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German Pages [659] Year 2016
REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM SACHWÖRTERBUCH ZUR AUSEINANDERSETZUNG
DES CHRISTENTUMS MIT DER ANTIKEN WELT
HERAUSGEGEBEN VON
GEORG SCHÖLLGEN
HEINZGERD BRAKMANN, SIBLE DE BLAAUW THERESE FÜHRER, HARTMUT LEPPIN WINRICH LÖHR
HEINZ-GÜNTHER NESSELRATH ILINCA TANASEANU-DÖBLER
Band XXVII:
Pelagius - Porträt
$ 2016
ANTON HIERSEMANN . STUTTGART
DIE HERAUSGABE DES REALLEXIKONS FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM WIRD ALS VORHABEN DER
NORDRHEIN-WESTFÄLISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER KÜNSTE IM RAHMEN DES AKADEMIENPROGRAMMS VON DER
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND DEM LAND
NORDRHEIN-WESTFALEN GEFÖRDERT REDAKTION F. J. Dölger-Institut, Oxfordstr. 15, D-53111 Bonn
www.antike-und-christentum.de
Wissenschaftliche Mitarbeiter: A. Busch, Th. Dockter (geb. Nesselrath), E. Enß, S. Heydasch-Lehmann, Ch. Hornung, Ch. Mühlenkamp, Μ. Siede, F. Zanella
Ein Abkürzungs- und Stichwortverzeichnis sind unter www.antike-und-christentum.de eingestellt,
www.hiersemann.de ISBN 978-3-7772-1622-5 © 2016 ANTON HIERSEMANN KG, VERLAG, STUTTGART
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses urheberrechtlich geschützte Werk oder Teile daraus in einem photomechanischen, audiovisuellen oder sonstigen Verfahren zu vervielfältigen und zu verbreiten. Diese Genehmigungspflicht gilt ausdrücklich auch für die Speicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung oder Verbreitung mittels Datenverarbeitungsanlagen und elektronischer Kommuni kationssysteme. Diese Buch ist auf holzfreiem, säurefreiem und alterungsbeständigem Papier gedruckt. Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Buchbinderische Verarbeitung: Lachenmaier GmbH, Reutlingen Printed in Germany
REALLEXIKON FÜR ANTIKE UND CHRISTENTUM
BAND XXVII
BEGRÜNDET VON FRANZ JOSEPH DÖLGER, THEODOR KLAUSER, HELMUT KRUSE
HANS LIETZMANN, JAN HENDRIK WASZINK FORTGEFÜHRT UNTER MITWIRKUNG VON
CARSTEN COLPE, ERNST DASSMANN, ALBRECHT DIHLE JOSEF ENGEMANN, KARL HOHEISEL, BERNHARD KÖTTING
WOLFGANG SPEYER, KLAUS THRAEDE, LEOPOLD WENGER IM AUFTRAG DER NORDRHEIN-WESTFÄLISCHEN AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN UND DER KÜNSTE BEARBEITET IM FRANZ JOSEPH DÖLGER-INSTITUT DER UNIVERSITÄT BONN
VORWORT Mit dem vorliegenden Band hat das Herausgebergremium zwei neue Mitglie der, die Religionswissenschaftlerin Prof. Dr. Ilinca Tanaseanu-Döbler, Göttingen, und den Gräzisten Prof. Dr. Heinz-Günther Nesselrath, Göttingen, in seine Rei hen aufgenommen. Georg Schöllgen
INHALT Pelagius (Pelagianer) Pelikan Peloponnes Pelusia Pentekoste Peraia u. Dekapolis Perle Perpetua u. Felicitas Persien I (landesgeschichtlich) Persien II (Das Bild Persiens bzw. des Iran in westl. Traditionen) Persona (Prosopon) Petition Petra Petrus I (Gestalt) Petrus II (in der Literatur) Petrus III (Ikonographie u. Kult) Pfarrei Pfau Pfeffer Pferd Pflanzung Pflicht Pharisäer Philae Philippus Philippus Arabs Philon von Alexandria Philostratos
1 26 32 84 87 109 147 178 190 255 299 331 349 387 399 427 456 492 511 516 532 544 553 574 591 599 605 627
Phoenicia Phoenix Phrygia Physiologus Physis Pilatus Pinie Plagiat Platonismus Platzordnung Plinius der Ältere Plinius der Jüngere Plotinos Plutarch Pöbel Poesie I (Gattung u. Dichtungstheorie) Poesie II (kultische, liturgische) Poesie III (Dichter) Polizei Pontifex maximus Porphyrios Porträt
1055 1105 1153 1185 1204 1213 1244
Register zu Band XXVII Erscheinungsdaten Stichwörter Mitarbeiter Nachtragsartikel
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Pelagius (Pelagianer).
zeichnen ihn als monachus (Aug. gest. Pelag. 36. 60 [CSEL 42, 92. 115]; haer. 88, 1 [CCL Vorbemerkung 1. 1. Pelagius / Caelestius. a. Biographisches 1. 46,340]; Mar. Mercat. comm. adv. haer. Pel.: b. Werke 6. c. Lehre. 1. Sündlosigkeit / Frei AConcOec 1, 5, 5), d. h. als Asketen. Sein heit / Güte der menschlichen Natur 8. 2. Leben, bis 411 ist weitgehend imbekannt. Die Sünde 9. 3. Psychologie 10. 4. Gnade 12. 5. stilistischen Qualitäten seiner Prosa verra Seelsorge 12. 6. Auseinandersetzung mit Jo- ten eine grammatisch-rhetorische Ausbil vinian 14. 7. Stellung zur Philosophie 15. dung (D. Ogliari, Pelagio. Epistola a DemeII. Anonymus des Corpus Caspari, a. Datie triade [Roma 2010] 53). Seit spätestens ca. rung / Lokalisierung / Biographie des Autors 15. 405 nC. ist er in Rom nachweisbar, wo er in b. Werk 17. 1. Charakteristik der Schriften 17. Kontakt zu aristokratischen Kreisen getre 2. Theologische Positionierung 19. 3. Pro ten sein dürfte. Die Mehrheit der Forscher gramm des intensiven Christentums 21. glaubt, dass P. mit dem anonymen Kritiker III. Ausblick 24. der Schrift Contra Iovinianum identisch sei, die von Hieronymus in ep. 50 an Domnio hef Vorbemerkung. Die Definition der Be tig angegriffen wird. Träfe dies zu, so könnte griffe ,Pelagianismus*, .pelagianisch* u. ,Pe- man eine Präsenz des P. in Rom vor 400 pos lagianer* ist in der Forschung weiterhin un tulieren. Y.-M. Duval (Pélage est-il le cen klar. Hier wird der .Pelagianismus* als eine seur inconnu de l’Adversus Jovinianum à Lehre definiert, die in Abgrenzung von Au Rome en 393? Ou: Du ,portrait-robot* de gustins Gnaden-, Sünden- u. Prädestina l’hérétique chez S. Jérôme: RevHistEccl 75 tionslehre die jederzeit gegebene Entschei [1980] 525/57) hat diese Hypothese mit Grün dungsfreiheit des Menschen sowie dessen den kritisiert. Spätestens 405 trat P. in Kon unverlierbare Möglichkeit zur Sündlosigkeit takt mit ’Paulinus v. Nola (Aug. grat. betont, jegliche Erbsünden- oder Erbdefekt- Christ. 38 [CSEL 42, 154]; D. Trout, Pauli theorie ablehnt u. die Gnade Gottes als eine nus of Nola [Berkeley 1999] 228f). 405/06 ist Form des Beistandes betont, der die Inte ein afrikan. Bischof u. Bekannter Augustins, grität des menschlichen Willens bewahrt wahrscheinlich dessen Freund Evodius v. (*Freiheit). Die moderne Forschung klassi Uzalis (A. Solignac, Autour du de natura de fiziert zT. eine Reihe anonymer oder pseud Pélage: Valeurs dans le stoidsme, Festschr. onymer Texte als ,pelagianisch*, auch wenn Μ. Spanneut [Lille 1993] 181f), zugegen, als diese die beschriebene Lehre nur undeutlich, P. den Satz Da quod iube et iube quod vis andeutungsweise oder gar nicht vertreten. aus Augustins Confessiones kritisiert (conf. In diesem Artikel wird neben P. der ano 10, 29. 31. 37; persev. 20, 53 [PL 45, 1026]). nyme Pelagianer der sechs Schriften des Um diese Zeit könnte P. auch bereits die Corpus Caspari besonders berücksichtigt Schrift De natura verfasst haben, welche die (für Julian v. Aeclanum: Μ. Lamberigts, Art. Möglichkeit der Sündlosigkeit demonstriert Iulianus IV [Iulianus von Aeclanum]: o. Bd. u. eine Schwächung der menschlichen Natur durch die Adamssünde verwirft (Y.-M. Du 19, 483/505). I. Pelagius / Caelestius. a. Biographi val, La date du ,De natura* de Pélage: Revsches. P., in der 2. H. des 4. Jh. geboren, ÉtAug 36 [1990] 257/83; Löhr, Schrift stammt vermutlich aus dem röm. Britannien 235/94). Wie einige röm. Aristokratenfami (Britto oder Brittanicus bei Aug. ep. 186; lien auch, u. vielleicht in deren Gefolge, ver Oros. apol. 12,3 [CSEL 5,620]; Mar. Mercat. ließ P. Rom 410 vor der Plünderung durch comm. adv. haer. Pel.: AConcOec 1, 5, 5; Alarichs Westgoten. Im Herbst 410 landete ’Britannia). Zeitgenössische Quellen be- er in ’Hippo, um im Frühjahr 411 nach ’Kar-
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Pelagius
thago weiterzureisen. Ein Treffen mit Au gustin kam nicht zustande (Aug. gest. Pelag. 46 [CSEL 42, 100]). Auf den Weg nach * Africa begab sich, vielleicht zusammen mit P., auch Caelestius (vgl. W. Dunphy, Caeles tius: Academia Nanzan University 60 [1994] 33/59): Dieser stammte aus aristokratischer Familie, war angeblich von Geburt an Eu nuch u. hatte eine Ausbildung als Advokat (scholasticus auditorialis) erhalten (Gennad. vir. ill. 45 [77f Richardson]; Mar. Mercat. comm. adv. haer. Pel.: AConcOec 1, 5, 6). In Rom hatte er im Hause des Senators Pammachius verkehrt, wo er auch mit einem ge wissen Presbyter Rufinus, einem möglichen theologischen Ideengeber, in Kontakt getre ten sein soll o. ä. (Aug. pecc. orig. 3,3 [CSEL 42,168]; vgl. Nuvolone / Solignac 2890f). Cae lestius hatte wahrscheinlich schon zu dieser Zeit (vor 410) als erster gegen die Theorie einer Übertragung der Sünde Adams auf dessen Nachfahren Stellung genommen (Praedest. 88 [CCL 25B, 51/3]). Als er 411 versuchte, in Karthago die Ordination als Priester zu erlangen, klagte ihn der mailän dische Diakon u. defensor et procurator ec clesiae Mediolanensis Paulinus (ebd. 88 [51]) wegen seiner Lehre vor einer vom Ortsbi schof Aurelius v. Karthago versammelten Synode an (gegen Ende 411; F. Refoulé, Da tation du premier concile de Carthage contre les Pélagiens et du Libellus fidei de Rufin: RevÉtAug 9 [1963] 41/9; anders W. Dunphy, A lost year. Pelagianism in Carthage. 411 A. D.: Augustinianum 45 [2005] 389/466). Ob wohl Caelestius die Notwendigkeit der Kin dertaufe bejahte, erklärte er die Frage nach der Übertragung der Sünde von Adam her zu einem legitimen innerkirchl. Diskussions gegenstand (quaestio), der zu keiner Häretisierung berechtige (Aug. pecc. orig. 3, 3 [CSEL 42,168]). Diese kirchenrechtliche Po sition, die von anderen P.-Anhängern geteilt wurde, sollte in der Folgezeit eine pelagianische Sekten- oder Kirchenbildung verhin dern (Praedest. 88 [CCL 25B, 51/3]). Die kar thagische Synode verurteilte Caelestius, weil er es ablehnte, sechs von Paulinus auf grund der Caelestiusschriften formulierte Thesen, welche u. a. die Adamssünde u. die Sündlosigkeit betreffen, zu verurteilen. Cae lestius appellierte an den röm. Stuhl. Sein weiterer Weg führte nach Ephesus u. Kpel. Im Spätsommer 417 war er (wieder) in Rom u. wohnte seiner Rehabilitierung in der Kle-
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mensbasilika bei (s. unten; Mar. Mercat. comm. nom. Cael.: AConcOec 1, 5, 66). Au gustin konnte die Pelagianer auch als ,Caelestianer* bezeichnen (haer. 88, 1 [CCL 46, 340]; vgl. Hieron.: Aug. ep. 202,1). - P. hatte bereits im Frühsommer 411 Karthago mit Ziel Palästina verlassen. Dort hielt er sich vermutlich in einem Kloster in *Jerusalem (I) auf. Hier verfasste er wohl auch sein as ketisches Hauptwerk, die Epistel an Deme trias (PL 30, 15/45; 33, 1099/120), eine junge Aristokratin aus der Familie der Anicii, die sich zur Jungfrau hatte weihen lassen (auch Aug. ep. 150.188 u. Hieron. ep. 130 äußerten sich). 414 griff ihn Hieronymus in seiner ep. 133 ohne namentliche Erwähnung an (B. Jeanjean, Saint Jérôme et l’hérésie [Paris 1999] 66/9). Am 28. VII. 415 versuchte der span. Priester *Orosius (er war von Augus tin mit Briefen zu Hieronymus u. P. ge schickt worden) vergeblich, P. auf einer von Bischof Joh. v. Jerusalem einberufenen Ver sammlung des lat. Klerus in Jerusalem als Häretiker zu überführen (H. Reuter, Augustinische Stud. [1887] 159/63; Wermelinger 57/60). Augustin hatte bereits im Frühjahr 415 mit der Abfassung seiner gegen des P. Schrift De natura (s. o. Sp. 2) gerichteten Schrift De natura et gratia begonnen. Hie ronymus seinerseits widerlegte P. zu dieser Zeit bereits in einer ausführlichen zweiten Schrift, dem Dialogus adversus Pelagianos (CCL 80, 3/124). Am 20. XII. 415 wurde P. von einer kleinen Synode in Diospolis / Pa lästina freigesprochen. Er war mit einer um fangreichen Klageschrift der gall. Bischöfe Heros v. Arles u. Lazarus v. Aix konfrontiert worden, die um den Kern der sechs Ankla gethesen der karthagischen Synode von 411 ein Dossier von Sätzen aus den Schriften des P. u. des Caelestius sowie anonymen Äuße rungen konstruierte (Wermelinger 68/78. 295/9). P. publizierte seinen Freispruch in ei ner Verteidigungsschrift (Chartula defensi onis), die von Augustin als Beweis seiner Uneinsichtigkeit gewertet wurde. Dieser startete deshalb 416 eine Kampagne gegen P., die zunächst ganz auf der P.schrift De na tura u. deren Widerlegung in Augustins De natura et gratia basierte. Auf Initiative des Augustin u. anderer afrikanischer Bischöfe hin verurteilten zwei afrikanische Synoden in Karthago u. Mileve im Sommer 416 das, was sie für die Lehre des P. u. seines Genos sen Caelestius hielten (ebd. 94/108). Beide
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Pelagius
wurden aufgefordert, die sechs Caelestius vorgelegten Thesen zu verurteilen. Die afrikan. Bischöfe veröffentlichten ihre Urteile in mehreren Schreiben, u. a. an Papst Innozenz u. Bischof Joh. v. Jerusalem. Innozenz be stätigte die Urteile mit Schreiben vom 27.1. 417 u. exkommunizierte P. u. Caelestius, ohne allerdings die Möglichkeit zu einer röm. Rehabilitierung zu blockieren (Äug. ep. 182, 2. 6; vgl. Wermelinger 124/33; ’Exkommu nikation). Um diese zu erreichen, schickten P. u. Caelestius persönliche Glaubenserklä rungen (Libellus fidei) nach Rom (vgl. P. J. van Egmond, Haec fides est. Observations on the textual tradition of P.’s Libellus fidei: Augustiniana 57 [2007] 345/85). P. hatte in zwischen in Antwort auf Hieran. ep. 133 u. adv. Pelag. seine Verteidigung des freien Willens verfasst (lib. arb.: PL 48, 611/3; PL Suppl. 1, 1539/43). Im Spätsommer 417 sprach eine röm. Synode in der Klemensbasilika unter Leitung des Nachfolgers des In nozenz, Zosimus, P. u. Caelestius frei (Wer melinger 141/6). Im Gegenzug erneuerten die afrikan. Bischöfe ihr Vorgehen gegen P. u. Caelestius u. waren damit schließlich er folgreich: Am 30. IV. 418 erging ein kaiserl. Reskript an den praefectus praetorio Palladius, das P. (in Abwesenheit) u. Caelestius verurteilte u. ihre u. ihrer Anhänger Ver treibung aus Rom verfügte (Coll. Quesn. 14 [PL 56, 490/2]; T. Spagnuolo Vigorita, Art. Konfiskation: o. Bd. 21, 396). Einen Tag spä ter verurteilte ein afrikan. Konzil P. u. seine Lehre (Conc. Carthag. vJ. 418: CCL 149, 69/73; Wermelinger 169/96). Bis 425 nC. er gingen noch fünf weitere gegen P. u. seine Anhänger gerichtete Edikte oder Briefe sei tens des Kaisers oder seiner Beamten. Zosi mus v. Rom musste schon bald dem staatl. u. kirchl. Druck nachgeben u. verurteilte P. sei nerseits im Sommer 418 in einem Rund schreiben, der Tractoria (PL 20, 693/5; Wer melinger 209/18; Zusammenstellung der Frg. ebd. 307f). Infolge seiner Verurteilung wurde P. anscheinend aus Jerusalem vertrie ben. Nach 420/21 verurteilte u. exkommuni zierte ihn eine Synode in Antiochien (Mar. Mercat. comm. nom. Cael.: AConcOec 1, 5, 69). Danach fand er vielleicht Zuflucht in Alexandrien. Auch Caelestius wurde auf In itiative von Papst Coelestin endgültig aus Italien vertrieben (Prosp. c. coli. 21, 2 [PL 51, 271]) u. begab sich schließlich nach Kpel. Marius Mercator denunzierte ihn bei Kaiser
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Theodosius II, der ihn auch aus Kpel verban nen ließ (comm. nom. Cael.: AConcOec 1, 5, 65). Das Konzil v. Ephesus vJ. 431 bestätigte die westl. Synodalurteile gegen die Pelagianer (ebd. 1,1,3,88.173; Dunphy, Caelestius aO. [o. Sp. 3] 59). - Im Westen des Rei ches, besonders in Italien u. Sizilien, gab es vor wie nach 418 auch abgesehen von Julian v. Aeclanum u. dem Anonymus des Corpus Caspari (s. u. Sp. 15/24) eine ganze Reihe von zT. anonymen Individuen u. Gruppen, wel che pelagianische Thesen aufgriffen, modifi zierten u. weiterverbreiteten. Sie sorgten durch ihr Predigen u. Disputieren für lokale Kontroversen (für ein Dossier M.-Y. Perrin, ,The blast of the ecclesiastical trampet'. Pré dication et controverse dans la crise pélagienne: P. Nagy / Μ.-Y. Perrin / P. Ragon [Hrsg.], Les controverses religieuses entre débats savants et mobilisations populaires [Mont-Saint-Aignan 2011] 17/32). b. Werke. Die Zuweisung von Schriften an P. u. Caelestius, die schon zu ihrer Zeit schwierig war, ist zT. weiterhin kontrovers. Einige der Schriften sind verloren oder nur fragmentarisch erhalten (für eine detaillierte Aufstellung vgl. Nuvolone / Solignac 2891/5. 2898/901; Drecoll 645/50). Unter den Schrif ten des P. finden sich neben dem Paulinenkommentar (s. unten) sowie einer Sammlung von Sentenzen für das asketische Leben (ca pitula) mit jeweils beigegebenen Schriftbe legen (Gennad. vir. ilh 42 [77 Richardson]) an als Ehefrau, Jungfrau oder Witwe asketisch lebende Frauen gerichtete Episteln in protreptischer u. paränetischer Absicht (vgl. als herausragendes Exemplar die Epistula ad Demetriadem: PL 30,15/45; 33,1099/120; vJ. 413/14). Zum Paulinenkommentar des P. fehlt bislang eine umfassende Untersuchung der exegetischen Methode. Für die Kom mentierung benutzte P. wahrscheinlich **Ambrosiaster, den Römerbriefkommentar des ’Origenes in der Übersetzung Rufins, verschiedene exegetische Werke Augustins (in Rom.; in Rom. imperf.; quaest. Simpl.; di vers. quaest.), einen anonymen Paulinenkommentar, der zwischen 396 u. 405 vermut lich in Rom verfasst wurde (H.-J. Frede, Ein neuer Paulustext u. Komm. = Vetus Latina 7/8 [1973/74]) sowie als weitere mögliche Quellen neben u. a. Tertullian (adv. lud., carn., apol.) auch die Sextussentenzen in der Übersetzung Rufins (T. De Bruyn, P.’ Commentary on St. Paul’s Epistle to the Romans
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Pelagius
[Oxford 1993] 1/10). Der Kommentar wurde wahrscheinlich zweimal überarbeitet (ebd. 27f), von einem Pelagianer zwischen 412 u. 432 (vgl. Frede aO. 193/6), dann im 6. Jh. durch Cassiodorus (D. W. Johnson, Purging the poison. The revision of P.’ Pauline commentaries by Cassiodorus and his students, Diss. Princeton [1989]). P. wendet die Me thoden antiker philologischer Exegese an: Zum einen rekurriert er zur Erklärung schwieriger Textpassagen auf andere Stellen des gleichen Autors (.Homer aus Homer er klären'; vgl. L. Fladerer: o. Bd. 21, 284), vgl. zB. Pelag. in Rom. 11,20 (89,20/90,5 Souter; dazu Tauer 271), zum anderen berücksichtigt er die sprechende Person (τό πρόσωπον τό λεγον, Fladerer aO.; *Persona), so zB. in 1 Cor. 15, 55 (226,1/3 S.; Tauer 277/80). Recht oft notiert P. alternative Interpretationen des Textes, so zB. zu in Rom. 5,12.14; 13,1/6 (45, 10/23; 46, 6/18; 101, 4/102, 23 S.) oder auch zu in 2 Cor. 9, 1/15 (280, 2/284, 10 S.; Tauer 280/5; vgl. Aug. pecc. mer. 3,1 [CSEL 60,128f]). Auch finden sich Hinweise auf eine differierende Textrezension (in Col. 3, 15 [467,15 S.]). Gelegentlich werden Wort- oder Sacherklärungen (in 1 Cor. 16, 22 [229, 20f S.]; in 1 Thess. 1, 8 [419, 10f S.]), darunter auch solche zoologischer u. medizinischer Art (in Rom. 3,13 [30,22 S.]; in 2 Tim. 2,17 [514, 9/12 S.]), der Numerusgebrauch (in 1 Tim. 3, 15 [483,10/2 S.]) oder exegetisch-historische Beobachtungen notiert (in Gal. 1, 21; in 1 Cor. 15, 6. 31 [311, llf; 214, 4/9; 220, 17f S.]). Konkordante Stellen aus AT u. NT werden zitiert (in Col. 1,14 [460,10/8 S.]). öfters er folgt auch die Aktualisierung des paulinischen Textes durch antihäretische Pointie rung (zB. anti-arianisch: in Phil. 2, 5 [396, 17/397, 16 S.1; vgl. Tauer 291). Für die *A1legorese, die im Anschluss an rhetorische Exegese als alia ex aliis figurata definiert wird, gilt (in Gal. 4,24 [328,12/329, 9 S.]; vgl. in 2 Cor. 3, 6 [246, 4/14 S.]): Sie soll nur auf alttestamentliche Passagen angewendet werden u. nicht die historische Wahrheit der atl. Erzählung in Frage stellen. Diese Posi tionierung dürfte in den Kontext des origenistischen Streites aE. des 4. Jh. gehören, in dem Hieronymus bei Origenes eine einseitig allegorische Interpretation inkriminierte (Hieron. ep. 51,4f; Tauer 288f). So lehnt P. es in Auseinandersetzung mit Origenes (princ. 4, 2, 8) ab, im AT berichtete .Verbrechen' (delicta) zu allegorisieren (Tauer 288f). Das
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Gleiche gilt für die .Gebote' (praecepta), de ren Verbindlichkeit nicht abgeschwächt wer den soll (ne eorum videretur enervare virtutem). c. Lehre. 1. Sündlosigkeit / Freiheit / Güte der menschlichen Natur. Obwohl P. auch zur Trinitätslehre u. Christologie Stellung ge nommen hat (trin.: PL Suppl. 1,1544/60), ge winnt seine Lehre in der Anthropologie u. Gnadenlehre ihr besonderes Profil. Diese wird besonders deutlich in den (fragmenta risch erhaltenen) Streitschriften aus der akuten Phase der Auseinandersetzung mit Augustin u. Hieronymus. Ihr Ausgangs punkt ist die Frage nach der Möglichkeit der Sündlosigkeit (possibilitas non peccandi), eine christl. Version der stoischen Frage, ob es den stoischen Weisen tatsächlich gebe (Löhr, Pälage 200/8). In der von P. nie auto risierten Schrift De natura demonstriert er diese Möglichkeit, ohne sich festzulegen, ob es jemals einen tatsächlich sündlosen Men schen gegeben habe (Aug. nat. et grat. 8 [CSEL 60, 237f]). Die Demonstration in De natura (für eine Rekonstruktion mit Slg. der Frg. vgl. Löhr, Schrift), die auf den rhetori schen Status von an sit? u. quäle / quid sit? rekurriert, soll beweisen, dass die Möglich keit der Sündlosigkeit mit Hilfe der Gnade Gottes bestehe, die ihrerseits durch die schöpfungsgemäße Begabung des Menschen mit der Willens- u. Entscheidungsfreiheit ge geben sei. Diese Entscheidungsfreiheit des Menschen ist unverlierbar: Unter Aufgriff der aus der philosophischen Seelsorge u. Ethik (P. Hadot, Qu’est-ce que la Philosophie antique? [Paris 1995] 206f. 213f) stammenden Unterscheidung zwischen ,dem, was in un serer Macht steht' (tö £/,««· Olympia fl Rl(’ O _ .. Methydrion ' /——» Heraia AÎgos < Eduros 0 xjMantineia
Alipheira
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Abb. 1: Persien. Zeichnung: Silke Haase, Köln
Ghazni
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Persien I
u. dessen häufig unglaubwürdige Berichte sind eng mit seinen persönlichen Erfahrun gen in P. verbunden. - Die in Anlehnung an Ktesias’ verfassten Persika des Dinon v. Ko lophon weisen scheinbar nah-östlichen Ein fluss auf (FGrHist 690, 14f. 21 beschreiben das Reich u. seine Grenze; D. Lenfant [Hrsg.], Les Histoires perses de Dinon et d’Höraclide [Paris 2009] 66/73). - In ähnli cher Weise berichten die acht Fragmente aus dem Werk des Herakleides v. Kyme von den Bräuchen des pers. Hofs, die er zZt. der Herrschaft des Artaxerxes II (380/360 vC.) beobachten konnte (FGrHist 689). - Xen. exped. (um 370 vC.) stützt sich auf persönliche Erfahrungen, auch wenn Xenophon die Be richte von Herodot u. Ktesias bekannt sind. Das Werk enthält viele Informationen zur Militärgeschichte des Landes u. dessen Re gionen, die die Armeen während des ,Zuges der Zehntausend* durchquerten. - Diodor (1. Jh. vC.) greift in seiner Universalgeschichte die Werke älterer Historiker auf, besonders Herodot, Thukydides, Xenophon u. Ktesias. P. interessiert ihn nur insofern, als es rele vant ist für die Geschichte der griech. Städte. - Weitere griechische Autoren ver mitteln interessante geographische u. eth nographische Informationen zu einzelnen Regionen u. Völkern des pers. Reichs. Das Werk des Hellanikos v. Lesbos (gest. 407/406 vC.) bietet eine oft mythographische Dar stellung der Chaldäer (FGrHist 687a F lb), der Meder (ebd. 687a F 5b), der Perser (687a F 1) sowie der Völkerschaften der Satrapie Aria (687a F 5a). - In seiner Geographie (bes. im 15., P. gewidmeten Buch) stützt Strabo sich auf die Berichte des Polykleitos v. Larissa u. Aristobulos, um einzelne persi sche Regionen (Susiana, die pers. Häfen, Pasargadae u. Babylonien) sowie die Bräuche ihrer Bewohner (Riten, Kulte, Sitten, Bil dung) zu schildern (15, 3; vgl. 11, 13). Strabo beschränkt P. im engeren Sinne (f| IleQoig) auf die Region zwischen Persischem Golf (Küsten- u. Wüstengebiet) im Süden u. Wes ten, der fruchtbaren Ebene von Karamani (heute Kirman) im Osten u. dem gebirgigen Media im Norden (15,3,1). - Plin. n. h. 6 ent hält sowohl wertvolle Informationen über Religion u. magische Praktiken als auch geo graphische Hinweise (*Magie). Plinius be schreibt die asiat. Regionen des Perserreichs mit Aufzählung ihrer Flüsse, Städte u. Volksstämme: Media (ebd. 6, 43), Parthien RAC XXVII
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(6, 44f), Margiana u. Baktrien (6, 46/8) sowie Sogdiana (6,49). Er nimmt den Periplus des Nearchos zum Anlass für eine Behandlung über die Karamani u. den Pers. Golf (6, 98/100. 107/9; dazu Lenfant, Perses aO. 284f; *Plinius d. Ä.). II. Terminologie. P. (üspoig) ist eine aus dem Griech. übernommene, metonymische Bezeichnung des Achämenidenreichs (558/ 486 vC.). Nach ihrer Thronbesteigung ziehen die Sasaniden (224/651 nC.) die Bezeichnung Eränäahr (,iran. Reich') vor, mit der eine polit., kulturelle u. religiöse Einheit zum Aus druck gebracht wird. Nach P. Huyse (La Perse antique [Paris 2005] 10) handelt es sich dabei um einen ethnisch konnotierten Na men, der,Reich der Arier* bedeutet Der Be griff Erän / Iran (§ahr i Erän oder Eränäahr [,iran.*]) steht im Gegensatz zum Begriff Anerän (AneränSahr [,nicht-iran.*]): Dabei han delt es sich um zwei unterschiedliche geopo litische Einheiten (G. Gnoli, The idea of Iran [Roma 1989]). Im engeren Sinne ist üspoi^ die Bezeichnung einer Provinz des Perser reichs, Färs, die das historische Ursprungs gebiet der sasanidischen Dynastie ist. Die Sasaniden selbst werden ,Perser* genannt (im Gegensatz zu ihren Vorgängern, den Parthem), u. ihr Reich wird, zB. in den syr. Quellen, als .Königreich der Perser* bezeich net. Unter den Sasaniden erfolgt die Chris tianisierung des Reichs. - Das Perserreich umfasst ein Gebiet, das vom Euphrat bis zum Indus, vom Kaspischen Meer bis zum Pers. Golf reicht. Der südl. Teil Zentralasi ens, Syrien, die mesopotamische Wüste so wie * Armenien befinden sich zeitweise eben falls unter persischer Herrschaft. In einer dreisprachigen Inschrift (mittelpers. / parthisch / griech.) bei Naqä-i Rustam be schreibt Säbuhr I die Ausdehnung seines Reichs vom Kaukasus bis Peäawar (P. Huy se, Die dreisprachige Inschrift Säbuhrs I an der Ka'ba-i Zarduät 1 [London 1999] 23f). III. Topographie u. Klima. Klima u. To pographie P.s sind gegensätzlich: Kontinen talklima im wasserarmen Flachland im südl. Mesopotamien u. in der Susiana, warmes u. feuchtes Klima am Kaspischen Meer, Berg klima im Zagros-Gebirge, im Kaukasus u. im Elburs-Gebirge (im Norden u. Nordosten) sowie im Hindukuä wechseln sich ab. In den östl. Gebieten finden sich weite Ebenen mit Sand- oder Salzwüsten. Die vier großen Flüsse Tigris, Euphrat, Oxus u. Indus sor7
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gen für die Bewässerung des Ackerlandes. Diese geographischen u. topographischen Gegebenheiten tragen zur Ausformung eines Reichs bei, das aus abgelegenen bergigen Gebieten, aus weitläufigen Flachebenen u. aus abwechslungsreichen Landschaftsräu men besteht. IV. Völker u. Sprachen. Das Perserreich vereint eine große Vielfalt an Völkern u. Sprachen: a) Die aram. Sprache ist in ganz Kleinasien in mündlicher u. schriftlicher Form verbreitet. Im achämenidischen Reich ist sie Amtssprache. Aramäisch behauptet sich auch in den christl. Gemeinden in Syrien u. im Iran, in denen das Syr. zur Sprache der Literatur (Estrangelo, Serto) u. der Liturgie wird, b) Die mittelpers. Sprache, die aramä ische Ideogramme aufhimmt, ist bis zum 9. Jh. verbreitet. Sie überlebt in liturgischen Texten u. wird bis zum 13. Jh. bei den Mani chäern Zentralasiens verwendet. Die Le bensbeschreibung des Johannes v. Dailam erwähnt monastische Gemeinschaften, die Mittelpersisch sprechen u. die Sprache auch im Gottesdienst verwenden (S. P. Brock, A syriac Life of John of Dailam: ParolOr 10 [1981/82] 123/89); c) Weitere Sprachen: Die jenige Sogdianas, eine Sprache, die sich ei nes vom Aram. entliehenen Alphabets be dient u. die im 6. Jh. nC. als lingua franca der Händler sowie als Sprache der manichäischen, buddhistischen u. nestorianischen Ge meinschaften im westl. Zentralasien fun giert; die Sprachen der Völker Choresmiens (bes. der Alanen), unmittelbar nördlich von Sogdiana, dem Kuäänäahr in Baktrien, der Parther sowie zahlreiche Dialekte (zB. südl. vom Kaspischen Meer oder im Grenzgebiet am Fluss Oxus). - Zum epigraphischen Ma terial Huyse, Perse aO. 165f; Christensen 27/9. Die iran. Völker sind zunächst Träger einer mündlichen Kultur: Es sind keine Texte, Archive oder Rituale vor jener spä teren Zeit bekannt, ab der die Buchreligio nen die eigenen Traditionen verbreiteten; die Niederschrift der Pahlavi-Texte stammt erst aus dem 9. u. 10. Jh. V. Wirtschaft. Die Sasanidische Epoche ist eine Zeit wirtschaftlichen Wohlstands. Ne ben der *Landwirtschaft entwickeln sich qualifizierte Handwerksberufe u. ein weit reichender Warenhandel: Dies steht in en gem Zusammenhang mit der Gründung meh rerer Städte, wie zB. Nisibis u. Ktesiphon, die zu großen Handelszentren u. Verkehrs
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knotenpunkten werden. Bis zum 6. Jh. besit zen die Sasaniden ein Seidenmonopol: Durch ein breites, in achämenidischer Zeit entstan denes Straßen- u. Flusswegenetz kann der Seidenimport sehr streng kontrolliert wer den. Dieses Monopol wird erst im Byz. Reich durch die Einführung der Seidenraupe u. des Maulbeerbaumes gebrochen. Der Perlenhan del macht die Häfen des Pers. Golfs, beson ders jene in Fürs u. der Mesene, weltbe rühmt (B. C. Colless, The traders of the pearl. The mercantile and missionary activities of Persian and Armenian Christians in South East-Asia: ABR-Nahrain 9 [1969/70] 19/29). Unter Ardaèïr u. Säbuhr II werden intensive Anstrengungen unternommen, um eine strategische Kontrolle über den Han delsverkehr im Pers. Golf zu erlangen (E. Frézouls, Les fonctions du Moyen-Euphrate à l’époque romaine: J.-C. Margueron [Hrsg.], Le moyen Euphrate [Leiden 1978] 381; E. Will, Les Palmyréniens [Paris 1992] 78; R. Boucharlat, Les périodes pré-islamiques ré centes aux Émirats Arabes Unis: ders. / J.-F. Salles [Hrsg.], Arabie orientale, Mésopota mie, et Iran méridional [Paris 1984] 196). Diese Region wird nach u. nach zum Zen trum des Sasanidischen Seeverkehrs u. trägt zum Wohlstand der Inseln u. Häfen bei (D. Whitehouse / A. Williamson, Sasanian mari time trade: Iran 11 [1973] 31f). In den Thomasakten (Anf. 3. Jh.) stellt das sog.,Perlen lied“ die Region Mesene als einen wichtigen Knotenpunkt des oriental. Handels dar (v. 18: P.-H. Poirier, L’hymne de la perle des Act. Thom. [Louvain-La-Neuve 1981] 421f; J. Tubach, Zur Interpretation des Perlenliedes: D. Bumazhnov / H. R. Seeliger [Hrsg.], Sy rien im 1./7. Jh. nC. [2011] 231/7; J. Walker, Art. Perle: o. Sp. 173f). Von dort aus er streckt sich ein gut strukturiertes Hafennetz bis zum Indus. Durch Umsegelung (Μ. Tar dieu, L’Arabie du Nord-Est d’après les do cuments manichéens: Studia Iranica 23 [1994] 63) können *Indien u. Taprobane (Sri Lanka) erreicht werden, auf dem Flussweg die Küste des Kaspischen Meeres u. auf Überlandstraßen die östl. Landesteile. Zum gut ausgebauten Straßennetz des Achämenidenreichs gehört die ca. 2300 km lange pers. Königsstraße, die durch ganz Mesopo tamien die Städte Sardis u. Susa verbindet. Sie stellt eine der Hauptverkehrsachsen des Landes dar, die für das Reich politisch, mi litärisch sowie wirtschaftlich unentbehrlich
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ist (über diese Straße ziehen auch die Kara wanen; P. Briant, De Samarkand à Sardes: Topoi 4 [1994] 457/65). VI. Kultur. Die Literatur erschließt uns die kulturelle Welt der Sasaniden, einer vor allem von mündlichen Traditionen geprägten Gesellschaft. Von besonderer Bedeutung sind in dieser Hinsicht die epischen Werke, die, von der mythischen Herkunft des ersten Menschen (Gayomarth) ausgehend, die my thische Geschichte u. die Traditionen des Landes schildern. Das Xvadäy-nämag (.Her renbuch') ist nicht erhalten; vereinzelte Spu ren von diesem Text u. Verweise darauf fin den sich bei arabischen Autoren, die diese mündlich überlieferten Traditionen schrift lich festhielten. Religiöse Themen sind häu fig der Ursprung umfangreicher Kompen dien: Ein Beispiel dafür bietet das Dënkard (.Akten der Religion'), eine Zusammenfas sung aller Wissenschaften (Kosmogonie, Es chatologie, Mythologie, Naturwissenschaf ten, ethische Bestimmungen), die die Grund lage des Sasanidischen Rechtswesens bildet. Obschon die Mehrheit der in mittelpersi scher Sprache verfassten Texte zur Weis heitsliteratur gehört, sind darunter auch Ge setzessammlungen zu finden: Beispielhaft dafür ist das Mädayän I Hazär Dädestän (,das Buch der tausend Urteile'), das aus führlich die juristischen Verfahren be schreibt, die bis zum Ende der sasanidischen Zeit Geltung hatten, vor allem unter Husraw II (590/628), während dessen Herrschaft das Werk redigiert wurde (A. G. Perikhanian / N. G. Garsoïan, Farraxvmart ï Vahrämän [Costa Mesa 1997] 12). Den Naturwissen schaften kommt keine besondere Bedeutung zu mit Ausnahme der Medizin (*Heilkunde), deren Praktiken zT. mit der *Magie ver wandt sind. Die Gründung der Akademie mit Lehrkrankenhaus in Gundeääbuhr unter Husraw I wird heute in Frage gestellt (R. Le Coz, Les médecins nestoriens au MÂ [Pa ris 2004] 55/9); christliche Einrichtungen in P., wie zB. in Nisibis, erlangen Berühmtheit auf medizinischem Gebiet (F. Jullien, Mona chisme 189). Die astronomischen Kenntnisse der Perser stützen sich offensichtlich auf die der griech. (während der Sasanidischen Zeit werden zahlreiche griech. Werke übersetzt, u. a. die von *Galenos u. *Hippokrates [s. u. Sp. 241]) sowie der ind. Welt (C. J. Brun ner, Art. Astrology and astronomy in Iran: Enc. Iranica 2 [1987] 862/8; Christensen
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419/22). - In der bildenden Kunst der Sasa niden spiegeln sich Einflüsse verschiedener Art: Wiederaufnahme dekorativer Elemente aus der achämenidischen Zeit, griechischrömische sowie, gegen Ende der Sasanidenzeit, auch indische u. asiatische Einflüsse (E. Will, L’art sassanide et ses prédéces seurs: Syria 39 [1962] 45/63; Huyse, Perse aO. 196/201. 211). Μ. P. Canepa (The two eyes of the earth. Art and ritual of kingship between Rome and Sasanian Iran [Berkeley 2009]) hat auf die möglichen Wechselwir kungen zwischen persischem u. Römischem Reich bei Darstellungen der sakralen Kö nigsherrschaft hingewiesen. Trotz an dauernder Konflikte ist auf kulturellem Gebiet ein Austausch in den Bereichen Ar chitektur u. bildende Kunst feststellbar, der auf der gemeinsamen Ideologie des univer sellen Herrschertums gründet. Die Vielzahl archäologischer Befunde, die oft nicht sys tematisch eingeordnet werden, macht die Klassifizierung schwierig (Übersicht bei A. Mousavi / T. Daryaee, The Sasanian empire. An archaeological survey: D. T. Potts [Hrsg.], A companion to the archaeology of the ancient Near East 2 [Chichester 2012] 1076/94). VII. Geschichte u. Verwaltung, a. Ge schichte. Die Geschichte des antiken P. kann in fünf große Perioden unterteilt werden: 1) Am Beginn stehen zwei Jtsd. elamitischer Zivilisation mit der Hauptstadt Susa (2500/640 vC.; E. Carter / Μ. W. Stolper, Elam. Surveys of political history and ar chaeology [Los Angeles 1984]); Symbol die ser prachtvollen Kultur ist die Zikkurat von Tschogha-Zambil, erbaut unter Unta§-Napiriäa (R. Ghirshman, Tchoga Zanbil 1/4 [Paris 1966/70]). Diese Epoche endet iJ. 646 vC. mit Assurbanipals Eroberung. In die Region zie hen dann Arier, Meder u. Perser. 2) Das Achämenidenreich (558/330) wird von Kyros gegründet, der das Zentrum seiner Herr schaft in der Provinz Färs ansiedelt. Erst mit Dareios I wird das Perserreich zu einem Weltreich, das vom *Nil bis zum Indus reicht. Er führt Finanzreformen durch, leitet die Reichsverwaltung, erschließt Kommuni kationswege u. gründet Persepolis, die prachtvolle Hauptstadt des Reichs. 3) Die Eroberung des Achämenidenreichs durch ♦Alexander d. Gr. (334/323) u. die darauf fol gende Gründung des Seleukidenreichs tra gen zur Hellenisierung des Iran bei: Die
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griech. Sprache setzt sich überall gegenüber dem Reichsaramäisch durch. Ausgrabungen, wie zB. die in Ai Khanoum am Oxus, zeugen vom Einfluss der griech. Kunst (P. Bernard / H.-P. Francfort / 0. Guillaume [Hrsg.], Fouilles d’Ai Khanoum 1/7 [Paris 1973/87]). 4) Die arsakidischen Parther (3. Jh. vC./2. Jh. nC.) nehmen ab 247 vC. diese Gebiete ein, um iJ. 188 nach der Eroberung Mesopota miens einen multiethnischen Staat zu grün den. Sie bezeichnen sich als philhellenisch (Μ. A. R. Colledge, The Parthians [London 1967]; N. C. Debevoise, A political history of Parthia [Chicago 1938])· Zwischen 69 u. 66 nC. sowie unter Trajan markiert der Eu phrat die Grenze zwischen dem Röm. u. dem Partherreich. 5) Die Sasaniden, die 224 nC. den Parthem folgen, setzen sich dank des Sieges von Ardaälr I (wohl ein Enkel des Stammvaters Sasan) gegen den letzten ar sakidischen König Artaban V durch. Die ers ten Jahre des Sasanidischen Reichs sind durch Feldzüge gegen Rom geprägt (3. u. 4. Jh.), die u. a. die pers. Herrschaft über Ar menien heraufführen. Ab 337 bricht Öäbuhr II den iJ. 297/98 zwischen Narseh u. *Diocletianus vereinbarten Friedensvertrag. Da bei dringt er erfolgreich in das nördl. Meso potamien ein u. versucht, die Festungen von Singara, Nisibis u. Amida zu erobern (vgl. Christensen 235/49; K. Mosig-Walburg, Rö mer u. Perser vom 3. Jh. bis zum Jahr 363 nC. [2009] 149/56. 197/235). Reliefe, die in Biääbuhr in den Fels gearbeitet wurden, stellen die Siege über die röm. Kaiser *Iulianus u. "Tovianus dar, die er nach langjähri gen Kriegen errungen hatte. An den östl. Grenzen stellen die hunnischen Hephthaliten eine Bedrohung für das Sasanidenreich dar; König Peröz feilt während einer Schlacht iJ. 484. Das 6. Jh. ist von der Regierungszeit zweier Großkönige geprägt: 1) Husraw I (531/79) reformiert den Staat, schließt meh rere auf Dauer angelegte Friedensverträge ab u. fördert die kulturelle Entwicklung des Landes. 2) Sein Enkel Husraw II (590/628) ist der letzte bedeutende Großkönig. Die Dy nastie erlischt mit dem Tod Yazdgirds III (632/51). Mit dem Auftreten der arab. Er oberer beginnt für P. eine neue Ära (Chris tensen 84/96; R. N. Frye, The political his tory of Iran under the Sasanians2: E. Yarshater [Hrsg.], The Cambridge History of Iran 3 [Cambridge 1996] 116/80; T. Daryaee, Sasanian Persia [London 2009]).
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b. Verwaltung. Die pers. Gesellschaft ist in vier erbliche Klassen untergliedert: Priester, Krieger, Ackerbauern u. Handwerker. Die ses Viererschema entstammt den religiösen Traditionen des Avesta, einer Sammlung heiliger Bücher des Zoroastrismus. Die Ent wicklungen der Gliederung u. hierarchischen Struktur der pers. Gesellschaft sind im We sentlichen anhand numismatischer u. sigillographischer Befunde fassbar. - Das Reich ist in mehrere Provinzen (äahrs) unterteilt, von denen einzelne, zumeist in Grenznähe, direkt von einem der Söhne des Großkönigs ver waltet werden, während die Leitung der an deren Provinzen den Satrapen (èahrabs) un terliegt. Sigillographische Befunde belegen, dass Husraw I im 6. Jh. das ganze Reich (Eränäahr) in vier den Himmelsrichtungen entsprechende Distrikte einteilte (R. Gyse len, The four générais of the Sasanian em pire [Roma 2001] 1/14; dies., La désignation territoriale des quatre spähbed de l’empire sassanide d’après les sources primaires sigillographiques: Studia Iranica 30, 1 [2001] 137/41). Diese Einteilung gilt als Modell für das byz. Reich unter Herakleios. Ein als öständär bezeichneter, aus dem Adel stammen der Beamter, dessen genaue Funktion un klar ist, wird parallel zu den Satrapen mit der Verwaltung eines Teils jeder Provinz be auftragt (Siegel bei Gyselen, Matériaux 69/75. 117f). Auf regionaler Ebene wird die Führung je nach Bereich (militärisch, wirt schaftlich u. polit.) verschiedenen Verwal tern zugeteilt (ebd. 105/23; Christensen 97/140). Die Zentralverwaltung wird von ei nem als hazärbed bezeichneten Beamten ge leitet. Gegen Ende der Sasanidischen Zeit weisen die mazdäischen Texte auf weitere Ämter hin, wie zB. das des vuzurg-framadär (,Großwesir‘; R. Gyselen, Great-commander [vuzurg-framadâr] and court counsellor [darandarzbed] in the Sasanian empire [224-651] [Roma 2008] 1/6). Mit dem Auftreten der Sa saniden erstarkt allmählich die Autorität der mazdäischen Priester, besonders mit Kerdir unter dem Großkönig Wahräm II. Nach u. nach wird der Mazdaismus zur Reichsreli gion, u. seit dem 6. Jh. wird die Priester schaft einem mowbedän mowbed (»Hohe priester') unterstellt. Entsprechend der administrativen Gliederung wird das Perser reich auch in religiöse Bezirke eingeteilt. Ihre Leitung obliegt bestimmten mowbed, die auch die Funktion von religiösen Rich-
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tem innehaben. Auf lokaler Ebene werden Stelle der antiken Stadt Kokhë befindet, de die Magier mit der religiösen Leitung der ren historische Bedeutung für das pers. einzelnen Dörfer u. ihres Hinterlands beauf Christentum in den Akten von Mär Märi ge tragt (dies., Les sceaux des mages de l’Iran schildert wird (19/25 [CSCO 602 / Syr. 234, sassanide: Au carrefour des religions, Fest- 29/36; frz. Übers.: ebd. 603 / Syr. 235, 34/41]; schr. Ph. Gignoux [Bures-sur-Yvette 1995] A. Invernizzi, Ten years’ research in the al121/50; Ph. Gignoux, Titres et fonctions sas- Mada'in area, Seleucia and Ctesiphon: Sumer sanides d’après les sources syriaques hagio 32 [1976] 167/75). Wie die achämenidischen graphiques: ActAntAcHung 28 [1983] Könige pflegen auch die Großkönige der Par196/200). ther u. der Sasaniden je nach Jahreszeit von c. Militärorganisation. Das Militärsystem einem Ort zum anderen zu ziehen; dabei wird der Perser ist nach dem Vorbild des Achä- der jeweilige Aufenthaltsort auf einem kö menidenreichs strukturiert. Der höchste Mi niglichen Anwesen (dastgerd) zu einem zeit litärtitel, erän-spähbed, ist innerhalb der kö lich begrenzten Machtzentrum, sei es in Kte niglichen Familie erblich. Bis zu der von Kö siphon (Winterresidenz), in der Susiana oder nig Husraw I durchgeführten Reform teilen in den Hochebenen. - Neben der Stadt sich zwei große Familien die Titel Heerfüh Stakhr, die sich in Färs, dem Ursprungsge rer der Kavallerie u. Intendant der Armee. biet der Dynastie, befindet, gibt es zahlrei Die schwere Kavallerie ist eine Berufsar che weitere königliche Stadtgründungen, die mee, während die leichte Kavallerie aus ver den Namen des Herrschers tragen. So zählt bündeten Stämmen rekrutiert wird. Das der Geschichtsschreiber Tabari in seinen An .Korps der Unsterblichen' bildet eine Unter nalen acht Städte auf, die König Ardaäir un abteilung der Kavallerie u. besteht nach ter seinem Patronym gründete (Th. Nöldeke, achämenidischem Modell aus 10000 Mann. Gesch. der Perser u. Araber zZt. der SasaDer Kavallerie folgen die *Elefanten (eine niden aus der arab. Chronik des Tabari [Lei Besonderheit des Sasanidenreichs) u. als den 1879] llf. 19f; Christensen 96; vgl. H. Nachhut die Infanterie. Hilfstruppen werden Zotenberg, Al-Ta'älibi, Histoire des rois de aus Einheimischen gebildet, die sowohl aus Perse [Paris 1900] 485f): Es handelt sich zB. nördlichen (Kaukasus, Dailam u. Gilan) als um 1) Rëw-Ardaâîr; 2) Ram Ardaäir, das auch aus östlichen Landesteilen (Baktrien u. häufig mit Hormizd-Ardaälr verwechselt Kuäänäahr) stammen (J. Markwardt, A ca wird, aber mit al-Ahwaz gleichzusetzen ist; talogue of the provincial capitals of Eran- 3) Veh-Ardaäir in der Nähe von Ktesiphon; 4) Ardaälr-Xvarrah an der iran. Küste des shahr [Rome 1931] 50; Christensen 206/18). d. Städte. Die bedeutendsten Städte des Golfs (Siraf); 5) Pasa- (oder Pit-) Ardaäir auf sasanidischen Iran sind in einem aus islami der arab. Halbinsel (Hatfa); 6) Nud-Ardaêïr scher Zeit stammenden, in mittelpersischer (Hazza in der Adiabene). Jede Provinz hat Sprache verfassten Werk, Sahrestämhä-I einen Hauptort: Kaäkar in Babylonien, ArEränäahr, aufgelistet (T. Daryaee, Sahres- zön u. Nisibis in Beth Arabäye, Arbela in tänlhä-I Eränäahr [Costa Mesa 2002] 13/21). Nôd-Ardaèïragân, Sahrgard in Bêth-Garmai, Darin werden zu allen Städten Informatio Ganzak in Ädurbadagän, Hamadän u. Ray in nen zu ihren Gründern, häufig mythologi Media, Nßäbuhr (Abharäahr) auf der Hoch scher Art, gegeben. Weitere Informations ebene, Marv in Margiana, Balkh in Baktrien quellen sind Siegel sowie *Münzen, die über sowie, südlicher, Herät in Aria. Was die die Münzprägestätten in den verschiedenen Reichsverwaltung betrifft, beschränkt sich Provinzen des Reichs Auskunft erteilen der Kenntnisstand auf jene Regionen, in de (Schindel 148/71). Ktesiphon, im aram. Ge nen Ausgrabungen durchgeführt wurden, biet, ist zunächst die Hauptstadt des Arsa- wie zB. Färs u. Huzistän (Gyselen, Matéri kiden- u. dann des Sasanidenreichs; durch aux 208/12, Karten 1/5). Die Sasanidenkönige die Gründung von Veh-Ardaälr, am östl. führen die östl., achämenidische Tradition Ufer des Tigris, gegenüber der griech. Stadt des *Palasts mit Palastgarten (,Paradeisos'; Seleukeia, entstand eine Doppelstadt. Da M.-I. Hoffmann, Sasanidische Palastarchi durch liegt die Reichshauptstadt faktisch au tektur, Diss. München [2008] 167f [e-Verßerhalb des eigentlichen ,iran.‘ Gebiets, der öff.]) weiter: Peröz-Abad unter Ardaäir I; Provinz Färs. Als Sitz des Patriarchats wird Takht-I Bostän u. Qasr-I Sîrën unter Husraw Veh-Ardaäir ausgewählt, das sich an der II. In syrischen Quellen sind gelegentlich In-
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formationen über sonst nicht mehr bekannte Verwaltungspraktiken erhalten, die zu einer besseren Kenntnis der pers. Gesellschaft bei tragen können. So findet man in bestimmten Städten wie Seleukeia Institutionen, die ei gentlich für die griech. πόλις typisch sind. Die Akten von Mär Märi berichten von einer γερουσία u. anderen politischen Versamm lungen aE. der arsakidischen Zeit (19 [CSCO 602 / Syr. 234,29; frz. Übers.: ebd. 603 / Syr. 235, 35]; F. Cumont, Notes sur un passage des Actes de S. Mari: Revue d’Instruction publique en Belgique 36 [1893] 374f; J. B. Segal, A Syriac seal inscription: Iraq 29 [1967] 6/15, bes. Taf. 4). B. Nichtchristlich. Christliche Gemein schaften stellen im Perserreich stets eine re ligiöse Minderheit dar. Sie entwickeln sich, ebenso wie die Gemeinden der *Juden, der Täufersekten u. der Manichäer, in einem re ligiösen Milieu, das von paganen Kulten, be sonders vom Mithraismus (*Mithras), Bud dhismus (**Buddha) sowie, in sasanidischer Zeit, vom Mazdaismus geprägt ist. I. Heidnisch, a. Mazdaismus. Im Zentrum des Zoroastrismus steht der Schöpfergott Ahura Mazda (,Herr der Weisheit4), der die alten iran. Gottheiten, Mithras oder Anahita, verdrängt. Der zur Reichsreligion gewor dene Mazdaismus versucht, die antiken Gott heiten einzubinden u. in eine Rangordnung zu bringen. Ahura Mazda ist von vergöttlich ten Abstraktionen umgeben, darunter den kosmischen Elementen, Wasser, Feuer, Erde u. Luft. Im mazdäischen Kult der sasanidischen Zeit spielt die Sonne eine Haupt rolle, worauf die Akten der pers. Märtyrer sowie die armen. Quellen hinweisen. Die Sonne symbolisiert Mihr / Mithra, der an sei nem strahlenden Heiligenschein zu erkennen ist; er wird auf Siegeln, Münzen sowie auf königlichen Reliefs dargestellt, zB. in den Reliefs von Takht-i Bostän in Media bei der Investitur von König Ardaäir II (379/83; dazu Huyse, Perse aO. [o. Sp. 194] 207; vgl. D. Hollard, Julien et Mithrä sur le relief de Täq-e Bostän: R. Gyselen [Hrsg.], Sources for the history of Sasanian and post-Sasanian Iran [Bures-sur-Yvette 2010] 147/63; Schin del 82, A63. 83, A5). Diese polytheistischen Aspekte werden durch einen grundlegenden Dualismus ergänzt, der auf der Vorstellung eines Dauerkampfes zwischen dem Guten, dem hl. Geist (spenta mainyu), u. dem Bösen, dem üblen Geist (angra mainyu), zwischen
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*Licht u. Finsternis beruht (K. Barr, Die Religion der alten Iranier: HdbRelGesch 2 [1972] 265/318; C. Colpe u. a., Altiran. u. zo roastrische Mythologie: Haussig, Wb. Myth. 4 [1986] 161/430; zum Einfluss der iran. Dä monologie auf Judentum u. Christentum vgl. C. Colpe, Iranier, Aramäer, Hebräer, Helle nen. Iran. Religionen u. ihre Westbeziehun gen [2003] 316/26). - Die Yaäts (.Götterhym nen4) sind die wichtigste Informationsquelle für die iran. Mythologie. Sie bezeugen das Weiterleben vorzoroastrischer Gottheiten innerhalb des Mazdaismus: So handelt zB. unter dem Einfluss älterer mithraistischer Vorstellungen der ganze zehnte Yaät von Mithras (R. L. Gordon, Art. Mithras: o. Bd. 24, 967/9). Eine große Rolle spielt auch die Göttin Anahita (Nana oder Nanai in den syr. Quellen; dazu G. Hoffmann, Auszüge aus syr. Akten pers. Märtyrer [1880] 49; Bedjan, Act. mart. 2, 507/35): Die königliche Familie der Sasaniden zeigt eine besondere Verbunden heit mit dem Heiligtum dieser Göttin in Stakhr, der Heimat ihrer Stammväter u. si cherlich auch dem Ort der königlichen Inves tituren. Der größte architektonische Kom plex, der in P. ihrem Kult gewidmet ist, be findet sich auf halbem Weg zwischen Hamadän u. Kermanäah, in der Ebene von Kangavar. Nach den archäolog. Befunden in situ (Keramik u. Gräber) stammt der Tempel aus der parthischen Epoche u. wird bis in sasanidische Zeit weiter besucht, wie Spuren von Reparaturen an verschiedenen Teilen des Tempels belegen (Μ. Wijnen, Excavations in Iran 1967/72: Persica 6 [1972] 70; V. G. Lukonin, The temple of Anahita in Kan gavar: VestnDrevnlst [1977] 105/11). Ein weiterer Tempel der Anahita ist in Biääbuhr (12 km von Kazerun) in Färs bezeugt. - Über mögliche zurvanistische Tendenzen der Sa saniden herrscht in der Forschung noch kein Konsens. Dabei handelt es sich um eine aus dem Mazdaismus abgeleitete, religiöse Be wegung, die Zurvän, dem Gott der Zeit, eine besondere Rolle zuschreibt: Zurvän gilt als Vater von Ohrmazd u. Ahriman, den beiden antagonistischen Prinzipien von Gut u. Böse (R. C. Zaehner, Zurvan. A Zoroastrian dilemma [Oxford 1955] 60/1. 245; N. E. Μ. Boyce, Zoroastrians. Their religious beliefs and practices [London 1979] 112f. 118/23). Zarduät (griech. ZajQoäaTpqg) ist nicht ein deutig identifiziert: Er lebt vermutlich um das Jahr 1000 vC. in den abgelegenen Regi-
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onen des östl. Iran (Μ. Molé, Culte, mythe et cosmologie dans l’Iran ancien. Le problème zoroastrien et la tradition mazdéenne [Paris 1963]). Ihm werden die Gäthäs-Hymnen zu geschrieben: Dabei handelt es sich um litur gische Texte, die zunächst mündlich überlie fert u. erst in späterer Zeit in einer toten Sprache, dem Avestischen, niedergeschrie ben wurden. Das Avesta, eine Sammlung heiliger Bücher des Zoroastrismus, deren größter Teil während der Ausschreitungen der Armee Alexanders d. Gr. in Persepolis sowie während der arab. Eroberung P.s zer stört wurde, ist im 8. u. 9. Buch des Dênkard (9. Jh.) zusammengefasst (s. o. Sp. 197). - Im Mittelpunkt des Rituals stehen Feuer u. Wasser, denen die Gaben der Priesterschaft u. der Gläubigen dargebracht werden. Das personifizierte Feuer (Adur) stellt die höchste Gottheit dar. Die meisten Feuerhei ligtümer haben acht Türen u. achteckige überkuppelte Nebenräume u. sind von Gär ten umgeben. Drei Feuerheiligtümer spielen eine besondere Rolle in P.: 1) Ädur-Fambagh (.Feuer der Priester*), das sich wohl zwischen Siraf u. Darabgird, in Färs, befin det (Christensen 165); 2) Adur-Burzën-Mihr (.Feuer der Ackerbauern*) im Nordwesten von Nßäbuhr; 3) Ädur-Gu§nasp (.königliches Feuer*), das sich vermutlich in Takht-I Sü leyman, zwischen Urmiah u. Hamadän befin det (R. Naumann / H. v. Osten, Takht-I Su leiman [Berlin 1961]). Bei ihrer Thronbestei gung pflegen die pers. Könige zu Fuß u. mit zahlreichen Gaben dorthin zu gehen, denn das Feuer dieses Tempels stellt das Symbol der religiösen u. polit. Einheit des sasanidischen Königtums dar. Im 10. Jh. nC. gibt der arab. Geograph al-Mas'üdi eine ausführliche Beschreibung der Ruinen dieses Tempels u. erwähnt dabei die Überreste des Gebäudes sowie in kräftigen Farben gehaltene Dar stellungen von Himmelskörpern, der irdi schen Welt sowie von Pflanzen u. Tieren (B. Carra De Vaux, Maçoudi, le Livre de l’aver tissement et de la révision [Paris 1896] 137). Es existierten zahlreiche weitere, weniger wichtige Feuerheiligtümer, deren Gründung mythischen Heroen zugeschrieben wurde, sogar Zarduät selbst, auf den zB. die Grün dung des Feuerheiligtums in Arragan, in Färs, zurückgeführt wird (R. Gyselen, Les grands Feux de l’empire sassanide: Religious thèmes and texts of pre-islamic Iran and Central Asia, Festschr. G. Gnoli [Wiesbaden
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2003] 131/8). Archäologische Funde ermögli chen genauere Kenntnisse der Struktur die ser Feuerheiligtümer (vgl. die Feuerheilig tümer von Biääbuhr, von ArdaSlr I in Pêrôzabad, sowie von Qasr-I Ölren auf der Straße zu Kermanäah; E. Herzfeld, Archaeological history of Iran [London 1935] 76/9). In den königlichen Reliefs sind Altäre dargestellt, auf denen das hl. Feuer brennt (Μ. Tavoosi / R. N. Frye, An inscribed capital dating from the time of Shapur I: Bull, of the Asia Inst. 3 [1989] 27 fig. 2; 28 fig. 4). Die Rückseite sasanidischer Münzen zeigt stets einen Feuer altar. Das Motiv ist seit der Zeit Öäbuhrs I gebräuchlich u. kann in der Ausführung va riieren. Bis Yazdgird II enthalten die Münz beschriftungen die Inschrift NWRA ZY (,Feuer von*) samt königlichem Patronym (zur numismatischen Ikonographie Μ. Alram / R. Gyselen, Sylloge Nummorum Sasanidarum 1 [Wien 2003] 293/329 Taf. 1/19; 331/67 Taf. 20/38; Schindel 296/476). b. Fortleben heidn. Kulte. Die Präsenz heidnischer Kulte in P. ist bis zum 6./7. Jh. sehr stark, wie aus syrischen Quellen her vorgeht, die von der Christianisierung der heidn. Volksstämme P.s berichten. Nennens wert sind vor allem die Regionen Kaäkar u. Babylonien, wo der Kult des Fruchtbarkeits gottes Tammuz sehr beliebt bleibt. In Hatra, im nördl. Mesopotamien u. im Königreich von Hira, einem Vasallenstaat P.s, wurde Tammuz in Form eines *Adlers oder eines jungen Mannes verehrt (Buch der Keusch heit 14 [J.-B. Chabot (Hrsg.), Le livre de la chasteté (Rome 1896) 7; frz. Übers.: ebd. 8]; vgl. H. Gismondi, Maris, Amri et Slibae. De patriarchis Nestorianorum commentaria 1, 2 [Romae 1899] 41, fol. 165b). In der Chronik v. Seert wird der Kult von al-'Uzzä erwähnt, einer vorislamischen, heidn. Gottheit, die in Zentralarabien u. dem südl. Mesopotamien verehrt wurde (18 [PO 7,2,133]). Die christl. syr. Autoren halten heidnische Praktiken sehr detailliert fest, wobei sie sich teilweise auf direkte Zeugnisse stützen. So berichtet Thomas v. Marga wiederholt, dass sich Baumkulte noch bis ins 8. Jh. in der Region Muqän, östlich des Kaspischen Meers, in Daylam u. Gilan, sowie in der Ebene von Khorassän erhalten hätten (E. A. W. Budge, The Book of Governors [London 1893] 1, 109f. 253; engl. Übers.: ebd. 2, 242f. 468; Chronik v. Seert 97 [PO 13,4,588]). Die Mis sionare setzen sich dafür ein, die Bäume aus-
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zureißen u. zu verbrennen u. die Anhänger dieser Baumkulte zu taufen. Die christl., vor allem die syr. Autoren neigen zu einer Ver mischung des Mazdaismus mit den heidn. Kulten: So kehren die klass. Vorwürfe wie Feuer-, Sterne- u. Himmelskörperverehrung wieder, Themen, die auch die mazdäischchristl. Polemiken durchziehen. Einige hagiographische Werke berichten von der Zer störung mazdäischer Kultstätten durch Christen, besonders während der ersten Re gierungsmonate von König Wahräm V (420/38). Erwähnenswert sind zB. die syr. Passio von Mär 'Abda (aE. des Königtums von Yazdgird I: Bedjan, Act. mart. 4, 250/3; BHO 6; griech: Theodrt. h. e. 5, 39; aram.: P. Peeters, Une passion arménienne des SS. Abdas, Hormisdas, Sâhîn [Suenes] et Benja min: AnalBoll 28 [1909] 411f; BHO 7) u. die syr. Passio von Narsaï (Bedjan, Act. mart. 4, 171f; BHO 786). Die Quellen bestätigen im Allgemeinen die These, wonach Provokati onen durch Christen als Anlass für neue Verhaftungsedikte dienten (B. Kötting, Mar tyrium u. Provokation: Kerygma u. Logos, Festschr. C. Andersen [1979] 329/36; nach L. van Rompay, Impetuous martyrs?: Marty rium in multidisciplinary perspective, Fest schr. L. Reekmans [Leuven 1995] 363/75 sind diese aber nur Einzelfalle). Monastische Quellen berichten von der Errichtung von Kirchenbauten auf antiken heidnischen Kult stätten. Diese Berichte dienen jedoch haupt sächlich apologetischen Zwecken (vgl. zB. Buch der Keuschheit 55 [Chabot, Chasteté aO. 35; frz. Übers.: ebd. 30]; F. Jullien, Rabban-Säpür: OrChrPer 72 [2006] 335; Chronik v. Seert 48 [PO 13, 4, 452]). II. Jüdisch. In P. siedeln Juden seit dem 8. Jh. vC. (ausführlich Neusner Bd. 1/3; A. Op penheimer, Babylonian synagogues with historical associations: D. Urman / P. V. Μ. Flesher [Hrsg.], Ancient synagogues2 [Lei den 1998] 40/8). Jüdische Gemeinden florie ren besonders in den Städten Babyloniens u. Mesopotamiens u. in deren unmittelbarem Umfeld: Seleukeia u. Ktesiphon, Charax in der Mesene sowie Nehardea zwischen Tigris u. Euphrat. Hier konzentrieren sich die jüd. Siedlungen entlang der Kanäle u. an den Ufern der beiden Flüsse. Weitere jüdische Gemeinden sind in Nisibis u. in der Region Adiabene bezeugt. Nennenswert sind außer dem Hulwän, Ganzak, im Nordosten beim Urmiasee, Hamadän u. Nehawand in Media
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sowie die Hauptorte von Huzistän (Neusner 2, 241; bQidduäin 71b/72a; bJebamoth 16b; bSanhedrin 94a; bÖabbat 139a). In der spä ten sasanidischen Zeit sind jüdische Gemein den auch in Färs bezeugt (J. Neusner, Jews in Iran: Yarshater aO. [o. Sp. 199] 909; W. J. Fischei, The contribution of the Persian Jews to Iranian culture and literature: Acta Iranica 3 [1974] 300). Zahlen zur jüd. Bevöl kerung von P. liegen mangels ausreichender epigraphischer u. archäologischer Daten bis her nicht vor (Schätzungen bei R. Μ. Adams, Land behind Baghdad [Chicago 1965] 71f; Neusner 2,249). In mehreren Städten gibt es bedeutende Lern- u. Lehrzentren für das Studium des jüd. Gesetzes (*Nomos; *Halachah): Nehardea (vgl. Joseph, ant. lud. 18, 311), der Sitz des Exiloberhaupts (reä galuta’), das besonders in der 1. H. des 3. Jh. einflussreich war (bKetubbot 54a), Barneä, Huzal sowie, vor allem, Sura, Pumbedita u. Mahoza (Oppenheimer aO.; I. Gafni, Syn agogues in Babylonia in the Talmudic period: Urman / Flesher aO. 221/31; Μ. Beer, Art. Pumbedita: EncJud 13 [Jerus. 1972] 1384f; ders., Art. Mahoza: ebd. 11 [ebd. 1972] 729f; E. Bashan, Art. Sura: ebd. 15 [ebd. 1972] 521f). Das in arsakidischer Zeit entstandene Exilarchat behauptet sich bis zur Regie rungszeit von Peröz (484/88), unter dem die Juden verfolgt wurden. Judenverfolgungen sind besonders häufig mit Thronwechseln oder politischen Aufständen verknüpft (R. Brody, Judaism in the Sasanian empire: S. Shaked / A. Netzer [Hrsg.], Irano-Judaica 2 [Jerus. 1990] 52/62). Jüdische Schulen sind stets mit der Synagoge verbunden (G. F. Moore, Judaism in the first centuries of the Christian era l7 [Cambridge 1954] 308/22). Diese Schulen bilden Zentren des Wider stands gegen das Vordringen der Christia nisierung. I. Ortiz de Urbina (Die Gottheit Christi bei Afrahat [Roma 1933]) ist nach Hamack, Miss.4 2,695f der Ansicht, dass sich das Christentum im iran. Reich schon vor den Vertreibungen durch Säbuhr I (s. u. Sp. 214) von einer jüd. Basis aus verbreitet u. organisiert habe. Wenn die christl. Mission nennenswerte Erfolge erzielt, geschieht dies wahrscheinlich einerseits aufgrund eines schwachen Einflusses der rabbin. Tradition, wie zB. in der Adiabene (J. Neusner, The conversion of Adiabene to Christianity: Nu ntien 13 [1966] 144/50), andererseits in Umge bungen, die gegenüber fremden kulturellen
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Einflüssen besonders offen sind. Eine bQidduäin 71ab bezeugte Überlieferung lässt in P. heterodoxe (»gemischte' u. ,mit Makel be haftete') Formen des Judentums erkennen, wie zB. den Elchasaismus. Dies zeugt von einer gewissen Offenheit gegenüber fremden religiösen sowie kulturellen Einflüssen (zu den Bekehrungen u. dem Austausch zwi schen christl. u. jüd. Gemeinden im 8. u. 9. Jh. vgl. S. P. Brock, Jewish traditions in Syr iae sources: JournJewStud 30 [1979] 230). C. Christlich. I. Anfänge, a. Traditionelle Überlieferungen. Anlässlich des Pfingsttages zählt Act. 2, 9 unter den zum Christentum Konvertierten auch .Parther, Meder u. Elamiter, Bewohner von Mesopotamien' auf. Möglicherweise bilden diese nach Jerusalem gekommenen Pilger den Kem der künftigen christl. Gemeinden in P. Für die Verbreitung des christl. Glaubens in den iran. Provinzen während des 2./3. Jh. ist die Toleranz der arsakidischen Könige zweifellos vorteilhaft (J. Wolski, L’empire des Arsacides [Leuven 1993]). Zu dieser Zeit sind die Magier noch nicht so einflussreich wie in späterer Zeit, was die Inkulturation des Christentums si cherlich erleichtert hat. Die Kirche in P. be hauptet unter Berufung auf apokryphe Tra ditionen ihre direkte Abstammung von der Urgemeinde, sei es durch einen der zwölf Apostel oder durch einen der 72 Jünger (Lc. 10,1). Der Apostel Thomas gilt allgemein als der erste Missionar, der in diesen Regionen tätig war. Laut griechischen Quellen (zB. PsDoroth. Thyr. catal. apost.: 155, 16/156, 2 Schermann; Epiph.: 111, 1/6 Schermann; PsHippol.: 166, 1/4 Schermann) sowie latei nischen, sich auf das Breviarium Apostolo rum (BHL 652) stützenden Überlieferungen (Isid. Hisp. ort. et obit. 74, 132 [PL 83, 152]; C. de Smedt / G. van Hooff / J. de Backer [Hrsg.], Martyrologium Hieronymianum e codice Trevirensi: AnalBoll 2 [1883] 9; F. Dolbeau, Une liste latine d’apôtres et de dis ciples compilée en Italie du nord: ebd. 116 [1998] 18 §6; ders., Deux opuscules latins, re latifs aux personnages de la Bible et anté rieurs à Isidore de Séville: RevHistText 16 [1986] 128) habe er die Regionen an der Sei denstraße durchquert (Parthien, Media, Per sis, Baktrien; Jullien / Jullien 80/2). Spätere syrische Autoren, zB. Salomon v. Baçra oder Elias v. Damaskus, bringen Thomas mit *Indien in Verbindung. Dabei beziehen sie sich auf den in den Thomasakten (3. Jh. nC.,
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*Edessa) beschriebenen Reiseweg des Tho mas über Persis u. Sindh (J. S. Assemani, Bibliotheca Orientalis clementino-vaticana 3, 1 [Romae 1725] XIII; P.-H. Poirier / Y. Tis sot, Actes de Thomas: F. Bovon / P. Geoltrain [Hrsg.], Écrits apocryphes chrétiens [Paris 1997] 1321/470). Die sog. Patriarchen listen der ostsyr. Kirche enthalten in chro nologischer Reihenfolge die Namen der Pri masse des Ostens mit Sitz in Seleukeia-Ktesiphon, sowie die der Königsstädte, also der Hauptstädte des Perserreichs in ununter brochener, hierarchischer Folge seit Beginn der Christianisierung. Für Autoren wie zB. Barhebraeus (chron. eccl. 2, 34 [3, 171 Abbeloos / Lamy]) ist Thomas der erste Primas u. gilt als besonders erfolgreicher Missionar der Region Färs. Die von *Hieronymus überlieferte lat. Tradition erwähnt als Mis sionare die Apostel Simon Zelotes u. Judas Thaddäus, die in P. das Martyrium erlitten (PsAbdias, Pass. Simonis et Judae: 2, 534/9 Mombritius [BHL 2,7749/51]; Ven. Fort. 8,3 [MG AA 4, 184f]; vgl. Jullien / Jullien 63f). Missionar Mesopotamiens bis zum Pers. Golf ist Mär Märi, der Gründer der ostsyr. Kir che. Nach den aE. der sasanidischen Zeit verfassten Akten des Mär Märi (CSCO 602 / Syr. 234; Übers.: ebd. 603 / Syr. 235) scheint die Christianisierung P.s u. a. von *Edessa ausgegangen zu sein; dies wäre ein Beleg für den Ursprung der Mission in der Osrhoene, was bereits Soz. h. e. 2, 8, 2 im 5. Jh. für wahrscheinlich hält. b. Historische Anhaltspunkte. 1. Erste Spuren. Die ersten Hinweise auf ein Vor dringen des Christentums in P. stammen aus dem ,Buch der Gesetze der Länder' (2. Jh.). Dabei handelt es sich um den ältesten syr. philosophischen Traktat, der nach dem Mus ter der sokratischen Dialoge verfasst ist. Das Buch wurde um 196 von Philippos, ei nem Schüler des edessischen Philosophen *Bardesanes, nach dessen Tod verfasst. Das Werk beschreibt den Einfluss des Christen tums auf die Entwicklung von Sitten u. Ge bräuchen der heidn. Bevölkerung im Perser reich, besonders in den nördl. Regionen (Parthien, Media, Kuäänäahr), aber auch in der Persis u. in Hatra in Mesopotamien (ed. H. J. W. Drijvers, The Book of the Laws of the Countries [Piscataway 2007] 40/6; engl. Übers.: ebd. 41/7; ders., Bardaisan of Edessa [Assen 1966] 18/20. 90f). Zuverlässige Infor mationen über diese Regionen beginnen
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sonst erst ab der Regierungszeit Säbuhrs I (Mitte 3. Jh.; Jullien / Jullien 130/2). Auf Bar desanes stützen sieh sowohl Eus. praep. ev. 6,10,46 (SC 266,230) als auch PsClem. Rom. recogn. 9, 29, lf (GCS PsClem. Rom. 2, 313/7). Die soziale Stellung des Bardesanes muss seine geopolit. Kenntnisse wohl geför dert haben, denn nach Sextus Julius Africa nus, der ihn persönlich kannte, war er ein Vertrauter des edessischen Hofes Abgars VIII. In der 2. H. des 3. Jh. erwähnt *Porphyrios die Unterhaltung des Bardesanes mit indischen Botschaftern auf ihrem Weg nach Rom, um Kaiser *Elagabal Bericht zu erstatten (218/22; de abst. 4,17, 2). Diese In formationen lagen vermutlich der Redaktion des ,Buchs der Gesetze der Länder' zu grunde (Drijvers, Bardaisan aO. 174/6; Μ. Tardieu, Les paysages reliques [Louvain 1990] 41f). 2. Täufersekten. Die ersten Spuren der Christianisierung in Babylonien u. der südl. Mesene gehen auf Täufersekten zurück, für die die Quellen eine Aufnahme christlicher Elemente bezeugen. Dies deutet auf eine christl. Missionstätigkeit noch vor dem *Manichäismus ab 240/41 hin, da die Gemeinde der Baptistai, der Mani entstammt (dazu Cod. Manich. Colon. 94/7 [66/8 Koenen / Rö mer]; *Baptistes), einige vom Judenchristen tum geprägte Eigenschaften aufweist. Diese Gemeinden sind aus dem Judentum hervor gegangen u. haben die jüd. Speisegesetze so wie rituelle Vorschriften ebenso übernom men wie gewisse aus dem Christentum stam mende Praktiken, zB.: a) ein rituelles *Mahl mit ungesäuertem Brot (Cod. Manich. Colon. 91,9/92,11 [64 K. / R.]); b) den Bezug auf die »Vorschriften des Erlösers' (ebd. 79, 20; 80, 11; 84,8.20; 91,10.19f [54. 58. 64 K / R.]); c) die Verwendung einer Form des NT (92, 3/93, 20 [64 K. / R.]), die mit Tatians Diatessaron übereinstimmen könnte. Zur Zt. der Entstehung des Cod. Manich. ist das Diatessaron in der östl. aramäisch- u. griechisch sprachigen Kirche sehr verbreitet. Die An spielung auf den ntl. Text hinsichtlich des Letzten Abendmahls scheint eine Synthese aus den synoptischen Ew. zu sein (Μ. Tar dieu, Principes de l’exégèse manichéenne du NT: ders. [Hrsg.], Les règles de l’interpré tation [Paris 1987] 126 nr. 16). Diese Grup pierung ist Teil einer vielschichtigen Bewe gung, die zu einem nicht-normativen Juden tum gehört, das schnell von äußeren,
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besonders christlichen Einflüssen durch drungen wird. Gelegentlich vermitteln die manichäischen Quellen auch einen Einblick in die Formen der Christianisierung dieser Täufersekten. Nennenswert sind zB. Manis Kenntnisse der bibl. Erzählungen u. der Apostel-Traditionen, besonders bezüglich Thomas, mit dessen Mission sich Mani iden tifizierte (ders., Le manichéisme2 [ebd. 1997] 40f). In der im ,Buch der Scholien' bezeugten Aufzählung heterodoxer Gruppen erwähnt Theodor Bar Konai (7. Jh.) die Herkunft ver schiedener Täufersekten u. ihrer religiösen Formen, die stark christlich geprägt sind. Diese Gruppierungen sind noch zu Theodors Zeit bezeugt, u. zwar im südl. Kaäkar u. in Babylonien (H. Pognon, Inscriptions mandaïtes des coupes de Khouabir 2 [ebd. 1899] 224). 3. Erste Bischöfe. Zwar setzen die ersten Bischofslisten der pers. Kirchengeschichte erst nach 410 ein (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 410: Synod. Orient. 35f Chabot), aber an hand der Konzilsakten sowie der historiographischen u. martyrologischen Quellen kann man von einer in bestimmten Regionen des Reichs bereits aA. des 4. Jh. abgeschlos senen Christianisierung ausgehen. In das 3. Jh. zurückreichende Zeugnisse für die Re gion Garamaea, südlich des Flusses Kapros, finden sich in der Geschichte von Karkä d-Bëth Slokh (modern: Kirkuk; Bedjan, Act. mart. 2, 507/35; BHO 705) u. im Werk des arab. Geschichtsschreibers Ibn at-Tayyib (W. Hoenerbach / O. Spies [Hrsg.], Fiqh anNasrämya 1/2 = CSCO 161.167 / Arab. 16.18 [Louvain 1957] 121). Nach einer traditionel len Überlieferung wurde Kaëkar, der erste Bischofssitz von Bëth-Aramâyë, bereits vor dem Bischofssitz von Seleukeia-Ktesiphon gegründet; beide Sitze werden auf apostoli sche Zeit zurückgeführt (A. van Lantschoot, Art. Cascar: DictHistGE 11 [1949] 1266f; Ch. Jullien, Kaëkar ,1a sublime' et sa singu lière prééminence sur le siège patriarcal de Séleucie-Ctésiphon: A. Panaino / A. Piras [Hrsg.], Proceedings of the 5th Conference of the Societas Iranologica Europaea 1 [Milano 2006] 543/52). Die ältesten christl. Zeugnisse in Bëth-Lapat in der Susiana stammen aus der Zeit der Deportationen (256 nC.). Die aus der Zeit von Säbuhr II (309/79) stam menden Akten der pers. Märtyrer bezeugen Bischöfe in Herbath-Gelal iJ. 319, in Sahrgard (BHO 806) um 330, in Bëth-Garmai,
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Hulwän u. Hormizd-ArdaSir iJ. 341 (F. Nau, Martyrologe et ménologes orientaux I/XIII = PO 10,1 [Paris 1912] 24), in Sinjar um 374 (J.-M. Fiey, Ma'ïn Général de Sapor II, con fesseur et évêque: Muséon 84 [1971] 437/53) u. in Henaita, einem Bezirk nordwestlich von Adiabene, vor 379 (Bedjan, Act. mart. 2, 361). Soz. h. e. 2, 12, 14 beschreibt die Adi abene zu seiner Zeit als eine »nahezu voll kommen christl. Region'. Diptychen erwäh nen Bëth-Zabdai als eine antike Diözese in der Adiabene (J.-M. Fiey, Diptyques nestoriens du 14e s.: AnalBoll 81 [1963] 387). Die ersten Bischöfe, Heliodoros u. Dawsa, gehö ren zu den unter Säbuhr II Deportierten (Bedjan, Act. mart. 2, 316/24; BHO 375). Er wähnenswert sind ferner zwei Bischofssitze in der Mesene, ein Bischofssitz in Bêth-Miraq (Säd-Säbuhr, einem iran. Bezirk in der nordwestl. Susiana) sowie zwei Sitze in Suätar u. Susa, die iJ. 310 die hierarchische Zentralisierung des Bischofssitzes von Seleukeia unter dem Primat des Papa Bar Aggai in Frage stellen (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 497: Synod. Orient. 62. 67 Chabot; Conc. unter Mär Ezechiel vJ. 576: ebd. 110 Ch.). c. Umsiedlungen nach Persien. 1. Ansied lung. Der permanente Kriegszustand zwi schen Rom u. dem Perserreich beeinflusst die Entwicklung des Christentums in P. be trächtlich. Die in den syr. Quellen als .Grie chen' Bezeichneten sind häufig ehemalige Deportierte aus dem oström. Reich. Dabei handelt es sich um eine eher kulturell als po litisch geprägte Bezeichnung (mit junge griech. Gefangene' bezeichnet die Chronik v. Seert die Nachfahren der Vertriebenen: 27 [PO 4, 3, 303f]; vgl. Narr. Simeonis Barsaba 98 [PSyr 1,2,958]). Sie spielt auf die Sprache an, die in den großen Metropolen in Syrien, besonders in der Region um Antiochia, ge bräuchlich war. Dennoch wird mit .Griechen' auch die meist aramäischsprachige Mehrheit der Deportierten bezeichnet. Die Anwesen heit .griechischer' Fremder stellt in P. kein neues Phänomen dar. Bereits in seleukidischer Zeit nahmen Städte u. Kolonien fremde Bevölkerungsgruppen auf. Mit der Thronbesteigung der Sasaniden setzt dann eine intensive Umsiedlungs- bzw. Deporta tionspolitik (in assyr. u. achämenidischer Tradition) ein, die zur dauerhaften, gelegent lich in bestimmten Regionen auch endgülti gen Ansiedlung einer ,griech.', häufig auch
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christianisierten Minderheit führt, ganz be sonders nach den Feldzügen Säbuhrs I iJ. 252/53, 256 sowie 259/60 (S. N. C. Lieu / Μ. H. Dodgeon, The Roman eastem frontier and the Persian wars [AD 226/363]2 [London 1994]). - Die dreisprachige Inschrift in der Ka'ba-i Zarduät in Naqë-i Rustam kommemoriert die Siege Säbuhrs I, der sich der Eroberung von 37 Städten rühmt (A. Maricq, Classica et Orientalia 5. Res Gestae Divi Saporis: Syria 35 [1958] 338/42). Wäh rend seines dritten Feldzugs kämpft er ge gen Valerian in der Region südlich von Edessa. Der röm. Kaiser wird gefangenge nommen u. zusammen mit seinen 70000 Sol daten u. Offizieren deportiert u. in demüti gender Gefangenschaft gehalten. Der Groß könig rühmt sich dieses Ereignisses, das auf historischen Reliefs, zB. in BiSäbuhr u. Naqä-I Rustam, dargestellt wird (R. Ghirshman, Iran. Parthes et Sassanides [Paris 1962] 155/6 Taf. 161.196. 205). Nach dem Ge schichtsschreiber Taban gab es in der Susi ana, nicht weit von der Stadt SuStar ent fernt, ein Stauwehr, das ,Band i Kaisar' (d. h. .Caesars Damm') genannt wurde (Nöldeke, Gesch. aO. [o. Sp. 202] 32f); diese Bezeich nung lässt auf die Beteiligung römischer Ge fangener an der Errichtung dieses Bauwerks schließen. Zielregionen der pers. Umsiedlun gen u. Deportationen sind die Persis, Parthien, die Susiana, Azorestän sowie jedes Gebiet, in dem sich ein königliches Anwesen befindet (Maricq aO. 324). - Der Autor der Chronik v. Seert zählt die Städte auf, denen Säbuhr die Gefangenen zuwies (zur Grün dung der eponymen Städte u. zum Schwund der benachbarten Siedlungen F. Altheim / R. Stiehl, Staatshaushalt der Sasaniden: Nou velle Clio 5 [Paris 1953] 267/9): a) Säd-Säbuhr (arab.: Dayr Mihraq oder Dayr al Murra; nabatäisch: Raimä) in Mesene; b) Biääbuhr, eine der bekanntesten Residenz städte in der Persis (die Ausgrabungen wur den vor dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung von G. Salles u. R. Ghirshman durchgeführt); c) Burzug-Säbuhr, oder Marw Habor, am Tigris (Chronik v. Seert 2 [PO 4, 3, 221]). Neben diesen drei Städten wird in der Chronik der Wiederaufbau von Gundeääbuhr / Veh-Andiyök-Säbuhr (,das neue An tiochia von Säbuhr': Gyselen, Géographie 61) in Huzistän erwähnt. Das neue Antiochia soll auf der alten Stadt Bëth-Lapat gegründet worden sein, deren alter Name von den Sy-
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rem weiterhin verwendet wurde. Es lassen sich jedoch keine archäolog. Hinweise auf eine ältere Siedlung feststellen, die somit le diglich literarisch bezeugt ist (R. McC. Adams / D. P. Hansen, Archaeological recon naissance and soundings in Jundl Shähpür: Ars Orientais 7 [1968] 53/70). Die Chronik v. Seert berichtet davon, dass der Bischof von Antiochia, Demetrianus, während des Krie ges Säbuhrs gegen Rom iJ. 253 mitsamt sei nem Klerus in die Susiana deportiert wurde (2 [PO 4,3,221]; P. Peeters, S. Démétrianus, évêque d’Antioche?: AnalBoll 42 [1924] 288/314), doch weder Eusebius oder Sozomenus noch ihre Zeitgenossen bestätigen dies. 2. Vermittlung von technischem Wissen. Der eigentliche Zweck der Deportationen, die Bestandteil des polit, u. militärischen Systems der sasanidischen Monarchie sind, besteht u. a. in der Gewinnung u. Nutzung von technischem Wissen des Westens (S. Lieu, Captives, refugees and exiles: Ph. Freeman / D. Kennedy [Hrsg.], The defence of the Roman and Byz. East [Oxford 1986] 475/505; Μ. G. Morony, Population transfers between Sasanian Iran and the Byz. empire: A. Carile [Hrsg.], Convegno intemazionale. La Persia e Bisanzio [Roma 2004] 161/79; Jullien / Jullien 156f). Aus dem westl. Mesopo tamien, Kleinasien u. Syrien (Antiochia wird zweimal von Säbuhr u. dann von Husraw er obert), wo die Deportierten bereits gut in tegriert waren, stammen viele qualifizierte Kräfte, die aufgrund ihrer technischen Fä higkeiten in der *Landwirtschaft, im Stadt bau u. im Handwerk eingesetzt werden (zB. als Wasserbauingenieure u. als Brokatwe ber: PsFaust. Byz. hist. 5, 4 [193 Garsoïan]; für die Zeit Säbuhrs II: Bedjan, Act. mart. 2, 208/54; C. Barbier de Meynard, Les Prairies d’or 2 [Paris 1863] 186f; das hohe Ansehen, das die abendländischen Handwerker bei den Persern genossen haben, bezeugt der Brief von Tansar: N. E. Μ. Boyce, The letter of Tansar [Rome 1968] 64). Westliche Ein flüsse sind sowohl in der Architektur der Städte, die von den Deportierten erbaut werden, als auch bei einzelnen Gebäuden spürbar, deren Dekoration, Stil u. Ornamen tik fremde Hände erkennen lassen (R. Ghirshman, Bîchâpour 2 [Paris 1956] Taf. If; G. A. Salles, Les fouilles de Chapour: CRAcInscr 85 [1941] 521; ders., Nouveaux docu ments sur les fouilles de Châpour. IV”* et
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Vmc campagnes: RevArtsAs 13 [1942] 99f Taf. XXIII; J. Balty, Les mosaïques: B. Overlaet [Hrsg.], Splendeur des Sassanides [Bruxelles 1993] 69; Invemizzi aO. [o. Sp. 202]; Jullien / Jullien 160/93). 3. Polit. Kontinuität. Eine kontinuierliche Umsiedlungspolitik wird von Säbuhr II be gonnen u. von Husraw I u. Husraw II wei tergeführt (G. Greatrex / S. N. C. Lieu [Hrsg.], The Roman eastern frontier and the Persian wars [AD 363/630] 2 [London 2002]). Auch König Kaväd I (488/96) siedelt nach Procop. aed. 3, 2 römische Gefangene aus Amida u. Maypherqat nach Räm-Kaväd, an der Grenze zwischen Huzistän u. Färs, um. Josua der Stylit, der zu jener Zeit lebt, be richtet außerdem von einer Belagerung der Stadt Edessa, bei der 18500 Menschen, un ter ihnen auch viele Christen, in das Perser reich umgesiedelt werden (W. Wright, The Chronicle of Joshua the Stylite [Cambridge 1882] 40f). In der Nähe von Ktesiphon wird von Husraw I eine neue Stadt für die Depor tierten aus Apamea u. Dara gegründet. Sie trägt den Namen Veh-Andiyök-Husraw, ,das neue Antiochia von Husraw' CAvrioxeia xooQÖov: Procop. b. Pers. 2, 9; Chron. min. zJ. 846 [CSCO 3 / Syr. 3, 230; lat. Übers.: ebd. 4 / Syr. 4,174]). Unter den von der Umsied lung betroffenen Gefangenen befindet sich nach Barhebraeus auch der Bischof von Apa mea (E. A. W. Budge, The Chronography of Gregory Abü ‘1 Faraj [Amsterdam 1976] 74). Wegen ihrer ,röm.‘ Bewohner wird die Stadt in der Region Rumagän genannt; später er hält sie von den Arabern den Namen alRumiyya. Die Christen von Veh-AndiyökHusraw scheinen über religiöse Freiheit ver fügt zu haben: Der König soll ihre Ansiedlung durch besondere Privilegien ge fördert haben (Tabari: Nöldeke, Gesch. aO. [o. Sp. 202] 164/6; dies könnte auch auf König Säbuhr I zutreffen: vgl. dazu die Chronik v. Seert 2 [PO 4, 3, 222f|). Die Melkiten bauen dort eine Marien- u. eine Sergiuskirche (Agapius v. Membidj, hist, univ.: PO 8, 3, 447), deren Bau Michael der Syrer König Husraw II zuschreibt (chron. 10, 23 [2, 372 Chabot]): Der Patriarch von Antiochia, Anastasios I, habe iJ. 590/91 eine Reise dort hin unternommen, um die Kirchen sowie Priester u. Diakone zu weihen (ebd.). Eine andere christl. Gemeinde mit westsyrischem Ritus in Veh-Andiyök-Husraw scheint eben falls groß gewesen zu sein, da dort eine Kir-
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ehe zu Ehren der Apostel gebaut wurde, u. zwar im Namen der Lieblingsfrau des Kö nigs, Sïrën, die als Christin u. Beschützerin der Syrisch-orthodoxen in P. gilt. 4. Kulturelle Vielfalt. Sie ist für die Ge sellschaft des Perserreichs charakteristisch. Dabei handelt es sich um ein soziales Phä nomen, das sich in den christl. Gemeinden mit ihrer Sprachenvielfalt (Griech. / Syr., Pers. / Syr.) widerspiegelt. Die Spuren eines doppelt besetzten Bischofssitzes, dessen ei ner Inhaber in den Städten der Deportierten häufig einen griech. *Namen trägt, weisen nicht unbedingt auf die Existenz selbständi ger u. voneinander getrennter Kirchen in Mesopotamien u. P. hin (S. P. Brock, L’Église de l’Orient dans l’empire sassanide jusqu’au 6e s. et son absence aux conciles de l’empire romain: Istina 40 [1995] 27). In der Mehrheit der Fälle handelt es sich vielmehr um eine bischöfliche Mitverwaltung, eine Praxis, die im 4. Jh. wohl sehr verbreitet war (Eus. h. e. 6, 11, 3), durch die aber auch Ri valitäten zwischen den beiden Inhabern ent stehen können (vgl. zB. den Bischofssitz von Määmähig in Bëth-Qatrâyë [J. Beaucamp / C. Robin, Mââmâhîg dans l’archipel d’al-Bahrayn (5./9. s.): D. T. Potts (Hrsg.), Dilmun (Berlin 1983) 179/81] oder den in Belaäphar [Conc. Markabta de Tayyaye vJ. 424: Synod. Orient. 43 Chabot]). - Die Chronik v. Seert berichtet vom Wirken Bar Sabas (,der De portierte') in Khorassän (40 [PO 5, 2, 253/8]; J.-M. Fiey, Chrétientés syriaques du Horäsän et du Ségestân: Muséon 86 [1973] 76f). Handelt es sich bei der Geschichte von Bar Saba um eine pseudonymische Legende (N. Sims-Williams, Art. Baräabbä: Enc. Iranica 3 [1985] 823; S. P. Brock, Bar Shabba / Mär Shabbay, First bishop of Merv: Syr. Chris tentum weltweit, Festschr. W. Hage [1995] 190), könnte ihre Entstehung mit der An kunft ehemaliger syrischer Gefangener Zu sammenhängen. - Belege für die Bedeutung der Zweisprachigkeit im Perserreich sowie im oström. Reich finden sich in Epigraphik, Onomastik sowie Literatur (D. G. K. Taylor, Bilingualism and diglossia in late antique Syria and Mesopotamia: J. N. Adams / Μ. Janse / S. Swain [Hrsg.], Bilingualism in ancient society [Oxford 2002] 298/332; F. Briquel-Chatonnet [Hrsg.], Mosaïque de lan gues, mosaïque culturelle. Le bilinguisme dans le Proche-Orient ancien [Paris 1996] 13/7). Beispielhaft dafür ist ein Abschnitt aus
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dem Leben des Mär Abba (540/52): Nachdem er seine Anhänger auf Syrisch unterrichtet hat (Syrisch war die Sprache der Liturgie u. der Literatur in Mesopotamien sowie im Perserreich bis nach Zentralasien u. Indien), wiederholt er seine Lehre in persischer Sprache, um sich besser verständlich zu ma chen (P. Bedjan, Histoire de Mar-Jabalaha, de trois autres patriarches, d’un prêtre et de deux laïques, Nestoriens2 [Paris 1895] 540). Nach Ph. Gignoux liefern einige christl. In schriften auf sasanidischen Siegeln weitere Hinweise auf die Diglossie (Gignoux, Titres aO. [o. Sp. 201] 202f; ders., Sceaux chrétiens d’époque sassanide: Iranica Antiqua 15 [1980] 305/13): Die Bildunterschriften in Sy risch oder Pahlavi oder in beiden Sprachen bezeugen die Offenheit der ostsyr. Christen u. ihre erfolgreiche Integration in das öffent liche Leben des Sasanidenreichs (F. Jullien [Hrsg.], Eastem Christianity. A crossroads of cultures [Leuven 2012] 22/35). - Onomastische Beobachtungen lassen eine starke Ak kulturation, aber auch eine gemischte Struk tur des iran. Christentums erkennen: Die vom Heidentum oder vom Zoroastrismus konvertierten Christen entscheiden sich häufig, ihren *Namen zu ändern u. sich einen neuen Namen bzw. ein auf den neuen Glau ben anspielendes Patronymikon beizulegen, vor allem wenn der alte Name Götternamen oder -attribute enthielt. Alternativ können die Bekehrten auch ihren alten Namen be halten, wenn dieser neutral konnotiert oder innerhalb des neuen religiösen Kontexts ver ständlich ist. Dazu liefern die syr. Quellen zahlreiche Belege: Yazd-panäh ist zB. der Name eines Magiers, der von seiner Ge meinde als ein Weiser angesehen wurde u. das Amt des obersten Richters in seinem Dorf in der Susiana ausübte; der Name be deutet .Schutz Gottes' (Ph. Gignoux / Ch. Jullien / F. Jullien, Noms propres syriaques d’origine iranienne [Wien 2009] 145 nr. 455a; Bedjan, Histoire aO. 394/415). In ähnlicher Weise kann der Name des Märtyrers Sëbuxt (.gerettet von den Drei'; Gignoux / Jul lien / Jullien aO. 122 nr. 375a; 5. Jh.) als eine Anspielung auf die Trinität verstanden wer den. Besonders die gemischten Namensfor men geben Aufschluss über die Zweispra chigkeit, die für die christl. Gemeinde der pers. Kirche u. ihre Verwurzelung in der Ge sellschaft typisch ist: Ein Beispiel dafür lie fert der Name des Katholikos vJ. 420, Märä-
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buxt, der aus dem syr. Substantiv Mär Verhaftungen u. ’Hinrichtungen aus. Durch (,Herr‘, .Heiliger*) u. der mittelpers. Parti den Friedensvertrag mit Theodosius II kann zipform buxt (.gerettet*) gebildet ist (ebd. 97 unter König Wahräm V (420/38) eine relative nr. 275). Gemischte Namensformen mit I§ö‘ Stabilität gewährleistet werden; unter Yazd(Jesus) liegen zB. in Dâdîèô' (.Geschenk gird II (438/57) führen Verhandlungen zu ei Jesu*), ïêô'-buxt (.von Jesus gerettet*) u. nem Ende der Gewalt. Besonders hart sind I§ö*-panäh (.Schutz Jesu*) vor (Ph. Gignoux / die Verfolgungsmaßnahmen gegen die No Ch. Jullien, L’onomastique iranienne dans les tablen unter den Mazdaisten, die sich zum christl. Glauben bekehrt haben: Dies bezeu sources syriaques: ParolOr 31 [2006] 287). II. Christenverfolgungen, a. Historische gen die großen Passiones des frühen 7. Jh. Anhaltspunkte. Infolge der ’Christenverfol (615/28), namentlich die des Giwargis Mihrgungen im Röm. Reich wandern auch Chris Mäh-GuSnap (Bedjan, Histoire aO. 416/71; ten nach P. aus. Einer der Ersten ist Theo- BHO 323), die des Grigor Plrän-Guänap kritos, der Bischof von Karkä d-Bëth Slokh, (Bedjan, Histoire aO. 347/94; BHO 353), die der vor der Gefahr der Verfolgungen seiner des Yazd-panäh (Bedjan, Histoire aO. Gemeinde zZt. von Vologaeses IV (148/92) 394/415; BHO 431) sowie die des Iäö'sabran geflohen war (J.-M. Fiey, Vers la réhabilita (J.-B. Chabot, Histoire de Jésus-Sabran, tion de l’histoire de Karka d’Bét Sloh?: Anal- écrite par Jésus-Yab d’Adiabène: Nouvelles Boll 82 [1964] 196; M.-L. Chaumont, La chris archives des missions scientifiques et lit tianisation de l’empire iranien = CSCO 499 / téraires 7 [1897] 485/585; BHO 451) u. die des Subs. 80 [Louvain 1988] 40; F. Jullien, Un Anastasios (B. Flusin, S. Anastase le Perse exemple de relecture des origines dans et l’histoire de la Palestine au début du 7e s. 1 l’Église syro-orientale. Théocrite et l’évêché [Paris 1992]). 2. Klassifizierung der pers. Märtyrerlite de Sahrgard: Panaino / Piras aO. [o. Sp. 212] 553/60). Eine spätere Vertreibungswelle von ratur. Klassischerweise werden die pers. Mönchen u. Bischöfen fallt in die Zeit des Märtyrererzählungen in drei Kategorien un Kaisers Valens (364/78). tergliedert (P. Devos, Les martyrs persans à 1. Pers. Märtyrer. Die ersten Verfolgun travers leurs actes syriaques: La Persia e il gen religiöser Minderheiten im sasanidi- mondo greco-romano. Atti del convegno schen Reich finden unter Wahräm II (274/93) [Roma 1966] 213f): a) Historische Passiones, statt. Durch die Verfolgungen verliert die die sich auf juristische Protokolle sowie auf kirchl. Organisation schnell an Struktur. Aus Berichte von Augenzeugen stützen (H. De’’Aphrahat (demonstr. 14, 4; 23, 69 [PSyr 1, lehaye, Les légendes hagiographiques3 [Bru 1, 581; 1,2,149; vgl. Narr. Simeonis Barsaba xelles 1927] 106/9); vgl. im 5. Jh. die Erzäh 4 [ebd. 1, 2, 790]) lässt sich schließen, dass lungen des Mihr-Säbuhr, des Jakob des No eine neue Verfolgung von Säbuhr II wohl tars u. des Narsai, welche von Abgar, einem unter dem Vorwand durchgeführt wird, die zeitgenössischen Mönch, ediert wurden (P. Christen weigerten sich, eine doppelte Kopf Devos, Abgar, hagiographe perse méconnu: steuer zur Unterstützung des Krieges gegen AnalBoll 83 [1965] 303/28) sowie im 6. Jh. die Rom zu bezahlen. Im J. 339 beginnt eine Passio der Sïrën; b) erzählende u. panegyri Verfolgungszeit, die zunächst 40 Jahre lang sche Passiones von Märtyrern sowie Akten, anhält (Soz. h. e. 2,14, 5 berichtet, vielleicht die zT. auf der Grundlage von älterem Ma übertreibend, von 16 000 Märtyrern), u. die terial verfasst werden, zB. die Erzählungen dann von späteren Königen periodisch u. bis des Simeon Bar $abba‘ê, der Pusiy u. Mar zum Ende der Dynastie weitergeführt wird, tha sowie des Baräibia (4. Jh.); c) romanhafte da das ursprüngliche Verfolgungsedikt nie Erzählungen, die aus Interpolationen u. he aufgehoben wird. Die Akten der pers. Mär terogenen Anekdoten bestehen (V. Saxer, tyrer, die in syrischer Sprache u. meist von Art. Martyres III: Dict. encyclopédique du Zeitgenossen verfasst werden, bezeugen das christianisme ancien 2 [Paris 1990] 1575/80), Ausmaß der Verfolgungen (Bedjan, Act. wie zB. die Geschichten von Dädöy, Mihrmart. 1/4). - Die polit.-militärischen Unwäg Narseh, Zebine, Lazarus, Brikiäö' u. ihren barkeiten u. die Wiederaufnahme der Feind Gefährten, sowie die Geschichten von Isaak seligkeiten mit dem oström. Reich führen u. Säbuhr. immer wieder zu Einschränkungen für die b. Christi. Identität. Seit der Mailänder christl. Gemeinden: Jeder neue Krieg löst Vereinbarung vJ. 313 wird die Stellung der
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ehristl. Untertanen des Großkönigs proble matisch: Die iran. Christen, selbst von Ver folgungen bedroht, fühlen sich zu benachbar ten christlichen Ländern hingezogen, in de nen scheinbar Frieden u. Wohlstand herrschen; deshalb können sie leicht der Komplizenschaft mit dem röm. Kaiser ange klagt werden (Narr. Simeonis Barsaba 11 [PSyr 1, 2, 806]; vgl. auch die Hoffnung auf ein christl. Königreich, das mit dem Eintre ten des messianischen Zeitalters verwech selt wurde [Aphr. demonstr. 5 (ebd. 1, 1, 184/237)]; Μ.-J. Pierre, Thèmes de la contro verse d’Aphraate avec les tendances judaïsantes de son Église: Ch. Jullien 118). Die Echtheit des Briefes Konstantins an Säbuhr, von dem Eusebius berichtet (vit. Const. 4, 9/13 [GCS Eus. 1,121/3]; vgl. Soz. h. e. 2,15; Theodrt. h. e. 1, 25, 1/14; Gelas. Cyz. h. e. 3, 11, 1/11), ist umstritten (Ch. Μ. Odahl, Con stantine and the Christian empire [London 2004] 271. 368f6; T. D. Barnes, Constantine and the Christians of Persia: JournRomStud 75 [1985] 131f; dagegen: D. Frendo, Constantine’s letter to Shapur II: Bull, of the Asia Inst. NS 15 [2001] 57/69; Th. G. Elliot, Eusebian frauds in the Vita Constantini: Phoe nix 45 [1991] 162/71). Der Brief propagiert die Vorstellung eines gemeinsamen Schick sals aller Christen über die Grenzen hinaus u. unter der Ägide des Kaisers, der den Ge meinden in P. ein wohlwollendes Verhalten gegenüber dem mazdäischen König emp fiehlt (D. de Decker, Sur le destinataire de la lettre au roi des Perses [Eus. vit. Const. 4, 9/13] et la conversion de l’Arménie à la reli gion chrétienne: Persica 8 [1979] 99/116; F. Winkelmann, Zur Gesch. des Authentizitäts problems der Vita Constantini: Klio 40 [1962] 198/205). Das grenzüberschreitende Zusam mengehörigkeitsgefühl der Christen wird durch den Begriff ,Volk Gottes' zum Aus druck gebracht (Aphr. demonstr. 5, 1 [PSyr 1, 1, 184, 11]; Bedjan, Act. mart. 4, 257, 5f; Brock 12/9). - Mit Bezug auf die pers. Kirche verwenden die syr. Quellen wiederholt zwei Bezeichnungen für Christen: 1) krïstyonê (Anspielung auf Act. 11, 26), die allgemeine Selbstbezeichnung der christl. Gemeinde, die stark identitätsstiftend wirkt; 2) nasrâyë (,Nazarener'), eine abwertende Fremdbe zeichnung, die meistens von mazdäischen Gegnern verwendet wird (Ch. Jullien / F. Jullien, Aux frontières de l’iranité. ,Na§râyë‘ et (krîstyonë' des inscriptions du mobad Kir-
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dir: Numen 49 [2002] 282/335; Brock 3/10; Labourt 113/7). c. Kirchenorganisation. Nach der 70 Jahre dauernden Christenverfolgung unter Säbuhr II gelingt der Kirche in P. eine Reorganisa tion erst Anf. des 5. Jh. Eine vom Bischof u. Arzt Marutha v. Maypherqat geleitete *Gesandtschaft, die im Auftrag des Kaisers Ar cadius u. seines Sohnes Theodosius II König Yazdgird I aufsucht, erhält von diesem die Erlaubnis, iJ. 410 eine außerordentliche Syn ode abzuhalten, auf der die im Rahmen des Konzils v. Nizäa getroffenen Beschlüsse an genommen werden (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 410: Synod. Orient. 23 Chabot). Da bei werden ein Kanon für den Ablauf litur gischer Feiern festgelegt u. die kirchl. Verwaltungsgerichtsbarkeit umgestellt. Ca. 80 Bischöfe gehören zu dieser Zeit zum Patriarchat von Seleukeia-Ktesiphon. Die Metropolitansitze liegen in den großen Städ ten u. sind hierarchisch geordnet. Die Cano nes der Synode legen außerdem die diöze sanen Grenzen fest. Der Inhaber des Sitzes in Seleukeia ist ,der große Metropolit, der Anführer aller Bischöfe' (ebd. cn. 21 [33]). Der patriarchalen Gerichtsbarkeit in BethAramäye (Babylonien) unterstehen BethDaräye, Beth-Mihraqäye u. Beth-Kusäye. An zweiter Stelle steht der Bischof von Beth-Lapat, der Metropolit von Beth-Huzäye (Susiana), mit den Sufiraganbistümera Karkä d-Ledän, Hormizd-Ardaäir, Suätar, Susa (W. Schwaigert, Das Christentum in Hüzistän im Rahmen der Frühen Kirchengesch. P.s bis zur Synode v. Seleukeia-Kte siphon iJ. 410 [1989]). Es folgt der Sitz von Nisibis in Beth-‘Arabäye, von dem Arzön, Qardou u. Beth-Zabdai abhängen. Der kirchl. Gerichtsbarkeit der Mesene unterstehen Rimä u. Nehargour als Suffraganbistümer. Dann kommt der Sitz von Arbela in der Adi abene, von dem hauptsächlich Beth-Nuhadra, Beth Bagaä u. Beth-Dasen abhängig sind. Es folgt der Inhaber des Sitzes in Karkä d-Beth Slokh in Beth-Garmai, der Me tropolit der Bischofssitze von Sahrgard, La§öm, Arewan, Herbat-Gelal. Erst in späterer Zeit werden die Metropolitansitze der Di özesen von Beth-Madäye, Beth-Raziqäye so wie von Abaräahr (Bezirk von NKäbuhr) u. Färs festgelegt, wovon die Bischöfe der In seln (in Beth-Qaträye u. Beth-Mazonäye) u. Indiens bis zum 8. Jh. abhängig sind (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 410 cn. 21 [Synod.
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Orient. 33f Ch.]). Die Beschlüsse des Konzils werden von den Behörden anerkannt, für das gesamte Reich als gültig erklärt u. bei den nachfolgenden Synoden vJ. 420 u. 424 bestätigt. Zu dieser Zeit ist das Sasanidenreich bis an die nördl. u. östl. Grenzen mis sioniert (*Limes): Ray, Marv, Nlääbuhr u. Herät sind bereits Bischofssitze (Conc. Markabta de Tayyaye vJ. 424: ebd. 43 Ch.). Ein Bischof von al-Hira, der Hauptstadt der Lachmiden, eines Vasallenstaats des Sasanidenreichs, ist bei der Synode anwesend: Dies deutet auf das Fortschreiten der Chris tianisierung zwischen den Stämmen an der westl. Grenze hin. III. Geschichte der Kirche in Persien, a. Entwicklung zur Autonomie. 1. Annahme des Dyophysitismus. Zu Beginn des 5. Jh. steuert die Kirche des Ostens (oder ostsyr. Kirche; später zu Unrecht als ,nestorianisch‘ bezeichnet) auf eine Autonomie zu. Diese Entwicklung wird durch zwei Faktoren ge fördert. Zunächst spielt die Schule von Nisibis eine Rolle: Die auf Anweisung von Kai ser Zenon iJ. 489 erfolgte Schließung der sog. Schule der Perser in Edessa (Osrhoene), deren Theologen die antiochen. dyophysitische Lehre vertraten, u. ihre Rückverlegung nach Nisibis unter der Leitung des Kirchen lehrers Narsai tragen zu einer dauerhaften Verankerung der Lehre Diodors v. Tarsos u. Theodors v. Mops, in P. bei (A. Becker, The fear of god and the beginning of wisdom [Philadelphia 2006] 77/97. 113/25). Die dort vermittelte Lehre steht der Christologie entgegen, die beim Konzil v. Ephesos durch *Cyrill v. Alex, vertreten wird u. die zur *Exkommunikation des Nestorius führt. Barsauma, Bischof von Nisibis (415/92-5), der aus der Schule von Edessa hervorgeht, wird zu einem Betreiber der dogmatischen Abspaltung der pers. Kirche. Unter seiner Leitung wird die antiochen. Theologie end gültig bestätigt, nach der in Christus zwei Naturen bzw. zwei Hypostasen, eine menschliche u. eine göttliche, nebeneinander bestehen. Die Annahme des Dyophysitismus isoliert die Kirche des Ostens innerhalb des Christentums u. bindet sie dadurch noch stärker an das Sasanidenreich. Dies spiegelt sich zB. in den Werken des Barhebraeus wi der (chron. eccl. 2, 22 [3, 61/7 Abbeloos / Lamy]). Bar$auma fordert, dass alle Mitglie der des weltlichen Klerus die Ehe eingehen, wobei er mit der für die syr. Gemeinden
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sonst typischen Tradition einer strengen As kese bricht. Vorschriften dieser Art erklären sich aus dem Wunsch der Christen, sich in der iran. Mentalität zu verwurzeln, die dem Zölibat gegenüber negativ eingestellt ist (Conc. Bëth ‘Edrai vJ. 486 cn. 3 [Synod. Ori ent. 56/8 Ch.]; Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 497: ebd. 63 Ch.; A. Panaino, The Zoroastrian incestuous unions in Christian sources and canonical laws: Ch. Jullien 69/87). Durch die offensichtliche Abgrenzung von den westl. Glaubensbrüdern zielt die ostsyr. Kirche wohl auch darauf ab, ihre Integration in das Sasanidenreich hervorzuheben u. sich da durch vor Verfolgungen zu schützen. Diese Maßgaben, die auf der Synode v. Bëth-Lapat vJ. 484 verabschiedet wurden, werden 486 auf der Synode v. Seleukeia-Ktesiphon unter Akakios wiederholt u. 497 unter dessen Nachfolger Babai erneuert u. bestätigt. Bei beiden Synoden wird eine Christologie ver treten, die mit den Beschlüssen der Konzi lien von Ephesos (431) u. Chalcedon (451) bricht. Das Konzil v. Ephesos wird von der pers. Kirche nie anerkannt, während die Be schlüsse des Konzils v. Chalcedon unter Mär Abba (Mitte 6. Jh.) teilweise angenommen werden. 2. Patriarchenlisten. Erst relativ spät be ginnen die syr. Christen, die Primatsstellung von Seleukeia-Ktesiphon zu begründen, um dessen Rolle im Osten aufzuwerten (L. Ab ramowski, Der Bischof von Seleukeia-Ktesi phon als Katholikos u. Patriarch der Kirche des Ostens: Bumazhnov / Seeliger aO. [o. Sp. 196] 1/55). Patriarch Joseph (552/66) verfasst zB. eigenhändig eine Sukzessionsliste, die bis ins 1. Jh. zurückreicht. Diese Sukzessionslis ten folgen einem damals in den jüd. Gemein den in Babylon üblichen Konzept: Der reä galuta’, der jüd. Exilarch, versucht, seine Autorität gegenüber Jerusalem zu stärken, indem er sich zur Legitimierung seines Am tes auf seine davidische Abstammung beruft (F. Jullien, Des .frères du Seigneur' sur le siège primatial de Perse: Apocrypha 14 [2003] 225/36; E. Bashan, Art. Exilarch: EncJud 6 [Jerus. 1972] 1027). Genealogische, bis auf David zurückgehende Listen waren in Palästina schon im 2. Jh. für die jüd. Patri archen von Jerusalem verbreitet (Neusner 2, 107f; *Genealogie). In ihren eigenen Listen nehmen die Christen in P. das messianische Argument wieder auf: Die ersten Primasse von Seleukeia werden als Brüder Christi be
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zeichnet, die in direkter Abstammung auf das Haus Josefs des Zimmermanns aus dem Geschlecht Davids zurückgehen (erste Be lege aus dem 6. Jh.: F. Jullien, Frères aO. 226/30; *Josef II). Nach dieser Vorstellung, die ihre Wurzeln in der apokryphen Litera tur hat, stammen diese Bischöfe aus einer ersten Ehe Josefs (Protoev. Jac. 9, 2 [A. Frey, Protévangile de Jacques: Bovon / Geoltrain aO. (o. Sp. 210) 1, 90]; Ev. de nativ. Mariae 8, lf [CCApocr 10, 311]; Ev. PsMt. 8, 4 [Ende 6./Anf. 7. Jh.] [ebd. 9,365/7]; Orig, in Matth, comm. 10, 17f [GCS Orig. 10, 22/4]). Während nach Hegesipp (bei Eus. h. e. 4, 5, 3) die Linie der zur Familie Jesu gehörenden Bischöfe in Jerusalem iJ. 132 erlischt, ist die pers. Linie noch bezeugt. Dieser Anspruch wird allerdings in den östl. Synoden nicht ex plizit vertreten; hingegen ist es üblich, den Apostel *Petrus zur Legitimation des Bi schofssitzes von Seleukeia zu vereinnahmen (Conc. Markabta de Tayyaye vj. 424: Synod. Orient. 43f. 49f Ch.]; F. Briquel Chatonnet u. , Lettre du patriarche Timothée à Marana. zekhä, évêque de Nineve: JoumAsiat 288, 1 [2000] 1/13). In den Akten der Synode unter läö'yahb II (628/43) wird das Katholikat von Seleukeia-Ktesiphon als das fünfte Patriar chat des Christentums bezeichnet (♦Patri arch). Daraus ergibt sich eine Pentarchie, bei der Seleukeia-Ktesiphon anstelle von Jeru salem neben Rom, Kpel, Alexandrien u. An tiochia gezählt wird (cn. 29 [160 Ch.]). S. Liturgien. Nach den großen Verfolgun gen des 4. Jh. kann sich die ostsyr. Kirche auf der Synode vJ. 410 reorganisieren (s. o. Sp. 222) u. eigene rituelle u. kultische Prak tiken kodifizieren. In dieser Hinsicht trägt besonders das Werk bestimmter Katholikoi, so Iäö'yahbs III, zu einer gründlichen Er neuerung der Kanones u. der hudrë (»Lie der') bei. Besonders der Gesang, der sich hauptsächlich in Mesopotamien entwickelt u. dort zwischen dem 4. u. 6. Jh. eine Blüte er reicht, spielt eine wichtige Rolle innerhalb des Gottesdienstes u. der katechetischen Ausbildung (F. Jullien, Polémistes 35; Hist. Marout. 2 [PO 3,1, 65fJ; I. H. Dalmais, Hymnodie et catéchèse: A. Μ. Triacca / J. Claire [Hrsg.], L’hymnographie [Roma 2000] 171/7). Die meisten Hauptkirchen verfügen über ei gene, besondere eucharistische Hochgebete: Bei den ostsyr. Christen ist die älteste Ana phora die von Addai u. Märi, daneben sind solche unter den Namen von Theodor v. RAC XXVII
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Mops. u. Nestorius im Gebrauch, für die jetzt gleichfalls syrische Herkunft beansprucht wird (H. Brakmann, Art. Ostsyr. Liturgie: RGG4 6 [2003] 747/9). b. Syr.-orthodoxe Christen u. Melkiten in Persien. Im 6. Jh. breitet sich die westsyr. Kirche in P. aus. Auf der Flucht vor Justi nians Verfolgungen drängen syrisch-ortho doxe Christen in die iran. Gebiete, was be sonders durch die Bewegungen der röm.pers. Truppen begünstigt wird. Für sie stellt P., wie auch *Aegypten, einen Zufluchtsort dar (vgl. die Korrespondenz von Severos v. Ant.: V. L. Menze, Justinian and the making of the Syrian Orthodox church [Oxford 2008] 106/25. 148/58). Bemerkenswert ist die Ten denz der Quellen, besonders der Kirchenge schichte des Johannes v. Ephesus, von einer Verfolgung ,im ganzen Osten' zu berichten (PsDionys. Tellm. chron. 2 [CSCO 104 / Syr. 53, 21; lat. Übers.: ebd. 121 / Syr. 66, 16f]). Als Anhänger des Jakob Baradai (daher die Bezeichnung Jakobiten'; D. D. Bundy, Jacob Baradaeus. The state of research: Muséon 91 [1978] 60/77; D. W. Winkler, Ostsyr. Chris tentum [2003]) lehnen diese Christen die Be schlüsse des Konzils von Chalcedon ab. Sie erkennen in Christus nur eine Natur u. grün den eine eigene Kirche. Die wichtigsten Ver treter des Miaphysitismus sind Philoxenos v. Mabbog (*Hierapolis) u. Severos v. Ant. (512/18; F. Alpi, La route royale. Sévère d’Antioche et les églises d’Orient [512/18] [Beyrouth 2009]); die asketische Dimension ihrer Werke erklärt die Verbreitung des Miaphysitismus in monastischen Kreisen. Der bekannteste unter den Wandermissio naren in der Wüste von Hira, westlich von Ktesiphon, ist Ahoudemmeh (hist. Ahoud.: PO 3,15/51). Er wird von Jakob Baradai zum Bischof von Bëth-'Arabâyë geweiht, bevor er iJ. 559 zum ersten Metropoliten von Tagrît ernannt wird. Er missioniert sowohl bei den arab., nomadischen u. heidn. Bevöl kerungsgruppen zwischen Tigris u. Euphrat, unter denen seine Verkündigung einen ge wissen Erfolg hat, als auch bei den Mazdaisten. Es bildet sich, vor allem durch zahlrei che Ordinationen, eine sichtbare u. organi sierte Gegenhierarchie zur ostsyr. Kirche (Menze aO. 192f). Durch das Wirken des Arz tes Gabriel v. Singara u. unter dem Schutz der Königin Sïrën gelingt es den syr.-orthodoxen Christen, am Hof des Königs Husraw II (591/628) großen Einfluss zu erlangen. 8
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Seit 629 (bis 1156) werden im Reich zwölf Diözesen erwähnt, die vom Bischofssitz von Tagrit abhängig sind: Bêth-'Arabâyë (Re gion Nisibis), Sinjar, Ma'alta (im Nordosten Mesopotamiens), Arzön, das Tal von Marga, Bëth-Waziq (Babylonien), Bëth-Nouhadra, Përôz-Sâbuhr, Syarzur sowie die Region der arab. Nomaden (.Sarazenen1). Etwas später werden drei weitere Bistümer in Segestan, Herät u. in Aserbaidschan gegründet. Ab dem 11. Jh. trägt der Metropolit von Tagrit u. Oberhaupt der syr.-orthodoxen Kirche den Namen .Maphrian1, eine Bezeichnung, die wörtlich jener, der vervielfacht, der be fruchtet1, bedeutet. Die Tatsache, dass die Jakobiten dieselbe Sprache wie die ostsyr. Christen sprechen (das Syr.) u. die gleichen Bräuche pflegen, trägt zu ihrer Verbreitung bei. - Eine weitere christl. Gemeinschaft sie delt sich seit der Eroberung Antiochias durch Husraw I (540) in P. an: die Melkiten, d. h. die .Anhänger des Kaisers1. Ihr Katholikos in P. ist dem Patriarchen von Antiochia unterstellt; ihre Liturgie folgt dem byz. Ri tus u. wird erst in griechischer, später in ara bischer Sprache gefeiert (J. Dauvillier, By zantins d’Asie centrale et d’Extrême-Orient au MÂ: RevÉtByz 11 [1953] 62/87; W. Klein, Das orthodoxe Katholikat von Romagyris in Zentralasien: ParolOr 24 [1999] 235/65). c. Beziehungen zur Obrigkeit. 1. Kirchen geschichte. Die Beziehungen der pers. Kir chen zur Obrigkeit kommen auf höchster Ebene im diplomatischen Austausch mit dem oström. Reich zum Ausdruck Mehrere Bi schöfe, zB. die Katholikoi Mär Ezekiel u. ïêô'yahb I, werden von den zivilen Behörden damit beauftragt, bei wichtigen Missionen in vom König selbst bevollmächtigten Delega tionen persische Interessen zu vertreten (L. R. Μ. Sako, Le rôle de la hiérarchie syriaque orientale dans les rapports diplomatiques entre la Perse et Byzance [Paris 1986]). Die Chronik von Huzistän berichtet, dass Köni gin Borän iJ. 631 ïëô'yahb v. Gdala mit einer Delegation von Bischöfen aus Mesopotamien zu Kaiser Herakleios sendet, um Frieden zu schließen (F. Jullien, La Chronique du Hüzistân: Trésors d’Orient, Festschr. R. Gyse len [Paris 2009] 178). Das Auftreten Babais v. Nisibis, der die Fortdauer der Dynastie sicherte, indem er König Seroe nach jahre langer *Kinderlosigkeit durch Übersenden eines hnana (Segensandenken) zur Geburt eines Thronfolgers verhalf (Chronik v. Seert
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92 [PO 13, 4, 552]), ist bezeichnend für die von den christl. syr. Autoren zum Schutz ih rer Gemeinden beschriebene Unterstützung der Machthaber. Eine der Folgen dieses wechselseitigen Interesses ist ein vermehr tes Eingreifen der pers. Könige in inner kirchliche Angelegenheiten, besonders was die Vakanzen von Bischofssitzen u. die Wahl der Patriarchen betrifft. Häufig schlagen die Könige für diese Ämter Angehörige des Ho fes, meist einflussreiche Ärzte (*Arzt) vor, so zB. bei der Nachfolge von Sila iJ. 523, bei der sich Elischa, ein von Kavädh I empfoh lener Arzt, u. Narsai, der Favorit der meis ten Bischöfe, gegenüberstehen (Labourt 160/2). Die Berufung von Paul, der iJ. 539 vom König gewählt wird, beendet die 16 Jahre andauernde Spaltung, die die zentra lisierende Position des Sitzes von Seleukeia beträchtlich geschwächt u. die Bischöfe des Landes entzweit hatte. Mit Mär Abba (Mitte 6. Jh.) wird die königliche Einflussnahme weniger stark u. die pers. Kirche entwickelt neuen Elan. Nach dem anonymen Redakteur seiner **Biographie war dieser bekehrte Mazdaist Sekretär des hohen Finanzbeam ten der Provinz von Bëth-Aramâyë / Baby lonien (P. Peeters, Observations sur la Vie syriaque de Mar Aba: ders., Recherches d’histoire et de philologie orientales 2 [Bru xelles 1951] 120/2; Gyselen, Matériaux 110/3. 208, Karte 1; dies., Géographie 35/7). Mär Abba führt eine Reihe von Reformen durch, um die Wirksamkeit traditioneller mazdäischer Bräuche, besonders hinsichtlich der Eheschließung unter nahen Verwandten, auf das Verhalten von Klerus u. Laien zurück zudrängen (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 544: Synod. Orient. 82/5 Chabot; **Blutschande). Durch die Ernennung von dem Pa triarchen ergebenen Metropoliten gelingt es ihm, innerkirchliche Streitigkeiten beizule gen (ebd.: 70/3 Ch.); er besucht die Diözesen u. legt die kirchl. Amtsbereiche dem Wachs tum der christl. Gemeinden entsprechend neu fest. In dieser Tradition erstellen die un ter Mär Ezechiel (576) u. ïéô'yahb I (581) ab gehaltenen Synoden ein kirchenrechtliches Gesetzbuch sowie eine Warnung vor den Ge fahren des Messalianismus (116f. Ch.; *Messalianer) u. der Geisteshaltung von Henana v. Adiabene (s. u. Sp. 238f). Die Umstände der Wahl Grigors iJ. 605 bleiben unklar: Be günstigt durch die Homonymie mit dem vom König vorgeschlagenen Kandidaten Grigor
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v. Nisibis setzt er sich durch, indem er die Unterstützung der Königin Siren gewinnen kann. Sein umstrittener Lebenswandel führt zu einer Abwertung der gesamten ostsyr. Kirche sowie, unter dem Einfluss einiger miaphysitischer Autoritäten, zu einer zwan zigjährigen Vakanz des Patriarchensitzes (Chron. min.: CSCO 1 / Syr. 1,22 [lat. Übers.: ebd. 2 / Syr. 2,19f]; F. Jullien, Chronique aO. 169; Budge, Book aO. [o. Sp. 206] 1, 50; engl. Übers.: ebd. 2, 88). Die letzten Jahre der sasanidischen Dynastie sind zunächst durch Herakleios’ Angriffe auf P. u. später durch den Beginn der arab. Eroberung gekenn zeichnet. Diese polit. Lage trägt zur Schwä chung der Provinzen des Pers. Golfs u. der Inseln bei, die immer wieder nach Unabhän gigkeit streben. Die Schwierigkeiten neh men zZt. des Amtsantritts des Iäö'yahb III (649) zu. Der Protest gegen die zentrale Macht wird immer heftiger u. verursacht wachsende Spannungen zwischen dem Sitz von Seleukeia-Ktesiphon u. der Obrigkeit. Die wichtigsten Informationsquellen hin sichtlich dieser Entwicklungen sind die Briefe läö'yahbs an die Mönche u. Bischöfe von Beth-Qaträye (bes. 14/21 [CSCO 11 / Syr. 11, 18/41; lat. Übers.: ebd. 12 / Syr. 12, 19/35). 2. Sasanidische Religionspolitik in den Grenzgebieten. Unter Husraw I wird iJ. 570 nach der Niederlage der Aksumiten die Re gion von *Himyar in Südarabien annektiert. Mit der Zivil- u. Militärverwaltung von Himyar wird der pers. General Wahriz beauf tragt. Ihm folgen vier weitere iranische Gou verneure (Nöldeke, Gesch. aO. [o. Sp. 202] 230/55. 349/51). Für die Christen in Najran, besonders die syr.-orthodoxen, stellt dies keine emstzunehmende Bedrohung dar, denn sie verfügen über einflussreiche Bezie hungen zum pers. Hof, besonders unter Hus raw II. - Die durch byzantinischen Einfluss geprägte Ausbreitung des Christentums in Armenien führt unter Yazdgird I (399/420) u. Wahräm V (420/38) zu Zwangsmaßnahmen, die besonders vom mowbed (,Hohepriester1) Mihr-Narseh durchgeführt werden (R. W. Thomson, The History of Lazar P'arpec'i [Atlanta 1991] 75/8 Taf. 20; Christensen 284/7). Nach dem Ende der arsakidischen Dynastie in Armenien iJ. 428 werden die Rechte des Patriarchen eingeschränkt u. der säkularen *Gerichtsbarkeit des pers. Groß königs unterworfen. Ein Teil Armeniens
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wird schließlich zu einer Provinz des Perser reichs unter der Führung eines marzban (.Grenzkommandeur1). - Zwischen 467 u. 522 verstärkt sich der pers. Einfluss auf West georgien (seit 510 unter pers. Verwaltung) bis zur Taufe des Königs der Lasen, Tzathios: Dieser weigert sich, von den Sasaniden inthronisiert zu werden u. dem zoroas trischen Ritus zu folgen. In Kartlien (* Iberia II [Georgien]) siedeln sich seit dem 3. Jh. die Mihraniden an, eine Dynastie sasanidischer Herkunft (B. Martin-Hisard, Le christia nisme et l’Église dans le monde géorgien: J.-M. Mayeur [Hrsg.], Histoire du Christiani sme 3 [Paris 1998] 1172/9; D. Μ. Lang, Iran, Armenia and Georgia: Yarshater aO. [o. Sp. 199] 505/36). Die pers. Präsenz trägt zur Verbreitung des Zoroastrismus bei u. för dert in gewissem Maße die Missionstätigkeit der ostsyr. Kirche in diesen Regionen im 5. u. 6. Jh. (H. Brakmann, Die altkirchl. Ordinationsgebete Jerusalems. Mit liturgiegeschichtl. Beobachtungen zur christl. Euchologie in Palaestina, Syria, Iberia u. im Sasanidenreich: JbAC 47 [2004] 108/27; N. G. Garsoian, The Armenian church between Byzantium and the East: Th. F. Mathews / R. S. Wieck [Hrsg.], Treasures in heaven. Armenian art, religion, and society [New York 1998] 5/8). 3. Pers. Könige in christl. Rezeption. Die von den Kirchen angestrebten u. gepflegten Beziehungen zur herrschenden Dynastie können, selbst wenn diese die Christen ver folgte, eine gewisse positive Färbung bei der Darstellung des heidn. Königs in den christl. syr. Quellen erklären. Die pers. Herrscher werden zur christl. Identitätsstiftung in strumentalisiert u. in den angenommenen göttlichen Heilsplan integriert: So wird zB. Husraw II als göttliches Werkzeug darge stellt, mit dessen Hilfe die Römer für ihren Mord an Kaiser Maurikios bestraft werden (Chron. min.: CSCO 1 / Syr. 1, 25, 10/2; 27, 14/7; frz. Übers.: F. Jullien, Chronique aO. 174. 176). Die Vorstellung betrifft auch die pers. Eroberung Jerusalems (614) u. die dar auf folgende Überführung des Hl. *Kreuzes Christi in die sasanidische Hauptstadt. Selbst die Deportation des Patriarchen von Jerusalem, Zacharias, u. seines Klerus wird schließlich, im Hinblick auf die prophetische Bedeutung der röm. Niederlage, positiv in terpretiert (der Erzähler verwendet das Wort »Bestrafung1 mit Bezug auf die Römer).
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Man findet dieselbe paradoxe positive Ein stellung zu heidnischen Eroberern gegen über christlichen Kaisern auch in einigen sy risch-orthodoxen Chroniken in Bezug auf die Araber: Die jakobitischen Christen glauben, sie seien vom Gesetz der ,chalzedonischen‘ Byzantiner gerettet worden, die die Jakobiten bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt hatten (Mich. Syr. chron. 11, 3 [2, 412 Chabot]; Chron. bis zJ. 1234 1,102 [CSCO 81 / Syr. 36, 237, 2/6. 9f; lat. Übers.: ebd. 109 / Syr. 56, 185fJ; S. P. Brock, Syriac views of emergent Islam: G. H. A. Juynboll [Hrsg.], Stud. on the la cent. of Islamic society [Carbondale 1982] 13f. 19f). - Die Hagiographen tendieren in ih ren Werken gleichfalls dazu, der Darstellung des heidn. Königs eine nahezu bibl. Prägung zu geben: Der König tritt als bevorzugter Sendbote des göttlichen Willens auf, dessen Plan er zugunsten seines Volkes erfüllt (Joh. Eph. hist. beat. Orient. PO 19, 268f). In der Eingangsformel der Reformen von Mär Abba (s. o. Sp. 228), die in der Sammlung der Synodalakten der pers. Kirche bezeugt ist, wird König Husraw I als ,der neue Kyros' dargestellt, durch den Christus der Kirche großzügige Wohltaten erweise (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 544: Synod. Orient. 69f Chabot). In ähnlicher Weise wird sein Enkel gleichen Namens als ,das vom Himmel ge sandte Werkzeug unseres Erlösers' (Conc. unter Mär Grigor I vJ. 605: ebd. 207 Ch.) für die ostsyr. Hierarchie bezeichnet, da er die Organisation der Wahl des Katholikos iJ. 605 übernehme u. lenke. - Der pers. König ver körpert ferner den syr.-orthodoxen Wunsch nach einer Ausdehnung des Reiches bis in die röm. Gebiete bzw. die Hoffnung der kirchl. Autoritäten auf die Entstehung eines ,neuen Reichs mit einer staunenswerten Zahl von Ländern u. Städten', das der König als Verteidiger der christl. Interessen regie ren werde (Conc. unter Mär Grigor I vJ. 612: ebd. 567 Ch.). In diesen Vorstellungen schlägt sich wahrscheinlich eine strategische lebenswichtige Absicht nieder, denn die nestorianischen Christen, die gebietsmäßig iso liert sind (das ist der Hauptvorwurf der westsyr. Autoren gegen die Nestorianer: Joh. Eph. hist. beat. Orient.: PO 19,153. 157; F. Jullien, Une question de controverse religieuse: ParolOr 33 [2008] 103f), können sich nur innerhalb der Grenzen des sasanidischen Reichs sowie innerhalb jener östl. Regionen ausbreiten, die nicht dem byz. Einfluss un
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terliegen (auf die Mittlerrolle der Politik zu gunsten der Nestorianer ist implizit hinge wiesen worden [Morony]). - In den ostsyr. Quellen kommt diese Stellung in einem be sonderen literarischen Motiv zum Ausdruck, nämlich dem der Darstellung der Sasaniden als christenfreundliche, aufgeschlossene Kö nige. In den Synodalakten vJ. 544 wird König Husraw I ,der barmherzige u. wohl tätige König der Könige' genannt (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 544: Synod. Orient. 70 Ch.); er ist .unser liebeswerter Herr' u. ,der Herr für die Ewigkeit' (Conc. unter Sabriäö' vJ. 596. 598: ebd. 200. 207 Ch.). Einige syr. Autoren bezeichnen bewusst bestimmte Kö nige als Christen. So wird König Öeroe im .Buch der Herrscher' u. in der .Anonymen Chronik' als ein beispielhafter König darge stellt, der sich zum Christentum bekehrt hat (Budge, Book aO. [o. Sp. 206] 1, 70; engl. Übers.: ebd. 2, 125; Chronik v. Seert 92 [PO 13, 4, 551]). Die Vorstellung einer offiziellen oder geheimen Bekehrung der sasanidischen Könige entspricht ferner einem literarischen Topos, der auch in der armen. Literatur, be sonders bei PsSebeos, häufig bezeugt ist (P. Goubert, Byzance avant l’Islam 1 [Paris 1951] 172f). In der Chronik zJ. 724 wird Kö nig Yazdgird I als ein .guter, barmherziger u. christl. König, der Gesegnete unter den Königen' dargestellt (Chron. min. 2 [CSCO 3 / Syr. 3, 137; lat. Übers.: ebd. 4 / Syr. 4, 107]; A. Μ. Schilling, Die Anbetung der Ma gier u. die Taufe der Säsäniden [Louvain 2008] 185/9. 223/34. 251/77. 284/98; ders., L’apötre du Christ, la conversion du roi Ardaäir et celle de son vizir: Ch. Jullien 89/111; Ch. Jullien, Christianiser le pouvoir. Images de rois sassanides dans la tradition syro-orientale: OrChrPer 75 [2009] 119/31). Gele gentlich rächt sich die Hagiographie an christenverfolgenden Machthabern in der Weise, dass bestimmte Könige aus einem ,theologisch-polit.‘ Blickwinkel christiani siert werden. d. Mönchtum. 1. Vormonastische Bewe gungen. Eine vormonastische Lebensform ist in den syr. Kirchen seit dem Anf. des 4. Jh. maßgebend: eine Gruppe, die die Quellen als ,Bundesländer* bezeichnen, die sog. bnay (,Söhne') u. bnat (,Töchter') qyama. **Aphrahat ist einer der ersten Autoren, die sich auf den besonderen Status dieser Gruppe bezie hen (demonstr. 6 [PSyr 1,1,240/312] vJ. 337, überliefert in verschiedenen Hss. des 6. u. 7.
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Jh.; M.-J. Pierre-Beylot, Les »membres de l’Ordre*, d’Aphraate au Liber graduum: F. Jullien [Hrsg.], Le monachisme syriaque [Pa ris 2010] 11/35; A. Vööbus, History of asceticism in the Syrian Orient 1 [Louvain 1958] 183). Diese Männer u. Frauen sind durch verschiedene Gelübde, besonders das der Ehelosigkeit, gebunden u. leben in Gemein schaft im Dienst einer Gemeinde. Die vormonastische Bewegung ist relativ verbreitet u. wird über einen langen Zeitraum in den Quellen wahrgenommen (bis zum 9. Jh.; ders., Syriac and Arabie documents [Stock holm 1960] 192). - Für die Verbreitung des Christentums in P. spielt das *Mönchtum eine entscheidende Rolle. Seit dem 4. Jh. las sen sich Spuren eines primitiven Mönchtums in den pers. Märtyrerakten erkennen. Als *Gründer des Mönchtums in Mesopotamien gilt Mär Awgin, dessen historische Existenz allerdings umstritten ist (J.-M. Fiey, Aonès, Awun et Awgin [Eugène] aux origines du monachisme mésopotamien: AnalBoll 80 [1962] 52/81; F. Jullien, Aux sources du mo nachisme oriental: RevHistRel 225 [2008] 42f; Biographie: Bedjan, Act. mart. 2, 376/480; W. Sundermann, Byzanz u. Bulayïq: Iranian and Indo-European stud., Festschr. O. Klima [Praha 1994] 255/64). Der Tradition nach haben seine Schüler ihrerseits durch das gesamte Reich hindurch Klöster gegrün det. Die Texte, die sich auf Awgin beziehen, sind jedoch sehr spät; erst ab dem 7. Jh. wird er tatsächlich in den Quellen erwähnt, d. h. zu dem Zeitpunkt, als die Viten der ägypt. Asketen im syr. Raum verbreitet werden (S. P. Brock, Le monachisme syriaque: Colloque sur le patrimoine syriaque 5 [Antélias 1998] 27; J.-M. Fiey, Assyrie chrétienne 2 [Bey routh 1965] 823). Die Geschichte des Mönchs Abraham v. Kaëkar scheint als Basis für die Ausgestaltung der Legende von Awgin ge dient zu haben (F. Jullien, Sources aO. 39/50). 2. Ostsyr. Mönchtum. Zwei Texte doku mentieren die Verbreitung des Mönchtums in P.: a) das »Buch der Gründer' des ïâô'denah, Bischof von Baçra, das aE. des 8. Jh. redigiert wurde. In 140 Kapiteln stellt das Werk die Viten der östl. Klostergründer seit dem 4. Jh. vor (Chabot, Chasteté aO. [o. Sp. 206]); b) das »Buch der Vorsteher' von Thomas v. Marga (Anf. 9. Jh.; Budge Book aO. [o. Sp. 206]). Das Werk dokumentiert drei Jhh. der Geschichte des ostsyr. Mönch
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tums u. seine missionarischen Erfolge in den Gegenden östlich des Tigris, am Kaspischen Meer sowie in Arabien u. P. Der Metropolit ansitz Rëw-Ardaâîr in Färs war der Brü ckenkopf für die Christianisierung der Pro vinzen in Bëth-Qatrâyê u. Indiens, denn ein großer Teil des Warenhandels wurde über den Golf abgewickelt. Monastische Nieder lassungen auf den Inseln sind durch Text quellen belegt (Bedjan, Act. mart. 1,466/525; Steve 165/70; R. Payne, Monks, dinars and date palms: ArabArchEpigr 22 [2011] 97/111; D. T. Potts, The Arabian Gulf in antiquity 1 [Oxford 1990] 245. 333). *Kosmas Indikopleustes bezeugt für 520/25 die Präsenz von Christen mit persischem Klerus auf Sokotra (top. 3, 65 [SC 141, 502/5]). Die Passio des Märtyrers Yazd-bôzëd erwähnt einen Mönch, der sich zur gleichen Zeit für viele Jahre auf der Insel von Talon aufhielt (P. Peeters, Une légende syriaque de S. Iazdbozid: AnalBoll 49 [1931] 7/10. 13/6; J.-M. Fiey, Notes d’hagiographie syriaque: OrSyr 11 [1966] 135f; vgl. ÏSô'yahb, ep. 3,17 [CSCO 11 / Syr. 11,267; lat. Übers.: ebd. 12 / Syr. 12, 193f]). Die Synode vJ. 585 erwähnt einen Bi schofssitz in Darai (Conc. unter Mär ïêô'yahb I vJ. 585: Synod. Orient. 165 Cha bot) mit einer großen u. aktiven christl. Ge meinde u. mit Klöstern auf dem Land (ebd. cn. 15 [182 Ch.]). Die Akten der Synode vJ. 410 erwähnen den Bischofssitz von Mâëmâhlg (al-Muharraq) im Archipel von al-Bahrein, wohl den ältesten der Region (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 410: ebd. 34. 36 Ch.). Der Bischofssitz von Mazön ist bei den Syn oden vJ. 424, 554, 576 u. 676 vertreten, wäh rend der Bischofssitz von Qi§ in den Akten der Synode vJ. 544 bezeugt ist (Conc. Seleukeia-Ktesiphon vJ. 544: ebd. 71f Ch.). Y. Calvet hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der aus den schriftlichen Quel len stammenden Anhaltspunkte nicht immer mit den Befunden der Ausgrabungen in der Golfregion der letzten 20 Jahre überein stimmt (Monuments paléo-chrétiens à Ko weït et dans la région du Golfe: R. Lavenant [Hrsg.], Symposium syriacum 7 [Roma 1998] 683). Einige Ruinen von Klöstern oder Kir chen wurden entdeckt, die bedeutendsten auf der Insel von Khärg, auf der iran. Seite des Golfs (Steve): Im Klosterbereich grup pieren sich mehr als 50 Zellen um eine große dreischiffige Kirche, an die sich gemein schaftlich genutzte Gebäude (Raum für *Ka
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techesen, *Bibliothek, Refektorium usw.) an schließen. Mit Stuck verzierte *Kreuze wur den auf der Insel Failaka vor der Küste von Kuwait bei den Ausgrabungen des Klosters al-Qousour gefunden (V. Bernard / O. Callot / J.-F. Salles, L’église d’al-Qousour Fail aka: ArabArchEpigr 2 [1991] 145/69; J.-F. Salles, Chronologies du monachisme dans le golfe Arabo-Persique: Les monachismes d’Orient, Festschr. A. Guillaumont [Turn hout 2011] 291/312). Steve hat auf die stilis tische Zusammengehörigkeit des Wandde kors in den Kirchen der Golfinseln hingewie sen. Die Kirche von Failaka (35 m x 19 m) enthält außerdem ein Martyrium mit einem Reliquiar. Vor der Küste des Emirats Abu Dhabi, auf der Insel Sir Bam Yäs, wurde ein Zentralbau als Kirche identifiziert (14 m x 14, 5 m; G. R. D. King / P. Hellyer, A PreIslamic Christian site on Sir Banl Yäs: Tribulus 4 [1994] 5/7); eine Klosteranlage, von der nur der östl. Teil ausgegraben wurde, besteht aus mehreren Bauten, die sich auf einer Fläche von 70 m x 70 m verteilen; vier Höfe umschließen die Kirche; ein großes, mit dem Kloster verbundenes Gebäude an der Südseite umfasst acht Zimmer u. sieben Au ßenhöfe. Bei weiteren Prospektionen in alJubail (J. A. Langfeldt, Recently discovered early Christian monuments in Northeastem Arabia: ArabArchEpigr 5 [1994] 33/44. 51f), Thaj u. Djebel Bern wurden Reste von sti listisch einheitlich stuckierten u. bemalten Kreuzen aus Perlmutt u. Bronze entdeckt (ebd. 44/9; D. T. Potts, Nestorian crosses from Jabal Berri: ebd. 61/5). Die bauliche Struktur dieser Gebäude sowie ihr Dekor belegen eine dichte christl., meist monastische Besiedlung zwischen dem 7. u. 9. Jh. (zu einer Neubewertung der chronologischen Daten R. A. Carter, Christianity in the Gulf during the first centuries of Islam: ebd. 19 [2008] 71/108; vgl. Salles, Chronologies aO.). Am E. des 6. Jh. trägt eine durch Abraham v. Kaäkar (gest. 588) vorgenommene Reform zu einer tiefgreifenden Erneuerung des Mönchtums innerhalb der ostsyr. Kirche bei (Μ. Tamcke, Abraham v. Kaschkar: W. Klein [Hrsg.], Syr. Kirchenväter [2004] 124/32; S. Chialä, Abramo di Kaäkar e la sua comunitä [Magnano 2005]; F. Jullien, Monachisme). Das von Abraham 571 auf dem Berg Izla in Nordmesopotamien gegründete Große Klos ter sowie besonders die Gründungen seiner Schüler spielen eine zentrale Rolle bei der
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Verbreitung des Christentums in P. Zur Zt. der arab. Expansion gibt es ca. 60 Klöster, die nach den Regeln von Abraham refor miert waren. Die Mönchsliteratur hebt die Tatkraft der Mönche bei der Christianisie rung der noch zu christianisierenden Gebiete hervor (M. J. Dauvillier, Les provinces chaldéennes ,de l’extérieur' au MA: Festschr. R. P. F. Cavallera [Toulouse 1948] 263). Beson ders rührig waren die Mönche des Klosters von Bëth-'Abë, die Zentralasien erreichen u. das chinesische Turkestan (KaSgar) sowie Turfan, Tibet, China u. die ind. Halbinsel, deren Beziehungen zu P. bereits antik belegt sind, durchdringen. Um dJ. 525 bricht der ostsyr. Bischof Qarduçat mit sieben Pries tern auf, um einen Stamm der hunnischen Hephtaliten zu missionieren (PsZach. Rhet. h. e.: CSCO 84 / Syr. 39,215; lat. Übers.: ebd. 88 / Syr. 42, 145f); bald darauf bittet dieser Stamm den Katholikos Abba um einen Bi schof (Bedjan, Histoire aO. [o. Sp. 218] 266/9). Nach einer syr. Chronik bemüht sich im Laufe des 7. Jh. Elias, der Metropolit von Marv, um die Bekehrung türkischer Stämme aus Transoxanien (Chron. min.: CSCO 1 / Syr. 1, 34; lat. Übers.: ebd. 2 / Syr. 2, 28). Einzelne Katholikoi, u. a. Timotheos I (780/823), spielen eine wichtige Rolle bei der Organisation der Missionstätigkeit, indem sie Mönche zu Bischöfen weihen, besonders in entlegenen Gebieten (V. Berti, Idéologie et politique missionnaire de Timotée Ier: Ch. Jullien [Hrsg.], Itinéraires missionnaires [Paris 2011] 89; V. Berti, Vita e studi di Timoteo I [Leuven 2009]). Unter Timotheos I erreicht die ostsyr. Kirche ihre größte Aus dehnung. 3. Syr.-orthodoxes Mönchtum. Zur Orga nisation u. Gestalt der jakobitischen Kirche trägt entscheidend die Mission der Mönche bei. Die jakobitische Kirche ist stark monastisch geprägt, denn die Bischöfe werden sys tematisch unter den Mönchen ausgewählt. Das Eindringen der miaphysitischen Lehre in P. ist hauptsächlich der Missionstätigkeit der Mönche aus Tur ‘Abdin zuzuschreiben, einem klosterreichen Berggebiet in Nord mesopotamien. Im Rahmen dieser Missions tätigkeit wird das Kloster Mär Mattai zum Ausgangspunkt für die Verbreitung des westsyr. Christentums besonders in Bëth‘Arabâyë u. der Adiabene. Die Neugestal tung der jakobitischen Kirche sowie ihre de finitive Einführung in P. sind Simeon
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(510/47), dem Bischof von Beth-Ar§am (bei Seleukeia-Ktesiphon), zu verdanken (Joh. Eph. hist. beat. Orient.: PO 19,157f), der von König Kaväd I die Erlaubnis erhält, sich im Reich frei zu bewegen (P. Bedjan [Hrsg.], Gregorii Barhebraei Chronicon syriacum [Paris 1898] 85). Begünstigt durch die Han delswege im Norden des Reichs wachsen die jakobitischen Gemeinden auch durch die An siedlung syrischer Händler (zZt. des Feld zugs von Herakleios, iJ. 627, waren es über 900: Chronik v. Seert 89 [PO 13,4, 545]; viele davon wohnten aA. des 8. Jh. in Herät [Timoth. patr. ep. 35 (CSCO 74 / Syr. 30, 141; lat. Übers.: ebd. 75 / Syr. 31, 95f)]). IV. Auseinandersetzungen, a. Zwischen Christen u. Juden. Im 4./5. Jh. übt das Ju dentum in einigen persischen Regionen, wie zB. der Adiabene, eine starke Anziehungs kraft auf die Christen aus (P. Bruns, Das Christusbild Aphrahats des Pers. Weisen [1990]; dagegen J. Neusner, Aphrahat and Judaism [Leiden 1971] 124f. 149). Zu dieser Zeit sind die jüd. Gemeinden politisch ein flussreich aufgrund des weitreichenden Rufs ihrer Akademien. Konfrontiert mit den Un ruhen in seiner eigenen Gemeinde, die, was Kaschrut, *Beschneidung u. Festkalender betrifft, nach einer Rückkehr zu den bibl. Gesetzen strebt, übernimmt Aphrahat in sei nen Homilien eine der jüd. Auslegung ähnli che Argumentationsweise (ebd. 150/2; A. Guillaumont, Un midrash d’Exode 4, 24/6 chez Aphraate et Ephrem de Nisibe: Stud. in early Christian lit. and its environment, Festschr. A. Vööbus [Chicago 1977] 89/95). Gegenüber dieser inneren Gefahr werden in einigen aus dem 4. Jh. stammenden christli chen Texten antijüdische Positionen vertre ten, die auf der Erfüllung des Gesetzes in nerhalb des Christentums bestehen (H. J. W. Drijvers, Jews and Christians at Edessa: JournJewStud 36 [1985] 88/102; ders., Syrian Christianity and Judaism: J. Lieu / J. A. North / T. Rajak [Hrsg.], The Jews among Pagans and Christians [London 1992] 140f). Die Behandlung jüdischer Themen in der Literatur der pers. Kirche erfolgt im spezi ellen Kontext der Ausbreitung des antijü disch geprägten Markionismus in Mesopota mien u. im ganzen Reich (Narr. Simeonis Barsaba 22 [PSyr 1, 2, 823/8]; W. Löhr, Art. Markion: o. Bd. 24,165f; Jullien / Jullien 195). Die Anziehungskraft der Synagogen stellt ein lang andauerndes Problem für die ganze
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pers. u. nordmesopotamische Kirche dar (Drjjvers, Jews aO. 96/100); noch im 6. Jh. verbietet der ostsyr. Patriarch îâô'yahb die Teilnahme an jüdischen Feiertagen (Conc. unter Mär läö'yahb I vJ. 585 cn. 25 [Synod. Orient. 157f Chabot]). b. Unter Christen. Die großen nachkonzi liar. christologischen Auseinandersetzungen im 5. u. 6. Jh. führen zu Abspaltungen unter den Christen in P. Einzelne Klöster werden zu Zentren für die Verbreitung des Dyophysitismus. So zB. das Große Kloster auf dem Berg Izla: Die Quellen bezeugen die ak tive Teilnahme der Mönche an den zeitge nössischen Kontroversen, zunächst mit den syr.-orthodoxen Christen, mit der chalzedonischen Kirche u. den Messalianem, aber auch mit den Mazdaisten. Simeon v. BëthArSam verschärft die Streitigkeiten mit den ostsyr. Bischöfen. Im Gegenzug verdammen diese auf der Synode unter Iâô'yahb I iJ. 585 (Synod. Orient. 132/6 Chabot) ausdrücklich die miaphysitische Christologie u. denunzie ren ihre Gegner beim pers. König, indem sie diese als Agenten des Kaisers Anastasios, des erklärten Beschützers der westsyr. Christen, darstellen. König Kaväd inhaftiert die Klostervorsteher (darunter für sieben Jahre Simeon) sowie die westsyr. Bischöfe in Nisibis. Öffentliche theologische Debatten zwischen den verschiedenen christl. Positi onen werden am königlichen Hof, besonders unter König Husraw II, ausgetragen (zur Debatte vJ. 612 Conc. unter Mär Grigor I vJ. 612: ebd. 562/80 Ch.; Chronik v. Seert 83 [PO 13,4,528f]). Zu den wichtigsten Teilnehmern an diesen Streitgesprächen gehören Henanl§ö‘ u. Giwargis (Buch der Keuschheit 21 [Chabot, Chasteté aO. (o. Sp. 206) 12; frz. Übers.: ebd. 12]; Chronik v. Seert 84f [PO 13, 4, 531f. 534/6]), Babai d. Gr. (Werkliste ebd. 533f) u. 'Awdßö' v. Nisibis (83 Bücher; Assemani aO. [o. Sp. 210] 94; F. Jullien, Mona chisme 14/35; dies., Polémistes 32. 34; L. Ab ramowski, Babai d. Gr.: OrChrPer 41 [1975] 289/343). Die Wortgefechte am Hof sind vor allem als Unterhaltung für den König ge dacht. Für die christl. Gemeinden, die an der öffentlichen Debatte vJ. 612 teilnehmen, hat der Schiedsspruch des Königs u. seiner Granden jedoch eine strategische Bedeu tung, denn der Sitz des Katholikos der ost syr. Kirche ist seit über sechs Jahren vakant. Unter den großen Kontroversen, die die Wende vom 6. zum 7. Jh. prägen, ist der
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Streit um die Theorien von Henana v. Adiabene, Rektor der Schule von Nisibis, von besonderer Bedeutung. Henana stellt die Exegese von Theodor v. Mops, in Frage, der damals als ,der‘ Exeget u. Vertreter seiner Kirche schlechthin angesehen wurde (Conc. unter Mär lèô'yahb I vJ. 585 cn. 2 [Synod. Orient 136/8 Ch.]; 0. Ioan, Controverses entre la hiérarchie ecclésiale et les moines dans le christianisme syriaque: F. Jullien, Monachisme syriaque aO. [o. Sp. 233] 89/106). Seine Werke, die den chalzedonischen u. origenistischen Positionen nahestehen u. im monastischen Umfeld sehr einflussreich sind, erfahren eine große Verbreitung; sie erre gen gleichzeitig auch heftigen Widerspruch, da ihnen die Schwächung der doktrinären Grundlagen der ostsyr. Kirche vorgeworfen wird (Babai Μ. lib. de union. 4,12 [CSCO 79 / Syr. 34, 137f; lat. Übers.: ebd. 80 / Syr. 35, 111]). Nach der Chronik v. Seert (74 [PO 13, 4,510f]) verlassen ca. 300 Schüler die Schule von Nisibis, um ihren Dissens mit Henana zum Ausdruck zu bringen. - Diese Rivalitä ten können sich auch in offensiven Maßnah men äußern, wie zB. Zwangsräumungen u. Konfiskationen von Klöstern, konkurrie rende Lehrstätten, gezieltes Predigen in Dörfern, in denen andere christologische Lehren vertreten werden, etc. (Conc. unter Mär Grigor I vJ. 612: Synod. Orient. 562/80 Ch.; F. Jullien, Polémistes 34/9). Die Kon flikte können aber auch in verschlüsselter Form literarisch zum Ausdruck gebracht werden, wovon vor allem die hagiographischen Texte zeugen. Die Akten des Mar Märi enthalten viel antimiaphysitische Pole mik u. zeigen auch die lehrmäßigen Gefah ren, denen die nestorianischen Gemeinden P.s im 7. Jh. ausgesetzt sind, besonders durch die Auseinandersetzung mit manichäischen Einflüssen. Die Akten enthalten eine christianisierte Wiedergabe sowohl des Le bens Manis als auch der Ausbreitung des *Manichäismus u. stellen insofern eine be achtenswerte Umdeutungsarbeit dar (Ch. Jullien / F. Jullien, Aux origines de l'Église de Perse [Louvain 2003] 85/7). Indem der Autor der Akten aus Märi eine christiani sierte Gegenfigur des Häresiarchen macht, nimmt er eine Umdeutung der Anfänge der Christianisierung im Tigrisgebiet vor u. be legt auch den starken Einfluss manichäischer Strömungen in Mesopotamien, Baby lonien u. P. im 7. Jh. - Auch in späterer Zeit,
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während der islamischen Expansion, berich ten die Quellen von Auseinandersetzungen zwischen den kirchl. Autoritäten u. bestimm ten Mitgliedern der christl. Gemeinde, deren Positionen von der islamischen Theologie be einflusst sind. Die syr. Quellen nennen als Beispiel Großgrundbesitzer u. Verwaltungs beamte in der Adiabene. Der Historiker Thomas v. Marga greift diese Auseinander setzungen auf, indem er den Bericht des Äl testen seines Klosters in Beth-'Abe wiedergibt (Budge, Book aO. [o. Sp. 206] 1, 149f; engl. Übers.: ebd. 2, 307f). Er beschreibt, dass die Ortsbischöfe mit diesen Feudalher ren, den sog. äahrigän, hinsichtlich der gött lichen Natur Christi in Streit geraten. Denn diese Großgrundbesitzer, die jeweils am sechsten Tag der Woche zu einer kultischen Versammlung zusammenkommen, betrach ten Christus nur als ,einen der Propheten“ (ebd. 1,151; engl. Übers.: ebd. 2, 309f; C. Ro binson, Empire and elites after the Muslim conquest [Cambridge 2000] 99; H. A. Wolfson, The philosophy of the Kalam [Cam bridge, Mass. 1976] 337/48). Die Wahl dieser Glaubenssätze lässt den Willen erkennen, sich einen vorteilhaften sozialen Status im Umkreis der muslimischen Herrscher zu be wahren (Robinson aO. 90/108; Μ. G. Morony, Iraq after the Muslim conquest [Princeton 1984] 132f. 187. 190. 204). c. Zwischen Christen u. Mazdaisten. Die syr. Märtyrerliteratur belegt Auseinander setzungen zwischen Christen u. Anhängern des Mazdaismus: Der Märtyrer Giwargis, ein ehemaliger Magier, verfasst mehrere pole mische Bücher gegen seine früheren Studi enkollegen. Dagegen sind Hinweise auf hef tige Streitigkeiten mit Christen in den mittelpers. Quellen sehr selten bezeugt, was einen Grund im zeitgenössischen, wachsen den Einfluss des Islam haben dürfte. Das im 9. Jh. verfasste Skand-Gumänik Viöär belegt den Versuch einiger mazdäischer Gelehrter, die christl. Lehre besser kennenzulernen, um ihr effektiver entgegentreten zu können (R. Kiperwasser / S. Ruzer, To convert a Persian and teach him the Holy Scriptures: Herman 91/128, bes. 105/13): Im 15. Kap. wird eine Kritik der christl. Lehre ausgearbeitet, die sich auf Zitate aus zahlreichen neutestamentlichen Perikopen stützt. Der Autor, Mardän-Farrox, soll auf eine mittelpers., in der pers. Kirche gängige Version des NT zu rückgegriffen haben (A. Panaino, The Pä-
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zand version of the Our Father: Mustafa / Tubach 73/90). Seine einseitige Perspektive führt ihn allerdings dazu, verschiedene Text stellen zu mischen u. sogar den ntl. Text zu ändern, um seine dualistischen Positionen zu verteidigen (J. de Menasce, Skand-Gumänik Viëâr. Une apologétique mazdéenne du 9e s. [Fribourg 1945] 13; Ph. Gignoux, Comment le polémiste mazdéen du Skand-Gumânïk Vi ëâr a-t-il utilisé les citations du NT?: Ch. Jullien 59/66). Seine Argumentation stützt sich nicht nur auf theologische Erwägungen des Mazdaismus, sondern auch auf christliche Apokryphen (Ev. PsMt. 10f [CCApocr 9, 380/91]; Ev. de nativ. Mariae 10, 3/6 [ebd. 10, 326/31]) u. sogar auf Traditionen, die im Mi lieu jüdischer u. paganer Polemiker kursie ren (zB. Orig. c. Cels. 1, 32; Gignoux, Polé miste aO. 61/3). D. Akkulturation. I. Griech. Erbe. Die sy rischsprachigen Christen fungieren als Mitt ler, die das griech. Erbe an die Araber wei tergeben (H. Hugonnard-Roche, Les traduc tions du grec au syriaque et du syriaque à l’arabe: J. Hamesse u. a. [Hrsg.], Rencontres de cultures dans la philosophie médiévale [Louvain-la-Neuve 1990] 131/47). Die Aneig nung der griech. Weisheit ist eines der Ziele der christl. Paideia. Demnach werden sowohl christliche Autoren, wie Gregor v. Naz. u. Basilius (A. Schmidt, Les Pères grecs dans la tradition syriaque [Paris 2007]), als auch heidnische Werke übersetzt, wobei gelegent lich ein ,griech.4 Schreibstil verwendet wird. Seit dem 5. Jh. enthält die syr. Sprache im mer mehr griechische Lehnwörter u. weist stilistische Merkmale auf, die sonst für das Griech. typisch sind. So dehnt sich der Ein flussbereich der griech. Sprache nach Osten aus, sehr zum Vorteil der Ausbreitung des Christentums (zu den Übersetzungsmetho den u. ihrer zeitlichen Entwicklung S. P. Brock, From antagonism to assimilation: N. G. Garsoïan / Th. F. Mathews / R. W. Thom son [Hrsg.], East of Byzantium [Washington, D. C. 1982] 17f; ders., The Syriac commentary tradition: C. Burnett [Hrsg.], Glosses and commentaries on Aristotelian logical texts [London 1993] 3). Zu den griech. Wer ken, die ins Syr. übersetzt werden, gehören auch jene, die erst ins Mittelpers. übersetzt u. überliefert wurden, zB. die Übertragung aristotelischer Werke durch Paulus den Per ser, den Philosophielehrer Husraws I (Chro nik v. Seert 24 [PO 7, 2, 147]; J. P. N. Land,
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Anecdota syriaca 4 [Leiden 1875] 1/32; J. Teixidor, Aristote en syriaque [Paris 2003] 79/97. 99/121; H. Hugonnard-Roche, Le traité de logique de Paul le Perse: Docu menti e studi sulla tradizione filosofica medievale 11 [2000] 59/82). a. Philosophie. Am E. des 6. Jh. stellen die aristotelischen Texte u. deren Kommentare, besonders das Organon, eine wesentliche Säule der ostsyr. Bildung dar: Das belegt zB. das Werk des Babai d. Gr. oder später des Athanasios v. Balad, der eine Einleitung in die aristotelische Logik u. eine Bearbeitung der syr. Übersetzung von Porph. introd. ver fasst (Brock, Antagonism aO. 22.26; Synopse u. Kommentare der syr. Übers, des Aristo teles: ders., Commentary aO. 3/18; zum Or ganon H. Hugonnard-Roche, La logique d’Aristote du grec au syriaque [Paris 2004] 23/97). Im 8. Jh. übersetzt der nestorianische Patriarch Timotheos I für den Kalifen alMahdi die Topik des Aristoteles. Unter den Übersetzungen sind besonders populärphi losophische u. weisheitliche Traktate oder griechische Sprichwortsammlungen hervor zuheben, zB. die Schriften des *Pythagoras, *Menander, *Hippokrates u. a. Diese Werke haben einen tiefgreifenden Einfluss auf die christl. Autoren: Die Zusammenstellung von Sentenzen griechischer, heidnischer Philoso phen u. ihre Einbindung in die frühchristl. Literatur soll zeigen, dass auf bestimmte As pekte der christl. Lehre bereits von den Weisen der Antike prophetisch hingedeutet wurde. Die Texte finden sehr weite Verbrei tung u. stoßen auf große Begeisterung, so wohl in der griech. Tradition als auch im Be reich des christl. Ostens (S. P. Brock, A Syr iac collection of prophecies of the pagan philosophera: OrientLovPer 14 [1983] 203/8). Ostsyrische Mystiker, wie Isaak v. Ninive, sehen griechische Philosophen als vorchrist liche Beispiele für Askese an. So bezieht sich Isaak ausdrücklich auf die Aussagen des Phi losophen Secundus, den er sehr schätzt, so dass er den Heiden selbst die Weisheit der heidn. Philosophen empfiehlt (P. Bedjan [Hrsg.], Mar Isaacus Ninevita. De perfecti one religiosa [1909] 403f; S. P. Brock, Secun dus the silent philosopher: RhMus 121 [1978] 94/6; ders., Antagonism aO. 27f; ders., Greek into Syriac and Syriac into Greek: Journ. of the Syriac Academy 3 [1977] 7f; ders., Syriac translation of Greek popular philosophy: P. Bruns [Hrsg.], Von Athen nach Bagdad
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[2003] 9/28). Die Rezeption des Secundus, dessen Lebensbeschreibung in syrischer Übersetzung vorliegt, zeigt die Verbreitung seiner Werke in ostsyrischen monastischen Kreisen im 7. Jh. Die Popularität solcher Fi guren kann gelegentlich zur Christianisie rung bestimmter erzählerischer Elemente führen (W. Speyer, Art. Christianisierung IV: RAC Suppl. 2,362/76): Ein Beispiel dafür bieten zwei Legenden, die von einem christl. Priester im 7. Jh. in die syr. Fassung des Alexanderromans eingefügt wurden (E. J. van Donzel / A. Schmidt, Gog and Magog in early Syriac and Islamic sources [Leiden 2009] 17/9; der Achämenidenkönig Darius spricht auf dem Sterbebett die letzten Worte Christi [Lc. 23, 46]: E. A. W. Budge, The History of Alexander the Great [London 1889] 2, 81; G. J. Reinink, Die Entstehung der syr. Alexanderlegende als politisch-reli giöse Propagandaschrift für Herakleios’ Kir chenpolitik: Festschr. A. van Roey [Leuven 1985] 266.274.280; *Magog u. Gog). An man chen Stellen tritt Alexander wie ein christl., von Gott geleiteter Fürst auf (van Donzel / Schmidt aO. 17/22; zu einem Prosatext mit gleicher Perspektive Budge, History aO. 144/58; zur ähnlichen Darstellung Alexan ders in einigen Chroniken, wie zB. in der Dionysius v. Teil Mahre zugeschriebenen Chronik v. Zuqnin, PsDionys. Tellm. chron. 1 [CSCO 91 / Syr. 43, 41/6; lat. Übers.: ebd. 121 / Syr. 66, 33/6]; zur Prophezeiung Ale xanders, die Christus ankündigt, S. P. Brock, The laments of the philosophers over Alex ander in Syriac: JournSemStud 15 [1970] 216f). b. Medizin u. andere Naturwissenschaf ten. Bei der Wissensvermittlung innerhalb des Perserreichs spielen die syr. Christen eine wesentliche Rolle. Hauptsächlich durch syrische Versionen oder Studien werden die Werke der griech. Medizin (Dioskurides, *Galenos, Hippokrates) im Osten bekannt, manchmal auch nur durch sie, wie zB. im Fall von Galens Kommentar zu Hippokrates (Galen, comm. in Hippocr. epid. [17, 1/2, 344 Kühn]; A. Piras / P. Delaini, Conoscenze mediche sul corpo come tramite di culture tra Oriente e Occidente [Milano 2010]). Die Übersetzung einzelner Werke Galens, wie zB. ars med., alim. facult. sowie simpl. med. temp. (Theodoros v. Marga gewidmet; R. Duval, La littérature syriaque [Paris 1907] 363. 270), ist Sergius v. ReS'ayna zu verdan
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ken. Sie wird wesentlich im 8./9. Jh. er bracht, u. zwar in der großen Übersetzungs schule von Bagdad: Diese profitiert von den Kompetenzen zwei- oder dreisprachiger Sy rer, die sich auf eine über 500 Jahre lange Übersetzungserfahrung stützen können (D. Gutas, Greek thought, Arabie culture [Lon don 1999]; Μ. W. Dois, Syriae into Arabie. The transmission of Greek medicine: Aram 1 [1989] 45/52; R. Le Coz, Les chrétiens dans la médecine arabe [Paris 2007] 104/21; ders., Médecins aO. [o. Sp. 197] 167/91, bes. 182). Was die übrigen Naturwissenschaften be trifft, sind syrische Übersetzungen des Brie fes von Alexander an Aristoteles (PsCallisthenes) sowie weiterer griechischer Traktate über Zoologie, Botanik u. Ackerbau im Um lauf (Ph. Gignoux, Les relations interlingu istiques de quelques termes de la pharma copée antique 1: Literar. Stoffe u. ihre Ge staltung in mitteliran. Zeit, Festschr. W. Sundermann [2009] 91/8; ders., Les relations interlinguistiques de quelques termes de la pharmacopée antique 2: Exegisti monu menta, Festschr. N. Sims-Williams [Wiesba den 2009] 117/26). c. Geschichtsschreibung. Die Wurzeln der syr. *Historiographie sind zweifellos grie chisch. Bevor historiographische Werke auf Syrisch verfasst werden, sind Übersetzun gen von Texten der griech. christl. Ge schichtsschreibung im Umlauf (Eusebius, Joh. Malalas, Sozomenos u. a.). Die Beson derheit der für die ostsyr. Kirche typischen historiographischen Werke besteht darin, dass sie dem Muster der spätantiken Philo sophiegeschichten folgen: Diese stellen die Lebensbeschreibungen einzelner Philoso phen diachron dar, um Kontinuität bei der Vermittlung der Ideen innerhalb der ver schiedenen philosophischen Schulen zu sug gerieren. Eine solche historische Darstellung deutet auf eine als eigene, gemeinschaftlich empfundene Geschichte hin, wobei die apostol. u. bischöfliche Sukzession durch kirchli che **Biographien zur Geltung gebracht wird (Μ. Debié, Writing history as »his toires': A. Papaconstantinou [Hrsg.], Writing ,true stories' [Turnhout 2010] 43/75). Der Ka talog syrischer Schriftsteller von 'Awdläö' v. Nisibis (Ende 13JAnf. 14. Jh. [A. Mai, Scrip torum veterum nova collectio e Vaticanis co dicibus edita 10,1 (Roma 1838)]) verzeichnet alle damals bekannten historiographischen Werke. Die monastische Geschichte des Tho-
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mas v. Marga (9. Jh.) sowie zwei Jhh. später die Chronographie des Elias v. Nisibis be wahren ebenfalls Werke antiker Autoren, die mehrheitlich verloren sind (F. Jullien, Monachisme 56; dies., Bibliographie théma tique: dies., Monachisme syriaque aO. [o. Sp. 233] 309f). Für die Syr.-Orthodoxen stellt Eusebius’ Chronik den literarischen Bezugs punkt dar, u. zwar in einer überarbeiteten Fassung mit gesonderten Kapiteln zur heidn. u. kirchl. Geschichte (S. P. Brock, Eu sebius and Syriac Christianity: H. W. Attridge [Hrsg.], Eusebius, Christianity and Judaism [Leiden 1992] 212/36; R. W. Bur gess / W. Witakowski, Stud, in Eusebian and post-Eusebian chronography [Stuttgart 1999]; J. J. van Ginkel, Michael the Syrian and his sources: Journ. of the Canadian So ciety for Syriac Stud. 6 [2006] 53/60). d. Paideia. Der Zugang zur griech. Kultur ist das Privileg einer Elite, wie zB. im Fall des Philosophen *Bardesanes, dem die phi losophischen Strömungen der griechisch sprachigen Welt offenbar wohlbekannt sind (H. J. W. Drijvers, Bardaisan of Edessa and the Hermetica: JaarberExOrLux 21 [1969/70] 190/210). Gelehrte dieser Art ver fügen in der Regel über multidisziplinäres Wissen, so zB. der Arzt Abba zZt. König Husraws I, der auch Philosoph u. Astronom ist u. Pahlavi, Syrisch, Hebräisch u. Grie chisch beherrscht (Chronik v. Seert 81 [PO 13, 4, 524]). Dennoch ziehen es die syr. Au toren vor, sich bei ihren Zitaten aus grie chischen profanen Werken sowie aus der Bi bel auf syrische Übersetzungen zu stützen. So verdankt Theodor Bar Konai seine alle gorischen Auslegungen der griech. Mytholo gie (*Mythos) einer Übersetzung von PsClem. Rom. hom. (Th. Nöldeke, Bar Chönl über Homer, Hesiod u. Orpheus: ZsDtMorgGes 53 [1899] 501/7). - Die Klöster spielen in den iran. Gebieten eine zentrale Rolle bei der Ausarbeitung u. Verbreitung von Pai deia. Für eine allgemeine Grundbildung sor gen Dorfschulen, in denen Lektüre der hl. Schriften (bes. der Psalmen) gepflegt u. li turgischer Gesang gelehrt werden (F. Jul lien, Monachisme 26. 149f. 155f). Die Ausbil dung der künftigen Führungskräfte der ostsyr. Kirche u. der intellektuellen Eliten findet hauptsächlich in besonderen ’•'Hoch schulen wie der in Nisibis statt. Gelehrt wer den Rhetorik, aristotelische Philosophie, Me dizin, Exegese u. bibl. Theologie (J.-B. Cha
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bot, L’école de Nisibe: JournAsiat 8 [1896] 43/93; A. Vööbus, The statutes of the school of Nisibis [Stockholm 1962]; A. H. Becker, Sources for the study of the school of Nisibis [Liverpool 2008] 169/203; F. Briquel Chatonnet, La religion comme enseignement. Les écoles dans la tradition historique et cultu relle de l’Église syro-orientale: CRAcInscr 2008, 69f). Neben der Schule von Nisibis, die häufig als die ,Mutter der Wissenschaften' bezeichnet wird (Chabot, Chasteté aO. [o. Sp. 206] 28, 17; frz. Übers.: ebd. 25]), sind auch die Schulen von Seleukeia, Dorqonie (4. Jh.) u. Gundeââbuhr (7. Jh.) zu nennen (G. J. Reinink, Theology and medicine in Jundishapur: A. A. MacDonald u. a. [Hrsg.], Learned antiquity. Scholarship in the Near East, the Greco-Roman world and the early medieval west [Leuven 2003] 163/74; H. Hugonnard-Roche, Les grands centres scienti fiques de l’Antiquité Tardive: La médecine au temps des califes, Ausst.-Kat. Paris [1996] 23; Le Coz, Médecins aO. [o. Sp. 197] 53/66). Bestimmte Klöster, wie Qenneërë, in der Re gion des syr. Antiochia, werden zu großen Zentren für syrische Übersetzungen grie chischer Werke u. für die Unterweisung von Mönchen, die später zur Verbreitung der griech. Kultur jenseits der Grenzen beitra gen sollen. II. Jüd. Einflüsse. Der Einfluss jüdischer Traditionen auf die syr. Literatur spiegelt sich hauptsächlich in den christl. Werken des 4. Jh. wider, wobei das Phänomen bis zZt. der islamischen Expansion fortdauert. Ein Einfluss talmudischer oder targumischer Kommentare auf bestimmte Übersetzungen von Büchern des AT in der PeSitta (vor al lem Pentateuch u. Geschichtsbücher) ist schon seit langem belegt, besonders in den Bereichen der Phraseologie, der Struktur der Texte u. der Lexikographie (Y. Maori, The Peshitta version of the Pentateuch in its relation to the sources of Jewish exegesis, Diss. Jérus. [1975]; L. Haefeli, Die Peschitta des AT mit Rücksicht auf ihre textkritische Bearbeitung u. Herausgabe [1927] 27/30). Mit diesen Traditionen sind Autoren, wie zB. *Ephraem Syrus u. **Aphrahat, gut ver traut: Aphrahat zitiert die Schrift auf He bräisch, kennt die hebr. Gottesnamen (demonstr. 17,5 [PSyr 1,1,792]), stellt den Mes sias als den großen Propheten dar (ebd. 2, 6; 14, 33 [57/60. 656f]), hat hervorragende Kenntnisse der Methoden der jüd. Ausle
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gung (Pierre aO. [o. Sp. 221] 120/7) u. analy siert die Texte gemäß den hermeneutischen Regeln der *Haggadah. Was die Identifika tion biblischer Städte mit wichtigen Topo nymen der Antike betrifft (die einer für die Targumim typischen literar. Vorgehens weise entspricht), stützt sich Ephraem in seiner Auslegung von Gen. 10, 10/2 auf Targum Neofiti u. PsJonathan (in Gen. comm. 8, 1 [CSCO 152 / Syr. 71, 65; lat. Übers.: ebd. 153 / Syr. 72, 52]; J. W. Etheridge, The Targums of Onkelos and Jonathan Ben Uzziel on the Pentateuch [New York 1968] 54; Ch. Jullien, Dans le royaume de Nemrod: Eukarpa, Festschr. G. Dorival [Paris 2011] 160.168/70; für weitere Parallelen bei Ephr. Syr. Brock, Traditions aO. [o. Sp. 209] 218/23; T. Kron holm, Motifs from Gen. 1/11 in the genuine hymns of Ephrem the Syrian [Lund 1978] 215/24). - Die syr. hagiographischen Texte, die sich auf im 4. Jh. verstorbene Märtyrer beziehen, enthalten kalendarische Angaben, in denen sich das Festhalten am quartodezi manischen Osterfesttermin am 14. Nisan wi derspiegeln dürfte (vgl. die Viten des Awgin [BHO 120/2], Brikhßö' [ebd. 180] u. bes. des Simeon Bar Sabbaë [ebd. 1117. 1119]; Μ. J. Higgins, Date of the martyrdom of Simeon Bar Sabbaë: Traditio 11 [1955] 3V5). - Die syr. Übersetzungen von apokryphen u. pseudepigraphischen Werken weisen eben falls jüdische Elemente auf. So wird zB. die Geschichte von Joseph u. Aseneth in PsZach. Rhet. h. e. 1, 6 (CSCO 83 / Syr. 38,21/55; lat. Übers.: ebd. 87 / Syr. 41, 15/39) überliefert. Die Geschichte der Rechabiter (Jer. 35, 19), die im 7. Jh. von Jakob v. Edessa überliefert wird, weist in ihren ältesten Redaktions schichten viele verschiedene, besonders jü dische u. persische, Einflüsse auf (J. H. Charlesworth, Greek, Persian, Roman, Sy rian, and Egyptian influences in early Jewish theology: Hellenics et Judaica, Festschr. V. Nikiprowetzky [Leuven 1986] 219. 226. 231/4); die Interpolationen u. Bearbeitungen des Autors führen zur **Christianisierung einzelner Sequenzen der Erzählung (zB. Ausführungen zur Inkarnation [F. Nau (Hrsg.), Les fils de Jonadab fils de Réchab et les fies Fortunées (Paris 1899) 21, 1/6 fol. 334v (frz. Übers.: ebd. 35)] u. Erlösung [ebd. 21, 15/22, 11 fol. 335r (frz. Übers.: ebd. 36)]; zu einer plausiblen Überlieferung der Ge schichte im syr. Milieu durch die Tradition der griech. Chroniken Brock, Traditions aO.
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224; gegen E. Tisserant, Fragments syri aques du Livre des Jubilés: RevBibl 30 [1921] 55/86. 206/32). - Im Text der Schatz höhle, Me'arrath Gazzë, sind von griechi schen Quellen unabhängige Elemente jüdi scher Kultur bezeugt. Der Text, der wahr scheinlich auf judenchristlichen Traditionen (zB. Vit. Proph.) aufbaut u. in seiner aktuel len Fassung aus dem 6. Jh. stammt, fasst die Anfänge der bibl. Geschichte aus einer chris tianisierenden Perspektive zusammen (Μ. Petit, Vies de prophètes: Bovon / Geoltrain aO. [o. Sp. 210] 2, 421/5; das ursprüngliche redaktionelle Umfeld ist umstritten: jüd. mit christl. Elementen oder christl. mit jüd. Tra ditionen; vgl. A. S.-M. Ri, La caveme des trésors [Louvain 2000] 52/7). III. Magie. Die zahlreichen Täfelchen, Schüsseln, Schalen u. Phylakterien mit divinatorischen u. prophylaktischen, häufig be schwörenden Inschriften, die in Mesopota mien u. P. gefunden wurden u. die aus dem 5. bis 9. Jh. stammen, weisen auf das Ausmaß magischer Praktiken (*Magie) im syr.christl. sowie, mehr noch, im aramäisch sprachigen Bereich hin (J. Naveh / S. Shaked, Amulets and magic bowls [Jerus. 1985] 13/38.63/9.124/33.181/4; Ph. Gignoux, Incan tations magiques syriaques [Louvain 1987] 1, 18f §86; Μ. Gorea, Trois nouvelles coupes magiques araméennes: Semitica 51 [2001] 73/93; S. Shaked, Notes on the Pahlavi amulet and Sasanian courts of law: Bull, of the Asia Inst. NS 7 [1993] 166f). Die Verwen dung von hnana (einer aus *Ö1 oder Wasser bestehenden, mit Staub von Gebeinen der Märtyrer vermischten Paste) durch die syr. Christen P.s kann ebenfalls zu dieser Art magischer Praktiken gerechnet werden (*Krankenöl). Die Quellen, vor allem das Corpus der Mönchsgeschichten, betonen meist die prophylaktische Dimension dieser aus Reliquien bestehenden Paste, der beson dere Wirkungen zugeschrieben werden, wie zB. Schutz, Segen oder Abwendung von Un heil, Naturkatastrophen, bösartigen Einflüs sen usw. Die im Gebrauch von hnana impli zite Ambiguität erklärt die heftige Ableh nung seiner Verwendung durch bestimmte Autoren, wie zB. Theodor Bar Konai (7. Jh.; lib. schol. 1, 16 [CSCO 464 / Syr. 197, 21/6; frz. Übers.: ebd. 465 / Syr. 198, 18/22]), des sen Darlegungen in dem Ausdruck ,Lehre des Satans* gipfeln (ebd. [ebd. 25; frz. Übers.: ebd. 21]). - Zur gleichen Zeit spricht sich das
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Kloster von Rabban Hormizd gegen den Be sitz von ’Amuletten, metallenen Talismanen oder Glaskugeln aus. Diese sind besonders für schwangere ’Frauen u. für ’Kinder ver boten, die sie als Schutzzeichen auf der Stirn zu tragen pflegen (Chronik v. Seert 99 [PO 13, 4, 596]). Die fortdauernden Warnungen vor heidnischen Kulten unterstreichen die ausgeprägte kirchl. Überwachung sowohl der liturgischen Praktiken als auch der Glau bensüberzeugungen (S. Griffith, Theodore Bar Kônî’s Scholion: Garsoïan / Mathews / Thomson aO. [o. Sp. 241] 53/72; F. Jullien, Polémistes 31/4). IV. Einflüsse des Mazdaismus, a. Litera tur. Die syr. hagiographischen Texte, die sich auf die Märtyrer der Sasanidenzeit be ziehen, enthalten häufig kulturelle Ele mente, die für den Mazdaismus typisch sind. Diese werden in die Erzählung übernom men, überarbeitet u. integriert (Ph. Gignoux, Une typologie des miracles des saints et martyrs perses: D. Aigle [Hrsg.], Miracle et Karäma [Turnhout 2000] 515f). Die Lichterscheinungen, von denen die Märtyrer um geben sind, können mit dem iran. xwarenah (,Machtglanz“) verglichen werden, zB. der ’Nimbus des Jonän (Bedjan, Act. mart. 3, 379), die leuchtende Seele des Pilon (ebd. 1, 502/4), das Licht, das das Haus, in dem Aithalaha betet (4,136), oder das Gefängnis, in dem der gefolterte Gubarlaha festgehalten wird (4, 151), ausstrahlt. Der Held wird ge legentlich von einer Art Beschützer besucht, wahrscheinlich eine Anspielung auf den fravaSi (,Schutzgeist*), der im Mazdaismus die gerechte Seele im Laufe ihres irdischen Le bens begleitet (J.-B. Abbeloos, Acta Mar Kardaghi 7: AnalBoll 9 [1890] 16, 9/17, 4 § 7 [engl. Übers.: J. Walker, The legend of Mar Qardagh (Berkeley 2006) 23f. 220f]: Der hl. Sergius erscheint dem christl. Helden gemäß der iran. Vorstellung des fravaSi als Reiter krieger mit Rüstung; N. E. Μ. Boyce, Art. FravaSi: Enc. Iranica 10 [2001] 195/9; zu den Darstellungen J. Keilens, Les frauuaSis dans l’art sassanide: Iranica Antiqua 10 [1973] 133/8; E. K. Fowden, The barbarian plain [Berkeley 1999] 133/41). - Der Rückgriff auf das ’Ordal ist in der syr. martyrologischen Literatur recht häufig bezeugt u. ist oft das exakte Abbild des sasanidischen juristischen Verfahrens (Mätakdän I Hazär Dätastän: Das Ordal erbringt den Schuld- oder Un schuldnachweis des Angeklagten; Μ. Ma-
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cuch, Rechtskasuistik u. Gerichtspraxis zu Beginn des 7. Jh. in Iran [1993] A 15,15/7; A 27,7/9; zum Feuerordal Akten des Mär Märi 24 [CSCO 602 / Syr. 234,34f; frz. Übers.: ebd. 603 / Syr. 235, 39f]; der konvertierte Magier Dädöy: Bedjan, Act. mart. 4, 142f). Weitere Ordalformen lassen sich in speziellen Folter methoden erkennen, wie zB. dem Gießen von geschmolzenem Metall in die Augen, die Nase u. die Ohren des Angeklagten (Brikläö': ebd. 2, 46, vgl. hierzu die rituellen Richtlinien im Öayaät-ne-Sayaät [Sayaät 15, 16f (E. W. West, Sacred books of the East 5 [Oxford 1880] 376)]). Diese Art von Proben weisen Ähnlichkeit mit der ordalischen Se quenz des Jüngsten Gerichts der mazdäischen Apokalyptik auf: Die gesamte, aus Le benden u. auferstandenen Verstorbenen be stehende Menschheit muss einen Fluss aus geschmolzenem Metall überqueren (Boyce, Zoroastrians aO. [o. Sp. 204] 27/9; dies. / F. Grenet, A history of Zoroastrianism 3 [Lei den 1991] 365f; Ch. Jullien, Peines et sup plices dans les Act. mart, persans et droit sassanide: Studia Iranica 33 [2004] 257/9). Die Hagiographie lässt die Verwendung von sasanidischen kulturellen u. künstlerischen Topoi gut erkennen. Dies trifft besonders auf die epische Tradition zu (’Epos), wie die Ge schichte des iran. Aristokraten Mär Kirdag beispielhaft zeigt (Walker aO.). Die narrative Struktur seiner militärischen Heldentaten weist Gemeinsamkeiten mit einer vom His toriker Tabari überlieferten Episode aus den Feldzügen von Wahräm V (C. E. Bosworth, The History of al-Tabari [New York 1999] 863/5; Walker aO. 152. 163) oder mit dem ,Buch der Könige* von Ferdowsl auf. Der christl. Autor dieser Geschichte ist mit den narrativen Konventionen epischer Beschrei bungen vertraut u. wendet sie in seinem Werk an, um den Rahmen seiner Erzählung zu gestalten. - Nach einer mazdäischen Vor stellung, die auf das Avesta zurückgeht (J. Darmesteter, Le Zend Avesta 2 [Paris 1892] 521), soll in der Endzeit ein Held auftreten, der das Böse vernichtet u. die ’Gerechtig keit wiederherstellt, worauf die Auferste hung der Toten erfolgt. Dieser Saoäyant (,Retter*) soll von einer Jungfrau geboren werden (N. E. Μ. Boyce, A history of Zoro astrianism 1 [Leiden 1989] 182f. 277/82). Nach G. Messina schreiben daher die Chris ten Zoroaster die Prophezeiung der Geburt Christi zu (I Magi a Betlemme e una predi-
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zione di Zoroastro [Roma 1933] 84f; ders., Una presunta profezia di Zoroastro sulla venuta del Messia: Biblica 14 [1933] 170/98; zu den jüd. u. griech. Legenden zu Zoroaster W. Speyer, Art. Baruch: RAC Suppl. 1, 989f). J. van Banning hat die östl., besonders syr., Wurzeln dieser christl. Tradition, die im Opus imperfectum in Matthaeum festgehal ten ist, endgültig nachgewiesen (hom. 2 [PG 56, 637]; J. van Banning, The critical edition of the Opus imperfectum in Matthaeum. An arian source: StudPatr 17 [1982] 382/8; F. Mali, Das ,Opus imperfectum in Matthaeum* u. sein Verhältnis zu den Matthäuskomm. von Origenes u. Hieronymus [Innsbruck 1991] 16/63), ohne eine griech. Vermittlung ausschließen zu können. Diese Tradition wird von den syr. Autoren aufgenommen u. weiter entwickelt, zB. von Theodor Bar Konai (lib. schol. 7, 21 [CSCO 431 / Syr. 187, 74f; frz. Übers.: ebd. 432 / Syr. 188,52fl), der Jesus mit SaoSyant identifiziert, wobei er die wichtigsten mit diesem Retter verbundenen Elemente iranischer *Eschatologie wieder aufgreift. Die Übereinstimmungen zwischen den apokalyptischen Aspekten des mazdäischen u. des christl. Glaubens machen deut lich, dass sie für die Arbeit der christl. Mis sionare in P. adaptionsfähig waren. So wird Zoroaster als ein Prophet dargestellt, der wie die atl. Propheten das Ankommen des Messias ankündigt (J. Bidez / F. V. Μ. Cumont, Les mages hellénisés 1 [Paris 1938] 54). Die christianisierte Wiedergabe der zo roastrischen Tradition erreicht ihren Höhe punkt in bestimmten Texten, die den Heilig keitscharakter des Feuerkultes in Frage stellen (Messina Magi aO. 68f: Das Feuer wird den Magiern in Bethlehem von der hl. Familie anvertraut u. seither verehren sie dieses hl. Geschenk; Boyce / Grenet aO. 454f; Yaqut erwähnt diese Tradition: G. Messina, Cristianesimo, buddhismo, manicheismo nell’Asia antica [Roma 1947] 111). Die syr. Tradition hat auch versucht, die Namen der Magier, die in Bethlehem dem Jesuskind hul digten (*Magierhuldigung), auszudeuten. In langen Namensauflistungen finden sich die Namen von Personen, die in gewisser Weise die gesamte pers. Welt, samt ihren religiö sen, gesetzlichen u. polit. Vertretern, sym bolisieren (wieder aufgegriffen zB. von Sa lomon v. Baçra, Buch der Biene 37 [E. A. W. Budge, The Book of the Bee (Oxford 1886) 81]; W. Witakowski, The Syriac Chronicle of
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PsDionysius of Tel-Mahrê [Uppsala 1987] 124/35; oder von Kompilatoren, wie Bar Bahlul [R. Duval (Hrsg.), Lexikon syriacum auctore Hassano bar Bahlule (Paris 1901) 1003; ders., Littérature aO. (o. Sp. 243) 298f]; De nys Bar Salibï [CSCO 15 / Syr. 15, 89f; lat. Übers.: ebd. 16 / Syr. 16, 67/9]). Es ist nahe liegend, dass die Autoren dieser Listen die heidn. Könige christianisieren wollen, indem ihre Dynastien in den göttlichen Plan bzw. in eine neue Ordnung unter der Ägide Christi eingebettet werden. b. Weitere Quellen. Die aus sasanidischer Zeit stammenden archäolog., sigillographischen u. numismatischen Befunde belegen deutlich die christl. Übernahme bestimmter persischer Motive. Die Christianisierung von Symbolen der iran. Tradition, vor allem der zoroastrischen Ikonographie, spiegelt sich besonders im Bereich der Sigillographie wi der. Bestimmte christliche Siegel kombinie ren mazdäische Bilder oder Inschriften mit christlichen Symbolen: In dem von J. A. Ler ner untersuchten Siegel nr. 20 wird ein Kreuz auf einem Feueraltar dargestellt, der die klass. sasanidischen Merkmale der Feu eraltäre aufweist, die auf den Rückseiten zahlreicher Siegel u. *Münzen bezeugt sind (Christian seals of the Sasanian period [Is tanbul 1977] Taf. 2, 14; 3, 17. 34; Ph. Gignoux / R. Gyselen, Bulles et sceaux sassanides de diverses coli, privées [Louvain 1982] Taf. 3, 10, 17; Taf. 6, 11, 4). Die auf den Sie geln gängige zoroastrische Formel .Ver trauen auf die Götter4 wird gelegentlich christlich weiter verwendet u. entsprechend in .Vertrauen auf Gott4 oder .Vertrauen auf Jesus4 geändert (ebd. nr. 3.1; 310f; S. Shaked, Jewish Sasanian sigillography: Festschr. Ph. Gignoux aO. [o. Sp. 201] 248). Biblische The men finden sich hingegen nur wenige: Aus dem AT sind lediglich Abbildungen der Op ferung Isaaks (*Isaak I [Patriarch]) u. *Daniels in der Löwengrube bekannt (S. R. Hau ser, Christi. Archäologie im Sasanidenreich: Mustafa / Tubach 112f; J. A. Lerner, The sa crifice of Isaac revisited: Facts and artefacts in the Islamic world, Festschr. J. Kröger [Leiden 2007] 39/57); neutestamentliche Sze nen oder Christusdarstellungen sind nicht belegt (Hauser aO. 114f). - Im Klosterbe reich der Insel von Khärg vor Rëw-Ardaâïr sind sasanidische Platten gefunden worden, die aufgrund des kreuzförmigen Motivs, das darauf eingezeichnet ist, zu dekorativen
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Zwecken verwendet wurden. Das Kreuz ist sehr stilisiert u. scheint nur ein Grundmus ter zu bilden (Steve 119 Taf. 10, 3f type 6). Der Prototyp dieser Platten ist im sasanidischen Stuckdekor reich vertreten (Stuck aus Ktesiphon: Ghirshman, Iran aO. [o. Sp. 214] 189 Àbb. 232 links; J. Kröger, Sasanidischer Stuckdekor [1982] Taf. 38,1; 39,3; Stuck aus Biääbuhr: ebd. Taf. 91, 3/5; in der späteren sasanidischen Kunst erscheinen solche Plat ten mit weiterentwickelten geometrischen Motiven oder mit von einer Kreuzform aus gehendem vegetabilen Dekor [ebd. Taf. 88, 3/5; 89, 6]; J. Balty, Mosaïques romaines, mo saïques sassanides: J. Wiesehöfer / Ph. Huyse [Hrsg.], Erän u. Anerän [2006] 29/44). Der Rückgriff auf bestimmte, traditionell irani sche Dekormotive ist auch bei dem Prozes sionskreuz aus Herat zu erkennen (740/50). Dieses Kreuz stellt einen der wenigen Hin weise auf die fortdauernde Präsenz von Christen in der Region dar (Ph. Gignoux, Une croix de procession de Hérat inscrite en pehlevi: Muséon 114 [2001] 304). Dabei han delt es sich nicht um ein für die Nestorianer typisches Kreuz (J. Dauvillier, Les croix tri omphales dans l’ancienne Église chaldéenne: Éléona [1956] 13/7); es ähnelt aber in seiner Ausführung iranischen Dekorelementen, die auf bestimmten sasanidischen Siegeln nach dem 6. Jh. zu finden sind (zB. das Kreuz auf dem Siegel AOD 172 im Louvre: R. Gyselen, Les témoignages sigillographiques sur la présence chrétienne dans l’empire sassanide: dies. [Hrsg.], Chrétiens en terre d’Iran [Pa ris 2006] 44f nr. 16f). Das iran. Bändermotiv ist häufig an königlichen Büsten zu sehen; es wird auch auf Kultobjekten dargestellt, um ihre sakrale Bedeutung hervorzuheben; dies trifft besonders auf die Darstellung von Feueraltären auf Siegeln u. Münzen zu (ebd. 44f; Ch. Jullien, Chrétiens d’Iran entre ha giographie et histoire: ,Maître pour l’éter nité', Festschr. Ph. Gignoux [Paris 2011] 187; Gignoux / Gyselen aO. Taf. 11 nr. 20. 54/9). Die Verwendung einer iran. Ornamentik so wie die Wahl einer mittelpers. Legende be legen die Akkulturation dieser christl. Ge meinde, die sich im Khorassän niedergelas sen hatte.
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Persien II
Persien II (Das Bild Persiens bzw. des Iran in westl. Traditionen). A. Griechisch-römisch. I. Allgemein 255. II. Griechisch, a. Negativ. 1. Herodot 258. 2. Weitere 259. b. Positiv. 1. Allgemein 262. 2. Pers. Weisheit 264. III. Römisch, a. Erstes Jh. 265. b. Zweites / drittes Jh. 267. c. Viertes Jh. 269.
B. Jüdisch 270. C. Christlich. I. Allgemein 274. II. Erstes / zweites Jh. 276. III. Westl. Autoren, a. Zweites / viertes Jh. 278. b. Fünftes / sechstes Jh. 282. IV. Gnosis 283. V. Syr. u. armen. Autoren über pers. Religion 285. VI. Iran. Christentum in westl. Perspektive 286. VII. Syrisch u. Armenisch als Kirchensprachen unter iran. Einfluss 289. VIII. Christenverfolgungen im Iran u. ihre westl. Wahrnehmung 289. IX. Persien als heilsgeschichtl. Größe 290. D. Kirnst 294.
A Griechisch-römisch. I. Allgemein. Die Geschichte des Iran u. der Perser in ihrer Relevanz für die Fragestellungen des RAC sind in *Persien I gezeichnet. Hier wird ei niges über Charakter, Volkstum, Religion u. Sitten der iran. Völker aus der Wahrneh mung der westl. griech.-röm. Welt ergänzt, insbesondere insofern es von Einfluss auf christliche P.bilder ist. Es geht also weniger um das ,reale“ P. als um P.imaginationen. Das P.bild der Literatur hat sich von den tatsächlichen Gegebenheiten des Iran par tiell abgekoppelt u. wird als Konstellation li terarischer Topoi tradiert. Mehrere diver gierende Linien lassen sich im Rahmen je eigener Diskurse unterscheiden. - Die frühe militärische Konfrontation der Griechen mit den Persern schuf im 5. u. vor allem 4. Jh. vC. ein P.bild, in dem diese als **Barbaren u. grausame Feinde erscheinen: P. als ein Ge genbild zur griech. Freiheitsliebe, verbun den mit Motiven des *Luxus u. der Deka denz. Andererseits führten intensive Kultur kontakte vor allem im kleinasiat. Raum sowie der *Handel zu entspannteren Wahr nehmungen u. einer gegenseitigen Rezeption von Kulturgütern bis hin zu persischen Fremdwörtern (Μ. Brust, Die ind. u. iran.
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Lehnwörter im Griech.2 [Innsbruck 2008]; Ph. Huyse, Sprachkontakte u. Entlehnungen zwischen dem Griech. / Lat. u. dem Mitteliran.: Μ. Schuol / U. Hartmann / A. Luther [Hrsg.], Grenzüberschreitungen. Formen des Kontakts zwischen Orient u. Okzident im Altertum [2002] 197/234). Im Kontext eines Diskurses ,fremde Völker als Quellen von Weisheit u. Offenbarung* wird auch P. im hellenist. Zeitalter zu einem Gegenstand exotischer Faszination (A. Momigliano, Alien wisdom. The limits of hellenization [Cam bridge 1975]; J.-A. Festugière, La révélation d’Hermès Trismégiste l2 [Paris 1983] 19/44) vergleichbar analogen Bildern der Kelten, Inder, Juden, Babylonier etc., jedoch in deut lich geringerem Maße, als das besonders in Hinsicht auf Ägypten zutrifft. Speziell um die iran. Magier u. um Zarathustra-Zoroaster entsteht ein Imaginarium, das (vergleich bar denjenigen um ägypt. Priester u. Her mes Trismegistos) zur Projektionsfläche für .andere4, .uralte* u. .geoffenbarte* Weisheit wird. Astralmythologische, naturphilosophi sche, magische, pharmakologische, botani sche, apokalyptische u. a. Inhalte können sich in diesem P.bild verbinden, in dem west liche Elemente u. genuin iranische Traditi onen Zusammentreffen, letztere allerdings eher bruchstückhaft. In der röm. Kaiserzeit koexistieren diese literarisch u. ikonographisch tradierten Diskurse mit der komple xen Pragmatik der kulturellen, diplomati schen u. militärischen Beziehungen erst zum parthischen Arsakidenreich, dann (ab etwa 224 nC.) zum Sasanidenreich. Da dieses selbstbewusst als neues persisches Groß reich auftritt, werden auch P.bilder aus der Achämenidenzeit wieder .aktuell*. Weil es seit der Niederlage des Crassus 53 vC. bei Carrhae nie zu einem wirklich dauerhaften u. belastbaren Frieden zwischen Römern u. Parthem bzw. Persern gekommen ist (trotz längerer Friedenszeiten u. diplomatischer Bemühungen), konnte auch das negative Perserbild immer wieder neu in die Prag matik eines sozusagen .Kalten Krieges* u. in die militärische Propaganda einbezogen wer den (Μ. H. Dodgeon / S. N. C. Lieu, The Ro man eastem frontier and the Persian wars 1 [AD 226/363] [London 1991]; G. B. Greatrex / S. N. C. Lieu, The Roman eastem fron tier and the Persian wars 2 [AD 363/630] [ebd. 2002]). Die grundsätzliche Ost-WestKonstellation blieb bis zum letzten Perser-
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krieg des Byz. Reiches (603/28) erhalten, dessen Gewinner die islam. Araber wurden, die das entstehende Machtvakuum zwischen den beiden Großmächten auszunutzen wuss ten. - Neben einer konfrontativen Selbstin szenierung beider Imperien bestand aber auch eine Pragmatik gegenseitiger Anteil nahmen an Hofinteressen, dynastischen Ver wicklungen u. Nachfolgefragen, Bildwelten der Macht u. a.: Beide Imperien existierten nicht nur politisch-militärisch u. wirtschaft lich neben- u. miteinander, sondern auch .symbolisch4, in dem sie in ihren imperialen Riten u. Ikonographien (oft untergründig) aufeinander Bezug nahmen. Während der Kaiserzeit war das parthische bzw. pers. Reich der einzige .gleichwertige' Antipode Roms, was sich u. a. in völkerrechtlichen Konstruktionen u. im Münzwesen aus drückte (Aufnahme der von den Arsakiden noch gemiedenen Goldprägung durch die Sasaniden; *Münze). Der West-Ost-Diskurs konnte sich auch in Zeitalterschemata, Ideen einer Sukzession der Weltreiche, ethnischen Stereotypen u. schließlich auch in apokalyp tischen Szenarien ausdrücken. - Zum geschichtl. Rahmen: Achämeniden: P. Briant, Histoire de l’empire perse. De Cyrus à Alexandre (Paris 1996); U. Weber / J. Wiesehöfer, Das Reich der Achaimeniden. Eine Biblio graphie (1996); Arsakiden: K.-H. Ziegler, Die Beziehungen zwischen Rom u. dem Parther reich (1964); J. Wolski, L’empire des Arsacides (Louvain 1993); Wiesehöfer, Ch. Lerouge, L’image des Parthes dans le monde gréco-romain (Stuttgart 2007); Hackl / Ja cobs / Weber; Wick / Zehnder; Sasaniden: Christensen; Pourshariati; K. Schippmann, Grundzüge der Gesch. des sasanidischen Reiches (1990); J. Wiesehöfer / Ph. Huyse (Hrsg.), Eran u. Aneran. Stud. zu den Bezie hungen zwischen dem Sasanidenreich u. der Mittelmeerwelt (2006); Μ. Rahim Shayegan, Arsacids and Sasanians. Political ideology in Post-Hellenistic and late antique Persia (Cambridge 2011); allgemein: The Cam bridge History of Iran (Cambridge 1968ff); G. Widengren, Iran, der große Gegner Roms: ANRW 2, 9, 1 (1976) 219/306; J. Wolski, Iran u. Rom. Versuch einer histor. Wertung der gegenseitigen Beziehungen: ebd. 195/214; R. N. Frye, The history of ancient Iran (München 1984); E. Yarshater (Hrsg.), Enc. Iranica (London 1985ff); J. Wie sehöfer, Das antike P.3 (2005). RAC XXVII
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II. Griechisch, a. Negativ. 1. Herodot. Ein flussreichste literarische Referenzgröße ei ner Antithetik Hellenen-Perser ist ’‘Hero dot, der die gesamte spätere Antike hin durch gelesen wurde u. den zB. noch *Prokop im 6. Jh. nachahmt. Neben meist so lider Information über das Achämenidenreich definiert er das literarische Muster des ethnologischen Exkurses, der mit einem sta bilen Fragenrepertoire eine interessante u. für seine Leser unterhaltsame Sicht auf fremde Ethnien bietet (Müller 98/130). Dabei zeichnet er den welthistorischen Konflikt zwischen Griechen u. Persern als Kampf zwi schen *Freiheit u. Despotismus, ohne den Persern Interesse u. Bewunderung vorzu enthalten (3, 80/2; 7, 35; 8, 142 u. ö.). Vor al lem ihre kampferprobte Tapferkeit wird her vorgehoben, in der sie alle anderen Völker überträfen (7, 238; 8, 86; 9, 71; ähnlich Aeschyl. Pers. 87/92). Ehre erhielten jene, die sich im Kampf auszeichneten (Herodt. 7, 238). Die *Lüge sei verfemt (ebd. 1, 138). Tatsächlich wirft ihm Plut. Her. mal. 12, 857A / 18, 858F vor, die Perser u. Ägypter viel zu freundlich zu zeichnen u. ein ,Barba renfreimd' zu sein (Ch. Pelling, De maligni tate Plutarchi: Bridges / Hall / Rhodes 145/64). Einige Details aus Herodots Bild: Die Perser (manchmal von den Medern nicht klar unterschieden, deren Tracht sie annah men: Herodt. 1, 35) gliedern sich in Stämme (Abstammungsgruppen; ebd. 1, 125; vgl. 1, 101). Erst mit Kyros seien sie zu einer ge schichtsträchtigen Größe geworden; eine Verbindung mit der griech. mythischen Ge schichte (Perseus) bringt Herodot nur spät u. beiläufig in seinem Werk (7, 61, 2f; R. Bichler, Herodots Welt [2000] 255f). In ei nem eigenen Exkurs behandelt er die Ge setze u. Sitten der Perser (1,131/40), begin nend mit ihrer anikonen u. tempellosen Re ligion (so noch Strab. 15, 3, 13; Berossus: FGrHist 680 F 11; Cic. leg. 2, 26 u. ö.), ihrer Verehrung der Elemente (Sonne, Mond, *Erde, Feuer, Wasser u. Wind), dem Kult des Himmelsgottes auf Berggipfeln; weiter beschreibt er die den Griechen fremden Op ferbräuche ohne Altäre (Herodt. 1, 132; vgl. 7, 54: Xerxes’ Opfer an den Hellespont), die strengen Reinheitsvorschriften, die Leichen aussetzung zum Fraß für wilde Tiere (die Überreste werden mit Wachs überzogen u. begraben; Cic. Tuse. 1,108 u. ö.) usw. Einige Irrtümer (Mithra als weibliche Figur: He9
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rodt. 1, 131; wiederholt zB. noch Ambr. ep. 10, 73 [18], 30 [CSEL 82, 3, 49, 295fJ; ♦Mi thras) sind Gegenstand intensiver Diskus sion. Dazu tritt ein klischeehaftes Charak terbild, das mit ethnologischen Kuriositäten angereichert wird (Vertragsabschluss in be trunkenem Zustand, Grußrituale als Insze nierungen sozialer Stellung, überhöhtes Selbstbild als »beste aller Menschen*). Im Kontrast zur wüstenhaften Natur ihres Mut terlandes liebten die Perser exzessiven Lu xus (pers. Ursprungs sind die üppigen, bunt verzierten βαρβάρων ύφάσματα, exotische Gewänder, schon in vorhellenist. Zeit). Adel u. König haben viele Ehefrauen; wer die meisten Kinder hat, wird dafür vom König belohnt. Die Pädophilie hätten sie von den Griechen übernommen (Herodt. 1, 135). Be sonders der Harem des Königs wird zum Ge genstand zahlreicher Skandalgeschichten (ebd. 3, 68f. 84,2.130,4f; 9,108/13); auch das Eunuchenwesen irritiert den griech. Beob achter (*Kastration). Knaben der Feudal klasse lernten nur drei Dinge: Reiten, Bo genschießen u. die Wahrheit sprechen (1, 136; oft wiederholt, zB. Strab. 15,3,18). Han del u. Wirtschaft wirken auf den Griechen primitiv, auch zahlten die Perser selbst keine Steuern (Herodt. 3, 97, 1). Fremde Sitten übernähmen sie leicht (ebd. 1, 135). Schon Herodot konstatiert ein problematisches An wachsen der Macht des Königs über seine Untertanen, etwa in der Rechtsprechung. Respektvolle Bräuche drückten die erha bene Distanz des Königs bei Audienzen aus, der dabei vor der Öffentlichkeit nicht sicht bar auftritt (Herodt. 1, 98,2; 3, 63,2; PsAristot. mund. 6, 398a 14). Die später oft beob achtete Geschwisterehe sei von Kambyses eingeführt worden (3, 31; R. Rollinger, Art. Herodotus 3. Defining the Persians: Enc. Iranica 12 [2004] 257/60; G. Nenci / O. Reverdin [Hrsg.], Hérodote et les peuples non grecs [Genève 1990]). Isaac (passim) betont, dass Herodot noch keine grundsätzliche oder gar »rassistische* Überlegenheitsattitüde über die Perser entwickelt. 2. Weitere. Damit sind Traditionen be nannt, an die alle späteren griech. u. röm. Sichtweisen angeknüpft haben. Andere frühe Literarisierungen, etwa in der Tragö die, bei Isokrates oder in der Mittleren ♦Ko mödie, treten in ihrem Einfluss auf den ,Per serdiskurs* nur ergänzend neben Herodot (E. Hall, Inventing the barbarian. Greek
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self-definition through tragedy [Oxford 1989]; Μ. Ch. Miller, Athens and Persia in the 5^ cent. B. C. [Cambridge 1997]; Th. Harrison, The emptiness of Asia. Aeschylus’ Persians and the history of the 5lh cent. [Lon don 2001]; B. Hutzfeld, Das Bild der Perser in der griech. Dichtung des 5. vorchristl. Jh. [1999]; S. Schmal, Feindbilder bei den frühen Griechen [1995]; A. Dihle, Die Griechen u. die Fremden [1994]; Isaac). - Ein eigenes Genre .Persika* nimmt die frühen Kontakte auf u. stereotypisiert sie (zu den einzelnen Autoren: Ch. Jullien, Art. Persien I: o. Sp. 191/4; I. Madreiter, Stereotypisierung - Ide alisierung - Indifferenz. Formen der Ausein andersetzung mit dem Achaimeniden-Reich in der griech. Persika-Lit. [2012]; J. Wiesehöfer / R. Rollinger / G. Lanfranchi [Hrsg.], Ktesias’ Welt [2011]). Reichtum, üppiger Lu xus, Ausschweifungen der feudalen Ober schicht, ein grausamer u. wilder Charakter werden nun zu festen Topen der Perserima gination, gelegentlich verbunden mit Moti ven wie List, Täuschung, Wankelmut, Rach sucht, aber auch Treue zum König, Pracht u. Majestät. Hauptzeugen dieses gegenüber Herodot negativeren Bildes sind Isocr. or. 4, 150/3 (der auch Verweichlichung, Vernach lässigung der Armee u. moralische Korrup tion vorwirft; *Effeminatus) u. Xen. inst. Cyr. 8, 8 (vielleicht späterer Nachtrag von anderer Hand). P. wird zum Inbegriff einer oriental. Adels- u. Königsgesellschaft mit Hofintrigen u. einer wenig gebildeten, bar barischen Bevölkerung, in der sich auch dys topische Züge spiegeln, die Griechenland in seiner eigenen Geschichte hinter sich gelas sen hat, bzw. die es als zivilisatorische Fallen vermeiden will. Anders gesagt, das Perser bild gewinnt Exemplumcharakter u. dient einem misobarbarischen Diskurs. Die Grie chen- (später auch Römer-) Barbaren-Antithetik hat zivilisationskritische u. andere »untergründige* Aspekte; daneben kann sie Zeiten eines ,Kalten Krieges* legitimieren, öfter findet sich in der Literatur der Ge danke (dem freilich auch widersprochen wird), alle Barbaren seien Sklavennaturen (W. Speyer, Art. Barbar I: RAC Suppi. 1, 815); Herodot hatte die pers. *Monarchie als ein System beschrieben, in dem letztlich alle Sklaven des Königs seien (6,96; vgl. Aeschyl. Pers. 241f; doch vgl. die Einschränkungen Isaac 266f u. ö.). - Auch die philosophische Tradition partizipiert an den verschiedenen
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P.diskursen (ebd. Index s. v. Plato; Aristotle). Vgl. etwa zum pers. Weinkonsum Plat. leg. 3, 637de; der Luxus des Hoflebens wird überhaupt stärker stereotypisiert (zB. Herakleides Cumaeus: FGrHist 689 F 2; Polyaen. Strateg. 4, 3, 32; Plut. vit. Artax. pas sim, nach Ktesias u. Dinon), flankiert von sensationsheischenden Erzählungen über grausame Strafen u. ä. Platon kann auch vom Vernichtungskrieg gegen die Barbaren spre chen, die immer Feinde der Griechen seien (resp. 5, 470c; Menex. 242d; vgl. auch die Worte des Gesandten Philipps V bei Liv. 31, 29, 15 auf dem panätolischen Kongress 200 vC.). Platons Freund Eudoxos v. Knidos da gegen lobt die Weisheit der iran. Magier (Plin. n. h. 30, 3). Spätere Autoren bringen Platon in engeren Kontakt mit den Magiern: Nach dem Academicorum philosophorum in dex Herculanensis coi. III (13 Mekler, frühes I. Jh. vC. oder älter?) finden sich *Chaldäer an seinem Sterbebett (Sen. ep. 58,31), u. um gekehrt behauptet der Kyniker Kolotes zwei Generationen nach Platon dessen Abhängig keit von persischen Lehren (Procl. in Plat. remp. 2, 109 Kroll), während Herakleides Ponticus sich in seinem Dialog Zoroaster of fenbar partiell gegen Platon wandte (Plut. adv. Colot. 14, 1115A). PsPlat. Ale. 1, 122a nennt Zoroaster namentlich, der bei Platon selbst noch nicht erwähnt wird (so wenig wie bei Herodot). *Aristoteles sieht das pers. Herrschaftssystem als Despotismus (pol. 5, II, 1313a 38; vgl. ebd. 7, 2, 1324b über die Perser als ein dem Krieg hingegebenes Volk; die evtl. Darstellung des pers. Staates in den Nomina Barbarika ist nicht erhalten). Persi sche Väter behandelten ihre Söhne wie Skla ven (eth. Nie. 8,10,1160b 27/9). Wohl pseudepigraph ist (neben dem nur fragmentarisch bekannten ,Magikos‘) ein nur in Nebenüber lieferungen erhaltener Brief des Aristoteles an Alexander, der Hoffnungen auf einen griechisch regierten Universalstaat mit dem Vorschlag verbindet, die pers. Oberschicht nach Europa zu deportieren (S. Μ. Stern, Aristotle on the world state [Oxford 1968]). Die gesamte Tradition der »Völkercharakte ristik' geht dabei schon auf orientalische Vorbilder zurück (H. D. Galter, Zwischen Isolation u. Integration. Die soziale Stellung des Fremden in Mesopotamien im 3. u. 2. Jtsd. vC.: I. Weiler [Hrsg.], Soziale Rand gruppen u. antike Sozialpolitik [Graz 1988] 277/301). In der griech. u. später röm. Lite
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ratur überdecken solche Charakteristiken als Stereotypen der historiographischen u. geographischen Literatur vielfach die Re flexion realer kultureller Kontakte. Dieser Zug gilt ungebrochen noch für die christl. Literatur. Völkercharakteristiken sind in an tiken Texten allerdings nur begrenzt essentialistisch im Sinne ethnischer Identitätskon tinuität zu verstehen, u. a. da sie nicht selten mit Dekadenztheorien verbunden werden. Die Stereotypen des P.- u. Orientbildes wer den seit den radikalen geschichtl. Verschie bungen der Alexanderzeit zwar gelegentlich durch ein kosmopolitisches Menschheitspa thos überzeichnet, aber doch auch (bes. in der *Historiographie) fortgeschrieben. In der astralen (zodiakalen) *Geographie ent spricht P. oft dem Sternbild des Widders oder des Stiers (Manil. 4, 744/817; Vett. Val. 1, 2, 7 [6,10/5 Pingree]; Paul. Alex. 2, A3 [2f Boer]; Ptol. Math. tetr. 2,3 [3,1, 61/75 Boll / Boer]; F. Cumont, La plus ancienne géogra phie astrologique: Klio 9 [1909] 263/73; H. G. Gundel, Art. Zodiakos: PW 10A [1972] 573/6). Der Widder ist astrologisch gelegent lich ,Haupt der Welt' (,H1. Buch des Hermes an Asklepios': Festugière aO. [o. Sp. 256] 141). Ptol. Math. tetr. 2,3 (3,1, 61/75 B. / B.). hält die Perser für den Lüsten u. dem Luxus hingegeben u. für Liebhaber vielfach ge schmückter Kleidung (auch der Inzest wird erwähnt; **Blutschande [Inzest]). Im Gegen satz zu den danach erwähnten Bewohnern von *Indien, Gedrosien u. Arachosien legten sie Wert auf körperliche Reinlichkeit. Procl. paraphr. Ptol. 2, 3 (93f Allatius) behauptet, aufgrund astraler Einflüsse ergäben sich die Perser u. benachbarte Völker nicht leicht der Despotie, u. verehrten Aphrodite u. Mithranelios (Mithras als Sonne). Demetrius v. Phaleron wundert sich hyperbolisch darüber, wie die pers. Macht in kürzester Zeit zusam mengebrochen sei u. selbst der Name der Perser innerhalb weniger Jahrzehnte in Ver gessenheit gerate (Polyb. 29,21,4). Das war freilich vor dem Aufstieg der Parther zum großen Gegenspieler Roms im Osten. b. Positiv. 1. Allgemein. P. wird aber nicht nur im Barbarendiskurs thematisiert, son dern auch in positiven Diskursen, die im Faszinans des exotischen »Anderen' alterna tive Leitbilder suchen. Xenophons Kyrupädie (verfasst nach 362 vC.) stellt Kyros II als idealen König dar, der überhaupt vielfach als erfreuliche, vorbildhafte Figur erscheint u.
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damit ein Gegenbild zu Xerxes, Kambyses u. anderen in der griech. Wahrnehmung als Ty rannen stilisierten Königen wird. Das P. sei ner Gegenwart charakterisiert ein Anhang (PsXenophon?) freilich als dekadent (s. oben; vgl. neben Xen. exped. seine Schilderung des königlichen Haushaltes [oec. 4, 4]; J. Tatum, Xenophon’s imperial fiction. On the education of Cyrus [Princeton 1989]). Noch Theodrt. affect. 5, 59 (SC 57, 1, 245f) nennt Xenophon als einen Kronzeugen seiner Vertei digung der .Barbaren'. Der Kyniker Antisthenes nahm neben Herakles König Kyros zum Vorbild (Diog. L. 6, 2). Athen, dipnos. 14, 33D kennt nach Dinon epische Gesänge, welche unter Astyages den Auf stieg des Kyros vorhergesagt hätten. Um stritten bleibt der iran. Einfuss auf die frühe griech. Philosophie (Μ. L. West, Early Greek philosophy and the Orient [Oxford 1971]). Hellenistisch-kaiserzeitliche Historiker der Philosophie haben neben anderen .barbari schen' Denktraditionen auch diejenigen der iran. Magier in ihr Geschichtsparadigma ein bezogen, so zusammenfassend Diog. L. 1, 6/9 (nach Sotion; vgl. ebd. 9,34) u. zB. auch Vitr. 8 praef. 1 (häufiger sind in dieser Lit. Ablei tungen griech. Ideen aus Ägypten, wie bei *Hekataios v. Abdera; Diog. L. 1, 96/8). Das positive Kyrosbild (zB. Aeschyl. Pers. 472. 768/72; vgl. 185/7: P. u. HeUas als .Schwestern'; Aristot. resp. Ath. 5,8.15) hat vielfach nachgewirkt, zumal es sich im Chris tentum mit biblischen Urteilen traf (Jes. 45, 1: Kyros als Gesalbter Gottes; Esr. 1; vgl. auch bei Nikolaus v. Damaskus [FGrHist 90 F 66, nach Ktesias?]: Kyros als philosophisch gebildeter König). Nach Joseph, ant. lud. 10, 265 werden die Gräber der medischen, pers. u. parthischen Könige in Ekbatana, wo auch *Daniel begraben sei, von jüdischen Pries tern bewacht; diese Tradition mag auf die Dankbarkeit über die durch Kyros ermög lichte Rückkehr aus dem Exil zurückgehen (iran. Königsgräber kennt die westl. Tradi tion auch andernorts: Nisa [Isidor v. Charax: FGrHist 781 F 2, 12]; Arbela [Dio Cass. 78, 1]; Pasargadae [Strab. 15, 3, 7] u. a.). Vier Bücher über die Natur, die unter dem Na men des Zoroaster umliefen, waren Kyros gewidmet (Procl. in Plat. remp. 2,109 Kroll; Clem. Alex, ström. 5, 103, 2). Noch in den Akten der 544 nC. von Mär Abä einberufe nen Synode nennt dieser Khusrau AnüSfrwän einen .zweiten Kyros' (J.-B. Chabot,
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Synodicon Orientale [Paris 1902] 70; frz.: ebd. 320; Schilling 186) mit Bezug auf Jes. 45, 1, wo Kyros als Messias Gottes bezeichnet wird. - Idealisierungen der Perser als Bar baren (wie es sie gegenüber Skythen, Briten, Korsen, Äthiopiern u. a. Völkern gegeben hat) sind der griech.-röm. Literatur jedoch im Allgemeinen fremd: Das Land blieb für westliche Autoren immer auch irritierend. Berühmt ist der Streit um den pers. Brauch der *Proskynese, der wohl eigentlich völker verbindend gedacht war (Arrian, anab. 4,12, 3/6; Curt. 8, 5, 9/6, 1; Chares Hist.: FGrHist 125 F 14; auch lust. / Trog. 12,7,1/3; S. Lauffer, Alexander d. Gr.3 [1993] 136f). Umstrit ten ist u. a., inwiefern der Brauch eine Ver göttlichung impliziert (F. v. Sachsen-Meinin gen, Proskynesis im Iran: F. Altheim [Hrsg.], Gesch. der Hunnen 22 [1969] 125/66). Noch für Philon ist sie eine Barbarensitte, deren Rezeption auch in Rom er bedauert (leg. ad Gai. 116; zur Darstellung in der au gusteischen Kunst: Sonnabend 174f). Alex anders Pläne einer Bevölkerungsvereini gung (Diod. Sic. 18, 4, 4) u. einer Freund schaft zwischen Ost u. West (Plut. Alex. fort. 1,6,329C; Arrian, anab. 7,11, 9) demonstrie ren die Ambivalenzen der Beziehung zu P. (aber nur ein einziger makedonischer Satrap, Peukestas, lernte die pers. Sprache; zur Mas senhochzeit von Susa ebd. 7,4,4/8.6,2; Diod. Sic. 17, 107, 6; Plut. Alex. fort. 1, 7, 329E; lust. / Trog. 12,10, 9f; Phylarch.: FGrHist 81 F 41; Chares Hist.: ebd. 125 F 4; Lauffer aO. 169f). P. als Inbegriff eines Griechenland ge genüberstehenden ,Orients' ist ein Motiv, das sich erst allmählich seit Lys. or. 2,21.40. 43. 47 entwickelte, wo sich zuerst die Anti these .Asien' u. .Europa' findet. - Auch mit der Unabhängigkeit Parthiens u. anderer iranischer Reiche vom Seleukidenreich tritt ein Gegensatz Perser-Hellenen nicht völlig in den Vordergrund, da sich die Parther als hellenophil darstellten u. zB. ihre *Münzen lange in griechischer Schrift beschrifteten. Doch wurde diese Hellenophilie in den griech. Kemländem eher belächelt (vgl. die Episode Plut. vit. Lucull. 22, 5 über die Vor tragstätigkeit des Amphikrates v. Athen in Seleucia am Tigris u. seine Ablehnung einer Festanstellung am parthischen Hof). 2. Pers. Weisheit. Ab dem hellenist. Zeit alter finden iranische Magierfiguren wie Zo roaster (Zarathustra), *Ostanes, *Hystaspes (evtl, auch Astrampsychos) als .Weise' posi
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tives Interesse, u. speziell Zoroaster wird zur vielfachen Projektionsfläche für östliche Weisheit, magisches u. naturkundliches Wis sen u. *Astrologie (letzteres auch wegen der sachlich unzutreffenden Zusammenstellung seines Namens mit äorf)p, die wohl zuerst Dinon: FGrHist 690 F 5 hat, u. die später Allgemeingut ist; Diog. L. 1 praef. 8f; Bidez / Cumont 1, 6f; Stausberg, Faszination llf; Speyer aO. [o. Sp. 260] 827/9 zur .Barbaren philosophie'; die Perser als Bsp. für diese kennt noch Aug. civ. D. 8, 9). Umstritten ist, inwiefern sich in diesen Überlieferungen eine eigene graeco-iran. Tradition spiegelt oder die Namen persischer Weiser mehr oder weniger willkürlich auch für Inhalte zB. ägyptisch-griechischer Herkunft verwendet werden (J. F. Quack, Les mages ägyptianisäs?: JournNearEastStud 65 [2006] 267/82; R. Beck, Thus spake not Zarathustra. Zoroastrian pseudepigrapha of the Greco-Roman world: Boyce / Grenet 491/565; Momigliano aO. [o. Sp. 256] 144). Wie persische u. ägyp tische .Weisheit' verquickt werden können, zeigt noch später die syr. alchemistische Schrift des .Ägypters' Pibechios, die sich als Übersetzung eines ,pers.‘ Buches .Krone' des Ostanes unter Hilfestellung durch einen pers. Magier Osrom gibt (Μ. Berthelot, La chimie au MÄ 2 [Paris 1893] 309/13). Die In tegration einzelner genuin iranischer Ele mente in der graeco-iran. Literatur ist aber nicht zu bestreiten, vor allem bei Hystaspes (zur christl. Rezeption s. u. Sp. 276). *Plinius d. Ä. bringt öfters unter Zoroasters Namen medizinisches, magisches, botanisches u. a. Wissen, oft wohl aus PsDemokritos. Eine (verlorene) Sammlung von Weisheitssprü chen, die auch Persisches enthielt, hat noch Phot. bibl. cod. 170, 117a (2,162f Henry) ge lesen. Die Präsenz iranischer Kultur vor al lem im östl. Kleinasien ist zB. im Königskult der *Kommagene sichtbar, der im 1. Jh. vC. griechische u. zoroastrische Elemente in ei ner monumentalen Grabarchitektur auf dem Nemrut Dagi vereint. Antiochos I ist stolz darauf, von Darius I abzustammen (H. Dörrie, Der Königskult des Antiochos v. Kom magene im Lichte neuer Inschriftenfunde [1964]; H. Waldmann, Die kommagenischen Kultreformen unter König Mithradates I Kallinikos u. seinem Sohne Antiochos I [Lei den 1973]). III. Römisch, a. Erstes Jh. Ein Grundzug des röm. Orientdiskurses ist die Wahrneh
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mung der Parther in Motivtraditionen, die aus den Perserkriegen stammen. Sie heißen daher schon seit *Cicero (dom. 60; har. resp. 28) regelmäßig (sachlich unzutreffend) .Per ser', ,Meder', .Achämeniden' (zB. Hör. carm. 1,2,22.51; 2,12,21; Verg. georg. 4,211.290; Ovid. ars 1, 225f; fast. 1, 385; met. 1, 62; 4, 212; trist. 5, 3, 23). Besonders *Horaz ver körpert dabei die augusteische Propaganda. Plin. n. h. 6, 41 schreibt lapidar. Persarum regna, quae nunc Parthorum intellegimus. Die Römer inszenierten Siege über die Par ther gerne als Wiederholungen griechischer Siege, etwa bei der Naumachie zur Einwei hung des Mars Ultor-Tempels 2 vC., die den Triumph der Athener über die pers. Flotte bei Salamis nachstellte (Res. gest. div. Aug. 23; Veil. 2, 100; Plin. n. h. 16, 190. 210; Stat. silv. 4, 4, 7; Tac. ann. 14, 15; Suet. vit. Aug. 43, 3; vit. Tib. 7, 3; Dio Cass. 55, 10, 7; Ovid. ars 1, 171/201). Ähnlich ließ *Nero Naumachien in Erinnerung an Salamis aufführen (Suet. vit. Ner. 12, 1; Dio Cass. 61, 9, 5; Ph. Hardie, Images of the Persian wars in Rome: Bridges / Hall / Rhodes 127/43). Der Par therbogen Neros ist nicht erhalten. - In der Tradition ethnographischer Exkurse berich tet in augusteischer Zeit Iust. / Trog. 41,1/3 über die Parther (bzw. Pami) als ehemaliges Reitervolk in der Nachfolge der Skythen (vgl. Buch 2 über die Perser). Über den Arsakidenstaat ist er 41f gut informiert, viel leicht nach Apollodor v. Artemita (so F. Alt heim / R. Stiehl, Gesch. Mittelasiens im Al tertum [1970] 359/79), Timagenes u. Poseidonios (die Details der Quellenzuschrei bung sind umstritten). Einflussreich wird vor allem seine These einer Translatio imperii. Mit der Rückgabe der unter Crassus verlorenen Feldzeichen iJ. 20 vC. sei die Tei lung der Welt in einen röm. u. einen parthischen Teil vollendet (41, 1, 1; 42, 5, 11). Die Parther seien gekennzeichnet durch Grau samkeit u. Übermut (36, 1, 3; 38, 10, 5: ♦Hochmut), aber auch Tapferkeit u. Milde (38, 9, 10; 41, 1, 6); sie gelten als .anmaßend' (tumidus), .aufbegehrend' (seditiosus), .be trügerisch' (fraudulentus) u. .wortbrüchig' sowie .zudringlich' (procacius; 41, 3, 7. 10). Ähnlich, aber weniger kenntnisreich, ist das Partherbild Strabons (6, 4, 2; 11, 8, 2f. 9,1/3. 14, 15; 16, 1, 16. 18. 28. 2, 8), der auch über die religiösen Bräuche der pers. Diaspora in Kappadokien schreibt (15, 15). Die Perser seien die berühmtesten aller Barbaren ge-
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worden, da sie als einzige je Griechen be herrscht hätten (15, 2, 23). Flankiert wird dies von zahlreichen Passagen über die Parther als Bedrohung in der Dichtung, in de nen partiell der ältere Perserdiskurs wieder belebt wird (Μ. Wissemann, Die Parther in der augusteischen Dichtung [1982]; A. Spawforth, Symbol of unity? The Persian-Wars tradition in the Roman empire: S. Hornblower [Hrsg.], Greek historiography [Oxford 1994] 233/48). Tacitus u. vor allem *Josephus sind ebenfalls gut über die Interna des parthischen Reiches informiert, zumal militäri sche, diplomatische u. kulturelle Beziehun gen ein komplexes Geflecht bilden, in dem iranfreundliche u. -feindliche Bewertungs diskurse koexistieren können. Zeitweise gab es sogar parteiische Auxiliartruppen in rö mischem Dienst (Sonnabend 260/3). Mit Isi dor v. Charax (mansiones Parthicae) ist eine griech. Originalquelle des 1. Jh. aus Süd mesopotamien erhalten, die ein anschauli ches Bild der Handelsgeographie liefert (FGrHist 781). Ein Autor wie Velleius Paterculus kennt zB. Details über die parthi sche Gesandtschaft an Sulla (die erste an ei nen Römer) u. die divinatorische Praxis der Magier bei dieser Gelegenheit (2, 24, 3); in augusteischer Zeit wurden Gesandtschaften dann häufiger. b. Zweites / drittes Jh. Das Bild persischer Religion wurde für die Neuzeit nachhaltig durch Plut. Is. et Os. (bes. 44, 368D / 47, 370C) geprägt, das detaillierte, solide Kennt nisse u. a. nach Theopomp (anderes vielleicht nach Eudoxos oder Hermodoros) bietet. Ne ben Herodot liefert er die umfassendsten an tiken Informationen über religiöse Traditi onen im Iran (zum Dualismus quaest. Rom. 26, 270D/F, einiges auch in epit. an. procr. u. anderen Schriften; de Jong, Traditions 157/204; J. G. Griffiths, Plutarch’s De Iside et Osiride [Cardiff 1970]; Th. S. Schmidt, Plutarque et les Barbares [Leuven 1999]). Auch abgesehen von dem Spezialfall der Hystaspesorakel (s. unten) war es wohlbekannt, dass die Magier elaborierte eschatologische (auch individualeschatologische) Ideen hat ten (Plut. Is. et Os. 46,369D/47, 370C; Nigid. frg. 67 Swoboda; PsPlat. Ax. 371a [1. Jh. vC.?]). Griechisch-philosophische eschatolo gische Spekulation konnte offenbar aus die sem Grund bewusst ein iran. Gewand wählen (vgl. Dio Chrys. or. 36, 40/54 [»Magiermy thos']; H.-G. Nesselrath u. a. [Hrsg.], Dion v.
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Prusa, Menschliche Gemeinschaft u. göttli che Ordnung. Die Borysthenes-Rede [2003] 50/61). Traditionelle persienkritische Töne werden dagegen in Plut. vit. Artax. sichtbar. Im Mittelplatonismus respektiert ein Mann wie Numenios die Weisheit der Magier (frg. la des Places; G. Staab, Art. Numenios: o. Bd. 25, 1188f), während die Historiker vor allem die Partherkriege thematisieren, de ren Höhepunkte die Auseinandersetzungen unter Trajan 114/17 nC. (mit PARTHIA CAPTA-Münzen) u. 161/66 nC. unter * An toninus Pius u. *Marcus Aurelius bilden. Der zivilisationskritische Degenerationsgedanke kann sich sogar zum Bild eines ethnischen Abstiegs zu einem anderen Volk äußern (Liv. 38, 17, 11): Macedones, qui Alexandriam in Aegypto, qui Seleuciam ac Babyloniam, quique alias sparsas per orbem terrarum colonias habent, in Syros Parthos Aegyptios degenerarunt (über die »Degene ration' der Parther auch Tac. ann. 2, 2, 3). Natürlich transportieren auch die Alexanderhistoriker traditionelle P.bilder (exem plarisch Arrian, anab. 2, 7, 4 über die durch Luxus verursachte militärische Dekadenz der Perser, ein Gedanke, den fast gleichlau tend noch Paneg. lat. 12 [9], 5 [274f Mynors] kennt). Aus Curtius sollten die Vergöttli chung der pers. Könige (8, 5, 11) u. die ge sungenen Hymnen der Magier (5, 1, 22) er wähnt werden. Sen. const. sap. 13,4 kann die innere Freiheit des Weisen einer furchtsa men Sklavenmentalität der Parther, Meder u. Baktrier gegenüberstellen. Solche Kli schees haben wenig Kontakt zu den sozio kulturellen Realitäten des gleichzeitigen Iran. Das Wissen des 2. Jh. verkörpert Clau dius Ptolemäus, der vor allem geographi sches Namensgut bietet, aber darin doch eine kulturgeschichtl. Quelle ersten Ranges darstellt (H. Humbach / S. Ziegler [Hrsg.], Claudius Ptolemaeus Geography, Book 6 [Wiesbaden 1998/2002]; H. Humbach / K. Faiss, Herodotus’s Scythians and Ptolemy’s Central Asia. Semasiological and onomasiological stud. [ebd. 2012]). Die inneren Schwierigkeiten des Röm. Reiches im 3. Jh. haben dazu geführt, dass mit Herodot, Clau dius Ptolemäus oder Plutarch gleichwertige Schilderungen iranischer Interna oder Kul tur aus der Literatur des 3. Jh. nicht erhal ten sind, obwohl einige Historiker die mili tärischen Konflikte zwischen Rom u. dem er starkenden Sasanidenreich schildern, u. viele
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Motive klischeehaft wiederholt werden. Nur gelegentlich finden sich im 2. u. 3. Jh. Ein zelnotizen wie Ael. var. hist. 1, 31, dass man nicht ohne Geschenk vor den pers. König treten dürfe; ebd. 12, 1 über persischen Weinkonsum; Athen, dipnos. 4, 38, 152F/153A über den Brauch, dass die ,Freunde des Königs4 bei Tisch zu dessen Füßen auf dem Boden sitzen u. essen, was er ihnen zuwirft (Posidon.: FGrHist 87 F 5, des sen Parthemachrichten nur schwer rekon struierbar sind). c. Viertes Jh. Der lange geographischethnographische Exkurs bei Amm. Marc. 23, 6 (veröffentlicht wohl 391 nC.) kann als In begriff dessen gelesen werden, was man im ausgehenden 4. Jh. im röm. Raum über den Iran u. die östlich von diesem gelegenen Länder wissen konnte; geschichtlicher Hin tergrund der Darstellung ist Julians ge scheiterter Perserkrieg. Im Werk des *Ammianus ist dieser Exkurs formal denjenigen über die Hunnen (31, 2, 1/12), Alanen (31, 2, 12/25), Sarazenen (14, 4, 1/7) u. a. vergleich bar, doch nennt er die Perser nie barbari (anders als Germanen, Hunnen u. Alanen). Die .überheblichen Könige' der Perser ließen sich als Brüder der Sonne u. des Mondes ti tulieren (23, 6, 5). Perser u. Parther bzw. Arsakiden u. Sasaniden kann er nicht klar unterscheiden, doch ist glaubhaft, was er über den anhaltenden Respekt der alten Kö nigsfamilie gegenüber schreibt (23, 6, 6). Re ligionsgeschichtlich wichtig ist sein Hinweis auf die Magier als Priesterstamm, der eigene Ansiedlungen (wie die Levitenstädte des AT) u. Landgüter ohne Umfassungsmauern besitze (23, 6, 35) u. einen unverdorbenen Kult mit vom Himmel gefallenem Feuer pflege; ihre Zahl u. Bedeutung sei im Wach sen begriffen (PsLucian. macr. 4 behauptet ihre besondere Langlebigkeit). Ammianus weiß auch, dass der Persername expandie rend auf Nachbarstämme übertragen wurde, selbst auf die mit den Persern ursprünglich verfeindeten Baktrier (23, 6, 55). Die fabel haften Traditionen (etwa Herodt. 3, 116; 4, 27: Arimaspen) werden in die detaillierte, wenn auch geographisch oft ungenaue Schil derung einbezogen, deren Namensgut zum Großteil aus Claudius Ptolemäus stammen mag (so schon Th. Mommsen, Ammians Geo graphica: Hermes 16 [1881] 602/36), evtl, über eine vereinfachte Kompilation als Mit telquelle. Kurios ist seine Angleichung Zo-
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roasters an einen ind. Walderemiten (23, 6, 33); für eine Rezeption hinduistischer Ideen im Iran existieren auch andere Indizien. Ju lian freilich habe gefangene Perser als defor mes illuvie capellas et taetras (24,8,1), (häss liche schmutzige Ziegenböcke', bezeichnet (F. Feraco, Ammiano Geografo. La digressione sulla Persia [23, 6] [Napoli 2004]; ders., Ammiano Geografo [ebd. 2011]; J. Signes, El excursus de los Persas de Amiano Marcelino [XXIII, 6]: Veleia 7 [1990] 351/75; W. Vergin, Das Imperium Romanum u. seine Gegenwel ten [2013], bes. 86/126 zu Ammians P.exkurs). Ebd. 86/92 zufolge konstruiert Ammianus sein P.bild weitgehend aus literarisch tradiertem Wissen als alius orbis gegen den orbis Romanus (alius orbis, orbis alter schon für das Partherreich: Iust. / Trog. 41, 1, 1; Manil. 4, 674f; Tac. ann. 2, 2, 2). Wie bei Ruf. Fest. 18/29 (60/9 Eadie) erscheint der Krieg gegen P. als militärisch besonders schwierig u. die Niederlage daher als entschuldbar. Zur eben erwähnten Differenzierung der Perser gegenüber den »Barbaren' (denen sie meist zugerechnet werden), ist auch Joh. Eph. h. e. 3, 6. 25 (CSCO 105 / Syr. 54, 130. 152; lat.: ebd. 106 / Syr. 55, 95. 112) zu nen nen, wo Perser u. Barbaren unterschieden werden. B. Jüdisch. Das nachexilische Judentum hatte sich im Raum des achämenidischen, also pers. Imperiums entwickelt (vgl. Esr., Neh. u. Esth.), u. bis in die Spätantike lebte eine große jüd. Diaspora in Mesopotamien, das die längste Zeit unter persischer bzw. parthischer Vorherrschaft stand. Juden wohnten vor allem in Nordmesopotamien oft in eigenen Ansiedlungen, in denen sich jüdi sches Leben relativ frei u. eigenverwaltet entfalten konnte (obwohl es an Phasen reli giöser Unterdrückung nicht gefehlt hat). Nehardea als späteren Sitz des Exilarchen oder reS galufa’ nennt schon Joseph, ant. lud. 18, 311 (vgl. bKetubbot 54a). Die Wechselwir kungen (auch der Personentransfer) zwi schen iranischem Kulturraum (zu dem Me sopotamien gehört) u. Palaestina variierten, waren aber zeitweise ausgesprochen inten siv. Die komplexe Frage iranisch-jüdischer Kultur- u. Religionskontakte vor allem in vorrömischer, aber auch noch römischer Zeit kann hier nicht skizziert werden (Nilsson, Rel.4 2, 40 nannte sie das .schwierigste, dun kelste u. wichtigste Problem der Religions geschichte' der hellenist. Ära; für die hier in
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teressierende Zeit zusammenfassend A. Hultgärd, Das Judentum in der hellenist.röm. Zeit u. die iran. Religion: ANRW 2,19, 1 [1979] 512/90). Wir müssen uns darauf be schränken, kurz zu dokumentieren, inwie fern auch das Judentum sowohl persien freundliche wie -feindliche Traditionen be sitzt. Diese müssen im Referenzrahmen eines komplexen kulturellen Szenarios spe ziell für die außerhalb des Röm. Reichs le benden Juden wahrgenommen werden, was hier nicht beschrieben werden kann. Die kul turellen Wechselwirkungen sind vielfältig; zB. haben sich ab dem 2J3. Jh. der jüd. Rabbi, der iran. Mowbed u. der christl. Priester als homines religiosi im mesopotamisch-iran. Raum parallel entwickelt u. in ih ren sozialen Funktionen zwischen Ritual, Rechtsprechung, religiöser Orientierung u. Abgrenzung nach ,außen* gegenseitig beein flusst. - Als Barbaren erscheinen Parther u. Perser Philo leg. ad Gai. 116; Orac. Sib. 5, 111/4 (109 Geffcken) u. ö. (auch die Rabbinen verwenden den Begriff als Fremdwort: S. Krauss, Griech. u. lat. Lehnwörter im Tal mud, Midrasch u. Targum [1964] 2,163f), wie später bei vielen christl. Autoren (Eus. h. e. 7,31; Firm. Mat. err. 5,2 u. a.). Josephus er wartete, dass die erste aram. Ausgabe seines Bellum Iudaicum von den άνω βάρβαροι ge lesen würde (b. lud. 1,3), wobei er nach ebd. 1, 6 an Parther, Babylonier, Araber u. a. dachte. Die Parther nennt er (im Gegensatz zu den Juden!) Barbaren (1, 255. 268; 1, 62 vermengt er sie mit den Medern). Die Juden jenseits des Euphrat verfolgen das Gesche hen in Israel nicht unkritisch (1, 434 u. ö.). Philon erwähnt die pers. Magier in positiven Kontexten (quod omn. prob. lib. 73/6; vgl. den unechten Brief des Kalanos an Alexan der ebd. 96) u. weiß auch um die enge Ver bindung des Königshauses zur religiösen Praxis der Zoroastrier (Μ. Frenschkowski, Art. Magie: o. Bd. 23, 908f). Zur Verwand tenehe bleibt er im klischeehaften Wissens bereich (spec. leg. 3, 13). All das ist für ihn offenbar allgemein bekanntes Bildungsgut. 2 Macc. 1,18/36 beschreibt den Ritus in persi schen Anahita-Heiligtümern (Paus. 5,27,6). Die Niederlage des Crassus 53 vC. hatte in Palaestina zu proparthischen Stimmen ge führt (Joseph, ant. lud. 14,119. 330; auch un ter der Bevölkerung Syriens: Dio Cass. 49, 20,4). Daneben begegnet in unseren Quellen für Palaestina wie Babylon eine Angst vor
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parthischer Invasion oder Übermacht (Jo seph. ant. lud. 18, 313), vor allem nach der Besetzung Jerusalems 40 vC., u. überhaupt lassen sich sehr wechselhafte Beziehungen nachweisen. Joh. Hyrkan I hatte noch selbst an parthischen Feldzügen teilgenommen. Der Parthereinfall in Syrien u. Palaestina 40 vC. hat in der Literatur dann ein inten sives u. divergierendes Echo gefunden (Hen. aeth. 56, 5/8; Μ. Frenschkowski, Offenba rung u. Epiphanie 1 [1995] 242/5; G. Downey, A history of Antioch in Syria [Princeton 1961] 159/61). Über die parthischen Interna ist Josephus exzellent informiert; mehrfach verweist er auch auf Details, die in seinen erhaltenen Werken nicht ausgeführt werden. Kenntnisse parthischer Religion zeigt er al lerdings kaum (E. Täubler, Die Parthernach richten bei Josephus [1904]; T. Rajak, The Parthians in Josephus: Wiesehöfer 309/24). Das Territorium der parthisch / pers. Vor herrschaft ist sowohl Lebensraum jüdischer Ansiedlungen als auch Gegenstand imagina tiver Konnotation; so sprechen zahlreiche Texte von den verlorenen zehn Stämmen jenseits des Euphrat (4 Esr. 13, 39/45; Jo seph. ant. lud. 11, 133; christl. etwa Commod. apol. 941/6 [176 Dombart]). Die zoroas trischen .Geber* (habbarin) werden später in der rabbin.-talmudischen Literatur intensiv diskutiert. Man kennt ihren Feuerkult, ihre gemurmelten Hymnen u. Gebete, ihre enge Verbindung mit dem iran. Königshaus. Das Wort habbar kann auch,Zauberer* bedeuten; die religiöse Wertung der Zoroastrier ist umstritten (bShabbat 75a). Kurios ist die Nachricht über den Hass der zoroastrischen Priester untereinander (bPesahim 113; vgl. Levy, WbTalMidr 2, 10f; allgemein J. Neusner, A history of the Jews in Babylonia 1/5 [Leiden 1965/70]). - Für unser Thema sind jüdisch-iranische Kontakte der älteren Ära insofern wichtig, als ihre Themen im Chris tentum als Erbe tradiert werden können. Manche Bereiche jüdischer Apokalyptik sind ohne iranische Affinitäten in ihrer Entwick lung kaum verständlich, etwa der gesamte Bereich der Auferstehungshoffnung (schon Theopomp: FGrHist 115 F 64f, den noch Aen. Gaz. Theophr. 72 Boissonade = 64, 10 Colonna [Anf. 6. Jh.] rezipiert) u. derjenige der Sukzession der in Metallen symbolisier ten Weltzeitalter, die als Folge von Weltrei chen historisiert u. re-interpretiert wurde (Μ. Frenschkowski, Art. Zeitalter: Enz-
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Märch 14, 3 [2013] 1252/60), weiter das In obwohl die Kritik überwiegt. Rabbi Aqiba teresse an menschlichen Erlöserfiguren, spe liebt die ,Meder4 (seil. Parther), Rabbi Ga zifischen Offenbarungsszenarien u. gewissen maliel die Perser je für drei Eigenschaften Gestaltungen des *Dualismus (*Licht u. (bBerakot 8b), im Falle der Perser für Finsternis als sowohl kosmische Realitäten Schamhaftigkeit, Zurückhaltung im Essen u. wie ethische Metaphern), Angelologie u. Dä Keuschheit. Letzteres wird ironisch gemeint monologie u. a. m. - Zwar besteht in der jün sein, zumal der Zusammenhang von einer geren atl. Wissenschaft große Zurückhal höllischen Verdammnis für die Perser tung gegenüber zoroastrischen Einflüssen spricht. Einen eigenen (dämonischen) Engel auf das nachexilische Judentum, nicht zuletzt der Perser, Dubbiel, kennen Hen. hebr. 26, weil die materielle Kultur Palaestinas 12; bJoma 77a, während Sammael als Engel (*Münzen, Kunst u. a.) in der achämenidi- Roms gilt (von hebr. dob, ,Bär‘, Symbol für schen Epoche kaum spezifisch Iranisches zu P. nach Dan. 7, 5; bMegillah 11a; bQidduäin erkennen gibt. Doch beweist schon das aram. 72a; b'Abodah Zarah 2b; P. Alexander: J. H. Sprachrepertoire jüdischer Texte wie Da Charlesworth [Hrsg.], The OT Pseudepigraniel, das tief mit iranischen Elementen ge pha 1 [London 1983] 281ro). Perser gelten als rade im religiösen Bereich gesättigt ist, dass •zottelig (vgl. bMegillah 11a; Esth. Rabbah 1, dieser Einfluss nicht unterschätzt werden 17 zu Esth. 1, 3 [engl.: Μ. Simon, Midrash darf. Es sind auch weniger beachtete Berei Rabbah 9® (London 1983) 31] spottet über che der Interaktion zu bedenken, etwa in ihre Läuse), sind aber auch Inbegriff der narrativen wie juristischen u. kultischen Stärke (’Abot R. Natan A 28 [43a Schechter, Traditionen. Ein Beispiel für erstere ist das engl.: J. Goldin, The fathers according to R. Buch Tobit mit seinen iran. Elementen Nathan (New Haven 1955) 116]). Andere (ders., Art. Tobias: ebd. 13 [2010] 684/9; J. Stimmen desavouieren sie als Volk ohne Russell, God is good. On Tobit and Iran: Iran Schrift u. (zivilisierte) Sprache (bGittin 80a; and the Caucasus 5 [2001] 1/6; ders., Stud. b'Abodah Zarah 2b), ja Rabbi Schimon ben 1129/34). Rezeption der iran. Königslegende Pazzi (spätes 3. Jh.) nennt sie .gottlos' (rekonnte für das adiabenische Königshaus §a‘im; Pesiqta Rabbati 37 [163a Friedmann; nachgewiesen werden, das im 1. Jh. nC. zum engl.: W. G. Braude / I. J. Kapstein, Pesikta Judentum konvertierte (Joseph, ant. lud. 20, Rabbati (New Haven 1968) 2, 686]). Diese 17/33; Μ. Frenschkowski, Iran. Königsle Polemik korreliert mit der zeitweise prekä gende in der Adiabene: ZsDtMorgGes 140 ren Situation der Juden im Sasanidischen [1990] 213/33; zurückhaltender Μ. Marciak, Reich u. auch einer entsprechenden zoroas Izates, Helena and Monobazos of Adiabene trischen Polemik (Sh. Shaked, Zoroastrian [Wiesbaden 2014]). Im Bereich ritueller Vor polemics against Jews in the Sasanian and schriften ist an die extremen, in dieser Form Early Islamic period: ders. [Hrsg.], Iranonur jüdisch u. iranisch belegten ♦Menstru Judaica 2 [Jerus. 1990] 85/104). Auch der ations-Tabus zu denken. - In apokalypti iran. Kontext des babyl. Talmuds ist in jün schen Szenarien kann in der rabbin. Litera gerer Zeit stärker in das Blickfeld der For tur die Erwartung ausgesprochen werden, schung geraten (zB. C. Bakhos / Μ. Rahim dass vor dem Kommen des Messias P. Rom Shayegan [Hrsg.], The Talmud in its Iranian (u. Palaestina) erobern werde: Lament. Rab context [Tübingen 2009]). Das kritische Bild bah 1, 13 zu Lament. 1, 13 (engl.: A. Cohen, eines destruktiven pers. Expansionismus fin Midrash Rabbah 73 [London 1983] 121f) par. det sich auch in anderen Traditionen, etwa in Cant. Rabbah 8,10 zu Cant. 8,10 (dt.: Wün der ägypt. Wahrnehmung des Kambyseszusche, BR 2, 1, 188); bSanhedrin 98b; bJoma ges (R. S. Bianchi, Art. Perser in Ägypten: 10a (S. Krauss, Monumenta Talmudica 5. Ge LexÄgypt 4 [1982] 943/51, dort auch zum schichte 1. Griechen u. Römer [Wien 1914] ägypt. ,Kambyses-Roman‘, der bis in christl. 50/3), doch imaginieren einige Texte auch Zeit nachwirkt; H. I. Jansen, The Coptic umgekehrt eine Ausdehnung der Macht story of Cambyses’ invasion in Egypt [Oslo Roms über das pers. Reich, ehe die messi 1951]). C. Christlich. I. Allgemein. Das frühe anische Zeit anbricht (bJoma 10a u. a.). - Es begegnet mehrfach auch eine relative Wert Christentum kennt den Hellenen-Barbarenschätzung des pers.-magischen Wissens (ge Diskurs (Rom. 1, 14; vgl. Col. 3, 11), doch meint ist wohl die Astrologie; bSabbat 75a), wird dieser von der Dichotomie Juden-Grie-
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chen (Heiden) u. bald Christen-Heiden über lagert. Frühe Erwähnungen der Perser be wegen sich im Rahmen des kulturell Vorge gebenen; erst mit der Entstehung eines ei genen iran. Christentums ergibt sich ein komplexeres Bild (eine Vorstudie zum Fol genden, aus der mehrfach Fomulierungen übernommen sind: Μ. Frenschkowski, Frühe Christen in der Begegnung mit dem Zoro astrismus: Wick / Zehnder 163/94). - Direkte Berührungen zwischen Christen aus dem röm. Imperium u. persischer Kultur bzw. zo roastrischem Ritual werden eher selten ge wesen sein. Iranische Diasporagruppen be gegnen uns in der Kaiserzeit zwar nicht nur in Kleinasien (s. unten), sondern nach dem Ausweis der Personennamen zB. auch in Ägypten, besonders im Fayyum. Namen wie Arsakes (als Dynastiename auffällig u. pro grammatisch) u. iranische theophore Namen wie Mithrabandakes, Bagoas, Spendates, so gar Srousus (von Sraoäa) zeigen deutlich, dass mit einem Anteil iranischer Immigran ten in Ägypten zu rechnen ist, die offenbar auch in der hohen Kaiserzeit ihre alten zo roastrischen Wurzeln bewahrten. Dass es sich wirklich um iranische Familien handelt, wissen wir u. a. deshalb, weil Namen irani scher Herkunft öfter in Clustern auftreten (Ph. Huyse,. Iran. Namen in den griech. Do kumenten Ägyptens [Wien 1990]; *Name), vgl. auch Bardaisan bei Eus. praep. ev. 6,10, 16; PsClem. Rom. recogn. 9, 21 (GCS PsClem. Rom. 2, 276/8), u. schon das Anth. Gr. 7,162 erhaltene ptolemäische Epigramm eines Dioskorides, in dem ein Sklave seinen Meister darum bittet, seinen toten Körper nicht mit Wasser oder Feuer in Berührung zu bringen, ein genuin zoroastrisches Anlie gen ist. Der in zahlreichen ptolemäischen u. röm. Papyri Ägyptens bezeugte Begriff der Περσαι τής έπιγονής hat dagegen offenbar seine ethnischen Konnotationen verloren u. wird reiner Rechtsterminus (Ch. FischerBovet, Army and society in Ptolemaic Egypt [Cambridge 2014]; allgemein zu pers. Bevöl kerungsanteilen in Ägypten Ph. Huyse, Die Perser in Ägypten: H. Sancisi-Weerdenburg / A. Kuhrt [Hrsg.], Asia Minor and Egypt [Leiden 1991] 311/20; C. A. Läda, Foreign ethnics in Hellenistic Egypt [Leuven 2002] 229/71). In Rom hat es dagegen (nach allem, was wir wissen) nur wenige iranische Immigranten gegeben, doch sind einige Gei seln aus parthischen Ädelsfamilien bezeugt,
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etwa vier Söhne des Arsakidenkönigs Phraates IV (D. Noy, Foreigners at Rome [London 2000] Index s. v. Parthia, Persia). Natürlich lebten zahlreiche Menschen persi scher Abstammung im östl. Kleinasien, in Ostsyrien usw. II. Erstes / zweites Jh. Eine direkte Inter aktion mit iranischen Traditionen lässt sich im NT für die Apc. plausibel machen, die um 95 nC. in Kleinasien geschrieben wurde (Versuche früherer oder auch deutlich spä terer Datierung haben sich nicht durchset zen können; zum Folgenden Μ. Frensch kowski, Parthica Apocalyptica. Mythologie u. Militärwesen iran. Völker in ihrer Rezeption durch die Offenbarung des Johannes: JbAC 47 [2004] 16/57). Hier wird der Gegner im Osten, jenseits des Euphrat, der traditionel len Grenze Roms gegenüber dem Parther reich, zu einer dämonischen Potenz (Apc. 9, 13/9; 16, 12), genau wie in der iran. Apokalyptik der Euphrat den Übergang in die Dä monenländer von Osten aus gesehen markie ren kann (Frenschkowski, Parthica aO. 36/9). Apc. 4f imaginiert Gott als einen kosmischen Monarchen, ganz im Stil eines oriental. Groß königs, nicht in dem eines röm. Kaisers, an den hier nichts erinnert (auch hinter Tradi tionen wie Hen. aeth. 14 stehen Übertragun gen aus dem oriental. Hofstil). Spezifische iranische Affinitäten besitzt der *Mythos ei nes das Böse symbolisierenden Drachen, der für tausend Jahre gebunden wird, dann aber noch einmal freikommt u. schließlich in einer militärischen Anstrengung unter Einbezie hung riesiger Armeen barbarischer Völker besiegt wird (Apc. 20; vgl. den iran. Aü Dahäka; R. Merkelbach, Art. Drache: o. Bd. 4, 238f). Auch flankierende Motive wie Frösche als Symbole des Bösen oszillieren zwischen biblischen u. außerbiblischen Affinitäten (im Zoroastrismus ist der *Frosch ein zentrales ahrimanisches Tier). Johannes bedient sich offenbar frei umlaufender mythischer Bilder, die in ganz verschiedene Sinnkontexte einge bunden werden können u. die er kaum als ,fremd* wahrzunehmen scheint (zu Mt. 2 s. unten). Apokalyptisch gesinnte Christen la sen im 2. Jh. auch Bücher wie die in ihrer Gedankenwelt iran., wohl in Kleinasien auf Griechisch niedergeschriebenen ,Orakel des Hystaspes* (χρήσεις ύστάσπου), die einen Sieg des ,Ostens* über den .Westen* ankün digen (W. Sundermann, Art. Hystaspes, Oracles of: Enc. Iranica 12 [2004] 606/9; Μ.
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Frenschkowski, Die Entrückung der zwei Zeugen zum Himmel [Apc. 11, 11/4]: JbBiblTheol 20 [2005] 261/90). *Justin, *Clemens v. Alex, (der es angeblich aus einem paulinischen Pseudepigraphon zitiert), Joh. Lydus u. im 5. Jh. die Tübinger Theosophie erwäh nen dieses Buch (C. Colpe, Art. Hystaspes: o. Bd. 16,1064); vor allem findet sich aber Lact. inst. 7,15/9 (um 300) eine detaillierte lat. In haltsangabe (die aber vielleicht durch andere apokalyptische Texte ergänzt ist; Colpe aO. 1076/8). Auf die Lektüre des Werkes war nach Iustin. apol. 44,12 die Todesstrafe aus gesetzt (vgl. Paul. sent. 5, 21, 3 [Riccobono, Fontes2 2, 407]: Qui de salute principis vel summa rei publicae mathematicos hariolos haruspices vaticinatores consulit, cum eo qui responderit capite punitur). Der medische König Hystaspes, nach dem das Buch be nannt ist, ist der Viätäspa der zoroastrischen Tradition (Amm. Marc. 23, 6, 23 identifiziert ihn fälschlich mit dem Vater Darius’ I). Eine jüd. oder christl. Redaktion des Textes oder sogar jüdische Abfassung ist immer wieder vermutet worden. Doch heißt Gott Jupiter', was bei Juden u. Christen sehr selten ist, u. eine Herrschaft des ,Ostens' über den (Wes ten' (Lact. inst. 7, 15, 11; C. Vultaggio, Art. Orakel: o. Bd. 26, 328/30) ist weder jüdisches noch christliches Hoffhungsgut. Es ist daher an eine Entstehung der Orakel in Kleinasien in einem Milieu zu denken, in welchem die antiseleukidische Stimmung in eine romkritische umkippt, vielleicht im frühen 1. Jh. vC. im Umfeld der Kriege des Mithridates VI Eupator v. Pontus. Von einem messiani schen u. militärisch erfolgreichen .großen König' sprechen neben diesem Text auch das christl. Buch Elchasai aus der Zeit Trajans (das beansprucht, aus dem parthischen Os ten zu stammen, also vom militärischen Feind der Römer: Hippol. ref. 9, 13, 1), die PsKlementinen u. der manichäische .Sermon vom Großen Krieg' (H. J. Polotsky, Manichäische Homilien [1934] 32,20; N. A. Peder sen, Stud. in the Sermon of the Great War [Aarhus 1993], bes. 322/31 [bezweifelt einen Bezug des manichäischen Textes auf die Hystaspesorakel]), daneben eine apokryphe syr. .Offenbarung des Zoroaster', die bei Theodor bar Könai (KewänT) lib. schol. 7, 21 (CSCO 66 / Syr. 26, 74; frz.: ebd. 432 / Syr. 188, 53) erhalten ist. Das Thema der Herr schaft des Ostens über den Westen, zentra les Hoffhungsgut der Orakel, wird auch
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Verg. Aen. 2, 193f thematisiert, dort aller dings als trügerische Falschprophetie, die vom Lauf der Geschichte überholt wird. III. Westl. Autoren, a. Zweites / viertes Jh. Die Namen Zoroaster, Ostanes, Hystaspes u. Astrampsychos waren gebildeten Christen bekannt, aber von einem eigentlichen Inter esse an iranischer Religion kann bei den griech. u. lat. kirchl. Schriftstellern keine Rede sein. Min. Fel. Oct. 26 kennt die Magier (nach einem Ostanes-Pseudepigraphon) als Priester an Feuerheiligtümem, die eine komplexe Dämonologie sowie einen Dualis mus lehren. In einer Liste von Errungen schaften nichtgriechischer Völker Tat. or. 1 ist,Magie' das Kennzeichen der Perser, wie bei den Babyloniern die *Astronomie u. bei den Ägyptern die Geometrie. Man wusste auch, dass dieser Dualismus differenziert in terpretiert werden konnte (Hippol. ref. 1, 2, 12f). Die griech. u. lat. Väter zeigen jedoch keine tiefere Kenntnis der iran. Traditionen, was auch daran liegt, dass ihnen die Götter der Heiden nur Dämonen waren. Die litera rische Überlieferung stellte ihnen darüber hinaus ein kritisches Bild der Perser vor Au gen, das wie oben skizziert aus den griech.pers. Konfrontationen der Achämenidenzeit stammt. Besondere Indignation löste die im Zoroastrismus tatsächlich geschätzte Ver wandtenehe aus: Tert. apol. 9; nat. 1, 16 (beide Stellen explizit nach Ktesias); Tat. or. 28; Orig. c. Cels. 5, 27; Min. Fel. Oct. 31, 3; PsClem. Rom. recogn. 9, 20 (GCS PsClem. Rom. 2, 272/6); Hieron. adv. Iovin. 2, 7 (PL 232, 307/10) u. a., ebenso bei vielen paganen Autoren, zB. Catull. 90; Curt. 8, 2, 19; Plut. Alex. fort. 1, 5, 328C (Frenschkowski, Kö nigslegende aO. [o. Sp. 273]; A. Panaino, The Zoroastrian incestuous unions in Christian sources and canonical laws: Ch. Jullien [Hrsg.], Controverses des Chrétiens dans l’Iran Sassanide [Paris 2008] 69/87). Eus. praep. ev. 1, 4, 6/9 behauptet, zu Christen gewordene Perser sagten sich von dieser Sitte los. Ähnliches gilt für das Aussetzen der Körper der Toten. Beides wird aber zB. auch in der philosophischen Skepsis zur Sprache gebracht (Sext. Emp. hypot. 1,152; 3, 205. 228) u. hat klischeehaften Charakter (obwohl auf tatsächlichen Sitten beruhend). Zoroaster kennen christliche Autoren als an geblichen Gründer der Magie, wie auch Pli nius d. Ä. u. *Apuleius, als Astrologen u. Wahrsager, kaum als eigentlich religiöse Fi-
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gur. Oft identifizieren sie ihn mit anderen Ägypten zur Sache wissen konnte. - Die Größen ihrer Tradition. Clem. Alex, ström. 5, Gottesverehrung der Perser findet das In 103, 2 setzt Zoroaster mit dem Pamphylier teresse des Kelsos u. des ’Origenes (c. Cels. Er, dem Sohn des Armenius aus dem plato 1, 5. 16. 24; 5, 27. 44; 6, 80; 7, 63/5). Man darf nischen Mythos gleich (Plat. resp. 10, die Streuung dieses Gelehrtenwissens aber 614b/621d), der nach einer Katabasis in die sicher nicht überschätzen. Joh. Chrys. paneg. Oberwelt zurückkehren durfte, um Kunde Bab. 2,10 (SC 362,102) schreibt im späten 4. aus dem Jenseits zu überbringen. Aus Alex Jh., dass in Antiochien die meisten Menschen ander Polyhistors Περί Πυθαγορικών συμ den Namen des Zoroaster u. des Zamolxis βόλων übernahm Clemens die Idee, ’Pytha nie auch nur gehört hätten (Text auch bei goras verdanke seine Lehren einem Assyrer Bidez / Cumont 2,23). Was unter Namen wie ,Zaratos‘, der ohne Frage auch Zarathustra Zoroaster, Hystaspes, Ostanes umlief, hatte meint (ström. 1, 69, 6/70,1 = FGrHist 273 F mit genuin iranischen Überlieferungen oft 94; vgl. etwa Porph. vit. Pyth. 6; Hippol. ref. wenig zu tun. PsClem. Rom. hom. 8, 10/23 1,2,12 u. a.). Clemens kennt persische Bräu (GCS PsClem. Rom 1, 135/41) setzt Zoroas che wie die Verwandtenehe (ström. 3, 11, 1, ter (den erst die Griechen so genannt hätten) nach Xanthos v. Lydien) u. den Feuerkult, mit dem bibl. Stadtgründer Nimrod (Nebfür den er die ,Persica' des Diogenes Cyzi rod) gleich, der als ein böser Zauberer nach cenus u. das gleichnamige Werk des Dinon der Weltherrschaft gestrebt hätte. Ein zitiert, demzufolge die Perser ihre Opfer un Feuer vom Himmel, das er zu beschwören ter freiem Himmel vollziehen u. nur Feuer u. versucht hatte, tötet ihn (zu dieser Legende Wasser als Bilder der Götter kennen (protr. schon W. Bousset, Hauptprobleme der Gno 4, 65, lf). Feuerkult ist oft Inbegriff persi sis [1907] 369/78). Offenbar wird hier eine äl scher Religion (Lucian. Iupp. trag. 42, 690; tere Überlieferung invertiert, nach der Zo Max. Tyr. 2, 4 [16f Trapp] u. das Feuerwun roaster ein magischer Meister des Feuers der Paus. 5,27, 5f); das Ritual findet auch im gewesen sei (Dio Chrys. or. 36, 40). Byzan Kleinasien des 2. Jh. nC. in persischer tinische Chronisten haben mit diesen Farben Sprache statt. Clemens weiß sogar, dass gerne das Ende Zoroasters ausgemalt (zB. nach Berossos Artaxerxes II Memnon Chron. Pasch.: 1, 67D Dindorf). Die Anhän (405/359 vC.) gestattete, Statuen der Anaitis ger hätten dann angefangen, das Feuer zu (Anähld) in den großen Städten seines Rei verehren, da sie seinen Tod fälschlich als ches zu errichten, u. damit den vormals an- Apotheose gedeutet hätten; nach Epiph. ikonen Götterkult der Perser mit Standbil haer. 3, 2f (GCS Epiph. 1, 177) ist dagegen dern versah (protr. 4, 65,3), während Kelsos Nebrod, der Erfinder der Astrologie u. Ma anachronistisch Herodots Angaben wieder gie, kein Zeitgenosse des Zoroaster u. nicht holt (Orig. c. Cels. 7, 62). Das alles sind frei mit ihm identisch. Noch polemischer ist die lich Angaben, die mehr antiquarische Bele Tradition PsClem. Rom. recogn. 1, 27/33; 4, senheit als ethnologisches Problembewusst 9/13 (GCS PsClem. Rom. 2, 23/7. 150/3), dersein zeigen. Immerhin nennt Clemens (wie zufolge Zoroaster kein anderer sei als Mizetwas später Plotin, s. unten) aus jüngerer raim, der Stammvater der Ägypter u. Ver Zeit apokryphe Schriften, die den Namen treter dämonischer Magie u. Astrologie. Zoroasters führen (ström. 5, 103, 2; PsClem. *Euseb macht aus Zoroaster Anf. des 4. Jh. Rom. recogn. 4, 27 [GCS PsClem. Rom. 2, einen Baktrier (chron.: 64 Aucher; dt.: GCS 159f]), wie man seit hellenistischer Zeit Eus. 5, 29; praep. ev. 10, 9; Eus. / Hieron. Thaumatologisches, Steinbücher, Botani chron. zJ. 2010 vC. [GCS Eus. T2, 20a]), wie sches, Astrologisches, Magisches u. Medizi die paganen Autoren Ktesias, Pompeius Tronisches unter Zarathustras Namen kannte gus, Aelius Theon, Philo v. Byblos u. a. vor (s. oben). Wie Philon vor ihm (s. o. Sp. 271) ihm (ähnlich Amob. nat. 1, 5. 52). Auch das sprach Clemens mit Respekt über ,Magier', wurde ein häufiges Motiv von Epiphanius u. Brahmanen, Druiden u. andere .Philosophen' Arnobius bis zu ’Isidor v. Sevilla (alle Be traditioneller Gesellschaften. Auch die Ge lege bei Fox / Pemberton). Als König habe er schichte der Achämeniden ist ihm nicht gegen Ninos gefochten, den legendären fremd; er gibt sogar eine (etwas fehlerhafte) Gründer Ninivehs, u. sei ein Zeitgenosse Königsliste (ström. 1, 128, lf). Clemens ver ’Abrahams gewesen, öfter wird er mit der körpert, was um 200 ein gebildeter Christ in verbreiteten Semiramis-Legende zusam
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mengestellt (A. V. Williams Jackson, Zoroaster [New York 1901] 274/8; Iust. / Trog. 1, I, 9). Firm. Mat. err. 5 hat eine interessante Nachricht über .männliche' u. .weibliche' Ri tualfeuer. Auch der Bezug zur Astrologie wird rezipiert, vor allem über astrologisches Schrifttum unter Zoroasters Namen (s. oben), wie es später noch im Islam bekannt ist (pseudozoroastrische Nativitätsbücher: Μ. Ullmann, Die Natur- u. Geheimwiss. im Islam [Leiden 1972] 294f). Die Formen des Namens Zarathustra gehen in den Quellen vielfach durcheinander (schon griech. Zoroastres, Zaratus, Zares, Zoromasdres u. a.). Als »König der Baktrier', .Gründer der Ma gie' (u. anderer dubioser Künste; *Gründer) u. Gegner des Ninos kennen ihn dann von Hieronymus’ Fassung der Eusebschen Chro nik an viele lateinische u. griechische Auto ren bis ins MA, etwa Oros. hist. 1, 4, 1 (Stausberg, Faszination 448). Noch Synes. Dion 10 (4,165/9 Lamoureux) nennt ihn aber auch zusammen mit Ammon u. Hermes als einen der größten Philosophen. Für Augus tin war Zoroasters verlorener Krieg gegen Ninos dagegen einfach ein Beweis für die In effektivität der Magie (civ. D. 21,14). In das Motiv .Könige als Offenbarungsempfänger' (F. Boll, Aus der Offenbarung Johannis [1914] 136/42) konnten neben Zoroaster auch andere iran. Figuren einbezogen werden: Kyranos (Vf. der .Kyraniden'); Pitys (R. Reitzenstein, Poimandres [1904] 104. 107. 363); auch Ostanes erscheint gelegentlich als König (s. oben). - Persische Namen begeg nen öfter als Autoren astrologischer Texte (W. Gundel / H. G. Gundel, Astrologumena [1966] 60/6. 274/9). - Selbstverständlich dis kutieren christliche Autoren auch die polit. u. militärischen Verwicklungen zwischen Rom u. den Parthem bzw. später den Per sern. Euseb zitiert einen Brief Konstantins an Öäpür II (nach 324?), der sich für die Christen auf persischem Territorium ein setzt (vit. Const. 4,8/13; auch Soz. h. e. 2,15; Theodrt. h. e. 1, 25, 1/14; Gelas. Cyz. h. e. 3, II, 1/11), in seiner Authentizität aber um stritten ist (Jullien aO. [o. Sp. 221]; T. D. Barnes, Constantine and the Christians of Persia: JournRomStud 75 [1985] 126/36). Eu seb schreibt auch zB. über die Militärkam pagne des *Maximinus Daia iJ. 312 in * Ar menien, nachdem Tiridates III dort wenige Jahre früher das Christentum eingeführt hatte (h. e. 9, 8, 2/4).
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b. Fünftes / sechstes Jh. Die byz. Histori ker diskutieren als iranische Auffälligkeiten vor allem die Feuerverehrung (Procop. b. Pers. 2, 24, auch zum Staatsorakel; Joh. Malal. chron. 2, 12 [27f Thurn]), zumal die sasanidischen Staatsfeuer weithin bekannt wa ren (R. Gyselen, Les grands feux de l’empire sassanide: Religious themes and texts, Festschr. G. Gnoli [Wiesbaden 2003] 131/8). Öfter erwähnt werden die Zeremonien im Umgang mit toten Körpern u. das strikte Tabu gegen die Erdbestattung (Procop. b. Pers. 1, 11, 34f. 12, 4; Agath. 2, 22/4 [69/73 Keydell]; vgl. die kuriose Anekdote ebd. 2,31 [81f K.], in der sich ein von Christen als Lie beswerk bestatteter Toter im Traum bei die sen deswegen beschwert; vgl. Amm. Marc. 19, lf), die Verehrung der Sonne (Procop. b. Pers. 1, 3, 19f; auch schon zB. Epiph. expos. fid. 13 [GCS Epiph. 3, 512/4], neben Feuer u. Mond) u. persische Militärangelegenheiten (Mauric. tact. 11,2 [360/8 Dennis]). Diese Au toren scheinen sich aber nie tiefer für zoro astrische Theologie interessiert zu haben. Mauritius charakterisiert die Perser ebd. 11, 1 (354 D.): ,Der pers. Volksstamm ist bos haft, hinterlistig u. servil; zwar hängt er an seinem Vaterland u. ist den Herrschenden aus Furcht gehorsam. Daher nehmen sie auch standhaft die Beschwerden u. Mühsale der Kämpfe ums Vaterland auf sich. Bei fast allen ihren Unternehmungen gehen sie mit Überlegung u. List vor. Sie halten sehr auf Ordnung u. gar nicht auf stürmisches Drauf losgehen. Da sie in warmen Gegenden leben, ertragen sie leicht die lästige Hitze u. leiden nicht unter Hunger u. Durst' (Übers.: Die terich 1, 36). Das Geschichtswerk des Agathias um 580 nC. ist unter den byz. Autoren die relativ bestinformierte Quelle für irani sche religiöse Praxis (Perserexkurs 2, 23/32 [70/83 K.]; darin: Chosroes-Exkurs 2, 28/32 [77/83 K.]). Der Autor thematisiert auch den Übergang der Parther- zur Perserherrschaft (2,25,9/26,2 [74f K.], mit Nacherzählung der Smerdis-Episode 2, 26, 4f [75 K.]). Hervor zuheben ist seine Schilderung des Festes der Beseitigung des Bösen (2, 24 [71/3 K.]) mit massenhafter Vernichtung der xrafstraKreaturen (Ungeziefer; vgl. schon Plut. invid. et od. 3, 537B). Agathias behauptet, die Perser hätten sich von vielen ihrer alten Bräuche getrennt u. sich ganz dem Zoroas trismus hingegeben, dessen *Dualismus den Autor an Mani erinnert (2, 24 [71/3 K.]). Das
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ist für ihn ein Dekadenzmotiv; die zoroastri tisch-gnostischer Texte (Ende 4. Jh.) aus sche Ablehnung Manis als eines Erzhäreti Nag Hammadi enthält eine , Apokalypse des kers ist ihm offenbar nicht bekannt. Ein Zostrianös1 bzw. .Worte der Wahrheit von Übergang von zoroastrischen zu christlichen Zostrianös. Gott der Wahrheit. Worte des Sitten wird auch von anderen Autoren the Zoroastres1 (krypto-griech. Kolophon von matisiert, etwa von Theodrt. affect. 9,23 (SC NHC VIII, 1). Zostrianos u. Zoroaster ste 57, 2, 343). - *Prokop u. Agathias teilen po hen nach manchen Quellen in einem ver litisch bedingt auch die heftige Abneigung wandtschaftlichen Verhältnis (Amob. nat. 1, der meisten byz. Autoren gegen P. Agathias 52). Zoroaster wird auch im .Apokryphon legt zB. größten Wert darauf, dem positiven des Johannes1 erwähnt, das wohl aus dem 2. Bild des Chosroes als eines .Philosophenkö- Jh. stammt u. in vier verschiedenen Fassun nigs‘ zu widersprechen. Prokop, der die gen bekannt ist, u. in anderen gnostischen Wahrnehmung des Sasanidenreiches im Schriften (Μ. Waldstein / F. Wisse [Hrsg.], Westen lange geprägt hat, ist primär an den The Apociyphon of John. Synopsis of NHC militärischen Verwicklungen der justiniani II, 1; III, 1; and IV, 1 with BG 8502, 2 [Lei schen Ära interessiert (b. Pers, lf), die er den 1995]). - Allerdings kann von einer wei aus erster Hand miterlebt hat. Mehrfach er tergehenden Rezeption spezifisch zoroastri wähnt er die Magier als Ratgeber, Richter u. scher Ideen in der *Gnosis vor dem *ManiRitualexperten im königlichen Umfeld (ebd. chäismus kaum eine Rede sein, auch wenn 1, 3. 5 u. ö.); wichtig auch seine Bemerkun der Dualismus u. vielleicht der Erlösungs gen über die Hochschätzung des alten Kö gedanke einen iran. Anteil besitzen (Neunigsgeschlechtes der Arsakiden in Armenien platoniker wie Damasc. princ. 125bis [1, 322 (2, 3, 32/7; H. Börm, Prokop u. die Perser Ruelle] keimen den Dualismus regelmäßig [2007] mit Lit.; ders., Art. Procopius: Enc. als typisch iran. Gedanken). - In der gnost. Iranica 2013 [e-Veröff.]; R. Schmitt, Byzan- Bildwelt spielen Parther u. Perser im All tinoiranica. Zum Bsp. Prokop: La Persia e gemeinen keine spezielle Rolle. Doch ist das Bisanzio. Convegno intemazionale, Roma parthische Reich als Symbol im gnost. Per 2002 [2004] 665/77). Isidor v. Sevilla berich lenlied (Act. Thom. 108/13 [Hennecke / tet im Rahmen seiner geographischen Welt Schneem.]; J. Walker, Art. Perle: o. Sp. 173) umschau einiges über Parthien, dann in sehr positiv besetzt (in Antithese zu Ägypten). knappen Worten über P. u. Medien. P. ist Das narrative Material dieses Liedes (dessen ihm Ursprungsort der Magie: In Persida pri- syr. Fassung parthische Lehnwörter ent mum orta est ars magica, ad quam Nebroth hält) entstammt volkstümlichen Erzähltra gigans post confusionem linguarum abiit, ibi- ditionen (K. Beyer, Das syr. Perlenlied: que Persas ignem colere docuit (orig. 14, 3, ZsDtMorgGes 140 [1990] 234/59; J. Tubach, 12). ,Zoroast(r)es‘ nennt er ebd. 5, 39, 7; 8, 9, Zur Interpretation des Perlenliedes: D. Bu1; 9, 2, 43 als baktrischen Magus u. Zeitge mazhnov / H. R. Seeliger [Hrsg.], Syrien im nossen Abrahams. Auch eine pers. Sibylle 177. Jh. nC. [2011] 231/7; Μ. Zehnder: kennt er 8, 8, 3, wie vor ihm andere (Lact. Hackl / Jacobs / Weber 3, [239: unsi inst. 1, 6, 8 nach Varro; Boyce / Grenet chere Frühdatierung in die 2. H. 1. Jh.]; über 371/87). Noch kümmerlicher wird dann der evtl. iran. Elemente in der Adam-ÄpokaWissensstand zB. bei dem aus Isidor schöp lypse NHC V, 5: A. J. Welburn, Iranian profenden Aethicus ,Ister‘ 84. 107 (66. 80 phetology and the birth of the Messiah. The Wuttke). Apocalypse of Adam: ANRW 2, 25, 6 [1988] IV. Gnosis. Eine Faszination in Hinsicht 4752/94). In der westl. Wahrnehmung des auf Zarathustra als einen östl. Weisen u. Of- Manichäismus werden oft Mani, Zoroaster u. fenbarungsempfanger ist eher als bei den auch **Buddha zusammengestellt (PsMar. kirchl. Autoren in gnostischer Literatur Victorin. ad Iust. 7 [PL 8,1003]; Anathema c. sichtbar. Porphyrios hatte bereits die Zu Manich. 1 [Corpus Fontium Manichaeorum schreibung philosophischer Schriften unter Subs. 6 (Turnhout 2010) 136] u.a.). In einem den Namensformen Zoroastres u. Zostrianos mesopotamischen Ambiente spielt die manibei Gnostikern als pseudepigraphe Fiktionen chäisch-christl. Religionsdisputation der erkannt (vit. Plot. 16; das dort genannte Acta Archelai (GCS Hegern.; Grundschrift Werk des Amelios gegen Zostrianos in 40 frühes 4. Jh.?), die nur lateinisch vollständig Büchern ist nicht erhalten). Die Slg. kop erhalten sind. Zoroaster ist der Gesetzgeber
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des Iran, wie Buddha für die Kuschan u. Je sus Christus für den Westen göttliche Ge sandte sind, sagt ein neu publiziertes Frag ment der Kephalaia (Μ. Tardieu, La diffu sion du bouddhisme dans l’empire Kouchan, l’Iran et la Chine, d’après un kephalaion ma nichéen inédit: Studia Iranica 17 [1988] 153/82). Für das röm. Recht war der Manichäismus eine dezidiert pers. Religion, also ein kulturelles Produkt der ,Gegner' (S. N. C. Lieu, Manichaeism in the Later Roman empire and in médiéval China [Manchester 1986] 91/5 u. christlicherseits Mos. et Rom. leg. coli. 15, 3 [Riccobono, Fontes 22, 580f]). Bei den Mandäem sind ura madai, ,die Berge Mediens', u. P. Teil der sakralen Geographie; die Sasaniden erscheinen unter dem Namen Hurdbaiia, Hardbaiia u. ä. (E. S. Drower, The Haran Gawaita and the baptism of Habil-Ziwa [Cittä del Vat. 1953] 3/23; dies. / R. Macuch, A Mandaic dict. [Oxford 1963] 127). V. Syr. u. armen. Autoren über pers. Re ligion. Erwartungsgemäß ergibt sich bei den armen, u. syr. christl. Autoren ein differenzierteres Bild mit präziseren Angaben zu zo roastrischen Vorstellungen u. Ritualen. *Eznik v. Kolb (De deo [PO 28, 3f]; ca. 440 nC.) entwirft die detaillierte Mythologie eines Systems, das eine zurvanitische Variante des Zoroastrismus gewesen zu sein scheint, u. ist damit ein Hauptzeuge für die Existenz eines separaten Zurvanismus. Wie andere christliche Autoren wendet er sich gegen die Idee, Gott u. Satan könnten als Brüder in terpretiert werden (vgl. auch Mär Abä bei 0. Braun, Das Buch der Synhados [1900] 143f). Eliêë Vardapet (traditionelle Datierung: 5. Jh.) zitiert ein zurvanitisches Manifest, das einem gewissen Mihmerseh, Marzpän von Armenien zugeschrieben wird (Vasn Varda nay ew Hayoc' Paterazmin [.Über Vardan u. die Armenienkriege'] 2; vielleicht ein Pseudepigraphon aus dem 6. oder 7. Jh.; T. L. An drews, Art. EHâë: The encyclopedia of the Médiéval chronicle 1 [Leiden 2010] 573f). Zahlreiche armenische Autoren des 679. Jh. erwähnen zoroastrische Feuertempel u. Kultgegenstände sowie natürlich zoroastri sche Gottheiten u. Zarathustra selbst (ar men. Zradeät u. ä.). - In den Texten der syr. Kirchen stellen die Märtyrerakten den Zo roastrismus in erster Linie als kultische Ver ehrung der Sonne (èemèâ, oft als .Richter der Erde' gesehen), des Feuers (nürä) u. der Gewässer (mayyä) dar, d. h. der Ameäa
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Spentas als Elementarmächte (Th. Nöldeke, Syr. Polemik gegen die pers. Religion: Fest gruss an Rudolf v. Roth zum Doktor-Jubi läum [1893] 34/8). Die syr. Autoren üben hef tige Polemik gegen die Verwandtenehe, we niger gegen den Dualismus, der ihnen offenbar nicht so sichtbar begegnet, u. im mer wieder gegen die Vergöttlichung der Könige. Detaillierte aitiologische Legenden bilden sich über die Ursprünge des Feuer kultes, die inzestuöse Verwandtenehe u. die Astrologie heraus, so Caverna thes. 27 (CSCO 486 / Syr. 207, 208/17; frz.: ebd. 487 / Syr. 208, 80/3) aus dem 476. Jh. Die Magier des Evangeliums sind hier persische Könige (ebd. 45 [360/71; frz.: 140/3]), die ihre messi anische Hoffnung aus den Weissagungen persischer Bücher entnehmen (s. unten). Polemik gegen den Zoroastrismus kennt auch die altgeorg. Literatur (Μ. Tarchniävili, Gesch. der kirchl. georg. Lit. [Cittä del Vat. 1955] 369. 413) über den ersten georg. Mär tyrer (pers. Abstammung) Razden, der im 5. Jh. wegen seines Abfalls vom Mazdaismus von den Persern hingerichtet u. Gegenstand einer reichen georg. Märtyrerliteratur wurde (*Apostasie; S. H. Rapp, The Sasanian world through Georgian eyes [Farnham 2014]). - In ein gänzlich imaginiertes, phan tastisches P. werden wir mit der apokryphen .Narratio in Perside' (auch ,Narratio Aphroditiani') geführt, die vielleicht im 6. Jh. von einem byz. (chalzedonensischen) Christen geschrieben wurde. Hier heißt es: »Christus wurde zuerst in P. erkannt' (E. Bratke, Das sog. Religionsgespräch am Hof der Sasani den = TU 19, 3 [1899] 11; K. Heyden, Die »Erzählung des Aphroditian' [2009]). In die sem Sinn wird zu Mt. 2 eine komplizierte Vorgeschichte konstruiert, die auch Ele mente der Utopie u. des philosophischen Dialogs integriert (beeinflusst durch den ,Lügenhistoriker' Philippus v. Side). Manche der Passagen syrischer Autoren über den Zoroastrismus können auf die leider verlo rene Schrift des Theodor v. Mops, gegen die Magier zurückgeführt werden (Phot. bibl. cod. 81 [1,187 Henry]; G. Reinink, A new frg. of Theodore of Mops.’s Contra Magos: Le Musäon 110 [1997] 63/71; R. Gottheil, References to Zoroaster in Syriac and Arabic lit.: Classical Stud. in honour of H. Drisler [New York 1894] 24/51). VI. Iran. Christentum in westl. Perspek tive. Das Christentum breitete sich rasch
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nach Osten aus. Act. 2, 9 erwähnt Juden aus Parthien, Medien u. Elam als Hörer des Evangeliums. Tert. adv. lud. 7 ergänzt zur Liste der Länder, in denen das Evangelium gepredigt wird, Armenien, u. die Peschitta (3. oder 4. Jh.?) fügt an der genannten Act.Stelle die Alanen hinzu, eine Idee, die wohl ins 2. Jh. zurückgeht. Die traditionelle Über schrift von Aug. in ep. Joh. lautet In epistulam Ioannis ad Parthos (SC 75,104), was kei nen Rückhalt in den ntl. Handschriften hat u. schwer zu erklären ist. Die syr.,Chronik von Arbela* (CSCO 467 / Syr. 199; dt.: ebd. 468 / Syr. 200; 6. Jh. [?]; Echtheit gelegentlich be stritten) beschreibt die frühen Tage des Christentums am oberen Tigris, wo die Herrscherdynastie um das J. 50 nC. zum Ju dentum konvertiert u. das jüd. Element auch später sehr stark war. Um 350 hatte die Adiabene dann eine christl. Mehrheit (Soz. h. e. 2,12,4). In *Edessa geht das Christentum nach der Legende sogar in das 1. Jh. zurück. Um 200 wurde es jedenfalls von Abgar VIII d. Gr. (177/212) unterstützt, der auch christ liche Gesetze einführte u. mit Bardaisan (*Bardesanes) Umgang hatte. 201 nC. exis tierte in Edessa offenbar schon ein christl. Kirchengebäude, von dem der berühmte Flutbericht spricht (Chronicon Edessenum: CSCO 1 / Syr. 1, lf; lat.: ebd. 2 / Syr. 2, 3; Μ. Zehnder: Hackl / Jacobs / Weber 3, 185/7), wie es auch in *Dura Europos nur wenig später eine Domus ecclesiae nahe bei einem Mithraeum gab. Bardaisan kennt wenig nach 200 Christen schon in Parthien, Medien, Käään u. Pärs (H. J. W. Drijvers, The book of the laws of the countries. Dialogue on fate of Bardaisan of Edessa [Assen 1965] 59/61). Etwa 60 christliche Gräber (wohl Mitte 3. Jh.) wurden auf der Insel Khärg im Pers. Golf identifiziert. In den Bischofslisten des Konzils v. Nicaea vJ. 325 hören wir von ei nem Johannes aus der Persis* (H. Geizer / H. Hilgenfeld / O. Cuntz, Patrum Nicaenorum nomina [1898] 22f). Das alles sind nur sehr vereinzelte Nachrichten, aus denen sich noch kein deutliches Gesamtbild ergibt. Ohne Frage breitete sich das Christentum rasch entlang der großen Handelsrouten aus, u. das Aram. als alte lingua franca des Achämenidenreiches trug das seine bei, auch wenn die Dialekte begannen, sich zuneh mend auseinanderzuentwickeln. Dennoch ist es wohl nur Legende, die Apostel Thomas u. Judas Thaddaeus hätten das Evangelium bis
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weit in den Osten gepredigt, über Edessa u. den parthischen Iran hinaus bis nach Indien (Eus. h. e. 1, 13; 2, 1, 7; 3, 1; Ch. Jullien / F. Jullien, Apôtres des confins. Processus mis sionnaires chrétiens dans l’empire iranien [Bures-sur-Yvette 2002]; Ch. Dognini /1. Ramelli, Gli Apostoli in India nella patristica e nelle letteratura sanscrita [Milano 2001]; *Persien I). Im 4. u. 5. Jh. wurde das pers. Christentum von den asketischen Strömun gen aus Palaestina, Ägypten u. Westsyrien berührt (zB. Theodrt. hist. rel. 26, 20 [SC 257, 200/2] u. ö.; Aphraat. demonstr. 6 [PSyr 1,1, 239/312]), was für die Opposition gegen über dem Zoroastrismus ein wichtiger Fak tor werden sollte. Menschliches Leben in eine engelhafte Existenzweise zu überfüh ren, ist ein dem Zoroastrismus fremder Ge danke. Hauptquellen für die religiösen Aus einandersetzungen der Sasanidenzeit sind die pers. Märtyrerakten u. einige Kanones sammlungen (Brock, History; Braun aO. [o. Sp. 285]). Im J. 410 nC. wird der Titel Katholikos auf der ersten Generalsynode der iran. Bischöfe in Seleucia-Ktesiphon unter dem Vorsitz von Mär Ishäq eingeführt, es findet eine theologische Festlegung auf die nizänisch-orthodoxe Position statt (die etwa bei **Aphrahat noch nicht deutlich sichtbar ist), u. sechs Kirchenprovinzen mit je einem Metropoliten an der Spitze werden einge richtet (ebd. 5/35). Die apostol. Kirche des Ostens gewinnt ihre organisatorische Unab hängigkeit vom Westen; nur langsam wird sie von ,nestorianischer‘ Theologie geprägt. Das asketische Element steht vielfach tren nend zwischen den Christen u. dem strikt antiasketischen Zoroastrismus. Auch die prämonastischen Gestaltungen einer asketi schen Lebensweise (syr. Bnay qyama [,Söhne des (Tauf-) Bundes']) verschwanden aus dem ostsyr.-mesopotamischen Raum nicht völlig. Soziale Identitätsmarker wie Heiratsbräuche, Erbschaftsregeln, Festka lender u. Tischsitten definierten die pers. Christen gegenüber ihrer Umwelt; formal sind die nestorianischen Kirchenrechtsquel len an iranischen Rechtsvorbildern orien tiert. Eine Synode iJ. 585/86 (cn. 25 [Chabot aO. (o. Sp. 263) 158; frz.: ebd. 417fJ) verbot Christen die Teilnahme an Festen anderer Religionsgemeinschaften. Die Dörfer waren offenbar meist von einer religiösen Gruppe beherrscht, mit nur wenigen Familien ande rer Zugehörigkeit. Der nestorianische Pries
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ter übte daher für seine Gemeinschaft eine vergleichbare Funktion aus wie der Mowbed u. der Rabbi für die seinige, etwa auch als Schlichter in Streitfällen. Auch die nichtnestorianischen u. nichtchalzedonensischen Ge meinden reorganisierten sich in eine eigene miaphysitische Kirche. Über die spannungs vollen Beziehungen zwischen Christen u. Zo roastriern: *Persien I; Μ. Hutter, Mär Abä and the impact of Zoroastrianism on Chris tianity in the 6th cent.: C. G. Cereti / Μ. Maggi / E. Provasi (Hrsg.), Religious themes and texts of Pre-Islamic Iran and Central Asia (Wiesbaden 2003) 167/73; Frenschkowski, Christen aO. (o. Sp. 275). - Der Ge brauch des Pers, wuchs dabei in den christl. Gemeinden nur langsam an (Brock, Christi ans 17). Immerhin hatte schon Mänl in sei nem Öäbuhragän Mt. 25, 31/46 auf mittelper sisch zitiert (M 475. 477; D. N. MacKenzie, Mani’s ,Sabuhragan‘: BullSchOrAfrStud 42 [1979] 506/10 Z. 73/96. 121/44). - Asmussen; Brock, Christians; Gignoux, Relations; J. R. Russell, Art. Christianity 1. In pre-Islamic Persia. Literary sources: Enc. Iranica 5 (1992) 523/8; W. Hage, Das oriental. Chris tentum (2007), bes. 269/88. VII. Syrisch u. Armenisch als Kirchen sprachen unter iran. Einfluss. Ein weiterer Bereich iranischer Präsenz im Kontext der Alten Kirche ist das kulturelle u. auch reli giöse Vokabular, welches in das Armen, u. Syr., christliche Kirchensprachen, eingegan gen ist. Gerade im Armen, ist der religiöse Wortschatz nahezu vollständig iranisch (R. Schmitt / H. W. Bailey, Art. Armenia and Iran IV. Iranian influences in Armenian language: Enc. Iranica 2 [1987] 445/65). VIII. Christenverfolgungen im Iran u. ihre westl. Wahrnehmung. Wie schon mehr fach angedeutet, steht die Entfaltung des iran. Christentums seit frühsasanidischer Zeit im Schatten sporadisch immer wieder aufbrechender, gelegentlich auch in größe rem Umfang durchgeführter *Christenverfolgungen. Wir können diese hier nur zur Sprache bringen, insofern sie ein Aspekt des westl. Wissens über das Sasanidenreich wur den. Die Verfolgungen (von denen wir in arsakidischen Zeiten noch nichts Verlässliches hören) begannen nur langsam unter Säpür I (etwa 240/72 nC.). Einige Zeit favorisierte er Mani (der nach einer manichäischen Tradi tion bei Ibn An-Nadlm, Kitab-al-Fihrist: 49, 1/51, 4 Flügel verwandtschaftliche Beziehun RAC XXVII
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gen zum alten parthischen Adel hatte), viel leicht weil dessen synkretistische Spirituali tät ihm für das Reich hilfreich erschien (J. C. Reeves, Prolegomena to a history of Islamicate Manichaeism [Sheffield 2011] 36). Doch wurde auch der Manichäismus nach Manis gewaltsamem Tod intensiv verfolgt u. schließlich entlang der Seidenstraße nach Mittelasien verdrängt. Christenverfolgun gen fanden auch unter Bahräm I (273/76) statt, einem eifrigen Zoroastrier, u. mehr noch unter Bahräm II (276/93), vor allem aber unter Säpür II (309/79), der die Chris ten abgrundtief verabscheute (so etwa die Chronik v. Seert). Die traditionell auf 40 Jahre Dauer berechnete Verfolgung stellt den historischen Höhepunkt einer christen feindlichen Politik im Iran dar u. richtete sich besonders gegen die Funktionäre der Kirche (Soz. h. e. 2,12,4). Säpür III (383/88) ließ dann wiederum viele Christen aus den Gefängnissen frei, da ihre handwerklichen Fertigkeiten (u. ihre Steuern) gebraucht wurden, gegen heftigen Widerspruch des zo roastrischen Klerus. Andere Sasaniden wie Narseh (293/302) u. Hormizd II (302/09) ver folgten ebenfalls eine tolerantere Christen politik. - Der wohlinformierte Sozomenos nennt als Zahl der schon in der ersten Welle der Verfolgungen Hingerichteten 16 000. Die ,pers. Märtyrer', vor allem jene unter Säpür II, wurden Gegenstand einer reichen martyrolog. Literatur in syrischer Sprache, die ein lebendiges, durchaus facettenreiches Bild der interreligiösen Konflikte liefert u. eine wichtige Quelle für die inneren Verhältnisse des Sasanidenreiches abgibt. Einige dieser Akten wurden ins Griech. übersetzt, u. auch westliche Kirchenhistoriker bieten Darstel lungen der Verfolgungen (Soz. h. e. 2, 9/14; Theodrt. h. e. 5, 39; auch in den Synaxaren; Passio sancti Bademi Archimandritae [PO 2, 4,473/7]; zur zoroastrischen Kritik am Chris tentum Frenschkowski, Christen aO. 187/9). Als geistige Herausforderung blieb die Re ligion Zarathustras für Christen präsent, u. etwa Theodor bar Könai (wohl Ende 8. Jh.) diskutiert sie in seinem Scholienbuch zum AT u. NT ausführlich (11,13 [CSCO 66 / Syr. 26, 295/8; frz.: ebd. 432 / Syr. 188,220/2]; vgl. 8, 21 [136; frz.: 99]; 3, 35 [ebd. 55 / Syr. 19, 170f; frz.: ebd. 431 / Syr. 187, 165]). IX. Persien als heilsgeschichtl. Größe. Ein völlig eigener christl. Diskurs verbindet christologische Überzeugungen mit P. u. selio
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tener in Anknüpfung an die Bewahrungs- u. Rettungslegende auch mit genuin iranischen Motiven (mit Zügen eines Erwählungswun ders) Mt. 2, 1/13. Im Kommen der Magier erweist sich die messianische Bestimmung des Kindes. Die μάγοι άπό άνατολών ehren das messianische Kind nicht nur mit *Gold, Weihrauch u. *Myrrhe, sondern schon mit ihrer Wanderschaft auf den Spuren des Königsstems. Im Kontext orientalischer Kö nigs- u. Herrschererzählungen liegt dabei der Sinn ihrer Gaben offenbar ursprünglich darin, dass das Kind seinen Schicksalsweg selbst wählen kann u. sich dabei in dieser kindlichen Wahl als der künftige Weltherr scher erweist (etwa indem er alle Gaben an nimmt). Die Evangelienerzählung übermalt dieses Motiv jedoch mit einer Psalmenan spielung. Der Begriff der ,Magier' wird er staunlich positiv verwendet, bedenkt man die Bedeutungspeioration, die das Wort seit Jhh. in der griech. Welt durchgemacht hatte (Frenschkowski, Magie aO. [o. Sp. 271] 857/957). Bedenkt man die Ambivalenz des Begriffs, bleibt es undeutlich, wen genau das *Matthäus-Ev. mit seinen Magiern im Blick hat: Ist an chaldäische Astrologen, an zoro astrische Priester oder einfach an,Weise aus dem Osten' gedacht? Die Alte Kirche tat sich daher angesichts dieses Textes schwer, die Astrologie vollständig u. pauschal zu ver dammen (T. Hegedus, Early Christianity and ancient astrology [New York 2007]). *Ignatius (um 110 nC.) benutzt die Tradition von Mt. 2, um das Ende der Magie zu evozie ren. Der Stern von *Bethlehem signalisiere eine heilvolle eschatologische Aufhebung al ler Mantik u. Zauberei: έλύετο πάσα μαγεία καί πας δεσμός ήφανίζετο κακίας (Ign. Eph. 19,3; vgl. Polyc. 5,1 [ebd. 112]). Solche Ideen konnten später hagiographisch amplifiziert werden: Nach Orig. c. Cels. 1,60 machen sich die Magier auf, weil seit der Geburt Jesu ihre Magie nicht mehr wirke, während der unter dem Namen Basilius’ d. Gr. überlie ferte Jesajakommentar die Variante kennt, seit der Geburt des Erlösers seien die Dä monen voller Angst u. daher funktioniere die Mantik nicht mehr (Basil. [?] in Jes. comm. 2, 96; 8,220 [PG 30, 276A. 500C/501A]). Im Zu sammenhang des Matthäus-Ev. nehmen die Magier die universale Perspektive des Mis sionsbefehls vorweg, mit dem das Buch schließt (Mt. 28, 18/20; *Magierhuldigung). Schwerlich wird man vermuten dürfen, dass
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der Evangelist deutlichere Vorstellung von den Heilbringererwartungen der zoroastri schen Religion hatte, wie etwa dem Saoäyant (Stausberg, Religion 1, 62/7. 150/3; A. Hinze, The rise of the saviour in the Avesta: Iran u. Turfan, Festschr. W. Sundermann [1995] 77/97). Die Legende Mt. 2 hat mit einiger Wahrscheinlichkeit einen geschichtl. Haft punkt: die Reise des armen. Magierkönigs Tiridates nach Rom 66 nC., worauf viele De tails weisen. Mt. 2 wäre dann eine imperi umskritische Gegenlegende gegen den Zug des Magierkönigs zu Nero, der intensive Be achtung fand u. Generationen im Gedächtnis blieb (zu den Details Μ. Frenschkowski, Traum u. Traumdeutung im Matthäusev.: JbAC 41 [1998] 5/47; ders., Art. Nero: o. Bd. 25, 839/78; es ist vielfach tradiert, dass die iran. Könige in das Priesterwissen der Ma gier eingeweiht sein mussten, zB. Cic. div. 1, 90f). Spätere Fassungen der Legenden ver wandelten die Magier in Könige wechselnder Zahl, aber die iran. Bezüge blieben doch viel fach sichtbar, etwa wenn die Könige auf den Mosaiken Ravennas aus dem 6. Jh. persische Hosen u. .phrygische' Mützen oder im ar men. Edschmiatsin-Evangeliar dJ. 989 sasanidische Adelsbekleidung tragen (R. C. Trexler, The joumey of the Magi [Princeton 1997]; s. u. Sp. 297). In ihren syr. Fassungen werden die iran. Bezüge vielfach unterstri chen (W. Witakowski, The Magi in Syriac tradition: Malphono w-Rabo d-Malphone, Festschr. S. P. Brock [Piscataway 2009] 809/44). Der nestorianische Reisende *Kosmas Indikopleustes nutzt Mt. 2, um die Le gitimität der sasanidischen Herrscher zu be weisen (top. 2, 76 [SC 141, 391/3]; H. Schnei der, Kosmas Indikopleustes [Turnhout 2010] 66). Noch später fabelte man sogar, einige sasanidische Könige seien vor ihrem Tod Christen geworden. Joh. v. Nikiu behauptet dies von Khusrau Anüäirwän (chron. 95,23/6 [frz.: Zotenberg 526]), andere von Khusrau Abarwez (Schilling 247), u. spätere arabische Autoren sogar von Ardaäir, dem Dynastie gründer (Ad-Dlnawan, Kitäb al-ahbär attiwäl: 1, 46f. 85f Guirgass; Schilling X u. ö.). Es könnte ein Zusammenhang mit einer Idee bestehen, die wir zuerst aus dem Umfeld des Katholikos Mär Abä (6. Jh.) hören u. die be sagt, die sasanidischen Könige seien Nach kommen jener Weisen aus dem Morgenland (Belege bei Schilling). Ostsyrische Quellen stellen öfter eine heüsgeschichtl. Linie Za-
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rathustra-Christus her, die auch im Westen rezipiert werden kann. Zarathustra (syr. Zarduät) kann etwa mit dem bibl. **Baruch identifiziert werden, wie im ,Buch der Biene* des Selemon v. Basra (gest. 1240), in dessen 37. Kap. (81 Budge) auch eine »Prophetie des ZarduSt über unseren Herrn* aufgezeichnet ist. Hier ist Jesus ein leiblicher Nachkomme des Zarathustra u. wird in einem mystischen Sinn mit ihm identifiziert (,Ich bin er u. er ist ich*); eine Variante dieser mystischen For mel kennt schon Theodor bar Könai lib. schol. 7, 21 (CSCO 66 / Syr. 26, 74; frz.: ebd. 432 / Syr. 188, 53). Die Identifikation mit Ba ruch kennen auch Bar Bahlül (Lex. syriacum s. v. Zarduät [1, 699 Duval]; Bidez / Cumont 2, 113) u. weitere syrische u. arabische Au toren. Häufiger ist eine Beziehung zu Balaam u. seiner messianischen Prophetie Nurn. 24,17 (angedeutet schon bei Origenes, Basilius, Joh. Chrysostomus, Eusebius, Nicephorus u. vielleicht in der ,Schatzhöhle*; *Bileam). Theodor bar Könai nennt Zara thustra einen .zweiten Balaam*. Gleichset zungen Zarathustras mit biblischen Figuren sind überhaupt häufig, etwa mit Nimrod (s. o. Sp. 280), Ezechiel, Ham, seltener Seth (Bidez / Cumont 1, 41/50) u. sogar mit Assur (Procop. comm. in Gen. 11 [PG 87, 1, 312B]; Bidez / Cumont 2, 56); zuweilen wird er zum Propheten Christi (so das arab. Kindheitsev. aus dem 5./6. Jh.). - Einige christliche Texte bauen diese Einbeziehung des Iran in die Heilsgeschichte weiter aus, so das gemäßigt arianische Opus imperf. in Matth. 2, 2, 2 (PG 56,637; 5. Jh.), die Chronik v. Zuqnln (CSCO 91 / Syr. 43; lat.: ebd. 121 / Syr. 66; ebd. 104 / Syr. 53; frz.: ebd. 507 / Syr. 213; 8. Jh.), die .Schatzhöhle* (s. o. Sp. 286) u. a. Diese Quel len verbinden eine Nacherzählung von Mt. 2 mit Motiven, die zoroastrischer Überliefe rung entnommen sind, u. kombinieren beide mit einem bibl.-heilsgeschichtl. Referenzsys tem. Theodor bar Könai lib. schol. 7, 21 (CSCO 66 / Syr. 26, 74f; frz.: ebd. 432 / Syr. 188, 52f) identifiziert Christus geradezu mit dem zoroastrischen SaoSyant (messianischen Heilsbringer). Basil. (?) in Chr. generat. (PG 31, 1469B) lässt umgekehrt die Magier ge rade deshalb zu Zeugen des Jesuskindes werden, weil das Zeugnis der gottlosen Feinde besonders wertvoll sei. - G. Messina, I magi a Betlemme e una predizione di Zoroastro (Romae 1933); ders., Una presunta profezia di Zoroastro sulla venuta del Mes-
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sia: Biblica 14 (1933) 170/98; G. Widengren, Iran.-semit. Kulturbegegnung in parthischer Zeit (1960) 62/86; ders. 207/14 (der eine Kom bination christl. Traditionen mit einer Ge burtslegende über den Gott Mithras vermu tet). D. Kunst. Die Darstellung von Persern in griechischer u. römischer Kunst steht durch gehend im Dienst einer begrenzten Zahl von Diskursen des .Fremden*, der vor allem als besiegter Feind, in Huldigungsgesten oder aber auch in der Erscheinungswelt eines .oriental. Exotismus* (etwa mit Gelage- u. Jagdszenen) zur Anschauung gebracht wird. Doch sind die Unterschiede der bevorzugten Darstellungstypen beträchtlich u. oft von den jeweiligen polit-militärischen Beziehun gen direkt abhängig (R. Μ. Schneider, Art. Barbar II: RAC Suppl. 1, 895/962; ders., Die Faszination des Feindes. Bilder der Parther u. des Orients in Rom: Wiesehöfer 95/146). Bereits in der attischen Kunst des 574. Jh. vC. kommen auf Vasen, Friesdarstellungen, aber zB. auch auf Grablekythen Perserdar stellungen in orientalischer Tracht mit Hose u. Armeijacke, typischen Mützen- u. Bartfor men, Haartracht etc. auf (niemals nackt, im markanten Unterschied zu anderen Fremd völkern). Die Darstellung ist zT. respektvoll, den Griechen gleichwertig, teilweise die Überlegenheit der Griechen betonend (Ana logie zu Gigantomachien), gelegentlich kari kierend (W. Raeck, Zum Barbarenbild in der Kunst Athens im 6. u. 5. Jh. vC., Diss. Bonn [1981]). Es dominieren Kampfszenen (auch solche ebenbürtiger Art), aber es gibt auch erste Darstellungen knieender Barbaren in persischer Tracht (H. Gabelmann, Antike Audienz- u. Tribunalszenen [1984] 78). Das Alexandermosaik von Neapel, das auf ein hellenist. Historiengemälde zurückgeht (Plin. n. h. 35, 110), stellt die Perser im Au genblick ihrer Niederlage gegen Alexander u. ihrer Wendung zur Flucht dar (Schneider, Barbar aO. 906 mit Lit.; A. Cohen, The Alexander Mosaic [Oxford 1997]) u. will grie chische Überlegenheit über den oriental. Despoten zum Ausdruck bringen. - Orienta lisch-persische Tracht tragen in der griech.hellenist. u. röm. Kunst auch mythische Fi guren, die mit der östl. Welt in Beziehung gesetzt werden, so vor allem *Attis, aber auch *Ganymed, Mithras, *Orpheus, Paris u. gelegentlich die Trojaner (Bildprogramme, die etwa in augusteischer Zeit wiederbelebt
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wurden). Auch römische Repräsentations kunst stellt die Parther u. Perser wie andere nördliche u. östliche .Barbaren* gerne in Sze nen der Niederlage u. Unterwerfung dar, u. kompensiert damit die militärisch eher be grenzten Erfolge gegen das parthische Reich (erste Partherbilder sind nach den polit. Er folgen von 20 vC. bezeugt). Bronzeappliken von gestürzten oder toten Barbarenkriegern wurden als Massenware hergestellt, oft mit typisch parthischer Gewandung (Schneider, Faszination aO. 101). Ähnliches gilt für die häufigen Schlachtensarkophage des späten 2. u. 3. Jh. Andererseits begegnen Parther, Perser u. a. Orientalen als Dienerfiguren an römischen Tischfüßen u. ä. (ders., Oriental. Tischdiener als röm. Tischfüße: ArchAnz 1992, 295/305). Noch die byz. Kunst liebt Huldigungsszenen gabenbringender Barba ren, die oft als Perser dargestellt sind (zu allen Details Schneider, Barbar aO. passim; s. unten; P. Arnold, Ethnologische Darstel lungen auf röm. Reichsmünzen der Kaiser zeit, Diss. Dresden [1961]; A. C. Levi, Barbarians on Roman Imperial coins and sculpture [New York 1952]; H. Schoppa, Die Darstellung der Perser in der griech. Kunst bis zum Beginn des Hellenismus [1933]). Parther u., nach dem Dynastiewechsel, Per ser bleiben in römischer Sicht eine .Gefahr im Osten* speziell für den syr.-kleinasiat. Raum (A. Landskron, Parther u. Sasaniden. Das Bild der Orientalen in der röm. Kaiser zeit [Wien 2005]). Es ist daher kein Zufall, dass die röm. Provinzialverwaltung gerade im Ephesus der antoninischen Ära (wohl ab 169 nC.) die größte Reliefgruppe römischer Herkunft im Osten des Imperiums aufrich ten ließ: das berühmte Partherdenkmal, das die (faktisch prekäre) Überlegenheit über das Weltreich im Osten feiern sollte (W. Oberleitner, Das Partherdenkmal von Ephe sos [Wien 2008]; W. Seipel [Hrsg.], Das Par therdenkmal von Ephesos. Akten des Kollo quiums, Wien 2003 [2006]). Die sasanidischen Monumentalreliefs, die u. a. Siege über die Römer feiern, orientieren sich dann ihrer seits auch an römischer Repräsentations kunst. Daher werden trotz des wechselnden militärischen Geschehens in römischer Kunst niemals Römer als Unterworfene visualisiert (Landskron aO. 171). Das Bild des fremden Parthers oder Persers kontrastiert etwa mit der Ägyptenfaszination der frühen röm. Kai serzeit. Sasanidische Felsreliefs (3J4. Jh.;
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Jullien aO. [o. Sp. 199. 214]) u. römische Tri umphal- u. Historienreliefs stehen sich kom plementär gegenüber, indem der jeweilige Herrscher entweder ruhend-majestätisch oder aktiv in Kampf u. Sieg inszeniert wird. Kriegsdarstellungen werden jedoch erst in antoninischer Zeit häufig, etwa ab dem Par therkrieg des Lucius Verus. Auf den Tri umphbögen des Septimius Severus (Anf. 3. Jh.; auf dem Forum Romanum, in Leptis Ma gna, dazu der Fries des Propylons des Markt-Theaters in Kyrene) wird häufiger Überlegenheit über die Parther (in spezifi scher Tracht u. mit unröm. Physiognomie) dargestellt (Schneider, Faszination aO. 106 Taf. 16, 1). Auffällig ist im Gegenzug, dass das Trauma der Niederlage unter Crassus in augusteischer Zeit Partherdarstellungen weitgehend verhindert hatte (im Gegensatz zur Lit.). - Der Galeriusbogen in Thessalo niki (Anf. 4. Jh.) ist das einzige erhaltene röm. Triumphdenkmal, auf dem Römer ge gen Sasaniden kämpfen, u. das eine reale Schlacht visualisiert. Physiognomisch wer den Römer u. Perser auf beiden Seiten deut lich unterschieden. Iranische Frauen kom men in römischer Kunst ausschließlich als trauernde Gefangene zur Darstellung, zT. entehrt durch Teilentblößung der Brust, oder als entsprechende Personifikationen P. oder Parthiens in unterwürfiger Haltung (Y. A. Dauge, Le barbare [Paris 1981]). Münzen begleiteten die Propaganda, zB. in Trajans Partherkrieg (113/17 nC.; Gabelmann aO. 171/4). Es herrschen Typen vor, die Parther u. Perser als Unterworfene zeigen, neben ei nem Tropaion stehend, kauernd, zuweilen gefesselt, von Soldaten im Triumph geführt, oft kniend, mit Geschenken, auf einem ferculum, nicht nur Männer (diese oft mit ihren Waffen), sondern auch ganze Familien. Auf .Augenhöhe* begegnen sich Römer u. Perser in der Bildkunst im Regelfall nicht, schon gar nicht in Kampfszenen. - Auch in Triumphdarstellungen christlicher Kaiser werden Huldigende in orientalischer Tracht dargestellt, zB. auf dem Sockel des Theodo sius-Obelisken, der Arcadius-Säule (4J5. Jh.) oder dem Barberini-Diptychon (6. Jh.; vgl. insgesamt T. Hölscher, Feindwelten, Glücks welten. Perser, Kentauren u. Amazonen: ders. [Hrsg.], Gegenwelten zu den Kulturen Griechenlands u. Roms in der Antike [2000] 287/320; R. Μ. Schneider, Orientalism in Late Antiquity: Wiesehöfer / Huyse aO. [o.
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Sp. 257] 241/78). In der christl. Kunst wer den bereits ab dem 3. Jh. die *Jünglinge im Feuerofen in persisch-orientalischer Tracht dargestellt (J. Engemann, Zur Interpreta tion der Drei Jünglinge in Babylon in der frühchristl. Kunst: Akten des Symposiums ,Frühchristi. Sarkophage*, Marburg 1999 [2002] 90). Das Motiv der huldigenden Bar baren wird zeitgleich mit den imperialen Darstellungen in der Szene der Magierhul digung aufgegriffen, wo die Magier ebenfalls orientalische Kleidung tragen (zB. in der Sarkophagkunst des 4. Jh.; im Triumphbo genmosaik in S. Maria Maggiore, Rom, 5. Jh.; auf Pilgerampullen u. Diptychen, 6. Jh.; F. Μ. Massara, Magi: F. Bisconti [Hrsg.], Temi di iconografia paleocristiana [Città del Vat. 2000] 205/11). J. P. Asmussen, Christians in Iran: Cam bridge History of Iran 3, 2 (Cambridge 1983) 924/48. - Bidez / Cumont 1/2. - Μ. Boyce / F. Grenet, A history of Zoroastrianism 3. Zoro astrianism under Macedonian and Roman rule = HdbOrient 1, 8, 1, 2, 2 (Leiden 1991). - E. Bridges / E. Hall / P. J. Rhodes (Hrsg.), Cul tural responses to the Persian wars. Antiquity to the 3rd millenium (Oxford 2007). - S. P. Brock, Christians in the Sasanian empire. A case of divided loyalties: Stud, in Church His tory 18 (1982) 1/19; The history of the Holy Mar Ma'in. With a guide to the Persian Martyr Acts = Persian martyr acts in Syriac 1 (Piscataway 2008). - A. R. Burn, Persia and the Greeks. The defence of the West, c. 546/478 B. C. (Lon don 1984). - M.-L. Chaumont, La christianisa tion de l’empire iranien des origines aux grandes persécutions du IVe s. = CSCO 499 / Subs. 80 (Lovanii 1988). - A. Christensen, L’Iran sous les Sassanides2 (Copenhague 1944). C. Clemen, Fontes historiae religionis Persicae (1920); Die griech. u. lat. Nachrichten über die pers. Religion = RGW 17, 1 (1920). - K. Die terich, Byz. Quellen zur Länder- u. Völker kunde (5./15. Jh.) 1/2 = Quellen u. Forsch, zur Erd- u. Kulturkunde 5 (1912). - J. DuchesneGuillemin, The Western response to Zoroas ter (Oxford 1958). - W. S. Fox / R. E. K. Pemberton, Passages in Greek and Latin lit. relating to Zoroaster and Zoroastrianism = K. R. Cama Oriental Institute publication 4 (Bom bay 1929). - Ph. Gignoux, Siu· quelques relati ons entre chrétiens et mazdéens d’après les sources syriaques: Studia Iranica 28 (1999) 83/94; Sceaux chrétiens d’époque sasanide: Ira nica Antiqua 15 (1980) 299/314. - R. Gyselen (Hrsg.), Sources pour l’histoire et la géographie du monde iranien (224/710) = Res Orientales 18 (Bures-sur-Yvette 2009); Sources for the his-
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Persona
Persona (Prosopon). I. Prosopon. a. Griechisch 299. b. Jüdisch 300. c. Christlich. 1. Begriff 300. 2. Exegese 301. 3. Trinitätslehre 302. α. Erstes bis drittes Jh. 302. ß. Viertes u. fünftes Jh. 303.4. Christologie 305. a. Apollinaris v. Laod. 305. ß. Nemesius v. Emesa 306. γ. Theodor v. Mops. 306. δ. Nestorius 307. ε. Cyrill v. Alex. 309. ζ. Theodoret v. Cyrus 309. η. Konzilien 310. 0. Leontius v. Byz. u. Leontius v. Jerus. 310. II. Persona, a. Allgemein 311. b. Christlich. 1. Anthropologie, et. Augustinus 312. ß. Boethius 313. γ. Rusticus 315. 2. Trinitätslehre, a. Tertullian 316. ß. Novatian 319. γ. Hieronymus 319. δ. Augustinus 320. ε. Boethius 323. 3. Christo logie. a. Tertullian 323. ß. Hilarius v. Poitiers 324. γ. Hieronymus 324. δ. Ambrosius 324. ε. Au gustinus 325. ζ. Leo d. Gr. 327. η. Joh. Maxen tius 328. III. Zusammenfassung 329. Die griech. Bezeichnung πρόσωπον u. la teinisch p. sind trotz ihrer unterschiedlichen Etymologie seit der Kaiserzeit eng miteinan der verbunden u. bezeichnen im Wesentli chen dasselbe mit denselben Interpreta tionsschwierigkeiten: Es geht um die Frage, was die menschliche Person sei. Im Zuge der christl. Deutung wird das Problem auch theologisch betrachtet: Diskutiert wird, ob u. auf welche Weise der transzendente u. der fleischgewordene Gott als Person betrachtet werden kann, vor allem im Falle von dessen menschlicher u. göttlicher Wirklichkeit. I. Prosopon. a. Griechisch. Im Griech. lei tet sich πρόσωπον von πρό u. όψ her u. be deutet somit ,das, was einem vor Augen kommt', ,was man sieht' u. daher »Angesicht' (Frisk, Griech. etym. Wb. 2, 602f). ♦Aristo teles definiert πρόσωπον als ,den Teil, der unter der Schädelwölbung liegt'. Der Be griff, der bereits bei *Homer u. in der Athe ner Theaterwelt, wo er die *Maske u. die Schauspielerrolle bezeichnet, belegt ist, er hält erst später die Bedeutung ,Individuum' (vgl. Epict. ench. 17; diss. 1,2,7 u. ö.), welche in der gesamten Gräzität selten bleibt. Beide Bedeutungen, Maske u. P., finden sich bei PsPlut. vit. Hom. 57 (τό λεγον πρόσωπον; έφ’ έτερον πρόσωπον; vgl. Lucian. Nigr. 11). Die Ausdrücke έκ προσώπου (Diog. L. 3,52), πρόσωπον άναλαμβάνειν (Lucian. Nigr. 11), ex tua p., personam inducere (Cic. inv. 1, 52, 99) u. sua p. (Quint, inst. 2, 20, 9) zeigen an, dass der Autor selbst oder durch den Mund einer fiktiven Person spricht.
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b. Jüdisch. In der LXX ist πρόσωπον mehr als 850-mal belegt; in der Mehrzahl der Fälle entspricht es dem hebr. panlm, was den dem Betrachter zugewandten Teil (auch unbelebter Gegenstände (zB. der Wüste: Philo leg. all. 3,169) u. das menschliche Ant litz bezeichnet. Πρόσωπον kann auch spezi ell das Antlitz Gottes bezeichnen, das dieser dem Menschen zeigt (gleichwohl hat es nie die Bedeutung von ,Person' im juristischen Sinne erhalten). So erklären sich Hebraismen, in denen πρόσωπον von einer Präposi tion abhängt: zB. από (τοΰ) προσώπου κυ ρίου bzw. τού θεού (Gen. 3, 8; 1 Sam. 19, 8; Fuhrmann 275); vgl. auch das Kompositum άντιπρόσωπα (Gen. 15. 10; Ex. 25, 19). Philo gebraucht πρόσωπον, abgesehen von Zitaten aus dem AT, für den Anblick (leg. all. 1,28; post. Cain. 127) oder das Antlitz Gottes (ebd. 7) oder allgemein das Antlitz (leg. all. 1, 12; agr. 75). Singulär ist die Bedeutung ,Maske' (mut. nom. 198). Bemerkenswert ist, dass πρόσωπον bereits ,Person' bedeutet (cherub. 54; post. Cain. 110f) u. sich analog zu προσωπολημψία im Sinne von .Berücksich tigung' findet (spec. leg. 4, 177 nach Dtn. 10, 17f). Diese Bedeutung führte zu der sog. prosopographischen Exegese. Als griechisch sprachiger Jude dürfte Philo als Erster die sen Ausdruck verwendet haben, um die Worte, die *Mose in seinem eigenen Namen verkündet, von denen, die Gott durch ihn spricht, zu unterscheiden (vit. Moys. 2, 188; mut. nom. 13; Andresen 12; vgl. auch cherub. 49: έκ προσώπου τοΰ θεού; quod deus s. imm. 109; plant. 63; mut. nom. 39; spec. leg. 4, 39; fug. et inv. 137: έκ προσώπου τοΰ αί τιου). - *Josephus weist ein geringeres Be deutungsspektrum von πρόσωπον auf: Meis tens heißt es »Antlitz' (ant. lud. 1,334; 3,209; 4, 256; 6, 285 u. ö.) u. infolgedessen .unter den Augen von, jemandem gegenüber' (ebd. 5,46.205; 8,105; 9,8 u. ö.), selten ,Person' (b. lud. 1,263; 2,38) u. .Maske' (ebd. 1,471.517). c. Christlich. 1. Begriff. Im NT bezeichnet πρόσωπον den Anblick, die Gegenwart von jemandem, aber auch das Individuum u. die Person (2 Cor. 1,11). Zudem wird es für das Antlitz Gottes in Zitationen des AT verwen det (1 Petr. 3,12; vgl. Ps. 34 [33], 17) bzw. für das Antlitz Christi (2 Cor. 4, 6; Verwendung von πρόσωπον mit Genitiv im NT: Act. 3,20; 5, 41; 7, 45; s. oben zu atl. Parallelen). - Im Sinne von Individuum ist πρόσωπον bei Cle mens v. Rom (1 Clem. 1,1; 47,6) u. Ignatius v.
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Ant. (Magn. 6) belegt. Bedeutsamer ist Iren, haer. 3,11, 8: Der * Logos gab den Menschen ein Ev. mit vier πρόσωπα (τετραπρόσωπα). In dieser Aussage ist πρόσωπον als ,kon krete, individuelle Gestalt' zu verstehen: Das Ev., das Eines ist, hat vier Gestalten. Schließ lich kann πρόσωπον auch ,Antlitz' bedeuten: Das Antlitz Gottes ist der Logos, der zeigt u. offenbart, wer Gott ist (Clem. Alex. paed. 1, 57, 2; Nödoncelle, Prosopon 283). Diese Be deutungen von πρόσωπον (.Anblick', .Ge sicht, Antlitz', .Manifestation') bestehen fort bis zum Ende der Patristik. 2. Exegese. Die von Philo geprägte Prosopon-Exegese findet eine zeitgleiche Parallele in der christl. Literatur. Unter dem Einfluss der LXX versucht Justin (apol. 1, 36) die Tatsache, dass der göttliche Logos durch die Propheten spricht u. sein Wort in der Hl. Schrift zu lesen ist, so zu erklären, dass der Prophet έκ προσώπου Gottvaters oder Christi oder der Völker, die dem Herrn u. Vater antworten, spreche. Auch die Heiden verfassten literarische Dialoge in dieser Weise: Der Autor des gesamten Textes trete ebenfalls in Gestalt der Dialogpartner auf (ebd.). So belegt Justin, dass die ProsoponExegese in der zeitgleichen paganen Ex egese eine Parallele hatte (s. o. Sp. 299). P. spielt somit nicht mehr nur eine Rolle im Theater, sondern auch in der Dialogliteratur: Tertullian zufolge spricht Platon ex Socratis p. (an. 17, 12; vgl. Orig. c. Cels. 1, 55; 2, 20; weitere Bsp. Andresen 13). - Die prosopographische Exegese verbreitet sich ab dem 2. Jh. auch in der christl. Welt (Theophil. Ant. ad Autol. 2,22; Andresen 10) u. erreicht im 3. u. 4. Jh. einen Höhepunkt (Hilar. Piet, trin. 4, 37. 40; 5, 32. 38; 12, 1 [CCL 62, 140f. 144f. 184/6. 192f; 62A, 579]; Andresen 12f). Ein wichtiger Beleg ist der Plural, in dem Gott spricht, zB. Gen. 1, 26: ,Wir erschaffen den Menschen nach unserem Bild u. Abbild'; denn diese Worte setzen neben dem Spre cher (Gottvater) auch die Präsenz einer an gesprochenen Person (Sohn) voraus (Iustin. dial. 62,2; Tert. adv. Prax. 12,1; ähnlich ver wendet ist πρόσωπον bei Iustin. dial. 56,11; 126, 2; Andresen 122ο). Tertullian zufolge spricht der Hl. Geist durch den Mund des Propheten zum Vater über den Sohn (adv. Prax. 11,7/10 [mit Bezug auf Ps. 110 (109), 1; Jes. 45, 1; 53, lf]; Andresen 18), oder auch der Vater zum Sohn oder zum Hl. Geist (adv. Prax. 12, 3).
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3. Trinitätslehre. Vermutlich ist die Be deutungsentwicklung von πρόσωπον u. seine Anwendung in der Trinitätstheologie beein flusst von der Entwicklung des Personbe griffs (s. o. Sp. 299; Nödoncelle, Prosopon 277/84; Braun 211/23; Grillmeier 1, 251; Mi lano 71/80). a. Erstes bis drittes Jh. Das erste Beispiel für den Gebrauch von πρόσωπον im Lehr streit um die Trinität bietet *Hippolyt (c. Noet. 4, 3 [51 Butterworth]): In der Aussage Joh. 10, 30 (,Ich u. der Vater sind Eins') fin det er zwei πρόσωπα, aber nur eine δύναμις (c. Noet. 7,1 [61 B.]). Es gibt einen einzigen Gott (der Vater ist Einer) u. zwei πρόσωπα, denn zusammen mit dem Vater ist auch der Sohn. Daher ist das dritte der Hl. Geist (ebd. 14 [75/7 B.]). PsHippolyt unterscheidet im Rahmen seiner Kritik an der Lehre des röm. Bischofs Callistus πρόσωπον u. ούσία, wobei er unter ούσία eine streng definierte Reali tät versteht (ref. 10, 27, 4). Daraus, dass die Sabellianer Gott nur eine einzige ούσία zuge stehen, folgert er, dass sie die Existenz eines einzigen πρόσωπον lehren (Andresen 3f). In ref. 9,12,18f referiert er, dass gemäß Callis tus der Sohn die sichtbare menschliche Na tur ist, während der göttliche Geist, fleisch geworden im Sohn, in Wahrheit der Vater ist; infolgedessen litt der Vater, da sie ein einziges πρόσωπον waren, zusammen mit dem Sohn. Offensichtlich versteht PsHippo lyt unter πρόσωπον das einzelne Individuum (Andresen 5f). - Etwas später überliefert *Basilius (ep. 214, 3 [2, 204f Courtonne]) die Ansicht der Sabellianer, dass Gott einer sei in der *Hypostasis, aber von der Schrift in verschiedenen Personen präsentiert werde (προσωποποιεΐσθαι διαφόρως), u. dass die Schrift die Worte des Vaters für sich in An spruch nehme, mal in Gestalt des Sohnes, mal in der Maske des Hl. Geistes, je nach der jeweiligen Notwendigkeit. Die Sabellianer gründeten also ihren Monarchianismus auf der prosopographischen Exegese (Andresen 30). Auch ep. 210, 5 (2,194/6 Court.) verwen det Basilius, obgleich er ,hypostasis' zur Be zeichnung der Individualität einer Person benutzt, in polemischer Weise das Πρόσωπον-Konzept in seinem Sinne u. behauptet, Sabellius habe die πρόσωπα ohne Hypostase eingeführt, da Gott je nach Erfordernis bald als Vater, bald als Sohn oder Hl. Geist spre che. - Seit dem Aufkommen des Arianismus ist eine theologische Verwendung von
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πρόσωπον zu beobachten. Vor dem 4. Jh. werden die Begriffe πρόσωπον u. Hypostase weitgehend vermieden u. stattdessen von ,drei‘ u. ,einem' gesprochen (Prestige 162). Bis Basilius verwendet keiner der Väter πρόσωπον in der Bedeutung von ,Maske'. Im Rahmen der Beschreibung der Personen der Trinität bezeichnet der Begriff schlicht ein Individuum. Für den sog. sabellianischen Ge brauch von πρόσωπον im Sinne von .Maske' oder .Theaterrolle' u. die daraus resultie rende Nicht-Verwendung des Begriffs in der orthodoxen Theologie gibt es keine Belege (ebd. 113.162). Im Gegenteil, der Begriff war als nicht-technischer u. nicht-metaphysi scher Ausdruck bestens dazu geeignet, von den drei permanenten u. objektiven Gestal ten, in denen sich Gott den Menschen zeigt, zu sprechen (162). ß. Viertes u. fiinftes Jh. Marcellus v. Ancyra, gemeinhin von den Pro-Nicaenem des 4. Jh. Sabellius an die Seite gestellt, steht in seinen Schriftzitaten oft in der Tradition der prosopographischen Exegese u. verwendet die Formel έκ προσώπου (frg. 27. 42. 89 [30. 38. 76/8 VinzentJ; incarn. et c. Arian. 9. 18 [PG 26, 977.1013] u. ö.); Phil. 2,8 spricht für ihn von zwei πρόσωπα (bei Eus. eccl. theol. 1,20,63 [GCS Eus. 4,91]). Weitere Beispiele bietet der Marcellus zuzuweisende Sermo maior de fide (31 [19]. 56 [21] [13. 18 Schwartz]; weitere Belege bei Andresen 32/4). Marcellus weist die Unterscheidung der Gottheit in drei πρόσωπα zurück, wohl um arianisierende Tendenzen zu vermeiden (Μ. Simonetti, La crisi ariana nel quarto sec. [Roma 1975] 68). Wenn also Eus. eccl. theol. 3, 6, 4 (GCS Eus. 4, 164) sagt, Marcellus nehme die Existenz einer Drei-ProsopaHypostase (eine einzige Hypostase mit drei Antlitzen) an, referiert er seine eigene Inter pretation des marcellianischen Denkens (nach Grillmeier 1,421 zu Unrecht). - Inner halb der trinitarischen Lehrstreitigkeiten begegnet πρόσωπον ab dem 4. Jh. häufig (Hammerstaedt 1015/30). Im Rahmen der Ekthesis makrostichos verwenden die ori ental. Bischöfe, *Origenes folgend, πράγ ματα zur Bezeichnung von Personen (c. Cels. 8, 12). Die Synode von Nike (Thrakien) vJ. 359 verbietet es, hinsichtlich des πρόσωπον des Vaters, des Sohnes u. des Hl. Geistes von einer einzigen Hypostase zu sprechen (Theodrt. h. e. 2,21,7). Epiph. haer. 73,16, lf (GCS Epiph. 32, 288) zitiert einen Brief des
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homoiousischen Bischofs Georg v. Laodicea, der behauptet, dass griechische Autoren ,von Hypostase sprechen, um die vorhan dene Eigenart der Personen kenntlich zu machen ... Hypostase nennen sie die Eigen arten der seienden πρόσωπα, aber sie ver stehen die drei Hypostasen nicht als drei Prinzipien oder drei Götter'. Im Osten spricht als erster *Apollinaris v. Laodicea von drei πρόσωπα in der Trinitätstheologie (Identifikation von πρόσωπον u. Hypostase: fid. et inc. 3. 8 [194. 201 Lietzmann]). - Ba silius setzt nur selten πρόσωπον u. Hypo stase gleich (spir. 18 [SC 17bis, 402/14]); er vermeidet πρόσωπον in trinitarischem Sinne, da er dies als sabellianischen Irrglau ben ansieht, u. bevorzugt stattdessen Hypo stase (ep. 52; 236, 6 [1, 133/7; 3, 53f Cour tonne]; H. Dörries, De spiritu sancto. Der Beitr. des Basilius zum Abschluß des trini tarischen Dogmas [1956] 114/6. 139). Er ver wendet die prosopographische Exegese in nicht-theologischen Texten (hex. 6, 2; 9, 6). Dagegen deutet er in Distanzierung von den Sabellianem Joh. 10, 30 (,Ich u. der Vater sind eins') u. 14, 9 (,wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen') christologisch (zu den drei πρόσωπα u. seinen gegen den Sabellianismus argumentierenden ep. 214, 3 u. 236, 6 [2, 204f; 3, 53f Court.] s. o. Sp. 302). Gregor v. Naz. (*Gregor II) betont, dass der Gebrauch von πρόσωπον im Westen, bei den ,Italikern', häufiger sei (or. 21, 35 [SC 270, 184/6]), die aufgrund der Beschränktheit ih rer Sprache nicht zwischen Ousia u. Hypo stase unterscheiden könnten u. daher πρόσωπον bevorzugten, um nicht von drei Ousiai zu sprechen. Von drei πρόσωπα zu sprechen, wurde jedoch im Osten als sabellianisch (vgl. Basilius), von drei Hypostasen als arianisch (s. oben) angesehen. Gregor zu folge handelte es sich um einen reinen Wort streit. Für ihn besteht eine substantielle Gleichwertigkeit zwischen Ιδιότης, Hypo stase u. πρόσωπον (ebd. 20, 6 [68/70]). Die Hypostasen u. die πρόσωπα bezeichnen nach ihm dasselbe, nämlich die Trennung nicht den Naturen, sondern den Ιδιότητες nach (42, 16 [384, 82/4]; während des Konzils von Kpel im Mai 381). - Auch Gregor v. Nyssa (*Gregor III) gebraucht Hypostase u. πρόσωπον austauschbar (comm. not.: GregNyssOp 3, 1, 26. 33). Basil, ep. 38, 8 (1, 92 Court.; wohl Gregor v. Nyssa zuzuschreiben) unterschei det κοινόν (was dem stoischen ύποκείμενον
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entspricht) u. ίδιον gemäß der Substanz u. Epiph. 1, 96/8]). Daher hat man sich bei erklärt πρόσωπον mit Bezug auf Hebr. 1, 3 Christus ein einziges πρόσωπον vorzustellen u. Col. 1, 15: Der Sohn ist die Form (μορφή) (fid. et inc. 6 [198 L.]). Apollinaris vertritt u. das πρόσωπον, durch die der Vater er die Ansicht, dass der göttliche Logos kannt wird. Hier hat πρόσωπον die Bedeu Fleisch, aber nicht vollständig Mensch tung von ,Antlitz'. Zur Bezeichnung der Hy wurde: Im Menschen Christus existiert der postase verwendet Gregor häufiger als Ba Vemunftteil der Seele nicht, da er für die silius u. Gregor v. Naz. πρόσωπον. In der Möglichkeit des Sündigens verantwortlich Hypostase-Prosopon-Lehre der Kappado- ist, Christus aber nicht zur Sünde fähig sein kier gehen die besonderen Eigenschaften darf (frg. 76; ep. Diocaes. 2 [222.256 LJ). Die von πρόσωπον über die physische Seite hin Erklärung für die Bildung dieser Einheit des aus, insofern sie auch die moralische mitein πρόσωπον ist durch die Auffassung be schließen. - Das erste offizielle kirchl. Do stimmt, die Apollinaris von der ένέργεια u. kument, in dem πρόσωπον mit Hypostase der δύναμις hat: Das Fleisch u. dessen lei gleichgesetzt wird, stammt vom Konzil von tendes Prinzip bilden ein einziges ζφον (frg. Kpel vJ. 381 (Theodrt. h. e. 5, 9, 11: ,in drei 107 [232 LJ). Im Vordergrund steht das vi vollkommenen Hypostasen, d. h. in drei voll tale Element, das laut Apollinaris substankommenen πρόσωπα'). Nach dem Glaubens tial die Einheit des πρόσωπον in Christus bekenntnis der Synode von Kpel vJ. 448 (in bildet (Grillmeier 1, 492f; Belege ebd.). Aus Conc. Chalced. vJ. 451 actio 1 [AConcOec 2, der Vereinigung des Logos mit der fleischli 1, 1, 113fJ; J. N. D. Kelly, Early Christian chen Natur resultiert ein ύποκείμενον, ein doctrines2 [London 1960] 331) stellt das Sym- Subjekt. Apollinaris beschränkt die Einheit bolon des Konzils von Chalkedon vJ. 451 die der Person im Wesentlichen auf die Einheit zwei Naturen Christi der einen Hypostase, einer lebendigen Natur. Er spricht von ei d. h. πρόσωπον, gegenüber (actio 5 [AConc nem πρόσωπον in Christus, da er in ihm ein Oec 2, 1, 2, 126/30]). Ab dem 5. Jh. wird lebendes Sein sieht (frg. 85 [225 LJ). Der πρόσωπον allgemein in der Trinitätstheolo- Logos ist somit das leitende Prinzip der ge gie im Sinne von .Hypostase' verwendet u. samten menschlichen Natur Christi, d. h. sei auch in der Christologie zu einem Schlüssel nes Fleisches u. seines nicht-vernünftigen Seelenteils, der ψυχή (corp. et div. 11/3 [190f wort. 4. Christologie. .Neben dem Problemkreis: LJ; Grillmeier 1,494). ß. Nemesius v. Emesa. Die Vereinigung der Vater u. sein Logos, entfaltet sich der andere: der Logos u. seine Sarx' (Grillmeier von menschlicher u. göttlicher Person in 1,295). Bereits *Clemens v. Alex, zufolge ist Christus in Analogie zum Einheitsmodell der Sohn das πρόσωπον des Vaters, d. h. von Leib u. Seele im Menschen findet sich seine sichtbare Gestalt (paed. 1, 57, 2; ström. auch bei *Nemesios v. Emesa. Diese Vor 5,34,1). Diese Bedeutung findet sich bis zum stellung ist vermutlich (wie die des Augus 5. Jh.; Christus nimmt das πρόσωπον des tinus) auf die Symmikta Zetemata des Porphyrius zurückzuführen (Drobner 220/5). Bei Menschen an, als er Mensch wird. a. Apollinaris v. Laod. Bei ihm hat der Inkarnation vereinigt sich der geistige πρόσωπον nicht mehr nur die Bedeutung Logos mit dem materiellen Fleisch, ohne sich .Ebenbild' des Vaters, sondern ist mit Hy jedoch mit diesem zu vermischen (nat. hom. postase gleichgesetzt, um die Einheit der 3, 135/44 [41/4 Morani]). Nemesius versteht Person in Christus zu bezeichnen: ,Das Com ebenso wie Augustinus die Vereinigung von positum ‘Christus’ ist eine Physis u. Hypo Seele u. Leib als κράσις / mixtura; beiden zu stase u. eine ούσία' (Grillmeier 1,491). Unter folge kann dies jedoch nicht auf Christus zu πρόσωπον versteht Apollinaris eine Natur, treffen, wenn man nicht die Unveränderlich sowohl eine vernünftige wie eine nicht-ver keit Gottes aufgeben möchte. Ebenso weist nünftige. Wenn man nun Christus zwei Na Nemesius die zwei anderen (stoisch) mögli turen zuweise, müssten ihm auch zwei Per chen Formen der Vereinigung, παράΟεσις u. sonen zugewiesen werden, was absurd sei, σύγχυσις, zurück u. gelangt zum Konzept der wohingegen durch die Verschmelzung des Ινωσις άσύγχυτος (ebd. 3, 131. 134 [40f Μ.]; Logos mit der fleischlichen Natur des Men Grillmeier 1, 574/6). γ. Theodor v. Mops. Auch Theodor bekräf schen eine Ινωσις φυσική stattfinde (frg. 148 [247 Lietzmann]; bei Epiph. anc. 77f [GCS tigt die Existenz eines lv πρόσωπον in
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Christus gemäß Joh. 8, 16 (Drobner 229f). Πρόσωπον kann bei ihm mit Hypostase identisch sein, d. h. die konkrete, individuelle Natur jedes Einzelwesens bezeichnen, sei es eines Menschen oder einer Person der Tri nität (= der Logos; c. Eunom. frg.: 1,180 Ab ramowski / Goodman; engl.: ebd. 2,107; Grill meier 1,628). Πρόσωπον ist die Form, in der eine Natur oder Hypostase erscheint (in ih rer konkreten, individuellen Wesenheit). ,Πρόσωπον Christi' bedeutet demnach die Manifestation der engen Verbindung zwi schen dem Menschsein Christi u. der Hypo stase des Logos, durch die Christus zwei Na turen hat, eine göttliche u. eine menschliche (inc. frg.: 2, 299 Swete; Grillmeier 1, 628). Um die Einheit Christi zu veranschaulichen, greift Theodor ebenso wie Augustinus auf den Vergleich mit der Einheit von Leib u. Seele im Menschen zurück (c. Apoll, frg.: 2, 318f Swete; Drobner 230f; Grillmeier 1, 625f. 629f). So bestimmt er das eine πρόσωπον Christi, das sich durch die Vereinigung des Logos mit der menschlichen Natur ohne eine Vermischung der zwei Naturen verwirklicht (inc. frg.: 2,296 S.). Theodor kennt noch nicht die christologische Formel von den zwei Na turen u. einem πρόσωπον oder einer Hypo stase, kommt dieser aber sehr nahe. Das πρόσωπον des Logos formt die innere We senheit Christi, insofern er vor seinem Menschsein Gott ist. Ein Seiendes hat ein πρόσωπον, insofern es eine Natur u. eine Hypostase ist. Wenn hier in Christus zwi schen göttlicher u. menschlicher Natur un terschieden wird, ist die Vereinigung beider durch das πρόσωπον gewährleistet (Grill meier 1,629/34). Theodor macht reichlich Ge brauch von der Formel ex p. u. der prosopographischen Exegese (Drobner 232/7). δ. Nestorius. Ihm wurde vorgeworfen, die Existenz zweier Söhne Gottes zu lehren; diese Lehre hat er jedoch nicht vertreten. In einer Predigt vJ. 430 (hom. 18 [308 Loofs]) sagt er vielmehr: deum verbum naturaliter et templum naturaliter aliud, filium coniunctione unum. Die Verschiedenheit liegt also innerhalb der zwei Naturen des Sohnes. Wenn Nestorius von der Hypostase der menschlichen Natur Christi spricht, will er ihre konkrete Realität betonen, innerhalb deren die zwei Naturen nicht miteinander vermischt sind (ebd. 15 [292 L.J). Die zwei Naturen in Christus sind in einer συνάφεια vereint, die auf der Einheit des πρόσωπον
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basiert (ep. 5 [176 LJ; Grillmeier 1, 654f); Nestorius vermeidet den Begriff der ένωσις (,Vereinigung') u. wurde dafür von Cyrill v. Alex, angegriffen (s. unten). Er verlegt die Einheit in Christus in den Bereich des πρόσωπον (Grillmeier 1, 719), sie ist keine vollständige »Vereinigung' im Sinne des Chalcedonense, sondern äußerlich u. unge teilt. Der nestorianische Πρόσωπον-Begriff ist weitgehend durch die Hl. Schrift be stimmt sowie durch die Unterscheidung von Ousia u. Hypostase, vorgebildet in der Theo logie der Kappadokier (ebd. 1, 654/6). Nes torius stützt sich gerne auf Phil. 2,5/8, wobei die Gestalt Gottes u. die des Knechtes seine Vorstellung von πρόσωπον verdeutlichen. Die Gestalt des Knechtes versinnbildlicht ein sichtbares Sein im Fleisch u. ist ein πρόσω πον (frg. 9 [358 LJ). Im πρόσωπον des Soh nes ist Christus ein einziger, jedoch, wie mit zwei Augen, geschieden in ein Menschsein u. ein Gottsein (hom. 12.18 [280. 299 LJ): Hier setzt Nestorius den Akzent mehr auf die Kenosis als auf die Offenbarung. Weil Nestorius sowohl der göttlichen als auch der menschli chen Natur Christi ihre Eigenart zuweist, spricht er bisweilen von zwei πρόσωπα an statt von einem einzigen. Die Schwäche sei ner Lösung zeigt sich, wenn er erklären muss, worin die Vereinigung besteht (Grill meier 1,659f). Im gegen Ende seines Lebens verfassten Liber Heraclidis zeigt Nestorius eine große Nähe zur Christologie des Flavian v. Kpel sowie des Tomus Leonis (s. u. Sp. 327). Er spricht von zwei πρόσωπα in Christus, da eine jede der zwei Naturen ihre Eigenart hat: das Gottsein in der Gestalt des Sohnes u. das Menschsein in der Gestalt des Knechtes. Wenn die zwei Naturen ihr natür liches πρόσωπον in der Vereinigung nicht bewahren, sind sie nicht mehr unterschie den, sondern vermischt. Auch in der Verei nigung in Christus bleibt die menschliche Natur eine vollständige u. individuelle: Da her betont Nestorius, dass das πρόσωπον die Grundlage der Einheit ist u. prägt den Aus druck des ,πρόσωπον der Vereinigung' (lib. Heracl. 2, 1 [305 Bedjan]; Grillmeier 1, 713f. 717f). Die Formel Cyrills von einer Vereini gung im Sinne der Hypostase gilt nur, wenn man diese im Sinne von πρόσωπον versteht Gib. Heracl. 1, 3 [229f B J). Wenn Christus von seinem personalen πρόσωπον spricht, tut er dies mittels des einen πρόσωπον, das das der Vereinigung der Naturen u. nicht
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einer Hypostase oder einer einzigen Natur ist. Jedoch macht jede der Naturen Christi Gebrauch vom natürlichen πρόσωπον der je weils anderen Natur (ebd. 1, 3; 2, 1 [239. 305 B.J; Grillmeier 1, 717). Die göttliche Ousia des Sohnes bedient sich des πρόσωπον der menschlichen Natur Christi: Objekte des ,Tausches' sind die πρόσωπα u. nicht die Ousiai, wodurch jeglicher Monophysitismus ausgeschlossen ist (lib. Heracl. 1, 3; 2,1 [216. 348 B.J; Grillmeier 1, 717/22). Dieser Tausch zeigt die gegenseitige Durchdringung (Perichoresis) beider Naturen in Christus, zB. der trinitarischen Perichoresis (ebd. 722f). Wie in der Trinität die drei πρόσωπα durch eine einzige Ousia verbunden sind u. sich seinshaft durchdringen, so durchdringen sich in Christus die zwei Ousiai, unvermischt, zur Einheit eines πρόσωπον (lib. Heracl. 2, 1 [289 B.J; Grillmeier 1, 723). Wie diese For meln u. ihre positive Rezeption (im Tomus Leonis; s. u. Sp. 327) zeigen, stand Nestorius bereits an der Schwelle von Chalkedon (Grillmeier 1, 725; vgl. das Gesamturteil ebd. 1, 642/5). ε. Cyrill v. Alex. Nestorius’ Auffassung ablehnend, vermeidet Cyrill den Gebrauch von πρόσωπον u. greift deshalb die Formel der .Vereinigung der Naturen nach' (ένωσις φυσική) oder einer .Vereinigung der Hypo stase nach' (ένωσις καθ’ ύπόστασιν) wieder auf (apol. Theodrt. 2 [AConcOec 1,1, 6,115]; Grillmeier 1, 686). Der fleischgewordene Logos besitzt ein vollkommenes Menschsein, vollendet in Seele u. Leib (ep. 39; 46, 2 [PG 77, 176. 241]), womit Cyrill die Formel von der einen Natur (Hypostase), fleischgewor den durch den Logos Gottes, präsentiert (μία φύσις τοΰ θεού λόγου σεσαρκωμενη). So fällt die eine Natur oder Hypostase mit der Ein heit der Person zusammen: Das personale Element des fleischgewordenen Sohnes ist von Cyrill nicht ausreichend hervorgehoben (Grillmeier 1, 684; Milano 172/5). ζ. Theodoret v. Cyrus. Dieser verwendet πρόσωπον gleichbedeutend mit Hypostase (eran. 3 [209 Ettlinger]) u. entsprechend dem Chalcedonense vJ. 451 in Abgrenzung zu ούσία u. φύσις (Grillmeier 1, 696/700). Theo doret bekennt sich zu einer realen, substantialen Einheit in Christus, die er mit dem Begriff πρόσωπον darstellt (incarn. 21. 31f [PG 75, 1456/60. 1472f]; eran. 3 [227 E.]). Πρόσωπον bedeutet für ihn noch weitge hend ,Antlitz', sich sichtbar manifestierend
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in der göttlich-menschlichen Vereinigung in Christus (vgl. comm. in Hes. 11, 22f [PG 81, 901CD]). Die Formel ,im πρόσωπον Jesu Christi' bedeutet somit, dass die (unsicht bare) göttliche Natur durch das angenom mene Menschsein sichtbar wird (comm. in 2 Cor. 4, 6 [ebd. 82,401B]; comm. in Hebr. 3,4 [ebd. 697D]). η. Konzilien. Auf der Synode von Kpel vJ. 448 legt Patriarch Flavian in Übereinstim mung mit Papst Leo d. Gr. (s. u. Sp. 327) ge gen Eutyches eine Erklärung vor, dass Christus nach der Fleischwerdung aus zwei Naturen bestehe, dass jedoch in einer Hy postase u. einem πρόσωπον ein Christus, ein Sohn, ein Herr sei (Conc. Chalced. vJ. 451 actio 1 [AConcOec 2, 1, 1, 114]). Das Konzil von Chalkedon vJ. 451 setzt πρόσωπον mit Hypostase gleich, sowohl in der Aussage, dass in Christus zwei Naturen Zusammen wirken u. ein πρόσωπον u. eine Hypostase bilden, als auch darin, dass Christus nicht geteilt oder in zwei πρόσωπα gespalten sei (ebd. actio 5 [2, 1, 2, 126/30]). Diese Defini tion setzt sich in den folgenden Jhh. durch (zB. Max. Conf. opusc.: PG 91,152). Λ Leontius v. Byz. u. Leontius v. Jems. Im Zuge der Lehrstreitigkeiten zwischen Chalkedonensem u. Monophysiten legt Le ontius v. Byz. ein Jh. nach Chalkedon eine innovative Lösung vor, wobei er (wie sein Zeitgenosse Boethius; s. u. Sp. 313/5) unter φύσις die allgemeine Realität u. unter Hy postase oder πρόσωπον das konkrete Indi viduum versteht. Leontius zufolge ist die Hypostase das Ergebnis der Vereinigung der zwei Naturen Christi u. kann auch als πρόσωπον, Individuum, Subjekt (ύποκείμεvov) definiert werden. Somit sind bei ihm Hypostase u. πρόσωπον Synonyme ebenso wie ούσία u. φύσις (c. Nest, et Eut. 1 [PG 86, 1, 1280. 1305]; adv. Sev.: ebd. 86, 2, 1945; Grillmeier 2, 2, 199/203). Auf diese Weise werden Hypostase u. πρόσωπον, die in der Definition von Chalkedon nebeneinanderge stellt sind, zu Äquivalenten mit jeweils der selben Bedeutung (dell’Osso 129f). Wendet man diese Vorstellung auf Christus an, be zeichnet das Wort ,Christus' einerseits die Hypostase aus der Mischung von göttlicher u. menschlicher Natur, die nicht nur den äu ßeren Aspekt manifestiert, andererseits be sitzt es die Bedeutung von ,Individuum, das mit keinem anderen seiner Art gleichzuset zen ist' (c. Nest, et Eut. 1 [PG 86, 1,1301/5];
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Grillmeier 2, 2, 216/23). - Leontius v. Jerus. juristische Persönlichkeit etc.; orat. 2, 102; führt das Konzept der .Enhypostasie' ein, off. 1,97.124 u. ö.; Nödoncelle, Prosopon 297; demzufolge es nicht nötig ist, für jede indi vgl. p. sapientis: fin. 3, 22; in mea p.: Verr. 2, viduelle Natur eine einzelne Hypostase zu 1, 38). In Cic. off. 1, 107 heißt es: duabus postulieren: Jene kann auch Teil eines Ge quasi nos a natura indutos esse personis. Se samten u. einer anderen Hypostase einge neca stellt p. als Individuum dem Menschen reiht sein, also eine ,enhypostatische‘ Reali geschlecht gegenüber (ep. 94, 1). Auch für tät besitzen (c. Nest. 2, 13 [PG 86, 1, 1561]: den Juristen Gaius (2. Jh. nC.) bezeichnet p. ,enhypostatisch‘ bedeutet .subsistent in ei das Menschsein, das bestimmte Individuum ner Hypostase'; dell’Osso 363/6; Grillmeier 2, (vgl. 1,8f. 48/50.120 u. ö.; Braun 207; zu p. als 2, 297/302). Die Menschennatur Christi exis Rechtsbegriff auch Fuhrmann 273f). - Das tierte niemals losgelöst von der Hypostase hebr. Substrat der LXX beeinflusste den p.des Logos, sondern ist .personalisiert' in die Begriff durch die Wiedergabe des Ausdrucks ser, d. h. in Christus. Das Menschsein Christi προσωπολημψία (.Achten auf die Person, besitzt nicht, wie es bei uns der Fall ist, Begünstigung') zB. Mt. 22, 16; Lc. 20, 21; seine eigene menschliche Hypostase, die es Rom. 2, 11: non ... respicis personam homi von jeder anderen Natur derselben Art un num (Fuhrmann 275). terscheidet, sondern die allgemeine u. un b. Christlich. 1. Anthropologie, a. Augus trennbare Hypostase des Logos (c. Nest. 1, tinus. Die Vertiefung des Personkonzepts 29; 5,29 [PG 86,1,1496.1749]; dell’Osso 364). verdankt sich auch außerhalb des religiösen II. Persona, a. Allgemein. Der Wortur Kontextes dem Christentum. *Augustinus sprung von p. ist gänzlich anders als bei definiert trin. 15, 7,11: una p., id est singulus TtQocKDJtov u. nicht eindeutig geklärt. Der quisque homo ... homo est substantia ratio Grammatiker Gavius Bassus (1. Jh. vC.; zi nalis constans ex anima et corpore. In sei tiert bei Gell. 5, 7; Boeth. c. Eutych. 3 [214/9 nen sprachlich-grammatischen Überlegun Moreschini]) leitet p. von personare ab (,die gen zur trinitarischen Verwendung von p. Stimme durch die Maske erschallen lassen'); führt Augustinus bekannte Beispiele zur Un allerdings weisen die zwei Worte verschie terscheidung zwischen nomina generalia u. dene Wurzeln auf (persona, persöno; Walde / nomina specialia oder zwischen significatio Hofmann, Wb.8 2, 291f s. v.). Für p. nimmt absoluta u. significatio relativa an (ep. 170,6; man eine Ableitung von etruskisch cpersu an, trin. 7, 4, 7: Abraham, Isaak u. Jakob; ebd. 7, das (griech.) auf einem Fresko im Grab der 11: Freunde, Eltern u. Verwandte). - In sei Auguren bei Cometo-Tarquinia neben dem nen Frühwerken spricht er nie vom Men Kopf einer tanzenden Figur mit Maske steht, schen als einer Person, sondern betrachtet weshalb man vermutet, dass Phersu der ihn als zusammengesetzt aus Seele u. Leib: Name einer nicht genau identifizierbaren Keines von beiden für sich ist ein Mensch, Gottheit ist (der Gatte der Phersipnai / Per sondern nur beide gemeinsam. Die Seele ist sephone?; zur Endung -ona Nädoncelle, Pro- der bessere Teil, sie verleiht dem Leib Le sopon 284/91; Grillmeier 1,250f; Milano 68f). - ben u. sorgt für seine Einheit; der Leib ist Gegen Ende des 3. Jh. vC. tritt neben die ihr untergeordnet u. dienend; der Mensch ist Bedeutung von .Maske' die weiter gefasste ein animal rationale mortale; ex anima et von .Rolle' (zunächst im Theater, später auch corpore dicimus unum animal et una p. et übertragen auf die soziale Rolle) als Äqui unus homo (ep. 238, 29). Anfangs hatte Au valent zu nQooojjtov; diese Bedeutung ist gustinus die Vereinigung von Seele u. Leib auch später noch belegt (Diom. gramm. 3: gemäß dem dualistischen neuplatonischen GrammLat 1,490; Fuhrmann 270f). P. findet Modell konzipiert u. betrachtete daher den sich seit Varro (ling. 8, 20) in der grammati Menschen als eine akzidentelle Einheit. schen Fachterminologie u. erhält die techni Nach der neuplatonisch beeinflussten ersten sche Bedeutung .Subjekt' (eines Verbes; beginnt 411 eine zweite Schaffensperiode, Diom. gramm. 1: GrammLat 1, 334; Char. geprägt von einem starken christologischen gramm. 2, 8 [214 Barwick]; Mar. Victorin. Interesse (Drobner 241). Der Mensch ist rhet. 1,24 [213/7 Halm]; Hadot 127/30; Fuhr nicht in seiner geschlechtlichen Differenzie mann 272; zu p. in der Rhetorik ebd. 272f). rung, sondern in seiner Natur, an der Mann Bei Cicero bezeichnet p. das Individuum in u. Frau gleichermaßen teilhaben, in seinem nerhalb der Gesellschaft (Richter, polit, oder höheren Teil, d. h. der mens, Bild Gottes
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(trin. 12, 7, 10; Drobner 119/22). Wie die menschliche Person durch die Dreiheit esse nosse - veile charakterisiert ist (conf. 13,12), so entsprechen diese in etwa den drei Ver mögen Gottes (weitere Dreiheiten, die die menschliche Person charakterisieren u. in Parallele zur Person Gottes stehen: soliloq. 2, 1 [CSEL 89, 45/7]; civ. D. 11, 26. 28; zur Tri ade memoria, intelligentia, voluntas vgl. trin. 10, 7, 11/11, 18; 14, 11, 14/12, 15; 15, 28, 51). Die memoria Gottes, seine Erkenntnis u. Liebe sind Abbild der Dreiteilung der Seele, da sie im einzelnen geistigen Menschen nicht getrennt sein können, sondern zusammen gedacht werden müssen (ep. 169, 6; Studer, Person-Begriff 171/6; zu Augustinus’ Ternä ren Schmaus 230/81). - Eine weitere neue Bedeutung von p. geht auf eine Beweisfüh rung des Augustinus gegen die Skeptiker zu rück (das, aufgrund der Ähnlichkeit mit Des cartes, sog. ,cogito des Augustinus'). Wer denkt, muss leben u. sein; da das Denken Leben u. Sein voraussetzt, ist der Intellekt zweifelsohne etwas Höheres. Schließlich be tont er in trin. 10,10,14/6 u. civ. D. 11,26 das Prinzip ,wenn ich mich täusche, bin ich'. Kein Objekt der äußeren Welt, keine Wahrneh mung kann so zweifelsfrei sein wie das Sein, das Leben u. das Denken dessen, der zwei felt. Diese Neuerung wurde als Vorläufer modernen Denkens angesehen. Das Zwei feln, keineswegs negativ gesehen wie im Skeptizismus, bestätigt die Präsenz des Geistes durch sich selbst. So kam von Chris tologie u. Trinitätslehre der Anstoß zur Ent wicklung der Lehre von der Einheit der Per son im Menschen. ß. Boethius. Wie für Augustinus ist auch für *Boethius das Problem der Bedeutung von p. ausschließlich ein philosophisches. Er gelangt zur bekanntesten Definition von Person, dargelegt in c. Eutych. (Nödoncelle, Variations). Anfangs stellt Boethius, Porphyrius folgend, Person der Gattung gegen über wie das Individuum der Allgemeinheit, die wahre Realität inne habend. Nach Boe thius lösen die konkreten Individuen, sofern sie einzelne Einheiten sind, das Eine auf u. spalten daher ihre Art auf (transl. Porph. isag. ed. sec. 2, 7; 3,4 [CSEL 48,195. 209f] u. ö.; Milano 336). Die Personen bilden eine In dividualität hinsichtlich ihrer Art, ihre Un terschiede bestehen in Akzidentien (transl. Porph. isag. ed. sec. 3, 2. 9 [CSEL 48, 200. 229] u. ö.). Auf der Grundlage der,arbor Por-
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phyriana' ist die speziellste Art, der Mensch, ein Teil der allgemeineren Art, des Lebe wesens, während er ein Ganzes ist im Hin blick auf einzelne Individuen wie Platon, Cato u. Cicero (ebd. 3, 9 [229f]). Diese sind Teile der species specialissima u. unteilbar (transl. Porph. isag. ed. prim. 1, 17. 24 [CSEL 48, 51. 72]; transl. Porph. isag. ed. sec. 2, 7; 3, 5 [ebd. 195. 213. 216]). Die indi viduelle Gestalt eines Menschen wird durch die Vereinigung der ihrer Art gemeinsamen Eigentümlichkeiten (wie Vernunft, Sensibi lität u. die Fähigkeit zu lachen; ebd. 5, 8 [309]) u. der individuellen Eigentümlichkei ten (3,2. 9 [200. 229]; Nédoncelle, Variations 205) gebildet. Wo es mehr Pluralität gibt, entfernt man sich weiter vom Einen, d. h. vom obersten Seinsprinzip (trin. 1 [167f Moreschini]). Dennoch geht das Individuum nicht nur aus dem Akzidens hervor, sondern auch aus seiner Substanz, welche die eine erste substantia ist, die ein quid proprium besitzt (comm. in categ. 1: PL 64, 188C; Né doncelle, Variations 206f). - Nach comm. in herm. 2 gibt es zwei Arten von qualitas: die qualitas singularis, die sich in den Individuen als eine einmalige u. jedem Individuum ei gentümliche Form findet (zB. die des Platon oder Sokrates), u. die qualitas communis, die allen innerhalb derselben Art oder Gattung zu eigen ist u. zwar vollständig in jedem In dividuum ebenso wie der Gesamtheit der In dividuen, die an derselben Form teilhaben, wie die Menschheit oder die menschliche Seele: Sokrates u. Platon haben, insofern sie Individuen sind, ihre jeweils spezifische u. als menschliche Art eine gemeinsame Eigen tümlichkeit. Boethius schlägt daher vor, ei nen speziellen Terminus zur Bezeichnung der qualitas singularis zu schaffen (zB. platonitas), während die gemeinsame qualitas (zB. humanitas) etwas Allgemeines umfasst (comm. in herm. 2, 7 [2, 136f Meiser]). Diese Aussage gelangt zu einer völligen Umkeh rung dessen, was Boethius vorausgesetzt hatte: Das menschliche Individuum ist nicht das Ergebnis aus der Summe der Akziden tien, sondern geht dieser voraus; ja es be dingt sogar die Substantialität des Menschen (Nédoncelle, Variations 208). - Auf den Aus sagen zur platonitas beruht die Definition in c. Eutych. Man kann dabei nicht von einem wirklichen Umdenken des Boethius infolge seines Interesses an der Christologie spre chen (ebd. 214/23), trotz der zentralen Be
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deutung des Personkonzeptes in den christologischen Streitigkeiten. In erster Linie wollte Boethius die Bedeutung von natura bestimmen (c. Eutych. 2 [212/4 Moreschini]), da es keine Person geben kann, ohne dass es auch eine Natur gibt; es gibt Naturen, die keine Personen sind, aber nicht umgekehrt. Letztlich ist natura ein weiter gefasster Be griff als p., weshalb Boethius ausgehend von der Natur zum Personbegriff gelangt. Jede p. muss eine substantielle Realität sein, des wegen kann sie weder auf unbelebte Sub stanzen (wie Steine), noch auf solche, die keine Sinnesorgane haben (wie Bäume), oder vernunftlose (wie Tiere), sondern nur auf Menschen, Engel oder Gott angewendet wer den. Auch die Universalien, wie zB. die Gat tung Mensch, müssen ausgeschlossen wer den. Somit bleibt allein das Individuum (wie Cicero oder Platon). So ergibt sich, dass re perta personae est definitio: naturae rati onabilis individua substantia (ebd. 3 [214 Μ.]). Diese Definition wurde im MA die all gemein anerkannte. Die Bedeutung ,Maske' oder,Rolle' in einem Theaterstück, die der in der literarischen Tradition gebildete Boe thius kennt (s. oben), ist nicht funktional, sie weist auf die Metaphorik der Maske hin. Boe thius weiß, dass p. das Pendant zum griech. jtQÔoœnov ist, in seiner Definition ist es je doch als das verstanden, was die Griechen mit Hypostase bezeichnen (ebd. [214f Μ.]). y. Rusticus. Der röm. Diakon Rusticus verfasste zwischen 553 u. 564 in Verteidi gung der dyophysitischen chalkedonischen Christologie die Disputatio contra Acephalos, in der die Reflexion über das Konzept u. die Definition von Person breiten Raum ein nimmt. Die Streitschrift weist zwei verschie dene Definitionsansätze von Person auf (A. Grillmeier, Vorbereitung des MA: ders. / H. Bacht [Hrsg.], Das Konzil von Chalkedon 2 [1962] 819/22): 1) In der Darlegung des mo nophysitischen Gesprächspartners des Rus ticus wird die Person an die individuelle Na tur gebunden (c. aceph. 1226 [CCL 100, 40]). Rusticus widerlegt diese Aussage, indem er den seiner Meinung nach schwächsten Punkt (dass die Verbindung zwischen Natur u. Per son zu eng sei) herausstellt, weshalb die geg nerische Formel ,aus zwei Naturen' der For mel ,aus zwei Personen' gleichkomme: Die Menschheit Christi wäre somit eine auto nome Person (Petri 128/30). 2) Hier greift Rusticus nicht mehr auf das Konzept der
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Natur zurück, sondern vielmehr auf das des »Seins in sich', d. h. auf die subsistentia (c. aceph. 3219f [CCL 100, 96]), die eigentümli chen Eigenschaften eines bestimmten Sub jekts. Dessen Grundlage ist die subsistentia: Ohne ein Subjekt kann auch nichts anderes im Verhältnis zu diesem existieren. P. wäre also nicht trennbar von der subsistentia, was es Rusticus erlaubt, auch das von der vor hergehenden Definition offengelassene Pro blem zu lösen: Das Menschsein Christi sei nicht als Person zu definieren, da es keine eigene Grundlage in sich selbst, sondern im Wort habe (ebd. 3241/9 [97]). Die Definition von p., die der Gesprächspartner des Rusti cus ebd. 1226 (40) liefert, gibt die des Boe thius in c. Eutych. 4 (219/24 Μ.) wieder. Dass Rusticus sie einem Häretiker in den Mund legt, führte zur Annahme einer kritischen Einstellung gegenüber der Definition des Boethius: Simonetti 282 schlussfolgert, dass Rusticus diese wohl deshalb widerlegen wollte, um nicht durch die Herausarbeitung einer engen Verbindung zwischen Natur u. Person die Monophysiten zu begünstigen, die lehrten, dass es keine Natur ohne Person gebe. Micaelli (69/71) dagegen meint, dass Rusticus das boethianische Modell nicht gänzlich ablehne, sondern es ihm vielmehr um eine Reflexion der von Boethius verwen deten Terminologie gehe: Tatsächlich greift er in seiner Schrift viele antimonophysiti sche Argumentationen aus Boeth. c. Eutych. auf, so dass sich die Unstimmigkeiten nur auf einige Aussagen beschränken u. nicht auf das gesamte Werk. Zudem verwendet Rus ticus’ Gesprächspartner zwar eine Definition gut boethianischer Art, diese ist in ihrer Be deutung allerdings entgegengesetzt zu dem, was Boethius selbst meinte; besonders die Verwendung von natura u. substantia deckt sich in diesem Abschnitt nicht völlig mit der Aussage des Boethius. Nach Milano (340f) besteht der grundlegende Unterschied in der Definition von p. bei Rusticus u. Boe thius darin, dass Boethius die Definition von Person auf alles rationale Sein (Mensch, En gel, Gott) anwendet, während Rusticus die Ansicht vertritt, die Person manifestiere sich in diesen drei Kategorien in verschie dener Weise (c. aceph. 1227/9. 1249f [CCL 100, 40]). 2. Trinitätslehre, a. Tertullian. Umfas send u. in differenzierter Weise gebraucht erstmals Tertullian p.: zweimal in der Bedeu-
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tung ,Theatermaske‘, 30-mal in anthropolo gischer u. theologisch-dogmatischer Bedeu tung, am häufigsten in der grammatischen u. prosopographischen Exegese (133-mal: Drobner 179/84). Es zeigt sich ein starker Einfluss vor allem letzterer: Während die Itala größerenteils itpoowitov mit facies übersetzt, überträgt Tertullian es mit p. Er verleiht p. somit eine dezidierte Bedeutung u. verwendet es speziell im Hinblick auf die Formel ex p. in grammatischem Sinn (s. o. Sp. 311f). Braun stellt 216/23 Beispiele zu sammen, in denen der Bibeltext von irpoacojtov in Bezug auf Gott spricht (ohne trinita rischen Bezug) u. Tertullian zur Verwen dung von p. angeregt haben könnte; in diesen Fällen entspricht p. jipootojiov in sei ner ursprünglichen u. gewöhnlichen Bedeu tung .Antlitz', weshalb der Sohn das jiqooo)jiov (d. h. die Manifestation) des Vaters ist. Seit der griech. Apologetik war das Konzept eines immer unsichtbaren u. unerkennbaren Vaters gefestigt, während der Sohn p. bzw. jipoGüMtov ist, manifestiert in der Theophanie (Theoph. Ant. ad Autol. 2,22; Clem. Alex, paed. 1, 57, 2; Tert. adv. Marc. 2,27). So ver steht Tertullian ebd. 3, 6, 7 Christus als vi carius patris, so dass p. hier die Manifesta tion des Sohnes in der Theophanie bezeich net. Ebd. 5, 11, 12 interpretiert Tertullian Ps. 4, 7: Das Antlitz Gottes ist unsichtbar, Christus ist die Manifestation, die p. (das TtQootojtov) des Schöpfers. Adv. Hermog. 18, 2 (= adv. Prax. 6, 2) nimmt die trinitarische Verwendung von p. vorweg, da der bibl. Ausdruck (Prov. 8, 30: cotidie autem oblec tabar in p. eius) gewöhnlich ,vor seinem Ant litz' bedeutet; Tertullian jedoch verleiht p. eius die Bedeutung der Teilhabe am inners ten Leben Gottes ohne Bezugnahme auf das bibl. JtQoocojtov. Die Verwendung von p. wird in der Beweisführung gegen den Monarchianismus in adv. Prax. ausdifferenziert, wobei er die mit der Teilung der Herrschaft zwischen Septimius Severus (193/211 nC.) u. den Söhnen *Caracalla u. Geta gegebene po lit. Situation als Beispiel nutzt (adv. Prax. 3, 2f). Ebd. 6f erklärt Prov. 8, 22/30 (die Weis heit Gottes ist von Gott unterschieden): In einem ersten Moment habe Gott die Weis heit geschaffen, in einem zweiten habe er sie bei sich aufgenommen im Zuge der Erschaf fung der Welt. P. bezeichne hier die göttliche Person, neben der theologischen findet sich auch die gewöhnliche Bedeutung von p. Vor
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allem zeichnet eine Person Sprechen u. Han deln aus (adv. Prax. 7,5. 9; E. Evans [Hrsg.], Tertullian’s Treatise against Praxeas [Lon don 1948] 46/50). Er will die volle ontologi sche Konsistenz des Sohnes betonen u. er klärt daher sein Verständnis von p., nämlich als Individuum in seiner Konkretheit: illam (seil, substantiam) dico personam et illi nomen Filii vindico (adv. Prax. 7, 9). Infolge dessen ist das Prinzip einer personellen Un terscheidung zwischen Vater u. Sohn das, was sämtliche Schriftzeugnisse als una distinctio Trinitatis einführen, weshalb es keine einzige, identische p. qui loquitur et de quo loquitur et ad quem loquitur geben kann (ebd. 11,4; dabei rekurriert er auf eine gram matische Formel: Varro ling. 8, 20; s. o. Sp. 311). In seiner Interpretation von Gen. 1, 27 in adv. Prax. 12, 4 äußert Tertullian, die Hl. Schrift unterscheide zwischen den verschie denen Personen: Wenn die Schrift ad imaginem Dei u. nicht ad imaginem suam sagt, ist es ihre Absicht, den Unterschied zwischen demjenigen, der die Erschaffung des Men schen bewirkt (= der Vater) u. dem, in des sen Ähnlichkeit (= des Sohnes) er wirkt, her vorzuheben. Wenn der Vater ein anderer ist als der Sohn u. umgekehrt, sind sie als personae, non substantiae nomine zu verstehen (ebd. 12, 6). - Nach Andresen (9/14. 23f. 38) u. Drobner (178) entnimmt Tertullian seine Interpretation von p. der Prosopon-Exegese u. erklärt mit ihr auch die göttliche Natur des Hl. Geistes (adv. Prax. 12, 4 mit Bezug auf Gen. 1,27; adv. Prax. 28: Unterscheidung zwischen Vater, Sohn u. Geist). Diese gram matische Exegese ermöglicht eine klare Un terscheidung der Namen u. Personen. Daher gilt zutreffend, aber zu eng gefasst, das Prin zip tot personae quot voces (ebd. 23, 4 bzw. bei Aug. c. Faust. 20,12 [CSEL 25,6,1,552]: quot nomina tot personae; Drobner 185; die Annahme Hamacks 285fp Tertullian habe p. in juristischem Sinne verwendet, gilt als überholt; dagegen zB. Schlossmann; Andre sen 2f; Moingt 2, 555/7). - Nach Braun 224/7 geht dieser Gebrauch von p. nicht auf Ter tullian zurück, sondern auf jene Häretiker, gegen die Tertullian polemisiert: In den valentinianischen Quellen fand Tertullian als personales substantiae (adv. Val. 4, 2) be zeichnete göttliche Seinsformen, die das πλήρωμα bevölkerten u., in Namen u. Zahl unterschieden, keine abstrakten Modalitäten Gottes sind. Das Zeugnis Tertullians lässt
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vermuten, dass sich in der valentinianischen Gnosis seiner Zeit bereits das theologische Konzept einer p. divina skizziert findet. PsAntimus v. Nikomedien schreibt Valenti nus als Erstem ein Konzept von drei Hypo stasen u. drei göttlichen Personen zu (sanct. eccl. 9 [ed. G. Mercati, Note di letteratura biblica e cristiana antica (Roma 1901)]; Mar cellus v. Ancyra zugewiesen; vgl. Ch. Markschies, Valentinus Gnosticus? Unters, zur valentinianischen Gnosis [1992] 265), wobei dieser wahrscheinlich unter p. .Antlitz*, .göttliche Manifestierung* in Analogie zu den ägypt. u. semit. Konzeptionen verstand. IlQOoaOTOv dürfte jedoch zunehmend mit der Vorstellung von .Individualität* u. .Persona lität* assoziiert worden sein, konzipiert im Hinblick auf das menschliche Individuum (Grillmeier 1, 252). Die Bedeutung von TtQooojÄOv als .Antlitz* ist jedoch schon bi blisch u. nicht spezifisch valentinianisch. Brauns Hypothese bleibt unbewiesen. ß. Novation. Seine Abhängigkeit von Tertullian macht sich vor allem in seiner Pole mik gegen die Sabellianer bemerkbar (trin. 11, 56/13, 70 [CCL 4, 28/34]). Wie Tertullian spricht er von einer zweiten Person, wenn er feststellt, dass Gott von Gott stamme u. die ser Gott der Sohn sei (ebd. 9,46 [25]). Chris tus existierte in substantia schon vor der Erschaffung der Welt, weshalb er aus dem Vater hervorgeht (16, 94; 31, 183 [41f. 75]). Hier ist substantia gleichbedeutend mit p. im Unterschied zum tertullianischen Verständ nis (s. oben). Der fleischgewordene Sohn be sitzt zwei substantiae, eine göttliche u. eine menschliche (13, 67; 24,140 [32f. 60]). In der Interpretation von Joh. 10, 30 präzisiert *Novatian, dass der Sohn eine eigene pro prietas besitze (trin. 27, 148 [CCL 4, 63f]), kennt aber nicht die Formel una substantia tres personae. Auch die prosopographische Exegese findet sich bei Novatian (ebd. 12,62 [30f] u. ö.). y. Hieronymus. Auch hier meint p. das real existierende Individuum, weshalb p. auf die Trinität angewandt wird. Insgesamt wird p. von *Hieronymus stark exegetisch beeinflusst verwendet; deshalb findet man keine Passagen von streng theologisch-dog matischem Gehalt. Dies deutet darauf hin, dass die Exegese ihm, anders als bei Augus tinus (s. unten), keine Grundlage für die Ent wicklung einer trinitarischen Theologie bot. Ep. 15, 3 zeigt, dass Hieronymus ebenso wie
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griechische Autoren dazu neigt, die drei Hy postasen in der neuen Bedeutung von .drei real existierenden Personen* zu interpretie ren: Er stellt sich gegen die arianische Lehre (ebd. 15, 4) u. den Glauben an drei unter schiedliche Naturen in der Trinität. Seine Ansicht, die bis zu einer Äquivalenz von Hy postase u. Ousia reicht sowie deren lat. Übersetzung mit substantia, dürfte seiner paganen Bildung, nicht der Armut der lat. Sprache (wie sein Lehrer Gregor v. Naz. es polemisch vermutete; s. o. Sp. 304) zuzu schreiben sein. Ô. Augustinus. Er überarbeitet u. reflek tiert den Gebrauch von p. in den verschie denen Kontexten (Prosopon-Exegese, Chris tologie, Trinitätstheologie; bes. seit seiner Priesterweihe ij. 390; Drobner 129). - Die Person-Exegese ist vor allem bei den Psal men von Bedeutung. Die Deutung von Ps. 57 (56) ist eingeleitet: Jeder Vers ist vom Herrn gesagt: Gewiss, der Prophet spricht, aber anstelle (ex p.) des Herrn. Auch wenn der Prophet in eigener Person (ex sua p.) spricht, spricht der Herr durch seinen Mund u. sagt ihm die Wahrheit vor, die er dann äußert* (en. in Ps. 56, 13 [CCL 39, 702f]). Somit ist Ps. 57 (56), 4 christologisch zu in terpretieren: Der Sohn Gottes spricht als Mensch (ex p. hominis) von seinem Fleische her (ex p. carnis) u. in Vertretung eines je den Betenden (en. in Ps. 56, 8 [CCL 39, 699]: ex p. precantis). Die Personexegese dient auch der Interpretation des AT mit Bezug auf Passion u. Auferstehung Christi. Maß gebliche Grundlage ist die Lehre von den zwei Naturen Christi, die gleichwohl ein ein heitliches Subjekt konstituieren. In vielen Passagen, in denen von der Person Gottes oder Christi die Rede ist, impliziert die Ex egese auch eine dogmatische Bedeutung, wobei p. nicht mehr nur .Person* in gram matischem Sinn oder .sprechende Person* bedeutet, sondern auch die substantielle Verschiedenheit des sprechenden Subjekts (der Person des Sohnes) gegenüber der Per son des Vaters bezeichnet. Diese Bedeutung des Begriffs liegt auch der Interpretation der atl. Theophanien, gemeinhin dem Got tessohn zugewiesen, zugrunde (Interpreta tionsregeln c. Adim. 9, lf; civ. D. 18, 15). Ex. 33, 20/3 interpretierend (vgl. trin. 4, 20, 30) sagt Augustinus: Verbo itaque dei ad unitatem personae copulatus, et quodam modo commixtus est homo. Nach der Fleischwer-
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düng dienen die Stimme des Vaters oder die körperlichen Formen, in denen der Hl. Geist auftritt, nicht dazu, die unitas personae an zuzeigen (ebd. 4, 21, 31; Drobner 129/34). Augustinus gebraucht p. ganz selbstver ständlich in der Christologie (s. u. Sp. 326), vermeidet den Begriff aber ausgerechnet in seiner Darlegung des trinitarischen Glau bens in De trinitate. Er versteht die Person als eine Relation: In trinitarischem Kontext erfordert das Konzept des »Vaters* das ent sprechende des .Sohnes* u. umgekehrt; der Geist ist der Geist sowohl des Vaters als auch des Sohnes (trin. 2, 1, 2f. 10, 18; in Joh. tract. 39, 3f [CCL 36, 346f]). Diese Relati onen weisen unveränderliche Beziehungen auf u. festigen somit die ewigen Unter schiede zwischen den Personen, auch wenn sie innerhalb ihrer göttlichen Natur gleich bleiben: Sie sind dem göttlichen Sein imma nent (trin. 5,8, 9). Die Einheit der göttlichen Personen wird durch die Begriffe natura, essentia substantia u. res bezeichnet, wobei Augustinus essentia bevorzugt, während er die Trinität nicht mit einem spezifischen Terminus zu bestimmen vermag. Er kommt zu dem Schluss, dass der Unterschied zwi schen Vater, Sohn u. Hl. Geist deshalb mit p. ausgedrückt wird (auch wenn die Schrift den Begriff in dieser Beziehung nicht ver wendet; ebd. 7,4, 8), da man weder von drei essentiae noch von drei substantiae spre chen kann (substantia kann zwar für tres personae, aber nur in uneigentlichem Sinne für Gott gebraucht werden; 7, 4, 9/6, 11). Doch bleibt bei ihm eine gewisse Unzufrie denheit mit der Formel tres personae be stehen: P. kann zur Bezeichnung der (rela tiven) Beziehung des Vaters, des Sohnes u. des Hl. Geistes verwendet werden (7, 6, 11), aber man kann nicht sagen, dass der Vater die Person des Sohnes oder der Sohn die Person des Hl. Geistes ist. P. patris wird also ad se gesagt, nicht in Bezug auf den Sohn oder den Hl. Geist; es bedeutet nichts anderes als der Vater selbst, der zugleich substantia ist. Daraus folgt, dass man, be zogen auf Gott, deus, bonus, magnus etc., aber nicht tres dii, tres boni, tres magni sa gen u. so auch nicht von tres personae, son dern nur von una p. sprechen kann (ebd.). Auch der Versuch, p. in Gegenüberstellung zu essentia zu definieren, bleibt ergebnislos (7, 4, 7f). Wenn man dagegen p. als Indivi duum verstehen möchte, wie zB. Abraham, RAC XXVII
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Isaak u. Jakob als drei Menschen gegenüber der Menschheit, dann müsste man auch fra gen, weshalb Vater, Sohn u. Hl. Geist, wenn sie drei Personen sind, nicht dreierlei Sein sind. Auch der Vergleich mit drei Statuen u. einer einzigen Masse Gold kann das Problem nicht lösen. Man kann zwar sagen, dass die drei Personen zu einem Sein gehören oder ein Sein sind, aber nicht, dass sie ex eadem essentia hervorgehen, als wären sie aus ei ner gemeinsamen *Materie gemacht nach Art der Goldstatuen, umso mehr als Vater, Sohn u. Hl. Geist zusammen nicht aus einem göttlichen Sein bestehen, sondern ein jeder einzeln zu betrachten ist (wie bei den drei Statuen), da die drei Personen einander gleich sind (7, 6, 11). Somit drückt p. nicht das gesamte Mysterium der Trinität aus, da es kein Relativbegriff ist, sondern das menschliche Individuum in seiner Singulari tät meint: tres personae sunt unius essen tiae non sicut singulus quisque homo una p. (15, 7, 11; Milano 305). In der göttlichen Re alität hingegen bezeichnet p. die Substanz selbst, nicht die Relation gemäß der kirchl. Lehre, dass man die Trinität der Personen relatarum ad invicem glauben müsse (trin. 9, 1, 1); p. hat nicht die Bedeutung von Bezogenheit. Man darf also allein aufgrund der Sprachnotwendigkeit u. der Erfordernis, die kirchl. Lehre zu erklären, von drei Personen in Gott sprechen, nicht, um genau dieses auszudrücken, sondern um das Problem nicht zu übergehen (5, 9, 10). Deshalb ent spricht der Plural personae in trinitarischem Kontext nicht der Wirklichkeit, sondern der Sprachgewohnheit (7, 4, 9; Trapä 584/6). So mit kann p. nicht in eigentlichem Sinne auf die Trinität angewendet werden (trin. 7, 6, 11). - P. ist ein Prinzip der Einheit u. als solches in christologischem Zusammenhang passend, da hier die eine Person Christi in zwei Naturen (göttlich u. menschlich), die sich zu einer Einheit vereinigen, verdeut licht werden muss. Der Begriff ist jedoch in trinitarischem Zusammenhang ungeeignet, da hier die Einheit in der Substanz u. die Trinität der Personen zu erklären sind, die in wechselseitigen Beziehungen zueinander stehen (Milano 307). P. ist kein adäquater Begriff, weder im Singular, da er vollständig abgeschlossen u. nicht vielfältig ist, noch im Plural zur Bezeichnung der nomina propria, da er dann zu einem relativen, nicht substantialen nomen wird (Quatrefages 90). 11
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Ungeachtet der Bedenken des Augustinus wird p. weiterhin in der Definition der Tri nität verwendet: Das Konzil von Toledo vj. 400 (cn. 21 [26 Vives]) bekennt eine trinitas personis distincta, substantia unita, auch be gegnet es in der Grundbedeutung im Sym bolum quicumque (V. H. Drecoll, Das Sym bolum Quicumque als Kompilation augustinischer Tradition: ZsAntChrist 11 [2007] 30/56). e. Boethius. Er behandelt das Personkon zept in der Trinitätslehre, indem er die Dis kussion bei Augustinus, den er als seinen Lehrer betrachtet, fortfiihrt (trin. praef.: 167 Moreschini). In trinitarischem Kontext weicht Boethius von seinem Konzept in c. Eutych. ab, trotz der Absicht, seinem Vor bild Augustinus zu folgen, u. gebraucht p. in nerhalb der 96 Gesamtbelege 90-mal christologisch, fünfmal in der Consolatio u. nur einmal in De sancta trinitate (Nödoncelle, Variations 227; de Ghellinck 102; Moreschini 62f). Die Namen des Vaters, des Sohnes u. des Hl. Geistes sind in der Trinität nicht sub stantial, sondern relativ, d. h. ad aliquid, ge sagt (divin. 3 [184 Μ.]). Wie Augustinus ist auch Boethius der Ansicht, dass die Perso nen in einer Relation stehen, auch wenn er in dem Begriff p. nicht wie dieser die Begrenzt heit der Bedeutung sieht (trin. 5 [178f Μ.]). Der Einfluss der Bedenken des Augustinus hinsichtlich der trinitarischen Person ist of fensichtlich. Dass es sich um mehrere Per sonen handelt, verhindert nicht, dass die göttliche Realität eine u. sich selbst identisch bleibt (ebd. 3 [171f Μ.]; Nädoncelle, Varia tions 228f). Dies ist möglich, da in der Trini tät die aristotelischen Kategorien einen ra dikalen Wandel erfahren u. nicht mehr so angewendet werden können wie auf mensch licher Ebene (trin. 4 [173 Μ.]). 3. Christologie, a. Tertullian. P. wird von Tertullian christologisch das erste (u. ein zige) Mal adv. Prax. 27, 1 verwendet: Vide mus duplicem statum, non confusum sed coniunctum in una p., Deum et hominem Iesum. Aufgrund der Bekanntheit Tertullians kannte wahrscheinlich auch Augustinus diese Aussage (vgl. Aug. trin. 1,4, 7, er habe alle Werke, deren er habhaft werden konnte, gelesen). Tertullian reflektiert nicht, ob der Mensch in Christus eine eigene Person habe: Er kennt noch nicht die Formel una p. in du abus naturis (oder substantiis), obwohl er be reits in diese Richtung geht, u. bleibt der
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stoischen Krasislehre verhaftet. Diese Kon zeption ist in adv. Marc. 2, 27, 6 vorwegge nommen: Christus vereint in sich Mensch u. Gott (ihm folgt Novatian. trin. 17,97 [CCL 4, 43]: p. Christi). ß. Hilarius v. Poitiers. Die tertullianische Formel ,una p.‘ fand trotz ihrer Novität in den folgenden zwei Jhh. kein Echo. Hilarius spricht trin. 9, 3 (SC 462, 18) davon, dass Christus ipse ex unitis in idipsum naturis naturae utriusque res eadem est. Res hat hier vermutlich die Bedeutung von p. (Drobner 201/3); trin. 9, 14 (SC 462, 40/2) ist dagegen die Vereinigung der zwei Naturen, die eine einzige Person in Christus bilden, eindeutig dargelegt. Ebd. 8, 45 (448, 450/2) besteht die evacuatio (= xevcooig) der forma Dei darin, die forma servi anzunehmen. Das Sein in forma Dei bedeutet nach Hilarius das, was die Antiochener, besonders Nestorius u. Theodoret, aber auch die Alexandriner, wie etwa Didymus, unter Jtpöoamov verstehen, nämlich .äußeren Anblick* (Grillmeier 1, 583; vgl. Mar. Victorin. in Gal. 2, 6/8 [CSEL 83,2, 115/7]; adv. Arium 1, 10 [ebd. 83, 1, 67f]; in Phil. 2, 6/8 [ebd. 83, 2, 187/91]). y. Hieronymus. Er kennt die (falsche) Etymologie für p. von personare (tract. in Ps. 109,1 [CCL 78,222]), bei ihm bedeutet p. oft .Rolle* (in Zach. comm. 2, 6, 9/15 [ebd. 76A, 795/800]). Daher kann Hieronymus, wenn er von der p. hominis u. der p. Dei bei Christus spricht, nicht von .zwei Personen* sprechen. Für ihn hat p. eine grammatische Bedeutung u. zeigt das sprechende Subjekt an (ep. 120, 9, 15, gegen die Apollinaristen). In Mt. comm. 2, 14, 23 (CCL 77, 124) begeg net der Ausdruck p. Domini, der una p. na hekommt, eigentlich aber Dominus bezeich net (Drobner 207/10). ö. Ambrosius. Er verwendet p. häufig in juristischer, exegetischer u. trinitarischer Bedeutung, auf Christus bezogen nur einmal (in Ps. 61,5 [CSEL 642,380f]). Bei ihm findet sich das Konzept der Doppelnatur Christi, die göttlich oder menschlich sein, aber nicht in der Diversität der Personen liegen kann; so spricht er zB. exc. Sat. 1,12 (ebd. 73,215f) vom Namen Christi gemäß dem (schon Ter tullian u. Hilarius bekannten) Kriterium der Äquivalenz von p. u. Namen. In ep. 12 (30), 10 (ebd. 82, 97f) erklärt Ambrosius, dass die in Hag. 1, 14; 2, 2 erwähnten Serubbabel (Statthalter von Juda) u. Jeschua (Hoherpriester) ,beide Typoi des einen Christus
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Persona
sind. Es sind zwei Namen u. daher scheinbar zwei (Personen), gemeint ist aber nur ein u. derselbe, Christus* (Drobner 215); der Ter minus p. fehlt jedoch. e. Augustinus. Er gebraucht p. zunächst in der Grundbedeutung »Individuum* oder ,Seele, die dem Körper dient* in platonischer Weise. Zu Beginn seines christl. Denkens be trachtet er Christus als p. sapientiae (conf. 7, 19,25; Drobner 159f), d. h. die metaphysische Weisheit, eignet sich dann aber die wahre christl. Lehre vom fleischgewordenen Wort (Joh. 1, 14) an (conf. 7, 19, 25). Diese deutet er später so aus, dass Christus Fleisch ge worden sei ad habendam naturaliter et agen dam personam sapientiae (in Gal. comm. 27 [CSEL 84, 1, 92]); dabei bedeutet die An nahme des Menschen durch die Weisheit Gottes die Identifikation mit ihm. So be trachtet Augustinus die Person als eine Ein heit: personam agere, personam habere drü cken nicht mehr das nur äußere Annehmen einer Rolle aus, sondern die Identifizierung der Rolle mit ihrem Träger. Dies ist klar ausgedrückt in agon. 20,22 (ebd. 41,122), wo zwischen dem Sein der Weisheit Gottes u. dem ipsam personam sustinere sapientiae Dei, d. h. der Fleischwerdung, unterschieden wird: So trägt der Kopf gewissermaßen die p. ipsius animae. Christus nimmt als Mittler u. Mensch den Menschen u. die Weisheit Gottes an. Die übrigen Menschen sind nur weise, Christus aber sapientiae ipsius per sonam gerit (ebd. [123]). Dieses Zeugnis ist ein Meilenstein auf dem Weg zur unitas per sonae, auch wenn damit das Konzept der ei nen Person in zwei Naturen noch nicht er reicht ist. Um 400 äußert Augustinus hin sichtlich des fleischgewordenen Christus: eadem ipsa dei sapientia ad unitatem perso nae suae homine adsumpto (cons. evang. 1, 35, 53 [ebd. 43, 59]). Wenn in den vorange henden Zeugnissen von einer adsumptio ho minis die Rede war, ist hier in homine ad sumpto nahezu synonym zu verstehen. In en. in Ps. 29, 2, 2 (CCL 38, 175), vermutlich aus seinen ersten Bischofsjahren stammend, spricht Augustinus von hominem quem sus cepit sapientia Dei et in quo expressit per sonam suam. Ferner sagt er, die p. verbi Dei sei nicht tadellos durch die Weisheit, son dern sei die Weisheit Gottes selbst (trin. 2,6, 11). - Erstmals iJ. 411 lehrt Augustinus, dass der Mensch, insofern er aus Seele u. Leib zu sammengesetzt ist, eine Einheit bilde, so wie
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in Christus die Einheit der göttlichen u. der menschlichen Natur bestehe (ep. 137, 11: p. hominis mixtura est animae et corporis, p. autem Christi mixtura est Dei et hominis). Mixtura steht für die gemeinsame göttliche u. menschliche Realität im fleischgeworde nen Christus, wobei es sich wahrscheinlich um eine Wiederholung der Definition Tertullians handelt (s. o. Sp. 323). Die Mischung der zwei Naturen realisiert sich in der Per son. Diese einigt also die zwei Realitäten bei bleibender Verschiedenheit der zwei Natu ren. Aus zwei Naturen bestehend, bleibt Christus eine Einheit, er ist eine p. visibilis, eine hypostatische Union (impliziert auch ep. 137, 11; 140, 12; 169, 8; in Joh. tract. 19, 15 [CCL 36, 199]; enchir. 10, 36; serm. 186,1,1; 293, 7 [PL 38, 999. 1332f]). P. ist also die Grundlage der Einheit (Studer, PersonBegriff 173/5). Infolgedessen verwendet Au gustinus p. in der Christologie viel häufiger u. präziser als in der Trinitätstheologie. Er definiert die Inkarnation im Unterschied zu den anderen göttlichen Manifestationen als eine coaptatio in unitatem personae, die mit tels einer susceptio singularis geschieht, u. erklärt sie zudem mittels der Vereinigung von Seele u. Leib, dank derer der Mensch Person wird (ep. 169, 7; vgl. in Joh. tract. 19, 15 [CCL 36, 199]). - Das grundlegende Pro blem ist für Augustinus nach 411 die dop pelte Konsubstantialität Christi: Das voll kommene Menschsein einerseits u. das voll kommene Gottsein andererseits bergen die Gefahr, zwei Söhne, einen Gottessohn u. ei nen Menschensohn, annehmen zu müssen u. somit eine Vierheit (quatemitas) in der Tri nität (auf diese Problematik stießen in Aus einandersetzung mit dem Apollinarismus schon Athan. ep. ad Epict.: PG 26, 1049/69; Epiph. haer. 77, 4, 6 [GCS Epiph. 32, 419]; Ambr. incam. 7, 77f; Hieron. in Mc. 11, 1/10 [CCL 78,484/7]). Augustinus löst dieses Pro blem mit der Formel von der einen Person Christi (serm. 263, 3 [PL 38, 1211]; Drobner 261f). Das Fleisch ist nicht ein einzelnes Sub jekt, eine Person, sondern die äußere Gestalt (habitus) des einen Subjektes Christus. Die unitas personae löst die Frage, wie der Sohn Gottes innerhalb der Inkarnation beim Vater Gott u. auf Erden Mensch bleiben könne, ohne in zwei Söhne geteilt zu sein (serm. 186, 1,1 [PL 38,999]); Joh. 1,14 (verbum caro fac tum est) bedeutet, dass das Fleisch sich dem Wort hinzugebe (caro accedit ad verbum) u.
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Persona
nicht umgekehrt; der Sohn ist, insofern er Gott ist, mit dem Vater ewig, insofern er Mensch ist, hat er einen Anfang, wobei er sich dank der unitas personae nicht in zwei Söhne aufteilt, sondern beide innerhalb der Trinität bleiben. Nach 411 wird die Bedeu tung von Joh. 1,14 immer klarer: ,das Wort ist Fleisch geworden in der Einheit seiner Person' (zB. in Joh. tract. 69,3 [CCL 36,501]; an. 2, 5, 9 [CSEL 60, 342f]; trin. 15, 26, 46; gest. Pelag. 14, 32 [ebd. 42, 88]; weitere Ge brauchsformen von p., una p., unitas perso nae bei Drobner 241/55). Dieses augustinische Verständnis von p. wird von Leporius aufgegriffen (4. 6 [CCL 64, 115/8]; Drobner 268f; Grillmeier 1,662/5) u. gilt als ein inhalt licher Vorläufer des Tomus ad Flavianum Leos d. Gr. (s. unten). - Nur Augustinus (wie Tertullian) gebraucht das Syntagma una p., da p. für seine Vorgänger noch die ,Rolle' (einer Person) bedeutete, weshalb Christus nicht eine einzige Person sein konnte. Nach Drobner 272f führte die grammatische Per son-Exegese Augustinus zu dieser Wortver bindung. Mit einer solchen, auch aus der pro fanen Literatur bekannten Exegese (s. o. Sp. 299) war er durch seine Schulbildung u. seine Tätigkeit als Redner vertraut. Angewendet sowohl auf klassische Texte als auch auf die Bibel, ist p. mindestens zu zwei Dritteln in dieser Bedeutung verwendet. Für diese For mel gibt es im Osten mit Isaak Judaeus ei nen Vorgänger (fid. 4 [CCL 9, 343]; Drobner 189/94), den Augustinus jedoch nicht kannte. Das Konzept der ,una p.‘ entspricht jenem des TtQÖocojtov bei Theodor v. Mops. (s. o. Sp. 306f). Auch nach Augustinus wird weiter die alte Formel personam suscipere verwendet, um auszudrücken, dass Christus die mensch liche Natur angenommen hat (Petr. Chrys. serm. 117,1 [CCL 24A, 709]). £. Leo d. Gr. Die christologischen Lehr streitigkeiten des 5. Jh. im Osten riefen ein starkes Echo im lat. Westen hervor. Leo d. Gr. stellt eine Formel auf, die im Westen u. Osten grundlegend bleibt (tom. ad Flavian. = ep. 28, 3 [AConcOec 2,2,1, 27]): salva igitur proprietate utriusque naturae et in unam coeunte personam, suscepta est a maiestate humilitas, a virtute infirmitas, ab aetemitate mortalitas. Die communicatio idiomatum ist ebd. 28,5 (29) ausgesagt. Mitunter gebraucht Leo auch die Terminologie der »Mischung': Christus ist nicht zweifach in der Person, er ist nicht gemischt im Wesen (serm. 56,3 [SC
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74bis, 220/2]); die Person Christi spaltet sich nicht (ebd. 52, 1 [174/6]; ep. 124, 6 [PL 54, 1065f]); Christus ist eine einige u. selbige Person (ebd. 35, 2; 165, 6 [805/7. 1155/9]; Grillmeier 2, 1, 182/9). Im Schoß der Jung frau findet keine Trennung zwischen göttli cher u. menschlicher Substanz statt, u. wie im Leiblichen die Handlungen stets von ei ner Person ausgeführt scheinen, so ist auch nicht der, der seinen Ursprung in der Un trennbarkeit hat, gemischt: Aus der Art der Werke ist ersehbar, welcher Natur sie ange hören. Beide wirken zusammen in ein u. der selben Realität (in id ipsum), so dass sie ihre Eigenständigkeit nicht verlieren u. die Per son sich nicht aufspaltet (serm. 52 [SC 74bto, 174/82]). Infolge der Fleischwerdung findet sich in Christus die una p. deitatis et huma nitatis. Der Logos ist daher die p. deitatis schon vor der Inkarnation. P. ist die Natur (substantia) mit ihren Besonderheiten (pro prietates): In Christus müssen also zwei Per sonen sein, aber beide Naturen verflechten sich, um eine ungemischte u. ungetrennte Einheit zu bilden, ein Verlust ihrer veritas u. ihrer proprietates ist unmöglich (Gennad. v. Kpel verwendet bei seiner Übers, des Tomus ins Griech. jiQÖoiojtov: frg. 3 [F. Diekamp, Analecta patristica (Roma 1938) 77f]; vgl. Max. Conf. opusc.: PG 91,152; Gelas. I tract. 3,13 [541 Thiel]; Grillmeier 2,1,189/96. 340). Tj. Joh. Maxentius. Er führte iJ. 519/20 eine Delegation der sog. skythischen Mönche nach Kpel u. Rom, die zur Abgrenzung ge gen Nestorianer u. Monophysiten die Auf nahme einer theopaschitischen Formel ins Chalcedonense forderte. Er gebraucht die Formel una p. Christus ex trinitate in seiner Polemik gegen die Nestorianer (dial. 2, 21 [CCL 85A, 105f]; ad Horm. 1, 8 [ebd. 134f]). Diese verwendeten Jipooconov im Sinne der göttlichen Manifestation in Jesus, der als rei ner Mensch verstanden wurde. Daher drückt der Begriff für sie die rein akzidentelle Ein heit zwischen dem Logos Gottes u. dem Menschen Jesus aus. So lehren sie, dass Christus zwar die Person des Gott-Logos habe, aber nicht der Gott-Logos selbst sei (ebd. [135]). Maxentius versucht, zwischen Person u. Natur zu unterscheiden, u. setzt, da er npönamov als gleichbedeutend mit Hy postase (von ihm mit subsistentia übersetzt) betrachtet, p. mit subsistentia gleich, sub stantia hingegen mit natura. Er wendet sich gegen jene, die den Menschen Christus, der
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Persona
p. ist, vom Logos Gott, der substantia ist, unterscheiden, da für ihn das Konzil von Chalkedon die Vereinigung des Logos mit dem Menschen lehrte (fid. 9, 14 [ebd. 14f]): Die subsistentia oder p. des Gott-Logos hat die menschliche Natur angenommen u. ist eine eigene personale Natur geworden, in sofern aus ihm geboren u. von ihm angenom men; es existiert eine einzige Subsistenz oder Person der zwei Naturen, d. h. des Logos u. des Fleisches (delPOsso 186/9). Es kann daher für diese menschliche Natur eine vollständige Individualität angenommen u. diese dem einen Logos-Subjekt zugewiesen werden, ohne auf eine Zweiheit der Person zurückgreifen zu müssen. III. Zusammenfassung. Das Konzept von p. als menschlichem Individuum, das mit sei nen speziellen Eigenschaften, insbesondere der rationalen u. selbstreflexiven, ausgestat tet ist, wurde nahezu ausschließhch christli cherseits erarbeitet u. durchgesetzt, nament lich in trinitarischem u. christologischem Kontext. Bei ersterem war es erforderlich, die Charakteristika der Teile der göttlichen Trinität u. deren Verhältnis untereinander zu bestimmen. In der Christologie bedeutet die Fleischwerdung des Gottessohnes nicht ein einfaches Annehmen des Fleisches (ge mäß dem Schema Logos - Sarx), sondern vielmehr einer menschlichen Personalität, ausgestattet mit Verstand, Seele u. Leib. Dabei ist die zentrale Frage, wie göttliche u. menschliche Person, d. h. zwei vollkommene Realitäten, nebeneinander existieren kön nen. Der griech.-röm. Welt, für die die menschliche Person nahezu ausschließlich mit dem einzelnen Menschen gleichzusetzen ist, waren alle diese Fragestellungen fremd. Sie fasste p. als ein grundlegendes Element der Sprache u. Grammatik auf, eine solche ,Erfindung4, wenngleich sehr nützlich, blieb auf den grammatischen u. rhetorischen Be reich beschränkt. L. Abramowski, Unters, zum Liber Heraclidis des Nestorius = CSCO 242 / Subs. 22 (Louvain 1963). - L. Abramowski / A. E. Good man (Hrsg.), A Nestorian collection of christological texts 1/2 = Oriental publications 18/19 (Cambridge 1972). - C. Andresen, Zur Ent stehung u. Gesch. des trinitarischen Personbe griffes: ZNW 52 (1961) 1/39. - T. J. van Bavel, Rech, sur la christologie de s. Augustin. L’humain et le divin dans le Christ d’après s. Augustin = Paradosis 10 (Fribourg 1954). - R.
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Persona - Petition
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Privatpersonen an Amtsträger, gerichtet (für hier nicht berücksichtigte Bitten an Göt ter bzw. Gott vgl. E. v. Severus, Art. Gebet I: o. Bd. 8,1134/258; O. Michel / Th. Kiauser, Art. Gebet II [Fürbitte]: o. Bd. 9, 1/36; zu Differenzierungen im Judentum u. in der Al ten Kirche s. u. Sp. 339. 341). A. Terminologie. Im Griech. werden P. be sonders i)?r6|ivr||ia (IG 12, 3, 327, 4; Liddell / Scott, Lex.9 1889 s. v.), später, ab dem 2. Jh. nC., auch ßißXeiÖLOV (POxy. 1032,4; 43,3093) Claudio Moreschini bzw. ßißXiöiov genannt (Iustin. apol. 1,29,2), (Übers. Mechthüd Siede). Termini, die vor allem in *Aegypten verwen det werden. Das lat. Lehnwort XißeXXog wird seit dem 4. Jh. nC. vermehrt gebraucht (Ba Personifikation I (allegorisch) s. Allego- sil. ep. 117 [2,22 Courtonne]; Pallad. vit. Joh. rese: o. Bd. 1, 283/93; Elementum: o. Bd. 4, Chrys. 1, 168 [SC 341, 62]; vgl. v. Premer1081/3; Geleit: o. Bd. 9, 920/2. stein 30f). Zusätzlich stehen ä^üooig (Cass. Dio 60, 30; Orig. orat. 14, 2 [GCS Orig. 2, Personifikation II (archäologisch) s. Erde: 331]), öerpig (Joseph, b. lud. 7,5,2; Eus. h. e. o. Bd. 5, 1174/8; Fluß II (ikonographisch): o. 9, 7, 13) sowie txereia (PPetr. 2, 60; PreiBd. 8, 73/9. 81/6. 92/9. sigke, Wb. 1, 694 s. v.) zur Verfügung, letz tere besonders, wenn es sich um ein Gesuch bei amtlichen Stellen handelt. - Im Lat. ist Pesach s. Pascha: o. Bd. 26,1033/77. libellus in der röm. Rechts- u. Verwaltungs sprache Terminus für die P. (H. v. Kamptz, Petition. Art. Libellus: ThesLL 7, 2 [1956/79] 1264f). Prex (gewöhnlich im Plural: preces),,Bitte / Vorbemerkung 331. Bittschreiben an den Kaiser', u. supplicatio, A. Terminologie 332. .Bittschrift', werden zusätzlich synonym ver wendet, ohne dass sich im Einzelnen eine B. Griechisch-Römisch. I. Allgemein 332. a. Aufbau u. Inhalte 333. b. strikte terminologische Differenzierung be obachten lässt (H. Heumann / E. Seckel, Petenten 334. c. Adressaten 335. II. Petitionsverfahren, a. Einreichung 336. b. Handlex. zu den Quellen des röm. Rechts10 Erledigung 336. [Graz 1958] 457 s. v. prex; 572 s. v. suppli III. Kanzlei 338. catio). Petitio kommt vermehrt erst ab dem 2. Jh. nC. auf (F. Spoth, Art. petitio: ThesLL C. Jüdisch. 10, 1, 2 [1997/2010] 1939; griech.: nsTiTUDV I. Allgemein 339. [POxy. 31, 2561, 9. 17]; E. Trapp, Lex. zur II. Ostraka 339. III. Papyri 339. byz. Gräzität [Wien 2007] Fase. 6, 1294f s. v. IV. Altes Testament 340. jtCTiTÜov). Das Wort verdrängt die anderen V. Philo 340. Bezeichnungen nicht. Neben Substantiven finden sich auch verbale Umschreibungen D. Christlich. (zB. griech.: ä^ioüv, öeloüai; lat.: petere, ro1. Neues Testament 340. II. Alte Kirche, a. Allgemein 341. 1. Aufbau u. gare; v. Premerstein 30f). B. Griechisch-Römisch. I. Allgemein. Eine Inhalte 341.2. Petenten 343. 3. Adressaten 343. b. Petitionsverfahren 344. 1. Einreichung 344. P. zu verfassen u. sie an Herrscher oder 2. Erledigung 345. c. Kontexte 345. 1. Petitio *Magistrate zu richten, steht in der Antike nen an den bzw. die Kaiser, a. Allgemein 345. ß. jedem frei. Einschränkungen nach Ge Apologeten 346. 2. Mönchtum 347. schlecht u. Stand (Freier oder Sklave) exis tieren nicht (s. u. Sp. 334f). P. ermöglichen Vorbemerkung. P. sind (meist schriftliche) es, sich direkt, d. h. ohne Berücksichtigung Gesuche mit der Bitte um Rat u. Hilfe. Sie des Verwaltungswegs u. der Gesetze, an werden von Petenten an hierarchisch über den Kaiser oder untergeordnete Beamte mit geordnete Personen, im zivilen Bereich von der Bitte um Rat u. Hilfe zu wenden (Ho-
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Petition
norö 33). Sie sind Formen unmittelbarer In tervention durch Privatpersonen (vgl. v. Premerstein 32), die auch begrifflich von Ge suchen durch Beamte unterschieden wer den. Letztere heißen eitiorokai / epistulae oder relationes bzw. consultationes (Nörr 10; G. Schiemann, Art. Libellus: NPauly 7 [1999] 135; Connolly 23). - Ein organisiertes P.wesen lässt sich erst ab dem Ende des 1. bzw. dem Beginn des 2. Jh. nC. nachweisen (Millar 242f). Anfänge finden sich gleichwohl bereits in früherer Zeit. Xen. Hist. Gr. 6, 5 bezeugt spartanische Gesandte mit einem Gesuch vor den Athenern (vgl. ebd. 3, 5). Thuc. 1, 24 bittet die Stadt Epidaurus Kerkyra um Hilfe bei feindlicher Belagerung. Oft ist es undeutlich, ob die *Gesandtschaften hierbei auch schriftliche P. vorlegten oder die Bitten nur mündlich vorgetragen wurden (für auf ägypt. Papyri erhaltene P. seit dem 4. Jh. vC. vgl. J. L. White, The form and structure of the ofScial p. [Missoula 1972] App.). Schriftliche P. sind auch in der späten röm. Republik bezeugt (PsCaes. bell. Alex. 52, 2; Cic. Att. 16, 16A). Schwer zu entscheiden ist, ob die formali sierten Ivrev^eig an hellenistische Herrscher (zu Demetrius Poliorcetes Plut. vit. Demetr. 42, 4f) einen Einfluss auf spätere P. an rö mische Kaiser ausübten (zu P. bei den Pto lemäern P. Collomp, Recherches sur la chancellerie et la diplomatique des Lagides [Pa ris 1926], bes. 51/166). Die Annahme einer ,visible continuity of form4 bestreitet Millar 241. - Zur im Folgenden nicht weiter be rücksichtigten hereditatis petitio vgl. Μ. Ka ser, Das röm. Privatrecht2 2 = HdbAltWiss 10, 3, 3, 2 (1975) 545/9. a. Aufbau u. Inhalte. Der Aufbau der P. ist unterschiedlich. Es wechseln kürzeste Gesuche (POxy. 1491) mit längeren Anfra gen (Connolly 22f; White aO. mit zeitlichen Differenzierungen). Formale Anforderungen bestehen offenbar nicht. Dennoch zeigen ge rade längere erhaltene P. (zB. Bittschrift von Bauern in Aragua vJ. 244/47 [IGBulg 224f]; Bittschrift der Kolonen des Saltus Burunitanus vJ. 181/82 [CIL 8, 10570. 14464 = Hauken 7/10; D. Flach, Inschriftenunters. zum röm. Kolonat in Nordafrika: Chiron 8 (1978) 441/92]; Bittschrift der Einwohner von Skaptopara vJ. 238 [CIL 3, 12336 = Bruns, Fontes7 nr. 90]), dass sie rhetorisch gestaltet sind. Ihr Aufbau stellt sich sche matisch folgendermaßen dar: 1) inscriptio, 2)
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exordium, 3) narratio u. 4) preces (im enge ren Sinn; Hauken 261f). In der inscriptio er folgt die Adressangabe (im Gegensatz zum *Brief grundsätzlich ohne Grußformel [je doch: BGU 1,256; 11, 2012; POxy. 12,1467]); der Adressat wird im Dativ, der Absender in einer Präpositionalphrase (παρά, ab) ange führt (Bittschrift von Bauern in Aragua [IG Bulg 224]: Αυτοκράτορι Καίσαρι Μ. Ίουλίφ Φιλίππφ ..., δέησις παρά Αύρηλίου Έγλέκτ[ου] ...; POxy. 4, 720 [Bruns, Fontes7 nr. 195]: [C]l[audio] Valerio Firm[o praef(ecto) Aeg(ypti)] ab Aurelia Ammo[nario]; v. Premerstein 31). Das exordium dient dazu, die Aufmerksamkeit des Adressaten auf den Gegenstand der P. zu lenken. Ein beliebter Topos ist das Thema der félicitas temporum (Hauken 265/8). In der narratio wird der Sachverhalt dargestellt, bevor in den preces das abschließende Gesuch um Hilfe folgt (Bittschrift der Kolonen des Saltus Burunitanus vJ. 181/82 [CIL 8,10570. 14464]: Quae res compulit nos miserrimos homines iam rursum divinae providentiae tuae suplicare). - Die Inhalte der P. sind vielgestaltig. Sie umfassen etwa die Bitte um Klärung von Rechtsfragen (u. haben dann in Zivil- u. Strafsachen oft prozesseinleitende Funk tion), das Gesuch, in Familienauseinander setzungen tätig zu werden (POxy. 1, 131; 12, 1467; 50, 3581), oder die Bitte, vor der Will kür von Soldaten u. örtlichen Beamten zu schützen (PFlor. 3, 295; PLond. 5, 1678; POxy. 50, 3584; Corcoran 43). Thematische Unterschiede von P. an den Kaiser u. Gesu chen an lokale Magistrate lassen sich nicht nachweisen. Vielmehr scheinen oft finan zielle Gesichtspunkte oder die Schwierigkei ten der Übermittlung von P. zu bedingen, dass diese (nur) an lokale Beamte gerichtet werden (Millar 537; Connolly 25; zu weiteren Themen, die in P. behandelt werden, vgl. ebd. 98/136; J. L. Fournet / J. Gascou, Liste des pétitions sur papyrus des 5e/7e s.: Feissel / Gascou 141/96). b. Petenten. Petenten können Einzelper sonen (Männer, Frauen, Soldaten u. Sklaven) oder Gruppen (Einwohner eines Dorfes oder einer Stadt) sein. Die grundsätzliche Mög lichkeit, sich mit einem Anliegen an Beamte oder gar direkt an den Kaiser zu wenden, wird offenbar besonders von unteren Gesell schaftsschichten wahrgenommen, denen an dere Gelegenheiten, auf ihre Interessen auf merksam zu machen, fehlen (Honoré 33f;
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Connolly 73 in Bezug auf den Codex Hermogenianus; *Klassen [Gesellschaftsschich ten]; *Pöbel). Frauen sind in der Zeit von Hadrian bis *Diocletianus bei fast einem Drittel der erhaltenen P. die Gesuchsteller; dies ergibt sich sowohl aus Reskripten, die als Antworten auf P. verfasst wurden, als auch aus Papyri (Connolly 75). Die Petentinnen stellen Gesuche, die ihre familia (Eigen tum, Sklaven) u. auswärtige Geschäfte be treffen (rekonstruierbar aus den erhaltenen Reskripten: Cod. Iust. 3, 33, 9 vJ. 293; 4, 19, 16 vJ. 294; 4, 57, 6 vJ. 293; 7, 45, 7; Connolly 76). Soldaten galten in der Forschung lange als primäre kaiserliche Petenten (J. B. Campbell, The emperor and the Roman army [Oxford 1984] 267/99). Diese Position ward durch neuere Studien widerlegt. Die Anzahl kaiserlicher Reskripte an Soldaten bleibt deutlich hinter denen an Frauen u. Sklaven zurück (Connolly 74. 78). Letztere nutzen die Möglichkeit zur P., um für ihre rechtliche Stellung (status) Besserung zu er zielen (ebd. 78f). - Von den Petenten (zumin dest teilweise) zu unterscheiden sind die Verfasser der P. Ihre rhetorische Stilisie rung (s. oben) macht es wahrscheinlich, dass sie von professionellen Schreibern verfasst wurden (Corcoran 59f; vgl. H. 0. Fiebiger, Art. Exceptor: PW 6, 2 [1909] 1565f; *Kurzschrift). Hierauf deutet auch der systemati sche Gebrauch von Abkürzungen hin (PEuphrates 1. 5; Connolly 30f). c. Adressaten. Adressaten der P. sind Amtsinhaber (Kaiser, Präfekten u. Beamte). Soldaten richten P. zudem auch an duces (PEuphrates 5; Connolly 74). Die große Anzahl der P. an den Kaiser nennt Sen. ad Polyb. 6,5: audienda sunt tot hominum milia, tot disponendi libelli. Statthalter in den Provinzen leiten Gesuche an den Kaiser wei ter. Plin. ep. 10, 59 schickt einen libellus in einer Rechtsauseinandersetzung an Trajan, ebenso ebd. 10, 106 die Bitte eines Haupt manns der sechsten Reiterkohorte pro statu filiae. In Ägypten scheint es üblich gewesen zu sein, P. über den Präfekten an den Kaiser zu adressieren. Der Präfekt erhielt so zudem Kenntnis über den Vorgang (Wilcken 23; nach Nörr llf fand dieses Verfahren nur ,in seltenen Fällen' Anwendung). - Die große Anzahl unmittelbarer Gesuche an den Statt halter von Ägypten geht aus PYale 61 her vor: Innerhalb von nur drei Tagen erhielt er 1804 P.
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II. Petitionsverfahren, a. Einreichung. P. werden persönlich oder, bei mehreren Pe tenten oder ihrer Unabkömmlichkeit, durch Vertreter an den Adressaten übergeben (griech.: υπόμνημα άναφέρειν, έπιδιδόναι [POxy. 66, 17; Preisigke, Wb. 1, 110 s. v. άναφέρω; 550f s. v. έπιδίδωμι]; lat.: libellum dare, offerre, porrigere [Suet. vit. Aug. 53,2; Paul.: Dig. 2, 4, 15; Amm. Marc. 28, 1, 9]; v. Premerstein 32; Honoré 35). Suet. vit. Äug. 53, 2 schildert die Übergabe von Bittschrif ten bei den Salutationes unter Augustus: ,Bei den gewöhnlichen morgendlichen Audi enzen ließ er (seil. Augustus) auch das Volk zu u. nahm die Wünsche derer, die zu ihm kamen, mit so großer Freundlichkeit auf, dass er einen (seil. Bittsteller), weil er zö gerte, ihm seine P. zu überreichen (libellum porrigere), mit einem Scherz tadelte: Als überreiche er gleichsam einem Elefanten ein Almosen (quasi elephanto stipem)' (zu wei teren Kontexten der Übergabe von P. Millar 538f). Die stetig steigende Anzahl der P. be günstigte wohl die Entwicklung, der zufolge Gesuche auch bei Statthaltern eingereicht u. von ihnen an den Kaiser weitergeleitet wer den konnten (s. oben). Gelegenheit zur Ein reichung bestand auch auf den Reisen des Kaisers, auf denen ihn verschiedene Kanz leien, hier besonders die Kanzlei a libellis, begleiteten (Nörr 33; Honoré 36; s. u. Sp. 338; zu städtischen Gesandtschaften, die den Kai ser auf seinen Reisen mit Anliegen aufsu chen, vgl. Friedlaender, Sittengesch.10 1, 360f; *Adventus). *Caracalla lässt sich zeit weise durch seine Mutter Iulia Domna ver treten; sie übernimmt in Abwesenheit des Sohnes in Rom die Entgegennahme u. Be antwortung der P. (Cass. Dio 78,18; Honoré 36). b. Erledigung. Gesuche werden ursprüng lich durch den Adressaten selbst (auch mündlich: interloqui de plano [Ulp.: Dig. 1, 4, 1, 1: Quodcumque igitur Imperator per epistulam et subscriptionem statuit vel cognoscens decrevit vel de plano interlocutus est vel edicto praecepit, legem esse constat; Nörr 3] oder in transitu [Liebs 143]; Millar 242) beantwortet, d. h. durch den Kaiser, den Präfekten oder angefragte Magistrate. Die schriftliche kaiserl. Erledigung, die oft meh rere Wochen dauern kann, erfolgt von Au gustus bis Trajan durch subscriptio, die un mittelbar unter der P. verzeichnet wird (A. Berger, Encyclopédie dict. of Roman law
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[Philadelphia 1953] 720f s. v. subscriptio Ägypten sind in der 2. H. des 2. Jh. sog. Sam principis; Millar 543); die Erledigung durch melsubskriptionen bezeugt. Mehrere Bitt den Statthalter wird davon terminologisch schriften werden hierbei zu einer Rolle zu unterschieden u. als imoYQaqn) bezeichnet sammengefasst u. mit einer Subskription (POxford 2, 2; BGU 2, 378; Nörr 5). Unter versehen (POxy. 7, 1032; Haensch aO. 493). Hadrian kommt es zu einer Reorganisation Das Verfahren wird im 3. Jh. weiter diffe der Verwaltung u. des P.verfahrens. An die renziert. So lassen sich ab 207 P. mit eigener Stelle der Subskriptionen treten selbststän Beantwortung nachweisen, die zu Rollen zu dige lateinische (auch auf griechischspra sammengeklebt werden u. über eine Spal chige Gesuche hin) Reskripte (Corcoran 46). tennummerierung zitierfahig sind (ebd. 499; Libelli u. subscriptiones, in späterer Zeit Sirks 127; zur staatl. Verwaltung in Ägypten wohl nur noch die Reskripte, werden für ei vgl. S. Demougin, L’administration procuranige Tage proponiert (PYale 61: P. werden torienne au quotidien: R. Haensch / J. Hein geraume Zeit in *Alexandria, danach drei richs [Hrsg.], Herrschen u. Verwalten [2007] Tage im jeweiligen Verwaltungsbezirk öf 275/84). fentlich ausgehängt; Bittschrift der Einwoh III. Kanzlei. Die immer zahlreicher wer ner von Skaptopara vJ. 238 [CIL 3, 12336 = denden P. machen ab dem 1. Jh. nC. die Ein Bruns, Fontes7 nr. 90]: descriptum et reco richtung einer speziellen Kanzlei erforder gnitum factum ex libro libellorum rescripto lich, die für ihre Erledigung zuständig ist. rum ... et propositorum Romae in porticu Vergleichbare Büros gab es auch bei den thermarum Traianarum). Ort der Proposi Präfekten (Cod. Iust. 1,27,1,27 vJ. 534). Die tion ist grundsätzlich der jeweilige Aufent Anfänge der kaiserl. Libellkanzlei gehen auf haltsort des Kaisers (Nörr 13; während Ca Kaiser Claudius zurück. Der Freigelassene racallas Feldzügen im Osten [in den J. 213 u. Polybius, an den Seneca eine Trostschrift 215/16] werden dennoch in Rom Reskripte richtet, ist einer von insgesamt drei Libellproponiert [Cod. Iust. 5,39,1; 4,65,2; 2,55,1 sekretären (Liebs 138). Als Mitarbeiter sind u. ö.]). Der Petent macht sich vom Reskript weitere Schreiber bezeugt (Suet. vit. Claud. eine Abschrift, die beglaubigt werden kann; 37,1; CIL 6, 8617: scriniarius a libellis). Kai das Original des libellus u. des Reskripts ser Hadrian beruft in das Amt nicht mehr verbleiben nach der Aushängung im *Archiv nur Freigelassene, sondern auch Männer aus (U. Wilcken, Zur propositio libellorum: Arch- dem Ritterstand (Hist. Aug. vit. Hadr. 22,8); PapForsch 9 [1930] 15/23; W. Williams, The von *Antoninus Pius wird der Aufgabenbe publication of imperial subscripts: ZsPap- reich der Kanzlei zeitweise um die Vermö Epigr 40 [1980] 283/94; Honoré 45f; vgl. zur gensschätzung, von Konstantin dauerhaft Publikation kaiserl. Konstitutionen W. Eck, um die Geschäftsstelle des Kaisergerichts Öffentlichkeit, Politik u. Administration: R. erweitert (Liebs 140). Die Leiter der Libell Haensch [Hrsg.], Selbstdarstellung u. Kom kanzlei, zumeist ausgewiesene Juristen, wer munikation [2009] 75/96). - Neben die Erle den seit dem 3. Jh. als magistri libellorum digung einer P. durch den Kaiser oder Prä bezeichnet (Not. Dign. 21,13; 22,40; 28,52 u. fekten kann auch die sog. ,indirekte“ Erledi ö.; Liebs 141f). - Die genaue Arbeitsweise gung treten (zur Terminologie Wilcken 2). der Libellkanzlei ist nur noch schwer zu re Gesuche werden hierbei in einer Abschrift konstruieren. Niedere Schreiber besorgen an einen untergeordneten Beamten weiter wohl auf Vorgabe des Kaisers hin die Aus geleitet, der für das weitere Verfahren zu fertigung eines Reskripts, der magister li ständig ist (Call.: Dig. 42,1,33; Ulp.: ebd. 34, bellorum bestätigt daraufhin die Richtigkeit 1, 3; 48, 6, 6; Nörr 14; D. Feissel, Pétitions der Ausführungen durch Vermerk (reco aux empereurs et formes du reserit dans les gnovi), u. der Kaiser unterschreibt das Do sources documentaires du 4e au 6e s.: ders. / kument schließlich selbst (scripsi, subscripsi; Gascou 35f). Der Vorgang lässt sich sowohl J.-L. Mourgues, Les formules .rescripsi“ .re für Kaiser als auch Statthalter nachweisen cognovi' et les étapes de la rédaction des sou (Call.: Dig. 1, 18, 9: sed is [seil, ein Statt scriptions impériales sous le Haut-Empire halter] aestimare debet, utrum ipse cogno Romain: MélÊcFrançRome Ant. 107 [1995] scat an iudicem dare debeat; R. Haensch, 255/300; Honoré 43; Millar 251). Die Libell Bearbeitungsweisen von P. in der Provinz kanzlei ist bis in justinianische Zeit bezeugt Aegyptus: ZsPapEpigr 100 [1994] 489f). In (Liebs 137).
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C. Jüdisch. I. Allgemein. Gesuche mit der Bitte um Rat u. Hilfe können in der jüd. Tra dition mündlich (durch einen oder mehrere Boten, die dann oft Petenten für Gesamtis rael sind; zu Boten, die Hilfsgesuche über mitteln, H. Niehr, Art. Bote: NBibelLex 1 [1991] 317f) oder schriftlich vorgebracht werden. Mündliche P. finden sich besonders häufig im AT (s. unten) II. Ostraka. Das Zeugnis einer schriftli chen P. ist auf einem hebr. Ostrakon aus Mesad Hashavyahu (nahe Yavne-Yäm) er halten. Es wird in das 7. Jh. vC. datiert (J. Naveh, A Hebrew letter from the T1*1 cent. B.C.: IsrExpüourn 10 [1960] 129/39 mit Taf. 17; S. Yeivin, The judicial p. firom Mezad Hashavyahu: BiblOr 19 [1962] 8). Ein »Die ner / Sklave' ('Ebed) wendet sich, so die in scriptio, an seinen ,Herrn' (’Adona). Ihm ist während der Emtearbeiten sein Gewand ge stohlen worden (Z. 11), wofür er um Ersatz bittet (Z. 15). Die P. lässt einen typischen Aufbau erkennen: 1) inscriptio; 2) narratio u. 3) preces (ein exordium lässt sich nicht nach weisen; s. o. Sp. 333f). Nach Μ. Weippert (Die P. eines Emtearbeiters aus Mesad Hääavyähü u. die Syntax althebr. erzählender Prosa: Die hebr. Bibel u. ihre zweifache Nachgesch., Festschr. R. Rendtorff [1990] 463) hat der Text im AT eine Parallele in der Erzählung vom Salomonischen Urteil (1 Reg. 3, 16/28), besonders in der Rede der ersten geschädigten Frau (ebd. 3,17/21). Der Petent kann seine Forderung auf Ex. 22,25f stützen: .Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand, dann sollst du ihn bis zum Sonnenuntergang zurückgeben' (J. H. Tigay, A Talmudic parallel to the p. from Yavneh-yam: Minhah le Nahum, Festschr. N. Μ. Sama [Sheffield 1993] 328/33). III. Papyri. Unter aramäischen Papyri aus Elephantine sind mehrere P. erhalten (vgl. A. Cowley, Aramaic papyri of the 5111 cent. B. C. [Oxford 1923] nr. 27 [vJ. 410] = B. Porten, The Elephantine papyri in English [Leiden 1996] B 17 [mit teilweise abweichen der Textrekonstruktion]). Die P. an Bagohi, den pers. Statthalter in Judäa, ist auf das J. 407 vC. zu datieren (Cowley aO. nr. 30f = Porten aO. B 19f). Die Juden von Elephan tine erbitten hier die Rekonstruktion bzw. Instandsetzung ihres Tempels, der bei anti jüdischen Ausschreitungen schwer beschä digt worden sei (B. Porten, Archives from Elephantine [Berkeley 1968] 284/98).
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TV. Altes Testament. Im AT sind P. oft nur indirekt bezeugt. Gideon bittet etwa durch Boten Manasse u. Leute in Ascher, Sebulon u. Naftali, ihn im Kampf gegen die Midianiter zu unterstützen (Iudc. 6, 35). Der Wortlaut des Gesuchs ward nicht überliefert (vgl. 1 Sam. 11,3f; 2 Sam. 10,16). An anderer Stelle wird der Wortlaut der P. explizit an geführt. Num. 20,14/7 lässt *Mose durch Bo ten den König von Edom bitten, die Israeli ten durch sein Gebiet ziehen zu lassen. Das Gesuch wird eröffnet durch eine Botenfor mel (,So sagt dein Bruder Israel'), die die fol gende Bitte autorisiert (zur Botenformel vgl. R. Jungbluth, Im Himmel u. auf Erden. Di mensionen von Königsherrschaft im AT [2011] 58/60). Die Darstellung der vorausge gangenen Elendssituation (Israel in Ägyp ten) u. die Formulierung der eigentlichen Bitte schließen sich an (Zug durch Edom). Num. 21, 21f u. Dtn. 2, 26 sind weitere Ge suche Israels um Durchzug (hier durch das Land der Amoriter bzw. von Heschbon) be zeugt. Die genauere Form einer mündlich von Privatpersonen vor dem König vorge tragenen P. geht aus 2 Sam. 14 hervor. Sie kann mit der Proskynese vor dem Herrscher verbunden sein u. von Exklamationen (.Hilf mir, mein König* [ebd. 14, 4]; ,Höre, was deine Magd zu sagen hat' [1 Sam. 25,24]) be gleitet werden, die formelhaft Unterwürfig keit betonen u. die Zuwendung des Adres saten evozieren sollen (2 Sam. 16, 4; Jung bluth aO. 62/4). V. Philo. Im J. 40 nC. gehört Philo einer jüd. Gesandtschaft an den röm. Kaiser Gaius Caligula an, mit der die Juden Alexandriens auf ihre bedrohliche Lage aufmerksam ma chen wollen (u. a. antijüd. Pogrom iJ. 38 nC.). Leg. ad Gai. 178f wird von der Übergabe ei ner Denkschrift an den Kaiser berichtet, die im Rahmen der Gesandtschaft stattfindet. Sie ist die Epitome einer längeren P. (έπιτομή τις ίκετείας μακροχέρας), die die Ju den Alexandriens kurz zuvor Iulius Agrippa I, König über die Tetrarchie des Philippus, später auch über Galiläa, Peräa, Judäa u. Samaria, überreicht hatten, offenbar in der Hoffnung, dass Agrippa diese an den Kaiser weiterleiten werde. D. Christlich. I. Neues Testament. Im NT lässt sich im lukanischen Doppelwerk (*Lukas) eine Beeinflussung der Darstellung durch Formelemente zeitgenössischer P. nachweisen. Lc. 8, 26/39 sowie 9, 37/43a wer
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den zwei *Heilungen von Besessenen berich In der narratio beklagt Eutyches, dass die tet, um die Jesus durch den Erkrankten Konzilsakten weder die gegen ihn vorge selbst (8, 28) bzw. den Vater eines betroffe brachten Anklagepunkte noch seine Vertei nen Jungen (9, 38/40) gebeten wird; die Bit digung enthielten. Er bittet (öeioOai), die ten werden jeweils mit δεϊσθαι eingeleitet. Kaiser sollten die Bischöfe, Notarii u. beson T. Y. Mullins (P. as a literary form: NovTest ders den Diakon des Basilius auffordern, 5 [1962] 46/54) zeigt auf, dass sowohl δεΐσθαι ihm mitzuteilen, was sie wüssten (ebteiv ... als auch die sprachliche Form der Gesuche önep loaaiv) (preces; vgl. Coll. Athenien. 63 insgesamt (narratio [background]; preces [ebd. 1, 1, 7, 75f]). - Conc. Carthag. vJ. 525: [desired action]; s. o. Sp. 333f) zeitgenössi CCL 149, 273f überliefert eine P. (libellus; schen P. gleichen, wie sie auf Papyri erhalten suggestio), die von Mönchen bei dem kar sind. Neben άξιοϋν findet sich besonders thagischen Generalkonzil dJ. eingereicht δεισΟαι in offiziellen P. (POxy. 41. 71. 237 u. wurde (zum ebd. geschilderten P.verfahren ö.; Mullins aO. 54). Act. 21,39 (Pauli Bitte an s. u. Sp. 344f). Die inscriptio ist (wahr den Oberst, vor dem Volk sprechen zu dür scheinlich aufgrund der Überlieferung in fen) u. ebd. 26,2f (Paulus vor König Agrippa) den Konzilsakten) nicht erhalten. Das Verb sind mündliche Gesuche, die Lukas in seiner rogare eröffnet das exordium; es folgt ein Darstellung ebenfalls an die Form von P. an allgemeiner Hinweis auf den Kummer (flelehnt (26, 2f): Περί ... ζητημάτων (narratio), tus), den die Mönche durch erfahrenes Un διό δέομαι μακροΌύμως άκοΰσαί μου (pre recht erlitten hätten. In der narratio wird der Gegenstand des Gesuchs näher ausge ces). II. Alte Kirche, α. Allgemein. Altkirchlich führt: Der episcopus primae sedis provinciae lassen sich sowohl hinsichtlich des Aufbaus Bizacenae habe sie, die Mönche, exkommu der P. als auch des P.verfahrens Parallelen niziert u. fortan vom Kirchenzutritt ausge zum bzw. Entlehnungen aus dem zivilen Be schlossen (CCL 149, 274). Hintergrund der reich beobachten. Das gilt besonders dort, Auseinandersetzung ist offenbar, dass ein wo Gesuche an den Herrscher gerichtet wer Mönch, der auch Subdiakon war, gegen den den. Dennoch wird die P. terminologisch Willen seines Bischofs zum Abt des Klosters nicht mehr generell von anderen Brieffor bestimmt worden war (S. Lancel, Art. Byzamen (etwa relatio u. consultatio) geschieden cena [Byzacium]: RAC Suppl. Lfg. 10, 253). u. ihre Identifikation damit erschwert. - Me Die auf dem karthagischen Konzil versam taphorisch wird die Bitte an Gott mit P. ver melten Bischöfe werden nun von den ex glichen (1 Clem. 59, 2; Aster. Soph. in Ps. 5 kommunizierten Mönchen um Hilfe gegen hom. 6,15 [51f Richard]; Aug. en. in Ps. 26,2, den Primas gebeten (succurrite; a nostris 23 [CCL 38, 167]). Petitio bezeichnet christ cervicibus iugum ... excutite [preces]). Exor lich oft die Fürbitte (Spoth aO. [o. Sp. 332] dium, narratio u. preces konstituieren auch die innerkirchl. P. - Die Inhalte bzw. Gegen 1940). 1. Aufbau u. Inhalte. Altkirchliche P. glei stände der Gesuche sind äußerst divers. Sie chen grundsätzlich den aus dem zivilen Be reichen von der Fürsprache der Confessoreich bekannten Gesuchen (s. o. Sp. 333f). ren für die in den Verfolgungen Abgefalle Ausführlichere P. zeigen dort, wo sie an die nen (Cypr. ep. 15, 1, 2; s. unten), der Bitte Kaiser oder auch innerkirchlich etwa an eine um Intervention bei häretischen Auseinan Synode gerichtet sind, den typischen Aufbau dersetzungen (Aug. c. Donat. 31, 54) u. der (inscriptio, exordium, narratio u. preces). Neubesetzung kirchlicher Ämter (Coll. Cone. Chalced. vJ. 451 actio 1, 572 (AConc- Avell. 17 [CSEL 35, 1, 63/5]: Nachfolge auf Oec 2, 1, 1, 152f) ist ein Gesuch des Archi- dem röm. Bischofsstuhl; Conc. Chalced. vJ. mandriten Eutyches an die Kaiser Theodo 451 actio 15, 5 [AConcOec 2, 1, 3, 64fJ) bis sius II u. Valentinian III erhalten (vJ. 449): zur P. um die Einberufung eines Konzils Die inscriptio nennt die Adressaten im Dativ (ebd. actio 4. 14 [2, 1, 2, 115f. 3, 58]). In der (mit schmückenden adjektivischen Epitheta: äußeren Form einer P. sind auch die Opfer εύσεβεστάτοις καί πιστοτάτοις φιλοχρίστοις bescheinigungen während der decischen βασιλεΰσιν; **Anredeformen), den Petenten Verfolgungen (libelli; PLips. 587; Hinweis in einer Präpositionalphrase (παρά Εύτυ- B. Domagalski) sowie an Herrscher ver χοϋς). Das exordium ist knapp u. führt den schickte Glaubensbekenntnisse gestaltet Eifer der Kaiser für die christl. Religion an. (Coll. Avell. 2 [CSEL 35, 1, 5/44] vJ. 383/84;
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232a [ebd. 35, 2, 703/7] vJ. 520; für Themen weiterer P. s. u. Sp. 345/8). 2. Petenten. Verfasser von P. sind einzelne oder mehrere Personen, *Laien oder Kleri ker. Märtyrer u. Confessoren richten Gesu che an Cyprian, Gefallene (lapsi) wieder in die Kirche aufzunehmen (Cypr. ep. 15, 1, 2). Auch die Bitte eines Taufbewerbers um den Empfang der Taufe kann als P. formuliert sein (Aug. fid. et op. 12,18). An die sog. Räu bersynode vJ. 449 richten ,Ratsleute, Kleri ker, Archimandriten, Mönche, Handwerker u. die ganze Stadt Edessa insgesamt' (Conc. Ephesin. vJ. 449: 22f Flemming) eine Bitt schrift mit dem Anliegen, dass ihr Bischof Ibas Edessa nicht mehr betreten möge. Wer den die P. hingegen von kirchlichen Amts trägem verfasst, dann finden sich als Peten ten allgemein höhere Kleriker (vgl. das o. genannte Gesuch röm. Presbyter im Zusam menhang der röm. Bischofsnachfolge sowie Conc. Ephesin. vJ. 449: 80f F.), besonders aber Bischöfe. Sie vertreten die Gemeinde in allgemeinen Anliegen nach Außen. Die P. können von einem einzelnen (Conc. Chalced. vJ. 451 actio 12, 7 [AConcOec 2, 1, 3, 45]) oder von mehreren Bischöfen verfasst sein. Sind mehrere Bischöfe Petenten, ist das Ge such zudem oftmals im Zusammenhang eines Konzils verfasst worden (ebd. actio 4 [2,1,2, Ulf. 119f]; Ep. ad regem Theodebertum = Conc. Clarem. vJ. 535: CCL 148A, 112; Greg. Tur. hist. Franc. 5, 20 [MG Script, rer. Mer. 1, l2, 227]). 3. Adressaten. Hier sind grundsätzlich zwei Gruppen zu unterscheiden: kirchliche u. außerkirchliche Adressaten. Innerkirch lich können P. an Einzelbischöfe (zB. den röm. Bischof) oder auch Konzilien gerichtet sein (Conc. Ephesin. vJ. 449: 22f. 32/5. 80f. 114f F. u. ö.), außerkirchlich besonders an den Kaiser. Augustinus wird als Bischof von *Hippo Regius mittels P. (libelli) über Miss stände informiert (ep. 20,6,1). Eusebius, ein Diakon der Kpler Kirche, überbringt dem röm. Bischof Innocenz eine P., in der der Römer aufgefordert wird, eine Gesandt schaft aus Kpel abzuwarten, die ihn über die genaueren Umstände der * Absetzung des *Joh. Chrysostomus informieren will (Pallad. vit. Joh. Chrys. 1, 168 [SC 341, 62]). Ge suche an den röm. Bischof sind häufig (Aug. ep. 9, 4; pecc. orig. 1, 30, 32 [CSEL 42, 149f]); aufgrund der unpräzisen Terminolo gie ist allerdings nicht immer deutlich, wel
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chen Charakter die nach Rom gesendeten Dokumente haben (bloße Berichte oder P.?; Innoc. ep. 39 [PL 20, 606]; Bonif. ep. 3, 1 [ebd. 756]; Leo Μ. ep. 19, 1 [54, 710]; Hor nung 23f). - Unter P., die an Personen au ßerhalb der Kirche gerichtet werden, sind Gesuche an den Kaiser zahlreich (Paulin. Med. vit. Ambr. 26 [88 Pellegrino]; Cassiod. var. 2, 29; Socr. h. e. 1, 8, 18; Feissel aO. [o. Sp. 337] 45/9 mit einem Verzeichnis wei terer P.). b. Petitionsverfahren. Das innerkirchl. P.verfahren lässt sich für die Alte Kirche nur umrissartig rekonstruieren. Die Kon texte der Einreichung u. Erledigung von P. werden in den Quellen kaum näher beschrie ben. Einzig aus erhaltenen konziliaren Ver laufsprotokollen ergibt sich ein genaueres Bild. 1. Einreichung. Die Eingabe eines Ge suchs kann, wie in der griech.-röm. Antike, persönlich oder durch Vertreter erfolgen (Coll. Sangerm. 1, 9 [AConcOec 2, 5, 21]: Episcopi et clerici Aegyptiacae diocesis ab archepiscopo Timotheo Eluro destinati; Conc. Ephesin. vJ. 449: 20f F.; vgl. Greg. Tur. hist. Franc. 8, 44 [MG Script, rer. Mer. 1, l2, 410]). Oftmals werden P., vergleichbar der prozesseinleitenden Funktion von An zeige- bzw. Anklagelibelli im zivilen Bereich, auf Synoden vorgebracht (Rufin. / Eus. h. e. 10, 2; Steinwenter 35/40). Aus Conc. Carthag. vJ. 525: CCL 149, 273f geht das Ver fahren genauer hervor: Der zweite Ver handlungstag des nordafrikan. Generalkon zils ist Spezialfragen der Bischöfe gewidmet (si qua sunt specialiter discutienda; A. Weckwerth, Ablauf, Organisation u. Selbst verständnis westl. antiker Synoden im Spie gel ihrer Akten = JbAC ErgBd. KIReihe 5 [2010] 157f); eine Gesandtschaft von Mön chen unter der Leitung des Abtes Petrus, die offenbar vor dem Versammlungsort des Konzils gewartet u. um Einlass ersucht hat, wird vom vorsitzenden Bischof vorgelassen. Die Mönche bringen daraufhin eine P. vor (offerimus libellum), die durch einen Notar verlesen wird (*Ordines minores; zu diesem Verfahren vgl. Conc. Ephesin. vJ. 449: 80f. 114f. 122f F. u. ö.). - Sulp. Sev. dial. 3, 11, 8 (SC 510, 332/4) nennt principales petitiones, die Bischof *Martin v. Tours beim Kaiser vorbringt (dabei ist undeutlich, ob es sich um schriftliche P. handelt). Martin trägt sie persönlich im *Palast (palatium) vor.
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2. Erledigung. In den nur fragmentarisch erhaltenen Akten des karthagischen Gene ralkonzils ist die Erledigung der P. nicht vollständig zu erkennen. Aus den überliefer ten Stücken geht aber hervor, dass die P. nicht unmittelbar entschieden wird, sondern sich die Konsultation weiterer Dokumente, die zur causa gehören, anschließt (Conc. Carthag. vJ. 525: CCL 149, 275: relegantur itaque singula quae in hoc negotio per altemas epistulas acta sunt). Weckwerth aO. 158 ver mutet, dass die Erledigung des Gesuchs brieflich erfolgte u. dem beklagten Bischof zugestellt wurde. Die P. selbst ist nach ihrer Verlesung zu den Akten gegeben worden (Conc. Carthag. vJ. 525: CCL 149, 275: recitatum libellum acta suscipient; vgl. Conc. Ephesin. vJ. 449: 22f. 122f F.). Coll. Carthag. vJ. 411 cogn. 3, 43 (CCL 149A, 189) zeigt, dass P. schriftlich erledigt u. die Entschei dungen allgemein publiziert werden können (Reg. eccl. Carthag. excep. 54 [ebd. 149,191]; Conc. Carthag. vJ. 525: ebd. 275). - Eine Form der sog. .indirekten Erledigung' (s. o. Sp. 337) ist in den Akten der bereits er wähnten Synode vJ. 449 bezeugt: Der Pres byter Symeon u. der Diakon Kyros haben ein Gesuch vorgebracht, in dem sie um die Ab setzung ihres Bischofs, Sophronios v. Tella, bitten. Die Synode entscheidet die Angele genheit nicht, sondern verweist sie an ein zu ständiges Konzil weiter, das unter dem Vor sitz des Bischofs von Edessa abgehalten werden soll (84f F.). c. Kontexte. Im Folgenden werden, zusätz lich zu den o. beschriebenen Kontexten u. In halten der P. (s. o. Sp. 333f), einzelne Be reiche näher dargestellt, in denen Gesuche besonders häufig verfasst u. gestellt wurden. 1. Petitionen an den bzw. die Kaiser, a. Allgemein. Eine Vielzahl der erhaltenen P. ist nicht innerkirchlich an eine Synode oder einen Bischof gerichtet, sondern außerkirch lich an den bzw. die Kaiser. P. sind in Zeiten der Verfolgungen oft die einzige Form, in der Christen auf ihre Lage aufmerksam ma chen u. eine Besserung erzielen können. Nach der Privilegierung des Christentums im 4. Jh. nC. treten gehäuft Bittgesuche an den Kaiser im Zusammenhang häretischer Auseinandersetzungen auf, mit denen die je weiligen Parteien die Herrscher für sich zu gewinnen suchen. - Im *Donatismus-Streit wenden sich etwa bereits iJ. 312 Anhänger der pars Donati mit einem Gesuch (preces;
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rogare) an Kaiser Konstantin, der bis zu die sem Zeitpunkt keine Information über die nordafrikan. Auseinandersetzung hatte (Optat. Mil. c. Parm. 1, 22 [SC 412, 222]: imperatorem Constantinum harum rerum adhuc ignarum). Sie erbitten die Stellung gallischer Richter zur Schlichtung des Streits. Aug. ep. 88, lf berichtet, dass die Donatisten über den Prokonsul Anullinus eine P. (libellus) an den Kaiser richteten, in der sie Vorwürfe gegen Caecilian, den Bischof von Karthago, erho ben. Die Donatisten wenden sich wiederholt mit P. an den Kaiser (ebd. 88, 4; Millar 588; K. Μ. Girardet, Die P. der Donatisten an Kaiser Konstantin [Frühjahr 313]: Chiron 19 [1989] 185/206). Auch der kaiserl. Tribun Marcellinus, der die katholische u. die donatistische Partei für den 1. VI. 411 zu einem Religionsgespräch nach *Karthago einlädt, schreibt in seiner Einladung, dass überein stimmende P. (Consona ... utriusque partis petitio) den Kaiser zu diesem Schritt veran lasst hätten (Coll. Carthag. vJ. 411 cogn. 1,5 [CCL 149A, 56]). Für den kirchl. Osten sind eine Fülle von P. aus dem 5. u. 6. Jh. erhalten (Feissel aO. mit Einzelnachweisen). ß. Apologeten. In der Forschung war es lange Zeit Konsens, dass frühchristliche Apologeten ihre Schriften als P. an den Kai ser richteten; erst in jüngerer Zeit wurde diese Annahme bestritten (s. unten). - Für die literarische Einordnung der Apologien u. die genauere Bestimmung ihres Charakters sind ihre Bezeichnungen in den Quellen wichtig. So nennt Eusebius sie im vierten Buch seiner ,Kirchengeschichte' zwar recht einheitlich iXÔ0TQatoç 421 (4, 734 Adler) ist offensichtlich ,Ph. der Biograph* gemeint: Ihm werden die Epistulae, die Imagines, der Heroicus u. viele andere Werke, u. a. die Vita Apollonii u. die Vitae sophistarum, zu geschrieben. 2) Der zweite, aus Lemnos stammende Ph. (s. v. «DiÄ-öoTpaTog 422 [4, 734 A.]) ist angeblich der Vater des Biogra phen: Von ihm sollen verschiedene Werke aus dem späteren 2. Jh. stammen, u. a. eines mit dem Titel Nero, das mit dem Dialog identisch sein könnte (s. oben). 3) Der dritte, wiederum aus Lemnos stammende Ph., soll der Großneffe, Schüler u. Schwiegersohn des Biographen gewesen sein: Unter seinen Werken nennt die Suda eines mit dem Titel imagines (s. v. 4>iÀôorQaroç 423 [4,734 A.]). Aus den Hinweisen in den Schriften u. in der Suda folgt, dass insgesamt vier oder fünf Philostratoi zu differenzieren sind: 1) der Va ter von Ph. ,dem Biographen*, der im späten 2. Jh. lebte, 2) ,der Biograph* selbst, der in der 1. H. des 3. Jh. arbeitete, 3) ,der Lemnier*, wahrscheinlich ein jüngerer Verwand ter des Biographen, 4) Ph. der Jüngere, der Vf. des zweiten Werks imagines, der uU. mit dem in der Suda erwähnten dritten Ph. iden tifiziert werden kann, falls dieser vom Lexi kographen versehentlich als Großneffe statt als Enkel bezeichnet wurde, u. 5) schließlich ein wenig bekannter Historiker namens Ph., der im späten 3. Jh. schrieb u. wahrschein lich zur selben Familie wie die anderen Ph. gehörte (Ch. P. Jones, The historian Philos tratus of Athens: ClassQuart 61 [2011] 320/2). - Verschiedene Ph. werden in In schriften aus der röm. Kaiserzeit genannt (B. Puech, Orateurs et sophistes grecs dans les inscriptions d’époque impériale [Paris 2002] 377/83): 1) Athener Inschriften erwähnen ei nen Flavius Philostratus, der im 1. Viertel des 3. Jh. nC. jrçvraviç u. Hoplit in Athen war (ebd. 381); dieser müsste ,der Biograph* sein; 2) die Inschrift Olympia 476 (ebd. nr. 200), die sich in der Basis einer von den Athenern in Olympia aufgestellten Statue befindet, besagt, dass diese zu Ehren von ,F(lavius) Ph. aus Athen, dem Sophisten* auf gestellt wurde: Dieser Ph. müsste ebenfalls mit ,dem Biographen* identisch sein; 3) die Inschrift Erythrai 63 (nr. 201), an der Basis einer Statue in Erythrae, wurde dem ,Sohn des Sophisten Fl(avius) Ph. u. der tüchtigs ten Aurelia Melitine, von L. F(lavius) Capitolinus, einem Verwandten, Bruder u. Onkel
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von συγκλητικοί (Angehörigen des senatorischen Standes)* zu Ehren verfasst: Auch die ser Ph. ist vermutlich ,der Biograph*; 4) in Hephaestia auf Lemnos ehrt L. Flavius Ph. seinen Neffen, P. Ael(ius) Ergochares (IG 12, 8, 27; Puech aO. nr. 202): Es ist unklar, wel cher Ph. hier genannt ist; 5) eine Inschrift in Athen (ca. 250/70 nC.) bezieht sich auf einen Athener “"Archonten mit Namen Flavius Ph. (IG 22,2245): Er könnte Ph. d. J. oder Ph. der Historiker sein, wenn beide nicht ohnehin miteinander zu identifizieren sind. B. Philostratos der Biograph. Ph. der Bio graph, geboren ca. 170 nC., studierte bei ei nigen der damals bedeutendsten Sophisten. Zu ihnen zählt etwa Antipatros, der Lehrer von *Caracalla u. Geta (Philostr. vit. soph. 2, 24, 2 [2, 109 K.]). Im kaiserl. Gefolge beglei tete er Caracalla iJ. 213 nach *Gallia u. "Ger mania (ebd. 2, 32 [2,124 K.]) u. gehörte dem Gelehrtenkreis um die Kaisermutter Iulia Domna an (2, 30 [2, 121 KJ; Bowersock, Sophists 101/9); dieses Umfeld gab den Impuls zu seinem längsten u. einflussreichsten Werk, der Vita Apollonii (s. u. Sp. 632f). Sein zweites großes Werk, die Vitae sophistarum (s. unten), ist ,dem λαμπρότατος (vir clarissimus) Proconsul Antonios Gordianos* ge widmet. Dieser könnte mit Gordian I oder II, die iJ. 238 jeweils nur kurze Zeit regierten (T. D. Barnes, Philostratus and Gordian: Latom 27 [1968] 581/97; Bowersock, Sophists 6/8), oder mit Gordian III (238/44: Ch. P. Jones, Philostratus and the Gordiani: Mediterraneo Antico 5 [2003] 759/67) zu identifi zieren sein. Nach der Suda (s. v. Φιλόστρατος 421 [4, 734 A.]) lebte Ph. bis in die Re gierungszeit von “"Philippus Arabs (244/49). Die Inschrift von Erythrae (s. oben) weist darauf hin, dass einige seiner Nachfahren dem Senatorenstand angehörten. C. Werke. I. Vitae sophistarum. (Μ. W. Gleason, Making men. Sophists and selfpresentation in ancient Rome [Princeton 1995]; Μ. van Uytfanghe, Art. Biographie II: RAC Suppl. 1, 1097; Μ. Civiletti [Hrsg.], Filostrato. Vite dei Sofisti [Milano 2002]; R. Stefec, Zur Überlieferung u. Textkritik der Sophistenviten Philostrats: WienStud 123 [2010] 63/93.) Die Vitae sophistarum sind ein spätes, vielleicht sogar das letzte Werk des Ph. Nach der Widmung an Gordian (s. oben) u. einer kurzen Einleitung wird das Leben von acht ,Philosophen u. Sophisten* geschil dert, beginnend mit Eudoxos v. Knidos im 4.
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Jh. vC. u. endend mit Favorinus v. Arles im 2. Jh. nC. Dann befasst sich Ph. mit der Dar stellung der .alten* Sophisten von Gorgias bis Aischines u. erreicht schließlich, die helle nist. Zeit überschlagend, sein Hauptthema: Die Vertreter der .neuen* (νέα) oder, von ihm bevorzugt, der »zweiten* (δεύτερα) Sophistik. Hier behandelt Ph. 50 Sophisten von der Regierungszeit Neros bis zu seiner ei genen Gegenwart. Das Gesamtwerk ist in zwei Bücher unterteilt, wobei die längsten Kapitel (das vorletzte im ersten Buch u. das erste im zweiten Buch) den für Ph. idealen Sophisten, Polemon v. Laodikeia u. Herodes Attikos, gewidmet sind. - Obwohl das Wort .Sophist* ein breites Bedeutungsspektrum hat, sind alle von Ph. aufgelisteten Sophisten hauptsächlich als Redner in der Öffentlich keit hervorgetreten. In seiner Darstellung legt Ph. großen Wert auf Übungsreden (μελέται), vor allem wenn diese ex tempore u. über ein vom Hörerkreis vorgeschlagenes Thema gehalten werden. In Ph.’ Vorstellung ist der ideale Sophist ein öffentlicher Wohl täter (*Euergetes), ein Botschafter, *Lehrer vieler Schüler u. Autor, der in der Lage ist, nicht nur Reden, sondern auch Texte ver schiedener Art u. Gattung (etwa Drama, *Historiographie u. *Epos) zu verfassen. Ph.’ eigener Werdegang zeigt, dass er genau dieses Idealbild anstrebte. - Obwohl Ph.’ Konzeption einer »zweiten Sophistik* in Frage gestellt wurde (P. A. Brunt, The bubble of the second Sophistic: BulllnstClassStudLond 39 [1994] 25/52), zeigen zeit genössische Autoren (*Galenos [H. v. Sta den, Galen and the .Second Sophistic*: R. Sorabji (Hrsg.), Aristotle and after (London 1997) 33/54); *Lukian v. Samosata) sowie zahlreiche Inschriften, dass die Sophisten der röm. Kaiserzeit eine abgrenzbare ge schichtlich-literarische Gruppe bildeten, die jedoch nicht als Bewegung verstanden wer den sollte. Die von Ph. angewendeten Be urteilungsmaßstäbe führen dazu, dass er ei nerseits einige Sophisten überbewertet, de ren Bedeutung über ihre Lebenszeit nicht hinausging (wie Herodes Attikos), u. er an dererseits Sophisten geringschätzt, die in späterer Zeit hohes Ansehen erlangten (bes. Aelius Aristides [*Aristides Rhetor]). II. Heroicus. (E. B. Aitken / J. K. B. Mac lean [Hrsg.], Philostratus’s Heroikos [At lanta 2004]; P. Grossardt, Einführung, Übers, u. Komm, zum Heroikos von Flavius
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Philostrat 1/2 [Basel 2006].) Die Schrift, wahrscheinlich im zeitlichen Umfeld der Vita Apollonii (s. unten) entstanden, ist ein Dialog zwischen einem von ungünstigen Winden am Hellespont aufgehaltenen phönizischen Kaufmann u. einem Winzer (άμπελουργός), dessen Grundstück sich in der Nähe des Gra bes des Protesilaos am nördl. Ufer befindet, des Helden, der als Erster auf trojanischem Boden landete u. als Erster dort starb. Der Winzer berichtet von den Besuchen des Geistes des Protesilaos, der sich in seinem Heiligtum mit ihm unterhält u. ihm von Er scheinungen der trojanischen Helden (bes. Achilles) berichtet. Hierdurch kann der Win zer den Kaufmann von der realen Existenz der Helden überzeugen (*Heros). Der Dialog ist dadurch ein hervorragendes Dokument über nichtchristliche Glaubenskonzeptionen (πίστις) im frühen 3. Jh. (A. D. Nock, Essays on religion and the ancient world 1 [Oxford 1972] 327). Er ist in zahlreichen Hss. überlie fert; wahrscheinlich war er für Christen auf grund seines Stils beliebt u. als Ergänzung zu *Homer interessant. III. Vita Apollonii. In byzantinischer Zeit ist die Reputation des Ph. hauptsächlich mit der Überlieferung u. Rezeption der Vita Apollonii verbunden, eines aus acht Büchern bestehenden, wahrscheinlich in den 20er Jahren des 3. Jh. nC. verfassten Werks. Thema ist das Leben des Apollonios v. Tyana, eines pythagoreischen Wanderphiloso phen des 1. Jh. nC., der oft als bestes Bei spiel für den hellenist. u. röm. θειος άνήρ gilt (K Gross, Art. Apollonius v. Tyana: o. Bd. 1, 529/33; H. D. Betz, Art. Gottmensch II: ebd. 12, 248/51; van Uytfanghe aö. 1097/9). For mal stützt sich die Biographie, die das längste aus der Antike stammende Beispiel ihrer Gattung ist, auf verschiedene Vorgän gergenres, etwa Aretalogie (ders., Art. Hei ligenverehrung II: o. Bd. 14, 172/6), Reise berichte sowie forensische u. philosophische Rede (διάλεξις). Die Vita Apollonii besteht aus zwei gleich großen u. parallel aufgebau ten Teilen (ausführliche Inhaltsübersicht bei Solmsen, Philostratus 139/41). Die ersten vier Bücher berichten von der Geburt u. der *Erziehung des Apollonios, von seiner An nahme des pythagoreischen Denkens, seiner Reise nach “"Indien, um die dortigen,Weisen* (σοφοί) oder Brahmanen (Philostr. vit. Apoll. 1, 18 [1, 18f K.]) aufzusuchen, u. schließlich von seiner Rückkehr in die röm. Welt bzw.
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von seinem Aufenthalt in Rom während Ne ros Tyrannenherrschaft. Die vier darauffol genden Bücher (5/8) beschreiben die Reise des Apollonios nach Gades (Cadiz) u. nach **Aethiopia, wo die nackten Äthiopier (ebd. 5, 43 [1, 202 K.]: γυμνοί) ihm wie ein unvoll ständiges Abbild ihres ind. Gegenübers er scheinen, u. seine Rückkehr nach Rom (Bü cher 7f), wo er sich vor Kaiser *Domitianus gegen den Magievorwurf (γοητεία) verteidi gen muss (*Magie). Schließlich kehrt er in den Osten zurück u. stirbt dort. Über den genauen Ort u. die Umstände seines Todes gibt es unterschiedliche Ansichten: Entwe der soll er in Ephesos gestorben oder, wie Ph. dem Leser nahelegt, unter mysteriösen Umständen im Tempel von Diktynna auf *Kreta verschwunden u. nach seinem Tod einem jungen Mann aus Tyana erschienen sein, der am Weiterleben der Seelen zwei felte. a. Quellen. Ph. behauptet, er sei viel ge reist, um die notwendigen Inhalte für sein Werk zusammenzustellen (vit. Apoll. 1, 2 [1, 3 K.]; vgl. 8, 31 [1, 344 K.J), demnach sollte jede Auswertung der Vita Apollonii mit ei ner parallelen u. zT. mündlichen Überliefe rung zu Apollonios rechnen, die bereits zu dessen Lebzeiten begann u. bis in byzanti nische Zeit im Islam u. im Christentum fort dauerte. Neben dem .legendarischen' Apol lonios gibt es auch einen ,literarischen' u. ei nen .philosophischen' Apollonios, welcher besonders in seinen eigenen Werken zu er kennen ist. Von diesen sind einzelne für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Viele Werke (wie seine Briefe u. sein Testament) haben vielmehr halbprivaten Charakter. - In der Vita Apollonii erwähnt Ph. drei Autoren, die vor ihm über Apollonios geschrieben ha ben: 1) Maximos aus Aigai (1, 3 [1, 4 K.]): Dieser vermutlich im 2. Jh. lebende kaiserl. Sekretär soll über Apollonios’ Aufenthalt im berühmten Heiligtum des *Asklepios in Ai gai berichtet haben (*Kilikien). Einige For scher haben die Existenz von Maximos in Zweifel gezogen, ohne jedoch ausreichende Gründe anzugeben (skeptisch: Solmsen, Philostratus 151f; zustimmend: Bowersock, Sophists 19; F. Graf, Maximos v. Aigai: JbAC 27/28 [1984/85] 65/73); 2) Moiragenes (Philostr. vit. Apoll. 1, 3 [1, 4 K.]): Moiragenes’ Werk, das die Wundertaten (-θαύματα) des Apollonios hervorgehoben haben soll, wird von Ph. als unglaubwürdig abgelehnt. Dass
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Moiragenes die Absicht hatte, Apollonios da durch zu verleumden, ist aller Wahrschein lichkeit nach auszuschließen (Raynor). Das Werk von Moiragenes, das auch *Origenes bekannt war (s. u. Sp. 636), wurde von dem des Ph. anscheinend in den Schatten gestellt; 3) Damis aus ,Ninos' (ebd. 1, 19 [1, 19 K.]): Nach Ph. soll Apollonios Damis in Ninos (eher *Hierapolis in Syrien als, wie oft ver mutet, Ninive) getroffen haben, als er wäh rend seiner Reise nach *Indien gerade den Fluss Euphrat nach *Persien überqueren wollte. Damis nimmt für sich in Anspruch, Apollonios die meiste Zeit seines Lebens be gleitet zu haben, wobei er die Sprüche u. Ta ten seines Meisters in privaten Lebenserin nerungen (υπομνήματα) niedergeschrieben haben will. Damis’ Denkschrift soll schließ lich in die Hände der Iulia Domna gekommen sein, die Ph. den Auftrag gab, sie für die Veröffentlichung glättend zu überarbeiten (1, 3 [1, 3f K.]). Die Historizität von Damis wird seit dem 19. Jh. diskutiert (J. Miller, Die Damispapiere in Ph.’ Apolloniosbiographie: Philol 66 [1907] 511/25). Nur wenige nehmen den Bericht über die .Damispapiere' heute wörtlich. Viele Forscher sehen in ih nen eine Erfindung des Ph. (E. Meyer, Apol lonios v. Tyana u. die Biographie des Ph.: Hermes 52 [1917] 371/83; Solmsen, Philostratus 149/51; E. L. Bowie, Apollonius of Ty ana: ANRW 2, 16, 2 [1978] 1663/7). Ein teil weise ähnlich gelagerter Fall ist der Geist des Protesilaos im heroicus, der ihn in die Lage versetzt, bisher nicht belegte Infor mationen zu den homerischen Helden zu be stätigen. Möglicherweise handelt es sich bei den .Damispapieren' um ein pseudepigraphisches Werk, das sowohl Iulia Domna als auch Ph. als echt betrachteten (E. Norden, Agnostos Theos [1913] 36f, der R. Reitzen stein [Hellenist. Wundererzählungen (1906) 53f] folgt; G. Petzke, Die Traditionen über Apollonius v. Tyana u. das NT [Leiden 1970] 67/72). b. Parallelen zu Jesus-Darstellungen. Die Ähnlichkeiten zwischen der Vita Apollonii u. den Evv. sind auffällig (vgl. Gross aO. 532; W. Speyer, Art. Hierokles I: o. Bd. 15,106f). Ein wandernder Lehrer des 1. Jh. nC. treibt Dämonen aus, heilt Kranke, übt Tugenden u. lehrt den richtigen Weg, um sich dem Gött lichen zu nähern; schließlich wird er als Ver brecher vor die röm. Obrigkeit gebracht. Nach seinem vermuteten Tod kann seine
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Leiche nicht gefunden werden, so dass man annimmt, er sei in den Himmel aufgefahren. Er offenbart sich schließlich jemandem, der an seinem Leben nach dem Tod zweifelt. Zu diesen äußeren Parallelen kommen wei tere hinzu: Ebenso wie Jesus Jairos’ Tochter wiederauferstehen lässt (Mc. 5,35/43), belebt Apollonios ein Mädchen wieder, das tot zu sein scheint (Philostr. vit. Apoll. 4,45 [1,163f K.J). In seiner posthumen Erscheinung vor Damis will Apollonios von diesem berührt werden, um ihn davon zu überzeugen, dass er kein Geist ist (ebd. 8,12 [1, 328 KJ); auch Jesus fordert seine Jünger auf, ihn zu berüh ren u. so zu erkennen, dass er leibhaftig auf erstanden ist (Lc. 24, 39; Joh. 20, 24/9). Ei nige dieser Ähnlichkeiten wurden bereits in der Antike beobachtet (s. unten), systema tisch untersucht wurden sie allerdings erst im 19. Jh. durch F. Ch. Baur. Ihre Bewer tung wird seitdem äußerst kontrovers dis kutiert: Einige Forscher nehmen an, dass Ph. von den christl. schriftlichen oder münd lichen Traditionen Kenntnis hatte u. ver suchte, Jesus in Apollonios ein heidn. Kor relat gegenüberzustellen; diese Ansicht hat jedoch kaum Unterstützung gefunden (F. Ch. Baur, Apollonius v. Tyana u. Christus, oder das Verhältniß des Pythagorismus zum Christenthum [1832]; dagegen zB. E. Schwartz, Fünf Vorträge über den griech. Roman [1896] 127f). Die Frage nach dem Einfluss hellenistischer Literatur auf die Evangelisten (bes. *Lukas) ist zwar eben falls umstritten, aber Ph. stützte sich ohne Zweifel auf eine ältere Tradition von Bio graphien, in denen die Beschreibung von Wundertaten u. die Darlegung ethischer Lehren eng miteinander verbunden waren. Apollonios selbst verfasste eine PythagorasBiographie, auf die wiederum Ph. bei einigen Einzelheiten zurückzugreifen scheint (FGrHist 1064 F lf). Ein Beispiel solcher Bio graphien ist die von *Philo verfasste Vita Moysis; wie in der Vita Apollonii werden auch hier die außerordentlichen Fähigkeiten, die jugendliche Schönheit, die wundertätigen Kräfte u. die Entrückung des irdischen Kör pers des Helden hervorgehoben (van Uytfanghe, Biographie aO. [o. Sp. 630] 1148f). Ein Problem, das die Forschung im frühen 20. Jh. beschäftigt hat, ist der Bezug von Apollonios auf einen sich in *Athen befinden den Altar der .unbekannten Gottheiten' (Phi lostr. vit. Apoll. 6, 3 [1, 207 KJ: άγνωστοι
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δαίμονες), der an den vom lukanischen Pau lus erwähnten ,Altar eines unbekannten Got tes' (Act. 17, 23: άγνωστος θεός) erinnert; auf denselben Kult in Athen bezieht sich auch Pausanias (1, 1, 4). Ph.’ Verwendung des Wortes δαίμων anstelle von θεός spie gelt wahrscheinlich den für die röm. Kaiser zeit typischen Henotheismus wider (Nilsson, aO. 2, 573f), wonach Zeus bzw. eine unbe nannte Gottheit in einer höheren Sphäre wohnte als die übrigen Götter. Nach Norden aO. 35/55 stützte sich Lukas auf eine Lebens beschreibung des Apollonios, die eine von dessen Reden enthielt; eine solche Sicht ist aber Resultat einer überinterpretierenden Quellenkritik u. als solche abzulehnen (Meyer aO. 399/401). c. Weitere Rezeption. Ph.’ Porträt von Apollonios wurde kanonisch. Mit Ausnahme von Origenes, der wahrscheinlich in den 40er Jahren des 3. Jh. schrieb, scheint kein spä terer Autor noch Kenntnis von Maximos aus Aigai, Moiragenes u. Damis gehabt zu haben. Laut *Eusebius v. Caes. wurde ein direkter Vergleich zwischen Apollonios u. Christus erstmals von Sossianus Hierokles gezogen (Speyer aO. 103/9), einem hohen Beamten, der während der Regierungszeit Diokletians um 300 das die Aufschrift,Wahrheitsliebend' tragende Werk verfasste, in einer Zeit also, als das Christentum in Ungnade gefallen war, wenn nicht bereits verfolgt wurde. Hie rokles’ Werk ist bekannt durch eine kurze Erwiderung bei *Lactantius (inst. 5, 3, 7/17) u. eine formelle Widerlegung bei Eusebius, die sog. .Antwort auf Hierokles' (der Titel sollte nach E. Junod [Polémique chrétienne contre Apollonius de Tyane: RevThéolPhilos 120 (1988) 475/82] besser lauten: .Gegen das Werk von Ph. über Apollonios, in Bezug auf den von Hierokles gezogenen Vergleich zwi schen ihm u. Christus'; die Zuschreibung an Eusebius ist jedoch umstritten, vgl. Ch. P. Jones, Apollonius of Tyana in Late Antiquity: S. F. Johnson [Hrsg.], Greek literature in Late Antiquity [Aldershot 2006] 49/52 mit Lit.). Tatsächlich macht der Vergleich zwi schen Apollonios u. Christus lediglich einen Teil von Hierokles’ Werk aus, der aber für seine Informationen offensichtlich auf die Vita Apollonii zurückgriff. Eusebius prüfte das Werk des Ph. systematisch, um zu zei gen, dass Apollonios in keiner Weise mit Christus vergleichbar, sondern vielmehr ein Zauberer war, dem ein Dämon unterstüt-
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zend zur Seite stand. - Angesichts des übli chen Argwohns, mit dem die Figur des Apollonios in der Regel betrachtet wurde, wäre es durchaus überraschend, wenn die Vita Apollonii als Muster für die christl. Hagio graphie gedient hätte. So lässt sich beispiels weise nicht nachweisen, dass die Vita Apol lonii die Vita Antonii des ‘Athanasius be einflusste. Mögliche Reflexe auf Apollonios finden sich nur in ‘Hieronymus’ Darstellun gen der Wüstenheiligen (P. Ledere: SC 508, 43). Ph.’ Bericht über Apollonios’ Besuch in Indien könnte zudem die Thomasakten be einflusst haben, gleichwohl ist eine Verbin dung zwischen beiden Texten bisher nicht nachgewiesen worden. - Die Debatte über die wahre Natur des Apollonios bzw. die Frage, ob er Zauberer oder Philosoph war (Hieron. ep. 53, 1: sive magus, ut vulgus loquitur, sive philosophus, ut Pythagorici tradunt), wird auch lange Zeit nach Eusebius’ Tod noch fortgesetzt. In dieser Diskussion lässt die Gestalt des volkstümlichen, legen dären Apollonios häufig die des Philosophen verblassen, von der Ph.’ Darstellung voll ständig durchdrungen ist. Im späten 4. Jh. wurde die Vita Apollonii von einem promi nenten heidn. Senator, dem älteren Nicomachus Flavianus, ins Lat. übersetzt (denkbar ist auch, dass er sich lediglich eine persönli che Kopie des griech. Textes gemacht hat; Sidon. Apoll, ep. 8, 3, 1 [MG AA 8, 127]: Nicomachus senior e Philostrati ... schedio exscripsit). Christliche Autoren bezogen sich im Gegensatz dazu häufig auf Apollonios, ohne Ph. zu erwähnen, vor allem wenn sie darauf abzielten, seine Zaubereien (dutoTeXeopaxa) zu verurteilen, an deren Wir kung gegen Insekten u. Tiere selbst die Christen anscheinend glaubten (W. L. Dulière, Protection permanente contre des ani maux nuisibles assurée par Apollonius de Tyane dans Byzance et Antioche: ByzZs 63 [1970] 247/77). Manche christlichen Vf. zeig ten sich von Ph.’ Darstellung des Apollonios beeindruckt, denn sie sahen in ihm einen Philosophen, der in Keuschheit u. ‘Askese lebte, der die Vorstellung einer transzenden ten Gottheit propagierte u. der heidnische Bräuche wie das Blutopfer u. die Verehrung tiergestaltiger Götzen kritisierte (‘Götzen dienst). Um zu demonstrieren, dass Apollo nios’ Ruf als Magier von seinen Feinden her rührte, zitiert ‘Isidor v. Pelusion (ep. 148 [PG 78, 406]) sogar Ph. Für Sidonius Apolli
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naris ist die Vita Apollonii ein Musterbei spiel dafür, wie sich ein Philosoph im polit. Leben verhalten solle (ep. 8, 3, 4/6 [MG AA 8, 128]). Mit dem Nachlassen der Sorge, Apollonios könne zu einer Ikone des Heiden tums werden, wird er von der östl. Kirche vollständig rezipiert, u. zwar nicht nur als mächtiger Wundertäter, sondern auch als Prophet des kommenden Christus (W. Speyer, Zum Bild des Apollonios v. Tyana bei Heiden u. Christen: JbAC 17 [1974] 62f).
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Phlegon v. Tralleis s. Italia II (literaturge schichtlich): o. Bd. 18, 1251.
Phoenicia. A. Allgemeines. I. Terminologie 639. II. Geographische u. klimatische Gegebenhei ten 640. III. Geschichtl. u. administrative Entwicklung in hellenist. u. röm. Zeit (333 vCJMitte 7. Jh. nC.) 643. IV. Bevölkerung 648. V. Städte 649. a. Phoenice Maritima (Phoinike Paralia) 649. b. Phoenice Libanensis (Phoinike Libanesia) 652. VI. Wirtschaft u. Verkehr, a. Land- u. Forst wirtschaft 654. b. Handel u. Handwerk 654. c. Straßensystem 656.
B. Heidnisch. I. Religion 656. II. Architektur u. bildende Kunst, a. Festungen u. Stadtmauern 657. b. Häfen 658. c. Städtische Repräsentationsbauten 659. d. Heiligtümer u. Tempel 659. e. Grabbauten u. Türme 661. C. Jüdisch 662. D. Christlich. I. Bis zum Ende der Diokletianischen Chris tenverfolgung 662. II. Christentum u. Kirche in frühbyz. Zeit 663. III. Asketen u. Mönchtum 666. IV. Kirchenbau. a. Phoenice Maritima (Phoi nike Paralia) 667. b. Phoenice Libanensis (Phoi nike Libanesia) 668. A Allgemeines. I. Terminologie. Die anti ken Geographen u. Historiker verwendeten für das hier behandelte Gebiet vor allem die Begriffe Φοινίκη u. Κοίλη Συρία (zB. Strab. 16, 2, 16. 21). Unter der Bezeichnung Φοι νίκη fasste Στράβων ebd. 16, 2, 21 das ge samte Küstengebiet von der Stadt Orthösias, südlich der Mündung des Eleutheros, bis nach Pelusion in *Aegypten zusammen.
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Nach Plin. n. h. 5, 69 begann Ph. (Phoenice) nördlich der von Kaiser Vespasian gegrün deten Kolonie Prima Flavia. Die nördlichste Stadt Ph.s war nach ebd. 5, 78 Arados. Da gegen gehörten Damaskus, Caesarea Phil ippi, Abila u. Arkai damals zu Syrien im en geren Sinne (5, 74). Ptol. geogr. 5,15, 4f ver wendete die Bezeichnung Φοινίκη für den Küstenstreifen von der Mündung des Eleu theros (Nähr al-Kablr) bis zur Mündung des Chorseas (Nähr az-Zarka). Erst mit der Tei lung der Provinz Syria u. der Bildung der Provinz Syria Phoenice iJ. 194 nC. wurde die Bezeichnung Phoenice auch auf das Gebiet um Emesa, *Palmyra u. Damaskus ausge dehnt. II. Geographische u. klimatische Gegeben heiten. Die beiden Hochgebirge des Libanon (Λίβανος, arab. öabal Lubnän) u. des Anti libanon Άντιλίβανος, arab. öabal Lubnän aäSarql) trennen die schmale Küstenebene u. die Hochebene der Biqä‘ zwischen den bei den Hochgebirgen vom Landesinneren (Abb. 1). Während das Libanon-Gebirge auf eine maximale Höhe von 3088 m ansteigt, errei chen die Berge des Antilibanon nur eine Durchschnittshöhe von 2100/2200 m. Süd westlich des Antilibanon erhebt sich der Hermon (arab. öabal aS-äayh) mit einer Höhe von 2814 m. Östlich des Antilibanon u. nördlich bzw. nordöstlich von Damaskus er strecken sich das Qalamün-Gebirge u. die Palmyraketten, die sich nur noch bis zu Hö hen von 1914 m bzw. 1405 m erheben. Süd lich von Ptolemais (Akko) liegt der 23 km lange u. 8/10 km breite Gebirgszug des Kar mel. - Südlich von Antarados mündet der Nähr al-Kablr, der antike Eleutheros, ins Mittelmeer. Er war nicht nur bis 200 vC. Grenzfluss zwischen den Reichen der Seleukiden u. der Ptolemäer (Strab. 16,2,12), son dern ist auch heute noch Grenzfluss zwi schen Syrien u. dem Libanon. Am Rande der Biqä'-Ebene entspringen zwei der wichtigs ten Flüsse des Libanon bzw. Mittel- u. Nord syriens, der ca. 170 km lange Nähr al-Lltäni (Λεόντης / Λίτας) u. der Nähr al-'AsI, der an tike Orontes (E. Wirth, Syrien. Eine geo graphische Landeskunde [1971] 110f). Hauptwasserspender der fruchtbaren Berg randoase um Damaskus (arab. al-öüta) ist der Baradä, der Chrysor(r)oas der antiken Quellen, der im Antilibanon entspringt u. sich zusammen mit seinem Nebenfluss A'wäg im Umland der syr. Hauptstadt in
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Abb. 1: Phoenida in der Spätantike. Zeichnung: Silke Haase, Köln. mehrere Arme verzweigt (ebd. 111; Weber 139/43). Im Hermon-Gebirge entspringt der *Jordan, der in Paneas am Fuße des Gebir ges aus einer Grotte ans Tageslicht kommt u. durch die Ebene um den Hula-See (Σεμεχωνίτιδος λίμνη) zum See Genezareth (λίμνη Γεννησάρ) fließt. - Während sich die Küsten region des hier behandelten Gebietes durch RAC XXVII
eine subtropisch-mediterrane Klimazone mit trockenen Sommern u. regenreichen Win tern auszeichnet, besitzen das Libanon-Ge birge u. der Hermon ein ozeanisches Höhen klima; Höhenlagen sind ganzjährig schnee bedeckt. Dagegen ist das Klima in der mittleren u. südl. Biqä'-Ebene u. auf dem Golan trocken mediterran. Der Nordosten 21
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des Libanon ist bereits zur Region des westsyr. Steppenklimas zu zählen. Der Antiliba non u. das Qalamün-Gebirge besitzen ein kontinentales Höhenklima, während die Re gion um Damaskus vom Wüstensteppen klima geprägt ist. Dementsprechend schwanken die Regenmengen zwischen dem Küstengebiet u. der Region um Damaskus extrem, wobei die Hauptregenmenge in den Wintermonaten zwischen November u. März fallt. Die mittlere Jahresdurchschnittstemperatur liegt im Küstengebiet bei 20° C, in der Biqä'-Ebene bei ca. 15° C u. im Gebiet von Damaskus wieder bei ca. 20° C. Nach Wirth (aO. 68/107.451) war das Klima in hel lenistisch-römischer Zeit nicht wesentlich von dem heutigen verschieden. III. Geschichtl. «. administrative Ent wicklung in hellenist. u. röm. Zeit (333 vCJMitte 7. Jh. nC.). Durch den Sieg *Alexanders d. Gr. (336/323 vC.) bei Issos im No vember 333 gerieten fast ganz Syrien u. Ph. unter die Herrschaft der Makedonen. Wäh rend Arados, Byblos u. Sidön sofort die Oberherrschaft Alexanders anerkannten, leistete Tyros bis zum August 332 Wider stand (Grainger, Ph. 33f; Sartre 68/77). Ob wohl die Sieger von Ipsos (301 vC.) Seleukos I Nikatör (312/305; gest. 281 vC.) die Herr schaft über ganz Syrien zugesprochen hat ten, weigerte sich Ptolemaios I (323/305; gest. 282 vC.), der 302 Südsyrien mit Aus nahme von Sidön u. Tyros bis zum Eleutheros besetzt hatte, dieses Gebiet an Seleukos zu übergeben, so dass zunächst nur Arados u. sein Umland unter seleukidische Herr schaft kamen (Grainger, Ph. 46/9. 52f; ders., Wars 37/51). Das ptolemäische Territorium in Palaestina, Ph. u. Südsyrien, das den Na men Συρία και Φοινίκια erhielt, wurde von einem Strategen verwaltet (Sartre 153/8). Zwar erfreuten sich die Städte Ph.s auch un ter den Ptolemäern ihrer traditionellen Au tonomie, doch setzte in dieser Zeit eine kul turelle, polit. u. sprachliche Hellenisierung ihrer Bewohner ein (Grainger, Ph. 78/81. 108/11; Sartre 144f. 148/50. 159. 279/83). Während des fünften syr. Krieges (202/195 vC.) gelang es Antiochos III (223/187 vC.), Ph., Südsyrien mit Damaskus u. Palaestina endgültig dem Seleukidenreich einzugliedern (Grainger, Ph. 98/105; ders., Wars 245/71). Im Zuge der langsamen Auflösung des Seleukidenreiches erlangten Arados, Tyros, Si dön u. Tripolis 126, 112/111 u. 105/104 vC.
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Autonomie (ders., Ph. 136f. 139f. 147f. 169). Im Tal des Orontes brachte der Phylarchos Sampsigeramos Emesa u. Arethusa unter seine Herrschaft (ebd. 171f; K. Ehling, Un ters. zur Gesch. der späten Seleukiden [164/63 vC.] [2008] 260). Im Antilibanon, in der Biqä'-Ebene u. im Libanon setzten sich damals die arab. Ituräer fest (Sartre 381f. 431. 438; Aliquot, Ituröens 172/98). Die Da maszener unterstellten sich 84/83 vC. ange sichts der Bedrohung durch die Ituräer der Herrschaft des Nabatäerkönigs Aretas III (Ehling aO. 249). 64/63 vC. gliederte der röm. Imperator Cn. Pompeius Ph. u. Südsyrien der Provinz Syria ein. Sampsigeramos u. der Ituräer Ptolemaios wurden von Pompeius als Herrscher über Emesa u. Arethusa bzw. Chalkis am Libanon bestätigt (Sartre 441/7. 451; Aliquot, Ituröens 258f; Ehling aO. 271/6). - Erst unter *Augustus (27 vCJ14 nC.) gelangte das Land zur Ruhe. Im Auf trag des Augustus u. seiner Nachfolger ver walteten legati Augusti pro praetore das Land (Millar 32; Sartre 474). Nach dem Tod des *Herodes iJ. 4 vC. übernahm sein jün gerer Sohn Philippos als Tetrarch die Herr schaft über das Hermon-Gebiet, die Gaulanitis, die Batanaia, die Trachönitis u. die Auranitis (Joseph, ant. lud. 17, 318f; 18, 106; b. lud. 1, 668; *Peraia u. Dekapolis). Das ituräische Kernland um Chalkis wurde 41/48 von Herodes, dem Bruder des Königs Agrippa I von Judäa, regiert. Ab dJ. 50 herrschte hier sein Neffe Agrippa II. Wohl mit dem Tode Agrippas II 92/93 kam dann sein gesamtes Herrschaftsgebiet endgültig zur Provinz Sy ria (Millar 63. 91f; Aliquot, Ituröens 235f; Sartre 509. 515. 548). Das Königreich von Emesa hatten die Römer bereits nach 72 in die Provinz Syria eingegliedert (Millar 84. 90; Gebhardt 66f). - Kaiser Septimius Seve rus (193/211) war seit Sommer 187 in zweiter Ehe mit Iulia Domna (*Kaiserin), der Toch ter des emesenischen Hohepriesters Iulius Bassianus, verheiratet. Nach seinem Sieg über seinen Rivalen Pescennius Niger im Frühjahr 194 teilte er die Provinz Syria in die beiden Provinzen Syria Coele u. Syria Phoenice auf. Die Provinz Syria Phoenice wurde einem praetorischen Legaten unter stellt, der nur über eine Legion, die III Gallica, verfügte (Millar 118/23. 304; Sawaya 229f). Ein eigener Provinziallandtag für Phö nikien (κοινόν Φοινίκης) mit Tyros als μητρόπολις ist bereits für das 2. Jh. epigra
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phisch u. numismatisch belegt (InscrGrLatTyr 59 nr. 63; Haensch 264). Umstritten ist aber, ob Tyros nach der Teilung der Provinz Syria auch Residenz des Legaten der Pro vinz Syria Phoenice wurde. Haensch (2590 plädiert für Heliopolis als Provinzhaupt stadt. - Von Emesa aus organisierte Iulia Maesa, die Schwester der Iulia Domna, im Frühjahr 218 die Gegenrevolution gegen *Caracallas Mörder u. Nachfolger Macrinus, die zunächst ihrem älteren Enkel Bassianus, dem Sohn der Iulia Soaemias u. Priester des Sonnengottes Elagabal (daher sein Kaiser name *Elagabal; 218/22), u. dann dem jün geren Alexianus (Kaisername Severus Alex ander; 222/35), dem Sohn der Iulia Avita Mamaea, die Herrschaft über das Imperium verschaffte (Millar 145/7). Vor 225 wurden der größte Teil der Trachonitis, der Norden der Batanaia u. die Auranitis von der Syria Phoenice abgetrennt u. der Arabia zugeord net (E. Kettenhofen, Zur Nordgrenze der provincia Arabia im 3. Jh. nC.: ZsDtPalVer 97 [1981] 62/73; Sartre 616f). Nach der kata strophalen Niederlage Kaiser Valerians (253/60) bei Edessa iJ. 260 vertrieb Odainathos v. Palmyra mit einem Heer aus palmyrenischen Truppen u. römischen Einheiten die Perser aus Syrien u. Mesopotamien. Nach der Ermordung des Odainathos (267) wandte sich seine Witwe Zenobia v. Palmyra gegen Rom. Sie konnte für einige Jahre ein palmyrenisches Reich errichten, das u. a. die syr. Provinzen umfasste. Aber 272 fiel es dem Gegenstoß Kaiser Aurelians (270/75) zum Opfer, der Palmyra selbst zur Kapitu lation zwang, Zenobia gefangennahm u. die Stadt schließlich nach einer Revolte der Palmyrener weitgehend zerstörte (Sartre 975/84; U. Hartmann, Das palmyrenische Teilreich [2001]). - Vor 333 wurde Döra aus der Syria Phoenice aus- u. der Palaestina an gegliedert. Wohl schon unter Diokletian (284/305) waren die Statthalter der Provin zen einem vicarius Orientis in Antiocheia un terstellt worden, der als Vermittlungsin stanz zwischen dem Kaiser u. den Statthal tern fungierte. Seit 335 trug dieser Generalstatthalter den Titel comes Orientis. Die in den Provinzen u. an der Grenze sta tionierten Truppen wurden dem Kommando der Statthalter entzogen u. eigenen duces unterstellt (Millar 181/4. 191/3). Nach Joh. Mal. chron. 13,37 (CorpFontHistByz 35,267) teilte Theodosius I (379/95) die Provinz
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Phoenice in die Provinzen Phoenice Mari tima u. Phoenice Libanensis u. erhob Emesa zur Hauptstadt der Libanensis. Deren Ver waltungsstruktur u. Umfang können wir in der Mitte des 5. Jh. der *Notitia dignitatum u. dem Synekdemos des Hierokles entneh men (verfasst zu Beginn der Regierungszeit *Iustinianus’ I, 527/65). Die Phoenice Mari tima (Phoinike Paralia) wurde damals von einem consularis verwaltet, der Phoenice Li banensis (Phoinike Libanesia) stand ein praeses als Statthalter vor (Not. dign. or. 1, 60. 89; 2,10.18; Hierocl. synecd. 715,5/717, 7 [40f Honigmann]). Die in den beiden Provin zen konzentrierten Truppen wurden vom dux Phoenices befehligt. Ein Großteil der Truppen, darunter zwölf meist aus einhei mischen Soldaten rekrutierte Kavalleriere gimenter, war in den Kastellen entlang der Strata Diocletiana zwischen Damaskus u. Palmyra stationiert (Not. dign. or. 1, 43; 32, 17/44). Um Süd- u. Mittelsyrien besser gegen die Angriffe der lahmidischen Araber schüt zen zu können, wurde seit Herbst 527 Pal myra zur Residenz eines dux ausgebaut u. damit neben dem dux in Damaskus ein zwei ter regionaler Militärbefehlshaber in der Phoenice Libanensis stationiert (Joh. Mal. chron. 18,2 [CorpFontHistByz 35,354f]; Pro cop. aed. 2, 11; Theophan. Conf. chron. zJ. 527/28 [1, 174 de Boor]; Shahid, 6* cent. 172/4). Vor dJ. 540 gewährte Kaiser Justi nian I dem Statthalter der Phoenice Liba nensis eine Rangerhöhung zum spectabilis u. zum moderator sowie ein Gehalt in Höhe von bis zu zehn litrai Gold u. unterstellte ihm au ßerdem den numerus der Tertiodelmati. Diese Truppe war zuvor ausdrücklich der Befehlsgewalt des dux Phoenices entzogen worden u. ihm wurde explizit jede Einmi schung in zivile Angelegenheiten untersagt (Nov. Iust. App. 4,1/3). Am 9. VII. 551 wur den die Provinzen Phoenice Maritima, Phoe nice Libanensis u. Arabia von einem schwe ren *Erdbeben u. einem Tsunami heimge sucht (E. Guidoboni / A. Comastri / G. Traina [Hrsg.], Catalogue of ancient earthquakes in the mediterranean area up to the IO“1 cent. [Roma 1994] 332/5). - Nach dem Tode des Arethas / al-Härit iJ. 569 übernahm sein Sohn al-Mundir seine Stellung als phylarchos u. als König. 572 soll *Justinus II dem ma gister militum per Orientem Marcianus be fohlen haben, al-Mundir ermorden zu lassen. I. Shahid vermutet, dass Hofkreise in Kpel
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u. der reichskirchl. Patriarch Gregorios v. Ant. (570/93), der den Gassäniden wegen sei ner Protektion der Monophysiten gehasst habe, hinter diesem Mordplan standen. Durch einen Zufall erfuhr al-Mundir davon u. zog sich mit seinen Truppen u. Stämmen tief in die Wüste zurück, so dass Syrien 573 beim Einfall der Perser u. lahmidischen Araber schutzlos war. Zwar gelang es dem magister militum per Orientem Justinian bei einem Treffen mit al-Mundir, das Bündnis wieder herzustellen, aber nach dem gescheiterten Feldzug der Byzantiner u. Araber gegen die pers. Reichshauptstadt Ktesiphön 580/81 be schuldigte der magister militum per Orien tem Maurikios al-Mundir, die Perser durch Boten gewarnt zu haben (Shahid, 6* cent. 337/64.373/89.413/20.439/43). Schließlich be mächtigte sich Tiberios II mit Hilfe des commerciarius Antiochiae Magnus des Gassäni den, der im August 582 nach Sizilien ver bannt wurde (ebd. 444/63. 535/7). - Nach der Verhaftung al-Mundirs eröffnete sein Sohn an-Nu‘män III einen Rachekrieg gegen die Byzantiner. Versorgungsschwierigkeiten zwangen ihn schließlich, den Kampf aufzu geben. Kaiser Maurikios (582/602) ließ diesen Gassäniden zunächst wegen crimen laesae maiestatis (*Maiestas) zum Tode verurteilen, begnadigte ihn aber dann u. internierte ihn in Kpel in Ehrenhaft. Danach wurde kein neuer phylarchos mehr für alle arabischen Stämme im Grenzgebiet der Diözese Oriens ernannt, so dass der bislang unter dem Kö nigtum der Gassäniden zusammengefasste Stämmebund sich in 15 Gruppen auflöste (ebd. 464/78. 529/34. 537/56). Im Herbst 613 eroberten die Truppen des pers. Feldherrn Sahrvaräz Damaskus u. Südsyrien. Sie blie ben bis zum Sommer oder Herbst 629 im Land (Kaegi 43.66f). Das Werk des Geörgios v. Zypern gibt für die Provinz Phoenice Ma ritima (Phoinike Paralia) eine von Hierokles etwas abweichende Liste der Städte u. Dör fer u. verzeichnet zusätzlich das klima Iabrudön, Euareia, Barkusa oder Iustinianupolis, das klima Maglulön oder Magludon, das Salton Gonaitikon, Salamias u. das klima Anatolikon (Georg. Cypr. 967/96 [66 Honig mann]; A. H. Μ. Jones, The cities of the eastem Roman provinces2 [Oxford 1971] 287f). - Im Herbst 633 begann die arab. Er oberung der Provinzen Arabia u. Phoenice Libanensis. Anfang September 635 kapitu lierte Damaskus gegen freien Abzug der byz.
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Besatzung. Danach ergaben sich auch Heli opolis (Baalbek) u. Emesa den Arabern (Kaegi 108. 112; J. J. Scheiner, Die Erobe rung von Damaskus [Leiden 2010] 76), aber im Frühjahr 636 eroberte eine neue byz. Ar mee Emesa u. Damaskus noch einmal zu rück. Nördlich des Yarmuk im Grenzgebiet zwischen den Provinzen Arabia u. Palaestina II erlitten die Byzantiner am 19. u. 20. VIII. 636 eine vernichtende Niederlage. Um die Jahreswende 636/37 kapitulierte Damaskus zum zweiten Mal. Abü ‘Ubayda ernannte Yazid ibn Abi Sufyän zum Statthalter von Damaskus u. Umgebung (Kaegi 35f. 67. 114. 119/45). In den ersten Monaten dJ. 637 ge wannen die Muslime Heliopolis (Baalbek), die Biqä'-Ebene u. Emesa kampflos zurück. Yazid ibn Abi Sufyän u. sein Bruder Mu'äwiya unterwarfen die Küstenstädte Si don, Arkai, Byblos u. Berytos. Die Einwoh ner von Tripolis wurden 639 von der byz. Flotte evakuiert (V. Christides, The coastal towns of Biläd al-Shäm at the time of the Rääidün [632/61]: Έπετηρίς του Κέντρου Επιστημονικών Ερευνών 13/16 [1984/87] 49/62; Kaegi 67.146). Damit war fast das ge samte Territorium der mittel- u. südsyr. Pro vinzen für Byzanz verloren. Erst als die Ara ber unter Mu'äwiya über eine eigene Flotte verfügten, konnten sie 650 auch die Vertei diger von Kastellos auf der Insel Arados (Arwäd) zur Kapitulation zwingen (L. I. Conrad, The conquest of Arwäd: A. Came ron / L. I. Conrad [Hrsg.], The Byz. and early Islamic Near East 1 [Princeton 1992] 317/401). IV. Bevölkerung. Strab. 16, 2, 2 unter scheidet die Phönizier (Φοίνικες) noch als ei genständige Bevölkerungsgruppe von den übrigen Bewohnern Syriens, den Koilosyroi, Syroi, Iudaioi, Idumaioi, Gazaioi u. Azötioi. Als Pompeius 63 vC. nach Südsyrien vor stieß, beherrschten die Ituräer u. andere Araber die Gebirgszüge des Antilibanon u. des Libanon. Sie unternahmen von Chalids sowie von Sinna u. Borrama im LibanonGebirge Raubzüge in die Biqä'-Ebene u. in die Küstenebene. Pompeius zerstörte die Festungen der Ituräer u. Araber u. unter warf sie römischer Herrschaft (Sartre 381f. 431. 438). Zwischen ca. 29/15 vC. siedelte Μ. Vipsanius Agrippa im Gebiet von Berytos u. in der Biqä'-Ebene Veteranen an, die zuvor in zwei Legionen des besiegten Antonius so wie in den Legionen V Macedonica u. VIII
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Augusta gedient hatten (Strab. 16, 2,19; Sawaya 185. 187/93). V. Städte. Plin. n. h. 5, 75/8 u. Ptol. geogr. 5, 15, 4 zählten zu Ph. (Phoinikë) die Städte Arados, Marathos, Simyra (Sumra), Orthösias, Tripolis, Kalamos (al-Qalamün), Trieris (Anfi), Gigarta (Musayliha), Botrys (Batrün), Byblos (Gubayl), Leontos (Güniya), Bërytos, Sidön, Sarepta, Ornithôn (polis; ‘Adlün), Ty ros, Ekdippa (Tel Akhziv, Israel), Ptolemais, Sykaminön (Haifa) u. Döra. Im Synekdëmos des Hieroklës werden außer der Provinz hauptstadt Tyros als Städte der Provinz Phoinikë Paralia noch die folgenden genannt: Ptolemais, Sidon, Bërytos, Byblos, Botrys, Tripolis, Arkai, Orthösias, Arados, Antarados u. Paneas (715, 5/716, 9 [40f Honig mann]). Zur Provinz Phoinikë Libanësia ge hörten nach Hieroklës die Städte Emesa, Laodikeia, Damaskus, Hëliopolis, Abila u. Palmyra (717, 1/7 [41 H.]). Georg. Cypr. 990. 991ab. 993. 995 (66 H.) ergänzt die Städte liste des Hieroklës für die Phoinikë Libanë sia noch durch Nennung der Städte Iabruda (Yabrüd), Euareia (Hawärin), Barkusa, Maglula (Ma‘lülä) u. Salamias / Salamlya. a. Phoenice Maritima (Phoinikë Paralia). Akë s. Ptolemais. - Arados (heute Arwäd bzw. Ruwäd) auf einer felsigen Insel in zwanzig Stadien Entfernung vom Festland u. ihr Territorium auf dem Festland gehör ten seit 301 vC. mit Ausnahme dJ. 246/243-2 zum Seleukidenreich. Die Aradier stellten ein Kontingent für die königliche Flotte, er freuten sich aber weitgehender Autonomie (F. Duyrat, Arados hellénistique [Beyrouth 2005]). In augusteischer Zeit war Arados so dicht besiedelt, dass die Aradier in Häusern mit vielen Stockwerken wohnten. Da es auf der Insel selbst kein Wasser gab, speicher ten sie Regenwasser in Zisternen. Außer dem bezogen sie Trinkwasser aus Süßwas serquellen auf dem Meeresgrund u. vom Festland (Strab. 16, 2, 13f). Um dJ. 207 er richteten die Kurie, das Volk u. der Rat der Alten (ή βουλή καί ό δήμος και ή γερουσία) dem Statthalter der Syria Phoenice, dem consularis (ύπατικός) Domitius Leo Procillianus, eine Statue im Hafen der Purpurfi scher (InscrGrLatSyr 7, 4016b“; Haensch 575; SupplEpigrGr 48, 1849b“). Der wich tigste Hafen der Aradier auf dem gegen überliegenden Festland war Kamos. Zu dem von Arados beherrschten Gebiet an der syr. Küste gehörten noch Simyra u. Marathos (s.
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unten; Rey-Coquais, Arados 101/4. 131/7). Antarados (heute Tartüs) wurde erst unter *Constantinus d. Gr. (306/37) oder unter sei nem Sohn **Constantius II (337/61) wegen der Hinwendung seiner Bewohner zum Christentum in den Rang einer Stadt erho ben u. in Könstantina umbenannt (Eus. vit. Const. 4,39,1 [GCS Eus. 1,2,135]; Soz. h. e. 2, 5. 8; Jones aO. 267). - Arkai / Arke (auch Kaisareia Libanu, Caesarea ad Libanum, Area Caesarea; heute Tall ‘Arqä) blieb auch nach der röm. Eroberung zunächst unter der Herrschaft ituräischer Fürsten (Aliquot, Ituröens 237/41; Sartre 506f. 643). - Berytos (Bayrüt / Beirut) s. W. Liebeschuetz, Art. Berytus: RAC Suppl. 1, 1027/42. - Döra (Nahsholim, auch Döros; heute Dor) war nach Flavius Josephus eine teilweise von den Makkabäern zerstörte Stadt Phöniziens (πόλις τής Φοινίκης), der Pompeius 63 vC. Autonomie gewährte u. die der röm. Pro vinzstatthalter Gabinius 57/55 vC. wieder aufbauen ließ (E. Stern, Art. Dor: NewEncArchExcavHolyLand 1 [1993] 357/68; ders., Art. Dor: ebd. 5 [2008] 1695/703). - Marathos (heute ‘Amrit) war nach Strab. 16, 2,12 eine alte Stadt der Phönizier (πόλις Φοινίκων άρχαϊα), berühmt durch das Heiligtum des Melqart-Herakles. Möglicherweise siedelten sich in hellenistischer Zeit Makedonen in Mara thos an (Rey-Coquais, Arados 152f; G. Μ. Cohen, The Hellenistic Settlements in Syria, the Red Sea basin, and North Africa [Ber keley 2006] 211). In augusteischer Zeit lag der Ort zunächst noch in Ruinen, war aber wieder besiedelt (Rey-Coquais, Arados 131/6; Grainger, Ph. 129/31). Archäologische Funde belegen, dass er noch in frühbyzanti nischer Zeit bewohnt war u. der Hafen u. a. zum Import prokonnesischer *Marmor-Produkte nach Syrien genutzt wurde (Μ. Dennert / S. Westphalen, Säulen aus Kpel. Ein Schiffsfund im antiken Hafen von Amrit: Da maszener Mitt. 14 [2004] 183/95). - Orthösias (Ard Artüsi, auch Orthösia) wird erstmals 242/241 vC. in den Quellen erwähnt, als es von Truppen des Seleukos II (246/225 vC.) eingenommen wurde (Grainger, Wars 168). Joh. Rufus beschreibt um 490 den Ort (vit. Petr. Iber.: 106f Raabe) als sehr klein u. menschenarm; die Stadt litt unter Über schwemmungen, wenn im Frühjahr das Schmelzwasser vom Libanon-Gebirge in die Ebene herabströmte (E. Honigmann, Art. Orthösia nr. 3: PW 18, 2 [1942] 1494f). Um
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oder nach 500 wurde Neilos, ein Priestermönch aus der Laura des hl. Euthymios, von Bischof Leontios v. Tripolis zum Bischof von Orthösias geweiht (Cyrill. Scythop. vit. Euthym. 48 [TU 49,2,68 Schwartz]). - Bei Porphyreön polis (heute al-öiya, 28 km südl. von Beirut) besiegte der Seleukide Antiochos III (223/187 vC.) 218 vC. ein ptolemäisches Heer (Grainger, Ware 208). Im Sommer 1975 so wie 1997 u. 2003/05 legten Archäologen 400 m2 der antiken Stadt frei. Wie Brand spuren u. Münzfunde nahelegen, wurde die Stadt wahrscheinlich von den Persern in den ersten Regierungsjahren des Hërakleios (610/41) erobert u. niedergebrannt (T. Waliszewski u. a., Jiyeh [Porphyreon]. Hellenistic, Roman and Byz. seulement on the southem coast of Lebanon: Bull, d’archéol. et d’ar chitecture Libanaises 10 [2006] 5/84). Von diesem Porphyreön ist eine gleichnamige Stadt im Gebiet des Karmel, das heutige Haifa in Israel, nach E. Honigmann zu un terscheiden (L’évêché phénicien de Porphy reon [Haifa]: Annuaire de l’inst. de philol. et d’hist. orientales et slaves 7 [1939/44] 381/94). - Ptolemais (Akë, heute Akko [Is rael]): Diese zunächst Akë genannte große Stadt wurde von Ptolemaios II Philadelphos (282/246 vC.) vor 259 vC. in Ptolemais um benannt. 52 oder 54 erhielt Ptolemais von Claudius (41/54) den Status einer röm. Colo nia (N. Kashtan, Akko-Ptolemais. A mari time metropolis in Hellenistic and early Ro man times, 332 BCE/70 CE, as seen through literary sources: Mediterranean Histor. Rev. 3 [1988] 37/53; Sartre 646f. 703). - Sarepta (heute Sarafand) war keine selbständige Stadt, sondern als μακρά κώμη Teil des Ter ritoriums von Sidön (J. B. Pritchard, The Roman port at Sarafand [Sarepta]: Bull, du musée de Beyrouth 24 [1971] 39/56; Grain ger, Ph. 68). - Sidön (heute Saydä) gehörte ca. 288-7/199 vC. zum Ptolemäerreich (ebd. 47/9). In augusteischer Zeit rivalisierte Si dön mit Tyros um den Rang der führenden Stadt der Phönizier (μητρόπολις Φοινίκων). 218 erhielt Sidön von Elagabal (218/22) den Ehrentitel mëtropolis (Millar 147; Sartre 706). - Tripolis (al-Mlna in Taräbulus; heute Taräbulus) war eine Gründung von Tyros, Sidön u. Arados. Zwischen 105 u. 95 vC. er langte die Stadt Autonomie (Grainger, Ph. 148. 155). - Tyros (heute Sûr) war seit der Belagerung durch Alexander d. Gr. (332) durch einen Damm mit dem Festland ver
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bunden u. nach Strab. 16, 2, 22 die größte u. älteste Stadt der Phönizier. Sie gehörte 288-7/199 vC. zum Ptolemäerreich (Grainger, Ph. 47/9; ders., Wars 262). Auch unter den Römern war die Stadt autonom (Jidejian, Tyre 88f). Wohl schon Trajan (98/117), mög licherweise auch schon Domitian (81/96), u. nicht erst Hadrian (117/38) verlieh Tyros den Titel mëtropolis (Sartre 610. 705). Weil Ty ros im Bürgerkrieg 193/94 für Kaiser Septimius Severus (193/211) Partei ergriffen hatte, wurde es 198 zwar mit dem ius italicum geehrt u. war auch Sitz des koinon der Provinz Syria Phoenice, doch fehlen eindeu tige Belege dafür, dass die Stadt bereits zu dieser Zeit auch Hauptstadt der Provinz u. Residenz des Statthalters war (Millar 123f; Haensch 259/61). b. Phoenice Libanensis (Phoinikê Libane sin). Barkusa (heute BurquS im Nordosten des Hermon) erhielt, wie sein zweiter Name Iustinianupolis belegt, erst zu Beginn der Regierungszeit Iustinianus’ I (527/65) Stadt rechte u. einen *Bischof (Aliquot, BurqushBarkousa 241/7). - Damaskus (heute DimaSq) gehörte von 302/202 vC. zum Ptolemäer reich, dann zu dem der Seleukiden (Grain ger, Wars 42.249. 254). 65 vC. besetzten Me tellus u. Lollius, Legaten des röm. Impera tors Pompeius, die Stadt (Will 10). Möglicherweise unterstand Damaskus zwi schen 33/34 u. 65/66 einem im NT bezeugten nabatäischen Ethnarchen (2 Cor. 11, 32; D. Sack, Damaskus [1989] 14; Will 11; Gebhardt 251, bes. Anm. 5). Für die Bischöfe Dada v. Chonachara / Chonochora (wahrscheinlich Qära im Qalamün-Gebirge) u. Theodoros v. Danaba unterzeichnete ihr Metropolit Theo doros v. Damaskus am 25. X. 451 die dog matische Definition des Konzils v. Chalkëdôn (AConcOec 2, 1, 2, 154 nr. 443; A. Schmidt, Zur Gesch. des Bistums Qara im Qalamun: dies. / S. Westphalen, Christi. Wandmale reien in Syrien. Qara u. Kloster Mar Yakub [2005] 17; zur Identifikation von Chonachara mit Qara ebd. 19f). - Emesa (heute Hirn?) erhielt 218 den Ehrentitel mëtropolis (Millar 143. 308; Sartre 706). 453 erhielt die Stadt auch den kirchl. Rang einer autokephalen mëtropolis (E. Honigmann, Stud. zur Notitia Antiochena: ByzZs 25 [1925] 66; J. Nasrallah, Saints et évêques d’Emèse [Homs]: ProchOrChr 21 [1971] 226/8). Aus Emesa stammte der berühmte Hymnendichter Romanos der Melode (B. Baldwin, Art. Romanos the Me-
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lode: OxfDictByz 3 [1991] 1807f). - Heliopolis (Baalbek) gehörte nach 30 vC. zunächst zum Territorium der von Augustus gegründeten Colonia Berytus. Wohl erst unter Septimius Severus (193/211) erhielt der Ort den Status einer autonomen Colonia u. das ius italicum (Sawaya 230f. 238/40; H. Wienholz, Gesch. Baalbeks in röm. Zeit: van Ess / Rheidt 146/57). Die Stadt könnte nach Haensch (259f. 574f. 753) im 3. Jh. Residenz des Statt halters der Provinz Syria Phoenice gewesen sein. Konstantin d. Gr. untersagte nach 324 die Prostitution im Tempel der Aphrodite in Heliopolis. Außerdem ließ er dort eine große Kirche errichten, einen Bischof einsetzen u. die Armen großzügig unterstützen, um diese für das Christentum zu gewinnen (Eus. vit. Const. 3, 58 [GCS Eus. 1,1,111]; Soz. h. e. 5, 10, 7; K. Rheidt, Orient, Rom, Byzanz. Zur städtebaulichen Entwicklung Baalbeks in antiker u. byz. Zeit: van Ess / Rheidt 166). Trotzdem blieb die Stadt eine Hochburg des Heidentums (Soz. h. e. 7, 15, 11). 575/76 war die Bevölkerung von Heliopolis immer noch mehrheitlich nichtchristlich, so dass der Cae sar Tiberius, der die Regentschaft für den erkrankten Kaiser Justin II (565/78) führte, Truppen in die Stadt entsandte, die gegen Nichtchristen vorgingen (Joh. Eph. h. e. 3,27 [CSCO 105 / Syr. 54, 154F; lat.: ebd. 106 / Syr. 55, 114fJ). - Καισαρεία ή Φιλίππου / Caesarea Philippi s. Paneas / Paneion. - Pal myra s. Μ. Sommer, Art. Palmyra: o. Bd. 26, 848/72. - Paneas oder Paneion (Kaisareia he Philippu, Caesarea Philippi; heute Bäniyäs) an der Quelle des Jordan war ursprünglich nach dem Gott Pan benannt, dem dort eine Grotte geweiht war, neben der König Herö des (37/4 vC.) einen Tempel zu Ehren des Augustus errichten ließ. Philippos, Sohn des Herödes u. Tetrarch (4 vC./34 nC.), ließ den Ort 3/2 vC. zur Stadt ausbauen. Zur besse ren Unterscheidung von den zahlreichen an deren Kaisareiai erhielt sie die auch im NT belegte Bezeichnung Καισάρεια ή Φιλίππου, lat. Caesarea Philippi (Mt. 16, 13; Mc. 8, 27; Z. U. Ma'oz, Art. Banias: NewEncArchExcavHolyLand 1 [1993] 136/43; dies. / V. Tzaferis / Μ. Hartal, Art. Banias: ebd. 5 [2008] 1587/94). Um dJ. 320 wurde Besu chern der Stadt eine aus Bronze gegossene Statuengruppe gezeigt, die Jesus u. die von ihm vom Blutfluss geheilte Kanaanäerin (Mt. 9, 20/2; Mc. 5, 25/34; Lc. 8, 43/8) darstellte (Eus. h. e. 7, 18, 1/4; Th. Weber, Die Statu
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engruppe Jesu u. der Haimorrhousa in Cae sarea Philippi: Damaszener Mitt. 9 [1996] 209/16). Mitte des 5. Jh. setzte ein auch ar chäologisch nachweisbarer Niedergang der Stadt ein, der von den Erdbeben dJ. 502 u. 551 beschleunigt wurde (J. F. Wilson / V. Tzaferis, Histor. and archeolog. summary: V. Tzaferis / Sh. Israeli [Hrsg.], Paneas 1. The Roman to early Islande periods [Jerus. 2008] 178). VI. Wirtschaft u. Verkehr, a. Land- u. Forstwirtschaft. Im fruchtbaren Umland der Städte Ph.s wurden Getreide, Wein u. Oliven angebaut, besonders intensiv wohl im Um land von Sarepta u. Tyros sowie im Gebiet zwischen Ptolemais u. Paneas, wo 82 Wein pressen aus frühbyzantinischer Zeit belegt sind. Auch im Umland von Hëliopolis, im An tilibanon u. in der Bergrandoase von Damas kus (arab. aUGüta) wurde Wein kultiviert. Das Oliven-*Ö1 war von so guter Qualität, dass es für den Export geeignet war (Μ. De cker, Tilling the hateful earth. Agricultural production and trade in the late antique east [Oxford 2009] 139f. 166/8). Die nördl. Biqä'-Ebene sowie die Gebiete um Iabruda u. Euareia konnten in römischer Zeit durch den Bau von Kanälen für eine intensivere land wirtschaftliche Nutzung erschlossen werden (ebd. 186/9). Berühmt war die Damaskënë vor allem für ihre Pflaumen, die auch im an tiken u. mittelalterl. Femhandel eine wich tige Rolle spielten (Th. Weber, Damaskëna. Landwirtschaftliche Produkte aus der Oase von Damaskus im Spiegel griech. u. lat. Schriftquellen: ZsDtPalVer 105 [1989] 151/65; Sartre 763/5). Die Forste des Libanon waren, wie Inschriften aus der Regierungs zeit Hadrians (117/38) belegen, in römischer Zeit kaiserliche Domäne (J.-F. Breton, Les inscriptions forestières d’Hadrien dans le Mont Liban [Paris 1980]; H. Abdul-Nour, Les inscriptions forestières d’Hadrien: Archaeol. and hist, in Lebanon 14 [2001] 64/95). b. Handel u. Handwerk. Auch während der röm. Kaiserzeit waren die Bewohner Ph.s, besonders die Tyrier, als erfolgreiche Kaufleute (èpjtoQixoi) bekannt (Strab. 16, 2, 2; Expos, mundi 24. 33 [SC 124, 158. 166]). Nach Strab. 16, 2, 23 u. Plin. n. h. 5, 76 be ruhte der Reichtum von Tyros auf der See fahrt, der Purpurfärberei u. dem Fischfang. Um 300 übertrug Diokletian (284/305) dem Eunuchen u. christl. Presbyter Dorotheos die Aufsicht über die Purpurfärberei in Ty
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ros (Eus. h. e. 7, 32, 3; Millar 205). Purpurfarberei gab es aber auch in anderen Küsten städten Ph.s, zB. in Arados (InscrGrLatSyr 7, 4016b“) u. Sidon (Sartre 792f). Im 4. Jh. stellten die Bewohner von Byblos, Sidön u. Tyros Tuche (linteamina) her u. exportierten diese in die gesamte röm. Welt (Expos, mundi 31 [SC 124, 162. 164]). Nach ’Proko pios v. Caes. (6. Jh.) gab es in Bërytos u. Si don bereits seit langer Zeit Hersteller (τεχνΐται), Bearbeiter (έπιόημιουργοί) u. Verkäu fer (έμποροι) von Seidengewändern (ίμάτια τα έκ μετάξης: Procop. hist arc. 25,13/8). Da die Verfahren zur Zucht von Seidenraupen u. zur Gewinnung von Rohseide den Byzan tinern erst während der Regierungszeit Jus tinians I (527/65) bekannt wurden, ist anzu nehmen, dass die Seidenproduzenten u. Fär ber aus dem Fernen Osten importierte Rohseide veredelten (ebd.; Sartre 794). Noch in hellenistischer Zeit lieferten die Zedernu. Zypressen-Wälder in den Territorien von Tripolis, Byblos u. Sidön genügend *Holz für den Bau von Schiffen u. ganzen Flotten (Diod. Sic. 19, 58, 2/5; Jidejian, Byblos 104f. 136). - In Sidön u. Tyros verarbeitete man Sand (ύελινη ψάμμος), der an der Küste zwi schen Tyros u. Ptolemais gefunden wurde, zu *Glas (Grainger, Ph. 72. 106. 182f; Sartre 798). Durch Inschriften belegt sind Bild hauer, Klinenmacher, Messerschmiede u. Zimmerleute in Sidön, Kupferschmiede in Heliopolis, ferner Gerber, Hersteller von Schläuchen, Juweliere u. Stukkateure in Pal myra (Mentzu 97f nr. 320; Sartre 806; R. Wachter, Die griech. Inschriften: R. A. Stucky [Hrsg.], Das Eschmun-Heiligtum von Si don [Basel 2005] 320/2. 326). In Heliopolis sind Barbiere (κουρεΐς) u. Kupferschmiede (χαλκοτύποι) inschriftlich nachgewiesen (InscrGrLatSyr 6,2801.2859; Mentzu 134 nr. 453). Vereinigungen von Handwerkern sind durch Inschriften belegt, so zB. ein koinon der Barbiere von Sidön unter dem architechnos G. Kassios Alexandres (Inschrift vom 20. V. 132; J.-B. Yon, Inscr. de Sidon conservées à Byblos: Bull, d’archéol. et d’architecture Libanaises 9 [2005] 293/5 nr. 5). - Nach der Expos, mundi 32 (SC 124, 166) kamen aus Tyres u. Bërytos Schauspieler (mimarii) u. aus Heliopolis Chorflötisten (choraulae). Waffen u. Schilde wurden in friihbyzantinischer Zeit in einer staatl. fabrica in Damas kus hergestellt (Not. dign. or. 11, 20; Joh. Mal. ehren. 12, 38 [CorpFontHistByz 35,
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236]; Weber 156). In der Vita des hl. Narren Symeön Salos, der seine letzten Lebensjahre zwischen 550 u. 600 in Emesa verbrachte, werden Kuchenbäcker, ein Verkäufer von Wein u. warmen Speisen, ein jüd. Arbeiter in einer Werkstatt, ein jüd. Glasmacher, Schau spieler u. ein Maultiertreiber erwähnt (Leont. Neapol. vit. Sym.: 80. 84. 88. 97f. 102 Festugiöre / Ryden; Mentzu 86f nr. 234). c. Straßensystem. Wohl die wichtigste Straße, die die Provinz Syria Phoenice durchquerte, war die Küstenstraße von Antiocheia über Laodikeia, Antarados, Tripolis, Byblos, Berytos, Sidön, Tyros u. Ptolemais nach Kaisareia (Caesarea) in Palaestina (♦Kaisareia II). Wie der älteste röm. Meilen stein aus Syrien belegt, wurde diese Straße 56 nC. im Abschnitt zwischen Antiocheia u. Ptolemais ausgebaut. Weiter landeinwärts verlief ebenfalls in Nord-Südrichtung eine große Straße, die die Syria Phoenice in Emesa erreichte u. dann über Heliopolis u. Damaskus nach Jerusalem führte. Diese bei den Nord-Süd-Verbindungen waren durch Querstraßen, auf denen die Reisenden von Berytos nach Heliopolis u. von Tyros über Paneas nach Damaskus ziehen konnten, mit einander verbunden. Von Emesa gelangte man auf zwei parallel verlaufenden Straßen in östlicher Richtung nach Palmyra, das durch eine für den Grenzschutz besonders wichtige u. später Strata Diocletiana ge nannte Straße in südwestlicher Richtung mit Damaskus verbunden war (Th. Bauzou, Les routes romaines de Syrie: J.-M. Dentzer / W. Orthmann [Hrsg.], Archöol. et hist, de la Sy rie 2 [Saarbrücken 1989] 205/21; Millar 65. 183/6. 297f. 309f). Von Süden erreichte der transjordanische Königsweg, eine bei *Petra beginnende Abzweigung der Weihrauch straße, Damaskus, wo viele Waren von ’Ka melen auf *Esel umgeladen wurden (Weber 154f). B. Heidnisch. I. Religion. Altorientalische Quellen erwähnen als von den Phöniziern verehrte Gottheiten den Ba'al des Himmels (B'L ÖMN) u. den Ba'al von Byblos (B'L GBL), die Versammlung der hl. Götter von Byblos, ferner Ba'al Malage u. Ba'al Saphon, Melqart (MLQRT), Eämun u. Astarte. Be reits vor der Eroberung Ph.s durch Alexan der d. Gr. (333/332 vC.) wurden die einhei mischen Gottheiten der Phönizier von grie chischen Autoren vielfach mit griechischen Göttern gleichgesetzt, so zB. El mit Kronos,
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Ba'al bzw. der Ba‘al der Himmel, ursprüng lich ein Wettergott, u. Hadad mit Zeus, Melqart mit “"Herakles, Eämun mit *Asklepios, Astarte mit Aphrodite oder *Hera u. ReSep mit * Apollon (Aliquot, Vie 137/53. 157/63; C. Bonnet / H. Niehr, Religionen in der Umwelt des AT 2 [2010] 51. 54f. 64/6. 68. 71. 73. 81. 96/9. 105. 138). Auch ägyptische Götter wurden in Ph. verehrt. In Byblos wurden Isis u. Osiris mit dem Ba'al der Stadt u. seinem weiblichen Pendant, der Ba'alat Gubal gleichgesetzt (Aliquot, Vie 171/81; Bonnet / Niehr aO. 51. 87. 169). Emesa war ein Zentrum der Verehrung des Sonnengottes (Theos Helios Elagabalos, aram. ’LH’GBL), dessen Kult während der Herrschaft des Kaisers Elagabal (218/22) für kurze Zeit reichsweite Bedeutung erlangte (Millar 304/6). In Heliopolis (Baalbek) ver ehrten die Bewohner Iupiter Optimus Ma ximus Heliopolitanus, Mercurius u. die Ve nus Heliopolitana. Diese Götter wurden spä ter von *Macrobius mit Jupiter, Apollo / Sol / Hadad u. Atargatis gleichgesetzt (Sat. 1, 23, 10/20; InscrGrLatSyr 6, 2711/37; Ali quot, Vie 200/16; A. J. Μ. Kropp, Jupiter, Venus and Mercury of Heliopolis [Baalbek]: Syria 87 [2010] 229/64). - Astarte, die Göttin der Fruchtbarkeit u. der Liebe, aber auch des Krieges, wurde mit Hera / Juno, Aphro dite / Venus, Isis u. Tyche gleichgesetzt. Sie war als Artemis Orthodosia u. als Isis Myrionymos Stadtgöttin von Orthösia(s) u. Tri polis, wurde aber auch in Tyros u. im Um land der Stadt verehrt (Bonnet / Niehr aO. 78/81). Im Tempel der Aphrodite in Byblos beweinten die Gläubigen jedes Jahr den Tod des *Adönis u. feierten am nächsten Tag seine Rückkehr ins Leben (Lucian. D. Syr. 6. 8; Aliquot, Vie 59f). In Tyros wurde der Kult des mit Herakles gleichgesetzten Melqart besonders eifrig gepflegt (Strab. 16, 2, 23; Jidejian, Tyre 94/7. 101; InscrGrLatTyr 18 nr. 2). In Ptolemais (Akko) verehrten die Einwohner in hellenistischer Zeit nicht nur Zeus Söter, Apollon, *Artemis, die Dioskuren u. Tyche, sondern zumindest im Umland auch Hadad u. Atargatis (Cohen aO. [o. Sp. 650] 215. 217). II. Architektur u. bildende Kunst, a. Fes tungen u. Stadtmauern. Die Stadtmauern von Byblos wurden während der Regie rungszeit des Augustus mit finanzieller Un terstützung des Herödes restauriert (Jo seph. b. lud. 1, 422; Sartre 676). An den
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Stadtmauern von Heliopolis wurde, wie In schriften belegen, während der Amtszeit des magister militum per Orientem Anatolios (um 440) u. noch unmittelbar vor der arab. Eroberung gearbeitet (InscrGrLatSyr 6, 2827f). Im Gebiet bei den Hügeln von 'Ayn aä-Öamsin u. ‘Ayn al-Baydä’ im Süden der Biqä'-Ebene rekonstruierten A. Beaulieu u. R. Mouterde ein System von kleinen Festun gen u. Wachtürmen aus frühbyzantinischer Zeit (Poste de surveillance et refuge byz. sur le chemin Chalcis-Häliopolis: Möl. de l’Univ. S. -Joseph 32 [1955] 149/63). In frühbyzanti nischer Zeit erneuerte ein Sergios die Fes tung (φρούριον) in Salamias (InscrGrLatSyr 5,2523). In Damaskus gab es in späthellenis tischer Zeit eine Zitadelle (άκρα; Weber 146/8). Wahrscheinlich besaß die Stadt da mals auch schon eine Stadtmauer, die aber erst durch die Angaben des NT über die Flucht des *Paulus aus Damaskus sicher be legt ist (Act. 9, 24f; 2 Cor. 11, 32; Weber 150f). An bzw. in der Nähe der Strata Diocletiana lagen im Kommandobereich des dux Phoenices die auch archäologisch nachgewie senen Kastelle Dayr Samall, al-Burg u. alMaksara (Thelsea) bei Dumayr, Hän asSamät (Thama?), Hän al-Turäb (vallis Diocletiana?), Hän al-Manqüra (vallis Alba[na]?), Hän Anayba (Onevatha bzw. Anabatha?), Hän al-Basiri (Aviraca?), Bi’r oder Hän al-Qattär (Carneia?), B’ir al-Mulayka, Hän oder Qa§r al-Halläbät (Beriaraca bzw. Veriaraca), ‘Ayn al-Baydä’, Hän alAbyad (InscrGrLatSyr 5, 2704), al-Bhara u. die Legionsfestung von Palmyra (S. Gre gory, Roman military architecture on the eastem frontier from AD 200/600 2 [Amster dam 1996] 187/257; ebd. 3, 2 [ebd. 1997] Abb. E 1,1/E 14,1). b. Häfen. Die wichtigsten Hafenstädte in römischer u. frühbyzantinischer Zeit waren Arados, Berytos, Sidön u. Tyros. Tyros ver fügte über zwei Häfen, von denen der nördl. der sidonische, der südl. der ägypt. genannt wurde. Alle diese Häfen wurden in römi scher Zeit stark ausgebaut u. durch Instand haltungsmaßnahmen funktionsfähig gehal ten. Erst im Verlauf des 6. Jh. erlebten sie einen starken Niedergang, der durch einen Rückgang des Seehandels u. die verhee rende Erdbebenkatastrophe von 551 verur sacht bzw. beschleunigt wurde (N. Marriner, Geoarchaeol. of Lebanon’s ancient harbours [Oxford 2009] 103/52. 179/82. 209/11. 218/28).
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c. Städtische Repmsentationsbauten. In den beiden ersten Jhh. der Kaiserzeit wur den in Damaskus, Palmyra u. Tyros wie in den Städten ganz Syriens prachtvolle Kolon nadenstraßen angelegt (Chéhab 13f; Weber 159; Sartre 677/9; Μ. Tabaczek, Die Säulen straßen des Vorderen Orients: A. SchmidtCollinet [Hrsg.], Lokale Identitäten in Rand gebieten des Röm. Reiches [Wien 2004] 209/21). Gymnasien sind für Arados, Byblos, Tripolis, Tyros, Ptolemais u. Damaskus be legt (Jidejian, Byblos 106; Weber 162f; Will 35; InscrGrLatTyr 17f nr. 1; 48 nr. 47; 53f nr. 54). In Bërytos u. Tyros ließ Hërôdës auf seine Kosten Hallen (έξέδραι), Säulenhallen (στοαί), Tempel (ναοί) u. Marktplätze (άγοραί) errichten (Joseph, b. lud. 1, 422; Chéhab 28). Theater sind für Byblos, Bëry tos, Sidön, Döra, Heliopolis, Damaskus u. Palmyra belegt (Jidejian, Byblos 115; Weber 160f; Will 34f). Bäder u. Thermen sind in Byblos, Bërytos, Paneas, Tyros u. Heliopolis nachgewiesen (Jidejian, Byblos 115f; V. Tzaferis, Art. Banias. The Bathhouse: NewEncArchExcavHolyLand 5 [2008] 1591f; C. Brü nenberg, Röm. Badeluxus in der Levante. Die Thermen im Bustan el-Khan: van Ess / Rheidt 118/27), Nymphäen in Byblos, in Tamnlna al-Fawqa (Biqä'-Ebene), in Helio polis u. in Yabrüd (Nasrallah, Qalamoun 6, 66f; Jidejian, Byblos 116; Aliquot, Vie 298f nr. 58A; I. Périssé-Valéro / D. Lohmann, Tempel u. Nymphäum. Das Quellheiligtum von Ras el-Ain: van Ess / Rheidt 92/5). Ge waltige Zirkusanlagen (circenses) gab es in Bërytos u. Tyros (J. H. Humphrey, Roman cireuses [London 1986] 461/77; InscrGrLat Tyr 85/92). Damaskus besaß bereits in spät hellenistischer Zeit einen Hippodrom von 580 m Länge (Joseph, ant. lud. 13, 389; We ber 144f). d. Heiligtümer u. Tempel. Die beiden um mauerten Tempelbezirke in Baitokaikë, ca. 20 km nördlich von Säfitä, gehörten zur Peraia von Arados. Nach K. S. Freyberger wurde die größere dieser beiden Tempelan lagen mit dem Tempel des Zeus Uranios (Ba‘al§amem) im Verlauf des 2. Jh. nC. aus gebaut; die kleine Tempelanlage, 57 m nord westlich der größeren, deutete er als Markt bezirk des Heiligtums (Das Heiligtum in Hossn Soleiman [Baitokaike]: Damaszener Mitt. 14 [2004] 13/40; H. Niehr, Ba'aléamem [Leuven 2003] 47/50. 68/73; H. Seyrig, Anti quités syr. 48. Aradus et Baetocaecé: Syria
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28 [1951] 191/206; InscrGrLatSyr 7, 4028). Sehr reich ist der Bestand an Kultstätten u. Tempeln aus dem 1. Jh. vC74. Jh. nC. im Ge biet zwischen dem Nähr al-Kabir u. dem See Genezareth bzw. zwischen dem Mittelmeer u. dem Qalamün-Gebirge. Diese Bauten sind zuletzt von J. Aliquot ausführlich behandelt u. katalogisiert worden (Vie 71/126, bes. Karte 72 u. Kat. 233/367). - Das zentrale Hei ligtum der Biqä‘-Ebene war der große Tem pel des Iupiter Heliopolitanus in Heliopolis (Baalbek). Mit dem Bau dieser Tempelanlage wurde in augusteischer Zeit begonnen, ein gestellt wurde die Bautätigkeit aber erst in der 1. H. des 3. Jh. nC. (ebd. 282/9 nr. 54A; D. Lohmann / K. Hitzl, Das Heiligtum des Ju piter Heliopolitanus: van Ess / Rheidt 60/73; H. Wienholz, Gesch. Baalbeks in röm. Zeit: ebd. 151/6). Neben diesem großen Tempel befindet sich der sog. Bacchus-Tempel, der nach K. S. Freyberger zwischen ca. 130 u. ca. 160 nC. errichtet wurde u. ebenfalls Iupiter Heliopolitanus geweiht war (Im Licht des Sonnengottes: Damaszener Mitt. 12 [2000] 95/133). Dagegen halten Aliquot, Vie 191/3 u. Kropp aO. 247 an einer Zuweisung des Tem pels an Bacchus / Dionysos fest. 70 m südlich des Tempelbezirks des Iupiter Heliopolita nus lag ein weiterer, von einer Umfassungs mauer u. Säulenhallen eingerahmter heili ger, wahrscheinlich den *Musen geweihter Bezirk mit einem rechteckigem Tempel aus der frühen Kaiserzeit u. einem später auch als Kirche genutzten Rundtempel (Tycheion?) aus dem frühen 3. Jh. (Aliquot, Vie 291/4; F. Hoebel, Zwischen Orient u. Okzi dent: van Ess / Rheidt 80/91). Der Tempel des Merkur lag wohl auf dem Hügel Sayh 'Abdallah (Aliquot, Vie 294; K. Rheidt, Auf der Suche nach dem Merkurtempel: van Ess / Rheidt 96f). - Im späten 1. Jh. vC. u. im I. Jh. nC. wurden im Libanon, im Antiliba non u. im Hermon eine ganze Reihe von Tempeln gebaut, zB. in Bayt Galluk, Burquä Tempel A u. B, Hisn Sfiri, Magdal Angar, Niha Tempel B, Qal'at Faqra (großer Tem pel, allerdings wohl nur Teile des Baus), Qa§r Nimrud, Rahla u. Slifa (auch Qasr alBanät; Krencker / Zschietzschmann 102/4 nr. 10; 236/43 nr. 36; 32/4 nr. 4; 116f nr. 11; 40/6 nr. 7; 178/81 nr. 28; 223/6 nr. 35; 152/5 nr. 16; Aliquot, Vie 233/5 nr. 1; 352/7 nr. 107; 238f nr. 6A; 308f nr. 70; 302 nr. 59B; 265/7 nr. 31C; 31 lf nr. 73; 349f nr. 106A; 280f nr. 51). Wahr scheinlich erst aus dem 2. u. frühen 3. Jh.
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stammen die Tempel von ‘Ayn Hiräa I Her Heliopolis war von drei Nekropolen am Hü mon, Bziza, Dayr al-Aöayr, Dayr al-Qal'a, gel Öayh ‘Abdalläh sowie in den heutigen Hibbariya, Nabïy Safa, u. Niha Tempel A Stadtteilen Bayt al-Sulh u. al-Sarawna umge (Krencker / Zschietzschmann 1/7 nr. lf; ben (L. de Jong, Die Nekropolen von Baal 106/15 nr. 11A; 205/21 nr. 33f; 245/64 nr. 37f; bek: van Ess / Rheidt 46/51; lat. u. griech. Aliquot, Vie 343/5 nr. 101; 245/7 nr. 9; 348 nr. Grabinschriften: InscrGrLatSyr 6, 2844/59). 105; 268/70 nr. 36; 346f nr. 103; 341/3 nr. 99; Das Grabmonument von Ya'at, nordwestlich 301f nr. 59A). In Nabïy Häm (κώμη Χαμών), von Baalbek, besteht aus einem vierstufigen 15 km südlich von Heliopolis, wurde iJ. quadratischen Unterbau u. einer 16 m hohen 172/73 nC. auf Kosten der Dorfgemeinschaft Säule (Krencker / Zschietzschmann 156f nr. ein Tempel errichtet u. dem Herrn Merkur 17). Auch Barkusa im Nordosten des Hermon (Merkurios Dominos) geweiht (Krencker / besaß zwei Nekropolen (Aliquot, BurqushZschietzschmann 168/71 nr. 21; Aliquot, Vie Barkousa 260f). 306 nr. 62). Apollon geweiht war der Tempel C. Jüdisch. Im 1. Jh. nC. sind jüdische Ge in al-Hadat (antik Kadaththa) westlich von meinden in Byblos, Berytos, Sidön, Tyros, Baalbek (InscrGrLatSyr 6, 2921; Krencker / Ptolemais, Damaskus u. Palmyra belegt Zschietzschmann 141/7 nr. 14; Aliquot, Vie (Sartre 934/6). Zu Beginn des ersten jüd. 297 nr. 55). - Im Gebirge zwischen Abila Krieges massakrierten die Einwohner von (Süq Wädi Baradä) u. Damaskus bei der Ptolemais 2000 ihrer jüd. Mitbewohner u. Quelle von ‘Ayn al-Fîga lag ein auch auf nahmen die übrigen in Haft. Auch in Tyros Münzen des 3. Jh. nC. dargestelltes Heilig wurden viele Juden getötet, die Mehrheit tum des Flussgottes Chrysor(r)oas (Baradä) aber interniert. Dagegen verschonten die mit einem kleinen Tempel (ebd. 324/8 nr. 84). Bewohner von Sidön ihre jüd. Mitbewohner Eine der größten, während des 1. Jh. nC. er (Joseph, b. lud. 2, 477/80; Chöhab 31; Millar richteten Tempelanlagen mit einer Grund 78). In Damaskus, wo nach Angabe des Jofläche von ca. 380 m x 310 m, die ebenfalls sephus ein Großteil der weibl. Einwohner später (wohl in den letzten Regierungsjah schaft zum Judentum neigte (ύπηγμέναι τή ren des Theodosius I [379/95]) in eine christl. ’Ιουδαϊκή Ορησκείςι), nutzten die nichtjüd. Basilika umgebaut wurde, befand sich in Da Bewohner das Gymnasion der Stadt als Ge maskus u. war Zeus bzw. Iuppiter Optimus fangenenlager für 10 500 jüdische Männer, Maximus Damascenus geweiht (Weber die nach der Niederlage des Legaten Cestius 164/7; Will 35f; Gebhardt 255f). In Dumayr in Galiläa getötet wurden (Joseph, b. lud. 2, (das antike Thelsea?), ca. 40 km nordöstlich 560/2). D. Christlich. I. Bis zum Ende der Dioklevon Damaskus, stand der Tempel des Zeus Hypsistos, der nach einer Inschrift von 216 tianischen Christenverfolgung. Schon aA. nC. Wallfahrtsort für die Bevölkerung der seines Ev. erwähnt Markus als Angehörige der Volksmenge, die Jesus folgte, Bewohner umliegenden Gebiete war (Millar 317/9). e. Grabbauten u. Türme. Zu den Nekro aus dem Umland von Tyros u. Sidön (Mc. 3, polen von Tyros gehörten zahlreiche Sarko 8). An anderer Stelle berichten die Evv. des phage u. ein Hypogäum (2./3. Jh. nC.; Μ. Du- Mt. u. des Mc., dass Jesus sich ins Gebiet von nand, Tombe peinte dans la campagne de Tyros u. Sidön zurückzog, um dort Ruhe zu Tyr: BullMusBeyrouth 18 [1965] 5/51; Jide- finden, dass er aber dort nicht predigte u. jian, Tyre 104/6). 1911 wurden die letzten heilte, weil er offenbar nur Israel als das ihm Reste des Grabturms, den Gaios Iulios bestimmte Wirkungsfeld betrachtete. Des Sampsigeramos 78/79 nC. für sich u. seine halb war er auch nur nach einigem Zögern Familienangehörigen in Emesa errichten bereit, die Tochter einer Frau, die Mt. als ließ, zerstört (InscrGrLatSyr 5, 2212). Diese kanaanäische Frau beschreibt (γυνή ΧαναAnlage gehörte zu einer Nekropole aus der ναία), während Markus sie als aus SyrophöZeit der julisch-claudischen Kaiser (H. Sey- nizien gebürtige Heidin bezeichnet (γυνή rig, Antiquités syr. 53. Antiquités de la néc Έλληνίς, Συροφοινίκισσα τφ γένει), von ei ropole d’Emèse: Syria 29 [1952] 204/50; ebd. nem Dämon zu befreien (Mt. 15, 21/8; Mc. 7, 30 [1953] 12/24). Wahrscheinlich diente auch 24/30). Tyros u. Sidön galten Jesus als Hoch das turmartige Gebäude mit Pyramidendach burgen des Heidentums (Lc. 10,13/6). In den in Hermel als Grabmal (Krencker / Act. werden christliche Gemeinden in Tyros Zschietzschmann 161f; Sartre 282f). Das röm. u. Ptolemais (Akko) erwähnt (Act. 21, 3/8).
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Um dJ. 190 beteiligten sich die Bischöfe Kassios v. Tyros u. Klaros v. Ptolemais an der Abfassung eines Rundschreibens zum Streit um den Ostertermin (*Pascha), in dem sie betonten, in dieser Angelegenheit mit der Kirche von Alexandreia übereinzustimmen (Eus. h. e. 5, 25; Chöhab 34). Während der letzten großen *Christenverfolgung unter ♦Diocletianus (284/305), *Galerius (293/311) u. *Maximinus Daia (305/13) in dJ. 303/13 er litten die Bischöfe Tyranniön v. Tyros u. Silvanus v. Emesa, der Priester Zenobios v. Si don u. eine große Zahl von anderen Christen in der Provinz Phoenice das Martyrium (Eus. h. e. 8,13, 3f; 9, 6,1; mart. Pal. 3. 5. 7f. 11 [GCS Eus. 2, 2, 910f. 918/27. 931/46]; Chron. pasch. zJ. 309 nC. [PG 92, 695]). II. Christentum u. Kirche in frühbyz. Zeit. Am Konzil v. Nicaea (325) nahmen zehn Bischöfe aus der Phoinike (Phoenice) teil: Zenön v. Tyros, Aineias v. Ptolemais, Magnos v. Damaskus, Theodoros v. Sidön, Hellanikos v. Tripolis, Philokalos v. Paneas, Gre gorios v. Berytos, Marinos v. Palmyra, Thadoneus v. Alassos (?) u. Anatolios v. Emesa (Devreesse 125; Millar 214). Bereits unter Konstantin d. Gr. kam es zu gegen das Hei dentum gerichteten Maßnahmen, so zur Zer störung des Tempels der Aphrodite u. des Adonis in Aphaka (Eus. vit. Const. 3, 55 [GCS Eus. 1, 1, 109]; Soz. h. e. 2, 5, 5; Jidejian, Byblos 126/30; Millar 276). Um die ge gen Athanasios v. Alex. (328/73) erhobenen Beschuldigungen zu untersuchen, tagte auf Befehl Konstantins im August 335 in Tyros eine Synode von 60 Bischöfen (Eus. vit. Const. 4, 41/3 [GCS Eus. 1, 1, 136/8]; Philostorg. h. e. 2,11; Socr. h. e. 1,28/33; Soz. h. e. 2, 25, 2/26, 2; Theodrt. h. e. 1, 28/31; Theophan. Conf. chron. zJ. 334/35 [1,31 de Boor]). 359 nahmen Eirenaios v. Tripolis, Uranios v. Tyros u. Paulos v. Emesa an der Synode v. Seleukeia in *Kilikien teil (Epiph. haer. 73, 26, 2f [GCS Epiph. 3, 300]; Devreesse 128). Während *Iulianus’ I kurzer Regierungszeit (361/63) kam es zu heftigen Reaktionen der Heiden gegen das Christentum. In Inschrif ten, die auf dem Gebiet des Kibbutz Ma'ayan Baruch in der Umgebung von Paneas u. in Gubayl gefunden wurden, huldigte das Foenicum genus Julian u. a. als dem Romani orbis liberator u. templorum restaurator sowie als exstinctor superstitionis (K. Dietz, Kaiser Julian in Phönizien: Chiron 30 [2000] 807/55; W. Eck, Zur Neulesung der Julian-Inschrift
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von Ma'ayan Barukh: ebd. 857/9). - Beson ders in den Gebirgsregionen widersetzten sich die Bewohner der Christianisierung. Als der Mönch Abraames u. seine Gefährten sich in einem großen Dorf freier Bauern am Li banon in der Nähe von Emesa als Christen zu erkennen gaben, wurden sie von den Be wohnern fast getötet. Nur weil Abraames die Dorfbewohner vor gewalttätigen Steu ereintreibern schützte, ließen sie sich bekeh ren u. erbauten eine Kirche, an der Abra ames drei Jahre als Priester tätig war (Theo drt. hist. rel. 1, 2/4 [SC 257, 34/40]; F. R. Trombley, Heilerde religion and christianization c. 370/529 2 [Leiden 1994] 147/9). Um 400 organisierte Erzbischof Joh. Chrysostomos v. Kpel (398/404) eine Kampagne von Aske ten zur Zerstörung von heidnischen Tempeln in der Phoenice (Theodrt. h. e. 5, 29; De vreesse 192; *Pöbel). Am Konzil v. Kpel (381) nahmen neun Bischöfe aus der Provinz Phoenice teil: Zenön v. Tyros, Mokimos v. Arados, Alexandros v. Arkai, Basilides v. Byblos, Timotheos v. Berytos, Paulos v. Si dön, Barachos v. Paneas, Nestabos (Nektabos?) v. Ptolemais u. Philippos v. Damaskus (Devreesse 130). Bei den Auseinanderset zungen auf u. nach dem Konzil v. Ephesos (431) standen Joh. v. Damaskus, Paulos v. Emesa, Musaios v. Arados u. Antarados, Helladios v. Ptolemais u. Markellinos v. Ar kai auf der Seite ihres Erzbischofs Joh. v. Ant. (AConcOec 1, 1, 3, 24f. 5, 122/4; De vreesse 131f). An der von Theodosius II (408/50) auf den 1. VIII. 449 nach Ephesos einberufenen Reichssynode nahmen drei Bi schöfe aus den Provinzen Phoenice Maritima u. Phoenice Libanensis teil, die beiden Me tropoliten Phötios v. Tyros u. Theodöros v. Damaskus sowie Eustathios v. Berytos. Auf dieser Kirchenversammlung wurden der Me tropolit Eirenaios v. Tyros u. der von ihm geweihte Akylinos v. Byblos abgesetzt (AConcOec 2, 1, 1, 78 nr. 23f. 79 nr. 35; De vreesse 60. 135f). Das Konzil v. Chalkedön (Oktober 451), an dem wieder die Metropo liten Phötios v. Tyros u. Theodöros v. Da maskus sowie jeweils zwölf Bischöfe aus der Phoenice Maritima u. der Phoenice Libanen sis teilnahmen, stellte die Jurisdiktion des Erzbischofs Maximos v. Ant. über die Bi schöfe der Provinzen Phoenice Maritima, Phoenice Libanensis u. Arabia wieder her. Dem Metropoliten Phötios v. Tyros wurden wieder alle Bischöfe der Provinzen Phoenice
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Maritima untergeordnet, doch beließen die Bischöfe Eustathios v. Bërytos den Titel ei nes freilich jetzt nur noch autokephalen Me tropoliten (AConcOec 2, 1, 3, 3/7. 101/10; Devreesse 61f. 139f. 193. 197; Alpi 1, 91). 489 bereiste einer der führenden Monophysiten, Petros der Iberer (d. h. der Georgier; 411/vor 500), die Provinz Phoenice Maritima u. hielt sich in den Städten Arkai, Orthösias, Tripolis, Bërytos, Tyros u. Ptolemais auf (Joh. Ruf. vit. Petr. Iber.: 104/9.114/9 Raabe [dt.: ebd. 99/103. 107/12]; H. Fähnrich, Art. Petros der Iberer: LThK3 8 [1999] 126). Im Herbst 511 oder im Winter 511/12 tagte in Sidon eine Synode von ca. 80 Bischöfen (E. Honigmann, Évêques et évêchés monophysites d’Asie antérieure au VIe s. [Louvain 1951] 12/4; Alpi 1, 44. 48). Flavians II mono physitischer Nachfolger Severus v. Ant. (512/18) stieß im Episkopat der Phoenice Maritima auf starken Widerstand. Epiphanios v. Tyros, der Bruder Flavians II v. Ant., akzeptierte ihn nicht als rechtmäßigen Erz bischof von Antiocheia. Petros v. Damaskos verließ seine Bischofsstadt u. emigrierte nach Palaestina (Honigmann, Évêques aO. 14f. 39. 97; Alpi 1, 48/50. 66f). Am 16. IX. 518 bestätigte eine Synode der Bischöfe der Phoenice Maritima in Tyros unter dem Vor sitz des wieder ins Amt zurückgekehrten Epiphanios die Beschlüsse des Konzils v. Chalkëdôn u. die Verdammung des Severus (J.-P. Rey-Coquais, Tyr aux derniers siècles paléochrétiens: Mél. de l’Univ. S.-Joseph 58 [2005] 513/30; Alpi 1, 73. 87). - Als wahr scheinlich erster Bischof von Barkusa u. Teilnehmer an der Synode v. Kpel iJ. 536 ist Alexandros belegt. An diesem Konzil nah men auch Metropolit Thalassios v. Bërytos u. Bischof Christophoros v. Porphyreön teil. Alle drei unterzeichneten den Synodalbe schluss mit dem Anathem gegen Severus, Petros v. Apameia u. den Mönch Zöoras (AConcOec 3, 27f. 115 nr. 33; 116 nr. 39. 42; Devreesse 203; Aliquot, Burqush-Barkousa 242). 553 reisten Eusebios v. Tyros u. Eu stathios v. Damaskus mit ihren Suffraganen Zösimos v. Antarados, Asynkretios v. Ara dos, Leontios v. Arkai, Stephanos v. Botrys, Theodosios v. Byblos, Anastasios v. Rachla, Geörgios v. Ptolemais, Joh. v. Barkusa, Theodoros v. Korada, Eulogios v. Danaba u. Theodoros v. Laodikeia zum 5. ökumeni schen Konzil nach Kpel (AConcOec 4,1,3 nr. 13; 4 nr. 33 [32]; 5 nr. 66f; 6 nr. 84. 86. 92f; 7
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nr. 128f [127]. 130 [132]. 146 [147]; Devreesse 141). Auch Joh. v. Barkusa nahm an diesem Konzil teil (AConcOec 4,1, 5 nr. 62; Aliquot, Burqush-Barkousa 242). - In der ältesten Notitia des Patriarchates von Antiocheia, die in den letzten Jahrzehnten des 6. Jh. zusam mengestellt wurde, werden zunächst die bei den Erzbischöfe von Salamias u. Barkusa an geführt, die als litoi archiepiskopoi direkt dem Patriarchen unterstanden. Den Status eines autokephalen Metropoliten besaßen die Erzbischöfe von Bërytos u. Emesa. Zur Kir chenprovinz des ranghöchsten Metropoliten des Patriarchates (πρωτόθρονος), des Me tropoliten von Tyros u. der Phoinikë Paralia, gehörten die Bischöfe von Porphyreön, Ar kai, Ptolemais, Sidön, Byblos, Botrys, Or thösias, Arados, Antarados, Paneas, Rachlë, Tripolis u. Sarephthë (Sarepta; Honigmann, Stud. aO. [o. Sp. 652] 73. 76f). Erst auf dem neunten Rang der Notitia Antiochena folgte der Metropolit von Damaskus u. der Phoi nikë Libanësia mit seinen Suffraganbischö fen von Hëliupolis, Abila, Palmyra, Laodi keia, Euaroia, Chönochöra, Iabruda, Danaba, Koradea, Ariana u. dem Bischof der Saraze nen (ebd. 75. 82). III. Asketen u. Mönchtum. Mönche u. Klöster sind erst spät in der Provinz Phoe nice bezeugt (*Mönchtum). In der Vita Euthymii des Kyrillos v. Skythopolis wird Le ontios, der Neffe des Bischofs Stephanos v. Tripolis, erwähnt, der von seinem Onkel zum Abt (ήγούμενος) des Ehrwürdigen Hauses (Σεβάσμιος οίκος) des Märtyrers Leontios ernannt wurde (Cyrill. Scythop. vit. Euthym. 47 [TU 49, 2, 68 Schwartz]; J. Μ. Fiey, Un grand sanctuaire perdu? Le martyrion de S. Léonce à Tripoli: Le Muséon 95 [1982] 77/98; Alpi 1,42f). Während der Regierungszeit Zënôns (475/91) gründete Rabbulas v. Samosata ein Kloster auf einem Berg bei Bërytos (Synax. eccl. Cpol. 19. II. [475 Delehaye]; Honigmann, Évêques aO. 32). - Das bekann teste Kloster Emesas war das Höhlen-Kloster (Σπήλαιον), wo am 24. II. 452 das Haupt Joh. d. T. entdeckt wurde (Nasrallah aO. [o. Sp. 652] 226f). Das Kloster in Qaçr al-Hayr al-Garbl war wohl monophysitisch, denn in zwei Inschriften (davon eine aus dJ. 558/59) erwähnten bzw. akklamierten die Mönche dem gassänidischen phylarchos Arethas (InscrGrLatSyr 5, 2553). Östlich von anNabk im Qalamün-Gebirge (ca. 80 km nördl. von Damaskus) liegt das Kloster des hl. Mo-
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ses des Äthiopiers (Dayr Mär Müsä al-Haba§I), der hier um dJ. 500 nC. als Einsiedler gelebt haben soll (H. Kauihold, Notizen über das Moses-Kloster bei Nabk u. das Julianskloster bei Qaryatain in Syrien: OrChr 79 [1995] 54/61). IV. Kirchenbau. a. Phoenice Maritima (Phoinikê Paralia). Die erste Kirche, die nach der Beendigung der Verfolgung dJ. 303/13 in der Phoenice erbaut wurde, war die Kathedrale des Bischofs Paulinos in Tyros (Eus. h. e. 10,4; J. Wilkinson, Paulinus* tem ple at Tyre: JbÖstByz 32 [1982] 553/61). Sechs Tempel in der Phoenice Maritima wur den in Kirchen umgebaut oder mit einer Kir che überbaut: das kleine Heiligtum von adDayr beim Zeus-Tempel von Baitokaikê (Hisn Sulaymän), der Tempel von Maqäm ar-Rab oder Bayt Gälluk in der Nähe des Nähr al-Kabfr, der Tempel von Ma ad (nördl. von öubayl) mit dem frühbyz. Vorgängerbau der heutigen Kirche des hl. Sarbel, der röm. Tempel in Yanüh im Tal des Nähr Ibrâhîm mit der Kirche des hl. Georg des Blauen (Mär Girios al-Azraq), der Tempel von Gina mit einer kleinen dreischiffigen Basilika mit Fußbodenmosaiken (5J6. Jh. nC.) u. das be reits erwähnte Heiligtum der Aphrodite Aphakitis in Afqa (Donceel-Voûte 347/53. 393f; Aliquot, Vie 235. 249. 253. 258/60). In Qala‘at Fakra wurde wahrscheinlich im 5. Jh. neben dem Tempel der Atargatis eine dreischiffige Basilika errichtet (DonceelVoûte 421/3). Durch Umbau einer Thermen anlage entstand die dreischiffige Basilika von Bayt Miri, südöstlich von Beirut (ebd. 337/44). Durch eine griech. Inschrift im Mo saikfußboden des ,Embolos‘ (eine Art Porti kus) vom September 605 wissen wir, dass die dreischiffige Kirche von 'Ayn as-Samakä (südl. von Beirut) einem hl. Rödön geweiht war (ebd. 326/33). In Haldah (Huayfat) sowie im benachbarten Hän Haldah wurden in dJ. 1959 u. 1967/75 drei dreischiffige Basiliken mit Fußbodenmosaiken aus dem 4J7. Jh. freigelegt (ebd. 359/92). - Vom Ende des 5. Jh. stammt die dreischiffige Basilika mit Mosaikfußböden in Shim, nordöstlich von Sidön (T. Waliszewski u. a., Village romain et byz. à Chhîm-Marjiyat [1996/2002]: Bull, d’archéol. et d’architecture Libanaises 6 [2002] 42/51). Im August 1995 wurden in Anän, ca. 20 km nordöstlich von Sidön, die Bodenmosaiken einer dreischiffigen Basilika aus dJ. 541 ausgegraben (F. Alpi / S. Ko
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walski / T. Waliszewski, Une église byz. dé couverte à Anâne, Liban sud: Syria 75 [1998] 231/43). - Aus dJ. 389/90 u. 541 stammen zwei der Inschriften in den Fußbodenmosa iken der dreischiffigen Basilika von Zaharäni (Donceel-Voüte 424/39). Eine dreischiffige Basilika mit eingezogener Apsis, die Ende 5JAnf. 7. Jh. als Kirche genutzt wurde, wurde in Magdal Zün, 15 km südlich von Ty ros, nachgewiesen (T. Waliszewski / F. Alpi, Une église byz. à Majdal Zoun, Liban-sud: Bull, d’archéol. et d’architecture Libanaises 2 [1997] 290/306). - Zur Diözese Ptolemais ge hörte die um dJ. 500 errichtete dreischiffige Säulenbasilika am Ortsrand von Nahariyya, Israel (C. Dauphin / G. Edelstein, L’église byz. de Nahariyya, Israël [Thessalonike 1984]). 1951 wurde im Kibbuz ‘Evron, ca. lkm südlich von Nahariyya, eine im Verlauf des 5. Jh. ausgebaute Kirchenanlage mit Vorhof, dreischiffiger Pfeilerbasilika mit Fußbodenmosaiken (darin Inschr. aus dJ. 415, 442/43, 490) u. Nebengebäuden (Baptis terium) freigelegt (V. Tzaferis, The Greek in scriptions from the Early Christian church at Evron: Eretz-Israel 19 [1987] 36*/53*). b. Phoenice Libanensis (Phoinikê Libanësia). Von der dreischiffigen Pfeilerbasilika im Stadtviertel Kann al-Arabis (As'adiya) in Emesa (Hirns) sind heute nur noch einige Pfeiler u. Reste des Fußbodenmosaiks aus der Zeit zwischen 400 u. 450 erhalten (Don ceel-Voüte 133/8). 592 wurde der Grundstein für die Errichtung der Marien-Kirche im Dorf Hirbat at-Tïn, 17 km westlich von Emesa, gelegt (InscrGrLatSyr 5, 2611). Die Kirche in Umm al-Mays bei Qizlähir, süd westlich von Emesa, war den Märtyrern Phökas, Bassos u. Artemios geweiht (ebd. 2627). Ein Heiligtum des Märtyrers Kyrikos in Salamias ist inschriftlich belegt (2513). In Iabruda (Yabrüd) im Qalamün-Gebirge wurde der Tempel des Iupiter Malechiabrudes in eine Kirche umgewandelt (Aliquot, Vie 311 nr. 72). In Nabha, 24 km nordwest lich von Baalbek, wurden 1963/65 die Reste einer dreischiffigen Basilika ausgegraben mit griechischen Inschriften aus dJ. 557/58, 632/33 u. 646 (Donceel-Voüte 395/406; Ali quot, Vie 279f nr. 48). Nach Joh. Mal. chron. 13,37 (CorpFontHistByz 35,266) ließ Kaiser Theodosius I (379/95) den Trilithos genann ten Tempel des Iupiter Heliopolitanus in He liopolis zerstören u. vor der Ruine des Tem pels eine dreischiffige Basilika errichten.
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Nach archäologischen Erkenntnissen wurde diese christl. Weitarkadenbasilika aber erst in der 2. H. des 5. Jh. im Altarhof des Heilig tums des Iupiter Heliopolitanus erbaut (Donceel-Voûte 333/7; S. Westphalen, Vom Tempel zur Basilika: Μ. van Ess / Th. Weber [Hrsg.], Baalbek [1999] 68/71; Rheidt, Orient aO. [o. Sp. 653] 167). - Im Tempelbezirk von Hiçn Nîha vor der Ostfront des Tempels A befinden sich die Reste einer aus Spolien er richteten dreischiffigen christl. Basilika mit *Baptisterium (Krencker / Zschietzschmann 131f; Aliquot, Vie 303 nr. 60). Aus den Spo lien eines Zeustempels wurde die Basilika von Qasr WädT errichtet (Krencker / Zschietzschmann 195/7 nr. 31; Aliquot, Vie 333/5 nr. 88). Auch der größere der Tempel von Rachla (Rahla) wurde mit einer christl. Basilika überbaut (Krencker / Zschietzsch mann 222/6; Aliquot, Vie 349/52 nr. 106). Die Kathedrale von Barkusa (BurquS), eine drei schiffige Pfeilerbasilika, wurde wahrschein lich wie die Basiliken in Hisn Nîha u. in Yanüh erst in der 1. H. des 7. Jh. errichtet (Krencker / Zschietzschmann 231/40; Ali quot, Burqush-Barkusa 257/9 Abb. 10f).
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Phoenix. Vorbemerkungen 671.
A. Allgemeines. I. Name 672. II. Herkunft 672. III. Aussehen 673. IV. Gesang 674. V. Zoologische Besonderheiten, a. Nahrung 674. b. Singularität 675. c. Geschlecht u. Fortpflan zung 675. d. Lebenszyklus 675. e. Sterben u. Wiedergeburt 676. f. Himmelsreise 678.
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B. Deutung u. Bewertung. I. Griechisch-römisch, a. Kultische Verehrung 679. b. Philosophie, Rhetorik, Astronomie 679. c. Erscheinen des Phoenix als histor. Wende punkt 679. d. Symbol des röm. Kaisers u. röm. Herrschaft 680. e. Symbol der Ewigkeit 680. f. Exotik des Phoenix 680. II. Jüdisch, a. Phoenix im AT 681. b. Rabbin. Literatur 682. III. Christlich, a. Eschatologische Bedeutung 682. b. Bild für Christus 683. c. Beweis für die Allmacht Gottes u. die Einzigartigkeit Christi 683. d. Parthenogenese Marias 683. e. Phoenix u. christl. Askese 684. C. Bildliche Darstellungen. I. Griechisch-römisch, a. Gestalt 684. b. Frühe Formen 684. c. In imperialem Kontext 685. d. Andere Darstellungen 686. II. Jüdisch 686. III. Christlich 686. a. Allein 687. b. Zwischen Engeln 687. c. In Dominus legem dat-Darstellungen 687. d. In Heiligendarstellungen 688. e. Zusammen mit anderen Tieren 688.
Vorbemerkungen. Der mythische Vogel Ph. (von *Herodot [nach Hekataios?] offen bar als real angesehen; Zweifel an seiner Existenz bei Plin. n. h. 10, 3; 12, 85 u. Tac. ann. 6, 28) stammt aus der ägypt. Tradition, oft wird eine Verbindung mit dem ägypt. Benu- / Bnw-Vogel hergestellt (zB. van den Broek 14/32; R. Siciliano, Origine del mito della fenice dall’Egitto al mondo greco: AnnFacLettFilosUnivBari 37 [1994] 316/8; F. Zambon / A. Grossato, II mito della fenice in Oriente e in Occidente [Venezia 2004] 15f). Ob mit dem Ph. verknüpfte Sagen auf den ägypt. Benu-Mythos zurückgehen (Rusch 416/8), lässt sich nicht mit letzter Sicherheit ermitteln (van den Broek 25f); möglicher weise existieren ein ägypt. u. ein griech.röm. Überlieferungsstrang, wobei wechsel seitige Beeinflussungen (u. Missverständ nisse) wahrscheinlich sind. In der griech. Literatur ist der Ph. zwar bereits früh zu fin den (Hesiod, frg. 304 Merkelbach / West), aber bis zum 1. Jh. nC. bleiben literarische Bezeugungen des Ph. relativ selten (van den Broek 393f). In der griech.-röm. Literatur erfreut er sich wachsender Beliebtheit u. findet sich in fast allen Genera, wo er zur poetisch-rhetorischen Metapher, zum Sinn bild stoischer Philosopheme u. zum polit. Symbol des röm. Kaisertums avanciert. Die Hauptmotive des Ph.mythos, wie seine unge schlechtliche Vermehrung, die zyklische
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Wiederkehr sowie die Neuerstehung des Ph. aus sich selbst, werden in der rabbin. Lite ratur aufgegriffen u. bilden auch die Grund lage für die christl. Deutung des ’Mythos, bei der der Ph. als Beweis für die Möglich keit einer Auferstehung u. die Parthenoge nese Mariens herangezogen wird. A. Allgemeines. I. Name. Über die Her kunft des Namens Ph. u. seine Beziehung zu den griech. Homonymen (zB. für Dattel palme', ,Lyra‘, .Phönizier') herrscht keine endgültige Klarheit (J.-Ch. Billigmeier, Origins of the Greek word phoinix: Talanta 8 [1977] 1/4; N. Guilleux, L’étymologie de phé nix: Fabrizio-Costa 12/23). Eine Verwandt schaft mit mykenisch Po-ni-ke, .Greif (yan den Broek 397), ist plausibel. Bereits in der Antike wird die Etymologie diskutiert. Nach Ovid. met. 15, 393 (Figurenrede des ’Py thagoras) stammt der Name von den Assy rern. Isid. Hisp. orig. 12, 7,22 bietet zwei al ternative Etymologien, von denen sich die eine auf die purpurne Färbung bezieht, die andere auf die Singularität (ph. heiße auf Arab. ,einzigartig'). Ebenso wurden Bezie hungen zur homonymen Dattelpalme ((poîvüj) hergestellt, da auch diese sich aus sich selbst regeneriere (Plin. n. h. 13, 42, wahrscheinlich mit Bezug auf eine verlorene Schrift des röm. Senators Manilius aus dem 1. Jh. vC.). Das in seiner Echtheit umstrit tene Ph.gedicht des ’Lactantius gibt an, dass der Name des Vogels auf die ’Palme übertragen worden sei, da sich der Ph. in diesem Baum niederlasse (69f [CSEL 27, 139]). II. Herkunft. Zahlreiche literarische Be zeugungen weisen auf eine Herkunft des Ph. aus dem Osten (ohne genaue Lokalisierung Mela 3, 82; Tert. res. 13). Verschiedentlich wird eine Herkunft aus ’Arabien angegeben (Herodt. 2, 73, 1; Plin. n. h. 10, 3; Aur. Vict. Caes. 4,9; Isid. Hisp. orig. 12,7,22); seit dem 1. Jh. vC. häufig aus ’Indien (zB. Ael. Aristid. or. 2,426 [1,279 Lenz / Bein·]; Dionys, av. 1, 32 [20 Garzya]; Auson. ep. 18, 9 [243 Green] etc.; zur Übertragung der Herkunft des Ph. von Arabien nach Indien F. Lecocq, Le roman indien du phénix ou les variations romanesques du mythe du phénix: R. Poignault [Hrsg.], Présence du roman grec et latin [Clermont-Ferrand 2011] 406f, die ebd. 420 Zimt u. Scheiterhaufen als ind. Attribute des Ph. bewertet); genannt werden weiter hin Assyrien (Martial. 5, 7,1) u. ’’Aethiopia
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(Ambr. exc. Sat. 2, 59 [CSEL 73, 281f]). Die Lokalisierung des Ph.nestes in einem Hain im Elysium bei Ovid. am. 2, 6 ist in der griech.-röm. Tradition singulär, auch wenn der Wohnort des Ph. nicht selten mit Begrif fen beschrieben wird, die an das Elysium er innern (J. C. McKeown, Ovid. Amores 3 [Liv erpool 1998] 140). Dass der vivax Ph. sich im Elysium aufhalte, ist vielleicht eine poeti sche Pointierung. Verwandt ist die Charak terisierung des Ph.Wohnortes als paradiesar tiger Ort im Osten bei Lact. Phoen. 1/33 (CSEL 27,135/7) u. Claud. carm. min. 27,1/6 (369f Hall); hier lassen sich Parallelen zum bibl. *Garten Eden herstellen (Sbordone 122/4). Auch die Beschreibung der Oase Elim, in der sich nach der Darstellung des Tragikers Ezechiel der Ph. aufhält (exag. 254/69 [TragGrFrg 1, 301]), trägt paradiesi sche Züge. Die rabbin. Tradition (s. u. Sp. 682) sowie Orig. mund. 117 (NHC II 122, 9/13) nennen ebenfalls das Paradies als Wohnort des Ph. III. Aussehen. Die Tatsache, dass es sich beim Ph. um einen nicht-realen Vogel han delt, ließ der Imagination viel Raum. Größe, Gestalt u. Farbgebung des Ph. werden in der Literatur detailliert beschrieben. Die Anga ben unterscheiden sich in Einzelheiten, er geben aber insgesamt ein stimmiges Bild (zu bildlichen Darstellungen s. u. Sp. 684; Herodot bezieht sich gar auf ein Bild des Ph., das er gesehen haben will). So soll die Größe des Ph. der eines *Pfaus (Achill. Tat. 3,25), eines *Adlers (Herodt. 2, 73; Plin. n. h. 10, 3) oder auch der doppelten Größe eines Adlers ent sprechen (der Versuch einer Überbietung der Angaben Herodots: Ezek. exag. 256 [TragGrFrg 1,301]). Ebenso ist die Färbung des Gefieders in *Gold-, Rot- u. PurpurTönen Gegenstand akribischer Beschreibung (zB. Plin. n. h. 10, 3; Ezek. exag. 253/69 [TragGrFrg 1, 301]; Lact. Phoen. 125/38 [CSEL 27, 144f|; Isid. Hisp. orig. 12, 7, 22). Physiol. 7 (25/8 Sbordone) erscheint der Ph. sogar edelsteingeschmückt. Eine Reihe von Federn auf dem *Kopf, aus deren Mitte ein Krönchen hervorragt (so auch in bildlichen Darstellungen; s. u. Sp. 685), erwähnt Plin. n. h. 11, 121. Symbolische Bedeutung hat wohl die ungewöhnliche, dem Athanasius zuge schriebene Angabe des Wiener *Physiologus (Cod. Vindob. theol. gr. 320 fol. 195v/196r), dass die Zahl der an der Spitze abgerunde ten Federn 365 betrage (einen Bezug zum RAC XXVII
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Sonnenjahr vermutet plausibel K. Olbrich, Athanasius, die Kaiser u. der Anbruch einer neuen Ära: Klio 86 [2004] 428), doch können auch andere Merkmale des Ph. symbolisch ausgedeutet werden (F. Bisconti, Aspetti e significati del simbolo della fenice nella letteratura e nell’arte del Cristianesimo primi tivo: VetChr 16 [1979] 25; Gosserez 101/4 zu den *Farben des Ph.). Spekulativ bleibt die Vermutung C. F. Heffernans (The Ph. at the fountain [Newark 1988] 41/67), die rote Farbe des Ph. sei mit dem Menstrualblut (*Menstruation) in Verbindung zu bringen. IV. Gesang. Vom Gesang des Ph. ist so wohl in der griech.-röm. als auch in der jüd.christl. Tradition die Rede, ohne dass sich feststellen ließe, welche Tradition die ältere ist. Die unvergleichliche Melodie der Ph.stimme bezeugt zuerst Ezechiel (exag. 264/9 [TragGrFrg 1,301]) u. vom Gesang des Ph. sprechen PMil. Vogl. 20, 12/7 (1,176 Vogliano; Wlosok 212f), Claud. carm. min. 27, 45/7 (371 Hall; der Ph. begrüßt mit seinem Gesang die Sonne) sowie Lact. Phoen. 43/50 (CSEL 27, 137f). Wlosoks Deutung (215), dass der Gesang des Ph. hier zum Lobe Got tes eingesetzt sei u. implizit auch der Legi timation christlicher Poesie diene (ebd. 217), geht von einer christl. Lesart des Textes aus. Dass der Ph. wie der Schwan vor sei nem Tod singe, überliefert Philostr. vit. Apoll. 3, 49 (1, 120f Kayser; Sbordone 93; Wlosok 213f). V. Zoologische Besonderheiten, a. Nah rung. Ob u. welche Nahrung der Ph. zu sich nimmt, ist seit dem 1. Jh. Gegenstand von Spekulationen; dabei entspricht der Speise plan des Ph. seinem ungewöhnlichen Le benswandel. - Um die Exotik des Vogels zu unterstreichen, lässt Ovid. met. 15, 394 den Pythagoras angeben, dass der Ph. sich von Weihrauch u. *Balsam ernähre (ähnlich noch Joh. Gaz. 2, 214f [159 Friedländer]); Weih rauch u. Balsam sollen die Kraft des Todes brechen u. spielen auch sonst in Verbindung mit dem Ph.mythos eine Rolle (van den Broek 335f). - Plinius’ (auf Manilius zurück gehende) Angabe, dass keiner ihn je habe essen sehen (n. h. 10,4), entspricht vielleicht der bei Claud. carm. min. 27,13/6 (370 Hall) überlieferten Information, dass der Ph. von den Strahlen der Sonne u. dem Windhauch lebe (denkbar ist eine Analogie zur Zikade, die sich nach mehrfacher antiker Bezeugung von Luft oder Tau ernährt, zB. Aristot. hist. 22
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an. 4, 7, 533b 13). Nach Apc. Bar. gr. 6, 11 lebt der Ph. von *Manna u. Tau, die wohl als eschatologische Gaben zu verstehen sind (van den Broek 341/8). Die Angabe bei Lact. Phoen. 111 (CSEL 27,143), dass der Ph. sich von »ambrosischen Tropfen himmlischen Nektars' ernähre, lässt sich zwar auch mit antiken Vorstellungen in Verbindung brin gen, basiert nach van den Broek 349/56 aber im Wesentlichen auf jüdisch-christlichen Deutungen. b. Singularität. Charakteristisch für den Ph. ist, dass er immer nur in einem einzigen Exemplar existiert (zB. Ovid. am. 2, 6; Mela 3, 83; Tert. res. 13); seine Singularität ist so prominent, dass Martial. 5, 37, 13 das Adynaton frequens Ph. prägen kann. Wo der Ph. im Plural vorkommt (zB. Antiphan. Com. frg. 173 [PoetComGr 2, 408]; Ael. nat. an. 6, 58), handelt es sich um dieselben Exemplare des einen Ph. (van den Broek 358s). Wenn Orig. mund. 117 (NHC II 122, 9/13) von drei Ph.vögeln die Rede ist, von denen der eine unsterblich, der andere 1000-jährig u. der dritte vergänglich sei, dann sind damit drei Erscheinungsformen desselben Vogels ge meint (H.-G. Bethge, ,Es bedeutet, dass es dem Paradies Gottes gleicht...‘ [NHC II122, 35/123,2]: W. Pratscher / Μ. Öhler / Μ. Lang [Hrsg.], Das ägypt. Christentum im 2. Jh. [2008] 136). c. Geschlecht u. Fortpflanzung. Das Ge schlecht des Ph. oszilliert sowohl im Griech. als auch im Lat. zwischen Maskulinum u. Fe mininum. Lact. Phoen. 163 (CSEL 27, 146) zieht alle vier Möglichkeiten (weibl., männl., geschlechtslos, Zwitter) in Betracht (Über lieferung variiert; van den Broek 3653). Nach Zeno 1, 2, 9,20 (CCL 22, 20) hat der Ph. bei derlei Geschlecht. Infolge der Zweige schlechtlichkeit pflanzt sich der Ph. aus sich selbst fort (Ovid. met. 15,402; Rufin. symb. 9 [CCL 20, 146]) u. wird somit nicht durch ’Geschlechtsverkehr gezeugt (Mela 3, 83). Lact. Phoen. 164/6 (CSEL 27, 147) bringt in paradoxer Zuspitzung Sexualität u. Tod des Ph. in Verbindung: Der Geschlechtsverkehr (Venus) des Ph. (mit sich selbst) sei sein Tod, im Tod liege seine voluptas. Für Tert. res. 13 ist die Fortpflanzung des Ph. eine Monstro sität (monstruosum). d. Lebenszyklus. Die extreme Länge sei ner Lebensphasen ist von Beginn der griech.-röm. Überlieferung an besonders charakteristisch für den Ph., wobei die
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diesbzgl. Angaben deutlich schwanken. Spricht Hesiod, frg. 304 Merkelbach / West von einer Lebensdauer des Ph. von 32 400 Jahren, was nach van den Broek 94. 97 der auf dem sexagesimalen System der Babylo nier beruhenden Spanne von neun sars (1 sar = 3600 Jahre) entspricht, so wird diese in der späteren Überlieferung sehr viel kürzer an gesetzt (Herodt. 2, 73: zwischen 500 u. 540 Jahren); die Angaben pendeln sich in der Kaiserzeit zwischen 500 u. 1000 Jahren ein (Isid. Hisp. orig. 12, 7,22 [500 Jahre]; Plin. n. h. 10, 4 [540 Jahre]; Martial. 5, 7; Claud. carm. min. 27,27 [370 Hall; 1000 Jahre; *Chiliasmus]; Dexipp. Hist.: FGrHist 100 F 11 [654 Jahre]). - Eng verbunden mit der Dauer der Lebensphasen des Ph. sind die Angaben zu den zeitlichen Abständen, in denen der Ph. wiederkehrt. Schon ’Hesiod setzt die zy klische Wiederkehr des Ph. voraus. Erstma lig explizit erwähnt wird sie im griech.-röm. Bereich bei Herodt. 2, 73. Tac. ann. 6,28 bie tet eine Slg. von Angaben zur Dauer des Zy klus, die verschiedentlich mit astronomi schen Gegebenheiten (Sothis-Zyklus, Annus Magnus) in Verbindung gebracht wird (12954 Jahre [Solin. 33; er schöpft für die Berechnungen aus wesentlich älterem Ma terial: A. S. Pease, Μ. Tulli Ciceronis de divinatione 2 (Urbana 1923) 667/9]; 7006 Jahre [Chaerem. Hist.: FGrHist 618 F 3]; 1461 Jahre [Sothis-Zyklus bei Tac. ann. 6,28]; Horap. hierogl. 1, 34f; 2, 57 [77/81. 170 Sbordone]: άποκατάστασις πραγμάτων). Dass die zyklische Wiederkehr des Ph., die man zu beobachten glaubte, die Grundlage für den Mythos seiner Wiedergeburt bildet, wird vermutet. e. Sterben u. Wiedergeburt. Das Mythologem, dass der Ph. aus sich selbst neu ent steht, scheint sich erst in Rom im 1. Jh. vC. zu konstituieren (F. Lecocq, L’empereur ro main et le phénix: Fabrizio-Costa 27/56). Es existieren offenbar zwei Hauptversionen (van den Broek 146f; L. Roberts, Origen and the Ph. too frequent: Classical Folia 32 [1978] 79/89) mit verschiedenen Varianten, die zu dem vor allem in der späteren Überlieferung vermischt werden konnten. Nach der früher belegten Version (Manilius bei Plin. n. h. 10, 2; Ovid. met. 15, 392/407; Mela 3, 83f) wird der neue Ph. in einem vom alten Ph. gefer tigten Nest aus wohlriechenden Materialien aus dem Körper seines ,Vaters' wiederge boren (renasci scheint in diesem Zusammen
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hang terminologisch: Ovid. met. 15,402; Plin. n. h. 13, 42; Mela 3, 83; Rufin, symb. 9 [CCL 20, 146]; Commod. apol. 139): Der neue Ph. entsteht dabei aus der Jauche der verwesen den Glieder des verstorbenen Ph. (Mela 3, 83f). Die bei Plin. n. h. 10, 4 beschriebene u. von verschiedenen christlichen Autoren (1 Clem. 25; danach Cyrill. Hieros. catech. 18,8 [2, 306/8 Reischl / Rupp] u. Ambr. hex. 5, 23, 79 [CSEL 32,1,197]; expos, in Ps. 118,19,13 [ebd. 62, 428]; exc. Sat. 2, 59 [ebd. 73, 281f]) tradierte Variante dieser Version, dass aus Knochen u. Mark des verstorbenen Ph. zu nächst so etwas wie ein Wurm (vermiculum) entstehe, aus dem dann ein Ph.küken (pullum) werde, weist deutliche Parallelen zur ebenfalls in *Aegypten verorteten Bugonie auf. Eine explizite Parallele zur Meta morphose des Schmetterlings zieht Lact. Phoen. 104/7 (ebd. 27, 142f): Der Ph. ver puppe sich wie eine Raupe u. breche dann aus der Hülle hervor. - Die früheste Bezeu gung für die zweite, in der antik-christl. Tra dition ungleich einflussreichere Version von der (Selbst-)Verbrennung des Ph. enthält das 43/44 nC. entstandene geograph. Werk des Pomponius Mela (3,83f; Gosserez 94/117; vgl. Plin. n. h. 29, 29; Martial. 5, 7; Stat. silv. 2, 4, 36f). Dort wird die Version allerdings nur angedeutet, ausgeführt wird sie erst bei christlichen Autoren. Wie diese Verbren nung abläuft, ist in Einzelheiten variabel. Nach einem Strang der Überlieferung (ebd.; Ambr. exc. Sat. 2,59 [CSEL 73,281f]; expos, in Ps. 118, 19, 13 [ebd. 62, 428]; Zeno 1, 2, 9, 20 [CCL 22, 20]) steigt der Ph. in ein selbst gebautes Nest (nidus, theca) oder auf einen Scheiterhaufen (rogus, strues) aus duftenden Materialien, die er in Brand setzt, dabei selbst in Flammen aufgeht u. aus seiner Asche wiederersteht; Isid. Hisp. orig. 12, 7, 22 berichtet, dass sich der Ph. den Strahlen der Sonne zuwende u. sich durch Flügel schlag selbst in Brand setze. Wenngleich die Bezeugungen für diese Version jüngeren Da tums sind, lässt sich nicht entscheiden, ob sie tatsächlich später entstanden ist (überzeu gend van den Broek 409/11; ähnlich bereits G. Türk, Art. Phoinix: Roscher, Lex. 3, 2 [1902/09] 3458). Keine Evidenz gibt es für die von Μ. P. Nilsson geäußerte Vermutung, dass der sich selbst auf dem Scheiterhaufen verbrennende Ph. auf die röm. Kaiserapo theose zurückgehe (Rez. zu J. Hubaux / Μ. Leroy, Le mythe du Phénix dans les littéra
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tures grecque et latine [Liège 1939]: Gnomon 17 [1941] 215). - Beide Versionen des Mythos kannten nach van den Broek 396 offenbar schon Aenesidemus (bei Diog. L. 9, 79), der den Ph. zwischen ,Feuertier* (Salamander?) u. aus verfaulendem Fleisch entstehende Made stellt, sowie Artemid. onir. 4, 47 (Hu baux / Leroy aO. 160/2) u. Ambrosius (exc. Sat. 2, 59 [CSEL 73,281f]). Die (mutmaßlich ägypt.) Version von Horap. hierogl. 2, 57 (170 Sbordone), wonach der Ph. aus dem *Blut einer Wunde entstehe, die sein leben der .Vater* sich selbst schlägt, ist in der griech.-röm. Überlieferung ohne Parallele. f. Himmelsreise. Älter als die beiden Ver sionen vom Tod des Ph. ist die Vorstellung, dass der junge Ph. auf einer Himmelsreise die Überreste des Vorgängers an einen an deren Ort transferiere. Mehrfach wird als Ziel des Flugs die Stadt Heliopolis genannt (Herodt. 2,73; Ovid. met. 15,405; Tac. ann. 6, 28; Rusch 416/8), wobei sich die Gleichset zung mit dem ägypt. Heliopolis allein bei Herodot findet (van den Broek 403 vermutet, dies habe seine Ursache in der Gleichsetzung von Ph. u. benu durch Hekataios v. Milet, der Quelle Herodots); genannt werden fer ner Ägypten (Claud. Stil. 2,416 [221 Hall]) u. ♦Lykaonien (Ambr. exc. Sat. 2,59 [CSEL 73, 281f]: aus Äthiopien nach Lykaonien). Nach Hekataios (bei Herodt. 2, 73; ähnlich Achill. Tat. 3, 25; Mela 3, 83; Orig. c. Cels. 4, 98) trägt der Ph. seinen ,Vater* in einem *Ei aus ♦Myrrhe nach Heliopolis u. legt dieses auf einem brennenden *Altar nieder. Nach an deren Bezeugungen bringt er nicht den Kör per seines verstorbenen .Vaters*, sondern nur das Nest oder seine Äsche nach Helio polis. Dieser Flug nach Heliopolis verschafft dem Ph. insofern eine Sonderstellung inner halb der Vogelwelt, als sich dabei andere Vögel bewundernd als Begleiter um ihn scharen (Tac. ann. 6, 28; Ezek. exag. 267/9 [TragGrFrg 1, 301]; Claud. carm. min. 27, 76/8 [372 Hall]; Stil. 2, 418f [221 H.]). Dass die Himmelsreise des jungen Ph. in der spä teren Überlieferung zwar mit der WurmKadaver-Version, aber nie mit der Version vom Feuertod des Ph. verbunden wird (van den Broek 403f), dürfte damit Zusammenhän gen, dass es wenig sinnvoll erscheint, den jungen Ph. die Asche seines .Vaters* trans portieren zu lassen (ebd. 150); plausibler u. häufiger beschrieben ist die Version des My thos, nach der der alte Ph. zum Sterben nach
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Ägypten fliegt u. an seinem Bestimmungsort in Flammen aufgeht (zB. Artemid. onir. 4, 47; van den Broek 150). Vielfach ist von der Himmelsreise des Ph. die Rede, ohne dass ersichtlich ist, ob es sich um den alten oder den jungen Ph. handelt. Allein bei Horap. hierogl. 2, 57 (170 Sbordone) treten der junge u. der alte Ph. gemeinsam den Flug nach Heliopolis an. - Eine singuläre Überlie ferung besagt, dass beide Ph.vögel in Helio polis entstehen (Antiphan. Com. frg. 173 [PoetComGr 2, 408]; Sbordone 104). B. Deutung u. Bewertung. I. Griechischrömisch. a. Kultische Verehrung. Von einer kultischen Verehrung des Ph. ist mehrfach die Rede. Lucan. 6, 680 spricht von einem ,Altar im Osten', auf dem die Asche des Ph. aufgebahrt sei. Übereinstimmend wird der Ph. in der Überlieferung als der Sonne heilig angesehen (Plin. n. h. 10, 4; Tac. ann. 6, 28; Claud. Stil. 2, 414/20 [221 Hall]). Apc. Bar. gr. 8,1/7 beschreibt den Ph. als Begleiter der Sonne, der sich täglich erneuere; möglicher weise ist diese seltene Überlieferung auch im Pterygion Phoenicis des Laevius (carm. frg. 8 [FrgPoetLat4 141]) fassbar (van den Broek 268/72). b. Philosophie, Rhetorik, Astronomie. Eine gewisse Affinität der Stoiker zum Ph. bezeugt die Aussage des Alexander v. Aphrodisias, dass diese einen stoischen Wei sen ,für seltener als den Vogel Ph. erachte ten' (fat. 28 [vgl. Sen. ep. 42,1]; zum Ph. als beliebtem Deklamationsschema Wlosok 213 [vgl. Aug. an. 4,20,33 (CSEL 60,411): si non multa de phoenice more adulescentium declamares]). In ähnlicher Weise steht bei Ael. Aristid. or. 2,426 (1,279 Lenz / Behr) der Ph. für die Seltenheit echter Redner (Petersen 156; I. Gualandri, Un papiro milanese. Lattanzio, Claudiano e il mito della fenice: RendicAccLing 29 [1974] 293/311). - Wenngleich explizite Zeugnisse aus der antiken Überlie ferung fehlen, ist die von Roberts aO. (o. Sp. 676) 84/6 unter Berufung auf Orig. c. Cels. 4, 48 vorgeschlagene Verbindung des Ph. mit stoischer Kosmologie bzw. seiner Verbren nung mit der zyklisch stattfindenden Ekpyrosis plausibel. Nach dem Zeugnis des Manilius (bei Plin. n. h. 10, 5) markiert der Tod des Ph. das Ende eines Annus Magnus. c. Erscheinen des Phoenix als histor. Wendepunkt. In historiographischen Dar stellungen (zB. Tac. ann. 6, 28; Dio Cass. 58, 27, 1; Aur. Vict. Caes. 4, 14) markiert das
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Erscheinen des Ph. verschiedentlich einen historischen Wendepunkt (van den Broek 416f). Von griechisch-hellenistischen Vor stellungen beeinflusst ist möglicherweise Ezechiel (exag. 254/69 [TragGrFrg 1, 301]), der die *Epiphanie des Ph. als ,günstiges Omen für die Israeliten' deutet, ,als Zeichen, das auf ihre zukünftige Herrschaft verwei sen oder dem Ereignis ihrer ‘Herausfüh rung’ epochale Bedeutung verleihen soll' (Wlosok 212). Im Zusammenhang mit diesen Vorstellungen steht bei spätantiken Red nern wohl die Verwendung des Ph. als Sym bol für ein epochales Ereignis (Liban, or. 17, 10 [2, 211 Foerster]; Ael. Aristid. or. 2, 425f [1, 278f Lenz / Behr]). d. Symbol des röm. Kaisers u. röm. Herr schaft. Seit dem 1. Jh. nC. gilt der Vogel Ph. als Sinnbild für den röm. Kaiser. Er steht für Sohnestreue, Legitimation des dynastischen Prinzips u. politische Stabilität (Lecocq, Ro man aO. [o. Sp. 676] 27/56) u. ist daher gegen Ende des 4. JTi. ein geläufiges Symbol auf rö mischen *Münzen (Christiansen / Sebesta 211). Claud. Stil. 2, 408/20 (221 Hall) verwen det den Ph. als Bild für Stilicho in der Rolle eines Führers u. carm. min. 27, 1/6. 72/5 (369f. 372 H.) lässt sich der Reiseweg des Ph. als Markierung der weltumspannenden Aus dehnung des "Tmperium Romanum deuten (Christiansen / Sebesta 217). e. Symbol der Ewigkeit. Die Verbindung des Ph. mit der renovatio des ,Ewigen Rom' ist naheliegend, so dass Martial. 5, 7 die Stadt Rom, die sich nach Brand erneuert, mit dem Ph. vergleicht (vgl. N. Otto, Ph. aus der Asche: Ch. Schmitz [Hrsg.], Mythos im Alltag, Alltag im Mythos [2010] 141/6); dies korrespondiert mit späteren Münzprägun gen, die den Ph. als Symbol für die Aeterni tas Romae zeigen (Rusch 422; D. Holland / F. Löpez Sänchez, Le chrisme et le phénix [Bordeaux 2014] 187/91). Claud. Stil. 2, 414/20 (221 Hall) parallelisiert in einem Gleichnis Stilicho mit dem Ph., so dass in die sem Falle die renovatio eng mit der Figur des Herrschers verbunden ist (ähnlich Coripp. Iust. 1, 349). In der Spätantike wird dieser Gedanke auf andere Städte übertra gen u. Drac. Romul. 5, 116 vergleicht die Wiedererstehung *Karthagos mit der Neu entstehung des Ph. f. Exotik des Phoenix. Schon Herodot zählt den Ph. zu den Mirabilien Ägyptens u. auch in der Folgezeit wird er in ägyptischen
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Bestiarien genannt. Er begegnet mehrfach in katalogartigen Aufzählungen, wo er oft eine exponierte Schlussstellung innehat. Auson. ecl. 22, 6 (116 Green) erwähnt ihn in einer vereinfachten Version des Zahlengriphus’ Hesiods (frg. 304 Merkelbach / West) u. in den Epigr. Bob. 62,4 (76 Speyer) gehört er zum Reigen besonders langlebiger Tiere, deren Alter er jedoch noch übertrifft. Dabei fußt die fiktive Handlung auf den dem Ph. zugeschriebenen ungewöhnlichen Eigen schaften: In Ovids Papageien-Elegie am. 2, 6 wird der tote *Papagei im Elysium imaginiert, dem Aufenthaltsort .frommer Vögel· wie Schwan, Ph. u. Taube (eine Verbindung von Ph. u. Papagei auch Stat. silv. 2,4, 33/7). Die Nennung des Ph. zusammen mit Dich ter-Vögeln ist für H. Vial (.Poète est le nom du sujet qui se brise et renaît de ses cend res*. Le phénix dans les Métamorphoses d’Ovide [15, 392/407]: Euphrosyne 36 [2008] 128) ein Beleg dafür, dass der Ph. dieses Pas sus ebenfalls als ,l’emblème du poète' zu se hen ist; die Transformation des Ph. antizi piere den Epilog der Metamorphosen, in dem der Dichter seine literarische Unsterblich keit ankündige. Gosserez 98f hingegen hält den ovidischen Ph. für ein Symbol der Wie dererstehung Roms aus dem Feuer Trojas. Claudius berichtet carm. min. 31, 15f (388 Hall), dass der Ph. der letzte Vogel sei, der *Orpheus bei seiner *Hochzeit die Aufwar tung mache u. als Hochzeitsgabe Zimt mit bringe: Der Ph. fungiert hier als exotischer Ehrengast, der die Bedeutung des Orpheus unterstreicht. Im Katalog der Ingredienzien für Erichthos Zaubertrank Lucan. 6, 680 wird die Asche des Ph. wahrscheinlich we gen ihrer lebenspendenden Wirkung ge nannt (vgl. aber Plin. n. h. 29,29: Medizin aus der Asche u. dem Nest des Ph.). Im Roman des Achilles Tatius lässt sich das Aussehen des Ph. u. seine Geschlechtslosigkeit mit der Romanhandlung in Verbindung bringen (Lecocq, Roman aO. 409). II. Jüdisch, a. Phoenix im AT. Ob das AT den Ph. kennt, ist fraglich: Die griech. Über setzung des hebr. Substantivs tamar (*Palme) in Ps. 92 (91), 13 scheint mit cpoîviÇ die in der antiken Tradition (s. o. Sp. 672) bestehende Affinität von Vogel Ph. u. Palme bewahren zu wollen. Ebenfalls unklar ist, ob in Job 29,18 vom Vogel Ph. die Rede ist (A. S. Kapelrud, Art. höl: ThWbAT 2 [1977] 803/6; F. Lecocq, Y a-t-il un phénix dans la
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bible?: Kentron 30 [2014] 55/82). Die LXX übersetzt an der fraglichen Stelle ώσπερ στέ λεχος φοίνικος, was in der Itala als sicut arbor palmae, in der Vulgata als sicut palma wiedergegeben wird; das hebr. Wort hol je doch bedeutet ,Sand‘ u. nicht ,Dattelpalme' (dasselbe Wort begegnet Gen. 3,6), wird von der jüd. Exegese aber als Ph. gedeutet (zB. bSanhedrin 108b). Dies betrachtet A. de Wilde (Das Buch Hiob [Leiden 1981] 290) als ,vom späteren Judentum hineininterpretiert' (ähnlich N. Slifkin, Sacred monsters [New York 2007] 229/31; Niehoff 255), was auf grund der jüd.-hellenist. Kulturkontakte nicht unwahrscheinlich sein dürfte. b. Rabbin. Literatur. Die rabbin. Literatur kennt u. verwendet wichtige Teile des griech.-röm. Ph.mythos, ohne die Ontologie in Frage zu stellen. Bekannt ist u. a. die Wie dergeburt aus einem Ei in beiden Versionen (Verwesung / Verbrennung; s. o. Sp. 677; Niehoff 258). Neben hol / hui u. ziz wird in der rabbin. Literatur auch das Wort ’uräina als Bezeichnung für den Ph. verwandt (vgl. Levy, WbTalMidr 1, 47f, Niehoff 255), das etymologisch wohl nicht mit dem griech. ώρας άνευ (»zeitlos', ,ewig lebend') zusam menhängt (Niehoff 256). Der Ph. wird im Garten Eden, gegenüber dem Baum der Er kenntnis, angesiedelt; seine Ewigkeit ver dient er, weil er göttlichen Anordnungen folgte u. anders als die anderen Tiere, auf die Gen. 2,17 in der rabbin. Tradition ausgewei tet wurde, nicht vom Baum der Erkenntnis aß (Gen. Rabbah 19,5 zu Gen. 3,6 [dt.: Wün sche, BR 1, 2, 83f]). Seine Langlebigkeit ist die Erfüllung des ursprünglichen Plans Got tes, der durch die Menschen u. die anderen Tiere verdorben worden war (Niehoff 258f). Als ’uräina begegnet der Ph. auf der *Arche des *Noe (bSanhedrin 108b); hier vermutet Niehoff 259 einen Zusammenhang mit der Rolle des Ph. als Künder eines historischen Wendepunktes. Im späteren rabbin. Schrift tum wird der Ph. (ziz) zu einem mythischen Ungeheuer, das zusammen mit dem ♦Levi athan im messianischen Zeitalter den Auf rechten als Nahrung dient (Lev. Rabbah 22, 10 zu Lev. 17,3 [dt.: Wünsche, BR 5,1,152]). III. Christlich, a. Eschatologische Bedeu tung. Seit 1 Clem. 25f wird der wiedergebo rene Ph. von christlichen Autoren herange zogen, um die Möglichkeit der ♦Auferste hung nach dem Tod plausibel zu machen (Cyrill. Hieros. catech. 18, 8 [2, 306 Reischl /
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Rupp]; Epiph. anc. 84 [GCS Epiph. 1, 104f]; PsEpiph. phys. 11 [PG 43, 525/8]; Tert. res. 13): Wenn der Ph. wiedergeboren werden könne, dann müsse dies für Menschen erst recht möglich sein (ähnlich Ambr. exc. Sat. 2, 59 [CSEL 73,281fJ; PsAmbr. trin. 34 [PL 17, 575A]; dazu L. Gosserez, La création de l’homme ou le phénix: V. H. Casanova-Robin [Hrsg.], Ovide, figures de l’hybride [Paris 2009] 317f; Petersen 163; Niehoff 254). So kann Sedul. carm. pasch. 4, 289f (CSEL 102, 111), wenngleich nur implizit, den auferstan denen Lazarus mit der PhJegende in Verbin dung bringen (Μ. Hoffmann, Lazarus als wiedererstandener Ph.: Philol 147 [2003] 364/6). Für Zeno 1, 2, 9, 20 (CCL 22, 20) ist der zweigeschlechtliche Ph. Symbol des auf erstandenen Menschen, der beide Geschlech ter zur perfekten Einheit zusammenführt (van den Broek 374). b. Bild für Christus. Nach Physiol. 7 (28 Sbordone) symbolisiert der Ph. Christus: Seine Wiedergeburt dauert drei Tage, u. es heißt von ihm, dass er ,das Antlitz des Er lösers annehme‘ (πρόσωπον λαμβάνει τοϋ Σωτήρος; Petersen 162; Niehoff 253). c. Beweis für die Allmacht Gottes u. die Einzigartigkeit Christi. Orig. c. Cels. 4, 98 steht dem antiken Ph.mythos skeptisch-di stanziert gegenüber, räumt aber immerhin ein, dass der Bericht über die Wiedergeburt des Ph., wenn er denn wahr sei, einen Be weis für die Allmacht Gottes liefere. Die Miaphysiten ziehen die Einzigartigkeit des Ph. heran, um die Einzigartigkeit Christi zu beweisen (Max. Conf. ep. 13 [PG 91, 517D/520C]). Gegen das Argument, kein Le bewesen sei in der Schöpfung einzeln vor handen, führen sie Sonne, Mond, die vier Elemente u. den Ph. an (van den Broek 359). d. Parthenogenese Marias. Die unge schlechtliche Reproduktion des Ph. lässt sich mit der Parthenogenese *Marias in Verbin dung bringen (Gosserez 108). Ausgehend von der resurrectio, die der Ph. exemplarisch re präsentiere, betont Zeno 1,2, 9, 20 (CCL 22, 20), dass der Ph. sich ungeschlechtlich fort pflanze. Explizit miteinander in Verbindung gebracht werden die Fortpflanzung des Ph. u. die Jungfrauengeburt Ambr. expos, in Ps. 118,19, 13 (CSEL 62, 428) u. Rufin, symb. 9 (CCL 20, 146), wobei Letzterer die christl. Lehre mit Hinweis auf die antike Ph.überlieferung plausibel zu machen sucht: Warum gelte die jungfräuliche *Empfängnis durch
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Maria als mirum, wenn über die unge schlechtliche Vermehrung des Ph. Gewiss heit bestehe? e. Phoenix u. christl. Askese. Im griech. Osten wird der Ph. gar zu einem Symbol für die vita angelica christlicher Asketen (Greg. Naz. carm. 1, 2, 2, 525/33 [PG 37, 620]; PsTit. ep. 336/9 de Bruyne): ,The autogeny of the ph. has become a Symbol of the ascetic’s proleptic realisation of the heavenly life' (Peter sen 162f). Auch die Asexualität u. der Herm aphroditismus des Ph. sollen die Enthalt samkeit der Asketen legitimieren. Die Asketen, die das Leben des Ph. fuhren, er scheinen somit als die wahren Erben der an tiken Tradition. C. Bildliche Darstellungen. I. Griechischrömisch. a. Gestalt. Der Vogel Ph. wird in der röm. Kunst oft in Gestalt eines Reihers dargestellt u. ist mit einem Strahlen-*Nimbus ausgestattet. Dieser kann als Lichtreif um den Kopf des Vogels wiedergegeben werden, von dem einzelne Strahlen ausge hen, oder er kann aus mehreren Strahlen be stehen, die von einem Punkt hinter dem Kopf des Vogels ausgehen (van den Broek 238/52). Der Ph. ist meist im Profil stehend abgebildet, oft auf einem *Felsen, einem Glo bus oder einer Kugel; diese wird als Myr rheball gedeutet, in dem der Ph. seinen ver storbenen Vorläufer / Vater transportiert (s. o. Sp. 676.678). - Spezifisch griechische u. hel lenistische Darstellungen eines Ph. konnten bisher nicht identifiziert werden. Dass es sich bei dem rötlich-bläulichen Vogel mit lan gen, zweistufigen Schwanzfedern im *Mosaik von Palestrina (im Mittelteil des Mosa iks oberhalb der ,Leaina‘ am rechten Ende eines Asts sitzend) um einen Ph. handelt (so P. G. P. Meyboom, The Nile mosaic of Pale strina [Leiden 1995] 25M), ist zweifelhaft, da einerseits alle mythologischen Tiere des Mo saiks inschriftlich benannt u. andererseits andere Vögel verhältnismäßig natumah dar gestellt sind (zB. der Löffler im linken Teil vor dem Tempel: Lecocq 78). Die ebd. 79 an geführten Reiher im Fresko des Isistempels in Pompeji lassen sich als Benu-Reiher deu ten. b. Frühe Formen. Die früheste eindeutig einen Ph. meinende Darstellung findet sich in einem Wandbild in der Taverne des Eu xinus in Pompeji, wo der Ph. durch eine In schrift als solcher gekennzeichnet ist (Le cocq 80/2). Anders als sonst üblich (s. oben)
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ähnelt er hier einem Falken mit zusätzlichen Schmuckfedem auf dem Kopf u. an der Kehle; im Vergleich zu den Pfauen im unte ren Register des Bildes u. den Vögeln in den Pflanzen hinter ihm ist er übergroß. Sowohl die raubvogelartige Form als auch die gold gelbe *Farbe lassen vermuten, dass sich der Maler an zeitgenössischen literarischen Be schreibungen orientiert hat (ebd. 81), eine gängige Bildformulierung hatte sich noch nicht etabliert. Der Gruß unterhalb des Vo gels ,Ph. Felix Et Tu' erinnert an die nahezu zeitgleiche Beschreibung eines Papageien im Besitz des Atedius Melior, der bei seiner Verbrennung auf kostbaren *Gewürzen zu einem »glücklicheren Ph.‘ wird (Stat. silv. 2, 4, 36f: senio nec fessus inerti / scandet odoratos ph. felicior ignes; van den Broek 410). c. In imperialem Kontext. Unter Hadrian erscheinen ab dJ. 118 zwei Varianten von Aurei im Gedenken an Trajan, auf denen der Ph. eindeutig zu erkennen ist: ein reiherar tiger, im Profil mit langen Beinen dargestell ter Vogel mit langem Hals u. kleinem Kopf, der von einem Strahlennimbus in Form eines Lichtreifens mit davon ausgehenden Strah len umgeben ist. Damit ist das Muster für die Darstellung des Ph. entwickelt u. dieser Bildtyp wird von mm an immer wieder auf gegriffen. Auf den Rückseiten späterer kai serlicher Münzen etwa ist der auf einem Glo bus oder einem Felsen stehende Ph. allein, als Begleitfigur des *Aion, im Kontext der Renovatio, als Begleitfigur der Aetemitas u. in ähnlichen Zusammenhängen wiedergege ben, um auf eine lange u. glückliche Regie rungszeit des jeweiligen Kaisers u. das nun beginnende goldene Zeitalter hinzuweisen (*Aetas aurea; R. Evans, Utopia antiqua [London 2008] 10/2; Lecocq 84/91); Personi fikationen oder der Kaiser halten einen Glo bus mit dem Ph. darauf in der ausgestreck ten Hand. Die Gestaltung des Vogels kann von Kaiser zu Kaiser variieren; so findet man zB. auf den Münzen des *Antoninus Pius für Diva Faustina einen kleineren ra benartigen statt reiherartigen Vogel (ebd. 88; ähnlich auch bei **Constantius II [RomImpCoin 8,366 nr. 240], wo der krähenartige Ph. auf einem Fels steht) u. auf einem Münz typ des Aemilianus erinnert er eher an einen Wiedehopf (Lecocq 89; E. S. Bolman, The iconography of the Eucharist?: ΑΝΑΘΗ ΜΑΤΑ EOPTIKA, Festschr. Th. F. Ma thews [Mainz 2009] 62). Unverändert bleiben
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immer die Darstellung im Profil u. der Ge brauch eines Strahlennimbus in den oben ge nannten Formen. d. Andere Darstellungen. Ganz ähnlich wie auf den Aurei des Hadrian ist der Ph. auch auf magischen Gemmen (*Glyptik) zu finden. Hieraus leitet A. Μ. Nagy eine Ent stehung im 2. Jh. ab, andere Forscher datie ren sie in spätere Zeit (Le phénix et l’oiseau-benu sur les gemmes magiques: Fabri zio-Costa 79; dies., The Ph. dass: The Campbell Bonner Magical Gems Database [e-Veröff. 17.05.2013]; A. Segal u. a., Hippos Sussita [Haifa 2005] 70f; vgl. R. Gordon, Archaeologies of magical gems: Ch. Entwistle / N. Adams [Hrsg.], Gems of heaven [London 2011] 39/49). - In den Bodenmosaiken der Villa Casale bei Piazza Armerina (Anf. 4. Jh.) erscheint der Ph. zweimal, in beiden Fällen zusammen mit anderen Tieren: Das eine Mal ist er eines von vielen wilden Tieren, die durch den Gesang des Orpheus gezähmt werden; das zweite Bild bietet eines der sel tenen Beispiele für die Darstellung eines Ph. in einem brennenden Nest, welches van den Broek (230f Taf. 12; 250r 445 Taf. 18, 1) als Metapher für Arabien oder Ägypten deutet. Ein weiteres Mosaik aus Antiochia (Anf. 5. Jh.; heute im Louvre; F. Cimok [Hrsg.], Antioch mosaics [Istanbul 2000] 288 mit Abb. S. 289) stellt in der Mitte einen auf einem Fel sen stehenden Ph. vor einem Rosenteppich dar; den Dekor des umlaufenden Randstrei fens bilden gegenständige Steinbockköpfe über geöffneten Flügelpaaren (zum Ph. auf Felsen van den Broek 180). II. Jüdisch. Ph.darstellungen aus eindeu tig jüdischem Kontext sind bisher nicht ge funden worden. Die einzige bekannte Dar stellung aus Palaestina stammt aus einer frühbyz. Kirche in Umm eWarrar / Hurvat Gerarit (Y. Hirschfeld, The monasteries of Gaza: B. Bitton-Ashkelony / A. Kofsky [Hrsg.], Christian Gaza in Late Antiquity 3 [Leiden 2004] 70). III. Christlich. Die im Anschluss an antike Auffassungen geäußerte Ansicht, mit dem Erscheinen des Ph. beginne ein neues, gol denes Zeitalter, sowie die Vorstellung, dass der Ph. nach seinem Tod wiedergeboren werde bzw. wiedererstehe, ließ ihn für die Christen sowohl zum natürlichen Beweis für die Auferstehung Christi als auch zum au genfälligen Symbol für die Hoffnung auf leib haftige Auferstehung u. den Glauben an ein
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neues u. ewiges Leben im Paradies werden (s. o. Sp. 683; van den Broek 419; vgl. Bolman aO. 62). a. Allein. Darstellungen von einzelnen Ph.vögeln sind eher selten. Zu nennen sind ein Bild in der Callixtus-*Katakombe (van den Broek 444 Taf. 17, 2), ein Graffito in der sog. Capella Greca der Priscilla-Katakombe, wo der Ph. in einem Feuer sitzt (1. H. 4. Jh.; ebd. Taf. 12; A. Nestori, Repertorio topografico delle pitture delle catacombe romane [Città del Vat. 1993] 27), u. eine Zeichnung auf einer Loculusplatte (E. Ehler, Figürliche Loculusplatten aus dem frühchristl. Rom. Katalog [2012] [e-Veröff.] nr. 5,1,10. 207. 3, 30 [hier steht der Ph. seitlich eines Kreu zes]). b. Zwischen Engeln. Das Bildthema in der mosaizierten *Kuppel der Georgsrotunde in Thessaloniki ist umstritten, aber vieles spricht dafür, dass dort ein herrscherlicher Christus im Paradies / Himmel dargestellt war (um 500 [?]; F. A. Bauer, Eine Stadt u. ihr Patron [2013] 53 Abb. 16; anders Ch. Bakirtzis / P. Mastora, Are the mosaics in the Rotunda in Thessaloniki linked to its conver sion to a Christian chureh?: Nié i Vizantija 9 [2010] 33/46 u. A. Semoglou, Le phénix de Saint-Georges [la rotonde] à Thessalonique et l’apocalypse grècque de Baruch: JbAC 56/57 [2013/14] 101/11 Taf. 3). Eindeutig zu erkennen sind vier *Engel, die ein Rundbild in der Mitte der Kuppel tragen, u. zwischen zweien dieser Engel ist der Kopf eines Ph. mit Strahlennimbus wiedergegeben. c. In Dominus legem dat-Darstellungen. Dieses genuin christl. Thema zeigt in einer Zentralkomposition Christus in der Mitte auf dem Paradiesesberg stehend; er wird von *Petrus u. *Paulus flankiert u. überreicht Petrus eine Schriftrolle. Christus trägt im periale Züge u. der Paradiesesberg sowie die manchmal ergänzend dargestellten Lämmer, Palmen, der Ph. u. ä. verweisen auf christli che Vorstellungen vom Paradies bzw. *Jenseits. Beispiele für Dominus legem dat-Dar stellungen mit Ph. in *Apsiden finden sich in Rom in Alt-St. Peter (das Gesamtbild ist nur in einer Zeichnung des 17. Jh. von Grimaldi überliefert, erhalten ist der Ph.; Ch. Ihm, Die Programme der christl. Apsismalerei vom 4. bis zur Mitte des 8. Jh. [1960] Taf. 6, 1), SS. Cosma e Damiano, 1. H. 6. Jh., u. daran anschließend in S. Prassede u. S. Cecilia, 817/24 (ebd. 137f; H. Brandenburg, Die
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frühchristl. Kirchen in Rom [2004] 223. 197). Auf Sarkophagen kommt der Ph. ebenfalls in Dominus legem dat-Darstellungen vor (B. Snelders, The Traditio legis on early Chris tian sarcophagi: AntTard 13 [2005] 321/33); Beispiele sind das Frg. eines röm. Säulensar kophags, letztes Drittel 4. Jh. (RepertChrAntSark 1, 200), sowie Friessarkophage in Rom, Ende 4. Jh. (ebd. 1, 675), u. in S. Maximin-la-Sainte-Baume (3, 499). Ebenso ist die Szene auf einer Loculusplatte zu finden (Ehler aO. nr. 1, 11, 1), in einem Fresko in der Katakombe ad Decimum in Grottaferrata (Ihm aO. 36 mit Taf. 12, 1) sowie auf zwei Goldgläsem in den Vatikanischen Mu seen (ebd. 36 mit Abb.) u. im Toledo Museum of Art, Ohio (Μ. Bogh Rasmussen, Traditio Legis?: CahArch 47 [1999] 9 mit Abb. 3). d In Heiligendarstellungen. In der Apsis von S. Agnese, Rom, 625/38, ist die Heilige, die durch eine Hand (*Hand II [ikonographisch]) aus dem Himmel eine (Märtyrer-) Krone erhält, zwischen den Päpsten Honorius u. Gregor d. Gr. (*Gregor V) wiederge geben (Ihm aO. 141f; Brandenburg aO. 245 Abb. 152); auf ihrem Gewand ist ein Medail lon mit einem Ph. zu erkennen. Sowohl der Goldgrund als auch die Hand signalisieren in Einklang mit dem Ph., dass die Szene im Himmel / Paradies angesiedelt ist. Ähnlich gestaltet war das Apsisfresko im Oratorium der hl. Felicitas in den Titusthermen in Rom (5./7. Jh.; nur in Zeichnungen des 19. Jh. überliefert; Ihm aO. 147f mit Taf. 26, 3): Christus bekränzt aus dem Himmel herab die Heilige, die im Zentrum der Apsis umge ben von weiteren Heiligen steht; seitlich ist jeweils eine Palme zu sehen, wobei in der rechten ein Ph. sitzt. e. Zusammen mit anderen Tieren. Die Darstellung des Ph. im Zusammenhang mit anderen Tieren wie in der Ranke des Boden mosaiks der *Basilika von Sabratha aus jus tinianischer Zeit führt H. Maguire auf die achte Homilie des Ambrosius zurück, in der dieser den Ph. zu den am fünften Tag er schaffenen Vögeln zählt (Earth and ocean. The terrestrial world in early Byz. art [University Park 1987] 62). Wie der radschla gende Pfau im oberen Teil des Mosaiks steht auch der Ph. in Sabratha in der Mittelachse der Ranken auf einem Globus u. ist unge wöhnlicherweise frontal dargestellt (ebd. 63). Beabsichtigt war wohl eine direkte in haltliche Verbindung zwischen Pfau u. Ph.,
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indem man dem Pfau den Globus des Ph. gab u. dem Ph. die frontale Ansicht des Pfaus. Weitere Beispiele für den Ph. zusammen mit Vögeln u. anderen Tieren sind die Boden mosaike in der sog. *Petra-Kirche (Kirche der Jungfrau Maria), Mitte 5. Jh. (Z. T. Fiema / P. Μ. Bikai, The Petra church [Am man 2001] 238), in der Kirche in Houeidjit Halaoua (Halawa), 2. H. 5. Jh. (P. DonceelVoûte, Les pavements des églises byz. de Syrie et du Liban [Louvain-la-Neuve 1988] 145/50; J. Baity, Mosaïques antiques du Proche-Orient [Paris 1995] Taf. 25, 2), in der Georgskirche in Houad, 2. H. 6. Jh. (DonceelVoüte aO. 138/45 mit Abb. 109), u. in der Theotokoskapelle am Berg Nebo, 2. H. 6. Jh. (R. Hachlili, Ancient mosaic pavements [Lei den 2009] 121. 214; Μ. Piccirillo / E. Alliata, Mount Nebo [Jerus. 1998] 359/64 mit Abb. 227.231). In diesen Darstellungen gehört der Ph. zu den Aufzählungen des irdischen Reichtums bzw. der großen Vielfalt der von Gott geschaffenen Welt. - Im Mosaik in der Nordkirche von Huarte ist der bekleidete Adam (inschriftlich bezeichnet) wiedergege ben, der von verschiedenen Tieren u. einem Ph. umgeben ist. R. Wisskirchen (Der be kleidete Adam thront inmitten der Tiere: JbAC 45 [2002] 137/52) deutet Adam in die sem Bild als Präfiguration Christi, wobei der Ph. als Hinweis auf die Wiederkunft Christi u. die Hoffnung auf das jenseitige Paradies verstanden werden kann. Die Komposition lässt sich nach Μ. T. Canivet (I mosaici di Huarte d’Apamene [Siria]: R. Farioli Campanati [Hrsg.], 3. Colloquio intemazionale sul mosaico antico [Ravenna 1983] 247/52) auf nichtchristliche Darstellungen des von wil den Tieren umgebenen Orpheus zurückfuh ren (vgl. V. V. Mavroska, Adam and Eve in the western and Byz. art of the MA, Diss. Frankfurt a. Μ. 2010 [e-Veröff.] 95/9). Im Mosaik der Kirche von Tayibat al-Imam werden der Ph. wie auch der Pfau mehrfach dargestellt (A. Zaqzuq / Μ. Piccirillo, The mosaic floor of the church of the Holy Mar tyrs at Tayibat al-Imam, Hamah, in central Syria: LibAnnStudBiblFranc 49 [1999] Fig. 5/8. 10. 12), was darauf hinweist, dass hier ähnlich wie in den Darstellungen des irdi schen Reichtums die besonderen Eigen schaften des Ph. (Singularität, Wiederge burt) keine Rolle spielten. - Ein 2010 ent decktes Bodenmosaik in einer frühchristl. Kirche Thessalonikis zeigt den Ph. im Profil
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auf einem dreiteiligen blütenartigen Gebilde stehend, das sich an der Oberkante zweier großer Akanthusblätter befindet, aus denen sich zwei Weinranken nach links u. rechts winden. Die Ranken sind von kleineren Vö geln bevölkert. Das Mosaik befindet sich vor dem Fundament eines Altartisches vor der Apsis der Kirche, ist aber nicht auf die Mitte des Tisches oder der Apsis zentriert und wird nach Westen von einer Wand über schnitten. Die Deutung des Ph. in dieser Darstellung muss daher offen bleiben (Μ. Paisidou, Ενζωδη κληματίδα με φοίνικα: 29. Συμπόσιο Βυζαντινής και Μεταβυζαντινής Αρχαιολογίας και Τέχνης: [Aulina 2011] 60f; dies., Η τρίκλιτη βασιλική: Το αρχαιολογικό έργο στη Μακεδονία και στη Θράκη 24 [2010] 253f Abb. 6. 8f; engl. Zusammenfas sung 259f). C. Schindler dankt Herrn Prof. Dr. Rainer Henke (Münster) für wertvolle Hinweise. R. VAN DEN Broek, The myth of the Ph. ac cording to classical and early Christian tradi tions = ÉtPrélimRelOrEmpRom 24 (Leiden 1972). - P. G. Christiansen / J. L. Sebesta, Claudian’s Ph.: AntClass 54 (1985) 204/24. Μ. J. Curley, Physiologus. A medieval book of nature lore (Chicago 2009). - S. FabrizioCosta (Hrsg.), Phénix. Mythe(s) et signe(s) (Bern 2001). - A. Fuchs, Vogel Ph. Antike u. christl. Traditionen eines Märchenmotivs: S. Neumann / Ch. Schmitt (Hrsg.), Sichtweisen in der Märchenforsch. = Schriftenreihe Ringvor lesungen der Märchen-Stiftung Walter Kahn 12 (2013) 4/22. - L. Gosserez, Le phénix coloré: BullAssBudé 1 (2007) 94/117. - L. Gosserez (Hrsg.), Le phénix e son autre. Poétique d’un mythe. Des origines au XVIe s. (Rennes 2013). C. Harlow, The Greek apocalypse of Baruch (3 Bar.) in Hellenistic Judaism and Early Christianity = StudVetTestPsEpigr 12 (Leiden 1996). - F. LECOCQ, L’iconographie du phénix à Rome: Schedae 6 (2009) 73/106. - Μ. R. Niehoff, The Ph. in Rabbinic lit.: HarvTheolRev 89 (1996) 245/65. - A. K. Petersen, Between old and new. The problem of accul turation illustrated by the Early Christian use of the Ph. motif: Jerusalem, Alexandria, Rome, Festschr. A. Hilhorst (Leiden 2003) 147/64. W. Richter, Zwei spätantike Gedichte über den Vogel Ph.: RhMus 136 (1993) 62/90. - A. Rusch, Art. Phoinix 5: PW 20, 1 (1941) 414/23. - F. Sbordone, La fenice nel culto di Helios: ders., Scritti di varia filologia = Geminae ortae 7 (Napoli 1971) 89/161. - A. Wlosok, Wie der Ph. singt: Musik u. Dichtung, Festschr. V. Pöschl = Quellen u. Stud, zur Mu-
Phoenix - Phrygia
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sikgesch. von der Antike bis in die Gegenwart 23 (1990) 209/22. Claudia Schindler (AJB) / Hanna Witte (C).
Phrygia. A. Allgemeines 691. I. Name 692. II. Geographie u. Klima 692. III. Wirtschaft 693. IV. Verkehr u. Straßennetz 695. V. Polit. Geschichte, a. Vorrömisch 696. b. Provinzialisierung u. Kaiserzeit 697. c. Spätrömisch u. frühbyzantinisch 698. VI. Städte 699.
B. Nichtchristlich. I. Die sog. Beichtinschriften 702. II. Grabdenkmäler mit sog. Türsteinen 702. III. Religion u. Kult 703.
C. Jüdisch 705. D. Christlich. I. Kirchengeschichte, a. Anfänge der Christi anisierung 706. b. Zweites u. drittes Jh. 707. c. Ab dem vierten Jh. 709. d. Persönlichkeiten 712. e. Märtyrer u. Heiligenkult 714. II. Innerchristi. Gruppierungen 715. III. Christi. Inschriften 716. IV. Kirchenbau 717.
A. Allgemeines. Φρυγία bezeichnete in der Antike eine Region im westl. Zentral anatolien, die im Osten an *Cappadocia, im Süden an Pisidien u. Lykaonien u. im Norden an *Bithynien u. Paphiagonien grenzte. Die wichtigsten Quellen zur Geographie Ph.s sind Strabo u. *Plinius d. Ä. sowie der Synekdemos des Hierokles u. kaiserzeitliche In schriften (Rüge, bes. 782/4; U. Kelp, Grab denkmäler u. lokale Identität. Ein Bild der Landschaft Phrygien in der röm. Kaiserzeit [2015] 26/36). In ethnischer u. politischer Hinsicht kann man die ursprüngliche Einheit einer ausgedehnten Region nachweisen, die durch das Tal des Tembrios u. die Quellen des Maiandros im Westen, eine Bergkette im Süden u. den Tattasee im Osten begrenzt war (Rüge 787/9). Der vorliegende Artikel beschränkt sich auf die röm. Provinzen Ph. Pacatiana u. Ph. Salutaris (Abb. 1; vgl. ♦Ly dien; *Lykaonien [Galatien]; *Karien; *Pamphylien [Lykien, Pisidien]). - Die phrygische Sprache wurde vermutlich vor allem auf dem Land ununterbrochen gesprochen. Die Phry gier sollen das Alphabet in der archaischen Zeit von den Griechen übernommen haben
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(C. Brixhe / Μ. Lejeune, Corp. des inscr. pa léophrygiennes 1/2 [Paris 1984]); ab dem 2. Jh. nC. sind die sog. neuphrygischen In schriften belegt, die sich auf Grabaltären u. Stelen befinden. (C. Brixhe, Du paléo- au néo-phrygien: CRAcInscr 137 [1993] 323/44). I. Name. Als Ph. bezeichnete man zuerst das Land der Phrygier, eines Volkes vom Balkan, das gegen Ende der Bronzezeit u. in folge des Untergangs des hethitischen Rei ches über die Troas bis ins kleinasiat. Bin nenland u. an die Grenzen des assyr. Reiches vorgedrungen war; in den assyr. Quellen wurden die Phrygier MuSker genannt (J. Börker-Klähn, Zur Herkunft der Bezeich nung ,Muski‘: Gusmani / Salvini / Vannicelli 249/60; A.-M. Wittke, MuSker u. Phryger [2004] 25/184). Der früheste, in einer grie chischsprachigen Quelle bezeugte Bezug auf die Phrygier findet sich in II. 2, 862/4, wo diese unter den Verbündeten der Troer ge nannt werden. Herodt. 7, 73 gibt an, dass die Phrygier bei den Makedonen ,Bryger‘ hießen u. in *Europa die Gebiete zwischen den Flüs sen Strymon u. Athos bewohnten; bei ihrer Ankunft in Asien soll sich daraus der Name ,Phryges‘ entwickelt haben (ebd. 6, 45; 7, 185). In Anlehnung daran berichtet Strab. 7, 3, 2, die Phrygier seien ein thrakisches Volk, die früher ,Bryges‘ hießen u. Europa schon vor dem Trojanischen Krieg verlassen hät ten (10,3,22; vgl. Plin. n. h. 5,145). Xanthos v. Lydien (FGrHist 765 F 14) datiert diese Migration in die Zeit danach, als sich die Re gion entvölkert hatte. Schließlich erklärt Strab. 10, 3,22, auch die Troas selbst werde von manchen Autoren als Ph. bezeichnet, da die Region nach dem Untergang Troias in die Hände der Phrygier fiel (R. Drews, Myths of Midas and the Phrygian migration from Europe: Klio 75 [1993] 6/26). II. Geographie u. Klima. Der größte Teil Ph.s gehört zum zentralanatolischen Hoch land u. weist eine vielfältige Vegetation auf (N. Mersich, Aspekte des Wirtschaftslebens u. der Siedlungsgesch.: Belke / Mersich 52/70; W.-D. Hütteroth / V. Höhfeld, Türkei2 [2002] 32). Dieses Bergland geht nach Osten u. Südosten in ein karges Steppengebiet über. Der höchste Gipfel ist der Türkmen Dagi (1829 m). Durch Erosion entstanden ne ben Tafelbergen u. Hochplateaus vor allem im Süden fruchtbare Flusstäler. Die wich tigsten Flüsse sind von Nord nach Süd der Sangarios mit seinem Nebenfluss Tembrios,
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der Rhyndakos u. der Maiandros mit seinem gen auf Weihesteinen, Votivstelen, Tür Nebenfluss Lykos (Abb. 1). - Das Klima ist reliefs u. ä. (Μ. Lochman, Stud, zu kaiserzeitl. Grab- u. Votivreliefs aus Phrygien kontinental geprägt. III. Wirtschaft. Die wirtschaftliche Grund [Basel 2003]; Μ. Waelkens, Phrygian votive lage Ph.s bildet die *Landwirtschaft (Mer- and tombstones as sources of the social and sich aO. 62/5; Hüttner 20/2; T. R. S. Brough economic life in Roman antiquity: AncSoc 8 ton, Roman Asia Minor: T. Frank [Hrsg.], [1977] 277/315; Th. Drew-Bear / C. Μ. Tho An economic survey of Ancient Rome 4 mas I Μ. Yildizturan [Hrsg.], Phrygian vo [Baltimore 1938] 499/916). Belege hierfür lie tive steles [Ankara 1999]). Es wurden Ge fern entsprechende Inschriften u. Abbildun treide, vor allem Weizen, u. Obst angebaut,
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der Weinbau war verbreitet (vgl. Strab. 12, 8, 14; Vitr. 8, 3, 10; Athen, dipnos. 3, 81A). Ausgedehnte Weideflächen ermöglichten Viehzucht (bes. von Schafen u. Ziegen); phrygische *Pferde genossen hohes Ansehen (Dion. Perieg. 813 [GeogrGr 154]: [Φρυγία] ίππόβοτος; vgl. die Inschrift οροί γυμνα σίου] 1ππ[ικοΰ] [Waelkens aO. 287]). Für den Handel von besonderer Bedeutung wa ren neben dem Verkauf von Pferden vor al lem die Woll- u. Textilherstellung, die sich im Südwesten Ph.s, namentlich in Laodikeia, Hierapolis u. Kolossal, entwickelt hatte (im diokletianischen Preisedikt sind u. a, βίρ[ρ]ος Φρυγιακός, ein Kapuzengewand, u. σιγγιλίων, eine Art Tunika, erwähnt [19, 39. 53. 60/2 u. ö. Lauffer]; vgl. Expos, mundi 42 [SC 124, 179] u. Anon. orb. descr. 42 [Geo grGr 2, 521f]). In Hierapolis färbte man Tex tilien mit einem aus der Krapp-Wurzel ge wonnenen roten Farbstoff, der wesentlich preiswerter war als Purpur (§im§ek, Laodi keia 294/9; D’Andria, Hierapolis 10; zum Fund einer Textilwerkstatt ders., Textile and production ateliers in Laodikeia: Hometextile 86 [2015] 138/44). - Von überregiona ler Bedeutung waren die Marmorbrüche von Dokimeion; der dort gebrochene Pavonazzeto genannte Marmor wurde schon in au gusteischer Zeit bis nach Rom exportiert (P. Liverani, Art. Marmor: o. Bd. 24, 228/30). Tiberius stellte die Steinbrüche unter kaiser liche Verwaltung mit Sitz in Synnada, wo sich florierende Werkstätten etablierten, die u. a. prächtige Säulensarkophage herstellten (Ph. Niewöhner, Phrygian marble and stonemasonry as markers of regional distinctiveness in Late Antiquity: Thonemann [Hrsg.] 21/48; Hüttner 22/4; J. C. Fant, Cavum antrum Phrygiae [Oxford 1989]). IV. Verkehr u. Straßennetz. Über das vorröm. Straßennetz Ph.s ist wenig bekannt. Herodt. berichtet 5, 52, 1, dass der pers. *Königsweg durch Ph. führe, u. 7,30,1, dass Xerxes durch Ph. u. Lydien gereist sei, u. erwähnt in diesem Zusammenhang die Städte Anaua, Colossae u. Cydara (Hüttner 32f). Nach Xen. exped. 1, 2, 19 durchquerte Cyrus Ph. durch das Maiandrostal über Ko lossal, Kelainai u. Ikonion zur Kilikischen Pforte u. weiter nach Syrien (Hüttner 19f. 32). Besser belegt ist der Ausbau des Stra ßennetzes unter römischer Herrschaft. Cn. Manlius Volso, der mit seinen Truppen 189 vC. Pamphylien u. Galatien passierte, u. die
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röm. Gesandten, die im selben Jahr nach Apameia kamen, dürften die von den Diadochen angelegten όδοί βασιλικοί benutzt ha ben (Th. Pekäry, Unters, zu den röm. Reichsstraßen [1968] 58f). Für die republi kanische Zeit belegen Meilensteine des Kon suls Μ. Aquilius (129/126 vC.) eine Straße, die von Ephesos über das Binnenland nach Apameia u. Kibyra führte (D. H. French, The Roman road-system of Asia Minor: ANRW 2,7,2 [1980] 698/726; Belke / Mersich 139/60); die unter * Augustus erbaute Via Sebaste verband Kremna, Komana, Pariais, Antiochia, Ikonion u. Lystra miteinander. Ein weiterer Ausbau des Straßensystems u. die Verbindung mit anderen Regionen Kleinasiens erfolgten seit den Flaviern (French aO. 719; vgl. SupplEpigrGr 13, 625; Pekäry aO. 135/8). V. Polit. Geschichte, a. Varrömisch. Im 9.Jh. vC. gründeten aus Europa ausgewan derte Phrygier am Sangarios um die Stadt Gordion das phrygische Königreich (Wittke aO. [o. Sp. 692] 191f; K. Belke, Überblick über die geschichtl. u. administrative Ent wicklung: ders. / Mersich 71f; zu König Midas vgl. ebd. mit Lit.; zu Felsenreliefs u. Heilig tümern des 7J6. Jh. vC. D. Berndt, Midasstadt in Phrygien [2002]; S. Bemdt-Ersöz, Phrygian rock-cut shrines [Leiden 2006]). Nach dem Überfall der Kimmerer (Strab. 1, 3,21) wurde Ph. zunächst Teil des lydischen, nach 547 vC. Teil des pers. Reiches (Kelp aO. 28; B. Levick, In the Phrygian mode: Tho nemann [Hrsg.] 41/54; *Persien I). Xen. ex ped. 1, 2, 7f berichtet von einem prächtigen *Palast Cyrus’ d. J. in Kelainai, der wahr scheinlich als Satrapenresidenz diente (Belke aO. 72f). Nach Sagalassos eroberte *Alexander d. Gr. iJ. 333 vC. auch Apameia. Dort setzte er als neuen Satrapen Antigonos ein u. zog nach Gordion, wo er den berühm ten gordischen Knoten gelöst haben soll (Ar rian. anab. 1, 27, 5/29, 6). Ph. wurde Teil der sich bald vom Hellespont bis zum Euphrat erstreckenden Satrapie des Antigonos Monophthalmos, der iJ. 306 den Königstitel an nahm u. Kelainai zu seiner Residenz wählte (Belke aO. 73; Kelp aO. 28f). Nach seinem Tod 301 vC. fielen die kleinasiat. Gebiete bis zum Tauros an Lysimachos, den Herrscher Thrakiens, u. ab 281 vC. herrschte Seleukos über Kleinasien. Ab 278 vC. erfolgte die In vasion der Kelten, die ursprünglich als Söld ner im Heer des Königs Nikomedes I v. Bi-
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thynien gedient hatten u. sich nun im Gebiet um Gordion u. Ancyra niederließen, das spä ter nach ihnen Galatien genannt wurde (R. Behrwald, Art. Lykaonien [Galatien]: o. Bd. 23, 763/98). Im Vertrag von Apameia (188 vC.) wurde Ph. Eumenes II v. Pergamon zu gesprochen (Belke aO. 73f). b. Provinzialisierung u. Kaiserzeit. Nach 133 vC. wurde Ph. Teil der von den Römern neu eingerichteten senatorischen Provinz *Asia. Während sich der phrygische Kultur raum zuvor in Φρυγία Μεγάλη u. Φρυγία Μικρά (oder ’Επίκτητος) gegliedert hatte, was dem sagenhaften Midas-Königtum ei nerseits u. dem Hellespont mit der Troas an dererseits entsprach (Polyb. 21, 46, 10; Liv. 37, 56, 2; Strab. 12, 3, 7 u. ö.; vgl. G. Laminger-Pascher, Lykaonien u. die Ostgrenze Phrygiens: EpigrAnatol 16 [1990] 1/13, bes. 12f), existierte in der Kaiserzeit diese Unter teilung nicht mehr u. nach Plin. n. h. 5, 145f grenzte die Region im Norden an Galatien, im Süden an Lykaonien, Pisidien u. Mygdonia u. im Osten an Kappadokien. Strab. 13,4, 12 klagt, Phrygien, Karien, Lydien u. Mysien seien nicht mehr klar voneinander abzugren zen, u. beschreibt die Phrygier treffend als geteilte Ethnie (ebd. 12, 8, 1: τό έθνος διτ τόν), weil Rom die Grenzen nicht nach der Stammeszugehörigkeit der Einwohner, son dern nach Gerichtsbezirken festgelegt hatte. Ein Teil der damaligen Φρυγία Μεγάλη wurde dem tetrarchisch verfassten Galatien zugeordnet (ebd.; Plin. n. h. 5,146) u. später Teil der Provinz Galatien. Für die frühe Kai serzeit können somit vier u. a. von Phrygiern bewohnte Gebiete in den beiden Statthalter provinzen Asia u. Galatia angenommen wer den: 1) Paroreios Ph., das sich entlang des Bergrückens des Sultan Daglan erstreckte; 2) Ph. bei Pisidien mit Antiochia; 3) die Ge biete um Amorion, Eumeneia, Synnada, Apameia-Kybotos u. Laodikeia, welche die größten Poleis Ph.s darstellten; 4) Ph. Epiktetos am Hellespont (S. Dmitriev, The hist, and geography of the province of Asia during its first hundred years and the provincialization of Asia Minor: Athenaeum 93 [2005] 71/133; Μ. Vitale, Eparchie u. Koinon in Kleinasien von der ausgehenden Republik bis ins 3. Jh. [2012] 41/88). Zugleich war Ph. teilweise selbständig, wie das κοινόν Φρυ γίας (eine Art Städtebund) mit Sitz in Apa meia bezeugt (Belege: ebd. 13/40. 65/88; Thonemann 109/17). Die Provinz Asia wurde in
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Gerichtsbezirke (lat. conventus) unterteilt, welche mehrere Poleis u. έθνη umfassen konnten; für Ph. sind Apameia, Synnada, Kibyra u. Philomelion (dieser entsprach der Ph. Paroreios) belegt. Für wenige Jahre (56/49 vC.) wurden diese conventus der Pro vinz Kilikien, bis zur Gründung der Provinz Caria et Ph. dann der Provinz Asia zuge ordnet (ebd. 112/4). Seit Hadrian verwaltete ein in Synnada residierender procurator Augusti provinciae Phrygiae den kaiserl. Besitz in Ph. (113f mit Anm. 38/40; G. Kantor, Law in Roman Ph.: Thonemann [Hrsg.] 143/67, bes. 150f; *Prokurator). c. Spätrömisch u. frühbyzantinisch. Die Grenzen blieben bis zur Einrichtung der neuen Provinz Caria et Ph. unter *Philippus Arabs in der Mitte des 3. Jh. nC. nahezu un verändert u. schlossen die südwestl. Gebiete Ph.s ein (S. Frei-Korsunsky, Meilensteine aus der Gegend von Eski§ehir: EpigrAnatol 8 [1986] 91/5). Der erste kaiserl. Legat vor Ort war Clodius Celsinus (D. H. French, Sites and inscriptions from Ph., Pisidia and Pamphylia: ebd. 17 [1991] 57/9). Die Raub züge der Goten scheinen Ph. nicht betroffen zu haben. Im Zuge der diokletianischen Neu ordnungen wurde die Provinz Asia iJ. 295 in sieben kleinere Provinzen unterteilt, welche die alten Landschaftsnamen (Ph., Karien etc.) trugen. Ph. wurde in Ph. Pacatiana (Hauptstadt Laodikeia) u. Ph. Salutaris (Hauptstadt Hierapolis) geteilt. Ob es in der 1. H. des 4. Jh. ein oder zwei (Teil-)Provinzen gab, ist unklar (E. Honigmann, The original lists of the members of the council of Nicaea, the robber-synod and the council of Chalcedon: Byzant 16 [1944] 47 nr. 126/32; A. H. Μ. Jones, The date and value of the Verona List: JournRomStud 44 [1954] 23. 27), aber nach der Mitte des 4. Jh. nC. werden die Be zeichnungen Ph. Salutaris (zB. Cod. Theod. 1, 6, 1 vJ. 361) u. Pacatiana wieder verwen det (Belke aO. 78). Nach dem Sieg des Kai sers Valens über den Usurpator *Procopius in Nakoleia am 27. V. 366 (Amm. Marc. 26, 6/9; Zos. 4,4/8) wurden Goten in Ph. angesie delt (Belege: Belke aO. 79f). 535/36 begann Kaiser *Iustinianus, militärische u. zivile Verwaltung voneinander zu trennen: In Ph. übertrug er die Kompetenzen des Vikars der Provincia Asiana auf den Statthalter der Pa catiana, der nun den Titel άρχων τής Πακατιανής Φρυγίας führte (Nov. lust. 8, 2; 31,3; Belke aO. 81f). Schon iJ. 553 (Nov. lust. 145)
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standen alle asianischen Diözesen wieder un ter der Verwaltung ziviler Statthalter u. die militärische Gewalt übte in Ph. Pacatiana u. Ph. Salutaris jeweils ein dux aus. Das phry gische Territorium wurde in zwei Themen (Anatolikon u. Thrakesion) geteilt. Von den Perserangriffen des 7.Jh. scheint Ph. ver schont geblieben zu sein (Belke aO. 82f). VI. Städte. Die ersten Städte Ph.s, zB. das hethitische Hattuäa u. das phrygische Gordion (A. Schachner, Hattuscha. Auf der Su che nach dem sagenhaften Großreich der He thiter [2011]; Ch. Brian Rose, The archaeology of Phrygian Gordion, royal city of Midas [Philadelphia 2012]), entstanden in vorrömischer Zeit. Viele phrygische Städte sind nur durch ihre Namen bekannt (vgl. die Städteliste des Ptol. Math, geogr. 5, 2, 4 [Φρυγία Μικρά]. 22/6 [Φρυγία Μεγάλη], Hierokles’ Synekdemos sowie die Namenlisten der Konzilsakten [s. u. Sp. 710]). Eine wich tige Quelle sind lokale Münzprägungen, die in einigen Fällen den einzigen Hinweis auf die Existenz einer Stadt liefern (H. v. Aulock, Münzen u. Städte Phrygiens 1/2 [1980/87]). In persischer Zeit scheint Ph. eine territoriale Struktur κατά κώμας gehabt zu haben; einzige Ausnahme war Kelainai (N. Sekunda, Achaemenidic Settlement in Caria, Lycia and Greater Ph.: H. Sancisi-Weerdenburg / A. Kuhrt, Achaemenid history 6 [Lei den 1991] 83/143, bes. 110/40). In hellenisti scher Zeit begann die Urbanisierung Ph.s vor allem durch Seleukiden u. Attaliden, die Festungsanlagen bzw. Militärkolonien be sonders im Süden entlang des Weges durch das Maiandrostal nach Ikonion gründeten. Dazu zählen Amorion, Antiochia an der Grenze zu Pisidien, Apameia, Apollonia, Brouzos, Dorylaion, Eukarpeia, Hierapolis, Laodikeia am Lykos, Lysias, Moxoupolis u. Krithine, Otrous, Philomelion, Synnada, Themisonion u. a. (G. Μ. Cohen, The Hellenistic settlements in Europe, the Islands and Asia Minor [Berkeley 1995] 275/326). - Aizanoi liegt im Tal des Penkalas, eines Quellflusses des Rhyndakos (Ramsay 396/483). Nach der bei Paus. 8, 4, 3 überlieferten mythischen Tradition geht die Stadtgründung auf Aizan zurück, einen der drei Söhne des Areas u. der Nymphe Erato. Die Hauptgottheiten waren Zeus u. Meter Steunene (K. Jes, ,Eine Stadt von edler Abkunft u. hohem Alter*: O. Cordovana / Μ. Galli [Hrsg.], Arte e memoria culturale nell’etä della Seconda Sofistica [Ca
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tania 2007] 153/68). Im Zuge des beachtli chen Aufschwungs in der frühen Kaiserzeit entstanden u. a. der bedeutende Zeustempel, der nach seiner rekonstruierten Stifterin schrift ins Jahr 92 datiert werden kann (K. Jes / R. Posamentir / Μ. Wörrle, Der Tempel des Zeus in Aizanoi u. seine Datierung: Rheidt 55/87; R. Naumann [Hrsg.], Der Zeustempel zu Aizanoi [1979]), ab dem 2. Jh. die Thermen (F. Naumann-Steckner, Ba deluxus in den anatolischen Bergen: Rheidt 98/111) u. in mehreren Phasen das TheaterStadion (die Kombination von Theater u. Stadion ist in der Antike einzigartig; C. Rohn, Das Theaterstadion: ebd. 112/29). Um 400 wurde die große Säulenstraße errichtet, die zum Heiligtum der Meter Steunene führte (Ph. Niewöhner, Aizanoi, Dokimion u. Anatolien [2007] 69). - Kelainai-Apameia Kibotos lag im Quellgebiet der Flüsse Maiandros u. Marsyas an der Stelle des heutigen Dinar. Die Stadt ist nie ganz aufgegeben worden, so dass weite Teile heute überbaut oder abgetragen sind (A. v. Kienlin, Kelainai-Apameia Kibotos: Summerer / Ivantchik / v. Kienlin 205/19). Hier soll der mu sikalische Wettbewerb zwischen *Apollon u. Marsyas stattgefunden haben, u. nach Herodt. 7, 26, 3 wurde die Haut des im Wett bewerb unterlegenen Marsyas in Kelainai ausgestellt (N. Zwingmann, Erinnerungs landschaften u. Identitäten in einer kulturel len Kontaktzone: Summerer / Ivantchik / v. Kienlin 93/5). *Kybele soll dort die Syrinx u. Athena den Aulos erfunden haben (*Musik III; zum Beinamen Kibotos, den Strab. 12, 6, 4. 8, 13 bezeugt, u. zur Lokalisierung der *Noe-Gesch. in Apameia s. u. Sp. 706). Die Stadt lag an einem wichtigen Verkehrskno tenpunkt u. war ein bedeutender Handels platz, u. laut Strab. 12,8, 5 war sie der wich tigste Markt der Provinz Asia nach Ephesos. Münzprägungen lassen vermuten, dass das Κοινόν Φρυγίας mehrmals in Kelainai-Apameia zusammentrat (J. Νοίΐέ, Beitr. zur kleinasiat. Münzkunde u. Gesch.: Gephyra 3 [2006] 64 mit Anm. 86; RomProvCoin 1, 3136f; 2, 1389; zu Kelainai als Residenzstadt 546/334 vC. F. Knauß, Residenzen achaimenidischer Beamter u. Vasallen: Summe rer / Ivantchik / v. Kienlin 391/410). Antiochos I Soter (281/261 vC.) gründete die Stadt neu u. benannte sie nach seiner Mutter Apame. Nach dem Sieg der röm. Truppen über Antiochos III u. dem Frieden von Apa-
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meia vJ. 188 vC. wurde die Stadt dem pergamenischen Reich eingegliedert, 133 vC. fiel sie an Rom. — Laodikeia am Lykos (zuvor Diospolis) wurde in den 50er Jahren des 3. Jh. vC. vom Seleukidenkönig Antiochos II neu gegründet u. nach seiner Gattin Laodike benannt (Ramsay 31/79; Th. Corsten, The foundation of Laodikeia on the Lykos: H. Elton / G. Reger [Hrsg.], Regionalism in Hellenistic and Roman Asia Minor [Bor deaux 2007] 131/6). Die Hauptgottheit war der angeblich dort geborene Zeus Laodikenos, der auf zahlreichen lokalen Münzprä gungen abgebildet ist. Um 130 vC. wurde die Stadt römisch u. nach Ausweis der in den letzten Jahren ergrabenen prächtigen u. gro ßen Bauten war die Stadt vor allem durch eine florierende Textilindustrie zu großem Wohlstand gelangt (s. o. Sp. 695; §im§ek, Laodikeiakirche 1/3; G. Traversari [Hrsg.], Laodicea di Frigia 1 [Roma 2000]). Laut Strab. 12, 8, 13 sind Laodikeia u. Apameia die bedeutendsten Städte Ph.s, aus denen Persönlichkeiten wie Hieron, Zenon u. sein Sohn Polemon hervorgingen (T. Ka$ar, Cities were his inferiors, emperors were not his superiors. Polemo of Laodicea, sophist and politician: C. §im§ek [Hrsg.], 10. Yilinda Laodikeia [Istanbul 2014] 195/205 [türk, mit engl. Zusammenfassung]). In der Stadt be fand sich das größte bekannte Stadion Ana toliens (285 m x 70 m), weiterhin sind zwei Theater, vier Thermenanlagen, fünf Agorai, fünf Nymphäen, ein Bouleuterion, verschie dene Tempel, Prachtstraßen sowie zwei mo numentale Stadttore bekannt (§im§ek, Lao dikeiakirche 7). - Hierapolis lag nordöstlich angrenzend an das heutige Pamukkale auf einem Plateau oberhalb des Lykostales am Rande des zentralanatolischen Hochlandes (vgl. im Folgenden D’Andria, Hierapolis). Wie Laodikeia gilt auch Hierapolis als seleukidische Stadtgründung des Antiochos II im з. Jh. vC. Nach dem Erdbeben um 60 nC. wurde die Stadt wieder aufgebaut u. es ent standen u. a. die prächtige Frontiusstraße (T. Ismaelli, Hierapolis di Frigia 3 [Istanbul 2009] 171/346), das Apollonheiligtum mit dem in der Antike berühmten, schon vorhellenist. и. Strab. 13, 4, 14 beschriebenen Plutonion (eine Höhle, der giftige Gase entströmten u. die daher als Eingang zur Unterwelt ange sehen wurde; F. D’Andria, II Plutonion a Hierapolis di Frigia: IstMitt 63 [2013] 157/217; ders., ,La reine des nymphes*: Rev-
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Arch 2013, 115/24; N. Zwingmann, Antiker Tourismus in Kleinasien u. auf den vorgela gerten Inseln [2012] 314/42; S. Kerschbaum, Die Apollines von Hierapolis in Phrygien: Jb. für Numismatik u. Geldgesch. 64 [2014]), ein Theater (210/11 fertiggestellt; D’Andria, Hie rapolis 12. 182), Agora, Gymnasion, Ther men, Nymphäen usw. Nach einem *Erdbeben in der 2. H. des 4. Jh. wurden die Bauten im Stadtzentrum sowie die Theater größten teils wieder hergestellt. Unter Theodosius erhielt Hierapolis seine erste Stadtmauer, wobei die beschädigte Agora nicht mitein bezogen wurde (ebd. 12). B. Nichtchristlich. I. Die sog. Beichtin schriften. Aus den kleinen ländlichen Heilig tümern für lokale Gottheiten stammt reiches Inschriftenmaterial religiösen Inhalts, meist jedoch ohne archäologischen Kontext (Be lege: Th. Drew-Bear / Ch. Naour, Divinités de Phrygie: ANRW 2,18,3 [1990] 1908/2044; T. Gnoli / J. Thornton, Σώζε την κατοικίαν: Gusmani / Salvini / Vannicelli 153/200). Die sog. Beichtinschriften sind in griechischer Sprache verfasst u. waren auf Stelen im westl. Kleinasien in der Zeit von 50/250 nC. verbreitet (G. Petzl, Die Beichtinschriften Westkleinasiens [1994]; ders., Die Beicht inschriften im röm. Kleinasien u. der Fromme u. Gerechte Gott [1998] 5). Jede Stele war einer bestimmten, meist lokalen Gottheit geweiht. Der Stifter der Stele ,beichtet' eine Verfehlung, berichtet von der erlittenen Strafe (dies konnte zB. eine *Krankheit oder ein Unglück sein), durch die seine Verfehlung in gerechter Weise getilgt wurde, u. spricht eine Mahnung an seine Mit menschen aus, nicht den gleichen Fehler zu begehen (Petzl, Westkleinasiens aO. 13). Of fenbar hatten diese Inschriften eine erzie herische Funktion (ebd. 23/8). Der in Ph. be legte Kult des Hosios u. Dikaios (oder des Hosios Dikaios; "Οσιος καί Δίκαιος; zur Frage, ob es sich um eine oder mehrere Gottheiten handelt, Petzl, Kleinasien aO. 5. 21 mit Anm. 31) zeigt die Bedeutung der *Gerechtigkeit in den lokalen sakralen Vor stellungen. II. Grabdenkmäler mit sog. Türsteinen. Als typisch phrygisch gelten neben anderem Grabschmuck vom 1. bis 5. Jh. sog. Türsteine (Blütezeit: 273. Jh.). Dabei handelt es sich um Scheintüren über einer Basis u. mit Gie bel, die mit Reliefdekor versehen sind (häu fig sind Hinweise auf den Beruf des bzw. der
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Verstorbenen oder auf soziale Stellung u. Bildung). Möglicherweise geht die Form auf Tumulusgräber zurück, die eine Tür als Ein gang besaßen (U. Kelp, Grave monuments and local identities in Roman Ph.: Thone mann [Hrsg.] 71). Die ältesten Exemplare sind aus Aizanoi bekannt, im Verlauf des l.Jh. wurden sie an prunkvollen Gräbern der städtischen phrygischen Eliten verwen det u. ab dem 2.Jh. finden sie sich in ganz Ph., zT. auch auf Grabstelen (ebd. 76). Sie können als Tor zur Unterwelt bzw. ins Jen seits gedeutet werden oder das Grab als To tenhaus kennzeichnen u. tragen oft Inschrif ten, u. a. die sog. Grabflüche, die das Grab schützen sollten (Mitchell 1, 187/9; Kelp, Monuments aO. 86f; Μ. Waelkens, Die kleinasiat. Türsteine [1986]; zu Grabstelen in Ph. J. Massöglia, Phrygians in relief, trends in self-representation: Thonemann [Hrsg.] 95/123; P. Thonemann, Households and families in Roman Ph.: ebd. 124/42). III. Religion u. Kult. Vor der Gründung der Städte u. der Hellenisierung Ph.s gab es kleine ländliche Heiligtümer u. Kultzentren für lokale Gottheiten (Μ. Riel, Society and economy of rural sanctuaries in Roman Ly dia and Ph.: EpigrAnatol 35 [2003] 77f; G. F. Chiai, Die Ortsgebundenheit des Religiösen: Ch. Auffarth [Hrsg.], Religion auf dem Lande [2009] 133/60). Im Zuge der späteren Stadtgründungen wurden diese Kultzentren zT. in die Städte einbezogen u. begründeten lokale Identitäten. Die große Zahl der sa kralen (primären) Epitheta, abgeleitet von Ortsnamen (Άλσηνός, Πεταρηνός, Λαιρμηνός usw.) betont die starke Ortsgebunden heit dieser verehrten Gottheiten. So wurde nach Strab. 10, 3, 12 die Mutter der Götter jeweils nach den Orten, in denen sie verehrt wurde, als Δαία, Δινδυμήνη, Σιπυλήνη usw. bezeichnet (zu den Beichtinschriften s. o. Sp. 702). Zugleich weist dies darauf hin, dass hinter Zeus, Apollon usw. ältere indigene Gottheiten stehen (Chiai aO. 137/9). Schon die älteste im Tal des Lykos gefundene griech. Inschrift vJ. 267 vC. erwähnt einen Zeustempel (Διός Ιερόν) in einem Dorf in der Nähe Laodikeias (Inschr. v. Laod. 1); Laodikeia selbst hieß nach Plin. n. h. 5,105 zuerst Diospolis u. später Rhoas (Hüttner 42). Auf kaiserlichen *Münzen der Stadt ist Zeus Laodiceus / Laodicenus dargestellt (er steht aufrecht, hält ein Szepter in der Linken u. einen * Adler auf der rechten Hand); zu sei
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nen Ehren fanden achttägige Spiele (Deia) statt (U. Hüttner, Wolf u. Eber. Die Flüsse von Laodikeia in Phrygien: B. Overbeck / J. Nollö / P. Weiss [Hrsg.], Intern. Kolloqu. zur kaiserzeitl. Münzprägung Kleinasiens [Mi lano 1997] 93/108; G. F. Chiai, Die Götter u. ihr Territorium. Münzen als Quellen zur interpretatio im kaiserzeitl. Phrygien: Mediterraneo Antico 64 [2012] 51/70; T. Ritti, Documenti epigrafici dalla regione di Hierapo lis: EpigrAnatol 34 [2002] 52; Hüttner 43). Daneben kam auch Apollon große Vereh rung zu. In Hierapolis errichteten Julian u. Claudius einen großen, im 3. Jh. erneuerten Apollontempel (s. o. Sp. 701). An der Cellawand fanden sich verschiedene orakelhafte Texte, die u. a. Apollon Archegetes als Stadtgründer bezeichnen (Kerschbaum aO.; D’Andria, Hierapolis 161/82; Hüttner 46), u. das Theater besaß an der scenae frons einen umfangreichen Reliefzyklus mit Apollon u. Artemisszenen (F. D’Andria / T. Ritti [Hrsg.], Le sculture del teatro [Roma 1985]). Gefunden wurde auch eine Apollonstatue, die inschriftlich als Κάρειος ’Απόλλων u. als Heilsbringer bezeichnet ist, so dass auch hier eine Verschmelzung lokaler Kulte mit den griech. Göttern anzunehmen ist (D’Andria, Hierapolis 141). In Kelainai - Apameia spielte ebenfalls der Apollonkult eine Rolle u. entsprechende Szenen waren an der sce nae frons des Theaters abgebildet; zugleich wurde der Marsyasmythos gepflegt u. Marsyas zB. auf Münzen geradezu herosartig ab gebildet (N. Zwingmann, Mythen u. Denk mäler in Kelainai - Apameia Kibotos: Summerer / Ivantchik / v. Kienlin 96/9). Ca. 40 km nördlich von Hierapolis befand sich ein Heiligtum des Apollon Lairbenos (ca. 27 m x 12 m), wo dieser zusammen mit seiner Mut ter Leto verehrt wurde u. welches trotz sei ner abseitigen Lage anscheinend viele Be sucher anzog (Hüttner 48f). Von dort stammt reiches epigraphisches Material, u. a. sog. Katagraphai (Widmungen, die Kinder oder Jugendliche ausdrücklich Apollon un terstellen; T. Ritti / C. §im§ek / H. Yildiz, Dediche e καταγραφαι dal santuario frigio di Apollo Lairbenos: EpigrAnatol 32 [2000] 1/88) u. sog. Beichtinschriften (s. o. Sp. 702). Westlich von Laodikeia gab es ein Heiligtum des Men, eines populären Mond- u. Heilgot tes (Strab. 12, 8, 20; Hüttner 52). Vielfach verehrt wurde auch die Mutter der Götter (Thonemann 233). Der Name der Stadt Ko-
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lossai lässt sich von κολοσσός, Statue, ablei mit dem jüd. Glauben sympathisierte (van ten; dieses Toponym verweist auf ein Heilig der Horst 287). Eine Grabinschrift aus Hie tum einer anatolischen Muttergottheit rapolis (SupplEpigrGr 49, 1826) lässt Rück (Hüttner 53f). Von überregionaler Bedeu schlüsse auf enge Beziehungen zwischen den tung war auch der große Tempel für die phrygischen jüd. Gemeinden u. der Ge Mutter der Götter in Hierapolis, zu dem das schichte ihrer Geburtsstädte zu: Der Ver sog. Plutonion gehörte (s. o. Sp. 701). Seit storbene heißt Aurelios Antiochos Makedon griechischer Zeit wurde in Ph. der *Herr- Polydeukes Antoneinianos Ioudeos; ist der scherkult gefördert u. unter Augustus ins *Name Antiochos typisch für eine von den besondere der Kaiserkult ausgeweitet. La- Seleukiden (neu)gegründete Stadt, besitzt odikeia zB. errichtete einen großen Tempel, Makedon historische Reminiszenzen, wäh was der Stadt den Titel neocorus / neocoria rend Antoneinianos als Hinweis auf die Re einbrachte (Hüttner 57/63; A. Heller, ,Les gierungszeit des *Caracalla gedeutet werden bêtises des Grecs*. Conflits et rivalités entre kann, als die Stadt die Neokorie erhielt. Der cités d’Asie et de Bythinie à l’époque ro Beiname Ioudeos lässt auf einen jüd. Hinter maine [129 a. C./ 235 p. C.] [Bordeaux 2006] grund schließen (weitere Bsp. van der Horst 285f). Gemäß den lokalen Bräuchen pflegten 241/82). C. Jüdisch. Nach Joseph, ant. Iud. 12, auch die Juden das Areal ihrer Grabstätten 148/52 veranlasste der seleukidische König mit Altären zu begrenzen, auf denen In Antiochos III im 3. Jh. vC. die Ansiedlung schriften mit Fluchformeln gegen etwaige von 2000 jüdischen Familien aus Babylonien Grabschänder angebracht waren (ebd. 285. in Lydien u. Ph. Jüdische Gemeinden sind 288f). Die bekannteste ist die jüdisch u. sowohl in den städtischen Zentren als auch christlich verwendete sog. Eumeneische auf dem Land bezeugt (InscrJudOr 2, Formel έσται αύτφ πρός τόν θεόν (Ρ. Tre342/448; van der Horst 283). Auf die Präsenz bilco, The Christian and Jewish Eumeneian vermögender jüdischer Gemeinden in Apa- Formula: Mediterraneo Antico 5 [2002] meia u. Laodikeia im l.Jh. vC. lässt Cic. 63/97), besonders verbreitet im Gebiet um Flacc. 28, 66/9 schließen: In diesen Städten Eumeneia. Grabinschriften aus Akmoneia wurden von den *Juden insgesamt ca. 120 (MonAsMinAnt 6, 110 nr. 316; 116 nr. 335) Pfund *Gold für den Tempel in ’Jerusalem verwenden biblische Formeln als Grabfluch. gesammelt, die dann von den röm. Autori Auf die Mitgestaltung lokaler Stadttraditi täten beschlagnahmt wurden. Spätere lite onen durch die Juden dürfte ein Münztyp aus rarische Hinweise auf in Ph. lebende Juden Apameia hindeuten (Trebilco 85f), auf dem finden sich in den folgenden Quellen (zusam die *Arche des *Noe abgebildet wird: Orac. menfassend van der Horst 284f): 1) Act. 2,10 Sib. 1, 261/77 schildert, die Arche sei in Ph. erwähnt phrygische Pilger in Jerusalem; 2) gelandet, u. dies stellt möglicherweise den das Konzil v. Laodikeia (s. u. Sp. 710f) for literarischen Hintergrund für die Prägung dert die Christen auf, sich von jüdischen dieser Münzen, die unter Septimius Severus Bräuchen femzuhalten (cn. 29. 37f [1, 2,142. beginnt u. bis Trebonianus Gallus dokumen 146 Joannou]); 3) Theophan. Conf. chron. zJ. tiert ist (van der Horst 290f; E. Enß: o. Bd. 374/75 (1, 62 de Boor) weist darauf hin, dass 25, 940f). D. Christlich. I. Kirchengeschichte, a. An Novatianer (*Novatianus) zusammen mit Ju den das *Pascha feiern. - Besonders die In fänge der Christianisierung. (Hüttner schriften (InscrJudOr 2) lassen Rückschlüsse 81/148.) Nach Act. 2, 10 hörten auch phrygi auf das Alltagsleben der Juden in Ph. zu (G. sche Juden u. ’Proselyten die Apostel an F. Chiai, Norm, Kommunikation u. Identität. Pfingsten in Jerusalem. Während ’Paulus Die jüd. Lebenswelt in den Inschr. des kai- auf seiner ersten Missionsreise wohl nur in serzeitl. Phrygien: ders. u. a. [Hrsg.], Athen, die Nähe von Ph. gelangte (Hüttner 13f), Rom, Jerusalem [2012] 117/46; weitere Bsp. reiste er nach dem Zeugnis der Act. auf der van der Horst 285/92). In Akmoneia (Tre- zweiten (16, 6; διέρχομαι weist als t. t. der bilco 58f; van der Horst 287) berichtet eine Missionssprache wohl darauf hin, dass er Inschrift (MonAsMinAnt 6, 97 nr. 264) von auch Gemeinden gründete: R. Pesch, Die Bauarbeiten an der Synagoge; diese wurden Apostelgesch. = EvKathKomm 5, 2 [1986] von Iulia Severa, Mitglied einer der promi 100; C. Breytenbach, Paulus u. Barnabas in nentesten Familien der Stadt, finanziert, die der Provinz Galatien [Leiden 1996] 117) u. RAC XXVII
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dritten durch Ph. (Act. 18,23; nach Breytenbach aO. 118f u. Hüttner 83 könnte Paulus über Antiochia, Apameia, Laodikeia u. das Tal des Maiandros nach Ephesos gereist sein [Act. 19, 1]). Die Bemerkung ebd. 18, 23, er stärkte die Jünger, könnte darauf hindeuten, dass es dort bereits Christen gab, evtl, in von ihm selbst auf der zweiten Reise gegrün deten Gemeinden (Pesch aO. 157; J. Jervell, Die Apostelgesch. = MeyersKomm 317 [1998] 467). Es wird vermutet, dass Epaphras, ein Vertrauter des Paulus, der mit ihm in Gefan genschaft war (Phm. 23; P. Müller, Der Brief an Philemon = MeyersKomm 9, 3 [2011] 80/2), in Kolossai lebte (Col. 4, 12; Hüttner 87f); auch Philemon u. seine Hauskirche kön nen evtl, dort lokalisiert werden (das Haus ist noch Theodoret bekannt [in Phm. comm. arg.: PG 82,872]; Hüttner 81; Müller aO. 81f). Auf eine christl. Gemeinde in Laodikeia deu ten der nicht überlieferte Brief an die Laodikener (Versuch einer Rekonstruktion: M.-E. Boismard, La lettre de S. Paul aux Laodiceens [Paris 1999] 11/22), die Aufforde rung Col. 4, 15f, die Briefe des Paulus mit den Laodikenem auszutauschen, sowie der *Brief an den Engel der Gemeinde von La odikeia (Apc. 3, 14/22); sollte es sie tatsäch lich gegeben haben, so traf sie sich vielleicht im Haus der Nympha (Col. 4,15; zur Lesart Nympha oder Nymphas: Hüttner 95f). Nach Col. 4, 13 scheint es auch in Hierapolis be reits in neutestamentlicher Zeit eine Ge meinde gegeben zu haben. Alle drei Gemein den könnten von Epaphras (mit-)gegründet worden sein (ebd. 1, 7; 4, 12f; P. Pokorny, Der Brief des Paulus an die Kolosser = TheolHdKomm 10,1 [1990] 36 nennt ihn den .Missionar des Lykostales“). - Zum Diakon u. Evangelist *Philippus (Act. 21,8), der in den Quellen häufig mit dem gleichnamigen Apos tel verwechselt wird u. dessen Töchter pro phetisch begabt gewesen sein sollen (ebd. 21, 9), vgl. F. Amsler o. Sp. 591/9; Hüttner 195/210; zum Philippusgrab in Hierapolis s. u. Sp. 719. b. Zweites u. drittes Jh. Inwieweit die christl. Gemeinden Ph.s schon seit der Zeit des Paulus hierarchisch organisiert waren, ist unsicher; denn was genau Col. 4, 17 mit dem von Archippus übernommenen Dienst (διακονία) meint, kann nicht mehr eruiert werden. In Kleinasien entwickelte sich je doch schon relativ früh eine gewisse kirchl. Hierarchie; so kennen die Briefe des *Igna
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tius bereits *Bischöfe, *Presbyter u. *Diakone (Smym. 8, lf u. ö.; Hüttner 273f). Die ersten sicher bekannten Bischöfe Ph.s sind im 2. Jh. Papias u. Apollinaris v. Hierapolis (s. u. Sp. 712/4; Bischofsliste von Hierapolis bei Ramsay 120) sowie Sagaris v. Laodikeia (Eus. h. e. 4, 26, 3; Bischofsliste von Laodi keia: Ramsay 78f; D. Stiemon, Art. Laodicöe de Phrygie: DictHistGE 30 [2010] 507/10) u. Thraseas v. Eumeneia (Eus. h. e. 5, 24, 4). Weitere frühe namentlich überlieferte Bi schöfe Ph.s sind im späten 2.Jh. Julian v. Apameia, der den *Montanismus bekämpfte (ebd. 5,16,16f), im 3. Jh. Heortasius v. Appia (MonAsMinAnt 10,47 nr. 152) u. Metrodoros v. Eumeneia (Μ. Guarducci, Epigrafia greca 4 [Roma 1978] 386/8 nr. 2; weitere Belege bei S. Hübner, Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken Kleinasiens [2005] 24; Blanchetiäre 338f. 495). Belege für Presbyter u. Diakone sind häufig inschriftlicher Art u. nicht sicher datierbar (Mosaikinschriften in der Basilika von Laodikeia wohl aus dem 4. Jh. nennen zB. den Protodiakon Polykarp u. den Diakon Alexander; weitere bei Hütt ner 274f; Hübner aO. 52; zu weiteren Ämtern ebd. [Lektoren]. 48 [Diakoninnen]. 51f [Dia kone]. 55 [Proto- u. Archidiakone]. 57 [Pres byter]. 62 [Hiereis]; *Ordines minores). Noch im 3.Jh. sollen auch Laien im Gottesdienst gepredigt haben (Eus. h. e. 6, 19, 18; Harnack, Miss.4 766). - Das Christentum könnte sich aus den Städten des Lykostales in den nördl. u. nordwestl. Teil Zentral-Ph. ausge breitet (Hüttner 148) u. im 2. Jh. in Ph. ver festigt haben: Inschriftenfunde belegen ein vielfältiges u. lebendiges Christentum schon vor der sog. konstantinischen Wende (Mit chell 2, 57/63; Hübner aO. 21; Hamack, Miss.4 732 [Kleinasien als ,das christl. Land schlechthin' schon in vorkonstantinischer Zeit; vgl. ebd. Karte VI; Kritik daran Blanchetiöre 313]); auch wenn das Christentum sich in Kleinasien u. besonders in Ph. wohl schneller ausbreitete als anderswo im Röm. Reich des 3. Jh., wird die Ausbreitung nicht überall gleich intensiv u. gleich schnell er folgt sein (Mitchell 2, 63; Ramsay 509/11). In Eumeneia, Dorylaion u. Apameia zB. sollen schon vor dem Ende des 3. Jh. die Christen in der Überzahl gewesen sein (Hübner aO. 22; Ramsay 502/5. 509f; Inschriften ebd. 514/39 nr. 353/99; Mitchell 2, 40f mit Anm. 243; Blanchetiöre 494/8) u. auch in Dorla scheint es eine große christl. Gemeinde ge
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geben zu haben (Hübner aO. 22; Mitchell 2, 58f); zur ebenfalls früh christianisierten Pen tapolis Ramsay 715f (Inschriften ebd. 719/35 nr. 654/63). Im 3. Jh. beteiligten sich die Christen am öffentlichen Leben: Laut den Grabinschriften gab es zB. in Sebaste ein christl. Ratsmitglied u. in Eumeneia sogar vier (A. R. R. Sheppard, Jews, Christians, and heretics in Acmonia and Eumeneia: AnatolStud 29 [1979] 170; Ramsay 560 nr. 451; 519/28 nr. 359. 361. 364.368.371). Nach Blanchetière 345 weisen die zahlreichen christl. Inschriften aus der 2. H. des 3.Jh. darauf hin, dass zumindest das Tembriostal von der ,réaction païenne' verschont wurde. - Inhalt lich beschäftigten u. a. der *Montanismus, die Abgrenzung gegenüber den Juden (ein Thema, das schon Paulus Gal. 2,2/5; 3,1/5; 5, 1/12 u. ö. anspricht u. das noch die Synode v. Laodikeia im 4. Jh. beschäftigt, s. u. Sp. 710f) u. der Streit um den Ostertermin die phrygischen Gemeinden. Zu Letzterem fand wohl um dJ. 170 in Laodikeia eine inner-quarto dezimanische Debatte statt (Eus. h. e. 4, 26, 3: έγένετο ζήτησις πολλή), an der vermutlich neben Bischöfen u. anderen Klerikern auch Laien teilnahmen (J. A. Fischer / A. Lumpe, Die Synoden von den Anfängen bis zum Vor abend des Nicaenums [1997] 66). Sie war An lass für *Melito v. Sardes’ Werk ,Über das Pascha' sowie die Schrift des Apollinaris v. Hierapolis zum selben Thema (s. u. Sp. 713; ebd. 64f; zur Frage, ob dieses Treffen bereits als .Synode' zu bezeichnen ist, 66). Der Li bellus synodicus (9. Jh.) erwähnt für diese Zeit auch eine von Apollinaris nach Hiera polis berufene antimontanistische Synode, die Montanus u. Maximilla .verwarf u. aus stieß' (Text bei P. de Labriolle, Les sources de l’histoire du montanisme [Fribourg 1913] 252). Ob sie tatsächlich stattfand, ist um stritten (möglich: Hüttner 259f; Hefele / Le clercq 1, 1, 128/30; dagegen halten Fischer / Lumpe aO. 35 sie für ein .Phantasiepro dukt'). Eus. h. e. 7, 7, 5 erwähnt eine Synode in Synnada, die sich gegen die Häretiker taufe aussprach (von Blanchetière 355133 um dJ. 220 datiert). c. Ab dem vierten Jh. Es soll aA. des 4. Jh. schon mehrere rein christliche Städte in Ph. gegeben haben: Eine wurde während der Christenverfolgungen ausgelöscht (Eus. h. e. 8, 11, 1; vgl. Lact. inst. 5, 11; H. Leclercq, Art. Ph.: DACL 14, 805f; Ramsay 507/9 ver mutet Eumeneia), während wenige Jahre
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später der *Petition der Stadt Orcistus, die Stadtrechte zu erhalten, von Konstantin auf grund ihrer allein christl. Bevölkerung statt gegeben wurde (MonAsMinAnt 7, 70 nr. 305 Z. 39/42; Mitchell 2, 58), doch spricht gerade letztere Auszeichnung dafür, dass es sich um eine Besonderheit handelt (ebd. 2, 60). - In folge der diokletianischen Verwaltungsre form (s. o. Sp. 698) wurde auch die phrygische Kirchenprovinz geteilt (ein früher Be leg bei Hilar. Piet, synod.: PL 10, 506f; Hüttner 277; Rüge 804f), Synnada u. Laodi keia wurden die jeweiligen Metropolitansitze (E. Chrysos, Die Bischofslisten des V. öku menischen Konzils [1966] 102). - Im Zuge der christologischen Streitigkeiten des 4. Jh. wurde Ph. wieder zu einem Verbannungsort: Auf Veranlassung des Kaisers **Constantius II wurden die Bischöfe Paulinus v. Trier u. *Hilarius v. Poitiers hierher exiliert (Conc. Arel. vJ. 353: CCL 148, 30; Cone. Bi terrense vJ. 356: ebd. 31). - Viele phrygische Bischöfe sind durch ihre Teilnahme an Kon zilien belegt, so nahm Bischof Nunechius v. Laodikeia an der Synode von Ancyra (314 nC.; Destephen 726f) u., zusammen mit sie ben weiteren Bischöfen aus Ph., iJ. 325 am Konzil von Nizäa teil (H. Geizer / H. Hilgen feld / O. Cuntz [Hrsg.], Patrum Nicaenorum nomina [1898] 67; Hüttner 285). Auch auf der Synode von Serdica vJ. 343 (Hilar. Piet. coli, antiar. 4, 3, 59. 61 [CSEL 65, 77]), dem 1. Konzil von Kpel vJ. 381 (C. H. Turner, Ec clesiae occidentalis monumenta iuris anti quissima 2, 2 [1913] 458/60) u. dem Konzil von Ephesus vJ. 431 (gesta 79 [AConcOec 1, 1, 7, 112. 116f]) waren phrygische Bischöfe anwesend. Auf der sog. Räubersynode vJ. 449 verteidigte Nunechius v. Laodikeia wohl zunächst den umstrittenen Flavian v. Kpel, schloss sich aber später dessen Verurteilung an (Destephen 727f; Conc. Eph. vJ. 449 gesta 992 [AConcOec 2, 3, 1, 242]), wie auch seine Suffragane, die Bischöfe von Attouda u. Ko lossal (ebd. gesta 1070 [256]; Hüttner 318). Auch ein Diakon nahm teil: Euphronios aus Laodikeia (Destephen 344). Die Akten von Chalcedon nennen mehr als 20 Bischofssitze in beiden phrygischen Provinzen (Conc. Chalced. vJ. 451: AConcOec 2, 2, 2, 76; Hütt ner 323f) u. auch am 2. Konzil von Kpel vJ. 553 nahmen phrygische Bischöfe teil (Chry sos aO. 102/5); weitere Bischöfe listet Ram say 157f. 207. 233f. 249. 274. 395. 482f. 616/8. 663. 706 auf. - In der 2. H. des 4. Jh. fand in
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Laodikeia eine Synode der Bischöfe der Di özese Asia statt (Datierung umstritten, zwi schen 341 u. 381, evtl, in den 370er Jahren; Hefele / Leclercq 1, 989/1028; Hüttner 294/6). Wohl um die 100 Bischöfe kamen un ter dem Vorsitz des Bischofs von Laodikeia zusammen u. verabschiedeten 59 Canones, die hauptsächlich drei Themenbereiche be trafen: Abgrenzung von Häretikern, Juden u. Heiden (cn. 6/10. 29/35. 37/9. 53f [1, 2, 132/5. 142/6. 151f JoannouJ), Organisation u. Disziplin des Klerus (cn. 3f. 11/3. 20/7. 36. 40/2. 55. 57 [1,2,131f. 135f. 139/41. 145. 147f. 152f J.]) sowie liturgische Fragen (cn. 5.14/9. 28. 43/52. 56. 58f [1, 2,132. 136/8. 142. 148/54 J.]; ausführlich Hüttner 297/314). Ein weite res Konzil fand hier iJ. 481 (oder 478) statt, doch ist nur wenig bekannt, da keine Akten überliefert sind. Es verhandelte den Streit um Bischof Stephanus v. Antiochia, der als Nestorianer angezeigt u. seines Amtes ent hoben worden war. In Laodikeia wurde seine Unschuld bewiesen u. er wieder in sein Amt eingesetzt (S. Goretti, Art. Laodicea 2: P. Palazzini [Hrsg.], Dizionario dei concili 2 [Roma 1964] 229; Mansi 7, 1022). - Ab wann der Bischof von Laodikeia eine Vorrangstel lung einnahm, ist nicht genau datierbar (Hüttner 278f). Der Status der Stadt als Provinzhauptstadt trug sicherlich dazu bei (seit dem 3.Jh. trägt sie den Titel einer Metro polis, später wird sie Sitz des Statthalters der neu geschaffenen Provinz Ph. Pacatiana; s. o. Sp. 698). Theodrt. comm. in Col. arg. (PG 82,593) beschreibt um 450 nC. Kolossal zwar ganz selbstverständlich als Suffraganbistum von Laodikeia, doch scheint seit dem 5.Jh. eine Konkurrenz zwischen Laodikeia u. Hie rapolis um den Rang (bzw. die Gleichstel lung) als Metropolis aufzukommen. Auf der Liste des 1. Konzils von Ephesus (vJ. 431) bezeichnet Venantius v. Hierapolis seine Stadt als Metropolis (Conc. Eph. vJ. 431 gesta 79 [AConcOec 1, 1, 7, 116]), obwohl er sehr weit unten unterschrieb (an 163. Stelle; Aristonicus v. Laodikeia stand an 25. Stelle: ebd. [112]); bei der Verurteilung des Nestorius einen Monat zuvor hatte Aristonicus sich noch als Metropolit bezeichnet u. eben falls vor Venantius unterschrieben (ebd. gesta 62 [1, 1, 2, 61]). Im J. 457 nC. erscheint Philippos v. Hierapolis auf der Empfänger liste eines Briefes des Kaisers Leo I, der ex plizit an die Metropoliten adressiert ist (AConcOec 2, 5, 24); der Ehrentitel einer
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Metropolis scheint zu seiner Zeit somit be reits von der Stadt auch auf ihren Bischof übergegangen zu sein, evtl, hatte er sogar schon Rang u. Rechte eines autokephalen Erzbischofs (U. Hüttner, Die Bauinschrift in der Pfeilerkirche von Hierapolis u. der Pa triarchentitel im frühen Christentum: J. Fi scher [Hrsg.], Der Beitr. Kleinasiens zur Kultur- u. Geistesgesch. der griech.-röm. An tike [Wien 2014] 223; Chrysos aO. 104f). In einer Inschrift aus Hierapolis (wohl 6.Jh.) wird Bischof Gennaios v. Hierapolis Aqxiejtioxo(not)) u. jt(aT)pt xoXjiip (Joh. 13, 23/5) ist die traditionelle Position .unter halb' der Hauptperson (d. h. schräg vor ihr) gemeint (in sinu; zur Wertung s. o. Sp. 962f), die mit ihrem Kopf auf der Höhe von deren Brust lag. Dies, d. h. eine Mahlszene, ist auch
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der Hintergrund des Bildes von Lazarus, der vom reichen Prasser gesehen wird, wie er έν τοΐς κόλποις (lat. in sinu) *Abrahams liegt (Lc. 16, 23). Auch hier ist die Nähe zur .oberhalb' beim Mahl liegenden Hauptperson gemeint; in gleichzeitigen Texten wurde da bei aber bereits von einer P. abstrahiert (was die Mehrdeutigkeit von κόλπος er laubte) u. allgemein ein Nahverhältnis cha rakterisiert (Joh. 1, 18), auch in Teilen der jüd. (Preisigke, Sammelb. nr. 2034) u. dann christl. (Hippol. adv. Graec. 1 [PG 10, 797]) Eschatologie, wo die Gerechten ,in Abra hams Schoß' auf das Jüngste Gericht war ten. - In zwei Kontexten sind Warnungen Jesu vor dem Streben nach Ehrenplätzen überliefert: in der Predigt gegen *Pharisäer u. Schriftgelehrte, die den Vorsitz (πρωτο καθεδρία; W. Michaelis, Art. πρωτο καθεδρία, πρωτοκλισία: ThWbNT 6 [1959] 871f) in den Synagogen u. den obersten Platz (πρωτοκλιοία) bei den Mahlzeiten lieben (Mc. 12, 39; Mt. 23, 6; Lc. 20, 46; Keplinger 25), u. in seiner Lehre während eines Gast mahls, bei dem er beobachtet, wie sich die Gäste die πρωτοκλισίαι aussuchen (Lc. 14, 7/11; vgl. ebd. 22, 27). Die Regel, sich nicht selbständig auf diesen Platz zu legen, um nicht von einem Vornehmeren bzw. dem Gastgeber verdrängt zu werden u. den letz ten Platz (τον έσχατον τόπον) einnehmen zu müssen (seil, weil die anderen Plätze mittler weile besetzt sind), sondern sich auf den letz ten Platz zu legen, um dann vom Gastgeber gebeten zu werden .höher (άνώτερον) zu rü cken', ist traditionelle jüdische Spruchweis heit (F. Bovon, Das Ev. nach Lukas 2 = EvKathKomm 3, 2 [Zürich 1996] 482/99). Sie basiert auf einer schon in Prov. 25, 6f fixier ten Regel, in der ebenfalls Bescheidenheit bei der Platzwahl eingefordert wird, dem dann ein .rücke zu mir herauf (άνάβαινε πρός με) folgen könne (für eine entspre chende jüd. Tischregel, ca. 110 nC., Strack / Billerb. 2, 204; vgl. ebd. 1, 914). Der Plural von πρωτοκλιοία in Lc. 14, 7 zeigt, dass es davon mehrere gab, was sich entweder auf den jeweiligen ersten Platz auf einem Spei sesofa oder in einer Speisegruppe bezog, von denen es bei einem größeren Gastmahl meh rere gab (sei es als triclinia, sei es als stiba dia angeordnet: s. o. Sp. 963). Jesu Ratschlag setzt die freie Platzwahl voraus, die beim griech.-röm. Bankett keineswegs die Regel, jedoch auch nicht völlig ungewöhnlich war,
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wie die in Plut. quaest. conv. 1,2, 615D/619A (dazu Μ. Klinghardt, Gemeinschaftsmahl u. Mahlgemeinschaft [1996] 81f) festgehaltene Diskussion zeigt, ob die Zuweisung der Plätze durch den Gastgeber oder die Wahl freiheit vorzuziehen sei. Überhaupt erinnert die Behandlung sympotischer Themen im Lc. oft an die griech. Popularphilosophie (D. E. Smith, From Symposium to eucharist [2003] 253/72). - Die älteste christl. P. war sicher die des Herrenmahls (*Mahl V), die sich allerdings zunächst wenig von der ver gleichbarer Bankette unterschied; in 1 Cor. 11, 18/23. 33f ist sie vorausgesetzt, jedoch nicht beschrieben (K. Vössing, Das .Herren mahl' u. 1 Cor. 11 im Kontext antiker Gemeinschaftsmähler: JbAC 54 [2011] 41/72 für eine Rekonstruktion mehrerer Liegegrup pen; ebd. 56/62 u. H. J. Stein, Frühchristi. Mahlfeiern [2008] 51/61 zu epigraph. Rege lungen der P. bei Vereinsbanketten). Bildli che Darstellungen des eucharistischen Mah les kommen erst ab dem 6. Jh. auf u. sind nicht von der kirchl. Realität, sondern von der Symbolik des gemeinsamen Essens an einem (einzigen) Tisch geprägt: Auf einer halbrunden Bank liegen die Apostel mit Christus, der meist auf dem Ehrenplatz (am rechten Flügel, s. o. Sp. 964) liegt, später zuweilen auch im Zentrum der Liegegruppe (N. Zimmermann, Art. Mahl VI: o. Bd. 23, 1123f; Nussbaum 373/5; Engemann, Ehren platz). Während bei den frühen Herrenmählem noch eine Trennung zwischen dem (lie gend eingenommenen) Mahl u. den anschlie ßenden .Reden' festzustellen ist, denen man sitzend zuhörte (1 Cor. 14, 30; Jac. 2, 3 ge hört wohl ebenfalls in den Kontext einer Gemeindeversammlung u. ihrer P.), wurden mit dem Anwachsen der Gemeinden diese Teile vereinigt. In den größer werdenden Räumen gab es später (*Basilika) unter schiedliche Abteilungen (Selhorst 38/51; Th. F. Mathews, The early churches of Cple. Architecture and liturgy [1971] 117/37) u. während der Liturgie eine feste P.: Um die erhöhten Apsiden verlief häufig eine halb runde Sitzbank für den *Bischof u. seinen Klerus, auch insgesamt (syn)thronos ge nannt (Μ. Altripp, Beobachtungen zu Synthronoi u. Kathedren in byz. Kirchen Grie chenlands: BullCorrHell 124 [2000] 410f), wobei die Parallele zum Thron, auf dem Christus, umgeben von den Aposteln, sitzt, um die Stämme Israels zu richten (s. o. Sp.
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966), intendiert war. Das Podium des Klerus wurde *Bema genannt, womit auch der Richterstuhl bezeichnet wurde. Der Bischof sollte als Repräsentant Gottes erscheinen (Ign. Magn. 6, 1; Didasc. apost. 9 [CSCO 401 / Syr. 175, 103; engl.: ebd. 402 / Syr. 176, 100]; Schöllgen 117/21). In Didasc. apost. 12 (CSCO 407 / Syr. 179, 143/5; engl.: ebd. 408 / Syr. 180, 130f) ist die von einem Diakon zu überwachende u. vom Bischof zu moderie rende (dazu Schöllgen 181/5) Ordnung der (nach Osten hin betenden) Gemeinde so fi xiert: Leiter - männliche Laien - weibliche Laien; in der rund 200 Jahre späteren Kir chenordnung Testamentum Domini wird 1, 19 (24 Rahmani) zwischen den besseren Plätzen rechts des (sitzenden) Bischofs u. den geringeren (links von ihm) unterschie den. Bei der Eucharistiefeier sollen laut ebd. 1, 23 (36 R.) der Bischof in der Mitte (vor dem Altar) stehen, rechts u. links hinter ihm die Presbyter, dahinter zu seiner Linken die Witwen, zur Rechten die Diakone, dahinter die Lektoren, dahinter die Subdiakone, da hinter die Diakonissen. Hier stand der Bi schof offenbar, an seinem Altar in der Apsis, wie das hinter ihm aufgestellte Volk nach Osten gewendet, während etwa in Nord afrika das Gegenüber von Liturge u. Ge meinde üblich war (Nussbaum 24/61. 171/216). Bei den Laien gab es weitere, durchaus antiken Ordnungsvorstellungen (s. o. Sp. 961 zum Theater) entsprechende Un terscheidungen, die sich in der P. nieder schlagen konnten: die zwischen Männern u. Frauen (schon Didasc. apost. 12 [CSCO 407 / Syr. 179,144; engl.: ebd. 408 / Syr. 180,131]; Selhorst 11/28; wobei Aug. serm. Dolbeau 2, 5 zeigt, dass sie noch im späten 4. Jh., anders als in den jüd. Synagogen, keineswegs über all verbreitet war; vgl. Philo vit. cont. 69; Aug. civ. D. 2, 28), die zwischen Verheira teten u. Unverheirateten bzw. Verwitweten (Didasc. apost. 12 [CSCO 407 / Syr. 179, 145f; engl.: ebd. 408 / Syr. 180, 131f]) u. die zwischen Getauften u. Katechumenen (*Katechumenat); letztere verließen die Ver sammlung bei Beginn der Eucharistiefeier (zB. Ambr. ep. 20,4) u. standen folglich wohl im hinteren Bereich. Den von den übrigen Gläubigen abgegrenzten Platz der Jung frauen in der Kirche beschreibt PsAmbr. laps. virg. 22/4 (12f Cazzaniga; ClavisPL3 651; G. Schöllgen, Art. Jungfräulichkeit: o. Bd. 19, 581).
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III. Bei der Repräsentation christl. Amts träger. Eine funktionsabhängige P. für christliche Amtsträger außerhalb der Litur gie (hierzu o. Sp. 968f) passte nicht in die vorkonstantinische Zeit. Die Übernahme neuer Aufgaben im 4. Jh. (etwa die ♦Ge richtsbarkeit im Rahmen der *audientia epi scopalis) dürfte dies verändert haben, was allerdings kaum entsprechenden Nieder schlag in den Quellen fand. Dies deutet auf andauernde Zurückhaltung gegenüber einer Angleichung an weltliche Magistrate, auch wenn mit *Constantinus d. Gr. die kaiserl. Ehrenbezeugungen begannen: In Nizäa (325 nC.) wurden die Bischöfe anlässlich des 20jährigen Thronjubiläums zum kaiserl. Ban kett geladen, wobei die Geehrtesten mit dem Kaiser auf demselben triclinium lagen, eine allerdings exzeptionelle Ehrung (Eus. vit. Const. 3, 15; Theodrt. h. e. 1, 11, 1; F. Thelamon, Constantin au concile de Nicäe: Caillet / Sot 200/2). - Eine P. bei synodalen Sit zungen ist anzunehmen, sie lässt sich aber kaum spezifizieren; in Nizäa nahm jeder Bi schof auf den in zwei Abteilungen hinterein ander geordneten Bänken ,den ihm zukom menden Sitz' ein, der Kaiser ganz vom auf einem eigenen Thronsessel (Eus. vit. Const. з, 10). Die generelle Spärlichkeit einschlägi ger Quellen (etwa im Vergleich zu entspre chenden P.-Fragen seit dem FrühMA; H. Barion, Das fränkisch-dt. Synodalrecht des FrühMA [1931] 76/91) lässt eine eher ge ringe Bedeutung der P. vermuten. Die Bi schöfe hatten ihre Plätze wohl abhängig vom jeweiligen Weihealter; dies entspricht einem bereits frühjüd. Prinzip der P. bei Versamm lungen (Philo vit. cont. 67), ist allerdings nur für spanische Synoden im Westgotenreich bezeugt (A. Weckwerth, Ablauf, Organisa tion u. Selbstverständnis antiker westl. Syn oden im Spiegel ihrer Akten = JbAC ErgBd. KIReihe 5 [2007] 67116).
A. Alföldi, Die monarchische Repräsenta tion im röm. Kaiserreiche8 (1980). - J.-P. Caillet / Μ. Sot (Hrsg.), L’audience. Rituels et cadres spatiaux dans l’Antiquitä et le haut MÄ = Textes, hist, et monuments de l’Antiquitö et du MÄ 6 (Paris 2007). - J. Engemann, Deutung и. Bedeutung frühchiistl. Bildwerke (1997); Der Ehrenplatz beim antiken Sigmamahl: Jenseits vorstellungen in Antike u. Christentum, Gedenkschr. A. Stuiber = JbAC ErgBd. 9 (1982) 239/50. - T. Frese, Aktual- u. Realpräsenz. Das eucharistische Christusbild von der Spätantike
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bis ins MA = Neue Frankfurter Forsch, zur Kunst (2013). - H. Gabelmann, Antike Audi enz- u. Tribunalszenen (1984). - C. Grandjean / Ch. Hugoniot / B. Lion (Hrsg.), Le ban quet du monarque dans le monde antique. Col loque Intern. ,Le Banquet du Monarque Antique*, Tours 2010 (Rennes 2013). - G. Helemo, Adventus Domini. Eschatological thought in 4th-cent. apses and catecheses = VigChr Suppl. 5 (Leiden 1989). - J. Keplinger, Der Vorstehersitz. Funktionalität u. theol. Zei chenstruktur = Pius-Parsch-Stud. 11 (2015). O. Nussbaum, Der Standort des Liturgen am christl. Altar vor dem Jahre 1000. Eine archäolog. u. liturgiegeschichtl. Unters. = Theophaneia 18 (1965). - Μ. Philonenko (Hrsg.), Le Trône de Dieu = WissUntersNT 69 (Tübingen 1993). - Μ. B. Roller, Dining posture in an cient Rome. Bodies, values, and status (Prince ton 2006). - G. Schöllgen, Die Anfänge der Professionalisierung des Klerus u. das kirchl. Amt in der Syr. Didaskalie = JbAC ErgBd. 26 (1998). - H. Selhorst, Die P. im Gläubigen raum der altchristl. Kirche (1931). - K. VöSSING, Mensa Regia. Das Bankett beim hellenist. König u. beim röm. Kaiser = BeitrAltK 193 (2004).
Konrad Vössing.
Plautus s. Komödie: o. Bd. 21, 338/42. Plinius der Ältere. I. Leben u. Werk 971. II. Rezeption, a. Heidnisch 972. b. Christlich. 1. Medizinische Autoren 972. 2. Dichtung: Ausonius 973.3. Prosa, a. Origenes 974. ß. Tertullian 974. y. Hilarius 974. ö. Augustinus 975. e. Isidor 976. III. Zusammenfassung 976.
I. Leben u. Werk. C. P. Secundus, zur Un terscheidung von seinem Neffen (*Plinius der Jüngere) auch ,der Ältere* genannt, wurde 23 oder 24 nC. in Novum Comum (dem heutigen Como) als Sohn eines röm. Ritters geboren, leistete Militärdienst u. wurde Offizier bei der Reiterei in *Germania, später in *Iudaea, wo er wohl auch mit Kaiser Titus bekannt wurde, bekleidete hö here Ämter in mehreren Provinzen u. war zuletzt Präfekt der Flotte in Misenum, wo er am 24. VIII. 79 bei dem verheerenden Vesuvausbruch zu Tode kam (Plin. ep. 6, 16; Leben u. Person des P. sind vor allem aus den *Briefen seines Neffen sowie der P.-Vita
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des Sueton bekannt; Kroll 271/84; Sallmann). - Verloren sind neben kleineren Schriften 20 Bücher über die Germanen kriege, eine Sammlung problematischer Wortformen u. ein Werk zur röm. Geschichte von 47 nC. bis Vespasian (Kroll 284/99; Sallmann 1136/8). Erhalten blieb die sog. Naturalis historia in 37 Büchern, 77 nC. Titus ge widmet (P. Magno, La dedica della Naturalis historia di Plinio il Vecchio a Tito: Atti Congr. studi flaviani 2 [Rieti 1983] 331/5). Es handelt sich um eine * Enzyklopädie der ge samten Welt, deren Themen von *Astronomie u. Meteorologie über *Geographie, An thropologie, Zoologie, *Botanik, aus Tieren u. Pflanzen gewonnene * Heilmittel bis hin zur Mineralogie (Metalle, Steine) mit einer Aus weitung in die Kunstgeschichte u. ’•'Architek tur reichen (Kroll 299/430; Übers, u. einen hilfreichen Komm, bietet R. König u. a. [Hrsg.], C. P. Secundus d. Ä. Naturkunde [1988/98]). - Der unermüdliche Leser u. Sammler von Exzerpten hat jahrelang Ma terial aus griechischen u. lateinischen Quel len zusammengetragen, die er im 1. Buch auf listet (ausführlich u. heute noch gültig Kroll 424/8). - Ohne einer bestimmten philosoph. Schule anzugehören, stellt P. die Natur u. ihre alles bestimmende Ordnung in den Mit telpunkt seiner Weitsicht. Sie gibt dem Le ben des Menschen seine Maßstäbe, sie er möglicht ihm das Dasein, hilft u. unterstützt ihn, stellt ihm ihre Heilmittel zur Verfügung, erfährt aber auch Missbrauch u. Ausbeutung. II. Rezeption, a. Heidnisch. Während die Rezeption des P. in dem umfangreichen Cor pus christlicher Autoren abgesehen von den hier aufgeführten Werken im Einzelnen noch detaillierter Forschung bedarf, liegen hin sichtlich der paganen Literatur bereits mehr Ergebnisse vor (Übersicht bei F. R. Berno, Art. P. d. Ä., Naturalis historia: NPauly Suppl. 7 [2010] 700/26 mit weiterer Lit.). b. Christlich. 1. Medizinische Autoren. Marcellus Empiricus, aus Bordeaux stam mend, war um 500 nC. *Hofbeamter, viel leicht *Arzt u. vermutlich Christ (Μ. Ewers, Marcellus Empiricus De medicamentis. Christi. Abhandlung über Barmherzigkeit oder abergläubische Rezeptsammlung?, Diss. Bochum [2009], bes. 55/66). Sein Werk De medicamentis (CML 5, 1/2) stellte er aus mehreren Quellen zusammen, darunter be finden sich neben P. die sog. Medicina Plinii, Scribonius Largus u. der Herbarius des Ps-
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Apuleius. Im einleitenden Brief an seine Söhne (ebd. 5,1,3f) nennt er uterque P., wo mit er die Naturalis historia u. die Medicina Plinii meint. Auch im Fragmentum de pon deribus et mensuris (ebd. 5,1,7) zitiert er ex libro XXI Plinii Historiarum Naturalium (n. h. 21, 185). Zahlreiche Parallelstellen lassen sich anführen, zB. Marcell. med. 1, 28 (CML 5,1, 30): aut git, quod Graeci melanthion vo cant, eodem modo fronti impositum aut na ribus iniectum prodest nach n. h. 20,182f: git ex Graecis alii melanthium, alii melaspermon vocant. ... infusum naribus; Marcell. med. 1, 31 (ebd.): Prodest etiam ad nimios dolores capitis constrictio eius per fasceolam non ni mium latam nach n. h. 28, 76: invenio et fas cia mulieris alligato capite dolores minui. Sextus Placidus (auch Placitus) Papyr(i)ensis (etwa 1. H. 5. Jh.) kompilierte seinen Liber medicinae ex animalibus pecoribus et bestiis et avibus (CML 4, 235/86; Μ. P. Segoloni [Hrsg.], Libri medicinae Sexti Placiti Papyriensis ex animalibus pecoribus et bestiis vel avibus concordantiae [1998]) aus der n. h., Marcellus Empiricus u. PsApuleius. Nach H. Diller (Art. Placitus: PW 20, 2 [1950] 1944/7) ist Plin. n. h. 28/30 eine Hauptquelle neben Marcellus Empiricus (zB. Plac. med. 1, 2 [CML 4, 235]: Dentes si laxi fuerint. Cornus conbustus, tritus dentes, qui moventur, con firmat, si ex eo pro dentifricio utatur, über nommen aus n. h. 28, 178: Dentes mobiles confirmat cervini cornus cinis doloresque eorum mitigat, sive infricentur sive colluan tur), zT. zeigt sich Kontamination aus beiden Autoren (Bsp. bei Diller aO. 1945). 2. Dichtung: Ausonius. Decimus Magnus *Ausonius (ca. 350/93-4) erhielt etwa 370 ein Exemplar der n. h., wie wir aus einem Brief des Symmachus (ep. 1, 24 [1, 88f Callu]) er fahren: Si te amor habet Naturalis historiae, quam P. elaboravit, en tibi libellos, quorum mihi praesentanea copia fuit. In quis, ut ar bitror, opulentae eruditioni tuae neglegens veritatis librarius displicebit. Es war offen bar ein fehlerhaftes Exemplar, aber vermut lich willkommen zur Abfassung der Mosella, die kurz darauf entstand. Allerdings ist zwei felhaft, ob P. dort wirklich benutzt wurde. In dem Katalog der Fische lässt sich nichts fin den, u. ob Ausonius die aus Varros Hebdo mades vel de imaginibus libri (zum Titel Gell. 3,10) entnommenen berühmten Architekten (Mos. 305/17) aus P. ergänzte oder korri gierte, ist unsicher, da wir die varronische
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Vorlage nicht kennen (so auch Green 496). Unter den Epigrammata des Ausonius han delt eines (72 [84 Green]) von Geschlechts umwandlung. Neben einem Verweis auf Ovids Metamorphosen (*Ovidius) wird auch P. genannt (v. 12): vidit nubentem P. andro gynum. Der Verweis geht auf n. h. 7,36: ipse in Africa vidi mutatum in marem nuptiarum die L. Consitium zurück. Ebenfalls auf P. kann zurückgehen Auson. ep. 20,48 (222 G.): aut viliconem Buzygen, Erfinder des Pflu ges, nach n. h. 7, 199: (invenit) bovem et aratrum Buzyges Atheniensis, ut alii, Tri ptolemus. Andere Quellen sind aber auch möglich. 3. Prosa, a. Origenes. Angesichts der meist schwer zu eruierenden naturkundli chen Quellen, auf die christliche Autoren zu rückgreifen, stellen die Ausführungen des *Origenes (comm. in Mt. 10, 7 [GCS Orig. 10, 6/9]) eine Ausnahme dar: Ohne dass P.’ Name genannt würde, sind dessen Nachrich ten über die Perle (n. h. 9,107/9) deutlich als Vorlage erkennbar (J. Walker, Art. Perle: o. Sp. 164f). ß. Tertullian. Q. Septimius Florens Ter tullianus (ca. 160/220) nennt P. nicht mit *Namen (wohl seinen Neffen apol. 2, 6 zur ♦Christenverfolgung), doch weisen einige Stellen auf seine Benutzung. Eine Anekdote über *Cato u. die frische *Feige aus *Africa (nat. 2,16) könnte aus Plin. n. h. 15, 74 stam men; in apol. 8, 5 scheint die Vorlage für die Sciapodes n. h. 7, 23 zu sein (aber woher stammen die Cynopennae?); die Mahnung an den Triumphator in apol. 33,4 wird kaum auf n. h. 28, 39 beruhen, eher werden die Hin weise auf Naturkatastrophen apol. 40, 3f. 8 aus n. h. 2, 52. 86f stammen; für paenit. 12, 6 über die Selbstheilung der *Hirsche u. Schwalben liegt das Vorbild n. h. 8, 97f nahe; an. 44 über Hermotimus u. Epimenides zur Trennung der Seele vom Leib im Schlaf lässt sich auf n. h. 7, 174f zurückführen. Nach Waszink 488f könnten noch weitere Stellen in De anima aus P. stammen, zB. 8, 4 u. n. h. 10,10 die *Adler, die ihre Jungen zwingen, in die Sonne zu schauen, oder an. 25,8 u. n. h. 7, 47 zu den mit Kaiserschnitt Geborenen. y. Hilarius. Sein Kommentar zu Mt. (SC 254. 258) u. der Tractatus super psalmos (CSEL 22) verwerten mehrmals Material aus P., ohne den Autor zu nennen, außer tract. in Ps. 118, 16, 16 (ebd. 504f): saecula rium gestorum litterae (eine Reihe von Stel
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len mit Parallelen aus P. gibt J. Doignon, präsentierten Mirabilia Parallelen aus P. an Art. Hilarius v. Poitiers: o. Bd. 15,164). Die gegeben werden können (B. Dombart / A. wörtlichen Übereinstimmungen sind freilich Kalb [Hrsg.], Sancti Aurelii Augustini epi selten. Tract. in Ps. 118, 16, 16 (CSEL 22, scopi De civitate Dei libri XXII6 2 [1981] 504f) zB. wird der Topas behandelt, bei Plin. 496). Hagendahl (2, 671f) weist dagegen n. h. 37, 107/9. Von den zwei Fundorten nach, dass hier Solin benutzt wird. £. Isidor. Der span. Bischof (J. Fontaine, nennt Hilarius zuerst Alabastrane in der Thebais, was bei P. an zweiter Stelle steht u. Art. Isidorus IV: o. Bd. 18, 1002/27) hat in Alabastrum oppidum heißt. Der erste Fund seinen Werken, vor allem den Etymologiae ort bei P. ist eine arab. *Insel, auf der der bzw. Origines, viel enzyklopädisches Wissen *Edelstein von den Troglodyten entdeckt aus verschiedenen Quellen der Spätantike wurde. Beide stimmen überein, dass diese gesammelt, die weithin noch nicht sicher den Stein der Mutter des Königs Ptolemaeus festgestellt sind. Im 12. Buch der Etymolo zum *Geschenk machten. Dass nach Hilarius giae bzw. orig., das den Tieren gewidmet ist, im Topas allein sich verschiedene *Farben wird P. bzw. P. Secundus siebenmal nament mischen, vermerkt P. nicht. - Tract. in Ps. lich genannt, einmal mit dem Werktitel Na 120, 12 (ebd. 567) berührt sich mit n. h. 18, turalis historia (12, 2, 11). Zum T. gibt es 277, aber die merkwürdigen Formulierungen wörtliche Übereinstimmungen, so orig. 12, 6, ut sol calore, luna frigore adurat etc. finden 45: narrat P. Secundus ,Ex Indico mare tor bei P. keine Parallele. Tract. in Ps. 118,12, 7 pedo ... veloces alligare pedes1. Tanta enim (ebd. 460f) wird die *Erde als auf Wasser vis eius est ut etiam aura corporis sui adficiat schwimmend beschrieben, aber mit n. h. 2, membra. Bei P. steht n. h. 32,7: non ... per se 116 besteht keine wirkliche Übereinstim satis esset ex eodem mari torpedo? etiam mung. Auch die Parallelen, die Doignon zum procul ... quamlibet ad cursum veloces alli Matthäuskommentar anführt, überzeugen gari pedes? ... vim aliquam, quae odore tan nicht wirklich. Sie betreffen das Salz (in Mt. tum et quadam aura corporis sui adficiat comm. 4, 10 [SC 254, 126/8]: n. h. 31, 73), die membra. Auffällig ist die mehrfache Nen *Lilie (in Mt. comm. 5, 11 [ebd. 160/2]: n. h. nung des P. in nur einem Buch, während er 21, 22f) u. die Feige (in Mt. comm. 21, 8 [ebd. sonst nie genannt wird. Es ist dies aber kein 258,132]: n. h. 16, 95). Wörtlich ausgeschrie sicherer Beweis für direkte Benutzung. bene Zitate finden sich nicht, u. es muss of III. Zusammenfassung. Augustinus ist fen bleiben, ob Hilarius seine Informationen der Einzige, der ein knappes Urteil über P. sehr frei umformte u. aus anderen Quellen abgibt: doctissimus homo. Seine Haltung zur ergänzte, falls er P. wirklich benutzte. Natur, die er bei vielen Gelegenheiten zeigt, ö. Augustinus. *Augustinus hat in civ. D. hat die Autoren nicht interessiert, die seine mehrfach P. benutzt. Er nennt ihn nament Enzyklopädie nur zur Gewinnung von Infor lich 15, 9: P. Secundus, doctissimus homo, mation nutzen. Augustinus ist, wie auch kurz darauf idem P., u. noch einmal 15,12 P. sonst, in De civitate Dei der zuverlässigste Secundus. Diese Zitate beziehen sich auf n. Informant; andere Autoren gehen meist sehr h. 7, 73f zur (abnehmenden) Größe der Men frei mit dem Material um. Daher ist eine di schen u. ihrem Lebensalter ebd. 7,154f. Des rekte Nutzung oft nicht sicher festzustellen, Weiteren ist civ. D. 16, 8 zur Frage der zumal viele mögliche Mittelquellen verloren monströsen Menschen u. ihrer Abstammung sind. von Adam u. *Noe (gentium narrat historia) R. P. H. Green (Hrsg.), The works of Au nach n. h. 7,10 (Einäugige); 7,11 (verdrehte Füße); 7, 15 (Zwitter); 7, 23 (SchattenfÜßler sonius (Oxford 1991). - H. Hagendahl, Augus u. Hundsköpfe); 7, 25 (Mundlose); 7, 30 tine and the Latin classics 1/2 = Stud. Graeca et (Kurzlebige) gebildet. Augustinus gibt P. oft Latina Gothoburgensia 20, 1/2 (Göteborg wörtlich wieder, meidet aber griechische 1967). - C. Hosius (Hrsg.), Die Moselgedichte des Decimus Magnus Ausonius u. des VenanFremdwörter. Civ. D. 21,14 zur condicio hu- tius Fortunatus3 (1926). - W. Kroll, Art. P. d. mana erwähnt er nach n. h. 7, 72, einzig Zo- Ä.: PW 21, 1 (1951) 271/439. - K. SallmaNN, roaster habe bei seiner *Geburt gelacht statt Art. P. (1): NPauly 9 (2000) 1135/41. - J. H. geweint. - Es ist deutlich, dass Augustinus Waszink (Hrsg.), Quinti Septimi Florentis Ter das siebte Buch des P. direkt eingesehen hat. tulliani De anima (Amsterdam 1947). Anders steht es civ. D. 21, 5, wo zu den dort Burkhart Cardauns.
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Plinius der Jüngere
Plinius der Jüngere. I. Person u. Werk. a. Vita 977. b. Gesellschaft liche Stellung 978. c. Religiöse Haltung 978. d. Werk 979. II. Plinius u. die Christen, a. Methodische Vor bemerkungen 979. b. Die Christenprozesse. 1. Bekenner 980. 2. Opfernde Heiden 981. 3. Apo staten 981. c. Fragen an den Kaiser 981. d. Das Argumentationsziel des Plinius 982. e. Das Re skript Trajans 982. III. Die christl. Gemeinden im Spiegel von ep. 10, 96. a. Die Christen als Gefahr 983. b. Das christl. Gemeindeleben 984. c. Die Aussagen der Diakoninnen 986. IV. Rezeption 987.
I. Person u. Werk. a. Vita. Geboren 61/62 nC. in Comum als Sohn einer vermögenden Familie der städtischen Oberschicht u. nach dem frühen Tod seines Vaters (eines Ritters) von seinem Onkel *P. d. Ä., ebenfalls Ritter, aufgenommen u. testamentarisch adoptiert, erhielt P. eine sorgfältige Ausbildung u. stu dierte u. a. bei *Quintilian in Rom Rhetorik. Griechisch beherrschte er derart, dass er be reits in jungen Jahren eine Tragödie auf Griechisch schrieb (ep. 7, 4, 2; Schuster 447). Im J. 79 wurde er Zeuge des Vesuvausbruchs (beschrieben ep. 6, 16. 20), dem sein Onkel zum Opfer fiel. Er machte seit 93 nC. eine steile polit. Karriere, stieg als homo novus in den Senatorenstand auf u. bekleidete u. a. folgende Ämter: Xvir stlitibus iudicandis, tribunus militum, quaestor, tribunus plebis, praetor, praefectus aerarii militaris, praefectus aerarii Saturni. Im J. 100 war er consul suffectus, wenige Jahre darauf curator alvei Tiberis (Schuster 442f; G. Alföldy, Die Inschriften des Jüngeren P. u. seine Mis sion in der Provinz Pontus et Bithynia: ActAntAcHung 39 [1999] 21/44). Besonders wichtig war ihm die Aufiiahme ins Kollegium der Auguren iJ. 103. 111/13 nC. (genaue Da tierung nicht möglich) war er kaiserlicher legatus pro praetore in der Provinz Pontus u. *Bithynien, einer senatorischen Provinz, die wegen erheblicher Missstände zeitweise vom Senat an den Kaiser übertragen worden war (Freudenberger 17; L. Vidman, fit. sur la correspondance de Pline le Jeune avec Tra jan [Praha 1960] 25/8; ders., Die Mission P.’ d. J. in Bithynien: Klio 37 [1959] 217/25). Als erfahrener Administrator sollte er sich be sonders um die zerrütteten Städtefinanzen u. die Hetärien kümmern, die Unruhe in die
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Provinz gebracht hatten (ep. 10, 33f. 92f. 96, 7; 10, 116; Freudenberger 22f; Marek 163; Weber 30f; Vidman, Mission aO. 222f). Er war dreimal verheiratet, blieb aber kinderlos u. starb wahrscheinlich kurz nach dem Ende seiner Statthalterschaft. b. Gesellschaftliche Stellung. P. verfügte über ausgedehnten Landbesitz u. a. in Co mum u. der Nähe von Tifemum Tiberinum, wo er als patronus (*Patronage) fungierte (ep. 4, 1, 4). Daneben besaß er ein Haus in Rom u. eine Villa bei Laurentum als Som merresidenz. Sein Patronat nahm er ernst u. zeigte sich sehr großzügig, u. a. durch die Finanzierung von Thermen u. einer *Bibliothek in seiner Heimatstadt (R. DuncanJones, The finances of the Younger Pliny: PapBritSchRome 33 [1965] 177/88). Er pflegte freundschaftliche Beziehungen zu vielen Senatoren u. schuf sich so ein dichtes Netzwerk wichtiger Beziehungen (A. R. Birley, Onomasticon to the Younger Pliny [München 2000] 17/21). Zu seinen Freunden zählten Tacitus u. Sueton (Belege ebd. 53. 90f), zu seinen Briefpartnern viele der ein flussreichsten Leute seiner Zeit (Schuster 445f). So gelang es ihm, seine Karriere auch nach dem Tod des ungeliebten *Domitianus weiterzuführen, von dem er sich dann nach drücklich distanzierte. Zu Kaiser Trajan hatte er ein geradezu freundschaftliches Verhältnis (Weber 3; Vidman, Mission aO. 217/9; Freudenberger 19). c. Religiöse Haltung. Das überlieferte Briefcorpus lässt traditionelles religiöses Engagement erkennen (H.-P. Bütler, Die geistige Welt des jüngeren P. [1970] 10/20). So stiftete er in Tifemum Tiberinum einen Tempel (ep. 4, 1, 5), ließ im Jupitertempel von Comum eine Statue aufstellen (ebd. 3, 6) u. auf Geheiß der haruspices ein herunter gekommenes Ceresheiligtum auf seinem Landgut renovieren (9, 39, 3). Schließlich stellte er in Comum den Tempel der aeternitas Romae et Augustorum fertig, den sein Vater begonnen hatte (Annfipigr 1983, nr. 443). Zudem war P. flamen divi Titi (CIL 5, 5667). Bütler aO. 11 vermutet, dem Wunsch, ins Auguren-Kollegium aufgenommen zu werden, habe politisches Kalkül zugrunde gelegen, motiviert P. ihn doch damit, im Falle seiner Ernennung ,nicht nur privat, sondern auch offiziell für das Wohl des Kai sers beten zu können' (ep. 10,13). Insgesamt scheint P., obwohl spezifisch religiöse Motive
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im Briefcorpus rar sind, genuin, wenn auch nicht dominant, pagan-religiös im traditio nellen Sinne geprägt zu sein. d. Werk. Im Mittelpunkt des Œuvres steht die Briefsammlung. Ihre Authentizität wird heute nicht mehr angezweifelt; christliche Interpolationen lassen sich nicht nachweisen (Sherwin-White 691f). Der literarische Cha rakter der Briefe ist umstritten. In den von P. wohl selbst zusammengestellten u. veröf fentlichten Privatbriefen der Bücher 1/9 han delt es sich um sprachlich sehr elaborierte, auf Originalität u. stilistische Brillanz zum Zweck der Selbstdarstellung (bes. als Lite rat) ausgerichtete Privatbriefe, die tatsäch lich für die Adressaten bestimmt waren u. wohl vor der Veröffentlichung noch einmal vom Vf. bearbeitet wurden, nicht um reine Kunstbriefe (J. Radicke, Die Selbstdarstel lung des P. in seinen Briefen: Hermes 125 [1997] 447f; G. Vogt-Spira, Die Selbstinszenierung des jüngeren P. im Diskurs der literar. Imitatio: Castagna / Lefèvre 51/65; sein literar. Vorbild war *Cicero). Buch 10 enthält die wohl vollständige Korrespondenz mit Kaiser Trajan. Die Briefe bezeugen en gen Kontakt mit Martial, Silius Italicus, Sueton u. *Quintilianus (Schuster 445; Birley aO. 84. 89/91. 97). Das Briefcorpus ist schon deshalb so bedeutend, weil es die weitge hende Rekonstruktion der geistigen Welt ei nes bedeutenden Mitglieds der röm. Senats aristokratie ermöglicht, das mit der literari schen Elite seiner Zeit in engem Kontakt stand. - Seine Gedichte veröffentlichte P. unter dem Titel Hendecasyllabi (Elfsilbler); es sind lediglich zwei im Rahmen von Brie fen überliefert (ep. 4, 27, 4; 7, 4, 6; U. Auha gen, Lusus u. Gloria. P.’ Hendecasyllabi: Castagna / Lefèvre 3/13); sie schließen sich eng an Catull an. - Auch seine vor Gericht u. im Senat gehaltenen Reden waren stilistisch sehr ambitioniert u. er veröffentlichte einige nach einer Überarbeitung. Doch auch sie sind verloren bis auf den Panegyricus, eine Dankesrede im Senat auf Kaiser Trajan für die Verleihung des Konsulats iJ. 100, die noch in der Spätantike als vorbildlich galt u. deshalb in die Sammlung der 12 Panegyrici aufgenommen wurde. II. Plinius u. die Christen, a. Methodische Vorbemerkungen. Ep. 10,96f gehören zu den wichtigsten nichtchristl. Quellen über die Grundlagen der *Christenverfolgungen, das Gemeindeleben u. die Stellung der röm. Füh
rungsschichten zum Christentum in den ers ten drei Jhh. Ebd. 10, 96 ist ein Dienstbrief des Statthalters P. an Trajan mit der Bitte um Instruktionen zur Weiterführung der von ihm begonnenen Christenprozesse. Bzgl. des Quellenwertes des Briefes sind drei Ebenen zu unterscheiden: Gut zu rekon struieren ist die Sicht des P. selbst, nicht ohne Einschränkungen die Aussagen der Apostaten (*Apostasie) in der Vernehmung durch P., weil nicht sicher ist, dass P. sie stets richtig verstanden hat, da ihm Lehre u. Organisation der christl. Gemeinden fremd waren. Ähnliches gilt für die beiden christl. ministrae, deren Aussagen unter *Folter ge macht wurden. Am schwierigsten zu rekon struieren ist die Praxis der christl. Gemein den. P. selbst kannte vor seiner Statthalter schaft wohl nicht mehr als vage Gerüchte; auch die Aussagen der Apostaten dürfen nur mit Vorsicht verwandt werden, weil es de ren Interesse als ehemalige Christen sein musste, die Praxis der Gemeinden so harm los wie möglich darzustellen, um ihre Be gnadigung nicht zu gefährden. b. Die Christenprozesse. 1. Bekenner. P. wurde wahrscheinlich in Amisus oder Amas tris mit einer Anzeige gegen Christen kon frontiert (ep. 10, 96, 2f; Sherwin-White 693f). Über die Anzeigenden u. ihre Motive berich tet P. nichts. Möglicherweise kommen sie aus den Kreisen, die durch den Niedergang der paganen Kulte wirtschaftlich geschädigt wurden (W. Plankl, Wirtschaftliche Hinter gründe der Christenverfolgungen in Bithy niern Gymn 60 [1953] 54/6; R. L. Wilken, Die frühen Christen. Wie die Römer sie sahen [Graz 1986] 30). Obwohl P. ausdrücklich be tont, an Christenprozessen bisher nicht teil genommen zu haben, weiß er genau, wie er im Normalfall vorzugehen hat, u. Trajan be stätigt im Reskript sein Vorgehen, ohne ei nen Kommentar für nötig zu halten (ep. 10, 97,1; anders Reichert 244f). P. lud die Ange zeigten vor u. fragte sie, ob sie Christen seien. Wenn sie gestanden, fragte er sie zwei weitere Male, u. wenn sie auf ihrem Geständ nis beharrten, ließ er sie zur *Hinrichtung abführen. Die Strafwürdigkeit des Christ seins steht für P. also ebenso fest wie für Trajan u. den Urheber der Anzeige (J. Molt hagen, Cognitionibus de Christianis interfui numquam. Das Nichtwissen des P. u. die An fänge der Christenprozesse: Zs. für Theol. u. Gemeinde 9 [2004] 115; F. Vittinghoff, Chris-
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tianus sum. Das .Verbrechen' von Außensei tern der röm. Gesellschaft: Historia 33 [1984] 331/57; Liebs 39f). Als Grund gibt er an, er habe keinen Zweifel, dass unabhängig vom Vergehen ihre Hartnäckigkeit (pertinacia) u. unbeugsame Halsstarrigkeit (inflexibilis ob stinatio) bestraft werden müssten (dazu Freudenberger 100.109f). Für die Angeklag ten mit römischem *Bürgerrecht bereitete er die Überstellung nach Rom vor (ep. 10,96, 4; Freudenberger 110/4). 2. Opfernde Heiden. Wie üblich führte die Verurteilung von Christen zu weiteren An zeigen, so auch eine anonyme Anzeige mit den Namen vieler Beschuldigter, deren Be handlung für P. wesentlich komplizierter war als die erste. Zwei weitere Gruppen tra ten auf: zum einen solche, die behaupteten, nie Christen gewesen zu sein. Sie unterzog er einem Opfertest, in dessen Verlauf sie un ter Benutzung eines von P. vorgesprochenen Textes die Götter anriefen u. vor Kaiser- so wie *Götterbildem Weihrauch u. Wein op ferten u. Christus verfluchten. Dann wurden sie entlassen (D. Fishwick, Pliny and the Christians. The rites ad imaginem principis: American Joum. of Ancient Hist. 9 [1984] 123/30). P. wusste zumindest soviel über die Christen, dass re vera Christiani weder *Opfer noch *Fluch vollziehen würden (Freuden berger 139/54). 3. Apostaten. Die Angeklagten der zwei ten Gruppe gaben zunächst zu, Christen zu sein, stritten aber kurz darauf ab, dies im mer noch zu sein; sie hätten bereits vor län gerer Zeit aufgehört, die einen vor drei Jah ren, die anderen vor noch längerer Zeit, ei nige sogar vor 20 Jahren (ep. 10, 96, 6). Unklar bleibt, warum diese Gruppe sich zu nächst zum Christsein bekannte, kurz darauf aber ihre längst vollzogene Abkehr offen barte (Versuch einer Erklärung bei Freu denberger 156f; anders Thraede 123). Ebenso wenig lassen sich die Motive ihrer Abkehr rekonstruieren (Freudenberger 157; Hypothesen bei Thraede 123). Der Text legt nahe, dass es sich bei den Apostaten nicht um einige wenige Einzelfalle handelte. P. un terwirft auch sie dem Opfertest, heißt sie Christus verfluchen u. lässt sie dann frei. c. Fragen an den Kaiser. Es ist wohl die zweite anonyme Anzeige mit ihren viel kom plexeren Problemen, die P. veranlasst, den Kaiser in drei Fragen um Weisung zu bitten (ep. 10, 96,2; U. Schillinger-Häfele, P. ep. 10,
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96 u. 97: Chiron 9 [1979] 383/92). Dabei ist die erste Frage, ob Christen, die noch im zarten Alter stehen, genauso behandelt werden sol len wie ältere, von geringer Bedeutung, was man schon daran sieht, dass Trajan sie nicht beantwortet (Freudenberger 55/7; SherwinWhite 711). Viel wichtiger ist die zweite, ob Christen, die *Reue (paenitentia) gezeigt u. sich vom Christentum abgewandt haben, also Apostaten, Verzeihung (venia) gewährt werden soll u. sie straflos bleiben. Ähnliches Gewicht hat die dritte Frage, ob das Chris tentum als solches ohne den Nachweis von Verbrechen (flagitia) strafbar ist, oder ob le diglich von den Christen begangene Ver brechen zu bestrafen sind. d. Das Argumentationsziel des Plinius. A. Reichert hat herausgearbeitet, dass P. nicht lediglich Fragen stellt, sondern dem Kaiser die Antworten gleich mitliefert. Was die dritte Frage angeht, hat P. durch sein Vor gehen, das offensichtlich in Übereinstim mung mit der allgemeinen Praxis im Röm. Reich stand, klargemacht, dass er das Chris tentum als solches ohne den Nachweis von flagitia für strafbar hält. Das Hauptargu mentationsziel des gesamten Briefes ist es, den Kaiser davon zu überzeugen, dass das Problem des fremdländischen u. stark wach senden Christentums in Pontus u. Bithynien durch eine Begnadigung der Apostaten am besten zu lösen sei. Vor diesem Hintergrund ist der ganze Brief zu interpretieren (Rei chert 230; Thraede 110f [zusätzlich: Vermei dung einer Prozesslawine: ep. 10, 96, 9]; Molthagen aO. 123f). e. Das Reskript Trajans. Der Kaiser bil ligt das Vorgehen des P. weitgehend. Er weigert sich aber, die Rechtslage durch eine generelle Bestimmung etwa in Form eines Gesetzes zu klären. Für Christenprozesse gibt es kein festes Schema (Freudenberger 205). Grundlegend für die weitere Entwick lung ist die Bestimmung conquirendi non sunt. Trajan lehnt damit jede statthalterliche Initiative beim Aufspüren von Christen ab. Im Falle einer Anzeige hat der Statthal ter überführte Christen zu bestrafen. Diese Grundhaltung prägt die Christenverfolgun gen bis zu *Decius. Staatlich initiierte Chnstenverfolgungen sind damit ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer Anzeige ist aber eine scharfe Waffe in den Händen persönlicher Feinde u. Gegner des Christentums. Die Angst davor prägt das Lebensgefühl der
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Christen grundlegend. Ein wichtiger Erfolg des P. ist die Bestätigung Trajans, dass reu igen Apostaten Verzeihung gewährt wird, wenn sie den Opfertest bestehen (Liebs 41f). Nachdrücklich lehnt der Kaiser in Abset zung von P. anonyme Anzeigen als nicht zeit gemäß ab. III. Die christl. Gemeinden im Spiegel von ep. 10, 96. a. Die Christen als Gefahr. P. be gründet die Notwendigkeit, sich an den Kai ser zu wenden, mit der Gefahr, die von den Christen ausgeht. An erster Stelle nennt er die große u. ständig wachsende Zahl der Christen. Mindestens ebenso problematisch ist die soziale Durchdringung der Gesell schaft u. die geograph. Expansion; Männer, Frauen u. Kinder werden davon ergriffen. Umstritten ist, was omnes ordines bedeutet, in die die Christen bereits eingedrungen seien. Die einen nehmen ordo als 1.1. u. se hen im Text einen frühen Beleg für das Ein dringen der Christen in den Senatoren- u. Ritterstand sowie in den ordo decurionum. Angesichts der Tatsache, dass aus der Pro vinz Pontus u. Bithynien in trajanischhadrianischer Zeit maximal zwei Senatoren bezeugt sind, wird man W. Eck wohl zustim men müssen, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich darunter bereits Christen befunden haben (Das Eindringen des Christentums in den Senatorenstand bis zu Konstantin d. Gr.: Chiron 1 [1971] 383f10). Deshalb versteht man ordo besser im weiteren Sinne; P. würde dann behaupten, dass die Christen in allen Schichten der städtischen Gesellschaft zu finden seien. Dass es tatsächlich Christen aus den oberen Schichten gab, belegt ep. 10, 96, 4 (mehrere Christen mit röm. Bürger recht). Gleichermaßen bezeugt er, dass das Christentum in seiner Provinz nicht lediglich eine städtische Religion ist, sondern sich auch in die Dörfer u. auf das Land ausge breitet hat (ebd. 10,96,9). P. wollte dem Kai ser ganz offensichtlich klarmachen, dass eine derart expandierende Religion fremdländi schen Ursprungs eine große Gefahr für den Erhalt des religiösen Status quo darstellt, wovon der erschreckende Zustand des her gebrachten Tempelkults Zeugnis gibt. Die Tempel sind beinahe verlassen, die feierli chen Opfer zum Erliegen gekommen etc., weil das Opferfleisch keine Abnehmer mehr findet. Auf dem Höhepunkt der Verfallsge schichte bietet P. das probate Gegenmittel an: Wenn der Kaiser erlaubt, dass die offen
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sichtlich große Zahl der Apostaten in Chris tenprozessen straflos bleibt, dann wird sich die Renaissance der traditionellen Kulte, die sich als Folge der Maßnahmen des P. schon jetzt abzeichnet, weiter verstärken u. dem Opferkult zu neuer Blüte verhelfen. - Ob die Gefahr, die vom expandierenden Christen tum ausging, tatsächlich so groß war, ist schwierig zu erheben (Sherwin-White 710). Einerseits musste es im Interesse des Statt halters liegen, das Problem so eindrücklich wie möglich zu schildern, um seinen Lö sungsvorschlag plausibel zu machen u. die bereits erzielten Erfolge ins rechte Licht zu rücken. Andererseits wäre schwer verständ lich, dass P. überhaupt einen Brief an den Kaiser schreibt u. ein eigenes Lösungskon zept entwickelt, wenn es sich bei den Chris ten nur um eine marginale Gruppierung ohne Bedeutung gehandelt hätte. Deswegen scheint plausibel, dass P. die Christen, ob wohl er sie unter strafrechtlichen Gesichts punkten als harmlos ansah, für eine Gefahr für den religiösen Status quo hielt. Die Tat sache, dass es das Christentum in Pontus u. Bithynien nachweislich schon seit mehreren Jahrzehnten gab (Belege ebd. 694; Marek 117/9), dass bereits vor 20 Jahren Christen ihrer Religion den Rücken kehrten (s. o. Sp. 981) u. die Zahl der angezeigten Gemeinde mitglieder groß war (s. o. Sp. 981), stützt die Darstellung des P. b. Das christl. Gemeindeleben. Ep. 10, 96, 7f ist wohl die am schwierigsten zu inter pretierende Passage des Briefes (Überblick bei Salzmann 133/48). Eine Fehlerquelle be steht darin, dass sich das Christentum den Kategorien des religiösen Traditionalismus entzieht, in denen P. denkt. Zudem ist es sein Ziel, den christl. Apostaten die Rück kehr zur Götterverehrung zu eröffnen u. auf diese Weise das Christenproblem zu lösen. Zu diesem Zweck will er dem Kaiser nach weisen, dass die Christen keines der Ver brechen begehen, die man ihnen gewöhnlich zur Last legt. Vieles spricht dafür, dass er dabei an den weitverbreiteten Vorwurf der thyestheischen Mahlzeiten u. ödipodeischen Verbindungen u. die dabei stattfindenden Verschwörungen u. ihre Terminologie denkt (ebd. 134; grundlegend: F. J. Dölger, Sacra mentum infanticidii: ders., ACh 4 [1934] 188/228; Μ. Sordi, Sacramentum in P. ep. 10, 96, 7: VetChr 19 [1982] 100). Die Termini culpa (Schuld) u. error (Irrtum) passen bes-
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tens dazu. Die Aussagen der Apostaten über die Gemeindeversammlungen werden von ihm nahezu ausschließlich vor diesem Hin tergrund interpretiert. Genuines Interesse am Christentum wird man unabhängig da von nicht erwarten können. Bereits die auf den ersten Blick unwichtige Bemerkung, dass die christl. Versammlungen vor Tages anbruch stattfinden, versteht sich bestens vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Annahme, dass Verschwörer sich im Dunkel der *Nacht trafen, was für die Christen eben nicht zutrifft. Der Wechselgesang zu Chris tus als einem Gott wird ebenfalls als Beleg für die Harmlosigkeit der Christen ange führt (Dölger, Sol sal.3 116f; Salzmann 139: Gegensatz zu orgiastischen Ausschweifun gen u. magischen Formeln). Besonders deut lich werden die abgrenzenden Parallelen bei der Passage über den Eid, mit dem sich die Christen ,nicht zu einem Verbrechen, son dern dazu verpflichten, keine Diebstähle, Räubereien, *Ehebrüche zu begehen, nicht gegen Treu u. Glauben zu verstoßen, nichts Hinterlegtes abzuleugnen, wenn es eingefor dert wird' (ep. 10, 96, 7). Dölger (Sacramen tum aO. 207/10) hat nachgewiesen, dass zum Stereotyp der Verschwörung in Griechen land u. Rom der Verschwörungseid gehört, der häufig mit einem Menschenopfer verbun den wird u. den Umsturz der bestehenden Ordnung u. ihrer moralischen Werte zum Ziel hat. Moderne Interpreten haben es im mer schwer gehabt, den Eid, den die Chris ten nach P. angeblich schwören, in der christl. Liturgie wiederzufinden. Stattdessen findet man viele seiner Elemente, wie zB. das Verbot des Diebstahls, Raubes u. Ehe bruchs, unter den Zehn Geboten. P. hat letz tere wohl für so etwas wie einen Gruppeneid gehalten u. diesen völlig ungefährlichen Eid dem auf ein scelus gerichteten Verschwö rungseid gegenübergestellt. Die Suche nach einem Eid auf die Zehn Gebote oder Teile von ihnen in der christl. Liturgie scheint da gegen müßig zu sein (anders C. J. Kraemer, Pliny and the early church service: ClassPhilol 29 [1934] 293/300). Dominant ist der Wunsch, die Apostaten von dem Vorwurf des mit einem Verbrechen verbundenen Ei des zu exkulpieren. Ob die Darstellung des P. auf einer Schilderung der Eucharistiefeier am Sabbat bzw. Sonntag oder einer Tauf feier beruhte, lässt sich deswegen wohl kaum zureichend klären (H. Lietzmann, Die
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liturgischen Angaben des P.: ders., Kl. Schriften 3 [1962] 48/53; W. Rordorf, Der Sonntag [1962] 200/2. 247f; F. Fourrier, La lettre de Pline à Trajan sur les Chrétiens: RechThéolAM 31 [1964] 161/74). Sicher darf man wohl davon ausgehen, dass die christl. Gemeinde sich im weiteren Verlauf des Ta ges zu einem Sättigungsmahl (Agape?: Salz mann 146; Sordi aO. 98) traf. P. führt es hier wohl nur an, um dem Kaiser klarzumachen, dass seine Untersuchungen die umlaufenden Gerüchte (thyesteische Mahlzeiten u. Inzest) nicht bestätigt haben; er betont deshalb nachdrücklich, dass es sich um ein gewöhn liches (promiscuus) u. unschuldiges (innoxius) Mahl gehandelt hat. Als Nachweis der Loyalität führt er weiterhin an, dass die Christen diese Mahlversammlungen nach seinem Hetärienedikt eingestellt hätten. Ins gesamt ist festzuhalten, dass die Darstellung des christl. Gemeindelebens durch P. bis ins Detail grundlegend vom Hauptargumentati onsziel des gesamten Briefes bestimmt ist: Den Apostaten kann Verzeihung gewährt werden, weil sie keine Verbrechen begangen haben. Der Quellenwert der Passage für die Rekonstruktion des christl. Gemeindelebens, speziell der liturgischen Versammlungen, tritt dahinter deutlich zurück. Hier wird man in der Regel über Hypothesen nicht hinaus kommen. In keinem Fall darf man voraus setzen, dass der Ablauf der christl. Ver sammlungen wie bei einem Vernehmungs protokoll vollständig dargestellt wird. c. Die Aussagen der Diakoninnen. Um das Ergebnis der Befragung der Apostaten zu überprüfen, wendet sich P. an zwei christ liche Sldavinnen, die er unter der Folter ver hört, wozu er bei Mitgliedern des Sklaven standes ermächtigt war (ep. 10, 96, 8; Freu denberger 119). Die Bezeichnung der Frauen als quae ministrae dicebantur macht wahr scheinlich, dass die griechischsprachigen Christen der Provinz sie διάκονοι nannten. Es handelt sich somit um Diakoninnen ^Dia konisse), also weibliche Amtsträger (R. Gryson, Le ministère des femmes dans l’église ancienne [Gembloux 1972] 38f). Über Verlauf u. Details des Verhörs berichtet der Brief nichts, offensichtlich sind sie für P. unwich tig. Von Bedeutung ist nur das Ergebnis. Wiederum kann P. trotz Folter keine Ver brechen nachweisen. Und doch ist sein Ur teil vernichtend: Das Christentum ist eine superstitio prava, immodica. Diese Einschät-
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zung teilt P. mit den Zeitgenossen Tacitus (ann. 15,44,3) u. Sueton (vit. Ner. 16,2). Ge meint sind damit im herabsetzenden Sinne fremde, ausländische kultische Anschauun gen u. Praktiken, die im Gegensatz zur vera religio Roms stehen (Freudenberger 192; J. Scheid, Religion et superstition à l’époque de Tacite: Religiön, supersticién y magia en el mundo romano [Cadiz 1985] 19/34). IV. Rezeption. Christlich rezipiert wurden ep. 10, 96f zum einen im Zusammenhang der Auseinandersetzung um die Christenverfol gungen, zum anderen galt auch bei Christen der Stil des Briefcorpus als vorbildlich (zB. H. Hagendahl / J. H. Waszink, Art. Hiero nymus: o. Bd. 15,136). Knapp 90 Jahre nach der Abfassung der Briefe beginnt ihre Re zeption mit Tert. apol. 2, 6/9. Beide Briefe scheinen vorzuliegen u. werden ausführlich paraphrasiert. Argumentationsziel ist, die Inkonsequenz aufzuzeigen, mit der die Christen einerseits nicht wie alle anderen Verbrecher aufgespürt werden sollen, ande rerseits aber auf eine Anzeige hin zum Tode verurteilt werden, obwohl es P. nicht gelun gen sei, ihnen ein strafwürdiges Verbrechen nachzuweisen. Von einer griech. Überset zung des Apologeticums ist Eus. h. e. 3, 33, 1/3 u. a. mit einem längeren Zitat abhängig. Er meint, dass die Verfolgung aufgrund des trajanischen Reskripts nachgelassen hätte, an ihre Stelle aber Pogrome getreten seien (T. D. Barnes, Tertullian2 [Oxford 1985] 6). Explizit von Tertullian abhängig ist Eus. chron. zJ. 108 (GCS Eus. 7,195). Ob Orosius (hist. 7,12,13) den P.brief gelesen hat, bleibt unsicher. L. Castagna / E. Lefèvre (Hrsg.), P. d. J. u. seine Zeit = BeitrAltK 187 (2003). - R. Freu denberger, Das Verhalten der röm. Behörden gegen die Christen im 2. Jh. Dargestellt am Brief des P. an Trajan u. den Reskripten Tra jans u. Hadrians2 = MünchBeitrPapForsch 52 (1967). - H. Krasser, Art. P. Caecilius Secundus, C. (d. J.): NPauly 9 (2000) 1141/4. - D. Liebs, Das Recht der Römer u. die Christen (2015). - Ch. Marek, Pontus et Bithynia. Die röm. Provinzen im Norden Kleinasiens (2003). J. Molthagen, Der röm. Staat u. die Christen im 2. u. 3. Jh. = Hypomnemata 28 (1970). - A. Reichert, Durchdachte Konfusion. P., Trajan u. das Christentum: ZNW 93 (2002) 227/50. - J. Ch. Salzmann, Lehren u. Ermahnen. Zur Gesch. des christl. Wortgottesdienstes in den ersten drei Jhh. = WissUntersNT 59 (1994). Μ. Schuster, Art. P. d. J.: PW 21, 1 (1951)
439/56. - A. N. Sherwin-White, The letters of Pliny. A histor. and social comm. (Oxford 1966). - K. Thraede, Noch einmal. P. d. J. u. die Christen: ZNW 95 (2004) 102/28. - W. Weber, Nec nostri saeculi est. Bemerkungen zum Briefwechsel des P. u. Trojan über die Christen: R. Klein (Hrsg.), Das frühe Chris tentum im röm. Staat = WdF 267 (1971) 1/32. Georg Schöllgen.
Plotinos. A. Biographisches. I. Leben 988. II. Lehrtätigkeit u. Schriften 988.
B. Lehre. I. Grundriss 990. II. Schönheit, Zeit, Materie 991. III. Psychologie u. Ethik 993.
C. Nachwirkung im späteren Neuplatonismus 994. D. Plotin u. das Christentum. I. Verhältnis zum Christentum 996. II. Auseinandersetzung mit der Gnosis 997. III. Einfluss auf Christen, a. Lat. Westen 1001. b. Griech. Osten 1005.
A Biographisches. I. Leben. (S. Döpp, Art. Italia II: o. Bd. 18, 1269f; Μ. Erler, Art. Platonismus: o. Sp. 853/6. 878/80.) Unsere Kenntnis über die Biographie des P. (205/70 nC.) verdanken wir hauptsächlich *Porphyrios u. seiner Vita Plotini (vgl. Μ. van Uytfanghe, Art. Biographie II [spirituelle]: RAC Suppl. 1, 1100f. 1107; zu Porphyrios’ ideali sierender Darstellung des P. H. D. Betz, Art. Gottmensch II: o. Bd. 12, 274f); hinzufügen lässt sich die Notiz des *Eunapios in vit. soph. 3, 1, lf (5f Giangrande) bzgl. des Ge burtsortes des P., Lykopolis (heute Asyut) in *Aegypten (F. Zucker, Plotin u. Lykopolis [1950]). Der kurze biograph. Bericht des *Firmicus Maternus zu P.’ *Kronkheit u. Tod (math. 1, 7, 14/22) geht dagegen nicht über Porphyrios hinaus (Henry 25/43). II. Lehrtätigkeit u. Schriften. P.’ Lehrtä tigkeit beginnt mit seiner Ankunft in Rom im Alter von 40 Jahren. Hier soll er Semi nare gehalten haben, die auf der Lehre des **Ammonios Sakkas basierten (Porph. vit. Plot. 3, 33f); bei letzterem hatte P. früher selbst in * Alexandria studiert (ebd. 3, 20f). Eine Bemerkung des Hierokles v. Alex. (*Hierokles II) bezeugt, dass Ammonios ei
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nen wichtigen Beitrag zur sog. Harmonisie rung von Platon u. *Aristoteles geleistet hat: Beide Philosophen seien als Vertreter der selben Doktrin zu verstehen (nach Phot. bibl. cod. 214, 172a [3, 126 Henry]). Der aristote lische Charakter zB. seiner Geisteslehre (s. u. Sp. 991; Schwyzer 555; Th. A. Szlezäk, Platon u. Aristoteles in der Nuslehre Plotins [Basel 1979]) ist ein Indiz dafür, dass P. Ein sichten des Aristoteles freizügig zum Ver ständnis Platons benutzte, ohne dabei aller dings von Kritik völlig abzusehen (G. E. Karamanolis, Plato and Aristotle in agreement? [Oxford 2006] 216/42). Hier ist auch die Be merkung des Porphyrios relevant, wonach die gesamte aristotelische Metaphysik in komprimierter Form in P.’ Schriften enthal ten sei (vit. Plot. 14, 5/7). - Während seine frühe Lehrtätigkeit somit unter dem Ein fluss des Ammonios Sakkas stand, sollen neun Jahre verstrichen sein, bis P. begann, erste Schriften zu verfassen; bis zum Alter von 59 Jahren habe er bereits 21 Abhandlun gen geschrieben (ebd. 4, 11/4). Diese Schrif ten sind von Porphyrios in thematischer Ordnung als sog. .Enneaden' (sechs Bücher mit jeweils neun Abhandlungen; Grund für diese Anordnung ist die angebliche Vollkom menheit der Zahl Sechs, als erste Zahl, die gleich der Summe ihrer Teiler ist) zusam mengeführt worden (H.-D. Saffrey, Pourquoi Porphyre a-t-il édité Plotin?: L. Brisson / J. Pépin [Hrsg.], Porphyre. La vie de Plotin 2 [Paris 1992] 31/64). Sie zeigen deutlich den Einfluss der stoischen u. peripatetischen Philosophie (A. Graeser, Plotinus and the Stoics [Leiden 1972]; F. Μ. Schroeder, From Alexander of Aphrodisias to Plotinus: P. Remes / S. Slaveva-Griffin [Hrsg.], The Rout ledge handbook of Neoplatonism [London 2015] 293/309) u. verraten gelegentlich auch P.’ Kenntnis von *Epikur (so etwa in der Schrift ,Ob die Glückseligkeit durch Dauer wächst' [enn. 1, 5 (36)]), der sonst äußerst kritisch beurteilt wird (bes. wegen seiner Leugnung der Vorsehung u. seiner Genuss lehre; vgl. ebd. 2, 9 [33], 15). - Von großer Bedeutung für das Verständnis von P.’ Lehre ist ihr mittelplatonischer Hinter grund, der etwa in der Frühschrift ebd. 3, 9 (13) (J. Μ. Dillon, Plotinus, Enn. III 9,1, and later views on the intelligible world: TransProcAmPhilolAss 100 [1969] 63/70) deutlich spürbar wird. Hier folgt P. der Prinzipien lehre des *Numenios (P. wurde vorgewor
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fen, letzteren plagiiert zu haben; vgl. Porph. vit. Plot. 18, 2f; *Plagiat), die in der intelligiblen Welt drei Aspekte unterscheidet: ei nen ruhenden oder betrachteten Geist, einen betrachtenden Geist u. einen reflektierenden Geist, der eine schöpferische Funktion hat (Numen. Apam. frg. 12. 17. 20/2 [54f. 58. 60f des Places]). In späteren Schriften wie zB. enn. 5, 5 (32) distanziert sich P. deutlich von dieser Lehre u. besteht auf der Einheit u. Untrennbarkeit des Geistigen (vgl. J. Halfwassen, Geist u. Selbstbewußtsein. Stud. zu Plotin u. Numenios [1994]). B. Lehre. I. Grundriss. Grundlegend für P.’ Philosophie ist die Prinzipienlehre (vgl. enn. 5,1 [10], 10), die er selbst als folgerich tige Interpretation Platons, nicht aber als philosophische Innovation darstellt (ebd. 5,1 [10], 8; H. Schreckenberg, Art. Exegese I: o. Bd. 6,1185). Wie Platon, der von einem Prin zip des Guten jenseits des Seins' (resp. 6, 509b) spricht, welches die Existenz u. Denk barkeit der geistigen Welt erklären soll, pos tuliert auch P. einen Urgrund, den er das Eine oder das Gute nennt (Schwyzer 553f stellt P.’ Äußerungen über das Eine dem pla tonischen Parm. gegenüber). Dieser Ur grund bringt sowohl die sichtbare Welt bis hin zur bloßen *Materie als auch die Welt der *Ideen u. die Seele hervor (enn. 4, 8 [6], 6; 5, 2 [11], 1). Die kausale Kraft des einen Prinzips ist endlos (ebd. 6, 9 [9], 6) u. dazu fähig, alles hervorzubringen (5, 1 [10], 7: δύναμις πάντων; 5, 2 [11], 1; grundlegend C. D’Ancona Costa, Plotinus and later Platonic philosophera on the causality of the first principle: L. P. Gerson [Hrsg.], The Cam bridge companion to Plotinus [Cambridge 1996] 356/85; vgl. Gerson 12/35). Es ist mit keinem seiner Produkte identisch, selbst nicht mit den platonischen Ideen, u. kann da her auch als ,formlos' (Plot. enn. 6, 9 [9], 3: άνείδεον) beschrieben werden, wie es auch überhaupt nur durch das, was es nicht ist, begreifbar wird (ebd. 5, 3 [49], 14). Streng genommen ist jeglicher Versuch, die Natur des Einen (*Hen [ëv]) zu nennen, unmöglich, da jede Aussage über das erste Prinzip durch die Kopula ,ist‘ bereits eine unzuläs sige Komplexität von Subjekt u. Prädikat impliziert (5, 5 [32], 13; zu P.’ Konzeption der negativen Theologie Ph. Hoffmann, L’ex pression de l’indicible dans le néoplatonisme grec de Plotin à Damascius: C. Lévy / L. Pernot [Hrsg.], Dire l’évidence [Paris 1997]
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335/90). Durch das Eine erklärt sich die Existenz individueller Dinge u. deren Zu sammenhalt (Plot. enn. 5,6 [24], 3; 6,9 [9], 1); alles hat nach der Möglichkeit seiner eigenen Natur an ihm Teil (ebd. 6, 4 [22], 11). Die Notwendigkeit des Einen wird u. a. daraus geschlossen, dass im Reich der Ideen eine Vielfältigkeit herrscht, die selbst noch durch ein vereinendes metaphysisches Prinzip er klärt werden muss (6,9 [9], 2). Wie genau die geistige Welt aus der Natur des Einen ab zuleiten ist, bleibt eine schwierige Frage der Plotinforschung (Emilsson 22/68). Es kann aber nicht bezweifelt werden, dass die sog. ,Theorie der Zwei Akte* bei der Erklärung eine Rolle spielen muss (Plot. enn. 5, 1 [10], 6. 4 [7], 2). Hiernach folgt auf den Seinsakt, durch den sich jedes Wesen selbst erhält, notwendigerweise ein Ausdruck oder Abbild hiervon (Ch. Rutten, La doctrine des deux actes dans la philosophie de Plotin: RevPhilosFrÉtr 146 [1956] 100/6). Im Falle des Ei nen ist dieses Abbild zunächst ein inchoati ver Geist, der sich in der Zurückwendung zum Einen zur Seinsstufe Intellekt formt (Plot. enn. 5, 2 [11], 1. 3 [49], 11). Im Geist enthalten ist die Ideenwelt, die mit dem Geist in der Einheit des Denkens verbunden ist (ebd. 5, 5 [32], 2. 9 [5], 8). Durch den Seinsakt des Geistes, also das Denken, wird die *Hypostasis der Seele erzeugt, der so wohl die Weltseele als auch individuelle See len angehören (5, 2 [11], 1; die genauen Be ziehungen zwischen Seele, Weltseele u. in dividuellen Seelen lassen sich nicht ohne Schwierigkeiten formulieren; H. J. Blumen thal, Soul, world-soul and individual soul in Plotinus: C. J. de Vogel / H. Dörrie / E. Zum Brunn [Hrsg.], Le Néoplatonisme [Paris 1971] 55/66). Die Seele vermittelt zwischen der geistigen u. der materiellen Welt (Plot, enn. 4, 8 [6], 4), u. die Weltordnung im Gan zen ist der Weltseele zu verdanken (ebd. 2,3 [52], 16. 9 [33], 7), die ungehindert den Geist u. in ihm das Urbild der Welt betrachtet (4,8 [6], 2; 5,8 [31], 6), während die Belebung von einzelnen Körpern Aufgabe der Einzelseelen ist (4, 3 [27], 10). II. Schönheit, Zeit, Materie. Besonders wichtig für den Aufstieg zum Geist u. letzt lich zum Einen ist die Erfahrung der Schön heit, die nach P. zur Rückwendung der Seele zu sich selbst führen kann, so dass sie sich selbst als Teil der geistigen Welt erfahrt (enn. 1, 8 [51], 9; 5, 8 [31], 10). Anders als
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Platon, der in seinem ,Staat' die Schönheit in der Kunst als Abbild eines Abbildes abwer tet (resp. 10, 598a/c. 603a), erlaubt P., dass der Künstler die Materie nach seiner geisti gen Konzeption des Kunstwerks formt, an statt nur das sichtbare Schöne zu imitieren (enn. 5, 8 [31], 1). Gegen die Stoiker argu mentiert er, dass Proportion u. Symmetrie keine ausreichende Erklärung der Schönheit in sichtbaren Dingen darstellen (ebd. 1, 6 [1], 1). Stattdessen sind es die Formen, die Schönheit verleihen, wenn sie in der Materie anwesend sind, worin sie aber nur unvoll kommen realisiert werden können (5, 8 [31], 8). - Für P. ist die sich in Vergangenheit u. Zukunft erstreckende Zeit ein Produkt der Seele, welche die zeitlose Ewigkeit im Geist in sukzessive Momente auseinanderbricht u. so ihrer charakteristischen Seinsart, die vom diskursiven Denken geprägt ist, anpasst (vgl. 3,7 [45], 11). Dabei wird das Wesen der Zeit mit dem Leben der Weltseele verbun den u. die Ewigkeit mit dem Leben des Geis tes, welches ein .unendliches Jetzt' (3, 7 [45], 5) ist. Obwohl die Begriffe der Ruhe u. der Bewegung mit den Paaren Ewigkeit u. Zeit bzw. Geist u. Seele verbunden sind, weigert sich P., die Zeit mit der Bewegung schlecht hin zu identifizieren; er argumentiert statt dessen, dass die Bewegung im Universum zwar mit der von Seelen geschaffenen Zeit messbar ist, aber nicht mit ihr gleichgesetzt werden kann (3, 7 [45], 12). Ähnlich ist auch die Ewigkeit eine Art Manifestation (έκλάμπον) des Seins (also der geistigen Welt), nicht aber das Sein selbst (3, 7 [45], 3). - Die Stellung der Materie in P.’ Philosophie hängt eng mit der Frage zusammen, wie sowohl das metaphysische als auch das moralische Böse aus der Entfaltung des Einen heraus zu erklären sind. Dabei nimmt die Materie, als absolute Formlosigkeit u. reiner Mangel, den Platz des metaphysischen Bösen ein (vgl. 1,8 [51], 7), welches durch seine Distanz vom Einen definiert wird u. dem daher keine un abhängige Existenz zukommt. P. unterschei det das moralische Böse, das durch die Sorge der Seelen für Materielles entsteht, von dem metaphysischen, mit der Materie gleichzu setzenden Bösen (1, 8 [51], 8). In manchen Schriften (zB. 5, 1 [10], 1) spricht P. wie die Gnostiker (*Gnosis) vom einen Fall der Seele, der durch einen arroganten *Hochmut (τόλμα) erfolgt u. der erklärt, warum die Seele von der Betrachtung des Geistes ab
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sieht, um der Materie Gestalt zu geben. Aus heit u. Status), ja selbst der Tod, dem Wei führlicher zur Frage, wie u. ob P.’ Erklärun sen gleichgültig sind (1, 4 [46], 4/7). Wirkli gen des metaphysischen u. des moralischen che Glückseligkeit (*Glück) besteht nur im Bösen in Einklang zu bringen sind, vgl. J. Μ. Geistigen, nicht aber wie bei Aristoteles in Rist, Plotinus on matter and evil: Phronesis der tugendhaften Handlung (1, 5 [36], 10). 6 (1961) 154/66; D. O’Brien, Plotinus on evil: Dem ethischen Handeln steht nach P. also P. Μ. Schuhl / P. Hadot (Hrsg.), Le néopla nur ein bedingter Wert zu; dennoch insistiert tonisme (Paris 1971) 113/46. er, dass der Philosoph auch auf bürgerlich III. Psychologie u. Ethik. Hauptproblem tugendhafte Art in die Welt eingreift, wenn für P.’ Psychologie ist die Verbindung der es die Umstände erfordern (1, 2 [19], 7: jreSeele mit dem Körper (allgemein: O’Meara QUTcarixiôç). 12/22; H. J. Blumenthal, Plotinus’ psycholC. Nachwirkung im späteren Neuplato ogy. His doctrines of the embodied soul [The nismus. P.’ Nachwirkung im späteren Neu Hague 1971]). Er unterscheidet zwischen platonismus kann nicht überschätzt werden. dem ,wahren' Selbst, nämlich der Seele, wie Es ist das Verdienst seines Schülers Por sie noch im Geistigen verharrt, u. dem phyrios, mit der Schrift Sententiae ad intel.anderen' Selbst, das durch die Verbindung ligibilia ducentes den oftmals schwierigen u. von Körper u. Seele entsteht (enn. 1, 1 [53], zögerlichen Gedankengang der Enneaden in 10). Obwohl die Einzelseelen niemals völlig eine dogmatische Form gebracht zu haben, in die materielle Welt hinabsteigen, d. h. nie die die Aufnahme der plotinischen Lehren vollkommen von der Betrachtung des Geis sicher erleichtert haben wird. Wahrschein tigen absehen (vgl. ebd. 4, 8 [6], 8), stehen lich ist Porphyrios auch der Autor eines an dem vollen Bewusstsein dieser Betrachtung onymen Kommentars zu Platons .Parmeniviele Hindernisse entgegen, da unser ver des‘, der an die Grundideen der plotinischen körperlichtes Selbst sich um die Bedürfnisse Prinzipienlehre anknüpft (W. Kroll, Ein neu der Existenz kümmern muss, sich also zu ei platonischer Parmenideskomm. in einem nem gewissen Grad mit den *Begierden, Ab Turiner Palimpsest: RhMus 47 [1892] neigungen u. Emotionen des Leibes identifi 599/627). Aus metaphysischer Sicht war Por ziert. Trotz aller Widrigkeiten ist es uns phyrios kein Neuerer (vgl. aber P. Hadot, La aber prinzipiell möglich, auch in der Verbin métaphysique de Porphyre: H. Dome dung mit dem Körper die geistige Schau zu [Hrsg.], Porphyre [Genève 1966] 127/57; S. erlangen u. sogar darüber hinaus zum Einen K. Strange, Porphyry and Plotinus’ metaaufzusteigen, was P. selbst laut Porphyrios physics: G. Karamanolis / A. Sheppard viermal in seinem Leben gelungen ist (vit. [Hrsg.], Stud. on Porphyry [London 2007] Plot. 23, 16f). Der geistige Seelenteil des 17/34); auf anderen Gebieten hat er aller Menschen ist nicht von der Verbindung mit dings P.’ System bedeutend ausgebaut. dem Körper abhängig u. kann von diesem Einerseits wendet sich Porphyrios in Schrif nicht affiziert werden. Für den Weisen ist ten wie Ad Gaurum u. den fragmentarischen der Leib wie ein Instrument, dass abgelegt .Vermischten Untersuchungen' (rekonstru werden darf, wenn es seine Funktion nicht iert von H. Dörrie, Porphyrios’ .Symmikta mehr erfüllt (Plot. enn. 1, 4 [46], 16). P.’ Zetemata' [1959]) psychologischen Fragen *Ethik kann auf der Basis dieser Psycholo zu, die das zentrale Problem der Interaktion gie verstanden werden. Ethischer Fort zwischen Körper u. Seele angehen; anderer schritt besteht hiernach in der Reinigung seits hat er P.’ kritische Betrachtungen zur der Seele von allen *Affekten wie Begierde aristotelischen Kategorienschrift (Plot. enn. u. Schmerz u. einer Abkehr vom Körperli 6, 1) auf konstruktive Weise weiterentwi chen (ebd. 1,2 [19], 3) mit dem Ziel, die Seele ckelt (F. A. J. de Haas, Did Plotinus and Por zur Gottähnlichkeit zu bringen. Die traditi phyry disagree on Aristotle’s Categories?: onellen Charaktertugenden der griech. Phi Phronesis 46 [2001] 492/526). In seinem frag losophie wie Tapferkeit u. Mäßigung mentarisch erhaltenen Werk De regressu (*Enkrateia) werden von P. zu bloßen Vor animae äußert sich Porphyrios zur Problem läufern der sog. .reinigenden Tugenden' stellung der Heilslehre u. akzentuiert die (xaûaçTLHai àperai) hinabgestuft (1, 2 [19], Flucht aus der materiellen Welt insgesamt 2f). Wie auch die Stoiker besteht P. darauf, schärfer als P. (A. Smith, Porphyry’s place in dass Besitztümer u. Vorteile (wie *Gesund the Neoplatonic tradition [The Hague 1974] RAC XXVII
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69/80). - P.’ Lehre eines Seelenteils, der ewig die geistige Welt betrachtet, wurde heftig von Jamblich (G. O’Daly, Art. Jamblich: o. Bd. 16, 1247f), Syrian (nach Herrn. Alex, in Plat. Phaedr. 2, 44 [160 Lucarini / Moreschini]), *Proklos u. Damaskios kritisiert (H. J. Blumenthal, The psychology of Plotinus and later Neoplatonism: J. J. Cleary [Hrsg.], The perennial tradition of Neoplatonism [Leuven 1997] 269/90); sie hat mit Theodoros v. Asine nur einen einzigen uns bekannten Verteidiger im späteren Neuplatonismus ge funden (vgl. das Testimonium bei Procl. in Plat. Tim. 5, 341DE [3, 333f Diehl]). Eben falls kritisch hat sich Jamblich mit P.’ Um wandlung der aristotelischen Kategorien lehre auseinandergesetzt. Wo P. bemüht ist, gegen Aristoteles Bewegung u. Aktualität zu assimilieren, besteht Jamblich auf dem Unterschied beider Begriffe (D. P. Taor mina, Jamblique. Critique de Plotin et de Porphyre [Paris 1999] 101/25). Auch im 5. Jh. nC. wurde P. noch direkt gelesen, wie der fragmentarisch in Michael Psellos überlie ferte Enneaden-Komm. des Proklos beweist (L. G. Westerink, Exzerpte aus Proklos’ En neaden-Komm. bei Psellos: ByzZs 52 [1959] 1/10). Wichtig für Proklos war es u. a., plotinische Belegstellen für die feinen Untertei lungen des Seienden, wie sie für den späte ren Neuplatonismus überhaupt charakteris tisch sind, zu finden; dies wird zB. aus dem Kommentar zu enn. 1, 1 (53), 7f (in Psellos, omn. doctr. 31f Westerink) ersichtlich, wo es sich um die drei Aspekte der Seele u. des Menschen handelt (Vernunft, diskursives Denken, Meinung). Gerade die drei in latei nischer Übersetzung überlieferten Einzel schriften De decem dubitationibus, De providentia et fato et eo quod in nobis u. De malorum subsistentia sind vom Studium der Enneaden beeinflusst, setzen sich aber auch kritisch mit Aspekten der Lehre P.’ ausein ander (grundlegend H. F. Müller, Dionysios, Proklos, P. Ein histor. Beitr. zur neuplato nischen Philosophie [1926]). So wendet Pro klos gegen P.’ Konzeption der Materie als Ursprung des Bösen ein, dass nach P.’ Maß stäben die Materie entweder eine unabhän gige Existenz haben muss (woraus ein für P. inakzeptabler ’Dualismus folgen würde) oder von den ersten Prinzipien hervorge bracht wurde, die das Böse als dessen Ur heber in noch ausgeprägterem Grad in sich tragen müssten; eine ebenfalls untragbare
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Konsequenz, da es das Böse im Geistigen nicht geben darf (J. Opsomer, Proclus vs Plo tinus on matter [de mal. subs. 30/7]: Phronesis 46 [2001] 154/88). Der Proklosnachfol ger Damaskios beruft sich noch wiederholt auf P.; so stellt er zB. P. u. Porphyrios, die der Philosophie Vorrang vor der hierati schen Kunst (d. h. rituellen Theurgie) geben, den späteren Philosophen Jamblich, Syrian u. Proklos gegenüber, die diese Wertung ge nau umdrehen (in Plat. Phaed. vers.: 1, 172 Westerink). Der Reichtum der Plotinreferate in den spätantiken Aristoteleskommentatoren Simplikios u. ’Johannes Philoponos zeigt schließlich, dass P. noch bis ins 6. Jh. nC. direkt bekannt war. Besonders interes sant ist hier die Streitschrift De aeternitate mundi contra Proclum des Joh. Philoponos, in der P. gegen Proklos’ eigene Argumenta tion für die Ewigkeit der Welt ausgespielt wird (zB. 13, 15 [524/7 Rabe]). - Im lat. Sprachraum wird P.’ Einfluss besonders im Kommentar des ’Macrobius zum Traum Sci pios deutlich, der nach 410 nC. zusammen gestellt wurde. Macrobius scheint P. aus ei gener Lektüre zu kennen u. fügt mehrere Passagen aus den Enneaden in sein Werk (Henry 146/92), ohne dabei aber einen eigen ständigen philosoph. Beitrag zu leisten. Im Falle des ’Boethius, im frühen 6. Jh., kann weder in seinen logischen Werken noch in der Consolatio Philosophiae ein unmittelba rer Einfluss des P. festgestellt werden, der überhaupt nur einmal namentlich erwähnt wird (divis. 875d [4 Magee]). Eine Ausnahme ist die Definition der Ewigkeit als ,komplet ter u. simultaner Besitz unendlichen Lebens' (interminabilis vitae tota simul et perfecta possessio: cons. 5, 6), die im Wortlaut an Plot. enn. 3, 7 (45), 3 erinnert. Wesentlich wichtigere Quellen für seine Schriften sind einerseits die Aristoteleskommentare des Porphyrios u. Ammonios u. andererseits die Ausführungen des Proklos zu Schicksal u. Vorsehung (Courcelle 281/316). D. Plotin u. das Christentum. I. Verhält nis zum Christentum. Direkte Aussagen zur christl. Lehre gibt es in den Enneaden nicht (G. Catapano, Reazione ellenica al cristianesimo nel trattato ,Contro gli gnostici' di Plotino?: Riv. trimestrale di Scienze Umane 25 [1996] 323/61). Indirekte Polemik ist hinter dem »voreiligen Argument' (τολμηρός λόγος) in enn. 6,8 (39), 7 vermutet worden, welches gegen P.’ These von der notwendigen Güte
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des Einen den Einwand erhebt, dass ein sol ches Prinzip nur zwangsweise handeln kann u. es damit seine *Freiheit u. Selbstbe stimmtheit verliert (A. H. Armstrong, Two views of freedom. A Christian objection in Plotinus, Enneads VI 8 [39] 7, 11/5?: StudPatr 17, 1 [Leuven 1982] 397/406). Da P. den oder die Urheber dieses Arguments nicht beim Namen nennt, ist jedoch unklar, ob es sich hierbei nicht etwa nur um ein Gedan kenexperiment oder um eine materialisti sche Philosophenschule (wie die der Epiku reer) oder gar um die Gnostiker (J.-M. Narbonne, Plotinus in dialogue with the Gnostics [Leiden 2011] 138/40) handelt. Eine weitere Stelle, die als Angriff auf den christl. Mono theismus gewertet worden ist (A. H. Arm strong, Man in the cosmos. A stud, of some differences between pagan Neoplatonism and Christianity: Romanitas et Christianitas, Festschr. J. H. Waszink [Amsterdam 1973] 5/14), stammt aus der Schrift gegen die Gnostiker (s. unten). Hier (enn. 2, 9 [33], 9) weist P. darauf hin, dass man nicht versu chen soll, das Göttliche in eine Einheit zu zwängen, die den ontologisch niedrigeren Gottheiten jegliches Existenzrecht ab spricht. Stattdessen, so P., solle man in der Vielfalt des Göttlichen den Beweis für die erstaunliche Kraft des ersten Prinzips sehen. Aus dem Kontext dieses Argumentes wird klar, dass es sich nicht um antichristliche Po lemik handelt, sondern um eine Zurückwei sung der Gnostiker, die für sich selbst eine göttliche Substanz behaupten, diese aber zB. den Sternen absprechen. Zuletzt sei noch auf die Ablehnung einer körperlichen Erwe ckung (dväoraoig) in der Schrift von der Unaffizierbarkeit des Unkörperlichen hingewie sen (3, 6 [26], 6. 71/6). Hier argumentiert P., dass das wirkliche geistige Aufwachen nicht im Bereich des Körperlichen stattfindet, son dern in der Trennung davon besteht. Mit der christl. Auferstehung hat die Stelle nichts zu tun (dagegen E. R. Dodds, Pagan and Chris tian in an age of anxiety [Cambridge 1965] 130,); es handelt sich klar um Philosophen, die nur dem Körperlichen eine Existenz zu schreiben (P. Kalligas, The Enneads of Plo tinus 1 [Princeton 2014] 555), also vermutlich Stoiker. II. Auseinandersetzung mit der Gnosis. P.’ Auseinandersetzung mit der Gnosis kann mit gutem Recht unter die allgemeine Frage seines Verhältnisses zum Christentum ge
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bracht werden. Nach Porph. vit. Plot. 16,1/9 waren die Gnostiker christliche Sektierer (Schmidt 13/7.19/26; Tardieu 510/7). P. selbst nennt seine Gegner nie mit *Namen; da er voraussetzt, dass seine Schüler die einschlä gigen Schriften selbst konsultieren können, bezieht er sich durchweg nur auf das, was ,manche Leute' (τινες) oder jemand' (τις) sa gen würde. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um dieselben Gnostiker, die den Leh ren von Adelphios u. Aculinus folgten u. ver suchten, deren Ideen mit prophetischen Werken wie den Apokalypsen des Nikotheos, Zoroaster u. Zostrianos u. a. Glauben zu schenken (zu den Eigennamen Tardieu 530/8). Von Adelphios u. Aculinus wissen wir wenig; doch berichtet Eunapios, dass Aculi nus P.’ Seminare in Rom besucht habe (vit. soph. 4, 2, 2 [9 Giangrande]). Aus chronolo gischer Sicht kann Eunapios’ Bericht aber nicht unverändert stehen: Es ist zu vermu ten, dass Aculinus zu P.’ Generation gehört, nicht zu der seiner Schüler (Schmidt 15/7; Puech 164.177; Μ. J. Edwards, Aidös in Plotinus. Enneads II 9, 10: ClassQuart NS 39 [1989] 231); es könnte sich bei P.’ antignos tischer Schrift also durchaus auch um profes sionelle Konkurrenz handeln. - Die Gnosti ker, die in den Enneaden allgemein, u. be sonders in der Schrift 2, 9 (33), angegriffen werden, waren also christliche Häretiker. Ihre Lehren, soweit wir sie auf der Basis der plotinischen Kritik rekonstruieren können, zeigen eine deutliche Abhängigkeit vom *Platonismus: So wird zB. die prägnante Idee einer neuen *Erde als Heilsort der See len ganz platonisch als rationales Urmodell der hiesigen Erde expliziert (enn. 2, 9 [33], 5). Andererseits scheinen zentrale christliche Gedanken, wie etwa die Heilsfunktion Christi, in P.’ gnostischer Vorlage keine Rolle gespielt zu haben. Die beste Erklärung für die insgesamt nichtchristl. Erscheinung dieser Lehre ist ihre Verwandtschaft zur Sethianischen Gnosis, wie sie uns zB. in der Nag Hammadi-Apokalypse Zostrianus erhal ten ist. Wie P.’ Gnostiker, beruft sich auch der Vf. des Zostrianus nicht direkt auf die christl. Offenbarung, scheint aber dennoch für eine Leserschaft zu schreiben, die mit Taufritualen u. prophetischen Reisen ver traut war (D. Μ. Burns, Apocalypse of the alien God. Platonism and the exile of Sethian Gnosticism [Philadelphia 2014]). - Eine zen trale Rolle in P.’ Auseinandersetzung mit
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der Gnosis nimmt die Schrift enn. 2, 9 (33) ein (mit dem Titel .Gegen die Gnostiker' [Porph. vit. Plot. 5, 33] oder .Gegen diejeni gen, die behaupten, der Weltschöpfer u. die Welt seien schlecht' [ebd. 24,56f]). Hier wird keinesfalls versucht, die Gnostiker zu bekeh ren; sie werden mehr oder minder als jen seits der Vernunft abgeschrieben (Plot. enn. 2, 9 [33], 10). P. ist dagegen bemüht, seine eigenen Schüler, sofern sie Sympathien für die gnost. Lehren hegen, von deren Unsin nigkeit zu überzeugen (vgl. Spanu 155/8). Im Rahmen des Schulbetriebs in Rom ist P.’ Schrift nur ein kleiner Teil eines uns ansons ten nicht erhaltenen Ganzen, da sowohl Porphyrios als auch Amelios ehe Widerlegung der gnost. Lehren u. Überlieferungen sehr viel ausführlicher fortsetzten (vgl. Porph. vit. Plot. 16, 12/8). P. interessiert sich hin gegen für die Hauptgedanken seiner Gegner (Puech 181); er kümmert sich wenig um die Feinheiten ihrer Lehre, was dazu fuhrt, dass relevante Unterscheidungen nicht beibehal ten werden u. ein gewisses Maß an Verwir rung in die Schrift eindringt (Alt 11. 61f). Das Hauptstück der Schrift umfasst die Ka pitel 1/6; hier werden die metaphysischen Grundzüge der gnost. Lehre u. ihr Bezug zu Platon untersucht. Im ersten Kapitel reka pituliert u. verteidigt P. seine Prinzipien lehre; dabei beruft er sich anfangs auf die Resultate der vorigen Schrift enn. 5, 5 (32) (zu der Frage, ob ebd. 2, 9 [33] zu einer sog. Großschrift gehört, die 2,9 [33]; 3,8 [30]; 5,5 [32]. 8 [31] umfasst, R. Harder, Eine neue Schrift Plotins: Hermes 71 [1936] 1/10). Das Eine kann nicht in Aktualität u. Potentialität geteilt werden, weil eine solche Teilung in der intelligiblen Welt keinerlei Sinn hat; aus demselben Grund ist eine ähnliche Teilung im Bereich des Intellekts überflüssig (Plot, enn. 2, 9 [33], 1). Auch die Einführung einer zwischen Intellekt u. Seele vermittelnden Hypostase, einem unabhängigen ♦LogosPrinzip, wird abgelehnt (ebd.). Im Hinter grund dieser Logosdoktrin stehen mögli cherweise Spekulationen zum Johannesprolog, den sowohl Gnostiker (zB. der Valentinianer Herakleon) als auch Platoniker (Amelios) interpretierten (S. Vollenweider, Der Logos als Brücke vom Ev. zur Phi losophie. Der Johannesprolog in der Relektüre des Neuplatonikers Amelios: Stud. zu Matthäus u. Johannes, Festschr. J. Zumstein [Zürich 2009] 377/97). In den folgenden zwei
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Kapiteln wird knapp u. ohne offensichtliche Polemik die Seelenlehre dargestellt, bevor im vierten Kapitel endlich eine zentrale gnost. Lehre erscheint, wonach die Welt schlecht sei, weil ihr Schöpfer, nämlich die Seele, nur durch einen Sündenfall (σφάλμα) zur Welterschaffung gekommen sei. Obwohl P. gelegentlich selbst die Erschaffung der Materie einem Sichhinunterwenden (νεύσις) der Seele zuschreibt (vgl. enn. 1, 1 [53], 12), distanziert er sich hier klar von der gnost. Lehre (Rist 112/29 zu P.’ eigenem Verständ nis des Seelenfalls). Die Welterschaffung kann, so P., nicht als Konsequenz eines in der Zeit stattfindenden Sündenfalls verstanden werden, da die schöpferische Kraft notwen digerweise von den intelligiblen Prinzipien, die außerhalb der Zeit existieren, ausgeht. Dieselbe Notwendigkeit garantiert dabei auch die zukünftige Existenz der Welt, wo mit der gnost. Vorstellung einer Weltvernichtung jegliche Basis genommen wird. Im sechsten Kapitel schließlich wird den Gnos tikern vorgeworfen, platonische Lehre in terminologische Neuerungen einzukleiden, wie zB. den sog. ^Aufenthalten, Kopien u. Reuen' (παροικήσεις και άντιτύπους καί με τάνοιας: enn. 2, 9 [33], 6), von denen auch in dem in koptischer Sprache erhaltenen Nag Hammadi-Text Zostrianus (Zostr.: NHC VIII 5, 17/29; 8, 13/6; 12, 10/22) u. dem Anonymum Brucianum zu lesen ist (263,11/264,6 Schmidt; vgl. L. Abramowski, Nag Hammadi 8,1 ,Zostrianos‘, das Anonymum Brucianum, Plotin Enn. 2, 9 [33]: Platonismus u. Chris tentum, Festschr. H. Dörrie = JbAC ErgBd. 10 [1983] 1/10), oder gar das von Platon rich tig Erfasste durch falsche Auslegung zu ver derben. Der Rest der Schrift befasst sich u. a. mit einer ausgreifenden Verteidigung des Universums als erstem u. schönstem Abbild der geistigen Natur (zB. Plot. enn. 2, 9 [33], 8. 17). Unter diesem Aspekt wird auch die Lehre der Vorsehung behandelt: Scheinbare Ungerechtigkeiten in der Welt beweisen nicht, dass die Welt schlecht zusammenge stellt sei, sondern sind mit Bezug auf das Ganze zu erklären (ebd. 2, 9 [33], 7. 9). Die Welterschaffung selbst tritt in einem späte ren Abschnitt noch einmal in den Vorder grund; P. scheint sich für die gnost. Lehre direkt auf Zostrianus zu beziehen (vgl. Zostr.: NHC VIII 9, 16/27; 10, 4f). Hiernach soll ein göttliches Prinzip (die Sophia oder Seele), das sich in die Finsternis hinabge
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neigt u. so erst ein materielles Abbild, eine niedrigere Sophia, u. dann ein Abbild des Abbildes, den *Demiurgen, geschaffen haben (Plot. enn. 2, 9 [33], 11). Vermischte Betrach tungen zu *Magie u. Dämonenaustreibungen (’Exorzismus) (ebd. 2, 9 [33], 14), die P. je weils als Anmaßung oder Unsinn entlarvt, zur Tugendlehre (ebd. 15) u. zu dem Platz der sinnlichen Schönheit im Aufstieg zum Geist (17) schließen die Schrift ab. - Zusam menfassend kann gesagt werden, dass P.’ Kritik an der Gnosis in erster Linie als Aus einandersetzung innerhalb seiner Schule verstanden werden sollte. Dennoch kommt ihr eine weitere Bedeutung zu, da mit gnos tischen Lehren wie zB. der Entstehung der Welt in der Zeit u. der letztlichen Zerstö rung des materiellen ’Kosmos (2, 9 [33], 3f. 8) zumindest implizit auch Christliches zu rückgewiesen wird. III. Einfluss auf Christen, a. Lat. Westen. Für die Rezeption des P. im lat. Westen ist besonders das ’Mailand des ausgehenden 4. Jh. von großer Bedeutung. Ambrosius, der einen großen Einfluss auf den jungen Au gustinus ausüben sollte, hat seine Predigten De Isaac, De bono mortis u. De Iacob ausgie big mit neuplatonischem Material bereichert, ohne aber seine Entlehnungen aus den Enneaden offen erkennbar zu machen (vgl. P. Courcelle, Plotin et s. Ambroise: RevPhilol 24 [1950] 29/56 für eine Besprechung der wichtigsten Stellen; P. Hadot, Platon et Plo tin dans trois sermons de s. Ambroise: RevÉtLat 34 [1956] 203/20; P. Courcelle, Nou veaux aspects du platonisme chez s. Am broise: ebd. 220/6). So übernimmt Ambrosius wörtlich P.’ Definition des Guten (vgl. Plot, enn. 1, 8 [51], 2 mit Isaac 7, 61 [CSEL 32, 1, 685]) u. schreibt von der Flucht weg vom sichtbaren Schönen u. hin zum geliebten Va terland (ohne aber P.’ ’Parabel von ’Odys seus u. den Sirenen aufzugreifen; vgl. enn. 1, 6 [1], 8 mit Isaac 8, 78f [ebd. 698]). Von der Schrift .Über das Schöne' (Plot. enn. 1, 6 [1]) ist auch Ambrosius’ Aufruf zur inneren Schau inspiriert (vgl. ebd. 1,6 [1], 9 mit Isaac 8, 79 [ebd. 698fJ), während die Abhandlung ,Von der Glückseligkeit' (Plot. enn. 1, 4 [46]) als wichtige Quelle zu De Iacob dient (vgl. die Parallelen bei A. Solignac, Nouveaux parallèles entre s. Ambroise et Plotin: ArchivesPhilos 19 [1956] 148/56). Über Ambro sius’ Arbeitsweise kann gesagt werden, dass er besonders in den Schlussfolgerungen von
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P.’ Reflexionen Material für seine Predigten findet u. wenig Interesse an den aporetischen oder scholastischen Aspekten der Enneaden zeigt. Es steht außer Frage, dass Ambrosius bei der Komposition von De Isaac, De bono mortis u. De Iacob Zugang zu einer Vielzahl von Traktaten (oder zumin dest Auszügen) der Enneaden hatte, darun ter 1,1 (53). 4 (46). 6/8 (1. 54. 51); 3, 5 (50); 4, 8 (6). Darüber hinaus bleibt unklar, ob er diese Schriften im griech. Original las oder bereits in einer lat. Übersetzung wie zB. der von ’Marius Victorinus (vgl. Aug. conf. 8, 2). Letzterem gebührt in jedem Falle das Ver dienst, P.’ Schriften dem jungen Augustinus zugänglich gemacht zu haben (s. unten). In seinen anti-arianischen Traktaten zeigen sich zwar klare Parallelen mit den Enneaden (wichtige Belege bei P. Henry, Marius Vic torinus a-t-il lu les ,Ennéades‘ de Plotin?: RechScRel 24 [1934] 432/49), eine umfas sende Studie zum Einfluss P.’ auf Victorinus bleibt aber noch ein Desiderat der For schung (Ansätze zB. bei E. Benz, Marius Vic torinus u. die Entwicklung der abendländi schen Willensmetaphysik [1932] sowie L. Lavaud, Substance et mouvement. Marius Victorinus et l’héritage plotinien: Les Ét. Philosoph. 101 [2012] 163/79). Sicher bewie sen ist hingegen der tiefe Eindruck, den die metaphysischen Spekulationen des Porphyrios auf Victorinus (grundlegend P. Hadot, Porphyre et Victorinus 1/2 [Paris 1968]) aus geübt haben; durch sie ist ohne Zweifel auch viel Plotinisches indirekt in Schriften wie Adversus Arium eingegangen. - Ohne Über treibung kann gesagt werden, dass P. einen prägenden Einfluss auf den jungen Augus tinus hatte. Wahrscheinlich war er mit P.’ Philosophie schon durch die Vermittlung der Predigten des Ambrosius vertraut; laut conf. 7, 9 hat er sich um dJ. 386 mit den libri Pla tonicorum, zu denen auch die Plotini paucis simi libri (beat. vit. 1, 4 [COL 29, 67]; statt der Lesart Plotini findet sich in manchen Hss. Platonis, was aber wahrscheinlich auf eine Verfälschung des unbekannteren Na mens zurückgeht: Henry 82/9) gehört haben werden, vertieft auseinandergesetzt. Da Au gustinus möglicherweise auch Zugang zu re levanten Schriften des Porphyrios hatte, die uns verloren sind, wie zB. dessen Kommen tar zu Platons Phaidon oder De regressu ani mae, lässt sich oft nicht mit Gewissheit sa gen, welcher Vorlage Augustinus folgt (eine
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Übersicht zur Frage, ob er direkte Kenntnis Plotins hatte oder den Neuplatonismus hauptsächlich durch Porphyrios kannte, bei Courcelle 171/89; für Porphyrios als Haupt quelle argumentieren P. F. Beatrice, Quos dam Platonicorum Libros. The Platonic read ings of Augustine in Milan: VigChr 43 [1989] 248/81 u. bereits W. Theiler, Porphyrios u. Augustin [1933]). Spuren der Enneaden sind gerade in den Frühdialogen zu finden, die Augustinus in Cassiciacum schrieb; so zeigt die unfertige Abhandlung De immortalitate animae Vertrautheit mit P.’ eigenen Be trachtungen zur Unsterblichkeit (Plot. enn. 4, 7 [2]; einen Vergleich mit den Enneaden bietet R. Penaskovic, An analysis of St. Au gustine’s De Immortalitate Animae: AugStudies 11 [1980] 167/76) u. P.’ Schriften von der Allgegenwart des Unkörperlichen (enn. 6, 4f [22f]) bilden das Gerüst für die Argu mentation von De quantitate animae. Auch das Motiv des Seelenfalls (vgl. zB. die ca. 398/99 verfasste Schrift Gen. c. Manich. 2,12. 22. 24f. [PL 34, 205f. 213f. 215/7]; R. J. O’Connell, The De Genesi contra Manichaeos and the origin of the soul: RevfitAug 39 [1993] 129/41) zeigt deutlich den Einfluss des P. Umstritten ist hierbei, ob u. inwiefern Au gustinus nicht nur dem Worte, sondern auch dem Sinne nach P. folgt; für diesen hat der Abfall der Seele sowohl einen moralischen als auch einen ontologischen u. kosmogonischen Aspekt, da die menschliche Seele sich aufgrund ihrer eigenen Willkür vom Geisti gen abgesondert habe u. im Verbund mit dem Körper die sichtbare Welt verwalte, die andernfalls unvollständig wäre (zum Ein fluss des P. auf Augustins Konzeption des Seelenfalls R. J. O’Connell, The Plotinian fall of the soul in St. Augustine: Traditio 19 [1963] 1/35; skeptisch G. O’Daly, Augus tine’s philosophy of mind [Berkeley 1987] 40f. 199/202; differenzierter R. J. Rombs, St. Augustine and the fall of the soul [Washing ton, D.C. 2006], der im späteren Augustinus eine bewusste Begrenzung der plotinischen Lehre des Seelenfalls auf das Psychologische u. Moralische sieht). - Augustins Trinitäts lehre lädt zwar zu Vergleichen mit P.’ Lehre von den drei Hypostasen ein, doch muss von Anfang an gesagt werden, dass die Gleich heit der göttlichen Personen Vater, Sohn u. Heiliger *Geist, auf der auch das 1. Konzil von Nizäa gegen Subordinatianismus u. Ari anismus (*Arianer) besteht, allzu enge Par
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allelen zwischen Christentum u. Neuplato nismus verhindert (für einen ausführlichen Vergleich Dahl 30/73). Hierbei ist auch fest zuhalten, dass Augustinus selbst eine Paral lele zwischen der Hypostasenlehre des Por phyrios, nicht aber des P., mit der christl. Trinität sieht, wie aus der nicht leicht inter pretierbaren Stelle civ. D. 10, 23 ersichtlich wird. Porphyrios habe demnach ein Mittel glied (medium) zwischen Gott dem Vater u. Gott dem Sohne postuliert, das nach Augus tinus dem Hl. Geist entsprechen soll; wahr scheinlich bezieht sich Augustinus hier auf die dreifache Unterteilung des Intellekts (Hadot, Porphyre aO. 1, 475/8). Dennoch kann Augustins Lehre vom Wort Gottes (verbum; vgl. conf. 7, 9) der zweiten Hypo stase des P., dem Geiste, angenähert werden (O. Perler, Der Nus bei Plotin u. das Verbum bei Augustinus als vorbildliche Ursache der Welt [1931]). Wie P.’ Geist enthält auch das Verbum die geistigen Exemplare oder Ideen aller Einzeldinge. Diese Vorstellung wird klar in der Schrift De diversis quaestionibus octoginta tribus artikuliert, wo Augustinus die Frage stellt, wo die Ideen aufzufinden seien, wenn nicht im Geiste Gottes selber (46 [CCL 44A, 71/3]; die Nähe zu den Enneaden wird hervorgehoben von J. Pépin, Augustin, Quaestio ,De ideis*. Les affinités plotiniennes: H. J. Westra [Hrsg.], From Athens to Chartres. Neoplatonism and médiéval thought [Leiden 1992] 117/34). Hier schließt sich Augustinus eng der platonischen Tradi tion an, da gerade das Problem der Bezie hung zwischen Geist u. Ideen intensiv in P.’ Schule behandelt wurde (vgl. Porph. vit. Plot. 18,8/14). An die plotinische Vorstellung der intelligiblen Welt lehnt sich auch Augus tins Interpretation des caelum caeli als intel ligible Materie in conf. 12, 9 an (vgl. die Enneadenschrift ,Von den zwei Materien* [enn. 2,4 (12)]; Ch. Tornau, Intelligible matter and the genesis of intellect: W. E. Mann [Hrsg.], Augustine’s confessions [Oxford 2014] 181/214, der die Eigenständigkeit Augustins gegenüber P. hervorhebt). - Besonders fruchtbar für das Verständnis von Augustins Verhältnis zu P. sind die Bemerkungen in der späten Schrift De civitate Dei. Hier zi tiert Augustinus P. auf respektvolle Weise u. versucht sogar, ihn mit Joh. 1, 6/9 in Ein klang zu bringen (civ. D. 10, 2): Er soll in richtiger Weise eingesehen haben, dass die Vemunftseele einer Erleuchtung (illumina-
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tio) von der geistigen Welt bedarf (vgl. Plot, enn. 2, 9 [33], 3; E. Gilson, The Christian philosophy of St. Augustine [New York 1960] 105/9), wie auch Johannes von dem wahren Licht spricht, das jeden Menschen erleuch tet. P.’ prominente Stellung unter den Platonikem gibt Augustinus Gelegenheit, diese durch die Worte ihres eigenen Fürsprechers zu widerlegen. So wird ein kurzes Zitat von P. (civ. D. 9, 10: ,Der barmherzige Vater schuf für sie [seil, die menschlichen Seelen] sterbliche Fesseln'; vgl. Plot. enn. 4, 3 [27], 12) Ausgangspunkt für Augustins Anfech tung der platonischen Dämonologie (*Geister). Dämonen seien demnach keine glück seligen Wesen, sondern aufgrund ihrer un vergänglichen Körper zu ewigem Elend verdammt. Direkte Kritik schließlich übt Augustinus an P.’ Lehre von der Seelenwan derung (ebd. 3, 4 [15], 2), wonach menschli che Seelen die Körper von Tieren animieren können; in diesem Punkt habe Porphyrios sich zu Recht von seinem *Lehrer abge wandt (civ. D. 10, 30). - Für weitere Bezugs punkte zwischen P. u. Augustinus B. Ca pelle, Art. Augustinus: o. Bd. 1, 986/8. b. Griech. Osten. Direkte Kenntnis der Enneaden bei Griechisch schreibenden Christen ist bereits im frühen 4. Jh. nC. be legt. *Eusebius v. Caes. zitiert aus enn. 4, 2 (4) (praep. ev. 15,22,1/67), 4,7 (2) (ebd. 15,9, 14) u. 5,1 (10) (ebd. 11,16, 4), u. auch *Cyrill v. Alex. (c. Iulian. Imp. 2,46 [SC 322,298]) u. Theodoret v. Kyrrhos (affect. 2, 82 [SC 57,1, 161]) beziehen sich auf die Hypostasenlehre in enn. 5, 1 (10). Besondere Wichtigkeit für die Rezeption des P. haben die drei Kappadokier (*Cappadocia) *Basilius v. Caes., des sen Bruder *Gregor v. Nyssa (Gregor III) u. deren beider Freund *Gregor v. Naz. (Gre gor II), deren Schriften stellenweise den Einfluss der neuplatonischen Philosophie zeigen, die aber in der Regel ihre heidn. Quellen nicht namentlich anführen. So arbei tet Basilius in der Schrift De spiritu (deren Urheberschaft allerdings umstritten ist; vgl. H. Dehnhard, Das Problem der Abhängig keit des Basilius von Plotin [1964], der De spiritu Basilius zuschreibt, u. die Rezension von J. Gribomont: RevHistEccl 60 [1965] 488) mehrere Stücke aus verschiedenen Traktaten der Enneaden ein, ohne jemals P.’ Namen zu erwähnen. In diesem Prozess kreativer Aneignung kommt es auch zu Um formungen des Quellenmaterials; zB. wendet
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Basilius die plotinische Beschreibung der Weltseele direkt auf den Hl. Geist an, scheut aber davor zurück, wie sein Vorbild auf der gottähnlichen Natur der Einzelseele zu be stehen, u. schiebt stattdessen ein Zitat aus Jes. (21, 12) ein (PsBasil. hom. spir. 26 [Cla vis PG 2926]; vgl. Plot. enn. 5,1 [10], 1). Auch im neunten Kapitel der sicher auf Basilius zurückgehenden Schrift De spiritu sancto (nicht mit der wohl nicht echten, oben zitier ten Homilia de spiritu zu verwechseln) fin den sich Anlehnungen an P. (vgl. spir. 9, 23, 1/23 [SC 17bis, 326/8] mit enn. 5, 1 [10], 10). Insgesamt aber sollte die Abhängigkeit des Basilius von P. nicht überschätzt werden; viele der vermeintlichen Parallelstellen (wie die bei P. Henry, Ét. Plotiniennes 1. Les états du texte de Plotin [Bruxelles 1938] 171/96 angeführten) überzeugen aus philolo gischer Sicht nicht (vgl. die kritischen Be merkungen von J. Rist, The nature and background of Basil’s ,Neoplatonism‘: P. J. Fed wick [Hrsg.], Basil of Caes. 1 [Toronto 1981] 190/211). - Gregor v. Naz. scheint sich in ei ner wichtigen Stelle seiner dritten theologi schen Oratio De filio (orat. 29, 2, 16/22 [SC 250, 180]) bewusst von P. zu distanzieren. Nach Gregor schafft Gott nicht aus einem ,Überschwellen an Güte' heraus, wie P. tat sächlich in enn. 5, 2 (11), 1 argumentiert, da eine solche Metapher die göttliche Schöp fung zu einem natürlichen Prozess zu redu zieren droht. Klar bezieht sich Gregor hier auf P., den er nur .einen der griech. Philo sophen' nennt, u. dessen Schrift ebd. 5,2 (11) er sinngemäß als ,Von der ersten u. zweiten Ursache' zitiert (Porph. vit. Plot. 4, 34f gibt der Schrift den Titel .Über das Werden u. die Ordnung der Dinge nach dem Ersten'; ausführlich zu dieser Stelle B. Wyß, Art. Gregor v. Nazianz: o. Bd. 12,833/5; J. Μ. Dillon, Logos and trinity. Patterns of Platonist influence on Early Christianity: Lectures 25 [1989] llf). - Bei Gregor v. Nyssa lässt sich ebenfalls eine direkte Kenntnis der Enne aden vermuten auf der Grundlage von zahl reichen Parallelstellen wie zB. der Benut zung des plotinischen Topos vom Licht ge wordenen *Auge (enn. 1, 6 [1], 9) in virg. 11, 4, 20/34 (GregNyssOp 8, 1, 294f) oder dem Aufstieg vom sichtbaren zum geistigen Schö nen (vgl. ebd. 10,2,2/9 [290] mit enn. 1, 6 [1], 8; für weitere Stellen J. Daniélou, Grégoire de Nysse et Plotin: Actes du Congr. de Tours. Association Guillaume Budé [Paris
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1954] 259/62). Eine wichtige thematische Verbindung zwischen beiden Denkern ist die Definition der Materie als Nichtsein u. Ab wesenheit des Guten. Hier geht aber Gregor deutlich weiter als P.: Er argumentiert, dass ein Körper nicht aus der Verbindung von Form u. unbestimmter Materie hervorgeht, sondern durch nichts anderes als die Verbin dung von intelligiblen Formen konstituiert wird (hom. opif. 24 [PG 44, 213]), eine Posi tion, die P. zwar abwägt (enn. 2, 4 [12], 11), doch letztlich nicht akzeptiert (A. H. Arm strong, The theory of the non-existence of matter in Plotinus and the Cappadocians: StudPatr 5 = TU 80 [1959] 427/9). Da er also die Existenz einer prima materia abstreitet, kann Gregor, anders als P., das Problem des Bösen von der Stellung der Materie trennen (A. A. Mosshammer, Non-Being and evil in Gregory of Nyssa: VigChr 44 [1990] 136/67) u. dabei auch die kontroverse These der ge meinsamen Ewigkeit des Schöpfers u. der Materie zurückweisen. Ein weiterer Bezugs punkt zwischen P. u. Gregor (Μ. Laird, Gregory of Nyssa and the grasp of faith [Ox ford 2004] 117/29) liegt in ihrer Beschreibung der mystischen Erfahrung Gottes bzw. des Einen (vgl. Plot. enn. 6, 9 [9], 3 mit Greg. Nyss. in Koh. hom. 7 [GregNyssOp 5, 414, 2/8]), die nicht mit dem Geist allem zu erlan gen ist, sondern (bei P.) mit einem Teil des Geistes, der nicht mehr Geist ist (enn. 5, 5 [32], 8), oder (bei Gregor) dem Glauben (in inscr. Ps. 4 [GregNyssOp 5,82f]; c. Eunom. 1, 1, 371, 1/9 [ebd. 1, 136]). - Auch zwischen dem späten 4. u. 6. Jh. ist P. keineswegs in Vergessenheit geraten. So ist der in vieler Hinsicht unorthodoxe Bischof Synesios aus Kyrene tief von der neuplatonischen Philo sophie überhaupt u. der Lehre des P. im Be sonderen beeindruckt worden. In seinen Hymnen finden sich platonische Motive dicht zusammengedrängt, die teilweise in Sinn u. Wortlaut eng an P. angelehnt sind (J. Gru ber / H. Strohm, Synesius v. Kyrene. Hym nen [1991]; H. Seng, Unters, zum Vokabular u. zur Metrik in den Hymnen des Synesios [New York 1996]), wie zB. die Metaphern des Kreismittelpunktes (hymn. 1, 151 [1, 49 Lacombrade]; vgl. enn. 6,9 [9], 8) u. des gött lichen Glanzes (alyXav: hymn. 1, 131 [1, 48 L.]; vgl. enn. 3, 8 [30], 11; 5, 9 [5], 1). Wie P. in enn. 1, 2 (19), 4 schreibt auch Synesios in seinem ,Dion‘ der Philosophie eine wichtige Rolle bei der Reinigung der Seele zu, die in
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einer Loslösung von Affekten u. Begierden besteht (generisch als das der Seele Fremde [rö öU.6tqiov] beschrieben; vgl. Dion 9, 8 [4, 164 Lamoureux]). Ob diese Lehre etwa durch die Sentenzen des Porphyrios vermit telt worden ist (vgl. Porph. sent. 32), kann letztlich nicht mit Gewissheit bestimmt wer den, bleibt aber wahrscheinlich. Auch in sei nen *Briefen kommen plotinische Themen fast im Wortlaut zu Tage; so ist zB. in Synes. ep. 137 (239 Garzya) von unserem .ver schüttet gegangenen inneren Auge' (tö £v f)p.iv xaTaxex(oo|ievov öpp.a) die Rede (vgl. Plot. enn. 6, 8 [39], 19) u. in ep. 139 (243 G.) vom Aufstieg des in der Einzelseele imma nenten Göttlichen zum ersten Göttlichen (vgl. Porph. vit. Plot. 2, 26f). Für ganz an dere Zwecke als Synesios schöpft der Gazaer Aeneas in seinem Dialog .Theophrastus oder Über die Unsterblichkeit der Seele' aus den Schriften des P. Aeneas ist bemüht, die Überlegenheit des Christentums über die heidn. Philosophie zu beweisen, bereichert die Argumente seines Protagonisten Theo phrast aber mit Referaten zum Fall der Seele (dial.: 5, 12/7, 16 Colonna) u. der Vor sehung, die nachweislich aus Plot. enn. 4, 8 (6), 1 bzw. 3, 2f (47f) stammen. Eine gewisse polemische Verzerrung tritt zu Tage, wenn der christl. Fürsprecher Euxitheos im selben Text behauptet, dass P. wie auch die Chris ten von der zeitl. Priorität des Göttlichen über die Materie ausgehe (dial.: 46, 11/6 C.); tatsächlich kann aber von einer Erschaffung der Materie in der Zeit in P.’ Philosophie nicht die Rede sein. Richtig wird P. zusam men mit Harpokration, Boethius u. Numenios als Verfechter der Seelenwanderung gruppiert (ebd.: 12, 5/8 C.). - Die Werke des PsDionysios (*Dionysius Areopagita) sind von der Lehre des P. nur indirekt durch die Vermittlung von Proklos u. Damaskios ge prägt. Der Autor des Corpus Dionysiacum war mit den Schriften des Proklos nachweis lich eng vertraut, es gibt aber keine augen scheinlichen Spuren einer Direktbenutzung der Enneaden. Dennoch können wertvolle Parallelen zwischen P. u. PsDionysios gezo gen werden, zB. hinsichtlich der negativen Theologie oder des mystischen Prozesses der Vereinigung mit dem transzendenten Einen (E. Perl, Pseudo-Dionysius the Areopagite: L. P. Gerson [Hrsg.], The Cambridge hist, of philosophy in Late Antiquity 2 [Cambridge 2010] 768/70. 784). In der 1. H. des 6. Jh. be
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reichert noch Johannes v. Skythopolis seine Scholien zu den Werken des PsDionysios mit ausführlichen Paraphrasen u. regelrechten Zitaten der Enneaden, ohne seine Quelle preiszugeben (vgl. W. Beierwaltes / R. Kannicht, Plotin-Testimonia bei Joh. v. Skytho polis: Hermes 96 [1968] 247/51; W. Beierwal tes, Joh. v. Skythopolis u. Plotin: StudPatr 11 = TU 108 [1972] 3/7; R. Frank, The use of the ,Enneads‘ by John of Scythopolis: Muséon 100 [1987] 101/8). Es bleibt weitgehend unerforscht, inwiefern diese Plotinreferate philosophisch u. theologisch bedeutsam für Johannes’ eigene Interpretation des PsDio nysios sind (eine Fallstudie zu Johannes’ Ge brauch von P. zur Frage des Bösen: P. Rorem / J. C. Lamoreaux, John of Scythopolis and the Dionysian Corpus [Oxford 1998] 119/33). K. Alt, Philosophie gegen Gnosis. Plotins Polemik in seiner Schrift II 9 = AbhMainz 1990 nr. 7. - H. J. Blumenthal, Plotinus in later Neoplatonism: ders. / R. A. Markus (Hrsg.), Neoplatonism and early Christian thought (London 1981) 212/22. - P. Courcelle, Late Latin writers and their Greek sources (Cam bridge, Mass. 1969). - A. Dahl, Augustin u. Plotin. Philosoph. Unters, zum Trinitätspro blem u. zur Nuslehre (Lund 1945). - E. K. Emilsson, Plotinus on intellect (Oxford 2007). L. P. Gerson, Plotinus (London 1994). - P. Henry, Plotin et l’occident. Firmicus Mater nus, Marius Victorinus, s. Augustin et Macrobe = Spicilegium sacrum Lovaniense 15 (Louvain 1934). - A. Meredith, Plotinus and the Cap padocians: P. Bruns (Hrsg.), Von Athen nach Bagdad. Zur Rezeption griech. Philosophie von der Spätantike bis zum Islam (2003) 63/75. - D. J. O’Meara, Plotinus. An introduction to the Enneads (Oxford 1993). - H.-Ch. Puech, Plotin et les Gnostiques: E. R. Dodds u. a., Les sour ces de Plotin = EntrFondHardt 5 (Genève 1960) 161/90. - J. Rist, Plotinus and Christian philosophy: Gerson, Companion aO. (o. Sp. 990) 386/413. - C. Schmidt, Plotins Stellung zum Gnosticismus u. kirchl. Christentum = TU 20, 4 (1900). - H.-R. Schwyzer, Art. Plotin: PW 21 (1951) 471/592. - N. Spanu, Plotinus, Ennead II 9 (33) ,Against the Gnostics4. A comm. (Leuven 2012). - Μ. Tardieu, Les Gnostiques dans la Vie de Plotin: Brisson/Pépin aO. (o. Sp. 989) 546/63.
Sebastian Gertz.
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Plutarch. A. Leben. I. Allgemeines 1010. IL Polit. Ämter 1011. III. Priester am Orakelheiligtum in Delphi 1011. IV. Platonischer Philosoph u. Lehrer 1012.
B. Werke. I. Allgemeines 1012. II. Viten 1012. III. Moralia. a. Religion als Thema der Moralia 1014. b. Religion als übergreifendes Thema 1016. IV. Chronologie 1016. C. Religion u. Religionen, Frömmigkeit u. Theologie. I. Allgemeines 1017. II. Kultvollzug, Götterfeste, Einweihungen u. Gebete 1017. III. Atheismus u. δεισιδαιμονία 1017. IV. Phänomenologie der Religionen 1018. a. Griech.-röm. Religion 1018. b. Agypt. Religion 1019. c. Zoroastrismus 1020. d. Judentum 1021. e. Christentum 1022. f. Pythagoras u. der Pythagoreismus 1022. g. Vertreter uralter Weisheits traditionen 1022. h. Mysterien 1023. j. Mirabilia 1023. V. Theologie, a. Begriff u. Hermeneutik 1023. b. Gott u. die Götter, Monotheismus u. traditio nelle Religion 1024. c. Bildtheologie u. platoni sche Ontologie 1025. d. Traditioneller Mythos u. Kunstmythen in der Tradition Platons 1025. e. Akademische Skepsis u. religiöse Argumenta tion 1026. f. Grundzüge der Theologie 1026. D. Religion u. Philosophie. I. Hermeneutische u. ontologische Grundlagen 1029. II. Platonisches 1030. III. Stoisches 1032. IV. Peripatetisches 1033. V. Pythagoreisches u. Parmenideisches 1033. VI. Epikur u. der Epikureismus 1033. E. Rezeption in Kaiserzeit u. Spätantike. I. Allgemeines 1034. II. Plutarch u. das NT 1034. III. Zeitgenössische pagane Literatur 1035. IV. Der christl. Platonismus bei den Kirchen vätern 1035.
A. Leben. I. Allgemeines. (K. Ziegler, Art. Plutarchos 2: PW 21, 1 [1951] 636/962; D. A. Russell, P. [London 1973]; R. Flacelière, Plu tarque. Œuvres morales 1. Introduction gé nérale [Paris 1987].) P. entstammte einer an gesehenen u. wohlhabenden Familie aus Chaironeia in Böotien unweit von Delphi. Sein Geburtsjahr um 45 nC. schließt man aus P.s Bemerkung, dass er den Griechenland
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besuch *Neros iJ. 66/67 in jungen Jahren als Schüler des Ammonios miterlebt habe (E Delph. 1, 385B). Über P.s Leben, seine Fa milie u. Freunde erhalten wir in seinen Schriften ausführliche Informationen. Seiner Vaterstadt Chaironeia ist der Gelehrte trotz verschiedener Reisen, die ihn, im diplomati schen Auftrag u. später auf Forschungs- u. Vortragsreisen, nach Rom u. ins ägypt. Alexandrien führten (quaest. conv. 5, 5, 1, 678C), stets treu geblieben (vit. Demosth. 2, 2). Bürgerrecht besaß er in Athen, wo er seine Studien absolvierte, u. Rom. In Rom erwarb sich P. eine Reihe hochgestellter Freunde: Q. Sosius Senecio widmete er so wohl die Parallelviten als auch die sog. Tischgespräche u. De profectibus in virtute; von L. Mestrius Florus, der unter Vespasian Konsul war u. dem er offenbar das röm. Bür gerrecht verdankte, übernahm er den Gentilnamen Mestrius; mit ihm bereiste er Ita lien (für eine kommentierte Aufstellung aller Freunde u. Familienmitglieder: B. Puech, Prosopographie des amis de Plutarque: ANRW 2, 33, 6 [1992] 4831/93). Ob P. von Trajan die konsularische Würde (ornamenta consularia) verliehen wurde (Suda s. v. Πλούταρχος [4, 150 Adler]), ist nicht mit Si cherheit nachzuweisen; ebenso, ob ihm gegen Ende seines Lebens tatsächlich das Amt ei nes Statthalters von Achaia übertragen wurde, wie *Eusebius v. Caes. wissen will (chron. zJ. 119 nC. [GCS Eus. T2, 198]). Je denfalls künden solche Nachrichten von der besonderen Hochschätzung, die P. schon zu Lebzeiten zuteil wurde. II. Polit. Ämter. In Chaironeia zeigte sich P. durch die Übernahme wenig prestige trächtiger lokaler Ämter als homo politicus: Nicht das Amt mache die Person, sondern die Person das Amt (praec. ger. 15, 811BC). Er versah das Amt des leitenden Stadtbe amten (quaest. conv. 2, 10, 1, 642F: δρχων έπώνυμος; vgl. 6,8,1, 693F) ebenso wie Auf gaben der städtischen Verwaltung. Weiter übernahm er den Vorsitz (προεδρία) im re ligiösen Bund der um Delphi versammelten Städte u. vielleicht auch die Leitung des böotischen Bundes, die Boiotarchia (an seni resp. ger. 4, 785C; praec. ger. 17, 813D). IILPriester am Orakelheiligtum in Del phi. Über lange Jahre hinweg (»viele Pythiaden‘: an seni resp. ger. 17, 792F) füllte P. in seiner späteren Lebensphase das Amt eines der beiden Priester des *Apollon am Orakel
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heiligtum in Delphi aus (Ditt. Syll.3 nr. 829A; quaest. conv. 7, 2, 2, 700E: ovvieqsûç). Das Äpollonorakel bildet in dieser Zeit das Zen trum von P.s literarischem Schaffen u. sei nem religiösen Engagement. Er macht es zum Schauplatz seiner sog. Pythischen *Dialoge (s. u. Sp. 1014), die sich auch inhaltlich mit Problemen des *Orakels beschäftigen. Eine Ehreninschrift (Ditt. Syll.3 nr. 829A. 843) auf dem Pfeiler einer Porträtherme in Delphi zeugt von der herausragenden Bedeutung des langjährigen Priesters für das Orakel, der mit seinem literarischen Engagement nicht unwesentlich zu dessen erneuter Blüte in dieser Zeit beigetragen haben dürfte. IV. Platonischer Philosoph u. Lehrer. Als philosophischer *Lehrer wirkte P. in Chai roneia, wo er einen Kreis aus Familienmit gliedern u. (zT. hochgestellten) Freunden um sich versammelte, ebenso wie in Delphi u. in Rom, wo er vielbesuchte Vorlesungen hielt (curios. 522D; Ziegler aO. 19/21. 26). Auch mit anderen philosophischen Schulen wie derjenigen des Stoikers Sarapion stand P. im Austausch (E Delph. 1, 384DE; Hirsch-Luipold, P.). P. ist Repräsentant u. Motor einer in der frühen Kaiserzeit nicht nur im helle nist. Judentum u. entstehenden Christen tum, sondern zeitgleich auch im paganen Denken sich entwickelnden, mit Traditionen der gelebten Religion verbundenen Philoso phie (ebd.). Eine wesentliche Rolle bei der religiösen Akzentuierung der Philosophie P.s dürfte dessen Lehrer Ammonios gespielt ha ben (J. Opsomer, Μ. Annius Ammonius, a philosophical profile: Μ. Bonazzi / J. Opsomer [Hrsg.], The origins of the Platonic System [Louvain 2009] 123/86). Die Stellung dieser religiösen Position im *Platonismus der Zeit bleibt allerdings umstritten (H. Dörrie, Die Stellung P.s im Platonismus seiner Zeit: Philomathes, Festschr. Ph. Merlan [The Hague 1971] 36/56; C. J. de Vogel, Platonism and Christianity: VigChr 39 [1985] 1/62; J. Μ. Dillon, P. and Platonist orthodoxy: IllClassStud 13 [1988] 357/64). B. Werke. I. Allgemeines. P.s Œuvre, von dem ausweislich des sog. Lampriaskatalogs, eines 227 Titel umfassenden antiken Werk verzeichnisses (3./4. Jh. nC.), ein größerer Teil verloren ist, wird unterteilt in Viten (*Biographien) u. Moralia (vermischte Schriften). II. Viten. Die gegen Ende seines Lebens, seit dem Ausgang des 1. Jh., verfassten Par-
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allelbiographien gelten als P.s wirkmächtigstes u. innovativstes Werk (A. Dihle, Stud, zur griech. Biographie2 = AbhGöttingen 3,37 [1970]; T. Duff, P.’s Lives. Exploring virtue and vice2 [Oxford 2002]; Ch. B. R. Pelling, P. and history [Swansea 2002]; J. Geiger, The project of the Parallel Lives: Beck 292/303). In einem großangelegten Entwurf stellt P. jeweils zwei große Persönlichkeiten der griech. u. röm. Geschichte bzw. ihrer mythi schen Vorgeschichte einander gegenüber: so etwa die mythischen Städtegründer Theseus u. Romulus (*Gründer), die Eroberer ♦Alex ander d. Gr. u. *Caesar, die Redner ♦Demo sthenes u. *Cicero. Bereits zuvor hatte P. eine Reihe von Kaiserviten (von ♦ Augustus bis Vitellius) verfasst, die aber noch nicht an die Finesse u. Geschlossenheit der Doppel biographien heranreichen; von ihnen sind nur Galba u. Otho vollständig erhalten, Ti berius u. *Nero fragmentarisch. Im Gegen satz zu diesen Kaiserviten, die eine fortlau fende Geschichtsdarstellung der Prinzipats zeit bieten, tritt in den Parallelbiographien ein ethisches Interesse in den Vordergrund, das sich mit der Frage nach politischem Er folg u. Scheitern verbindet: P. will hier nicht lückenlos historische Bedingungen u. Situ ationen rekonstruieren, sondern .Lebensbil der' (vit. Alex. 1, 2; Übers. Ziegler) großer Persönlichkeiten zeichnen als Vorbilder, an denen man sein eigenes Leben ausrichten kann (vit. Aem. 1, 1). Damit interpretiert er das Genre der Biographie in einer Weise, die sich literatur- wie religionsgeschichtlich in einiger Nähe zu den ntl. Evv. u. zur biogra phischen Schriftstellerei religiöser Archegeten im Bereich des Judentums (Salomo, ♦Mose) sowie der paganen Religiosität (Apollonios, *Proklos) bewegt. Verschie dentlich wurde die biographische Schriftstel lerei P.s zum Vergleich mit den ntl. Evv. herangezogen, meist mit dem *Markus-Ev. (D. Dormeyer, P.s Cäsar u. die erste Evan geliumsbiographie des Markus: R. v. Haehling [Hrsg.], Rom u. das himmlische Jerusa lem [2000] 29/52; D. Wördemann, Das Cha rakterbild im bios nach P. u. das Christusbild im Ev. nach Markus [2002]) oder *Lukas (Ch. H. Talbert, What is a Gospel? [London 1978]), seltener mit dem *Johannes-Ev. (R. A. Burridge, What are the Gospels? A com parison with Graeco-Roman biography2 [Grand Rapids 2004]) oder der Apostelge schichte (M.-Ch. Holzbach, P. Galba-Otho u.
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die Apostelgesch. Ein Gattungsvergleich [2006]). Eigen ist P. die Technik des Ver gleichs; die meisten Parallelbiographien (mit vier Ausnahmen) werden mit einer zusam menfassenden Synkrisis abgeschlossen. III. Moralia. a. Religion als Thema der Moralia. Die Einteilung der vielfältigen ver mischten Schriften P.s von Ziegler aO. 636f (rhetorisch-epideiktische, tiefenpsychologi sche, wissenschaftl.-philosoph., popularphilosophisch-ethische, pädagogische, polit., theol., naturwissenschaftl. Schriften, Schrif ten über Rhetorik u. Poetik, antiquarische, literaturhistor.-exegetische Schriften sowie Schriften vermischten Inhalts) wirkt bis heute nach. Sie verdeckt indes, wie umfas send das Thema der Religion bzw. Theologie das Werk des Philosophen prägt (ausführlich aufgearbeitet bei Brenk, Mist; ders., Heritage). Brenk hat eine Kategorisierung der religiösen Schriften vorgeschlagen (ebd. 255), die zu Recht einen wesentlich breiteren Teil der Schriften als »religiöse Schriften' einordnet. Im Anschluss an Brenk lassen sich P.s Schriften mit religiöser Thematik wie folgt einteilen: 1) Im engeren Sinne re ligionsphilosophische, -historische u. -theo retische Schriften. Zunächst die .Pythischen Dialoge': De E apud Delphos (T. Thum, P.s Dialog De E apud Delphos [2013]), De defectu oraculorum u. De Pythiae oraculis ha ben narrativ das Orakelheiligtum in Delphi zum Schauplatz u. gehen inhaltlich von Fragen aus, die im Zusammenhang des Ora kels stehen: *Divination; Kommunikation zwischen Gott u. Mensch; das Wesen Got tes; Daimonologie; Interpretation religiöser Symbolik als Weg zur Gotteserkenntnis. Der delphische Orakelgott Apollon nimmt hier eine zentrale Stellung ein, repräsentiert aber zugleich das Göttliche schlechthin. Von ei nem Einzelgott ausgehende allgemeine theo logische Überlegungen finden wir ebenfalls im Amatorius, P.s Preisschrift auf den Gott Eros. Der Dialog spielt ebenfalls in einem hl. Bezirk, im Heiligtum der *Musen auf dem Helikon. Dorthin pilgern der junge P. u. seine Frau Timoxena anlässlich ihrer Ehe schließung, werden Zeugen der dramati schen Liebesentführung eines jungen Man nes durch eine reiche Frau u. haben an den dadurch angestoßenen Diskussionen über eheliche versus homosexuelle Liebe sowie über das göttliche Wesen der Liebe u. von dort ausgehend über die Natur Gottes u. die
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Möglichkeiten, ihn zu erkennen, Anteil (ebd. 13, 756A/18, 763F). Von Einzelgöttem abge löst argumentieren De genio Socratis u. De sera numinis vindicta. Letzteres ist eine durch epikureische Kritik provozierte Ver teidigung der göttlichen Vorsehung (’Fa tum) u. ’Gerechtigkeit. Zwei nicht-dialogi sche Schriften treten hinzu: De Iside et Osiride, P.s interpretatio Platonica der ägypt. Religion (Mythologie, Götter, Kult, Riten, Symbole, Ikonographie, ’Etymologie usw.), u. die wohl frühe, stark von der Rhetorik be stimmte religionstheoretische Schrift De superstitione. Ihr Ziel ist weniger eine Kritik von Religion insgesamt (H. A. Moellering, P. on Superstition2 [Boston 1963]; H. Braun, P.s Kritik am Aberglauben im Lichte des NT: ders., Gesammelte Stud. zum NT u. seiner Umwelt2 [1967] 120/35) als vielmehr die kri tische Läuterung verfehlter Religiosität bzw. eines falschen Gottesverständnisses, das den Göttern Böses zuschreibt (superst. 5, 167C/6, 167D); eine solche Form der Religi osität schädigt das Individuum wie den Staat u. leistet (als depravierte Form religiöser Scheu) dem Atheismus Vorschub, weshalb P. sie in einer Synkrisis gegenüber dem Athe ismus gar als das größere Übel darstellt. 2) Die Schriften in pythagoreischer Tradition (soll, an., Brut. rat. uti, es. carn.) billigen den Tieren ein Vemunftelement zu u. zeichnen sich durch ihr Plädoyer für eine vegetarische Lebensweise aus (D. Tsekourakis, Orphic and Pythagorean views on vegetarianism in P.’s ,Moralia‘: F. E. Brenk [Hrsg.], Miscellanea Plutarchea [Ferrara 1986] 127/38; Brenk, Mist 70/7; vgl. quaest. conv. 8, 8, 728C/730F). 3) Rhetorische Schriften über die Tyche: De fortuna Romanorum, De Alexandri Magni fortuna aut virtute, De gloria Atheniensium (S. Swain, P. Chance, providence, and history: AmJoumPhilol 110 [1989] 272/302). 4) Technisch-philosophische Schriften (die viel fach theol. Fragen berühren) bzw. Schriften zur Auslegung Platons (an. procr. in Tim. so wie Platon, quaest.) u. polemische Schriften gegen Epikureer (non posse suav. vivi sec. Epic.; H. Adam, P.s Schrift Non posse suaviter vivi secundum Epicurum [Amsterdam 1974]; adv. Colot.) u. Stoiker (Stoic. absurd, poet. die.; comm. not. c. Stoic.). 5) Quaestionenschriften, die an vielen Stellen außer gewöhnliche Details aus dem Bereich religi öser Praxis oder theologische Fragen auf greifen (quaest. Rom.; quaest. Gr.; quaest.
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conv.; S.-T. Teodorsson, A comm. on P.’s Table Talks 1/3 [Arlöv 1989/96]). 6) Naturwis senschaftliche Schriften, insbesondere die Schrift De facie in orbe lunae (H. Görgemanns, Unters, zu P.s Dialog De facie in orbe lunae [1970]). Die von Johannes Kepler ins Lat. übersetzte u. fachastronomisch kom mentierte Schrift über die Beschaffenheit des Mondes verbindet die naturwissenschaftl. Betrachtung des Mondes (als eines erdartigen Körpers) mit einer im ’Mythos entwickelten theologischen Kosmologie, die die Sonne als Ort des (göttlichen) Nous be trachtet (fac. orb. lun. 28, 942F/943B). 7) Ethisch-politische Schriften u. Schriften über verschiedene Leidenschaften u. Laster. In einer Vielzahl von Schriften gibt P. An leitung zu einer ethisch verantworteten, dem Gemeinwesen verpflichteten, gesunden Le bensführung (Eheratschläge, Gesundheits ratschläge, polit. Ratschläge, ,Seelenheilungsschriften‘: H. G. Ingenkamp, P.s Schrif ten über die Heilung der Seele [1971]; zu P.s praktischer Ethik: L. Van Hoof, P.’s practical ethics [Oxford 2010]), die vom Göttlichen ihre Bestimmung erhält u. sich zuletzt in ei nem Gericht vor dem Göttlichen verantwor ten muss (ser. num. vind.; latent, viv.). b. Religion als übergreifendes Thema. Die Klassifizierung darf indes die vielfachen in haltlichen u. formalen Überlappungen inner halb der Moralia u. mit den Viten nicht ver decken. Auch in der historischen Darle gungsweise der Viten spielen Themen der gelebten Religion u. theologische Fragen in vielfältiger Weise eine Rolle (Brenk, Heritage 305/16; H. D. Betz, Credibility and credulity in P.’s Life of Numa Pompilius: Read ing religions in the Ancient World, Festschr. R. McQueen Grant [Leiden 2007] 39/55). Der historische Bericht von der Erstürmung der Kadmeia zZt. der 30 Tyrannen wird in dem Dialog de genio Socratis mit einem Philo soph. Gespräch über die Kommunikation des Göttlichen mit den Menschen verbunden, in den nach platonischer Vorlage ein eschatologischer Kunstmythos eingelegt ist. IV. Chronologie. Ein nicht ins Letzte ge löstes (u. lösbares) Problem bleibt die Chro nologie der plutarchischen Schriften (der umfassendste Versuch stammt von Ch. P. Jones, Towards a chronology of P.’s works: JoumRomStud 56 [1966] 61/74). Erst gegen Ende des 1. Jh. wendet sich P. jedenfalls den Viten zu. Auch das Thema der Religion tritt
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gegen Ende seines Lebens zunehmend in den Vordergrund (J. Sirinelli, Plutarque de Chäronäe [Paris 2000] 410/38). C. Religion u. Religionen, Frömmigkeit u. Theologie. I. Allgemeines. Religionsge schichtlich ist P. eine Quelle ersten Ranges nicht nur durch das vielfältige Material, das er in seinen Schriften verarbeitet, sondern auch als eigenständiger religiös-philosophi scher Denker. Religiöse Überlieferungen sind für P. nicht nur Gegenstand archivari scher Sammlung oder Mittel einer bunten li terarischen Gestaltung, sondern Ausgangs punkt philosophischer Wahrheitssuche. Da bei plädiert er für ein vertieftes, theologisch u. philosophisch gereinigtes Verständnis Gottes u. der religiösen Tradition. Religion ist ihm als zentraler Teil der Lebenskunst Begleiterin in allen Lebenslagen. Insbeson dere bietet sie Trost u. Hoffnung angesichts des Todes (vgl. die Trostschrift an seine Frau Timoxena [cons. ad ux.] nach dem frü hen Tod der Tochter). II. Kultvollzug, Götterfeste, Einweihun gen u. Gebete. P.s kultische Funktion als Priester kommt eher am Rande zur Sprache (an seni resp. ger. 17, 792F), ebenso wie die rituelle Praxis in seiner Vaterstadt Chaironeia (Leukothea-Kult: quaest. Rom. 16, 267D; Brauch der ßovXipov fe^eXctotg: quaest. conv. 6, 8, 1, 693EF; Agrionienfest: ebd. 8 praef. 717A). Allgemein erfahren wir wenig über konkrete kultische Vollzüge. Darin drückt sich keineswegs eine Distanz zum Kult aus. Vielmehr gelten Opfervollzug, re ligiöses Fest u. dgl. P. wie nichts anderes als Quelle der Lebensfreude (non posse suav. vivi sec. Epic. 21, 1101D/1102A; tranqu. an. 20, 477C/F; vit. Num. 8), die nur von Athe isten u. Abergläubischen nicht geteilt werde (superst. 9, 169D; non posse suav. vivi sec. Epic. 21,1102BC). Solche *Freude rührt von den Göttern her (ebd. 20, 1100F/21, 1102B; ohne Gottespräsenz bliebe der Priester ein Metzger). In solchem überschwänglichen Lob der Feste am Heiligtum hat man freilich auch (traditionelle Propaganda der Heiligtü mer u. der Priester' erkannt (Burkert 226). P. war selbst in die *Mysterien des Dionysos (*Liber) (cons. ad ux. 10, 611D), vielleicht auch in jene der Isis eingeweiht (Is. et Os. 35, 364E). III. Atheismus u. öeiaiöaqiovia. *Atheismus lehnt P. ebenso ab wie eine abergläubi sche Furcht vor den Göttern (superst.), die
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als schädliches Pathos zu verurteilen ist, als pathologische Form religiöser Praxis u. Pro dukt eines verkehrten Gottesverständnisses (ebd. 6,167D; non posse suav. vivi sec. Epic. 22, 1102D; repugn. Stoic. 32, 1049B; 38, 1051E). Atheismus (bes. im Gewand der Lehren *Epikurs) zerstört das Leben des Einzelnen wie der Gemeinschaft u. raubt dem Menschen die Hoffnung auf eine heil same Zukunft. Wiewohl jede Gottesauffas sung u. jede Frömmigkeit im Sinne des Wis sens um die rechte Gottesverehrung (vit. Aem. 3, 4) kritisch zu reflektieren sind, bil den sie doch als göttliches Geschenk (Is. et Os. 1, 351C/2, 352A) Grundlage u. Kritik je der menschlichen Rationalität, jeder Ethik u. jeder gedeihlichen menschlichen Gemein schaft von der *Ehe (coniug. praec. 138B/D) bis hin zum Staat (adv. Colot. 31,1125E). IV. Phänomenologie der Religionen. P. bietet eine breite Phänomenologie gelebter Religion (griech.-röm. Religion, *Aegypten, *Persien, *Indien, Zoroastrismus u. Juden tum, chaldäische Astrologen, Magier u. Gym nosophisten), die neben der Mythologie auch Riten u. religiöse Gebräuche, Kultbilder u. Symbole, Ikonographie u. Kultarchitektur einschließt. In den Viten spielen Vollzüge der Religion, religiöse Werte u. religiöses Verhalten verschiedentlich eine große Rolle (Brenk, Heritage 305/16; Μ. Garcia Valdäs [Hrsg.], Estudios sobre Plutarco [Madrid 1994]); Omina, *Gebete u. *Opfer sind essen tielle Bestandteile der Handlung. Numa er scheint wesentlich als Begründer u. Reiniger römischer Religiosität, die vita Aristidis ent hält einen ganzen Abschnitt über Orakelin terpretation, das Verhältnis Alexanders zu Zeus durchzieht die Vita insgesamt (von ei ner visionären Zeugungsgeschichte bis zum Besuch des Ammonorakels in der Oase Siwa vgl. vit. Alex. 27f; Entsprechendes in Alex, fort.). Die Bewertung der Personen u. ihres Erfolgs oder Nichterfolgs orientiert sich auch an ihrer Haltung zum Religiösen (zB. vit. Nie. 23f). a. Griech.-röm. Religion. P.s Schriften bie ten ein Panoptikum des griech. Götterhim mels, wie er uns in Dichtung, Literatur u. Kunst entgegentritt (Valgiglio, Divinitä; F. Graf, Plutarco e la religione romana: Gallo 269/83). Dabei werden eine Fülle von Details aus Ikonographie u. Kult aufgenommen u. theologisch ausgewertet. Bestimmte Einzel götter treten besonders hervor u. erscheinen
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als Gesichter des einen Göttlichen. 1) Apol lon u. Dionysos: Den delphischen Orakel- u. Heilgott, in dessen Dienst sich P. gestellt weiß, nennt er .Freund Apollon' (E Delph. 1, 384E: φίλος ’Απόλλων). Er löst die Probleme des Lebens u. führt den Menschen zur Wahr heit hin, indem er ihn zur Philosophie an stachelt (ebd. 1, 384F/385A). So repräsen tiert er die göttliche φιλανθρωπία. Als Apol lons Gegenstück erfahr Dionysos in Delphi keine geringere Verehrung; entsprechend zentral figuriert er bisweilen in P.s Werk (9, 388E; quaest. conv. 4, 5, 3, 671C; vgl. quaest. Rom. 104, 288F/289A; R. Chlup, P.’s dualism and the Delphic cult: Phronesis 45 [2000] 138/58). 2) Zeus erscheint verschiedentlich in seiner zentralen Stellung als Göttervater u. Inbegriff des Göttlichen (mit einer Fülle von Epiklesen; Valgiglio, Teologia 259; ders. Divinita 137/86), dies allerdings auffällig weni ger profiliert als in der Stoa (Zeus-Hymnus des *Kleanthes; *Epiktet). Kritisiert wird die im Zusammenhang der Ekpyrosis ste hende stoische Sicht, allein Zeus sei ewig, während die übrigen Götter vergänglich seien. 3) Dem Gott Eros hat P. eine eigene Schrift, Amatorius, gewidmet (s. o. Sp. 1014; *Eros I [literarisch]). Darin ist Eros gegen über Platons Symposium programmatisch vom Daimon zum Gott aufgewertet u. mit einem ausführlichen Enkomion bedacht (H. Görgemanns, Eros als Gott in P.s .Amato rius': Hirsch-Luipold [Hrsg.] 169/95). 4) Auch die chthonischen Gottheiten sind in P.s grundsätzlich positive Sicht des Göttlichen eingeordnet; sie sind nicht als Unterwelts götter verstanden, sondern als Mittlergott heiten am Übergang zur rein geistigen Re alität Gottes (L. Van der Stockt, No cause for alarm. Chthonic deities in P.: ebd. 229/49). b. Ägypt. Religion. Neben der griech.-röm. setzt sich P. mit einer Reihe fremder Reli gionen u. ihren Göttern intensiv auseinan der, die vielfach als Ausdruck einer .ancient wisdom' (P. Van Nuffelen, Rethinking the gods. Philosophical readings of religion in the post-Hellenistic period [Cambridge 2011]) oder ,oriental wisdom' (Z. Plese, Platonist orientalism: A. Pörez Jiminez / F. Titchener [Hrsg.], Historical and biographical values of P.’s works [Mälaga 2005] 365/75) gedeutet werden. Der ägypt. Religion widmet er eine ausführliche Schrift (Is. et Os.), beschäftigt sich aber auch in einer Reihe anderer Schrif
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ten mit Ägypten. Wie manche griechischen Götter erscheint auch der ägypt. Osiris, den P. mit Dionysos identifiziert, als Inbegriff des Göttlichen u. Gott des Lebens (R. Feld meier, Osiris. Der Gott der Toten als Gott des Lebens [De Iside Kap. 76/8]: HirschLuipold [Hrsg.] 215/27). Das widerspricht nach P. seiner Natur als Totengott nicht, denn als .Führer u. König' leitet er die vom Leib befreiten Seelen zur Schau der unaus sprechlichen Schönheit in sein unvergängli ches Reich (Is. et Os. 78, 382F/383A). De Iside et Osiride ist bis heute eine der zen tralen Quellen der ägypt. Religion, enthält vielfältige Elemente aus Kultpraxis, Ritual gesetzgebung, Ikonographie, Symbolik, Sprache usw. Die detaillierten Einzelinfor mationen könnte P. über die Lektüre der klass. Ägyptenliteratur hinaus (Herodt. 2, 35/9 sowie die nicht erhaltenen Aigyptiaka *Manethons) auf seinen Ägyptenreisen im Gespräch mit ägyptischen Priestern gewon nen haben. Besonders auffällig ist P.s posi tive Würdigung der ägypt. Tierverehrung, für die andere Autoren zumeist nur Spott u. Abscheu übrig haben. P. stellt sie provozie rend über die Verehrung der Statuen eines Phidias, denn Tiere können als ,besonders klare, von der Natur geschaffene Spiegel' die Lebenskraft, Wahrnehmungs- u. Denkfähig keit des Göttlichen eher als tote Statuen wi derspiegeln (Is. et Os. 76, 382A/C; zur Bil derkritik P.s, die zuweilen an die Bilderpo lemik der atl. Propheten erinnert: superst. 6, 167D). Trotz mancher kritischer Äußerun gen geht es P. nicht um eine Zurücksetzung .barbarischer' Kulte gegenüber griechischer Kultur (D. S. Richter, P. on Isis and Osiris: TransAmPhilolAss 131 [2001] 212; ders., Cosmopolis. Imagining community in late classical Athens and the early Roman Em pire [Oxford 2011] 207/29), sondern um phi losophische Durchdringung u. Reinigung jeglicher Kultpraxis, bei Nichtgriechen wie Griechen gleichermaßen. c. Zoroastrismus. Ein in De Iside et Osi ride (46, 369D/47, 370C) eingelegter zoroas trischer Schöpfangsmythos liefert ein Modell zur Erklärung des Übels in der Welt, das auf die Einwirkung einer dem guten Gott Horomazes (Ahura Mazda) entgegengesetzten zweiten göttlichen Kraft namens Areimanios (Angra Mainyu) zurückgeführt wird (A. de Jong, Traditions of the Magi. Zoroastrianism in Greek and Latin lit. [Leiden 1997]). Auch
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Plutarch
anderswo erscheinen die Magoi als Archegeten uralter Weisheit (zB. def. orac. 10, 415A). d. Judentum. Mit der Religion der Juden, ihren Festen u. Gebräuchen setzt P. sich ver schiedentlich auseinander (vgl. bes. seine Tischgespräche .Warum die Juden kein Schweinefleisch essen', u. ,Wer ist der Gott der Juden?*: quaest. conv. 4, 5, 669B/6, 672C; dazu Feldman; Μ. Stern, Greek and Latin authors on Jews and Judaism l2 [Jerus. 1976] 550/62; vgl. Is. et Os. 31, 363CD); er ist dabei weder ausgesprochen feindlich noch beson ders wohlwollend (F. E. Brenk, P., Judaism and Christianity: Stud, in Plato and the Pla tonic tradition, Festschr. J. Whittaker [Ai dershot 1997] 97/117; eine verfehlte Gottes vorstellung kritisiert repugn. Stoic. 38, 1051E). F. Gerber vermutet (Plut. Caes. 3,1. Eine Korrektur des Flavius Iosephus: RhMus 134 [1991] 157/61), dass P. Josephus gelesen hat (kritisch Ch. B. R. Pelling, P. Caesar [Oxford 2011] 142). Die Details, die P. zu einer Reihe von Einzelaspekten nennt (Verbot von Schweinefleisch, Kleidung des ♦Hohenpriesters [quaest. conv. 4,6,2,672A], ♦Laubhüttenfest [ebd. 671D], Sabbatobser vanz in Kriegszeiten [superst. 3, 166A; 8, 169C], Wein am Sabbat [quaest. conv. 4, 6, 2, 672A], die Leviten [ebd. 671E], das Verbot von *Honig beim Opfer [672B; vgl. Lev. 2, 11], der *Gottesname [amat. 13, 756C]), ma chen eine Kenntnis aus erster Hand aber un wahrscheinlich. P. rückt das Judentum in die Nähe des Dionysoskultes (Feldman 543/6). Die dionysischen Sabboi bringt er in einer für ihn typischen Etymologisierung mit dem jüd. Sabbat in Zusammenhang, Adonis mit Adonai, die Leviten mit den Beinamen des Dionysos Avoiog u. Eviog (quaest. conv. 4, 6, 1, 671C/2, 671F). Wahrscheinlicher dürfte eine griech. Quelle sein: Die ägypt. Ge schichte des Hekataios v. Abdera (J. Geiger, P., Dionysus, and the God of the Jews revi sited: Gods, daimones, rituals, myths and hist, of religions in P.’s works, Festschr. F. E. Brenk [Logan 2010] 217/9). Seine Kennt nis mag zudem durch ägyptische Priester in Alexandria vermittelt worden sein. Indes scheint P.s Wissen über das Judentum nicht so ungenau zu sein, wie man vielfach ge meint hat, zumal er verschiedene Elemente als einziger erhaltener paganer Autor über liefert (Feldman 532f). Es entspricht einer gängigen Interpretatio Graeca dieser frem
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den, für viele gebildete Griechen aufgrund ihres bildlosen Kults u. ihrer Ethik anspre chenden Religion. Trotz seines universalen religionsgeschichtl. Interesses hat P. die LXX nie in die Hand bekommen; auch von der Figur des Mose hat er (anders als wenig später *Numenios) keine Kenntnis. e. Christentum. Das Christentum wird bei P. nicht erwähnt, trotz deutlicher Berüh rungspunkte in der Ethik u. im Gottesbegriff (H. Almquist, P. u. das NT [Kopenhagen 1946]; Betz, Theological writings; ders. Ethical writings; Valgiglio, Divinità 89/129). Seit den Beiträgen von J. Whittaker (P., Platonism and Christianity: Neoplatonism and early Christian thought, Festschr. A. H. Armstrong [London 1981] 50/63) u. Brenk (P. aO.) blieb die Frage unbeantwortet, wie die Nähe von P.s Theologie u. Gottesbild (Ein heit u. Personalität des Göttlichen) zu jü disch-christlichen Vorstellungen sowie die Verknüpfung von philosophischer Wahr heitssuche u. metaphysischer Spekulation mit Traditionen der gelebten Religion histo risch einzuordnen sind, wenn eine unmittel bare Abhängigkeit vom Judentum wie vom entstehenden Christentum auszuschließen ist. f. Pythagoras u. der Pythagoreismus. ♦Pythagoras erscheint an vielen Stellen als autoritativer Lehrer (zB. adul. et am. 32, 70F; virt. mor. 3, 441E; curios. 9, 519C; gen. Socr. 13, 582E; vit. Num. 8 u. ö.). Die religi ösen Züge der pythagoreischen Tradition führt P. auf den Kontakt des Pythagoras zu ägyptischen Priestern zurück (quaest. conv. 8, 8, 2, 728F/729A). Thematisiert wer den pythagoreische Speisegebote, besonders ♦Fisch (ebd.; vgl. 4, 5, 2, 670D), *Bohnen (8, 8, 2, 729A) u. *Eier (2, 3,1, 635E), sowie py thagoreische Symbola. P. interessiert sich neben der Seelenwanderungslehre beson ders für onto-theologische Aspekte pytha goreischer Zahlenspekulation (zB. Is. et Os. 75, 381EF). Das Leben u. die (religiöse) Ge setzgebung des mythischen Königs Numa werden in große Nähe zu den Pythagoreern gerückt. g. Vertreter uralter Weisheitstraditionen. An mehreren Stellen spielen die Sieben Wei sen auch als Archegeten religiöser Traditi onen eine Rolle (vgl. bes. sept. sap. conv.), ebenso Orpheus u. orphische Traditionen (A. Bemabé, Plutarco e l’orfismo: Gallo 63/104; J. Hani, La religion Égyptienne dans la pensée
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Plutarch
de Plutarque [Lille 1972] 230/53; sept. sap. conv. 16,159C; def. orac. 10, 415A; ser. num. vind. 28, 566B; quaest. conv. 2, 3, 2, 636D; Orpheus als Philosoph: Pyth. orac. 18, 402E; *Orpheus [Orphik]). Weiter begegnen Gym nosophisten, Phryger (def. orac. 10, 415A; frg. 157, 1 Sandbach), *Chaldäer (Is. et Os. 48, 370C) u. a. h. Mysterien. Über Mysterienterminologie nimmt P. verschiedentlich den Gedanken ei ner existentiellen Begegnung mit dem Gött lichen auf (G. Roskam, ,And a great silence filled the temple ...*. P. on the connections between mystery cults and philosophy: Ρέrez Jimänez / Casadesüs Bordoy 221/32; Van Nuffelen aO. [o. Sp. 1019] 46f; der Befund er gänzt die Studie von Ch. Riedweg, Mysteri enterminologie bei Platon, Philon u. Klemens v. Alex. [1987]; zu Mysterien allgemein Pörez Jimönez / Casadesüs Bordoy). Gott be schreibt P. als einen Führer der Eingeweih ten (μυσταγωγός) ,aus dem Hades der Welt heraus zur Ebene der Wahrheit* hin (amat. 19, 765A; hier vom Gott Eros), das Leben insgesamt als Einweihung in die Mysterien eines Gottes, dessen Abbilder im *Kosmos als seinem Tempel sichtbar sind (tranqu. an. 20, 477C/E). j. Mirabüia. P. thematisiert eine Vielzahl weiterer religiöser Phänomene wie *Epiphanien (Athena Hygieia [vit. Per. 13, 8] oder in Ilion [vit. Lucull. 10, 3]; V. J. Platt, Facing the Gods. Epiphany and representa tion in Graeco-Roman art, lit. and religion [Cambridge 2011] 16) u. aUerhand Mirabilia (sprechende, weinende oder sich bewegende Götterstatuen; F. Graf, P. u. die Götterbil der: Hirsch-Luipold [Hrsg.] 253/7), die bis weilen auch aufgrund ihres Unterhaltungs wertes aufgenommen sind. V. Theologie, a. Begriff u. Hermeneutik. P. kennt u. verwendet den Begriff θεολογία (mit den Derivaten θεολόγος, θεολογέω u. θεολογικώς) sowohl in der traditionellen Be deutung mythischer Überlieferungen von den Göttern (θεολογία = μυθολογία) als auch im aristotelischen Sinne einer spekulativen Rede über das Wesen des Göttlichen (V. Goldschmidt, Theologia: RevÜtGr 63 [1950] 20/42; Flaceliöre), dazu Formulierungen wie: ό περί θεών λόγος (repugn. Stoic. 9, 1035A/E; Valgiglio, Teologia 256). Neu ist, wie P. beide Aspekte verbindet: θεολογία versteht er als eine auf der religiösen Tra dition fußende Lehre vom Göttlichen. Da er
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in charakteristischer Weise die platonische Ideenwelt durch den Gottesgedanken inter pretiert, bedeutet Erkenntnis Gottes zu gleich Erkenntnis der Wahrheit. P.s Theo logie ist verschiedentlich als eine alexandrin. Form des Platonismus dargestellt worden (J. Μ. Dillon, P. and God. Theodicy and cosmo gony in the thought of P.: D. Frede / A. Laks [Hrsg.], Traditions of theology. Stud, in Hel lenistic theology, its background and after math [Leiden 2002] 236; Brenk, Heritage 262/75). b. Gott u. die Götter, Monotheismus u. tra ditionelle Religion. P. verwendet (ό) θεός austauschbar mit dem Namen von Einzel gottheiten; ebenso wechselt er zwischen Sin gular u. Plural (θεός - θεοί), Maskulinum u. Neutrum (ό θεός - τό θειον; D. Massaro, Τό θειον e ό θεός in Plutarco: Gallo 337/55). Aussagen über eine Einzelgottheit können so zu Aussagen über das Göttliche an sich werden. Monotheistische Züge im Denken P.s stehen neben dem selbstverständlichen Umgang mit den traditionellen Göttern (F. E. Brenk, P. and ,pagan monotheism*: L. Roig Lanzillotta /1. Munoz Gallarte [Hrsg.], P. in the religious and philosophical dis course of Late Antiquity [Leiden 2012] 73/84 mit Lit.). P.s Position lässt sich als polylatrischer Monotheismus qualifizieren: Wäh rend das Göttliche wesenhaft Eines ist, fin det es in der gelebten Religion Ausdruck in unterschiedlichen Namen, Traditionen u. Verehrungsformen. Entsprechend begreift P. deren Bilder u. Symbole als Nachahmung »Gottes* (μίμημα θεού; Is. et Os. 75, 381B; *Nachahmung [Gottes]). Als deutliches Indiz der Einheit hinter der Vielheit erscheint die Sonne als Bild unterschiedlicher Einzelgott heiten wie Apollon (E Delph. 4, 386B; 21, 393C/E; Pyth. orac. 12, 400CD; latent, viv. 6, 1130A; G. Roskam, Apollon est-il vraiment le dieu du soleil?: J. Boulogne / Μ. Broze / L. Couloubaritsis [Hrsg.], Les platonismes des premiers siècles de notre ère. Plutarque L’E de Delphes [Bruxelles 2006] 171/210) oder Eros (amat. 19, 764DE), aber auch als Bild des Göttlichen schlechthin (Pyth. orac. 16, 402A; def. orac. 13, 416D; 46, 434F; princ. inerud. 3, 780F) bzw. als Bereich des göttli chen Nous (fac. orb. lun. 28, 943A/30, 944E; vgl. def. orac. 7, 413C; zum Ganzen HirschLuipold, Denken 165/8). Von einer Solartheo logie, wie sie im späteren Platonismus etwa bei Kaiser Julian greifbar wird (H. Dörrie,
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Die Solar-Theologie in der kaiserzeitl. An tike: H. Frohnes / U. W. Knorr [Hrsg.], Kirchengesch. als Missionsgesch. 1 [1974] 283/92; Μ. Wallraff, Christus verus sol. Son nenverehrung u. Christentum in der Spätan tike = JbAC ErgBd. 32 [2001]; *Iulianus I [Kaiser]), sollte man bei P. indes nicht spre chen: Wiewohl die Sonne das beste Abbild des Göttlichen innerhalb der körperlichen Welt ist, darf sie doch niemals mit diesem verwechselt werden (amat. 19, 764B/F; Pyth. orac. 12, 400D; def. orac. 46, 434F). In einem absoluten Sinne redet P. von ,Gott‘ u. seinem Eingreifen in den Weltlauf insbesondere in de sera numinis vindicta. c. Bildtheologie u. platonische Ontologie. In einer eigenen Bildhermeneutik deutet P. die phänomenale Welt als sinnlich wahr nehmbares Abbild (είκών) u. Widerschein der vollkommen transzendenten Realität Gottes u. verbindet so im Anschluss an pla tonische Ontologie völlige Transzendenz mit immanenter Sichtbarkeit. Daran knüpft sich eine erkenntnistheoretische Aufwertung des Bildes, die sich in der auffälligen Fülle an Bildern, Metaphern, Allegorien u. Gleichnis sen (F. Fuhrmann, Les images de Plutarque, Diss. Paris [1964]; Hirsch-Luipold, Denken) im Denken u. in der Darstellung des Platonikers spiegelt. Die Welt ist ihm ein Tempel voller Bilder des Göttlichen, in den der Mensch hineingeboren ist (tranqu. an. 20, 477CD). In besonderer Weise enthalten sie Traditionen gelebter Religion wie etwa der Mythos von Isis u. Osiris, das rätselhafte E-Zeichen am Tempel des Apollon in Delphi oder die pythagoreischen Symbola. Ihnen ist eine μυστηριώδης θεολογία (frg. 157 Sand bach; vgl. Is. et Os. 9,354C; 48,371A) zu ent nehmen, eine ,Lehre, die von religiösen Leh rern u. Gesetzgebern her auf Dichter u. Phi losophen' (έκ θεολόγων καί νομοθετών εις τε ποιητάς καί φιλοσόφους δόξα) gekommen ist (ebd. 45, 369Β; an. procr. in Tim. 33,1030B). d. Traditioneller Mythos u. Kunstmythen in der Tradition Platons. Den Mythos nennt P. ein Abbild des *Logos, weil er Wahrheit nicht diskursiv beschreibt, sondern bildhaft metaphorisch darstellt (glor. Ath. 4, 348AB; Ph. R. Hardie, P. and the Interpretation of myth: ANRW 2, 33, 6 [1992] 4747). Wo indes die diskursive Rede notwendig an ihre Gren zen stößt, im Vermitteln des Wesens des Göttlichen (Plat. Tim. 28c), der Entstehung der Welt oder des Weiterlebens der Seelen RAC XXVII
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u. ihres Schicksals nach dem Tod, führt P. die Rede in der Tradition Platons im Sinne eines είκός μύθος (ebd. 29a/d) durch (eschatologische) Kunstmythen fort (Y. Vernière, Symboles et mythes dans la pensée de Plu tarque [Paris 1977]; W. Deuse, P.’s eschatological myths: H.-G. Nesselrath [Hrsg.], P. on the daimonion of Socrates [Tübingen 2010] 169/97), so in De genio Socratis, De sera numinis vindicta u. De facie in orbe lunae. Das visionär Geschaute rührt an die Wahrheit u. erscheint deshalb als unver zichtbare Ergänzung der Beweisführung (ser. num. vind. 22, 563B; gen. Socr. 21, 589F/590A). An Stellung u. Umfang der Kunstmythen P.s sowie der Emphase, mit der sie eingeführt werden, lässt sich ermes sen, welche philosophische u. hermeneuti sche Kraft P. dem Mythischen zubilligt (Hirsch-Luipold, Religion 171/5). Dies gilt auch für traditionelles Mythenmaterial, das er in den Moralia wie in den Viten aufhimmt (Is. et Os. 12, 355D/21, 359D; 46, 369D/47, 370C; def. orac. 1, 409EF). e. Akademische Skepsis u. religiöse Ar gumentation. Gerade die skeptische Einsicht in die Begrenztheit menschlicher Erkennt nismöglichkeiten erlaubt nach P. die Ver wendung religiöser Argumentationsmuster, insofern sie die Begrenztheit menschlicher Rationalität offenbar macht u. zu einer vor sichtigen Zurückhaltung im Urteil führt (J. Opsomer, In search of the truth. Académie tendencies in Middle Platonism [Brussel 1998] 171/86); skeptische έποχή wird so als εύλάβεια interpretiert. Gegenüber einer sich absolut setzenden Rationalität des Menschen plädiert P. deshalb für ein Vertrauen in die πάτριος καί παλαιά πίστις (amat. 13, 756Β) als Grundlage des Denkens. f. Grundzüge der Theologie. Aufgrund der beschriebenen monotheistischen Tendenzen (s. o. Sp. 1024) kann man von einem dezidiert theologischen Interesse bei P. sprechen (Oakesmith 87/119; E. de Faye, Origène. Sa vie, son œuvre, sa pensée 2 [Paris 1927] 99/140; R. del Re, Il pensiero metafisico di Plutarco: StudltalFilolClass 24 [1950] 33/64; Flacelière). 1) Sein, Ewigkeit, Einheit, Wahrheit: Als das wahrhaft Seiende (όντως öv) ist Gott im Unterschied zur wahrnehm baren Welt ,ewig, ungeworden u. unver gänglich' (E Delph. 19, 392E). Zugleich muss das Seiende notwendigerweise Eines sein (ebd. 20,393B), weil nur die Eins (*Hen [ëv]) 33
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keinem Zerfall ausgesetzt ist. Eine entschei dende Neuerung bedeutet die Wendung des bei Platon als Neutrum formulierten τό δν άεί (Tim. 27d; vgl. E Delph. 19, 392E) zum personalen εις καί μόνος (ebd. 20, 393C; vgl. ebd. 393A), das an die bibl. Selbstvorstellung Gottes in Ex. 3, 14 erinnert. Als Inbegriff des wahren Seins ist Gott zugleich Wahrheit. 2) ,Vater u. Schöpfer': Verschiedentlich dis kutiert P. Platons Bezeichnung Gottes als ,Vater u. Schöpfer' insbesondere der guten u. schönen Dinge (Platon, quaest. 2,1,1001B; nach Plat. Tim. 28c; vgl. an. procr. in Tim. 9, 1017A; quaest. conv. 8, 1, 3, 718A; fac. orb. hin. 13, 927A; fort. Rom. 7, 319E; Pyth. orac. 8,398B von der Tyche). Philosophisch aufge fasst ist Gott mit dem das All regierenden Nous oder Logos zu identifizieren. Einzigar tig innerhalb der platonischen Tradition ist P.s wörtliche Interpretation des *Demiurgen im platonischen Timaios (in der nur Attikos ihm folgt; J. Μ. Dillon, The Middle Platonists2 [London 1996] 206/8). Damit erhält das Gottesbild zugleich personale Züge, die sich in einer Reihe entsprechender Metaphern ausdrücken: Führer u. König (Is. et Os. 78, 383A), Herr u. Herrscher über alle Dinge (ser. num. vind. 4, 550A), Arzt u. Retter (amat. 19, 764E). 3) Güte, Philanthropia (*Humanitas), *Herrschaft: Das Göttliche ist gut u. Urheber alles Guten (non posse suav. vivi sec. Epic. 22, 1102D) bzw. das höchste Gute. Der Gott P.s ist Anfang der Welt (quaest. conv. 5,10,4,685D; vgl. Is. et Os. 36, 365B; E Delph. 8, 388D) u. Prinzip ihrer Wohlordnung (ser. num. vind. 5,550D; vgl. E Delph. 8, 388D; quaest. conv. 1, 2, 2, 615F; fac. orb. lun. 13, 927BC). Dem Menschen kommt die Güte Gottes in besonderer Weise als Philanthropia zugute (superst. 6, 167DE; gen. Socr. 24, 593AB; amat. 15, 758A; repugn. Stoic. 32,1049B; 38,1051E). Gott kom muniziert mit den Menschen durch Prophe tie u. Divination (bes. in Delphi), über Träume, durch Daimones usw. Mittels des Denkens führt der φιλόσοφος θεός (E Delph. 2, 385B) auf sich selbst als die Wahrheit hin. 4) Gerechtigkeit: Tugend (vit. Arist. 6) kommt Gott in jeder Form zu. Insbesondere die Gerechtigkeit ist ihm wesenseigen (def. orac. 24, 423D; A. Pärez Jiminez, .δικαιο σύνη als Wesenszug des Göttlichen': HirschLuipold [Hrsg.] 101/9); er ist Urheber des Rechts (δημιουργός δίκης; ser. num. vind. 4, 550A) u. Richter (ebd. 3, 549D), ja er ist
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selbst das Recht (princ. inerud. 4, 781AB). Fremd sind ihm die Leidenschaften Neid, Furcht, Zorn u. Hass, ebenso wie Bedürf nisse (vit. Arist. 4). Der Verteidigung der gerechten göttlichen Fürsorge für die Welt hat P. eine eigene Schrift (ser. num. vind.) gewidmet. 5) Daimonologie: Komplex ist das Problem der Daimonologie bei P. (G. Soury, La dömonologie de Plutarque [Paris 1942]; Brenk, Heritage 275/93). Die in der akade mischen Schultradition seit Xenokrates aus gebildete Daimonologie erscheint hier als vielgestaltige Lehre von Wesenheiten zwi schen Gott u. Mensch: Anthropologisch sind Daimones körperlose Seelen, deren Anteil an göttlicher Erkenntnis nicht durch den Kör per getrübt ist; sie wirken im Zusammen hang der Divination, im Orakelwesen oder bei Träumen u. Visionen (zB. fac. orb. lun. 30, 944CD). In den eschatologischen Mythen in De sera numinis vindicta, De genio Socratis u. De facie in orbe lunae fungieren Daimones als Seelenführer. Daimon kann aber auch der persönliche Schutzgeist eines Caesar oder der ,böse Geist' (κακός δαίμων) eines Brutus genannt werden, der mit sei ner, durch Shakespeare berühmt geworde nen, unheilvollen Vorhersage ,bei Philippi wirst du mich wiedersehen' dessen Ende an kündigt (vit. Caes. 69, 6/13). Ein Sonderfall ist das Daimonion des Sokrates, dem P. ei gens eine Schrift (gen. Socr.) gewidmet hat. Theologisch dient P. der Begriff δαίμων in den Überlegungen zur Existenz zweier sich in der Welt gegenüberstehender göttlicher Prinzipien dazu, das Prinzip des Bösen on tologisch abzustufen (Is. et Os. 46, 369D; E Delph. 21, 394A). 6) Asymmetrischer *Dualismus: Die Macht des Bösen u. Zerstöreri schen in der Welt qualifiziert P. als ein ei genständiges, vom Göttlichen unabhängiges u. ihm widerstreitendes Prinzip, eine Macht der Vemunftlosigkeit u. Dunkelheit, der Zerstörung u. des Todes (bes. in Is. et Os. u. E Delph.; Chlup aO. [o. Sp. 1019]). P. sticht mit dieser dualistischen Position, die er bei Plat. leg. 10, 896e angedeutet sieht, in der Geschichte des Platonismus heraus. In De animae procreatione in Timaeo versucht er, die Lehre von einer vernunftlosen Weltseele als Element des platonischen Timaios zu er weisen. Indes ist es nicht ein .radikaler, nicht abgemilderter' ontologischer Dualismus zweier gleichberechtigter göttlicher Prinzi pien (U. Bianchi, P. u. der Dualismus:
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ANRW 2, 36,1 [1987] 350/65), denn das böse Prinzip steht ontologisch nicht auf derselben Stufe mit dem Göttlichen; es sei eher ,Daimon‘ als zweiter Gott (Is. et Os. 46, 369DE; E Delph. 21, 394A; vgl. an. procr. in Tim. 27, 1026B; latent, viv. 6, 1130A). Hier kann von einem asymmetrischen Dualismus gespro chen werden (Is. et Os. 45f, 369D; 49, 371A; an. procr. in Tim. 24, 1024D/25, 1025A; 27, 1026A/C; Hirsch-Luipold, Denken 208; K. Alt, Weltflucht u. Weltbejahung. Zur Frage des Dualismus bei P., Numenios, Plotin = AbhMainz 8 [1993] 14. 20f). Dieser löst sich eschatologisch auf, so deutet P. am Ende des in De Iside et Osiride eingelegten zoroastri schen Mythos an, wenn Hades unterliegt u. die Menschen weder Schatten werfen noch der Nahrung bedürfen (47, 370BC). D. Religion u. Philosophie. I. Hermeneu tische u. ontologische Grundlagen. ,Es gibt nichts, das für die Menschen wichtiger zu empfangen u. für die Götter würdiger zu ge währen wäre als die Wahrheit', denn ,unser Streben nach Wahrheit, insbesondere nach der Wahrheit über die Götter, ist eigentlich ein Verlangen nach Göttlichkeit' (Is. et Os. 1, 351C/2, 351E; vgl. 11, 355CD; E Delph. 1, 384F). Die Philosophie hat nach P. ihr Fun dament u. Ziel in der Suche nach der göttli chen Wahrheit; sie verdankt sich dem Im puls des φιλόσοφος θεός (ebd. 2, 385B; vgl. Is. et Os. 2, 351E). Solche Wahrheit scheint in religiösen Mythen u. von den Vätern er erbten Gebräuchen, Riten u. Symbolen auf, die es .fromm u. philosophisch' (ebd. 11, 355C: όσίως και φιλοσόφως; vgl. 2, 352A; 68, 378AB) zu deuten gilt. Rationalität u. religi öser Traditionalismus sind also keine Gegen sätze, sie sind vielmehr einander zugeordnet (Burkert 233). Ob die Gottheit selbst ihr We sen u. ihre Wahrheit in bildhaft-verrätselter Weise in religiösen Symbolen niedergelegt hat, oder ob Weise früherer Zeiten ihre Weisheit in religiöse Symbolik im Sinne der Vorstellung einer uralten Weisheit verpackt haben, beide Möglichkeiten wurden von P. in Erwägung gezogen (E Delph. 1, 384E/385A). Die Wahrheit erweist sich als Geschenk, weil sie den Menschen im Sinne einer Anglei chung an das Göttliche (ser. num. vind. 5, 550CD; vgl. Plat. Theaet. 176a) einen Be zugspunkt für ein verantwortetes Leben u. eine Heilsperspektive über die Vergänglich keit des Körpers hinaus bietet (E Delph.; amat.). P. sieht die Aufgabe der Philosophie
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darin, solche Splitter der Wahrheit in den verschiedenen religiösen Traditionen zu sammeln, zu deuten u. zu einem Bild zusam menzusetzen: ,Er sammelte Überlieferungen (Ιστορία) gleichsam als Rohstoff für eine Phi losophie, welche die theologia ... zum Ziel hatte' (def. orac. 2, 410B; Is. et Os. 78, 382DE). Was hier über den weitgereisten Spartaner Kleombrotos, einen hl. Mann (def. orac. 2, 410A), gesagt wird, liest sich wie ein Programm der in der Religion verankerten Philosoph. Methode P.s (J. J. Hartmann, De Plutarcho scriptore et philosopho [Leiden 1916] 188f; Oakesmith 90; Flaceliäre 109/11; ders. aO. [o. Sp. 1010] 121. 161; Burkert 233; anders Hirzel llf; Brenk, Mist 91). Religiöse Symbole, Riten u. Gebräuche, Götternamen u. -attribute in Bild u. Text werden von ihm bildhaft-philosophisch gedeutet. Als Lehrer im Dienste der .göttlichen Pädagogik' insze niert P. sich in den philosoph. Lehrgesprä chen am Heiligtum des Apollon in Delphi, den Pythischen Dialogen (Hirsch-Luipold, Philosophie). II. Platonisches. P. nimmt eine Vielzahl philosophischer Traditionen u. Positionen auf, stellt diese aber nicht nur eklektisch ne beneinander, sondern ordnet sie in seiner ei genen, grundsätzlich von der Autorität der Aussagen des .göttlichen Platon' (cap. ex inimic. util. 8, 90C) bestimmten philosoph. Ge dankenführung ein. Damit folgt er einer Ent wicklung, die bereits bei Antiochos v. Askalon begonnen hatte u. bei Eudoros v. Alex. u. *Philon v. Alex, ihre Fortsetzung fand (grundlegend zum Platonismus P.s: R. Μ. Jones, The Platonism of P., Diss. Chicago [Menasha 1916]; Dillon, Middle Platonists aO. [o. Sp. 1027] 192/230; Ch. Froidefond, P. et le platonisme: ANRW 2, 36,1 [1987] 185/233; zur Rolle cfer platonischen Metaphysik: F. Ferrari, Dio, idee e materia. La struttura del cosmo in Plutarco di Cheronea [Napoli 1995]). P. nimmt Platonisches, ähnlich wie Philon u. später *Clemens Alexandrinus u. *Origenes, im Rahmen der sich entwickeln den religiösen Philosophie auf, wobei er den platonischen Ideenhimmel, deutlicher noch als Philon, durch den Gottesgedanken inter pretiert. Von *Ideen redet P. lediglich dort, wo er unmittelbar platonische Schriften aus legt. a) Zitat, Kommentar, Rezeption: Mehr als 650 Zitate künden von einer kontinuier lichen Auseinandersetzung nicht primär mit platonischer Schultradition, sondern mit den
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Schriften Platons. Einige eher technische Schriften sind der Kommentierung gewid met: besonders an. procr. in Tim. u. Platon, quaest. Platonisches durchtränkt das Den ken P.s aber auch dort, wo weder der *Name des Meisters noch der Titel eines seiner Werke genannt ist (die Unters, expliziter Platonzitate [Ch. Schoppe, P.s Interpreta tion der Ideenlehre Platons (1994)] liefert deshalb ein Stück Interpretationsgeschichte Platons, trägt aber weniger für das Ver ständnis der Bedeutung Platons für die Phi losophie P.s aus), b) Dialog: P. greift auch li terarische Formen Platons breit auf (Dialog, Kunstmythos, Bildsprache). Der Dialog (R. Hirzel, Der Dialog. Ein literarhistor. Ver such 2 [1895] 124/237) bietet ihm die Mög lichkeit, Philosophie eher im Gespräch der Traditionen als im dogmatischen Vortrag zu entwickeln: Die Sprecherpersönlichkeiten vertreten in ihrem Auftreten u. ihren Äu ßerungen bestimmte Philosophenschulen. Diese vorsichtige Darlegungsform erlaubt es, unterschiedliche Lösungsansätze ohne abschließendes Urteil nebeneinander stehen zu lassen, stellt aber den Interpreten ständig vor die Herausforderung, die Position des Autors hinter den Partikularpositionen zu erheben. Gewichtungen signalisiert P. durch die Kennzeichnung der jeweiligen Sprecher figur u. zT. auch durch ihre sprechenden Na men (zB. der gegen die Vorsehung wütende ,Epikur“ am Beginn von ser. num. vind.), durch literarische Signale (zB. die Positionie rung der berühmten Rede von P.s Lehrer Ammonios am Ende von E Delph.) oder durch Kommentierungen vorzugsweise des Ammonios sowie durch einleitende auktoriale Bemerkungen. Über die Rahmenhand lung wird (in den Pythischen Dialogen wie in amat.) das philosoph. Gespräch buchstäblich im religiösen Raum verortet u. zugleich wer den die Leser auf das verhandelte Problem eingestellt (zB. ,Opfer u. Gebete“ für den Eros anlässlich der Hochzeit P.s in amat.). Pädagogisch nimmt die Form des Dialogs die Leser in den Denkprozess mit hinein u. er muntert dazu, mit- u. weiterzudenken, c) Jenseitsmythen: Auch die von P. verfassten Jenseitsmythen (Vernière aO. [o. Sp. 1026]) stehen in der Tradition Platons (s. o. Sp. 1025). d) Bildsprache: Zum platonischen Erbe ge hört schließlich die Sprache voller Bilder, Gleichnisse u. Vergleiche, die im Dienste ei ner philosoph. Pädagogik steht (coniug.
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praec. praef. 138C; Fuhrmann aO. [o. Sp. 1025]; Hirsch-Luipold, Denken). III. Stoisches. Zur Stoa (D. Babut, Plu tarque et le Stoïcisme [Paris 1969]) zeigt sich ein ausgesprochen ambivalentes Verhältnis. P. stand mit stoischen Philosophen in regem freundschaftlichen wie philosophischen Aus tausch. Seine Pythischen Dialoge sind sei nem stoischen Freund Sarapion als Anstoß zum Gespräch mit dessen Schulkreis gewid met (E Delph. 1, 384DE). Wie andere Platoniker der Kaiserzeit nimmt P. stoische Ele mente u. stoische Terminologie (zB. πνεύμα im Kontext der Divination in Delphi, άπόσπασμα, μόριον, έγκατασπείρειν in der Seelenlehre; vgl. Platon, quaest. 2, 1, 1000E/2, 1001C) in seine Schriften u. sein Denken auf. Stoisches findet sich besonders im Blick auf das ethische Grundinteresse (so schon Oakesmith 43/61), aber auch P.s posi tive Weitsicht (verbunden mit der Vorstel lung eines die Welt durchziehenden Logos) dürfte durch den Immanentismus der Stoa beeinflusst sein. Andererseits hat P. der sto ischen Lehre heftige Streitschriften entge gengesetzt. Gerade die stoische Theologie (Materialität Gottes, Ekpyrosis, Monismus) wird kritisiert: Der Gedanke der Materiali tät Gottes führt zu einer allegorischen Iden tifikation der Götter mit physikalischen Ele menten, unterwirft das Göttliche der Ver gänglichkeit u. löst so den Gedanken des Göttlichen im Kern auf (princ. inerud. 5, 781EF; repugn. Stoic. 38, 1051E/1052B; comm. not. c. Stoic. 31, 1074E/32, 1075E; zu euhemeristischen Deutungen Is. et Os. 22, 359D/23, 360A). Wenngleich das Göttliche in der phänomenalen Welt bildhaft aufscheint, darf es doch nicht mit den Phänomenen ver wechselt werden (ebd. 66, 377D/67, 377E; 71, 379C/E). Die Vorstellung einer Ekpyrosis wird zurückgewiesen (def. orac. llf, 415F; repugn. Stoic. 38, 1051E/39, 1052E; vgl. comm. not. c. Stoic. 31, 1075C; vgl. E Delph. 21, 393DE), weil sie mit dem Gedanken der Ewigkeit Gottes zugleich den Glauben an eine gute, sinnvolle Vorsehung zerstöre. Durch eine monokausale Erklärung der Welt werde Gott notwendigerweise auch für das Übel verantwortlich gemacht, was mit dem Axiom der Güte des Göttlichen nicht in Ein klang zu bringen ist (Is. et Os. 45, 369A/D; repugn. Stoic. 31,1049A/34,1050D). Wie die Epikureer kann P. die Stoiker deshalb zuge spitzt als Atheisten bezeichnen (comm. not.
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c. Stoic. 31, 1075AB). Auch die stoische Ethik kritisiert P. heftig: Wären Leiden schaften lediglich falsche Urteile (an. procr. in Tim. 26, 1025D), so wäre ihre Behandlung nicht möglich, die laut P. in der Suche nach dem rechten Maß besteht (metriopatheia statt apatheia; virt. mor. 4, 443C). Schädlich sind schließlich die deterministischen Vor stellungen der Stoa (zB. repugn. Stoic. 47, 1056BC), weil sie den Gedanken menschli cher Verantwortung unmöglich machen (J. Opsomer, P. and the stoics: Beck 93f). Die Vorstellung, der Weise könne von einem Mo ment zum anderen ein besserer Mensch wer den u. sich über alle Schranken der Welt er heben, wird Ziel des Spotts in de profectibus in virtute. IV. Peripatetisches. Peripatetische Ein flüsse auf P. (D. Babut, Plutarque, Aristote, et l’aristotélisme: ders., Parerga. Choix d’articles de Daniel Babut [1974/94] [Lyon 1994] 505/29; A. Pérez Jiménez / J. Garcia Löpez / R. Μ. Aguilar [Hrsg.], Plutarco, Platén y Aristöteles [Madrid 1999]; F. Becchi, P., Aristotle, and the peripatetics: Beck 73/87) lassen sich in der Ethik des Mittel weges aufzeigen (eine gesunde religiöse Hal tung erscheint in superst. als Mittelweg zwi schen übertriebener Furcht vor den Göttern u. atheistischer Leugnung ihrer Existenz), in der Seelenlehre u. in P.s genauer Wahrneh mung u. Untersuchung unterschiedlichster Weltphänomene. V. Pythagoreisches u. Parmenideisches. Zu pythagoreischen Einflüssen s. o. Sp. 1022. Das Gedicht des *Parmenides wird mehrfach erwähnt (Pyth. orac. 18, 402E u. ö.; vgl. J. P. Hershbell, P. and Parmenides: GreekRomByzStud 13 [1972] 193/208). VI. Epikur u. der Epikureismus. Der Phi losophie Epikurs kann der Platoniker P. kaum etwas abgewinnen, wenngleich sich unter seinen Schülern u. Freunden auch Epi kureer befinden (J. Boulogne, Plutarque et l’épicurisme, Diss. Paris [1986]; ders., Plu tarque dans le miroir d’Épicure [Villeneuve d’Ascq 2003]; J. P. Hershbell, P. and Epicureanism: ANRW 2, 36, 5 [1992] 3353/83). Wie die Stoiker bezichtigt P. auch die Epikureer des Atheismus. Epikur leugnet zwar nicht die Götter, aber ein gütiges Eingreifen des Göttlichen zugunsten der Menschen u. damit die Vorsehung (non posse suav. vivi sec. Epic. 20,1101AB; 23,1103CD; adv. Colot. 30, 1124E/1125A; ser. num. vind.; vgl. def. orac.
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19, 420B) ebenso wie Divination (adv. Colot. 27, 1123A; def. orac. 45, 434D); außerdem vernachlässigt er traditionelle Götterattri bute (Boulogne, Miroir aO. 108f). Epikurs frevelhafte Aussagen berauben die Men schen faktisch der Götter (non posse suav. vivi sec. Epic. 20, 1101B) u. zersetzen so ge sellschaftliches Leben u. Lebensfreude. Aus drückliches Lob erhält andererseits die epi kureische Ethik gegenseitiger Hochachtung zwischen Lehrer u. Schüler in der epikurei schen Gemeinschaft (frat. am. 16, 487D). E. Rezeption in Kaiserzeit u. Spätantike. I. Allgemeines. P. ist aufgrund seiner lite rarisch ansprechend verpackten Mischung aus Philosophie u. Religion, Ethik u. Päd agogik, Geschichtsschreibung, romanhafter Erzählung u. Dialog bis in die Gegenwart hinein umfangreich wie kein anderer pagangriech. Autor überliefert, übersetzt u. gele sen worden. Seine schier unerschöpfliche Ge lehrtheit u. der philosoph.-ethische wie reli giöse Emst machten seine Schriften zur idealen Schullektüre. *Eunapios bezeichnet P. in seiner Philosophengeschichte als die ,Aphrodite u. Lyra jeglicher Philosophie' (vit. soph. 2, 1, 3 [3 Giangrande]). P.s reli giös-theologisch gewendeter Platonismus war für das Christentum in besonderer Weise anschlussfähig u. ließ ihn zu einer Art ,paganem Kirchenvater' werden (ähnlich wie Seneca im lat. Westen). Diese Sonderstel lung in der christl. Geistesgeschichte erhält er wohl nicht trotz, sondern gerade wegen der religiösen Grundhaltung u. Frömmig keit, die aus seiner Ethik u. Weltbetrach tung sprechen. Die Rezeptionsgeschichte P.s hat Hirzel 74/206 breit ausgeleuchtet. - Noch weitgehend unerforscht ist die Rezeption P.s im rabbin. Judentum (vgl. aber H. Zellentin, How P. gained his place in the Tosefta: Zutot 4 [2004] 17/26), in der syr. Tradition oder später in der arab.-islam. Welt. II. Plutarch u. das NT. ,P. war Exeget u. Hermeneut religiöser Überlieferungen, Apo loget der göttlichen Gerechtigkeit, ‘Seelsor ger’ (...) sowie Dichter religiöser Gleichnisse. Das erinnert in vielem an das, was später zum Selbstverständnis christlicher Theolo gen gehörte' (R. Feldmeier, Philosoph u. Priester. P. als Theologe: Mousopolos Stephanos, Festschr. H. Görgemanns [1998] 423). Nach den grundlegenden Arbeiten von Almquist aO. (o. Sp. 1022) u. Betz, Theological writings sowie ders., Ethical writings wird
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zunehmend die Bedeutung erkannt, die P. für neutestamentliche Studien nicht nur als Parallelenreservoir hat, sondern als religi öser Denker, der sich aus paganer Sicht zeit gleich mit ähnlichen theologischen Themen beschäftigt (Gottesbegriff, Eschatologie, Ge richtsvorstellungen, Ehe, Lebensbegriff usw.) u. sich formal durch seine bildhafte Sprache in besonderer Nähe zur Gleichnis sprache des NT befindet. III. Zeitgenössische pagane Literatur. In Rom erlebt die Rezeption besonders der Moralia in antoninischer Zeit eine erste Blüte bei *Fronto, *Marcus Aurelius u. *Aulus Gellius (F. Stok, Plutarco nella letteratura latina imperiale: I. Gallo [Hrsg.], L’ereditä culturale di Plutarco dall’antichitä al Rinascimento. Atti del VII convegno plutarcheo [Napoli 1998] 55/80). Letzterer beginnt seine Noctes Atticae, die in verschiedener Weise u. mit umfangreichen Zitaten besonders an die »Tischgespräche' erinnern, mit P.s Na men (Μ. Pade, The reception of P. from Antiquity to the Italian Renaissance: Beck 531/5). *Apuleius betont im Asinus aureus, sein fiktiver Held Lucius stamme von P. ab (met. 1, 2, 1; vgl. 2, 3, 1). In solchen literari schen Reverenzen wird die Hochschätzung P.s greifbar (Ch. P. Jones, P. and Rome [Ox ford 1971] llf), ebenso wie in P.s großer Prä senz in Florilegien (*Florilegium) u. dem Faktum, dass eine Reihe von Texten unter seinem Namen in Umlauf gesetzt wurde (*Plagiat). Auch in Inschriften (vgl. Ditt. Sylt3 nr. 845) beruft man sich auf den be rühmten Philosophen als Vorfahren. P. hatte eine enorme u. nachhaltige Wirkung auf den Platonismus seiner Zeit (Apuleius, Attikos, Numenios, Demokritos). Bei *Porphyrios lässt sich insbesondere die fragmentarisch erhaltene Schrift über die Götterbilder als unmittelbare Auseinandersetzung mit der plutarchischen Bildtheologie verstehen. P.s Neudefinition der Theologie als τέλος der Philosophie im Sinne metaphysischer Rede über das wahrhaft Seiende dürfte in Pro klos’ Schrift Theologica Platonica nachge wirkt haben (Flaceliere 278). Bei Kaiser Ju lian erkennen wir Einflüsse von P.s Sonnen theologie ebenso wie von seiner Vorliebe für den delphischen Apollon u. dessen .Erkenne dich selbst'. IV. Der christl. Platonismus bei den Kir chenvätern. Direkte Zitate bei den Kirchen vätern sind insgesamt spärlich (Hirzel 83/90).
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Indes wird P. keineswegs nur dort rezipiert, wo sein Name genannt wird (eine Slg. von Parallelstellen bietet Betz, Theological writings; ders., Ethical writings; umfassende Einzeluntersuchungen der Rezeption P.s bei den Kirchenvätern bleiben ein dringendes Desiderat; Hirzel bietet eine Vielzahl wich tiger Hinweise u. ansprechender Vermutun gen, die noch einer genaueren Untersuchung harren). Vielfach verbirgt sich hinter der Nennung .Platons' bei genauerer Betrach tung eine Rezeption des religiös gewendeten Platonismus der frühen Kaiserzeit, für den P. (neben Philon) jedenfalls unser bester u. vielfach unser erster Zeuge ist. Diese reli giös-theologische Wendung dürfte die inten sive Rezeption des Platonismus entschei dend begünstigt haben (der Nachweis hier für steht indes noch aus; zu P. als Vorläufer des Origenes vgl. die beiden Kap. zum Werk ,d’un véritable théologien' bei de Faye aO. [o. Sp. 1026] 99/140; ders., La christologie des pères apologètes grecs et la philosophie reli gieuse de Plutarque [Paris 1906] 1/17; sowie T. Mikoda, A comparison of the demonologies of Origen and P.: R. J. Daly [Hrsg.], Origeniana Quinta [Leuven 1992] 326/32). Erste deutliche Spuren hinterlässt P. schon bei Clemens v. Alex., später bei den drei Kappadokiem, die, wie Clemens, aber anders als ihr Lehrer *Himerios u. später Eusebius v. Caes., ihre Quelle aber verschweigen. Der Titel von Clemens’ Hauptwerk .Stromateis', das manche strukturelle u. inhaltliche Nähe zu P.s Schriften hat, könnte durch ein pseudo-plutarchisches Werk desselben Titels in spiriert sein (Hirzel 85). Auf die Predigten des *Basilius hat P. solchen Einfluss ausge übt, dass mancher gar meinte, hier predige P. durch den Mund des Basilius (E. Fialon, Étude historique et littéraire sur S. Basile suivie de l’Hexaméron traduit en français2 [Paris 1869] 191/6); einige seiner Predigten (über verschiedene Laster, Schuldenmachen, das Lesen von Klassikern) schließen unmit telbar an plutarchische Schriften an (A. Dirking, S. Basilii Magni de divitiis et paupertate sententiae quam habeant rationem cum veterum philosophorum doctrina, Diss. Münster [1911]). In frühe kosmologische Dis kussionen findet P.s Konzept der Weltseele (an. procr. in Tim.) Aufnahme (Ch. Köckert, Christi. Kosmologie u. kaiserzeitl. Philoso phie [2009] 8/52). Eusebius zitiert P. (E Delph.) ausführlich in praep. ev. 11,10,16/11,
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15 als Ausleger der bibl. Selbstvorstellung Gottes als des Einen, allein Seienden im Ho rizont platonischer Philosophie. Der syr. Bi schof Theodoret (5. Jh.) war der Überzeu gung, der Autor der Doppelbiographien habe die Evv. gelesen (affect. 2, 87 [SC 57, 162]). P.s hochstehende Ethik, die er auch anhand großer Vorbilder der Geschichte entwickelt, seine Philanthropie, seine Hochschätzung von Liebe, Ehe u. Familie (L. Goessler, P.s Gedanken über die Ehe, Diss. Basel [1962]; C. Patterson, P.’s ,Advice on Marriage*. Tra ditional wisdom through a philosophic lens: ANEW 2, 33, 6 [1992] 4709/23) haben im Christentum einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen (F. E. Brenk, Most beautiful and divine. Graeco-Romans [especially P.], and Paul, on love and marriage: D. E. Aune / F. E. Brenk [Hrsg.], Greco-Roman culture and the NT [Leiden 2012] 87/111). Eine ein gehende Untersuchung des Einflusses der bildhaft-pädagogischen Darstellungsform P.s auf die Entwicklung der frühchristl. Predigt bei Basilius u. *Joh. Chrysostomos (Μ. Pohlenz, Philosoph. Nachklänge in altchristl. Predigten: ZsWissTheol 48 [1905] 72/95; Hirzel 83/6) bleibt weiter ein Desiderat (HirschLuipold, Denken 283/9). Der Historiker Agathias schreibt im 6. Jh. als Christ ein *Epigramm auf den paganen Philosophen, das insbesondere dessen monumentale Lebens leistung in der Abfassung der Parallelviten würdigt (Anth. Gr. 16, 331): ,Dein gepriese nes Bild errichteten Dir die starken / Söhne Italiens hier, o Chäroneer P., / weil in den Parallelen die edelsten Du der Hellenen / mit Roms kriegerischem Stamm hattest zusam mengepaart. Aber zu Deinem Leben ein par alleles zu schreiben / wärest auch Du nicht im Stand, weil sich kein gleiches Dir beut* (Übers. Hirzel 82).
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daism = ArbGeschAntJud 30 (Leiden 1996) 529/52. - R. Flacelière, La théologie selon Plutarque: Mél. de philosophie, de littérature et d’histoire ancienne, Festschr. P. Boyancé = CollÉcFrançRome 22 (Rome 1974) 273/80. - I. Gallo (Hrsg.), Plutarco e la religione. Atti del VI convegno plutarcheo = Collectanea 12 (Na poli 1996). - R. Hirsch-Luipold, P.s Denken in Bildern. Stud, zur literar., philosoph. u. reli giösen Funktion des Bildhaften = StudTextAntChr 14 (2002); P. Religiöse Philosophie als Bildung zum Leben: I. Tanaseanu-Döbler / T. Georges / J. Scheiner (Hrsg.), ,Die Lehre des Weisen ist eine Quelle des Lebens* (Spr 13,14). Bedeutende Lehrer in der Tradition der Antike u. der monotheistischen Religionen (2015) 96/122; Religion and myth: Beck 163/76. - R. Hirsch-Luipold (Hrsg.), Gott u. die Götter bei P. Götterbilder - Gottesbilder - Weltbilder = RGW 54 (2005). - R. Hirsch-Luipold / H. Görgemanns / Μ. V. Albrecht (Hrsg.), Reli giöse Philosophie u. philosoph. Religion der frü hen Kaiserzeit = StudTextAntChr 51 (2009). R. Hirzel, P. = Das Erbe der Alten 4 (1912). J. Oakesmith, The religion of P. A pagan creed of apostolic times (London 1902). - A. Pérez Jiménez / F. Casadesüs Bordoy (Hrsg.), Estudios sobre Plutarco. Misticismo y religio nes mistéricas en la obra de Plutarco (Madrid 2001). - S. Swain, Hellenism and empire. Lan guage, classicism, and power in the Greek world, AD 50/250 (Oxford 1996). - E. ValgiGLIO, Divinité e rehgione in Plutarco (Genova 1988); La teologia in Plutarco: Prometheus 14 (1988) 253/65. - K. Ziegler, P. Über Gott u. Vorsehung, Dämonen u. Weissagung. Religi onsphilosoph. Schriften = Bibi, der Alten Welt. Griech. Reihe (Zürich 1952). Rainer Hirsch-Luipold.
Pneuma s. Äther: o. Bd. 1,150/8; Geist (Hei liger Geist): o. Bd. 9, 490/545; Hauch: o. Bd. 13, 714/34.
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o. Bd. 9, 540f.
Pöbel. A. Allgemeines. I. Begriffsbestimmung 1039. II. Terminologie, a. Griechisch u. Lateinisch 1039. b. Hebräisch 1041. III. Charakteristika 1042.
B. Nichtchristlich. I. Griechenland 1043. II. Rom. a. Republik 1043. b. Kaiserzeit 1045. c. Spätantike 1046.
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Pöbel
C. Christlich. I. Der heidn. Pöbel aus christl. Sicht, a. Allge meine Stellungnahmen zur Masse 1048. b. Der gewalttätige Pöbel 1048. II. Christen als Pöbel, a. Christi. Pöbel bei An griffen auf Heiden u. Juden 1051. b. Der Pöbel in innerchristl. Auseinandersetzungen 1052. D. Fazit 1053.
A. Allgemeines. I. Begriffsbestimmung. Der dem lat. populus entlehnte Begriff P. bezeichnete zunächst allgemein ,das Volk', seit dem späten MA ,das einfache, Unruhen bewirkende, sich zusammenrottende Volk' (W. Conze, Art. P.: HistWbPhilos 7 [1989] 999f). Synonym zu P. wird ,Mob‘ verwendet u. definiert sich als .eine triebenthemmte, zu aggressiven, zerstörerischen Reaktionen ausbrechende Menschenmenge, die beson ders in Ausnahmefallen, im Zuge sozialer u. politischer Krisen, auf den Plan tritt (‘Mob verhalten’)' (W. Lipp, Art. Mob: W. FuchsHeinritz [Hrsg.], Lex. zur Soziologie5 [2011] 449). Als weitere Merkmale gelten die Zu sammensetzung aus den unteren Schichten (*Klassen [Gesellschaftsschichten]), ein ge ringer Organisationsgrad, mangelnde Ideo logien sowie Fremdenhass (Hobsbawn 148/50). - Die Sozialwissenschaft unterschei det des Weiteren ,P. / Mob' von dem mehr deutigen u. vielschichtigen Begriff .Masse', der unterschiedliche Formen von Menschen mengen bezeichnen kann (Klein). Da die an tiken Quellen diese Differenzierung nicht vornehmen u. den P. meist mit der breiten Volksmasse identifizieren, die stets zum Auf ruhr neige, soll im Folgenden diese moderne Unterscheidung nicht streng getroffen wer den. P. wird hier als polemischer Begriff be trachtet, welcher der Wahrnehmung der Oberschichten entstammt u. nicht immer die reale soziale Ordnung widerspiegelt, sondern mit dem häufig auch die Anhängerschaft po litischer oder religiöser Gegner bezeichnet wird. II. Terminologie, a. Griechisch u. Latei nisch. Weder im Griech. noch im Lat. findet sich eine eindeutige Entsprechung für den Terminus P. Die Begriffe für Volk / Menge wie όχλος, πλήθος, πολλοί, έθνος u. δήμος bzw. plebs, vulgus, vulgares, turba u. multitudo bezeichnen einerseits das einfache Volk im Gegensatz zur Nobilität, andererseits den P. im definierten Sinne. Die geläufigste Be zeichnung für P. dürfte im Lat. vulgus (vgl.
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Yavetz, Plebs), im Griech. όχλος sein; όχλοκρατία gilt als entartete Form der δημο κρατία (Polyb. 6, 4, 10. 57, 9). Ebenso be fürchtet *Cicero bei seiner Beschreibung der drei Staatsformen, dass bei einer Demokra tie sich das Volk (populus) zu einem wirren Haufen (turba et confusio) entwickele (rep. 1,69), so wie sich das athenische Volk in eine rasende u. willkürliche Menge verwandelt habe (ad furorem multitudinis licentiamque conversam; vgl. ebd. 1, 44). Auch populus kann das gesamte Volk, das einfache Volk oder P. bedeuten. Die offizielle Unterschei dung von populus, Gesamtvolk, u. plebs, die Nicht-Ritter u. Nicht-Senatoren, wie sie in juristischen Quellen vorgenommen wird (Gaius inst. 1, 3: Plebs ... a populo eo distat), findet sich in den narrativen Quellen selten (zB. Gell. 10, 20, 5: In populo omnis pars ci vitatis omnesque eius ordines contincantur). Cicero gebraucht plebs Romana u. populus Romanus teilweise synonym (Verr. 2,5,157). Griechische Autoren verwenden πλήθος für plebs u. δήμος für populus (Dio Cass. 58, 2, 8), häufig jedoch bleibt auch hier die genaue Terminologie unbeachtet u. beides wird syn onym verwendet. - Auch im NT ist die Ter minologie undifferenziert u. die Begriffe όχλος, δήμος u. λαός werden sowohl im neu tralen als auch im abwertenden Sinne ge braucht, während έθνος / έθνη in der Regel das heidn. Volk bezeichnet (R. Meyer, Art. όχλος: ThWbNT 5 [1954] 585/90; H. Balz, Art. όχλος: ExegWbNT 2 [1981] 1354f; H. Bietenhard, Art. όχλος: TheolBegrLexNT 2 [2000] 1819f). So beschreibt όχλοι πολλοί die Menschenmenge, die Jesus zuhört (zB. Mt. 13, 2); der όχλος ist gespalten u. hinterfragt die Rolle Jesu (Joh. 7,12.20.32.43). Ganz im Sinne von P. bezeichnet όχλος, wie auch als Synonyme δήμος u. λαός, die gewaltbereite Menge, die nicht gereizt werden sollte (Mt. 14, 5: Herodes wagt es aus Furcht vor dem όχλος nicht, *Johannes den Täufer zu töten). Judas sorgt mit einem όχλος, der mit Schwertern u. Knüppeln (μετά μαχαιρών καί ξύλων) bewaffnet ist, für die Gefangen nahme Jesu (Mc. 14,43). Dem όχλος wird zur Wahl gestellt, ob Jesus oder Barabbas hin gerichtet werden solle; er führt sich bei sei ner Forderung, Jesus solle gekreuzigt wer den, als pöbelhafte Meute auf (Mt. 27,15. 20. 24; Mc. 15, 8. 11. 15; Lc. 23, 4). Der όχλος / δήμος erhebt sich auch gegen Paulus (Act. 16, 22; 19, 33. 35; 21, 34f). Er ist nicht nur
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aggressiv, sondern auch ungebildet u. ver steht nichts von der Gesetzgebung (Joh. 7, 49). - Bei den lateinisch schreibenden christl. Schriftstellern weist plebs unterschiedliche Bedeutungen auf u. kann sowohl die Herde des Gottesvolkes, die christl. Gemeinde so wie die laici (Sir. ep. 1, 10, 14 [106 ZechielEckes]) bezeichnen, aber auch allgemein im Sinne von multitudo zu verstehen sein (Hoäek 20f). Inwiefern plebs / plebes negativ konnotiert ist, hängt vom Kontext ab u. ist manchmal schwer zu entscheiden (Hornung 97f; nach Kneppe 18f wird plebs von den Kir chenvätern nicht für despektierliche Äuße rungen gebraucht). Um unmissverständlich die niedrigsten Schichten der Stadt Rom zu benennen, finden sich in den lat. Quellen Zu sätze wie plebs sordida (Tac. hist. 1, 4), mul titudo infima (Cic. Mil. 35, 95), perdita plebs (Cic. Att. 7, 3, 5) oder abwertende Bezeich nungen wie faex u. sentina (,Hefe‘, »Ab schaum'; in Romuli faece sentinam: ebd. 2,1, 8), so auch in Gesetzestexten (Cod. Theod. 9, 42, 5 vJ. 362 [in faecem vilitatemque plebeiam]). Außerdem findet sich der Diminutiv plebecula / plebicula, der speziell das elende Volk bezeichnet (Cic. Att. 1,16, 11; Hör. ep. 2,1,186; Suet. vit. Vesp. 18; Hieron. ep. 52,8; 127, 10). b. Hebräisch. Die hebr. Bibel kennt we nigstens vier Bezeichnungen für Volk u. Menschenmenge. Je nach Kontext u. Ver wendung können diese abwertend mit Bezug auf P. verwendet werden. 1) Das Substantiv le’om (,Volk‘, »Bevölkerung') bezieht sich u. a. auf einen Haufen bzw. eine Horde (H. D. Preuß, Art. lc’om: ThWbAT 4 [1984] 411/3; Gesenius, HebrAramHdWbAT18 589f). Be sonders in Prov. scheint das mit le’om be zeichnete Volk die Form einer bedrohlichen bzw. verfluchenden u. gewaltbereiten Masse anzunehmen (11, 26; 24, 24); 2) das Substan tiv goj (»Volk, Nation') bezeichnet möglicher weise eine polit.-territoriale Einheit (G. J. Botterweck / R. E. Clements, Art. goj: ThWbAT 1 [1973] 965/73, bes. 966f). Beson ders in den rabbin. Quellen weist die Be zeichnung goj, mit der hauptsächlich (Nicht juden' bezeichnet werden, eine abwertende Konnotation auf (Levy, WbTalMidr 1, 210); 3) das Substantiv hamön steht explizit für .Durcheinander, Lärm u. tobende Menge' (Gesenius, HebrAramHdWbAT18 281; A. Baumann, Art. hämäh: ThWbAT 2 [1977] 444/50; Ch. Schneider, Art. hämäh:
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ThWbQumran 1 [2011] 803/8). In bestimmten Fällen kann hamön auch mit Bezug auf viele tobende u. lärmende Menschen gebraucht werden (zB. 1 Sam. 14, 16; 2 Sam. 6,19; Jes. 29, 5; Ps. 42 [41], 5; 2 Chron. 14,10; 20,2); 4) das Substantiv ‘am bezeichnet das .Volk' als ethnische Einheit (Botterweck / Clements aO. 966; E. Lipinäki, Art. ‘am: ThWbAT 6 [1989] 178/94) u. kann auch für eine dro hende, Unruhen bewirkende Menschen menge verwendet werden, wie zB. eine be waffnete, zum Krieg bereite Bevölkerung (Num. 20,20; 21, 33; 1 Sam. 14, 28), oder den bedrohlichen Mob, der sich in Sodom gegen Lot u. die Engel sammelt (Gen. 19,4). - Eine weitere Bezeichnung für Volk ist die Wen dung ‘am ha-’ares (,Volk des Landes'), die sich erst in den rabbin. Schriften als eine ab wertende Fremdbezeichnung für das nied rige Volk bzw. für jene erweist, die nicht der Gelehrtengemeinschaft angehören u. die nicht gemäß den rabbin. Vorschriften leben (Levy, WbTalMidr 3, 659; ausführlich dazu R. Bemasconi, Meaning, function and linguistic usages of the term ‘am ha-aretz in the Mishnah: RevfitJuiv 170 [2011] 399/428). III. Charakteristika. Für die Masse, die sich stets in einen P. wandeln kann, finden sich die gesamte Antike hindurch (bis in die Neuzeit) als Grundcharakteristika darge stellte polemische Äußerungen, pejorative Stereotypen u. topische Elemente, die gleichfalls als Erklärung für eine solche Wandlung dienen (F.-F. Lühr, Zur Darstel lung u. Bewertung von Massenreaktionen in der lat. Lit.: Hermes 107 [1979] 92/114). Die Masse ist uneinsichtig u. ungebildet (Cic. Plane. 4,9; Mur. 19,40). Sie ist beeinflussbar, leichtgläubig u. daher wankelmütig (Tac. hist. 1, 69: volgus mutabile), mit Verspre chungen u. Zuwendungen leicht zu ködern (Thuc. 2, 59. 65 zum Verhalten des atheni schen Volkes gegenüber Perikies), sie kann leicht aufgewiegelt werden (Cic. Ätt. 7, 9, 2; Flacc. 7,18), denn vor allem ist sie aggressiv (Cic. Sest. 47, 101: multitudinis incitatae; 67, 140: concitatae multitudini). Weiteres Kenn zeichen u. geradezu Ursache für all diese Merkmale ist die *Armut (Sali. Catil. 37,3). Die Masse ist also eine Chiffre für das Ne gative (Laser 20/2 mit weiteren Belegen). Dies gilt besonders für die plebs urbana Roms, die als vielschichtig zu betrachten ist. Zu ihr zählten neben den untersten Schich ten auch die arbeitende Bevölkerung, wie
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Handwerker, Ladenbesitzer oder * Lehrer (zum verfälschten Bild, das bes. durch Cicero gezeichnet wird, vgl. Kühnert; Krause 1182/4; zur Zusammensetzung vgl. Will; For schungsüberblick zur Rolle der Plebs bei Dissen). - Gerade Cicero drückt seine Ab neigung gegenüber der Masse häufig aus, be sonders wenn Teile von ihr seine Gegner un terstützen. Für ihn (Att. 1, 16, 11) sind sie der Unrat u. die Hefe der Stadt (sordem urbis et faecem), Blutsauger der Staatskasse (illa contionalis hirudo aerarii) u. hungriges Lumpenpack (misera ac ieiuna plebecula; Kühnert 432/41). Ein anderer Tenor findet sich in Ciceros Volksreden, in denen er die Macht u. die Bedeutung der Menschen in den Volksversammlungen betont: populus Romanus, cuius est summa potestas omnium rerum (har. resp. 6, 11). Diese Haltung, einer seits Verachtung der breiten Masse, ande rerseits das stete Bemühen, die Gunst des Volkes zu erlangen, kennzeichnet die Aris tokratien u. Herrschenden der gesamten An tike. B. Nichtchristlich. I. Griechenland. Trotz zahlreicher sozialer Unruhen, Aufstände u. Konflikte zwischen Demos u. Aristokratie spielt die Erscheinungsform des P. in den Quellen keine Rolle (allgemein: Lintott; Krause 1178f). Die Problematik aufrühreri scher Menschenmengen wird lediglich theo retisch thematisiert, indem auf die negativen Stereotypen der Masse verwiesen wird. Pla ton unterscheidet zwischen πλήθος u. δχλος, die beide durch die Redekunst beeinflusst werden können (polit. 304d). Der Staat geht zugrunde, in dem die Armen (ol άποροι) überwiegen (Aristot. pol. 4, 11, 1296a 15). Der im 4. Jh. vC. schreibende Militärhisto riker Aeneas Tacticus betont die Gewalttä tigkeit der Masse der Bürger (14, 1: τό δέ πλήθος των πολιτών). Sie sei zur Eintracht zu bewegen, denn sie ist die am meisten zu fürchtende Kraft. II. Rom. a. Republik. Seit der sog. Krise der röm. Republik wird die plebs urbana als leicht aufzuwiegelnder P. beschrieben, der regelmäßig revoltiert. Denn in der Tat war diese Epoche gekennzeichnet durch ihre Aufstände, die entweder wirtschaftlicher Not (*Hungersnot) entsprangen oder poli tisch motiviert waren (zu Methoden der Si cherung u. Herstellung der öffentlichen Ord nung vgl. Nippel; allgemein zu sozialen Kon flikten von Republik bis Spätantike: Krause
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1187/95. 1208/12). Den Beginn letzterer mar kiert das Jahr 133 vC. (so bereits Appian. b. civ. 1, 17; vgl. Mommsen, der vom Zeitalter der röm. Revolution spricht [Buch 4: Die Re volution]), als es dem Volkstribun Tiberius Gracchus gelang, seine Ackergesetze wider rechtlich durchzusetzen u. der Senat später in tumultartigen Kämpfen für seine Ermor dung u. die seiner Anhänger sorgte (Plut. vit. T. Gracch. 16f; bei Appian. b. civ. 1,14/7 erscheinen eher die Senatoren als P.). Mit Tiberius Gracchus war der .Prototyp des Unruhestifters* (Alföldy, Sozialgesch. 98) entstanden. - Als Unruhestifter ist sicher lich auch Catilina zu bezeichnen, der nach seinen gescheiterten Bewerbungen um das Konsulat 63 vC. unter dem Konsulat Ciceros einen Putsch plante. Cicero ist bemüht, von den Anhängern Catilinas das Bild eines ver achtenswerten P. zu zeichnen. Bereits vor seiner Wahlniederlage sei Catilina als Füh rer der Habenichtse (Mur. 25, 50: miserorum) aufgetreten. Seine Leute, der Ab schaum (sentina) der Stadt (Catil. 1, 5,12; 2, 7,15), Sklaven u. heillose Elemente der Bür gerschaft (ebd. 1, 10, 27), werden mit dem wahren populus Romanus kontrastiert, der Cicero gewählt habe (1, 11, 28). In seiner 2. Catilinarischen Rede analysiert Cicero kon kret die Anhänger seines Gegners u. unter scheidet dabei sechs Gruppen (8, 18/20, 23): Verschuldete, Machtgierige, Alte, Unfähige, Kriminelle u. persönliche Günstlinge Qetztere alles Spieler, Ehebrecher, Lüstlinge u. Wüstlinge). Nach Sallust (Catil. 37. 48, lf) stand anfänglich die überwiegend aus Ver brechern u. Tagedieben bestehende Plebs hinter Catilina, weil sie sich ihrer Natur ent sprechend nach Neuem sehne u. nichts zu verlieren habe, schlug sich dann aber nach der Aufdeckung der Verschwörung auf Ci ceros Seite. Trotz dieser stereotypen Ele mente kann anhand der Catilinarischen Ver schwörung auf die Verelendung u. Unzufrie denheit großer Teile der Bevölkerung in Rom u. Italien geschlossen werden (K. Christ, Krise u. Untergang der röm. Repu blik8 [2013] 267). - Als das Ausmaß der ge walttätigen Unruhen in den 50er Jahren sei nen Höhepunkt erreichte, weil die beiden Kontrahenten Clodius u. Milo ständig ihre Anhängerschaft zu Gewaltakten mobilisier ten u. Gerichtssitzungen u. Volksversamm lungen häufig in Tumulten endeten (Benner; eine Zusammenstellung von 92 Gewaltakten
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zwischen 78 u. 50 vC. bietet Vanderbroeck 218/67), nennt Cicero die Anhängerschaft des Clodius einen abscheulichen P. (Cic. Mil. 35, 95: plebem et infimam multitudinem, quae P. Clodio duce fortunis vestris immi nebat; dom. 17, 45: egentes et perditi), der gerade im Zuge von Getreideteuerungen leicht zu gewinnen sei (ebd. 4, 10/5, 12). Es handele sich um gemietete Handlanger (Sest. 16, 38), Gladiatoren, Sträflinge (ebd. 36,78) u. Ausländer (44,95). Wiederholt wird auf Sklaven verwiesen (dom. 33, 89f: multi tudinem hominum ex servis, ex conductis, ex facinerosis, ex egentibus congregatam; vgl. ebd. 21,54; Pis. 10,23; Sest. 15,34; 24, 53; 35, 75; 38, 81; 39, 85: Sklaven u. Gladiatoren; dom. 3, 5/7: bewaffnete skrupellose Gesellen u. Sklaven; ebd. 20, 53: Sklaven u. *Räuber; 30, 79: arme Schlucker u. Sklaven; 50, 129; har. resp. 11,22). Dass sich unter ihnen aber auch Ladenbesitzer befanden (dom. 5, 13), zeugt von der Heterogenität der Gruppe. Cicero bemüht sich folglich um die bekann ten topischen Elemente, mit denen eine re voltierende Menge meist beschrieben wird, u. übertreibt dabei ebenfalls bezüglich der Größe der marodierenden Banden (Laser 104f). b. Kaiserzeit. Die Begründung des Prinzi pats beendete zwar die Zeiten, in denen po pulare Politiker mit einem aufgewiegelten Mob für Unruhe u. Chaos sorgten, u. somit auch die literarische Verunglimpfung der an deren Partei; zu Aufständen kam es in der Folgezeit aber regelmäßig (Yavetz, Princeps 9; vgl. Gilbert; eine Liste von Aufständen verschiedener Art zwischen 30 vC. u. 190 nC.: Th. Pekäry, Seditio. Unruhen u. Revol ten im röm. Reich von Augustus bis Com modus: AncSoc 18 [1987] 133/50; zu Unruhen in severischer Zeit: Sünskes Thompson). Die Beschreibung der städtischen Plebs als pöbelhafte Masse durchzieht die kaiserzeitl. Literatur wie ein roter Faden: Für Lucan ist sie der Müll der Welt (7, 405: Romam sed mundi faece repletam), für Appian (b. civ. 2, 120) ein Haufen von Fremden, Freigelasse nen u. Sklaven. Tacitus unterscheidet bei seiner Analyse der stadtröm. Verhältnisse nach dem Tod Neros eine pars populi integra von einer plebs sordida et circo ac theatris sueta (hist. 1, 4, 3). Gerade die Verknüpfung der plebs sordida mit panem et circenses (Iuvenal. 10, 81) wird zum festen Topos, das Theater ein Ort der Krawalle für den P. Ta-
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citus (ann. 14, 17) berichtet ferner von Zu schauerkrawallen bei Gladiatorenspielen im Amphitheater von Pompeji zwischen den Einheimischen u. den Einwohnern des be nachbarten Nuceria, die wie Fanausschrei tungen bei heutigen Fußballspielen erschei nen (vorsichtig: Petermandl 179/89). - Wei terhin brachten Versorgungsnöte in Rom das Volk zum Aufruhr. Bei einer Hungersnot iJ. 51 wird es als wütende Menge beschrie ben, die Kaiser *Claudius auf dem Forum umringt u. bedroht. Soldaten müssen ein schreiten u. den Haufen der Erbitterten (globo infensos) durchbrechen (Tac. ann. 12, 43,1). Auch in anderen Städten konnte es zu Unruhen kommen u. die Plebs taucht als ge walttätiger Mob auf: In Puteoli setzte sie sich gewaltsam gegen ihre Beamten zur Wehr, so dass der röm. Senat eine Prätori anerkohorte ausschickte, um die .Eintracht in der Stadt' wiederherzustellen (ebd. 13, 48). - In Verbindung mit missliebigen Per sonen wird der P. als besonders aggressiv beschrieben: Während des Prozesses gegen C. Calpumius Piso iJ. 20 lärmte draußen das Volk (populus), das dessen Standbilder stürzte; ihre Zerstörung wurde aber auf Be fehl des Kaisers Tiberius verhindert (3, 14, 4). Vor Seians Hinrichtung iJ. 31 wurden seine Statuen vom Volk zerstört (Dio Cass. 58, 11, 3). Seine Leiche wurde vom städti schen Mob (όμιλος) drei Tage lang geschän det u. dann in den Tiber geworfen (ebd. 58, 11, 5). - Seit dem Fall des Cleander iJ. 186 häuften sich bis 238 die politisch motivierten Krawalle der Plebs, die auffällig oft Partei für die jeweiligen Kaiser oder Gegenkaiser ergriff (dazu Alföldy, Konflikte; I. Hahn). Die Begeisterung des Volkes bei der Erhe bung Gordians iJ. 238 erklärt Herodian. Hist. 7,7,1 wieder mit den bekannten Topoi: ,Nun sind zwar alle Volksmassen u. P.haufen (πάντες μέν γάρ όχλοι) leicht zu Umsturz ge neigt, aber das röm. Volk in seiner übergro ßen u. buntgemischten Menge u. dem zusam mengeströmten Menschengesindel ist zu ei nem Sinneswandel noch viel schneller u. leichter fähig' (dt. Übers.: 267 F. L. Müller). c. Spätantike. Die Charakteristiken der stadtröm. Plebs als verachtenswerter P. (humiliorem ... plebem) des Ammianus Marcellinus (14,6,25f; 28,4,28/34) gleichen den frü heren: Müßig u. faul (otiosam plebem ... et desidem) widme sie sich nur ihren Vergnü gungen. Den ganzen Tag verbringe sie im
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Circus, die Nacht in den Weinschänken. Sie pfeife die Schauspieler aus, wenn sie nicht noch zusätzlich mit Geldgeschenken bedacht werde, u. fordere die Vertreibung der peregrini aus der Stadt (zum Fremdenhass als konstantem Charakteristikum eines städti schen Mobs vgl. Hobsbawn 150; aus Sicht der Oberschicht besteht der Mob aber auch aus Fremden [s. o. Sp. 1045]). Hauptmerkmal der Plebs blieb die egestas (.bittere Armut'). Der Redner Symmachus spricht von plebeia faex (or. 4, 7), ebenso wie offizielle Doku mente (Cod. Theod. 6, 27,18 vJ. 416; 9, 42, 5 vJ. 362; 16,5,21 vJ. 392). - Die Terminologie für den aufgebrachten P. bleibt weiterhin in different (Kneppe 12/9): Omnia plebs wollte iJ. 355/56 den Stadtpräfekten Roms angrei fen, als dieser den Rennfahrer Philoromus verhaften ließ. Die Verhaftung u. Folterung der Rädelsführer sorgte für Ruhe. Als sich wenig später die Menge wegen des Wein mangels zusammenrottete, bewirkte eben falls die Auspeitschung des Anführers die Auflösung der Plebs (Amm. Marc. 15, 7,1/5). Den auctores seditionis drohten generell schwere Strafen (Cod. Theod. 9, 10, 1 vJ. 317 [?]). - Für die 2. H. des 4. Jh. können an hand der Berichte des Ammianus Marcellinus u. des Symmachus in Rom Versorgungs krisen u. damit verbundene Revolten nach gezeichnet werden (Kohns, bes. 24/32; Kneppe 5/9 mit weiteren Quellen). Ursachen u. Verlauf der Unruhen folgen dabei meist einem bestimmten Schema; das Volk wird als marodierender P. mit seinen typischen Charakteristika wahrgenommen: Typisch für die Revolten ist, dass sie gewöhnlich be reits im Vorfeld oder zu Beginn einer Ver sorgungsnot eintraten u. nicht erst nach deren Ausbruch (Kohns 95f). Sie waren kurz lebig u. wurden nicht mit aller Entschlossen heit ausgeführt. Der P. erscheint somit als feige u. ineffektiv. Amm. Marc. 27, 3,8 schil dert, dass Nachbarn u. Sklaven mit Stein würfen den P. davon abhalten konnten, das Haus des Präfekten Lampadius anzuzünden. Oft reichen Gerüchte aus, um das Volk in Rage zu bringen. In der Schusslinie stand häufig der praefectus urbi, der verantwort lich für die Aufrechterhaltung der öffentli chen Ordnung war. So wurde 364/65 ein Haus des Stadtpräfekten Symmachus d. Ä. in Brand gesetzt, weil er angeblich nicht wie erwartet die Weinpreise senken wollte (ebd. 27, 3, 4). Gerade Schwierigkeiten bei der
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Weinversorgung konnten zu Ausschreitun gen des vulgus führen (14, 6, 1; 15, 7, 3 [,wie gewöhnlich über Weinmangel klagend rot tete sich die Plebs zusammen']; 27, 3, 4). Auch in anderen Großstädten des Röm. Rei ches kam es bei Versorgungsschwierigkeiten zu Unruhen, die namentlich in *Antiochia u. *Alexandria weitaus heftiger ausfielen, was bereits antike Autoren mit der Mentalität der dortigen Bevölkerung erklären (Kneppe 68 nennt als weiteren Grund die religiöse Struktur; vgl. J. Hahn 272 mit Verweis auf die Vielschichtigkeit der dortigen Konflikte). C. Christlich. I. Der heidn. Pöbel aus christl. Sicht, a. Allgemeine Stellungnah men zur Masse. Die allgemeinen Charakte risierungen der Plebs u. Menschenmassen seitens der Kirchenväter unterscheiden sich kaum von den bisher angeführten Stereoty pen, was damit zusammenhängt, dass die meisten christl. Schriftsteller ebenfalls den Oberschichten entstammen (Kneppe 169/75). Für *Paulinus v. Nola u. *Hieronymus ist die Plebs eine laute Masse, der es zu entfliehen gilt, um Gottesnähe zu finden (Paul. Nol. ep. 5, 4; Hieron. ep. 24, 5; Kneppe 169f). Auch *Ambrosius mahnt zur Distanz gegenüber der incondita multitudo (ep. 6 [28], 2 [CSEL 82,1,39]) u. plebeia insipientia (ebd. 7 [37], 8 [46]). Die Plebs sei leicht zu täuschen, der favor vulgi leicht zu erlangen (Hieron. in Eccl. comm. 9, 11 [CCL 72, 329]). Sie ist vergnü gungssüchtig u. die allzu ausgiebigen Märtyrerfeiera der camalis et inperita plebs müssten eingedämmt werden (Aug. ep. 22, 5f). - Auch aus christlicher Sicht sind Thea ter u. Circus Orte des P. Tertullian (spect. 16. 19) betont die emotionalen Aspekte (furor) der aufrührerischen (tumultuosus), ver blendeten (caecum) u. aufgewühlten (concitatum) Masse bei den Spielen, ebenso wie *Lactantius (inst. 6, 20, 32f). Anschaulich be schreibt Augustinus die Verwandlung eines Individuums durch die Masse im Circus am Beispiel seines Freundes Alypius (conf. 8, 6), der während der Spiele Teil der Masse u. so mit der Masse gleich wird (unus de turba, immanitatem simul ebibit, hauriebat furias, cruenta voluptate inebriatur) u. den Zustand der insania erlangt. b. Der gewalttätige Pöbel. Eine große Rolle spielte der P. in den Berichten über die Christenverfolgungen u. sonstige Akte der Gewalt gegen Christen. Gemäß dem Bericht Eusebs (h. e. 5, 1) gingen Gewaltakte, die
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sich als regelrechte Pogrome darstellten, ge gen die christl. Gemeinde in *Lyon um dJ. 177 von einer .vereinten, pöbelhaften Volks masse' (ebd. 5,1, 7: τα άπό του όχλου πάνδη με! σωρηδόν έπιφερόμενα) bzw. .einer ver sammelten Menge' (ήγριωμένφ πλήόει) aus, die die Christen beschimpfte (ebd.), schlug, mit Steinen bewarf u. dann zum Forum vor den Kommandanten der städtischen Kohorte u. den Duumvim zerrte, wo die Christen in Gegenwart der gesamten Menge verhört wurden (5,1, 7f). Bis zur Ankunft des Statt halters wurden sie in Haft gesetzt (5, 1, 9). Auch bei der Schilderung der nun folgenden einzelnen Martyrien wird stets die aktive Teilnahme des heidn. P. hervorgehoben: Die ganze Wut des Volkes, des Statthalters u. der Soldaten richtete sich vor allem gegen den Diakon Sanctus v. Vienne, gegen Maturus, Attalus v. Pergamon u. Blandina (5, 1, 17). Als diese vier standhaft die Folter im Amphitheater ertrugen, wurde die Menge rasend (5,1, 38f) u. kochte vor Wut (5,1,44). Selbst bei Blandina, die eine Folter nach der andern ertrug, blieb die Menge erbittert u. mitleidlos (5, 1, 53f). Zum Schluss erscheint die Menge als .wilde u. barbarische Stämme' (άγρια καί βάρβαρα φϋλα), die die Leichen der Christen, die nicht bestattet werden dür fen, den Hunden vorwerfen bzw. verbrennen u. ihre Asche in die Rhône werfen (5,1,57/9; zum Christenpogrom in Lyon Heinen 388/406). - Auch in der Folgezeit tritt das heidn. vulgus als einfältige u. gewalttätige Horde sowie erbitterter Gegner der Chris ten auf. Tertullian (apol. 37,2; vgl. ebd. 35,8; 49, 4. 6) berichtet von einer wilden, betrun ken wirkenden Schar, welche die christl. Gemeinde in *Karthago mit Steinen u. Flam men traktiert u. nicht vor der Grabschän dung auf christlichen Friedhöfen zurück schreckt (so auch Pass. Perp. 18, 9; 21, 2. 7 [SC 417,168.179]). Gemäß der Vita des Pertinax (4, 2) der Historia Augusta benehmen sich die Anhänger der Caelestis in Karthago besonders gewalttätig, u. zwar nicht nur ge genüber Christen (Schöllgen 153f). Noch ge gen Ende des 4. Jh. kam es vereinzelt zu Ge waltakten gegenüber Christen, zumeist dort, wo der Christianisierungsgrad noch nicht weit vorangeschritten war u. das Heidentum sich unterdrückt fühlte. Im nordital. Val di Non nördlich von Trient wurden die drei von Bischof Vigilius v. Trient ausgesandten Mis sionare Sisin(n)ius, Martyrius u. Alexander
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von einer Schar Heiden umgebracht (Max. Taur. serm. 105f [CCL 23, 413/6]; Virg. gramm. ep. lf; dazu u. zu weiteren Quellen: Sironi). Vigilius selbst war in der ländlichen Umgebung von Trient missionarisch tätig. Als er dabei eine Saturnstatue stürzte, soll er ebenfalls dem heidn. P. zum Opfer gefal len sein (Ven. Fort. carm. 1, 2, 19: rustica turba peremit). Weitere Ausschreitungen ei nes heidn. Mobs ereigneten sich in Nord afrika. Augustinus berichtet, wie 60 Chris ten, nachdem eine Herculesstatue zerstört worden war, von einem aufgebrachten heidn. P. iJ. 399 in Sufes massakriert wurden (ep. 50). 408/09 trug sich ein ähnlicher Zwischen fall in Calama zu, wo eine heidn. Menge die dortige Kirche mit Steinen bewarf u. eine Hetzjagd auf Christen veranstaltete (ebd. 90f. 103f). In Bekehrungs- u. Wunderberich ten trifft der missionierende Bischof häufig auf einen pöbelhaften Haufen, der sich ihm zunächst widersetzt: Gleich mehrmals be richtet dies Sulpicius Severus über *Martin v. Tours, der auf seinen Missionskampagnen in Gallien auch Tempel zerstören ließ. Beim Fällen eines hl. Baumes leisteten der heidn. Priester (antistes) u. die Menge der Heiden (gentilium turba) Widerstand (vit. Martin. 13,1 [SC 133,280]). Auch als Martin in Levroux einen Tempel zerstören wollte, wurde er vertrieben: restitit ei multitudo gentilium (ebd. 14,3 [284]). Ähnliches ereignete sich im Häduergebiet: furens gentilium rusticorum in eum inruit multitudo (15,1 [ebd.]). - Weit aus explosiver als in den Westprovinzen ge staltete sich die religiöse Situation in der 2. H. des 4. Jh. im Osten, besonders in den so zialen Brennpunkten Antiochia, Gaza u. vor allem in Alexandria, deren δήμος auch nach dem Urteil des Kirchenhistorikers Sokrates (h. e. 7, 15, 1) mehr als andere zu Aufruhr neigte. Ausführlich bezeugt ist die Ermor dung des beim Heidentum verhassten Bi schofs Georgios v. Alex., der Ende 361 vom städtischen, heidn. P. (plebs omnis) gelyncht wurde (Amm. Marc. 22, 11, 3/10). Ein weite rer Fall wird aus Arethusa berichtet, wo der bei der heidn. Bevölkerung ebenfalls unbe liebte Bischof Markos gelyncht wurde. Gre gor v. Naz. thematisiert dabei das bekannte Mobverhalten (or. 4, 88 [SC 309, 222]): Das Volk (oi δήμοι) gerät leicht in Rage u. probt bei günstiger Gelegenheit den Aufstand (et καιρού λάβοιντο, άνάπτεσαί τε καί άναρρήγνυσ&αι).
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Pöbel
II. Christen als Pöbel, a. Christi. Pöbel bei Angriffen auf Heiden u. Juden. Während einige bedeutende Kultstätten, wie das Serapeion in Alexandria (391) u. das Mameion in Gaza (402), staatlich organisiert zerstört wurden, kam es im Zuge der antiheidn. Ge setzgebung gerade im Osten zu eigenmäch tigen Zerstörungsakten, bei denen Christen als gewalttätiger P. erscheinen (’Heidenverfolgung). Aus heidnischer Sicht werden besonders Mönche als herumstreunender Mob wahrgenommen. Sie werden als von der Paideia unberührte Gegenstücke der ge bildeten Philosophen geschildert u. erschei nen somit als besonders verachtenswerte Form christlichen P. (Brown 95). Für ’Li banios sind sie es hauptsächlich, die gegen die Heiligtümer in der ländlichen Umge bung von Antiochia, manchmal auch in der Stadt selbst, vorgehen (or. 30 [3, 87/118 Foerster]). Er bezeichnet sie als Banden (ebd. 30, 47 [3, 113f F.]: έργαστήριον), die sich zusammenrotten (30, 9 [3, 92 F.]) u. mit Knüppeln u. Steinen, Eisen oder auch nur mit der bloßen Hand bewaffnet Sturm ge gen die Heiligtümer laufen (30, 8 [3, 91f F.]; Gaddis 208/50; Wallraff). Nicht nur heidni sche Heiligtümer fielen dem christl. P. zum Opfer, sondern auch Synagogen. Den ersten bezeugten Fall stellt die Zerstörung der Synagoge in Kallinikon am Euphrat iJ. 388 dar. Den Judenpogromen gingen innerkirch liche Auseinandersetzungen voraus, bei de nen der ,orthodoxe' Mob zunächst die valentinianische Gemeinde angriff u. danach seine Aggressionen an den ortsansässigen Juden ausließ (Ambr. ep. 74 [40], 6 [CSEL 82, 3, 58f]; dazu J. Hahn 249/51). Weitere Eskala tionen der Gewalt sowohl gegen Juden wie gegen Heiden als auch von politischer Art ereigneten sich in Alexandria unter Bischof Kyrill (412/44), der wiederholt einen gewalt bereiten Mob, teilweise auch aus Mönchen bestehend, um sich versammelte. Nach vor angegangenen Konflikten zwischen der jüd. u. christl. Gemeinde, die in nächtlichen Ge waltakten gegen Christen mündeten, zog Kyrill iJ. 415 mit einer christl. Schar (πλήθος) zu den Synagogen, nahm diese in Beschlag, vertrieb die Juden aus der Stadt u. gab die jüd. Besitztümer zur Plünderung frei (Socr. h. e. 7, 13). Sein radikales Vorge hen, durch das er mit dem kaiserl. Präfek ten Orestes in Konflikt geriet, rechtfertigte der Bischof damit, dass das Volk (δ λαός
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’Ake^avÖQccov) ihn dazu gezwungen habe (ebd. 7, 13, 19). In Folge der weiteren Konflikte mit dem Präfekten mobilisierte Kyrill angeblich (7, 14, 2) 500 Mönche aus Nitria, die den Präfekten auf offener Straße attackierten u. mit einem Steinwurf verletz ten. Den Höhepunkt der Gewalt stellt die Ermordung der heidn. Philosophin ’Hypatia dar, die von einem aufgebrachten christl. P., darunter wohl auch Mönche, zwar nicht un ter der Führung Kyrills, aber eines seiner Kleriker barbarisch ermordet wurde (7, 15; dazu J. Hahn 110/20; ders., Art. Parabalani: o. Bd. 26, 928). b. Der Pöbel in innerchristl. Auseinander setzungen. Im Zuge von Bischofswahlen oder -absetzungen konnten die Anhänger eines Bischofs als gewalttätiger P. auftreten. Bei den innerkirchl. Auseinandersetzungen zwi schen Damasus u. Ursinus in Rom gab es 366/67 erbitterte Straßenschlachten der bei den Anhängerschaften (seditiones populi), bei denen das aufgebrachte Volk (plebs efferata) auch später noch nur mit Mühe be ruhigt werden konnte (Amm. Marc. 27, 3, 13). - Als zuvor unter **Constantius II Bi schof Liberius v. Rom abgesetzt wurde, führte man ihn aus Angst vor einem Volks aufstand (populi metu) heimlich nachts aus der Stadt weg (ebd. 15, 7, 10). Als Paulus v. Kpel ebenfalls von Constantius abgesetzt werden sollte, wird der Abgesandte von sei nen Anhängern getötet (Socr. h. e. 2,13,2). Auch als ’Johannes Chrysostomus aus Kpel verbannt wurde, tobte das Volk, so dass man ihn zurückrufen musste (ebd. 6, 15, 20). In Alexandria war das Volk mit der Wahl des Bischofs Proterius so unzufrieden, dass Sol daten eingesetzt wurden u. das Volk gegen diese mit Steinen vorging, sie in die Flucht schlug, überwältigte u. lebendig verbrannte (Euagr. Schol. h. e. 2, 5). - Bei dem Zwist zwischen Ambrosius u. Kaiserin Justina, die den Bischof zwang, eine Kirche an die .Ari aner' abzutreten, stürmte die Plebs vor den ’Palast (Ambr. c. Aux. 29 [CSEL 82,3,1010; Socr. h. e. 5, 11, 6). - Wo sich Christen ver sammelten, benahmen sie sich pöbelhaft, auch in der Kirche. Als Augustinus während der Messe einen Bibeltext in der abweichen den Übersetzung des Hieronymus vortrug, kam es zu einem tumultus in plebe (Hieron. ep. 104, 5 = Aug. ep. 71). In innerkirchliche Auseinandersetzungen griffen auch Mönche ein. Nach dem Konzil v. Chalkedon (451) ver
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Pöbel
ursachten unzufriedene Mönche in Palaestina solche Unruhen, dass Bischof Juvenal v. Jerus. nach Kpel fliehen musste (Euagr. Schol. h. e. 2, 5). - Mit den Circumcellionen begegnet in Nordafrika eine stets als pöbel hafter Haufen (turbae, catervae) charakteri sierte christl. Gruppierung, die ständig den gewaltsamen Konflikt mit katholischen Bi schöfen u. Klerikern sowie Heiden suchte (Krause 1212; Μ. Overbeck, Augustin u. die Circumcellionen seiner Zeit: Chiron 3 [1973] 457/63; C. Lepelley, Art. Circumcelliones: AugLex 1 [Basel 1986/94] 930/6; zur Benen nung: Shaw 657). D. Fazit. Der P. als Wahrnehmungskate gorie spielte in römischer Zeit eine große Rolle. Denn in der Tat kam es seit der sog. Krise der Republik regelmäßig zu Aufstän den u. Unruhen, die von den unteren Schich ten entfacht wurden. Waren die Gründe für Revolten zunächst entweder wirtschaftlicher oder politischer Art, so kamen in christlicher Zeit religiöse Gegensätze hinzu. Im Fokus der Quellen stehen besonders die pöbelhaf ten Massen der Großstädte, wie Rom u. die Zentren des Ostens, die einen steten Unru heherd darstellten. In der Regel haben sie ihren Unmut sicherlich verbal ausgelassen, in Protestaktionen, vor allem in Theater u. Circus. Doch die Grenze zur Gewalt, die sich gegen Sachen oder Personen richten konnte, war leicht überschritten. Der Organisations grad bei religiös u. politisch motivierten Ausschreitungen des P. erscheint höher als bei Unruhen, die wirtschaftlicher Not ent sprangen, ein christl. P. konnte auch unbe absichtigt, etwa in Predigten, aufgebracht werden (Kneppe 71/6). Exakte Zahlenanga ben zum an den Randalen beteiligten P. fin den sich selten (zB. Socr. h. e. 7, 14, 2: 500 Mönche attackieren den Präfekten). Häufig ist von omnis plebs die Rede, was, wie multitudo, auf die umfassende Beteiligung des niederen Volkes verweisen soll. In einigen Fällen lassen sich die Dimensionen von Kra wallen an der Zahl der Opfer, die häufiger genannt werden, ermessen (bei dem Konflikt zwischen Damasus u. Ursinus gab es 137 [Amm. Marc. 27, 3,13] bzw. 160 [Coll. Avell. 1, 7 (CSEL 35,1, 3)] Tote). Die meisten Kra walle dauerten sicherlich nur einen Tag, nur bei heftigeren Auseinandersetzungen ist von mehreren Tagen die Rede (Kneppe 80/9). Aufgrund des stereotypen Charakters der Schilderungen gestaltet sich die historische
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Rekonstruktion vieler Aktionen des P. aller dings schwierig.
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Pöbel - Poesie I
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Poenitentes s. Buße: o. Bd. 2, 802/12. Poesie I (Gattung u. Dichtungstheorie). A. Definition 1056. B. Nichtchristlich. I. Poesie als Universalmedium, a. Bedeutung der Poesie in der archaischen Kultur 1057. b. Auswirkung der Schrift auf die poetische Pro duktion 1057. c. Poesie als soziales Ereignis 1058. d. Merkmale der Poesie in der Archaik 1059. e. Götterfeste u. fahrende Sänger 1060. f. Das at tische Drama 1061. II. Ablösung der Poesie durch die Prosa 1062. III. Poesie als Buch. a. Das Buch als neuer Re zeptionsweg 1064. b. Folgen für Komposition u. Rezeption von Poesie 1065. c. Renaissance der (Buch-)Poesie im Hellenismus 1066. IV. Lat. republikanische Poesie 1069. V. Poesie im Kaiserreich, a. Lat. Poesie bis zum 3. Jh. 1. Der frühe Prinzipat als Zeit des Um bruchs u. der Experimente 1071. 2. Poesie als
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Repräsentations- u. Kommunikationsform der Hohen Kaiserzeit 1073.3. Poesie u. Schulbetrieb 1075. b. Griech. Poesie. 1. Poesie u. Schulbetrieb 1076. 2. Das Verhältnis von griech. zu lat. Dich tung 1078. VI. Die Wirkung von Poesie 1079. C. Christlich. I. Rahmenbedingungen der christl. Poesie 1082. II. Vom Kultlied zur Poesie, a. Poesie im christl. Leben 1082. b. Poesie u. frühchristl. Li turgie: »Altes* u. »neues* Lied 1083. c. Poesie au ßerhalb des Gottesdienstes 1086. 1. Fortschrei bungen paganer Formen 1086.2. Verschmelzun gen von paganen u. jüd.-christl. Formen 1086. 3. Nachahmungen paganer poetischer Formen 1087. III. Christi. Autoren über Poesie 1089. a. Pagane Poesie 1089. b. Poesie u. Affekte 1092. IV. Autonome christl. Poesie, a. Die Notwen digkeit einer eigenen Poesie 1093. b. Poetisie rungen der Bibel. 1. Cento 1095.2. Bibelepik 1096. c. Kleinere Formen 1097. d. Innovative christl. Poesie 1100. A Definition. Mit dem Begriff ,P.4 werden in (moderner) Literaturkritik u. -theorie in einem umfassenden Sinn alle Texte bezeich net, die in gebundener Sprache verfasst sind. ,P.4 steht damit in Opposition zu ,Prosa' als der Bezeichnung für Texte in ungebundener Sprache. Als Synonym für ,P.4 kann der Be griff »Dichtung4 gelten. Die grundsätzliche kategoriale Unterscheidung zwischen P. u. Prosa wird zwar erst von der frühen Neuzeit an (K. Weimar, Art. P.: Reallex. der dt. Litwiss. 3 [2003] 96/100) für literarische Pra xis u. Theorie aufgerufen, doch kann sie in sofern auch für die griech.-röm. Literatur ge nutzt werden, als bereits Gorgias (Helena 9 [VS 82 B 11, 9]) ,P.4 für sämtliche Texte in gebundener Sprache gebraucht (ohne freilich einen systematisch erforderlichen komple mentären Begriff »Prosa4 zu prägen). Da zu dem über die gesamte Antike hin der Pro duzent jedweder Texte in gebundener Spra che als ποιητής bzw. poeta bezeichnet wird (Μ. Hose, Art. P. III [Dichter]: u. Sp. 1153/85), ist es ungeachtet des von * Aristoteles vorge tragenen Einspruchs (poet. 1, 1447b 14/23 begrenzt den Dichter / ποιητής auf mimeti sche Gedichte; Th. Führer, Art. Lehrdich tung: o. Bd. 22, 1035) zulässig, die entspre chenden Produkte, also Texte in gebundener Sprache, mit dem so in der Antike nicht ge brauchten Sammelbegriff ,P.4 zu umfassen (ποίησις bezeichnet dagegen in der Regel
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Poesie I
das Produzieren, nur ausnahmsweise das Produkt [Herodt. 2, 23; Thuc. 1, 10, 3]). B. Nichtchristlich. I. Poesie als Univer salmedium. a. Bedeutung der Poesie in der archaischen Kultur. In der archaischen griech. Kultur hatten poetische Formen eine zunächst soziale u. kultische Bedeutung: Das Singen von Liedern lässt sich hypothetisch postulieren (bzw. aus späteren Zeugnissen herleiten) im Kontext von *Festen oder Fei ern, die die Stationen des menschlichen Le bens innerhalb einer Gemeinschaft (*Familie, soziale Gruppe etc.) markierten (*Geburt, *Hochzeit, Tod), sowie ferner als Teil einer Kommunikation mit Göttern bei religiösen Festen (die spätere griech. Literaturkritik wird hierfür den t. t. Hymnos prägen [K. Thraede, Art. Hymnus I: o. Bd. 16, 915/46; W. D. Furley / J. Μ. Bremer, Greek hymns 1/2 (Tübingen 2001)]) oder bei individueller Hinwendung (Beschwörung, *Magie etc.). Lieder waren zudem Bestandteil sozialen Zusammenlebens: Als Arbeitslieder, Heischelieder, oder, auch dies in sozialer Be deutung, ,Zauberlieder* (J. Quasten, Art. Carmen: o. Bd. 2, 905) mit verschiedenen magischen (darunter auch medizinischen) Funktionen (als .subliterar.* Form sind sie nur durch Papyri überliefert; Ausgabe: PGM2). Diese poetischen Formen sicherten generationenübergreifend Wissenstransfer: Als Mahnlieder oder als Träger einer veritablen Memorialkultur bewahrten sie exem plarische Traditionsbestände von Ober schichten. In einer wohl bis in die mykenische Zeit zurückreichenden u. in der Rolle des »Sängers* (Hose, P. III aO.) ein indoeurop. Stratum bewahrenden poetischen Er zählform in daktylischen Hexametern ent stand eine Heldenepik, die in sublimer Form die Werte u. die Weltdeutung der aristo kratischen Oberschichten formulierte. b. Auswirkung der Schrift auf die poeti sche Produktion. Vom frühen 7. Jh. vC. an wurden immer größere Bereiche dieser rei chen poetischen Landschaft (man hat poin tiert von der Archaik als einer ,song-culture* gesprochen [J. Herington, Poetry into drama (Berkeley 1985) 3]) von der Möglichkeit, P. mit Hilfe der Schrift aufzuzeichnen, erfasst. Die Verschriftlichung bedeutete indes zu nächst nur Konservierung des Produkts über den zuvor von Vergänglichkeit be stimmten Vortrag hinaus, dann aber auch die Möglichkeit, die Komplexität bei der von RAC XXVII
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der Situation des Vortrags nunmehr losge lösten Produktion zu erhöhen. Die epische Dichtung (grundsätzlich K. Thraede, Art. Epos: o. Bd. 5, 983/1042) nutzte dies, soweit anhand der Überlieferung erkennbar, früher als andere poetische Formen: Die homeri schen Epen Ilias u. Odyssee bezeugen auf je unterschiedliche Weise die Benutzung der Schrift für die Komposition (so jedenfalls die sog. Neoanalyse) großer Erzählzusammen hänge (die ca. 16000 Verse der Ilias kom primieren das zehnjährige Geschehen des trojanischen Krieges, die ca. 12000 Verse der Odyssee .erzählen* in einer komplexen Struktur mit artifiziellen Rückgriffen die schwierige Heimkehr des Titelhelden). Die Theogonie u. die Erga *Hesiods bieten da gegen einen .verdichteten* Text, der, im Ge gensatz zu den homerischen Epen, weitge hend ohne die auf die mündliche Produkti onssituation verweisenden Formelverse (zur homerischen Versifikation E. Visser, Home rische Versifikationstechnik [1987]) aus kommt. Nur wenig später, um die Mitte des 7. Jh., folgten im Gebrauch der Schriftlich keit weitere poetische Formen: Die Iambik (Archilochos), die Elegie (Kallinos, Tyrtaios; L. Alfonsi / W. Schmid, Art. Elegie: o. Bd. 4, 1026/61) sowie die Melik, d. h. im antiken Sinn lyrische Formen (Alkman; zur antiken u. modernen Terminologie Görgemanns). Anders als im Fall des Epos sind hier nur Fragmente erhalten, doch eben dies zeigt an, dass diese Formen von P. bereits schriftlich fixiert worden waren. Damit war in der griech. Kultur der Punkt erreicht, von dem an in der Produktion P. mit dem Medium der Schrift verbunden war. c. Poesie als soziales Ereignis. In der Re zeption blieb P. freilich weiterhin an eine Kommunikationssituation gebunden, die durch den Vortrag vor Hörem charakteri siert war. Rezeption war daher stets zu gleich, da an das Vorhandensein von Vor tragendem u. Hörem geknüpft, ein soziales Ereignis: Man kann dieses Ereignis als ,Fest* bezeichnen (Kannicht), da es sich in der Regel um herausgehobene, zumeist reli giös gegründete Konstellationen menschli chen Zusammenlebens handelte: die Feiern von Geburt u. Hochzeit, Trauer- u. Begräb nisrituale, Feste für Götter, aber auch das Zusammentreffen zumeist aristokratischer Gruppen oder Bünde (Hetairien) zu Sympo sien, die oft als Feier im Rahmen von nicht 34
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Poesie I
öffentlichen Kulten strukturiert waren. Bis weit in das 5. Jh. hinein blieb dieser ,Ermög lichungszusammenhang' von P. prägend, wo bei allerdings eine Erhöhung der Bedeutung der Rahmenbedingungen erkennbar ist: Vom 6. Jh. an nutzten zunehmend Tyrannen Feste, um Loyalität für ihre Herrschaft zu sichern oder zu gewönnen. Hierfür statteten sie diese Feste mit prächtigen Opfern u. ent sprechenden musischen Darbietungen aus, deren Intensität durch Aufbau agonaler Strukturen gesteigert wurde (hierauf deuten Notizen bei *Herodot zu Periander v. Ko rinth [1, 23] oder Kleisthenes v. Sikyon [5, 67]; Zimmermann). Wie im Fall *Athens nach dem Sturz der Peisistratiden deutlich, griffen die demokratischen Poleis dies auf u. führten die Feste u. musischen *Agone unter neuen Vorzeichen weiter. Dies führte etwa in Athen zur Etablierung neuer poetischer Formen, der Tragödie (sowie dem Satyr spiel) u. der ’Komödie. d. Merkmale der Poesie in der Archaik. Aus dem Vorangehenden ergeben sich zwei Charakteristika für die P.: 1) Da sie an den Rezeptionsmodus des Hörens u. die damit vorgegebene lineare u. zugleich irreversible Abfolge der Informationen in einem Gedicht gebunden war, musste sie gleichsam linear verstehbar sein; ihre Narrativik wie der Ge brauch von außerhalb des Narrativs stehen den Elementen (Bilder, Gleichnisse etc.) hatte dies zu berücksichtigen. 2) Insofern Vortrag bzw. Aufführung einer Dichtung grundsätzlich an einen Ort gebunden waren, bildete dieser Ort in seiner sozialen Kon struktion, d. h. als öffentliches oder privates Fest mit einem spezifischen Anlass, auch den Verstehensrahmen für eine Dichtung. Man kann daher (in Übertragung des Begriffs aus der Theol.) mit Bezug auf diesen Rahmen von einem ,Sitz im Leben' (Begriff nach H. Gunkel; Käppel 17/21) für archaische grie chische P. sprechen, der eine Verstehensvor gabe für diese P. für die Rezipienten schuf, aus der heraus ein Lied an einem Fest für Apollon selbstverständlich ein Kultlied für Apollon, ein Lied an einem Dionysos-Fest ein Kultlied für Dionysos (*Liber) etc. war. Die sich durch die jeweiligen Notwendigkei ten des Festes u. Eigenschaften des Gottes anbietenden Elemente, auf die die jeweiligen Lieder Rücksicht zu nehmen hatten, verlie hen ihnen spezifische Merkmale, die als ent sprechende Gattungsmerkmale verstanden
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werden konnten, sobald ein Lied aus dem Kontext des Festes herausgelöst u. unab hängig vom Fest rezipiert wurde. - Ein ge sondertes Forschungsproblem stellen die deiktischen Verweise der archaischen Dich tung dar: Einerseits beziehen sie sich, in ei ner pragmatischen Hinsicht, auf das histori sche Setting des (ersten) Vortrags, anderer seits können sie auch einen imaginären Raum konstruieren u. Indikator für ein sich entwickelndes Bewusstsein um den mögli chen fiktionalen Charakter von P. darstellen (W. Rösler, Über Deixis u. einige Aspekte mündlichen u. schriftlichen Stils in antiker Lyrik: WürzbJbb NF 9 [1983] 7/28; J. Latacz, Realität u. Imagination: MusHelv 42 [1985] 67/94). e. Götterfeste u. fahrende Sänger. Die po etische Produktion war vom 7. Jh. an ge kennzeichnet durch eine Mobilität der Pro duzenten (Hose, P. III aO.): Epische Rezita tionen erfolgten nicht nur durch Aöden, die durch eine Form von *Patronage fest an ei nen Aristokraten u. sein Haus gebunden wa ren (wie sie in der Odyssee von Demodokos [8, 471/3] oder Phemios [1,153/5] verkörpert werden), sondern auch durch .fahrende Sän ger', wie sie etwa in den biographischen Tra ditionen zu *Homer gespiegelt sind (W. Schadewaldt, Legende von Homer, dem fah renden Sänger [1942]; E. Vogt, Homer. Ein großer Schatten?: J. Latacz [Hrsg.], Zwei hundert Jahre Homer-Forsch. [1991] 365/77). Diese trugen teils eigene (vgl. Hesiod, frg. 357 Merkelbach / West), teils, wohl mit der Zeit zunehmend, aus dem epischen Kyklos oder dem homerischen Corpus stammende Stücke vor. Ihre Präsenz an den Götterfes ten (bezeugt etwa durch den homerischen Apollon-Hymnos 156/78; das Corpus der ho merischen Hymnen scheint eine Reihe von kurzen, der Gottheit des jeweiligen Festes gewidmeten hymnischen Preisungen zu ent halten, die dem epischen Vortrag vorange stellt wurden; Thraede, Hymnus aO. [o. Sp. 1057] 915/46; vgl. Burkert) deutet auf eine Professionalisierung des Dichtens im Sinne eines Berufs; Vergleichbares lässt sich auch für andere Formen von Dichtung erschlie ßen: Für die großen Namen der frühgriech. P., wie Terpander, Alkman, Tyrtaios (Suda s. v. Τυρταίος [4, 610 Adler]: Spartaner oder Milesier) oder Arion (vgl. Herodt. 1,23f), ist eine mehr oder minder große Mobilität be zeugt, die sie entweder von Fest zu Fest
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bzw. Hof zu Hof oder wenigstens an große musische Zentren (Sparta, *Korinth) führte (Hose, P. III aO.). - Im 6. Jh. wird diese Ortsungebundenheit der Dichter noch stär ker sichtbar (es kommen Konstellationen von unfreiwilliger Mobilität durch Exil hinzu [etwa Alkaios oder SapphoJ), u. es scheint, dass sogar Chöre, die bestimmte Werke ei nes Stesichoros aufführten, ensembleartig die Dichter begleiteten. Dass es von der Mo bilität der Dichter in systematischer Hin sicht nur ein kleiner Schritt zu einer Mobili tät von Dichtung ist, zeigt sich im späten 6. Jh.: Theognis erwartet von seinen Elegien eine universelle Verbreitung, die weit in Raum u. Zeit (u. damit über die physische Existenz des Dichters hinaus) reichen soll (245/52). Noch deutlicher wird die Trennung von Poet u. P. in der im späten 6. Jh. ent stehenden Epinikien-Dichtung, Auftrags werken, die Sieger bei griechischen Spielen feiern sollten. Der Vorwurf der Habgier ge gen Simonides, den Erfinder dieser Gattung, signalisiert einen veritablen Verkauf des Produkts, u. Pindar (Nem. 1, 1/4) imaginiert eine Verbreitung seines Liedes für einen Aiginetischen Sieger (der das Lied an Freunde u. Verwandte in der griech. Welt zu schicken scheint). f. Das attische Drama. Demgegenüber stellt das attische Drama des 5. Jh. zunächst einen Höhepunkt in der Entwicklung für Aufführung konzipierter P. dar: Diese (geni ale) Weiterentwicklung einer chorischen Darbietung mit einem Vorsänger zu einem dramatischen Spiel mit Schauspielern machte durch die Einführung eines Bühnen geschehens aus Zuhörern Zuschauer. Die Di mension des Sichtbaren (öipig, indes von Aristot. poet. 6, 1450b 16f marginalisiert) wurde von den Dichtem seit *Aischylos (Reinhardt; Taplin) als Bedeutungsstiftung genutzt. Hierbei lässt sich mindestens für die aischyleische u. sophokleische Tragödie erkennen, dass die Einbettung der Auffüh rung in ein Götterfest, mögen auch die Stü cke nur selten direkt mit Dionysos, dem Gott dieses Festes, in Verbindung stehen (A. F. H. Bierl, Dionysos u. die griech. Tragödie [1991]), weitergeführt wird in Weltdeutun gen, die Theologie u. Anthropologie ver schränken (diese religiöse Dimension der Tragödie wird von Aristoteles’ Poetik nicht thematisiert). - Zugleich entsteht mit der Tragödie aber auch eine Kluft zwischen P. u.
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Publikum: Der Konnex zwischen Produzent u. Rezipient als in einer Zeit- (u. damit: Erlebens-)Ebene befindlich löst sich, das Drama bildet einen geschlossenen fiktiona len Raum, zu dem das Publikum nicht mehr als Festgemeinde untrennbar gehört, son dern den es nur noch als Zuschauer distan ziert betrachtet. Dieser Status des Rezipi enten erlaubte offenbar eine noch weiter gehende Auflösung des Zusammenhangs zwischen P., Poet u. Publikum: Mindestens die Tragödien wurden über ihre (erste u. ei gentlich einmalige) Aufführung im Atheni schen Dionysos-Theater hinaus in den atti schen Demen-Theatern (u. wahrscheinlich auch außerhalb Attikas) gespielt, zudem ge fielen offenbar manche Stücke derart, dass eine Buchausgabe daraus erwuchs, die die private Lektüre erlaubte (so bezeugt von Aristoph. ran. 52/4; die genauen Analysen, die in dieser Komödie von *Euripides’ Pro logen u. Aischylos’ Chorliedem vorgenom men werden, setzen zudem geradezu Buch ausgaben der Stücke voraus). II. Ablösung der Poesie durch die Prosa. Die Textüberlieferung lässt eine Zäsur um die Wende vom 5. zum 4. Jh. entstehen: Mit dem Tod von Euripides, Sophokles u. *Aristophanes scheint das Drama zu verstummen, es gibt keine nennenswerten Überreste von Lyrik oder Epik aus dem 4. Jh. Doch wurde weiter gedichtet: Das Theater florierte (P. E. Easterling, From repertoire to canon: dies. [Hrsg.], The Cambridge companion to Greek tragedy [Cambridge 1997] 211/27), u. auch Namen von Epikern (etwa Choirilos) sind bekannt. In den Kulten in der gesamten griech. Welt sang man weiterhin (bisweilen hochartifizielle) Hymnen u. hielt sie sogar, auch dies ein Ausdruck der wachsenden Be deutung der Schriftkultur, inschriftlich fest (repräsentative Zusammenstellung bei Furley / Bremer aO. [o. Sp. 1057]). - Es wäre da her zu einfach, ein Erlahmen der poetischen Begabung zu diagnostizieren (u. dafür den verheerenden Peloponnesischen Krieg als Grund anzuführen). Wichtiger scheint, dass eine andere textuelle Form, die Prosa, an kultureller Bedeutung gewonnen hatte. Denn wenn man die Grundfunktion sämtli cher P. in der griech. Kultur bis zum 5. Jh. darin sieht, einen geistigen Experimental raum zu bilden, in dem (in verschiedenen Gattungen mit je unterschiedlichen Möglich keiten) Entwürfe vorgelegt werden konnten,
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die Stellung des Menschen in der Welt aus zuloten, so usurpierten Prosa-Texte seit dem 5. Jh. eben diese Funktion (Patzer). Freilich hatte die P. Erhebliches geleistet: Vermöge des unerhört flexiblen Mediums *Mythos konnten Geschichten mit Bedeutung erzählt werden, die je für sich Geltung beanspruch ten, indes in der Summe eine beachtliche an thropologische wie theologische Polyphonie ergaben. So hatte bereits das homerische Epos zwei konträre Welten entworfen (W. Kullmann, Die unterschiedliche Sicht der Götter in Ilias u. Odyssee: Mäl. Delebecque [Aix-en-Provence 1983] 221/31): Die einer göttlichen Gerechtigkeit, in der die Menschen für Schuld büßen (Odyssee), wie auch die eines Geworfenseins des Menschen in Konstellationen, in denen auch Götter ihn zum Untergang verführen (Ilias). Innerhalb des Großdiskurses der P. ließ sich Kritik an bestimmten Konzepten bzw. Darstellungs konventionen wie des Anthropomorphismus in den Gottesvorstellungen (zB. Xenoph.: VS 21 B llf. 15f) artikulieren wie auch auf diese Kritik implizit mit Korrekturen reagieren (zB. Pind. 01. 1, 35). Ferner begannen sich um die P. Diskurse zu legen, die sie mit Denkmöglichkeiten konfrontierte, die man ex post als philosophisch bzw. philologisch einstufen kann (Lamberton / Keaney; Ri chardson): *Heraklit scheint seine Philoso phie in Abgrenzung u. a. zur P. entwickelt zu haben (VS 22 B 40. 42. 56f), die damit ver bundene Kritik wurde aufgefangen durch ex egetische Diskurse (vielleicht zunächst ge tragen von Rhapsoden, dann auch unabhän gig von ihnen), die die Kompatibilität zwischen P. u. Philosophie zu erweisen such ten u. dazu allegorische Interpretationen von P. entwickelten (Theagenes v. Rhegion [VS 8 A lf] hat hier nach antiker Tradition den Anfang gemacht; zusammenfassend Pfeiffer 26/8; zu Metrodor J. Hammerstaedt, Die Homerallegorese des älteren Metrodor v. Lampsakos: ZsPapEpigr 121 [1998] 28/32). In der P. waren Grundzüge einer zunächst aristokratischen, dann jedoch auch die ge sellschaftlichen Schichten transzendierenden Ethik entworfen u. diskutiert worden, sei es in narrativ-darstellender Form (zB. II. 24), sei es in apodiktischer Belehrung (Hesiod, op. oder Theognis, darauf bes. die Euripideische Tragödie), u. es waren in Melik (Sappho) u. Tragödie (bes. in den Dramen des Euripides) die Emotionen des Menschen
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dargestellt worden. Doch blieb die P. stets an die Gelegenheit des Festes u. damit der Öffentlichkeit gebunden; sie artikulierte sich daher beständig in einer Situation der Exal tiertheit u. in einer eher prägnanten als prä zisen Sprache. Mit der Form der Prosa war es dagegen möglich, die Konstellation des Lehrgesprächs abzubilden (Th. Führer, Art. Lehrbuch: o. Bd. 22, 1025/34), definitorisch präzise zu formulieren, Wissensbestände zu konservieren u. zu akkumulieren, so dass vom 4. Jh. an (nachdem die sog. Vorsokratiker [Parmenides u. Empedokles stellen hier Ausnahmen dar, die sich der poetischen Form bedienen, um ihren Lehren höhere Geltung durch den Anspruch einer Offenba rung zu geben; Führer, Lehrdichtung aO. (o. Sp. 1056) 1043/5; Patzer] u. geograph.-historiographische Texte, bes. Herodot, im 6. u. 5. Jh. vorangegangen waren) die intellektuellen Experimentalräume im Medium der Prosa konstruiert wurden (Hose, Tod). III. Poesie als Buch. a. Das Buch als neuer Rezeptionsweg. Ebenso wie die P. ihre Bedeutung als intellektueller Experimental raum verlor, büßte vom 5. zum 4. Jh. die Auf führung das Monopol als zentraler Rezepti onsweg für P. ein. Die (nun auch private) Lektüre gewinnt komplementär zunehmend an Bedeutung, so dass Aristoteles nicht nur Opsis / die Aufführung als nicht wichtig er klären kann (s. o. Sp. 1061f), sondern sogar von Dichtern spricht, die besonders zum Le sen geeignet sind (rhet. 3, 12, 1413b 12/4) u. möglicherweise bereits ihre Texte mit Blick auf die Lektüre verfasst haben. Damit war der Weg zur Buch-P., in doppelter Weise, geöffnet: P. blieb als Text präsent, die atti schen Redner des 4. Jh. zitierten aus atti schen Dramen, die den Status von ReferenzTexten erhielten (etwa Lycurg. Leocr. 100 = Eur. frg. 360 [TragGrFrg 5, 2, 398/402]). Po etische Texte (Homer zumal, die Lyriker, die Dramatiker etc.) wurden als Texte, nicht mehr allein als Gegenstände des Memorie rens, Teil schulischer Ausbildungsformen, wahrgenommen; bezeichnend ist die wohl um 100 vC. der *Bibliothek im *Gymnasium des Piraeus von Epheben dedizierte Slg. von Euripides-Dramen (IG 2/32, 2363). Dies wie die seit dem frühen 4. Jh. mögliche Auffüh rung alter Dramen im Agon förderte Kanonisierungsprozesse von Literatur, die im Hellenismus ihren Abschluss fanden. Dass zunehmend auch P. als Buch individuell be
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sessen wurde, zeigen nicht nur die Nachrich ten über Privatbibliotheken u. Büchersamm ler, sondern auch Grabbeigaben wie der Timotheos-Papyrus (Wilamowitz-Moellendorff 2). - Produzieren u. Rezipieren von P. ge wann damit im Verhältnis zur Archaik neue Perspektiven: ,Neue‘ Texte traten mit den alten, nun stärker präsenten Texten in Kon kurrenz. Für die Dichter bildete dieser im plizite diachrone Wettbewerb eine Heraus forderung: Der Epiker Choirilos (frg. 2 [PoetEpicGr 1,191f]) sah die .Künste an ihre Grenzen gelangt', doch andere Dichter be griffen diese Konstellation augenscheinlich auch als Erweiterung der Grenzen einer P. (Hutchinson 15/7), die nicht mehr an einen ,Sitz im Leben' gebunden war, sondern in neuen Kombinationen von Metren, Dialekten u. Formen (man hat hierfür mit Blick auf den Hellenismus, nicht glücklich, den Terminus ,Kreuzung der Gattungen' geschaffen [W. Kroll 202/24]) neue ästhetische Dimensionen erschließen konnte. So schufen noch im spä ten 4. Jh. etwa Erinna eine lange Klage in Hexametern in einer Sprache, die Dorisch u. Äolisch verband (frg. 400/2 [SupplHell 186/92]), u. Krates einen Hymnos auf die Sparsamkeit in elegischen Distichen (frg. 361 [169f]). In diese Tradition der innovativen Kombinatorik lassen sich im 3. Jh. die Idyl len des Theokrit, die Mimiamben des Herodas oder die Alexandra des Lykophron stel len. b. Folgen für Komposition u. Rezeption von Poesie. Die sich seit dem 4. Jh. verstär kende Konzeptualisierung der Komposition u. Rezeption von P. als Text eröffnete ferner neue Verstehensmöglichkeiten, die sich durch den Text als fixiertes Gebilde ergaben, das zeitlich unbegrenzt dem Rezipienten vorliegt. Zum einen konnte der Dichter sei nen Text buchstäblich verdichten, d. h. In formationen so verknappen, dass sie sich beim Lesen (aber uU. nicht mehr beim Hö ren) erschlossen; dies nutzte programma tisch *Kallimachos (frg. 465 Pfeiffer formu liert die Devise, ,ein dickes Buch sei ein di ckes Unglück'; die kleine, konzentrierte Form als Maxime: epigr. 28 [2,88 Pf.]; hymn. in Apoll. 108/12 [2, 9 Pf.]; frg. 1, 1/29 Pf.). Ferner konnte er in seinem Text explizite oder implizite Verweise auf andere Texte anlegen u. durch die Öffnung hin zu diesen anderen Texten den Leser weitere Sinnebe nen entdecken lassen (Intertextualität war
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auch der griech. Lit. seit der Archaik nicht fremd, doch lässt sich diese, wie etwa He siods Verweis in op. 11 auf theog. 225 oder Solons Bezugnahme [frg. 20 West2] auf Mimnermos [frg. 6 W.2] als in der Hauptsache analeptisches Verfahren charakterisieren). Im 3. Jh. ist schließlich eine subtile Technik der Dichter erkennbar, intertextuelle Wel ten in den Gedichten anzulegen, die man als ,arte allusiva' (Begriff nach G. Pasquali) be zeichnen kann, eine Technik, die den Leser bisweilen anregt, im Gedicht nicht Ausge führtes zu ergänzen (Bing, Ergänzungs spiel). Eine weitere Technik, einem Text ei nen zweiten einzuschreiben, setzt die Lek türe zwingend voraus: die Anlage von Akrostichen (oder Mesostichen [A. Kurfess / Th. Kiauser, Art. Akrostichis: o. Bd. 1, 235/8]), die zuerst in den Phainomena des Arat nachweisbar ist (Vogt; Bing, Text). Noch stärker mit dem Text als visuellem Er eignis arbeiten schließlich die sog. Technopaignien, bei denen der Text durch die Ge staltung der einzelnen Zeilen ein Bild des im Gedicht bezeichneten Gegenstands (Beil, Al tar, Ei etc.) entwirft (Ch. Lenz, Art. Carmina figurata: o. Bd. 2, 910/2; Luz). - Lektüre als Modus der Rezeption bedeutete aber nicht nur eine Privatisierung der Rezeption, sie impliziert auch einen Leser, der über ent sprechende Zeitressourcen verfügte, d. h. Buch-P. wandte sich per se an gehobene Schichten (entsprechend konnte Bücherbe sitz, wie von Petron. sat. 48,4 karikiert, zum Indikator für soziale Distinktion werden). Die P. konnte daher nicht nur konzentrier ter, sondern auch voraussetzungsreicher werden u. eines lector doctus bedürfen (Ly kophrons Alexandra u. die [verlorene] Zmyrna des Cinna [Suet. gramm. et rhet. 18 (21f Brugnoli)] verlangen dies am stärksten). c. Renaissance der (Buch-) Poesie im Hel lenismus. Auf die derart vom Buch-Charak ter geprägte P. wirkten vom späten 4. Jh. an drei Faktoren ein: 1) Im Gefolge des Alexanderzuges entstanden in den Diadochenreichen Höfe, an denen Dichtung zur Herr scherrepräsentation eingesetzt wurde (G. Weber, Dichtung u. höfische Gesellschaft [1993]), sowohl im Rahmen eines engeren Hofzirkels wie auch nach außen, d. h. in die nichtgriech. Schichten der jeweiligen Reiche, in die gesamte griech. Welt etc. In diesem Kontext, der für Dichter die Möglichkeit der Unterstützung bedeutete, die gesucht wer
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den konnte (Theocr. id. 16f; vgl. für Rom den Maecenas- bzw. den Messalla-Kreis [Zetzel]), entstanden (direkt-)panegyrische Werke (zu meist Epen; Ziegler), wie auch Texte, die sich auf der Oberfläche der Panegyrik ver weigerten (mit dem Topos der recusatio), im plizit aber gleichwohl zur Repräsentation beitrugen. Panegyrische Überhöhung konnte dabei sowohl durch Analogisierung zwischen zu feiernder Person u. einer Gott heit (Callim. hymn. in Iov. 79/90 [2, 8 Pf.]: Ptolemaios ist ,wie‘ Zeus) wie auch durch de ren Vergöttlichung (etwa Hermokles’ Hymnos auf Demetrios Poliorketes [Coll. Alex. 173f Powell]: Demetrios ,ist* ein Gott) erfol gen. - 2) Im Zusammenhang mit den Diadochen-Höfen erfolgte auch eine weitere Pro fessionalisierung der Literaturkritik (nach Ansätzen bei den Sophisten u. erster Syste matisierung durch Aristoteles u. den Peripatos; Pfeiffer). In Alexandria, in Pergamon (u. wahrscheinlich auch in anderen monar chischen Zentren) entstanden durch königli che Förderung große Bibliotheken (C. Wen del / W. Göber, Gesch. der Bibliotheken. Das griech.-röm. Altertum: Hdb. der Bibliothekswiss. 3, 1 [1953] 51/145; E. Blumenthal / W. Schmitz [Hrsg.], Bibliotheken im Altertum [2011]), möglicherweise teils vor dem Hinter grund einer sich nunmehr ihrer Identität vergewissernden griech. Elite in nicht-grie chischen Umfeldern, die dazu auf griechische Tradition konstituierende Texte zurückgrei fen musste. In den Bibliotheken wurden sys tematisch Bücher gesammelt, geordnet u. philologisch bearbeitet (auf diese Weise ent stand wahrscheinlich die sog. Homer-Vul gata; West). Letzteres führte zu Ausgaben u. *Kommentaren, trennte aber zugleich auch die Philologen von den Produktionsumstän den, die etwa Epos u. Lyrik an bestimmten Festen beeinflusst hatten; soweit der ,Sitz im Leben', dem eine Dichtung seine Schöp fung verdankte, nicht extern ermittelt wer den konnte, versuchten die Philologen, ihn aus textuellen Merkmalen zu rekonstruieren, um eine (Gattungs-)Einordnung eines Ge dichts vornehmen zu können. Auf diese Weise entstand ein philologisches Gattungs system (etwa in *Proklos’ Chrestomathie ge spiegelt), das, insofern es Informationen über den alten ,Sitz im Leben' mit der Ka tegorie textueller Merkmale verband, in manchen Bereichen widersprüchlich blieb (symptomatisch ist etwa die durch POxy.
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2438, 35/9 bezeugte Aufteilung der P. Pindars, die der Philologe Aristophanes v. By zanz vorgenommen haben soll u. die neben Dithyramben [d. h. Dionysos-Hymnen] u. Paianen [= Apollon-Hymnen] ein Buch Hym nen vorsah, d. h. also in systematischer Hin sicht die Einteilungsebenen vermengte). Ferner führte die umfängliche Sammeltätig keit in den Bibliotheken auch zur Aufzeich nung u. Bewahrung sonst nicht verschrift lichten Liedguts (Slg. der sog. Carmina popularia frg. 1/37 [450/70 Page]). Eine Seitenblüte der philologischen Textverglei chung, die zwischen Texten intertextuelle Beziehungen erkennen konnte, ist die Be wertung einer echten oder auch vermeintli chen Konkordanz als Diebstahl: Seit dem Hellenismus bildete sich auf dieser Grund lage eine reiche Sammelliteratur heraus, die derartige Diebstähle einzelner Autoren auf zählte (Stemplinger 6/80; *Plagiat). - 3) Hatte die P. bis ins 5. Jh. hinein die intellek tuellen Diskurse der griech. Literatur ge prägt (s. o. Sp. 1057/62), so ist (mit Vorlauf im 5. Jh.: Euripides’ Dramen zeigen die Aus einandersetzung mit Vorsokratik u. Sophistik; Conacher [zu knapp]; Nestle [veraltet]) vom 4. Jh. zunehmend eine Sekundarität der P. erkennbar, die auf Kenntnisstände pri märer prosaischer Diskurse verweist. Prä gnant zeigen dies etwa die Phainomena des Arat, die sowohl astronomische Lehrbücher (des Eudoxos) als auch Lehren der Stoa ver arbeiten: Lehrgedichte setzten seit dem 4. Jh. entsprechende fachwissenschaftliche Prosa voraus. In einem allgemeineren Sinn verarbeiten die Dramen *Menanders Pro bleme der philosophischen Ethik (Men. testim. 8 [PoetComGr 6,2,2]; Gaiser) oder Kallimachos’ Hymnen Erkenntnisse der zeitge nössischen Medizin (Oppermann). P. als Verdichtung konnte sogar genutzt werden, um komplexe Gedankenzusammenhänge in einen prägnanten dichterischen Ausdruck zu bringen (so etwa *Kleanthes’ Zusammenfas sung stoischer Lehre im Zeus-Hymnos; Thraede, Hymnus aO. [o. Sp. 1057]; ferner Zuntz 27/42; J. C. Thom, Cleanthes’ Hymn to Zeus [Tübingen 2005]). - Eine Domäne der P. blieb freilich die Darstellung von Emoti onen des Menschen in extremen Situationen, zumeist der (erfolglosen) Liebe (Apollon. Rhod. Arg. 3 [Medea]; sog. Grenfellsches Lied [Coll. Alex. 177/80 P.]; Theocr. id. 1 [Daphnis] oder 11 [Polyphem]). In besonde-
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rer Weise reagierte die P. auf das Medium Buch: Sie reflektierte gerade in ihren klei neren Formen (Epigramm, Theokriteische Kleinepik, aber auch in den Hymnen des Kallimachos) die Möglichkeiten einer durch das Buch vorgegebenen linearen Lektüre der einzelnen Stücke; gerade die Klein-P. des Hellenismus lud offenbar zu einem vom Dichter komponierten Leseerlebnis des ge samten Buches ein; der neue PoseidipposPapyrus (ed. B. Seidensticker / A. Staehlin / A. Wessel, Poseidippos. Die neuen Epi gramme [2015]) stellt hierfür einen interes santen Testfall dar (insgesamt [wenn auch teilweise spekulativ] Gutzwiller; zu Kallima chos’ Hymnen-Buch Hunter / Führer). IV. Lat. republikanische Poesie. Für die röm. P. darf man in ihrer vorliterarischen Phase ein ähnlich breites Spektrum an For men u. Funktionen wie für die vorliterari sche griech. P. annehmen; hinzu kommt für die Phase vom 5. bis zum 3. Jh. vC. ein Ein fluss griechischer P., entweder direkt über Austausch mit .Griechen' (zumal in Italien) oder indirekt durch etruskische Vermittlung (zusammenfassend Suerbaum [Hrsg.] § 104/7). Inwieweit Nachrichten über .altrö mische Tafellieder', die entweder eine Art von Symposions-Lyrik oder eine röm. Spiel art epischen Dichtens darstellten, auf genu ine Bräuche zurückgehen oder Produkt spä terer römischer antiquarischer Gelehrsam keit sind, durch die eine der griech. Welt entsprechende röm. Sangeskultur (rekon struiert wurde, ist umstritten (ebd. § 106, 3 bzw. 107, 1). Unbestreitbar historisch sind dagegen rituelle carmina (vgl. Quasten aO. [o. Sp. 1057] 902f), die als Bestandteil von be stimmten öffentlichen Zeremonien eine er heblich höhere Bedeutung in der röm. sozi alen wie polit. Welt als vergleichbare Lieder in der griech. Kultur besaßen: Sowohl zu Entsühnungen (so etwa die carmina saecularia) u. Weihungen wie selbst zu Riten wie der *Evocatio von Göttern (also einem bis weilen militärisch-polit. Akt) gehörten car mina; carmina waren Teil von Triumphzügen u. Leichenprozessionen (Suet. vit. Aug. 100, 2: nenia; Sen. apocol. 12, 3). Auch die Einfüh rung römischer theatralischer P. (Liv. 7, 2; Val. Max. 2, 4, 4) leitete mindestens die röm. antiquarische Forschung (wohl Varro, vgl. P. L. Schmidt) aus Entsühnungsriten her, aus denen in verschiedenen Stufen mit Tanz u. Gesang schließlich 240 vC. eine fabula (wohl
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Tragödie) aus der Feder des Livius Andronicus erwuchs (Suerbaum [Hrsg.] § 107, 2). Man hat vermutet, dass diese fabula Über setzung eines griech. Dramas war, was die hohe Bedeutung der griech. Literatur für die entstehende röm. indiziert. Deren Modellhaftigkeit in Rom zeigt nicht nur, dass Livius Andronicus für Schulzwecke die Odyssee ins Lat. übersetzte, sondern auch, dass das röm. Drama (ungeachtet auch italischer Ein flüsse) sich in Tragödie wie Komödie an grie chischen Vorbildern orientierte, dass wei tere poetische Formen wie das historische Epos (auch wenn es zunächst das italischröm. Metrum des Saturniers [Naevius’ Bel lum Punicum] gebrauchte) oder die von Ennius an verwendeten kleineren Formen (teils unter dem Sammelbegriff satura gefasst) deutlich an die hellenist. P.produktion an schlossen. Dass hierbei zunehmend griechi sche Metren verwendet wurden, für die die lat. Sprache prosodisch weniger geeignet war, demonstriert das Ausmaß des Rezepti onsprozesses. - Die röm. Sozialstrukturen gaben der P. (u. ihren Produzenten) teils ähnliche Orte wie in der hellenist. griech. Welt: Dramen bildeten Teile von religiösen öffentlichen (wenn auch häufig, wie etwa bei Terenz’ Adelphoe u. Hecyra, privat finan zierten) Feiern, (histor.) Epen bedienten propagandistische Interessen (bisweilen ein zelner adliger Familien, Ciceros De consulatu suo bzw. De temporibus suis stehen in dieser Tradition), P. (bes. das Epos: Ennius’ Annalen u. später Vergils Aeneis [Suet. gramm. et rhet. 16, 3 (20 Brugnoli)] waren kanonischer Bestandteil des Unterrichts) wurde in der Schule traktiert (vgl. Hör. ep. 2,1,69/71; Suet. gramm. et rhet. 9 [12f B.]; zu Orbilius Suerbaum). Stärker als in der griech. Literatur sichtbar ist indes, jenseits panegyrischer Funktionen, eine stärkere Bezogenheit von römischer Klein-P. auf außer poetische Diskurse: Sowohl in den Satiren des Lucilius als auch in verschiedenen Ge dichten der sog. Neoteriker (Bezeichnung nach Diomed. art. gramm.: GrammLat 1,516, vielleicht nach Cic. Att. 7,2,1; Lyne) bis hin zu Catull ist eine deutliche Auseinanderset zung mit (konkreten) politischen, sozialen oder moralischen, an konkreten Persönlich keiten beschriebenen Defiziten erkennbar. Dies gilt nicht nur für die Satire selbst (von Diomed. art. gramm.: GrammLat 1, 485 als carmen ... maledicum et ad carpenda homi-
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num vitia ... compositum bestimmt), sondern auch für die Neoteriker u. Catull (vgl. Tac. ann. 4,34: carmina Bibaculi et Catulli referta contumeliis Caesarum). Diese Dimension der P. spiegelt die literarischen Kommunikati onsbedingungen einer Gesellschaft, die von einer starken Zentrale, Rom, geprägt war. Zusammengefasst kann die lat. P. der Re publik als Instrument u. zugleich Form gel ten, eine Orientierung in der (hellenist.) Welt einschließlich der in dieser Welt gelten den ästhetischen Konzepte zu leisten (lat. Dichtung steht dabei weithin grundsätzlich in einem intertextuellen Verhältnis zur griech.): Ihre Rezipienten in Rom (Produzen ten aus Rom blieben die Ausnahme) erhiel ten zunächst durch die Übersetzung der ho merischen Epen, dann durch nach griechi schen Modellen verfasste Dramen Aufschlüsse über die die griech. Kultur tra genden mythischen Narrative (inwieweit re ligiös-theologische Modelle hiermit übernom men wurden, ist schwer zu bestimmen; F. Graf, Art. Mythos VI. Rom: NPauly 8 [2000] 646f), über die in den Texten dargestellten Formen des Sozialen Einblicke in das Funk tionieren der griech. Kultur, über didakti sche Epen (bis hin zu Lukrez’ epikureischem Lehrgedicht) Einblicke in die hellenist. Weltdeutungen; dass derartige Einblicke zu gleich, im Einzelnen schwer zu bestim mende, Auswirkungen auf römische An schauungen u. soziale Praktiken haben muss ten, darf behauptet werden. Über die historischen Epen eines Naevius oder Ennius wurde die röm. Geschichte in diese hel lenist. Welt formal (da durch ein Epos mit den entsprechenden epischen Konventionen dargestellt) eingepasst u. zugleich eine Re präsentationsfunktion (die auch mit röm. Dramen verbunden war) für die röm. Eliten erfüllt. Schließlich bot die hellenist. P. in ih ren kleineren Formen vielfältige Möglichkei ten, über Gedichte römische Binnendiskurse aufzubauen, seien sie skoptisch-satirisch, seien sie ästhetisch, die auch im nicht-öffent lichen Bereich eine lyrische (Oberschicht-) Kultur schufen. V. Poesie im Kaiserreich, a. Lat. Poesie bis zum 3. Jh. 1. Derfrühe Prinzipat als Zeit des Umbruchs u. der Experimente. 'War für die poetische Produktion bis ins letzte Drit tel des 1. Jh. vC. der Kontext einer aristo kratischen Gesellschaft mit verschiedenen mächtigen Familien gegeben (symptoma
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tisch dafür: Naevius’ Streit mit den Metellern [Jocelyn; Gell. 3, 3, 15]), der den Dich tem, nach Maßgabe ihrer eigenen sozialen Stellung, Lizenzen gab, so konzentrierte sich die polit. Macht fortan auf das Kaiserhaus. Dies hatte, nach einer Übergangsphase, die man als Augusteische Literatur bezeichnen kann u. deren Kennzeichen eine Dynamik, ein ,System in Bewegung' (E. A. Schmidt, Lit.) ist, eine Monopolisierung öffentlicher Räume u. damit des Rahmens für P. zur Folge. Die Übergangsphase bietet dagegen ein breites Spektrum poetischer Formen u. Funktionen, das einerseits Augusteische Panegyrik in der Tradition hellenistischer Epik aufweist (Varius Rufus frg. 5 [FrgPoetLat4 257], das Bellum Actiacum: ebd. 427/37, polyphonere panegyrische Epik wie Vergils Aeneis, polit. Lyrik wie *Horaz’ Rö meroden [carm. 3,1/6] oder dessen offizielles Carmen saeculare), doch andererseits auch poetische Modellierungen, die Kontraste zur röm. aristokratischen *Ethik bildeten, die auf militärische Bewährung u. Bereicherung abgestellt war: Die Elegien des Tibull u. Pro perz. Eine Neujustierung eben dieser Ethik formulierten auch die Satiren, Episteln u. ly rischen Gedichte des Horaz, insofern sie Entwürfe eines gelingenden Lebens außer halb politisch-militärischer Tätigkeit bieten (Mauch). Hinzu kam eine Verbreiterung in der Rezeption der griech. P., die über den Hellenismus hinaus auch auf etwa die ar chaische (Alkaios) u. frühklass. Lyrik (Pindar) zugriff (so durch Horaz) u. damit den Versuch unternahm, eine röm. Klassik zu begründen (E. A. Schmidt, Selbstverständnis). Die Auseinandersetzung mit der prähellenist. Dichtung vollzog sich dabei mit alexandrinischem Stilinstrumentarium, d. h. höchster sprachlicher Sorgfalt u. in konzen triertem Ausdruck. Zugleich blieben helle nistische poetische Themen präsent: Astro nomische Lehrdichtung nach Arat wurde entweder in Übersetzung (Germanicus) oder in neuer Erarbeitung (Manilius) geboten, mythologisch-aitiologische Dichtung nach Kallimachos von *Ovidius (Metamorphosen, Fasti) weitergeführt. Somit entstand ein Corpus lateinischer Dichtung, das sich in dia chroner Perspektive als gleichberechtigt ne ben der griech. P., in synchroner Perspek tive sogar überlegen sehen durfte (zB. Hör. ep. 2,1,156/67; Vogt-Spira) u. überdies, mit Rückbindung an poetologische Diskurse
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(greifbar in Philodem; Mangoni 94/7), selbst Kriterien, was gute Dichtung sei, mit impli ziter Anknüpfung an Kallimacheische Devi sen formuliert hatte (zB. Hör. sat. 1,4,38/65; Führer). 2. Poesie als Repräsentations- u. Kom munikationsform der Hohen Kaiserzeit. Im Laufe des 1. Jh. nC. veränderte sich das Bild: P. wurde zunehmend für die kaiserl. Reprä sentation in Gebrauch genommen (wenn gleich die Usurpation selbst der Dichter rolle, wie sie *Nero betrieb, eine Ausnahme blieb, so ist doch für die meisten Kaiser bis zu den Severem eigenes Dichten bezeugt [Belege bei Friedlaender 2, 217/9]), einer seits, indem Kaiser über musische Spiele Räume für Dichtung schufen (etwa das in schriftlich erhaltene griech. Kleinepos, mit dem 86 nC. ein erst elfjähriger Römer den von Domitian eingerichteten Kapitolinischen Agon gewann; Döpp), andererseits durch li terarische Patronage (pointiert Iuvenal. 7, 1/3; Nauta), auf deren Basis insbesondere die repräsentative Großform Epos gedieh (Lucan. 1,33/66: Die laudes Neronis statten min destens prima facie dem Kaiser einen ent sprechenden Dank ab, Statius, Silius Italicus oder Valerius Flaccus [1, 5/21]; vgl. Reitz / Kramer). Panegyrik ließ sich auch als her meneutisches Verfahren praktizieren: So stellten sich die Eklogen des Calpurnius Siculus zunächst dezidiert als Rezeption der Bucolica Vergils dar, betrieben zugleich aber auch eine Allegorese des Vorbilds, mit der Nero gepriesen wurde (V. Langholf, VergilAllegorese in den Bucolica des Calpurnius Siculus: RhMus 133 [1990] 350/70). - Geför dert durch zwei Faktoren trat neben diese repräsentative P. eine stärker in einer brei teren Oberschicht verankerte Klein-P., die auf einem zunehmend effizienteren rhetori schen Schulbetrieb aufruhte (*Quintilianus kann hier als Exponent gelten): 1) Dieser stattete seine Absolventen mit einer hohen Kompetenz im sprachlichen Ausdruck aus, zu der auch das Dichten gehörte (die rheto rische Ausbildung prägte daher zunehmend auch die diese Schule durchlaufenden Dich ter, vgl. etwa Sen. Rhet. contr. 2, 2 [10], 8 über Ovid). So betätigten sich neben Berufs dichtem (wie etwa Martial) auch Angehörige der Oberschicht an einem breiten poetischen Diskurs, der von Kleinformen, die ostentativ das otium der Produzenten adeln sollten (zB. Plin. ep. 4, 14, 2 [Plinius’ Briefe legen selbst
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reiches Zeugnis von dieser P. ab: FrgPoetLat4 335/7]), bis hin zu den Tragödien des un ter dem Namen Senecas versammelten Cor pus reichte (ob Seneca seine Dramen zur Aufführung bei von ihm als Aedil veranstal teten ludi oder nur zur Rezitation [s. u.] vor sah, ist umstritten). 2) Diese Produktion schuf sich durch die Präsentationsform der Rezitation (die in der Regel einer Buchpu blikation vorgeordnet war, aber auch an stelle dieser stehen konnte) Mikro-Öffent lichkeiten, die, vergleichbar dem frühgriech. Symposion (s. o. Sp. 1058f), soziale Verbin dungen sowohl horizontal (Plin. ep. 6, 17, 2f; 8, 21, 2) als auch vertikal (Iuvenal. 1,1/18; 3, 9) schufen oder stärkten (zusammenfassend Friedlaender 2, 223/8). P. gewann darüber hinaus einen symbolischen Wert als Gabe (prägnant etwa in Martials Epigrammen er kennbar), durch die die prinzipiell asymme trische Konstellation zwischen Dichter (= Klient) u. Empfänger (= Patron) verdeckt werden konnte. So scheint auch der Aus tausch scherzhaft-provozierender Kleinge dichte zwischen dem Rhetoriklehrer Florus u. Kaiser Hadrian (Hist. Aug. vit. Hadr. 16, 3f) die soziale Bedeutung von P. auszustel len. Diese zu erkennen, Produzenten u. Adressaten als Teil eines (gebildeten) Netz werkes zu begreifen, war die Aufgabe der Leser. Da sie selbst durch den Rhetorikun terricht geprägt waren, konnten sie zudem aufgefordert sein, die Rhetorizität, sei es in Tropen, sei es in besonderen Wirkungsdi mensionen (etwa als enargeia), sei es die Ab wandlung gegenüber Vorlagen (d. h. also in intertextueller Hinsicht) zu perzipieren. Existenziell wie etwa die Horazische Lyrik erscheint demgegenüber die Dichtung vom späteren 1. Jh. nC. an nicht; indes ergeben sich über die Rhetorisierung, die sich insbe sondere in der Ausgestaltung von Leid u. Tod in Senecas Dramen u. den Epen *Lucans u. des Statius (Seidensticker 116/36; Fuhrmann 23/66) zeigen, sowie die in der Fi gur des Tyrannen breit ausgestalteten Motiviken von menschlicher Niedertracht u. Grausamkeit Ausblicke auf historische Kon stellationen. So scheinen die schlechten Principes der senatorischen Geschichts schreibung u. die literarischen Tyrannen in Beziehung zu stehen u. die literarische Grau samkeit mit Gladiatorenspielen u. Hinrich tungen in der Arena zu korrespondieren (pointiert H. Cancik, Die kleinen Gattungen
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der röm. Dichtung in der Zeit des Prinzipats: Μ. Fuhrmann [Hrsg.], Röm. Lit. [1974] 269/71). Die Bedeutung dieser literarischen Motiviken u. ihrer Korrespondenz ist freilich umstritten, die Deutungen reichen von der Annahme einer grundlegenden System- u. Kulturkritik bis hin zur Einschätzung als Stilphänomen (.Manierismus1; Burck). Um stritten ist auch die Bedeutung des Stoizis mus in den Tragödien Senecas, in denen my thische Figuren gemäß stoischer Anthropo logie agieren. Umstritten bleibt freilich, ob u. in welchem Umfang damit gleichsam phi losophische Lehren für ein im Sinne der Stoa gelingendes Leben gegeben werden sollten. 3. Poesie u. Schulbetrieb. In der haupt sächlich fragmentarisch überlieferten röm. Dichtung des 2. Jh. nC. (Steinmetz 295/373) zeigt sich einerseits die Wirkung des Schul betriebs: Die ,poetae novelli“ (der Begriff ist eine Schöpfung der modernen Philologie; Sallmann 590f) Annianus, Septimius Serenus u. Alfius Avitus schlossen sich thematisch an die Klein-P. eines Plinius oder Florus an, ex perimentierten formal jedoch mit ungewöhn lichen Metren, was zeigt, dass es sich hier um ,Buch-P.‘ handelte, die auf philologische Analyse gegründet war. Als ,Buch-P.‘ lassen sich auch Lehrgedichte über Orthographie u. Wortbedeutung (unter dem Namen Flavius Caper überliefert; Sallmann 616f) oder me trische Fragen (Terentianus Maurus) einord nen. - Der Schulbetrieb im zunehmend lati nisierten Westen etablierte sich u. legte durch seine relative Konformität den Grund dafür, dass vom späten 2. Jh. an neben Rom neue Zentren bzw. Regionen entstanden, in denen P. geschaffen wurde: Gallien (W. Speyer, Art. Gallia II [literaturgeschichtl.]: o. Bd. 8, bes. 940/4), Hispanien u. Nordafrika (A. Mandouze / H. Brakmann, Art. Africa II [literaturgeschichtl.]: RAC Suppl. 1, 177/ 201). Vom späten 3. Jh. an begannen diese Regionen, Rom in der poetischen Produktion zu übertreffen. Der Unterricht bedeutete in tensive Lektüre der Klassiker Vergil u. Ovid. Die Vertrautheit mit deren Texten war die Voraussetzung für die Form des *Cento, eines Gedichts, das (nahezu) voll ständig aus Versen eines Klassikers wie Vergil zusammengesetzt war. Mit dieser Form verbanden sich drei Perspektiven: a) Der Dichter wies sich als profunder Kenner der Vorlage aus; b) der Rezipient durfte sich als lector doctus fühlen, wenn / da er nicht
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nur den neuen Text verstand, sondern auch die jeweilige Vorlage erkannte; c) der neue Text verwies nicht nur auf sich selbst, son dern permanent auf seinen Prätext, wobei jeder einzelne Vers dazu einlud, ihn sowohl im Kontext des neuen Textes zu verstehen als auch im Kontext seines Quellentextes. Dies stellte neuen Text u. Prätext in unter schiedliche Relationen, die bis zur Parodie durch den neuen Text (so *Ausonius’ Cento nuptialis) gehen konnte. Gleichzeitig bestä tigte der Cento den kanonischen Rang des Prätextes. Das wohl früheste erhaltene Bei spiel für einen Cento bildet die Medea des Hosidius Geta, ein (wohl Lese-)Drama aus Vergilischen Hexametern; wie beliebt diese Form bis in die Spätantike war, zeigt sowohl eine Slg. von Vergil-Centonen im sog. Codex Salmasianus (nr. 7/18 [Anth. Lat. 1, 1, 33/82 Riese] [nr. 17: Medea]) als auch der Ge brauch durch Ausonius. - Es lässt sich frei lich nicht übersehen, dass seit dem 2. Jh. die lat. P. sekundäre Formen repräsentiert, u. hierzu fügt sich die Klage Nemesians in sei nem Lehrgedicht Cynegetica (wohl Ende 283 verfasst), die Möglichkeiten insbesondere mythologischer Dichtung seien weitgehend ausgeschöpft (Proöm der cyn. 1/102, bes. 46f). b. Griech. Poesie. 1. Poesie u. Schulbetrieb. In einer etwas anderen Situation befand sich die P. in den ersten Jhh. des Prinzipats im griech. Sprachraum (Slg. der Frg.: E. Heitsch, Die griech. Dichterfrg. der röm. Kaiserzeit 1/2 = AbhGöttingen 3, 49. 58 [1963/64]). Dichtung in griechischer Sprache (sofern sie nicht in Rom als Teil von Agonen gefordert war, s. o. Sp. 1073/5) fand offenbar im frühen Prinzipat im griechischsprachigen Osten keine wirkungsvolle Förderung: Die hellenist. Höfe waren untergegangen, die Städte in den Bürgerkriegen verarmt. Rom allein bot vorläufig Dichtern ein Publikum. So fanden hier griechische Epigrammatiker (Krinagoras, Diodor v. Sardes, Antipater; Bowersock 123f), Verfasser von Lehrgedich ten (Andromachos v. Side [Theriaca, Nero gewidmet]) oder Lyriker (Mesomedes schrieb am Hof Hadrians lyrische Hymnen) ein Auskommen. - Im griech. Raum selbst vollzog sich zeitgleich die Ausbildung einer Art Kulturhellenismus, in dem sich der At tizismus als hochsprachliche Norm durch setzte u. man eher retrospektiv P. schätzte, d. h. jetzt endgültig kanonisch werdende
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Dichter wie Homer (ironisch antizipiert bei Theocr. id. 16,20) u. die Tragiker. Diese Ver festigung der normativen Stellung ar chaisch-klassischer P. erreichte ein Schul- u. Lehrbetrieb, der, obwohl in keiner Weise zentralistisch organisiert, gleichwohl ein re lativ uniformes intellektuelles Profil bei den Absolventen (d. h. den Angehörigen der griech. lokalen Eliten) erzeugte (Cribiore). Zu diesem uniformen Profil gehörte augen scheinlich auch, dass man Kenntnis römi scher Dichtung entweder nicht besaß oder sie nicht zeigte (pointiert dazu Tac. arm. 2, 88, 3). - Die Intensität der Dichtungslektü ren bezeugen etwa die zahllosen HomerPapyri, die in *Aegypten gefunden wurden. Dass eben diese Ausrichtung des Unter richts auch die Fragen nach der Funktion u. Zweckmäßigkeit von Homer- oder Tragiker studium aufwarf (zumal vor dem Hinter grund platonischer Kritik in resp. 2f. 10), zeigt *Plutarchs Rechtfertigung durch die Schrift De audiendis poetis (dazu Hunter / Russell): Eine sorgfältig ausgewählte Lek türe aus den Dichtem (bei Betonung, dass diese oft lügen) sei ein geeignetes Propädeutikum für die Beschäftigung mit der Philo sophie. Der Schulunterricht sicherte nicht nur die Präsenz kanonischer P. in den griech. Eliten, er förderte (über die Übungsform der poetischen *Paraphrase, die zu den Progymnasmata gehörte) auch die Neuproduktion von P. Auch wenn sich für das 1. u. 2. Jh. nC. nur wenige Zeugnisse finden lassen, wird vom 3. Jh. an (mit einem Zentrum in Ägyp ten; Miguölez-Cavero) eine sich steigernde Produktion sichtbar, die, ausgehend von rhe torischen Übungen, entweder Prosatexte in P. umschrieb oder *Ekphraseis anfertigte (Roberts; Hose, P. 9/11). Auf der Vertraut heit mit der (homerischen) Epik gründete auch eine umfängliche Produktion von (Groß-) u. Klein-Epen, die teils die stoffli chen Lücken zwischen Ilias u. Odyssee schlossen (Quintus v. Smyrna: Posthomerica bzw. Kolluthos: Raub der Helena; Triphi odor: Trojas Fall), teils neue Bereiche wie den Dionysos-Mythos (Dionysios’ Bassarika, Nonnos’ Dionysiaka) oder prägnante ,Klein‘Ereignisse (*Musaios [Musaios II], Hero u. Leander) behandelten. In diese Reihe stellt sich auch ein Argonauten-Epos, das sich als Werk des mythischen Sängers *Orpheus ausgibt (Schelske). - Ein dritter Typus von P. wird vom 4. Jh. an kenntlich: Gelegen
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heitsgedichte, die sich mehr oder minder in politische Diskurse einschrieben, da sie, wohl zumeist als Auftragswerke, Politiker pan egyrisch feierten oder durch Schmähge dichte herabsetzten. Diese Texte, produziert in der Regel von Angehörigen der Ober schicht, die entweder als »Rhetorikprofessoren‘ oder .wandering poets“ (Cameron, Poets) einzustufen sind, bezeugen eine, im Verhältnis zur frühen Kaiserzeit, erneut ge wachsene Bedeutung von P. als Faktor in Machtaushandlungen. - Eine besondere Stel lung gewann die philosophische HymnenDichtung, die, wie bereits durch Kleanthes’ Zeus-Hymnos vorgezeichnet (s. o. Sp. 1068), insbesondere im Neuplatonismus gepflegt wurde (Thraede, Hymnus aO. [o. Sp. 1057] 933f): Die erhaltenen Hymnen des Proklos (von Marin, vit. Procl. 19 [22f Saffrey / Segonds] als für [Götter-?]Feste in der Schule konzipiert benannt, möglicherweise aber auch zu Interpretationsübungen in allegori scher Exegese [Erler] oder als theurgische Instrumente [van den Berg 86/111: ,Theurgy in Practice'] konzipiert) bzw. nicht-erhaltene Hymnen des Hierokles oder Isidor (Zuntz 108) bezeugen diese Form. Die Hymnen des Synesios (J. Gruber / H. Strohm, Synesios v. Kyrene. Hymnen [1991]) nehmen dazu eine Sonderstellung ein, da sie offenbar nicht für einen Schulzusammenhang verfasst wurden u. Ausdruck eines persönlichen, vielleicht privaten (Gregor v. Naz. [*Gregor II]; s. u. Sp. 1098f) Dichtens ohne konkreten Sitz im Leben zu sein scheinen. 2. Das Verhältnis von griech. zu lat. Dich tung. Neu erscheint vom späten 3. Jh. an das Verhältnis zwischen griechischer u. lateini scher Literatur: Wohl gefördert durch die allgemeine reichsweite Verleihung des röm. Bürgerrechts, durch die römisches Recht überall in der griech. Welt zur Anwendung kommen konnte, gewann Latein auch im Os ten an Bedeutung u. wurde (wie PapyrusZeugnisse aus Ägypten zeigen) in Schulen gelehrt, was zur Verbreitung lateinischer Texte (darunter auch Vergil; vorausgegan gen waren Übersetzungen ins Griech.; Fish er) beitrug (Hose, Liebeselegie 73f). Die dar aus erwachsenden Lateinkenntnisse konnten so weit gehen, dass ein griech.-ägypt. Dich ter wie Claudian aE. des 4. Jh. mit lateini scher P. am Hof des Honorius Karriere machte (Cameron, Claudian 1/29). - So lässt sich aE. des 4. Jh. eine Differenz zwischen
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(paganer) P. im lat. Westen u. im griech. Os ten konstatieren: Während im Westen eine Stagnation erkennbar ist, in der Lehrdich tung u. Vergil-Centones eine Rückbezogenheit des Dichtens auf Schule u. Kanon si gnalisieren, zeigt sich im Osten auf der Grundlage des Kanons eine dichterische Pro duktivität in vielfältigen Formen, die von ei ner durchaus eindrucksvollen Epik bis zu mannigfacher politischer Dichtung reichen. Diese Bilanz gibt indes, da sie die christl. P. nicht berücksichtigt, noch kein Gesamtbild der P. in der Spätantike. VI. Die Wirkung von Poesie. Dass P. be stimmte Wirkungen im Rezipienten erzeugt, ist in der Antike in zunehmender Differen zierung beschrieben u. analysiert worden, teils in der P. selbst, die ihre Wirkungen spiegelt bzw. imaginiert, teils in poetologischer bzw. rhetorischer Literatur (G. Lanata [Hrsg.], Poetica pre-platonica [Firenze 1963]; G. B. Walsh, The varieties of enchantment [Chapel Hill 1984]). So beschreibt die Odys see die Wirkung, die der Gesang des Demodokos auf seine Zuhörer, Odysseus u. die Phäaken, ausübt, mit dem Begriff τέρπεσδαι (.ergötzen*: 8, 367/9) bzw. bezeichnet im Fall eines Gesangs über eine Begebenheit, die Teil von Odysseus’ eigener Geschichte ist, dessen Reaktion als Weinen, bei dem Odys seus ελεεινόν δάκρυον, eine ,mitleiderre gende Träne*, vergossen habe (8, 531). Prä gnant benennt die Odyssee diese Wirksam keit mit dem Begriff der ,Bezauberung* (1, 337: θελκτήρια). Die archaische P. fasst da bei die Wirkung als universell auf: Auch die Götter werden wie die Menschen von P. affiziert (Hesiod, theog. 37), die Natur lässt sich durch P. (Gesang) verzaubern (Paus. 6, 20, 18: Orpheus) u. selbst deren Gesetze überwinden (Amphion lässt Steine sich selbst bewegen [ebd.], Orpheus überwindet beim Gang in die Unterwelt den Tod; K. Ziegler, Art. Orpheus: PW 18, 1 [1939] 1268/81). Dieser Attraktivität der P. ent sprechen die ihr metaphorisch zugewiesene ,Süße* (etwa Od. 8, 64) oder .Liebreiz* (Archil. frg. 1 [1 West2]; Alcm. frg. 27 [78 Da vies]). Neben der individuellen Bezauberung kennt die archaische Dichtung die Wirkung auf Gruppen, die affiziert werden, etwa von Trauer (zB. II. 24, 746. 760. 776) oder, durch kampfparainetische Verse, von Mut (zB. durch die Elegien des Tyrtaios; vgl. Lycurg. Leocr. 106f). Eine systematische Untersu
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chung der in den Texten selbst enthaltenen Affekt-Beschreibungen (im Epos etwa als dargestellte Reaktionen auf Geschehnisse u. Berichte, im Drama auf insbesondere Boten berichte) fehlt freilich bislang. - Die Insti tution des Theaters schuf mit der Verbin dung von Bühne u. Zuschauerraum geradezu ein Laboratorium für die Vermittlung von Affekten (u. kognitiven Kompetenzen: Ch. Meier, Die polit. Kunst der griech. Tragödie [1988]) auf größere Menschenmengen. Hier konnte die Affektübertragung zur Bedro hung werden, wie die von Herodot (6, 21, 2) referierte Reaktion des athenischen Publi kums auf Phrynichos’ Tragödie über den Fall Milets anzudeuten scheint (D. Rosenbloom, Shouting ,fire* in a crowded theater: Philol 137 [1993] 159/96): Die Athener, ,wie erin nert an eigenes Unglück (οίκήια κακά), emp fanden übermäßigen Schmerz (ύπεραχΟεσθέντες)*. Dieser Befund wurde von der sich ausbildenden Rhetorik aufgegriffen u. zu nächst elaborierter beschrieben: Gorgias (Helena 9 [VS 82 B 11, 9]) stellte fest: ,Von ihr (seil, der Dichtung) aus dringt auf die Hö rer schreckenerregender Schauder (φρίκη περίφοβος) ein u. tränenreiche Rührung (ελεος πολύδακρυς) u. wehmütiges Verlan gen (πόθος φιλοπενθής), u. in Fällen von Glück u. Unglück für fremde Angelegenhei ten u. von fremden Personen leidet die Seele stets vermittelt durch Reden ein eigenes Leiden (ιδιόν τι πάθημα)*. In einen funkti onalen Rahmen stellen Aristophanes’ .Frö sche* derartige Beobachtungen, indem sie (ironisch-reduktionistisch) auf der Bühne dargestellte u. im Zuschauer entstehende Affekte analogisch auffassen (10230 u. dies (wiederum ironisch-reduktionistisch?) mit ei ner moralischen Belehrungsfunktion des Dramas verknüpfen (1008f). - Bei Platon (zu sammenfassend Μ. Erler, Platon [2007] 486/97) ist die Beobachtung einer AffektÜbertragung durch P. aufgenommen u. in den Kontext eines Erziehungskonzepts ge stellt (welches [resp. 3, 396cd] mit der Prä misse operiert, dass Mimesis / Nachahmung von Handlungen oder Haltungen in [zumal dramatischer] Dichtung den Charakter des Rezipienten prägt). Dies führt zu einer Ab lehnung sämtlicher P., die keine ethisch u. affektisch positive Vorbild-Funktion hat (ebd. 10, 607a/608a). Aristoteles entwickelt demgegenüber in der Poetik eine autonome ästhetische Theorie, die zwar auf der Vor
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Stellung einer Affekterregung durch Dich tung im Rezipienten beruht, insofern aber gegenüber Gorgias oder Platon differenziert, als sie mit einer kunstspezifischen Affektik, einer je nach dichterischer Form besonderen οίκεία ήδονή (13,1453a 36) operiert. Präziser wird diese in der Poetik indes nur für die Tragödie bestimmt, bei der im Zuschauer durch έλεος u. φόβος eine κά&αρσις von der artigen Affekten bewirkt werde (6, 1449b 27f; E.-R. Schwinge, Kunst u. Wirklichkeit in Aristoteles’ Poetik: RhMus 155 [2012] 41/64), d. h. indem der Zuschauer diese Affekte im Wissen, dass es sich um Kunst handelt (Aristot. poet. 4, 1448b/1449a), im Rezeptionspro zess auf sich einwirken lässt, ergebe sich am Ende des Rezeptionsvorgangs eine als ,Lust‘ (ήδονή) empfundene Befreiung von diesen Affekten. - Anders als Aristoteles haben die Philosophenschulen des Hellenismus der Wirkung von Dichtung wenig Beachtung ge schenkt. Zwar war für die Stoa (Μ. Pohlenz, Die Stoa l5 [1978] 53) die P. Träger alter Weisheiten, doch zeigt das berühmte Bon mot von der ,Medea des Chrysippos', dass dieser das Euripides-Stück als Datengrund lage für seine Analyse der schädlichen Wir kung der Affekte heranzog. Für *Epikur u. seine Schule scheint die P. von geringer Be deutung gewesen zu sein, auch wenn *Lucretius (wohl ähnlich wie der Stoiker Klean thes mit seinem Zeus-Hymnos) sich der Dichtung zur Darlegung der Lehre bediente: Die berühmte Rechtfertigung der poetischen Form als .Honig am Becherrand bitterer Me dizin' (1, 936/8) verweist lediglich auf die tra ditionelle Metaphorik von ,Süße‘ bei der Be schreibung von P. (s. oben). - Eine differen zierte implizite Beschreibung der Wirkung von P. könnte Theocr. id. 7 liefern (J. Latacz, Zum gegenwärtigen Stand der .Thalysien'Deutung [Theokrit, Id. 7]: WürzbJbb NF 7 [1981] 85/95), in dem die Juxtaposition der Rezitation von Dichtung (7, 52/89 bzw. 7, 96/127) u. Beschreibung eines intensiven Er lebnisses (7, 135/57) nahezulegen scheint, dass das Erlebnis von Dichtung die Wahr nehmungsfähigkeiten des Rezipienten stei gert. Der Verlust des größten Teils der hel lenist. rhetorischen bzw. literaturkritischen Literatur lässt nur an wenigen Stellen die Debatten über die Wirkung von P. erkennen: Horaz fasst in der Formel ,aut prodesse volunt aut delectare poetae' (ars 333) in (künst licher) Dichotomie u. Vereinfachung ent
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sprechende Theorien der Wirkung zusam men, u. in der Schrift De sublimitate wird (deskriptiv) die Wirkungsdimension des Er habenen behandelt. C. Christlich. I. Rahmenbedingungen der christl. Poesie. Die Christen der ersten Jhh. waren nicht nur Träger bzw. Produzenten (Hose, P. III aO. [o. Sp. 1056]) einer christl. P., die sich im Kontext christlicher Kultaus übung entfaltete, sie standen auch in einem poetischen Spannungsfeld, insofern sie ne ben der (christl.) religiösen Identität soziale u. politische Identitäten besaßen (pointiert festgestellt Lc. 20, 25), durch die sie mit der paganen Kultur, deren Bilder- u. Textwelten (zu denen die P. gehörte) verbunden waren. Hierbei verwiesen die Bilderwelt auf die Texte, die Texte auf die Bilder (pointiert sichtbar gemacht etwa in Pausanias’ Grie chenland-Beschreibung). Insbesondere in die P. war durch die hohe Bedeutung der My then ein polyphones Ensemble nichtchristli cher religiöser Vorstellungen eingeschrie ben, ja bestimmte Formen (Hymnen u. Dra men) formulierten diese Vorstellungen explizit u., wie etwa das röm. Carmen sae culare, verschränkten sich mit Staatlichkeit; hinzu kam die grundlegende Bedeutung von P. im Schulbetrieb. Auf diese Konstellation hatten die Christen zu reagieren, u. eine vom Kult losgelöste christl. P. stand vor der Auf gabe, die Funktionen der traditionellen pa ganen P. zu übernehmen. II. Vom Kultlied zur Poesie, a. Poesie im christl. Leben. Die auf den ersten Blick so naheliegende Feststellung, dass für das frühe Christentum P. (bes. in Form des Lie des), wie analog für die archaische griech. Kultur, in vielfältiger Weise bedeutsam ge wesen sei, ist durch die zu Gebote stehenden Quellen nicht leicht umfassend zu belegen. P. bzw. Gesang begleitete unbezweifelbar das Leben des Christen wie traditionellerweise in der griech.-röm. bzw. der jüd. Kultur: Hochzeit u. Bestattung bzw. Totengedächtnis wie auch die Mahlzeiten (wohl in Trans formation des paganen Symposions: Clem. Alex. paed. 2, 44, 3 vergleicht ausdrücklich das Skolion) waren von christlichen Gesän gen begleitet (A. Franz, Art. Musik II [Vo kalmusik]: o. Bd. 25, 271f); darüber hinaus konnten in das persönliche Gebet Psalmen rezitationen integriert werden (Clem. Alex, ström. 7, 49, 4; Tert. uxor. 2, 6, 1). Wenn in den Ew. (zB. Lc. 1, 46: Magnifikat; ebd. 1,
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68: Benedictus des Zacharias etc.; Überblick über .hymnologische Spuren* im NT: Kennel 207/9; Gerber / Keith) als Element des Tex tes Loblieder (also P., wenn auch gelegent lich als Prosa-Hymnen klassifiziert; Aletti; Brücker) erscheinen, so lässt sich dies als Abbildung einer jüd. Tradition lesen, die die Psalmen vermitteln: Gott wegen seiner Ta ten ,zu singen u. zu spielen' (Ps. 7, 18; 9, 3: Franz aO. 267/9; vgl. Bastiaensen; Maier). P. ist mithin (auch spontane: Wick) prei sende Ausdrucksform des Gott begegnenden Menschen u. als solche zunächst individuell (so auch Paulus, 1 Cor. 14, 26: jeder [seil, einzelne: έκαστος] hat einen Psalm'), woraus erst sekundär die preisende Gemeinde wird (Eph. 5,19: .redet zueinander mit Psalmen u. Lobgesängen', d. h. hier: P. ist die Rede ei nes Individuums zu einem anderen; ähnlich Col. 3, 16; den Zusammenschluss der je für sich preisend Singenden zu einem Chor be schreibt explizit Ign. Eph. 4, 2). So ist es er klärlich, wenn das früheste Zeugnis für den Ablauf eines Christi. Gottesdienstes (Iustin. apol. 1, 67) keine Lieder als dessen Bestand teil nennt. Umstritten bleibt, wie Plinius’ Bezeugung (ep. 10, 96, 7) eines von den Christen vorgetragenen carmen zu deuten ist: Lediglich als .Treueeid für Christus' (Be griff nach H. Lietzmann), eine andere nicht poetische Redeform oder bereits als gemein sam gesungenes Lied (Quasten aO. [o. Sp. 1057] 905/7; vgl. van Beeck)? b. Poesie u. frühchristl. Liturgie:,Altes' u. ,neues' Lied. Die Termini für poetische Be standteile einer frühchristl. Liturgie schwan ken, Psalm, Hymnos, Lied werden nicht deutlich voneinander geschieden (J. Kroll 5/7), ihre Funktionen jedoch sind deutlich: Lobpreis Gottes u. Erbauung (1 Cor. 14, 26: .Alles geschehe zur Erbauung'). - Vom 2. Jh. an (bei bis zum 4. Jh. insgesamt geringer Be legdichte für christl. Hymnodik; J. Kroll) ist der Gebrauch von sowohl .alter P.‘ (d. h. von Psalmen, zB. Tert, ieiun. 13, 7 mit Bezug auf Ps. 132 [131], 11 als Begleitung für ein ge meinsames Mahl oder Symposion) als auch von .neuer' Dichtung (Melito v. Sardes [A. Angerstorfer, Art. Melito v. Sardes: o. Bd. 24, 639/52, ohne Verweis auf dieses Frg.]: PBodm. XII [Μ. Testuz (Hrsg.), Papyrus Bodmer X/XII (Genf 1959) 71/7]: Ein hym nischer Wechselgesang, vielleicht aus einer Oster-Liturgie; Markschies 215f) in kulti schen Kontexten erkennbar. Dass es unter
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schiedliche Ponderierungen zwischen .altem' u. .neuem' Lied innerhalb der Glaubensge meinschaften gab, belegt Aug. ep. 55,34: Ka tholiken singen lediglich die Psalmen des AT, Donatisten neu gedichtete Lieder u. in diziert die bessere Uberlieferungslage der Psalmen u. Hymnen der Gnosis (Heitsch aO. [o. Sp. 1076] nr. 43f). - Bezeichnend ist, dass die neue P., wie das Melito-Frg. lehrt, nun mehr verschriftlicht, d. h. als konservie rungswürdig u. / oder als der Verbreitung würdig erachtet wurde. Ob für die Ver schriftlichung auch der ästhetische Wert ei nes derartigen Liedes bedeutsam war, lässt sich nur in Ausnahmefällen erkennen: So enthält POxy. 1786 (wohl vom Ende des 3. Jh.) einen griech. anapästischen Hymnus auf die Trinität, mit musikalischer Notierung (Ch. H. Cosgrove, An ancient Christian hymn with musical notation [Tübingen 2011]). Der Umstand, dass sowohl Text wie auch Klang festgehalten werden sollten, deu tet auf eine Sensibilität für den ästhetischen Wert dieses Hymnus. Dass christliche Hym nen auch als Lieder an sich Gefallen finden konnten, scheint eine merkwürdige Partie bei PsClem. virg. 2, 6, 3 (38f Diekamp) anzu zeigen, die mahnt, christliche Hymnen (u. Partien aus der Bibel) dürften nicht außer halb eines cultus sacer vorgetragen werden, insbesondere nicht um Lohn vor Heiden bei deren Symposien. Wenn dies keine rein ab strakte Mahnung, sondern Reflex einer Le benswirklichkeit ist, liegt hier ein Beleg für eine rein von ästhetischen Kriterien be stimmte Aufführung christlicher P. vor (s. u. Sp. 1089/93). - Während die griech. christl. Hymnendichtung der ersten Jhh. (deren Be deutung für die lat. etwa durch Aug. conf. 9, 7, 15 hervorgehoben wird) weitgehend ver loren ist, lässt sich die lat. vom 4. Jh. an kla rer fassen: Nach dem nicht genau datierba ren (anonymen) Gloria (hymnus angelicus; A. J. Vermeulen: o. Bd. 11,222/4) findet sich das früheste Zeugnis für einen im Gottesdienst gesungenen Hymnus in dem als Papyrusfragment (PMonts. Roca [Montserrat II 126/78]) überlieferten, nach seiner Über schrift bezeichneten Psalmus Responsorius (Herzog [Hrsg.] § 559), der formal als **Abecedarius (K. Thraede: RAC Suppl. 1, 11/3) die magnalia dei (V. 5) preist (der erhaltene Teil erzählt, nach den Evv., aber auch dem Protoev. Jac., die Geschichte Mariens) u. er weist aufgrund seiner ägypt. Herkunft latei-
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nisch sprechende Christen im Ägypten des frühen 4. Jh. als Urheber. Auf den Osten verweist auch die Hymnendichtung des •Hi larius v. Poitiers (J. Doignon: o. Bd. 15, 139/67, bes. 150f). Da Hilarius zwischen 356 u. 360 in Kleinasien im Exil weilte, könnten auch seine Hymnen (von wohl ursprünglich zwölf, die zu einem über hymnorum verei nigt waren, sind drei erhalten [CSEL 65, 209/161) unter dem Eindruck griechischer Hymnodik verfasst sein. Formal bemerkens wert ist bei zweien dieser Hymnen wie derum die Anlage als Abecedarien, wohl in der Funktion einer Memorierhilfe, was auf den Gebrauch im Gottesdienst deuten könnte. Insofern Hilarius mit seinen Hym nen christologische Positionen markierte, die auf der Linie des Nizänums u. des Athana sius lagen, repräsentieren diese auch eine Form von Lehrdichtung sowie implizit eine Polemik gegen häretische Positionen. Dies setzt sich in der Hymnendichtung des •Ambrosius fort (grundlegend J. Fontaine [Hrsg.], Ambroise de Milan. Hymnes [Paris 2008]), allerdings mit einfacherer Metrik, was ein Grund für den Erfolg, d. h. die Sing barkeit, seiner Lieder war (den Boeft 78; ei nen Misserfolg der Lieder des Hilarius legt Hieron. comm. in Gal. 2 prol. [PL 262, 380] nahe). Diese Hymnen wurden im Westen als neuartig aufgefasst (Aug. conf. 9, 7,15), u. es scheint, dass Ambrosius selbst von ihrer Kraftüberraschtwurde,dieer(s.u.Sp. 1089/93) nicht ihrer Poetizität, sondern Rechtgläubig keit (ep. 75a, 34 [CSEL 82,3,105]: quid enim potentius quam confessio trinitatis, quae cottidie totius populi ore celebratur?) zuschrei ben musste. Offenkundig war mit diesen Hymnen ein Instrument nicht nur der Er bauung (Aug. conf. 9, 6, 14), sondern auch der Propagierung theologischer Positionen gefunden, das Augustin zu seinem dezidiert polemischen Psalmus contra partem Donati führte, einem wiederum als Abecedarius an gelegten großen Lied, für das der Autor (retract. 1, 20 [CCL 57, 61]) Breitenwirkung im Volk erhoffte (Markschies 221/4). In dessen Tradition stellte sich im 5. Jh. *Fulgentius v. Ruspe mit seinem Psalm gegen die Arianer. Damit hatte der christl. Hymnus zu Gottes preis u. Erbauung die Funktion einer beleh rend-polemischen Liedform hinzugewonnen sowie durch die Struktur des Abecedarius eine Sicherungsmaßnahme des Textbestan des herausgebildet.
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c. Poesie außerhalb des Gottesdienstes. Erkennbar ist ferner, dass vom 2. Jh. an christliche P. außerhalb des Gottesdienstes bestimmte Formen u. Funktionen von Dich tung aufgriff, die in der jüd. sowie der griech.-röm. Literatur ausgebildet worden waren. Dieses breite Ausgreifen auf die li terarischen Traditionen ist mittelbar Konse quenz der Ausbreitung des Christentums u. spiegelt seine wachsende Verflechtung mit der Gesellschaft des * Imperium Romanum u. die damit verbundene Teilhabe an sozialen u. politischen Diskursen. 1. Fortschreibungen paganer Formen. Zu den Strategien eines solchen Aufgreifens ge hörte einerseits ein einfaches ,Fortschrei ben4, wie es sich im Fall der Slg. der sog. Oracula Sibyllina ermitteln lässt. Diese he xametrischen, einer der sog. Sibyllen zuge schriebenen (Pseudo-)Orakel waren (wahr scheinlich) im späten 1. Jh. vC. im Diaspo rajudentum entstanden u. griffen ihrerseits auf die Form griechischer poetischer •Ora kel (Lykophrons Alexandra [s. o. Sp. 1065], Phlegon v. Tralleis u. a.) zurück, deren Funk tion im Kontext eines geistigen Widerstands gegen hellenistische Großmächte bzw. Rom gelegen hatte (wesentlich hierzu weiterhin H. Fuchs, Der geistige Widerstand gegen Rom in der antiken Welt [1938]). Die jüd. Orakel dienten dagegen als eine Form von missionarischer Propaganda für das Juden tum unter den Heiden. Der Fundus dieser jüd. Texte wurde (wohl nach 150 nC.) von christlicher Seite überarbeitet u. ergänzt (durch die Einfügung christologischer Ele mente), so dass schließlich in der Spätantike ein Corpus von 14 Büchern (erhalten sind Bücher 1/8 u. 11/4) zusammengestellt wer den konnte (grundlegend J.-D. Gauger [Hrsg.], Sibyllinische Weissagungen [1998], mit ausführlichem Nachwort u. reicher Do kumentation). 2. Verschmelzungen von paganen u. jüd.christl. Formen. Eine zweite Form des Auf greifens lag in der Verschmelzung von lite rarischen Formen: Die jüd.-christl. Tradition hatte eine ,Visionsliteratur4 (K. Berger, Vi sionsberichte: ders., Stud. u. Texte zur Formgesch. [1992] 177/225; Μ. Frenschkowski, Offenbarung u. Epiphanie 1/2 [1995/97]) hervorgebracht, die die in Träu men oder ekstatischen Zuständen erfahre nen Visionen mitteilte, teils in fingierten Au torschaften (etwa *Äbraham), teils unter
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Identität zwischen Empfänger der Vision u. Autor. Diese Texte konnten, wie etwa die ♦Johannes-Apokalypse zeigt, in einer dem ekstatischen Erlebnis entsprechenden affektisch-poetischen Prosa verfasst sein. Vor die sem Hintergrund u. angesichts der Tradition griechischer hexametrischer Versorakel war es formal nur ein kleiner Schritt, eine Vision in Hexametern zu verfassen. Dies liegt in der sog. Visio Dorothei vor, einem 343 Verse umfassenden Gedicht (Ausgabe mit engl. Übers, u. Komm.: A. H. Μ. Kessels / P. W. van der Horst [Hrsg.], The vision of Dorotheus: VigChr 41 [1987] 313/59), in dem Do rotheos, ,Sohn des Quintus* (so in V. 300 apo strophiert, die subscriptio nennt ihn als Vf. u. ,Sohn des Dichters Quintus*; Hose, P. III aO. [o. Sp. 1056]) ein Traumerlebnis schildert, bei dem er aus dem Kaiserpalast in Gottes ♦Palast versetzt wird (J. N. Bremer, The Vi sion of Dorotheus: den Boeft / Hilhorst 253/61). Die Datierung dieses Textes ist un sicher (je nach Gewichtung der Indizien zwi schen dem späten 2. u. der Mitte des 4. Jh.), entsprechend spekulativ bleiben mögliche Funktionen. Der Umstand, dass ein (indivi duelles) spirituelles christl. Erlebnis in die Form eines griech. Kleinepos (mit durchaus homerischen Wendungen) gebracht u. offen sichtlich als Text verbreitet wurde, lässt bei den vom Vf. intendierten Adressaten auf auch ästhetische Erwartungen schließen, die das Kleinepos bedienen sollte. 3. Nachahmungen paganer poetischer Formen. Eine dritte Form des Aufgreifens lag in der Nachahmung paganer literarischer religiöser Redeformen: Clemens v. Alex, stellte an das Ende seines Paidagogos (GCS Clem. Alex. 1, 291f) einen anapästischen Hymnos auf Christus (Text u. Komm.: T. Wolbergs [Hrsg.], Griech. religiöse Gedichte der ersten nachchristl. Jhh. 1 [1971] 10/2. 83/99), der einerseits die philosophische Hymnendichtung (Kleanthes; s. o. Sp. 1068) wie auch deren Integration in einen .philo sophischen* Traktat, wie sie in Cic. Tusc. 5,5 (Hymnus auf die Philosophie; H. Hommel, Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: SbHeidelberg 1968 nr. 5) vorliegt, übernimmt. *Methodios v. Olympos lässt sein Symposion (eine christl. Kontra faktur des Platonischen Symposions) in ein christL Parthenion münden, ein buchstäbli ches Jungfrauenlied, das *Jungfräulichkeit als Enthaltsamkeit für Christus propagiert
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(284/92 [SC 95, 310/21]). Das Risiko derarti ger Nachahmung scheint sich im Fall der Thaleia des Areios (W. Löhr, Arius reconsidered: ZsAntChrist 9 [2006] 524/60; 10 [2007] 121/57) zu zeigen, die sich, soweit durch die Frg. erkennbar, auf pagane Lyrik bezieht: Metrisch stellte sich dieses Werk (nicht klar ist, ob es sich um ein durchgängiges Gedicht oder ein Prosimetrum handelte; B. Μ. Palumbo Stracca, Metro ionico per l’eresia di Ario: Orpheus NS 11 [Catania 1990] 65/83) durch den Gebrauch von ionischen Tetra metern (Μ. L. West, The metre of Arius’ Thalia: JournTheolStud 33 [1982] 98/105) in die Tradition von sympotisch-erotischen Symposionsliedern (worauf sich auch der Ti tel beziehen könnte [allerdings bereits als Titel von Buch 3 in Methodios’ Symposion verwendet], der Theologie als Fest zu ver sprechen scheint; ob die Notiz über die über raschend große u. bunte Anhängerschaft des Areios bei Epiph. haer. 69, 3, 2 [GCS Epiph. 3, 154] die Wirkung dieser besonderen Wer bung bezeugt oder aus der Intention der Thaleia herausgesponnen ist, ist kaum zu entscheiden). Deutlich ist hingegen, dass der offenbar experimentelle Charakter des Tex tes Gegnern der theologischen Position zu sätzliche Angriffsmöglichkeiten bot (Athan. or. adv. Arian. 1, 2. 4 [AthanWerke 1, 1, 110/3], der vereinfachend Areios in die Formtradition des Sotades stellen konnte). Als Nachahmung vorliegender Formen lässt sich auch die P. Commodians begreifen (L. Krestan, Art. Commodianus: o. Bd. 3,248/52; Führer, Lehrdichtung aO. [o. Sp. 1056] 1077f), die allerdings insofern eine Sonderstellung einnimmt, als sie bereits um die Mitte des 3. Jh. entstanden sein dürfte (sprachliche Indi zien weisen auf diese Zeitstellung; K. Thraede, Beitr. zur Datierung Commodians: JbAC 2 [1959] 90/114; allerdings gibt es auch Argumente fiir eine Spätdatierung ins 5. Jh.). Seine zwei Bücher Instructiones (be stehend aus akrostichischen u. teils abecedarischen Gedichten) schreiben sich in die (durch Hesiod inaugurierte) Tradition des Mahngedichts bzw. der Spruchdichtung (vgl. die Disticha Catonis) ein (sie polemisieren gegen Heiden- u. Judentum bzw. formulieren christliche Lebensregeln), das Carmen apologeticum adv. Iudaeos gibt sich als hexa metrische Rede eines Sprechers, der die christl. Wahrheit erkannt hat u. emphatisch die Irrtümer der Heiden u. Juden aufdecken
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will, womit sich der Text in die Tradition re ligiös-philosophischer Aufklärungsdichtung stellt, die etwa von *Parmenides, Empedokles oder Lukrez verkörpert wird. Insofern in beiden Gedichten die Belehrung mit der Aufforderung zur Abkehr von paganen oder jüdischen Anschauungen verbunden ist, mit hin eine Form von *Protreptik vorliegt, lässt sich dies mit einer historischen Konstellation verbinden, in der das Christentum in einer offenen Konkurrenz zu anderen Glaubensan geboten stand, also der präkonstantinischen Zeit. III. Christi. Autoren über Poesie. Sowohl die sich verstärkende Integration in die Kul tur des Imperium Romanum als auch die wachsende Produktion eigener Dichtung zu nächst in liturgischen Zusammenhängen, dann zunehmend davon gelöst (s. oben), warf die Frage nach christlicher Positionierung gegenüber dem Phänomen P. (u. deren Po tential) auf. Die (unvermeidliche) christl. De batte kristallisierte sich insbesondere um zwei Problembereiche: a) P. wird in ihrer pa ganen Spielart als eng mit der Vermittlung paganer Götter- u. Moralvorstellungen ver knüpft aufgefasst. Entsprechend bedeutet Rezeption paganer Dichtung eine spirituelle u. sittliche Gefährdung des Christen; b) P. wird, insofern sie Affekte erzeugt, als ge fährlich für eine christl. Affektkontrolle be trachtet. a. Pagane Poesie. Bis zum 4. Jh. ist eine breitere Diskussion erkennbar, in der einer seits restriktive Haltungen gegenüber Dich tung eingenommen wurden, die eine grund sätzliche Inkompatibilität zwischen Christ u. (paganer) P. feststellten. So verweist die sog. Didascalia Apostolorum (wohl um die Mitte des 3. Jh.) im Rahmen einer generellen Ablehnung heidnischer Bücher den an P. In teressierten rigoros an die prophetischen Bücher des AT u. die Psalmen (2 [CSCO 401 / Syr. 175, 17f; engl. Übers.: ebd. 402 / Syr. 176, 14f|) u. fordert vom Christen statt Theater Kirchenbesuch (13 [ebd. 407 / Syr. 179, 151f; engl. Übers.: ebd. 408 / Syr. 180, 137fJ), um nicht dem »ewigen Feuer' (ebd. [152; engl. Übers.: 138]) zu verfallen; Arnobius (nat. 4, 31/7) wiederholt (trotz einer An erkenntnis, dass es sich bei P. um Fiktion handelt [ebd. 4, 32: sed poetarum, inquiunt, figmenta sunt haec omnia et ad voluptatem compositae lusiones]) in seiner Ablehnung von paganer mythologischer Dichtung die RAC XXVII
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seit Xenophanes u. Platon vorgetragene Kri tik, die er in der Hauptsache auf das Theater als Präsentations- u. Erfahrungsraum von Dichtung konzentriert (ähnliche Kritik zB. bei Tert, spect. passim; Novatian. spect. 3, lf [CCL 4, 169f]; Lact. epit. 58 [CSEL 19, 741/3]; Theophil. Ant. ad Autol. 3, 15; Clem. Alex. paed. 3,76,3/77,4). Grundlage der Kri tik ist die teils implizite, teils explizite Prä misse einer .einfachen' mimetischen Wir kung des Dargestellten auf den Rezipienten, der den poetischen Text oder seine Darstel lung als exemplum imitieren könne (Tert, spect. 17, 7). - Neben dieser Konstatierung einer grundlegenden Unvereinbarkeit zwi schen paganer P. u. Christentum stehen Versuche, Kompatibilität herzustellen, ent weder durch historische Konstruktion oder durch hermeneutische Operation. Ersteres unternahm Clemens v. Alex. (L. Früchtel, Art. Clemens Alexandrinus: o. Bd. 3, 182/8; W. Jaeger, Das frühe Christentum u. die griech. Bildung [1963] 35/51), in dessen (sei nerseits auf hellenist. jüd. Konstruktionen zurückgreifendes) Konzept einer Genealogie ,göttlicher Offenbarung' die griech. Autoren (u. hier bes. die von ihm als alt angesehenen Dichter) ihre Weisheiten bzw. ihre Philoso phie aus der Philosophie des *Moses ge schöpft hätten (ström. 1, 176, 1; D. Ridings, The Attic Moses [Göteborg 1995]). Griechi sche Philosophie u. Dichtung erhalten damit den Rang einer dienenden Instanz, die Nichtchristen auf den Weg zum Christentum zu führen (für Clem. Alex, ist dabei Paulus’ Areopag-Rede [Act. 17, 22/8] mit ihrer Ver wendung des Arat-Zitats [phaen. 5] zentral; ström. 1, 91). Der P. als Teil der paganen Literatur wird damit eine Verweisfunktion verliehen, die sie prinzipiell als lesenswürdig einstuft. Dass sie in diesem Sinne tatsächlich verstanden wurde, zeigt die von Gregor d. Wundertäter beschriebene Praxis im Unter richt des *Origenes (paneg. in Orig. 13, 151 [SC 148, 158]) u. erweist die dezidierte Zu weisung (auch in der Tradition Plutarchs; s. o. Sp. 1077) einer Propädeutik für die P. durch Basilius (leg. lib. gent.). - Eine diffe renzierte Haltung zur P. hatte zuvor bereits *Lactantius formuliert (zu dessen Vorgän gern, bes. *Minucius Felix, D. S. Wiesen, Virgil, Minucius Felix and the Bible: Hermes 99 [1971] 70/91). Zwar findet sich auch bei ihm eine Ablehnung von affektgenerieren den poetischen Formen, insbesondere im 35
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b. Poesie u. Affekte. Nicht allein die Ver Theater (inst. 6, 20f), u. erfährt Vergils Äeneas, aufgrund seiner pietas, die für den schränkung von paganer Dichtung mit paChristen keine ist, entschiedene Kritik (ebd. ganen Gottesvorstellungen, sondern auch die 5, 10, 9; dazu A. Wlosok, Zwei Bsp. früh- Wirkung von P. (s. o. Sp. 1079/82), zumeist in christl. ,Vergilrezeption‘: dies. 437/59). Doch Verbindung mit ihrer Rezeption im Theater steht der Diagnose der Gefährlichkeit von P. betrachtet, führte zu Debatten. Die beson (inst. 5,1,10: Dichter als pemiciosi) eine im dere Rolle des Theaters dürfte dabei der plizite Rechtfertigung gegenüber, da die Frequenz der Aufführungen in spätantiken Dichter, wenn auch entstellt durch eine Städten (in Rom an 102 Tagen pro Jahr) ver mündliche Überlieferung, in Brechungen die dankt sein (Klein 1570, durch die der thea göttliche Wahrheit wiedergäben (ebd. 2, 10, tralische Raum zur zentralen Erlebniszone 6); ferner erkennt Laktanz ausdrücklich die für durch P. erzeugte Affekte geriet. So ist spezifischen Freiheiten der P. in der Dar es kaum erstaunlich, wenn Tertullian (spect. stellung an: den poeticus color (1,11,19), der 15, 2/8) den dem Menschen von Gott gege nicht als Verzerrung, sondern Ausschmü benen spiritus sanctus (an. 11) in seiner ckung (1,11, 23) zu verstehen sei. Man kann Ruhe u. Milde durch die Affekte Zorn, Wut daher Laktanz als einen Apologeten auch oder Schmerz (dolor) bedroht sieht, die ge der P. einstufen (P. van der Nat, Zu den rade durch das Schauspiel entstünden. Da Voraussetzungen der christl. lat. Lit. Die (ästhetisches) Vergnügen ohne Affekte nicht Zeugnisse von Minucius Felix u. Laktanz: Μ. möglich sei, Affekte aber casus (d. h. Fehler Fuhrmann [Hrsg.], Christianisme et formes im Sinn der Aristotelischen Poetik) zur Vor littéraires de l’antiquité tardive en occident aussetzung hätten, würde der Christ, auch [Genève 1977] 191/234, bes. 220). Wenn Lakt wenn er nur Zuschauer sei, sich schuldig ma anz noch schrieb, dass Vergil nicht weit von chen. Die von Tertullian warnend abstrakt der Wahrheit entfernt gewesen sei (inst. 1,5, dargelegten Probleme eines christl. Theater 11), so ging kein Geringerer als Konstantin erlebnisses führt Augustin weiter aus, so so weit, Vergil mit dem vollen .christl. Wis wohl in der Perspektive eines Ich-Erlebens sen' auszustatten, indem er (Eus. or. ad s. (conf. 3, 2) als auch am Beispiel des Alypius coet. 19f [GCS Eus. 1, 181/6]) dessen 4. (ebd. 6, 8). Eingebettet in eine grundsätzli Ekloge als Ankündigung Christi in allegori chere Analyse menschlicher Wahrnehmun scher Verhüllung auffasste (Wlosok aO. gen werden von Laktanz die Affekte be 444/55; die Allegorese der Vergilischen Bu- sprochen (inst. 6, 20/3): Ausgehend von der kolik war bereits von Calpumius Siculus be Vorstellung, dass es für Affekte einen von trieben worden; s. o. Sp. 1073). Bemerkens Gott vorgesehenen Weg zu deren Kontrolle wert ist diese Interpretation, weil sie einen gebe (ebd. 6, 23, 33 [569f]), erscheinen die mehrfachen Schriftsinn in einem Gedicht von P. (u. bes. im Theater) hervorgerufenen voraussetzt, der in unterschiedlichen Lektü Vergnügungen als Verfehlung. - Dieser ren (hier neben einer im .Literalsinn' [der deutlichen Distanzierung von den von P. be dem grundsätzlichen, durch Aristoteles ge wirkten Affekten steht die Erfahrung christ prägten Verständnis von P. als einem mi licher P. gegenüber, wie sie etwa Ambro metischen Verfahren entspricht], in einer sius’ Hymnen bewirkten. Deren deutlich af weiteren, die die Allegorie entschlüsselt [u. fektproduzierende Wirkung (Aug. conf. 9, 6, damit P., weil sie allegorisiert, bereits eine 14: quantum flevi ... commotus acriter) ließ hermeneutische Leistung zuweist]) sichtbar sich augenscheinlich nur mühsam mit der wird. Diese (auf die pagane allegorische In sonstigen Ablehnung der Affekte verbinden. terpretation zurückverweisende; W. den Ambrosius selbst behalf sich mit einer von Boer, Some striking similarities in Pagan keiner antiken Wahrnehmungstheorie ge and Christian allegorical interprétation: deckten Konstruktion (ep. 75a, 34 [CSEL 82, Stud. filologici e storici, Festschr. V. de 3, 105]): Er erklärt die affektische Wirkung Falco [Napoli 1971] 465/73) Methode ließ sich der Lieder (hymnorum quoque meorum carauch auf die Psalmen übertragen, wie Hila minibus deceptum populum) mit deren Glau rius v. Poitiers (tract, in Ps. praef. 5 [CSEL bensrichtigkeit (quid enim potentius quam 22, 6f]) zeigte, der diese als voll von allego confessio trinitatis). Nicht also ein, wie auch rischen Vorverweisen auf Christus inter immer zu bestimmendes, Erhabenes, son pretierte. dern (über das Wort, d. h. den Text der
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Hymnen vermittelt: Ambrosius spricht ex plizit von den carmina) die Wahrheit emoti onalisiert in dieser Konstruktion. Augustin, Zeuge der Wirkung der Lieder, modifizierte diese Erklärung (conf. 9, 6, 14; Markschies 219f): voces illae influebant auribus meis et eliquabatur veritas in cor meum et exaestu abat inde affectus pietatis, et currebant la crimae, et bene mihi erat cum eis. Hier re sultiert die Schilderung eines ästhetischen Erlebens (Wahrnehmung: voces influebant auribus; Wirkung: currebant lacrimae, bene mihi erat) im Gefolge des Ambrosius (das Wahmehmungsorgan cor wird nicht durch die Musik, sondern durch veritas gefüllt) in der Erzeugung eines Affekts, der nicht mehr sensualistisch (u. damit potentiell problema tisch, als motus animi contra rationem [Aug. civ. D. 8, 17] bzw. als perturbatio; G. J. P. O’Daly / A. Zumkeller, Art. Affectus [passio, perturbatio]: AugLex 1 [1986/94] 166/80), sondern spirituell begriffen wird: affectus pietatis. Damit wird durch Ambrosius u. Au gustin (ferner c. Iulian. 4,14,66 [PL 44, 770], wo der affectus pietatis, der sich durch di vina cantica einstellt, auf die libido sensum audiendi gegründet ist) eine (christl.) P. end gültig aus dem Kontext paganer Affektenlehre genommen u., da sie zum affectus pie tatis führt, theoretisch begründet. IV. Autonome christl. Poesie, a. Die Not wendigkeit einer eigenen Poesie. Die Ent stehung einer autonomen (W. Kirsch, Die Umstrukturierung des lat. Literatursystems im Zeichen der Krise des 3. Jh.: Philol 132 [1988] 2/18), d. h. nicht durch die Zusammen hänge des Gottesdienstes bedingten christl. P. vollzog sich vor dem Hintergrund einer kulturellen Konstellation, in der die neupro duzierte pagane P. (zu Nemesian s. o. Sp. 1076) kaum noch an Diskursen, die Welt deutung u. Bestimmung der Rolle des Men schen vomahmen, beteiligt war. Gleichwohl hatte sich ein im Kem fester Kanon von griechischer wie lateinischer Dichtung eta bliert, in dessen Zentrum die Epik (bes. Ho mer u. Vergil) stand, dessen Kenntnis für gesellschaftliche Distinktion sorgte u. zu gleich eine Sprache der Eliten (im Fall des Griech. durch den Attizismus zusätzlich kom pliziert) konstituierte. Zitate aus u. Anspie lungen an kanonische P. sind in der prosai schen Literatur Legion. Die christl. Litera tur mit den Ew. als kanonischem Zentrum stand dagegen unter dem stilistischen Vor
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behalt des sermo piscatorius (K. O. Sandnes, The gospel ,according to Homer and Virgil' [Leiden 2011] 65/105), so dass sich auf die Sprache des NT keine Sprache der Eliten gründen, geschweige denn eine genuin christl. griech. oder lat. Dichtersprache (H. Hafter, Unters, zur altlat. Dichtersprache [1934]) gewinnen ließ. Elitäres Sprechen u. elitäre Kommunikation (exemplifiziert durch Liban. or. 46, 3 [7, 553f Foerster]; P. Brown, Macht u. Rhetorik in der Spätantike [1995] 57) bedurfte der Vertrautheit mit (gehobe ner) P. Diese Vertrautheit vermittelte die Schule (Cribiore für den griech. Osten, Gemeinhardt für den lat. Westen), u. vor die sem Hintergrund war die Position Kaiser Ju lians (formuliert im sog. Rhetoren-Edikt [Cod. Theod. 13, 3, 5 vJ. 362], das Anstel lungsbedingungen für städtische Lehrer festlegte, u. ep. 61 [1, 22, 72/5 Bidez], wo Übereinstimmung von Lehre u. Glauben ge fordert wurde [Sandnes aO.; R. Klein, Kaiser Julians Rhetoren- u. Unterrichtsgesetz: RömQS 76 (1981) 73/94], letztlich eine ur sprünglich christl. Forderung [Tert. idol. 10]) im Ansatz geeignet, die nunmehr christl. Eli ten von der traditionellen Bildung auszu schließen (Greg. Naz. or. 4, 5 [SC 309, 92/4]; Aug. civ. D. 18, 52) u. dadurch sprachlos zu machen. Insofern bedeutete dieses JuliansErlebnis von 362/63 einen der Impulse (zu weiteren Faktoren S. Döpp, Die Blütezeit lat. Lit. in der Spätantike [350/430 nC.]: Phi lol 132 [1988] 19/52) zur Schaffung einer ge nuin christl. P., die dem paganen Kanon ent gegengestellt werden konnte. Freilich: So krates’ Notiz (h. e. 3,16,1/7; vgl. Soz. h. e. 5, 18, 4), ein christl. Grammatiker Apollinarios (v. Laodicea?) u. sein gleichnamiger Vater hätten aus den Schriften des AT u. des NT per Paraphrase philosophische Dialoge, ♦Historiographie, Dramen u. Epen geschaf fen, ist in ihrem Zeugniswert für eine ent sprechende christl. Reaktion auf Julian frag würdig (A. Cameron, The empress and the poet. Paganism and politics at the court of Theodosius II: YaleClassStud 27 [1982] 217/89). - Die jüd.-griech. Dichtung im Hel lenismus hatte sich in produktive Diskurse u. Gattungstraditionen (Drama: Ezechiel: TragGrFrg 1, 288/301; [histor.-geograph.] Epos: Philon, Theodotos) mit dem Ziel einge schrieben, der bibl.-jüd. Überlieferung einen Ort im hellenist. kulturellen Raum zu ver schaffen u. diese in einer hellenist. öffent
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lichkeit zu legitimieren: Demgegenüber ist mit der christl. poetischen Produktion ein in novatives Moment verbunden. Denn einer seits griff diese auf neues Material, insbeson dere die Evv., zu, andererseits konnte sie auf eine grundsätzlich breitere Palette an Ver stehensmöglichkeiten setzen, die sich mit den allegorischen Interpretationen traditi oneller P. u. Mythen verbanden (s. o. Sp. 1090f). Letzteres scheint im Fall des wohl frühesten Beispiels autonomer christlicher P. zugrunde gelegt, in dem unter dem Namen des Laktanz überlieferten *Phoenix-Gedicht (CSEL 27,135/47; A. Wlosok, Die Anfänge christl. P. lat. Sprache: dies. 250/78), das zu einer christl. allegorischen Deutung aufzufordern scheint (allerdings nicht dazu zwingt; E. Heck, Laktanz u. die Klassiker: Philol 132 [1988] 160/79). Dass eine derartige Herme neutik nicht allein dazu diente, pagane My then in einer christl. Kultur zu bewahren, sondern dass die besondere Intensität der Mythen zumal in der Präsentationsform der P. christlichen Argumentationszwecken nüt zen konnte, scheint von den Christen durch aus erkannt worden zu sein. Dies zeigen die Anweisungen, die Aug. ord. 1, 24 (CCL 29, 101) einem jungen Dichter namens Licentius für ein allegorisches Gedicht auf Pyramus u. Thisbe gibt, durch das der amor intellectualis zu Gott gepriesen werden soll. Hier knüpft auch die Arbeit mit allegorischen Verfahren in der P. des Prudentius an (s. u. Sp. llOOf). b. Poetisierungen der Bibel. 1. Cento. An gesichts der starken Prägekraft, die die spätantike Schule auf die sie durchlaufenden Eliten ausübte, ist es kaum erstaunlich, dass auf der Grundlage schulischer Kenntnis stände u. Übungsformen auch christliche Dichtung entstand: Die intensive Aneignung der kanonischen Dichter Homer bzw. Vergil führte bereits zu paganer *Cento-Verfertigung (s. o. Sp. 1075f). Formal setzten hier fort um die Mitte des 4. Jh. der auf Vergil basie rende Cento der Proba (Badini / Rizzi; R. P. H. Green, Proba’s Cento: ClassQuart 45 [1995] 551/6, sieht diesen Cento zudem aus drücklich als Reaktion auf Julians Schul edikt) sowie im 5. Jh. die auf Homer basie renden Centonen, die unter den Namen Patrikios, *Eudokia, Optimos u. Kosmas v. Jerus. überliefert sind (A.-L. Rey [Hrsg.], Patricius, Eudocie, Optimus, Côme de Jéru salem. Centons Homériques [Paris 1998]). -
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Während offenbar für die griech. Centonen (Μ. D. Usher, Homeric stitchings. The Homeric centos of the Empress Eudocia [Lanham 1998]) eine für die gesamte griech. lite rarische Ästhetik charakteristische Orientie rung an Homer vorgenommen (so explizit die praef. des Eudokia-Cento 5/21) u. daraus der Maßstab ihrer Bewertung abgeleitet wurde, erreichte der Proba-Cento ungeach tet, oder wegen, seiner Vergilverarbeitung (das nicht von Proba stammende Widmungs epigramm proklamiert 3f sogar eine Verbes serung des Vergil; Badini / Rizzi 147f), die dem Text bis zum Ende des 5. Jh. eine be achtliche Rezeption sicherte (Green aO. 560/2), keine kanonische Stellung in der Bi beldichtung (Herzog XVI/XXIV); diese wurde vielleicht deshalb verfehlt, weil dieser Cento theologisch Anstoß erregte (Hieron. ep. 53, 7), da er statt einer christl. eine tra ditionelle aristokratische Ethik einschließ lich eines zürnenden Christus am Kreuz ent warf (622f: aus Verg. Aen. 1, 132/6; I. Opelt, Der zürnende Christus im Cento der Proba: dies., Paradeigmata Poetica Christiana [1988] 14/25). 2. Bibelepik. Setzte die Cento-Dichtung bei ihren Dichtern, aber auch ihren Lesern intensive Vertrautheit mit den Praetexten Homer u. Vergil voraus u. stabilisierte sie deren kanonische Geltung im GrammatikerUnterricht, so nahm auch die zweite große Form der Bibeldichtung ihren Ausgangs punkt bei rhetorischen Übungsformen, in de nen zur Schulung der Ausdrucksfähigkeit vorliegende Prosa-Texte paraphrasiert wur den, teils in neue Prosa-Texte, teils aber auch in hexametrische oder iambische Ge dichte (Roberts 5/36). Die möglicherweise frühesten erhaltenen griech. christl. Para phrasen sind ein nach Gen. 22, 1/19 gearbei tetes Kleinepos Ad Abramo des Dorotheos (zur Datierung s. o. Sp. 1087; E. Livrea [Hrsg.], Un poema inedito di Dorotheos. Ad Abramo: ZsPapEpigr 100 [1994] 175/87) u. eine Metaphrase der Psalmen in homeri schen Hexametern, die unter dem Namen des Apollinaris v. Laodikeia steht (J. Golega, Der homerische Psalter [1960]). Die Beliebt heit dieser poetischen Form bezeugen wie derum Werke der Eudokia (s. o. Sp. 1095f): Eine Metaphrase des Oktateuchs (bezeugt durch Phot. bibl. cod. 183, 128a [2, 195f Henry]) sowie der Propheten Zacharias u. Daniel (ebd. 184,128a/129b [2,196/9 H.]); un-
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ter dem Namen des *Nonnos von Panopolis ist eine Paraphrase des Johannes-Ev. erhal ten. Nicht nur Bücher der Bibel, auch Mär tyrerakten konnten versifiziert werden. So dichtete Eudokia ein drei Bücher umfassen des Epos auf Cyprian u. Iustina (Bruchstü cke von Buch 1 u. 2 erhalten; ferner Phot, bibl. cod. 184, 128a/129b [2, 196/9 H.]), für Basileios v. Seleukia ist ein Gedicht auf The kla bezeugt (ebd. 168, 116b [2, 161 H.]). So entstand bis zum späten 5. Jh. ein Corpus von Epen, das gleichsam eine zugleich stilis tisch den gebildeten Ansprüchen entspre chende wie erbauliche Alternative zur ka nonischen paganen Epik bot (diese aber nicht verdrängen konnte). - Deutlich grö ßere Bedeutung gewann dagegen die eben falls aus der Tradition des rhetorischen Un terrichts erwachsende lat. Bibeldichtung. Ihr Archeget *Iuvencus schuf im 2. Viertel des 4. Jh. mit seiner Evangelienparaphrase in vier (d. h. an der Zahl der Evv. orientier ten) Büchern ein Epos, das nicht nur die Evv. in die Sprache u. Ausdruckswelt (Gleichnisse, Ekphraseis etc.) der epischen Dichtung transponierte, sondern zugleich eine eigenständige exegetische Leistung der Bibelvorlage darstellt (K. Thraede, Art. Iuvencus: o. Bd. 19, 887; zur synoptischen Leistung des Textes L. Braun / A. Engel, .Quellenwechsel* im Bibelepos des Juvencus: ZsAntChrist 2 [1998] 123/38). Ferner ent wirft das Werk ein neuartiges Bild vom Dichter (Hose, P. III aO. [o. Sp. 1056]), da in Abwandlung der traditionell-paganen RuhmTopik im Proöm (9/14) diesem christl. Epos ewige Dauer über das Ende der Welt hinaus zugeschrieben wird, das zugleich dem Dich ter als Heilsmittel dienen soll (Herzog 334f), u. führt, an der Stelle der *Musen, den Hl. *Geist als Inspirationsquelle ein. In der Pa raphrase des Evangelientextes findet zu gleich eine Umformung (ebd. LXXV: .Defor mation*) der Vorlage statt, die die Erwartun gen des gläubigen Publikums aufgreift; der Text lädt zur Andacht als Rezeptionsmodus ein (LXXVI; 140/54) u. trägt zur Erbaulich keit bei. Diese Neufassung der Bedeutung von Text, Autor u. Rezipient darf als Grund für den Erfolg der von Iuvencus inaugurier ten poetischen Form gelten, die vom 5. Jh. an Sedulius, *Arator u. Avitus fortschrieben (Thraede, Epos aO. [o. Sp. 1058] 1022/31). c. Kleinere Formen. Die kanonische Stel lung Vergils hatte auch der Bukolik eine
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dauernde Präsenz in der lat. Literatur gesi chert u. in Calpurnius Siculus (s. o. Sp. 1073) u. Nemesian (W. Schmid, Art. Bukolik: o. Bd. 2, 786/800; W. Schetter, Nemesians Bucolica u. die Anfänge der spätlat. Dichtung: ders., Kaiserzeit u. Spätantike [1994] 141/81) pro duktive Fortsetzung gefunden, in der poetologische Reflexion, implizite Panegyrik u. eine idealisierte, arkadische Welt verbunden blieben. Die stoffliche Gebundenheit an das Land u. die vorgegebene Stilhöhe (als genus humile: Serv. Verg. ecl. praef. [3, 1, 1/4 Thilo / Hagen]) setzten, anders als im Fall des Epos, freilich einer christl. Transforma tion der Gattung Grenzen (zumal wenn die erotische Komponente Bedenken erregte: vgl. die Aversion des Hieronymus gegen die amatoria bucolicorum versuum verba [ep. 21, 13, 9]; hinzu mochte kommen, dass eine christl. Verklärung einfachen Landlebens vor der Folie eines starken Beharrungsver mögens der Landbevölkerung in paganen Kulten als Problem erscheinen konnte). So ist erklärlich, wenn eine frakturierende christl. Rezeption erfolgte (Schmid): Eine Ausnahme blieb die christl. Ekloge (in Cento-Form) des Pomponius (Anth. Lat. 719a [1, 22, 189/93 Riese]: Allerdings ist hier nur die Szenerie bukolisch, das Lied des Tityrus 83/132 [191/3 R.] verkündet eine Erlösung der Welt durch den christl. Gott). In den Cento der Proba flössen lediglich Verstelle aus Vergils Eklogen ein, *Paulinus v. Nola transponierte in seinen Epigrammata die Hirtenwelt in eine klösterliche Idylle (Bin der: B. Effe /· G. Binder, Antike Hirtendich tung2 [2001] 152), in den Natalicia erscheint das Bukolische lediglich als Kontext, in dem sich das Wirken des hl. Felix entfaltet (Schmid 63/7 zu c. 18). *Endelechius (wohl dem Umfeld des Paulinus zugehörig) rich tete sein Gedicht De mortibus boum zwar in haltlich stärker an den bukolischen Mustern aus, wich aber durch die ungewöhnliche Form (in asklepiadeischen Strophen statt in Hexametern) wie durch die Zuweisung einer Prädikanten-Rolle an den christl. Hirten Ti tyrus von ihnen ab. - Insgesamt also ver dichtete sich in der 2. H. des 4. Jh. das Feld christlicher autonomer poetischer Formen. Es entstanden Texte, die insofern existenzi eller als große Teile der spätantiken paganen Produktion waren, als sie das Sinnangebot, das das Christentum für Mensch u. Welt machte, nachvollzogen. Hierfür steht in der
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griech. P. insbesondere das große Corpus der Gedichte des Gregor v. Naz. (B. Wyss, Art. Gregor II [Gregor v. Naz.]: o. Bd. 12, 793/863, bes. 808/14; Hose, P. 22/5), das auf einer umfänglichen, in der Schule erworbe nen Kenntnis der paganen P. ruht (Wyss aO. 839/59) u. schulisch erlernte Versifikation bezeugt: Gregor kann 40 verschiedene Grab epigramme auf seine Mutter dichten (C. Peri [Hrsg.], Gregorio di Nazianzo. Epitaffi [Mi lano 1975] nr. 66/102). In der Tradition po etischer Paraphrasen stehen zahlreiche Ge dichte über zentrale Aspekte des christl. Glaubens (als poemata dogmatica in PG 37 [unzureichend] ediert, erst einzelne Gedichte der jeweiligen Werkgruppen sind in kriti schen Ausgaben erschienen), über menschli che Moral (einschließlich der Laster) u. Tu genden. Doch kann Gregor auch sein eigenes Leben (in apologetischer Tendenz) zum Ge genstand seiner P. machen (carm. 2,1,1 [PG 37, 969/1017]: De rebus suis) u. den Zweck seines Dichtens erläutern (ebd. 2, 1, 39 [1329/36]: In suos versus): Er bezweckt eine artistische Erschwernis des Schreibens, grö ßere Attraktivität der Inhalte für (jugendli che) Leser, Schaffung einer genuin christl. P. u. Erbauung seiner selbst (2, 1, 39, 58/67 [1333f]). P. ist damit ein alternatives Regis ter mit spezifischer Attraktivität zur Ver mittlung von auch in Prosa formulierbaren Inhalten geworden. Im lat. Sprachraum fin det sich ein entsprechender Gebrauch in Lehrgedichten wie dem Carmen adversus Marcionitas (K. Pollmann, Das Carmen ad versus Marcionitas [1991]) oder dem Commonitorium des Orientius (Führer, Lehr dichtung aO. [o. Sp. 1056] 1078f). - Im Fall des als poetischer Brief an Augustin gehaltenen hexametrischen Gedichts des Licentius (Text u. Komm.: Μ. Cutino, Licentii Carmen ad Augustinum [Catania 2000]; D. Shanzer, Arcanum Varronis iter. Licentius’s verse epistle to Augustine: RevfitAug 37 [1991] 110/43) kommt als weitere Dimension der P. ihre Nutzung als Instrument eines Network ings innerhalb der Eliten hinzu: Die Betei ligung an einem epistolographischen Aus tausch mit einem Gedicht intensiviert den Austausch u. steigert die Bedeutung des Vf. als eines Gebildeten. Dass sich die christl. P. hierin auf das Terrain der paganen Bildung erfolgreich ausweitete, zeigt prägnant der poetische Briefwechsel zwischen Ausonius u. *Paulinus v. Nola, in dem, wohl zwischen 389
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u. 395, Ausonius als Repräsentant der tradi tionell-rhetorischen Bildung seinen einstigen Schüler Paulinus davon abbringen will, einen asketisch-christl. Lebensentwurf zu verfol gen, Paulinus hierauf seinerseits mit Ge dicht-Briefen antwortet (Auson. ep. 21f. 24; Paulin. Nol. carm. 10f [CSEL 302, 24/42]; D. Amherdt [Hrsg.], Ausone et Paulin de Nole. Correspondance [2004]; N. Rücker, Ausonio possis considere portu [Verg. Aen. 3, 378]. Ausonius, Paulinus, Ovid u. Vergil. Spätan tike Briefdichtung neu gelesen: H. HarichSchwarzbauer / P. Schierl [Hrsg.], Lat. P. der Spätantike [Basel 2009] 83/108; ders., Ausonius an Paulinus v. Nola. Textgesch. u. literar. Form der Briefgedichte 21 u. 22 des Decimus Magnus Ausonius [2012]). - Christ liche P. griff nicht nur in den virtuellen Raum der intellektuellen Kommunikation aus, sie bemächtigte sich des materiell be dingten städtischen Raums (unter der Vor aussetzung tatsächlicher christl. Macht über diesen): Die Epigramme des Damasus (A. Ferrua [Hrsg.], Epigrammata Damasiana [Roma 1942]; U. Reutter, Damasus, Bischof von Rom [366/84] [2009]) trugen durch ihre Platzierung auf Bauten, Denkmälern oder Gräbern dazu bei, in Rom neben bzw. über der paganen eine christl. Erinnerungsland schaft. zu schaffen. d. Innovative christl. Poesie. Die allegori sche Interpretation gehörte (zumal in der Denkfigur der Typologie) zu den wichtigsten hermeneutischen Instrumenten christlichen Welt- u. Textverstehens. Als Verstehens möglichkeit hatte sie zudem in paganer My thendeutung eine beachtliche Tradition. Als Produktionsinstrument war dagegen die Al legorie in der paganen P. nur selten (zB. in Aristophanes’ Plutos) verwendet worden. Die sich seit dem späten 3. Jh. verstärkende Produktion von Texten mit mehreren Sinn ebenen, so etwa in den carmina des Optatianus Porfyrius, trägt Laktanz’ allegorische Komposition im Phoenix-Gedicht (s. o. Sp. 1095). Noch konsequenter u. radikaler nutzt Prudentius die Allegorie (R. Herzog, Die allegorische Dichtkunst des Prudentius [1966]), in dessen Gedichten dieses Verfah ren genutzt wird, um die Natur (im Cathemerinon) sowie die sozialen u. sittlichen Ord nungen (in Peristephanon u. Contra Symmachum) mit den christl. Lehren u. ihrer Darlegung in der Bibel so zu verschränken, dass sich die christl. Positionen als gültig er
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weisen. Die Psychomachie schließlich ent wirft im Kampf der Laster mit den Tugen den um die bzw. in der Seele eine symboli sche Welt, die christlich gebunden ist. J.-N. Aletti, Les passages nöotestamentaires en prose rythmöe. Propositions sur leurs fonctions multiples: Gerber / Keith 239/63. - A. Badini / A. Rizzi (Hrsg.), Proba. II Centone = Biblioteca patristica 47 (Bologna 2011). - A. A. R. Bastiaensen, Psalmi, hymni and cantica in early Jewish-Christian tradition: StudPatr 21 (1989) 15/26. - F. J. van Beeck, The worship of Christians in Pliny’s letter. Studia Liturgica 18 (1988) 121/31. - R. Μ. van den Berg, Pro clus’ hymns. Essays, translations, comm. = PhilosAnt 90 (Leiden 2001). - P. Bing, Ergän zungsspiel in the epigrams of Callimachus: ders., Scroll 85/105; The scroll and the marble. Stud, in reading and reception in Hellenistic poetry (Ann Arbor 2009); Text or perform ance / Text and performance. Alan Cameron’s Callimachus and his critics: ders., Scroll 106/15. - J. den Boeft, Ambrosius Lyricus: ders. / Hilhorst 77/89. - J. Den Boeft. / A. Hilhorst (Hrsg.), Early Christian poetry. A coll, of essays = VigChr Suppl. 22 (Leiden 1993). - G. W. Bowersock, Augustus and the Greek world (Oxford 1965). - R. Brucker, ,Christushymnen4 oder ,epideiktische Passa gen*. Stud, zum Stilwechsel im NT u. seiner Umwelt = ForschRelLitATNT 176 (1997). - E. Burck, Vom röm. Manierismus. Von der Dich tung der frühen röm. Kaiserzeit (1971). - W. Burkert, Griech. Hymnoi: ders. / F. Stolz (Hrsg.), Hymnen der Alten Welt im Kultur vergleich = OrbBiblOr 131 (1994) 9/17. - A. Cameron, Claudian. Poetry and propaganda at the court of Honorius (Oxford 1970); Poetry and literary culture in Late Antiquity: S. Swain / Μ. Edwards (Hrsg.), Approaching Late Antiquity. The transformation from early to late empire (ebd. 2004) 327/54; Wandering poets. A literary movement in Byz. Egypt: Historia 14 (1965) 470/509. - D. J. Conacher, Euripides and the Sophists. Some dramatic treatments of philosophical ideas (London 1998). - R. Cribiore, Gymnastics of the mind. Greek education in Hellenistic and Roman Egypt (Princeton 2001). - S. Döpp, Das Steg reifgedicht des Q. Sulpicius Maximus: ZsPapEpigr 114 (1996) 99/114. - Μ. Erler, Inter pretieren als Gottesdienst. Proklos’ Hymnen vor dem Hintergrund seines Kratylos-Komm.: G. Boss / G. Seel (Hrsg.), Proclus et son influ ence. Actes du colloque de Neuchâtel, juin 1985 (Zürich 1987) 179/217. - E. A. Fisher, Greek translations of Latin lit. in the 4th cent. A. D.: YaleClassStud 27 (1982) 173/215. - Friedlaender, Sittengesch.10. - Th. Führer, Was ist
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Poesie I
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Poesie II
Poesie II (kultische, liturgische). A. Griechisch-römisch.
B. Jüdisch. 1. Allgemeines 1106. II. Biblisch, a. Psalmen 1107. b. Oden u. Megillot 1107. III. Schriftrollen vom Toten Meer 1108. a. Sab batopferlieder 1108. b. Gebete für Festtage 1109. c. Gebete für Wochen- u. Monatstage 1110. d. Psalmen u. Hodayot. 1. Psalmen 1110. 2. Hodayot 1110. e. Apotropäische u. FluchGebete 1111. f. Klagegebete 1111. IV. Spätantik a. Allgemeines 1113. b. HekhalotHymnen 1113. c. Piyyut 1114. 1. Formales, a. Sprache 1115. ß. Metrum 1116. y. Reim 1116. ö. Strophen 1117. e. Weitere Schmuckelemente 1117. £. Bezug zu anderen Texten 1118. 2. Gen res 1118. a. Sidre ‘Abodä 1119. ß. Yoserot 1119. y. Qerobot 1119. ö. Selihot 1121. e. Qinot 1121. £. Hoäa'anot 1121. 3. Histor. Entwicklung 1121. a. Yose b. Yose 1122. ß. Yannai 1122. y. El'azar birabbi Qillir (vulgo Qallir) 1122. ö. Weitere Dichter der klass. Epoche 1123. 4. Frühe aram. Piyyutim 1123. C. Christlich. I. Erstes bis drittes Jh. 1124. II. Viertes bis siebtes Jh. a. östlich. 1. Grie chisch 1124. 2. Syrisch / Aramäisch, a. Aramä isch 1124. ß. Syrisch, aa. Ursprünge 1125. bb. Formen 1126. cc. Sammlungen u. Überlieferung 1127. dd. Die wichtigsten Dichter des 4. bis 7. Jh. 1130. 3. Sonstige (Kopten, Manichäer etc.), a. Gnostica 1135. ß. Manichaica 1136. y. Kopt. Poesie 1137. b. Westlich. 1. Allgemeines 1140. 2. Psalmodische Hymnen 1141. ex. Te Deum 1141. ß. Osterlob 1143. y. Psalmi 1144. 3. Metrische Hymnen, a. Hilarius v. Poitiers 1145. ß. Ambro sius 1146. y. Paulinus v. Nola 1146. ö. Prudentius 1146. e. Sedulius 1147. £. Ennodius 1148. t|. Chilperich I 1148. ö. Flavius 1148. l Gregor d. Gr. 1148. x. Maximianus 1149. LVenantius Fortunatus 1149. p. Anonyma u. Incerta 1150. aa. Hymni Ambrosiani 1150. bb. Irische Hymnen 1151. cc. Altspan. Hymnen 1152.
A. Griechisch-römisch. s. Art. Poesie I: o. Sp. 1055/82.
B. Jüdisch. I. Allgemeines 1106. II. Biblisch, a. Psalmen 1107. b. Oden u. Megillot 1107. III. Schriftrollen vom Toten Meer 1108. a. Sab batopferlieder 1108. b. Gebete für Festtage 1109. c. Gebete für Wochen- u. Monatstage 1110. d. Psalmen u. Hodayot. 1. Psalmen 1110. 2. Ho dayot 1110. e. Apotropäische u. Fluch-Gebete 1111. f. Klagegebete 1111.
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L Allgemeines. Hebräische P. bedient sich seit biblischer Zeit als Kunstmittel vor allem des Parallelismus membrorum, auch des Chiasmus (je für inhaltlich gleiche oder ge gensätzliche Gedanken), des Akrostichons u. der Einteilung in Strophen, teils mit Kehrvers. Die Strophen untergliedern sich in Ganz- u. Halbverse mit annähernd gleicher Silbenzahl, ein Konzept, das der Formenviel falt u. der Kreativität der Dichter Gestal tungsfreiraum ließ. Ein Versmaß, wie in der griech.-röm. Metrik, wurde in der antiken hebr. Dichtung nicht angewandt (D. N. Freedman, Another look at biblical Hebrew poetry: E. R. Follis [Hrsg.], Directions in biblical Hebrew poetry [Sheffield 1987] 11/27; J. L. Kugel, The idea of biblical poetry [New Haven 1981]; *Improvisation). Erst in den Piyyutim (s. u. Sp. 1114/23) finden sich Endreime. - Während für die Gottesdienste am Tempel die Verwendung mehrerer ♦Psal men als gesichert gelten darf, sind weder für gottesdienstliche Versammlungen außerhalb des Tempels noch für die priesterliche Ge meinschaft aus den Qumran-Rollen (*Qumran) noch für fiiihrabbinische Gottesdienste liturgische Formulare überliefert, die eine konkrete Zuordnung einzelner Gebete inner halb des kultischen Ablaufes ermöglichen. Die vornehmliche Bestimmung jüdischer P. dürfte der liturgische Gebrauch als elaborierte Form der Gottesverehrung gewesen sein. Dennoch lässt weder die Form noch ein Thema alleine Rückschlüsse auf eine tatsäch liche Verwendung im Gottesdienst (vgl. K. Thraede, Art. Hymnus I: o. Bd. 16, 928) u. erst recht nicht auf die Funktion des Gebets innerhalb der Liturgie oder auf die agie rende Gruppe zu (Priester / Laien: Maier, Kult; zu Unterscheidungsversuchen anhand formaler Aspekte Falk). Da in den wenigsten Fällen alle Kriterien klar bestimmt werden können, ist eine gesicherte Einordnung in den gottesdienstlichen Ablauf selten mög lich. - Bereits einige Qumran-Hss. stellen manche poetischen Gebete in stichometrischer Einteilung dar. Ob dies eine Entwick lung in der Technik der Schreiber darstellt, Rückschlüsse auf den autoritativ-,kanoni schen' Status der Schrift zulässt bzw. Hin weise auf den liturgischen Gebrauch des Ge bets ermöglicht, konnten selbst die detail lierten Untersuchungen von E. Tov (Scribal practices and approaches reflected in the texts found in the Judean desert [Leiden
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B. Jüdisch
2004]; ders., The background of the stichometric arrangements of poetry in the Judean desert scrolls: Prayer 409/20) nicht abschlie ßend klären. - Die spontane, teils situations bezogene Formulierung von Gebeten, auch wenn sie literarisch, zB. von Flavius ’•'Jose phus (T. Μ. Jonquiöre, Prayer in Josephus [Leiden 2007]) oder in Qumran-Schriften (D. A. Machiela, Prayer in the Aramaic Dead Sea Scrolls: Prayer 285/305) überliefert wur den, blieb auch im liturgischen Rahmen der Spätantike erhalten (N. B. Johnson, Prayer in the Apocrypha and Pseudepigrapha [Phil adelphia 1948] 3/5), dürfte jedoch selten in gebundener Rede vorgebracht worden sein (zu Ausnahmen einer scheinbaren Sponta neität s. unten). - Der gottesdienstliche The menkatalog ist breit gefächert: Lobpreis, Dank, Klage (qinot), Buße (selihot) u. Bitte um Erkenntnis, Gnade u. Vergebung, Be wahrung vor Dämonen. II. Biblisch, a. Psalmen. Zur seit der Tempelzeit ausgeprägten liturgischen Ver wendung der hochsprachlichen u. dichterisch ausgefeilten Tehillim *Psalm II (liturgiewissenschaftl.); J. Maier, Zur Verwendung der Psalmen in der synagogalen Liturgie: H. Be cker / R. Kaczynski (Hrsg.), Liturgie u. Dich tung 1 (1983) 55/90; zu nicht-kanonischen Psalmen unter den Schriftrollen vom Toten Meer s. u. Sp. 1110. b. Oden u. Megillot. Von den bibl. Oden (Ex. 15; Dtn. 32; 1 Sam. 2; Hab. 3; Jes. 29; Jona 2; zweimal Dan. 3, im byz. Morgengebet um das Magnificat Lc. 1,46/55 auf neun Oden erweitert) sind für die jüd. Liturgie das Schilfineer-Lied u. das Mose-Lied relevant: Laut bRo§ haääana 31a wurde bereits am Tempel Dtn. 32 beim Mussaf am Sabbat re zitiert, Ex. 15 beim Nachmittagsgottesdienst (in 4Q141 sind Teile von Dtn. 32 im Text ei ner Gebetskapsel enthalten). Das nur Grie chisch überlieferte u. in die Erzählung des Danielbuches eingebettete Gebet des Asarja Dan. 3, 26/45 hat liturgisch wohl keine Ver wendung gefunden. Es möchte spontan wir ken, ist aber formal u. psalmartig ausformu liert u. sollte vielleicht als Vorbild dienen, wie jeder Gläubige in einer vergleichbaren Situation Gott anzurufen habe (J. H. New man, The Prayer of Azariah: van der Horst / Newman 191). - Von den fünf ,Hagiographen‘-Rollen (megillo^ wurde wohl schon früh das Hohelied am Sabbat bzw. an den beiden letzten Tagen des Pesach-Festes ge
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lesen (I. Elbogen, Der jüd. Gottesdienst in seiner geschichtl. Entwicklung3 [1931] 185; K. S. Frank, Art. Hoheslied: o. Bd. 16,58/87). Die Rolle Ekha, die Lamentationen des Jeremia, wird (mit leichten Veränderungen bis heute) am 9. Tag im Monat Av rezitiert, dem Gedenktag der beiden Tempelzerstörungen. Lament. 1/4 bildet vier Aleph-Bet-Akrosticha zu den 22 Buchstaben des hebr. *Alphabets (ebd. lf mit je einfacher Buchstabenrei hung in drei- u. vierzeiligen Strophen, ebd. 4 in zweizeiligen Strophen u. ebd. 3 mit drei facher Buchstabenwiederholung zu Beginn der dreizeiligen Strophen) u. wurde als ein ziges Lied einer offensichtlich größeren Sammlung von qinot zu Fast- u. Bußtagen in den Kanon aufgenommen (vgl. 2 Chron. 35, 25f u. das auf ebd. 33,19 zurückgehende Ge bet des Manasse [Didasc. apost. 7 (CSCO 401 / Syr. 175, 89/91; engl.: ebd. 402 / Syr. 176,85/7) u. Const. apost. 2,22,12/4 (SC 320, 216/8) überliefert], von manchen der syn agogalen Liturgie zugerechnet [G. Oegema: JüdSchrHRZ 6 Suppl. 1, 4], von anderen als individuelles Klagelied* betrachtet [E. Oßwald: ebd. 4, 29]; zu qinot in den Qumranrollen u. unter den piyyutim s. u. Sp. 1111 u. 1121). III. Schriftrollen vom Toten Meer. In den Höhlen bei Qumran wurde eine Vielzahl po etischer Gebete gefunden, wie bei einer Ge meinschaft, die das Gebet als ,metaphori sches Opfer* betrachtet (F. Zanella, The lexemes teruma and mana in the poetic texts of Qumran: A. Lange / E. Tov / Μ. Weigold [Hrsg.], The Dead Sea Scrolls in context 1 [Leiden 2011] 159/76, bes. 160/2 mit Lit.), nicht anders zu erwarten. - Die meisten der fragmentarisch, aber in mehreren Exempla ren erhaltenen Gebete sind spätestens 100 vC. entstanden u. lassen Rückschlüsse zu nicht nur auf zeremonielle Gebete zu be stimmten Anlässen, sondern auch auf eine feste Liturgie, die von priesterlichen Grup pen außerhalb der Tempelgottesdienste ge betet wurde. Eine Unterscheidung zwischen priesterlichen u. öffentlichen / GemeindeGebeten sowie eine Zuordnung zu den Kult trägem ([oberster] Verständiger, ,maäkil‘, Priester, Leviten) ist hinsichtlich Inhalt, Stil u. Form für die folgenden poetischen Texte mit Einschränkungen möglich (Maier, Kult; Schuller). a. Sabbatopferlieder. (Maier, Shire ‘ölat; ders., Kult 572/4; C. Newsom: DJD 11 [1998]
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Poesie II
173/400; dies.: ebd. 23 [1998] 252/303; J. H. Charlesworth / C. Newsom, Angelic liturgy [Tübingen 1999]; Μ. D. Swartz, Angelic lit urgy: L. H. Feldman / J. L. Kugel / L. H. Schiffman [Hrsg.], Outside the Bible 2 [Lin coln 2013] 1985/2017; H. Eshel, When were the songs of the sabbath sacrifice recited?: Exploring the Dead Sea Scrolls [Göttingen 2015] 170/81 [hebr. Original: Meghillot 4 (2006) 3/12]; N. Mizrahi, Aspects of poetic stylization in Second Temple Hebrew: S. E. Fassberg / Μ. Bar-Asher / R. A. Clements [Hrsg.], Hebrew in the Second Temple Pe riod [Leiden 2013] 147/63.) Für die 13 Sabbatot eines Jahresquartals sind die Sabbat opferlieder in zehn Exemplaren (4Q400/7 u. 11Q17 bei Qumran u. OQShirShabb MSMasada) überliefert. Sie sind eine Agende zur priesterlichen Hochliturgie für die Sabbatot, die im Einklang mit der himmlischen statt fand. Innerhalb des Zyklus entwickelt sich eine Klimax hin zu den mittleren Gesängen 6/8, innerhalb derer wiederum das 7. Lied, der sog. Thronwagen-Gesang, zum mittleren Sabbat des Quartals (auch hinsichtlich des Umfangs) den Höhepunkt des gemeinsamen Lobpreises von Kultpersonal u. Kultraum darstellt u. in seiner Terminologie Anklänge an die spätere Hekhalot-Literatur aufweist (s. u. Sp. 1113f; Maier, Kult 572/4), während die Lieder 9/12 das himmlische Heiligtum von außen nach innen beschreiben, gleich sam während der *Prozession der Priester hin zum Allerheiligsten (vgl. Hes. 40/8). Sti listisch handelt es sich um kulttechnische Aneinanderreihungen von Aufforderungen an zahlreiche unterschiedliche Priestergrup pen zum Lobpreis Gottes wegen dessen Ei genschaften u. erwiesener Wohltaten. b. Gebete für Festtage. 1Q34 u. 4Q507-9 (Nitzan 99/109) enthalten eine priesterliche Liturgie zu den einzelnen Feiertagen. Erhal ten sind Frg. von Gebetstexten zum Versöh nungstag (4Q508 2) sowie vermutlich zum Fest der Erstlinge (Korn, Neuwein u. Frischöl: 4Q508 13/20), des Frühregens (4Q509 3 u. 1Q34 lf) u. zu Pesach (Erstlings früchte: 4Q509 131-132 ii; *Pascha). Das Ge bet beginnt jeweils mit .Gedenke, Herr', ge folgt von der Erinnerung an die mit dem Festtermin verbundenen Wohltaten für das Volk Israel, zusammen mit der Hoffnung auf künftige Gnadenerweise, u. schließt mit ei ner *Berakha u. Amen-Responsionen (der Gemeinde).
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c. Gebete für Wochen- u. Monatstage. Die Dibre ha-me’orot sind in drei fragmentari schen Hss. (4Q504/6; Nitzan 92/9. 104/6) er halten, von denen die älteste um 150 vC. da tiert wird. Der Titel .Worte der (Himmels-) Lichter' weist auf die feste Betzeit am Abend u. am Morgen hin. Die Bittgebete wurden an den einzelnen Wochentagen ge betet u. unterscheiden sich hinsichtlich des Themas, folgen jedoch dem gleichen Aufbau: Auf eine Anrufung Gottes (.Gedenke, Herr*) u. seiner Gerechtigkeit folgt die Ausgestal tung eines Ereignisses aus der Geschichte Israels (von der Schaffung Adams bis in die Wirren der Gegenwart) als Basis -für das Bitt-Anliegen des Tages, vor der Schluss benediktion mit dem Lobpreis Gottes für eine bestimmte Wohltat. Die Bitte, vor allem um Vergebung u. Errettung, unterscheidet die Wochentagsliturgie u. ihre Gebete von den doxologischen Hymnen zum Sabbat. Analog dazu enthält 4Q503 (Nitzan 55/7) eine große Formularsammlung von Benediktio nen für den Abend u. den Morgen der ein zelnen Tage des Monats. Zu einer weiteren Ausformung dieser kultischen Tradition in den Yoserot s. u. Sp. 1119. d. Psalmen u. Hodayot. 1. Psalmen. Fast alle biblischen Psalmen sind in 39 (Teil-)Exemplaren unter den Schriftrollen vom Toten Meer vertreten (zur Anzahl der Psalman fange in 1QH vgl. H. Stegemann, The number of psalms in ,lQHodayota‘ and some of their sections: Chazon [Hrsg.] 191/234; in 11Q5 [HQPsa] vgl. Maier, Kult 581/3) mit ei nigen (teils geringen) Abweichungen hin sichtlich Reihenfolge u. Wortlaut gegenüber der masoretischen Überlieferung. Darüber hinaus finden sich 4Q380-381 (4QNon-Canonical Psalms A/B) u. 11Q5 (llQPs*) mehrere weitere nicht kanonische Klage-, Trost-, Lobu. Dankgebete, die hinsichtlich Form, Gram matik u. Semantik starke Ähnlichkeit mit den kanonischen Psalmen aufweisen. Die ge naue Funktion der Psalmen innerhalb der yahad-Liturgie ist unklar; sicher ist jedoch eine liturgische Verwendung von 11Q5, wie aus der ergänzten Berakha für Ps. 145 her vorgeht. 2. Hodayot. In drei Höhlen (IQ; 3Q; 4Q) wurden mehrere Exemplare von Dankhym nen gefunden (der hebr. Titel folgt dem An fangswort der meisten Hymnen), deren for male Gemeinsamkeit vor allem in dem/n in der 1. Person betenden Sprecher/n (Sg. bei
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B. Jüdisch. IV, Spätantik
den Hymnen des »Lehrers* / maäkil, PI. bei denen der Gemeinde) u. in der Anrede Got tes in der 2. Person besteht (zu sog. Hodayot-ähnlichen Texten, die diese formalen Kriterien nicht erfüllen, E. Μ. Schuller, The Classification Hodayot and Hodayot-like: Falk / Garcfa Martinez / Schuller 182/93). Ähnlich den Psalmen zeichnen sich die Ho dayot durch sprachliche Prägnanz u. motivi sche Schlüsselwörter aus, sind neben den zweizeiligen Verseinheiten jedoch häufig als Dreizeiler verfasst u. stellen insgesamt eine eigene Gattung dar (Diewert 680b/la). Wenngleich diese psalmartigen Gesänge zu den am längsten zugänglichen u. vor allem hinsichtlich der Fragmentenanordnung am besten erforschten Rollentexten gehören (Erstedition bereits 1956), ist ihre Funktion alles andere als klar (die Vorschläge reichen von ,Gebet in der Morgenliturgie* bis zu »Be standteil der nächtlichen Sitzung im ‘Lehr haus’*; Schuller 178f. 183f; Maier, Kult 575). e. Apotropäische u. Fluch-Gebete. Zur Ab wehr schädlicher Geister stand dem ,maäkü* u. a. das in zwei Exemplaren erhaltene ,Lied des Weisen* (4Q510/11) zur Verfügung: Durch intensive Verkündigung der Allmacht Gottes mit kosmologischen Bezügen sollen alle den »Geist von Einsicht* irreführenden Dämonen in »Furcht u. Schrecken* versetzt werden (E. Eshel, Apotropaic prayers in the Second Temple period: Chazon [Hrsg.] 69/88, bes. 79f). - Einige Frg. schmücken mögli cherweise das liturgische *Fluch-Formular aus der Gemeinderegel 1QS I, 16/11, 10 aus, das im Rahmen der jährlichen Bundesemeuerungsfeier gegen die gesprochen wurde, die die Regeln übertreten hatten (4Q280 2; 4Q286 7a ii b/d par. 4Q287 6): Auf dualisti sche Weise steht bei dieser Zeremonie der priesterliche Segen über alle ,des Loses Got tes* dem levitischen Fluch gegen alle ,des Loses Belials* gegenüber (Nitzan 119/71). Zu den Psalmenfrg. 11Q11 (llQapocrPs: Sa lomo als ,Geisterbeschwörer*) u. weiterer magischer P., deren liturgische Funktion je doch unklar ist, Chazon (Hrsg.) 227/72. f. Klagegebete. Sind alleine die bibi. La mentationes in vier Exemplaren erhalten (3Q3; 4Q111; 5Q6/7), so finden sich mit 4Q179 u. 4Q501 die Frg. zweier weiterer Klagedich tungen, deren Umfang jedoch zu gering ist, um ihre (liturgische?) Funktion zu bestim men.
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Peri Terbuyken.
B. Jüdisch. IV. Spätantik. a. Allgemeines 1113. b. Hekhalot-Hymnen 1113. c. Piyyut 1114. 1. Formales, a. Sprache 1115. ß. Metrum 1116. y. Reim 1116. ö. Strophen 1117. e. Weitere Schmuckelemente 1117. Bezug zu anderen Texten 1118. 2. Genres 1118. a. Sidrö
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'Abodä 1119. ß. Yoserot 1119. y. Qerobot 1119. ö. Selihot 1121. e. Qinot 1121. £. Hoäa'anot 1121. 3. Histor. Entwicklung 1121. et. Yose b. Yose 1122. ß. Yannai 1122. y. El'azar birabbi Qillir (vulgo Qallir) 1122. ö. Weitere Dichter der klass. Epo che 1123. 4. Frühe aram. Piyyutim 1123. a. Allgemeines. Nach den Hymnen der Gemeinde von Qumran beginnt eine längere Epoche, aus der keine hebräische oder ara mäische P. überliefert ist, wenn man von we nigen amoräischen Eulogien absieht, die fi gurative Sprache, Parallelismen u. Chiasmen enthalten u. so ein Bindeglied zur P. darstel len (zB. die Klagelieder in bMo'ed Qatan 25b). Schlecht datierbar, aber jedenfalls in der Spätantike entstanden die poetischen Teile der frühen mystischen Merkava / Hekhalot-Literatur. Die ab dem 6. Jh. einset zende Überlieferung liturgischer P. deutet auf eine nicht dokumentierte längere Ent wicklung hin, die zB. durch sprachliche Be ziehungen zwischen P. aus Qumran u. spä terer liturgischer P. belegt werden kann (W. van Bekkum, Qumran hymnology and Piyyüt: RevQumrän 91 [2008] 341/56). b. Hekhalot-Hymnen. Die Merkava / Hekhalot-Literatur enthält zahlreiche Hymnen, die die Anbetung Gottes durch Engel be schreiben bzw. nachahmen. Insbesondere der Gesang der hayyot, die den göttlichen Thron tragen, ist als Konzept auch in der frühen apokalyptischen Literatur belegt. Diese Hymnen zeichnen sich durch repetitive Muster aus, die einen numinosen Effekt hervorrufen. Die Hekhalot-P. ist in nachbi blischem Hebräisch auf Grundlage eines er weiterten Lexikons verfasst, kennt weder Reim noch Metrum, erscheint aber durch die Wiederholung bzw. Parallelität von mehr gliedrigen Einheiten sowohl auf der sprach lichen als auch auf der inhaltlichen Ebene stark strukturiert. In einigen der Hymnen stimmt der Mystiker in den Gesang der En gel mit ein. Viele der Hymnen enden mit dem Trishagion. In der Diskussion um die Funktion der Hekhalot-Texte sind die poe tischen Texte sowohl als Beleg für eine An leitung zum mystischen Aufstieg als auch, durch detaillierte Analysen begründet, als Beleg für die eher deskriptive Natur der Texte verwendet worden (Μ. D. Swartz, Mystical prayer in ancient Judaism. An analysis of Ma'aseh Merkavah [Tübingen 1992]). Auswirkungen auf die liturgische P. werden
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bisher eher beispielhaft diskutiert (ders., Piyut and Heikhalot: The experience of Jewish liturgy, Festschr. Μ. Schmelzer [Leiden 2011] 263/81), formal scheint eine unabhän gige Entwicklung stattgefunden zu haben; erst im MA finden sich formale Übernahmen aus den Hekhalot-Hymnen in der liturgi schen P. c. Piyyut. Die hebr. Bezeichnung piyyut (PI. piyyutim) für liturgische P. ist abgeleitet von der Bezeichnung payyetan (von griech. ποιητής) für den Dichter. Biblische Begriffe wie mizmor (Psalm) u. äir / äirä (Lied), wer den ebenso wie der in Qumran verwendete Begriff hodayot nicht aufgegriffen. Diese Diskontinuität entspricht der Entwicklung von neuen Formen u. Inhalten in der spätan tiken hebr. P., die sich an der synagogalen Liturgie orientieren, die seit dem 2. Jh. feste Strukturen entwickelt. - Liturgische P. ent wickelte sich vermutlich aus der freien For mulierung vorgeschriebener Inhalte der Be nediktionen in den Pflichtgebeten, d. h. in der Spannung zwischen Festlegung des Wortlauts u. dem Bedarf nach freier For mulierung des Gebets. Ihr Sitz im Leben ist die Wiederholung der Pflichtgebete durch den Vorbeter (hazan; *Ordines minores), da mit Gemeindemitglieder ihrer Gebetspflicht durch zustimmendes ,Amen‘ nach der Wie derholung nachkommen können. Die bekann ten Genres entwickelten sich vermutlich erst, nachdem die P. neben die Wiederho lung des festgeschriebenen Textes trat u. zu nächst frei poetisch formulierte Versionen dem kontinuierlichen Druck nach mehr Fi xierung im Gottesdienst ausgesetzt waren. Es ist davon auszugehen, dass nur ein gerin ger Teil der frühen liturgischen P. schriftlich überliefert wurde, während der größere Teil ad hoc-Kompositionen waren, die nicht für eine Wiederholung aufgeschrieben wurden. Dies änderte sich ab dem 6. Jh., als auch die Rolle der payyetanim als Autoren wichtiger wurde. - Der performative Charakter u. die liturgische Funktion bestimmen Form u. In halt der poetischen Stücke. Die in der älte ren Sekundärliteratur teils vertretene An sicht, liturgische P. sei in Reaktion auf das Verbot der *Deuterosis in Nov. Iust. 146 vJ. 553 entstanden, ist nicht zutreffend, obwohl die P. enge inhaltliche Bezüge zu exegeti schen u. homiletischen Midraschim, die sich auf dieselben bibl. Texte beziehen, aufweist. Vielmehr ist die Entwicklung der jüd. litur-
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gischen P. im Kontext der Blüte von P. der Umgebungskulturen zu sehen, insbesondere der syr.-christl. u. der byz. (0. Münz-Manor, Liturgical poetry in the late antique Near East: Journal of Ancient Judaism 1 [2010] 336/61). Die Möglichkeit eines direkten Ein flusses, der an einzelnen formalen Parallelen festgemacht wird, wird weiter kontrovers diskutiert, wobei multi-direktionaler Kultur transfer aufgrund der sprachlichen (Aram.Hebr.), geograph. u. kulturellen Nähe (vgl. etwa Romanos den Meloden, der jüdische Wurzeln gehabt haben soll) am wahrschein lichsten ist. 1. Formales, a. Sprache. Wie die P. der Qumran-Gemeinde ist die spätantike liturgi sche P. in nachbiblischem reinem Hebräisch abgefasst, das sich im Vokabular vor allem am bibl. Lexikon orientiert, durch erweiterte morphologische Regeln aber neue Formen schafft. Insbesondere verkürzte Formen, aber auch die Bildung von biblisch nicht be legten Stämmen biblischer Verben charak terisieren die piyyutische Sprache. Daneben tritt ein kleiner lexikalischer Anteil aus der rabbin. Literatur. Lehnworte aus dem Griech. werden weitestgehend vermieden bzw. vollständig hebraisiert (W. J. van Bekkum, Language and theme in the piyyut: Proc. of the 9^ World Congress of Jewish Stud., Jerus. 1985, Division C [ebd. 1986] 63/8), dies ändert sich erst im 9. Jh. Den Inhalten entsprechend enthält das Le xikon zahlreiche Synonyme in thematischen Feldern wie Gotteslob, Schuldbekenntnis, Erlösung u. Offenbarung. Die Sprache ist weitestgehend figurativ, Personen- u. Orts namen werden fast vollständig durch Paronomasien zumeist biblischen Ursprungs er setzt. - Das Tempussystem ist nachbiblisch, neben Perfekt u. Imperfekt ist die durch das Partizip ausgedrückte Gegenwart Teil des Tempussystems. Andere Elemente entstam men dem bibl. Hebr., so nutzt die Verbgram matik die Möglichkeiten von Objektsuffixen konsequent. Die zumeist kurzen Zeilen ohne Enjambement bedingen eine oft elliptische knappe Ausdrucksweise u. syntaktische Ver dichtung. Sprachlich unterscheidet sich die P. damit stark von der zeitgleichen rabbin. Literatur. - Durch zahlreiche Zitate aus dem u. Anspielungen auf den bibl. Text treten bi blische Formen neben nachbiblische, von de nen einige als Anspielungen auf Passagen aus der rabbin. Literatur zu werten sind, so
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dass die Zugehörigkeit einzelner Phrasen zu verschiedenen historischen Ebenen des Hebr. der sprachlichen Ausschmückung u. der Verstärkung der Intertextualität in der P. dient. ß. Metrum. Früher u. klassischer piyyut ist nicht metrisch, der musikalische Vortrag wurde durch die Verwendung von Zeilen mit gleicher Anzahl (oft vier) betonter Wörter unterstützt (miäqal ha-tebot), wobei einsil bige Wörter oft als unbetont gewertet u. Ge netiv-Verbindungen meist gemeinsam als ein betontes Wort gezählt wurden (E. Flei scher, 'Iyyunim be-darke ha-§eqila äel äirat ha-qode§ ha-qeduma: haSifrut 24 [1977] 70/83). Die Vortragstechnik ermöglichte ver mutlich den Ausgleich von Unregelmäßig keiten. Der biblisch häufig verwendete Parallelismus membrorum ist in der P. seltener vertreten, einzelne Strophenformen spielen allerdings mit dieser Technik, indem parallel aufgebaute Zeilen oft gleichen oder komple mentären Inhalts Verwendung finden. Erst im MA wurde quantitatives Metrum aus dem Arab. adaptiert, das zuerst in der sä kularen P. Verwendung fand. y. Reim. Hebräische P. ist die älteste P., die (seit dem 6. Jh.) obligatorisch den End reim verwendet. Vorklassisch (anonym) fin den sich noch ungereimte neben gereimten Stücken, außer dem phonetischen Endreim wurden semantische Reime, semantische Ge gensätze u. phonetische Reime in unter schiedlichen Positionen der Zeilen (Binnen reim, Alliteration) als Schmuckelemente ver wendet, die sich zwar nicht regelhaft durchsetzen konnten, aber auch in der spä teren P. belegt sind. Auffällig ist in dieser Epoche die häufige Verwendung von Wort reim am Zeilenende, wobei das Reimwort oft zentral für die Aussage des Stückes ist. Reimsilben lauten, der hebr. Silbenstruktur entsprechend, immer konsonantisch an, d. h. Reimsilben entsprechen dem Muster Konso nant / Vokal / Konsonant oder Konsonant / Vokal. Dies schließt den Reim auf die Plu ralendungen aus, regt aber zur Verwendung gleichartiger grammatischer Formen in Reimposition an. Viele klassische payyetanim, insbesondere El'azar birabbi Qillir (vulgo Qallir, 7. Jh.; s. u. Sp. 1122f), verwen deten striktere Reimregeln, nach denen ne ben der Reimsilbe am Ende der Zeile auch die Verwendung von zwei gleichen Wurzel buchstaben im Reimwort obligatorisch war,
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die nicht konsekutiv sein mussten. Die Nach ahmer von El'azar birabbi Qillir in Italien u. Ashkenaz übernahmen diese strengeren Re geln zwar, später wurde der Reim aber wie der vereinfacht, seit dem 11. Jh. war der Endreim auf konsonantisch anlautender Silbe die einzig aktive Methode (E. Flei scher, Behinot be-tahalikh ‘aliat he-haruz ba-äira ha-'ivrit: Mehqare Yerushalayim besifrut ‘ivrit 1 [1981] 226/38). ö. Strophen. Große Teile der liturgischen P. sind strophisch, Schmuckelemente wie Akrostichon u. Bibelzitate, die ganze Zeilen umfassen, beziehen sich zumeist auf Stro phen als Texteinheit. Strophen haben meist drei oder vier Zeilen jeweils etwa gleicher Länge (zumeist zwei bis fünf Wörter) u. je weils einheitlichen Reim. Zeilen sind meist geschlossene Sinneinheiten, Enjambement ist nicht verbreitet. Strophen führen einen Gedanken aus, sie sind zumeist geschlossene Sinneinheiten. Poetische Genres sind teil weise mit Strophenformen verbunden, so werden im qiqlar (vgl. griech. xouxovkiov; E. Fleischer, Le-heqer tavnit ha-qeva’ befiyyute ha-qedu§ta [qiqlar, ’estriyota]: Sinai 65 [1969] 21/47; ders., birurim bi-dvar meqoram sei munahim ahadim be-fayyetanut u-be-§ira: Tarbiz 47 [1978] 185/9) Gruppen von je drei dreizeiligen Strophen durch Zwi schenstrophen, die auf qados (,heilig') enden, getrennt. - Neben teils komplexen Strophen wurden formale Einheiten verwendet, die aus vier kurzen Teilen (zwei Wörter), teils mit Binnenreim, bestehen, die meist als Verse bezeichnet werden; auch sich rei mende Doppelzeilen wurden oft eingesetzt. Daneben wurde die traditionelle Form der nicht in Strophen unterteilten P. durch die Verwendung von Monoreim variiert. e. Weitere Schmuckelemente. Wie bereits in der bibl. P. wurden im piyyut Akrosticha am Anfang der Strophen oder am Anfang al ler Zeilen eingesetzt, neben alphabetische Akrosticha traten umgekehrte u. chiastische Akrosticha sowie seit dem 6. Jh. auch Na mensakrosticha (zumeist mit Patronym), die die Identifikation der Dichter ermöglichen. Zu Beginn des 7. Jh. nahm El'azar birabbi Qillir neben *Namen u. Patronym auch an dere Namen, evtl, die seiner Söhne, in Akro sticha auf, andere Dichter griffen diese Neu erung auf, auch Segensformeln wurden ein gefügt. Einige Formen schreiben den Einsatz von Akrosticha genau vor, so er
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gänzt sich das alphabetische Akrostichon der ersten zwei piyyutim einer qeduSta’ (Aleph bis Lamed u. Mem bis Taw). - Refrains, oft kurze Phrasen aus Bibelversen, sprechen für eine Beteiligung der Gemeinde an der Rezi tation. Dialogartige Strukturen in einigen piyyutim machen den Einsatz eines Chores wahrscheinlich. - Bibelverse wurden in strukturbedingten Positionen zitiert, sei es als letzte Zeile, sei es als Einleitung in eine Strophe oder Rahmen. Die Auswahl der Verse war oft durch die Tora-Lesung des Tages bestimmt, in einigen piyyutim findet sich die konsekutive Verwendung von bibli schen Abschnitten aus besonderen Lesun gen. £. Bezug zu anderen Texten. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich bildet die Bibel den wichtigsten Bezugsrahmen, zumal in haltliche Bezüge zur wöchentlichen Lesung für die Genres unterschiedlich festgeschrie ben sind. Bezüge werden durch Anspielun gen u. Zitate hergestellt. Durch die Einbet tung von Anspielungen u. Zitaten werden diese gedeutet, wobei häufig auf die Exegese in der rabbin. Literatur zurückgegriffen wird (W. J. van Bekkum, Zur Verwendung der Bibel im klass. Pijjut: Bibel in jüd. u. christl. Tradition, Festschr. J. Maier [1993] 226/42). Parallelen zur rabbin. Literatur wurden zumeist als Übernahmen aus dieser gedeutet, erst in der neueren Forschung wird die Abhängigkeit der gesamten piyyutLiteratur von Midraschim hinterfragt. In ei nigen Einzelfällen konnte nachgewiesen werden, dass P. auf Konzepte aus der Lite ratur des Zweiten Tempels zurückgreift, die nicht in die rabbin. Literatur aufgenommen wurden (Y. Granat, Before ,In the beginning', Diss. Jerus. [hebr.] [2009]). Die Gleich zeitigkeit von piyyut u. Midrasch bei unge klärtem Verhältnis der Autoren-Gruppen zueinander macht komplexe Überlieferungs geflechte wahrscheinlicher als eine monodirektionale inhaltliche Abhängigkeit. Die wachsende Bedeutung der rabbin. Bewe gung u. die Vorliebe der payyetanim sowie ihres Publikums für haggadische Elemente sprechen für eine Verstärkung des Rück griffs auf existierende Midrasch-Texte in den späteren Jhh. 2. Genres. Die liturgische Funktion be stimmt Form u. Inhalt der verschiedenen po etischen Genres, die hauptsächlich der Aus schmückung von Yoser u. Amida dienen.
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Erst im MA wurden andere liturgische Mo mente ebenfalls mit P. geschmückt. a.Sidre 'Abodä. Als ältestes Genre gilt der Seder 'Abodä (PI. Sidre 'Abodä), die po etische Fassung der Beschreibung der Tem pelzeremonien im Musaf-Gottesdienst an Yorn Kippur, in Anlehnung an den Mischnatraktat Joma. Dichter verschiedener Gene rationen verfassten poetische u. im Laufe der Zeit zunehmend komplexer werdende Beschreibungen der speziellen Tempelopfer des Tages, die ihren Höhepunkt in den Handlungen des *Hohepriesters im Allerhei ligsten finden. Dieser Darstellung sind schon in den frühen Texten eine Beschreibung der Schöpfung u. eine sehr kurz gefasste Ge schichte Israels vorangestellt, die die kos mische Bedeutung der Versöhnungsopfer betonen (Μ. D. Swartz / J. Yahalom, Avodah. An anthology of ancient poetry for Yorn Kip pur [University Park 2005]). ß. Yoserot. Dem Schmuck der Benedikti onen rund um das Sema' ’Iära’el (Höre, Is rael) im Morgengottesdienst am Sabbat u. Feiertag dienen Yoserot (Sg. Yoser), mehr teilige Kompositionen, die einzelne Phrasen aus den drei Benediktionen aufgreifen. Der erste Teil (Guf ha-Yoser) bezieht sich auf den Anfang der ersten Benediktion (,Der das Licht schuf “) u. enthält oft eine auf den Fest tag oder die Wochenlesung bezogene Ver sion der Erschaffung der Welt. Diese Stücke sind strophisch, zwischen die normalen Stro phen (zB. nach jeder dritten Strophe) wer den kurze auf qadoä (,heilig!“) endende Stro phen eingefügt, die wie ein Refrain wirken u. auf den Einsatz eines Chores oder eine Be teiligung der Gemeinde an der Rezitation hinweisen. Zu den weit verbreiteten Teilen von Yoserot gehören auch ’Opanim (die die Anbetung durch die Engel beschreiben) u. Zulatot, die Gottes Einzigartigkeit als Erret ter seines Volkes preisen. Weitere Bestand teile der Komposition wurden seltener ver wendet u. erst im MA populär. Das Genre blieb bis weit ins MA produktiv (Fleischer, Yotser). y. Qerobpt. Für die Amida mit ihren 19 (Werktag) bzw. sieben Benediktionen (Sab bat) wurden unterschiedliche poetische For men entwickelt, die zusätzlich auch Morgenu. Abendgebet unterscheiden. Die Grundbe zeichnung qerobot (Sg. qeroba) ist vermut lich von einer Bezeichnung des Vorbeters der Amida abgeleitet (I. Elbogen, Der jüd.
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Gottesdienst in seiner geschichtl. Entwick lung3 [1931] 212f). Ausgehend von den erhal tenen Texten wird angenommen, dass dies das produktivste Genre des frühen u. klass. piyyut war. - Die populärste Form von qe robot sind qeduäta’ot, die die verkürzte Amida im Morgengottesdienst am Sabbat u. an Feiertagen asymmetrisch schmücken. Die acht- / neunteiligen Kompositionen enthalten je ein Stück zu den ersten beiden Benedik tionen u. betonen im Weiteren ausschließlich die dritte Benediktion (Heiligung des göttli chen Namens), die den Kompositionen den Namen gibt (qeduäta’, aram.). Sie kulminie ren in der Überleitung zum Trishagion als Abschluss der dritten Benediktion (qeduää). Für die unterschiedlichen Stücke wurden schon vorklassisch unterschiedliche Formen entwickelt, die später ausformuliert wurden. Die ersten drei piyyutim sind immer stro phisch, I u. II jeweils drei vierzeilige Stro phen, III dreizeilige Strophen. Auffällig sind die in die ersten drei piyyutim vor den Ab schlussstrophen eingeschobenen Ketten / Listen von Bibelversen, die bestimmte Verse der Tageslesung (erster u. zweiter Vers der Tora-Lesung, erster Vers der Pro phetenlesung) mit anderen Versen verbin den u. damit die Auslegung abbilden. Die Formen der piyyutim IV bis VII variieren teils. IV trägt oft ein Namensakrostichon, die oft kurzen Stücke haben entweder Mo noreim oder Reimpaare u. enden auf qadoä (.heilig“). V besteht aus dreizeiligen Strophen mit alphabetischem Akrostichon, VI ist meist ein qiqlar (vgl. griech. xouxovkiov), in dem Gruppen von je drei dreizeiligen Stro phen durch eine auf qadoä (,heilig“) endende Strophe getrennt werden. VII sind oft meh rere Stücke (rehitim), hier kommen stark strukturierte Texte, oft mit Refrain, zum Einsatz, die anscheinend für eine schnelle Rezitation bzw. die Beteiligung des Publi kums vorgesehen sind. Piyyut VIII besteht aus einem (teils sehr langen) Stück im Mo noreim, der in piyyut IX, die qeduSa, über gehen kann, die eine Darstellung der Anbe tung Gottes durch die Engel bildet, welche mit dem Zitat aus Jes. 6, 3 (*Sanctusruf) en det. - Die verkürzte Amida im Abendgottes dienst am Sabbat wird mit einer äib'ata’ ge schmückt, die aus kurzen Stücken für die sie ben Benediktionen besteht, mit der Möglichkeit eines Einschubs von längeren Stücken. Die volle Amida an Wochentagen
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kann durch 18-qerobot geschmückt werden, die jeweils kurze Stücke für jede der Bene diktionen enthalten, mit der Möglichkeit des Einschubs von längeren Stücken nach der zwölften Benediktion. Das Genre der qerobot verliert im MA seine Produktivität u. wird nur noch an Feiertagen rezitiert.