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German Pages [296] Year 2008
Alexander Thomas / Astrid Utler / Ulrike de Ponte / Stefan Schmid
Realitt und Innovation in der europischen Begegnung Mit 18 Abbildungen und 33 Tabellen
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-40321-1
2009, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Gçttingen. Internet: www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile drfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages çffentlich zugnglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung fr Lehrund Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Satz: www.composingandprint.de Druck & Bindung: l Hubert & Co, Gçttingen
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Gesamtbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Prmissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Bezugsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Die fnf wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Theoretischer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Ausgangslage und Ziel des Forschungsprojektes . . . 4.2 Theoretische Grundlagen der Studie . . . . . . . . . . . . .
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 5.1 Der Methodik-Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 5.2 Europaschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 5.3 Visionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen . . . . . . . . . 116 5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 5.6 Rolle der Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 6 Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 6.1 Theoretisches Modell: Lern- und Handlungsfeld Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 6.2 Innovative Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
6 7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme . . . . . 7.1 Die Projekte: Wie viele es sind, wer sie organisiert und fçrdert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Die Projekte und wer daran teilnimmt . . . . . . . . . . . 7.3 Die Projekte und deren Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Die Projekte und deren Formate . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Die Projekte: Wann und wie oft sie durchgefhrt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt . . . . . . . . . . 7.7 Projekte, die nicht in die Analyse einbezogen wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt
203 203 210 217 224 237 241 250
8 Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 9 Methoden und Analyseverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Vorwort
Europa als lebendigen Ort des Austausches und der Kooperation zu gestalten – dazu bedarf es Menschen, die Europa im Sinn haben und in die Hand nehmen. Es erfordert die Bereitschaft, vielfltige Perspektiven kennenzulernen, zu verstehen, zu schtzen oder kritisch zu begleiten. Dies ist nicht wenig und verlangt Begegnungen zwischen Menschen. Wie kçnnen solche europischen Begegnungen gestaltet sein? Wie sind sie sinnvoll zu begleiten und zu fçrdern? Wie sehen Bedingungen fr gelungenen Austausch in europischen Bezgen aus? Welche Angebote kçnnen interkulturelles Lernen untersttzen? Was kçnnen europische Begegnungen, speziell von jungen Menschen, zur Entwicklung Europas beitragen? Diese Fragen stellte sich die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., die seit vielen Jahren die Begegnung junger Menschen Europas fçrdert, unter anderem durch ein Stipendiatenprogramm fr Studierende aus Mittel- und Osteuropa. Die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. engagiert sich fr die Fçrderung der Europischen Einigung unter Wahrung der kulturellen Vielfalt sowie die Verstndigung zwischen den Vçlkern Europas und ist mit eigenen Projekten und Programmen in den Feldern Kunst und Kultur, Wissenschaft, Naturschutz und Jugend prsent. Jungen Menschen durch Studienaufenthalte und Sommerakademien europische Erfahrungsrume zu erçffnen, gehçrt dabei genauso zu den langfristigen Aktivitten der Stiftung wie der europische Kulturpreis KAIROS und das Gastdozentenprogramm Eurolecture. Unterschiedlichste Trger in Deutschland gestalten sehr erfolgreich, mit großem Erfahrungsschatz und Ideenreichtum eu-
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Vorwort
ropische Begegnungsprojekte fr junge Menschen. Aus diesem Bestand lsst sich lernen und Inspiration fr Neues gewinnen. Gute Beispiele kçnnen ihren Wirkungskreis erweitern und auch Altbewhrtes mag sich durch die eine oder andere Anregung noch verbessern lassen. Zur qualittsvollen Weiterentwicklung nicht nur der eigenen Programme wurde die Studie zur Realitt und Innovation in der europischen Begegnung aufgelegt. Die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. beauftragte vom 01. 01. 2006 bis zum 30. 06. 2007 ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Thomas am Institut fr Kooperationsmanagement der Universitt Regensburg, die Essenz gelungener Begegnungsprojekte herauszufiltern und Empfehlungen fr eine gute Praxis daraus abzuleiten. Ergebnisse der Studie legt dieser Band vor. Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. www.toepfer-fvs.de Die Studie zur Realitt und Innovation in der europischen Begegnung wurde durch einen von der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. zusammengestellten Beirat begleitet, der zweimal tagte und mit seinen Anregungen fr eine interdisziplinre, praxisnahe Ausrichtung der Studie sorgte. Die Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. bedankt sich sehr herzlich fr das Engagement des Beirats. Dem Beirat gehçrten an (alphabetisch): Prof. Cristina Allemann-Ghionda, International vergleichende und interkulturelle Erziehungswissenschaft, Universitt Kçln Gnter Gerstberger, Robert Bosch Stiftung, Bereichsleiter Bildung und Gesellschaft Prof. Henri Mnudier, Universitt Sorbonne, Paris, Politologe und Experte fr deutsch-franzçsische Beziehungen Dr. Klaus Nutzenberger, Deutscher Stdte- und Gemeindebund, Direktor des Europabros in Brssel Mick Petersmann, AFS Interkulturelle Begegnung e.V., Geschftsfhrer
Vorwort
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Dr. Ralf Possekel, Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft, Bereichsleiter des Fonds »Erinnerung und Zukunft« Dr. Stefan Rappenglck, CAP-Centrum fr angewandte Politikforschung Mnchen, Leiter der Forschungsgruppe Jugend und Europa Isabelle Schwarz, European Cultural Foundation Amsterdam, Cultural Policy Development Manager Bernd Wchter, ACA – Academic Cooperation Association, Direktor Dr. Rne Weingrtner, Europarat, Direktorat Jugend und Sport Dr. Siegbert Wuttig, DAAD, Leiter der Gruppe »EU-Programme, Bologna-Prozess«
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Einleitung
Es geht um Europa! Bei dem in diesem Buch dargestellten Forschungsprojekt und seinen Ergebnissen geht es um die Frage, was europische Begegnungen, speziell von Jugendlichen, zur Entwicklung Europas beitragen und was sie unter bestimmten (innovativen) Bedingungen und Dynamiken beitragen kçnnen. Im Detail geht es um die Frage, von welcher Art die gegenwrtigen Jugendbegegnungen mit Europabezug beschaffen sind und wie der Europabezug konkret in die Jugendbegegnung eingebracht und dargestellt wird. Auf der Grundlage psychologischer Theorien und der Ergebnisse interkultureller Forschungen wird geprft, was gut funktioniert, was lernwirksam wird und was als innovativ erachtet werden kann. Alles, was zu Europa zu sagen ist, wurde schon oft gesagt, schon viel zu oft gesagt und immer wiederholt. Das Reden ber Europa bewegt sich immer zwischen extremen Polen, wie erfllte Hoffnungen vs. enttuschte Erwartungen; Freiheit vs. Verbrokratisierung; ersehnte Einheit vs. verteidigte (kulturelle) Vielfalt; Gemeinsamkeiten vs. Eigenstndigkeit; nationale Souvernitt vs. europische Zentralgewalt; nationale Identitt vs. europische Identitt; regionale Identitt vs. europische Identitt; Europa als Garant der Freiheit vs. Europa als supranationale Regulierungs- und Kontrollinstanz; Europamdigkeit vs. Europabegeisterung usw. Historisch betrachtet, besonders auf dem Hintergrund der Verhltnisse vor und whrend des Zweiten Weltkrieges, und çkonomisch betrachtet ist Europa ein Erfolgsmodell, und das in
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1 Einleitung
jeder Hinsicht. Vielleicht sehen das die Nicht-Europer1 viel klarer und pointierter als die Europer selbst, die sich an die Nachkriegsverhltnisse in Europa (Westeuropa) gewçhnt haben und fr die Demokratie, zivilgesellschaftliche Verhltnisse, wirtschaftliches Wachstum und ansteigender Lebensstandard zur Selbstverstndlichkeit geworden sind. Fr die Europer selbst, die an ihrem Europa (mit)bauen, ist wohl schon vieles, was von anderen bewundert und bestaunt wird, zur Selbstverstndlichkeit geworden. Das aktiviert keine Begeisterungsstrme mehr, setzt keine positiven Emotionen mit Nachhaltigkeit mehr frei, aktiviert keine Motivation mehr, sich fr Europa aktiv einzusetzen, es weiterzuentwickeln und fr den Erhalt des Erreichten zu arbeiten etc. Dies trifft aber zweifellos zunchst einmal nur fr die zu Zeiten der Sowjetunion sogenannten westeuropischen Lnder zu. Die neuen Beitrittslnder in der EU haben andere geschichtliche Erfahrungen und befinden sich gegenwrtig in einem Transformationsprozess, aus dem sich durchaus, im Vergleich zu den »alten« EU-Lndern, andere und womçglich berraschende Perspektiven fr Europa, Intentionen und Motive fr ihren Einsatz fr Europa und gesellschaftlich wirksame Befindlichkeiten wie ngste, Befrchtungen, Hoffnungen und Gestaltungsansprche ergeben kçnnen, auf die auch in europischen Jugendbegegnungen Rcksicht genommen werden muss. Alles dies trifft im Kern aber auch fr die »lteren« EU-Lnder zu, die von diesen Entwicklungen nicht unberhrt bleiben, doch ist schon allein aufgrund der historischen Entwicklungen und ihrer Folgen mit jeweils anderen Reaktionen und Konsequenzen zu rechnen. Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung und der damit einhergehenden Herausforderungen und Vernderungen ist auch Europa dabei, sich zu verndern. Womçglich wird Europa weltweit an Bedeutung verlieren, wird mehr als bisher auf andere Lnder und supranationale Organisationen Rcksicht nehmen mssen und sich neu positionieren. Dazu bedarf es eines feinen Gesprs fr Vernderungen (diagnostische 1
Die Verwendung der maskulinen Begriffsformen im Text dient ausschließlich der besseren.
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und prognostische Fhigkeiten), eines realistischen Bewusstseins fr die eigenen Strken und Schwchen und es bedarf der Fhigkeit, im Spiel der durchaus gegenstzlichen Krfte und Mchte handlungs- und gestaltungsfhig zu bleiben. Die dazu erforderlichen Befhigungen ergeben sich nicht von allein, sondern bedrfen gezielter Lern- und Erfahrungsprozesse und der Ausbildung von Persçnlichkeiten mit einem auf Europa erweiterten ganzheitlichen Horizont. Ganzheitlich bedeutet hier einmal, den Blick nicht allein auf das zu lenken, was Europa einem selbst, der eigenen Gruppe, Gesellschaft und Nation zu bieten hat, sondern sensibel zu sein und betroffen sein zu kçnnen, also sich persçnlich angesprochen zu fhlen, wenn es in anderen Lndern, Gesellschaften und Nationen in Europa nicht so gut vorangeht, wenn es politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Rckschritte oder einfach nur Stillstand gibt. Ein europisches Zugehçrigkeitsgefhl, dieses Sich-angesprochen-Fhlen, dieses ZurMitarbeit-aus-innerer-berzeugung-gezwungen-und-aufgefordert-Sein und die damit verbundene Bereitschaft, sich aktiv einzusetzen, wenn es um Europa geht, ist das, was sich in der nachwachsenden Generation in Europa entwickeln muss. Dies bezieht sich nicht nur auf die politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich aktive Gruppe von Fach- und Fhrungskrften, sondern bezieht grundstzlich alle Brger in Europa mit ein, denn es geht darum, Entwicklungsprozesse in Europa zu verstehen und mit Gelassenheit beobachtend begleiten zu kçnnen, ohne gleich die Orientierung zu verlieren, in Panik auszubrechen und das Vertrauen in die europische Entwicklung aufzugeben. Wenn z. B. kurz nach dem Beitritt mittel-osteuropischer Nationen in die europische Union nun verstrkt nationalistische, sogar europafeindliche und auf Konfrontation der politischen Parteien gerichtete Strçmungen entstehen (z. B. bei Polen, Ungarn, Tschechien), die erstaunen, sogar ngstigen und schnell dazu fhren kçnnen, den Politikern dieser Lnder ihre »Reife fr Europa« abzusprechen, dann ist es wichtig, dass jeder in Europa versucht, die Ursachen fr solche Entwicklungen in den Transformationslndern zu verstehen, und alle Bestrebungen untersttzt, die eine Lçsung der Probleme ermçglichen, besonders
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dann, wenn sich dies nur auf einem langen beschwerlichen Weg mit Fortschritten, aber auch mit Rckschritten erreichen lsst. hnliches gilt fr die in Europa sehr unterschiedlichen sowie von nationalen Besonderheiten und geschichtlichen Entwicklungen geprgten Ursachen der Integration auslndischer Mitbrger. Niemand hat bislang fr die Lçsung dieser Aufgaben einen Kçnigsweg erfunden und erfolgreich erprobt. In dieser Situation ist es wichtig, ein wertschtzendes Verstndnis fr alle diese Versuche aufzubringen, so ungengend sie auch sein mçgen, und eine aktive Mitarbeit an effektiven Lçsungsmçglichkeiten als Aufgabe aller Europer anzusehen. Im Verlauf dieser berlegungen kçnnte man noch sehr viele hnliche Problemfelder thematisieren, wo auf der einen Seite die Kompetenz der politischen Akteure mit einem ganzheitlichen Blick auf Europa gefordert ist, auf der anderen Seite zumindest die Mehrheit der Bevçlkerung herausgefordert ist, die Entwicklungsvorgnge zu verstehen und die diversen Lçsungsversuche aufmerksam und kritisch zu begleiten. So waren die Abstimmungsniederlagen zur europischen Verfassung weniger ein Resultat kritischen und verantwortungsvollen Handelns der wahlberechtigten Brger, sondern getragen und verursacht durch Verrgerung und Frustration ber die nationale Politik in den betroffenen Lndern. Die zentrale Frage ist nun, wie man es erreichen kann, dass die nachwachsende Generation, dass diejenigen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zuknftig in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Fhrungs- und Leitungsaufgaben bernehmen werden, aber auch, dass die jungen Menschen, denen Europa bisher verwehrt blieb, die erforderlichen Grundlagen zum Aufbau eines Europaverstndnisses und einer europischen Identitt entwikkeln. Alle Forschungen, die sich mit der Frage nach der nachhaltigen Wirkung kurz- und langfristiger interkultureller Begegnungen im In- und Ausland befassen, die also systematisch empirisches Material erheben und auswerten, kommen zu dem bereinstimmenden Ergebnis, dass interkulturelle Begegnung im Jugendalter (11 bis 28 Jahre) bedeutsame, noch ber Jahre
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zum Teil lebenslang nachwirkende Folgen fr die Teilnehmer haben. Einige davon sind: – Horizonterweiterung, – (Weiter)Entwicklung der Persçnlichkeit, – Kennenlernen fremder Kulturen, – Konfrontation und Umgang mit ungewohnten, fremden, desorientierenden, erwartungswidrigen Partnerreaktionen, – interkulturelles Lernen, – Bewusstwerden der eigenen kulturellen Identitt, – erhçhte Selbstwirksamkeitserfahrungen. Beim Zustandekommen der Effekte ist nicht die Dauer der Begegnung entscheidend, sondern die Intensitt und Qualitt der im Zuge der Begegnung gemachten Erfahrungen. Die Intensitt korreliert dabei mit dem Grad der persçnlichen Betroffenheit und Involviertheit. Die Qualitt hngt damit zusammen, ob Leistungsanforderungen gestellt und bewltigt werden, die einerseits die Wahrnehmung schrfen, das Denken, Reflektieren und Urteilen beanspruchen und andererseits Emotionen willentlich getroffene Entscheidungen fr oder gegen etwas sowie eigenverantwortliches Handeln aktivieren. Hier spielen Vor- und Nachbereitung der Begegnung eine ebenso wichtige Rolle wie die pdagogisch-didaktische Moderation und das Begleiten der unterschiedlichen internationalen Erfahrungs- und Handlungsprozesse whrend der Begegnung. Forschungsbefunde zeigen bereinstimmend, dass der Aufbau interkultureller Kompetenz dann gut vorankommt, 1. wenn es gelingt, zur Reflexion der eigenkulturellen Orientierung im Lichte der an fremdkulturellen Partnern gemachten Erfahrungen anzuregen, 2. wenn Perspektivenwechsel in der Interpretation und Bewertung verstrkt gefçrdert wird, 3. wenn Interesse am Umgang mit kultureller Heterogenitt geweckt wird, 4. wenn ein wertschtzender Umgang gerade mit dem, was der Partner an Neuem und Andersartigem einbringt, erfolgreich eingebt wird,
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1 Einleitung
5. wenn Toleranz gegenber erwartungswidrigen Reaktionen, Widersprchlichkeiten und Unklarheiten im Denken und Verhalten der fremdkulturellen Partner eingebt wird. Die Forschungen zur Wirksamkeit interkultureller Begegnungen zeigen auch, dass Jugendliche und Schler, die an solchen Begegnungsprogrammen teilgenommen haben, als Erwachsene berdurchschnittlich hufig politisch, sozial und gesellschaftlich in verantwortungsvollen Positionen beruflich oder ehrenamtlich ttig sind. Sie zeigen dabei ein hohes Maß an Sensibilitt und Engagement fr den interkulturellen Dialog und Austausch, das sie in ihr soziales Beziehungsnetz hineintragen. Aus entsprechenden biographischen Einzelfallschilderungen und Entwicklungsverlufen lsst sich unschwer ihre Wirkung als Multiplikatoren resp. Anwlte fr interkulturelle Verstndigung, Vçlkerfreundschaft und den Aufbau Europas ablesen. Kurz gesagt, wer in frhen Jahren die Gelegenheit bekommt und sie wahrnimmt, interkulturelle Erfahrungen zu sammeln, die eigenkulturellen Selbstverstndlichkeiten zu relativieren und sich mit fremdkulturell geprgtem Verhalten aktiv auseinanderzusetzen, der legt in seiner individuellen Lebensbiographie die Grundlagen dafr, an der Entwicklung eines gemeinschaftlichen Europas aktiv mitzuarbeiten, sich zu engagieren und kompetent Einfluss zu nehmen oder den europischen Integrationsprozess verstndnisvoll, kritisch und wertschtzend zu begleiten. Wer interkulturelle Begegnungserfahrungen gemacht hat und wem diese Erfahrungen persçnlich etwas bedeuten, wird sich gegen ethnozentristische und nationalistische Bestrebungen in Europa zur Wehr setzen. Er wird ethnische, rassische und nationale Attitden und Diskriminierungen zwischen den Brgern Europas und der in Europa lebenden Menschen nichteuropischer Herkunft ablehnen und das engagiert und mit berzeugenden Argumenten. Die Aufgabe, die sich daraus ergibt, besteht darin zu prfen, welche Formen interkultureller Begegnungen von Jugendlichen europischer Lnder mit Europa als Themenschwerpunkt und als Gestaltungsaufgabe geeignet sind, das geistige Rstzeug aufzubauen, die emotionale Anspannung und Begeisterung zu ak-
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tivieren und die Fhigkeit zum engagierten Handeln aufzubauen, die eine Voraussetzung zur Entwicklung interkultureller europischer Kompetenz sind. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts unter dem bezeichnenden Titel »Realitt und Innovation in der europischen (Jugend)Begegnung« ermçglichen, zunchst eine bersicht zu gewinnen ber das, was gegenwrtig in vielfltiger Weise an Begegnungsprogrammen mit einem expliziten Europabezug in Deutschland praktiziert wird. Dabei geht es nicht um eine im statistischen Sinne reprsentative Erhebung der vielfltigen Aktivitten, sondern um eine Sichtung und Kategorisierung von Begegnungstypen. Im zweiten Teil der Darstellung wird gezeigt, wie aus einer theoretisch fundierten Analyse der verschiedenen Begegnungsformate mit Blick auf die absehbaren Herausforderungen, die Europa in naher Zukunft zu bewltigen hat, und unter Einbeziehung neuerer Erkenntnisse aus dem Bereich der Lernpdagogik und Lernpsychologie, der Jugendforschung und der interkulturellen Austauschforschung inhaltliche und methodischdidaktische Konzepte und Modelle entwickelt werden, an denen sich zuknftige interkulturelle Jugendbegegnungen mit explizitem Europabezug orientieren kçnnen. Die Forschungsergebnisse kçnnen in dreifacher Hinsicht Verwendung finden: 1. als Anregung zur Entwicklung zukunftstrchtiger und auf nachhaltige Wirkungen abzielender interkultureller europischer Begegnungsprogramme; 2. als kritische Analyse verbunden mit der Entwicklung von Qualifizierungsmçglichkeiten der bereits praktizierten interkulturellen europischen Begegnungsprogramme; 3. als Ausgangsbasis fr die Entwicklung eines Qualittssicherungssystems fr interkulturelle europische Jugendbegegnungsprogramme mithilfe angemessener und aussagekrftiger Evaluationsmethoden.
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Gesamtbewertung
2.1 Prmissen (1) Europische Integration ist wichtig. Integration ist ein zentraler Begriff in der Soziologie, der Psychologie und der Politischen Wissenschaft. Verstanden werden darunter Prozesse wie Zusammenschluss, Vereinigung, Vervollstndigung, Vereinheitlichung und Vorgnge der Ganzheitlichkeitsbildung. Integrationsprozesse finden sowohl in makrosozialen Einheiten wie Staaten, fçderalen Staatsgebilden, Ethnien, Organisationen als auch in mikrosozialen Einheiten wie Gruppen, Familien, Vereinen etc. statt. Bestimmt werden Integrationsprozesse vom einheitlichen Zusammenwirken mit einer gegenseitigen Durchdringung der verschiedenen Elemente und Prozesse. »Whrend Integration in kleinen Gruppen ber gemeinsame Interessen, Gewohnheiten und Auffassungen ansatzweise herstellbar ist, bedarf es in Organisationen und (National-)Gesellschaften verbindlicher Werte und Normen und gemeinsamer Symbole, um Zusammengehçrigkeit sichtbar zu machen. Funktionale Differenzierung fhrt zu wechselseitigen Abhngigkeiten und Verflechtungen, auf die Gesellschaftsmitglieder aufeinander bezogen werden. Integration impliziert auch soziale Kontrolle, vermittelt ber Weltbilder, Glaubenssysteme, Ideologien wie auch ber Herrschaft« (Geenen, 2002, S. 247 – 248). Schon aus diesen kurz angedeuteten Definitionsbruchstcken ergibt sich die große Bedeutung, die Integrationsprozessen im europischen Einigungsprozess zukommt. Das betrifft neben der staatlich-politischen Ebene auch die individuelle Ebene. Es muss eine Bereitschaft und eine Fhigkeit der Europer zur Integration
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2 Gesamtbewertung
in ein gemeinsames Europa ausgebildet werden und dies gelingt nur ber die Entwicklung einer europischen Identitt, die als Teil der sozialen Identitt angesehen werden kann: »Soziale Identitt meint die Erweiterung des psychologischen SelbstVerstndnisses durch Aufnahme von Personen, mit denen man eine Gruppenmitgliedschaft teilt (z. B. andere Angehçrige der eigenen Nation), in die eigenen Selbst-Definitionen mit entsprechenden emotionalen, kognitiven, motivationalen und verhaltensbezogenen Konsequenzen« (Simon und Trçtschel, 2006, S. 685). Intereuropische Jugendbegegnung kann hier einen zentralen Beitrag leisten, von der »Erweiterung des psychologischen Selbstverstndnisses« ber das, was bisher auf familirer, schulischer, Peergroup, verbandlicher, lokaler, regionaler und nationaler Ebene an sozialer Identitt entwickelt wurde hin zur Aufnahme von Personen, mit denen auf europischer Ebene eine Gruppenmitgliedschaft gebildet wird. Darin besteht genau das, was gemeinhin mit dem Begriff »Horizonterweiterung« als Resultat interkultureller Begegnungserfahrungen zum Ausdruck gebracht wird. (2) Europa entsteht nicht von alleine. Mit dieser Prmisse wird zum Ausdruck gebracht, dass Abwarten, Sich-entwickeln-Lassen, passives Beobachten nicht ausreichen, sondern dauerhafte Investitionen personaler und sachlicher Art erforderlich sind, wenn es mit Europa vorangehen soll. Die Geschichte Europas im vergangenen Jahrhundert war nicht bestimmt von Integrationsbemhungen, sondern von desintegrierenden Krften. Was bisher erreicht wurde, ist immer noch in einem labilen Zustand und viel zu gefhrdet, zerstçrt und beschdigt zu werden durch desintegrative Krfte von innen und nicht bewltigte Herausforderungen von außen, als dass es als unvernderbare Konstante anzusehen ist. Insofern ist der Deutschen Bundeskanzlerin mit ihrer Rede vom 06. 12. 2006 mit Brgervertretern im Kontext der deutschen EU-Ratsprsidentschaft zuzustimmen: »Viele Vorteile, die die Europische Union mit sich bringt, sind so selbstverstndlich geworden, dass sie gar nicht mehr ins Auge fallen – ob es nun die Zugehçrigkeit zum
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Schengen-Verbund ist oder ob es die Vorteile des Euro sind. Von der riesigen Errungenschaft, die wir erreicht haben, dass wir selbstverstndlich davon ausgehen, dass die Menschen in Europa in Frieden leben, will ich gar nicht sprechen; das wird heute als gegeben angesehen. Dass das in der europischen Geschichte noch nie so lange der Fall war, wie es das in den letzten Jahrzehnten war, ist mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Zweiten Weltkrieg ein Stck weit ins Hintertreffen geraten. Wenn wir uns aber andere Regionen der Welt anschauen, dann wissen wir, dass es zumindest sinnvoll ist, sich immer wieder zu vergegenwrtigen, wie wir das schaffen konnten, mit welcher Weitsicht die Grndungsvter und -mtter Europas das hinbekommen haben und wie viele Aufgaben wir sicherlich auch an anderen Stellen haben, mit den guten Erfahrungen, die Europa gesammelt hat, zur Konfliktbewltigung beizutragen. Wir wissen aus anderen Erfahrungen, wie schnell auch wieder Vorurteile entstehen. Das ist nicht gleich mit breiter Gewalt gleichzusetzen, aber Fremdenfeindlichkeit ist ein Thema, ebenso Abschottung und Protektionismus; kurzum: all das, was angesichts einer offenen Welt eine Rolle spielt. Europa steht vor riesigen Herausforderungen und deshalb sollten wir uns das auch immer wieder vergegenwrtigen« (S. 2). Die Teilnahme an europischen Jugendbegegnungen wird nicht aus Angst vor Resignation und Rckschritten im europischen Einigungsprozess erfolgen, sondern aus Interesse und Begeisterung fr neue Erfahrungen und die Bewltigung von Herausforderungen und genau das, was dabei an Zeit, Engagement, Kraft und Risikobereitschaft investiert wird, bringt Europa voran. (3) Aus der Realitt kann man ein Modell fr wirksame europische Projekte ableiten. »Aus Erfahrung wird man klug!« lautet eine Volksweisheit. Aus wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich Innovationen entwickeln, lautet eine gngige berzeugung. Beides stimmt und lsst sich gut miteinander verbinden. Wissenschaftliche Erkenntnisse in Form von Theorien (Kurt Lewin: »Nichts ist so gut wie eine gute Theorie«) und Einzelerkenntnisse ber Ursache-
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Wirkungs-Beziehungen ermçglichen es, gesammelte Erfahrungen z. B. ber das, was in der Praxis interkultureller (Jugend)Begegnungen gut, schlecht oder berhaupt nicht funktioniert, was lernwirksam ist, was motiviert, animiert und bereichert oder was hemmend, irritierend und verhindernd wirkt, zu analysieren, zu erklren und im Detail verstehen zu kçnnen. Ohne die Realitt bleiben die wissenschaftlichen Erkenntnisbestnde wirkungslos und ohne wissenschaftliche Analyse bleibt die Realitt ohne Bereicherung, begrndete Vernderung, starr und chancenlos auf vernderte Bedingungen und Zielstellungen effektiv und schnell zu reagieren. Beides zusammengenommen ist der Nhrboden fr innovative und wirksame Modelle europischer Begegnungsprojekte. (4) Begegnungen leisten einen Beitrag zu Europa. Man kçnnte meinen, dass damit eine Selbstverstndlichkeit formuliert wird. Das ist aber ein Irrtum. Immer wieder stellt sich in Anbetracht der gewaltigen internationalen und globalen Herausforderungen fr Europa die Frage, was leistet hier eine einzelne europische Begegnungsmaßnahme von wenigen Tagen oder einer bis zwei Wochen schon fr einen Beitrag? Wenn auch die Anzahl der Jugendlichen, die in Deutschland pro Jahr an internationalen Jugendbegegnungs- oder Jugendaustauschprogrammen teilnehmen, nicht exakt zu ermitteln und schon berhaupt nicht bekannt ist, wie viele Jugendliche an einem europabezogenen Programm teilnehmen, kann sicher davon ausgegangen werden, dass nur einem verschwindend geringen Prozentsatz aller in Deutschland lebenden Jugendlichen diese Lernmçglichkeit zur Verfgung steht. Zudem ist bekannt, dass internationale Jugend- und Schlerbegegnungen hauptschlich von Jugendlichen aus hçheren Bildungsschichten und Bildungseinrichtungen (z. B. Gymnasien) nachgefragt werden. Von einem flchendeckenden Angebot an interkulturellen resp. europabezogenen Begegnungsmçglichkeiten kann also keine Rede sein. So wichtig dieser eher quantitative Aspekt fr die bildungspolitische Diskussion auch ist, so darf der qualitative Aspekt der Thematik nicht bersehen werden. Inzwischen gibt es verlssliche wissenschaftliche Erkenntnisse darber, dass die
2.2 Bezugsrahmen
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Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungsprogrammen und das trifft sicher auch fr solche mit Europabezug zu, selbst wenn sie nur 1 bis 4 Wochen dauern, nachhaltige Wirkungen fr die Persçnlichkeitsentwicklung der Teilnehmer hat. Noch Jahre nach der Programmteilnahme kçnnen sich die Teilnehmer relativ genau an den Ablauf und an markante Ereignisse erinnern, sie kçnnen angeben, was an neuen Sichtweisen, Reflexionen und vertieftem Verstndnis fr fremde Kulturen angestoßen wurde, und sie kçnnen schildern, wie dies alles in ihre Lebensbiographie hinein nachgewirkt hat. Zudem lsst sich immer wieder nachweisen, dass ehemalige Teilnehmer sich verstrkt fr internationale Themen interessieren und politisch und gesellschaftlich engagieren (Thomas, Chang und Abt, 2007). Fr die berwiegende Mehrheit waren die vielfltigen Erfahrungen whrend der internationalen Jugendbegegnung wichtiger als andere Gruppenerlebnisse, Begegnungen mit Auslndern in Deutschland und von zentraler Bedeutung fr die Persçnlichkeitsentwicklung. Begegnungen zwischen Jugendlichen aus anderen europischen Lndern, die bestimmt sind von Themen, die auf die Entwicklung Europas bezogen sind und zum Engagement fr Europa anregen, werden hnlich wie die untersuchten internationalen Jugendbegegnungsprogramme nachhaltige Wirkungen erzeugen, die nicht nur auf die einzelnen Personen begrenzt bleiben, sondern auch einen nicht zu unterschtzenden Multiplikatoreneffekt im sozialen Umfeld der Teilnehmer und darber hinaus erzeugen.
2.2 Bezugsrahmen Um die Realitt europischer Begegnungsprogramme mçglichst exakt abbilden zu kçnnen, ist es wichtig, dass der empirischen Bestandsaufnahme eine genaue Definition des Begriffs »Realitt« zugrunde gelegt wird. In vorliegender Studie bezieht sich die »Realitt« auf interpersonale, gruppenbezogene Begegnungen von jungen Menschen aus zwei oder mehreren europischen Nationen und evtl. Menschen aus außereuropischen Nationen in organisierter Form mit der intentionalen Orientierung auf das
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2 Gesamtbewertung
Thema Europa. Aus dieser Definition, die vom Forscherteam und dem Beirat gemeinsam entwickelt wurde, lassen sich folgende Kriterien fr die Bestandsaufnahme ableiten: – expliziter Europabezug im Inhalt, – Teilnehmer sind junge Menschen zwischen 11 und 28 Jahren, – die Begegnung findet real statt (nicht virtuell), – an der Begegnung sind mindestens 2 europische Nationen beteiligt. Das erste Kriterium, nmlich der »explizite Europabezug im Inhalt«, umfasst zwei thematische Varianten: (1) Europa und/oder die EU werden im Rahmen der Begegnung in irgendeiner Form, beispielsweise politisch, kulturell oder historisch, thematisiert. (2) Themen, die Europa und alle Europer betreffen, wie beispielsweise »Migration«, werden in ihrer Bedeutung fr Europa und im Hinblick auf gemeinschaftliche Lçsungsmçglichkeiten behandelt. Allerdings mssen diese europischen Themen in der Begegnung explizit mit Europa in Verbindung gebracht werden. Diese vom Forscherteam vorgenommene Schrfung des Kriteriums war vonnçten, da ansonsten die erforderliche Klarheit des Definitionsbereichs und damit einhergehend die Aussagekraft der Studie verloren gegangen wre. Zudem wurden nur solche Projekte untersucht, die von einer deutschen Organisation veranstaltet oder die von einer europischen Dachorganisation angeregt mit einer deutschen Teilorganisation durchgefhrt wurden. Dies rechtfertigt auch die Tatsache, dass ein rein deutsches Forscherteam die Analyse vornimmt und Bewertung sowie die Darstellung der Realitt und innovativen Mçglichkeiten europischer Begegnungen hier immer aus einer kulturspezifisch deutschen Sichtweise erfolgt. Eine Auswahl besonders interessanter, aber hier von der Analyse ausgeschlossener Projekte findet sich im Kapitel 7.7.
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Die fnf wichtigsten Ergebnisse
(1) An Europa kann und sollte gehaltvoller gearbeitet werden. Ergebnis: Im Realittsbestand befinden sich 190 Projekte, die sich inhaltlich durch sehr facettenreiche Herangehensweisen auszeichnen und zusammengenommen eine der europischen Vielfalt gerecht werdende Umfasstheit darstellen. So werden politische, interkulturelle, kulturelle, identittsbezogene, historische, aber auch partizipative und multimediale Fragestellungen behandelt. Dabei zeigt sich, dass im Bildungsbereich Europa ber das gegenseitige Kennenlernen vermittelt wird, im Initiativbereich hingegen steht Europa in seiner politischen Dimension im Vordergrund. Perspektiven: Fr den Bildungsbereich empfiehlt sich, die interkulturellen Wirkfaktoren im gegenseitigen Kennenlernen strker herauszuarbeiten und produktiv zu nutzen. Weiterhin empfiehlt sich eine Erweiterung des Themenspektrums um identittsbezogene Fragestellungen, um politische Aspekte und um das Aufzeigen von Chancen, die sich fr den Einzelnen in einem gemeinsamen Europa bieten. Im Initiativsektor steht eine Erweiterung des Themenspektrums an: Hier sollten zum einen politische Fragestellungen mit Blick auf zentrale gesellschaftliche Themenstellungen und ihre Auswirkungen beleuchtet werden, z. B. die in keinem europischen Land bislang erfolgreich geleistete Integration von Mi-
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3 Die fnf wichtigsten Ergebnisse
granten. Zum anderen sollten die aus der interkulturellen Begegnung sich ergebenden Potentiale strker ins Zentrum von Begegnungsprojekten gerckt und bewusst gemacht sowie produktiv genutzt werden. Dies kçnnte auch in Verbindung mit einer bewussten Thematisierung der Identitts- und Wertethematik geschehen. An Europa kann gehaltvoller gearbeitet werden. Was tun? Bildungsbereich und Initiativbereich: ! Erweiterung um Themen wie Identitt, interkulturelle Kompetenz, politische Problem- und Fragestellungen bzw. in ihren nationalen und europischen Auswirkungen
(2) Europa-Machen kann man lernen. Ergebnisse: Es gibt konkrete Bausteine fr bestimmte thematische Europaschwerpunkte, mit denen neue Projekte mit Europabezug konzipiert, vorhandene optimiert sowie auf ihre Qualitt hin bewertet werden kçnnen. Sie beziehen sich auf konkrete Inhalte, Methoden, Ziele und auf den strukturellen Rahmen. So gibt es eine als Checkliste verwendbare bersicht mit Universalbausteinen (Metaebene). Diese kann auch genutzt werden, um fr Projekte Qualittskriterien abzuleiten, die eine starke Wirksamkeit in Hinsicht auf eine europische Bewusstseinsbildung voraussagen lassen. Dabei ist insbesondere eine umfassende Vorbereitung von Bedeutung. Das damit erreichbare Lernpotential der Vorsensibilisierung ist bisher noch nicht erkannt worden. Es gibt außerdem eine Zusammenstellung an in realen Projekten mit Europabezug eingesetzten Methoden, den MethodenPool. Auch hier ist es mçglich, Anregungen zu finden fr neue Projekte, alte durch eine Kombination mit einem neuen Methodenelement wirksamer zu gestalten sowie wissenschaftliche Begrndungsanstze fr die Antragstellung zu finden.
3 Die fnf wichtigsten Ergebnisse
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Perspektiven: Qualittsvolle Projekte durchzufhren, die eine hohe Wirksamkeit in Bezug auf die Schaffung eines Europabewusstseins erzielen, kann man lernen. Es finden sich sehr konkrete Hinweise, womit Projektverantwortliche zu bestimmten Themenfacetten arbeiten kçnnen, damit berall, »wo Europa drauf steht, auch Europa drin ist«. Die bersicht zu den Universalbausteinen (Metaebene) kann als Checkliste zur Qualittssicherung eingesetzt werden. Um Europa erfahrbar zu machen, kçnnen neue Methoden oder Methodenkombinationen ausprobiert werden. Wichtig ist dabei, auch Altbewhrtes beizubehalten, wozu gute Begrndungen geliefert werden. In die Ausbildung und fortlaufende Qualittssicherung von Projektorganisatoren, Lehrern und Teamern muss unbedingt mehr investiert werden. Europa-Machen kann man lernen. Was tun? ! Konkrete Hinweise zur Untersttzung aufgreifen ! Checkliste zur Qualittssicherung benutzen ! mal eine neue Methode oder Methodenkombination ausprobieren ! Bewhrtes weiterhin einsetzen und gut begrnden kçnnen ! Qualifizierung der Leitungspersonals
(3) Europa lsst sich auch im Schulalltag verwirklichen. Ergebnisse: Die Realittsrecherche ergibt, dass sich europabezogene Projekte durchaus auch im Schullalltag ressourcenschonend umsetzen lassen. Hier findet sich zum einen die Europa-AG, zum anderen die Einrichtung einer Europaklasse ab der 11. Jahrgangsstufe. Die Partizipation der Schler ist noch sehr eingeschrnkt. Die meisten Projekte im Schulbereich sind Comenius-Fçrderungen, bei denen fr nur 4 Schler die Mitfahrt auf die Treffen mit den Partnerschulen finanziert wird, mit der Konsequenz, dass eine grçßere Beteiligung eigenfinanziert werden muss. Außerdem fllt es den Lehrern oft sehr schwer, ein wnschenswertes Maß an Partizipation der Schler zuzulassen.
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3 Die fnf wichtigsten Ergebnisse
Der erhebliche brokratische Aufwand bei der Projektbeantragung und der mangelnde Rckhalt durch Kollegen sind ernstzunehmende Barrieren und verhindern Initiativen. Perspektiven: Es ist wnschenswert, dass das Modell der Europaklasse eine große Verbreitung erfhrt. Neben der Comenius-Fçrderung sollte nach alternativen Fçrdermçglichkeiten fr Schulen gesucht werden. Schon in der Lehrerausbildung sollte es Mçglichkeiten geben zu lernen, wie man qualifizierte Jugendbegegnungen mit Europabezug organisiert. Europa lsst sich auch im Schulalltag verwirklichen. Was tun? ! Modell Europaklasse verbreiten ! Comenius-Konzeption berdenken ! Alternativ-Fçrdermodelle fr Schulen suchen ! Strkeres Einbinden partizipativer Unterrichtsformen im Schulalltag ! In der Lehrerausbildung ermçglichen zu lernen, wie qualifizierte Jugendbegegnungen mit Europabezug konzipiert und umgesetzt werden kçnnen ! Wichtigkeit der Europakomponente allen Lehrern vermitteln
(4) Europische Identitt Ergebnis: Der Diskurs ber eine mçgliche europische Identitt und damit verbundener Werte wird zwar in Interviews als wichtige Zukunftsaufgabe angemahnt, findet aber in den Projekten des Realittsbestands nahezu keine Beachtung. Dabei sind die Themen Identitt und Werte fr junge Menschen von großem Interesse, da sie im Rahmen ihrer Entwicklungsaufgaben eine eigene Identitt und ein Wertebewusstsein herausbilden mssen. Außerdem ist es fr das Projekt »Europa« von Bedeutung, dass die Menschen ein Zugehçrigkeitsgefhl zu Europa entwickeln und Europa in ihr Selbstkonzept integrieren.
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Perspektiven: Die Debatte darber, wie eine europische Identitt aussehen kçnnte, sollte in den kommenden Jahren im Vordergrund stehen, d. h., die bisher noch leere Floskel sollte mit Inhalt gefllt werden. Ein denkbarer Ansatz ist die Etablierung einer europischen Identitt in Form einer »bergeordneten Identitt«, sozusagen ber den einzelnen nationalen Zugehçrigkeiten. Unabdingbar ist hierfr eine Selbstreflexion ber das eigene innere Europabild in Relation zu Europabildern anderer Europer. Die Auseinandersetzung sollte zudem mit Experten gefhrt werden; denkbar wre hier eine verstrkte Einbindung von Migranten und ethnischen Minderheiten, die mit Identittsfragen unmittelbar und Tag fr Tag aufs Neue konfrontiert sind. Außerdem muss die Außenperspektive auf Europa eingeholt werden, indem Begegnungen mit Schwerpunkt »Europa« eben nicht nur mit Europern, sondern auch mit Teilnehmern außereuropischer Lnder durchgefhrt werden. Durch diese Begegnungen erfahren die jungen Europer zum einen, wie sie von außen gesehen werden, und kçnnen zum anderen auch selbst erleben, in welcher Hinsicht sie sich von Nicht-Europern unterscheiden. Europische Identitt. Was tun? Die Mçglichkeiten einer europischen Identittsbildung mssen in den kommenden Jahren verstrkt thematisiert werden, dabei sollten … … Migranten und ethnische Minderheiten als Experten fr Identittsfragen hinzugezogen werden; … Begegnungen auch mit außereuropischen Lndern stattfinden, um Außenperspektive zu erhalten.
(5) Stiftungen als potentielle Koordinatoren der europischen Begegnung Ergebnisse: Die befragten Projektinitiatoren schtzen die Kompetenzen von Stiftungen und politischen Institutionen und wrden gerne – neben finanzieller Untersttzung – von deren inhaltlichen, per-
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3 Die fnf wichtigsten Ergebnisse
sonellen und technischen Ressourcen profitieren. Außerdem eignen sich Stiftungen, nach Meinung der interviewten Experten europischer Begegnung aufgrund ihrer vielseitigen Netzwerke und Kontakte auch als Ansprechpartner und Vermittler fr Anfragen aller Art. Perspektiven: Stiftungen, die sich in der europischen Begegnung engagieren mçchten, kçnnten einen europischen Experten- und Informationspool ins Leben rufen, der dann einem breiten Nutzerpublikum zur Verfgung steht. In diesen Pool werden potentielle Ansprechpartner und Referenten, mçgliche Themengebiete und Methoden eingespeist, die sich aufgrund von Erfahrungswissen bzw. aufgrund wissenschaftlicher (Er)Kenntnisse als geeignet erweisen. Um die Aktualitt des Pools auch auf lange Sicht zu gewhrleisten, kçnnte auch die Pflege des Pools von den Stiftungen bernommen werden.
Abbildung 1: Mçglichkeiten zum Aufbau eines Europa-Informationsund-Experten-Pools durch Stiftungen
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Theoretischer Rahmen
4.1 Ausgangslage und Ziel des Forschungsprojektes Die Fortschritte der letzten Jahre bei einer Vielzahl politischer und wirtschaftlicher europischer Integrationsprojekte kçnnen nicht darber hinwegtuschen, dass die Identifikation der Europer mit dem »Projekt Europa« noch keine Selbstverstndlichkeit darstellt. Komplexitt und Abstraktheit der politischen Vorgnge, konkurrierende Interessen innerhalb der Union, asymmetrische Machtverteilung und schließlich Anonymitt der Partner, begleitet von eingeschrnktem Wissen um deren regionale und kulturelle Besonderheiten, stellen einige der Hrden auf dem Weg zu einer gemeinsamen europischen Identitt dar. Diese Problematik ist nicht neu und veranlasst Stiftungen und staatliche Institutionen, betrchtliche Summen in Begegnungsprogramme und Maßnahmen zu investieren, die Europa zum Thema machen. Viele Formate setzen es sich als Ziel, die Entwicklung einer europischen Identitt zu fçrdern oder Kompetenzen fr Brger eines geeinten Europas zu vermitteln – manche begngen sich jedoch damit, den Europabezug nur im Titel zu fhren. Systematische Qualittssicherung, Evaluation und deren Verçffentlichung kçnnen aufgrund von eingeschrnkten Mitteln selten betrieben werden, so dass erfolgreiche und wirkungsvolle Konzepte oft auf eine informelle Verbreitung warten mssen und gute Maßnahmen unter ihren Mçglichkeiten bleiben, weil Informationen fr die Optimierung fehlen. Die Vielzahl der Programme und die daraus resultierende Unbersichtlichkeit des »Marktes« tragen zu dieser Intransparenz bei.
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4 Theoretischer Rahmen
Die vorliegende Studie hat das Ziel, eine Bestandsaufnahme der gegenwrtig durchgefhrten Begegnungsmaßnahmen zum Thema Europa vorzunehmen, nach wissenschaftlich fundierten und innovativen Konzepten zu sichten und diese auf der Basis aktueller Forschungserkenntnisse exemplarisch weiterzuentwickeln. Die Flle an Initiativen und Maßnahmen machte es allerdings notwendig, eine klare Eingrenzung des Rechercherahmens vorzunehmen: 1. Es werden nur Maßnahmen bercksichtigt, an denen Deutsche (Mit-)Initiatoren sind bzw. waren. 2. Es sollen Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 11 und 28 Jahren an der Maßnahme beteiligt sein. Dies schließt auch Veranstaltungen ein, bei denen Jugendliche und Personen anderer Generationen teilnehmen. 3. Die Veranstaltungen mssen einen expliziten inhaltlichen Bezug zu Europa aufweisen. Die Bestandsaufnahme dient dazu, eine mçglichst große Varianz der innerhalb des Recherchezeitraums des Projektes erfassbaren Methoden und Begegnungsformate zu beschreiben. Der Fokus liegt also darauf, Neuerungen und Besonderheiten zu identifizieren. Eine umfassende, statistisch reprsentative Analyse vorzunehmen ist nicht beabsichtigt.
4.2 Theoretische Grundlagen der Studie Die zentrale Fragestellung der Studie besteht darin, Vorgehensweisen und Methoden zu identifizieren, die der Entwicklung einer europischen Identitt und eines europischen Bewusstseins bei den Teilnehmern von Begegnungsmaßnahmen zutrglich sind. Die Annahme hinter dieser Fragestellung ist, dass durch eine gemeinsame, geteilte Identitt von Personen unterschiedlicher nationaler Herkunft Konflikte und Unterschiede berbrckt und Engagement fr ein gemeinsames Europa initiiert wird.
4.2 Theoretische Grundlagen der Studie
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1. Das Ziel: Europische Identitt und Gemeinsamkeiten Die Erfahrung von hnlichkeit und Verschiedenheit gehçrt zu den Grunderfahrungen des Menschen. Sie ist die Voraussetzung fr die Beantwortung der Frage nach dem »wer bin ich« und damit nach der eigenen Identitt. Darber hinaus ist die Fhigkeit, Ordnung durch die Bildung von Kategorien zu schaffen, Voraussetzung dafr, dem menschlichen Bedrfnis nach Orientierung und Komplexittsreduktion gerecht zu werden. Das Selbstverstndnis einer Person entwickelt sich in fortwhrenden sozialen Vergleichs- und Kategorisierungsprozessen, da sie erst in der Interaktion erfhrt, worin ihre Einzigartigkeit besteht und wo sie Gemeinsamkeiten mit anderen teilt. Der Psychologe Erikson definiert Identitt als ein Konstrukt, das »ein Bewusstsein fr die eigene Einzigartigkeit, ein unbewusstes Streben nach Kontinuitt (…) und die Verbundenheit mit den Idealen der eigenen Gruppe umfasst« (Erikson, 1980). hnlichkeit und Unterschiede zu anderen Personen bewirken jedoch nicht nur eine Ausdifferenzierung der eigenen Identitt, sondern beeinflussen in starkem Maße auch das Verhalten anderen Menschen gegenber. Tajfel und Turner (1986) konnten nachweisen, dass z. B. geteilte Vorlieben zwischen bislang unbekannten Personen zu einer tendenziellen Bevorzugung der Personen mit der gleichen Vorliebe fhren. Sie erklrten dies damit, dass Facetten unserer Identitt durch unsere Gruppenzugehçrigkeiten bestimmt werden. Da der Mensch stndig bemht ist, eine mçglichst positive Identitt aufrechtzuerhalten, werden die eigenen Gruppenzugehçrigkeiten mçglichst gnstig bewertet und bevorzugt. Auf diese Weise wird ein positiver Unterschied (Distinktheit) zwischen der eigenen Person und den Angehçrigen von Fremdgruppen erzeugt. Außerhalb des Labors konnte nachgewiesen werden, dass dieses Phnomen durch Prozesse der sozialen Wahrnehmung verstrkt wird. So werden Unterschiede zwischen Gruppen bezglich konstituierender Merkmale berschtzt und Gemeinsamkeiten innerhalb der eigenen Gruppe berschtzt (Brewer, 1996; Tajfel, 1970; Kosmitzky, 1996). Aufgrund der besseren Informationsausstattung bzgl. der eigenen Gruppe wird diese im
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4 Theoretischer Rahmen
Hinblick auf nicht konstituierende Merkmale als heterogener wahrgenommen als die Fremdgruppe. Je nach Situation werden unterschiedliche Facetten unserer Identitt aktiviert und damit handlungsleitend. Es entsteht ein Kontinuum zwischen Intergruppen- und Interpersonalen-Situationen: In Intergruppen-Situationen treten Merkmale der eigenen Gruppenzugehçrigkeit zu Tage und der Einzelne nimmt sich selbst als Reprsentant der eigenen Gruppe wahr (z. B. als Deutscher in einer Gruppe Polen). Die soziale Identitt als Mitglied einer bestimmten Gruppe (in diesem Falle: Deutscher) wird aktiviert. In interpersonalen Situationen (z. B. Deutsche sind unter sich) tritt diese Gruppenzugehçrigkeit fr die Interaktion in den Hintergrund, die personale Identitt oder andere soziale Identitten (z. B. Geschlecht, Berufsgruppe etc.) werden strker handlungsleitend. bertrgt man diese Erkenntnisse auf europische Begegnungsprogramme, so wird deutlich, dass durch die Kontrasterfahrung mit Teilnehmern aus anderen Lndern zunchst das Bewusstsein fr die eigene nationale kulturelle Identitt erhçht wird und die Tendenz besteht, Personen, die diesen Hintergrund teilen, zu bevorzugen und positiver zu bewerten. Darber hinaus werden Unterschiede zwischen den kulturellen Gruppen akzentuiert und die Teilnehmer empfinden sich strker der eigenen Gruppe zugehçrig. Die Erfahrung von kulturellen Unterschieden und Missverstndnissen und das potentielle Vorliegen von negativen, teils historisch bedingten Stereotypen kçnnen diesen Effekt noch verstrken. Dies macht deutlich, dass allein der Kontakt zwischen Personen unterschiedlicher europischer Lnder weder beziehungsfçrdernd noch identittsstiftend wirkt. Im Gegenteil, schlecht begleitete Begegnungsprogramme kçnnen zur Vorurteilsbesttigung und gegenseitigem Befremden beitragen. Durch die gezielte Gestaltung von Begegnungsmaßnahmen bieten sie jedoch sehr wohl die Chance fr die Entwicklung eines geteilten Selbstverstndnisses als Ausgangspunkt fr eine gemeinsame europische Identitt. Aus psychologischer Forschung lassen sich folgende fçrderlichen Bedingungen ableiten (Allport, 1954; Pettigrew, 1998; Brewer, 1996):
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1. Werden den Teilnehmern in der Maßnahme gemeinsame Aufgaben und Ziele, die fr sie eine Relevanz besitzen, gestellt, so tragen die daraus resultierenden Abstimmungsprozesse und die wechselseitige Abhngigkeit dazu bei, dass sich vormals fremde Personen als Angehçrige einer Gruppe fhlen. Durch die Wahl der Aufgaben und Aktivitten besteht die Mçglichkeit, »Europa« als Identifikationspunkt anzubieten. Allein die Tatsache, dass Europer gemeinsam Aufgaben bewltigen, gengt jedoch nicht, dass die Teilnehmer positive Effekte dieser Begegnung auf Europa als solches generalisieren, sondern die positiven Zuschreibungen werden beschrnkt bleiben auf den Kreis der beteiligten Personen, im gnstigsten Fall auf die beteiligten Kulturen. Um nachhaltige Effekte zu erreichen, sind weitere Bedingungen zu bercksichtigen. 2. Geteilte Ziele und die mit der Zielverfolgung verbundenen Interaktionen fhren erst ber mehrere Situationen hinweg zum Aufbau stabiler positiver Beziehungen und Einstellungen der Fremdgruppe gegenber. Dies bedeutet fr Begegnungsmaßnahmen, dass diese einer intensiven Vor- und Nachbereitung bedrfen und im gnstigsten Fall mçglichst lange reale und/oder virtuelle Kooperationsphasen der Teilnehmer beinhalten, um einen mçglichst großen Nutzen zu erzielen. 3. Das Zusammentreffen der Teilnehmer sollte von Statusgleichheit und einer mçglichst ausgewogenen Involviertheit in die Maßnahme geprgt sein. Sprach- und Ortswahl, finanzielles Geflle der Teilnehmer und kulturraumspezifische Vorerfahrungen mit Methoden und Didaktikformaten, Nationalitt der Veranstaltungsleiter u. v. a. kçnnen zu Unausgewogenheit, berlegenheit und Zurckgesetzsein und damit zu Stçrungen zwischen den Teilnehmern beitragen und sind daher schon in der Planung zu bercksichtigen. 4. Begegnungsmaßnahmen finden nicht in einem sozialen Vakuum statt. Studien besttigen die besondere Rolle, die dem gesellschaftlichen Umfeld, der Haltung von Autoritten und Rollenmodellen und dem unmittelbaren sozialen Umfeld zukommt. Die positive und fçrderliche Haltung des persçnlichen Umfeldes der Teilnehmer untersttzt deren Motivation
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4 Theoretischer Rahmen
und Einschtzung der Sinnhaftigkeit der Teilnahme ebenso wie das Gefhl, an einer insgesamt gewnschten Entwicklung beteiligt zu sein. Aktuelle Spannungen wie z. B. derzeit im deutsch-polnischen Verhltnis besttigen den Umkehreffekt dieser Annahme, da die Konflikte bis in Begegnungsmaßnahmen hinein wirken. 5. Die Forschungen zu Austauschprogrammen, die Lnder außerhalb Europas miteinbeziehen, belegen die besonders hohe Wirksamkeit geteilter Kontrasterfahrungen fr das Gefhl von Zusammengehçrigkeit (Thomas, Chang und Abt, 2007). So tritt das gleiche Phnomen wie im innereuropischen Kontakt nun bei der Abgrenzung von den noch fremderen Nicht-Europern auf. Es kommt zu einer berhçhung der Gemeinsamkeiten mit anderen Europern und zu einer Bevorzugung des vertrauten Europischen. In Asien oder Amerika spren Europer am deutlichsten, was an ihrer Identitt europisch ist. Damit diese Form der Identittsstrkung nicht zulasten der Nichteuroper geht, gelten fr solche Maßnahmen hohe Anforderung an die Moderationsfhigkeiten und eine besondere Bercksichtigung der unter 1 bis 4 aufgefhrten Punkte. Die Forschung zur kulturellen bzw. ethnischen Identitt betont die Bedeutsamkeit der konkreten Auseinandersetzung mit der Frage »was macht mich zu einem Europer« fr die Entwicklung einer europischen Identitt (Berry, Phinney, Sam und Vedder, 2006; Phinney, 1993). Neben dem Selbstverstndnis und dem Gefhl der Verbundenheit und dessen wiederkehrender Besttigung konstituieren das Praktizieren kulturtypischer Verhaltensweisen und differenzierte Vorstellungen und Kenntnisse ber die eigene kulturelle Gruppe die ethnische Identitt einer Person. Gerade bei dem eher abstrakten Konstrukt der europischen Identitt ist es Voraussetzung fr das Selbstverstndnis als Europer, auch zu wissen, was Europer ausmacht und was sie von anderen Gruppierungen unterscheidet. Worin bestehen geteilte Praktiken und Verhaltensweisen, wie funktionieren euro-
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pische Institutionen, die als gemeinsame Identifikationspunkte dienen kçnnen? Welche gemeinsamen kulturgeschichtlichen Wurzeln bestehen, welche gemeinsamen Visionen fr die Zukunft? Die Tatsache, dass diese Fragestellungen nur gelegentlich unmittelbare Alltagsrelevanz erlangen und somit nur selten ein Gefhl des »Europischseins« hervorrufen, begrndet die Notwendigkeit fr Begegnungsmaßnahmen, die sich auf diese Themen konzentrieren. Gleichzeitig ergibt sich daraus eine besondere Herausforderung an die Gestaltung dieser Maßnahmen. Denn moderne Lerntheorien legen nahe, dass Alltagsnhe und Relevanz einen zentralen Einflussfaktor fr die Motivation der Lernenden darstellen. Detaillierter wird auf den Forschungsstand zur methodischen Gestaltung von Begegnungsmaßnahmen im nachfolgenden Kapitel eingegangen. »Einheit in Vielfalt« ist ein hufig zitiertes Schlagwort in Maßnahmen, die sich mit der Frage beschftigen, wie sich die unterschiedlichen kulturellen nationalen Identitten unter einer gemeinsamen europischen Identitt zusammenfhren lassen. Aus der Migrationsforschung lassen sich einige grundstzliche Erkenntnisse zu diesem Spannungsfeld zwischen mehreren kulturellen Identitten ableiten. So wird grundstzlich davon ausgegangen, dass sich unterschiedliche kulturelle Identitten nicht gegenseitig ausschließen (Berry, 2001; Bourhis, Moise, Perreault und Sencal, 1997). Die Entwicklung der nationalen und europischen Identitt wird ganz wesentlich von zwei Fragen beeinflusst (Phinney, Horenczyk, Liebkind und Vedder, 2001): 1. Will ich meine eigene nationale Identitt beibehalten? 2. Besteht eine Motivation zur Entwicklung einer europischen Identitt? Geht man vereinfacht davon aus, dass diese Fragen nur mit »ja« oder »nein« beantwortet werden, so ergeben sich vier verschiedene Strategien zum Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen nationaler und europischer Identitt: Eine integrative Strategie versucht die eigene kulturelle Identitt beizubehalten und gleichzeitig eine europische Iden-
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4 Theoretischer Rahmen
titt anzustreben. Ist hingegen nur das Beibehalten der eigenen kulturellen Identitt das Ziel und es besteht keine Motivation fr die Entwicklung einer gemeinsamen europischen Identitt, so kann man von einer ethnischen oder nationalen Strategie sprechen. Die Aufgabe der eigenen kulturellen Identitt zugunsten einer europischen Identitt kennzeichnet eine assimilative Strategie, whrend die Verneinung von beidem Merkmale einer diffusen Strategie trgt, die von einem Desinteresse an beiden Identitten geprgt ist. Tabelle 1: Strategien zum Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen nationaler und europischer Identitt (nach Phinney et al., 2001) Besteht eine Motivation zur Entwicklung einer europischen Identitt? Will ich meine eigene nationale Identitt beibehalten?
ja
nein
ja
Integrative Strategie
Ethnische Strategie
nein
Assimilative Strategie
Diffuse Strategie
Wird eine integrative Strategie bei EU-Brgern als wnschenswert angesehen, so lsst sich aus der Migrationsforschung ableiten, dass eine Fçrderung der lokalen und regionalen Identitten die Voraussetzung schafft fr eine ffnung hin zu einer europischen Identitt. Die regionale oder nationale Verwurzelung bietet Sicherheit und Stabilitt, um sich auf eine noch vage, instabile und aufgrund ihres ausgeprgten Entwicklungscharakters noch sehr verunsichernde europische Identitt einzulassen. Druck und hohes Tempo fçrdern hingegen Abgrenzung und Rckzug, d. h. nationale bzw. diffuse Strategien. Dies lsst sich unmittelbar auf die Gestaltung von Begegnungsmaßnahmen bertragen. Die Bevorzugung bestimmter Strategien durch EU-Brger geschieht in einem interaktiven Prozess und ist von der Wahrnehmung politischer Leitideen wie z. B. Einheit in Vielfalt und der Wahrnehmung der Strategien relevanter Vergleichspartner
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abhngig (Bourhis und Montreuil, 2004). So kann eine integrative Strategie nur verfolgt werden, wenn europische Integrationspartner dies auch tun und wenn auf politischer Seite glaubhaft ein hnliches Modell vorgelebt wird. Die Entscheidung fr die jeweilige Strategie ist meist keine generalisierte Einstellung, sondern situationsabhngig und von sehr pragmatischen berlegungen geprgt: Wie attraktiv und ntzlich ist in diesem Zusammenhang eine nationale Strategie oder eine integrative Strategie? Aufgrund der Geschichte ist es deswegen z. B. fr Deutsche oft attraktiv, eine integrative oder gar assimilative Strategie zu verfolgen, da die eigene nationale Identitt nur eingeschrnkte Attraktivitt besitzt. Umgekehrt ist die nationale Identitt und Unabhngigkeit in manchen der Beitrittsstaaten ein besonders wertvolles Gut, wo nationale Strategien wahrscheinlicher werden. Die Dynamik, die aus der Unterschiedlichkeit und situativen Variabilitt dieser Identittsstrategien entsteht, bietet ein großes Potential fr eine engagierte Auseinandersetzung mit dem europischen Identittsbegriff in Begegnungsmaßnahmen, erfordert aber von Leitern und Teilnehmern ein hohes Maß an interkultureller Handlungskompetenz.
2. Die Mittel: Notwendige Kompetenzen fr Europa vermitteln – Schlsselqualifikation Interkulturelle Handlungskompetenz Unter interkultureller Handlungskompetenz versteht man die Fhigkeit, gemeinsam mit fremdkulturellen Partnern effektiv und zum beiderseitigen Nutzen Ziele zu erreichen (Kammhuber, 2000; Thomas, Kammhuber und Schmid, 2005). Dafr ist ein hohes Maß an Bewusstsein fr die kulturelle Prgung des eigenen Handelns, Wertens und Fhlens ebenso notwendig wie Wissen, Sensibilitt und Akzeptanz fr die kulturellen Besonderheiten des fremdkulturellen Partners. Persçnlichkeitseigenschaften, die sich im europischen Raum als besonders gnstig in diesem Zusammenhang erwiesen haben, sind Offenheit, Fhigkeit zum Perspektivenwechsel, Einfhlungsvermçgen und Toleranz ge-
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genber widersprchlichen und unklaren Situationen. Interkulturelle Handlungskompetenz ist immer dann erforderlich, wenn Personen aufgrund eines unterschiedlichen kulturellen Erfahrungshintergrundes abweichende Verhaltensweisen, Erwartungen und Werthaltungen in eine fr beide Seiten bedeutsame Interaktion einbringen. Eine Vielzahl an Studien konnte nachweisen, dass kulturelle Unterschiede auch innerhalb der europischen Union so ausgeprgt sind, dass bei ihrer Nichtbercksichtigung massive Beeintrchtigungen der Beziehungen und mangelhafte Zielerreichung die Folgen sein kçnnen. Voraussetzung fr nachhaltige interkulturelle Lernmotivation und fr das Erreichen fortgeschrittener Stufen interkultureller Kompetenz sind interkulturelle Kontaktsituationen (berblick in Thomas, Kammhuber und Schroll-Machl, 2007). Fr europische Begegnungsmaßnahmen wird deshalb interkulturelle Handlungskompetenz auf zwei Ebenen bedeutsam: auf der Ebene der Umsetzung und auf der inhaltlichen Ebene. Auf der Umsetzungsebene bedeutet interkulturelle Handlungskompetenz, die unterschiedlichen kulturellen Hintergrnde der Teilnehmer bei der Konzeption und Durchfhrung der Maßnahmen zu bercksichtigen. So kçnnen sich Lehr- und Lernstile, Diskussions- und Kommunikationsverhalten, Muster des Beziehungsaufbaus, Eigeninitiative und vieles mehr bei den Teilnehmern einer Begegnungsmaßnahme betrchtlich unterscheiden (Thomas, 2002). Dies muss sich sowohl in der Wahl der Methoden als auch in der Qualifizierung der Leiter, adquat mit kulturellen Missverstndnissen und Unterschieden im Verlauf der Maßnahme umgehen zu kçnnen, widerspiegeln (Kammhuber und Schmid, 2007). Interkulturelle Handlungskompetenz zhlt darber hinaus zu den Schlsselqualifikationen, die EU-Brger erwerben mssen, um in einem zusammenwachsenden Europa effektiv agieren zu kçnnen. Wirksame Begegnungsformate sollten also nicht nur auf eine kulturadquate Gestaltung der Maßnahmen achten, um ein Gelingen und eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermçglichen, sondern die Begegnungssituationen mssen als ein Forum fr interkulturelles Lernen genutzt werden kçnnen. Ergebnisse der Expertisenforschung zeigen, dass erst eine Verzahnung von
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theoretischem Wissen zur interkulturellen Zusammenarbeit und deren unmittelbaren Erleben zu dem erwnschten hohen Niveau interkultureller Handlungskompetenz fhren. Dies gilt so auch fr europische Begegnungsformate, denn erst fundiertes Wissen ermçglicht ein adquates Verarbeiten der Erlebnisse und deren Transfer auf neue Situationen (Bhawuk, 1998).
3. Die Methoden: Aufbau von Begegnungsmaßnahmen Neben der Bercksichtigung von interkulturellen Lehr- und Lernprozessen und den kulturellen Hintergrnden der Teilnehmer kann bei der Gestaltung von Begegnungsprogrammen auf Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie und der allgemeinen Lernforschung zurckgegriffen werden. Entwicklungspsychologische Anforderungen Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 11 und 28 Jahren. Dieser Zeitraum ist im Rahmen der individuellen (ontogenetischen) Entwicklung des Menschen durch spezifische Entwicklungsaufgaben gekennzeichnet (Havighurst, 1972; Dreher und Dreher, 1985). Die Entwicklungsaufgaben entstehen aufgrund von Erwartungen und Anforderungen durch die Umwelt an die Jugendlichen und durch Reifeprozesse bei den Jugendlichen. Die Bewltigung bzw. das Misslingen dieser Aufgaben beeinflusst die Art der Verarbeitung spterer Entwicklungsaufgaben und damit die gesamte Lebensspanne der Person. Im Hinblick auf Begegnungsformate, die eine europische Identitt sttzen sollen, gewinnen vor allem die folgenden Entwicklungsaufgaben Bedeutung: – Aufbau von Beziehungen zu Gleichaltrigen (Peergroup): Die Herausforderung, die sich fr Begegnungsprogramme aus dieser Entwicklungsaufgabe ergibt, besteht darin, lngerfristig den Aufbau von europischen Peergroups, also transnationale Beziehungen und Freundschaften zu initiieren.
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4 Theoretischer Rahmen
– ber sich selbst im Bilde sein – Identitt: Diese Entwicklungsaufgabe knpft direkt an die Ausfhrung zur kulturellen Identitt an. Begegnungsprogramme kçnnen Teilnehmer dabei untersttzen, sich als Teil einer europischen Gemeinschaft und als Europer zu verstehen. Auf die Bedeutsamkeit von Wissen ber das eigene »Europisch-Sein« und die Bewltigung gemeinsamer Aufgaben in Begegnungen wurde bereits detailliert eingegangen. – Aufbau eines Wertesystems: Den Aufbau eines Wertesystems kçnnen Begegnungsformate dahingehend untersttzen, dass sie die Pluralitt und Gemeinsamkeiten von Wertvorstellungen innerhalb der europischen Union verstndlich machen und den Jugendlichen als Modell fr eine Integration dieser Unterschiede dienen kçnnen. Zu denken ist hier an allgemeine Wertvorstellungen wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Menschenwrde, aber auch an Vorstellungen ber die Bedeutung von Familie, Partnerschaft, Intimitt oder Religion. – Entwicklung einer Zukunftsperspektive: Begegnungsprogramme besitzen die Mçglichkeit, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Lebensformen und Wege aufzuzeigen, die sich innerhalb der europischen Union und nicht nur innerhalb der Einzelstaaten bewegen. – Vorbereitung auf berufliche Karriere: Auch bei dieser Entwicklungsaufgabe kçnnen Begegnungsprogramme dazu dienen, europische Karrierewege und Mçglichkeiten zu verdeutlichen und erste Ressourcen dafr (z. B. interkulturelle Kompetenz, Lnderwissen, Kontakte, Bewerbungsverfahren etc.) zu vermitteln. – Entwicklung von sozial verantwortlichem Verhalten: Untersttzung bei der Bewltigung dieser Entwicklungsaufgabe wrde in Begegnungsprogrammen bedeuten, die Teilnehmer dafr zu sensibilisieren, sozial verantwortliches Handeln nicht nur in einem nationalstaatlichen Kontext zu verstehen, sondern dafr die europische Union als Referenzrahmen heranzuziehen. – Aufnahme von intimen Beziehungen: Selbst wenn dies in der Austauschforschung noch wenig dokumentiert ist und dis-
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kutiert wird, so zhlen zu den ersten wirklich bedeutsamen Interaktionen zwischen jungen Europern oft intime Beziehungen, die aus Begegnungsprogrammen hervorgehen. Sie beeinflussen nachhaltig das Bild der involvierten europischen Partner. Whrend sich diese Anforderungen und Mçglichkeiten fr Begegnungsprogramme aus dem Alter der Teilnehmer ableiten, bietet die moderne Lernforschung konkrete Hinweise fr den Aufbau von Begegnungsmaßnahmen mit hoher Lernmotivation der Teilnehmer. Lernpsychologische Anforderungen Eine zentrale Forderung, die sich aus dem aktuellen Stand der modernen Gedchtnisforschung fr die Gestaltung von Lernmaßnahmen ableitet, ist, den multimodalen Charakter (auf die Verarbeitung unterschiedlicher Sinneseindrcke ausgerichtet) des menschlichen Gedchtnisses zu bercksichtigen (Anderson, 2001). Trainingsinhalte sollten (zumindest im europischen Kulturraum) mit einer Methodenvielfalt vermittelt werden, die Teilnehmer nicht nur auf einer rein kognitiven Ebene des Wissenserwerbs ansprechen, sondern ihnen die Mçglichkeit geben, selbst in Aktion zu treten (Verhaltensebene) und dabei Konsequenzen des eigenen Handelns selbst erleben und spren zu kçnnen (emotionale Ebene). Rein gedchtnispsychologisch betrachtet erhçht diese Abspeicherung von Informationen an unterschiedlichen Hirnarealen/Knotenpunkten im menschlichen Gedchtnisnetzwerk die Wahrscheinlichkeit, dass zu einem spteren Zeitpunkt wieder darauf zugegriffen werden kann. Im wahrsten Sinne des Wortes vermehrt sich die Mçglichkeit der Anknpfungspunkte. Darber hinaus bercksichtigt eine Methodenvielfalt die Unterschiedlichkeit von menschlichen Lernstilen und Kompetenzschwerpunkten und ermçglicht so Teilnehmern mit unterschiedlichen Lernbiographien, einen guten Zugang zu einer Begegnungsmaßnahme zu entwickeln.
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4 Theoretischer Rahmen
Ein großes Maß an themenbezogener Teilnehmeraktivierung erhçht die Bearbeitungsdauer und Verarbeitungstiefe der behandelten Inhalte, die eine langfristige Verankerung im Gedchtnis fçrdert. Kooperative Lernverfahren sind darauf ausgerichtet die unterschiedlichen Kompetenzprofile, Erfahrungshintergrund und kulturelles Wissen der Teilnehmer in heterogenen Gruppenarbeiten gezielt zu nutzen und so auch das Erleben von Selbstwirksamkeit bei potentiellen Randgruppen zu ermçglichen, wenn bei bestimmten Aufgaben deren spezifische Kompetenzen gefragt sind (Aronson und Patnoe, 1997). Darber hinaus werden durch kooperative Lernverfahren soziale Kompetenzen wie z. B. die Fhigkeit zum Umgang mit Perspektivenvielfalt geschult, der zentrale Bedeutung fr interkulturell kompetentes Handeln zukommt. Die Lernmotivation von Teilnehmern wird ganz wesentlich davon beeinflusst, wie nah die Lerninhalte an ihrer eigenen Lebensrealitt liegen und wie konkret unmittelbare Anwendungsmçglichkeiten erkennbar sind (Bransford und Stein, 1993). Dies kann durch partizipative Elemente schon bei der Themenfestsetzung von Maßnahmen bercksichtigt werden, indem die Teilnehmer selbst die Inhalte eines Programms (mit)bestimmen. So wird sichergestellt, dass Themen behandelt werden, die fr sie hohe Relevanz besitzen. Auch die Wahl der Methoden innerhalb einer Maßnahme bietet die Mçglichkeit, Alltagsnhe und Relevanz zu erzeugen. Dies kann durch die Auswahl von bungen und Beispielen gewhrleistet werden, aber auch die Verçffentlichung von Ergebnissen in Tagungen, Zeitungsartikeln, Internetforen oder Ausstellungen bietet eine solche Motivationsgrundlage. Modelle, in denen Teilnehmer selbst zu Lehrenden werden (»Lernen durch Lehren«) und so ihre Auseinandersetzung mit der Thematik auf ein ganz konkretes Ziel mit einem Nutzen fr einen bestimmten Personenkreis gekoppelt ist (z. B. Mentorenprogramme), stellen eine weitere Form dar, durch Alltagsrelevanz die Lernmotivation der Teilnehmer zu untersttzen. Gerade sehr alltagsferne und abstrakte Themen des europischen Politikalltags und der europischen Institutionen werden
4.2 Theoretische Grundlagen der Studie
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von Teilnehmern nicht unbedingt als Themen fr Maßnahmen gewhlt und eignen sich auch nur bedingt, um mit den beschriebenen Methoden Lernmotivation zu erzeugen. Hier kann es die Aufgabe der Maßnahme an sich sein, erst das Interesse fr die Thematik aufzubauen. Einen Ansatz dafr bieten konstruktivistische Lerntheorien (Anderson, Greeno, Reder und Simon, 2000), die davon ausgehen, dass Lehrer ohnehin kein Wissen weitergeben kçnnen, sondern nur Untersttzung leisten sollten, damit Lernende selbst einen Weg entwickeln, eine Problemstellung zu bewltigen. Somit werden die Lernenden zu Beginn des Lernprozesses mit einem komplexen Gesamtproblem konfrontiert und entwickeln durch die Erfahrung, dies mit ihrem jetzigen Kçnnen nicht bewltigen zu kçnnen, die Motivation, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Umsetzung dieser lerntheoretischen Annahmen kann z. B. in Form einer Simulation des europischen Parlaments oder von EU-Konferenzen erfolgen. Elemente wie Simulationen beinhalten außerdem eine breite Palette der bereits angesprochenen Qualittskriterien fr Beziehungsweisegegnungsmaßnahmen: Sie geben eine gemeinsame Aufgabe mit wechselseitiger Abhngigkeit vor, gehen aufgrund ihrer Komplexitt meist ber einen lngeren Zeitraum mit intensiver Vor- und Nachbereitung einher, Faktenwissen ist dabei ebenso notwendig wie Verhaltenslernen, sie besitzen einen sehr erlebnisorientierten, emotionalen Charakter und die Konfrontation mit interkulturellen Unterschieden innerhalb der bung kann interkulturelle Lernprozesse anstoßen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Kçnigsweg fr Begegnungsprogramme in solch umfassenden Methodenelementen besteht. Wie alle Methoden besitzen auch diese ihre Schwchen, die zum einen im hohen logistischen Aufwand bestehen und zum anderen in der Dominanz des Erlebnischarakters, der andere Bereiche wie Faktenwissen in den Hintergrund drngt, aber dafr auch erst die motivationale Grundlage schafft. So lernen z. B. Teilnehmer von europischen Verhandlungssimulationen im Eifer der bung relativ wenig ber die realen, aktuellen europischen Verhandlungsthemen und -ablufe verfolgen diese aber spter mit deut-
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4 Theoretischer Rahmen
lich grçßerem Interesse und mit einem anderen Erfahrungs- und Wissenshintergrund. Von entscheidender Bedeutung fr ein nachhaltiges Lernen und die Entwicklung der angestrebten Kompetenzen ist die Herstellung eines hohen Grades an eigenstndiger Partizipation der Jugendlichen an Aufbau, Durchfhrung und Nachbereitung der Begegnungsprojekte.
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Ausgehend von der Zielsetzung des Forschungsprojekts, Aussagen ber die Bedingungen fr gelungene Begegnungsprojekte treffen zu kçnnen, wurden Interviews mit Projektverantwortlichen und -initiatoren durchgefhrt. Die Idee dahinter war, vertiefend Einblicke in die im konkreten Projekt eingesetzten Methoden zu erhalten und damit eine im zeitlichen und çkonomischen Studienrahmen verwirklichbare Wirkungseinschtzung zu diesen zu erhalten. Dabei folgte das Forscherteam der Annahme, dass ein europisches Bewusstsein ber diese Personengruppe transportiert, multipliziert resp. modifiziert wird. So wurden Aussagen erhoben zur Europamotivation, zum inneren Europabild sowie zu Visionen fr Europa. Außerdem ließ sich auf diese Weise das Erfahrungswissen der Experten erheben zu Empfehlungen fr Rahmenbedingungen solcher Jugendbegegnungsprogramme mit Europabezug, zur Einschtzung der fr den Erfolg verantwortlichen Faktoren (Erfolgsfaktoren) sowie zu innovativen Elementen und der Rolle der Stiftungen (vgl. Abbildung 2). Diese Kategorien wurden bezglich der Relevanz fr die Nutzerzielgruppe der Studie mit der Stiftung und den Beiratsmitgliedern in der Sitzung vom 1./ 2. Mrz 2007 abgesprochen und dann analysiert. Im Folgenden wird zunchst der Methodik-Pool vorgestellt, dann die Analyse des Europaschemas und der Visionen. Im Anschluss folgt die Analyse der Erfolgsfaktoren sowie wichtiger Rahmenbedingungen. Und schließlich werden die Anregungen zur mçglichen Rolle der Stiftungen und politischen Institutionen dargelegt.
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Abbildung 2: In die qualitative Analyse eingehende Kategorien aus den Interviews (weiß) sowie aus den Formularbçgen (schraffiert) und Analysezielsetzungen (mittelgrau)
5.1 Der Methodik-Pool Wie aus Abbildung 2 ersichtlich wurden alle Angaben der Interviewpersonen zu ihren konkreten Projekten hinsichtlich eingesetzter Methoden herausgezogen, zusammengefasst und anschließend in 35 Methodenbereiche geclustert. Daraus entstand der Methodik-Pool, der auf den folgenden Seiten dargestellt ist. Praktikern kann dieser fr die Gestaltung eigener Maßnahmen dienen. In die Auswertung eingeflossen sind sowohl Daten aus den Projektformularen als auch aus den Interviews. Zur leichteren Orientierung wurden die Methodenkategorien in eine Reihenfolge gebracht, ausgehend von solchen, die eher die Wissensebene der Teilnehmer ansprechen, bis zu erfahrungsorientierteren Elementen. Der Leser findet neben dem jeweiligen Methodenbegriff eine detaillierte Erluterung, dann einige Praxisbeispiele sowie bei einigen eine theoriebasierte Einschtzung der Methode selbst oder des Einsatzes der Methode (vgl. Tabelle 2). Die Buchstaben-Zahlen-Kombinationen in den Klammern entsprechen den Interviewpersonen-Codices.
Ziel: Wissensvermittlung mittels Frontalunterricht. Nach Mandl und Reinmann-Rothmeier (1995) etabliert man auf diese Weise eine sog. systemvermittelnde Lernumgebung mit der Grundannahme, dass Lernen linear und systematisch verluft, ein rezeptiver Prozess ist und die Lernenden von außen stark angeleitet und kontrolliert werden. Eine Partizipation der Teilnehmer gibt es zumeist nicht. Allerdings geht es in den Projekten oftmals um Vermittlung von Hintergrundwissen, so dass hier von einer effektiven, zielgerichtete Darbietung von Wissensinhalten und Kon-
(theoriebasierte) Einschtzung
Vortrge zur Generationengerechtigkeit in Europa (A09) Vortrag zur keltischen Kunst (A16) Vorlesungen (Projekt: »European Summer Academy« [14]) Impulsvortrge (Projekt: »Sommer-Akademie Europa« [17]) Schlaglichter : kurze Statements von 4 – 5 Minuten zum Umreißen eines Themas ohne Diskussion (A30)
Im Rahmen dieser methodischen Einheit erhalten die Teilnehmer inhaltlichen Input, meistens von externen Personen. Die Kategorie umfasst Impulsreferate, Prsentationen und Vortrge. Letztere sind bisweilen auch wissenschaftlich geprgt.
Vortrag, Referat
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: Methodik-Pool Zahl in eckigen Klammern: Projektformularnummern; Buchstaben-Zahl-Kombination in runden Klammern: Interview-Personencode
5.1 Der Methodik-Pool
49
Praxisbeispiele
In diese Kategorie fallen Prsentationen, die von den Teilnehmern fr die Teilnehmer gehalten werden. Dies kçnnen Prsentationen der Ergebnisse aus Kleingruppenarbeiten sein, aber auch Ergebnisprsentationen von im Vorfeld der Begegnung durchgefhrten Befragungen, Arbeiten.
Strkt die Teilnahmemotivation Fhrt zu positivem Leistungsfeedback Strkt den Gruppenzusammenhalt Erhçht den Selbst- und Gruppenwert Hier kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer hçheren Ich-Beteiligung mit einer (starken) emotionalen Besetzung kommt, zwei Voraussetzung dafr, dass das Ereignis leichter erinnert werden kann und an Bedeutung fr die Person zunimmt (vgl. Conway, 1996).
Unterricht als methodisches Element Sprachkurs (A20) kommt nur in der Sparte »Bildung« vor und
(theoriebasierte) Einschtzung
Unterricht
halbstndiger Kulturbeitrag von jeder Schule (A38) Plakate (A06) Powerpoint-Prsentationen (A06) Skulpturen (A06) Lieder zu einzelnen Themen (A06)
zepten ausgegangen werden kann mit der Mçglichkeit, durch Aufzeigen von inhaltlichen Beziehungen und Querverbindungen die Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung zu lenken (vgl. Ausubel, Novak und Hanesian, 1981, zit. n. Hçßler, 2001).
Erluterung
Ergebnisprsentationen (intern)
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
50 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Recherche, Analysen
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Lehrveranstaltungen (Projekt: »EPSILON (European Parliament Simulation: Improving Learning Organised Negotiation«) [167]) Unterricht (national) (Projekt: »Leben und Zusammenleben in Europa« [163])
beinhaltet hier Nennungen zu gebundenem Unterricht im nationalen Kontext sowie Lehrveranstaltungen.
Recherche und Analysen als methodisches Element beinhalten die Sammlung und Aneignung von (europa-)themenrelevantem Wissen. Hierbei wird beispielsweise auf zugngliche Statistiken zurckgegriffen, die sich als Einstieg in das Thema oder als Vertiefung eignen.
Material zusammentragen: Originale, Bilder, Lnderinformationen (A06) Analyse von Filmen, Recherchearbeit (Projekt: »Europa – meine Chance« [28]) Analyse von Zeitungen (Projekt: »The Media and Youth in Europe« [153])
Als methodische Einheit dem Frontalinput zuzuordnen. Wissen kann hier ebenso wie in der oben genannten Kategorie »Seminar« gezielt als Hintergrund angeboten werden. Fr den Bildungsbereich ist es anzustreben, fcherbergreifenden Unterricht zum Thema Europa zu gestalten. Grundstzlich sollte diese Einheit mit erfahrungsorientierten gekoppelt werden, um die reine Aneignung von trgem Wissen zu vermeiden. Hierzu eignen sich Methoden wie z. B. das Rollenspiel sehr gut (vgl. dort).
Praxisbeispiele
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
51
Whrend die Analyse an vorbereitetem Material vorgenommen wird, bietet das Einbeziehen einer Recherche die Mçglichkeit, den Partizipationsgrad der Teilnehmer deutlich zu erhçhen. Es entsteht das Gefhl, selbst etwas geleistet zu haben.
Der Begriff »Filme« wurde fr den Einsatz von Filmen verwendet, sofern dieser Einsatz inhaltlich-methodisch intendiert ist. Nicht darunter zu verstehen ist die Aufzeichnung von Filmmaterial als Feedback-Instrument oder als Ergebnisdokumentation, z. B. bei einer Theaterauffhrung.
Filme sind gut geeignet, eine situierte Lernumgebung (vgl. Kapitel 7) einzuleiten, in der der Teilnehmer Rahmenbedingungen vorfindet, die ihn bei der Selbst-Erarbeitung von Wissen untersttzen. Werden Filme mit einer ungelçsten, problematischen, realittsnahen Sequenz insbesondere zu Beginn eines Projekts oder einer Lerneinheit eingesetzt, kçnnen
Filme
(theoriebasierte) Einschtzung
Filmabende (Projekt: »The Media and Youth in Europe« [153]) Vorfhrung des Films »Stauffenberg« (Projekt: »Europische Erinnerung an den Widerstand« [189])
sich ber die anderen Lnder informieren, Material besorgen, Stellwnde erstellen ber die anderen Lnder (A08)
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
52 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Vermittlung von Wissen
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Unter diese methodische Kategorie fllt das intendierte Vermitteln von Wissen als Input (z. B. Infos zu europischen Berufen, Wissensvermittlung zu europischen Institutionen oder Lehreinheiten unterschiedlichster Themen mit Europabezug).
Vorbereitung auf die Expertengesprche anhand von kontroversen Texten zum Aufbau eines Grundwissens (A09) Textarbeit zu Institutionen (A31) Einfhrung in die Strukturen der Jugendhilfe (Projekt: »Europa braucht uns!« [47]) Lernzirkel (Projekt: »Quo vadis, Europa?« [73]) Arbeitszettel, Lckentexte (A06) selbst entwickelte Geschichtsgalerie auf Postern zum Aufarbeiten von Geschichte (A06) Sitten und Gebruche (A04) Textarbeit zu Institutionen (Welche? Mit Welcher Funktion?) (A31) landeskundliche Informationen (Projekt: »Das Haus, in dem wir leben« [173])
sie als Ausgangspunkt (»Reflexionsanker«) dienen, von dem aus die Teilnehmer – zunchst teils rezeptiv – ihren Lernprozess der Wissenskonstruktion starten (Hçßler, 2001, S. 35 – 36).
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
53
Kleingruppenarbeit
Auch hier – wie in der Kategorie »Vortrag, Referat« (s. o.) – geht es um den Aufbau von Wissen und dessen Strukturierung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es diese methodische Einheit Inhalte nicht rein rezeptiv vermittelt, sondern auch Elemente beinhaltet, wie z. B. beim Lernzirkel, in denen sich der Teilnehmer ber einen grçßeren Entscheidungsspielraum aktiver Wissen aneignet. Workshops (Projekt: »United Cultures of Die Arbeit in Kleingruppen bezeichnet Europe« [157]) Einheiten im Rahmen von Seminaren, kleine international-gemischte Gruppen Workshops etc., bei denen sich die Teilnehmer in kleinere Gruppen aufteilen, um (A06) inhaltliche Themen zu bearbeiten oder um Europa-Caf: Workshop zu Europischen kreativ und knstlerisch aktiv zu werden. Werten: Liste mit 20 Werten ! 5 aussuchen, die Gruppen wurden dann immer kleiner, die sich immer wieder auf fnf Werte einigen mussten, bis schließlich 5 brig blieben ! zeichnerisch darstellen (A27) Gruppenarbeiten (Projekt: »Medien in Europa – Europa in den Medien« [1]) Workshops mit spezielleren Fragestellungen zu Oberthemen (A21)
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
54 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Strkt Lernen im sozialen Umfeld Fçrdert dass Bewusstsein, gemeinsam im Diskurs ein positiv zu wertendes Produkt zu schaffen. Fçrdert soziale Sicherheit und strkt das Wir-Gefhl Sichert Anerkennung, Akzeptanz und positiven Selbstwertaufbau Ermçglicht thematische Vielfalt Fçrdert Perspektivenwechsel Liefert Vorbilder Da in diesem Kontext davon auszugehen ist, dass die Kleingruppen i. d. R. multinational zusammengesetzt werden, kann fr den Teilnehmer hier die erste Divergenzerfahrung als
Arbeitsgruppen (Projekt: »What’s a sustainable Europe« [138]; »Europa live – Jugend gestaltet Zukunft« [49]) Arbeitskreise (Projekt: »10. Internationaler Kongress Renovabis« [121]) Arbeit in Redaktionen (Projekt: »Radio Europa 2020 – Zukunft machen« [16]) Kleingruppenarbeit (Projekt: »Die Zukunft der deutsch-franzçsischen Beziehungen« [46])
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
55
Praxisbeispiele
Die methodische Einheit der Diskussion beschreibt ein Gesprch, bei dem die Teilnehmer untereinander, meist in Bezug auf ein konkretes Thema, ihre Meinungen und die damit verbundenen Argumente vortragen, vergleichen und austauschen.
Fçrdert Ideenreichtum Verstrkt Kommunikations- und berzeugungskompetenz Fçrdert die verbale Ausdruckfhigkeit von Gedanken und Gefhlen, so dass sie von den anderen verstanden werden kçnnen
(theoriebasierte) Einschtzung
Diskussionen (Projekt: »Movi(e)ng through European Identity« [134]) Diskussionsformen: Fishbowl-Diskussion und Debattierbungen (A09) Gruppendiskussionen (A06) Diskussionsrunden (Projekt: »Junge Journalisten on Tour« [109])
interkultureller Lernimpuls angenommen werden, wobei gilt: »Nur wenn die Erfahrung in irgendeiner Form neuartig, unerwartet oder anders ist als das bisher Gewohnte, kann eine Art von Lernen stattfinden, die zu vernderten Interpretationen und Einsichten sowie zu vernderten Handlungstendenzen fhrt« (Thomas, Chang und Abt, 2007, S. 37 ff.). Eine zentrale Aufgabe des Gruppenmoderators besteht darin, dafr zu sorgen, dass die verschiedenen Meinungen und Herangehensweisen Wertschtzung erfahren, indem sie zunchst angehçrt und nebeneinander stehen gelassen werden. Im Zuge der Entwicklung eines europischen Bewusstseins ist dies als eine Erfahrung von »Einheit in Vielfalt« zu bewerten.
Erluterung
Diskussion
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
56 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Fçrdert und stabilisiert die individuelle personale und soziale Identitt Fçrdert die Kommunikationskompetenz, ist aber im Vergleich zur Diskussion weniger diskursiv angelegt
(theoriebasierte) Einschtzung
Gesprchsrunden (A07) Kamingesprche (Projekt: »Sommer-Akademie Europa« [17]) Salongesprche (Projekt: »Europazug 2006« [114])
Gesprchsrunden dienen dem Austausch von Informationen und/oder persçnlicher Gedanken und Erfahrungen. In diese Kategorie fallen nur Gesprche unter den Teilnehmern bzw. zwischen den Teilnehmern und Teamern.
Gesprchsrunde
(theoriebasierte) Einschtzung
Podiumsdiskussionen stellen eine Form der Podiumsdiskussionen (Projekt: »Mission Diskussion dar, an der Experten und/oder Europa« [65/66]) Reprsentanten bestimmter Bereiche Podiumsgesprch (A30) teilnehmen. Podiumsdiskussionen werden meistens von einer unabhngigen Person moderiert. Vertreter aus dem Publikum kçnnen sich im Normalfall durch Wortmeldungen mit in die Diskussion einbringen. Verstrkt die Selbstdefinition, fr ein Thema Experte zu sein
Podiumsdiskussion
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
57
Erluterung
Praxisbeispiele
Gesprche und Diskussionen mit Zeit- Um bestimmte Themen zu vertiefen, wer- Gesprche mit Politikern (Projekt: »Being zeugen, Politikern, Experten den Externe zu Gesprchen, Diskussionen young in Europe – unsere Wnsche, unsere eingeladen bzw. aufgesucht. Wer sich als Mçglichkeiten unsere Zukunft« [96]) Gesprchs- oder Diskussionspartner eignet, Expertengesprche (Projekt: »Quo vadis, bestimmt nicht zuletzt das Thema der Europa?« [73]) Maßnahme: Zeitzeugen, wenn die geZeitzeugengesprche (Projekt: »Trilaterale schichtlichen Ereignisse in Europa, z. B. das Wanderung« [128]) Dritte Reich Thema sind. Gesprchsrunde mit jemandem aus der Europaabgeordnete oder andere Politiker, bayerischen Staatskanzlei (A31) wenn »EU: Politik und Wirtschaft« Thema ist. Experten aus bestimmten Bereichen, z. B. Knstler, wenn »Kunst und Kulturelles« Thema der Begegnung ist. (theoriebasierte) Einschtzung Erhçht das Selbstwertgefhl Strkt die Identifikation mit dem Thema und Europa Soziale Verstrkung Konkretisiert und personalisiert sonst meist nur abstrakt bleibender Themen, Probleme, Begriffe
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
58 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
(theoriebasierte) Einschtzung
Hier handelt es sich um die erste von drei Interviews mit Leuten auf der Straße (A06) Differenzierungskategorien zur Kategorie Interviews mit der Bevçlkerung (A02) »Befragung (allgemein)«. Inhaltlich werden Befragung von Betroffenen (Projekt: »Leben hier Befragungen, die mndlich durchgeund Zusammenleben in Europa« [163]) fhrt werden, zusammengefasst. hnlich Interviews mit Großeltern (national und wie bei den Gesprchen mit Zeitzeugen, beim Projekttreffen in Frankreich) (Projekt: Politikern und Experten erfolgt bei den In- »Großeltern, Eltern und wir im nationalen terviews die Auswahl der Interviewpartner und europischen Haus – Leben, Lebenserauch im Hinblick auf das spezielle Thema fahrung und Zukunftsvisionen im euroder Befragung oder der Begegnung. Neben pischen Vergleich« [180]) Politikern, Zeitzeugen und sonstigen ExInterviews mit Menschen im Altenheim zu perten wird bei der Interview-Methode je- Lnder-Stereotypen (A22) doch auch oft die Bevçlkerung vor Ort miteinbezogen und zu Themen wie »Einstellung zur EU« oder »EU-Beitritt der Trkei: ja oder nein?« befragt. Diese methodische Einheit eignet sich sehr gut, den Partizipationsgrad der jugendlichen Teilnehmer zu erhçhen. Das Losziehen in kleinen Gruppen, mit dem Ziel, eine eigenstndige Befragung mit realen Personen auf die Beine zu stellen, fçrdert die berzeugung, dass man sich selbst etwas zutrauen kann. Außerdem kann davon ausgegangen werden,
Befragung mndlich
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
59
schriftlich
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Hier handelt es sich um die zweite von drei Differenzierungskategorien zur Kategorie »Befragung (allgemein)«. Inhaltlich werden hier Befragungen, die schriftlich durchgefhrt werden, zusammengefasst. Diese methodische Einheit beinhaltet die Entwicklung, den Einsatz und die Auswertung eines Fragebogens und wird besonders im Bildungskontext verwendet. Thematisch werden Befragungen durchgefhrt z. B. zur Nutzung neuer Technologien in den Schulen, um herauszufinden, was die Partner voneinander wissen, zu Erhebung der Freizeitaktivitten Jugendlicher in jedem Partnerland oder zu verschiedenen Schwerpunkten wie europischer Binnenmarkt, Auswirkungen der Euro-Einfh-
Umfrage (Entwicklung, Durchfhrung, Auswertung) (Projekt: »Europa live – Jugend gestaltet Zukunft« [49]) Erarbeitung der Fragebçgen zum Thema Schule, Familie, Religion und Umwelt (A24) Fragebogeneinsatz (Entwicklung im Vorfeld von den Lehrern), Auswertung/Bearbeitung durch Schler (A36)
dass die Erfahrung, in direkten Kontakt mit der einheimischen Bevçlkerung zu kommen, d. h. Beziehungen aufzubauen, eine spannende Angelegenheit fr Jugendliche ist, wo sie sich ausprobieren kçnnen.
Erluterung
60 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Hier sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Fragebçgen durch die Teilnehmer konstruiert werden. Sehr gut vorstellbar sind dabei aufeinander aufbauende Projekte: Fhren von Interviews mit bestimmtem Themenfokus (Leitfaden entwickeln!) und Herausarbeiten von relevanten Themenbereichen fr einen großflchig einsetzbaren Fragebogen
rung, Einstellungen zur EU-Erweiterung, dt.-franz. Beziehungen. Vorbereitende Schritte finden im Rahmen der Comeniusprojekte hufig durch die Lehrer statt (bspw. deutsche Lehrer erarbeiten gemeinsam mit griechischen und italienischen Lehrern Schwerpunkte zur Erfassung von Lebensqualitt, die dann als Grundlage fr die zu entwickelnden Fragebçgen dienen). Die Fragebçgen werden oftmals zunchst national in den jeweiligen Schulen eingesetzt und die Auswertung dann bei Projekttreffen den anderen vorgestellt.
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
61
unklar
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Hier handelt es sich um die dritte von drei Differenzierungskategorien zur Kategorie »Befragung (allgemein)«. Inhaltlich werden hier Befragungen zusammengefasst, bei denen unklar bleibt, ob diese mndlich oder schriftlich durchgefhrt werden. Oftmals wird hier der Begriff »Umfrage« oder »Befragung« verwendet, der fr beide Arten stehen kann und aus dem auch nicht her-
Umfrage zur Wahrnehmung Europas (A20) Befragungsprojekt: Was halten Sie vom Beitritt der Trkei? (A02) Umfragen (Projekt: »Quo vadis, Europa?« [73]) Durchfhrung einer Umfrage (Projekt: »The way we are – the regions we live in« [159])
Konstruktion eines Fragebogens anhand der herausgearbeiteten Themenbereiche aus (a), Probedurchfhrung und Hauptdurchfhrung mit Ergebnisaufbereitung fr die ffentlichkeit Diese Kombination gibt beiden Projekten eine sinnhafte Verknpfung, wodurch die Teilnehmer den Projekten eine große Bedeutung zuschreiben. Außerdem wird Methodenkompetenz vermittelt. Durch eine sorgsame Erstellung kann auch gesichert werden, dass die Ergebnisse durchaus gehaltvoll sind und auch die ganze »europische ffentlichkeit« interessieren. Ergebnisse der Fragebogen kçnnen auch zum Abgleich mit anderen Lndern dienen, indem z. B. in Kleingruppen auf den Projekttreffen Vergleiche angestellt und Grnde fr Unterschiede/Gemeinsamkeiten diskutiert werden.
Erluterung
62 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Praxisbeispiele
In dieser Einheit geht es um das Vermitteln und Ausprobieren von Methoden, die sich fr europische Begegnungsprogramme eignen. ber Metareflexion werden Hinter-
Einblick in die Methode Planspiel (Projekt: »Wir in Europa – interkulturelle Kompetenz erwerben mit NRW. Interkulturelle Methodenwerkstatt«)
Fçrdert die Teilnahmemotivation Kopplung von praktischen Elementen mit dem eher abstrakten Begriff Europa ! macht Europa fassbarer und konkreter
(theoriebasierte) Einschtzung
Vermittlung und Ausprobieren von Methoden
Diese methodische Einheit umfasst die Vermittlung nichteuroparelevanter Fertigkeiten wie bspw. die Vermittlung journalistischer Arbeitstechniken oder die Einfhrung in die Grundlagen der Videotechnik.
Vermittlung journalistischer Arbeitstechniken (A09)
s. Kategorien Befragung mndlich und Befragung schriftlich
vorgeht, inwieweit hier mit einer klaren Konzeption vorgegangen wird, konkrete Gesprchspartnerzielgruppen ausgewhlt werden oder einfach »drauflos der Nchstbeste« mit einer Frage konfrontiert wird.
Erluterung
Vermittlung von Fertigkeiten
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
63
Kreative, knstlerische Einheiten
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Einblick in die Szenario-Methode als Instrument polit. Analyse (Projekt: »European Union and Ukraine«) kreative Methoden der politischen und interkulturellen Jugendbildung (Projekt: »Sailors on the Citizenship«) Ausprobieren und Auswertung verschiedener praktischer Methoden (Projekt: »Fit fr Europa«)
grnde, Einsatzfelder und Grenzen verschiedener Methoden wie der Szenariomethode beleuchtet und erfahrungsorientiert die Kompetenz erworben, diese anschließend selbst einzusetzen.
Der Begriff »kreative, knstlerische Einheiten« umfasst kognitiv kreative sowie knstlerisch gestalterische methodische Elemente. Erstere beziehen sich beispielsweise auf die Erarbeitung von Thesenpapieren zu europabezogenen Themen oder das Schreiben von Essays, Reportagen und
Zusammentragen von Ideen mit filmischer Umsetzung (Projekt: »Movi(e)ng through European Identity« [134]) Schreibwerkstatt (A05)
Moderationskompetenz Fçrdert Vernetzungsmçglichkeiten von Multiplikatoren Fçrdert Durchfhrungssicherheit und Zutrauen in sich selbst Erhçht das Wir-Gefhl
Praxisbeispiele
Erluterung
64 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Das methodische Element des Erfahrungsaustauschs bietet neben dem »einfachen Kennenlernen« eine Ausrichtung auf ein Thema und die diesbezglichen Vorerfahrungen der Teilnehmer.
Der Erfahrungsaustausch wird sich am thematischen Schwerpunkt der Begegnung ausrichten und kann als gruppenbildende Maßnahme sowie als Programmressource zum Einsatz kommen. Gewinnung neuer Information Fçrdert Perspektivenwechsel Fçrdert die Motivation
Erfahrungsaustausch
(theoriebasierte) Einschtzung
Erfahrungsaustausch (Projekte: »Drinnen und Draußen« [58], »Ein Schritt in Richtung europische Brgergesellschaft« [78], »Gehçrlos, aber nicht sprachlos (2003)« [79], »Solo mit Kind« [81], »Herzlich Willkommen?! Soll, muss, darf kommen?« [97])
Praxisbeispiele
Fçrdert intrinsische Motivation Erhçht den Partizipationsgrad Erhçht das Wir-Gefhl Regt die Phantasie an
Zeitungsberichten. Im Rahmen knstlerisch gestalterischer Methoden werden z. B. Skulpturen erstellt, Filme gedreht, Theaterproduktionen entwickelt und eingebt.
Erluterung
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
65
Das explizite formalisierte Ermçglichen von Reflexion resp. die Fçrderung derselben ist als Qualittsmerkmal eines Programms im Sinne einer Wirkungserzielung von europischem Bewusstsein zu werten. Hierzu ergaben die Ergebnisse der Langzeitwirkungsstudie, dass das alleinige Erfahren neuer Situationen noch keine nachhaltig wirksamen Erkenntnisse bringen muss; vielmehr ist hier lernentscheidend, »dass der Einzelne durch den gemeinsamen Austausch seiner Beobachtungen und Erfahrungen mit anderen Teilnehmern alternative Erklrungen und Verhaltensweisen im Vergleich zu seinen eigenen berlegungen und Handlungsprferenzen kennen lernt« (Thomas, Chang und Abt, 2007, S. 276).
(theoriebasierte) Einschtzung
Reflexionen (Projekte: »Kulturen und Grenzen – Deutsch-franzçsisch-kroatisches Seminar« [101], »Europa erleben – jugendpolitische Praxiswoche« [106], »Gemeinsames Europa Verschiedene Erinnerungen – Eine Zukunft« [45], »Europa schreibt – Was ist das Europische an den Literaturen Europas?« [107], »Sailors on the Citizenship« [135])
Praxisbeispiele
Die Einheit »Reflexionen« wurde verwendet, wenn in den methodischen Elementen explizit formalisiert eben dieser Begriff oder in einer Abwandlung – wie z. B. Reflexionsgruppen – angegeben wurde.
Fçrdert Partizipation
Erluterung
Reflexionen
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
66 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
(theoriebasierte Einschtzung
Unter diese methodische Kategorie werden beispielsweise Aufwrmbungen wie IceBreaker zur Integration der unterschiedlichen Teilnehmer zu Beginn einer Projekteinheit oder auch soziometrische bungen (Positionierungsbungen nach konkreten Fragestellungen), um beispielsweise »zu erfahren, wo eine Gruppe steht«, eingeordnet.
Gruppendynamische bungen
Praxisbeispiele
Soziometrische bungen (Positionierungsbung) (A09) Partizipative Methoden : Hausralley (Etappenspiel: 7 Stationen 7 Minuten zu 7 Bereichen: bspw. Literatur, Musik, Kunst, Puzzeln) (A12) ausgiebiges Essen mit Zeit fr persçnlichen Austausch ! Kontaktaufbau (A10) Lieder vorbereitet in der jeweiligen Landessprache von den eingeladenen Lndern ! die jeweiligen Schulen mussten dann aufstehen und wurden begrßt (A38) Interessanterweise ließen sich die gruppendynamischen bungen eher ber die Interviews recherchieren. Das deutet daraufhin, dass diese Einheit in der schriftlichen ffentlichkeitsdarstellung eher als nicht imagetrchtig oder sogar negativ-imagefçrdernd betrachtet wird. Dies kann als ein Effekt der Wirksamkeit der deutschen Sachorientierung erklrt werden. Dazu msste untersucht werden, ob die Darstellung auf anderseuropischen Homepages andere Punkte fr verçffentlichungswrdig hlt. Von psychologi-
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
67
Praxisbeispiele
Rollenspiele stellen reale Situationen nach, in denen sich die Teilnehmer durch Probehandeln ausprobieren kçnnen. Dabei spielen die Teilnehmer entweder sich selbst oder sie schlpfen in die Rolle eines anderen. Außer dem Thema gibt es bei Rollenspielen meist keine festen Vorgaben. In der europischen Begegnung findet diese Methode oft mit Bezug zu interkulturellen Themen Einsatz.
Nach Freudenreich, Grßer und Kçrberling (1981) stellt das Rollenspiel ein Medium dar, um »beabsichtigte Erfahrungen« (S. 11) zu ermçglichen. Wichtig ist dabei der Aufbau beginnend mit einer Beschreibung von Ort, Zeit und Situation. Danach soll das Problem bestimmt werden, »das durch das Spiel deutlich werden soll« (S. 13). Allerdings sollte es skripthaft bleiben und keine direkt auswendig zu lernenden Textpassagen enthalten und so im Verlauf flexibel bleiben. Die Teilnehmer sollten experimentieren kçnnen (evtl. mehrfache Durchgnge) und gezielt neue, andere Handlungsweisen ausprobieren
(theoriebasierte) Einschtzung
Rollenspiele (A27, A30), (Projekte: »Unser Europa« [158], »Power and Politics for the European Citizen« [164], »Europa – meine Chance« [28], »Including ethnic and cultural minorities – constructing our Europe« [30], »Europa live – Jugend gestaltet Zukunft« [49], »Jugend in Europa – ein Vergleich« [50], »Heimat Europa« [60], »Solo mit Kind« [81], »Europa vor der Haustr« [98])
scher Seite sind solche Einheiten, gerade fr den Gruppenbildungsprozess am Anfang eines Projektes, als integrationsfçrdernder und çffnender Faktor (facilitating) zu bewerten.
Erluterung
Rollenspiele
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
68 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Planspiel / Simulation
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Planspiele stellen eine handlungsorientierte Lehr- und Lernmethode dar, die oft zur Vermittlung politischer Zusammenhnge eingesetzt wird. Hintergrund bildet ein Szenario, das fiktiv oder dem aktuellen politischen Geschehen entlehnt sein kann. Die Teilnehmenden bernehmen die Rollen von Akteuren und spielen die durch das Szenario vorgegebenen Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse nach. Bei europathematischen Maßnahmen werden Planspiele meistens eingesetzt um das europische Parlament und seine Entscheidungsprozesse in Bezug auf ausgewhlte politische Fra-
Planspiel (Projekte: »Europischer Dialog« [13], »Sommerakademie 2003« [25]), (A09, A05, A12) Simulation eines Parlaments (Projekt: »Young Europeans‹ Seminar« [27]) EU-Simulation (Projekt: »Deutschland vor der EU Prsidentschaft und die Zukunft der Europischen Integration« [43]) Simulation (europischer Jugendgipfel im Landtag) (Projekt: »Europa fr die Jugend – Jugend fr Europa!?« [59]) Planspiel (Europa in der Krise) (Projekt: »Europa und die USA – Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen« [82])
(Handlungsspielraumerweiterung). Hier wird eine Reflexion der erlebten Modellsituation unabdingbar immer mit eingeplant; hinzuweisen wre jedoch darauf, auf die Selbsterfahrungsanteile zu fokussieren. Dabei bietet sich mit dieser Einheit eine gute Form, Emotionen wahrnehmbar zu machen, ins Bewusstsein zu heben und einer Reflexion zugnglich zu machen und dies auf eine selbstwertschtzende Art, »da ich ja nur gespielt habe«.
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
69
(theoriebasierte Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Simulation der Europawahl (Projekt: »YEC – Young European City« [105]), (A13) Planspiel »Europas Neue« (Projekt: »Wir in Europa – interkulturelle Kompetenz erwerben mit NRW. Interkulturelle Methodenwerkstatt« [111]) Zukunftskonferenz (A19)
gen (z. B. Kultur, Bildung, Außenpolitik, EU-Erweiterung) zu simulieren. In diese Kategorie fallen aber auch Simulationen zu anderen Themen wie beispielsweise eine Simulation der Europawahlen oder eines europischen Jugendgipfels. Unterschied zum Rollenspiel: Anders als bei Rollenspielen ist bei Planspielen bzw. Simulationen meist eine formalisierte Rolle vorgegeben, im Vordergrund steht nicht das empathische Hineinfhlen in andere Rollen, sondern das Kennenlernen von Entscheidungsprozessen. Planspiele erfordern im Gegensatz zu Rollenspielen im Vorfeld eine sehr intensive Vorbereitung, außerdem ist die Durchfhrung zeitintensiv.
Planspiele und Simulationen werden immer hufiger eingesetzt. In vorliegender Studie wurden sie zu den »innovativen Elementen« (vgl. Kapitel 7) gezhlt, da die erwartbare Wirkung im Hinblick auf eine Fçrderung europischer Bewusstseinsbildung als sehr positiv und stark gewertet werden kann. In dieser Einheit geht es darum, modellhaft eine
Praxisbeispiele
Erluterung
70 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Szenario-Methode
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Mit der Szenario-Methode werden erzhlerisch mçgliche zuknftige Situationen dargestellt, wobei Hinweise auf den Entwicklungsweg enthalten sind, der ausgehend von der aktuellen Ausgangslage dorthin fhren kçnnte. Im Unterschied zu Prognosen wollen Szenarien nicht vorhersagen, was in der Zukunft passieren wird, sondern verschiedene Mçglichkeiten aufzeigen, was passieren kçnnte. In der europischen Begegnung wird die Szenario-Methode eingesetzt, um
Szenario-Methode (Projekt: »Visionen Europa- Jugendworkshop zum 8. internationalen Kongress Renovabis« [122], »Fokus Europa: Europischer Zukunftskongress« [85]) Szenarien (Projekt: »Radio Europa 2020 – Zukunft machen« [16])
komplexe Realitt im Planspielszenario abzubilden, wobei die Teilnehmer zumindest im Verhaltensplanspiel reale Rollen ausfllen. Diese Einheit kann auf Stunden bis Tage angelegt sein, je nach abgebildetem Realittsausschnitt (z. B. EU-Wahlen). Es empfiehlt sich, diese Einheit in mehreren Spielphasen durchlaufen zu lassen und dazwischen Reflexionsphasen zu schalten: So lassen sich die Gruppenprozesse besser steuern und der Lernprozess verluft als eine Verschrnkung sowohl intendiert als auch spontan, was fr die Teilnehmer einen optimalen Anreiz bietet, ihren Handlungsspielraum zu erweitern (De Ponte, 2001, S. 40 ff.). Handlungsspielraumerweiterung ist auch im interkulturellen Trainingsbereich eine zentrale Zieldefinition.
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
71
Die Methode der Sprachanimation hat zum Sprachanimation (Projekt: »Die Zukunft Ziel, die Teilnehmer auf den »Geschmack« der deutsch-franzçsischen Beziehungen« der Partnersprachen zu bringen. Anders als [46]), (A20, A04) der Schulunterricht, der auf den Spracher-
Sprachanimation Sprachtandem
Praxisbeispiele
Auch diese Einheit wird in der vorliegenden Studie bedingt durch die als stark zu antizipierende Wirkung als »innovativ« gewertet. Die Szenariomethode stellt eine Einheit dar, in der gezielt ein emotionaler Zugang zu Europa verschafft werden kann. Aus einer visionren Kraft kçnnen hier hohe Bindungskrfte im Sinne eines Verantwortungsgefhls geweckt werden. Gerade als »nachwachsende Generation« kann den jugendlichen Teilnehmern deutlich werden, dass die Gestaltung der Zukunft zwar im Jetzt angebahnt wird, dann aber in ihren Hnden liegt, was sie daraus machen. Um eine Europabegeisterung zu aktivieren, ist zu fordern, dass »dstere« Szenarien bearbeitet und positive etabliert werden. Die Begleitung sollte in den Hnden psychologisch geschulter Teamer liegen: Hohe Anforderungen an eine sensible Prozesswahrnehmung, an die Interventionsfhigkeit sowie an eine fundierte psychologische Beratungskompetenz sind zu erwarten.
Zukunftsbilder ber Europa beispielsweise im Hinblick auf die europische Arbeitswelt, Umwelt(politik), Medien oder eine mçgliche europische Identitt zu entwikkeln.
Erluterung
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
72 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Exkursion (thematisch)
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Thematische Sprachanimation (Projekt: »Europa live – Jugend gestaltet Zukunft« [49])
werb abzielt, versteht sich die Methode der Sprachanimation in erster Linie als Anregung, andere Sprachen anzuwenden, wobei Spaß und Vergngen im Vordergrund stehen. Der Ablauf der Sprachanimation ist einfach: Untersttzt von Zeichnungen oder anderem Anschauungsmaterial werden kurze Floskeln oder Begriffe der Sprache der anderen Teilnehmer eingebt.
Zu Exkursionen gehçren Ausflge, die mit dem europischen Thema der Begegnung in Zusammenhang stehen. Je nach thematischem Schwerpunkt kçnnen dies folgende Elemente sein:
Besuche ansssiger Sender, Entdeckung der Stadt Mainz auf Gutenbergs Spuren (A20), (Projekt: »Medien in Europa – Europa in den Medien« [1]) Arbeitsbesuch im Landtag (Projekt: »Europa der Zukunft« [152])
Diese Einheit kann als eine spielerische, motivationsfçrdernde Herangehensweise an eine fremde Sprache gewertet werden. Durch die direkte, reale Verknpfung mit einer sinntragenden Handlung, z. B. whrend man gemeinsam ein Produkt herstellen mçchte, bertrgt sich auch die Sinnhaftigkeit auf den Spracherwerb. Regt an, immer mehr fremdsprachliche Wçrter und Redewendungen kennen zu lernen.
Praxisbeispiele
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
73
Gottesdienste u. Gedenkfeiern
(theoriebasierte Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Besuch von Kriegsdenkmlern (Projekt: »Friedenssicherung in Europa in den vergangenen 60 Jahren« [166]) Besuch des Europischen Parlaments (Projekt: »CICERO« [142]) Besuch des Abgeordnetenhauses (A13) Gelndebegehung des Pfades (A16)
Besuch von Gedenksttten bei »Vergangenheit und Zukunft Europas«, Besuch des Europaparlaments bei »EU: Politik und Wirtschaft«, Besuch von Museen oder Sendern bei »Kunst und Kulturelles« oder »Europa in den Massenmedien«
Dieses methodische Element beinhaltet konfessionell gebundene Gottesdienste, Eucharistiefeiern sowie Gedenkfeiern historischer Art (KZ-Gedenkfeier).
Eucharistiefeiern (Projekt: »10. Internationaler Kongress Renovabis« [121]) Teilnahme an Gedenkfeierlichkeiten (Projekt: »Gemeinsam erinnern – gemeinsam die Zukunft Europas gestalten« [7])
Thematische Exkursionen sind als »Klassiker« mit nachhaltiger Wirkung anzusehen. Auch noch Jahre spter kann man erzhlen, dass man dieses und jenes Bauwerk etc. schon real gesehen hat. Dieses Vor-Ort-Sein schafft eine hohe Ich-Beteiligung, das Erlebte bekommt eine strkere Wirklichkeitszuschreibung. Kombiniert mit Expertengesprchen ist dies als eine hochdynamische Erfahrungseinheit zu werten, die nachhaltige Wirkungen erzeugt. Eine wissensintegrierende Nachbereitung sollte nicht fehlen. Anschaulichkeit gepaart mit physischer Nhe
Praxisbeispiele
Erluterung
74 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Interkultureller Abend
Auf interkulturellen Abenden sollen die Teilnehmer sich und ihre kulturellen Traditionen in einer lockeren Atmosphre besser kennen lernen. Die Realisierung dieser Abende wird meist von den Teilnehmern selbst bernommen, die Vorbereitung fin-
Strkung des Zugehçrigkeitsgefhls Fçrderung der Ich-Beteiligung / der emotionalen Beteiligung Transzendenzerfahrungen Bekenntnisbereitschaft Identifikation mit Erlebtem Lnderabende (A05), (Projekt: »United Cultures of Europe« [157]) Kultur-Liederabende (Projekt: »Sommerakademie 2003« [25]) Interkultureller Abend (Projekt: »Including ethnic and cultural minorities – constructing our Europe« [30])
Besuch und Gedenkfeier im KZ BergenBelsen (Projekt: »Meet the history – understand the present – improve the future« [103]) Teilnahme an der Gedenkfeierlichkeit zum 18. Juni = Tag des Appells von de Gaulle (A33)
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
75
Fotorallye (A05)
Unter dieser methodischen Einheit sind angeleitete Aktivitten mit inhaltlichem
Sport und Spiel (thematisch)
Multikultureller Abend (Projekt: »Europa braucht uns!« [47]) Internationaler Abend (Projekt: »Wintercamp« [68])
det oft schon im Heimatland statt. Dargeboten werden landestypische Speisen, typische Volkstnze, traditionelle Kleidung u. .
Diese Einheit ist gut geeignet in einer informellen, entspannten Atmosphre, Kontakte zu knpfen, die jeweiligen Partnerlnder auch ber andere Sinne mehr zu erleben (z. B. landestypische Musik, Essen, Volkstnze). Der Motivationsgrad der Teilnehmer ist dabei sehr hoch, zumal man sich ja auch noch national in seiner eigenen Gruppe bewegt, wodurch auch eher zurckhaltendere Jugendliche eine Chance haben, sich »gefahrlos« einzubringen. Deutsche Jugendliche erfahren ber eine solche Einheit hufig erstmals etwas von der gelebten Beziehungsorientierung anderer europischer Lnder. Die vermittelte Freude und der Stolz, mit dem nichtdeutsche Partnerlnder ihre Heimat prsentieren, beinhaltet auf der Nationalidentittsebene eine wichtige Diskrepanzerfahrung, die Auslçser sein kann fr eine neue Identittskonstruktion »Ich als Deutscher im Vergleich zu den anderen«. Ein Einfluss auf die Europa-Identitt wird im starken Maße von den Reflexionsangeboten abhngen, die Mçglichkeiten zur kontext-, d. h. lnderspezifisch-unabhngigen Perspektive beinhalten sollte. Dies kann z. B. ber die Reflexion der Werteebene oder der Religion im Zusammenhang mit Bruchen geschehen.
Praxisbeispiele
Erluterung
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
76 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Pantomime mit Clowns (Projekt: »Europazug 2006« [114]) Bunter Spielenachmittag mit Großgruppenspielen (A13) Europa-Twister (interaktives Spiel): Eine große Landkarte wird auf der Straße ausgebreitet und man muss mit Hnden und Fßen Stdte verbinden. (A02) Wettkochen (A13)
Bezug zum Thema zu verstehen. Hier finden sich Kennenlernspiele, allgemein bezeichnete interkulturelle oder Europa-Spiele, themenrelevantes Rahmenprogramm (EU-Muppets-Show, Europakino, Nachrichtenshow) sowie gedankliche Traumreisen ins Europa der Zukunft. In Abgrenzung zur Einheit »Freizeitprogramm«, das losgelçst von der sonstigen Durchfhrung zu betrachten ist, steht hier die inhaltlich-methodische Relevanz im Vordergrund.
In dieser Einheit mssen einige Bedingungen eingehalten sein, damit hier keine zu starke Konkurrenzsituation und evtl. dadurch eine Verstrkung von Vorurteilen entsteht: Essentiell ist die Mischung der Gruppen, d. h. ein Wettkampf oder Spiel gegeneinander in national-getrennten Gruppen ist zu vermeiden. Der Fokus sollte auf dem Spaßfaktor liegen und das Ganze sollte vielleicht nicht gerade zu Beginn eines Projektes oder am Ende stehen, sondern eingebettet sein in andere methodische Einheiten, so dass ein klarer Themenbezug hergestellt und – am besten – in eine Reflexion mit eingebettet werden kann.
Praxisbeispiele
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
77
Praxisbeispiele Freizeitprogramm (Disko, Karaoke) (Projekt: »Geschichte, Gedenken – Pfeiler fr die Konstruktion Europas?« [8]) Erkundungen (Projekt: »Europischer Dialog« [13]) Besichtigungen (Projekt: »Tridem 2005 – Paris – Berlin – Warschau« [24]) Stadtbesichtigung, Wanderung (Projekt: »Sommerakademie 2003« [25]) Freizeitaktivitten (Projekt: »Jugend macht Medien: Videocamp I und II« [54], »Europa auf dem Weg zur Einheit« [72]), (A14) Ausflge (Projekt: »Welches Europa mçchten wir? – Europas Rolle in der Welt« [63]) Weihnachtsmarkt (Projekt: »Europa zwischen den Kriegen 1918 – 1939« [168]) Bootsausflug (Projekt: »Video-Art-Project on Colours« [170])
Erluterung
Die methodische Einheit »Freizeitprogramm« beschreibt Aktivitten, welche die Teilnehmer zustzlich zum inhaltlichen Programm wahrnehmen kçnnen. Zum Freizeitprogramm gehçren Ausflge in die nahe Umgebung, sportliche Aktivitten (z. B. Bergwandern, Schwimmen, Aikido), spielerische Einheiten (z. B. Schnitzeljagden), oder Abendveranstaltungen wie Disko, Karaoke und Kino.
Methodikkategorie
Freizeitprogramm
Tabelle 2: (Fortsetzung)
78 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Besuch von lokalen Jugendeinrichtungen (Projekt: «Europabild und Demokratieverstndnis in Ungarn und Deutschland« [174]) Bhnenprogramm, musikalisches Rahmenprogramm (Nachtdisko) (A13) Freizeiteinheiten miteinzuplanen ist gerade auch im Hinblick auf die strker als Deutsche beziehungsorientierten europischen Partnerlnder von großer Wichtigkeit. Hier kçnnen Kontakte und Freundschaften geknpft werden und entwicklungspsychologisch betrachtet bieten sich in einem solchen Kontext Bewltigungsanreize der Entwicklungsaufgabe »Peergroups finden«. Oftmals halten solche Freundschaften noch ber Jahre hinweg (Thomas, Chang und Abt, 2007). Zur Vermeidung von kognitiv-emotionaler berforderung, zur Verarbeitung der vielfltigen Eindrcke und zur Erhçhung der Zufriedenheit sollten auch Zeiten fr unstrukturierte, heißt ungeplante Freizeit eingeplant werden. Gerade fr die deutschen Jugendlichen, bei denen doch auch das Bedrfnis nach einem kurzen Rckzug aufleben wird, kann dies gruppendynamisch wichtig sein.
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
79
E-Mail-Kontakt mit Partnern
(theoriebasierte) Einschtzung
Dieses Element beinhaltet das Leben und die Unterbringung der Teilnehmer in Gastfamilien und findet sich hauptschlich im Bildungskontext.
bernachtung in Familien
Praxisbeispiele
Unter dieser methodischen Einheit sind Austausch der Fragebçgen via Internet Partnerkontakte via Internet (E-Mail) sowie (A27) Netmeeting-Aktivitten aufgefhrt. Sie fin- Kontakte ber Internet (A08) det hauptschlich im Kontext »Schule«
Leben in Gastfamilien (Projekt: »Europa gemeinsam bauen« [144], »Europa – Tradition und Zukunft« [146], »›Comenius‹ Goethe Gymnasium« [150], »Europa der Zukunft« [152], »Globalisierung als europische Erfahrung« [160], »Europische Dimension historischer Erfahrung« [161]) Unterbringung in Gastfamilien (Projekt: »Video-Art-Project on Colours« [170]) bernachtung in Familien (Projekt: »Europa braucht uns!« [47]) Familienunterbringung hat sich als Auslçser fr Entwicklungsprozesse im Sinne von Diskrepanzerfahrungen gezeigt (Thomas, Chang und Abt, 2007, S. 275 – 276). Gastfamilienaufenthalte sind außerordentlich lernwirksam, da Familienleben aus der eigenen Kultur vertraut ist und nun in einer anderen Kultur in vielen Hinsichten anders erfahren wird. Das regt an zum Nachfragen und erzeugt Diskrepanzerfahrungen, die nachwirken.
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
80 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Europa-AG, Europaklasse
(theoriebasierte) Einschtzung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) E-Mail-Kontakte (Projekt: »Das Haus, in dem wir leben« [173]) Netmeetings (Projekt: »CEWIP – Common European Words, Idioms und Proverbs« [181]
Einsatz, da die Begegnungsprojekte hier auf einen lngeren Zeitraum (Comenius – 3 Jahre) angelegt sind oder/und oftmals auf schon bestehende Schulpartnerschaften, die vertieft werden sollen, aufbauen.
Bei diesem Element aus dem Bildungssektor handelt es sich nicht klassischer Weise um eine methodische Einheit; es ist vielmehr im Sinne von Rahmenbedingungen zu sehen, die eine Mçglichkeit schaffen, neben all den curricularen Anforderungen Formen zu etablieren, in denen ein Europaprojekt sinnvoll, heißt auch den »normalen Unterricht« wenig stçrend eingebettet werden kann. Hierzu bildete sich zum einen eine
Europa-AG (in D) (Projekt: »CICERO« [142]) Einrichtung einer Europaklasse (in D) (Projekt: »United Cultures in Europe« [157]) Ablauf Luft in Jahrgangstufe 11 (9-jhriges Gymnasium) ! bot sich an, da in Klasse 11 die Klassen neu zusammengesetzt werden ! Ende der 10. Klasse Infoschreiben an die
Internetanbindung und die Nutzung im Sinne von E-Mail-Kontakten mit anderen und auslndischen Schulen stellen hier ein fortschrittliches, jugendadquates motivationsfçrderndes Werkzeug dar. Der Austausch geht einfach und zgig und kommt den engmaschig angelegten Lehrplnen entgegen. Außerdem kann es als Lernplattform vielfltiges Ergebnis- und Lernmaterial allen Projektbeteiligten zur Verfgung stellen.
Praxisbeispiele
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
81
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele Eltern + Info in den einzelnen Klassen zu dem Projekt ! die Schler whlen dann ihre Fcher und im Allgemeinen kommt eine Klasse zusammen; mçglichst mit Klassenlehrer, der auch an dem Projekt beteiligt ist oder zumindest mit zwei Fchern in der Klasse. Wirkung vereinfacht die Sache enorm ! viel mehr Zugriff auf die Schler, viel einfacher den Schlern auch nur kurze Dinge mitzuteilen, weil man sie ja stndig im Unterricht hat ! zuvor Arbeitsgemeinschaft mit Anwesenheitspflicht: Extratreffs mit den Schlern am Nachmittag, so dass es eine Frage der Zuverlssigkeit wird, ob das klappt Gestaltung Die Lehrer einigen sich bei Lehrertreffen auf bestimmte Themen, die dann mçglichst in allen Fcher bearbeitet werden sollen.
Erluterung
klassische AG, zum anderen wurde schulentwicklungsmßig ab der Oberstufe eine eigene Europaklasse eingerichtet, in der in allen Fchern der Fokus immer wieder auf Europa liegen soll.
82 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Ergebnismultiplikation
Diese Einheit fokussiert speziell auf den Bildungsbereich. Insbesondere die Einrichtung einer Europaklasse ist im Sinne der Studie als »innovativ« zu bewerten, da hier eine schulkontextadquate Lçsung gefunden wurde. Gerade auch die in der Wirkung im Projektbeispiel angesprochene Ressourcenschonung ist ein zentraler Aspekt, der fr die Umsetzbarkeit in den Schulen oftmals der »Hemmschuh« schlechthin ist. Die breitere Etablierung solcher Europaklassen kann nur begrßt werden. Prsentation von Kurzfilmen der TeilDie methodische Einheit »Ergebnismultiplikation« beschreibt Prsentationen oder nehmer (Projekt: »Shooting Europe« [2]) Aktionen, die nicht ausschließlich vor und Tagung (Projekt: »Europa – meine Chance« [28]) fr die Teilnehmer der Begegnung durchbergabe der Deklaration (Projekt: »Eurogefhrt werden. Dies kçnnen Ergebnisprsentationen in (europa-)politischen In- pische Jugendkonferenz« [23]) Erstellen einer (Foto-)Ausstellung (Projekt: stitutionen oder im Rahmen einer anschließenden Konferenz sein. Zu dieser »Dresden in den Augen junger Europer« [34]) Kategorie zhlen aber auch die bergabe Ausstellung ber Europas Zukunft (Projekt: eines im Seminar erstellten Forderungskataloges oder Manifestes sowie Film- »Heimat Europa?« [60]) oder Theatervorfhrungen vor einer breiten ffentlichkeit. (Wander-)Ausstellungen gehçren ebenfalls zu dieser Kategorie.
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
5.1 Der Methodik-Pool
83
Besondere Bedeutung kommt dieser Kategorie aufgrund ihrer Multiplikatorenwirkung zu. Auf diese Weise kçnnen die Ergebnisse zum einen real Einfluss nehmen, zum anderen
Ergebnisprsentation und Diskussion im Landtag (Projekt: »Unsere Zukunft liegt in Europa – Chancengleichheit und europische Bildung« [67]) Erstellung eines europischen Fragenkataloges mit bergabe (Projekt: »Wir und heute im erweiterten Europa – Junge Europer fragen, Politiker antworten!« [91]) Mçglichkeit, aktiv Beitrge fr die Internetseite zu gestalten und vorzustellen (A07) Schlerzeitung »Politique orange« (A02) Ausstellung am »Tag der Offenen Tr« oder Elternsprechtag (A08) Vorstellen der Produkte durch Wandtafeln (Projekt: »Europa zwischen den Kriegen 1918 – 1939« [168])
(theoriebasierte) Einschtzung
Praxisbeispiele
Erluterung
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung)
84 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Sonstiges
Methodikkategorie
Tabelle 2: (Fortsetzung) Praxisbeispiele
Unter die Kategorie »Sonstiges« wurden methodische Einheiten, die insgesamt, d. h. Initiativ- und Bildungsbereich zusammengenommen, nur einmal genannt wurden, subsumiert.
Debattenwettbewerb (Projekt: »Heimat Europa?« [60]) Open Space (Projekt: »Wintercamp« [68]) Brainstorming (Projekt: »Gemeinsames Europa Verschiedene Erinnerungen – Eine Zukunft« [45]) Begleitung eines Europaparlamentariers (Projekt: »Europa erleben – jugendpolitische Praxiswoche« [106]) Markt der Mçglichkeiten (Projekt: »Europe in a village« [140]) AC (= Assessment Center) (Projekt: »Europa, ich komme!« [133])
kçnnen so Gesellschaftsgruppen, die ansonsten eher schwer zu erreichen sind (Großelterngeneration), mit Europa in Kontakt gebracht werden. Bei den Teilnehmern ist zu erwarten, dass sie dem Projekt eine hçhere Gesamtbedeutung in ihrer Biographie zuschreiben (nach Thomas, Abt und Chang, 2007).
Erluterung
5.1 Der Methodik-Pool
85
86
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
5.2 Europaschema Wenn wie in den theoretischen Grundlagen (vgl. Kapitel 4) postuliert, die »zentrale Fragestellung der Studie (…) darin [besteht], Vorgehensweisen und Methoden zu identifizieren, die der Entwicklung einer europischen Identitt und eines europischen Bewusstseins bei den Teilnehmern von Begegnungsmaßnahmen zutrglich sind« und hierzu Projektverantwortliche befragt werden, stellt sich unweigerlich die Frage, welches Bild von Europa diese denn haben und was durch sie vermittelt wird. Daher wurden die Projektverantwortlichen neben den Methoden bezglich ihres Bildes von Europa befragt sowie nach ihren Beweggrnden, ein Europaprojekt (mit)durchzufhren. Die Interviewer gingen von der Annahme aus, dass jede Person im Laufe ihres Lebens eine innere Vorstellung von Europa fr sich konstruiert (hat), in die unbewusst Einzelerfahrungen bezglich Europa eingeordnet und so zu einer Gestalt, einem inneren Europa-Bild geformt werden. Ein solches Konstrukt heißt Schema (Lenk, 1995). Wie in der Studie zu den »Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen« von Thomas, Chang und Abt (2007) dargestellt entwickelt jede Person ihre ganz individuelle Theorie ber die Realitt aus diversen so gebildeten Schemata, was sich am besten in Form einer hierarchischen Ordnung darstellen und erfassen lsst (Epstein 1993 nach Thomas, Chang und Abt 2007). Dabei haben »Schemata hçherer Ordnung (…) grçßere Auswirkungen auf die Realittstheorie, da sie eine grçßere Menge an untergeordneten Schemata beeinflussen« (S. 34). Fr das Schema »Europa« kann davon ausgegangen werden, dass damit ein identittsstiftendes Schema hçherer Ordnung vorliegt, da weitere Schemata untergeordnet sind wie beispielsweise das Schema »Ich als Europer« oder »der Andere als Europer«. Epstein und Kollegen (Epstein, Pacini, Denes-Raj und Heier 1996, nach Thomas, Chang und Abt 2007, S. 32 – 36) sammelten des Weiteren empirische Belege dafr, dass zwei unterschiedliche Arten von Schemata vorliegen. So unterscheidet Epstein zwischen deskriptiven und motivationalen Schemata. Deskriptive Schemata beinhalten alle berzeugungen ber das
5.2 Europaschema
87
Selbst und die Welt. Motivationale Schemata bestimmen die Handlungsvollzge und sind stark emotional besetzt. Fr die vorliegende Studie hat dies durchaus Relevanz, und zwar in zweifacher Hinsicht: 1. In den Begegnungsprogrammen wird Europa direkt zum Thema gemacht und so das Schema »Europa« innerlich aktiviert. Damit wird dieses Schema einer Modifikation zugnglich. 2. Durch die Projektverantwortlichen wird ein bestimmtes Bild von Europa (= Europaschema) in deren Projekt hineintransportiert und damit Einfluss genommen auf die Entwicklung einer europischen Identitt bei den Teilnehmenden. Dabei hngt von der (bislang meist unbewussten) Beantwortung der im Spannungsfeld zwischen nationaler und europischer Identitt gestellten Fragen (vgl. Theorieteil: Kapitel 4, Tabelle 1, S. 20): »Will ich meine eigene nationale Identitt beibehalten?« bzw. »Besteht eine Motivation zur Entwicklung einer europischen Identitt?« ab, welche Strategie zur Ausbildung einer europischen Identitt gewhlt wird: eine diffuse, eine assimilative, eine nationale oder eine integrative Strategie. Angaben zum Europaschema wurden von allen 38 Befragten gemacht. Zum Europaschema zhlen folgende Subkategorien (Tabelle 3). Fr jede Interviewperson (Einzelfall) wurden alle Aussagen, die unter die Code-Einheit »Erfassung des Europaschemas« subsumiert werden konnten, parallel ausgewertet. Die Aufsplittung der Rohdaten in die Subkategorien sollte Aussagen zu den im Theorieteil gestellten Fragen zur Vernderungsmotivation (vgl. Kapitel 4) im Hinblick auf eine europische Bewusstseinsbildung und der handlungswirksam werdenden Strategien zur Durchsetzung dieser Motivationslage zulassen. Fr die Analyse der Daten zum Europaschema wurden – wie schon oben angedeutet – die im Theorieteil (Kapitel 4) angesprochenen Strategien »assimilativ«, »integrativ«, »diffus« und »national« auf den Kontext bertragen, angepasst und diesen die
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Tabelle 3: Erfassung des Europaschemas Erfassung des Europaschemas Europamotivation Aussagen der Interviewperson zu ihren Beweggrnden, das Europaprojekt (mit)durchzufhren Europabild
Eigenes
Antworten auf die Frage zum (inneren) Europabild Einfluss Nationalbild
TeilnehmerEuropabild / europische Identitt
Aussagen zum Verhltnis Deutschlandbild und Europabild
Antworten auf die Frage nach der europischen Identittsbildung bei den Teilnehmern oder welches Europabild die Teilnehmer aus dem Projekt mitnehmen (sollen).
Konstruktion Antwort auf die Frage, ob das Europabild schon mal verbalisiert wurde, wann das Europabild das erste Mal bewusst war.
Einzelfallaussagen der Experten zugeordnet. In Tabelle 4 findet sich eine Beschreibung der Identittsentwicklungsstrategien sowie eine Einschtzung dahingehend, in welcher Form die jeweilige Strategie einen Beitrag fr die/eine europische Identitt leistet. Wie aus Tabelle 4 ersichtlich ist die integrative Strategie unter den Experten gehuft vertreten. Das ist auch ein erwartungsgemßes Ergebnis, da die Interviewpersonen den Expertenstatus nach den Projektkriterien zugewiesen bekamen und Personen, die im deutschen Jugendbegegnungsbereich aktiv sind und konkret Europa als Thema vermitteln, wohl eher integrierend arbeiten. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass eine Schrfung, Differenzierung und Neubildung der Identittsschemata »Deutscher« und »Europer« stattgefunden hat. Als weiteres erwartungsgemßes Ergebnis ist zu nennen, dass sich in dieser Stichprobe keine nationale Strategie finden lassen, da dies kontrr zum Projektziel liegen wrde. Augenfllig sind hingegen die diffuse bzw. die assimilative Strategie. Whrend die diffuse Strategie als ein bergangsstadium gewertet werden kann, bei
Beschreibung
Man lebt Seite an Seite friedlich mit seinen Nachbarn, wobei jedem seine Rckzugsmçglichkeit zugestanden wird. Biographisch findet sich hier manchmal ein Aufwachsen in einer Grenzregion oder ein starkes Bewusstsein schon in der Kindheit ber den Eisernen Vorhang. Man ist viel gereist und spricht viele Sprachen und hat ein Bewusstsein fr das eigene Deutsch-Sein gewonnen. Europa wird als Prozess verstanden, an dem man sich aktiv beteiligen kann. Das Bindeglied zwischen den Menschen und Europa besteht in der Wissensaneignung, wobei man sich am Wissensdefizit orientiert, sowie darin, Erfahrungen mit anderen Europern zu machen. Man reist
Strategieform Personencode
Integrative Strategie Das Europa der Mçglichkeiten A17, A25, A27, A33, A36, A38 A02, A04, A05, A06, A07, A09, A10, A12, A13, A16, A19, A20, A21, A23, A26, A28, A29, A30, A31, A35, A37, A40 Europa von Gleich zu Gleich A18a Die Europa-WG A01
Tabelle 4: EUROPASCHEMA – Identittsentwicklungsstrategien
Europa als Erweiterung der eigenen nationalen Identitt im Sinne eines Netzwerkes; Beitrag fr die europische Identitt wird ber Wissensinput, Kontaktermçglichung und die Idee eines lebenslangen interkulturelles Lernen geleistet
Bedeutung fr eine europische Identitt
5.2 Europaschema
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Assimilative Strategie Europa als Quantensprung A18b sieht sich eher als europischen Brger statt als Deutscher A22 Alternative zu Europa wre nationalstaatliches Denken, wre rckwrtsgewandt A34 Europa ist wie Zu-Hause-Sein A39
Strategieform Personencode
Tabelle 4: (Fortsetzung)
Man fhlt sich eher als Europer denn als Deutscher. Teilweise finden sich Biographien mit Eltern aus zwei Nationen, doppelte Staatsbrgerschaft. Die Empfindung zu Europa wird beschrieben als: »Hier mçchte ich gerne leben, hier ist genau der Ort!«; dabei geht es nicht um Deutschland, sondern um Europa als Lebensraum. Es wird vermittelt, dass die europische Einheit die optimale Organisationsform ist und Friedenssicherung erreicht werden kann ber eine gemeinsame Verfassung. Die noch zu schaffende europische Staatsbrgerschaft soll eine gemeinsame Identitt fçrdern.
sehr gerne und sieht darin immer eine Gelegenheit zu lernen. Dies will man auch den jungen Menschen vermitteln.
Beschreibung
Europa als Superlativ, toppt die nationale Identitt; Beitrag fr die europische Identitt wird versinnbildlicht in Vorbildern und dem Anstreben einer noch zu schaffenden europischen Staatsbrgerschaft
Bedeutung fr eine europische Identitt
90 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Hier geht es um das Beibehalten der eige- Europa als weißer Fleck. In Europa soll es nen nationalen Identitt. Europa steht man so sein wie in Deutschland; die eigene nationale Identitt steht im Vordergrund; mit Gleichgltigkeit und einer
Nationale Strategie keine Nennungen
Europa als Konfrontation mit der Identittskomponente; Beitrag fr die europische Identitt besteht in einer Kontaktermçglichung zu Menschen aus anderen Lndern
Man ist innerlich gespalten: Einerseits freut man sich ber ein vereintes Europa, weil man so viele Menschen kennen lernen kann, zum anderen wehrt man sich gegen eine zu große Gleichmacherei. Man lernt gerne auf Reisen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit kennen und die Vorstellung, dass diese Vielfalt bedroht ist, verunsichert. Dass das Ganze irgendetwas mit Identitten zu tun hat, lehnt man eigentlich ab. Man mçchte sich einfach nur mit Menschen aus anderen europischen Lndern treffen und Vorurteile abbauen. Vermittlung an die jungen Menschen luft hauptschlich ber die Ermçglichung von Austausch.
Diffuse Strategie Das verunsicherte Europa A08 Europa ist ein großer abstrakter Begriff, eher regional fassbar, nichts, was man mit klaren Linien umschreiben kann A15 mehr Fragen als Antworten in Bezug auf Europa A32
Bedeutung fr eine europische Identitt
Beschreibung
Strategieform Personencode
Tabelle 4: (Fortsetzung)
5.2 Europaschema
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Strategieform Personencode
Tabelle 4: (Fortsetzung) Bedeutung fr eine europische Identitt
europischen gemeinsamen Identitt mit diese Strategie leistet keinen Beitrag fr die Ablehnung gegenber. Man ist am europische Identitt bzw. es besteht ein Naheliegenden, Konkreten (regionalen / Widerstand dagegen deutschen) eher interessiert als am fernen Europa. Europische Lnder und deren Vielfalt sind nicht im Blickfeld. So kommt beispielsweise fr jemanden erst sein Bundesland, dann evtl. Deutschland, dann lange nichts und mehr durch Zufall mal Europa ins Bewusstsein. Letzteres jedoch eher nur als Wort. In der multinationalen Bildungsarbeit ist dies nicht zu finden. Als eine Variante kçnnte jedoch evtl. ein Dominanzverhalten im Sinne von »Europa wird am besten so wie wir das in Deutschland machen« gewertet werden.
Beschreibung
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5.2 Europaschema
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dem die eigene nationale Identitt noch reflektiert wird (oder werden muss) und im Konstruktionsprozess steckt, die noch keine gute Verankerung gefunden hat, sich »mehr Fragen als Antworten« angesammelt haben und noch eigene Befrchtungen handlungsleitend sind, bedarf die assimilative Strategie einer anderen Erklrungsgrundlage. Diese Strategie findet sich gehuft bei Interviewpersonen, die entweder schon lteren Jahrgangs sind und/oder in interkulturellen Zusammenhngen leben. Die assimilative Strategie kann so vielleicht fr zwei Personengruppen in besonderem Maße eine Herangehensweise an Europa bzw. eine Ausbildung einer europischen Identitt bieten: 1. fr Menschen, die schon intensiv in ihrer Biographie mit der interkulturellen Thematik konfrontiert waren, z. B. weil sie nichtdeutsche Eltern haben oder einen nichtdeutschen Ehepartner und 2. fr Menschen, die in den 1950er Jahren mit dem Schmerz des geteilten Deutschlands aufgewachsen sind, bei denen Deutsch-Sein noch mit einer Niederlage und Schuldgefhlen gekoppelt vermittelt wurde und die keine positive Deutschland-Identitt aufbauen konnten. Hier ist jedoch zu beachten, dass Letzteres nur fr Deutsche gilt und dabei ein negativer Einfluss der Nationalidentitt auf die Europaidentitt vorliegt. Punkt 1 hingegen beinhaltet Aspekte, die fr viele, wenn nicht die meisten Menschen, in Zukunft zutreffen werden, wobei die Ausprgung der Nichtwertschtzung des Eigenen durchaus auch hier eine Prgung aus der deutschen Geschichte erfahren haben kçnnte und in Zukunft vielleicht modifiziert wird. Im Folgenden wird die Bedeutung des Europaschemas in der Dynamik des europischen Bewusstseinsbildungsprozess beleuchtet. »Europa« ist nicht mehr nur ein Gedanke, eine Vision oder irgendein diffuses Gebilde, sondern »Europa« ist schon in vielen Aspekten organisiert, weist gute und relativ verbindliche Strukturen auf, denen mehr oder weniger Vertrauen entgegengebracht wird. Von dem, was sich organisiert und gut strukturiert auf
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
europischer Ebene bildet, erwartet man einen Nutzen, Frieden, Sicherheit und Wohlstand. So kann man mit gewissen Einschrnkungen von Europa als »Organisation« sprechen und unter Gesichtspunkten analysieren, die fr Organisationen gelten. »Europa« als Organisation hat seine Geschichte, seine Vernetzungen und Verflechtungen mit, aber auch seine Einflsse auf andere Organisationen (= Lnder). Mit einigen fand eine Fusion statt, andere mçchten noch mit der Organisation »Europa« fusionieren. Dabei steht fest: Auch diese Fusionspartner werden auf die Gestalt der Organisation Europa aktiv einwirken und vielleicht sogar Vernderungen bewirken. Und anders als in den USA, wo es darum ging, diese neu zu erfinden und neu zu bilden, besteht die Organisation Europa schon lange und hat ihre Traditionen und Werte, auch wenn momentan noch eher unklar ist, wie das Gebilde letztendlich aussehen soll, kann und muss. So ist auch klar : Die Organisation Europa befindet sich in einem stndigen Vernderungsprozess. Dies impliziert eine gewisse Offenheit des Prozesses – ein Zustand, den Leonhard (2007) als »gerade richtig« einstuft. Nach ihm wird dieser Prozess aus der Dynamik des Hin-und-her-Oszillierens zwischen den Polen »noch mehr Europa« (vgl. hier zu finden in der Idealisierung Europas der assimilativen Strategie) und »nicht zu viel Europa« (vgl. hier zu finden in der Verunsicherung durch Europa der diffusen Strategie) gespeist. So entstehen mannigfache Gestaltungsspielrume, die einen Beitritt fr weitere Lnder sehr attraktiv machen. Es handelt sich bei der EU um ein »Organisationsmodell (…), in der eine frappierend machtlose Kommission im Zentrum eines Netzwerks von Staaten steh[t], deren Verhltnis zueinander auf einem festen Regelwerk (…) grnde[t] (…), [und so] auch kleineren Mitgliedstaaten (…) die Teilhabe an einem Wirtschaftsmodell (…) [ermçglicht], das aufgrund seiner Verbindung von Wirtschaftsliberalismus und Kollektivitt im Prinzip und faktisch dem amerikanischen Modell berlegen [ist]« (Elvert, 2007). Dabei ist fr Leonhard (2007) wichtig, dass diese Strukturen nicht im Vorfeld so geplant waren, sondern das Ergebnis von vielfltigen, aber festigend wirkenden Krisen und Verhandlungsprozessen ist, worin sich auch ein Konstitutiona-
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lisierungswille aller Beteiligten abzeichnet. Dies ist fr ihn der Kern des Erfolgsmodells EU. Aus organisationsstruktureller Sicht kçnnen nun einige Aussagen fr die Organisation »Europa« getroffen werden: (1) Die Organisation »Europa« befindet sich in einem normalen Vernderungsprozess. In einem normalen Vernderungsprozess sind verschiedene Phasen zu erwarten (Glasl und Houssaye, 1975). So steht am Anfang eine Phase der Verunsicherung (Orientierungsphase), bevor sich neue Richtungen, Trends, Verpflichtungen und ein kollektiver Wille abzeichnen. Dabei werden die Phase des Erarbeitens einer globalen Zukunftskonzeption und Situationsanalyse, die Phase der operationalen Zielsetzungen und Analysen, die Phase der experimentellen Projekte und Situationen sowie die Realisierungsphase durchlaufen. Sie sind notwendig, um sich von Altbewhrtem so weit zu distanzieren, dass es in Frage gestellt und neu gedacht werden kann. Fr die Organisation »Europa« kann noch fr einige Zeit die Orientierungsphase als fortdauernde Aufgabe betrachtet werden, da durch die sukzessive Hereinnahme neuer Fusionsanwrter diese Phase immer wieder von Neuem durchlaufen werden muss. (2) Die Herausforderungen, der sich die Organisation »Europa« stellen muss, sind dieselben, die eine sogenannte Lernende Organisation zu bewltigen hat. Da die Vernderungen unter der Prmisse der Friedenssicherung in der Geschichte der Menschheit bisher einen einzigartigen Prozess darstellen, gibt es auch keine analogen Modelle, auf die zurckgegriffen werden kçnnte, keine Przedenzflle eines Scheiterns, aber auch keine Erfolgskonzepte. Deshalb muss die Organisation »Europa« und mssen damit alle ihre Einzelmitglieder (= Mitgliedsstaaten) in einen Lernprozess eingebunden bleiben, um anstehende Heraus- und Anforderungen gemeinsam und auch allein meistern zu kçnnen.
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(3) Es lassen sich aus der Theorie Eckpfeiler benennen, mit denen die Lernfhigkeit der Organisation »Europa« bestimmt werden kçnnte, wobei die Mitglieder der Organisation auch hier bei der Gestaltung und Umsetzung der Neuerungen partizipieren kçnnen. Die Gedanken hierzu werden nur kurz dargestellt. Von Senge (1999, S. 15) wurden 5 Komponenten herausgearbeitet, die »einen lebenswichtigen Beitrag fr den Aufbau einer Organisation liefern, die (…) ›lernfhig‹ ist, die ihre Fhigkeiten stndig weiterentwickelt, um ihre hçchsten Ziele zu verwirklichen«. Im Einzelnen handelt es sich um: (1) das Systemdenken, (2) die Personal Mastery, (3) die mentalen Modelle, (4) eine gemeinsame Vision entwickeln und (5) das Team-Lernen. Beim Systemdenken geht es vor allem darum, sich nicht auf »›Schnappschsse‹ von isolierten Systemteilen« (S. 15) zu konzentrieren, sondern bergreifende Muster sichtbarer zu machen. Fr Europa hieße das, verdeutlicht am Beispiel des »Jagertees«: sich nicht in Auseinandersetzungen ber eine Lnderzugehçrigkeit des »Jagertees« zu verstricken, sondern hier den Schritt zu wagen, durch Neubenennungen Gemeinschaft zu schaffen, beispielsweise »Jagertee – eine Spezialitt der europischen Alpenregion«. Die Personal Mastery setzt bei jedem Einzelmitglied an und wird als »Geist der Lernenden Organisation« gesehen. Dabei wird unter Personal Mastery das Klren dessen, was einem wirklich wichtig ist, und dessen, was tatschlich ist, verstanden. Aus dieser Vision und dem klaren Blick auf die Realitt entsteht eine kreative Spannung, die essentiell ist, um Vernderung zu bewirken. Auf die Organisation »Europa« angewandt kann angenommen werden, dass Begegnungsprojekte, die den Teilnehmenden zunchst eine Auseinandersetzung mit der eigenen kulturellen Geprgtheit und dem, was ihnen wichtig ist (eigene Werte), und der fremdem kulturellen Geprgtheit (Werte der anderen) ermçglichen und die dann reflektieren, was tatschlich ist, in den Teilnehmern einen Vernderungswunsch aufbauen, der sie dafr motiviert, sich aktiv im Gestaltungsprozess fr »Europa« einzubringen (Partizipation). Mentale Modelle beeinflussen nach Senge unsere Wahrnehmungsprozesse von der Welt sowie unser Handeln. Sie bestehen in tief verwurzelten Annahmen, Verallgemeinerungen sowie in Bildern und Symbolen. Der erste Schritt, mit dieser Komponente zu arbeiten, ist der, seine eigenen
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inneren Bilder aufzudecken. So kann – wieder mit Blick auf die Organisation »Europa« – ein Begegnungsprojekt, dass den Teilnehmenden eine Bewusstmachung ihrer inneren Bilder von Europa ermçglicht, in einem zweiten Schritt eine gemeinsame Vision schaffen und so nach Senge eine starke Bindekraft fr eine Organisation (hier: Europa) etablieren. Das Gefhl von »gemeinsamer Bestimmung« schweißt zusammen, so dass nicht nur Zustimmung, sondern auch Beteiligungswille geschaffen wird. Bei der fnften Komponente, dem Team-Lernen stehen die Fhigkeit und Bereitschaft, sich auf ein »gemeinsames Denken« einzulassen. Dabei stelltei Senge den Dialog an den Anfang mit der Anmerkung: »Fr die Griechen bedeutete dia-logos das ungehinderte Fluten von Sinn, von Bedeutung in einer Gruppe, wodurch diese zu Einsichten gelangen kann, die dem einzelnen verschlossen sind« (S. 19). Wichtig ist hierbei auch, bestimmte Interaktionsformen erkennen zu lernen (z. B. Abwehrstrukturen) und diese Erkenntnisse kreativ zu nutzen. (4) Anders als in marktwirtschaftlichen Organisationen hat die Organisation »Europa« eine Besonderheit aufzuweisen: In ihr sind (Kinder und) Jugendliche vorhanden, die sich ebenso in einer entwicklungsdynamischen Lebensphase befinden. Jugendliche haben analog einer Lernenden Organisation (Entwicklungs-)Aufgaben zu bewltigen (hier : z. B. »Politisches Engagement entwickeln«) und wie diese befinden sie sich in einer Phase, in der Lernen alltglich, normal und Kern des Lebens ist. Von daher kann von einer Grundbereitschaft zum Lernen ausgegangen werden. Wenn man es schafft, bei den Jugendlichen eine tragfhige Europabegeisterung zu wecken, ist davon auszugehen, dass sich hier eine starke tragende Kraft herausbildet, die den Fusionsprozess »Gesamtgebilde Europa« vorantreibt. Aufbauend auf diesen berlegungen wird nun erlutert, wie in den Projekten und auch in Multiplikatorenprogrammen die Arbeit mit dem Europaschema als Vehikel fr den europischen Bewusstseinsbildungsprozess zu nutzen ist. Wie erwhnt bilden mentale Modelle einen starken Wirk- und Motivationsfaktor fr Organisationen. Insofern ist es zur Schaffung einer Europabe-
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geisterung und eines europischen Bewusstseins empfehlenswert, mit mentalen Modellen zu arbeiten. Gerade auch fr Deutsche, bei denen eher von einem gebrochenen Nationalbewusstsein ausgegangen werden kann, kçnnen auf dieser Ebene Wahrnehmungsdifferenzierungen vorgenommen werden. So sind ein Europaschema nicht unabhngig von einem Nationenschema und eine europische Identittsentwicklung nicht unabhngig von einer Auseinandersetzung mit der eigenen nationalen Identitt denkbar. Im Hinblick auf die oben angesprochenen Komponente »eine gemeinsame [Zukunfts-]Vision schaffen« und vor dem Hintergrund der schon an frheren Stellen dieser Studie dargestellten berlegungen zum interkulturellen Lernen kann empfohlen werden, das Europaschema als Mçglichkeit zur Metakontextualisierung zu nutzen (vgl. Kammhuber, 2000). Dies bedeutet, die Europaschemata aller Teilnehmer eines Begegnungsprogramms, in denen sich Europa durch die »Nationenbrille« abbildet, offenzulegen und wertschtzend daran die Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Damit fnde in jedem Teilnehmer eine Wissensaktualisierung zu Europa statt, das Europaschema wrde aktiviert und bçte sich so zur Reflexion an. Wie oben gezeigt geht aus der Studie der Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch hervor, dass bei einer Aktivierung eines bergeordneten Schemas wie dem Europaschema alle hierarchisch darunter liegenden Schemata auch eine Aktivierung erfahren. Damit bietet sich die Chance, Vernderungen zu integrieren. In der Studie konnten in den Aussagen der Experten, die der Kategorie »Europaschema« zugeordnet wurden, beispielsweise folgende Subschemata abgeleitet werden: Subschema Geschichtsbild (A02, A06, A07), Subschema Grenze Deutschlands (A04, A13), Subschema Europa im Vergleich zu den USA (A27), die durch die Bewusstwerdung des Schemas »Europa« aktiviert wurden und eine Modifizierung oder Differenzierung erfuhren.
5.3 Visionen
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5.3 Visionen Neben den speziellen Vorstellungen im Hinblick auf Europa schien es auch interessant herauszufinden, welche Visionen die Interviewpartner in Bezug auf die europische Begegnung im Allgemeinen sowie auf das von ihnen durchgefhrte Projekt im Speziellen haben. Es wurden folgende Fragen gestellt: »Wie sehen Sie die Zukunft der europischen Begegnung?« »Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Projekts?« Außerdem wurde erfragt, welchen Beitrag das Projekt des Interviewpartners fr das »Europa in Zukunft« leisten wrde und welche Themen auch in Zukunft von Interesse sein kçnnten: »Welchen Beitrag leistet Ihr Projekt fr Europa in Zukunft?« »Welche Themen sind denn auch in Zukunft von Interesse?« Den Interviewpartnern wurden, je nach Interviewverlauf, entweder eine oder mehrere der genannten Fragen gestellt, so dass 16 Personen zu den ersten beiden Fragen Aussagen machten, zu den letzten beiden Fragen liegen Antworten von 22 Personen vor.
Zukunft der europischen Begegnung im Allgemeinen und im Speziellen Viele Interviewpersonen ußern sich optimistisch, was die Zukunft der europischen Begegnung angeht. Diese optimistische Sichtweise wird von anderen Interviewpartnern geteilt, allerdings in Verbindung mit dem Wunsch nach Intensivierung und zunehmendem Selbstverstndnis europischer Begegnungen. Außerdem werden von einigen Personen diverse Punkte verbalisiert, die in Zukunft bercksichtigt bzw. intensiviert werden sollten. In Einzelfllen werden auch Hoffnungen und Befrchtungen laut. Die genannten Aspekte werden nun im Detail beschrieben.
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Optimistische Sichtweise »Trotz Unkenrufen und Verstimmungen auf dem politischen Bankett« (A12) sehen sieben Interviewpersonen die Zukunft der europischen Begegnung positiv und sind der Meinung, dass Bedarf und Bedeutung nicht ab-, sondern zunehmen werden. Außerdem sei fr die Weiterfhrung der europischen Begegnung schon deswegen gesorgt, weil sie von Leuten durchgefhrt wird, die deren Notwendigkeit erkannt haben und sich dafr interessieren. Nach Ansicht eines Lehrers werden europische Begegnungen schon allein deshalb stattfinden, weil der weitere berufliche Lebensweg der jungen Leute europisch und international ausgerichtet sein wird. Kommentar: Interessant ist hier, dass kein Bezug genommen wird zu dem, was die Jugendlichen wollen, fr die derartige Begegnungsprojekte doch initiiert werden. Empfehlenswert wre eine strkere Einbindung junger Menschen in Planung und Durchfhrung, dies kçnnte auch die Begeisterungsfhigkeit junger Menschen fr die europische Begegnung fçrdern.
Wunsch nach Fortfhrung, Intensivierung und zunehmendem Selbstverstndnis Sechs Interviewpartner wnschen sich, dass die europische Begegnung beispielsweise in Form von Austauschprojekten mit Lndern wie Ungarn und Tschechien fortgefhrt und nach Mçglichkeit sogar intensiviert und ausgeweitet wird. In diesem Zusammenhang wird auch die Hoffnung auf zunehmendes Selbstverstndnis europischer Begegnungen laut (N = 2) sowie nach einer Zunahme der Mçglichkeiten zu Begegnung und Austausch (N = 1). Ein Befragter begrndet den Wunsch nach Fortfhrung mit einem hçchst persçnlichen Motiv : Ihm machen Begegnungen schlichtweg Spaß und er sprt, dass sich in den Kçpfen der Teilnehmer etwas verndert, auch wenn man das nicht quantitativ messen kann. Was genau sich nach seiner Ansicht bei den Teilnehmern ndert, kann er nicht angeben.
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Wunsch nach Wertschtzung und Begeisterung Um die erfolgreiche Zukunft europischer Projekte zu gewhrleisten, ist es nach Ansicht einer Interviewperson vonnçten, dass die Begegnung als solche auch weiterhin als Wert angesehen wird. Ebenfalls im Hinblick auf die Fortfhrung europischer Begegnungen betonen zwei weitere Interviewpartner, wie wichtig es sei, Jugendliche fr Projekte zu begeistern. Dabei ergebe sich jedoch ein Problem, mit dem sich die politische Bildungsarbeit grundstzlich konfrontiert sieht, nmlich die Gewinnung und Begeisterung (junger) Menschen, die sich noch nicht mit Europa auseinandergesetzt haben. Ein weiterer Interviewpartner, ein Lehrer an einer Fçrderberufsschule, hofft mit seinem Projekt ein Vorbild fr andere Schulen sein zu kçnnen, damit diese auch Projekte durchfhren. Innerhalb der eigenen Schule mçchte dieser Interviewpartner die Kollegen dazu motivieren, ebenfalls mitzumachen, die bislang vor dem hohen Arbeitsaufwand zurckschrecken. Denn seiner Meinung nach zahlt sich die geopferte Freizeit dadurch aus, dass sich unter den Schlern sowie zwischen den Schlern und ihm als Lehrer eine Vertrauensbasis entwickelt.
Notwendigkeit von Begegnungsrumen Das europische Begegnungsfeld wird von einem Befragten als geschtzter Mikroeuropakosmos bezeichnet, in dem sich die Jugendlichen ausprobieren kçnnen. Von derartigen Begegnungsrumen und -orten, wo junge Leute, Multiplikatoren und Intellektuelle zusammenkommen, zusammenleben und arbeiten, sollte es nach Ansicht der Interviewten (N = 3) viele geben. Denn Begegnungen eignen sich zur Behandlung wichtiger Themen und die in diesem Rahmen gesammelten Erfahrungen prgen die Teilnehmer stark. Als Beispiel fr einen konkreten Ort, der sich gut fr Begegnungen eignet, wird Weimar genannt (N = 1), das sich aufgrund seiner vielfltigen und widersprchlichen Vergangenheit (! Goethe und Schiller, Bauhaus) fr europische Projekte anbietet.
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Notwendigkeit institutioneller und finanzieller Untersttzung Wie auch in anderen Kontexten (siehe Rolle der Stiftungen) wird auch bei den Fragen zur Zukunft der europischen Begegnung die Notwendigkeit finanzieller und institutioneller Untersttzung betont (N = 3). Ohne Fçrdergelder bzw. die Untersttzung nationaler und europischer Einrichtungen kçnnten Jugendbegegnungen nicht stattfinden bzw. mssten Bildungseinrichtungen schließen (N = 2).
Notwendigkeit der Intensivierung im Hinblick auf bestimmte Zielgruppen Vier Interviewpartner empfehlen, die europische Begegnung zuknftig im Hinblick auf bestimmte Zielgruppen zu intensivieren. Dabei denken zwei interviewte Personen speziell an die Zielgruppe der Senioren, da diese Gruppe immer grçßer werde und auch ltere Leute immer hufiger von Gesetzen betroffen seien, die auf europischer Ebene verabschiedet werden, denn 60 % dieser Gesetze finden Eingang in die nationale Gesetzgebung. Ein Lehrer betont, wie wichtig es sei, dass auch zwischen Lehrern ein Austausch stattfindet, wie dies beispielsweise im Rahmen von Comenius-Projekten der Fall ist. Eine andere interviewte Person stellt dar, wie einseitig die europische Begegnung stattfindet: Whrend Studenten, begnstigt durch den Bologna-Prozess, immer hufiger ins Ausland fahren, haben Jugendliche mit geringem Bildungs- und/oder Sprachniveau und/oder mit Migrationshintergrund keine Mçglichkeiten, an Begegnungen teilzunehmen. Die Einrichtung der Interviewpartnerin plant daher vermehrt Programme fr diese Gruppen anzubieten. Kommentar: Die Daten des Realittsbestands geben der Interviewpartnerin Recht, welche die Einseitigkeit der europischen Begegnung anprangert (vgl. Kapitel 7.2): Tatschlich sind Jugendliche mit geringem Bildungsniveau und Jugendliche mit Migrationshintergrund in der europischen Begegnung kaum vertreten. Allerdings trifft dies nicht nur auf stark benachteiligte Jugendliche, sondern auch auf Realschler, Berufsschler bzw.
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Auszubildende zu, weshalb hier ebenfalls eine Intensivierung wnschenswert wre.
Notwendigkeit der Intensivierung bilateralen Austauschs Ein Interviewpartner ist der Meinung, dass die Fçrderung bilateraler Projekte im europischen Kontext fehle, weshalb Europa in Zukunft das Augenmerk strker auf bikulturellen Austausch legen solle. Pdagogisch gesehen sei es sinnvoller, wenn Jugendliche sich erst einmal der Herausforderung stellen, ein Land kennen zu lernen, dabei kçnne man auch strker ins Detail gehen und erst im Anschluss daran wrde sich die Arbeit mit multikulturellen Gruppen anbieten. »Ich find auch 2 Lnder haben das Recht sich einfach mal gegenseitig abzuschnuppern, ohne dass direkt 4 Lnder da ihre Nase reinstecken. (…) Das andere [multilateral] find ich so eher mit so ’ner großflchigen Harke mal eben das Feld bestellt.« (A13) Kommentar: Hier wird das wichtige Thema Qualitt und Tiefgang der interkulturellen Vermittlung im Kontrast zu Quantitt und viel Action thematisiert. Viele Partnerkulturen in die Begegnung hineinzunehmen erscheint auf den ersten Blick attraktiv und »modern/in«, kann aber zum Erreichen der gesetzten Lernziele der Vertiefung von Erfahrungen und der nachhaltigen Wirkung europabezogener Themen kontraproduktiv sein. Ein hohes Maß an kultureller Heterogenitt muss man auch didaktisch bewltigen kçnnen, ohne die jugendlichen Teilnehmer zu berfordern.
Erweiterung der Mçglichkeiten durch Zugewinn an (technischen) Kompetenzen Zwei Lehrer erhoffen sich durch den Zugewinn an technischem Know-how und die Nutzung neuer Medien, wie der Plattform E-Twinning, eine Erleichterung des Kontaktaufbaus und der Kontaktpflege. Mit ausreichender Medienkompetenz neuer Lehrer kçnnten beispielsweise in Zukunft Videokonferenzen mit Partnerschulen abgehalten werden. Kommentar: Neue Medien kçnnen unbestritten einige Ablufe erleichtern und beschleunigen. Allerdings verleiten Mçglichkei-
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ten wie Videokonferenzen u. . dazu, die Bedeutung der realen Begegnung aus den Augen zu verlieren. Denn nur der unmittelbare Begegnungscharakter bietet vielfltige interkulturelle Lernmçglichkeiten (vgl. Thomas, Chang und Abt, 2007), weshalb beispielsweise Videokonferenzen immer nur eine Ergnzung zur realen Begegnung bleiben sollten.
Konkurrenz durch internationalen Austausch Ein Interviewteilnehmer frchtet, dass die europische Begegnung angesichts von Konkurrenten wie den USA und Australien an Reiz verlieren kçnnte. Kommentar: Begegnungen mit fr junge Menschen sehr reizvollen Lndern wie den USA und Australien bilden nicht zwangslufig eine Gefahr fr das Fortbestehen europischer Begegnungen, sondern kçnnen auch eine Chance darstellen, wenn es den Projektinitiatoren gelingt, neben europischen Lndern auch außereuropische Lnder wie eben die USA und/ oder Australien mit ins Boot zu holen. Denn dann kann dies auf Seiten der Europer zur Herausbildung einer gemeinsamen Identitt fhren, oft wird nmlich das Gemeinsame erst in Abgrenzung zu anderen erlebt (Tajfel und Turner, 1979)! Allerdings soll hier darauf hingewiesen werden, dass derartige Abgrenzungen auch mit Abwertungen gegenber außereuropischen Lndern einhergehen kçnnen.
»Welchen Beitrag leistet Ihr Projekt fr Europa in Zukunft?« Die Aussagen der Interviewpartner zur Frage nach dem Beitrag ihres Projekts fr Europa in Zukunft beziehen sich auf verschiedene Aspekte. Zunchst sehen die Interviewpartner den Beitrag darin, dass sich die Beziehungen zwischen den nationalen Gruppen nachhaltig verbessern, weil interpersonale Kontakte aufgebaut und Vorurteile abgebaut werden. Auf individueller Ebene werden Begeisterung und Offenheit fr Europa gefçrdert und die Jugendlichen lernen, aufgrund der gemachten Erfahrungen Situationen besser einzuschtzen. Thematisiert wird
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auch, dass den Begegnungen eine tragende Rolle fr Europa zukommt. Weiterhin wird auf die Multiplikatorenwirkung derartiger Projekte verwiesen, denn die Teilnehmer geben ihre Erfahrungen an die Gesellschaft weiter.
Abbau von Vorurteilen und Erkennen von Gemeinsamkeiten Drei Interviewpersonen hoffen, durch ihre Projekte einen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit unter den Beteiligten (z. B. Schler und Eltern bzw. Großeltern, die von Schlern interviewt werden) leisten zu kçnnen. Nach Ansicht der Befragten (N = 2) entstehen Vorurteile hauptschlich dadurch, dass man sich nicht kennt, die unmittelbare Begegnung kann demnach den Abbau von Vorbehalten bewirken. Außerdem fhrt das gegenseitige Kennenlernen zu einer Verringerung von Bedrohungsgefhlen (N = 1). Eine weitere Interviewperson mçchte mit der Durchfhrung von Begegnungsprojekten zur Erkenntnis beitragen, dass trotz kultureller Unterschiede in Europa mehr Gemeinsames als Trennendes vorhanden ist, z. B. hnliche Sorgen und Nçte, und dass sprachliche Barrieren berwunden werden kçnnen. Kommentar: Studien zu Intergruppenbeziehungen belegen, dass diese landlufige Meinung ber die Entstehung und den Abbau von Vorurteilen so nicht stimmt. Die Begegnung allein fhrt noch nicht zum Abbau von Vorurteilen, im Gegenteil, bisweilen kçnnen sich diese sogar erhrten. Um die Beziehungen nachhaltig zu verbessern, mssen bei Begegnungen folgende Faktoren erfllt sein (Allport, 1954; Pettigrew, 1998, vgl. Kapitel 4): – Die Jugendlichen haben denselben sozialen Status. – Ein gemeinsames Ziel fhrt die Teilnehmer zusammen. – Es bestehen Gemeinsamkeiten unter den Teilnehmern. – Der soziale Kontext, z. B. Werte, Normen, fçrdert den Kontakt. – Es herrscht eine kooperative Atmosphre vor und die Interaktionssituation ist ungezwungen. – Der Kontakt ist fortdauernd angelegt. Wie aus diesen Bedingungen hervorgeht, mssen Gemeinsamkeiten existieren, damit sich der Kontakt zwischen Gruppen
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positiv gestaltet. Allerdings darf dabei auch keine berbetonung der Gemeinsamkeiten auf Kosten bestehender Unterschiede erfolgen. Denn bei der Begegnung junger Menschen aus verschiedenen Nationen treten zwangslufig kulturelle Unterschiede zu Tage, die, wenn sie nicht explizit thematisiert werden, zu einer Verhrtung negativer Sichtweisen fhren kçnnen.
Beitrag zur Fçrderung nachhaltiger Beziehungen und Kontakte Sechs Interviewpartner sind der Meinung, dass sich durch Begegnungsprojekte Beziehungen etablieren bzw. verbessern, und zwar sowohl auf mikro- als auch auf makrosozialer Ebene. Zur makrosozialen Ebene liegt eine ußerung vor: Die Interviewperson gibt an, ihr Projekt leiste einen großen Beitrag zu den deutsch-polnischen Beziehungen. Die anderen Befragten berichten, dass beim Zusammentreffen junger aufgeschlossener Menschen Netzwerke entstehen und Kontakte geknpft werden, die auch ber das Projekt hinaus noch Bestand haben und von anderer Qualitt sind als rein touristische Kontakte. Eine Lehrerin beispielsweise weiß von Schlern, die sich immer noch mailen und sogar Gegenbesuche in Lettland planen, um dort ebenfalls an einem Projekt teilzunehmen. Kommentar: Gerade die Nachhaltigkeit, auf die immer hingewiesen wird, ist bislang viel zu wenig erforscht. Hier ist eher der Wunsch Vater des Gedankens. Welche Erfahrungen unter welchen Kontextbedingungen welche Art von Nachhaltigkeit bewirken mit dem Ziel, einen Beitrag fr die Entwicklung Europas zu leisten, ist noch unbekannt. Aktionen mit Spaß und EventCharakter verbunden mit E-Mail-Kontakten nach der Begegnung sind zwar mehr als kein Kontakt, drfen aber mit Blick auf die europischen Herausforderungen auch nicht berbewertet werden.
Begegnung als tragende Sule Europas Vier Interviewpartner sehen die europische Begegnung – neben dem Tourismus (N = 1) – als tragende Sule Europas an. Denn ein demokratisches System bençtigt Menschen und Organisationen, die sich fr das gemeinsame Ganze interessieren und einsetzen.
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Whrend man vor einigen Jahren noch sagte, die politische Klasse in Europa sei der Gesellschaft weit voraus, hat sich heute das Bild gewandelt, denn aufgrund der vielen Begegnungsprojekte ist die Zivilgesellschaft der Fundus der gemeinsamen Beziehungen geworden. Konflikte auf Lnderebene kçnnen durch persçnliche Kontakte ausdiskutiert werden, wodurch die europische Integration gefçrdert wird. Nach Ansicht der Interviewten leistet die Begegnung als solche einen entscheidenden Beitrag fr die europische Integration. Es wird aber noch ein anderer Aspekt angesprochen, der denselben Effekt nur durch eine andere Herangehensweise erzielen soll (N = 3): nmlich durch die Vermittlung der Botschaft »die europische Integration ist ein guter und wichtiger Prozess« (A22). Die Teilnehmer, seien es junge Menschen oder der europische Fhrungsnachwuchs, werden fr das Thema »Europa« sensibilisiert und mit dem europischen Gedanken vertraut gemacht. Dadurch werden die Grenzen in den Kçpfen abgerissen, die Herausbildung einer europischen Identitt wird gefçrdert und die Teilnehmer erlernen eine europische Denkweise. Kommentar: Wintle (2005) ist – hnlich wie die Interviewpartner – der Meinung, dass die sogenannten Bottom-up-Prozesse, also die von den Brgern ausgehende aktive Teilhabe z. B. im Rahmen von Austauschprojekten, einen entscheidenden Beitrag zur Entstehung einer europischen Gesellschaft leisten. Genau das bedarf allerdings noch der systematischen wissenschaftlich-kritischen berprfung, damit die Entscheidungstrger nicht Illusionen nachhngen.
Begeisterung, Interesse und Offenheit fr Europa und seine Lnder Im Rahmen von europischen Projekten werden Jugendliche mit dem Thema Europa vertraut gemacht, sie lernen andere Lnder kennen, realisieren, dass Europa grçßer ist, als sie es sich vorgestellt haben (N = 2). Die konkreten Erfahrungen, sei es nun die Reise ins Nachbarland Polen oder ein Besuch im europischen Parlament und die Diskussion mit Abgeordneten, wecken die Begeisterung der Teilnehmer an Europa und das Interesse am europischen Nachbarn. Das Resultat ist eine grçßere Offenheit
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und Bereitschaft, sich auch im Beruf auf Europa einzulassen. Außerdem wird die Herausbildung eines europischen Bewusstseins gefçrdert. »Letztendlich krieg ich immer mal wieder Feedback von ehemaligen Schlern, die lngst Abitur gemacht haben, die dann kaufmnnische Kontakte zu europischen Lndern hergestellt haben, und … weil sie einfach gesehen haben ›Es lohnt sich, sich da zu beschftigen auch sich da einzubringen.‹ Da ist letztendlich, wollen wir mal sagen, die Saat sozusagen in der Schule verteilt worden und die geht dann auch ein bisschen spter auf.« (A17) Kommentar: Junge Menschen, die an internationalen Jugendbegegnungen teilgenommen haben sind offener und eher bereit, sich auf die Arbeit in interkulturellen Kontexten einzulassen. Diese Beobachtung der beiden Interviewpartner spiegelt sich auch in den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Studie zu den Langzeitwirkungen internationalen Jugendaustauschs wider (Thomas, Chang und Abt, 2007). Da die hier besprochenen Programme einen Europafokus haben, ist anzunehmen, dass sich die genannten Wirkungen auch strker europabezogen manifestieren.
Meinungsbildung durch direkte Erfahrung Nach Ansicht eines interviewten Lehrers sammeln die Schler durch die Teilnahme an den Projekttreffen unmittelbare Erfahrungen, die viel greifbarer sind als die Sekundrerfahrungen, die im Unterricht vermittelt werden. Mithilfe dieser Erfahrungen lernen die Schler Situationen besser zu beurteilen. Nachdem die Schler beispielsweise in Bulgarien waren, kçnnen sie besser einschtzen, ob ein EU-Beitritt Bulgariens sinnvoll ist oder nicht. Kommentar: Einzelerfahrungen haben einen hohen Akzeptanzund Authentizittswert, so dass oft die Tatsache bersehen wird, dass es eben nur eine Ad-hoc-Erfahrung ist, die sich nicht so einfach generalisieren lsst. Um zu einem gesicherten Urteil zu kommen, ist es wichtig, die Primrerfahrungen mit Sekundrerfahrungen resp. generalisierbaren Informationen zu verzahnen, wie sie z. B. in den Schulen vermittelt werden.
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Multiplikatorwirkung und Vermittlung von Eindrcken Zwei Interviewpartner sehen den Beitrag ihrer Projekte darin, dass die Teilnehmer ihre persçnlichen Eindrcke und Erfahrungen an andere weitervermitteln und damit in die Gesellschaft hineinwirken. Fr einen Befragten stellt dieser Multiplikatoreffekt sogar die Kernidee der europischen Begegnung dar. Gemß der Aussage der anderen Interviewpartnerin kann ihre Organisation die unmittelbare Begegnung zwar nicht jedem ermçglichen, allerdings wird dafr gesorgt, dass auch die breite Bevçlkerung teilhaben kann: Zum einen besteht fr die ffentlichkeit die Mçglichkeit, das Symposium zu besuchen, das vor der eigentlichen Projektreise stattfindet, zum anderen verarbeiten die Teilnehmer nach der Reise ihre Erfahrungen zu Kunstwerken, die dann im Rahmen einer Wanderausstellung Menschen zum Nachdenken anregen sollen. Auf diese Weise kann beispielsweise auch der Beitrittswunsch der Trkei transparent gemacht werden. Kommentar: Europabezogene Programme, bei denen die Teilnehmer nach dem Abschluss ihre Erfahrungen in die Gesellschaft hineintragen, bilden einen wichtigen Pfeiler der europischen Integration (vgl. Wintle, 2005). Allerdings sollten die Projektorganisatoren nicht unbedingt darauf vertrauen, dass die jungen Menschen allein durch die Teilnahme am Projekt zu Multiplikatoren werden, sondern gezielte Anregungen geben, damit die Wissensmultiplikation tatschlich zustande kommen kann. Denkbar wren hier Ausstellungen, Abschlussveranstaltungen mit Einbeziehung der Eltern usw. (vgl. dazu auch Kapitel 6).
Fragestellungen fr die Zukunft Themen der aktuellen Erwartungsagenda mit Lebensbezug Ein Interviewpartner empfiehlt bei der Auswahl der Themen fr die politische Bildung immer einen Blick auf die aktuelle Erwartungsagenda zu werfen und zustzlich einen Lebensbezug fr die Teilnehmer herzustellen. So kçnnen bei der Themensuche Fragen hilfreich sein wie: Was wollen denn die Menschen, dass Europa leistet? Von welchen Politikbereichen erwarten sich Ju-
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
gendliche, dass Europa etwas leistet? Was bringt denn oder welche Auswirkungen hat denn europische Politik fr den Lebensalltag der Jugendlichen? Neben vielen weiteren Themen, die an anderer Stelle Erwhnung finden werden, nennt der Interviewte ein Themenbeispiel, das im Jahr 2003 ganz oben auf der Erwartungsagenda stand: »Sicherheit vor terroristischen Anschlgen«. Kommentar: Psychologische Erkenntnisse liefern Untersttzung fr diese Aussagen: Je strker der Bezug zur Lebenssituation der Jugendlichen, die sich in den Entwicklungsaufgaben widerspiegelt (siehe Kapitel 4), desto strker fhlen sich Jugendliche angesprochen und umso motivierter werden sie sein. Identitt, Werte und Selbstbewusstsein Ein hufig genanntes Themengebiet, das nach Meinung der Interviewpersonen (N = 5) in Zukunft an Bedeutung gewinnen bzw. wichtig bleiben wird, ist die Wertediskussion. Damit einhergehende Fragen wren: »Welche kulturellen Werte gibt es in Europa?«, »Was sind die gemeinsamen Werte?«. Eine Interviewpartnerin betont auch, dass sich Europa in Bezug auf seine Werte zu wenig selbstbewusst gibt, v. a. auch in Abgrenzung zu religiçsen Ideologisierungen: »(…), dass man dem ein laizistisches, aufgeklrtes Europa entgegensetzt, was deutlich macht, wir haben andere Werte, wir haben Werte, brauchen nicht sozusagen den Rckgriff auf Traditionen oder ein Denken, was eigentlich berkommen ist.« (A33) Eine Aussage bezieht sich zudem auf die zentrale Bedeutung der Identittsthematik, und zwar in Bezug auf die nationale Identitt und die Frage, ob es eine europische Identitt gibt und wie diese wchst. Neben dem Diskurs ber eine mçgliche europische Identitt oder ber geteilte europische Werte wird auch vorgeschlagen, die Identitt Europas selbst zum Thema zu machen (N = 2). Dabei sollen folgende Fragen thematisiert werden: Europa, ein Sozialstaat, eine friedliche Vision, ein gerechtes Europa?
5.3 Visionen
111
Europische Geschichte Einer Interviewpartnerin zufolge sollte die europische Geschichte als Brcke zu heutigen Diskussionen dienen. Im 15. und 16. Jahrhundert gab es beispielsweise einen arabisch-jdischen Dialog u. a. ber religiçse Fragestellungen. Es wre also wnschenswert, wenn die Europer aus der Geschichte, hier dem friedlichen Dialog des 15./16. Jahrhunderts lernen wrden und statt der Konfrontation der Kulturen einen gemeinsamen Dialog anstreben. Kommentar: Hierzu ist jedoch eine gute Kenntnis historischer Entwicklungen wie interkultureller Unterschiede vonnçten. Jugendbeteiligung und jugendgerechtes Europa Einige Themenvorschlge konzentrieren sich sehr stark auf Mçglichkeiten, wie Jugendliche in Europa aktiv werden kçnnen bzw. welche Themen fr Jugendliche im Allgemeinen interessant sind (N = 3). Ein Interviewpartner schlgt dabei eine Unterscheidung in Themen fr den Lernbereich einerseits und fr den Freizeitbereich andererseits vor und empfiehlt, diese in den europischen Kontext zu stellen. Der Lernbereich umfasst dabei Bereiche wie Schule, Beruf und Hochschule, als konkrete Themen bieten sich v. a. solche an, die mit der persçnlichen Ausbildung assoziiert sind. Im Freizeitbereich sind Inhalte denkbar, die mit Sport, Kino und Musik in Verbindung stehen. Ein anderer Interviewpartner mçchte Mobilitt und Entscheidungsfindung bei Jugendlichen zum Thema machen. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Jugendbeteiligung in Europa. Politik und Wirtschaft Bei der Frage nach Themen, die auch in Zukunft von Bedeutung sind, werden von einigen Interviewpersonen verschiedene Politikbereiche aufgezhlt: – Umwelt- und Energiepolitik (N = 4) – Nachhaltigkeit (N = 3) – wirtschaftliche Entwicklung, Globalisierung und ihre Folgen (N = 2) – Arbeitswelt, Arbeitsmarktentwicklung (N = 2) – Außenpolitik (N = 1)
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
– Verfassungsprozess (N = 1) – Sozialpolitik: Folgen sozialen Umbruchs (N = 1) – Kulturpolitik (N = 1) Ein Interviewpartner weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass politische Bildung keine Institutionenkunde sein sollte, sondern stets mit dem Lebensalltag der Teilnehmer in Verbindung gesetzt werden muss (s. o.). Wichtig seien also Politikbereiche, bei denen Jugendliche Probleme sehen oder erwarten, dass Europa etwas macht. Neben dieser Anmerkung wurden zu einigen Politikbereichen detailliertere Aussagen gemacht, auf die nun kurz eingegangen wird. Umwelt und Energiepolitik Umwelt und Energieversorgung werden als wichtige Zukunftsthemen genannt (N = 4). Dabei beziehen sich die Aussagen auf den çkologischen Bereich, wie Umweltschutz, Umweltentwicklung und Klimaerwrmung sowie auf Energiefragen und Energieversorgungssicherheit in Europa und der Welt. Nachhaltigkeit Das Schlagwort »Nachhaltigkeit« wird von drei Befragten als relevante Zukunftsfragestellung angefhrt, wobei eine Interviewte darauf hinweist, dass ihre Organisation gemeinsam mit Partnern bereits ein 5-jhriges Projekt zum Thema Nachhaltigkeit plant. In zwei Fllen wird nicht genauer darauf eingegangen, welche Themen der Begriff der Nachhaltigkeit in den Augen der Befragten im Detail umfasst. Fr einen Interviewpartner reicht das Themengebiet der Nachhaltigkeit von Energieversorgung bis hin zur Mllproblematik und weist damit eine starke Verbindung zum bereits angesprochenen Themenfeld Umwelt und Energieversorgung auf. Zivilgesellschaft Zivilgesellschaftliche Aspekte wie beispielsweise der internationale Strafgerichtshof sollen nach Wunsch zweier Befragter ebenfalls strker ins Blickfeld der europischen Begegnung r-
5.3 Visionen
113
cken. Eine Interviewpartnerin gibt an, dass ihre Organisation bereits ber konkrete Plne verfgt, die in den kommenden Jahren Eingang in die Projektkonzeptionen finden. Rechtspopulismus Aus der Angst vor Unbekanntem und dem Verlust von Arbeitspltzen resultieren nach Ansicht eines Interviewpartners rechtspopulistische Tendenzen. Gegen diese sollte in Europa gemeinsam vorgegangen werden, d. h., es ist eine Vernetzung und die Entwicklung gemeinsamer Strategien vonnçten. Europas Rolle in der Welt Die Beschftigung mit der Frage, wie die Rolle Europas in der Welt aussehen soll, wird ebenfalls als bedeutsames Zukunftsthema angefhrt (N = 3). »Wenn wir erst mal mit uns beschftigt sind, aber wir mssen natrlich uns auch ins Verhltnis setzen zu dem, was die anderen Menschen von uns halten, was sie von uns erwarten und wo wir ihnen verdammt noch mal auch helfen mssen. Also Europa dann im Kontext zu den, zu den, ja frher hat man gesagt ›Dritte Weltlndern‹, und so. Also zu den Lndern, die uns um unseren Wohlstand und unsere Sicherheit beneiden und da einen Ausgleich zu schaffen.« (A32)
Kommentar zu den Fragestellungen in Zukunft Da die neun aus der Realitt gewonnenen thematischen Schwerpunkte (vgl. Kapitel 8) eine sehr umfassende Herangehensweise an das Thema Europa reprsentieren, lassen sich die Fragestellungen, welche die Interviewpersonen als zukunftstrchtig erachten, den Schwerpunkten zuordnen. Dabei ergibt sich folgendes Bild (Tabelle 5): Die Themen, die in der Tabelle kursiv gedruckt sind, kçnnen in mehreren Schwerpunkten behandelt werden. Hier bietet sich die Chance, die Inhalte aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Das Thema »Rechtspopulismus« beispielsweise kann unter politischen, aber auch unter juristischen und historischen Gesichtspunkten betrachtet werden, außerdem kçnnen die Ent-
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Tabelle 5: Zuordnung der genannten zuknftigen Fragestellungen zu den Themenschwerpunkten Thematische Schwerpunkte
genannte Fragestellungen, die in Zukunft wichtig sein werden
EUropa: Politik und Wirtschaft
Umwelt- und Energiepolitik (N = 4) Nachhaltigkeit (N = 3) wirtschaftliche Entwicklung, Globalisierung und ihre Folgen (N = 2) Europas Rolle in der Welt (N = 2) Zivilgesellschaftliche Aspekte (N = 2) Arbeitswelt, Arbeitsmarktentwicklung (N = 2) Außenpolitik (N = 1) Verfassungsprozess (N = 1) Kulturpolitik (N = 1) Themen der aktuellen Erwartungsagenda mit Lebensbezug (N = 1) Rechtspopulismus (N = 1)
Identitt, Kultur und Werte
Identitt (national und europisch), Werte und Selbstbewusstsein (N = 5) Nachhaltigkeit (N = 3) Identitt Europas (N = 2) europische Vergangenheit als Brcke zu gemeinsamen Wertediskussionen (N = 1)
Europa aktiv gestalten und nutzen Europa jugendgerecht (N = 5) Zivilgesellschaftliche Aspekte (N = 2) Jugendbeteiligung (N = 1) Entscheidungsfindung bei Jugendlichen Mobilitt (N = 1) Themen der aktuellen Erwartungsagenda mit Lebensbezug (N = 1) Vergangenheit und Zukunft Europas
europische Vergangenheit als Brcke zu gemeinsamen Wertediskussionen (N = 1)
Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen
Rechtspopulismus (N = 1)
5.3 Visionen
115
stehung und die Grnde dieses zunehmenden europischen Phnomens von Interesse sein. Wie sich ansonsten zeigt, beschrnken sich die als innovativ erachteten Fragestellungen auf vier Themengebiete, wobei sich auch hier wie auch bei der Realittsanalyse eine Schwerpunktsetzung auf politische Themen abzeichnet. Dabei ist es jedoch interessant zu sehen, dass die Migrationspolitik keine Erwhnung findet. Nur eine Interviewpartnerin bezieht sich im Zusammenhang mit Europas Rolle in der Welt auf einen Philosophen »(…) und der sprach von einem menschlichen Tsunami, der auf uns zurollt!« (A32), um zu begrnden, warum es wichtig ist, dass Europa auch in rmere Lnder mit humanitren Programmen hineinwirkt. Bei der Betrachtung der genannten Zukunftsthemen stellt sich die Frage, ob es nicht wichtig wre, Themengebiete wie beispielsweise »Europische Vielfalt kennen lernen« strker ins Bewusstsein zu rcken. Immerhin kçnnen nicht thematisierte ngste und Bedrohungsgefhle, aber auch negative Vorurteile, die im Rahmen dieses Schwerpunkts eine wichtige Rolle spielen, zur Verschlechterung der Intergruppenbeziehungen und zu rechtspopulistischen Tendenzen fhren. Auch die Beschftigung mit der Frage, ob eine Meinungsbildung nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europischer Ebene existiert und ob diese berhaupt mçglich ist, kann in Zukunft an Bedeutung gewinnen (Schwerpunkt: Europa in den Massenmedien). Generell ist es bei der Auswahl der Themen empfehlenswert, den Blick auf die aktuelle Erwartungsagenda (s. o.) zu richten, und zwar im Sinne einer Diagnose: Welche Themen sind von aktuellem Interesse, welche gesellschaftspolitischen Entwicklungen zeichnen sich ab und womit kann die jeweilige Zielgruppe angesprochen werden? Hier sollte jedoch darauf geachtet werden, dem Facettenreichtum Europas gerecht zu werden und nicht nur auf aktuelle politische Themen zu fokussieren. Zudem ist darauf zu achten, dass die Zielgruppen in den einzelnen europischen Lndern kulturell bedingt unterschiedlich sozialisiert sind und daher auch unterschiedliche Themenschwerpunkte interessant finden.
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen Dieses Kapitel beschftigt sich mit den Ergebnissen der Analyse der wichtigsten Subkategorien an »Empfehlungen fr Rahmenbedingungen«. Bildungs- und Initiativbereich wurden hier getrennt analysiert, um die Ergebnisse mçglichst gezielt in den jeweiligen Bereich zurckmelden zu kçnnen. Aus wissenschaftlicher Sicht steckt gerade in diesen Expertenempfehlungen, die verdichtetes ber Jahre angesammeltes Erfahrungswissen abbilden, ein hohes Umsetzungspotential. Vielfache Impulse und konkrete Verbesserungsanstze sind hieraus direkt fr die Praxis ableitbar. Im Folgenden werden die Subkategorien nacheinander vorgestellt. Dabei werden auffallende, wichtige oder diskussionswrdige Aspekte gleich im Anschluss wissenschaftlich beleuchtet. So kçnnen die in einer Subkategorie auftretenden markanten Punkte nachvollzogen werden. Im Bildungssektor fllt bei den Empfehlungen der Schleranzahl auf, dass diese mit 20 Schlern deutlich unter dem Partizipieren einer kompletten Klasse liegt: Bei »Vollpartizipation« mssten die Zahlen demnach, wenn man eine durchschnittliche Klassenbesetzung zugrunde legt, bei 30 Schlern liegen. Dies fhrt zu dem Schluss, dass zum einem von den meisten Lehrern eben keine Vollpartizipation angestrebt wird, zum anderen jedoch – entgegen der momentanen Comenius-Regel von 4 Schlern – gerne fnffach mehr Schler zum Austausch mitgenommen wrden. Dies ist als deutliches Signal fr einen dringlichen Verbesserungsbedarf in der Konzeption der Comenius-Fçrderung zu werten. Dass die Auseinandersetzung der Lehrer mit dieser Thematik schon weiter fortgeschritten ist, zeigen die konkreten Selektionsempfehlungen, wie eine Auswahl von teilnehmenden Schlern vorgenommen werden kçnnte. Von psychologischer Seite sind hier einige Aspekte herauszuheben: Da ist zum einen der Teilnahmemotivationsaspekt. Bei einem im Klassenverband durchgefhrten Jugendbegegnungsprojekt werden sich immer Schler finden, deren Teilnahmemotivation als niedrig bis abwehrend gewertet werden muss. Sie mssen mitmachen, weil sie nun einmal in dieser
Bildungssektor
Empfehlungen zur Anzahl: Hufigste Nennung 20 Teilnehmer ; Besonderheit ist bei einer Schule die Bildung einer Europaklasse in Jahrgangstufe 11, in der fcherbergreifend an einem Projekt zu Europa teilgenommen wird Empfehlungen zum Alter : Hufigste Nennung: 15 Jahre, 10. Jahrgangsstufe Zusammensetzung: Grundstzlich wird eine Gleichverteilung empfohlen; besondere Tipps: alte – neue EU-Lnder bzw. EU-Lnder – Nicht-EU-Lnder sowie 10 Schler + 2 Lehrer aus jedem Land
Subkategorie Rahmenbedingung
Teilnehmer
Tabelle 6: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Teilnehmer
Empfehlungen zur Anzahl differieren stark von 8 bis 350 Teilnehmer ; jedoch gibt es eine Hufung der Nennungen zwischen 10 und 40 Teilnehmer Die meisten Altersempfehlungen pendeln um Anfang 20 Jahre; Minimum. hufiger 15, einmal ab 6. Klasse; fr manche ist eine große Alterspanne kein Problem bis wnschenswert Zusammensetzung: Internationale Mischung birgt den internationalen Reiz; Bildung einer kleinen »europischen Familie« Jugendliche aus unterschiedlichen Lndern, die gewisse hnlichkeiten aufweisen Gleichverteilung / Paritt ! kein Unterlegenheitsoder berlegenheitsgefhl in den Gruppen Jugendliche aus sehr unterschiedlichen Lnder hat sich bewhrt, sehr unterschiedliche »Temperamente« und Perspektiven Ob bi-, tri- oder multilateral besser ist, hngt von der Ziel- und Themensetzung ab
Initiativsektor
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
117
Subkategorie Rahmenbedingung
Tabelle 6: (Fortsetzung)
Schlerauswahl/Vorselektion: Hier wurden genannt: Vorwissen (Englisch, Textverarbeitung) Offenheit fr Neues als Auszeichnung fr besonderes Engagement in der Vorphase keine: Jeder ist im Projekt einsetzbar
Bildungssektor
Schlerauswahl/Vorselektion: Vielfach werden Interesse und Engagement, Neugier und Offenheit genannt, dann auch unabhngig vom Alter Zielgruppenbedingt muss hohes Lernniveau vorhanden sein (Textarbeit) Vorbereitungsseminar zur inhaltlichen Vorbereitung ! Commitment Juryauswahl bei Knstlern Fr Multiplikatoren/Experten: fundierte Kenntnisse vom Thema Auswahl ber Zahl der Betten (80 aus 400) Journalistische Vorbildung ! in der Regel: Schulzeitung ! gibt es nicht so viele an Haupt- und Realschulen (auch jnger als in den Gymnasien) Selbststndigkeit und Mut (selbst anmelden und alleine anreisen)
Teilnehmer aus verschiedenen sozialen Schichten ! ergnzen sich in ihren Fhigkeiten
Initiativsektor
118 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Subkategorie Rahmenbedingung
Tabelle 6: (Fortsetzung)
Bildungssektor
Haben Kriterien angesetzt ! darber folgt eine Vorauswahl Gewnschter optimaler Teilnehmer : Sprachkompetenz, Interesse am Thema und an anderen Kulturen, einen weiten Blick fr Europa, Reiselust, Neugierde vor allem: Offenheit, Neugierde und Interesse, eine Sprache zu lernen Der optimale Teilnehmer htte andere Horizonte vermittelt bekommen, andere Sichtweisen, neue Ideen gehabt, die vor dem Projekt noch nicht da waren, Netzwerke geknpft, damit auch nachher viele [Wissenschaftler] im Austausch bleiben Bleibt auch nach dem Seminar noch aktiv
Initiativsektor
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Klasse sind, sie htten von sich aus momentan nichts dergleichen angestrebt. Dies ist ein deutlicher Unterschied zur Teilnahmemotivation im Initiativbereich, da hier durch die Notwendigkeit einer aktiven Anmeldung oder Bewerbung fr die Projekte schon eine Vorselektion hinsichtlich in Frage kommender Teilnehmer stattfindet, da sich nur Interessierte melden und nur diese die Energie aufbringen werden. Wie aus der Studie zu den Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch klar wurde, kann eine Korrespondenz zwischen der/den anstehenden zu bewltigenden Entwicklungsaufgabe/n und der Teilnahmemotivation angenommen werden, was wiederum den Rckschluss zulsst, dass solche Programme diesbezglich ein Anregungspotential besitzen (Thomas, Chang und Abt, 2007). Wie die quantitativen Ergebnisse darstellen nehmen Gymnasiasten bevorzugt an den Projekten teil, was sicher auch damit zusammenhngt, dass sie die gewnschten Vorqualifikationen wie Sprachperformanz mitbringen. Doch werden sich auch im Haupt- und Realschulbereich gleichermaßen motivierte Schler finden lassen, mit denen gehaltvoll an einer europischen Bewusstseinsdimension gearbeitet werden kann. Modelle sollten jedoch auf einer Anforderungsanalyse bei Lehrern, Schlern und evtl. dem familiren Umfeld basieren. Die vorliegenden Ergebnisse stellen insbesondere die Ressource Zeit als limitierenden Faktor dar. Hier muss weitergedacht werden, welche Mçglichkeiten geschaffen werden kçnnen, um die Teilnahme am Projekt noten- oder punktemßig mit in die Schulleistungsbeurteilung einbringen zu kçnnen und wie die Teilnahme mit dem Lehrplan abgestimmt werden kann. Zwei als »innovativ« zu wertende Umsetzungen konnten gefunden werden: die Europa-AG und die Bildung einer expliziten Europaklasse ab der 11. Jahrgangstufe, wobei Letztere zustzlich den Aspekt der Einbringung in das Jahrgangsstufenziel mitbercksichtigt (vgl. Kapitel 7). Bei den Partnerlnderempfehlungen ist zunchst erwhnenswert, dass sowohl im Bildungs- als auch im Initiativsektor (zwei bis) drei Lnder empfohlen werden, wie dies auch von Wissenschaftsseite empfohlen werden kann (vgl. Kapitel 5.1 u. 5.2, Methodik-Pool und Europaschema).
Empfehlungen zur Anzahl: 2 – 3 Nationen Akquise: anfangs ber persçnliche Kontakte, inzwischen Netzwerk; zuweilen Probleme Partnerorganisationen zu finden mit einem hnlichen Verstndnis von politischer Bildung, die sich auch inhaltlich auseinandersetzen wollen. Schwerpunktmßig sind Programme mit Mittel-/ Osteuropa zu finden, weniger mit Westeuropa ! Grnde: vieles in Westeuropa luft auf der Ebene der Stdtepartnerschaften Reiz des Neuen bei Osteuropa Polen: unterschiedliches geschichtliches Bild und unterschiedliche finanzielle Situation bercksichtigen Allgemein hat die Partnerlandwahl einen Einfluss auf die zur Verfgung stehenden Ressourcen, was man bedenken muss
Partnerlnder
Empfehlungen zur Anzahl. Im Schnitt werden Durchfhrungen mit 3 Lndern empfohlen (= 2 Partner) Osteuropische Lnder : Polen Osteuropa den Teilnehmern erst schmackhaft machen, osteuropische Schulen haben ihren Schwerpunkt nicht immer auf Englisch, geringe multimediale Ausstattung Rumnien u. Bulgarien Keine Teilnahme von Rumnien an Vorbereitungstreffen aufgrund von Problemen mit den Visen und der »inneren Haltung«, viele Meldungen von osteuropischen Lndern (Rumnien, Bulgarien)
Initiativsektor
Subkategorie Rahmen- Bildungssektor bedingung
Tabelle 7: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Partnerlnder
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
121
Initiativsektor
Nordeuropa: Schweden sind sehr offen aufeinander zugegangen, wenig Meldungen aus Nordeuropa, engagierte Lehrerin hinterließ Gefhl, dass es ein Interesse gab
Sdosteuropa (Trkei): Religiçse Werte wirken trennend schon im Alltag
Sdeuropa: fr naturwissenschaftliches Projekt schwierig italienische Partnerschule zu finden
Außereuropische Lnder : nicht nur Innensicht Westeuropa: Europa in Frankreich alles zentralisierter (= Rckversicherung bei Fragen), Franzçsische Schler ein bisschen zurckhaltender, kann an schlechteren Sprachkenntnissen liegen, wenig Meldungen aus Westeuropa
Subkategorie Rahmen- Bildungssektor bedingung
Tabelle 7: (Fortsetzung)
122 5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
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Bei der Lndereinteilung ist auffllig, dass der Begriff »Mitteleuropa« im Bildungsbereich nicht verwendet wird. Lnder wie Polen, Rumnien und Bulgarien werden hier zu den osteuropischen Lndern gezhlt, obwohl dies mittlerweile eine berholte Einteilung darstellt (vgl. Empirie Lnder). Im Initiativbereich wird Mitteleuropa zwar kurz mit aufgezhlt, in der konkreten Zuweisung heißt es dann jedoch wieder »Reiz des Neuen bei Osteuropa«. Insgesamt lsst dies vermuten, dass der »Ostblock« noch immer sehr stark innerlich reprsentiert ist, auch wenn sich jeder bewusst ist, dass es ihn nicht mehr gibt. Allgemein liegt der Fokus der Nennungen auf den Beschrnkungen und Problembereichen. Hervorzuheben ist hingegen, dass die Erzhlungen zu Nordeuropa sowie zu außereuropischen Lndern positiver Art sind. Aufgrund dieser beiden Extreme drngt sich die Frage auf, ob nicht doch noch gewisse Vorurteile im Hintergrund wirksam sind. Es ist kaum vorstellbar, dass zu Mittel-(hier : Ost-)Europa, zu Westeueropa sowie zu Sdund Sdosteuropa nicht auch positive Erinnerungen vorhanden gewesen wren. Die ußerung, dass zur Zeit schwerpunktmßig Programme mit mittel(hier : ost-)europischen Lndern zu finden sind, entspricht den Erkenntnissen aus der Gesamtrecherche sowie der quantitativen Untersuchung (vgl. dazu Kapitel 7). Auch in der Subkategorie »Projektbegleiter« sind zwei Empfehlungen aus dem Bildungssektor besonders hervorzuheben: der Rckhalt an der eigenen Schule sowie seine eigenen Grenzen kennen. Insgesamt gaben 9 von 12 befragten Experten aus dem Bildungsbereich Empfehlungen zu den Projektbegleitern ab. Davon nannten 5 Aspekte des Rckhalts an der eigenen Schule als wichtigen Faktor. Meistens drehte es sich darum, wie schwierig es ist, Kollegen fr ein Projekt zu motivieren. Bei der Schulleitung ist eher mit Untersttzung zu rechnen. Der Faktor Zeitmangel spielt dabei eine zentrale Rolle, weshalb auch an dieser Stelle die Bildung einer Europaklasse prferiert wird. Der Hinweis auf den Aspekt »seine eigenen Grenzen kennen« lsst erahnen, wie stark die berlastungen durch Anforderungen von außen an die Lehrer sind.
124
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Tabelle 8: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Projektbegleiter Subkategorie Rahmenbedingung
Bildungssektor
Initiativsektor
Projektbegleiter
Empfehlungen zur Anzahl: Doppelbesetzung Rckhalt an der eigenen Schule Fremdsprachenkompetenz Offenheit Grundstzliches Eigenengagement Seine eigenen Grenzen kennen Arbeitsteilung und Synergien nutzen Intervention vs. Partizipation
Empfehlungen zur Anzahl: Zwei Projektbegleiter Offenheit, Flexibilitt Verantwortungsgefhl fr das Ganze Genannte empfohlene Kompetenzen: Interkulturelle Kompetenz/Erfahrung Moderationsfhigkeit Sprachkompetenz Lehrkompetenz Bei Kunstprojekten: Handwerkliches Verstndnis zum Einschtzen von Umsetzbarkeit Rolle: Befhigen zur eigenen Weiterbildung Eher moderieren als instruieren Prozesse steuern
In der Subkategorie »Ort und Dauer« springen drei Aspekte zum Thema »Ort« ins Auge. Der erste ist der Symbolgehalt des Ortes. Wie in Kapitel 7 nher erlutert kann durch einen hohen Symbolgehalt des Veranstaltungsortes die Europa-Erfahrung in Form positiv-emotional hoch aufgeladener Erfahrungen verdichtet werden, auf die bei einer spteren Beschftigung mit Europa leicht wieder zugegriffen werden kann. Auch fr das Europaschema kçnnen hier Einflsse angenommen werden (vgl. Kapitel 5.2). Der zweite Aspekt betrifft die Diskussion, ob ein abgelegener Ort mit der Mçglichkeit, sich absolut auf das Thema zu konzentrieren, geeigneter ist oder es jugendadquater wre, das Projekt in einer Stadt mit hohem Anreizgehalt durchzufhren.
125
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen Tabelle 9: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Ort und Dauer Subkategorie Rahmenbedingung
Bildungssektor
Initiativsektor
Ort und Dauer
Ort Kultureller Gehalt der Ortswahl ! Symbolischer Ort wichtig vs. unwichtig Finanzierbarkeit des Ortes ! Jugendherberge Großstadt vs. abgelegener Ort Wechselwirkung der Ortswahl mit Projektziel Gemeinsame Unterbringung Unterbringung in Familien Kombination aus Unterbringung gemeinsam, dann in Familien Dauer Im Durchschnitt 1 (Schul)Woche; manche wrden sich dies jedoch mehrmals im Jahr wnschen. Hier klaffen die Bedrfnisse der Lehrer (denen 1 Woche reicht bzw. die im Schulalltag nicht mehr verwirklichbar sehen) und die der Schler (htten gerne lnger) auseinander. Wunsch, alle paar Jahre ein Europaprojekt zu machen, damit es in den Kçpfen der Lehrer verankert wird
Ort Auswahl des Ortes nach dem Symbolgehalt ! »wo Menschen das irgendwie spren kçnnen, was es wirklich bedeutet, in Europa zu leben« Nutzung çffentlicher Rume als jugendgerechtes Format (Einzelnennung) vs. Arbeit am abgelegenen Ort zur strkeren Konzentration (Mehrfachnennung) Auswahl nach dem herausragenden Ambiente Auswahl nach Partnern vor Ort Dauer Auch hier nennen die meisten 1 Woche, die Spanne reicht von minimal 1,5 Tagen fr die reine Arbeitszeit bis 10 Tage fr Knstler, in der sie ihren Arbeiten den letzten Schliff geben kçnnen Auch hier wird die Schere der Bedrfnisse zwischen Betreuern und Teilnehmern erwhnt Bercksichtigung des »Zeitfensters der Teilnehmer« wird empfohlen und von daher nicht »viel lnger als 7 Tage«
126
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Hierzu wurde bereits im Kapitel 5.5 »Erfolgsfaktoren …« Stellung genommen und eine Projektinhalt und Zielgruppenabhngigkeit herausgearbeitet. Der letzte Aspekt »Gemeinsame Unterbringung und danach Unterbringung in Gastfamilien« wird ebenfalls im Kapitel 5.5 zum Aspekt der Erfolgsfaktoren dargelegt. Im Bereich »Sprache« kçnnten die Empfehlungsaspekte als ein Kontinuum diskutiert werden. Dabei kçnnten diese Empfehlungen, wie in Abbildung 3 zu sehen, folgendermaßen angeordnet werden:
Abbildung 3: Perspektivenbernahmefhigkeit in Relation zur Sprachfremdheit – eine Diskussionsgrundlage
Aus Sicht der interkulturellen Psychologie ist ein Projekt, in dem die Projektsprache Deutsch ist, fr die deutschen Teilnehmer an Diskrepanzerfahrungen eingeschrnkt und damit weniger gehaltvoll im Hinblick auf Mçglichkeiten zur Erfahrung von Fremdheit, was jedoch eine essentielle Grundlage fr eine Perspektivenbernahmefhigkeit darstellt. Auch ein Dolmetscher schrnkt diese Erfahrungsebene fr die Teilnehmer ein. Das Englisch-Sprechen vermittelt diese Erfahrung deutlich unmittelbarer. Dennoch bleibt auch hier die Frage offen, ob ein Verstehen und ein Kontakt auf einer »ganzheitlichen« Ebene berhaupt stattfinden. Schließlich erleben die Teilnehmer die anderen Teilnehmer nur im Vergleich: »Die anderen sprechen besser« – »Die anderen haben eine hnliche Sprachkompetenz« – »Die anderen sprechen schlechter«. In manchen Projekten einigt man
Initiativsektor hauptschlich wird Englisch gesprochen; zuweilen jedoch auch Deutsch 4 Nennungen meinen, auf jeden Fall eine einheitliche Sprache im Projekt zu sprechen Englisch wird gesprochen, um einen gleichberechtigten Austausch zu erreichen wenn auch nur wenig von der Sprache des anderen gesprochen werden kann, sollte dennoch zum Sprechen ermuntert werden ! das ist immer besser als ber Dolmetscher einige sehen im Sprachaustausch auch einen Kulturaustausch vielfach werden jedoch Dolmetscher oder Sprachmittler eingesetzt, was den Kostenfaktor enorm erhçht
Bildungssektor
mçglichst wenige Sprachen ! in der Auswahl der Lnder bercksichtigen
Subkategorie Rahmenbedingung
Sprache
Tabelle 10: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Sprache
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
127
128
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
sich darauf, dass alle Teilnehmer die fr sie fremde Sprache Englisch sprechen, um keinen zu bervorteilen, indem dessen Muttersprache gesprochen wird, sondern um eine Gleichberechtigung im Kontakt zu ermçglichen. Hier liegt der Intention zwar grundstzlich die fr interkulturelle Kompetenz wichtige gegenseitige Wertschtzung zugrunde, allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Umsetzung wieder mit einer inneren Zerrissenheit erlebt wird: Auf der einen Seite steht man hinter der Entscheidung, miteinander eine dritte fremde Sprache zu sprechen, auf der anderen Seite wird vielleicht ein Vergleich bezglich der Sprachperformanz aufgestellt, wodurch das Empfinden der Gleichberechtigung des Kontakts wieder abhngig wird vom Ausgang des Vergleichs. Demnach kann es auch hier zu einer Kontaktstçrung kommen. Die Aspekte auf der rechten Seite des Kontinuums »besser wenig die andere Sprache sprechen als dolmetschen« und »Sprachaustausch als Kulturaustausch« beinhalten aus wissenschaftlicher Sicht verschiedene Komponenten bezglich eines Kontakts. So zollen die deutschen Teilnehmer einem fremdkulturellen Partner Wertschtzung dadurch, dass sie – zumindest ein bisschen – die fremde Sprache sprechen. Um berhaupt in verbalen Kontakt zu treten, braucht es eine gewisse Bereitschaft und Mut, die fremde Sprache zu benutzen – und zumeist kommt direkt und unmittelbar ein positives Feedback zurck, dadurch dass der andere mit mir spricht. Dies ist sicherlich im Sinne von Kontaktaufbau, in dem ja auch eine gewisse Reziprozitt vorausgesetzt werden kann, als ein Vorteil fr Begegnungsprojekte zu bewerten. Nachteile liegen jedoch in den Beschrnkungen der inhaltlichen Ebene aufgrund der reduzierten Kommunikationsfhigkeiten. Außerdem werden solche Projekte eine hohe Vorselektionsrate haben und sprechen eher eine sehr spezifische Zielgruppe an, z. B. Personen mit guten Sprachkenntnissen. Abschließend ist hinzuzufgen, dass auf diesem Wissensgebiet ein Austausch und eine Vernetzung mit Sprachwissenschaftlern bereichernd und zukunftsweisend wren. Unter die Subkategorie »Ergebnismultiplikation« werden Komponenten subsumiert, durch die Projektergebnisse weiteren Personengruppen zugnglich gemacht werden. Im Bildungsbe-
129
5.4 Empfehlungen fr Rahmenbedingungen
Tabelle 11: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Ergebnismultiplikation Subkategorie Rahmen- Bildungssektor bedingung
Initiativsektor
Ergebnismultiplikation ffentliche Prsentation potenziert die Wirkung des Theaterstckes ! Fçrderfaktor Verçffentlichung Endprodukt sollte fr viele nutzbar sein und den EuropaGedanken fçrdern (hier : Gestaltung eines Europa-Platzes)
Fçrderfaktoren: Weiterverarbeitung der Ergebnisse in Form von weiteren Seminaren oder Policy Papers fr die Politik Erlebnischarakter der Projekte Hemmfaktor »Ressourcen«: fehlende Zeit, um in die Partnerlnder zwecks Vernetzung zu fahren fehlendes Geld, so dass sich die Teilnehmer meist nicht nach 1 Jahr noch einmal wiedersehen kçnnen
reich kann beispielsweise eine reale Theaterauffhrung vor Publikum durchgefhrt und so die Projekterfahrungen in ihrer Wirkung gesteigert. Außerdem gaben die Experten die Empfehlung, das Endprodukt einer grçßeren ffentlichkeit nutzbar und zugnglich zu machen. Die Nennungen im Initiativsektor kçnnen in Fçrderfaktoren und in den Hemmfaktor »Ressourcen« getrennt werden. Als fçrdernd empfohlen werden die Weiterverwendung von Ergebnissen in nachfolgenden Projekten sowie der Erlebnischarakter eines Projektes. Der Hemmfaktor »Ressourcen« zielt auf die zwei Aspekte »Zeit« und »Geld« ab. Interessanterweise fokussieren beide Faktoren auf die Mçglichkeit neuerlichen Kontakts. Entgegen den Fçrderfaktoren, die auf eine Breitenwirkung durch Multiplikatorenwirkung auf andere Menschen abzielen, kme die berwindung des Hemmfaktors
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
»Ressourcen« einer Tiefenwirkung bei denselben Menschen (= dieselben Teilnehmern) gleich. Aus der Subkategorie »Evaluation« sei hier nur der Motivaspekt wissenschaftlich beleuchtet. Hier wird von Expertenseite empfohlen, eine Evaluation nicht einzusetzen, um die Projekte fortlaufend zu verbessern, sondern auch um daraus als Projektleiter ein Feedback fr sich selbst ableiten zu kçnnen. Aus organisationspsychologischer Sicht werden auf diese Weise der »Lehrer« zum »Lerner« und die Evaluation zum Selbstentwicklungsinstrument. Darin liegt das Potential, die Identifikation des Projektleiters mit dem Projekt zu erhçhen und daraus auch fr sich etwas zu ziehen. In Anbetracht z. B. dessen, dass fr die Lehrer der »Rckhalt an der eigenen Schule« durch die Kollegen zwar empfohlen wird, doch leider oftmals fehlt, wre zu berlegen, ob ber diesen Weg mehr Kollegen »auf den Geschmack« kommen kçnnten, da die Feedbackeinholmçglichkeiten fr Lehrer ja eher gering sind. Diese Subkategorie wurde in die Analyse hineingenommen, da die Ergebnisse geeignet sind, um »Projektdurchfhrungsnovizen« im Vorfeld der Projektplanung auf Bereiche aufmerksam zu machen, die sich schwierig gestalten kçnnen.
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung Erfolgreich kann ein Projekt im Kontext dieser Studie gelten, wenn europabezogenes Lernen, z. B. im Hinblick auf einen europischen Partner oder im Hinblick auf Europa allgemein stattgefunden hat. So sind die Erfolgsfaktoren im Hinblick auf das Ziel der vorliegenden Studie inhaltlich als Angaben zu Best-Practice-Faktoren, nmlich als Faktoren zu bewerten, die bisher Erfolg im obigen Sinne gewhrleisten und daher oft eingesetzt werden. Datengrundlage waren hier – wie in Abbildung 4 dargestellt – Aussagen zur Kategorie »Erfolgsfaktoren« auf die Frage danach, welche Elemente besonders zum Erfolg beigetragen haben.
Bildungssektor
Spezielle auf das Projekt zugeschnittene Fragen auch Fragen zum mitgenommenen Geografie- oder Kulturwissen Wirkungsabfrage 5 Jahre danach wre gut Nach Miteinbezug von Eltern und Großeltern Feedback einholen ! meist sehr gut
Subkategorie Rahmenbedingung
Evaluation
Tabelle 12: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Evaluation
Empfehlung in standardisierte Methoden wie Fragebogen zu investieren Aber : Kombination empfohlen mit spezifischen offenen inhaltlichen Fragen Wichtig wird auch die Selbstevaluation der Begleiter gesehen 2 Motive fr Evaluation: a) Verbesserungen der Projekte, b) Feedback an Projektleiter Inhalte z. B.: Meinung der Jugendlichen zum Projekt Informationskanle: Woher vom Projekt gewusst? Einschtzung zu Kosten, Anfahrt, Unterbringung Fragen zum Kennenlernen der anderen Teilnehmer (sozialer Aspekt) Inhaltliche Fragen Abfrage von Wirkungen
Initiativsektor
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 131
132
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Tabelle 13: Empfehlung fr Rahmenbedingungen – Genannte Problembereiche Subkategorie Rahmenbedingung
Bildungssektor
Initiativsektor
Genannte Problembereiche
Hier lassen sich vier Bereiche ausfindig machen: Probleme beim Projektstart: Brokratie; Akquise von Partnern und Teilnehmern Probleme beim Projektverlauf: Sprachprobleme, strukturelle Divergenz als Durchfhrungshindernis, (Mangelndes Wissen bzgl.) interkulturelle(r) Divergenz, Probleme durch einzelne Teilnehmer und bergeordnete Probleme: Umgang mit Neuen Medien, Projektaufrechterhaltung, Partizipation der Schler ; Hçhere Fhrungsleistung bei schwcheren Schlern Finanzierung: Vereinfachungsvorschlge fr die Brokratie Drittmittelakquise fr trilaterale Projekte besser ber große Stiftungen Finanzierungshindernis Projektgrçße: Große Projekte werden noch am ehesten von Stiftungen finanziert
Hier lassen sich folgende Bereiche ausfindig machen: Probleme bei der Akquise spezifischer Zielgruppen Probleme beim Projektverlauf: Sprachprobleme, Aufwendigkeit des Projekts, (Mangelndes Wissen bzgl.) interkulturelle(r) Divergenz, Probleme durch einzelne Teilnehmer/spezifische Zielgruppen und bergeordnete Probleme: Unterbringung / Versorgung, Vernetzung der Organisationen statt Einzelkontakte, Divergenz des Begriffs »politische Bildung« Finanzierung: Zu wenig Geld zur Verfgung fr Simultanbersetzungen Man muss die Hauptthemen an den »Fçrdertçpfen« ausrichten und versuchen,
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 133 Tabelle 13: (Fortsetzung) Subkategorie Rahmenbedingung
Bildungssektor
Initiativsektor
Bereitstellung finanzieller vorangegangene Mittel fr Schler zu Seminarergebnisse dort gering mit einzubauen Projekte lohnen sich erst ab einer bestimmten Institutionsgrçße Regionale Zuteilung von Fçrdergeldern erschwert Teilnehmerakquise
Ergebnisse zu Erfolgsfaktoren 29 von 38 Interviewpersonen gaben Faktoren an, die fr sie einen Beitrag zum erfolgreichen Gelingen des Projekts geleistet haben.
Abbildung 4: Aussagen zur Kategorie »Erfolgsfaktoren«
(1) In didaktischen Aspekten sehen 33 % einen Erfolgsfaktor. Hierunter fallen Angaben zur didaktischen Konzeption, Aussagen zu Partizipationsaspekten sowie Aussagen zu Konzeptionen, die eine Wechselwirkung zwischen der Realitt und dem Programm vorsehen. Die folgenden Beispiele zeigen die Bandbreite der Angaben:
134
5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
a) Didaktische Konzeption allgemein den Knstlern Freiheit lassen; den Leuten Zeit geben, nur Kontext vorgeben, keine konkrete Methodik ! freies Assoziieren, Gesprche untereinander, schauen, wer was macht und wie man das fr sich selber verwenden kann, ist wichtiger und effizienter als jeder Vortrag, weil sich die Knstler schon selbst vorbereitet haben (Infos ber Bcher oder keltische Musik) (A16, 53 – 57) b) Negativaussage A07 hlt zunehmend weniger von reinen Gesprchsforen, da hier mit Pro- und Kontraflchen gearbeitet werden muss und am Schluss hat man meistens einen Kompromiss/Konsens. (A07, 56 – 58) c) Partizipationsaspekte Offenheit des Lernprozesses, d. h., die Teilnehmer sind Autoren dessen, was am Ende steht wird dankbar von den Teilnehmern aufgenommen Hintergrundgedanken von A29: Wissen und Lernen stehen sich diametral gegenber, da Wissensvermittlung (bestehendes, gesichertes Wissen mit einer richtigen Lçsung) das Lernen eher blockiert; anders ist es, wenn die Teilnehmer die Geschichten entwickeln, dann haben sie den Weg dahin gelernt ! Kriterium, ob die Geschichte richtig oder falsch ist, gibt es schon gar nicht mehr (A29, 85 – 86) d) Wechselwirkung Realitt-Projektinhalte Teilnehmerprojekte sind am wirkungsvollsten, wenn ein direkter Kontakt zur Bevçlkerung aufgenommen wird, d. h., die Teilnehmer schwrmen aus, sprechen Leute direkt an und bekommen unmittelbar Rckmeldung; wirkt strker als ein Bhnenprogramm oder Diskussionen (A02, 74 – 79) Aufgabe geht nicht aus dem Geschichtsunterricht hervor, sondern weil eine Fahrt nach Italien ansteht ! Die Methoden gehen ber den Schulalltag nicht hinaus, sind jedoch durch die konkrete
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 135
anstehende Reise lebenspraktischer ! durch Thema intrinsische Motivation hçher (A08, 57 – 61) (2) Dem Begegnungsaspekt sprechen 30 % den Erfolg ihrer Projekte zu. Hier finden sich 7 Aussagen zur persçnlichen Begegnung und zu Austauschmçglichkeiten allgemein, ebenso 7 zur gemeinsamen Projektarbeit sowie 4 Aussagen, die im Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Gruppe stehen. (3) Unter strukturelle Aspekte fallen 6 Aussagen zu Ort und Dauer, die zum »Setting« zusammengefasst wurden, sowie weitere 6 Aussagen zu untersttzenden Aspekten in der Durchfhrungsinstitution wie beispielsweise, dass der Projekterfolg steht und fllt mit der Zusammenarbeit mit den Kollegen oder dass der Verein schon 15 Jahre alt ist und dadurch Mitglieder, die jetzt in Brssel sitzen, Zugnge ermçglichen kçnnen, die sie als kleiner Veranstalter nicht htten. (4) Einzelne methodische Aspekte wurden von 9 Befragten genannt: So wurde die Methode der Zeitzeugenbefragung als Erfolgsfaktor angefhrt (3 Nennungen) sowie von 6 Befragten Empfehlungen zur Durchfhrung. (5) Einem konkreten programmspezifischen Aspekt schrieb schließlich ein Befragter den Erfolg zu.
Ergebnisdiskussion zu Erfolgsfaktoren und Optimierungsanstze Die gewonnenen Ergebnisse sind hier im Hinblick auf den Studienkontext »europische (Jugend)Begegnung« zu bewerten. Sie verdeutlichen, dass zwar einige der bereits, z. T. seit Anfang der 1980er Jahre, vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse durchaus von den Projektverantwortlichen umgesetzt werden, andere dagegen noch nicht in ihrer Wirksamkeit und Bedeutung fr den interkulturellen und europischen Lernprozess verstanden wurden. So wird dem Begegnungscharakter grundstzlich Erfolg zugesprochen, doch erwecken die unkonkret bleibenden Antworten
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
den Eindruck, dass der dahinter liegende Wirkfaktor, nmlich der Aspekt des »sozialen Lernens« (Breitenbach, 1980, Bd. 5, S. 40) nicht bewusst oder noch recht unklar ist. So lsst sich erklren, warum Komponenten wie »Reflexion« oder »Metakommunikation ber kulturelle Normen und Unterschiede« (Breitenbach, 1980; Thomas, Chang und Abt, 2007) unerwhnt oder ohne Zusammenhang bleiben. Das ist deshalb erstaunlich, weil es inzwischen eine Vielzahl lnderspezifischer Trainingsmaterialien gibt, anhand derer Missverstndnisse aus fremdkultureller Perspektive erklrbar gemacht werden und zugleich ein Bewusstsein fr die Wirksamkeit des eigenen kulturellen Orientierungssystems erzeugt werden kann.1 Hier mangelt es an einer fr europabezogene Begegnungsprojekte erforderlichen Moderatorenkompetenz. Die gemeinsame Projektarbeit steht fr viele erfolgskonstituierend im Zentrum. Hierbei handelt es sich ganz konkret um einen Aspekt auf der aktionalen Lernebene (Handlungsebene): Fr die Teilnehmer besteht beim gemeinsamen Tun mit dem Ziel, ein gemeinschaftlich erstelltes Produkt anzufertigen, ein gewisser »Interaktionsdruck«. Man muss irgendwie miteinander in Kontakt kommen, sich verstndlich machen, die fremden Meinungen und Herangehensweisen aushalten und erlebt auf diese Weise Diskrepanzen zu bisher Erlebtem. In einem solchen Kontext kann jedoch durchaus davon ausgegangen werden, dass die Diskrepanzerfahrung auf einem das Lernen optimal anregenden Level liegen. Zum einen deshalb, weil derart erlebte Diskrepanzen in der Regel von den Teilnehmern gut verkraftet werden kçnnen – es besteht keine Konkurrenzsituation, es macht Spaß, die anderskulturellen Jugendlichen weisen doch auch hnlichkeiten auf und es kçnnen neue Freundschaften entstehen. Zum anderen erleben die Teilnehmer, dass sie ihr Ziel (Produktherstellung) miteinander erreichen, wodurch ihr Vertrauen in die eigenen Fhigkeiten, sich in Situationen mit fremdkulturellen Partnern zurechtzufinden und erfolgreich zu sein, wchst. Beides 1 Optimierungstipp: Die von Alexander Thomas im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht herausgegebenen Trainingsprogramme in der Reihe »Handlungskompetenz im Ausland«.
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 137
zusammengenommen und kombiniert mit einem gehaltvollen Reflexionsangebot bietet eine optimale Grundlage, um eine positive Integration der gemachten Erfahrungen in das Selbstkonzept der Teilnehmer sowie einen Zuwachs an interkultureller Kompetenz zu antizipieren. Dies belegen auch die Ergebnisse der Studie zu den Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch (Thomas, Chang und Abt, 2007). Zur Zusammensetzung der Gruppe finden sich in der Literatur (Hess, 2007) berlegungen dazu, was durch die Hinzunahme eines Dritten erwartet werden kann. Die Aktivierung der Kategorie »Europa« oder »Wir alle sind europische Brger« taucht erst oder salient auf in der Dreierkonstellation. In der bikulturellen Begegnung kreisen die Auseinandersetzungen eher um die spezifischen Lnder, die Lernerfahrung bleibt mit dem konkreten Kontext verhaftet, was fr eine Stdtepartnerschaft durchaus Sinn macht, nicht jedoch fr die Europathematik. Hier muss dafr gesorgt werden, dass es zu einer Erfahrungsanreicherung des Wissens ber mehrere Lnderkontexte hinweg, zu einer sogenannten »Metakontextualisierung« (Kammhuber, 2000) im Sinne der Metakategorie »Europa« kommt, so dass die Ebene Europa berhaupt erst lçsgelçst von der Nationenebene konstruiert werden kann (vgl. Kapitel 5.2). An dieser Stelle wird fr eine trinationale Zusammensetzung der Begegnung pldiert, denn bei einer Hinzunahme weiterer Lnder ist auch von einer Zunahme der Steuerungsarbeit in Bezug auf die angeregten Gruppendynamiken auszugehen: Ab einer Grçße von vier Lndern kçnnte das Bedrfnis nach ordnungschaffenden Neukategorisierungen aktiviert werden, so dass es mçglicherweise zu einer 2:2-Grppchenbildung kommt; bei fnf Lndern ist darauf zu achten, dass nicht ein Land in eine »Schwarze-Schaf«- oder Außenseiterposition rutscht. Die Anforderungen an eine sorgsame Gruppendynamik-Steuerung durch die Projektbegleiter drften auf alle Flle steigen. Die Ergebnisse zur »Didaktischen Konzeption« zeigen, dass Erkenntnisse zur »Begegnungsdidaktik« erfolgreich umgesetzt werden. So tauchen die von Krewer, Bohlender und Richter herausgefundenen vier Formen der direkten sozialen Beziehungen (1996, S. 89) in den Ergebnissen auf: »die gemeinsame Pro-
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
jektarbeit (…), freie unstrukturierte soziale Situationen (…), Familienunterbringung und Gruppenleben«, wobei die Unterbringung in Gastfamilien erwartungsgemß fast ausschließlich in Schulprojekten zu finden ist. Die mehrfache Erwhnung der Methodenvielfalt, der spezielle Aufbau eines Projekts mit Inputund erfahrungsorientierten Phasen sowie die »Partizipationsaspekte« belegen, dass auch im Bereich der Jugendbildung der situierte Ansatz verfolgt wird, nmlich dass »Lernen (…) vor allem ein aktiver und konstruktiver Prozeß« ist und »die Lernenden (…) so wenig wie mçglich von außen gesteuert werden« drfen (Mandl und Reinmann-Rothmeier, 1995, S. 48 zit. n. Hçßler, 2001). Der weitere Aspekt »Wechselwirkung Realitt-Projektinhalte« zielt auf die »hohe Ich-Beteiligung der involvierten Partner« (Krewer, Bohlender und Richter, 1996), bei der die Jugendlichen eine reale Situation meistern mssen. Laut der Studie ber die »Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen« (Thomas, Chang und Abt, 2007) kann hier angenommen werden, dass solche Situationen die Jugendlichen im hohen Maße motivational ansprechen. Die Studie belegt, dass Jugendliche, die entwicklungspsychologisch die Entwicklungsaufgabe »eigene Identitt ausbilden« zu bewltigen haben, solche Situationen als relevant und anziehend erleben und aktiv selbst aufsuchen. Als Wirkung kann bei den Jugendlichen eine Zunahme an sogenannter Selbstwirksamkeitsberzeugung angenommen werden, d. h., die Jugendlichen trauen sich auch zuknftig zu, weitere solcher Situationen zu meistern. Im interkulturellen oder europischen Kontext ist daher eine grçßere Offenheit gegenber anderen europischen Lndern zu erwarten, was ein zentrales Ziel interkulturellen Lernens darstellt. Allerdings stellte die Studie klar heraus, dass Reflexionsmçglichkeiten die Erfahrungen wirksamer und nachhaltiger integrieren helfen. Auch hier wren Optimierungsanstze zu Reflexionsangeboten denkbar.2 2 Optimierungstipp: Sammeln-Lassen kulturdivergenter Beobachtungen, Reflexion der eigenen verwirrend erlebten Situationen, Herausarbeiten der erfolgreichen Strategien z. B. im Kontakt mit der fremdkulturellen
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 139
Zur Diskussion des strukturellen Settingaspekts »Ortswahl«, ob ein Projekt besser an einem abgelegenen Ort durchgefhrt werden soll, damit die Aufmerksamkeit auf die Thematik und den stattfindenden Prozess fokussiert werden kann, oder ob die Veranstaltung besser in einer Großstadt erfolgt, die aus sich selbst heraus gengend jugendadquate Anreize bietet und somit ber eine positive Grundstimmung motivationsfçrdernd wirkt, liegen soweit bekannt keine Studien vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass zumindest fr die freiwillig von den Teilnehmern gewhlten Projekte aus dem Initiativsektor beide rtlichkeiten, je nachdem, wovon die Teilnehmenden sich strker ansprechen lassen, eine Vorselektion stattfindet, und zwar derart, dass der Veranstaltungsort dann zu den jeweiligen Jugendlichen passt. Aus der Entwicklungspsychologie liegen Erkenntnisse vor, dass die Jugendlichen aktiv Handlungsfelder aufsuchen, die zur aktuell anstehenden Entwicklungsaufgabe passen (Havighurst, 1972; Oerter und Montada, 2002; vgl. auch Kapitel 4). Eine »Untersttzung seitens Durchfhrungsinstitution«, wie z. B. Rckhalt bei Projektstartschwierigkeiten und die Zusammenarbeit mit Kollegen, die im Initiativbereich als zentral angenommen werden kann und sich eher im schulischen Kontext problematisch zeigt, ist als unbedingt fçrderlich fr den Projekterfolg anzusehen. Zieht man die Ergebnisse aus den Interviews in der Kategorie »Genannte Probleme« (siehe Kapitel 5.4) hinzu, wird deutlich, dass dieser Aspekt durchaus fr viele durchfhrende Lehrer (N = X) verbesserungswrdig ist. Im methodischen Aspekt »Zeitzeugenbefragung« sind aus psychologischer Sicht drei Ansatzpunkte fr eine Diskussion gegeben: (a) die Perspektivenbernahmefhigkeit, (b) die Partizipation (c) sowie das Lernen am Vorbild.
Bevçlkerung und Einbettung in das Konzept der Kulturstandards nach Thomas (2000).
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Die Perspektivenbernahmefhigkeit beschreibt die Fhigkeit des Verstehens und Einfhlens in das Wahrnehmen, Denken, Fhlen, Handeln und Urteilen eines anderen sowohl im direkten Kontakt als auch antizipativ und in das eigene Handlungskonzept mit einbeziehend. Sie ist als ein Teilaspekt der »Interkulturellen Handlungskompetenz« (Thomas, 2003a) als ein maßgeblicher Faktor zur Entwicklung einer die Vielfalt erhaltenden »MetaKultur« Europa zu bewerten. Die Methode der »Zeitzeugenbefragung« wird als geschichtsfachspezifische Methode auch »Oral History« genannt. Hierbei wird den Teilnehmern ermçglicht, eigene Fragen an eine »mndliche Quelle«, den Zeitzeugen, zu stellen und sofort Antworten zu erhalten. Sie sind somit nicht mehr nur Rezipient von Quellenmaterial, sondern werden aktiv in den Produktionsprozess integriert (Kahlert, 2007). Damit wird eine Partizipation der Teilnehmer erreicht, mit der wiederum – wie schon oben beschrieben – die Ich-Beteiligung gesteigert wird. Die Erzhlung von selbst erlebten und »berlebten« Situationen hat fr die zuhçrenden Teilnehmer Vorbildfunktion. Dabei wirken insbesondere Generationen lterer Personen als Mentoren fr die (hier) Jugendlichen und es ist davon auszugehen, dass die Inhalte der Erzhlungen durch ltere Personen besser erinnert werden (Mergler und Goldstein, 1983) und eine generalisierte Selbstwirksamkeitserwartung in den Zuhçrern aufgebaut wird, d. h. die Idee davon, »dass man alles irgendwie schaffen kann«, was einem Grundvertrauen in die Zukunft gleichkommt. Dies entspricht der von Oerter und Montada beschriebenen Entwicklungsaufgabe im Jugendalter »Zukunft. Eine Zukunftsperspektive entwickeln: Sein Leben planen und Ziele ansteuern, von denen man annimmt, dass man sie erreichen kçnnte« (2002, S. 271). Folglich kann davon ausgegangen werden, dass dieser Effekt der Zeitzeugenbefragung bei den Jugendlichen Interesse weckt und durch die hohe Entwicklungsrelevanz zum Erfolg beitrgt. Wie in der Langzeitwirkungsstudie (Thomas, Chang und Abt, 2007) beschrieben, kann davon ausgegangen werden, dass die momentan im Teilnehmer aktivierten Entwicklungsaufgaben die Teilnahmemotive beeinflussen. Verstrkend wird daher im Initiativbereich fr Projekte mit Zeitzeugenbefragung
5.5 Erfolgsfaktoren fr eine gelungene europabezogene Begegnung 141
eine zur aktivierten Entwicklungsaufgabe passende Vorselektion stattfinden. Schließlich finden sich noch Empfehlungen zur erfolgreich verlaufenen Durchfhrung. Hierunter finden sich zwei Angaben zur ffentlichkeitsarbeit: Einmal wird Erfolg erreicht ber eine plakative Themenwahl, zum anderen wird ffentlichkeitsarbeit per se als Erfolgsgarantie gesehen. Fr eine Beurteilung kçnnen auch hier zwei Diskussionspunkte verfolgt werden: die multiplikative Funktion von ffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Ergebnisverbreitung sowie der Bedeutungszuwachs fr die Teilnehmer. Der erste Aspekt bemisst Erfolg ber die Rckmeldung von projektfremden Menschen und im Hinblick auf die oftmals zu hçrende Forderung einer europischen Bewusstseinsbildung durch die Schaffung einer europischen ffentlichkeit sollte dieser Erfolgsfaktor mçglichst beachtet und umgesetzt werden. Hintergrund dabei ist, dass eine europische ffentlichkeit als Hinweis auf ein kollektiv geteiltes Wissen gedeutet werden kann und ber diesen Weg individuelle Schemata zu Europa (vgl. Kapitel 5.2) sich zu kollektiven Schemata verdichten kçnnen. Dies wird als ein zentrales Element im Prozess organisationalen Lernen – sofern Europa als Organisation gesehen wird – beschrieben (Senge, 2000; Wahren, 1996). Der zweite Aspekt setzt an der Wirkung im Projektteilnehmer an. Hier kann durch eine Bedeutsamkeitszuschreibung eine hçhere Ich-Beteiligung angenommen werden (Krewer, Bohlender und Richter, 1996). »Zieldefinition« und »kompetente Projektbegleiter« lassen sich fr jede Form von Projekten als bewhrt anfhren, unabhngig davon, ob ein interkultureller oder europischer Kontext vorliegt. Der letzte Aspekt »Sprachvermittler« kann kritisch werden, sofern damit eher eine Form »Ferien-Rundreise« durch ein Land gefçrdert wird und der direkte Kontakt zu Einheimischen in den Hintergrund tritt. Aus Forschersicht sind hier bikulturelle Tandems vorzuziehen. In den bisher angefhrten Einschtzungen der interviewten Personen finden sich auch Anstze, wo und wie Stiftungen aktiv werden kçnnen im Hinblick auf eine Optimierung der europischen Begegnung. Im Folgenden werden die Mçglichkeiten von den Interviewpersonen noch einmal auf den Punkt gebracht.
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
5.6 Rolle der Stiftungen Die Frage, welche Rolle Stiftungen oder politische Institutionen im Kontext der europischen Begegnung spielen sollten, kann v. a. deshalb von großem Interesse sein, da hier im europischen Begegnungsfeld engagierte und erfahrene Personen Aussagen treffen. Von den 14 dazu befragten Personen (diese Frage wurde nachtrglich in den Interviewleitfaden aufgenommen) wurden auch 14 Aussagen gemacht, die sich in vier Gruppen einteilen lassen: – Wunsch nach Untersttzung in vielerlei Hinsicht: finanziell, inhaltlich und personell, technisch und organisatorisch; – Ideen zur konkreten Rolle der Stiftungen: Stiftungen als Projektinitiatoren, als (politische) »Informanten«, als Ideenlieferant, als Ansprechpartner und Vermittler ; – Kritische Tçne und damit verbundene Verbesserungswnsche: Kritik an Fçrderpolitik und mangelndem Interesse sowie an mangelnder Fçrderkontinuitt; – Networking und Chancen von Kooperationsprojekten.
Finanzielle Untersttzung Obwohl bei der Frage nach Mçglichkeiten, wie sich Stiftungen und politische Institutionen in die europische Begegnung einbringen kçnnten, der Zusatz »abgesehen von finanzieller Untersttzung« angefgt wurde, wird gerade diese von den Interviewpartnern am hufigsten (N = 6) genannt. Dabei wird ganz allgemein auf die Bedeutung finanzieller Fçrderung eingegangen, beispielsweise auch im Rahmen von Programmen wie Comenius. Drei Interviewpersonen nennen aber auch spezielle Fçrdermçglichkeiten, nmlich die Bezuschussung von Reisen und die Ausschreibung von Jugendprojekten zu Europa. Zuschsse zu den Reisekosten sollen deutschen Schlern ermçglichen, nach Estland zu fahren, um dort persçnliche Kontakte aufzubauen und zu vertiefen. Eine Interviewpartnerin aus dem Initiativsektor mçchte mit der Erstattung von Reisekosten auch jungen Menschen aus den neuen EU-Beitrittslndern wie Ru-
5.6 Rolle der Stiftungen
143
mnien und Bulgarien die Teilnahme an Projekten ermçglichen, da aufgrund des geringen Lebensstandards in diesen Lndern die hohen Reisekosten nicht aufgebracht werden kçnnen.
Technische und organisatorische Untersttzung Fnf Interviewpartner sehen technische und organisatorische Untersttzung als gute Mçglichkeiten fr Stiftungen oder politische Organisationen, sich zu engagieren. Eine befragte Person nennt als Beispiel eine konkrete Kooperation seiner Institution mit einer politischen Stiftung, bei der Letztere logistisch »in Vorhand trat«. Außerdem besitzen Stiftungen oft, so zwei andere Interviewpersonen, eigene Tagungshuser, die sie fr europische Jugendprojekte als Begegnungsort zur Verfgung stellen kçnnten. Als Grnde fhrt ein interviewter Lehrer an, dass in manchen Fllen eine Unterbringung der Schler in Gastfamilien schwierig sei, außerdem werde das Treffen intensiver, wenn alle Teilnehmer an einem Ort leben. Ein anderer Interviewpartner rt Stiftungen und politischen Institutionen, viel deutlicher zu vermitteln, dass sie »Lernorte« sind, die ber eine gute Infrastruktur verfgen. Kommentar: Die Studie zur Langzeitwirkung internationalen Jugendaustauschs (Thomas, Chang und Abt, 2007) hat gezeigt, dass die Unterbringung in Gastfamilien Langzeitwirkungen fçrdert. Da es jedoch gruppendynamisch von Vorteil sein kann, wenn die Teilnehmer zunchst gemeinsam an einem Ort leben und arbeiten, wre eine Kombinationslçsung denkbar, wie sie auch von der Schule eines Interviewpartners (A18b) praktiziert wird. Hier treffen sich die Teilnehmer zunchst in einer Jugendherberge und im Anschluss daran fahren die Schler in die Partnerstadt, wo sie in Gastfamilien untergebracht werden.
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Inhaltliche und personelle Untersttzung Einige Interviewpartner (N = 4) schtzen die gute inhaltliche Arbeit sowie das fachlich spezialisierte Personal von Stiftungen und politischen Institutionen und sehen je nach inhaltlicher Ausrichtung der Stiftung oder der politische Institutionen gute Mçglichkeiten einer inhaltlichen, personellen Zusammenarbeit. Sowohl aus dem Intiativ- als auch aus dem Bildungssektor werden Beispiele einer derartigen gelungenen Kooperation genannt: An einer Europaschule fhrte das CAP ein Planspiel durch. Eine mçgliche Variante sieht der interviewte Lehrer aber auch darin, dass die Materialien zur Verfgung gestellt werden und die Schule selbst die Durchfhrung bernimmt. Aus dem Initiativsektor wird nochmals auf die Zusammenarbeit mit der politischen Stiftung eingegangen (s. o.), die in dem genannten Beispiel neben logistischer Untersttzung auch personell mitwirkte.
Untersttzung bei ffentlichkeitsarbeit Nach Ansicht mancher interviewter Personen (N = 3) wird bei Projekten zu wenig ffentlichkeitsarbeit gemacht. Deshalb empfehlen sie, dass Stiftungen die von ihnen gefçrderten Projekte strker in der Gesellschaft bekannt machen sollten bzw. dass sie im Sinne eines »starken Partners« Projekte ideell untersttzen, beispielsweise durch Prsentation des Projekts auf der Stiftungshomepage.
Stiftungen als Projektinitiatoren Ein Interviewpartner aus dem Intiativsektor mçchte, dass operative Stiftungen Jugendkongresse zu Europa veranstalten oder bei Seminaren und Vortragsreihen zu Europa auch die Stimmen von Jugendlichen dazuholen. Weiterhin empfiehlt er, verstrkt Dialoge zwischen Jung und Alt zu initiieren. Als konkrete Idee nennt er Projekte, bei denen Erwachsene und Jugendliche auf der
5.6 Rolle der Stiftungen
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Grundlage von Dokumenten wie dem »Europischen Fachbericht Jugend« miteinander diskutieren.
Stiftungen als (politische) »Informanten« Jugendliche sind zwar nicht an Parteien, dafr aber sehr wohl an Politik interessiert, so die Meinung einer Interviewperson. Deshalb sollten Stiftungen ohne dahinterstehenden Parteidruck politische berzeugungsarbeit leisten und junge Menschen ber Themen wie Transport, Umwelt, Kulturaustausch und Mobilitt informieren. Diese Informationen sollen dazu beitragen, dass Jugendliche an der politischen Debatte in Europa teilnehmen und bei der nchsten Europawahl ihre Stimme abgeben.
Stiftungen als Ideenlieferanten Ein interviewter Projektorganisator aus dem Bildungssektor sieht fr Stiftungen auch die Option, als Ideenlieferant zu fungieren. Denn mit einer guten Projektidee kçnnten – auch ohne große finanzielle Mittel – Informationen vermittelt und eine große ffentlichkeit erreicht werden. Dies war beispielsweise der Fall bei einer von der Interviewperson ins Leben gerufenen marokkanischen Filmwoche.
Stiftungen als Ansprechpartner und Vermittler Stiftungen eignen sich nach Ansicht zweier Interviewpersonen aufgrund ihrer Struktur und vielseitigen Netzwerke sehr gut als Ansprechpartner und Vermittler : Zum einen kçnnten sie Kontakte herstellen, z. B. zwischen den Organisatoren eines Projekts und mçglichen Referenten, und zum anderen kçnnten Stiftungen bei der Akquise der Teilnehmer mitwirken.
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5 Was Experten sagen – Qualitative Auswertung der Interviews
Kooperation mit Projektinitiatoren als Chance fr politische Stiftungen Ein Projektorganisator aus dem knstlerischen Bereich ist der Ansicht, dass ihre Projekte oft hnliche Gedanken transportieren wrden wie beispielsweise politische Stiftungen. Whrend Letztere sich mit ihrer Arbeit jedoch hufig im trockenen Kontext bewegen, seien knstlerische Projekte sinnlicher und erlebbarer und wrden sich daher sehr gut dazu eignen, die Arbeit politischer Stiftungen anzureichern. Eine Kooperation mit knstlerischen Projekten kçnnte also fr politische Stiftungen auch eine Chance darstellen.
Kritik an Fçrderpolitik und mangelndem Interesse Ein interviewter Projektverantwortlicher kritisiert die Fçrderpolitik von Stiftungen. Es herrsche ein sehr enges Verstndnis von Effektivitt und Effizienz vor, v. a. auch in Bezug auf bestimmte Fachrichtungen, z. B. die Geisteswissenschaften. Deshalb gbe es nur Gelder fr große Projekte mit Renommee und Prestige. Dabei seien auch kleine Projekte, wie beispielsweise eine Begegnung von 10 europischen Studenten im Maghreb mit dortigen jungen Menschen, wichtig, um Klischeevorstellungen auf beiden Seiten abbauen zu kçnnen. Eine weitere Interviewperson beklagt das mangelnde Interesse politischer Stiftungen. Ihr Projektantrag sei mit dem Satz »kein Interesse« abgelehnt worden, offenbar ohne dass von Seiten der Stiftung das Bedrfnis bestanden htte, sich wirklich damit auseinanderzusetzen.
Wunsch nach kontiniuierlichem Engagement Eine Interviewperson beklagt, dass viele Projekte, sobald sie eine gewisse Tragfhigkeit entwickelt haben, eingestampft werden, weil ein neues Projekt her muss und in »Events« gedacht wird. Dabei sei es gar nicht so wichtig, stndig das »Rad neu zu erfinden«, vielmehr sollten Stiftungen auf ein prozesshaftes, auf-
5.6 Rolle der Stiftungen
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einander aufbauendes und kontinuierliches Engagement setzen. Dazu ist es nach Meinung der Interviewperson auch von Bedeutung, dass auf personelle Kontinuitt gesetzt wird.
Networking durch persçnlichen Kontakt zu Organisatoren Fr eine Interviewperson sind persçnliche Netzwerke zwischen Stiftungen und Organisationen, die Projekte durchfhren, von großer Bedeutung. Empfehlung: Aus den ußerungen geht hervor, dass die Interviewpersonen die strukturellen, inhaltlichen und personellen Ressourcen von Stiftungen und politischen Institutionen sehr zu schtzen wissen. Auf Basis dieser ußerungen kann der in Kapitel 5.6 gemachte Vorschlag, einen Informations- und Expertenpool aufzubauen, noch weiter konkretisiert werden. Stiftungen kçnnten aufgrund ihrer zahlreichen Kontakte einen derartigen Informations- und Expertenpool ins Leben rufen, der nach Themen, Formaten und Ansprechpartnern gegliedert fr eine breite Nutzergemeinschaft zur Verfgung steht. Da derartige Pools immer wieder aktualisiert werden sollten, weil neue Materialien und Erfahrungen hinzukommen oder Experten ihren Wohnort wechseln, ihre Expertise erweitern oder aus beruflichen bzw. privaten Grnden nicht mehr zur Verfgung stehen, kçnnte von Stiftungsseite auch die Pflege dieses Pools bernommen werden. Dies fhrt zu einer Optimierung der Qualitt der europischen Begegnung, kann aber auch dazu dienen, den Bekanntheitsgrad von Stiftungen zu erhçhen.
6
Innovationen
6.1 Theoretisches Modell: Lern- und Handlungsfeld Europa Diese Studie basiert auf der Annahme, dass mithilfe wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Realitt ein Modell fr wirksame europische Projekte abgeleitet werden kann. Der Realittsbestand dieser Studie ist mit 190 Projekten sehr umfangreich und dient als adquate Ausgangsbasis fr die Gewinnung innovativer Elemente zumal alle Projekte in eine standardisierte und vergleichbare Form gebracht worden sind. Aus wissenschaftlich-psychologischer Sicht gibt es eine Vielzahl an Theorien (vgl. Kapitel 4), die sich zur Bewertung von Elementen europabezogener Begegnungen im Hinblick auf deren Wirksamkeit eignen. Um die Vielzahl der Theorien, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, in ihrer Relation zueinander nachvollziehen zu kçnnen und um einen schnellen berblick ber hierfr relevante psychologische Gebiete zu erhalten, wurde ein psychologisches Rahmenmodell zum Lern- und Handlungsfeld Europa entwickelt, das im Folgenden dargestellt ist und im Anschluss erklrt wird (Abbildung 5). Im Lern- und Handlungsfeld Europa, in dem die untersuchten europischen Begegnungen stattfinden, sind zwei Ebenen von Bedeutung: die gesellschaftliche und die individuelle! Erstere setzt sich aus mehreren Nationalgesellschaften zusammen, die in ihrer Gesamtheit die europische Gesellschaft bilden. Die Teilnehmer wurden in den jeweiligen Nationalge-
Abbildung 5
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6 Innovationen
6.1 Theoretisches Modell: Lern- und Handlungsfeld Europa
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sellschaften sozialisiert und bilden nun in multikultureller Zusammensetzung die Teilnehmergruppe der europischen Begegnung. Damit jedoch eine Gruppe sich auch als solche versteht und agiert, mssen folgende Bedingungen erfllt sein: Zwei oder mehr Personen stehen miteinander in Beziehung, verfolgen ein gemeinsames Ziel, beachten bestimmte verhaltenssteuernde Normen und entwickeln eine affektive Beziehungsstruktur (Thomas, 1992). Gesellschaften sowie Gruppenbeziehungen sind fr Psychologen immer auch im Hinblick auf die darin agierenden Individuen von Interesse, weshalb in dieser Studie das Verhalten, Erleben und Empfinden des Einzelnen im Vordergrund steht. Wer im heutigen Europa aufwchst, ist mit der Anforderung konfrontiert, interkulturelle Kompetenz entwickeln zu mssen. Denn Europa schreibt sich das Motto »Einheit in Vielfalt« auf die Fahnen. Ein erfolgreiches Zusammenleben verschiedener Kulturen kann allerdings nur dann funktionieren, wenn die Mitglieder interkulturell kompetent handeln, sich selbst kennen und den anderen verstehen. Welche Fhigkeiten und Eigenschaften mit interkultureller Kompetenz einhergehen, kann dem oben abgebildeten Modell entnommen werden. Neben der Herausbildung einer speziell fr Europa und internationale Kontexte wichtigen interkulturellen Kompetenz muss jeder Mensch im Laufe seines Lebens bestimmte Entwicklungsaufgaben bewltigen, die im westlichen Kontext im Jugend- bis frhen Erwachsenenalter von der Herausbildung einer Identitt ber die Entwicklung von Werten bis hin zur Vorbereitung auf die (berufliche) Zukunft reichen (Havighurst, 1972; Dreher und Dreher, 1985). Fr die europische Begegnung sind die Entwicklungsaufgaben insofern von Bedeutung, als sich junge Menschen dann fr die Teilnahme an Projekten entscheiden bzw. besonders motiviert sind, wenn Themen angesprochen werden, die sich mit den gerade »aktiven« Entwicklungsaufgaben der jungen Menschen decken (Thomas, Chang und Abt, 2007). Fr den europischen Kontext spielen wiederum die Entwicklungsaufgaben »Identittsfindung« und »sozial verantwortliches Handeln« (vgl. Kapitel 4) in Form von politischem Engagement eine herausragende Rolle, geht es doch um die Mçglichkeiten
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6 Innovationen
einer europischen Identittsentwicklung und um das Ziel, Jugendliche zu auf Europaebene politisch engagierten Menschen zu erziehen. Die bisher genannten Aspekte, nationale und europische Gesellschaft, Teilnehmergruppe und Individuum, bilden ein sehr komplexes Zusammenhangsgefge, das Lern- und Handlungsfeld Europa. An den einzelnen Stellschrauben lsst sich jedoch sehr gut ansetzen und auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse positiv fçrdernd einwirken, so dass die Vision eines friedlichen, gerechten und gemeinschaftlichen Europas einen Schritt nher rckt. In dem grauen Pfeil sind die sogenannten Fçrderfaktoren abgebildet, die es bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen europischer Begegnungen sowie im Hinblick auf die Fçrderung individueller Handlungspotentiale zu bercksichtigen gilt. Dabei findet sich auch ein Verweis auf das Expertenwissen, das in dieser Studie im Rahmen von Interviews erhoben wurde und das Empfehlungen zu den Rahmenbedingungen sowie zu den Erfolgsfaktoren von europischen Projekten beinhaltet (vgl. 5.4 u. 5.5). Das theoriebasierte Wissen bezieht sich auf die wissenschaftlich anerkannten Mçglichkeiten zur – Fçrderung effektiven Lernens, – Fçrderung interkultureller Kompetenz, – erfolgreichen Bearbeitung der anstehenden Entwicklungsaufgaben, v. a. im Hinblick auf die Entwicklung einer sozialen, nationalen und europischen Identitt sowie die Fçrderung politischer Partizipation, – Verbesserung der Intergruppenbeziehungen, z. B. durch Abbau von Vorurteilen, – Erhçhung der Motivation.
Fçrderung effektiven Lernens Die Beachtung der Erkenntnisse aus der lernpsychologischen Forschung ist in allen Kontexten von Bedeutung, weshalb im Modell auch eine optische Abhebung (weißes Feld rechts des grauen Pfeils) vorgenommen wurde.
6.1 Theoretisches Modell: Lern- und Handlungsfeld Europa
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Lernen ist nur dann effektiv, wenn es auf drei Ebenen erfolgt: der Handlungs-, der emotionalen und der kognitiven Ebene. Weiterhin sollte eine situierte Lernumgebung geschaffen werden, d. h., die Teilnehmer sollen aktiv Wissen konstruieren und mithilfe einer Metakontextualisierung, also einer Auflçsung der Lernverbindung Inhalt – Ort, soll dafr gesorgt werden, dass das Gelernte auch in andere Kontexte bertragen werden kann (Kammhuber, 2000).
Fçrderung und Entwicklung interkultureller Kompetenz Interkulturelle Kompetenz entwickelt sich dadurch, dass man zunchst mit anderskulturellen Personen konfrontiert wird, daraus Erfahrungen zieht, sich selbst und den anderen kennen und letztendlich auch verstehen lernt (Thomas, 2003b). Aus wissenschaftlichen Untersuchungen geht hervor, dass im internationalen Begegnungskontext interkulturelles Lernen dadurch angestoßen wird, dass die Teilnehmer Erfahrungen sammeln, die mit ihrem bisherigen Erfahrungs- und Bewertungssystem nicht bereinstimmen, also diskrepant sind. Ausgehend von diesen Diskrepanzerlebnissen kann interkulturelle Kompetenz entstehen, und zwar dann, wenn ausreichend Reflexionsmçglichkeiten vorhanden sind, um diese diskrepanten Erlebnisse zu hinterfragen und andere Erklrungsmçglichkeiten zu generieren (Thomas, Chang und Abt, 2007).
Erfolgreiche Bearbeitung der anstehenden Entwicklungsaufgaben Politische Partizipation: Mçchte man politische Partizipation bei Jugendlichen fçrdern, so muss dafr gesorgt sein, dass es Mçglichkeiten gibt, wo die Teilnehmer Eigenverantwortung bernehmen und die Umwelt mitgestalten kçnnen. Daraus kann auch Selbstbewusstsein gezogen werden, das ebenfalls fr die politische Teilhabe von Bedeutung ist. Weiterhin sollten die Jugendlichen eine Orientierung erhalten, und zwar in Bezug auf Sinn-,
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Wert- und Zukunftsfragen. Außerdem darf natrlich auch der Spaß an der Sache nicht fehlen (Preiser, 2002)!
Verbesserung der Intergruppenbeziehungen und Abbau von Vorurteilen Hufig wird in Projekten als Ziel der Abbau von Vorurteilen genannt, doch wenn nicht bestimmte Aspekte bercksichtigt werden, kann es sogar zu einer Verhrtung negativer Einstellungen kommen. Daher sollte unter den Teilnehmern ein mçglichst gleicher sozialer Status vorhanden sein, ein gemeinsames Ziel existieren, auf das alle hinarbeiten, und der soziale Kontext sollte mçglichst optimale Rahmenbedingungen fr die Begegnung schaffen. Weiterhin ist von Bedeutung, dass die Teilnehmer Gemeinsamkeiten haben und dass eine ungezwungene kooperative Atmosphre vorherrscht (Allport, 1954; Pettigrew, 1998).
Erhçhung der Motivation Besonders hoch ist die Motivation unter Teilnehmern zum einen, wenn sie inhaltlich »dort abgeholt werden«, wo sie stehen. Zum anderen muss aber auch dafr gesorgt sein, dass die Teilnehmer mçglichst an einer gemeinsamen Aufgabe arbeiten, die fr alle eine hohe Bedeutung hat, mit der man sich identifizieren kann und die mçglichst ganzheitlich angelegt ist, d. h., die Teilnehmer stellen etwas her und sind von Anfang bis Ende mit dabei (Hackman und Oldham, 1974).
Soziale und europische Identitt Die soziale Identitt ist Teil des Selbstkonzepts eines Individuums und erwchst aus dessen Wissen, zu einer sozialen Gruppe zu gehçren (Tajfel, 1981). Zu diesem Wissen kommen noch der Wert und die emotionale Bedeutung hinzu, die dieser Gruppenmitgliedschaft beigemessen werden. Ein Individuum gehçrt
6.2 Innovative Elemente
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immer mehreren sozialen Gruppen an, z. B. Geschlecht, Beruf, Nation, usw. Demnach sind die nationale und die europische Identitt Formen der sozialen Identitt. Was wre nun zu beachten, wenn man die Zugehçrigkeit zur Gruppe der Europer strken mçchte? Die Intergruppenforschung bietet hierzu einige Mçglichkeiten, die jedoch bisweilen auch mit Gefahren verbunden sein kçnnen: – Europische Identitt als bergeordnete Kategorie ber die nationale Identitt Gefahr : Inhalte nationaler Identitt werden auf die hçhere Kategorie projiziert, d. h., typisch deutsche Verhaltensweisen werden als europisch angesehen ! wenn jemand von diesem Bild abweicht ! negative Wahrnehmung! – berlappende Kategorisierung: Neben der nationalen Kategorie werden auch noch andere Kategorien zur Identifikation herangezogen Gefahr : Es wird kein Bezug zu Europa hergestellt. – Strkung europischer Identitt durch Abgrenzung zu anderen Gruppen (z. B. USA) bzw. durch Zuschreibungen von Attributen durch die andere Gruppe Gefahr : Gegenseitige Abwertungen! – Individualisierung: Gruppengrenzen verschwinden Gefahr : Teilnehmer nehmen sich als Individuen und nicht als Gruppenmitglieder wahr – Schließlich ist noch zu beachten, dass nach Abschluss der Begegnung die Teilnehmer als Multiplikatoren in ihre Gesellschaften bzw. in die europische hineinwirken.
6.2 Innovative Elemente Die innovativen Elemente konnten aus dem qualitativen und dem quantitativen Material gewonnen werden. Als »innovativ« gelten dabei Elemente, die »neuartig« sind und von denen aufgrund
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wissenschaftlicher Erkenntnisse und Theorien eine starke Wirksamkeit im Hinblick auf eine europische Bewusstseinsbildung antizipiert werden kann. Als »innovativ« gelten darberhinaus auch solche Einheiten, die nicht klassisch neuartig sind, sich auf dem Jugendbegegnungsmarkt aber bewhrt haben (Best-Practice) und von denen eine vergleichbar starke Wirksamkeit in diese Richtung angenommen werden kann. Zur Beurteilung der Wirksamkeit wurde das theoretische Rahmenmodell entwickelt (vgl. Kapitel 6.1), das verschiedene psychologische Theorien vereint. In diesem lassen sich fr das Lern- und Handlungsfeld Europa Fçrderfaktoren ausmachen, die auf der Ebene der Rahmenbedingungen und individueller Handlungspotentiale als innovativ bzw. wirksam einzuschtzen sind. Dies bildet die Basis, aufgrund derer die im Folgenden beschriebene Auswahl getroffen wurde. Programme kçnnen nicht per se als »innovativ« oder »nicht innovativ«, als »wirkungsvoll« oder »nicht wirkungsvoll« beurteilt werden, vielmehr beinhalten sie oftmals einzelne als innovativ zu bewertende Elemente. Um diese herauszufiltern, wurden ein vertikales und ein horizontales Raster angelegt (vgl. Abbildung 6): Das vertikale Raster orientierte sich dabei an der grundstzlichen Konzeption eines Programms: Inhalt – Methode – Ziel – Struktureller Rahmen. Das horizontale Raster : In der quantitativen Analyse ergab sich als Teilergebnis eine Clusterung in inhaltliche Schwerpunkte. Diese bilden jede Art von Annherung an das Thema Europa ab, die im Begegnungsfeld denkbar sind, und besitzen somit einen umfassenden Aussagewert. Daher wurden sie hier als horizontales Raster zugrunde gelegt. Demnach ist beispielsweise das methodische Element »Begleitung eines EU-Abgeordneten whrend der Sitzungswoche« dem thematischen Schwerpunkt »EU: Politik und Wirtschaft« zuzuordnen und gilt als innovativ, weil es eine hohe Ich-Beteiligung der Teilnehmer auslçst (Selbstkonzept) und dadurch erfahrungsbezogenes politisches Wissen angereichert wird, wodurch eine sptere politische Partizipation angebahnt wird (Prdiktor).
Abbildung 6: Grundmodell der innovativen Elemente
6.2 Innovative Elemente
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Neben diesen thematisch bezogenen Bausteinen lassen sich auch Universalbausteine ausfindig machen, die sich unabhngig vom thematischen Schwerpunkt fr jedes Projekt eignen und einsetzen lassen. Folgende Abbildung zeigt im berblick das Grundmodell mit vertikaler und horizontaler Rasterung sowie die Universalbausteine.
Universalbausteine (Metaebene) Da die Ergebnisse grundstzlich sehr detailreich sind, ist es an dieser Stelle sinnvoll, vorab fr die Ebenen »Inhalt«, »Methode«, »Ziele« und »Struktureller Rahmen« eine Orientierung in Form von Universalbausteinen zu geben. Sie beinhalten zum einen eine Verdichtung der weiter unten beschriebenen Detailergebnisse, zum anderen fließen hier auch wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Auf diese Weise kann diese bersichtseite fr die Konzeption zuknftiger sowie zur Beurteilung vergangener Projekte als eine Art »Checkliste« dienen. Im Folgenden wird nun jeder Teilbaustein in der vertikalen Abfolge erlutert.
Inhalt Die Themenschwerpunkte bilden in ihrer Gesamtheit alle in der Realitt vorgefundenen Herangehensweisen an das Thema Europa (vgl. Kapitel 7.3) ab. Das bedeutet, mit der Wahl eines Themenbereichs fr ein Programm kann eine Facette dieses vielfltigen Themas bearbeitet werden. Denkbar wre auch eine Kombination inhaltlicher Schwerpunkte. Auf Basis der Auswertungen und wissenschaftlichem Grundlagenwissen lassen sich in Tabelle 14 aufegfhrte Empfehlungen ableiten.
Methoden Bei der Wahl der Methoden sollte grundstzlich darauf geachtet werden, dass informations- und erfahrungsorientierte Einheiten intelligent miteinander verzahnt werden. Informationsvermittlung ist wichtig, um ein themenspezifisches, komplexes Hintergrundwissen aufzubauen, das vielfach nicht oder nur bruch-
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6.2 Innovative Elemente
Tabelle 14: Empfehlungen fr die Kombination von Themenschwerpunkten Kombination von Themenschwerpunkten
angenommene Wirkung
EUropa: Politik und Wirtschaft und Europa aktiv gestalten
Mit dieser Kombination kçnnen zum angesammelten Wissen aus dem politischen/wirtschaftlichen Schwerpunkt konkrete Handlungsrume fr junge Menschen erçffnet werden ! Fçrderung politischer Partizipation
Visionen fr Europas Zukunft und Ausgehend von der eigenen Vision, Europa aktiv gestalten z. B. eines Europas 2020, entwickeln die Jugendlichen Vorstellungen, wie sie selbst aktiv werden kçnnen, um die Vision wahr werden zu lassen (bzw. diese zu verhindern – bei negativen Visionen) ! Erhçhung der Motivation und der Bedeutsamkeit durch Ich-Beteiligung, Bewltigung der Entwicklungsaufgabe (EA) »Entwicklung einer Zukunftsperspektive« EUropa: Politik und Wirtschaft und Identitt, Kultur und Werte
Mit dieser Kombination ist empfehlenswert, auf Basis europischer Werte bestimmte Politikbereiche zu behandeln und zu hinterfragen, z. B. Migrationspolitik ! Bewltigung der EA »Werteentwicklung« und Beitrag zur Fçrderung politischer Partizipation
Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen und Identit, Kultur und Werte
Mit dieser Kombination kçnnen zunchst Selbst- und Fremdbild erstellt und verglichen werden, davon ausgehend bietet sich der bergang zur jeweiligen nationalen und einer mçglichen europischen Identitt an ! Einben der Perspektivenbernahme und Wertschtzung als Vorbedingung
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Tabelle 14: (Fortsetzung) Kombination von Themenschwerpunkten
angenommene Wirkung zur interkulturellen Kompetenz und Bewltigung der EA »Identittsentwicklung«
stckhaft vorhanden ist. Erfahrungen erregen, besonders wenn sie Neuigkeitswert besitzen oder den vorhandenen Erwartungen widersprechen, ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, sind aber punktuell auf den spezifischen Augenblick bezogen. Sinnstiftend, verstndlich und lernwirksam werden sie erst, wenn es gelingt, sie in das Hintergrundwissen und die darin enthaltenen »Alltagstheorien«, »Welt-, Menschen- und Ereignisbilder« zu integrieren. So kçnnen in einem Projekt Zielgruppen bedient werden, die »Neulinge« in dem Themengebiet sind; in einem anderen Zielgruppen, bei denen es um eine Wissensvertiefung geht. Werden diese Einheiten mit erfahrungsorientierten kombiniert, kann davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmer nicht trges Wissen ansammeln, sondern aktiv Wissen konstruieren und lernen dieses anzuwenden und auszuprobieren. Es werden also alle drei Lernebenen, kognitiv, emotional und aktional angesprochen.
Ziel Auch in den Zielen sollten sich die in den Methoden angesprochenen drei Lernbenen (kognitiv, emotional, aktional) wiederfinden. Im Hinblick auf die kognitiven Lerninhalte soll ein Wissen ber Europa aufgebaut werden. Das bergeordnete Ziel auf emotionaler Lernebene sollte lauten: »Europabegeisterung wecken«. Dies beinhaltet konkret die Fçrderung von Lernmotivation in Bezug auf Europa, das Schaffen einer inneren Bindung an Europa, das Erçffnen einer Zukunftsperspektive fr persçnliche Chancen in Europa, das Gefhl, dass Europa Sinn macht, sowie das Wecken einer Neugier auf den europischen Nachbarn und die Bereitschaft zum persçnlichen Kontakt.
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Auf der Handlungsebene steht das gemeinsame Tun und Schaffen eines Produkts im Vordergrund. Durch die Interaktion mit europischen Partnern werden Divergenzerfahrungen (s. Abbildung 6) ermçglicht, die als Grundlage fr den Aufbau interkultureller Handlungskompetenz dienen kçnnen, sofern sie im Rahmen von Reflexionsangeboten integriert werden kçnnen. Entscheidend ist hierbei, »dass der Einzelne durch den gemeinsamen Austausch seiner Beobachtungen und Erfahrungen mit anderen Teilnehmern alternative Erklrungen und Verhaltensweisen im Vergleich zu seinen eigenen berlegungen und Handlungsprferenzen kennen lernt« (Thomas, Chang und Abt, 2007, S. 276). Außerdem kann das gemeinsame Erstellen eines Produkts einen Einfluss auf die emotionale Ebene haben, indem sich ein Gruppenzusammengehçrigkeitsgefhl herausbildet.
Struktureller Rahmen Der strukturelle Rahmen setzt sich aus drei Elementen zusammen: der Vorbereitung, der konkreten Gestaltung der Begegnung sowie der Nachbereitung bzw. der Fçrderung der Nachhaltigkeit, die alle drei Bercksichtigung finden sollten. Fr die Vorbereitung empfiehlt sich eine Kombination aus thematisch-inhaltlichen, organisatorischen sowie interkulturellen Komponenten. Bei der inhaltlichen Vorbereitung geht es um eine Einfhrung in das Thema, die anhand von zur Verfgung gestellten Materialien, mittels von den Teilnehmern durchgefhrten Recherchen erfolgen, aber auch ber die Erfassung und Diskussion der Teilnehmererwartungen erfolgen kann. Die Ergebnisse der Recherchen sollten dann aufbereitet und beim ersten Projekttreffen den anderen Teilnehmern vorgestellt werden. Dies hat einen positiven Effekt auf die Bedeutsamkeit, welche die Teilnehmer dem Projekt zuschreiben. Außerdem kann die inhaltlich-thematische Vorbereitung gewhrleisten, dass die Teilnehmer ber die gleiche Wissensbasis verfgen. Organisatorische Vorbereitungstreffen sind dafr gedacht, die Teilnehmer in die Planung mit einzubinden. Durch diesen partizipativen Charakter nehmen das Verantwortungsgefhl und
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damit auch die Motivation zur Teilnahme und Verantwortungsbernahme zu. Die interkulturelle Vorbereitung sollte die Teilnehmer fr die Besonderheiten der interkulturellen Begegnungssituation sensibilisieren. Die Studie zu den Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch hat gezeigt, dass dadurch Sicherheit und Orientierungsklarheit geschaffen werden und dass zudem die negativen Emotionen, die aus Diskrepanzerlebnissen resultieren kçnnen, gemindert werden. Fr eine Vorsensibilisierung im nationalen Kontext kann mit Selbstlernmaterialien zu verschiedenen Lndern gearbeitet werden (Thomas, Kinast und SchrollMachl, 2005; Thomas, Kammhuber und Schroll-Machl, 2007; Schroll-Machl, 2007). Insbesondere besteht hier die Mçglichkeit, eine erste Perspektivenbernahme anzuregen. Um die Qualitt einer Nachbereitung zu bewerten, sind drei Aspekte als wirksam anzusehen: die Wissensmultiplikation, die Wissens- und Erfahrungsintegration sowie das Wissensmanagement. Der Aspekt der Wissensmultiplikation kam schon in Kapitel 5.4 (Rahmenbedingungen) zur Sprache. Hier geht es um Komponenten, durch die in multiplikativer Form die Projektergebnisse auf weitere Personengruppen wirken. Wichtig ist dabei, dass zur Weitergabe der Ergebnisse an projektfremde Personen eine (erneute) intensive Reflexion und Bewertung stattfinden muss, und zwar dahingehend, in welcher Form die Ergebnisse aufbereitet sein mssen, auf welche Punkte fokussiert werden sollte und warum sich diese Personen dafr interessieren sollten. Dies bedeutet fr die Teilnehmer eine vertiefte Auseinandersetzung mit einer zu sendenden »Botschaft« an eine spezifische Zielgruppe und eine bewusste Positionseinnahme bezglich des Projektinhaltes, wodurch sich eine Hereinnahme bestimmter Ergebnisaspekte in das Selbstkonzept antizipieren lsst. Mit dem Aspekt Wissens-/ Erfahrungsintegration wird angesprochen, dass es in einer Nachbereitung unbedingt noch einmal ein Reflexionsangebot geben sollte. Empfohlen wird hierbei ein neuerliches Treffen nach einem nicht zu langen Zeitraum nach Abschluss des Projektes, da oftmals mit einem kleinen –auch innerlichen – Abstand Erfahrungen besser auf einer Metaebene integriert werden kçnnen. Leider scheitert dies oftmals an den Faktoren
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Zeit und Geld. Beim dritten Aspekt Wissensmanagement – einem Begriff aus der Organisationspsychologie – geht es insbesondere darum, das Erfahrungswissen von Teilnehmern, die ein Projekt schon einmal durchlaufen haben, neuen Teilnehmern als Basis zur Verfgung zu stellen, z. B. indem die frhereren Teilnehmer die neuen vorbereiten. Fr Erstere bedeutet dies aber eine Nachbereitung ihres Wissens, denn sie mssen ihre im Projekt angesammelten Erfahrungen und ihr Wissen so strukturieren, dass es trotz Verdichtung transparent und vermittelbar bleibt. Dies bedeutet eine neuerliche intensive Reflexion der Erlebnisse und damit eine Integration des Wissens auf einer hçheren Ebene. Durch die Rolle des Experten bekommt das Erlebte eine hçhere Bedeutung zugewiesen. Eine Begegnung kann durch die Gestaltung der Begegnung einen innovativen Charakter erhalten. Dies ist mçglich durch eine Kombination von Formaten, was z. B. bedeutet, dass vor der Durchfhrung einer Konferenz mit lteren und jngeren Teilnehmern ein Workshop speziell fr die jugendlichen Teilnehmer veranstaltet wird. Hierbei werden zu demselben thematischen Schwerpunkt Einheiten erarbeitet, die dann in der Konferenz vorgestellt werden. Innovativ wirken dabei mehrere Faktoren: Auf dem Workshop nhern sich die Jugendlichen durch das gemischt-nationale, gemeinsame Arbeiten auf erfahrungsorientierte Weise dem Europathema an. Dies kommt einer Vorsensibilisierung gleich, die im Rahmen der Konferenz eine kognitive Untermauerung erfhrt. Außerdem schreiben die Teilnehmer durch das Wissen, dass ihr erarbeitetes Produkt auf der Konferenz vorgestellt wird, dem Projekt eine hçhere Gesamtbedeutung zu (Thomas, Chang und Abt, 2007). Eine weitere innovative Art der Gestaltung besteht in der Kombination von nationalen, gefolgt von europischen Einheiten. Im Rahmen des nationalen Projektteils werden auch hier thematisch gebundene Ergebnisse erarbeitet, die danach im europischen Kontext vorgestellt werden. Hierbei sind die antizipierbaren Wirkungen analog zu den bei der Kombination von Formaten geschilderten. hnlich wie im Abschnitt »Vorbereitungen« ausgefhrt sollte jedoch darauf geachtet werden, dass es nicht nur bei der inhaltlich-thematischen Ebene bleibt, sondern
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darber hinaus auch eine interkulturelle Vorsensibilisierung erfolgt. Prozesshafte Begegnung: Hierunter sind Projekte zu verstehen, bei denen ber einen lngeren Zeitraum hinweg (ca. 1 – 2 Jahre) dieselben Teilnehmer sich immer wieder in verschiedenen Lndern treffen und fortlaufend an dem Europathema weiterarbeiten. Als innovativ ist dabei der Prozesscharakter zu bewerten, da dadurch die Integration des Gelernten viel nachhaltiger erfolgen kann. Weiterhin hat sich gezeigt, dass eine Projektteilnahme außerhalb des eigenen Landes einen verstrkten Effekt auf die interkulturelle Kompetenzentwicklung hat (Thomas, Chang und Abt, 2007). Wenn nun die Projektteilnehmer sich immer wieder in wechselnden Lndern begegnen, kann gewhrleistet werden, dass jeder Teilnehmer mindestens einmal »Nutznießer« dieses Effekts wird. Verstrkt wird der Lerneffekt fr den Einzelnen noch dadurch, dass hier von einer »Metakontextualisierung« (vgl. Kapitel 5.1 u. 5.2) ausgegangen werden kann. Das heißt, das Gelernte kann vom Lernkontext (hier : ein spezifisches Land) losgelçst auf andere Situationen (hier : andere Lnder) bertragen werden. In sich abgeschlossene Module: In modular abgeschlossenen Projekten erarbeiten Teilnehmer in einem Modul Ergebnisse zu einem Europathema, die dann als Grundlage fr das nchste Modul dienen, in dem andere Teilnehmer daran weiterarbeiten und wiederum Ergebnisse erstellen fr das nachfolgende Modul usw. Der Effekt ist hierbei, dass den zu erarbeitenden Ergebnissen eine erhçhte Bedeutung durch die Teilnehmer zugeschrieben wird, was sich auch motivationsfçrderlich auswirkt. Begegnungsorte mit Symbolcharakter: Begegnungsorte kçnnen in vielerlei Hinsicht Symbolcharakter haben, einmal durch historischen Bezug, wie beispielsweise der Ort Kreisau, wo sich im Zweiten Weltkrieg Widerstandskmpfer formierten. Orte wie diese bewirken bei den Teilnehmern eine verstrkte emotionale Involviertheit, wodurch die vermittelten Inhalte nicht nur kognitiv, sondern auch emotional und damit nachhaltiger verarbeitet werden. Begegnungsorte kçnnen neben dieser geschichtlichen Komponente aber auch Trenn- und Verbindungslinien oder die »Nutzbarmachung çffentlicher Rume« symbolisieren.
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Trenn- und Verbindungslinien kçnnen v. a. bei Treffen in Grenzgebieten wirksam werden. Findet nun auf irgendeine Art eine berwindung dieser Grenzen statt, z. B. durch das symbolische Aufbauen einer Tafel ber die Grenze hinweg (siehe Tabelle 18), so bauen die Teilnehmer ein positves emotionales Bild auf, was zu einer erhçhten Motivation fhrt. Symbolisch miteinander verbundene Orte: Hier findet, wie in einem Fall geschehen (siehe Tabelle 24), dasselbe Projekt an mehreren Orten statt, die jedoch miteinander multimedial vernetzt sind. Dadurch erleben die Teilnehmer ein europisches Zusammengehçrigkeitsgefhl, bei dem sie ein nicht unerheblicher Teil eines grçßeren Ganzen sind. Auch hier spielen Emotionen und Motivationsfçrderung eine entscheidende Rolle.
Evaluation Bei fast allen Projekten erfolgt entweder in schriftlicher oder in mndlicher Form eine Abschlussevaluation, bei der die Teilnehmer Rckmeldung geben, wie ihnen das Projekt gefallen hat, was sie besonders gut fanden, was sie verbessern wrden usw. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten stellt diese Art der sogenannten »unmittelbaren Reaktionsabfrage« den ersten wichtigen Bestandteil einer Evaluation dar, dem jedoch drei weitere Punkte folgen sollten (Kirkpatrick, 1967). In einem zweiten Schritt sollte abgeprft werden, ob die Teilnehmer von den vermittelten Inhalten etwas behalten haben, dies entspricht der Evaluation der Lernebene. Weiterhin sollte getestet werden, ob die Lerninhalte des Projekts auch im Handeln angewandt werden kçnnen. Beim vierten und letzten Schritt – meist eine gewisse Zeit nach Abschluss des Projekts – wird evaluiert, ob der Wissens- und Erfahrungszuwachs auch positive Auswirkungen resp. erwnschte Resultate im tglichen Leben mit sich gebracht hat. Obwohl eine Evaluation auf allen genannten Ebenen, also Reaktion – Lernen – Handeln – Resultate, einen hçheren Erkenntnisgewinn bringen wrde als nur die Abfrage der Reaktionen, wird eine derartig umfassende Evaluation praktisch nicht
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durchgefhrt. Dabei kçnnte es fr die Projektinitiatoren durchaus von Interesse sein, wenigstens die zweite, also die Lernebene, noch mit in die Evaluation einzubeziehen. Hier bietet sich folgende Mçglichkeit an: Die Teilnehmer erhalten vor dem Projektstart einen Fragebogen, in dem ihr Wissen zu den anstehenden Themen geprft und/oder erfasst wird, wie stark sich die Teilnehmer mit ihrer Nation und mit Europa identifizieren. Nach Abschluss des Projekts erhalten die Teilnehmer einen hnlichen Fragebogen, mihilfe dessen herausgefunden werden kann, ob durch das Projekt ein Wissenszuwachs und die Fçrderung des Zugehçrigkeitsgefhls zu verzeichnen sind. Da nur wenige Projekte ihre Evaluation an diesen Kriterien orientieren, wird der Punkt »Evaluation« nicht in die Detailschilderungen der einzelnen thematischen Schwerpunkte aufgenommen, was jedoch nicht bedeutet, dass die Evaluation als solche zu vernachlssigen wre.
Innovative Elemente im Detail In Tabelle 15 werden, getrennt nach den einzelnen thematischen Schwerpunkten, Elemente auf der Inhalts-, Ziel-, Methoden- und Strukturellen Ebene dargestellt, die als wirkungsvoll und damit innovativ erachtet werden. Dabei wird zu jedem Element der Name des Projekts genannt, aus dem das Element stammt. Die Zahl in der eckigen Klammer gibt dabei die Nummer des Projektformulars im Anhang an. Fr ein Europa der »Einheit in Vielfalt« ist die Entwicklung interkultureller Kompetenz unabdingbar. Die Grundvoraussetzung ist dabei, dass »man sich selbst und den anderen gut kennt«, weshalb eine Behandlung des thematischen Schwerpunkts »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« auch in Zukunft von zentraler Bedeutung sein wird.
Inhalte Mithilfe welcher Inhalte kann man nun sich selbst und den anderen am besten kennen lernen?
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Tabelle 15: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Europische Vielfalt kennen lernen …« Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen Inhalt, Thema: Selbstbild, Fremdbild, erwartetes Fremdbild (Projekt: The way we are – the regions we live in! [159]) Frauen im Generationen- und im europischen Vergleich (Projekt: Großmtter und Enkelinnen [80]) Großeltern, Eltern und wir – Leben, Lebenserfahrung und Zukunftsvisionen im europischen Haus (Projekt: Großeltern, Eltern und wir im nationalen und europischen Haus [180]) Einstellungen zu Migranten, Asylbewerbern und Flchtlingen in Europa [in Verbindung mit: Migrationspolitik der EU] (Projekt: Soziale Arbeit und Migration in Europa [61]) Methoden: Sketche zu den Stereotypen vom Nachbarland, mit Videoaufzeichnung und anschließender Besprechung (Projekt: Ziele und Trume der Jugend im vereinigten Europa [64]) Befragungen (u. a. Zeitzeugen) und Internetrecherche zu Stereotypen (mit Relativierung durch Landsleute). Die Ergebnisse werden zu einer Prsentation zusammengestellt (Projekt: Europa gemeinsam bauen! [144]) Interviews mit Großeltern (national und beim Projekttreffen in Frankreich) (Projekt: Großeltern, Eltern und wir im nationalen und europischen Haus [180]) Interviews mit der Bevçlkerung der bereisten Lnder zur Frage: »Was kann Europa von Ihrem Land lernen« (Projekt: Europazug 2006 [114]) Analyse von Zeitungen: Querlesen, Suche nach »hot topics«, Vergleich der Titelseiten von Zeitungen der beteiligten Lnder (Projekt: The media and youth in Europe! [153]) Ziele: Erweiterung der Kenntnisse ber die Kultur und Mentalitt der beteiligten Lnder (Projekt: Wer, wenn nicht wir?! [118]) Positive Wahrnehmung anderer Kulturen, Vermittlung interkultureller Fhigkeiten (Projekt: Europa erleben [106]) Struktureller Rahmen: keine innovativen Elemente vorhanden
Im Projekt »The way we are – the regions we live in« [159] werden dazu das Selbstbild, das Fremdbild sowie das erwartete Fremdbild der Schler zum Thema gemacht. Wissenschaftlich gesehen
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eignet sich die Behandlung von Selbst- und Fremdbildern, weil die Teilnehmer zunchst ber sich selbst nachdenken: ihre nationale Zugehçrigkeit, ihr Erscheinungsbild, ihre Fhigkeiten, ihre Verhaltensweisen usw. Dann entwickeln sie dasselbe Bild auch zu den fremdkulturellen Partnern. Das erwartete Fremdbild stellt den Versuch dar, sich selbst mit den Augen des fremdkulturellen Partners zu sehen. Diese Inhaltskombination trgt zu einem besseren Selbst- und Fremdverstndnis sowie zur Schulung der Selbstreflexivitt und der Perspektivenbernahmefhigkeit bei: allesamt Komponenten, die bençtigt werden, um interkulturelle Handlungskompetenz zu entwickeln. Das Thema, bei dem ein Vergleich zwischen lteren und jngeren Frauen in Europa [vgl. 80] vorgenommen wird, weist folgendes Innovationspotential auf. Zunchst ist es sehr interessant, dass bewusst jngere und ltere Frauen zusammengebracht werden und das Zusammentreffen nicht wie im Rahmen von Konferenzen zufllig erfolgt. Fr jngere Frauen besteht hier die Mçglichkeit, aus den Erfahrungen der Seniorinnen Konsequenzen fr ihre eigene Zukunft abzuleiten und ein eigenes Zukunftsbild zu entwickeln. Außerdem kçnnen sich die Teilnehmerinnen aufgrund der Gruppenzusammensetzung wechselweise als Mitglied ihrer Nation oder als Mitglied ihrer Generation fhlen. Aus psychologischer Sicht handelt es sich hier um eine berlappende Kategorisierung, die zu einem verbesserten Kontakt zwischen Nationen und Generationen fhren kann. Dadurch, dass die Begegnung außerdem mit explizitem Europabezug durchgefhrt wird, gibt es noch eine dritte bergeordnete Kategorie, der sich alle Teilnehmerinnen zugehçrig fhlen kçnnen. Eine hnliche Herangehensweise whlt das Projekt »Großeltern, Eltern und wir im nationalen und europischen Haus« [180]. Hier nehmen jedoch die Eltern und Großeltern nicht unmittelbar teil, sondern dienen als Interviewpersonen. Dieses Projekt bietet zwar weniger die Mçglichkeit zur berlappenden Kategorisierung, dafr besteht ein hçherer Ich-Bezug, da die Teilnehmer ihre eigenen Großeltern und Eltern befragen. Weiterhin werden in diesem Projekt nicht nur zwei, sondern sogar
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drei Generationen abgebildet, wodurch zeitliche Entwicklungen und Vernderungen besser nachvollzogen werden kçnnen. Bei einem weiteren als innovativ ausgewhltem Thema stehen Einstellungen, und zwar gegenber Migranten und Flchtlingen [vgl. 61], im Vordergrund. Es ist davon auszugehen, dass Europa in Zukunft zunehmend mit Migranten und Flchtlingen konfrontiert sein wird, damit verbundene Themen sind politisch und gesellschaftlich relevant: Welche Einstellungen und Emotionen existieren bezglich Migranten in den verschiedenen nationalen Gesellschaften, welche nationalen Integrations- oder Assimilationskonzepte gibt es? Kçnnen Beratungsstellen fr Migranten einen positiven Beitrag leisten, wenn ja, wie soll dieser aussehen?
Methoden Die Darstellung von nationalen Stereotypen bzw. Fremdbildern durch Sketche bildet zunchst eine spielerische, partizipativ angelegte Herangehensweise. Durch die Videoaufnahme und die anschließende Diskussion findet jedoch auch eine kognitive Verarbeitung statt. Dadurch wird die Mçglichkeit zur Reflexion und Integration der Erfahrungen geboten (vgl. Kapitel 7.1 – theoretisches Modell). Eine andere Verfahrensweise, sich mit Stereotypen auseinanderzusetzen, ist die mittels Befragungen und Recherchen. Diese sind auf die Gewinnung von Informationen angelegt, die anschließende Hinzuziehung »realer Personen«, zu denen diese Informationen gesammelt wurden, kann dazu dienen, Fehlinterpretationen zu vermeiden und Interpretationsmçglichkeiten fr vorhandene Stereotype zu generieren. Dadurch, dass die Ergebnisse am Ende prsentiert werden, erfolgt mçglicherweise eine erhçhte Bedeutungszuschreibung. Die Interviews mit der Bevçlkerung zum Thema »Was kann Europa von Ihrem Land lernen?« kçnnen deshalb als innovativ gelten, da die Frage nicht, wie sonst blich, auf negative Aspekte fokussiert ist, sondern weil Ressourcen abgefragt werden, die auch im Hinblick auf ein synergietrchtiges Zusammenleben in Europa von Bedeutung sein kçnnen.
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Ziele Die in Tabelle 15 genannten Ziele sollten bei Projekten zum Schwerpunkt »Europische Vielfalt kennen lernen …« als Basisziele angenommen werden. Erreicht werden kçnnen diese jedoch nur durch den berlegten Einsatz wirkungsvoller methodischer Elemente. Empfehlung: Wer ein Projekt veranstalten mçchte, bei dem das Kennenlernen anderer europischer Kulturen im Vordergrund steht, der sollte sowohl inhaltlich als auch methodisch auf die Erkenntnisse der interkulturellen Psychologie und Pdagogik zurckgreifen. So kçnnten im Rahmen derartiger Projekte gezielt sogenannte »kritische Interaktionssituationen« behandelt werden, die sich oft zwischen Vertretern verschiedener Kulturen ereignen. Hier liegen zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zu ber 25 verschiedenen Nationalkulturen vor (z. B. Italien: Neudecker, Siegl und Thomas, 2006; Großbritannien: Schmid und Thomas, 2003; Tschechien: Schroll-Machl und Novy´, 2003; Schroll-Machl, 2007). Zu solchen kritisch verlaufenen Situationen kçnnen die Teilnehmer zunchst eigene Erklrungen generieren, die Optionen dann gemeinsam mit eigenkulturellen Partnern diskutieren, in einem nchsten Schritt von den fremdkulturellen Partnern Erklrungen liefern lassen, um dann abschließend Handlungsalternativen zu entwickeln (vgl. Kammhuber, 2000).
Inhalt, Thema Die Frage »Wer bin ich?« ist insbesondere fr junge Menschen von besonderer Bedeutung, da deren Beantwortung eine Entwicklungsaufgabe darstellt (siehe Kapitel 4). Fr junge Migranten und Angehçrige ethnischer Minderheiten stellt sich diese Frage noch viel dringender, da sie schon per se mindestens zwei Gruppen zur Verfgung haben, zu denen sie sich zugehçrig fhlen kçnnen oder eben nicht. Genau aus diesem Grund kann die Identifikation mit der bergeordneten Kategorie »Europa« fr diese Zielgruppe eine Chance sein (vgl. dazu Pratto und Lemieux, 2001). Damit jedoch eine Identifikation mit »Europa« fr alle Europer gleich welcher Nation und welcher Ethnie erfolg-
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Tabelle 16: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Identitt, Kultur und Werte« Identitt, Kultur und Werte Inhalt, Thema: Wer bin ich? Wo komme ich her – zu welcher Gruppe/Kultur fhle ich mich zugehçrig? [Zielgruppe: junge Migranten, Flchtlinge, Roma] (Projekt: Ein Schritt in Richtung europische Brgergesellschaft [78]) Welches Verhltnis besteht zwischen nationaler und europischer Identitt? (Projekt: Fr ein Europa der Nationen? [123]) Was ist Europische Identitt? Symbole und Topographien als verbindende Elemente (Projekt: Via Regia Campus [74]) eigene nationale Identitt– Identitten anderer – Mçglichkeiten europischer Identittsbildung (Projekt: Europa gemeinsam bauen [144]) Ethnische und kulturelle Minderheiten in Europa und ihre Bedeutung fr den Aufbau einer europischen Identitt [Zielgruppe: Minderheiten] (Projekt: Including ethnic and cultural minorities… [30]) Europische Identitt, Zugehçrigkeitsgefhle, Brgerschaft und damit assoziierte Werte (Projekt: Movi(e)ng through European Identity [134]) Welche Werte des gegenwrtigen Europas haben in Zukunft noch Bestand? (Projekt: European Time Machine« [151]) »Lebensform Familie – Zukunftsfrage fr Europa«: Bereiche Familienfçrderung, Rolle der Frau in der Gesellschaft, kindergerechte Gesellschaft oder »Generationengerechtigkeit« (Projekt: 10. Internationaler Kongress Renovabis [121]) Kulturelle Identitt Europas (Projekt: »Mission Europa« [65/66]), Europa – die große Freiheit? (Projekt: young.euro.connect.« [139]) Methoden: Recherchen zur Geschichte nationaler Identitten, Gesprche mit Vertretern lterer Generationen, Diskussion des Stellenwerts der nationalen Identitt im jeweiligen Land, Diskussion zur Entstehung einer europischen Identitt (Projekt: Europa gemeinsam bauen [144]) Erstellung eines Films zu den vorher gesammelten Ideen bezglich einer gemeinsamen europischen Identitt (Projekt: Movi(e)ng through European Identity [134]) Ziele: Anreicherung des Schlagworts »europische Identitt« mit Inhalt (Projekt: Via Regia Campus [74]) Struktureller Rahmen: keine innovativen Elemente vorhanden
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versprechend ist, muss der Begriff »europische Identitt« mit Inhalt angereichert werden, wie es im Projekt »Via Regia Campus« [74] das Ziel war. Denn wenn dies nicht erfolgt, wenn also niemand weiß, was es heißt, Europer zu sein, dann wird man zur Definition dieser Kategorie wieder auf nationale Merkmale zurckgreifen. Da sich jedoch die nationalen Merkmale in Europa gewollt unterscheiden, wre es fatal, wenn jede Nation die europische Identitt fr sich selbst, und zwar mithilfe nationaler Attribute definieren wrde, denn sptestens im direkten Kontakt wrde deutlich, dass es auf diese Art und Weise keine einheitliche europische Identitt gibt. Folglich sind in Bezug auf die Identittsdiskussion die Projekte von Bedeutung, welche zunchst einmal die nationalen Identitten zum Thema machen, und zwar zunchst die eigene und dann die der Partner, um von da ausgehend nach Mçglichkeiten einer gemeinsamen europischen Identitt zu forschen. Die Einbindung von Migranten und ethnischen Minderheiten kann dabei grundstzlich gewinnbringend sein, und zwar fr alle Beteiligten: Denn fr ethnische Minderheiten und Migranten ist die Identittsthematik sehr prsent, da sie jeden Tag aufs Neue damit konfrontiert werden. Sie kçnnen also die brigen Teilnehmer an ihrem Erfahrungswissen so teilhaben lassen, dass ein wechselseitiger Spiegelbildeffekt entsteht, was wiederum die wahrgenommene Bedeutsamkeit des Projekts auf allen Seiten erhçht. Neben der Erforschung nationaler und europischer Identitten stellt auch die Wertethematik eine Entwicklungsaufgabe fr Jugendliche dar und ist somit per se von großem Interesse. Vielversprechend erscheint es, Werte in Beziehung zu setzen zur Identitt oder auch zur europischen Brgerschaft. Die Wertethematik kann global behandelt werden, aber auch spezifisch im Hinblick auf bestimmte Werte wie »Familie, die Rolle der Frau, kindergerechte Gesellschaft«, wie dies im Rahmen des Renovabis-Kongresses [vgl. 121] der Fall war. Hier erhalten v. a. junge Frauen Anregungen fr die Entwicklung mçglicher Zukunftsperspektiven. Außerdem kann die Wertethematik auch auf Makroebene behandelt werden, nmlich indem Fragen aufgeworfen werden
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wie, welche kulturelle Identitt hat Europa oder ob Europa tatschlich die große Freiheit bedeutet.
Methoden Bei den Projekten, die speziell Identitt und Werte im europischen Kontext behandeln, findet sich nur ein kleiner Teil an Methoden, die in diesem Zusammenhang erwhnenswert, weil wirkungsvoll erscheinen. Einmal tragen die Teilnehmer Ideen zusammen und halten diese filmisch fest, was die Mçglichkeit zur Reflexion der Diskussionsinhalte und der erfahrungsbasierten Verarbeitung des Themas bietet. Beim Projekt »Europa gemeinsam bauen« [144] erscheint die didaktische Zusammensetzung erfolgsversprechend. Zunchst nhert man sich der Identittsthematik ber die informationsorientierte Recherchemethode, die auf die historische Entwicklung von Identitten fokussiert. Zudem finden Diskussionen sowie Gesprche mit Vertretern lterer Generationen statt, wodurch das sonst abstrakt bleibende Identittsthema konkretisiert wird. Wenn man erarbeitet hat, welche kulturelle Identitt mit Europa verbunden ist und wie man sich selbst darin einfindet, wre es wichtig, im Rollenspiel einzuben, diese identittsstiftenden Merkmale und was damit an Hintergrundkonzepten verbunden ist, zu kommunizieren, berzeugend zu vertreten und gegen Widerspruch zu verteidigen. So kann man Argumentationssicherheit als Qualifikation fr den interkulturellen Dialog einben, aufbauen und erfahren.
Inhalt, Thema Die erste vielversprechende Herangehensweise an das Thema »Kunst und Kulturelles« ist die Annherung ber das europische Kulturerbe. Die Werke von Dichtern, Knstlern und Philosophen werden herangezogen, um daraus Ableitungen fr ein gemeinsames Europa in Zukunft zu treffen. Hier besteht zum einen die Mçglichkeit, ein europisches Bewusstsein auf Basis des gemeinsamen Kulturerbes zu entwickeln, denn laut Smith (1992) kann eine kollektive Identitt nur dann entstehen, wenn unter den Mitgliedern auch das Gefhl einer fortlaufenden, gemeinsam geteilten Geschichte vorherrscht. Zum anderen kçnnen die Jugendlichen einmal mehr eine eigene Zukunftsvision entwickeln, aber
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auch beispielsweise ber die Behandlung von Kants Schrift ein Wertebewusstsein herausbilden. Grundstzlich sollte jedoch darauf geachtet werden, im Rahmen dieser Projekte nicht ausschließlich deutsche Dichter und Denker zu behandeln, denn das wrde die Gefahr mit sich bringen, dass das Kulturerbe als deutsches und nicht als europisches angesehen wird. Auf die vergleichende Analyse knstlerischer Ausdrucksformen kommt es an. Gesellschaftssysteme bedrfen einer institutionellen Verankerung, außerdem mssen sich die darin lebenden Individuen der gesellschaftlichen Gruppe zugehçrig fhlen. Doch darber hinaus zeichnen sich Gesellschaften auch durch kulturell-knstlerische Subsysteme aus (Mnch, 1991). Deshalb ist es auch fr eine europische Gesellschaft wichtig, dass auf diesem Gebiet Austausch stattfindet. In den europischen Begegnungsprojekten zeigten sich zwei verschiedene Herangehensweisen an das Thema »Kunst und Kulturelles«: So wurde zum einen aus einer historischen Sicht das europische Kulturerbe behandelt, zum anderen fand eine praktische Annherung statt (vgl. Kapitel 7.3). Projekte mit knstlerischer Ausrichtung, so der Eindruck, werden oft ohne direkten Bezug zu Europa durchgefhrt (vgl. Kapitel 7.7), weshalb in diesem Feld auch nur wenige innovative Einheiten vorliegen. In Bezug auf musikalische Projekte hat sich außerdem in der Studie zu den Langzeitwirkungen internationalen Jugendaustauschs gezeigt, dass hier nur in geringem Maß interkulturelles Lernen stattfindet. Grund dafr sind die stark standardisierten Ablufe beim Musizieren, die kulturell bergreifend universell sind, wodurch die Mçglichkeiten diskrepante Erfahrungen zu sammeln eingeschrnkt werden. Nationalkulturelle Unterschiede treten beim Musizieren nach Noten mit den entsprechend normierten Instrumenten nicht auf. Im Projekt »Common European Verbs and Proverbs« [181] stehen die Wurzeln der europischen Sprachenlandschaft im Vordergrund. Hierbei kann auch wieder die Entstehung eines gemeinsamen europischen Bewusstseins gefçrdert werden. Gleichzeitig spiegelt diese Herangehensweise aber auch eine Wertschtzung fr die verschiedenen Sprachen Europas wider, die sich in dieser Form in keinem Projekt findet. Hervorzuheben
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Tabelle 17: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Kunst und Kulturelles« Kunst und Kulturelles Inhalt, Thema: Kants philosophische Schrift und mçgliche Anwendungen auf Europa heute und morgen (Projekt: Ewiger Friede in Europa… [148]) Was haben uns die Werke der Dichter, Philosophen und Knstler heute noch zu sagen? Welche Orientierungen bieten sie fr die Herausforderungen der Gegenwart? (Projekt: Visions of Europe – Perspectives for a united culture [136]) bereinstimmungen in der europischen Sprachenlandschaft (Projekt: Common European Words, Idioms und Proverbs [181]) Methoden: Gesprche mit Knstlern und Autoren (Projekt: Europa, meine Liebe! [35]) Entwicklung eines Theaterstcks auf Grundlage von Werken und den Informationen zu den Autoren, mit anschließender çffentlicher Vorfhrung (Projekt: Europa, meine Liebe! [35]) Entwicklung knstlerischer Projekte zum ersten europischen Volk den Kelten) und Vortrge zur Kunst der Kelten und dem Stamm der Treverer [Zielgruppe: Knstler] (Projekt: Cerda und Celtoi – Bildhauersymposium [71]) Textarbeit und Recherchen (z. B. zu Dichtern und Denkern) mit Umsetzung der Ergebnisse in Theater- Video- und Audioproduktionen (Projekt: 1806 – ein Epochenumbruch fr Europa beginnt in Thringen [56]) Entwurf von Wçrterrtseln fr ein Arbeitsheft, Sammlung gemeinsamer europischer (Sprich)Wçrter und Redewendungen: diese werden illustriert und vertont in einem Bilderwçrterbuch zusammengestellt. (Projekt: Common European Words, Idioms und Proverbs [181]) Ziele: keine speziell innovativen Ziele genannt Struktureller Rahmen: Wissensmultiplikation: Junge Schriftsteller, die einen Preis fr ihren Beitrag zu Europa gewonnen haben, touren durch Deutschland und lesen mit bekannten deutschen Schauspielern ihre Essays vor (Projekt: young.euro.connect [139]) und Ausstellung der Kunstwerke (z. B. Projekt Mission Europe oder : Cerda und Celtoi [71]) Kombination von Formaten: Symposium + Reise + Erstellung knstlerischer Beitrge (Projekt: Mission Europe [65/66])
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ist hier außerdem, dass das Projekt ein Schulprojekt ist, bei denen normalerweise die Konfrontation mit der Sprachenvielfalt vermieden wird (vgl. Universalbausteine »Sprachanimation«). Durch die Behandlung von Sprichwçrtern und Redewendungen in verschiedenen Sprachen entsteht ein Gefhl fr die Sprachlogik, es bildet sich metasprachliches Wissen heraus, sprachliche Flexibilitt ist die Folge. Diese Art der Annherung an Sprachen soll das Sprachenlernen nicht ersetzen, kann aber dazu beitragen, dass Sprachen leichter erlernt werden (Gogolin, 2006).
Methoden Als wirkungsvolle Methoden kçnnen auch im knstlerischen Bereich erfahrungsorientierte Einheiten gelten, bei denen die Teilnehmer emotional angesprochen werden, wie beispielsweise bei Gesprchen mit bekannten Knstlern und Autoren, oder bei denen sie selbst aktiv werden, wie bei der Entwicklung von Theaterstcken. Diese Einheiten sichern in Kombination mit thematisch bezogenen, informationsorientierten Methoden, wie Recherchen und Textarbeit, einen nachhaltigen Lerneffekt. Die o. g. Projekte zeigen eine innovative Herangehensweise an knstlerische Themen, weil sie sich nicht auf die knstlerische Produktion allein konzentrieren, sondern weil auch eine Einbettung in andere methodische Einheiten stattfindet, beispielsweise ber die Kombination von Formaten (Projekt »Mission Europe« [65/66]) oder die Einbindung in das Projekt selbst (Projekt »Cerda und Celtoi« [71]). Wichtig ist, dass gerade bei knstlerischen Projekten auch Freirume fr nichtorganisierte Interaktionen bestehen (vgl. Thomas, Chang und Abt, 2007), dies ist bei den ausgewhlten Projekten der Fall.
Struktureller Rahmen Die Wissensmultiplikation erfolgt bei knstlerischen Projekten hufig ber Ausstellungen oder ber Lesungen. Was die angenommene Wirkung angeht, kann hier mit Luhmann (1997) gesprochen werden, welcher der Ansicht ist, dass Kunstwerke verdichtete Stellungnahmen zur Welt darstellen, hier also zur europischen Welt. Kunstwerke, sogenannte Abbildungen, enthalten Bewertungen und oft auch Aufforderungen zum Handeln und
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sprechen den Menschen auf den Dimensionen »Erkennen und Bewerten«, »Kognition und Emotion« und »Fantasie und Wollen« an. Demnach kçnnten Kunstwerke zu und ber Europa auch eine nicht zu vernachlssigende Multiplikatorwirkung haben.
Inhalt, Thema Der Themenaufbau beim Projekt »Power and Politics for the European Citizen« [164] kann als besonders wirkungsvoll gelten, da hier zunchst das nationale Regierungssystem auf dem Programm steht, im Anschluss daran begeben sich die Teilnehmer auf die europische Ebene, um dann in einem abschließenden Schritt Europa in Relation zum Rest der Welt zu setzen. Hier wird also der Blick vom nationalen geweitet auf die europische und letztendlich auf die Weltebene. Dadurch erwerben die Teilnehmer eine fundierte und differenzierte Sicht auf politische Verhltnisse. Damit sich junge Menschen auf europischer Ebene als mndige Brger fhlen und engagieren, mssen sie zunchst Wissen darber ansammeln, wie Europa als politisches System aufgebaut ist und funktioniert (Preiser, 2002). Auf der Grundlage dieses Wissens kçnnen dann die Grundfeste der europischen Politik behandelt werden oder aber es kann eine Fokussierung auf bestimmte Politikbereiche und deren zuknftige Realisierung erfolgen. Liegt dieses Grundlagenwissen bereits vor, empfiehlt sich je nach Zielgruppe die Behandlung angewandter zukunftsrelevanter Fragestellungen wie Migrations- oder Umweltpolitik sowie Globalisierungsprozesse und deren Auswirkungen auf Europa. Dadurch kçnnen die Jugendlichen eine Orientierung in Zukunftsfragen erwerben, was die politische Partizipation fçrdert. Außerdem findet eine (Problem)Bewusstseinsbildung in Hinblick auf Themen statt, die in Zukunft nur gesamteuropisch angegangen werden kçnnen. Bei der Thematisierung folgender Fragestellungen, steht die europische Politik auf dem Prfstand: Welche Chancen hat die Demokratie auf europischer Ebene, welchen Herausforderungen muss sie sich zuknftig stellen? Inwieweit finden sich die Grundgedanken, Frieden, Solidaritt … in der europischen
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Tabelle 18: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »EUropa: Politik und Wirtschaft« EUropa: Politik und Wirtschaft Inhalt, Thema: Politische Macht eines europischen Brgers: 1. Nationale Gegebenheiten: Regierungssystem, Wahl, etc., 2. Europische Ebene: Parlament, Gremien, etc., 3. Europa und der Rest der Welt (Projekt: Power and Politics for the European Citizen [164]) Politikbereiche: Migrationspolitik (Projekt: Herzlich willkommen… [97], oder: Drinnen und draußen [58]), Umwelt- und Energiepolitik (Projekt: Let’s save our nature [41], oder: Europische Energiepolitik [48]) Strukturen, Chancen und Herausforderungen der Demokratie auf europischer Ebene (Projekt: Europa erleben [106]) Grundgedanken (Frieden, Sicherheit, wirtschaftliche und soziale Solidaritt, europische Gesellschaft) einer europischen Politik (Projekt: Europa erleben [106]) Globalisierungsprozesse und ihre Auswirkungen auf Europa (Projekt: Which Europe in a Globalised World [9]) Methoden: Gesprche mit EU Politikern (Projekt: Europe in a Village [140,] oder : Grenzenlos tafeln [95]) Simulationen/Planspiele (Projekt: European Parliament Krzyzowa [108],oder Projekt: Wir in Europa… [111]) Gemeinsame Erstellung einer Homepage, Lehrveranstaltungen, Simulation des europischen Parlaments mit Rhetorik Seminar (vorab), Besuche im bayerischen Landtag, europischen Parlament (Projekt: Power and Politics for the European Citizen [164]) Begleitung eines EU-Abgeordneten whrend der Sitzungswoche (Projekt: Europa erleben [106]) Lernzirkel (Projekt: Quo vadis, Europa? [73]) Zubereitung biologischer Lebensmittel im Rahmen des Themas »Agrarpolitik der EU«. Verzehr der Speisen findet an langer Tafel quer ber die deutsch-tschechische Grenze statt (Projekt: Grenzenlos tafeln [95]) Ziele: Herausbildung eines differenzierten Problembewusstseins fr aktuelle europapolitische Fragen und Herausforderungen (Projekt: United Cultures [157]) Struktureller Rahmen: nach Abschluss des Projekts: Initiierung von Ags zur Untersttzung eines Europa-Abgeordneten der Region (Projekt: European Parliament Krzyzowa [108])
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Tabelle 18: (Fortsetzung) EUropa: Politik und Wirtschaft Kombination nationale und internationale Einheiten: Debatten in den Mitgliedsstaaten (Vertreter nehmen dann an internationalen Treffen teil) ! Vortreffen in Brssel (dort wird Diskussionspapier erstellt) ! Jugendgipfel in Rom ! bergabe einer Deklaration an EU-Institutionen und Bekanntmachung im Internet (Projekt: Europischer Jugendgipfel [32])
Politik. Die Behandlung dieser Themen liefert eine Orientierung in Sinn- und Wertfragen, wodurch erneut politisches Engagement gefçrdert wird. Weiterhin ist die Verbindung zur Wertethematik sehr interessant; hier bietet sich die Chance, die Verzahnung der beiden Themengebiete »EUropa: Politik und Wirtschaft« und »Identitt, Kultur und Werte« strker herauszuarbeiten!
Methode Als erfahrungsorientierte Methoden bieten sich bei diesem Schwerpunkt Gesprche mit EU-Politikern an oder aber die Begleitung eines EU-Politikers whrend der Sitzungswoche, bei der ein Teilnehmer je einem Politiker zugeordnet wird. Beide Einheiten kçnnen, wenn sie in Ergnzung zu informationsorientierten Methoden eingesetzt werden, dazu beitragen, dass die theoretischen Inhalte emotional und aktional verarbeitet werden, wodurch ein nachhaltiger Lernerfolg gesichert wird. Außerdem wird ein starker Bezug zur Realitt hergestellt, der bei den Teilnehmern oft einen bleibenden Eindruck hinterlsst. Zur Vermittlung politischer Inhalte kçnnte klassisch auf Vortrge zurckgegriffen werden, im Hinblick auf die Strke des Lerneffekts sind jedoch Methoden vielversprechender, bei denen die Teilnehmer die Inhalte selbst erarbeiten, wie dies beispielsweise beim Lernzirkel der Fall ist. Simulationen und Planspiele sind im Rahmen dieses politischen Schwerpunkts sehr beliebte, aber auch sehr wirkungsvolle methodische Einheiten. Dennoch gibt es hier qualitativ sehr starke Unterschiede, die teilweise nur von Experten der politischen Bildungsarbeit bewertet werden kçnnen. Als Ansprech-
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partner kçnnen das Centrum fr Angewandte Politikforschung (CAP) dienen bzw. die Bundeszentrale fr Politische Bildung, die mittlerweile sogar eine im Netz zugngliche Zusammenstellung verschiedener Planspiele verçffentlicht hat. Aus psychologischer Sicht kann die Teilnahme an Planspielen durch das Schlpfen in eine politisch bedeutsame Rolle zur Erhçhung des Selbstbewusstseins beitragen, was die politische Partizipation fçrdert. Außerdem ben die Teilnehmer dadurch, dass sie eine andere Rolle bernehmen, den Perspektivenwechsel. Planspiele zeichnen sich auch durch die Fçrderung europischen Bewusstseins aus. Das Projekt »Power and Politics for the European Citizen« [164] zeigt, wie eine sinnvolle didaktische Konzeption im Bereich der politischen Thematik aussehen kçnnte. Informationsorientierte Einheiten in Form von Lehrveranstaltungen werden ergnzt durch erfahrungsorientierte wie Simulationen und Exkursionen. Zu bemerken ist außerdem, dass die Teilnehmer eine kurze Rhetorikschulung erhalten, d. h., es werden Kommunikationsfhigkeiten vermittelt, die auch auf politischem Parkett vonnçten sind. Dadurch nehmen Realittsgehalt (Politiker werden immer rhetorisch geschult) und zugeschriebene Bedeutung des Projekts zu. Das Projekt »Grenzenlos tafeln« [95] zeigt, wie zunchst trocken und langweilig erscheinende Inhalte wie Agrarpolitik anschaulich und wertvoll vermittelt werden kçnnen: Die Teilnehmer bereiten Speisen zu und diskutieren mit Politikern. Das zubereitete çkologische Essen wird dann an einer Tafel verspeist, die ber die deutsch-tschechische Grenze hinweg aufgebaut wird!
Ziel Ein bergeordnetes Ziel, das politische Projekte grundstzlich auszeichnen sollte, ist die Vermittlung eines differenzierten Problembewusstseins fr aktuelle politische Fragen. Dies ist wichtig, denn Europa braucht Brger, die kritisch denken und sich fr die gemeinsame Sache engagieren.
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Struktureller Rahmen Das Projekt »European Parliament Krzyzowa« [108] zeichnet sich durch sehr innovative Rahmenbedingungen aus (s. a. Universalbausteine). Der politische Aspekt daran ist, dass die Teilnehmer nach Abschluss des Projekts eigene Arbeitsgemeinschaften initiieren sollen, um einen Europaabgeordneten ihrer Region zu untersttzen. Die Jugendlichen bernehmen dadurch Eigenverantwortung und wirken aktiv an der Gestaltung ihrer Umwelt mit. Beide Aspekte fçrdern die Nachhaltigkeit, politische Partizipation und Ausbildung einer europischen Identitt. Wenn die Zusammenarbeit mit dem Europaabgeordneten gut gelingt, kann darber hinaus auch das Selbstbewusstsein gestrkt werden und die Motivation, sich politisch zu engagieren, nimmt zu. Das Projekt »Europischer Jugendgipfel« [32] zeigt, wie die Kombination aus nationalen und internationalen Einheiten in der Realitt erfolgen kann (vgl. Universalbausteine Metaebene). Die Beschftigung mit der historischen Entwicklung Europas lsst Einflsse bis in die heutige Zeit erkennbar werden. Dies allein ist jedoch noch nicht als innovativ zu werten. Der innovative Charakter kommt durch zwei Aspekte zustande: (1) Ein innovativer Ansatz ist das Bewusstmachen der multiplen Perspektiven aller teilnehmenden europischen Lnder und die Verdeutlichung der unterschiedlichen Geschichtswahrnehmung. Die Chance liegt dabei im Sichtbarmachen ein und desselben Geschichtsprozesses mit seinen unterschiedlichen Auswirkungen in den einzelnen europischen Lndern und den so entstehenden Verflechtungen und Berhrungspunkten untereinander. Allein die Erkenntnis, dass Geschichte aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann und nicht einfach so ist, wie sie in z. B. deutschen Geschichtsbcher aufgezeigt wird, birgt einen wichtigen Aha-Effekt fr die Teilnehmer. Dabei ist zu erwarten, dass auch emotionale Befindlichkeiten wach werden, mit denen sorgsam umgegangen werden muss. Gerade diese emotionalen Grundfrbungen sind als reichhaltige Ressource aus dem Teilnehmerpool zu sehen, mit der das Projekt unterfttert und zum Leben erweckt werden und an nachhaltiger Wirkung gewinnen kann. Unabdingbar ist folglich eine
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wertschtzende Haltung gegenber jedem Blickwinkel und auch die Herangehensweise sollte nicht im Aufdecken von Ursache-Wirkungs-Beziehungen im Sinne einer Schuldzuschreibung liegen, sondern im Sinne von nachvollziehbaren Entwicklungsverlufen. Weitere Anregungen kçnnen aus der seit 1975 eigenstndigen Disziplin der »Psychohistorie« gewonnen werden, die sich nicht mit dem Aufrollen des historischen Geschehens, sondern mit den dahinter liegenden historischen Motivationen befasst (vgl. z. B. deMause, 2000). (2) Als weiteres innovatives Element ist die Suche nach Ableitungsmçglichkeiten fr ein zuknftiges gemeinsames Europa zu sehen. Von essentieller Bedeutung ist dabei herauszuarbeiten, wo die Teilnehmer selbst aktiv gestaltend wirken und Einfluss nehmen kçnnen. Dabei gilt wie im Kapitel 5.2 zum Europaschema verdeutlicht: Je konkreter die Vorstellungen ziseliert werden kçnnen und je mehr jeder an der Ausgestaltung der Vorstellung partizipiert, desto mehr wird sie von jedem getragen und desto grçßer auch emotional aufgeladen durch ein kollektiv geteiltes Bewusstsein.
Inhalt, Thema Der Themenschwerpunkt »Vergangenheit und Zukunft Europas« fokussiert auf eine Beschftigung mit den geschichtlichen Bedingungsfaktoren des heutigen Europas sowie dem Versuch, daraus fr die Zukunft Ableitungen zu ziehen. Dabei kann der Geschichtsstrang an einzelnen historischen Persçnlichkeiten und deren Einfluss auf das heutige Europa verfolgt werden wie im Projekt »5. Schul-Brcke Weimar« [57] oder aber anhand der geistigen Strçmungen »Renaissance«, »Aufklrung« wie im Projekt »Die Wurzeln Europas« [162]. Damit erhlt die Vergangenheit konkretere Konturen, wobei die Themenaspekte einen roten Faden fr die Vision eines geeinten Europas aufzeigen und der Sinnkonstruktion dienen. Das Projekt »European Time Machine« [151] sucht nach den Grundzgen des heutigen Europas in der Vergangenheit und fokussiert damit auf andere Art der Sinnkonstruktion auf eine Ableitbarkeit der Zukunft. Fragestellungen nach Einflssen auf und Faktoren fr eine Friedenssicherung kçnnen den Teilnehmern Mittel und Wege aufzeigen,
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um an und in einem Europa der Zukunft gestalterisch teilzuhaben. Damit kann das Verantwortungsgefhl fr die gemeinsame Zukunft gefçrdert werden, der Partizipationsgrad erhçht und Europa fr den Einzelnen konkreter werden. Außerdem ist es mçglich, ber solche Themen tief in der Geschichte verwurzelte Befrchtungen und sogar Vorurteile der Teilnehmer offen zu legen und damit zugnglich und bearbeitbar zu machen.
Methode Methodisch als innovativ zu werten sind hier Methoden, die starke Erlebnismomente beinhalten. So sind wie schon in Kapitel 5.5 zu den Erfolgsfaktoren aufgezeigt Gesprche mit Zeitzeugen innovativ, da hier eine hohe Ich-Beteiligung der Teilnehmer antizipiert werden kann. Gerade durch den hohen Emotionalittsgrad der Schilderungen und das NachvollziehbarWerden des erfahrenen Unrechts kann ein Perspektivenwechsel gefçrdert werden. Und nicht zuletzt wirkt die Zeitzeugenbefragung innovativ auch auf den Zeitzeugen selbst, fr den stellt die Begegnung mit den Teilnehmern selbst »ein Schlsselerlebnis dar und bedeutet[e] eine neue Qualitt fr die Verarbeitung der eigenen Geschichte« (Feldmann-Wojtachnia und Hofmann, 2006, S. 43). Eine weitere lernwirksame Methode besteht im Vergleich von Geschichtsbchern aus den verschiedenen europischen Lndern: Sie kann ein nachhaltig wirkendes Aha-Erlebnis hervorrufen sowie eine Perspektivenbernahme erleichtern. Insbesondere die Konzeption eines eigenen Planspiels ist als innovativ herauszustellen, da eine sorgfltige Konstruktion und der Entwurf des Planspielszenarios, die Reflexion ber die Festlegung des Planspielziels sowie das darauf ausgerichtete Konzipieren von Rollen vielfltige Mçglichkeiten einer vertiefenden Auseinandersetzung mit Europa bereithlt. Durch den hohen Lerngehalt sowie den starken anzunehmenden Partizipationsgrad der Teilnehmer kann diese methodische Einheit in besonderem Maße fr diesen Themenschwerpunkt empfohlen werden.
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Tabelle 19: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Vergangenheit und Zukunft Europas« Vergangenheit und Zukunft Europas Inhalt, Thema: Betrachtung einzelner historischer Persçnlichkeiten und deren Einfluss auf die Gegenwart Europas (Projekt: 5. Schul-Brcke Weimar [57]) von den Anfngen einer europischen Idee ber Renaissance, Aufklrung hin zur Vision eines geeinten Europas (Projekt: Die Wurzeln Europas [162]) Welche Vorstellungen und Visionen von Europa gab und gibt es? Wie hat die europische Geschichte, wie haben die letzten 20 Jahre unser heutiges Leben beeinflusst? Welche Hoffnungen haben sich erfllt und welche gilt es noch zu erfllen? Wie soll unser gemeinsames Europa in 20 Jahren aussehen und welche Mçglichkeiten zur Mitgestaltung gibt es fr uns? (Projekt: Europe: From Visions to Reality?! [3]) Lassen sich Grundzge des heutigen Europa schon in der Vergangenheit finden? Werden die unterschiedlichen Vergangenheiten Europas in eine gemeinsame Zukunft mnden kçnnen? (Projekt: European Time Machine [151]) Die Kelten als »erstes europisches« Volk (Projekt: Cerda und Celtoi – Bildhauersymposium [71]) Nach Krieg und Zerstçrung: Welche Faktoren haben zur Friedenssicherung im Europa der letzten 60 Jahre beigetragen? (Projekt: Friedenssicherung in Europa in den vergangenen 60 Jahren [166]) Was kann man in Stdten, z. B. in Dresden an europischer Geschichte entdecken? (Projekt: Dresden in den Augen junger Europer! [34]) Methoden: Gesprche mit Zeitzeugen (Projekte: Meet the History [103]) Analyse von Geschichtsbchern (Projekt: Geschichte Gedenken… [8]) Besuch von Orten der Erinnerung (an den Zweiten Weltkrieg und die Zeit danach), Treffen mit Zeitzeugen, Fragebogenerhebung zurzeit der Wende 1989 mit der eigenen Familie, Konzeption eines eigenen Planspiels zur Friedenssicherung (Projekt: Friedenssicherung in Europa… [166]) Stadterkundung mit dem Fotoapparat um Spuren europischer Geschichte zu entdecken (Projekt: Dresden in den Augen junger Europer [34]) Ziele: Erarbeitung geschichtlicher und kultureller Gemeinsamkeiten in Europa anhand von Straßennamen (Projekt: COMETS [165]) Teilnehmer sollen auf europische »Zeitreisen« gehen, die Zukunft von unterschiedlichen Perspektiven aus entwerfen, aber auch »ihre« Ver-
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Tabelle 19: (Fortsetzung) Vergangenheit und Zukunft Europas gangenheit aus einem fiktiv eingenommen zuknftigen Blickwinkel beleuchten (z. B. das Jahr 2100) und lebendig machen. (Projekt: European Time Machine [151]) Brckenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft. Entwicklung von Ideen, wie man die alte Kçnigsstraße als Kulturachse durch das neue Europa wiederbeleben kann. (Projekt: Via Regia Campus [74]) Struktureller Rahmen: Treffen in Kreisau zum Kennenlernen und Arbeiten und anschließend Reise in die Partnerstadt mit bernachtung in Familien (Projekt: Ewiger Friede in Europa [148]) Bahnfahrt von Dortmund nach Oberschlesien (Projekt: Europische Zukunft [155])
Ziele Die Zielsetzungen, die fr diesen Themenschwerpunkt als wirksam angenommen werden kçnnen, fokussieren auf die drei Aspekte: das Entdecken von Gemeinsamkeiten in der Geschichte, was ein tiefes Zusammengehçrigkeitsgefhl antizipieren lsst; den Perspektivenwechsel und das Konstruieren von Verbindungen zwischen Vergangenheit und Zukunft. Diese kçnnen kombiniert oder fokussierend als Basisziele dienen.
Struktureller Rahmen Fr Projekte, die sich mit geschichtlichen, also çrtlichen und zeitlichen Einflssen auf Europa beschftigen, gelten Bedingungen als innovativ, die einen besonders neuartigen oder lernwirksamen Anteil eben auch im çrtlichen und/oder zeitlichen Rahmen beleuchten. Hier werden zwei Formen des gemeinsamen Reisens vorgestellt. Im einen Fall gibt es ein Treffen in einer Begegnungssttte einer Stiftung in Polen kombiniert mit einer anschließenden gemeinsamen Weiterfahrt in die polnische Partnerstadt mit Gastfamilienunterbringung (vgl. hierzu Kapitel 5.6); im anderen Fall unternehmen alle eine Reise von Dortmund nach Oberschlesien, was geschichtlich gesehen einer »Rckreise« der Schlesier gleichkommt.
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Der Ruf nach Partizipation und Multiplikatorwirkung wird auch im Zusammenhang mit der europischen Begegnung immer wieder laut. Deshalb ist es folgerichtig, dass Programme initiiert werden, um mit jungen Menschen die Kompetenzen zu erarbeiten, die diese bençtigen, um gezielt europische Projekte zu planen und durchzufhren. Hinter dieser Herangehensweise steckt auch der Gedanke der Peer-Education, die davon ausgeht, dass die Akzeptanz und die Lernbereitschaft junger Menschen hçher sein werden, wenn sie von Gleichaltrigen Inhalte vermittelt bekommen.
Inhalt, Thema Im Projekt »Fit fr Europa!« [86] stehen die Kerninhalte auf dem Programm, die fr Teamer wichtig sind, wenn sie Projekte durchfhren. Der Vorteil dabei ist, dass anders als bei anderen Trainings explizit die Frage angesprochen wird, wie Europa vermittelt werden kann (Stichwort: Methodenkompetenz in Bezug auf Europa) und welche Rolle die Jugendlichen als Teamer in internationalen Teams haben (Stichwort: Fhigkeiten und Fertigkeiten in Bezug auf den interkulturellen europischen Kontext). Neben den auf dem Programm stehenden Mçglichkeiten zur Bewusstseinsstrkung und Neugierweckung sowie organisatorischen Fragen sollten vielleicht noch Mçglichkeiten zum Umgang mit (interkulturellen) Konflikten angesprochen werden, sofern diese nicht bereits im Kontext der Rolle des Teamers in internationalen Teams angesprochen werden.
Methoden In Projekten zum Thema »Train the Europeans« bietet es sich an, die Methode zur Methode zu machen. Im Projekt »Fit fr Europa!« [86] beispielsweise probieren die Teilnehmer selbst verschiedene praktische Methoden aus und werten sie dann im Anschluss gemeinsam aus. Das heißt die Erfahrungen, die beim Ausprobieren der Methoden gesammelt werden, kçnnen mithilfe der Auswertung in das Wissen integriert werden. Auch beim Projekt »Wir in Europa« [111] werden die Methoden von den Teilnehmern selbst ausprobiert, wobei hier noch strker eine kognitive Verankerung durch gezielte Einfhrungen beispiels-
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Tabelle 20: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Train the Europeans« Train the Europeans Inhalt, Thema: Europa in der internationalen Jugendarbeit: Wie ist es mçglich, das europische Bewusstsein der Jugendlichen zu strken, ihre Interessen an europischen Themen zu wecken und mit ihnen internationale Jugendbegegnung zu organisieren? (Projekt: Fit fr Europa! [86]) Die Rolle des Teamers in internationalen Teams (Projekt: Fit fr Europa! [86]) Methoden: Ausprobieren und Auswerten verschiedener praktischer Methoden im Hinblick auf: deren Eignung fr bestimmte Zielgruppen, Anwendbarkeit und Voraussetzungen fr die Durchfhrung der bungen (Projekt: Fit fr Europa! [86]) Austausch und Erprobung unterschiedlicher teilnehmeraktivierender Methoden, z. B. Planspiel, Sprachanimation, Einfhrung in die Methode Planspiel (Projekt: Wir in Europa [111]) Ziele: Auseinandersetzung mit dem Thema Europa in der internationalen Jugendarbeit (Projekt: Fit fr Europa! [86]) Junge Seminarleiter […] dazu befhigen, selbststndig Europaseminare zu konzipieren, den Europagedanken in ihren Heimatlndern weiter zu tragen und andere zum gesellschaftlichen Engagement fr ein junges Europa zu motivieren (Projekt: Europa Direkt. Wissen. Kompetenz… [132]) Struktureller Rahmen: keine spezifischen Bausteine genannt
weise in die Methode des Planspiels stattfindet. Wenn die Teilnehmer die Methoden selbst ausprobieren, bevor sie diese in einem Seminar als Teamer durchfhren, dann hat dies zum Vorteil, dass die angehenden Teamer selbst in die Rolle der spteren Teilnehmer schlpfen und dadurch sensibilisiert werden fr mçgliche auftretende Probleme. Außerdem reichern die angehenden Teamer ein breites Methodenspektrum an. All diese Aspekte fhren auch dazu, dass die jungen Teamer ein Gefhl der Sicherheit erwerben.
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Ziele Viele Fçrderer vergeben Gelder nur noch, wenn im Projektantrag deutlich wird, dass Europa das Thema der Begegnung ist. Dies fhrt dazu, dass nicht berall »wo Europa drauf steht, auch Europa drin ist«. Die Schere zwischen Realitt und Anspruch klafft also weit auseinander. Deshalb kçnnen die o. g. Ziele als innovativ betrachtet werden, denn die Teilnehmer sollen lernen, wie sie Europa tatschlich zum Thema machen, wie sie selbststndig europabezogene Projekte entwickeln und wie sie letztendlich auch andere fr Europa begeistern und motivieren kçnnen. Zur Herausbildung eines çffentlichen Bewusstseins sind Printmedien und Fernsehen die Mittel der Wahl, um eine breite ffentlichkeit zu erreichen. Kann und wird dies auch fr Europa genutzt und wie wird dies erreicht, sind die Fragestellungen, die in diesem thematischen Schwerpunkt nach Antworten verlangen. Im Grunde gibt es dafr schon Einzelbeispiele seit den Nachkriegsjahren, dennoch werden diese Medien noch viel zu selten mit dieser Intention genutzt und daher kann dieser Schwerpunkt per se noch immer als neuartig und innovativ bewertet werden. Dabei ist nicht nur zu bedenken, wie bisher dabei vorgegangen wird und wo sich noch Entwicklungsmçglichkeiten auftun, innovativ, sondern auch der Akt der Produkterstellung in solchen Projekten selbst ist als ein innovativer Mosaikstein zur Erweiterung dieser Informationskanle anzusehen.
Inhalt, Thema Die thematische Beschftigung fokussiert auf die Bewusstmachung der Rolle der Medien fr Europa bzw. die Europische Union sowie auf die Frage, ob die Medien zur Herausbildung einer europischen Kultur einen Beitrag leisten. Insbesondere ist interessant, wie dies in den einzelnen europischen Lndern umgesetzt und genutzt wird, dadurch kann wiederum ein Perspektivenwechsel angeregt werden, aber auch im verstrkten Maße durch die neue Kategorie »Wir als europische ffentlichkeit« ein verbindendes Element und ein Zusammengehçrigkeitsgefhl etabliert werden. In Deutschland finden sich die ersten Anstze Ende der 1960er Jahre mit Hans-Joachim Kulenkampffs »EWG – Einer wird gewinnen«, zu dem sieben euro-
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pische Lnder eingeladen wurden, die im Spiel gegeneinander antraten. Hierher zhlt auch das »Spiel ohne Grenzen« im WDR moderiert vom Luxemburger Sprachtalent Camillo Felgen, der damals als »der Mann, dessen Stimme in ganz Europa gehçrt wurde« betitelt wurde. Nicht zuletzt ist der Fußballsport mit seinen Europapokalspielen (die schon seit den 1920er Jahren stattfinden) als wichtiger Auslçser fr die ersten Fernsehbertragungen ber die Grenzen hinweg zu nennen oder auch der Grand Prix d’Eurovision. Die Illustrierten des Burda-Verlags kçnnen als Verbindung in die Neuzeit gelten, der schon frhzeitig die Modezeitungen nach West und Ost vermarktet hat. Heute lassen sich beispielsweise fr die Printmedien die Tageszeitungen taz (Tageszeitung), die immer wieder in unregelmßigen Abstnden Originalseiten von anderen europischen Tageszeitungen beilegt, sowie die Sddeutsche Zeitung (SZ) nennen, die jeden Montag Originaleinzelseiten der New York Times dazugibt. Außerdem muss als besonders innovativ das Format des Fernsehsenders arte (Association Relative la Tlvision Europenne) hervorgehoben werden, der dieselbe Sendungen (auch mit Europathemen) gleichzeitig in Deutschland und Frankreich in der jeweiligen Sprache mit den jeweiligen Untertiteln oder wie in Deutschland blich synchronisiert ausstrahlt. Schließlich sind auch heute die Sportbertragungen immer noch ein wichtiger Faktor, insbesondere deshalb weil auch dem Moderatorenanteil immer grçßere Bedeutung zukommt.
Methode Methodisch kçnnen zu diesem Thema lernwirksam folgende Einheiten – allein oder auch in Kombination – eingesetzt werden: Im Projekt »Medien in Europa – Europa in den Medien« [1] erstellten die Teilnehmer selbst eine Zeitung fr eine Leserschaft aus vier europischen Lndern. Eine solche Maßnahme fçrdert in starkem Maße die Perspektivenbernahmefhigkeit zum einen durch das Hineinversetzen in die nationalen Lesererwartungen bei der Themenauswahl und Bewertung von Meldungen (Was kçnnte wen interessieren?), zum anderen durch den Akt des Formulierens selbst (Wie schreibe ich fr wen?). Dasselbe Projekt kombinierte dazu eine Umfragedurchfhrung, die filmisch
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Tabelle 21: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Europa in den Massenmedien« Europa in den Massenmedien Inhalt, Thema: Welche Rolle spielen die Medien in der Europischen Union? (Projekt: Medien in Europa – Europa in den Medien [1]) Tragen moderne Medien in irgendeiner Weise zur Herausbildung einer »europischen« Kultur bei? (Projekt: The media and youth in Europe! [153]) Methoden: Produktion eines europischen TV-Magazins Erstellung einer quadri-regionalen Zeitung (Projekt: Medien in Europa – Europa in den Medien [1]) Diskussion mit Journalisten; Durchfhrung einer Umfrage, die filmisch festgehalten wird (Projekt: Medien in Europa – Europa in den Medien [1]) Analyse von Zeitungen: Querlesen, Suche nach »hot topics«, Vergleich der Titelseiten (Projekt: The media and youth in Europe! [153]) Ziele: keine innovativen Elemente vorhanden Struktureller Rahmen: keine innovativen Elemente vorhanden
festgehalten wurde, sowie eine Diskussion mit Journalisten. Beide methodische Aspekte fçrdern den Partizipationsgrad der Teilnehmer sowie die Offenheit, mit Menschen aus anderen Kulturen in Kontakt zu treten. Es ist aber auch mçglich, mit einer eher kognitiv ausgerichteten Herangehensweise fr die mediale Landschaft im interkulturell-europischen Kontext zu sensibilisieren, in dem die Titelseiten verschiedener europischer Tageszeitungen entlang einer »Meldung des Tages« verglichen werden. Hier kann den Teilnehmern vermittelt werden, wie eine Meldung in den jeweiligen europischen Lndern bewertet wird (z. B. Wo wird sie platziert? Wie groß wird sie gebracht? Gibt es Fotos?), gibt es Unterschiede im Aufbau und wie werden Informationen verschriftet (Direktheit im deutschen Kontext vs. Indirekte Kontextinformation in anderen Lndern). So kann ber einen Vergleich fr die interkulturelle Thematik sensibilisiert werden. Analoge Wirkungen kçnnen mit der Produktion eines europischen TV-Magazins erreicht werden, wobei hier durch
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die Handlungsebene des Drehens vor laufender Kamera ein hçherer Selbsterfahrungsanteil zu erwarten ist. Aus diesem Grund ist hier eine Vorselektion der Teilnehmer hinsichtlich Offenheit und Extrovertiertheit zu antizipieren. Werden Zeitung und Film auch noch tatschlich verçffentlicht, sind Effekte in Bezug auf eine hçhere Bedeutungszuschreibung fr das Gesamtprojekt zu erwarten sowie eine nachhaltige Wirkung auf die Zielgruppen der Produkte. Das Themengebiet »Visionen fr Europas Zukunft« spricht junge Menschen an, weil der Entwurf einer Zukunftsperspektive eine Entwicklungsaufgabe darstellt. Außerdem erhalten die jungen Menschen eine Orientierung in Zukunftsfragen, was die politische Partizipation fçrdert.
Inhalt, Thema Projekte, bei denen die Zukunft Europas im Vordergrund steht, whlen oft konkrete Unterthemen, zu denen die Teilnehmer dann ihre Ideen entwerfen. Als innovativ kçnnen hier erneut die Themen gelten, denen bereits in den anderen Schwerpunkten Wirkungspotential zugeschrieben wurde. Das Projekt »Fokus Europa: Europischer Zukunftskongress« [85] stellt unter Beweis, welche verschiedenen Inhalte und Fragestellungen sich besonders dazu eignen, unter der Zukunftsperspektive beleuchtet zu werden. Die Teilnehmer kçnnen sich frei nach ihren Interessen fr ein Themengebiet entscheiden, bekommen aber auch die Ergebnisse der anderen Gruppen mitgeteilt, so dass jeder Teilnehmer am Ende eine umfassende Vision von Europa mitnimmt, in der er seine zuknftige Rolle selbst definieren kann.
Methoden Stark verbunden mit dem Themenschwerpunkt »Visionen fr Europas Zukunft« ist die Szenario-Methode, die auch ein hohes innovatives Potential aufweist. So werden bei dieser Methode drei Lernebenen angesprochen: die affektive und die aktionale, weil die Teilnehmer wnschens- bzw. vermeidenswerte Zuknfte entwerfen, aus denen eine emotionale Betroffenheit resultiert. Daraus soll wiederum die Motivation entstehen, selbst aktiv zu
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Tabelle 22: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Visionen fr Europas Zukunft« Visionen fr Europas Zukunft Inhalt, Thema: Zukunftsvisionen zu folgenden Themen: Europische Identitt – Was ist »europisch«? Demokratisches Europa – Wie kann Demokratie in ganz Europa funktionieren? Wirtschaftliche u. Soziale Entwicklung – Wie sieht das zuknftige Wirtschafts- und Sozialmodell aus? Umwelt – Welcher Lebensstil ermçglicht eine umweltvertrgliche Entwicklung? Globalisierung – Welche Rolle kommt Europa in einer sich verndernden Welt zu? Europabilder – Europa fr die Sinne: Bilder, Poesie und Musik (Projekt: Fokus Europa: Europischer Zukunftskongress [85]) Methoden: Szenario-Methode, bei der die Teilnehmer Elemente aus der eigenen Biographie mit einarbeiten (Projekt: Europische Identitt in Arbeit? [4]) Workshops: Schauspiel, Kostm/Bhnenbild, Videokunst zur Entwicklung von Zukunftsideen fr Europa mit Auftritt am Ende (Projekt: Zwischen Folklore und Popkultur… [18]) Ziele: Identifikation mçglicher Zukunftsalternativen fr Arbeitswelt in gesamteuropischer Perspektive (Projekt: Europische Identitt in Arbeit? [4]) Ziel ist es, in einem Gruppenprozess, der Jugendliche aus unterschiedlichen europischen Lndern zusammenbringt, Leitbilder fr eine nachhaltige Zukunftsgestaltung zu entwickeln (Projekt: Fokus Europa: Europischer Zukunftskongress [85]) Struktureller Rahmen: keine innovativen Elemente vorhanden
werden, um einen Beitrag zu leisten, dass die Vision wahr bzw. verhindert wird. Die kognitive Lernebene, weil die Teilnehmer Zukunftswissen anreichern und dieses zu einem stimmigen Szenario zusammenfgen mssen. Außerdem ist die Methode sehr teilnehmerorientiert und fçrdert damit das selbstgesteuerte Lernen (Retzmann, 1996). Werden die Teilnehmer nun, wie im Projekt »Europische Identitt in Arbeit?« [4], dazu angehalten,
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in die Szenarien eigene biographische Elemente einzubauen, so kann die Bedeutsamkeit und Involviertheit der Teilnehmer noch verstrkt werden. Allerdings sei an dieser Stelle wie bereits im Methoden-Pool darauf hingewiesen, dass die Szenario-Methode von den Projektbegleitern hohe psychologische Kompetenzen abverlangt, und zwar in Bezug auf das Auffangen negativer Szenarien und deren Transformation in positive Handlungsmotivation (vgl. auch Methoden-Pool). Visionen kçnnen allerdings auch anhand von strker erfahrungsorientiert angelegten methodischen Einheiten wie Schauspiel, Bhnenbild oder Videokunst erarbeitet werden. Hier wre allerdings eine Ergnzung durch informationsorientierte Einheiten vonnçten (vgl. Methoden-Pool), da sonst keine kognitive Untermauerung der Erfahrungen stattfindet und damit keine nachhaltige Lernwirkung erzielt wird.
Ziele Die in Tabelle 22 genannten Ziele kçnnen als Anregung fr Zielformulierungen gesehen werden, die im Hinblick auf die Bewltigung der Entwicklungsaufgaben »Vorbereitung auf berufliche Karriere« und »Aufbau von Beziehungen zu Gleichaltrigen« fr Jugendliche ansprechend sind. Im Hinblick darauf, dass Europa noch im Werden begriffen ist, somit also auch noch Gestaltungsmçglichkeiten bestehen, bekommt dieser thematische Schwerpunkt gerade fr die Zielgruppe der Jugendlichen eine zentrale Bedeutung. Diese haben die Entwicklungsaufgabe, einen Platz im Arbeitsprozess der Gesellschaft zu finden, zu bewltigen und sind somit auf der Suche nach Handlungsoptionen. Daher sollte im Zentrum der Projekte das Erarbeiten und Aufzeigen von neuen Handlungsfeldern ber die eigennationalen Grenzen hinaus stehen. Emotional besteht in diesem Schwerpunkt die große Chance, Europa positiv-emotional zu verankern und als (Handlungsspielraum)Erweiterung zu verinnerlichen (vgl. Kapitel 5.2).
Inhalt, Thema Fr die inhaltliche Bearbeitung bieten sich als lernwirksam die klassischen drei Ebenen:
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Tabelle 23: Innovative Elemente zum Themenschwerpunkt »Europa aktiv gestalten und nutzen« Europa aktiv gestalten und nutzen Inhalt, Thema: Wie kann man dem Vermittlungsdefizit zwischen der europischen Ebene, den europischen Institutionen und den Brgern entgegenwirken? Wie kann die EU wieder nher an den Menschen rcken? (Projekt: Die europische Denkpause… [39]) Wie kçnnen Jugendliche an der Weiterentwicklung Europas teilnehmen, wie ihre ngste und Befrchtungen ausdrcken, aber auch ihre Ideen und Hoffnungen in das Gesamtwerk europische Integration einbringen? (Projekt: Youth and Democracy… [42]) Mobilitt in Europa (Projekt: Europa – meine Chance [28]) Methoden: bungen (Vorstellungsgesprch, Assessment-Center, Bewerbungsschreiben), Erfahrungsaustausch mit fertig ausgebildeten Personen mit »europischem« Beruf, Vorstellung von Praktikumsmçglichkeiten in europischen Institutionen (Projekt: Europa, ich komme! [133]) Ziele: berdenken des persçnlichen Berufsprofils, der Interessen und Kompetenzen um frhzeitig eine flexible Strategie fr die eigene Ausbildungsund Berufsbiographie auf dem Arbeitsmarkt »Europa« zu entwickeln (Projekt: Europa, ich komme! [133]) Struktureller Rahmen: keine innovativen Elemente vorhanden
– kognitiv : Hier wird ein Vermittlungsdefizit zwischen Brgern und den europischen Einrichtungen fr eine Entfremdung angenommen und aufgezeigt, wo die Jugendlichen selbst angreifen kçnnen, um dem entgegenzuwirken. – emotional: Dabei nimmt das Projekt seinen Ausgangspunkt bei den eigenen ngsten und Befrchtungen und erçffnet ber die anschließend erarbeiteten Ideen und Hoffnungen neue Felder, sich in die europische Integration einzubringen. – aktional: In dieser Ausrichtung wird auf die Chancen und Mçglichkeiten zur Mobilitt in Europa fokussiert. Allerdings sollten die Grenzen der Mobilitt nicht aus den Augen verloren werden (Mobilittszwang).
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Methoden Die methodischen Elemente sind innovativ, weil sie von der Grundannahme von Europa als Arbeitsmarkt ausgehen. Diese Annahme ist bis heute als neuartig einzustufen und noch keine Selbstverstndlichkeit. Bewerbungstraining und europischen Perspektiven (europische Berufe, Praktikumsmçglichkeiten im europischen Ausland) sind in hçchstem Maße relevant fr die Jugendlichen. Die Kombination beider geben dem Ganzen eine Kontur und machen eigene Vorhaben umsetzbarer, insbesondere wenn ein Erfahrungsaustausch mit einer fertig ausgebildeten Person mit »europischem Beruf« (Politiker) hinzukommt, der evtl. auch als Anlaufpunkt oder Vernetzungspartner im Ausland dienen kann (Praktikum).
Ziele Als bergeordnetes Ziel sollte angestrebt werden, mit dem Projekt eine Reflexionsplattform fr die Jugendlichen zu schaffen. Hier sollte das eigene persçnliche Berufsziel im Kontext Europa beleuchtet und klare Optionen fr den Arbeitsmarkt Europa herausgearbeitet werden.
Universalbausteine (Detail) Die innovativen Elemente, die sich als Universalbausteine fr alle thematischen Schwerpunkte eignen, wurden bereits unter Hinzuziehung theoretischer berlegungen auf einer Metaebene zusammengefasst, um deutlich zu machen, worauf es bei den jeweiligen Sparten »Inhalt – Methode – Ziel – Struktureller Rahmen« ankommt (s. Universalbausteine Metaebene). In Tabelle 24 sind nun den auf Metaebene angegebenen Punkten konkrete Beispiele zugeordnet.
Methoden (Zu allen im Folgenden geschilderten methodischen Einheiten kçnnen Beschreibungen, Beispiele und Wirkungseinschtzungen in Kapitel 5.1 vertiefend nachgelesen werden).
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Tabelle 24: Innovative Elemente zu den Universalbausteinen (Detail) Universalbausteine (Detail) Inhalt, Thema: Europa in seinen verschiedenen Facetten (s. thematische Schwerpunkte) Methoden: erfahrungsorientiert: Reflexionen kritischer Erfahrungen (z. B. Projekt: Europa erleben [106]) Sprachanimation (z. B. Projekt: Europa live – Jugend gestaltet Zukunft [49] Freizeitprogramm: z. B. Stadtfhrung durch Schler/Teilnehmer (Projekt: »European Time Machine« [151]) Exkursionen (z. B. Projekt: Europische Energiepolitik [48], oder : Friedensicherung in Europa [166]) Spielerische Einheiten: Europapuzzle (Projekt: United Cultures of Europe [157]), Europisches Kennzeichen-Raten (Projekt: Europa auf dem Weg zur Einheit [72]), Europa-Twister (Projekt: Europazug 2006 [114]) Bildung von Redaktionen junger europischer Journalisten zur Berichterstattung ber europabezogene/europische Themen (Projekt: youngstars [10] oder Junge Journalisten on Tour [109]) informationsorientiert: Lernzirkel (Projekt: Quo vadis, Europa? [73]), Lckentexte (A06), kontroverse Texte (A09) Didaktik: Szenarien fr Europa im Jahr 2020, Entwicklung u. Durchfhrung einer Umfrage mit Auswertung, Rollenspiel zu interkultureller Kompetenz, Diskussionsabend, Sprachanimation, Multikultureller Abend, Vortrge und Referate (Projekt: Europa live [49]) Ziele: siehe Universalbausteine (Metaebene) Struktureller Rahmen: Vorbereitung: thematisch: Online-Wettbewerb (Projekt: Fokus Europa! [85]), nationale Wettbewerbe (Projekt: EUstory [141]), Einrichtung einer Europaklasse (national) (Projekt: United Cultures of Europa [157]) thematisch und organisatorisch: Treffen von Teamern und Teilnehmern um Veranstaltung mit zu planen (Projekt: Europe in a Village [140]) Nachbereitung/Nachhaltigkeit: Wissensmanagement: frhere Teilnehmer bereiten zuknftige Teilnehmer vor (Projekt: European Parliament Krzyzowa [108]) Wissensmultiplikation: Planung und Vereinbarung diverser Aktionen in und fr Europa, die im Umfeld (der Schulen) der Teilnehmer ausgefhrt
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Tabelle 24: (Fortsetzung) Universalbausteine (Detail) werden sollen (Projekt: Heimat Europa? [60]); ODER: nach Projekttreffen ! Reise durch europische Schulen zur Prsentation der Ergebnisse (Projekt: Waves of Democracy [33]) Gestaltung der Begegnung: Kombination von Formaten: Jugendbegegnung mit Konferenz: wobei Jugendliche in Konferenz eingebunden sind, z. B. ihre Ergebnisse vorstellen. (z. B. Projekt: Visionen Europa [122]) Kombination von nationalen und internationalen Einheiten: (z. B. Projekte des Bildungssektors oder Projekt: Europa – meine Chance [28]) prozesshafter Verlauf in mehreren Phasen: z. B. ber 2 Jahre hinweg, Begegnungen in verschiedenen Lndern, mit mçglichst den gleichen Teilnehmern (z. B. Projekt Europawerkstatt 2006 [114]) Symbolische Vernetzung: an verschiedenen Veranstaltungsorten in ganz Europa finden Seminare mit europischer Beteiligung statt ! Vernetzung ber Internet (Projekt: Waves of Democracy [33]) Begegnungsorte mit Symbolcharakter : Nutzung çffentlicher Rume: z. B. Event auf Alexanderplatz (Projekt: YEC – Young European City [105]) Reise: z. B. entlang symboltrchtiger Orte Europas (Projekt: Tridem [24]) »Preistrgerseminar« = Teilnehmer haben in einem vorausgehenden Wettbewerb die Teilnahme an einem multinationalen Europaseminar gewonnen (Projekt: In Vielfalt geeint… [40] oder Projekt: EUstory [141])
Erfahrungsorientierte Methoden Im Hinblick auf die Herausbildung interkultureller Kompetenz ist es wichtig, dass den Teilnehmern die Mçglichkeit gegeben wird, kritische, also erwartungswidrige Erlebnisse mit Teilnehmern anderer Lnder zu reflektieren. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass eigene Erklrungsanstze fr gemachte Beobachtungen und Erfahrungen durch alternative Erklrungen anderer Teilnehmer ergnzt werden (Thomas, Chang und Abt, 2007). In vielen Projekten v. a. im Schulbereich, wird als gemeinsame Projektsprache Englisch gewhlt, was dazu fhrt, dass die Teilnehmer meist nur beilufig mit den Muttersprachen der anderen Teilnehmer in Kontakt kommen. Dabei drcken sich kulturelle
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Charakteristika oft auch ber die Sprache aus, außerdem kann durch die Bercksichtigung der Sprachenvielfalt Wertschtzung ausgedrckt und gebt werden. Aus diesen Grnden bietet die methodische Einheit »Sprachanimation« (vgl. Methoden-Pool) eine hervorragende Mçglichkeit den Teilnehmern auf spielerische Weise andere Sprachen nher zu bringen bzw. ihr Interesse zu wecken, sich mit der Muttersprache des Partners zu beschftigen. In den meisten Projektbeschreibungen werden Freizeitangebote fr Teilnehmer nicht explizit genannt, auch wenn anzunehmen ist, dass es gewisse Freirume gibt. Es scheint bisweilen fast, als frchteten die Projektorganisatoren, die Nennung des Wortes »Freizeit« kçnnte bedeuten, es wrde in diesem Projekt nicht ernsthaft gearbeitet oder aber den Organisatoren wren die Ideen ausgegangen. Dabei haben die Ergebnisse der Studie zu den Langzeitwirkungen im internationalen Jugendaustausch gezeigt, dass nichtorganisierte Freirume mit Explorationsmçglichkeiten wichtig sind fr die Entstehung nachhaltiger Wirkungen (Thomas, Chang und Abt, 2007). Bei dem in der Tabelle angefhrten Beispiel, bei dem die Teilnehmer eine Stadtfhrung fr ihre Gste planen und durchfhren, zeigt sich, wie dadurch die Partizipation erhçht und so auch Selbstwirksamkeitserfahrungen ermçglicht werden. Auch thematisch gebundene Exkursionen sollten in ihrer Wirkung nicht unterschtzt werden. Sie eignen sich gut zur erfahrungsbezogenen Verankerung und Veranschaulichung theoretisch vermittelten Wissens. Spielerische Einheiten bieten sich in Projekten stets als Aufwrmspiele oder zur Auflockerung an. Dass es auch hier die Mçglichkeit gibt, einen Bezug zu Europa herzustellen, zeigen Projekte, in denen Europapuzzle, Europa-Twister, Europisches Kennzeichen-Raten oder EU-Muppet-Show eingesetzt werden: So macht Europa Spaß und außerdem kann man ganz beilufig auch noch etwas lernen. Die didaktische Konzeption des Projekts »Europa live« [49] zeigt, wie erfahrungsorientierte und informationsorientierte Einheiten wirksam kombiniert werden kçnnen.
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Informationsorientierte Methoden Im Hinblick auf innovative informationsorientierte Einheiten erweisen sich die Projekte als weniger ergiebig. Meistens wird auf die klassische Art der Informationsvermittlung durch Vortrge und Referate zurckgegriffen. Die Ausnahme bilden Lernzirkel, Lckentexte und kontroverse Texte zur Vorbereitung auf Expertengesprche. Bei Lernzirkeln und Lckentexten sind die Teilnehmer an der Wissenskonstruktion aktiv beteiligt (Stichwort »situiertes Lernen«), whrend kontroverse Texte verhindern, dass sich die Teilnehmer eine einseitige Sicht der Dinge aneignen. Kontroverse Texte eignen sich eher fr den Einsatz bei bildungshçheren Schichten, Lernzirkel und Lckentexte sind in Abhngigkeit von ihrer Komplexitt bei allen Zielgruppen einsetzbar.
Struktureller Rahmen Vorbereitung Die Befunde zeigen, dass es um die Vorbereitung auf die Teilnahme an europischen Jugendbegegnungen eher schlecht bestellt ist, d. h., nur in den seltensten Fllen findet im Initiativsektor tatschlich eine Vorbereitung statt. Im Schulbereich kann die Arbeit in den nationalen Einheiten als Vorbereitung angesehen werden. Welche Arten der Vorbereitung erscheinen nun besonders wirkungsvoll? Im Hinblick auf eine wirkungsvolle thematische Vorbereitung sind Online- bzw. nationale Wettbewerbe zu nennen, bei denen sich die Jugendlichen, um teilnehmen zu drfen, im Voraus Gedanken zu dem Thema der Begegnung machen. Ihre Ideen senden die Jugendlichen dann in einem Einzel- oder Gruppenbeitrag, als Video oder in schriftlicher Form an eine Jury, die dann eine Auswahl trifft. Dabei steht nicht der Leistungsgedanke im Vordergrund, sondern die kreative Auseinandersetzung mit dem zu behandelnden Thema. Wettbewerbe wie diese kçnnen entweder von einer zentralen Stelle ausgerichtet werden oder von nationalen Komitees. Letztere Mçglichkeit ist in Anbetracht dessen, dass die Auswahl stets mit einer »kulturellen Brille« erfolgen wird, empfehlenswerter, d. h., in Deutschland kann es
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andere Qualittskriterien fr eine »gute Arbeit« geben als in Italien oder Frankreich. Als Wirkung dieser Vorbereitungsart ist anzunehmen, dass sich nur die jungen Menschen bewerben werden, die auch wirklich motiviert sind (weitere Wirkungen s. Universalbausteine Metaebene). Das Projekt »Europe in a Village« [140] stellt ein Beispiel fr die partizipationsfçrderliche inhaltlich-organisatorische Vorbereitung dar, die im Rahmen der Metaebene bereits angesprochen wurde (vgl. Universalbausteine Metaebene). Im schulischen Bereich scheint die inhaltliche Vorbereitung im Rahmen einer Europaklasse innovativ. Die Schler kçnnen nach der 10. Klasse den Zweig »Europaklasse« whlen, in diesem Jahr wird in allen Fchern europabezogen gearbeitet, außerdem nehmen die Schler an zwei Europaprojekten mit anderen Lndern teil (vgl. Kapitel 5.1). Durch die Bildung einer Europaklasse entsteht, im Sinne einer sozialen Kategorisierung (Turner et al., 1987), bereits im nationalen Kontext eine europabezogene soziale Identitt. Projekte, in denen die Teilnehmer eine interkulturelle Vorbereitung erhielten, konnten im Initiativsektor leider keine gefunden werden. Im Bildungssektor erfolgt eine interkulturelle Vorbereitung mçglicherweise in den nationalen Einheiten, diesbezglich liegen allerdings keine konkreten Angaben vor. Angesichts dieser doch eher traurigen Bilanz soll nochmals darauf hingewiesen werden, wie wichtig interkulturelle Vorbereitung ist, um Langzeitwirkungen in Bezug auf interkulturelles Lernen zu erzielen (vgl. Universalbausteine Metaebene). Nachbereitung/Nachhaltigkeit Beim Projekt »European Parliament Krzyzowa« [108], das fortlaufend angelegt ist, findet sich eine interessante Kombination aus Vor- und Nachbereitung: Alte Teilnehmer bereiten neue Teilnehmer vor. Fr die alten Teilnehmer stellt dies zum einen eine Wissensmanagementaufgabe dar, sie mssen ihr erworbenes Wissen anwenden und so aufbereiten, dass es fr unerfahrene, neue Teilnehmer verstndlich wird. Zum anderen handelt es sich um ein partizipatives Element, das den Teilnehmern die Mçg-
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lichkeit gibt, Selbstwirksamkeitserfahrungen zu sammeln und dadurch Selbstbewusstsein aufzubauen. Im Bereich der Wissensmultiplikation finden sehr vielfltige Aktionen statt (vgl. Universalbausteine Metaebene). Hier sollen speziell zwei Projekte Erwhnung finden, bei denen die Wissensmultiplikation stark partizipativ angelegt ist. Beim Projekt »Heimat Europa?« [60] werden am Ende konkrete Aktionen vereinbart, welche die Teilnehmer in ihrem Umfeld durchfhren sollen. Auch hier ist anzunehmen, dass sich das Selbstwertgefhl der Teilnehmer erhçht, v. a. auch dann, wenn aus dem Umfeld, an das sich die Aktionen richten, positive Rckmeldung kommt. Dies erhçht in den Augen der Teilnehmer auch die Bedeutung des Projekts und fhrt damit zu einer nachhaltigeren emotionalen Wirkung. Wichtig ist hier jedoch, dass von Seiten der Projektorganisatoren die Umsetzung der Plne nachverfolgt wird, ansonsten besteht die Gefahr, dass die guten Ideen sich schnell in Luft auflçsen. Denkbar wre es daher, eine Frist zu setzen, bis zu der die Teilnehmer ein Projekt auf die Beine stellen sollen, evtl. mit Rckmeldung an die Organisatoren. Im Projekt »Waves of Democracy« [33] verbreiten die Teilnehmer ihr Wissen, indem sie nach dem Projekttreffen in Teams durch europische Schulen reisen, um ihre Ergebnisse weiterzugeben. Gestaltung der Begegnung Bei der Erluterung der Universalbausteine auf der Metaebene wurden fr die »Gestaltung der Begegnung« bereits die verschiedenen Gestaltungsaspekte bei Begegnungen mit Wirkungseinschtzungen dargestellt, in oben abgebildeter Tabelle finden sich konkrete Beispiele, in denen die verschiedensten Aspekte verwirklicht wurden. Einzig noch zu erwhnen bleiben »Preistrgerseminare«: Daran nehmen junge Menschen teil, die sich zuvor in einem Wettbewerb mit Europathema durch besondere (kreative) Ideen ausgezeichnet haben und dann die Teilnahme an einem Europaseminar gewonnen haben. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Teilnehmer stark motiviert sind und dem Seminar außerdem eine erhçhte Bedeutung zugeschrieben wird.
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Die Recherche erfolgte von Mrz 2006 bis Januar 2007, und zwar berwiegend ber das Internet, ergnzt und geleitet durch Hinweise der Beiratsmitglieder sowie durch Reaktionen auf eine Pressemitteilung der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. Die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt, wobei auf die Organisatoren, auf die verschiedenen Projektformate, auf die Inhalte sowie auf Besonderheiten und Aufflligkeiten speziell eingegangen wird.
7.1 Die Projekte: Wie viele es sind, wer sie organisiert und fçrdert Die Bestandsaufnahme, geleitet von den o. g. Kriterien fhrte zu insgesamt 190 Projekten. Da die Projekte in Abhngigkeit davon, ob sie von Schulen oder von Vereinen, Stiftungen, Bildungssttten, kirchlichen oder çffentlichen Trgern u. a. ausgerichtet werden, sich stark in ihrer Realisierungsform unterscheiden, erschien eine Aufteilung in zwei Sektoren sinnvoll. Sie werden im Folgenden als »Bildungssektor« und als »Initiativsektor« bezeichnet. Betrachtet man nun die Anzahl der Projekte jeweils getrennt fr den Bildungssektor und den Initiativsektor, so zeigt sich, dass 140 Projekte aus dem Initiativsektor und lediglich 50 Projekte aus dem Bildungssektor stammen. Fr diese nicht nur auf den ersten Blick sehr »ungleiche« Verteilung gibt es hauptschlich zwei Grnde:
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
(1) Projekte aus dem Bildungssektor sind schlechter recherchierbar, da Schulen und Hochschulen entweder keinen Internetauftritt haben oder die Projekte nicht oder nur in Stichpunkten auf ihren Homepages darstellen. (2) Eine Vielzahl von (Hoch-)Schulprojekten entspricht nicht den erforderlichen Kriterien: Entweder findet kein lnderbergreifendes Treffen der Teilnehmer statt oder dem behandelten Thema fehlt der erforderliche Europabezug. Am Beispiel einer Fçrderliste des europischen Programms »Comenius«, das unter anderem als Grundlage fr die Recherche im Bildungssektor diente, werden die genannten Grnde kurz illustriert: Von den 183 gesichteten Gymnasialprojekten des Fçrderjahrgangs 2005 mangelte es in 38,3 % aller Flle an ausreichender Info auf den Internetseiten der Schulen oder es war berhaupt keine Homepage vorhanden, 42,6 % der Projekte thematisierten Europa nicht explizit und bei 11,5 % der Projekte fand kein lnderbergreifendes Treffen der Schler statt, so dass in diesem Beispiel nur 14 Projekte in die Bestandsaufnahme Eingang fanden. Im Folgenden wird jeweils getrennt fr den Initiativ- und den Bildungssektor ein berblick ber die einzelnen Projektorganisatoren und -fçrderer geliefert.
Projektorganisatoren und -fçrderer des Initiativsektors Die Organisationen, die im Initiativsektor Europaprojekte planen und durchfhren, lassen sich insgesamt sieben verschiedenen Gruppen zuordnen, die nun dargestellt und kurz erlutert werden. Die Zuordnung der Organisationen zu den jeweiligen Gruppen erfolgte meist nach ihrem rechtlichen Status. Allerdings wurde in manchen Fllen, in denen dies fr den Informationsgehalt der Studie sinnvoll erschien, statt des rechtlichen Status eine andere Kodierung vorgenommen. Auch darauf wird in den folgenden Erluterungen eingegangen.
7.1 Die Projekte: Wie viele es sind, wer sie organisiert und fçrdert
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(1) Vereine/Verbnde: Diese Gruppe setzt sich aus eingetragenen Vereinen (e. V.) zusammen sowie aus Verbnden und Dachverbnden mehrerer Vereine, die entweder auf europischer oder auf (bundes-)deutscher Ebene operieren. (2) (Europische) Bildungssttten: Der Begriff (europische) Bildungssttten umfasst Organisationen, die rein rechtlich als Verein, GmbH oder Stiftung çffentlichen Rechts bezeichnet werden mssten. Da diese Einrichtungen aber ber ein eigenes Tagungshaus und ein spezielles und kontinuierliches Angebot an europabezogenen Seminaren verfgen, wird den Bildungssttten in vorliegender Studie eine eigene Kategorie gewidmet. (3) Stiftungen: In diese Gruppe fallen sowohl fçrdernde als auch operative Stiftungen. (4) ffentliche Trger : Die Gruppe çffentlicher Trger geht ber das rein rechtliche Verstndnis hinaus. In dieser Kategorie befinden sich politische Institutionen auf Landes- (z. B. Bezirksamt Pankow von Berlin), Bundes- (z. B. Auswrtiges Amt) und europischer Ebene (z. B. European Commission), aber auch Jugendzentren und europische Informationszentren. Von Letztgenannten wurden zwei in diese Studie aufgenommenen wurden, allerdings gehçrt nur eines der beiden Zentren, das EIZ Niedersachsen, zur Kategorie der çffentlichen Trger. Dieses Vorgehen lsst sich folgendermaßen begrnden: Fr diese Studie erschien es sinnvoll, zwei Institutionen, deren Bezeichnung, Zielsetzung und Idee bereinstimmen, derselben Kategorie zuzuordnen, und da das zweite EIZ, das EIZ Berlin, auch einen Bezug zur Kategorie »çffentlicher Trger« hat, weil es vom Berliner Senat und der Europischen Kommission gegrndet wurde, bot sich eine einheitliche Kodierung in »çffentlicher Trger« an. (5) Kirchliche Trger : Die Gruppe der kirchlichen Trger umfasst zum einen Institutionen, die mit der katholischen oder evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung stehen (z. B. Renovabis oder evangelische Jugendpropstei), zum anderen wurden in diese Gruppe auch Vereine eingeordnet, die, wie aus Namen und Satzung ersichtlich, einen stark religiçs christlichen Bezug aufweisen.
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
(6) Internationale Organisationen: In die Gruppe der internationalen Organisationen fallen in dieser Studie nur das deutsch-franzçsische sowie das deutsch-polnische Jugendwerk, weshalb diese Kategorie auch als »Jugendwerke« bezeichnet wird. (7) Private Netzwerkinitiativen: Bei zwei Veranstaltern von Projekten konnte kein rechtlicher Status ausgemacht werden, diese selbst bezeichnen sich als »Netzwerke«, ins Leben gerufen von einer kleinen Anzahl an Jugendlichen. Deshalb werden diese als »private Netzwerkinitiativen« bezeichnet. Dem untenstehenden Diagramm kann entnommen werden, zu welchen Anteilen die Projekte von den genannten Gruppen durchgefhrt und organisiert werden. Hierzu sei vermerkt, dass einzelne Organisationen mehrfach Eingang in das Diagramm fanden, nmlich dann, wenn von diesen nicht nur ein, sondern mehrere Projekte aufgenommen wurden. Ohne diese Mehrfachnennungen ergibt sich eine Anzahl von 81 verschiedenen Organisationen, die ein oder mehrere Projekte durchgefhrt haben.
Abbildung 7: berblick ber die Projektorganisatoren des Initiativsektors
Aus dem Diagramm der Abbildung 7 geht hervor, dass Vereine und Bildungssttten die fhrenden Institutionen sind, was die Planung und Durchfhrung von Projekten angeht. Allerdings werden die Projekte nicht immer von nur einer Institution organisiert und durchgefhrt: Bei 24 Projekten treten zwischen
7.1 Die Projekte: Wie viele es sind, wer sie organisiert und fçrdert
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einem und 11 Co-Organisatoren auf, wobei es sich auch hier mehrheitlich um Vereine handelt (N = 15), gefolgt von çffentlichen Trgern (N = 7). Außerdem wurden sieben Projekte gemeinschaftlich mit einem oder mehreren auslndischen Partnern organisiert und durchgefhrt. Die Zahl derartiger Kooperationen mag in diesem Kontext sehr klein erscheinen, sie bezieht sich jedoch nur auf eine gemeinsame Programmorganisation und -durchfhrung mit auslndischen Institutionen, sonst bliche Kooperationen mit auslndischen Organisationen, um Teilnehmer zu akquirieren, sind darin nicht enthalten. Wendet man den Blick von den durchfhrenden Institutionen hin zu den dahinter stehenden Personen, so zeigt sich, dass Jugendbegegnungsprojekte zwar hufig von Erwachsenen organisiert und durchgefhrt werden, dass es aber auch Projekte von Jugendlichen fr Jugendliche gibt: Von den genannten Institutionen wurden elf, meist Vereine und private Netzwerkinitiativen, von jungen Menschen gegrndet, um (europische) Projekte und Bildungsarbeit fr Altersgenossen zu konzipieren und zu realisieren. Die Planung und Umsetzung von Initiativprojekten wre hufig nicht realisierbar, wenn es nicht entsprechende Fçrderungen gbe. Deshalb soll nun auf der Grundlage der 68 Projekte, die genaue Angaben zur Fçrderung machen, dargestellt werden, wer als finanzieller Untersttzer auftritt. Dabei liegt bei mehr als 60 % aller Projekte keine Einzelfçrderung, sondern eine Mischfinanzierung von mehreren Mittelgebern vor. Am hufigsten gehen die Fçrderungen von europischen Institutionen, von der Bundesregierung oder den Landesregierungen aus sowie von Stiftungen. Auf europischer Ebene wird die finanzielle Untersttzung beispielsweise von der EU-Kommission oder der deutschen Nationalagentur »Jugend fr Europa« geleistet. Außerdem gibt es oft spezielle Fçrderprogramme wie das »Youth Programme« oder das Programm »Prince«. Die Bundesregierung initiiert ebenfalls eigene Programme, wie z. B. das Programm »Entimon«, hufig erfolgt jedoch eine finanzielle Untersttzung von den Bundesministerien, wie dem Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder dem Auswrtigen Amt. Einige Projekte erhalten finanzielle Hilfen von
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
deutschen Unternehmen oder aber von auslndischen Regierungen und Organisationen. Weitere Fçrderer sind Vereine, Bildungssttten, çffentliche und kirchliche Trger sowie private Spender. Abschließend sei erwhnt, dass auch die 72 Projekte, zu denen keine Angaben zur Fçrderung vorliegen, die Kosten im Normalfall nicht ausschließlich selbst tragen. Als Beispiel seien die Bildungssttten angefhrt, die meist eine Jahresfçrderung erhalten, weshalb bei den Angaben zu den einzelnen Projekten die Fçrderer nicht mehr explizit genannt werden. Eine detaillierte Aufstellung zu den einzelnen Projekten, deren Veranstaltern und Fçrderern findet sich im Anhang.
Projektorganisatoren und -fçrderer des Bildungssektors Im sekundren Bildungssektor geht ein Großteil der recherchierten Projekte von Gymnasien aus; andere Schulen wie Real-, Haupt-, Berufs- und Gesamtschulen treten nur in geringerer Anzahl als Organisatoren von Europaprojekten auf. Die durchgefhrten Recherchen liefern dazu folgende Erklrungen: Zum einen fhren Gymnasien, wie beispielsweise aus den ComeniusFçrderlisten hervorgeht, tatschlich mehr europische Projekte durch als andere Schularten. Zum anderen beschrnken sich bei Letzteren die durchgefhrten Projekte hufig auf das Kennenlernen neuer Kulturen (oft ohne reale Begegnungen der Schler) oder handwerkliches Arbeiten mit Partnern anderer europischer Lnder, aber ohne thematischen Bezug zu Europa, womit diese Projekte nicht im Fokus der Studie stehen. Im tertiren Bildungssektor konnten hnlich wie bei den Schulen nur wenige Projekte aufgenommen werden. Nach Auskunft von fr diesen Bereich zustndigen Beiratsmitgliedern liegt der Fokus bei den Hochschulen gegenwrtig auf der Umsetzung des Bologna-Prozesses, d. h., die Bemhungen konzentrieren sich auf eine Fçrderung der Mobilitt durch die Vernetzung von Hochschulen und Studiengngen auf europischer Ebene. Eine tiefergehende Diskussion dieser Ergebnisse erfolgt in Kapitel 7.7.
7.1 Die Projekte: Wie viele es sind, wer sie organisiert und fçrdert
209
In folgendem Diagramm ist die Anzahl der europabezogenen Projekte nach Schularten getrennt dargestellt. Außerdem im Diagramm enthalten ist die Anzahl der von Hochschulen ausgehenden Projekte. Da nur ein Projekt einer Fachhochschule aufgenommen werden konnte, werden Universitten und Fachhochschulen gemeinsam aufgefhrt.
Abbildung 8: berblick ber die Projektorganisatoren des Bildungssektors
hnlich wie im Initiativsektor, so ist auch im Fall der Bildungsprojekte eine Realisierung ohne entsprechende Fçrderung nicht denkbar. Auch was die Fçrderer angeht, gibt es Parallelen zu den Initiativprojekten: Bei Bildungsprojekten geht die Untersttzung ebenfalls am hufigsten von europischen Programmen der EUKommission und von Stiftungen aus. Von Seiten der Bundes- und Landesregierung werden kaum bis gar keine Fçrderhilfen geleistet. Einen geringen Anteil an der Fçrderung von Schulprojekten haben Unternehmen und private Spender. Im Hinblick auf die europischen Programme der EU lsst sich im Bildungssektor ein klarer Fçrderfavorit ausmachen: das Comenius-Programm fr Schulen und das Sokrates-Intensiv-Programm fr Hochschulen, von denen 74,5 % aller Projekte im Bildungsbereich Zuschsse erhalten. Stiftungen haben einen 27,5 %-Anteil an der Fçrderung von Bildungsprojekten. Dabei handelt es sich hauptschlich um die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« mit ihrem Fçrderwettbewerb »Frieden fr Europa – Europa fr den Frieden« und um die Robert Bosch Stiftung mit dem
210
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Fçrderwettbewerb »Junge Wege in Europa«, die beide von dem Verein MitOst e.V. getragen und durchgefhrt werden. Durch die genannten Fçrderprogramme kann meist, anders als im Initiativsektor, auf Mehrfachfinanzierungen verzichtet werden. Lediglich manche Comenius-Projekte erhalten Zuschsse von schulinternen Fçrderern, um, anders als im Programm vorgesehen, mehr als 4 Schlern die Teilnahme an den Projekttreffen zu ermçglichen. Eine detaillierte Aufstellung zu den einzelnen Bildungsprojekten, deren Veranstaltern und Fçrderern enthlt der Anhang.
7.2 Die Projekte und wer daran teilnimmt Projektbeteiligung Wie bereits eingangs dargelegt, war ein Kriterium fr die Aufnahme der Projekte in den Realittsbestand, dass eine bi-, trioder multilaterale Beteiligung vorlag, wobei eine Beteiligung von mehr als zwei Nationen durch die Mitglieder des studienbegleitenden Beirats prferiert wurde. Ein Blick auf die unten stehenden Abbildungen zeigt, dass sowohl im Initiativsektor als auch im Bildungssektor mehr als 75,0 % aller Projekte mit tri- bis multilateraler Beteiligung durchgefhrt werden. Im Bildungssektor ist zwar der Anteil an bilateralen Projekten mit 20,0 % etwas hçher als im Initiativsektor (11,4 %), der Trend liegt dennoch klar bei Projekten mit multilateraler Beteiligung.
Teilnehmerlnder und europische Regionen Die Abbildungen und Daten zur bi-, tri- oder multilateralen Beteiligung liefern noch keinen Aufschluss darber, aus welchen Lndern die Teilnehmer stammen. Dieser Frage soll nun nachgegangen werden, und zwar anhand der 113 Initiativ- sowie 48 Bildungsprojekte, die konkret angeben, woher die Projektteilnehmer kamen. Da alle Projekte von deutschen Organisationen (mit-)organisiert und bis auf zwei Ausnahmen, die an anderer
7.2 Die Projekte und wer daran teilnimmt
211
Abbildung 9: Anteilige Darstellung multi-, tri- und bilateraler Beteiligung bei den Projekten des Initiativsektors
Abbildung 10: Anteilige Darstellung multi-, tri- und bilateraler Beteiligung bei den Projekten des Bildungssektors
Stelle diskutiert werden (vgl. Kapitel 7.7), stets mit deutschen Teilnehmern durchgefhrt wurden, wird Deutschland als »feste Grçße« angenommen und geht nicht mit in die Darstellungen ein. Bevor einzelne Lnder herausgestellt werden, deren Bewohner sich als besonders aktiv in Bezug auf Begegnungsprojekte mit Deutschland erweisen, soll verdeutlicht werden, von welchen europischen Regionen die strkste Teilhabe ausgeht. Dazu werden die europischen Lnder geographisch kategorisiert in Nord-, Nordost-, Ost-, Sdost-, Sd- und Westeuropa zustzlich wird eine Kategorie »international« aufgenommen, in die außereuropische Teilnehmerlnder fallen. Aus unten stehender Abbildung ist ersichtlich, welche Lnder zu welchen Regionen gerechnet werden. Der Abbildung kçnnen außerdem die Pro-
212
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
zentwerte, getrennt fr den Bildungs- (B) und Initiativsektor (I), entnommen werden, aus denen hervorgeht, zu welchen Anteilen die Lnder bzw. korrekter ausgedrckt junge Menschen aus den Lndern der acht Regionen an den Projekten teilgenommen haben. Als Bezugsgrçße dient im Folgenden stets die Anzahl der genannten Teilnehmerlnder, denn ber die Teilnehmerstrke kçnnen keine Aussagen getroffen werden. Am hufigsten sind demnach junge Menschen aus Mitteleuropa beteiligt, und zwar sowohl bei Bildungs- (30,8 %) als auch bei Initiativprojekten (36,0 %). Ebenfalls als sehr aktiv erweisen sich die jungen Bewohner Westeuropas, wobei diese etwas hufiger an Initiativ(21,0 %) als an Bildungsprojekten (17,4 %) teilnehmen. Ebenfalls zu 17,4 % sind Schler und Studenten aus Sdeuropa an Bildungsprojekten beteiligt, im Initiativsektor dahingegen sind die Lnder Sdeuropas weniger prsent (7,7 %), stattdessen ist eine relativ hufige Teilnahme junger Sdosteuroper zu verzeichnen (16,6 %), die im Bildungssektor wiederum etwas geringer ausfllt (11,0 %). Was die Beteiligung junger Menschen aus Ost-, Nordund Nordosteuropa angeht, so liegen die Prozentzahlen im Initiativsektor zwischen 4,4 und 5,8 %. Im Vergleich zu den Initiativprojekten nehmen an Projekten von (Hoch-)Schulen çfter junge Menschen aus Nordeuropa teil (12,2 %), die Beteiligung der Lnder Ost- und Nordosteuropas ist damit jedoch prozentual niedriger (2,0 % und 2,9 %). Teilnehmer aus nichteuropischen Lndern nehmen im Initiativsektor mit 2,9 % den geringsten Prozentsatz ein und sind somit am seltensten vertreten, im Bildungsbereich ist die Teilhabe außereuropischer Vertreter etwas hçher, sie liegt bei 6,4 %. Der relativ hohe Anteil an außereuropischen Teilnehmerlndern im Bildungsbereich ist allerdings auf nur zwei Projekte im universitren Bereich zurckzufhren, die mit sehr vielen verschiedenen Nationen, darunter eben auch mit je drei bzw. acht außereuropischen Lndern durchgefhrt wurden. Wie sieht es nun mit den einzelnen Lndern aus? Gibt es einen oder mehrere Favoriten, also Lnder, die besonders oft an Begegnungsprojekten mit Deutschland beteiligt sind? Die beiden folgenden Diagramme zeigen, jeweils nach Initiativ- und Bil-
7.2 Die Projekte und wer daran teilnimmt
213
Abbildung 11: Prozentualer Anteil der Teilnehmerlnder bezogen auf europische Regionen
dungssektor getrennt, die 14 Lnder, die am hufigsten an den Begegnungsprojekten teilnehmen.
Abbildung 12: Die 14 Lnder, die am hufigsten an Projekten im Initiativsektor beteiligt sind
Aus den Diagrammen geht hervor, dass an weitaus mehr als der Hlfte aller Projekte im Initiativsektor junge Menschen aus Polen
214
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Abbildung 13: Die 14 Lnder, die am hufigsten an Projekten im Bildungssektor beteiligt sind
teilnehmen (61,7 %). Ebenfalls sehr hufig sind junge Franzosen beteiligt: Fast 45 % aller Initiativprojekte finden mit franzçsischen Teilnehmern statt. Aber auch die Lnder Tschechien (31,3 %) und Ungarn (20,9 %) zeichnen sich dadurch aus, dass ihre jungen Bewohner hufig an europischen Initiativprojekten teilnehmen, und außerdem erweisen sich die jungen Leute aus dem Nachbarland sterreich als recht aktiv in Bezug auf die Teilnahme an Europa-Projekten mit Deutschland (17,4 %). Allerdings findet kein einziges bilaterales Projekt zwischen Deutschen und sterreichern statt, was die Vermutung nahe legt, dass eine derartige Begegnung, vielleicht aufgrund großer hnlichkeiten, nicht als ausreichend »europisch« und »spannend« erachtet wird. Bei den Bildungsprojekten wird die Beteiligungsliste ebenfalls unangefochten von Polen angefhrt. Auch Frankreich erweist sich im Bildungskontext als aktiver Partner, allerdings mit einem weitaus geringeren Anteil (27,1 %) als im Initiativsektor (44,3 %). Dafr sind Italien (27,1 %) und Spanien (25,0 %) sehr hufig vertreten, insbesondere im Vergleich zu den Initiativprojekten, an denen sehr viel seltener junge Menschen aus diesen beiden Lndern teilnehmen (13,0 % und 9,6 %). Weiterhin fllt auf, dass sich im Initiativsektor kein einziges nordeuropisches Land unter den 14 am hufigsten beteiligten Lndern befindet, whrend bei Bildungsprojekten sowohl Schweden (14,6 %) als auch Finnland (10,4 %) in der Liste vertreten sind. Außerdem sind an
7.2 Die Projekte und wer daran teilnimmt
215
Initiativprojekten kaum junge Menschen aus der Trkei beteiligt, obwohl die Region Sdosteuropa im Allgemeinen durch einen relativ hohen Beteiligungsgrad auffiel (vgl. Abbildung 11). Die Teilnehmer aus Sdosteuropa kommen also v. a. aus Rumnien oder Bulgarien. Im Bildungssektor dahingegen beteiligt sich die Trkei an 10,4 % aller Projekte.
Zielgruppe Wie es von großem Interesse ist zu sehen, aus welchen Lndern die Teilnehmer an Europa-Projekten stammen, ist es nicht weniger interessant, die Zielgruppe europischer Begegnungen ins Visier zu nehmen. Richten sich diese Projekte einmal mehr an die sogenannte »Elite« oder schlgt sich der in den letzten Jahren laut gewordene Ruf nach der Fçrderung »benachteiligter« Bevçlkerungsschichten bereits in europischen Begegnungsprojekten nieder? Fr den Bildungssektor ist diese Frage schnell beantwortet: Ein Blick auf die Schularten, die europische Projekte durchfhren, gengt, um zu zeigen, dass Gymnasiasten diejenigen sind, die am hufigsten im Rahmen von Begegnungsprojekten mit dem Thema Europa und mit anderen Europern in Kontakt kommen. Im Initiativsektor gestaltet sich die Analyse der Zielgruppen bzw. der Teilnehmer etwas diffiziler. Die Daten zu den erhobenen Projekten sttzen sich meist auf Projektausschreibungen, Internetseiten, die zur Prsentation des Projekts erstellt wurden, sowie auf Berichte, die von den Teilnehmern oder den durchfhrenden Organisationen nach Abschluss des Projekts ins Netz gestellt werden. Auf diese Art konnten zu 109 Projekten genauere Angaben zur angesprochenen Zielgruppe bzw. zu den Teilnehmern erhoben werden, die in unten stehender Abbildung graphisch dargestellt sind. Zum Verstndnis der Darstellung sei darauf hingewiesen, dass manche Projekte mehrere Zielgruppen angeben, daher entsprechen die gesamten Zielgruppen-Nennungen (N = 133) nicht der Anzahl der Projekte (N = 109), die diesbezglich Angaben machen.
216
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Abbildung 14: Anzahl der Teilnehmer in Bezug auf die Zielgruppen des Initiativsektors
Die Abbildung zeigt, dass sich die Projekte an eine Vielzahl unterschiedlicher Personengruppen richten. In den meisten Fllen (N = 31) wird die Zielgruppe jedoch lediglich mit dem Begriff »Jugendliche« oder »junge Menschen« umrissen, oft in Verbindung mit der Angabe einer Altersspanne (z. B. 17 – 21 Jahre oder 18 – 25 Jahre). Recht hufig sind die Adressaten auch Studenten (N = 28), und zwar entweder ganz allgemein oder als Studierende spezieller Fachrichtungen, beispielsweise Sozialwissenschaften, Musik oder Germanistik. Bei neun Projektausschreibungen werden Schler als Zielgruppe genannt, jedoch hufig mit dem Zusatz »Gymnasialschler«, »angehende Abiturienten« oder »Schler 11.–13. Klassen«. Das Schlagwort »Multiplikatoren« fllt im Kontext der Zielgruppe elfmal, bisweilen auch mit konkreteren Angaben dazu, wer als Multiplikator erachtet wird, nmlich (junge) Menschen, die in der Jugendarbeit ttig sind, oder einfach nur, wie in einem
7.3 Die Projekte und deren Inhalt
217
Fall, Studenten und Schler. Einige Zielgruppen lassen sich unter dem Begriff der »Nachwuchsfçrderung« zusammenfassen. Dazu gehçren in diesem Kontext Projekte fr Wissenschaftler bzw. Doktoranden, Stipendiaten und Fhrungskrfte. Außerdem gibt es Projekte, die sich speziell an bestimmte Berufsgruppen z. B. Knstler, Journalisten, Politiker, Lehrer richten, wobei entweder – im Sinne einer Nachwuchsfçrderung – junge Menschen angesprochen werden, die in den jeweiligen Gebieten Interessen, Begabungen oder erste Erfahrungen haben, oder aber die Projekte zielen auf ltere Menschen der genannten Berufsgruppen, die dann in Relation mit jungen Menschen an der Begegnung, meist Konferenzen (siehe auch 7.4), teilnehmen. Neben diesen speziellen Berufsgruppen werden auch Auszubildende und Arbeitnehmer im Allgemeinen angesprochen, und zwar im Rahmen von insgesamt acht Projekten. Andere Programme wiederum sprechen junge Menschen ber ihre Zugehçrigkeit zu bestimmten Vereinen oder Jugendgruppen an. In Bezug auf die Zielgruppe, die mit »Interessierte« bezeichnet wird, werden in den meisten Projekten keine genaueren Angaben geliefert, da vermutlich die Ausschreibung einerseits mçglichst offen gehalten werden soll, andererseits aber zu gewhrleisten ist, dass sich nur anmeldet, wer auch wirklich am Thema interessiert ist. Bleibt noch die eingangs angesprochene Gruppe sogenannter »benachteiligter« Bevçlkerungsschichten: Migranten und ethnische Minderheiten, benachteiligte Jugendliche bzw. Jugendliche mit besonderem Fçrderbedarf und junge Menschen ohne Arbeit. Von den 109 Projekten richten sich 8 explizit an diese Gruppen.
7.3 Die Projekte und deren Inhalt Die 190 in den Realittsbestand der Untersuchung aufgenommenen Projekte zeichnen sich zwar durch eine große Vielfalt an behandelten Themen aus, doch ist auch in dieser »Vielfalt eine gewisse Einheit« erkennbar. So konnten bei detaillierter Analyse aller Projekte neun thematische Schwerpunkte ausgemacht werden. Es zeigt sich, dass Europa aus den verschiedensten
218
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Blickwinkeln beleuchtet werden kann. Europa bzw. die EU werden (1) (wirtschafts-)politisch betrachtet, entweder mit dem Ziel einer konkreten Wissensvermittlung zur Funktionsweise der EU oder aber im Hinblick auf deren Grenzen und Nutzen sowie durch die Thematisierung verschiedener Politikbereiche wie Migrations- oder Umweltpolitik. (2) Außerdem nhert man sich Europa aus der historischen Perspektive, um davon ausgehend den Blick in eine gemeinsame Zukunft zu werfen. (3) Der Zukunftsaspekt findet sich auch in einem weiteren Themenschwerpunkt, »Visionen fr Europas Zukunft«, bei dem ausschließlich die Zukunft Europas zum Thema gemacht wird, wobei die Jugendlichen zu verschiedenen Unterthemen ihre Vision eines zuknftigen Europas entwickeln. (4) Auch das kulturelle Erbe Europas wird thematisiert (Schwerpunkt »Kunst und Kulturelles«): Sowohl Philosophen, Dichter, Autoren, Sagengestalten als auch die europische Sprachenlandschaft und deren Wurzeln werden auf deren Wert fr das gegenwrtige und zuknftige Europa hin untersucht. Im kulturellen Bereich findet darber hinaus eine praktisch knstlerische Annherung an das Thema Europa statt, Europa bzw. die Einstellungen, Gedanken und Erfahrungen zu Europa werden symbolisch dargestellt, beispielsweise durch knstlerische und handwerkliche Arbeiten. Diese reichen von Heißluftballonen mit Europafahne bis hin zu Mosaiken mit allen europischen Staaten. (5) Andere Projekte beschftigen sich mit dem Schlagwort der »europischen Identitt«, auch mit Bezugnahme zur nationalen Identitt. In diesem Zusammenhang beschftigen sich die Teilnehmer oft mit Werten und der Bedeutung Europas fr die eigene Person. Ebenso wird die grundlegende Frage nach der kulturellen Identitt Europas in diesem Schwerpunkt (»Identitt, Kultur und Werte«) aufgeworfen. (6) Bei dem Schwerpunkt »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« steht, wie bereits der Titel verrt, das Kennenlernen anderer Europer im Vordergrund, hufig werden dazu Vergleiche angestellt, aber auch das Selbst- und Fremdbild sowie Stereotype und Vorurteile gegenber anderen
7.3 Die Projekte und deren Inhalt
219
europischen Nationen behandelt, allerdings nicht ohne auch die Gemeinsamkeiten der Europer herauszustellen. (7 + 8) Partizipative Aspekte spielen bei den Themenschwerpunkten »Europa aktiv gestalten und nutzen« sowie »Train the Europeans« eine wichtige Rolle. Bei Ersterem stehen die europische Brgerschaft und der Dialog zwischen der EU und den Brgern im Vordergrund. Die Teilnehmer beschftigen sich mit Mçglichkeiten zur aktiven Ausgestaltung dieser Themen oder aber mit den Berufschancen, die sich in einem vereinten Europa bieten. Weiterhin umfasst dieser Schwerpunkt Projekte, die Partizipations- und Selbstbestimmungsmçglichkeiten fr und mit benachteiligten Bevçlkerungsgruppen thematisieren. Projekte des Themengebiets »Train the Europeans« zielen darauf ab, Multiplikatoren fr die Europaarbeit auszubilden, deshalb reichen die Inhalte vom Methodentraining bis hin zu den Mçglichkeiten, »Europa« in die Jugendarbeit zu integrieren. (9) Das letzte Themengebiet luft unter dem Titel »Europa in den Massenmedien« und beinhaltet den Vergleich nationaler Berichterstattungen zum Thema Europa sowie Projekte in denen der Frage nachgegangen wird, ob und wenn ja welchen Beitrag die Medien zur Herausbildung einer europischen Kultur oder Identitt leisten. In folgender Tabelle werden die thematischen Schwerpunkte mit den dazugehçrigen Themen nochmals detailliert berblicksartig dargestellt. Nicht alle Themen erfreuen sich gleicher Aufmerksamkeit. Die Tabelle zeigt, welche Schwerpunkte am hufigsten behandelt werden. Dabei ist zu beachten, dass in manchen Projekten mehrere Themen angesprochen werden, weshalb Doppelkodierungen vorgenommen wurden, wenn aus der Projektbeschreibung keine klare Gewichtung der Inhalte hervorging. Wird also beispielsweise in einem Projekt die nationale und europische Identitt der Teilnehmer thematisiert und werden gleichzeitig gegenseitige Stereotype und Vorurteile diskutiert und hinterfragt, dann fhrt dies zu einer Doppelkodierung in »Identitt, Kultur und Werte« und »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen«.
220
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Tabelle 25: Thematische Schwerpunkte und Themen der Projekte Thematische Schwerpunkte
Themen
EUropa: Politik und Wirtschaft
Wissensvermittlung ber die EU, ihre Funktionsweise, Institutionen und Geschichte Diskurse ber Nutzen, Grenzen und Zukunft der EU (Themen in diesem Zshg: europische Integration, Osterweiterung, Verfassung, Rolle der Europas in der Welt) Umweltpolitik, Migrationspolitik, Bildungspolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, Menschenrechte Binnenmarkt und andere wirtschaftspolitische Fragen
Vergangenheit und Zukunft Europas
Ausgehend von historischen Ereignissen (z. B. Schlacht von Jena-Auerstedt 1806), Bauwerken (z. B. Via Regia), Vçlkern (z. B. die Kelten) oder Persçnlichkeiten in Europa findet ein Brckenschlag zu Europas Zukunft statt, es werden Perspektiven fr die Zukunft entwickelt. Aufarbeitung der Geschichte, v. a. der Geschehnisse des Dritten Reichs mit Blick in eine gemeinsame und friedliche europische Zukunft
Visionen fr Europas Zukunft
Entwicklung von Zukunftsbildern, z. B. »Europa im Jahr 2020« im Hinblick auf: Arbeitswelt, Wirtschaft und Globalisierung Umwelt und Energieversorgung Europas Rolle in der Welt Identitt, Selbstverstndnis, Europabilder und Sprache Medien
Kunst und Kulturelles
Behandlung des kulturellen Erbes und dessen Wert fr das zuknftige/ gegenwrtige Europa:
221
7.3 Die Projekte und deren Inhalt Tabelle 25: (Fortsetzung) Thematische Schwerpunkte
Themen Dichter und Autoren Philosophen und Denker Sagengestalten und Mythen Orchesterkultur die Kunst der Kelten europische Sprachenlandschaft und deren Wurzeln Beschftigung mit zeitgençssischer Kunst in Europa (Musiker, Knstler,…) Symbolische Darstellung Europas durch handwerkl. Projekte
Identitt, Kultur und Werte
nationale und europische Identitt eigenes »Europabild« (Bedeutung fr die eigene Person) eigene Kultur/eigene Werte auch im Hinblick auf bergeordnete europische Werte Religion kulturelle Identitt Europas
Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen
Innereuropischer Vergleich von Sichtweisen, Einstellungen, Lebensgewohnheiten, Schulsystemen,… Geschichte, Wirtschaft, Politik anderer europischer Lnder Interkulturelle Kompetenz im Umgang mit Europern Thematisierung von Vorurteilen und Stereotypen Selbstbild und Fremdbild Bedeutung von Grenzen ngste und Hoffnungen in Bezug auf ein gemeinsames Europa
Europa aktiv gestalten und nutzen Ermunterung zur aktiven Brgerschaft und zur aktiven Gestaltung der europischen Gesellschaft
222
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Tabelle 25: (Fortsetzung) Thematische Schwerpunkte
Themen Dialog Brger-europische Institutionen (EU, Europarat) Jugendprogramme und berufliche (Zukunfts-)Chancen junger Menschen im gemeinsamen Europa Fçrderung der regionalen Zusammenarbeit Selbstbestimmung und Partizipation benachteiligter Bevçlkerungsgruppen und Minderheiten (z. B. alleinerziehende Frauen, Hçrgeschdigte) in Europa
Train the Europeans
Europa in der internationalen Jugendarbeit Methodentraining
Europa in den Massenmedien
Vergleich verschiedener nationaler Medienberichte ber Europa/ europische Themen Beitrag der Medien zur Herausbildung einer europischen Kultur
Aus der Tabelle geht hervor, dass in den 190 Projekten des Realittsbestands am hufigsten das Themengebiet »EUropa: Politik und Wirtschaft« behandelt wird (35,2 %), gefolgt von den Schwerpunkten »Europische Vielfalt kennen lernen« (28,4 %) und »Europa aktiv gestalten und nutzen« (18,9 %). Am seltensten werden Themen aus den Gebieten »Train the Europeans« und »Europa in den Massenmedien« gewhlt, was sich jedoch auch damit begrndet, dass das Themenspektrum dieser beiden Schwerpunkte nicht so breit angelegt ist, wie das anderer Gebiete. Sehr aufschlussreich ist jedoch auch eine Betrachtung der Themengebiete getrennt nach Initiativ- und Bildungssektor, da sich hier sehr unterschiedliche Schwerpunktsetzungen finden. Im Initiativsektor sind die EU und die damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Fragestellungen die dominieren-
223
7.3 Die Projekte und deren Inhalt
Tabelle 26: Themenschwerpunkte und deren Anteil an Projekten im Initiativ- und Bildungssektor berblick ber den Anteil der Themenschwerpunkte: Initiativ- und Bildungssektor Angaben in % Initiativprojekte Bildungsprojekte Gesamt EUropa: Politik und Wirtschaft
42,9
14,0
35,2
Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen
21,4
48,0
28,4
Europa aktiv gestalten und nutzen
25,0
2,0
18,9
Vergangenheit und Zukunft Europas
10,7
34,0
16,8
Identitt, Kultur und Werte
19,3
8,0
16,3
Kunst und Kulturelles
12,1
20,0
14,2
Visionen fr Europas Zukunft
14,3
8,0
12,6
Train the Europeans
2,1
0
1,6
Europa in den Massenmedien
1,4
2,0
1,6
(Mehrfachnennungen mçglich)
den Themen (42,9 %). Im Bildungssektor dahingegen spielt dieses Themengebiet nur eine untergeordnete Rolle (14,0 %), hier konzentriert man sich strker auf Inhalte, die dem Schwerpunkt »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« zugerechnet werden kçnnen (48,0 %). Diese Inhalte werden bei Initiativprojekten zwar auch behandelt, jedoch mit 21,4 % nicht so hufig wie im Bildungssektor. Neben den genannten Themenschwerpunkten werden bei Projekten des Initiativsektors vor allem auch Inhalte behandelt, die mit den Schwerpunkten »Europa aktiv gestalten und nutzen« (25,0 %) und »Identitt, Kultur und Werte« (19,3 %) assoziiert sind. Bei Bildungsprojekten wiederum scheinen diese Themen von ge-
224
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
ringerem Interesse zu sein, vielmehr stehen bei Schulen und Hochschulen die Schwerpunkte »Vergangenheit und Zukunft Europas« (34,0 %) und »Kunst und Kulturelles« (20,0 %) im Vordergrund. Auf diese Ergebnisse wird auch an anderer Stelle, in Kapitel 7.7, eingegangen.
7.4 Die Projekte und deren Formate Die Projekte weisen sehr unterschiedliche Formate auf, wobei auch hier eine Differenzierung zwischen Initiativ- und Bildungssektor nçtig ist. In Ersterem finden sich »klassische« Formate wie Seminar, Workshop, Konferenz u. a. Bei den Projekten im Bildungsbereich gibt es derartige Formate nur in einem sehr geringen Umfang. Bestimmt wird der Bildungssektor von mehrjhrig angelegten Projekten, die aus verschiedenen nationalen und internationalen Einheiten bestehen, wodurch eine klassische Formatzuordnung nicht mçglich ist, diese Projekte werden daher als »curriculare Langzeitprojekte« bezeichnet. Die Projekte des Bildungs- und des Initiativsektors werden im Folgenden zunchst berblicksartig in Tabellenform dargestellt und im Anschluss daran in ihrer methodischen und inhaltlichen Konzeption genauer erlutert.
Projektformate des Initiativsektors Im Initiativsektor ergeben sich aus den 130 Projekten, zu denen Formatangaben vorliegen, neun verschiedene Gruppen (siehe Tabelle 27). Das beliebteste Projektformat im Initiativsektor ist das Seminar, das 39-mal und damit zwischen zwei- und zehnmal so hufig vorkommt wie andere Formate. Workshop, Konferenz und Jugendbegegnung sind die Formate, die nach dem Seminar am hufigsten im Initiativsektor anzutreffen sind (N = 17, 17 und 16), wiederum nur halb so oft wie diese finden Fortbildung, Sommerakademie und Reise statt (N = 9, 8 und 7). Sehr selten sind Projekte mit dem Format »Festival, Event« (N = 4). Die
225
7.4 Die Projekte und deren Formate
Tabelle 27 und 28: berblick ber die Formate und die Anzahl der jeweiligen Projekte im Initiativ- und Bildungssektor Projektformate des Initiativsektors
Anzahl der Projekte
Projektformate des Anzahl Bildungssektors der Projekte
1. Seminar
39
1.
curriculare Langzeitprojekte
31
2. Workshop
17
2.
Begegnungsprojekte
3
3. Konferenz, Kongress, Tagung, Symposium
17
3.
Workshop
2
4. Jugendbegegnung, -camp
16
4.
Planspiel
2
5. Fortbildung, Training
9
5.
Seminar
2
6. Sommerakademie, -schule
8
6.
Reise
2
7. Reise, Rallye
7
7.
Festival
1
8. Festival, Event
4
8.
Sommeruniversitt
1
9. Sonstige
13
9.
Forum
1
Kategorie »Sonstiges« besteht aus 13 Projekten, mit teils Einzeloder Doppelnennungen, z. B. Bildhauersymposium oder Forum, und teils unspezifischen Formatangaben z. B. Projekt. Wodurch zeichnen sich nun die genannten Formate aus? Gibt es nur einen Unterschied in der Bezeichnung, oder werden in den einzelnen Formaten bestimmte methodische oder inhaltliche Schwerpunkte gesetzt? Gibt es unter Umstnden auch einen Unterschied in Bezug auf die Zielgruppe? Um dies herauszufinden, wurden die einzelnen Formate im Hinblick auf deren methodische und inhaltliche Konzeption sowie auf die Zielgruppe hin untersucht. Um eine methodische Analyse zu ermçglichen, wurden vorab die Angaben zu den verwendeten methodischen Elementen zu Clustern zusammengefasst (siehe auch Kapitel 5.1). Die folgenden Daten zu Methoden und Zielgruppen beruhen auf den Projekten, zu denen diesbezglich Angaben gemacht wurden, wobei insbesondere in Bezug auf die Zielgruppe
226
7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
nur Aussagen mit Einschrnkungen mçglich sind, da hier bisweilen keine Angaben vorliegen.
1. Seminare Bei Seminaren wird bevorzugt das Themengebiet »EUropa: Politik und Wirtschaft« behandelt (51,3 %), und zwar zu einem hçheren Prozentsatz als im Initiativsektor allgemein (42,9 %). Weitere Schwerpunktthemen sind »Europa aktiv gestalten« (28,0 %) sowie »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« (23,0 %) sowie. Zur Vermittlung der Themen wird von Vortrgen (43,2 %), Kleingruppenarbeit (54,1 %) und Diskussionen (48,6 %) Gebrauch gemacht. Außerdem spielen Gesprche mit Experten (21,6 %) und Exkursionen (32,4 %) bei Seminaren eine wichtige Rolle. Die Zielgruppe sind junge Menschen bzw. Jugendliche (38,7 %), Studenten und Multiplikatoren (je 22,6 %).
2. Workshops Workshops unterscheiden sich von Seminaren bereits in Bezug auf die schwerpunktmßig behandelten Themen. Nicht das Thema Politik und Wirtschaft wird hier favorisiert, sondern »Visionen fr Europas Zukunft« (35,3 %) und »Identitt, Kultur und Werte« (23,5 %). Themen des Schwerpunkts »Europische Vielfalt kennen lernen …« werden, wie auch bereits bei Seminaren, hufig angesprochen, aber zu hçheren Anteilen (29,5 %). Bei der methodischen Konzeption gibt es Parallelen aber auch Unterschiede zum Seminar : So sind Kleingruppenarbeiten (66,7 %), Diskussionen (33,3 %) und Exkursionen (26,7 %) ebenfalls sehr beliebt, allerdings kommen seltener Vortrge (13,3 %) und dafr hufiger kreative Einheiten (40,0 %) zum Einsatz. Als Zielgruppe werden auch beim Workshop hauptschlich Jugendliche und Studenten (45,5 %) angegeben, allerdings richten sich Workshops anders als Seminare zu geringen Anteilen auch an die sogenannten »benachteiligten Bevçlkerungsschichten«, also an ethnische Minderheiten und Migranten sowie Jugendliche mit besonderem Fçrderbedarf (je 9,1 %).
7.4 Die Projekte und deren Formate
227
3. Konferenzen Bei Konferenzen steht, wie bei keinem anderen Format, der Themenschwerpunkt »EUropa: Politik und Wirtschaft« im Vordergrund (70,6 %). Darber hinaus wird zu einem gewissen Prozentsatz auch das Themengebiet »Europa aktiv gestalten und nutzen« behandelt (29,4 %). Alle weiteren Themen spielen bei Konferenzen jedoch nur untergeordnete Rollen. In Bezug auf die methodischen Einheiten bildet sich in den Daten das allgemein vorherrschende Bild einer Konferenz ab: Vortrge (64,7 %), Kleingruppenarbeiten (70,6 %), Diskussionen (41,2 %) und Podiumsdiskussionen (29,4 %) bestimmen die »Konferenzlandschaft«. Manche Konferenzen enden außerdem mit einer Prsentation, zu der die ffentlichkeit und/oder Reprsentanten aus Politik und Wirtschaft geladen sind (17,6 %). Und wer nimmt nun an den Konferenzen teil? Einen hohen Anteil bilden auch hier junge Menschen bzw. Jugendliche und Studenten (25,0 % und 33,3 %), dabei sei jedoch nochmals darauf hingewiesen, dass ein Aufnahmekriterium ja die Beteiligung von jungen Menschen war, außerdem trugen fnf der 17 Konferenzen bereits den Zusatz »Jugend« im Titel. Weiterhin nehmen zu jeweils 16,7 % Politiker, Interessierte und Mitglieder von Vereinen und Jugendorganisationen teil. Eine weitere Teilnehmergruppe, die bei anderen Formaten nicht bzw. nur bei Seminaren (zu 3,2 %) vertreten ist, sind Lehrer, diese sind zu 8,3 % an Konferenzen beteiligt.
4. Jugendbegegnungen Jugendbegegnungen und -camps legen in Bezug auf die Themengebiete hnliche Schwerpunkte wie Workshops. »Europische Vielfalt kennen lernen …« »Visionen fr Europas Zukunft« (je 29,4 %) sowie »Europa aktiv gestalten und nutzen« und »Identitt, Kultur und Werte« (je 23,5 %) sind die Themenschwerpunkte, die beim Format »Jugendbegegnung« dominieren. Wirtschaftliche und politische Themen, die dem Schwerpunkt »EUropa: Politik und Wirtschaft« zuzurechnen sind, nehmen dahingegen einen vergleichsweise geringen Anteil ein (17,4 %). Ebenfalls zu 17,4 % wird bei Jugendbegegnungen das Themengebiet »Kunst und Kulturelles« behandelt und ist damit vor allem deshalb erwhnenswert, weil es bei den bisher erlu-
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
terten Formaten keine bemerkenswerten Anteile erreicht. Zur Vermittlung der Inhalte wird gerade bei Jugendbegegnungen noch auf andere methodische Aspekte Wert gelegt als bei den bislang dargestellten Formaten. Kreative Einheiten und Freizeitprogramm werden jeweils bei 43,8 % aller Jugendbegegnungen verwendet und stellen damit die beliebtesten methodischen Einheiten dar. Kleingruppenarbeiten werden zwar bei 37,5 % aller Jugendbegegnungen durchgefhrt, damit aber weniger hufig als in anderen Formaten. Der Anteil an Exkursionen liegt mit 31,3 % noch relativ hoch und ist vergleichbar mit dem Anteil von Exkursionen bei Seminaren und Workshops. Der methodische Aspekt »Erfahrungsaustausch« findet im Zusammenhang mit Jugendbegegnungen zum ersten Mal nennenswert Erwhnung (25,0 %). Darber hinaus wird eine Vielzahl an Methoden in 18,8 % aller Flle verwendet: Simulation und Planspiel, interkultureller Abend, Spiel und Sport, aber auch Diskussionen und Vortrge. Die Auswahl der bei Jugendbegegnungen am hufigsten gebruchlichen Methoden zeigt, dass der Fokus, anders als bei anderen Formaten, strker auf einer erfahrungsorientierten Herangehensweise liegt, die stark von spielerischen Elementen geprgt ist, kognitive Einheiten existieren (z. B. Vortrge), bilden aber keinen Schwerpunkt. Als Zielgruppe werden auch bei Jugendbegegnungen hauptschlich Studenten und junge Menschen genannt (je 20,0 %), allerdings nehmen zu demselben Prozentsatz auch Migranten und ethnische Minderheiten teil.
5. Trainings, Fortbildungen Bei Fortbildungen und Trainings wird erstmalig berwiegend der Themenschwerpunkt »Europa aktiv gestalten und nutzen« (55,6 %) behandelt, gefolgt von »EUropa: Politik und Wirtschaft« (44,4 %). Das Methodenspektrum reicht von hufig verwendeten Einheiten wie Vortrgen (50,0 %), Kleingruppenarbeiten (62,5 %) und kreative Einheiten und Simulationen (je 25,0 %) bis hin zu Einheiten, die im Rahmen anderer Formate bisher noch nicht besprochen wurden. Darunter fallen Rollenspiele (50,0 %), Wissensvermittlung (25,0 %) sowie die Vermittlung und das Ausprobieren von Methoden (25,0 %). Bei diesem Format werden
7.4 Die Projekte und deren Formate
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erneut Studenten, aber auch Multiplikatoren (25,0 %) angesprochen.
6. Sommerakademie Beim Format »Sommerakademie, -schule« wird, hnlich wie bei Konferenzen, ein starker Fokus auf »EUropa: Politik und Wirtschaft« gelegt. Am zweithufigsten beschftigen sich Sommerakademien jedoch, anders als andere Formate, mit dem Themengebiet »Kunst und Kulturelles« (25,0 %). Vermittelt werden die Inhalte meistens – auch hier eine Parallele zum Format »Konferenz« – durch Vortrge (71,4 %). Ein weiterer wissensorientierter Methodenbaustein, der beim Format der Sommerakademien erstmals hufig Einsatz findet, sind Recherchen und Analysen (28,6 %). Außerdem genießen Exkursionen einen hohen Stellenwert bei Sommerakademien (57,1 %) und auch die Kleingruppenarbeit wird wieder als methodische Einheit verwendet, und zwar bei fast der Hlfte aller Projekte dieses Formats (42,9 %). Mit einem Anteil von jeweils 28,6 % werden auch Diskussionen, kreative Einheiten und Planspiele/Simulationen bei Sommerakademien durchgefhrt. Neben der stets angesprochenen Zielgruppe der Studenten und jungen Menschen sind folgende Gruppen zu gleichen Teilen Adressaten von Sommerakademien: Nachwuchswissenschaftler und Doktoranden, Stipendiaten, Fhrungsnachwuchs, junge Journalisten, Politiker, Migranten und ethnische Minderheiten (je 14,3 %).
7. Reise, Rallye Das Format »Reise, Rallye« steht fr Begegnungen, bei denen die Teilnehmer z. B. mit dem Zug oder dem Fahrrad verschiedene europische Lnder bereisen. Auf diesen Fahrten werden die Teilnehmer direkt und unmittelbar mit der Vielfalt Europas konfrontiert, weshalb es wenig verwunderlich ist, dass auch inhaltlich der Schwerpunkt »Europische Vielfalt kennen lernen« im Vordergrund steht (60,0 %). Da außerdem hufig historische Orte bereist werden, spielt bei dem Format »Reise« auch das Thema »Vergangenheit und Zukunft Europas« eine gewichtige Rolle (28,6 %). Welche Methoden werden nun bei reisenden Begegnungen hauptschlich verwendet? Wie bei vielen Formaten
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
sind auch bei Reisen, Diskussionen und kreative Einheiten sehr beliebt (42,9 %), ebenfalls hufig eingesetzt wird die Einheit »Gesprche mit Experten« (42,9 %). Außerdem werden im Rahmen von Reisen Freizeitbeschftigungen angeboten, aber auch Exkursionen bzw. Besuche bestimmter historischer Orte, z. B. Gedenksttten (je 28,6 %). Gesprchsrunden und Befragungen finden bei Reisen auch erstmals zu einem nennenswerten Anteil statt (je 28,6 %).
8. Event, Festival Das Format »Event« setzt sich aus nur 4 Projekten zusammen, so dass hier – noch mehr als bei den anderen Formaten – nur Aussagen ber Tendenzen mçglich sind. Die Hlfte der Events setzen inhaltlich politische (EUropa: Politik und Wirtschaft) und visionre Schwerpunkte (Visionen fr Europas Zukunft). Die methodische Vermittlung erfolgt mit jeweils 50,0 % Anteil ber Kleingruppenarbeiten, Diskussionen und Gesprchen mit Experten. Einzelnennungen liegen in Bezug auf folgende Methoden vor: Vortrag, kreative Einheit, Erfahrungsaustausch, Simulation, Spiel und Sport, Freizeitprogramm, Abschlussprsentation. Als Zielgruppe werden bei der Hlfte der Projekte Jugendliche genannt; Studenten, (Nachwuchs-)Knstler, Interessierte und benachteiligte Jugendliche haben je einen 25,0 % Anteil an Events, d. h., sie sind an einem Projekt beteiligt. Die erluterten Ergebnisse sind in Tabelle 29 berblicksartig dargestellt. Zusammenfassend lsst sich aus den bisherigen Darstellungen folgern, dass sich Seminare, Konferenzen, Sommerakademien und Trainings berwiegend mit dem Themengebiet »EUropa: Politik und Wirtschaft« befassen. In Verbindung mit bzw. neben diesem politischen Schwerpunkt wird bei den genannten Formaten auch das Themenfeld »Europa aktiv gestalten und nutzen« hufig behandelt. Zur Vermittlung der Inhalte wird von einer Mischung aus wissens- und erfahrungsorientierten Methoden Gebrauch gemacht, wobei den strker kognitiv basierten und wissensorientierten Methoden wie Vortrgen, Recherchen und Analysen sowie Wissensvermittlung mehr Raum gegeben wird als bei anderen Formaten. Jugendbegegnungen bzw. -camps, Reisen und Workshops setzen andere thematische Schwer-
junge Menschen, Studenten, Politiker, Interessierte, Mitglieder von Vereinen, Jugendorganisationen, Lehrer u. a. junge Menschen, Studenten, Migranten und ethnische Minderheiten u. a.
Vortrge, Kleingruppenarbeiten, Diskussionen, Podiumsdiskussionen kreative Einheiten, Freizeitprogramm, Kleingruppenarbeiten, Erfahrungsaustausch, Simulation/ Planspiel, interkultureller Abend, Spiel und Sport, Diskussionen, Vortrge
EUropa: Politik und Wirtschaft; Europa aktiv gestalten und nutzen
Jugendbegegnungscamp Europische Vielfalt kennen lernen; Europa aktiv gestalten und nutzen; Visionen fr Europas Zukunft; Identitt, Kultur und Werte
junge Menschen, Studenten, Schler, Migranten und ethnische Minderheiten, Jugendliche mit besonderem Fçrderbedarf, Azubis u. a.
Konferenz, Kongress, Tagung, Symposium
Kleingruppenarbeiten, kreative Einheiten, Diskussionen, Exkursionen, Vortrge
Visionen fr Europas Zukunft; Europische Vielfalt kennen lernen; Identitt, Kultur und Werte
Workshop
Zielgruppe
EUropa: Politik und Wirtschaft, Vortrge, Kleingruppenarbeit, junge Menschen, Studenten, Europa aktiv gestalten und nut- Diskussionen, Gesprche mit Ex- Multiplikatoren u. a. zen; Europische Vielfalt kennen perten, Exkursionen lernen
methodische Einheiten
Seminar
Themenschwerpunkte
Tabelle 29: berblick ber die Formatanalyse des Initiativsektors
7.4 Die Projekte und deren Formate
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EUropa: Politik und Wirtschaft; Visionen fr Europas Zukunft
Event, Festival
Kleingruppenarbeit, Diskussionen, Gesprche mit Experten
junge Menschen
Europische Vielfalt kennen ler- Diskussion, Gesprche mit Exjunge Menschen, Studenten nen; Vergangenheit und Zukunft perten, kreative Einheiten, Gesprchsrunde, Befragung, Exkursion, Freizeitprogramm
Reise, Rallye
Kleingruppenarbeit, Vortrag, Rollenspiel, Wissensvermittlung, Methodenvermittlung, Simulation/Planspiel
Europa aktiv gestalten und nutzen; EUropa: Politik und Wirtschaft
Studenten, Schler, Nachwuchswissenschaftler und Doktoranden, Stipendiaten, Fhrungsnachwuchs, junge Journalisten, Politiker, Migranten und ethnische Minderheiten Studenten, Multiplikatoren
Zielgruppe
Training, Fortbildung
Vortrge, Exkursionen, Kleingruppenarbeit, Recherchen und Analysen, Diskussionen, kreative Einheiten, Planspiel/Simulation
methodische Einheiten
EUropa: Politik und Wirtschaft; Kunst und Kulturelles
Themenschwerpunkte
Sommerakademie, -schule
Tabelle 29: (Fortsetzung)
232 7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
7.4 Die Projekte und deren Formate
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punkte: das Kennenlernen der europischen Vielfalt und die Entwicklung von Visionen fr ein zuknftiges Europa stehen hier an Stelle von politischen Themen im Vordergrund. Die aktive Gestaltung Europas spielt jedoch auch hier wieder eine Rolle. In Bezug auf die methodischen Elemente liegt ebenfalls eine Kombination aus erfahrungs- und wissensorientierten Einheiten vor, allerdings erfolgt die Annherung an die Themen unter strkerer Einbeziehung erfahrungsorientierter Methoden, wie z. B. kreative Einheiten, Exkursionen, Erfahrungsaustausch. Relativ unabhngig vom Format werden die Methoden »Kleingruppenarbeit«, »Diskussion« und »Planspiel/Simulation« eingesetzt. In Bezug auf die in Kleingruppen bearbeiteten Themen zeigt sich jedoch auch hier wieder ein Unterschied zwischen Seminaren, Konferenzen, Sommerakademien und Trainings einerseits und Workshops und Jugendbegegnungen andererseits: Bei Ersteren werden Kleingruppen eingesetzt um Inhalte zu vertiefen, z. B. die europische Politik, whrend bei Letzteren Kleingruppenarbeit oft mit gestalterisch-kreativen Elementen wie z. B. Theater- und Videoproduktionen einhergehen. Mçglicherweise liegen derartige Unterschiede auch beim Einsatz von Planspielen und Simulationen vor, allerdings geben die Projektbeschreibungen keine oder kaum Auskunft ber die Verarbeitungstiefe dieser Methode.
Projektformate des Bildungssektors 1. Curriculare Langzeitprojekte Die meisten Projekte (62,0 %) des Bildungssektors zeichnen sich durch Laufzeiten von bis zu drei Jahren aus. Die Umsetzung erfolgt bei diesen Projekten in mehreren nationalen wie internationalen Einheiten, wobei die Arbeit in den nationalen Einheiten meistens ins Unterrichtsgeschehen eingebunden ist. Aus diesen Grnden kann fr die langjhrig angelegten Projekte keine, dem Intiativsektor vergleichbare, Formatszuordnung vorgenommen werden. Um dennoch ein Verstndnis fr den Aufbau dieser Projekte zu erlangen, werden im Folgenden anhand des typischen Ablaufs eines mehrjhrigen Schulprojekts die methodi-
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
schen und didaktischen Elemente erlutert: Zunchst findet ein Treffen der Lehrer aller beteiligten Partnerschulen statt. Diese Begegnung hat meist workshop-hnlichen Charakter und dient der inhaltlichen und organisatorischen Planung des Projekts sowie dem Kennenlernen der Lehrkrfte untereinander. Im Anschluss daran wird in den Heimatlndern das vereinbarte Thema bearbeitet, und zwar im Unterricht (26,7 %) oder in außerschulischen Arbeitsgruppen. Dabei werden hufig Umfragen zu bestimmmten Themen entwickelt, durchgefhrt und ausgewertet (26,7 %). In dieser Phase sollen die Schler ber Briefe oder EMail bereits Kontakt zu den Schlern in den Partnerlndern aufnehmen (20,0 %). Zentraler Bestandteil der nchsten Phase ist dann ein gemeinsames Treffen, bei dem die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen vorgestellt werden. Diese Begegnung ist oft workshop-hnlich organisiert, d. h., die Ergebnisse werden prsentiert und verglichen (40,0 %), wobei oft noch etwas Gemeinsames erarbeitet wird, z. B. ein Theaterstck (40,0 %). Die meisten Treffen tragen aber auch starke Zge eines »Schleraustauschs«, d. h., es ist ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm mit Ausflgen geboten (36,7 %) und es finden Unterrichtsbesuche statt. Die Unterbringung erfolgt dabei im Normalfall in den Familien des Gastlandes (33,3 %). Treffen dieser Art sind entweder ein- oder mehrmalig, den Schlusspunkt setzt eine gemeinsame Abschlussveranstaltung bzw. eine Ausstellung an den jeweiligen Schulen (43,3 %). Die inhaltlichen Schwerpunkte bei langjhrigen Projekten entsprechen der allgemeinen Themenverteilung im Bildungssektor, was bedeutet, dass das Kennenlernen der europischen Vielfalt inhaltlich im Vordergrund steht (61,2 %), gefolgt vom Schwerpunkt »Vergangenheit und Zukunft Europas« (25,8 %). Die kurzzeitigeren Projekte des Bildungssektors, die jedoch nur einen Anteil von 38,0 % einnehmen, lassen sich wiederum problemlos in Formate einteilen, wobei folgende genannt werden: Projekt, teilweise mit genaueren Bezeichnungen wie Bauprojekt oder Filmprojekt (N = 4), Reise (N = 2), Forum (N = 2), Planspiel (N = 2), Seminar (N = 2), Workshop (N = 2), Festival (N = 1), Sommeruniversitt (N = 1).
7.4 Die Projekte und deren Formate
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2. Begegnungsprojekt Die vier Begegnungen, welche die Bezeichnung »Projekt« tragen, beschftigen sich berwiegend mit Europas Vergangenheit und mit knstlerischen-kulturellen Inhalten (je 50,0 %), das Thema »Europische Vielfalt kennen lernen« wird in diesem Kontext nur einmal genannt. Die vier Projekte verwenden folgende Methoden: Kleingruppenarbeit, Diskussion, kreative Einheiten, Freizeitprogramm (je 50,0 %), Gesprche mit Zeitzeugen, Exkursion, Befragung und bernachtung in Familien (je 25,0 %). Beteiligt sind an »Projekten« Gymnasiasten (50,0 %), Gesamtschler (25,0 %) und Berufsschler (25,0 %). Beide Reisen sind Gymnasialprojekte und beschftigen sich mit dem Thema »Vergangenheit und Zukunft Europas«, auf einer der beiden Reisen wird darber hinaus auch das Thema »Europische Vielfalt kennen lernen« angesprochen. Auf beiden Reisen finden Treffen mit Zeitzeugen sowie Interviews statt. Außerdem wird bei beiden Projekten eine Ausstellung erarbeitet. Bei einer der beiden Reisen finden außerdem ein Planspiel, eine Exkursion und eine Befragung statt.
3. Workshop Einer der beiden Workshops im Bildungssektor behandelt das Themengebiet »Visionen fr Europas Zukunft« und findet mit Gesamtschlern statt, whrend der andere Workshop sich an Studenten richtet und politische Schwerpunkte setzt. Bei dem Workshop fr Gesamtschler wird auf Szenario-hnliche Methoden und spielerische Einheiten zurckgegriffen. Der Workshop fr Studenten dahingegen verwendet Simulationen, Exkursionen, Vortrge und bietet ein Freizeitprogramm.
4. Planspiel Das Format »Planspiel« findet sich einmal als Gymnasial- und einmal als Universittsprojekt. Neben der gemeinsamen Bezeichnung bestehen jedoch in der Konzeption kaum bereinstimmungen: Das universitre Planspiel whlt inhaltlich ein politisches Thema, was die Methodik angeht, wird außer einem Planspiel noch eine Podiumsdiskussion durchgefhrt. Das Planspiel des Gymnasiums hingegen legt thematisch den Fokus
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
auf Europas Vergangenheit und Zukunft, als Methoden werden Rollenspiele, Ausflge und Unterrichtshospitationen eingesetzt.
5. Seminar Die beiden Seminare im Bildungssektor werden von Universitten durchgefhrt und beschftigen sich, anders als die meisten Seminare im Initiativsektor, mit den Themen »Kunst und Kulturelles« sowie »Vergangenheit und Zukunft Europas«. Zu den Methoden liegen nur von einem Seminar Angaben vor; verwendet werden: Vorlesungen, Filmvorfhrungen, Podiumsdiskussionen, Besuche von Gedenksttten, Begegnung mit Zeitzeugen, Besichtigungen und – im Rahmen eines Freizeitprogramms – Stadterkundungen.
6. Reise Die beiden Projekte im Bildungssektor mit dem Format »Reise« behandeln beide den Schwerpunkt »Vergangenheit und Zukunft Europas«, bei einem Projekt findet darber hinaus noch eine Thematisierung des Gebiets »Europische Vielfalt kennen lernen« statt. Methodisch gesehen sind die Einheiten im Schulsektor hnlich wie die verwendeten Methoden des Initiativsektors. Bei beiden Projekten handelt es sich um Gymnasialprojekte.
7. Sommeruniversitt Die Sommeruniversitt weist Parallelen zu dem Format »Sommerakademie« des Initiativsektors auf. Die Inhalte stellen eine Kombination der Themenschwerpunkte »EUropa: Politik und Wirtschaft« und »Vergangenheit und Zukunft Europas« dar, die methodisch durch Vortrge, Diskussionen und Gesprche mit Politikern abgebildet werden. Außerdem wird fr die teilnehmenden Studenten auch ein Freizeitprogramm angeboten.
8. Festival Das Festival im Bildungssektor beschftigt sich mit dem Thema »Europische Vielfalt kennen lernen« und stellt ein Kooperationsprojekt von einer Gesamtschule und einem Gymnasium dar. Methodisch liegt der Schwerpunkt auf Prsentationen und knstlerischen Einheiten.
7.5 Die Projekte: Wann und wie oft sie durchgefhrt werden
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9. Forum Das Format »Forum« findet sich einmal im universitren und einmal im schulischen Bereich, wobei, wie aus der Konzeption ersichtlich, der Begriff in beiden Bereichen eine andere Bedeutung hat. Im schulischen Bereich handelt es sich bei dem Projekt um ein Diskussionsforum fr Gymnasiasten, bei dem neben den Diskussionen Treffen mit Experten und Freizeitaktivitten stattfinden. Bei dem universitren Forum handelt es sich um ein musikalisches Projekt, das sich aus kreativen Einheiten und Vortrgen zusammensetzt. Anders als im Initiativsektor behandelt das von einer integrierten Gesamt- und Oberschule durchgefhrte Festival das Themenfeld »Europische Vielfalt kennen lernen«; als Methoden werden Prsentationen von Teilnehmern und kreative Einheiten eingesetzt.
7.5 Die Projekte: Wann und wie oft sie durchgefhrt werden Die Projekte, die im Initiativ- und im Bildungssektor in die Bestandsaufnahme einflossen, wurden grçßtenteils in den Jahren 2004 bis 2006 durchgefhrt. Im Initiativbereich stammen dabei allein 75 Projekte aus dem Jahr 2006 und 6 Projekte aus dem Jahr 2007, was bedeutet, dass der aktuelle Stand der europischen Begegnung in diesem Sektor recht gut abgebildet wird. Im Bildungssektor verteilen sich 66,0 % aller Projekte auf die Jahre 2004 bis 2006. Auch hier liegt eine hohe Aktualitt vor, da die auf 3 Jahre angelegten Schulprojekte mit dem Jahr des Programmstarts in das Diagramm eingingen, d. h. ein mit »2004« kodiertes Projekt, das im Schuljahr 2004/05 startete, befand sich im Erhebungsjahr dieser Studie, also 2006, im zweiten bzw. dritten Projektjahr. Die wenigen Projekte aus frheren Jahren kçnnen Hinweise liefern, ob ber die Jahre hinweg gewisse Vernderungen bei europischen Projekten stattgefunden haben. Die Analyse ergibt, dass die Inhalte und Methoden dieser lteren Projekte in den letzten Jahren keine gravierenden Vernderungen
Treffen der Lehrer, national: Unterricht und AGs, Umfragen, E-Mail-Kontakt, Projekttreffen: Vorstellung der nationalen Ergebnisse, kreative Einheiten, Freizeitprogramm, bernachtung in Gastfamilien, Abschlussausstellung, -tagung Kleingruppenarbeit, Diskussion, kreative Einheiten, Freizeitprogramm
Europische Vielfalt kennen lernen; Vergangenheit und Zukunft Europas
Vergangenheit und Zukunft Europas; Kunst und Kulturelles; Europische Vielfalt kennen lernen
Visionen fr Europas Zukunft; EUropa: Politik und Wirtschaft
Vergangenheit und Zukunft Europas; EUropa: Politik und Wirtschaft
curriculare Langzeitprojekte (N = 31)
Begegnungsprojekt (N = 4)
Workshop (N = 2)
Planspiel (N = 2)
Gymnasiasten, Berufsschler, Gesamtschler
Gymnasiasten, Realschler, Gesamtschler, Berufsschler, Hauptschler
Zielgruppe
Planspiel, Podiumsdiskussion, Rollenspiel, Ausflug, Unterrichtshospitation
Gymnasiasten, Studenten
Szenario-Methode, Sport und Berufsschler, Studenten Spiel, Simulation, Exkursion, Freizeitprogramm, Vortrge
methodische Einheiten
Themenschwerpunkte
Tabelle 30: berblick ber die Formatanalyse des Bildungssektors
238 7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
EUropa: Politik und Wirtschaft; Vergangenheit und Zukunft Europas
Identitt, Kultur und Werte; Kunst Diskussionen, Exkursionen, und Kulturelles Gesprche mit Experten, kreative Einheiten, Vortrge, Freizeitprogramm
Sommeruniversitt (N = 1)
Forum (N = 2)
Gymnasiasten, Studenten
Studenten
Europische Vielfalt kennen lernen kreative Einheiten, Prsentationen Schler : Oberstufenkolleg und von Teilnehmern Gesamtschule
Festival (N = 1) Vortrge, Diskussionen, Freizeitprogramm, Gesprche mit Politikern
Vergangenheit und Zukunft Europas; Europische Vielfalt kennen lernen
Reise (N = 2)
Vorlesungen, Filmvorfhrung, Ex- Studenten kursion, Gesprche mit Zeitzeugen, Freizeitprogramm Interviews, Gesprche mit ZeitGymnasiasten zeugen, nachhaltiges Element, Planspiel, Befragung, Exkursion
Zielgruppe
Vergangenheit und Zukunft Europas; Kunst und Kulturelles
methodische Einheiten
Seminar (N = 2)
Themenschwerpunkte
Tabelle 30: (Fortsetzung)
7.5 Die Projekte: Wann und wie oft sie durchgefhrt werden
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
bei europischen Begegnungen erfuhren, vielmehr wurde bereits im Jahr 2000 das heute sehr prsente Thema der Nachhaltigkeit angesprochen.
Abbildung 15: Anzahl der Projekte pro Jahr der Projektdurchfhrung: Initiativsektor (N = 138)
Abbildung 16: Anzahl der Projekte pro Jahr der Projektdurchfhrung: Bildungssektor (N = 45)
Von den 140 Projekten des Initiativsektors werden 26 bereits seit mehreren Jahren durchgefhrt, meistens einmal jhrlich. Der Großteil dieser 26 Projekte nahm in den letzten sechs Jahren seinen Anfang, allerdings gibt es fnf Projekte, die bis in die Jahre 1990 bzw. 1997 zurckreichen. Außerdem wurden bei 15,4 % der çfter durchgefhrten Projekte Vernderungen vorgenommen, beispielsweise wurden Projekte, die zu Beginn unilateral angelegt
7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt
241
waren, nach einiger Zeit fr Teilnehmer aus anderen europischen Lndern geçffnet. Im Bildungsbereich gibt es auch das Phnomen, dass Projekte, mit vielleicht geringfgigen nderungen, mehrere Male durchgefhrt werden (22,0 %). Außerdem blicken Schulen hufig auf Erfahrungen im Schleraustausch zurck, wenn darauf auch nur in wenigen Fllen (11,8 %) explizit hingewiesen wird. Neben der Frage, wann und wie oft die dargestellten Projekte stattfanden, ist es in diesem Zusammenhang auch interessant, ob sich die Durchfhrung auf einen einzigen Zeitpunkt beschrnkt oder ob sich ein Projekt ber mehrere Phasen erstreckt. Im Bildungssektor wurde bereits deutlich, dass ein Großteil der Projekte ber mehrere Jahre hinweg andauert. Im Initiativsektor sind demgegenber Projekte, die aus zwei oder mehreren Phasen bestehen, nur selten zu finden (14,3 %). Doch welche Variante ist nun zu bevorzugen? Sind solche Projekte besser, die innerhalb von mehreren Tagen bis hin zu einer Woche ein bestimmtes Thema behandeln und den Teilnehmern eine einmalige, sehr intensive Erfahrung bieten? Oder sind eher solche Projekte ratsam, die sich in mehrere Phasen gliedern und mit aufeinander aufbauenden Inhalten arbeiten? Zu diesen Fragen wird in Kapitel 7.6 Stellung genommen.
7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt Projektdurchfhrung Initiativprojekte werden hauptschlich von Vereinen organisiert und durchgefhrt, Projekte von çffentlichen Trgern, z. B. von Kommunen oder von kirchlichen Trgern und Vereinen, fehlen fast gnzlich. Dies kann zum einen an der Erfassung von Projekten ber das Internet liegen, aber auch daran, dass diese Institutionen ihren Fokus nicht auf multilaterale europabezogene Projekte legen. Europische Begegnungsprojekte werden im schulischen Bereich vorwiegend von Gymnasien angeboten, andere Schularten treten seltener als Organisatoren auf. Hinweise auf mçgliche
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Grnde liefern die Aussagen von zwei Lehrern einer Gesamtschule und einer Berufsschule (A01 u. A08): Der eine gibt an, Lehrer seien hufig der Meinung, mit ihrer Schlerklientel kçnne man keine Projekte durchfhren. Nach Angaben des anderen Lehrers sei es schwierig, die Schler zur Teilnahme an Begegnungsprojekten zu motivieren, da sie sich aufgrund eines oft niedrigeren Lebensstandards schmen, Austauschsschler bei sich zu Hause aufzunehmen. Außerdem wird die europische Thematik von manchen Lehrern als zu »global«, unspezifisch, intransparent und daher fr weniger geeignet erachtet. Im universitren Bereich konzentrieren sich, wie bereits erwhnt, alle Krfte auf die Umsetzung des Bologna-Prozesses, der Fokus liegt also auf der Schaffung europischer Standards, die fr das Gelingen des Projekts Europa eine Grundvoraussetzung darstellen. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich nicht gerade Universitten mit ihrem intellektuellen und wissenschaftlichen Potential strker am inhaltlichen Gestaltungsprozess Europa beteiligen sollten, und zwar nicht nur national in Vorlesungen und Seminaren und nicht nur beschrnkt auf europische Studiengnge, sondern eben auch im Rahmen der Organisation spezifischer extracurricularer europathematischer Begegnungs-/ Studienprogramme, z. B. in der Art von Sommerakademien, als Teil eines Studiums generale oder in Form einer strukturellen Verankerung bei den einzelnen Studiengngen. Anknpfen ließe sich dabei an bereits erprobte Projektformate. Hier besteht eindeutig ein Angebotsdefizit. So wre z. B. der unter Federfhrung des Auswrtigen Amts mit drei deutschen Universitten aktuell im Aufbau begriffene Studiengang »Europische Studien« fr israelische, palstinensische und jordanische Studenten zur Vertiefung der Kenntnisse ber Europa eine ausgezeichnete Mçglichkeit, interkulturelle Begegnungsprogramme mit Europabezug fr diese Studenten an deutschen Hochschulen durchzufhren.
7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt
243
Beteiligung Europische Lnder Sowohl im Bildungssektor als auch im Initiativsektor liegt eine hohe Beteiligung Polens und Tschechiens vor. Dieses Ergebnis ist durchaus nachvollziehbar : Polen und Tschechien sind Nachbarlnder Deutschlands! Auch andere Nachbarlnder wie Frankreich, sterreich und die Niederlande sind in beiden Sektoren unter den 14 am hufigsten an Begegnungen beteiligten Lndern vertreten. Doch nicht alle benachbarten Lnder zeichnen sich durch besondere Teilnahmeaktivitt aus, so dass die Nachbarschaft wohl ein Grund sein kann, aber nicht die einzige Erklrungsmçglichkeit darstellt. Bleibt zu vermuten, dass aufgrund der relativ jungen EU-Mitgliedschaft Polens und Tschechiens von allen Seiten ein besonders hohes Interesse an Begegnungen besteht. Die ebenfalls relativ hohe Beteiligung anderer neuer Mitgliedsstaaten wie Ungarn und Rumnien sttzt diese Annahme. Ohne nun die Wichtigkeit von Projekten mit neuen Mitgliedsstaaten bzw. Beitrittskandidaten und Nachbarlndern in Frage stellen zu wollen, sollte dennoch darauf geachtet werden, dass einzelne europische Regionen nicht in Vergessenheit geraten. Im Initiativsektor zeigen sich derartige »Vergessens«-Tendenzen im Hinblick auf Lnder aus Nord- und Sdeuropa, whrend im Bildungssektor v. a. die sdosteuropische Region unterreprsentiert ist.
Nichteuropische Lnder Weiterhin fllt auf, dass nur an sehr wenigen Projekten junge Menschen aus nichteuropischen Lndern teilnehmen. Da es sich bei den aufgenommenen Projekten ausschließlich um solche mit Europabezug handelt, drngen sich folgende Vermutungen auf: Entweder besteht von Seiten außereuropischer Lnder kein zu großes Bedrfnis, an Projekten mit expliziter Europathematik teilzunehmen, oder aber unter Europern ist das gegenseitige Interesse aneinander im Moment so groß, dass man außereuropische Lnder berhaupt nicht einbeziehen mçchte. Dabei kçnnten Begegnungen mit nichteuropischen Teilnehmern sowie mit jungen Menschen aus verschiedenen europischen
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Nationen die Entstehung eines europischen Zusammengehçrigkeitsgefhls begnstigen. Nach der Theorie der sozialen Identitt (Tajfel und Turner, 1979) ist nmlich zu vermuten, dass bei derartigen Begegnungen, wie in allen sozialen Interaktionssituationen, soziale Kategorisierungen stattfinden. Hier wrde also die Kategorie »Europer« aktiviert in Abgrenzung zur Kategorie der »Nicht-Europer«, diese Einteilung wiederum geht mit einer erhçhten Gruppenkohsion einher, d. h., europische Begegnungen mit Teilnehmern aus Lndern anderer Kontinente fçrdern die Entstehung einer europischen Identitt! Das einzige Problem daran ist, dass die Kategorisierung in eine Gruppe der »Europer« und eine Gruppe der »Nicht-Europer« zu Abwertungen und Diskriminierungen der jeweils anderen Gruppe fhren kann (Tajfel und Turner, 1979). Auf der anderen Seite ist die Sicht von außerhalb Europas auf Europa und das, was mit Europa verbunden wird, von hohem Erkenntniswert.
Teilnehmer Interkulturelle Begegnungen finden meist mit Teilnehmern aus hçheren Bildungsschichten statt (Thomas, Chang und Abt, 2007), deshalb ist es wenig verwunderlich ist, dass auch im Kontext europischer Begegnungen der Anteil an Studenten, Gymnasiasten und Nachwuchskrften aus Politik und Wissenschaft besonders hoch ist. Um die europische Integration voranzubringen, ist es durchaus notwendig, dass junge Menschen mit Potential gefçrdert werden, wozu europische Begegnungsprojekte einen wichtigen Beitrag leisten kçnnen. Allerdings betonen Experten schon seit Jahren, dass es fr den Erfolg der EU nicht ausreichen wird, die europische Integration als Elitenprojekt zu forcieren (z. B. Habermas, 2004; Anderson und Kaltenthaler, 1996), vielmehr ist die Heranfhrung von Jugendlichen aus der breiten Bevçlkerung vonnçten. Psychologisch gesehen wird eine derartige Untersttzung nur dann erfolgen, wenn in der Bevçlkerung eine positive Einstellung gegenber der EU, aber auch gegenber den anderen europischen Lndern vorherrscht. Dazu muss jedoch, neben anderen Voraussetzungen, ein ausreichendes Wissen ber die EU und ber die anderen Lnder existieren, ansonsten entstehen Bedrohungsgefhle und ngste, die
7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt
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wiederum zu negativen Einstellungen fhren (Stephan und Renfro, 2002). Jugendliche und deren Eltern aus mittleren und unteren Bildungsschichten mssen sehr spezifisch angesprochen und motiviert werden und die Programmformate sind entsprechend der Zielgruppen zu konzipieren. Entsprechend angelegte europische Begegnungen kçnnen das nçtige Wissen vermitteln, es wre also zu einseitig, wenn derartige Projekte einmal mehr nur der Bildungselite zugnglich sind!
Inhalt Im Initiativsektor ist fr die Vermittlung Europas in seiner politischen Dimension gesorgt. In allen Facetten wird Europa als politisches Phnomen behandelt, dabei reichen die Themen von der bloßen Wissensvermittlung ber die Funktionsweise der europischen Institutionen bis hin zur diskursiven Auseinandersetzung mit bestimmten Politikbereichen wie der Migrationsoder Energiepolitik. Wie in psychologischen Studien gezeigt wurde (Preiser, 2002) fçrdern der Aufbau politischen Wissens und der Erwerb politischer Fhigkeiten eine sptere Partizipation und ein Engagement im politischen Feld und sind damit gerade im Hinblick auf Europa von zentraler Bedeutung. Doch reicht die Behandlung dieser Themen aus, um dem »Projekt Europa« gerecht zu werden? Nissen (2004) schreibt, dass fr die Akzeptanz politischer Entscheidungen der EU eine europische Identitt erforderlich ist. Damit aber in einer Gesellschaft Zusammengehçrigkeit sichtbar werden und entstehen kann, muss es auch verbindliche Werte und Normen geben (Geenen, 2002). In einigen Projekten wird zwar der Diskurs ber nationale und mçgliche europische Werte bereits gefhrt und Mçglichkeiten zur europischen Identittsbildung werden angedacht, aber mit einem Anteil von 19,3 % im Initiativ- und mit 8,0 % im Bildungssektor wird dieser Themenschwerpunkt viel zu selten behandelt. Dies gilt v. a. auch fr Inhalte, wie Religion und Glaube, und deren Wirkung in die europische Gesellschaft hinein, auch im Verlauf der Geschichte. Dieser Themenkomplex findet aber praktisch kaum Beachtung.
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Whrend im Initiativsektor eine starke Schwerpunktsetzung bei politischen Themen und Fragestellungen vorliegt, spielen diese Inhalte im Bildungssektor faktisch keine Rolle. Die Grnde dafr sind sicherlich vielschichtig und reichen vermutlich von der Annahme, dass politische Themen zu »trocken« sind, um Schler dafr zu begeistern, bis hin zur Befrchtung seitens der Lehrer, dass ihre europapolitischen Kompetenzen nicht ausreichen, um diese Themen zu vermitteln. Was immer auch die Grnde sind, die Folgen bleiben dieselben: Es werden sich nmlich nur die Schler eigenstndig mit europapolitischen Themen beschftigen, die sich ohnehin schon dafr interessieren. Dabei gibt es Beispiele, wie sich politische Themen auch in Schulprojekte einbinden lassen: So findet im Rahmen des Projekts »United Cultures of Europe« [157] ein Projekttreffen mit den Partnerschulen in einer europischen Bildungssttte statt, bei der die Vermittlung politischer Themen von Experten auf diesem Gebiet geleistet wird. Doch nicht nur in Bezug auf politische Themen gibt es »blinde Flecken« im Bildungssektor, sondern auch was partizipative Inhalte angeht. Whrend der Schwerpunkt »Europa aktiv gestalten und nutzen« bei 2,0 % aller Projekte Thema ist, wird das Thema »Train the Europeans« kein einziges Mal behandelt. Das Schlagwort von der »Partizipation« wird zwar gerne verwendet, findet jedoch inhaltlich bei Schulprojekten keine Beachtung. Dabei sind fr Jugendliche gerade Themen des Schwerpunkts »Europa aktiv gestalten und nutzen«, wie beispielsweise die eigene berufliche Zukunft in Europa, aufgrund der zu absolvierenden Entwicklungsaufgabe »Vorbereitung auf berufliche Karriere« (Havighurst, 1972, vgl. Kapitel 4) von großem Interesse und außerdem von besonderer persçnlicher Relevanz fr Schler, wodurch v. a. auch die Teilnahmemotivation der Schler erhçht wird. Das Themengebiet »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« ist im Bildungsbereich reichlich abgedeckt. Allerdings zeigt sich bei genauer Analyse der Einzelthemen, dass die Projekte hufig nicht wirklich ber das gegenseitige Kennenlernen hinaus reichen. Die gngigste Herangehensweise an diesen Themenschwerpunkt ist das Anstellen von Vergleichen: Verglichen werden Lebensgewohnheiten, Tra-
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ditionen, Schulsysteme, gegenseitige Stereotypen, usw. Weiterfhrende Schritte aus diesen Vergleichen fehlen oder aber es wird in den Projektbeschreibungen nicht davon berichtet. Um jedoch die Vielfalt im Sinne einer interkulturellen Kompetenz auch aktiv nutzen zu kçnnen, mssen die Ergebnisse aus den Vergleichen weiterverwendet werden. Ansatzpunkte sind hier folgende: Zunchst sollte geprft werden, inwieweit sich die Ergebnisse aus den Vergleichen tatschlich in handlungswirksamen kulturellen Unterschieden manifestieren. Diese Unterschiede sollten jedoch nicht als Probleme, sondern als Potential angesehen werden, denn sinnvoll genutzt kçnnen sie zu einer synergietrchtigen Zusammenarbeit fhren. Grundvoraussetzung dafr ist, dass sich die Schler zunchst ber das eigene kulturelle Orientierungssystem bewusst werden und dann die fremde Kultur verstehen lernen und anerkennen (Thomas, 2003a).
Format Alle Formate zeichnen sich durch eine Mischung aus erfahrungsund informations-orientierten Methoden aus, von denen Erstere strker darauf abzielen, den Teilnehmern die Inhalte »erleben« und »entdecken« zu lassen z. B. durch Rollen- und Planspiele, durch kreative Einheiten oder durch Exkursionen, whrend informationsorientierte Methoden, z. B. Vortrge, Diskussionen und Analysen, strker zur Wissensvermittlung eingesetzt werden (Thomas, Hagemann und Stumpf, 2002). Aus lernpsychologischer Sicht ist eine Kombination aus informationsorientierten Methoden, welche kognitiv verarbeitet werden, und erfahrungsorientierten Einheiten, welche die Handlungs- und die emotionale Ebene ansprechen, am sinnvollsten, da erst die Aktivierung aller drei Ebenen den maximalen Lernerfolg verspricht (Thomas, Hagemann und Stumpf, 2002). Ob allerdings der Schwerpunkt auf erfahrungsorientierte Einheiten gelegt wird, wie es bei Jugendbegegnungen, Workshops und Reisen der Fall ist, oder auf informationsorientierte Methoden wie bei Konferenzen, Sommerakademien und Seminaren, das spielt wenn, dann nur im Hinblick auf die Zielgruppe eine Rolle. Teilnehmer
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
mit einem hçheren Bildungsstand sind strker vertraut mit informationsorientierten Methoden. Da die Erkenntnisse der Lehrund Lernforschung aber fr alle Zielgruppen zutreffen, sollte nicht der Fehler gemacht werden, bei hçheren Bildungsschichten ausschließlich informationsorientierte Methoden zu verwenden, whrend bei Menschen aus niedrigeren Bildungsschichten nur mit erfahrungsorientierten Methoden gearbeitet wird! Die Formate, die sich erfahrungsorientierter Methoden bedienen, konzentrieren sich weniger stark auf den thematischen Schwerpunkt »EUropa: Politik und Wirtschaft«. Vermutlich wird davon ausgegangen, dass politische Themen zum einen fr die Zielgruppe uninteressant und zum anderen mit erfahrungsorientierten Methoden nicht zu vermitteln sind. Zwei Projekte des Formats »Festival« stellen jedoch unter Beweis, dass dem nicht so sein muss, und bringen europapolitische Themen u. a. auch bildungsfernen Jugendlichen nahe. Die Methoden sind spielerisch, beispielsweise wird bei einem Projekt die EU-Wahl simuliert, beim anderen findet neben der Vermittlung von Basiswissen zur EU eine EU-Muppet-Show statt. Außerdem erhalten die Jugendlichen bei beiden Projekten die Mçglichkeit, sich mit Europapolitikern zu unterhalten. Whrend mit den Teilnehmern bei Formaten mit erfahrungsorientierter Herangehensweise keine politischen Themen behandelt werden, scheinen Projekte mit informationsorientiertem Fokus davon auszugehen, dass fr ihre Teilnehmer eine Beschftigung mit dem Themengebiet »Europische Vielfalt kennen lernen, verstehen, nutzen und genießen« zu niederschwellig ist (A21). Allerdings kçnnen Begegnungen, bei denen Gemeinsamkeiten berbetont und kulturelle Unterschiede heruntergespielt werden, eben genau das Gegenteil bewirken, nmlich eine Verfestigung negativer Stereotype und Vorurteile (Gaertner et al., 1994). Interkulturelle Begegnungen fhren nun mal zu Erfahrungen, die nicht den eigenen Erwartungen entsprechen. Wenn aber nur Gemeinsamkeiten, nicht aber Kulturunterschiede thematisiert werden, wird der Jugendliche beim Versuch das fremdartige Verhalten des Partners zu erklren auf dessen Persçnlichkeit attribuieren: »Der ist arrogant!« Verhalten sich nun mehrere Mitglieder »arrogant«, so wird
7.6 Die Projekte: Was fehlt und was auffllt
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von der Persçnlichkeit auf die nationale Zugehçrigkeit verallgemeinert: »Alle Deutschen sind arrogant!«
Mehrphasige Projekte und Projektkontinuitt In Abschnitt 7.5 wurde die Frage aufgeworfen, ob prozesshaft verlaufende Projekte im Vergleich zu auf einen Zeitpunkt beschrnkten Projekten zu bevorzugen sind. Geht man davon aus, dass bei europischen Begegnungen Inhalte gelernt werden sollen, so ist es zunchst sinnvoll zu klren, was unter dem Begriff »Lernen« zu verstehen ist: »Lernen ist ein Prozess, der zu relativ stabilen Vernderungen im Verhalten oder im Verhaltenspotential fhrt und auf Erfahrung aufbaut« (Zimbardo, 1995, S. 301). Wenn also Lernen einen Prozess darstellt, dann kann gefolgert werden, dass der Lerneffekt aus europischen Projekten nachhaltiger ist, wenn die Beschftigung mit einer Thematik ber einen gewissen Zeitraum hinweg erfolgt, wie beispielsweise in mehrphasig angelegten Projekten. Selbstverstndlich wird eine derartige Wirkung bei den Teilnehmern nur dann erzielt, wenn sie sich auch in allen Projektphasen aktiv beteiligen. Im Initiativsektor entsteht hier die Problematik, dass die durchfhrenden Organisationen nicht ber eine vergleichbare Infrastruktur verfgen wie Schulen, weshalb es sehr schwierig ist, junge Menschen zu gewinnen, die ber einen lngeren Zeitraum hinweg an einem mehrphasigen Projekt teilnehmen kçnnen oder wollen. Dies kçnnte nur dann funktionieren, wenn eine Auswahl der Teilnehmer mçglich wre, bei der darauf geachtet wird, dass die jungen Menschen hoch motiviert sind und nicht kurz vor dem Schul- oder Studienabschluss stehen. Außerdem msste durch interessante sowie bedeutsame Inhalte und fortlaufende Aufgaben bei den Teilnehmern eine Identifikation mit dem Projekt erreicht werden (Hackman und Oldham, 1974). Was die Kontinuitt von Projekten angeht, fllt v. a. im Initiativsektor, aber auch im Bildungssektor auf, dass ein ausgearbeitetes und erprobtes Projekt nur selten – von vorgenommenen Verbesserungen abgesehen – mehrmals in Folge durchgefhrt wird (18,6 % und 22,0 %). Dies erweckt den
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Eindruck, als wrde Innovation schon mit dem stndigen Ausprobieren neuer Inhalte, Methoden und Formate erreicht. Qualitt entsteht aber nicht allein ber einen mçglichst hohen Anteil an Neuartigem, sondern auch dadurch, dass Erfahrungen aus frheren Projekten in die Durchfhrung neuer Projekte mit einfließen. Das mag zwar in etablierten Vereinen, Bildungssttten und anderen Organisationen ohnehin der Fall sein, allerdings sollte die Nutzung von Erfahrungswissen viel strker als bislang blich als »Wert« angesehen werden. Empfehlenswert ist deshalb der Aufbau eines Erfahrungs- und Expertenpools, der aus Informationen ber bewhrte und erprobte Projektkonzepte und aus erfahrenen Personen besteht. Erstere werden nach Durchfhrung von Projekten in den Pool eingespeist und stehen dann bei Nachfolgeprojekten zur Verfgung. Experten sind die ehemaligen Organisatoren und Projektbegleiter, die ihren »Nachfolgern« fr Rckfragen zur Verfgung stehen (Stahl, 1998).
7.7 Projekte, die nicht in die Analyse einbezogen wurden Bei der Projektrecherche wurden Projekte aussortiert, wenn sie entweder in einem oder in mehreren Kriterien nicht mit den Anforderungen der Studie bereinstimmten. Einige dieser Projekte (N = 39) erschienen aus diversen Grnden dennoch interessant genug, kurz vorgestellt zu werden.
Ausgeschlossene Projekte, und warum diese doch interessant sind Im Einzelnen begrndet sich die Auswahl der 39 ausgeschlossenen Projekte dadurch, dass ein Teil der Projekte von kirchlichen Organisationen, Kommunen, Sportvereinen und Organisationen aus der Kulturszene organisiert wurde, die im Realittsbestand eher selten als Organisatoren auftreten. Deshalb erscheint es
7.7 Projekte, die nicht in die Analyse einbezogen wurden
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wichtig, wenigstens exemplarisch darzustellen, wie Begegnungen aussehen, die von diesen Institutionen durchgefhrt werden. Außerdem stehen zum Teil Themen im Mittelpunkt, die bislang eher selten angesprochen wurden. Ein dritter Grund ist, dass sie sich an Zielgruppen wenden, die bei Projekten des Realittsbestands nicht oder nur selten vertreten waren. Bei den drei Projekten christlicher Organisationen steht Versçhnungsarbeit mit Lndern wie Polen, Israel, Ukraine und Litauen im Vordergrund: Die Geschehnisse im Nationalsozialismus werden aufgearbeitet, beispielsweise ber die Sanierung eines Friedhofs oder ber eine Fahrradtour, bei der Interviews mit der Bevçlkerung durchgefhrt werden. Der Ausschlussgrund war hier in allen Fllen der mangelnde Europabezug. Die fnf Projekte, die von Kommunen organisiert und umgesetzt werden, beschftigen sich mit verschiedenen Inhalten. Einmal stellen junge Menschen knstlerische Beitrge wie Theater, Tanz und Musik vor und erarbeiten einen gemeinsamen Auftritt. Zum anderen werden die Unterschiede zwischen Deutschen und Polen zum Thema. Außerdem gibt es Kommunalprojekte, die auf europischer Ebene Fragestellungen behandeln, die fr die Kommune von Interesse sind, z. B. die Lokale Agenda 21, Risiko- und Katastrophenmanagement oder Ausbildungssysteme anderer Lnder. Ausgeschlossen mussten diese Projekte deshalb werden, weil sie einen zu geringen Europabezug aufweisen bzw. in einem Fall die Angaben zu sprlich waren. Die Projekte von Sportverbnden konzentrieren sich auf das Kennenlernen anderer Kulturen sowie auf die Themen »Soft skills und Projektmanagement«. Dabei werden v. a. kreative und spielerische Methoden wie Musik, Tanz, Theater, Basteln und Sport eingesetzt. Anders als bei Projekten des Realittsbestands gibt es fr die Teilnehmer dieser Projekte auch Sprachkurse. Darber hinaus bietet die Sportjugend – in einem Kooperationsprojekt mit der Europischen Akademie Otzenhausen – fr ihre Mitglieder ein Seminar zum Thema Sport und europische Werte an und erweist sich damit als kreativer Ideenfinder, denn der Sport hat europische Wurzeln und gerade in Zeiten von Dopingskandalen wie bei der Tour de France sollten auch die da-
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
hinterstehenden europischen Werte, wie das mechanistische Menschenbild, thematisiert und hinterfragt werden. Die Projekte, die von Organisationen aus dem kulturellen Bereich durchgefhrt werden, sind thematisch gesehen sehr vielfltig und reichen von der Beschftigung mit der eigenen Lebens- und Generationengeschichte sowie dem Leben auf dem Land ber Themen und Formen europischer Dramatik bis hin zu Unternehmertum und Bildung im Kulturleben. Diese Themen werden im Rahmen von Konferenzen und Workshops behandelt. Abgesehen davon, dass Projekte kultureller Organisationen erwhnenswert sind, weil im Realittsbestand unterreprsentiert, zeichnen sich manche Projekte auch durch eine einfallsreiche Methodenwahl und Zielsetzung aus. Im Projekt »Lost and Found« erzhlen sich junge Knstler ihre persçnliche Generationengeschichte, die sie dann in Kurzfilmen umsetzen. Das Projekt zielt auf die Schaffung eines generationsbedingten Zusammengehçrigkeitsgefhls ab, ber nationale Grenzen hinweg. Gruppenpsychologisch gesehen findet hier eine interessante sogenannte berlappende Kategorisierung statt (Mummendey, 1985): Die Teilnehmer kçnnen sich nicht nur ber ihre nationale Gruppe, sondern auch ber die Zugehçrigkeit zu derselben Generation mit identischen Themen definieren. Voraussetzung dafr ist, dass der soziale Status der Teilnehmer hnlich ist und dass sie auf ein gemeinsames Ziel, hier die Erstellung des Kurzfilms, hinarbeiten (Allport, 1954; Stephan, 1985). Wissenschaftlich gesichert ist, dass eine gelungene berlappende Kategorisierung mit einer Verbesserung der Intergruppenbeziehungen und dem Abbau von Vorurteilen gegenber der anderen Gruppe einhergeht. Die meisten Projekte zum Thema »Menschenrechte« wiesen keinen erkennbaren Europabezug auf, um in die Bestandsaufnahme Eingang zu finden. Die vier hier ausgewhlten Projekte zu dieser Thematik beschftigen sich im Rahmen von Sommerschulen, Trainingskursen und Reisen mit den Menschenrechten, wobei auch Minderheitenrechte, Partizipation und Verschiedenheit sowie die Umsetzung der Milleniumsziele angesprochen werden. Beteiligt sind v. a. junge Menschen aus Osteuropa, wie beispielsweise Ukraine und Russland, aber auch aus den USA
7.7 Projekte, die nicht in die Analyse einbezogen wurden
253
und aus West- und Mitteleuropa. Ebenfalls thematisch interessant, aber entweder mit zu geringem Bezug zu Europa oder nur unilateral, sind drei Projekte, die sich mit den Inhalten »Religion«, »Islam in Europa« sowie dem »Rollenverstndnis von Mann und Frau« befassen. Bei zwei Projekten werden dabei auch Minderheiten wie beispielsweise Vertreter der Ethnie Roma miteinbezogen. Eine weitere sonst nicht vertretene Teilnehmergruppe findet sich bei einem Kombinationsprojekt aus Seminar und Konferenz zum Thema »Afrikaner in der europischen Diaspora«, das von und fr afrikanische Migranten organisiert wird und wegen eines mangelnden Europabezugs ausgeschlossen wurde. Fr die Stipendiaten des Programms START, das sich an in Deutschland lebende, begabte Jugendliche mit Migrationshintergrund richtet, wird ein europisches Seminar angeboten, und zwar zu den Themen »Chancen und Herausforderungen der EU«, »kulturelle Werte Europas« und »Europa und der Islam«. Neben diesen klassischen Begegnungen sind auch Projekte des Programms »Europischer Freiwilligendienst« zu erwhnen, die ausgeschlossen wurden, da es sich dabei um individuelle Mobilittsprogramme handelt und nicht um die organisierte Begegnung junger Menschen aus zwei bis mehreren Nationen. Es steht jedoch außer Zweifel, dass bei derartigen Projekten, bei denen junge Menschen ber einen lngeren Zeitraum (6 Monate bzw. 1 Jahr) in einem anderen Land leben und arbeiten, Langzeitwirkungen zu erwarten sind (vgl. Thomas, Chang und Abt, 2007). Eine kreative Ergnzung des Freiwilligendiensts stellt das Begegnungsprojekt »Young Europeans’ Seminar (YES)« [105] dar, das jhrlich fr junge Europer angeboten wird, die den Europischen Freiwilligendienst gerade beendet haben. Das Seminar behandelt jedes Jahr wechselnde Themen, z. B. »Islam in Europa (2004)« oder »Together in Europe – Toleranz durch interkulturellen Dialog (2006)«, die in Diskussionen erarbeitet werden. Außerdem findet stets eine Simulation statt, das sogenannte YES-Parlament. Ein derartiges Seminar bietet fr die Absolventen eine hervorragende Mçglichkeit, ihre gemeinsamen Erfahrungen zu reflektieren und in einen europischen Kontext einzubetten.
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7 bersicht ber die empirische Bestandsaufnahme
Ausschlussgrnde und deren Diskussion Unten stehende Abbildung liefert einen zusammenfassenden berblick ber die Ausschlussgrnde und deren Anteile. Da manche Projekte aus mehreren Grnden nicht aufgenommen wurden, ist die Anzahl der Ausschlussgrnde hçher als die der verworfenen Projekte. Im Anhang findet sich außerdem eine Liste, in der alle besprochenen Projekte mit den jeweiligen Ausschlussgrnden aufgelistet sind.
Abbildung 17: Ausschlussgrnde einiger ausgewhlter Projekte im berblick
Die Projekte mit mangelndem Europabezug, die im vorhergehenden Abschnitt dargestellt wurden, weisen zum Teil sehr hnliche Inhalte auf wie die in den Realittsbestand aufgenommenen Projekte. Der Unterschied zwischen aufgenommenen und ausgeschlossenen Projekten entsteht oft erst bei der »Weiterverwendung« der Themen: D. h., bei Projekten des Realittsbestands wird beispielsweise das Thema »Zweiter Weltkrieg« behandelt, wobei im Anschluss auf Mçglichkeiten eines friedlichen Zusammenlebens im heutigen Europa eingegangen wird. Bei verworfenen Projekten ist der Zweite Weltkrieg auch Thema, allerdings, ohne dass ein expliziter Bezug zu »Europa« hergestellt wird. Machen derartige Unterscheidungen Sinn bzw. ist es berhaupt nçtig, dass Europa explizit gemacht wird? Die vorge-
7.7 Projekte, die nicht in die Analyse einbezogen wurden
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nommene Fokussierung ist zunchst, wie bereits erlutert (siehe Kapitel 2), aus pragmatischen Gesichtspunkten zweckmßig, da sie das Feld abgrenzt und dadurch den Aussagewert dieser Studie gewhrleistet. Weiterhin gibt es psychologische Untersuchungen und Theorien zur Wissensreprsentation (Mezirow, 1997) sowie zum Persçnlichkeitsschema (Epstein, 1991), die vermuten lassen, dass sich bei den Teilnehmern in Bezug auf das Wissen ber Europa und auf die Entstehung eines europischen Bewusstseins nur dann etwas bewegt, wenn Europa explizit angesprochen wird. Beide Anstze beruhen auf der berzeugung, dass Wissen und Persçnlichkeitsschemata hierarchisch organisiert sind. Wird eine hierarchisch bergeordnete Ebene, in diesem Fall »Europa« aktiviert, so erfolgt dabei auch eine Aktivierung darunter liegender Ebenen, z. B. »Menschenrechte«. Findet jedoch nur eine Aktivierung von hierarchisch niedrigen Ebenen statt, also »Menschenrechte«, so ist damit nicht automatisch garantiert, dass sich die Aktivierung auch auf hçher liegende Ebenen, also »Europa« ausbreitet. Hieraus lsst sich folgern: Wird Europa nicht angesprochen, so findet auch keine Wissensanreicherung und keine Bewusstseinsbildung in Bezug auf Europa statt! Unilaterale Projekte kçnnen zwar, wenn sie europabezogene Themen behandeln, Effekte im Hinblick auf den Erwerb von Europawissen erzielen. Allerdings kann sich interkulturelle Kompetenz, die fr ein erfolgreiches Zusammenleben in Europa notwendig ist, entweder nicht entwickeln oder – falls interkulturelle Fragestellungen Thema sind – nur auf theoretischer Basis. Denn im interkulturellen Kontext besteht eine hçhere Wahrscheinlichkeit fr das Auftreten von Diskrepanzerlebnissen. In den Diskrepanzerlebnissen wiederum liegt ein hçheres Lernpotential fr die Entwicklung von Fhigkeiten, die im interkulturellen Kontext von Bedeutung sind, z. B. das Generieren mehrerer Situationsinterpretationen oder das adquate Attribuieren von Handlungen und Reaktionen (Kammhuber, 2000).
8
Konsequenzen
Das Forschungsprojekt, ber das hier berichtet wurde, hatte das Ziel, mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden auf der Basis bisher verfgbarer Erkenntnisse ber die Wirkungen von interkulturellen Jugendbegegnungsprogrammen zu untersuchen, 1. mit welchen Inhalten, Methoden, Zielen, strukturellen Rahmenbedingungen und Ergebnissen, im Bereich von Bildungsund Initiativprogrammen Jugendbegegnungen mit einem expliziten Bezug auf Europa angeboten werden; 2. welche dieser Begegnungsprogramme in Anbetracht der Herausforderungen, die mit dem europischen Integrationsprozess verbunden sind, innovative Qualitten aufweisen und 3. welche Hinweise und Ratschlge zur Planung und Durchfhrung innovativer Begegnungsprojekte aus den so gewonnenen Erkenntnissen zu generieren sind. Die Ergebnisse kçnnen fr die folgenden sieben unterschiedlichen Zielgruppen, die sich mit europischer Jugendbegegnung befassen, von Nutzen sein. Bei dieser Darstellung wird nicht zwischen Bildungs- und Initiativprogrammen unterschieden. 1. Gruppe: Lehrer und Initiatoren, die mit der Planung und Durchfhrung von europischen Jugendbegegnungsprogrammen beginnen wollen Sie kçnnen sich einen berblick ber die realisierten Programme im Bildungs- und Initiativbereich verschaffen und dabei innovative Projekte kennen lernen.
258
8 Konsequenzen
Sie kçnnen aus den dargestellten Begegnungsmethoden die fr ihre Zielgruppe relevanten aussuchen. Die theoretischen Begrndungen und Hinweise auf ihre Wirksamkeit lassen sich den (theoriebasierten) Einschtzungen entnehmen. So bieten die Ergebnisse eine Art Baukasten/Werkzeugkasten fr Planung, Organisation, Durchfhrung und Evaluation europischer Jugendbegegnungsprogramme. 2. Gruppe: Lehrer und Initiatoren, die mit innovativen Projekten starten wollen Personen dieser Gruppe haben bereits Erfahrungen mit europischen (Jugend-)Begegnungsprogrammen und suchen noch Anregungen, ihre bewhrten Konzepte mit Blick auf die zuknftigen Entwicklungen in Europa weiter zu qualifizieren. Sie kçnnen ihre Programme anhand der Programmanalysen im Hinblick auf ihren innovativen Charakter beurteilen. Schwachpunkte, Lcken, aber auch Strken lassen sich identifizieren. Die Methodenbersicht und die Theoriedarstellungen helfen, neue Programme zu entwickeln resp. bewhrte Programme zu ergnzen resp. zu qualifizieren. 3. Gruppe: Programmanbieter mit Evaluationsinteressen Das gesamte Material von den theoretischen berlegungen und Programmablaufdarstellungen bis hin zu dem Methoden-Pool kçnnen von erfahrenen Programmanbietern zum Feedback genutzt werden. Das verhilft ihnen, ihre Aktivitten im Spektrum von der Realitt hin zur Innovation einzuordnen und evtl. Vorhandenes zu qualifizieren. 4. Gruppe: Fçrdernde Institutionen Da von allen verantwortlichen Akteuren in Europa bereinstimmend der hohe Wert europischer Jugendbegegnungen betont wird und diese Zielrichtung auch in den europischen Gesellschaften auf hohe Akzeptanz stçßt, steigt sicher der Bedarf an relevantem Know-how ber Konzepte, Methoden, Lernfelder und Wirkungen fr Institutionen, die sich fçrdernd engagieren wollen.
8 Konsequenzen
259
Die Daten bieten hierzu in ihrer ganzen Breite eine gute Informationsbasis sowohl im Hinblick auf Fçrderpolitik, Fçrderziele, Fçrderaktivitten und den damit erzielbaren Wirkungen. 5. Gruppe: Personen, die an verantwortlicher Stelle Projekte zur Fçrderung beurteilen und auswhlen mssen Es war nicht das Ziel des Forschungsprojektes, Auswahl- und Qualittskriterien zu erstellen. Aus den Daten lassen sich aber verlssliche Hinweise generieren, was zu beachten ist, wenn eine Auswahl getroffen werden soll oder wenn Programmanbieter bei Fçrderern Rat und Untersttzung suchen. Hier kçnnen die Ergebnisse konkrete Hinweise bieten, um den Gehalt eines zur Beurteilung vorgelegten Programms zu prfen und gegebenenfalls mit Tipps zu ergnzen. Auch kann ein vorgelegtes Projekt in seiner Konzeption anhand der bersicht »Universalbausteine (Metaebene)« – wie bei einer Checkliste – Punkt fr Punkt durchgegangen werden und der innovative bzw. spezifische Wirkfaktoren bercksichtigende Gehalt genau beurteilt werden. Und zwar so, dass beispielsweise gesagt werden kann: »Es gibt zwar eine Vorbereitung, was ein Pluspunkt ist, jedoch hat diese nur eine organisatorische Komponente. Wird in eine Ergnzung der Vorbereitung durch eine inhaltliche und interkulturelle Einheit investiert, ist eine Wirkungssteigerung durch eine Vorsensibilisierung zu erwarten.« 6. Gruppe: Multiplikatoren / Train the Trainer Zu dieser Gruppe gehçren Personen, die zwar Erfahrung in der Organisation von europischen Jugendbegegnungsprogrammen haben, aber zurzeit als Multiplikatoren im Bereich Bildung oder Initiativen wirken und/oder Trainings fr Anbieter von Programmen durchfhren. Fr sie sind die Konzepte und Methoden von besonderem Interesse. Die innovativen Begegnungsprogramme und die Projektergebnisse zu innovativen Kriterien und Methoden lassen sich zur Entwicklung von Trainingsprogrammen und deren Wirkungsanalyse nutzen. Fr Multiplikatoren, die sich fr die Erweiterung des Programmangebots engagieren, liefern die
260
8 Konsequenzen
Daten Argumente zur Optimierung von Programminvestitionen und zur Erweiterung des Angebotspektrums. 7. Gruppe: Nutznießer der Programme Neben den Teilnehmern als primre Nutznießer der Programme nimmt in der Regel auch das soziale Umfeld Anteil, z. B. Familie, Freunde, Schule/Verein, Peers etc. Fr diese Gruppe liefern die Befunde in ihrer gesamten Breite ein differenziertes Anschauungsmaterial, was die realisierten Programme bieten, was unter innovativen Aspekten aus ihnen noch alles zu machen wre und mit welchen Methoden welche Ziele erreichbar sind. So kçnnte dem sozialen Umfeld von Teilnehmern mit Hilfe dieser Informationen durchaus eine Multiplikatorenfunktion zufallen. Das gilt im bertragbaren Sinne auch fr Europapolitiker und -verantwortliche, wenn sie erfahren, inwiefern wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zur Entwicklung europischer Jugendbegegnungsprogramme die Ziele, fr die sie sich einsetzen, fçrdern.
9
Methoden und Analyseverfahren
Quantitative Recherche und Analysen Die Recherche nach Europaprojekten erfolgte ber das Internet, wobei zum einen von Portalen wie »Europatermine« oder den Homepages der Nationalagentur »Jugend fr Europa« sowie der Robert Bosch Stiftung und der Stiftung »Erinnerung und Zukunft« Gebrauch gemacht wurde und zum anderen Schlagworte in die Suchmaschine »Google« eingegeben wurden. Bekannte Stiftungen und Vereine wurden gezielt angesurft, außerdem ergnzten Hinweise aus dem Beirat die Recherche. ber die Verweise und Links auf den jeweiligen Internetseiten konnten dann auch neue Seiten erschlossen werden. Um zu gewhrleisten, dass die recherchierten Projekte in Bezug auf deren Inhalt, Zielsetzung und Anbieter untereinander vergleichbar und auf einen Blick erfassbar sind, entwickelte das Forscherteam ein standardisiertes Formular, in das die relevanten Projekte bertragen wurden. Als Vorlage fr dieses Formular diente ein Raster, das von der Wirtschaftsgilde e. V. (2006) zum Vergleich von Bildungsprojekten entwickelt worden war, wobei jedoch fr den vorliegenden Kontext sowohl eine Erweiterung als auch eine Anpassung auf der Basis des in der Vorphase entwickelten und erprobten Interviewleitfadens vorgenommen wurde. Darberhinaus flossen, soweit erforderlich, auch wissenschaftliche Erkenntnisse in die Konzeption des Formulars mit ein (z. B. Gudykunst, Guzley und Hammer, 1996).
262
9 Methoden und Analyseverfahren
Qualitative Analysen Die qualitativen Analysen basieren auf dem mittels teilstruktierter Interviews erhobenen Datenmaterial. Diese Art der Interviews ermçglicht zum einen durch vorformulierte Fragen (Leitfaden) eine gewisse Strukturierung des Gesprchs und zum anderen bleiben Spielrume fr Nachfragen, um den Gedankenfluss des Interviewten nicht einzuengen. Dadurch bleibt das Anliegen der Untersuchung stets prsent (Schnell, Hill und Esser, 1992).
Der Interviewleitfaden Der Interviewleitfaden besteht im Wesentlichen aus drei Bausteinen. Zunchst werden Europabild und -motivation der Interviewpartner abgefragt. Im zweiten Teil stehen der Erfahrungsschatz und das Wissen der Interviewpartner im Hinblick auf europische Begegnungsprojekte im Vordergrund. Unter Bezugnahme auf das jeweilige, vom Interviewpartner initiierte/ durchgefhrte Projekt, wird dessen Einschtzung zu Ort, Dauer, Anforderungen an die Projektbegleiter/die Teilnehmer, Erfolgsfaktoren, methodischen Elementen u. . abgefragt. Im Rahmen des dritten und letzten Bausteins wird das eingangs thematisierte Europabild nochmals aufgegriffen: Der Interviewpartner soll sich daran erinnern, wann ihm das Europabild in der Form, in der er es verbalisiert hat, zum ersten Mal klar war. Außerdem wird der Interviewpartner gebeten, ein kurzes Feedback zum Interview zu erteilen. Die Fragen zu den Visionen bzgl. Europa, zu Fragestellungen fr die Zukunft sowie zur Rolle der Stiftungen (vgl. Kapitel 5.2, 5.3 und 5.6) kamen erst im Laufe der Studie hinzu.
263
9 Methoden und Analyseverfahren
Interviewablauf und Stichprobe Insgesamt wurden 41 Interviews mit den Initiatoren bzw. Verantwortlichen verschiedener Europaprojekte durchgefhrt. Dazu wurde bei Institutionen/Organisationen angefragt, ob sich projekterfahrene Personen zur Befragung zur Verfgung stellen. Es wurden Telefoninterviews gefhrt und nur in manchen Fllen konnten persçnliche Treffen stattfinden, da die Interviewpartner aus Regensburg waren oder dorthin kamen. Die Dauer der Interviews belief sich im Schnitt auf 46 Minuten, wobei das krzeste knapp 16 Minuten und das lngste 75 Minuten dauerte. Drei der 41 Interviews mussten aus folgenden Grnden aussortiert werden und gingen somit nicht in die Analyse mit ein: Das erste Projekt wurde im Rahmen eines Studienganges durchgefhrt, die im Laufe des Projektes explizit ausgeschlossen wurden; das zweite wurde monokulturell durchgefhrt, was aus den Internetinformationen nicht hervorging, und das dritte hatte keinen expliziten Europabezug. Somit bilden 38 Interviews die Analysegrundgesamtheit. Die folgende bersicht schlsselt die Bereichs- und zugehçrige Geschlechtsverhltnis auf: Tabelle 31: Aufteilung der Interviewpartner nach Bereich und Geschlechtsverhltnis Initiativbereich
mnnlich
8
13
21
weiblich
4
13
17
12
26
38
Bildungsbereich
Whrend im Initiativsektor eine geschlechtliche Gleichverteilung erreicht werden konnte, liegt das Verhltnis im Bildungsbereich bei 1 : 2 zugunsten der mnnlichen Lehrpersonen.
264
9 Methoden und Analyseverfahren
Auswertungsphase Fr die Auswertung mussten zunchst zwei Vorarbeiten geleistet werden: Zum einen wurde ein Kategoriensystem analog zu den Projektformularen sowie ein dazugehçriges Auswertungsmanual entwickelt. Zum anderen war ein zur Analyse geeignetes Auswerteschema fr das methodische und auf Europa bezogene Material zu konzipieren und auf sein Brauchbarkeit hin zu berprfen. Die 38 Interviews wurden teilstrukturiert durchgefhrt und transkribiert, auf Fehler gegengehçrt und dann in das SoftwareProgramm MAXqda (Kuckartz, 2005) eingearbeitet, das sich zur inhaltlichen Analyse von Textmaterialien bewhrt hat. Dabei kçnnen einzelne Textpassagen Kategorien zugeordnet werden und so das Material nach den Fragestellungen der Studie ausgewertet werden.
Ablauf der Auswertung Die Auswertung der auf Tontrger aufgenommenen Interviews erfolgte in drei Schritten (vgl. Abbildung 18): 1. Verschriftetes Datenmaterial: Die Tondateien wurden transkribiert und vom Forscherteam auf Stimmigkeit hin berprft. 2. Kategorisierung des Datenmaterials: Kodierung des schriftlichen Datenmaterials mittels der Software MAXqda (Kuckartz, 2005): Der Originaltext wurde importiert und selbststndig vom MAXqda-Programm in durchnummerierten Einzeleinheiten (Interviewer – Interviewte Person – Interviewer etc.) angezeigt. Inhaltlich zusammenhngende Stellen wurden in ein Kategoriensystem als sogenannte Codings eingeordnet. Dabei stellte sich die Struktur der Analyseformulare als eine gut brauchbare Vorlage zur Analyse heraus. 3. Inhaltsanalyse: Weitere Verdichtung des Datenmaterials durch Paraphrasierung, zunchst in Einzelfallbearbeitung, dann ber alle Interviewten hinweg, um methodische Elemente, Empfehlungen zu Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren aufzube-
9 Methoden und Analyseverfahren
265
Abbildung 18: Auswertungsschritte der Experten(Telefon-)Interviews (nach Thomas, Chang und Abt, 2007)
reiten sowie Strategietypen zur Entwicklung europischer Identitt herauszukristallisieren.
Gewinnung innovativer Elemente Die Gewinnung der innovativen Elemente erfolgte auf Grundlage der empirischen Daten, also sowohl aus dem quantitativen als auch aus dem qualitativen Material. Dazu wurden alle Formulare von zwei Personen unabhngig voneinander gesichtet und auf der Grundlage des theoretischen Rahmenmodells (vgl. Abbildung 4) eine Auswahl innovativer Elemente getroffen. Die Ergebnisse wurden verglichen und es zeigte sich ein hohes Maß an bereinstimmung. Außerdem wurden alle Interviewteile aus der MAXqda-Kategorie »Innovative Elemente« paraphrasiert. Alle auf diese beiden Arten erhaltenen Aspekte wurden – ebenfalls von zwei Teammitgliedern getrennt – in die Kategorien »Inhalt«, »Methode«, »Ziel« und »Struktureller Rahmen« tabellarisch einsortiert, in einem weiteren Schritt verbal validiert und zusammengefhrt. Diese Vorgehensweise diente dazu, ein hohes Maß an Objektivitt zu gewhrleisten.
Anhang
Stiftung
Verein
Erinnern fr die Zukunft
Bridge 2004
Which Europe in a Globalised World Allianz Summer Academy2006
Allianz Kulturstiftung
aktuelles forum nrw e.V.
6.
Verein Jugend-initiative
Szenario Workshop Europische Identitt in Arbeit
9.
AIESEC Mannheim
5.
priv. Netzwerkinitiative Jugend-initiative
»Europe: From Vision to Reality ?! Challenges 1985-2005-2025«
Geschichte, Gedenken – Pfeiler fr die Konstruktion Europas?
AHEAD – Forward Thinking Network of Young Europeans
4.
Verein Jugend-initiative
Shooting Europe
8.
AEGEE Mnchen e.V.
3.
Verein Jugend-initiative
Projekt Medien in Europa – Europa in den Medien
Gemeinsam erinnern – gemeinsam die Zukunft Europas gestalten
AEGEE Europe und AEGEE Karlsruhe e.V.
2.
Verein
7.
4er Komitee junger Regionalpartner e.V. mit: Freundschaftskreis Rheinland-Pfalz/Oppeln; Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
1.
Projektorganisatoren
berblick Initiativen: Projektorganisatoren, Projekte, Fçrderer Fçrderer
Partner : Universitt Luigi Bocconi Mailand, Universitt St. Kliment Ohridski Sofia, London School of Economics (LSE), Ludwig-Maximilians-Universitt Mnchen, Collegium Civitas Warschau
Partner : Le centre de la mmoire (Gedenkzentrum), Die europische Finanzierung, Die Stadt Oradour, L’Association des Familles des Martyrs d’Oradour (Opferverband) Fçrderung: Ministerium fr Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW, Auswrtiges Amt der BRD, Mittel des Programms »entimon« und des Bundesministeriums fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Europische Gemeinschaft, Auswrtiges Amt, Programm »Entimon« der Bundesregierung, Ministerium fr Generationen, Frauen, Familie und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen
Partner : AIESEC Warschau
Auftraggeber : Centrum fr angewandte Politikforschung (CAP), Bundeszentrale fr politische Bildung (bpb)
Vertretung der Europischen Kommission in Bayern, Hanns-Seidel-Stiftung, Institut FranÅais de Munich, Landeshauptstadt Mnchen
Citizens of Europe, The European Youth Forum, All Different – All Equal, Mostro Internazionale del Nuova Cinema
k.A.
Anhang
269
mit dem Deutsch-franzçsischen Institut
Auswrtiges Amt: Vertretung der Europischen Kommission in Deutschland
Bertelsmann-Stiftung und Heinz Nixdorf Stiftung
Bezirksamt Pankow von Berlin
Council of Europe und European Commission und Jugend fr Europa
Deutscher Freundeskreis Europischer Jugendorchester e.V.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
Verein
çffentl. Trger
çffentl. Trger
Stiftung
çffentl. Trger
»young.euro.classic« Europischer Musik Sommer
Visions and Concepts of Europe. Training Modules on European Citizenship
Zwischen Folklore und Popkultur – Was spielt Europa fr Rollen?
Sommer-Akademie Europa
»Radio Europa 2020 – Zukunft machen«
Europadiskurse in Deutschland, Frankreich und weiteren Mitgliedstaaten der EU
European Summer Academy
ASKO Europa Stiftung
14.
Stiftung und Institut
Europischer Dialog
EuroInfo
Arbeit und Leben und Culture et Libert
Verein
Projekt youngstars – Europainformationen fr Jugendliche von Jugendlichen
13.
Verein
kirchl. Trger
Eurolab
Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend e.V. mit Evangelische Jugendbildungssttte Hackhauser Hof Arbeitskreis Ostviertel e.V. im Brgermedienzentrum Bennohaus
12.
11.
10.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
v.a. Untersttzung durch private Unternehmen, Fçrderer und Spender (z. B. BMW-Group, Dresdner Bank)
Stdtepartnerschaftsprogramm der Europischen Kommission
k.A.
Durchfhrung: Centrum fr angewandte Politikforschung, Institut fr prospektive Analyse, FEZ-Berlin
k.A.
k.A.
Europische Informations- und Kulturzentrum Fundacja Nowy Staw (Polen), Offener Kanal Gçteborg (Schweden)
Partner : Nowy Staw, Europisches Informations- und Kulturzentrum Lublin (Polen), RomSom Foundation in Budapest / Tomor, (Ungarn), Asociatia Renasterea Botosaneana (Rumnien), Tangen Videregaendeskole Kristiansand, Samsen Kulturhaus (Norwegen), »European youth4media network e.V.« Mnster (Deutschland)
Bundesministerium fr Familien, Frauen Senioren und Jugend
270 Anhang
djo- Deutsche Jugend in Europa, Bundesverband e.V.
djo- Deutsche Jugend in Europa, Landesverband Niedersachsen e.V.
Deutsches Youth for Understanding Komitee e.V.
DVV- International (Institut fr Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulverbandes)
Ecumenical Youth Council in Europe
ENGSO Youth
EU Institutionen und Europisches Jugendforum
25.
26.
27.
28.
30.
31.
32.
29.
und Deutsch-Polnisches Jugendwerk
Deutsch-franzçsisches Jugendwerk
24.
23.
22.
21.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren
çffentlicher Trger und Verband
Verein
kirchl. Trger
Verein
Verein
Verein
Verein
Jugendwerk
Projekt
Europischer Jugendgipfel
»Jugend – Zukunft fr den Sport in Europa«
Including ethnic and cultural minorities in constructing our Europe
Schatten der Vergangenheit
Europa – meine Chance
Young Europeans’ Seminar
Internationaler Jugendkongress
Sommerakademie 2003
Tridem 2005 – Paris – Berlin – Warschau
Europische Jugendkonferenz
Europa der Kulturen – Kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa: Musik und Jugendkulturen Europa der Kulturen Die Sprache der Eurofolies: Musik der Sprache – Sprache der Musik
Fçrderer
k.A.
k.A.
EU Programm Jugend
EU-Grundtvig
EU-Grundtvig (Teilprogramm von Sokrates)
bisher : »European Youth Foundation« Durch die Neuorientierung der Stiftung fllt diese Fçrderung fr das Jahr 2006 weg. 2006: private Spender und hçhere Teilnahmebeitrge
k.A.
Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, DaimlerChrysler AG
Initiatoren/Fçrderer : Die Beauftragte der Bundesregierung fr Kultur und Medien (BKM) Ministerium fr Kultur und Kommunikation, Paris Ministerium fr Kultur, Warschau Kooperationspartner : Allgemeiner AutomobilClub (ADAC) und dessen Partnerclubs in Polen und Frankreich
deutsche und franzçsische Regierung
k.A.
k.A.
Anhang
271
Europahaus Aurich
36.
Dresden in den Augen junger Europer
Wem ntzt die EU? – Europa erklren!
Europa live – Jugend gestaltet Zukunft Jugend in Europa – ein Vergleich United Cultures of Europe
50.
51.
Europa braucht uns!
Die Zukunft der deutsch-franzçsischen Beziehungen
Gemeinsames Europa Verschiedene Erinnerungen – Eine Zukunft
Europische Energiepolitik
europische Bildungs- und Forschungssttte
europische Bildungssttte
49.
Europische Akademie Otzenhausen
Europische Akademie MecklenburgVorpommern mit: IJBS Oswiecim
48.
47.
46.
44. 45.
Youth and democracy : Let’s take part! Deutschland vor der EU Prsidentschaft und die Zukunft der Europischen Integration
42. 43.
europische Bildungssttte
Let’s save our Nature – our Future in Europe and the World!
41.
Europische Akademie Berlin
»In Vielfalt geeint – viele Lnder, verschiedene Kulturen! Wohin steuert Europa, welches Europa wollen wir?«
Die europische Denkpause – Internationale Begegnung fr junge Europer
40.
39.
»Europa in der Warteschleife? Ohne uns!«
20 Jahre nach Tschernobyl – Was hat sich in der Energiepolitik in Europa verndert?
Europa, meine Liebe
Europawerkstatt 2006
europische Bildungssttte (çffentl. Stiftung brgerl. Rechts)
Projekt Waves of Democracy
38.
europische Bildungssttte
Verein
Verein
37.
Europa-Haus Marienberg
mit Association Roudel
35.
34.
EUNET – European Network for Education and Training e.V. Europa Direkt e.V.
33.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
Partner : LpB, Schwerin
k.A.
Auswrtiges Amt, Bundeszentrale fr Politische Bildung
Partner : Stiftung fr Europische Verstndigung, IJBS Kreisau (Polen), Partnerschaftsverband Rheinland-Pfalz – Burgund (Deutschland), Europa-Haus Prag (Tschechien), Ministerium fr Bildung, Frauen und Jugend Rheinland-Pfalz, Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz, Casa d’Europa Gaeta (Italien), Zentrum fr europische Bildung
k.A.
k.A.
Deutsch-franzçsisches Jugendwerk
Programm Jugend
Europische Kommission
272 Anhang
Europische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungssttte Weimar (EJBW)
56. 5. Schul-Brcke – Weimar : Stadt zwischen Klassik, Kultur und Buchenwald Drinnen und Draußen
Europa fr die Jugend – Jugend fr Europa!?
Heimat Europa?
Soziale Arbeit und Migration in Europa
57.
58.
59.
60.
61.
1806 – Ein Epochenumbruch fr Europa beginnt in Thringen
Europa gemeinsam gestalten
Europisches Informations-Zentrum (EIZ) Niedersachsen
55.
europische Bildungssttte
Jugend macht Medien Videocamp I und II
Verein
Projekt Jugend auf dem Weg nach Europa
54.
Verein Jugend macht Medien Jugendpressekonferenz
Europisches Informationszentrum in Trgerschaft der Deutschen Gesellschaft e.V.
53.
52.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
Fçrderer/Partner Deutsche Nationalstiftung Hamburg, Robert Bosch Stiftung, Institut fr Philosophie und Kulturgeschichte, Schulen der Schulbrcke II
Fçrderer/Partner Europisches Parlament, Thringer Landeszentrale fr politische Bildung, Thringer Landtag
Fçrderer/Partner Associazione Oltre… (Bologna, Italien), Pancevo Peace Movement (Pancevo, Serbien), N.N. (Bosnien)
k.A.
k.A.
Fçrderer/Partner : Region Hannover, çsterreichisches Bundesland Krnten, polnische Partnerregion Wielkopolska (Großpolen) des Landes Niedersachsen
Fçrderer/Partner : Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Europische Kommission, Jugendpresse Deutschland, mdr
Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend Fçrderer/Partner : Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Europische Kommission, Jugendpresse Deutschland, mdr
Anhang
273
Forum Europa e.V. mit Maison de l’Europe Transjurassienne (Schweiz), Netzwerk Mllerhaus (Schweiz)
und Terrex gGmbH
Gesamteuropisches Studienwerk e.V. (GESW)
70.
71.
72.
73.
FORUM 46 – Interdisziplinres Forum fr Europa e.V.
69.
europische Bildungssttte
Verein
Verein
»Quo vadis, Europa?«
»Europa auf dem Weg zur Einheit« Fnf Tage, zwei Lnder und viele Eindrcke
Internationales Bildhauersymposium
»Europa morgen: Krise oder Prosperitt ?« Internationale Konferenzreihe 2005 – 2007
Querwege. Europakongress
Wintercamp
Federation of Young European Greens
68.
Verband
Unsere Zukunft liegt in Europa! Chancengleichheit und europische Bildung
EXCHANgE Sachsen-Anhalt (in Trgerschaft der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung)
67.
Verein
Mission Europa II
66.
Mission Europa I – Symposium
e-werk weimar e.V.
65.
Verein
Ziele und Trume der Jugend im vereinigten Europa
Evangelische Jugend Propstei Schçppenstedt
kirchl. Trger
Projekt »Europa nach dem Verfassungsvertrag. Rckblicke und Ausblicke«
64.
europische Bildungssttte »Welches Europa mçchten wir? – Europas Rolle in der Welt« Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf dem Prfstand
Europazentrum Baden-Wrttemberg
63.
62.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
k.A.
Europische Union (Programm Leader+), Ministerium fr Umwelt des Saarlandes, KuLanI, Dachprojekt Sankt Wendeler Land Steinreich, Luxemburg und Großregion Kulturhauptstadt Europas 2007
Stiftung Forum Europa (Luxemburg), Casa da Europa do Ribatejo (Portugal), FundaÅao Passos Canavarro (Portugal), Polnischer Verein der Europa-Huser (Polen), Europische Akademie Otzenhausen e.V. (Deutschland)
Kooperationspartner : MitOst e.V., Forost, Tauro Europa Kommunikation
k.A.
Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Jugend fr Europa, Landesregierung Sachsen-Anhalt, Europische Union
k.A.
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa« (Projektjahr 2001/2002)
Stiftung fr deutsch-polnische Zusammenarbeit in Warschau, Kreis Walbrzych, Stadt Walbrzych, Schirmherrschaft des Oberbrgermeisters von Walbrzych EU-Kommission Brssel, Bundeszentrale fr Politische Bildung
274 Anhang
Heinz-Schwarzkopf-Stiftung
IKAB e.V. Institut fr angewandte Kommunikationsforschung in der Außerschulischen Bildung
77.
78.
Projekt
»European Union and Ukraine« Junge Diplomaten denken ber Europa der Zukunft nach
84.
»Europa und die USA – Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen«
82.
83.
Solo mit Kind
81.
Verein
Großmtter und Enkelinnen
80.
Ein Schritt in Richtung europische Brgergesellschaft
Gehçrlos, aber nicht sprachlos
Verein
Aus der Mitte – Mitteleuropa: Idee, Identitt, Bndnis
europe now jnext
Tagungssttte
Stiftung
XVII. Europische Sommerakademie
»Via Regia Campus«
europische Bildungssttte
çffentl. Trger
79.
Institut fr prospektive Analysen e.V.
Haus der Kulturen der Welt, Baltic Sea Cultural Centre, Danish Center for Culture and Development, Intercult, Visiting Arts
76.
75.
Geschftsstelle »Kulturhauptstadt Europas 2010« Gçrlitz-Zgorzelec Gustav-Stresemann-Institut e.V.
74.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
k.A.
k.A.
EU-Aktionsprogramm JUGEND, Deutsche Agentur JUGEND Partner : Charisma e.V. Verein fr Frauen und Familie, Rostock ; Jugendwohnheim Wegstadt, Wohngruppe fr Alleinerziehende, Linz, sterreich; Young mothers – Hitt Husid, Reykjavik, Island; Athlone Community Training Centre, Athlone, Irland; Xist Kvinnoforum, Stockholm, Schweden
EU-Aktionsprogramm JUGEND, Deutsche Agentur JUGEND
Fçrderer : EU-Aktionsprogramm JUGEND, Deutsche Agentur JUGEND Partner : Diakoniewerk Michelshoven (Kçln), Interface (Wien), Gandhi Foundation Secondary School (Pcs), Tananger fritidsklubb (Sola)
Bundeszentrale fr politische Bildung
Partner : Collegium Budapest, The Power of Culture (Amsterdam), Architecture + Dialog (Gdansk), and The Academy of Fine Arts (Gdansk) Fçrderer : Programm «Culture 2000” der EU
Bombardier, Vattenfall, Veolia Environment, Finanzgruppe Ostdeutscher Sparkassenverband k.A.
Anhang
275
JOC Europe und CAJ Deutschland e.V.
Jugendbildungssttte Kaubstraße e.V.
Jugendorganisation Bund Naturschutz Bayern
93.
94.
95.
Verein/Verband
Verein Grenzenlos tafeln
Willkommen in unserer Welt
Arbeiterjugend gestaltet die zuknftige Arbeitswelt neu!
Europa zum Mitdenken und Anfassen
JEF (Junge Europische Fçderalisten) Saarland e.V.
92.
Verein
Wir und heute im erweiterten Europa – Junge Europer fragen, Politiker antworten
91.
Verein
Fçderalismus fr Anfnger
90.
Demokratie und Toleranz – die Europische Union auf dem Weg in eine Europische Zivilgesellschaft
JEF (Junge Europische Fçderalisten) Deutschland e.V. und Projekt P
89.
Verein
Europa knstlerisch erfahren – Bilder in Stoff und Stein
Verein
Internationaler Bund, Verbund Dresden, Einrichtung Klingenberg
Fit fr Europa
88.
Verein
Projekt Fokus Europa Europischer Zukunftskongress
Von der Bretagne nach Europa
interkulturelles netzwerk e.V.
86.
çffentl. Trger
87.
Institut fr prospektive Analysen e.V. (IPA), Centrum fr angewandte Politikforschung (CAP) FEZ-Berlin
85.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
Deutscher Bundesjugendring: Aktion »YOUrope07«
Partner : C MEA (Frankreich), EKO Plan Belgrad
k.A.
k.A.
Bundesjugendministerium, Bundeszentrale fr politische Bildung, Deutscher Bundesjugendring
k.A.
Programm Jugend der Europischen Union
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa« (Projektjahr 2005/2006) Partner : Stavebni uciliste Louny (Tschechische Republik)
Programm JUGEND der Europischen Kommission Partner : Gwennili (Frankreich), YFEYE (Mazedonien), YCK (Bosnien)
Trger : Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Auswrtiges Amt, Vertretung der Europischen Kommission und Informationsbro des Europischen Parlaments in Deutschland. Partner : Marseille Echange (Frankreich), APIEFE (Italien), FAR (Bulgarien)
276 Anhang
Projekt
und Deutsch-franzçsisches Jugendwerk
101.
Jrgen Ponto Stiftung
Kinderring Berlin e.V., Bezirksamt Mitte, Bezirksamt Tempelhof-Schçneberg, Bezirksamt Lichtenberg, Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik, Platzmanagement Alexanderplatz, Gangway e.V., Regionale Servicestelle Jugendbeteiligung, Artitude e.V., Beatbox Battle Network, Interkulturelles Netzwerk e.V.
Kolpingjugend Europa e.V. und Kolpingjugend Diçzesanverband Limburg/ Deutschland
104.
105.
106.
kirchl. Trger
Verein
Europa erleben – jugendpolitische Praxiswoche
YEC – Young European City
Werkstatt Europa – Von Wirklichkeiten und Mçglichkeiten
»Meet the history – understand the present – improve the future«
Jugendzentrum Casino
103.
Stiftung
Kulturen und Grenzen – Deutsch-franzçsischkroatisches Seminar
102.
çffentl. Trger
Masken verstehen – interkultureller Karneval von Jugendlichen
Jugendbildungszentrum Blossin e.V.
100. Kulturen und Grenzen – Deutsch-franzçsischkosovarisches Seminar
Sommerakademie »Demokratie leben und lernen«
»Being young in Europe – unsere Wnsche, unsere Mçglichkeiten unsere Zukunft« »Herzlich Willkommen?! Soll, muss, darf kommen?« Europa vor der Haustr
Verein
Verein
99.
Jugend bewegt Europa e.V. (Forum fr europische Begegnungen) mit der Gemeinschaft fr studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa e.V.
98.
97.
96.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
Fçrderung/Partner : Spinnenwerk, gangwaycms.de, Projekt-P, Bundeszentrale fr politische Bildung, Deutsches Kinderhilfswerk, Berlin on Bike, Titus, Galeria Kaufhof am Alexanderplatz, Jugend- und Familienstiftung Berlin, Erika-Hess-Stiftung
Arbeitspartner : Collusion Theatre und Williamwood Highschool Glasgow; Teatr Konsekwentny, Warschau, und Zespl Szkol w Legionowe, Warschau; Akadmie musickych umeni Prag und Zakladn Skola Prag 8. Fçrderpartner : Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank, Allianz-Kulturstiftung Mnchen, Deutscher Bhnenverein, Landesverband Sachsen
JUGEND fr Europa (Deutsche Agentur fr das Aktions-programm JUGEND der EU)
Partner : Union Peuple et Culture Paris, Multimedia Center Kosovo.
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa« (Projektjahr 2004/2005)
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Anhang
277
Mitost e.V
112.
Chancen und Herausforderungen durch die Erweiterung der EU fr junge Europer Europazug 2006 Geschichte live! Internationale studentische MitOst-Seminare: 1999: Europa XXL
114.
115.
116.
4. Gedenkdienst-Seminar in Schlesien und Galizien
113.
Verein
Wir in Europa – interkulturelle Kompetenz erwerben mit dem Juniorteam NRW«
Landeszentrale fr politische Bildung Nordrhein-Westfalen mit Gustav-Stresemann-Institut
111.
çffentl. Trger und Verein
Europas Geist(er)
European Parliament Kryzowa
Kunstschule Potsdam e.V.
Verein
Projekt Europa schreibt – Was ist das Europische an den Literaturen Europas?
110.
Verein
Stiftung
Junge Journalisten on Tour
Kçrber-Stiftung und Literaturhaus Hamburg sowie Online-Akademie der Friedrich Ebert Stiftung Kreisau-Initiative Berlin e.V.
109.
108.
107.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
k.A.
Schering Stiftung und Haniel-Stiftung
Theodor Heuss Kolleg der Robert Bosch Stiftung
k.A.
Kooperationspartner : Verein fr Dienste im Ausland, sterreichisches Bundesministerium fr Bildung, Wissenschaft und Kultur, sterreichisches Generalkonsulat in Krakau, Stiftung Judaica – Zentrum fr jdische Kultur, Krakau, Museum Auschwitz-Birkenau, Bratniak Stiftung, Krakau.
Fçrderung: Deutsch-franzçsisches Jugendwerk, Deutsch-Polnisches Jugendwerk Partner : Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in der Bundesrepublik Deutschland e.V., Internationale Jugendbegegnungssttte Auschwitz
»Großes Waisenhaus zu Potsdam«, Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam, F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz
EU-Programm »Prince«, Deutsch-Polnisches Jugendwerk, Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam, USUS Informationsinitiative fr Brandenburg
Programm der EU: »Fçrderung einer aktiven europischen Brgerschaft«, Bundesministerium fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend
k.A.
278 Anhang
Renovabis
121.
Stiftung Genshagen – Berlin-Brandenburgisches Institut fr Deutsch-Franzçsische Zusammenarbeit in Europa
133.
132.
Europa ich komme Teil von »In Europa fr Europa«
Europa Direkt. Wissen – Kompetenz – Engagement Teil von »In Europa fr Europa«
Der Balkan in Europa Teil von »In Europa fr Europa«
Mitteleuropa tanzt
Theodor-Heuss Kolleg und Europa Union Deutschland (Kooperationsprogramm »In Europa fr Europa«)
130.
Stiftung
Die Zukunft des Sozialstaates – Europische Modelle im Vergleich
und: Heinz-Schwarzkopf-Stiftung
129.
131.
Trilaterale Wanderung
Nachbarschaftspolitik
Generation 25: Erfahrungen und Perspektiven ein Jahr nach der EU Erweiterung
128.
127.
çffentl. Stiftung brgerl. Rechts
Our Common Future – Realising Sustainability. Rallye of Youth
Our Common Future – Realising Sustainability
126.
Stiftung
Stiftung fr die Rechte zuknftiger Generationen, Rotaract, AIESEC, Junge Europische Fçderalisten, Jugendinitiative des Club of Rome
124.
125.
Fr ein Europa der Nationen?
Verein
S.N.O.W. Projektbro e.V., ROUDEL (Ladernsur-Lauquet), (Berlin), OIA (Sarajevo)
123.
10. Internationaler Kongress Renovabis Visionen Europa – Jugendworkshop zum 8. internationalen Kongress
122.
kirchl. Trger
»EUreka« Junge Visionen fr Europa
Netzwerk Migration e.V.
120.
Verein
Maibaum fr Europa
priv. Netzwerkinitiative Jugend-initiative
Netzwerk fr Toleranz und Integration
119.
Projekt Patocka und die Idee Europa »Wer, wenn nicht wir?«
117. 118.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
Mittel der Robert Bosch Stiftung und der Europischen Kommission/ CIFE
Partner : Stadt Stettin
Gemeinntzige Hertie Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Bundeszentrale fr politische Bildung
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
Deutsch-franzçsisches Jugendwerk
Durchfhrung: CAP
Katholische Kirche
EU Generaldirektion Bildung und Kultur, F.C. Flick Stiftung, Robert Bosch Stiftung
JUGEND fr Europa (Deutsche Agentur fr das Aktionsprogramm JUGEND der EU)
k.A. k.A.
Anhang
279
Zeitpfeil – Netzwerk fr politische und (inter)kulturelle Bildung
Kçrber-Stiftung [nachtrglich erhoben: ging nicht in Realittsanalyse ein]
140.
141.
Stiftung
Verein
EUstory
Europe in a Village
young.euro.connect – »Europa – die große Freiheit«
young.euro.connect
139.
Verein
What’s a sustainable Europe?
Visions of Europe – Perspectives for a United Culture 7. Weimarer Sommerkurse
YOIS Bayern und AEGEE Bayreuth
Verein
Projekt Movi(e)ing through European Identity Sailors on the Citizenship
138.
Verein
Verein
»Geist« und »Seele« Europas? Politisch-kulturelle Vergewisserungen im Kontext aktueller EUVerfassungsdebatten
vfh Verein zur Fçrderung politischen Handelns e.V. und: Politisches Bildungswerk Junge Erwachsene machen Politik (JumP) Weimar-Jena-Akademie
137.
136.
134. 135.
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderer
King Baudouin Foundation (Belgien), Compagnia di San Paolo (Italien), Fritt Ord (Norwegen), Ford Foundation (Russland), Open Estonia Foundation (Estland), Foundation Meracator (Schweiz), Batory Foundation (Polen), Open Society Institute (Bulgarien), Leventis Foundation (Bulgarien), Kçrber Stiftung (Deutschland), Stiftung Erinnerung und Zukunft (Deutschland)
Bundeszentrale fr politische Bildung, im Rahmen des Projekts »Fçrderung der Jugendpartizipation in den neuen Bundeslndern«
BMW Group, Robert Bosch Stiftung
Frankenakademie und Doris-WuppermannStiftung
k.A.
EU-Mittel, Heinrich Bçll Stiftung
Programm Jugend der Europischen Kommission
280 Anhang
Gy
Gy
Gy
Matthias-Claudius-Gymnasium
Gy
Lise-Meitner-Gymnasium in Neuenhaus und Uelsen
Mariengymnasium Jever
Gy
Leibniz-Gymnasium Stuttgart-Feuerbach
Luisen Gymnasium Hamburg
Gy
Gy
Gy
Johannes-Kepler-Gymnasium
Joseph- von- Fraunhofer- Gymnasium
Gy
Herderschule Rendsburg
Joseph-Kçnig-Gymnasium
Gy
Gy
Helmholtz Gymnasium
Gy
Gymnasium Parsberg
Gymnasium Ulricianum Aurich
Gy
Gy
Gy
Goethe- Gymnasium
Gymnasium am Schloss
Gy
Giebichenstein-Gymnasium »Thomas Mntzer«
Gymnasium am Deutenberg
Gy
Gy
Emil-von-Bering Gymnasium
Gy
Gy
Christian-von-Dohm-Gymnasium
Gabriele-von Blow-Schule
Gy
Balthasar-Neumann-Gymnasium
Ernst- Barlach- Gymnasium
CICERO (from Cooperation to Integration in our common Europe)
Alexander-Hegius-Gymnasium Ahaus
Fçrderung
Power and Politics for the European Citizen
»Leben und Zusammenleben in Europa«
Wurzeln Europas
»Europische Dimension historischer Erfahrung«
»Globalisierung als europische Erfahrung«
»The way we are – the regions we live in«
Unser Europa
United Cultures of Europe
TNL (Transnational Learning Network)
Europische Zukunft
Regionale Identitt
The Media and Youth in Europe
»Europa der Zukunft«
Europische Zeitreisen – European Time Machine
»Comenius Goethe- Gymnasium«
EU-Projekt: Comenius
EU- Projekt: Comenius
EU- Projekt: Comenius
EU- Projekt: Comenius
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa«
EU- Projekt: Comenius
Fonds »Erinnerung und Zukunft«
EU- Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
Fonds »Erinnerung und Zukunft«
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
Fonds »Erinnerung und Zukunft«
»Ewiger Friede« in Europa – Idee und Wirklichkeit
Wissen ber Europa
k. A.
EU- Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
Europa Forum
»Europa-Tradition und Zukunft«
Baustelle Europa
»Europa gemeinsam bauen«
»Europaschule«
Projekt
Gy
Projektorganisatoren
berblick Bildung: Projektorganisatoren, Projekte, Fçrderung
Anhang
281
BS
BS
BS
RS
Karl- Schiller- Schule Kaufmnnisches Berufskolleg
St. Michaelswerk e.V. (Berufsschule zur sonderpdagog. Fçrderung)
Anne-Frank-Realschule
GS
Laborschule Bielefeld – Versuchsschule des Landes NRW in Kooperation mit dem Oberstufenkolleg Bielefeld
Berufliches Schulzentrum 6
GS
GS
Gesamtschule Geistal
Heinrich- Bçll- Schule
GS
Gesamtschule Busecker Tal
Geschwister-Scholl-Gesamtschule
GS
GS
Alexander von Humboldt Schule
Gy
Gy
Sophie-Charlotte-Oberschule
Gy
Obermenzinger Gymnasium
Philipp-Matthus-Hahn-Gymnasium
Gy Gy
Max-Planck-Gymnasium Delmenhorst Melanchthon-Gymnasium
(Fortsetzung) Projektorganisatoren
Sport als Element des gemeinsamen kulturellen Erbes Europas
Platz schaffen – Europa gestalten
Zukunftswerkstatt »Europa im 21. Jahrhundert«: Vçlkerverstndigung und Arbeitswelt
Alte ngste- neue Hoffnungen
Europa: Heimat und Fremde
Europabild und Demokratieverstndnis in Ungarn und Deutschland
Das Haus in dem wir leben
»Wir gestalten unsere Zukunft in einem gemeinsamen Europa ohne unsere Vergangenheit zu vergessen.« Deutschpolnisches Filmprojekt
Jugendliche in Europa– ihr Freizeitangebot –ihre Freizeitaktivitten – ihre Wnsche und Probleme
Video-Art-Project on Colours
»Perspektiven der europischen Integration und gegenseitige Abhngigkeit«
»Europa zwischen den Kriegen 1918 – 1939«
EPSILON (European Parliament Simulation: Improving Learning Organised Negotiation)
COMETS- Communicating Through European Streets »Friedenssicherung in Europa in den vergangenen 60 Jahren«
Projekt
EU-Projekt: Comenius
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa« (Projektjahr 2005/2006)
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa«
Fonds »Erinnerung und Zukunft«
roggemannundsiebert, Volksbank, Egidius-Braun-Stiftung des DFB, Allianz-Stiftung, Westflisch-Lippische Universitts-Gesellschaft, Fçrderverein Kunst und Kultur der Universitt, sthetisches Zentrum der Universitt, Fçrderverein der Laborschule, Fçrderverein des Oberstufen-Kollegs, (und diverse Privatpersonen)
Robert Bosch Stiftung: Wettbewerb »Junge Wege in Europa«
EU-Projekt: Comenius
Fonds »Erinnerung und Zukunft«
EU- Projekt: Comenius
EU- Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius Fonds »Erinnerung und Zukunft«
Fçrderung
282 Anhang
Die europische Idee
Planspiel Europa
HS
HS
HS
Uni + Verein
Uni
Uni
Uni
Uni
Uni
FH
Europahauptschule Alsdorf
Gustav-Walle-Schule
Hauptschule Hassfurt
EUROSOC – Lehrstuhl fr internationale Politik Konstanz und AEGEE Konstanz e.V.
Institut fr Geographie und Geologie, ErnstMoritz-Arndt Universitt Greifswald
International University Club Munich (IUCM) Ludwig-Maximilians-Universitt Mnchen c/o International Affairs
Romanisches Seminar, Christian-AlbrechtsUniversitt zu Kiel
Technische Universitt Berlin Institut fr Literaturwissenschaft, Fachgebiet Philologie
Universitt der Knste Berlin
Fachhochschule Fulda
A European Migration Policy for the 21st Century
Klavierforum 2001
Europische Erinnerung an den Widerstand
Europische Stdte- Literarisches Imaginarium und kulturelle Selbstdarstellung
»International Summer University«
Europeanisation- peripherisation?
Europa wchst Richtung Ost
LAKE
RS
Realschule Lindlar
Projekt
Großeltern, Eltern und wir im nationalen und europischen Haus – Leben, Lebenserfahrung und Zukunftsvisionen im europischen Vergleich CEWIP- Common european Words, Idioms und Proverbs
RS
Realschule Himmelsthr
(Fortsetzung) Projektorganisatoren Fçrderung
Partner : Universidad Europea de Madrid, Universidad Complutense de Madrid, Universitt Pardubice, University of Portsmouth Fçrderung: Sokrates und Erasmus Programm der EU
Europische Kommission (Erasmus-Intensivprogramm), Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (Untersttzung von Teilnehmern aus Nicht-EU-Lndern)
Fçrderer : Amt fr Außenbeziehungen der TU Berlin, Deutsch-Franzçsisches Jugendwerk, Robert-Bosch-Stiftung, Franzçsische sowie Polnische Botschaft Partner : Universit Paris IV, Willy Brandt Zentrum fr Deutschland- und Europastudien an der Universitt Wroclaf in Polen
Sokrates Intensiv Programm
Sokrates Intensiv Programm
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
EU-Projekt: Comenius
Anhang
283
çffentliche Trger : Kommunen
Sporttrger und Sport als Thema
Religion als Thema
Christliche Trger
EFD
Ausgeschlossene Projekte
çffentlicher Trger çffentlicher Trger
Verein und Sportverein
Profondo im Gleisdreieck e.V. und Hannover 96
Stadt Kçln und Stadt Liverpool
Sportverband
Sportjugend NRW
Landratsamt Dingolfing-Landau
Verein und europische Bildungssttte
Stiftung
Stiftung Genshagen
Sportjugend und Europische Akademie Otzenhausen
Stiftung
Heinz-Schwarzkopf Stiftung
Verein (kirchlich)
Christliche Bildungsinitiative e.V., Hannover
Verein
Jugendaufbauwerk Nauen e.V. Verein (kirchlich)
Gesamtschule und Verein
Europaschule Storkow, Verein fr Jugendhilfe und Sozialarbeit e.V.
kirchlicher Trger
Verein
Gesellschaft fr Europabildung
Evangelische Akademie Mecklenburg-Vorpommern
Verein
Europa Direkt e.V.
Missions- und Priesterhilfswerk Glatz e.V.
Verein
ASC Gçttingen von 1846 e.V.
Projekttrger
berblick ber die ausgeschlossenen Projekte Projekttitel
Ausschlussgrund
Eufonia 2002
Lebenswelten
YouPs-Net
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug nur unilateral
kein Europabezug kein Europabezug
EUAsia – be different, be united!
nur unilateral
keine Info zu Alter der Teilnehmer Forschungsprojekt
nur unilateral
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
keine »Begegnung«
keine »Begegnung«
keine »Begegnung«
keine »Begegnung«
keine »Begegnung«
Mercator Camp – Europe let’s go!
Europa – Werte, Probleme, Perspektiven
Europische Zugehçrigkeiten in der Kontroverse
Islam in Europa- europischer Islam oder Islamisierung Europas?
Mitten in Europa – Persepktiven auf den nationalsozialistischen Vçlkermord
In Verantwortung leben
Versçhnung ber den Grbern
EFD in der Villa Grenzenlos
EFD bei der GFEB
EFD bei Europa Direkt
Arbeit im bilingualen Kindergarten
284 Anhang
Interessante Zielgruppe
Thema: Vergangenheitsaufarbeitung
Thema Menschenrechte
(Fortsetzung) Ausgeschlossene Projekte
Verein Stiftung bildungssttte Verein Stiftung Unternehmen
Gemeinntzige Hertie-Stiftung
Gesamteuropisches Studienwerk e.V.
Kreisau Initiative e.V.
Schsische Jugendstiftung Dresden
Wirtschaftsakademie Schleswig Holstein GmbH
Verein
Kreisau Initiative e.V.
African Youth Foundation
Verein
Culture Goes Europe
Verein Verein
Europische Bewegung Deutschland e.V.
Aktion Shnezeichen Friedensdienste
Inwent – Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH
Kiosk Europa
Deutsch-Rumnische Jugendbegegnung
Forum Dialog: Multikulturalitt – eine Chance fr das moderne Europa?
Entwicklung und Chancen in Europa – drei Projektseminare
Start Programm: Europa – Einheit in Vielfalt
All different, all equal – Interkultureller Dialog in Europa
Musik im Nationalsozialismus
A bridge over the Danube: Common History and Future. New ways for the reconciliation of young people in Europe
Deutsch-Polnisches Sommerlager
Europorter : Europa in Bewegung
Eurizons 2006
Internationale Sommerschule von Young Leaders
Verein Gesellschaft
Humanity in Action Deutschland e.V.
Internationales Multiplikatoren- und Schlerprojekt zur Einbindung von Menschenrechtserziehung in den Geschichtsunterricht in Deutschland, Russland und Belarus
Internationaler Trainingskurs »all different – all equal«
Interkulturelles Lernen
Rathaus Europa
SETRIC
Nemetsko-russkij obmen, Deutsch-Russischer Austausch St. Petersburg
AGSA Sachsen-Anhalt e.V. (Projektbro)
Verein
çffentlicher Trger
Stadtverwaltung Kaiserslautern
Stadt Kçln
çffentlicher Trger und Forschungsinstitut çffentlicher Trger
Stadt Kçln, Stadt Bologna,… Fraunhofer Institut
zu wenig Info
kein Europabezug
kein Europabezug
unilateral
unilateral
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
unilateral
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
mangelnde Info
kein Europabezug
kein Europabezug Teilnehmer zu alt
Anhang
285
Kunst und Kulturelles
(Fortsetzung) Ausgeschlossene Projekte
Verein Gemeinschaft Verein Verein
Internationales Theater Institut
neunplus
relations e.V.
Rumnisches Kulturinstitut (Deutschrumnische Gesellschaft e.V.) und alte feuerwache
Gemeinschaft Verband
edition 8 encatc (European Network for Cultural Administration Training Centres)
»Europische Brcken«
Lost and Found
Jugend auf dem Lande
Workshop fr junge europische Autoren
Revisiting Memory- Gedchtnisspuren Entrepreneurship and Education in Cultural Life
kein Europabezug keine Info zum Alter
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug
kein Europabezug kein Europabezug
286 Anhang
Literatur
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Interkultureller Dialog Alexander Thomas (Hg.) Psychologie des interkulturellen Dialogs 2008. 280 Seiten mit 9 Abb. und 9 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-40302-0 Das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs ist Anlass genug, die Psychologie als eine für die Entwicklung des interkulturellen Dialogs zentrale wissenschaftliche Disziplin nach ihrem spezifischen Beitrag zu befragen. In diesem Sammelband werden aus verschiedenen Perspektiven heraus psychologische Erkenntnisse zur Entwicklung und Qualifizierung des interkulturellen Dialogs dargestellt und anhand empirischer Forschungsbefunde und Praxiserfahrungen analysiert. Behandelt werden zum einen Bedingungen und Grundlagen zur Ausbildung, Gestaltung und Förderung des interkulturellen Dialogs. Welche Bedeutung der interkulturelle Dialog in der Praxis hat und wie er genau aussieht, wird anhand ganz verschiedener Handlungsfeldern gezeigt. Unter die Lupe genommen werden in diesem Zusammenhang unter anderem Profit- und Non-Profit-Organisationen, internationale und europäische Austausch- und Begegnungsprogramme, interkulturelle Trainings und Integrationsprogramme für Migranten.
Alexander Thomas / Eva-Ulrike Kinast / Sylvia Schroll-Machl (Hg.) Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation Band 1: Grundlagen und Praxisfelder 2., überarbeitete Auflage 2005. 463 Seiten mit 23 Abb. und 14 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-46172-3
Band 2: Länder, Kulturen und interkulturelle Berufstätigkeit 2., durchgesehene Auflage 2007. 398 Seiten mit 7 Abb. und 6 Tab., kartoniert ISBN 978-3-525-46166-2 Band 1 und 2 zusammen zum Vorzugspreis ISBN 978-3-525-46186-0 Das Grundlagenwerk für Fach- und Führungskräfte in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft sowie Personalentwickler, Trainer und Coaches zur immer häufiger geforderten Schlüsselqualifikation »Interkulturelle Handlungskompetenz«. »Empfehlenswert ist dieses Buch für alle Menschen, die sowohl in ihrer Arbeit als auch im Privatleben immer wieder mit Menschen aus anderen Kulturen zusammentreffen und mehr über deren Kulturhintergrund erfahren möchten.« Werner Schmidberger, systhema
Interkultureller Dialog Alexander Thomas / Celine Chang / Heike Abt Erlebnisse, die verändern Langzeitwirkungen der Teilnahme an internationalen Jugendbegegnungen 2006. 296 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-525-49094-5 Die Autoren haben untersucht, ob internationale Jugendbegegnungen (Gruppen-Kurzzeitprogramme) die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmer fördern und ob diese Wirkungen auch noch Jahre nach der Teilnahme bestehen. Dazu wurden 120 ehemalige Teilnehmer aus dem In- und Ausland mittels teilstrukturierter Interviews und 535 aus Deutschland per Fragebogen befragt. Es wurden Langzeitwirkungen auf selbstbezogene Eigenschaften und Kompetenzen berichtet, die in engem Zusammenhang mit den Entwicklungsaufgaben im Jugendalter stehen. Was die biografische Verarbeitung der Erfahrung betrifft, so trug der Austausch häufig zusammen mit anderen Erfahrungen zu einer bestimmten Entwicklung bei (»Mosaikeffekt«) oder initiierte weitere Aktivitäten (»Dominoeffekt«).
Andrea Hufnagel / Alexander Thomas Leben und studieren in den USA Trainingsprogramm für Studenten, Schüler und Praktikanten 2006. 202 Seiten mit 9 Cartoons von Jörg Plannerer, kartoniert ISBN 978-3-525-49064-8 Wer meint, die USA und die kulturellen Besonderheiten der Amerikaner aus Film und Fernsehen, Literatur und Musik zu kennen, der wird in den USA manch ungeahnte Überraschung erleben. Sich vorher mit der amerikanischen Kultur vertraut zu machen, kann durchaus sehr hilfreich sein, um wechselseitigen Irritationen vorzubeugen. Anhand von 40 typischen Alltagssituationen, wie sie von deutschen Studenten und Schülern, die in den USA gelebt haben, immer wieder berichtet und als problematisch erlebt werden, führen die Autoren mithilfe ihres systematischen Trainingsprogramms an die amerikanische Kultur heran. Kulturstandards werden genau in ihrer Wirkung und ihren kulturhistorischen Wurzeln erläutert, um das Verständnis und die Akzeptanz zu vertiefen und das Miteinander in den USA von Beginn an einfacher zu gestalten.