige Fälle besprechen, die Van der Meulen’s Ansicht zur moralischen Gültigkeit von Gewohnheiten und Rechtsbräuchen beleuchten. In der quaestio 20 des ersten Teils seines Traktas, das dem ersten Rechtsprinzip Ulpians gewidmet ist (honeste vivere), stellt Van der Meulen die Frage, ob Gewohnheit (consuetudo) als Entschuldigungsgrund für Sünden gelten könne. Man könnte sich zum Beispiel fragen, inwieweit Wucherverträge, die an sich unerlaubt sind, durch regelmäßige und weitverbreitete Praxis zu erlaubten Geschäften werden.18 b) Die Macht der Gewohnheit Van der Meulen zitiert die Literatur des ius commune, etwa Oldrado da Ponte (gest. 1335), als Autorität für die Meinung, dass Gewohnheit die Parteien eines wucherischen Geschäfts entschuldigt, das heißt von Strafe befreit.19 Van der Meulen bemerkt auch, dass der reformierte Jurist Denis Godefroy (1549 – 1622) in seiner Neuausgabe des Corpus Iuris Civilis die Meinung vertrat, dass man nicht für das, was die Öffentlichkeit für erlaubt hält, haftet. Die Ansicht war also weit verbreitet, dass die Gewohnheit das Gesetz auszuhebeln vermag. Aus einem unerlaubten kann sie einen erlaubten Vertrag machen. Die Gewohnheit ist durchaus als mächtig zu betrachten, so mächtig, dass Van der Meulen sie als einen Tyrannen bezeichnet (mos tyrannus est).20 18 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 248 – 249: ,Ponamus e. g. contractum usurarium in se illicitum esse, quaeritur j utrum consuetudine licitus fieri queat? Respondet doctores consuetudinem excusare illicitum contractum, eosque qui contrahunt, a poena excusatos esse, ita ut contractus sua natura usurarius, pro licito propter consuetudinem reputetur. (…) Bonum enim argumentum quod sumitur a solitis, cum consuetudo legi deroget (…).‘ 19 Tatsächlich führt O. da Ponte die Gewohnheit als Argument zur Rechtfertigung eines Wuchervertrags an; cf. Consilia et quaestiones, Venetiis 1499, cons. 207, [keine Seitenangabe]: ,Corroborat etiam contractum ipsummet et ab omni suspicione illiciti reddit alienum ipsius regni imo fere totius mundi consuetudo secundum quam tales contractus contractus continue celbrantur‘. Zu Oldrado da Ponte, cf. T. Schmidt, Die Konsilien des Oldrado da Ponte als Geschichtsquelle, in: I. Baumgärtner (Hg.), Consilia im späten Mittelalter. Zum historischen Aussagewert einer Quellengattung, Sigmaringen 1995, S. 53 – 64, und H. Lange / M. Kriechbaum (Hg.), Römisches Recht im Mittelalter, Band 2: Die Kommentatoren, München 2007, S. 602 – 612. 20 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 248: ,Potens est in cunctis consuetudo, usque adeo ut non inconcinne tyrannus appellari queat, secundum vulgare dictum mos tyrannus est. Hanc enim potentiam tam late extendunt doctores ut illam licitum quid facere quod alias illicitum est, statuere non erubescant, l. 17, par. 11, ff. de aedilit. edict.‘
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Eben deshalb will er der dringenden Frage nachgehen, inwieweit diese Meinung auch im Gewissensforum vertretbar sei. c) Der Unterschied zwischen menschlicher und göttlicher Strafe Die Ansicht Van der Meulens ist zunächst ganz deutlich und klar: auch wenn er nicht abstreiten will, dass die communis opinio im äußeren Forum verteidigt wird, schließt er ihre Anwendung im Gewissensforum völlig aus.21 Es gilt streng zwischen den Bereichen der Strafe (poena) und der Sünde (peccatum) zu trennen. Gewohnheiten mögen vor Strafen im Diesseits schützen, sie besitzen jedoch nicht die Kraft, vor Sünden zu bewahren. Laut Van der Meulen soll sich das menschliche Verhalten den Gesetzen, und nicht das Gesetz dem verdorbenen menschlichen Verhalten anpassen. Oder, wie er an anderer Stelle anführt, Christus sagte, „ich bin der Weg und die Wahrheit“, er sagte nicht, „ich bin die Gewohnheit“.22 Zur Bekräftigung dieser fundamentalen Ansicht zitiert er den Italienischen Juristen Tommaso Grammatico (c. 1473 – 1556), nach dem die Gewohnheit zwar von weltlicher (temporalis), aber nicht von göttlicher (divina) Strafe befreit.23 d) Nach göttlichem Recht Unerlaubtes Diesen deutlichen Standpunkt nimmt Van der Meulen nun zum Anlass, das Verhältnis von weltlichem und göttlichem Gesetz, Strafe und Sünde, forum externum und forum internum im Hinblick auf die rechtfertigende Kraft der Gewohnheit näher zu untersuchen. Dazu trifft er eine Unterscheidung zwischen dem, was nach göttlichem Recht und per se unerlaubt ist, einerseits, und dem was nur nach menschlichem positivem Recht unerlaubt ist, andererseits. Selbstverständlich kann das, was nach göttlichem Recht unerlaubt ist, etwa eine Handlung die gegen den Dekalog verstößt, nie durch Gewohnheit gerechtfertigt werden. Unter Berufung auf das Decretum Gratiani (Dist. 8, c.3) meint Van der Meulen, eine dem göttlichen Recht zuwider 21 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 249: ,Sed haec doctrina, licet inficias ire nequeam, in foro externo, quoad poenam temporalem defendi posse, attamen quoad peccatum in foro conscientiae procedere nequit, sana quippe ratione dictante, longe aequius esse, ut mores hominum ad legis normam corrigantur, quam ut leges perversitate morum corrumpantur vel eludantur.‘ 22 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 250: ,Christus enim dixit ego quidem sum veritas et via, non dixit vero ego sum consuetudo.‘ Zur Rezeptionsgeschichte dieses Satzes, cf. A. Gouron, Non dixit: Ego sum consuetudo, Zeitschrift der SavignyStiftung für Rechtsgeschichte, Kan. Abt., 74 (1988), S. 133 – 140. 23 Th. Grammaticus, Decisiones sacri regii consilii neapolitani, Lugduni 1555, dec. 50, n. 4, S. 201: ,Consuetudo patriae de non observando iuramento, licet sit prava et irrationabilis, tamen excusat a poena temporali, non autem a divina.‘ Über Grammatico, cf. A. Mazzacane, s.v. ,Grammatico, Tommaso‘, in Dizionario Biografico degli Italiani, 58 (2002), http://www.treccani.it/enciclopedia/tommaso-grammatico_(Di zionario-Biografico)/; M. N. Miletti, Stylus iudicandi. Le raccolte di decisiones del Regno di Napoli in età moderna, Napoli 1998, S. 21 – 23.
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laufende Gewohnheit soll im Gewissensforum als eine gefährliche Verderbtheit gelten und sofort verworfen werden.24 Ein Beispiel ist die Straflosigkeit, jedenfalls im forum externum, einer Tötung im Kontext eines Ring- oder Faustkampfes. Hier töten sich Kämpfer straflos, weil es zur festen Gewohnheit geworden ist, dass die lex Aquilia auf diesen Fall keine Anwendung findet. Obgleich diese Tötung nach dem Zivilgesetz keiner Strafe ausgesetzt ist, bleibt sie gleichwohl eine Sünde, weil im Gewissensforum die zehn Gebote gelten, nach denen jede Tötung unerlaubt ist.25 Das Böse an sich (malum per se) kann nie in das Gute umgewandelt werden. e) Nach (rein) positivem Gesetz Unerlaubtes Was aber meint Van der Meulen zu jenen Fällen, in denen eine Handlung nur infolge eines menschlichen Gesetzes untersagt ist? Besteht hier die Möglichkeit, dass durch Gewohnheit aus dieser Handlung eine moralisch erlaubte Handlung wird? Als Beispiel nennt Van der Meulen ein Jagdverbot. Sollte dieses Verbot durch Gewohnheit aufgehoben worden sein, dann begeht man keine Sünde, wenn man die Jagd ausübt. An sich ist das Jagen nicht verboten, so dass die Jagd erlaubt ist, sobald das Jagdverbot durch allgemeine, alltägliche Nichtbeachtung überholt worden ist. In diesem Fall erkennt Van der Meulen die Kraft der Gewohnheit an, einen rechtlichen und moralischen Anspruch zu kreieren, der das positive Gesetz untergräbt. Die Art dieses Anspruches ist ein ius facti, ein faktisches Recht, weil es den rebus et factis populi, den faktischen Handlungen des Volkes entspricht.26 f) Notarielle Formvorschriften Es gibt aber durchaus schwierigere Fälle, die Van der Meulen u. a. der Rechtspraxis seiner Zeit entnimmt, insbesondere bezüglich der Bestellung einer Hypothek. Nach strikter Formvorschrift konnte der Sekretär eigentlich nur dann eine Hypothek an einem Land bestellen, wenn entweder der Prätor und zwei Schöffen oder drei 24 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 249: ,Quod spectat illicita jure divino et per se, uti sunt omnia ea quae repugnant praeceptis decalogi, illa nullo unquam tempore, nulla consuetudine in conscientia licita reddi possunt, cum potius talis consuetudo corruptela dicenda, et ut perniciosa radicitus evellenda sit c. 3, dist. 8.‘ 25 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 250: ,Alia autem ratio obtinet in foro conscientiae quoad peccatum, cum occidendo revera hoc casu coram Deo peccavit, adeout haec consuetudo, si uspiam vigeret, in conscientia nullo colore excusari posset, utpote repugnans sexto decalogi praecepto omnem omnino privatam caedem vetanti. Quae enim sunt de genere prohibitorum in praeceptis decalogi, moraliter et per se mala sunt, quod autem in se malum est, nunquam potest fieri bonum.‘ 26 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 250: ,Venari enim prohibitum tantum quia prohibitum, qua prohibitione cessante, iterum licita venatio, cessare autem intelligitur contraria consuetudine, ubi quotidianus rerum usus docet, multa edicta ideo cessare, quia in desuetudinem abiêrunt. Et haec contraria consuetudo rectissime dicitur jus quoddam moribus institutum hoc est, rebus et factis populi l. 32, par. 1, ff. de Il., quae idcirco facti esse dicitur, cum factis inducatur.‘
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Schöffen bei der Bestellung anwesend waren. Weil diese Formvorschrift praktisch nie eingehalten werden konnte, war allmählich der Brauch entstanden, dass der Sekretär dennoch die Hypothek bestellen konnte, indem die Anwesenden mündlich bestätigten, dass sie den abwesenden Schöffen baldmöglichst über die Bestellung informieren würden.27 Daraufhin trug der Sekretär die Hypothek in das Grundbuch ein, erwähnte auch den Namen des Abwesenden, und fügte der Akte sogar dessen Siegel bei. Die Frage war, ob sich der Sekretär damit der Urkundenfälschung schuldig machte. Van der Meulen meinte dazu, der Sekretär sei weder im forum externum noch im forum internum der Fälschung schuldig. Er begründete seine Meinung damit, dass diese Anwesenheit der Schöffen nur eine nicht-wesentliche Formvorschrift war.28 Wenn mit Sicherheit keine Täuschung im Spiel war, konnte die Beurkundung weder vor Gericht noch im Gewissen zur Strafe oder Sünde führen. 2. Gesetzliche Formvorschriften im Vertragsrecht a) Zwischen Geist und Buchstabe Die Frage nach der Verbindlichkeit von gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften im Gewissen war Gegenstand einer ausführlichen Debatte im dritten Teil des Tractatus theologico-juridicus, der nach heutiger Klassifizierung vor allem privatrechtlichen und wirtschaftsethischen Themen gewidmet war, nach Van der Meulens Meinung aber generell die dritte Vorschrift Ulpians betraf (ius suum cuique tribuere). In der quaestio 24 besprach Van der Meulen die Gültigkeit von durch Formmängel betroffenen Testamenten, eine Problematik, die er in der quaestio 26 angesichts von Verträgen, die nicht gemäß den Formvorschriften abgeschlossen waren, weiter verfolgte; Beispiele sind etwa die Schenkung eines wertvollen Grundstücks 27 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 252 – 253: ,(…) verbum addam quid dicendum sit de illa nostratium consuetudine, qua secretarius in constituenda hypotheca adsciscere teneatur praetorem et duos scabinos, vel absente praetore tres scabinos, in quorum praesentia hypotheca constituitur, quorumque sigilla hypothecae instrumento appenduntur: cum atuem interdum contingat, ut unus eorum seu absens seu impeditus constitutioni, licet vocatus, non intersit, communi consuetudine invaluit ut tamen secretarius, licet non omnes praesentes sint, negotium absolvat cum praesentibus, qui praesentes tunc asserere solent, se collegae absenti, quam primum possunt, tale negotium gestum indicaturos esse, quo fit ut secretarius illa assertione fretus, hypothecam constitutam in scriptis redigat, ac in conscribendo absentis nomine quoque utatur, ac si adfuisset, obligationique j conscriptae etiam absentis sigillum, quod forte ipsi reliquit ut in tali casu uteretur, appendat (…).‘ 28 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 1, quaest. 20, S. 253: ,Quod spectat rem ipsam, nostro casu hypothecae constitutionem, illa vera est, illamque veram esse instrumento secretarius testatur: quod solennitates attinet, scil. talium personarum praesentiam, illae personae cum tantum ad solennitatem extrinsecam requirantur, usu invaluit ut alter pro altero cavêre queat belgic. den anderen vervangen, adeout ex ipsius negotii natura, et ex qualitate eorum censeantur habêre mandatum: nuda enim ipsorum praesentia sola desideratur, praestandae auctoritatis et probationis causa, quae auctoritas sufficienter residet penes collegam praesentem, quaeque probatio per duso quoque sufficiens est, saltem in jure poli, qui duo adsunt.‘
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unter Lebenden, die nach dem Justinianischen Recht eine behördliche Beurkundung (insinuatio) erforderte, oder ein Vertragsabschluss ohne Erlaubnis des Ehemannes (licentia mariti) bzw. des Vormunds (auctoritas tutoris), was angesichts der Geschäftsunfähigkeit der Frau bzw. des Minderjährigen erforderlich war.29 Es leuchtet unmittelbar ein, dass diese Fragestellungen nicht nur von erheblicher Bedeutung in der Praxis waren, sondern sich auch auf Kernstücke der christlichen Lehre bezogen, etwa die berühmte Aussage Paulus‘ im zweiten Korintherbrief, dass der Buchstabe tötet, aber der Geist lebendig macht (2 Kor. 3:6).30 Dementsprechend war die Frage nach der Verbindlichkeit von gesetzlich auferlegten Formvorschriften im Gewissen in den kanonistischen und spätscholastischen Quellen schon akribisch aufgearbeitet worden. b) Rezeption der Kanonistik und Spätscholastik Van der Meulen war sich der bestehenden, kanonistischen und spätscholastischen Tradition stets bewusst.31 Wie im Folgenden gezeigt wird, hat er sich für die Lösung der Formvorschriftenproblematik weitgehend von Theologen wie Luis de Molina (1535 – 1600) und Kanonisten wie Diego de Covarruvias y Leyva (1512 – 1577) inspirieren lassen. Allein schon die Tatsache, dass er die Fragen nach den Formvorschriften in Testamenten und Verträgen in separaten quaestiones erörtert, ist ein Beleg dafür, dass er mit der frühneuzeitlichen, spanischen Diskussion rund um das Thema Formvorschriften vertraut war. Niccolo de’ Tedeschi (1386 – 1445), besser bekannt als Abbas Panormitan, hatte noch versucht, ein allgemeines Prinzip zu etablieren, nach dem sowohl Wahlen und Testamente als auch Verträge trotz Verstößen gegen Verfahrensregeln oder Formvorschriften im Gewissen nicht beachtet werden müssen, solange dem Wahlverfahren oder Rechtsgeschäft ein wahrhafter Konsens zugrunde lag. Den Spätscholastikern allerdings wurde zunehmend klar, dass 29 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 143 – 144: ,Est gravis, quotidiana et perutilis quaestio, qua quaerunt doctores de contractu vel actu aliquo, qui in foro fori ob defectum solemnitatis pro nullo habetur, an ille in foro poli validus esse queat? Qui status controversiae ut clare ac distincte pericipatur, per exemplare ire lubet. E.g. Titius sponte et actue donavit Cajo praedium donatione inter vivos, quam insinuare juxta leges et statuta est oblitus, quaeritur an possit Cajus tuta conscientia praedium illud possidere, vel an potius teneatur illud Titii heredibus restituere, cum talis donatio lege humana sit nulla? Similiter, uxor constante matrimonio inivit contractum absque licentia mariti, eo in loco ubi sine mariti consensu contrahere non poterat, quaeritur an ille contractus j sine consensu mariti factus, cum in foro externo nullus sit, nihilominus in foro conscientiae validus haberi debeat? Pari modo minor absque tutoris auctoritate contraxit, vel praedium sine praesidis decreto ac tutoris consensu alienavit, quaeritur an emptor illud praedium incolumi conscientia retinere possit?‘ 30 Diese Problematik wurde neuerdings von C. Ginzburg thematisiert in seinem Artikel The Letter Kills, On Some Implications of 2 Corinthians 3:6, History and Theory, 49 (2010), S. 71 – 89. 31 Für eine ausführlichere Besprechung dieser Traditionsstränge, cf. W. Decock, Theologians and Contract Law: The Moral Transformation of the Ius Commune (ca. 1500 – 1650) (Brill Legal History Library, 9 / Studies in the History of Private Law, 4), Boston / Leiden 2013, S. 329 – 418.
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man so leicht nicht die Lösung des Formproblems im Falle von Testamenten per analogiam auf Verträge übertragen konnte. Spätestens mit Jesuiten wie Molina and Leonard Lessius (1554 – 1623) wurde dann das Formproblem in Verträgen von den Formvorschriften in Testamenten getrennt. Prinzipell befürworteten Molina und Lessius den Formalismus im Vertragsrecht, auch unter dem Gesichtspunkt des Gewissens, aber sie bestritten die Anwendung eines strengen Formalismus im Testaterbrecht. c) Naturrechtliches Konsensprinzip Der Kanonist Panormitan war der wohl bedeutendste Vertreter der Meinung, dass der Wille des Menschen dermaßen frei ist, dass er sich den positiven Gesetzen entziehen kann.32 Auch dann, wenn sich das positive Gesetz dagegen wehrt, kann gemäß dem Naturrecht ein gültiger Konsens entstehen, insofern die Willensübereinstimmung nicht von Betrug und Täuschung beeinträchtigt worden ist. Folgerichtig kann ein Vertrag, der nicht nach den rechtlich zwingenden Vorschriften abgeschlossen wurde, dennoch im Gewissen wirksam sein.33 Auf die vielfältige Wirkungsgeschichte dieser Auffassung können wir hier nicht eingehen, aber es gilt zu betonen, dass dieses radikale Prinzip umso problematischer wurde, je stärker die Gewalt des heranwachsenden Territorialstaates um sich griff. Somit lässt sich an der Frage nach der moralischen Wirkung von Formvorschriften gewissermaßen die politische Ideengeschichte ablesen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass Theologen der Schule von Salamanca, etwa Francisco de Vitoria (1483/1492 – 1546) und Domingo de Soto (1494 – 1560), diejenigen sind, die vor dem Hintergrund der zunehmend absolutistisch regierenden spanischen Monarchen, zum ersten Mal die Meinung von Panormitan und anderen Kanonisten des Spätmittelalters besonders heftig angegriffen haben.34 d) Spanien und Staatsräson Van der Meulen zitiert nicht ohne Zufall Soto und Covarruvias als Vertreter der Auffassung, dass Formvorschriften auch im Gewissensforum wirksam sind. Zusammenfassend lautet die Argumentation hinter dieser Ansicht, dass die Macht der Zivilgesellschaft, gerechte Gesetze zu erlassen, völlig leer und erfolglos wäre, wenn die Untertanen im Gewissen nicht durch diese Gesetze gebunden wären.35 Unter Beru32
Decock, Theologians and Contract Law (FN 32), S. 342 – 344. Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 144: ,Nam voluntas nostra tam libera est, ut legibus positivs minime subsit, possumus itaque et invita lege positiva consentire, ac consequenter naturaliter obligari. Quamvis igitur contractus nullus sit ex solennitatis defectu, quantum ad metas juris naturalis tamen, ibi est verus titulus, modo fraus absit et dolus, cui juri naturali ut stetur, talis contractus in foro animae validus erit, juxta doctrinam Panormitani, in c. quia plerique, de immun[itate] Eccles[iae], n. 31.‘ 34 Decock, Theologians and Contract Law (FN 32), S. 366 – 369; 376 – 380; 393 – 398. 35 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 144: ,Pro negativa sententia facit, quod cum respublica civilis, preater jus naturale ac divinum, justas condendi 33
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fung auf Justinian müsste man deshalb die natürliche Freiheit als eine bedingte Freiheit auslegen. Die aus ihr resultierende Befähigung nach Belieben zu handeln ist durch die Grenzen des Rechts beschränkt.36 Folgerichtig sind Verträge ohne Beachtung von eventuellen Formvorschriften nicht nur im äußeren sondern auch im inneren Forum nichtig. Van der Meulen zitiert neben Soto und Covarruvias noch Giacomo Menochio (1532 – 1607) und Pedro de Ledesma (1544 – 1616) als Vertreter dieser Meinung.37 Sofort danach weist er allerdings auf die nuancierte Lösung des Jesuiten Molina hin. Zwar unterstützte Molina im Prinzip die Meinung von Soto, Ledesma und Covarruvias, nach der gesetzliche Formvorschriften beim Abschluss bestimmter Verträge auch im Gewissen wirksam sind. In einigen Ausnahmefällen milderte er diese Stellung aus Billigkeitsgründen (aequitas) ab.38 Wenn etwa nur eine vergleichsweise unbedeutende Formvorschrift nicht beachtet wurde, müsste man den Vertrag im Gewissensform als weiterhin gültig betrachten.39 e) Scholastische Distinktionstechnik Was nun war die persönliche Meinung des Van der Meulen zu diesem Problem? Angesichts der Meinungsverschiedenheit von solchen gelehrten Männern, so Van der Meulen, habe er Angst vor voreiligen Schlussfolgerungen. Um seine Ratlosigkeit zum Ausdruck zu bringen, benutzt er sogar die Wörter des spanischen Kanonisten Juan Gutierrez (geb. 1535/1540).40 Dann führt er aber auf ganz scholastische leges potestatem habeat, haec potestas vana et inutilis foret, si subjecti huiusmodi legibus in conscientia non teneantur obedire (….).‘ 36 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 145: ,Praeterea, quod respublica vel princeps possit naturalem civium voluntatem in suis rebus dispensandis cohibere, ac modum iis praescribere, docet sana ratio, cum hominum libertas consistat in eo, quod cuique facere licet non quod lubet, est enim libertas naturalis facultas ejus, quod cuique facere libet nisi si quid vi aut jure prohibetur ut ait Imperator in par. 1, Inst. de jur. personar.‘ 37 Auch wenn Menochio und Ledesma manchmal der Meinung von Covarruvias folgen, erscheinen ihre Standpunkte tatsächlich nuancierter; cf. G. Menochio, De praesumptionibus, coniecturis, signis et indiciis commentaria, Coloniae Agrippinae, 1595, lib. 1, q. 80 (Praesumptio quando et quomodo in foro conscientiae observari debeat, copiosa et diligens disputatio), S. 81 – 86 und P. de Ledesma, Segunda parte de la Summa, Salamanca 1605, S. 480 – 483. 38 Decock, Theologians and Contract Law (FN 32), S. 400 – 403. 39 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 145 – 146. 40 J. Gutierrez, Canonicae quaestiones utriusque fori, tam exterioris quam interioris animae, Francoforti 1607, lib. 2, cap. 25 (De conditione illa adiecta legato, si non nupserit, an sit reiicienda in foro animae, ita ut nuptiis sequutis, legatum peti aut retineri secure possit?), n. 12 – 13, S. 471 – 472: ,Quid tenendum? Ego profecto erubesco et summe contremisco in re adeo difficili ac inter hos viros gravissimos, quorum discipulus esse vix mereor, iudicium j meum interponere. Nihilomins tamen, cum mei muneris sit, quid sentiam in difficultatibus insinuare, id ita libenter, sicut reverenter faciam.‘ Bio-bibliografische Angaben zu Gutierrez können dem folgenden Aufsatz entnommen werden: J. García Sanchez, Juan Gutierrez. Jurisconsulto español del siglo XVI, intérprete del Derecho romano en materia financiera, Ius commune, 14 (1987), S. 57 – 99.
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Weise zwei distinctiones durch, die eine nuancierte Lösung ermöglichen sollen. Zum einen macht er eine Unterscheidung, was den Zweck des Gesetzes (ratio legis) betrifft.41 Die gesetzliche Formvorschrift kann entweder auf Wahrheit (veritas) oder auf Fiktion (fictio/praesumptio) beruhen. Wenn die Formvorschrift aus einer gesetzlichen Fiktion bzw. Vermutung der Täuschung hervorgeht, dann kann ein Vertrag, der nicht den Formvorschriften entspricht, im Gewissensforum trotzdem wirksam sein, und zwar unter der Voraussetzung, dass moralische Sicherheit darüber besteht, dass die Willensübereinstimmung ohne Täuschung oder Betrug zustande gekommen ist.42 Sollte dagegen der Gesetzeszweck nicht bloß auf einer praesumptio, insbesondere einer Täuschungsvermutung, beruhen, dann ist der Vertrag auch im Gewissen nichtig, weil ein gerechtes Gesetz im Grunde genommen universell gültig ist, wie Van der Meulen in Anlehnung an Covarruvias bemerkt.43 Die zweite Unterscheidung die Van der Meulen trifft, bezieht sich exklusiv auf diejenigen Gesetze, deren Zweck nicht auf Vermutung sondern auf Wahrheit beruht. Von diesen Gesetzen, die universell Geltung haben, schreiben einige Formschriften unter Androhung automatischer Nichtigkeit (nullitas ipso iure) vor, während andere lediglich Strafen auferlegen.44 Im ersten Fall ist der Vertrag nichtig.45 Das bedeutet, dass automatisch Restitution der Leistungen stattfinden muss. Im letzten Fall dagegen bleibt der Vertrag im Prinzip wirksam, es sei denn, er wird später durch ein Richterurteil im äußeren Forum für nichtig erklärt.46
41 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 146: ,Ut itaque rem paucis exponam, distinguendum videtur primo, quod lex, quae in contractu certam sollennitatem requirit, aut fundatur et principaliter condita est ob solam rationem, et non ob solam praesumptionem, aut contra. Vel ut clarius loquamur, aut legis ratio consistit in veritate, aut in praesumptione vel fictione.‘ 42 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 147: ,Si vero lex super sola praesumptione vel fictione fundatur, et praesumit ob defectum legitimae probationis, non obligat in conscientia illos, qui de veritate in contrarium certi sunt.‘ 43 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 146 – 147: ,Et hoc est quod Covarruvias inquit, loco dicto n. 12, lex justa nec a praesumptione fraudis praecipuam et ultimam ac finalem rationem in universum habens, quemadmodum in exteriori judicio servanda est, etiamsi constet nullam subesse in actu contractus vel testamenti fraudem, ita etiam in interiori animae judicio.‘ 44 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 147: ,Secundo, aut lex cujus ratio in veritate consistit, seu quae per rationem praecipue condita est, resistit et prohibet omnino actum fieri, annullando ipso jure, aut non.‘ 45 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 147: ,Primo casu ex tali prohibito contractu non potest quis in utroque foro retinere bona acquisita, sed ea restituere tenetur.‘ 46 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 147: ,Secundo vero casu, quando non prohibet in totum, uti facti cum aliqua poena contenta est, vel cum certa sollennitate quid permittit, eo in casu nemo tenetur ad restitutionem, nisi postquam in judicium vocatus et condemnatus fuerit.‘
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f) Formlose Schenkungen und Verträge mit Minderjährigen Mit Hilfe dieser nuancierten distinctiones, die eigentlich auf Unterscheidungen in den spätscholastischen Quellen zurückzuführen sind, löst Van der Meulen nun die am Anfang erwähnten Fälle. Zuerst bespricht er die formlose Schenkung des Landstücks. Die Formvorschrift beruht hier zwar nicht bloß auf Vermutungen von Täuschung und Zwang, da der Gesetzgeber auch verhindern will, dass die Untertanen ihre Güter zu leicht vergeuden, aber sie ist laut Van der Meulen nicht unter Androhung automatischer Nichtigkeit vorgeschrieben worden. Auch wenn die insinuatio nicht respektiert worden ist, kann der Empfänger den Besitz des Grundstücks also guten Gewissens genießen (possidere) bis die Schenkung von einem Richter im forum externum für nichtig erklärt worden ist.47 Ähnliches gilt für den Fall der Veräußerung ohne Erlaubnis des Richters oder des Vormunds im Falle eines Minderjährigen. Wenn der Vertragspartner den Minderjährigen mit Sicherheit nicht getäuscht hat, bedarf es eines richterlichen Urteils im forum externum bis die Restitution stattfinden muss. Solange kann die andere Partei ohne Gewissensbisse die Folgen des Vertrages genießen.48 Ob der Vertrag aufgrund der Verletzung des Minderjährigen rückgängig gemacht werden soll, ist dem Urteil des Richters überlassen, weil nur er beurteilen darf, ob der Minderjährige durch den durch Formmangel gekennzeichneten Vertrag geschädigt oder bereichert worden ist. Überhaupt ist der Vertrag nur im Fall der Verletzung der Rechte des Minderjährigen ohne Genehmigung des Richters der Nichtigkeitserklärung ausgesetzt.49 Wenn keine Täuschung vorliegt, kann er guten Gewissens den Besitz der vertraglich erworbenen Sache genießen, bis der Richter ihn zur Restitution verurteilen würde.50
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Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 147: ,Ut itaque ad primam respondeamus, statuimus Cajum praedium illud ex tali donatione in foro exteriori ob sollenitatis defectum invalida, incolumi conscientiae possidere, donec ad restituendum condemnatur, quia in hoc casu requisita donationem illam ante sententiam in foro conscientiae annulantia non adsunt.‘ 48 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 150: ,(…) dicendum est contractum (…) in foro conscientiae subsistere, adeo ut contrahens vel emptor incolumi conscientia de eo contractu vel alienatione praedii gaudere possint, quamdiu judicis sententia ad dissolvandum contractum vel restituendum praedium non condemnantur.‘ 49 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 148: ,Ipso jure igitur praedii venditio vel contractus a minore celebratus non annullatur, sed tantum in casu quando sine debita solennitate vendita et minoris conditio deterior facta est, quod an ita sit, judex judicabit.‘ 50 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 150: ,Lex enim in praesumpta minoris laesione quoad contractum sine consensu curatoris initum, et in praesumpta fraude quoad venditionem praedii sine interpositione decreti factam, fundata, conscientiam eorum non obligabit, qui de contraria certi sunt. Aliter dicendum si minorem revera laesum et fraudem interventam esse conscius essem, tunc enim et ante condemnationem ad restitutionem obligatus forem propter malam fidem et injustum titulum.‘
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g) Gender und die theologischen Einflüsse auf das Recht Die soeben erwähnte Argumentation gilt eben nicht im Fall des Vertragsabschlusses ohne Genehmigung des Ehemannes. Zum Heil seiner Seele muss der Vertragspartner sofort Restitution leisten, weil der Vertrag in beiden Foren automatisch unwirksam wird.51 Einer Ehefrau ist es definitiv untersagt, ohne Erlaubnis ihres Mannes einen Vertrag abzuschließen. Die ratio legis dieser Formvorschrift beruht an erster Stelle auf der Tatsache, dass eine Frau geschäftsunfähig ist. Nach Van der Meulen rührt diese Geschäftsunfähigkeit aus universellen Gründen her, und zwar der Schwachheit des weiblich Geschlechts, dem Anspruch des Ehemanns auf die Ehrfurcht seiner Frau, und dem Schutz des Mannes.52 Diese Sichtweise begründet Van der Meulen unter Berufung auf eine explizit biblische Anthropologie der Frau, die er dem reformierten Theologen Frans Burmann aus Utrecht (1628 – 1679) entnimmt. Burmann warf der Frau vor, wenigstens teilweise schuld am Sündenfall gewesen zu sein, weil sie sich in Abwesenheit ihres Mannes so leicht und lange mit der Schlange unterhalten habe, während sie doch ohne ihren Mann nichts Wichtiges unternehmen solle.53 An diesem Beispiel lässt sich schon merken, dass nicht nur die Vorstellungen vom positiven Recht, sondern auch von Moral und Gewissen manchmal den wechselhaften Turbulenzen des Zeitgeists ausgesetzt sind. Dies ist sicherlich auch bei der folgenden Besprechung der Fall.
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Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 148: ,Talem enim contractum aeque in foro interno ac externo nullum esse pronunciamus, quia requisita eum annullantia concurrunt.‘ 52 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 3, quaest. 26, S. 148: ,Nam primo, illa lex prohibitva non a praesumptione fraudis praecipuam ac finalem rationem habet, sed ejus ratio in rei veritate et quidem universali consistit, scil. in mulierum imbecillitate, earumque reverentia erga maritos, cum sui juris mulier non sit, et in maritorum favore, ne ipsis insciis praejudicium inferretur ab uxoribus, neve uxoribus maritis suis nocendi via aperiatur.‘ 53 F. Burmann, Theologiae Synopsis, Ultrajecti 1672, lib. 2, cap. 6, n. 8, S. 417: ,Astus quoque in Satana fuit, quod hominem, prout videtur, adhuc tenerum et mollem, et a manu plastis sui adhuc novum, in primo felicitatis suae limine adortus sit; antequam longiori usu confirmatior rectitudinem suam melius tueri nosset. Similiter quod non in viro, sed in muliere, primum fraudis suae periculum fecerit, absente ejus viro. Quae prima quoque foeminae culpa fuit, quod tantis de rebus cum serpente colloqui, ejusque sermones contra praeceptum Dei tendentes audire sustinuerit, idque absente etiam marito, sine quo tamen nihil magni agere debuerat; nec illico suadam illam ac vipereos sibilos cum indignatione rejecerit; instar castae virginis, quae ne verbis quidem atque adultero sermone florem suum pollui patitur, sed primas verborum blanditias, instar veneficii alicuius, refugit atque exhorret.‘ Über Frans Burmann, cf. G. P. van Itterzon, s.v. ,Burmann(us), Frans‘, in Biografisch Lexicon voor de Geschiedenis van het Nederlands Protestantisme: Deel 2, 1983, S. 111 – 113.
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3. Das Gewissen und der Mord an einem Geächteten (bannitus) a) Straflose Tötung nach dem menschlichen Gesetz Die dritte und letzte Fallbesprechung ist dem zweiten Teil des Tractatus theologico-juridicus entnommen, das laut dem zweiten Prinzip des Ulpian, neminem laedere, rechtliche Fragen bezüglich Schädigungen des „Körpers“ (corpus) bespricht. Aus heutiger Sicht werden in diesem Abschnitt Fragen auf der Schnittstelle von Straf- und Deliktsrecht erörtert, wobei auch stets politische Überlegungen in den Vordergrund treten. Ein Musterbeispiel liefert die quaestio 10. Sie wirft an erster Stelle die Frage auf, inwieweit ein Angriff auf das Leben eines für vogelfrei Erklärten (bannitus), der gemäß dem positiven Gesetz und aufgrund fürstlicher Genehmigung straflos verletzt werden kann, im Gewissensforum erlaubt ist. Dazu kommt ein weiteres zu erörterndes Thema, nämlich ob es der Sohn eines Verbannten ohne Sünde vermag, seinen Vater zu töten.54 Somit greift Johannes Van der Meulen einen Themenkreis auf, der sowohl in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Legistik als auch in der Spätscholastik ausführlich diskutiert worden war. Van der Meulen setzt sich u. a. mit den Ansichten des spanischen Juristen Fernando Vázquez de Menchaca (1512 – 1569) auseinander, der in seinen Controversiae illustres an einigen Stellen kurz auf die rechtliche Lage des Gebannten eingegangen war.55 b) Bedeutung der „Vogelfreiheit“ Bevor auf die Diskussion bei Van der Meulen eingegangen wird, bedarf es einer Erklärung zur Eigenschaft der Vogelfreiheit, die sich auf die Institutionen der Acht und Verbannung bezog. Vogelfrei war derjenige, der völlig frei und ungebunden war, und dementsprechend nicht den Schutz eines Herren genoss.56 Mit der Vogelfreiheit ging ein Zustand der Rechts- und Friedlosigkeit einher, der im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit wenig beneidenswert war. Daher soll es auch nicht wundern, dass die Bauern zu Beginn des 16. Jahrhunderts zwar einen Zustand der Freiheit, aber nicht der Vogelfreiheit anstrebten. In einer Welt ohne Obrigkeit, das heißt ohne Herren und ihren Schutz, wollten die Bauern nicht leben.57 Die Person des Geächteten konnte ja von jedermann, der Kenntnis vom Achtspruch hatte, zur Rechenschaft gezogen und 54 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 37: ,Bannitum offendens impune secundum formam statuti vel permissione principis, an peccet in foro conscientiae? Item an in eo foro liceat filio bannitum patrem occidere ex l. 35, ff. de religios[is] et sumpt[ibus] fun[erum] [=D. 11,7,35]? Et an eo in casu bannito se defendere liceat cum nece offendentis?‘ 55 Für biografische Notizen über Vázquez und eine Besprechung seiner politischen Lehre, cf. G. P. van Nifterik, Vorst tussen volk en wet, Over volkssoevereiniteit en rechtsstatelijkheid in het werk van Fernando Vázquez de Menchaca (1512 – 1569), Rotterdam 1999. 56 R. Schmidt-Wiegand, ,Vogelfrei‘, HRG, Bd. 5, 1998, Sp. 930 – 932. 57 B. Kannowski, ,Freiheit‘, HRG2, Bd. 1, 2008, Sp. 1745 – 1758 (1753).
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damit auch getötet werden.58 Nach Johannes Van der Meulen sind Geächtete (banniti) Personen, die nach öffentlicher Verurteilung wegen einer schweren Straftat freiwillig ausgewandert sind, oft zur Strafvermeidung, und „vogelvry verklaart zijn“, so dass derjenige, der den Geächteten tötet, nicht nur keiner Strafe ausgesetzt ist, sondern sogar eine Belohnung erhält.59 c) Der Geächtete als Feind der Gemeinschaft Die Frage lautet nun, ob diese nach dem positiven Gesetz rechtmäßigen Verfolgung des Geächteten auch mit dem Gewissensrecht im Einklang steht. Unter der Voraussetzung, dass der Bann nach Feststellung eines wahrhaften Verbrechens (ex criminis veritate) und nicht aufgrund bloßer Unbeugsamkeit verhängt wurde, meint Van der Meulen, dass der Fürst die Tötung des flüchtigen Geächteten ohne Gewissensangst genehmigen kann.60 Dabei stützt er sich auf die Autorität italienischer Juristen des ius commune wie Aimone Cravetta (1504 – 1569). Unter Berufung auf das biblische Beispiel Davids, der nach den Psalmen angeblich alle Sünder ermordet hatte, schrieb Cravetta in einem consilium für den Herzog von Ferrara, dass der Fürst die Tötung eines Geächteten auch im Gewissensforum erlauben konnte.61 Dementsprechend sind die vom Fürsten erlassene Verordnung und Genehmigung zunächst einmal unproblematisch. Darüber hinaus meint Van der Meulen, dass auch Privatbürger unter der doppelten Bedingung eines wahrhaft begangenen, schweren Verbre58 F. Battenberg, ,Acht‘, HRG2, Bd. 1, 2008, Sp. 59 – 65 (60). Vgl. H.-G. Hermann, ,Friedlosigkeit‘, HRG2, Bd. 1, 2008, Sp. 1826 – 1827. 59 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 38: ,… sciendum est, per bannitos nos intellegere proscriptos, qui publice ob aliquod crimen damnati sunt quod forte ad evitandas poenas sponte migrarunt, adeoque quibus exilium non supplicium sed supplicii profugium ac portus est, quique nostro idiomate Belgico dicuntur vogelvry verklaart te zijn / uti hoc saepissime accidit, etiam praemium constituendo illi qui talem damnatum occiderit.‘ 60 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 38: ,Quod et licite absque peccato a Principe fieri posse, modo quis ex criminis veritate non vero per solam contumaciam bannitus sit, defendimus cum Cravetta, vol. 2, consil. 409. Alexand. lib. 1, consil. 114, et l. 3, cons. 65. multisque aliis doctores tale statutum vel Principis mandatum validum et justum esse pronunciantibus.‘ 61 A. Cravetta, Consilia sive responsa, Francofurti 1589, part. 3, consil. 409, num. 1 et 7, S. 229 – 230: ,Quaeritur, an principes permittere possit bannitum ex causa homicidii occidi, etiam constituendo praemium occidenti. Pro parte affirmativa facit, nam princeps scelerum vindex omnibus nervis intendere illud debet, ut a malis supplicium sumat et purget provinciam viris istis capitalibus et cruentis (…) et aemulari principes oportet iudicia David regis et prophetae, qui omnes peccatores terrae in matutino tempestiviter interficiebat, ut disperderet de civitate domini omnes operantes iniquitatem, Psal. 100 in fi. et Numeri c. 14, consumam eso subito, rursus Psal. 103. (…) Valeat constitutio, aut mandatum principis concedens facultatem bannitos impune offendendi et occidendi etiam in foro conscientiae, dummodo bannitus quis sit ex veritate criminis non per solam contumaciam.‘ Cf. A. Lupano, Aimone Cravetta (1504 – 1569) giurista del diritto comune, (Miscellanea di storia italiana, Serie 5: Studi e fonti per la storia dell’Università di Torino, 16), Torino 2008.
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chens und der vom Fürsten erlassenen Tötungsgenehmigung ohne Gewissensbisse den Geächteten töten können.62 Unter Berufung auf Abbas Panormitan bestätigt er, dass der für vogelfrei Erklärte wegen der Ernsthaftigkeit seines Verbrechens bzw. des von ihm begangenen Mordes als Feind der Gemeinschaft (hostis civitatis) zu betrachten sei, und deshalb straflos und ohne Begehung einer Sünde von den Bürgern getötet werden könne. d) Verbot der Privatjustiz Wenn allerdings die Voraussetzung eines wahrhaft vorliegenden Verbrechens nicht erfüllt ist, und also die Genehmigung zum Töten willkürlich und ungerecht ist, untersagt Van der Meulen die Tötung des vermeintlichen Mörders. Im Gegensatz zu Vázquez ist Van der Meulen der Auffassung, dass es eines gerechten Grundes (justa causa) bedarf, damit man straflos und ohne Sünde einen Geächteten verletzen dürfe.63 Vázquez hatte laut Van der Meulen gemeint, man könne sich im Interesse der Gemeinschaft diesen Vorbehalt nicht leisten, da es dem Privatbürger nicht offenstehen solle, die Gerechtigkeit der fürstlichen Genehmigung zu beurteilen.64 Tatsächlich war auch Van der Meulen die Gefahr einer Rückkehr zur Privatjustiz durchaus bewusst. Ebendies war der Grund, warum er noch eine zusätzliche Bedingung an die straflose Tötung eines vogelfrei Erklärten stellte: Die Rache soll erst nach Kenntnis der fürstlichen Genehmigung ausgeübt werden, um zu gewährleisten dass der Tötende nicht aus privaten sondern aus öffentlichen Gründen handele. Wenn der Rächer „wie ein hungriger Hund, der Menschenblut riecht“, bloß von der Lust am Blutvergießen bewegt sei, oder von dem Ehrgeiz, die vom Fürsten in Aussicht gestellten Belohnungen zu bekommen, dann handele er nicht im Interesse des Gemeinwohls.65 Dementsprechend verstoße sein Anschlag auf das Leben des Geächteten sowohl gegen das Strafgesetz als auch gegen das Gewissen.
62 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 38: ,Quibus praemissis, existimo, cuilibet privato talem bannitum salva conscientia absque peccato occidere licêre, quia est hostis civitatis uti inquit Panorm. in c. ult. Extra de consuet. n. 4.‘ 63 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 39: ,Quod autem hanc nostram doctrinam limitamus, dicendo eam procedere quando ex justa causa bannitus quis fuerit, illam limitationem oppugnat Vásquez (…).‘ 64 Es ist nicht sicher, ob Vázquez tatsächlich diese Meinung vertreten hat. Jedenfalls stimmt die von Van der Meulen zitierte Stelle nicht mit der hier verwendeten Version der Controversiae illustres überein. 65 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 39 – 40: ,Si enim ipsi non constat bannitum vere morte dignum, adeoque ex justa causa ejus homicidium cuilibet permissum esse, quid quaeso ipsum impellet ad illum occidendum? Nihil sane, nisi fortasse livor, vel delectatio effundendi sanguinem humanum, vel spes j praemii constituti, cui inhians ut avidus carnifex proximum suum interficiet, instar canis famelici sanguinem humanum esurientis, ut ita se sanguine satiet quem spe lucri sitiit.‘ Vgl. Cravetta, Consilia sive responsa (FN 62), part. 3, consil. 409, num. 3, S. 229: ,Itaque ut sunt avidi viri isti carnifices, ut proximum interficiant instar canis famelici sanguinem humanum esurientes. Ita cupidum esse principem oportet in supplicia eorum (…).‘
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e) Nur Tötung im öffentlichen Interesse ist keine Sünde Van der Meulen betont, dass die allgemeine Tötungsgenehmigung des Geächteten im öffentlichen Interesse geschehen solle.66 Die Gemeinschaft muss den wegen Mordes Verurteilten, für vogelfrei Erklärten deshalb töten, weil Gott andernfalls die ganze Gemeinschaft mit einer Kollektivstrafe zu belegen drohe (ne Deus puniat), weil die Bürger sich nicht darum bemüht haben, das Übel aus ihrer Mitte zu vertreiben. Im Interesse der Gemeinschaftsmitglieder sollen Verbrechen also überhaupt nicht ungestraft bleiben (interest delicta haud impunita manere).67 Für Van der Meulen steht ganz klar fest, dass die Tötung des Geächteten dem Gemeinnutzen (utilitas publica) dient. Sie ist eine öffentliche Strafe, die nicht nur keine Sünde ist, sondern auch dem sechsten Gebot des Dekalogs entspricht, wie Van der Meulen unter Verweis auf Wilhelm Zeppers (1550 – 1607) Legum mosaicarum explanatio hervorhebt, weil nämlich der Tötende als Diener und Vollstrecker der Gemeinschaft auftritt.68 Die fürstliche Genehmigung oder die Verordnung der Gemeinschaft sind das Strafurteil, dessen Vollstreckung rechtmäßig und gewissenhaft vom Privatbürger vollzogen werden kann.69 Dabei verneint Van der Meulen den Anspruch des Geächteten auf einen ordentlichen Strafprozess, weil eben vorausgesetzt wird, dass sein Verbrechen un66 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 38: ,Princeps enim cuivis homiciium bannit permittere non potest, nisi homicidii reus sit, tales autem e medio tollere reipublicae conducit, cui vel ideo interest illorum delicta haud impunita manere, ne scilicet Deus puniat, si malum e medio auferre negligerent.‘ 67 Über die Entwicklung dieses berühmten Rechtsspruchs, cf. P. Landau, ,Ne crimina maneant impunita‘. Zur Entstehung des öffentlichen Strafanspruchs in der Rechtswissenschaft des 12. Jahrhunderts, in: M. Schmoeckel/ F. Roumy / O. Condorelli (Hg.), Der Einfluss der Kanonistik auf die europäische Rechtskultur, Bd. 3: Straf- und Strafprozessrecht, Köln-Weimar-Wien 2012, S. 23 – 36, und einzelne Hinweise bei C.-F. Stuckenberg, Untersuchungen zur Unschuldvermutung, Bonn 1997, S. 25, n. 95. 68 W. Zepper, Legum Mosaicarum forensium explanatio, Herbornae Nassoviorum, 1604, lib. 4, cap. 14, S. 397 – 398: ,Interim ex his legibus hoc liquet, non omne homicidium peccatum aut verbo Dei damna-jtum esse. (…) Excipitur deinde magistratus, gladium a Deo datum insontes stringens. Item milites, in bellis legitimis hostes prosternentes. Postremo, qui vim vi repellit, cum moderatione tamen inculpatae tutelae, hoc est, si vitam tueri aliter non potuerit, et non ad sumendam vindictam, sed injuriam propulsandam arma sumpserit. Talis enim eo casu et a legibus et a magistratu armatur.‘ Über die Hebräische Gemeinschaft als politisches Modell in der Frühen Neuzeit und die sog. mosaische Gesetzgebung, cf. L. Campos Boralevi / D. Quaglioni, Politeia biblica, Firenze 2003; L. Campos Boralevi, Mosè legislatore, Il Pensiero Politico, 40, (2008), S. 268 – 282; R. Ross, Distinguishing Eternal from Transient Law: Natural Law and the Judicial Laws of Moses, Past & Present, 217 (2012), S. 79 – 115. Weitere Untersuchungen zu diesem Thema werden momentan von Lic. M. Totzeck (Lehrstuhl Prof. C. Strohm, Heidelberg) durchgeführt. 69 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 39: ,Mandatum principis vel civitatis decretum ipsi sententia est, cuius executio cuivis concedi et a quovis absque peccato peragi potest. Quinimo licet quidem proprie sententia dici non possit, quod forte secundum ordinem judiciorum lata non sit, nil tamen obstat, si modo vere appareat bannitum homicidii reum esse, adeo ut a dolo excusari nequeat, frustra enim in conscientia tractatur de ordine judiciali, in coërcendo tanti criminis immanitatem Cravett, vol. 2, consil. 409, n. 11.‘
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zweifelhaft feststeht. Im Gewissensforum sind die Regeln des Strafverfahrens ohnehin nicht relevant, wenn es darum geht einen offenkundigen Mörder zu bestrafen, wie Van der Meulen mit Cravetta betont.70 f) Bann und Vatermord Abgesehen vom allgemeinen moralisch-juristischen Problem der Tötung eines für vogelfrei Erklärten, bleibt die Frage nach dem besonderen Fall in dem der Geächtete durch seinen Sohn bedroht ist. Wäre es nicht grauenhaft und gewissenlos, wenn der Sohn seinen für vogelfrei erklärten Vater im Namen des Gemeinwohls umbringen würde? Was verstößt mehr gegen die Natur, um die Wörter Van der Meulens zu benutzen, als „die Vergessenheit des eigenen Ursprungs“, als „die Kriegserklärung seinem Schöpfer gegenüber“, als „die Umwandlung einer Wohltat in den Mord an dem Wohltäter“?71 Stehen wir hier nicht vor einem unüberbrückbaren Zwiespalt von positivem Gesetz und dem Gesetz des Gewissens? Einerseits könnte man sagen, so Van der Meulen, dass die Gesetze durch eine Fiktion annehmen, dass ein Vater, der sein Vaterland mit der Absicht, es zu vernichten betritt, die Person des Vaters abgelegt hat, sich automatisch der paterna pietas unwürdig gemacht hat, und deswegen von seinem Sohn als Feind (hostis) und nicht mehr als Vater zu betrachten sei.72 Aber im Gewissen gilt nur die Wahrheit, so dass genau diese Art von Rechtsfiktionen im Gewissensforum keine Anwendung finden. Naturgemäß soll ein Sohn seinen Vater vielmehr schützen als ihn zu töten. Wenn er seinen Vater verleugnet, muss ein Sohn für ein monstrum naturae gehalten werden.73 g) Um einen Landesverräter weint man nicht Diesen Erwägungen zum Trotz, führt Van der Meulen nun doch Argumente an, die einer Verurteilung dieser spezifischen Form des Vatermordes widersprechen. Auch wenn diese Argumente beim modernen Leser Anstoß erregen mögen, nimmt Van der 70 Cravetta, Consilia sive responsa (FN 62) part. 3, consil. 409, num. 11, S. 231: ,Ex alio etiam talis constitutio principis mandans bannitum impune occidi, dicitur tuta in foro conscientiae, quando habitum est bannum ex veritate criminis morte omnino digni, quia in foro conscientiae attenditur sola veritas. (…) Itaque si vere apparet, quod bannitus homicidii reus sit, a cuius dolo excusari non possit, frustra in conscientiae tractamus de ordine iudiciali in coercendo tanti criminis immanitatem.‘ 71 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 41: ,Et quid magis a natura alienum et abhorrens est, quam originis et conditionis suae oblivisci, auctori vitae suae bellum indicere, beneficiumque in necem benefactoris convertere.‘ 72 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 41: ,Fingant jura patrem ad patriam hostiliter delendam venientem patris personam deposuisse, adeoque paterna pietate se indignum reddidisse, et ut hostem non ut patrem a filio considerandum esse, revera tamen in conscientia, quae veritatem non fictionem amat, pater est et manet, illumque defendendum non oppugnandum esse natura docet.‘ 73 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 42.
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Meulen sie letztendlich teilweise an. Das erste Argument entnimmt Van der Meulen dem Digestentitel De religiosis et sumptibus funerum. In D. 11,7,35 heißt es, dass man um denjenigen, der sein Vaterland zu vernichten und seine Eltern und Kinder zu ermorden beabsichtigt, nicht trauern dürfe.74 Im Gegenteil müsse in solchen Fällen der Sohn, der seinen Vater tötet, oder der Vater, der seinen Sohn tötet, mit einer Belohnung ausgezeichnet werden. Ein zweites bedeutendes Argument ist dem spanischen Juristen Vázquez entnommen. Tatsächlich hatte Vázquez in seinen Controversiae illustres unter Berufung auf Panormitan als allgemeine Regel dargestellt, dass ein Geächteter, der straflos getötet werden durfte, auch von seinem Sohn oder seinem Vater getötet werden könnte (bannitus qui impune poterat interfici, poterit etiam occidi a filio suo vel a patre suo).75 Nach Auffassung des Van der Meulen sind diese beiden Argumente unter einigen Bedingungen durchaus einleuchtend.76 h) Im Namen des Vaterlands Die entscheidende Bedingung dafür, dass der Sohn nicht als monstrum naturae gilt, wenn er seinen vogelfreien Vater tötet, ist, dass sein Vater nicht nur gegen seinen Sohn kämpft, sondern auch als Feind des Vaterlands (hostis) sein Land bestürmt, und gegebenenfalls sogar die wahre christliche Religion bekämpft.77 Dann genießt nämlich der Vater nicht mehr die Vorrechte des Naturrechts, weil sein Verrat gegen das Naturrecht, demgemäß er sein Vaterland verteidigen muss, verstößt.78 Ähnlich gebietet das Naturrecht dem Sohn, dass er seinem Vaterland und nicht seinem Vater dient (patriae non patri consulere tenetur), damit er nicht für einen Verräter gehalten wird. Letztendlich ist ja das Vaterland der gemeinsame Vater aller (communis omnium parens). Mit anderen Worten, dem Vater muss man in allen rechtmäßigen und sittlich 74
D. 11,7,35 in Corpus iuris civilis (ed. Gothofredi), Lugduni 1604, tom. 1, col. 1229: ,Minime maiores lugendum putaverunt eum, qui ad patraim delendam et parentes et liberos interficiendos venerit. Quem si filius patrem aut pater filium occidisset: sine scelere, etiam praemio adficiendum omnes constituerunt.‘ 75 F. Vázquez, Controversiarum illustrium aliarumque usu frequentium libri tres, lib. 1, cap. 48, num. 13, S. 138v: ,Quinimmo bannitus, qui impune poterat interfici, poterit etiam occidi a filio suo, vel a patre suo. Ita egregie tradunt Panor. post Goffredum in c. pervenit de immmuni. eccles. Petrus Gerardus singulari, 2, Bartl. in l. minime per tex., ibi ff. de religio. Ias. in l. 1, § huius studii, ff. de iust. et iure, col. ult. idem Petrus Gerardus, sing. 82, n. 6.‘ 76 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 41: ,(…) alicui non mirum videri debet, si illam legem, illamque sententiam illimitatam in foro conscientiae rejiciendam esse putaremus. Dicimus illimitatam, cum limitata etiam conscientiae placitura sit.‘ 77 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 41: ,Limito igitur eam, ut scilicet filius absque peccato patrem occidere possit, non tantum si veniat contra se, sed et si ut hostis ad patriam delendam veniat, cui quidam doctores addunt, si veram Christianam religionem oppugnet.‘ 78 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 41 – 42: ,Hoc enim in casu agit contra jus naturale, quo patriam defendere non vero prodere tenetur, qui autem j contra jus naturale agit, ipsius juris beneficio indignus censetur.‘
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guten Fällen zu Willen sein, außer seine Forderungen seien mit Gott, Natur und Vaterland unvereinbar.79 Im Extremfall, in dem die Interessen des Vaters mit denen des Vaterlands in tödlichen Konflikt treten, ist das Gemeinwohl vorrangig. So hatte es auch Cicero schon gesehen.80 Wenn ich nicht gleichzeitig Vater und Vaterland vor Unheil bewahren kann, muss ich den Vater im Interesse des Vaterlands opfern (patriae cum nece patris subvenire teneor).81 Van der Meulen zitiert Ulpian, demzufolge wir Menschen nicht nur unseren Eltern, sondern vor allem dem Gemeinwesen zugunsten geboren sind. 4. Fazit a) Die „DNA“ der westlichen Rechtskultur Welche Schlussfolgerungen können nun aus dieser exemplarischen Begegnung mit dem Tractatus theologico-juridicus von Johannes Van der Meulen gezogen werden? Ganz oberflächlich könnte man feststellen, wie sich die Zeiten geändert haben. Einem Richter würde man heute nicht zumuten, das geltende Recht aus dem Blickwinkel des Gewissensrechts zu beurteilen – wenn es denn überhaupt noch die Vorstellung von „Gewissensrecht“ geben würde. Umgekehrt ist kaum vorstellbar, dass sich ein zeitgenössischer Theologe so tiefgehend mit zivilen Gesetzen auseinandersetzen würde. Moral und Recht sind in der modernen Gesellschaft endgültig funktional ausdifferenziert worden, auch wenn sie füreinander Umwelt bleiben (Luhmann). Das mag banal klingen, Historiker wie Paolo Prodi sehen darin das Ende eines Merkmals, das die westliche Kultur über Jahrhunderte hinweg geprägt hat, nämlich des Spannungsverhältnisses zwischen dem „himmlischen Recht“ (ius poli) und dem „weltlichen Recht“ (ius fori), mit ihren je eigenen Gerichtsorten, Gewissensforum (forum internum) bzw. äußerem Forum (forum externum), und ihren je eigenen Kategorien des Unerlaubten, der Sünde (peccatum) bzw. des Verbrechens (crimen).82 79 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 42: ,Filius itaque hoc casu naturae monstrum dici non potest, quod patrem abdicat, patriae enim non patri consulere tenetur, ne proditor sit: patriae inquam, et ita communi omnium parenti, quod jus naturae dictat. Adeo ut doctores concludant, patri in omnibus legitimis et honestis semper obsequendum esse, cum hac scil. limitatione, si Deo, naturae et patriae ejus postulata non repugnent.‘ 80 Cicero, De officiis, 3, 23, 90: ,(…) ad extremum si ad perniciem patriae res spectabit: patriae salutem anteponet saluti patris.‘ 81 Van der Meulen, Forum conscientiae (FN 2), part. 2, quaest. 10, S. 43: ,Pari modo in casu nostro, possum mea ope et industria, patrem scilicet occidendo, rempublicam ab exitio salvam reddere, versamur enim in terminis, ubi quis et rempublicam et patrem simul salvare non potest, eo igitur in casu in publicam utilitatem, patriae cum nece patris subvenire teneor, idque ex universali bono, non tantum enim parenti, cujus esse dicimur, sed et reipublicae nascimur, ut cum Ulpiano loquar in l. 1, par. 15, ff. de ventr[o] in possess[ionem] mittend[o] [D. 37,9,1,15]‘. 82 Prodi, Eine Geschichte der Gerechtigkeit (FN 12), passim. Vgl. zuletzt ders., Peccato e reato nella teologia morale post-tridentina, in: Pontifica Università Lateranense, Accademia Alfonsiana, Inaugurazione Anno Accademico 2011 – 2012, Roma 2011, S. 21 – 48, online verfügbar unter: http://www.alfonsiana.edu/Italian/docs/inaugurazione_2011_2012.pdf.
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Auch wenn sich der institutionelle Rahmen dieses Spannungsverhältnisses im Lauf der Reformation änderte, insbesondere durch Abschaffung des Beichtsakraments, prägten diese Begriffe weiterhin das Verständnis von „Recht“ und „Moral“, mindestens bis in das späte 17. Jahrhundert hinein, wie das Beispeil Van der Meulens belegt. b) Ein reformiertes Gewissensrecht Das zentrale Anliegen des reformierten Richters Johannes Van der Meulen war es, ganz ähnlich wie bei den katholischen Spätscholastikern, die weltlichen Gesetze gegen das Licht des christlichen Normverständnisses zu halten. Dabei wollte er sich weniger als die Spätscholastiker von der mittelalterlichen juristischen und theologischen Tradition beeinflussen lassen, um ein neues Gewissensrecht auf Grundlage der Bibel zu entwerfen. Vor allem die grundlegenden moralischen und dogmatischen Auffassungen der Katholischen wertete er ab. Man müsse viel stärker die Verdorbenheit der menschlichen Natur betonen, und dem menschlichen Willen misstrauen. Man brauche eine christliche Religion, die sauberer als sauber war. Im Nachhinein erscheint allerdings die Frage legitim, ob diese Kampfansage viel mehr als nur rhetorisch gemeint war. Natürlich fehlt bei Van der Meulen das Institut „Beichte“ hinter seinen Ausführungen zum Gewissensforum. Dementsprechend hatte er sich auch bemüht, dem Missverständnis vorzubeugen, er wolle seinem Leser das unter den Papstanhängern geläufige, sakramentale Verständnis des Gewissens (Pontificiorum forum sacramentale seu poenitentiale) aufdrängen. Auch formal versuchte er sich mit seinem Traktat von den Werken seiner Vorgänger abzuheben, indem er ihn nicht nach den Tugenden oder nach dem Dekalog, sondern nach den drei Prinzipien Ulpians strukturierte (honeste vivere, neminem laedere, ius suum cuique tribuere). c) „The ongoing conversation“83 Im Ergebnis allerdings ist der Traktat Van der Meulens kaum von einer neuen Vision geprägt. Seine Argumentation stützt sich ganz ausdrücklich auf sowohl Zivilisten als auch Kanonisten des ius commune. Mit dem römischen Recht und seiner Rezeption im usus modernus war er tief vertraut. Häufiger als Bibelstellen werden die katholischen Theologen und Juristen aus Spanien zitiert. Und nicht nur die von ihm erörterten Themen, sondern auch seine Falllösungen weichen kaum von den Erörterungen der spanischen Spätscholastiker ab. Anscheinend lieferte die Bibel doch nicht genügend konkrete Hinweise, wie komplexe Gewissensfälle zu lösen sind. Zwar widmete Van der Meulen seinen Traktat dem holländischen Fürsten Wilhelm III., dem Retter der Reformation, während gut einhundertfünfzig Jahre zuvor Domingo 83
Dieser Begriff ist einem Beitrag von Ch. Donahue Jr entliehen: The Role of the Humanists and the Second Scholastic in the Development of European Marriage Law from the Sixteenth to the Nineteenth Centuries, in W. Decock / J. Ballor / M. Germann / L. Waelkens (Hg.), Law and Religion: The Legal Teachings of the Protestant and Catholic Reformations, Göttingen 2014, S. 57 – 58.
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de Soto seinen Traktat über Recht und Gerechtigkeit dem Sohn des katholischen Fürsten Phillips II., als Hüter des Katholizismus, gewidmet hatte. Letztendlich war die Spannung, aus der diese beiden Traktate herrührten, ein und dieselbe: die in der westlichen Kultur dauerhaft angestrebte Versöhnung zwischen regnum Dei und saeculum mundi. Genauso wie Althusius, muss sich Van der Meulen gedacht haben, dass ein andauernder Dialog über die konfessionellen Grenzen hinweg zur Versöhnung dieser beiden Pole, zur Einigung von pax mundi und pax Dei, gewährleistet bleiben muss.
Pactum religiosum und kirchliche Verwaltung in der Politica des Johannes Althusius Von Heinrich de Wall I. Einleitung In seinem berühmten Werk „Politica“ will Johannes Althusius nach seinem eigenen Selbstverständnis nur die für die Politik wesentlichen und ihr eigenen Fragen behandeln und „alle theologischen, juristischen und philosophischen Fragen an den ihnen zukommenden Ort“ verweisen.1 Spezifisch juristische, theologische und philosophische Themen und Einzelfragen sollen also in den jeweiligen Disziplinen diskutiert werden. Nur das, was für die Behandlung der Politik als der „Kunst, die Menschen zusammenzuschließen, damit sie untereinander ein gesellschaftliches Leben begründen, pflegen und erhalten“2 wesentlich ist, hat Platz in der Politica. Von dieser Beschränkung nimmt Althusius aber neben den Souveränitätsrechten (jura maiestatis) als (auch) juristischer Materie ausdrücklich die Gebote des Dekalogs aus, weil diese „der Gemeinschaft und dem symbiotischen Leben, das wir lehren, den Lebenshauch eingeben und es erleuchten, dem gesellschaftlichen Leben, auf das wir bedacht sind, als Wegweisung, Maßstab und Leitstern dienen und der menschlichen Gemeinschaft eine Schranke setzen“3. Der Dekalog hat also grundlegende Bedeutung für die politische Gemeinschaft und geht daher nicht nur die Theologie, sondern auch die Politik an. Dies verweist auf den engen Zusammenhang von Religion und Politik, wie er in der frühneuzeitlichen Staatslehre – nicht nur bei Althusius – geradezu selbstverständlich war. Dieser Bedeutung entspricht es, dass in der Politica kirchliche Angelegenheiten erhebliches Gewicht haben. Das wird schon äußerlich darin deutlich, dass eine der beiden Abteilungen, in die im 9. Kapitel der Politica das Herrschaftsrecht der Souveränität geteilt wird, das kirchliche Recht ist. Es steht auf einer, und zwar der höchsten Ebene neben dem weltlichen Recht. Kirchliche Angelegenheiten haben denselben systematischen Stellenwert wie die weltlichen. Dementsprechend wird auch die 1 Johannes Althusius, Politica Methodice digesta…, 3. Aufl., Herborn 1614 (Reprint Aalen 1961), Präfatio, S. 2. Die deutschsprachigen Zitate folgen der Übersetzung von H. Jansen in der von D. Wyduckel herausgegebenen Studienausgabe, Berlin 2003, hier S. 13, das Vorwort ist identisch mit dem der zweiten Auflage 1610. 2 Althusius, Politica (FN 1), Kap. I § 1. 3 Althusius, Politica (FN 1), Präfatio, S. 2 (S. 13).
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Verwaltung des Gemeinwesens in zwei gleichrangig nebeneinander stehende Teile geteilt, die weltliche und die kirchliche Verwaltung. Die kirchliche Verwaltung wird dann im 28. Kapitel ausführlich behandelt. Im selben Kapitel wird auch das pactum religiosum des Magistrats und der Glieder des Reiches mit Gott beschrieben. Das wirft die Frage nach dem Zusammenhang dieses Religionsvertrages mit der kirchlichen Verwaltung auf. Die gemeinsame Behandlung des pactum religiosum mit der Verwaltung der kirchlichen Dinge in einem Kapitel lässt ja vermuten, dass zwischen beiden ein besonders enger Konnex besteht.4 Allerdings wird die Kirchengewalt auch bereits im 9. Kapitel, und zwar dort ohne Zusammenhang mit dem pactum religiosum behandelt. Sie wird dort als Teil der Souveränität der universalen Gemeinschaft herausgestellt.5 Deren Ausübung wird von den Ephoren im Namen des Volkes oder Gemeinschaftskörpers auf den Obersten Magistrat (summus magistratus) übertragen; dabei wird zwischen Magistrat und Volk ein Bund (foedus) mit gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen, also ein Herrschaftsvertrag, abgeschlossen.6 Dieser ist aber keineswegs mit dem pactum religiosum identisch, dessen Vertragspartner auf der einen Seite Gott, auf der anderen Seite der Magistrat und die Glieder des Reiches sind7 – es handelt sich um unterschiedliche Verträge mit unterschiedlichen Parteien. Umso mehr stellt sich die Frage, wie vor diesem Hintergrund das Verhältnis zwischen Herrschaftsvertrag, Herrschaftsgewalt, pactum religiosum und kirchlicher Verwaltung bei Althusius zu verstehen ist. Das beinhaltet die Frage nach dem Verhältnis von staatlicher und kirchlicher Organisation. Dazu gehören aber auch die Probleme, welche Aufgaben dem Magistrat im Bereich der Religion zukommen sollen und welche Auswirkungen das pactum religiosum auf kirchliche Organisation und Verwaltung hat, aber auch, ob die Kirche gegenüber dem Staat autonom8 ist. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die konfessionelle Prägung der frühneuzeitlichen Staatslehren ist weiter zu fragen, ob der konfessionelle Hintergrund Althusius’ seine Vorstellungen vom Verhältnis von Staat und Kirche, Religion und weltlicher Obrigkeit prägt, ob sie also spezifisch reformiert sind.9 Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung, ob und 4 S. auch etwa P. A. Knöll, Staat und Kommunikation in der Politik des Johannes Althusius, Berlin 2011, S. 247, wonach Althusius für die „Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten, d. h. der Sorge für die religio orthodoxa, (…) für die Legitimation in diesem Lebensbereich eine eigenständige Vertragskonstruktion heran(zieht)“. 5 Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, §§ 27 ff. 6 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XIX, §§ 23 ff, 29. 7 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, §§ 15, 17. 8 So M. Miegge, Communicatio mutua (Althusius und Calvin), in: Politisch-rechtliches Lexikon der Politica des Johannes Althusius, hrsg. v. C. Malandrino / D. Wyduckel, Berlin 2010, S. 147 – 155 (155), dazu Knöll (FN 4), S. 133 Anm 208 („schräg“). 9 Zur Problematik solcher Zuschreibungen s. C. Strohm, Konfessionelle Einflüsse auf das Werk reformierter Juristen – Fragestellungen, methodische Probleme, Hypothesen, in: Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit, hrsg. v. C. Strohm / H. de Wall, Berlin 2008, S. 1 – 32; s.a. ders, Calvinismus und Recht, Tübingen 2008, zu Althusius insbes. S. 199 ff.
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inwiefern Althusius die Koexistenz verschiedener Konfessionen im Staat und insofern „Toleranz“ vorsieht. Diesen Fragen soll im Folgenden anhand einiger Beobachtungen aus der Politica Althusius’ nachgegangen werden.
II. Religion als öffentliche Angelegenheit Das Verständnis von Religion als öffentlicher und damit zugleich staatlicher Angelegenheit unterscheidet die Lehre des Althusius und andere zeitgenössische Staatslehren von Vorstellungen von der Säkularität des Staates, wie sie im abendländischen Kulturkreis der Gegenwart geläufig sind. Selbst diejenigen, die auch heutzutage daran festhalten, dass die Redeweise von der Religion als „Privatangelegenheit“ missverständlich ist und dass Religion einen Platz in der Öffentlichkeit hat, gehen von einer Unterscheidung von Staat und Gesellschaft aus, in der die Religion der nicht-staatlichen, gesellschaftlichen Sphäre zugeordnet wird. Das gilt selbst in solchen europäischen Staaten, in denen es in der Rechtswirklichkeit noch staatskirchliche Elemente gibt. Solche Elemente werden eher als historisches oder kulturelles Erbe betrachtet. Umgekehrt erhebt sich dann, wenn staatliche Institutionen in den religiösen Bereich eingreifen, Protest, der sich auch auf rechtliche Sicherungen säkularer Staatlichkeit insbesondere im Rahmen der Garantie der Religionsfreiheit berufen kann. All dies ist Althusius und seinen Zeitgenossen völlig fremd. Bei Althusius gehört die Religion zu den öffentlichen Angelegenheiten und bildet einen grundlegenden Gegenstand des Staates und seiner Verwaltung. Das wird an der bereits erwähnten Zweiteilung der Aufgaben der Verwaltung des Gemeinwesens in den kirchlichen und den weltlichen Bereich deutlich. Deutlich wird daran auch der Rang, den die Religion für die Verwaltung einnimmt. Sie ist keine randständige Marginalie, die als Abteilung neben anderen in einem Kulturministerium eingerichtet ist, das seinerseits neben einer Vielzahl anderer Ministerien steht, wie wir das von unseren heutigen Landesverwaltungen kennen, sondern vielmehr der eine der beiden grundlegenden staatlichen Verwaltungszweige. Dass diesen kirchlichen Angelegenheiten das gesamte Bildungswesen zugeordnet wird, also ein Bereich, der heutzutage nicht mehr als kirchliche Angelegenheit identifiziert wird, unterstreicht diese grundlegende und öffentliche Bedeutung der Religion im frühneuzeitlichen Kontext. Sie hat ihre Konsequenz und Kehrseite auch darin, dass es nach Althusius zu den Aufgaben des summus magistratus, des Herrschers, gehört, über die Reinheit der religiösen Lehre zu wachen.10 Er soll keinesfalls neutraler Beobachter der widerstreitenden religiösen Parteien sein. Zwar kann es das Gemeinwohl erfordern, dass abweichende Konfessionen geduldet werden. Auch bezieht sich die Reinhaltung der Lehre nicht auf unter den Gelehrten strittige Details, sondern eher auf die Grundlagen. Das ändert aber nichts daran, dass dem summus magistratus ein umfassendes Wächteramt über die Religion zugewiesen wird. Sein Amt ist nicht nur auf die Sorge um die Einhaltung 10
Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, §§ 25, 27 ff.
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der zweiten Tafel des Dekalogs beschränkt, also derjenigen der Zehn Gebote, die sich auf das Verhalten der Menschen untereinander beziehen. Vielmehr umfasst es auch die erste Tafel, also die Artikel die die Beziehung des Menschen zu Gott betreffen.11 Damit wird dem Herrscher in der Sache eine Religionssouveränität eingeräumt. III. Die Einheit von Staat und Kirche Diese religiöse Aufgabe und Dimension der staatlichen Herrschaft bedeutet nicht nur, dass in der Person des summus magistratus weltliche und kirchliche Aufgaben oder Verwaltungskompetenzen gebündelt sind. Die Vorstellung, dass ein Monarch gemeinsames Haupt zweier unterschiedlicher Verbände – Staat und Kirche – ist, war im Deutschland des landesherrlichen Kirchenregiments über die evangelische Kirche insbesondere im 19. Jahrhundert bis zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts durchaus geläufig. Demgegenüber ist bei Althusius wie seinen Zeitgenossen vielmehr auch die politische Gemeinschaft selbst als Einheit von staatlicher und kirchlicher Gemeinschaft gedacht. Es handelt sich nicht um unterschiedliche Consociationes, sondern um ein und denselben Verband – Christen- und Bürgergemeinde sind eins. Das deutet sich an, wenn Althusius davon spricht, dass „die universale symbiotische Gemeinschaft des Reiches eine kirchliche oder weltliche ist“12. Kirche und politische Gemeinschaft sind nicht zwei Korporationen, sondern gleichsam zwei Aspekte der universalen symbiotischen Gemeinschaft des Reiches. Das wird besonders deutlich, wenn Althusius im Anschluss ausführt, dass „das geistliche oder kirchliche Recht (…) im Gebiet des Reiches dann ordnungsgemäß eingerichtet (ist), wenn in seinen einzelnen Städten, Provinzen und Gliedern dieselbe öffentliche, aufrichtige Verehrung Gottes gemäß seinem Willen eingeführt, ausgeübt und bewahrt und die allgemeine Sorge hierfür von der universalen Gemeinschaft übernommen wird“.13 An der darin zum Ausdruck kommenden Einheit von religiöser und politischer Gemeinschaft ändert auch nichts, dass abweichende Religionen durchaus geduldet werden können, namentlich Katholiken, Juden und Anhänger solcher Häresien, die das Fundament des Glaubens nicht zerstören.14 Das erscheint in der Lehre des Althusius als ein Problem der Existenz einer Minderheit in der Gemeinschaft oder des Nebeneinanders verschiedener Anhängerschaften unterschiedlicher Lehrfragen. Dabei ist aber weder die Trennung von staatlicher und kirchlicher Gemeinschaft noch gar die Trennung und Koexistenz verschiedener Religionsgemeinschaften im Sinne unterschiedlicher, nebeneinander und gegenüber dem Staat in gleicher Distanz stehender Vereinigungen gemeint. Dagegen spricht auch nicht, dass die universale symbiotische Gemeinschaft des Reiches scheinbar nicht nur in eine kirchliche und eine weltliche Gemeinschaft geteilt wird, sondern der kirchlichen Gemeinschaft auch eine be11
Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 18. Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, § 31. 13 Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX § 35. 14 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, §§ 53, 56, 57. 12
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sondere Aufgabe zugewiesen wird, nämlich dass „das was zum Reich Christi gehört (…) zum Ruhme Gottes und zum ewigen Wohl des Reiches öffentlich eingesetzt, bewahrt und gemeinschaftlich gepflegt“ wird.15 Es handelt sich auch dabei nämlich nicht um eine Trennung der Korporationen; sondern nur um die Unterscheidung verschiedener Aufgaben und Aspekte ein und derselben Gemeinschaft. Die Unterscheidung der kirchlichen oder weltlichen Gemeinschaft des Reiches bezieht sich nur auf die Aufgaben des Reichsrechts und der Verwaltung der Gemeinschaft, nämlich zum einen die Religion und Frömmigkeit, auf die sich die erste Tafel des Dekalogs bezieht, und zum andern die Bedürfnisse des Leibes und das diesseitige Leben. Auch insofern liegt also keinesfalls eine Trennung von Staat und Kirche oder religiöser Gemeinschaft zugrunde, sondern eine Unterscheidung von Aufgaben der politischen Gemeinschaft. Aus diesem Konzept einer religiös-weltlichen Einheit der staatlichen Gemeinschaft ergibt sich auch, dass moderne Kategorien wie die Trennung von Staat und Kirche oder die Säkularität des Staates nicht an die Lehre des Althusius herangetragen werden können. In ihrem heutigen Verständnis sind das für Althusius ebenso wie für seine Zeitgenossen völlig fremde Vorstellungen. IV. Die Grundlage der Souveränität in weltlichen und kirchlichen Dingen Wie wenig die Althusische Lehre mit einer Trennung von Staat und Religion oder Staat und Kirche zu tun hat, wird im 9. Kapitel über das kirchliche und weltliche Recht der Souveränität besonders deutlich. Althusius zufolge hat die erste und höchste Herrschaftsgewalt des Reiches bzw. der politischen Gemeinschaft zwei Seiten. Das aus ihr fließende Recht ist zum einen auf das Heil der Seele und zum andern auf die Sorge für den Leib gerichtet.16 Der Unterscheidung der religiösen und weltlichen Aufgaben der Gemeinschaft korrespondiert also die Unterscheidung von weltlichem und religiösem bzw. kirchlichem Recht. Diese Unterscheidung beruht also keinesfalls darauf, von wem das Recht erlassen wurde, kirchlicher oder weltlicher Autorität, oder wen das Recht verpflichtet, die Angehörigen der kirchlichen oder der staatlichen Gemeinschaft, sondern eben auf der Unterscheidung der religiösen und weltlichen Aufgaben der universalen Gemeinschaft und ihrer Erfüllung durch den Magistrat bzw. Herrscher. Die Bedeutung des religiösen Rechts wird von Althusius mit folgenden Worten hervorgehoben: „Die erste und vorrangige Sorge im Gebiet des Reichs und all seinen Städten und Provinzen gilt der öffentlichen Einführung, Erhaltung und Bewahrung der Religion und der reinen, durch die Heilige Schrift gebilligten Gottesverehrung (…)“17. Diese Ausführungen stehen nun nicht im 28. Kapitel, in dem die Verwaltung 15
Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, 33. Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, § 27. 17 Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, § 36. 16
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der kirchlichen Dinge genauer entfaltet wird, sondern im 9. Kapitel im Zusammenhang mit der Souveränität der Gemeinschaft und der Übertragung der Herrschaftsgewalt auf den Magistrat. Die Kirchengewalt wird dabei als integraler Bestandteil der Souveränität der staatlichen Gemeinschaft behandelt, die eben kirchliche und weltliche Angelegenheiten umfasst. Diese umfassende Souveränität ist zwar unteilbar und nicht übertragbar, die Ausübung der in ihr enthaltenen Rechte wird aber durch den Herrschaftsvertrag dem höchsten Magistrat zur Ausübung überlassen. Dass sie dabei laut Althusius nicht vollständig, sondern nur teilweise überlassen werden kann, hat nichts mit der Einteilung in kirchliche und weltliche Aspekte zu tun. Es beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass bei einer solchen Überlassung die Souveränität der Substanz nach stets beim Volk verbleibt und die in ihr enthaltenen Rechte dem Herrscher nur auf Zeit übertragen sind, auch wenn es sich dabei um seine Lebenszeit handelt.18 Das pactum religiosum kommt in diesem Zusammenhang noch nicht in den Blick, obwohl in diesem 9. Kapitel ausführlich auf die Befugnis zur Verteidigung der Religion und der rechten Gottesverehrung und auf die Frage eingegangen wird, inwiefern Irrende zu tolerieren sind. Das zeigt bereits, dass die Souveränität in kirchlichen Dingen nicht auf das pactum religiosum zurückgeht, sondern als Teil der Souveränität der staatlichen Gemeinschaft auch unabhängig davon besteht. Die Ausübung der in ihr enthaltenen Rechte werden dem summus magistratus als Teil der Herrschaftsgewalt übertragen – ungeachtet des pactum religiosum.19 V. Die Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten 1. Aufgaben der kirchlichen Verwaltung Während das 9. Kapitel der Politica des Althusius den Grundlagen der Souveränität und ihrer kirchlichen und weltlichen Teilaspekte gewidmet ist, wird im 28. Kapitel auf Einzelheiten der kirchlichen Verwaltung eingegangen: Dabei werden ihre Aufgaben wie auch ihre Organisation behandelt. In beiden Hinsichten, sowohl
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Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, §§ 23, 24. Althusius, Politica (FN 1), Kap. IX, §§ 36 ff. S.a. G. Oestreich, Die Idee des religiösen Bundes und die Lehre vom Staatsvertrag (1958), in: ders., Geist und Gestalt des frühmodernen Staates, Berlin 1969, S. 157 – 178 (174), der darauf hinweist, dass Althusius über die biblischen Grundlagen (sc. der religiösen Bundesidee) in seinen Erörterungen der die staatliche Gemeinschaft und Herrschaft konstituierenden Verträge hinausgeschritten sei, auf das Modell des pactum religiosum bei der Erörterung des obersten Magistrats aber nicht verzichtet. Auch D. Wyduckel, Konfession und Jurisprudenz bei Althusius, in: Konfessionalität und Jurisprudenz (FN 9), S. 167 – 197 (182), weist darauf hin, dass die religiöse Bundesidee bei Althusius für das Gemeinwesen ohne konstitutive Bedeutung sei. Vgl. auch bereits O. v. Gierke, Johannes Althusius, und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien, 3. Aufl. 1913, S. 69. 19
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was die Aufgaben als auch was die Organisation angeht, wird die kirchliche Verwaltung wiederum zweigeteilt.20 In organisatorischer Hinsicht wird die kirchliche Verwaltung zwischen dem obersten Magistrat und den Kirchenpersonen aufgeteilt, worauf zurückzukommen sein wird (unten V. 2.). Hinsichtlich der Aufgaben wird zwischen – erstens – der Einführung der Lehre und der Ausübung der wahren Religion im Reich und – zweitens – ihrer Erhaltung, Verteidigung und Weitergabe an die Nachgeborenen unterschieden.21 Im Bereich der ersten Aufgabe, der Einführung der Lehre und Ausübung der wahren Religion, wird wiederum zwischen der Einrichtung des geistlichen Amtes und derjenigen der Schulen differenziert. Dabei gehört zur Einrichtung des geistlichen Amtes nicht nur die Organisation des Kirchenwesens, sondern auch die Aufgabe des Magistrats, Normen über die Lehre und das Bekenntnis der wahren Religion zu erlassen.22 Die Formulierung des Bekenntnisses erscheint also als Aufgabe des Magistrats. In diesem Abschnitt werden aber insbesondere die Aufgaben und Rechte des obersten Magistrats im Bereich der Kirchenorganisation behandelt. Neben der Einführung ist auch die Erhaltung und Verteidigung von Kirche und öffentlicher Ausübung und Praxis des Gottesdienstes sowie der Schulen Aufgabe der kirchlichen Verwaltung. In diesem Zusammenhang geht Althusius ausführlich auf die Aufgabe des Magistrats ein, für organisatorische Sicherungen zur Erhaltung der rechten Lehre zu sorgen, insbesondere durch Visitationen23. Recht breiten Raum nimmt aber auch die Erläuterung der Aufgabe ein, die Gläubigen von Irrlehren fernzuhalten, unter Einschluss der Ausführungen, wie mit Andersgläubigen und Häretikern zu verfahren sei. Dabei wird namentlich auf die Behandlung von Juden und Katholiken eingegangen. Diese dürfen geduldet werden, allerdings unter erheblichen Beschränkungen sowohl in der Religionsausübung als auch im bürgerlichen Verkehr. Den Ausführungen zu den (übrigen) Häretikern liegt die Unterscheidung zwischen solchen Häresien zugrunde, die das Fundament des Glaubens niederreißen und solchen, die nur in einzelnen Glaubensartikeln irren, aber nicht das Fundament zerstören.24 Althusius hält dafür, dass Häretiker der ersten Art mit Verbannung, dem Kerker oder dem Schwert behandelt werden dürfen,25 die anderen müssen, sofern sie des Irrglaubens überführt und ermahnt wurden und dennoch uneinsichtig bleiben, exkommuniziert werden. Wenn bei Althusius die Rede davon ist, dass im Glauben Irrende nicht mit äußerlicher Gewalt, sondern mit dem Schwert des Geistes regiert werden sollen, und dass es der politischen Herrschaft versagt sei, dem Denken der Menschen 20 Damit wird die Methode des Ramismus sehr konsequent umgesetzt. S. zur ramistischen Methode Althusius‘ und ihrer Einordnung jetzt A. M. Lazzarino Del Grosso, Methodus (Methodice), in: Politisch-rechtliches Lexikon (FN 8), S. 261 ff. m. Nachw. 21 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 13. 22 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 28. 23 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, §§ 39, 44 – 46. 24 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 56. 25 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 57.
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eine Strafe aufzuerlegen,26 ist das also offensichtlich nur auf das Forum Internum bezogen und hindert drastische Maßnahmen gegen diejenigen, die ihren „Irrtum“ öffentlich verbreiten, nicht – inklusive der körperlichen Bestrafung. Die Bedeutung der kirchlichen Verwaltung wird dadurch unterstrichen, dass ihr die Zensur, der Althusius dann insbesondere das 30. Kapitel widmet, zugeordnet wird. Sie wird konkret den Presbyterien anvertraut.27 Zensur wird dabei verstanden als die „Untersuchung und Rüge derjenigen Sitten und Ausschweifungen, die durch die Gesetze zwar nicht gehindert und bestraft werden, die jedoch die Herzen der Untertanen verderben oder ihre Güter unnütz verbrauchen“28. Schon aus dieser Definition, erst recht aber aus den weiteren Ausführungen zu den zensorisch zu belangenden Verhaltensweisen und zu den Sanktionen, die der Zensor verhängen kann, wird deutlich, dass ein enger Zusammenhang zwischen Zensur und Kirchenzucht besteht. Als Bezeichnung für Zensur und Kirchendisziplin wird bei Althusius sogar der Begriff der Schlüsselgewalt genannt,29 die in Mt. 18, 18 und Joh. 20, 21 – 23 biblisch verankert ist. Auch hieran wird deutlich, dass staatliche und kirchliche Aufgaben bei Althusius keineswegs getrennt sind, sondern aufs engste miteinander verbunden und verwoben. Auch wird in den Ausführungen zur Zensur die Verankerung Althusius‘ im reformierten Protestantismus deutlich, für den die Betonung der Kirchenoder Gemeindezucht typisch ist.30 2. Die Organisation der Kirche Auf den ersten Blick scheint Althusius aber auf der Ebene der Organisation eine Art Trennung zwischen Staat und Kirche vorzusehen. Denn die „Ausführung und Verwaltung der kirchlichen Aufgaben gehört“, so Althusius, „zu den Obliegenheiten der Kirchenpersonen“31. Die „Kirchenpersonen“ werden also von den übrigen Amtsträgern unterschieden. Darüber hinaus ergibt sich eine gewisse organisatorische Unabhängigkeit der Kirchenorganisation auch aus dem von Althusius beschriebenen Verfahren der Berufung, Wahl und Bestätigung der Diener der Kirchengemeinde und der Diener am Wort, sowie anderer kirchlicher Amtsträger.32 Hierbei werden traditionsreiche Institute der Übertragung kirchlicher Ämter – Nominierung oder Präsentation, Approbation durch die Kirchengemeinde, Bestätigung durch die Obrigkeit und schließlich Installation – beschrieben, wie sie das positive Recht kannte. Darin 26
Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 64. Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXX, § 4. 28 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXX, § 1, zur Zensur bei Althusius: L. Bianchin, Censura, in: Politisch-rechtliches Lexikon (FN 8), S. 123 – 134, und dies., Zensur und Reformierte Jurisprudenz in der Frühen Neuzeit, in: Konfessionalität und Jurisprudenz (FN 9), S. 263 – 284. 29 Althusius, Politica (FN 1), Kap. VIII, § 24. 30 Vgl. auch A. v. Scheliha, Protestantische Ethik des Politischen, Tübingen 2013, S. 65. 31 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 5. 32 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 31; Kap. VIII, §§ 6, 8, 18. 27
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waren nicht nur die kirchlichen Organe und die staatliche Obrigkeit eingebunden, sondern bestanden auch Präsentationsrechte von Kirchenpatronen, die nicht übergangen werden konnten. Die Verfassung der Kirche im Einzelnen, die insbesondere im Zusammenhang mit der Provinzialebene im 8. Kapitel, aber auch im 28. Kapitel beschrieben wird, bildet insoweit immerhin im Kern eine Organisationsform mit einer gewissen Eigenständigkeit gegenüber dem weltlichen Magistrat und mit eigenständigen Organisationsrechten. Im Einzelnen spiegeln die Ausführungen zur Kirchenstruktur recht deutlich reformierte Vorstellungen wider. Die Terminologie entspricht ebenfalls reformierter Kirchenverfassungstradition: So ist die Rede von der Classis, von Provinzialsynoden, vom Presbyterium als Träger der Schlüsselgewalt usw.; ein Bischof ist nach Althusius‘ Vorstellungen der Vorsteher einer Classis.33 Der Eindruck einer relativen Unabhängigkeit der kirchlichen Organisation wird aber nicht nur durch die Mitwirkungsrechte des Magistrats bei der Einsetzung der Kirchendiener relativiert. Überdies bleibt es dabei, dass die kirchliche Verwaltung zu den Aufgaben des summus magistratus bzw. des Präses der Provinz gehört,34 und zwar nicht nur in dem Sinne, dass er gleichsam abstrakt als Träger der Kirchengewalt erscheint. Vielmehr hat der summus magistratus konkrete und gewichtige Kompetenzen im Rahmen der kirchlichen Verwaltung. Auch der oberste Magistrat bzw. der Präses der Provinz nimmt eigene Aufgaben in der kirchlichen Verwaltung wahr. Damit werden aber die Ansätze zu einer organisatorischen Trennung und Eigenständigkeit der Kirche erheblich relativiert. Insbesondere besteht auch innerhalb der kirchlichen Angelegenheiten eine Aufgabenteilung zwischen dem summus magistratus und den Kirchenpersonen. Sie besteht darin, dass dem obersten Magistrat die Aufsicht, Verteidigung und Leitung der kirchlichen Dinge obliegt, den Kirchenpersonen die Ausführung und Verwaltung.35 Hier wird also eine Art kirchlicher Gewaltenteilung zwischen landesherrlicher Legislative und Gubernative einerseits, sowie der Exekutive durch die Kirchendiener andererseits beschrieben. Insofern ist der oberste Magistrat aber auch – modern gesprochen – nicht nur Träger, sondern auch Organ der Kirche – als deren Gesetzgeber und Regierung. Die beschriebenen organisatorischen Besonderheiten führen also nicht zu einer Trennung und erst recht nicht zu einer Autonomie der kirchlichen Verwaltung gegenüber dem Magistrat – die allgemeinen Regeln setzte der oberste Magistrat, nicht ein eigenständiges Organ der Kirche. Immerhin besteht dabei aber ein wechselseitiges Über- und Unterordnungsverhältnis, wie Althusius ausdrücklich ausführt. Das schließt ein, dass auch der summus magistratus in bestimmten Hinsichten zu den Unterworfenen zählt. Der oberste Magistrat unterwirft sich nämlich der Amtsgewalt der Kirchenpersonen „hinsichtlich der Zensur, der Ermahnungen und derjenigen Dinge, die den Lebenswandel und
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Althusius, Politica (FN 1), Kap. VIII, § 33. Althusius, Politica (FN 1), Kap. VIII, § 56 und Kap. XXVIII, §§ 2 – 4. 35 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 5.
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das ewige Heil betreffen“36. Bemerkenswert ist weiterhin, dass der Magistrat gehalten ist, bei der Verwaltung der kirchlichen Dinge nichts ohne die Zustimmung und den Rat der Kirchenpersonen zu tun.37 Die Angelegenheiten der kirchlichen Verwaltung sind sowohl in inhaltlicher als auch in organisatorischer Hinsicht sehr differenziert zwischen Magistrat und Kirchenpersonen aufgeteilt, zugeordnet und verflochten. Insgesamt bleibt es aber dabei, dass weder in Bezug auf die Kirche als Körperschaft noch in Bezug auf die kirchliche Verwaltung von einer Trennung von Kirche und Staat die Rede sein kann. Kirchliche Angelegenheiten sind Angelegenheiten der staatlichen Gemeinschaft und ihre Verwaltung im weitesten Sinne wird, vorbehaltlich der genannten Besonderheiten, dem summus magistratus übertragen. VI. Das pactum religiosum Welche Rolle spielt nun aber das pactum religiosum für die Aufgaben der kirchlichen Verwaltung und für ihre Organisation. Die Behandlung des pactum religiosum im 28. Kapitel, in dem ansonsten die Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten behandelt wird, legt ja nahe, dass es eine eigenständige, neben dem weltlichen Herrschaftsvertrag stehende Grundlage für die kirchliche Verwaltung ist. Insofern wären dann doch kirchliche und weltliche Verwaltung in der Wurzel getrennt. Das ist aber in Althusius’ Modell nicht der Fall. Das pactum religiosum besteht in einem gemeinsamen Versprechen des Magistrats und der Glieder des Reiches gegenüber Gott zu zwei Diensten: Sowohl der Magistrat als auch die Diener des Reiches versprechen, dass Gott „von den einzelnen Gliedern wie auch allen zusammen wahrhaftig erkannt und verehrt wird“ und dass sie „ihr Reich als von Gott gegeben anerkennen und ihm, gleichsam als seine Untertanen und Vasallen, Treue und Gehorsam geloben“38. Dieses pactum unterscheidet sich nicht nur im Hinblick auf die Vertragsparteien vom Herrschaftsvertrag. Darüber hinaus ist es auch nicht eigentlich ein Vertrag Gleichgeordneter, sondern hat den Charakter eines gemeinsamen Versprechens des Magistrats und der Glieder des Reiches gegenüber Gott.39 Dennoch wird bei Althusius an dieser Stelle durchaus mit vertraglichen Kategorien gearbeitet. So werden der oberste Magistrat und die Ephoren gemeinsam mit dem ganzen Volk als Schuldner und Mitschuldner bezeichnet, Gott aber als Gläubiger, dem gegenüber sie sich verpflichten.40 Das pactum religiosum ist als Versprechen gegenüber Gott natürlich von überragender Würde und Bedeutung. Für die Frage nach dem Zusammenhang des pactum religiosum mit der Verwaltung der kirchlichen Angelegenheit ist aber wichtig und ist 36
Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 5. Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 6. 38 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 15. 39 S.a. C. Malandrino, The Calvinistic Covenant’s Theology and Federalism: the Experience of Althusius, in: Reformierte Staatslehre in der Frühen Neuzeit, hrsg. v. H. de Wall, Berlin 2014, S. 99 – 131 (109). 40 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 17. 37
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auch schon des Öfteren hervorgehoben worden41: Es begründet die Kirchengewalt nicht. Es beinhaltet keine Übertragung von kirchlichen Leitungsbefugnissen. Dafür bedarf es nach der Konstruktion Althusius’ des pactum religiosum nicht. Die Kirchengewalt ist bei Althusius vielmehr, wie oben ausgeführt, Teil der Herrschaftsgewalt. Indem die kirchliche Gewalt bei Althusius aus der weltliche und kirchliche Aspekte umfassenden Herrschaftsgewalt abgeleitet wird, ähnelt seine Lehre derjenigen des Territorialismus, der erst sehr viel später an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert in aller Konsequenz ausformuliert wird, nämlich von Christian Thomasius und Justus Henning Böhmer.42 Die Kirchengewalt wurzelt bei Althusius, wie bei den späteren Territorialisten, nämlich gerade nicht, wie das bei zahlreichen zeitgenössischen Juristen angenommen wurde, im Reichsrecht, namentlich dem Augsburger Religionsfrieden. Nach dieser Auffassung beinhaltete die Suspension der geistlichen Gerichtsbarkeit der Bischöfe über die Anhänger der Augsburgischen Konfession in § 20 des Religionsfriedens die Übertragung oder Rückübertragung der bischöflichen Rechte auf den die Landesherren43. Dieser Weg passt auf Althusius’ Konstruktion der Übertragung der kirchlichen Verwaltung durch den Herrschaftsvertrag nicht44: Ein verwaistes bischöfliches Recht existiert bei ihm nicht und wäre mit seinem calvinistischen Kirchenverständnis auch nicht vereinbar. In Althusius’ Lehre steht das pactum religiosum also neben der Übertragung der Kirchengewalt bzw. dem Herrschaftsvertrag. Das wirft die Frage auf, welche Bedeutung es dann für die kirchliche Verwaltung hat, in deren Zusammenhang es in der Politica erörtert wird. Diese Bedeutung ist eine materiell determinierende, nicht eine Kompetenzen begründende. Aus seinem Inhalt wird deutlich, dass das pactum religiosum das Zusammenleben in der staatlichen Gemeinschaft und damit auch die Herrschaft und Verwaltung inhaltlich bestimmt. Gott soll von den einzelnen Gliedern wie auch allen zusammen im gesamten Reich wahrhaftig erkannt und verehrt werden, ihm gegenüber Treue und Gehorsam gelobt werden. Diesem Versprechen entsprechend sollen Gottes Gebote bei der Verwaltung verwirklicht werden. Dabei ist hervorzuheben, dass das pactum religiosum keineswegs nur die kirchliche Verwaltung determiniert. Es bezieht sich vielmehr auf beide Tafeln des Dekalogs und mit der zweiten Tafel auch und gerade auf die weltliche Verwaltung. Das betont Althu41
S. o. FN 19. Zum Territorialismus s. insbes. K. Schlaich, der Rationale Territorialismus, ZRG KA 54 (1968), S. 269 ff., C. Link, Herrschaftsordnung und Bürgerliche Freiheit, Wien 1979, S. 292 ff. 43 Diese Lehre wird daher als „Episkopalsystem“ oder „Episkopalismus“ bezeichnet. Zu den evangelischen Lehren über das Verhältnis von Staat und Kirche im 17. Jahrhundert grundlegend, Martin Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, München 1968. Dort wird aber Althusius nicht behandelt. 44 Die Nennung des Augsburger Religionsfriedens bei Althusius im Zusammenhang mit dem Religionsvertrag führt daher in die Irre (Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 15) und passt eigentlich nicht in seine Argumentation. 42
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sius ausdrücklich.45 Über die Begründung und Übertragung der Herrschaftsgewalt, die Organisation des Reiches und dergleichen sagt das aber unmittelbar nichts aus. Das pactum religiosum ist also auch nicht etwa Spezialgrundlage für die kirchliche Verwaltung und kann daher umso weniger Ausdruck einer Trennung von weltlicher und kirchlicher Verwaltung oder von Kirche und Staat sein. Auch wegen seines universalen Inhalts, der sich auf beide Tafeln des Dekalogs erstreckt, ist das nicht der Fall. Das pactum religiosum zeigt, dass Althusius keinesfalls ein säkulares Gemeinwesen im Blick hat. Die Verwaltung der Angelegenheiten des Reichs ist durch das pactum religiosum durch und durch religiös bestimmt. VII. Religiöse und historische Prägungen bei Althusius Die inhaltliche Ausfüllung dieses zutiefst religiösen Gehalts seiner Theorie der staatlichen Gemeinschaft und Herrschaft ist, wie das bereits an einigen wenigen Beispielen (Kirchenverfassung, Zensur als Kirchenzucht) gezeigt wurde, sehr deutlich konfessionell geprägt.46 Dabei ist zwar zu konstatieren, dass nach der Diktion der gesamten Argumentationsweise lutherische Vorstellungen durchaus ihren Raum in der staatlichen Gemeinschaft haben und, anders als das Judentum und die Katholiken, auch vollständig integriert sein können. Die Verfassungszustände und Institutionen insbesondere der kirchlichen Verwaltung zeigen aber reformiertes Gepräge. Daneben tritt die Prägung durch das positive Recht seiner Zeit, die bisweilen auch in eine Spannung zur konfessionellen tritt. Althusius beschreibt vielfach Rechtszustände des Reiches bzw. greift auf sie zurück und integriert sie in seine konsoziale und vertragliche Theorie. Aus verfassungshistorischer Sicht gewinnt man aber bisweilen den Eindruck, als würden an sich nicht zu so einer solchen Theorie passende reichsrechtliche Institutionen mit einiger Gewalt über den Leisten seiner Lehre gezogen – Die Deutung der Verpflichtungen der (Deutschen) Könige in ihren Wahlkapitulationen, für die anerkannte Religion Sorge zu tragen,47 als pactum religiosum des summus magistratus und aller Glieder des Reiches mit Gott scheint mir ein Beispiel dafür zu sein.48 45 Dabei setzt er sich namentlich mit Wiliam Barclay auseinander, Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 23; F. Ingravalle, Theologie und politischer Calvinismus im XVIII. Kapitel der Poitica methodice digesta des Johannes Althusius, in: Reformierte Staatslehre in der Frühen Neuzeit (FN 39), S. 225 – 233 (229), scheint diese Stelle so zu deuten, dass das pactum religiosum Grundlage der Herrschaftsgewalt des summus magistratus sei. Das erscheint mir im Anbetracht des beschriebenen Inhalts des Religionsvertrags irreführend. 46 S. a. Wyduckel (FN 19), S. 182. 47 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, § 15. 48 S. aus der Wahlkapitulation Karls V., 1519, (Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung, bearbeitet von K. Zeumer, 2. Aufl 1913, Nr. 180 (S. 309): „…, daz Wir Uns demnach aus freiem, genedigen Willen mit denselben Unseren lieben Frunden, Neven und Churfursten diser nachfolgenden Artigkel gedings= und pactsweise verainigt, vertragen, die angenomen, bewilligt und zu halten zugesagt haben, alles wissentlich in
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Im Übrigen zeigt die Politica, dass Althusius’ Lehre keineswegs Element einer Säkularisierung des Staats- und Rechtsverständnisses gewesen ist. Die in ihr enthaltene Staatslehre mit ihren Elementen konsozialer und vertraglicher Begründung von weltlicher Herrschaft und Kirchengewalt ist von religiösen Vorstellungen nicht nur geprägt, sondern wird auch mit religiösen Inhalten gefüllt. Ihr Gehalt ist daher mit dem Begriff der Konfessionalisierung besser beschrieben als mit dem der Säkularisierung. Insofern wird die namentlich durch Heinz Schilling und Wolfgang Reinhard herausgearbeitete Erkenntnis von der tragenden Bedeutung der sich verfestigenden Konfessionen für die Entwicklung der Staatsgewalt in der frühen Neuzeit für den Bereich der Staatslehre durch die Politica des Althusius bestätigt. Das wird auch an der Frage der Behandlung Andersgläubiger, also der Toleranz, sehr deutlich: Toleranz beschränkt sich ja bei Althusius im Wesentlichen auf eine Duldung von Anhängern des Katholizismus und des Judentums sowie einiger abweichender christlicher Einzellehren, wobei namentlich die ersteren gleichwohl mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen haben – keine Synagogen oder katholische Kirchen, keine Eheschließung der „Frommen“ mit ihnen, Untersagung des „freundschaftlichen Verkehrs“ mit ihnen49. Diese „Toleranz“ schließt daneben aber eine weitgehende konfessionelle Prägung der weltlichen und kirchlichen Verwaltung nicht aus. Dass der Effekt solcher Konfessionalisierung auf längere Sicht und im Laufe der Entwicklung durchaus zur als Gesamttrend nicht zu leugnenden Säkularisierung von Staat und Recht geführt haben und dass namentlich Vertragstheorien, wie sie auch von Althusius entwickelt wurden, dazu einen erheblichen Beitrag geleistet haben, ist dadurch gar nicht in Frage gestellt. Für ein richtiges Verständnis der frühneuzeitlichen Lehren und namentlich derjenigen von Althusius sollte man aber von Kategorien wie Trennung von Staat und Religion oder Kirche, Autonomie der Kirche, Säkularisierung oder Toleranz in ihrem heutigen Verständnis nicht sprechen. Sie sind, um es zu wiederholen, Althusius wie den anderen zeitgenössischen Theorien in ihrem Selbstverständnis völlig fremd.
Craft ditz Briefs. § 1. Zum ersten, daz Wir in Zeit solicher Kuniglicher Wirde, Ambts und Regierung die Cristenheit und den Stul zu Rom, auch bebstliche Heiligkeit und die Kirchen als derselben Advocat in guetem Bevelch und Schirm haben, …“. Hier ist zwar von der „gedings und pactweisen“ Vereinigung die Rede, es handelt sich aber um eine „Vereinbarung“ Karls V. mit den Kurfürsten. Das pactum religiosum bei Althusius soll aber eine Vereinbarung des summus magistratus, aller Ephoren und des Volkes mit Gott sein – die Wahlkapitulation als eine solche Vereinbarung zu lesen, geht jedenfalls sehr weit. Das gilt auch dann, wenn man einbezieht, dass in späteren Wahlkapitulationen, etwa der Leopolds I. von 1659, die übrigen Reichsstände dadurch ausdrücklich einbezogen wurden, dass die Kurfürsten „vor sich und sämptliche Fürsten und Stände deß H. Röm. Reichs“ handelten (Wiedergabe bei http:// de.wikisource.org/wiki/Wahlkapitulation _Leopold_I [21. 5. 2014]). 49 Althusius, Politica (FN 1), Kap. XXVIII, §§ 53 f., 56.
Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten. Entstehung und Wirkung von David Pareus’ Überlegungen zum Ius circa sacra Von Christoph Strohm Im Zuge der neueren Konfessionalisierungsforschung hat sich die Auffassung weitgehend durchgesetzt, dass die drei Hauptkonfessionen mehr oder weniger den gleichen Beitrag zur Modernisierung des Staates geleistet haben, ganz im Gegensatz zu der Deutung, die Max Weber und Ernst Troeltsch am Beginn des 20. Jahrhunderts entfaltet haben. Zugleich findet sich weiterhin die Kritik, dass der Protestantismus mit seiner Infragestellung der mittelalterlichen Kirche und der Aufwertung der weltlichen Obrigkeiten einen problematischen Beitrag zur Ausweitung staatlicher Kompetenzen am Beginn der Moderne geleistet habe. Auch die gegenteilige, positive Würdigung des besonderen Beitrags protestantischer Juristen zur Ausbildung des öffentlichen Rechts und der Staatsbildung ist in jüngerer Zeit profiliert herausgestellt worden. Diese Debatte soll hier nicht weitergeführt werden, indem ein weiterer Sachverhalt konfessionell verortet oder gar als Errungenschaft einer Konfession präsentiert wird.1 Vielmehr soll ein Aspekt erläutert werden, der in der jüngeren Konfessionalisierungsforschung gelegentlich erwähnt, aber noch nicht ausreichend gewürdigt worden ist: die produktive Kraft konfessioneller Konkurrenz. Es ist falsch, den Fortschritt der politischen Kultur allein als Ertrag einer umfassenden Säkularisierung zu beschreiben. Die verschärfte Konfessionalisierung hat ebenso zu einer verstärkten Theoriebildung beigetragen. Gerade die konfessionelle Konkurrenz führte zu einem explosiv vermehrten Anstieg des relevanten Schrifttums. Die indirekten Wirkungen der Konfessionalisierung, welche als Gegenbewegung säkularisierende Tendenzen und im Zuge dessen auch die politische Theoriebildung gefördert hat, sind eingehend erforscht. Hier ist zuerst Jean Bodins Souveränitätslehre zu nennen, die angesichts der französischen Religionskriege als Remedium gegen den Niedergang des Gemeinwesens durch den konfessionell aufgeladenen Streit entwickelt wurde.2 Auch der sich rasch verbreitende Neustoizismus ist, wie 1
Vgl. dazu genauer C. Strohm, Das Verhältnis von Kirche und Welt in konfessionsvergleichender Perspektive, in: W. Damberg / U. Gause / I. Karle / T. Söding (Hg.), Reform und Reformation der Kirche. Gottes Wort in der Geschichte. Ökumenisches Symposium in der Ruhr-Universität Bochum am 26.–28. September 2013, im Druck. 2 Vgl. J. Bodin, Les six livres de la République, éd. et présentation de G. Mairet (gekürzte Ausg. der Ausg. 1583), Paris 1993; ders., Sechs Bücher über den Staat. Aus d. Französ. übers.
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insbesondere Justus Lipsius‘ Programmschrift „De constantia“ von 1584 zeigt,3 als Gegenbewegung gegen die unheilvollen Folgen der Konfessionalisierung zu verstehen und hat Theorie und Praxis des Frühabsolutismus in erheblichem Maße befruchtet.4 Hier handelt es sich gleichsam um indirekte Folgen der Konfessionalisierung für die Entwicklung der politischen Kultur, da die Theoriebildung im Zuge von gegenläufigen, säkularisierenden Tendenzen entwickelt wurde. Es sind aber auch direkte Auswirkungen der Konfessionalisierung auf die politische Kultur festzustellen, die unmittelbarer Ertrag verschärfter konfessioneller Polemik waren. Im Zuge heftig geführter Auseinandersetzungen und mit großer Detailversessenheit durchgefochtener Polemik kommt es zur Ausbildung von Begrifflichkeiten und Theorien zum Verhältnis von Kirche bzw. Religion und Staat und insbesondere zur Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsfragen. Das soll im Folgenden an einem wirkungsgeschichtlich außerordentlich wichtigen, aber kaum bekannten Beispiel aufgezeigt werden. I. Potestas regia circa ecclesiastica – die Klärung der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten Mit der Reformation und der folgenden Konfessionsspaltung wurde die Klärung der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten zu einer zentralen Aufgabe. Schon die von Luther und Melanchthon beschriebene Ersatzfunktion der weltlichen Obrigkeiten als praecipua membra ecclesiae angesichts des Versagens der Bischöfe erforderte eine Klärung.5 Erst recht machte die Auslegung des Augsburger Religionsfriedens eine Präzisierung notwendig.6 Zur Beschreibung der entspreu. mit Anmerkungen versehen von B. Wimmer, eingel. u. hg. v. P. C. Mayer-Tasch, 2 Bde., München 1981/86; Überblick und neueste Literatur in: T. Gergen, Art. Bodin, Jean (1529/30 – 1596), in: A. Cordes / H. Lück / D. Werkmüller / R. Schmidt-Wiegand (Hg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2., völlig überarb. u. erweit. Aufl., Bd. I, Berlin 2008, Sp. 692 – 694. 3 Vgl. J. Lipsius, De constantia libri duo, qui alloquium praecipue continent in publicis malis, Leiden (1584) 51591. 4 Vgl. J. Lipsius, Politicorum sive civilis doctrinae libri sex, qui ad principatum maxime spectant, Leiden 1589; grundlegend zum Ganzen immer noch G. Oestreich, Antiker Geist und moderner Staat bei Justus Lipsius (1547 – 1606). Der Neustoizismus als politische Bewegung, hg. v. N. Mout (SHKBA 38), Göttingen 1989. 5 Zur Übersicht vgl. M. Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (JusEccl 6), München 1968; ders., Rechtstheologie Luthers (1966), in: ders., Gesammelte Schriften. Staat – Kirche – Recht – Geschichte, hg. v. K. Schlaich, Bd. 1 (JusEccl 38), Tübingen 1989, S. 324 – 365, bes. S. 362 – 365; H. de Wall / S. Muckel, Kirchenrecht. Ein Studienbuch (Juristische Kurz-Lehrbücher), München 2009, S. 23 – 38. 6 Vgl. C. Strohm, Konfessionsspezifische Zugänge zum Augsburger Religionsfrieden bei lutherischen, reformierten und katholischen Juristen, in: H. Schilling / H. Smolinski (Hg.),
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chenden Regelungen hat sich bald die Formel „cuius regio eius religio“ eingebürgert. Schöpfer der Formel ist der Jurist Joachim Stephani (1544 – 1623), zugleich auch Urheber eines entsprechenden Modells des Staatskirchenrechts, des Episkopalismus. Es war dann Hugo Grotius, der eine weitere Formel, die Rede vom „ius circa sacra“, in der staatskirchenrechtlichen Diskussion etabliert hat. Sie wird in dem kurz vor der Verhaftung im August 1618 geschriebenen, aber erst postum gedruckten Werk „De imperio summarum potestatum circa sacra“ entfaltet.7 Bereits zuvor hatte Grotius dem Thema einen „Tractatus de iure magistratuum circa ecclesiastica“ gewidmet.8 In einem Festschrift-Beitrag hat Johannes Heckel 1938 darauf hingewiesen, dass vor Hugo Grotius eine ähnliche Formel von David Pareus, einem der profiliertesten Vertreter des Heidelberger Reformiertentums vor 1620, verwendet wurde.9 Heckel konnte ferner plausibel machen, dass Johann Gerhard die Beschreibung der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten als potestas ecclesiastica circa sacra von Pareus übernommen hat, auch wenn der ausdrückliche Bezug fehlt.10 Mit dem wahrscheinlichen Einfluss sowohl auf Grotius als auch auf Johann Gerhard wären die Nachwirkungen sowohl im lutherischen als auch im reformierten Protestantismus gegeben.11 Umso interessanter erscheint es, die Genese der Begrifflichkeit und der mit ihr verbundenen Theorie bei Pareus zu klären.
Wissenschaftliches Symposium aus Anlaß des 450. Jahrestages des Friedensschlusses, Augsburg 21. bis 25. September 2005 (SVRG 206), Gütersloh 2007, S. 127 – 156. 7 Paris 1647. In der Neuedition des Werkes durch H.-J. van Dam wird eingehend über die Entstehungssituation, Vorlagen, Manuskript-Fassungen und frühe Druckgeschichte informiert: H. Grotius, De imperio summarum potestatum circa sacra. Critical edition with introduction, English translation and commentary, ed. by H.-J. van Dam, 2 vols. (SHCT 102/1 – 2), Leiden 2001 (dort weitere Literatur). Van Dam hat aufgezeigt, dass das Werk faktisch von dem Drucker Anthony de Later in Middleburg gedruckt wurde (vgl. ebd., S. 76 – 85). Vgl. ferner – van Dam auswertend und durch eine Inhaltswiedergabe ergänzend – F. Mühlegger, Hugo Grotius. Ein christlicher Humanist in politischer Verantwortung (AKG 103), Berlin/New York 2007, S. 361 – 501. 8 Dieser Text galt als verschollen, bis H.J.M. Nellen 1997 eine Manuskriptfassung in den offiziellen Papieren Johan van Oldenbarnevelts fand (vgl. van Dam, Introduction, in: Grotius, De imperio (FN 7), S. 3).Van Dam hat die Einleitung des Textes als Anhang seiner Edition und Kommentierung von „De imperio“ abgedruckt (vgl. ebd., S. 884 – 889). Zur Entstehung und zum Verhältnis des Textes zu „De imperio“ vgl. ebd., S. 46 – 48. 9 Vgl. J. Heckel, Cura religionis, ius in sacra, ius circa sacra (1938). Sonderausgabe (Libelli 69), Darmstadt 1962, S. 53 – 58 u. 72 – 74. 10 Ein wesentliches Argument ist der Sachverhalt, dass Gerhard im Anschluss an die Formulierung das gleiche Zitat aus der „Vita Constantini“ Eusebius‘ bringt wie Pareus (vgl. ebd., S. 50 – 53 u. 55 f.). Das Zitat findet sich unten (FN 39). 11 Pareus’ Bedeutung für die staatskirchenrechtlichen Ideen in den Niederlanden in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und insbesondere für die betreffenden Entwürfe Gisbert Voetius’ hat J. Bohatec hervorgehoben (vgl. ders., Das Territorial- und Kollegialsystem in der holländischen Publizistik des XVII. Jahrhunderts, in: ZRG Kan. Abt. 35 (1948), S. 1 – 149, hier: S. 35 – 42).
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Sie verdankt sich in doppelter Weise den kontroverstheologischen Auseinandersetzungen, welche das konfessionelle Zeitalter prägten. Zum einen hat Pareus die Beschreibung der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten als potestas ecclesiastica circa sacra im intensiven kontroverstheologischen Gespräch mit katholischen bzw. jesuitischen Theologen entfaltet. Zum anderen ist sie Ertrag seines Bemühens, das zwinglianisch-erastianische und das calvinische Erbe im reformierten Protestantismus zu vermitteln. Bevor das entfaltet wird, ist kurz auf Pareus‘ Bedeutung als Theologe und seine Rolle innerhalb des kurpfälzischen Reformiertentums vor 1620 einzugehen. II. Pareus’ Bedeutung im Kontext des kurpfälzischen Reformiertentums David Pareus, geb. 1548, stammte wie andere wichtige Vertreter des Heidelberger Reformiertentums (Zacharias Ursinus, Abraham Scultetus) aus Schlesien und wuchs dort in einem melanchthonisch geprägten Milieu auf.12 Über die Oberpfalz (Amberg) kam er nach Heidelberg, wo er 1566 Alumnus des Heidelberger Sapienzkollegs wurde. Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Kurpfalz war er seit 1598 Professor für Altes Testament an der Universität. Von 1602 bis zu seiner Flucht infolge der Besetzung Heidelbergs 1622 hatte er die erste Professur der Theologischen Fakultät, die Professur für Neues Testament, inne. Mit dem 1606 fertiggestellten und 1614 gedruckten „Irenicum“ hat er das Hauptwerk der sog. Kurpfälzischen Irenik geschaffen, das man als ein „Kompendium reformiert irenischer Ansichten“ bezeichnet hat.13 Aber das irenische Bemühen ist bei Pareus unlösbar mit polemischer Abgrenzung verbunden.14 In seiner Rede zum 100jährigen Jubiläum der Reformation 1617 und in zahlreichen weiteren Schriften bekämpft er in äußerster polemischer Schärfe 12
Vgl. G. A. Benrath, D. Pareus, in: Schlesische Lebensbilder 5 (1968), S. 13 – 23; K. F. Ulrichs, Art. Pareus, David, in: BBKL 6 (1993), Sp. 1532 – 1536; T. Himmighöfer, Art. Pareus, David, in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 65 f.; D. Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon 1386 – 1651, Berlin u. a. 2002, S. 433 – 435; Widmungsschreiben, Vorreden und andere Texte Pareus‘ sowie biographische Informationen und Literatur, in: W. Kühlmann / V. Hartmann / S. El Kholi / B. Spiekermann (Hg. u. Bearb.), Die deutschen Humanisten. Dokumente zur Überlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur in der Frühen Neuzeit, Abteilung I: Die Kurpfalz, Bd. 2: David Pareus, Johann Philipp Pareus und Daniel Pareus (Europa Humanistica, 7), Turnhout 2010, S. 1 – 595. 13 W. Holtmann, Die Pfälzische Irenik im Zeitalter der Gegenreformation, Diss. theol., Göttingen 1960, S. 256; zu Pareus‘ Irenik vgl. ebd., S. 238 – 260; H. Hotson, Irenicism in the Confessional Age. The Holy Roman Empire, 1563 – 1648, in: Conciliation and Confession. The Struggle for Unity in the Age of Reform, 1415 – 1648, ed. by H. P. Louthan / R. C. Zachman, Notre Dame 2004, S. 228 – 285, hier: S. 232 – 245. 14 Pareus hat im Vorwort des Werkes einen Zusammenhang von Irenik und Polemik hergestellt, wohl als erster überhaupt. „Irenicum igitur erit Irenicum; nec fiet Polemicum“ (D. Pareus, Irenicum sive de unione et synodo evangelicorum concilianda liber votivus paci ecclesiae et desiderijs pacificorum dicatus, Heidelberg 1614, Ad lectorem, S. II). Vgl. H. J. Müller, Irenik als Kommunikationsreform. Das Colloquium Charitativum von Thorn 1645 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 208), Göttingen 2004, S. 37.
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Tyrannis und Aberglauben des Papsttums.15 Gerade im Kontext dieser Frontstellung bekommt die innerprotestantische Irenik ihre Bedeutung. Pareus’ frühester Versuch, die Kompetenz weltlicher Obrigkeiten in Religionsangelegenheiten begrifflich und inhaltlich zu klären, findet sich nach meiner Kenntnis in der Widmungsrede zu seinem 1605 gedruckten Hosea-Kommentar.16 Schon im Untertitel des Kommentars wird das Thema der an Moritz den Gelehrten, Landgraf von Hessen-Kassel, gerichteten Vorrede klar benannt: „de iure Principis circa Ecclesiastica“.17 Es ist offensichtlich, dass die am 2. November 1605 abgeschlossene Vorrede auf die Etablierung des reformierten Protestantismus in Hessen-Kassel durch Moritz’ „Verbesserungspunkte“18 eingeht und diese begründend und beratend zu fördern sucht. Die Entfaltung des Rechts der Fürsten „circa Ecclesiastica“ erfolgt in dauernder Auseinandersetzung mit Schriften jesuitischer Theologen, wie ja auch schon im Titel des gesamten Kommentars die Zielsetzung einer Auseinandersetzung mit den „skurrilen“ Lehren der Mainzer „Jesuitastri“ ausdrücklich formuliert ist.19 Drei Jahre später, im Jahre 1608, hat Pareus einen umfangreichen Römerbriefkommentar zum Druck gebracht.20 Hier entwickelt er im Zuge der Auslegung von 15 Vgl. eingehend C. Strohm, „Deutsch-reformierte“ Theologie?. Die kurpfälzische Reformation im Rahmen der frühneuzeitlichen Konfessionalisierung, in: ders. / J. Stievermann (Hg.), Profil und Wirkung des Heidelberger Katechismus. Internationales Symposium vom 8. bis 11. Mai 2013 in Heidelberg (Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, 215), Gütersloh 2015, im Druck. 16 D. Pareus, Hoseas Propheta commentariis illustratus. Cum translatione triplici; Latina gemina, ex Hebraeo, et Chaldaeo Thargum Jonathae; nec non Graeca LXX; praemittuntur PROLEGOMENA de prophetis, deque propheticae scripturae authoritate, à Moguntini cuiusdam Jesuitastri scurrilibus animadversionibus breviter vindicata. Adiectae sunt quatuor orationes in Academia habitae. I. De legum dignitate, usu & obedientia ex 1. Tim. 1.8. II. De studii Theologici difficultatibus, earumque remediis. III. De LXX. hebdomadibus Danielis ex Dan. 9.24. IV. De duobus testibus Apocal. 11. Cum indice verborum & rerum memorabilium: nec non praefatione ad Mauritium Landgravium, principum decus; de iure principis circa ecclesiastica, Heidelberg s.a. (1605). 17 Die Rede ist mit einer deutschen Zusammenfassung und Kommentierung abgedruckt in: Kühlmann et al., Die deutschen Humanisten (FN 12), S. 52 – 70. 18 Vgl. G. Menk, Die Konfessionspolitik des Landgrafen Moritz, in: ders. (Hg.), Landgraf Moritz der Gelehrte. Ein Kalvinist zwischen Politik und Wissenschaft (Beiträge zur hessischen Geschichte, 15), Marburg an der Lahn 2000, S. 95 – 138. 19 Siehe oben (FN 16). Mainzer Jesuiten hatten Moritz wegen seines Eingreifens in die Lehre und das Leben der Kirche scharf kritisiert. 20 Vgl. D. Pareus, In divinam ad Romanos S. Pauli Apostoli epistolam commentarius, quo praeter accuratam textus sacri analysin atque interpretationem, de quaestionibus controversis dubia CLXXIX. Explicantur: & antiqua Romanorum fides adversus nunc-Romanistarum opiniones, praecipue Roberti Bellarmini Iesuitae argutias, et Thomae Stapletoni Antidota: nec non Socini, Eniedini et Ostorodii haereticorum Samosatianorum blasphemias vindicatur, Frankfurt a.M. 1608 (VD 17 12:119329Z); weitere Ausgaben: s.l. (Genf) 1609; Heidelberg 1609 (VD17 547:654147P); Heidelberg/Frankfurt a.M. 1613 (VD17 7:703306X); (Frankfurt): Rosa, 1613 (VD17 3:305335K); Genf 1617; Heidelberg 31620 (VD17 23:322514T).
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Röm 13,1 – 7 die Unterscheidung von potestas ecclesiastica interna und externa bzw. die Vorstellung einer Kompetenz der weltlichen Obrigkeit circa ecclesiastica weiter.21 In außerordentlich umfassender Weise und in unablässiger Auseinandersetzung mit katholischen bzw. jesuitischen Theologen werden die grundsätzlichen Probleme des Verhältnisses von Kirche und Staat im Zusammenhang der Auslegung von Röm 13,1 – 7 erörtert. Der Kommentar ist mehrfach nachgedruckt worden22 und hat dadurch die bereits angesprochene Wirkungsgeschichte von Hugo Grotius bis Johann Gerhard entfaltet. Die betreffenden Ausführungen zur Auslegung von Röm 13,1 – 7 sind bald auch als eigenständiger Traktat unter dem Titel „Quaestiones controversae theologicae, de iure regum et principum“ zum Druck gekommen.23 Insbesondere dieser Druck außerhalb des Bibelkommentars hat zur Rezeption der Thesen Pareus‘ unter Juristen beigetragen.24 III. Kontroverstheologische Ausrichtung der Auslegung von Röm 13,1 – 7 Schon im Titel bzw. Untertitel wird die kontroverstheologische Ausrichtung des Römerbriefkommentars markiert.25 Insbesondere der Jesuit Robert Bellarmin und der den Jesuiten nahestehende Thomas Stapleton werden als Gegner hervorgehoben. Diese hätten in ihren Werken den Römerbrief des Paulus nicht nur mit Gift besudelt, sondern ihn geradezu in Gift verwandelt.26 Gleich zu Beginn des Kommentars findet sich eine Auflistung der bei der Auslegung der einzelnen Kapitel umstrittenen Sachverhalte („Dubia“). Deren Erörterung nimmt den größten Raum innerhalb des Kommentars ein. So geht Pareus bei der Kommentierung des 13. Kapitels im Zuge einer Vers-für-Vers-Kommentierung zügig am Text entlang. Die eigentliche Auslegung und Auseinandersetzung mit den gegnerischen Positionen findet dann im Rahmen von neun ausführlich gehaltenen Dubia statt. Im Blick auf Röm 13,1 – 7 sind das: Ob der Papst und der Klerus der weltlichen Gewalt untergeben seien, ob der römische Papst eine den Königen und Fürsten übergeordnete Gewalt habe, ob alle Gewalt von Gott eingesetzt sei, ob und inwieweit es erlaubt sei, den weltlichen Obrigkeiten und dem römischen Papst zu widerstehen, ob die weltliche Obrigkeit Herrschaftsgewalt „circa religionem“ habe, ob die Kirche die Schwertgewalt habe und ob Christen diese 21
Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1388 – 1445. Siehe oben (FN 20). 23 D. Pareus, Quaestiones controversae theologicae, de iure regum et principum. Contra Papam Romanum, magnum illum Anti-Christum. Pro (…) principe Jacobo Dei gratia Magnae Britaniae, Franciae et Hiberniae rege, fidei defensore: adversus Bellarminum, Becanum et id genus alios Pontificiae aulae parasitastros, Amberg 1612; vgl. D. Pareus, De potestate ecclesiastica et civili propositiones theologico-politicae. Earundemque vindicatio, pietatis ergo instituta a Philippo Pareo, Frankfurt a.M. 21633; vgl. ferner D. Pareus, Ad Roberti Cardinalis Bellarmini librum De temporali potestate Papae, commentatio, Frankfurt a.M. / Heidelberg 1612. 24 Vgl. Heckel, Cura religionis (FN 9), S. 54 Anm. 185. 25 Siehe oben (FN 20). 26 Vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, f. *3v. 22
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durch Richten und Kriegführen vollziehen könnten, ob die Gesetze der weltlichen Obrigkeit die Gewissen binden könnten und wenn ja, ob das auch kirchliche Gesetze und Traditionen könnten, und schließlich die Frage, ob Amtsträger der Kirche von Steuerlasten befreit seien.27 Mit Abstand am ausführlichsten wird die Frage nach der potestas circa religionem der weltlichen Obrigkeit behandelt. Die meisten anderen Problemstellungen werden in ungefähr zehn Spalten behandelt, diese in über vierzig. Überdurchschnittlich breiten Raum mit ca. zwanzig Spalten erhält lediglich die Auseinandersetzung mit den Thesen der Jesuiten in der Frage, ob der römische Papst eine den Königen und Fürsten übergeordnete Gewalt besitze. Am Beginn der Erörterung der Fragen nach der Kompetenz der weltlichen Gewalt circa religionem, verweist Pareus noch einmal ausdrücklich auf seine beiden wichtigsten Gegner Bellarmin und Stapleton. Robert Bellarmin (1542 – 1621) war der wohl produktivste Kontroverstheologe und hatte sich auch mehrfach zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Gewalt geäußert,28 am profiliertesten in seinem „Tractatus de potestate summi pontificis in rebus temporalibus“ von 1610.29 Der „Tractatus“ war gegen den schottischen Juristen William Barclay gerichtet, der die königliche Macht verteidigt hatte. Bellarmin entfaltete hier die Auffassung, dass der Papst „direkt nur eine geistliche, keine weltliche Macht habe, aber infolge seiner geistlichen Gewalt indirekt die höchste Autorität besitze, so daß er einem König die Macht nehmen und einem anderen übertragen, Gesetze für ungültig erklären und dafür andere erlassen könne, falls es zum Heil der Seele notwendig sei“.30 Der aus England stammende Thomas Stapleton (1535 – 1598) hatte als Professor der Heiligen Schrift in Löwen gegen die Protestanten gerichtete Bibelkommentare
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„1 An Papa & Clerus debeat esse subiectus potestati ciuili?“, „2 Vtrum Papa Rom. sit potestas supereminens supra reges & principes?“, „3 An omnis potestas sit à Deo ordinata?“, „4 An & quatenus licitum sit resistere potestatibus, & Pontifici Romano?“, „5 De potestate magistratus ciuilis circa religionem, an sit aliqua, & qualis?“, „6 An Ecclesia habeat ius gladij: seu an gladius in Ecclesia Christi esse, & exerceri vindicando & belligerando à Christianis debeat?“, „7 An leges Magistratus ciuilis conscientias obligent: & si hae obligant, an etiam leges & traditiones Ecclesiasticae obligent?“, „8 Vtrum Ecclesiastici sint exemti tributis?“ (Pareus, Ad Romanos ( FN 20) 1608, f. **ivr). 28 Übersicht über die Werke in: F. W. Bautz, Art. Bellarmin, Robert, in: BBKL 1 (1990), Sp. 473 f. 29 Vgl. R. Bellarmin, Tractatus de potestate summi pontificis in rebus temporalibus, Rom 1610. 30 Bautz, Art. Bellarmin (FN 28), Sp. 473; zur Staatslehre Bellarmins vgl. F. X. Arnold, Die Staatslehre des Kardinals Bellarmin. Ein Beitrag zur Rechts- und Staatsphilosophie des konfessionellen Zeitalters, München 1934; B. Bourdin, La genèse théologico-politique de l’État moderne. La controverse de Jacques Ier d’Angleterre avec le cardinal Bellarmin, Paris 2004; S. Tutino, Law and conscience. Catholicism in early modern England, 1570 – 1625 (Catholic Christendom, 1300 – 1700), Burlington, VT 2007; F. Motta, Bellarmino. Una teologia politica della controriforma, Brescia 2005.
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verfasst. Er gab ihnen den bezeichnenden Titel „Antidota“ – gegen das von Calvin und Theodor Beza verbreitete Gift.31 Die Erörterung der Fragen nach der Gewalt der weltlichen Obrigkeit circa religionem setzt mit einer Auflistung von elf Argumenten Stapletons und sieben Bellarmins ein.32 Um zu einer Klärung zu kommen, beginnt Pareus mit Vorüberlegungen (praecognita), bevor er dann die Antwort mit bestimmten Argumenten (propositiones) entfaltet. Die Vorüberlegungen laufen auf die Beschreibung einer potestas architectonica hinaus, die im Sinne der frühneuzeitlichen Territorialstaatsbildung ihr Zentrum in der Gesetzgebung hat. Im eigentlichen Sinn wird sie „civile“ genannt, im uneigentlichen Sinn „ecclesiastica“. Diese wiederum ist als potestas regia circa ecclesiastica oder ecclesiastica externa zu bezeichnen.33 Unstrittig ist, dass die weltlichen Obrigkeiten für den Frieden im Gemeinwesen sorgen und also keine Konfusion in der Religion dulden dürfen, sondern vielmehr die alleinige wahre Religion schützen müssen.34 Die Grenze des Handelns der weltlichen Obrigkeit liegt darin, dass sie nicht die Aufgaben des eigentlichen kirchlichen Amts übernehmen darf, und das sind Predigt, Sakramentsverwaltung und Ausübung der Schlüsselgewalt.35 Damit ist Pareus an der entscheidenden Stelle seiner Auseinandersetzung mit Bellarmin und Stapleton angelangt. Wie die gesetzgebende Gewalt eine Kompetenz und Aufgabe circa bonum civile hat, so auch circa bonum spirituale, und das heißt dafür zu sorgen, dass die reine Religion in der Kirche lebendig sei gemäß dem Wort Gottes.36 Dies wird dann in fünffacher Weise konkretisiert und mit Verweisen auf das 31 Vgl. T. Stapleton, Antidota Apostolica contra nostri temporis haereses, 2. (…) In Epistolam B. Pauli ad Romanos, Antwerpen 1595. 32 Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1388 – 1394. 33 „Praecognitum V. Potestas Architectonica, quae est regia seu principatus, propriè quidem vocatur ciuilis, obiecto & forma: quia versatur circa ciuilia, & est ciuilis statu, conditione & actibus: impropriè verò ex eo, quòd etiam circa Ecclesiae bonum supernaturale versatur, vocatur Ecclesiastica, quia non est talis conditione & actibus deo Ecclesiasticè exercetur. Ideo potius potestas regia circa Ecclesiastica appellabitur. Posse tamen dici Ecclesiasticam externam, infrà ostendetur“ (Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1396 f.). 34 Vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1398 – 1401 (Propositio I–IV). Stapleton sieht selbst die Aufgabe der weltlichen Obrigkeit, für die rechte Religion zu sorgen, aber eben nur im päpstlichen Sinn. Auch bietet er Zitate Luthers, Melanchthons und Calvins, um deren Ablehnung von Eingriffen der weltlichen Obrigkeit in die kirchliche Lehre zu belegen. Ähnlich vertritt auch Bellarmin die Aufgabe der weltlichen Obrigkeit, für die rechte Gottesverehrung zu sorgen und Häresie und Blasphemie zu bekämpfen. Jedoch sind die Sachverhalte nach seiner Darstellung von den Bischöfen zu definieren. Die Laien und damit auch die weltlichen Obrigkeiten haben kein Urteilsvermögen in dieser Sache. 35 Vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1401 – 1405 (Propositio V–VII); teilw. zit. unten (FN 40). 36 „Propositio VIII. Potestas ciuilis molohetij^ seu regia sicut circa bonum ciuile subditorum debet curare, vt ius vigeat in repub. secundum leges: sic circa bonum spirituale subditorum debet curare vt pura religio vigeat in Ecclesia secundum verbum Dei. Haec thesis sola totam controuersiam continet. Explicanda igitur est primum: deinde confirmanda. Cura principatus de iure circa bonum civile est, leges officiorum, contractuum, & iudiciorum honestas,
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römische Recht und das Alte Testament begründet37 sowie dann noch einmal eingehend gegen die Einwände Bellarmins und Stapletons verteidigt.38 Hier kommt es zu der von Johannes Heckel zitierten, wirkungsreichen Unterscheidung, die u. a. bei Johann Gerhard nachzuweisen ist. „Auf die gegenteiligen Argumente ist zuerst allgemein, dann speziell zu antworten. Der Gegner fragt, ob dem Fürsten, der Laie ist, potestas ecclesiastica zukomme. Ich antworte: Die potestas ecclesiastica ist in doppelter Weise zu beschreiben, eigentlich und uneigentlich, innerlich und äußerlich. Diese Unterscheidung folgt aus dem erinnerungswürdigen Diktum Konstantins des Großen an die Bischöfe: ,Ihr seid die Bischöfe in der Kirche. Ich aber bin von Gott zum Bischof außerhalb der Kirche oder des Tempels bestimmt.‘ […] Eigentlich bezeichnete oder innerliche Gewalt, welche von den kirchlichen Amtsträgern kirchlich in der Kirche ausgeübt wird in Gestalt von Lehren, Binden, Lösen, Sakramentsverwaltung etc., ist dem Fürsten, der Laie ist, nicht gestattet… Uneigentlich bezeichnete oder äußere Gewalt ist die potestas molohetijµ, quae circa ecclesiasticas res et personas extra templum ciuiliter exercetur […].“39
Konkretisiert wird die Kompetenz weltlicher Obrigkeiten in Religionsangelegenheiten in dreifacher Hinsicht. Im Bereich der Glaubenslehre und des cultus Dei zählt das Urteil des Fürsten nicht mehr als das eines Privatmanns. Ein Eingreifen ist durch das Wort Gottes verboten. Im zweiten Bereich, der Oeconomia Ecclesiastica generalis, das heißt der Ämterordnung der Bischöfe, Doktoren, Pfarrer und Ältesten und ihrer Pflichten, welche durch das Wort Gottes definiert sind, darf sich der Fürst ebenfalls kein Eingreifen erlauben. Lediglich im Blick auf die Oeconomia Ecclesiastica specialis haben die weltlichen Obrigkeiten Aufgaben. Sie müssen für das Vorhanden-
vtiles & Reipubl. suae competentes ex iure & aequo praescribere, praescriptas tueri: iudices idoneos constituere, iudiciis praeesse, seu ut secundum ius fiat deliberatio, iudicatio, atque executio legum prouidere, defectus vel excessus iudicum circa ius dicendum corrigere & mutare &c. Haec singula cum ex libris Politicorum, praecipue vero ex scripturis atque historiis sacris per se pateant, neque ad quaestionem nostram proprie pertineant, probatione opus hic non habent“ (Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1406 f.). 37 Als Aufgaben werden genannt: für Schulen und Ausbildung zu sorgen, Gesetze, welche die rechte Form der Religion und den Kampf gegen Götzendienst gewährleisten sowie die Einsetzung der Amtsträger regeln, zu erlassen und schließlich eine funktionierende kirchliche Gerichtsbarkeit zu garantieren (ebd., Sp. 1413 – 1421). 38 Vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1421 – 1424. 39 „Ad argumenta contraria respondetur primo generatim, deinde speciatim. Quaerit aduersarius, an in Principe laico sit potestas Ecclesiastica? Resp. Potestas Ecclesiastica dupliciter dicitur, proprie vel improprie, seu interna et externa: quae distinctio ex memorabili dicto Constantini M. ad episcopos petitur: Vos estis Episcopi in Ecclesia: Ego extra Ecclesiam seu templum episcopus a Deo sum constitutus: Eusebius lib. 4. c. 24. de vit. Const. Proprie dicta seu interna, quae ab Ecclesiasticis Ecclesiastice in Ecclesia exercetur docendo, soluendo, ligando, administrando sacramenta etc. in Principe laico non esse conceditur, iuxta praecognitum III. & de hac sola argumenta aduersarij consistunt. Improprie dicta seu externa potestas Ecclesiastica est potestas molohetijµ, quae circa Ecclesiasticas res et personas extra templum ciuiliter exercetur iuxta praecognitum V“ (Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1424).
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sein der kirchlichen Ämter sorgen und sollten über die Zahl und das Verhältnis der Ämter zueinander entscheiden.40 Hier scheint die Kompetenz der weltlichen Obrigkeit in Religionsfragen zwar strikt begrenzt. Faktisch führt aber das Recht und die Pflicht, die kirchlichen Ämter zu besetzen, zur völligen Unmöglichkeit, die Grenzen praktisch durchzusetzen. Dazu trägt ebenfalls die durchgehende Orientierung an den alttestamentlichen Exempeln der Könige Israels und dem Recht der christlich-römischen Kaiser seit Konstantin bei.41 IV. Die Vermittlung zwinglianisch-erastianischen und calvinischen Erbes in der Kurpfalz angesichts der Auseinandersetzung mit dem Papsttum Die skizzierte Theoriebildung erfolgt in unmittelbarer und permanenter Auseinandersetzung mit den „päpstlich-jesuitischen“ Gegnern. Schon die ersten Ansätze in der Widmungsrede des Hosea-Kommentars für Landgraf Moritz von Hessen dienten dazu, diesen in der Auseinandersetzung mit den Mainzer Jesuiten, die dessen Übergang zum Reformiertentum 1605 heftig bekämpften, zu unterstützen. Im gleichen Jahr kam es zu einer Zuspitzung der Auseinandersetzungen in England. Katholische Gegner hatten im sog. Gunpowder Plot versucht, anlässlich der Parlamentseröffnung am 5. November 1605 den protestantischen König James I., seine Familie und die versammelten Parlamentarier zu töten.42 Der König verschärfte daraufhin sein Vorgehen gegen die Jesuiten. In Heidelberg nahm man lebhaft Anteil an diesen Entwicklungen. Am 6. Januar 1606 fand aus Anlass der Niederschlagung des Gunpowder Plot sogar eine außerordentliche Versammlung in der Universität Heidelberg statt. Daran nahmen neben dem Kurfürsten unter anderem Christian von Anhalt und der brandenburgische Erbe Johann Sigismund teil.43 Der Professor für Geschichte, lateinische Beredsamkeit und Dichtkunst, Simon Stenius, berichtete über den Anschlag und die Refor40 „Ad maiorem huius propositionis intelligentiam tenendum est nomine religionis tria venire I. Doctrinam fidei & cultus Dei: Haec expresso verbo legis & Evangelij praescribitur. Nihil igitur in hanc valet arbitrium Principis magis quam privati. 2. Oeconomiam Ecclesiasticam generalem: vt sint episcopi, doctores, pastores, praesbyteri: & officia horum in generali. Haec etiam est verbo Euangelij definita. 1. Timoth. 3. 5. Ergò neque in hanc aliquid sibi Princeps permittet. 3. Oeconomiam Ecclesiasticam specialem, vt hi vel illi, tot vel tot sint episcopi, doctores &c. Hanc curare est Principis, ut videbitur propositione 8“ (Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1405). 41 Siehe bes. oben (FN 39). 42 Zur zeitgenössischen Rezeption vgl. F. Hogenberg, Eygentliche Abbildung Wie Ettlich Englische Eddelleut Einen Raht schließen den König sampt dem gantzen Parlament mit Pulfer zu vertilgen, Köln s.a. (ca. 1606). 43 Vgl. A. Milton, The Church of England and the Palatinate 1566 – 1642, in: P. Ha / P. Collinson (Hg.), The Reception of Continental Reformation in Britain, Oxford 2010, S. 137 – 165, hier: S. 141 f.
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mationsgeschichte Englands insgesamt.44 Die Bestimmung der Kompetenz des Fürsten in Religionsangelegenheiten, die Pareus in seinem 1608 zum ersten Mal gedruckten Römerbriefkommentar vornimmt, ist auf dem Hintergrund dieser Ereignisse verfasst. Die eingehende und polemische Auseinandersetzung mit Stapleton und Bellarmin dient nicht zuletzt dem Zweck, den englischen König in seinem Kampf gegen die Jesuiten nach dem Gunpowder Plot zu unterstützen. Pareus‘ Theoriebildung profitiert zudem von der spezifischen Situation des Heidelberger Reformiertentums. Wie kaum sonst wirkten hier die unterschiedlichen Richtungen des reformierten Protestantismus zusammen. Es fanden sich sowohl konsequente Zwinglianer als auch Melanchthon- und Bucer-Schüler, die den Bruch mit dem philippistischen Luthertum unter allen Umständen zu vermeiden suchten. Ganz eigene Erfahrungen brachten die Mitglieder der Flüchtlingsgemeinden mit, die hier nun im Kontext einer obrigkeitlichen Reformation lebten. Zu heftigen Konflikten kam es in der Frage der Kirchenzucht, wo zwinglianisch-erastianisches und calvinisches Gedankengut im Streit lagen. Die Anhänger des zwinglianischen Staatskirchentums vertraten die Kompetenz der weltlichen Obrigkeit innerhalb ihrer Verantwortung für die allgemeine Sittenzucht. Profiliertester Vertreter dieser Auffassung war der Medizinprofessor und Leibarzt des Kurfürsten, Thomas Erastus. Trotz Erastus‘ Nähe zu Friedrich III. gingen die Anhänger des an Calvin orientierten Modells einer von der Kirche verantworteten, konsistorialen Kirchenzucht – vor allem Zacharias Ursinus, Caspar Olevian, Petrus Dathenus und später dann Hieronymus Zanchi – als Sieger aus dem Streit hervor.45 Angesichts der eminenten Bedrohung durch die päpstlich-jesuitischen Gegner suchte Pareus zwinglianisch-erastianische und calvinische Auffassungen miteinander zu versöhnen. Dieses Bemühen schlägt sich auch in der Kommentierung von Röm 13,1 – 7 nieder. So findet man bei ihm einerseits Ansätze der calvinistischen Widerstandslehre,46 andererseits aber wird zugleich im zwinglianisch-ober44 Vgl. S. Stenius, Pvblica gratiarvm actio pro admirabili nefariae proditionis patefactione, et memorabili praeter spem conjuratorum regis regniqve Britanici conservatione: Academiae Haidelbergensis nomine, in auditorio Philosophico, ipso Electore, multis Principibvs, Comitibvs, Baronibvs, Nobilibvs praesentibus, s.l. s.a.; vgl. auch M. Loefenius, Wolmeinende Warnung an alle Christliche Potentaten vnd Oberkeiten, wider dess Bapsts vnnd seiner Jesuiten hochgefehrliche Lehr und Practicken: auss Bäpstlichen vnd Jesuitischen Büchern gezogen, s.l. s.a. (ca. 1606). 45 Vgl. E. Wolgast, Reformierte Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Studien zur Geschichte der Kurpfalz im Reformationszeitalter (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 10), Heidelberg 1998, S. 48 – 51; C. D. Gunnoe, Jr., Thomas Erastus and the Palatinate. A Renaissance Physician in the Second Reformation (Brill’s Series in Church History, 48), Leiden / Boston 2011, S. 163 – 209. 46 Pareus vertrat in seiner Röm 13-Auslegung das aktive Widerstandsrecht einer untergeordneten gegen eine übergeordnete Obrigkeit. Es gelte, wenn diese zur Tyrannis wird, Götzendienst oder Gotteslästerung fordert, den Untertanen schweres Unrecht zufügt, sie an Vermögen, Leben oder Gewissen schädigt oder unter dem Vorwand der Religion das Ihre
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deutschen Sinn die Autorität des Staates im Bereich der Kirche stark betont. Dies wirkt sich insbesondere bei der Behandlung der Frage „An leges Magistratus civilis conscientias obligent: & si hae obligant, an etiam leges & traditiones Ecclesiasticae obligent?“ aus.47 Pareus hat diese Frage auch zum Thema einer Rektoratsrede gemacht, die er am 21. Januar 1611 hielt.48 Ausgehend von der Formulierung in Röm 13,5, dass der Obrigkeit nicht nur um des Zornes willen, sondern auch aus innerer Überzeugung („di± tµm sume_dgsim“) zu gehorchen sei, stellt sich die Frage, ob der Gehorsamsanspruch auch das Gewissen betreffen könne.49 Abgesehen von dem Gegensatz zur päpstlichen Auslegung von Röm 13,5 weist Pareus auf den Dissens unter unseren „orthodoxen“ Theologen hin.50 Nach der Widerlegung der päpstlichjesuitischen Position formuliert er das ausdrückliche Ziel, die gegensätzlichen Auffassungen der orthodoxen Theologen zu versöhnen. Namentlich genannt werden Calvin und Wolfgang Musculus sowie Ursinus und der englische Calvinist William Whitaker.51 Die als erhebliche Bedrohung wahrgenommene Front der päpstlich-jesuitischen Gegner wirkt wie ein Katalysator bei der Zusammenführung von calvinischem und zwinglianisch-erastianischem Erbe und damit bei der Begriffs-und Theoriebildung im Blick auf die Klärung der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten. Durch die besondere Situation in der Kurpfalz war Pareus prädestiniert, einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Die engen Beziehungen der Kurpfalz zu England, die mit der Hochzeit Elizabeth Stuarts und Friedrichs V. eine weitere Vertiefung erfahren hatten,52 bedeuteten einen engen sucht. Sogar Privatmänner haben nach Pareus‘ Auffassung ein Widerstandsrecht, wenn sie vom Tyrannen als einem Räuber angegriffen werden und ihnen keine untergeordnete Obrigkeit zu Hilfe kommt (vgl. E. Reibstein, Volkssouveränität und Freiheitsrechte. Texte und Studien zur politischen Theorie des 14.–18. Jahrhunderts, hg. v. C. Schott, Bd. I, Freiburg i.Br. / München 1972, S. 185 – 189). 47 Vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1455 – 1469. 48 Vgl. D. Pareus, In publicatione rectorali legum Academiae Heidelbergensis 21. Ianuar (io) 1611. habita Oratio de quaestione: Utrum leges magistratus obligent in conscientia?, Frankfurt a.M. / Heidelberg 1616. 49 Vgl. ebd., S. 6. 50 „De hoc vero non levis hodie inter Theologos non modo Pontificios et nostros, sed inter ipsos Orthodoxos agitatur quaestio: Vtrum leges magistratus obligent in conscientia? Id enim sunt ex Orthodoxis, qui negent, ut Calvinus, Witakerus, Sibrandus, etc. sunt qui affirment, ut Musculus, Vrsinus, etc.“ (ebd.). 51 „Quid igitur? An pugna est inter orthodoxos Theologos? Committemusne Calvinum cum Musculo? Vrsinum cum Witakero? Imo conciliatio in proclivi est. Principio, constat inter omnes, quod obedientia legibus magistratus, praeceptorum, parentum, praestira inducat bonam, non praestita inducat malam conscientiam. Hoc vero, uti dixi, nequaquam fieret, si leges illae nulla ratione conscientias attingerent. Consensus ergo est, quod aliquo modo attingant et obligent“ (ebd., S. 9). 52 Zu den unterschiedlichen Aspekten der engen Verbindung Englands und der Kurpfalz vgl. M. Rüde, England und Kurpfalz im werdenden Mächteeuropa (1608 – 1632). Konfession–Dynastie–kulturelle Ausdrucksformen (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, B 166), Stuttgart 2007; zum europäischen Kontext vgl. H. Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen. Internationale
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geistigen Austausch und eine breite Rezeption der Werke des Pareus in England.53 Dabei hat dessen Würdigung der Widerstandsrechtsbegründungen der calvinistischen Monarchomachen in England auch zu heftigem Widerspruch bis hin zur Anordnung der Verbrennung des Römerbriefkommentars geführt.54 Zugleich kam die grundlegende Darlegung der zwinglianisch-erastianischen Position aus der Feder Thomas Erastus’ postum 1589 in London zum Druck.55 V. Zur Wirkungsgeschichte bei Grotius Die produktive Kraft der konfessionellen Konkurrenz für die konzeptionelle Durchdringung des Verhältnisses von Kirche und Staat am Beginn der Moderne wird nicht zuletzt an der Wirkungsgeschichte von Pareus’ Überlegungen zur potestas circa religionem der weltlichen Obrigkeit deutlich. Wenige Jahre später hat Hugo Grotius in mehreren Schriften die Kompetenz der weltlichen Obrigkeit in Religionsangelegenheiten eingehend dargelegt. Das erst 1647 zum Druck gebrachte Werk „De imperio summarum potestatum circa sacra“ betont zwar die Kompetenz der weltlichen Obrigkeit „circa sacra“ stärker, als dies Pareus getan hatte.56 Grotius hat sich jedoch offensichtlich von Pareus’ entsprechenden Überlegungen anregen lassen. Er nennt ihn unter den Autoren, an denen er sich bei der Abfassung seiner
Beziehungen 1559 – 1660 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, 2), Paderborn et al. 2007, S. 462 – 597. 53 Anthony Milton hat die zentrale und seiner Auffassung nach bisher von der Forschung nicht ausreichend zur Kenntnis genommene Bedeutung der Kurpfalz und deren Theologen für die englische Kirchengeschichte im Zeitraum 1566 bis 1642 hervorgehoben. Indizien sind zum Beispiel die hohe Zahl englischer Studenten in Heidelberg bis 1620 sowie die Rezeption wichtiger Werke Heidelberger Theologen (vgl. Milton, Church (FN 43)). 54 Der königstreue englische Theologe David Owen verfasste im Jahre 1622 einen „AntiPareus“, was zur Verbrennung von Pareus‘ Schriften am 21. Juni 1622 in London führte (vgl. Milton, Church (FN 43), S. 160 f.). 55 (Thomas Erastus), Explicatio gravissimae quaestionis utrum excommunicatio, quatenus religionem intelligentes et amplexantes, a sacramentorum usu, propter admissum facinus arcet, mandato nitatur divino, an excogitata sit ab hominibus, Pesclavii (=London) 1589; vgl. dazu Gunnoe, Erastus (FN 45), S. 177 – 209. 56 Siehe dazu oben (FN 7 f.). Eine handschriftliche Kopie wurde auch in die Kurpfalz zu Grotius’ Freund Georg Michael Lingelsheim gesandt. Dieser gab sie Pareus, Abraham Scultetus und Heinrich Alting zu lesen. Pareus kritisierte Grotius’ starke Betonung der Suprematie der weltlichen Gewalt (vgl. van Dam, Introduction, in: Grotius, De imperio (FN 7), S. 38 – 40). Zur Auseinandersetzung Grotius’ mit Pareus’ Kritik vgl. Grotius an Georg Michael Lingelsheim, 3. 9. 1617, abgedr. ebd., S. 956 – 959. Das Verhältnis Grotius’ zu den führenden Heidelberger Theologen war bereits zuvor belastet durch Grotius’ engagierte Verteidigung der Berufung Conrad Vorstius’ an die Universität Leiden. Dieser Pareus-Schüler war zum Schmerz seines Lehrers von der orthodoxen Prädestinationslehre abgewichen und schien sich sozinianischem Gedankengut angenähert zu haben. In dieser Sache kam es zu einem heftigen literarischen Streit zwischen Grotius und Sibrandus Lubbertus, einem engen Freund Pareus’.
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Schrift über die Kompetenzen der obersten Staatsgewalt orientiert habe.57 Grotius hat nicht nur die einschlägigen Ausführungen in Pareus’ Römerbriefkommentar gekannt, sondern auch dessen Widmungsrede zum Hosea-Kommentar an Landgraf Moritz, in dem Pareus zum ersten Mal ausdrücklich „de iure principis circa ecclesiastica“ handelt.58 In dem ersten Entwurf der Schrift „De imperio“, dem 1614 verfassten „Tractatus de iure magistratuum circa ecclesiastica“ hat Grotius fast wörtlich den Titel der Widmungsrede übernommen und auch ausdrücklich auf den Landgrafen verwiesen.59 Grotius wiederholt das charakteristische KonstantinZitat aus Eusebius’ „Vita Constantini“, mit dem Pareus seine Unterscheidung von äußerer und innerer Kirchengewalt begründet hat.60 Grotius‘ erste einschlägige Bezugnahme auf Pareus’ Widmungsrede „de iure principis circa ecclesiastica“ findet sich m. W. in einer im Jahr 1614 gedruckten Schrift mit dem Titel „Decretum illustrium ac potentum Ordinum Hollandiae et Westfrisiae pro pace ecclesiarum“.61 Ziel der Schrift ist es, die Auseinandersetzungen zwischen Remonstranten und Contraremonstranten durch obrigkeitliche Maß57
Vgl. Grotius, De imperio (FN 7) I,8, S. 168, Zl. 26 – 28. Siehe oben (FN 16). Bohatec hat (mit Bezug auf Johannes Heckel) fälschlicherweise geurteilt, dass Justus Lipsius die Formel „ius circa sacra“ zum ersten Mal verwendet habe (vgl. Bohatec, Das Territorial- und Kollegialsystem (FN 11), S. 39, mit Bezug auf: Heckel, Cura religionis (Anm. 9), S. 59). Lipsius äußert sich in den 1589 zum ersten Mal, und dann vielfach nachgedruckten „Politicorum sive civilis doctrinae libri sex, qui ad principatum maxime spectant“ (FN 4) lediglich sinngemäß, wenn er dem Herrscher ein „liberum in sacra jus“ abspricht (vgl. ebd., Nürnberg 1594, lib. IV, cap. 2, S. 114). 59 Vgl. Appendix I „Tractatus de iure magistratuum circa ecclesiastica“, in: Grotius, De imperio (FN 7), S. 884: „Quis neget recte facturum t¹m aqtojq\toqa si, quae ex lectione sacrae Scripturae et manifesto ecclesiae catholicae, antiquioris praesertim, consensus demonstrantibus pastorum doctissimis aliquot et religiosissimis falsa et noxia esse compererit, ea populo instillari vetet, etiamsi pars maior domesticorum pastorum falsa propugnet? Quis non hoc laudavit et in aliis principibus multis et nuper in Hassiae Landgravio? Haec sententia ut vera et perspicua est, (…).“ Vgl. auch Grotius, De imperio (FN 7) II,7, S. 198, Zl. 30 mit ebd., S. 659 (wie bei Pareus Sorge für die Herde des Herrn als cura praecipua der weltlichen Obrigkeit); vgl. ferner Grotius an Gideon van den Boetzelaer, Anf. Dezember 1615, in: Briefwisseling van Hugo Grotius, hg. v. P. D. Molhuysen et al., Bd. I, ‘s-Gravenhage 1928, Nr. 438, S. 446 f. 60 Vgl. Pareus, Widmungsrede, zu: ders., Hosea-Kommentar (FN 16), abgedr. in: Kühlmann et al., Die deutschen Humanisten (FN 12), S. 62; vgl. Pareus, Ad Romanos (FN 20) 1608, Sp. 1424, zit. oben Anm. 39. Grotius nimmt wie Pareus die von Eusebius überlieferte Selbstbezeichnung Kaiser Konstantins als „episcopus“ auf (vgl. Grotius, De imperio (FN 7) II,7, S. 200, Zl. 3 mit ebd., S. 659 f.; Grotius, De imperio (FN 7) IX, 20 f., S. 430, Zl. 14 f.). Zu Pareus siehe oben (FN 39); zu weiteren zeitgenössischen Autoren, die auf die Eusebius-Stelle verweisen vgl. van Dam, Commentary, in: Grotius, De imperio (FN 7), S. 659 f. 61 (H. Grotius,) Decretum illustrium ac potentum Ordinum Hollandiae et Westfrisiae pro pace ecclesiarum, in: ders., Operum theologicorum tomus quartus, Basel 1732, S. 139 – 173. Zu Grotius’ Verfasserschaft vgl. Mühlegger, Grotius (FN 7), S. 267 – 307. In der kurz zuvor verfassten Schrift „Ordinum Hollandiae ac Westfriesiae pietas“ (FN 66) ist lediglich die Rede von „circa conventus ecclesiasticos maiores minoresque“ (ebd., S. 174, Zl. 33 f.). 58
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nahmen zu beenden und zu gegenseitiger Toleranz anzuleiten. Im zweiten Teil des „Decretum“ beschreibt Grotius als staatliche Aufgaben die Vermehrung der göttlichen Ehre und des göttlichen Ruhmes sowie die Sorge für die Unversehrtheit der Kirche sowie für Ruhe und Eintracht. Begründet wird das mit Belegen der Heiligen Schrift, der Tradition und zeitgenössischer Schriftsteller. Hier werden dann ausführlich Zitate aus Pareus’ Widmungsrede zum Hosea-Kommentar zum Druck gebracht.62 In dem von Grotius wiedergegebenen Zitat Pareus’ ist die Sorge für die Religion als praecipua cura des Herrschers durch den Druck in Großbuchstaben („PRAECIPUAM“) hervorgehoben. Bezeichnend und lehrreich ist der Bedeutungswandel, den die Rede von der Kompetenz der weltlichen Obrigkeit circa sacra schon im Zuge der frühen Rezeption durch Grotius erfährt. Bei Pareus dient sie der Verteidigung der Kompetenz weltlicher Obrigkeiten auch in Religionsangelegenheiten gegen die Angriffe katholischer bzw. jesuitischer Autoren auf weltliche Herrscher, die sich im Sinne der Sorge der alttestamentlichen Könige für die rechte Gottesverehrung in der Gegenwart für die Durchführung der Reformation einsetzen.63 Konkret war das insbesondere Landgraf Moritz von Hessen, der sein Territorium 1605 zum Reformiertentum führte, sowie der von Katholiken bekämpfte englische König Jakob I. Aufgrund dieser Frontstellung kommt es tendenziell zu einer Betonung der Ausweitung der Kompetenzen der weltlichen Obrigkeit in Religionsangelegenheiten. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch den Sachverhalt, dass Pareus seine Erörterung in einer Zeit formuliert, in der die frühmoderne Territorialstaatsentwicklung voranschreitet und mit Bodins Souveränitätslehre und ihrer umfassenden Re62 „Paraeus Praefatione Commentarii in Oseam. Potestas civilis consideratur dupliciter: vel ut Architectonica, quae fert leges circa quodvis bonum Reipublicae et vocatur molohetijµ; vel ut Architectonicae subordinata et vocatur simpliciter pokitijµ. Potestas civilis molohetijµ superior est civili simpliciter dicta, omnibusque aliis potestatibus subordinatis: estque potestas suprema: et ideo tantum est in Rege et in Principe. In Episcopo esse non potest, quum Episcopus non sit civilis; unde potestas Regia et Principatus dicitur. Civilis vero simpliciter dicta, est etiam in Praetore, Consule, etc. Architectonica disponit de omni bono subditorum, quia vult cives suos efficere quam optimos. Bonum vero aliud est supernaturale, aliud naturale, ad quod refertur morale et civile. De utroque disponit Architectonica, hoc est, Regia potestas et Principatus. Hoc vulgo dicimus, Magistratui a Deo commissam utriusque tabulae Legis curam, quarum prior est circa spirituale, altera circa civile bonum Ecclesiae. Fundatur hoc in Dei mandato, et Principis officio, quo dicitur keitouqc¹r (Minister) Dei, bonis in bonum. etc. Ibidem. His ita constitutis, toto coelo aberrant, qui Principes Reipublicae vacare, Religionis curam nullam suscipere volunt: nec in hoc adversarios diffitentes habemus. Aliquam igitur circa Religionem, Ecclesiam, et Ecclesiastica, curam Princeps habebit: addo etiam PRAECIPVAM. Si enim Religio praecipuum est subditorum bonum, praecipue id Princeps curabit. Aliquam ergo et potestatem circa Ecclesiastica Princeps habebit. Cura enim Principis de Religione non erit tantum passiva, ut est privatorum; sed potestativa et cum juris dictione, secus publico carebit effectu“ (Grotius, Decretum (FN 61), Sp. 143B, Zl. 49 – Sp. 144A, Zl. 20; mit leicht geändertem Zitat aus Pareus’ Widmungsrede des Hosea-Kommentars (FN 16), abgedr. in: Kühlmann et al., Die deutschen Humanisten (FN 12), S. 58 u. 59). 63 Zu entsprechenden Überlegungen bei Lipsius siehe oben (FN 58).
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zeption und Diskussion eine theoretische Fundierung erhält. Charakteristisch dabei ist, dass jetzt die Gesetzgebung – nicht mehr die Rechtsprechung („iurisdictio“) – im Zentrum steht und zum entscheidenden Feld der Souveränität wird. Entsprechend erläutert Pareus die Rede von der Kompetenz der weltlichen Herrscher in Religionsfragen als potestas molohetijµ circa bonum spirituale neben der potestas molohetijµ circa bonum civile.64 Bei Grotius kommt es angesichts neuer Herausforderungen zu einem charakteristischen Bedeutungswandel. Er betont die Kompetenz weltlicher Obrigkeiten in Religionsangelegenheiten, um den Streit von Remonstranten und Contraremonstranten, von Arminianern und Calvinisten, zu begrenzen. Der Obrigkeit kommt die Aufgabe zu, Toleranz anderer Überzeugungen durchzusetzen, soweit die umstrittenen Wahrheiten keine heilsnotwendigen Wahrheiten sind. So gelangt Grotius zu der schwierigen Konstruktion, zwar staatlichen Zwang in Glaubensfragen als sinnlos zu beurteilen,65 zugleich aber der weltlichen Obrigkeit weitgehende Kompetenzen zum Beispiel bei der Ämterbesetzung in der Kirche oder der Einberufung von Synoden zuzugestehen. Grotius’ Überlegungen zur Kompetenz weltlicher Obrigkeiten in Religionsangelegenheiten sind von Anfang an im Gespräch mit dem kurpfälzischen Reformiertentum entwickelt worden. Trotz der erheblichen Differenzen mit den „orthodoxen“ reformierten Theologen in der umstrittenen Prädestinationslehre hat sich Grotius bei seiner Konzeption der Kompetenz weltlicher Obrigkeit in Religionsangelegenheiten an den kurpfälzischen Verhältnissen orientiert. Kurz nach der Abfassung seiner großen Schrift zur Verteidigung der Berufung des umstrittenen Theologen Conrad Vorstius an die Universität Leiden, der „Ordinum Hollandiae ac Westfriesiae pietas“,66 bringt er das in einem Brief an seinen Heidelberger Freund Georg Michael von Lingelsheim am 21. Oktober 1613 explizit zum Ausdruck. Die Arbeit an dem Werk sei unter anderem erfolgt, um das Recht der Obrigkeiten auf die Leitung der Kirche, wie das in England, in Deutschland insgesamt und auch in eurer Kurpfalz gehandhabt werde, zu verteidigen.67 Vier Jahre später, am 17. Juni 1617, im Zusammenhang der Abfassung der Schrift „De imperio summarum potestatum circa sacra“, schreibt er dem Freund ausdrücklich, dass er mit seinen
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Siehe oben (FN 36). Vgl. Grotius, De imperio (FN 7) III,9, S. 216 – 218. 66 H. Grotius, Ordinum Hollandiae ac Westfrisiae pietas (1613). Critical Edition with English Translation and Commentary, hg. v. E. Rabbie (SHCT 66), Leiden / New York / Köln 1995. 67 „Propositum est mihi, in eo famam atque existimationem t_m !qw|mtym, quatenus fieri potest, defendere; tueri ius magistratuum in gubernanda ecclesia, quale est et in Anglia et in universa Germania ac vestro etiam Palatinatu; suadere theologis, ne ex quavis dissesione schisma faciant“ (Briefwisseling (Anm. 59) I, Nr. 292, S. 268 f. (= Grotius, Ordinum pietas (FN 66), App. IV, Nr. 59, S. 479, Zl. 4 – 8). 65
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Überlegungen zum Recht der weltlichen Obrigkeit circa sacra dasselbe zu erörtern suche, was Pareus und viele andere bereits behandelt hätten.68
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„Protracta est in hunc usque diem multo quam speraveram longius descriptio eius commentationis qua summis potestatibus imperium, quod ex sacrarum litterarum auctoritate et usu veteris ecclesiae ipsis debetur circa sacra, asserui et quam potui commodissime explicavi. Puto eadem a me trade quae non uno in loco Paraeus multique praeterea tum Germani tum Angli“ (Briefwisseling (FN 59), Bd. I, Nr. 514, S. 570, abgedr. in: Grotius, De imperio (FN 7), S. 949). Stellen, an denen sich Grotius in „De imperio“ positiv über die Situation in der Kurpfalz äußert, werden aufgeführt in: H.-J. van Dam, De imperio Summarum Potestatum circa Sacra, in: H. J. M. Nellen / E. Rabbie (Hg.), Hugo Grotius Theologian. Essays in Honour of G. H. M. Posthumus Meyjes (SHCT 55), Leiden / New York / Köln 1994, S. 19 – 39, hier: S. 38 Anm. 77. Möglicherweise lässt sich eine Äußerung Grotius’ in einem Brief an Lingelsheim am 5. 9. 1613 als Hinweis auf einen Einfluss Pareus’ deuten. Im Zusammenhang oder im Vorfeld der Abfassung des „Tractatus de iure magistratuum circa ecclesiastica“ äußert er die Hoffnung, vom Beispiel „vestrae pokite_ar circa ecclesiam“ lernen zu können (Briefwisseling (FN 59) I, Nr. 278, S. 255, abgedr. in: Grotius, Ordinum pietas (FN 66), S. 466). Bezeichnenderweise verwendet er hier wie Pareus die Formel „circa ecclesiam“, die in der 1613 gedruckten Schrift „Ordinum pietas“ noch nicht vorkommt. Zum Verhältnis Grotius’ zur Kurpfalz vgl. jetzt auch M. Becker, The reception of „Ordinum Pietas“ in the Palatinate, in: Grotiana 34 (2013), S. 64 – 90.
Dominik Arumaeus und die Entstehung des öffentlichen Rechts als rechtswissenschaftliches Lehrfach in Jena Von Mathias Schmoeckel I. Einleitung 1. Kurze Skizze des Lebens und Wirkens Was von Arumaeus’ Lebensweg noch überliefert ist, stellte vor allem Jugler zusammen.1 1579 in Leeuwarden (Westfriesland) aus einer alten, verarmten adligen Familie geboren, die nach dem Ort Arum bei Franeker benannt war, begann Dominicus bereits mit 14 Jahren an der Universität Franeker Rechtswissenschaft zu studieren.2 Es folgten Studienaufenthalte in Oxford, Rostock. Nach Nicolaus Gundling könnte er in Helmstedt eine Dissertation „an nobili viro competat titulus Doctoris?“ verfasst haben.3 Eine solche Schrift lässt sich jedoch nicht feststellen und scheint eher ein Kommentar auf Arumaeus’ Herkunft zu sein. Jedenfalls begleitete er 1599 den Sohn eines Bürgermeisters in Stade als Haushofmeister nach Jena. Hier stieg er sehr schnell auf, als er mit 21 Jahren am 31. 3. 1600 sowohl seine Promotion abschloss als auch die Tochter des wohlhabenden und angesehenen Professors und Schöffen Virgilius Pingizzer (Pingitzer)4 heiratete.5 Er begann umgehend zu 1 J. F. Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie, Band 1, Leipzig 1773, S. 235 – 253; kurz nur J. Günther, Lebensskizzen der Professoren der Universität Jena, Jena 1858 ND Aalen 1979, S. 56. 2 Zu Franeker s. G. Th. Jensma u. a. (Hg.), Universiteit te Franeker 1585 – 1811, Leeuwarden 1985, darin zur juristischen Fakultät besonders R. Feenstra, De Franeker juridische faculteit in nationaal en internationaal perspectief, S. 289 – 304; zu Arumäus sowie zu seinem damaligen Zimmerpartner und dem späteren Professor in Franeker Marcus Lycklama (so G. de Wal, Oratio de claris Frisiae iuris-consultis, Leeuwarden 1825, S. 199) M. J. A. M. Ahsmann / R. Lagrouw, Wederwaardigheden onder Franeker juridische professoren ten tijde van Henricus Schotanus (1581 – 1605), S. 305 – 320, 315 ff. 3 Bereits bezweifelt von de Wal, Oratio de claris Frisiae iuris-consultis (FN 2), S. 200. 4 Zu ihm R. Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, n. F. 9), Aalen 1968, S. 27 (FN 50), S. 33; A. Beier, Syllabus Rectorum et Professorum Jenae in Studio Generali Judicum […], Jena 1659, S. 555 – 557. 5 Ein näheres Bild zu den Kindern und zum Lebensende gibt C. Zeumer, Vitae professorum Theologiae, Jurisprudentiae, Medicinae et Philosophiae qui in illustri Academia Ienensi ab
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lehren und erhielt 1602 ein außerplanmäßiges Ordinariat. 1605 wurde er auch nach Franeker berufen. Doch lehnte er diesen Ruf ab, um in Jena ein planmäßiges Ordinariat anzutreten. Mit der Professur verbunden war die Position als Beisitzer am Schöffenstuhl. Damit wurde er in die übliche Gutachtenpraxis der Zeit eingebunden.6 Mehrfach wurde er in den folgenden Jahren Rektor bzw. Prorektor. 1619 erhielt er die zweithöchste (senior), 1634 als siebter7 der Fakultät die höchste (ordinarius) Professur der Fakultät. Damit wurde er Vorsitzender des Schöffengerichts. Zugleich stieg er zum Richter am Hofgericht und weimarerischer Rat auf. Mehrfach begleitete er seinen Herzog von Sachsen-Weimar auf Konferenzen und in Gesandtschaften. Er starb während einer Fakultätssitzung am 24. 2. 1637. Er hinterließ zehn Kinder, zwei Güter in Lobeda und zu Geschwitz und vermachte seine reiche Bibliothek der Universität. Zunächst lehrte Arumaeus römisches Privatrecht. So sind seine ersten Werke den Institutionen und dem Verzug gewidmet, 1612 folgen Untersuchungen zu den Digesten und zum Codex Justiniani.8 Doch durchlebte er in seinem Aufstieg innerhalb der Fakultät den üblichen Wechsel der Lehraufgaben, der sich teilweise auch in seinem Schrifttum widerspiegelt. Erst allmählich kristallisierte sich der Schwerpunkt im ius publicum heraus. Jugler listet rund 50 Werke auf, die mit seinem Namen verbunden sind, zusätzlich weitere 15, die Dissertation darstellen und wohl eher vom Respondenten stammen.9 Doch auch bei seinen berühmtesten Schriften handelt es sich meist um Dissertationen oder Dissertationssammlungen10, bei denen schon im 17. Jahrhundert galt, dass Arumaeus nicht als ihr Autor angesehen werden dürfe.11 Dies gilt insbesondere für die „Discursus academici de iure publico“, die zwischen 1615 und ipsius fundatione ad nostra uspque tempora vixerunt et adhuc vivunt, Jena 1711, S. 84 – 86, 85 f. 6 U. Falk, Consilia. Studien zur Praxis der Rechtsgutachten in der frühen Neuzeit (Rechtsprechung, 22), Frankfurt a. M. 2006, S. 11. Zu den Besonderheiten in Jena vgl. A. Kriebisch, Die Spruchkörper Juristenfakultät und Schöppenstuhl zu Jena. Strukturen, Tätigkeit, Bedeutung und eine Analyse ausgewählter Spruchakten (Rechtshistorische Reihe, 381), Frankfurt a.M. 2008, S. 71 ff. insbesondere. 7 So und mit andere Daten bei Beier, Syllabus Rectorum et Professorum Jenae (FN 4), S. 584 – 585. 8 Vgl. Dominicus Arumaeus, Exercitationes Iustiniani ad Institutiones, Jena 1607; ders., Dissertationes tres de transactionibus, 1607 (1614, 1620); ders., Tractatus methodicus de mora, Jena 1608; ders., Dissertatio de iure dotium, Jena 1611; ders., Dissertatio de testamentis, Jena 1611; ders., Disputationes ad praecipuas Pandectarum et Codicis leges, consuetudines feudales, quatuor Institionum libros, Jena 1613 (sowie 1620, 1628, bearb. v. E. F. Schröter 1665, 1672). 9 Vgl. Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 235 – 253 zu Arumaeus, zur Literatur ab S. 240; zustimmend noch W. Pauly / M. Siebinger, Dominicus Arumäus (1579 – 1673) und Johannes Limnäus (1592 – 1663), in: G. Lingelbach (Hg.), Rechtsgelehrte der Universität Jena aus vier Jahrhunderten, Jena u. a. 2012, S. 33 – 50, hier: S. 35 – 40. 10 Dominicus Arumaeus, Discursus academici de iure publico, Bd. 1 (1615), Bde. 2 – 5, Jena, 1615 – 1621. 11 So bereits (Johann Georg von Kulpis =) J. G. Sulpicius, De studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus dissertatio, (Stuttgart) 1688, S. 72.
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1621 in fünf Bänden erschienen. Eine weitere Dissertationensammlung galt 1619 der Goldenen Bulle.12 1635 veröffentlichte er dann seinen Kommentar zum Reichstag als echte Monographie.13 2. Das tradierte Bild in der Literatur Weshalb blieb Arumaeus in der rechtshistorischen Literatur bekannt? Arumaeus’ bedeutender Kollege der theologischen Fakultät, Johann Gerhard (1582 – 1637) 14, nannte ihn „Salanae nostrae Papinianus Dn. D. Arumaeus compater meus honorandus“.15 Arumaeus selbst wies darauf hin, dass vor ihm niemand durchgängig die Goldene Bulle kommentiert habe. Alle hätten nur das ius privatum studiert. Er dagegen habe sein Doktorat nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Recht erworben und damit die Fähigkeit, in beiden Fächern zu lehren, wodurch das alte Schweigen vom ius publicum überwunden worden sei.16 Die ersten Autoren, die nach Arumaeus’ Tod ihn erwähnten, listeten die gesammelten Dissertationen seiner „Discursus academici de iure publico“ auf;17 noch Jugler nennt diese Sammlung ein großes Werk.18 Conring sah Arumaeus’ Bedeutung dagegen weniger in den Publikationen als allgemeiner in seiner Lehrtätigkeit19 : „Dominus Arumaeus omnium primus coepit jus publicum docere professus Jenae. Hic primus excitavit doctores ad juris publici professionem“.
12 Dominicus Arumaeus, Discursus academici ad Auream Bullam, Jena 1617 (1619, mit Zusätzen E. F. Schröter 1663); dazu Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 35. 13 Vgl. Dominicus Arumaeus, Commentarius iuridico-historico-politicus de comitiis Romano-Germanici Imperii, Jena 1630, 1635, 1660; dazu Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 37 zum Commentarius; F.-H. Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit, Göttingen 1966, S. 482, bezeichnet letzteres noch als wichtiges Spezialwerk zum Reichstag. 14 Zu ihm s. M. Honnecker, Art. Johann Gerhard (1582 – 1637), TRE 12, Berlin / New York 1984, S. 448 – 453. Vgl. ferner Verf., Ein Denker des Ausgleichs. Die Rechtslehre des Johann Gerhard, in: S. Salatowsky (Hg.), Der Jenaer Theologe Johann Gerhard. Konfession, Politik und Gelehrsamkeit: Der Jenaer Theologe Johann Gerhard (1582 – 1637) (Veröffentlichungen der Forschungsbibliothek Gotha), Gotha 2015, noch nicht erschienen. 15 Dominicus Arumaeus, Discursus academici de iure publico, Bd. 4, Jena 1623, D.VI, fol. 26v. 16 Dominicus Arumaeus, Dedicatio an Johann Ernst d. J. v. Sachsen, in: ders., Discursus academici, Band 1, 2r, 2v zu Arumaeus’ Selbstanspreisung, „qui Laurus Doctoreae obtentu tàm in publico, quàm privato Jure interpretandi, legendi, docendi, scribendi, disputandi, consulendique licentiam habeo“. 17 Z. B. Sulpicius, De studio Juris Publici recte instituendo (FN 11), 71 f.; C. G. Hoffmann, Bibliotheca Iuris publici, Frankfurt a. M. 1734, S. 109 – 115, Nr. 260 – 263. 18 Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 245. 19 H. Conring, Dissertatio de republica Imperii Germanici communi [1652], in: Conring, Opera, hg. v. J. W. Goebel, 2. Band, Braunschweig 1730, S. 11 f.
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Natürlich sind die genanten Publikationen überwiegend Dissertationen und damit zugleich auch Ausweis von Arumaeus’ Lehrtätigkeit. Allerdings war Arumaeus nicht der erste, der eine solche umfassende Sammlung zusammenstellte. Schon Conrad Biermann hatte mit sogar etwas mehr Systematik als Arumaeus ab 1614 bis 1620 fünf Bände mit Schriften zum öffentlichen Recht herausgebracht.20 Dennoch entwickelte sich Arumaeus’ Ruf als erster deutscher Hochschullehrer des Staatsrechts der Neuzeit,21 der diesem Fach das Eis gebrochen habe.22 Auch für Johann Jacob Moser war er der „erste, der das Jus publicum in formam artis redigiret habe“23. Für Jugler war er daher der „Stammvater academischer Publicisten“24 und für Roderich von Stintzing seine Wirkungsstätte Jena die „Pflanzschule der deutschen Publizistik“25. Offensichtlich ließ sich dieser Nachruhm nicht mehr von Juglers berechtigtem Hinweis schmälern, dass schon ein Jahrhundert vor Arumaeus Henning Göden Reichsstaatsrecht gelesen und bearbeitet habe.26 Für Jugler waren daher Arumaeus‘ Schriften bereits nicht mehr brauchbar; zudem verwies er auf eine zu große, unerlaubte Verwendung von Melchior Goldasts „Commentarii de Comittiis RomanoGermanici Imperii“27. Arumaeus‘ Bedeutung lag folglich nur in der Begründung einer Schule und als Vorläufer des Limnaeus.28 Selbst der alte Hinweis, den schon v. Kulpis gegeben hatte, dass die meisten seiner Schriften gar nicht von ihm selbst stammten29, konnten Arumaeus’ Nachruhm nicht mehr schmälern. Unbeirrt hielt Adelung fest, dass Arumaeus einer der ersten gewesen sei, der das Deutsche Staatsrecht in wissenschaftliche Gestalt gebracht habe; seine Fehler seien eher die Fehler seiner Zeit gewesen.30 Für Pütter hatten Arumaeus’ öffentlichrechtliche Schriften ebenso Wert31 wie das Werk seiner Schüler.32 Nun wurde er sogar als 20
M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts, Band 1, München 1988, S. 213 f.; C. Strohm, Calvinismus und Recht. Weltanschaulich-konfessionelle Aspekte im Werk reformierter Juristen in der Frühen Neuzeit, Tübingen 2008, S. 428. 21 Sulpicius, De studio Juris Publici recte instituendo (FN 11), S. 73, der Fleiß und Bedeutung attestiert. 22 C. L. Bilderbeck, Bibliotheca iuris publici Germanici, Leipzig 1715, S. 14. 23 J. J. Moser, Bibliotheca iuris publici S.R. Germanici Imperii, Stuttgardt 1734, S. 1012. 24 Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 235. 25 Stintzing, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft, Band 1, München 1880, S. 670. 26 Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 235. 27 Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 240 – immerhin habe Arumaeus zu seiner Zeit noch das Eis gebrochen, S. 249. 28 Jugler, Beyträge zur juristischen Biographie (FN 1), S. 239. 29 Sulpicius, De studio Juris Publici recte instituendo (FN 11), S. 73. 30 J. C. Adelung, Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Jöchers allgemeinem Gelehrten-Lexico, 1. Band Leipzig 1784, I, S. 1155. 31 Für J. S. Pütter, Litteratur des teutschen Staatsrechts, Band 1, Göttingen 1776, S. 165 – 170, 165 § 70, blieben die „Discursus academici de iure publico“ aber das Hauptwerk und
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„Ahnherr der deutschen Publicisten“ gefeiert.33 In der ADB blieb Arumaeus der „Stammvater der Publizisten“, der durch seine Schüler bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Disziplin genommen habe.34 Dieses Bild wurde in den jüngeren Monographien im Wesentlichen bestätigt und verfestigt. Für Friedrich Schubert blieb Arumaeus’ Schrift zum Reichstag eine immer noch wichtige Spezialschrift, deren Positionen ausführlich gewürdigt werden müsste.35 Rudolf Hoke erschien Arumaeus weiterhin als der „Begründer der eigentlichen deutschen Staatsrechtswissenschaft“36, indem er sich an den deutschen Quellen orientiert und das Fach als selbständige wissenschaftliche Disziplin wahrgenommen habe.37 Nach Michael Stolleis schufen diese Disputationensammlungen das Fach, insoweit die relevanten Themen der Zeit zur Reichsverfassung und zum Völkerrecht zusammengestellt und gründlich mit einem professionellen juristischen Stil erarbeitet wurden.38 3. Fragestellung In großer Geschlossenheit wurde also ein einheitliches Bild überliefert, obgleich die Zweifel daran keineswegs ausgeräumt wurden: Wie kann Arumaeus’ Leistung als schöpferisch und originell anerkannt werden, wenn er allenfalls der Herausgeber der Schriften ist? Wie kann er ein Fach begründet haben, wenn er im Vergleich zu Göden ein Jahrhundert zu spät kam? Es wird nötig sein, Arumaeus’ Position in Jena bzw. Weimar neu in den Blick zu nehmen und einen frischen Blick auf seine historische Situation zu gewinnen.
verdienten nach wie vor den Beifall ebenso wie die Kommentare zur goldenen Bulle und zum Reichstag. 32 Pütter, Litteratur des teutschen Staatsrechts (FN 31), S. 170 ff. zu Arumaeus’ Schülern; ebenso Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 30 zu Daniel Otto, Quirin Cubach, Georg Brautlacht. 33 J. H. Stepf, Gallerie aller juridischen Autoren von der älteren bis auf die jetzige Zeit mit ihren vorzüglichen Schriften, Band 1, Leipzig 1820, S. 80. 34 T. Muther, Arumäus, Dominicus, in: ADB, Band 1, Leipzig 1875, S. 614 f.; ebenso O. v. Gierke, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien, 3. Aufl. Breslau 1913, S. 166 Anm. 126; Hugo Preuss, Gesammelte Schriften, 2. Band, Tübingen 2009, 107. 35 F. H. Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit, 1966, 451 – 466, S. 482 – 494. 36 R. Hoke, Die Emanzipation der deutschen Staatsrechtswissenschaft von der Zivilistik im 17. Jh., Der Staat 15 (1976), S. 211 – 230, 219 – 224, 219; ders., Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 37: „Deshalb gilt Arumaeus mit seiner Schule als der Anfang einer eigenständigen juristischen Wissenschaft des deutschen Staatsrechts, d. h. der eigentlichen deutschen Staatsrechtswissenschaft.“ 37 R. Hoke, Art. Arumaeus, HRG, 1. Aufl., Berlin 1971, S. 237 – 239/ 2. Aufl. 2005, S. 316 f. 38 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 214 f.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Begründung des öffentlichen Rechts anerkanntermaßen nicht an einem Ort alleine erfolgte, sondern verschiedene Orte und Schulen hieran beteiligt waren. Die Konzentration auf Jena soll aber gegenüber diesen synkretistischen Erklärungsmodellen versuchen, die Bedigungen eines Ortes für diese Entwicklung zu erkunden. Selbstverständlich wirkten auch in Jena die großen Kräfte der Zeit. So ist inzwischen die Begründung des Lehrfachs „öffentliches Recht“ als Leistung der Protestanten anerkannt, auch wenn der Anteil der beiden Konfessionen unterschiedlich gewertet wird: Michael Stolleis betonte den Beitrag der Lutheraner;39 Christoph Strohm sieht hierin insbesondere das Wirken reformierter Autoren.40 Es wird also erforderlich sein, auf die konfessionelle Ausrichtung von Arumaeus einzugehen. Dabei kann es nicht auf sein öffentliches Bekenntnis ankommen, das in Jena natürlich lutherisch sein musste, obgleich der gebürtige Westfriese calvinistisch erzogen war und mit seiner Heimatuniversität Franeker zunächst eine calvinistisch geprägte Universität besuchte. Vielmehr ist das Profil zu ermitteln, das sich in seinen Werken finden lässt. Strohm wies bereits darauf hin, dass Arumaeus zwar viele calvinistische Autoren zitierte,41 doch fand er im Ergebnis keine kryptocalvinistischen oder gar offen calvinistische Tendenzen bei Arumaeus.42 Daher soll im Folgenden versucht werden, das Profil von Arumaeus’ Werk zu zeichnen. Ausgehend von meinen bisherigen Untersuchungen zu den konfessionellen Einflüssen auf die Rechtslehre der Frühen Neuzeit bietet es sich an, die Unterschiede im Bereich der Methodologie, der Dogmatik und der politischen Zielrichtung zu suchen. Angesichts der anerkannten epistemologischen Unterschiede zwischen den Konfessionen im 17. Jahrhundert43 eignet sich die Methodologie bzw. Epistemologie besonders, um konfessionelle Bindungen in Arumaeus’ Werk zu entdecken (dazu II.). Sehr viel schwieriger ist es hingegen, aus dogmatischen Positionen Rückschlüsse auf die Konfession zu ziehen. Es gibt m. E. zwischen theologischen und juristischen Auffassungen wegen der kategorischen Unterschiede zwar Bezüge und Prägungen, aber keine notwendigen Positionierungen. In der Trennung zwischen Rechtsprechung und Verwaltung wurde immerhin eine Auffassung gefunden, welche von calvinistischen Autoren vertreten wurde, wohingegen die Lutheraner und Katholiken gemäß der ge39
Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 141. Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 315 ff. 41 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 414 f., wonach er mehr calvinistische als lutherische Autoren zierte, S. 416 zu seiner Zustimmung zu den Monarchomachen, S. 413 ff. allgemein zur konfessionellen Ausrichtung in seinen Schriften. 42 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 414. 43 Dazu Verf., Erkenntnis durch ratio und conscientia: Die Begründung einer modernen Wissenschaftlichkeit des Rechts durch Melanchthons Naturrechtslehre, in: G. K. Hasselhoff / M. Meyer-Blanck (Hg.), Religion und Rationalität (Studien des Bonner Zentrums für Religion und Gesellschaft, 4), Würzburg 2008, S. 179 – 220; und öfter, zusammengefasst nun in: Recht der Reformation, Tübingen 2014. 40
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meinrechtlichen Tradition den Fürsten eher als Quell aller Rechtsprechung ansahen.44 Daher soll nach protestantisch bzw. lutherisch geprägten dogmatischen Positionen von Arumaeus gefahndet werden (dazu III.). Schließlich ist nach den politischen Umständen zu fragen, in denen Arumaeus wirkte (dazu IV.). Über die großen Strömungen der Zeit wie die Konfessionalisierung hinaus gab es in Sachsen, der großen Kulturlandschaft der Frühen Neuzeit mit seinen bedeutenden Universitäten, aber auch in Weimar besondere Faktoren, welche die Politik und das Denken beeinflussten. Arumaeus Schriften können darüber Auskunft geben, wie die Situation der Zeit in Sachsen und speziell in Weimar eingeschätzt wurde. Dabei ist methodisch vorab klarzustellen, dass, wenn im Folgenden das von Arumaeus herausgegebene Werk untersucht wird, nicht von Arumaeus Person selbst gehandelt wird, sondern mit diesem meist die in seinen Werken versammelten Autoren bezeichnet werden. Dabei ist es keineswegs erwiesen, dass Arumaeus als Herausgeber auf eine völlige Harmonie der Positionen achtete. Die Beiträge sind schon sprachlich und in der Textgestaltung viel zu unterschiedlich, als dass man inhaltlich nur Harmonie erwarten dürfte. Die Befunde zu einzelnen Positionen können also Unstimmigkeiten aufweisen. Da diese Beiträge jedoch seit Jahrhunderten unter dem Arbeitsnamen Arumaeus verbreitet sind und rezipiert werden, soll diese Bezeichnung auch hier – aber in Bezug auf die Gruppe der Autoren – weiterverwendet werden. 4. Methodologie a) Erkenntnislehre, Quellenkunde und Systematik bei Arumaeus Der Kreis der Autoritäten, die Arumaeus zitiert, geht über die Konfessions- und Fachgrenzen hinaus. Justus Lipsius wird etwa am Anfang der eigenständig publizierten Dissertation zur iurisdictio zitiert.45 Er wird genutzt, um einleitend etwas über die menschliche Gesellschaft auszusagen. Dieses Zitat wirkt eher gelehrt und elegant, eher ein Zeichen der Bildung und Weltläufigkeit des Autors als eine Stütze von Aussagen. Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Juristen haben eine gewisse Autorität und können Meinungen stützen, begründen oft jedoch einen Meinungsstreit, den es erst wieder beizulegen gilt. Lehrmeinungen neigt Arumaeus eher zu, als dass er in ihnen eine Verpflichtung entdeckt. Auf diese Weise plakativ werden oft auch Autoren anderer Konfessionen zitiert, denen auf dieser allgemeinen Ebene zugestimmt werden kann. 44 Verf., The mystery of power verdicts solved? Frederic II of Prussia and the emerging independence of jurisdiction, in: H. Pihlajamäki u. a. (Hg.), From the Judge’s Arbitrium to the Legality Principle, Berlin 2013, S. 119 – 143. 45 Zur Öffnung zu den Niederlanden durch Arumaeus schon Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 215, der auch hierin die Bedeutung von Jena erblickt.
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Nach Arumaeus lässt sich durch evidente Beispiele der alten Juristen bzw. Autoritäten ein Beweis führen, der sonnenhell ist.46 Insbesondere bei den tradierten Themen der Rechtswissenschaft kann man feststellen, dass Arumaeus die anerkannten Autoritäten gelegentlich umfangreich zu zitieren versteht. Während er am Anfang von „de iurisdictione“ Azo, Accursius und Panormitanus aus dem kanonischen Recht vereinzelt erwähnt, aus der modernen Zeit Alciat, Charonas, Cujaz, Donellus, Anton Faber, Andreas Gail, Scipio Gentili, Menochius, Sichard, Tiraqueau, Vasquez, Matthaeus Wesenbeck und Zasius. Doch werden häufiger nur Bartolus und von den Zeitgenossen Matthias Stephani (1570 – 1646), ein Kollege in Greifswald, erwähnt, dem Arumaeus meist folgt. In konfessioneller Hinsicht sieht man das Bemühen, alle Autoren ungeachtet ihrer Konfession bzw. zwischen den Konfessionen ausgleichend zu zitieren. Christoph Strohm wies auf mutige Zitationen calvinistischer Werke hin und zog daraus den Schluss auf eine inhaltliche Nähe. Doch auch römisch-katholische Autoren wie Vasquez oder Nicolaus von Kues konnte Arumaeus wirkungsvoll zitieren.47 Man wird das als Versuch deuten müssen, der eigenen Lehre den Anschein konfessionsübergreifender Wahrheit zu verleihen.48 Die offensichtliche Vorliebe für den Lutheraner Stephani konterkariert freilich diesen Versuch. Eine deutliche Unterscheidung gibt es hinsichtlich der Verbindlichkeit der allegierten Literatur.49 Insbesondere wird zwischen älterer und jüngerer Literatur unterschieden. So beklagte Arumaeus, dass es viel Literatur zur iurisdictio des antiken römischen Reiches gebe, jedoch kaum etwas zur Gegenwart.50 Doch gilt diese Unterscheidung nur dann, wenn das ältere Recht derogiert ist. Dem römischen Recht kann daher grundsätzlich immer noch Geltungskraft zustehen. So wird etwa recht lapidar mit Belegstellen des Corpus iuris civilis begründet, warum Untergebene deportiert werden können und Tiere bestraft werden dürfen.51 Der Codex Iustiniani informiert etwa auch für Arumaeus darüber, wie und was ein Magistrat erwerben kann hinsichtlich der Rechtsprechungsgewalt.52 Eine weitere Begründung ist dann offenbar nicht 46
Arumaeus (Praeses) / Martin Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), n.13, S. 35: „exemplis veterum ICtorum solari luce evidentibus probatur“. 47 Vgl. Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), Epistola dedicatoria, fol.a3r und br. 48 So bereits Verf., Die katholische Wissenschaft. Die methodische Säkularisation der Jurisprudenz im 16. Jahrhundert, in: P. Büttgen / R. Imbach / U. J. Schneider / H. Selderhuis (Hg.), Vera doctrina. Zur Begriffsgeschichte der Lehre von Augustinus bis Descartes/ L’idée de doctrine d’Augustin à Descartes (Wolfenbütteler Forschungen, 123), Wiesbaden 2009, S. 151 – 171. 49 Zu Arumaeus’ Rechtsquellenlehre bereits Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 214 f. 50 Arumaeus (Praeses)/ Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), th.1, 2. 51 D. Arumaeus / J. Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine, definitione et divisione, Jena 1602, c.6, 11. Zu Arumaeus’ Rechtsquellenlehre bereits Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 30. 52 Arumaeus, Discursus acadmici de iure publico (FN 10), Band 3, D.XVI, De iurisdictione, S. 692 n. 60.
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mehr nötig. Neben dem immer wieder allegierten römischen Recht zog Arumaeus gelegentlich auch das kanonische Recht ohne Einschränkung heran. Diese subsidiäre Heranziehung des kanonischen Rechts ist typisch für die lutherischen Autoren, besonders in Sachsen.53 In Abhängigkeit von Alter und nachfolgender Entwicklung haben auch Gesetze ein unterschiedliches Gewicht. Grundsätzlich gilt, dass die neueren Gesetze die alten aufheben; das ist so selbstverständlich, dass es nicht weiter begründet wird.54 Die Wirkung der historischen Veränderung wird ganz juristisch als Verjährung und Gewohnheit interpretiert.55 Dadurch fließt die wahre Autorität aus historischen Vorgängen. Mehrfach führt Arumaeus aus, dass, entgegen allen früheren Zuständen, zu seiner Zeit die Gerichtsgewalt zumeist bei den Patrimonialgerichten gelandet sei. Jeder niedere Fürst habe die Möglichkeit, seine allgemeine und spezielle Rechtsprechungsgewalt anderen lehnsweise zu übertragen.56 Diese Entwicklung wird nur konstatiert und hingenommen, sie gibt den nicht weiter zu kritisierenden status quo wieder. Doch von größter, geradezu unüberwindlicher Bedeutung erschienen Arumaeus die leges fundamentales.57 Sie seien so wichtig, dass selbst nachfolgende Gesetze des Monarchen sie nicht abändern könnten.58 Die Macht des Kaisers wollte er zwar nicht schmälern. Doch die leges fundamentales würden die Grundlage des Imperiums bilden und enthielten daher das gesamte Wohl und die Würde des Reichs.59 Der Kaiser
53 Vgl. Verf., Der Einfluss der Reformation auf die Kanonistik: Kontroversen um die Rechtsquellenlehre und das „gemeine Recht“, in: P. Kardinal Erdö / Sz. Anzelm Szuromi (Hg.), Proceedings of the thirteenth Congress of Medieval Canon Law, Città del Vaticano 2010 [2011] (Monumenta Iuris Canonici, series C: subsidia, vol.14), S. 707 – 730. 54 J. Schröder, Recht als Wissenschaft, München 2. Aufl. 2012, S. 19 f. 55 Arumaeus, Discursus acadmici de iure publico (FN 10), Band 3, D.XVI, De iurisdictione, S. 693 n. 65. 56 Arumaeus, Discursus acadmici de iure publico (FN 10), Band 3, D.XVI, De iurisdictione, S. 692 n. 58, 693 n.64: „Hodiernis tamen temporibus cum jurisdictiones penè omnes in patrimoniales […] sint conversae, & qulibet etiam Princeps inferior, Magistratus sit perpetuus, aliis quque jurisdictionem suam ut spezialem, merum imperium, mixtu, in feudum concedere potest“. 57 Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), Jena 1660, Epistola dedicatoria, [fol.b4r]; dazu Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 108; zur Gesetzesbindung des Monarchen bei Arumaeus D. Willoweit, Rechtsprobleme der absoluten Monarchie, in: K. H. Kästner u. a. (Hg.), Festschrift für Martin Heckel zum 70. Geburtstag, Tübingen 1999, S. 641 – 657, 643 f. Schon Ulrich Zasius wollte in den 1520er Jahren den Reichstag von Worms in diesem Sinne als unantastbar für spätere Gesetzgeber ansehen, vgl. Steven Rowan, Ulrich Zasius. A Jurist in the German Renaissance 1461 – 1535 (Ius Commune, 31), Frankfurt a.M. 1987, 100. Diese Idee stammt also auch nicht von Arumaeus. Zum Begriff Heinz Mohnhaupt, Art. Leges fundamentales, HRG 2. Aufl. Band 2, Berlin 2014, 693 – 695. 58 Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 1, D.VII, fol. 32v. 59 Arumaeus (Praeses) / Martin Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), th.7, S. 13: „Et ideò cum lex nostra Imperii fundamentalis sit, hoc est, talis,
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könne sie daher nicht wiederrufen, ohne die Grundlage des Reichs zu zerstören („sine corruptione status publici“). Sie seien daher grundsätzlich ewig.60 Das in der Zeit gewachsene Recht konstituiert damit zwar keine Axiome, jedoch historische Errungenschaften, die aufgrund ihrer Bedeutung unverzichtbar sind.61 Insbesondere die Goldene Bulle gebe daher dem Reich eine solide Basis, die von den nachfolgenden Gesetzen und Akten bestätigt worden sei. Sie bilde den Grundstein des Römischen Reiches, den alle klugen Leute studieren müssten.62 Sie schaffe eine konsentierte rechtliche Ordnung, die den Beteiligten aufzeige, wie sie sich zu verhalten haben. Bei der Frage etwa, ob zu Lebzeiten Kaiser Karls V. ein anderer Kaiser gewählt werden könne, kam Arumaeus so zum erstaunlichen Schluss, dass die Wahl ungültig sei. Die Goldene Bulle habe nämlich nicht den einzelnen Kurfürsten, sondern dem Kollegium das Wahlreich übertragen. Da der sächsische Kurfürst nicht an der Wahl teilgenommen habe, sei keine rechtmäßige Wahl erfolgt und das Vertretungsrecht im Reich, das Vikariat, stünde dem Pfalzgrafen sowie dem Kurfürsten von Sachsen zu.63 Historische Beispiele waren hier wichtig, um die Praxis des Reichs zu etablieren. Doch der Goldenen Bulle kam eine unüberwindbare, absolute, geradezu axiomatische Bedeutung zu. Daher war es nach Arumaeus die Aufgabe von Kaiser und Kommentator, diese von der Goldenen Bulle aufgestellte Ordnung zu bestätigen und in ihrer Verpflichtungskraft den Reichsgliedern vorzuhalten.64 In gleicher Weise sah Arumaeus auch die Wahlkapitulationen als Fundamentalgesetze an.65 Als Kapitulation des Reiches und Fundamentalgesetz sah er dabei an, was in anerkannter Weise die legitime Gewalt des Reichs definiere.66 Da der Kaiser durch die Wahl sein Amt erhalte, beruhe das Herrschaftsrecht formal auf den der
sub qua Imperium constitutum est, & qua tanquam fundamentum ex consensu communi & approbatione nititur […] qua salus, dignitasque totius Imperii continetur“. 60 Dominicus Arumaeus / Matthias Bortius (Respondent), D.30: De natura iurium Majestatis & Regalium, in Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 1, c.2 n.19, fol. 283r: „Leges hae fundamentales perpetuae sint.“ 61 Als Axiome bei B. Pahlmann, Art. Dominicus Arumaeus (1579 – 1637), in: G. Kleinheyer / J. Schröder (Hg.), Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, 5. Aufl., Heidelberg 2008, S. 28 – 30, 28. 62 Arumaeus (Praeses) / Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), th.2, S. 2. 63 Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 1, D.IV, fol. 22v. 64 Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN. 13), Epistola dedicatoria, fol. a3v, b4r. 65 Zu ihnen s. v. a. G. Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen, Karlsruhe 1968; G. Lottes, Zwischen Herrschaftsvertrag und Verfassungsnotarait. Die Wahlkapitulationen der deutschen Kaiser und Könige, in: P.-J. Heinig u. a. (Hg.), Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw (Historische Forschungen, 67), Berlin 2000, 133 – 148. 66 Arumaeus (Praeses) / Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), th.7, S. 13: „Quicquid capitulatione, hoc est, formula potestatis legitimae gubernationis approbatae […] continetur, id omninò Imperatorem observare decet“.
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Wahl zugrundeliegenden Wahlkapitulationen.67 Dadurch werde die absolute Macht übertragen, so dass diese Wahlkapitulationen ebenso grundlegend für das Reich sei.68 So wie in den anderen europäischen Monarchien sich neue Prinzipien der Machtübertragung ergeben hätten, so gelte daher auch im Reich nicht mehr die lex regia des antiken römischen Reichs.69 Für die Rechtsgewinnung folgt daraus, dass es zwar wichtige alte Literatur gibt, die Fragen jedoch immer neu beantwortet werden müssen. Wie sind dann richtige Antworten zu gewinnen? Zu Arumaeus’ Methodologie wurden bisher ganz unterschiedliche Themen angeschnitten, weil der Begriff der Methoden offenbar sehr vieldeutig ist. Eigene Ausführungen von Arumaeus hierzu findet man kaum. Immer wieder wurde betont, dass Arumaeus vom römischen Recht her argumentierte70 ; schon Arumaeus selbst stellte sich so dar.71 Wenn man in der Nachfolge von Melanchthon unter Methode jedoch ein Verfahren zur Herstellung von Wissen und Wahrheit versteht72, kann man Methode und Wissenschaftsgebiet nicht verwechseln. Es wird schwerfallen, eine spezifische Methode der Juristen in dieser Zeit auszumachen, zu sehr dominierten noch die gemeinsamen Traditionen in der Behandlung der Autoritäten. In seinem Kommentar zum Verzug (mora) finden sich versprengte Aussagen Arumaeus’ zur Methodologie. Zwei Mittel nennt er, um Erkenntnisse zu generieren: Definitionen und ratio. Die Definition ist dabei vor allem geeignet zur Darlegung eines Faches.73 Die ratio nennt Arumaeus den Geist des Gesetzes.74 Die Definition ist dabei das Mittel der ersten Wahl, danach erst greift die Argumentation mittels der ratio.75 Arumaeus baute nicht nach Axiomen auf, und eine besondere Regelhaftigkeit der Argumentation erkennt man bei Arumaeus nicht, wenn man von der Darstellung von Meinungsverschiedenheiten und den Distinktionen absieht.76 Arumaeus argumentierte klassisch juristisch, indem er mit den allgemeinen Begriffen anfing und sich durch deren Definition in die Verästelungen der Lehre hineinarbeitete. Dadurch erhält seine Argumentation eine juristische Logik und Folgerichtigkeit. 67
Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), c.III, n.28, S. 77. Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), c.III, n.30, S. 78. 69 Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), c.III, n.23 f, S. 76. 70 Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 27. 71 Arumaeus, Dedicatio an Johann Ernst d. J. v. Sachsen, in: ders., Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 1, 2v. 72 F. Kambartel / R. Walter, Art. IV. Renaissance und Humanismus, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 5, Darmstadt 1980, S. 1311 – 1313, 1311. 73 Arumaeus, De mora commentarius methodicus, Lüttich 1701, n.12, S. 34: „in demonstratio autem medium est definitio“. 74 Arumaeus, De mora (FN 73), c.1, n.11, S. 31: „ratio dicitur legis anima“. 75 Arumaeus, De mora (FN 73), c.1, n.12, S. 34. 76 Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 3, Jena 1621, hier: D.XVI, De iurisdictione, 687 n.34 etwa zur iurisdictio voluntaria oder contentiosa. 68
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In der Untersuchung zur iurisdictio von 1602 beispielsweise beginnt er bei der Gesellschaft, kommt zur Macht, welche er in die potestas Armorum & Legum aufteilt.77 Sie liegt bei den Fürsten und hieraus fließen alle weiteren Kompetenzen „sicut fons biceps“. Die iurisdictio ist dabei die Macht, mit Recht zu regieren78, vor allem die Macht des Schwertes, Straftäter zu ändern. Strafrechtlich besteht die Macht vor allem in der Befugnis, Strafen nach Maßgabe der Gesetze zu verhängen.79 Diese gilt nicht nur Leib und Leben, sondern auch in Ehre und Nachruhm.80 Voraussetzung ist jedoch, dass es entsprechende Gesetze gibt, an welche die Magistrate gebunden sind.81 5. Vergleich zur lutherischen Erkenntnislehre Durch Philipp Melanchthon, Georg Gutke (1589 – 1634), Valentin Fromme (1601 – 1675) und schließlich – nach Arumaeus – Abraham Calov (1612 – 1685) bildeten sich in den meisten Strömungen des Luthertums eine eigene Erkenntnislehre aus.82 Deren Prägungen lassen sich auch in der Jurisprudenz des 16. und 17. Jahrhundert so klar erkennen, dass sich hieraus konfessionelle Einstellungen ableiten lassen.83 Verkürzt und vergröbert geht sie von der Imperfektion menschlicher Erkenntniskraft aus. Da Gott nach dem Sündenfall jedoch die Erkenntnismöglichkeit von ratio und conscientia belassen habe, gehe er davon aus, dass sich der Mensch mit diesen Möglichkeiten jedenfalls bemühe. Bildung und Methode wurden nun der Königsweg zur Erkenntnis, die stets nur vorläufiger Natur bis zur besseren Erkenntnis sein konnte. Schon Gutke arbeitete dabei heraus, dass die Grundlagen des Wissens in 77 Dominik Arumaeus / Jacob Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine, definitione et divisione, Jena 1602, c.3. 78 Arumaeus / Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine (FN 77), c.3: „Iurisdictio dicitur, quae est potestas iuris regundi.“ 79 Arumaeus / Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine (FN 77), c.3: „Est potestas quaerendi de criminibus & à confeßis aut convictis poenas vel LL. constitutas vel pro admißi modo arbitrarias exigendi.“ 80 Arumaeus / Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine (FN 77), c.10. 81 Arumaeus / Wangenheimb, Disputatio de iurisdictionis saecularis origine (FN 77), c.5: „nullus enim penè magistratus, qui non specialiter lege constitutus.“ 82 Klassisch dazu M. Wundt, Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhundert (Heidelberger Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte, 29), Tübingen 1939, S. 261 und passim; W. Sparn, § 11. Die Schulphilosophie in den lutherischen Territorien, in: H. Holzhey / W. Schmidt-Biggemann (Hg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts, Bd. 4: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Nord- und Ostmitteleuropa (Grundriss der Geschichte der Philosophie, begr. v. Fr. Ueberweg), 2001, S. 475 – 606 (582 – 585); S. Wollgast, Philosophie in Deutschland 1550 – 1650, 2. Aufl. Berlin 1993, S. 211 f.; U. G. Leinsle, Das Ding und die Methode. Methodische Konstitution und Gegenstand der frühen protestantischen Metaphysik, 2 Bände, Augsburg 1985, Bd. 1, S. 394 ff. 83 Dazu bereits Verf., Pufendorfs Vernunftrecht und die lutherische Erkenntnislehre, in: J. Eisfeld u. a. (Hg.), Naturrecht und Staat in der Neuzeit. Diethelm Klippel zum 70. Geburtstag, Tübingen 2013, S. 57 – 79; ders., Drei Funktionen des Allgemeinen Teils, in: Cl. Peterson (Hg.), Der Allgemeine Teil.
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den Disziplinen unterschiedlich seien. Folglich habe jedes Fach seine eigenen Methoden, um die Elemente miteinander zu verbinden und eine eigene Regelhaftigkeit, um Fehler auszuschließen. Nicht nur der Mensch als Erkenntnissubjekt, sondern auch die einzelnen Fächer wurden damit von den traditionellen Autoritäten emanzipiert. Lutheraner mokierten sich über Katholiken und Calvinisten, die Gottes, insbesondere des Heiligen Geistes Wirken immer noch als Voraussetzung der Erkenntnis ansahen und damit die verschiedenen Wissensgebiete durcheinander brachten. Daraus flossen unterscheidbare Vorgaben für die Erkenntnislehre, für die Behandlung der Quellen und die Systematik. Entsprechend diesen Vorgaben stützte sich Arumaeus auf keine externen Autoritäten. Neben den Autoritäten des Fachs, also den alten Juristen, und des Fachs, also den Gesetzen, bildeten Definitionen Grundlage der fachgebundenen Erkenntnis. Darüber hinaus war er selbst mit Hilfe seiner ratio verantwortlich für die Benennung der Voraussetzungen und Logik seiner Darstellungen. Hierbei stütze er sich auf Argumente der Vernunft, weniger des Gewissens. Nicht einmal Theologen, Philosophen oder die Autoren der Politicen erschienen ihm als unverrückbare Autoritäten, sondern nur als kompetente Mitstreiter, mit deren Ansichten man sich auseinandersetzen musste. Was methodisch für seine Ausführungen gelten sollte, sollte aus der Sache selbst, nicht von fremden Autoritäten her bestimmt werden.84 Hierin kommt auch die Überzeugung von der Unabhängigkeit der Wissenschaften zum Ausdruck. Für die Quellen der Rechtslehre folgte daraus, dass nur juristische Autoren, vor allem aber Gesetze zur Grundlage der Argumentation gemacht werden konnten. selbst im Rahmen seiner Rechtsquellenlehre richtete sich Arumaeus nach den etablierten Regeln der Rechtswissenschaft seiner Zeit. Wie beobachtet, bot die juristische Argumentation daher die Grundlage der Schlussfolgerungen. Insoweit wurde die lutherische Epistemologie genutzt, um seine Erörterungen zum ius publicum von den Fächern der Theologie, Philosophie, Geschichte und Politik zu emanzipieren. Seine juristischen Distinktionen und die innere Folgerichtigkeit der Gedanken bieten in seiner Argumentation das Maximum an Richtigkeitsgewähr, das erreicht werden kann. Anders als bei dem, was Ramus und Keckermann als System bezeichneten, ging es Arumaeus hierbei nicht lediglich um Übersichtlichkeit, sondern um die innere Folgerichtigkeit und die Richtigkeit der Erwägungen. Insofern zeigt die Herangehens- und Argumentationsweise von Arumaeus Verbindungen zur lutherischen Epistemologie und weniger Verbindungen zur Methodik der anderen Konfessionen.
84 Dominicus Arumaeus / Matthias Bortius (Respondent), D.30: De natura iurium Majestatis & Regalium, in Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 1, c.1, n.4, fol.276r: „Ratio methodi ex natura ipsius rei petitur.“
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II. Lutherische Prägungen im Œuvre von Arumaeus Es gibt inhaltliche Positionen zur Rechtswissenschaft, die von konfessionellen Vorgaben beeinflusst sind. Wie bereits angedeutet bewirkt aber die grundsätzliche Verschiedenheit der Fächer Theologie und Jurisprudenz, dass die Schlüsse selten notwendig sind. Die Entwicklung der letzten 500 Jahre hat zudem gezeigt, wie variabel die Vorgaben ausgedeutet werden können, so dass man nicht einfach sagen können wird, in der römisch-katholischen Tradition gebe es nur die Lehrautorität der Amtskirche. Schlüsse von bestimmten Auffassungen zur Konfession können daher grundsätzlich nicht zwingender Natur sein. Sie können allenfalls als Indizien gewertet werden für eine bestimmte konfessionelle oder eher kulturelle Nähe. Dennoch können sie im vorliegenden Zusammenhang das Bild von Arumaeus’ konfessioneller Prägung ergänzen. Im Bereich der Kirchenorganisation gibt es etwa typische Unterschiede zwischen dem Episkopalismus der lutherischen Tradition und der synodalen Kirchenverfassung, wie sie sich in calvinistischen Kirchen findet. Die bei Arumaeus abgedruckten Schriften betonen dagegen das hoheitliche Recht der Landesherren über ihre Landeskirche.85 Der Kreis um Arumaeus wirkt daher geradezu mustergültig für die Verstärkung der Rechte des fürstlichen Kirchenherrn und eines kirchenrechtlichen Territorialsystems. Tradtionell werden auch konfessionell bedingte Unterschiede in der Staatsrechtslehre ausgemacht.86 Für Calvin war Gott der einzige Inhaber der Souveränitäts- und Majestätsrechte; die Fürsten sind nur seine Diener.87 Er ist dabei bestrebt, die Fürsten ebenso wie das Volk in die Pflicht zu nehmen. Beide erhalten durch Gott ihre Position und ihre Rechte, doch werden sie in einer mutua obligatio gesehen, die ihnen die Pflicht auferlegt, für die christliche Ordnung des Gemeinwesens einzutreten. Fürst und Volk, aber auch die Magistrate sind alle nur unter der Bedingung in ihre Rechte eingesetzt, dieses Ziel zu wahren. Bei Arumaeus findet man dagegen die Betonung der Majestätsrechte, zu denen besonders die Rechtsprechungsgewalt gehört.88 Die Alleinstellung des Monarchen in dieser Hinsicht wird betont. Natürlich benötige er Rat, auch könne er unmöglich 85 Nachweise bei K. Schlaich, Summum Ius – Summa Iniuria als Problem reformatorischen Kirchenrechts, in: ders., Gesammelte Aufsätze. Kirche und Staat von der Reformation bis zum Grundgesetz (Jus Ecclesiasticum, 57), Tübingen 1997, S. 84 – 105, 99. 86 Vgl. bereits M. Stolleis, Glaubensspaltung und öffentliches Recht in Deutschland, in: ders., Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit. Studien zur Geschichte des öffentlichen Rechts, Frankfurt a. M. 1990, S. 268 – 297 (= Reformation und öffentliches Recht in Deutschland, Der Staat 24 (1985), S. 51 – 74), 276. 87 Klassisch hierzu J. Bohatec, Calvins Lehre von Staat und Kirche, Breslau 1937 ND Aalen 1968; G. Beyerhaus, Studien zur Staatsanschauung Calvins, Berlin 1910 ND Aalen 1973. 88 Arumaeus / Bortius, D.30: De natura iurium Majestatis & Regalium (FN 84), fol.285rf. Zur Behandlung der Majestät im Werk von Arumaeus s. auch Schubert, Die deutschen Reichstage (FN 35), S. 451 – 466, 482 – 494.
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alle Geschäfte alleine durchführen. Doch ernenne der Fürst die Magistrate, was ebenfalls aus seinem Majestätsrecht folge.89 Sie erhielten nur ein begrenztes Rechtsprechungsrecht. Der Fürst behalte sich meist einen Teil der Rechtsprechung persönlich in jure privatis vor, auch durch den Instanzenzug und Supplikation falle das Rechtsprechungsrecht wieder an den Fürsten zurück.90 Bei der Rechtsprechungsgewalt wird in keiner Stelle eine Unabhängigkeit der Gerichte bzw. der Magistrate thematisiert. Sie sind vielmehr dem Fürsten, nicht primär Gott verpflichtet. Der princeps bleibt die Quelle aller Macht. Bindungen des Monarchen findet man kaum. Der schon genannte Theologe und Kollege von Arumaeus Johann Gerhard betonte insoweit nur die Aufgabe der Obrigkeit, von den Fürsten bis zum Hausvater, den Schutz der ihnen Anvertrauten zu besorgen. Selbstverständlich sind die Fürsten an das göttliche Recht gebunden, zu dem in der Nachfolge Melanchthons auch das natürliche Recht gehört. Wie gesehen sind auch die Fundamentalgesetze ihrem Zugriff entzogen.91 Im übrigen wird nur von der Gehorsamspflicht des Untertanen gehandelt.92 Mit der Zitation der „Vindiciae contra tyrannos“93 wird deutlich, dass sich hier in einem geringen Maße auch calvinistisches Gedankengut wiederfindet. Dennoch sind calvinistische oder kryptocalvinistische Tendenzen bei Arumaeus nicht zu entdecken.94 Es gibt wahrscheinlich weitere Themen, die sich als Lackmustest eignen, konfessionelle Prägungen anzuzeigen. Mit dem Fortschreiten der Untersuchungen konfessioneller Prägungen der Rechtslehren, nicht der Juristen, werden sie sich wohl bestimmen lassen. Einstweilen enden hier aber die Möglichkeiten. Schon bisher wurde Arumaeus zwischen katholischen und lutherischen strengen Monarchisten einerseits und Monarchomachen andererseits positioniert.95 Dabei wurde insbesondere auf Arumaeus’ Lehre zur Majestät abgestellt, die besonderen Nachruhm genießt.96 Dabei wurde darauf abgestellt, wie stark hier Bodin rezipierend die Souveränität des Monarchen oder die Bindung des Herrschers an Gott, Volk oder Recht herausgestrichen wurde. Arumaeus wird hier in einer Mittelstellung gesehen, insoweit er beim Reich alle Hoheitsrechte sieht, von denen jedoch nur beschränkte Rechte – nach Maßgabe der Wahlkapitulation und der Reichsgesetze – auf den kon89
Arumaeus / Bortius, D.30: De natura iurium Majestatis & Regalium (FN 84), fol. 290r. Arumaeus / Bortius, D.30: De natura iurium Majestatis & Regalium (FN 84), fol. 290v. 91 Das ist aber wohl noch nicht als Zustimmung zu den Monarchomachen zu deuten, so Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 416. 92 J. Gerhard, D.18: Ob alle und jede Unterthanen in einer jedwedern Policey irer von Gott ihnen vorgesetzten Obrigkeit ohne unterscheidt also zum Gehorsam obligiret […], in: Dominicus Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 4, S. 73 – 89. 93 Darauf verweist Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 414 f. 94 So auch Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 414. 95 So B. Pahlmann, Art. Dominicus Arumaeus (1579 – 1637), in: G. Kleinheyer / J. Schröder (Hg.), Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten, 5. Aufl., Heidelberg 2008, S. 28 – 30, 29. 96 Vgl. Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 80 – 83. 90
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kret gewählten Kaiser übertragen werden.97 Der Staat ist damit die dem einzelnen Herrscher vorgeordnete allgemeine Kategorie und das Maß der übertragenen Hoheitsrechte kann flexibel nach Staat und Zeit bzw. den wechselnden Wahlkapitulationen bestimmt werden. Auf diese Weise kann Arumaeus auch die verpflichtende Natur von Reichstagsbeschlüssen begründen.98 Doch es erscheint kaum möglich, in diesen Positionen konfessionelle Prägungen zu erkennen. Die Gleichsetzung von römisch-katholischen und lutherischen Positionen mit Absolutismus, Calvinismus mit der Bindung von gebundenen Herrscherrechten erscheint zu verkürzt. Sie wird der Vielfalt der Positionen, die in den Konfessionen selbst aufgrund regionaler Differenzen und den Entwicklungen im Laufe der Jahrhunderte nach der Reformation vertreten wurden, nicht gerecht. Man erkennt hierin viel eher das Interesse eines Reichsfürsten, das Reich zu stärken und gleichzeitig den Kaiser zu binden. Man wird hier also nicht grob nach Konfessionen, sondern konkret nach den Interessen der Herzöge von Sachsen-Weimar fragen müssen. Damit ergibt der Blick auf Arumaeus’ Positionen wie bereits die Analyse seiner Methodik eine fassbare Nähe zur lutherischen Tradition. Mehr Erkenntnisse werden sich auf diesem Weg wohl kaum erwerben lassen, auch wenn man noch weitere inhaltliche Positionen von Lutheranern im Gegensatz zu den Vertretern anderer Konfessionen im Werk von Arumaeus nachweisen kann. Letztlich wird man stets nur eine gewisse ideengeschichtlich begründete Nähe nachweisen können, die bereits jetzt aufgezeigt werden konnte. Was Arumaeus privatim dachte und fühlte, inwieweit seine Positionierungen mehr pragmatisch als bekenntnishaft zu verstehen sind, muss offenbleiben. Sehr viel spezifischer könnte sein Profil werden, wenn man seine Tätigkeit im Dienste der Herzöge von Sachsen-Weimar betrachtet. Die Fragegestellung gilt dann nicht mehr einfach dem konfessionellen Profil Arumaeus’, sondern seinem Beitrag zur Stützung seiner Herrscher bzw. der Funktion von Professor, Universität und Fach im Kontext der politischen Auseinandersetzungen der Zeit. III. Im Dienst der Herzöge von Sachsen-Weimar 1. Der Hof zu Weimar und seine Interessen Für Nicolaus Gundling war Arumaeus vor allem der geschickte, pragmatische Unterhändler der Weimeranischen Herzöge.99 Da man diese Tätigkeit heute nicht mehr nachvollziehen kann, fragt sich, ob man das Wirken für die Herzöge im Schrift97
Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN 13), c.3, n.21 f, S. 76. Dazu bereits K. Schlaich, Gesammelte Aufsätze. Kirche und Staat von der Reformation bis zum Grundgesetz (Jus Ecclesiasticum, 57), Tübingen 1997, S. 172 f. 99 N. H. Gundling, De iure augustissimi imperatoris et imperii in magnum etruriae ducatum commentatio, Leipzig 1732, S. 156: „Est ille homo pragmaticus, qui in publicis imperii conuentibus, quibus interdum serenissimorum Saxoniae Ducum nomine intererat, multa didicit, quae alioquin in scholis non percipiuntur; […]“. 98
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tum von Arumaeus erkennen kann. Das Eintreten für das öffentliche Recht als Grundlage der öffentlichen Ordnung im Reich scheint im Interesse von Kaiser und Reich insgesamt zu stehen, keineswegs jedoch Partikularinteressen zu dienen. Allerdings erwähnte Arumaeus selbst den Anstoß von außen, der ihn zur Beschäftigung mit dem öffentlichen Recht geführt habe. Schon lange vor ihm hatte man sich in Jena mit den Fragen beschäftigt, die allmählich unter dem Titel des öffentlichen Rechts zusammenwuchsen. So wurde bereits die Translations-These des Matthias Flacius Illyricus erwähnt, der in der theologischen Fakultät als Oberhaupt der Gnesiolutheraner für ein besonders strenges Luthertum in Jena eintrat. Besonders bekannt und prominent war jedoch eine Rede, die der Herzog Johann Ernst d.J. von Sachsen-Weimar 1608 selbst in Jena hielt100, deren Rektor er aufgrund seiner Herkunft war. Zwischen 1608 und 1613 studierte dieser zusammen mit seinem jüngeren Bruder Friedrich von Sachsen-Weimar an seiner Universität in Jena.101 Dabei genossen beide eine ungewöhnlich gute Ausbildung. 1608 wurde Friedrich Hortleder (1579 – 1640)102 als Präzeptor des Erbprinzen Johann Wilhelm d. J. eingestellt, später unterrichtete er auch die übrigen jungen Prinzen Friedrich von SachsenWeimar, Wilhelm IV von Sachsen-Weimar, Albrecht von Sachsen-Eisenach, Johann Friedrich und Bernhard von Sachsen-Weimar, die meist auch später Regierungsgeschäfte übernahmen. Hortleders Unterricht ist gut dokumentiert, nicht nur durch eine historiographische Ausarbeitung durch Moriz Ritter103, sondern auch durch den Umstand, dass Schriften von Hortleder durch Arumaeus als Teil seiner „Discursus academici de iure publico“ herausgegeben wurden. Zwar wurde an verschiedenen Orten Europas ein immer größeres Gewicht auf die Bildung der Erbprinzen gelegt104, doch bemerkte schon die ältere Literatur, dass man gerade in Weimar die Ausbildung so weit trieb, als ob die Herzöge selbst Gelehrte werden sollten.105 Die Prinzen studierten nicht nur Sprachen, insbesondere Latein. Einen wichtigen Teil des Unterrichts bildeten vielmehr Reichs-, Reformations100
Dazu bereits Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 147. Vgl. Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre (FN 4), S. 32. 102 F. X. v. Wegele, Art. Hortleder, Friedrich, in: ADB 13 (1881), S. 165 – 169 [http:// www.deutsche-biographie.de/pnd117011312.html?anchor=adb, zuletzt 3. 4. 2013]. 103 S. M. Ritter, Friedrich Hortleder als Lehrer der Herzöge Johannes Ernst und Friedrich von Sachsen-Weimar, Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 1 (1880), S. 188 – 208; A. Schmidt / A. Klinger, Die Universität zwischen Reich und Fürstenstaat, in: J. Bauer u. a. (Hg.), Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit, Heidelberg 2008, S. 73 – 95, 85. 104 Allgemein vgl. N. Hammerstein, „Großer fürtrefflicher Leute Kinder“. Fürstenerziehung zwischen Humanismus und Reformation, in: A. Buck (Hg.), Renaissance – Reformation. Gegensätze und Gemeinsamkeiten (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, 4), Wiesbaden 1984, S. 265 – 285, 280 zu römisch-katholischen und lutherischen Beispielen. 105 A. Beck, Johann Friedrich der Mittlere, Herzog zu Sachsen, 2 Theile, Weimar 1858, Band 1, S. 5 ff.; E. Reimann, Prinzenerziehung in Sachsen am Ausgange des 16. und im Anfange des 17. Jahrhunderts, Dresden 1904, S. 4. 101
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und Hausgeschichte nächst dem deutschen Reichsstaatsrecht.106 Gerade im letzten Punkt unterschied sich diese Ausbildung von Johann Ernst d.J. von früheren Konzepten.107 Die Ausbildung des Prinzen wurde durch eine fast zweijährige Kavalierstour durch Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden abgeschlossen, welche die kulturelle Ausrichtung nach Westen belegt, auf die Michael Stolleis immer wieder hingewiesen hat108, und für die Arumaeus auch in seiner Herkunft steht. Eine Frucht der besonderen Ausbildung kann man in der Gründung der „Fruchtbringende Gesellschaft“ erblicken, die Johann Ernst d.J. mit Familienangehörigen als Nr. 3 der Gesellschaft 1617 vornahm. 1608 nun hielt Johann Ernst d.J. von Sachsen-Weimar eine Rede über die lex regia. Nach dem römischen Recht109 sollte das, was dem princeps gefällt, Gesetzeskraft haben; diese Befugnis leitete der antike Jurist Ulpian als lex regia ab von dem Auftrag, den das römische Volk seinerzeit angeblich ihrem Monarchen gegeben habe.110 Traditionell wurden damit Gesetzgebungs- und Jurisdiktionsgewalt der Herrscher Europas bis Bodin begründet.111 Teilweise wurde und wird die Befugnis auf eine Inschrift Kaiser Vespasians zurückgeführt.112 Johann Ernst d.J. argumentierte nun, dass dieses Recht dem Kaiser seiner Gegenwart nicht mehr zustünde. Zum einen sei er princeps des Reichs im Sinne des antiken Gesetzes. Zum anderen könne die Regel selbst nicht mehr auf das Reich angewandt werden, weil sie durch die nachfolgenden Vereinbarungen, also Wahlkapitulationen, modifiziert worden sei. Hortleder, der insoweit den Prinzen instruiert hatte, argumentierte hier also genau so, wie wir es aus einer wenig späteren Schrift von Arumaeus kennen. Diese inhaltliche Übereinstimmung macht eine besondere Verbindung zwischen Hof und Universität, Prinzenerziehung und Staatslehre deutlich. Mehrere Kräfte in Weimar und Jena arbeiteten offenbar an diesem Argumentationsstrang. Prinz, Prä106 Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 4, D.X: Johann Gerhard, Quibus studiis Principem potißimùm deditum esse oporteat?, fol.42v: „Illam denique divinarum et humanarum rerum notitiam, justi atque injusti scientiam“. 107 Vgl. N. Hammerstein, „Großer fürtrefflicher Leute Kinder“ (FN 104), S. 265 – 285, 280, im Gegensatz zur Ausbildung am Hofe von Maxmilian I. von Bayern. Zwar findet man vereinzelt auch Hinweise auf Rechtsunterricht von Prinzen, vgl. B. Singer, Die Fürstenspiegel in Deutschland im Zeitalter des Humanismus und der Reformation, München 1981, S. 103, 137; doch R. A. Müller, Die deutschen Fürstenspiegel des 17. Jahrhunderts. Regierungslehren und politische Pädagogik, HZ 240 (1985), S. 571 – 597, 593, kommt die „staatspragmatische Richtung“ in der Prinzenausbildung erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. 108 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 102 f., 215. 109 Ulpian, D. 1.4.1: Quod principi placuit, legis habet vigorem“. 110 Dazu A. Demandt, Die Spätantike: Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284 bis 565, München 2. Aufl. 2007, S. 254. 111 J. Canning, The political Thought of Baldus de Ubaldis (Cambridge Studies in Medieval Live and Thought), Cambridge 1987, S. 62. 112 H. Galsterer, Art.Lex de imperio Vespasiani, in: Brill’s New Pauly. Brill Online, 2013. [http://referenceworks.brillonline.com/entries/brill-s-new-pauly/lex-de-imperio-vespasianie703190, vom 3. 12. 2013].
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zeptor und Professor wirkten inhaltlich und ideologisch zusammen und bestärkten sich gegenseitig. Wissenschaft diente unmittelbar der Politik, und zwar konkret der Politik des herzoglichen Hauses zu Weimar. Es fällt daher nicht schwer, in dieser Rede oder in den begleitenden Umständen jenen Anstoß von außen zu sehen, durch den Arumaeus veranlasst wurde, sich dem ius publicum zuzuwenden. Stolleis verwies bereits darauf, dass die Rede von 1608 unmittelbar auf konkrete Vorgänge der Reichspolitik bezogen werden konnte. 1606 hatte Kaiser Rudolf II. den bayerischen Herzog Maximilian zur Exekution gegen die Stadt Donauwörth eingesetzt. Deren lutherischer Rat hatte mehrfach katholische Prozessionen gestört, weswegen der Kaiser die Reichsacht über die Stadt verhängt hatte. Da Donauwörth nicht zum bayerischen, sondern schwäbischen Kreis gehörte, hätte nach dem Reichsrecht der lutherische Herzog von Württemberg als Exekutor eingesetzt werden müssen. Maximilian nutzte nun seine Chance, um Donauwörth in bayerischen Pfandbesitz umzuwandeln, indem er von der Stadt die Kosten der Exekution beanspruchte. Donauwörth fiel damit in den bayerischen Herrschaftsbereich, stärkte die Gegenreformation und machte den Protestanten die Macht des Kaisers deutlich. Rudolf erreichte durch seinen Rechtsbruch eine Schwächung der Protestanten, die sich in Reaktion hierauf 1608 in der Protestantischen Union zusammenschlossen.113 Kleinste Vorfälle wurden offenbar ausgenutzt, um mit den Mitteln des Reichs Konfessionspolitik zu betreiben. Doch es war das Reichsrecht, das hier angewandt wurde. Es ging daher sprachlich nicht um Politik, sondern Gesetz und Recht bzw. Gerechtigkeit. Es war nicht das letzte Mal, dass der Herzog von Weimar direkt mit solchen juristischen Fragen konfrontiert wurde. Innerhalb von Sachsen war das Jahr 1611 kritisch. Kurfürst Christian II. von Sachsen war mit 27 Jahren gestorben; sein Bruder Johann Georg I. lag todkrank in Mailand, so dass es für diesem Moment den Anschein hatte, dass die Albertiner Linie aussterben würde und deren Besitz wieder an die Ernestiner fallen würde. Daher entbrannte der Streit, welche der Ernestiner Linien die Erbfolge beanspruchen dürfte. In dessen Folge setzte sich das Prinzip des Seniorats durch, wonach immer der älteste Prinz das Nachfolgerecht hätte ungeachtet seines Stammes.114 Mittels des römischen Erbrechts und der Modifikationen durch Reichs- und Landesgesetze konnten hier eigene Erbregeln der Wettiner entwickelt werden, die als Erbrecht gedeutet wurden.
113 A. Layer / P. Fried, Von der Gegenreformation bis zur Eingliederung in Bayern, in: Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts (Spindler, Handbuch der bayerischen Geschichte, III.2), München 2001, S. 260 – 280, 263. 114 Vgl. N. H. Gundling, Discours über Henrici de Cocceii Juris publici prudentiam, Frankfurt / Leipzig 1735, S. 101: „Die Altenburger sagten, sie wären die älteste Linie, ex linea primogeniti; hergegen Joh. von Weimar sagte er wäre der Aelteste an Jahren, und also müste er erben, weil der seniorat in Sachsen gelte; i. e. daß der Aelteste succediren sollte, ex quacunque sit linea. Also fieng in antecessum der process an, Melchior Goldast, Consiliarius Vinar. schrieb vor Weimar sein Buch de Majoratu; Arnoldus Engelbrecht aber, ein Legulejus, vor Altenburg de successione in Electoratibus ex jure primogeniturae.“
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Georg Ernst d.J. wurde selbst noch von den Auswirkungen der kaiserlichen Politik in seiner Stellung als Herzog betroffen. Nach der Niederlage von Friedrich, Kurfürst von der Pfalz und böhmischer „Winterkönig“, verhängte Kaiser Ferdinand zunächst am 29. 1. 1621 die Reichsacht über den Besiegten. 1623 übertrug er dann dessen Kurwürde auf Maximilian von Bayern. Auch hier wurden Reichsacht und Reichsexekution genutzt, um die kaiserliche Politik zu stärken, und der Kaiser präsentierte sich als echter Monarch. Gleichzeitig wurde Georg Ernst d.J., der auf der Seite des Winterkönigs gekämpft hatte, zur bedingungslosen Kapitulation aufgefordert. Der Herzog, der Sachsen-Weimar zugleich als Vormund seiner jüngeren Brüder regierte, verzichtete daher zugunsten seiner Brüder auf das Herzogtum und rettete damit der Familie das Territorium. Welche Rechte der Kaiser und welche Eigenständigkeit die Kur- und übrigen Reichsfürsten zustanden, war dabei in dieser Zeit durchaus im Fluss. Die genannten drei Beispiele aus der Wirkungszeit von Arumaeus belegen dies. Mit Herzog Johann Ernst d.J. sowie den sächsischen Kurfürsten Christian II. und Johann Georg sind die wichtigsten Widmungsempfänger seiner Schriften betroffen. Sachsen-Weimar musste also gewappnet sein gegen die Bedrohung durch Kaiser und Reich und gleichzeitig die Chancen ergreifen können, die ihm das Reichsgefüge, die Privilegien für Kur- und Reichsfürsten sowie Erb- und Lehnsrechte einräumten. All dies sprach dafür, dass politische Wachsamkeit, aber auch juristische Expertise grundlegend waren. Es ist daher bezeichnend, dass die jungen Herzöge von SachsenWeimar im Rahmen ihres Unterrichts in Jena auch eingewiesen wurden in die Reichsverfassung sowie die politische Theorie. Sie sollten in der Lage sein, mit den Experten zu kommunizieren und zu erkennen, welche argumentativen Chancen sich für ihre künftige Politik gerade aufgrund des ius publicum des Reichs ergaben. 2. Die Salana im 17. Jahrhundert als Dienerin der herzoglichen Politik Die Herzöge von Weimar gehörten der ernestinischen Linie der Wettiner an, also der älteren, die 1547 ihre Kurwürde verloren hatte und nur noch über Territorien in Thüringen verfügten und den Titel eines Herzogs von Sachsen führen durften. Nach dem Verlust der Hauptstadt Wittenberg wurde Weimar zum Sitz des kleinen Herzogtums.115 Infolge zahlreicher Teilungen seit dem 16. Jahrhundert entstand dabei in Weimar ein Nukleus eines im Umfang häufig wechselnden Herzogtums. Unglückliche Parteiungen und dynastische Zufälle führten hier Regie. Dabei blieb immer auch die Verantwortung für das Gesamthaus Wettin im Blick. So regierte Herzog Friedrich-Wilhelm I. (1562 – 1602) zwischen 1591 und 1601 für den minderjährigen Thronfolger auch das Kurfürstentum Sachsen; dort profilierte er sich durch die Be115 Über die überschaubaren Ausmaße, territorial und personell, des Herzogtums informiert E. Schmidt, Das Herzogtum Sachsen – Weimar und die angrenzenden Gebiete im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert 1495 – 1694, Bad Langensalza, 2003, S. 40 für 1621.
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kämpfung des Kryptocalvinismus. Das Herzogtum Sachsen-Weimar bezog sein Profil also durch die Verteidigung des Luthertums und befand sich damit im Konflikt mit dem habsburgischen Kaiser. Gleichzeitig stammt die Würde als Reichsfürst und Reserve-Kurfürst gerade aus der Stellung innerhalb des Reichs. Die Ernestiner hatten durch die Erfurter Teilung 1547 ihre Haupt- und Universitätsstadt Wittenberg verloren. Jena wurde daher gegründet, um aus der eigenen Bevölkerung qualifizierte Kräfte für die Verwaltung des Landes zu gewinnen. Zwar unterstand die Universität dem Gesamthaus, doch war sie vor allem den Herzögen von Sachsen-Weimar verpflichtet.116 In Konkurrenz zu Wittenberg sollte sie die wahre lutherische Lehre vertreten.117 Dabei wurden zunächst Melanchthon-Schüler als Professoren gewonnen. Mit Matthias Flacius Illyricus war hier aber auch vorübergehend die gnesiolutheranische Tradition vertreten. Nach ihm setzte sich aber wieder eine größere Offenheit durch.118 Im Streit über die Lehre von Georg Calixt setzte sich Jena von dessen Lehren ab, nahm jedoch keine Verurteilung von Calixt vor. Das Luthertum prägte die Staatsraison dieses Territoriums, schon aus diesem Grund, aber auch traditionell kam der Theologie daher der Vorrang zu. Der bereits erwähnte Johann Gehard gehört zu den bedeutendsten lutherischen Theologen der Geschichte und war eine Koryphäe am Beginn des 17. Jahrhunderts. Er gehörte zur Richtung der lutherischen Orthodoxie.119 Darum wird auch diese Fakultät allgemein dieser Richtung zugeschlagen. Daher wird ihr die Betonung der Lehrautorität, Intoleranz gegenüber Abweichungen und das Nachleben katholischer Vorstellungen von der Einheit des Glaubens nachgesagt.120 Gleichzeitig zeigte Gerhard jedoch ein Verständnis für die Kraft der Innerlichkeit, erneuerte die aristotelische Metaphysik in der Philosophie und stärkte die Geschichtswissenschaft als historia magistra vitae.121 In beiden Ansätzen kann man auch gut Philipp Melanchthons Erbe erkennen, der selbst den Aristoteles graece wiederzuentdecken half und der Geschichte einen methodologischen Wert zusprach. Gerhards Hauptwerk sind die „Loci theologici“. Im Titel und im Aufbau nahm er dabei erneut Bezug auf Melanchthon. Da auch der Philippismus in Jena vor allem zur Austreibung von Matthias Flacius Illyricus und sei116 G. Schmidt, Die Tradition der Freiheit: Johann Friedrich und Friedrich Schiller, in: J. Bauer u. a. (Hg.), Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit, Heidelberg 2008, S. 11 – 23, 15. 117 Schmidt, Die Tradition der Freiheit (FN 116), S. 14 f.; E. H. Pältz, Art. Jena, TRE, Band 16, Berlin/ New York 1987, S. 559 – 563, 559 f. 118 D. Gehrt / J. Bauer / A. Klinger / G. Schmidt, Gründung, Aufbau und Konsolidierung im 16. Jahrhundert, in: J. Bauer u. a. (Hg.), Die Universität Jena in der Frühen Neuzeit, Heidelberg 2008, S. 25 – 45, 36. 119 Dazu M. Matthias, Art. Orthodoxie (I), TRE 25, Berlin / New York 1995, S. 464 – 485. 120 M. Steinmetz (Hg.), Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958, Festgabe zum 400 Jährigen Universitätsjubiläum, 1. Band: Darstellung, Jena 1958, S. 82. 121 Dazu Steinmetz (Hg.), Geschichte der Universität Jena 1548/58 – 1958 (FN 120), S. 82 – 84, 92; zu Gerhards weitgespannten Interessen s. auch Schmidt / Klinger, Die Universität zwischen Reich und Fürstenstaat (FN 103), S. 87.
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nen Schülern diente122, wird man eine einseitige Festlegung auf der Seite der Orthodoxie wohl doch relativieren müssen. Zum Verständnis einer Universität am Beginn des 17. Jahrhunderts ist es wichtig zu verstehen, dass die Themen durchaus anders verteilt waren als heute. Arumaeus war in Jena längst nicht der einzige, der die im öffentlichen Recht angeschnittenen Themen behandelte. Auch Johann Gerhard setzte sich ausführlich mit den Problemen der öffentlichen Ordnung auseinander. Mit dem Aristotelismus der Philosophie wurde sogar noch ein weiteres Fach in Jena gegründet, das sich mit den Grundlagen der öffentlichen Ordnung beschäftigte.123 So suchte Jena, als Hochburg des Aristotelismus in Deutschland zu gelten.124 Die Geschichtswissenschaft erhielt dagegen erst etwas später einen prominenten Vertreter, die sie als eigenes Fach in Jena etablierte.125 Die Herzöge von Sachsen-Weimar nutzten damit die Bildung als Chance zur Verteidigung ihrer Herrschaft, wie dies der Familie schon im 15. und 16. Jahrhundert mit der Universität Wittenberg gelungen war. In der ständigen latenten Konkurrenz zwischen Wittenberg, Leipzig und Jena entwickelte sich hier eine besonders lebendige Wissenschaftslandschaft. Dies schließt die Bedeutung anderer Universitäten wie Tübingen, Altdorf, Helmstedt, Straßburg etc. nicht aus. Doch gerade in Sachsen bildeten die Universitäten ein besonders enges personelles Geflecht. Deren Bedeutung für die Wissenschaft im Reich wird schon sprachlich deutlich an der Ausformung des Hochdeutschen auf der Grundlage des Lutherdeutschen.126 Die Gründung der berühmten „Fruchtbringenden Gesellschaft“ im Jahr 1617, u. a. durch die schon genannten Herzöge von Sachsen-Weimar, Friedrich, Johann Ernst d.J. und Wilhelm, ist ein weiteres Indiz dafür, wie die sächsischen, insbesondere ernestinischen Territorien Kultur- und Bildungspolitik für ihre Zwecke nutzten. 3. Die Aufgabe des öffentlichen Rechts nach Arumaeus Arumaeus rühmte sich, als erster das öffentliche Recht wie das private zu lehren und als erster einen durchgängigen Kommentar zur Goldenen Bulle verfasst zu 122 Dazu E. Koch, Später Philippismus in Jena. Zur Geschichte der theologischen Fakultät zwischen 1573 und 1580, in: J. Loehr (Hg.), Dona Melanchthoniana. Festgabe für Heinz Scheible zum 70. Geburtstag, Stuttgart / Bad Cannstatt 2005, S. 217 – 245. 123 Zu den verschiedenen Ansätzen des „Spätaristotelismus“ im 17. Jahrhundert vgl. H. Denzer, Spätaristotelismus, Naturrecht und Reichsreform: Politische Ideen in Deutschland 1600 – 1750, in: I. Fetscher / H. Münkler (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Band 3/5, München 1985, S. 233 – 274. 124 So S. Wolgast, Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung (1550 – 1650), 2. Aufl. Berlin 1993, S. 139. 125 Schmidt / Klinger, Die Universität zwischen Reich und Fürstenstaat (FN 103), S. 90 zu Johann Andreas Bose (1626 – 1674). 126 Vgl. A. Schindling, Bildung und Wissenschaft in der Frühen Neuzeit 1650 – 1800 (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, 30), München 1999, S. 30 f.
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haben.127 Natürlich handelt es sich beim ius publicum um einen antiken Begriff, der sich sowohl am Anfang der Institutionen als auch der Digesten erklärt findet.128 Dabei handelt es sich um eine Distinktion nach dem Zweck bzw. Nutzen der Rechtsmaterie. Insbesondere in Bezug auf Religion, Priester und die Magistrate, während das ius privatum aus dem Naturrecht sowie dem ius gentium und civilis besteht (D.1.1.1.2 Satz 3+4). Arumaeus’ Leistung kann also nicht in der Erfindung des Begriffs, sondern allenfalls des Lehrfachs bestehen. Die Entstehung des öffentlichen Rechts als Lehrfach kann hier nicht umfassend beschrieben werden, doch gibt es hierzu seit langem ausführliche Darstellungen. Seit langem gilt Henning Göden (Goden, * um 1450 – 1521)129 als der erste, der über ius publicum zu lehren begonnen habe. Dies beruht nach Theodor Muther darauf, dass Göde seinen sächsischen Kurfürsten 1519 bei der Kaiserwahl beriet, darüber ein Consilium verfasste und in diesem Zusammenhang wohl auch darüber unterrichtete.130 Wer hier Göde als ersten Lehrer des öffentlichen Rechts bezeichnet, qualifiziert Gödens Werk zugleich meist als oberflächlich. Doch bezeichnet Muther diese Episode eher als Sage. Man verwechselt hier die Lehre zu Themen, die später als öffentliches Recht qualifiziert werden, mit dem Unterricht des Lehrfachs selbst. Ebenso müssen außerhalb der Betrachtung jene Schriften bleiben, die sich ebenfalls mit Spezialthemen beschäftigen, die später zum Bereich des öffentlichen Rechts geschlagen wurden. Dazu gehört vorwiegend die Sammlung der Materialien der Reichsgesetzgebung wie etwa denen von Noë Meurer und Melchior Goldast.131 Mit seinen Editionen machte er das Recht des Reiches in seinen Verästelungen und seiner Entwicklung greifbar.132 Ähnlich versuchte Andreas Knichen (1560 – 1621) die Quellen der Landesgeschichte zu sammeln, um das ius superioritatis und die Jurisdiktionsrechte seiner Herren darzutun.133 So entstand 1600 ein Werk „de iure territorii“. Dieser neue Kunstbegriff sollte die Rechte des Landes zusammenfassen und bündeln.134
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S. o. I.1.1.1.4 : „publicum ius est, quod ad statum rei Romanae spectat, privatum, quod ad singulorum utilitatem pertient.“; D. 1.1.1.2 : „publicum ius est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitarem: sunt enim quaedam publice utilia, quaedam privatim. Publicum ius in sacris, in sacerdotibus, in magistratibus consistit.“ 129 Zu ihm Stintzing, Geschichte der deutschen Rechtswissenschaft (FN 25), S. 263 – 265, 265 zum öffentlich-rechtlichen Werk. 130 T. Muther, Artikel „Göde, Henning“, ADB, Band 9 (1879), S. 314 – 316; Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 81, der noch auf Simon Pistorius hinweist. 131 Dazu Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 213; zu Meurer vgl. Pütter, Litteratur (FN 31), S. 139. 132 Vgl. bei M. Friedrich, Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft (Schriften zur Verfassungsgeschichte, 509), Berlin 1997, S. 41. 133 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 147; Pütter, Litteratur (FN 31), S. 155 f. 134 So Willoweit, Rechtsprobleme (Fn.57), S. 643 ff. 128
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Doch nicht nur Juristen befassten sich zu dieser Zeit mit den Fragen der öffentlichen Ordnung. Umfassend hat Stolleis auf die verschiedenen Traditionen hingewiesen, die sich neben Jurisprudenz und Theologie im 16. Jahrhundert mit den Fragen der Herrschaftsordnung beschäftigten. So diente das Studium des Aristoteles, insbesondere seiner Oikonomia, vielfach dazu, Erkenntnisse zur Politik zu vermitteln, auch wenn die Textgrundlage kaum noch zeitgemäß war. Insofern gab es eine eigenständige Politik-Lehre im 16. und 17. Jahrhundert, die viel der Wiederentdeckung des Aristoteles graece insbesondere durch Melanchthon verdankte135. Zu dieser Tradition gehört natürlich auch Johannes Althusius mit seiner Politica von 1603, die noch ohne die Kategorie des ius publicum auskommt und stattdessen vom ius regium seu regiminis handelt.136 Auch die Auseinandersetzung mit Tacitus oder Livius vermittelte politische Erkenntnisse, die jedoch meist im Kontext der Geschichtswissenschaft gepflegt wurden.137 Zu den Spezialthemen, die Pütter in seiner Darstellung der Entwicklung vor 1600 behandelt, zählen die Schriften zum Reichskammergericht und der Prozessordnung, den Regalien und der iurisdictio. Doch handelt es sich hierbei um Themen, die traditionell seit dem Hohen Mittelalter literarisch und in Vorlesungen behandelt wurden.138 Hinzu kam ein Thema, das Matthias Flacius Illyricus, der strenge Lutheraner, der auch in Jena wirkte, mit seiner Untersuchung zur „Translatio imperii Romani ad Germanos“ und zur Vormundschaft bei minderjährigen Kurfürsten aufwarf.139 Dazu gehören auch die Einzeluntersuchungen zu Fragen der Goldenen Bulle.140 Doch noch im 16. Jahrhundert wurden diese Spezialmaterien nicht oder nur am Rande unterrichtet. Räte des 16. Jahrhunderts erwarben ihr Verwaltungswissen nicht auf den Universitäten, sondern in der Praxis.141 Aus den vielen kleinen Einzeluntersuchungen in Form von Consilium oder Dissertation ragte 1602 eine „Disputatio de iure publico“ vor, die Arnold Clapmarius als Praeses, Professor für Geschichte und Politik in Altdorf, sowie Christian Kotzer von Reichenstorff als Respondent vorlegten.142 Es handelte sich offenbar nicht um eine juristische Promotion, zumal die juristische Fakultät noch kein Promotionsrecht 135 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 85 ff.; Horst Dreitzel, Der Aristotelismus in der politschen Philosphie Deutschlands im 17. Jahrhundert, in: E. Kessler u. a. (Hg.), Aristotelismus und Renaissance. In memoriam Charles B. Schmitt (Wolfenbütteler Forschungen, 40), Wiesbaden 1988, S. 163 – 192. 136 Zu seiner Politik-Lehre vgl. D. Wyduckel, Einleitung, in: Johannes Althusius, Politik, Berlin 2003, S. XV ff. 137 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 94. 138 Friedrich, Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft (FN 132), S. 14 ff., 19 f. ablehnend zu Lupold von Bebenburg und Peter von Andlau als möglichen Ursprüngen des Staatsrechts. 139 Pütter, Litteratur (FN 31), S. 144 f. 140 Pütter, Litteratur (FN 31), S. 162. 141 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 81. 142 Dazu Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 99 f., 141 f.
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hatte. Hiermit beginnt der Versuch, das ius publicum thematisch als eigenes Fach von dem Rest der Rechtswissenschaft zu trennen.143 Dabei handelte es sich vornehmlich um das Sammeln relevanter Themen. 1617 definierte Clapmarius das ius publicum daher als all das, was das Recht der Herrschaft, der Magistrate, des Reichstags, der Ordnung, der staatsbürgerlichen Freiheit, der Gesandten, Tribute sowie Krieg und Frieden betreffe.144 Mit seinen Schriften zur Stellung der Kurfürsten im Reich und den fürstlichen Erbverträgen widmete sich Arumaeus seit 1614 solchen Rechtsfragen.145 1616 verteidigte sein Schüler Daniel Otto seine „Dissertatio juridico-politica de Jure publico Romani Imperii“.146 1619 veröffentlichte Dietrich Reinkingk seinen „Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico“147, der inhaltlich bald von Johannes Limnaeus’ „Juris publici Imperii Romano-Germanici libri IX“, die zwischen 1629 und 1634 erschienen, übertroffen wurde.148 Als erstes Lehrbuch nennt Stolleis die „Epitome Jurisprudentiae publicae“ von 1620 des Georg Brautlacht (Brudtlacht/Brauttlacher, 1595 oder 1597 – 1649), einem Schüler Arumaeus’.149 Wie üblich, wenn etwas ganz neuartig in der Jurisprudenz ist, wurde dabei der Versuch unternommen, es in Wahrheit als alt und etabliert darzustellen. So meinte Brautlacht, das Fach habe viele Jahre unter der Asche gelegen. Ein anderer Schüler von Arumaeus, Ortolf Fomann (1598 – 1640), schrieb, man habe früher tiefes Schweigen über das öffentliche Recht ausgebreitet, das folglich längst existent, nur zu Unrecht verschwiegen wurde.150 Vor diesem Hintergrund wird begreiflich, warum es nach Stolleis keine Geburtsstunde und keinen Geburtsort des ius publicum gibt, wohl aber Jena als einer der Gründungsorte des neuen Fachs betrachtet werden kann.151 Umso unklarer ist nun der Beitrag, den Arumaeus zur Entstehung des neuen Lehrfachs leistete. In der Schrift zur Goldenen Bulle wird der Begriff des ius publicum zwar thematisiert, aber nach dem Verweis auf die Quellen des römischen Rechts 143
Dazu Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 141 f. Arnold Clapmarius, Franciscus Roselli / Wolfgang Henricus Ruprecht, Conclusiones de iure publico, Frankfurt a.M. 1617, th.7, S. 7: „Iuris publici capita sunt haec: Iura Imperii, Dominationis, Magistratuum, Senatus, Comitiorum, monetarum, ordinum, iura libertatis ciuium, Suffragiorum, Nuntiarum, Vectigalium, Tributorum, Aerarii, Census, iura saecularum, legationibus, bellorum, victoria, & id genus alia.“ 145 Dominicus Arumaeus, Dissertatio de origine ac potestate moderna Electorum in Imperio R.G, Jena 1614; ders., Dissertatio de confraternitatibus, confoerderationibus et pactis successoriis Principum et illustrium Familiarum, Jena 1614. 146 Dazu Pütter, Litteratur (FN 31), S. 171 mit deren Einschätzungen durch Limnaeus und Sulpicius. 147 Zu ihm Bernhard Pahlmann, Art. Dietrich Reinkingk (1590 – 1664), in: Kleinheyer / Schröder (Hg.), Deutsche und Europäische Juristen (FN 95), S. 360 – 363. 148 So Friedrich, Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft (FN 132), S. 40. 149 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 217. 150 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 142; Schubert, Die Deutschen Reichstage in der Staatslehre der Frühen Neuzeit (FN 35), S. 426 f. 151 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 141, 241. 144
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nicht weiter problematisiert.152 Während viel zum Recht der Gesellschaften des Privatrechts publiziert worden sei, konstatierte er einen Mangel zu den Bündnissen der Fürsten und zur öffentlichen Ordnung. Auch seine Monographie, der Kommentar zum Reichstag, beschäftigt sich nicht mit diesem Begriff. Sie ist sicherlich wichtig in der Aufarbeitung dieses zentralen Themas für die Reichsverfassung, doch insoweit nicht völlig neu. Während er in der Einleitung des Kommentars zur Goldenen Bulle noch beklagen lässt153, dass es zu wenige Schriften zum öffentlichen Recht gebe, scheint er aus eigener Feder kaum diesem Mangel Abhilfe geleistet zu haben. Wieder einmal kann man nur auf die große Discursus-Sammlung zum öffentlichen Recht hinweisen, in welcher in seltener Fülle alle Themen abgehandelt wurden, die noch zum Lehrfach des öffentlichen Rechts gezählt werden konnten. Arumaeus rühmte sich hier, dass man früher zum öffentlichen Recht geschwiegen habe.154 Nach einem Anstoß von außen habe er sich dann der Materie angenommen. Doch auch hierin war Arumaeus nicht der erste. Schon Conrad Biermann hatte mit sogar etwas mehr Systematik als Arumaeus ab 1614 bis 1620 fünf Bände mit Schriften zum öffentlichen Recht herausgebracht.155 Aufgabe und Funktion des öffentlichen Rechts beschrieb er in der Dedikation recht anschaulich. Zunächst betonte er die Bedeutung der Gesetze im Allgemeinen, ohne die Verbrechen nicht verfolgt werden könnten. Aufgabe des Staates sei die Aufrechterhaltung der Ordnung, hier berief er sich auf Nicolaus Cusanus’ „De concordia catholica“156. Ohne Aufsicht hätten die Gesetze keine Zucht, verlören ihre Kraft und man könne nicht mehr von Gesetzen sprechen.157 Erforderlich sei es dabei, die Gesetze ohne Parteilichkeit einzuhalten, ihre Zucht vielmehr aus der gemeinsamen Überzeugung von der gesetzlichen Sanktion heraus zu gestalten.158 Alle Glieder des Reichs müssten die Ordnung verteidigen. Nicht der Kaiser allein, sondern auch die Fürsten müssten sich den Rechtssprüchen beugen.159 Daher seien die 152 Arumaeus (Praeses) / Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), I.1, S. 1. 153 Arumaeus (Praeses) / Persaeus (Respondent), Discursus academici ad Auream Bullam (FN 12), I.1, S. 2 n.2. 154 Arumaeus, Dedicatio an Johann Ernst d.J. v. Sachsen, in: ders., Discursus academici, Band 1 (FN 16), fol. 2r. 155 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 213 f.; Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 428. 156 Zu Recht, vgl. Nicolaus Cusanus, De concordantia Catholica, (Opera Omnia, XIV.3), Hamburg 1959, Lib. 3. 157 Arumaeus, Epistola dedicatoria, in: ders., Commentarius de comitiis (FN. 13), fol. a3r: „Lex sine correctione censuram non habens, vitam perdidit, nec lex dici meretur“. 158 Arumaeus, Epistola dedicatoria, in: ders., Commentarius de comitiis (FN. 13), fol. a3v: „absque partialitate, ex communi concordia legalis sanctio censuram obtinuit“. 159 Arumaeus, Epistola dedicatoria, in: ders., Commentarius de comitiis (FN. 13), fol. a3v: „Oportebat quidem non imperiale tantùm sed omnium Principum […] sententiam aequanimiter tolerare“.
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Reichstage erforderlich, um gemeinsam dieser Pflicht zu entsprechen. Schon Hincmar von Reims habe gesagt, dass der Reichstag zweimal im Jahr stattfinden solle.160 Daraus schloss er, dass die Reichsglieder gemeinsam an der Entwicklung der öffentlichen Ordnung des Reichs durch Gesetze und deren Interpretation arbeiten sollten. Mit diesem Ansatz konnte er auch gut erklären, warum es sich um eine Aufgabe des öffentlichen Rechts und nicht der Theologie oder Philosophie handeln sollte. Sollte die Entwicklung der allgemeinen Regeln des Reichs „absque partialitate“ erfolgen, könne dies nicht mit den Mitteln von Theologie und Philosophie erfolgen, denen allzu leicht im konfessionellen Alter und den verschiedenen Schulen der Vorwurf der Parteilichkeit bzw. der durch Herkunft geprägten Vorurteile gemacht werden könnten.161 Durch die konfessionelle Spaltung erschien die Religion nur noch als Grund ständiger Auseinandersetzung.162 Die Theologie hatte dadurch keine Chance mehr auf der Ebene des Reichs. Theologie und Philosophie wurden daher jetzt zu Dienerinnen der Jurisprudenz, also Hilfswissenschaften zur Bestimmung der Normen der Gemeinschaft.163 Dadurch, dass jenes Fach, das die öffentlichen Regeln erstelle, Teil der Jurisprudenz wurde, konnten seine Normen mit der gleichen Validität wie das römische Privatrecht ausgestattet sein und eine allgemein konsentierte Grundlage des konfessionell gespaltenen Reichs bilden. So wie Regeln zum Vertrag aus den etablierten Quellen des Rechts gewonnen wurden, sollten die Regeln des öffentlichen Rechts aus den anerkannten Rechtsquellen deduziert werden, also immanent und ohne Vorgabe von Vorgaben außerhalb des Rechts. Die Erfindung des öffentlichen Rechts als Lehrfach nutzte dabei die allgemeine Akzeptanz insbesondere des römischen Rechts, um im konfessionell gespaltenen Reich ein neues Verfahren zu etablieren, wie allgemeine Regeln der öffentlichen Ordnung gefunden werden sollten. Weder der Autorität des römischen Rechts noch dem Anliegen, Regeln der öffentlichen Ordnung zu bilden, konnten sich die Vertreter der anderen Konfessionen auf Dauer entziehen. Insbesondere durch die Veröffentlichung und Lehre des öffentlichen Rechts trete man gegen eine solche Parteilichkeit an. Das öffentliche Recht sei dadurch keine Geheimwissenschaft mehr, sondern für alle zugänglich und interpretierbar.164 Das Recht allgemein übernahm wohl für eine Zeit die Mittlerfunktion zwischen den Konfessionen165, doch galt dies offenbar in besonderer Weise für das öffentliche Recht.166 160
b2v. 161
Arumaeus, Epistola dedicatoria, in: ders., Discursus academici, Band 1 (FN 16), fol.
Arumaeus, Commentarius de comitiis (FN. 13), Epistola dedicatoria, fol. a2v. Vgl. Arumaeus, De iure publico (FN 10), Band 4, D.VII, fol. 35v n.10: „Ubi religionum diversitas, ibi perpetuae rixae, contentiones assiduae, seditiones creberrimae“. 163 Vgl. Arumaeus, De iure publico (FN 10), Band 4 D.IX: „Jurisprudentiam sc. ejusque ministram Politicam“. 164 Darauf wies schon hin Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 28 f. 165 So bereits Verf., Die katholische Wissenschaft (FN 48), S. 151 – 171. 162
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4. Das Reichsrecht aus der Weimarer Perspektive Es bleibt zu zeigen, inwieweit der Sieg des öffentlichen Rechts den sächsischen Interessen, insbesondere denen von Weimar, nützen konnte. Die Interessen des Hofs zu Weimar waren dabei kompliziert. Einerseits mussten sie sich gegen den römischkatholischen Kaiser abgrenzen, andererseits bezogen sie als Reichsfürsten gerade vom Reich her ihre Dignität. Zudem standen sie nicht wie die Kurfürsten nur in der Machtkonkurrenz zum Kaiser, sondern mussten durchaus mit der Notwendigkeit kaiserlicher Hilfe gegen Kurfürsten rechnen. Sie rangierten in Würde und Macht nach den Kurfürsten. Insbesondere die Dresdner Cousins stellten dabei kontinuierlich eine Gefahr dar, gegen die man nur im Reich Hilfe finden konnte. Dennoch bot es sich nicht an, eine Politik einseitig gegen die Kurfürsten zu führen. Auch nach dem Verlust der Kurwürde der Ernestiner bezogen sie ihre Stellung aus der Kurwürde der albertinischen Cousins, die sie hoffen konnten dermaleinst zurückzuerwerben. Ihre Interessen zielten daher auf den Erhalt des Reichs, das aber den einzelnen Mitgliedern genügend Selbständigkeit und Schutz vor Übergriffen der Nachbarn bot. Die Wettiner hatten sich zwar seit 1519 als Fürsprecher der Reformation im Reich profiliert. Doch der Herzog von Sachsen war längst nicht mehr der einzige oder bedeutendste lutherische Reichsfürst. Die Auseinandersetzung mit Kaiser und Reich konnten zudem nicht länger auf dem Feld der Theologie geführt werden, denn mit lutherischen Positionen konnte man nicht einmal den Cousin in Dresden beeindrucken, die Katholiken wurden dadurch von vornherein abgeschreckt. Auch gab es zu viele und unterschiedliche Politik-Lehren, um hier eine Autorität ausmachen zu können. Die Geschichte lehrte zwar, bot jedoch in den konkreten Auseinandersetzungen wenig konkrete Argumente. Die modernen Reichsgesetze bekamen in der Sichtweise des ius publicum dagegen eine unumstößliche Autorität, die weder durch die Rechtgläubigkeit des Kaisers noch durch Konzepte der Philosophie in Frage gestellt oder in ihrer Geltungskraft geschmälert werden konnten. Die vielleicht größte Leistung von Arumaeus bestand wie gesehen darin, die verschiedenen Kräfte in Jena für das Fach ius publicum im Dienste der Herzöge von Sachsen-Weimar zu bündeln.167 Auch wenn er nicht der erste war, der sich dem ius publicum verschrieb oder hierzu Dissertationen sammelte, so waren es doch renommierte Wissenschaftler, die er gewinnen konnte. Dies erweist ein kurzer Überblick über Arumaeus’ „Discursus academici de iure publico“. Eine Ordnung der Materien lässt sich nicht erkennen. Man gewinnt eher den Eindruck, dass Arumaeus an einer möglichst großen Zahl von Schriften interessiert war, die zu einem möglichst umfassenden, vielseitigen Werk führen sollte. Viele der Fra166
Vgl. bereits Stolleis, Glaubensspaltung und öffentliches Recht in Deutschland (FN 86), S. 268 – 297. 167 Von einem am öffentlichen Recht interessierten Kreis in Jena um Arumaeus sprach bereits Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 118.
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gen würde man heute als verfassungsrechtlich qualifizieren, obgleich solche Fragen wie die nach einer monarchischen oder aristotelischen Ordnung des Reichs damals in der Nachfolge Aristoteles’ als Frage der Politik-Lehre angesehen wurden. Der erste Band behandelt Fragen der Kaiserwahl, das Verhältnis von Kaiser und Reichsständen, Fragen der fürstlichen Erbfolge und der Einsetzung von Vormündern, des Rechts der Legaten, der Majestät und der Regalien. Der zweite Band behandelt in gleicher Weise einerseits eher lokale Angelegenheiten wie das Recht der Städte, sehr spezifische Verwaltungsfragen wie das Zoll- und Geleitsrecht, aber andererseits auch eher völkerrechtliche Themen wie Bündnisrecht und Repressalien. Erneut wird das Recht der Legaten, des Monarchen im Allgemeinen und seiner Rechte im speziellen und des Religionsfriedens behandelt. Eine ähnlich bunte Mischung begegnet dem Leser auch in den folgenden Bänden. Der dritte Band behandelt das Vikariat, also die Vertretung des Kaisers, die Stellung der Hofpfalzgrafen, die von Matthias Flacius Illyricus aufgeworfene Frage der translatio imperii vom römischen auf das germanische Reich, Regalien, den Krieg, den Mensch im Gesellschaftszustand und das Gesetzgebungsrecht der Fürsten. Einzig hier findet sich hierarchisch gegliedert eine Abfolge zu den Hoheitsträgern des Reichs, vom Kaiser über Kurfürsten, Erzbischöfe und Bischöfe, Fürsten, Prälaten, Grafen und Barone bis zu den freien Städten. Der vierte Band behandelt die Wahlkapitulationen der Kaiser, das Münzwesen in der Zeit der Kipper und Wipper, die Bindung des Monarchen an das Recht, die Gehorsamspflicht der Untertanen, Grenzen des Religionszwangs, die Konkurrenz der Gerichtsbarkeiten, das Jagdrecht und erneut wieder die Legaten. Eine lange Reihe von Beiträgen stammt vom Theologen Gerhard. Der fünfte Band enthält weniger Beiträge. Doch auch hier findet sich wieder die Mischung abstrakter Themen wie „de arcanis politicis“, zur bürgerlichen Gesellschaft als auch konkreter Ausarbeitungen zum Münzwesen und der Reichsversammlung. Die schon genannten „epitome iurisprudentiae publicae“ des Georg Brautlacht beschließen den Band und die Sammlung. Man sieht, dass die von Stolleis herausgestellten großen Themen der Zeit168 hier ausführlich in vielen Facetten zusammengefasst werden. Durch die Verweise bekam ein Eigentümer dieser fünf Bände einen guten Einblick in die Literatur und den Meinungsstand der Zeit. Aufgrund der unterschiedlichen Autoren differiert zwar die Qualität der Beiträge.169 Auch vom Umfang und Charakter unterscheiden sich die Beiträge. So gibt es kurze Sammlungen von einzelnen Thesen und ausführliche, längere Ausarbeitungen. In personeller Hinsicht findet man hier den genannten Prinzenerzieher Friedrich Hortleder ebenso wieder wie den führenden lutherischen Theologen der Zeit, Johann Gerhard, der nicht nur über allgemeine Fragen der Prinzenausbildung und des Gehorsams, sondern auch ganz konkret über die Gesetzesbindung der Fürsten und den Währungsverfall schrieb. Ebenso beteiligte sich Arumaeus’ Schwiegervater 168 Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), S. 156 – 212, nämlich iurisdictio, Regalien, Souveränität, Völkerrecht und Staatsraison. 169 So auch Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 33 ff.
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am Unterfangen. Selbstverständlich stammen die meisten Schriften als Dissertationen von Respondenten. Doch gelang es Arumaeus, eine beträchtliche Zahl von Schülern zu gewinnen, die eigenständigen Ruhm gewannen. Georg Brautlacht und Daniel Otto wurden bereits genannt. Doch viel bekannter wurde noch Benedikt Carpzov, der zusammen mit seinem Bruder Conrad über die Regalien schrieb. Diese kurzen Hinweise sollen genügen um zu zeigen, dass sich dieses fünfbändige Werk eher als ein Gemeinschaftsprojekt der Jenenser Universität unter der Leitung bzw. Herausgeberschaft von Arumaeus zu verstehen ist. Doch er verstand es, die in Jena vorhandenen Kräfte für die Staatsfragen zu bündeln. Man sieht hier an einem konkreten Gemeinschaftsprojekt, wie die verschiedenen Fächer Theologie, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft und Jurisprudenz sich zusammenfügten und gemeinsam das neue Fach ius publicum prägten. Damit wurde es ein Jurist, der die Verbindung zwischen den verschiedenen Wissenschaftlern aus den unterschiedlichen Fakultäten in der Kategorie des ius publicum herstellte und damit in besonderer Weise erfolgreich war. Auf seinen eigenen Anteil als Schriftsteller kommt es insoweit überhaupt nicht an. Wenn Arumaeus’ Nachruhm so dezidiert auf einer Vorreiterrolle beruht, dann muss sie genau in dieser Sammlungstätigkeit liegen, die aus verschiedenen Fächern, Themen und Ansätzen ein neues Lehrfach schuf. Offenbar demonstrierten die fünf Bände der „Discursus academici de iure publico“, welche Materien dem neuen Fach zugeordnet werden konnten. Was hier noch als Gemeinschaftsarbeit Jenenser Gelehrter erscheinen konnte, bereitete damit den Boden für die Herrschaft des neuen Fachs über die Fragen der öffentlichen Ordnung. An die Stelle aristotelischer Politicen oder der Philosophie des Justus Lipsius, politischer Lehren wie der des Machiavelli oder der Fürstenspiegel, theologischer Darlegungen „de magistratu“ oder „de lege“ und historischer Politiklehren anhand von Tacitus setzte sich damit das öffentliche Recht durch, das diese Erwägungen verband, aber der Herrschaft der Gesetze unterstellte. Die Entstehung des neuen Fachs170 ist insoweit auch eine Zurückdrängung der anderen Disziplinen in die Rolle von Hilfswissenschaften. Es kann daher kaum überraschen, dass die Universität Jena, die besonders den Interessen des Weimarer Hofes verpflichtet war, sich für die Fragen des ius publicum in besonderer Weise interessierte. Wissenschaft, Politikberatung und Beeinflussung der öffentlichen Wahrnehmung flossen hier zusammen.171 Während in vielen Fakultäten Lösungsansätze für den Konflikt zwischen Kaiser und Fürsten entwickelt wurden, bot Arumaeus’ Kategorie des öffentlichen Rechts eine neue Schlagkraft in der intellektuellen Auseinandersetzungen, welche die anderen Reichsfürsten weder ignorieren noch entbehren konnten. Sie nutzten Verpflichtungskraft des Rechts, welche die Theologie in den Zeiten der konfessionellen Gegensätze auf der Reichsebene verloren hatte. Auch die Philosophie, etwa der Aristotelismus, konnte keine so allgemein 170 171
Dazu grundlegend Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), passim. So bereits Schmidt, Die Tradition der Freiheit (FN 116), S. 15.
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anerkannte normative Grundlage bieten. Mit dem Recht schien eine Versachlichung, Säkularisierung und Technisierung der Reichsverwaltung Einzug zu halten. Voraussetzung für die Durchsetzungskraft des neuen Fachs war, dass sich hier die verschiedenen Interessen durchgängig abbilden ließen. Insofern zeigt schon die erste prima vista Betrachtung des fünfbändigen Werks von Arumaeus, dass sich hier von den großen Fragen der Reichspolitik bis hin zur inneren Ordnung der Territorien die Fragen und Positionen beschreiben und systematisieren ließen. Als Reichsfürst war der Herzog von Sachsen-Weimar nicht daran interessiert, das Reich oder den Mechanismus der Rechtsgewähr innerhalb dieses Gemeinwesens zu schwächen. Dem Reich wie allen Staaten wurde daher das Hoheitsrecht in seiner ganzen Fülle zugeordnet, so dass auch die gesamte Macht beim Reich gedacht werden konnte.172 Gerade gegenüber abtrünnigen Provinzen wie den schweizerischen Kantonen konnte das Reichsrecht genutzt werden, um die Integrität des Reichs und die Monarchie des Kaisers zu stärken.173 Auch der Kaiser war wichtig, um Gesetzgebung und Rechtsprechung im Reich zu lokalisieren, denn weiterhin brauchte man neue Gesetze zum Wohl des Staates.174 Doch durfte seine Stellung nicht autark beschrieben werden, so dass dem selbstherrlichen Treiben von Rudolf II. und Ferdinand II. Einhalt geboten werden konnte. Die Lehre der Fundamentalgesetze bot dem jungen Fach des öffentlichen Rechts insoweit nicht nur feste Grundlagen, sondern auch die beste Bollwerkstellung gegen einen Kaiser legibus absolutus. Die Fundamentalgesetze wie die Wahlkapitulationen mussten daher wirksame Selbstverpflichtungen des Kaisers darstellen.175 Indem zwischen dem übergeordneten Staat und dem konkret einzusetzenden Herrscher differenziert wurde, konnte auch zwischen der den Staaten vollumfänglich zustehenden Herrschaftsrechten176 und den konkreten Machtbefugnisse des einzelnen Kaisers in Abhängigkeit der Wahlkapitulationen unterschieden werden. So wurde wirksam zwischen Monarchie und Aristokratie, ständischen und kaiserlichen Positionen abgewogen.177 Dies wurde als schillernde Lehre einer dualen oder doppelten Majestät aufgefasst.178 Durch den Verzicht auf eine trennscharfe Abgrenzung zwischen kaiserlicher und ständischer Kompetenz und durch die Betonung eines or-
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Hoke, Die Reichsstaatsrechtslehre des Johannes Limnaeus (FN 4), S. 80 – 83. Dazu Thomas Maissen, Die Geburt der Republic. Staatsverständnis und Repräsentation in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft, Göttingen 2006, S. 177. 174 Arumaeus, De iure publico (FN 10), Band 4, D.IX. 175 Arumaeus, De iure publico (FN 10), Band 4, D.III. 176 Vgl. Arumaeus, Commentarius (FN 13), c.3, thes. 21 s, S. 76. 177 Diese Position des Arumaeus betonte bereits Stolleis, Art. Arumaeus, Dominikus (1579 – 1637), in: ders. (Hg.), Juristen. Ein biographisches Lexikon, München 1995, S. 41 f.; ders., Art. Dominicus Armuaeus, in: R. Domingo (Hg.), Juristas Universales, Band 2, Barcelona/ Madrid 2004, S. 329 – 331. 178 Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre (FN 35), S. 483. 173
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ganischen Miteinanders179 ließ man der herzoglichen Politik viel Raum, sich mal auf die Stärke des Reichs berufen, mal gegen den Kaiser wehren zu können. Die Untertanen des Reichs durften daher auch nicht als abhängige Sklaven verstanden werden180, obgleich sie ihrer territorialen Obrigkeit gegenüber ganz allgemein und ohne Unterschied zum Gehorsam verpflichtet war.181 Obrigkeit war dabei vor allem die Instanz, die einen effektiven Schutz gegen äußerliche Bedrohung zu leisten imstande war.182 Dies schuf Raum, um flexibel im Reich angepasst an die verschiedenen Verhältnisse der Territorien die Landesherrschaft bestimmen zu können. Auch diese Landesfürsten können dann Inhaber der Majestät und der absoluten Gewalt sein, solange sie dieser Funktion nachkommen und die Gesetze des Reichs einhalten.183 Solche Argumentationen konnten zwar ebenso von den anderen Territorien in der Auseinandersetzung mit dem Kaiser genutzt werden, um die Religionsfrage zu neutralisieren und die kaiserliche Macht durch eine verbindliche Festschreibung zu beschränken. Alle protestantischen Territorien hatten sicherlich das Interesse184, auf die Reichsabschiede, Friedensverträge und Wahlkapitulationen zu berufen, um die Zugeständnisse gegenüber den Lutheranern zu verteidigen und einer machtbewussten Politik des Kaisers etwas entgegenzusetzen. Es ist daher verständlich, warum auf protestantischer Seite die Literatur zum ius publicum „explodierte“185 und sich zunächst in dieser Hinsicht ein eindeutiges konfessionelles Profil des neuen Fachs herausbildete.186 Dennoch gibt es bestimmte Faktoren, die in Jena zusammenkamen und bei der Entwicklung des Fachs Pate standen. Das war zum einen die sächsische Überzeugung vom Nutzen der Wissenschaft. Zum anderen war es eine politische Position der Weimarer Herzöge, die zu klein waren, um unabhängig vom Reich ihr Territo179
So Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre (FN 35), S. 485 f. Arumaeus, De iure publico (FN 10), Band 4, D.VIII, gegen eine „servi dominatio“. 181 Johann Gerhard, D.18: Ob alle und jede Unterthanen in einer jedwedern Policey irer von Gott ihnen vorgesetzten Obrigkeit ohne unterscheidt also zum Gehorsam obligiret […], in: D. Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 4, fol. 73 – 89. 182 Johann Gerhard, D.18: Ob alle und jede Unterthanen in einer jedwedern Policey irer von Gott ihnen vorgesetzten Obrigkeit ohne unterscheidt also zum Gehorsam obligiret […], in: D. Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 4, fol. 73 – 89, fol. 84 und 76r, wonach es erste Pflicht jeder Obrigkeit sei, „die Unterthanen/ wider unbillige Gewalt und Belästigung/ mit eusserlicher Wehr und Waffen schützen soll.“ 183 Johann Gerhard, D.18: Ob alle und jede Unterthanen in einer jedwedern Policey irer von Gott ihnen vorgesetzten Obrigkeit ohne unterscheidt also zum Gehorsam obligiret […], in: D. Arumaeus, Discursus academici de iure publico (FN 10), Band 3, fol. 73 – 89, fol. 74r, Fürsten sind nur insoweit „majestatis integrae & potestatis absolutae“. 184 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 318 f. 185 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 319. 186 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 417 ff.; Hoke, Die Emanzipation der deutschen Staatsrechtswissenschaft von der Zivilistik im 17. Jh., Der Staat 15 (1976), S. 211 – 230, 219 – 224, 218. 180
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rium sichern und den Wohlstand vermehren zu können. Anders als die Kurfürsten wie insbesondere etwa Preußen, aber auch die albertinischen Cousins, konnte ihre Politik nicht allein der Stärkung der politischen Unabhängigkeit gelten. Sie waren auf den Rechtsschutz im Reich und die Organe des Reichs angewiesen. Sie konnten daher auch nicht auf den Kaiser als Gegengewicht zu den Kurfürsten verzichten. Nur im Hinblick auf die Interessenlage wird man nicht erkennen können, warum gerade Jena in der Entwicklung des Staatsrechts eine besondere Rolle spielten sollte. IV. Schluss Arumaeus ist nicht als einzelner Autor zu würdigen, sondern nur im Verbund mit den anderen Autoren als Sprachrohr eines spezifisch Jenenser Zugangs zur politischen Verfassung des Reichs am Beginn des 17. Jahrhunderts zu verstehen. Es ist daher nicht abwertend zu verstehen, dass Arumaeus in der Regel nicht als Autor auftrat. Seine Leistung ist nicht die eines Begründers, sondern eines Sammlers und Verstärkers. Er nutze dabei sehr geschickt die Kräfte, die er in der Universität, am Hof und im Land vorfand. Man könnte die Funktion seiner Sammelwerke eher mit dem von Isensee und Kirchhof herausgegebenen „Handbuch des Staatsrechts“ vergleichen, die ebenfalls eine fundierte Übersicht über alle Fragen des öffentlichen Rechts bieten. Nach Vorgaben des Hofes sprang Arumaeus auf eine aktuelle Entwicklung der Rechtswissenschaft auf und bündelte dabei die Kompetenzen, die in der Universität in Jena vorhanden waren. Besonders typisch dabei ist, dass die anderen, bisher selbständig agierenden Wissenschaften, die sich zur Reichsordnung äußerten, zu Hilfswissenschaften degradiert wurden und die Herrschaft des Rechts akzeptieren mussten. Die – nur scheinbar – größere Rationalität einer juristischen Argumentation verdrängte die Argumentation „lediglich“ auf dem Niveau der anderen Fächer. Dies ist gerade nicht als Emanzipation des öffentlichem vom römischen Zivilrecht zu verstehen.187 Die Entdeckung war auch nicht allein Folge der Reichsverfassung seit 1555, durch die die Konfessionsparteien gezwungen waren, durch Verträge ihre Positionen zu bestimmen.188 Vielmehr handelt es sich um die höchst eigenwillige Erfindung eines neuen Lehrfachs, indem einem alten Begriff traditionelle und moderne Inhalte zugeordnet wurden. Die Neuschöpfung wurde dabei kaschiert und als reine Wiederentdeckung bezeichnet. Als juristisches Spezialgebiet verhalf diese Argumentation zu einer konfessionsübergreifenden Gültigkeit und dem Anspruch einer inneren Schlüssigkeit und Notwendigkeit, wie sie im römischen Zivilrecht postuliert wird. Wie die Erfindung der Kriminologie als juristisches Fach dazu diente, die abnorme Psyche nicht als krank zu therapieren, sondern von den Straftätern abzusondern und das Wegsperren zu erleichtern, so half auch die Kategorie „öf187 So Hoke, Die Emanzipation der deutschen Staatsrechtswissenschaft (FN 186), S. 211 – 230, 219 – 224. 188 Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 318 ff.
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fentliches Recht“ dabei, Position als die von Recht und Gesetz, letztlich der Gerechtigkeit zu bezeichnen. Die Nähe des jungen ius publicum zur Reformation ist immer wieder betont worden. Gleiches gilt auch für Dominicus Arumaeus, wobei allein aus seinen Werken geschlossen wurde, die er nicht einmal selbst verfasste. Dennoch ist an dem Befund kaum etwas auszusetzen. Sowohl in methodischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Positionen zur Kirchenorganisation und zur Ordnung des Reichs findet man die Schriften des Arumaeus durchgängig auf der Seite lutherischer Autoren. Notwendig lutherisch ist dabei allerdings nur die Methodologie, denn erst die theologischen Differenzen erklären, warum die römisch-katholischen und calvinistischen Autoren teilweise noch bis zum 18. Jahrhundert einen anderen Ansatz wählten. Im Gegensatz dazu wurden die inhaltlichen Positionen zwar typischerweise von Lutheranern vertreten, doch geschah dies nicht notwendigerweise. Hier könnten genauso gut politische Umstände eher die Position geprägt haben. So hat der Calvinismus nicht verhindert, dass im Reich eine dem Absolutismus besonders nahekommende Herrschaft begründet wurde, nämlich die preußische Monarchie im 18. Jahrhundert. Die Untersuchung der ius publicum-Lehre des Arumaeus verrät daher zwar auch eine Nähe zum Luthertum seiner Zeit, spricht aber viel mehr für die Ausformulierung der Interessen von Sachsen-Weimar im Reichsgefüge. Die politischen Bedingungen prägen die Ausformung des neuen Fachs viel stärker als die konfessionelle Spaltung oder gar die lutherische Theologie. Das bedeutet zwar nicht, dass Theologen nicht mit an dieser Aufgabe wirkten; mit Johann Gerhard war sogar einer der bedeutendsten Theologen der lutherischen Tradition beteiligt. Doch versteht man die Signifikanz des neuen Fachs erst, wenn man sieht, wie die bisher selbständigen Materien zu Hilfswissenschaften des öffentlichen Rechts mutieren und wie mit der gleichen Notwendigkeit und Schärfe Positionen erschlossen werden sollen genauso wie im Privatrecht. Die einzelnen Diskurs-Themen Arumaeus’ lassen sich wie ein Katalog der Position der Herzöge von Sachsen-Weimar lesen bzw. mit ihren besonderen Interessen begründen. Doch mehr noch eignete sich die flexible, argumentative Struktur der Jurisprudenz für einzelfallbezogene Positionierungen und Abgrenzungen sowohl gegen den Kaiser als auch mit dem Reich gegen rivalisierende Reichsfürsten. Die Übernahme ius publicum durch die anderen Konfessionen, sogar der römischkatholischen Seite, war daher durchaus schon im 17. Jahrhundert möglich, auch wenn die römische Kirche selbst sowie der Kaiser diesen Ansatz natürlich ablehnen mussten und die Reichspublizistik daher erst im 18. Jahrhundert zum Allgemeingut wurde. Auf die Dauer konnten auch die Gegenkräfte sich gegen die Wucht der neuen Argumentation wehren, ohne selbst sich dieses Mittels zu versichern.189 So gab es
189 Dazu Strohm, Recht und Calvinismus (FN 20), S. 319; Stolleis, Glaubensspaltung und öffentliches Recht in Deutschland (FN 86), S. 268 – 297, 272 f.
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nicht nur römisch-katholische Politik-Lehren190, auch im Lager des jungen öffentlichen Rechts gab es bald Juristen, die sich dem anderen Lager verschrieben. Mit Caspar Manz gab es schon 1623 einen katholischen Juristen in Mainz, der eine „Summa iuris publici“ in Ingoldstadt veröffentlichte.191 Schon in der ersten Sammlung öffentlich-rechtlicher Schriften des Conrad Biermann gab es einen katholischen Autor192. Aus dem Kreis in Jena wechselte der gebürtige Dresdner August Vischer nach seiner Konversion auf eine Professur in Trier und gab in Luxemburg 1620 sein Werk „De electione regis et imperatoris“ heraus. Und der schon öfter genannte Schüler Arumaeus’, Georg Brautlacht, wurde später Kanzler in Burghausen und dann in Freising, bis er dann nach München zog.193 Dennoch gibt es ein protestantisches Element im jungen Fach. Seine Argumentationskraft bezog es gerade als Fach der Rechtswissenschaft. Die Autoritäten mussten der Jurisprudenz entnommen werden und konnten nicht externer Natur sein. Nicht der Heilige Geist oder die Kirche garantierten hier Erkenntnis und Wahrheit, sondern die logische Deduktion aus anerkannten Quellen mittels klarer Definition und einer vernunftgeleiteten Argumentation (ratio). Hierin wirkte Melanchthons neues Wissenschaftsverständnis, das die Fächer von der Fremdbestimmung insbesondere durch die Theologie emanzipierte. Es ist daher kein Wunder, dass die Autoren des jungen Fachs wie auch Arumaeus im „Index librorum prohibitorum“ aufgenommen wurden.194 Auch noch für den konservativen Jesuiten des 18. Jahrhunderts, Ignaz Schwarz (1690 – 1763)195, war das Staatsrecht ebenso wie das Naturrecht ein Ausbund protestantischer Häresie. Diese Beispiele belegen, dass die konfessionelle Prägung wahrgenommen wurde. Schon im Titel wandte er sich gleichermaßen gegen die Institutionen zum ius publicum, Natur- und Völkerrecht der protestantischen Autoren. Doch im Werk tauchte die Kategorie des öffentlichen Rechts kaum auf, sondern fast nur beiläufig aus Versehen.196 Das öffentliche Recht erscheint 190 Dazu Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts (FN 20), Band 1, S. 122 ff.; zum Einfluss des Aristoteles auch auf römisch-katholische Autoren vgl. die Beiträge in R. Darge / E. Bauer / G. Frank (Hg.), Der Aristotelismus an den europäischen Universitäten der frühen Neuzeit, Stuttgart 2010. 191 Dazu Pütter, Litteratur (FN 31), S. 173; Stolleis, Glaubensspaltung (FN 86), S. 278. 192 Dazu Strohm, Calvinismus und Recht (FN 20), S. 428. 193 Zu den beiden s. Pütter, Litteratur (FN 31), S. 172 – 174. 194 Zur Gesamtliste der verbotenen Werke vgl. http://www.cvm.qc.ca/gconti/905/BABEL/ Index%20Librorum%20Prohibitorum-1948.htm, zuletzt 3. 12. 2013. 195 Zur Person s. Harald Dickerhof, Land, Reich, Kirche im historischen Lehrbetrieb an der Universität Ingolstadt (Ignaz Schwarz 1690 – 1763) (Ludovico Maximilianea, Forschungen Band 2), Berlin 1971, S. 35; zum vorliegenden Werk 132 ff. 196 Ignaz Schwarz S.J., Institutiones juris publici universalis, nature, et gentium, ad normam Moralistarum nostri temporis, maxime Protestantium, Hugonis Grotii, Puffendorfi, Thomasii, Vitriarii, Heineccii, Aliorumque ex recentissimis adoratae, et ad crisin revocatis eorum principiis, primum fusiore, tum succinctiore methodo pro Studio Academico, praesertim Catholico, accomodatae, Pars prima elemento gemino comprehensa, De jure naturae, Venedig 1760, 2 Bände, hier Band 2, S. 257 f.
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dabei als nachträgliche Beigabe zum Naturrecht, als Partikularrecht, die sich in den Staaten nach der unterschiedlichen ratio status und Politik unterscheidet, obgleich es die einen verbindlichen Vorschriften der Kirche für die Staatsführung gibt. Die Neuerfindung des öffentlichen Rechts als weitere Spezialmaterie der Rechtswissenschaft bewirkte einen erheblichen Bedeutungszuwachs für die Rechtswissenschaft. Man kann dies auch in dem Anstieg der Studentenzahlen und dem allgemeinen Aufstieg der juristischen Fakultäten innerhalb ihrer Universitäten sehen.197 Juristen lösten nun nicht mehr nur Fragen von Verträgen und Eigentumsüberschreibungen, sondern wurden die Fachleute der öffentlichen Ordnung und der Stabilität des Reichs. Die anderen bisher konkurrierenden Fächer verloren insoweit an Bedeutung und Hörern. Schließlich zeigt sich, dass alles Menschliche seine Zeit und seinen Raum hat. Die Erfindung des „öffentlichen Rechts“ ist dabei vor dem Hintergrund von Jena am Beginn des 17. Jahrhunderts zu verstehen. Anhang: Übersicht über die Beiträge in Arumaeus, De jure publico, 5 Bände (erstellt durch Pascal Förster) Volumen Primum Disc. 1: Dominico Arumaeo, Num Status Imperii hodierni fit Monarchicus, vel Aristocraticus, aut mixtus?, fol. 6r-11r, Disc. 2: Dominico Arumaeo, Num Imperium hoc nostrum Romanum recte dici etiamnum possit?, fol. 11r-13v, Disc. 3: Dominico Arumaeo, Quomodo Imperium Romanum ad Germanos devenit?, fol. 14r17r, Disc. 4: Dominico Arumaeo, Num vivo et volente Imperatore Rex Romanorum eligi possit?, fol. 17v-22v, Disc. 5: Dominico Arumaeo, An etiam invito Imperatore Rex Romanorum eligi possit?, fol. 22v-24r, Disc. 6: Dominico Arumaeo, An alius quam Germanus in Regem Romanorum eligi possit?, fol. 24v-29r, Disc. 7: Dominico Arumaeo, Disputatione D. Matthiae Bortii, Num Imperator noster etiamuum legibus solutus dici possit?, fol. 29v-33r, Disc. 8: Dominico Arumaeo, Respondente Matthia Bortio Wismar, De Sensu, fol. 33v-35r, Disc. 9: Ortolpho Fomanno, Respondente Bernhardo Bertram Quedlinburg, De Comitiis Imperii Romano-Germanici, fol. 35v-68v, 197 Dazu N. Hammerstein, Universitäten, in: ders. / U. Herrmann (Hg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Band 2: 18. Jahrhundert. Vom späten 17. Jahrhundert bis zur Neuordnung Deutschlands, München 2005, S. 369 – 400, 377.
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Disc. 10: Dominico Arumaeo, An Imperator cum Camera imperiali in jurisdictione concurrat., fol. 68v-70v, Disc. 11: Dominico Arumaeo, Num solus Imperatorabsque interventu Parium Curiae de Feudis Imperii majoribus cognoscere possit?, fol. 71r-73r, Disc. 12: Dominico Arumaeo, An legatus in Principem, ad quem missus est, conjuras puniri possit?, fol. 73r-76r, Disc. 13: Dominico Arumaeo, Respondente Casparo Leipoldi Heltburgico Franco, De Concurrentia jurisdictionis in imperio Romano-Germanico., fol. 76r-113r, Disc. 14: Matthia Bortio Wismar, De Legationibus et Legatis., fol. 113v-130v, Disc. 15: Dominico Arumaeo, Respondente Joachimo Bumano Wismar, De Magistratibus superiobius., fol. 131r-144r, Disc. 16: Dominico Arumaeo, Respondente Petro Fritze Spandov, De Nobilitate., fol. 144v169v, Disc. 17: Virgilio Pingitzero, Respondente Justo Gebhardo, De Sacro Romano Nationis Germanonorum imperio, fol. 170r-174v, Disc. 18: Dominico Arumaeo, Respondente Michaele Schiferer Carpona-Pannnino, De Origine et potestate moderna electorum in imperio Romano-Germanico, fol. 174v-181r, Disc. 19: Dominico Arumaeo, Num Elector filio suo, qui in Electoratu successurus est, alium tutorem vel curatorem quam agnatum proximiorem, testamento dare possit?, fol. 181v-183r, Disc. 20: Hieremia Setzero, ohne Titel, fol. 183r-186r, Disc. 21: Andrea Gerhardi, In Academia Jenensi ad caput septimum Aurea Bulla Caroli IV. publice habitus., fol. 186v-190r, Disc. 22: Dominico Arumaeo, Respondente Petro Rittero Islebiensi, De Confraternitatibus, confoerderationibus et pacis successoriis principum et illustrium familiarum, fol. 190v-213v, Disc. 23: Johanne Svevio, Respondente Elia Schröder Calbensi Saxone, De Jure bellico, fol. 213v-227v, Disc. 24: Johanne Svevio, Respondente Petro Leopoldo Heltburgensi Franco, Ad Constitutionem pacificatae religionis, fol. 227v-238r, Disc. 25: Bernhardo Bertram Quedlinburg, De Pace religioni data, fol. 238r-247r, Disc. 26: Friderico Hortledero, Decades quatuor Excerptarum ex Sleidano., fol. 247r-252v, Disc. 27: Dominico Arumaeo, ohne Titel, fol. 252v-256r, Disc. 28: Johanne Gryphiandro, Respondente Hermanno Goechusio, De Salubri contra vim externam, De [Foderibus?], Remedio, fol. 256r-266v, Disc. 29: Johanne Gryphiandro, Respondente Georgio Schubhardo, De Legatis., fol. 266v274v, Disc. 30: Matthia Bortio, De Natura jurium majestatis et regalium.,fol. 274v-300v, Disc. 31: Andrea Gerhardi, Selectarum luastionum decadem., fol. 300v-307v, Disc. 32: Hieremia Setzero, De Consiliis et consiliariis principum, fol. 307v-322r,
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Disc. 33: Wolfgango Friderico, Jurisprudentiae publicae Germanicae typum., De Praecognitis, fol. 322v-343r, Disc. 34: Dominico Arumaeo, Respondente Johanne Zabelio, Antibodinianus, Legum aliquot civilium auctoritatem et aequitatem, adversus iniquas et obliquas Joan-Bodini in libris de Republica interpretationes, et insolentiores invectivas, afferens., fol. 343r-351r,
Volumen Secundum Disc. 1: Dominico Arumaeo, De sessionis praerogativa., S. 1 – 10, Disc. 2: Dominico Arumaeo, Num Venetorum Lex de non alienandis immobilibus in Ecclesiasticos sine licentia superioris probanda?, S. 11 – 19, Disc. 3: Dominico Arumaeo, Respondent Christiani Schenk Liberi Baronis in Tautenberg/Frauen-Briesnitz/Nidern Trebra, Num junioribus Rerum gubernacula committi debeant?, S. 20 – 26, Disc. 4: Dominico Arumaeo, An qui per 20. annos in Academiis jus civile docuerunt, Comitis Palatini titulus sibi jure assumere possint?, S. 27 – 33, Disc. 5: Dominico Arumaeo, Respondent M. Fridericus Pegavia-Misnicus, De Salvo Conductu, Sicher Geleit von und zum Rechten/und vor unrechter Gewalt appellant, S. 34 – 83, Disc. 6: Dominico Arumaeo, Respondent Andreas Balckius Wismariensis Megapol, De Jurisdictione, S. 84 – 109, Disc. 7: Johannes Svevii, Respondent Johannes Ernestus Zorn, De Jurisdictione., S. 110 – 200, Disc. 8: Dominico Arumaeo, Respondent Augustinus Iglavia Moravus, De Repraesaliis., S. 201 – 233, Disc. 9: Dominico Arumaeo, Respondent Georgio Gumpeltz, De Civitatibus., S. 234 – 273, Disc. 10: Virgilii Pingitzeri, Respondent M. Petrus Syringus, De Pace Religionis conclusiones analytico-nomicae., S. 274 – 435, Disc. 11: Johanne Mütero, De Pacificatione Religionis consensu procerum sub regimine D. Caroli V. Anno 1515. in comit. August. solenniter promulgata, S. 436 – 449, Disc. 12: Quirino Cubachio, De Constitutione Religiosa, S. 450 – 489, Disc. 13: Oswald Hilligeri, Respondent Josua Majus Romhilda-Francus, De Principis Romani potestate., S. 490 – 514, Disc. 14: Danielis Ottonis Oringensis, An Princeps legibus fit solutus?, S. 515 – 520, Disc. 15: Danielis Ottonis Oringensis, An electus in Imperatorem ante approbationem et confirmationem Pontificiam, jura Imperii administrare poßit?, S. 521 – 529, Disc. 16: Reinhardi Konings, Statu imperii Romani, et imperatore: ejusque; Electione et Coronatione., S. 530 – 546, Disc. 17: Reinhardi Konings, De Majestate, et juribus imperatori specialiter reservatis., S. 547 – 562, Disc. 18: Reinhardi Konings, De Statibus et membris imperii Romani., S. 563 – 587, Disc. 19: Reinhardi Konings, De Amplificatione rerumpubl. per foederia., S. 588 – 613,
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Disc. 20: Reinhardi Konings, De jure vectigalium et tributorum: itemque; Collectorum., S. 614 – 628, Disc. 21: Reinhardi Konings, Legatis et Legationibus., S. 629 – 645, Disc. 22: Danielis Ottonis, An mixtus detur Reipubl. status?, S. 646 – 664, Disc. 23: Ortolfo Fomanno, Respondent Johannes Fridericus Brandt, Vindicias Mauritianas, S. 665 – 722, Disc. 24: Georgii Gumpelzhaimeri, De Regibus., S. 723 – 759, Disc. 25: Georgii Gumpelzhaimeri, De Interregno., S. 760 – 779, Disc. 26: Joannis Gryphiandri, Respondent Johanne Harnich Numburgensi, De subditis, vasallis, et clientibus., S. 780 – 808, Disc. 27: Georgi Gumpelzhaimeri, De Jure Clientelari, von Schutz und Schirms Gerechtigkeit., S. 809 – 830, Disc. 28: Valentino Riemer, Respondent Johannes Müterus Lubeca-Saxo, ohne Titel, S. 831 – 842, Disc. 29: Christophori Stoltzeri Islebiensis, An bello juste geratur utrinque?, S. 843 – 860, Disc. 30: Osvvaldo Hilligero, Respondent Johannes Vvolffius, ohne Titel, S. 861 – 914, Disc. 31: Dominico Arumaeo, Marcus ab Eichstedt, ohne Titel, S. 915 – 942, Disc. 32: Petro Theodorico, Respondent Johannes Zapfius, De Reditibus., S. 943 – 981, Disc. 33: Dominico Arumaeo, Respondent Georgius Sonthemo-Würtembergicus, De Jure Singulari Studiosorum., S. 982 – 1016, Disc. 34: Berhardi Zieritzii, De principum inter ipsos dignitatis praerogativa., S. 1017 – 1080, Disc. 35: Quirini Cubachi, Jurisprudentiae Germano publicae, S. 1081 – 1240,
Volumen tertium Disc. 1: Dominici Arumaei, Respondent Georgius Brudtlacht, De Romani Teuton. Imperii Vicariatu., S. 1 – 29, Disc. 2: Dominico Arumaeo, De Tutela , Cura, et Administratione Electorali legitima, semper et soli agnato seniori, atque proximiori, nulla obstante dispositione testamentaria, ex lege Imperii publica, debita., S. 30 – 38, Disc. 3: Ortholpho Fomanno, proponit et exponit Thomas Sagittarius, De Jure et Privilegiis comitum Palatinorum Caesareorum, S. 39 – 143, Disc. 4: Ortholpho Fomanno, proposuit Alexander Esten, De Decoctoribus, sive debitori bus non solvendo factis., S. 144 – 183, Disc. 5: Valentini Riemeri, proposuit Georgius Wolff, De Jure Bellico., S. 184 – 210, Disc. 6: Christophoro Beindorffio, De Romani Imperii initiis, progressu et ad Germanos Translatione., S. 211 – 228, Disc. 7: Christophoro Beindorffio, ohne Titel, S. 228 – 252,
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Disc. 8: Christophoro Beindorffio, De Electoribus Romano-Germanici Imperii Ecclesiastici et secularibus., S. 253 – 274, Disc. 9: Christophoro Beindorffio, De Romano Germanici Imperii Archiepiscopis et episcopis., S. 275 – 309, Disc. 10: Christophoro Beindorffio, De Principibus S. Romano-Germanici Imperii politicis., S. 310 – 336, Disc. 11: Christophoro Beindorffio, De Praelatis S. Romano Germanici Imperii., S. 337 – 355, Disc. 12: Christophoro Beindorffio, De Romano Germanici Imperii comitibus et baronibus., S. 356 – 369, Disc. 13: Christophoro Beindorffio, De Liberis Romano Germanici Imperii civitatibus., S. 370 – 382, Disc. 14: Casparo Koch, De Regali Dignitate et Feudis Regalem Dignitatem Annexam habentibus., S. 383 – 523, Disc. 15: Conradus et Benedictus Carpzovii, De Regalibus., S. 524 – 678, Disc. 16: Dominici Arumaei, Georgius Kirchberger, De Jurisdictione., S. 679 – 695, Disc. 17: M. Thomas Sagittario, De Bello, S. 696 – 716, Disc. 18: Petri Theodorici, David Marquartt, De Privilegiis militum et armatorum et togatorum., S. 717 – 816, Disc. 19: Wolegangi Wertheri, Henricus Rewenhan, De Jure Venandi, S. 817 – 853, Disc. 20: Wolfgango Werthero, Balthasar Beck, De Problematibus juridico-politicis, S. 854 – 864, Disc. 21: Wolfgango Werthero, Matthias Börtius, De Personis Feudi consuetudinem habentibus., S. 865 – 894, Disc. 22: Conrado Huswedelio, defendebat Sylvester Braunschweig, De Rebus in consilium principis deducendis, S. 895 – 908, Disc. 23: Conrado Husvvedelio, defendebat Wolfgangus Wilhelmus Gering, De Fine Consiliorum principis, mediisque ad eum pertinentibus., S. 909 – 960, Disc. 24: Johanne Gryphiandro, defendet Simeon Schroteringius, De Homine civilis societatis membro., S. 961 – 1000, Disc. 25: Georgio Frantzkio, defendet Johannes Kosteleczky, De Jure dominationis, S. 1001 – 1006, Disc. 26: Gottofredus L. Baro, Georgio Frantzkio, De Constitutionibus Principum, S. 1007 – 1027, Disc. 27: Georgio Frantzkio, defendebat Georgius á sack Eques, De Statu Reipublicae mixto., S. 1028 – 1036, Disc. 28: Georgio Frantzkio, defendebat Christophorus à Kunheim, Continens Quaestiones duas illustres es jure publico desumptas., S. 1037 – 1044, Disc. 29: Michaele Schieferer, Continens quaestionem illam: Num Status Imperii nostri Romani modernus sit Monarchicus?, S. 1045 – 1058,
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Volumen Quartum Disc. 1: Dominico Arumaeo, An summa potestas limitibus circumscribi debet?, fol. 1r-1v, Disc. 2: Dominico Arumaeo, Atqui inquies nonne Majestati per hoc detrahitur?, fol. 2r-5r, Disc. 3: Dominico Arumaeo, Nonne juramentum, quod capitulationis servanda gratia Imperator Romanorum interponit, ejus Majestati praejudicat?, fol. 5v-14r, Disc. 4: Dominico Arumaeo, Quo tempore capitulationes introduci coeperunt?, fol. 14v-17r, Disc. 5: Dominico Arumaeo, An plures Imperatores esse Imperio utile fit?, fol. 17v-20r, Disc. 6: Johann Gerhard, In promotione Doctorali habitus., fol. 20v-31v, Disc. 7: Johann Gerhard, Beitrag ohne Titel, der sich mit der Frage beschäftigt, welche Regeln für eine Staat gut sind, fol. 32r-39r, Disc. 8: Johann Gerhard, An electio, an vero succeßio praeferenda?, fol. 39v-40r, Disc. 9: Johann Gerhard, An Princeps legibus solutus?, fol. 40v-41v, Disc. 10: Johann Gerhard, Quibus studiis Principem potißimum deditum esse oporteat?, fol.41v-43r, Disc. 11: Johann Gerhard, An Legati mandati fines transgredi liceat?, fol. 43r-43v, Disc. 12: Johann Gerhard, An Legati munera accipere poßint?, fol. 44r-44v, Disc. 13: Johann Gerhard, An ferendae in Rebusp. Christianis Judaeorum Synagogae?, fol. 45r46v, Disc. 14: Johann Gerhard, An fines Imperii bello ampliandi?, fol. 47r-48r, Disc. 15: Johann Gerhard, An licitum subditis religionis causa á Rege deficere ac contra eum arma capere?, fol. 48v-49r, Disc. 16: Dominici Arumae, Respondent Erberhardus à Rheden (Brem. Saxo.), De Jurisdictione, fol. 49v-60v, Disc. 17: Wolfgang Werther, Respondent Johannes Reuter Bitterfeldâ Saxo, De Commissariis, fol. 60v-72v, Disc. 18: Johann Gerhard, Ob alle und jede Unterthanen in einer jedwedern Policey irer von Gott ihnen vorgesetzten Obrigkeit ohne unterscheidt also zum Gehorsam obligiret, daß sie wider dieselbe in einem Tyrannischen vornehmen und Bedrängung/in Religions Sachen ohne Verletzung ihrer Gewissen zu keinem Defensions Mitteln schreiten können?, fol. 73r-89v, Disc. 19: Dominico Arumaeo, An Cives vel Extranei publicis officiis rectius praeficiantur?, fol. 89v-91r, Disc. 20: Quirino Cubach, An Nobiles, et alii Viri in Germania, rectè adsunt in bello Regibus et populis Imperio Romano non subjectis?, fol. 91r-92v, Disc. 21: Quirino Cubach, An Princeps potest regna et ditiones suas pro libitu et arbitrio oppignorare, alienare, permutare?, fol. 92v-94r, Disc. 22: Quirino Cubach, An Imperator Romanus rectè dicitur dominus totius mundi?, fol. 94r95r,
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Disc. 23: Quirino Cubach, An Electores, Episcopi, Comites, Nobiles et c. Pontificii, jure Augustanae Confessioni addictos suam ad superstitionem cogunt, aut si eam amplecti nolint, expellun; aut contra an Proceres August. Confeßionis ritè expellere possunt subditos suos amplectentes Pontificiam religionem?, fol. 95v-98r, Disc. 24: Quirino Cubach, Proximus agnatus ex aurea Bulla Caroli IV. tutor esse jubetur baeredis Electoralis impuberis, quaeritur, an hoc jus ei per patris testamentum non poßit auferi?, fol.98r-99v, Disc. 25: Quirino Cubach, An repressalia possunt defendi jure?, fol. 100r-103r, Disc. 26: Quirino Cubach, Quis concedere potest repressalias et Jus Marchae?, fol. 103r-104r, Disc. 27: Quirino Cubach, Contra possunt concedi repressalia., fol. 104r-105v, Disc. 28: Quirino Cubach, Qua sunt causa justa repressaliarum?, fol. 105v-106v, Disc. 29: Quirino Cubach, An Imperator vel aula ejus des Reichshoffraht concurrat cum Camera in causa imperii?, fol. 106v-107v, Disc. 30: Quirino Cubach, An in incidentibus circa Electoratus, Marchionatus, Principatus, Comitat: controversiis solus Imperator cognoscit?, fol. 108r-108v, Disc. 31: Quirino Cubach, Quid si de parte quadam Feudi regalis controversia, an et tum extra Austraegas Imper: de ea cognoscet?, fol. 108v-109r, Disc. 32: Quirino Cubach, An vero Doctor, an vero Nobilis in sedendo, eundo, votando obtinebit primas?, fol. 109v-110v, Disc. 33: Quirino Cubach, Quaestiones circa Auth. Habita. C. ne filius pro parte., fol. 111r115v, Disc. 34: Quirino Cubach, D. Auth. Ad Habita., fol. 115v-124v, Disc. 35: Quirino Cubach, Ad Constitutionem religionis Anno 1555. zu Augspurg auffgericht., fol. 125r-128r, Disc. 36: Quirino Cubach, De Commissariis ordinationis, seu privilegiata procerum Inftantia, vel Judicibus Auftregarum., fol. 128v-140r, Disc. 37: Johanne Reuter, Respondent Otto Wilche von Bodenhausen, De Jure venandi, fol. 140v-157v, Disc. 38: Theologische Facultet zu Jena, Rathsames/Schrifftmässiges/ausführliches Bedenken/ von dem hochsträfflichen Münzunwesen, fol. 158r-192v, Disc. 39: M. Phillipo Horstio, De Bello, fol. 193r-205r, Disc. 40: Johannes Reuter, Respondent Cuno von Bodenhausen, De Crimine laesae Majestatis, fol. 205v-234r, Disc. 41: Georgii Franzten, Respondent Christian Bessel, De potestate principis, fol. 234v242v, Disc. 42: Georgie Franztkii, Respondent Erhardus Lobarth, De potestate principis, fol. 243r252v, Disc. 43: Benedicto Carpzovio, De Capitulatione Caesarea Sive de, Lege Regia Germanorum, fol. 253r-388v,
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Volumen Quintum Disc. 1: nicht benannter Autor, De Re Monetali. Parasceve., fol. 1r-40v, Disc. 2: Daniele Ottone, De Jure Publico Imperii Romani., fol. 41r-217v, Disc. 3: Dominici Arumaei, Respondent Petrus Hude ab Eidera Holsatus, De Conciliis., fol. 218r-242r, Disc. 4: Joanne Boethio Dithmarso, De Politico., fol. 242v-259r, Disc. 5: Johanne Gryphiandro, Respondent Joanne Stollio Raven, Politicis., fol. 259v-283r, Disc. 6: Johanne Gryphiandro, Respondent Joachimo Baumanno Wismariensi Megapolitano, Societate., fol. 283v- 302v, Disc. 7: Georgio Brudlach, Epitomen, Jurisprudentiae Publica universa continens., fol. 303r366v.
Naturrecht und Verfassungsfrage im frühneuzeitlichen Luthertum – am Beispiel religiöser Toleranz Von Walter Sparn I. Theologie- und philosophiegeschichtlicher Kontext 1. „Die Massenhaftigkeit der Publikationen zum Naturrecht im protestantischen Deutschland vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg […] ist […] nicht ohne das fundamentale Interesse der Theologen verständlich. Die Naturrechtsfeindlichkeit der lutherischen Theologie ist eine Legende“: So hat Horst Dreitzel im Kapitel „Naturrecht“ im Grundriss der Geschichte der Philosophie des 17. Jahrhunderts (2001) festgestellt und hat sein Verständnis des Naturrechts als politische Philosophie seiner Darstellung der „Politischen Philosophie“ zugeordnet.1 Das starke Anwachsen der Publikationen nach 1648 war dem scharfen Gegensatz der von ihnen verteidigten Naturrechtskonzeption zum neuen, seit Hugo Grotius sich ausbildenden säkularen Naturrecht geschuldet. Die Verteidiger des Alten knüpften an die in lutherischen Universitäten und Kanzleien seit der Etablierung konfessioneller Staaten im 16. Jahrhundert gepflegte Konzeption an, die das Naturrecht gleichermaßen als ein universales Datum der Vernunft, welcher religiösen Affinität auch immer, und als Datum der partikularen biblischen Offenbarung, insbesondere des Dekalogs verstand. Das Naturrecht fiel also in philosophische und theologische Kompetenz – letzteres durch die Unterscheidung des göttlichen Gesetzes vom Evangelium Christi. Diese Konzeption und damit das Phänomen lutherischer Politiken hatte seinen Ursprung, und auch darauf hat Horst Dreitzel zurecht hingewiesen, weniger in Martin Luthers politischen Schriften als vielmehr in der methodisch klaren Moralphilosophie Philipp Melanchthons, die er in Vorlesungen über die Ethik und Politik Aristoteles’ (seit 1529) und in seinen eigenen Werken Philosophiae moralis epitome (1538, 1546); De Anima 1540; Ethicae doctrinae elementa, 1550) entwickelt und in der zweiten und dritten Fassung seiner Loci theologici (1535; 1559) bekräftigt hatte.
1 H. Dreitzel, Naturrecht als politische Philosophie, in: Grundriss der Geschichte der Philosophie V (Die Philosophie des 17. Jahrhunderts), Bd. 4, Basel 2001, Kap. 6, § 19, S. 836 – 848, zit. 840; ebd. Kap. 5, S. 613 – 748.
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Eine Übersicht über die politiktheoretische Bedeutung Melanchthons hat neulich Robert von Friedeburg publiziert.2 Es sind drei basale Annahmen, die hier auch theologiegeschichtlich zurecht hervorgehoben werden: (1) Der ordo politicus wird zwar aktuell auch, aber strukturell nicht nur von den Folgen des Sündenfalls geprägt, sondern ist zugleich ein Aspekt der mit der Schöpfung gesetzten und von der positiven Legislatur am Sinai bekräftigten lex naturae. (2) Dieses Naturrecht ist in elementar theoretischen und praktischen Gehalten der menschlichen Vernunft eingeschaffen als notitiae innatae, deren Erkenntnis und handlungsleitende Wirkung durch böse Affekte zwar beeinträchtigt, aber nicht gänzlich aufgehoben werden kann. (3) Das Naturrecht ist daher der Ausgangspunkt jeder ethischen und politischen Theorie und bildet so den normativen Horizont jeder ethischen und politischen Praxis. Auch die damalige Frage der staatlichen Toleranz bzw. der Abschaffung der (päpstlichen) cultus impii wird nicht zuletzt mit naturrechtlichen Argumenten entschieden.3 2. Diese Konstellation der praktischen Philosophie und der theologischen Ethik hat auch die folgende Zeit, d. h. die sich dogmatisch fixierende lutherische Orthodoxie bis fast zum Ende des 17.Jahrhunderts bestimmt. Die gnesiolutherische Kritik an Melanchthons besonderer Auffassung des Zusammenhangs von Religion und Ethik (v. a. in den Lehre von den bona opera) hat jene Konstellation nicht außer Kraft gesetzt: Auch die Konkordienformel von 1577 hat trotz Kritik an Melanchthon und Calvin deren beider, von Luther abweichende Lehre vom „Gesetz“ übernommen. Das betraf vor allem die Annahme, dass das göttliche Gesetz, v. a. das Naturrecht bzw. der Dekalog, drei unterschiedliche Praxisorte und Funktionen habe: erstens die politische und judikative Praxis (usus civilis); zweitens die religiöse Praxis (in der es die Sünde aufdeckt und für das Evangelium empfänglich macht, usus elenchticus); drittens die christliche Lebensführung, für die es die göttlichen Gebote in ihrer materiell orientierenden Wirkung repräsentiert (usus in renatis).4 Dieser letztere, „dritte Gebrauch des Gesetzes“ konnte in der reformatorischen Perspektive einer Ethik spontaner Nächstenliebe für repressiv („gesetzlich“) und eigentlich für überflüssig gehalten werden. In der Tat findet sich jener tertius usus bei 2
R. von Friedeburg, The Holy Roman Empire of the German Nation, in: H. A. Lloyd et al. (Ed.), European Political Thought 1450 – 1700, New Haven / London 2008, S. 102 – 172, hier 117 – 120. 3 Philipp Melanchthon, Philosophiae moralis epitomes libri duo (1546), in: Melanchthons Werke, Studienausgabe Bd. III, Gütersloh 1961, S. 222 – 243, bes. 224 ff., 228 ff. Zu Melanchthons moralphilosophischem und -theologischem Profil vgl. E. Herms, Melanchthons Gesellschaftsverständnis, in: G. Frank u. a. (Hg.), Staat, Religion, Bildung, Weimar / Eisenach 2011, S. 63 – 87; A. Eusterschulte, Assensio: Wahlfreiheit in Melanchthons theologischer Grundlegung einer philosophischen Ethik, in: G. Frank / F. Mundt (Hg.), Der Philosoph Melanchthon, Berlin / Boston 2012, S. 11 – 44; G. Stiening, „Notitiae principiorum practicorum“, ebd. S. 115 – 146. 4 Konkordienformel / Formula Concordiae (1577), Art. IV: Von guten Werken / De bonis operibus; Art. VI: Vom dritten Brauch des Gesetzes Gottes / De tertio usu legis divinae, in: Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, Göttingen 111992, S. 936 – 950; 962 – 969.
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Luther nicht, trotz seiner Ablehnung des Antinomismus, der von einigen seiner Schüler vertreten wurde. Weil er wie das „Evangelium“ so auch das „Gesetz“ Gottes strikt als kommunikativen Akt verstand, verzichtete Luther auf die Fixierung des Gesetzes in einem (dann ontologisch verstandenen) Naturrecht.5 Das ist bei Melanchthon und auch bei Calvin anders; allerdings übernahmen sie wie schon Luther völlig fraglos die überlieferte Lehre von den drei Ständen status politicus, status ecclesiasticus, status oeconomicus. Die Drei-Stände-Lehre sagt, dass jede Gesellschaft eine soziale Struktur aufweist, die drei sozial irreduzible Praktiken gewährleiste und die dafür jeweils nötige Handlungsfähigkeit als spezifische Herrschaftsform sichere. Modifiziert durch die Nobilitierung des Hausstandes bzw. der väterlichen Herrschaft, wurde diese Lehre auch schöpfungstheologisch begründet und so mit maximaler Verbindlichkeit ausgestattet.6 Im Blick auf die Drei-Stände-Lehre kann man von einer bruchlosen Kontinuität der ethischen und politische Orientierung im frühneuzeitlichen Ständestaat ausgehen, und das gilt besonders für die etablierten lutherischen Konfessionsstaaten (auch für die nicht der Konkordienformel zugehörigen). Ihr gegenüber trat nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 die nun spezifisch reformatorische Lehre von den beiden Regimenten Gottes, den kontrastierenden beiden Weisen, in denen Gott die Welt regiert, zurück; verständlich, insofern ein lutherischer Konfessionsstaat ihr konstitutionell ja bereits entsprach: die individuelle Gewissensfreiheit (der Lutheraner) war politisch garantiert, die lutherische Staatskirche erhob keine Ansprüche auf weltliche Herrschaft; die faktische Entwicklung zum Absolutismus des Souveräns rief nur kirchenrechtliche Anpassungen hervor. Natürlich blieb die Luthersche Zwei-Regimente-Lehre (missverständlich „Zwei-Reiche-Lehre“ genannt und im 20. Jahrhundert proskribiert)7 ein wichtiger Eideshelfer z. B. gegen die politisch agierenden Jesuiten, und sie bildete stets den Ausgangspunkt der theologischen und der ethischen bzw. juristischen Primärunterscheidung von Kirche und Staat, von geistlichem und weltlichem Recht und Amt im Rahmen des seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 auch reichsrechtlich sanktionierten Landesherrlichen Kirchenregiments. Bis ins frühe 18. Jahrhundert wurde das in den theologischen Traktaten De ministerio ecclesiastico und De magisterio politico reflektiert.8 5 Vgl. W. Sparn, „Lex iam adest“. Luthers Rede vom Gesetz in den Antinomerdisputationen, in: D. Korsch / V. Leppin (Hg.), Martin Luther – Biographie und Theologie, Tübingen 2010, S. 211 – 250; vgl. auch A. Beutel (Hg.), Luther Handbuch, Tübingen 2005, S. 91 ff. (D. Korsch). 6 Vgl. O. Bayer, Martin Luthers Theologie, Tübingen 2003, 32007, S. 110 ff.; Luther Handbuch (FN 5), S. 423 ff. (E. Herms). 7 W. Sparn, Art. Zwei-Regimente-Lehre, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 15, Stuttgart 2012, S. 636 – 642. 8 Eine klassische Fassung der drei Traktate De Ministerio Ecclesiastico, De Magistratu Politico, De Conjugio sind die Loci XXIII-XV bei J. Gerhard, Loci Theologici, Jena 1610 – 1622; weitere Editionen der (1625 z. T. ergänzten Fassung) 1657, 1776, 1885). Zum Landesherrlichen Kirchenregiment vgl. den Überblick von H.-W. Krumwiede, Art. Landesherrliches Kirchenregiment, in: Theologische Realenzyklopädie (TRE), Bd. 19, Berlin / New York 1990,
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Deren innerkonfessionelle Bedeutung bestand aber gerade in der Korrelation der beiden Institutionen in Blick auf die cura religionis und ihren Instrumenten, wie Konsistorien, oder auf die Regelung sozialer Praxis, von der Kirchenzucht bis zu den Marktterminen. Die keineswegs seltenen Interessen- und Autoritätskonflikte und die zunächst auch kritikstarke Position der Theologen gegenüber den Obrigkeiten und deren Juristen9 stellte auch im konfessionellen Zeitalter die strukturelle Konstellation, wie sie Luther und Melanchthons Ethik und Politik mit der Drei-Stände-Lehre fixiert hatten, nirgendwo in Frage. 3. Das Thema „Naturrecht und Verfassungsfrage in lutherischen Ethiken und Politiken“ hatte die Absicht, die politiktheoretischen Spielräume in der frühneuzeitlichen staatskirchlichen Situation zu erkunden, über die Programme der fürstlichen Politica christiana und die bald einsetzende theologische Legitimation des Gottesgnadentums hinaus. Sollte Horst Dreitzel ganz zurecht meinen, dass im „politischen Aristotelismus“, zu dem die Lutheraner ja in der Regel zu rechnen sind, das Konzept des Staates als selbständiges soziales System „vor und unabhängig von den Verfassungsformen“ bestimmt und die Verfassungsfrage dann je nach sozialer, ökonomischer, geographischer, mentaler und historischer Situation unterschiedlich beantwortet wurde? Um es vorwegzunehmen: Ich habe diesen „Verfassungsrelativismus“10 der theologisch gerahmten politischen Programme einer strukturell geklärten und befriedeten Konstellation von weltlichem und geistlichem Stand durchweg bestätigt gefunden. So musste ich den Fokus verschieben und fragen, ob und wo die politiktheoretische Offenheit für die konkreten Umstände an ihre Grenzen kam, wo geschichtliche Entwicklung eine Asymmetrie in den Machtverhältnissen aufdeckte oder neue Asymmetrien schuf. Im konfessionell-lutherischen Staat der Frühen Neuzeit konnte das erstens dann der Fall sein, wenn der Staat bzw. der Souverän übergriffig wurde und religiöser Zwang drohte; zweitens dann, wenn in einem Staat mehr als eine Religion öffentlich präsent war oder als solche sogar zugelassen wurde, wo die lutherische Staatskirche also religiöse Alterität ertragen, d. h. politisch akzeptieren musste. Zumal hier traten die (erfüllte) Forderung politischer Toleranz für die eigene Glaubensüberzeugung und politische Toleranz fremder Religionspraxis auseinander und die Versuchung, in Religionsdingen Zwang auszuüben, trat erneut auf. So habe ich das Thema auf das Problem der Toleranz fokussiert: Wie entwickelte sich die Beziehung von NaturS. 59 – 68; zu Gerhard vgl. J. A. Steiger, Johann Gerhard (1582 – 1637), Stuttgart/Bad Cannstatt 1997, bes. S. 229 ff. 9 Als Fallstudien für die konkrete Beziehung von weltlicher Obrigkeit und geistlichem „Dienst“ vgl. R. von Friedeburg, Frömmigkeitspraxis, gemeindliche Sittenzucht und Amtskirche: Die Kirchenzucht des lutherischen Kirchspiels Caldern, Oberhessen, in: H.-J. Nieden / M. Nieden (Hg.), Praxis Pietatis, Stuttgart 1999, S. 257 – 272; W. Sparn, „Christliche Politik“ und fürstliches Kirchenregiment. in: R. Becker (Hg.), Politik – Repräsentation – Kultur. Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth, Stegaurach 2014 (im Druck). 10 H. Dreitzel, Politische Philosophie des Aristotelismus, in: Grundriss (FN 1), § 13, 1, zit. S. 653 und 654.
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recht und staatlichem Religionsrecht im Blick auf die – von einer Religionsgemeinschaft für sich, oder aber vom Staat für andere erfüllte – Forderung der Religionstoleranz? Für diese noch kaum erforschte Fragestellung muss ich mich, noch unter Auslassung der hier wichtigen Quellengattungen der Predigt (Fürstenpredigt, Fürstenspiegel, Leichenpredigt)11 auf dogmatische Quellen beschränken. Ich nehme eine Probe aus dem frühen 17. Jahrhundert und eine aus der Zeit kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg, um abschließend einen Blick auf die neue Situation im Übergang zum 18. Jahrhundert zu werfen. II. Religiöse Toleranz in Johann Gerhards politischer Theorie (1604, 1618) 1. Im April 1604 publizierte der junge Johann Gerhard zehn Disputationen, die er als Adjunkt der Philosophischen Fakultät Jena über je zehn Fragen gehalten hatte: Centuria quaestionum politicarum cum adjuncta Coronide quae continet explicationem [zetematos] an diversae religiones in bene constituta Republ. tolerandae? Diese 144 Seiten 4o umfassende Schrift, die 80 noch mehrmals erschien12, stellt einen neuen Ansatz in der politischen Theoriebildung des Luthertums dar. Das Vorwort deutet das, alters- und genusgemäß, sehr bescheiden an. Neu ist aber die wissenschaftliche, d. h. „methodische“ Konstitution einer Disziplin namens Politica gleich in der ersten Dekade und deren erster Quaestio: Poßitne Politica disciplina certis praeceptis tradi?13 Dadurch erweist sich Gerhard, wie die jetzt auftretende Generation der Lutheraner insgesamt, als Anhänger der methodologischen Innovationen des Paduaner Aristotelismus, speziell Jacopo Zabarellas. Dazu gehörte neben der Trennung der Beweislogik (methodus) von der Dialektik die „systematische“ Strukturierung (ordo) der Realdisziplinen der Ethik und der Politik. Gerhard war zusammen mit dem Helmstedter Henning Arnisaeus 1603/1604 dem entsprechend auch der erste, der nach dem Vorgang von Cornelius Martini der (nun als Ontologie verstandenen) Metaphysik wieder Eingang in den akademischen Unterricht verschaffte.14 Gerhards Analyse des Toleranzproblems im Anhang seiner Quaestiones politicae besteht aus 50 Thesen (die Responsen sind nicht überliefert). Thesen 1 – 3 bekräfti11
Vgl. W. Sommer, Politik, Theologie und Frömmigkeit im Luthertum der Frühen Neuzeit, Göttingen 1999; R. von Friedeburg (Hg.), Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit, Berlin 2001. 12 Jena: Christophorus Lippold 1604. Mir liegt Exemplar der Forschungsbibliothek Gotha vor, das auf dem Titel die Jahreszahl 1604 trägt, sich aber bereits als secunda editio bezeichnet, in der Druckfehler verbessert und ein Inhaltsverzeichnis angefügt seien; eine erste Ausgabe ist bislang nicht gefunden. Horst Dreitzel gibt die Auflage von 1608 als erste an und nennt noch Auflagen von 1663 und 1673, in: Grundriss (FN 1), S. 640 (Nr. 148). 13 Decas II, qu. 1. 14 Vgl. W. Sparn, Die Schulphilosophie in den lutherischen Territorien, in: Grundriss (FN 1), S. 475 – 587, hier 525 f. C. Martinis Text (1597 – 1599, gedruckt 1605) lag Gerhard handschriftlich vor; dessen eigenes Manuskript von 1603/1604, das nicht gedruckt wurde, ist erst vor kurzem in der Forschungsbibliothek Gotha aufgefunden worden. Zu Martini und Arnisaeus vgl. W. Sparn, in: Grundriss (FN 1), S. 557 – 563.
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gen den seit Aristoteles oder Cicero unbezweifelten Grundsatz, dass Religion, d. h. Gottesfurcht und Gottesdienst, die sicherste und wirksamste Grundlage jedes Staatswesens und seiner sittlichen Disziplin sei; an neueren Autoren werden hierfür (und auch später oft) die weit verbreiteten Politiken Jean Bodins und des ebenfalls französischen katholischen Juristen Pierre Grégoire angeführt.15 Wie eine einheitliche Religion das Band des Friedens und der Eintracht darstellt, so schwächen und verderben religiöse Unterschiede den glücklichen Zustand des Staates – darf er religiöse Diskrepanz dulden (th. 4)? Gerhard erinnert an die schrecklichen Religionskriege des 16. Jahrhunderts im größten Teil Europas, sieht aber auch Deutschland von katholischen Scharfmachern bedroht, die die gestellte Frage verneinen und die Todesstrafe für Häretiker fordern (th. 5 – 9). Er erwähnt viele geschichtliche Beispiele religiös verursachten Aufruhrs und schließt aus, dass ein Magistrat das Problem mit speziellen Maßnahmen lösen könne. Denn religiöse Diversität öffnet das Fenster zur völligen Verachtung der Gottheit, zur epikureischen Gleichgültigkeit von „jede Religion“ und „keine Religion“: Man kann aber nicht Gott von ganzem Herzen lieben und zugleich mehrere Religionen, also konträre Gesetze ertragen und fördern (th. 10 – 12). Gerhard hält eben deshalb nichts von der Meinung von Politikern wie Jean Bodin oder Justus Lipsius, den Streit um Religion einfach zu verbieten. Es sei alles andere als gerecht, die Verletzung menschlicher Gesetze zu bestrafen, die Verletzung göttlicher Gesetze aber zuzulassen oder gar zu ehren – utriusque tabulae custos est Magistratus, wie Gerhard mit Ph. Melanchthon feststellt (th. 13 – 18).16 Die folgenden Thesen präsentieren die Gegner der Toleranz, beginnend mit den Katholiken, die den Mord eines häretischen Königs und den Vertragsbruch, z. B. des Luther versprochenen Geleitschutzes billigen, über die biblischen Verbote fremder Religionen bzw. die Alternative, für oder gegen Christus zu sein, bis hin zum Kanonischen Recht (th. 19 – 25). Die Befürworter kommen mit dem Argument zu Wort, dass nicht schon die religiöse Abweichung zu Aufruhr führe, sondern ihre gewaltsam durchgeführte Unterdrückung (Bodin, Philipp Camerarius); Gerhard fügt dem das Beispiel des Türkischen Imperiums, der reichsrechtlichen Toleranz der Synagogen und die seit 1552/1555/1566 geltende pax religiosa hinzu (th. 26 – 31), und er nennt viele Autoren, nicht zuletzt Luther, für die Einsicht, dass keine Obrigkeit zum Glauben des Herzens zwingen könne (th. 32 – 36). Er folgert mit Autoren von Augustin bis J. Calvin und Martin Chemnitz, dass die Kirche die Religion mit Geduld und Leidensbereitschaft, nicht mit Vertreibungen und Blutvergießen zu verteidigen habe (th. 37 – 40).
15 Jean Bodin, De republica libri sex (Leiden 1586; Les six livres de la république, Paris 1576; dt. 1692); Petrus Gregorius Tolosanus, De republica libri sex et viginti, Lyon 1586. 16 Für diese Kontinuität und ihre Veränderungen vgl. noch immer die Analyse von M. Honecker, Cura religionis magistratus Christiani. Studien zum Kirchenrecht im Luthertum des 17. Jahrhunderts, insbesondere bei J. Gerhard, Tübingen 1968.
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Allerdings setzt sich Gerhard mit diesen Gründen contra und pro nicht auseinander, sondern stellt einige „Hypothesen“ auf, die wahr seien oder doch der Wahrheit möglichst nahe kämen. Zuerst stellt er als unbezweifelt fest, dass jedermann seinem Amt entsprechend alles dafür tun müsse, dass die eine, und zwar die wahre Religion, das Band der Eintracht und der Einheit, überall die Herrschaft (dominium) innehabe und dass die weisen Leiter des Gemeinwesens dafür einen Weg zwischen Skylla und Charybdis steuern müssten (th. 42 f.). Dafür schließt er aus, auch Heiden das Heil zuzuschreiben und leichthin verschiedene Religionen und Sekten zu dulden – es sei denn auf Zeit, wenn die Gemeinwesen sich in derart gestörtem Zustand befindet, dass sonst der Staat völlig unterginge. Ohnedies sind vertragliche Vereinbarungen auch mit Häretikern auf jeden Fall einzuhalten (th. 45 – 47). Gerhard greift die Unterscheidung zwischen stillen, d. h. am öffentlichen Kult teilnehmenden Anhängern von Häresien und deren unruhestiftenden Verbreitern auf: Erstere sind in der Hoffnung auf Bekehrung und um der pax publica willen zu dulden; turbones müsse man, wenn wiederholte brüderliche Ermahnungen nichts fruchten, ausweisen (auch hier in Analogie zur ärztlichen Kunst). Es gehe aber klar zu weit, wie sogar Lipsius fordere, diese Krankheit mit Feuer und Schwert zu bekämpfen: Die Schärfe des mosaischen Gesetzes wird durch Christus gemildert (th. 48 – 50).17 2. Gerhard positioniert sich sichtlich zurückhaltend; nicht wenige Fragen überlässt er hier ausdrücklich weiterer Untersuchungen. Selbstverständlich lehnt er die römisch-katholische Verknüpfung von kirchlichen und staatlichen Sanktionen ab, der Zwei-Regimente-Lehre folgend; als Philosoph enthält er sich sogar der Nennung falscher Religionen und häretischer Sekten, weil das Sache des geistlichen Amtes sei. Deutlich ist vor allem, dass die Frage der staatlichen Toleranz fremder und die öffentliche Stellung der eigenen Religion als religio dominans überhaupt nicht mit der Frage der Verfassung verbunden wird, weder bei der Diskussion der drei Staatsformen, noch beim Votum für die Monarchie als der vorzüglichen Form18, noch auch in der Frage der Ursachen staatlicher Umwälzungen oder der Frage des Tyrannenmords. Die Frage, ob man dem Inhaber der Majestätsrechte aus religiösen Gründen widerstehen dürfe, wird verneint, wenn dieser die Religion frei lasse – sonst ist Flucht oder eben Leiden angezeigt; für Privatpersonen ist ein Widerstandsrecht generell ausgeschlossen.19 Die Frage der Toleranz abweichender Religion wird ganz und gar der Regierungsklugheit der legitimen Regierung, wie immer sie verfasst ist, in den obwaltenden Umständen zugewiesen. Das gilt auch für die Toleranz des Judentums – Gerhard votiert mit dem Reichsrecht gegen die (vor allem apokalyptisch mo-
17 J. Gerhard zitiert (ohne Angabe) Lk 9,54 f, wo Jesus seine Jünger, die das ihn ablehnende Samariterdorf zerstört sehen wollen, zurechtweist: „Wisst ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?“. 18 Decas I, qu. 6 s. 19 Decas X, qu. 6 s. Vgl. M. Scattola, Art. Widerstandsrecht, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 14, Weimar 2011, Sp. 1065 – 1073, bes. 1066 ff.
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tivierte) Intoleranz Luthers.20 Gerhards Option für die Monarchie meint den väterlichen princeps, dessen wünschbare Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit und Milde er dem machiavellistischen Profil kontrastiert. Dem entsprechend wird die Frage, ob der Fürst legibus absolutus sei, im Blick auf das göttliche und natürliche Gesetz verneint, aber im Blick auf die bürgerlichen Gesetze, die er je nach Lage wie ein Vater und ein Arzt anpasst oder gibt, bejaht. Und als Hüter der lex divina, wie Gerhard wieder mit Melanchthon sagt, muss ihm der cultus divinus besonders am Herzen liegen.21 Gerhards zugegebenermaßen unfertige Thesenreihe diente nicht zuletzt der Aneignung der aktuellen, konfessionsübergreifenden Diskussion über die Spielräume legitimer politischer Ordnung. Verglichen mit Ethiken der vorigen Generation erreicht sie damit einen neuen, explizit politiktheoretischen Diskussionsstand. Dagegen hatten etwa die Regulae vitae des Melanchthon-Schülers David Chyträus, eine mit dem Dekalog verknüpfte Pflichten- und Tugendlehre, die politische Ordnung im Rahmen der zweiten Tafel und hier des 4. Gebotes behandelt und lediglich als Pflichten der Magistrate und der Untertanen behandelt. Wie die iusticia uniuersalis überhaupt begründete Chytraeus das Verteidigungsrecht der Untertanen gegen obrigkeitliche Verstöße gegen die beiden Tafeln das göttlichen Gesetzes naturrechtlich, ohne dass er Überlegungen zur politischen Ordnung angestellt oder das Problem religiöser Toleranz auch nur aufgegriffen hätte.22 Gerhards Thesenreihe thematisiert dieses Problem immerhin als Anhang und versucht, die religionspolitisch mögliche bzw. unvermeidliche Praxis lutherischer Ständestaaten im Gegenüber zum Calvinismus und zum Katholizismus zu legitimieren. Dasselbe Ziel verfolgte nun auch sein Jenaer Kollege Thomas Sagittarius und eine ganze Kohorte von Philosophen, Juristen und Theologen in Wittenberg (Jakob Martini, Balthasar Meisner), Helmstedt (Henning Arnisaeus, Hermann Conring) und Altdorf (Philipp Scherb, Michael Piccart).23 20 Decas IX, qu. 1. Grundsätzlich gilt: Constitutae leges cujusque provinciae, ac subditorum mores, itemque regiminis status respiciendus. Decas II, qu. 2. 21 Decas III, qu. 4. Gerhard charakterisiert hier die (materiell mit dem göttlichen Gesetz identische) Naturae Lex: quam non accepimus, sed ex ipsa Natura arripuimus, hausimus, expreßimus; ad quam non docti, sed facti, non instituti, sed imbuti sumus. 22 D.Chytraeus, Regulae Vitae. Virtutum descriptiones methodicae, in: Academia Rostochiana propositae (1554), Leipzig 1566, K5; Definition der politischen Ordnung ebd. G5. 23 T. Sagittarius, Disputationes politicae extraordinariae, Jena 1605. Vgl. Sparn (FN 14), S. 528 f.; J. Martini Politica in genuinam Aristotelis methodum redacta, Wittenberg 1630; B. Meisner, Dissertatio de legibus, Wittenberg 1616; ders., Tertia pars Philosophiae sobriae, in qua problemata Ethica et Politica, in controversiis Papisticis subinde occurentia, studiose discutiuntur, Wittenberg 1623. Vgl. Sparn (FN 14), S. 504 ff.; Dreitzel, in: Grundriss (FN 1) § 19, hier S. 841 ff.; H. Arnisaeus, Disputationes politicae, Helmstedt 1605; De jure majestatis libri tres, Frankfurt/Oder 1610. Vgl. Dreitzel, in: Grundriss (FN 1), § 13; Ph. Scherb: Theses politicae. Nürnberg 1602; ders., Discursus politici in Aristotelis de Republica libros, Frankfurt 1610; M. Piccart, Excerpta politica, Nürnberg 1607; ders.: Obervationes historico-politicae, Amberg 1613/1616. Vgl. W. Mährle, Academia Norica, Stuttgart 2000, S. 316 ff., 443 ff.; Sparn (FN 14), S. 504 ff., 562 ff.; ders., Aristotelismus in Altdorf, in: H. C. Brennecke u. a. (Hg.), Akademie und Universität Altdorf, Köln / Weimar / Wien 2011, S. 121 – 150. Am weitesten entfernte sich die (neu)platonisch und hermetisch inspirierte Politik der Tübinger
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3. Die religionspolitischen „Hypothesen“ von J. Gerhard gingen in seine Loci theologici, v. a. in den Locus XXIV De magisterio politico (1617/1618) ein. Interessant ist nun, ob und wie er seine Zurückhaltung in der Verfassungsfrage angesichts der inzwischen veränderten und sich zuspitzenden religionspolitischen Lage modifiziert. Im Reich wurde die Toleranzfrage neu virulent durch die Verschärfung des konfessionspolitischen Antagonismus, die auch durch die jesuitische Publizistik betrieben wurde, indem sie den Religionsfrieden von 1552/1555 infrage stellte. Innerhalb des Protestantismus wurde die Toleranzfrage seit 1613 neu aufgeworfen, weil die Konversion des brandenburgischen Kurfürsten Johann Sigismund zum reformierten Protestantismus den lutherisch bleibenden Untertanen den obrigkeitlichen Schutz zu entziehen drohte; die reformierte „Irenik“ wollte denn auch nachweisen, dass die Reformierten bessere Augsburger Religionsverwandte seien als die vom römischen Aberglauben nicht ganz freien Lutheraner. Wie viele Lutheraner wandte sich auch Gerhard gegen diese Bedrohungen, im Kontext der Frage, wie die Obrigkeit die Frömmigkeit der Untertanen und deren Grundlage, die wahre Religion, befördern sollte.24 Gerhard reagiert auch auf die neue Herausforderung nicht damit, dass er die Verfassungsfrage aufwirft. Schon vor der Behandlung des Zwecks und der Wirkungen des Magistrats, wozu die genannte Frage gehört, hatte er festgestellt, dass nur das regimen politicum als solches eine göttliche Stiftung sei und die göttliche Gesetzgebung dafür dem universalen Naturrecht entspreche, die forma regiminis politici dagegen dem Völkerrecht zugehöre; ebenso, dass die potestas politica, mit der jeder Magistrat als solcher von Gott ausgerüstet sei, an die Gesetze und Normen einer übergeordneten potestas gebunden, also nicht absolut sei.25 Damit ist für das Verhalten von christlichen Magistraten gegenüber anderen Magistraten schon festgelegt, dass (Verteidigungs-)Bündnisse auch mit Staaten anderer Religion möglich sind und dass auch ihnen gegenüber Vertragstreue unabdingbar ist; allgemeiner: conversatio politica et civilis a spirituali communione distinguenda.26 Die natur- und völkerrechtlichen Regelungen auch im Blick auf den politischen Umgang der konfessionellen Staaten: Verteidigungsbündnisse sind möglich, Vertragstreue ist auch mit Häretikern Pflicht; keine militärische Intervention aus religiösen Gründen; nur Selbstverteidigung ist legitim. Denn auch mit Häretikern besteht natur- und völkerrechtliche juris communio.27 Gruppe um Christoph Besold und Johann Valentin Andreae, vgl. Dreitzel, in: Grundriss (FN 1), § 13, 2 (659 – 663), § 14, (688 – 693). 24 Gerhard, Loci (FN 8), loc. XXIV, §§ 165 – 212; gegen die These, das Trienter Konzil habe den Augsburger Religionsfrieden aufgehoben, ebd. §§ 174, §§ 201 – 209; gegen die Forderung der gegenseitigen Tolerierung oder sogar eines „Syncretismus“ von Reformierten und Lutheranern ebd. § 200. Vgl. C. V. Witt, Protestanten. Das Werden eines Integrationsbegriffes in der Frühen Neuzeit, Tübingen 2011, S. 39 ff. 25 Gerhard, Loci (FN 8), §§ 38 – 45; § 117 – 139 (gegen Jean Bodin §§ 120 ff.). 26 Ebd. §§ 153 – 159, Zit. § 157. 27 Ebd. §§ 209, § 211, Zit.
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Ganz unabhängig von der Verfassungsfrage betont Gerhard auch im Kontext der Bestimmung des Zwecks des legitimen Magistrats dessen Pflicht zur cura religionis im Blick auch auf die Erste Tafel des Dekalogs und die Kooperation von geistlichem Dienst und politischer Macht für den öffentlichen Kultus. Doch geht er nicht so weit wie niederländische Remonstranten, sondern behält die Aufgaben des geistlichen Amtes (cultus internus: Predigt mit Lehrautorität, Sakramentsspendung, Seelsorge mit potestas clavium) ausschließlich diesem vor. Das hindert jedoch keineswegs die Zusammenarbeit von „Hand“ und „Mund“ im Staat: die durch das geistliche Amt beratene obrigkeitliche Sorge für die externa ecclesiae politia. Das besagt die Ausbildung, Berufung und Finanzierung von Pfarrern, die den äußeren Kultus betreffende Kirchengesetze, Verwaltung der Kirchengüter, Visitationen und Synoden.28 Die Obrigkeit wird gut episkopalistisch als Christianus magistratus, als praecipuum ecclesiae membrum et caput reipublicae, in qua est ecclesia beansprucht, und zwar einschließlich ihrer religiösen Urteilsfähigkeit, die sie – wie alle Glieder der Kirche – aus der Lektüre der Schrift und im Gespräch darüber erwerben kann und muss(!). Der römische Einwand, so würden kirchliche und politische Aufgaben vermischt, wird natürlich abgewiesen, aber ebenso der calvinistische Einwand gegen die lutherische Forderung eines Religionseides der politischen Amtsträger.29 Auch wenn die Obrigkeit nur wahrnimmt, was der ganzen Kirche anbefohlen ist, so liegt die Pointe ihrer pastoralen Kompetenz darin, dass sie nicht nur der Erhaltung der wahren Religion dient, sondern auch ihrer Wiederherstellung in Zeiten der Verwirrung, des status ecclesiae turbatus. Hier muss die Obrigkeit wie ein Arzt, der verlorene Gesundheit wiederherstellt, piae reformationes anstellen, und sie muss das notfalls auch ohne das geistliche Amt tun, wenn dieses selber depraviert ist; und sie kann es, nämlich am Maß der Heiligen Schrift und nach dem Vorbild der Könige Israels, die Irrende aufgespürt, Verführer bestraft und Götzendienst abschafft haben. Für den kritischen Fall rekurriert Gerhard also auf die religiöse Kompetenz der Obrigkeit, die als solche zur situationsgerechten Regierungsklugheit ermächtigt und verpflichtet ist. Auf diese Doppelrolle bezieht Gerhard nun das Problem der innerstaatlichen Toleranz religiöser Abweichung, versteht es also als die Duldung des kleineren Übels um des größeren Guts des öffentlichen Friedens willen.30 Auf dieser Grundlage folgert er: Die Obrigkeit darf keinen Glaubenszwang ausüben (gegen die römische Praxis); sie muss Disputationen über Religionsfragen zulassen (gegen Jean Bodin); sie darf häretische Schriften nicht ohne weiteres verbieten; der Magistrat darf unter Umständen und auf Zeit mehrere Religionen als kleineres Übel tolerieren. Die Gründe für diese regierungskluge Toleranz sind teils po28 Gerhard, Loci (FN 8), §§ 178 f, §§ 183 – 194; die Verpflichtung auf beide Tafeln des Dekalogs schon §§ 27 – 31 u. ö. 29 Ebd. § 173, § 175, § 178. Das obrigkeitliche Vermögen des judicium de religione et fidei articulis omnibus verteidigt Gerhard zumal gegen Robert Bellarmin, § 175, § 182. Zur reichsverfassungsrechtlichen Begründung vgl. C. Link, Art. „Episkopalismus/Episkopalsystem, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RRG4), Bd. 2, Tübingen 1999, Sp. 1375 f. 30 Ebd. § 181, § 195 – 197; § 210.
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litische und kontingente, wie eine durch leges fundamentales oder Teilhabe an der Macht beschränkte potestas politica oder ein status reipublicae turbatus, in dem Aufstände drohen. Es handelt sich aber auch um strukturelle, theologisch verifizierbare Unterscheidungen wie der zwischen privater Einstellung und öffentlicher Religionsausübung oder Blasphemie, oder der zwischen Duldung und Billigung. Gerhard führt, an erster und an letzter Stelle, auch zwei spezifisch theologische Gründe für die Einschränkung der an sich wünschbaren religionspolitischen Intoleranz an: Ein gänzlich christliches Gemeinwesen sei im irdischen Leben nicht zu erhoffen, und die gewaltbewehrte Härte im Alten Testaments sei durch das Neue Testament ermäßigt worden.31 Gerhards Votum zielt auf einen dem öffentlichen Frieden dienenden Mittelweg zwischen gewalttätiger Unterdrückung abweichenden Glaubens und einer quarumvis religionum libertas.32 III. Theophil Lessings Traktat über die Toleranz der Religionen (1669) 1. Im Jahr 1669 verteidigte der Jurastudent Theophil Lessing in der Philosophischen Fakultät Leipzig eine Disputatio politica de religionum tolerantia; diese laut Vorwort von ihm selbst verantwortete Thesenreihe blieb zufällig erhalten und liegt jetzt, mit Übersetzung versehen, gedruckt vor.33 Theophil Lessing, Großvater von Gotthold Ephraim, machte nach seinem Studium Karriere in Kamenz in der Lausitz, wo ihn der Enkel noch kennen lernte. Der akademische Befähigungsnachweis umfasst Kap. I, das die Begriffe magistratus, tolerantia, religio erläutert; Kap. II ermittelt den status controversiae; Kap. III beweist die affirmative Antwort des Autors; Kap. IV widerlegt die gegenteilige Meinung. Die insgesamt 71 Thesen zeichnen sich durch klaren Aufbau, stringente Argumentation und rhetorische Präzision aus. Es ist offensichtlich, dass dieser Lutheraner eine veränderten Situation repräsentiert, schon in seine Feststellung der Streitsache: „Darum geht es: Soll die Obrigkeit die Untertanen, die einer anderen Religion angehören als sie selbst, durch Drangsalierung, Vertreibung, Krieg, Schwert und Hinrichtung entweder ausrotten, vernichten oder zur eigenen Religion nötigen? Oder soll sie aus Gründen des öffentlichen Friedens sie vielmehr dulden, zumal wenn das die öffentlichen Grundgesetze so wollen oder wenn Gefahren und Übel anstehen? [Dies] bejahe ich.“34 Aus der bösen Erfah31
Ebd. § 198 f.; die Einschränkungsgründe § 200. Die Ablehnung der Todesstrafe für Häretiker als solche (§ 196) wird in dem die Zweite Tafel betreffenden Teil gegen die Päpstlichen und gegen einige Calvinisten ausführlich begründet, auch im Falle Servets, §§ 314 – 367. 32 Ebd. § 165, § 199 f, Zit. § 200 (quidvis credendi libertas § 199). 33 T. Lessing, Disputatio politica de Religionum tolerantia, Leipzig 1669, hg. v. G. Gawlick / W. Milde, Göttingen 1991. 34 Th. 12. Sed hoc quaeritur (7.) an Magistratus dissentientes a se in religione subditos suppliciis, exilio, bellis, ferro, et caedibus vel exscindere, delere, vel ad suam religionem redigere debeat? An vero pacis publicae causâ eos tolerare, volentibus praesertim publicis Regni Constitutionibus, aut impendentibus periculis ac malis? Aff. Lessing (FN 32), cap. II, th. 12 (S. 42).
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rung der Religionskriege und des Dreißigjährigen Krieges entnimmt Lessing ausdrücklich ein allgemein gültiges Argument für seine These.35 Den theoretischen Aspekt der veränderten Situation deuten zwei Namen an, die das Vorwort nun ohne Anstoß für sich anführen konnte: Hugo Grotius (De jure belli ac pacis libri tres, 1625) und Christoph Besold (Collegium politicum, 1614). Lessing lässt sich von Besold ältere Autoren zum Thema nennen: J. Gerhard, den Altdorfer Juristen Philipp Camerarius, den reformierten Philosophen Bartholomäus Keckermann. Besolds These von 1625, das Naturrecht begründe, conscientia libera zu haben und zu glauben, was man wolle, wird freilich nicht ausgesprochen.36 Anders Grotius, dessen Lob schon der philosophische Lehrer Lessings (und S. Pufendorfs und G. W. Leibniz’), Jacob Thomasius, trotz kritischer Einwände der Theologen gesungen hatte.37 Ihn führt Lessing gleich beim ersten Argument an: „Alles, was zum Völkerrecht gehört, muss geduldet werden. Nun gehören die Religionen zum Völkerrecht. Also sind die Religionen zu dulden.“38 Allerdings kann sich Lessing tatsächlich nur auf alte Quellen berufen, die Grotius aufgeboten hatte, Pomponius in den Digesten, Sokrates bei Xenophon. Grotius argumentierte selber keineswegs für Toleranz, sondern für die Bestrafung von Atheisten, die sich der doch „natürlichen“ Religion und damit einer unabweislichen Verpflichtung entziehen. Lessings eigene Pointe, so scheint es, ist das Verständnis religiöser Praxis nicht nur als soziale Pflicht, sondern auch als individuelles Recht, als politisch einklagbares Naturrecht. 2. Damit rückt Lessing der (unausgesprochenen) These Besolds nahe – von dem er dennoch durch einen tiefen Graben entfernt steht. Zwar sympathisiert Lessing, wie seinerzeit Besold, J. Gerhard und Johann Valentin Andreae, der Verfasser der „Christianopolis“ (1619), mit der mystisch verinnerlichten Frömmigkeit eines Johann Arndt39 ; er stellt aber, wie auch Gerhard, die staatliche cura religionis im Blick auch auf die Erste Tafel des Dekalogs nicht als solche in Frage. Wie konservativ er bleibt, zeigt seine Eingrenzung des Themas. Außer Frage steht ihm, dass die Obrigkeit nicht berechtigt ist, 1. konfessionellen „Synkretismus“ einzuführen (gemeint 35
Ebd. cap. III, th. 8 s. (S. 43 f.). Iuris Naturalis est, conscientiam liberam habere et credere quicquid velis, C. Besold, Dissertatio politica-juridica de majestate, Tübingen 1625, sectio II. De ecclesiastico majestatis iure, cap. 1, § 35. Vgl. Dreitzel, in: Grundriss (FN 1), S. 659 – 663; R. von Friedeburg, Lutherische Unverfügbarkeit des Glaubens und Juridifizierung des Naturrechts, in: Rechtsgeschichte 19 (2009), S. 33 – 61. 37 J. Thomasius, Philosophia practica continuis tabellis comprehensa, Leipzig 1661, 21667; Reprint 41682 in: Gesammelte Schriften Bd. I, Hildesheim u. a. 2005 (Einleitung von M. Gierl / H. Jaumann / W. Sparn), Tab. XLIV [recte: XLIX], lin. 47ss. 38 Quaecunque sunt juris gentium, illa sunt toleranda. Atqui Religiones sunt juris gentium. Ergo Religiones sunt tolerandae: Lessing (FN 32), cap. III, th. 2 (S. 43); Hugo Grotius, De Jure Belli ab Pacis, lib. II, cap. XX, § LXVI, 3. 39 Zu Johann Arndt in diesem Zusammenhang vgl. H. Geyer, Verborgene Weisheit. Johann Arndts „Vier Bücher vom Wahren Christentum“ als Programm einer spiritualistisch-hermetischen Theologie, Berlin / New York 2001, S. 53 ff. 66 ff.; M. Brecht, Johann Valentin Andreae, Göttingen 2008, S. 45 – 50 u. ö. 36
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sind zweifellos die Anstrengungen für eine kirchliche Union zwischen Lutheranern und Reformierten seitens Helmstedter und Rintelner bzw. der brandenburgischen und hessen-kasselischen Theologen40); 2. der Religion gegenüber sich gleichgültig zu verhalten, wo sie doch custos und princeps utriusque tabulae des göttlichen Gesetzes ist; 3. die Untertanen religiös zu leiten, was vielmehr Aufgabe der berufenen Pfarrer ist (Lessing fordert hier, ohne den Terminus Zwei-Regimente-Lehre, die Unterscheidung von geistlichem und weltlichem Amt ein); 4. über Glauben zu verfügen, die Religion zu wechseln oder eine neue einzuführen, was nicht einmal die Kirche darf; 5. mehrere, diskrepante Religionen zuzulassen, da sie nicht zugleich wahr sein können; 5. jedem, woher er auch komme, die libertas religionis zu gewähren.41 Das alles hatte J. Gerhard auch gesagt, und wie Gerhard fußt auch Lessing auf der doppelten Überzeugung, dass Religion das Fundament jeder Gesellschaft sei und dass nur eine einzige Religion bzw. Konfession die wahre sein könne. Diese Auslegung der staatlichen cura religionis hatten auch die Leipziger Lehrer Friedrich Wilhelm Leyser (im Blick auf die Existenz nur einer wahren Religion) und J. Thomasius (die staatliche Obrigkeit als imperium in cives) vertreten.42 Die Festlegung des jus reformandi auf den Erhalt des lutherischen status confessionis sichert Lessing mit der Tradition auch methodisch: Die Streitfrage sei ein quaestio mixta, der Philosophie und der Theologie zugehörig. Lessing muss daher, wenn er sich keiner Metabasis schuldig machen will, offenbarungstheologische Argumente für den konfessionellen Status quo grundsätzlich akzeptieren; direkt kann er sie nur durch tendenziöse Auswahl beeinflussen. Das tut er denn auch, indem er alttestamentliche Belege für religiöse Intoleranz historisch (nicht theologisch, wie Gerhard) als nicht aktuell bezeichnet.43 Aber Lessing geht weiter: Die Bibelstellen, die er gegen eine miscella religionis tolerantia anführt (1.Kön 18, 21; Lk 11, 23), könnten ja gegen seine Toleranzthese aufgeboten werden – solange man davon ausgeht, dass das Naturrecht dem positiven Willen Gottes nicht widerspricht. Also relativiert Lessing den Tatbestand, dass Gott fremde Religionen nicht geduldet haben wollte und deren Duldung durch israelitische Könige geahndet hat, indem er, wiederum traditionell, unterscheidet zwischen turbones und errones in der Religion: Die bloß Irrenden, die keine Sekten bilden und die Gesetze achten, müssen geduldet werden: cum fides sit suadenda non imperanda. Unruhestifter dagegen mögen vertrieben werden, die öffentlichen
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Zu den Religionsgesprächen, die diesem Ziel dienten (Kassel 1661, Berlin 1662/1663) vgl. I. Dingel, Art. Religionsgespräche IV, in: Theologische Realenzyklopädie (TRE), Bd. 28, Berlin / New York 1997, 4.2, hier S. 666 f.; Witt (FN 23), S. 159 ff.; zum konfessionsrelativierenden Synkretismus vgl. C. Markschies, Art. Synkretismus V., in: TRE, Bd. 32 (2001), S. 538 – 552, bes. 544 f. 41 Lessing (FN 32), cap. I, th. 4 – 9 (S. 41 f.). 42 Ebd., cap. I, th. 27 (S. 40); cap. I, th. 10 (S. 38), mit Verweis auf J. Thomasius, Philosophia practica (FN 36), tab. XL. 43 Lessing (FN 32), cap. I, th. 4 – 6; cap. IV, th.10.
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Gotteslästerer auch mit Gewalt, wie Lessing mit Dietrich Reinkingk sagt44 – um dann wie seinerzeit Gerhard hinzuzufügen, dass, wenn auch das nicht möglich sei, man „der Zeit“ ein wenig nachgeben müsse.45 Das Neue an Lessings Argumentation ist bislang nur, dass sie die Möglichkeit einführt, die gegebenenfalls unvermeidliche innerstaatliche Pluralität von Religionen nicht ausschließlich der Regierungsklugheit der (lutherischen) Obrigkeit zuzubilligen, indem sie das bestehende Landesherrliche Kirchenregiment völkerrechtlich relativiert. Zwar realisiert er, im Kontext der Religionspolitik der lutherischen Territorialstaaten, diese Möglichkeit materiell völlig konservativ; aber die offenbarungstheologisch, man könnte auch sagen: heilsgeschichtlich begründete Exklusivität des konfessionellen Wahrheitsanspruchs tritt zurück. Das lässt der unspektakuläre Satz: Deus diversas religiones in utroque Test[amento] prohibuit quoad approbationem concedo; quoad tolerantiam nego46, an der Neutralisierung des Unterschieds zwischen Altem und des Neuem Testament erkennen. Doch hat auch diese Möglichkeit einen traditionalen Aspekt: den schon bei Gerhard festgestellten Verzicht darauf, die Frage der cura religionis und damit der Toleranz abweichender Religiosität auf der Ebene der Verfassung politischer Herrschaft zu stellen – jedenfalls solange die Obrigkeit nicht den Eindruck macht, sie dulde religiöse Alterität nicht nur klugerweise, sondern anerkenne und billige sie.47 3. Gleichwohl verschiebt sich der Akzent gegenüber Gerhard, wenn Lessing das Recht zur Toleranzgewährung in geringerem Maß auch untergeordneten Obrigkeiten, in vollem Maße nur der obersten Gewalt, der majestas zubilligt.48 Der zweite, politische Beweis für Lessings Toleranzthese lässt das noch deutlicher erkennen: Die Duldung von Religionen bringe weitaus größeren Nutzen als ihre Unterdrückung. Lessings Vernunftargument dafür behauptet, dass religiös Dissentierende dennoch durch ein Band der Eintracht im Blick auf die communis Reipublicae salus verbunden seien; das Erfahrungsargument erinnert daran, dass Duldung Frieden brachte, Verfolgungen dagegen grausamsten Kriege verursacht habe. Lessing klassifiziert dies als allgemeine Erfahrung, nennt tatsächlich aber „unser teuerstes Vaterland“ im Unterschied zu den Niederlanden und Frankreich49 ; seine Perspektive ist also die des Reiches und dessen im Westfälischen Frieden von 1648 erneuerte (und jetzt auch den Reformierten zugebilligte) Religionstoleranz. Auch wenn er dieses Ereignis nicht eigens erwähnt und den Beweis aus den Folgen der politischen Toleranz 44 D. [Theodor von] Reinkingk, Tractatus de Regimine Seculari [et] Ecclesiastico, Gießen 1619, Frankfurt 61659: ebd., cap. IV, th. 6: zu Reinkingks u. a. „christlicher Policey“ vgl. Dreitzel, in: Grundriss (FN 1), S. 684 – 687. 45 Ebd., cap. IV, th. 2 – 13; …tempori non nihil cedendum, th. 6. 46 Ebd., th. 11. 47 Ebd. th. 6, th. Interim providendum, ne non solum tolerari, verum probari etiam videantur: ebd., cap. IV, th. 7; th. 14 – 16. 48 Ebd. cap. I, th. 15 f. 49 Ebd., cap. III, th. 4 – 12, hier mit Jean Bodin, De republica libri sex (lat. 1685), lib. IV, cap. VII (ebenso im Vorwort).
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bzw. Intoleranz religiöser Diversität nur als hypothetischen führt, wertet er das Gut politischen Friedens höher als konfessionellen Homogenität: …quia major utilitas praeferenda est minori, si qua[!] ex sublatione religionum speranda.50 Den Einwand, dass Religionenduldung enorme Übel zur Folge habe, pariert Lessing nicht nur mit dem Argument, dass dies Intoleranz nur dann begründe, wenn jene Übel per se folgten – und selbst dann seien sie doch nicht so groß wie die, welche aus non-tolerantia oft genug entstanden seien.51 Trotz dieses sehr klaren Votums für die politische Pazifizierung religiöser Diskrepanz bleibt Lessing noch dem konfessionellen Paradigma der Verflechtung von Politik und Religion verbunden. Sein naturrechtliches Argument für Toleranz ist nicht wirklich das grotianische, das ja der summa potestas circa sacra deutlich mehr Befugnisse zuerkennt als die lutherisch verstandene cura religionis. Aber auch abgesehen davon wird sein Argument dadurch paralysiert, dass sein Begriff von „Religion“ äquivok bleibt: Der Religionsbegriff ist die theologisch und auch philosophisch im blinden Fleck liegende Schranke des Lessingschen Toleranzkonzepts. Wie im Terminus „Konfession“ überlagern sich im (äquivalent gebrauchten) Terminus „Religion“ deskriptive Momente mit partikularem Gehalt und normative, mit universalem Anspruch verknüpfte Momente; sie verschleiern ihren Status gegenseitig. Natürlich kennt auch Lessing den allgemeinen, ciceronianischen Begriff von Religion; dieser bleibt als „profaner“ jedoch außerhalb der Argumentation. Das entspricht der damaligen theologischen Religionshermeneutik, die Religion und Kultus ebenfalls als ein universales Datum unterstellte, diese „natürliche“ Theologie aber der allein normativen „offenbarten Gotteserkenntnis“ als unvollkommene und fehlerhafte Vorstufe zu- und unterordnete.52 Lessing akzeptiert (noch) das Monopol der vera ratio colendi Deum, d. h. seines Luthertums auf die Bestimmung dessen, was als „falsche“, als „abergläubische“, als „eigentliche“ Religion zu gelten hat.53 Der völkerrechtlich universale Religionsbegriff der These Lessings hat also keinen Einfluss auf den konfessionellen Exklusivismus, der in der Ablehnung jeglichen „Synkretismus“ und in der Entgegensetzung der wahren Religion gegen alle anderen Religionen außerhalb und innerhalb der Kirche zutage tritt. Lessing nennt diese anderen, über Gerhard hinausgehend, sogar beim Namen: Heiden, Mohammedaner, Juden, Katholiken, Calvinisten, Sozinianer, Arminianer, Anabaptisten, Weigelianer usw.54 Trotz ihres religionstheoretischen Defizits für die Begründung von religiöser Toleranz lässt Lessings These aber erkennen, dass sich eine neue Konstellation anbahnt – eine Konstellation, die sich bald als Epochenschwelle erweisen sollte. Schon 50
Lessing (FN 32), cap. IV, th. 6. Ebd., cap. II, th. 11; cap. IV, th. 14 s. 52 Ebd. th. 24; zur damaligen, in allen drei Konfessionen im wesentlichen gleiche Religionshermeneutik (erst im 20. Jahrhundert wurde die natürliche Theologie in der protestantischen Theologie perhorresziert) vgl. W. Sparn, Art. Natürliche Theologie, in: TRE, Bd. 24 (1994), S. 85 – 98. 53 Ebd., cap. I, th. 23 – 31, mit P. Leyser, Trifolium verae religionis, Wittenberg 1664. 54 Ebd., cap. I, th. 26; cap. IV, th. 24 – 29. 51
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zwei Jahre vor der Disputation in Leipzig war der Jenenser Johann Musaeus gegen den (später so genannten) Deismus aufgetreten und hatte Herbert von Cherbury wegen dessen rational konzipierten „natürlichen Religion“ kritisiert: Eine solche Vernunftreligion neutralisiere die Konkurrenz der Konfessionen dadurch, dass sie jeglichen auf Offenbarung rekurrierenden Wahrheitsanspruch unterlaufe.55 Diese (sachlich richtige) Kritik war allerdings noch dem alten Konzept der natürlichen Theologie verpflichtet und führte aus dem Dilemma nicht heraus. Doch überwand Musaeus zehn Jahre nach Lessings Disputation deren Defizit, indem er den Religionsbegriff aus der offenbarungstheologischen Vereinnahmung löste und in universaler Fassung (bezogen auf das Glücksstreben aller Menschen) in die Prinzipien der lutherischen Theologie einführte.56 Seine theoretisch anspruchsvolle, aber strikt praktisch orientierte Dogmatik von 1679 war es nicht zuletzt, die der nächsten Generation ermöglichte, sich dem (konfessionskritischen) Pietismus und dem (säkularen) Naturrecht der frühen Aufklärung zu öffnen; führend wirkte dabei der neben Christian Thomasius und August H. Francke seit 1693 in Halle lehrende Johann Franz Budde. IV. Naturrecht und Religionspolitik bei Johann Franz Budde (1697, 1723) 1. Der Weg aus der bloß regierungsklug ermäßigten Intoleranz des konfessionellen Zeitalters blieb denjenigen Zeitgenossen verschlossen, die sich einem universalen, religionstheoretisch deskriptiven Religionsbegriff verweigerten und der darauf beruhenden naturrechtlichen, also normativen Toleranzforderung sich widersetzten. Theophil Lessings Versuch, die politische Toleranz abweichender Religion völkerrechtlich zu fordern und zugleich im Rahmen einer lutherischen Politica Christiana zu begründen, blieb inkonsistent, obwohl er ja an Initiativen direkt (Chr. Besold) oder indirekt (Bartholomäus Keckermann, Hermann Conring) anknüpfte, in denen die Asymmetrie zwischen Naturrecht und Konfession dadurch gemildert werden sollte, dass sie das staatlichem Religionsrecht nicht auf die spezifisch christliche, sondern auf die „natürliche“ Religionspraxis bezogen und entsprechend das Naturrecht nicht mehr aus dem Dekalog legitimierten.57 Sie halfen Lessing offenbar nicht weiter, weil sie innerhalb des heilsgeschichtlichen Interpretationsrahmens des Naturrechts blieben. Das gilt auch und erst recht von Veit Ludwig von Seckendorffs Naturrechtsent55
J. Musäus, Disssertatio theologica de quaestione, an ductu luminis naturae sive principiorum rationis, homo ad salutem aeternam pertingere possit? Jena 1667 u. ö.; u.d.T.: Examen Cherburianismi, Wittenberg 1708, 31730. Musäus war auch der erste lutherische Theologe, der sich mit den Thesen R. Descartes’ und B. Spinozas auseinandersetzte, vgl. W. Sparn, Formalis atheus? Die Krise der protestantischen Orthodoxie, gespiegelt in ihrer Auseinandersetzung mit Spinoza (1984), in: ders., Frömmigkeit, Bildung, Kultur. Theologische Aufsätze I, Leipzig 2012, S. 253 – 291. 56 Introductio in Theologiam, Jena 1679 u. ö. Vgl. T. Mahlmann, Art. Musäus, Johannes (1613 – 1681), in: RGG4, Bd. 5 (2002), Sp. 1592. 57 Dreitzel, In: Grundriss (FN 1), S. 659 – 672.
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wurf (Teutscher Fürsten-Staat, 1656), den Lessing, obwohl er ihn so gut wie sicher kannte, nicht einmal erwähnt.58 Die nicht nur von positiver Religion, sondern auch von historischer Hermeneutik gänzlich unabhängige rationale Begründung des Naturrechts durch Samuel Pufendorf (De iure naturae et gentium, 1672) war unter theologischem Blickwinkel insofern auch kein Ausweg, als die Annahme eines anomischen Naturzustandes sich nicht mit der Annahme einer ursprünglich wohlgeordneten Schöpfung vereinbaren ließ, wie etwa der Leipziger Philosoph J. Thomasius gegen Thomas Hobbes argumentierte.59 Daher kam es weiterhin zu Versuchen, die Politica Christiana in der schöpfungstheologischen Platzierung des Naturrechts zu plausibilieren und zum Beispiel Grotius’ zweigliedrigen Naturrechtsbegriff auf den status integritatis und auf den status post lapsum zu beziehen. Es war Lessings philosophischer Lehrer Valentin Alberti, der nach seinem Übergang in die Theologische Fakultät das Naturrecht so in die christliche Heilsgeschichte einzuschreiben versuchte – allerdings um den Preis einer fast theokratischen Staatsauffassung.60 Diese auch sonst, etwa bei Hector Gottfried Masius, sich dem fürstlichen Absolutismus andienende politische Nützlichkeit des konfessionellen Luthertums (nach seiner Entprivilegierung 1648)61 überspielte überdies geradezu frivol, dass die episkopalistische Begründung der staatlichen cura religionis (aus der Mitgliedschaft der Obrigkeit zur Kirche) in dieser Zeit durch die territorialistische Begründung etwa im Sinne Pufendorfs (De habitu Christianae religionis ad vitam civilem, 1687) abgelöst wurde. Dieser Territorialismus schrieb das Kirchenregiment des Fürsten nicht seiner Kirchenzugehörigkeit, sondern seiner politischen Souveränität und deren Nützlichkeitserwägungen zu; so rechtfertigte sich zum Beispiel die Aufnahme von calvinistischen Hugenotten in die lutherischen Markgrafschaften Bayreuth und Ansbach seit 1685.62
58 „…ein gescheiterter Versuch“, meint F. Grunert, Normbegründung und politische Legitimität. Zur Rechts- und Staatphilosophie der deutschen Frühaufklärung, Tübingen 2000, S. 10 – 35, Zit. 29. 59 J. Thomasius, De statu naturali adversus Hobbesium (1661), in: Dissertationes LXIII, hg. v. C. Thomasius, Halle 1693, jetzt in: Gesammelte Schriften Bd. VI, Hildesheim u. a. 2003, S. 184 – 194; vgl. auch ders., De Machiavellistis et Monarchomachis (1662), ebd. S. 300 – 311. 60 V. Alberti, Compendium juris naturae, orthodoxae theologiae conformatum, Leipzig 1676; ähnlich der Jenenser Moralphilosoph und spätere Nachfolger von Johann Musäus, V. Veltheim, Introductio ad Hugonis Grotii illustre et commendatissimum opus der Jure Belli ac Pacis, Jena 1676. Vgl. Grunert (FN 56), S. 36 – 62; H.-P. Schneider, Christliches Naturrecht, in: Grundriss (FN 1), § 18, 3 (S. 824 – 830). 61 H. G. Masius, Interesse principum circa religionem evangelicam, Kopenhagen 1687. Vgl. F. Grunert, Zur aufgeklärten Kritik am theokratischen Absolutismus. Der Streit zwischen Hector Gottfried Masius und Christian Thomasius über Ursprung und Begründung der summa potestas, in: F. Vollhardt (Hg.), Christian Thomasius, Tübingen 1997, S. 51 – 77. 62 H. de Wall, Art. Kirchenregiment, in: RGG4, Bd. 4 (2001), Sp. 1292 – 1294; C. Link: Art. Territorialismus / Territorialsystem, in: RGG4, Bd. 8 (2005), S. 165 f; Sparn (FN 9) (im Druck).
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2. Wie Chr. Thomasius widersprach auch J. F. Budde der Option Masius’ entschieden. Noch als Philosoph in Halle publizierte Budde 1697 Elementa philosophiae practicae, die er 1703 als Band III seiner Institutiones philosophae eclecticae neu herausgab. „Eklektik“ markiert Buddes, wiederum mit Chr. Thomasius geteilte innovative Rolle für die Umstellung der philosophischen Methodologie von der schularistotelischen Gelehrsamkeit auf eine praktisch abzielende, überlieferte Autoritäten vorurteilskritisch prüfende und ein eigenes Urteil argumentativ begründende „Instrumentalphilosophie“ (Bd. I).63 Die erfolgreiche praktische Philosophie64, die im ersten Teil eine medicina mentis, d. h. eine den menschlichen Weg zur Glückseligkeit weisende „Ethik“ enthält, begründet die staatliche cura religionis im zweiten Teil, der „Jurisprudenz“, einer Pflichtenlehre, die das Handeln gemäß dem Natur- und dem Völkerrecht (Budde verbindet beide als Pflichten der Einzelnen und der Gesellschaften) auf das honestum ausrichtet. Auf der Basis von Grotius und von Pufendorfs Naturrechtslehre fällt es Budde leicht, die Universalität von Religion in der Verknüpfung von Glückseligkeit und Gottesliebe für konsensuell anzunehmen: Religion gehört zu den Pflichten der Bürger, deren Erfüllung das menschliche Handeln vervollkommnet; die Träger der politischen Herrschaft haben die Pflicht, die äußeren Bedingungen von Religion zu fördern.65 Die Toleranzfrage wird nun differenziert zwischen den Pflichten eines summus imperans als solchem und als einem christlichen Fürsten. Für ersteren liegt die Grenze der Toleranz liegt erst im Atheismus66 vor, weil dieser staatschädigend ist; ohnedies kann er niemand zwingen, eine bestimmte Religion anzunehmen. Als Christ darf er seine Religion nicht mit Gewalt verbreiten und darf Häretiker nur bestrafen, wo die salus publica es erfordert. Im Blick auf die Praxis des Kirchenregiments hat sich nicht viel verändert; Budde nennt im wesentlichen die gleichen Einrichtungen wie Gerhard, nennt aber noch die Pflicht zur „Reformation“ einer verderbten Kirche in Sitten und Lehren – am Maß der öffentlichen Wohlfahrt.67 Nicht der praktisch leitende Gesichtspunkt der Regierungsklugheit hat sich geändert, wohl aber deren nor63 Der erste methodische Eklektiker in Deutschland war der Theologe und Naturphilosoph (experimenteller Physiker) Johann Christoph Sturm in Altdorf 1679, vgl. M. Albrecht, § 24, 4 in: Grundriss (FN 1), S. 942 – 947; zu Budde als Eklektiker in der praktischen Philosophie und der Geschichtsschreibung vgl. H. Rüping, Budde und die Naturrechtslehre der ThomasiusSchule, in: Grundriss (FN 1), § 33 (1203 – 1215, hier 1204 – 1209); W. Sparn: Einleitung zu Gesammelte Schriften, Bd. I, Hildesheim 2006, V–LIX, hier XIII ff. 64 J. F. Budde, Elementa philosophiae practicae, Halle 1697, 21703 (101727, nachgedruckt bis 1777), Reprint der 4. Auflage 1707 in: Gesammelte Schriften, Bd. III, Hildesheim 2004. Vgl. Sparn (FN 63), XXVI ff. 65 Ebd. pars II, cap. IV, s. XIII (p. 344 ff.). 66 Vgl. J. F. Budde, Theses de atheismo et superstitione, Jena 1717 (dt. 1717), Reprint in Gesammelte Schriften, Bd. IX und Bd. X, Hildesheim 2010. Zur zeitgenössischen Diskussion über die Schädlichkeit des Atheismus und darüber, wann ein solcher gegeben sei, vgl. W. Schröder, Ursprünge des Atheismus. Untersuchungen zur Metaphysik- und Religionskritik des 17. und 18. Jahrhunderts, Stuttgart/Bad Cannstatt 1998. 67 Ebd. §§ XIX–XII.
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mativer Rahmen, das Natur- und Völkerrecht. Dabei unterscheidet Budde Recht (justum) und Moral (honestum) nicht so scharf wie Thomasius, und eine harmonische Sicht vertreten auch die prudentiae leges, die im dritten Teil des Werkes den Beziehungen zwischen Staat und Religion gelten. Regierungsklugheit geht davon aus, dass Religion das festeste Band der Gesellschaft ist und dass staatliche Autorität durch den Glauben an ihre Abkunft aus Gott umso glaubhafter wird; klugerweise muss man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass dies auch von der falschen Religion geleistet werden kann. Die wahre Religion sollte nach Kräften gefördert werden, weil sie diese Bindungsleistung leichter und richtiger erbringt; vorhandene falsche Religion sollte so behandelt werden, dass auch durch sie das Gemeinwohl befördert wird – sie sollte also nicht durch Gewalt verhärtet, sondern durch Benachteiligung allmählich geschwächt werden. Strafen gegen Häretiker sind nur sinnvoll, wenn ein direkter Widerspruch zum Staatswohl vorliegt, wie bei den Atheisten, die alle Religion verachten.68 Für den Fall, dass man nicht nur eine Religion etablieren kann, empfiehlt Budde, den Nutzen der diversitas religionum zu prüfen: Aristokratischen und demokratischen Gesellschaften, zumal ökonomisch interessierten, scheint religiöse Diversität „weniger gefährlich“ als einer Monarchie69, so dass sie dort „leichter“ toleriert werden kann. Wenn mehrere Religionen toleriert werden, muss der Regierende alle Zwietracht vermeiden, in dem er alle so wohltätig wie seine eigene behandelt (und keine ruina ipsius religionis repräsentiert), aber religiösen Streit nicht zulässt, ja auf eine gewisse äußere Übereinkunft achtet, neuen Häresien widersteht und heimliche Konventikel nicht zulässt. Budde empfiehlt, Menschen anderer Religion nicht leichtfertig zu erzürnen und umso hartnäckigerem Widerstand zu provozieren.70 Als Moralphilosoph votiert Budde für den Erhalt des Status quo der religio dominans, für die Toleranz anderer verfasster Religionen aus politischen und ökonomischen Motiven und für positiv-rechtlich gesicherte, aber naturrechtlich begründete bürgerliche Gedeihlichkeit. Als Theologe, seit 1705 in Jena, befand er sich in einer anderen Situation: Er gehörte nicht nur der „wahren“ lutherischen Staatskirche an, sondern hatte als theologisches Erkenntnisprinzip das Naturrecht erst in abgeleiteter Weise, in begründender Weise aber die Hl. Schrift in Geltung zu halten. Umso interessanter ist es, wie Budde den Zusammenhang von Naturrecht und politischer Toleranz anderer Religionen im (nach wie vor) konfessionell verfassten Staat in sei-
68 Ebd. pars III, cap. V, s. IX: Prudentia status circa religionem, hier §§ I–V (p. 532 – 534), § 8, § 10 (p. 535 f.). 69 Diese Einschätzung ist umso bemerkenswerter, als Budde in seiner Feststellung des status, der durch Klugheit erhalten werden soll, die Monarchie und absolute Herrschaft, da am meisten mit Gewalt und Zwang verbunden, am weitesten vom egalitären familiären Stand, dem Ursprung und Vorbild aller naturrechtlichen Ordnungen, abrückt, ebd. cap. II, §§ XIIXVIII. 70 Ebd. cap. V, §§ VII-IX.
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nen Institutiones theologiae moralis von 171171 und seinen Institutiones theologiae dogmaticae von 172372 entwickelte. Dazu gibt es noch keine Untersuchung, die wegen ihrer notwendig komparatistischen Anlage auch sehr aufwändig sein wird. Aber schon jetzt kann man sagen, dass die Lösung Buddes im Blick auf die Heterogenität von naturrechtlicher Normativität und konfessionsstaatlicher Religionspolitik darin bestand, den Religionsbegriff im Gefolge J. Musaeus’ aus dem hermeneutischen Monopol der „wahren Religion“ zu lösen und als naturrechtliches Universale in die Offenbarungstheologie zu integrieren.73 Gegenüber Musaeus bedeutete dieser Vorgang, dass „Religion“ nicht erst als menschliche Praxis, z. B. als Glaube an bestimmte offenbarte Wahrheiten, sondern bereits als Vermögen jedes Menschen betrachtet wird; ein Vermögen, das als solches aber noch kein normatives Kriterium von Offenbarungsreligion darstellt. Dem entsprechend braucht Budde nicht mehr, wie noch Musaeus, Religion durch bestimmte Glaubensinhalte zu definieren und so den fünf Sätzen der deistischen „natürlichen Religion“ entgegensetzen, sondern kann sich auf die Feststellung beschränken, dass jeder mit Vernunft und Willen begabter Mensch sich bewusst werden könne, dass er nicht die Ursache seiner selbst ist, mithin von einem höchsten Wesen ganz und gar abhängt – eine Begründung der Religionsfähigkeit des Menschen, die bereits auf Friedrich Schleiermachers Definition von Religion als dem „Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit“ vorausweist.74 Auf dem Wege dorthin veränderte sich noch viel; aber Budde hat mit seiner (vom Pietismus inspirierten) anthropologischen Wende und mit seiner (der frühen Aufklärung verdankten) naturrechtlichen Emanzipation des Religionsbegriffes diesen Weg eröffnet. Und so wie es zuvor der konfessionell präjudizierte Religionsbegriff war, der eine Korrelation von Naturrecht und staatlicher Religions- bzw. Toleranzpolitik unwirksam machte, so war es die
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J. F. Budde, Institutiones theologiae moralis, Jena 1711, Reprint von 31727 in Gesammelte Schriften Bd.VI, Hildesheim 2007, eingeleitet von F. Nüssel (V–XI). Die Ausführungen zur cura religionis finden sich zweiten Teil, der iurisprudentia divina, cap. III, sect. II: De cultu Dei externo (p. 464 – 482) und sect. VII, §§ XVII–XXXIII (p. 586 – 596); der dritte Teil, der prudentia divina, behandelt ganz im Sinne der Unterscheidung von weltlichem und geistlichem Amt nur die prudentia ecclesiastica et pastoralis. 72 J. F. Budde, Institutiones theologiae dogmaticae, Jena 1723 (31741), Reprint in Gesammelte Schriften, Bd. VI.1 und VII.2, Hildesheim 1999, eingeleitet von F. Nüssel (V–XIX). Hier wird die cura religionis im Rahmen des 5. Buches im cap. IV De ministerio ecclesiastico, magistratu civili, et statu coniugali behandelt (p. 1703 – 1815). 73 Vgl. F. Nüssel, Bund und Versöhnung. Zur Begründung der Dogmatik bei Johann Franz Buddeus, Göttingen 1996, bes. S. 227 ff.; E. Feil, Religio, Bd. 4: Die Geschichte eines neuzeitlichen Grundbegriffes im 18. und 19. Jahrhundert, Göttingen 2007, S. 21 ff. 74 J. F. Budde, Institutiones theologiae dogmaticae (FN 72), tom. I, cap. I, §§ II–XVI; … non sui ipsius esse caussam… Nimirum, ut religionis aliquis capax censeatur, tria requiruntur, (I) ut ab ente aliquo supremo, eoque perfectissmimo, se prorsus dependere sciat, (II) ut facultate, ens illud supremum cognoscendi, et (III) ad eius nutum voluntatem componendi, praeditus sit. Ebd. § II; F. Schleiermacher: Der christliche Glaube, zweite Auflage, Berlin 1830, § 4.
Naturrecht und Verfassungsfrage im frühneuzeitlichen Luthertum
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neue Religionstheorie, die diese Korrelation sowohl religiös als auch politisch in das Jahrhundert aufklärerischer Toleranzpolitik öffnete.
Zum Begriff des Fürstenstaates bei Seckendorff Von Robert von Friedeburg I. Stand der Forschung Veit Ludwig von Seckendorffs ,Teutscher Fürstenstaat‘ war mit seinen zahlreichen Auflagen zwischen 1656 und 17541 sicherlich eines der erfolgreichsten Bücher der Zeit zur Natur seines Gegenstandes. Aber was war dieser Gegenstand, der ,Fürstenstaat‘, eigentlich, oder was wollte Seckendorff, was der ,Fürstenstaat‘ sein sollte? Wenn die Antwort darauf sein sollte, dieser Fürstenstaat sollte eben ,Teutsch‘ sein, was meinte Seckendorff dann damit? Seckendorffs ,Fürstenstaat‘ wird vor allem Traditionalismus und Ferne von den intellektuellen Höhenzügen eines Grotius, Hobbes oder Pufendorf bescheinigt. So einflussreich Seckendorff mit seinem ,Fürstenstaat‘ im deutschsprachigen Reich, ablesbar an seinen zahlreichen Auflagen, sicherlich war, er wird nicht zum Kanon der europäischen Geistesgeschichte des siebzehnten Jahrhunderts gerechnet, sicherlich auch, weil sein offen propagierter Traditionalismus so wenig mit den Theorien von der Staaträson oder dem neuen säkularen Naturrecht eines Hobbes oder Pufendorf zu tun hatte. Stattdessen werden dem Autor zu Recht Gottesfurcht, ein scharfer Blick für die Details der Verwaltung des kleinflächigen Fürstenstaates, wie eben das Sachsen Coburg-Gotha seines Fürsten Ernst des Frommen, Treue zu Kaiser und Reich, und enorme Antipathie gegenüber neumodischen Doktrinen, vor allem derjenigen der Staatsräson2, bescheinigt. All das macht das Bild eines etwas langweiligen Traditionalisten, nicht eines ,Apologeten‘ des fürstlichen Absolutismus3, wohl aber eines Apologeten des patrimonial und patriachalisch regierenden deutschen Landesvaters komplett. Er war insoweit kaum ein Vertreter größerer geistesgeschichtlicher europäischer Entwicklungen, sondern gab in erster Linie spezifisch deutschen Vorstellungen von fürstlicher Herrschaft in den im Vergleich zu anderen Ländern vergleichs1 V. L. von Seckendorff, Der Teutsche Fürstenstaat, 1. Auflage Frankfurt am Main 1656. Die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel beherbergt die Auflagen von 1660, 1665, 1670, 1675, 1677/1678, 1687, 1700, 1703, 1711, 1737, und 1754. 2 Vgl. M. Stolleis, Veit Ludwig von Seckendorff, in: idem (Hrsg.), Staatsdenker in der frühen Neuzeit, Frankfurt 1994, S. 148 – 171,152 – 155, auch zu Seckendorffs unveröffentlichtem ,Reichsstaat‘; D. Döring, ,Seckendorff‘, Neue Deutsche Biographie 24 Berlin 2010, S. 117 – 118. 3 Stolleis, Seckendorff (FN 2), 155, bezeichnet ihn richtig als keinen ,Apologeten eines straffen fürstlichen Absolutismus‘.
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weise kleinräumigen, und häufig auch materiell beschränkten, deutschen Verhältnissen in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg Ausdruck. Angesichts der teils tiefgreifenden Verheerungen der Kriegsjahre waren Landstände und Fürsten sich überwiegend einig, die Länder gemeinsam und gezielt wieder aufbauen zu müssen. Über diese Bewertungen herrscht sicherlich weitgehend Einigkeit. Gleichwohl wird auf den folgenden Seiten der Versuch unternommen, im Hinblick auf einen fundamentalen Aspekt Seckendorffs, nämlich seinen Begriff des ,Fürstenstaates‘, seinen klaren Bruch mit der unmittelbaren Vergangenheit des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts zu unterstreichen, seine Verwurzelung in den Traditionen der deutschen ,Policey‘ und ihres Nachdrucks auf der umfassenden Fürsorge der öffentlichen Ordnung für das materielle und geistige Wohl aller Untertanen aber zu unterstreichen. Zu dieser Frage hat sich die Forschung schon deswegen kaum geäußert, weil die Antwort so klar schien. War Seckendorff ein traditionalistischer Vertreter des patrimonialen Fürstenstaates der Reformation, stand er in der Tradition der deutschen ,Policey‘, der umfassenden Organisation des Gemeinwesens und des Lebens seiner Einwohner, dann bedarf es doch kaum noch der Nachfrage nach seinem Begriff des ,Fürstenstaates‘.4 Schließlich herrscht Einigkeit darüber, dass noch bis weit in das achtzehnte Jahrhundert die Worte ,stat‘, und ,staat‘ mit sehr verschiedenen Bedeutungen im deutschen Sprachraum benutzt wurden, Bedeutungen, die zwar in zunehmendem Maße in erster Linie Mittel und Zustand der öffentlichen Ordnung meinten, aber nicht in erster Linie und schon gar nicht ausschließlich die Rechtsperson des Staates als Einheit von Staatsrecht, Staatsvolk und Staatsgebiet, die nur mehr dem Staat und seinen Gesetzen verpflichtete Amtsträger kennt.5 Schließlich waren die Reichsfürsten, und nicht eine Rechtsperson des Staates, Träger der öffentlichen Ordnung in ihren Ländern, auch weil ihnen die entsprechenden Lehen übertragen worden waren und sie als Personen die Träger der entsprechenden königlichen Rechte waren. Das war noch so im Verlauf des achtzehnten Jahrhunderts. Insofern verbreitete sich die Rede vom ,Staat‘, dem der Fürst zu dienen habe, als Teil der politischen Vorstellungen der Aufklärung.6 Der Sache nach handelte es sich bei den Lehen der Reichsfürsten nicht um ,Staaten‘ im modernen Sinne. Was die Zeitgenossen teilweise als 4 M. Rudersdorf, Patriachalisches Fürstenregiment und Reichsfriede. Zur Rolle des neuen lutherischen Regenttyps im Zeitalter der Konfessionalisierung, in: H. Duchhardt / M. Schnettger (eds.), Reichsstaendische Libertaet und Habsburgisches Kaisertum, Mainz 1999, S. 309 – 327; idem, Die Generation der lutherischen Landesväter im Reich. Bausteine zu einer Typologie des deutschen Reformationsfürsten, in: A. Schindling / Walter Ziegler (eds.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung: Land und Konfession 1500 – 1650, vol 7, Münster 1997, S. 137 – 170. 5 P.-L. Weinacht, Staat – Studien zur Bedeutungsgeschichte des Wortes von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, Berlin 1968. 6 Vgl. zu den mit dieser Frage zusammenhängenden Problemen der Handhabung der Rechtsprechung jetzt M. Schmoeckel, The Mystery of Power Verdicts Solved? Frederick II of Prussia and the Emerging Independence of Jurisdiction, in: G. Martyn et al. (eds.), From the Judge’s Arbitrium. Legislation as a Source of Law in Criminal Trials, Berlin 2013, S. 109 – 143.
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,Staat‘ oder ,Staaten‘ bezeichneten, waren in der Regel nur die in Personalunion zusammengehaltene Vielzahl der Länder einer Dynastie.7 Soweit in der Forschung zu politischen oder theologischen Abhandlungen des 16. und 17. Jahrhunderts vom ,Staat‘ die Rede ist8, geht es nicht um den modernen Staat, sondern um die in den Quellen häufig als res publica oder civitas, auch als regnum bezeichnete Herrschaftsordnung aus Befehlenden und Gehorchenden (ordo inter parentes et imperantes) die vor allem im Neuaristotelismus seit Leonardo Bruni als Voraussetzung menschlichen Zusammenlebens verstanden wurde. Im Verständnis der Zeitgenossen besaß diese Herrschaftsordnung sehr wohl Instrumente, z. B. Gesetze und Magistrate, aber das ließ im Verständnis der Zeitgenossen unberührt, dass diese Magistrate einen wichtigen Teil der Herrschaftsrechte als Personen oder Dynastien besaßen. Selbst bei Bodin ist es der Herrscher, der die Souveränitätsrechte besitzt, nicht die Herrschaftsordnung, die nur bestehen kann, wenn Herrschaftsrechte eindeutig zugeordnet sind.9 Und sosehr diese Herrscher an das göttliche Recht und das Naturrecht gebunden blieben, es blieb ihnen doch erheblicher Spielraum bei der Einrichtung von Herrschaft und Verwaltung. Seckendorff ,Fürstenstaat‘ musste also vermutlich das fürstliche Patrimonium meinen, die Summe der fürstlichen Rechte, Länder, Untertanen, Gebäude, Städte, Dörfer einer stark patrimonial und patriarchalisch orientierten Vorstellung öffentlicher Ordnung, in welcher der Fürst nicht zuletzt als Hausvater eines großen Hausstandes zu verstehen war. Der Nachdruck Seckendorffs muss also, so die implizite Unterstellung der Forschung, auf dem ,Fürsten‘ des ,Fürstenstaates‘ gelegen haben, dem Fürsten als Hausvater eines erweiterten Haushaltes, als mit Land, Leuten und Rechten belehntem Reichsfürst, als dem eigentlichen personalem Träger der öffentlichen Ordnung. Der ,Staat‘ seines Fürstenstaates war dann eben der ,Hausstaat‘, ein allgemeiner und vielschichtiger Begriff, den man vor allem nicht mit dem modernen Rechtsbegriff des Staates verwechseln solle.
7 Vgl. z. B. W. Neugebauer, Epochen der preußischen Geschichte, in: idem (Hrsg.), Handbuch der preussischen Geschichte, S. 113 – 407, besonders seine einleitenden Bemerkungen zum „Staat des Großen Kurfürsten“: „Der Staat des Kurfürsten war zunächst wenig mehr als eine politische Einheit durch Personalunion“; idem, Brandenburg im absolutistischen Staat. Das 17. und 18. Jahrhundert, in: I. Materna / W. Ribbe (Hrsg.), Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 291 – 304, 292: „… von den brandenburgischen Kurfürsten Territorien als Nebenländer gehalten wurden, und zwar zunächst in reiner Personalunion, mit je besonderen Landesverfassungen, Traditionen, Strukturen, auch eigenen Landes- bzw. Regionaleliten“. Frank Kleinhagenbrock spricht daher auch nicht von einem ,Staat‘ von Preußen, sondern von dem „kurbrandenburgischen Herrschaftssystem“ mit verschiedenen „territorialen Bestandteilen“, siehe F. Kleinhagenbrock, Friedrich II. und die Etablierung Preußens als Subsystem des Alten Reiches, in: Neugebauer, Handbuch Preussische Geschichte, S. 918 – 931, 918. 8 Vgl. beispielsweise den Beitrag von W. Sparn in diesem Band. 9 W. Mager, Artikel Republik, in: Otto Brunner et al. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 5. Stuttgart 1994, S. 549 – 652; J. Salmon, The legacy of Jean Bodin, History of Political Thought, S. 500 – 522, 502.
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Nun war es allerdings so, dass auch im Alten Reich, nicht zuletzt unter dem Einfluss von Hobbes und Pufendorf und der Lehre des jüngeren Naturrechts vom Herrschaftsvertrag und der Gründung des Staates als künstlicher Rechtsperson, sich ein moderner Begriff vom Staat seit dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts verbreitete. Dem jüngeren Naturrecht ging es um den ,Staat‘ als künstlicher Einrichtung und Rechtsperson, zu der der Fürst nur mehr als oberster Bevollmächtigter zu denken sei, nicht als personaler Inhaber der Hoheitsrechte und Träger der öffentlichen Ordnung.10 Die These der folgenden Argumentation besteht nun darin, Seckendorff habe in seinem ,Fürstenstaat‘ diesen modernen Begriff des Staates schon in Ansätzen gedacht und beschrieben, jedoch nicht gründend auf dem jüngeren Naturrecht und auch nicht gründend auf der Vorstellung eines durch Vertrag entstandenen künstlichen Staates, sondern gründend auf der Behauptung einer historisch angeblich weit zurückreichenden Einheit der Gesetze des Fürstentums, seines territorialen Gebietes und seiner Bevölkerung unabhängig von der Dynastie oder der Person des Fürsten, und die Person des Fürsten mit seinen Gesetzen bindend. Denn Seckendorff setzte in seinem Fürstenstaat eine Verfassung und Regelungen des Fürstenstaates voraus, welchen der Fürst unterworfen sei. Er besaß diesen ,Staat’ nicht, er sollte in ihm und unter seinen Regelungen regieren. Dabei wird nicht behauptet werden, Seckendorff habe eine abstrakte und in sich geschlossene Theorie der Rechtsperson des Fürstenstaates entwickelt. Viel weniger wird bestritten, dass er an der umfassenden und in das Leben der Untertanen vielfältig eingreifenden Verwaltung des Fürstenstaates festhielt. Vielmehr suchte der diesen ,Fürstenstaat‘ als vorgestellte Einheit von Gebiet, Recht und Bevölkerung vom Fürsten als Begründer der öffentlichen Ordnung dieses Staates zu lösen und dem Fürsten stattdessen die Rolle eines obersten Verwalters zuzuordnen, der unter den Gesetzen des Fürstenstaates zu operieren habe. Mit einer in der praktischen Politik und täglichen Verwaltung sehr wichtigen Rolle des Fürsten war eine solche Konzeption vereinbar, nicht jedoch mit Eingriffen des Fürsten in die fundamentalen Rechtsverhältnisse des ,Fürstenstaates‘ oder einem Verständnis dieses Fürstenstaates als eines erweiterten Haushaltes des fürstlichen Hausvaters. In den 1650er und 1660er Jahren war durchaus noch bekannt, dass Seckendorffs ,Fürstenstaat‘ nicht nur keine Apologie eines ,fürstlichen Absolutismus‘, sondern sogar ein ausgesprochen fürstenkritischer Traktat war. Seckendorff wurde sogar zum fürstenkritischen Teil der Lutheraner gerechnet.11 In seiner Rede an die ,versammelten Grafen/Ritterschaft/ und Städten des Fürstentums Gotha/‘ anlässlich des 10 D. Hüning (Hrsg.), Naturrecht und Staatstheorie bei Samuel Pufendorf, Baden-Baden 2009. 11 J. Wallmann, Zwischen Reformation und Humanismus. Eigenart und Wirkungen der Helmstedter Theologie unter besonderer Berücksichtigung Georg Calixts, in: Wallmann, Theologie und Frömmigkeit im Zeitalter des Barock, Tübingen 1995, S. 61 – 86, 81 – 85.
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Landtagsabschieds von 1663 unterstrich er seine Ansicht, der Fürst solle „nichts fürnehmen, was allgemeinen und sonderbaren Rechten/Satzungen/Verträgen ungemäß und Zuwieder ist“ und warnte zugleich eindringlich vor schmeichlerischen Räten die ihren Fürsten andere Ansichten zutrügen.12 Aber auch außerhalb von Sachsen Gotha waren Seckendorffs Hinweise zur massiven Einschränkung fürstlicher Herrschaft bis zu den 1660er Jahren bekannt geworden. Die Landstände von Jülich griffen in ihrem Konflikt mit ihrem Landesfürsten daher auf Passagen in den Additiones der dritten Auflage des Seckendorffschen Fürstenstaates von 1665 zurück.13 Darin hatte er die Rolle der Landstände innerhalb des Fürstentums in ihrem Verhältnis zum Fürsten mit der Rolle der Reichsstände in ihrem Verhältnis zum Kaiser verglichen und behauptet, diese Rollenverteilung ergäbe sich aus den aus alter Zeit überkommenen Verhältnissen in den deutschen Fürstenstaaten.14 Wir müssen auch davon ausgehen, dass sein Begriff vom ,Fürstenstaat‘ keineswegs patrimonial gedacht war. In denselben Additiones schlug Seckendorff beispielsweise vor, der Fürst solle besser überhaupt kein Eigenland besitzen, sondern seine Ausgaben mit Zöllen bestreiten, das fürstliche Eigengut sei doch nur Gegenstand der Misswirtschaft und lade zur Bereicherung korrupter Beamter ein.15 Aber damit hören die Überraschungen bei der genauen Lektüre des Textes noch nicht auf. Bereits im Haupttext der ersten Auflage schloss sich Seckendorff allen Forderungen an, die das lutherische Ständemitglied in Sachsen Weimar, Johann Neumair von Ramsla, in seinem Buch vom ,Aufstand der Unteren gegen ihre Regenten‘ aus dem Jahre 1633 formuliert hatte. Ramsla aber war von der völligen Verdorbenheit der Fürsten ausgegangen. Sein durch ihn anempfohlenes Mittel gegen die Folgen dieser Verdorbenheit war der kollektiv organisierte gewalttätige Aufstand oder wenigstens die Drohung mit ihm, eingeschlossen die Suche nach Bündnispartnern außerhalb des Landes, um den eigenen Fürsten unter Druck zu setzen oder beim Aufstand gegen ihn behilflich zu sein. Ramsla riet seinen fürstlichen Lesern, durch den völligen Ver12 V. L. von Seckendorff, Teutsche Reden (1691), Reprint Tübingen 2006, Nummer XVII Rede im Namen Titl. Herrn Ernsten Hertzogen zu Sachsen, … an die versammelten Landstände, S. 137 – 146, 139, 142 – 143. 13 Ausführliche Deduction der bedrängten Gülich- und Bergischen Landstände und Unterthanen, 1673, in: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Xb 4 291, an Kaiser Leopold I, S. 4 zu ihrer Verantwortung gegen das ,Vaterland‘, S. 5 zu den ,privilegiies patriae‘, S. 8 Hinweis auf Seckendorff. 14 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), Additiones, S. 25 – 27: ,gleichwohl scheinet der alten Art unserer freyen Vorfahren / die erste Regierungsform gemässer/ dass namblich/ wie ein Keyser oder König über Fürsten und Herren/ also Fürsten über Erbherren oder Landstände regieret haben/ und diese mit ihren Votis und Rathschlägen bey etlichen Hauptstücken zur Regierung gehörig/ vornemblich aber in Kriegs- und in Friedenssachen haben herzugezogen und gehöret warden müssen… Allermassen es denn auch noch in denen grossen und alten land beysammen gestandenen Fürstentümern in Teutschland/ wo Landsasserey und Landstände zu finden/ geschiehet… Man muss es billich bey dem Herkommen bleyben lassen.‘ 15 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), verwendet hier wurde die dritte Auflage Frankfurt 1665, siehe Additiones, S. 24 – 25, wo Seckendorff argumentiert dass die meisten Fürsten ihre Domaenen schlecht bewirtschafteten.
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zicht auf eigene Politik Aufstände der ,Unteren‘– die bei jedem Zuwiderhandeln gegen diesen Ratschlag der völligen Zurückhaltung gegenüber jeder eigenen Machtpolitik berechtigt seien – zu vermeiden: Das hieß für Ramsla: Verzicht auf Steuern, außer nach ausdrücklicher Billigung der Landstände, Verzicht auf jegliche Neuerungen, welcher Art denn auch – sofern nicht von den Landständen explizit erlaubt; Hände weg von der Religion des Landes – das ius reformandi bestand bei Ramsla nicht; und Hände weg von welcher Politik auch immer die in welcher Form auch immer Belastungen für die ,Unteren‘ mit sich bringen könnte, sofern nicht ausdrücklich von den Landständen bewilligt; schließlich peinliche Einhaltung aller Austräge zwischen Landständen und Fürst.16 Ramsla ging es wohl in erster Linie um den Einfluss der Landstände im kleinen deutschen Territorialstaat. Wie wir sehen werden, waren Ramslas außergewöhnliche Ansichten nicht zuletzt der tiefen Entfremdung geschuldet, die zwischen Landständen und Fürsten vielerorts nicht zuletzt durch die Wirren und außerordentlichen Lasten des Krieges entstanden war. Ramsla konstruierte letztlich eine aristokratische Herrschaft der Landstände. Seckendorff aber legte mit seinem ,Fürstenstaat‘ gewissermaßen einen Kompromissvorschlag für die erneuerte Zusammenarbeit von Landständen und Fürsten vor, nämlich unter dem Schirm des ,Staates‘, dem beide zu dienen hätten. Die älteren Vorstellungen von der umfassenden Verwaltung des Gemeinwesens, auch von der umfassenden materiellen und spirituellen Fürsorge für seine Bewohner blieben erhalten, aber Seckendorffs Begriff vom Staat fußte nun nicht mehr auf dem Haushalt oder dem Lehen des Fürsten, sondern auf einer vermeintlich vom Fürsten unabhängigen Einheit von Gebiet, Recht und Bevölkerung. Im Folgenden werden zunächst kurz Lebensumstände und Werk Ramslas vorgestellt (II), um dann zu Seckendorffs Konstruktion des ,Fürstenstaates‘ zu kommen (III), und abschließend zur Genese des Rechtsbegriffs des Staates bei Seckendorff. II. Ramslas Fürstenkritik Johann Wilhelm Neumair von Ramsla (1572 – 1641) kam aus einer Familie sächsischer Fürstendiener. Er wurde selbst Mitglied der Stände Sachsen Weimars und war in dieser Funktion 1620 auch politisch aktiv. Herzog Johann Ernst I von Sachsen Weimar (1594 – 1626) hatte an der Seite des Winterkönigs gefochten und hatte nach dessen Katastrophe und Flucht das Herzogtum seinem jüngeren Bruder Wilhelm (1598 – 1662) überlassen. Im Zusammenhang damit war Ramsla bei einer landständischen Kommission aktiv gewesen, die im Jahre 1620 von jeder Intervention in die Kriegshandlungen strikt abriet.17 Gleichwohl wurde das kleine Herzogtum, und er selbst, 16 J. W. Neumair von Ramsla, Vom Aufstand der Unteren wider ihre Regenten, Jena 1633, S. 88; zu den inhaltlichen Übernahmen bei Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), siehe beispielsweise S. 78, 492 – 494. 17 Johann Ernst I von Sachsen-Weimar (1594 – 1626), regierender Herzog bis 1620, kämpfte an der Seite des Pfalzgrafen Friedrich V und weigerte sich, sich nach der Niederlage
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Opfer von Plünderungen in den 1630er und 1640er Jahren. Ramsla war, seinem eigenen Bericht nach, durch mehrfache Plünderungen im Verlauf der 1630er Jahre verarmt.18 Diese Erfahrung spielte wohl eine erhebliche Rolle für seine literarische Laufbahn. Noch im Jahre 1624 hatte Ramsla den Krieg als Strafe Gottes über die Menschen verstanden19, der man durch Neutralität in Grenzen entgehen könne. Aber in seinen beiden Büchern von den Schatzungen von 1632 und vom Aufstand der Unteren wieder ihre Regenten von 1633 hatte er diese Auffassung verändert. Unter dem Eindruck der Plünderungen und der allgemeinen Veränderung der Natur des entstehenden Dreißigjährigen Krieges seit 1630 hatte er sich bis 1632 zentrale Thesen des Buches von Isaac Bourgoin von 1617 La Chasse aux Larrons – Die Jagd auf Diebe, zu eigen gemacht. Dieses Buch zählte zu den im Umkreis der letzten französischen Generalstände herausgekommenen Polemiken gegen sogenannte Financiers, also Kaufleute, die der Krone Geld liehen und dafür Ämter und Einfluss erhielten, Steuern pachteten oder einfach Zinsen erhielten, und damit erhebliche Gewinne machten. Es gab hierzu kaum ein Gegenstück in den kleinen Fürstenherrschaften des Alten Reichs mit ihren Ackerbürgerstädten. Wichtig für Ramsla wurde vielmehr die Behauptung Bourgoins, dass Kriege bewusst durch solche Financiers angezettelt würden, um aus den Finanzierungsnotwendigkeiten dann ihren Profit zu erzielen. Im Effekt müssten der französische Adel und seine Untertanen direkt und indirekt durch die Abgaben der Untertanen die Profite der Financiers bezahlen, während die politische Struktur des Königreichs durch die Rolle illegitimer Favoriten im Dienste der Financiers untergraben werde.20 Der Krieg wurde von einer Strafe Gottes zum Verbrechen der Financiers und ihrer Favoriten. dem Kaiser zu unterwerfen. In diesem Zusammenhang gab er die Regierungsgeschäfte in Sachsen Weimar an seinen jüngeren Bruder Wilhelm ab (1598 – 1662). Ramslas Traktat zur Besteuerung von 1632 wird behandelt bei W. Schulze, ,Geben Aufstand und Aufruhr Anlaß zu neuen, heilsamen Gesetzen‘. Beobachtungen über die Wirkungen bäuerlichen Widerstands in der frühen Neuzeit, in: idem, Aufstände, Revolten, Prozesse. Beiträge zu bäuerlichen Widerstandsbewegungen im frühneuzeitlichen Europa, Stuttgart 1983, S. 261 – 285; idem, Die veränderte Bedeutung sozialer Konflikte im 16. und 17. Jahrhundert, S. 277 – 302, 293 – 295; E. Reibstein, Neumayr von Ramsla als Völkerrechtsautor, in: MPI für ausländisches Recht und Völkerrecht, 1951/52, S. 125 – 152, 128, zu seiner Rezeption Machiavellis; F. Ratzel, Neumair von Ramsla, Allgemeine Deutsche Biographie, 23 Leizpig 1886, S. 542; F. Boblenz, Johann Wilhelm Neumair von Ramsla und seine Beziehungen zum Weimarer Hof, in: J. J. Berns et al (eds.), Frühneuzeitliche Hofkultur in Hessen und Thüringen, Erlangen 1993, S. 200 – 232; vollständigste Übersicht nach wie vor W. Hrabar, Johann Wilhelm Neumayr von Ramsla, n.p. 1897. 18 Hradar, Ramsla (FN 17), S. 8: ,Zween Kriegsdiscurs des Brancatii und des Herzogs Francisci zu Urbin und dann vier Bücher von der Kriegskunst von Savorgani‘, 1618; Boblenz, Ramsla (FN 17), S. 225. 19 Vgl. Hradar, Ramsla (FN 17), S. 9, zu Ramsla, Von Friedensverhandlungen und Verträgen in Kriegszeiten, 1624. 20 Ramsla, Von Schatzungen und Steuern: sonderbarer Tractat, Schleusingen 1632, S. 31 – 32; I. Bourgoin, La Chasse auz Larrons, Paris 1617. Bourgoin bleibt bis auf den heutigen Tag eine Quelle der Finanzgeschichte besonders zur Verflechtung der königlichen Finanzen mit
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Ramsla machte sich bereits im Buch zu den Schatzungen, und erst Recht in seinem Buch zum Aufstand der Unteren wider ihre Regenten, diese Sicht zu eigen, allerdings mit der Pointe, dass die Fürsten nun selbst zu Gangstern wurden. Die durch sie vom Zaun gebrochenen Kriege gaben ihnen den Anlass, ,Fress- und Pressreiter‘ zu werben, mit denen wiederum die Untertanen bedrückt und zur Bezahlung der Soldaten gezwungen würden, letztlich alles um die ,Reichmacher und bösen Winkelräte‘21 am Hofe der Fürsten zu bereichern und dem unsinnigen Prestigedenken der Fürsten zu dienen. Ramsla schilderte die Fürsten in diesen Büchern als blutrünstige Schlächter22, die durch das „Joch der Schatzungen den Bissen Brot [den die Untertanen] … mit Schweiss und Arbeit errungen … so unbarmherzig aus dem Munde reissen“ und die Untertanen wie Tiere abschlachten. Die Prediger in der Kirche sollten „diesen Zustand heutiger Tage“ beschreiben, nämlich in alttestamentarischen Tönen die Grausamkeit der fürstlichen Schlächter gegenüber den nach Gottes Ebenbild geschaffenen Menschen schildern.23 Ramsla verwies bereits in seinem Traktat von 1632 auf seinen im folgenden Jahre erscheinenden Traktat ,Vom Aufstand der Unteren wider ihre Regenten‘, das einzige Buch, das ich kenne, das den Begriff ,Aufstand der Unteren‘, also wohlgemerkt nicht ,Verteidigung‘, ,defensio‘ oder ,bellum‘, sondern ,Aufstand‘, nicht perjorativ gebraucht. Und in diesem Traktat über den ,Aufstand‘ waren es im Vollzug seiner Beschreibungen der fürstlichen Verbrechen und der gegen diese Verbrechen notwendigen ,Aufstände‘ die ,furnembsten des Landes‘ welche die ersten Opfer der Verbrecherfürsten wurden und zugleich das wichtigste Rückgrat des Widerstandes. Ihnen privaten Finanzmanagern und Steuerpächtern und dem ständischen Widerstand gegen diese Verflechtung, vgl. J. Dent, An Aspect of the Crisis of the Seventeenth Century: The Collapse of the Financial Administration of the French Monarchy (1653 – 1661), Economic History Review 20 1967, S. 241 – 256, 241 – 242. 21 Ramsla, Schatzungen (FN 20), S. 1 – 2. 22 Ramsla, Schatzungen (FN 20), S. 583: „Joch der Schatzungen der Bissen Brot … mit Schweiss und Arbeit errungen … so unbarmherzig aus dem Munde gerissen“. 23 Ramsla, Schatzungen (FN 20), S. 588 – 89, „Höret doch, sprach der Prophet, ihr Häupter im Hause Jacob/und ihr Fürsten im Hause Israel/Ihr sollts billich seyn/die das Recht wussten/ Aber Ihr hasset das Gute/und liebet das Arge. Ihr schindet Ihnen die Haut ab/und das Fleisch von ihren Beinen/und fresset das Fleich meines Volkes. Und wenn ihr ihnen die Haut abgezogen habt/zerbrecht ihr ihnen auch die Beine/und zerlegts wie ein Töpfchen und wie Fleisch in einem Kessel. Darumb wann ihr nun zum Herren schreyen werdet, wird er Euch nicht erhören, sondern wird sein Angesicht für Euch verbergen/ zur selbigen Zeit wie ihr mit eurem bösen Wesen verdienet habt. Das ist so viel gesagt, ihr gehet mit dem armen Volk so tyrannisch umb/ als wie ein Metzger mit dem unvernünftigen Vieh umgeht/ wenn er es schlachten will/ dasselbe schindet er zeucht ihnm die Haut ab/schneidt und lediget das Fleisch von den Beinen hinweg/zerhauhet und zerbricht das Bein/macht Stück daraus/zerlegt auch das Fleisch in einen Topf… dasss es nachmals gegessen werde. Eben das handelt ihr/nicht mit dem Vieh/sondern mit Menschen/ die zu Gottes Ebenbild erschaffen sind.“
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oblag es, durch die Organisation gewalttätigen Widerstandes den fürstlichen Verbrecher im Zaum zu halten.24 Zur Beschreibung des fürstlichen Verbrechers bediente sich Ramsla der Werke Machiavellis, den er im Text eigens anführte.25 An den Fürsten gewandt wusste Ramsla nur zu raten, er solle sich aller und jeder Maßnahme enthalten, die auch nur entfernt die Interessen und Belange der Landstände tangieren könnte, soweit diese nicht explizit zugestimmt hatten. III. Seckendorffs Unterscheidung von Fürstenstand und Fürstenstaat Seckendorff machte im Vorwort zu seinem Fürstenstaat den Bezug zu Ramsla und fürstenkritischen Satiren der 1630er und 1640er Jahre mit Juvenal so deutlich so deutlich wie nur möglich. Er verwies darauf, „Die Gebrechen und Laster der Höfe und Policeyen sind mir/ leider/ der ich die meiste Zeit meines Lebens an Höfen zugebracht/ so wenig als anderen/ verborgen/ und wird freylich [die] Unordnung [in] jetzige[r] Zeit so gross/ dass es wohl heissen mag: Difficile est, satyros non scribere“ (Juvenal, satyra 1, Vers 30).26 Seine Folgerung allerdings war, „Fürstenstand“ und „Fürstenstaat“ terminologisch zu unterscheiden. „Denn obwohl Stand und Staat einerlei Bedeutung haben sollten, so wird doch jenes mehr von einem persönlichen/oder je in gemeinem Verstande / auffgenommen.“27 Die fürstlichen Rechte summierte er als „oberste Botmässigkeit“ mit dem Ziel, dem „Gemeinem Nutz“ zu dienen.28 Begriffen wie superioritas territorialis oder ius territorialis oder landsfürstliche Oberherrschaft wich er aus. Seine weitere Bestimmung des ,Fürstenstaates‘ bestand weniger aus klaren Definitionen als aus der Beschreibung fürstlicher Herrschaft im – nicht über den – Fürs-
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Ramsla, Aufstand der Unteren (FN 16), S. 215. Ramsla, Aufstand (FN 16), S. 71: ,Was for Nutz unnd Vortheil aus Auffstand und Auffruhr beydes den Untern und ihren Regenten und Obern/wie auch anderen und in gemein/ erfolgen kann‘, section 1.: ,Können Untere durch Auffstand/Widersetzlichkeit und Aufruhr wider ihre Regenten etwas erhalten/ welches sie sonst nicht durchbringen könnten‘, mit Hinweis auf ,Machiavelli, lib 3, discourse 43‘. Diese Stelle Machiavelli wird nun eingehender untersucht bei A. de Benedictis, „Accorindg to Bartolo“, „according to Baldo“. Archives of knowledge for the study of revolt, in: eadem, K. Härter (eds.), Revolten und politische Verbrechen zwischen dem 12. und 19. Jahrhundert: Reaktionen der Rechtsstysteme und juristisch-politische Diskurse, Frankfurt 2013 (in press), S. 1 – 19, 12 – 13; es handelt sich um Niccolo Machiavelli, Discori sulla prima deca di Tito Livio, I, 4, in: Le grandi opere politichi, II, ed,. G. M. Anselm / C. Varotti, Turin 1993, S. 37 – 38. 26 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), Vorwort, S. iii. 27 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), Vorwort, S. iii. 28 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 58. 25
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tenstaat,29 die im Vollzug dieser Beschreibung an so gut wie allen Rechtsfundamenten fürstlicher Herrschaft im Reich rüttelte, an die man denken kann. Seckendorff schrieb, die fürstliche Herrschaft sei nicht „eigenwillig“30. Neben der Bindung an das Reich sei sie an die Gesetze des Landes gebunden, die sich aus einer Vielzahl an Rechtsquellen ergäben, wie z. B. kaiserliche Lehenbriefe und Regalien, Erbhuldigungen und die ihnen zugehörigen Absprachen, Gesetze und Ordnungen des Landes, und Sprüche der höchsten Gerichtsbarkeit des Landes, Abschiede der Landtage, usf.31 Entscheidend für seine Konzeption war, das dem Seckendorffschen Fürstenstaat als „Vaterland“ ein dichtes und konsistentes Netz an Gesetzen und Regelungen zugeschrieben wurde, ebenso aber physische und räumliche Identität und Kontinuität über einen weiten Zeitraum hinaus32, um die heterogene Vielzahl dieser rechtlichen Regelungen zwischen wandelnden Personengruppen zu einem konsistenten Ganzen werden zu lassen, zur Verfassung des mit sich selbst räumlich und rechtlich identischen Staates. Dieses Kennzeichen kam nun gerade den immer wieder geteilten Ernestiner sächsischen Herzogtümern nicht zu. Seckendorff extrapolierte hier keineswegs aus der pragmatischen Erfahrung immer wieder geteilter und neu zusammengesetzter fürstlicher Herrschaftseinheiten. Er übersetzte stattdessen literarische Topoi vom Alter und von der Urtümlichkeit von Vaterländern, die nicht zuletzt auch im Zeichen des Humanismus im Verlauf des 16. Jahrhunderts auch auf die fürstlichen Herrschaften angewendet worden waren, auf seinen Begriff des Fürstenstaates, um eine Rechtseinheit zu gewinnen, welche zum unverletzlichen Garanten der Gesetze des Landes aufgebaut werden könnte, unter welche der Fürst unterworfen werden könnte, und der auch die Landstände Vertrauen entgegen bringen könnten. Einige besonders wichtige Kennzeichen der Gesetze und Regelungen dieses Seckendorffschen ,Fürstenstaates‘ seien genannt. In diesem Vaterland der Gesetze herrschte ,Autonomie in Religionssachen‘33, die Religion des Landes war vom Fürsten nicht anzutasten. Ganz allgemein unterschied Seckendorff die Herrschaft in so einem Fürstenstaat scharf von der Hausherrschaft über Gesinde und Knechte, wie sie in der realen Terminologie fürstlicher Selbstbeschreibung im 17. Jahrhundert sehr wohl zum Ausdruck kam. Die Herrschaft über die Untertanen eines Fürstentums wie eine Herrschaft über Mitglieder eines Haushalts zu beschreiben war aus fürstlicher Sicht schließlich Ausdruck der Logik eines Verständnisses, nach der die Reichsstände die Bürger des Reiches, ihre Untertanen aber das Hausgesinde der Reichsstände waren. Fürstliche Selbstbeschreibungen und Anreden wie „gnädiger Fürst und 29 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 59: „fürstliche Landsregierung in denen Teutschen Fürstenthumen“. 30 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 57, Marginalie. 31 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 59 – 66. 32 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 35 – 47. 33 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 78: ,Autonomie in Religionssachen‘; siehe zum durchaus recht kontroversen Begriff der ,Autonomie‘ R. von Friedeburg, The Juridification of Natural Law: Christoph Besold’s Claim for a Natural Right to Believe what One Wants, The Historical Journal 53 2010, S. 1 – 19.
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Herr“, Herrschaft des „Hauses Braunschweig und Lüneburg“; „domus Austria“, „Haus Brandenburg“ usf., sowie die Zufügung des Possessivpronomens „unser“ wie z. B. in „unsere Untertanen“ geben davon reichlich Zeugnis.34 Einschlägige Politik-Professoren wie Conring in Helmstedt sahen im Dominat als Form der Monarchie ohnehin kein grundsätzliches Problem. Seckendorff aber schrieb über den Fürstenstaat, „Aus dem, was wir oben von der Macht des Landesherren insgemein erinnert/ dass sie nicht geartet wie eine eigenwillige Herrschaft eines Hauswirts über sein Gesinde/ ist leicht zu ermessen/dass die Untertanen im Lande nicht Sklaven und mit Leib und Gut so bloss hin ihrem Herren eigenthümlich ergeben seyn, sondern dass sie regieret und im gehorsam gehalten werden, wie Freygeborene und unter einem rechtmässigen Regiment/ zu ihres Leibes und Seelen Wolfahrt versamelte Leute zu einer christlichen und an Göttliche natürliche und des Reichs Rechte angewiesenen Obrigkeit von Rechts wegen geschützt und in acht genommen werden sollen/…“.35
Daher galt für Seckendorff im seinem ,Fürstenstaat‘, dass „die Untertanen der Teutschen Landesherrschaften bey ihrem Hab und Gütern dergestalt berechtigt/ dass der Landesherr nicht Macht hat/ dieselbe ihnen / wie etwa in etlichen Tyrannischen / oder sonst eigenmächtigen harten Herrschaften geschehen mag/ ganz oder zum Teil seines Gefallens zu nehmen/ oder mit anderen Renten/ Zinsen und Rechnungen/ als die von Altersher/ oder aus neuen rechtmassigen Ursachen darauff gebracht sind/ zu beschweren.“36
Seckendorff erhob den Schutz von Leib und Eigentum der Untertanen geradezu zu einer Charakteristik aller christlichen im Gegensatz nicht zu nicht-christlichen, sondern zu „barbarischen“ Gesellschaften: „Denn es hat Gottlob in Deutschland/ und denen meisten christlichen Reichen/ mit denen Untertanen diese Gelegenheit/ dass dieselbe nicht dörffen vor Leib-eigene Knechte gehalten und also nach des Eigentums Herren / mit ihrem Gut und Blut gebahret werden / als etwa bey Babarischen, Unchristlichen und tyrannischen Gewalten und Herrschaften der Gebrauch ist“.37
Seckendorff hatte an das Ende seines Vorwortes eine captatio benevolentiae gestellt, er wolle die Rechte der Reichsstände nicht antasten. Liest man seinen Text genau, tat er aber genau das, nicht zuletzt wenn er in den Additiones von 1665 den Untertanenstatus der Einwohner des Fürstenstaates gleich ganz leugnete: „… gleichwohl scheinet der alten Art unserer freyen Vorfahren / die erste Regierungsform gemässer/ dass namblich/ wie ein Keyser oder König über Fürsten und Herren/ also Fürsten über Erbherren oder Landstände regieret haben/ und diese mit ihren Votis und Rathschlägen 34 H. Dreitzel, Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft, Köln 1991, 2 Bände, Band I, S. 150. 35 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 79. 36 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 80 – 81. 37 Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), S. 492 – 493.
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bey etlichen Hauptstücken zur Regierung gehörig/ vornemblich aber in Kriegs- und in Friedenssachen haben herzugezogen und gehöret werden müssen… Allermassen es denn auch noch in denen grossen und alten lang beysammen gestandenen Fürstentümern in Teutschland/ wo Landsasserey und Landstände zu finden/ geschiehet … Man muss es billich bey dem Herkommen bleyben lassen.“38
Es erstaunt angesichts dieser Thesen nicht, dass Seckendorff, wie schon oben erwähnt, seit den 1650er Jahren als ausgesprochener Kritiker fürstlicher Herrschaft wahrgenommen wurde. Johannes Wallmann wies darauf in einem Aufsatz von 1977 hin, freilich ohne sich näher mit Seckendorff zu beschäftigen.39 Wir dürfen Seckendorff, und das ist sehr wichtig für unseren Zusammenhang, aber auch nicht als ,Monarchomachen‘ missverstehen. Im krassem Gegensatz zu Ramsla sprach Seckendorff zwar von dem Fürstenstaat als Vaterland mit ihm eigenen Gesetzen, aber er gab keiner Personengruppe, weder dem Fürsten, noch den Landständen, oder Ephoren, oder was für Begriffe die Zeit noch hatte, eine tragende Rolle. Die Pointe seines ,Fürstenstaates‘ war ja gerade, den Fürstenstaat selbst als im Zeitverlauf kontinuierlich bestehende, räumlich klar abgegrenzte, und mit eigenen Gesetzen ausgestattete Rechtseinheit zu beschreiben, so dass Fürst und Stände nur mehr als Handlungsausführende dessen erschienen, was gesetzlich im und für den Fürstenstaat ohnehin geregelt war. Seckendorff ging es um die Ausschaltung der Staatsräson der Fürsten, der er mehr als kritisch gegenüberstand, aber er schrieb zugleich in einer Zeit, in der die monarchomachischen Theorien eines Buchanan oder Althusius aufgrund der europäischen Bürgerkriege und Aufstände der 1630er bis 164034 Jahre zutiefst diskreditiert waren und blieben. Wenn aber die Fürsten durch die Verbrechen ihrer Staatsräson und die ,Monarchomachen‘ durch das Chaos ihrer Aufstände nicht mehr als Pfeiler der öffentlichen Ordnung dienen konnten, wer dann? IV. Seckendorffs lutherische Fürstenkritik Lesen wir noch einmal Luthers Auslegung des 101. Psalms von 1534, gedruckt 1535, so sehen wir, dass Luther hier nicht allein darauf verweist, wie die meisten Fürsten und ihre Diener mehr schlecht als recht ihr Amt versehen. Er beließ den Fürsten, mit Ausnahme der sehr seltenen Wundermänner, wie beispielsweise einem David, in deren Köpfen ,das natürliche Recht und vernunfft‘ stecke40, kaum einen eigenen Handlungsspielraum. Desto weniger sie tun, desto besser. Im Gegensatz zu einschlägigen Fürsten- und Regimentsspiegeln, wie etwa Johannes Ferrarius’ Re republica bene instituenda (Basel 1556), in denen der Fürst als kluger und frommer Mann gerade die Aufgabe hat, tätig den Gemeinen Nutzen aufzurichten und zu 38
Seckendorff, Fürstenstaat (FN 1), Additiones 25 – 27. Wallmann, Helmstedter Theologie (FN 11). 40 Martin Luther, Auslegung des 101 Psalms, Weimarer Gesamtsausgabe 51, Weimar 1914, S. 197 – 264, 212, 228, 229; geschrieben 1534, publiziert als ,Der CI Psalm, durch Martin Luther ausgelegt‘, Wittenberg 1535. 39
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hegen, ließ Luther in seiner Auslegung für den Fürsten kaum so einen Spielraum. Er verspottete die große Mehrheit der Fürsten und ihrer Bediensteten als „Affen“, die sich ihrer Beschränkungen noch nicht einmal bewusst sind und glauben, gleich Wundermännern das Gemeinwesen einrichten und schützen zu können. Sie hätten wohl den Willen, aber nicht die Fähigkeit zum verständigen Handeln. Daher wies Luther sie zur ständigen Demut an und zur Bitte um Hilfe bei dem ihm stets präsenten Schöpfergott.41 Zwischen den 1550er und den 1620er Jahren wurden im katholischen wie reformierten und lutherischen Deutschland unzählige Fürstenspiegel und später ,Politicas‘ gedruckt. Ihnen allen aber blieb über alle tiefgreifenden Unterschiede hinweg gemein, dass sie den menschlichen Fürsten als Muskel und Sehne der Aufrechterhaltung der guten Ordnung und der Durchsetzung der Gesetze ernst nahmen. Selbst wo wie bei vielen ,Monarchomachen‘, etwa in Johannes Althusius‘ Politica, das regnum als Rechtsperson der universitas konzipiert war, so wurde diese doch erst handlungsfähig durch ihre Repräsentation, und es waren dann im Wege der verschiedenen Formen der Repräsentation der magistratus summus oder die Ephoren, die als Träger der öffentlichen Ordnung auftraten, nicht ein ,Staat‘ in unserem Sinne. Nach der Katastrophe des Krieges und der tiefgreifenden Diskreditierung sowohl der Fürsten als auch der ,Ephoren‘ blieben diese Wege seit den 1650er Jahren zunehmend versperrt. Die öffentliche Ordnung konnte weder durch den höchsten Magistrat selbst, wie bei Henning Arnisaeus, noch durch das durch die Ephoren vertretene Volk vor- und hergestellt werden. Wir wissen nicht, ob sich Seckendorff dieser Konstellation bewusst war, und daher ein Buch schrieb, dass für ein Jahrhundert ausgesprochen ,anschlussfähig‘ bleiben sollte. Aber die Katastrophe des Krieges und Traktate und Satiren wie die von Ramsla hatten ihn doch so beeindruckt, dass er Ramslas radikale Einschränkung des fürstlichen Handlungsspielraums übernahm, ohne dessen monarchomachische Komponente nachvollziehen zu können. Aber der Fürst musste, angesichts der Erfahrungen des Dreissigjährigen Krieges, gebändigt werden, denn „Die Menschen sind um der Menschen willen gebohren/damit sie einander nutzen und helffen können … Die Natur erfordert/ dass ein Mensch dem anderen/er wey wer er wolle/eben um dess willen/dass er ein Mensch ist, rahte und helffe“.42 So trat an die Stelle des fehlenden Fürsten, der sich Gottes Ratschluss bis zum unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt ständig versichern muss, der Staat als Einheit aus Gebiet, Recht und Bevölkerung nicht mehr als Objekt, sondern als zäh41 Luther, Auslegung (FN 40), 212 – 213. Zu diesem Psalm grundlegend W. Sommer, Die Unterscheidung und Zuordnung der beiden Reiche bzw. Regiment Gottes in Luthers Auslegung des 101 Psalms (1988), in: idem, Politik, Theologie und Frömmigkeit im Luthertum der frühen Neuzeit, Göttingen 1999, S. 11 – 53. 42 V. L. von Seckendorff, Entwurf oder Versuch von dem allgemeinen oder natürlichen Recht, nach Anleitung der Bücher Hugnos Grotii, in: ders, Teutsche Reden, Nummer L, S. 403 – 466, 413.
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mendes Gehäuse fürstlichen Handelns. Das nimmt der Bedeutung des jüngeren Naturrechts und seiner Konzeption eines durch Vertrag begründeten künstlichen Staates nichts von ihrer Bedeutung, und damit auch nicht der ganz überwiegend protestantischen Gelehrsamkeit, welche diese Theorie entwickelte. Aber es weist auf die spezifischen deutschen Verhältnisse hin, die darüber hinaus an der Wiege des großen Erfolges der Rede vom ,Staat‘ im deutschsprachigen Reich standen. In ihm lebte das im Sinne der Lehre von der ,Policey‘ dicht geregelte und bis in alle Lebensbereiche verwaltete Gemeinwesen fort, die Dichte und konkrete Allgegenwart dieser Verwaltung half im Nachhinein geradezu dabei, sich das fürstliche Agieren nicht mehr als Herrschaft über seinen Staat, sondern als leitende Verwaltung im Staat vorzustellen.
Katholische Theologie und protestantische Jurisprudenz Zur Rechtsgeschichte der Restitutionslehre im 16. und 17. Jahrhundert Von Nils Jansen Was macht juristische Argumente zu rechtlichen? Was verleiht einer Norm oder einem Argument einen religiösen bzw. religiös-konfessionellen Charakter? Gibt es einen spezifisch religiösen bzw. juristischen Stil oder spezifisch konfessionelle Argumente? Wer fragt, ob bestimmte Juristen mit religiösen Argumenten operiert hätten oder gar konfessionell geprägt gewesen seien, setzt offenbar voraus, dass der religiöse oder der konfessionelle Charakter eine bestimmte Eigenschaft von Normen und Argumenten bildet. Aber wo verlaufen eigentlich die Grenzen zwischen dem Recht und der Religion? Könnte man beispielsweise einfach sagen, dass Normen und Argumente säkularer – und damit potentiell juristischer – Natur sind, wenn sie ausschließlich an innerweltliche Begründungsressourcen anknüpfen? Umgekehrt müssten dann sämtliche Normen und normative Argumente als religiös gelten, die zumindest einen Rest von Transzendenz voraussetzen. Ähnlich essentialistisch denken heute viele, nicht zuletzt Säkularisierungstheoretiker. Indes ist ein solch einfacher Ansatz für das Verständnis historischer Prozesse unbrauchbar. Solche Grenzen sind niemals selbstverständlich gewesen, sondern wurden von verschiedenen Gesellschaften und zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich gezogen. Die Charakterisierung von Normen und Argumenten als religiös oder spezifisch konfessionell, oder als säkular bzw. genuin juristisch war niemals stabil; häufig hat sie einen Gegenstand von Kontroversen und Konflikten gebildet. Solche Kontroversen waren Ausdruck von sich verschiebenden gesamtgesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen und semantischen Kategoriensystemen. Ein Beispiel bildet die Erwartung pacta sunt servanda, die wir heute für einen Grundstein eines säkularen Vertragsrechts halten. Über Jahrhunderte hinweg klangen mit diesem Satz unüberhörbar christliche Obertöne an. Denn Juristen wussten, dass dieser Satz gerade nicht aus dem römischen Recht stammte, sondern religiös, mit Bibelstellen, begründet war.1 Und wenn Juristen heute um den Begriff
1 Corpus iuris canonici, liber extra, lib. I, tit. XXXV, cap. I: „pax servetur, pacta custodiantur“. Näher HKK/A. Thier, Tübingen 2007, § 311 I, Rn. 5 – 20, insb. 14 f., 19; R. Zimmermann, The Law of Obligations. Roman Foundations of the Civilian Tradition, Oxford 1996,
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„Menschenwürde“ streiten und fragen, zu welchem Zeitpunkt menschliches Leben beginne, dann geht es auch um die Frage nach der Zulässigkeit und Relevanz vorpositiver Argumente mit einem irreduziblen Transzendenzbezug.2 Denn man muss zweifeln, ob Menschenrechte sich ohne ein metaphysisches Konzept der Person begründen lassen.3 Es ist aber alles andere als klar, ob ein metaphysisches Konzept der Person ein religiöses ist. Erst recht problematisch ist deshalb ein essentialistischer Ansatz zum konfessionellen Charakter normativer Aussagen. Dafür müsste man nämlich spezifisch konfessionelle Lehren oder zumindest typisch konfessionell konnotierte Überzeugungen identifizieren und diesen in der juristischen Argumentation nachspüren können. In meinem Vortrag möchte ich das anhand der spätscholastischen Restitutionslehre beispielhaft aufzeigen.4 In einem ersten Teil werde ich die Restitutionslehre des 16. Jahrhunderts als eine komplexe Naturrechtstheorie rekonstruieren, in der Theologen einen ursprünglich theologischen sowie je einen philosophisch gerechtigkeitstheoretischen und juristischen Baustein zusammenfügten. Bis zuletzt fand die Doktrin ihre normative Grundlage in einem theologisch verstandenen Restitutionsgebot; bei der zunehmend juristischen Diskussion von Einzelheiten gaben jedoch zumeist die jeweils einschlägigen gerechtigkeitstheoretischen oder juristischen Argumente den Ausschlag, deren säkularer Charakter aus heutiger Perspektive unzweifelhaft scheint. Man könnte deshalb versucht sein, die Juridifizierung der Restitutionslehre als einen Säkularisierungsprozess zu beschreiben. Ein anderes Verständnis lag aus der Wahrnehmungsperspektive protestantischer Juristen nahe, der ich in Teil II nachgehen werde. Denn die Restitution war ein Element des Bußsakraments; sie fand ihren institutionellen Ort in der Beichte und damit in der Lehre von der Sündenvergebung. Genau hier hatten sich indes die konfessionellen Kontroversen um die Rechtfertigungslehre entzündet. Die Restitutionslehre musste Protestanten daher insgesamt als ein Symbol des gegenreformatorischen Katholizismus erscheinen, und diese Wahrnehmung war durchaus nicht verzerrt.
S. 538 ff.; J. Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Doctrine, Oxford 1989, S. 41 ff., 71 ff. 2 Für einen Überblick H. Dreier, in: ders. (Hrsg.) Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., München 2004, Art. 1, Rn. 1 ff., 51 ff., 62 ff.; siehe etwa C. Starck, in: ders. (Hrsg.) v. Mangold / Klein / Starck, GG Kommentar, 6. Aufl., München 2010, Rn. 3 ff., 17 ff., einerseits; M. Herdegen, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz Kommentar, 55. Lieferung, München 2009, Rn. 19 f. und passim, andererseits. 3 R. Alexy, Menschenrechte ohne Metaphysik?, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 52 (2004), S. 15 – 24 (24): „Personen aber haben einen Wert und Würde. Damit schlummert in der diskursiven Natur des Menschen ein System von Begriffen, … die … dazu führen, dass unsere Welt mit Entitäten bevölkert wird, die die Reiche des Physischen und des Psychischen aus eigener Kraft nicht erzeugen können: mit Personen“. 4 Insoweit beruht der folgende Aufsatz auf bereits publizierten Forschungsergebnissen: Jansen, Theologie, Philosophie und Jurisprudenz in der spätscholastischen Lehre von der Restitution, Tübingen 2013.
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Aufgrund ihres konfessionellen Charakters hat die Restitutionslehre niemals Eingang in die naturrechtliche und gemeinrechtliche Diskussion finden können. Das ist umso bemerkenswerter, als auch protestantische Juristen mit dieser Lehre wohlvertraut waren und ihre juristische Substanz praktisch restlos in den Naturrechtsdiskurs integriert haben; Zentralelemente der Restitutionslehre prägen das europäische Privatrecht bis heute. Es bildet geradezu einen Treppenwitz der Geschichte, dass das auch für Theoriestücke wie den Verschuldensgrundsatz gilt, die von den Theologen des 16. Jahrhunderts mit spezifisch theologischen Argumenten begründet worden waren. I. Der katholische Naturrechtsdiskurs 1. „Non remittetur peccatum nisi restituatur ablatum“ Dieser fundamentale Lehrsatz des Kirchenvaters Augustinus zur Rechtfertigung und Sündenvergebung5 steht historisch und gedanklich am Ausgangspunkt der katholischen Lehre von der Restitution.6 Mit diesem Restitutionsgebot hatte Augustinus in theologisch wenig selbstverständlicher Weise die weltliche und die göttliche Gerechtigkeit verknüpft: zwei Sphären, die es nach christlicher Lehre doch grundsätzlich zu trennen galt.7 Nach dem Augustinuswort waren die Beziehung des Menschen zu Gott und sein Seelenheil nun aber von der Erfüllung der Pflichten gegenüber seinen Mitmenschen abhängig. In dieser Form wurde das Restitutionsgebot nicht nur zu einem festen Bestand der scholastischen Lehre vom Beichtsakrament,8 sondern auch des kanonischen Rechts. Es findet sich nicht nur in zentralen moraltheologischen Referenztexten,9 sondern auch in den wichtigen kirchenrechtlichen Sammlungen10 und dann insbesondere auch in den regulae iuris des Liber Sextus.11 Obwohl der Satz des Augustinus seine Grundlage im Diebstahlsverbot des siebten biblischen Ge5 Augustinus, Epistola CLIII (ad Macedonium), in: J.-P. Migne (Hrsg.), Patrologia Latina, Bd. 33, Paris 1861, Sp. 653 – 665, n. 20. 6 Vgl. auch G. Otte, Das Privatrecht bei Francisco de Vitoria, Köln 1964, S. 64. 7 Siehe nur P. Prodi, Eine Geschichte der Gerechtigkeit. Vom Recht Gottes zum modernen Rechtsstaat, 2. Aufl., München 2005, S. 21 ff. Prodi berücksichtigt die zentrale Restitutionslehre dabei freilich nicht näher; siehe etwa S. 37 f., 45 f. 8 Zu den theologischen Fragen J. Finkenzeller, Die Lehre von den Sakramenten im allgemeinen. Von der Schrift bis zur Scholastik, in: M. Schmaus et al. (Hrsg.), Handbuch der Dogmengeschichte, Bd. IV, Fasz. 1a), Freiburg 1980, S. 180 f.; A. Angenendt, Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 1997, S. 630 ff., 644 ff. 9 P. Lombardus, Sententiae in IV libris distinctae (Spicilegium Bonaventurianum, Bd. IV und V, 1971/1981), lib. IV, dist. XV, cap. VII, n. 9. Zu den Beichtsummen etwa K. Weinzierl, Die Restitutionslehre der Frühscholastik, Berlin 1936, S. 100 ff.; ders., Die Restitutionslehre der Hochscholastik bis zum hl. Thomas von Aquin, München 1939, S. 89 ff. 10 Decr. Grat., C. XIV, qu. VI, c. I; zuvor bereits im Decretum des Ivo von Chartres: J. Hallebeek, The Concept of Unjust Enrichment in Late Scholasticism, Nijmegen 1996, S. 22 m.N. 11 Lib. Sext., lib. V, tit. XII De reg. iur., reg. IV.
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bots gefunden hatte,12 stand dabei von Anfang an fest, dass das Restitutionsgebot sich auf jede ungerechtfertigte Wegnahme, Vorenthaltung, Vermögensschädigung und überhaupt auf jeden unrechtmäßigen Vermögenserwerb, auch auf Verstöße gegen das Zinsverbot,13 beziehen sollte.14 Theologisch gehörte die Restitutionslehre in den Kontext des Bußsakraments; sie galt als ein Element der Buße bzw. – später – als deren Voraussetzung.15 Der institutionelle Ort der Restitution blieb daher stets der Beichtstuhl.16 Dieser Ausgangspunkt machte die Doktrin zu einer theologischen Lehre; für die Regelbildung hatte er zwei wichtige Konsequenzen: Zum einen ging es um das Seelenheil des Sünders,17 nicht um Interessen des Geschädigten. Mit der Restitutionspflicht des Sünders brauchte deshalb kein korrespondierender Anspruch des Geschädigten verbunden zu sein; angesichts des christlichen Armutsgebots und der Maxime, sich um vergängliche Güter nicht übermäßig zu sorgen, erschien ein solcher Anspruch sogar ausgesprochen problematisch. Die Sentenzenliteratur des frühen 12. Jahrhunderts mochte einen Restitutionsanspruch überhaupt nur dann akzeptieren, wenn dafür besondere Gründe, wie die Besserung des Sünders oder die Versorgung kranker Mitbrüder, sprachen;18 und nach der Glossa ordinaria zur Heiligen Schrift galt die Geltendmachung eines Restitutionsanspruchs zumindest als unziemlich.19 Eine Restitution konnte deshalb durchaus als entbehrlich gelten, wenn beim Täter nichts zu holen war:20 Eine Teilrestitution oder der gute Wille, später zu restituieren, wenn der Sünder wieder über die dafür erforderlichen Mittel verfügte, mussten genügen.21 Nach kanonischem 12
Ex. 20,15. Lombardus, Sententiae (FN 9), lib. III, dist. XXXVII, cap. V; näher, auch zur älteren Lehre, Weinzierl, Frühscholastik (FN 9), S. 11 ff. 14 H. Dondorp, Crime and Punishment. Negligentia for the canonists and moral theologians, in: E. J. H. Schrage (Hrsg.), Negligence. The Comparative Legal History of the Law of Torts, Berlin 2001, S. 101 – 128, 103 ff. 15 Jansen, Theologie (FN 4), S. 25 ff., 29. 16 Siehe nur M. Schneider, Forum internum – forum externum. Institutstheorien des Geständnisses, in: J. Reichertz / M. Schneider (Hrsg.), Sozialgeschichte des Geständnisses. Zum Wandel der Geständniskultur, Wiesbaden 2007, S. 23 – 41, 24 ff.; ein anschauliches Bild der Beichtpraxis im 13. und 14. Jahrhundert bietet J. Goering, The Internal Forum and the Literature of Penance and Confession, in: W. Hartmann / K. Pennington (Hrsg.), The History of Medieval Canon Law in the Classical Period, 1140 – 1234. From Gratian to the Decretals of Pope Gregory IX, Washington 2008, S. 379 – 428. Ferner W. Decock, Jesuit freedom of contract, TR 77 (2009), S. 423 – 458, 431 ff.; Prodi, Gerechtigkeit (FN 7). 17 Anschaulich P. Abaelard, Ethica seu Liber dictus scito te ipsum, in: J. P. Migne (Hrsg.), Patrologia Latina, Bd. 178, Paris 1885, Sp. 633 – 678, cap. XVIII. 18 Weinzierl, Frühscholastik (FN 9), S. 113 f. m.N. 19 Biblia sacra cum glossa ordinaria (Straßburg 1480/1481; Nachdruck 1992), Gl. Iam quidem zu 1. Kor. 6,7. 20 Augustinus, Epistola CLIII (FN 5), n. 20; Lombardus, Sententiae (FN 9), lib. IV, dist. XV, cap. VII, n. 9. 21 Siehe nur R. de Pennaforte, Summa de Poenitentia (hrsgg. von X. Ochoa und A. Diez, Rom 1976), lib. II, tit. V, n. 44. Näher zu einzelnen Beicht- bzw. Dekretsummen Weinzierl, 13
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Recht und nach den Beichtsummen brauchte die Restitution auch nicht zwingend an den konkreten individuell Geschädigten geleistet zu werden.22 In Fällen wie der Simonie oder bei sittenwidrigem Erwerb galt es das vielmehr gerade zu verhindern.23 Die zweite Konsequenz bestand darin, dass die Restitution eine Sünde voraussetze. Ein solches peccatum konnte zum einen darin bestehen, dass man einem anderen nicht zurückgab, was diesem gebührte – dies bildete das Paradigma der sogenannten restitutio ratione rei acceptae. Ein peccatum konnte aber auch darin bestehen, dass man einen anderen in einer Weise geschädigt hatte, die als beichtpflichtiges Unrecht galt (restitutio ratione acceptionis). Für diese Fallgruppe wurde nun im 16. Jahrhundert die Frage brisant, wie weit eine Sünde – und damit die Restitutionspflicht – ein genuines Verschulden voraussetze. Denn nach weltlichem und auch nach kanonischem Recht konnte man auch für unbeabsichtigte und unvorhersehbare – aus heutiger Sicht also „zufällige“ – Handlungsfolgen haftbar sein (etwa nach den römischen Quasidelikten und der kanonischen Regel des versari in re illicita); und vor allem galt im Deliktsrecht ein außerordentlich strikter Haftungsmaßstab, wonach auch allerleichteste Fahrlässigkeit (culpa levissima) haftbar machen sollte.24 Obwohl feststand, dass culpa levissima eigentlich kein beichtpflichtiges Fehlverhalten (peccatum) bedeutete,25 war dieser Haftungsmaßstab längst ein Element auch des kanonischen Deliktsrechts geworden.26 Auch die ältere Beichtliteratur hatte diesen Maßstab übernommen.27 Für die Theologen des 16. Jahrhunderts wurde dieser Standpunkt zunehmend inakzeptabel. Selbstverständlich wurde aus ihrer theologischen Perspektive das, was heute der Verschuldensgrundsatz genannt wird: die Annahme, dass Verantwortlichkeit ein moralisches Verschulden des Schuldners voraussetze. Binnen weniger Jahr-
Frühscholastik (FN 9), S. 71 f., 77 ff., 101, 105, 113, 143, 148, 172 m.w.N.; zur späteren theologischen Literatur ders., Hochscholastik (FN 9), S. 136 ff. 22 de Pennaforte, Summa de Paenitentia (FN 21), lib. II, tit. V, n. 44. 23 Näher Jansen, Theologie (FN 4), S. 27 f. m.w.N. 24 Genauer Jansen, Theologie (FN 4), S. 120 – 137 m.N. 25 Hadrian VI., De Sacramento penitentie et primo De restitutione, in: id., Quaestiones de Sacramentis in Quartum Sententiarum librum, Rom 1522; Faksimiledruck 1964, S. 43 – 188, fol. 73, col. 2 f.; D. de Covarruvias, Regulae Peccatum. De regulis iuris libro sexto, Relectio, in: Opera Omnia I, Frankfurt a.M. 1608, S. 463 – 518, p. II, § 7, n. 9; L. Lessius, De iustitia et iure, Lyon 1653, lib. II, cap. VII, dub. VI; L. de Molina, De iustitia et iure, Mainz 1659, tract. II, disp. 293 und 698. 26 Dondorp, Crime and Punishment (FN 14), S. 120 f. m.w.N.; ältere Belege aus handschriftlichen Quellen (Glossen des Johannes Teutonicus, Summa Bambergensis) bei S. Kuttner, Kanonistische Schuldlehre von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX., Rom 1935, S. 159 (zur Falschaussage), 219 f. (Tötung bzw. Körperverletzung). 27 G. Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum. Libri quarti pars secunda (hrsgg. von W. Werbeck / U. Hofmann, Tübingen 1977), lib. IV, dist. XV, qu. X, art. III, dub. 9; A. C. di Chiavasso, Summa Angelica de Casibus Conscientiae cum quibusdam novis et oportunis additionibus, Straßburg 1502, ad verbum „culpa“, n. 3.
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zehnte verabschiedete man deshalb die Doktrin vom versari in re illicita;28 und aus demselben Grund setzte sich langsam auch die Auffassung durch, dass eine Restitutionspflicht nur im Fall eines peccatum und damit nur bei einem echten moralischen („theologischen“) Verschulden des Sünders bestehe.29 Es ist bemerkenswert, dass weitergehende rechtliche Ansprüche mit dieser restriktiven Konzeption moralischer Verantwortlichkeit niemals ausgeschlossen sein sollten, im Gegenteil: Ein Großteil der spätscholastischen Theologen war offenkundig fest davon überzeugt, dass die nach gemeinem Recht geltende strikte Haftung auch für culpa levissima oder für Quasidelikte ausgesprochen sinnvoll war und Billigung verdiente. Mit dem Argument, dass außervertragliche Schadensersatzansprüche ihre Grundlage im Eingriff in die fremde Rechtssphäre, nicht in einem Fehlverhalten des Schädigers, fänden, hatten sie sogar die Grundlage für eine plausible Erklärung verschuldensunabhängiger Haftungen gelegt.30 Juristisch erschien dies Argument offenbar zwingend. Für die theologische Argumentation konnte es jedoch nicht den Ausschlag geben; vielmehr stießen juristische Argumente an dieser Stelle an eine feste theologische Grenze. Im Sakrament der Buße ging es um das Verhältnis fehlbarer Menschen zu ihrem Herrn. Hier sollten Menschen, das war den Theologen wichtig, mit alltäglicher leichter Fahrlässigkeit bzw. mit einer unbedeutenden Normübertretung nicht gleich ihr Seelenheil gefährden. Gewiss sollte man von Rechts wegen für culpa levissima einstehen, und nach kanonischem Recht galt auch weiterhin die Doktrin vom versari in re illicita. Aber wer nicht freiwillig bereit war, einen schuldlos verursachten Schaden auszugleichen und es auf einen Prozess ankommen lassen wollte, gefährdete damit nach herrschender spätscholastischer Lehre nicht gleich sein Seelenheil. 2. „Restitutio est actus commutativae iustitiae“ Ebenso wenig wie die frühmittelalterliche Lehre dem Geschädigten einen Restitutionsanspruch zugestehen mochte, hatte man einen zwingenden Grund gesehen, die Restitution präzise nach dem Verlust des Geschädigten zu bemessen. Denn die Restitution fand ihre Grundlage nicht im Gebot eines fairen Ausgleichs zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten; sie war zunächst nicht mehr als die religiöse Verpflichtung des Sünders, ein Unrecht bzw. einen Schaden wiedergutzumachen. Wo das römische und das kanonische Recht bzw. die Heilige Schrift31 ein Vielfaches des verursachten Schadens als Strafzahlungen vorsahen, ließen sich diese Sanktionen deshalb durchaus als eine Restitutionspflicht verstehen.32
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Jansen, Theologie (FN 4), S. 123 – 127. Loc. cit., S. 136 f. 30 Loc cit., S. 132 – 136. 31 Ex. 21,37 und Ex. 22 passim; vgl. auch Luk. 19,8. 32 In diesem Sinne zur poena quadruplex beim Raub noch de Pennaforte, Summa de Paenitentia (FN 21), lib. II, tit. V, n. 21; w.N. bei Weinzierl, Frühscholastik (FN 9), S. 94, 129; ders., Hochscholastik (FN 9), S. 129 ff. 29
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Ein ganz anderes Bild bietet demgegenüber die Darstellung der Restitutionslehre in der Summa theologiae Thomas von Aquins, die geistesgeschichtlich geradezu auf einen Paradigmenwechsel hinausläuft.33 In der Summa theologiae erschien die Restitutionspflicht nämlich als ein gegenüber dem Bußsakrament vorgängiges Gebot der ausgleichenden Gerechtigkeit.34 Sie erhielt dadurch eine neue begrifflich-kategoriale Struktur und gewann zugleich deutlich an inhaltlichen Konturen.35 Denn mit dieser Weichenstellung stand fest, dass es bei der Restitution um den Ausgleich einer gestörten Privatrechtsbeziehung zwischen Menschen und um deren Vermögen im weitesten Sinne gehen sollte.36 Folgerichtig stand jetzt nicht mehr allein das Seelenheil des Schädigers im Vordergrund; zugleich ging es auch um die Interessen des Geschädigten. Die Restitution diente also nicht mehr abstrakt der Abschöpfung unverdienter Vorteile, sondern dem Ausgleich eines Verlusts: Wo jemandem etwas genommen worden war, ohne ihm zu schaden – etwa indem jemand am Licht der Lampe eines anderen geschnorrt hatte –, sollte die Restitution nach Thomas folgerichtig keinen Platz haben.37 Zudem bot der aristotelische Gedanke der Wiederherstellung einer gestörten Gleichheit einen klaren Maßstab für die Bemessung der Restitution.38 Dabei bestand das gedankliche Paradigma der Restitution zwar in der Rückgabe einer (gestohlenen) fremden Sache, doch ließ sich auch jede andere Schadenszufügung als Wegnahme begreifen.39 Grundsätzlich sollte jede Störung der ausgleichenden Gerechtigkeit 33
Vorbereitet war dieser Schritt allerdings bereits bei A. Magnus, Commentarii in IV libros Sententiarum (Opera Omnia, hrsgg. von Steph. Caes. Aug. Borgnet, Bde 25 – 30, Paris 1893 – 1894), lib. IV, dist. XV, art. XLII: Zwar hatte Albertus Magnus die Restitutionslehre in seinem Kommentar zu den Sentenzen des Petrus Lombardus, dem locus classicus der patristischen und frühscholastischen Restitutionslehre, erläutert; er hatte in diesem Rahmen aber bereits auf Aristoteles’ Lehre von der ausgleichenden Gerechtigkeit abgestellt, um den Tatbestand der Restitution zu konkretisieren. 34 „… restitutio est actus commutativae justitiae“: Th. von Aquin, Summa theologiae, in: Opera Omnia (hrsgg. von St. E. Fretté / P. Maré, Bd. I-VI, Paris 1871 – 1873), secunda secundae (im Folgenden STh II-II), qu. LXII, art. I, resp.; dazu Weinzierl, Hochscholastik (FN 9), S. 18 ff. 35 Zum Ganzen etwa U. Wolter, Das Prinzip der Naturalrestitution in § 249 BGB. Herkunft, historische Entwicklung und Bedeutung, Berlin 1985, S. 26 ff.; Hallebeek, Unjust Enrichment (FN 10), S. 8 f.; ausführlich Weinzierl, Hochscholastik (FN 9), S. 16 ff., 164 ff. 36 STh II-II (FN 34), qu. LVIII, art. II, X; qu. LXII, art. IV. 37 STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. VI: „Ad primum ergo dicendum, quod restitutio non ordinatur principaliter ad hoc quod ille qui plus habet quam debet, habere desinat; sed ad hoc quod illi qui minus habet, suppleatur“; siehe auch ad tertium: „… quia restitutio principaliter ordinatur ad removendum damnum ejus a quo est aliquid injuste ablatum“. 38 Aristoteles, Nikomachische Ethik, 1131 a 10 ff.; STh II-II (FN 34), qu. LVIII, art. X; qu. LXI, art. II; qu. LXII, art. V, resp. Das Bild findet sich bereits im Scriptum super Sententiis, dist. XV, qu. I, art. V, resp. ad qu. I: die Restitution gleiche eine inaequalitas iustitiae aus. 39 STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. IV, resp.: „Respondeo dicendum, quod quicumque damnificat aliquem, videtur ei auferre id in quo ipsum damnificat. … Et ideo homo tenetur ad restitutionem ejus in quo aliquem damnificavit“.
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einen Restitutionsanspruch auslösen.40 Dass die Restitution auch den Ausgleich von Sachbeschädigungen sowie von Körper- und Ehrverletzungen erfasste,41 wurde damit selbstverständlich. Auch die Wiedergutmachung eines immateriellen42 Schadens durch eine Bitte um Verzeihung oder eine Entschuldigung ließ sich als ausgleichende Wiederherstellung einer gestörten Beziehung zwischen Mitmenschen verstehen und war daher als Restitution geschuldet.43 Die spätere Lehre hat die Restitution folgerichtig ganz allgemein von dem Schaden bzw. Verlust des Geschädigten (laesio) her gedacht.44 Es überrascht nicht, dass dieser Neuansatz weitreichende normative Konsequenzen nach sich zog. Denn jetzt waren der Vermögensausgleich (bezogen auf die inaequalitas ex parte rei) einerseits und der vergeltende Ausgleich schuldhaften Unrechts andererseits (bezogen auf die iniustitia culpae) klar voneinander getrennt. Das war umso bemerkenswerter, als sich im kanonischen Recht kein Anhalt für eine solche Unterscheidung fand; vielmehr verstanden die Kanonisten deliktsrechtliche Sanktionen, insbesondere bei Körperverletzungen, verbreitet als eine poena: als Strafe für unrechtes Tun.45 Nach der neuen aristotelischen Lehre war für den Vermögensausgleich nun grundsätzlich nicht mehr als die Rückgabe des entzogenen bzw. der ein-
40 STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. I, ad secundum: „Sed sicut … nomen communicationis translatum est ad actiones vel passiones quae pertinent ad reverentiam vel injuriam alicujus personae, seu nocumentum vel profectum; ita etiam nomen restitutionis derivatur ad haec, quae licet realiter non maneant, tamen manent in effectu vel corporali, puta cum ex percussione laeditur corpus, vel qui est in opinione hominum, sicut cum aliquis verbo opprobrioso remanet homo infamatus, vel etiam minoratus in suo honore“. Neu war dieser Gedanke freilich nicht; vgl. J. Unterreitmeier, Der öffentlich-rechtliche Schmerzensgeldanspruch als Ausprägung eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Wiedergutmachungsanspruchs. Eine Renaissance der scholastischen Restitutionslehre, München 2007, S. 26 ff. 41 Albertus Magnus, Commentarii (FN 33), lib. IV, dist. XV, art. XLII f.; bei Thomas von Aquin bildet das regelmäßig eine selbstverständliche Voraussetzung der Argumentation: STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. IV, resp.; qu. LXII, art. II, resp., art. IV, resp., art. VI, resp. Zwar hatten bereits Augustinus und die ältere Scholastik die Restitution auch auf Körper- und Ehrverletzungen bezogen, doch hatten diese Fälle gerade dort als Beispiele dafür gegolten, dass ein Ausgleich gegenüber dem Geschädigten entbehrlich sein konnte. 42 Freilich ist diese Terminologie, die sich erst im Laufe der Diskussion im späten 19. und 20. Jahrhundert herausgebildet hat, angesichts der vielschichtigen schadensrechtlichen Wertungsprobleme unterkomplex: näher Jansen, Danno patrimoniale e non patrimoniale nella tradizione di diritto comune, in: L. Vacca (Hrsg.), Il danno risarcibile, Napoli 2011, 47 – 80; HKK/Jansen, Tübingen 2007, §§ 249 – 253, 255, Rn. 3 f. 43 D. de Soto, De iustitia et iure, 1556; Faksimiledruck 1968, lib. IV, qu. VI, art. I, bei Pro a.E.; Soto hat diese Fälle freilich spezifischer als satisfactio konzipieren wollen; näher Jansen, Theologie (FN 4), S. 56 ff. 44 Covarruvias, Regulae Peccatum (FN 25), pr. (470): „Restitutio laesioni opponitur“. Dies bildet eine Konsequenz des Bezugs der Restitution auf die geschützte Rechtssphäre des Geschädigten. 45 Ausführlich Dondorp, Crime and Punishment (FN 14), S. 104 ff. m.w.N.
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fache Ersatz des beschädigten Vermögensguts erforderlich.46 Zwar hatte Thomas noch an den tradierten Sanktionen des römischen und biblischen Rechts festgehalten, die auf ein Vielfaches des Schadens gingen. Freilich hatte er, das war letztlich entscheidend, diese Sanktionen jetzt endgültig als eine Strafe qualifiziert und damit kategorial eindeutig vom Schadensersatz unterschieden.47 Sie waren deshalb nicht als Restitution geschuldet, sondern nur noch aufgrund eines entsprechenden richterlichen Strafurteils.48 Der spätere Versuch von Johannes Duns Scotus, die biblischen Talionsstrafen als Restitution zu rekonstruieren,49 vermochte diesen Ansatz nicht mehr in Frage zu stellen und fand deshalb kein nennenswertes Echo: Einerseits konnten Strafsanktionen nicht mehr als Restitution geschuldet sein; andererseits musste jetzt aber in jedem Restitutionsfall ein voller, unbeschränkter Ausgleich geleistet werden: Wer auf Kosten eines anderen bereichert oder für den Schaden eines anderen verantwortlich war, sollte den Verlust grundsätzlich vollständig wiedergutmachen. Mit dieser Konzeption scheint die gedankliche Grundlage für „moderne“ Regeln des Bereicherungs- und Schadensrechts gelegt, wie sie auch heute gelten. In der Tat sind diese Regeln ursprünglich von katholischen Theologen formuliert worden, die damit weit über das römisch-gemeine Recht hinausgegangen sind.50 Allerdings geschah das erst wesentlich später, im 16. Jahrhundert. Dann freilich machte die Juridifizierung rasche Fortschritte: Binnen weniger Jahrzehnte verfügte man beispielsweise über eine klare Vorstellung einer allgemeinen Bereicherungshaftung,51 wonach jede Bereicherung herauszugeben war, die der Restitutionsschuldner auf Kosten eines anderen erlangt hatte. Auch bösgläubige Besitzer konnten deshalb einen Anspruch auf Verwendungsersatz haben.52 Dabei erfassten die Spätscholastiker begrifflich präzise auch Vorteile, die an die Stelle des ursprünglich Erlangten getreten waren, also auch ersparte Aufwendungen; zugleich war (erst) jetzt klar, dass es nicht auf den Wert des Erlangten, sondern auf den wirtschaftlichen Vorteil beim Schuldner ankam. Ein Standardbeispiel bildete der gutgläubige Verzehr eines gestohlenen 46
Albertus Magnus, Commentarii (FN 33), lib. IV, dist. XV, art. XLII f.; STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. III, resp.; vgl. auch qu. LXI, art. IV. 47 T. Duve, La teoría de la restitución en Domingo de Soto: Su significación para la historia del derecho privado moderno, in: Juan Cruz Cruz (Hrsg.), La ley natural como fundamento moral y jurídico en Domingo de Soto, Navarra 2007, S. 181 – 197, 185; w.N. bei G. Nufer, Über die Restitutionslehre der Spanischen Spätscholastiker und ihre Ausstrahlung auf die Folgezeit, Diss. Freiburg 1969, S. 51. 48 STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. III, resp. 49 Johannes Duns Scotus, Quaestiones in Lib. IV Sententiarum (cum Commentario R.P.F. Antonii Hiquaei, Bd. IX), Lyon 1639, Faksimiledruck 1968, lib. IV, dist. XV, qu. III, ad secundum. Vgl. auch Unterreitmeier, Schmerzensgeldanspruch (FN 40), S. 51 f. m.w.N. 50 Einzelheiten bei Jansen, Theologie (FN 4), S. 146 – 175. 51 Jansen, Theologie (FN 4), S. 67 – 73. 52 Covarruvias, Regulae Peccatum (FN 25), p. II, § 6, n. 3; Martín de Azpilcueta (Doctor Navarrus), Enchiridion, sive Manuale confessariorum et poenitentium, Venedig o. J. [1597], cap. XVII, n. 25: Abzug notwendiger Aufwendungen; Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 725, n. 3: Aufwendungen, die auch der Eigentümer getätigt hätte.
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Kalbs bei einem Festmahl:53 Hier sollte der Gast verpflichtet sein, die dadurch erlangte Bereicherung herauszugeben; allerdings kam es dafür nicht auf den Wert des opulenten Mahls an, sondern darauf, was der Restitutionsschuldner erspart hatte, also auf den Wert einer – für ihn – üblichen Mahlzeit. Das theologische Naturrecht wurde hier zum Motor juristischen Fortschritts. Ähnlich formulierte man für die Haftungsfolgen innovative Regeln und Wertungen, wie sie etwa Martín de Azpilcueta in seinem Standardwerk der Beichtjurisprudenz zusammenfasste: Befinde sich der Sünder noch im Besitz des erlangten Rechtsguts, so habe er dies zurückzugeben. Andernfalls habe er den verursachten Schaden vollständig wiedergutzumachen. Und soweit der Schaden weder gegenständlich zu reparieren noch in Geld zu bemessen sei, müsse der Sünder zumindest einen angemessenen Ausgleich nach dem Urteil eines bonus vir leisten.54 In heutiger Terminologie bedeutete das zunächst einen Vorrang der Naturalrestitution, der bei dem ursprünglichen gedanklichen Bezug auf die Rückgabe einer fremden Sache unmittelbar plausibel war.55 Hatte der Schädiger die weggenommene Sache noch, so ließ die gestörte Gleichheit sich nur durch eine Rückgabe der Sache vollständig wiederherstellen, weil sich nur so die gegenständliche und die Vermögensintegrität des Geschädigten gleichermaßen wahren ließen. Entsprechende Überlegungen galten bei Verletzungen der Ehre und des guten Rufs: Hier war zwar keine unmittelbare Rückgabe möglich, doch konnte der Schädiger die Rufschädigung wieder aus der Welt schaffen. Folglich war er dazu grundsätzlich verpflichtet.56 Ähnliches galt auch beim Anspruch der Verführten auf eine Aufstockung ihrer Mitgift: Entgegen kanonischem und weltlichem Recht wollten die Theologen des 16. Jahrhunderts den Verführer weder zur Eheschließung noch zur Leistung einer vollen Mitgift verpflichten. Denn der Schaden der Verführten bestand nur in ihren verschlechterten Eheaussichten. Dieser Nachteil ließ sich aber bereits durch eine Aufstockung der Mitgift aus der Welt schaffen.57 War eine gegenständliche Wiedergutmachung (Naturalrestitution) nicht möglich, weil das Rechtsgut beispielsweise beschädigt oder zerstört war, musste eine sekundäre finanzielle Kompensation genügen;58 dann galt die Maxime vollen Ausgleichs. Und wenn der Schaden nicht in Geld zu bemessen war, schuldete der Schädiger einen 53 Zuerst Cajetan, Secunda Secundae Summae Theologiae S. Thomae Aquinatis Cum Commentariis … D.D. Thomae de Vio, Caietani,Venedig 1588, ad qu. LXII, art. VI. 54 Azpilcueta, Enchiridion (FN 52), cap. XVII, n. 24: „Restituendum autem est regulariter idipsum, quod acceptum est, vel debetur, si fieri potest: nisi creditor sit alia re contentus, si autem non potest, eius aestimatio, si est aestimabile: qualia tamen non sunt vita, salus, libertas, honor & fama: & ideo pro eis restituendum est, quod vir bonus arbitrabitur“. 55 Die Herkunft des Vorrangs der Naturalrestitution aus der spätscholastischen Restitutionslehre bildet die zentrale These von Wolter, Naturalrestitution (FN 35). 56 Jansen, Theologie (FN 4), S. 106 ff. 57 Loc. cit., S. 101 ff. 58 STh II-II (FN 34), qu. LXII, art. 2 f.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. VII, dub. IV, n. 15; siehe auch Wolter, Naturalrestitution (FN 35), S. 58 f.
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billigen anderweitigen Ausgleich, der nach überwiegender Ansicht normalerweise in einer Geldentschädigung bestehen sollte. Dabei ging es – das war allgemeine Meinung – allerdings nicht um ein Schmerzensgeld oder um eine Kompensation für emotionale Verluste, sondern um einen Ausgleich für das verlorene Glied bzw. für den beschädigten Ruf. Immer stellte sich freilich die schwierige Frage, ob eine Geldleistung Verluste, die in Geld nicht zu bemessen waren, auszugleichen vermöge. Wer dies bezweifelte, musste sich konsequent gegen einen solchen Ausgleich aussprechen.59 3. „Omnis restitutio fundatur in dominio“ War damit der Umfang der Restitution klar bestimmt, so bot der Gedanke der ausgleichenden Gerechtigkeit doch keine Antwort auf die Frage nach dem Schutzbereich der Restitution. Hier erwies sich die Überlegung als entscheidend, dass die Restitution ein Institut zum Schutz der individuellen Rechtssphäre von Menschen bildete. Jede Restitution sollte ihre Grundlage in einem als subjektives Recht geschützten Interesse des Restitutionsgläubigers (dominium) finden.60 „Omnis restitutio fundatur in dominio“, so hatte Francisco de Vitoria, der Gründervater der Schule von Salamanca, diese bemerkenswert „moderne“ Vorstellung autoritativ zum Ausdruck gebracht.61 Das dominium wurde damit zum begrifflichen Rahmen und zur normativen Grundlage der Restitution. Dieser Neuansatz hatte sogar Konsequenzen für die Systembildung: Bereits Vitoria hatte das dominium in seinem Kommentar zur Summa theologiae als Einleitung zum Abschnitt über die restitutio dargestellt62 und war damit ausnahmsweise von der Gliederung der Summa theologiae abgewichen;63 auch Autoren wie Domenico de Soto und Domingo Báñez übernahmen 59
Jansen, Theologie (FN 4), S. 109 ff., 115 ff. Zum Zusammenhang der Lehre vom dominium mit der Restitutionslehre siehe bereits P. Grossi, La proprietà nel sistema privatistico della seconda scolastica, in: ders. (Hrsg.), La seconda scolastica nella formazione del diritto privato moderno, Mailand 1973, S. 117 – 222, 131. 61 F. de Vitoria, Commentaria in secundam secundae (unter dem Titel „Commentarios a la Secunda secundae de Santo Tomás“ hrsgg. von V. Beltrán de Heredia, Salamanca 1932 – 1952), qu. LXII, art. I, n. 6; ebenso dann etwa Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, prooemium; P. de Aragón, In Secundam Secundae D. Thomae Doct. Angelici Commentaria, De Iustitia et Iure, Venedig 1608, qu. LXII, Vorbemerkung De restitutione zu art. II: „… omnis obligatio restitutionis semper ex eo oritur, quod quis privatur dominio rei, quod prius habebat“; D. Báñez, Decisiones de Iure et Iustitia (Bd. IV), Duaci 1615, qu. LXII, vor art. I, Praeambulum de dominio: „Antequam tractatum valde necessarium de restitutione aggrediamur, necesse est, ut de dominio priùs dissereamus“. 62 Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. I, nn. 4 ff. 63 Dazu näher A. S. Brett, Liberty, right and nature. Individual rights in later scholastic thought, Cambridge 1997, S. 126 ff. Sonst hatte Vitoria sich in seiner Kommentierung eng an die Gliederung seines autoritativen Referenztexts angelehnt; näher T. Repgen, Der Summenkommentar des Francisco de Vitoria, in: David J. Kästle / N. Jansen (Hrsg.), Kommentare in Recht und Religion, Tübingen 2013, S. 249 – 275, 260 f.; Otte, Vitoria (FN 6), S. 41; D. Deckers, Gerechtigkeit und Recht. Eine historisch-kritische Untersuchung der Gerechtigkeitslehre des Francisco de Vitoria (1483 – 1546), Fribourg 1991, S. 154 ff., 165, 206 ff. 60
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diese Gliederung.64 Erst die späteren jesuitischen Traktate von Molina und Lessius lösten das dominium wieder aus dem spezifischen Kontext der Restitution und behandeln es in einem Anfangsabschnitt als allgemeine Grundlage des Naturrechts insgesamt.65 Nun war das Konzept des dominium seit dem Hochmittelalter zum Gegenstand komplexer theologisch-philosophischer Diskurse geworden.66 Dabei war dominium allerdings ein juristisches Konzept geblieben; Vitoria hatte also ein genuin juristisches Konzept zur Grundlage einer theologischen Gerechtigkeitslehre gemacht. Das bedeutete eine „Konstitutionalisierung“ des theologischen Privatrechts, die es möglich machte, den Schutzbereich der Restitution präzise zu bestimmen. Auf der bereicherungsrechtlichen Seite der Restitution, der restitutio ratione rei acceptae, war das insbesondere für die Frage relevant, wem der Gewinn gebühren sollte, den ein gutgläubiger Eingreifer mit fremdem Gut erzielt hatte. Diese Frage ist besonders problematisch, wenn der Gewinn über den abstrakten Wert der Sache bzw. über eine Entreicherung des Gläubigers hinausgeht. Mit dem Bezug der Restitution auf das dominium wurde hier deutlich, dass nur das geschuldet sein konnte, was aus dem fremden Recht erlangt war. Der Schuldner sollte also nur auf die Bereicherung haften, die wertungsmäßig auf den Eingriff in das fremde Rechtsgut zurückzuführen war. Dazu haben die Spätscholastiker folgerichtig gefragt, wie weit der Eingriffserwerb bei wirtschaftlicher Betrachtung als Sachfrucht (fructus rei) bzw. Resultat eigenen Bemühens (fructus industriae)67 zu beurteilen war, wobei der gutgläubige Eingreifer nur die fructus rei herausgeben sollte. Einzelheiten brauchen hier nicht zu interessieren.68 Wichtig ist allein, dass die Antworten auf Einzelfragen jeweils Konsequenzen des gedanklichen Bezugs der Restitution auf das dominium bildeten.69 Das wird nicht zuletzt bei einem Vergleich dieser Kategorisierung mit der weitgehend parallelen, aber naturalistisch konzipierten Unterscheidung von fructus naturales 64 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. I-VII; siehe auch ders., Relectio … de dominio (1535), in: ders., Relecciones y opusculos (hrsgg. und ins Spanische übers. von J. Brufau Prats, 1995), Bd. 1, S. 98 – 192, prooemium. Ähnlich etwa Báñez, Decisiones (FN 61): Lehre vom dominium als Vorbemerkung „Praeambulum de dominio“ zur Lehre von der Restitution (qu. LXII, art. I); de Aragón, De Iustitia (FN 61): „Materia de dominio“ als Vorbemerkung zu qu. LXII, art. I. Auch die Spezialtraktate zur Restitution setzten in gleicher Weise mit einem einleitenden Abschnitt zum dominium an; siehe etwa J. Medina, De restitutione et contractibus tractatus, in: id., Opera, Ingolstadt 1581, Bd. II, S. 1 – 250. 65 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 1 ff.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. III, dub. I ff. 66 Zum Ganzen Jansen, Theologie (FN 4), S. 37 – 41. 67 Cajetan, Secunda Secundae (FN 53), ad qu. LXII, art. II; Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VII, art. II (S. 272); besonders ausführlich Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 718 ff.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. XII, dub. XVII, n. 110 und cap. XIV, dub. II, n. 8. 68 Näher Jansen, Theologie (FN 4), S. 73 – 77. 69 Ausführlich Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 719 und 720. In den einzelnen Ergebnissen war die Diskussion freilich sehr kontrovers; näher HKK/Jansen, Tübingen 2013, § 687 II, Rn. 17 f. m.w.N.
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und fructus industriales im römisch-gemeinen Recht70 deutlich: Der gemeinrechtlichen Kategorisierung fehlt der Bezug auf die geschützten Interessen des Gläubigers. Gerade auch deshalb wurde sie von den naturrechtlichen Autoren als teleologisch und praktisch unbefriedigend empfunden.71 Fast noch wichtiger war dieser Ansatz für das Haftungsrecht. Hier zeigt bereits ein erster Blick auf die Darstellungen der restitutio ratione acceptionis, dass die spätscholastischen Autoren Haftungsansprüche durchgehend auf das dominium bzw. auf die subjektiven Rechte des Geschädigten bezogen haben. Von Anfang an haben sie konkrete Fragen zur Art und Weise und zum Umfang des Ausgleichs nämlich für die einzelnen Rechtsgüter wie das Eigentum, den guten Ruf und die Ehre, die Lebensgüter Leben und körperliche Unversehrtheit sowie für die spirituellen Güter, je gesondert diskutiert.72 Bei den späteren Autoren, insbesondere bei Lessius,73 folgt schließlich sogar die äußere Gliederung des Haftungsrechts insgesamt den einzelnen Rechtsgütern. Zwar war niemals unproblematisch, vom dominium vitae, dominium corporis bzw. dominium membrorum zu sprechen und diesen Begriff auch auf die Ehre und das Seelenheil anzuwenden.74 Autoren, die das ablehnten, weil eine Verfügungsbefugnis des Menschen über solche Güter nicht in Frage kam, haben aber niemals 70
Vgl. A. Vinnius, In Quatuor Libros Institutionum Imperialium Commentarius, 3. Aufl., Amsterdam 1659, lib. II, tit. I, § 35, nn. 5 ff.; H. Donellus, Commentarii de iure civili, in: Opera omnia, Florenz 1840 ff., lib. IV, cap. XXV, §§ 2, 7; später J. Brunnemann, Commentarius in quinquaginta libros pandectarum, Frankfurt a.M. 1692, ad D. 6,1,62, n. 3; L. J. F. Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die Heineccischen Institutionen, 4. Aufl., Frankfurt a.M. 1793, S. 290 (§ 331). 71 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 719, n. 2. 72 Vgl. etwa Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III; Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. I, sec. concl. 73 Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. VII: De Injuria & Restitutione in genere; cap. VIII: De injuriis & damnis in rebus spiritualibus, & necessaria restitutione; cap. IX: De injuriis in corpus proximi per homicidium vel mutilationem, & de necessaria restitutione; cap. X: De injuriis in corpus proximi per stuprum & adulterium, deque congrua restitutione; cap. XI: De injuriis famae & honoris, per detractionem & contumeliam, deque necessaria restitutione; cap. XII: De injuriis fortunarum, per furtum, rapinam damnúmve illatis: & de necessaria restitutione ob hanc causam. Danach folgt vor der restitutio ratione rei nur die Frage der Beteiligung mehrerer. Ähnlich Molina, der die Restitution im Rahmen der Erörterungen des Deliktsrechts, und zwar zunächst abstrakt bei den Vermögensdelikten (De iustitia [FN 25], tract. II, disp. 714 ff.) und dann jeweils noch einmal speziell bei den einzelnen, rechtsgutsbezogen gegliederten Delikten, erörterte (tract. III und IV). 74 Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. I, nn. 50 – 53; Soto, Relectio de dominio (FN 64), nn. 16, 19, 35; ders., De iustitia, lib. IV, qu. VI, art. III (S. 254); F. Suárez, Quaestiones de justitia et jure, in: J. Giers, Die Gerechtigkeitslehre des jungen Suárez. Edition und Untersuchung seiner römischen Vorlesungen de justitia et jure, Freiburg 1958, S. 29 – 122, qu. XII (S. 33); Azpilcueta, Enchiridion (FN 52), cap. XVII, n. 6: „… quod suum est … de bonis animi, corporis, honoris, vel pecuniae“. Zum Ganzen K. Seelmann, Die Denkfigur des „subjektiven Rechts“ in der spanischen Spätscholastik, in: R. Mate / F. Niewöhner (Hrsg.), Spaniens Beitrag zum politischen Denken in Europa um 1600, Wiesbaden 1994, S. 141 – 151, 145 ff. Insbesondere zu Domenico de Soto auch Grossi, La proprietà (FN 60), S. 133 ff., 137 ff.; zu Suárez Giers, loc. cit., S. 125 ff.
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einen Zweifel daran gelassen, dass Leben, Leib und Gesundheit als Rechte zu schützen waren und deshalb denselben umfassenden Restitutionsschutz genießen sollten wie das Eigentum.75 Auch die Persönlichkeitsgüter wurden selbstverständlich als subjektive Rechte (iura) verstanden und geschützt.76 Grundsätzlich war also bei jedem zurechenbaren Eingriff in das dominium bzw. in ein subjektives Recht (ius) ein restitutorischer Ausgleich geschuldet. Umgekehrt waren Restitutionsansprüche aber auch durch eine solche Rechtsverletzung bedingt. Trotz des theologischen Verschuldenserfordernisses war die Restitutionspflicht damit nicht primär als Sanktion eines Fehlverhaltens konzipiert, sondern fand ihre Grundlage in der zurechenbaren Verletzung der geschützten Rechtssphäre des Geschädigten.77 Ein Beispiel dafür bieten die Regeln zum Ersatz materieller Reflexschäden bei einer Tötung eines Menschen.78 Hier stand nach der – im 16. Jahrhundert übrigens hoch innovativen79 – Lehre fest, dass Angehörigen durchaus ein Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsausfalls zustehen konnte;80 allerdings war der Anspruch nach herrschender Lehre auf die nahen, unterhaltsberechtigten Angehörigen be-
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Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 714, n. 1; ausführlich tract. III, disp. 1, insbesondere n. 4: Zwar sei der Mensch nicht dominus seines Körpers, doch dürfe er diesen grundsätzlich nach eigenem Belieben nutzen und auch – innerhalb gewisser Grenzen – in Verletzungen und Gefährdungen dieser Rechtsgüter einwilligen. Eine Schädigung bedeute deshalb ein (restitutionsfähiges) Unrecht (iniuria) nicht nur gegenüber Gott als dem Rechtsgutsinhaber, sondern auch gegenüber dem Menschen. Ähnlich ausführlich Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. IV: Báñez hat diese Güter grundsätzlich für restitutionsfähig gehalten und lediglich gezweifelt, ob bei einer öffentlichen Bestrafung zusätzlich ein Ausgleich für die Verletzung als solche (satisfactio) geschuldet sei (Folgekosten seien ohnehin auszugleichen: ibid., dub. V). Siehe ferner Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. VII, dub. V, n. 19; ibid., cap. IX, dub. XIX-XXVI (De restitutione ad quam tenetur homicida); ibid., cap. X, dub. II f. zum Deflorationsanspruch; ibid., cap. XI, dub. XV-XXVII zur Restitution bei Ehrverletzungen; Báñez, loc. cit., dub. VII f. und X f. zur Restitution beim Verlust der Jungfräulichkeit und bei Ehrverletzungen; Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, bei Tertium argumentum zum Angehörigenschutz bei einer Tötung, lib. IV, qu. VI, art. III, bei Ex his fit consequens zum Schmerzensgeld. 76 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 1, n. 2; siehe auch F. Suárez, Disputatio de iustitia, qua deus reddit praemia meritis, et poenas pro peccatis (De Iustitia Dei), in: Varia Opuscula Theologica, Lyon 1620, S. 333 – 376, sect. II, n. 3: „… explicamus per dominium, vel ius, quod huic dominio aequivaleat“. 77 Jansen, Theologie (FN 4), S. 34 ff., 44 ff. 78 Siehe heute C. von Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, 2 Bände, München 1996/ 1999, Rn. 169 ff.; zur spätscholastischen Diskussion Nufer, Restitutionslehre (FN 47), S. 36; Otte, Vitoria (FN 6), S. 73. 79 R. Feenstra, Das Deliktsrecht bei Grotius, insbesondere der Schadensersatz bei Tötung und Körperverletzung, in: ders. / R. Zimmermann (Hrsg.), Das römisch-holländische Recht. Fortschritte des Zivilrechts im 17. und 18. Jahrhundert, Berlin 1992, S. 429 – 445, 442 ff., 449 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts. Geschichte, Theorie und Dogmatik außervertraglicher Ansprüche auf Schadensersatz, Tübingen 2003, S. 297 f. 80 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, ad tert. arg.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. IX, dub. XXVI, nn. 152 ff.
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grenzt.81 Ohne Ausgleich blieben deshalb die mittelbar geschädigten Gläubiger des Getöteten82 sowie die weiter entfernten Verwandten und diejenigen Haushaltsmitglieder, die der Getötete freigebig ernährt hatte.83 Freilich können derartige Drittbetroffene durchaus wirtschaftlich vergleichbare Kompensationsinteressen haben; die ältere scholastische Lehre hatte ihnen deshalb ebenso wie den Angehörigen einen Restitutionsanspruch gewährt.84 Nach spätscholastischer Lehre kam es indes nicht auf deren Schutzbedürfnis an. Entscheidend war vielmehr, dass nur den nahen Angehörigen etwas Eigenes:85 ein von Rechts wegen bestehender Unterhaltsanspruch genommen worden war.86 Der Restitutionsanspruch der Angehörigen fand seine Grundlage in der Verletzung eigener, von Naturrechts wegen gegenüber jedermann geschützter Rechte.87 Deutlich wird dieser Ansatz aber insbesondere auch bei Verletzung spiritueller Güter. Hier war umstritten, ob die Anstiftung zu einem peccatum als eine Verletzung der spirituellen Integrität des Angestifteten eine Restitutionspflicht auslöste. Gegen die ältere scholastische Lehre von Duns Scotus88 betonten die Spätscholastiker hier, dass der Anstifter jedenfalls dann nicht restitutionspflichtig sei, wenn dem Angestifteten die Sündhaftigkeit seines Tuns bewusst war und der Anstifter nicht unfair ge81 Siehe bereits Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. II, n. 16. Im Einzelnen war hier vieles unklar bzw. streitig. Für einen weiteren Kreis der Berechtigten etwa Molina, De iustitia (FN 25), tract. III, disp. 83, n. 6. Freilich hat auch Molina darauf abgestellt, ob den Enkeln und den Eltern von Rechts wegen geschützte Unterhaltsansprüche zustanden. 82 Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. VI, insbesondere ult. concl.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. IX, dub. XXVI, nn. 151 f. Gegen die „communis doctorum sententia“ Molina, De iustitia (FN 25), tract. III, disp. 83, n. 8: den Gläubigern stehe nicht anders als den Unterhaltsberechtigten ein Recht (ius) zu, das einen Restitutionsanspruch auslöse, wenn der Gläubiger infolge der Tötung des Schuldners seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen könne; ebenso deutlich auch F. Toletus, In Summam Theologiae S. Thomae Aquinatis Enarratio, Bd. II, in secundam secundae, Rom 1869, ad qu. LXII, art. II, qu. IV, sext. concl. 83 Vgl. Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. II, n. 16; Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, ad tert. arg.; Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. VI, prim. und sec. concl.; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. IX, dub. XXVI, n. 154. 84 Siehe insbesondere Duns Scotus, Quaestiones (FN 49), lib. IV, dist. XV, qu. III; später ebenso noch Hadrian VI., De restitutione (FN 25), fol. 43 – 188, 98, col. 2; noch später G. Vázquez (Bellemontanus), Tractatus de restitutione in foro conscientiae, in: ders., Opuscula moralia, Antwerpen 1621, S. 49 – 230, cap. II, § III, dub. VII. 85 Vgl., allerdings undeutlich, bereits Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. II, n. 16. 86 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, ad tert. arg.: „Sustulit … viduae & orphanis alimoniam: reddat ergo. … “; Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. VI, prim. concl.: „haeredes necessarii … laeduntur in bonis propriis“; Molina, De iustitia (FN 25), tract. III, disp. 83, n. 6: „quae … percepturi erant, connexionem non habent cum vita illius in ratione debiti …“. 87 Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. VI, ult. concl.: „ius filiorum … debet esse tutum“. 88 Duns Scotus, Quaestiones (FN 49), lib. IV, dist. XV, qu. III; ebenso auch noch Hadrian VI., De restitutione (FN 25), fol. 92, col. 4 ff.
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drängt hatte. Dem Angestifteten geschehe nämlich kein Unrecht (iniuria), wenn er um sein Unrecht wisse und damit freiwillig handele.89 Nicht die sündhafte Anstiftungshandlung, sondern die Verletzung einer naturrechtlich geschützten Rechtsposition vermochte einen Anspruch zu begründen.90 Ähnlich lag es, wenn ein Novize dazu verleitet worden war, aus seinem Kloster auszutreten. Wieder entgegen älterer scholastischer Lehre91 sollte das grundsätzlich keinen Restitutionsanspruch auslösen, weil das Kloster über kein Herrschaftsrecht über den Novizen verfügte, wie es etwa einem Herrn über einen Hörigen zustand.92 Mit ähnlichen Argumenten diskutierte man schließlich auch die Frage, unter welchen Umständen Ersatz zu gewähren habe, wer in einer Konkurrenzsituation darauf hingewirkt hatte, dass dem Geschädigten ein kirchliches oder staatliches Amt (beneficium), ein Lehrstuhl oder auch ein Almosen oder eine Erbschaft versagt wurde. Für Einzelheiten ist hier nicht der Raum; jedenfalls war der Restitutionsschutz nicht auf absolute Rechte beschränkt, sondern erstreckte sich unter Umständen auch auf Rechtspositionen, die heutige Juristen als relative Rechte qualifizieren würden.93 II. Die Restitutionslehre in der protestantischen Diskussion Wichtiger ist hier allerdings, dass die Restitutionslehre heutigen Lesern insgesamt als eine hochgradig juridifizierte Institution entgegentritt – Juristen hätten nicht juristischer argumentieren können. Aus der theologischen Lehre vom Bußsakrament war eine komplex ausdifferenzierte Naturrechtstheorie geworden: ein in spezifisch juristischer Weise technisch formuliertes Regelwerk, das zwar auf einer theologischen Grundlage ruhte, von dieser jedoch durchaus gelöst werden könnte. Es verwundert deshalb nicht, dass Rechtshistoriker im 20. und 21. Jahrhundert die Restitutionslehre als eine ohne Weiteres anschlussfähige Naturrechtstheorie wahrgenommen haben.94 Es liegt ja nahe, die zahllosen Parallelen zwischen heutigen europäi89 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, ad prim. arg.; Báñez, Decisiones (FN 61), qu. LXII, art. II, dub. II, prim. concl. Nach Báñez (loc. cit., sec. concl.) war ein Anspruch allerdings auch bei einer rechtswidrigen Einwirkung ausgeschlossen. Spirituelle Güter seien nicht verletzbar, weil der Getäuschte, der sein Unrecht nicht einzusehen vermöge, nicht sündige. 90 In diesem Sinne ist das Argument de Sotos (De iustitia [FN 43], lib. IV, qu. VI, art. III, ad prim. arg.) zu verstehen, dem Sünder würde nichts genommen: „iste inducens propriè loquendo nihil ab alterum sustulit: nam aufert nemo quidpiam nisi ab invito“. 91 Duns Scotus, Quaestiones (FN 49), lib. IV, dist. XV, qu. III; ebenso auch noch Vitoria, Commentaria (FN 61), qu. LXII, art. II, n. 36. 92 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. III, ad sec. arg.: „nullam facit religioni iniuriam: quippe quae nullum dum ius acquisierat“; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. VIII, dub. III. 93 Ausführlicher Jansen, Theologie (FN 4), S. 79 – 93. 94 Nufer, Restitutionslehre (FN 47), S. 1 ff., 4; ähnlich etwa Wolter, Naturalrestitution (FN 35); Feenstra, Deliktsrecht (FN 79); ders., Grotius’ doctrine of liability for negligence: its origin and its influence in Civil Law countries until modern codifications, in: Schrage (Hrsg.),
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schen Rechtsordnungen und der spätscholastischen Doktrin kausal zu verknüpfen, indem man moderne Regeln auf die Doktrin des 16. Jahrhunderts zurückführt. Und es trifft in der Tat zu: In den spätscholastischen Naturrechtstraktaten De iustitia et iure stößt man allenfalls ausnahmsweise auf Argumente, die Konfessionsunterschiede thematisieren oder sich mit reformatorischen Thesen auseinandersetzen. Umgekehrt konnten deshalb auch protestantische Juristen wie Carpzov, Brunnemann, Mevius, Struve, Lauterbach, Stryk, Vinnius oder Voet ohne Weiteres spätscholastische Autoritäten allegieren. Noch im 18. Jahrhundert waren Autoren wie Kreittmayr und Leyser mit diesen Texten offenbar wohlvertraut.95 Konfessionsunterschiede waren für das Zitierverhalten der frühneuzeitlichen Juristen offenbar nicht wichtig, eine strikte Trennung des Rechts von der Religion aus juristischer Perspektive selbstverständlich.96 Schaut man freilich näher hin, so bietet sich ein anderes Bild. Die gemeinrechtlichen Juristen fühlten sich ohnehin an die römischen Kategorien gebunden. In diesem Rahmen war für die Restitutionslehre kein Platz. Für die Entwicklung des gemeinrechtlichen Bereicherungsrechts, das konzeptionell wie begrifflich quer zur Restitutionslehre stand, blieb die spätscholastische Diskussion deshalb ohne jede Bedeutung. Vielmehr ging die gemeinrechtliche Literatur weiterhin von den römischen Klagen aus und konzeptualisierte diese in den tradierten Kategorien von Quasiverträgen und Quasidelikten.97 Zwar bietet sich im Deliktsrecht ein anderes Bild: Hier waren Allegationen spätscholastischer Autoren durchaus häufig. Allerdings bedeutete das auch hier nicht, dass man die Restitutionslehre für eine Fortbildung des gemeinen Rechts herangezogen hätte. Besonders anschaulich zeigt das etwa Brunnemanns Kommentierung der lex Aquilia. Zwar nutzte Brunnemann hier durchgehend die spätscholastische Literatur und schlachtete Molinas deliktsrechtliche disputatio de damno iniuste indebitive dato98 geradezu aus.99 Die ausführliche ArgumenNegligence (FN 14), S. 129 – 171; ders., Grotius’ Doctrine of Unjust Enrichment as a Source of Obligation: its Origin and its Influence in Roman-Dutch Law, in: E. J. H. Schrage (Hrsg.), Unjust Enrichment. The Comparative Legal History of the Law of Restitution, 2. Aufl., Berlin 1999, S. 197 – 236; Hallebeek, Unjust Enrichment (FN 10); G. Dolezalek, The Moral Theologians’ Doctrine of Restitution and its Juridification in the Sixteenth and Seventeenth Centuries, Acta Juridica 1992, S. 104 – 114; Unterreitmeier, Schmerzensgeldanspruch (FN 40); vgl. auch Jansen, Haftungsrecht (FN 79), S. 313 ff.; ders., Die Korrektur grundloser Vermögensverschiebungen als Restitution? Zur Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung bei Savigny, ZRG (rom.) 120 (2003), S. 106 – 162; HKK/Jansen, Tübingen 2007, §§ 249 – 253, 255, Rn. 17 ff., 21 ff., 29 f., jeweils m.w.N. 95 Vgl. Nufer, Restitutionslehre (FN 47), S. 84 ff., 105 f.; Unterreitmeier, Schmerzensgeldanspruch (FN 40), S. 87 ff. und öfter. 96 Ebenso, für die Gerichtspraxis, jetzt P. Oestmann, Geistliche und weltliche Gerichte im Alten Reich. Zuständigkeitsstreitigkeiten und Instanzenzüge, Köln 2012, S. 736 f. und passim. 97 Jansen, Theologie (FN 4), S. 203 f. m.w.N. 98 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 697. 99 Diese disputatio allegiert Brunnemann bei praktisch jeder Einzelfrage: Commentarius (FN 70), ad D. 9,2,3 (n. 2), ad D. 9,2,5 (n. 6), 7 (n. 5), ad D. 9,2,11 (nn. 4, 11, 15), ad D. 9,2,13 (n. 4), ad D. 9,2,23 (nn. 11, 18), ad D. 9,2,28, und 29 (nn. 8, 14), ad D. 9,2,31 (n. 1), ad
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tation Molinas zum Umfang der Restitution, insbesondere zum finanziellen Ausgleich immaterieller Schäden an Leben, Körper und Ehre,100 findet aber weder Erwähnung noch sachliche Berücksichtigung, obwohl die spätscholastische Theorie gerade hier juristisch weiterführte. Vielmehr überging Brunnemann die Frage eines Schmerzensgeldes; und er allegierte spätscholastische Autoritäten nur für den verhältnismäßig unproblematischen Ersatz von Heilungskosten und Verdienstausfall.101 Man muss die gelegentliche Rede von einer restitutio damni deshalb in einem untechnischen Sinne verstehen; gewiss war damit nicht eine Assoziation katholisch theologischen Gedankenguts bezweckt.102 Ebenso bezogen sich auch Struve und Lauterbach bei der culpa levissima103 und bei der Haftung für Unterlassen104 auf die Darstellung der gemeinrechtlichen Regeln bei Molina.105 Stryk allegierte für die seit Bartolus etablierte passive Vererblichkeit der actio legis Aquiliae106 Covarruvias107 und für die Reichweite der Notwehr auch Molina und Lessius, letzteren allerdings mit verfehltem Zitat.108 Eine revolutionäre D. 9,2,39 (n. 3), ad D. 9,2,44 (nn. 1, 5), ad D. 9,2,45 (n. 9), ad D. 9,2,49 (n. 2). Weitere MolinaAllegationen bei D. 9,2,37 (n. 5) und D. 9,2,45 (n. 2), Covarruvias-Allegationen bei D. 9,2,33 (n. 4) und D. 9,2,44 (nn. 5, 8). 100 Molina, De iustitia (FN 25), tract. III, disp. 84, 87 sowie tract. IV, disp. 46 und 49. 101 Brunnemann, Commentarius (FN 70), ad D. 9,2,13 (nicht mehr bei D. 9,3,7). Für die Aussage, dass unverheirateten Frauen ein Ausgleich für Entstellungen zustehe, stellte Brunnemann lediglich auf juristische Autoritäten (n. 5) ab und überging damit die spätscholastische Diskussion. Zwar fand sich an anderer Stelle (zu D. 9,2,5, n. 8) die nicht näher begründete Aussage, D. 9,2,5,3 statuiere einen Anspruch des Vaters auf einen nicht pönalen finanziellen Ausgleich (solatium) wegen der Tötung eines Sohnes. Aber daraus kann man schon deshalb nicht ohne Weiteres auf spätscholastischen Einfluss schließen (so aber Unterreitmeier, Schmerzensgeldanspruch [FN 40], S. 90), weil im rechtsgutsorientierten Modell der Restitutionslehre gar kein Platz für ein solches solatium von Angehörigen war. Das Obertribunal Wismar, auf dessen Entscheidung Brunnemann sich zusätzlich berief, begründete diesen Anspruch viel plausibler mit Hinweisen auf das sächsische Wergeld und die Privatstrafen nach der actio de deiectis vel effusis: D. Mevius, Decisiones, Frankfurt a.M. 1726, p. I, dec. CCXI. Spezifisch spätscholastisches Gedankengut findet sich auch dort nicht; vielmehr hatte die poena von 50 aurei, die nach der actio de deiectis vel effusis geschuldet war, in der spätscholastischen Diskussion ein Standardbeispiel für positivrechtliche pönale Regeln gebildet, für die in der ausgleichsorientierten naturrechtlichen Restitutionslehre kein Platz sei; siehe Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. IX, dub. XX, n. 132. 102 So aber Unterreitmeier, Schmerzensgeldanspruch (FN 40), S. 87. 103 G. A. Struve, Syntagma Jurisprudentiae Secundum ordinem Pandectarum (cum additionibus Petri Mülleri, Frankfurt und Leipzig 1738), ad D. 9,2, exerc. XIV, § 20; W. A. Lauterbach, Collegii Theoretico-Practici, Tübingen 1725, lib. IX, tit. II, § 9. 104 Lauterbach, Collegii (FN 103), lib. IX, cap. II, § 10. 105 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 697 f. 106 Bartolus, Commentaria, Lyon 1552, ad D. 47,1, bei 1,1 Civilis, n. 6. Die Regel des kanonischen Rechts, wonach die Erben für die Delikte des Erblassers haften müssten, um dessen Seele zu retten (Decr. Greg. IX. 5,17,5), gelte als ius naturale. 107 S. Stryk, Specimen usus moderni pandectarum, Halle 1713 ff., lib. IX, cap. II, § 5. 108 Stryk, Usus modernus (FN 107), lib. IX, cap. II, § 11.
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Rechtsfortbildung war mit all diesen Allegationen allerdings nicht verbunden. Umgekehrt scheint aber die Anerkennung von Angehörigenunterhalt und Schmerzensgeld bei Körperverletzungen eher auf dem ganz erheblichen Druck der forensischen Praxis beruht zu haben.109 Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass man in diesem Zusammenhang spätscholastische Autoren offenbar nicht zitiert hat.110 Ähnliches gilt schließlich für die actio iniuriarum. Auch hier zogen die Juristen des usus modernus spätscholastische Autoritäten nur für verhältnismäßig spezielle Fragen heran, die mit der Restitutionslehre nichts zu tun hatten. Bei den Ansprüchen auf Widerruf bzw. Ehrenerklärung hat man gerade nicht auf die spätscholastische Doktrin abgestellt.111 Besonders interessant ist auch ein Blick in die spätere Naturrechtsdiskussion. Einerseits hatte insbesondere Hugo Grotius, das ist mittlerweile fast allgemein bekannt, die spätscholastischen Traktate juristisch geradezu ausgeschlachtet. Grotius übernahm in der Sache praktisch sämtliche einzelnen Lehren und Wertentscheidungen, die die spätscholastischen Theologen im Rahmen der Restitutionslehre formuliert hatten. Man kann das in seinen Lehren zum Bereicherungsrecht ebenso nachvollziehen wie im Haftungs- und Haftungsfolgenrecht; Grotius belegte diese Zusammenhänge selbst durch detaillierte Allegationen spätscholastischer Autoritäten. Allerdings löste er diese einzelnen Elemente jeweils aus dem theologischen Rahmen der spätscholastischen Restitutionslehre heraus und fügte sie in ein neues Naturrechtsmodell ein. Von der Restitution als solcher ist bei Grotius nicht die Rede. Vielmehr präsentierte er Delikte (obligationes ex delicto) und Bereicherungsansprüche (obligationes ex dominio); und er erklärte diese Ansprüche auf der Grundlage angeblich evidenter, je unterschiedlicher Naturrechtsgrundsätze.112 Bemerkenswerterweise sollte das auch für den Verschuldensgrundsatz gelten, der in der spätscholastischen Doktrin doch mit spezifisch theologischen Argumenten begründet war. Bei Grotius erschien dieser Grundsatz jetzt als ein Axiom säkularen Naturrechts; er war für das Zusammenleben in einer menschlichen Gemeinschaft konstitutiv und bildete ein selbstverständliches Element eines Deliktsrechts, dessen Grundlage nicht länger das dominium des Geschädigten, sondern die Verletzung einer Verhaltenspflicht seitens des Schuldners war.113 Mit der Säkularisierung des spätscholastischen Naturrechts zerbrach also auch die juristische Struktur der Restitutionslehre. Spätere protestantische Vernunftrechtslehrer haben diesen Ansatz fortgeführt, indem sie den 109 Ausdrücklich etwa Stryk, Usus modernus (FN 107), lib. IX, cap. II, § 8; lib. IX, cap. III, §§ 4 f.; J. Voet, Commentarius ad Pandectas, Paris 1829, lib. IX, tit. II, § 11. W.N. bei Jansen, Haftungsrecht (FN 79), S. 296 ff. Freilich war die Praxis längst von den moraltheologischen Wertungen geprägt, die in der Restitutionslehre ihren theoretischen Ausdruck fanden. 110 Exemplarisch durchgesehen wurden insoweit die einschlägigen Kommentierungen (zu D. 9,2, D. 9,3 sowie D. 47,10) von Brunnemann, Stryk, Lauterbach und Voet. 111 Näher zum Ganzen auch insoweit Jansen, Theologie (FN 4), S. 204 – 207 m.w.N. 112 H. Grotius, De iure belli ac pacis libri tres (cum notis Jo. Fr. Gronovii et Joannis Barbeyracii, Leipzig 1758), Prolegomena, n. 8. Ausführlicher zum Ganzen Jansen, Theologie (FN 4), S. 176 – 188 m.w.N. 113 Näher Jansen, Theologie (FN 4), S. 180 – 188 m.w.N.
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Schadensersatz als Sanktion fahrlässigen Fehlverhaltens gedeutet haben.114 Allerdings war bei diesen Autoren von spätscholastischen Autoritäten nicht mehr die Rede; vielmehr hat insbesondere Christian Thomasius die historische Verbindung zur katholischen Diskussion ganz bewusst abgeschnitten.115 Warum protestantische Juristen und Naturrechtslehrer die Restitutionslehre in dieser Weise geradezu tabuisiert haben, ist leicht erklärt. Das gerichtsförmige katholische Bußsakrament einerseits und die protestantische Rechtfertigungslehre andererseits waren spätestens seit dem Konzil von Trient (1545 – 63) geradezu zu Symbolen der konfessionellen Spaltung Europas geworden.116 Denn nach protestantischer Überzeugung ging es auch in der Beichte niemals um Werke, sondern allein um die Rechtfertigung aus Glauben und Gnade. Für eine theologische Restitutionspflicht war hier offenkundig kein Platz.117 In den Lutherischen Kirchen umfasste die Buße nur noch die confessio und die absolutio – eine satisfactio operis konnte es nicht geben. Auch in der protestantischen Kanonistik hatte die Restitutionslehre deshalb keinen Platz gefunden.118 Manche Autoren hielten sogar die Klarstellung für angezeigt, dass die Restitution keine Voraussetzung der Sündenvergebung bilde.119 Die Behauptung eines protestantischen Juristen Werner Theodor Martini, die moderne protestantische Theologie hätte gegen die Lehre von der Restitution als Voraussetzung der Sündenvergebung nichts zu erinnern, blieb entsprechend ohne Beleg;120 Martinis Versuch, die Restitutionsdoktrin im protestantischen Naturrecht zu etablie114 So S. Pufendorf, De iure naturae et gentium libri octo (cum integris commentariis Io. Nic. Hertii atque Io. Barbeyraci, Frankfurt / Leipzig 1759), lib. III, cap. I, § 2. 115 C. Thomasius, Historia Juris Naturalis, Halle 1719, Praefatio, sect. I, n. 16; cap. III, §§ 5 ff.; cap. V, §§ 9 ff.; cap. VI, §§ 2 ff.; ders., Fundamenta Juris Naturae et Gentium, 4. Aufl., Halle und Leipzig 1718, cap. Prooemiale, § 1; vgl. R. Stintzing / E. Landsberg, Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft 3/1, München und Leipzig 1898, S. 1 ff. 116 Siehe nur A. von Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. III, 4. Aufl., Freiburg 1910, S. 852 ff.; für einen Überblick TRE/Bezzel, Art. Beichte III. Reformationszeit; TRE/ Benrath, Art. Buße V. Historisch, jeweils m.w.N. 117 Vgl. J. A. Quenstedt, Theologia didactico-polemica sive Systema theologicum, Wittenberg 1691, p. III, cap. IX. 118 Keine Behandlung findet sich insbesondere bei B. Carpzov, Jurisprudentia Ecclesiastica seu Consistorialis, Leipzig 1708, J. Schilter, Institutiones Juris Canonici, Straßburg 1688, insbesondere lib. II, tit. IV, und bei Boehmer, Ius Ecclesiasticum Protestantium. Carpzov thematisierte nur die spezifisch vertragsrechtliche restitutio in integrum und erläuterte im Kontext der Buße und Vergebung als Sanktion nur die Kirchenbußen: loc. cit., lib. III, tit. VII. 119 Schilter, Institutiones Juris Canonici (FN 118), lib. II, tit. IV, § IX: „Confitenti furtum … non deneganda est Absolutio, etsi restitutio rei ablatae non facta …“; ein Versprechen insoweit genüge. Ebenso war die theologisch, mit der Restitutionslehre, begründete Regel des kanonischen Rechts, wonach Erben für Delikte des Erblassers einstehen mussten, um dessen Seelenheil zu retten (Decr. Greg. IX. 5,17,5), aus protestantischer Sicht hochproblematisch; Boehmer stellte hier stattdessen auf naturrechtliche Argumente und das weltliche Recht Sachsens ab: Ius Ecclesiasticum Protestantium, lib. V, tit. XVII, §§ 128 ff., 134 ff. m.w.N. 120 W. T. Martini / H. Beinrad, Disputatio inauguralis de Restitutione alieni injuste ablati, Wittenberg 1673, § 8, n. IV. Vielmehr stützt sich die disputatio – neben naturrechtlichen und juristischen Autoritäten – im Wesentlichen auf katholische Theologen.
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ren, musste deshalb scheitern. Hinzu kam, dass die zwanglos ausgestaltete Beichte – zumindest theoretisch – vor jedem Gläubigen abgelegt werden durfte. Eine judizielle Funktion hatte sie nicht, sondern war in stärkerem Maße katechetisch ausgerichtet. Zwar blieb die Restitution auch für Protestanten eine selbstverständliche Gewissenspflicht. Die Vorstellung einer Reue ohne die Bereitschaft, verursachte Schäden wiedergutzumachen und fremdes Gut zu restituieren, erschien doch zu scheinheilig.121 In diesem Sinne hielten manche Protestanten sogar an dem alten Satz von der Restitution als Voraussetzung der Sündenvergebung (non remittetur peccatum nisi restituatur ablatum) fest.122 Freilich blieb das juristisch wie theologisch eine Außenseiterposition, die nichts daran änderte, dass die Restitution ihren institutionellen Ort in der Beichte und ihre theologische Bedeutung für die Sündenvergebung unwiderruflich verloren hatte. Aus protestantischer Sicht ging es beim Schadensausgleich und bei Rückforderungsansprüchen einfach um zivilrechtliche Ausgleichsansprüche, also um Fragen des weltlichen Rechts bzw. des Naturrechts, die als solche keine theologische Heilsbedeutung haben konnten. Demgegenüber betonten die katholischen Theologen auch weiterhin mit Nachdruck, dass die Restitution unverzichtbar sei, um das ewige Seelenheil zu erlangen.123 Seit dem IV. Laterankonzil hatte das forum conscientiae zunehmend die institutionelle Gestalt eines Beichtgerichts erhalten.124 Auf dem Konzil von Trient hatte die Römische Kirche noch einmal mit Nachdruck das tradierte rechtsförmige Verständnis der Beichte gegen die heftige reformatorische Kritik insoweit bekräftigt.125 Die juristisch-technische Verfestigung der Restitutionslehre, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einem besonderen Anliegen jesuitischer Seelsorge
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Grotius, De iure belli ac pacis (FN 112), lib. III, cap. X, § III; Martini / Beinrad, de Restitutione (FN 120), § 8; siehe auch J. Brunnemann, De jure ecclesiastico tractatus posthumus, hrsgg. von S. Stryk, Frankfurt und Leipzig 1709, lib. I, cap. VI, memb. I, § XVI; ders., Ad regulas juris canonici praelectiones publicae (o. J., angebunden an De jure ecclesiastico), ad reg. IV. 122 So insbesondere Brunnemann (Nachweise in FN 121). Brunnemann beschränkte seine Darstellung dementsprechend auf eineinhalb Buchseiten und verzichtete auf jede dogmatische Ausdifferenzierung. 123 Molina, De iustitia (FN 25), tract. II, disp. 716, n. 2; Lessius, De iustitia (FN 25), lib. II, cap. VII, dub. X: die Restitution sei für das Seelenheil unverzichtbar (n. 47); und in der aufrichtigen Reue über die begangene Sünde sei der Vorsatz enthalten, die Restitution zu leisten (n. 48). 124 Nachweise oben (FN 16). 125 W. Decock, Theologians and Contract Law. The Moral Transformation of the ius commune (ca. 1500 – 1650), Leiden / Boston 2013, S. 55 ff.; ders., From Law to Paradise: Confessional Catholicism and Legal Scholarship, Rg. 18 (2011), S. 12 – 34, 14 ff.; T. Duve, Katholisches Kirchenrecht und Moraltheologie im 16. Jahrhundert: Eine globale normative Ordnung im Schatten schwacher Staatlichkeit, in: S. Kadelbach / K. Günther (Hrsg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, Frankfurt 2011, S. 147 – 174, 158 f., 161 ff., 165 f.
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wurde,126 setzte diese theologische Grundentscheidung des Konzils folgerichtig um. Die Behauptung, dass eine Restitution für die Sündenvergebung nicht erforderlich sei, musste Katholiken deshalb als geradezu aberwitzige Vorstellung erscheinen. Für einen Theologen wie Domenico de Soto war das nicht einfach häretisch, sondern schlicht irrsinnig.127 Sowohl aus katholischer, als auch aus reformatorischer Perspektive war die Restitutionslehre zu Beginn des 17. Jahrhunderts also zu einer spezifisch katholischen Doktrin geworden.128 Dass die Regeln des spätscholastischen Naturrechts eine juristische Gestalt angenommen hatten, änderte daran nichts, im Gegenteil: Auch die Juridifizierung war ja theologisch und nach dem Tridentinum auch konfessionell begründet. Aus protestantischer Sicht waren sowohl das Restitutionsgebot als auch die juristische Gestalt der Restitutionslehre inakzeptable katholische Theologie. Für das Natur- und Vernunftrecht kam schließlich noch hinzu, dass sich zivilrechtliche Ansprüche in einer vernunftrechtlich angelegten Naturrechtslehre, die unabhängig von theologischen Wahrheiten Geltung beanspruchte,129 ohnehin nicht mehr mit dem Verhältnis des Menschen zu Gott begründen ließen. Nur juristisch hatte Grotius deshalb die spätscholastische Naturrechtstheorie ausschlachten können; den theologischen Kadaver der Restitutionslehre musste er zurücklassen. Zugleich verloren das Delikts- und das Bereicherungsrecht damit ihre gemeinsame juristische Grundlage im Schutz der individuellen Rechtssphäre und wurden zu gedanklich unverbundenen Instituten. Es ist nur scheinbar paradox, dass die Theologie die juristische Systembildung gerade bei diesem Säkularisierungsschritt determinierte: Theologische Gründe mussten gerade deshalb wichtig werden, weil die Juris126 Zur Wirkung des Tridentinums auf die jesuitische Beichtpraxis und zur Bedeutung für den kasuistischen Ansatz vieler spätscholastischer Autoren D. Alonso-Lasheras, Luis de Molina’s De Iustitia et Iure. Justice as Virtue in an Economic Context, Leiden 2011, S. 90 ff. 127 Soto, De iustitia (FN 43), lib. IV, qu. VI, art. II: „Quòd autem restitutio non sit necessaria, non solùm haeresis, verùm phrenesis est“. 128 Samuel Stryk betonte in seinen Anmerkungen zu Brunnemann deshalb nachdrücklich, dass die katholischen Moraltheologen dieser Frage einen viel zu weiten Raum einräumten: Stryk, in: Brunnemann, De jure ecclesiastico (FN 121), additio ad lib. I, cap. VI, memb. I, § XVI. 129 Grotius, De iure belli ac pacis (FN 112), Prolegomena, n. 11 und lib. I, cap. I, § X, n. 1: „Jus naturale est dictatum rectae rationis indicans actui alicui ex ejus convenientia aut disconvenientia cum ipsa natura rationali ac sociali, inesse morale turpitudinem, aut necessitatem moralem, ac consequenter ab auctore [Deo] naturae talem actum aut vetari, aut praecipi“. Dazu insbesondere Thomasius, Historia juris naturalis (FN 115), Praefatio, sect. I, n. 16; T. Tadashi, Grotius’ Method: With Special Reference to Prolegomena, in: O. Yasuaki (Hrsg.), A Normative Approach to War. Peace, War, and Justice in Hugo Grotius, Oxford 1993, S. 11 – 31, 26 ff.; R. Tuck, Philosophy and Government 1572 – 1651, Cambridge 1993, S. 194 ff.; F. Grunert, Normbegründung und politische Legitimität, Tübingen 2000, S. 63 ff., 77 ff.; B. Straumann, Hugo Grotius und die Antike. Römisches Recht und römische Ethik im frühneuzeitlichen Naturrecht, Baden-Baden 2007, S. 25 ff., 28 ff.; vgl. auch A. H. Aure, Der säkularisierte und subjektivierte Naturrechtsbegriff bei Hugo Grotius, FHI 2008 (http://www.forhistiur.de/zitat/ 0802aure.htm), Rn. 26 ff. Die naturrechtliche Verpflichtung, an Gott zu glauben (Grotius, loc. cit., lib. II, cap. XX, §§ XLIV ff.), lässt den säkularen Begründungsansatz unberührt.
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prudenz sich von der Theologie abgrenzte und deshalb auf religiös grundierte Elemente verzichten musste. Die These, frühneuzeitliche Juristen und insbesondere auch Grotius hätten mit ihren Lehren zu den gesetzlichen Schuldverhältnissen umsetzen wollen, „what the theologians thought“,130 verkennt damit jedenfalls den säkularen Anspruch der Vernunftrechtstheorie und die theologische Brisanz der Restitutionslehre im konfessionellen Zeitalter. III. Schluss Es bildet nach allem eine Verkürzung, die spätscholastische Restitutionslehre als eine juristisch ohne Weiteres anknüpfungsfähige Naturrechtstheorie zu präsentieren. Aus katholischer Perspektive handelte es sich in der Tat um eine juristische Naturrechtslehre, die lediglich auf einer theologischen Grundlage ruhte. Aus protestantischer Perspektive war genau das falsche Theologie. Und während der Verschuldensgrundsatz in der spätscholastischen Theorie lediglich die theologische Grenze der Restitutionslehre markierte, wurde er für Protestanten zu einem Vernunftrechtsaxiom. Wo das Recht beginnt und wo die Religion aufhört, lässt sich nicht objektiv bestimmen, sondern nur aus zeitgenössischer Perspektive rekonstruieren. In der frühen Neuzeit waren solche Fragen konfessionell umstritten. Das bedeutete, dass auch rechtliche Entwicklungen konfessionell determiniert sein konnten. Das Ende der Restitutionslehre bietet hierfür ein Beispiel: Die Lehre konnte keinen Eingang in das europäische Recht finden, weil sie sowohl in ihren Grundlagen, als auch in ihrer juristischen Gestalt als katholische Doktrin galt. Freilich darf man diesen Befund nicht verallgemeinern. Ein ganz anderes Bild zeichnet Wim Decock völlig zu Recht für das Vertragsrecht. Hier kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die spätscholastische Theologie zu einer „moralischen Transformation“ des tradierten gemeinrechtlichen Vertragsrechts führte. Die Legistik war hier deutlich rezeptionsoffener; und Grotius schnitt die Verbindung zur spätscholastischen Theorie hier gerade nicht ab, sondern übernahm die theologischen Vertragsrechtslehren im Wesentlichen in seine Naturrechtstheorie.131 Der Grund dafür besteht nicht darin, dass das spätscholastische Vertragsrecht frei von theologischen Elementen gewesen wäre: Auch das Vertragsrecht war für die Theologen allein aus der seelsorgerischen Perspektive des Beichtgerichts interessant. Aber hier ruhten die theologischen Lehren nicht auf einem konfessionell umstrittenen theologischen Lehrsatz, sondern hatten im moralisch gebundenen Willen vernünftiger Vertragspartner eine solide innerweltliche Grundlage; zudem waren sie stets auf die gemeinrechtlichen Autoritäten bezogen, auf deren Grundlage Kaufleute ihre Geschäfte trieben. Die spätscholastische Vertragsrechtstheorie ließ sich deshalb wesentlich einfacher in juristische Argumente übersetzen als die Restitutionslehre;
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So Dolezalek, Doctrine of Restitution (FN 94), S. 104 ff., 105. Decock, Theologians and Contract Law (FN 125), S. 643 f. und passim.
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und vor allem erschien das spätscholastische Vertragsrecht ganz offenkundig nicht in gleicher Weise konfessionell anstößig wie die Restitutionslehre.
Church Institutions and Legal Culture in Ancien Régime Sicily. Brief Notes* By Orazio Condorelli I. In the sixteenth century the church institutions of the Regnum Siciliae revolved around the privilege of the Apostolic Legation or Regia Monarchia1. *
An expanded Italian version of this paper will be published in: Diritto e Religioni, 2014. On the history of the Apostolic Legation see G. Catalano, Le ultime vicende della Legazia Apostolica di Sicilia. Dalla controversia liparitana alla legge delle Guarentigie (1711 – 1871) (Collana di Pubblicazioni della Facoltà di Giurisprudenza dell’Università di Catania 13), Catania 1950, later included in Id., Studi sulla Legazia Apostolica di Sicilia (Historica 4), Reggio Calabria, Parallelo 38, 1973; Id., Controversie giurisdizionali tra Chiesa e Stato nell’età di Gregorio XIII e Filippo II, Palermo 1955; Id., La “Regia Monarchia” di Sicilia, in: Archivio Storico Siciliano 17, 1968, pp. 1 – 20, now in: Id., Scritti minori. I. Scritti storici, a cura di Mario Tedeschi, Soveria Mannelli 2003, pp. 395 – 414; Id., Osservazioni sulle origini della Legazia Apostolica in Sicilia, in: Il Diritto Ecclesiastico, 1968.1, pp. 205 – 225, now in: Id., Scritti minori, I, pp. 415 – 438; Id., ‘Il cardinale Cesare Baronio e la “Regia Monarchia Sicula”’, in: Raccolta di scritti in onore di Arturo Carlo Jemolo, I.1, Milano 1962, pp. 167 – 183, now in: Id., Scritti minori, I, pp. 257 – 276. On the Norman origins of the Legation see especially J. Deér, Der Anspruch der Herrscher des 12. Jahrhunderts auf die apostolische Legation, in: Archivum Historiae Pontificiae, 2, 1964, pp. 117 – 186; Id., Papsttum und Normannen. Untersuchungen zu ihren lehnsrechtlichen und kirchenpolitischen Beziehungen, Köln / Wien 1972; S. Fodale, “Comes et legatus Siciliae”. Sul privilegio di Urbano II e la pretesa Apostolica Legazia dei Normanni di Sicilia (Università di Palermo, Istituto di Storia Medievale, Studi 2), Palermo 1970; Id., Stato e Chiesa dal privilegio di Urbano II a Giovan Luca Barberi, in: Storia della Sicilia, III, Napoli 1980, pp. 575 – 600; Id., L’Apostolica Legazia e altri studi su Stato e Chiesa, Messina 1991. See also the recent collection of studies on: La Legazia Apostolica. Chiesa, potere e società in età medievale e moderna, a cura di S. Vacca, presentazione di C. Naro, Caltanissetta-Roma 2000, with contributions by S. Fodale, La Legazia Apostolica nella Storia della Sicilia (pp. 11 – 22); S. Vacca, La Legazia Apostolica nel contesto della societas christiana (pp. 23 – 67); G. Zito, La Legazia Apostolica nel Cinquecento: avvio delle controversie e delle polemiche (pp. 115 – 166); A. Longhitano, Il tribunale della regia Monarchia: governo della Chiesa e controversie giurisdizionaliste nel Settecento (pp. 167 – 200); R. La Delfa, Influssi francesi nella riflessione ecclesiologica siciliana al termine dell’età moderna (pp. 201 – 226); and G. Zito, Monarchia di Sicilia e istituzione dell’Archivio Vaticano. L’opera di Michele Lonigo (1609), in: “Panta rei”. Studi dedicati a Manlio Bellomo, a cura di O. Condorelli, V, Roma 2004, pp. 497 – 509. The most recent study is by M. T. Napoli, La Regia Monarchia di Sicilia. “Ponere falcem in messem alienam” (Pubblicazioni del Dipartimento di Scienze Giuridiche, Università degli Studi di Roma “La Sapienza”, 57), Napoli 2012, who analyzes especially the events of the sixteenth and early seventeenth centuries with the help of a wide range of largely unpublished sources. A new source on the history of the Regia Monarchia has been recently edited by M. T. Napoli, Cen1
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The ecclesiastical policy of the Kingdom was characterized, in addition, by the king’s right of assent (placet or exequatur) and the royal appointment of bishops. The latter was due to the fact that Sicilian Episcopal sees were under the royal patronage, as they had been re-established and equipped by the Normans, who had regained the island in the eleventh century after three centuries of Muslim rule. The Apostolic Legation was the privilege according to which the King of Sicily considered himself “born legate” (legatus natus) of the Pope, being thus entitled to exercise a set of jurisdictional powers on church matters. The privilege was also called Regia Monarchia, meaning that in Sicily the usual diarchy between King and Pope in both civil and religious jurisdictions did not operate, because even the ecclesiastical powers were concentrated in the hands of the King as papal legate. In the eighties of the sixteenth century the institution of the Apostolic Legation had assumed, substantially, its definitive structure. At its core, it meant that church cases should not be judged outside the Kingdom of Sicily: in place of the Pope, the ecclesiastical jurisdiction was exercised by the King through the Court of the Regia Monarchia. The privilege of the Legation went back to a grant bestowed by Pope Urban II to Count Roger the Norman, probably in 10982. On the basis of this concession, over the centuries, the Kings of Sicily had founded a set of powers in ecclesiastical matters which were definitely exorbitant compared to the limited content of Urban II’s bull. The consolidation of these powers is evident already during the Aragonese age, in the XV century. The memory of Urban’s bull, however, was lost, until, in 1508, it was rediscovered and published by Giovan Luca Barberi in the Capibrevium de Regia Monarchia. The rediscovery of the document gave vigour to the policy of the royal ministers, but on the other hand nourished the action of the Holy See to counter the extremely broad and deep prerogatives of the King of Sicily on church matters. The Roman reaction followed two pathways. First, the authenticity of Urban’s bull was denied. Second, and subordinately, the Roman Curia stated that the limited concessions contained in the bull could not justify the very broad beam of jurisdictional powers that the King of Sicily exercised, by basing them on the papal privilege. II. The jurisdictional conflicts, that sprang up in the sixteenth century between Spain (in whose domains the Regnum Siciliae fell) and the Holy See, characterize sura e giurisdizione. Il “Tractatus de nonnullis Regiae Monarchiae ultra Pharum preheminentiis” di Baldassarre Abruzzo (1601 – 1665) (Storia del diritto e delle istituzioni, Fonti 2), Roma 2012. 2 Urban II, bull Quia propter prudentiam tuam (JL 5706): edition by E. Caspar, Die Legatengewalt der normannisch-sicilischen Herrscher im 12. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus Italienischen Archiven und Bibliotheken, 7, 1904, pp. 189 – 218 (218 s.).
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the last four centuries of the history of the Apostolic Legation. One can say that between the sixteenth and nineteenth centuries the events of the Apostolic Legation show a permanent conflict between the King of Sicily and the Holy See, which came to an end only after Italian unification, when the Kingdom of Italy renounced the privilege of Legation in 1871. This conflict gave rise to a broad doctrinal elaboration that places itself, in large part, on the level of polemic or apologetic literature on the opposite fronts of curialism and regalism. Within this context, however, we find also works of a strictly scientific character, which aim at dealing with legal or theological issues regarding the institution of the Apostolic Legation. In 1579 the Court of the Regia Monarchia became a permanent judiciary, and an ecclesiastical person of Episcopal rank was put at its head. Between 1580 and 1582 the viceroy Marco Antonio Colonna promulgated a set of ordinations that defined the jurisdiction of the Court3. The Tractatus de Regia Monarchia written by Antonio Scibecca († 1584) is linked to this new structure. The work (composed between 1578 and 1583) is the first treatise which analyzes, in legal terms, the foundations and the prerogatives of the Regia Monarchia4. According to the main argument of the supporters of the legitimacy of the institution, the Legation was based on the twofold foundation of the papal privilege and the immemorial custom. Urban’s privilege, moreover, was granted to Count Roger and his successors to recompense him for his achievements in the liberation of the island from the Muslim domination. For this reason, the privilege had acquired the force of a contract, and could not be revoked without the consent of the beneficiary. The royal power, resulting from the papal delegation, could be delegated by the King to his vicar (the Viceroy), and by him to the magistrates of the kingdom. In Scibecca’s treatise the various powers associated with the Apostolic Legation are supported by a copious use of French and Hispanic legal doctrine: in particular, those authors who had justified the practices of secular interventions in church matters that were rooted in the kingdoms of France and Spain (Jean Ferrault, Étienne Aufreri, Charles de Grassaille, Arnoul Ruzé, Martín de Azpilcueta, Diego de Covarrubias among many others). Through the doctrines of these authors Scibecca also faces the issue of those prerogatives that the king could exercise because of a power originally connected with
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Edition in: Discorso istorico-apologetico della Monarchia di Sicilia composto da Giambattista Caruso d’ordine di Vittorio Amedeo per la prima volta pubblicato ed annotato per G. M. Mira, Palermo 1863, pp. 313 – 316. 4 The work, unpublished, is preserved with various titles, among which De preheminentiis ecclesiasticis Catholici regis Philippi in Regno Siciliae. The tractatus has recently been studied by Napoli, La Regia Monarchia di Sicilia, pp. 340 – 393.
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the royal office5. This is the case, for example, of the jurisdiction directed to repress the abuses committed by ecclesiastical authorities through unjust penalties or extrajudicial measures. On this subject Diego de Covarrubias wrote exemplary pages in chap. 35 of his Practicae Quaestiones, where he deals with “the cases and ecclesiastical affairs that frequently used to be examined by the courts of this Kingdom of Castile”6. In general, Covarrubias states that this jurisdiction of the secular courts has the purpose of ensuring the tranquillity of the Respublica7. This argument is then applied to the case of the secular interventions in cases where a person claims to have been unjustly oppressed by a violent or unjust measure of the ecclesiastical authority. In this case, the royal protection is an effective remedy against abuses of ecclesiastical authorities that might arise because of the distance of Spain from the Roman Curia8. Covarrubias concludes that the justice of such a practice can ultimately be deduced from the fact that it was followed by almost all the secular princes of the Christian world (especially in the Kingdoms of France and Castile), who used to exercise such powers both for the utility of the Respublica and as a guarantee for a righteous and balanced exercise of spiritual and secular jurisdictions9. 5 A. Scibecca, Tractatus de Regia Monarchia, quoted from Napoli, La Regia Monarchia, p. 375 note 131. 6 Diego de Covarrubias, Practicarum Quaestionum, caput XXXV, De rebus et negotiis ecclesiasticis, que solent apud huius Castellani Regni pretoria frequenter examinari (Didaci Covarruvias a Leyva Toletani, Episcopi Segobiensis, Philippi II Hispaniarum Regis Summo Praefecti Praetorio, ac Iuris Interpretis acutissimi Operum, Tomus Secundus, Lugduni, Sumptibus Horatii Boissat et Georgii Remeus, 1661, p. 501b–505a). 7 Covarrubias, Practicarum Quaestionum (FN 6), caput XXXV (ed. cit., p. 502a): “Plerumque fit, ut pro maxima Reipublice utilitate, et quiete, cause quedam ecclesiastice ad Castellani Regni suprema auditoria deferantur multis sane de causis, que solent in disputationem adduci, ne ulla ex parte distinctis iurisdictionibus, et tribunalibus, lesio fiat”. 8 Covarrubias, Practicarum Quaestionum (FN 6), caput XXXV (ed. cit., p. 503a–b): “Ceterum in hac Regia et Castellana Republica illud observatissimum est, et diu obtinuit a tempore, quod memoria hominum excedit, posse ab his, qui a iudicibus ecclesiasticis vi et censuris opprimuntur, regios auditores et consiliarios, qui apud regia suprema pretoria iura litigantibus reddunt, omnino adiri, ut vim auferant, et compellant iudices ecclesiasticos ab ea inferenda cessare… Hic autem forensis usus et praxis, qua Regii Consiliarii utuntur, multis rationibus iustificari potest, et primo propter maximam eius utilitatem, que reipublice accedit: cum alioqui nisi remedium hoc, et auxilium adversus iudices ecclesiasticos adhiberetur, gravissime opprimerentur innocentes a iudicibus ecclesiasticis, qui procul a Romana curia passim iurisdictione et potestate ecclesiastica abuterentur”. 9 Covarrubias, Practicarum Quaestionum (FN 6), caput XXXV (ed. cit., p. 503b–504a): “Quinto, iustitia huius praxis ex eo deduci videtur, quod cum omnes fere Christiani orbis principes seculares hac utantur, et tot annis fuerint usi potestate, consilio prudentissimorum virorum qui iustitie zelo et christiana pietate id ipsis persuaserint, credendum omnino est hoc in maximam fieri Reipublice utilitatem, commodum et ad rectum utriusque spiritualis et temporalis, iurisdictionis usum et compendium. Quod si quis contendat a principibus secularibus hanc tollere potestatem, statim, non quidem sero comperiet experimento manifestissimo, quantum calamitatis Reipublice invexerit. Hic vero forensis usus non tantum in his Castellanis
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III. These arguments, aiming at bringing back the secular prerogatives in church affairs into the channel of the sacred kingship, make an appearance in Sicilian legal doctrine. This, however, will remain firmly linked to the proud defence of the papal privilege as the primary source of the ecclesiastical powers of the King of Sicily. A few decades after Scibecca, Baldassarre Abruzzo (1601 – 1665) continues to consider the papal privilege irrevocable because it has acquired the force of a contract, and the immemorial custom as the fundamental arguments to be raised in support of the Apostolic Legation. In 1644 he wrote a Tractatus de nonnullis Regiae Monarchiae ultra Pharum preheminentiis10. Among the issues dealt with in the work, there was that, whether the bull In coena Domini derogates the powers of the Court of the Regia Monarchia. This bull, which the Popes were accustomed to publish every year on Holy Thursday, contained a series of measures against the violators of the ecclesiastical immunities, who were punished by excommunication, the absolution of which was reserved to the Apostolic See11.
Regis Hispaniarum ditionibus et principatibus, sed et apud Gallos, aliosque Christiane Reipublice seculares principes est equidem receptissimus, ut commemorant omnium, quos ego legerim, diligentissime Martinus Azpilcueta in c. Cum contingat de rescriptis remedio 1 pag. 146, Carolus de Grassalia lib. 2 Regalium Francie, iure 7; Stephanus Aufrerius in Clem. de officio ordin. reg. 2 fallentia 30”. In this context, Covarrubias also approves the use of exequatur as it was practised, as well as in Spain, in the Kingdom of France and in Flanders. 10 The tractatus has been edited by Napoli, Censura e giurisdizione. Il “Tractatus de nonnullis Regiae Monarchiae ultra Pharum preheminentiis” di Baldassarre Abruzzo (1601 – 1665) (see above, note 1). On the point dealt with in the text see Singulare primum, an Tribunal regie Monarchie Sicilie regni sit legatus natus Pape cum potestate de latere, p. 89 and 95: “… si concessio legatie a Papa Rogerio Comiti facta eiusque successoribus seu heredibus pro tot servitiis Catholice Ecclesie prestitis vera esse sequeretur quod transisset in vim contractus fuissetque irrevocabilis etiam de plenitudine potestatis, Summus enim Presul tenetur servare ius nature et consequenter conventiones…”. 11 On the bull In coena Domini see F. Claeys Bouuaert, Bulle in Coena Domini, in: Dictionnaire de Droit Canonique, II, Paris 1937, coll. 1132 – 1136; Catalano, Controversie giurisdizionali, pp. 27 – 34; P. G. Caron, L’appello per abuso, Milano 1954, pp. 190 – 197; A. de la Hera, La bula “In Coena Domini”. El derecho penal canónico en España y las Indias, in: Dogmatismo e intolerancia, coord. por Enrique Martínez Ruiz / Magdalena de Pazzis Pi Corrales, Madrid 1997, pp. 71 – 88; Id., La bula “In coena domini”, in: Estudios jurídicos en homenaje al profesor Vidal Guitarte, I, Diputació de Castelló, Castelló 1999, pp. 431 – 442; M. C. Giannini, Tra politica, fiscalità e religione: Filippo II di Spagna e la pubblicazione della Bolla “In Coena Domini”, in: Annali dell’Istituto Storico Italo Germanico in Trento, 23, 1997, pp. 83 – 157; F. Aimerito, Aspetti del sistema di imposizione fiscale all’epoca della bolla ‘In coena Domini’: il caso degli Stati sabaudi, in: Le carte del diritto e della fede. Atti del convegno di studi Alessandria, 16 – 17 giugno 2006, a cura di E. Mongiano e G. M. Panizza, Alessandria 2008, pp. 75 – 92.
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In the text of the bull published by Pius V starting from 1568 there were several points that touched directly, albeit in abstract terms, on the prerogatives of the Regia Monarchia12. Access to secular justice on the pretext of an abuse committed by an ecclesiastical authority was forbidden to the clergy; the royal judges were forbidden to hinder the execution of papal provisions and, more in general, to restrict the ecclesiastical jurisdiction; the enactment of laws, that in any way violated the freedom of the Church, was condemned. The effect of such rules on the Apostolic Legation was deep, because, at the base, they were addressed to the conscience of each believer and touched on the delicate issue of the twofold obedience to God (and to His Vicar on earth) and to Caesar. Baldassarre Abruzzo believes that the prohibitions contained in the bull did not intend to derogate the privilege of the Regia Monarchia. The jurist adds that, in the peculiar situation of the Kingdom of Sicily, the bull does not oblige in conscience. The reason for this conclusion is based on an interpretation of a famous dictum of the Father of Canon Law. Gratian had said: “The laws are established when they are promulgated, are confirmed when they are approved by the behaviour of users”13. Therefore, the bull In coena Domini does not oblige in conscience because it has not been received in the Kingdom of Sicily and because, according to a recurring theme in legal literature, the papal law is enacted with the tacit condition that it might oblige only when it has been received by the people14. In support of this conclusion Abruzzo 12 I could see the bull published in 1572, that repeats the articles present in the 1568 edition: Bulla S.D.N.D. Pii divina Providentia Papae V lecta in die coenae Domini anno M.D.LXX.II, Romae, Apud haeredes Antonii Bladii Impressores Camerales. 13 Gratianus, Decretum, dictum post D.4 c.3: “Leges instituuntur, cum promulgantur, firmantur, cum moribus utentium approbantur. Sicut enim moribus utentium in contrarium nonnullae leges hodie abrogatae sunt, ita moribus utentium ipsae leges confirmantur”. On the problem of the reception of the law see the fundamental research by L. De Luca, L’accettazione popolare della legge canonica nel pensiero di Graziano e i suoi interpreti, in: Studia Gratiana 3 (1955), pp.193 – 276, ora in: Id., Scritti vari di diritto ecclesiastico e canonico, II, (Università degli Studi di Roma “La Sapienza”, Pubblicazioni dell’Istituto di Diritto Pubblico della Facoltà di Giurisprudenza, serie III, 79), Padova 1997, pp 271 – 356. Moreover, see O. Condorelli, Ragione, autorità, consenso: costanti e varianti nella dottrina canonistica della norma giuridica (spigolature storiche), in: Glossae 10, 2013, pp. 160 – 185, and the literature quoted therein. 14 Abruzzo, Tractatus de nonnullis Regiae Monarchiae ultra Pharum preheminentiis (FN 10), Singulare sedecimum, An ius Tribunalis R.M. derogetur a bulla Cene Domini, ed. cit., p. 282: “Quinto probatur quia dato non concesso quod Bulla Cene Domini abrogaret iuribus R.M., ex quo non est usu recepta in hoc Sicilie regno non obligaret in conscientia, Putean. in 2 parte Div. Tom. quest. 11 art. 4 dub. 2, Filiuc. tom. 1 tract. 11 cap. 5 n. 11, Ioan. Valer. in different. utriusque fori verb. peccatum differen. 30 n. 20, Beian. p. 2 tract. 3 cap. 6 quest. 8 n. 4, lex enim pontificia habet tacitam conditionem ut obliget si a populo acceptetur. Prelati enim receperunt potestatem a Christo Domino ad edificationem non ad destructionem, D. Paul. 2 ad Corinth. cap. 13, nec minus obstat quod Bulla Cene quot annis a Summo Presule publicetur, nam quot annis non acceptatur”.
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adduces the authority of some moralists, including Juan de Valero. The Spanish Carthusian had supported this view by treating the question of whether, in an ecclesiastical case, recourse to the secular jurisdiction was legitimate against unjust or violent acts. Valero had given an affirmative answer not only in the wake of what he believed to be the common doctrine, but also on the basis of a practice commonly observed “with no scruple” in the Kingdoms of Spain, Portugal, France and Naples15. IV. In the aforementioned section of his treatise Baldassarre Abruzzo had pointed out that the question of the relationship between the bull In coena Domini and the Court of the Regia Monarchia had been dealt with, “with fear and trembling”, by Father Antonino Diana, who, according to his custom, had confined himself to reciting the opinions of other authors16. Antonino Diana (1585 – 1663) was a famous theologian from Palermo, author of the Resolutiones morales, a work that had a very wide European diffusion, proportional to the fame and authority quickly acquired by the author17. On the curialist front, Diana was one of the most influential personalities capable of agglomerating the forces that defended the church immunities and the prerogatives of the Holy See.
15 Differentiae inter utrumque forum iudiciale videlicet, et conscientiae… auctore Ioanne Valero Valentino Segobrigen. Decretorum D. Priore domus Carthusiae Maioricen. Iesu Nazareni, Venetiis, apud Paulum Balleonium, 1645, v. Peccatum, differentia trigesima, pp. 326b328a: “Clericus spoliatus de facto sua possessione beneficii, vel timens ab ea sine cause cognitione spoliari, vel appellans legitime ab excommunicatione comminata, si nihilominus excommunicetur et denuncietur, potest in foro exteriori adire iudicem secularem supremum, ut eum defendat, et vim repellat. Ita quotidie practicatur in Regnis Hispaniae, Lusitanie, Gallie, Neapolis et aliis…” (pp. 326b–327a). According to some theologians, the recourse to secular judges would not be allowed “in foro conscientiae”; but “contrarium tenent communiter Doctores, et observat communis practica in prefatis regnis sine ullo scrupulo” (p. 327a). On Juan de Valero (1550 – 1625) see W. Decock, Jesuit Freedom of Contract, in: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis, 77, 2009, pp. 423 – 458 (432 – 435, 437). 16 Abruzzo, Tractatus de nonnullis Regiae Monarchiae ultra Pharum preheminentiis (FN 10), Singulare sedecimum, An ius Tribunalis R.M. derogetur a bulla Cene Domini, ed. cit., p. 278: “Presentem dubitationem discutiendam proposuit Pater Antoninus Diana p. 2 tract. 1 resol. 74 et cum timore et tremore nihil determinat sed solum adducit contra Tribunal… in favorem vero Tribunalis R.M. … Protestatur ulterius nihil de suo in hoc dicere tanquam si in rei veritate plura in aliis resolutionis de suo dixisset…”. 17 On Antoninus Diana (1585 – 1663) see P. Portone, Diana Antonino, in: Dizionario Biografico degli Italiani, 39, Roma 1991, pp. 645 – 647; S. Burgio, Teologia barocca. Il probabilismo in Sicilia nell’epoca di Filippo IV (Biblioteca della Società di Storia Patria, Monografie storiche), Catania 1998, pp. 7 – 102; Id., Antonino Diana ideologo “romano”. La simbologia mistica e politica del “Tractatus de adoratione”, in: Roma Moderna e Contemporanea, 18, 2010, pp. 213 – 230; P. Prodi, Una storia della giustizia. Dal pluralismo dei fori al moderno dualismo tra coscienza e diritto, Bologna 2000, p. 366; Napoli, La Regia Monarchia di Sicilia, p. 508; Ead., Censura e giurisdizione, pp. 55 s.
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There are several passages in the Resolutiones morales in which Diana deals with problems concerning the relations between ecclesiastical and secular jurisdiction18. In these passages references to the peculiarities of the Apostolic Legation shine through the guise of questions abstractly posed. Speaking of ecclesiastical immunities, Diana asks whether they can be cancelled by virtue of an immemorial custom19. Some authors, such as Covarrubias, had given an affirmative answer by adducing the current practice in several kingdoms of Europe; on the question, however, Diana keeps the negative opinion, which was supported resolutely by Francisco Suárez20. Not even the tolerance of the Supreme Pontiff could have the power to legitimise such practices, because tolerance does not represent an implicit approval of the same practices, but it is only intended to prevent greater evils. According to Diana, however, it cannot be abstractly excluded that there might possibly be a “consensus tacitus et approbativus” of the Pope with respect to certain practices condemned in the bull In coena Domini. That said, Diana believes that the matter is “multum dubia et periculosa”. The theologian, therefore, has the task of identifying the coordinates of the problem: the issue is left to the responsibility and the discernment of princes and lay ministers21. 18 I use the following edition: R.P.D. Antonini Diana Panormitani clerici regularis et Sancti Officii Regni Siciliae consultoris, Resolutiones morales in tres partes distributae, in quibus selectiores casus conscientiae breviter, dilucide, et ut plurimum benigne cum variis Tractatibus explicantur, editio tertia…, Montibus, Typis Francisci Waudraei Typographi jurati, sub Bibliis, 1636. On the question dealt with in the text see Pars III, Tractatus I, de immunitate ecclesiastica, resolutio LXXIV, An Bulla Cene tollat casus Regni Galliarum, quas privilegiatos appellant, et quid de privilegio Monarchie Regni Sicilie? (ed. cit., p. 314a–b): “Ego vero circa resolutionem huius casus de meo nihil dicam, et nihil ponam, solum referre volui quos alii dixerunt”. Consistently with this principle, Diana merely cites a number of authors who challenge “acriter” the jurisdiction of the Court of the Regia Monarchia (including Cesare Baronio), and another set of authors (among them Antonio Scibetta) who instead defend the privilege. 19 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus II, de immunitate ecclesiastica, resolutio IV, An per consuetudinem, maxime si sit immemorabilis, dicta immunitas revocari possit (ed. cit., p. 14a–b). 20 Diana refers to Francisco Suárez, Contra Regem Angliae (= Defensio fidei Catholicae contra anglicanae sectae errores), liber IV, caput XXXII, Quibus modis possit immunitas ecclesiastica violari, n. 21 (R.P. Francisci Suarez e Societate Jesu Opera omnia, editio nova, a Carolo Berton… innumeris veterum editionum mendis expurgata, adnotationibusque in ultimum tomum relegatis illustrata…, t. XXIV, Parisiis, Apud Ludovicum Vivès, Bibliopolam Editorem, 1859, p. 511): “Ex dictis ergo satis constat, nullam consuetudinem, etiam si immemorialis sit, ullo modo contra immunitatem ecclesiasticam prevalere posse… Solum obiici solent quedam peculiares consuetudines aliquorum regnorum, que, licet sint contra immunitatem ecclesiasticam, sine scrupulo a magistratibus laicis observantur. Ad illas vero possemus uno verbo respondere, illas consuetudines non ad ius, sed ad facta hominum pertinere, propter que veritatem negare non possumus, neque illorum rationem aut excusationem dare tenemur, sed ad illos hoc spectat, qui consuetudines illas observant…”. 21 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus II, de immunitate ecclesiastica, resolutio V, An adsit tolerantia, et consensus tacitus Summi Pontificis cum dicta consuetudine; ita ut principes aliquid licite efficiant adversus libertatem ecclesiasticam? (ed. cit.,
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It is therefore necessary to investigate whether there may be exceptions to the ecclesiastical freedom based on privileges that might exist in some kingdoms. Diana reminds us that some authors had responded affirmatively as to the privileges of the King of Spain relating to the recursos de fuerza, or the privileges of the King of France in the field of benefices, or the privileges of the Venetian Republic in the field of jurisdiction over the clergy. Here Diana remains silent – probably out of prudence – on the peculiar situation of Sicily. The resolution of the problem requires that the existence of any privileges be ascertained; then, the question arises whether the existing privileges have been abrogated by the bull In coena Domini. As usual, Diana confronts opposite opinions, and makes a significant specification concerning the privilege given in remuneration of someone’s merits (this was commonly believed of the Apostolic Legation): such a privilege, according to some authors, could not be unilaterally revoked by the Pontiff. Again Diana does nothing but take note of the divergence of views, both supported by the “most learned men”22. A further question is whether the secular judges can judge ecclesiastical cases “per viam violentiae”, that is in the case of appellatio a gravamine. The jurists usually answer affirmatively – the first one to be mentioned by Diana is Francisco Salgado de Somoza with his Tractatus de regia protectione (1626)23 –. Some theologians do not dispute this view, arguing that in this case the intervention of the secular court is not made “per viam iurisdictionis, sed per viam iuste defensionis”. The common opinion of theologians is, however, negative, since they believe that every ecclesiastical decision should be appealed or reformed according to the ordinary remedies provided for by canon law. In such a serious matter Diana thinks that the common negative opinion of theologians should be followed, but does not deny – albeit “speculative loquendo” – the plausibility of the observation of some authors, according to whom it would be possible to appeal to the secular jurisdiction in the case in which the ecclesiastical judge is absent or unwilling to repress an abuse24. pp. 14b–15a): “Sed quia res est multum dubia et periculosa, videant principes et ministri laicalis iurisdictionis, quid faciant” (p. 15a). 22 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus II, de immunitate ecclesiastica, resolutio VI, An per aliquod privilegium sit in aliquibus Regnis supradicta ecclesiastica libertati derogatum? (ed. cit., p. 15a–b): “Tuentur igitur utramque sententiam doctissimi viri, sed ad alia procedamus” (p. 15b). 23 D. Francisci Salgado de Somoza, iuris utriusque antecessoris et in Amplissimo Regioque Senatu Galleciae Advocati, Tractatus de regia protectione vi oppressorum appellantium a causis et iudicibus ecclesiasticis. Utrique Reipublicae, tam Ecclesiasticae, quam temporali, valde utilis: necnon supremis regalibus Praetoriis, cunctisque Tribunalibus Ecclesiasticis omnino necessarius…, Lugduni, Sumptibus Laurentii Anisson, et Soc., 1647. 24 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus II, de immunitate ecclesiastica, resolutio XIII, An ministri regii possint cognoscere causas ecclesiasticas per viam violentiae, ut vulgo dicitur (ed. cit., p. 18a–b): “Sed ego in controversia tam gravi, puto non esse recedendum ab hac sententia negativa theologorum, quamvis speculative loquendo, non videatur spernenda aliquorum observatio, qui putant tunc aliquem, cui violentia infertur, posse adire
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Another issue in which Diana acknowledges the usual difference of opinion is that whether the civil authorities may retain the papal provisions to examine them and send them to execution. Here too, the common opinion of the jurists – among whom Covarrubias with his Practicae quaestiones – is that such an action of the secular magistrates is legitimate. According to the jurists, the control of the papal bulls is intended to check whether the letters have been obtained fraudulently through a false representation of the facts, and whether for this reason they infringe the privileges of the Kingdom or other legitimate situations. Ultimately, a check would be made to the advantage of the Holy See. In contrast, theologians believe that a check of this kind should still be made by ecclesiastical prelates or apostolic nuncios25. In another resolution Diana asks whether the privilege of judging ecclesiastical cases, granted to a secular prince, may be revoked26. The historical reality of the Apostolic Legation of Sicily leaks out under the guise of an abstract question. The author believes that the privilege may be revoked, even though it is reinforced by an “immemorial” custom, as it is detrimental to the freedom of the Church. He adds a detail revealing the real purpose of his resolution: “adde quod hec censenda est iurisdictio delegata, que revocari potest”. And yet the clarity of the conclusion is tempered by a specification regarding the privileges granted in remunerationem, as the Apostolic Legation was commonly considered: it can only be revoked for just cause. The effects of the papal rules that undermined the validity of the Apostolic Legation (primarily the rules contained in the bull In coena Domini) are discussed by Diana with reference to the more general question of whether human laws, civil or ecclesiastical, oblige only because they have been accepted by the people27. Some theologians replied negatively, because between the legislator and the people there is a necessary relationship of superiority and inferiority that demands the iudicem laicum, quando ad talem vim reprimendam iudex ecclesiasticus non adesset, seu si adesset, nollet reprimere” (p. 18b). The same question is dealt with also in Pars III, Tractatus I, de immunitate ecclesiastica, resolutio LIII, An sit licitum pro vi tollenda recurrere ad Regios tribunales (ed. cit., p. 309 – 310a), and in Resolutiones morales, pars V, de immunitate ecclesiastica, resolutio XII, An sit licitum iudicibus secularibus per viam violentie cognoscere causas ecclesiasticas? (R.P.D. Diana Panormitani clerici regularis, et Sancti Officii Regni Siciliae Consultoris, Resolutionum Moralium pars quinta, Venetiis, apud Franciscum Baba, 1640, pp. 15b–17a). 25 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus II, de immunitate ecclesiastica, resolutio XII, An ministri regii possint detinere in cancellariis bullas apostolicas ad examinandum, et executioni mandandum (pp. 17b–18a). In the passage Diana quotes chap. 35 of Covarrubias’ Practicae quaestiones (see above, note 6). 26 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars III, Tractatus I, de immunitate ecclesiastica, resolutio LVII, An privilegium cognoscendi causas ecclesiasticas concessum principi laico, revocari possit (ed. cit., p. 310b). 27 Diana, Resolutiones morales (FN 18), Pars I, Tractatus X, De legibus, resolutio I, An, ut leges humane tam civiles, quam pontificie obligent, et requiratur consensus, et acceptatio populi? (ed. cit., p. 146a–b).
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obedience of the subject to the sovereign28. Among other things, if the opposition to the law were free, it would create a situation of permanent “just war” between legislator and subjects, caused by an irreconcilable conflict between the right to demand obedience and the right of resistance of the people29. The opposite solution, however, is supported by “not ignoble authors” (Martín de Azpilcueta, Vincenzo Figliucci, Leonardus Lessius, etc.), on the basis of the idea that the law is promulgated under the tacit condition that it should not oblige if it is not accepted by its recipients. Here Diana recalls the traditional argument based on the Second Letter of Paul to the Corinthians, according to which the authority that the Lord has given the Church should be used “to build up and not to tear down” (“non in destructionem, sed in edificationem”)30. On this basis, it could not be thought that the legislator wants to use his authority against the consensus of the people, because that would mean, in fact, acting in destructionem and not in aedificationem31. For this reason there are authors 28 Among many theologians Diana quotes two well known chapters of Francisco Suárez’ De legibus ac Deo legislatore: Liber III, caput XIX, utrum acceptatio populi sit necessaria in lege civili ut perfecte constituatur et vim habeat obligandi; Liber IV, caput XVI, utrum lex canonica obliget fideles priusquam ab eis acceptetur (R. P. Francisci Suarez e Societate Jesu Opera omnia, editio nova a Carolo Berton… accurate recognita, t. V, Parisiis, apud Ludovicum Vivès, Bibliopolam Editorem 1856, respectively pp. 249 – 253 and 395 – 399). 29 Diana quotes literally Pedro de Lorca. “… Lorca in p. 2 tr. de legib. disp. 20 fol. mihi 445, ubi ita ait: ‘Hec sententia evidens est, nec opposita percipi potest, nam legislatores leges imponunt iure prefecture, et dominii, quod in subditos habent, et obligatio legis oritur ex subiectione, qua subditi prelatis subsunt, et obedientia, quam illis prestare tenentur: obedientie autem vis non oritur a subditi acceptatione; et si liberum esset populo dissentire, et leges respuere, non essent subditi; nam voluntate, et non necessitate parerent, et fieret quasi conventio quedam, et pactum inter subditos et prelatum de observanda lege, nec ullum esset obedientie vinculum. Confirmatur, quia nisi lex cogeret subditos et obligationem induceret absque dependentia ab eorum approbatione, subditique possent dissentire, esset bellum (velum Lorca) utrimque iustum; nam legislator iuste exigit obedientiam et observationem legis, et subditus iuste resistit, cum acceptatio legis eius arbitrio commissa sit. Confirmatur preterea, quia preceptum actuale obligat nullo expectato assensu eius, cui imponitur, nec aliquis oppositum umquam mente concepit: ergo et lex; maior enim, et non minor est legis, quam simplici precepti vis’: ita ille, satis quidem probabiliter” (ed. cit., p. 146a). See Commentariorum, et disputationum in primam secundae Sancti Thomae magistri fratris Petri de Lorca, Monachi Cisterciensis, ex observantia Hispaniae, et theologi Complutensis, tomus alter, complectens tres sectiones, de vitiis et peccatis, de legibus, et de gratia, Compluti, Ex officina Ioannis Gratiani, apud Viduam, 1609: De legibus, Disputatio XX, utrum, ut lex humana obliget, requiratur populi consensus, pp. 445 – 446 (quotation at p. 446). 30 II Corinthians 13.10: “Ideo haec absens scribo, ut non praesens durius agam secundum potestatem, quam Dominus dedit mihi in aedificationem et non in destructionem”. 31 “Et ratio est, quia leges promulgantur sub tacita conditione, si a populo acceptentur, hoc enim videtur conforme benigne principum et legislatorum voluntati, ne nimis onerosi videantur…”. The intention of the legislator “interpretatur, ut quamdiu lex ipsius non est a populo recepta, velit obligationem eius suspendi, ne detur peccati occasio. Et confirmatur ex verbis D. Pauli 2 ad Cor. 13, ubi asserit Christum dedisset hanc potestatem prelatis Ecclesie non in destructionem, sed in edificationem, ergo presumendum est prelatos non velle uti sua potestate contra communem populorum consensum, hoc enim esset uti in destructionem, non edificationem. Quando autem lex non dicatur usu recepta: respondeo, quando maior pars
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(including Juan de Valero) who believe that the bull In coena Domini does not oblige in conscience where it has not been received. Others, by contrast, argue the opposite and their opinion is most probable. And yet, the first opinion is not improbable32. All things considered, Diana follows the negative opinion: in particular, with regard to papal laws, this solution stems from the fact that the Pope receives the power of government immediately from God, not from the people. Diana admits that the law might lose its obligation for non-use, when the non-use causes the abrogation of the law itself. In any case, since the bull In coena Domini is published every year, there is no evidence to suggest that it be repealed by a contrary custom33. In general, Diana usually states his preference for the opinion of the majority of theologians, and shows a trend towards the adherence to the principles supported by the Roman See. Nevertheless, his extremely cautious attitude in matters which directly or indirectly affect the Regia Monarchia emerges clearly. On these issues, the living and working reality of the Regia Monarchia; the established structure of powers that it entailed; the twofold obedience to God and Caesar to which every believer is bound, and which may cause insoluble dilemmas for those who are burdened with political or ecclesiastical responsibilities; all this required (not only for Diana) a balance between the need to advocate the value of ecclesiastical freedom and the need to respect the royal prerogatives on ecclesiastical matters. The position of Diana on these issues cannot be placed in the bottleneck of a sharp alternative between curialist and regalist ranks. The foundation of the Apostolic Legation on a papal privilege, given in remuneration for the restitution of Sicily to Christianity, posed problems that, in terms of a juridical and theological reflection, could not be solved simply in the sense of the prevalence of the new rules of pontifical law on the consolidated institutions of Sicilian ecclesiastical law. V. I have proposed only some fragments of a rich and well studied story, but still partly unexplored in several areas. The voices chosen – few among the many that one might listen to – are, however, good examples of a cultural debate running from the sixteenth to the eighteenth century. The history of Sicilian ecclesiastical institutions in the Ancien Régime, indissolubly linked to the privilege of the Apostolic Legation, lies at the crossroads of experiences common to the confessional States of Europe (with their projections in the New World). The debate on the legation, just to mention the juridical and theological aspects, has a specifically European dimension. On the one hand it is fed by themes recurring in the juridical and theological literature, populi prosequitur facere, quod facere consueverat ante legis promulgationem…” (ed. cit., p. 146a–b). 32 “… non est tamen altera opinio improbabilis, ut minus recte aliqui his diebus dixerunt” (ed. cit., p. 146b). 33 “Sed his non obstantibus quoad leges pontificias, credo non esse recedendum a prima sententia, cum Pontifex iurisdictionem accipiat immediate a Deo, et non a populo, et ideo eius lex non pendet quoad eius obligationem a populi acceptatione, et per hoc peccant illam non acceptando, quamvis per non usum, si est abrogata, non obligat amplius; cumque Bulla Cene quotannis publicetur, non potest per non usum tolli” (ed. cit., p. 146b).
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through which the process of redefining the boundaries between secular and ecclesiastical jurisdiction is filtered. In the reverse direction, the debate on the Legation nourishes, with reference to the particular features of the Sicilian experience, the process of consolidation of the sovereignty of the modern State: a State that remains, however, still inextricably linked to its confessional identity.
The Public of Confession among Gallican Civil Lawyers (16th to 18th Centuries) By Frédéric Gabriel In 1848, Alexandre Guillemin, a lawyer at the royal court in Paris, wrote the following: “Gallicanism still lives, not, indeed, in the clergy of France but rather in its legislation”.1 This sentence ends the introduction to his book, Memorandum on the Freedoms and Servitudes of the Gallican Church. Guillemin was a fervent anti-Gallican, but we may see in his reflection an example of the sentiment that inhabited the historical doxa, and that, more profoundly, structured a certain reading of the history of the law: arguments of an ecclesiastical tenor developed in order to defend the Gallican church were even more present following the French Revolution in a juridical form. Jansenist parliamentarians in the eighteenth century took up Gallican ideas, and this is one of the well-known pathways of this process of perpetuation. There is a more general historiographical position that underlies this reading: Gallican theses are integrated into the progress of the modern State’s construction, and the structuring of public law is seen as the direct result of this evolution, which seals French identity. Even today, in the field of public law, the Gallican evolution of the sixteenth to eighteenth centuries is often represented as the mostly uniform progress of statism. The increasing autonomy of the Gallican state in relation to the Roman papacy is seen as a foreshadowing of French “laïcité”, or secularism. Carl Schmitt’s famous thesis on the secularization of theological concepts points in the same direction, and Guillemin’s quotation clearly attests to the transference from a social body (the clergy) to a form of civil law. This corresponds to the very common habit of trying to establish an origin that reconstructs a particular genealogy and gives legitimacy to power. In this regard, this proceeding, which is typical of whig history, is merely the mimetic echo of the militant erudition of Classical-period authors. The Gallican church’s independence, defended by jurists such as Pithou or Dupuy, is considered to have culminated in the judicial unity of the sovereign State. This statist interpretation is based in particular on a heritage that is studied by Gabriel Le Bras in an article called “The Canonical Origins of Administrative Law”, published in 1956 in a volume with an evocative title: The Evolution of Public
1 A. Guillemin, Mémorandum des libertés et des servitudes de l’Église gallicane, Paris 1848, p. 35.
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Law.2 The Church is described as an institution that receives, digests and transmits to temporal kingdoms by means of a scholarly doctrine, or “the administrative system of Roman antiquity”.3 What it transmits is considered from a technical and practical angle: “Whatever the criteria assigned to administrative law, our contemporaries will find in canon law preoccupations analogous to those that haunt them”.4 Even if these theses cannot be reduced to this, Pierre Legendre5 falls within this type of reading and radicalizes it considerably when he writes in 1974: “all institutional systems advance their own theology, even if it is secularist and radically non-religious”.6 Concerning the French example, he mentions legalists from the nineteenth century who, as he claims, “conquered the logic of the Pontiff endowed with the same attributes as the theocratic State of the Medievals”.7 He also describes the French Republic as “an old monarchy, pontifically governed”.8 While Legendre is critical of the government installed by the papacy, he is equally critical of a State that forgets – voluntarily or not – its ecclesiastical roots in order to instrument these roots more strongly. This interpretative current, which is based on a homogenous displacement from canon law to civil law, maintains the benefits gained in terms of territorial autonomy and the subjection to norms that are heterogenous to the sovereignty of the kingdom but, without a doubt, it diminishes the weight of confession. Its evolution is not unequivocal and other forces are at work during the same period and in the same areas. Alongside an interpretation that empties Gallicanism of its theological tenor, the paradigms of confession make it possible to propose a less teleological lineage.9 Since we cannot, strictly speaking, evoke “public law” in France in the sixteenth and seventeenth centuries10, as a lexical search will reveal, the “public” that I propose
2 G. Le Bras, Les origines canoniques du droit administratif, in: L’évolution du droit public. Études en l’honneur d’Achille Mestre, Paris 1956, p. 393 – 412. For a more recent title that echoes this, see D. Chagnollaud (ed.), Les origines canoniques du droit constitutionnel, Paris 2009. 3 Le Bras, Les origines canoniques (FN 2), p. 409. 4 Le Bras, Les origines canoniques (FN 2), p. 412. Same idea: J. Krynen, L’Empire du roi. Idées et croyances politiques en France XIIIe-XVe siècle, Paris 1993, p. 389: “the vocabulary of Medieval canon law even prefigures the expressions of modern administrative law”. 5 Furthermore already cited by Gabriel le Bras as a young doctoral candidate in canon law: Le Bras, Les origines canoniques (FN 2), p. 409, n. 4. 6 P. Legendre, L’Amour du censeur: essai sur l’ordre dogmatique, Paris 1974, p. 28. 7 Legendre, L’Amour du censeur (FN 6), p. 222. 8 Legendre, L’Amour du censeur (FN 6), p. 7. Same notations p. 17, 28, 76. 9 I repeat: Pierre Legendre cannot be entirely reduced to this interpretive trend because at the same time he develops an attentiveness to the law and to the subjective and psychoanalytical dimensions attached to the law. 10 See in particular André Dupin’s Bibliothèque juridique, in which titles relative to this one appear in the 18th Century: A. Dupin, Profession d’Avocat, Bibliothèque choisie des livres de droit par M. Camus ; cinquième édition revue et augmentée par M. Dupin, aîné, ancien bâtonnier de l’ordre des avocats, t. 2, Paris 1832, p. 189 sq. See also J.-L. Thireau, Le droit
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to examine is that of the confession. This public is the same as that to which the law of the kingdom is addressed. This law may be identified with sovereignty11, within which the confession is significant on at least two levels: the staging of the role of justice and of its norms within the monarchy, and the presentation of jurisprudence through its publication. These two levels constitute two modes of publicizing the two extremities of the fabrication of the law: on the one hand, the base that legitimizes it, and on the other its perpetuation in the form of collections. I. The origins of jurisprudence Before speaking about jurisprudence, it is necessary – from the point of view of confessional paradigms – to recall its principle. A particular event helps illuminate this principle: the consecration of the king. Why begin with the king? Because, as is pointed out by Charles Chappuzeau, a lawyer in the Parliament of Paris and in the Private Council, jurisdiction is exercised by the “permission and concession” that the king gives to magistrates.12 The law and confession share a horizon of expectations and of reception, which takes on meaning for a public. If the first qualifies that which is just, confession provides the transcendent norms that underlie it. The king’s consecration is an essential part of the staging of these norms. While it does not, strictly speaking, belong to the field of civil law, it plays a symbolic role in its legitimization. According to Claude Fauchet, in this ceremony the king “promises to do the duty that God has ordained for him, namely to keep justice and to follow the laws of the kingdom. […] At the very instant in which a king takes the crown and scepter, he takes on an obligation to give justice to his people”. Through this function of justice, he is the “living image of God”.13 Other than through unction, could the confessional nature of jurisprudence and of royalty be expressed any more strongly? All jurisprudence, which is the science of what is just and unjust14, finds its source in a theological rationality in which the king finds criteria for discernment and judgment, and finds the essence of his function as well. The common good, that of the respublica (which includes the domain, the kingdom and the people) is concentrated in the communion that this consecration symbolizes. The consecration stages the confessional value of the reign as well as the theological base that determines the notion of what is just, which presides over jurisprudence. It is during this ceremony that the referential value of confession for the law is reaffirmed, and along with it, the public dans la doctrine française du XVIe et du début du XVIIe siècle, in: Revue d’histoire des Facultés de droit et de la science juridique, t. 25 – 26, 2005 – 2006, p. 73 – 93. 11 According to Charles Loyseau, “sovereignty is the form that the being gives to the State; the State and sovereignty considered in concreto are even synonymous”. Ch. Loyseau, Les œuvres de Maistre Charles Loyseau, advocat en Parlement, Paris 1678, p. 8. 12 Ch. Chappuzeau, Traicté des diverses iurisdictions de France, Paris 1620, p. 2. 13 Cl. Fauchet, Origines des dignitez et magistrats de France, Paris 1600, f. 11v. 14 On this formula, see G. Boisset, Le Tableau de la Iurisprudence… composé par Gaspard Boisset natif de S. Marcelin, Advocat au Parlement de Grenoble, Valence 1665, p. 9.
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legitimacy of the royal word, the public word from which jurisprudence emanates, directly or indirectly. Staking claim to a superior norm, royal jurisdiction appears all the more legitimate because it does not produce this norm. The consecration formulates a hypostatized necessity of the reign in which the king appears to be only one element of a far greater apparatus. More generally, the crown is represented as being supported by two columns, Piety and Justice, seen as the two foundations or two cornerstones of the monarchy.15 Pierre de Miraulmont, a counselor to the king and lieutenant general of the provost marshal of France, expresses this in a relatively classical manner: “He among our kings who takes for his motto these two strong and powerful columns of the State, Pietate and Iustitia, has prudently recognized that kingdoms, empires and monarchies cannot exist or subsist without Religion and Justice: there is thus nothing else that maintains people in obedience and union but religion”.16 To this prestige and to the origin of the institution corresponds the effectiveness of the law, by means of confession. While these different aspects concern the confessional base of the whole structure of the law and the nature of the function of the king, they also imply an Old-Testament core, which is related to the images evoked by the king’s consecration. The lawyer Antoine Loisel, a friend of Pierre Pithou and, like him, a student of Cujas, shows this in his opusculum on royal justice: “there is no one but the king or another sovereign prince who has the true power of commanding, and the propriety of Justice. […] When God asked to King Solomon what he wanted, Solomon asked him for cor intelligens, ut populum iudicare posset. Thus, the first leaders of this people were named Judges by God himself, and in several passages of Holy Scripture, the word ‘to judge’ signifies to reign and command absolutely”.17
The interlocution between the sovereign and God is the foundation of the primary qualities of the reign in its theoretical and practical dimensions: recognizing what is just and obtaining obedience to the decisions that result from justice. Panegyrics composed for the coronation are full of Biblical images and their resonances on the justice of royalty.18 The king of France is described as the “eldest son of the Church”, and Loisel furthermore presents the coronation as a baptism, the ultimate
15
N. Senné, Panégyrique du Roy tres-chrestien Louys le Juste, Paris 1626, p. 11. P. de Miraulmont, De l’origine et establissement du Parlement et autres Jurisdictions royalles…, Paris 1612, p. 111. This work is dedicated to chancellor of France Nicolas Brulart. The king in question is Charles IX. 17 A. Loisel, De la justice, et qu’elle appartient au Roy, in: Divers opuscules tirez des memoires de M. Antoine Loisel…, Paris 1652, second part, p. 70. 18 I dealt with this aspect in: F. Gabriel, Roi mineur et naissance de la majesté dans les discours auliques: une raison d’État encomiastique, in: Revue de synthèse, t. 130, n8 2, 2009, p. 233 – 265. 16
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rite requiring confession.19 Over time, this rhetoric grows into the portrait of a holy monarchy.20 The consecration ceremony is not only a formal event but also implies doctrinal contents that are not limited to future jurisprudence: the weight of the confessional also corresponds to the conservation of an institution in its authentic state. Thus Pithou, who is the author of the most famous of Gallican texts (1594), recalls an argument that is often present in treatises of this type21 : kings “solemnly swear at the moment of their consecration and coronation to hold inviolable, and to cause to be held” inviolable, the freedoms of the Gallican Church.22 Pierre de Marca traces the protection of the Church that is mentioned during the consecration back to the Scriptures and Theodosius.23 The freedoms of the Gallican church are not an emancipation from a given state of subjection but rather a common right that goes back to Antiquity24, and in his commentary on Pithou, Pierre Dupuy elevates these freedoms to the rank of an “article of faith”.25 The confessional base is thus not limited to an Old-Testament foundation, idealized by the long lineage of the Christian kings. It also requires that the sovereign maintain an essential quality of the Church of his territory, which is traced back to the eighth canon of the council of Ephesus, which already presents freedom as the observation of the ancient canons.26 While libertas Ecclesiae was a banner used by Pope Gregory VII during the Investiture Controversy,27 here it is understood in the opposite sense and reinterpreted as a gage of autonomy in relation to a papacy that follows the logic of imperium too closely. Against the jurisprudence of papal de19 [A. Loisel], Eusebie, ou de la Religion. Remonstrance faite en la ville de Sainte à l’ouverture de la Cour de Justice envoyée par le Roy en ses pays et Duché de Guienne, Paris 1585, f. 5r. 20 I will, if I may, refer to F. Gabriel, Monarchia utriusque potestatis: panégyriques et sainteté de la monarchie moderne, in: S.-M. Morgain (ed.), Pouvoir et sainteté: modèles et figures, Paris 2008, p. 143 – 168; and very recently, on a different but essential subject, Benoist Pierre’s far-reaching study: La monarchie ecclésiale: le clergé de cour en France à l’époque moderne, Seyssel 2013. 21 For example, see [B. du Mesnil], Instruction envoyée au Pape pour le Roy concernant les Privilèges de l’Église gallicane, in: Traictez des droicts et Libertez de l’Eglise Gallicane, Paris 1609, p. 141. 22 P. Pithou, Les Libertez de l’Église gallicane, in: Traictez des droicts et Libertez de l’Eglise Gallicane, Paris 1609, p. 267. 23 P. de Marca, De Concordia Sacerdotii et Imperii, Parisiis 1641, lib. 2, cap. X, § 4, p. 230 – 231. 24 Among numerous texts, see J. Leschassier, De la liberté ancienne et canonique de l’Église gallicane, in: [P. Dupuy (ed.)], Traitez des droits et libertez de l’Église gallicane, [Rouen] 1651. 25 [P. Dupuy], Commentaire sur le traité des Libertez de l’Eglise gallicane de Maistre Pierre Pithou…, Paris 1652, p. 9. 26 [Dupuy], Commentaire (FN 25), p. 14 ; and Paris, BnF, ms. Dupuy 749, f. 63. 27 B. Szabò-Bechstein, Libertas Ecclesiae: Ein Schlüsselbegriff des Investitursteits und seine Vorgeschichte, 4.–11. Jh., Rome 1985.
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cretals, the right that is integrated into the royal function of conservation is that of the first ecumenical councils formed by the Christian emperors. Through his temporal authority, the king must guarantee respect for the ancient rights of the Church, which is a constitutive part of the kingdom (and of its identity), and as such fits partially within the perimeter of his sovereignty. In the king’s consecration, the devolution of the exercise of justice subjected to Christian norms is doubled with the conservation of the constitution of the Church of the first centuries. Confessional paradigms here determine two temporalities of the law and two types of authority, on the one hand trials and promulgation, and the other hand its constitution and conservation. Against this measuring rod we can begin to understand the two Gallican principles that Pithou holds to be essential and that arise from the connection between the legal domain and the confessional one: the first indicates that “popes cannot command or order anything, either in general or in particular, about temporal matters in countries and territories giving obedience to the sovereignty of the most Christian king”. The second principle indicates that “the Pope may nonetheless be recognized as sovereign in spiritual matters: however in France absolute and infinite power does not occur, but is held back and limited by the canons and rules of the ancient councils of the Church received in this kingdom”.28 Before postulating the existence of a transference from one autonomous body (confession) to another (the State, its law), it is important to mention the integrative logic, or logic of co-presence, which is at work in the institutions of the Ancien Régime. Referring tirelessly to the De schismate donatistarum (3, 3, 5) by Optatus of Mileva, Gallican authors and other “Political men” repeat the phrase: “Ecclesia in Republica”. The two modes of relationship to the confessional base of the king’s legal action and conservation that I have just pointed out can very easily be understood as expressions of Optat’s phrase. This ancient definition, which hails from the African borders of Christianity, must be combined with a parallel model for describing institutional bodies, evoked by Claude Fauchet, according to which the term Church includes all Christians who are subjects of the king as well as ecclesiastics.29 In the same way, in his commentary on Pithou’s Liberties of the Gallican Church, Pierre Dupuy does not forget to recall the social weight of confession: “One should not imagine that French ecclesiastics alone compose the body of the Gallican church. All of France, which is to say all French Catholics together compose the body of this Church, whose bishops are the principal ministers”.30 Thus he describes the public of confession, within which civil lawyers formulate the judicial place of the Church of their kingdom by referring to the laws of the universal Church. Far from wishing to express a 28
Pithou, Les Libertez de l’Église gallicane (FN 22), p. 251. Fauchet, Origines des dignitez (FN 13), f. 10r. 30 [Dupuy], Commentaire (FN 25), p. 4. 29
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sort of particularism, they claim to be defending a law with apostolic origins, which also happens to be the source of the norms that preside over justice.31 This claim for an identity that reaches back to the origins, and for its universality, is even stronger regarding the dogmatic formula to which confession initially refers. If we look at the other end of the chain of the fabrication of laws, the publication of collections of jurisprudence, we will see the dominance of this claim and of the paradigms to which it refers. II. Publishing jurisprudence Now that we have discussed the principles presiding over jurisprudence, let us examine the other end of the chain: the publication of jurisprudence as a collection. We find in it, of course, the models that I have just mentioned. Thus, in his epistle to the king that introduces the Code of King Henry III established by the famous president of Parliament, Barnabé Brisson, in 1587 and republished in an entirely new edition in 1601, Charondas (1534 – 1613) proclaimed the following: “his royal Majesty, the image of divinity, must always be accompanied by Justice, in order not to ordain anything that is not just”.32 More significant still, as the general title of the volume indicates, as a supplement to that of Brisson: “Now augmented with the edicts of King Henry the fourth who now reigns, along with the Conference of Rulings, and related to the ancient Codes of Theodosius and of Justinian, and to Basilicas”. Starting with the first title of the first book, emphasis is placed on references to prestigious compilations: “On Faith and the Catholic Religion”.33 This is the equivalent of the profession of faith that heads the entire Code of Justinian, and Charondas’s paratext, which introduces this title, affirms the following: “All perfect legislation must begin with piety and religion, which is the foundation and basis of the political State, the guardianship and firm support of the kingdom”. It is God who is at the origin of the equity and equality between men, and who inspires the constitutions written by Christian kings, who are thus the “protectors and defenders of the Catholic Church”.34 This first title is constituted by a ruling made by King Francis I, dated July 1543, regarding his kingdom’s conservation of the “unity, integrity, and sincerity of the Catholic faith as its principal foundation”. Charondas’s annotation in the 1609 31 J. Leschassier, De la liberté ancienne et canonique, p. 440; and, on the council of Ephesus: p. 440 – 443, and more precisely p. 442 on the universality of the eighth canon. 32 B. Brisson, Le Code du Roy Henry III Roy de France et de Pologne, rédigé en ordre par messire Barnabé Brisson, Conseiller du Roy en son Conseil d’Estat, & President en sa Cour de Parlement de Paris, depuis augmenté des Edicts du Roy Henry IIII à présent régnant, avec la Conférence des Ordonnances, & rapporté aux anciens Codes de Théodose et de Justinien, et aux Basiliques… et très notables observations et annotations par L. Charondas Le Caron, jurisconsulte parisien, Paris 1601, [f. 2v]. A very similar edition was published in 1609 by Claude Morel. For biographical information on Brisson, see É. Barnavi / R. Descimon, La Sainte Ligue, le juge et la potence: l’assassinat du président Brisson (15 novembre 1591), Paris 1985. 33 Brisson, Le Code du Roy Henry III (FN 32), f. 1r. 34 Brisson, Le Code du Roy Henry III (FN 32), f. 1r.
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edition specifies that “Emperor Justinian’s confession of faith is more ample”.35 The first words of this jurisprudential collection are thus clearly identified, like those of the ancient Code, as a “confession of faith”. The shortcut used by Jacques Corbin, master of requests and parliamentary lawyer, in his jurisprudence collection entitled Code of Louis the Thirteenth, is all the more significant: its first title “On the Catholic, Apostolic and Roman Faith” is constituted by the “summary of the oath of the king at his consecration”, which begins with the invocation of the name of Jesus Christ.36 In his commentary on the oath, Corbin explains that the King swears an oath “to maintain the Church of God, which is the blood-price of the blood of Jesus Christ, to cause the Christian people to live in peace, and, as much as possible, to drive out heretics denounced by the Church. The statutes of the city of Rome therefore begin with the Confession of Faith, and by the consecration of their city by the blood of Saint Peter and Saint Paul […]. Emperor Justinian thus begins his Code with the title De summa Trinitate et Fide Catholica, et ut nemo de ea publicè contendere audeat”.37
Corbin links this injunction to the action of King Francis I and with the text that I have already mentioned. Meanwhile, in 1607 another collection was published, which would also be reedited by a number of civil-law specialists: The Conference of Royal Rulings, Distributed over Twelve Books in Imitation of Emperor Justinian’s Code… by Pierre Guenoys. It was first printed in Paris in 156038 and in its later rewritings it has elements in common with Brisson’s Code. It is here augmented and glossed by Nicolas Frérot and Gabriel-Michel de La Rochemaillet, two lawyers in the Parliament of Paris.39 The original title of the first book alludes to the text by Francis I 35
L. Charondas, Le Code du Roy Henry III… troisiesme edition reveuë et augmentée de plusieurs Edicts et Ordonnances…, Paris 1609, f. 1r. 36 J. Corbin, Le Code Louis XIII Roy de France et de Navarre contenant ses ordonnances et arrests de ses Cours souveraines pour les droicts de sa Couronne, Police entre ses sujets ; Reiglement de Iustice ; Forme & abbreviation des procez… par Jacques Corbin, conseiller et maistre des Requestes de la Royne, Advocat au Parlement, Paris 1628, p. 20. 37 J. Corbin, Le Code Louis XIII (FN 36), p. 30. 38 Paris, Library of the ‘Centre de recherche d’histoire moderne, de l’université Paris ISorbonne’, RE e 2 1 – 3 (3 volumes published by Thomas Jolly with the title La grande conférence des ordonnances et edicts royaux jusqu’à l’année 1559). Jacques Krynen, in his article, mistakenly gives 1593 as the date of the first edition: J. Krynen, Guénois (Guénoys) Pierre, in: Dictionnaire historique des juristes français, Paris 2007, p. 387. 39 Pierre Guénois (1520-v. 1600?) is presented as the “counselor and particular lieutenant at the Seat and Jurisdiction of Issoudun in Berry”. Nicolas Frérot published a version of Brisson’s Code with the evocative title: Les Basiliques ou Edicts et ordonnances des Roys de France selon la dernier coppie et memoires de feu Messire Barnabé Brisson Conseiller du Roy, en ses Conseils d’Estat & Privé, President en sa Cour de Parlement à Paris: avec la Conference aux Codes Gregorian, Hermogenian, des Empereurs Theodose & Iustinian, & des Loix des Wisigoths, rapportez selon le subject aux anciennes Basiliques, Droict Civil, Saincts Decrets, Canons & Conciles, Pragmatique Sanction, Concordats, & Arrests des Cours souveraines de France, par Nicolas Frerot advocat en Parlement, Paris 1611. But the outline follows that of the first editions of Brisson’s Code and does not begin by a De fide. The Basiliques, an immense
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that I mentioned and reads as follows: “On the Catholic Faith and Christian Religion”. A gloss develops this further: “The title that the Emperor Theodosius gave to the last book of his Code, namely de fide Catholica, etc. Emperor Justinian also gave to the first book of his own Code. The Author of this Conference has followed the order of the Code of Justinian because, in order to establish laws well and to make their Constitutions holy, sacred and inviolable, one must ground them in piety and religion, which consists in the belief of the universal Church”.40 Far from being an imitation in pure form, taking Justinian’s confession into account in order to publish a compilation of jurisprudence bears on the heart of the matter of the pronouncement of laws, their validity, their recognition and their force. A confession of faith is not a heterogenous element to the law but rather its primary and fundamental driving force. Before I come to the noun “confession”, I will once again ask a question regarding the act itself: what does “confess” mean? With this act of speech, one confesses his belonging to a group by means of a text.41 The speaker pronounces a canonical text that brings him into a community through the recognition of the foundational truth of that which he publicly pronounces, which is as much a Credimus as a Credo. One remark must first be made: the symbol pronounced by the Gallicans is exactly the same as that of the Roman Church. It is not here that their particularity manifests itself, but rather in the law, which is situated within the faithful lineage of the Christianized Roman ratio scripta. In the communal confession, it is the law that poses a problem to the papacy and, unlike what positivist administrative law may lead one to believe, confession is thus neither foreign to law nor a sign of heteronomy to be driven out. Confession is, on the contrary, the condition of a public that is subject to the law. It predetermines the sphere of reception and its norms. This foundational and significant tradition is valorized in France: the Romanness of Justinian, which is non-pontifical and which insists on imperial sovereignty, not subjected to the ecclesiastical hierarchy. Once again, the public of confession is present, and in a double manner: its first promulgation by Justinian (which is the ultimate source of the authority of Roman law) and its repetition in legal deeds recorded as such, and finally in this publication as a collection. The confession shares the same public as jurisprudence, and jurisprudence is published with the authority of the confession. Far from aiming for an autonomy that would be destined to grow into secularism, summa of laws in the tradition of the Justinian compilation, were the work of Emperor Basil I the Macedonian in 877. The scholar Jean Loewenklau (or Leunclavius, 1533 – 1593) edited this work based on the manuscript belonging to the physician Sambucus. 40 P. Guénois, La Conférence des ordonnances royaux, distribuée en XII livres, à l’imitation du Code de l’Empereur Justinien… de Pierre Guenoys, Paris 1607, p. 1. 41 See Philippe Büttgen’s essential clarifications: Ph. Büttgen / Ch. Duhamelle (dir.), Religion et confession: un bilan franco-allemand sur l’époque moderne, Paris 2010. Ph. Büttgen, Portrait d’autrui en groupe. Premières recherches sur la sémantique de confessio dans le SaintEmpire romain germanique (XVIe-XVIIIe siècles), in: Ch. Bernat / H. Bost, Énoncer/Dénoncer l’autre: discours et représentations du différend confessionnel à l’époque moderne, Turnhout 2012, p. 173 – 184.
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these lawyers defended faithfulness to the early centuries of the Church and to the ancient laws of the Christianized Roman Empire. In the edition of Guénois’s Conference of Rulings from 1627, the Gallican aspect is reinforced. Among the new commentators who may be added to the preceding ones, we may count Charondas and Laurent Bouchel (1559 – 1629), author of a monumental anthology of Gallican proofs published in 1609.42 Commenting on the King Francis I ruling, which is referred to in the first title, and more precisely to the passage regarding the king’s responsibility as “protector, guardian, conservator and executor” of “our holy mother Church”, Bouchel emphasizes that the king is “emperor of his kingdom, having received his crown directly from God, and not recognizing any other superior to himself in the temporal world, [the king is] patron and principal founder of the Churches of France”.43 In the new 1636 edition, the first title is augmented and begins with Charlemagne instead of Francis I, with a first paragraph entitled “De fide Catholica, et primo praecepto legis” concerning the Decalogue given to Israel and the commandment regarding divine unicity.44 The king becomes the guarantor of this pastoral and episcopal teaching45 as well as of the imperative obedience that it requires, both confessional and civil.46 The confession of faith takes on all the more magnitude when its formulary aspect is present not only in texts cited with the name of Charlemagne, but also explicitly in the titles that follow this, in which the term “symbolum” appears several times, after a reference to the “faith of Nicea”, especially as the commentary on these titles quotes at length from the Ex42
L. Bouchel, Decretorum Ecclesiae Gallicanae ex Conciliis eiusdem oecumenicis, statutis Synodalibus, Patriarchicis, Provincialibus, ac Dioecesanis, Regiis constitutionibus, Senatusconsultis, Episcoporum Galliae scriptis, aliisque cum veterum, tum recentiorum pietatis eximiae virorum monimentis collectorum Libri VIII, Parisiis 1609. 43 P. Guénois, La nouvelle et dernière Conférence des ordonnances et edicts royaux, distribuée en XII livres, à l’imitation et selon l’ordre et disposition du Code de l’Empereur Justinien de Pierre Guenoys… amplifiée par M. L. Charondas, N. Frérot, Gabriel Michel, Math. de la Faye, et L. Bouchel advocats en Parlement…, t. 1, Paris 1627, p. 1. When, in the Discours des raisons et moyens pour lesquels Messieurs du Clergé assemblez en la ville de Chartres ont declaré les Bulles Monitoriales decernées par le Pape Grégoire XIV (1591, published in the Traictez des droicts et libertez de l’Église gallicane, Paris, 1609, p. 229 – 231), it is specified that kings have the stewardship of the “outside policy” of the Church, this refers to the first fifteen titles of the the book of Justinian’s Code. 44 P. Guénois, La grande Conference des ordonnances et edicts royaux… de nouveau redigée en deux tomes et augmentée… par Me Jacques Joly, Advocat en Parlement, t. 1, Paris 1636, p. 1. 45 Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 2, gloss. 46 B. Automne, La Conference du droict françois avec le droict romain, en laquelle les tiltres, loix et paragraphes des Pandectes, & du Code du Droict civil sont confirmez, interpretez ou abrogez par Ordonn. Royaux, Arrests des Cours Souveraines, & auctoritez des plus grands Practiciens de France, seconde edition, revue, corrigée… par M. Bernard Automne, Jurisconsulte & Advocat au Parlement de Bourdeaux, Paris 1615, p. 488: “Ad titulum I. De Summa Trinitate, & fide Catholica, & ut nemo de ea public contendere audeat. Lib. I Codicis. Ad. l. I cunctos populos. Paul Aemile writes that Dagobert, King of France, made a law by which he declared that all those who did not profess the Christian religion were enemies.”
The Public of Confession among Gallican Civil Lawyers
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positio in Symbolum of Rufinus of Aquileia.47 King Francis I’s ruling only appears in the eighth title and is followed by a confession of faith in proper form, and is related to a ruling that Henry III made in Paris in December 1585.48 Gallican additions are not outdone, in particular in the eleventh title of this same book, on the pragmatical sanctions and freedoms of the Gallican church. This part begins with the following sentence by Louis XII (in 1498) : “the first and main part of justice is religion”.49 Apart from the Remonstrances addressed to Louis XI in 1461 which open the Gallican collection from 1609,50 and which present the Catholic faith as constitutive of the kingdom since the time of Clovis, Pithou’s famous work is included in its entirety.51 In the eighteenth century, the canon lawyer Durand de Maillane, who knew this tradition intimately, affirmed the following: “In France, everything that closely or distantly concerns religion is part of the French public law; the King’s people intervene and conclude, in all ecclesiastical or beneficial cases”.52 But, as we have seen, in the monarchy of the “Ancien Régime”, paradigms of confession are far from being limited to intervention in ecclesiastical material and rather constitute the foundation of the judicial edifice and of the way in which it is publicized. Sovereignty, dogmatic norms, the promulgation of laws and social links are all one in the professions of faith that emanate from the mouth of the king as well as that of every Christian, and which provide the opening for these jurisprudence compilations. From the law hypostatized into its simplest practical expression, confession is present and defines much more than a simple community of beliefs and of words. In France at the end of the Wars of Religion, as the case of Henry of Navarre shows in an exemplary manner, it is impossible to distinguish between confession on the one hand and the tacit requirements of the laws of the kingdom on the other.53 This comes down to conferring a confession upon an institution. According to this measuring rod, the 47
Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 2 – 3. The Expositio was written around 404. Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 5. 49 Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 117. 50 Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 121. See also Traictez des droicts et Libertez de l’Eglise Gallicane, Paris 1609, p. 1 – 22. 51 Guénois, La grande Conference (FN 44), p. 128 sq. 52 P.-T. Durand de Maillane, Dictionnaire de droit canonique, et de pratique bénéficiale, t. 2, Lyon 1770, article “Droit canon”, p. 253. 53 G. Leyte, Lois fondamentales du royaume, in: Dictionnaire de la culture juridique, Paris 1993, p. 970 – 977, p. 975: “The qualification of a fundamental law will thus be expressly given to the Catholicity of the king. In the edict of the union of July 1588, Henry III renewed the oath he had made during his consecration to live and die in the Catholic religion, and asked all his subjects to join together in this same oath. A royal declaration from October 18 1588, confirming this edict, considers that it ‘by the advice and consent of the the States’ ‘is and shall always remain the fundamental and irrevocable law of this kingdom’. These acts were politically clumsy, in the sense that this proclamation could appear as a circumstantial law against Protestants. In particular, they appear to be judicially useless because, since Clovis’ baptism, the kings of France had been Catholic, and, since the mid-8th C, consecrated.” 48
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public of confession and that of the law are in harmony with sovereignty, which draws its history out of a theology of power. This history ranges from Hebrew models up to the seventeenth century, and includes the confessions of the first ecumenical councils of Justinian and of Clovis. This long period, synthesized and reclaimed by each reign, counts in the legitimation of the public space of confession, which marks the identity of the community that recognizes itself in it. But the kingdom, the sovereign and civil law all have their confession, the effects of which are opposed to pontifical law. In the sixteenth and seventeenth centuries, Old-Testament and Eastern models belonged more firmly to the French kingdom, which wished to make itself into the protector of all the Christians in Holy Lands, than to a papacy that had lost its original purity and claimed to inherit part of its geopolitical power from Imperial Rome. Libertas Ecclesiae – but used as a political instrument – was as much the Credo of the kings of France as their law. Translated by Sarah Novak
Politischer Hebraismus: Möglichkeiten und Grenzen eines Forschungskonzeptes am Beispiel des schottischen Theologen und Hebraisten John Weemes (ca. 1579 – 1636) Von Markus M. Totzeck In den letzten Jahren haben Forschungen zum sogenannten „politischen Hebraismus“ in den Geschichtswissenschaften an Konjunktur gewonnen. Dies kann man sich unter anderem daran verdeutlichen, dass unter dem englischen Titel Political Hebraism im Jahr 2005 eine wissenschaftliche Zeitschrift ins Leben gerufen wurde, in der Beiträge zur Erforschung des gleichnamigen Phänomens in unterschiedlichen Kontexten seit der Antike erscheinen.1 Zugleich ist auf die politische Dimension des Hebraismus in Forschungsarbeiten bereits als Erklärungsmodell für wichtige Entwicklungen des politischen Denkens seit der Frühen Neuzeit zurückgegriffen worden. Allerdings hat sich dabei kein einheitliches Bild, gerade in Anbetracht möglicher modernisierender Potentiale und Tendenzen des politischen Hebraismus, ergeben. Ziel dieses Beitrags ist es, zunächst eine in diesen Debatten weitgehend unbeachtete Gestalt, den schottischen Theologen und Hebraisten John Weemes (ca. 1579 – 1636), zu erhellen. Noch am Ende des 19. Jahrhunderts wurde Weemes zu den klügsten schottischen Theologen seiner Zeit gerechnet und in jüngerer Zeit ist er auf Grund seiner Pionierleistungen für den christlichen Hebraismus auf den britischen Inseln gewürdigt worden.2 Seine theologischen Schriften zeigen ein deutliches Interesse an hebräisch-jüdischen Quellen, die Weemes in seinen politischen und rechtlichen Erörterungen ausführlich nutzte. Bei der Untersuchung seiner Werke soll deswegen genauer danach gefragt werden, auf welche Weise es sinnvoll sein kann, in diesem konkreten Fall und schließlich in allgemeiner Form von einem po1 Auf der Internetseite http://www.hpstudies.org/20/aboutus.asp (Stand: 6. 11. 2014) sind programmatische Grundsätze, die zur Einrichtung der Zeitschrift geführt haben, zusammengefasst. Hier wird die „Hebraic political tradition“ im Gegenüber zur griechischen und römischen Tradition im politischen Denken herausgestellt. 2 Vgl. Edward Irving Carlyle, Art.: Wemyss or Weemes, John (1579?–1636), in: Dictionary of National Biography 60 (1899), S. 249 f., hier: 249. Bevor ein wohlbekannter schottischer Hebraist wie John Lightfoot (1602 – 1675) 30 Jahre später die Gelehrtenbühne betrat, sei nach Jai-Sung Shim Weemes derjenige gewesen, der „pioneered the use of Jewish sources for Christian hermeneutical and exegetical manuals in the British Isles“ (ders., Biblical Hermeneutics and Hebraism in the Early Seventeenth Century as Reflected in the Work of John Weemse [1579 – 1636], Diss. phil. Gran Rapids/MI 1998). Zur geschichtlichen Bedeutung Weemes’ im Kontext des christlichen Hebraismus s. weiter unten Abschn. II.
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litischen Hebraismus zu sprechen. Eine These dieses Beitrags ist es, dass in Beantwortung dieser Fragen die in den Debatten oft zu kurz kommenden konfessionellen Einflüsse und transkonfessionellen Aspekte zugleich Berücksichtigung finden sollten. Dadurch ergibt sich in der Analyse des politischen Denkens ein komplexerer Zugang, der aber zugleich die Kritik und Arbeit an Modernisierungsthesen der Frühen Neuzeit erweitern kann. Zwei Beispiele seien zunächst genannt, um zu verdeutlichen, dass der frühneuzeitliche politische Hebraismus bereits mit eben solchen Modernisierungsthesen in Zusammenhang gebracht wurde: Im Jahr 2010 legte Eric Nelson mit The Hebrew Republic. Jewish Sources and the Transformation of European Political Thought eine Monographie vor, die die Auswirkung der Rezeption jüdischer Quellen auf das frühmoderne und moderne politische Denken herausstellte. Nelson geht es damit zugleich um eine Widerlegung eines traditionellen Narratives in der Geschichte des politischen Denkens, dass nämlich das Aufkommen moderner Staaten im Westen als ein Prozess der Säkularisierung, genauer, einer Loslösung vom Zeitalter der „politischen Theologie“ im 17. Jahrhundert, zu gelten habe.3 Das 16. und 17. Jahrhundert werden dagegen von Nelson als eine hebräische Blütezeit („Hebrew Revival“) gedeutet. Im Kontext dieses Aufblühens der hebräischen Sprache und des Zugangs zu rabbinischen Quellen seien Christen mehr und mehr zu einem konstitutiven Bezug auf die hebräische Bibel für das politische Denken gelangt.4 Welche Bedeutung dies für das gesamte europäische politische Denken hatte, wird von Nelson anhand von drei Thesen5 erörtert: Erstens sei es nur vor dem Hintergrund biblischer königskritischer Stellen wie 1. Sam 8 und diesbezüglicher rabbinischer Auslegungen zu erklären, dass die Monarchie mit der Zeit als illegitim abgewiesen und die Republik als einzig legitime Verfassungsform akzeptiert wurde. Zweitens seien die biblischen Sabbat- und Jobeljahrgebote und ihre Auslegungen durch jüdische Gelehrte mitverantwortlich für einen am Wohlfahrtsstaat orientierten Eigentumsbegriff. Und schließlich lasse sich auch nur mit Bezug auf biblische und rabbinische Quellen erklären, wie sich religiöse Toleranz im europäischen politischen Denken etablierte. Dies sei nämlich nicht vor dem Hintergrund säkularisierender Tendenzen, sondern gerade in der Verbindung von Staat und Kirche, wie sie vor allem der sogenannte Erastianismus im einstigen jüdischen Gemeinwesen verwirklicht gesehen habe, zu erklären. Eben die drei Entwicklungslinien zeichnen für Nelson in entscheidender Weise den Weg in die „moderne Welt“ vor.6 Nelsons Thesen haben auf unterschied-
3 Vgl. Eric Nelson, The Hebrew Republic. Jewish Sources and the Transformation of European Political Thought, Cambridge, MA/London 2010, S. 1 f. 5. Er beruft sich hier auf die einflussreichen Werke Carl Schmitts, aber auch Hans Blumenbergs, Leo Strauss’, Crawford B. Macphersons, Michael J. Oakeshotts und John Rawls’ (vgl. a.a.O., S. 141 Anm. 1 f.). 4 Vgl. insgesamt a.a.O., S. 1 – 22. 5 Vgl. zu den folgenden drei Punkten a.a.O., S. 3 f., 23 ff., 57 ff., 88 ff. 6 „Once we are talking about a world in which a republican constitution is seen as a requirement for legitimacy, in which the state uses its coercive power to redistribute wealth,
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liche Weise Kritik erfahren.7 Ohne darauf an dieser Stelle ausführlich einzugehen, kann an einem anderen Forschungsbeitrag Philip Gorskis veranschaulicht werden, dass die politischen Dimensionen des Hebraismus auch in anderen „modernen“ Bahnen gedeutet werden können, nämlich im Zusammenhang mit frühmodernen Nationalismen. Gerade für die auch von Nelson in den Mittelpunkt gestellte politische Geschichte der Niederlande und Englands weist Gorski ab dem Ende des 16. Jahrhunderts und vor allem für das 17. Jahrhundert wirkungsreiche Diskurse nach, die von ihm als „mosaisches Moment“ („Mosaic moment“) oder auch „hebräischer Nationalismus“ („Hebraic nationalism“) bezeichnet werden.8 Dieser hebräische Nationalismus wird von Gorski z. B. anhand von hebräischem Bildmaterial und Motiven auf überlieferten niederländischen Pamphleten und Münzen des 16. und 17. Jahrhunderts, die eine öffentliche Identifikation des „Neuen Israels“ mit der holländischen Republik zeigen, ebenso nachgewiesen wie entlang des vergleichbaren „hebräischen Mythos“, der von englischen Protestanten, insbesondere den Puritanern, in einem nationalisierenden Sinn genutzt worden sei.9 Auch in konfessioneller Hinsicht ergeben sich in Gorskis Arbeit dabei Aspekte, die Nelsons Schlussfolgerungen gegenüberstehen. Während Nelson betont, dass es vor allem Protestanten waren, die die hebräische Bibel in der Frühen Neuzeit zum Maßstab der Politik machten,10 ist Gorski in diesem Punkt zurückhaltender, stellt einen direkten Zusammenhang mit dem Calvinismus in Frage und verweist dabei auch auf mittelalterliche Wurzeln des hebräischpolitischen Diskurses.11 Die zwei kurz vorgestellten Ansätze deuten schon darauf hin, dass die politische Dimension des Hebraismus nicht nur in unterschiedlicher Weise in der politikgeschichtlichen Forschung konzeptionalisiert wird – in Nelsons Fall noch im engeren Sinn an jüdisch-hebräischen Quellen orientiert als in Gorskis Untersuchung –, sondern auch bereits zu divergierenden Schlussfolgerungen geführt hat. Im Folgenden frage ich deswegen zunächst in einem ersten Teil danach, in welcher Weise der sogenannte politische Hebraismus in der Forschung überhaupt aufgegriffen wurde und welche Deutungsmöglichkeiten und Schwierigkeiten mit einer konzeptionellen Orientierung daran in der Forschung verbunden sind. Ich konzentriere mich dabei weiand in which broad toleration is the rule, we are recognizably talking about the modern world“ (a.a.O., S. 5). 7 Vgl. u. a. die ausführliche Besprechung von Eric Gregory, The Jewish Roots of the Modern Republic, in: Harvard Theological Review 105,3 (2012), S. 372 – 380 und zuvor bereits die Rezensionen von David Sorkin in: The Journal of Modern History 83,3 (2011), S. 622 – 624 und Peter N. Miller in: Renaissance Quarterly 64,1 (2011), S. 271 – 273. 8 Philip S. Gorski, The Mosaic Moment: An Early Modernist Critique of Modernist Theories of Nationalism, in: American Journal of Sociology 105,5 (2000), S. 1428 – 1468, hier: 1433, 1435, 1452, 1455. 9 Vgl. a.a.O., S. 1436 – 1442, 1444 – 1450, 1452 – 1455. 10 „For roughly 100 years – from the time of Bertram until the time of Spinoza – European Protestants made the Hebrew Bible the measure of their politics“ (Nelson, Hebrew Republic [FN 3], S. 139). 11 Vgl. Gorski, The Mosaic Moment (FN 8), S. 1455 f.; vgl. dazu auch 1442.
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terhin auf die Frühe Neuzeit und erörtere dann am Beispiel des Theologen und Hebraisten John Weemes, wie die Frage nach dem politischen Hebraismus in seinem Werk zugleich unweigerlich mit konfessionellen und transkonfessionellen Ausgangsstellungen zusammenhängt. Dazu wird das Werk von John Weemes zunächst in einem zweiten Teil in den Kontext des frühneuzeitlichen christlichen Hebraismus eingeordnet und analysiert. Über diese Einordnung hinaus wird dann in einem dritten Teil an den Werken John Weemes’ exemplarisch aufgezeigt, in welcher Weise es überhaupt plausibel ist, von einem politischen Hebraismus in seinem Fall zu sprechen. I. „Politischer Hebraismus“ als Konzept in der neueren historischen Forschung Wesentliche Impulse für eine intensive Auseinandersetzung und eine Erforschung des „politischen Hebraismus“ sind auf eine internationale Konferenz, die unter eben diesem Leitbegriff 2004 in Jerusalem stattfand, zurückzuführen. Im Mittelpunkt dieser Tagung stand die Frage, welche Stellung die hebräische Sprache, alttestamentliche Bilder, rabbinische Quellen und jüdische Themen im politischen Denken der Frühen Neuzeit hatten.12 Seitdem wird der Begriff vornehmlich in der englischsprachigen Forschungsliteratur genutzt. Soweit ich erkennen kann, liegt aber bisher nur ein Aufsatz vor, in dem Kalman Neuman genauer darauf eingeht, was unter dem politischen Hebraismus, insbesondere in der Frühen Neuzeit, zu verstehen sei. Für Neuman umfasst das politisch-hebraistische Schrifttum Texte, die Bezüge auf die hebräische Bibel und nachbiblische jüdische Texte in einem politischen Kontext herstellen, auch dann, wenn diese Bezüge nicht auf Grundlage des eigentlichen hebräischen Textes zustande kommen.13 Diese weite Definition Neumans führt zu einigen Problemen, auf die noch im Weiteren einzugehen ist. Zwei weitere Punkte sind nach Neuman für das Phänomen des politischen Hebraismus außerdem noch entscheidend: zum einen ein systematischer Rückgriff auf die Bibel als Quelle für politische Ideen (im Gegenüber z. B. zum Gebrauch bloßer Bilder oder exempla) und zum anderen, dass es sich beim politischen Hebraismus weniger um eine spezifische politische Position (z. B. ein aristokratisches Staatsmodell) handele als um einen gemeinsamen Diskursmodus.14 12 Vgl. Meirav Jones, Introduction, in: Gordon Schochet / Fania Oz-Salzberger u. a. (Hgg.), Political Hebraism. Judaic Sources in Early Modern Political Thought, Jerusalem 2008, S. viixix, hier: x. Der genannte Aufsatzband gibt insgesamt ein Spektrum der Schwerpunkte wieder, die sich in der Erforschung des politischen Hebraismus der Frühen Neuzeit gebildet haben. 13 Kalman Neuman, Political Hebraism and the Early Modern ,Respublica Hebraeorum‘: On Defining the Field, in: Schochet / Oz-Salzberger u. a. (Hgg.), Political Hebraism (FN 12), S. 57 – 71, hier: 58: „For our purposes ,Hebraic political writing‘ refers to texts that convey readings of the Hebrew Bible (or postbiblical Jewish texts) in a political context, whether or not the author read those texts in the original Hebrew.“ 14 Vgl. a.a.O., S. 58 und dazu: „Political Hebraism is as a whole better seen as a common mode of discourse than as a defense of a specific political position“ (a.a.O., S. 60).
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Versteht man wie Neuman den politischen Hebraismus als einen gemeinsamen Diskursmodus, der im frühneuzeitlichen politischen Denken nachzuweisen ist, so fällt zunächst bei einem Überblick über dessen bisherige Erforschung auf, dass ein vorrangiges Interesse an der Untersuchung einer bestimmten Form dieses Diskursmodus bestand, nämlich an der sogenannten respublica Hebraica-Literatur (Traktaten mit den mehr oder weniger variierenden Titeln de republica Hebraeorum). Unter verschiedenen Schlagwörtern wie respublica Hebraeorum, l’état des hébreux, respublica judaica oder respublica Mosaica wurden die betreffenden Quellentexte bereits untersucht15 und nicht immer sind dabei die unterschiedlichen Kontexte, in denen sie entstanden, beachtet worden. So stellen diese Texte geschichtliche und im engeren Sinn rechtsgeschichtliche Werke dar, die sich am rechtlich-politischen Modell des historischen jüdischen Gemeinwesens orientierten; sie wichen aber nicht zuletzt auch in ihrer Komposition und ihrem Kontext erheblich voneinander ab. Ein Traktat wie die 1617 erschienenen De republica Hebraeorum libri III. des Petrus Cunaeus (Peter van der Kun, 1586 – 1638), der an die holländischen Stände gerichtet war und allein bis 1700 in 15 Neuauflagen einschließlich Übersetzungen ins Französische, Niederländische und Englische erschien,16 war bereits in seinen Grundanliegen hochpolitisch. Demgegenüber dürfte ein Werk wie das im Kontext der calvinistisch geprägten Genfer Akademie entstandene De politia judaica (1574) des Hebraisten und Theologen Corneilles Bertrams (1531 – 1594) vor allem erst im Nachhinein seine (indirekten) politischen Wirkungen entfaltet haben. Neben dieser respublica-Hebraica-Literatur kommen die einzelnen rechtssystematischen Werke, die als mosaische Rechtslehren bezeichnet werden können, vielfach zu kurz. Sie stellen einen wichtigen Zusammenhang zu der respublica-He15 Frank E. Manuel führte 1992 zunächst Überlegungen aus zur „Anatomy of the Republic of the Hebrews“, die politische Theoretiker von Jean Bodin bis Thomas Hobbes beschäftigt habe (vgl. ders., The Broken Staff. Judaism through Christian Eyes, Cambridge, MA/London 1992, S. 115 – 128). Grundlegend für die Erforschung der respublica Hebraeorum als politisches Modell war im Weiteren der Beitrag von Lea Campos Boralevi, Per una storia della Respublica Hebraeorum comme modello politico, in: Ivo Vittor Comparato / Eluggero Pii (Hgg.), Dalle ,Repubbliche‘ elzeviriane alle ideologie del ’900. Studi di storia delle idee in età moderna e contemporanea, Florenz 1997, S. 17 – 33. Des Weiteren seien genannt: Adam Sutcliffe, Judaism and Enlightenment (Ideas in Context, Bd. 66), Cambridge u. a. 2004 (ND d. Ausg. 2003), S. 42 – 57; Sina Rauschenbach, „De Republica Hebraeorum“. Geschichtsschreibung zwischen „hebraica veritas“ und Utopie, in: Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte 26,1 – 2 (2004), S. 9 – 35; François Laplanche, Christian Erudition in the Sixteenth and Seventeenth Centuries and the Hebrew State, in: Hebraic Political Studies 3,1 (2008), S. 5 – 18; Abraham Melamed, The Revival of Christian Hebraism in Early Modern Europe, in: Jonathan Karp / Adam Sutcliffe (Hgg.), Philosemitism in History, Cambridge/NY u. a. 2011, S. 49 – 66; Sutcliffe, The Philosemitic Moment? Judaism and Republicanism in SeventeenthCentury European Thought, in: Karp / Sutcliffe (Hgg.), a.a.O., S. 67 – 89. 16 Petrus Cunaeus, De republica Hebraeorum libri III. […], Leiden 1617; weitere Aufl.: ebd. 1631; ebd. 1632; Hof 1665; Amsterdam 1666; Saumur 1674; in Sammelwerken oder neuen Editionen: Cambridge 1660; Leipzig 1696; Cambridge 1698; Leiden 1703; ebd. 1732; Venedig 1745; weitere Übers. in englischer (London 1653), niederländischer (Amsterdam 1682; 1683; 1684; 1685; 1700; 1704) und französischer Sprache (1705; 1713).
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braica-Literatur dar, worauf jüngst ein Forschungsbeitrag Richard Ross’ und zuvor schon Lea Campos Boralevis hindeuteten.17 Dies führt nun bereits zu einigen kritischen Herausforderungen, die sich bei der Erforschung des politischen Hebraismus ergeben können: Ein Problem ergibt sich für mich überhaupt mit der irreführenden Bezeichnung Hebraismus. Denn formal gesehen setzt der Hebraismus ja einen Bezug zum Hebräischen voraus und damit zu Texten in (zumindest anteilig) hebräischer Sprache bzw. in hebräischen Buchstaben. In der umfangreichsten Studie zum christlichen Hebraismus der letzten Jahre hat Stephen Burnett die maßgeblichen Bibliothekskataloge, Literaturlisten und Bibliographien ausgewertet und 1455 Werke christlicher Autoren erfasst, die zwischen 1561 – 1660 hebräische Buchstaben enthielten.18 Den allergrößten Teil dieses christlich-hebraistischen Schrifttums stellen mit 48,5 % die eigentlichen Sprachhilfen (Grammatiken, Wörterbücher, Konkordanzen) zusammen mit Bibeln und Bibelkommentaren (31,7 %) dar. Nur ein geringer Teil bezieht sich auf Geschichtswerke (3 %) oder Gesetzesauslegungen (1,4 %).19 Natürlich muss hierbei beachtet werden, dass auch z. B. Grammatiken und Bibelkommentare politisch Relevantes formulieren konnten, ihrerseits eigene politische Kontexte aufweisen oder gar politisch motiviert sein konnten. Zu bedenken ist dennoch, dass sich die Zahlen doch noch einmal erheblich verändern, wenn auch die Werke mitbeachtet würden, die nicht von Hebraisten verfasst wurden und keinen hebräischen Schriftsatz enthielten, aber trotzdem „Jüdisches“ (z. B. auf Grundlage der Hebräischen Bibel bzw. des Alten Testaments) zum politischen Thema machten. Neuman versucht dies ja in ihrer Definition mit einzubeziehen, aber die Bezeichnung Hebraismus bleibt dann trotzdem irreführend. Es kann und sollte ohnehin überlegt werden, ob es nicht treffender wäre, auf die Bezeichnung politischer Hebraismus zu verzichten und stattdessen die politische Idealisierung des jüdischen Gemeinwesens und seiner Geschichte (politia judaica) in den Mittelpunkt zu stellen, um die es ja in den Texten, die zur Debatte stehen, geht. Im weiten Verständnis kann dabei an eine Denkfigur oder ein Konzept des „Jüdischen“ in der politischen Sprache, wie es David Nirenberg nennt,20 gedacht werden, das in den betreffenden frühneuzeitlichen Werken im Mittelpunkt steht. Zu17
Vgl. Richard J. Ross, Distinguishing Eternal from Transient Law: Natural Law and the Judicial Laws of Moses, in: Past and Present 217 (2012), S. 79 – 115; Lea Campos Boralevi, Politia Judaica, in: Corrado Malandrino / Dieter Wyduckel (Hgg.), Politisch-rechtliches Lexikon der Politica des Johannes Althusius. Die Kunst der heilig-unverbrüchlichen, gerechten, angemessenen und glücklichen symbiotischen Gemeinschaft, Berlin 2010 (urspr.: Il lessico della Politica di Johannes Althusius. L’arte della simbiosi santa, giusta, vantaggiosa e felice, Florenz 2005), S. 281 – 291. 18 Vgl. Stephen G. Burnett, Christian Hebraism in the Reformation Era (1500 – 1660). Authors, Books, and the Transmission of Jewish Learning (Library of the Written Word, Bd. 19 = The Handpress World, Bd. 13), Leiden u. a. 2012, S. 108 – 137. 19 Vgl. a.a.O., S. 109 mit Tabelle 3.3. 20 David Nirenberg, „Jüdisch“ als politisches Konzept. Eine Kritik der Politischen Theologie. Aus dem Englischen von Karin Wördemann (Historische Geisteswissenschaften, Bd. 6), Göttingen 2013.
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gleich kann dabei weiterhin nach dem Einfluss jüdisch-hebräischer Quellen gefragt werden. Dies führt bereits zu einem nächsten zu berücksichtigenden Sachverhalt. Eine weitere Herausforderung für die Erforschung des politischen Hebraismus scheint mir ein Dilemma zu sein, das sich automatisch ergibt, wenn man die politische Ideengeschichte des frühneuzeitlichen Europas vor dem Hintergrund seines jüdischen Erbes versucht neu zu schreiben („Rewriting“ der Geschichte des politischen Denkens wie z. B. in Nelsons eingangs besprochenem Buch The Hebrew Republic). Ein Dilemma ergibt sich hier für mich deswegen, weil in dem Fall der Einfluss von jüdischem Schrifttum und Gedankengut für eine Zeit betont wird, die eben in ihrer Breite anti-judaistisch geprägt war, und dabei vielfach Denker untersucht werden, die entweder gar nicht, kaum oder nur unter Schwierigkeiten mit Juden Kontakt hatten.21 Betont man einerseits – und dies zurecht – wie Nelson den Anteil jüdischer Quellen in der politischen Ideengeschichte, so bleibt die Gefahr, die anti-judaistischen Tendenzen der zum allergrößten Teil christlichen Autoren zu vernachlässigen. Redet man andererseits nur von dem Anti-Judaismus in dieser Zeit, so bleiben schließlich die positiven Beiträge, die von Juden und jüdischen Quellen ausgingen, außen vor. Drittens, in den Debatten um den politischen Hebraismus kommen vielfach die spezifischen theologischen Positionen und konfessionellen Bezüge zu kurz. In der Tat finden sich unter den Autoren der politisch-hebraistischen Werke sowohl Theologen als auch Nicht-Theologen. Aber zum Großteil wird in der bisherigen Forschung gerade nicht nach den möglichen Unterschieden zwischen diesen beiden Gruppen gefragt. Zugleich gilt es weiter zu klären, warum schließlich doch ein höherer Anteil an reformierten Theologen als Autoren der Schriften de politia judaica festzustellen ist im Gegenüber zu lutherischen oder römisch-katholischen Theologen.22 Ein Verweis auf die Nähe zum Judentum unter Reformierten durch ihre Bundeslehre oder aber durch ihr Anliegen, das Alte Testament bzw. die Hebräische Bibel auf das Leben anzuwenden, reicht hier nicht aus und ist auch nicht immer nachzuweisen. Hier gilt es vielmehr, das spezifische geistige Milieu der Theologen zu hinterfragen und die Werke genauer in ihren konkreten politischen Kontext einzuordnen. Zudem muss hinterfragt werden, ob Nicht-Theologen aller konfessionellen Seiten gerade in der entscheidenden Formierungsphase im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts nicht ein Verständnis der politia judaica entwickelt haben, das sich von dem Verständnis der Theologen unterscheiden konnte. Die über die konfessionellen Anliegen hinausgehenden Eigenarten der humanistischen Jurisprudenz und Geschichts21
Vgl. David Nirenberg, Anti-Judaism. The Western Tradition, New York u. a. 2013, bes. S. 300 – 324. Informativ im Hinblick auf die soziokulturellen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen im Judentum dieser Zeit ist Jonathan I. Israel, European Jewry in the Age of Mercantilism 1550 – 1750, Oxford/Portland, OR 31998. 22 Vgl. zuletzt Christoph Strohm, Theokratisches Denken bei calvinistischen Theologen und Juristen am Beginn der Moderne?, in: Kai Trampedach / Andreas Pecˇar (Hgg.), Theokratie und theokratischer Diskurs. Die Rede von der Gottesherrschaft und ihre politisch-sozialen Auswirkungen im interkulturellen Vergleich (Colloquia historica et theologica, Bd. 1), Tübingen 2013, S. 389 – 408, bes. 394 – 400.
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wissenschaft sind dabei besonders zu gewichten. Exemplarisch genannt seien der humanistische Historiker Carlo Sigonio (1520/24 – 1584) mit der Schrift De republica Hebraeorum (1582)23 für die römisch-katholische Seite und für den lutherischen Bereich die Schrift De iurisdictione, et qualis fuit in politia Iudaica des Greifwalder Rechtsgelehrten Joachim Stephani (1544 – 1623), die, wie vielfach übersehen wird, bereits 1582 gesondert erschien und eine Orientierung an der deutschen humanistischen Jurisprudenz zeigt.24 In diesen Fällen kann eine an den Wirkungen der Konfessionen orientierte Analyse komplex werden, wenn nämlich die betreffenden Schriften typisch konfessionelle bzw. konfessionalistische Merkmale vermissen lassen, aber auf der anderen Seite (vielleicht auch indirekt) spezifische konfessionspolitische Konstellationen stützten oder untergruben. II. John Weemes im Kontext des frühneuzeitlichen christlichen Hebraismus Nach dem bisher Gesagten steht also besonders die Frage nach theologischen und schließlich konfessionellen Aspekten des politischen Hebraismus zur Debatte. Aus mehreren Gründen ist hier die Person John Weemes und sein Werk aus historischer Sicht von Interesse: Weemes zählt zu den ersten frühneuzeitlichen christlichen Hebraisten Schottlands, für die sich eine tiefe Kenntnis jüdisch-hebräischer Quellen nachweisen lässt. Er hat sich dabei zugleich ausführlich mit dem jüdischen Gemeinwesen beschäftigt. Einen Schwerpunkt seines Schaffens bilden hierbei seine Auslegungen zu den mosaischen Gesetzen in insgesamt vier Büchern. Der Umfang übertrifft dabei noch den von Werken wie De politiae Mosis observatione (1593)25 des Franciscus Junius d. Ä. (1545 – 1602) und vieler anderer bekannterer Hebraisten. 23 Carlo Sigonio, De republica Hebraeorum libri VII, Bologna 1582; weitere Aufl.: ebd. 1583; Frankfurt 1583; ebd. 1585; Hanau 1608; Middelburg 1676; ebd. 1678; Helmstedt 1685; ebd. 1686; Leiden 1701; Frankfurt 1783. Vgl. zu dem Werk und Sigonios humanistischem Hintergrund ausführlich: Guido Bartolucci, La repubblica ebraica di Carlo Sigonio. Modelli politici dell’età moderna (Istituto nazionale di studi sul rinascimento. Studi e testi, Bd. 47), Bologna 2007; William McCuaig, Carlo Sigonio. The Changing World of the Late Renaissance, Princeton/NJ 1989. 24 Joachim Stephani, De iurisdictione, et qualis fuit in politia Iudaica, liber primus, Greifswald 1582; aufgen. u. erw. in: De iurisdictione Judaeorum, Graecorum, Romanorum, & Ecclesiasticorum libri IV, Frankfurt a.M. 1604; weitere Aufl.: ebd. u. Nürnberg 1661. Vgl. zu Stephani: Johann A. R. von Eisenhart, Art.: Stephani, Joachim, in: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893), S. 93. Unterschiede zu der in der humanistischen Jurisprudenz und Geschichtswissenschaft anzutreffenden Orientierung an den Rechtsinstitutionen des alttestamentlich-jüdischen Gemeinwesens, wie sie Stephani zeigt, bietet auf lutherischer Seite z. B. die Politia Judaica Johann Hombergs mit einer darin enthaltenen Schrift des jüdischen Konvertiten Antonius Margarita, vgl. Johann Homberg / Antonius Margarita, Politia Judaica, Das ist/ Ein warhafftige Summarische Beschreibung der Jüdischen Regierung: in dreyen theilen […], Frankfurt 1617. 25 Franciscus Junius d.Ä., De politiae Mosis observatione; quid in populo Dei observari, quid non observari ex ea oporteat, postquam gratia & veritas per Christum facta est, & evangelio promulgata, Leiden 1593; weitere Aufl.: Genf 1613.
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Und schließlich wird Weemes in der sekundären Literatur häufig als einer der oder der erste schottische Gelehrte genannt, der sich positiv für eine Duldung von Juden im christlichen Gemeinwesen ausgesprochen habe.26 Auch darauf wird im Folgenden nach einem kurzen biographischen Zugang einzugehen sein. Über den Lebensweg John Weemes’ ist leider nur relativ wenig überliefert.27 John Weemes (auch Wemyss oder Weemse) wurde um das Jahr 1579 in Lathockar in Fife, nur wenige Kilometer südlich der Stadt St Andrews geboren. Eben dort, an der nächstgelegenen Universität St Andrews hat er auch studiert und im Jahr 1600 seinen Magistergrad erworben. Nachdem Weemes 1608 als Pastor nach Hutton und 1613 nach Duns (ebenfalls Berwickshire) berufen worden war, hatte er sich im März 1620 vor dem Court of High Commission der schottischen Kirche für die unrechtmäßige Austeilung des Abendmahls rechtfertigen müssen und war zum stillen Dasein in seinem Pfarrbezirk abgeurteilt worden. Im Jahr 1634 allerdings erlebte Weemes einen wahren Aufstieg, als er vom englischen König Karl I. auf eine Pfarrstelle der Kathedrale zu Durham berufen wurde. Diese Stelle hatte Weemes allerdings nicht mehr lange inne, da er zwei Jahre später 1636 verstarb. In den 1620er und 1630er Jahren erschien eine Reihe von theologischen Werken Weemes’, die heute noch in einer Werkausgabe der Jahre 1636/37 überliefert sind. Ein Überblick über die Werke zeigt vor allem zwei thematische Schwerpunkte: zum einen eine detaillierte Aufarbeitung des jüdischen Glaubens und Gemeinwesens (politia judaica) mit einem ständigen Bezug auf den christlichen Glauben, zum anderen eine damit verbundene Vergewisserung, wie die Heilige Schrift richtig zu verstehen sei, um sie konsequent auf das Leben anzuwenden. Wie weit die Werke Weemes’ wirklich im Umlauf waren, lässt sich nur schwer sagen. Beachtet werden muss dabei, dass Weemes seine Werke schottischen Fürsten widmete. Die Widmungen sind hierbei sehr persönlich gehalten. Andererseits dürften alle Werke eindeutig dem universitären Bereich zuzuordnen sein, denn es werden nicht nur Theologiestu-
26 Kritisch hierzu bereits John Bowman, A Seventeenth Century Bill of „Rights“ for Jews, in: The Jewish Quarterly Review, New Series 39,4 (1949), S. 379 – 395, vgl. hier: 379 f., 383 f., 388 f., 395. 27 Vgl. zu den folgenden biographischen und bibliographischen Angaben ausführlicher John Row, The Historie of the Kirk of Scotland. Part I, Edinburgh 1842, S. 226 – 232; Carlyle, Art.: Wemyss (FN 2); David G. M. Stalker, John Weemse of Lathocker, One of Scotlands Early Hebraists, in: Scottish Church History Society Records 5 (1944), S. 151 – 166; David F. Wright, John Weemse, in: Nigel M. de S. Cameron (Hg.), Dictionary of Scottish Church History and Theology, Downers Grove 1993, S. 861; Shim, Biblical Hermeneutics (FN 2), S. 26 – 66; Vaughan T. Wells, Art.: Weemes [Wemyss], John (c. 1579 – 1636), in: Oxford Dictionary of National Biography 57 (2004), S. 940. David Sytsma, „As a Dwarf set upon a Gyants shoulders“: John Weemes (ca. 1579 – 1636) on the Place of Philosophy and Scholasticism in Reformed Theology, in: Günter Frank / Herman J. Selderhuis (Hgg.), Philosophie der Reformierten (Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten, Bd. 12), Stuttgart/Bad Cannstatt 2012, S. 299 – 321, hier: 299 – 302.
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denten gezielt adressiert, sondern die Werke sind deutlich als Lehrbücher angelegt.28 Dennoch dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Werkausgabe in London gedruckt wurde. Der Name John Bellamy, der in allen Ausgaben als Verleger genannt wird, steht auch für eine politisch orientierte Publizistik in dieser Zeit in London.29 Weemes’ erste Monographie The Christian Synagogue aus dem Jahr 1623 kann zugleich als sein Hauptwerk bezeichnet werden. Es erschien bis ins Jahr 1636 ganze fünf weitere Male und wurde noch im Jahr 1660 in Leiden unter dem Titel Synagoga Christiana ins Lateinische übersetzt.30 In den Prolegomena zu dem Werk geht Weemes von einer universalgeschichtlichen Periodisierung des Weltgeschehens aus. Buch I. geht darauf ein, wie Gott sich seinem Volk offenbart habe und erläutert dahingehend die Entwicklung des biblischen Kanons und seiner unterschiedlichen Übersetzungen. Detailliert werden dann die Gesetze, Bräuche und Institutionen des jüdischen Volkes beschrieben. Buch II. konzentriert sich in der Folge auf das biblische Schriftverständnis selbst und darauf, wie es auf Grundlage der Bibel zur Lehrbildung („doctrines“) kommen sollte. Buch III. schließlich baut darauf auf und handelt davon, wie die Lehre ins Leben eines Christen umgesetzt werden kann und sollte. Ebenfalls eine mehrfache Auflagenzahl erlebte The Portraiture of the Image of God in Man (1627),31 ein Werk, das sich auf die theologische Anthropologie und Schöpfungslehre konzentriert. Neben einer Bibelhermeneutik, die zunächst unter dem Titel The Right Understanding of the Scriptures (1632), dann als Exercitations Divine erschien,32 und einer Art jüdischer Natur-, Moral- und Kulturkunde,33 verfass-
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Darauf deuten neben der Gesamtanlage der Bücher auch die einigen Werken vorangestellten programmatischen Vorreden, die sich an die Theologiestudenten und angehenden Pastoren wenden, hin. 29 Vgl. Leona Rostenberg, John Bellamy: „Pilgrim“ Publisher of London, in: The Papers of the Bibliographical Society of America 50,4 (1956), S. 342 – 369; Tai Liu, Puritan London. A Study of Religion and Society in the City Parishes, Newark 1986, S. 63 f. 30 Die lat. Fassung trägt den Titel: Johannes Wimesius, Synagoga Christiana, Docens S. Scripturæ I. Sensum genuinum. II. Confirmationem. Illustrationem. Applicationem. III. Legitimam ac compendiosam sensum indagandi rationem, Leiden 1660. Zit. wird im Folgenden: Weemes, The Christian Synagogue. Wherein is contained the diverse Reading, The right Pointing, Translation, and Collation of Scripture with Scripture. With the Customes of the Hebrewes and Proselytes, and of all those Nations, with whom they were conversant […], London 41633 (11623 u. insg. 5 korr. u. erw. Aufl. bis 1636), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse of Lathoker in Scotland, Bd. 1, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Christian Synagogue). 31 The Portraiture of the Image of God in Man. In his three estates, of Creation. Restauration. Glorification. […], London 31636 (11627; 21632 korr. u. erw.), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 1, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Portraiture of the Image of God). 32 Exercitations Divine: Containing diverse Questions and Solutions for the right understanding of the Scriptures: Proving the necessitie, majestie, integritie, perspicuitie, and sense thereof […], London 1634 (11632), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 3, London 1636/ 37 (im Weiteren abgk.: Exercitations Divine).
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te Weemes zu dieser Zeit eine dreiteilige mosaische Gesetzeslehre, die ebenfalls zuerst im Jahr 1632 veröffentlicht wurde: An Exposition of the Morall Law, or Ten Commandements in zwei Teilen,34 An Exposition of the Ceremoniall Lawes of Moses35 und An Exposition of the Iudiciall Lawes of Moses.36 Das zuerst genannte Lehrwerk über das Moralgesetz in zwei Büchern, die der Aufteilung der Dekalogtafeln entsprechen, übertrifft dabei die anderen beiden Gesetzeslehren im Umfang bei Weitem und deutet so bereits auf eine spezifische Gewichtung in Weemes’ Theologie und Gesetzesverständnis hin, auf die noch näher einzugehen ist. In seinem Todesjahr 1636 wurde schließlich Weemes’ letzte Schrift A Treatise of the Foure Degenerate Sonnes37 gedruckt. Sie reiht sich in die lange Tradition des christlich-apologetischen Schrifttums ein und bezieht sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Atheismus, der Hexerei, Idolatrie und dem Judaismus. Nicht nur das bereits an den Werktiteln zu erkennende Themenspektrum, das ein ausgesprochenes Interesse am Judentum und dessen Geschichte, Kultur und Rechtscorpora aufzeigt, spricht dafür, dass Weemes in den Kontext des frühneuzeitlichen christlichen Hebraismus einzuordnen ist. Weemes zeigt daneben in allen seinen Werken tiefe Kenntnisse der zeitgenössischen christlichen Hebraisten des europäischen Festlands und ebenso eine detailgetreue Wiedergabe hebräisch-jüdischer Quellen. Doch wie wird dies angesichts einer theologischen Ausbildung und Arbeit erklärbar, die Weemes in Schottland erfahren haben soll, einem Ort der gewiss nicht zu den damaligen Zentren des christlichen Hebraismus gehörte und an dem sich überhaupt schwerlich Kontakte zu jüdischen Gelehrten nachweisen lassen?38 Einen wichtigen 33 Observations, Naturall and Morall: With a Short Treatise of the Numbers, Weights, and Measures, used by the Hebrewes; with the valuation of them according to the Measures of the Greekes and Romans, London 1636 (11633), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 1, London 1636/37. 34 An Exposition of the Morall Law, or Ten Commandements of Almightie God […], 2 Tle., London 1636 (11632), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 2, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Exposition of the Morall Law). 35 An Exposition of the Ceremoniall Lawes of Moses, As They Are Annexed to the Tenne Commandements. Wherein are cleared divers customes of the Iewes, and also the customes of the Gentiles, as they have relation to the Iewish, out of the Originall Tongues, the Hebrew and Greeke, London 1636 (11632), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 3, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Exposition of the Ceremoniall Lawes). 36 An Exposition of the Iudiciall Lawes of Moses, Plainely discovering divers of their ancient Rites and Customes. As in their Governours, Government, Synedrion, Punishments, Civill Accompts, Contracts, Marriages, Warres, and Burials. Also their Oeconomicks […], London 1636 (11632 u. d. Titel: An Explication of the Iudiciall Lawes of Moses), in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 3, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Exposition of the Iudiciall Lawes). 37 A Treatise of the Foure Degenerate Sonnes, viz: the Atheist, the Magician, the Idolater, and the Jew. Wherein are handled many profitable questions concerning Atheisme, Witchcraft, Jdolatry, and Iudaisme: and sundry places of Scripture, cleared out of the Originall Tongues, London 1636, in: The Workes of Mr. Iohn Weemse, Bd. 4, London 1636/37 (im Weiteren abgk.: Treatise of the Foure Degenerate Sonnes). 38 Dazu bereits Shim, Biblical Hermeneutics (FN 2), S. 197 – 221.
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und in der Forschung bisher unbeachteten Erklärungsansatz liefert eine noch in der Leidener Universitätsbibliothek erhaltene Disputation, die den Namen „Ioannes Wimesius Scotus“ trägt. Laut dieser disputierte Weemes unter dem Vorsitz des hervorragenden reformierten Theologieprofessors und Hebraisten Franciscus Junius d.Ä. (1545 – 1602) über die Erbsünde (de originali peccato).39 Gewidmet ist die Disputation Andrew Melville, der wie kein anderer für die Einrichtung der hebräischen Studien in Schottland steht. Obwohl es schon in den 1550er und 1560er Jahren Bestrebungen für die Einführung des Hebräischunterrichts an schottischen Universitäten gab, so etablierte sich dieser doch erst richtig in den 1570er Jahren mit der Rückkehr Melvilles, der in Paris und Genf studiert hatte.40 Als er 1580 nach St Andrews zog, kam es dort zur Einführung hebräischer Studien und um 1600 hatten schließlich alle vier schottischen Universitäten Hebräisch auf ihrem Lehrplan. An der Person Melville wird deutlich, wie wichtig der Wissenstransfer des christlichen Hebraismus vom europäischen Festland auf die Insel in dieser Zeit war. Gleiches gilt auch für John Weemes, wie exemplarisch eine Analyse der von ihm rezipierten Werke in seiner Schrift The Christian Synagogue verdeutlichen kann:
Auswertung der gekennzeichneten nicht-biblischen Quellenverweise und -zitate im Werk The Christian Synagogue (41633)
Die hier prozentual in Diagrammform aufgeschlüsselte Auswertung der direkten und indirekten Quellenverweise und -zitate in Weemes’ Schrift The Christian Synagogue bezieht sich insgesamt auf eine Anzahl von 438 Belegen. Diese Zahl umfasst weder Bibelzitate noch Verweise aus unterschiedlichen Bibelausgaben und auch nicht die Targumim bzw. Zitate aus überlieferten und von Weemes hinzugezogenen Bibelhandschriften, die er wahrscheinlich aus Werken anderer Hebraisten und kommentierten Bibelausgaben übernommen hat. Eine sekundäre Übernahme aus anderen Kommentar- und Lehrwerken wird in der Auswertung nicht berücksichtigt. Zudem 39 Franciscus Junius (Praes.) / Ioannes Wimesius [John Weemes] (Resp.), Theologicarum disputationum decima nona: de originali peccato, Leiden 1597. 40 Vgl. Richard Rex, Humanism and Reformation in England and Scotland, in: Magne Saebø (Hg.), Hebrew Bible – Old Testament. The History of Its Interpretation, Bd. 2: From the Renaissance to the Englightenment, Göttingen 2008, S. 512 – 535, hier: 526 f. 512 f. (weitere Lit.); zur Rolle Melvilles ausführlich Steven J. Reid, Humanism and Calvinism. Andrew Melville and the Universities of Scotland, 1560 – 1625 (St Andrews Studies in Reformation History), Farnham u. a. 2011.
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ist die Auswertung auch nicht repräsentativ für jede seiner Schriften. So wird z. B. auf mittelalterliche (nicht-jüdische) Quellen in der vier Bücher umfassenden Gesetzeslehre von Weemes weit häufiger Bezug genommen als in The Christian Synagogue. Dennoch sind die hier genannten Zahlen aufschlussreich. Sie zeigen nicht nur, dass ein beachtlicher Anteil von 19 % insgesamt auf jüdische Quellen zurückgeht. Neben Talmudzitate und -verweise tritt hier die Rezeption von Werken mittelalterlicher jüdischer Gelehrter wie der großen Gelehrtenautorität Maimonides sowie David (ben Joseph) Kimchis, Rabbi Solomon (ben Isaak) Jarchis, Rabbi (ben Joseph) Bechais und Isaak (ben Judah) Abrabanels. Die Zahlen belegen zugleich, wie wichtig die im kontinentaleuropäischen christlichen Hebraismus zu verortenden Werke für Weemes waren: In dem Anteil von 40 % frühneuzeitlicher Quellen der 438 Bezugsstellen entfällt ein Großteil auf christliche Hebraisten (137 gegenüber 57 Verweisen auf andere frühmoderne Werke). Unter diesen christlichen Hebraisten überwiegen dann auch diejenigen, die sich dem Umfeld der Leidener Universität zuordnen lassen, dem Ort, an dem Weemes’ Disputation aus dem Jahr 1597 nachzuweisen ist: Darunter nutzt und zitiert Weemes in Fragen der Schriftautorität und -auslegung häufig Werke Franciscus Junius’,41 der in der Disputation von 1597 ja den Vorsitz innehatte. Noch zahlreicher aber sind die Verweise auf Werke des ab 1593 an der Universität Leiden lehrenden Humanisten Joseph Justus Scaliger (1540 – 1609)42 und auf Johannes van den Driesche (Drusius, 1550 – 1616).43 Letzterer hatte zwar nur bis 1585 an der Leidener Universität orientalische Sprachen unterrichtet und wechselte danach an die Universität Franeker. Unbestritten aber dürfte sein, dass seine Lehrbücher auch weiterhin großen Einfluss ausübten, so dass auch Weemes schließlich auf sie zurückgreifen konnte. Eine Reihe weiterer Gelehrter aus Leiden, auf die Weemes in The Christian Synagogue zurückkommt, wie Petrus Cunaeus und der Genfer Humanist Isaac Casaubon (1559 – 1614) könnten genannt werden.44 Daneben sticht vor allem der große deutsche Hebraist Johannes Buxtorf d. Ä. (1564 – 1629) hervor, des-
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Vgl. Weemes, Christian Synagogue (FN 30), S. 31, 37 f., 44 f., 83, 144, 167, 173, 276. Vgl. mit zum Teil mehrfachen Verweisen auf einer Seite a.a.O., S. 1, 15 f., 18, 31 f., 37, 48 f., 53, 60, 65, 73, 81, 83, 86, 89, 92 f., 100 f., 113, 117, 123 – 125, 129, 131, 133 f., 138 f., 142, 152, 154 f., 162, 165, 168 f., 174 f., 183 f., 193 f., 206, 209, 221 – 223, 249. Weemes zitiert aus insgesamt mindestens fünf Werken Scaligers, darunter am häufigsten aus dem mehrfach neu herausgegebenen chronologischen Hauptwerk De emendatione temporum, Paris 1583, und Scaligers Editionsarbeiten zu den Geschichtswerken des Eusebius von Caesarea. 43 Vgl. a.a.O., S. 7 – 9, 34, 36, 82, 88, 112, 131 f., 134, 139, 146 f., 156, 158, 160, 176, 188, 220, 245. Vgl. zu Drusius im Folgenden: Jacob Cornelis van Slee, Art.: Drusius, Johann, in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 439 f. 44 Weemes zitiert aus Petrus Cunaeus, De republica Hebraeorum libri III. (s. oben FN 16), a.a.O., S. 48, 64, 91, 104, 108, 113, 172. Gleichfalls wird die gegen Kardinal Baronius gerichtete Schrift Isaac Casaubon, De rebus sacris et ecclesiasticis exercitationes XVI. Ad Cardinalis Baronii Prolegomena in annales, London 1614, zitiert a.a.O., S. 16, 123, 130, 134, 185, 187, 205, 215, 275. Vgl. zu Casaubon zuletzt die ertragreiche Arbeit von Anthony Grafton / Joanna Weinberg, „I have always loved the holy tongue“. Isaac Casaubon, the Jews, and a Forgotten Chapter in Renaissance Scholarship, Cambridge, MA/London 2011. 42
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sen Hauptwerk Synagoga Iudaica. Das ist/ Jueden Schul (1603)45 ja schon im Titel Nähen zu The Christian Synagogue verrät. Weemes rezipiert aber nicht nur umfassend Werke des kontinentaleuropäischen christlichen Hebraismus, er teilt auch mit den Gelehrten dieser Werke humanistische Interessen und Ausrichtungen. Es wird zunächst ein Bemühen deutlich, allem vom Menschen ausgehenden Lernen („all humane learning“) in den Wissenschaften Raum zu geben, anders als es die Juden getan hätten.46 So wird der mittelalterliche Fächerkanon noch einmal auf die Kenntnis der alten Sprachen als vehicula scientiarum zugespitzt. Für die Theologie, die an der Spitze aller Wissenschaften steht, bleiben diese von grundlegender Bedeutung.47 Darüber hinaus demonstriert Weemes auch eine umfangreiche Kenntnis und Verarbeitung antiker Quellen. Zitate antiker Klassiker treten dabei an vielen Stellen gleichwertig neben Bibelzitate und Zitate christlicher Autoren. Aus dem großen Reservoir der Autoren antiker Literatur, die Weemes allein in The Christian Synagogue zitiert, seien nur aufgezählt: Platon, der griechische Komödiendichter Aristophanes, der griechische Historiker Polybius, Cicero und Seneca, der römische Dichter Ovid, der römische Rhetoriklehrer Quintilian, der Geschichtsschreiber und Philosoph Plutarch, Marcus Terentius Varro und schließlich Cornelius Tacitus. Durchgehend herangezogene antike christliche Quellen, auch in den weiteren Werken Weemes’, stellen die Kirchenväter dar: Hieronymus ist hier besonders häufig vertreten. Zahlreich sind außerdem Verweise auf Origenes und Augustin. Auch die frühen Kirchenväter wie Tertullian von Karthago werden neben späteren wie Ambrosius von Mailand und dem Kirchenlehrer des Ostens Johannes Chrysostomos aufgenommen. Unter der antiken jüdischen Literatur bezieht sich Weemes in The Christian Synagogue am häufigsten auf die Jüdischen Altertümer und die Geschichte des jüdischen Krieges des Historikers Flavius Josephus, die auch in Weemes’ anderen Werken eine wichtige Quelle darstellen.48
45 Weemes nutzte die erweiterte lateinische Fassung dieser zuerst 1603 in deutscher Sprache erschienen Schrift Buxtorfs, vgl. Weemes, Christian Synagogue (FN 30), 10, 91, 93, 97 f., 169, 190, 270. Außerdem greift Weemes auf Buxtorfs Sprachhilfen, Einleitungs- und Kommentarwerke wie vor allem den Kommentar zur Masora: Tiberias sive commentarius Masorethicus, Basel 1620, zurück. Vgl. insgesamt a.a.O., 57, 91, 109, 112, 157, 210 f., 246. 46 Moses sei in der Weisheit der Ägypter, Daniel in der der Chaldäer und Dionysius Areopagita in der Philosophie unterwiesen gewesen, aber die Juden hätten schließlich „all humane learning“ als Weisheit der Griechen (sapientia Graecorum) abgelehnt (vgl. Weemes, Exercitations Divine [FN 32], Epist. Ded. f. [Aaaaaaa6r-v]). 47 „But to shut up this Schoole [of Arts and Sciences], and to take away all humane learning from a Divine, were in effect to make him no Divine. The knowledge of all Arts and Sciences is necessarie for him, as of Geometrie, Arithmeticke, Geographie, the knowledge of Physicke, but above all the knowledge of the tongues is more necessary for him, because they are Vehicula scientiarum“ (a.a.O., f. [Aaaaaaa6v]). Vgl. dazu a.a.O., f. [Aaaaaaa7r-Aaaaaaa8v] und zur Bedeutung des Altgriechischen und Hebräischen Weemes, Christian Synagogue (FN 30), Th. Epist. f. [A4r]. 48 Zu Josephus vgl. a.a.O., 9, 12, 25, 35, 64, 69, 71, 86, 91, 107, 111, 114, 123 f., 201, 224, 256.
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Über die deutlich gewordenen Schnittmengen mit dem (späten) christlichen Humanismus hinaus, der bei Weemes in erster Linie auf die Theologie ausgerichtet ist, bleiben Kennzeichen des Hebraismus in allen Werken Weemes’ augenfällig. Dies betrifft besonders seine Faszination für die hebräische Sprache. Diese Faszination scheint allein schon darin begründet, dass das Hebräische für Weemes die älteste Sprache der Welt ist, denn sie sei schließlich die Sprache, die das Wesen der Dinge und Affekte am klarsten und in den wenigsten Worten ausdrücken könne.49 Gott selbst habe mit Adam, Abraham und Mose Hebräisch gesprochen und in dieser Sprache die Zehn Gebote eigenhändig auf zwei Tafeln geschrieben.50 Die Gleichsetzung des Anfangs der Welt mit dem Anfang der von Gott selbst stammenden hebräischen Sprache hat Auswirkungen auf das Geschichtsdenken, das insgesamt dadurch an Geschlossenheit gewinnt: Im Grunde beginnt die Geschichte der Menschen mit dem Wort Gottes (dem Hebräischen) und endet damit. Die heidnische Geschichte ist darin „eingebettet“, behält aber auch ihre Bedeutung in der fortlaufenden Geschichte des Wortes Gottes. Dem entspricht ja zugleich die bereits festgestellte positive Integration antiker Klassiker und Philosophien nicht-christlicher Herkunft. Andererseits verläuft parallel zur Geschichte der hebräischen Sprache auch das Walten des Heiligen Geistes und die Niederschrift des Gotteswortes bis zum Hergang der Kanonisierung der biblischen Bücher. Die Bibel hat zwar für Weemes insgesamt Einflüsse der heidnischen Umwelt und ihrer Texte aufgenommen, aber die Autoren bzw. „Sekretäre“ („Secretaries“) der biblischen Bücher waren in ihren Niederschriften vom Heiligen Geist erfasst.51 Gerade in diesem Punkt steht Weemes orthodoxen Strömungen der Theologie dieser Zeit, die von einer Verbalinspiration der Heiligen Schrift ausgingen, nahe. Mit den Argumenten eines christlichen Hebraisten, der im und „hinter“ dem biblischen Urtext und seiner Überlieferung eine göttliche Ordnung bis in die Buchstabenanordnung nachweist,52 kann er diese untermauern. 49
„We may know the Hebrew was the first originall tongue; […] that language, which expresseth the nature of things, and their affections most clearely, and in fewest words; that must be the originall language: but the Hebrew doth this; therefore it is the first language“ (Weemes, Exercitations Divine [FN 32], S. 92). Wie man dies aus heutiger sprachwissenschaftlicher Sicht auch bewerten mag, festzuhalten bleibt doch, dass einige seiner philologischen Untersuchungen ihn zu relativ modernen Erkenntnissen, die mit denen der heutigen Bibelwissenschaften vergleichbar sind, führen: so z. B. der Sachverhalt, dass er die samaritanisch-hebräische Schrift für älter hält als die hebräische Quadratschrift, dass er den Einfluss chaldäischer und ägyptischer Texte auf das Alte Testament mit einbezieht oder auch die Rezeption von Talmud-Zitaten (z. B. Mt 7,5 und Mt 19,24) und der apokryphen Literatur im Neuen Testament erkennt (vgl. a.a.O., S. 88 ff.). Es ist außerdem wahrscheinlich, dass Weemes Syrisch-Kenntnisse hatte und er sich auch mit der Auslegung des Samaritanischen Pentateuchs beschäftigte (vgl. Bowman, A Seventeenth Century Bill [FN 26], S. 380 f. mit FN 1). 50 Vgl. Weemes, Exercitations Divine (FN 32), S. 92 mit ders., Christian Synagogue (FN 30), S. 12 f. 51 „The holy Ghost, borrowed somethings first from the Poets, and secondly, from the history of the Heathen; and the Secretaries of the holy Ghost insert them in the Booke of God“ (Weemes, Exercitations Divine [FN 32], S. 96). 52 Vgl. z. B. die Illustrationen a.a.O., S. 114 f.
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Beim Schriftverständnis zeigt sich, dass Weemes sogar noch größere Nähen zum Judentum als zur römisch-katholischen Seite sieht.53 Dies ändert sich allerdings, wenn es um die Sache des christlichen Glaubens geht. Doch wie weit war hier eine konfessionelle Ausrichtung ausschlaggebend? Bei der beschriebenen Rezeption der Werke christlicher Hebraisten waren konfessionelle Zugehörigkeiten, so schwierig in einzelnen Fällen überhaupt definitiv festzustellen, nicht entscheidend. Dennoch durchziehen die Werke Weemes’ auch konfessionelle Frontstellungen, die in der Frage nach der politischen Dimension seines Hebraismus zu erörtern sind. Alle diese Beobachtungen lassen im Folgenden also nach den konfessionellen und den die Konfession überschreitenden transkonfessionellen Aspekten fragen. III. Politische Dimensionen des Hebraismus im Werk John Weemes’ In welcher Weise ist es sinnvoll über die Einordnung in den Kontext des christlichen Hebraismus hinaus von einem politischen Hebraismus im Werk John Weemes’ zu sprechen? Die angesprochene Drucklegung der Werke in London lässt bereits an mögliche politische Wirkungen denken, die über den Kontext Schottlands hinausgehen. Gewiss fällt die Herausgabe der Werkausgabe in den Jahren 1636/37 in eine Zeit politischer und kirchenpolitischer Umwälzungen, die sowohl England als auch Schottland betrafen: Nach dem Tod Elisabeths I. regierten seit 1603 zunächst Jakob VI. und seit 1625 dann Karl I. als Könige zugleich über England und Schottland, während Auseinandersetzungen um Staat und Kirche zwischen der englischen und schottischen Seite vehement geführt wurden. Die entstehende Covenanter-Bewegung bündelte die presbyterianische (benannt nach der Orientierung am Kirchenverfassungsprinzip) Gesinnung des schottischen Volkes und Adels nach dem National Covenant von 1638, gipfelte in kriegerischen Auseinandersetzungen mit England (den Bischofskriegen) und spielte schließlich auch eine einflussreiche Rolle im englischen Bürgerkrieg (1642 – 1649). Als Weemes’ Werke in London gedruckt wurden, waren damit theologische und in der Breite biblisch-orientierte Debatten über die Legitimation von Herrschaft und die rechte Gestalt der Kirche und Kirchenleitung in vollem Gange.54 53 Vgl. für den Fall des Umgangs mit unterschiedlichen Bibelübersetzungen: „When it is objected to us by the Church of Rome, that we have not the true meaning of the Scriptures, because of our diverse translations: Our Divines answer, that these diverse translations make not diverse senses in the Scriptures; for the sense is still one and the same: but these diverse translations helpe us onely, to come to the true meaning of the Scriptures, and so we must use these marginal and line readings, as we use these interpretations […]. But we who are not naturall Iewes should be thankfull to God, because we have these helpes to further us in the reading“ (a.a.O., S. 129 f.). 54 Vgl. hierzu und zu den zuvor beschriebenen politischen und kirchlichen Konstellationen ausführlich Andreas Pecˇar, Macht der Schrift. Politischer Biblizismus in Schottland und England zwischen Reformation und Bürgerkrieg (1534 – 1642) (Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London, Bd. 69), München 2011, S. 29 – 62, 162 ff.
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Die politischen Aspekte in Weemes’ Oeuvre gehen aber über die alttestamentlichen Exempel und Bezüge auf die biblische Geschichte, wie sie im breiten politischen Literaturfeld dieser Zeit vorzufinden waren, hinaus und sind zum einen in einer reformierten Theologie begründet, die sich ganz der Ausrichtung reformatorischer Grundlehren auf das Leben verpflichtet weiß. Dies bleibt stets bei den politischen Lehren und Implikationen der theologischen Lehrwerke Weemes’ im Hintergrund. Auch nur so wird verständlich, dass Weemes mittelalterlich-scholastische Lehren in seine Theologie integrieren kann, denn sie werden von ihm nur dann akzeptiert und aufgenommen, wenn sie nicht spekulativ, sondern auf die Lebenspraxis ausgerichtet bleiben.55 Zum anderen sind die politischen Dimensionen der Theologie John Weemes’ in der Idealvorstellung einer – wie es bereits im Titel seines Hauptwerkes heißt – „christlichen Synagoge“ begründet, die eine umfangreiche lehrreiche Beschreibung des jüdischen Gemeinwesens (politia judaica) für das Leben eines Christen und für das christliche Gemeinwesen zum Ziel hat. Diese Form, die das „Jüdische“ zu einem politischen Konzept der Theologie macht, steht dabei mit seiner reformierten, auf das Leben ausgerichteten Theologie im Einklang. Zugleich bietet sich hier ein Platz in Weemes’ Theologie, auch klassische Themen und Topoi der Politiklehre im engeren Sinn aufzunehmen: Hierzu gehört die seit der Antike für die Politiklehre klassische Frage nach der besten Regierungsform. So beschäftigt sich ein großer Teil der Schrift An Exposition of the Iudiciall Lawes of Moses mit der ausführlichen Beschreibung und den Argumenten für die Monarchie als beste Regierungsform, die für Weemes dem Vorbild des alttestamentlichem Königtums entspricht. Fast die gesamten ersten 13 Kapitel der Schrift widmen sich diesem Thema.56 Dabei werden Argumente gegen alle jüdischen Auslegungen und Lehren, die eine Entwicklungslinie von Mose über Josua bis hin zum Synedrium anführen und für die Aristokratie als beste Regierungsform sprechen, ins Feld geführt sowie 1. Sam 8 und das Königsgesetz aus Dtn 17 dahingehend gedeutet, dass nur ein Königtum in bester Weise Gottes Willen entspreche.57 Erkenntlich wird hier aber auch, dass – bei aller Befürwortung eines Königtums – Weemes keine uneingeschränkte Monarchievorstellungen (und Theokratievorstellungen) ver55
Vgl. den Abschnitt „Exercitat. III. That the end of Divinity here consisteth rather in practise than in contemplation.“ in Weemes, Exercitations Divine (FN 32), S. 20 – 25. In diesem Abschnitt deutet Weemes auch die scholastischen Theologien des Thomas von Aquin und Duns Scotus, auf die Weemes in seinen Werken verschiedentlich oft eingeht, als praktisch ausgerichtete Theologien (a.a.O., S. 24). 56 Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 4 – 53. 57 Vgl. a.a.O., S. 4 – 7, bes. 6 f. Weemes widerlegt dabei proaristokratische Argumente, die er dem jüdischen Universal- und Talmud-Gelehrten Levi ben Gershom (Gersonides, 1288 – 1344) und seinem Kommentar zu 1. Sam 8 zuweist. Eric Nelson hat allerdings darauf hingewiesen, dass Weemes an dieser Stelle eine andere rabbinische Autorität, nämlich Bahya ben Asher zitiere. Dessen Argumente, die für desaströse Folgen der Einführung des Königtums sprechen, widerlegt Weemes auf mehrfache Weise. Durch die Verwechslung muss für Nelson Weemes das Zitat aus Wilhelm Schickard, Mishpat ha-melekh, Jus regium Hebraeorum, Straßburg 1625, übernommen haben (vgl. insgesamt a.a.O., S. 5 f. mit Nelson, Hebrew Republic [FN 3], S. 161 FN 73).
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tritt. Die gottgleiche Verehrung („divine honour“) eines Königs wird abgelehnt. All dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hinter der Einsetzung eines Königs, auch bei reiner Sukzession, letztlich die Wahl Gottes steht.58 In der Erörterung des Widerstandsrechts in der Auslegung des Elterngebotes der Exposition of the Morall Law schlägt sich dies dann darin nieder, dass die weltliche Obrigkeit sowohl als menschliche („ordinance of man“) als auch göttliche Ordnung („divine ordinance“) beschrieben wird.59 Im Hinblick auf das Verhältnis von Staat und Kirche sind außerdem staatskirchliche Tendenzen festzustellen, die auf Grundlage des Alten Testaments das Königtum über das Priestertum stellen. Das Königtum Davids sei demzufolge ein regnum sacerdotale gewesen, König David als ein auf Christus hindeutender Typus genauso wie Moyses inter sacerdotes auch ein Priester zu nennen.60 Alle diese Ausführungen bleiben aber im Hinblick auf einen Bezug zu einer bestimmten politischen Situation und Konstellation wenig konkret, abgesehen von den bereits erwähnten Widmungen an unterschiedliche schottische Fürsten. Dies ergibt sich zunächst, weil Weemes mit seinen Werken ja primär theologische Lehrbücher für Studenten vorlegt. Allerdings liegt, auch in Anbetracht des Londoner Druckortes, die Möglichkeit der Stützung des englischen Königtums nahe. Eine Oberhoheit des Königs über die Kirche wird außerdem veranschlagt. Gegenüber den fehlenden politischen Gegenwartsbezügen sind die konfessionellen Frontstellungen konkreter: Hier sind insbesondere die an vielen Stellen von Weemes’ Werken immer wieder auftauchenden Abgrenzungen gegenüber der katholischen Lehre und Praxis und polemische Passagen gegen die römische Kirche zu nennen: Weemes spricht sich vehement gegen die Suprematie des Papstes61 und gegen eine Lehre der Unfehlbarkeit bzw. Sündlosigkeit des Papstes aus,62 hält mit reformatorischem Impetus das solus Christus in der Rechtfertigungslehre dem katholischen
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Vgl. die Formulierungen Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 49 u. 53. Weemes, Exposition of the Morall Law (FN 34), Tl. 2, S. 71. 60 „In all things the King was above the Priest, therefore David calles himselfe, 1 King. 1.33. The Lord of Sadock the high Priest. David the King wore some ornaments belonging to the Priests, 1Sam. 30. Applicavit amiculum el David, to David, that is, he put it upon David (not that the Priest put it upon himselfe, Davidis causa, for Davids cause, as Iunius translates it) for his kingdome was regnum Sacerdotale, a Priestly kingdome, and he wore it because he was a perpetuall type of Christ: he might be called a Priest as Moses, Psal. 90.6. Moyses inter Sacerdotes, Moses amongst the Priests“ (Weemes, Christian Synagogue [FN 30], S. 173). 61 Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 19 f. Weemes argumentiert in diesem Abschnitt ausgehend von der reformierten Lehre von den drei Ämtern Christi: „The Pope claimeth to be aboue Kings in his anointing, in state, and wordly dignitie; therefore this sheweth him to be that man of sin, who exalteth himselfe aboue all that are called gods, 2Thess.2.4. that is, aboue all Princes and Kings“ (a.a.O., 22). Vgl. Weemes, Christian Synagogue (FN 30), S. 10 f. 62 Vgl. Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), S. 64. 59
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Ablasshandel entgegen,63 kritisiert das Keuschheitsgelübde von Priestern64 und ein weltfernes kontemplatives Klosterleben.65 Polemische Bemerkungen könnten neben weiteren Frontstellungen in der Lehre noch genannt werden, letztlich führen für Weemes die Fehler in der römischen Kirche aber doch auf den entscheidenden Punkt des falschen Schriftverständnisses zurück.66 Auch die innerprotestantischen Frontstellungen werden dementsprechend auf maßgeblicher Basis biblischer Argumentationen erhärtet. Am schärfsten fallen hier noch die Abgrenzungen gegenüber dem Täufertum aus, die aber genauso wie die nur ganz vereinzelte Kritik am Luthertum im Vergleich zur antikatholischen Position weit weniger Gewicht haben.67 In den konfessionellen Frontstellungen gewinnt also Weemes’ Theologie an Profil und gleichzeitig wäre somit von konfessionellen Prägungen seines politischen Hebraismus zu sprechen. Allerdings zeigen seine Werke keine kontroverstheologische oder konfessionalistische Ausrichtung. Im Mittelpunkt bleibt stets das Interesse an der Betrachtung der politia judaica und dabei ist die Auslegung der mosaischen Gesetze von besonderer Bedeutung. Insgesamt werden damit auch Tendenzen sichtbar, den gesamten Bibeltext und besonders den ursprünglich hebräischen Text des Alten Testaments legalistisch zu verstehen und auszulegen. Welche konfessionellen und welche transkonfessionellen Ausgangsstellungen und Argumentationsmuster ergeben sich nun wiederum hierbei? 1. Mosaische Rechtslehre Weemes folgt in seinen vier Büchern über die mosaischen Gesetze der schon in der mittelalterlichen Scholastik maßgeblich durch Thomas von Aquin68 geprägten 63
„[I]t cost the chiefe Captaine a great summe of money to be made a free-man in Rome; but to bee made a free-man in the Church of GOD, it cost the price of Christs bloud“ (Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes [FN 36], Epist. Ded. f. Aaaaaa3v). 64 Vgl. genauer Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), S. 44 f. 65 Vgl. zugleich mit einer Kritik am Jesuitenorden Weemes, Exercitations Divine (FN 32), S. 24 f. 66 „All error proceedeth from ignorance of the Scriptures […]. We shall never understand the truth but out of the Scriptures; the Church of Rome is most injurious to the Laickes forbidding them to read the Scriptures, what mervaile is it that they be led into all errors, when they want this light of the Scriptures to direct them […]“ (Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes [FN 35], S. 208). Vgl. außerdem gegen die katholische Seite gerichtet u. a. ders., Christian Synagogue (FN 30), S. 67, 76 f., 261, 273 ff., 278, 286 f., 307 – 311; ders., Portraiture of the Image of God (FN 31), Th. Epist. f. [Aa6v], f. [Aa7v-Aa8r]. 67 Gegen die Täufer richtet sich u. a. Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), S. 153; ders., Christian Synagogue (FN 30), S. 261. Der lutherischen Kirche hält Weemes z. B. eine falsche Zählung der Zehn Gebote vor (a.a.O., S. 278), andererseits geht er aber z. B. im Fall bedeutenderer Kontroversen in der Abendmahlslehre nicht auf Unterschiede zum Luthertum ein (vgl. Weemes, Exercitations Divine [FN 32], S. 180 – 182). 68 Vgl. Thomas von Aquin, Summ. Theol., I-II 99, 2 – 5. Otto H. Pesch hat die Diskussion um die Originalität der thomasischen Dreiteilung dahingehend entschieden, dass trotz aller Vorläufer Thomas gegenüber der gängigen mittelalterlichen Lehre vor allem den Rechtssat-
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und über die Reformationszeit hinaus weiter beibehaltenen Unterteilung des göttlichen Gesetzes in das Moral-, Zeremonial- und Judizialgesetz.69 Für Weemes korreliert diese Dreiteilung mit der jüdischen Auslegung der Tora in („Comman(„statutes“) und („judgements“).70 Bevor Weemes nun dements“), zwischen der jüdischen Auslegung einzelner Gebote selbst und christlich-theologischen Inhalten vermittelt, indem er diese Gesetzessystematik zugrunde legt, werden an mehreren Stellen allgemein die Unterschiede zwischen den drei mosaischen Gesetzesteilen herausgearbeitet: Für Weemes überragt das göttliche Moralgesetz alle anderen Gesetze. Dies macht er im Eingangskapitel zur Exposition of the Morall Law in Vergleichen zu anderen Gesetzesarten deutlich.71 Gegenüber den anderen mosaischen Gesetzen besitze das göttliche Moralgesetz universelle Geltung, binde den Menschen innerlich und äußerlich und fordere alle Menschen zur gleichen Einhaltung auf.72 Dementsprechend erfährt das göttliche Moralgesetz nicht nur die ausführlichste Erörterung in der Gesetzeslehre Weemes’, sondern der Dekalog wird zudem zum innerbiblischen Bezugspunkt, an dem auch die Geltung und Auslegung der anderen mosaischen Gesetze gemessen wird. Gegenüber dem Moralgesetz besitzt das mosaische Judizialgesetz für Weemes keine universelle Geltung, da es an die Juden – und auch nur an diejenigen in Judäa – gerichtet war; es betreffe auch nicht die innerliche Haltung, sondern den äußeren Zivilgehorsam.73 Es sei an das Können und Wesen des Menschen („estate“) angepasst und kenne schließlich auch im Gegensatz zum Moralgesetz Exemtionen. Die mosaischen Judizialgesetze werden insgesamt als Festschreibungen („Determinations“) des Moralgesetzes gedeutet, wobei diese entweder ius divinum oder ius humanum seien.74 Das ius humanum iudiciale teile sich wie das ius divinum iudiciale auf in Gebote, Verbote, Erlaubnisse und Strafen. Zwar hebt Weemes hierbei hervor, dass das ius divinum iudiciale nicht einfach zu allen Nationen passe.75 Gleichwohl habe es durch seinen göttlichen Ursprung die Juden wie kein anderes gemeines zungen bzw. dem Judizialgesetz (lex iudicialis) zum ersten Mal einen eigenen Platz eingeräumt habe (vgl. ders., Sittengebote, Kultvorschriften, Rechtssatzungen. Zur Theologiegeschichte von Summa Theologiae I-II 99, 2 – 5, in: Willehad Paul Eckert [Hg.], Thomas von Aquino. Interpretation und Rezeption. Studien und Texte, Bd. 5, Mainz 1974, S. 488 – 518, hier: 492 – 494). 69 Zur Dreiteilung des göttlichen bzw. mosaischen Gesetzes vgl. u. a. Weemes, Christian Synagogue (FN 30), S. 254 – 263. 70 Weemes, Exercitations Divine (FN 32), S. 164 (Numerus und Schreibw. wie im Orig.). 71 Der Titel des Kapitels lautet „Of the excellency of the Morall Law above other Lawes.“ (Weemes, Exposition of the Morall Law [FN 34], Tl. 1, S. 1). Der vorangestellte biblische Bezugspunkt zu diesem Kapitel ist Jak 2,8, wo das Gebot der Nächstenliebe als „königliches Gesetz“ bezeichnet wird. 72 Vgl. a.a.O., S. 2. 73 Vgl. a.a.O., S. 2 f.; Weemes, Christian Synagogue (FN 30), S. 255 f. 74 Vgl. Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 1 f. 75 Vgl. a.a.O., S. 2.
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Recht gebunden und alle leges humanae, die in ihrer Billigkeit jenem Judizialgesetz am nächsten kämen, seien daher Ausdruck von Perfektion („most perfect“). Weemes folgert, dass ein Magistrat die mosaischen Judizialgesetze den Zeitumständen entsprechend in die Gesetzgebung aufnehmen kann und ihre Billigkeit sogar alle Völker bindet.76 Auch an der Nützlichkeit der mosaischen Zeremonialgesetze hält Weemes fest, wenngleich sie für Christen im Neuen Bund nicht länger Geltung besäßen und selbst unter den Juden teils nur bestimmte Gruppen betrafen sowie von Ort und Zeit abhängig waren.77 Im Unterschied zum Moralgesetz sei das mosaische Zeremonialgesetz dem Stand und der Fähigkeit des Volkes („infants in the Church“) angepasst gewesen; es habe nur der Sühnung von Sünde (in expiationem peccati), nicht aber wie das Moralgesetz der Bestrafung von Sünde (in poenam peccati) gedient.78 Obwohl die mosaischen Kultvorschriften nicht mehr die christliche Kirche angehen und selbst nicht mal mehr einen Schatten auf das Kommende werfen könnten, nachdem Christus leiblich erschienen ist,79 sieht Weemes dennoch in vierfacher Hinsicht ihre allgemeine Nützlichkeit80 gegeben: Erstens führten sie schlicht dazu, sich an ihrem Alter und ihrer Geschichte zu erfreuen. Zum zweiten lehrten sie, von ihnen im neuen Licht des Evangeliums zu lernen und dankbar Gott gegenüber zu werden. Dies sei vergleichbar mit Hieroglyphen, die zu Buchstaben würden, oder mit den dunklen und mystischen Schriften Platons, die zur klaren einfachen Form des Aristoteles gewandelt werden. Drittens ließen sie auf die Erfüllung der Verheißungen Gottes sehen. Und schließlich machten sie den „miserable estate“ der Juden, die sich immer noch an die Kultvorschriften hielten, augenscheinlich. Auch hier werden anti-judaistische Züge in Weemes’ Theologie deutlich. Weemes gelangt so insgesamt zu einer mosaischen Rechtslehre, die sich durch ein vorrangiges Interesse am geschriebenen mosaischen Gesetz (lex scripta Mosaica) auszeichnet. Das göttliche Moralgesetz (der Dekalog) wird dabei zum entscheidenden Referenzpunkt, da sowohl das mosaische Judizial- als auch Zeremonialgesetz als Appendix des Dekalogs gedeutet werden und an ihrer weiteren Nützlichkeit festge-
76 An dieser Stelle sieht Weemes wesentliche Übereinstimmungen in der Gesetzeslehre mit Thomas von Aquin: „Thomas observeth well, that the Magistrate may adde to the judiciall Law of Moses according to the necessitie of the time, and greatnesse of the offence; and as the Municipall Lawes of other Countries oblige not men, but in the Countrey where they are made, so doth not Moses judiciall Law; […] but the equitie of Moses judiciall Lawes bindeth all people […]“ (a.a.O., S. 147). 77 Vgl. Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), S. 169 – 176; ders., Christian Synagogue (FN 30), S. 254 f. 78 Vgl. Weemes, Exposition of the Morall Law (FN 34), Tl. 1, S. 4; ders., Christian Synagogue (FN 30), S. 257. 79 Vgl. Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), Epist. Ded. f. [Aaaaa5v]. 80 Vgl. zu den folgenden vier Gründen a.a.O., f. [Aaaaa5v]-[Aaaaa6r]; leicht abweichend: a.a.O., S. 172.
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halten wird.81 Gerade im Rahmen der Behandlung des mosaischen Judizialgesetzes werden dann politische Themen behandelt und rechtlich erörtert: Neben der schon dargestellten Diskussion über die Regierungsform auch die Gerichtsbarkeit, das Ehe- und Scheidungsrecht, das Straf- und Vertragsrecht, das Recht auf Vergeltung (Talion) und Kriegsrecht, Bestattungen und schließlich die Ökonomie.82 Mit diesem Ansatz in der Auslegung der mosaischen Gesetze steht Weemes dann aber eben doch auch in reformierter Tradition. Hier ist zunächst der Reformator Heinrich Bullinger, Nachfolger Huldrych Zwinglis in Zürich, zu nennen: Bullinger hatte in seinem wirkungsreichen theologischen Hauptwerk, den Dekaden (1549 – 51), einer Sammlung von je zehn Lehrpredigten in fünf Büchern, die durch die englische Übersetzung auch im englischen Sprachraum weit verbreitet war, eine umfassende Lehre der mosaischen Gesetze entworfen, die der Weemes’ nahesteht.83 Noch deutlicher aber sind die Übereinstimmungen mit der Genfer reformierten Tradition und Johannes Calvin: Calvin war in seiner späten Genfer Zeit 1559 – 62 zu einem Neuansatz in der Auslegung der mosaischen Gesetze, einer „Mosaischen Harmonie“ der letzten vier Bücher Mose gelangt, die sowohl Verbindungen zu seiner früheren Evangelienharmonie, aber auch zur humanistischen Jurisprudenz Frankreichs zeigt.84 Wie Calvin vollzieht auch Weemes den Gedankengang von der allgemeinen Gesetzeslehre über den Dekalog, zu den Zeremonial- und Judizialgesetzen als Anhang des Dekalogs bis hin zur Anwendung der Gesetze.85 Des Weiteren liegen durch den festgestellten Einfluss auf Weemes von Franciscus Junius, der in Genf studiert hatte und selbst eine mosaische 81
Mit folgendem bildlichen Vergleich wird das Verhältnis der drei mosaischen Gesetzesteile untereinander ausgedrückt: „The Scripture compareth the morall Law to a prison, Gal. 3.22. the Ceremoniall Law to a second Ward, and these Iudiciall Lawes to a Iailor to keepe the transgressors in close prison that none of them breake out“ (Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes [FN 36], 3). Weemes unterscheidet bei den für einen Christen einzuhaltenden Geboten auch zwischen anteilig zeremonialen und judizialen mosaischen Gesetzen und lehnt hier die Geltung von Geboten, die ganz auf dem Boden der mosaischen Kultvorschriften stehen, für Christen ab (vgl. u. a. Weemes, Exposition of the Ceremoniall Lawes [FN 35], S. 173). 82 Vgl. schon den ausführlichen Titel in FN 36 weiter oben. 83 Die umfassende Lehre vom Gesetz nimmt die gesamte zweite Dekade und große Teile der dritten Dekade ein. Vgl. Heinrich Bullinger, Sermonum Decades quinque, de potissimis Christianae religionis capitibus, in tres tomos digestae, Zürich 1552. Auch er lässt eine besondere Wertschätzung der geschriebenen mosaischen Gesetze erkennen, hatte das Zeremonial- und Judizialgesetz als Appendix des Dekaloges gedeutet und ähnliche Gedanken wie Weemes zu deren Gebrauch unter Christen entwickelt (vgl. bes. a.a.O., f. 36r, f. 38r-39v, f. 132r-v, f. 136r, f. 140v, f. 145r-v). 84 Vgl. zuletzt ausführlich Barbara Pitkin, Calvin’s Mosaic Harmony: Bibilical Exegesis and Early Modern Legal History, in: Sixteenth Century Journal 49,2 (2010), S. 441 – 466; Erik de Boer, The Genevan School of the Prophets. The congrégations of the Company of Pastors and their Influence in 16th Century Europe (Travaux d’Humanisme et Renaissance, Bd. 512), Genf 2012, S. 163 – 187. 85 Johannes Calvin, Commentaires sur les cinq livres de Moyse. Genese est mis à part, les autres quatre livres sont disposez en forme d’Harmonie, Genf 1564. Vgl. ders., Commentarii in quinque libros Mosis, CO 23 – 25, hier: CO 24, Praef. Sp. 7 f.
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Rechtslehre entwarf, aber auch von Calvins Nachfolger Théodore de Bèze, von dem er sogar ein Gebet an das Ende der Werkausgabe stellt, die Bezüge hier auf der Hand.86 In der Gesetzeslehre Weemes’ zeigen sich also Wirkungen der reformierten Theologie und Konfession ebenso wie die Syntheseleistungen eines christlichen Hebraisten gegenüber hebräischen Quellen und jüdischen Lehren. Bleibt nun noch danach zu fragen, welche Stellung Jüdinnen und Juden selbst in Weemes’ Theologie und christlichem Hebraismus einnahmen. 2. Zur Toleranzfrage: Duldung von Juden im christlichen Gemeinwesen Überblickt man John Weemes’ Einstellung gegenüber dem Judentum, so wird eines ganz deutlich: Seine Ausführungen zur politia judaica führen unweigerlich zu Spannungen, fast Widersprüchen in seinem Werk, die auch bei anderen christlichen Hebraisten und Autoren der politia judaica-Literatur seiner Zeit auftauchen. So können Juden und jüdische Gelehrte z. B. einerseits in ihrer Schrifttreue und Gelehrtheit im Gesetz Gottes gewürdigt werden,87 auf der anderen Seite aber auch für ihr falsches Bibel- und Gesetzesverständnis – im Vergleich zum christlichen Glauben! – gerügt und beschimpft werden.88 Von diesen Spannungen in dem Werk Weemes’, die zumindest indirekt Rückschlüsse auf sein Verhältnis zum Judentum zulassen, heben sich noch einmal zwei Passagen in seinem Gesamtwerk ab, in denen Stellung dazu genommen wird, ob Juden in einem christlichen Gemeinwesen toleriert werden sollten oder nicht: zunächst in Kapitel 15 der Exposition of the Iudiciall Lawes of Moses und dann im siebten Abschnitt des vierten Teils seines letzten Werkes A Treatise of the Foure Degenerate Sonnes.89 Schon die fast identischen Titel zu diesen Abschnitten deuten auf inhaltliche Nähen hin, doch sind auch Unterschiede festzustellen: Im 15. Kapitel der Exposition of the Iudiciall Lawes geht Weemes von einem Vers aus dem paulinischen Ölbaumgleichnis (Röm 11,23: „Jene aber, sofern sie nicht in Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott kann sie wieder einpfropfen“) aus.90 Er unterscheidet dabei zunächst zwischen religiösen Gründen und zivilen Gründen (Zivilverträge, Handel), die gegen eine Duldung von Juden in einem christlichen Gemeinwesen sprächen. Sowohl in der Aufzählung von acht 86
Zu Junius siehe oben FN 25, zu de Bèze weiter unten FN 99. S. oben FN 53. Juden verbringen laut Weemes idealer Weise zwei Drittel ihres Lebens mit dem Studium des Talmuds und ein Drittel mit der Heiligen Schrift, um zu guten Auslegern des Gesetzes Gottes zu werden (vgl. Weemes, Exercitations Divine [FN 32], S. 87). 88 Vgl. u. a. Weemes, The Christian Synagogue (FN 30), S. 6 – 8 (zum Judaismus), 91; ders., Exposition of the Ceremoniall Lawes (FN 35), S. 250. 89 Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 57 – 61: „Chap[ter] XV. Whether the Iewes should bee tolerated in a Christian Common-wealth or not?“; ders., Treatise of the Foure Degenerate Sonnes (FN 37), S. 337 – 343: „Sect[ion] 6 [i. e. 7]. Whether the Jewes are to be suffered in a Christian common wealth or not?“. 90 Vgl. Weemes, Exposition of the Iudiciall Lawes (FN 36), S. 57. 87
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religiösen wie den weiteren zivilen Gründen werden in der Folge anti-jüdische Klischees bedient: Juden verabscheuten Christen, hassten die Jungfrau Maria, machten sich über Christi königliches Amt lustig, hätten Jesu Kreuzestod ins Lächerliche gezogen, machten gemeinsame Sache gegen die Christen im Handel, zögerten nicht, Christen zu vergiften usw.91 Diesen Gründen, die gegen eine Tolerierung von Juden in einem Gemeinwesen sprechen, hält Weemes fünf entgegen, die alle theologisch motiviert sind. Im Hintergrund steht hierbei die Unterscheidung zwischen solchen Juden, die Christus schmähten und so Blasphemie begingen, und solchen, die immer noch in Blindheit lebten und man eher bemitleiden sollte („we should pitie“).92 Weemes schlägt sich nun nirgendwo in diesem Kapitel klar auf die Seite der Toleranz von Juden, sondern nennt erst einmal nur fünf Gründe für eine „Bemitleidung“ dieser Juden.93 Am Ende der Erörterungen in diesem Kapitel spricht sich Weemes zwar nicht klar und direkt für eine Toleranz der Juden aus, sagt aber doch, dass „some Christian Common-wealths“ die Juden zugelassen hätten – allerdings unter fünf Auflagen94 : Unterordnung der Juden unter die positiven Gesetze eines Landes, ein Unterlassen von Schmähungen und Beleidigungen gegenüber Christen, keine Verführung von Christen und Heirat zwischen Juden und Christen, keine Erlaubnis zur Ausbeutung von Christen durch Wucher und schließlich Verweigerung öffentlicher Ämter und stattdessen Kennzeichnung der jüdischen Bevölkerung durch ein bestimmtes Abzeichen oder Kleidungsstück. Diese fünf Auflagen beschreiben damit eine gesetzmäßige Segregation von Juden im Gemeinwesen und eine Einschränkung von Freiheiten bis in das private Äußere. Dennoch muss beachtet werden, dass Weemes diese Auflagen am Ende des betreffenden Kapitels unkommentiert lässt, sich also nirgendwo für oder gegen sie ausspricht. Dies kann nun so gedeutet werden, dass Weemes wenigstens exemplarisch Möglichkeiten aufzeigen will, wie Juden bisher auf Grundlage des Gesetzes mit Christen in einem Gemeinwesen zusammenleben konnten. Im Mittelpunkt seines Interesses liegt aber letztlich nicht die rechtliche Sicht der Toleranzfrage, sondern die theologische, wobei die biblische Bundesvorstellung hervorsticht. Dies zeigt sich noch deutlicher im Treatise of the Foure Degenerate Sonnes. Hier spricht sich Weemes klarer als in der Exposition of the Iudiciall Lawes für die Toleranz von Juden in einem christlichen Gemeinwesen aus.95 Das bereits in der Ex91
Vgl. ausführlich a.a.O., S. 57 – 59. A.a.O., S. 60. 93 Vgl. ebd. Hierbei wird unter anderem noch einmal auf die eigenen jüdischen Wurzeln Jesu hingewiesen und im Sinne des Bundesgedankens betont, dass die Heiden vor Christus nicht zum Bund des Gottesvolkes gehörten, damals aber die Juden auch schon für die Heiden gebetet hätten. Dieser Gedanke wird dann im Treatise of the Foure Degenerate Sonnes weitergeführt. 94 Vgl. die Liste a.a.O., S. 60 f. 95 „The Iewes are to be tollerated amongst Christians now, when they are out of the Covenant, as they did tolerate us Gentiles when wee were out of the covenant“ (Weemes, Treatise of the Foure Degenerate Sonnes [FN 37], S. 337). 92
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position explizierte Argument, das die einstige gerechte Behandlung der Heiden durch das unter dem Bund mit Gott stehende jüdische Volk zum Maßstab für das gegenwärtige Verhalten der Christen gegenüber Juden machte, wird nun breiter entfaltet und zum eigentlichen Hauptargument. Weemes unterscheidet systematischer als in der Exposition drei jüdische Gruppen: erstens solche Juden, die nicht nur nach der Geburt Juden sind, sondern dies auch mit solcher Hingabe seien, dass sie sich Christus gegenüber blasphemisch verhielten. Hier gelte, dass eine solche Gotteslästerung genauso geahndet werden muss wie die Blasphemie bei Christen, nämlich mit der Todesstrafe.96 Toleranz gegenüber dieser Gruppe von Juden ist also für Weemes ausgeschlossen. Einer zweiten Gruppe von Juden, die von Geburt an ihre Religion auslebt und dabei nicht in Konflikt mit der christlichen Religion kommt, kann und sollte dagegen Toleranz in einem christlichen Gemeinwesen zukommen.97 Weemes deutet diese Gruppe letztlich so, dass sie aus Unwissenheit nicht den wahren Gott anbete, aber letztlich auch noch Hoffnung auf ihre Konversion zum christlichen Glauben bestehe. Diese Juden sollen für Weemes zugleich aber gewisse Freiheiten genießen: Glaubensfreiheit (denn sie könnten nicht zum rechten Glauben gezwungen werden), Freiheit der Religionsausübung (genauer: Zugeständnis der Beschneidung) und Versammlungsfreiheit in Synagogen. Mit Bezug auf das kanonische Recht wird allerdings eine Ehe zwischen Juden und Christen ausgeschlossen. Schließlich bezieht sich eine dritte Gruppe auf solche Juden, die bereits zum christlichen Glauben konvertiert sind und die christliche Kirche bereicherten.98 Will man das Toleranzverständnis Weemes’ gegenüber dem Judentum auf den Punkt bringen, so wäre letztlich von einem eingeschränkten Zugeständnis von Freiheiten (Glaubens-, Religions- und Versammlungsfreiheit) zu sprechen, das das Zusammenleben von Juden und Christen ermöglichen will, solange keine religiösen Konfliktsituationen für Christen entstehen. Hinter diesem Zugeständnis steckt aber bei Weemes aus theologischer Sicht stets die Hoffnung auf eine mögliche Bekehrung im Judentum.99 Dies ist bereits als ein möglicher positiver Beitrag zur Wiederzulassung von Jüdinnen und Juden in England 1656 gedeutet und mit philosemitischen Tendenzen unter puritanischen Theologen Englands verglichen worden.100 Doch warum beschäftigt sich Weemes überhaupt mit Toleranzfragen gegenüber dem Judentum in einer Zeit in Schottland, für die sich keine jüdischen Bevölkerungs96
Vgl. a.a.O., S. 338. Vgl. zu dieser Gruppe weiter a.a.O., S. 338 – 342. 98 Vgl. a.a.O., S. 342 f. Weemes nennt für diese Gruppe exemplarisch eine geschichtliche Reihe, die von Hieronymus bis zum jüdischen Konvertiten und späteren reformierten Theologen und Bibelübersetzer Immanuel Tremellius (1510 – 1580) reicht. 99 Der Titel von „Sect[ion] 10. The reasons why the Christians should be so earnest for the conversion of the Jewes.“ (a.a.O., S. 378 – 380) im vierten Teil spricht bereits für sich. Bezeichnenderweise schließt Weemes den Treatise mit einem Gebet für die Konversion der Juden zum Christentum von Théodore de Bèze ab (vgl. a.a.O., f. [Cccccccccc1r]). Vgl. zur Bundesthematik auch a.a.O., S. 363 – 380. 100 Vgl. Shim, Biblical Hermeneutics (FN 2), S. 201 – 205. 97
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gruppen und überhaupt schwerlich die Existenz einzelner Jüdinnen und Juden nachweisen lassen?101 Auch hier wäre am ehesten an die nachgewiesenen Verbindungen zum kontinentaleuropäischen christlichen Hebraismus und z. B. die Bedingungen in den Niederlanden, wo ähnliche Haltungen in Fragen der Duldung von Jüdinnen und Juden bereits existierten, zu denken.102 IV. Ergebnis: politischer Hebraismus in konfessioneller und transkonfessioneller Perspektive In den sich zum Ende des 16. Jahrhunderts verdichtenden politischen Diskursen, in denen die historische und rechtliche Orientierung am jüdischen Gemeinwesen (politia judaica) eine Rolle spielte, waren sowohl konfessionelle wie auch transkonfessionelle Aspekte ausschlaggebend. In der Analyse lassen sich diese Aspekte, wie das Beispiel John Weemes zeigt, nicht immer klar voneinander trennen und konnten sich wechselseitig beeinflussen. In seinem Fall wird die historische und rechtliche Orientierung an der politia judaica zu einem zentralen Bestandteil einer Theologie, in der hebraistische Grundtendenzen verbindend wirkten. Durch den Nachweis seiner Disputation in Leiden 1597 unter dem Vorsitz Franciscus Junius’ wurden die Verbindungen zum christlichen Hebraismus des europäischen Festlands deutlich, die über Weemes hinaus vergleichbar mit einer Art Wissenstransfer auf die britischen Inseln sind. Dort blieb Weemes noch nachfolgenden Theologen- und Gelehrtengenerationen bekannt: Aber nicht nur britische Gelehrte wie Samuel Rutherford (ca. 1600 – 1661), Edward Leigh (1602 – 1671), Richard Baxter (1615 – 1691) oder John Owen (1616 – 1683), sondern auch solche auf dem europäischem Festland wie der niederländische Theologe Melchior Leydecker (1642 – 1721) haben Werke Weemes’ rezipiert.103 Ein Gang durch die Werke des dann zum wichtigen schottischen Frühvertreter des christlichen Hebraismus werdenden Weemes machte deutlich, welche politischen Lehren und Implikationen selbst in seinen theologischen Lehrbüchern steckten. In den Diskussion um die politia judaica und in den bisherigen Forschungen rund um den politischen Hebraismus, die im ersten Teil dieses Beitrags aufgegriffen wurden, werden bisher allerdings solche theologischen Werke weit weniger berücksichtigt als die Schriften von Nicht-Theologen. Dies fällt zusammen mit einem geringeren Interesse an der Untersuchung der konfessionellen Eigenarten im konzeptionellen Ansatz der Erforschung des politischen Hebraismus. Zugegebenermaßen wird mit einer stärkeren Berücksichtigung der theologischen und konfessionellen Aspekte auch ein analytisches Verfahren, das nach Modernisierungstendenzen im politischen Denken und in der Ausdifferenzierung von Staat, Recht, Kirche und 101 Vgl. Abraham Levy, The Origins of Scottish Jewry, in: Transactions of the Jewish Historical Society of England 19 (1960), S. 129 – 162. 102 Siehe oben Abschn. II. Vgl. Arend H. Huussen, The Legal Position of the Jews in the Dutch Republic c. 1590 – 1796, in: Jonathan Israel / Reinier Salverda (Hgg.), Dutch Jewry. Its History and Secular Culture (1500 – 2000) (Brill’s Series in Jewish Studies, Bd. 29), Leiden u. a. 2002, S. 25 – 41, bes. 30 – 34. 103 Vgl. die Nachweise bei Sytsma, John Weemes (FN 27), S. 300 f. mit FN 7 f.
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Kultur fragt, komplexer. Dennoch zeigt das Beispiel John Weemes, dass eine Unterscheidung und vergleichende Erwägung von konfessionellen und transkonfessionellen Aspekten in den politischen Dimensionen des Hebraismus sinnvoll sind: In konfessioneller Hinsicht wurde besonders an der mosaischen Gesetzeslehre sichtbar, dass Weemes’ reformierter Hintergrund die ausgesprochene Würdigung der Gesetze Moses mindestens begünstigt hat. Er konnte hier an Ansätze der Systematisierung und Auslegung der mosaischen Gesetze anschließen, die in prominenter Weise durch Heinrich Bullinger und später Johannes Calvin in der reformierten Tradition Grundlage wurden. Auch entsprach eine umfassende Anwendung der mosaischen Gesetze seiner auf die Lebenspraxis ausgerichteten reformierten Theologie, die gesamtbiblisch und insbesondere alttestamentlich ausgerichtet war. In transkonfessioneller Perspektive wurden dann gerade auch bei Weemes’ mosaischer Gesetzeslehre Überschneidungen mit den politischen Dimensionen seines christlichen Hebraismus deutlich. Gerade hier sind eigenständige Vermittlungsleistungen seiner Theologie gegenüber jüdischen Lehren und Quellen zu würdigen. Darüber hinaus lassen sich konfessionelle und transkonfessionelle Zuordnungen natürlich immer am ehesten durch direkte oder auch indirekte Abgrenzungen und Frontstellungen nachvollziehen. Weemes’ Rückgriff auf das „Jüdische“, auf die Geschichte und Gesetze des jüdischen Gemeinwesens als politische Dimension seiner Theologie geht stets von der Grundlage eines christlichen Gemeinwesens aus. In konfessioneller Perspektive schließt dies allerdings scharfe, vielfach auch polemische Abgrenzungen zur römisch-katholischen Seite ein, die die innerprotestantischen Unterschiede (z. B. Abgrenzungen zu den Täufern) weniger wichtig erscheinen lassen. In transkonfessioneller Perspektive steht das Verhältnis von Christen und Juden im Vordergrund. Dadurch, dass Weemes in Schottland ohne nachweisbare jüdische Bevölkerung in dieser Zeit über eine mögliche Duldung von Juden schrieb, war er seiner Zeit, wenn man so will, voraus. Zugleich blieb auch er, wie jede und jeder andere in seiner Zeit verhaftet, denn die Positionen, die er dabei vertrat, nahmen ja zugleich typische anti-judaistische Argumente von einem christlichen Standpunkt aus auf. Die konfessionelle und transkonfessionelle Perspektive auf den politischen Hebraismus richten sich schließlich paradoxerweise dann doch beide wieder auf dieselben Fragen: Welche Grenzen hatte das christliche Gemeinwesen? Und welches christliche Gemeinwesen eigentlich?
Spinoza und die christliche Mystik des 17. Jahrhunderts – eine kritische Erörterung des Säkularisierungsbegriffs Von Marcel Senn1 Längst ist die opinio communis zu Spinoza gemacht: Spinoza ist ein säkularer Philosoph. Was also soll eine Abhandlung zu „Spinoza und die christliche Mystik des 17. Jahrhunderts“ noch an neuer Erkenntnis bringen? Denn die Säkularisierungsthese nach gegenwärtigem Wissenschaftskanon besagt, dass es eine klare Trennlinie zwischen Theologie und Religion einerseits und Philosophie und wissenschaftlicher Erkenntnis andererseits gebe, so dass diese Disziplinen miteinander kaum etwas gemeinsam haben könnten, auch wenn sie bis in die frühe Neuzeit hinein eng liiert waren oder in anderen Kulturräumen – etwa Asien bzw. Nordamerika – keineswegs dem eisernen Gesetz dieser Dichotomie unterliegen. Weshalb also soll nach einem Halm zeitgenössisch-christlicher Mystik bei Spinoza2 gesucht werden,3 wenn sich aufgrund seiner jüdischen Herkunft bereits der Anfangsverdacht eines Verhältnisses zur näher liegenden Kabbalistik4 als nicht tragender Zweig erwiesen hat?5 1 Zu danken habe ich insbesondere meiner Assistentin BLaw Katharina Niederberger für Unterstützung bei der Materialsammlung und kritischen Korrektur der Druckfassung sowie auch MSc et BLaw Dominique Ammann für das Korrekturlesen des Entwurfs. 2 Vgl. dazu: A. Matheron, Le Christ et le salut des ignorants chez Spinoza, Paris 1971 (= Analyse et raisons, 16). Nach Matheron ist Jesus Christus im Gegensatz zu Mose ein Universalist, der für alle Menschen gültige Glaubenssätze predigt. Dabei stehen die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit im Zentrum (S. 7 f., 110). Wer nach diesen Regeln lebt, kann gerettet werden (S. 99). Christus ist weniger ein Prophet, sondern vielmehr die Stimme Gottes (la voix de Dieu, S. 91). Gegenüber den Philosophen äußert Christus seine Botschaft auf höherer Ebene, während er gegenüber weniger Verständigen sich einfacher ausdrückt und in Gleichnissen spricht (S. 131 ff.). 3 Wolfgang Röd hat in seiner Geschichte der Philosophie (Philosophie der Neuzeit 1: Von Francis Bacon bis Spinoza, Bd. VII, München, 2. Aufl. 1999) auf S. 304 (FN 18) das Verhältnis bislang als Einziger thematisiert, ohne es allerdings konkreter auszuführen. Er versteht den Begriff der Mystik als Idee eines All-Einheits-Denkens, das die natürliche Seinstotalität hintergeht, und deutet diesen im Sinne des von Wolfgang Bartuschat erschienenen Buchs „Spinozas Theorie des Menschen“, Hamburg 1992, S. 349 neuplatonisch um. In W. Röd, Der Gott der reinen Vernunft. Ontologischer Gottesbeweis und rationalistische Philosophie, München 1991, ist davon noch nichts zu lesen (S. 87 ff., 104 f.). 4 Vgl. A. Kilcher, Kabbala in der Maske der Philosophie. Zu einer Interpretationsfigur in der Spinoza-Literatur, in: H. Delf / J. Schoeps / M. Walther (Hg.), Spinoza in der europäischen Geistesgeschichte, Berlin 1994 (= Studien zur Geistesgeschichte, 16), S. 193 – 242.
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Indessen geht es nicht um eine vordergründige Relation von Spinoza und Mystik, sondern darum, unser Augenmerk auf uns selber zu richten und uns als Akteure in diesem kognitiven Perzeptions- und Rezeptionsprozess mitzusehen. Spinoza hat – wie viele seiner Zeitgenossen des 17. Jahrhunderts – seine Welt sicherlich nicht, jedenfalls nicht nur im Sinn von unseren geschichtlich gewachsenen, trennscharfen Kategorien verstanden oder verstehen können. Unsere Art des wissenschaftlichen 5
Zwar ist das Thema „Religion“ in den 1990er Jahren in den Fokus der Spinoza-Forschung gelangt, doch erfuhr es nur kurze und marginale Aufmerksamkeit. Einer der ersten, der diese Thematik damals bewusst aufgriff, war Alexander Samely (Spinozas Theorie der Religion, Würzburg 1993 [= Schriftenreihe der Spinoza-Gesellschaft, 2]). Der Thematik der Religion in Spinozas Philosophie wurde 1995 auch ein Band der Studia Spinozana gewidmet (H. De Dijn / F. Mignini / P. van Rooden [Hg.], Spinoza’s Philosophy of Religion, Würzburg 1996 [= Studia Spinozana, 11]). Doch – so mein Eindruck – erscheint das Thema der Religion eher als eine interessante Marginalie aus dem Blickwinkel einer systematisch werkimmanenten Interpretation. Ferner gibt es im Anschluss an eine frühere Diskussion um den Einfluss der Kabbala auf Spinoza und Yovels These vom Marranentum Spinozas eine aktuell spezifische Wahrnehmung von Spinoza als Jude (vgl. S. Nadler, The Jewish Spinoza, in: Journal of the History of Ideas 70 [2009], S. 491 – 510, insb. 492 ff., 498 ff.; sowie ders.: Spinoza as a Jewish Philosopher, in: S. Nadler / M. Walther / E. Yakira (Hg.), Spinoza and Jewish Identity, Würzburg 2003 [= Studia Spinozana, 13], S. 64 ff.; vgl. insb. die Kritik von Manfred Walther dazu [M. Walther, Was/Is Spinoza a Jewish Philosopher? Spinoza in the Struggle for a Modern Jewish Cultural Identity in Germany: A Meta-Reflection, in: S. Nadler / M. Walther / E. Yakira (Hg.), Spinoza and Jewish Identity, Würzburg 2003 [= Studia Spinozana, 13], S. 207 ff.]). Diese Beiträge vermochten die festgefügte Interpretation zu Spinoza jedoch nicht nachhaltig zu irritieren und neu zu definieren. Nach der historiographischen Säkularisierungsthese der bürgerlich-liberalen wie der marxistisch-materialistischen Geschichtsauffassung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurden die Portraits der Philosophen der frühen Neuzeit (in Abgrenzung zu allem, was dem verteufelten „dunklen Mittelalter“ zugeschrieben wurde und noch wird) in der Weise geschönt, dass sie dem profanen Weltbild des perfekt säkularen Empiristen, Naturalisten und Materialisten entsprachen. Allfällige Anzeichen aus der alten, als „mittelalterlich“ eingestuften Welt wurden folgerichtig als zeitbedingtes Kolorit für die Interpretation überflüssig. Dieses Grundverständnis prägt unter anderem auch das SpinozaBild der Wissenschaft, worin sich allerdings die gesellschaftspolitischen Zeitläufe einer aktualisierenden Perspektivenbildung widerspiegeln. Entsprechend wird der gottlose Rationalist zum Naturalisten, gar zum Manchesterliberalen, bei dem vor allem die Haifische auf die Rechnung kommen (vgl. M. Senn, Vom Recht der grossen und der kleinen Fische. Ein Versuch zur Klärung eines Missverständnisses betreffend die Rechtslehre von Baruch de Spinoza, in: S. Hotz / K. Mathis [Hg.], Recht, Moral und Faktizität. Festschrift für Walter Ott, Zürich/St. Gallen 2008, S. 202 – 219). Derselbe Spinoza avanciert bei sozialistischen Autoren um 1900 hingegen zum Vordenker des Materialismus (G. Plechanow, Bernstein und der Materialismus, in: Die Neue Zeit [1897/1898] 44, S. 545 – 555) und gleichzeitig kann er als Machttheoretiker von machiavellistischem Schlag und sozialdarwinistischem Opportunismus gesehen werden (vgl. M. Senn, Frei denken – staatlich handeln, in: M. Czelinski et al. [Hg.], Transformation der Metaphysik in die Moderne. Zur Gegenwärtigkeit der theoretischen und praktischen Philosophie Spinozas. Festschrift zum 65. Geburtstag von Manfred Walther, Würzburg 2003, S. 116; A. Orsucci, Einige Bemerkungen zum Verhältnis von Spinozismus und Naturwissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: E. Balibar / H. Seidel / M. Walther [Hg.], Freiheit und Notwendigkeit. Ethische und politische Aspekte bei Spinoza und in der Geschichte des (Anti-) Spinozismus, Würzburg 1994 [= Schriften der Spinoza-Gesellschaft, 3], S. 191 ff.). Zwischen 1930 und 1980 war es – bedingt durch den Zweiten Weltkrieg und dessen ideologische Zerrbilder, die den Nationalsozialismus überdauerten – eher still.
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Denkens ist stark vom Geist des späteren 19. Jahrhunderts geprägt. Nach dieser Auffassung darf eine seriöse Wissenschaftsdisziplin wie die moderne Philosophie sich nicht mit einer Weltsicht der Mystik, die bestenfalls zwischen Fantasie und Spekulation einzustufen ist, kontaminieren. Das positivistisch-systematische Wissenschaftsverständnis hat uns in den letzten zweihundert Jahren ein Stück weit in die Enge getrieben und uns auf einem Auge vielleicht auch blind gemacht. Diese Entwicklung lässt sich etwa im Bestreben der zunehmenden Verwissenschaftlichung des Begriffs „Mensch“ vom 18. bis ins 20. Jahrhundert beobachten. Der Begriff des Menschen wurde im 18. Jahrhundert noch kosmopolitisch und philanthropisch verstanden, doch im weiteren Verlauf durch diskriminierende Kategorisierungen nach Rassen und einer zutiefst inhumanen Anthropologie mit sozialdarwinistischem und elitärem Gepräge ausdifferenziert. Anhand dieses Beispiels ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Zunahme klar trennbarer Kategorien nicht notwendig einen Zuwachs an wissenschaftlicher Erkenntnis mit sich bringt, wenn auch in formaler Hinsicht eine Differenzierung vorgenommen wird. Die Komplexität der Dinge ist vielmehr aus ihrem Kontext heraus – was sie darin einmal bedeute(te)n – zu verstehen und somit als ein historisches Phänomen eines Prozesses zu sehen, statt diesen auf einen enzyklopädischen Wissensrationalismus zu verkürzen.6 Das methodologische Problem besteht aus hermeneu6
Dazu ein Beispiel aus der Musikgeschichte: So wenig sich eine sinnvolle Unterscheidung zwischen religiöser und profaner Musikproduktion bei einem Musiker wie J. S. Bach treffen lässt, insofern Bach einer Praxis des Barockzeitalters folgend Musik vom säkularen in den sakralen Bereich transferierte, wie das Beispiel des Weihnachtsoratoriums erkennen lässt, so verhält es sich – wie mir scheint – auch in dieser Sache nicht anders, nur mit dem bereits angedeuteten Unterschied, dass Philosophie als Wissenschaft ihre Seriosität nicht durch ihre autonome Denkleistung, sondern erst durch den Grad ihrer weltlich-spröden Trockenheit erhält. Das Problem der Befremdung liegt nur bei uns, weil wir vermeinen, dass ein so bedeutender Musiker vom Range Bachs zwischen religiöser und profaner Musik strikte zu unterscheiden habe. Als ich das erste Mal das Terzett aus der fünften Kantate von Bachs Weihnachtsoratorium hörte, traute ich meinen Ohren nicht: Sopran und Tenor singen weinerlich klagend: „Ach, wenn wird die Zeit erscheinen? Ach, wenn kömmt der Trost der Seinen?“ Derweil die Alt-Stimme einwirft: „Schweigt, er ist schon wirklich hier!“ Gemeint ist die Präsenz Gottes in der Welt, die die Menschen nicht sehen wollen oder können. Das heißt die Geburt Christi ist gegenwärtig; Anlass für eine affektiv bange Erwartung gibt es nicht, sähe man klar. Die Textstelle stammt von Bach selbst; sie ist auf das Jahr 1734 zu datieren. Sie erinnerte mich an Texte von Mystikern wie Daniel Czepko, Angelus Silesius oder Jakob Böhme, die gut achtzig Jahre zuvor die Immanenz Gottes vergleichbar ausgedrückt hatten. Das Epigramm von Silesius, dass der Christ im Hier und Jetzt zu blühen habe oder sonst tot bleibe, ist hierfür bezeichnend (Silesius, Angelus, Der cherubinische Wandersmann, Held, Hans Ludwig [Hg.], Sämtliche poetische Werke in drei Bänden, Bd. 3, München 1924, III/90, S. 111). Wie kann Bach profane, also weltliche Musik, im Fall des Weihnachtsoratoriums (BWV 248) eine „Marketingmusik“ für das sächsische Herrscherhaus als Eingangschor für gehobene religiöse Ansprüche, ja für sein eigenes und eindeutig religiöses Anliegen, wieder verwenden? Die Antwort ist unwissenschaftlich einfach: Ob als Glückwunschkantate (wie BWV 214) für die sächsische Kurfürstin Maria Josepha oder zu Ehren des himmlischen Herren komponiert, es passt, es macht Freude, es wirkt sinnstiftend, mit Pauken und Trompeten das Fest zu begehen. Es entsprach zeitgenössischer Praxis, in dem Sinne zu „parodie-
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tischer Sicht somit darin, dass durch aktualisierende Rückprojektionen unserer heutigen Kategorien auf einen Gegenstand der Geschichte normative und situative Fehleinschätzungen erzeugt werden. Dieser Sachverhalt lässt sich auch im Umgang mit dem berühmten Leitgedanken aus Spinozas Theologisch-Politischen Traktat, wonach die Freiheit des Denkens ohne Beschädigung der pietas oder der pax einer res publica zugestanden werden könne, gleich zweifach belegen: 1. Das zum Leitsatz gehörende Zitat aus dem Ersten Brief des Johannes wird regelmäßig nicht wiedergegeben. Dieses lautet: „Daran erkennen wir, dass wir in Gott bleiben und Gott in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat“. Dessen Auslassung folgt der Logik, dass seriöse Philosophie nur säkular sein könne, und da Spinoza eben ein seriöser Philosoph sei, habe ein Zitat wie dieses in der erklärenden wissenschaftlichen Literatur nichts zu suchen, vielmehr sei es bloßes Dekor für den zeitgenössischen Adressaten gewesen. Dieser Zusatz ist jedoch die notwendige Grundlage, auf welcher der Leitgedanke selbst beruht. Es gibt Spinozas Gottesverständnis im Sinn seiner „Ethica“, an der er 1670 bereits seit Jahren arbeitete, wieder und bildet die nicht hintergehbare Referenz der zeitgenössischen Topoi pax, libertas philosophandi und pietas, die er im Rahmen des zeitgenössischen Diskurses ebenfalls abhandelt. 2. Desgleichen halte ich es für unsinnig, dem Begriff der pietas die Bedeutung von Moralität zu unterlegen.7 Die pietas erfüllt im zeitgeschichtlichen Kontext der Konfessionsfrage eine gesellschaftspolitische Funktion, die nicht aktualisierend – im Sinn eines neukantianischen Verständnisses – umzudeuten ist, weil man dem Säkularisierungstrend dadurch näher käme. Hier stoßen wir auf den Kern des Problems. Die Wahrnehmung Spinozas ist seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert konstant geblieben. Auch wenn wir gerne vorgeben, auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu sein, sind wir tatsächlich einem Klischee gefolgt, das die theologische Orthodoxie nach 1670 als Spur für willige Nachfolger vorgegeben hatte. Spinoza gilt seither als „gottlos“.8 War das Urteil ren“. Zum Problem wurde dies erst mit der Grenzziehung zwischen einer „seriösen“ und einer bloß noch „unterhaltenden“ Musik, als ob das eine das andere ausschlösse. Doch, gute Musik bleibt gute Musik und sie erfüllt ihre Funktion auch in variierenden Kontexten, wenn sie in der Kompositionsarchitektur zu überzeugen vermag. 7 W. Bartuschat, Moralität bei Spinoza, in: M. Senn / M. Walther (Hg.), Ethik, Recht und Politik bei Spinoza. Vorträge des 6. internationalen Kongresses der Spinoza Gesellschaft, Zürich/Basel/Genf 2001, S. 24 ff.; ders., Einleitung, in: Baruch de Spinoza, Theologischpolitischer Traktat [1670], W. Bartuschat (Hg.), Baruch de Spinoza, Werke in drei Bänden, Bd. 2, Hamburg 2012, XVI.; ders., Spinoza über libertas philosophandi in Religion und Politik, in: IZEA-Vorträge 2, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2006, S. 5 ff. 8 Eine Übersicht zum Atheismusvorwurf bei E. Altkirch, Maledictus und Benedictus. Spinoza im Urteil des Volkes und der Geistigen bis auf Constantin Brunner, Leipzig 1924; M. Senn, Spinoza und die deutsche Rechtswissenschaft. Eine historische Studie zum Rezeptionsdefizit des Spinozismus in der Rechtswissenschaft des deutschsprachigen Kulturraumes, Zürich/Basel/Genf 1991 (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte, 22), S. 37; D. Pätzold,
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der „Gottlosigkeit“ zunächst ein Verdammungsurteil, mutierte es im säkularisierten 19. Jahrhundert zum Qualifikationsmerkmal. Das totalisierende Säkularisierungsverständnis einer bürgerlich-liberalen wie auch einer marxistisch-materialistischen Betrachtungsweise beförderte Spinoza damit zu einem „Vorzeigeobjekt“ des Empirismus, Naturalismus, Materialismus oder Liberalismus, je nach gesellschaftspolitischem und wissenschaftlichem Standort der Interpreten. Auch wenn Spinoza einer der wirklich großen Philosophen war und ist, und zwar in Wort wie in der Tat, so möchte ich ihn trotzdem nur als Mensch des 17. Jahrhunderts verstehen, der in seiner Zeit dachte und arbeitete. Spinozas Anschauung des Verhältnisses von Gott, Welt und Mensch bedeutete keine Innovation. Das behauptete selbst er nicht. Auch die Mystik des 17. Jahrhunderts kannte – wie Spinoza – ein diesseitiges Gottes- und Selbstverständnis.9 Auch ihr gesellschaftspolitisches Anliegen lässt sich mit demjenigen Spinozas vergleichen.10 Wenn wir Spinozas Grundhaltung mit derjenigen der christlichen Mystiker von Mitte des 17. Jahrhunderts also vergleichen, dann ist klar, dass es sich nicht um eine strikte Beweisführung für einen zwingenden Kontext handelt. Doch auch die traditionelle Spinoza-Forschung „beweist“ ja nicht strikt, sondern verweist an entscheidenden Stellen ihrer Interpretation öfters auf vermutete Zusammenhänge. Es geht daher vielmehr um die Öffnung von Perspektiven, welche die Richtung der allzu gewissen Interpretation vorzeichnen. Jakob Böhme (1575 – 1624), Angelus Silesius (1624 – 1677) und Daniel Czepko (1605 – 1660) denken Gott so wenig personalistisch und transzendent wie Spinoza. Durch ihr verweltlichtes Verständnis der christlichen Lebenspraxis sollten die konfessionellen Barrieren von damals überwunden werden und – was sie damals zu Dissidenten in christlich traditionellen Kreisen machte – das religiös emanzipative Grundanliegen der Gottesverbindung des Menschen in den Mittelpunkt treten. Der Vorwurf, den sie dabei traf, war derselbe, den sich auch Spinoza einhandelte: zu weltlich, zu monistisch, zu unchristlich. Der älteren Spinoza-Forschung um Jakob Freudenthal war diese historische Kontextualisierung von Spinoza und den Mystikern noch bekannt, auch wenn im säkularen Wissenschaftsparadigma konsequent argumentiert wurde, dass sich, so Freudenthal, Spinoza vom Formelkram der Scholastik und der pantheistisch durchtränkten Mystik abgewandt und der strengen Methode der
Spinoza – Aufklärung – Idealismus. Die Substanz der Moderne, Frankfurt a.M./Bern 1995 (= Philosophie und Geschichte der Wissenschaften, 29), S. 19 ff. 9 Vgl. dazu schon W. Prümers, Spinozas Religionsbegriff, Halle a.S. 1906 (= Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte, 23), 21 ff.; J. Freudenthal, Spinoza. Leben und Lehre [1899], Teil 2, C. Gebhardt (Hg.), Heidelberg 1927, S. 82. 10 M. Senn, Pietas und Vernunftrecht. Zugleich ein Beitrag zum Verständnis des 17. und 18. Jahrhunderts sowie unserer Gegenwart, in: J. Eisfeld / M. Otto / L. Pahlow / M. Zwanzger (Hg.), Naturrecht und Staat in der Neuzeit. Diethelm Klippel zum 70. Geburtstag, Tübingen 2013, S. 89 ff.
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neueren Forschung zugewandt habe.11 Man unterscheide daher genau: Es geht um die Methodenfrage, nicht um die Aussagesubstanz, so wie Spinoza selbst in TP (Tractatus Politicus) 2/15 eine fundamentale sozialpolitische Aussage der Spätscholastik ausdrücklich als zutreffend bestätigt hatte. Doch dieses Wissen – präziser – Wissen wollen, ging verloren oder es wurde im Zuge der Dominanz des säkularen Denkens behauptet, die Option dieses Kontexts sei sogar widerlegt. Dies erhellt, wie sich Wertungen bei der Einschätzung einer älteren oder neueren Forschungstradition grundsätzlich oder bei der Wahrnehmung der damaligen Mystik in Verbindung mit Spinoza im Besonderen auswirken. Daher lassen sich historisch parallele Bereiche wie die christliche Mystik oder die spinozistische Philosophie auch zusammen betrachten,12 selbst wenn unser gegenwärtiges Verständnis dadurch irritiert wird.13 Deshalb stellt sich die entscheidende Frage: Worum geht es Spinoza grundlegend? Spinoza selber hat im 4. Kapitel des Theologisch-Politischen Traktats eine klare Antwort darauf gegeben: Ohne Gott kann nichts sein, noch begriffen werden.14 Denn ein jedes Ding schließe Gott auf seine Art in sich. Mit zunehmendem Verständnis der natürlichen Dinge wachse die Gotteserkenntnis 11
Freudenthal (Fn. 9), Teil 1, S. 44 f., positiv jedoch: ders., Teil 2, S. 82. Diese Hypothese wurde neuerdings auch durch eine Seminararbeit bestätigt, die von der Universität Zürich prämiert wurde (M. Hohl, Spinoza und die Mystik – Das Rechtsdenken Spinozas und seiner Zeitgenossen im Vergleich, Zürich 2012 [unveröffentlicht]). 12 Ich denke, man sollte Spinozas drei Hauptregeln zur Schriftinterpretation des Kap. 7 des theologisch-politischen Traktats (TTP) befolgen, wonach man Eigenheit, Charakter und Gebrauch der Sprache eines Werkes kennen sollte, die sich „mit völliger Deutlichkeit aus ihrer Geschichte“ ergeben (116:19 – 31) und die erst den eigentlichen Sinn eines Textes erkennen lassen (117:7 ff.; Die Zitation der Textstellen richtet sich nach Baruch de Spinoza, Theologisch-politischer Traktat, W. Bartuschat [Hg.], Baruch de Spinoza, Werke in drei Bänden, Bd. 2, Hamburg 1994/2006). Sodann muss man die Aussagen nach deren Hauptgesichtspunkten ordnen, und schließlich hat die Sinndeutung eines Texts aus dem Leben, den Sitten und Interessen des Verfassers und seiner Zeit zu erfolgen (118:21 – 30). Also gehen wir mit Blick auf einen geschichtlich entstandenen Text, wie z. B. die Bibel, vor (119:20 – 31). Wieso sollte dies nicht auch für den Autor der Ethica, des TTP und TP (Tractatus Politicus) gelten? Man muss sich doch der spezifischen Form einer Natur nähern, meint der Autor ebenda: Die Natur ist im Sinne eines Ganzen und Allgemeinen zu erfassen und von da Schritt für Schritt zu verstehen. 13 Das Problem der Zeitgenossen bestand jedoch darin, vor dem Hintergrund der religiöskonfessionell motivierten sowie ökonomisch und machtpolitisch orientierten Kriege in England, Nord- und Mitteleuropa angesichts der Fragen betreffend Sicherheit und Stabilität der staatlichen Verhältnisse nicht nur ein äußerlich geschütztes, sondern insbesondere auch ein möglichst selbstbestimmtes geistiges, wissenschaftliches, religiöses und politisches Leben der Individuen im Verhältnis zum neuen absolutistischen Selbstverständnis der Obrigkeitsstaaten zu entwickeln und zu gewährleisten. Diese Frage versuchte unter anderen auch der niederländische Jurist Hugo Grotius bereits vierzig Jahre zuvor, also noch mitten im Dreißigjährigen Krieg, wenn auch im internationalen Kontext, mit seiner völkerrechtlichen Schrift „De jure belli ac pacis“ (1625) zu beantworten. Es sollten Grundregeln und Rechtsverhältnisse entwickelt werden, die mit und auch ohne Gott in der Weise gelten (praef. No. 11), dass sich die Menschen im Rahmen eines Friedens physisch und psychisch entfalten können. 14 Spinoza, TTP 4:8 – 16.
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(68:3 – 23). Diese Liebe zu Gott sei das wahre Ziel des Lebens (68:36 – 69:10). Weil erst aus der richtigen Erkenntnis von Gott und den Dingen, die ihn wiedergäben, sich auch frei und richtig handeln lasse (75:9 – 13). Als Verkörperung eines solchen freien und richtig handelnden Menschen nennt Spinoza König Salomon (75:24 – 33), dessen Liebe zu Gott das Wissen darstelle, das die wahre Ethik und Politik enthalte (76:33 – 77:4). König Salomon dient somit als Vorbild von richtiger Erkenntnis und richtiger Handlungsweise. Dieser grundlegende Gedankengang selbst ist weder spezifisch jüdisch noch christlich, er ist auch im Islam – etwa im Sufismus15 – oder im asiatischen Kulturraum anzutreffen.16 Dennoch, es gibt einen deutlichen Bezug Spinozas zur christlichen Theologie.17 Spinoza sagt von Christus, dieser sei nicht einfach ein alttestamentarischer Prophet, sondern er sei vielmehr der Mund Gottes, durch den sich Gott selbst offenbare (73:10 – 11). Nimmt man die Lehrsätze des fünften Teils der Ethica18 – insbesondere die Sätze 22 bis 42 – hinzu, die im Aussagegehalt, wenn auch ohne biblischen Bezug, weitgehend dem Sinn des 4. Kapitels des TTP entsprechen, dann hat man insgesamt einen Textkorpus vor sich, welcher der christlichen Philosophie des Mittelalters eines Thomas von Aquin oder Johannes Duns Scotus nicht nachsteht.19 Doch es geht nicht um die Gleichsetzung oder Koppelung zweier Argumentationsebenen, die wissenschaftsgeschichtlich aus je anderen Bedingungen und in einer anderen Sprache gefertigt sind, sondern es geht darum, sich im Sinn des spinozistischen caute bewusster zu sein, dass und wie unser Denken und unsere Wahrnehmung immer auch wissenschaftsgeschichtlich konstituiert sind. Dass zum Beispiel ein Mystiker des 17. Jahrhunderts auch als Philosoph Geltung beanspruchen kann, hat kein Geringerer als Georg Wilhelm Friedrich Hegel gezeigt. In seiner Geschichts15 ˙ aza¯lı¯ und der Sufismus, Wiesbaden 2011 (= Arabisch-Islamische Welt M. Günes¸, Al-G in Tradition und Moderne, 8), S. 33 ff. Mit Dank für den Literaturhinweis an Isabelle Schönauer. 16 M. Senn, Rechts- und Gesellschaftsphilosophie. Historische Fundamente der europäischen, nordamerikanischen, indischen sowie chinesischen Rechtsphilosophie. Eine Einführung mit Quellenmaterialien, Zürich/St. Gallen 2012, S. 191 ff. Ferner ders., Baruch de Spinoza (1632 – 1677), in: P. Mayer-Tasch / B. Mayerhofer (Hg.), Porträtgalerie der politischen Denker, Bern/Göttingen 2004, S. 160 – 165. 17 Matheron (FN 2), S. 8 ff., 59 ff., 86 ff., 263 ff. 18 Vgl. Baruch de Spinoza, Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt [1677], W. Bartuschat (Hg.), Baruch de Spinoza, Werke in drei Bänden, Bd. 1, Hamburg 1999, Teil 5, Vorwort, Lehrsätze 24 – 42, insb. 36 und 42 mit Anmerkungen (=E5Praef+P24 – 42). 19 Insofern es um die Liebe des Erkennenden zu Gott, aber auch um die Glückseligkeit geht, die der Erkennende dadurch erreicht und deshalb auch so „frei“ wird, dass er nach den Regeln des Lebens richtig, das heißt wirkungsmächtig handeln kann. Dabei ließen sich durchaus Parallelen zu Kung-tse, Meng-tsi oder Gautama ausmachen (vgl. Senn [FN 16], S. 49 f., 189 ff., 204 ff.). Doch diese erkenntnistheoretische Debatte um Voluntarismus und Intellektualismus, welche die Theologie und Philosophie seit dem hohen Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert hinein beschäftigte, sei – so Spinoza ausdrücklich – in Bezug auf Gott bedeutungslos (TTP 71:19 – 35) oder eben eine geschichtlich bedingte, aber nicht die wirklich bedeutende.
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philosophie rechnet er sowohl Baruch de Spinoza als auch Jakob Böhme, den er als den ersten deutschen Philosophen betrachtet, zu den ersten Denkern der frühmodernen Philosophie.20 Uns ist, so zu denken, qua Säkularisierungstheorem nicht (mehr) erlaubt, woraus auch zu folgen scheint, dass Hegel sich geirrt habe. Doch ist gerade diese Parallelisierung interessant, weil beide, Böhme wie Spinoza, als Pantheisten gedeutet werden. Lassen Sie uns daher zunächst auf den Zentralbegriff „Gott“ bei Spinoza und den Mystikern eingehen. Bei Spinoza ist „Gott“ der Schlüsselbegriff zum Werk,21 entstehungsgeschichtlich wie systematisch. Was aber ist dieser Gott bei Spinoza? Gemäß einer weit verbreiteten Auffassung in der Wissenschaft fällt der Gottesbegriff Spinozas – deus sive natura – mit dem Naturbegriff22 zusammen. Wenn dem aber so wäre, dass die Begriffe zusammenfielen, dann würde Spinoza eben just im Sinn der theologischen Orthodoxie des ausgehenden 17. Jahrhunderts auch weiterhin als „Gottloser“ verstanden. Im besseren Fall träfen wir uns mit dieser Gleichungsthese etwa mit Paul Thiry d’ Holbach und Julien Offray de La Mettrie, die Mitte des 18. Jahrhunderts die Identifikation der Begriffe Gott und Natur auf epistemischer Ebene erst bewusst geschaffen haben.23 Und folgen wir der deutschen Über20
G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie. Dritter Teil: Neuere Philosophie, E. Moldenhauer / K. M. Michel (Hg.), G. W. F. Hegel, Werke, Bd. 20, Frankfurt a.M. 1971, S. 94, 157 ff. 21 Vgl. dazu: Samely (FN 5), insb. S. 58 – 76. Doch Freiheit als solche ist einzig Gott selbst als der Urgrund aller Existenz und aller Selbstbestimmung. Insofern Gott selbst nichts als die Freiheit schlechthin verkörpert, jedoch zugleich auch das Reich aller menschlichen Notwendigkeit bedingt, kann er nach E5P36S denkend als die Option aller individuellen Kreativität innerhalb der Immanenz begriffen werden. Da solche Erkenntnis den Menschen stets als eine Modalität der Notwendigkeit und Freiheit Gottes ausweist, an der der Mensch denkend teilhaftig sein kann, wird er zugleich auch ein Stück weit freier, und insoweit er diese Wechselwirkung von Freiheit und Notwendigkeit im eigenen Leben zu erkennen beginnt, muss ihm im Sinne der libertas philosophandi auch seine private pietas im Staat gewährt werden, weil jeder seine Erkenntnis Gottes für sich auch selber erarbeiten muss. Der Staat regelt nur die Kultusfreiheit, um diesen Bereich konfliktfrei zu halten. Die disziplinäre Trennung und die gleichzeitige funktionale Verbindung von Theologie und Politik mit Blick auf die Bewältigung des Lebens erhalten dadurch eine positive Wendung im staatlichen wie gesellschaftlichen Leben. 22 Spinoza argumentiert wie folgt: Das Leben hat seine eigene Gesetzesmäßigkeit, auf die sich der Mensch, weil er selbst Natur ist, einzustellen hat, will er sich selbst erhalten und entwickeln, auch wenn er sich über sie erhaben glaubt. Das menschliche Drama spielt sich genau auf dieser Ebene ab: Was kann er wirklich und was bildet er sich nur ein, tun zu können. Des Menschen eigene Selbstbestimmung hat Grenzen. Er ist der Natur gänzlich unterworfen und daher durch sie bestimmt. Soweit er diese Unterworfenheit in ihrer Funktion erkennt, begreift er auch das Verhältnis von Notwendigkeit und Freiheit, dem er immer unterliegt. Erst durch diese Erkenntnis kann er sich mittels seines Intellekts ein Stück weit selbst bestimmen und somit „seine begrenzte Freiheit“ generieren (E2P40S2+E3P6+E4P18S+E4P25; TP 3/ 18; TTP 3:51; TTP 7:119). 23 Vgl. dazu aufschlussreich: K. Hartbecke, Zur Geschichte des Modusbegriffs. Suarèz – Descartes – Spinoza – Holbach, in: R. Schnepf et al. (Hg.), Spinoza and Late Scholasticism,
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lieferung gemäß dem Pantheismus-Streit, dann kann Spinoza als antikisierend religiös – so etwa Goethe – gesehen werden.24 Dabei handelt es sich jedoch um ein materialistisches oder positivistisches Verständnis, das der Formel deus seu (oder: sive) natura unterlegt und wodurch das alternative sive zum egaliter umgedeutet wird. Dadurch wird ein „Clash“ der Begriffe herbeigeführt, in deren Lesart sich die Natur gewissermaßen den Gottesbegriff einverleibt hat. Man könnte also spöttisch von einer neuen Version der Transsubstantiationslehre sprechen. Ich verkenne freilich nicht, dass gerade dieses Clash-Theorem wirkungsgeschichtlich mächtig war und noch ist, und dass es deshalb auch das einende Band aller heterogenen Interpretationsansätze der modernen Spinoza-Forschung geworden ist, gleichviel, welcher wissenschafts- oder insbesondere gesellschaftstheoretischen Position diese zuneigen.25 Wie wenig eine solche Gleichsetzung von Gott und Natur indessen dem Text selbst entspricht, erhellt alleine ein Blick in den fünften Teil der Ethica, wo Spinoza verschiedene Begriffe der „Natur“, nämlich die des Menschen, des Geistes und Got-
Würzburg 2008 [= Studia Spinozana, 16]), S. 19 – 40, insb. 35; T. L. S. Sprigge, Is Spinozim a Religion?, in: Studia Spinozana 11 (1995), S. 137 – 163, insb. S. 139. 24 H. Scholz, Einleitung, in: ders. (Hg.), Die Hauptschriften zum Pantheismusstreit zwischen Jacobi und Mendelssohn, Berlin 1916, S. XIII ff. 25 Für die Richtigkeit der Clash-These werden oft Textstellen aus Briefen Spinozas angeführt, vor allem das längere Schreiben von Spinoza an van Velthuysen vom 24. Januar 1671 (Baruch de Spinoza, Briefwechsel, C. Gebhardt / M. Walther (Hg.), Baruch de Spinoza, Sämtliche Werke, Bd. 6, Hamburg 3. Aufl. 1986 (= Philosophische Bibliothek, 96 a), Brief Nr. 42, S. 177 ff.) Van Velthuysen wollte Spinozas Meinung in Bezug auf den anonym erschienenen TTP erfahren. Spinoza gab sich nicht als Autor des TTP zu erkennen. Er erklärte eine gewisse Übereinstimmung, doch keine Deckungsgleichheit der beiden Begriffe im TTP. Bis heute gilt Spinoza jedoch als einer der Wegbereiter, wenn nicht gar als Scharfmacher der Säkularisierung. Nach meinem Wissen hat einzig Winfried Schröder vor 25 Jahren konstatiert, Spinoza sei in der Frühaufklärung kein Bahnbrecher gewesen (W. Schröder, Spinoza in der deutschen Frühaufklärung, Würzburg 1987 [= Epistemata. Reihe Philosophie, 34], S. 10 f.). Wenn ich dies recht beurteile, dann hat das noch zu Lebzeiten Spinozas gefasste theologischkirchliche Verdikt betreffend seine Gottlosigkeit mit dem Paradigma der Klassiker der deutschen Literatur, die Spinoza als Pantheisten vor Augen hatten, somit zu einer unkritischen Rezeption geführt. Auf einen Nenner gebracht: Spinoza stiftete nicht einfach einen Zusammenhang zwischen Gott und Natur, der ein grundsätzliches Thema der zeitgenössischen Diskussion unter Intellektuellen war, sondern die Natur hatte sich vielmehr Gott geradezu materialistisch einverleibt. Auch die neuere Spinoza-Forschung bleibt diesem Grundverständnis verpflichtet, so heterogen und offen sie sonst mit divergierenden Modellen zu Gesellschaft und Wissenschaft umgeht. Der Ursprungstopos der Äquivalenz von Deus seu (sive) Natura gilt ihr wie ein Fixstern der totalen Säkularisierung. Dass Spinoza indes auch anders gelesen werden könnte, haben der soeben erwähnte Winfried Schröder (1987) dargelegt, oder Alex Samely (FN 5), der 1993 die Nähe der spinozistischen Philosophie zum katholischen Gottesverständnis aufzuzeigen suchte; ferner R. Schnepf, Metaphysik im ersten Teil der Ethik Spinozas, Würzburg 1996 (= Schriften der Spinoza-Gesellschaft, 4). 2006 hat der renommierte Spinozaforscher Wolfgang Bartuschat die Funktion der libertas philosophandi im Verhältnis zur libertas dicendi in der Religion untersucht und gezeigt, dass die Autonomie des Individuums die Meinungsfreiheit voraussetzt und eine Einschränkung derselben auch die pietas aufhöbe (Bartuschat, Spinoza über libertas philosophandi [FN 7], S. 10 ff.).
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tes unterscheidet (vgl. E5P37 – 39 mit Beweisen, Anmerkungen).26 Gott und Natur sind bei Spinoza daher je nach Aussageebene unterschieden. Die vorerwähnte Vermengung der Begriffe kann allerdings auf Spinozas „versachlichten Gottesbegriff“ zurückgeführt werden, insofern er Wunderglauben und Anthropomorphismus in der Gottesvorstellung beseitigen will,27 und zwar nicht nur, weil diese theoretisch falsche Erkenntnisse erzeugen, sondern weil sie zu konfliktträchtigen Missverständnissen führ(t)en und die Leute sich deswegen die Köpfe einschlugen, statt sie zum offenen, aufrichtigen und ehrlichen Denken zu nutzen – eine Motivation des Schreibens, die wir auch von Grotius her kennen.28 Spinoza denkt Gott nicht im Sinn einer theologisch-konfessionellen Tradition als quasi-menschliche Person, somit auch nicht als Schöpfer, der hinter allem steht, sondern versachlicht mit diesem Begriff die nicht hintergehbare Macht oder Ursache von allem, was da ist, und die zugleich auch die einzige Ursache ihrer selbst ist (E1P25Sch). Gott ist Notwendigkeit und Freiheit in einem, wie er Existenz und Essenz von allem ist (E1P34). Die Natur ist deswegen nicht identisch mit Gott im Sinn des Clash-Theorems, sondern sie ist der für uns Menschen sicht-, erkenn- und verstehbare Ausdruck der potentia Gottes. Wir verstehen heute die Welt durch kausalgesetzliche und somit durch äußere, quasi-mechanische Zusammenhänge. Das nennen wir „rational“, ganz im Sinn der „Entzauberungsthese“ der Moderne, die Max Weber formulierte.29 Solch profanes Denken kann sich die Idee einer Präsenz Gottes im Hier und Jetzt nicht mehr leisten, ja es darf eine solche Vorstellung gar nicht erst hegen, will es wissenschaftlich als seriös gelten. Also richtet sich unser Denken und Verstehen vollständig nach einer äußeren Natur- und Kausalgesetzlichkeit, die selbstgenügsam auszureichen hat. Eben diese Sichtweise versperrt uns aber den unbefangenen – hier im Kontext – den historischen Zugang zur Thematik „Spinoza und die christliche Mystik“. Daher ist vorliegend auch nicht die Konfessionalisierungsfrage zentral, sondern das grundlegendere Verhältnis von Welt- und Religionsauffassung bzw. die Frage der Wissenschaftlichkeit im Spannungsfeld von Philosophie und Theologie. Aus diesen Grund ist ein Problemaufriss und Exkurs zur Säkularisierungsthese als methodologisches Problem angezeigt. Die wissenschaftliche Denkweise hat die Wirklichkeitssicht im Sinn der Säkularisierungsthese gewiss ernüchtert, doch gleichzeitig hat sie den Begriff der „Säkularisierung“ auch wieder verzaubert und damit zu 26 In den letzten drei Lehrsätzen bilden Geist und Gott das ebenso finale wie zentrale Thema menschlicher Glückseligkeit (E5P42D). Von Natur ist aber nicht mehr die Rede, weil sie jenen realen Corpus der Affekte umfasst, den der Autor im vierten Teil bereits hinter sich gelassen hat, und worauf er im Lehrsatz 39 des fünften Teils – im Sinne des vierten Teils – letztmals rekurriert. 27 Spinoza (FN 25), S. 219. Brief Nr. 54. Brief an Hugo Boxel betreffend die anthropomorphe Gottesvorstellung. 28 Grotius (FN 13), praef. No. 28. 29 M. Weber, Wissenschaft als Beruf [1917/1919], W. J. Mommsen / W. Schluchter (Hg.), MWG, Bd. I/17, Tübingen 1992, S. 92 ff.
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einem magischen Wort gemacht, das als Theorem eines impliziten Konsenses in den europäischen Wissenschaften fungiert. Die Säkularisierung wurde somit – im Namen der Wissenschaft – „heilig gesprochen“. Doch der Parameter der „Säkularisierung“, der bislang sowohl als Gütesiegel für die Progessivität des Denkens wie auch für den gesellschaftlichen Fortschritt stand, wird gegenwärtig selbst zum Problem. Nachdem bereits in den 1960er Jahren etwa Reinhold Niebuhr aus der Sicht der nordamerikanischen Praxis,30 und Hermann Lübbe sowie Hans Blumenberg aus der Sicht der zurückhaltenden Konservativen den Säkularisierungsbegriff hinterfragten,31 ist das wissenschaftliche Säkularisierungsverständnis heute vollends im Status des Selbstzweifels angelangt. Unlängst hat Detlev Pollack,32 der für ein kritisch vertieftes Verständnis der Säkularisierung eintritt, daher gefordert, den Begriff der Säkularisierung selbst auf dessen wirkungsgeschichtliche Implikationen hin zu analysieren, statt damit Ideologiekritik zu betreiben, die selbst nur zur ideologischen Wahrnehmung werde. Eine breitere Debatte dazu wurde auch von Peter Blickle und Rudolf Schlögl 2005 sowie von Matthias Pohlig und einem Herausgeberteam 2008 geführt.33 Die Säkularisierungsthese lässt sich somit nicht mehr ohne Weiteres als das Markenzeichen für Gewissheit und Güte der Wissenschaftlichkeit sehen, sondern – ich provoziere – eher als ein Symbol des Grades der Engführung des Denkens und der Wissenschaftsgläubigkeit. Bedeutete der Ausdruck der „Säkularisierung“ bis anhin Entzug wie Verlust des religiösen, insbesondere kirchlichen Bezugs eines Themas und gleichzeitig dessen Ersatz durch eine profane und positivistische Sicht der Dinge, so ginge es jetzt um die Feststellung einer differenzierten Form der Akkulturation von „theologischen“ Begriffen ins weltliche Denkprogramm, freilich ohne das Chamäleon Carl Schmitt mit seiner „politischen Theologie“ hierfür zu bemühen.34 30
R. Niebuhr, Frömmigkeit und Säkularisation, Gütersloh 1962, S. 7 ff. H. Lübbe, Säkularisierung. Geschichte eines ideenpolitischen Begriffs, München 1965; H. Blumenberg, Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt a.M. 1966. 32 D. Pollack, Historische Analyse statt Ideologiekritik. Eine historisch-kritische Diskussion über die Gültigkeit der Säkularisierungstheorie, in: Geschichte und Gesellschaft 37 (2011), S. 482 – 522. 33 Wie dies im Band „Säkularisierungen in der Frühen Neuzeit. Methodische Probleme und empirische Fallstudien“, Berlin 2008, des Herausgeberteams mit M. Pohlig / U. Lotz-Heumann / V. Isaiasz / R. Schilling / H. Bock / S. Ehrenpreis zum Ausdruck gelangt. Zu den einzelnen verschriftlichten Anteilen der Herausgeber, aus deren gemeinsamer Diskussion die Themen geformt wurden, vgl. das Vorwort, S. 5. Für unser Thema ist die Einleitung von Interesse (Pohlig), S. 9 – 20, insb. 9 – 13, 17 ff. sowie Abschnitt B. IV (von allen Herausgebern geschrieben), hier insb. S. 64 – 79. Vgl. ferner: P. Blickle / R. Schlögl (Hg.), Die Säkularisation im Prozess der Säkularisierung Europas, Epfendorf 2005, darin v. a. der glänzende Beitrag von P. Prodi, Konkurrierende Mächte. Verstaatlichung kirchlicher Macht und Verkirchlichung der Politik, S. 21 – 36, insb. S. 25 ff. 34 S. Breuer, Carl Schmitt im Kontext. Intellektuellenpolitik in der Weimarer Republik, Berlin 2012, S. 26, 48 ff. 203 ff.; M. Walther, Politische Theologie. Hans Kelsen und Carl Schmitt im Kampf um die Ent-(Re-)Mythologisierung des Staates, in: M. Walther (Hg.), Religion und Politik. Zu Theorie und Praxis des theologisch-politischen Komplexes, BadenBaden 2004, S. 247 – 264; M. Schmoeckel, Staatslehre und Mythos bei Carl Schmitt und 31
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Somit gehen wir nun auch freier zurück zum Thema von Spinoza und den Mystikern des 17. Jahrhunderts. Selbst wenn der Einfluss Jakob Böhmes auf das 17. Jahrhundert kontrovers diskutiert werden kann, lassen sich Parallelen zu Spinoza nicht in Abrede stellen.35 Denn auch nach Böhme ist „alles in Gott“.36 Böhme sieht die ganze Natur als wahren Lehrmeister. Von dieser Natur und ihrer „instehenden Geburt“ habe er seine Philosophie. Danach fasst er Gott nicht nur als reinen Geist auf; vielmehr zeigt sich Gott den Menschen – ähnlich wie bei Spinoza – durch die „ewige Natur“ als lebendiger Ausdruck des Geistes, der sich als die göttliche Kraft gebären wolle. Die Natur sei somit der Leib Gottes. Der sprachliche Duktus lässt sich zwar nicht mit demjenigen Spinozas vergleichen, doch inhaltlich veranschaulicht der Gedankengang eine verblüffende Ähnlichkeit. Ähnliches lässt sich auch von zwei anderen bedeutenden Mystikern der Mitte des 17. Jahrhunderts feststellen. So etwa schreibt Daniel Czepko37 in seinen Epigrammen, die kurz vor Spinozas Werk entstanden sind: „Schau alle Ding in Gott und Gott in allen an, Du siehst, dass alles sich in ihm vergleichen kann.“38 Und bei Johannes Scheffler, alias Angelus Silesius39, der von Czepko beeinflusst war, lesen wir: „Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn gebricht. Wer es nicht selber wird, der sieht Ihn ewig nicht“40, sowie „Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir: Suchst
Thomas Hobbes, in: H. Nehlsen / G. Brun (Hg.), Münchener rechtshistorische Studien zum Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1996 (= Rechtshistorische Reihe, 156), S. 144; D. Puskás, Einzelner – Menschheit – Volk. Zentrale Rechtsbegriffe im Werk von Carl Schmitt bis 1928. Eine rechtsphilosophische Untersuchung, Zürich/Basel/Genf 2014 (= Zürcher Studien zur Rechts- und Staatsphilosophie, 9). 35 „Wan du ansiehest die tieffe und die Sternen und die Erden / so siehestu deinen Gott / und in demselbsen lebest und bistu auch / und derselbe Gott regieret dich auch / und auss demselben Gott hastu auch deine sinnen / und bist eine Creatur auss ihme und in ihme / sonst wehrestu nichts.“ Aus: J. Böhme, Morgen-Roete im Aufgangk, F. van Ingen (Hg.), Werke, Frankfurt a.M. 1997 (= Bibliothek der frühen Neuzeit. Abt. 2, Literatur im Zeitalter des Barock, 6), S. 422. Störig erkennt in Böhmes Mystik eine Verwandtschaft zur indischen Mystik (H. J. Störig, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Frankfurt a.M., 13. überarb. Aufl. 1991, S. 309 f.). In dieser Terminologie wird das Einssein von Gott und Seele folgendermaßen formuliert: Die Welt ist Brahman und Brahman und Atman sind identisch. 36 Dabei geht es nicht darum, einen realen Kontext zu bilden, sondern eine Parallelität aufzuzeigen (a. M. E. Achermann, Fromme Irrlehren, in: W. Kühlmann / F. Vollhardt (Hg.), Offenbarung und Episteme. Zur europäischen Wirkung Jakob Böhmes im 17. und 18. Jahrhundert, Berlin 2012 (= Frühe Neuzeit, 173), S. 343). 37 Daniel Czepko von Reigersfeld studierte Medizin und Jura. Er stand im Dienst des Markgrafen von Baden und war Jurist am Reichskammergericht in Speyer. 38 D. Czepko, Deutsche Gedichte, H.-G. Roloff / M. Szyrocki (Hg.), Sämtliche Werke, Bd. II/2, Berlin 1997 (= Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, 152), S. 546. 39 Johannes Scheffler nannte sich nach seiner Konversion zum Katholizismus 1653 Angelus Silesius. Studium der Medizin und des Staatsrechts in Straßburg. Seine durch die Mystik beeinflussten Epigramme gehören zu den bedeutendsten Werken der Barockliteratur. 40 Silesius (FN 6), I/72, S. 21.
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du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für“41. Ähnlich wie bei diesen Mystikern ist Gott im Menschen ein Teilstück der Natur, so wie Spinoza in E4P35S in Anlehnung an einen zeitgenössischen Topos sagt: Der Mensch sei dem Menschen ein Gott. In diesen säkularisierenden Kontext der Religion gehört auch das berühmte Epigramm von Silesius, wonach der Christ im Hier und Jetzt zu blühen habe oder sonst tot bleibe.42 Ich meine, man soll die spezifische Tradition eines christlichen Gottesbildes deswegen nicht verwischen, aber umgekehrt sollte man doch auch den zeitgenössischen Kontext sehen und das Bemühen beider Seiten, der Mystiker wie Spinozas, verstehen wollen, eine möglichst diesseitige Begrifflichkeit des guten und richtigen Lebens zu entwickeln, die sich dem seinerzeitigen Fanatismus und Konfessionalismus nicht nur entzog, sondern sich ihm entgegenstellte und damit die Freiheit des Denkens, des Glaubens sowie des Sich-Äußerns gegen jegliche institutionelle Inanspruchnahme eines Interpretationsmonopols durch die Kirchen behauptete. Nun wird auch im Sinn des Beispiels von Salomon (TTP 4:76 f.) deutlich, dass nach Spinoza nicht nur ein durch Vernunft, sondern auch ein durch Religion geleitetes Leben zu innerem und äußerem Frieden und somit zu menschlicher Glückseligkeit führen kann. Der Zusammenhang von libertas philosophandi, pax und pietas besteht daher in der größtmöglichen Entwicklungsoption des „geistig-seelischen“ Lebens der Menschen (E4 A5; TP 5/5) und nicht bloß in der äußeren Sicherung, die ein Staat für das Leben des Menschen bietet, was das spezifische Problem eines Thomas Hobbes war. Darum wird noch im zweitletzten Lehrsatz der Ethica die pietas als das „wichtigste Gut“ bezeichnet.43 Auch ist die libertas philosophandi keine Erfindung Spinozas. Sie ist vielmehr ein stehender Ausdruck seit Beginn des 17. Jahrhunderts, als die katholische Kirche ihren Prozess gegen Galilei in den 1620er Jahren intensiviert hatte.44 Er gehört 41
Ders. (FN 6), I/82, S. 22. Ders. (FN 6), III/90, S. 111. 43 Dies hängt mit Spinozas Verständnis zusammen, dass Religion wie Vernunfterkenntnis – je auf ihre Weise – zu einem salomonisch gelingenden Leben beitragen können (E4P73S; E5P41), sofern sie auf die wahre Gotteserkenntnis ausgerichtet sind. Daher kann es keinen rationalen (oder wahrhaften) Staat ohne Respekt vor der Pietät je geben, so wenig es eine wahrhafte pietas oder eine dauerhafte pax im Staat gibt ohne die libertas philosophandi, sei dieser Staat die niederländische Republik des ökonomisch prosperierenden Großbürgertums oder der konfessionelle Obrigkeitsstaat Mitteleuropas. 44 Vgl. dazu: K. Zenker, Denkfreiheit. Libertas philosophandi in der deutschen Aufklärung, Hamburg 2012. Nach einer kursorischen Betrachtung zur Entwicklung der libertas philosophandi im Europa des 17. Jahrhunderts beginnt Zenker mit Luther im (sic!) Deutschen Reich – obschon dieser zur geistlich intellektuellen Befreiung nichts Wesentliches beigetragen habe (S. 29, 36 f.) – und führt über Ramus, Descartes und Spinoza zu Thomasius und Wolff als dem Zentrum deutscher Aufklärung. Doch diese nationalisierte Betrachtungsweise deutscher Aufklärung ist im Verhältnis zu den grundlegenden Einflüssen aus den Niederlanden, Frankreich und England zeitlich eine Folgeerscheinung, die geringere gesamteuropäische Auswirkungen erzeugte. Die nachfolgenden Autoren – die ersten drei werden bei Zenker ebenfalls erwähnt – hatten einen bedeutenden Wirkungskreis: 42
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somit in den theologisch-politischen Kontext. Deshalb erscheint der Ausdruck im selben Zusammenhang gute zwanzig Jahre vor Spinoza auch beim Juristen und Mystiker Czepko. Aufmerksamkeit verdient dabei seine dreiseitige Schrift mit dem Titel „Deo & Patriae“ von 1649.45 Adressat ist der Kaiser, Streitpunkt bildet die Rekatholisierung von Städten nach dem Westfälischen Frieden.46 Czepko verteidigt darin die Freiheit des privaten Glaubensbekenntnisses. Er argumentiert mit der animi libertas47 im Sinn einer emotionslosen Entscheidung von Grundfragen im Kontext von Religion und Staat, worin sich eine allgemeine Nützlichkeit ergebe und ein glückliches Leben aller. Danach seien menschliche Satzungen auszurichten. Diese Aussagen nehmen Spinoza (TP 6/1) vorweg. Die allgemeine Wohlfahrt müsse daher auf Petrus (Pierre) Gassendi (1592 – 1655), Exercitationes paradoxicae adversus Aristoteleos [1624], Amsterdam 1649, S. 32 f.: „quin illi ita sint mancipati Aristotelicae disciplinae, ut rem pretiosissimam libertatem philosophandi penitus amiserint?“, „qua ratione, & ipsi quoque illud jactitent, liberum esse debere unicuique philosophari.“ Gassendi bestritt die Ansicht von Aristoteles und Descartes und beanspruchte die Freiheit der naturwissenschaftlichen Untersuchung im Sinne eines epikureischen Ansatzes. Den cartesianischen Ansatz als Weiterentwicklung des Aristoteles betonend, verfasste der Leidener Philosoph und Schüler Descartes‘ Johannes De Raey (1622 – 1702), Clavis philosophiae naturalis. Seu introductio ad naturae contemplationem, Aristotelico-Cartesiana, Leiden 1654, worin sich der Ausdruck der libertas mehrfach wiederfindet: „ac libere philosphandi“ (epistola dedicatoria, S. 1); „atque etiam ab alienae auctoritats servitute libera, libere, hoc est, ex propriae puraeque rationis tantum praescriptio philosophari, nemini in mentem veniebat“ (S. 8); „philosophandi libertatem asserere“ (S. 11); „cum ipsa Reip(ublicae) libertate nata atq(ue) educata Academia philosophiam docent“ (S. 16); „sed in hoc forte recessi a multis aliis philosophandi libertatem mecum professis“ (S. 17). Nathanel Carpenter (1589–ca. 1628), Philosophia libera triplici exercitationum decade proposita, Frankfurt 1621. Johannes Phocylides Holwarda (1618 – 1651), Philosophia Naturalis, seu Physica vetusnova, Frankfurt 1651: „Socraticam philosphandi libertatem naturalem“, praef. 2. Agostino Nifo (ca. 1473–ca. 1538), Augustini Niphi sua tempestate philosophi omnium celeberrimi Opuscula moralia et politica cum Gabrielis Naudaei de eodem auctore judicio, Paris 1645: „ad liberè philosophandum“ (S. 9) ; „nec est verum quod vera vivendi libertas sit liberè philosophari. Quoniam si recta ratio nos ad philosophandum non moverit, in philosophando non erit vera vivendi libertas. Monet autem semper recta ratio ut nos Deum diligamus […].“ (S. 25). Ferner: P. L. Hanneken, Insulsa salsaque philosophandi libertas, Giessen 1667. 45 D. Czepko, Deo et patriae [1649], H.-G. Roloff / M. Szyrocki (Hg.), Sämtliche Werke, Bd. 4, Berlin 1980 (= Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts), S. 3 – 24. Es geht um „unverfängliches bedencken, warumb das Exercitium der augspurgischen Confession den Städten dieser Fürstenthümer zuzulassen“ sei (S. 3). Die Schrift – Czepko nennt sie ein Gutachten – datiert vom 5. März 1649. 46 Ab 1522 breitete sich in Schweidnitz, wo Czepko später auch lebte, die Reformation aus. Mitte des 16. Jh. war Schweidnitz nach Breslau der zweitbedeutendste regionale Wirtschaftsstandort. 1580 erhielt die Stadt das Privileg der freien Ratswahl. Zum wirtschaftlichen Niedergang kam es während des Dreißigjährigen Krieges, als die Stadt für die Verpflegung der einquartierten Soldaten aufkommen musste. Nach dem Krieg war die Stadt größtenteils zerstört und entvölkert. Mit der Rekatholisierung kehrten die Dominikaner und Franziskaner zurück; die Jesuiten errichteten ein Kollegiatsgebäude. 47 Czepko (FN 45), S. 3 f.
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Gott und die Gerechtigkeit ausgerichtet sein, und alles, was wider die animi libertatem, utilitatem publicam und ipsam pietatem et iustitiam angeführt oder ausgedeutet werden möchte, solle verworfen und kassiert werden.48 Czepkos Werke49 wurden zum größeren Teil jedoch erst nach 1930 erfasst und nur teilweise verlegt. Eine kritische Edition ist seit Kurzem im Erscheinen. Dies heißt auch, dass ein Vergleich zwischen den beiden Autoren erst seit relativ kurzer Zeit möglich ist. Wie bei Spinoza steht der Ausdruck der Frömmigkeit (pietas) auch bei Johannes Scheffler (Angelus Silesius) im Kontext von „frei und gerecht“50, was dem christlichen Menschen als „neuer Kreatur“ sogar eine sozial revolutionäre Note gibt.51 Aus der Gegebenheit solcher parallelen Erscheinungen lässt sich allerdings wenig ableiten. Sie bedürfen stets auch der Einordnung. Dies wirft die Frage auf, nach welchen Kriterien und Kategorien eine bestimmte Ordnung hergestellt wird. In Bezug auf die Forschungen zum 17. Jahrhundert halte ich somit folgendes fest: 1. Inskünftig sollten die Interpretationen offener – vielleicht auch gelassener – geführt werden, denn sie stellen offensichtlich kaum je das Ganze dar. Insbesondere sollte nicht nur der Nachweis oder Ausschluss von konkreten Einflussnahmen im Vordergrund stehen, sondern vielmehr unbedingt auch unsere Wahrnehmung der historischen Komplexität und unser legitimes Bedürfnis auf Reduktion der Fülle aufgrund unserer geschichtlich bedingten Kategorien und Kriterien. 2. Die naturwissenschaftlich-philosophische Debatte zur Forschungsfreiheit, die sich um den Fall des Galilei in den 1620er Jahren zugespitzt hatte,52 und die fortan unter den Aspekten der Autonomie des Denkens und dessen geometrisch-metho48 Ders. (FN 45), S. 4. Zur Begründung führt Czepko aus, dass erzwungene Frömmigkeit sinnlos sei und nur zu Rebellion führe, insofern die Wirtschaft nach dem Krieg ohnehin zusammengebrochen sei und die Leute nach dreißig Jahren Drangsal einfach genug hätten. Es könne folglich nicht im kaiserlichen Interesse sein, diese Städte nun noch völlig in den Ruin zu treiben. Dies wäre gegen die Hl. Schrift, das Konzil, die Kirchenlehre, das Naturrecht, die Religion und die guten Sitten, aber auch wider das Wohlergehen der res publica, wenn zwar gesagt werden könnte, man habe für ein gutes Ziel gehandelt, dabei jedoch Gottlosigkeit, Rebellion und Verachtung Tür und Tor geöffnet werde (vgl. S. 8 – 19). 49 Czepko war einer der bedeutendsten Schriftsteller des 17. Jahrhunderts. Seine wichtigsten Werke sind das moral-didaktische Schäfer-Epos „Corydon und Phyllis“, in welchem Czepko eine scharfe Hofkritik formulierte sowie die mystisch-spirituelle Sinngedichtsammlung „Sexcenta Monodisticha Sapientium“, die als Vorläuferin des „Cherubinischen Wandersmann“ von Angelus Silesius gilt. Darin werden naturphilosophische Ansichten geäußert, die einen eigenständigen Eklektizismus der mystischen Vorstellungen von Paracelsus, Meister Eckhart und Jakob Böhme bilden. Aus Furcht vor der Zensur wurde die Mehrzahl seiner Schriften zu Lebzeiten nicht gedruckt (vgl. H.-G. Roloff,: Czepko, Daniel, in: H. D. Betz et al. [Hg.], Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, Bd. 2, Tübingen, 4. Aufl. 2008, Sp. 512 f.). 50 Vgl. Silesius (FN 6), II/126, S. 74. 51 Vgl. ders., (FN 6), V/208, S. 206. 52 Beispielsweise bei Thomas Campanella (1568 – 1639), Dominikaner. T. Campanella, Apologia pro Galileo, mathematico florentino, Frankfurt 1622: „Si ergo libertas philosophandi plus viget in Christianismo […]“ (S. 27).
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dologischer Selbstvergewisserung geführt wurden, stellten die entscheidende Innovation im 17. Jahrhundert dar. 3. Die Zurückweisung des Interpretationsmonopols der konfessionell institutionalisierten Religionsverwalter fand in einem intensivierten theologisch-politischen Diskurs durch verschiedene intellektuelle Zeitgenossen statt. Dadurch wurden zunehmend säkulare Denkweisen des Politischen und des Rechtlichen in Staat und Gesellschaft ausgebildet und tradiert. 4. Unter die Kategorie der intellektuellen Zeitgenossen können und dürfen nicht nur die säkular denkenden Philosophen gerechnet werden, sondern auch die säkular denkenden Mystiker gehören dazu. 5. Ebenfalls wurde ein spezifischer Diskurs betreffend einen versachlichten Gottesbegriff53 sowie über die Freiheit des denkenden Christenmenschen54 geführt, in welchem die Frage nach der individuellen Pietät im Diesseits in den Vordergrund gestellt wurde.55 Es wurde dabei mit zeitgenössischen Topoi, wie sie hernach auch Spinoza verwendete, gearbeitet. 53 Einen ähnlichen Ansatz findet sich schon bei Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim (1486 – 1535). H. C. Agrippa, De occulta philosophia libri tres [1533], V. Perrone Compagni (Hg.), Leiden/New York/Köln 1992 (= Studies in the History of Christian Thought, XLVIII), III/36 : „sicut Deus ipse infinitus est et a nullo potest compelli, sic et humanus animus liber est […]“, (S. 507 f.). Ferner bei Pietro Bongo (?–1601), Numerorum Mysteria, Bergamo: 4. Aufl. 1590, S. 274. 54 Hier lässt sich die Entwicklung der libertas philosophandi aus dem religiösen „mittelalterlichen“ Kontext beobachten (nicht zitiert in Zenker [FN 44]). Johannes Driedo (ca. 1480 – 1535), De Libertate Christiana, in: Quartus tomus operum D(octoris) Ioannis Driedonis [1548], Leuven 1572: „liceat vivere secundum animi sui sententiam“ (S. 1); „libertas secundum generalem nomine rationem, sunt rationalis naturae conditionem, secundum quam ipsa liberè vivit, prout libet seu placet. “ (S. 7); vgl. dazu: R. E. Lerner, The Heresy oft the Free Spirit in the Later Middle Ages, Berkely/Los Angeles/London 1972, S. 200. 55 Was bedeutet der Begriff pietas? Nach einem Lateinwörterbuch: Frömmigkeit, kindliche Liebe, Pflichtgefühl, Milde. Wolfgang Bartuschat, einer der besten Kenner Spinozas, übersetzt den Begriff pietas zwar mit „Frömmigkeit“, versteht diese kontextualisiert jedoch im Sinne von Moralität (vgl. FN 7), S. 24 ff. Dies entspricht der Interpretationsleitlinie, Spinoza folge dem säkularen Immanenzprinzip. Dies ist auch plausibel, weil diese Auffassung der pietas gewissermaßen Kant zu antizipieren vermag, was im neukantianisch geprägten Selbstverständnis des deutschen Akademiker-Diskurses gut ankommt. Doch trifft diese Bedeutungszuschreibung nicht das Problem der Aussage und hebelt dadurch den zeitgenössischen Zusammenhang aus. Jürgen Habermas hat dies auf den Punkt gebracht, als er zum philosophischen Diskurs der Moderne bemerkte: „Die Moderne kann und will ihre orientierenden Maßstäbe nicht mehr Vorbildern einer anderen Epoche entlehnen, sie muss ihre Normativität aus sich selbst schöpfen“ (J. Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Frankfurt a.M. 1985, S. 16). Ada Neschke hat dies 2012 eine „Aporie der Moderne“ genannt und gezeigt, dass es unmöglich ist, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen (A. Neschke-Hentschke, Die Aporien der Moderne und die Weisheit der Alten. Vortrag vom 14. 4. 2012, gehalten anlässlich des 36. Sokratischen Treffens in Würzburg. Ada Neschke ist am 9. 7. 2013 verstorben). Gewiss, Spinoza begründet die Moderne, ja, er kämpft entschieden für die Freiheit des Denkens, und Spinoza denkt konsequent nach dem Immanenzprinzip. Doch Spinoza ist deswegen nicht gegen Religion, sondern gegen eine historisch be-
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6. Bei aller kritischen Distanz zu den Diskursen der Mystiker sollte meines Erachtens auch der Schlussteil der Ethica von Spinoza nicht nur in der Eigenart von Spinozas intellektualistischer Lesart der zeitgenössischen Themata von libertas philosophandi, pax und pietas und somit in Bezug auf den Referenzpunkt des versachlichten bzw. naturalisierten Gottesbegriffes gelesen werden, sondern bewusster in und aus der Vielfalt ihres historischen Umfeldes heraus, wie zum Beispiel der christlichen Mystik, und daher auch als ein Versuch betrachtet werden, die zeitgenössisch brennenden gesellschaftspolitischen Themen kritisch und in einer neuen Sprache zu erörtern. Dieser Vorschlag ist schon deshalb zulässig, weil das wissenschaftlich fundierte Säkularisierungstheorem, das uns bislang leitete, selbst problematisch ist. Ich denke, dass gerade unsere heutige Wissensgesellschaft mit ihrer Neigung zur Anhäufung von enzyklopädischem Wissen gut daran täte, sich bewusster zu werden, wie Wissen entsteht und wie es selektioniert wird, und dass diese diversen und stillen Prozesse der Bildung und Strukturierung von Wissen selbst oft wirkungsmächtiger waren und sind, wie das nachrangige „besitzende“ Wissen dies ausweist. Der Umgang mit den Aporien eines permanent kritischen Diskurses freilich stellt immer auch eine Belastung für die auf verwertbare Resultate ausgerichtete Wissenschaft dar. Die heikle Thematik des Säkularisierungstheorems selbst rechtfertigt es, dass ein gewisses Maß an reflexiver Irritation auch der Wissensgesellschaft zugemutet wird, damit wir nicht Gefangene oder Ausgeschlossene eines verengt geführten Diskurses der Nützlichkeit bleiben. Vor diesem Hintergrund sollte das Verhältnis von Spinozas Lehre und der christlichen zeitgenössischen Mystik eines Böhme, Silesius und Czepko als ein weiterer, aber keineswegs ausschließlicher Zusammenhang, zu thematisieren sein.56 Zugleich stimmte Form von Theologiediskurs und religiöser Frömmelei, insofern Herrscher – wie er in der Vorrede des TTP (S. 6), Feuerbach und Marx vorwegnehmend, sagt, – die Menschen instrumentalisierten, sodass diese dann bereit seien, ihr Leben für die Interessen eines Herrschers im Krieg hinzugeben. Dies verträgt sich nicht mit dem Individualitätsprinzip Spinozas, das auf die wahre Gotteserkenntnis ausgerichtet ist. 56 Meiner Darstellung würden niederländische Autoren wie Wim Klever oder Wiep van Bunge sicherlich widersprechen. Klever selbst zeichnet von Spinoza das bekannte Bild eines empirisch, beinahe mechanisch denkenden Naturalisten, wie er dieses etwa mit dem Rekurs auf eine bisher kaum bekannten Vorläufer Spinozas, nämlich dessen Lateinlehrer Franciscus van der Enden, ausführt (W. N. A. Klever, A New Source of Spinozism: Francisvcus van den Enden, in: Journal oft he History of Philosophy, 29 (1991) S. 613 – 631, insb. 614, 628, 630 und Anm. 14). Indessen ist Klevers Versuch einer an Details gebundenen Beweisführung, die an entscheidenden Stellen nicht eingelöst wird, insgesamt nicht überzeugend. Mehrfach argumentiert er auch assoziativ, wie dies ein Anwalt in einem Plädoyer tut (ders., S. 624). Es wird z. B. nicht erklärt, weshalb zwischen der Textstelle von van den Enden und Spinoza ein Zusammenhang bestehen soll. Besteht dieser nur aus dem Grund, weil jener dessen Lateinlehrer war? Diese Hypothese hat etwas für sich und manche Textstellen lassen sich in der Tat vergleichen, aber sie beruhen auf der Annahme, dass beide atheistische Naturalisten seien (S. 615, 625, 628, 630) und es daher nicht anders sein könne. Und selbst wenn van den Enden ein „outstanding teacher“ gewesen sein sollte (S. 630), ist damit noch nichts wirklich belegt
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ist unsere Wahrnehmungsfähigkeit über den allzu engen Säkularisierungsbegriff hinaus im Sinne der historischen Gegebenheiten verstehend zu erweitern. Nur dieses hermeneutische Vorgehen kann unsere Sicht wirklich bereichern. Was wir somit aus diesen Einsichten mitnehmen müssten, ist, so denke ich, das caute im Sinne von Spinoza, weil alle Dinge, die so exzellent wie Spinozas Lehre (E5P42S) sind, sich auch höchst vielschichtig und anspruchsvoll präsentieren, so dass ein allzu selbstgewisser Zugriff den Gegenstand daher schnell einmal verfehlen kann. Auch die Wissenschaft ist säkular, selbst wenn sie immer wieder wie eine neue Religion gehandelt wurde und wird. Also zählt einzig die kritische Intellektualität im Sinn der libertas philosophandi, denn nur sie kann aufrichtige pietas – auch gerade in Bezug auf die scientia – ermöglichen.
und bewiesen, sondern bloß behauptet. Als Arbeitshypothese ist dies eine taugliche Kombination, doch ist jede darüber hinaus gehende Behauptung einer Tatsache eine nicht zulässige Suggestion. Ebenso S. 627 (Ziff. 3.) lässt sich (mit nicht explizierter Referenz auf das Zitat von van den Enden auf S. 626) von einer allfälligen Vergleichbarkeit sprechen; die Begründung einer „similarity between his and his master’s ideas“ (S. 628), weil also van den Enden Spinozas Lateinlehrer war (mit impliziten Bezug auf die Darlegungen S. 615 und Anm. 14), ist wiederum eine solche Suggestion. Zudem liegt zwischen 1661, als sich die beiden begegneten, und den 1670er Jahren, in denen Spinoza sein Hauptwerk schuf, eine lange Entwicklungsperiode für Spinoza, die auch nicht mit dem Argument von ersten Entwürfen zur Ethica Spinozas (S. 630) ohne weiteres überbrückt wird. Dass Aussagen Spinozas „are unmistakeably adhered to by Van den Enden“ (S. 628) hilft nicht darüber hinweg, weil jedes „unmistakeably“ schon gegen die Aussage, die es stützen sollte, spricht. Doch wichtiger und wertvoller erscheint mir im vorliegenden Zusammenhang, dass Klever gezeigt hat, dass Spinoza in einem zeitgenössisch größeren Kontext zu sehen ist. Auch van Bunges Versuch der Demontage des Jüdischen in Spinoza wirkt nicht unbedingt überzeugend, zumal er diesen Hintergrund durch den politisch-nationalen, des spezifisch Holländischen, ersetzen will (W. van Bunge, Spinoza’s Jewish Identiy and the Use of Context, in: Studia Spinozana 13 [1997)], S. 100 – 118).
Hugo Grotius on religion as a motive for waging war By Henk Nellen In 1625 the Dutch humanist, lawyer and exile Hugo Grotius (1583 – 1645) published his soon-to-be famous study on the law of war and peace, De iure belli ac pacis. The general tenor of this book is that crimes against natural law justified violence and war, but only if recourse to a judge was impossible.1 Grotius lived in an age marked by religious strife. For this reason he could not avoid looking closely at the problem of religion as a motive for initiating armed conflict. In a long passage linking natural law with natural religion he pointed out that, if religion was involved, war might be condoned whenever the main tenets of natural religion, especially God’s existence and His constant care for human affairs, were denied.2 At face value, however, such an approach threatened to undermine the legal system laid down in De iure belli ac pacis, which was primarily aimed at limiting the grounds for waging war. In this paper, I propose to show how Grotius solved the contradictions in his system of the law of war. His study was a deliberate attempt to exclude disagreement on revealed religion from the catalogue of reasons for waging war. Grotius postulated that, in general, war was justified if fundamental rights had been violated. The first item on the list of fundamental rights was the right of selfdefence. According to Grotius, self-defence was not a natural right in the proper sense, since man had this right, or should we say this instinctive drive in common with animals and other living creatures. Natural right in the proper sense was the dictate of right reason and as such it was a prerogative of human beings alone. Contrary to animals, they availed themselves of their reasonableness, that is, they used their common sense and knowledge of history to identify certain individual, subjective, 1 Helpful recent introductions on the focus and contents of the book are: Ch. A. Stumpf, The Grotian theology of international law. Hugo Grotius and the moral foundations of international relations, Berlin etc. 2006; B. Straumann, Hugo Grotius und die Antike. Römisches Recht und römische Ethik im frühneuzeitlichen Naturrecht, Baden-Baden 2007. Studien zur Geschichte des Völkerrechts, 14. See for the early reception of De iure belli ac pacis E. Müller, Hugo Grotius und der Dreissigjährige Krieg. Zur frühen Rezeption von De jure belli ac pacis, in: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 77 (2009), pp. 499 – 538, and H. Nellen, On the occasion of the acquisition of the first edition of De iure belli ac pacis by the Peace Palace Library, in: Grotiana, New series 33 (2012), pp. 1 – 21. 2 H. Grotius, De iure belli ac pacis libri tres, in quibus ius naturae et gentium, item iuris publici praecipua explicantur, cum annotatis auctoris, ed. P.C. Molhuysen, Leiden 1919 (hereafter cited as DIBP), 2, 20, 44 – 51 (pp. 397 – 409).
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fundamental rights.3 These rights all revolved around property as a necessary means to sustain a comfortable life in an orderly society. Subjective rights were often directly related to property, for example the right to own, acquire or sell property, the right to restitution of debts, and the right to enforce contracts or promises concerning property or services rendered.4 The precepts of natural law, with subjective rights as their nucleus, had to be worked out in a legal system on the basis of positive laws, either given by God in the Bible or imposed by the worldly authorities. Needless to say that Grotius developed his system on the basis of reciprocity, because every subjective natural right had its complement in an obligation, for example the obligation to respect other men’s property, to repay debts, and to observe contracts or to keep promises to fellow citizens. In addition, Grotius postulated an overarching right, again combining it with a complementary obligation: the right to implement – and the duty to comply with – forceful measures with a view to securing the strict observance of natural law. This right is a typical feature of the Grotian system. As he saw it, every violation of natural law downgraded the offender as an abject criminal and relegated him to a level below that of his fellow human beings. Every individual and, a fortiori, every state was permitted, albeit not obligated, to force other individuals and states to abide by natural law. In the period around 1900, when peace conferences and the League of Nations tried to curb the negative consequences of unbridled legal positivism, the importance of this feature in the Grotian system was stressed, and even overestimated. Grotius’ book was hailed as an appropriate recipe for containing the threat of war: after the Bible, no other book advanced man’s progress as much as De iure belli ac pacis.5 Here we have to recall that by accepting a full right to intervene in cases of flagrant violation of natural law, even when any form of governmental jurisdiction over the offender was lacking,6 Grotius risked throwing the door to constant warfare in endless conflicts wide open. Grotius was well aware of this danger. He adduced some examples of the violation of natural law – barbarity against one’s parents, cannibalism, the killing of innocent visitors, and piracy7 – but in the course of his argument he went to great lengths to limit the number of reasons for which intervention was pos3 Cf. Y. Onuma, War, in: A normative approach to war. Peace, war, and justice in Hugo Grotius, ed. Yasuaki Onuma, Oxford 1993, pp. 64 – 67, on DIBP 1, 2, 1, 1 – 6. 4 DIBP, prolegomena 8 (p. 6) and 2, 1, 2, 1 (p. 127). 5 H. Nellen, Op zoek naar een vreedzame wereldorde. Hugo Grotius (1583 – 1645) over natuurlijke godsdienst en rechtvaardige oorlog, [Amersfoort] 2010, pp. 5 – 6. 6 DIBP 2, 20, 40, 4 (pp. 395 – 396). Cf. P. Haggenmacher, Sur un passage obscur de Grotius. Essai de réponse à Cornelis van Vollenhoven, in: Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 51 (1983), pp. 295 – 315. 7 DIBP 2, 20, 40, 3 (p. 395). The first edition of DIBP (Paris 1625, p. 435) reads: ‘Sic non dubitamus quin iusta sint bella in eos qui in parentes impii sunt, hospites occidunt, qui humanam carnem epulantur, qui piraticam exercent’. In the revised edition of 1631 and in the editions of later years the words ‘hospites occidunt’ are lacking. See, for a plausible explication: H. Grotius, Le droit de la guerre et de la paix, ed. J. Barbeyrac, Amsterdam 1724, p. 614, note 7.
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sible. First, although the Grotian system allowed for intervention by a punitive war, this liberty should not be taken as an unavoidable duty or obligation.8 Besides, Grotius stressed that it was extremely difficult to distinguish between natural law and universally accepted customs, as if there were a sliding scale that made the identification of natural law a thorny problem. For example, adultery, incestuous relationships and money lending at abusively high rates did not belong to the domain of natural law, but were rather interdicted by divine law.9 Furthermore, mental backwardness and deficient education might hamper knowledge of natural law in such a way that offenders were entitled to forgiveness. Finally, the breach of natural law had to be very serious.10 For all these reasons restraint was called for. Quite recently, Grotius has been dubbed the father of the right of intervention, but in his famous book De iure belli ac pacis he was keen on restricting this right as much as possible.11 Now let me point out how religion was dealt with in Grotius’ system of natural law. I will start by drawing attention to a conspicuous parallel in the identification of natural law and natural religion. Grotius defined natural law as the dictate of right reason, verifiable for all human beings. Man was capable of ascertaining its prescriptions in two ways, a priori, by following the inner rulings of conscience, and a posteriori, by studying history in order to find out which rules and conventions prevailed, now and in the past, among the majority of human beings, especially the most civilised nations. Thus human reason was fully equipped to identify the aforementioned subjective rights that were embedded in Grotius’ system of natural law.12 According to Grotius, the same procedure obtained for describing the articles of natural religion. A mix of a priori and a posteriori arguments13 enabled believers to single out important tenets of belief that did not admit of any doubt: he mentioned the existence (1) of a single (2) and supernatural (3) being, which cared for all human creatures by rewarding or punishing them, here or in the afterlife, according to their behaviour (4), and which had created the world and all things in it (5).14 Grotius would expound this view in full detail in his De Veritate of 1627, a Latin prose translation of a didactic Dutch poem that he had written some years before, during his imprisonment in Loevestein.15 It is no exaggeration to state that De iure 8
Cf. DIBP 2, 20, 3, 1 (p. 360) and 2, 20, 7, 1 (p. 365). DIBP 2, 20, 41 – 42 (p. 396). 10 DIBP 2, 20, 43, 1 – 3 (pp. 396 – 397). 11 R. Jeffery, Hugo Grotius in international thought, New York etc. 2006, especially pp. 113 – 152. 12 DIBP 1, 1, 12 (p. 28). Cf. Straumann, Grotius (FN 1), pp. 96 – 127. 13 DIBP 2, 20, 45, 3 – 4 (pp. 400 – 401). 14 DIBP 2, 20, 45, 1 (pp. 396 – 397). For the sake of clarity I assign a numbering to the essential tenets that differs from the one adopted by Grotius: initially he merged (1) and (2), but distinguished them later on. See DIBP 2, 20, 46, 1 (p. 401) and 2, 20, 47, 1 (p. 403). 15 J. P. Heering, Hugo Grotius as apologist for the Christian religion: a study of his work De veritate religionis Christianae (1640), translated by J.C. Grayson, Leiden etc. 2004. Studies in the history of Christian traditions, 111, pp. 1 – 25. 9
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belli ac pacis and De veritate are strongly interconnected and should be seen as the backbone of a coherent theologico-political programme. Departing from Aristotle’s Nicomachean Ethics16 and Metaphysics17 Grotius stressed that all domains of human knowledge are determined by specific levels of certainty. Mathematics, for instance, can be seen as a system of logical inferences, built on evident and well-defined axioms. The discipline offered complete certainty, but it was wrong to look for the same type of certainty in fields like medicine and history. The truth of Christian religion rested for a crucial part on historical reports. Instead of undermining these reports by adducing the possibility of corruption and distortion during an age-long transmission process, Grotius’ treatise offered an overwhelming amount of historical evidence that buttressed the credibility of testimonies in the Bible and the Church Fathers. Thus he corroborated divine revelation by attaching a nearly perfect, moral certitude to it. His arguments, such as the candour, unanimity and disinterestedness of eyewitnesses, the reasonableness of Christian doctrines and the rapid expansion of the primitive church are all traditional. What was new, or in any case innovative, was that Grotius sincerely and openly admitted that complete, rational and irrefutable certainty was unattainable. He even stressed that God had willed this imperfect certainty. It served as a touchstone for separating the unbelievers from those who were ready to acquiesce in a belief that was only evident to the extent that it asked for active cooperation and devotion (De veritate II, 22 (= [19]).18 In this respect, by stressing the lack of complete certainty, Grotius fits into a philosophical movement, current at the time and described as epistemological modesty, a kind of deliberate ‘probabilism’, that accepted moral certainty as a firm enough basis for ensuring salvation.19 In De veritate, and again in De iure belli ac pacis, Grotius maintained an ordered scale for categorizing religious tenets according to their degree of credibility. This procedure enabled him to expatiate on the need for tolerance in matters of religion. During the course of centuries knowledge of some of the essential tenets had faded away among some peoples, but belief in two tenets was universal ‘in the highest degree’: the existence of a divine power (1) and its constant care for the sublunary world (4).20 Both tenets could be seen as the backbone or quintessence of all religions, 16 Aristotle, Nicomachean Ethics, book 1, 3 (= 1094 B 11 – 14), cited in: L. Daston: Probability and evidence, in: The Cambridge history of seventeenth century philosophy, ed. D. Garber and M. Ayers, vol. 2, Cambridge 1998, pp. 1108 – 1144, here p. 1117, referring to Grotius, De veritate II, xix (= 18) and xxiii (= [19]). 17 Aristotle, Metaphysics 2, 3, 3 (995 A 15 – 16). Cf. Grotius, De veritate II, 18, referring to Aristotle, Metaphysics 2, 1, 3 (993 B 9 – 11). 18 See H. Grotius, Opera omnia theologica, in tres tomos divisa. Ante quidem per partes, nunc autem coniunctim et accuratius edita … (Amsterdam 1679; reprint Stuttgart and Bad Cannstatt 1972), vol. III, pp. 48 – 49 in particular. 19 Cf. H. Nellen, Minimal Religion, Deism and Socinianism: on Grotius’s motives for writing De veritate, in: Grotiana, New series 33 (2012), pp. 25 – 57. 20 DIBP 2, 20, 46, 1 (p. 401): ‘Hae notiones, numen aliquod esse (unum an plura sepono) et curari ab eo res hominum, maxime sunt universales et ad religionem sive veram sive falsam constituendam omnino necessariae’.
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whether true or false.21 Grotius states that denial of these tenets might provide a justified ground for coercion and, if necessary, outright war. ‘I think, therefore, that those who first begin to abolish these [two] ideas may be restrained in the name of human society, to which they do violence without a defensible reason; just as they are regularly restrained in well-organized states …’.22 Grotius’ argument proceeded from the view that religion had an important moral function: as a set of normative rules, it was ‘the cement of all society and the basis of legislation’.23 It held civilians together in a bond that enabled them to live safely and comfortably. Without religion they would abide by laws for only as long as they derived benefits from them, driven as they were to observe laws out of fear for punishment alone. Therefore, atheism and the idea of a God who remained at a distance without taking His creatures’ behaviour into account would have a disruptive effect on society. Natural law permitted intervention but, as we have seen, Grotius built strong provisos into his system. Unsurprisingly, he applied the same procedure in his treatment of natural religion. By introducing specific forms of disbelief as grounds for war, Grotius was walking on thin ice for the simple reason that his whole system was intended to reduce the catalogue of reasons for beginning a just war to an absolute minimum. Therefore Grotius immediately qualified his statement in the following way. First, he postulated that all tenets of natural religion were not equally evident and provable. That God was a single being (2), transcendent (3) and creator of all things (5) was less obvious than the existence of a superior being (or beings) (1) that cared for the world (4). This distinction in the degree of certainty enabled Grotius to preach restraint again: he stressed that polytheism, idolatry, worship of the stars or spirits, and other kinds of occultism could never yield acceptable grounds for starting a war. He dwelled on the importance of tolerance in view of the fact that from times immemorial ignorance, mental backwardness, deep-rooted customs and stubbornness had produced all kinds of religious aberrations.24 As the reader of De iure belli ac pacis was given to understand, a lower degree of certainty obtained also, and even more so, for the precepts of revealed religion. Although Grotius admitted that according to natural law the killing of innocent Christians for their religious convictions alone was a ground for intervention,25 he explained that differences of opinion regarding Christian dogma demanded leniency and tolerance rather than violent repression. 21
Remarkably enough, tenets (1) and (4) also bolstered the universal validity of natural law, as expressed in the famous ‘etiam si daremus’. See L. Besselink: The impious hypothesis revisited, in: Grotiana, New series 9 (1988), pp. 3 – 63. 22 DIBP 2, 20, 46, 4 (pp. 402 – 403): ‘Has igitur notitias qui primi incipiunt tollere, sicut in bene constitutis civitatibus coerceri solent …, ita et coerceri posse arbitror nomine humanae societatis quam sine ratione probabili violant …’. Translation in: H. Grotius: De iure belli ac pacis, in: The Classics of International Law, ed. J. B. Scott, vol. 2, The translation, by F. W. Kelsey, Oxford and London 1925 (= 1927 – 1928), p. 514. 23 ‘… coagulum omnis societatis et fundamentum legislationis’, DIBP 2, 20, 44, 3 (p. 398), according to a word of Plutarch, Adversus Colotem 1125 E. 24 DIBP 2, 20, 47, 1 – 4 (pp. 403 – 404). 25 DIBP 2, 20, 49, 1 – 2 (pp. 405 – 406).
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De iure belli ac pacis strongly emphasises that ‘the truth of the Christian religion made a considerable addition to natural and primitive religion’, but it was always wrong to start a war against those who refused to accept this creed, since it did not rest on natural, that is discernible and provable arguments.26 Furthermore, Christ himself had expressly stated that no one should be forced to embrace his law ‘by punishments in this life, or by fear thereof’.27 To defend this stance Grotius had to operate carefully. He decided to express his ideas through long citations from uncontested authors like the Church Father Augustine. In this way he made it clear that he rejected the repression of those sects that questioned the divinity of the Saviour, especially Socinianism.28 Having come to the end of my lecture I would like to draw three conclusions. First, for Grotius natural law and natural religion agreed in three important aspects, their universal validity, their simplicity or clarity, and their independence from divine revelation.29 Second, Grotius’ ideas on natural law and natural religion are inextricably intertwined and must be understood as key elements in a system designed to enhance tolerance. Both natural law and natural religion offered convincing arguments for mitigating repression and avoiding the horrors of war. It is important to note that in Grotius’ line of thought natural law did not impose adherence to the Christian faith. On the other hand, outright impiety, leading to the violation of natural law, was punishable according to natural law.30 Third, by articulating norms that were grounded in an intricate mixture of natural law and natural religion, Grotius tried to give an answer to the challenge that scepticism posed to politics, morality and religion.31 Against seventeenth-century followers of the ancient sceptic philosopher
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DIBP 2, 20, 48, 1 (p. 404): ‘… notand[um] … est veritatem Christianae religionis, quatenus scilicet naturali ac primaevae religioni non pauca superaddit, argumentis mere naturalibus persuaderi non posse …’. 27 ‘Alterum [notandum] hoc est, Christo novae legis auctori omnino hoc placuisse ut ad legem suam recipiendam nemo huius vitae poenis aut earum metu pertraheretur’, DIBP 2, 20, 48, 2 (p. 405), with a reference to Romans 8:15, Hebrews 2:15, John 6:67, Luke 9:54 and Matthew 13:24. 28 DIBP 2, 20, 48 – 51 (pp. 404 – 409). Cf. Nellen, ‘Minimal Religion, Deism and Socinianism’ (FN 19), pp. 27 – 36. 29 See also J. Lagrée, Grotius: natural law and natural religion, in: Religion, reason and nature in early modern Europe, ed. R. Crocker, Dordrecht etc. 2001, pp. 17 – 39. 30 Cf. Stumpf, The Grotian theology of international law (FN 1), pp. 54 – 57 and 66 – 68. 31 Cf. Straumann, Grotius (FN 1), pp. 41 – 42 and 96 – 103. In these inspiring sections of his thesis, Straumann hesitates to explain Grotius’ attack on Carneades as a plea for natural law against contemporary moral relativism and skepticism à la Montaigne. Instead he argues that the ancient philosopher was more important to Grotius for having criticized the righteousness of Roman empire-building. Although Carneades is attributed such a role in the works of Cicero, De republica, book 3 and Lactance, Divinae institutiones 5, 16, 4 – 5 and 5, 16, 13, the three or four references to Carneades in DIBP do not prove conclusively that Grotius had this broad context in mind when targeting his opponent: in my view, it was the intrinsic value of natural law as the basis for a universal and viable legal system that he wanted to ascertain
Hugo Grotius on religion as a motive for waging war
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Carneades,32 who denied the existence of natural law and considered law to be the codification of the will of those in power,33 he developed his idea of natural law as inherent in human nature, independent of revealed truth and verifiable through reliable rational and historical methods. The eternal rules of natural law had to be distinguished from positive law, which was changeable or specific. As far as religion was concerned, Grotius took issue with another ancient adversary, the atomist Epicurus, who denied God’s concern with human affairs, deprived law of all religious connotations or incentives and reduced justice to an empty name.34 Again, the distinction Grotius made between essential and verifiable tenets on the one hand, and secondary, revealed tenets on the other, perfectly fits in the contemporary apologetics that sought an answer to the ever-growing influence of scepticism. Here, his strategy comes down to meeting the sceptic challenge halfway. He acknowledged that the rigid dogmatism of traditional Christian scholasticism was untenable in the eyes of the many atheists that threatened piety and religious practice in a city like Paris.35 This is not to say that Grotius saw Christianity as one religion among many others. On the contrary, in his eyes Christianity provided the safest way to heaven, and for that reason alone he went to great lengths to explain its ethical message in a Bible commentary that he considered his magnum opus. Christianity was imbued with reasonableness, it strengthened the bond of society and it promised the bliss of Paradise to those who tried to live according to its rules as far as human frailties allowed them to explore, establish and live up to them. Just like other representatives of mid-century scholarly life, for example Blaise Pascal, Marin Mersenne and Pierre Gassendi, Grotius hoped to defuse scepticism by giving in to the sceptics only in so far as it was clear that the realm of the probable could easily serve as a sound basis for law and religion. Both law and religion offered the easily discernible ‘core morality of universal validity’ which could function in all circumstances, irrespective of the particular creed the believer adhered to. For his innovative ideas on natural law and natural religion, Grotius can be seen as an important representative of the on-going process against the postulates of contemporary skepticism, embodied in the Academic skeptic Carneades. 32 In the wake of Aristotle Grotius asserted certainty of belief as a practical, mitigated form of certainty that stayed clear from outright Pyrrhonism. Cf. Ch. Larmore, Scepticism, in: The Cambridge history of seventeenth century philosophy, ed. D. Garber and M. Ayers, vol. 2 (Cambridge 1998), pp. 1145 – 1192, esp. pp. 1163 – 1164, on Grotius and Carneades. 33 DIBP, prolegomena 5, 16, 17 and 18 (pp. 4 – 5, 8 – 9). 34 DIBP 2, 20, 44, 4 (pp. 398 – 399): ‘Atque huius rei (i. e. the importance of religion for society) evidens argumentum est, quod Epicurus cum divinam providentiam sustulisset, iustitiae quoque nihil reliquit nisi nomen inane, ut quam nasci diceret ex sola conventione, neque durare ulterius quam communis duraret utilitas, abstinendum autem ab his quae alteri nocitura essent solo poenae metu. Verba ipsius ad hanc rem sane insignia exstant apud Diogenem Laertium.’ Grotius referred to Diogenes Laertius, Lives of Eminent Philosophers 10, 150 – 154. 35 Briefwisseling van Hugo Grotius, ed. P.C. Molhuysen et al., The Hague 1928 – 2001, vol. IV, no. 1416 (p. 85), Grotius to Johan Wtenbogaert, 6 August 1629.
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of secularisation. In his works law and morals are still intermingled, but they announce the beginning of a more thorough separation that was to be implemented to a greater extent in the works of later political thinkers such as Thomas Hobbes and John Locke.
Beyond Confessional Paradigms: Re-Grounding Virtue on Secular Calculation Alone By Paul A. Rahe Two events distinguished and defined early-modern Europe. The first and most dramatic was the break-up of the res publica Christiana occasioned by the Reformation and the wars of religion that followed. The second, which was less dramatic but had an even greater impact on subsequent developments, was the jettisoning of confessional paradigms altogether and the re-grounding of politics, jurisprudence, and even morality solely on this-worldly calculation. Both developments had their beginnings in the second decade of the sixteenth century – when an obscure Augustinian monk in Wittenberg provoked a theological debate by attaching Ninety-Five Theses to a cathedral door, and when a no less obscure, recently cashiered civil servant in Florence released to the copyists in that city a job application that he had presented to its ruler to no avail.1 The former’s efforts had an almost immediate impact. The latter merely made straight the way – eliciting from another figure almost fourteen decades thereafter a sharp riposte in which he effected an intellectual revolution. Very little has been written presuming a connection between The Prince penned five hundred years ago by Niccolò Machiavelli and The Leviathan of Thomas Hobbes, and it is easy to see why. The latter never once mentions the former by name; and, among scholars, a certain prejudice prevails. The absence of evidence is often, without reflection, taken as evidence for absence. After all, historians tend to presume, if Machiavelli’s thinking was of any importance to Hobbes, the monster of Malmesbury would have mentioned the Florentine thought to have given the devil his moniker “Old Nick”.2 1
This essay draws on material originally published in P. A. Rahe, Against Throne and Altar: Machiavelli and Political Theory under the English Republic, New York 2008; idem, Montesquieu and the Logic of Liberty: War, Religion, Commerce, Climate, Terrain, Technology, Uneasiness of Mind, the Spirit of Political Vigilance, and the Foundations of the Modern Republic, New Haven 2009; and idem, Soft Despotism, Democracy’s Drift: Montesquieu, Rousseau, Tocqueville and the Modern Prospect, New Haven 2009, which is reprinted here with the permission of Cambridge University Press and Yale University Press. 2 For this nonsequitur, D. Wootton, “Thomas Hobbes’s Machiavellian Moments”, in: The Historical Imagination in Early Modern Britain: History, Rhetoric, and Fiction, 1500 – 1800, ed. D. R. Kelley / D. Harris Sacks, Cambridge 1997, 210 – 242, quite rightly takes his fellow scholars to task. Whether the devil’s moniker is so derived is a matter of controversy: cf. E. Leisi, “On the Trail of Old Nick”, in: The History and the Dialects of English, Festschrift for Eduard Kolb, ed. A. Fischer, Heidelberg 1989, 53 – 57. Note, however, S. Butler, Hudibras, ed. J. Wilders, Oxford 1967, 3. 1. 1313 – 16.
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Here, there is an obvious objection to be made. Thomas Hobbes was no more inclined to mention his predecessors by name than was Niccolò Machiavelli. Both men lived in circumstances in which the works of their predecessors were readily available; both were exceedingly well-read; neither was inclined to make a parade of the extent of his erudition. Were it not for the accident that scholars have found in the Vatican library a manuscript of Lucretius’ De rerum natura replete with textual emendations, which had beens copied out in its entirety on the best paper available in the finest hand of Machiavelli, we would be even slower than we have been to recognize the seriousness of his Auseinandersetzung with Epicureanism.3 Machiavelli and Hobbes are both exceedingly playful as writers. When the latter lifts a passage from John Florio’s translation of the Essays of Michel de Montaigne, he knows perfectly well that very few readers will catch him at it, but that does not mean that he does not want to get caught by those with a keen eye. The theft of Montaigne’s words is a wink and a nod to those in the know – and an indication of the context in which he wishes to be read by those most likely to be able to discern his intention.4 The same playfulness is evident in the fifteenth chapter of Machiavelli’s Prince. The title of the chapter – with its reference to the qualities “for which men … are especially praised or blamed” – echoes the language that Aristotle uses to introduce his famous discussion of the virtues and the vices in his Nicomachean Ethics, and similar language can be found in Thomas Aquinas’ Summa theologica. Students of classical Rome will recognize that the advice that Machiavelli offers regarding “the modes and government” that a prince should adopt with regard to “subjects” and “friends” is that which Marcus Tullius Cicero recommends for dealing with enemies. When Machiavelli speaks of those who “have imagined republics and principalities”, nearly everyone recognizes that he is alluding to Plato and Aristotle, to the New Testament, and to Augustine and Aquinas. Some scholars have also noticed that Machiavelli’s list of the “qualities that bring … either blame or praise” is a parody of the lists of virtues and vices found in the Nicomachean Ethics and the Summa theologica – for, where Aristotle and Aquinas catalogued eleven virtues each a mean between two vicious extremes, he not only lists eleven pairs of qualities opposed, such as cruelty and mercy, but he also deliberately omits justice from consideration and muddles the taxonomy, putting putative virtues first and vices second, then putting putative vices first and virtues second, and reversing himself again and again in a fashion designed to sew confusion – all in preparation for his shocking conclusion that honesty is rarely the best policy and his suggestion that what we call virtues and what we call vices are postures that one needs to adopt according to one’s con3
See P. A. Rahe, “In the Shadow of Lucretius: The Epicurean Foundations of Machiavelli’s Political Thought”, History of Political Thought 28:1 (Spring, 2007), 30 – 55, and Against Throne and Altar (FN 1), 22 – 55. 4 See Q. Skinner, “Thomas Hobbes: Rhetoric and the Construction of Morality”, Proceedings of the British Academy 76 (1991), 1 – 61, which is reprinted in Skinner, Visions of Politics III: Hobbes and Civil Science, Cambridge 2002, 87 – 141.
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venience. “One should not care about incurring the reputation of those vices without which it is difficult to save one’s stato”, he writes. “For if one considers everything well, one will find that something appears to be virtue, which if pursued would be one’s ruin, and that something else appears to be vice, which if pursued results in one’s security and well-being”.5 I belabor what is by now well-known for a reason. For what Machiavelli does to Plato, Aristotle, and their Christian successors in this famous chapter, in turning their arguments inside out and upside down, Hobbes, thinking turnabout fair play, does to Machiavelli in the like-named chapter of his Leviathan. But before I turn from the fifteenth chapter of The Prince to the fifteenth chapter of Leviathan, let me say a few words about prior evidence for Hobbes’s interest in Machiavelli. I. Hobbes and The New Prince Thomas Hobbes was born in 1588. Twenty years thereafter, shortly after he had completed his studies at Oxford, he was hired by Sir William Cavendish to serve as the tutor for that nobleman’s like-named son – with whom he would later live as a gentleman servitor until the death of his former charge in 1628. Early on, in his capacity as the young man’s tutor, Hobbes oversaw his composition of a set of essays modelled on those published by Sir Francis Bacon in 1597. A manuscript containing ten of these, intended as a birthday gift from the young man for his father, survives in Hobbes’s hand. One of the these was published in 1611 under the young man’s name; and, nine years later, all ten were published anonymously in revised form – along with two additional essays and three discourses modelled on those found in Machiavelli’s Discourses on Livy – in a little volume entitled Horae Subsecivæ: Observations and Discourses. Wordprint analysis suggests that two different authors were involved and that Hobbes may have been the author of the two discourses first published in 1620.6 For our purposes here, however, the question of authorship does not much matter. For one thing is clear. Each essay or “observation”, as it was called, and each discourse that appeared in the volume was written in the Cavendish household by one or the other of the two young men, and Hobbes oversaw the project. This last fact is pertinent because one of the items included within Horae Subsecivae thought by some to have been written by Hobbes echoes the language of Machiavelli in The 5 Cf. Arist. Eth. Nic. 1105b19 – 1109b26 (esp. 1105b28 – 1106a1) and Thomas Aquinas, Summa Theologiæ I 2, qq. 59 – 60 (esp. q.60.a.5.c) with Niccolò Machiavelli, Il principe 15, in Machiavelli, Tutte le opere, ed. M. Martelli, Florence 1971), 280; note L. Strauss, Thoughts on Machiavelli, Glencoe 1958), 236 (with 338 – 339 n. 139); and see C. Orwin, “Machiavelli’s Unchristian Charity”, American Political Science Review 72:4 (December, 1978): 1217 – 1228, and R. H. Cox, “Aristotle and Machiavelli on Liberality”, in: The Crisis of Liberal Democracy: A Straussian Perspective, ed. K. L. Deutsch / W. Soffer, Albany 1987), 125 – 47. 6 On this subject, there is far more to be said than there is space for here: see Rahe, Against Throne and Altar (FN 1), 249 – 272. To the secondary literature cited therein, one can now add D. Coli, Hobbes, Roma e Machiavelli nell’Inghilterra degli Stuart, Florence 2009.
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Prince and in his Discourses on Livy at almost every turn. Entitled “A Discourse upon the Beginning of Tacitus”, the piece has as its focus the final destruction of the Roman republic and the establishment of the Roman principate by Augustus Caesar, whom Sir Francis Bacon had singled out as the supreme example of what he, consciously echoing Machiavelli Prince, spoke of as a “new Prince”. In short, it is perfectly clear that, thirty or perhaps even forty years before the appearance of Leviathan, Hobbes and his pupil, the future first earl of Devonshire, gave careful consideration to the centerpiece of Machiavelli’s Prince – the Florentine’s discussion of “the new prince” – and that they connected this discussion with what Machiavelli had to say in Book One, Chapters Twenty-Five and Twenty-Six of his Discourses on Livy concerning the manner in which a new prince, intent on introducing new modes and orders, would be well-advised to proceed.7 It is against this background that one must consider what Hobbes does in the fifteenth chapter of Leviathan. II. Justice Redivivus The author of “A Discourse upon the Beginning of Tacitus” was no friend to disorder. “Civill warre” he considered “the worst thing that can happen to a State”.8 The author of the other discourse attributed by some to Hobbes, “A Discourse of Lawes”, is even more emphatic. In fact, he describes anarchy in terms foreshadowing Hobbes’s description of the state of nature three decades thereafter: If men were not limited within certaine rules, such confusion would follow in government, that the differences of Right & wrong, Just and unlawfull, could never be distinguished; and that would cause such distraction in the people, & give so great an overthrow to conversation, and commerce amongst men, that all right would be perverted by power, and all honestie swayed by greatnesse: so that the equall administration of Justice, is the true knot that binds us to unity and peace amongst ourselves, and disperseth all such violent and unlawfull courses, as otherwise libertie would insinuate, preserving every man in his right, and preventing others, who if they thought their actions might passe with impunitie, would not measure their courses, by the rule of Aequum and Iustum, but by the square of their owne benefit, and affections: & so not being circumscribed within reasonable bounds, their reason becomes invisible; whereas when they finde that Justice has a Predominant power, they are
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Consider “A Discourse upon the Beginning of Tacitus”, in Horæ Subsecivæ: Observations and Discourses, London 1620, 223 – 324 (esp. 255, 257), in light of Machiavelli, Il principe passim and Discorsi 1.25 – 26, in: Tutte le opere (FN 5), 108 – 109, 255 – 298, and Sir Francis Bacon, The Advancement of Learning, ed. M. Kiernan, II.vii.2, in: The Oxford Francis Bacon, ed. G. Rees / L. Jardine, Oxford 1996, IV 80 – 81, and De dignitate et augmentis scientiarum III.4, in: The Works of Francis Bacon, ed. J. Spedding / R. L. Ellis / D. D. Heath, London 1857 – 1874, I 548 – 549 (translated at IV 344 – 345). Note also Bacon, “Imago Civilis Augusti Caesaris,” as well as “Nemesis, sive vices rerum” and “Sphinx, sive scientia”, De sapientia veterum 23, 28, in: The Works of Francis Bacon, VI 339, 662 – 663, 677 – 680 (translated at 347, 737 – 739, 755 – 758). 8 See “A Discourse upon the Beginning of Tacitus” (FN 7), 239.
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deterred from proceeding in those acts, that otherwise their owne wils, and inclination would give them leave to effect.9
It is this concern that is the motive for Hobbes’s novel treatment of the virtues and vices in Leviathan. The profound significance of the critique of morality initiated in the fifteenth chapter of The Prince Hobbes readily acknowledges, but in Leviathan he does so in a typically backhanded way. This he accomplishes by the simple expedient of devoting the like-numbered chapter of his book to moral virtue’s defense. He knew perfectly well why it was that in his own day “successfull wickednesse” had “obtained the name of Vertue”, and so he singled out for attack an unidentified, but easily recognizable “Foole” who had “sayd”, not only “in his heart” but “with his tongue” as well, that “there is no such thing as Justice”, contending that “every mans conservation, and contentment, being committed to his own care, there could be no reason, why every man might not do what he thought conduced thereunto: and therefore also [that] to make, or not make; keep, or not keep, Covenants, was not against Reason, when it conduced to ones benefit”.10 Educated readers at the time – such as James Harrington – had little difficulty in figuring out just which fool Hobbes had in mind.11 It was, after all, quite obvious. Of course, the Malmesbury philosopher was by no means alone in challenging Machiavelli’s teaching concerning morality. In rejecting it, he had ample and highly respectable company. His peculiarity – that which made him the very model of a modern moralist and deprived him of respectability – was that he grounded his critique of the Florentine’s conclusions on the very arguments that the latter had himself advanced. If Hobbes came to be called “the Monster of Malmesbury”, it was because he hewed to “the effectual truth of the matter” no less closely than his Florentine counterpart. Hobbes’s argument takes the form of an exploration of the consequences inherent in accepting Machiavelli’s famous assertion that a legislator must not only “presuppose all men evil (rei)” but also presume that they will make use of “the malignity” hidden in their hearts at the first “free opportunity”.12 This premise Hobbes justifies by means of an elaborate phenomenology of mind. He begins with sensation, its unreliability, and the physiological grounds for doubting whether we can ever know with any precision what lies behind and occasions our perceptions. Then he turns to the natural play of the human imagination in order to bring home to his readers the dependence of all coherence of thought on desire and to establish man’s funda9
See “A Discourse of Lawes”, in: Horæ Subsecivæ (FN 7), 504 – 542 (at 507 – 508). Note Psalms 14:1, 53:1; cf. Thomas Hobbes, Leviathan, ed. C. B. Macpherson, Harmondsworth 1968, I.xv, pp. 203, with Machiavelli, Il principe 15 – 18, in: Tutte le opere (FN 5), 280 – 84. 11 See, for example, James Harrington’s Oceana, ed. S. B. Liljegren, Heidelberg 1924, 12 – 14, 29 – 30, 34 – 35. 12 Machiavelli, Discorsi 1.3, in: Tutte le opere (FN 5), 81. 10
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mental character as homo faber – as an inventor, a hunter of causes and effects, a fashioner of tools driven by “a Lust of the mind” to investigate the consequences of particular actions.13 This claim has profound political implications, for the lust of mind which distinguishes Hobbesian man from the beasts is not the idle curiosity of the contemplative: like the longing for riches and honor, this lust “may be reduced to … Desire of Power”. In fact, because human consciousness is above all else an awareness of consequences, man quite naturally conceives of himself first and foremost as the cause of future effects, as a creature endowed with power. For him, “all conception of future, is conception of power able to produce something”. In short, his subjectivity is itself constituted by a “perpetuall solicitude of the time to come … So that man, which looks too far before him, in the care of future time, hath his heart all the day long, gnawed on by feare of death, poverty, or other calamity; and has no repose, nor pause of his anxiety, but in sleep”.14 It is this anxiety that renders men wicked and produces the malignity hidden in the human heart, for it induces every man to attempt “to assure for ever, the way of his future desire”, and this produces a “perpetuall and restlesse desire of Power after power”. The resulting quest for power eventually brings the individual face to face with his fellow human beings. Inevitably, given the incapacity of unassisted lógos to provide a foundation for community, he treats these men, like everything else he encounters, simply as instruments for dominating nature; and, just as inevitably, they treat him in precisely the same fashion. Thereby, men discover that “the power of one man resisteth and hindereth the effects of the power of another”; and, in the end, they also come to recognize the preeminent political truth: that “power simply is no more, but the excess of the power of one above that of another”.15 The dawning of this recognition transforms “the life of man” – which ceases to be oriented by ordinary, bodily desire. Under its influence, human life becomes “a race” with “no other goal, nor other garland, but being foremost”. Thus, for man, “Joy consisteth in comparing himselfe with other men”, and he “can relish nothing but what is eminent”. For him, “felicity” has no close connection with bodily need: it is a species of progressive conquest in which each individual strives “continually to out-go the next before”. In practice, then, all the passions of man can be reduced to feelings of relative power and powerlessness. Vainglory attains mastery as we maniacally struggle to sustain “the imagination or conception of our own power, above the power of him that contendeth with us”. In the process, since “every man looketh 13 See Hobbes, Leviathan (FN 10), I.vi, p. 124. See also I.v, pp. 113 – 114; xii, pp. 168 – 169; IV.xlvi, p. 682. One should read Thomas Hobbes, The Elements of Law, Natural and Politic, second edition, ed. F. Tönnies, London 1969, I.iii.1-v.4, in light of I.ix.18. 14 See Hobbes, Leviathan (FN 10), I.viii, p. 139; xi, pp. 160 – 161; xii, pp. 168 – 170, and Elements of Law (FN 13), I.viii.3. See I.ix.18. In this regard, Hobbesian and Cartesian introspection are indistinguishable: see A. Baier, The Idea of the True God in Descartes, in: Essays on Descartes’ Meditations, ed. A. Oksenberg Rorty, Berkeley 1986, 359 – 387. 15 See Hobbes, Leviathan (FN 10), I.xi, pp. 160 – 61, and Elements of Law (FN 13), I.viii.4.
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that his companion should value him, at the same rate he sets upon himselfe”, men squabble, come to blows, and then kill one another not only or even primarily because their material interests clash but “for trifles, as a word, a smile, a different opinion, and any other signe of undervalue”. As Hobbes sums it all up, “Men from their very birth, and naturally, scramble for every thing they covet, and would have all the world, if they could, to fear and obey them”.16 It is this set of conclusions that justifies the conviction, originally inspired by Hobbes’s reading of and rumination on Thucydides’ account of the revolution at Corcyra,17 that political order is artificial and quite fragile. It would not matter that human beings are fundamentally equal – “that the weakest has strength enough to kill the strongest, either by secret machination, or by confederacy with others”, and that men are quite rightly disinclined to concede that others are wiser than they – were they not also predisposed to quarrel over gain, safety, preeminence, and glory. But both equal and quarrelsome men certainly are; and, according to Hobbes, their natural condition is, in consequence, war: “where every man is Enemy to every man”. Man’s natural inclinations are, in fact, an obstacle to the Baconian project, for in the state of nature there is no place for Industry; because the fruit thereof is uncertain; and consequently no Culture of the Earth; no Navigation, nor use of the commodities that may be imported by Sea; no commodious Building; no Instruments of moving, and removing such things as require much force; no Knowledge of the face of the Earth; no account of time; no Arts; no Letters; no Society; and which is worst of all, continuall feare, and danger of violent death; And the life of man, solitary, poore, nasty, brutish, and short.
Hobbes is perfectly willing to concede Machiavelli’s basic point: that in man’s natural condition “the notions of Right and Wrong, Justice and Injustice … have no place”. As he puts it in a telling passage in the thirteenth chapter of his magnum opus, “Force, and Fraud, are in warre the two Cardinall vertues”. Moreover, he recognizes that Machiavelli’s account nicely describes the situation of the sovereign, who remains within the state of nature. If he disagrees with the author of The Prince, it is only in his adoption of the perspective of ordinary men unlikely to become princes; in his insistence that, in constructing a polity, a legislator must rely on “the Passions that encline men to Peace”, such as “Feare of Death; Desire of such things as are necessary to commodious living; and a Hope by their Industry to obtain them”; and in his belief that the war of all against all need not persist.18 At this point, he restates the 16 See Hobbes, Elements of Law (FN 13), I.ix.1 – 21 (esp. 1 and 21), De Cive: The Latin Version, ed. H. Warrender Oxford 1983, I.i.5, 12; Leviathan (FN 10), I.xiii, p. 185; II.xvii, p. 226; Decameron physiologicum in: The English Works of Thomas Hobbes of Malmesbury, ed. Sir W. Molesworth, London 1839 – 1845, VII 73. See also Hobbes, Elements of Law (FN 13), I.vii.7, ix.19, xvi.11, II.viii.3, De cive III.xv.13, De homine XI.11 – 15, in Thomæ Hobbes Malmesburiensis opera philosophica quae Latine scripsit omnia in unum corpus, ed. W. Molesworth, London 1839 – 1845, II 100 – 103. 17 See Rahe, Against Throne and Altar (FN 1), 273 – 290. 18 See Hobbes, Leviathan (FN 10), I.xiii.
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Epicurean account of the manner in which civil society emerged on the basis of the calculations of endangered men, recasting it in light of what he had gleaned from the speech of Thucydides’ Mytilenians at Olympia and from a passing observation voiced by Thucydides’ Athenians in the course of the Melian dialogue as these remarks concerning the foundations for justice in international affairs could be reapplied to the manner in which equality can provide a foundation for justice between men who are in no way by nature friends.19 On the crucial question, Hobbes argues that – if Machiavelli was indeed right in asserting that “security and well-being” are the end of human life and the standard by which virtue and vice are to be defined – it is a dictate of reason that ordinary men trade submission for protection and not breach faith,20 for, except in the case of those extraordinarily situated, the “successfull wickednesse” promoted by the Florentine is an oxymoron. In elaborating the logical consequences of this argument, Hobbes establishes the principle of absolute sovereignty and restores the traditional virtues – “Justice, Gratitude, Modesty, Equity, Mercy, & the rest of the Laws of Nature” – to something like their traditional place. In the process, however, he acknowledges the Machiavellian foundations of this restored morality: “These dictates of Reason, men use to call by the name of Lawes; but improperly: for they are but Conclusions, or Theoremes concerning what conduceth to the conservation and defense of themselves”.21 Hobbes was the first to argue systematically that the practice of the traditional tenets of morality can adequately be grounded in the conviction that honesty is the best policy. He would not be the last. Prominent among those who would draw on his argument was a Jansenist theologian who is forgotten today but who was widely read in the late seventeenth and early eighteenth centuries and had a profound impact on subsequent political thought. III. Blaise Pascal and Pierre Nicole When Blaise Pascal died on 19 August 1662, his sister Gilberte Périer and her son Étienne found among his effects a loosely organized collection of Pensées. For the most part, Pascal had jotted down what he called his “thoughts” on large sheets of paper. Eventually, he cut up these sheets in order to isolate individual passages, 19
See Rahe, Against Throne and Altar (FN 1), 273 – 319. In context, as Hobbes clearly understood, his argument was bound to be taken as an apology on his part for taking the Engagement: see Q. Skinner, The Ideological Context of Hobbes’s Political Thought, Historical Journal 9:3 (1966), 286 – 317, and Conquest and Consent: Thomas Hobbes and the Engagement Controversy, in: The Interregnum: The Quest for Settlement, 1646 – 1660, ed. G. E. Aylmer, Hamden 1972, 79 – 98, revised and reprinted in Hobbes and Civil Science (FN 4), 264 – 307, as well as J. R. Collins, The Allegiance of Thomas Hobbes, Oxford 2005, 115 – 206. Cf. G. Burgess, Contexts for the Writing and Publication of Hobbes’s Leviathan, History of Political Thought 11:4 (Winter 1990), 675 – 702. 21 See Hobbes, Leviathan (FN 10), I.xiv-xv (esp., pp. 216 – 217). 20
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which he then rearranged, stringing them together with thread run through a tiny hole made in the top left corner of each fragment. In this fashion, he produced sixty bundles, and to twenty-seven of these, by the time that he died, he had assigned titles. In the aftermath of his death, his relatives discovered this material laid out in no particular order that they could discern. They and those whom they consulted were aware, however, that they were in the presence of genius and that their understanding might be inadequate and incomplete. Carefully, therefore, and cautiously, to the best of their ability, without rearranging the fragments, they had a clean copy made – from which other copies were made in turn. It was on the basis of these secondary copies, two of which survive,22 that Étienne Périer, Antoine Arnauld, Pierre Nicole, and their colleagues did their work as editors. We cannot be sure what Pascal would have done with this material had he lived. But there is, in fact, a certain logic evident in the apparent confusion in which his Pensées were found, and this logic his editors, less cautious and respectful than had been those responsible for making the original copies of the work, deliberately ignored.23 Had Pascal’s editors published the Pensées in the form in which they had originally been discovered, the French – and, before long, the European – public would have been presented with an apologetic work aimed squarely and bluntly at the irreligious and the lukewarm; at the followers of Michel de Montaigne, Pierre Charron, François La Mothe Le Vayer, and Pierre Gassendi; and at future heirs of the libertins érudits.24 This work would have begun, in an empirical fashion, with ordinary human experience, and it would have subjected the vanity, the wretchedness, the boredom, and the desperate search for diversion characteristic of human life to an extended, penetrating, and moving psychological analysis. In the process, it would have restated in the most unsparing terms the Pyrrhonist critique of the human understanding, and it would have spelled out the psychological, moral, and political consequences of man’s inability to find his way in an infinite universe beyond his ken. Only then would it have intimated that Pascal’s chosen antagonist Montaigne had stopped well short of stating the full truth when, in passing, he had described “inquiétude and irresoluteness” as “our leading (maistresses) and predominant qualities”. Only then would it have argued that the only plausible way to make sense of human restlessness – of the profound disproportion between human longing and aspiration, on the one hand, and human grandeur and achievement, on the other – is to explain it in terms of original sin, man’s fallen nature, and his instinctive nostalgia for a repose in union with God that had evidently once been his. In short, it would have 22 The first of these copies (Bibliothèque nationale MS 9203) provides the basis for the various editions published by L. Lafuma, and the second (Bibliothèque nationale MS 12449) provides the basis for the editions published by P. Sellier. Both versions remain in print. I cite Blaise Pascal, Pensées, ed. L. Lafuma, Paris 1978, and Blaise Pascal, Pensées: Édition établie d’après la copie référence de Gilberte Pascal, ed. P. Sellier, Paris 1999. 23 In this connection, see J. Mesnard, Pascal, 4th edition, Paris 1962, 126 – 54. 24 With regard to the libertins érudits, see Rahe, Against Throne and Altar (FN 1), 155 – 168, 297 – 312.
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been a powerful restatement of the argument of Saint Augustine, as it was formulated in the very first paragraph of his Confessions, where, in addressing God, he wrote, “Thou hast made us for Thyself, and the heart of each of us will be uneasy (inquietum) until it rests in Thee.”25 In practice, however, Arnauld and Nicole saw to it that Pascal’s argument was redirected to the faithful. Under their influence, the editors cut much of what he had written illustrative of the human propensity for inquiétude and of man’s intellectual failings. In the process, they eliminated the attacks on Descartes and the corrosive socio-political commentary contained therein,26 and they gave precedence in the volume to the more narrowly religious argument that had originally served as its conclusion. In time, to be sure, the marquis de Condorcet would discover one of the manuscript copies, and in 1776 he would publish a collection of fragments arranged in such a manner as to suggest that Pascal was a religious skeptic or an atheist. Three years later, abbé Charles Bossut would publish a revised, slightly expanded edition of the Pensées, with twenty-eight hitherto unpublished fragments, in which he rearranged the material into two parts, the first devoted to philosophy, morality, and belles lettres, and the second dedicated to religion. It was not, however, until 1844 that there would be a more or less complete, more or less accurate edition of the Pensées available, and it was not until the second half of the twentieth century that readers would be able to peruse the Pensées in editions aimed at being faithful to the order established by Pascal himself.27 In abridging, censoring, and rewriting the text, and in rearranging the argument outlined in the twenty-seven bundles of Pascal’s Pensées bearing titles, the editors obscured the work’s focus and deprived it of much of its rhetorical force. In the end, however, this did not prove to be an insuperable obstacle to its assimilation. The book sold well, and from the outset it was widely read and discussed. If some figures, such as Jacques-Bénigne Bossuet, bishop of Meaux, failed to reply to Pascal, it can hardly be because they were unfamiliar with his Pensées. It can be shown that Nicolas Malebranche, who rarely mentioned Pascal by name, nonetheless paid exceedingly close attention not only to the great man’s published works but also to frag25 Cf. Pascal, Pensées, Édition établie d’après la copie référence de Gilberte Pascal (FN 22) nos. 1 – 414, which reproduces the material found in the twenty-seven bundles given titles, with M. de Montaigne, De la Vanité, Essais 3.9, in: Montaigne, Œuvres complètes, ed. A. Thibaudet / M. Rat, Paris 1962, 922 – 980 (esp. 966), and see August. Conf. 1.1. For an overview, see K. Löwith, Man Between Infinites and Skepticism and Faith, in: Löwith, Nature, History, and Existentialism, ed. A. Levison, Evanston 1966, 102 – 130. 26 For a penetrating discussion of the corrosive element that was omitted, see E. Auerbach, On the Political Theory of Pascal, in: Blaise Pascal: Modern Critical Views, ed. H. Bloom, New York 1989, 17 – 35. 27 See M. M. Varnos, Pascal’s Pensées and the Enlightenment: The Roots of a Misunderstanding, Studies on Voltaire and the Enlightenment 97 (1972), 17 – 145; A. McKenna, De Pascal à Voltaire: Le Rôle des Pensées de Pascal dans l’histoire des idées entre 1670 – 1734, Oxford 1990, I 5 – 159; and A. Straudo, La Fortune de Pascal en France au dix-huitième siècle, Oxford 1997.
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ments available at that time only in manuscript and that he responded in a pointed manner to what Pascal had said.28 Moreover, the editors’ mangling of the text, which was not materially corrected in the slightly augmented edition first published by Périer in 1678,29 did not prevent a discerning reader, such as Voltaire, from gravitating to the material discussing the human condition that he found buried in the middle of the book, and it did not deter him from denouncing its author as a “sublime misanthrope” who “writes against human nature”, imputing to “the essence of our nature that which pertains only to certain men”.30 The way for readers of this sort was made considerably easier by the fact, well known at the time, that an argument almost indistinguishable from the one advanced by Pascal could be found fully developed in the Essais de morale, the first volume of which Pierre Nicole published a year subsequent to the appearance of the Pensées.31 There is much that could be said on this subject.32 Here, however, I will limit myself to the manner in which Nicole echoed and developed the thinking of Hobbes. IV. Amour propre According to Pascal’s account, the Fall transformed self-love into a new form, and what had once been subordinated to the love of God, remained “alone” in what was a “great soul, capable of an infinite love”; and, in the absence of a proper object for human longing, by “extending itself & boiling over into the void that the love of God had left behind,” this self-love metamorphosed into the species of vainglory that Pascal and the French moralists of the seventeenth century called “l’amour propre”. This had, he contended, predictable consequences, for, in the process of be28 Cf. Varnos, Pascal’s Pensées and the Enlightenment (FN 27), 17 – 145, who asserts that Pascal was generally misunderstood and unappreciated when he was not ignored, with McKenna, De Pascal à Voltaire (FN 27), I 160 – 502, II 503 – 730, and Straudo, La Fortune de Pascal en France au dix-huitième siècle (FN 27), passim, who chart in detail the debates that the Pensées inspired. 29 Forty-one fragments were added: see McKenna, De Pascal à Voltaire (FN 27), I 328 – 349. Note the concordances provided in ibid., II 949 – 992, where the passages added are marked with a plus sign. Of the passages added, only seven cast light on Pascal’s account of the human condition: these can most easily be found in Pascal, Pensées, ed. Lafuma (FN 22), nos. 198, 434, 525, 551 – 552, 685, 688. 30 Consider Voltaire, Lettres philosophiques, ed. G. Lanson, third edition, Paris 1924, II 184 – 226, esp. 184 – 85 (XXV), in light of McKenna, De Pascal à Voltaire (FN 27), II 733 – 915, and Straudo, La Fortune de Pascal en France au dix-huitième siècle (FN 27), 77 – 104. For an English translation, see Voltaire, Letters concerning the English Nation, ed. N. Cronk, Oxford 1994, 124 – 150. 31 See McKenna, De Pascal à Voltaire (FN 27), I 186 – 229. For a discussion of this neglected figure, see E. D. James, Pierre Nicole, Jansenist and Humanist: A Study of his Thought, The Hague 1972. 32 See P. A. Rahe, Blaise Pascal, Pierre Nicole, and the Origins of Liberal Sociology, in: Enlightenment and Secularism: Essays on the Mobilization of Reason, ed. C. Nadon, Lanham 2013, 129 – 140.
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coming “infinite” in its scope, this self-love became both “criminal & immoderate” and gave rise to “the desire to dominate” others.33 Then, after sketching what was a more or less conventional Christian account, Pascal went on – in a series of fragments omitted by Nicole and his colleagues from the Port Royal edition of the Pensées – to suggest a paradox: that men in their “grandeur” had somehow learned to “make use of the concupiscence” spawned by amour propre; and that, despite the fact that it dictates that “human beings hate one another”, they had managed to deploy concupiscence in such a fashion as “to serve the public good”. They had, in fact, “founded upon & drawn from concupiscence admirable rules of public administration [police], morality, & justice”, and they had even succeeded in eliciting from “the villainous depths” of the human soul, which are “only covered over, not rooted up” by their efforts, a veritable “picture” and “false image of charity” itself.34 To this paradox, Nicole devoted a seminal essay suggesting that Christian charity is politically and socially superfluous – that, in its absence, thanks to the particular Providence of God, l’amour propre is perfectly capable of providing a foundation for the proper ordering of civil society, of the political order, and of human life in this world more generally.35 Nicole’s inspiration, and no doubt that of Pascal as well, was a passage in which Saint Augustine dilated on the propensity for human pride (superbia) to imitate the works inspired by Christian charity (caritas). It could, he claimed, cause men to nourish the poor, to fast, and even to suffer martyrdom.36 At the beginning of his essay, Nicole specifies that, when he speaks of “l’amourpropre”, he has in mind the fact “that man, once corrupted, not only loves himself, but that he loves himself without limit & without measure; that he loves himself alone; that he relates everything to himself”; in short, that “he makes himself the cen33 See Pascal, Pensées sur la religion et sur quelques autres sujets (FN 22), 294 – 295 (XXX.3, in the expanded edition published in 1678 and frequently republished thereafter). Note also the reference to libido sentiendi, libido sciendi, libido dominandi in ibid., 254 – 255 (XXVIII.55, in the expanded edition published in 1678 and frequently republished thereafter). For a survey of the seventeenth-century literature discussing amour propre, see N. O. Keohane, Philosophy and the State in France: The Renaissance to the Enlightenment, Princeton 1980, 183 – 197, 262 – 282, 286 – 311. 34 See Pascal, Pensées, Édition établie d’après la copie référence de Gilberte Pascal (FN 22) nos. 150, 243 – 244. 35 In this connection, note James, Pierre Nicole (FN 31), 148 – 161, and N. O. Keohane, Noncomformist Absolutism in Louis XIV’s France: Pierre Nicole and Denis Veiras, in: Journal of the History of Ideas 35:4 (October-December 1974), 579 – 96, and see H.-J. Fuchs, Entfremdung und Narzissmus: Semantische Untersuchungen zur Geschichte der ‘Selbstbezogenheit’ als Vorgeschichte von franzözisch ‘amour-propre’, Stuttgart 1977, along with D. Van Kley, Pierre Nicole, Jansenism and the Morality of Enlightened Self-Interest, in: Anticipations of the Enlightenment, ed. A. C. Kors / P. Korshin, Philadelphia 1987, 69 – 85; McKenna, De Pascal à Voltaire (FN 27), I 225 – 227; and J. Heilbron, French Moralists and the Anthropology of the Modern Era: On the Genesis of the Notions of ‘Interest’ and ‘Commercial Society’, in: The Rise of the Social Sciences and the Formation of Modernity: Conceptual Change in Context, 1750 – 1850, ed. J. Heilbron / Lars Magnusson / Björn Wittrock, Dordrecht 1998, 77 – 106. 36 See August., In epistolam Joannis ad Parthos tractatus decem 8.9.
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ter of everything”; that “he wants to dominate over everything” and desires “that all creatures occupy themselves with satisfying, praising, & admiring him”. This “disposition”, which Nicole attributes to all men, he calls “tyrannical”. He acknowledges that it “renders human beings violent, unjust, cruel, ambitious, fawning, envious, insolent, & quarrelsome”, and he readily concedes that, in the end, it gives rise to a war of all against all. He merely insists that – in the shocking manner so famously described by Thomas Hobbes, to whom he with marked approval alludes – instrumental reason, animated by amour-propre and by nothing else, can provide the polity with a firm foundation, and he contends that, by way of cupidity and vanity, amour-propre, with its “marvelous dexterity”, can promote commerce, encourage civility, and even elicit from men a simulacrum of virtue, as those who desire security and prosperity are forced by the fear of death and a lust for gain to embrace justice and “traffic in works, services, favors, civilities”, and as those who desperately crave admiration and love are driven to do admirable things. “In this way”, he writes, “by means of this commerce” among men, “all the needs of life can in a certain fashion be met without charity being mixed up in it at all”. Indeed, “in States into which charity has made no entry because the true Religion is banned, one can live with as much peace, security, & convenience as if one were in a Republic of Saints”. Nicole is even willing to assert “that to reform the world in its entirety – which is to say, to banish from it all the vices & every coarse disorder, & to render man happy in this life here below – it would only be necessary, in the absence of charity, to confer on all an amour-propre that is enlightened [éclairé], so that they might know how to discern their real interests”. If this were done, he concluded, “no matter how corrupt this society would be within, & in the eyes of God, there would be nothing in its outward demeanor that would be better regulated, more civil, more just, more pacific, more decent [honnête], & more generous. And what is even more admirable: although this society would be animated & agitated by l’amour-propre alone, l’amour propre would not make a public appearance [paraître] there; &, although this society would be entirely devoid of charity, one would not see anything anywhere apart from the form & marks of charity”.37 V. From Pierre Bayle to Bernard Mandeville In the seventeenth and the eighteenth centuries, this aspect of the argument sketched by Pascal and more fully developed by Nicole was taken up. Among the first to do so was Pierre Bayle, who regarded the Essais de morales as “a master-
37
See P. Nicole, De la charité et de l’amour-propre, in: P. Nicole, Essais de morale, ed. L. Thirounin, Paris 1999, 381 – 415 (esp. 406 – 407, where the passage from Augustine is cited and paraphrased). The same theme is developed in Nicole, De la grandeur, in: ibid., 197 – 243 (at 212 – 217). In this connection, see Keohane, Philosophy and the State in France (FN 33), 293 – 303.
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piece”.38 In the Pensées diverses sur la comète that he published in 1682, he returned to the question of amour propre and argued – to the consternation of his contemporaries – that a society of atheists could not only subsist and prosper, but that it was more likely to flourish than a society of idolaters. His claim in this regard was not new. As I have argued elsewhere, Thomas Hobbes’s mentor Sir Francis Bacon had intimated as much in his essays,39 and such a claim could easily be inferred from the argument advanced in Leviathan. If Bayle was original, it was in baldly advancing the claim, and he did so by deploying the arguments with which he had been provided by Nicole. There was, however, this crucial difference. In contrast with Pascal and Nicole, Bayle frequently cited Epicurus and Lucretius; and, in this context, he made no mention of the Fall. Instead, Bayle secularized what had been in Augustine, Pascal, and Nicole a religious argument, contending that amour propre is a “passion inseparable from our nature”. What he insisted on with regard to a society of atheists was this: As the ignorance of a First Being, a Creator and Preserver of the world, would not prevent the members of this society from being sensitive to glory and scorn, to reward and punishment and to all the passions seen in other men, and would not stifle the light (lumières) of reason, people of good faith in commerce would be seen among them who would help the poor, oppose injustice, be faithful to their friends, scorn insults, renounce the pleasures of the body, and harm no one, either because the desire to be praised would prompt them to all these fine actions that could not fail to earn public approbation, or because the plan to gain friends and protectors for themselves in times of need would lead to such action.
“It is”, Bayle contends, “to the inward esteem of other men that we aspire above all”, and it is on this propensity that civilization can rely.40 Bernard Mandeville, who was among the students of Pierre Bayle, outdid his master rhetorically, arguing puckishly and with great zest that private vices, if properly managed, make for public virtues. Mandeville’s book The Fable of the Bees: or, Private Vices, Publick Benefits – which was originally published in attenuated form as The Grumbling Hive: or, Knaves Turn’d Honest to no acclaim in 1705 and then reprinted in a much-expanded edition under its more familiar title in 1714 – suddenly and unexpectedly came to enjoy a grand succés de scandale when a Middlesex jury sought the suppression of a still-further-expanded edition on moral grounds in 1723. In this notorious and highly influential work, Mandeville not only defended vanity as a spur to commercial growth and to progress in the sciences and the arts; like Ni38
§ 84. 39
See P. Bayle, Pensées diverses sur la comète (1682), ed. A. Prat / P. Rétat, Paris 1994,
See P. A. Rahe, Republics Ancient and Modern: Classical Republicanism and the American Revolution, Chapel Hill 1992, II.i.5, and Against Throne and Altar (FN 1), 255 – 261. 40 See Bayle, Pensées diverses sur la comète (FN 38), §§ 84, 102 – 93 (esp. 171 – 172), 239 – 263. For a translation with an interpretive essay, see P. Bayle, Various Thoughts on the Occasion of a Comet, ed. and tr. R. C. Bartlett, Albany 2000.
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cole and Bayle, he contended that “self-liking” is at the root of all the splendid, external qualities that men justly admire. To begin with, he stoutly denied that human beings are by nature “sociable”; the origins of human association he attributed to the fear of wild beasts. For the cooperative capacity of his contemporaries, he had a simple explanation: in the course of time, “by living together in Society”, men underwent a process akin to the fermentation of grapes. Painful experience slowly taught them that it is in every man’s interest to accommodate himself to his fellows, and “good Manners or Politeness came into the World” and even supplanted brutishness when the canniest human beings acquired the civilizing art of subterfuge and learned “to be proud of hiding their Pride”. “The nearer we search into human Nature”, the Dutchborn satirist argued, “the more we shall be convinced that the Moral Virtues are the Political Offspring which Flattery begot upon Pride”. A careful study of history would reveal that “Luxury and Politeness ever grew up together”.41 In this fashion, the contractualism that Hobbes had articulated against the argument on behalf of “successfull wickednesse” advanced in Machiavelli’s Prince was transformed into a species of liberal sociology justifying not only modern commercial society but also a studied indifference to religion as such. The importance of this development and of the reaction that it provoked on the part of John Locke’s student Anthony Ashley Cooper, third earl of Shaftesbury, is well known. It was with Mandeville in mind that David Hume denounced “the selfish system” of Hobbes and Locke.42 It was with this author in mind that Francis Hutcheson, Hume himself, Adam Smith, and others attempted to find a ground for morality in something nobler than crass calculation; and, as I have attempted to show elsewhere, the thinking of Nicole, Bayle, and Mandeville with regard to amour propre had a profound impact on Montesquieu, Rousseau, and Tocqueville as well.43
41 See B. Mandeville, The Fable of the Bees: or Private Vices, Publick Benefits, ed. F. B. Kaye, Oxford 1924, I 47, 51, 78 – 80, 342 – 344, 369, II 128 – 134, 147, 188 – 189, 268. 42 See David Hume, An Enquiry concerning the Principles of Morals, Appendix II, in: Hume, Enquiries concerning the Human Understanding and Concerning the principles of Morals, second edition, ed. L. A. Selby-Bigge, Oxford 1902. 43 Consider Rahe, Montesquieu and the Logic of Liberty (FN 1), 78 – 85, 186 – 211, in light of ibid., 108 – 113, 174 – 179, and see Rahe, Soft Despotism, Democracy’s Drift (FN 1), 44 – 46, 96 – 140, 154 – 189.
‘The unheard Changes in Europe, and the strange Revolutions which happened in our United Provinces in our times’1: reason of state and rule of law in Petrus Valkenier’s ‘t Verwerd Europa (1675) By Marianne Klerk From the late sixteenth up to the end of the seventeenth century, Europeans experienced a crisis of the rule of law, i. e. conceived as government under divine law. The intensification of warfare forced early modern Europeans to reconceptualise civil order. The Reformation and the subsequent brutal religious civil wars led to a growing need for alternatives to divine law and divinely inspired natural law as ordering principles of society. Contemporaries increasingly claimed that coercion and sovereign authority of government were necessary to prevent society from falling apart. Authors started to address socio-political entities characterised by the unity of the population combined with a certain area and possessing specific laws. Theoretical reflections upon the nature of civil order gradually produced notions of civil association such as the legal person of the ‘state’, as in the writings of Thomas Hobbes (1588 – 1679). From the 1630s onwards, authors increasingly defined relations between princes in terms of interests between ‘states’ instead of confessional or dynastic interests.2 In addition to the growing employment of the terminology of ‘state’, authors increasingly discussed their socio-political contexts in terms such as ‘nation’ and ‘fatherland’, as well as ‘arcana imperii’ and ‘reason of state’.3 1
Petrus Valkenier, ‘t Verwerd Europa ofte politieke en historische beschrijvinge der waare fundamenten en oorzaken van de oorlogen en revolutien in Europa voornamentlijk in en omtrent de Nederlanden zedert den jaare 1664. Gecauseert door de gepretendeerde Universelen Monarchie der Franschen, Amsterdam 1675, Aan den leser. 2 R. von Friedeburg, ‘State Forms and State Systems in Modern Europe, in: European History Online (EGO), published by the Institute of European History (IEG), Mainz 201012-03. URL: http://www.ieg-ego.eu/friedeburgr-2010-en URN: urn:nbn:de:0159-2010102576 [2014-03-17] S. 4; Q. Skinner, ‘Hobbes and the Purely Artificial Person of the State’, Journal of Political Philosophy, 7 (1999) S. 1 – 29. 3 von Friedeburg, ‘State Forms and State Systems’ (FN 2), S. 11; von Friedeburg, ‘Why Did Seventeenth-Century Estates Address the Jurisdictions of their Princes as Fatherlands? War, Territorial Absolutism and the Duties of Patriots in Seventeenth-Century German Political Discourse’ in R. C. Head / D. Christensen (eds.) Orthodoxies and Heterodoxies in German-Speaking Lands: Religion, Politics and Culture 1500 – 1700, Leiden 2007, S. 169 – 194; I. Vroomen, Taal van de Republiek. Het gebruik van vaderlandretoriek in Nederlandse pam-
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Although ‘reason of state’ was employed by different, mostly Italian authors earlier in the sixteenth century, it became a popular phrase from the 1590s onwards. In 1589 the ex-Jesuit Giovanni Botero published his famous work Della Ragione di Stato, in which he defined reason of state as: ‘State is a stable dominion over people, and Reason of State is knowledge of the means suitable for founding, conserving and augmenting a dominion established in this way. (…) Although everything done with these ends in view is said to be done for Reason of State, nevertheless this term is used rather about things which cannot be reduced to ordinary and usual ragione.’4 According to Trajano Boccalini (1556 – 1613), even the porters at the marketplace discussed ‘reason of state’. In 1621, Lodovico Zuccolo wrote that barbers and other humble artisans thought themselves fit to deliberate on ‘reason of state’.5 Authors all over Europe began to employ this ‘vogue term’, adapting it to their own specific contexts.6 fletten, 1618 – 1672, diss. Rotterdam 2012; F. Meinecke, Machiavelllism: The Doctrine of Raison d’État and Its Place in Modern History, New Haven 1998, 2nd revised edition, English translation; W. F. Church, Richelieu and Reason of State, Princeton, New Jersey 1972; M. Stolleis, ‘Arcana imperii und Ratio status, Bemerkungen zur politischen Theorie des frühen 17. Jahrhunderts’, in: Veröffentlichung der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg Nr. 39, Göttingen 1980, S. 5 – 12; S. Burke, ‘Tacitism, scepticism, and reason of state’, in J. H. Burns / Mark Goldie (eds.), The Cambridge History of Political Thought 1450 – 1700, Cambridge 199, S. 479 – 499; M. Viroli, From Politics to Reason of State. The Acquisition and Transformation of the Language of Politics 1250 – 1600, Cambridge 1992; R. Tuck, Philosophy and Government, 1572 – 1651, Cambridge 1993, S. 31 – 64; N. Malcolm, Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War, an unknown translation by Thomas Hobbes, Oxford 2010, S. 92 – 93; H. Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’, in: History of Political Thought, vol. 23 nr.2, 2002, S. 211 – 237. 4 Cited from (and translated by) Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 213. Höpfl referred to G. Botero, Della Ragion di Stato, L. Firpo ed., Turin, 1948, S. 55. Botero’s Della Ragion de Stato was the first writing with the term in its title and established reason of state as a European topos. It quickly went through several editions and translations into German, French, Spanish and Latin; Burke, ‘Tacitism, scepticism, and reason of state’ (FN 3), S. 479 – 480; for the Machiavellian nature of this definition see Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 25 – 48, 67 – 68; Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 219 – 22. 5 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 78. Meinecke referred to Boccalini, Ragguagli di Parnaso (1612 – 1613) S. 1, 315 and Zuccoli, Diss. De ratione status (Latin translation by J. Garmen 1663, S. 2). 6 Malcolm, Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War (FN 3), S. 93; Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 213; Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 66 – 67; Burke, ‘Tacitism, scepticism, and reason of state’ (FN 3), S. 479 – 480; Höpfl defines reason of state as a ‘vogue term rather than a concept with a secure location in some theoretical framework’, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 214. Before the publication of Botero’s book, the Italian term ‘ragion de stato’ was already employed by many, mostly Italian, authors, such as Francesco Guicciardini. Guicciardini’s unpublished work Dialogo del Regimento di Firenze, in Opere, ed. E. L. Scarano, Turin 1970, from the early 1520s is to be believed the first recorded use of the term. Although Höpfl argues that Guicciardini’s use does not suggest that the term was already established, by 1547 Giovanni della Casa in oration to Charles V ‘saw no need to explain it’, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 214; Botero wrote that, after visiting several European courts he had ‘been greatly astonished to find Reason of State a constant subject of discussion’, quoted from Malcolm,
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Historians have interpreted this growing use of the vocabulary of ‘state’ as ‘state theories’, mirroring the early modern transformation of Christian Europe into a European system of sovereign ‘states’.7 This transformation was defined as ‘early modern state building’ in which rulers built up their state apparatus by coercive extraction of resources, e. g. through taxation of their unwilling subjects and insubordinate elites, which increased the ruler’s means to coercive them even more. It was argued that the early modern intensification of warfare prompted rulers to develop standing armies and administrations eventually leading to the establishment of modern bureaucratic tax states.8 Regarding the history of political thought, Maurizio Viroli has rightly pointed to the seventeenth-century shift from the notion of politics based on consent and divine law, to ‘reason of state’, i. e. government based on coercion.9 However, when discussing ‘reason of state’, authors addressed the notion of rulers pursuing their interests, not ‘states’ pursuing ‘national interests’.
Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War (FN 3), S. 92; see for the German introduction of the terminology of ‘reason of state’ H. Dreitzel, ‘Reason of State and the crisis of political Aristotelianism: an essay on the development of 17th century political philosophy’, in History of Europea ideas 28 (2002), S. 163 – 187 and Stolleis, ‘Arcana imperii und Ratio status’ (FN 3); for the English reception of ‘reason of state’ see Malcolm, Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War (FN 3) especially on Hobbes and ‘reason of state’ argumentation and C. Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England: a question of ideology?’ in Parergon 28:2, 2011, S. 5 – 27; for its introduction in early modern France read Church, Richelieu and Reason of State (FN 3) and L. Catteeuw, Réalisme et mythologie de la raison d’état 1: Une question de mémoire historique, Paris 2009. 7 As one of the first modern historians, Friedrich Meinecke addressed early modern commentaries on ‘reason of state’ as products of the assumed rise of the modern state. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), Introduction S. 1 – 22; See also Church, Richelieu and Reason of State (FN 3), S. 13 – 101, who wrote: ‘For this reason, his [Richelieu’s, MK] massive program of state-building was accompanied by an unremitting effort to articulate the concept of reason of state.’, idem, S. 101. 8 C. Tilly, Coercion, Capital and the Rise of the state, Cambridge Massachusetts; Basil Blackwell, 1990; Regarding the concept of the ‘coercion-extraction cycle’ read S. E. Finer, ‘State- and Nation-Building in Europe: the Role of the Military’, in: Charles Tilly (ed.), The Formation of National States in Europe, Princeton 1975, S. 84 – 163. 9 M. Viroli, From Politics to Reason of State. The Acquisition and Transformation of the Language of Politics 1250 – 1600, Cambridge 1992. In this work, Viroli argues that the late sixteenth and seventeenth century witnessed ‘a revolution of politics’, i. e. ‘the triumph of the language of reason of state’. This revolutionary triumph was based on an ideological transition from the notion of ‘politics as the art of preserving a res publica, in the sense of a community of individuals living together in justice’ to ‘politics as the art of the state-the art of preserving a state, in the sense of a person’s or group’s power and control over public institutions’. Viroli, From Politics to Reason of State, S. 2 – 3. For a critical outlook on addressing the emergence of reason of state arguments as an ideological transformation read Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England: a question of ideology?’ (FN 6), S. 5 – 27. Condren argues that reason of state did not represent an evolving political ideology, victoriously combating traditional, moral ideas of politics, but existed within the realm of practical morality. He stresses the danger of projecting modern notions of the distinction between politics and ethics, or between practicality and morality on the early modern world.
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Institutionalised ‘states’ with selfconscious knowledge of their ‘reason’ did not develop. Since the 1950s historians have gathered evidence against this state building interpretation.10 In a recent article, Robert von Friedeburg gives a survey of these findings and consequently proposes a new research initiative, i. e. on the ‘New Monarchy’.11 From the 1490s onwards, the intensification of warfare transformed early modern rule. Dynasties were dragged into to the costly European war- and arms race, fuelled not least by the dynastic rivalry between Habsburgs-Spain and Valois/Bourbon-France that was fought on a European-wide scale over religious, dynastic and geo-strategic issues from the Italian Wars (1494 – 1559) up until the Peace of the Pyrenees (1659). The early modern dynastic competition for power, prestige and glory pressured rulers to find new, substantial resources beyond revenue taxes to finance their participation in warfare, because, as von Friedeburg argues, this competition fostered not state building, but ‘public debt on a hitherto unknown scale’.12 Von Friedeburg states: ‘Rather than experiencing the emancipation of a bureaucratic state from its social and ecclesiastical elites, European monarchies became increasingly dependent on new power brokers and old and new elites to organize public debt, farm taxes and buy offices. While certain groups profited from these changes, others felt left behind. Debates and internal struggles ensued about this gradual reconfiguration of power, about access to offices and spoils, about the best course in costly foreign wars and about the legitimacy of the whole process.’13 10
K. Wolf, ‘Il X Congresso Internazionale di Scienze Storiche, Roma, settembre 1955. Un bilancio Storiografico, Convegno Internazionale’, Roma, Palazzo Barberini, 21 – 24 settembre 3 2005, published at: http://www.dhi-roma.it/fileadmin/user_upload/pdf-dateien/Tagungs berichte/2005/tagung_1955.pdf (2014 – 03 – 17). 11 von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”? Clashes between princes and nobility in Europe’s Iron Century’, Leidschrift. Aan het hof, rivaliteit, legitimiteit en successiestrijd aan de Euraziatische hoven, 1250 – 1750, 27:1, 2012, S. 17 – 30; this Ph.D. research on Petrus Valkenier’s use of ‘reason of state’ is part of the bigger NWO-project ‘Reason of State or Reason of Princes? The New Monarchy and its opponents in France, Germany and the Netherlands, during the Seventeenth Century’ under the supervision of prof. dr. Robert von Friedeburg (2011 – 2015), ‘and in close cooperation with Lucien Bely (Paris), John Morill (Cambridge), Robert Frost (Aberdeen), James Collins (Georgetown) and Bernardo Garcia and Antonio Alvarez Ossorio (Madrid)’ von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”?’, S. 27. The project addresses the transformation of early modern rule brought forth by the European war- and arms race as the emergence of ‘New Monarchies’ (and not in terms of state building), which were primarily characterised by 1) ‘almost inevitable participation in the early modern war- and arms race’ 2) ‘and the Subsequent requirement of huge budgets to pay for war’ 3) ‘by the emergence of new groups with a vested interest in the survival of the regime as debtors and officeholders’ 4) ‘and by significantly increased [national] rhetoric addressing an ill-defined public.’ von Friedeburg, ’How “new” is the “New Monarchy”?’, S. 28. 12 von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”?’ (FN 11), S. 24; both dynasties experienced a momentous increase in resources as the flows of gold from the America’s into the Spanish treasury and newly acquired territories such as Brittany for the French crown. This increase in resources stimulated technological development of firearms and of warfare strategies, rush changes in siege warfare. von Friedeburg, ‘Response to introduction’, S. 17 – 21. 13 von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”?’ (FN 11), S. 25.
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From the end of the sixteenth century onwards, authors all over Europe began to discuss ‘reason of state’ in order to explain these troubles and to safeguard their own position within changing power constellations. Regimes and other groups alike claimed ‘reason of state’ to mobilise society to support their warfare politics or were criticised by publicists employing such terminology. Allegedly ‘national’ interests were exclaimed in pamphlets in order to stimulate certain ‘foreign policy’ that was derived from that specific interest. The respective course in foreign policy was linked to certain political actors, who were arguably the only qualified candidates to serve this interest.14 Meinecke pointed to the Italian roots of ‘reason of state’ terminology that originated in the wake of the French invasion of the 1490s, the Habsburgs-Spanish rule in Milan and Naples and subsequent turmoil. The inhabitants of the small Italian city-states and principalities experienced the miseries of war largely brought forth and intensified by the dynastic rivalry between the Habsburgs-Spanish and Valois/Bourbon dynasties. From the perspectives of these small Italian city states, authors usually argued that by pursuing their reason of state, rulers should be satisfied with the respective proportions of their own lands. Botero advised rulers to strive for maintenance instead of enlargement of their ‘states’. Mediumsized realms would last longer, for smaller ones were vulnerable to ‘foreign’ invasions and bigger realms were often subjected to the envy of other princes and internal disorder.15 Boccalini wrote about the contemporary novelty of Habsburgs-Spain, which was ruled by princes who were driven by self-interest and passions, seeking their glorious advantage in ruinous warfare, collecting lands to integrate in their monarchies and pursuing division amongst his subjects and other princes to maintain his position.16
14 Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England: a question of ideology?’ (FN 6), S. 5 – 27, 13 – 17. Condren writes: ‘the personae occupying any office, as a sanctioned realm for responsibility, might claim a “reason” for it in order to justify questioned conduct.’ Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’ (FN 6), S. 13; Burke writes: ‘reason of state (…) offered rulers and their councilors advice on dealing with the extraordinary problems of their times.’ ‘Tacitism, scepticism, and reason of state’, S. 498; von Friedeburg, emphasises the motives of some authors writing about reason of state to safeguard their position in the chaos of shifting power structures as well as to examine the chaos, and to stimulate opinion towards certain (‘foreign’) politics. von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”?’ (FN 11), S. 27 – 28; Ryan Walter underlines this personal motive for authors employing reason of state terminology, such as Slingsly Bethel (1617 – 1697) and Nicholas Barbon (1640 – 1698) in their analyses of the ‘true interest of England’. Walter writes: ‘As with Slingsby Bethel’s pro-trade and pro-Protestant advocacy, we can thus note convenient correlations between Barbon’s counsel and his counsel.’ R. Walter, ‘The Analysis of Interest and the History of Economic Thought’, in: Parergon, 28: 2 (2011), S. 129 – 147 (142); von Friedeburg, ‘Response to introduction’, 21. 15 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 65 – 67. 16 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 74 – 75. Meinecke wrote: ‘Boccalini had a sense that the absolutist and courtly monarchy, which had developed in recent times, did, with its mortally ruinous effects, represent something historically new.’74. He referred to Boccalini’s Ragguagli, S. 1, 95.
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The English historian Harro Höpfl states that the success of ‘reason of state’ argumentation was indebted to the prior, European-wide acceptance of the terminology of ‘state’. In the late fifteenth and early sixteenth century, Italian authors began discussing the ways to maintain the ‘state’ (status) of the parvenu ‘new princes’ as the Medici in contrast with the more traditional, republican language of civic virtue, used for political legitimation.17 Since the 1550s authors in Spain, France and later on in the United Provinces and England accepted the terminology of ‘state’ in all its ambiguous definitions from princely status to regime and would adopt the terminology of ‘reason of state’ in the extraordinary circumstances of religious civil strife from the end of the sixteenth century onwards. Höpfl writes: ‘Denominational belligerence, specifically in France and the Netherlands, fostered a depravation of political mores as well as a pervasive cynicism about the motives of political actors well suited to the diffusion of “reason of state” beyond its Italian fons et origo.’18 ‘Reason of state’ became part of the ‘vocabulary of fashionable political cynicism’, which according to Höpfl included, ‘interest’, ‘maxims’, catch phrases such as necessitas non habet legem, the lion and the fox trope, new coinages as ‘statecraft’, the vocabulary of ‘politics’,‘Machiavellism’, interchangeably used with terms as ‘arcana imperii’, ‘secrets’ and ‘mysteries’. Following the almost infinite options of combinations with ‘reason of state’, Höpfl argues that ‘reason of state’ was a very ambiguous term and ought not to be seen as a doctrine or theory.19 Likewise ‘reason’ and ‘state’ could mean many different things. ‘Reason’ could refer to reasoning, or the outcome of such argumentation, the intellectual capacity to reason, plain knowledge, and legitimation of certain actions. ‘State’ could mean status, a condition of something, princely status, an office, regime, polity.20 Contemporaries experienced the rule of law to be severely threatened by the increasing warfare and subsequent princely politics of farming taxes, selling offices and demesne lands. In combination with the intellectual search for alternatives to divinely inspired (natural) law, some authors tried to find answers to specific ‘national’ problems that were caused by the European war- and arms race. In his book ‘t Verwerd Europa (1675), Petrus Valkenier attempted to find a solution to the specific Dutch problems of his times. After the peace of Westphalia, the quasi-continuous Dutch war against Habsburgs-Spain came to an end, but the disastrous year of 1672 proved that the French monarchy was the ‘new’ military nemesis of the United 17 Höpfl claims that ‘the language of the new politics of ‘state’ (stabilising the position of the new and eo ipso illegitimate princes) and the traditional (republican) public language of legitimation was unusually wide.’ Höpfl ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 215; Maurizio Viroli writes that ‘the art of the state’ was already employed, though rather ‘whispered in restricted gatherings or couched in private letters and memoranda’, by Florentine and later penned down by Machiavelli in The Prince at the beginning of the fifteenth century. Viroli, From Politics to Reason of State (FN 9), S. 132. 18 Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 215. 19 Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 216 – 219. 20 Höpfl, ‘Orthodoxy and Reason of State’ (FN 3), S. 215 – 218.
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Provinces. To survive, the United Provinces had to enter the European war race against the rising monarchy of Louis XIV with a strong army under a unifying Orange-princely rule, but without losing the ‘liberties’ of the inhabitants.21 Valkenier tried to solve this problem by borrowing a great number of heterogeneous, in their combination often inconsistent, arguments from different authors, even literally copying entire passages from other writings, in particular from De l’Interest des Princes et des Etats (1638) by the Huguenot leader, Henri Duc de Rohan(1579 – 1638). Valkenier copied Rohan’s interpretation of ‘reason of state’ and imitated his examination of the different ‘interests’ of the European ‘states’. In my research I examine Valkenier’s employment of ‘reason of state’ arguments by analysing his main sources such as De l’Interest des Princes et des Etats and the Dutch bestseller Interest van Holland (1662) by Pieter de la Court, which were written in very different social and political contexts for various purposes, but which included the fashionable terminology of ‘reason of state’. In this way, I uncover the ‘genealogy’ of Valkenier’s ‘reason of state’ argumentation. Valkenier, and this is crucial, is not presented as a grand theorist in this research, but rather as an author, who mirrored the dominant debates of his time. From different debates Valkenier copied a divers number of arguments, attacking the French ‘new universal monarchy’, ‘absolute monarchy’, princely war politics, the ‘oligarchic’ Dutch stadholderless regime of 1650 – 1672, confessional politics, and ‘atheism’ and ‘libertine’ tendencies within society, while simultaneously Valkenier advocated a firm Orange-princely rule, i. e. the prince of Orange as stadholder and captain general, strong military forces and the predominance of the reformed religion in the Dutch polity. However, beneath this seemingly chaotic and inconsistent argumentation lies a hidden endeavour to reconceptualise social order. The actual outcome of this somewhat ‘copied argumentation’ was Valkenier’s attempt to reconstruct the ‘rule of law’ that seemed to be threatened by confessional strife, the intensification of European warfare and inherently coercive princely politics all of which were embodied by Louis XIV. In order to examine this outcome properly, it is important to dissect the body of arguments in ‘t Verwerd Europa. The objective of this paper is to elucidate the function of ‘reason of state’ in the writings of Rohan, De la Court and Valkenier against the background of what it actually implied. ‘Reason of state’ arguments did not mirror early modern ‘state building’, but they constituted a fashionable political mode of reasoning, they explained the chaos of shifting power structures and attempted to persuade readers to take sides in internal and external political power struggles triggered by the early modern in21 Regarding the Dutch Pamphlets during the rule of the stadholderless regime from 1650 until 1672 (also called ‘True Freedom’ that often is interpreted by historians as a ‘republican freedom’), the Dutch historian Klashorst states that ‘political “liberty” primarily meant the unthreatened property and the undisturbed pleasure of the own special rights, the privileges.’ G. O. van de Klashorst, ‘De Ware Vrijheid, 1650 – 1672’ in: E. O. G. Haitsma Mulier en W. R. E. Velema (red.), Vrijheid. Een geschiedenis van de vijftiende tot de twintigste eeuw, Amsterdam 1999, S. 157 – 185, 183.
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tensification of warfare. Moreover, this paper will give an insight into the outcome of Valkenier’s ‘reason of state’ argumentation: an attempt to reconstruct the rule of law. Henri Duc de Rohan De l’Interest des Princes et des Etats de la Chrestienté (1638): ‘interests of states’ and the hazard of the ‘new monarchy’ of Habsburgs-Spain In the 1630s the famous Huguenote leader Henri Duc de Rohan wrote: ‘Les princes commandent aux peuples et l’intérêt commande aux princes. La connaissance de cet intérêt est d’autant plus relevée par-dessus celle des actions des princes qu’euxmêmes le sont par-dessus les peuples. Le prince se peut tromper, son conseil peut être corrumpu, mais l’intérêt seul ne peut jamais manquer. Selon qu’il est bien ou mal entendu, il fait vivre ou mourir les Etats. Et comme il a toujours pour but l’accroissement ou, pour le moins, la conservation, aussi pour parvenir faut-il qu’il se change selon te temps. De sorte que pour bien considerer l’intérêt des princes d’aujourd’hui, il n’est point besoin de remonter fort haut, mais seulement de prendre sur le pied des affaires presents.’22 By presenting these sentences Rohan opened his treatise De l’Interest des Princes et des Etats de la Chrestienté, posthumously published in Paris in 1638.23 Historians have described Rohan’s writings as essential for the (modern) analysis of foreign pol-
22 Modern edition and annotated version by Christian Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, Paris 1995, S. 161. He used the 1646 edition printed Paris and contained a dedication to Richelieu. It was bound with five other writings, as Rohan’s Memoirs, Le parfait Capitaine and Discours that described issues happened after Rohan’s death and entailed a long introduction by Jean Silhon or Daniel des Perreau. Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté (FN 22), introduction S. 154; ‘Princes rule peoples, and interest rules princes. An understanding of this interest is as influential over princes’ actions as the latter over the people. The prince may be deceived and his council may be corrupt, but interest alone is forever sure. According to [whether] it is well or badly understood, it preserves or ruins states. And since it always has gain or at least preservation as its objective, it must change with the times in order to be successful. For this reason, to examine well the interests of today’s princes, it is not necessary to go back very far, but merely to cast one’s eyes upon current affairs.’ Translation by W. F. Church, Richelieu and reason of state, S. 353. 23 Historians disagree about the date of composition of the work. After examining the historical research of the composition of the De l’Interest, Lazzeri argues that the editing of the work began in 1630, which Rohan followed through in different phases up till 1634. Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté (FN 22), introduction S. 153 – 154. Its first publication was anonymously in the Mercure François, nr 20 (Paris 1937) S. 46 – 126 (for the years 1634 – 1635). According to the historian Salmon, De l’Interest was posthumously republished and bound up with another writing of Rohan, Le Parfait Capitaine in 1638 and published individually, which contained a dedication to Richelieu signed by Rohan, in 1639. J. H. Salmon, ‘Rohan and the interest of state’, in: John Hearsey Salmon (ed.), Renaissance and revolt: Essays in the intellectual and social history of early modern France, New York 1987, S. 98 – 116, 108.
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itics in terms of ‘interests of states’.24 The significance of De l’Interest rather lies in the quite new manner by which he depicted the threat of Habsburg-Spain to persuade Cardinal Richelieu to pursue an aggressive military policy against the mighty Spanish monarchy. Rohan rested his case entirely on the vocabulary of reason of state, i. e. an analysis of the ‘interests’ of the different European princes and their lands, combined with empirical historical research.25 De l’Interest was written on the eve of the direct military intervention of the French monarchy in the Thirty Years’ War against the Habsburgs dynasty in 1635.26 After the Swedish devastating defeat at battle of Nördlingen on 5 and 6 September 1634, the French pawn on the chess board of the Thirty Year’s War was severely blocked. From June until October of 1634, Rohan stayed at the royal court in Paris, hoping to convince Richelieu to offer him a military office and, perhaps not coincidentally, incite him to undertake a direct military stand against Spain.27 As an eminent Huguenot military leader, Rohan was Richelieu’s former antagonist in the French religious wars. After the fall of La Rochelle in 1629, Rohan sought the patronage of Richelieu and although receiving several military assignments, Richelieu had never entirely trusted the ambition of Rohan.28 During his stay at court Rohan 24
Church, Richelieu and Reason of State, 354; Meinecke presented Rohan as the second author of the doctrine of interest of state which was developed by Richelieu’s publicists in France during the 1620s and 1630s. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 146 – 159; Church rejected Meinecke’s treatment of Rohan’s and Richelieu’s perspectives on interest as one singular concept of reason of state. Richelieu’s writings were in contrast to Rohan’s, imbued with his religious and moral beliefs. Richelieu and Reason of State, S. 352; A. O. Hirschman, The Passions and the Interests: Political Arguments for Capitalism Before Its Triumph, Princeton, New Jersey 1997, Twentieth edition, S. 34 – 37; According to Heinz Schilling, Rohan’s De l’Interest was a token of the notion of state’s interests as a secular concept and prime guiding principle of politics programmatically executed. Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, S. 152; Malcolm wrote about Rohan’s interest analysis: by ‘the 1630s, when the eminent Huguenot Henri, duc de Rohan, made it [‘interest’] the basis of his influential treatise L’Interest des princes (…), the analysis of geopolitics was unthinkable without it.’ Malcolm, Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War (FN 3), S. 95; recently in an introductory overview of the history of international political thought, E. Keene wrote: ‘Rohan captured the central thrust of a new way of thinking about international politics which took the “interest” or “reason of states” as its central concept (..)’ International Political Thought, and introduction, Cambridge 2005, S. 107. 25 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 146 – 148, 166. 26 See footnote 21. 27 Richelieu did not follow Rohan’s counsel and exhausted all other alternatives before entering in the Thirty Years’ War. Church, Richelieu and Reason of State, S. 354. 28 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 164; Under the rule of Henry IV the protestant prince Rohan benefited greatly. He was the king’s favourite and main royal client in Brittany. In the turmoil following the assignation of Henry IV and the restitution of church property from Huguenots, Rohan lost his high social position. Within the Huguenot camp Rohan was mistrusted and accused of lukewarmness and treachery for negotiating truce with the Crown of France. During the religious wars Rohan switched sides between the divided Huguenot power groups on a number of occasions. After 1629, Rohan sought a prestigious post suitable to his standings as a prince and former successful military leader. He was sent to
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finished his book, probably added a dedication to the Cardinal29 and presented it to Richelieu.30 Within the European war race determined by the dynastic rivalry between Habsburg-Spain and Valois/Bourbon-France, the power of Habsburg-Spain rose considerably.31 Rohan reflected upon these changes. He referred to Habsburg-Spain as a ‘new monarchy’ and wrote about the equilibrium-relation between the Spanish and French ruling dynasties upon which the other European rulers depended.32 Directly after his assertion of interest ruling princes and the irrelevance of classical history to interpret interest, Rohan stated that the Bourbon-French and Habsburg-Spanish dynasties were the two great powers in Christendom. They functioned as opposite poles and consequently decided the faith of the other princes in the European theatre of war. According to Rohan, the secret design of Habsburg-Spain was to further their advancement towards establishing a supremely powerful and grand new monarchy. the Grisons near the Valtelline as French envoy and lieutenant general. There, he was suspected of being a spy by another French envoy and subsequently lost his post in 1632. A year later he resumed his post, but lost his ambassadorial status. He was recruited for the French campaigns against the Habsburgs and achieved some great successes, but he constantly clashed with the royal council over finances and further military support. After his forces collapsed in the Valtelline in the beginning of 1637 and Condé’s attempt to arrest him in 1637, Rohan joined the forces of Bernard of Saxen-Weimar as a gentleman-ranker and died on the battlefield in Rheinfelden in 1638. A. Clarke, Huguenot warrior: the life and times of Henri de Rohan, 1579 – 1638, The Hague 1966. Salmon, ‘Rohan and the interest of state’, S. 104 – 107; D. Parrot, Richelieu’s army: war, government and society, Cambridge 2001, S. 114 – 122. 29 In which Rohan stated that although Richelieu was not present in the entire treatise, it would speak of the cardinal, to whom Rohan exclaimed his eternal loyalty as Richelieu’s very humble, very affectionate and obliged servant. The closing sentences were as following: ‘Vous vous verrez donc dans peu de lignes représenté tout entier: en tout ce traité, il ne sera parlé que de vous, bien qu’il n’en soit jamais parlé. Votre modestie et ma francise ne me permettent pas de m’exprimer en autre façon, tenant que les louanges ordinaires fort à ceux desquels les actions parlent si clair. Ce n’est pas aussi par là que je me veux rendre digne de vos bonnes grâces. Mais bien par des services proportionnés aux obligations que vous avez acquises sur moi, qui serai tout ma vie, Monsieur, Votre trés humble, très affectionné et obligé serviteur Henri de Rohan.’ Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princeset les Etats chrétienté, S. 160. 30 According to the French historian Petitot, a manuscript of De l’Interest lies in the royal Library in Paris with the date of Paris, 1 August 1634 written following the dedication. Collections des mémoirs du duc de Rohan, Paris 1877. Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 154. Meinecke wrote: ‘Rohan wanted to influence him by means of the book, to establish himself as a man who could be trusted, and at the same time incite the cardinal.’ Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 165. 31 von Friedeburg, ‘Response to introduction’, S. 18 – 19. 32 ‘Pour cet effet, il faut poser pour fondement, qu’il y a deaux puissances dans la chrétienté qui sont comme les de aux pôles, desquels descendent les influences de paix et de guerre sur les autres Etats, à savoir les Maisons d’Espagne et de France. Celle d’Espagne se trouvant accrue tout d’un coup, n’a pu cacher le dessein qu’elle avait de se render maîtresse et de faire lever le soleil d’une monarchie nouvelle. Celle de France s’est incontinent portée à faire le contrepoids. Les autres princes se sont attachés à l’une ou à l’autre selon leur intérêt.’ Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 161 – 162.
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Consequently, Bourbon-France attempted to counterpoise this Spanish design, but as it becomes clear to the reader, this was not undertaken effectively. Rohan claimed that the rise of a monarchy was based on a good interpretation of its interest(s) by the ruler and interpreting incorrectly its interests caused the demise of a monarchy. Therefore, he divided his book into two parts. In the first part he proclaimed to describe the ‘true interests’ of Bourbon-France and Habsburg-Spain and those interests of the other rulers who were dependent on the two great dynasties for their protection. The second part showed in which recent historical cases rulers diverted from or badly understood the true interests of their lands or had been misguided by their corrupted ministers.33 The term ‘interest’, or ‘interest of state’ was increasingly used from the 1630s onwards to describe and examine the relations between the individual European rulers and their lands and between these and other rulers and their lands. The German historian Heinz Schilling claims that these ‘Staatsinteresse/ragione di stato’ were increasingly defined independently from dynastic policy and confessional principles and seen as Leitmotiv for foreign policy. The experience of the shattering societal consequences of the religious wars and the subsequent establishment of confessional identities, which the ruling dynasties could no longer oppose led to ‘interest of state’ perspectives not per se reviewing such matters (not to be interpreted as secularisation).34 Already in the course of the sixteenth century ‘interest’ was depicted as the driving force behind princely politics and increasingly used from the late sixteenth century onwards as a more or less synonymous or associative term for reason of state. In his Discourse of 1516 that discussed the means for the Medici to maintain their ‘stato’, Guicciardini assumed that ‘particular interest is the true motive of men’s actions.’35 In 1588, René de Lucinge wrote that princes were driven by honour or profit and because profit was prevailing, he claimed that: ‘We shall therefore concern ourselves only with profit, which we may call “interest”.’36 Botero in his famous Ragione di Stato (1589) also defined interest as the leitmotiv for princely politics. Claiming that prudence and valour were the two pillars of government, Botero wrote that con33
Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 162. Schilling argues that since the 1630s ‘die Aporie der konfessionellen Totalkonfrontation ein gesellschaftliches und staatenpolitisches Chaos hatte aufziehen lassen’. Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, S. 151; Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 151 – 152. 35 Quoted from Viroli, From Politics to Reason of State, S. 140; Whereas Guicciardini underlined the Aristotelian argument of the legitimacy of self-interest when it served the common good, his use of vocabulary of interest was ‘quite novel’ according to Lionel A. McKenzie. Guicciardini borrowed this vocabulary from commercial language, and therefore defined interest as ‘the material advantage that a political agent could expect to gain from adopting a specified course of action, whether in domestic or in foreign affairs’. L. A. McKenzie, ‘Natural right and the emergence of the idea of interest in early modern political thought: F. Guicciardini / J. de Silhon’, in: History of European Ideas 2 (4): 1981, S. 277 – 298, 279. 36 Quoted form Malcolm, ‘“Reason of State” and Hobbes’, S. 94. 34
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cerning the first and basic maxim of prudence: ‘it should be taken for certain that in the decisions made by princes, interest will always override every other argument; and therefore he who treats with princes should put no trust in friendship, kinship, treaty nor any other tie which has no basis in interest’.37 In a slightly more disgruntling manner Boccalini wrote: ‘It is self-interest that inspires the tongue of princes, not justice and not a love of the common weal.’ However, Boccalini asserted that ‘The prince, who rules according to necessity and not as his spirit wills, is obliged to do things which he hates and abominates.’38 Botero claimed in a later work that reason of state was little less than interest of state.39 Historians consider Rohan to be one of the first authors who explained ‘interest’ as the driving force behind princely politics without negative connotations.40 According to the historian J. A. W. Gunn, Rohan’s maxim ‘interest will not lie’, ‘emerging near the middle of the seventeenth century, was of greater import in England than the well-known dicta about princely virtue, the arts of war, or the management of court factions’.41 However, Rohan’s famous work is probably more significant for representing a shift in focus of perspectives on reason of state. In the seventeenth-century reason of state literature, a shift in focus can be seen from a more general analysis of the 37
Quoted from Q. Skinner, The Foundations of Modern Political Thought Volume 1. The Renaissance, Cambridge 1978, S. 249. 38 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 75. Citation Translated by Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 82. 39 Botero wrote: ‘In their friendships and enmities, princes are guided by what is advantageous to them. Just as there are foods which, though unpalatable by nature, are made palatable by the seasoning the cook gives them; so they are turned, by their nature or their emotions, to this side or that, according as self-interest directs their minds and emotions; because in the last resort ragione di stato is little less but ragione d’interesse.’ Translated citation from Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 68 – 69. Meinecke reffered to Botero, Agguinte fatte alla sua ragion di stato, Venice 1606, S. 67. 40 Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’, S. 18: The notion of people driven by (self-)interest was associated with Augustinian and Renaissance naturalism ideas about human nature and conduct, i. e. humans pursuing self-interest instead of by their inner reason striving for a ‘good’. These assumptions were used by Machiavelli and Guicciardini. Malcolm, Reason of State, Propaganda, and the Thirty Years’ War (FN 3), S. 95; According to Quentin Skinner, Rohan was one of the leading exponents of French authors, who for the first time claimed interest to be more powerful than ‘reason’ and capable of overturning the latter. Hobbes was one of the first English authors to assert such notions of self-interest, argues Skinner. Skinner, Reason and Rhetoric in the Philosophy of Hobbes, New York 1996, S. 427 – 428. 41 Rohan’s De l’Interest was the likely source of this influential ‘maxim’ for English authors during the Civil War according to Gunn. Two English editions of De l’Interest were published in London in 1640 and 1641 and reprinted in 1663; A treatise of the Interest of the Princes and States of Christendome, translated by H. Hunt. J. A. W. Gunn, “Interest will not lie”, A seventeenth-Century Political Maxim’, in: Journal of the History of Ideas 29:4 (Oct.Dec. 1968), S. 551 – 564, 552. Gunn wrote: ‘To all Englishmen, Rohan brought a message more relevant than might ordinarily be expected from a continental politician, for he recognized the unique position of England. (…) It was to be the balancer of Europe and leader of the Protestant Interest.’ Gunn, “Interest will not lie”, S. 554.
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politics of the ruler to an inquiry into the nature of the specific domain(s) and lands of the ruler. Although the first ‘sort’ of treatises paid attention to the influence of certain conditions on the politics of the ruler, the person of the ruler played a vital role, as seen Machiavelli’s Il Principe (1532).42 The shift in focus meant that authors of ‘reason of state’ treatises did not reflect exclusively on princely politics, but also on the different lands of the ruler. They analysed the number of domains and their geographical composition, the societal structures of the elites, the economic and political organizations and the nature of the people of the specific lands. From these characteristics, authors derived the ‘interests’ of the respective ruling dynasties, who had to bow to the specific interest(s) of each individual polity within their ‘dynastic agglomerates’.43 In his renowned book Die Idee der Staatsräson, Friedrich Meinecke explained this shift of focus by pointing at the emergence of a combination of empirical historical research with ‘reason of state theories’, resulting in a ‘doctrine of interest of state’. ‘Modern historical judgement’44 could account for the diversity of lands within dynastic agglomerates, the difference between these lands and the specific politics arising from these differences. The first attempts to systematically investigate ‘interests of state’ and the interconnected dynamics between the different interests on a European level were made in France under the rule of Richelieu, according to Meinecke.45 The German historian perceived Rohan’s De l’Interest as one of the first works belonging to this doctrine.46 Rohan analysed the specific interests of the different do42 Meinecke saw Machiavelli as the prototype of reason of state-authors, although Machiavelli did not mention the term. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 25 – 48. 43 This term is recently coined by John Morrill to address the heterogeneous nature of early modern principalities that consisted of multiple lands with each polity having its own customs, laws and societal power structures. Especially, Morrill wants to underline the unstable nature of dynastic rule and the instability of how these agglomerates were formed or rather collected, scrambled up by the ruling dynasties. Morrill, Uneasy lies the head that wears a crown’. Dynastic crises in Tudor and Stuart Britain 1504 – 1746, Reading 2005. 44 Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 19. 45 Meinecke argued that the French Religious Wars led to ‘politique’-perspectives on how to organise civil order in times of internal division and conflict, such as Bodin’s theory on sovereignty and ‘recognition of the true collective interest of the whole of France’ i. e. antiSpanish and religious toleration. These ideas were put into practice under the rule of Henry IV, but after his death, during the regency of Maria de Medici, France neglected this interest, according to Meinecke. The growth of Habsburg-Spanish power, the Habsburgs geographical enclosure of the French monarchy and the marriage negotiations between the Spanish infant and the young Charles produced substantial fear amongst French politicians. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 151 – 153, 146 – 195. 46 ‘When one reads Rohan, it is as if one were stepping over from the sixteenth to the seventeenth century. The principle of pure empiricism has triumphed, and there is a fundamental rejection of the old tendency to follow famous examples and cling on to the past. He accords importance only to the fresh spring of life around him, constantly gushing anew.’ Meinecke compared Rohan with Machiavelli, Bodin, Botero and Hugo Grotius, the important
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mains and lands of the European dynasties by analysing the recent contemporary (political) history of these lands. In his opening passage, Rohan expressed explicitly the importance of recent historical analysis opposed to ancient history for understanding contemporary politics: ‘Et comme il [interest, MK] a toujours pour but l’accroissement ou, pour le moins, la conservation, aussi pour parvenir faut-il qu’il se change selon le temps. De sorte que pour bien considerer l’intérêt des princes d’aujourd’hui, il n’est point besoin de remonter fort haut, mais seulement de prendre sur le pied des affaires presents.’47 Moreover, in the second and substantially largest part of his book, Rohan showed the reader seven recent historical cases in which the ruler misinterpreted, knowingly or unknowingly, the true interests of his lands.48 The first case dealt with the revolt of the French Catholic League, or the respective interest (mis)-calculation of ‘three Henries’: Henry de Guise, Henry III and Henry IV. Not surprisingly, in the eyes of the Huguenot Rohan, only the Huguenote King, Henry IV, properly balanced the interests of the French monarchy with his private interests. This example, and the other cases, supported Rohan’s claim for the necessity of an aggressive French dynastic policy against Habsburg-Spain combined with internal concord as a result of relative toleration towards the protestant elites and subjects.49 In part I of his book Rohan presented the interests of ‘Spain’, ‘France’, ‘Italia’, ‘Rome’, ‘Germany’, ‘the Swiss and the provinces of the Low Countries’, and of ‘England’. These shorthand names should not be seen as a token of the development of ‘national interests’ in a modern sense, a token upon which the allegedly emerging bureaucratic coercive tax states acted. In the seventeenth century princes still held the legal-constitutional power to rule, not representatives of states as legal persons.50 De-
authors on ‘state power’ who all ‘still’ used historical examples and the authoritative authors from antiquity. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État (FN 3), S. 166. 47 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 161. Notice the Boterian definition of reason of state to maintain and expand the state, Rohan’s knowledge of recent historical events, which took pace in different parts of Europe, was probably derived from his own travels and military endeavours across Europe. During his Grand Tour from 1599 until 1661 he gathered many different books from Venice, Antwerp, Leiden and Amsterdam. Sven Stelling-Michaud, ‘Le Duc de Rohan et ses livres’, in Revenue du Vieux Genève (1984), S. 18 – 27. For a colorful account of this tour read Hugh Redwald Trevor-Roper, Europe’s Physician: The Various Life of Sir Theodore de Mayerne (Yale University Press: 2006). 48 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, I: S. 159 – 185, II: S. 186 – 237. 49 ‘Voila` trois Henri, chefs de trois partis en France, qui ont chacun leur inte´reˆ t: le roi de maintenir son autorite´ le´gitime, le guisard d’occuper sa place et le navarrais d’empeˆ cher la ruine du roi qui e´tait la sienne et de son parti qui le fa`isait subsister en re´putation. Le premier par faiblesse, se laisse induire a` faire la guerre au Navarrais. Le second se rend chef du parti catholique. Le troisie`me se trouve protecteur des protestants.’ Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 189 – 190. 50 von Friedeburg, ‘Response to introduction’, 14; von Friedeburg, ‘State Forms and State Systems’, S. 9.
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spite a few small republics, Europe was controlled by a ‘society of princes’.51 Foreign policy was dynastic policy. Moreover, these dynasties ruled over a plurality of lands in all shapes and sizes with their own customs, laws and societal power structures. The ruling dynasty embodied the primary bond between their lands. Since the last two decades, historians have increasingly addressed this heterogeneity nature of early modern principalities, as witnessed in the most recent coinage of the term ‘dynastic agglomerate’.52 So when speaking of ‘Spain’, Rohan was actually speaking of the Spanish Habsburg dynastic agglomerate by first referring to the Habsburg ‘province’ on the Iberian peninsula and then pointing to the other provinces, which lied scattered over the world, dependent on Habsburg-Spanish rule. He opens his ‘Discours I of the interest of Spain’ with the following sentences: ‘L’Espagne est à la tête de l’Europe, où l’océan lui sert de bornes sur le seuil de la mer Méditerranée qui la sépare de l’Afrique, ayant les Pyrénées pour barrier contre la France. De cette grande province si bien située dépendent plusieurs Etats éparpillés en diverses parties du monde. Phillipe (…) avait entrepris d’étendre cette vaste puissance au sommet de toute grandeur (…).’53 On the basis of his ‘interest’ analysis Rohan claimed that every ruler and regime should fear the ‘secret plans’ of Habsburg-Spain to establish a ‘new monarchy’, which only could be opposed by the French monarchy taking up arms. By ‘new monarchy’ Rohan probably meant a kind of hegemony over the rest of Europe. The Spanish kings disguised these secret plans by ‘dissimulation’.54 Rohan distinguished five ‘points’ which the Habsburg dynasty used to pursue its interest: 1) religion, i. e. upholding great zeal for the catholic faith 2) acquiring intelligence about current affairs in other ‘states’ by ambassadors, monks and priests, by financial support/bribery of counsellors of foreign princes’, 3) signing (secret) treaties, feigning striving for peace, striking other dynasties when they least expect it and acting as mediator between other princes in conflict, 4) maintaining a constant state of armament to repress 51
L. Bely, La societé de princes XIVe-XVIIe siecle, 1999. J. Morrill, Uneasy lies the head that wears a crown’. Dynastic crises in Tudor and Stuart Britain 1504 – 1746 (Reading 2005). In historiography a transition is witnessed regarding addressing early modern ‘states’, from Richard Bonneys ‘dynastic states’, via John Elliot’s term ‘composite monarchies’, to Morrills ‘dynastic agglomerate’. R. Bonney, The European Dynastic States, 1494 – 1660, Oxford 1991. ‘Composite monarchies’ was primarily formulated by H. G. Koenigsberger in 1975, see: J. H. Elliott, ‘A Europe of Composite monarchies’ Past & Present, No. 137, The Cultural and Political Construction of Europe, 1992, S. 48 – 71. 53 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 163. Regarding the secret designs of Spain to establish a ‘new monarchy’ Rohan wrote: ‘Pour cet effet, il etablit le siege de sa domination en Espagne, pour de là, envoyer la chaleur aux membres détachés de ce corps et, pour avoir plus de loisir et la conservant en paix par sa présence, de retenir en trouble tout le rest de l’Europe par ses artifices.’ Here Rohan spoke of the ‘body’ of the Habsburg Spanish dynastic agglomerates and its ‘detached members’. See also Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, (FN 1) S. 161; he cites Rohan about the possessions of Habsburg-Spain who ‘a Indes tant orientales qu’occidentales’ in Le Parfait Capitain, S. 244 en Discours politique, S. 31 – 32. 54 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 164. 52
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their own subjects, to intimidate other princes, to oppose enemy plans, to surprise enemy princes, 5) carefully sustaining its reputation, which is dependent upon the first four ‘points’.55 Religion was Spain’s key principle in obtaining the hegemonial power, Rohan concluded: ‘son intérêt est de bien ménager cette piété.’56 The designs of Habsburg-Spain were much greater than those of other rulers and therefore the Spanish rulers had to be extra careful in managing their reputation. Under their proclaimed zeal for Catholicism, Spain stirred up conflicts in other countries and sought support from the Pope to strengthen its power. Rohan argued that the Spanish monarchy ought to incite internal religious conflicts by stimulating openly the French crown to persecute its protestant subjects and supporting secretly the rebellious groups amongst the protestants. In the Holy Roman Empire the Spanish troops fought the protestant princes, not for the protection of faith, but for the advantage of the Austrian branch of the Habsburg dynasty. In the United Provinces, Spain ought to pursue a long during truce to provoke a societal schism. Although Rohan wrote ‘il faut’ for the reader it was immediately clear that he was talking about actual recent events, such as the Spanish support for the Huguenot groups during the Religious Wars, Habsburg-Spanish warfare in the Holy Roman Empire on the side of the Habsburgs emperors during the Thirty Year’s War and the religious and political upheavals during the Twelve Year’s Truce in the Dutch Republic (1609 – 1621). Rohan claimed that in every possible way, the Spanish monarchy would attempt to bring the French monarchy down from within.57 Rohan ended his discourse on the Spanish interest with his hope for the unveilment of the Spanish designs and the consequent downfall of its monarchy; ‘Cette grande machine composées de tant de parties et comme empêchée de son propre poids s’émeut par ces secrets ressorts qui perdent leur force à mesure qu’ils sont découverts.’58 If we compare this Spanish interest to its French counterpart, we find an exact opposition. It follows that the right course for France’s dynastic policy was a belligerent anti-Spanish policy. Rohan started his analysis of the French interest with a geographical position of the lands of the French monarchy, suggesting that HabsburgSpain was the natural enemy of France: ‘La France, posée entre les Alpes et les Pyrénées, et flanquée de deux mers, semble être invitée par la nature à s’opposer aux progrès de cette puissance voisine.’ Therefore, the interest of the French monarchy was ‘de prendre tout le contre-pied des maximes que nous venons de vous déduire’59, which Henry IVas one of the first French monarchs fully practised. Regarding its first 55
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Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 163 – Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 168. Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 164 – Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 169. Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 170.
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‘point’, the French monarchy ought to show all Catholics what venom was hidden behind the Spanish zeal for Catholicism. He must convince the Pope of the danger of becoming a mere servant of the Spanish crown, when the latter would achieve its ‘dessein à la monarchie’.60 Besides this, the French monarchy should assure protestant rulers and regimes that they were not set out to persecute their protestant subjects, but rather to convert them. Moreover, the French monarchy should communicate their willingness to support protestant rulers and regimes against their enemies.61 Without naming these enemies, the reader would have known immediately who Rohan meant: the Habsburg-Spanish monarchy. Interestingly, he did not demonise the Spanish monarchy, as seen in the so-called ‘Black Legend’ literature.62 Throughout De l’Interest, Rohan also refrained from directly criticising of the French monarchy and expressing his role as ex-Huguenot leader opposing the French crown. For instance, in his discourse on the revolt of the Catholic League, Rohan summed up the persecutions of Huguenots in a single sentence: ‘La diversite´ de religion s’y meˆ la. Les guerres des religions furent grandes et sanglantes et dure`rent jusqu’a` la mort de Charles IX et Henri III.’63 Rohan’s use of ‘reason of state’ argumentation shows the increasing definitions of ‘state’ interests from dynastic and confessional interest in the context of the complexity of the European arms race. In presenting a ‘true interest of France’ in fierce opposition to the ‘interest’ of the Spanish monarchy, Rohan attempted to create a sense of collectively shared political aims for a necessary anti-Spanish policy. Such an interest overruled conflicting interests of power groups within the ‘state’, as Huguenots and Catholics. By this, Rohan, the Huguenot nobleman and ex-military officer, could present himself as a fully fledged member of the French monarchy, defend a relative toleration towards Huguenots and attack the catholic Spanish monarchy. Rohan thus addressed specific ‘national’ problems of the French monarchy in 1634 and simultaneously tried to find solutions for his own personal misfortunes. 60 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 171. Meinecke adressed these ‘desseins’ as ‘universal monarchy’, although he states in a footnote that Rohan did not use this term. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 173, voetnoot 1. Salmon wrote about Rohan’s writings: ‘The first is the ambition of Spain to achieve a universal monarchy.’ Salmon, ‘Rohan and the interest of state’, S. 109. 61 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 170 – 171. 62 Although a frequently recurring element of this ‘Black Legend’ were accusations of the Spanish designs to establish a universal monarchy. F. Bosbach (ed.), Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit, Cologne 1992; P. Schmidt, Spanische Universalmonarchie oder “teutsche Libertet”: das spanische Imperium in der Propaganda des Dreißigjährigen Krieges, Stuttgart 2001; For an overview on ‘Black Legend’ read F. Edelmayer ‘The “Legenda Negra” and the Circulation of anti-Catholic and Anti-Spanish Prejudices’, in European History Online (EGO), published by the Institute of European History (IEG), Mainz 2011 – 06 – 29. http://www.ieg-ego.eu/edelmayerf-2010-en URN: urn:nbn:de:0159 – 2011051268 [2014 – 02 – 15]. 63 Lazzeri (ed.), Henri de Rohan, De l’intérêt des princes et les Etats chrétienté, S. 188 – 189.
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He presented De l’Interest to Richelieu in 1634, only six years after the decisive defeat of the Huguenots at the siege of La Rochelle. This defeat ended the Huguenot rebellions of the Ibzos, in which Rohan led Huguenot forces into battle against the French monarchy. Although the Huguenotes were granted freedom of conscience, their military and political power was dismantled. Rohan sought Richelieu’s patronage after the failed Huguenot rebellion of 1627 – 1629, wherein his participation was probably triggered by the loss of his position as major client to the former King Henry IV in Brittany.64 The relative internal stability of the French monarchy was still experienced in association with the vivid memories of the religious wars. Regarding France’s ‘foreign’ policy, the issue of direct intervention in the Thirty Year’s War arose from the Swedish destructive defeat against the Habsburg forces in 1634. By writing De l’Interest, Rohan attempted to influence Richelieu in setting a course for direct war against Habsburg-Spain during the Thirty Year’s War and to convince his readers of the dangers of the persecution of Huguenots for the position of the French monarchy in the European society of princes. The early modern European war- and arms race led to increasing debates about which course to follow in foreign policy, how this should be financed and by whom. New groups of officeholders claimed their position within society based on their financial support to the treasury, but not to the liking of the old landed aristocracy or urban merchant elites. Regimes attempted to persuade society to support their specific policies and to carry the subsequent war burdens. To this end, they could claim to pursue an interest of the whole ‘state’. However, other groups in society who felt left out by shifting power structures, could criticise the regime and/or certain groups of powerful officeholders by arguing their political practices went against the ‘interest of the state’. I. De la Court’s Interest van Holland (1662): reason of state and anti-Orangism In 1662, the book Interest van Holland was published in which the author stated: ‘the people [of the province of Holland, MK] could not meet a greater evil than to be ruled by a monarch, prince or head.’65 This statement was directed against the House of Orange, its princes being the historical officeholders of the stadholderate within the Republic of the Seven United Provinces. The anti-stadholderate perspectives in the Interest produced a vigorous political controversy.66 Although it was published 64
von Friedeburg, ’How “new” is the “New Monarchy”?’, S. 28 – 29. V. D. H., Interest van Holland ofte de Gronden van Hollands-Welvaren, Amsterdam 1662, Voor-Reede. 66 Consequently, a flood of pamphlets was published in defense of the House of Orange, the necessity of the Stadholderate and the Union of Utrecht of 1579, and against the author’s radical and blunt ways of attacking the House of Orange and claiming Holland’s provincial sovereignty. G. O. Klashorst, ‘“Metten schijn van monarchie getempert” de verdediging van het stadhouderschap in de partijliteratuur’ 1650 – 1686’, H. W. Blom en I. W. Wildenberg (eds.), Pieter de la Court in zijn tijd (1680 – 1685) aspecten van een veelzijdig publicist, Maarssen/ 65
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under the pseudonym of ‘V. D. H.’,67 it was well known the successful Leiden textile entrepreneur, Pieter de la Court was the author. After two interrogations by delegates of the Leiden orthodox consistory and several pleas for publication bans of the book with the magistrate, Pieter acknowledged before the urban court of law that he wrote Interest van Holland. In fact, historical research has shown that the Grand Pensionary of Holland, Johan de Witt, added two chapters, in which De Witt justified the exclusion of House of Orange-Nassau and the heavy tax burden under his regime.68 At the height of an Orangist revival in 1660 – 1661, De la Court wrote Interest van Holland. In defence of the stadholderless regime (1650 – 1672), the Leiden textile entrepreneur De la Court fiercely attacked the House of Orange. After Stadholder William II of Orange suddenly died of smallpox in 1650, the majority of provinces, led by Holland, decided to leave the office of stadholder vacant for just over two decades. The Stadholder’s son, prince William, was born eight days after his father’s death. The presence of the young Prince remained a constant threat to the regime, especially in troubled times. In the beginning of the 1660s De la Court set out to diminish this threat. The fortunes of the House of Orange were reviving because of the restoration of the English King Charles II and his favouring of the interests and political prospects of his nephew, the young Orange-Prince William. In 1661 all the provinces, excluding Holland, and even some towns in Holland urged the States Gen-
Amsterdam 1986, S. 93 – 136; Interest van Holland became a besteller and went through eight editions in the same year of publication. It secured a broad readership under the urban populace. A. Weststeijn, Commercial Republicanism in the Dutch Golden Age. The Political Thought of Johan & Pieter de la Court, Leiden 2012, S. 56, 58. 67 The initials stands for ‘Van den Hoven’, which is the Dutch translation of the name ‘De la Court’. Weststeijn, Commercial Republicanis, S. 56. 68 The historian Herbert H. Rowen wrote: ‘De la Court’s theoretical work was brought to his attention by mutual friends, and the manuscript of The Interest of Holland was sent to him before it was published. It is fairly certain that he added two chapters [chapters 29 and 30 MK]. They are unlike the other, which are more virulently ideological and narrowly concerned with Holland than with the Dutch Republic as a whole. De Witt toned down De la Court’s Machiavellian argument that there was no obligation to keep treaties that had turned against a state’s interests, but he sharpened the criticism of Prince William II for his dynastic connections. He deleted an entire sentence in which the author, who was excluded from the regent class in Leiden, found fault with the narrow oligarchies that held power in the towns for their sole benefit.’ H. H. Rowen, John de Witt. Statesman of the “True Freedom”, Cambridge 1986, S. 55 – 56. In his biography of the De Witt brothers, Luc Panhuysen argues that the two added chapters by De Witt were not so much directed against the House of Orange, but rather an attempt to legitimise the high tax burden imposed upon the Holland inhabitants by the De Witt government. L. Panhuysen, De Ware Vrijheid de levens van Johan en Cornelis de Witt, Amsterdam 2009, S. 297; H. W. Blom en I. W. Wildenberg, Pieter de la Court in zijn tijd (1618 – 1685) aspecten van een veelzijdig publicist, Maarssen 1986 and I. W. Wildenberg, Johan & Pieter de la Court (1662 – 1660 & 1618 – 1685). Bibliografie en receptiegeschiedenis, Maarssen 1986; J. H. Kernkamp, Pieter de la Court, zijn aansprakelijkheid voor het interest van Holland en de polityke discoursen, Nijhoff 1933; Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 268.
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eral for designation of William as future stadholder and captain-general.69 During this period of Orangist resurgence, De la Court sent parts of his manuscripts to De Witt to be read and corrected before publishing it at the beginning of 1662. However, De la Court did not function as a mere publicist. He had a political agenda of his own by criticising the relatively closed access to regent offices in the merchant towns of Holland and the height of taxes.70 In comparison with the other works of the brothers De la Court, the Interest is mostly neglected in historical research. The ‘theoretical’ works, such as Political Discourses and Political Balance, often are attributed to Johan and most historians have studied these writings.71 Interest van Holland is seen as a somewhat more practical economical work. Research on De la Court’s writings can be roughly divided into two categories: research on Pieter’s economic thought mainly in the Interest van Holland72 and, secondly, on the political thought of the brothers De la Court, es69 At the end of 1661 pro-Anglo sentiment was dropping, for new tensions had arisen in the Caribbean, West Africa and over the New Netherlands. The resurgence of Anglo-Dutch tensions was followed by a renewed slump in Organist fortunes. Israel, The Dutch Republic, S. 751 – 758. 70 In fact, several important regents interfered in the process of writing Interest, such as Pieter de Groot and the Leiden regent Hendrick van Willighen. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 55 – 56; De la Court’s fiercest passages of critique were, however, toned down by Johan de Witt. Rowen, John de Witt, S. 55 – 56; Arthur Weststeijn links De la Court’s social standings as a member of ‘a successful but much despised [Walloon merchants, MK] minority in the city of Leiden’ to his plea for unlimited immigration and economic freedom in the Interest van Holland. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 25; De la Court was excluded from the regent class. Therefore, in addition to his commercial success, Pieter pursued an office in the urban government, but he would never succeed. His second marriage with a woman from an influential Amsterdam family in 1661, connected him to the group of regents surrounding Johan de Witt. In 1670 Pieter obtained a doctorate in law at the University of Orleans and two years later he took the oath as lawyer of the court of Holland. Sadly for him, it was too late to fulfill such an office, for the regime of De Witt collapsed under the invading armies of Louis XIV. Four days after the first attempted murder on De Witt in 1672, Pieter fled to Antwerp, where he would remain for more than a year. He returned to Amsterdam, resumed his commercial activities and died there in 1685. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 25 – 57; C.-É. Levillain, ‘L’Angleterre de la Restauration au miroir de la “vraie liberté” (1660 – 1672). La rencontre entre républicanismes anglais et hollandais à travers les écrits de Pieter de la Court’, E-rea [En ligne], 1.2 j 2003, mis en ligne le 15 octobre 2003, consulté le 08 mai 2014. URL: http://erea.revues.org/205 ; DOI : 10.4000/erea.205, S. 5. 71 Authorship in the De la Court brothers’ writings has long been the subject of historiographical debate. It probably remains unknown which brother wrote what book or specific passage. Wyger R. E. Velema, “That a Republic is better than a monarchy”: anti-monarchism in Early Modern Dutch Political Thought’, in Martin van Gelderen en Quentin Skinner (eds.), Republicanism: A Shared European Heritage. Volume 1: Republicanism and Constitutionalism in Early Modern Europe, Cambridge 2002, S. 13; D. C., Politike Discoursen handelende in ses onderscheidende boeken van steeden, landen, oorlogen, kerken, regeeringen, en zeeden, Leiden 1662; V. H., Consideratien van Staat, Ofte Politike Weeg-schaal, Amsterdam1661. 72 T. van Tijn, ‘Pieter de la Court: een buitenbeen’; O. van Rees, “De economische denkbeelden van Pieter de la Court” Ingeleid door Hans W. Blom en Ivo W. Wildenberg, both in
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pecially on their ‘republicanism’.73 Hardly any research has been done regarding De la Court’s use of ‘reason of state’ or, for that matter, regarding general Dutch ‘reason of state’ argumentation.74 The Dutch historian G. O. Van der Klashorst remarked that most historians focus their attention on the theoretical writings of De la Court in order to uncover theories of ‘modern constitutionalism’ or ‘republicanism’.75 This had strongly affected historical research on Interest van Holland. Klashorst wrote: ‘It is a remarkable fact that the book, for which Pieter de la Court was known best by contemporaries, remains virtually ignored in recent literature and has not been related to the theoretical work to which he contributed at least.’76 This contribution will argue that De la Court’s alleged ‘republicanism’ or ‘antimonarchism’, concerning the Interest van Holland should be interpreted as anti-Orangism, rather than a Dutch exclamation of republicanism. It reflected a long-term constitutional crisis of the stadholderate in the Dutch republic, which often erupted
Hans W. Blom en Ivo W. Wildenberg, Pieter de la Court in zijn tijd (1618 – 1685) aspecten van een veelzijdig publicist, Maarssen 1986; Recently historians have linked his economic thought to the early modern rise of ‘political economy’, as J. Soll, ‘Accounting for Government: Holland and the rise of Political Economy in Seventeenth-Century Europe’, in Journal of Interdiscipinary History 40: 2 (Autumn 2009), S. 215 – 238, especially S. 226 – 227 and E. S. Reinert, ‘emulating Sucess: Contemporary Views of the Dutch Economy before 1800’, in Oscar Gelderblom (ed.), The Political Economy of the Dutch Republic (Ashgate 2013), S. 19 – 39. Read for criticism on this linkage A. Weststeijn and J. Hartman, ‘An Empire of Trade: Commercial Reason of State in Seventeenth-Century Holland’, in: Sophus Reinert / Pernille Røge (eds.), The Political Economy of Empire in the Early Modern World (Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2013), S. 11 – 31. 73 E. H. Kossmann, Politieke theorie in het zeventiende-eeuwse Nederland, S. 36; E. O. G. Haitsma Mulier, The myth of Venice and Dutch republican thought in the seventeenth century (Assen 1980); Velema, “That a Republic is better than a monarchy”; Some historians have associated De la Court’s allegedly republican ideals with his economic ideas. J. C. Boogman, ‘De raison d’état-politicus Johan de Witt’, in Bijdragen en Mededelingen betreffende de Geschiedenis der Nederlanden. Deel 90., The Hague 1975 and more recently A. Weststeijn, Commercial Republicanism. 74 Boogman, and to a larger extent Hans W. Blom and Arthur Weststeijn have underlined De la Court’s use of ‘reason of state’ argumentation and have presented it as a doctrine and republican ideology adjusted to the Dutch Republic. Boogman, ‘De raison d’état-politicus Johan de Witt’, S. 382; Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 205 – 283’ Weststeijn and Hartman, An Empire of Trade: Commercial Reason of State in Seventeenth-Century Holland’; H. W. Blom, Morality and Causality in Politics. The Rise of Naturalism in Dutch Seventeenth-Century Political Thought, Ridderkerk 1995, S. 157 – 182. 75 E. H. Kossmann, Politieke theorie in het zeventiende-eeuwse Nederland, S. 36; Eco O. G. Haitsma Mulier, The myth of Venic and Dutch republican thought in the seventeenth century, Assen 1980. 76 G. O. Klashorst, “Metten schijn van monarchie getempert” De verdediging van het stadhouderschap in de partijliteratuur 1650 – 1686, in Hans W. Blom en Ivo W. Wildenberg, Pieter de la Court in zijn tijd (1618 – 1685) aspecten van een veelzijdig publicist, Maarssen 1986, S. 93 – 136, 95.
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under foreign political pressures.77 De La Court argued against princely politics that endangered the lives and liberties of their subjects by pursuing costly and dangerous warfare, to substantiate his refutation of an Orange-stad holderate and an Orangecaptain general. The stadholderate was created by Emperor Charles Vas the replacement of the absent Habsburg ruler and held on to by the Union of Utrecht from 1579 onwards.78 This office entailed a collection of ill-defined powers, privileges and informal influences. Since in practice the princes of Orange successively occupied the office, the stadholderate was also a dynastic institution. The provincial estates chose the stadholder independently from each other. The States General awarded the stadholder with the highest military office of Captain-General in the context of the quasipermanent war against Spain. Formally, the stadholderate was a civil office, which had developed de facto into an important military office.79 Rowen calls the stadholderate therefore ‘an improvisation’ and states that ‘it was difficult for contemporaries to fit it into the standard categories of political analysis’.80 The joined offices of stadholder and captain-general proved to be a danger for the States of Holland in the crisis years of 1618 and 1650, when respectively the Stadholders Maurice of Orange and William II pressured successfully the provincial assembly by military force. During religious conflicts between the so-called Remonstrants and Contra-Remonstrants, a conflict rose between the States of Holland and the States General about the legal control to organize military forces to batter the internal religious riots. Upon the authority of the States General, Stadholder Maurice pressured the States of Holland by military force and arrested the Grand Pensionary of Holland, Johan van Oldenbarnevelt, in 1618, who was tried and executed in 1619. In 1650, Maurice’s nephew, Stadholder William II and the States of Holland were involved in a conflict about reduction of the army, which resulted in William’s attempt to take over the city of Amsterdam by force and the arrest of eight members
77 Klashorst, “Metten schijn van monarchie getempert”, S. 99. Rowen stated that from the 1650s until the fall of the Dutch Republic in 1759, ‘the central constitutional question became the stadholdership, its desirability and its very existence. It was not whether the country should be a republic or a monarchy, as in nineteenth-century France.’ Rowen, John de Witt, S. 54; Wyger Velema underlines this: ‘anti-monarchism was the outcome of a domestic political need.’ He stresses that it would be ‘incorrect to equate Orangism with monarchism’. However, Velema believes ‘anti-monarchism’ to be the essential aspect of Dutch republicanism. Velema, “That a Republic is better than a monarchy”, S. 12. 78 Actually Charles V installed three stadholders corresponding to the, by him divided, three parts of the northern Netherlands in 1543. According to Jonathan Israel, the Union of Utrecht extended the powers of the stadholderate for it was decided that he must take up the mediator position between provinces in the absence of a king. Israel, The Dutch Republic, S. 301. 79 Israel, The Dutch Republic, S. 305; Levillain, ‘L’Angleterre de la Restauration’, S. 4; Velema, “That a Republic is better than a monarchy”, S. 11 – 12. 80 H. Rowen, The Princes of Orange. The Stadholders in the Dutch Republic (Cambridge University Press; Cambridge 1988) S. ix, 1.
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of the provincial assembly of Holland.81 After their military showcases, both princes purged the City Councils, the provincial States and local militias from their opponents and replaced them with their own partisans, reconfiguring the organization of power to their advantage. The premature death of Stadholder William II, however, paved the way for the stadholderless regime. These constitutional crises fuelled pamphlet wars about who possessed the supreme power over foreign policy and the Union’s army.82 An important trope in these pamphlets wars was ‘interest’, i. e. the self-interest of the prince or regents against the ‘true’ interest of the different provinces or the United Provinces. Against the claim that the princes of Orange were driven by self-interest harming the ‘true interest’, many defenders of the stadholderate argued that in the ‘mixed constitution’ the passion and self-interest were subordinated to the common interest by the balancing dynamics of the monarchic and aristocratic elements. The central issue to these interest debates was the pursuit of warfare linked to the stadholderate. In the 1650s and 1660s, the debates revolved roughly around the question whether to pursue an offensive warfare against the grand European dynasties, i. e. Spanish-Habsburgs and Bourbon-France and, inherently, to uphold large land forces and high taxes or to strive for peace supported by a strong fleet in order to protect the prosperous trade. Supporters of the stadholder generally advocated this first perspective by arguing that only the prince of Orange with his combined political and military offices could protect the interest of the United Provinces. Authors opposing the stadholderate often promoted the second perspective and therefore reasoned that in their warlike minds, the princes would only further their self-interests and ruin the Dutch Republic. These latter consisted largely of the urban populace of Holland. In this province, the largest part of the costs of warfare was collected by taxes compared to the other provinces.83 As a consequence, constitutional issues over the stadholderate and debates over foreign warfare became imbued with the vocabulary of ‘reason of state’ in the Dutch Republic in the second half of the seventeenth century. Especially after the publication of De la Court’s Interest of Holland in 1662 and the French invasion 81
It was an ‘attempt’, for his land forces were spotted by a messenger on his route to Amsterdam. The messenger warned the city therefore so defensive measures could be taken. Read Israel’s chapter on ‘The Stadtholderate of William II, 1647 – 1650’, in The Dutch Republic, S. 595 – 609. 82 ‘The year 1650, together with 1618 and 1672, were the three peak years of the Golden Age for both quantity and vehemence of political and theological-political tracts issuing from the Dutch presses.’ Israel, The Dutch Republic, S. 608. In his dissertation, Ingmar Vroomen researched the pamphlet literature of these crisis years, with a main focus on the used fatherland rhetoric. I. Vroomen, Taal van de Republiek. Het gebruik van vaderlandsretoriek in Nederlandse pamfletten, 1618 – 1672 (self-published in Rotterdam 2012). 83 James D. Tracy writes: ‘though its population accounted for about 40 percent of the national total, Holland was responsible for around 65 percent of the budget in the closing decades of the sixteenth century, and 58 percent for most of the period between 1616 and 1792’. J. D. Tracy, ‘Holland’s New Fiscal Regime, 1572 – 1576’, in Oscar Gelderblom, (ed.), The Political Economy of the Dutch Republic, Achgate 2013, S. 41 – 54, 41.
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in 1672, an explosive rise of Dutch publications with ‘interest’ in their titles is detectable.84 Fundamental to De la Court’s attack on the House of Orange was his use of the term ‘interest’. His anti-Orangism in Interest van Holland can be divided into three parts. Firstly, De la Court presented the province of Holland as a single political and societal entity, with its own ‘interest’. In this way, he could present ‘Holland’ as a strong opponent of the House of Orange, and to a lesser extent of the other provinces, within the United Provinces. For his attack on the House of Orange, De la Court needed a protagonist. Likewise, on a European level he presented ‘Holland’ as one force to be reckoned with, without having the need for a prince of Orange leading troops into battle. Secondly, the author exclaimed a critique on the nature of monarchical rule, which functioned as a theoretical framework for his rejection of the stadholderate and the fulfilment of the highest military office by a Prince of Orange. Thirdly, he analysed the interest of Holland in relation to the three ‘super powers’: ‘Spain’, ‘France’ and ‘England’. He concluded that the only considerable external threat to Holland was Stuart-England, due to its dynastic connections with the House of Orange. Throughout the entire argument of Interest van Holland De la Court identified and underlined the greatest danger to the province of Holland’s splendour and inhabitants: the House of Orange. Interest van Holland consists of a theoretical preface, in which De la Court’s antimonarchist stand is elaborated. The argument is then substantiated in a further fortyseven chapters that contain empirical analyses of the interest of the province of Holland. In the first chapter, De la Court wrote that because Holland was ‘not one land, it cannot have an Interest.’85According to the author, historically the province of Holland consisted of multiple republics and aristocratic city governments. Holland’s head of state was initially a count and this office was later filled by a stadholder, who was to be contented with the limitations of his own domains, accepting the fact that every area and city should be ruled according to its own laws and customs. The stadholder, however, refused to accept these limitations of his rule.86 84
Boogman, ‘De raison d’état-politicus Johan de Witt’, S. 380; M. van der Bijl, ‘Pieter de la court en de politiek werkelijkheid’, in H. W. Blom en I. W. Wildenberg (eds.), Pieter de la Court in zijn tijd (1680 – 1685) aspecten van een veelzijdig publicist, Maarssen/Amsterdam 1986, 6591, S. 67; Klashorst, “Metten schijn van monarchie getempert”, S. 135 – 136; Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 42 – 50. Weststeijn points to the following of De la Court of ‘a gradual development’ from debates about the locus of sovereignty in the complex constitutional arrangements of the United Provinces, to debates about the ‘true interests of the country’ in the Dutch Republic from the 1650s onwards. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 64; The Short Title Catalogue Netherlands shows an explosive rise of titles with ‘interest’ after 1662 and 1672. 85 V. D. H., Interest van Holland, 1. 86 Ibidem; by using reason of state language in his Deductie from 1654, Johan de Witt also emphasized the existence of different republics within the province of Holland and the United Provinces to argue against the notion of the Union of Utrecht as a constitutional framework. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 48. J. de Witt, Deductie, ofte declaratie van de
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Strategically, De la Court excused himself for his limited knowledge of all these multiple political bodies. Therefore he would continue to discuss all the specific interests of the different cities and areas under one title: ‘the interest of Holland’.87 This construction of the province of Holland as a single political entity functioned as a tool to create an opponent for the House of Orange and its supporters, who aimed to install the young Prince of Orange in the office of Stadholder and Captain-General. Based on a geographical, demographical, political and historical sketch of Holland, De la Court argued that the fundaments of Holland’s splendor are fishery, commerce and manufacturing, as well as the extremely powerful and densely populated cities. De la Court defined the interest of Holland as ‘the conservation and expansion of the inhabitants of the Land, consisting of regents and subjects’, who ‘could not be confronted with a greater evil than to be governed by a monarch, lord or head’.88 The second part of De la Court’s attack on the House of Orange was a fierce critique on certain political practices of monarchs. This critique functioned as a theoretical framework for his rejection of the Stadholderate and the fulfilment of the highest military office by a prince of Orange. In his preface, he provided a more general argumentation against the damaging warfare practices of monarchies driven by selfinterest. It led the reader to a more detailed reasoning of why Holland is better off without a prince of Orange in charge. De La Court described the interests of monarchies and republics or as he called the latter: ‘free governments’.89 Interest meant the well-being of the rulers and subjects combined. Pieter assumed that self-interest in all societies was always preferred by all men. Therefore he believed that to acquire a good government was to ensure that the rulers and the ruled had the same interests. ‘While all country’s true interest consists of the welfare of the rulers and subjects combined, and the same evidently depends on a good government, so must men know, that a good government is not where the well or ill-being of the subjects depends on the virtue or vices of the rulers; but (which is worthy of observation) where the well or ill-being of the rulers necessarily follows or depends on the well or illbeing of the subjects.’90 Staten van Hollandt ende West-Vrieslandt, The Hague 1654, S. 52 – 64; For further information on the Union of Utrecht read J.C. Boogman, ‘The Union of Utrecht: its Genesis and Consequences’, in BMGN – Low Countries Historical Review 94:3, 1997, S. 377 – 407. 87 V. D. H., Interest van Holland, S. 2. 88 This splendor, however, was threatened by closed trade companies, by restrictions on immigration and freedom of conscience, by heavy taxes and by warfare according to De la Court. V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden; The conservation and expansion of inhabitants must be understood in demographical terms as well as in terms of belongings. 89 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. 90 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden; The notion of self-interest applied to the political order of Holland and seen as the fundamental pillar upon which a stable and durable politic should be build, was already present in M. Zuerius Boxhorn’s Institutions (1657). This Leiden university professor argued that the private interests of the rich merchants of the province of Holland corresponded to the greatest extent to the common interest and therefore Holland’s form of government was an aristocracy. Boxhorn defined this as a special type of
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Pieter exclaimed that the realization of the well-being of its subjects differed greatly in these two radically different forms of government, a republic or a monarchy. The first and true interest of all sovereigns was to build up their lands, empire or cities to such a powerful position, that these were protected against external violence. De la Court pointed out that monarchs, lords and heads by their evil upbringing and splendour, followed their own lusts and hand over the government to favourites and courtiers, who would neglect this first interest. The interest of monarchs, their favourites and court officials, was to maintain the powerless position of their subjects. He defined the interest of church officials, courtiers and soldiers as follows: ‘by corruption of government, enriching their selves, or seeking greatness, elevating the monarchic government heavenwards for their own profit’.91 Subjects of a monarch were deliberately being deprived of knowledge and judgment by the, as he calls them, ‘leeches of the state’: those are the court officials, the governors, the gentry, the soldiers and the clergy.92 In contrast, the interest and the second duty of all republics and great cities was building and maintaining large and densely populated cities, in order that all governors, magistrates and inhabitants would see their profits rising.93 De la Court promised the reader that he would conclude his preface with counterarguments against the commonly accepted view that a monarchy is the best form of government.94 Actually, he explicitly aimed at rejecting the notion of the necessity of the stadholderate for the province of Holland. For instance, De la Court refuted the idea of the blunt, factional and bad-tempered nature of Holland’s men, which was aristocracy that consisted of a mixture because the offices were held by persons who were few, who were chosen amongst the people, and gifted with virtue. In his dissertation, Jaap van Nieuwstraten states that ‘Boxhorn’s influence on the political thought of the brothers De la Court was possibly much greater than thus far has been perceived’ by historians. Probably in his private lectures, Boxhorn taught the Istitutiones politicae to his students, including the De la Court brothers. J. van Nieuwestraten, Historisch en politiek denken in de zeventiendeeeuwse Nederlandse Republiek: de casus van Marcus Zuerius Boxhorn (1612 – 1653) (selfpublished 2012), S. 284 – 285, 296 – 299. What is striking about the comparison between De la Court’s and Boxhorn’s views on the Dutch political order, is however the main difference between the two views. Boxhorn believed that in the aristocratic regime where the majestas rested in the hands of one person, as that person was a prince, the other persons should see fit to constrain that one person by constitutional arrangements. In the case of the Dutch Republic, the provincial States kept the stadholder in check and the highest authority and power to command rested within the provincial States. De la Court claimed that the historical reality proved that the princes of Orange had used the stadholderate as an instrument to subvert the constitution. 91 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. 92 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. 93 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. 94 The commonly held view was the respublica mixta, with the stadholder possessing the monarchical powers within a balanced system as seen in the writings of Hugo Grotius. M. van Gelderen, ‘Aristotelians, Monarchomachs and Republicans: Sovereignty and respublica mixta in Dutch and German Political Thought, 1580 – 1650’, S. 201 – 204; However, Justus Lipsius claimed monarchy the best form of government in his book II of Politica. Ed. and translated by J. Waszink, Justus Lipsius Politica. Six books of Politics or Political Instruction, Assen 2004.
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often used as an argument for the necessity of an eminent head. Only in times of suppression by an eminent head, and he referred to the period of the Counts as predecessor of the stadholders, would Holland revolt. In addition, he stressed that the office of captain general, the support of the army and all clergymen, and the control of the invincible frontier cities of the Generality Lands, would give the stadholder the possibility to conquer the cities of Holland.95 An important part of De la Court’s critique on the princely politics of House of Orange was underlining the danger of the fulfilment of the combined offices of captain general and stadholder by the princes of Orange. De la Court perceived the offices of stadholder and captain general as incompatible, and placed this perspective within a theoretical framework of anti-monarchism. He stated that even an eminent head would always strive for a situation of continuous warfare with himself as supreme commander of the army. De la Court elucidated this statement in chapter twenty-six, which is titled: ‘To disintegrate into a monarchy of one-headed government would mean an irreversible death.’ First of all, De la Court wrote that it would have great negative consequences to the welfare of the province of Holland; ‘Given that kings and captain generals are so unnecessary in times of peace and that their virtue is only obvious in times of war, and so they forever cause strive throughout the world.’96 Secondly, De la Court argued that when a great lord possessed an army, everyone’s properties would be endangered even when his office was constitutionally restrained. Together with the soldiers ‘the ignorant people will choose the side of a gentle, polite and courageous tyrant.’97 The regents, including the wisest and most honest amongst them, would be eventually to accept violation and even subjection of these constitutional restraints. Following this argument, De la Court stated that via his court and his army, a ruler would put a financial strain on all his subjects, but especially on its prosperous merchants. He made it clear that by ruler, he meant all monarchs, i. e. princes, dukes, counts, earls, but also and more importantly, stadholders and captain generals. Their love for money was based on their love for luxuries and warfare.98 95
V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. V. D. H., Interest van Holland, S. 70 – 71. Notice the equation of kings and captain generals in this argument. The reader directly knows that De la Court is referring to the princes of Orange, who fulfilled the highest military office in the United Provinces before 1650. 97 V. D. H., Interest van Holland, S. 71. ‘Maar daarenboven is klaar dat niemand iets als eigen in sekerheid kan besitten in een land daar waar een groot Heer is, met een gedurige krijgsmacht; men geve hem zoodanige naam, en men limitere zijn autoriteit over de krijgsluiden zoodanig als men wil. Alle de soldaten en sullen niet alleen hem gehoorsamen in spijt der betaalds-Heeren, en politike limiteerders; maar het over alle onwetende volk sal sich altijds op de zijde van een milddadig, beleeft en couragieus tyran voegen: sulks de kloekste en eerlikste Regenten gedwongen, en de andere vrywillig; de eersten om niet lijf en eere te verliesen, de anderen om meer gelds en machts te bekomen, alle palen en landen des gekooren hoofds laten overtreden, ofte zelfs breken zullen’. 98 V. D. H., Interest van Holland, S. 71 – 72; This line of reasoning is also employed in the chapters twenty-nine and thirty attributed to De Witt, in which the Grand Pensionary made a case against ‘why the freedom in Holland has not caused more good since the death of the Prince of Orange’ and for ‘what good fruits the principles of a free government already have 96
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The third part of De la Court’s anti-Orangism was based on an interest-analysis of ‘Holland’ in relation to other European rulers and republics. In general, he discussed the desirability of forming alliances with the neighbouring rulers and in a more detailed manner he analysed the consequences of forming pacts with the, in his opinion, three greatest contemporary powers of Europe: ‘France’, ‘Spain’ and ‘England’.99 De la Court argued that all alliances (defensive and offensive) with any European ruler should not be formed to avoid the risk of being dragged into expensive and extremely destructive warfare. Pieter stated that by their nature, men pursue the improvement of their own position without regard for oaths, written tracts and seals. He concluded: ‘the State [has] nor blood nor religion’, so ‘trust not, so you won’t be deceived.’100 To protect the interest of Holland i. e., fishery, manufacturing and commerce, peace with other European rulers should be pursued at all times, and at almost all costs.101 Military protection of the sea, from a commercial standpoint, was most important. Land forces were to be reduced to a necessary, but smaller number, for the costs are too high and the possibility of an external military invasion was very unlikely according to De la Court. De la Court included the other Dutch provinces in his anti-alliances view. The defensive Union of Utrecht was proved to be highly unprofitable for the province of Holland for they paid the largest part of the Union’s finances and received hardly any support, especially from the land provinces when Holland’s interest, was threatened.102 Since the monarchies of Spain, France and England maintained a constant state of armament, they did not fear Holland. However, De la Court believed that Holland given birth to’. De Witt partly aimed to justify the tax burden under his regime, which caused a great discord among the inhabitants of the Republic, with its many and high excise duties, levy taxes and other taxes. In De Witt’s opinion, the high level of taxes was a heritage of the rule of the Princes of Orange. In their war politics the princes were driven by their costly dynastic relations and their search for glory. Nearly the entire treasury of Holland was spent on the ambition of the Captain-General for raising large land forces amongst other expansionist ambitions. The means for these military ambitions were squeezed from Holland’s inhabitants uncompromisingly according to De Witt. Interest van Holland, 29: S. 92 – 116, 30: S. 116 – 142. 99 In chapter thirty-two of the Interest of Holland Pieter explained that it was not his intention to analyse the interest of Holland in relation with the neighboring countries for that ‘will entail an endless knowledge and very great labor and which to acquire and to employ, I find myself in every respect incapable.’ This statement can be seen as a somewhat false excuse for he did try to sketch an interest analysis of Holland on a European level, as he later says so himself: ‘though to not silence myself entirely regarding this subject, firstly I will extensively discuss the alliances with the neighbours, and after that I will briefly discuss the interest of Holland in relation to the mentioned neighbouring lands’. V. D. H., Interest van Holland, S. 145 – 146. 100 V. D. H., Interest van Holland, 151: ‘Want om dat den Staat noch bloed noch religie heeft, en dat de eenvoudigheid altijds bedrogen werd; zo is het recht van ’t spel: betrout niet zo werd gy niet bedrogen.’ 101 V. D. H., Interest van Holland, S. 151. 102 V. D. H., Interest van Holland, S. 145 – 159.
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should not fear them. Holland could pursue their true interest in relation to the French monarchy for France depended largely on the commerce with Holland, i. e. on Holland’s ships, on the Dutch consumption and trade of French wine and salt, and on Dutch products such as textile and herring. With regard to Holland’s interest in the Spanish monarchy, De la Court tried to demonstrate why a war against Spain would be destructive to the Dutch commercial sector and vice versa. So in the interest of Holland, no alliances had to be made with the French and the Spanish monarchy.103 Interestingly, De la Court judged the French monarchy and other northern European monarchies as well-governed by excellent rulers. In his preface De la Court gave four counterarguments against the, as he wrote, common belief that a one-headed rule should be preferred instead of a republican government, but actually he aimed at disintegrating the notion of the necessity of a stadholder for the province of Holland. He questioned the Aristotelian idea that by their nature some people must be ruled by a monarch, i. e. ‘the peoples of Asia and Africas, as well as all European peoples situated toward the South’.104 Since, defenders of this idea had also to confess that ‘the peoples situated more to the North, were more adequately governed by an excellent head and more freedom, likewise from France onwards to the North luckily all absolute Monarchical Governments seized to exist’. By this argument De la Court intended to overthrow the notion of the necessity of an Orange-stadholderate and not to state a case for ‘republicanism’, because he followed up this argument by rejecting the Orangist-argument that the allegedly factious nature of the people of Holland necessitated the rule of ‘a very excellent Head’. i. e. an Orange-stadholderate. In contrast, De la Court argued that their factious nature was historically developed under the ‘very terrible times and governments’ of the stadholders of Orange and the Counts of Holland, the latter often portrayed as the predecessors of the stadholders. This argument of the existence of well governed monarchies and excellent monarchs is striking for he claimed that ‘freedom’ could be pursued by subjects within a monarchy, being that there was an essential difference in accountability between southern ‘absolute’(tyrannical) and northern legitimate governments, rather than altogether denying the legitimacy and usefulness of every European monarchy. First and foremost, De la Court wrote Interest van Holland with the constitutional specifics of the Dutch Republic in mind; he wanted to diminish the Orange-threat and to justify the stadholderless regime, not to defend the moral superiority of republics over principalities.105 103
V. D. H., Interest van Holland, S. 160 – 164, 164 – 167. V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden. 105 V. D. H., Interest van Holland, Voor-Reeden; For a critical analysis on approaches to ‘republicanism’ read von Friedeburg, ‘Republicanism’ in Hamish Scott (ed.) Oxford Handbook of Early Modern History (Oxford University Press 2014). Von Friedeburg writes: “Constitutional republicanism” as an explicit and principled rejection of monarchy is hard to discover, far less specific “republican architecture” or kingless polities, unless we understand by that the practice of and reflections on mixed government, that is the cooperation of different groups and institutions within a polity, including a king, stadholder or Doge. (…) It seems to have emerged precisely in order to address constitutional structures to be erected – or already 104
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Pieter considered England to be the greatest threat to Holland. He warned the reader: ‘Such an England, now by Scotland, many manufacturing, and great shipping, incredibly augmented in forces, and [while] France as well as Spain are governed by favourites, shall be in every way formidable to all of Europe, so almost as a self-ruling King who will use considerable power against its neighbours.’106 However, just like Spain and France, England was dependent on the Dutch trade, so it would be reluctant to declare war on Holland, according to De la Court. Furthermore, the Dutch naval force could considerably damage the English fleet. Thirdly, the treasury of Charles II could not support such warfare, and the Parliament would not easily grant him the necessary finances. Nonetheless, De la Court concluded that, although Holland could significantly harm England, England could entirely ruin Holland. So the government of Holland should use soft and friendly words in their communication with Charles II. Cynically, Pieter added that Holland should lay in wait, because it was, according to Pieter, only a matter of time, before the newly restored English monarchy will degenerate due to the corruption of the king’s favorites, and passions, or otherwise due to internal conflict and civil war. In Pieter’s analysis of the English threat, the dynastic relations between King Charles II and the young Prince of Orange, being the son of the King’s sister, princess Mary, are demonstrated as an even greater danger: ‘And above all, consider that we, to prevent a war with England, must not let ourselves be thrilled into changing the State-wise Government into a Monarchy, because Leo vinciri liber pernegat. The free lion must not be bound, is the motto Holland endeavours to live by. And if we, with our free Government, were to find ourselves compelled to meet the king in his wishes, he would for his own self, desiring absolute Sovereignty, make us the most wretched nation which could ever be governed by a Monarch.’107 De la Court’s reason of state argumentation that included the importance of trade and the dangers of monarchical rule was already put forth by English authors during the 1650s. In polities in which commerce thrived, authors began increasingly addressing commercial structures within their interest of state argumentations, especially, such as in England, the Republic of Venice, the Swiss Confederacy and the United Provinces.108 Moreover, authors used such an interest analysis not primarily regarding ‘foreign’ policy but also concerning internal power conflicts. Rohan’s De l’Interest served as the basis for many reason of state argumentations in English writexisting – in monarchies that combined the advantages of monarchy with those of polyarchy, in particular for polities considerably larger than a city or small province. (…) Even the sharpest critiques of a given king, or even of the institution of kingship in any one particular context, often remained prepared to agree that in a different context another king might be perfectly adequate.’ Idem, S. 3 – 4. 106 V. D. H., Interest van Holland, S. 171 – 172. 107 V. D. H., Interest van Holland, S. 176 – 177. 108 Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen, S. 151. Besides commercial authors also began stressing scientific interests to outline a certain course in foreign policy according to Schilling.
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ings from the end of the 1640s onwards.109 In 1659 Interest will not lie. Or, a View of Englands True Interest110 Marchamont Nedham examined the specific ‘interests’ of the different ‘domestic’ power group as the royalists, parliament and the army and concluded that in ‘the Interest of every Party (except only the Papist) to keep him out.’ By ‘him’, Nedham referred to Charles, the son of the late King Charles I, whose exile in France was questioned in England in the late 1650s. Nedham’s writings, and likewise De la Court’s, can be placed in the broader context of crises of European monarchy in the 1640s and 1650s. In this period, internal rebellions against the respective ruler(s) raged in different parts of Europe, as the Fronde, the English Civil War, the Portuguese Restoration War and the failed coup d’état of Stadholder William II against Amsterdam. These crises revolved around certain princely politics of heavy taxation, and/or sale of offices to finance the participation in the costly European war race. These produced debates about the legitimacy of such politics and often evolved into discussions about the nature of monarchical rule.111 Both De la Court 109
Read for the English reception of Rohan by royalists and adherents alike J. A. W. Gunn’s and R. Walter’s articles about the use of ‘interest’ argumentation ‘by both sides’ in the Civil War, as in Marchamont Nedham’s writings. Gunn wrote: ‘In the decade following the execution of Charles I, there were many indications that “interest” had assumed a large place in the language of politics.’ J. A. W. Gunn, “Interest will not lie”, A seventeenth-Century Political Maxim’, in Journal of the History of Ideas 29:4 (Oct.–Dec. 1968) S. 551 – 564, 556; Ryan Walter also underlines the essential influence of Rohan’s writings for English authors since the publication of the English translation in 1641. Walter researched the use of ‘interest’ in the debates over the alliance England had formed with France against the Dutch in the ThirdAnglo Dutch War of 1672 – 1674. Authors increasingly integrated in this use the importance of trade. R. Walter, ‘The Analysis of Interest and the History of Economic thought’, in Parergon 28:2, 2011, 129 – 147; S. Pincus, ‘Neither Machiavellian Moment nor Possessive Individualism: Commercial Society and the Defenders of the English Commonwealth’, in The American Historical Review 103: 3 (June 1998), S. 705 – 736. 110 Marchamont Nedham, Interest will not lie. Or, a View of Englands True Interest in reference to Papist, Royalist, Presbyterian, Baptised, Neuter, Army, Parliament, City of Londen. In refutation of a treasonable Pamphlet, entituled, The Interest of England stated. Wherein the author of it pretends to discover a way, how to satisfie all Parties before-mentioned, and provide for the Publick Good, by calling in the Son of the late King, etc. Against whom it is here proved, That it is really the Interest of every party (except of the Papist) to keep him out: And whatever hath been objected by Mr. William Pryn, or other Malcontents, in order to the restoring of that Family, or against the legality of this Parliament’s fitting, is here answer’d by arguments drawn from Mr Baxter’s late Book called A Holy Commonwealth, for the satisfaction of them of the Presbyterian way: and from Writings of the most learned Royalists, to convince those of the Royal Party, London 1659. 111 To outline Nedham’s context, Blair Worden writes: ‘Since 1640s an epidemic of revolutions, from Portugal to Sweden, had produced a crisis of monarchy, in which contemporaries (Harrington among them) saw the hand of God.’ B. Worden, ‘Marchamont Nedham and the Beginnings of English Republicanism’, in: David Wootton (ed.), Republicanism, Liberty, and Commercial Society, Stanford 1994, S. 45 – 81, 72. This epidemic receded in 1656. Worden refers to Nedhams’s newpaper Mercurius Politicus, where he warned for the overthrow of the tyrannies ‘abroad’, following the English overthrow of the monarchy in the 1650s-editions. In 1651, Nedham even supported a union between England and the Dutch Republic, since they now were freed from their previous monarchical governments, but also since especially the United Provinces, they were vulnerable to attacks of the ever jealous foreign monarchies.
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and Nedham are primarily seen as ‘republican’ authors, although Nedham changed ‘parties’ regularly to his own advantage during the Civil War and the Restoration.112 One of Nedham’s important sources was Rohan’s De l’Interest, which entailed an interest analysis in favour of a strong French monarchical rule to survive in the competitive European society of princes.113 Interestingly, Nedham’s focus on the commercial elements in his interest analysis (London’s trade had provided the support of the forces against Charles I) and his proclamation of sustaining the exclusion of a Stuart king for the Commonwealth are mirrored in De la Court’s Interest van Holland.114 Under pressure of the Orangist revival of 1660 and 1661 and the subsequent danger of the reestablishment of an Orange-stadholderate, Pieter de la Court stated that the greatest danger for rights, properties and religion of the people of Holland was the House of Orange. He safeguarded his aspirations to a regent urban office and simultaneously criticised specific regent policies, condemned the influence of
B. Worden, ‘Marchamont Nedham and the Beginnings of English Republicanism’, S. 71 – 74, 80; Robert von Friedeburg points to a widespread recognition amongst historians of ‘a curious intensification of civil wars and internal conflicts in Europe’s monarchies during the 1620s and 1650s’. von Friedeburg, ‘How “new” is the “New Monarchy”?’, S. 1; G. Parker / L. Smith, The General Crisis of the Seventeenth Century second edition (Routledge; London 1997); On textbook level, Nicolas Henshall shows that after the perceived crisis by contemporaries in the 1640s and 1650s, western Europe ‘recovered’ and entered ‘the Zenith of European monarchy and its elites’ up to 1750. N. Henshall, The Zenith of European Monarchy and its Elites. Politics of Culture, 1650 – 1750, Basingstoke 2010. 112 P. A. Rahe, Against Throne and Altar Machiavelli and Political Theory Under the English Republic, Cambridge 2008, S. 185, for more detailed information see his three chapters on Marchamont Nedham, S. 179 – 244; Worden, ‘Marchamont Nedham and the Beginnings of English Republicanism’, S. 60. 113 Contemporaries closely identified Nedham’s use of ‘reason of state’ with Rohan’s writings. ‘He was in 1647 already known as the ‘chief “interest-mongers” in the land’, writes Gunn, “Interest will not lie”, S. 555; However, Nedham ‘brazenly championed raison d’état as preached by the duc de Rohan, arguing that it is material interest, not justice, honour, or religion that makes the world go round.’ Rahe, Against Throne and Altar, S. 181 – 182. 114 The fact that Nedham went into exile in Holland after the restoration of Charles II from April 1660 until September 1660 could even suggest a possible link between both authors. Unlike many other Dutchmen, De la Court could read English since he visited England during his Grand Tour and he was acquainted with English writings. Nevertheless, Weststeijn claims that De la Court ‘did not look westwards for any major inspiration.’ By comparing writings on ‘republicanism’ in England and the United Provinces between 1650 and 1670, Weststeijn argues that De la Court radically differed from English ‘republican writings’ because De la Court categorically rejected any monarchical element in the mixed constitution and defended a republican self-contained city-state instead of a centralized monarchical republic, as Harrington. A. Weststeijn, ‘Why the Dutch Didn’t Read Harrington: Anglo-Dutch Republican Exchanges, c. 1650 – 1670’, in Gaby Mahlberg / Dirk Wiemann (eds.), European Contexts for English Republicanism, Ashgate, 2013, S. 105 – 120. Although Weststeijn acknowledges that Nedham’s 1656 “Commonwealth-Principles” show many similarities to the thought of the De la Court’s, he pays no attention to the eye-catching similarities between Nedham’s Interest will not lie. Or, a View of Englands True Interest and De la Court’s Interest van Holland. Weststeijn, Commercial republicanism, 200.
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the clergy in political matters, emphasised the commercial foundations of Holland’s splendour and exclaimed the horror of princely, money slurping war politics. II. Petrus Valkenier and ‘t Verwerd Europa (1675): anti-French reason of state and rule of law As an eyewitness of the so-called Year of Disaster in 1672, Petrus Valkenier had seen the powerful Dutch Republic succumb under the invading mighty armies of Louis XIV and his allies. The coastal provinces including Holland were not conquered, but within their cities massive riots broke out. These disastrous events prompted the breakdown of the stadholderless regime (1650 – 1672). Prince William III of Orange was appointed stadholder and captain general; the House of OrangeNassau as officeholders of the stadholderate was restored. The Grand Pensionary of Holland, Johan de Witt, who was generally regarded as the leading symbol of the stadholderless regime, and his brother Cornelis were brutally slaughtered by an angry mob in The Hague.115 In ‘t Verwerd Europa, Valkenier accused De la Court of attacking with malicious intent the good name and reputation of the princes of Orange and serving as a publicist of Johan de Witt.116 De Witt’s regime was to blame for the quick downfall of the mighty Dutch Republic in the disastrous year of 1672, according to the Amsterdam lawyer. Valkenier intervened in 1675 in the ‘domestic’ debates about the position of the stadholder in the constitutional framework of the United Provinces, in combination with the ‘external’ discussions about the chaotic European power constellation in which the powers of monarchies rapidly grew or fell. To understand and explain ‘the unheard Changes in Europe, and the strange Revolutions which happened in our United Provinces in our times’117 he drew heavily on the terminology of ‘reason of state’, borrowed from different authors such as De la Court and Rohan. In contrast to De la Court, Valkenier pleaded for a shared sovereignty by the unified seven provinces, a balancing position of the Orange-stadholder within the Dutch constitutional union and the supreme military command of the prince of Orange. However, he also underlined the primary importance of the commerce for the interest of the Dutch Re115
J. Israel, The Dutch Republic, S. 796 – 806. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 236. On this page, Valkenier referred to the re-edition of Interest van Holland, entitled Aanwysing der heilsame politike Gronden en Maximen van de Republike van Holland en West-Vriesland (Leiden 1669), which embodied a rearrangement of the chapters, some up-to-date information and a new preface. In this re-edition, De la Court excused himself for the controversial contents of Interest of Holland for which the printers were to blame. Nevertheless, Aanwysing also received sharp criticism by the Church authorities and consequently was prohibited by the States of Holland. Weststeijn, Commercial Republicanism, S. 61 – 62; Valkenier mentions De la Court and his writings on pages S. 236 – 237, 246, 249 and 669; Jill Stern remarks that the ‘contrast [of ‘t Verwerd Europa, MK] with the Interest van Holland was deliberate.’ J. Stern, Orangism in the Dutch Republic in Word and Image, 1650 – 1675 (Manchester University Press; Manchester & New York 2010), S. 102. 117 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, aan den leser. 116
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public. Valkenier argued along the same lines as De la Court, without coming to De la Court’s conclusion that ‘Holland’ was better off without a stadholder. For his explanation of the political crises in Europe and the impressive but dangerous rise of the French monarchy, Valkenier relied on diverse sources, of which Rohan De l’Interest was fundamental for his argumentation. Valkenier literally copied whole passages from Rohan’s De l’Interest and imitated Rohan’s analysis of the interests of the different European ‘states’.118 Valkenier referred to Rohan’s wisdom and experience as a military officer: ‘Of this Interest a certain very wise and experienced military officer attempted to say; that it rules over the Princes, alike they over her Subjects; And how much higher a Prince is above her, so much greater becomes the knowledge of State demanded of him [the prince, MK], as of all his other issues. A Prince can be deceived, and his councillors can be misguided, the true Interest can never deceive or be false; because as much as the Interest is wrongly observed, so much will the State decrease or increase.’119 In Valkenier’s book however, the French monarchy had never been the true defender of the liberty of Europe and had even become its greatest enemy in recent years. Petrus Valkenier was one of the first authors who tried to give a ‘political and historical account of the true fundaments and causes of the wars and revolutions in Europe predominantly in and around the Netherlands since 1664.’120 Valkenier claimed that ‘t Verwerd Europa filled the void in Dutch historical literature about the contemporary complex European power constellation with its rapidly shifting power structures, because people could ‘only read the few Historical Stories, which up to now have seen the light of day in the German and French language.’121 After its publication 118 Valkenier copied especially Rohan’s passages describing the interests of France and Spain and the comparison between the Swiss Confederacy and the united Provinces. Valkenier added the interests of ‘Great Brittany’ (England and Scotland, S. 90 – 93), ‘Portugal’(S. 96), ‘Moscow’ (S. 99 – 101) and the ‘Turkish Empire’ (S. 101 – 105) and discussed in more detail the interests of France, the United Provinces, Poland, Hungary, Denmark and Sweden. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 24 – 75 (French interest), S. 75 – 79 (Spanish interest), S. 105 – 106 (Swiss interest), S. 107 – 129 (Dutch interest). 119 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 24. ‘Van dit Interest pleeg seeker seer wijs en ervaren Veld-Oversten te seggen; dat het regeert over de Princen, gelijk die over hare Onderdanen; En hoe veel hooger een Prins boven haar is, so veel grooter kennis van Staat word in hem vereyst, als van al sijne andere saaken. Kan een Prins altemet bedrogen, en sijne Raads-luyden verleyt warden, het waare Interest kan noyt missen of bedriegen; want voor so veel het Interest wel of qualijk word waargenomen, voor so veel neemt den Staat daar door af of aan.’ 120 This is a section of the title of his book. Petrus Valkenier, ‘t Verwerd Europa ofte politieke en historische beschrijvinge der waare fundamenten en oorzaken van de oorlogen en revolutien in Europa voornamentlijk in en omtrent de Nederlanden zedert 1664, Amsterdam 1675, [The confused Europe or the political and historical account of the true fundaments and causes of the wars en revolutions in Europe, primarily in and nearby the Netherlands since 1664); the year 1664 refers to the start of Louis’ ‘designs to establish a universal monarchy’ via the destruction of the United Provinces. Therefore Louis incited war between England and the United Provinces according to Valkenier. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 137 – 138. 121 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, Aan den Leser. He definitely referred to the imperial diplomat F.-P. de Lisola’s Bouclier d’Estat et de Justice contre le dessein manifestement
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in 1675, it became an immediate success and a reprint was published in that same year. A German translation was published in 1677.122 In the course of the eighteenth century Valkenier’s writing obtained a negative reputation, especially regarding its third part that dealt with the chronological events after the French invasion in 1672. Many historians considered his historical description of the Year of Disaster as extremely biased and in recent historiographical research about 1672 Valkenier is written off as a subjective historian.123 Due to these charges Valkenier’s political thought in the first two parts of his book has fallen into a historiographical oblivion. Historiography on Valkenier’s book is scarce, but revolves around three intertwined themes: his defence of the House of Orange, his alleged ‘republicanism’ (or his ‘Orange-Republicanism’)124 and his staunch advocacy of anti-French policy combined with his diplomatic actions for the protection of the protestant faith125. His reason of découvert de la Monarchie Universelle, sous le vain prétexte des prétentions de la reyne de France (1667). Valkenier mentioned Lisola by name: Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 68, 71. Regarding pamphlet literature about Louis XIV’s War oft he Reunions in the Holy Roman Empire, see Martin Wrede, Das Reich und seine Feinde. Politische Feindbilder in der reichspatriotischen Publizistik zwischen Westfälischem Frieden und Siebenjährigem Krieg, Mainz 2004. 122 Das verwirrte Europe: oder, politische und historische Beschreibung der in Europa, fürnehmlich in dem Vereinigten Niederlande, und in dessen Nachbarschaft, seither dem Jahre 1664 entstandenen, und durch die gesuchte allgemeine Monarchie der Frantzosen, verursachten blutigen Kriege, und leidigen Empörungen, nebenst den authenticquen Copeyen der Briefe und gewissen Berichten (Amsterdam 1677). In his preface Valkenier wrote that he set out to treat the events of 1672 up to 1675 but that people pressured him to publish his writings. A strong need existed for a systematic analysis of the causes of the Year of Disaster according to Valkenier. He promised the reader that a second edition about the events of 1673 and 1674 was already sent to the printer, but as a matter of fact it was never published; in 1676 he received a diplomatic position in Frankfurt. His secretary Andreas Müller fulfilled Valkenier’s promise and published two folio editions in 1680 and 1683. M. Bokhorst, Nederlands-Zwitserse betrekkingen voor en na 1700 (Amsterdam 1930) S. 3. 123 The Dutch historian Petrus Johannes Blok (1855 – 1929) judged Valkenier’s writing as ‘without any literary value and obviously characterised by his intention to present the statecraft of William III in the most positive manner.’ P. J. Blok, Geschiedenis van het Nederlandsche volk. Deel 3, Leiden 1925, third revised edition) 708; Mathijs Bokhorst called the work ‘a large pamphlet’ that contained to main themes: ‘Orange-love and French-animosity’. Bokhorst, Nederlands-Zwitserse betrekkingen, 31, 1; D.J. Roorda described Valkenier as not being objective and accused him of deliberately withholding information in favour of the Orange-Faction. D. J. Roorda, Partij en factie, Groningen 1978, S. 12 – 14. 124 T. Maissen, ‘Petrus Valkeniers republikanische Sendung: die niederländische Prägung des neuzeitlichen schweizerischen Staatsverständnisses’, in Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 48:2 (1998), S. 149 – 176; Israel, The Dutch Republic, S. 674, 786; Stern, Orangism in the Dutch Republic in Word and Image, 1650 – 1675, S. 21, 102, 113, 151 – 152. 125 After the publication of ‘t Verwerd Europa, Valkenier was given a diplomatic post in Frankfurt (1676 – 1783), followed up by diplomatic offices in Regensburg (1683 – 1690) and Zürich (1690 – 1704). Valkenier’s stay in Zürich is extensively researched by Matthijs Bokhorst with detailed accounts on Valkenier’s successful recruitments of Swiss soldiers for the Dutch Republic. Bokhorst, Nederlands-Zwitserse betrekkingen. His diplomatic activities in the Swiss confederacy have also been researched in light of a comparison between the two contemporary republics. A. Holenstein / T. Maissen / M. Prak (eds.), The Republican Alter-
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state argumentation has hardly been researched.126 Friedrich Meinecke, however, paid exclusive attention to Valkeniers ‘Lehre von den Interessen der Staaten’ in a short article. Meinecke praised Valkenier for expanding Rohan’s European interest analysis, for theorising ‘interest of state’ and for constraining it by legal claims and ethics, but he thought his reason of state argumentation to be rather unoriginal; ‘Man erwarte von dem patriotischen Holländer nicht sehr tiefe und auch nicht sehr originelle Gedanken. Er kämpfte pro aris et focis gegen einen flagranten Exzess brutaler Interessenpolitik, und sein Buch zeichnete sich, wie so manches Erzeugnis moderner Kriegsliteratur, mehr durch eindringliches Pathos und Wärme der Empfindung als durch eine rein aus Erkennen gerichtete Gedankenschärfe aus.’127 However, ‘t Verwerd Europa was no faint replica. Valkenier was perhaps no great original thinker, but by collecting different arguments from diverse sources and (re-)using reason of state argumentation he set out on a new path, towards rule of law. native: The Netherlands and Switzerland Compared, Amsterdam 2009. Moreover, a volume is published regarding Valkenier’s commitment to the fate of the Waldensians persecuted by France from 1698 to 1701. A. de Lange / Gerhard Schwinge (eds.), Pieter Valkenier und das Schicksal der Waldenser um 1700, Heidelberg/Ubstadt-Weiher/Basel 2004; For information about Valkenier’s life see A. Jakob van der Aa, Biografisch woordenboek der Nederlanden, Haarlem 1852 – 1878, XIX, S. 21; C. von Honingen-Huene, Beiträge zur Geschichte der Beziehungen zwischen der Schweiz und Holland im XVII. Jahrhundert (Berlijn 1899) S. 125 – 195; Bokhorst, Nederlands-Zwitserse betrekkingen; Otto Schutte, repertorium der Nederlandse vertegenwoordigers residerende in het buitenland 1584 – 1810, Den Haag 1976, S. 152 (nr.100); E. O. G. Haitsma Mulier en G. A. C. van der Lem, Petrus Valkenier, in ‘Repertorium van geschiedschrijvers in Nederland’, Den Haag 1990, S. 414 – 415; A. de Lange, ‘Petrus Valkenier. Ein Überblick über sein Leben und Werk’, in Albert de Lange and Gerhard Schwinge (eds.), Pieter Valkenier und das Schicksal der Waldenser um 1700, Heidelberg/ Ubstadt-Weiher/Basel 2004, S. 61 – 107. 126 Hans W. Blom and to a lesser extent E. O. G. Haitsma Mulier and J. C. Boogman have discussed Valkenier’s use of the terminology of ‘reason of state’. H. W. Blom, Morality and Causality in Politics. The Rise of Naturalism in Dutch Seventeenth-Century Political Thought (Rotterdam 1995), S. 162 – 166, 181. Blom writes that Valkenier’s preference for the stadholder-system (…) ‘is but a tame affair compared with the reason of state-based arguments for absolute monarchy’. Blom sees in De la Court’s use of the terminology the only relevant contribution to the doctrine in the sense of the formulation of reason of state doctrine within the Dutch debate, which led to a positive republican interest of state theory. Blom, Morality and Causality in Politics, S. 162, 165 – 169; H. Mulier, Die politisch-historischen Ideen von Petrus Valkenier, in: A. de Lange / G. Schwinge (eds.), Pieter Valkenier und das Schicksal der Waldenser um 1700, Bretten 2004, S. 109 – 122; Boogman, ‘De raison d’état-politicus Johan de Witt’, S. 383, 389; in Meinecke’s Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte Valkenier’s reason of state employment was addressed in a footnote. Meinecke, The Doctrine of Raison d’État, S. 230 – 231 footnote 5. Nevertheless in a short article published in 1928, Meinecke gave Valkenier’s ‘interessenleer der staten’ his full attention. Meinecke criticised Valkenier for copying entire passages from Rohan’s De l’Interest. Moreover, Meinecke pointed to Lisola’s Bouclier (1667) as an earlier and far better description of the nature and political actions of the French monarchy. However he found Valkenier’s tendency to discuss economic factors interesting Meinecke, ‘Petrus Valckeniers Lehre von dem Interesse der Staaten’, in Aus Politik und Geschichte. Gedächtnisschrift für Georg von Below, Berlin 1928, S. 146 – 155. 127 Meinecke, ‘Petrus Valckeniers Lehre von dem Interesse der Staaten’, S. 147.
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‘t Verwerd Europa resulted from the experience of the threat to the rule of law within the context of increasing European warfare. Valkenier tried to reconceptualise civil order in his writings on the interests of the different European rulers and their lands. In his preface, Valkenier turned to his readers and stated that without properly investigating the histories of the ‘unheard Changes in Europe, and the strange Revolutions in our United Netherland that happened in these days, which we already have experienced, are still experiencing, and God knows when eventually would had experienced, will find no credit with the Posterity, as the Poems of the old Poets, and the contemporary Novels.’ He asked them ‘who would believe, that most Potentates of Europe, in her extreme danger, by murder-trumpets barely could have awoken from her slumber-illness and improvidence, wherein they laid as drowned? Yes that some could have hasten her own downfall, that a Frenchman could have confused whole Europe and by his money, trickery and violence has banned all uprightness and sincerity at almost every Court; that a Nation, which of the time round 2. Thousand years, by her valiant and incomparable bravery rose to heaven, and became magnificent for the entire world, within 50 days could have lost more, than she with the highest praise had gained in 80. years by sword’.128 Throughout his book, Valkenier underlined that within the chaos of the European war race, monarchies and republics rose and fell, and the rule of law was constantly under threat. He reflected upon the substantial (negative) effects of the rise of the ‘new monarchy’ of France for the privileges, possessions and protection of the faith of its inhabitants and for the rest of Europe. He recognised the correlation between internal conflicts and external political affairs. Valkenier spoke of ‘interests’ of the different dynastic agglomerates leading the politics of rulers in relation with other rulers as well as in relation with their various lands. Europe consisted of different lands with their own specific interests, pursued by the respective rulers. Valkenier accounted for his use of the ‘dangerous’ interest argumentation since he knew that ‘now the whole of Christendom is torn by ruinous Factions, and since here many Arcana Dominationis or Cabinet-Secreeten are discovered, which so difficultly, and with such danger often were investigated, as well as they were carefully entangled and concealed’.129 Besides, Valkenier felt obliged to defend ‘as a Miles Togatus the Honour of our and other nations (…) by Pen against the superb French and other Envious [men]’.130 In order to explain the ‘confused state of Europe’ and in particular the United Provinces in the beginning of the 1670s, he divided his book into three parts. His first part consisted of his interest of state analysis of every European ruler and his lands. The second part dealt with ‘the French Designs, Maxims, Schemes at all the Courts of Christendom, her State, Advantage, Wealth, Procedures and War preparations against the Netherlands; as well as the Constitution, Alliances and War prep-
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Valkenier, ‘t Verwerd Europa, Aan den Leser. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, Aan den Leser. 130 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, Aan den Leser. 129
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arations of the United Provinces.’131 In the latter the two antagonists of Valkenier’s story were presented: the French monarchy and the stadholderless regime of Johan de Witt. The last part entailed a chronological description of the war actions by all the belligerents in 1672 and the civil uprisings in the cities of the uninvaded provinces of Zeeland and Holland. Nonetheless, he also described the war between the Ottoman Empire and the Polish-Lithuanian Commonwealth over parts of contemporary Ukraine (1672 – 1676) and the Second Genoese-Savoyard War (1672 – 1673). They functioned as other examples of French scheming to bring down European governments and risking the Christian religion and the lives and possessions of the respective subjects in the year of 1672.132 The framework of Valkenier’s first part of ‘t Verwerd Europa is made up by his deliberations on interest of state. Interest of state should be the objective of every ruler to maintain and to expand his status.133 The author stated that ‘Interest of every State’ was called by ‘the contemporary politiques Ratio Status, the old Ius Dominationis & Arcana Imperii, the Italians Ragione di Stato and the French Raison d’Estat’.134 Valkenier asserted that the maintenance of every ‘State’ against external as well as internal injustice and violence was based on the law of nature. Every method (violent or gentle) to achieve this end was legitimate. He referred to Cicero who ‘said, that the wise men learn by reason, the unwise by necessity, the Peoples by Custom, and the wild beasts by passion and lust of her nature’.135 The augmentation of a ‘State’ was only rightful when the legitimate means were used and no injustice was used in depriving the state of another ruler. According to the author, ‘legitimate and true interest of state’ could be attained by a correct examination and use of the five ‘common and true state maxims’, or the five ‘pillars of every political state’: religion, law, polity, army and finances. Valkenier claimed that every polity depended on the use of the army and finances to maintain its religion and laws. Moreover, true interest of state was restricted by four conditions: protection of religion, faithfulness to alliances, honesty, and impeccable benevolent administration of justice. Valkenier wrote that Interest of state excels all ‘Civil, Public and Fundamental laws’ when ‘the well-being of the State demands such’, because ‘necessity knows no laws.’136 Nevertheless, Valkenier and so many other commentators on reason of state did not wish to abandon all rules regulating civil order, but rather to discuss the ends and scope of responsibilities belonging to ruler(s) under such circumstances. 131
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, title page. These latter politico-societal consequences concerning the Polish-Ottoman War Valkenier described on page 869 of ‘t Verwerd Europa. 133 Valkenier argued that the ‘state’ could be maintained against foreign and internal enemies and only expand according to the accepted means instead of taking away other states unrightfully. ‘State’ must be interpreted herby as a rule by persons. Valkenier,‘t Verwerd Europa, 1. 134 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 24. 135 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 2. 136 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 1 – 25. 132
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The intellectual historian Conal Condren writes regarding attempts of justifying reason of state that ‘(…)the personae occupying any office, as a sanctioned realm of responsibility, might claim a “reason” for it in order to justify questioned conduct. That is, an office carried with it a justifiable latitude for its own maintenance.’137 He points out the fundamental position of casuistic reasoning within reason of state arguments, referring to the common topos of reason of state: ‘abnormality of circumstance’. This led to a mode of reasoning in which political actions, that at first seem to abandon ethical rules and general laws, could imply a moral imperative under certain abnormal circumstances, such as necessity.138 Consequently, reason of state had a highly ambiguous nature in discussing the scope of responsibilities within specific contexts. Condren believes that to understand reason of state properly, historians have to dissect this casuistic reasoning in relation with accounts of unacceptable reason of state. Many authors made a distinction between a ‘true, good’ and a ‘devilish, bad’ reason of state. A good type was mostly defined as serving the common good and virtuous rule, but, as Condren argues, it was based on ‘tenuous and highly fragmented’ evidence. Whereas authors usually defined a bad reason of state in ‘detailed, graphic and unreliable’ terms of a ruler following his own private interests that led to the destruction of the common good.139 According to Condren, authors writing about ‘bad’ reason of state were actually speaking of office abuse, e. g. tyranny, or the fear thereof. Expressing a bad reason of state was ‘a means of mobilisation and encouragement in times of deep division’.140 Reason of state argumentation could (de-)legitimise certain acts of officeholders by appealing to the moral duties belonging to their offices. By the aforementioned five pillars and four conditions Valkenier constructed a justifiable realm in which interest of state ought to be interpreted and pursued. ‘Religion’ was the primary pillar and condition of interest of state according to Valkenier. The reformed lawyer divided religion into an ‘outer’ and an ‘inner’ religion. The first resided in the soul of mankind and was shared by all peoples according to the law of nature. The latter consisted of the different confessions, or ‘customs’ of religion, written down in different holy texts.141 Valkenier claimed that the ‘inner religion’ pre-
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Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’, S. 13 – 14. Condren refers to Lipsius’ examples of ‘the abnormality of circumstances’, which claimed different levels of ‘dutiful’ deceit for a prince. Condren also illustrates the moral imperative of the necessity-topos in pointing to the virtues of a midwife’s office when baptising a child in case of a perilous birth and absency of the priest. Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’, S. 14, 15. 139 Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’, S. 16. 140 Condren, ‘Reason of state and sovereignty in Early Modern England’, S. 13 – 17. 141 Valkenier divided the outer religion into four religions. Firstly, he described pagan religions in Lapland, India, Chine, Japan, America and Africa. The Indians practiced their beliefs by the spiritual words, written down in the Vedan. Secondly, he described the Jewish faith that was scattered over Europe and repressed by so many governments according to Valkenier. Thirdly, he treated the Christian faith, which was spread over Europe and splintered into many different forms of religions. The Christian’s holy texts consisted of the Old and new 138
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dominated ‘interest of state’: ‘How higher the Interest of State excelled all Human Laws, the more it is subjected to the Divine Laws.’142 Piety and serving God was the fundament of every virtue, as well as every form of rule and government. The virtue of justice was a result of the inner religion and could never be neglected when pursuing the interest of state. Regarding the many different ‘outer religions’, Valkenier asked himself whether it was preferable for a government to maintain one main religion or freedom of some or all religions. Holland and the Ottoman Empire maintained a relative freedom of religion according to the reformed lawyer. In Holland the catholic faith was tolerated and other religions enjoyed relative freedom of conscience, which led to great commercial welfare. He called the province of Holland: ‘the Inn of all sorts of Refugees’.143 The Ottoman Empire greatly profited by the Jewish refugees who were persecuted in by European rulers, but could practice their faith in relative freedom in the Empire.144 However, the reformed religion was the pillar on which civil order rested in the United Provinces and should be maintained as the main religion. He concluded that, though it was preferable for a government to maintain one main religion for preventing religious divisions in society, to repress religious factions violently led to civil wars and other unwanted societal disorder, e. g. the Dutch Revolt against Habsburgs-Spain. In contrast, diversity of religion and a relative freedom of religion led to prosperity. Valkenier ended his description of religion as a necessary pillar for government and civil order by fiercely criticising the political influence some clergymen had at European courts. He warned rulers not to be seduced by ‘Supersitition of Religion’ for it would lead to ‘the ruin of the State’.145 He wrote: ‘It is highly to complain, that at many Courts such War-Priests still find so much hearing and praise, after they ought to be learned by so many sad examples, which yes even, partly still in our memories have happened. Have not by the Machines of Clergymen, by pretext of Religion, Crown-baring-Heads, Born Princes, and so many infinite High Lawful Regents fallen down by a cruel death? Often very heavy and bloody Wars originated? Lands, Cities, Peoples, and States ruined?’146 Every pillar and condition of interest of state referred directly or indirectly to the ‘evil’ practices of the French monarchy. They served as examples of France’s illegitimate exercise of interest of state. For instance, Cardinal Richelieu and Mazarin were Testaments. Finally, Valkenier spoke of the Mohammedan religion that was practised in Asia, Europe, Africa and had its Koran as holy book. 142 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 5. 143 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 7. 144 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 8. 145 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 9. 146 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 9; ‘T’ is ten hoogsten te beklaagen, dat sodaanigc WarGeestelyke in veele Hoven noch so veel gehoor en credit vinden, nademaal die behoorden geleert te zijn door so veele droevige exemplen, die ja selfs, ten deele noch ten tyde van onse geheugenis zijn voorgevallen. Zijn niet door de machinatien der Geestelyken, op pretext van Religie, Kroon-draagen-’.
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Valkenier’s prime examples of War-Priests. The second condition, faithfulness to alliances, played no part in the foreign policy of the French monarchy; ‘But how little this is practised and accomplished, even by the one glorying with her Titles of MostChristian, Protector of Faith and Shepherds of the flock, will we point out in the third part.’147 Valkenier referred to the title of Rex Christianissimus successively accorded to the French Kings by the Papacy since the fourteenth century. The fourth condition and second pillar was ‘Justice’, in terms of universal virtues of justice, the administration of justice by judges and the distribution of justice between government and subjects. Not safeguarding the rule of law resulted in the downfall of governments, as the fall of the republic of Sparta and the City of Corinth showed, according to Valkenier. The core of his justice argument revolved around the abuse of justice, or the abandonment of the rule of law by many contemporary European rulers. Valkenier exclaimed: ‘This is the reason, why Mars is almost the only Arbiter and Mediator of all issues and differences between Kings and Peoples (…) and that Might today is more than Law and Reason, which by themselves are not worthy, (…) So say and dare to write some French politiques, that a Prince must regulate all his actions in his Interest, without regard of any laws or obligations, of which the French so masterly serve her in every occasion.’148 After discussing the five pillars, Valkenier examined the interest of France, by a detailed historical depiction of the rise of the French monarchy, the French politics of establishing a ‘universal monarchy’, and by an outline of the specific characteristics of the French monarchy. He finished the first part of his book with an interest-analysis of the European power structures. When describing the specific interest of each ruler, Valkenier put it into perspective with the French interest. Not surprisingly the interest(s) of every European ruler and regime was/were severely threatened by the French monarchy. Valkenier argued that the Secret Council of the French king, which assembled each morning, effectively controlled the five pillars of the French interest. Except for religion, which was carefully managed by the French clergymen, the other four pillars were represented by the four French minsters residing in the council: ‘Monsieur Tellier for Justice, Pompone for the Polity, Turenne for the Army and Mon-
147 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 12; ‘Maar hoe weynig dit word betracht en naar gekomen , selfs by de gene, dewelke glorieeren met haare Tituls van Alder-Christelijkste, Beschermers des Geloofs en Hoeders der Gemeente, sullen wy by ordre in het derde Deel aanwysen.’ 148 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 14; ‘Dit is de oorsaak, waarom dat Mars byna alleen Arbiter en Mediateur is van alle questien en difterenten tusschen Koningen en Volkeren, gelijk Horatius van Achilles seyt: jura negat sibi nata, nihil non arrogat armis, en dat de Macht hedensdaags meer is als het Recht en Reden , die in haar selfs niets waardig zijn, ’t en zy sy spreeken door de mond van het Canon, welker stemme mede brengt vrees en respect. So seggen en durven schryven eenige Franse Polityken, dat een Prins alle syne actien moet reguleeren na sijn Interest, sonde reguarde van eenige wetten of obligatien, waar van hoe meesterlijk de Franse haar by alle occasien bedienen’.
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sieur Colbert for the Finances.’149 Consequently, their interest of state was perfectly tended by this intimate group of stakeholders. ‘t Verwerd Europa represented the shift in portraying the enemy monarchy from portrayals in terms of the apocalyptic threat, to portrayals by means of a ‘reason of state’-analysis combined with empirical historical research, as seen in Rohan’s De l’Interest. Moreover, Valkenier also represented the seventeenth-century shift in the identification of the aspiring ‘universal monarch’, from Habsburg-Spain to Bourbon-France. Whereas Rohan wrote of the rising monarchy of Habsburg-Spain and their inherent designs to establish a ‘new monarchy’, Valkenier spoke of the extremely rapid rise of the French monarchy and their interest to erect a universal monarchy.150 Valkenier underlined the importance of recent contemporary historical analysis to investigate the ‘interests of states’ of European rulers, but he also drew from the classics by using ancient adagia, ancient historical examples and referring to Roman or Grecian authors particularly Cicero, Plutarch and Aristotle. Valkenier sketched an enemy image of France from which the reader could derive which politics and features constituted ‘bad’ government. The new contender for universal dominion was the French monarchy and its King Louis XIV who threatened Europe with absolute slavery. By means of a historical description of the French monarchy from the time of the Franks to the contemporary period of Louis XIV, Valkenier demonstrated the beginnings of a successful structure to protect and enhance the interest of state by the French monarchy, and subsequently their political goal to establish a ‘universal monarchy.’ In 1460 Louis XI had made French kingship ‘absolute and sovereign’151 and consequently established contemporary France according to Valkenier. Valkenier portrayed Louis XI as a Machiavellian monarch: ‘the shrewdest and quickest of all French kings, whose art of dissimulation and simulation was not inferior to that of the Emperor Tiberius.’152 The author warned the reader that the power of the king seemed to be divided amongst and executed by the church, parliaments and provinces, but in fact the king commanded all. In Val149
Michel Le Tellier, Secretary of State of War (1603 – 1685); Simon Arnauld de Pomponne, Secretary of State of Foreign Affairs (1618 – 1699); Henri de la Tour d’Auvergne, Marshal of France (1611 – 1675); Jean-Baptiste Colbert, Minister of Finances (1619 – 1683). Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 24. 150 Before Valkenier, Lisola had already made this shift in the aspiring universal monarch in his book Bouclier. C.-É. Levillain, ‘The intellectual origins of the Anglo-Dutch Alliance, 1667 – 1677’, in: http://britaix17 – 18.univ-provence.fr/texte-seance5.php, S. 1 – 11, 5; For more information about enemy images of French designs to establish an universal monarchy during Louis XIV’s rule read F. Bosbach, ‘Der französische Erbfeind. Zu einem deutschen Feindbild im Zeitalter Ludwigs XIV‘, in: Bosbach (ed.), Feindbilder. Die Darstellung des Gegners in der politischen Publizistik des Mittelalters und der Neuzeit; Wrede, Das Reich und Seine Feinde; S. Pincus,‘The Making of a Great Power? Universal Monarchy, Political Economy, and the Transformation of English Political Culture’, in The European Legacy: Toward New Paradigms 5:4, S. 531 – 545. 151 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 41. 152 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 40 – 41.
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kenier’s opinion, the warfare politics of the French kings contributed profoundly to the accumulation of lands for the French monarchy, such as Louis XI’s war against Burgundy and Charles VIII’s war against Habsburgs-Spain. The turbulent history of civil wars and regicides in France ended after the successful siege of La Rochelle in 1628. The subsequent restoration of the freedom of conscience for the Huguenots, was marked by Valkenier as the beginning of the French striving towards establishing a universal monarchy. Cardinal Richelieu supported this freedom, for now the French monarchy could concordantly fight in the ongoing war against the House of Habsburg.153 By way of eliminating internal obstacles and pursuing warfare with other rulers, the French regime tried to establish a universal monarchy according to Valkenier. The French regime incited the European rulers to conflicts by means of their skilled and cunning diplomats, backed by financial sponsorships. Moreover, warfare against other rulers created a sense of unity amongst the population, and therefore prevented internal uprisings. Valkenier stated that under the regime of Richelieu the centralisation of the power of the French king started, by taking away privileges, titles and rights of the French nobility and in particular of the protestant nobility. The author underlined the exploitation of the French population by the French monarchs. They collected their wealth by introducing all sorts of taxes, by confiscation of the means of the rich, by resources from the royal domains, fiefs, tenths of all minerals and property rights in different bishop domains.154 Valkenier drew an image of cowardly, calculating and deceitful French people, who behaved as tormentors and schemers at European courts. Promises were not kept, a key characteristic of the French monarchy since the beginning of its existence. As illustration, Valkenier translated a quote of Mazarin: ‘that an honest man must not make himself a slave to his promises.’155 The French concealed their political hidden agenda with fine words and false religious and legal pretexts, which were underpinned by French political philosophers who were on the payroll of the French monarchy. The French regime threatened neighbouring countries by moving about parts of its army alongside the borders without any explanation given. The primary precepts of the French monarchy were the art of ‘Scheming’ and ‘Corruption’, mainly done by cardinals Richelieu and Mazarin, who Valkenier sarcastically called ‘the two holy fathers’ and ‘Warpriests’.156 They corrupted and bribed foreign ministers, magistrates and officers for information and influence in their estate assemblies, and even to betray their own sovereigns. With this strategy the French managed to sabotage the Spanish courts, caused English uprisings and the downfall of the kingdom of Poland.157 153
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 41 – 55. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 55 – 63. 155 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 72. 156 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 68. 157 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 64 – 74. 154
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Besides the depiction of the history of gradual changes of the French state, of contemporary France since the rule of Louis XI and of the striving for an universal monarchy by the French king, Valkenier enumerated the twelve exceptionally successful factors supporting the power of France compared to the rest of Europe. These involved geographical, logistical and demographical factors, which produce prosperity. Two of these factors are remarkable: the undivided lands of the French dynasty and the submissive, slavish nature of the French population. Valkenier recognised the problems of ‘dynastic agglomerates’, especially of the Habsburgs-Spanish monarchy. The geographical unity of French lands made it possible for the king to move troops easily and quickly, and to possess absolute and central power, according to the author. The French population were willing slaves, while the rulers of the Italian city-states and principalities, England, Spain and the Holy Roman empire had to fear their rebellious populations and estates in several cases. Valkenier wrote that the French slavish population willingly paid enormous taxes and carried the burdens of the French politics, as if they were donkeys.158 Furthermore, Valkenier compared Louis XIV with classical rulers such as Darius and Xerxes and portrayed the French as slavish and barbarian subjects exploited by their Machiavellian monarchs, which can be interpreted as despotic references.159 In addition to Valkenier’s depiction of the history and the nature of the French monarchy, Valkenier constructed an enemy image by analysing the specific interests of the different European rulers and the few republics. Valkenier pointed out the specific interest of the French king concerning each ruler. Consequently, he emphasised that France was a hazard for Europe in its entirety. One by one Valkenier described the interests of Spain, the Holy Roman Empire, the Italian areas, England, Sweden, Denmark, Portugal, Poland, Hungary, Russia, the Ottoman Empire, the Old Swiss Confederacy and finally, he analysed the interest of the Dutch Republic in detail. The different interests of the separate European rulers and republics were analysed by means of their contemporary, specific history, their geographical position, their economic situation and their relations with other rulers.160 Valkenier’s first analysed the Habsburg-Spanish monarchy, because according to the author, it shared a similar political goal as France: the establishment of a universal monarchy. Therefore, Valkenier claimed that the interest of Spain would always conflict with the interest of France. As a result, the French monarchy fiercely opposed the Spanish monarchy. Valkenier copied most of Rohan’s writing on the interests of Habsburg-Spain and Bourbon-France. He did not literally copy Rohan’s depiction of the Spanish interest, but he copied the first ‘points’ and presented them in the 158
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 15 – 16. Although he made no use of the term ‘despotic’ but employed the terms ‘absolute’ and ‘tyrannical’ to describe the nature of the French monarchy and its people. For the contemporary tendency on assimilating ‘Despotic’ to ‘tyrannical’ read Mario Turchetti, ‘“Despotism” and “Tyranny” Unmasking a Tenacious Confusion’, in European Journal of Political Theory 7: 159 (2008), S. 159 – 182, especially 169 – 171. 160 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 75 – 129. 159
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same order. Nevertheless, in his description of the Spanish interest, Valkenier copied almost letter for letter a passage from Rohan’s introduction to his account of the French interest.161 The French monarchy simulated the Spanish anti-protestant ‘interest’-politics for establishing a universal monarchy. Furthermore, France surpassed Spain in its illegal diplomatic policies of gathering information about the situations in ‘foreign’ kingdoms, in its deceitful and power-hungry politics during peace negotiations, and in its composition of the monarchy. Spain suffered from the scattered lands of its monarchy, which made it extremely difficult to maintain internal concord. Valkenier pointed out that France already made several attempts to spread discord between the different elites of the Spanish lands and the Spanish monarch. He advised the Spanish monarchy to observe and secure the specific interests of the different Spanish lands. For instance, to protect Napels, Sicily and Sardinia against the French monarchy, Spain should form an alliance with the Vatican and Tuscany. Alliances with the Holy Roman Emperor and the Old Swiss Confederacy were necessary to protect Milan and Burgundy. The scattered composition of the Spanish monarchy was its greatest problem. It prevented Spain from optimally looking after its interests according to Valkenier. The lawyer stated that Habsburg-Spain had weakened itself
161 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 75: ‘So heeft Koning Hendrik de IV. de eerste onder allen recht aangeweesen, hoe dat het Interest van Vrankrijk daar in principalijk berust, dat het in alle poincten Spanjen so direct moet tegen gaan, dat, waar Spanjen Ja, het selve Neen toe moet seggen: Waar uyt dan volgt, dat gelijk de eerste regul van Spanjes Interest altijd voor desen is geweest de Protestanten ten uytersten te vervolgen, sich met haare goederen te verryken, en onder pretext van Religie de Catholyke Staaten met hem doen t’samen spannen, dat Vrankrijk even so in ’t reguarde van Spanjen, altijd voor sijn eerste Regul van Interest heeft gehouden, dat het, aan de eene zijde, aan alle Catholyke Potentaten most toonen, wat quaat onder dien Spaanschen dekmantel verburgen lag, en insonderheyt aan den Paus, hoe sekerlijk dat hij, nevens alle andere Potentaten, een knecht van Spanjen soude moeten werden; als Spanjen door de schatten der Protestanten verrijkt, de Universele Monarchie soude oprechten; En dat het aan de andere zijde den Protestanten in alle voorvallen tegen Spanje moste assisteeren, gelijk Vrankrijk om sijn interest getoont heeft aan de Vereenigde Nederlanden, en de Protestanten in ’t Duytse Rijk.’; Rohan, De l’Interest, S. 170 – 171: ‘Mais cela ne suffisant pas pour traverser les progre`s d’Espagne, l’inte´reˆ t de la France est de prendre tout le contre-pied des maximes que nous venons de vous de´duire. Henri IV, comme celui sur lequel la souplesse de tous ces artifices a e´te´ exerce´e jusques au dernier point, les ayant mieux reconnus qu’aucun autre devant lui pour les avoir plus e´prouve´s, a le premier e´tabli pour le vrai inte´reˆ t de la France de contre-pointer celui d’Espagne en tous ses points. De sorte que si la premie`re maxime de l‘inte´reˆ t d‘Espagne est de perse´cuter les protestants pour s‘accroiˆtre de leurs de´pouilles, la premie`re de celui de France est de fuire comprendre aux catholiques le venin cache´ la`-dessous: surtout de faire voir a` la cour de Rome que les espe´rances qu‘elle lui donne d‘augmenter ses tre´sors par la ruine des protestants n‘est que pour avancer son dessein a` la monarchie ou` elle ne peut parvenir que le pape ne devienne son valet, l‘autorite´ duquel n‘e´clate point davantage que quand la puissance des princes et Etats chre´tiens est balance´e et aux princes et Etats protestants qu’encore qu‘elle soit de diverse religion a` la leur, elle aimerait plutoˆ t leur conversion que leur destruction, les assurant que cela n‘empeˆ chera point qu‘elle ne contribue du sien pour leur conservation et ne les assiste franchement contre tous ceux qui voudront troubler ou changer quelque chose en leurs Etats et en leurs liberte´s’.
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by incorporating certain Italian lands and the Burgundy-Dutch provinces into its monarchy.162 In comparison to his analyses of the interests of the other European rulers, excluding the French monarchy, Valkenier dedicated many pages to the interest of the Dutch Republic. His main objective was to defend the necessity of the stadholderate and to refute the idea of Holland’s provincial sovereignty, that was so ferociously advocated by Pieter de la Court. Valkenier constructed a concept of the political entity of the Dutch Republic as a whole, which was based according to Valkenier on the Union of Utrecht from 1579. Within the Union, the seven different provinces shared the absolute power and majestas, which was carefully balanced by the Stadholder according to Valkenier.163 The first interest of the Republic was to maintain the Union of Utrecht, and to prevent factions and conflicts between the different provinces. The stadholder served as the pivotal neutral mediator in the internal power struggles of the Republic. Valkenier wrote: ‘(…) and therefore required a third and neutral person, is mostly necessary, that they have a Governor or Stadholder, who display him, and to whom they give Power, Authority and Command, in order to calm and to moderate their respective fights and differences, and to avoid all disorder and mobs’.164 These mixed constitution arguments were frequently used to defend the stadholderate by Dutch authors. The second interest consisted of the stimulation and protection of maritime commerce. In order to safeguard this interest, the right of the ‘free seas’ should be protected, while wars should be prevented.165 Valkenier argued for the commercial interest of the Dutch Republic along the same lines as De la Court’s Interest van Holland, although he did not conclude that the House of Orange was the greatest danger for the Dutch provinces. Valkenier emphasized the importance of the stadholder for the Dutch Republic in times of war as well as in times of peace. The wellbeing, in political and economic terms, of the whole Republic depended on the neutral position of the stadholder and the balance of power between the provinces. Valkenier examined the history of the ‘factional government’ in the 1650s and 1660s. Stadholder William II’s siege of Amsterdam was conveniently ignored by Valkenier, but he underlined the necessity of the imprisonment of eight members of the provincial assembly of Holland. These Holland regents had threatened the interest of the Republic by the reduction of army forces and limiting the power of the stadholder severely, according to Valkenier. They had not observed two important pillars of interest of state: army and political form of government (mixed constitution). In Valkenier’s opinion, the Year of Disaster was the result of not acting in the ‘true’ interest of the United Provinces. The powerhungry stadholderless regime of Johan de Witt, supported by publicists such as De la Court, was to blame for the disastrous state of the Dutch Republic under the invading 162
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 75 – 79. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 106. 164 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 108. 165 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 110. 163
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armies of the warlike King Louis XIV.166 Furthermore, Valkenier attacked the confessional politics of the De Witt regime. The regents had suppressed the Reformed religion as main religion of the United Provinces and even subjected it under their political rule. The religious zeal was degenerated in general during the 1650s and 1660s: ‘In summa they became so Libertine and Free-Spirited, that they followed none particular Religion whatsoever’.167 Valkenier wanted to explain what the government of De Witt had done wrong and what the French monarchy had done so well to cause the breakdown of the Dutch Republic in 1672. Whereas Louis XIV and his ministers governed the French interest of state adequately, Johan de Witt and his regents severely neglected the five pillars of the Dutch interest of state. Upholding the rule of law was of uttermost importance and stood in direct opposition to the image of the monarchy of Louis XIVas an extorting despotic rule over his subjects, whose rights, properties and privileges were violated by the crown. In addition, by attacking the aggressive and despotic war politics of Louis XIV168 as well as defending strong land forces under the supreme command of the prince of Orange Valkenier propagated princely war politics under rule of law. Army and finances were the most crucial pillars, as Valkenier argued; ‘The Political Government all not be sufficient, to maintain Religion, and the administration of Justice, unless it uses two necessary and inevitable means, as the Army and Finances, as Julius Caesar always said: (..) That there are two things, by which a state can be established, maintained and expanded, namely: Soldiers and Money, which are Army and Finances.’169 Not only maintaining a strong fleet, as the stadholderless regime had done according to Valkenier, but also strong fortifications, ammunition and disciplined land forces were needed to protect the interest of the United Provinces, i. e. the Union of Utrecht and commerce. Valkenier praised the military successes of the princes of Orange by disciplining the soldiers during the Revolt and suggested that the princes of Orange were the most adequate candidates for commanding the Dutch army. The stadholderless regime’s ‘foreign’ politics of peace and tranquillity failed with regard to the first and second Anglo-Dutch wars (1652 – 1654; 1665 – 1667), the Dano-Swedish War (1658 – 1660) and the French ‘piracies’ on the Dutch Atlantic trade. Awell-organised fleet and land army ought to defend the United Provinces against external threats. Following this argument, Valkenier referred to Cicero’s saying by exclaiming that ‘Finance of money, was the Sinews of War, that by the Late Prince William I was 166
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 112 – 113. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 229; Valkenier discusses the Dutch practice of religion under De Witt-regime on pages 225 to 230. 168 Louis’ war politics is discussed in detail in part two of the book. In part one Valkenier gave four conditions to reason of state, which become clear when reading Valkenier’s depiction of the Louis’ war politics. Valkenier argued that the protection of religion, faithfulness to alliances, honesty, and impeccable benevolent administration of justice were not executed by the French monarchy, though they pursued their true interest (establishing universal monarchy) adequately. 169 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 20. 167
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called the principal Buckle of the Suit of Armour.’170 Valkenier stated that Finances should be promoted in an honest and honourable way; a prince should not squeeze out the means of his subjects and should not administer the resources miserly or lavishly.171 Although Valkenier did not explicitly explain how this should be done, when describing the interest of the Dutch Republic at the end of the first part, he gives the reader an insight: ‘The second point of his Interest is, the continuation of his commerce and trade, which are the most adequate means to expand the state, and to flourish its well-being, Valkenier based the Dutch reason of state on commercial grounds in order to promote a stable and strong military force of the United Provinces to compete with European dynasties.172 Against internal discord, a prince of Orange in the office of stadholder ought to balance the factious political dynamics within the Dutch Republic. Against external enemies, a strong and large army and healthy organisation of war finances should be maintained under the supreme command of the prince of Orange in the office of captain-general. However, compared to the ‘Absolute Monarchic Government’ of France, the princes of Oranges were restricted by the constitutional arrangements of the Union of Utrecht, which he traced back to the times of the Batavians: ‘(..) so is certain, that this Nation, since the times of Civilis, never has been without a Head under the title of a Earl or Prince, who has always remained subject to the Laws, Customs and Sovereign Power of the State.’173 Valkenier propagated the notion of the restraining constitutional function of the Union of Utrecht. He accused the stadholderless Regime of attempting to acquire absolute sovereignty for the province individually, to get full power over ‘the Government of the whole State (which consists of the Freedom of Cities and People, in the representative Sovereignty of the States, in the authority of a Stadholder, and even than in the agreement and constitution of the Union)174. The greatest danger for the Dutch Republic was the rising ‘new universal monarchy’ of France, according to Valkenier, which was already demonstrated by the French invasion of the Republic in 1672. ‘t Verwerd Europa was published in the midst of the Franco-Dutch War in 1675. Surviving the European war- and arms race and sustaining a firm position within the society of princes, the Dutch Republic 170
Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 22. He did not explain this honorable and honest way, but France and the stadholderless regime served as examples of wicked organization of finances. Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 23 – 24. 172 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 108. 173 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 235. For information on the so-called ‘Batavian myth’ read I. Schöffer, ‘The Batavian myth during the sixteenth and seventeenth centuries’, in: J. S. Bromley / E. H. Kossmann, (ed.), Britain and the Netherlands V. Some political mythologies. Papers delivered to the fifth Anglo-Dutch Historical Conference, The Hague 1975, S. 78 – 101; E. O. G. Haitsma Mulier, ‘De Bataafse mythe opnieuw bekeken’, in Bijdragen en Mededelingen betreffende de Geschiedenis der Nederlanden 111 (1996) S. 344 – 367. 174 Valkenier, ‘t Verwerd Europa, S. 234. 171
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(every single province united in the Union) ought to support Stadholder William III in his civil office as well as in his military office as captain-general of the Union’s army. Finances should be properly organised to support large land forces and a strong fleet. While attacking the ‘new monarchy’ of France, Valkenier supported a rather similar monarchical rule for the Dutch Republic, but the main difference was that the latter was constrained by the rule of law. III. Conclusion The early modern war- and arms race produced contemporary commentaries on a diverse range of issues. Authors as Rohan and, by copying arguments from the former Huguenot leader, Valkenier recognised the dynastic rivalry between Valois/Bourbon France and Habsburg-Spain. Furthermore, they underlined the effect this rivalry had on the ‘rest’ of the European rulers almost as sucking the other rulers into their dangerous maelstrom, e. g. during the Thirty Year’ War. Also De la Court divided Europe into two categories of powerful monarchies: the ‘great powers’ of Spain, France as well as England and the less powerful rulers. All three authors underlined the relationship between ‘foreign’ politics and ‘internal’ politics as ‘foreign’ princes could instigate or stimulate upheavals in lands of other rulers and the ‘internal state of affairs’ was dependent on what happened ‘abroad’. Rohan’s and Valkenier’s motives for writing led to an advocacy of, respectively, French and Dutch participation in the European war race, but against different rival monarchies. In the 1630s, the French Huguenot claimed Habsburgs-Spain to be the ‘new monarchy’ that aspired to political hegemony. In the 1670s in the Dutch lawyer’s opinion, the greatest threat for all of Europe was the new aspirant for universal monarchy: the ‘absolute’ French King Louis XIVand his slavish subjects. De la Court set out to diminish the threat of the reestablishment of the prince of Orange as stadholder and captain-general after the Stuart-restoration in England in 1660. Therefore, he argued that the province of Holland ought not to fear any external foes, perhaps only Stuart-England for their dynastic connections with the House of Orange, but the greatest danger for the province was embodied by the princes of Orange, driven by power-hungry self-interests. Especially in the writings of De la Court and Valkenier, a critique arises against princely war politics depraving the subjects of their rights and livelihood and reconfiguring power structures. The importance of a strong army under princely rule for participation in the European war race is underlined by Rohan and to a greater extent by Valkenier. Valkenier goes even further than Rohan to exclaim a proper financial administration of land troops and the fleet, for the Dutch lawyer in line with De la Court’s argumentation, criticised the high tax burdens imposed by princes to finance their personal pursuit of glory in warfare. The recurring theme in the three writings is the fear of the rising ‘new monarchies’ from the European war race, whether it was Habsburg-Spain and/or Bourbon-France, and the fear of what could happen within a polity when by participation in this race a prince’s power increased at the expense of the rights of the old elites. In this light, perhaps De la Court’s and Valke-
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nier’s alleged republicanism ought to be readdressed as fear of these ‘new monarchies’. All three authors employed the terminology of ‘reason of state’ to address this fear and, in Rohan’s and Valkenier’s argumentation, simultaneously with the purpose of defending such princely politics, in the sense of a strong prince leading the military forces and the divided society into the European war race. All three authors formulated allegedly ‘true national interests’ in order to stimulate certain ‘foreign policy’, or in the case of De la Court primarily ‘internal’ policy, which was derived from that specific interest. These proposed ‘policies’ often entailed a defence of certain power groups in society who supposedly supported these policies and sometimes concealed attack on other group’s actions that were described as damaging for the ‘true national interest’. To cover up a critique on certain actions executed by one’s respective regime, as definitely witnessed in the case of Rohan’s book, an author could claim to act as a loyal subject or citizen by defending the ‘true national interest’. These interests were presented in modern historical accounts of the specific nature of the different lands of the ruler (dynastic agglomerates) to demonstrate the diverse ‘interests of states’ that dominated Europe, the dynamics between these ‘interests’ and their consequences for the ‘internal state of affairs’. The nature of the different lands was ‘researched’ in terms of economic, political, geographical, financial, religious and other issues, and from these the ‘true national interest’ was derived. However, and this is crucial, in their employment of ‘reason of state’, the authors were not addressing a ‘state’ as a legal person, as bearer of national interests. It was part of propaganda to persuade certain factions to follow a specific course in politics. This function is also witnessed in the way they defined the ‘national interest’: always in opposition to interests of other regimes. Rohan defined the ‘true interest’ of the French monarchy in its struggle against Habsburg-Spain to claim an anti-Habsburg direct military policy. De la Court constructed an ‘interest of Holland’ to serve as a worthy challenger in his attack on the House of Orange. Valkenier fabricated an ‘interest of the United Provinces’ in opposition to the French monarchy, to rally Dutch support for a massive campaign against Louis XIV and his armies under the command of prince William III of Orange. Rohan, De la Court and Valkenier mirrored their fears of these allegedly rising ‘new monarchies’ in their enemy images of the respective dynasties, and consequently shaped these ‘national interests’. The terminology of ‘reason of state’ entailed, as the historian Höpfl argues, a rather political cynicism, which is to a great extent present in Valkenier’s argumentation. Rohan used the terminology without any disclaimers. De la Court argued that man was driven by self-interest and good government should entail the interests of rulers and rules combined. Although using parts of their arguments, Valkenier emphasised the negative connotations of ‘interest of state’ as, in his opinion, it was used by some to subvert the rule of law, but actually it was part of his reconstruction of the rule of law. In terms of religion all three authors, but to a greater extent De la Court and Valkenier, warned for the political influence of church officials, which most often than not resulted in hazardous division in government and society as a whole. At the same
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time, Valkenier argued for one main religion fostered by the government, that in the case of the United Provinces was the reformed religion. He attacked the libertine and atheistic tendencies that, in his opinion, were stimulated by the stadholderless regime. In addition, Rohan’s ‘reason of state’ argumentation partly consists of a defence for a relative toleration towards the French Protestants. ‘Reason of state’ arguments could defend the emancipation of secular government from the confessional churches, but at the same time could promote a specific confession. Rohan’s ‘reason of state’ arguments and their employment by Valkenier show how a rather similar ‘reason of state’ argumentation could result in totally different outcomes. As a Huguenot ex-military leader in search of military office, Rohan advocated an aggressive military policy for the Bourbon-French monarchy against the Habsburg-Spanish Monarchy, as well as protection of the French Huguenots by the crown. Valkenier used Rohan’s ‘reason of state’ arguments, literally copying his ideas of reason of state and his examinations of the interests of the European ruling dynasties, but came to a completely different proposal: an anti-French belligerent policy for the Dutch Republic, under the supervision of the prince of Orange but within the boundaries of the rule of law. De la Court’s Interest van Holland from 1662 greatly contributed to the Dutch employment of ‘reason of state’ terminology in constitutional debates about the stadholderate and the best course to follow in foreign policy. After the disastrous year of 1672, Valkenier intervened in these debates as a fierce opponent of De la Court’s plea for provincial sovereignty and his justification for the stadholderless regime. However, both authors criticised princely war politics, and offered analyses of the nature of monarchical rule and of the constellation of European power structures. In Interest van Holland the language of ‘interest’ functions as a means to construct a strong antiOrangism, which consists of the notion of princes fundamentally driven by self-interest, the presentation of the province of Holland as single political entity and an interest-analysis of France, Spain and England. For De la Court, history had proven that the combined offices of stadholder and captain-general were instruments in the hands of the Princes of Orange to overthrow constitutional restraints. Moreover, this combination of offices would endanger the safety, belongings and consequently the freedom of the inhabitants of Holland. A decade later, Valkenier constructed a dark French enemy image by analysing the specific interest of the European rulers and their lands and the interaction between these interests. Valkenier exclaimed that the French monarch pursued warfare on a grant scale, took away privileges and rights of the French nobility and exploited its subjects, who willingly carried the burdens of these politics. Whereas these two authors stand on opposite sides in the internal debates concerning the political, by underlining the despotic nature of certain princely war politics, they, though De la Court in a more indirect manner, defended the rule of law. Valkenier, in fact, directly stressed the importance of the government under the rule of law, which ought to be interpreted as an outcome of his dilemma: how to attack the French ‘new monarchy’ of Louis XIV and his war politics while simultaneously defend a somewhat similar princely Orange-rule for the United Provinces.
Hugo Grotius and the Natural Law of Marriage: A Case Study of Harmonizing Confessional Differences in Early Modern Europe By John Witte, Jr. I. Marriage and Confessionalization in the Reformation Era Sex, marriage, and family life were one of the hotly contested issues of the sixteenth-century Protestant Reformation and one of the first institutions to be reformed. The leading Protestant theologians of the sixteenth century – Martin Luther (1483 – 1546) and Philip Melanchthon (1497 – 1560), John Calvin (1509 – 1564) and Martin Bucer (1491 – 1551), Thomas Cranmer (1489 – 1556) and Heinrich Bullinger (1504 – 1575) – all prepared lengthy tracts on the subject in their first years of reform. Scores of leading jurists took up legal questions of marriage in their consilia and commentaries, often working under the direct inspiration of Protestant theology and theologians. Virtually every city and territory on the Continent that converted to the Protestant cause in the first half of the sixteenth century had new marriage laws on the books within a decade after accepting the Reformation. And, in England, it was Henry VIII’s “great marriage affair” with Catherine that prompted the English break with Rome. The Protestant reformers’ early preoccupation with marriage was partly driven by their reaction to the prevailing Catholic sacramental theology and canon law of marriage that had dominated the West for the prior half millennium. The medieval Catholic Church’s jurisdiction over marriage was, for the reformers, a particularly flagrant example of the church’s usurpation of the state’s authority. The Catholic sacramental concept of marriage on which the church predicated its jurisdiction was, for the reformers, a self-serving theological fiction. The canonical prohibition on marriage of clergy and monastics ignored the Bible’s teachings on sexual sin and the Christian vocation as the reformers understood them. The church’s intricate regulations of sexual feelings and practices, even within marriage, were seen a gratuitous insult to God’s remedial gift of marital love for Christian believers and an unnecessary intrusion on private life and Christian conscience. The canon law’s long roll of impediments to engagement and marriage together with its prohibitions against complete divorce and remarriage stood in considerable tension with the Protestant understanding of the natural and biblical right and duty of each fit adult to marry and remarry.
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Many Protestant theological leaders acted on this critique of the Catholic canon law tradition. Most of these early Protestant clergy were ex-priests or ex-monastics who had forsaken their orders and vows, and married shortly thereafter. New Protestant converts followed their examples by marrying, divorcing, and remarrying in open contempt of canon law rules. As Catholic Church courts and their secular counterparts began punishing these canon law offenses with growing severity, Protestant theologians and jurists rose to the defense of their coreligionists – producing a welter of new writings that denounced traditional norms and pronounced a new Protestant gospel of sex, marriage, and family life. Protestant political leaders rapidly translated this new gospel into new civil laws. Taken together, these new Protestant marriage laws (1) shifted marital jurisdiction from the church to the state; (2) abolished monasteries and convents; (3) commended, if not commanded, the marriage of clergy; (4) rejected the sacramentality of marriage and the religious tests and spiritual impediments traditionally imposed on Christian unions; (5) banned secret or private marriages and required the participation of parents, peers, priests, and political officials in the process of marriage formation; (6) sharply curtailed the number of impediments to engagements and marriages that abridged the right to marry or remarry; and (7) introduced fault-based complete divorce with a subsequent right for divorcees to remarry.1 These new family norms became a permanent point of confessional conflict between Catholics and Protestants – particularly after the Council of Trent declared its anathemas on these Protestant reforms in the decree Tametsi of 1563.2 But confessional differences over family norms were also dividing Protestants by this point. Lutherans propounded a social model of marriage that gave principal marital jurisdiction to the state and allowed for quite liberal marital formation and dissolution rules. Calvinists propounded a covenantal model of marriage, with strict former and dissolution rules, and with church and state sharing jurisdiction. Anglicans, despite the early promise of reform, ultimately returned to much of the medieval canon law of sex, marriage, and family life, including the use of church courts in administering its family laws. In the early modern period, when Anglicans, Lutherans, Calvinists, and Catholics were slaughtering and slandering each other with a vengeance, these differences over marriage and family life and its governance were sharp flashpoints of confessional contestation.3 In the seventeenth century and thereafter, a number of Protestant theologians and jurists sought to bridge these confessional differences by building a common natural law account of the main features of marriage and family life that prevailed in all 1 See detailed primary and secondary sources in my From Sacrament to Contract: Marriage, Religion, and Law in the Western Tradition, 2d ed. Louisville, KY 2012. 2 Reprinted in H. J. Schroeder, Councils and Decrees of the Council of Trent, St. Louis 1941, S. 180 ff. 3 See my From Sacrament to Contract (FN 1), chaps. 5 – 7 which set out these three Protestant models of marriage.
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Christian and sometimes non-Christian communities alike. These Protestant natural law theorists used various methods to make their case. Some drew increasingly sophisticated inferences from pair-bonding patterns and reproductive strategies among animals, building on Aristotelian-Thomistic insights. Some uncovered the common forms and norms of marriage that were shared by Jews and Christians, sometimes even by “pagans”, “heathens”, and “exotic” religions from Asia, Africa, and the Americas – all of which they took as evidence of a common natural law at work in the hearts and consciences of all men. Some developed a practical, prudential, and even utilitarian logic of what worked best for husbands and wives, parents and children to exercise and enjoy their natural rights and duties in the household. Orthodox Protestant theologians often decried these efforts, especially as some of their philosophical brethren moved toward ever more exclusive rationalist formulations. But most Protestant natural law theorists on marriage saw their efforts as a complement to, even a confirmation of, the work of the theologians.4 Part of this early modern Protestant natural law theory was its own alternative theological exercise – to show the existence of a common natural theology of marriage that Protestants, Catholics, and Orthodox Christians shared with the many other religions that were being discovered in the new age of world trade, mission, and colonization. Part of it was a philosophical exercise – to prove the existence, if not the truth, of traditional marital forms and norms, much like others sought to prove the existence of God against the growing ranks of skeptics and atheists. Part of it was an historical exercise – to retrieve and reconstruct some of the rational core of marriage and family life developed by classical writers, neo-classical movements being highly fashionable in early modern Protestant universities and intellectual circles. And part of this was a jurisprudential exercise – to create a common law of marriage that would form part of a universal law of nations that could transcend, if not pacify, the many European nations that had become locked in bloody religious warfare. II. Hugo Grotius and the Natural Laws of Marriage and the Family In light of this last point, it is not so surprising that it was Hugo Grotius (1583 – 1645), the so-called “father of international law”, who was among the first to press for a strong natural law of marriage and family life as part of his broader theory of international law. Among legal historians, Grotius is famous for his path-breaking writings on the laws of war and peace and on the laws of prize and the sea which became
4 See generally on early modern Protestant natural law, and the controversies it occasioned within some Protestant circles, L. Lombardi Vallauri / G. Dilcher, eds., Christentum, Säkularisation, und modernes Recht, 2 vols., Baden-Baden 1981; C. Strohm, Calvinismus und Recht: Weltanschauliche-konfessionale im Werk reformierter Juristen in der frühen Neuzeit, Tübingen 2008; D. Van Drunen, Natural Law and the Two Kingdoms: A Study in the Development of Reformed Social Thought, Grand Rapids, MI 2010.
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so critical to the development of modern international law.5 Among church historians, Grotius is infamous for defending his fellow Dutchman, Jacob Arminius, against charges of “Pelagianism”, an act which won him a prison sentence for heresy – and the contempt of Johannes Althusius.6 What is forgotten by some legal historians is that Grotius was also an avid student of the neo-Thomist writings of the Spanish school of Salamanca and that he drew (with ample attribution) many of his cardinal legal ideas directly from such Catholic luminaries as Francisco Vitoria who wrote in the century before him. Indeed, a number of historians now call Vitoria, rather than Grotius, the father of international law.7 What is forgotten by some church historians is that Grotius was a rather distinguished theologian in his own right and not just an amateur layman seduced by free-will liberals. Grotius wrote several commentaries on the New Testament, a learned tract on church-state relations and ecclesiastical law, several pamphlets of Christian devotion, and a richly textured work of Christian apologetics.8 Drawing on diverse Catholic, Protestant, and classical sources, and using the tools of theology, jurisprudence, and natural philosophy alike, Grotius set upon a life-long quest for religious and political peace.9 Crafting a common legal understanding of marriage was an important part of this effort. “The union of the sexes, whereby the human species is continued, is a subject well worthy of the highest legal consideration”, Grotius wrote. For, as Aristotle taught us, marriage is the “seedbed of the republic”, the first natural association, and “the first school” of morality, virtue and good citizenship. To get this institution right was essential to creating coherent national communities, which needed internal stability before they could work toward any kind of international legal harmony. Gro5 Hugo Grotius, De Jure Belli ac Pacis, trans. F. W. Kelsey, Oxford 1925, with alternative translation as id., The Rights of War and Peace, trans. J. Barbeyrac, ed. R. Tuck, Indianapolis 2005; id., Commentary on the Law of Prize and Booty, trans. and ed. M. J. van Ittersum, Indianapolis 2006; id., The Free Sea, trans. R. Hakluyt, ed. D. Armitage, Indianapolis 2004. 6 Althusius’s opposition to Arminianism preceded the condemnations of the Synod of Dordt of 1618. He called Arminianism a heresy that “tears up the foundation of faith” and called Grotius a “lurking wolf” whose “diabolic” teachings in support of Arminianism would only destroy the “liberty of the church”. Letter to Sibrandus Lubbertus (Jan. 9, 1614), reprinted in Politica Methodice Digesta of Johannes Althusius (Althaus), ed. C. J. Friedrich, Cambridge, Mass., 1932, S. cxxix. 7 J. B. Scott, The Spanish Origins of International Law: Volume 1, Francisco de Vitoria and his Law of Nations, Oxford 1934. For a good sampling see A. Truyol Serra, ed., The Principles of Political and International Law in the Work of Francisco de Vitoria, Madrid 1946. 8 See Hugo Grotius, Opera omnia theologica, 3 vols. London 1679; id., Explicatio trium utilissimorum locurum N. Testamenti, Amsterdam 1640; id., De imperio summarum potestatum circa sacra, 4th ed. The Hague 1661; id., De veritate religionis Christianae, Oxford 1662, translated as Hugo Grotius on the Truth of Christianity, trans. S. Madan, London 1782. 9 Among many studies, see recently with ample bibliographies, F. Mühlegger, Hugo Grotius, ein christlicher Humanist in politischer Verantwortung, Berlin 2007; J. P. Heering, Hugo Grotius as Apologist for the Christian Religion, Leiden 2004. On his theory of marriage, which is understudied, see H. Rinkens, “Die Ehe und die Auffassung von der Natur des Menschen im Naturrecht bei Hugo Grotius (1583 – 1648), Samuel Pufendorf (1632 – 1694), und Christian Thomasius (1655 – 1728)”, Ph.D. Diss., Frankfurt am Main 1971.
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tius also regarded marriage as a “natural right” of all men and women, echoing the views of Vitoria and other jurists in Salamanca. Even slaves and captives should be granted this right, Grotius insisted contrary to civil law precedents, given that marriage is “the most natural association” known to mankind. He regarded celibacy as an option for those few with unique abilities or disabilities, but thought that celibacy was “repugnant to the nature of most men” and women and that its mandatory imposition on the clergy was a source of “grave sin”.10 Both in his legal and in his theological writings, Grotius showed full command of and respect for biblical norms and conventional Christian principles of sex, marriage and family life. He adverted repeatedly to the axial biblical texts on marriage in Genesis 1 and 2, Matthew 19, I Corinthians 7, and Ephesians 5, some of which he further glossed in his New Testament commentaries. He pored over the Mosaic laws of marriage and the Pauline household codes. He cited frequently to the marital writings of Augustine, Aquinas, Vitoria, and hundreds of other classical and Christian authorities. “Christianity is by far the most excellent of all possible religious systems”, he wrote proudly, in no small part because “Christians are commanded to preserve indissoluble the sacred obligations of the marriage vow, by mutual concessions and mutual forbearance” of husband and wife, each “bearing an equal part in all the duties of the marital estate”.11 But to build his natural law framework, Grotius was more interested in what the law of nature itself could teach us about sex, marriage and family life independent of biblical norms and divine revelation. That was in part the challenge he set for himself by uttering his “impious hypothesis”: that natural law would exist even if “we should concede that which cannot be conceded without the utmost wickedness, that there is no God, or that the affairs of men are of no concern to him”.12 It was the further challenge he set by his definition of natural law whose contents and commandments were to be rationally self-evident: “The law of nature is a dictate of right reason, which points out that an act, according as it is or is not in conformity with rational nature, has in it a quality of moral baseness or moral necessity; and that, in consequence, such an act is either forbidden or enjoined by the author of nature, God. The acts in regard to which such a dictate exists are, in themselves, either obligatory or not permissible, and so it is understood that necessarily they are enjoined or forbidden by God. In this characteristic the law of nature differs not only from human law, but also from volitional divine law.”13 10
Grotius, Truth (FN 8), S. 108 – 109; Grotius, War and Peace (FN 5), 2.4.21, 2.5.8 Grotius, Truth (FN 8), S. 327 – 329; Grotius, Explicatio trium utilissimorum locurum N. Testamenti, s.v. Matt. 19:1 – 9, Ephesians 5:32 and distillation of his fuller theological views in the lengthy notes by J. Barbeyrac in Grotius, War and Peace (FN 5), 2.5.9, n. 7 and repeated citations to Scripture and Christian authorities in ibid., 2.5.1 – 23. A full list of his sources is in Grotius, De Jure Belli ac Pacis (FN 5), S. 889 – 930. 12 Grotius, De Iure Belli ac Pacis (FN 5), Prolegomena, 11. 13 Ibid., 1.1.10. 11
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When deliberated purely rationally, without the aid of the Bible or divine authorities, Grotius concluded, natural law confirms a number of traditional Christian teachings of sex, marriage, and family, but not all of them and not altogether clearly. Grotius insisted that the Bible does not prescribe or proscribe anything “which is not agreeable to natural decorum”. But he further insisted that the “laws of Christ do oblige us” to conduct that goes well beyond “what the law of nature already requires of us”. Those who believe that Scripture and nature command exactly the same conduct are fooling themselves, Grotius observed. They will be “strangely embarrassed” when they try “to prove that certain things which are forbidden by the Gospel, such as concubinage, divorce, and polygamy are likewise condemned by the natural law”. While “reason itself informs us that it is decent to refrain” from such deviations from faithful monogamous marriage, natural law does not necessarily prohibit them outright; that usually requires religious sanction and command.14 With these distinctions in mind, Grotius began to sort through what features of traditional Christian marriage “are necessary to marriage according to the law of nature” and what are required “only according to the Gospel”.15 He sometimes was content simply to show the overlaps between Christian and “heathen” marital practices, evidently thinking this was proof enough of the natural qualities of these practices. “The instances are numerous”, he wrote, “wherein heathens are observed to have inculcated, severally, the very same principles and duties which are collectively enjoined by our [Christian] religion: they teach us, for example, that … the intentional adulterer is guilty of the actual sin of adultery; … that a man should be the husband of one wife; that the marriage covenant should be inviolable”.16 Grotius sometimes combined the common patterns of animals with the common customs of advanced civilizations to demonstrate what he thought was natural. For example, he condemned “the promiscuous enjoyment of all women in common”, which some ancients and “savage” peoples practiced and which even Plato had commended in his Republic. Such practices would reduce the state to “a common brothel”, Grotius concluded. “Even some of the brute animals” observe natural law far better, for “they are seen to observe a sort of conjugal obligation” at least in their production of offspring. “Far more just and reasonable it is, therefore, that man, the most excellent and most distinguished of all animals, should not be suffered to derive his origin from casual and uncertain parents, to the total extinction of those mutual ties, the filial and the parental affections”. Observing the natural law, humans have thus learned “to ensure the certainty of the bond between parents and children” by tying procreation to enduring monogamous marriages so “that confusion of offspring may not arise”. And because of the long period of human infantile dependency, humans have further learned to treat monogamous marriage as a “real friendship”, “a
14
Grotius, War and Peace (FN 5), 1.2.2 – 3, 1.2.6. Ibid., 2.5.9. 16 Grotius, Truth (FN 8), S. 221 – 222. 15
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perpetual and indissoluble union”, “a full participation and mutual connection both of body and soul”, “The superior advantage of this institution, in respect to the proper education of children, is a truth as obvious as undeniable. Monogamy was even the established custom of some particular pagan nations; among the Germans, for example, and the Romans: and herein the Christians also follow their example, on a principle of justice, in repaying, on the part of the husband, the entire and undivided affection of the wife; while, at the same time, the regulations of domestic economy may be better preserved under one head and mistress of the family; and all those dissensions avoided which a diversity of mothers must create among the children.”
Genesis 1 and 2 further confirms this natural preference for monogamous marriage, said Grotius. Because “God gave to one man one woman only, it sufficiently appears what is best” for the marriages of the human race.17 Grotius’s argument for monogamy was a textbook restatement of the natural law configuration of marriage expounded by Thomas Aquinas and the Spanish neo-Thomists. In his Summa Contra Gentiles – a tract that used natural law and natural observation to try to prove truths of Christianity to Jews, Muslims, and other peoples (“Gentiles”) – Thomas had argued as follows: First, unlike most other animals, humans crave sex all the time, especially when they are young and most fertile. They don’t have a short rutting or mating season, followed by a long period of sexual quietude. Second, unlike most other animals, human babies are born weak, fragile, and utterly dependent for many years. They are not ready to run, swim, or fly away upon birth or shortly thereafter. They need food, shelter, clothing, and education. Most human mothers have a hard time caring fully for their children on their own, especially if they already have several others. They need help, especially from the fathers and his kin networks. Third, most fathers will bond and help with a child only if they are certain of their paternity. Put a baby cradle on a road, and most women will stop out of natural empathy. Most men will walk by, unless they are unusually charitable. Once assured of their paternity, however, most men will bond deeply with their children, help with their care and support, and defend them at great sacrifice. For they will see their children as a continuation and extension of themselves, of their name, property, and teachings, of their own bodies and beings – of their genes, we now say. Fourth, unlike virtually all other animals, humans have the freedom and the capacity to engage in species-destructive behavior in pursuit of their own sexual gratification. Given the lower risks and costs to them, men have historically been more prone to extramarital sex than women, exploiting prostitutes, concubines, and servant girls in so doing and yielding a perennial underclass of “bastards” who have rarely fared well in any culture. Given these four factors, said Thomas, nature has strongly inclined rational human persons to develop enduring and exclusive sexual relationships, called marriages, as the best form and forum of sexual bonding and reproductive success. Faithful and healthy monogamous marriages are designed 17
Ibid., 109 – 11; Grotius, War and Peace (FN 5), 2.5.8 – 10.
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to provide for the sexual needs and desires of a husband and wife. They ensure that both fathers and mothers are certain that a baby born to them is theirs. They ensure that husband and wife will together care for, nurture, and educate their children until they mature. And they deter both spouses from destructive sexual behavior outside the home.18 Grotius accepted this argument, and repeated it several times to condemn extramarital sex, adultery, prostitution, and unilateral divorce without cause, all of which violated this basic natural configuration of enduring and exclusive marriage. But while monogamy is the naturally preferred form of marriage and forum for sex, he continued, he could not say that polygamy was automatically rendered “void by the law of nature only”. After all, a number of animals, from chickens and cattle to lions and wolves, are polygamous and fare quite well. A number of successful biblical patriarchs and kings were polygamous, and no Old Testament law explicitly forbade them. A number of advanced civilizations like Muslims are polygamous, and they are strong. Grotius thought that polygamy was a “reprehensible” exploitation of women and an indulgence of a man’s “brutal appetite”. And he praised the institution of monogamous marriage taught by Christianity. But he concluded that it takes “the law of Christ” to “condemn polygamy outright”.19 Some Protestant writers like Samuel von Pufendorf and Christian Wolff agreed with Grotius, but later Protestants developed powerful natural law and natural rights arguments against polygamy, which they used to support the continued criminalization of polygamy by both civil law and common law authorities.20 Grotius had less trouble condemning polyandry – one woman with multiple husbands – as contrary to natural law. But he did so with a heavy-handed patriarchal argument that went beyond even the patriarchal conventions of his day. A marriage “contracted with a woman, who already has a husband, is void by the law of nature, unless her first husband has divorced her; for till then his property in her continues”. “In its natural state”, Grotius explained, a marriage “puts the woman, as it were, under 18 See Thomas Aquinas, Summa Contra Gentiles, trans. V. J. Bourke, 4 vols. Notre Dame 1975, III-II.122 – 124. See also Summa Theologica: Complete English Edition in Five Volumes, trans. Fathers of the English Dominican Province, 5 vols. New York 1947 – 48, vol. 5, qq. 41, S. 65 – 67. Grotius knew this argument largely through reading Francisco de Vitoria, “Relectio de matrimonio”, in id., Relectiones theologicae XII, Louvain 1557), with modern Spanish-Latin version Relecciones Teológicas del Maestro Fray Francisco de Vitoria, ed. L. G. Alonso Geton, 3 vols. Madrid 1933, 1:420 – 452, 2:439 – 504. See also Francisco de Vitoria, Comentarios a la Secunda Secundae de santo Tomás, ed. V. B. de Heredi, 6 vols. Salamanca 1932 – 1952, excerpted in Francisco de Vitoria, “On Law: Lectures on ST I-II, 90 – 105”, in id., Political Writings, ed. A. Pagden / J. Lawrance, Cambridge 1991), S. 153 – 204; Francisco de Vitoria, Commentariorum ac disputationum in tertiam partem Divi Thomae, Mogvntiae 1599); see discussion in G. Otte, Das Privatrecht bei Francisco de Vitoria, Cologne 1964), S. 23 – 40, 121 – 132. 19 Grotius, Truth (FN 5), S. 109 – 110, 328; Grotius, War and Peace, 2.5.9 – 10. 20 See detailed sources in my Why Two in One Flesh? The Western Case for Monogamy over Polygamy, Oxford 2015), ch. 10.
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the immediate inspection and guard of the man: for we see, even among some beasts, such a sort of society exists between the male and female”. In human marriages, too, “the authority is not equal; the husband is the head of the wife in all conjugal and family affairs; for the wife becomes part of the husband’s family, and it is but reasonable that the husband should have the rule and disposal of his own home”.21 The gist of Grotius’s argument was that polyandry was unnatural because the natural law gives a man exclusive dominion over his wife’s person, property, and contracts – what common lawyers call the doctrine of “coverture”, but now cast in natural law terms. This argument not only contradicted Grotius’s starting premise that men and women have an equal and natural right to marry, but it also made little sense. Men by nature share property and power all the time – else no civilization could ever emerge from the state of nature. Moreover, bees, ants, and other animals sometimes operate successfully with matriarchies: why should they count any less than a herd of cattle in describing the contents of natural law, especially since the orderliness of beehives served Grotius’s later arguments about the natural legal order. Thomas Aquinas had rejected polyandry as unnatural and unjust, especially to children. Later Protestant writers, beginning with John Locke, rejected Grotius’s argument about polyandry, instead condemning this practice with more egalitarian natural law rationales.22 Grotius was considerably more nuanced and convincing in his treatment of what he called a “difficult, if not impossible, question”: whether the natural law outlaws incest – sex with or marriage to a party related by blood or family ties. Biblical law and Roman law firmly outlawed incest, and both Catholics and Protestants wrote endlessly on this topic in their discussions of the impediments of consanguinity and affinity. There is a strong natural law argument against incest, too, said Grotius, which supports at least some of these traditional legal prohibitions. It’s the argument from “natural revulsion”. “Brute animals”, who operate by “natural instinct” alone, simply avoid sexual relations between parents and children, brothers and sisters – no matter how desperate their urge to mate. They are by nature repelled by such sexual connections. Among humans, reason translates this natural “aversion” to sex with close relatives into stronger terms of “moral abhorrence” as well. “Unless they have been corrupted by an evil education”, or are simply “crazy”, Grotius wrote, most people have an automatic and visceral “revulsion” against such close sexual unions. They see them as “contrary to human nature” – not only “impure” and “immodest” but an outright “corruption” and “defilement” of their rational nature. Moreover, such close relations confuse natural family roles. How can a father marry his daughter, or a mother her son, when they already have a complete, and life-long relationship of parent and child? How can a child who must always remain subordinate to the parent, become that parent’s spouse, or even her head, through marriage? Also, to allow parents and children and brothers and sisters who daily share the same household to have sex together will “pave the way to unchastity and adultery, if such loves 21 22
Grotius, War and Peace, 2.5.8, 2.5.11. Ibid., 2.5.5
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could be cemented in marriage”. Sex or marriage between close relatives is contrary to human nature and contrary to the laws of nature that govern humans. This insight anticipated what modern scientists call the “revulsion reflex” against incest, which humans evidently share with other higher primates.23 Most civilizations, Grotius showed, used similar logic to extend the category of incest to ban sexual and marital relations with other near relatives as well, even if “these prohibitions do not come from the pure law of nature” alone. While “brute animals” couple with more distant relatives, “rational humans” do not. The Mosaic layers of consanguinity and affinity that define the crime of incest, Grotius argued, have parallels in many other legal cultures, both before and after the time of Moses. Grotius adduced dozens of Jewish, Greek, Roman, and Christian writers who condemned incest, even if they differed on exactly where to draw the line between distant relatives. Incest prohibitions and aversions are so commonplace among men, Grotius concluded, “it follows that some law of nature” must be driving this – whether “given by God to man in Paradise”, or customarily “insinuated … in the minds of men” over time, or “forbidden by natural reason without a formulated law”.24 Grotius’s natural law argument against incest became a standard among later Protestant natural law theorists. Many of them cited “natural repugnance” and “inherent revulsion” as the strongest indicators that incest of some sort was against the natural law. Others added utilitarian arguments about “bettering the breed of mankind” by “mixing blood lines” and about “enlarging friendships in the world, by alliances” formed by marriages between unrelated parties. Most Protestant writers agreed with the eighteenth-century Anglican clergyman and judge, Richard Cumberland, who said that “all the laws in Scripture against incest are not absolutely, but in a degree and measure, greater or lesser, laws of nature, or branches of the law of nature … [for] doing otherwise is ordinarily, in the nature of the thing, an incongruity”.25 But most also agreed with French philosopher, Baron Montesquieu, who wrote that, with incest and other sexual offenses, “it is a thing extremely delicate to fix exactly the point at which the laws of nature stop, and where the civil laws begin”.26 Defining more clearly the point at which the natural laws of marriage start and stop was one challenge Grotius left for later Protestant and Enlightenment natural law theorists. Defining more fully what else nature teaches about many other features of traditional norms of sex, marriage, and family life not treated fully by Grotius was a further challenge. But he helped to unleash a large wave of Protestant natural law 23 Ibid., 2.5.12 – 14. See F. B. M. de Waal / A. S. Pollick, “The Biology of Family Values: Reproductive Strategies of our Fellow Primates”, in: Family Transformed: Religion, Values, and Society in American Life, ed. S. M. Tipton / J. Witte, Jr., Washington 2005, S. 34 – 51. 24 Grotius, De Jure Belli ac Pacis (FN 8), 2.5.14; id., The Free Sea (FN 5), S. 105. 25 R. Cumberland, A Treatise on the Laws of Nature, trans. J. Maxwell, ed. J. Parkin, Indianapolis 2005), Appendix 2, sect. 11, pp. 854 – 855. 26 Montesquieu, The Spirit of Laws, 26.14, in The Complete Works of Montesquieu, 4 vols., London 1777), 2:218.
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writing about sex, marriage, and the family, often as part of broader theories of natural law (ius naturale) and the law of nations (ius gentium). Among English Protestants, the best and most original such natural law reflections on marriage came from the Puritan legal historian, John Selden, the Anglo-Puritan philosopher and theologian, John Locke, the Anglican philosopher and cleric, William Paley, and the Cambridge jurist, Thomas Rutherforth. Among Lutherans, the most prolific natural law writers on marriage was Samuel von Pufendorf (whose work together with that of Grotius was popularized in Europe and America by the Genevan jurist, Jean Jacques Burlamaqui) as well as the German jurists, Johannes Wolfgang Textor and Christian Wolff. Among Calvinists, the most interesting writings came from the many Presbyterians associated with the Scottish Enlightenment, most notably Gershon Carmichael, David Fordyce, Frances Hutcheson, Adam Smith, Frances Hutcheson, and Henry Home. All these Protestants stood alongside and drew in part on the formidable natural law writings on sex, marriage, and family life developed among early modern Catholics, both before and after the Council of Trent. While early modern Catholic natural law theory on marriage and the family is well known, a solid intellectual history and analysis of the parallel Protestant natural law writings on marriage remains to be written. It will be a large treatise if done comprehensively.
Verzeichnis der Mitarbeiter Prof. Dr. Angela De Benedictis Universität Bologna, Dipartimento Storia Culture Civiltà Prof. Dr. Orazio Condorelli Universität Catania, Dipartimento di Giurisprudenza Prof. (KU Leuven België) Dr. Wim Decock LOEWE-Nachwuchsgruppenleiter, Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main Prof. Dr. Robert von Friedeburg Erasmus Universität Rotterdam, Early Modern History Prof. Dr. Frédéric Gabriel ENS de Lyon Prof. Dr. Nils Jansen Universität Münster, Lehrstuhl für Römisches Recht und Privatrechtsgeschichte sowie Deutsches und Europäisches Privatrecht Marianne Klerk Erasmus Universität Rotterdam, Erasmus Center for Early Modern Studies Prof. Dr. Henk Nellen Erasmus Universität Rotterdam, School of History, Culture and Communication Prof. Dr. Paul A. Rahe Hillsdale College, Dept. of History and Political Science Prof. Dr. Mathias Schmoeckel Universität Bonn, Institut für Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte Prof. Dr. Marcel Senn Universität Zürich, Rechtswissenschaftliches Institut Prof. Dr. Walter Sparn Universität Nürnberg-Erlangen, Theologische Fakultät Prof. Dr. Christoph Strohm Universität Heidelberg, Evangelische Theologie Markus M. Totzeck Universität Heidelberg, Evangelische Theologie Prof. Dr. Heinrich de Wall Universität Nürnberg-Erlangen, Lehrstuhl für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht Prof. Dr. John Witte Jr. Emory Universität Atlanta, The Center for the Study of Law and Religion