Rückerstattung der Nazi-Beute: Die Suche, Bergung und Restitution von Kulturgütern durch die westlichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg 9783899496123, 9783899495423

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German Pages 631 [653] Year 2008

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Frontmatter
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1
2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges
3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten während des Zweiten Weltkrieges
4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter
5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz
6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten
7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa
8. Kapitel: T- Force-Einheiten
9. Kapitel: Operation Goldcup
10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst im Zusammenhang mit den Beutekunstwerken
11. Kapitel: Vorwort zu Teil 2
12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen nach Beendigung des Krieges
13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA mittels Importbestimmungen und die Diebstähle ihrer Soldaten
14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten während des Krieges und ihr Einfluss auf den Kulturgüterschutz und die Restitution
15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen bis zum Kriegsende und zu den Friedensverhandlungen
16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik von Kulturgütern
17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF
18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen nach Beendigung der Kriegshandlungen
19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen
20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen unter Berücksichtigung der Ost-West-Problematik
21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und der britischen Zone
22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone
23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone
24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone
25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter in der amerikanischen und britischen Zone
26. Kapitel: Schlussbetrachtungen
Zusammenfassung
Summary
Backmatter
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Rückerstattung der Nazi-Beute: Die Suche, Bergung und Restitution von Kulturgütern durch die westlichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg
 9783899496123, 9783899495423

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Thomas Armbruster Rückerstattung der Nazi-Beute

Schriften zum Kulturgüterschutz Cultural Property Studies

Schriften zum Kulturgüterschutz Cultural Property Studies Herausgegeben von Edited by Professor Dr. Wilfried Fiedler, Saarbrücken Professor Dr. Dr. h.c. Erik Jayme, Heidelberg Professor Dr. Kurt Siehr, Hamburg

Thomas Armbruster Rückerstattung der Nazi-Beute Die Suche, Bergung und Restitution von Kulturgütern durch die westlichen Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg

De Gruyter Recht • Berlin

Dr. iur. Thomas Armbruster, Zug, Schweiz

∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 978-3-89949-542-3

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© Copyright 2008 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D - 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: +malsy kommunikation und gestaltung, Bremen, unter Verwendung eines Fotos aus dem Besitz des National Archives in den USA Datenkonvertierung: Werksatz Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

In Dankbarkeit meiner Ehefrau Dominique Jeanne und meinen Töchtern Kayla Adeline, Mia Alena und Yara Anisha gewidmet

In memoria Niklaus Strässle und Hans Bischoff

Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Kurt Siehr für die Betreuung meiner Arbeit. Professor Siehr hat mir die Möglichkeit gegeben für die Kulturstiftung der Länder in Deutschland ein Forschungsprojekt im Bereich Kulturgüterraub während des Zweiten Weltkrieges zu bearbeiten. Diese Forschungsarbeit legte die Fundamente für die vorliegende Dissertation. Dafür und für die vielen Anregungen und Diskussionen möchte ich ihm sehr herzlich danken. Die Untersuchung wurde in grosszügiger Weise durch ein Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds gefördert. Die Dissertation entstand während eines längeren Aufenthaltes am Institut of Advanced Legal Studies in London. Die vorliegende Forschungsarbeit basiert insbesondere auf Dokumenten des Public Record Offices in London, der National Archive and Record Administration und der National Gallery in Washington D.C., und des Institutes für Zeitgeschichte in München. Den dort verantwortlichen Archivaren, insbesondere Greg Bradhser vom National Archive in Washington danke ich für die Unterstützung. Ein ganz persönlicher Dank geht an Niklaus Strässle für die kritische Durchsicht des Manuskriptes. Ein besonderer Dank gebührt auch Sabrina Eng und Priska Zimmermann, die mich in der Schlussphase bei der Textverarbeitung und der formellen Gestaltung der vorliegenden Dissertation massgeblich unterstützten. Ferner danke ich Herrn RA Dr. Gieri Bolliger für seine wertvollen Anregungen und Hilfestellungen, Frau Staatsanwältin lic.iur. Susanne Leu für ihre Schlusskorrekturen, Herrn lic.iur. Hansruedi Knaus für seine Computerunterstützung und Frau Prisca Hafner für ihre Unterstützung in London. Meinen Eltern danke ich neben Vielem anderen für die Ermöglichung des Studiums und das Vertrauen in mein Dissertationsprojekt. Die vorliegende Arbeit wäre jedoch nie zustande gekommen ohne die Unterstützung meiner Frau, lic.phil. Dominique Calame Armbruster. Sie hat die mehrere Jahre dauernden Arbeiten an der Dissertation insbesondere in London nicht nur gefördert, sondern meinen Forschungen auch sehr viel Verständnis entgegengebracht. Ihr und unseren Töchtern Kayla, Mia und Yara ist dieses Buch gewidmet. Zug, September 2008

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung

IV XXI

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1

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Alliierten während ihres Vormarsches in Europa 1944–1945 . . . . . . . . . . . . .

5

1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz . . . . . . . . 6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten . . . . . . . . . . . . 7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa . . . . . . 8. Kapitel: T-Force-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Kapitel: Operation Goldcup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst im Zusammenhang mit den Beutekunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 15 28 55 61 78 92 127 154 180

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten . .

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11. Kapitel: Vorwort zu Teil II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen nach Beendigung des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA mittels Importbestimmungen und die Diebstähle ihrer Soldaten . . . . . . . . . . 14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten während des Krieges und ihr Einfluss auf den Kulturgüterschutz und die Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen bis zum Kriegsende und zu den Friedensverhandlungen . . . . . . 16. Kapitel: Allierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik von Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF . . . . . 18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen nach Beendigung der Kriegshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Kapitel: Aliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen . . . . . . 20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kultugütern in den westlichen Zonen unter Berücksichtigung der Ost-West-Problematik . . . . . . . . . 21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 208 233

256 265 278 323 344 381 403 424

X

Inhaltsübersicht

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone . . . . . . . 23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone . . . . . . . . . . 24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25. Kapitel: Beendigung der Restitution von Kulturgüter in der amerikanischen und britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26. Kapitel: Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

519 537

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Summary

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Quellenübersicht

452 485 507

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Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI 1

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Alliierten während ihres Vormarsches in Europa 1944–1945 . . . . . . . . . . . . . 1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kritik verschiedener Forscher an der amerikanischen Restitutionspolitik und die Behauptung von angeordneten Raubzügen durch amerikanische Sondertruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fragestellung bezüglich Vorkehrungen und Massnahmen zum Schutz der Kulturgüter und zur Sicherung geraubter Kunstgegenstände durch die westlichen Alliierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeines zur Haager Landkriegsordnung in Bezug auf den Kulturgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haager Konventionen von 1899 und 1907 . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutz des Kulturgutes aufgrund der Haager Konventionen . . . . b) Luftkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Regeln der Haager Landkriegsordnungen . . . . . . . . . . . . ii) Haager Luftkriegsregeln von 1922/23 . . . . . . . . . . . . . . . III. Bemühungen um einen Kulturgüterschutz in der Zwischenkriegszeit . . . 1. Roerich-Pakt von 1935 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwurf einer Konvention für einen Kulturgüterschutz während bewaffneter Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gründung von amerikanischen Kulturgüterschutzkommissionen . . . . 1. Massnahmen für den Schutz der amerikanischen Kulturgüter . . . . 2. Beginn amerikanischer Vorkehrungen für einen Schutz von europäischen Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gründung einer nationalen Kulturgüterschutzkommission für Europa 4. American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in Europe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufgabenbereich der „Roberts-Commission“ . . . . . . . . . . . b) Schwierigkeiten der „Roberts-Commission“ . . . . . . . . . . . . 5. Arbeit der verschiedenen privaten amerikanischen Organisationen im Bereich des Kulturgüterschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 9

9

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15 15 15 15 17 18 20 20 21 22 22 23 27

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39

XII

Inhaltsverzeichnis

a) „Committee of the Learned Societies on Protection of Cultural Treasure in War Areas“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „American Defense Harvard Group“ . . . . . . . . . . . . . . . c) Restitutionsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entwicklungen in der Roberts-Commission . . . . . . . . . . . III. Britische Kulturgüterschutzbemühungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gründung einer britischen Kulturgüterschutzkommission . . . . . 2. „British Committee on the Preservation and Restitution of works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands“ . . . . . . . . 3. Auswirkungen der Kommission auf die britische Restitutionspolitik IV. Eine alliierte Kulturgüterkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtslage bei Ausbruch des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bestimmungen für die britischen Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestimmungen für die amerikanischen Streitkräfte . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55 55 55 55 58 60

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beginn eines militärischen Kulturgüterschutzes . . . . . . . . . . . 1. Kulturgüterschutz der britischen Armee zu Beginn des Krieges . 2. Der archäologische Berater des britischen Kriegsministeriums (War Office) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beginn des Kulturgüterschutzes in der amerikanischen Armee . . III. Aufbau einer Monuments, Fine Arts and Archives Abteilung in den britischen und amerikanischen Invasionsstreitkräften . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Kapitel:Besetzung Deutschlands durch die Alliierten . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Pläne für eine Militärregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. United States Group Control Council for Germany und die Control Commission for Germany (British Element) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. United States Group Control Council . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Control Commission (British Element) . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Militärregierungstätigkeit innerhalb des Supreme Headquaters of Allied European Forces in Deutschland vor deren Kapitulation . . . . . . V. Kapitulation und Beginn der amerikanischen und britischen Militärverwaltung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Amerikanische Militärverwaltung bis Oktober 1945 . . . . . . . . . . 2. Britische Militärverwaltung 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Endgültige Zoneneinteilung und die Besetzung der Zonen . . . . . . . . . VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 78 79 81 82 84 84 87 87 88 90 91

Inhaltsverzeichnis

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorbereitungen der amerikanischen und britischen Kulturgüterschutzoffiziere für den Kampf in Nordwesteuropa . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strukturen der MFAA Abteilung innerhalb der alliierten Streitkräfte 2. Aufgabe der MFAA Offiziere im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . 3. Einsatz der MFAA Offiziere in Nordwesteuropa . . . . . . . . . . . 4. MFAA Offiziere während des Krieges in Deutschland . . . . . . . . 5. Einfluss der Zonenverschiebung auf die Bergung von Kulturgütern . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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92 92

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93 99 102 106 112 122 126

8. Kapitel: T-Force-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anfänge der T-Force . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Alliierte Planung zur Beschlagnahmung der wissenschaftlichen Errungenschaften des Deutschen Reiches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Combined Intelligence Priorities Committee . . . . . . . . . . . . . . . 2. Combined Intelligence Objectives Subcommittee (CIOS) . . . . . . . . 3. Target-Lists der CIOS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Organisation und Aufgaben der T-Force-Einheiten . . . . . . . . . . . IV. Arbeit der T-Force-Spezialisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beginn der Arbeit nach der Landung in der Normandie . . . . . . . . 2. Operationen der T-Force während der Besetzung von Deutschland . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wissenschaftliche Errungenschaften, deutsche Wissenschaftler und Techniker als Targets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Projekt OVERCAST . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeit der T-Force nach der Besetzung Deutschlands . . . . . . . . . . V. Zusammenarbeit der T-Force mit anderen Organisationen . . . . . . . . 1. Verbindungen der T-Force zur MFAA-Abteilung . . . . . . . . . . . . 2. Zusammenarbeit der T-Forces mit der OSS und dem CIC . . . . . . . 3. Praktische Auswirkung der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9. Kapitel: Operation Goldcup . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erste Planungen für eine Besetzung von Berlin . . . . . . . . . . . . . . III. Planung der Operation GOLDCUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen des Kriegsverlaufes auf die Operation GOLDCUP . . a) Geschichtlichen Ereignisse kurz vor Kriegsende in Deutschland . b) Vorbereitung der Operation GOLDCUP unter Berücksichtigung der Kriegsgeschehnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Advanced Ministerial Control Group . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ziele der Advanced Ministerial Control Group . . . . . . . . . . b) Organisation der «Advanced Ministerial Control Group» während der Operation GOLDCUP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufgaben der «Advanced Ministerial Control Group» in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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154 154 154 155 155 156 156

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164

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165

XIII

XIV

Inhaltsverzeichnis

d) Vorgehensweise der Advanced Ministerial Control Group in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zielobjekte der Operation GOLDCUP . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Zielobjekte der Operation GOLDCUP . . . . . b) Targets der Finance Division in der Operation GOLDCUP . 5. „SHAEF Special Echelon“ der Operation GOLDCUP . . . . . 6. Aufgaben der MFAA in der Operation GOLDCUP . . . . . . a) Vorbereitungen zur Operation GOLDCUP . . . . . . . . . b) MFAA in den Advanced Ministerial Control Parties . . . . IV. Durchführung der Operation GOLDCUP . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ministerial Collecting Center . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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192 194 194 197

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199

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202 203 204

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten . .

207

11. Kapitel: Vorwort zu Teil II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen nach Beendigung des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst im Zusammenhang mit den Beutekunstwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Office of Strategic Services und Beutekunstwerke . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufbau einer Beutekunstermittlungsorganisation . . . . . . . . . . . 3. Art Looting Investigation Unit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organisation und Aufgaben der Art Looting Investigation Unit . i) Aufgaben der ALIU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Organisation der ALIU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii) Ausbreitung der ALIU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusammenarbeit der ALIU mit anderen Organisationen und Instituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenarbeit mit der britischen Control Commission . . . . . d) Tätigkeiten der ALIU während und nach dem Krieg . . . . . . . III. Safehaven-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bretton Woods Konferenz und das „Safehaven- Programm“ . . . . . 3. Ausführungen über das Safehaven-Programm im Allgemeinen und hinsichtlich der Sicherstellung von Beutekunstwerken . . . . . . . . IV. Counter Intelligence Corps während der Besetzung . . . . . . . . . . . 1. Aufgabe und Organisation des Counter Intelligence Corps . . . . . . 2. Aufgaben des Counter Intelligence Corps . . . . . . . . . . . . . . . 3. Operationen des Counter Intelligence Corps während der Besetzung von Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenarbeit des Counter Intelligence Corps mit den T-ForceEinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Counter Intelligence Corps und die Beutekunstwerke . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erste politische Massnahmen zum Schutz Eigentum und Kulturgüter im besonderen in den besetzten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die besondere Situation in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erarbeitung einer internationalen Deklaration gegen die Enteignungen in den durch die Achsenmächte besetzten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . V. Rechtliche Wirkung der Londoner Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nichtigkeitsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Völkerrechtsgehalt der Londoner Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . VI. Alliierte Unterkommission für Enteignungshandlungen . . . . . . . . . . VII. Bemühungen zur Schaffung einer internationalen Kommission für die Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Eine alliierte Kommission für Restitutionsfragen . . . . . . . . . . . . . . IX. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA mittels Importbestimmungen und die Diebstähle ihrer Soldaten . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Amerikanische Importbestimmungen während des Zweiten Weltkrieges bezüglich Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. T.D. 51072 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kulturgüter als Kriegs-Souvenirs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Diebstähle von Kunstwerken durch alliierte Soldaten . . . . . . . . . . 1. Allgemeines zu den Diebstählen von Kunstwerken während der Operation Overlord und Eclipse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hessische Kronjuwelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Quedlinburger Domschatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Diebstahl von Görings Diamantenmedaille . . . . . . . . . . . . . . 5. Angebliche Leihgabe von Vasen aus der Universität in Würzburg . . 6. Angeblicher Diebstahl durch einen MFAA-Offizier . . . . . . . . . . 7. Sonstige Diebstähle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten während des Krieges und ihr Einfluss auf den Kulturgüterschutz und die Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen . . . . . . . . . . . 1. Moskauer Aussenministerkonferenz vom 19. bis 30. Oktober 1943 . . . 2. Teheraner Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „European Advisory Commission“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gründung und Aufgabe der European Advisory Commission im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bretton Woods-Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Resolution No. VI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Massnahmen aufgrund der Resolution IV . . . . . . . . . . . . . . c) Entwicklungen in den neutralen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen bis zum Kriegsende und zu den Friedensverhandlungen . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Verhandlungen bezüglich Deutschland . . . . . . . . . . . 1. Politische Vorkehrungen der USA für eine Besetzung Deutschlands . . a) Militärische Weisungen der USA an ihre Streitkräfte in Europa . . b) Morgenthau Plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weisung 1067 der Joint Chief of Staff . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konferenz von Quebec . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Jalta Konferenz vom 4. bis 11. Februar 1945 . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Kapitel: Allierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik von Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Amerikanische Ansätze im Bereiche der Restitution von Kulturgütern . . 1. Draft Directive No. 2 Works of Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Draft Directive No. 4 „Securing and Examining Information and Archives“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Principles for the Restitution of Works of Art, Books, Archives and other Cultural Property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere Regelungen der USA und der Alliierten in Bezug auf den Schutz von Vermögenswerten und die Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Military Regulations Nr. 52 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. US Military Government Regulations Title 18 . . . . . . . . . . . . . 3. Kontrollratsproklamation Nr. 2 und Implementierung in den einzelnen Zonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausarbeitung der Kontrollratsproklamation Nr. 2 . . . . . . . . . . b) Proklamation Nr. 2 des Kontrollrates . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umsetzung von Ziffer 19 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 in den einzelnen Zonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) US Military Regulation, Title 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Britische General Order Nr. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Alliierte Planungen für eine Restitutionskommission . . . . . . . . . . . . 1. Bemühungen der europäischen Alliierten und Grossbritanniens . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. MFAA Branch in der britischen Zone nach der Kapitulation . . . . . . . 1. Organisation der MFAA Branch in der britischen Besatzungszone . . . 2. Sammelstellen in der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufgaben der MFAA-Abteilung in der britischen Zone . . . . . . . . . III. MFAA Branch in der amerikanischen Besatzungszone nach der Kapitulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organisation der MFAA Branch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Amerikanische Sammelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufgaben der MFAA-Offiziere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen nach Beendigung der Kriegshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Übersicht über die Restitutionen und Reparationen . . . . . . 1. Kapitulation und ihre Konsequenzen für die westlichen Alliierten . . . 2. Berliner Erklärungen vom 5. Juni 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reparationspolitik zwischen Jalta und Potsdam . . . . . . . . . . . . . a) Britische Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Amerikanische Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Potsdamer Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reparationsgespräche anlässlich der Potsdamer Konferenz . . . . . c) Potsdamer Konferenz in Bezug auf die Restitution von Kulturgütern i) Der amerikanische Vorschlag bezüglich einer Klassifizierung der Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Abtransport von 202 Bildern in die USA . . . . . . . . . . . . iii) Rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iv) Bedeutung des Abtransportes der 202 Bilder . . . . . . . . . . d) Interim-Restitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Amerikanische Initiative und ihre Genehmigung anlässlich der Potsdam-Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Befehle für eine Restitution „ad interim“ in der amerikanischen und der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii) Verhandlungen für eine Restitution „ad interim“ im alliierten Kontrollrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iv) Auswirkungen der alliierten Interim Restitution für Kulturgüter v) Verantwortung für Verlust und Beschädigungen von Gegenständen während des Transportes in Bezug auf die „Interim Restitution“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Allgemeine Restitutionsverhandlung in Bezug auf Kulturgütern . . 5. Aussenministerrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Kapitel: Aliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Aufbau des Alliierten Kontrollrates . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Juristische Qualifikation des alliierten Kontrollrates . . . . . . . . . 4. Verwaltung Deutschlands durch den alliierten Kontrollrat . . . . . . 5. Arbeiten und Probleme im alliierten Kontrollrat . . . . . . . . . . . 6. Restitutionsverhandlungen im alliierten Kontrollrat . . . . . . . . . a) Definition des Begriffes „Restitution“ . . . . . . . . . . . . . . . b) Definition von Kriegsbeute und ihre Bedeutung für die Alliierten c) Definition des Begriffes „restitution in kind“ oder „replacement in kind“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

344 344 345 345 346 347 347 350 352 352 352 354 354 360 363 364 366 366 369 371 376

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395 401

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20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kultugütern in den westlichen Zonen unter Berücksichtigung der Ost-West-Problematik . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veränderungen und die Politik in den westlichen Zonen im Allgemeinen . 1. Beginn einer westlichen Zusammenarbeit in den Zonen . . . . . . . . . 2. Marschallplan und die Situation in Deutschland . . . . . . . . . . . . 3. Bizone in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenführung der westlichen Zonen . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Berlin-Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Restitutionspolitik von Kulturgütern in den einzelnen Zonen . . . . . . . 1. Anordnungen und Vorgehen bezüglich der Restitution von Kulturgüter, welche verschiedene Zonen betrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interzonaler Transfer von Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . b) Restitution an ehemals feindliche Staaten . . . . . . . . . . . . . . i) Der amerikanische Anfang einer Restitution an ehemals feindliche Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhandlungen im alliierten Kontrollrat . . . . . . . . . . . . . . . 2. Friedensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungen bezüglich der Restitution von Kulturgütern . . . . . . . b) Einfluss der Friedensverträge auf die Restitution an die ehemals feindlichen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ungarische Kronjuwelen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Restitutionspolitik in der amerikanischen Zone . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze für die äussere Restitution von Kulturgütern . . . . . . . . a) Befehl JCS 1779 und seine Auswirkungen auf die Restitutionspolitik b) Grundsätze der äusseren Restitutionspolitik im Jahre 1948 . . . . . 2. Restitution an nichtjüdische Einzelpersonen und Organisationen . . . a) Herrenlose Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Restitution an Flüchtlinge und Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . 3. Amerikanische Vorbehalte bezüglich der Restitution an die baltischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Restitution von Kulturgütern aus der amerikanischen Zone an die Sowjetunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Restitution von Kulturgüter in der britischen Zone . . . . . . . . . . . . 1. Restitution an alliierte Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interim Restitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Restitution an alliierte Staaten . . . . . . . . . . . . . . c) Restitution an die Sowjetunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Restitution an die baltischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit und rechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone . . . . . . . . . . .

403 403 403 403 404 406 408 410 411 411 411 413 413 415 418 418 421 422 423

424 424 425 425 425 426 429 429 430 434 436 442 442 442 443 446 449 451 452 452 455

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1. Amerikanisches Militärrergierungsgesetz Nr. 59 . . . . . . . . . . . . . a) Deutsche Mitarbeit bei den Beratungen für ein Rückerstattungsgesetz b) Diskussionen um eine Kontrollratsdirektive . . . . . . . . . . . . . c) Ausarbeitung und Inkraftsetzung des Militärregierungsgesetzes Nr. 59 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Militärregierungsgesetz Nr. 59 im engeren Sinn . . . . . . . . . . . i) Sinn und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iii) Definition der Entziehung und deren Auswirkung . . . . . . . iv) Entziehung und Erwerb kraft guten Glaubens . . . . . . . . . v) Ansprüche auf Rückerstattung und die Rechtsfolgen . . . . . . vi) Die räumliche Geltung des amerikanischen Rückerstattungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . vii) Rückerstattungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . viii) Die Rückerstattung von Beutekunstwerken im Besonderen . . . 2. Restitution von herrenlosen jüdischen Kulturgütern . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Restitution an jüdische Nachfolgeorganisationen . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Restitution von Vermögenswerten der Naziopfer . . . . . . . . . . . . . . 1. Erste britische Planungen für die Restitution an Naziopfer . . . . . . . III. Britische Gesetzgebung für eine Restitution an überlebende Opfer der Naziherrschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorbereitungen für ein britisches Rückerstattungsgesetz . . . . . . . 2. Britisches Rückerstattungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze des Rückerstattungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . b) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchsetzung des Rückerstattungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . 3. Britische Ansätze für eine Restitution von jüdischen Gütern und Kulturgüter im speziellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einsetzung der United Restitution Organisation (URO) . . . . . . . . IV. Restitution von herrenlosen jüdischen Vermögenswerten in der britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einsetzung der Jewish Trust Cooperation . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gründung und Aufgaben der Jewish Trust Cooperation . . . . . . . b) Definition der an die jüdische Nachfolgeorganisation gehenden Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechte der jüdischen Nachfolgeorganisation . . . . . . . . . . . . . d) Arbeiten der Jewish Trust Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die von der Jewish Trust Corporation verwalteten Kulturgüter und religiösen Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Anspruchstellung und Verwaltung von jüdischem Eigentum . . . . 2. Einsetzung einer General Trust Corporation . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rückerstattung in den westlichen Sektoren Berlins . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung eines Rückerstattungsgesetzes in den westlichen Sektoren von Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sinn und Zweck des Rückerstattungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückerstattungsverfahren in den westlichen Sektoren Berlins . . . . . III. Französisches Rückerstattungsgesetz, die Verordnung Nr. 120 des französischen Oberbefehlshaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung der VO Nr. 120 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sinn und Zweck der VO Nr. 120 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rückerstattungsverfahren in der französischen Zone . . . . . . . . 3. Räumlicher Geltungsbereich für die Ordonnance N° 120 . . . . . . . . 4. Rückerstattung an jüdische Nachfolgeorganisationen . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25. Kapitel: Beendigung der Restitution von Kulturgüter in der amerikanischen und britischen Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine historische Begebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . III. Beendigung der äusseren Restitution von Kulturgütern . . . . . . . . . . 1. Beendigungsversuche der Besatzungsmächte . . . . . . . . . . . . . . a) Amerikanischer Vorschlag für eine Terminierung der Beendigung der Restitution von Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beendigung der äusseren Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtbetrachtung der äusseren Restitution für Kulturgüter . . . . 2. Überleitungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen des Überleitungsvertrages auf die alliierte Restitution von Kulturgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rückgaben von Kulturgütern an Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26. Kapitel: Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grossbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organigramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis a.a.O. a.M. Abs. ACC ACLS AHK AJIL ALIU AMG AMGOT AMGOT Anm. APWP Art. Aufl. Bd. Betr. BGE BICO BIOS brit. BrREG bzw. CAB C.A.O. CAD CAFT CCD CCAC CCG(BE) CCP CCS CS 551 CIA CIC CID CIG CIOC CIPC Comzone CORA CORC

am angegebenen Ort andere Meinung Absatz Allied Control Council American Council of Learned Societies Aliierte Hohe Kommission für Deutschland American Journal of International Law Art Looting Investigation Unit Allied Military Government Allied Military Government of Occupied Territories Allied Military Government of Occupied Territory Anmerkungen Committee on Army Post-War Problems Artikel Auflage Band Betreffend Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts Bipartie Control Office British Intelligence Objectives Subcommittee britisch Militärregierung Deutschlands, Britisches Kontrollgebiet, Gesetz Nr. 59 beziehungsweise Cabinett (britisch) Civil Affairs Officer Civil Affairs Division Consolidated Advanced Field Teams Civil Censorship Division Combined Civil Affairs Committee Control Commission for Germany (British Element) Central Collecting Point Combined Chief of Staff Combined Directive for Military Government in Germany Prior to Defeat or Surrender, April 1944 Central Intelligence Agency Counter Intelligence Corps Criminal Investigation Division Central Intelligence Group Combined Intelligence Objectives Committee Combined Intelligence Priorities Committee Communications Zone Court of Restitution Appeals Coordinating Committee of the Allied Control Council, Germany

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Abkürzungsverzeichnis

COS COSSAC CROWCASS CSR d.h. DDR ders. Diss. Dok. DP DRDR dt. EAC ECAD Ed. ERR etc. ETO ETOUSA f. FEA ff. FIAT FM 27-10 FM 27-5 FN FNB FO franz. FRUS G-1 G-2 G-3 G-4 G-5 GSI GTC HICOG HLKO HQAAI Hrsg. I.A. & C i.V.m. IARA Ifz inkl. insb. JAG

Chief of Staff Chief of Staff to the Supreme Allied Commander Central Registry of War Crimes and Security Suspects Court Supérieure pour les restitutions das heisst Deutsche Demokratische Republik derselbe Dissertation Dokument Displaced Person Reparations, Deliveries and Restitution Directorate deutsch European Advisory Commission European Civil Affairs Division Edition Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg et cetera European Theatre of Operations European Theatre of Operations, United States of Army und folgende/folgender Seite/Artikel Foreign Economic Administration und folgende (Seiten/Artikel) Field Information Agency Technical Field Manual “Rules of Land Warfare” Basic Field Manual on Military Government Fussnote Foreign Nationalities Branch Foreign Office französisch Foreign Relations of the United Staates Personnel Division of a divisional or high staff Military Intelligence Division Organization and Training Division Supply Division Civil Affairs Division (Civil Affairs-Military Government Section) Technical Intelligence Service Teams General Trust Corporation High Commission of Germany Haager Landkriegsordnung von 18. Okt. 1907 Headquarters Allied Armies in Italy Herausgeber Internal Affairs and Communications Division in Verbindung mit Interalliierte Reparationsagentur Institiut für Zeitgeschichte, München inklusive insbesondere Judge Advocate General

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JCRC JCS JCS 1067/6

Jewish Cultural Reconstruction Corporation Joint Chief on Staff Directive to Commander-in-Chief of United States Forces of Occupation Regarding the Military Government of Germany, April 1945 JCS 1979 Directive to Commander-in-Chief of United States Forces of Occupation Regarding the Military Government of Germany, July 11, 1947 JIC Joint Intelligence Committee JR Juristische Rundschau JRC Jewish Restitution Commission JRSO Jewish Restitution Successor Organization JTC Jewish Trust Corporation lit. littera Macmillian Commission The British Committee for the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands MFAA Monuments, Fine Arts and Archives m.w.N, mit weiteren Nachweisen NA National Archives, Washington D.C. NJ Neue Justiz No. Number Nr. Nummer NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NYHT New York Herald Tribune NYT New York Times NZZ Neue Zürcher Zeitung O.I.R.P. Office Interallié des Restitutions et Prestations o.J. ohne Jahresangabe o.O. ohne Ortsangabe OI Operation Intelligence OLG Oberlandgericht OMGUS Office of Military Government, United States OSS Office of Strategic Services PCA Property Cards Art PMG Provost Marshal General POLAD Office of the Political Advisor PRO Public Record Office, London r.i.k. restitution in kind RdC Recueil des Cours RDR Reparation, Deliveries und Restitution REAO Befehl der Aliierten Kommandantura betreffend Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer national-sozialistischer Unterdrückungsmassnahmen (Berlin) RG Record Group RGBI Reichsgesetzblatt Roberts-Commission American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in Europe

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Rz. S. SACMED SANACC SCAEF Sec. SHAEF Si SJZ sog. SS SSU SWNCC T T.D. T-Force TIJC u.a. U.S. (US) h.M. UNWCC URO USFET USGCC USREG Vaucher Commission v vgl. VO Vol. WO WSC X-2 z.B. ZGB Ziff. zit. ZPO

Randziffer Seite Supreme Allied Commander, Mediterranean State-Army-Navy-Air Force Coordinating Committee Supreme Commander of the Allied Expeditionary Forces Section Supreme Headquarters Allied Expeditionary Forces Secret Intelligence Branch Schweizerische Juristenzeitung sogenannt Schutz-Staffel Strategic Services Unit State-War-Navy Co-ordinating Committee Treasury Department (britisch) Treasury Decision Target-Forces Technical Industrial Intelligence Committee unter anderem United States herrschende Meinung United Nations War Crimes Commission United Restitution Office US Forces European Theatre U.S. Group Control Council for Germany Militärregierung Deutschlands, US Kontrollgebiet, Gesetz Nr. 59 Inter-Allied Commission for the Protection and Restitution of Cultural Materials versus vergleiche Verordnung Volume War Office Working Security Committee Counterintelligence Branch Zum Beispiel Schweizerisches Zivilgesetzbuch Ziffer zitiert Zivilprozessordnung

Einleitung Fast sechzig Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges sind immer noch zahlreiche rechtliche Fragen bezüglich Raubkunstwerken ungeklärt, und mancher Kunstgegenstand sucht immer noch seinen rechtmässigen Eigentümer. Die riesigen Verlagerungen, Beschlagnahmungen und der Raub von Kulturgütern in ganz Europa und insbesondere in den vom Deutschen Reich während des Zweiten Weltkrieges besetzten Gebieten stellten die alliierten Siegermächte vor grosse Probleme. Es lag nun an ihnen, die Grundfragen einer gerechten Rückführung dieser Kulturgüter zu klären und die Rückerstattungen durchzuführen. Die Frage der Raubkunst bekam im Laufe des Jahres 1996 neuen Auftrieb, als die Frage der nachrichtenlosen Vermögen der Opfer der Judenverfolgung international neu thematisiert wurde. Mit der Öffnung von neuen Aktenbeständen in den verschiedenen nationalen Archiven konnte sich die Forschung mit den sich stellenden Fragen ausführlich beschäftigen. Die Verhandlungen Deutschlands mit der Sowjetunion über die Rückerstattungen von Kunstwerken, die während oder nach dem Krieg verschollen waren oder unrechtmässig weggenommen worden waren, ist nur ein Beispiel dafür, dass man nun versucht, die rechtmässigen Eigentümer neu zu lokalisieren und die Eigentumsverhältnisse, wie sie vor dem Krieg herrschten, so gut als möglich wieder herzustellen. Zahlreiche jüdische und deutsche Organisationen kümmern sich heute um den Verbleib von Kulturgütern, und die Suche nach Kulturschätzen wie dem Bernsteinzimmer 1 ist auch heute noch voll im Gange. Das vorliegende Buch will sich mit mehreren Aspekten dieser Kulturgüterverlagerungen und Rückführungen näher befassen. In einem ersten Teil geht es um die Schutzmassnahmen, welche die alliierten Truppen während der verschiedenen Kriegshandlungen auf dem europäischen Kontinent geplant und vorgekehrt hatten. Es werden die politischen und militärischen Probleme aufgezeigt, die der Kulturgüterschutz während des Krieges in Europa mit sich brachte. Die militäri1

Das Bernsteinzimmer war ein Geschenk des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. an den russischen Zaren Peter den Großen im Jahr 1716. Entworfen wurde es von dem Architekten und Bildhauer Andreas Schlüter. Es wurde 1701 angefertigt und befand sich im Berliner Schloss, wo es Zar Peter bewundert hat. Es handelte sich um eine komplette Wandvertäfelung aus Bernstein, die auch als „das achte Weltwunder“ bezeichnet wurde. Diese ließ der Zar nach St. Petersburg bringen und im Winterpalast installieren. Die Zarin Katharina II. transferierte sie später nach Zarskoje Selo, südlich von St. Petersburg und ließ es im Jekaterinenpalais anbringen. Über den weiteren Verbleib des Bernsteinzimmers ist nichts bekannt. Zahlreiche internationale Gruppen versuchen bis heute durch umfangreiche Recherchen parallel zur Rekonstruktion das Original wiederzufinden. Nach neuen Erkenntnissen der beiden britischen Forscher Adrian Levy und Catherine Scott-Clark ist das Bernsteimzimmer 1945 in Königsberg verbrannt.

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Einleitung

schen Befehlshaber liessen sich nur sehr widerwillig in der militärischen Taktik und Strategie einschränken, um Kulturgüter zu schützen. Es herrschte klar die Auffassung, dass die Niederlage von Deutschland absolute Priorität hatte und unter Umständen auch die Vernichtung von Kulturgütern erfordern würde. Die Forschungen haben aber auch gezeigt, dass sich während des Krieges die Behandlung der Kulturgüter bei den westlichen Alliierten veränderte und dem Schutz mehr Bedeutung zugemessen wurde. Im vorliegenden Buch werden die Handlungen der Alliierten dem Völkerrecht gegenübergestellt, und es wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich die Alliierten in Bezug auf den Kulturgüterschutz an das Völkerrecht, insbesondere an die Haager Konventionen von 1899 und 1907, gehalten hatten. Im ersten Teil des Buches wird der Frage nachgegangen, wie die Sicherstellung und Aufbewahrung von Kulturgütern in den von den westlichen Alliierten besetzten Zonen erfolgte, welche Truppen daran beteiligt waren und inwieweit es spezielle Aufträge der westlichen Regierungen gab, Kulturgüter als Beute in die Siegerstaaten abzuführen. Eingehend befasst sich das Buch mit den Vorgängen während der Besetzung Deutschlands in Bezug auf die verlagerten und geraubten Kulturgüter, mit den sogenannten „T-Forces“ und ihren Aufgaben, mit den Aufgaben des „Counter Intelligence Corps“, der „Monument and Fine Arts and Archives“-Offizieren, der „Art Looting Investigation Unit“ und der Operation „Goldcup“.2 Der zweite Teil des Buches ist den Rückerstattungen aus den westlichen Besatzungszonen an die ehemaligen besetzten Staaten, den Rückerstattungen an die vom Naziregime verfolgten Personen und den diesbezüglichen rechtlichen Fragen gewidmet. Es werden die verschiedenen Bemühungen um eine einheitliche Restitutionspraxis erläutert und die diesbezüglichen Verhandlungen, Verträge und deren rechtlichen Wirkungen gewertet. Der Teil II befasst sich zudem mit den von den ehemaligen besetzten Staaten und den anderen westlichen Alliierten erlassenen Gesetzen, um die Transfers von Vermögenswerten, insbesondere Kulturgüter, zu verhindern, und zeigt, inwieweit einzelne Soldaten trotz Verboten Kunstgegenstände behändigten. Im zweiten Teil des Buches werden sodann die Gesetze des Alliierten Kontrollrates, der einzelnen Militärregierungen und deren Verwaltung bezüglich Kulturgüter eingehend erläutert, und es wird eine rechtliche Würdigung vorgenommen. In beiden Teilen des Buches werden immer wieder allgemeine historische Begebenheiten erwähnt und geschildert. Die diesbezüglichen Abhandlungen erfolgten aufgrund des engen Konnexes der allgemeinen historischen Ereignisse mit

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Siehe insbesondere das Vorwort zu Teil I. In diesem werden die Hypothesen von verschiedenen Autoren in Bezug auf die Sicherstellungen von Kulturgütern und der diesbezüglichen Involvierung der vorgenannten alliierten Spezialtruppen zusammengefasst.

Einleitung

den Verhandlungen im Alliierten Kontrollrat, den politischen Interessen der einzelnen alliierten Besatzungsmächte im Zusammenhang mit Kulturgütern und der Handhabung der Rückerstattungen von Kunstgegenständen in den einzelnen Zonen. Das vorliegende Buch beschreibt nicht die Geschichte des nationalsozialistischen Kunstraubs in den besetzten Staaten während des Zweiten Weltkrieges, sondern stellt die tatsächlichen und rechtlichen Vorgänge bezüglich der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten anhand einer Vielzahl von Dokumenten, die in den verschiedensten Archiven gesichtet wurden, dar. Ein kurzer Rückblick auf die Begebenheiten, als die deutsche Wehrmacht Europa eroberte und die Nationalsozialisten Tausende von privaten und öffentlichen Kunstsammlungen in den verschiedenen besetzten Gebieten beschlagnahmten, erfolgt nachstehend trotzdem. Es soll den Leser mit der Ausgangslage der Kulturgüterverlagerungen bekannt machen und so die Problemstellung des Buches verständlich machen. Im Jahre 1939 – Deutschland stand vor einem Eroberungskrieg – erinnerte sich der deutsche Propagandaminister Goebbels der Napoleonischen Kriegszüge und an die von den Franzosen damals geraubten Kulturschätze. In Goebbels Auftrag wurde ein Untersuchungsbericht über „Kunstwerke und geschichtlich bedeutende Gegenstände, die seit 1500 ohne den Willen des Deutschen Volkes oder aufgrund zweifelhafter Rechtsgeschäfte in ausländischen Besitz gelangt waren“ angefertigt.3 Dieser Grund diente unter anderem als Vorwand, dass nun die deutsche Wehrmacht und die Nationalsozialisten von 1939 bis 1945 Kunstwerke aus ganz Europa zusammentrugen. Da der Raub von Kulturgütern schon immer zu den Methoden kriegsführender Staaten gehörte, um ein Volk zu demütigen und zu demoralisieren, hatten sich die Nazis ebenfalls dieser Kriegsführung bemächtigt. Es ist und war allgemein bekannt, dass ein Volk in einer Kriegssituation infolge der Beraubung ihrer Kulturgüter die für den Ausgang des Krieges entscheidende Moral verlieren kann. Das war im Zweiten Weltkrieg nicht anders als in den früheren Kriegen. Im Unterschied zu früheren Kriegen war allerdings der Raub von Kulturgütern, die Privatpersonen gehörten, in besetzten Gebieten völkerrechtswidrig. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass Nazi-Deutschland diesen Kunstraub im grossen Stil und systematisch durchführte. Ziel dieses

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1940 erstellte der Generaldirektor der Staatlichen Museen Prof. Otto Kümmel mit Kunsthistorikern Dr. Otto Apfelstädt, Dr. Hans Baumann und Dr. Franz Rademacher eine Auflistung zur „Rückforderung von Kulturgütern von Feindstaaten“, und den umfangreichen „Bericht betr. Kunstwerke und geschichtlich bedeutende Gegenstände, die seit 1500 ohne unseren Willen oder auf Grund zweifelhafter Rechtsgeschäfte in ausländischen Besitz gelangt sind…“. Dieser Bericht wird später als „Kümmel-Bericht“ weltweit bekannt.

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Einleitung

Raubzuges waren in erster Linie die Juden, die gemäss Nazi-Ideologie ausserhalb jeglichen Rechts standen.4 Für die Nazis gab es noch weitere Gründe für den systematischen Kunstraub: Um eine Nation völlig zu zerstören, wie sie das in Polen versuchten, mussten sie auch das kulturelle Erbe von Kunst, Wissenschaft und Literatur eliminieren. Daneben waren Kunstwerke für eine Anzahl von Nazi-Grössen eine gute Investition in die Zukunft, wenn bei einer allfälligen Niederlage alle Stricke reissen sollten.5 Und schliesslich wollte Nazi-Deutschland – wie in allen anderen Gebieten – in der Kunst und im Sammeln von Kunst die Führung übernehmen. Die Nazis betrachteten jedoch nur gewisse Stilrichtungen als Kunst. So endete für sie zum Beispiel die Kunst in der Malerei mit dem Einsetzen des französischen Imperialismus. Von Interesse war für die Nazis insbesondere die Kunst der Antike und des alten Europas. Diese so genannte Hochkunst hatte in den Vorstellungen der Nazis germanischen Ursprung. In verschiedenen Forschungsstellen der 1935 gegründeten SS-Stiftung „Ahnenerbe“ wurde der Nachweis gesucht, dass alle schöpferischen Impulse seit der Antike aus dem Norden kamen. So galt der Kunst Süd- und Westeuropas die ganze Sorge der deutschen Invasionstruppen. In den Militärverwaltungen der von Deutschland besetzten Ländern wurden Kunstschutzabteilungen aufgebaut, in denen wissenschaftlich ausgewiesene Konservatoren und Museumsleute dafür Sorge trugen, dass die zerbrechlichen Objekte von Kriegsschäden bewahrt oder zumindest schnell und sachgerecht repariert wurden.6 Bald jedoch wurden die Kunstgegenstände auch Opfer von beutehungrigen Nazis. Adolf Hitler und Hermann Göring hatten beide den Ehrgeiz, ihren Ruhm und ihr Prestige zu mehren, indem sie sich mit wertvollsten Kunstwerken Europas umgaben und daran auch das deutsche Volk teilhaben liessen. Der Reichsaussenminister Ribbentrop liess französischen Kunstbesitz als Faustpfand für allfällige Friedensverhandlungen beschlagnahmen. Von 1940 bis 1944 plünderten nationalsozialistische Organisationen Schlösser, Bibliotheken, Museen und Privatsammlungen in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten. Insbesondere der Einsatzstab Rosenberg7, unter Alfred Rosenberg, 4

Buomberger, Raubkunst, S. 27 f.

5

Die Alliierten sahen im Kunstraub der Nazis eine langfristige Strategie: Kunstwerke sind eine Art stabile internationale Währung, sie können bei Bedarf gegen Devisen eingetauscht werden. Siehe Buomberger, Raubkunst, S. 28 mit Belegsstelle.

6

Siehe dazu Treue, S. 285 ff. Aber auch NA RG 239/6, The Bunjes Papers, German Administration of the Fine Arts in the Paris Area during the First Year of Occupation, February 1945.

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Siehe für genauere Ausführungen über den ERR und Rosenberg auch Willem Vries, Kunstraub im Westen 1940-1945, Alfred Rosenberg und der „Sonderstab Musik, Frankfurt a.M. 2000. Siehe dazu auch Haase, Die Kunstsammlung Adolf Hitler, Eine Dokumentation, Berlin 2002; Günter Haase, Die Kunstsammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring, Eine Dokumentation, Berlin 2000.

Einleitung

das Sonderkommando Künsberg und die Forschungs- und Lehrgemeinschaft „Ahnenerbe“, die Heinrich Himmler unterstanden, konkurrierten sich beim Aufspüren und Abtransport von Kunstwerken und Archiven. Im ganzen eroberten Gebiet wurden Kunstwerke und Bücher gesammelt. In Paris inventarisierten und versiegelten die Nazis sämtliche jüdische Wohnungen.8 Bereits im April 1938 mussten in Österreich alle Personen jüdischer Abstammung ihr Vermögen deklarieren. Durch die Möglichkeit der Beschlagnahmung jüdischen und staatsfeindlichen Besitzes entstand ein riesiges Reservoir aus potentiell für die Nazis interessanten Kunstwerken. Der am 18. Juni 1938 erlassene sogenannte „Führervorbehalt“ sicherte Hitler das Vorrecht, aus den konfiszierten Kunstschätzen die Auswahl für sein geplantes „Führer-Museum“ in Linz zu treffen. Dort sollte nach dem Endsieg ein öffentliches Museum entstehen, das sämtliche „germanischen“ Kunsttendenzen an Hand von Beispielen präsentieren und den bedeutendsten Kunstmuseen der Welt nicht nachstehen sollte.9 Zu diesem Zweck wurde der gesamte irgendwie zugänglich zu machende europäische Kunstbestand durchforstet. Um eine unbefugte Bereicherung aus den Beschlagnahmungen zu verhindern und um eine Sicherstellung, Durchsicht und Klassifizierung der für dieses Museum geeigneten Objekte zu gewährleisten, ordnete Hitler die Zentralisierung dieser Tätigkeiten an. Zum Leiter des zunächst geheimen Projekts „Sonderauftrag Linz“ 10 ernannte Hitler im Juni 1939 Hans Posse (Direktor der Dresdner Gemäldegalerie), der diese Funktion bis zu seinem Tode im Dezember 1942 innehatte. Als 8

Für detaillierte Ausführungen siehe auch Anja Heuss, Kunst- und Kulturgutraub, Eine vergleichende Studie zur Besatzungspolitik der Nationalsozialisten in Frankreich und der Sowjetunion, Heidelberg 2000 und Hector Feliciano, The Lost Museum, The Nazi Conspiracy to Steal the World’s Greatest Works of Art, New York 1997.

9

Auslöser für die Entscheidung, ein derart grosses und reichbestücktes Museum in Linz zu errichten, mag Hitlers Italienreise im Jahre 1938 gewesen sein, wo ihn er Reichtum der italienischen Museen stark beeindruckt hatte. Das neue Museum in Linz, wo es zu diesem Zeitpunkt keine grossen Museen und Bildergalerien gab, sollte jeden Vergleich mit den Uffizien oder dem Louvre aufnehmen können und am besten diese noch übertreffen. Die bis anhin beste Quelle war bis vor kurzem der von der Art Looting Investigation Unit (ALIU) im Dezember 1945 erstellte Untersuchungsbericht „Linz-Report“ gewesen. Gemäss einer neuen Untersuchung sollte das Führermuseum viel kleiner ausfallen als bisher angenommen. Für das Führermuseum war zwar zweifelsfrei qualitativ hochwertige Kunst von der Renaissance über das niederländische Goldene Zeitalter bis hin zum 19. Jahrhundert vorgesehen. Gemäss dieser neuen Studie muss davon ausgegangen werden, dass lediglich 1’000 Werke dorthin verbracht werden sollten. Das Office of Strategic Services (OSS) ging 1945 von 5’300 Bildern für Linz aus. Es wird vermutet, dass der Grund für diese Diskrepanz darin liegt, dass die OSS die Anzahl der Werke aufgrund der Verhöre mit Hitler’s Kunsthändler Karl Haberstock, bestimmt hatte. Siehe dazu, Brigit Schwarz, S. 15 ff.

10

Der „Sonderauftrag Linz“ erhält seine besondere Bedeutung dadurch, dass er exemplarisch das Bestreben nach vollständiger Neuorganisation der kulturellen Landschaft Europas verdeutlicht, eine Neuorganisation, die die alleinige Vormachtstellung der nationalsozialistischen deutschen Kunst und Kultur bzw. deren vermeintlich neuen Ideale sicherstellen sollte.

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Einleitung

Sonderbeauftragter des Führers unternahm Posse im November 1939 eine Inspektionsreise durch das gerade eroberte Polen. Danach schlug er vor, drei beschlagnahmte Gemälde von Raffael, Leonardo da Vinci und Rembrandt aus der Krakauer Sammlung Czartoryjski für das „Führer-Museum“ in Linz zu reservieren. Er reiste aber auch nach Belgien, Holland und Italien. Die Beschlagnahmungen betrafen vor allem jüdischen Kunstbesitz, allen voran die Sammlungen der Rothschilds in Paris und Wien, die Sammlungen Guttmann, Thorsch, Goldmann, Bondy, Bernheim-Jeune, David Weil, Alphonse Kann, von Levy de Benzion, Paul Rosenberg, Georges Wildenstein und Seligmann. Die Sammlungen Alphonse Schloss und Fritz Mannheimer wurden unter erpresserischen Umständen erworben. Die erbeuteten Kunstgegenstände sollten zum Teil im „Führer-Museum“ in Linz ausgestellt, die geraubten Bibliotheken der weltanschaulichen Forschung und Lehre zugeführt werden. Obwohl Hitler in jedem Fall die erste Wahl aus den angeeigneten Beständen zukommen sollte, mussten sich die Verantwortlichen des „Sonderauftrages Linz“ oftmals gegen Organisationen, die mit Beschlagnahme und Sicherstellung betraut waren, wie etwa der Einsatzstab Rosenberg (ERR), die „Dienststelle Mühlmann“, die Gestapo, das Devisenschutzkommando, oder auch gegen die Interessen des Reichmarschalls Göring durchsetzen. Der ERR konfiszierte in Frankreich an den verschiedensten Orten Kunstgegenstände und zeigte diese in verschiedenen Ausstellungen im Jeu de Paume Alfred Rosenberg und Hermann Göring, damit sich diese einen Überblick über die wertvollsten Gegenstände verschaffen konnten. Die schönsten Stücke wählte sich der Reichsmarschall Göring für seine private Sammlung aus. Als Chef der Luftwaffe und Führerstellvertreter verfügte er über grenzenlose Transportkapazitäten. In Deutschland richtete er sich ohne Wissen Hitlers verschiedene Privatmuseen ein. Für Hitler wurde nicht wie angeordnet die erste Wahl von Kunstgegenständen auf die Seite geschafft, sondern nur die zweite. Die besten Kunstwerke, insbesondere aus Frankreich, befanden sich bei Göring. Nachdem Hitler 1943 entdeckte, dass Göring sich jahrelang bereichert hatte, erklärte er die Sicherstellung von Kunstgegenständen zur Führersache. Mit den Sonderausstellungen für Göring war nun Schluss, und die Beute wurde fortan ungeteilt in den Führerbau am Münchener Königsplatz transportiert. Zur Devisenbeschaffung wurden Teile der Beutekunst auf dem internationalen Kunstmarkt, insbesondere über die Schweiz, angeboten. Mit dem Raub von jüdischem Kulturgut und der Sicherstellung von „entarteter Kunst“ waren die Nazis zu wertvollen Handelsgüter gekommen.11 Auf Vorschlag von Göring setz-

11

Dabei legte die sogenannte „Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst“ (genannt Verwertungskommission) die Preise für die „entarteten“ Werke fest und schloss Verträge mit Kunsthändlern, die diese ins Ausland verkauften. Siehe dazu insbesondere Hüneke, S. 101 ff.

Einleitung

ten die Mitglieder des ERR durch, dass bei den Nazis unbeliebte Bilder unter günstigen Bedingungen auf dem französischen und schweizerischen Kunstmarkt gegen solche von „anerkannt künstlerischem Wert“ eingetauscht werden konnten.12 Zweifelhafte Kunsthändler arbeiteten zusammen mit den Nazis und setzten deren geraubte Bilder wieder ab. Während dieser Zeit etablierte sich neben Paris auch die Schweiz als zentrale Drehscheibe für den Handel mit Beutekunstwerken. Zweifelsohne bestand zwischen dem Verkauf der „entarteten“ Kunstwerke ins Ausland und den Sammlungen von Göring und Hitler einen Zusammenhang, indem auf der einen Seite die „entarteten“ Kunstwerke auf dem internationalen Markt angeboten und auf der anderen Seite mit dem Erlös Bilder für die Machthaber erworben wurden. So soll Göring unter anderem mehrere Bilder von Cranach in der Schweiz erworben haben.13 Im Führerbau am Münchner Königsplatz wurden sämtliche der „ausgesonderten“ und eingezogenen Kunstgegenstände sortiert und inventarisiert und das Beste für Hitlers „Führer-Museum“ im Luftschutzkeller zurückgehalten. Teile der Sammlung wurden auch im Schloss Neuschwanstein gelagert. Als die Nazis erkannten, dass die Lage Ende 1944 immer aussichtsloser wurde, kam Hektik auf, und die Verlagerungen und das Verstecken von erbeuteten Kunstgegenständen wurde vorangetrieben. Überall im Reich wurde nun versucht, die beweglichen Schätze – sei es Beutekunst oder deutsche Museumsgüter – an sicheren Orten zu konzentrieren und so dem Zugriff der Kriegsgegner zu entziehen. Sichere Zufluchtsorte waren vor allem Bergwerke und Salzminen. In dieser Zeit wurden zahlreiche Bibliotheken, Archive, Sammlungen, aber auch die Gold- und Devisenreserven des Reiches in Kisten verpackt und in die bis tausend Meter tiefen, trockenen und warmen Salzminen Mitteldeutschlands und der Alpen gebracht. Vor allem aus dem Osten des Reiches wurden im Winter 1944/45, als die russische Armee immer näher kam, unzählige Kulturgüter schlecht verpackt mit Geheimaufträgen in Richtung Westen transportiert. In diesem Chaos wurden die einstmals inventarisierten und gut gelagerten Kunstschätze immer wieder verschoben, so dass niemand mehr genau wusste, was sich wo befand. Verschiedene Versuche von Nazis, Lagerstätten zu sprengen, damit die Kulturgüter nicht den Alliierten in die Hände fallen würden, missrieten. So überstanden denn auch die beweglichen Kunstwerke Europas zum ganz überwiegenden Teil den Untergang des Dritten Reiches.14 12

Buomberger, Raubkunst, S. 27 f.

13

Siehe NA RG 226/293, The Goering Collection, Consolidated Interrogation Report No. 2, 15.09.1945, S. 113.

14

Für genauere Ausführungen siehe Thomas Buomberger, Raubkunst – Kunstraub, Die Schweiz und der Handel mit gestohlenen Kulturgütern zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, Zürich 1998. Hector Feliciano, The Lost Museum, The Nazi Conspiracy to Steal the World’s

7

8

Einleitung

Mit dieser kurzen Abhandlung, welche nur rudimentär die Vorgänge der Nazis bezüglich der Beschlagnahme von Kulturgütern in Europa wiedergibt, sollte ein Übergang zu den in Teil I und Teil II des vorliegenden Buches behandelten Themen geschaffen werden. Die Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentumsverhältnisse von wertvollsten Kulturgütern, welche vor der Machtergreifung der Nazis in Europa geherrscht hatte und welche von den Nazis in den Jahren 1938 bis 1945 mittels Raub, Sicherstellungen, Beschlagnahmungen und Enteignungen auf den Kopf gestellt worden war, bereitete den Alliierten, wie in den folgenden Kapiteln ausgeführt wird, grosse Schwierigkeiten und dauerte mehr als zehn Jahre.

Greatest Works of Art, New York 1997; Charles de Jaeger, The Linz File, Hitlers Plunder of Europe’s Art, Exeter 1981. Georg Kreis, „Enartete Kunst“ in Basel, Die Herausforderung von 1939, Basel 1990. Jonathan Petropoulos, Kunstraub und Sammelwahn, Kunst und Politik im Dritten Reich, Berlin 1999. Aber auch NA RG 226/293, The Goering Collection, Consolidated Interrogation Report No. 2, 15.09.1945. Auch in NA RG 226/366/Folder Directors Office.

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Alliierten während ihres Vormarsches in Europa 1944–1945 1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1 I.

Kritik verschiedener Forscher an der amerikanischen Restitutionspolitik und die Behauptung von angeordneten Raubzügen durch amerikanische Sondertruppen

Im Laufe der Zeit stellten sich verschiedene Historiker im Bewusstsein, dass grössere Mengen von Kulturgütern seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen waren, die Frage, ob solche Kunstgegenstände nicht von den Besatzungsmächten widerrechtlich in deren Eigentum genommen worden war. Aufgrund von Forschungen ist belegt, dass die sowjetische Besatzungsmacht mittels Trophäenkommissionen deutsche Kulturgüter in die Sowjetunion überführt und diese Enteignungen als rechtmässig betrachtet hatte. Die Fortschaffung von Sachwerten durch die sowjetischen Besatzungskräfte hatte ihren Anfang in den Beuteaktionen der vorrückenden sowjetischen Streitkräfte unmittelbar im Zuge bzw. im Anschluss an die Besetzung Ost- und Mitteldeutschlands. Dabei wurden Zahlungsmittel sowie Sach- und Kunstwerte aus öffentlichem und privatem Besitz in grossem Umfang erbeutet und ohne Registrierung beschlagnahmt.15 Die Abtransporte von Kulturgütern durch die UdSSR hatten insbesondere die Berliner Museen und Sammlungen, die Dresdner Sammlungen sowie eine Reihe weiterer, später im Gebiet der DDR gelegenen Institute betroffen.16 Die vorerwähnten Trophäenkommissionen hatten dabei nicht nur die Aufgabe, deutsche Kulturgüter zu beschlagnahmen, sondern versuchten schwergewichtig, die von den Deutschen geraubten sowjetischen Kulturgüter ausfindig zu machen.17

15

Siehe dazu auch von der Beck, S. 63 f.

16

Turner, Internationales Kulturgüterrecht, S. 125. Siehe auch Koslow, insbesondere S. 154 ff.

17

Ausführliche Berichte über diese Abtransporte von deutschen Kulturgütern und über die Trophäenkommissionen finden sich in Bonner Berichte aus Mittel- und Ostdeutschland

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Alliierten während ihres Vormarsches in Europa 1944–1945 1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1 I.

Kritik verschiedener Forscher an der amerikanischen Restitutionspolitik und die Behauptung von angeordneten Raubzügen durch amerikanische Sondertruppen

Im Laufe der Zeit stellten sich verschiedene Historiker im Bewusstsein, dass grössere Mengen von Kulturgütern seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen waren, die Frage, ob solche Kunstgegenstände nicht von den Besatzungsmächten widerrechtlich in deren Eigentum genommen worden war. Aufgrund von Forschungen ist belegt, dass die sowjetische Besatzungsmacht mittels Trophäenkommissionen deutsche Kulturgüter in die Sowjetunion überführt und diese Enteignungen als rechtmässig betrachtet hatte. Die Fortschaffung von Sachwerten durch die sowjetischen Besatzungskräfte hatte ihren Anfang in den Beuteaktionen der vorrückenden sowjetischen Streitkräfte unmittelbar im Zuge bzw. im Anschluss an die Besetzung Ost- und Mitteldeutschlands. Dabei wurden Zahlungsmittel sowie Sach- und Kunstwerte aus öffentlichem und privatem Besitz in grossem Umfang erbeutet und ohne Registrierung beschlagnahmt.15 Die Abtransporte von Kulturgütern durch die UdSSR hatten insbesondere die Berliner Museen und Sammlungen, die Dresdner Sammlungen sowie eine Reihe weiterer, später im Gebiet der DDR gelegenen Institute betroffen.16 Die vorerwähnten Trophäenkommissionen hatten dabei nicht nur die Aufgabe, deutsche Kulturgüter zu beschlagnahmen, sondern versuchten schwergewichtig, die von den Deutschen geraubten sowjetischen Kulturgüter ausfindig zu machen.17

15

Siehe dazu auch von der Beck, S. 63 f.

16

Turner, Internationales Kulturgüterrecht, S. 125. Siehe auch Koslow, insbesondere S. 154 ff.

17

Ausführliche Berichte über diese Abtransporte von deutschen Kulturgütern und über die Trophäenkommissionen finden sich in Bonner Berichte aus Mittel- und Ostdeutschland

10

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Jedoch soll nicht nur die Sowjetunion gezielt nach deutschem Kulturgut gesucht und aufgefundene Objekte beschlagnahmt haben, sondern auch die amerikanische Regierung soll solche Aktionen befohlen haben. In der Diskussion über das Schicksal von Kunstwerken aus öffentlichen Sammlungen, die seit 1945 verschollen sind und sich zumeist in Auslagerungsorten befanden, welche zunächst von amerikanischen Truppen besetzt wurden, wird von Fachkreisen immer wieder konkret behauptet, dass die vorrückenden amerikanischen Armeeeinheiten (insbesondere militärische Spezialeinheiten sowie zivile und militärische Geheimdienste) systematisch hochwertige Kunstschätze gesucht hätten. Dabei hätten sie sich bei der Suche auf sogenannte „Target-Lists“18 gestützt. Die Diskussion kam auf, da man in verschiedenen Tagebüchern von Offizieren der Monument Fine Arts and Archives Branch (MFAA) sowie in Büchern und Artikeln von Historikern auf Unregelmässigkeiten bezüglich der Anzahl der verschollenen Kunstwerke und dem Zustand der deutschen Auslagerungsorte, welche die zuständigen alliierten Offiziere vorgefunden hatten, stiess. Verdacht schöpften gewisse Historiker aufgrund der fehlenden Inventarlisten in den Auslagerungsorten und aufgrund der Berichte der MFAA-Offiziere zu diesen fehlenden Listen. Der Kunsthistoriker Klaus Goldmann entwickelte wegen dieser Ungereimtheiten die Theorie, dass die Westalliierten für die Besetzung Deutschlands Spezialeinheiten aufgestellt hatten, die Kulturgüter ermitteln, gegebenenfalls sofort sicherstellen und zur Rückführung an die rechtmässigen Eigentümer vorbereiten sollten. Da man die Kunst- und Kulturgüter als Vermögenswerte betrachtete, seien sie nach ihrer Beschlagnahme zunächst nicht den eigentlichen Kunstschutzabteilungen der Streitkräfte unterstellt worden, sondern den Spezialressorts der jeweiligen Finanzministerien. Das von den amerikanischen Truppen Anfang April 1945 in Hattdorf und Merkers beschlagnahmte und dann nach Frankfurt am Main in die Tresore der dortigen Reichsbank transportierte Berliner Museumsgut sei erst am 22. Juni 1945 aus der Treuhandschaft der Finanzverwaltungen in jene des militärischen Kunstschutzes übergeben worden. Ob diese Übergabe den gesamten dort konfiszierten Bestand betroffen hat, habe man bisher nicht im Detail überprüfen können. Die diesbezüglichen deutschen

1943–1946, Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1954; Murawski, S. 1–9, Kühnel-Kunze, S. 71 ff.; Grohn, S. 56 f.; Verlustdokumentation der Gothaer Kunstsammlungen, S. 6 ff. 18

Als Target-Lists wurden allgemein Listen bezeichnet, die gewisse Objekte, Personen und Gegenstände enthielten, welche die Spezialeinheiten zu beschlagnahmen und später in ihre Heimatstaaten zu transportieren hatten. Der Inhalt der tatsächlich vorgefundenen Targets Lists bezog sich fast ausschliesslich auf Objekte, die wissenschaftliche Errungenschaften der Deutschen enthielten oder auf Personen, die an diesen Errungenschaften beteiligt gewesen waren.

1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1

Inventarlisten zu den Transporten seien nämlich ebenfalls beschlagnahmt und noch nicht zugänglich gemacht worden.19 Aus diesen Gründen nimmt Goldmann an, dass sich bei den staatlichen Finanzbehörden in den USA noch zahlreiche Kunstwerke befinden könnten, die noch nicht an den rechtmässigen Eigentümer zurückgegeben worden sind, und führt diesbezüglich einige Beispiel an.20 Auch Tobias von Elsner stellte in einem Artikel Überlegungen an, ob nicht Einsatzgruppen und Soldaten der amerikanischen Armee die Gunst der Stunde zum Abtransport einer grösseren Anzahl von Gemälden genutzt, ihre Verbringung ins Ausland organisiert und Verschleierungsbrände gelegt hätten. Da das Salzbergbergwerk Neustrassfurt aufgrund der Produktion von Strahltriebwerken für die deutsche Luftwaffe zu den vorrangigen Zielen der US-Geheimdienste gehörte, vermutet Tobias von Elsner, dass auch hier die CIC-Ermittler 21, als Vorauskommandos der Geheimdienste, Fabrikanlagen und Kunstschätze durchsuchten, um noch vor Eintreffen der MFAA-Sachverständigen, der Kunstexperten für Monuments, Fine Arts and Archives, die hochwertigsten Objekte in amerikanische Obhut zu bringen. Dies gälte ebenfalls für die Bergwerke von Grasleben, Bernterode oder Schönebeck. Zur Begründung verweist der Autor auf die am 10. April 1945 ergangene geheime Anordnung von Präsident Eisenhower, Gold, Devisen und Kunstschätze nach Westen zu verlagern, welche dann mit der „Operation Goldcup“22 systematisch umgesetzt worden sei.23 Wie Goldmann und Elsner vermutet auch Cay Friemuth, dass die amerikanischen Truppen Bilder verschwinden liessen. Im Bergwerk Grasleben hätte der Grubenbrand den Amerikanern ermöglicht, ihr Gesicht zu wahren. So hätten amerikanische Truppen den letzten Auslagerungstransport der Deutschen, welcher am 7. April 1945 Berlin verlassen habe, am 12. April 1945 in Magdeburg gestoppt und umgeleitet. Die diesbezüglichen Transportlisten seien verschwunden. Es spreche einiges dafür, dass sich in diesem Transport auch die 226 Bilder der Nationalgalerie befunden hatten, von denen man annimmt, dass sie beim Brand im Flakturm Friedrichshain in Berlin zerstört worden sind.24 Des Weiteren erwähnt der MFAA-Offizier Thomas Carr Howe Jr. in seinem Buch, in welchem er über seinen Einsatz in Deutschland schrieb, dass Captain

19

Siehe Goldmann/Schneider, Das Gold des Priamos, S. 102 ff.

20

Siehe Goldmann, Wehret dem Unrecht, S. 11 ff. Siehe auch Goldmann, Alteuropas Altertümer, S. 9 ff. Goldmann/Wermusch, Vernichtet – Verschollen – Vermarket, S. 11 ff.

21

Siehe dazu Kapitel 9. Ein CIC-Ermittler war ein Angehöriger des Counter Intelligence Corps (Gegennachrichtendienst).

22

Siehe dazu Kapitel 8.

23

Siehe von Elsner, S. 45 ff.

24

Wermusch, Tatumstände, S. 104 ff.

11

12

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Dunn von der Property Control, Finance Division, noch anfangs Juni 1945 im Besitze der gesamten Inventarlisten der Berliner Museen gewesen sei. Der Autor war bei der Überprüfung des Inventars dabei, bei welcher mehr als 100 Teppiche überzählig gewesen seien.25 Die Liste der aus Berlin nach Merkers gebrachten Teppiche soll, gemäss Klaus Goldmann, seitdem im Protokoll fehlen. Ähnliche Ansichten wie Klaus Goldmann vertreten auch Cay Friemuth26 und Günter Wermusch.27 In ihren Büchern greifen sie immer wieder die Thesen von Klaus Goldmann bezüglich des Abtransportes von Kulturgütern durch die amerikanische Armee auf, ohne sie jedoch präzisieren zu können.28 Auch ein amerikanischer Professor für Rechtsgeschichte, Sol Chaneles, behauptete in einem Artikel, dass der grösste Teil von dem, was Hitlerdeutschlands Beutekommandos vereinnahmt hatten, von den Amerikanern nochmals geplündert worden sei.29 Sol Chaneles glaubte auch zu wissen, wohin dies und jenes in die USA gekommen sei. Er nannte Beispiele wie die 170 Gemälde alter holländischer Maler aus der Sammlung des Franzosen Alphonse Schloss. Sie sollen just an dem Tag aus dem Führerbau in München verschwunden sein, an welchem die amerikanische Armee in München einzog.30 Ein weiterer Amerikaner, Kenneth D. Alford, ein Bankier und Historiker, stützt Sol Chaneles These, dass von über 16 Millionen Kunstgegenständen, die die MFAA übernommen habe, lediglich 200’000 je zurückgegeben worden seien.31 In seinem Buch beschreibt er denn auch verschiedene Vorgänge, in denen er die westlichen Alliierten beschuldigt, sich unrechtmässig bereichert zu haben.32 Die erwähnten Historiker gehen in ihrer Annahme jeweils davon aus, dass nicht einzelne alliierte Soldaten und Offiziere Kunstwerke als Souvenir mitgenommen haben, sondern vertreten die These, dass die westlichen Alliierten und insbesondere die USA die Auffindung und Mitnahme von deutschen Kunstgegenständen und Kulturgut instrumentalisierten, um ihre Regierungen und demnach ihr Land selbst zu bereichern. Dabei soll die amerikanische Regierung Sondertruppen bereitgestellt haben, die sich mit der Auffindung von Kulturgütern befasst und Befehl hatten, diese sicherzustellen. Immer wieder werden dabei ausser den MFAA-Offizieren und den Mitarbeitern des Art Looting Investigation Unit

25

Howe Jr., S. 50 f.

26

Friemuth, Die geraubte Kunst.

27

Wermusch, Raub?, und Goldmann/Wermusch, Vernichtet – Verschollen – Vermarktet.

28

Goldmann/Wermusch, Vernichtet – Verschollen – Vermarktet, S. 11 ff; Friemuth, S. 67 ff.

29

Chaneles, S. 93 ff.

30

Goldmann/Wermusch, Vernichtet – Verschollen – Vermarktet, S. 17.

31

Chaneles, S. 103.

32

Kenneth D. Alford, The Spoils of World War II, The American Role in the Stealing of European’s Treasures, Secaucus 1994.

1. Kapitel: Vorwort zu Teil 1

(ALIU)33 auch die T-Force Einheiten34 und das CIC genannt. Aufgrund solcher Vorkommnisse kamen immer wieder Gerüchte auf und es wurde in der Fachliteratur immer wieder behauptet, dass sich Teile der von den amerikanischen Streitkräften aufgefundenen Kulturgütern in den USA im Besitz der Regierung befänden und nicht den rechtmässigen Besitzern zurückerstattet worden seien.

II.

Fragestellung bezüglich Vorkehrungen und Massnahmen zum Schutz der Kulturgüter und zur Sicherung geraubter Kunstgegenstände durch die westlichen Alliierten

Die durch die vorerwähnten Historiker und Journalisten aufgeworfenen Fragen und vorgebrachten Vorwürfe zu gewissen Vorgehensweisen der westlichen Alliierten, insbesondere der amerikanischen Armee und der eingesetzten Spezialeinheiten, verlangen im Folgenden eine systematische Auseinandersetzung mit den Begebenheiten während des Zweiten Weltkrieges. Der Schutz der Kulturgüter hatte für die Amerikaner, wie noch aufgezeigt wird, nicht erst während der Invasion Italiens begonnen. Wichtige Einflüsse hatten die Museumsorganisationen und die Kunstsachverständigen auf dem amerikanischen Kontinent. Daneben darf der Einfluss der anderen westlichen Alliierten, insbesondere der Briten, nicht vergessen gehen, die sich bereits frühzeitig auf militärischem Gebiet mit dem Schutz von Kunstdenkmälern in den Kriegszonen auseinandergesetzt hatten. Nur durch dieses frühzeitige Erkennen der möglichen Gefahren einer Zerstörung von Kunstwerken internationalen Interesses konnte eine militärische Organisation, genannt Monument Fine Art and Archiv, aufgebaut werden. Zur Beantwortung der Fragestellung muss diese Organisation aber einer genauen Analyse unterzogen werden. Dabei spielt insbesondere eine Rolle, welche Aufgaben sie zugewiesen bekommen hatte, welche Organisationsform gewählt worden war, welche Verantwortungen und Kompetenzen die einzelnen Mitglieder dieser Einheit hatten und wie diese Abteilung in den allgemeinen Militärapparat der Invasionstruppen eingebettet worden war. Genauere Abklärungen bedürfen auch die involvierten zivilen Stellen. Hier interessiert die Frage, inwieweit diese zivilen Stellen Einfluss auf die militärischen Pläne und die militärische Organisation zum Schutz der Kulturgüter in den Kriegszonen Einfluss ausüben konnten. Die Fragestellung bezieht sich sodann nicht nur auf die militärische Organisation, sondern auch auf gewisse militärische und zivile Sondertruppen, die wäh33

Siehe Kapitel 10.

34

Siehe Kapitel 8.

13

14

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

rend des Krieges und kurz nach Kriegsende Kulturgüter sichergestellt hätten, welche danach auf Befehl der Regierung in die USA überführt worden seien. Um die Vorwürfe, die die vorgenannten Personen, zumeist leider unsubstantiiert und vielfach ohne Quellenangabe, aufgeworfen hatten, genau abklären zu können, ist eine genaue Analyse der verschiedenen amerikanischen Sondereinheiten unumgänglich. Dabei betrifft dies insbesondere die Organisation und die Aufgaben des Counter Intelligence Corps, der T-Force Einheiten und des gesamten Goldcup-Planes. Die Fragestellung bedurfte einer intensiven Recherche. Die Abklärungen erforderten eine längere Sichtung im National Archiv and Record Administration in den USA und im Public Record Office in Grossbritannien. In diesen Nationalarchiven befanden sich sämtliche Dokumente der wichtigsten westlichen Alliierten über den Zweiten Weltkrieg und die Besatzungszeit. Die gesichteten Dokumente zeigten gewisse Strukturen in der Organisation der verschiedenen abzuklärenden Einheiten und Armeetruppen auf und befassten sich mit verschiedenen Vorfällen und teilweise mit der rechtlichen Legitimation verschiedener Aufgabenbereiche und deren Durchführung. Aufgrund der sehr grossen Aktenbestände konnten die Nachforschungen sehr detailliert vorgenommen werden und die Fragestellung des ersten Teils umfassend abgeklärt werden. Dabei ist Vormerk zu nehmen, dass sich die Recherchen auf die Frage bezüglich eines allfälligen Kulturgüterabtransportes auf Befehl einer Regierungsstelle oder einer Regierung selbst beziehen. Diebstähle, die von einzelnen Soldaten, Offizieren, Zivilangestellten oder sonstigen Personen der westlichen Alliierten begannen worden waren, werden nur am Rande untersucht und sind in dieser Untersuchung kein Hauptthema. Um einen geschichtlichen Zusammenhang herstellen und damit die analysierten militärischen und zivilen Einheiten darin einbetten zu können, wurden in den folgenden Kapiteln teilweise grössere Erläuterungen angefügt. Dies, um insbesondere die Herkunft, Gründung, Organisation und Arbeit der zivilen Gruppen und militärischen Einheiten genauer zu beleuchten. Die dadurch entstandenen Sachverhaltsberichte sollten eine möglichst nüchterne Bilanz ziehen. Es wurde zudem versucht, die gesamte Fragestellung nicht losgelöst, sondern im Kontext der gesamten Kriegs- und Besatzungszeit analysieren.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges I.

Einführung

Das Kapitel befasst sich mit den grundlegenden Rechtsnormen des Schutzes von Kulturgütern. Dabei wird mit Hilfe einer historischen Aufarbeitung dargelegt, welche Regelungen im Zweiten Weltkrieg bestanden und welche Normen zwar ausgearbeitet aber aufgrund des Kriegsbeginns nicht mehr durchgesetzt werden konnten. Es wird aufgezeigt, inwieweit die Haager Landkriegsordnung (HLKO) den Kulturgüterschutz beeinflusste. Die einzelnen einschlägigen Normen der HLKO werden behandelt und es ist zu prüfen, inwieweit sie für die kriegesführenden Parteien die Rechtsgrundlage darstellen. In Kapitel 4 werden die so erarbeiteten Normen dann den rechtlichen Normen der westlichen Alliierten gegenübergestellt und mit ihnen verglichen.

II.

Allgemeines zur Haager Landkriegsordnung in Bezug auf den Kulturgüterschutz

1.

Entstehung

Die Regelungen des universellen völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes sind das Ergebnis einer längeren geschichtlichen Entwicklung. Eine vergleichbare Entwicklung hat auch für den Schutz der Kulturgüter im Krieg bzw. in bewaffneten Konflikten Gültigkeit. Über die Jahrhunderte hinweg, von der Antike bis in die Neuzeit, wurde im Krieg geplündert, es wurden kulturell wertvolle Güter vernichtet und verschleppt; dies war üblich und gehörte zum Instrumentarium aller kriegsführenden Parteien.35 Blieb es bis ins 18. Jahrhundert bei vereinzelten Stimmen, intensivierten sich im 19. Jahrhundert die Bemühungen um den Schutz kulturell wertvoller Güter. Über die Forderung nach einer grundsätzlichen Respektierung des Privateigentums hinaus formulierte die Lehre für verschiedene, noch uneinheitlich gefasste Gütergruppen wie Kunstwerke, Denkmäler etc. zunehmend Ausnahmen zum allgemeinen Kriegsrecht. Immer deutlicher verwies sie dabei auf den spezifischen Eigenwert der Güter, ihren „Kulturwert“, diskutierte – mit Hinweisen auf die Praxis – die Kriegsnützlichkeit oder Kriegsnotwendigkeit deren Vernichtung und

35

Siehe de Visscher, 246 ff., aber auch Nahlik, S. 66 ff.

15

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges I.

Einführung

Das Kapitel befasst sich mit den grundlegenden Rechtsnormen des Schutzes von Kulturgütern. Dabei wird mit Hilfe einer historischen Aufarbeitung dargelegt, welche Regelungen im Zweiten Weltkrieg bestanden und welche Normen zwar ausgearbeitet aber aufgrund des Kriegsbeginns nicht mehr durchgesetzt werden konnten. Es wird aufgezeigt, inwieweit die Haager Landkriegsordnung (HLKO) den Kulturgüterschutz beeinflusste. Die einzelnen einschlägigen Normen der HLKO werden behandelt und es ist zu prüfen, inwieweit sie für die kriegesführenden Parteien die Rechtsgrundlage darstellen. In Kapitel 4 werden die so erarbeiteten Normen dann den rechtlichen Normen der westlichen Alliierten gegenübergestellt und mit ihnen verglichen.

II.

Allgemeines zur Haager Landkriegsordnung in Bezug auf den Kulturgüterschutz

1.

Entstehung

Die Regelungen des universellen völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes sind das Ergebnis einer längeren geschichtlichen Entwicklung. Eine vergleichbare Entwicklung hat auch für den Schutz der Kulturgüter im Krieg bzw. in bewaffneten Konflikten Gültigkeit. Über die Jahrhunderte hinweg, von der Antike bis in die Neuzeit, wurde im Krieg geplündert, es wurden kulturell wertvolle Güter vernichtet und verschleppt; dies war üblich und gehörte zum Instrumentarium aller kriegsführenden Parteien.35 Blieb es bis ins 18. Jahrhundert bei vereinzelten Stimmen, intensivierten sich im 19. Jahrhundert die Bemühungen um den Schutz kulturell wertvoller Güter. Über die Forderung nach einer grundsätzlichen Respektierung des Privateigentums hinaus formulierte die Lehre für verschiedene, noch uneinheitlich gefasste Gütergruppen wie Kunstwerke, Denkmäler etc. zunehmend Ausnahmen zum allgemeinen Kriegsrecht. Immer deutlicher verwies sie dabei auf den spezifischen Eigenwert der Güter, ihren „Kulturwert“, diskutierte – mit Hinweisen auf die Praxis – die Kriegsnützlichkeit oder Kriegsnotwendigkeit deren Vernichtung und

35

Siehe de Visscher, 246 ff., aber auch Nahlik, S. 66 ff.

15

16

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

setzte sich für das Verbot der Zerstörung und Beschädigung im Kriege ein.36 Dabei wurde im Falle einer Besetzung auf die allgemein gemässigtere Kriegsführung im 18. Jahrhundert, das Verbot der Wegnahme oder gar Erbeutung und insbesondere auf die „cause célèbre“ des völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes verwiesen: die Restitutionen der unter Bruch mit der allgemein gemässigteren Praxis37 von Frankreich in grossangelegtem Stil aus ganz Europa verschleppten Kunst- und Kulturgüter.38 Diese Ansätze fanden Eingang in diversen Kodifikationsbestrebungen. Vorbild war jeweils die von Francis Lieber ausgearbeiteten und für den amerikanischen Sezessionskrieg 1863 inneramerikanisch in Kraft gesetzten „Instructions for the Government of Armies of the United States in the Field, General Orders No. 100“ 39 mit Ausführungen über die Schonung von Privateigentum, aber auch öffentlicher Güter, darunter Gegenständen von Schulen oder Museen, unter ausdrücklicher Erwähnung von Kunstwerken, Büchern, Sammlungen oder Objekten wissenschaftlichen Charakters.40 Der Lieber-Code war eine rein innerstaatliche Kodifikation, die jedoch auch andere Staaten zum Vorbild ihrer Kriegskodifikationen nahmen.41 Der erste Versuch einer internationalen Kodifikation des Landkriegsrechts wurde 1874 mit dem „Projet d’une déclaration internationale concernant les lois et coutumes de la guerre“ (Brüsseler Deklaration von 1874) 42 von der auf russische Initiative einberufenen internationalen Konferenz von fünfzehn europäischen Staaten in Brüssel unternommen.43 Diese Deklaration erlangte zwar keine völkerrechtliche Verbindlichkeit, hatte aber auf die Haager Landkriegordnungen von 1899 und 1907 grossen Einfluss. Trotz des unbefriedigenden Ergebnisses der Bemühungen von 1874 liessen sich die Völkerrechtler jener Zeit nicht entmutigen und versuchten erneut, das geltende Kriegsrecht, einschliesslich des Schutzes 36

Genius-Devime, S. 92 f. Vgl. auch Bluntschli, Völkerrecht, S. 362–363 und Bluntschli, Beuterecht, S. 5 ff.

37

Als einer der Gründe für den im Verlaufe des 17. und 18. Jahrhunderts zu verzeichnenden weitgehenden Verzicht auf ein Beuterecht wird die Restitutionspraxis angesehen: Seit dem 17. Jahrhundert fanden sich in Friedensverträgen, angefangen mit dem Frieden in Münster von 1648, Regelungen über die Restitution von Archiven, Bibliotheken – so der Friede von Oliva 1660 zwischen Brandenburg, Polen und Schweden (Art. VII–IX) – und sogar Kunstwerken – so der englisch-niederländische Frieden von 1662. Vgl. dazu auch D’Arnoux de Fleury de L’Hermite, S. 16 ff.

38

Siehe dazu Wheaton, 4. Teil, Kap. 2 § 6.

39

Abgedruckt in: Bluntschli, Völkerrecht, S. 483–515.

40

Toman, Protection of cultural property, S. 8.

41

Der sogenannte Lieber Code war am 24. April 1861 durch Präsident Lincoln verkündet worden. Abgedruckt in: Schindler/Toman, The Laws Armed Conflicts, S. 3–23.

42

Abgedruckt in: De Breucker, S. 96 ff.

43

Genius-Devime, S. 95.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

von Kulturgütern, zu kodifizieren. Das 1873 in Gand (Belgien) gegründete „Institut de Droit International“, betraute den Schweizer Moynier 44 zusammen mit weiteren Völkerrechtlern mit der Zusammenstellung eines „Manuel pratique des lois de la guerre, destiné aux membres des forces armées“.45 Dieses Handbuch wurde 1880 als „Manuel d’Oxford“ veröffentlicht. Art. 4 des Handbuches hält fest, dass das einzige rechtmässige Ziel eines Krieges die Schwächung und Zerstörung der militärischen Streitkraft des Feindstaates sei. Folgerichtig hält danach Art. 53 fest, dass die Erbeutung des Eigentums von Einrichtungen, die der Kultur, den Künsten oder Wissenschaften gewidmet sind, seien sie privater oder öffentlicher Natur, ausnahmslos verboten sei. Dagegen lässt das „Manuel d’Oxford“ die Zerstörung von Kulturgütern öffentlicher und privater Natur zu, sofern es die „zwingende Kriegsnotwendigkeit“ 46 erforderte. Sodann fehlten auch Sanktionsbestimmungen.47

2.

Haager Konventionen von 1899 und 1907

Mit den Haager Abkommen von 1899 und 1907 48 fanden die vorerwähnten Regelungsentwürfe erstmals Eingang in das geschriebene Völkerrecht, und zwar insbesondere in das Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom Juli 1899 49 und die als Beilage angefügten Bestimmungen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (Haager Landkriegsordnung von 1899) 50, die beide fast unverändert in das bis heute völkerrechtsverbindliche Werk der zweiten Haager Friedenskonferenz, das IV. Abkommen von 1907 betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs51 und die Haager Landkriegsordnung von 190752 übernommen wurden.53 Als Zusammenfassung des geltenden Völkergewohnheitsrechts wurde in der Haager Landkriegsordnung von 1907 die Beschränkung im Kriege auf das Notwendige und die Achtung des Gegners zu einem Mindestmass umschrieben.

44

Dieser war Mitbegründer des Roten Kreuzes.

45

Abgedruckt in: De Breucker, S. 78.

46

„imperieusement commandé par les nécéssités de la guerre“.

47

Siehe Lattmann, S. 40 f.

48

Zur Vorgeschichte und zu den Verhandlungen siehe Ambros, S. 90 ff., Dülffer, S. 17 ff.

49

Reichsgesetzblatt 1901, S. 423.

50

Reichsblatt 1901, S. 436.

51

Abgedruckt in: Laun, Haager Landkriegsordnung, S. 141 ff. Auch Reichsgesetzblatt 1919, S. 107.

52

Reichsgesetzblatt 1910, S. 132.

53

Siehe dazu Genius-Devime, S. 96.

17

18

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

a)

Schutz des Kulturgutes aufgrund der Haager Konventionen

Die beiden internationalen Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 spielten eine entscheidende Rolle für die Entwicklung des Kulturgüterschutzes während eines Krieges. Diesbezügliche Normen wurden speziell in den Anhängen IV und IX der Konvention von 1907 statuiert. Danach sind kulturgüterschützende Bestimmungen während der Feindseligkeiten in den allgemein geltenden Regelungen der Haager Landkriegsordnung zu suchen. Dabei gilt insbesondere der Grundsatz, dass die Kriegsführenden nicht die freie Wahl der Kriegsmittel haben und es verboten ist, feindliches Eigentum zu zerstören oder zu beschlagnahmen, wenn keine dringliche Kriegsnotwendigkeit besteht.54 Verschiedene Normen in den Anhängen IV, insbesondere die Artikel 25, 27 und 56 betreffen den Schutz von Kulturgütern. So ist es gemäss Art. 25 HLKO untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude anzugreifen oder zu beschiessen, gleichgültig mit welchen Mitteln dies geschieht.55 Sodann soll gemäss Art. 26 HLKO vor einer Beschiessung verteidigter Ortschaften eine Benachrichtigung derer Behörden erfolgen. Unmittelbar auf den Schutz von Kulturgütern zielt schliesslich Art. 27 HLKO. Gemäss diesem Artikel sind bei Belagerungen und Beschiessungen bestimmte Objekte, darunter kulturell wertvolle, bei Belagerungen und Beschiessungen zu verschonen. Ausdrücklich wird in der HLKO auch der Schutz historischer Denkmäler statuiert.56 Es ist jedoch die Pflicht des Belagerten, diese nichtmilitärischen Objekte und Sammelplätze mit deutlichen besonderen Zeichen zu versehen und diese dem Belagerer vorher bekannt zu geben.57 Analoge Normen enthält auch Art. 5 des IX. Abkommens betreffend die Beschiessung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten.58 Dabei regelt aber Art. 5 Abs. 2 im Vergleich zu Art. 27 Abs. 2 HLKO, zudem mit welchen Zeichen die bei einer Beschiessung durch Seestreitkräfte zu schonenden Denkmäler, Gebäude oder Sammelplätze zu kennzeichnen sind.59 Die Haager Landkriegsordnungen schränken sodann aufgrund ihrer Regelungen bei einer Besetzung den Zugriff des Besetzers auf feindliches Eigentum ein. Das private Eigentum geniesst einen weitreichenden Schutz. Der Raub von Kulturgütern, damit eingeschlossen auch Gegenstände, die in Bibliotheken und Archiven gefunden wurden, war bereits anlässlich der ersten Haager Friedenskonferenz von 1899 verboten worden. Dort heisst es in Art. 56 HLKO:

54

Siehe Art. 22 und 23 g Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs. Abgedruckt in: Laun, Haager Landkriegsordnung, S. 157 f.

55

Dies wurde 1907 noch speziell angefügt.

56

Diese Abänderung war von der griechischen Delegation beantragt worden.

57

Siehe auch Toman, Protection of cultural property, S. 10 ff.

58

Reichsgesetzblatt 1910, S. 256.

59

Siehe auch Toman, Protection of cultural property, S. 12.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz The property of communes, that of religious, charitable, and educational institutions, and those of arts and science, even when State property, shall be treated as private property. All seizure of, and destruction, or intentional damage done to such institutions, to historical monuments, works of art or science, is prohibited and should be made the subject of proceedings.60

Der Schutz der Kulturgüter, Bibliotheken, Archiven und Kunstgegenständen allgemeiner Art war vom zaristischen Russland vorgeschlagen worden und hatte ihren Wortlaut im Art. 8 der Brüssler Deklaration vom 27. August 1874 gefunden. Dieser fand denn auch beinahe unverändert Aufnahme in die Haager Konventionen von 1899 und 1907.61 Anlässlich der zweiten Haager Friedenskonferenz erfuhr dieser Artikel eine kleine Veränderung: The property of municipalities, that of institutions dedicated to religious, charity, and education, and the arts and sciences, even when State property, shall be treated as private property. All seizure of, destruction, or wilful damage done to institutions of this character, historic monuments, works of art and science, is forbidden and should be made the subject of legal proceedings.62

Ähnlich nimmt das XI. Abkommen über gewisse Beschränkungen in der Anwendung des Beuterechts im Seekrieg63 Schiffe, die mit religiösen, wissenschaftlichen oder menschenfreundlichen Aufgaben betraut sind, von der Wegnahme aus (Art. 4). Ferner schränken die Haager Landkriegsordnungen im Rahmen der während der Besetzung geltenden Regelungen den Zugriff des Besetzenden auf feindliches Eigentum ein. Das privatrechtliche Eigentum geniesst somit einen weitreichenden Schutz. Art. 46 HLKO besagt denn auch, dass Privateigentum nicht

60

US. Statutes at Large, Vol. XXXII, Part. II, 1901, US Treaty Series, No. 403, S. 1803.

61

Siehe auch NA RG 260/Rec/Education Director/Cultur Affair Branch/277. In diesem Schreiben führt Ardelia Hall aus: The USSR recognized the Czarist signature of the Hague Convention (IV) of 1907 on 25.11.1941. The Treaty of Riga between Russia, Ukraine and Poland, signed 21.03.1921 exemplifies USSR regard for the cultural importance of historic archives (in particular) and their respect, for the principles set forth in The Hague Convention and this 20 years before formal acceptance of the convention was made. In this treaty all archives dating from 1772 were resorted and exchanged with Poland. Exemptions were only made for objects of a secret military nature.

62

US. Statutes at Large, Vol. XXXIVI, Part. II, US Treaty Series No. 539, S. 2277. In der Übersetzung heisst dieser Artikel: Das Eigentum der Gemeinden und der dem Gottesdienste, der Wohltätigkeit, dem Unterrichte, der Kunst und der Wissenschaft gewidmeten Anstalten, auch wenn diese dem Staate gehören, ist als Privateigentum zu behandeln. Jede Beschlagnahme, jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von derartigen Anlagen, von geschichtlichen Denkmälern oder von Werken der Kunst und Wissenschaft ist untersagt und soll geahndet werden. Abgedruckt in: Laun, Haager Landkriegsordnung, S. 169.

63

Reichsgesetzblatt 1910, S. 256.

19

20

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

eingezogen werden darf. Plünderungen sind nach Art. 47 HLKO ausdrücklich untersagt.

b)

Luftkrieg

i)

Regeln der Haager Landkriegsordnungen

Zwischen der Ersten und der Zweiten Haager Konferenz kam es zu einer technischen Errungenschaft, dem Flugzeug, welche die Kriegsführung bis in die heutige Zeit massgeblich beeinflusst und die Gefahr der Zerstörung von Baudenkmälern, Museen, Archiven, Bibliotheken und anderer Kulturgüter stark vergrösserte.64 Im Ersten Weltkrieg wurden nur sehr spärlich Flugzeuge zum Kampf benutzt, während im Zweiten Weltkrieg die Luftkriegsführung, insbesondere die Bombardements aus der Luft, besondere strategische Bedeutung erlangten.65 Mit der Perfektionierung der Flugzeuge und deren Einsatz als Kampfbomber kam es für den im internationalen Recht geregelten Schutz der Kulturgüter zu einer neuen Herausforderung. Zwar wurde bereits in der 1. Haager Landkriegsordnung von 189966 während einer Übergangsfrist von 5 Jahren das Abschiessen von Projektilen und Granaten aus Luftballonen oder anderen Fluggeräten verboten, jedoch wurde erst mit Art. 27 der Haager Landkriegsordnung von 1907 (HLKO) eine genauere Norm zum Schutz von Kulturgütern vor deren Zerstörung geschaffen. In diesem Artikel heisst es denn auch: Bei Belagerungen und Beschiessungen sollen alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissenschaft und Wohltätigkeit gewidmeten Gebäude, die geschichtlichen Denkmäler, die Hospitäler und Sammelplätze für Kranke und Verwundete soviel wie möglich zu schonen, vorausgesetzt, dass sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zwecke Verwendung finden.67

Zudem wurde es in Art. 25 HLKO untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschiessen.68 Mit dem Ausdruck „mit welchen Mitteln auch immer“ waren auch

64

Orville Whright machte am 17.12.1903 seinen ersten erfolgreichen Flug am Kitty Hawk in Nordcarolina/USA.

65

Auch die beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki wurden von Kampfbombern abgeworfen. Aber schon zuvor während des Kampfes um England war sowohl für die Deutsche Wehrmacht wie auch für das britische Oberkommando das Flugzeug von zentraler Bedeutung für die Kampfführung.

66

Reichsgesetzblatt 1901, S. 436 f.

67

Siehe in Völkerrechtliche Verträge, Beck Texte, 6. Auflage, Nr. 46, Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs 18.10.1907, Nördlingen 1994, S. 624. Auch in Laun, Haager Landkriegsordnung, S. 158.

68

Auch in Laun, Haager Landkriegsordnung, S. 159.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

Bombardements aus der Luft eingeschlossen. Unklar und auslegungsbedürftig war insbesondere das Wort „unverteidigt“. Bereits die Bombardements im Ersten Weltkrieg, welche mit denjenigen des Zweiten Weltkrieges nicht vergleichbar waren, zeigten auf, dass in Bezug auf die Luftkriegsführung eine genauere Klärung des internationalen Völkerrechts nötig war.

ii)

Haager Luftkriegsregeln von 1922/23

Anlässlich der Washingtoner Konferenz von 1922 wurde eine Kommission gegründet, welche ein Gesetz erarbeiten sollte, das die Nutzung militärischer Flugzeuge regulieren und die Zivilbevölkerung vor Bombardierungen schützen sollte.69 Die Regelungen sahen allgemeine Einschränkungen der Luftkriegsführung vor und befassen sich auch ausdrücklich mit dem Kulturgüterschutz. Art. 25 wiederholt so im Wesentlichen, was Art. 27 HLKO festgehalten hat. So kam besonderen Gütern, darunter religiös, künstlerisch, wissenschaftlich und geschichtlich wertvolle Güter und Denkmäler von grossem historischen Wert, ein besonderer Schutz zu. Art. 26, insbesondere Ziff. 7 und 8 der Regelung gehen jedoch entschieden weiter, indem sie einen speziellen Schutz für besonders wertvolle Kulturgüter forderten.70 Das Bestreben dieser Normen war es, Lufteinsätze auf militärische Objekte71 zu beschränken. Nach Art. 24 war dementsprechend ein Luftangriff nur gegen militärische Ziele zulässig.72

69

An der Washingtonerkonferenz nahmen die USA, das britische Königreich, Frankreich, Italien, Japan und Holland teil. Die Haager Juristenkommission tagte vom 11.12.1922 bis zum 19.02.1923. Vgl. dazu auch Buhse, S. 25.

70

Lattmann, S. 51. Geschützt werden sollten lediglich unbewegliche Kulturgüter, welche mit einer Schutzzone in einem Umkreis von 500 m geschützt werden.

71

Anstelle „verteidigte und unverteidigte Ortschaften“ wurden nun die Begriffe „militärische und nichtmilitärische“ Objekte verwendet.

72

Artikel 24 lautet folgendermassen: 1) Aerial bombardment is legitimate only when directed at a military objective, that is to say, an object of which the destruction or injury would constitute a distinct military advantage to the belligerent. 2) Such bombardment is legitimate only when directed exclusively at the following objectives: military forces; military works; military establishments or depots; factories constituting important and well-known centres engaged in the manufacture of arms, ammunition or distinctively military supplies; lines of communication or transportation used for military purposes. 3) The bombardment of cities, towns, villages, dwellings or buildings not in the immediate neighbourhood of the operations of land forces is prohibited. In cases where the objectives specified in § 2 are so situated, that they cannot be bombarded without the indiscriminate bombardment of the civilian population, the aircraft must abstain from bombardment. 4) In the immediate neighbourhood of the operations of land forces, the bombardment of cities, towns, villages, dwellings or buildings is legitimate provided that there exists a reason-

21

22

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Die ausgearbeiteten Normen wurden jedoch nie Gegenstand eines völkerrechtlichen Abkommens.73

III.

Bemühungen um einen Kulturgüterschutz in der Zwischenkriegszeit

1.

Roerich-Pakt von 1935

Die erste ausschliesslich dem Schutz kultureller Werte im Kriege gewidmete zwischenstaatliche Abmachung ist der „Washingtoner Pakt vom 15. April 1935 über den Schutz künstlerischer und wissenschaftlicher Einrichtungen und geschichtlicher Denkmäler“, der sogenannte „Roerich-Pakt“.74 Die Regelung lehnt sich stark an Art. 27 der HLKO an. Der Schutz gilt wie bei der Haager Konvention nur unbeweglichen Objekten.75 Um einen besseren Schutz gewährleisten zu können, verlangen Art. 2 und 3 des „Roerich-Pakts“, dass die Kulturgüter gekennzeichnet werden müssen.76 Durch die militärische Nutzung der geschützten Güter wurde deren Schutz verwirkt. Die Besonderheit des Paktes liegt darin, dass er den Schutz der Kulturgüter – im Gegensatz zu den Haager Konventionen – auch auf Friedenszeiten ausdehnt. Den vereinbarten Schutz der Kulturgüter sollte sodann auch dem Personal in diesen Gütern zukommen, und eine Liste mit den Denkmälern und den Institutionen, für welche die Unterzeichner-Staaten Schutz beanspruchen wollten, musste bei der PanAmerican Union registriert werden. Wichtig ist dabei der Umstand, dass diese

able presumption that the military concentration is sufficiently important to justify such bombardment, having regard to the danger thus caused to the civilian population. 5) A belligerent State is liable to pay compensation for injuries to person or to property caused by the violation by any of its officers or forces of the provisions of this article. Siehe dazu Rules of Aerial Warfare, Papers Relating to the Foreign Relations of the United States, 1923, Washington Government Printing Office 1938, I, 77, Department of State Publication 1260. 73

Siehe dazu Genius-Devime, S. 100.

74

Alle 21 Mitglieder der panamerikanischen Union unterzeichneten das Abkommen. Davon ratifizierten es aber bis 1937 lediglich 10 Staaten.

75

Siehe Art. 63 Abs. 1 des Roerich-Pakts: „The historic monuments, museums, scientific artistic educational and cultural institutions shall be considered as neutral and as such respected, and protected by belligerents. The same respect and protection shall be due to the personnel of the institutions mentioned above. The same respect and protection shall be accorded to the historic monuments, museums, scientific, artistic, educational and cultural institutions in time of peace as well as in war“. Siehe auch Lattmann, S. 52.

76

Siehe dazu auch Toman, Protection of cultural property S. 16 ff. Siehe insbesondere auch S. 17 mit dem Emblem des „Roerich-Pakts“.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

Vereinbarung mehr Voraussetzungen für einen Schutz umfasste, der Schutz jedoch absolut, also auch bei militärischer Notwendigkeit gelten sollte. Der „Roerich-Pakt“ hat bis heute seine Geltung und tritt neben das Haager Abkommen von 1954. Für Europa war dieses Abkommen praktisch bedeutungslos, da keine europäischen Staaten diesem Vertragswerk beitraten.

2.

Entwurf einer Konvention für einen Kulturgüterschutz während bewaffneter Konflikte

Das 1926 von der Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit eingesetzte Internationale Museumsbüro77 nahm sich, was angesichts der Initiativen und Vorschläge erstaunen mag, erst sehr spät des Anliegens der Schaffung einer Kulturgüterschutzkonvention an. Der Völkerbund selbst und die ihm verbundenen Organe in Verfolgung des allgemeinen Kriegsverbots schoben die Vorbereitung eines kulturgüterrechtlichen Instruments für den Kriegsfall bzw. den Fall bewaffneter Konflikte zunächst hinaus. Es überwog vielmehr die Auffassung, dass Aufklärungsmassnahmen den Schutz der Denkmäler und Kunstwerke ausreichend gewährleisten müssten.78 Es war der Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges im Jahre 1936, welcher ausschlaggebend war, dass sich das Internationale Museumsbüro auf Anregung der Völkerbundversammlung mit der Frage des völkerrechtlichen Schutzes der Denkmäler und Kunstwerke im Kriege befasste.79 Professor Charles De Visscher wurde beauftragt einen Bericht zu verfassen.80 In diesem empfahl er die Vereinbarung eines kulturgüterrechtlichen Instruments.81 Dabei ordnete er richtungs77

Zur Errichtung und Aufgaben siehe Genius-Devime, S. 123 f. Der Völkerbund hatte 1921 die Einsetzung einer „Internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit“ (Institut internationale de Coopération intellectuelle) beschlossen. Ihr zur Seite stand das 1926 in Paris gegründete „Institute internationale de Coopération intellectuelle“, dessen Aufgabe es war, museale Belange im weitesten Sinne international zu fördern.

78

Genius-Devime, S. 101.

79

Siehe NA RG 239/40, League of Nations, Draft International Convention for the protection of National Historic or Artistic Treasures, XII 1936.

80

Toman, Protection of cultural property, S. 18.

81

de Visscher in, Art et Archéologie 2 (1940), S. 47: „Le principe même d’une réglementation internationale destinée à assurer la protection des monuments historiques et des oeuvres d’art en temps de guerre se heurte à certaines préventions. D’aucuns estiment peu opportune toute tentative nouvelle de règlementation du droit de la guerre. Justement préoccupés d’abolir la guerre ellemême et à cette fin, d’en inspirer à l’opinion publique toute l’horreur possible, ils se refusent à participer à une oeuvre qui a pour objet avoué d’en réglementer la conduite et d’en limiter les effets dévastateurs. C’est là un point de vue éminemment respectable et qui, pendant quelques années, put paraître justifié. Sans verser dans la pessimisme, on est contraint de reconnaître qu’il se trouve dépassé aujourd’hui par l’état des esprits comme par le cours des événements.“

23

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

weisend den völkerrechtlichen Schutz der geschichtlichen Denkmäler und Kunstwerke im Kriege nicht mehr dem Kriegsrecht, sondern dem humanitären Völkerrecht zu, das im Gegensatz zu diesem weiterentwickelt worden war.82 Er entzog damit dem völkerrechtlichen Kulturgüterschutz die Vorbehalte, die gegen das ius in bello erhoben wurden. Er betonte jedoch, dass eine völkerrechtliche Regelung so gestaltet sein müsse, dass sie nicht mit militärischen Interessen in Konflikt gerate83, und unterstrich in diesem Sinne die Vorbereitungen des Schutzes in Friedenszeiten sowie seine Begrenzung auf möglichst wenige, international spezifizierte Schutzobjekte.84 Der aufgrund der vorerwähnten Studie vom „International Museums Office“ im Jahre 1938 ausgearbeitete Entwurf einer internationalen Konvention für den Schutz von historischen Gebäuden und Denkmälern sowie Kunstwerken während bewaffneten Konflikten, „Preliminary Draft International Convention for the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of War“, umfasste 12 Gesetzesartikel und 13 Ausführungsbestimmungen.85 Der Entwurf basierte auf den Haager Konventionen von 1899 und 1907 bezüglich des Schutzes von Gebäuden, die der Kunst gewidmet waren. Gemäss Art. 1 dieses Entwurfes sollten sich die Staaten bereits in Friedenszeiten verpflichten, den Schutz ihrer Kunstwerke und Denkmäler gegen die Folgen eines Krieges zu organisieren und vorzubereiten. Dabei wurde konkret die Einrichtung und Bereitstellung von sogenannten Bergungsorten für bewegliche Kunstwerke zur Gewährung einer „immunity“ gefordert, die sich ausserhalb von Gegenden befinden sollten, in denen mögliche Gefechte geführt würden.86 Es sollten einer begrenzten Anzahl von Bergungsorten ein spezieller Schutz zukommen. Als 82

1929 wurde das Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken im Felde vom 27.07.1929 und das Abkommen vom 6.07.1906 auf Grundlage des Abkommens vom 22.08.1874 weiterentwickelt. Das Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27.07.1929 wurde als Ergänzung und zwecks Verbesserungen der unzulänglichen Kriegsgefangenenregelungen der Haager Landkriegsordnung von 1899 und 1907 abgeschlossen. Siehe Genius-Devime, S. 102 f.

83

de Visscher, Art et Archéologie 2 (1940), S. 50: „Toute réglementation internationale doit s’inspirer d’une conception franchement réaliste. Elle n’est logiquement concevable et pratiquement acceptable pour les Etats que dans la mesure où elle n’entre pas en conflict avec un interêt militaire prévisible. L’intérêt des belligérants restera la limite de leur action. Une réglementation qui leur enlèverait toute pretexte à s’attaquer aux monuments historiques et aux oeuvres d’art a des chances d’être respectée.“

84

Genius-Devime, S. 103.

85

NA RG 239/40 League of Nations, Office Journal, November 1938, 102nd and 103rd Council Session, Annex 1724 (I), Appendix by the Director’s Committee of the international Museums Office to the International Committee on Intellectual Co-operation for the year 1937/38, together with a preliminary draft International Convention on the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of war, S. 936 ff.

86

Siehe Art. 4, Preliminary Draft International Convention on the Protection of historic buildings and works of art in time of war, in NA RG 239/40.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

Voraussetzung galt, dass sie nicht in der Nähe militärischer Objekte oder Ziele liegen, schon in Friedenszeit bekannt gemacht, nicht zu Verteidigungszwecken benutzt und – im Falle bewaffneter Konflikte – einer internationalen Kontrolle zugänglich gemacht werden sollten. Für unbewegliche Kulturgüter war eine Freihaltung der Umgebung dieser Güter in einem Radius von 500 m von militärischen Objekten vorgesehen.87 Die Staaten sollten Museen und Denkmäler mit einem eigenen Zeichen zur Aufklärung der Zivilbevölkerung sowie – im Kriegsfall – der Besatzungsmacht kennzeichnen (Art. 7 Ziff. 6 und 7); zum Schutze der Denkmäler und Kunstwerke waren Plünderungen und Verwüstungen zu unterbinden (Art. 3 Ziff. 2), Repressalien wurden verboten (Art. 8), und es bestand die Pflicht, Denkmäler von künstlerischem oder geschichtlichem Interesse während bewaffneter Konflikte zu respektieren (Art. 5 Ziff. 1).88 Gemäss Art. 7 sollte denn auch spätestens während der kriegerischen Ereignisse solche Kulturgüter mit einem besonderen Zeichen gekennzeichnet werden. Einen qualifizierten Schutz war sodann für Transporte von Kunstwerken unter internationaler Aufsicht ins Ausland vorgesehen; Regelungen über die Verwahrung und Rückgabe solcher Güter enthielt Art. 9. Für den Fall interner bewaffneter Konflikte enthielt Art. 10, offensichtlich in Reaktion auf die Ereignisse in Spanien89, erste Regelungen. Zur Bekanntmachung der Bergungsorte war nach einer Ratifizierung vorgesehen, dass eine zu bildende „International Verfication Commission“ beim ebenfalls gemäss Konvention vorgesehenen „Standing Committee of the Conference“ eine Liste der Bergungsorte hinterlegen sollte. Gemäss den Ausführungsbestimmungen sollte die „International Verification Commission“ die Bergungsorte und besonders zu schützenden Denkmäler auf die in den Art. 4 und Art. 5 Ziff. 2 vereinbarten Voraussetzungen kontrollieren.90 Im Gegensatz zu den Haager Konventionen war im vorliegenden Entwurf eine starke Instrumentalisierung vorgesehen. Die Organisationsstrukturen, die Zusammensetzung der Kommissionen und ihre Aufgaben waren bereits genau definiert. Zudem war eine Überprüfung in den einzelnen Ländern vorgesehen. Bei 87

Siehe Art. 5, Preliminary Draft International Convention on the Protection of historic buildings and works of art in time of war, in NA RG 239/40.

88

Siehe auch Genius-Devime, S. 103.

89

Siehe dazu auch speziell Nahlik, S. 104. Darin wird die Verlagerung der spanischen Kunstsammlungen durch den Vertrag von Figueras und deren Rückgabe zwischen dem französischen Conseil des Musées français und der republikanischen Regierung Spaniens vom 3.02.1939 behandelt.

90

NA RG 239/40 League of Nations, Office Journal, November 1938, 102nd and 103rd Council Session, Annex 1724 (I), Appendix by the Director’s Committee of the international Museums Office to the International Committee on Intellectual Co-operation for the year 1937/38, together with a preliminary draft International Convention on the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of war, S. 939.

25

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Streitigkeiten zwischen sich bekämpfenden Staaten bezüglich der zu schützenden Bergungsorte und Denkmäler sollte das „Standing Committee of the Conference“ vermitteln.91 Im September 1938 wurde dieser Entwurf der Generalversammlung des Völkerbundes vorgelegt, die daraufhin die niederländische Delegation beauftragte, Konsultationen mit den anderen Staaten über die Kulturgüterschutz-Konvention aufzunehmen.92 Wegen des ausbrechenden Weltkrieges kam es jedoch nicht mehr zu einer Beratung und Verabschiedung. Das Internationale Museumsbüro versuchte dennoch, wenigstens den wichtigsten Grundsätzen dieses Entwurfes für einen Kulturgüterschutz während bewaffneter Konflikte Geltung zu verschaffen, nämlich die Pflicht zur Sicherung eigener Kulturgüter gegen die absehbaren Folgen bewaffneter Konflikt, die allseitige Respektierung der Kulturgüter und Bergungsorte, die Möglichkeit der Vereinbarung eines Sonderschutzes sowie die Kennzeichnung und die Inpflichtnahme des Besetzers zum Kulturgüterschutz, und schlug den Kriegsführenden 1940 die Annahme von zehn Grundsatzartikeln in einer „Déclaration concernant la protection des monuments et oeuvres d’art au cours de conflits armés“ (Déclaration de 1940)93 vor; nur Belgien und die Niederlande unterzeichneten sie jedoch.94 Angespornt durch die politische Lage, die einen Weltkrieg befürchten liess, verfasste das Internationale Museumsbüro im Jahre 1939 als Veröffentlichung des Institutes für geistige Zusammenarbeit ein Handbuch über die praktischen Massnahmen, die zum Schutze der Kulturgüter zu treffen sind.95 Das Handbuch umfasste neben dem Konventionsentwurf und den Ausführungsbestimmungen mit Erläuterungen auch technische Empfehlungen für den Kulturgüterschutz.

91

Siehe Art. 13, Preliminary Draft International Convention on the Protection of historic buildings and works of art in time of war, in NA RG 239/40.

92

Siehe dazu auch Jiri Toman, The Protection of cultural property in the event of armed conflict, Commentary on the Convention for the protection of cultural property in the Event of Armed Conflict and its Protocol, signed on 14 May 1954 in the Hague, and on other instruments of international law concerning such protection, Aldershots 1996, S. 19 sowie UNESCO-Doc. 5/C/PRG/6 Annexe I.

93

Siehe auch Toman, protection des biens culturels, S. 568.

94

Genius-Devime, S. 104.

95

Der Titel lautet: „La protection des monuments et œuvres d’art en temps de guerre“.

2. Kapitel: Völkerrechtliche Grundlagen für den Kulturgüterschutz

IV.

Fazit

Im Zweiten Weltkrieg war die Geltung der HLKO 1907 als Gewohnheitsrecht anerkannt. Ihre Verbote der Beschlagnahme und Zerstörung/Beschädigung von Kulturgütern banden damit das Deutsche Reich und die Alliierten. Die Schädigungshandlungen des Deutschen Reiches und das Vorgehen der westlichen Alliierten sind an dieser Rechtslage zu messen. Die HLKO bietet keinen umfassenden Beschlagnahmeschutz für Kulturgüter. Dieser Schutz ist auf Werke der Kunst und Wissenschaft und geschichtliche Denkmäler beschränkt. Für Immobilien, wie Kunstbauwerke oder Werke der Baukunst gilt dies nur hinsichtlich enteignender Beschlagnahmungen; ihre vorübergehende Besetzung zum Zwecke der militärischen Nutzung ist erlaubt.96 Art. 52 HLKO ermöglicht enteignende Beschlagnahmungen von beweglichem Privateigentum sowie dessen vorübergehende Nutzungsbeschlagnahme, vorübergehende Beschlagnahmungen von Immobilien nicht aber die Enteignung der letzteren. Unter die für die Zwecke des Besatzungsheeres verwendbaren Gegenstände, deren Beschlagnahme die Rechtsnorm erlaubt, können auch Sachen fallen, die von historischem oder wissenschaftlichen Interesse sind, deren Gebrauch allerdings von militärischem Nutzen sein kann. Es ist also kein absoluter Schutz von Kulturgütern geregelt. Zudem sind die Normen nur während der militärischen Besetzung anwendbar. Der Beschlagnahmeschutz ist denn auf das Operationsgebiet, in dem die tatsächlichen militärischen Kämpfe stattfinden, reduziert (Art. 23 lit g HLKO). Alles öffentliche Fahrniseigentum im Operationsgebiet kann sich der beschlagnahmende Staat aneignen. Bewegliches Privateigentum, darunter auch Kulturgut, kann enteignet werden, wenn es sich um Kriegsmaterialien handelt. Immobilien dürfen, gleich ob es sich um Kulturgüter handelt, zum Zwecke der militärischen Nutzung beschlagnahmt werden. Sowohl für die Besetzung, wie auch das Operationsgebiet gilt ein Plünderungsverbot.97 Es wird zu Prüfen sein, ob sich die westlichen Alliierten an diese Rechtsnormen hielten und welche Rechtsnormen angewendet wurden, als der Krieg und die Besetzung vorbei waren. Bei Beginn des Zweiten Weltkrieges galten demnach lediglich die einschlägigen Bestimmungen der Haager Konventionen von 1899 bzw. 1907, die sich grundsätzlich schon im ersten Weltkrieg als unzureichend erwiesen hatten.

96

Siehe dazu auch Baufeld, S. 51.

97

Siehe auch Baufeld, S. 52.

27

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten während des Zweiten Weltkrieges I.

Einleitung

Für die in die kriegerischen Auseinandersetzung während des Zweiten Weltkrieges involvierten Regierungen war der Kulturgüterschutz nur ein marginales Problem, dem nur wenig Bedeutung zugemessen wurde. Lediglich die besetzten europäischen Regierungen nahmen das Problem sehr schnell auf, ging es doch darum, dass sie verhindern wollten, dass ihr nationales Kulturerbe vernichtet oder gestohlen wurde. Damit insbesondere die alliierten Regierungen auf das Problem aufmerksam wurden und sich auch mit dem Kulturgüterschutz beschäftigten, bedurfte es der Initiative von einflussreichen Privatpersonen und Kunstsachverständigen. Diese konnten die Regierungen jeweils überzeugen, dass die im Raume stehenden Probleme bezüglich des Schutzes der Kulturgüter in den möglichen Kriegsgebieten, der Restitution und der Erhaltung von Kulturgut Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse. In der Folge wurden verschiedene zivile Kommissionen mit unterschiedlichen zum Teil überschneidenen Aufgabenbereiche gegründet.98

II.

Gründung von amerikanischen Kulturgüterschutzkommissionen

1.

Massnahmen für den Schutz der amerikanischen Kulturgüter

Im März 1941 hatte das vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Theodor Roosevelt, im Hinblick auf einen möglichen Kriegsausbruch gegründete „National Resources Planning Board“ einen Ausschuss für den Schutz der Kulturgüter in den Vereinigten Staaten ins Leben gerufen. Seine Mitglieder sollten „Informationen sammeln, Pläne vorbereiten und Massnahmen für den Schutz der Kulturgüter treffen“.99 Die Kommission bestand aus den verantwortlichen Persönlichkeiten der „Library of Congress“, des „National Archives“, der

98

Siehe dazu Anhang 1/1.

99

Protection of Cultural Resources Against the Hazards of War, A preliminary Handbook, Committee on Conservation of Cultural Resources, National Resources Planning Board, Washington D.C., Februar 1942, S. III.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten während des Zweiten Weltkrieges I.

Einleitung

Für die in die kriegerischen Auseinandersetzung während des Zweiten Weltkrieges involvierten Regierungen war der Kulturgüterschutz nur ein marginales Problem, dem nur wenig Bedeutung zugemessen wurde. Lediglich die besetzten europäischen Regierungen nahmen das Problem sehr schnell auf, ging es doch darum, dass sie verhindern wollten, dass ihr nationales Kulturerbe vernichtet oder gestohlen wurde. Damit insbesondere die alliierten Regierungen auf das Problem aufmerksam wurden und sich auch mit dem Kulturgüterschutz beschäftigten, bedurfte es der Initiative von einflussreichen Privatpersonen und Kunstsachverständigen. Diese konnten die Regierungen jeweils überzeugen, dass die im Raume stehenden Probleme bezüglich des Schutzes der Kulturgüter in den möglichen Kriegsgebieten, der Restitution und der Erhaltung von Kulturgut Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse. In der Folge wurden verschiedene zivile Kommissionen mit unterschiedlichen zum Teil überschneidenen Aufgabenbereiche gegründet.98

II.

Gründung von amerikanischen Kulturgüterschutzkommissionen

1.

Massnahmen für den Schutz der amerikanischen Kulturgüter

Im März 1941 hatte das vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Theodor Roosevelt, im Hinblick auf einen möglichen Kriegsausbruch gegründete „National Resources Planning Board“ einen Ausschuss für den Schutz der Kulturgüter in den Vereinigten Staaten ins Leben gerufen. Seine Mitglieder sollten „Informationen sammeln, Pläne vorbereiten und Massnahmen für den Schutz der Kulturgüter treffen“.99 Die Kommission bestand aus den verantwortlichen Persönlichkeiten der „Library of Congress“, des „National Archives“, der

98

Siehe dazu Anhang 1/1.

99

Protection of Cultural Resources Against the Hazards of War, A preliminary Handbook, Committee on Conservation of Cultural Resources, National Resources Planning Board, Washington D.C., Februar 1942, S. III.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

„National Gallery of Art“ und der „Smithsonian Institution“ sowie aus Vertretern der „American Association of Museums“, des „American Institute of Architects“, des Kriegsministeriums und der nationalen Zivilschutzbehörde. Präsident der Kommission war Waldo Leland vom „American Council of Learned Societies“. Aufgrund der Erfahrungen der Kriegseinwirkungen an Kulturgütern, welche insbesondere in Grossbritannien gemacht worden waren, entschloss sich dieser Ausschuss, die staatlichen Kunst- und Museumssammlungen in abgelegene bombensichere Depots zu verlagern. Im Oktober 1941 wurden dem verantwortlichen Beamten der Abteilung für Bauten in Washington D.C. die Pläne für die Errichtung spezieller Schutzbauten für staatliche Kunstwerke und Archive vorgelegt. Diese Bauten konnten jedoch nicht verwirklicht werden, da vom amerikanischen Parlament kein Geld für derartige Bauvorhaben gesprochen wurde.100 Bereits im Mai 1941 hatte die Kommission mit dem Entwerfen eines Handbuches über die Lagerung von Sammlungen während des Krieges begonnen. Dieses Handbuch, welches sich auf eine 1939 vom „British Museum“ herausgegebene Broschüre stützte, war jedoch bis Kriegseintritt der USA noch nicht erschienen.101 Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 wurden die Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg verwickelt.102 Bereits im November war die Angst vor einer bevorstehenden Katastrophe so gross gewesen, dass die Vorbereitungen auf Luftangriffe in den meisten Washingtoner Verwaltungsgebäuden – ob kultureller Ausrichtung oder nicht – auf Hochtouren liefen. In den Küstenstädten stellte man sich auf Luftangriffe ein, und die Wohnungen und Geschäftshäuser wurden verdunkelt. Die Museumsverantwortlichen, welche die Eindrücke des Blitzkrieges auf London vor Augen hatten, richteten ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf mögliche Schäden durch Luftangriffe. An ihrem Treffen kurz vor Weihnachten 1941 in New York wollten sie voreiligen und überhasteten Schutzmassnahmen vorbeugen. Ein Hauptgrund, sich zu treffen, war das Entwerfen einer Pressemitteilung gegen das Gerücht, die grösseren Museen des Landes würden eines nach dem anderen geschlossen und geräumt.103 Man entschied sich, dass die Museen offen zu bleiben hatten. Dabei sollte, solange die Armee und die Marine es als nicht notwendig erachteten, auch keine Evakuierung stattfinden. Sollten die Museen gezwungen werden, ihre 100

Protection of Cultural Resources Against the Hazards of War, A preliminary Handbook, Committee on Conservation of Cultural Resources, National Resources Planning Board, Washington D.C., Februar 1942, S. 2 f.

101

Air raid precautions in museums, picture galleries, and libraries, Printed by order of the Trustees, The British Museum, London 1939.

102

Siehe dazu als Beispiel auch Shirer, S. 1167 ff.

103

National Gallery of Art, Bibliothek, Minutes of a special Meeting of the Association of Museum Directors on the Problems of Protection and Defense held at the Metropolitan Museum of Art, December 20 and 21, 1941.

29

30

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

besten Objekte zu verlagern, wollte man sie mit anderen eingelagerten Objekten ersetzen. Mit an dieser Konferenz war auch George Stout, der leitende Konservator des Fogg-Museums.104 Er war es denn auch, der den Museumsdirektoren die technischen Vorbereitungshandlungen und die notwendigen Massnahmen bei einer Evakuation von Kulturgütern zeigte und erklärte. Seine Erfahrungen und seine aus dem Krieg in Europa gewonnenen Erkenntnisse schrieb er in der von ihm herausgegebenen Fachzeitschrift nieder und organisierte im Frühjahr 1942 ein Symposium im Fogg Museum.105 Die grösseren Museen begannen denn auch, teilweise in grosser Heimlichkeit, mit der Verlagerung ihrer wertvollsten Objekte ins Binnenland.106 Zuvor hatten die Verantwortlichen der „National Gallery of Art“ bei der Kommission für den Schutz der Kulturgüter und beim „National Resources Planning Board“ abgeklärt, ob eine Verlagerung der Kunstwerke im Konflikt zur allgemeinen Politik der Regierung stehen würde. Die Behörden erhoben jedoch keine Einwände.107 Nach dieser Rückversicherung wurden im Laufe des Jahres 1942 gewaltige Verlagerungen von Kulturgütern vorgenommen. Nur wenige Museen waren der Ansicht, dass ein unmittelbarer Angriff nicht bevorstehen würde, und beliessen ihre Kunstgegenstände in den angestammten Räumlichkeiten.108

2.

Beginn amerikanischer Vorkehrungen für einen Schutz von europäischen Kulturgütern

Als die Alliierten 1942 die Vorbereitungen für eine Invasion Europas trafen, befürchteten führende amerikanische Kunstverständige, dass bei einer allfälligen Invasion historische und kulturelle Objekt von internationaler Bedeutung beschädigt oder zerstört werden könnten. Sie ahnten auch von den gezielten und organisierten Beschlagnahmungen und Konfiskationen von Kunstobjekten durch Organe des Dritten Reiches, wie es in der Geschichte Europas in diesem Ausmass bis anhin noch nie vorgekommen war. Im Jahre 1942 begannen sich in den USA verschiedene unabhängige Kommissionen um Lösungen und Hilfsmittel zur Verhinderung der Zerstörung von Kul104

George Stout galt als Experte für das Verpacken und Evakuieren von Kunstwerken. Er hatte als Veteran des Ersten Weltkriegs die Zerstörungen von Kulturgütern erlebt und als Mitglied einer internationalen Kommission für den Schutz von Kunstwerken Paris und Deutschland im Jahre 1933 besucht.

105

Siehe dazu Stout, S. 161 ff. und Emergency Protection of works of art: Notes prepared during a conference held at the Fogg Museum of Art, Harvard University, March 9–21, 1942.

106

National Gallery of Art, Archiv, RG 17a, „Evacuation File“.

107

National Gallery of Art, Archiv, RG 17a, „Evacuation File“.

108

US Museums, ArtNews, 1. bis 14. Januar 1942. Für den genaueren Vorgang der Evakuationen siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 269 ff.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

turgüter in Europa zu bemühen. Insbesondere an den Universitäten im Osten der Vereinigten Staaten, die traditionell nach Europa ausgerichtet waren und wo zahlreiche Flüchtlinge aus Europa lehrten, war man der Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten früher oder später in den Krieg auf dem europäischen Kontinent direkt verwickelt würden. Die Beamten der Roosevelt-Administration, welche mit den Kriegsplanungen betraut waren, bedienten sich dieser Flüchtlinge und auch der Kontakte der Universitäten zu Europa, um Informationen zur Durchführung einer militärischen Aktion in Europa zu erhalten. Nur wenige Tage nach dem Fall von Paris im Juni 1940 gründeten Angehörige der Harvard-Universität die „American Defense Harvard Group“, welche das zur Verfügung stehende Fachwissen an die richtigen Orte vermitteln sollte.109

3.

Gründung einer nationalen Kulturgüterschutzkommission für Europa

Im November 1942 verfasste der Direktor des Metropolitan Museums in New York nach Gesprächen mit George Stout und Paul Sachs, Professor für Kunst an der Universität Harvard, ein Memorandum zuhanden von Präsident Roosevelt, welches er anlässlich eines Treffens mit Justizminister Harlane Stone in Washington vorlegte. In diesem Memorandum schlug er vor, für den Schutz von Denkmälern und Kunstwerken in Zusammenarbeit mit der Armee und der Marine eine Gruppe von Fachleuten einzusetzen.110 Der Justizminister, welcher auch Vorsitzender des Direktionsrates der „National Gallery of Art“ war, erklärte sich einverstanden, den Vorschlag betreffend den Kulturgüterschutz dem Präsidenten vorzulegen und diesen mit ihm zu diskutieren, nachdem er die „Trustees“111 der „National Gallery of Art“ informiert habe. Anlässlich einer Sitzung der Trustees der National Gallery of Art wurde dieses Schreiben von Francis Henry Taylor112 sehr begrüsst und unterstützt.113 Kurze Zeit später reiste Professor William Bell Dinsmoor, Präsident der „Archaelogical Institute of America“, ebenfalls nach Washington und legte Justizminister Stone ein Memorandum mit Vorschlägen für einen Schutz der Kulturgüter vor.114 Mit der Lan-

109

Siehe auch Nicholas, Raub der Europa, S. 278 ff. Die „American Defense Harvard Group“ führte Vorträge und Seminare über verschiedene auf den Krieg in Europa bezogene Sachgebiete durch. Ein Grossteil dieser Gelehrten arbeitete später beim Office of Strategic Studies (OSS).

110

Siehe NA RG 239/51, Draft Memorandum to President Roosevelt, 24.11.1942.

111

Mitglied des Kuratoriums.

112

Direktor des Metropolitan Museums von 1940–1955.

113

National Gallery of Art, Archive, Minutes of a meeting of the Board of Trustees of the National Gallery, 1.12.1942.

114

Siehe Smyth, S. 18.

31

32

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

dung der Alliierten in Nordafrika wurde der Schutz von Kulturgütern immer dringender. Bereits am 8. Dezember 1942 schickte Justizminister Harlane Stone ein Schreiben an Präsident Roosevelt und fragte nach der grundsätzlichen Haltung der Regierung bezüglich des Schutzes von Kunstwerken und Denkmälern. Sodann schlug Stone auch noch die Gründung einer speziellen Kommission für den Schutz und der Konservierung von Kunstwerken, künstlerischen oder historischen Denkmälern und Archiven in Europa vor.115 Justizminister Stone erachtete die vorgeschlagene Kommission ebenfalls als nützliches Mittel zur Bekämpfung der feindlichen Propaganda und zur Mithilfe bei einer allfälligen Rückführung von Raubgut.116 Präsident Roosevelt liess das Schreiben Innenminister Cordell Hull zukommen mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme. Mit Schreiben vom 24. Dezember 1942 bejahte dieser die Vorschläge des Justizministers, meinte jedoch, dass der Plan auch noch den Vereinigten Amerikanischen Stabschefs (Joint Chief of Staff; JCS)117 vorgelegt werden sollte, damit diese Stellung nehmen könnten, da ein Programm „Schutz der Kulturgüter in Europa“ die Armee ebenfalls betraf.118 Präsident Roosevelt legte sodann die Vorschläge den zuständigen Regierungsstellen zur Begutachtung vor, wie er Innenminster Hull am 28. Dezember 1943 mitteilte. Durch verschiedene Verzögerungen und das Desinteresse der Militärs am Schutz von Kulturgütern dauerte es bis Frühjahr 1943, bis die Vereinigten Amerikanischen Stabschefs zur Kooperation mit der vorgeschlagenen Kommission bereit waren, mit dem Vorbehalt, dass die Kommission die militärischen Operationen nicht beeinträchtigen dürfe.119 Im Schreiben vom 21. Juni 1943 an Roosevelt fasste Aussenminister Cordell Hull nochmals alle bereits vorgenommenen Planungsschritte zur Gründung der Kommission zusammen, gab der Kommission den Namen „American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in Europe“ und erklärte, dass die Kommission mit der Militärschule für den Aufbau von Militärregierungen in besetzten Ländern und zivilen Institutionen bezüglich des 115

Siehe FRUS, Diplomatic Papers, 1943, Vol. I, General, Washington 1963, S. 469.

116

In einem weiteren Schreiben an den Präsidenten schlug Stone auch vor, dass die amerikanische Regierung den Regierungen der Sowjetunion und Grossbritanniens den Aufbau ähnlicher Kommissionen empfehlen sollte. Zudem bemerkte Stone in diesem Schreiben, dass während des Krieges diese drei nationalen Kommissionen mit der Armee zusammenarbeiten sollten. Dabei käme ihnen die Aufgabe zu, der Armee qualifiziertes Personal und Informationen über den Schutz von Kulturgüter zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren sollten sich Unterausschüsse mit dem Sammeln von Daten über geraubtes Eigentum befassen und in einer späteren Phase die Anspruchsforderungen für eine Restitution bearbeiten. Siehe dazu FRUS, Diplomatic Papers, 1943, Vol. I, General, Washington 1963, S. 470 ff.

117

Siehe dazu hinten FN 1092.

118

Kurtz, S. 64.

119

Siehe FRUS, Diplomatic Papers, 1943, Vol. I, General, Washington 1963, S. 473.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Schutzes und der Erhaltung von Kulturgütern zusammenarbeiten und Informationen für das Nachkriegs-Restitutionsprogramm sammeln würde.120 Explizit wurden sodann auch die Funktionen beschrieben, welche der Kommission zukommen sollte.121 Der Präsident stimmte diesem Schreiben am 23. Juni 1943 zu.122 Am 20. August 1943, rund vierzig Tage nach der Landung der Alliierten, gab das Innenministerium offiziell die Gründung eines beratenden Gremiums, welches die Regierung in der Formulierung ihrer Politik betreffend den Schutz von Kulturgütern in Europa und der Rückführung von gestohlenen Kunstgegenständen behilflich sein sollte, bekannt.123 Gleichzeitig wurden auch sämtliche Mitglieder der Kommission benannt, welche Vorsteher von renommierten privaten Universitäten oder Museen oder führende Persönlichkeiten in staatlichen Institution oder Regierungsstellen waren.124 Den Vorsitz der Kommission übernahm Richter Owen J. Roberts, weshalb die Kommission auch „Roberts-Commission“125 genannt wurde.126

4.

American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in Europe

a)

Aufgabenbereich der „Roberts-Commission“

Die Roberts-Commission erhielt mit ihrer Gründung einen breiten Aufgabenkomplex und einen grossen Gestaltungsraum zugebilligt. Bereits Cordell Hull hatte gefordert, dass die Roberts-Commission während des Krieges dem amerikanischen Generalstab Museumsangestellte und Kunsthistoriker zur Verfügung stellen sollte, die die Armeestäbe in Sachen Schutz der Kulturgüter während der 120

FRUS, Diplomatic Papers, 1943, Vol. I, General, Washington 1963, S. 480. Innenminister Hull benutzte dabei die selben Definitionen, wie sie Justizminister Stone in seinem Schreiben an den Präsident vom 23.12.1942 benutzt hatte. Siehe auch NA RG 239/12, Schreiben Hull an Roosevelt vom 21.06.1943.

121

Siehe auch United States Government Historical Reports on War Administration, Report of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington 1946, S. 2 f.

122

FRUS, Diplomatic Papers, 1943, Vol. I, General, Washington 1963, S. 477 ff.

123

Report of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington, 1946, S. 3.

124

Mitglieder der privaten Institutionen waren: William Dinsmoor, Archaeological Institute of America; Francis Henry Taylor, Metropolitan Museum of Art; Paul J. Sachs, Fogg Museum of Fine Arts; Alfred E. Smith, ehemaliger Gouverneur von New York. Die Mitglieder der staatlichen Institutionen und Regierungsstellen waren David Finley und Hunington Cairns, National Gallery of Art; Herbert Lehmann, Chief of the Foreign Relief and Rehabilitation Corporation, Archibald MacLeish, Bibliothekar des Kongresses.

125

Im Folgenden wird die Kommission jeweils mit Roberts-Commission abgekürzt.

126

Der Justizminister Stone hatte den Vorsitz der Kommission vorgängig abgelehnt.

33

34

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Besetzung von Europa beraten sollten. Dabei wollte er, dass bereits eingezogene Kunstsachverständige aus ihren Einheiten herausgenommen und den Generalstäben der einzelnen Armeen zugeteilt würden und dass diese unter anderem auch Listen über die von den Achsenmächten in den besetzten Gebieten geraubten Kunstgegenstände und Archive erstellen sollen. Während der Friedensverhandlungen und der Nachkriegszeit sollte die Roberts-Commission die Verhandlungskommission in den Fragen des Kulturgüterschutzes und der Restitution von Kulturgütern beraten. Dabei sollte die Kommission auch bezüglich der Frage eines „replacement in kind“, also der Ersetzung mit gleichwertigen Objekten, beratend wirken.127 Nicht zuletzt ging es den Exponenten, die sich für die Schaffung einer solchen Kommission eingesetzt hatten, darum, die in den USA von verschiedenen kunstinteressierten Kreisen vorgenommenen Arbeiten zu koordinieren. Vielfach hatten sich die von den Institutionen vorgenommenen Arbeiten bezüglich der Abklärungen für einen Schutz von Kulturgüter in Europa überschnitten, was zu Konfusionen Anlass gab. Diese Gruppierungen hatten auch keine direkten Kontakte zu Regierungsstellen oder internationalen Gremien und waren über die genauen Umstände in Europa nicht oder nur unzulänglich informiert. Die Roberts-Commission übernahm hier eine wichtige Funktion, indem sie, als vom Präsident errichtetes Gremium, direkt mit den verschiedenen involvierten Regierungsstellen kommunizieren konnte und die von den einzelnen Kommissionen

127

PRO T 209/4/ Roberts-Commission, Second Deficiency Appropriation Bill, 1944, Statement made to the American Senate by Roberts-Commission, 5.6.1944, Beiliegendes Schreiben Hull an Roosevelt, 21.06.1943. Siehe auch United States Government Historical Reports on War Administration, Report of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington 1946, S. 2 f. Als Funktionen während des Krieges definierte die American Commission: „To work with the appropriate branch of the United States Army, for the purpose of furnishing to the General Staff of the Army, museums officials and art historians, so that, so far as is consistent with military necessity, works of cultural value may be protected in countries occupied by armies of the United Nations. There are, at present, serving in the armed forces of this country, qualified museum officials and art historians who could, if desired, be attached to general headquarters of armies on active combat in the European theatre of operations. To compile, through the assistance of refugee historians of art and librarians, lists of property appropriated by the Axis invading forces, by representatives of Axis governments, and by private citizens of Axis countries“. Die Funktionen für die Kommission nach dem Krieg wurden beschrieben als: „The American Commission should urge that the Armistice terms include the restitution of public property appropriated by the Axis Powers. Where it is not possible the restore such property, either because it has been destroyed or cannot be found, restitution in kind should be made by the Axis Powers to the countries from which the property has been taken. In such cases, the Commission should recommend a list of equivalent works of art or historic documents which should be transferred to the invaded countries from Axis museums or from the private collections of Axis leaders. The Commission should urge that restitution be made of private property appropriated by the Axis Nations“.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

erarbeiteten Hilfsmittel diesen Stellen zukommen liess.128 Die Kommission sammelte die vom „American Council of Learned Societies“129 und vom „Harvard Committee“130 beschafften Informationen und erstellten Listen und Karten, auf welchen die historisch und kulturell wichtigen Gebäude, Denkmäler und Museen in den jeweiligen Dörfern oder Städten auf dem europäischen Festland, verzeichnet waren. Diese Listen und Karten wurden unter anderem von der Roberts-Commission zu Handbücher und Atlanten gebunden und über die verschiedenen Regierungsstellen den militärischen Kommandostellen abgegeben.131 Ausserdem wurde durch einen Ausschuss in Verbindung mit einer privaten Institution ein Kartenindex über zerstörtes oder gestohlenes Kulturgut aufgrund von Angaben in Zeitungen des Gegners erstellt.132 Bevor der Krieg endete, hatte die Kommission die Ausführung von über 700 Karten mit wichtigen Kulturzentren in alliierten und feindlichen Staaten koordiniert. Listen und Karten vermittelten Informationen über zahlreiche kulturelle Lagerorte, Denkmäler und Archive. Das Kriegsministerium verteilte die Karten an die Luftwaffe, um damit Schäden an historischen und kulturellen Orten durch Bomben zu verhindern. Der Verteilmechanismus war jedoch schwach, und viele Luftwaffeneinheiten bekamen keine Karten. Der fehlende Support der Streitkräfte, insbesondere der dazu benötigten Logistik, verhinderte die effiziente Durchführung eines wirkungsvollen Kulturschutzprogrammes. Die „Roberts-Commission“ war auch Anlaufstelle für das Kriegsministerium in Fragen der Verhinderung von Zerstörungen an Kulturgütern in den Kriegsgebieten.133 So wurde die Kommission regelmässig von der Marine134, der Armee, der Luftwaffe und dem Innenministerium kontaktiert. Die Regierungsstellen stellten Fragen nach dem Aufenthaltsort bestimmter Kunstwerke, der exakten Lage von bestimmten historischen oder kulturellen Gebäuden, deren Geschichte und ihres historischen Wertes. Es kamen aber auch Gesuche um Nachforschun-

128

Vergleiche Report of the American Commission of Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington 1946, S. 7 ff.

129

Siehe unten S. 39.

130

Siehe unten S. 41.

131

Siehe dazu auch Craigh Hugh Smyth, Repatriation of art from the Collecting Point in Munich after World War II, Den Haag, 1988, S. 12.

132

Siehe PRO T 209/2 Minutes of First Meeting of The committee for restitution and preservation of cultural and artistic material in war areas. Ausführungen von Prof. Dinsmoor, Roberts-Commission.

133

PRO T 209/4/ Roberts-Commission, Second Deficiency Appropriation Bill, 1944, Statement made to the American Senate by Roberts-Commission, 5.6.1944, S. 31.

134

Die Marine wollte unter anderem genaue Karten und Listen von den Kulturgütern in den Kriegsgebieten im Pazifischen Raum.

35

36

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

gen über bestimmte Bereiche des Kulturgüterschutzes oder des Raubes in Europa.135 Ein weiterer Bereich, in dem die Roberts-Commission für das Kriegsministerium tätig war, betraf die Suche nach geeigneten Kunstsachverständigen, Museumsangestellten, Historikern und Architekten. Solche Personen wurden, wenn sie von der Kommission als fähig erachtet wurden, vom Kriegsministerium rekrutiert und in einer späteren Phase den Truppen für die Beratung bezüglich der Verhütung von Zerstörungen an Kulturgütern, aber auch für die Suche allfälliger Raubgüter, direkt unterstellt.136 Mittels spezifischer Befehle von General Eisenhower bekamen diese Offiziere die notwendigen militärischen Befugnisse.137 Nachdem bereits im Jahre 1942 von verschiedenen Seiten, insbesondere von europäischen Emigranten, bekannt wurde, dass deutsche Spezialeinheiten in den besetzten Ländern Kulturgüter raubten138, verwendete die Roberts-Commission einen guten Teil ihrer Zeit mit der Problematik der Rückführungspolitik und dem genauen Ausarbeiten von Grundregeln für die Restitution.139 Des Weiteren empfahlen die Kommissionsmitglieder dem Office of Strategic Studies (OSS)140, welches an Informationen über von den Nazis geraubter Kunst interessiert war, eine Untersuchungskommission für Kunstraub aufzubauen.141 135

Siehe dazu im Einzelnen auch der Bericht: Report of the American Commission of Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington 1946.

136

PRO T 209/4/ Roberts-Commission, Second Deficiency Appropriation Bill, 1944, Statement made to the American Senate by Roberts-Commission, 5.6.1944, S. 31. Dabei wurde eine Kommission gegründet, die eine Zusammenstellung des deutschen Raubgutes erarbeiten sollte. In dieser Kommission wurden auch Vorschläge ausgearbeitet für eine Zollkontrolle von geraubten Kunstwerken, welche in die USA geschickt wurden, und Empfehlungen erarbeitet für die Behandlung von Vorschlägen im Umgang mit den an die Kommission gerichteten Briefen von Einzelpersonen, die um Beratung bezüglich einer Rückerstattung der von den Deutschen beschlagnahmten Kunstgegenständen baten. Siehe dazu auch Report American Commission, S. 8 f.

137

Für detaillierte Ausführungen siehe unten S. 68 f.

138

Karol Sieh, der polnische Vertreter an der Konferenz der Alliierten Erziehungsministerien aber auch Carol Estreicher, hatten detaillierte Kenntnisse über den Raub von Kunstwerken durch die Nazis in Polen. Siehe dazu NA RG 331/General Staff/G-5 Division/Operations Branch/Monuments, Fine Arts & Archives Section/Subject File Aug. 1943–1945/331, The destruction and Plunder by Germany of Works of Art and the Necessary cultural Revindication resulting from it; Report presented by Dr. Charles Estreicher to several American scientific organizations during his stay in the United States of America in Nov. 1942–April 1943. Vgl. auch Leonard Woolley, S. 4.

139

Siehe RG 239/40, Scheme for Restitution of art, art books and archives, August 1944; sodann auch RG 239/41, diverse Dokumente über Restitution principles. Zum Thema Restitution siehe auch hinten Teil II, S. 344 ff.

140

Militärischer Geheimdienst der USA. Siehe dazu hinten S. 180 ff.

141

Siehe dazu NA RG 239/5, Proceedings, Meeting 11.10.1944, S. 48 ff. Siehe auch Kapitel 10, S. 182 ff. für genauere Erläuterungen.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Die Roberts-Commission erhielt erst nach und nach Kopien der Berichte des Finanzministeriums über die interkontinentalen Machenschaften im Kunsthandel. Sie weckte bei ihren Mitgliedern die Befürchtung, dass es nach der Befreiung Europas zu einem Massenverkauf von illegal erworbenen Kunstwerken kommen könnte, die sich seit der Einrichtung der britischen Blockade auf dem Kontinent angesammelt hatten, was jede Rückführung praktisch verunmöglichen würde.142 Viele Fachleute empfahlen deshalb, die Verschiebungen von Kunstwerken vom europäischen Kontinent nach dem Waffenstillstand unverzüglich zu unterbinden.143 Als Reaktion auf diese Befürchtungen hatte die Roberts-Commission dem Finanzministerium im Februar empfohlen, die Zollbeamten dahingehend zu instruieren, dass sie alle in den USA eingeführten Kunstwerke mit einem Wert von 5’000 US Dollar oder mehr sowie alle verdächtigen Objekte von historischem, wissenschaftlichem oder künstlerischem Interesse zurückhielten, bis für deren Herkunft ein zufriedenstellender Beweis erbracht worden war. Die Roberts-Commission erklärte sich zur Mithilfe bei diesen Abklärungen bereit.144 Der diesbezügliche Befehl erging am 8. Juni 1944 unter der Bezeichnung Treasury Decision 51072.145

b)

Schwierigkeiten der „Roberts-Commission“

Die Aufgaben146, welche sich die Roberts-Commission widmete, waren mit einer Vielzahl von Problemen beladen. Das Hauptproblem bestand darin, dass sich in der Washingtoner Administration und im militärischen Oberkommando nur sehr wenige Personen mit dem Schutz von Kulturgütern tatsächlich auseinandersetzten. In der Zeit der Bekämpfung des Dritten Reiches stiessen die Kommissionsmitglieder für ihre Anliegen oftmals auf taube Ohren und waren lediglich geduldet.

142

Laut einer Erklärung der Exilregierungen 1943 in England waren unter „illegal erworbenen Objekten“ alle Kunstwerke zu verstehen, die in den von den Achsenmächten besetzten Gebieten verschoben worden waren, auch wenn die Transaktion legal aussah. Siehe dazu auch die Inter-allied Declaration against acts of Dispossession committed in territories under Enemy Occupation or Control (Londoner Erklärung) vom 5.01.1943. Ausführliche Beschreibung mit Text siehe auch S. 215.

143

Siehe dazu auch NA RG 239/7, Georges Wildenstein, „Works of art – Weapons of war and peace“, La République Francaise, Dezember 1943.

144

NA RG 239/5, Roberts-Commission, Protocol, Meeting 3.02.1944; RG 239/11, Diverse Dokumente und Vorschläge über ein Zollgesetz.

145

Siehe unten Seite 236.

146

Für die genauen Aufgaben der Roberts-Commission siehe auch NA RG 239/12 Memorandum for members and advisors of the American Commission, 25.07.1945 und 09.09.1945.

37

38

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Ein Problem bestand darin, dass die Roberts-Commission weitab von den wirklichen Geschehnissen sass und auf Informationen von den Regierungsstellen angewiesen war. So hatten die Mitglieder der Roberts-Commission bis zum 20. Oktober 1943 noch nicht eine einzige offizielle Mitteilung über die Ereignisse in Sizilien erhalten. Trotz dieser militärischen Informationssperre erzielte die Kommission auch Fortschritte. Paul Sachs, der wie kein zweiter über das Personal in amerikanischen Museen Bescheid wusste, da er es zu einem wesentlichen Teil ausgebildet hatte, erhielt den Auftrag, einen Dienstplan mit geeigneten Offizieren aufzustellen. In Anbetracht der fehlenden Informationen aus dem Feld übte David Finley in einer umfangreichen Korrespondenz mit dem stellvertretenden Kriegsminister John McCloy Druck auf das Kriegsministerium aus und beharrte darauf, dass die Offiziere taktischen Einheiten zugeteilt und offiziell besser unterstützt würden. Er fragte auch an, ob die Karten die Luftwaffe je erreicht hätten, und verlangte einen umfassenden Bericht.147 Die Kommission wusste nicht viel mehr als das, was sie den Zeitungen entnehmen konnten, und daraus ging hervor, dass sich die Vereinigten Staaten, was den Schutz von Kulturdenkmäler betraf, nicht viel besser als die Deutschen verhielten.148 Ein Sonderbericht über die Zerstörungen und deutschen Gräueltaten in und um Neapel, den der amerikanische Finanzminister Henry Morgenthau nach einem Besuch im Kriegsgebiet für Roosevelt verfasst hatte, veranlasste die RobertsCommission, intensiv darauf hinzuwirken, dass die Alliierten eines oder mehrere Kulturzentren Italiens zu offenen Städten erklärten, damit die Bestände der Depots dorthin überführt werden konnten.149 Die militärischen Kommandan-

147

NA RG 239/13, Korrespondenz Finley-McCloy.

148

Nicholas, Raub der Europa, S. 310. Siehe auch NA RG 239/97, Memorandum on the Organisation and Specific Functions of Files from AMG and other sources dealing with war damage and looted works of art. Zu einem späteren Zeitpunkt erhielten sie auch Informationen, die sich in den monatlichen AMG-Berichten des militärischen Nachrichtendienstes und des War Departments befanden. In den sogenannten ACLS Committee Files sind sodann Berichte und Analysen von unzähligen internationalen Zeitungen und Radioberichten zu finden. Informationen erreichten die Kommission auch über das Economic Warfare, die OSS, die Vaucher Commission und die London Embassy.

149

NA RG 239/13, Korrespondenz Finley an McCloy, 2.10.1943. Von den zahlreichen Fällen der Zerstörung wichtigen Kulturguts im besetzten Gebiet ist die Sprengung der Arnobrücken in Florenz eines der bekanntesten Beispiele geworden. Beim Herannahen der alliierten Truppen hatte sich die deutsche Führung in Italien entschlossen, Florenz zur offenen Stadt zu erklären und alle deutschen Truppen aus der Stadt abzuziehen, um so die zahlreichen Kulturgüter des Ortes vor der Zerstörung zu bewahren. Die dazu erforderlichen Massnahmen wurden mit grosser Sorgfalt durchgeführt. Man ging so weit, die Stadttore zu vermauern, um auch auf diese Weise möglichst jeden Durchzug von Truppen zu verhindern. Ausserdem sicherten Hunderte von Verbotstafeln und strenge Absperrungen die Entmilitarisierung der Stadt. Zur Zerstörung der Arnobrücken kam es, weil der letzte Stadtkommandant durch das sogenannte Alexanderflugblatt, in dem angekündigt wurde, Florenz werde nicht als offene Stadt behandelt, nervös geworden war. Der Zerstörungsbefehl wurde

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

ten wollten sich jedoch nicht in ihrer taktischen Möglichkeiten einschränken lassen. Die Informationen über die Entwicklungen in London, wo sich die Alliierten auf die Invasion in Europa vorbereiteten, erreichten die Roberts-Commission noch immer nicht über die offiziellen Kanäle, sondern nur über die privaten Briefe von Sir Leonard Woolley, dem Archeological Advisor des britischen Kriegsministeriums.150 Aus diesem Grund schickte die „Roberts-Commission“ Colonel Henry C. Newton als Verbindungsmann und Fachberater von General Eisenhower nach England.151

5.

Arbeit der verschiedenen privaten amerikanischen Organisationen im Bereich des Kulturgüterschutzes

a)

„Committee of the Learned Societies on Protection of Cultural Treasure in War Areas“

George Stout, welcher die eigentliche Idee eines „Roten Kreuzes für die Kunst“ entwickelt hatte, schrieb seinerseits ein Memorandum, welches er, nachdem es auch noch der Harvard-Professor George Chase und Paul Sachs unterzeichnet hatten, dem Vorsitzenden des „American Council of Learned Societies“ vorlegte.152 Am 29. Januar 1943 traf sich der Vorstand dieser Vereinigung und diskutierte das Memorandum. Sie beauftragten Professor Dinsmoor und Professor Morey, Vorsitzender der Abteilung Kunst und Archäologie der Universität Princeton, mit der Aufgabe, herausfinden, wie das Memorandum am besten umgesetzt werden konnte. Das Resultat war die Bildung einer Kommission mit dem Namen „American Council of Learned Societies Committee on Protection of Cultural Treasures in War Areas“.153 In dieser Kommission befanden sich Personen wie Dinsmoor, Sachs, Taylor, Finley und Morey. In den folgenden Monaten bekam diese neue Institution Hilfe von verschiedenen Seiten. Das Metropolitan

in der Absicht gegeben, eine für notwendig erachtete Kampfmassnahme durchzuführen. Dass er nicht mehr widerrufen werden konnte, als sich die Lage geklärt hatte, beruhte auf einer Verkettung unglücklicher Zufälle. Siehe auch Buhse, S. 39 f. 150

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 364.

151

Siehe PRO T 209/2 Minutes of First Meeting of The committee for restitution and preservation of cultural and artistic material in war areas. Ausführungen von Prof. Dinsmoor, „Roberts-Commission“.

152

Siehe Report of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington, 1946, S. 33; Aber auch NA RG 239/12, Committee of the Learned Societies on Protection of Cultural Treasure in War Areas, First Full Meeting, 14.08.1943, S. 1.

153

NA RG 239/12, Committee of the Learned Societies on Protection of Cultural Treasure in War Areas, First Full Meeting, 14.08.1943, S. 1 ff.

39

40

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Museum stellte Büroräumlichkeiten zur Verfügung, und die Rockefeller-Stiftung steuerte Gelder für die Entlöhnung der Angestellten bei.154 Die Vereinigung durfte auch die Art Reference Library von Helen Frick für ihre Arbeiten benutzen. Die Kommission zog die „American Society of International Lawyers“, eine Vereinigung international tätiger Rechtsanwälte, zur Beratung bei, und bald verschickte der „Council of Learned Societies“ Fragebögen an Hunderte von Personen, die mit der Kunstszene in irgendeiner Verbindung standen. Ausserdem stellte man eine Streitschrift über die deutschen Plünderungen – soweit bekannt – zusammen, um sie an die Kongressabgeordneten zu verteilen, in der Hoffnung, Anhörungen vor dem Ausschuss für Auslandsbeziehungen zu erwirken und die Einrichtung einer staatlichen Institution für Kulturgüterschutz auf höchster Ebene voranzutreiben.155 In New York wurden von den Angestellten des „American Council of Learned Societies“ Kulturstätten, wichtige historische und kulturelle Gebäude sowie Denkmäler auf Landkarten übertragen.156 Insgesamt entstanden 786 relativ unscharfe Landkarten von Europa und Südostasien.157 Für die Invasion in Italien kamen sie jedoch zu spät, weshalb verschiedene historische Städte und Monumente zerstört wurden.158 Noch im Oktober 1943 beauftragte der Oberbefehlshaber der Luftflotte Mittelmeer, Sir Arthur Tedder, den Piloten, Kunstkenner und nachmaligen Kunstschutzoffizier Christopher Norris159 mit der Erstellung von präzisen Luftkarten. Bis Februar 1944 entstanden so 79 Karten von italienischen Städten, die in der Folge manchen historischen Stadtkern vor der Zerstörung bewahrten.160

154

NA RG 239/5, Minutes of a special meeting of the Roberts-Commission, 8.10.1943, S. 4. Siehe auch NA RG 239/12, The Rockefeller Foundation, A review for 1943.

155

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 293.

156

Dabei wurde auf Armeekarten von Europa mit deren Landschaften und Städten eine transparente Folie gelegt, diese mit Markierungen und Beschriftungen versehen und das Ganze dann fotografiert. Siehe auch Report Roberts-Commission S. 34 ff.

157

NA RG 239/79–85 mit Karten und Listen von Kulturgütern in Tunesien, Sizilien, Sardinien, Korsika, Italien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Holland, Dänemark, Norwegen, Griechenland, Albanien, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Ungarn, Österreich, Deutschland, Siam, Japan und Korea.

158

New York Herald Tribune, 10.08.1943, Bericht über die massiven Schäden durch Bombardierungen in Palermo. Für die rechtlichen Auseinandersetzungen bezüglich den alliierten Flächenbombardierungen währen des Zweiten Weltkrieges siehe auch Kolb, in: Jusletter 16. August 2004.

159

Norris leitete von 1946 bis 1951 die Monuments, Fine Arts and Archives Branch in der britischen Besatzungszone.

160

Siehe PRO WO 220/597, Reports of Fine Arts and Archives and Monuments in Italy; WO 220/599, Italy Protection of Fine Arts, Archives etc, Various press releases.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Daneben begannen sie mit dem Erstellen von Listen über zu schützende Kulturgüter, die dann über die Roberts-Commission an die betroffenen Regierungsstellen weitergeleitet wurden.161

b)

„American Defense Harvard Group“

Kurze Zeit nach der Gründung des „American Council of Learned Societies“ gründete Paul Sachs in Harvard eine weitere Institution, die „American Defense Harvard Group“, welche sich ebenfalls mit dem Schutz von Kulturgütern befasste. Die Mitglieder dieser Gruppe erstellten in ehrenamtlicher Arbeit Listen mit den Monumenten, Museen und historischen und kulturell wertvollen Gebäuden von den durch die Nazis besetzten europäischen Staaten. Ausserdem verfasste die Gruppe auch Lehrschriften über den Aufbau der Denkmalpflege. Die Listen und die Schriften wurden sodann in Handbücher zusammengefasst.162 Die Handbücher waren so aufgebaut, dass sie von den alliierten Kunstschutzoffizieren, aber auch von den alliierten Truppenkommandanten, benutzt werden konnten. Innert kürzester Zeit konnte man überprüfen, ob ein für die Einquartierung der Truppen oder die Errichtung eines Kommandopostens vorgesehenes Gebäude geschützt und daher nicht benutzbar war oder nicht. Trotzdem quartierten sich insbesondere am Anfang der alliierten Invasion in Europa immer wieder Truppen in geschützten Gebäuden, Museen und Schlösser ein.163 Neben den Listen arbeitete die „American Defense Harvard Group“ auch an Handbüchern über den Schutz und die Konservierung von Kulturgütern jeglicher Art und Archiven, die den alliierten Kunstschutzoffizieren und den Militärregierungsoffizieren abgegeben wurden.164 Die Gruppe arbeitete auch mit dem „Office of Provost Marshal General of the Army“ zusammen, welche die Organisation und die Führung der neuen Schule für die in Europa geplante Militärregierung inne hatte.165 Dabei wurden einige Absolventen dieser Schule, welche für die zivile Administration von besetzten und befreiten Ländern ausgebildet wurden, auch im Bereich des Schutzes von Kulturgütern unterrichtet.166 161

Für Beispiele siehe NA RG 239/12 List of Protected Monuments in Italy, 6, Regions Emilia and Lombardia.

162

In den Handbüchern der Ziviladministration für die verschiedenen Länder ist die Denkmalschutzpflege des jeweiligen Landes genau beschrieben; PRO WO 220/606, Civil Affair Handbook, The Netherland, M 357-17 und Denmark, M 366-17; PRO WO 220/610, Civil Affair Handbook, France, M 352-17B.

163

Siehe dazu auch S. 108.

164

PRO, WO 220/586, Notes on Safeguarding and Conserving Cultural Material in the Field, Part I and II, American Defense Harvard Group 1943. Die beiden Teile, insgesamt rund 100 Seiten stark, geben genaue Angaben zum Vorgehen beim Schutz und der Erhaltung von beschädigten Kunstgegenständen.

165

Siehe dazu S. 66.

166

Siehe Report Roberts-Commission, S. 34.

41

42

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

c)

Restitutionsfrage

Schon früh wurde an den Sitzungen in der Roberts-Commission über die Frage der Restitutionspolitik verhandelt. Kongressbibliothekar Archibald MacLeish hatte als Mitglied einer Delegation des Aussenministeriums unter der Leitung des damaligen Kongressabgeordneten J. William Fulbright eine Mission in Europa übertragen bekommen und war deshalb schon nach London geflogen, ausgerüstet mit einem Fragebogen zum Status der Kunstwerke in Privatbesitz. Durch seine Mission kam er in Kontakt mit der „Conference of Allied Ministers of Education“167, die noch immer keinerlei konkrete Schritte zur Abklärung unternommen hatte, wie man bewegliche Kunstwerke bei Kriegsende überwachen könnte. MacLeish konnte sie über die Massnahmen unterrichten, welche die Roberts-Commission in den USA in die Wege geleitet hatte. Aufgrund der erfolgreichen Landung der Alliierten in der Normandie wurde die Frage der Rückerstattung von Kulturgüter nach dem Kriege für die RobertsCommission sehr aktuell. Nach verschiedenen Verhandlungen mit den verschiedenen amerikanischen Regierungsstellen stellte es sich heraus, dass diesbezüglich noch keinerlei Richtlinien existierten.168 Die Kommission war sich einig, dass die Notwendigkeit einer internationalen Übereinkunft bezüglich Restitutionsprinzipien für Kulturgüter bestand. In einer speziellen Unterkommission nahm man sich dieser Problemstellung an. Ein weiterer Bereich, welcher das erste Jahr der Kommission in Anspruch nahm, war die des Schutzes der Kulturgüter und Denkmäler in den Kriegszonen. Dr. Paul Sachs beurteilte und koordinierte dabei die von den verschiedenen privaten Organisationen zusammengestellten Listen mit gefährdeten Objekten und die vorbereiteten Atlanten mit dem bezeichneten kulturellen Orten. Er schlug sodann vor, dass die privaten Organisationen ihre Arbeiten über die Kommission senden würden, damit die richtige Verteilung gewährleistet war.

d)

Entwicklungen in der Roberts-Commission

Die Roberts-Commission nahm im Verlaufe ihrer Tätigkeit auch Kontakte mit ausländischen und internationalen Institutionen wie dem „European Advisory Committee“ (EAC)169, der „Macmillian Commission“170 und der „Vaucher Commission“171 auf, diskutierte mit diesem Gremien die Möglichkeiten einer 167

Vermittlungsausschuss der Alliierten Erziehungsministerien. Siehe dazu unten S. 50.

168

Siehe dazu auch die Probleme der amerikanischen Regierung in der Definition einer Politik bezüglich eines Nachkriegsdeutschlands auf S. 265 ff.

169

Eine europäische Beratungskommission, vgl. unten S. 257.

170

Ein Pendant zur „Roberts-Commission“ in Grossbritannien, siehe S. 47.

171

Ein Unterauschuss der Konferenz für alliierte Erziehungsministerien, siehe unten S. 50.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Restitutionspolitik172 und unterhielt ein ständiges Büro in London, welches von Francis Henry Taylor geführt wurde.173 Taylor selbst setzte sich während des Krieges als Zivilist in Frankreich für den Schutz und insbesondere für die Sammlung von Informationen über geraubte Kunstwerke ein. Obwohl die Roberts-Commission für den Schutz, aber auch die Wiedererlangung von Kunstwerken einigen Erfolg verbuchen konnte, musste sie sich gegenüber den Regierungsstellen immer wieder rechtfertigen und um die benötigten Gelder kämpfen.174 So wurde sie denn auch im Sommer 1946 aufgelöst, und die militärische Kulturgüter Sektion in den Besatzungszonen war die einzige Regierungsstelle der USA, welche sich ausschliesslich mit Kulturgüterschutz beschäftigte.175

III.

Britische Kulturgüterschutzbemühungen

1.

Gründung einer britischen Kulturgüterschutzkommission

Die Anfrage des britischen Innenministeriums im Mai 1943 betreffend die britischen Interessen für die Gründung einer Kommission, die sich um die kriegsbedingten Kulturangelegenheiten kümmern sollte, provozierte in den Regierungskreisen eine intensive Debatte. Das Aussenministerium favorisierte dabei eine darüber hinausgehende Rekonstruktionskommission unter einer Institution der Vereinigten Nationen. Daneben sollte es eine nationale Kommission geben, welche der „Reconstruction Commission“ untergeordnet sein sollte. Eine spezielle Institution für die Restitution von Kulturgütern und Rehabilitation wurde dabei aber abgelehnt.176 Private Institutionen, welche sich nun in die Diskussion einmischten, wünschten jedoch die Gründung einer speziellen Kommission für den Schutz der Kulturgüter und befürworteten eine inter-alliierte Institution nur für kulturelle Angelegenheiten.177 Die zivile Organisation der Amerikaner wurde durch die britische Regierung zwar unter die Lupe genommen, aber wieder verworfen, da man der Meinung war, dass insbesondere die Arbeit vor Ort unter

172

Siehe auch PRO 209/2, Minutes, 6 th meeting, 20.09.1944, der MacMillian Commission, an welchem auch Henry Taylor von der „Roberts-Commission“ teilnahm.

173

Siehe Report Roberts-Commission, S. 24 f. Auch Nicholas, Raub der Europa, S. 369 ff.

174

Siehe dazu PRO T 209/4, Second Defiency Appropriation Bill, 1944 des US Senates.

175

Siehe Report Roberts-Commission, S. 24 f.

176

NA RG 239/5, Appendix 1 to Minutes, 27. July 1944, File July 27. 1944, Meeting, Minutes of Meetings.

177

NA RG 239/ 5, Appendix 1 to Minutes, 27. July 1944, File July 27. 1944, Meeting, Minutes of Meetings.

43

44

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

militärischer Verantwortung erfolgen und die exklusive Kontrolle beim militärischen Oberkommandierenden liegen müsse. Eine zivile Organisation kam daher für die britische Regierung nicht in Frage. Doch immer wieder und immer stärker forderten private Institutionen und Kunstsachverständige die Einsetzung einer speziellen zivilen Kommission. Der erste Schritt zur Gründung einer Kommission für den Schutz und die Rückerstattung von Kunstobjekten und Archiven kam von der Konferenz der Direktoren der staatlichen Museen und Galerien, die im November 1943 ein Memorandum betreffend den Schutz und die Restitution von Kulturgütern in den Kriegsgebieten unterzeichneten.178 Für die Museumsdirektorenkonferenz hatte James G. Mann von der „Wallace Collection“, das Memorandum mit dem Titel „The protection of cultural monuments and works of art“ verfasst.179 In diesem Memorandum wird die tiefe Besorgnis über die Gefährdung von Kunstobjekten, Denkmälern und Museen auf dem europäischen Kontinent durch die Kriegseinwirkungen zum Ausdruck gebracht. Im Memorandum werden drei Kernpunkte zur Sprache gebracht: In einem ersten Punkt wird auf eine fehlende Organisation für den Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern in den Kriegsgebieten verwiesen. Dabei stellt der Verfasser fest, dass das War Office zu diesem Zweck zwar ein Departement, unter der Leitung von Lt. Col. Sir Leonard Woolley, aufgebaut hat und dass bereits einige Kunstschutzoffiziere auf dem Kontinent arbeiten würden. Er vertrat aber die Meinung, dass aufgrund der Wichtigkeit dieses Themenkreises eine grössere unabhängige Organisation aufgebaut werden sollte, welche nicht als Abteilung innerhalb der Armeestruktur geführt werde. Ein zweiter Punkt betraf die Schäden an Museen, historischen Gebäuden und Denkmälern durch Flächenbombardierungen. Diese sollten auf ein Minimum reduziert werden, indem man die Fliegerbesatzungen und die Luftwaffe entsprechend schulen sollte.180 Drittens wurde auch auf den Raub von Kulturgütern und deren Verlagerung in ganz Europa aufmerksam gemacht. In der Nachkriegszeit müssten deshalb sehr komplexe Fragen betreffend die Restitution und die Kompensation von Kulturgütern und die dringendsten Renovatio-

178

Siehe dazu auch PRO T 209/2 Minutes of First Meeting of The committee for restitution and preservation of cultural and artistic material in war areas, S. 1. Insbesondere Ausführungen von Lord Lang of Lambeth.

179

PRO T 209/1, 1st Draft of Memo „The protection of Cultural Monuments and works of Art“, November 1943.

180

Dabei wurde auch vermerkt, dass bereits eine kurze Liste mit Gebieten von erstrangigem historischen und künstlerischen Bauten, in welchen Schäden vermieden werden sollten, und mit Gebieten, in welchen man den Kampf derart führen sollte, dass die Schäden an Kunstobjekten minimiert werden könnten, an das Bomberkommando der RAF in Nordafrika verteilt worden war.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

nen von Gebäuden und Monumenten entschieden werden. Dieser ganze Komplex bedürfe einer gezielten Ausarbeitung und vertraglicher Fixierung.181 Der Konferenzvorstand fragte sodann die „Trustees of the British Museums“182 an, ob sie dieses von der Museumsdirektoren unterzeichnete Memorandum der Regierung weiterreichen würden. Im Januar 1944 wurde das Schreiben von Lord Lang of Lambeth183 dem Premierminister Winston Churchill übergeben.184 Im Dezember 1943 wurde der Premierminister ausserdem von verschiedenen Unterhausabgeordneten informiert, dass man besorgt sei, dass nichts für die Erhaltung der Kulturgüter, Denkmäler und Objekte in Italien und in Westeuropa gemacht werde.185 Der „Innenminister für Krieg“ orientierte daraufhin das britische Kriegskabinett über die für den Schutz der Kulturgüter getroffenen Vorkehrungen.186 Im Februar 1944 reichte Lord Lang, der ehemalige Erzbischof von Canterbury, im britischen Oberhaus eine Motion ein und wollte wissen, welche Schritte von der Regierung für den Schutz von historischen und kulturellen Schätzen vorbereitet worden waren. Lang fragte auch, ob die Regierung bereit sei, eine ähnliche Kommission, wie sie in den USA existierte, zu gründen.187 Die Anfrage im Oberhaus führte zu einer grösseren Debatte. Dabei traten die unterschiedlichen Meinungen in Erscheinung.188 Diese wie auch andere Debatten behinderten die britische Beteiligung am Schutz und der Restitution von Kulturgütern. 181

Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bereits eine spezielle Kommission, unter der Leitung eines Bundesrichter und wichtigen Persönlichkeiten, gegründet hat, diese Kommission sich bereits mit den oben beschriebenen Problemen auseinandersetzen würde und eine britische amerikanische Zusammenarbeit erwünscht wäre.

182

Verwaltungsräte (Stiftungsräte) der Britischen Museen.

183

Chairman of the Standing Committee of the Trustees of the British Museums.

184

PRO T 209/1, Memorandum „The Protection of Cultural Monuments and works of art, 14.12.1944. Es wurde unter anderem auch durch die wichtigsten Vorsteher der Kulturinstitute von Grossbritannien unterzeichnet (Principal Trustee of the British Museum, Chairman of the Standing Committee of the Trustees of the British Museum, Chairman of the National Gallery, Chairman of the Advisory Council of the Victoria and Albert Museum).

185

PRO T 209/1, Schreiben, E. Keeling, House of Commons an Premierminister Winston Churchill, 10.12.1943, mit verschiedenen beigelegten Briefen von Keeling und Rt. Hon. Sir Archibald Sinclair, James Mann, Rt. Hon. C. Attlee.

186

PRO WO 220/598, Ausschnitt The Times vom 2.2.1944 betreffend Art Treasures in Europe Allied measures for protection. Minutiös werden die verschiedenen in der Armee und dem Kriegsministerium eingebetteten Stellen und Personen, die sich um Kulturgüter kümmern, erwähnt.

187

PRO WO 220/598, Ausschnitt The Times vom 2.8.1944, Parliament, Historic buildings in war areas.

188

Great Britain, Parliament, Hansard’s Parlamentary Debates, (Lords), 5th series, 130 (1943– 44), S. 814–862; Lord Latham attackierte Lord Lang massiv und beschuldigte den Kirchen-

45

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Mit Schreiben vom 28. März 1944 wird der Premierminister vom amerikanischen Präsidenten aufgefordert, ebenfalls eine Regierungsstelle für den Schutz von Kulturgütern zu errichten.189 Premierminister Churchill gründete jedoch bis Ende Mai 1944 keine nationale Kommission. Der „Secretary of State for War“ entwarf zusammen mit dem Lord Chancellor für den Premierminister ein Memorandum an Lord Lang of Lambeth und luden diesen ein, die Namen von Experten, die in einer Kommission für Kulturgüter Einsitz nehmen sollten bekanntzugeben. Die zu gründende Kommission sollte sich aber auf eine generelle Diskussion über die Restitutionund Reparationspolitik von Kulturgütern in der Nachkriegszeit beschränken. Unter keinen Umständen könne sie direkten Einfluss auf die Kunstschutzoffiziere nehmen.190 In einem Statement veröffentlichte Churchill wenig später, dass die Regierung beabsichtige, eine Kommission für den Schutz von Kulturgütern ähnlich derjenigen, welche vom amerikanischen Präsidenten gegründet wurde, aufzustellen.191 Am 16. Februar wurde die Gründung einer Kommission zum Schutz von Kulturgütern durch den Lord Chancellor im Oberhaus des englischen Parlamentes bekanntgegeben.192 Der Lord Chancellor beschrieb in seiner Rede die Aufgabe der Kommission jedoch dahingehend, dass sie sich mit der Auffindung von geraubten Kulturgütern beschäftigen solle. Am 9. Mai 1944 wurde vom Premierminister sodann die Zusammenstellung der Kommission und deren Aufgaben bekanntgegeben.193 Die Aufgabe der Kommission bestand darin, die Regierung mann, sich mehr um die alten Gebäude als um die britischen Soldaten zu sorgen. Sowohl Herzog Samuel wie auch der Lord Chancellor Herzog Simon meinten jedoch, Latham würde auf eine frühere Rede des Bischofs von Chichester betreffend der Suspendierung oder Modifizierung der Politik des Flächenbombardements antworten. Samuel und Simon dachten, dass die Motion Langs von der Bombendebatte separat betrachtet werden müsse. Sie verwiesen dabei auch auf die Eisenhower-Direktive betreffend den Schutz der sizilianischen Kulturgüter und empfahlen dem Kriegsministerium aufgrund der Gefährdung der nationalen Reputation den Schutz dieser Güter prioritär zu behandeln. 189

PRO WO 220/584, Schreiben des amerikanischen Präsidenten über die amerikanische Botschaft in England, „about the suggestion to appoint a British Commission to advise on the conservation and restitution of works of art in enemy controlled Europe“, 28.03.1944.

190

PRO WO 220/584, Minutes von Foreign Office, Kirby to War Office, Wooley vom 26.02.1944

191

PRO T 209/1, Schreiben Lord Lang of Lambeth, British Museums to James G. Mann, Wallace Collection, 15.04.1944.

192

PRO T 209/1 Siehe Schreiben Lord Lang of Lambeth, British Museums to James G. Mann, Wallace Collection, 15.04.1944.

193

PRO T 209/1, Text von Premierminister Churchill betreffend der Zusammenstellung und der Aufgabe der Kommission. Die Mitglieder der Kommission waren: The Right Hon. Lord Macmillan (Chairman), Prof. G. M. Trevelyan, Sir John Fordsdyke, representing the British Museum; The Duke of Wellington, Sir Eric Maclagan, representing the Victoria and Albert Museum; The Right Hon. Vincent Massey (Deputy Chairman), Sir Kenneth Clark, representing the National Gallery; Sir John Clabham, Sir Frederic Kenyon, representing British

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

bei der Restitution von Kulturgütern und Archiven, welche aufgrund der Kriegsereignisse durch Privatpersonen oder feindliche Regierungen verschleppt worden waren, zu beraten. Dabei sollte die Kommission eng mit der amerikanischen Kommission zusammenarbeiten und sich Informationen auch von internationalen Institutionen, wie der Konferenz der alliierten Erziehungsministerien, beschaffen. Die Kommission sollte insbesondere die technischen Problemen (rechtliche Probleme wurden explizit ausgeklammert), welche sich aus den politischen Entscheidungen der Regierung im Hinblick auf eine Restitution oder ein eventuelles „replacement in kind“ ergaben, lösen.194 Das Kriegsministerium und Luftwaffenministerium wurden verpflichtet, sich bei Fragen in Sachen Schutz und Restitution von Kulturgütern an die Kommission zu wenden.

2.

„British Committee on the Preservation and Restitution of works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands“

Am 16. Mai 1945 wurde die erste Sitzung der Kommission im House of the Lords abgehalten.195 Anlässlich der dritten Sitzung beschloss das Komitee, sich fortan „The British Committee for the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in enemy hands“196 zu nennen. Von Anfang an lud die Kommission Regierungsvertreter oder Vertreter internationaler Organisationen oder inter-alliierter Institutionen ein, die sich mit dem Schutz der Kulturgüter in Europa oder der Restitution befassten. Anlässlich der 4. Sitzung der Kommission, am 27. Juni 1944, nahm Mr. Coulson, als Repräsentant des Foreign Office (Aussenministeriums), teil. Dabei eröffnete er, dass die Regierung noch keine definitive Restitutionspolitik festgelegt habe. Er meinte jedoch, dass die alliierten Regierungen einer Restitution von identifizierbaren Objekten zustimmen würden und dass zu diesem Zweck eine spezielle Kommission für Kunstgegenstände und Archive gegründet würde.197 Academy, Mr. J.G. Mann (Hon. Secretary), representing the Society of Antiquaries and Mr. R.C. Norman. 194

PRO T 209/1, Text von Premierminister Churchill betreffend der Zusammenstellung und der Aufgabe der Kommission.

195

Siehe PRO T 209/2 Minutes of First Meeting of The committee for restitution and preservation of cultural and artistic material in war areas. Ausser den Mitgliedern waren ebenfalls Archbishop Lord Lang Lambeth, the Lord Chancellor und Prof. William Dinsmoor an dieser Sitzung anwesend.

196

PRO T 209/2, Minutes of 3rd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 13.06.1944.

197

PRO T 209/2, Aussagen von Mr. Coulson, Foreign Office, vor der Kommission, Minutes of 4th Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 27.06.1944.

47

48

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Von Mai bis August 1944 traf sich die „Macmillan Commission“, so wurde das Komitee dem Namen seines Präsidenten nach auch genannt, fünf Mal. Anlässlich der Sitzungen wurden vor allem Informationen zusammengetragen und Repräsentanten des Kriegsministeriums (Lt. Col. Sir Leonard Woolley), vom Alliierten Oberkommando (Prof. Webb), vom Aussenministerium (Mr. Coulson) und der Inter-Allied Commission for Protection and Restitution of Cultural Material (Prof. Vaucher) empfangen. An mehreren Sitzungen war auch Prof. Dinsmoor oder Francis Taylor von der „American Commission for the Protection and the Salvage of Artistic and Historic Monuments“ in Europa zugegen.198 Die Kommission widmete sich jedoch nicht dem Zusammentragen von Informationen über den Raub und den Verlust von Kunstobjekten in den besetzten Ländern. Diese Aufgabe war bereits von der „Vaucher Commission“ übernommen worden.199 Immer wieder wurde das Komitee von verschiedener Seite angegangen und um Hilfe betreffend Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz und der Erhaltung von Kulturgütern gebeten.200 Ihrer eigentlichen Aufgabe, die der Restitution, konnte sie aber nicht nachgehen, da sich im ersten Halbjahr des Jahre 1944 noch kein Ministerium grundsätzliche Gedanken zur Restitution und Reparation gemacht hatte.201 Die Kommission suchte aber auch das Gespräch mit dem Luftwaffenministerium, um die Luftwaffe auf die Schäden, welche durch unnötige Bombardierungen an Denkmälern und historischen Gebäuden entstanden, aufmerksam zu machen.202 Den alliierten Streitkräften half die Kommission, die Probleme im Bereiche des Schutzes, der Erhaltung und des Auffindens von Kulturgütern zu lösen. Alle diese Tätigkeiten führten bei den Kommissionsmitglieder zur Überzeugung, dass der ursprüngliche Aufgabenbereich zu eng gehalten war und die Zusammenarbeit mit den anderen Kommissionen dadurch auch erschwert war.203 Premierminister Churchill erweiterte daraufhin den Aufgabenbereich, indem er allerdings ausführte, dass die Arbeit der Kommission in keinem Fall die militärischen Belange stören oder die Arbeiten des Kriegsministeriums und des

198

PROT 209/2, Minutes der zahlreichen Sitzungen des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“.

199

Siehe dazu auch hinten S. 52 f.

200

Die Kommission arbeitete dabei auch mit dem Ministery of Economic Warfare bezüglich geraubter Kunstgegenstände zusammen. Siehe dazu PRO T 209/7, Identification of looted works of art.

201

PRO T 209/3, Memorandum to the Prime Minister from the Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands, 7.08.1944, S. 1.

202

Siehe PRO T 209/6, diverse Korrespondenz mit dem britischen Luftwaffenministerium.

203

PRO 209/3, Memorandum to the Prime Minister from the Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands, 7.08.1944, S. 2.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Alliierten Oberkommandos im Bereich des Schutzes und der Erhaltung von Kulturgütern übernehmen sollte.204 Trotzdem war die Kommission während der Kämpfe in Westeuropa mit der Beratung von Massnahmen zum unmittelbaren Schutz von Kulturgütern stark beschäftigt.205 Hilfe von der Kommission beanspruchten sowohl das britische Aussenministerium, das britische Kriegsministerium, das britische Innenministerium sowie das amerikanische Innenministerium und das State Department der USA, indem sie sich nach der Meinung der Kommission in den Belangen der technischen Realisation der Restitution und des „replacement in kind“ erkundigten.206 In der Kommission selbst wurde jedoch auch über die rechtlichen Probleme der Restitution diskutiert.207 Daneben verfasste die Kommission verschiedene Schriften über den Zustand der Kulturgüter in den verschiedenen von Grossbritannien besetzten Ländern.208

3.

Auswirkungen der Kommission auf die britische Restitutionspolitik

Die britische Regierung war sich selbst, wie hinten aufgezeigt wird, nie im klaren, wie sie ihre Restitutionspolitik führen sollte. Auf der einen Seite wurde sie von den durch die deutschen Wehrmacht besetzten europäischen Länder bedrängt,

204

PRO T 209/3, Schreiben Churchill an Macmillan, 8.09.1944.

205

Siehe PRO T 209/3, Schreiben Macmillan an Churchill,1.05.1946.

206

Siehe PRO T 209/3, Schreiben Macmillan an Churchill, 1.05.1946; aber auch PRO T 209/8 Korrespondenz mit dem Aussenministerium.

207

PRO T 209/2, Minutes, 10th Meeting, 12.10.1945.

208

British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Austria, British Zone of Occupation, Losses and survivals in the war, compiled from Reports supplied by the Monuments, Fine Arts and Archives Branch of the Control Commission for Austria (British Element), London (HMSO) 1946; British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Italy, Part I, London (HMSO) 1945; British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Italy, Part II, London (HMSO) 1946; British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Germany, London (HMSO) 1946; British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Greece, London (HMSO) 1946; British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art Archives, and other Material in Enemy Hands, Works of Art in Malta, London (HMSO) 1946.

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50

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

und auf der anderen Seite standen die Ansichten der verschiedenen verbündeten Alliierten.209 Dabei wollte sie jedoch auch nicht die Frage der Restitution der geraubten Kulturgüter aus der Hand geben, und sah sie im Zusammenhang mit der gesamten alliierten Restitutionspolitik. Obwohl die britische Kommission die Restitutionspolitik mit der Roberts-Commission und der Vaucher Commission besprach und dem Premierminister und den verantwortlichen Regierungsstellen mehrere Memoranden zukommen liess, war ihr politischer Einfluss relativ bescheiden. Nachdem die Kommission in ihrer Sitzung die Auflösung beschloss, da sie ihren Auftrag aufgrund der bereits stattfindenden Restitutionen als abgeschlossen betrachteten, beantragte Lord Macmillian beim Premierminister die Auflösung der Kommission.210 Mit Schreiben vom 4. August 1946 dankte Churchill der Kommission für die geleistete Arbeit und erklärte die Auflösung der Kommission auf den 31. August 1946.211

IV.

Eine alliierte Kulturgüterkommission

Die ersten Schritte zur Erarbeitung einer rechtlich durchsetzbaren Restitutionspolitik und ihrer dazugehörigen Organisation wurde in einer Unterkommission der Konferenz der alliierten Erziehungsminister getätigt.212 Die Konferenz der alliierten Erziehungsminister gründete deshalb anlässlich ihrer 10. Sitzung am 10. April 1944 die „Inter-Allied Commission for the Protection and Restitution of Cultural Materials“, bekannt als Vaucher-Kommission nach dem Namen des französischen Präsidenten der Kommission, Professor Vaucher.213 Der entscheidende Impuls für eine solche Gründung kam vom luxemburgischen Delegierten der Konferenz der alliierten Erziehungsminister und von Mr. Archibald MacLeish, dem Kongressbibliothekar und späteren Unterstaatssekretär der USA, welcher als Mitglied der „Roberts-Commission“ in der amerikanischen Delegation an den Konferenzen teilnahm. Im Frühling 1945 wurde André Gros, ebenfalls ein Franzose und französischer Delegierter der „United Nations War Crimes Commission“, nach dem Rücktritt von Professor Vaucher Präsident der Kommission.214

209

Siehe dazu im Detail hinten S. 313.

210

PRO T 209/2, Minutes, 11th Meeting, 8.4.1946.

211

PRO T 209/3, Schreiben Churchill an Macmillian, 4.08.1946.

212

Siehe dazu Teil II, S. 224.

213

NARA RG 43/EAC/134.4, Richard Johnson, Explanatory Note on Restitution Scheme of Conference of Allied Ministers of Education, 15.12.1944.

214

PRO T 209/5, Vaucher Commission, Memorandum „The Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material, AME/A/148, S. 1 f.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

Die Kommission arbeitete eng mit dem „Comité pour l’Etude de l’Armistice“ zusammen. Aufgabe der Kommission war es auf der einen Seite, Pläne zur Durchführung einer Restitution zu entwerfen, und auf der anderen Seite, Informationen über die besetzten Länder zu sammeln. Da keine genaue Definition der Arbeit der Kommission vorhanden war, erarbeitete sich die Kommission anlässlich ihrer ersten Sitzung vom 25. April 1944 einen eigenen Aufgabenkatalog.215 Die Kommission sah ihre Funktion hauptsächlich als eine beratende Instanz. Sie hoffte dabei, ein internationales Forum zur Diskussion der zahlreichen Fragen bezüglich der Restitution zu werden. Des Weiteren wurde das Augenmerk darauf gerichtet, dass ein eigenes Dokumentations- und Informationszentrum für das Sammeln, Koordinieren und Verteilen von Informationen bezüglich Kulturgüter entstehen konnte. Die Kommission tätigte eine ähnliche Arbeit wie die „Monument, Fine Arts and Archives“-Offiziere 216 in der britischen und in der amerikanischen Armee, die „Roberts-Commission“ und die Macmillan Commission. Doch versuchte man sich abzustimmen, dass es zu keinen Überschneidungen kam. Die Macmillian Commission hatte mit Sir Eric Maclagan, wie die „Roberts-Commission, Einsitz in der Vaucher Commission. Dieses selbst hatte jedoch keine formale Verbindung zur französischen Armee.217 Aufgrund der Tatsache, dass sich bereits verschiedene Organisationen für den Schutz von Kulturgüter interessierten und sich engagierten, war es das Anliegen der Vaucher-Commission, über ihre Verbindungsleute in den besetzten Gebieten Informationen über Standorte von Kunstwerken und geschützten Gebäuden und Monumenten, aber auch über Personen und über Kunstwerke insbesondere zu sammeln.218 Prof. Vaucher gab anlässlich der 2. Sitzung des „Committee for the Restitution of works in Art in Enemy Hands“, bekannt, dass die Vaucher Commission bereits das Problem der „restitution in kind“ besprochen habe, welches eine sehr heikle Frage sei, und dass eine „restitution in kind“ von seiner Kommission befürwortet werde. Dies insbesondere darum, weil private Sammlungen am meisten gelitten hätten. Da London die Anlaufstelle für sämtliche Informa-

215

Die Aufgabe wurde folgendermassen definiert: „To collect from all available sources (including the Allied Governments concerned) the fullest possible information as to the damage, destruction and looting of monuments, works of art and cultural material of all sorts to act as a pool for all such information; and to offer its services in any other useful capacity to such military or civil authorities as may now or hereafter be concerned with the public administration of any liberated territory or any enemy territory which may be occupied by Allied Forces“.

216

Siehe hinten S. 67 ff.

217

PRO T 209/2, Minutes of 2nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“ vom 25.05.1944.

218

Dazu wurden drei Indexes erstellt: Index of Places, Index of Persons, Index of Objects.

51

52

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

tionen aus den besetzten Gebieten war, kam man überein, dass die RobertsCommission alle ihre Informationen mittels Mikrofilm nach London schicken sollte.219 Der Index über Örtlichkeiten, mit dessen Zusammenstellung sich die Kommission sehr beeilte, war dazu da, wichtige Gebäude und Monumente zu bezeichnen und so zu schützen, damit sie während den Bombardierungen der Alliierten zur Befreiung der besetzten Länder nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Index war dabei als Zusatz zum bereits erstellten „Civil Affairs Handbook on Monuments“220 gedacht. Als Resultat dieser Zusammenstellung wurden die anderen Kommissionen aktiv und machten die Alliierten Streitkräfte auf die besondere Gefährdung von Kulturgüter bei den praktizierten „TeppichBombardierungen“221 aufmerksam. Der Index über Personen war dazu ausersehen, Kunsthändler, Naziorganisationen und deren Mitglieder, welche bei den Beutezügen in den besetzten Gebiete massgeblich beteiligt gewesen waren oder danach solche Kulturgüter auch gekauft und wieder verkauft hatten, aufzufinden, damit sie von den militärischen Behörden zur Rechenschaft gezogen werden konnten. Die Kommission hatte dabei rege Kommunikation mit den militärischen Behörden, insbesondere der ALIU222 und der „War Crimes Commission“ der Vereinten Nationen.223 Die erstellten Dossiers und die Listen wurden von den militärischen Behörden während Einvernahmen von deutschen Kriegsgefangenen und anderen suspekten Personen benutzt. Nach der Befreiung von Europa unterstützte die Kommission die neu gegründeten nationalen Restitutionskommissionen. So wurde bereits im November 1944 eine französische Restitutionskommission gegründet, in welcher auch Professor Vaucher Einsitz hatte.224 Daneben wurden auch enge Verbindungen mit den neu gegründeten holländischen225, norwegischen, polnischen und tschechoslowakischen nationalen Restitutionskommissionen eingegangen. Die Vaucher Commission hatte sodann auch einen Kartenindex über gestohlene und vermisste Kunstobjekte in den einzelnen besetzten europäischen Staaten

219

Siehe PRO T 209/2, Einverständnis von Prof. Dinsmoor in Minutes of 2nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 25.05.1944.

220

Siehe dazu S. 95.

221

Siehe dazu S. 44. Siehe auch PRO T 209/5 Memo Vaucher Commission an Macmillan Commission betreffend das Problem des „Carpet-Bombings“, 13.07.1944. Für die rechtlichen Auseinandersetzungen bezüglich den alliierten Flächenbombardierungen währen des Zweiten Weltkrieges siehe auch Kolb, in: Jusletter 16. August 2004.

222

Art Looting Investigation Unit. Für Einzelheiten siehe hinten S. 184 ff.

223

Siehe dazu S. 189 f. und PRO T 209/5/Vaucher Commission, Memorandum „The Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material“, AME/A/148, S. 2 f.

224

Siehe hinten S. 289 ff.

225

Dies war die Nachfolgeorganisation der „Foundation for Netherlands Artistic Property“.

3. Kapitel: Anfänge des Kulturgüterschutzes der westlichen Alliierten

erstellt. Diese wurde im Victoria and Albert Museum gelagert.226 Im Mai 1945 kam die Idee für einen Plan zur Gründung eines offiziellen Sekretariates in Zusammenarbeit mit den britischen und amerikanischen MFAA227-Elementen in Europa. Das Sekretariat sollte zuhanden der Restitutionsorganisationen Daten und Informationen bereitstellen, damit die Abwicklung der Restitution von Kulturgüter möglichst reibungslos geschehen konnte. Obwohl der Plan von der Roberts-Commission und der Macmillan Commission gefördert wurde, kam es aufgrund militärischer und politischer Überlegungen der zuständigen Behörden zu keiner engen Zusammenarbeit. Das Problem der Versorgung der zuständigen Militärbehörden mit den nötigen Informationen zur Auffindung von Raubgut konnte daher nicht zufriedenstellend gelöst werden. Auch von der Konferenz der Alliierten Erziehungsminister wurden keine genügenden Mittel bereitgestellt. Der Kommandant der britischen MFAA machte daraufhin den Vorschlag, dass das Londoner Büro der MFAA dazu benutzt werden sollte, Material wie Informationen über geraubte Kunstgegenstände zu klassifizieren. Es wurde überdies vorgeschlagen, dass im Büro auch französische und holländische Delegierte sowie Delegierte anderer Nationen arbeiten sollten, um bei der Koordination und Klassifizierung von Informationen und Begehren der nationalen Restitutionskommissionen zu helfen. Die so erhaltenen Informationen und Begehren sollten in Listen verarbeitet und danach in die verschiedenen Besatzungszonen geliefert werden.228 Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Kontrollkommission für Deutschland noch keine Richtlinien bezüglich ihrer Restitutionspolitik erlassen.229 Die Offerte der MFAA an die Vaucher Commission musste jedoch wieder zurückgezogen werden da die Militärbehörden die Informationen direkt von den beantragenden Länder an die Behörden der vier Zonen zustellten.230 Am 9. November 1945 wurde an einer Sitzung der Vaucher Commission in Anbetracht der Situation, dass die Konferenz der alliierten Erziehungsminister aufgelöst werden sollte, entschieden, dass auch die Kommission aufgelöst werden sollte, und vorgeschlagen, dass einige ihre Aktivitäten an die „United Nations Conference for the Establishment of an Educational and Cultural Organisation“, welche sich vom 1. bis 20. November 1945 in London traf, übertragen werden sollte. Anlässlich der Konferenz der Alliierten Erziehungsminister vom 5. Dezember 1945 wurde entschieden, dass der Vorsitzende und der Sekretär der „Vaucher Commission“, als Repräsentanten der Konferenz, mit der in der 226

PRO 209/2, Minutes of 8 th Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 28.12.1944.

227

Monument Fine Arts and Archives Officer.

228

PRO T 209/5, Vaucher Commission, Memorandum „The Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material“, AME/A/148, S. 2 f.

229

Siehe dazu auch S. 381 ff.

230

Siehe zur amerikanischen Politik und der allierten Restitutionspraxis auch Ausführungen in Teil II, S. 424 ff.

53

54

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Gründung stehenden „United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation“, Kontakt aufnehmen sollten, um die Übernahme von verschiedenen Aktivitäten der Kommission zu besprechen.231

V.

Zusammenfassung

Die verschiedenen Kulturgüterschutzkommissionen leisteten bis zu ihrer Auflösung einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Kulturgüter in den besetzten europäischen Staaten und in den Kriegszonen. Ohne diese Arbeiten hätten die militärischen Truppen ohne jegliche Kenntnisse von wichtigen Kulturgütern, Bauwerken, Museen, Kirchen, Archiven etc. in den europäischen Staaten gekämpft, und es wäre zweifelsohne zu viel grösseren Schäden gekommen. Nur mittels der vorgelegten Listen, Karten und Handbücher konnte den einschlägigen Rechtsnormen der HLKO überhaupt Nachachtung verschafft werden. Des Weiteren zeigten erst die Arbeiten dieser Kommissionen den einzelnen Regierungen auf, welche riesige Menge an Kulturgut das Deutsche Reich in den besetzten Staaten tatsächlich erbeutet hatte. Insbesondere die Vaucher-Kommission konnte mit ihren Verbindungen in die besetzten Staaten diese Erhebungen tätigen. Der wichtigste Punkt für die einzelnen Kommissionen war jedoch die Gestaltung einer Lösung für die Rückführung der geraubten Kulturgüter nach Kriegsende. Dieser Punkt war bei der Auflösung der verschiedenen Kommissionen immer noch ungelöst. Zwar hatten die Kommissionen verschiedenste Vorschläge ausgearbeitet und vorgelegt, auf eine einheitliche Lösung dieser Problematik konnte man sich aber nicht einigen. Grund dafür war zum einen, dass die Regierungen selbst abwarteten und sich, wie noch genau ausgeführt wird, erst sehr spät mit dieser Nachkriegsproblematik auseinandersetzen wollten, zum anderen waren die Restitutionen ein politisches Problem, welche jede Regierung grundsätzlich mit den anderen Staaten einheitlich handhaben wollte. Trotzdem wollte sich aber auch keine Regierung einengen lassen.

231

Insbesondere ging es dabei um Weiterführung der Dokumentationen und Archive über die geraubten Kunstwerke in Europa.

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter I.

Einleitung

Sowohl die britischen, wie auch die amerikanischen Streitkräfte hatten Regelwerke für Einsätze während eines Krieges aber auch für Friedenszeiten. Auf dieser gesetzlichen Basis müssten danach sämtliche militärischen Anordnungen und Befehle zum Schutz der Kulturgüter während des Kampfes der westlichen Alliierten gegen die deutsche Wehrmacht in Europa stehen. Es wird zu zeigen sein, ob diese militärischen Gesetzeswerke auch im Einklang mit der HLKO stehen, ob diese dem Schutz der Kulturgüter auch tatsächlich Nachachtung schenken, und ob die Normen vielleicht auch über die Regeln der HLKO hinausgehen.

II.

Rechtslage bei Ausbruch des Krieges

Zusammengefasst galten für den Schutz von Kulturgütern nach wie vor die Bestimmungen der Haager Konvention von 1907.232 Ergänzt wurde die HLKO durch das Abkommen betreffend die Beschiessung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten, in dem sich annähernd wörtlich mit der HLKO übereinstimmende Schutzvorschriften fanden.233 Darüber hinaus kam als geltendes Vertragsrecht nur noch der vorerwähnte Roerich-Pakt in Betracht, der jedoch schon deshalb keine Rolle spielen konnte, weil keine europäische Macht beteiligt war.234

1.

Bestimmungen für die britischen Streitkräfte

Neben diesen internationalen Bestimmungen galten, wie im Ersten Weltkrieg, die in den Kriegshandbüchern der einzelnen Staaten enthaltenen nationalen Regelungen zum Schutz des Kulturguts. Weder die britischen noch die amerikanischen Vorschriften gingen jedoch über die völkerrechtlichen Verpflichtungen hinaus. Die völkerrechtlichen Grundnormen wurden im britischen Handbuch „Manual of Military Law“ von 1929 für die britischen Streitkräfte geregelt. Das

232

Siehe oben S. 18 ff.

233

Haager Abkommen betreffend die Beschiessung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten vom 18.10.1907, Reichsgesetzblatt 1910, S. 256.

234

Siehe auch Buhse, S. 35 f.

55

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter I.

Einleitung

Sowohl die britischen, wie auch die amerikanischen Streitkräfte hatten Regelwerke für Einsätze während eines Krieges aber auch für Friedenszeiten. Auf dieser gesetzlichen Basis müssten danach sämtliche militärischen Anordnungen und Befehle zum Schutz der Kulturgüter während des Kampfes der westlichen Alliierten gegen die deutsche Wehrmacht in Europa stehen. Es wird zu zeigen sein, ob diese militärischen Gesetzeswerke auch im Einklang mit der HLKO stehen, ob diese dem Schutz der Kulturgüter auch tatsächlich Nachachtung schenken, und ob die Normen vielleicht auch über die Regeln der HLKO hinausgehen.

II.

Rechtslage bei Ausbruch des Krieges

Zusammengefasst galten für den Schutz von Kulturgütern nach wie vor die Bestimmungen der Haager Konvention von 1907.232 Ergänzt wurde die HLKO durch das Abkommen betreffend die Beschiessung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten, in dem sich annähernd wörtlich mit der HLKO übereinstimmende Schutzvorschriften fanden.233 Darüber hinaus kam als geltendes Vertragsrecht nur noch der vorerwähnte Roerich-Pakt in Betracht, der jedoch schon deshalb keine Rolle spielen konnte, weil keine europäische Macht beteiligt war.234

1.

Bestimmungen für die britischen Streitkräfte

Neben diesen internationalen Bestimmungen galten, wie im Ersten Weltkrieg, die in den Kriegshandbüchern der einzelnen Staaten enthaltenen nationalen Regelungen zum Schutz des Kulturguts. Weder die britischen noch die amerikanischen Vorschriften gingen jedoch über die völkerrechtlichen Verpflichtungen hinaus. Die völkerrechtlichen Grundnormen wurden im britischen Handbuch „Manual of Military Law“ von 1929 für die britischen Streitkräfte geregelt. Das

232

Siehe oben S. 18 ff.

233

Haager Abkommen betreffend die Beschiessung durch Seestreitkräfte in Kriegszeiten vom 18.10.1907, Reichsgesetzblatt 1910, S. 256.

234

Siehe auch Buhse, S. 35 f.

55

56

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Kapitel XIV mit den „Laws and Usages of War on Land“ wurde dabei im Jahre 1936 überarbeitet und als „Amendment Nr. 12“ neu herausgegeben.235 Dem Gesetz unterstanden alle Personen, ohne Rücksicht auf ihren Dienstgrad, die in der britischen Armee Dienst taten.236 Das Militärgesetz war als integrierter Bestandteil des „Army Act“ zu sehen, welches vom Parlament erlassen worden war.237 Das Militärgesetz regulierte damit auch sämtliche Einsätze und Aufträge aller Soldaten und Offiziere in der Britischen Armee im eigenen Land und in fremden Ländern, in Friedens- und Kriegszeiten. Als Zusatz zum Militärgesetz gab es die Vorschrift „Laws and Usages of War on Land“. Dabei wurde unter Ziff. 5 der Einleitung ausgeführt, dass diese Vorschrift verschiedene Regeln beinhalten würde, welche von zivilisierten Staaten aufgrund eines Vertrages beachtet würden und an welche Offiziere und Soldaten gebunden seien. Diese Regeln würden insbesondere auch die Administration von besetzten Gebieten, die Methoden der Kriegsführung und den Austausch der Kriegsgefangenen betreffen.238 Hinsichtlich der Behandlung von Kulturgütern während der Kämpfe wurde in Ziff. 133 folgendes geregelt: „Although the bombardment of the private and public buildings of defended town or fortress is lawful, all necessary steps must be taken to spare, as fare as possible, buildings dedicated to public warship, art, science or charitable purposes, historic monuments, hospitals and places where sick and wounded are collected.“239

Das britische Militärgesetz beschäftigte sich eingehend mit der Behandlung des unbeweglichen öffentlichen Eigentums ausserhalb der Kampfhandlungen und regelte in Ziff. 429, in welcher auf Art. 56 HLKO von 1907 verwiesen wurde, die Behandlung des Kulturguts: „Special exception however is made in favour of property belonging to local, that is to say, provincial, county, municipal, and parochial authorities. This as well as the properties of institutions, dedicated to public worship, charity, education, science, and art, such as churches, chapels, synagogues, mosques, almshouses, hospitals, schools,

235

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929. Reprinted December 1939, Chapter XVI, The Law of Usages of War on Land, revised in 1936 and re-issued as amendment 12.

236

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Part I, Ziff. 2, Legal position of soldiers and officers.

237

The Army Act is annually brought into operation by the Army and Air Force (annual) Act, which must become law by the 30 th April. By this system of annual Acts Parliament retains control over the land forces of the crown. Siehe dazu Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Introductory S. 1 ff.

238

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Introductory S. 2 f.

239

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 292. Dabei handelt es sich fast wortwörtlich um Art. 27 HLKO.

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten museums, libraries, and the like must be treated as private property. Troops, sick and wounded, horses and stores may therefore be housed in buildings of the above character, but such use is only justifiable if it is a military necessity. Any seizure, destruction, or wilful damage to the property of such institutions or to historic monuments, or work of science and art is forbidden. Thus, it would not be improper to place sick and wounded in a church if no accommodation could immediately be found elsewhere, but a consecrated building should not be used for the purpose of barracks, stables, or stores, unless it is absolutely necessary.“240

Sodann führte die Ziff. 407 über die Behandlung von Privateigentum aus: „Private property must be respected; it may not be confiscated or pillaged, even if found in a town or place taken by assault.241 This prohibition in its ordinary sense is no new rule, but has for a long time past been embodied in the regulations of every civilized army, for nothing is more demoralizing to troops or more subversive of discipline than plundering. Theft and robbery are as punishable in war as in peace, and the soldier in enemy country must observe the same respect for property as in his garrison at home. The rule that private property must be respected has, however, exceptions necessitated by the exigencies of war. In the first instance, every operation, movement, or combat occasions damage to private property. Further, the right of an army to make use of and to requisition certain property is fully admitted. What is forbidden is such damage, destruction, improper seizure or taking of property as is not required in the interests of the army, and as would, therefore, increase the sufferings of the population in war.“242

Gemäss dieser Regelung durften fremde Güter nur für die Interessen der Armee in Anspruch genommen werden. Da im britischen Militärgesetz kein Unterschied zwischen beweglichem und unbeweglichem Privateigentum vorgesehen war, galt diese Regelung auch für das unbewegliche Privateigentum. Als Ausnahme wurde jedoch vorgesehen, dass diese vorerwähnte Vorschrift aufgrund militärischer Notwendigkeit nur bedingt zur Anwendung kommen sollte. Damit musste die britische Militärführung bezüglich ihrer Operationen nur sehr geringe Einschränkungen in Kauf nehmen. Gemäss britischem Militärgesetz war das bewegliche öffentliche Eigentum dem privaten Eigentum gleichgestellt und konnte nur dann von der Armee in Anspruch genommen werden, wenn die Güter für die Armee benötigt wurden.243 In Ziff. 407 beruft sich das britische Militärgesetz auf die Art. 52 und 53 der HLKO und erlaubt die Requisition von gewissen Gütern. Beim persönlichen Privateigentum wurden sodann zwei Kategorien unterschieden. In der ersten Kategorie befand sich sämtliches Militärmaterial, Transportmittel, Kommunikationsmittel und diesbezügliche Fabriken, die von den britischen Truppen eingezogen werden konnten, da sie für militäri-

240

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 338.

241

Siehe dazu auch Art. 28, 46 und 47 HLKO von 1907.

242

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 334.

243

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 338, Ziff. 430.

57

58

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

sche Belange von direktem Nutzen waren.244 Die zweite Kategorie umfasste Gegenstände, die nicht direkter militärischer Nutzung zugeführt werden konnten, welche aber für die Ausstattung, Verpflegung und Logistik der Armee notwendig waren. Dabei handelte es sich z.B. um Esswaren, Wasser, Alkohol, Lederwaren, Tabak etc.245 Eine Requisition kam jedoch nur in Frage, wenn sie für die Armee unbedingt notwendig war und war nur proportional zu den Ressourcen des eroberten Landes erlaubt. Güter dieser zwei Kategorien durften also nur für die Interessen der Armee in Anspruch genommen werden. Aufgrund der Grundsatzregelung von Ziff. 406 des britischen Militärgesetzes waren demnach alle in den nachfolgenden Ziffern nicht speziell aufgeführten Güter, für die wie vorerwähnt eine spezielle Regelung galt, von der Erbeutung ausgeschlossen. Dieser Schutz galt demnach auch für die Kulturgüter. Kunstschätze und Archive von Privaten durften weder fortgeschafft, beschlagnahmt noch zerstört werden. Auch beim gegnerischen Staatseigentum galten ähnliche Bestimmungen. Wie vorerwähnt wurde der Schutz von Kulturgütern, Denkmälern, Museen, Instituten, Kirchen und anderen wissenschaftlichen und kulturellen Gebäuden in Ziff. 429 geregelt. Der Schutz von beweglichen Kulturgütern wird von Ziff. 430 und 431 umfasst, nach welchen öffentliches bewegliches Eigentum wie privates Eigentum behandelt wurde. Dabei hiess es in Ziff. 431: „Other movable public property, not directly susceptible of military use, as well as that belonging to the institutions mentioned above which is to be treated as private property246, must be respected and cannot be appropriated: for instance crown jewels, pictures, collections of works of art, and archives, although papers in connection with the war may be seized even when forming part of archives“247

2.

Bestimmungen für die amerikanischen Streitkräfte

Für sämtliche Mitglieder der amerikanischen Streitkräfte galt als Grundordnung das Handbuch „Rules of Land Warfare“.248 In diesem Handbuch wurde denn in Art. 58 auch fast wörtlich Art. 27 der HLKO wiederholt: „Buildings dedicated to religious works, etc. to be spared. – In sieges and bombardments all necessary steps must be taken to spare, as far as possible, buildings dedicated

244

Dabei mussten diese Güter jedoch bei Kriegsende wieder zurückgegeben und Entschädigungen bezahlt werden. Siehe dazu auch Art. 53 HLKO von 1907.

245

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 336, Ziff. 416.

246

Es wird dabei auf Ziff. 429 des britischen Militärgesetzes verwiesen.

247

Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 338, Ziff. 431.

248

Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), prepared under direction of the Judge Advocate General, US War Department, United States Government Printing Office 1940.

4. Kapitel: Grundlegende Rechtsnormen der westlichen Alliierten to religion, art, science, or charitable purpose, historic monuments, hospitals, and places where the sick and wounded are collected, provided that they are not being used at the time for military purposes. It is the duty of the besieged to indicate the presence of such buildings or places by distinctive and visible signs, which shall be notified to the enemy beforehand“249

Die Bestimmungen über die Behandlung des Kulturgutes ausserhalb der Kampfzonen stimmten mit der britischen Regelung überein. In der Sektion II des Handbuches „Rules of Land Warfare“ wird in Art. 23 die militärische Notwendigkeit umschrieben. Danach war jeder Soldat aufgrund der militärischen Notwendigkeit zu sämtlichen Massnahmen berechtigt, welche zur Unterwerfung des Gegners benötigt wurden und die nicht durch das Völkerrecht oder sonstige Gesetze absolut verboten waren. Gemäss Art. 24 lit. c des amerikanischen Handbuches wurde die Zerstörung von Eigentum bei militärischer Notwendigkeit explizit geduldet und erlaubt.250 Dieser Grundsatz wurde in Art. 313 bezüglich dem Umgang mit gegnerischem Eigentum nochmals klar statuiert. Dabei hiess es, dass die Zerstörung und Beschlagnahmung von feindlichem Eigentum im Grundsatz verboten sei, ausser, dass dies aus militärischer Notwendigkeit heraus erfolgen würde.251 Dabei kam es nicht darauf an, ob es sich um Privateigentum oder öffentliches Eigentum handelte oder ob es neutralen oder feindlich eingestellten Personen gehörte, solange der Gegenstand nicht aufgrund des Völkerrechts absolut geschützt war.252 Bei öffentlichem Eigentum trat die Besatzungsmacht gemäss Art. 315 als Verwalter und Nutzniesser auf, sofern es sich nicht um Eigentum der Gemeinden oder der Religion, Wohltätigkeit, Erziehung, Kunst oder Wissenschaft gewidmeten Organisationen handelte, das nach Art. 318 dem Privateigentum gleichgestellt war.253 Das Privateigentum musste sodann auch gemäss Art. 323 respektiert werden, was direkt von Art. 46 Ziff. 1 HLKO254 abgeleitet wurde.255 In Absatz II des Artikels 318 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass absichtliche Zerstörung der Güter von Gemeinden oder obgenannten Organisationen zu bestrafen war:

249

Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 14, Art. 58.

250

Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 7.

251

Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81.

252

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81, Art. 314.

253

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81, Art. 315 und 318.

254

Dieser Zusatz stand in den USA in den Treaty Series No. 539; 36 State. 2295; Malloy, Treaties, Vol. II 2281.

255

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 82, Art. 323.

59

60

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten „All seizure of, destruction, or wilful damage done institutions of this character, historic monuments, works of art, science, is forbidden and should be made subject of legal proceedings“256

Unter diese Vorschrift fiel auch das bewegliche Kulturgut im öffentlichen Eigentum. Für alles im Privateigentum stehende bewegliche und unbewegliche Gut galt, wie oben erwähnt, der Schutz von Artikel 323, wonach es respektiert werden musste. Der Armee war es erlaubt, Staatseigentum, welches für militärische Operationen benutzbar werden konnte, mit Beschlag zu belegen.257 So führt Art. 321 aus, dass sämtliches bewegliches Eigentum des Staates, welches für militärische Zwecke benutzbar war, als Beute für die Besatzungsregierung dienen konnte. Sämtliches anderes bewegliches Eigentum musste hingegen respektiert und konnte nicht erbeutet werden. Speziell wurde zudem ausgeführt, dass sämtliche Sicherstellungen und allfällige Beute gemäss dem modernen Kriegsrecht primär der Regierung der Siegermacht zukam. Zudem wurde ausgeführt, dass der private Gewinn von Offizieren und Soldaten verboten war.258 Plünderungen wurden gemäss Art. 47 HLKO von 1907 formell verboten.259 Die Zerstörung und Beschlagnahmung von Privateigentum war, wie vorerwähnt, streng geregelt, indem es hiess: „Seizure and devastation of private property can be seized only by way of military necessity for the support or other benefit of the army or of the occupant. All destruction of property not commanded by the authorized officer, all pillage or sacking, even after taking a town or place by assault, are prohibited under the penalty of death or such other severe punishment as may seem adequate to gravity of the offense“.260

III.

Zusammenfassung

Im Lichte all dieser grundlegenden Normen der britischen und der amerikanischen Streitmächte sind die Vorgehensweise und die Massnahmen bezüglich des Schutzes und der Restitution von Beutekunst zu sehen. Die militärischen Regelwerke gehen materiell nicht über die Normen der HLKO hinaus. Allerdings galten diese Militärhandbücher nicht nur während Kriegszeiten, sondern auch

256

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81, Art. 318. Dieser Artikel kann direkt von Art. 56 der Hager Konvention, Zusatz Nr. 4 vom 18.10.1907 abgeleitet werden.

257

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 82 Art. 320. Dieser Artikel kann direkt von Art. 53 der HLKO abgeleitet werden.

258

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 83, Art. 329 und 330.

259

Siehe dazu auch Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81, Art. 329.

260

Basic Field Manual, Rules of Land Warfare (FM 27-10), S. 81, Art. 330.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

in Friedenszeiten. Die westlichen Alliierten hatten sich mit ihren Militärhandbüchern die juristischen Leitlinien für sämtliche militärischen Operationen gegeben. Bewusst wird immer auf die militärische Notwendigkeit hingewiesen. Aufgrund dieser sind die Zerstörung, Beschlagnahmung und Benutzung von fremdem Eigentum denn auch nicht absolut tabu. Wie im Weiteren gezeigt wird, wurde von den einzelnen Kampftruppen und ihren Kommandanten diese militärische Notwendigkeit extensiv ausgelegt, und die alliierte Armeeführung musste Präzisierungen anbringen. Besonders heikel war die operative Kriegsführung in den vom Deutschen Reich besetzten Staaten. Da es sich um befreundete Staaten der Alliierten handelte, musste hier alles unternommen werden, damit man sich die Bevölkerung und die Regierung nicht zum Gegner machte. Die Militärgesetze allein konnten nur bedingt den Schutz des Kulturgutes regeln, und es mussten weitere Weisungen und Befehle für die Truppenkommandanten im Feld erstellt werden.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz I.

Einleitung

Nicht erst im Zweiten Weltkrieg existierte ein militärischer Kulturgüterschutz. Im ersten Weltkrieg und auch bereits zuvor gab es Truppenteile, die sich fast ausschliesslich mit dem Schutz und der Erhaltung der für die Menschheit wichtigen kulturellen Errungenschaften befasste. Doch zumeist, wie im Zweiten Weltkrieg deutlich ersichtlich ist, genossen die Kunst und mit ihr die kulturell wertvollen Objekte für die Militärführung nur ein Schattendasein. Die militärische Führung, die Planung von Operationen und des Nachschubs waren einzig und allein auf den Sieg, die Vernichtung des Gegners und einen für die eigenen Truppen möglichst verlustfreien Kampf ausgerichtet. Zwar waren die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Rechtsgrundlagen zumeist bekannt, jedoch wollten sich die militärischen Führer nicht aufgrund des Kulturgüterschutzes in ihren Operationen und der Festlegung von militärischen Zielen einschränken lassen. Bis eine adäquate Struktur gefunden wurde, verging einige Zeit, und es musste zuerst zu Schäden an wichtigen Kulturdenkmälern kommen, bis die Armeeführung die Wichtigkeit sah und sich aktiv um Verbesserungen kümmerte. So wurden die ersten Kunstschutzoffiziere erst in einer späteren Phase in die Kampftruppen integriert.

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5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

in Friedenszeiten. Die westlichen Alliierten hatten sich mit ihren Militärhandbüchern die juristischen Leitlinien für sämtliche militärischen Operationen gegeben. Bewusst wird immer auf die militärische Notwendigkeit hingewiesen. Aufgrund dieser sind die Zerstörung, Beschlagnahmung und Benutzung von fremdem Eigentum denn auch nicht absolut tabu. Wie im Weiteren gezeigt wird, wurde von den einzelnen Kampftruppen und ihren Kommandanten diese militärische Notwendigkeit extensiv ausgelegt, und die alliierte Armeeführung musste Präzisierungen anbringen. Besonders heikel war die operative Kriegsführung in den vom Deutschen Reich besetzten Staaten. Da es sich um befreundete Staaten der Alliierten handelte, musste hier alles unternommen werden, damit man sich die Bevölkerung und die Regierung nicht zum Gegner machte. Die Militärgesetze allein konnten nur bedingt den Schutz des Kulturgutes regeln, und es mussten weitere Weisungen und Befehle für die Truppenkommandanten im Feld erstellt werden.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz I.

Einleitung

Nicht erst im Zweiten Weltkrieg existierte ein militärischer Kulturgüterschutz. Im ersten Weltkrieg und auch bereits zuvor gab es Truppenteile, die sich fast ausschliesslich mit dem Schutz und der Erhaltung der für die Menschheit wichtigen kulturellen Errungenschaften befasste. Doch zumeist, wie im Zweiten Weltkrieg deutlich ersichtlich ist, genossen die Kunst und mit ihr die kulturell wertvollen Objekte für die Militärführung nur ein Schattendasein. Die militärische Führung, die Planung von Operationen und des Nachschubs waren einzig und allein auf den Sieg, die Vernichtung des Gegners und einen für die eigenen Truppen möglichst verlustfreien Kampf ausgerichtet. Zwar waren die in den vorherigen Kapiteln dargestellten Rechtsgrundlagen zumeist bekannt, jedoch wollten sich die militärischen Führer nicht aufgrund des Kulturgüterschutzes in ihren Operationen und der Festlegung von militärischen Zielen einschränken lassen. Bis eine adäquate Struktur gefunden wurde, verging einige Zeit, und es musste zuerst zu Schäden an wichtigen Kulturdenkmälern kommen, bis die Armeeführung die Wichtigkeit sah und sich aktiv um Verbesserungen kümmerte. So wurden die ersten Kunstschutzoffiziere erst in einer späteren Phase in die Kampftruppen integriert.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

II.

Beginn eines militärischen Kulturgüterschutzes

1.

Kulturgüterschutz der britischen Armee zu Beginn des Krieges

Anfangs 1941 gelang es den Briten für ein paar Monate, Cyrenaica an der libyschen261 Küste zu halten. Libyen war zu diesem Zeitpunkt eines der Lieblingsorte von Mussolini. Er hatte enorm viel Geld ausgegeben, um die Ruinenstädte Leptis Magna, Cyrenaica, Sabratha und andere Städte im Mittelmeerraum wiederherstellen zu lassen. Bereits im Frühjahr 1941 nahmen die italienischen Streitkräfte das Gebiet erneut ein. Im Sommer gaben sie zu Propagandazwecken ein Pamphlet mit dem Titel „Que cosa hanno fatto gli Inglesi in Cirenaica“ heraus, indem sie die britischen Truppen des Vandalismus und der Zerstörung von Kulturgütern bezichtigten.262 Mit diesen Vorwürfen wurde auch das britische „War Office“263 als verantwortliches Ministerium konfrontiert.264 Aus diesem Grund begann das „War Office“ sich in den Belangen des Kunstschutzes von einem erfahrenen britischen Archäologen beraten zu lassen. Dieser Berater war Major Leonard Woolley, der im „War Office“ in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit tätig war. Aufgrund dieser Beratungen wurde der für die Errichtung einer britischen Militärregierung in Tripolis und Cyrenaica verantwortliche militärische Kommandant265 kurz vor Beginn der britischen Offensive in El Alamein vom britischen Kriegsministerium angewiesen, alle archäologischen Denkmäler und Stätten bei deren Besetzung sofort zu schützen.266 Als im Dezember 1940 die erste der drei Besetzungen von Cyrenaica durch britische Truppen erfolgte, waren noch keine spezifischen Instruktionen für den Schutz von historischen Stätten und Denkmälern erlassen worden. Generelle Instruktionen statuierte nur das britische Handbuch für Militärrecht, welches sich, wie vorerwähnt, auf Art. 56 HLKO stützte. Der archäologische Berater versuchte, die gemäss Ziff. 133 des Handbuches vorgeschriebene Norm so gut wie möglich durchzusetzen, wonach bei einer Bombardierung alles Mögliche unternommen werden müsste, um Schäden an historischen Gebäuden, Museen, Spitäler und charitiven sowie religiösen Stätten zu verhindern. Die einzigen wei-

261

Östliche Küstenlinie von Libyen.

262

Siehe Woolley, S. 11. Auch Rennel, S. 243–246.

263

Kriegsministerium von Grossbritannien.

264

Die italienische Broschüre stellte sich später als Fälschung heraus, jedoch erreichte sie ihren Zweck und rief einige Aktivität zwischen dem britischen Kriegsministerium und dem britischen Oberkommando hervor.

265

Deputy Chief Civil Affairs Officers for Cyrenaica and Tripolitania.

266

Leonard Woolley, S. 11.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

teren Regelungen, die sich für den Schutz der Kulturgüter eigneten, waren in den Ziffern 429 und 431 des Handbuches enthalten. Der Statuierung dieser Normen wäre für den Verlauf der Kämpfe und der Besetzung grosse Bedeutung zugekommen, ging es doch dabei darum, dass das Eigentum von privaten Institutionen, welche zugunsten der Öffentlichkeit, der Erziehung, der Wissenschaft und der Kunst tätig waren, wie Kirchen, Moscheen, Synagogen, Spitäler, Schulen, Museen, Bibliotheken und historische Gebäude als Privateigentum zu respektieren ist. In diesem Zusammenhang waren die Beschlagnahmung, Zerstörung oder willentliche Beschädigung des Eigentums solcher Institutionen oder historischer Gebäude, wissenschaftlicher Arbeiten oder Kunst absolut verboten. Kronjuwelen, Bilder, Kunstkollektionen und Archive waren zu respektieren und durften nicht mit Beschlag belegt werden.267 Weiterführende Instruktionen gab es für die britischen Truppen nicht. Hinzu kam, dass nicht alle kombattanten Offiziere die Normen im Handbuch für Militärrecht kannten und so keine Ahnung von den Massnahmen für den Schutz historischer Stätte und anderer Kulturgüter hatten. Erst die später gemäss den Regeln der HLKO über besetztes feindliches Gebiet eingesetzte Militärverwaltung wusste von den Regeln. Eine direkte Umsetzung war jedoch schwierig, da sowohl genaue Instruktionen zur Handhabung des Kulturgüterschutzes als auch Karten und Listen von historischen Monumenten fehlten. Nach der dritten Besetzung von Cyrenaica im November 1942 wurde durch die verantwortlichen Offiziere für die zivilen Angelegenheiten der Schutz der archäologischen Sehenswürdigkeiten organisiert. Jedoch wurde schnell einmal sichtbar, dass die Kontrolle von abgelegenen Orten nicht zu bewerkstelligen war. Zudem war an den dortigen Kulturstätten durch britische Truppen und Bombardierungen auch einiger Schaden entstanden.268 In den britischen Militäreinheiten, welche Tripolis besetzten, tat auch ein gewisser Oberstleutnant Mortimer Wheeler, Direktor des „London Museums“, Dienst.269 Dieser erstattete dem Chef für zivile Angelegenheiten in Tripolis umgehend Bericht und empfahl ver267

268

269

Siehe Manual of Military Law, 1929, The War Office, January 1929, HMSO London 1929, Chapter XIV, S. 338. Leonard Woolley, A record of the work done by the Military Authorities for the Protection of the treasures of Art & History in War Areas, London 1947, S. 12. Die Problematik wurde am 29.11.1943 auch dem Secretary of State for Air vorgetragen. Unter anderem schrieb ein gewisser Squadron Leader Keeling: „We consider it to the utmost importance that the RAF should not only refrain from „Baedeker“ raids, whatever the pressure upon you to retaliate for such raids by the enemy, but should also make every effort, by careful planning, both in the Mediterranean and in Western Europe, to avoid damage to beautiful and historic buildings, the loss of which would be a disaster to civilisation. Operational requirements must be obviously come first but we are convinced that if expert advice is provided much can be done to prevent such damage without reducing the effectiveness of bombing.“ Siehe dazu Donnision, Civil Affairs, S. 223. Oberstleutnant Wheeler und Major Perkins gehörten der Royal Artillery der 8 th britischen Armee an, welche Tripolis besetzte.

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64

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

schiedene Massnahmen für den Schutz der Kulturgüter. Umgehend wurde er zusammen mit einem weiteren Offizier mit dem Schutz der antiken Kultstätten beauftragt. Da die Instruktionen des War Office nicht sehr präzis waren, legten sich die beiden Offiziere ihren Aufgabenbereich innerhalb der Schranken des Befehls selbst zurecht. Sie kontrollierten nicht nur ein riesiges Gebiet, sondern organisierten auch die Bewachung der Kulturstätten, Führungen und liessen einen kleinen Führer drucken und Informations- wie auch Warnschilder an Ausgrabungsorten aufstellen.270 Zudem inspizierten die britischen Offiziere alle historischen Stätten und übernahmen die italienischen Fotoarchive.271 In ihrer Arbeit wurden sie von Oberstleutnant Leonard Woolley, aber auch von Fachleuten der britischen archäologischen Institute unterstützt. Für die zukünftige Handhabung schlugen die beiden in ihren Berichten272 unter anderem vor, dass das italienische Gesetz betreffend Antiquitäten in Kraft bleiben solle und die Museen und historischen Stätten für die britischen Truppen geöffnet werden sollten. Gleichzeitig setzten sich die Offiziere auch für den Verbleib der italienischen und arabischen Museumsangestellten und Archäologen ein. Im Schlussbericht der beiden britischen Kulturgüterschutzoffiziere vom August 1943, in welchem sie die Verantwortlichkeiten der britischen Militärregierung in Tripolis betreffend Kulturgüter umschrieben, empfahlen sie zudem das Erlassen eines Gesetzes bezüglich Antiquitäten. Am 17. November 1943 erliess das „War Office“ die Proklamation Nr. 24, Schutz von Antiquitäten, in welcher alle der Militärverwaltung zustehenden Rechte bezüglich antiker Funde geregelt wurde.273 Als antike Objekte wurden sämtliche Gegenstände und Konstruktionen, welche von Menschenhand geschaffen worden und mindestens 100 Jahre alt waren, bezeichnet.274 Dabei wurde explizit jegliches Ausgraben, Entfernen, Verkaufen, Verstecken oder Zerstören von antiken Objekten ohne Erlaubnis untersagt.275 In einem zweiten Teil wurde zudem statuiert, dass der Generalsekretär der Militärbesatzung befugt war, Lizenzen für Ausgrabungen zu erteilen und die nötigen Erlasse für den besseren Schutz in den archäologischen Zonen festzusetzen.276

270

Wheeler, S. 153 ff. Auch Leonard Woolley, S. 13.

271

Siehe für die genauen Geschehnisse in Tripolis und Cyrenaica: Martimer Wheeler, Still Digging, London 1955.

272

Siehe dazu für Einzelheiten Woolley, S. 13 ff.

273

NA RG 331/General Staff/MFAA Section/331, Proclamation No. 24, Preservation of Antiques, Military Administration Cyrenaica, 17.11.1943.

274

Siehe Art. 1, Definition of and rights over antiquities.

275

Siehe Art. 3 und 4.

276

Art. 6, Powers to make the rules protecting Antiquities. In die Proklamation integriert wurden auch die Strafbestimmungen. Dabei bestimmte Art. 7, dass die Missachtung der in der Proklamation aufgestellten Regeln mit Gefängnis bis 5 Jahren und/oder mit Busse bis 100 £ bestraft werden konnte.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

Bis zum Ende der britischen Besatzung in Nordafrika blieb ein Offizier für den Kulturschutz verantwortlich.

2.

Der archäologische Berater des britischen Kriegsministeriums (War Office)

Erst im Oktober 1943 entschied das War Office, einen für den Kulturgüterschutz qualifizierten Offizier zu ernennen, der Massnahmen betreffend den Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern in den von den britischen Truppen besetzten Gebieten treffen und überwachen konnte. Mit dieser Aufgabe wurde Oberstleutnant Sir Leonard Woolley betraut, und er erhielt den Titel „Archaeological Advisor to the Directorate of Civil Affairs“.277 Diese Position war verbunden mit einem militärischen Grad und wurde in die britische Armee integriert.278 Der „Archaeological Advisor“ hatte jedoch beim War Office lediglich eine beratende Funktion für den Schutz von Kulturgütern inne. Die Befehlsgewalt lag immer beim militärischen Kommandanten. Trotzdem erhielt Leonard Woolley ein breites Aufgabengebiet zugeteilt. Als erstes musste der „Archaeological Advisor“ den Dienst der Kunstschutzoffiziere in den verschiedenen Kriegsgebieten organisieren. Diese Offiziere mussten sodann mit Karten, Listen mit Kulturgütern, Berichten und den notwendigen Befehlen ausgerüstet werden. Zudem mussten die einschlägigen Befehle auch in das militärische Handbuch für die Zivilverwaltung in den besetzten Zonen eingefügt werden, und die benötigten Kunstschutzoffiziere mit ihrem Spezialwissen waren zu rekrutieren.279 Die Suche nach geeigneten Kandidaten war sehr schwierig, da die Rekrutierung sehr eingeschränkt war.280 Da der Advisor selbst keine Befehle erlassen durfte, unterstützte er die einzelnen Direktoren der verschiedenen Abteilungen der Militärverwaltung und die Truppenkommandanten mit Informationen und Vorschlägen bezüglich des Erlassens von Befehlen für den Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern. Daneben erstellte der Advisor aus den erhaltenen Feldberichten Zusammenfassungen, die er an die Medien und die verschiedenen Abteilungen innerhalb der Militärverwaltung weiterleitete. Der „Archaeological Advisor“ hatte zudem intensiven Kontakt mit der vorerwähnten Roberts-Commission, der Vaucher Commission und der Macmillan Commission. Die Vorschläge dieser Institutionen betreffend den Schutz und der Erhaltung, aber auch die Rückgabe von Kulturgütern an das War Office wurden durch den Advisor geprüft und, mit der Meinung der Regierung versehen, wieder zurückgesandt. Daneben erhielten

277

Siehe Donnison, Civil Affairs, S. 222 ff. Woolley, S. 5.

278

Siehe dazu auch S. 44.

279

Woolley, S. 7.

280

Siehe dazu für genauere Informationen Woolley, S. 8.

65

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

diese Institutionen über den Advisor auch Informationen von der Front über den Zustand der Kulturgüter und die zu deren Schutz getroffenen Massnahmen.281

3.

Beginn des Kulturgüterschutzes in der amerikanischen Armee

Im Unterschied zu den amerikanischen Truppen, die nach dem Ersten Weltkrieg Teile des Rheinlandes besetzt hatten, wurden die amerikanischen Offiziere und Soldaten während des Zweiten Weltkrieges auf ihre zukünftige Aufgabe in Deutschland und anderen zu besetzenden Gebieten intensiv vorbereitet. Im April 1942 wurde eine „School for Military Government“ an der Universität von Virginia in Charlottesville unter der Leitung von Brigadegeneral Cornelius Wickersham errichtet.282 Im amerikanischen Kriegsministerium (War Department) beschäftigten sich seit August 1942 eine „Military Government Division“283 in der „Office of Provost Marshal General“ und eine am 1. März 1943 dem Generalstab unterstellte „Civil Affairs Division“284 mit der Vorbereitung der Besetzung Deutschlands und anderen europäischen Staaten.285 Während sich das „Office of Provost Marshal General“ verständlicherweise auf seine eigentlichen militärischen Aufgaben konzentrierte, konnte sich die „Civil Affairs Divisions“ unter Generalmajor John H. Hilldring in Ermangelung anderer Zuständigkeit allen nicht im engeren Sinne militärischen Problemen der Besatzung widmen. Aufgrund der Arbeiten der Roberts-Commission nahm das amerikanische Kriegsministerium im Frühjahr 1943 die Planung für den Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern auf. Am 1. April 1943 empfahl General Wickersham dem Direktor der „Civil Affair Division“ die Ernennung von mehreren Kunstsachverständigen, nachdem diese den Kurs in Charlottesville absolviert hatten.286 Diese Kunstschutzoffiziere sollten in die Stäbe der Armeeeinheiten an den verschiedenen Fronten eingeteilt werden und den dortigen Kommandanten in Sachen Kulturgüterschutz beraten.287 Bereits im März 1943 war von der „Civil Affairs Division“ der „American Defense Harvard Group“ zugesichert worden, dass in den Unterlagen, welche die Beamten der Militärver-

281

Woolley, S. 8 f.

282

Siehe Ziemke, US Army, S. 7.

283

Abteilung von amerikanischen Militärregierungen.

284

Abteilung für sämtliche nichtmilitärischen Angelegenheiten.

285

Siehe Ziemke, US Army, S. 17.

286

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36.

287

Siehe Ziemke, US Army, S. 54 f.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

waltung in den besetzten Gebieten verwenden würden, Informationen zu diesem Bereich enthalten sein würden. Auch wurde die Entsendung von Lehrkörpern im Bereich des Schutzes von Kulturgütern für die Ausbildung in der militärischen Verwaltung genehmigt.288 Zudem sollte der Kulturgüterschutz explizit in den Handbüchern der Armee Aufnahme finden. Am 25. April 1943 stimmte General Eisenhower zudem der Aufnahme von zwei Beratern in Sachen Kulturgüterschutz in den Planungsstab der Militärverwaltung für die Invasion in Sizilien zu.289

III.

Aufbau einer Monuments, Fine Arts and Archives Abteilung in den britischen und amerikanischen Invasionsstreitkräften

In der dritten Januarwoche 1943 traf sich der amerikanische Präsident Roosevelt mit dem britischen Premierminister Churchill in Casablanca. Dort kamen sie – nicht ohne einige Meinungsverschiedenheiten – überein, Sizilien und nicht Nordfrankreich anzugreifen. Die Invasion wurde für den Juli 1943 geplant, und diesmal sollten zum ersten Mal britische und amerikanische Streitkräfte gemeinsam gegen eine feindliche Nation vorgehen. Nur wenige Tage nachdem die Staatschefs Casablanca verlassen hatten, begann auch schon die Planung für den Einmarsch in Sizilien. Offiziere der neugegründeten „Civil Affairs Division“ begaben sich nach Tripolis, um die dort bereits bestehende britische Besatzungsverwaltung zu analysieren, und sie fanden dabei auch schon ein inoffizielles Programm für den Schutz von Kulturgüter vor. Die Vorbereitungen wurden in den verschiedenen Hauptquartieren in Nordafrika in Zusammenarbeit und Absprache der „Combined Chiefs of Staff“290 in Washington durchgeführt.291 Dabei wurde das Hauptquartier des „Allied Military Government of Occupied Territories“ (AMGOT) dem Hauptquartier General Alexanders 15. ArmeeGruppe unterstellt. Innerhalb des AMGOT-Stabes arbeiteten auch die beiden Berater für den Kulturgüterschutz.292 Major General Lord Rennell, Chef der

288

Siehe auch Nicholas, Raub der Europa, S. 291 ff.

289

NA RG 165/463, Korrespondenzen und Memoranden, April 1943; Siehe auch Woolley, S. 18 f.

290

Vereinigte Stabschefs.

291

Donnison, Civil Affairs, S. 217.

292

Die beiden Offiziere, ein Amerikaner und ein Brite, waren Hauptmann Mason Hammond und Hauptmann F.H.J. Maxse, wobei letzterer erst im September eintraf. In dieser Zeit war die USA den Briten in der Planung eines Kulturgüterschutzes in Europa um einiges voraus. So hatte das „American Council of Learned Societies“ Kunstsachverständige als Lehrer an die „School of Military Government“ geschickt, und es war dabei, einen Pool von Spezia-

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

„Civil Affairs Officer“ für Italien, definierte im April 1943 für den Kulturgüterschutz allgemeine Grundsätze, wonach während der Besatzungszeit ein allgemeines Exportverbot von Kunstgegenständen für alliierte Truppen herrschen solle, dass alle „Civil Affairs Offficer“ den Kulturgüterschutz zu beachten hatten, dass per Befehl den kombattanten Kommandanten verboten wird, abgesperrte Zonen, in denen sich Kulturgütern befanden, zu betreten und dass alle Museen bis auf weiteres geschlossen werden müssten.293 Aufgrund der riesigen Anzahl von historischen Stätten und anderer Kulturgüter in Italien wurde es offensichtlich, dass sich weder die beiden Kunstschutzoffiziere noch allenfalls weitere Kunstschutzoffiziere um alle gefährdeten Objekte kümmern konnten und deshalb auch die allgemeinen „Civil Affairs Officers“ (C.A.O.) um den Schutz besorgt sein mussten. Zu diesem Zweck wurde im Juli 1943 eine allgemeine Administrativverordnung erlassen.294 Dabei wurden für den Kulturgüterschutz während der Besetzung Italiens folgende Regeln erlassen: 1. For the purpose of these Instructions the term „monument“ will designate any site, building, or other structure, whether public, ecclesiastical, or private, whose historic, cultural, artistic, traditional or sentimental value render its protection and preservation a matter of public interest. Such as monuments include ruins, museums, libraries, churches, memorials, palaces, and the like. 2. As soon as practicable after occupation, the C.A.O. should inspect all monuments within the area under his charge to determine what measures are necessary for their protection and preservation. 3. Monuments of necessary daily use, as churches, public offices, private residences, or like, should be kept open and provision made for existing custodians to be continued in office or new ones found. Necessary funds should be provided from local sources. 4. The C.A.O. should use his discretion whether to keep open or to close monuments not of necessary daily use, as museums, libraries, archaeological sites, or the like. Where custodians and funds are available and the monuments are in good repair, it should probably be left open. Otherwise it should be closed, a notice posted to effect that it has been closed by military authority, and measures taken to ensure its protection and preservation by posting of guards, frequent inspection, or the like. 5. In his inspection, the C.A.O. should note damages sustained by monuments in the course of occupation. He should render a report on such damage through channels to the C.A.O. He should include recommendations with respect to repair, cost, available funds, available skilled labour, and the like. Where delay in repair would jeopardize the preservation of the monument, he should see to the execution of the repairs on his own authority. Costs of repairs should be charged to local funds save in very exceptional cases.

listen für die Arbeit in Europa aufzustellen. Hauptmann Hammond erreichte im Juni 1943 Algier, wo er im Trainingszentrum der „Civil Affair Officers“ unterrichtete. Siehe für die Organisation der alliierten Militäradministration auch Harris, Allied Military Administration of Italy, 1943–1945, London 1957, S. 96 ff. 293

Siehe Woolly, S. 18.

294

Donnison, Civil Affairs, S. 217.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz 6. The C.A.O. should take steps to prevent damage or defacement of monuments by military or local personnel. Such steps might include, besides ensuring adequate protection, posting of notices in English and Italian, requesting tactical commanders to warn troops against acts of nuisance, defacement or disrespect, and the like. 7. The C.A.O. should see that all charges of damage or disrespect to monuments which come to his attention are promptly investigated by himself or by appropriate civil or military authorities and, if proven, are duly punished. 8. During the first phases of occupation, the C.A.O. will probably not be concerned with the protection, care and control of moveable objects of art other than through steps taken to protect museums etc. instructions will therefore be issued later on this subject. The C.A.O. should however, attempt to prevent the removal of objects of art, archaeological fragments, and the like. He should also see to the proper preservation of such objects as many come to light in the course of military operations, repairs to buildings, or the like.295

Die Handbücher und Listen für die Kunstschutzoffiziere in Italien entstanden nur sehr langsam und waren unvollständig. Auch die Karten liessen in ihrer Qualität zu wünschen übrig. Dazu kam, dass die „School of Military Government“ aus Geheimhaltungsgründen keine Informationen bezüglich der zu besetzenden Ortschaften machen durfte. Erst am 27. Juni 1943 trafen vom Planungsstab AMGOT die ersten Forderungen nach Informationsmaterial über öffentliche Monumente in Sizilien, Sardinien und auf dem italienischen Festland beim amerikanischen Kriegsministerium und der Abteilung für „Civil Affairs“ ein. Daraufhin wurden auch die Arbeiten an den sogenannten „Frick-Karten“ aufgenommen.296 Die Grundzüge der Invasion in Sizilien war von den Planern im Hauptquartier des AMGOT in einem Handbuch zusammengefasst worden. Hauptmann Hammond, dem nichts von dem Material zur Verfügung stand, welches seine akademischen Kollegen in den USA zusammenstellten, fügte diesem Handbuch alles bei, was er über den Umgang mit Kunstwerken und über den grundlegenden Schutz von Gebäuden wusste. Am 10. Juli 1943 griffen die Alliierten Streitkräfte unter dem Oberkommandierenden, General Eisenhower, Sizilien an und besetzten es, und bereits 2 Monate später, am 8. September 1943, landeten die Alliierten in der Nähe von Neapel auf dem Festland.297 Aufgrund seiner Einteilung im „Allied Military Government“

295

Donnison, Civil Affairs, S. 217.

296

Vgl. auch Nicholas, Raub der Europa, S. 295. Auch Donnison, Civil Affairs, S. 216.

297

In einem Schreiben des Chefs der “Civil Affairs Division” an den Stellvertretenden Sekretär des War Departments vom 21.07.1943 wird diesem bezüglich den Fortschritten im Kulturgüterschutz mitgeteilt: 1) The Directive for HUSKY (the Sicilian Invasion) made reference to the preservation of historic monuments. 2) General Eisenhower had agreed to the addition of two staff advisors on the preservation of historical and art treasures. 3) The cultural material so far prepared by the ACLS Committee had been furnished to General Eisenhower.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

dauerte es bis zum 29. Juli 1943, bis Hauptmann Hammond als erster Kunstschutzexperte in Sizilien eintraf und in Syrakus sein Quartier bezog. Es war vorgesehen, dass die Militärverwaltung als statisches Element hinter der Front der 15. Armee-Gruppe tätig war. Dabei sollte die Militärverwaltung in Regionen unterteilt und aufgrund des alliierten Vormarsches sukzessive vergrössert werden, bis sie schliesslich zwölf Regionen umfasste.298 Je Region war ein diensttuender Kunstschutzoffizier vorgesehen. Am 24. Oktober 1943 wurde AMGOT in die „Allied Military Government“ „AMG Forward“299 und „AMG Rear“ eingeteilt. Die Berater in Sachen Kulturgüterschutz blieben im „AMG Rear“ eingeteilt, welches am 1. November 1943 mit der neugegründeten „Allied Control Commission“ zusammengelegt wurde.300 Die „Allied Control Commission“ hatte die Aufgabe, die italienische Regierung zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurde die Organisation dieser Kontrollkommission der italienischen Verwaltung angeglichen. Da das Direktorat der Schönen Künste dem Erziehungsministerium untergeordnet war, wurden die Kunstschutzberater der Alliierten Streitkräfte eine Sektion der Abteilung für Erziehung und Schulwesen der „Allied Control Commission“.301 Die Aufgaben dieser neugeschaffenen „Monuments Fine Arts and Archives“-Gruppe (MFAA) wurde in mehreren Befehlen und Instruktionen niedergelegt.302 Die Aufgaben dieser Gruppe, die sich unter dem Kommando des „Headquaters Chief of Staff, Supreme Allied Commander“ (COSSAC) befand, waren: A) Record and assess war damage suffered by historic monuments prior to our occupation; take or advise the steps necessary to prevent further deterioration; supervise and pass estimates for repairs.

298

Siehe Harris, S. 96. Aufgrund der Kapitulation Italiens und weil Italien gegen das Deutsche Reich Krieg geführt hatte, wurden nicht alle Regionen errichtet, und eine direkte militärische Verwaltung war nicht im geplanten Masse nötig. Die alliierte Kontrolle erfolgte über die italienische Regierung, welcher man hinter der Front ein immer grösseres Gebiet überliess.

299

„AMG Forward“ operierte unmittelbar hinter der Front und übernahm deren besetzte Gebiete, während die Kampftruppen weiter vorrückten.

300

Dies, obwohl erkannt wurde, dass die kritischste Zeit für die Kulturgüter unmittelbar nach Abrücken der Fronteinheiten und dem Nachrücken der Reserve- und Nachschubeinheiten war. Eine Untersuchungskommission des AFHQ stellte fest: „The crucial time was when the battle has gone forward and reserve formations and administrative units begin to take over the newly won area. Everything is in a state of confusion, and that is the time when by far the most loss and damage occur. Everything depends on the control exercised by incoming formations and units, and on the discipline of the troops, during these early days“. Siehe dazu Donnison, Civil Affairs, S. 220.

301

Donnison, Civil Affairs, S. 218.

302

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 4.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz B) Prevent damage by troops; affix notices, close buildings or procure guards; guards; check billeting; interest the troops by lectures or otherwise; and investigate charges of wanton damage brought against the Allied troops and report proved cases. C) Prevent the looting of sale and removal of objects of art. D) Establish the fact of looting by enemy troops.303

Dabei ging es um die Information der Bodentruppen und der Luftwaffe zur Verhinderung der Zerstörung von historischen Gebäuden, Kunstwerken und historischen Dokumenten, um die Inspektion, das Erstellen von Berichten und das Fotografieren von durch die Alliierten in Besitz genommenen Kulturgütern, um die notfallmässige Instandstellung solcher Güter zur Verhinderung der weiteren Zerstörung, um die Verhinderung der Benutzung von historischen Stätten durch Truppen und um das Erstellen von Akten bezüglich des Raubes von Kulturgütern oder deren mutwilliger Zerstörung durch die Nazis im Hinblick auf eine nachfolgende Restitution oder Reparation.304 Ziel der MFAA-Sektion war es, dass soweit möglich unmittelbar nach der Eroberung die zivilen Direktoren der Museen wieder eingesetzt wurden. Diese Personen waren die besten Kenner ihrer Sammlungen und konnten innert kürzester Zeit herausfinden, welche Kunstobjekte vermisst wurden und zum Zweck der Restitution gesucht werden mussten.305 Bald zeigte es sich, dass die MFAA-Sektion innerhalb der Abteilung für Erziehung der Kontrollkommission für Italien die ihr aufgetragenen Aufgaben nicht erfüllen konnte. Um die Direktiven und Instruktionen voll umsetzen zu können, hätten die MFAA-Offiziere unmittelbar hinter der Frontlinie aktiv sein müssen. Dies wäre jedoch nur möglich gewesen, wenn die MFAA-Offiziere direkt den Kampfeinheiten beratend zur Seite gestanden hätten. Durch die strikte Trennung zwischen der alliierten Kontrollkommission und den Streitkräften waren die MFAA-Offiziere in ihren Regionen nicht nur ohne jegliche Transportmittel, sondern waren auch von den Streitkräften sowie dem Kommandanten der MFAA-Sektion vollständig isoliert. Sie hatten sodann gegenüber der kämpfenden Truppe bezüglich des Schutzes der Kulturgüter keine Befehlsgewalt. In den Direktiven und Instruktionen wurde den Kunstschutzoffizieren somit eine Vielzahl von Aufträgen befohlen. Sie wurden für den Schutz der Kulturgüter verantwortlich gemacht, ohne dass man

303

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 6.

304

Siehe Woolley, S. 20.

305

PRO T 209/2, Minutes of 2 nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 25.05.1944, Aussagen von Lt.Col. Woolley.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

ihnen die entsprechenden Hilfsmittel und Kompetenzen gab.306 Im Folgenden eine Direktive mit der Auflistung der unzähligen Aufgaben der MFAA-Offiziere während der Invasion von Italien: Functions of Monuments, Fine Arts and Archives Sub-Commission 1. Mission To prevent as far as possible destruction of and damage to historical monuments, buildings, works of art and historical records of Italy; to safeguard and preserve them, and to give first-aids in repairs when needed; and to assist in the recovery and restitution to their rightful owners of any works of art which have been looted, removed, or otherwise misappropriated. 2. Major Functions a) Advises on order to be issued by commanders to their troops for the protection and safeguarding of monuments, buildings, works of art, etc. b) Maintains liaisons with ground and air forces in order to furnish them within their respective theatre of operation. c) Formulates and distributes plans and directives. d) Collaborates with other sub-commission, including Public Safety, Public Works, Property Control, and Education. e) In collaboration with Public Relations prepares and/or approves publicity relating to monuments and fine arts within its jurisdiction. f) Acts in advisory capacity to Italian Ministry of Education. g) Submits periodic reports on matters relating to preservation and protection of monuments and art objects. 3. Operational Functions a) Prepares regional and provincial lists of monuments, etc., to be safeguarded, and distributes some to units in the field. b) Provides measures to safeguard monuments, etc., in regions occupied by Allied forces. c) Advises unit commanders on matters pertaining to requisitions on national monuments. d) Collects information regarding the damages of war to monuments, etc. e) Investigates reports of alleged looting or other unlawful appropriation of art or historical objects, and recommends appropriate action for restitution of same. f) Aids Italian government agencies concerned with respect to preservation, including urgent repairs necessitated by war damage to national monuments, protection of works of art and historical records, including salvage collection, housing and restitution to rightful owners of same.

306

Siehe dazu Report Roberts-Commission, S. 60 f.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz g) Prepares guide books for military personnel and cooperates with the Red Cross and Special Services in arranging tours for same.307

Innerhalb der Streitkräfte war auch die verbreitete Meinung, dass die Instruktionen in den Handbüchern der „Civil Affairs“-Offiziere nur für diese Gültigkeit hätten.308 So interessierten die Listen mit den geschützten Gebäuden und Denkmälern die kämpfenden Soldaten in keiner Weise. Diese Mängel und die Missachtung von Kulturgütern und insbesondere historischen Gebäuden manifestierte sich, nachdem die alliierten Truppen am 1. Oktober 1943 nach verbissenem Widerstand durch die deutschen Truppen von General Kesselring in Neapel einmarschierten. Die Alliierten benutzten historische Gebäude als Quartiere für die Hauptquartiere der alliierten Armeestäbe oder zum Beispiel das Nationalmuseum als Lager für Lazarettbedarf. Alliierte Soldaten plünderten hemmungslos die verschiedenen Sammlungen der Universität und verunstalteten Denkmäler und Galerien.309 Aufgrund dieser Vorgänge ernannte das britische „War Office“ Oberstleutnant Woolley am 23. Oktober 1943 zum hauptamtlichen „Archaeological Adviser“.310 Woolley bekam sodann den Auftrag, die Vorgänge in Neapel abzuklären und Vorschläge zu dessen Verhinderung zu formulieren.311 Am 1. Dezember 1943 traf Woolley in Italien ein. In mehreren Sitzungen in den Hauptquartieren der Alliierten und in einem scharfen Brief an den Chef der Militärverwaltung wies er auf die negative Propaganda und die negative Wirkung des destruktiven Truppenverhaltens hin und rügte, dass damit die ausdrücklichen Wünsche des britischen Premierministers und des amerikanischen Präsidenten missachtet würden. In seinem Bericht zeigte der Berater für Kulturgüterschutz zwei Punkte auf, weshalb die MFAA-Sektion die Vorgänge in Neapel nicht hatte verhindern können. Erstens waren keine MFAA-Offiziere in den Kampfzonen, wo man sie am dringendsten benötigt hätte, anwesend gewesen. Zweitens waren die MFAA-Offi-

307

Statement des Direktors der MFAA Branch Maj. T. DeWald an Secretary General of the Allied Control Commission, 23.03.1943 in Report Roberts Commission, S. 60 f.

308

Solche Handbücher wie „Army Service Forces Manuals“ und „Civil Affairs Books“ wurden während des Zweiten Weltkrieges über verschiedenste Länder publiziert. So unter anderen über Belgien, Belgien-Holland-Dänemark, Frankreich, Norditalien, Mittelitalien, Italien, Holland und Norwegen. Zahlreiche der darin befindlichen Informationen hatte die „Roberts Commission“ und die „Civil Affairs Division“ des War Departments geliefert.

309

Siehe NA RG 239/24, Report on Destruction, 30. September 1943. Vgl. auch Report Roberts-Commission, S. 62.

310

Siehe dazu S. 65.

311

Unter anderen erfolgte die Empfehlung „… that in the future occupation if any city like Naples, it is of urgent necessity that a close liaison exist between the authorities requisitioning buildings for the quartering of troops and the head of the Section of Fine Arts, and that a list of historical monuments which cannot be requisitioned be supplied for guidance“. Siehe dazu Report „Roberts Commission“, S. 62.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

ziere den Regionen zugeteilt und nicht flexibel in einem Pool organisiert. Die Hauptursache lag jedoch gemäss Woolley in der fehlenden Befehlsbefugnis der MFAA-Offiziere und der fehlenden Verantwortung für den Schutz der Kulturgüter bei den Streitkräften.312 General Eisenhower zeigte sich nicht gerade begeistert davon, Kulturgüterschutzoffiziere den Kampftruppen zuzuteilen. Seiner Ansicht nach wurde bereits jede Vorsichtsmassnahme getroffen, um Kunstwerke zu schützen. Was die Restauration oder Bergung angehe, so sei dies ein ziviles Problem, das Italien selbst lösen müsse, vielleicht mit Hilfe von ein bis zwei britischen oder amerikanischen Fachleuten.313 Die Abteilung für „Civil Affairs“ im amerikanischen Kriegsministerium hatte bereits während der Kämpfe in Sizilien beim alliierten Oberkommando angefragt, wann zivile Organisationen den Kriegsschauplatz betreten dürften. Als der Oberkommandierende Eisenhower am 30. August 1943 mitteilte, dass dies innert Kürze der Fall sein werde, löste er einen grösseren Disput zwischen den Regierungen aus. Nachdem die britische Regierung erklärt hatte, dass sie nur Einzelpersonen akzeptiere, die sich in die Strukturen der Militärverwaltung integrieren lassen würden, beharrte der amerikanische Präsident Roosevelt nicht weiter auf kombinierte zivil-militärische Operationen,314 dies sehr zum Leidwesen der „Roberts Commission“, die sich ausschliesslich aus Zivilisten zusammensetzte und vorhatte, sich direkt auf dem Kriegsschauplatz zu beteiligen. Durch die Intervention des britischen „Archaeological Advisors“ wurde die MFAA-Sektion reorganisiert. Die MFAA-Sektion wurde selbständig, ihre Offiziere wurden flexibler eingesetzt und mobiler. Die Hauptquartiere der verschiedenen an den Kämpfen beteiligten Verbände gaben zudem die Zusicherung, dass die Anwesenheit der MFAA-Offiziere in ihren Stäben geschätzt würde. Aufgrund dieser Reorganisation und den Vorgängen in Neapel erteilte General Eisenhower am 29. Dezember 1943 allen alliierten Befehlshabern den Befehl zum Schutz von Kulturgütern: „To all Commanders: Today we are fighting in a country which has contributed a great deal to our cultural inheritance, a country rich in monuments which by their creation helped and now in their old age illustrate the growth of the civilization which is ours. We are bound to respect those monuments so far as war allows. If we have to choose between destroying a famous building and sacrificing our own men, then our men’s lives count infinitely more and the buildings must go. But the choice is not always as clear-cut as that. In many cases the monuments can be spared without any detriment to operational needs. That is an accepted principle. But the phrase „military necessity“ is sometimes used where it would be more truthful to speak of military convenience or even personal convenience. I do not want it to cloak slackness or indifference.

312

Siehe Donnison, Civil Affairs, S. 219.

313

NA RG 239/13, Schreiben McCloy an Finley ohne Datum.

314

Coles/Weinberg Civil Affairs, S. 214 ff.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz It is a responsibility of higher commanders to determine trough A.M.G. officers the locations of historical monuments whether they be immediately ahead of our front lines in areas occupied by us. This information passed on lower echelons through normal channels places the responsibility of all Commanders of complying with the spirit of this letter.“315

Gleichzeitig wurde die General Order No. 68 vom 29. Dezember 1943 erlassen, in welcher der Schutz der italienischen Kulturgüter befohlen wurde: Historical Monuments a) No buildings listed in the sections „Works of Art“ in the „Zone Hand-Books“ of Italy was to be used for military purposes without the explicit permission of the Allied Commander-in-Chief, 15 Army Group, in each individual case. b) Commanders were authorized to close and put “Off Limits” any of the buildings listed in the AMG “Zone Hand-Book”. Notices were to be affixed and guards provided if necessary. c) Allied Military Government Officers were prepared to furnish commanders with a list of historic buildings which might be used for military purposes when deemed necessary. d) The prevention of looting, wanton damage and sacrilege of buildings was a command responsibility.316

Darin wurde in Einklang der HLKO des amerikanischen Handbuchs „Rules of Land Warfare“ respektive des britischen „Manuals of Military Laws“ die Benutzung von in den Zonen-Handbücher aufgelisteten Kulturgüter verboten, und die Befehlshaber auf allen Stufen wurden für jegliche Plünderungen und

315

Report Roberts-Commission, S. 102. Die Übersetzung lautet: Wir kämpfen heute in einem Land, das viel zu unserem kulturellen Erbe beigetragen hat, in einem Land, das reich ist an Kulturgütern, welche durch ihr Entstehen unsere kulturelle Entwicklung förderten und diese heute, da sie sind, illustrieren. Wir sind verpflichtet, diese Denkmäler zu achten, soweit der Krieg dies zulässt. Wenn wir die Wahl haben, ein berühmtes Bauwerk zu zerstören oder das Leben unserer Leute zu opfern, dann zählt das Leben unserer Leute unendlich viel mehr, und das Bauwerk muss weichen. In vielen Fällen können Kulturgüter ohne jegliche Beeinträchtigung der operationellen Bedürfnisse verschont werden. Nichts lässt sich dem Argument militärischer Notwendigkeit entgegenhalten. Das gilt als anerkannter Grundsatz. Doch der Ausdruck „militärische Notwendigkeit“ wird manchmal angewendet, wenn es eher angebracht wäre, von militärischer oder gar persönlicher Bequemlichkeit zu sprechen. Ich will nicht, dass damit Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit überdeckt werden. Es gehört daher in den Verantwortungsbereich höherer Befehlshaber, durch A.M.G.-Offiziere die Lage von historischen Kulturgüter abzuklären, sobald sie sich direkt vor unserer Front oder in von uns gehaltenem Gebieten befinden. Diesbezügliche Mitteilungen müssen auf dem Dienstweg an die niedrigeren Ränge weitergegeben werden und übertragen allen Befehlshabern die Verantwortung, im Sinne dieses Schreibens zu handeln.

316

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 6.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Zerstörungen von Kulturgüter ihrer Truppen verantwortlich gemacht.317 Zur gleichen Zeit nahm man die Arbeit an leicht verteilbaren, handlichen Broschüren mit Listen der Kulturgüter aller Regionen auf, um die unhandlichen „HarvardListen“ zu ersetzen. Die Roberts-Commission hatte zwar Listen und Karten erstellt, doch waren diese erstens nicht in genügender Anzahl vorhanden gewesen und zweitens hatte es sich herausgestellt, dass die Listen in den Zonen-Handbücher gebräuchlicher waren als diejenigen, welche in Harvard erstellt worden waren.318 Um der „General Order No. 68“ Nachdruck zu verleihen, wurde eine spezielle Militärkommission auf Befehl des Oberkommandierenden nach Neapel geschickt, welche eine Untersuchung über die Schäden und deren Verursacher durchführte. Eine im Januar 1944 durchgeführte Strafgerichtsverhandlung wurde aufgrund fehlender Beweise gegen Einzelpersonen eingestellt, jedoch wurde festgestellt, dass die Militärverwaltung in verschiedener Hinsicht über grosse Mängel verfügte. In ihren Empfehlungen forderte das Gericht sodann ähnliche Veränderungen der MFAA-Sektion, wie sie bereits der „Archaeological Advisor“ in seinem Bericht gefordert hatte. Mittlerweile befanden sich bereits 15 MFAA-Offiziere (12 Amerikaner und 3 Briten) in Italien. Im Herbst 1943 waren auch noch zwei Archivare der MFAA-Sektion zugeteilt worden. Eine weitere wichtige Aufgabe dieser Offiziere war es, erste Hilfe an gefährdeten Gebäuden zu leisten. Oberstleutnantl Woolley bekam als „Advisor“ des „War Office“ keine direkte Befehlsgewalt über die MFAA-Offiziere, diese mussten jedoch an ihn über den Verlauf ihrer Arbeiten rapportieren.319 Am 30. März 1944 wurde anhand der Empfehlungen des Gerichtes in Zusammenarbeit des Hauptquartiers mit der MFAA-Sektion eine Verordnung für den Schutz der Kulturgüter in Italien erlassen. Die „Headquaters Allied Armies in Italy“ (HQAAI), “Administrative Instruction No. 10” vom 30. März 1944, ent-

317

Siehe Woolley, S. 22 f. Dies obwohl noch im Januar 1944 die britischen Kommandanten an den “Secretary of State for War” ausführten: The Army, in the face of the enemy, is concerned with his destruction to the exclusion of all other considerations. It will not exercise any niece discrimination in the selection of its targets, since the enemy would be quick to take advantage of the sanctuary offered by any such doctrine. Immediately behind the advancing armies the situation is different. But here, too the prime object of the military staff proper and of the civil administration staff attached to it is to facilitate military operations by attending to certain necessities of which the safeguarding of objects of historical interest is not one. Siehe dazu Donnison, Civil Affairs, S. 224.

318

PRO T 209/2, Minutes of 2nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 25.05.1944, Aussagen von Lt. Col. Woolley. Im Februar 1944 erhielt die alliierte Luftwaffe unter General Lauris Norstad endlich Karten mit dem Standort wichtiger Kulturdenkmäler auf Luftaufnahmen, die die Luftwaffe selber aufgenommen hatte. Die Karten der Luftwaffe bot den Vorteil, dass sie den Bomberpiloten genau das zeigten, was sie durch das Bombenzielgerät auch erblickten.

319

PRO T 209/2, Minutes of 2nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“ vom 25.05.1944.

5. Kapitel: Alliierte Militärführung und der Kulturgüterschutz

hielt eine genaue Definition der Verantwortlichkeit der alliierten Streitkräfte in Bezug auf den Kulturgüterschutz in Italien. Zusätzlich wurde ein Kontrollmechanismus mit Strafandrohungen bei Missachtung eingeführt. Die MFAAOffiziere wurden in die Armee eingegliedert und bekamen für ihre Arbeit im Zusammenhang mit dem Kulturgüterschutz Befehlskompetenz.320 Zudem wurde die Zusammenarbeit zwischen der „Allied Control Commission“ und der einzelnen „Allied Military Government“ in den Armeeverbänden vereinfacht. Sodann wurde ein Berater für die Verwaltungseinheiten ernannt.321 Nicht nur bezüglich der Befehlsbefugnisse und der neuen Organisation konnte der Kulturgüterschutz massiv aufgewertet werden. Die verschiedenen Befehle und Aufrufe des Oberkommandos der Alliierten Streitkräfte zeigte auch Wirkung auf die Truppenkommandanten. So erliess General Clark, gestützt auf den Befehl von General Eisenhower, am 4. Juni 1944 vor der Besetzung von Rom seiner 5. Armee die folgende Instruktion: Rome is a centre of ancient and artistic monuments of all kinds: buildings, museums, art galleries, etc. It is in the interest of civilized world that these be preserved undamaged. The Army Commander desires and has confidence that no member of the Fifth Army will cast discredit on his Army or his country, or display such utter lack of appreciation as such action would indicate. All signs indicating that places are outof-bounds will be scrupulously obeyed. The Vatican City is neutral territory and will be placed out-of-bounds to all ranks of the Allied forces. It may later be possible to arrange controlled visits for worship, etc. I desire that you take promptly the necessary measures to implement these instructions. You will be held personally responsible for repeated violations by member of your command.322

IV.

Fazit

Die Alliierte Militärführung musste zuerst aus ihren Fehlern lernen. Es erstaunt dabei, dass weder die Briten noch die Amerikaner aus früheren Erfahrungen (zum Beispiel aus der Kolonialzeit oder aus dem Ersten Weltkrieg) in der Lage waren, sofort eine Kulturschutzabteilung aufzustellen, welche den Schutz der Kulturgüter auch tatsächlich gewährleisten konnte. Der Italienfeldzug und insbesondere die Invasion in Sizilien machten deutlich, wie wichtig der Schutz der Kulturgüter ist, wenn man die Bevölkerung in den Kriegsgebieten hinter sich haben will. Schäden an Kulturgüter führen, wie es das Beispiel zeigte, zu grossen Reputationsschäden. Um dies zu verhindern, genügt es nicht, wenn man den 320

H.Q.A.A.I., Adm. Instructions No. 10, Preservation of Property of Historical or Educational Importance in Italy vom 30.03.1944, Ziff. 9.

321

Siehe Woolley, Appendix 10.

322

Report Roberts-Commission, S. 71 f.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

operativen Truppenkommandanten Listen, Weisungen und Karten in die Hände drückt, sondern es muss diesen auch Personal gegeben werden, die den Kommandanten beraten können und ihm die praktische Information und Durchsetzung bei der Truppe abnehmen. Indem man die MFAA Offiziere in die Stäbe integrierte, wurden die Möglichkeiten für einen Kulturgüterschutz in den Kriegsgebieten massiv verbessert. Die Wichtigkeit des Kulturgüterschutzes für die alliierte Militärführung kommt auch ganz klar mit dem Befehl vom 29. Dezember 1943 zum Ausdruck. General Eisenhower nimmt hier eine Auslegung der HLKO und der einschlägigen Normen betreffend die militärische Notwendigkeit vor. In diesem Befehl wird das Argument der militärischen Notwendigkeit eingeschränkt, und die Truppenkommandanten werden für die widerrechtliche Benutzung oder Zerstörung von Kulturgütern durch ihre Truppen persönlich verantwortlich gemacht. Die MFAA-Offiziere erhielten dabei aber nicht mehr Kompetenzen. Es war, wie die General Order No. 68 ausführte, in der Kompetenz des Kommandanten, Gebäude, die in den Listen verzeichnet waren, als nicht benutzbar zu bezeichnen und bewachen zu lassen. Zwar konnten die MFAA-Offiziere die Kommandanten beraten, aber den Entscheid fällte der operative Kommandant.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten I.

Einleitung

Das vorliegende Kapitel befasst sich mit den Planungen für eine Militärregierung nach der Besetzung von Deutschland. Um die Vorgehensweise der Alliierten verständlich darstellen zu können, wird bereits in diesem Kapitel auch auf die Zoneneinteilung eingegangen. Die nächsten Kapitel werden sich danach ausführlich mit der Besetzung Deutschlands, der Arbeit der Kunstschutzoffiziere und der diesbezüglichen rechtlichen Normen befassen. Die Planung einer Militärregierung stellte eine sehr grosse Herausforderung dar. Die Pläne mussten ohne politische Leitlinien vorgenommen werden, da die Regierungen in einem Stadium, in dem das Kriegsende noch nicht absehbar war, keine politisch heiklen Richtlinien schaffen wollten.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

operativen Truppenkommandanten Listen, Weisungen und Karten in die Hände drückt, sondern es muss diesen auch Personal gegeben werden, die den Kommandanten beraten können und ihm die praktische Information und Durchsetzung bei der Truppe abnehmen. Indem man die MFAA Offiziere in die Stäbe integrierte, wurden die Möglichkeiten für einen Kulturgüterschutz in den Kriegsgebieten massiv verbessert. Die Wichtigkeit des Kulturgüterschutzes für die alliierte Militärführung kommt auch ganz klar mit dem Befehl vom 29. Dezember 1943 zum Ausdruck. General Eisenhower nimmt hier eine Auslegung der HLKO und der einschlägigen Normen betreffend die militärische Notwendigkeit vor. In diesem Befehl wird das Argument der militärischen Notwendigkeit eingeschränkt, und die Truppenkommandanten werden für die widerrechtliche Benutzung oder Zerstörung von Kulturgütern durch ihre Truppen persönlich verantwortlich gemacht. Die MFAA-Offiziere erhielten dabei aber nicht mehr Kompetenzen. Es war, wie die General Order No. 68 ausführte, in der Kompetenz des Kommandanten, Gebäude, die in den Listen verzeichnet waren, als nicht benutzbar zu bezeichnen und bewachen zu lassen. Zwar konnten die MFAA-Offiziere die Kommandanten beraten, aber den Entscheid fällte der operative Kommandant.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten I.

Einleitung

Das vorliegende Kapitel befasst sich mit den Planungen für eine Militärregierung nach der Besetzung von Deutschland. Um die Vorgehensweise der Alliierten verständlich darstellen zu können, wird bereits in diesem Kapitel auch auf die Zoneneinteilung eingegangen. Die nächsten Kapitel werden sich danach ausführlich mit der Besetzung Deutschlands, der Arbeit der Kunstschutzoffiziere und der diesbezüglichen rechtlichen Normen befassen. Die Planung einer Militärregierung stellte eine sehr grosse Herausforderung dar. Die Pläne mussten ohne politische Leitlinien vorgenommen werden, da die Regierungen in einem Stadium, in dem das Kriegsende noch nicht absehbar war, keine politisch heiklen Richtlinien schaffen wollten.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

II.

Pläne für eine Militärregierung

Als die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 in den Krieg gegen Deutschland eintraten, beruhten die Vorstellungen der Armee in der Frage der Militärregierung noch auf der ersten Ausgabe des „Basic Field Manuel on Military Government“ (FM 27-5)323, welches das Kriegsministerium am 30. Juli 1940 herausgegeben hatte. Seine Bestimmungen stützten sich, wie erwähnt, direkt auf die Haager Landkriegsordnung von 1907. Bis zum 1. März 1943 waren alle Aufgaben der US-Armee im Zusammenhang mit der Military Government Division324 im Büro des „Provost Marshal General“325 konzentriert. Dieser unterstand seinerseits dem Oberkommandierenden des „Services of Supply“ (oder, wie sie später genannt wurden, der „Army Service Forces“).326 Am 1. März 1943 rief der amerikanische Kriegsminister Stimson eine Abteilung für Zivilangelegenheiten ins Leben, deren Hauptaufgabe es war, den Kriegsminister in allen Angelegenheiten nicht streng militärischer Art, die sich in den besetzten Gebieten auf Grund der militärischen Operationen ergeben würden und die in den Zuständigkeitsbereich des Kriegsministeriums fielen, zu informieren und zu beraten. Als Chef der neuen „Civil Affairs Division“ (CAD) ernannte das Ministerium Generalmajor John H. Hilldring. Von seiner Ernennung am 17. April 1943 an hatte dieser das Amt während dreier Jahre inne, bis er am 18. April 1946 zum Unterstaatssekretär im Aussenministerium für Fragen der amerikanischen Besatzungspolitik ernannt wurde.327 Am 22. Dezember 1943 erschien eine überarbeitete Ausgabe des Handbuches FM 27-5.328 Über die Veröffentlichung hinaus erhielten die militärischen Planer in Europa von ihren Regierungen wenig oder gar keine Anweisung für die

323

Grundlegendes Handbuch für die praktische Arbeit der Militärregierung. Das Kriegsministerium stellte mit dem Basic Field Manual on Military Government (FM 27-5) vom 30.07.1940, erste Überlegungen zur Ausgestaltung – künftiger – nicht speziell der deutschen – Besatzungen. Das Handbuch war ein Resultat einer Auswertung der amerikanischen Rheinlandbesetzung von 1918 bis 1923 und noch ganz im humanen Geist des Liber Codes von 1863 und der Haager Konvention gehalten. Das FM 27-5 wurde am 22. Dezember 1943 von einer verschärften Fassung abgelöst, die die militärische Notwendigkeit einer zukünftigen Besatzung starker betonte. Siehe zum FM 27-5 auch Waibel, S. 37 ff. Die Handbücher sind in NA RG 407/Decimal File 1940-45/300,7 Field Manuals 27-5 to 27-15/1272.

324

Abteilung für Militärregierung.

325

Chef der Militärpolizei.

326

Nachschub- und Dienstleistungswesen.

327

Holborn, American Military Government, S. 7 ff.

328

Basic Field Manual mit dem Titel „United States Army and Navy Manual of Military Government and Civil Affairs“. Siehe auch Merle Fainsod, The development of American military government policy during World War II, in Carl J. Friedrich (Hrsg.), American experiences in military government in World War II, New York 1948, S. 31 ff.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Behandlung der künftigen Militärregierungsaufgaben. Auf diese Weise waren sie gezwungen, eine ganze Anzahl behelfsmässiger ad hoc-Pläne zu erarbeiten. Insbesondere musste im Frühjahr 1943 die Planung für eine Besetzung Deutschlands begonnen werden, da sich die alliierten Stabschefs geeinigt hatten, dass im Frühsommer 1944 die Invasion über den Kanal erfolgen sollte. Dieser Beschluss führte, wie bereits vermerkt, zur Bildung einer strategischen Planungsstelle, die als „Chief of Staff Supreme Allied Commander“ (COSSAC)329 bezeichnet wurde. Leiter dieser Dienststelle war der englische Generalleutnant Sir Frederick E. Morgan, dem ein amerikanischer Stellvertreter, Brigadegeneral Ray W. Barker, zur Seite stand.330 Als bereits amerikanische und britische Militärs im Hauptquartier von SHAEF in London im Frühjahr 1944 letzte Hand an die Pläne für die Operation „OVERLORD“, die Invasion Frankreichs über den Ärmelkanal, legten, tappten die Stabsoffiziere hinsichtlich der Deutschlandpolitik der Verbündeten, auf die sie ihre Operationspläne hätten stützen können, völlig im Dunkeln. Daraufhin stellte Generalleutnant Sir Frederick E. Morgan, welcher einen Notplan für einen plötzlichen deutschen Zusammenbruch zu erstellen hatte, aufgrund der fehlenden Weisungen selber Überlegungen zu einer Besetzung von Deutschland an.331 Der kleine Stab für Zivilangelegenheiten bei COSSAC, der aus ungefähr gleich vielen amerikanischen und englischen Offizieren bestand, plante eine Verwaltung, die nach geographischen Gesichtspunkten eingeteilt war und die eine feste Eingliederung der Arbeiten für die Zivilangelegenheiten in die militärische Führungsstruktur forderte.332 Diese weitgehend die Verwaltung betreffenden Entscheidungen fielen mit einer grösseren Reorganisation der Kommandostruktur der alliierten Streitkräfte in Westeuropa zusammen. Mitte Februar 1944 wurde der G-5-Division des neu gebildeten obersten Hauptquartiers der Alliierten Expeditionsstreitkräfte (Supreme Headquaters Allied Expeditionary Forces – SHAEF333) die Zustän-

329

Stabschef beim Alliierten Oberkommandierenden.

330

Donnison, Civil affairs, S. 1 ff. Pogue, S. 58 ff.

331

Morgan, S. 250.

332

Donnison, Civil affairs, S. 20 ff. Pogue, S. 80 ff.

333

Mit der Ernennung Eisenhowers zum „Supreme Commander“ im Januar 1944 und seiner Ankunft in Grossbritannien trat die Vorbereitung zur Invasion in der Normandie ins letzte Stadium. Mitte Februar 1944 wurde die oberste Kommandobehörde für den Feldzug in Nordwest- und Mitteleuropa gebildet, das Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force (SHAEF), welche bis zu ihrer Auflösung Mitte Juli 1945 die höchste Autorität in den von den Westmächten befreiten und eroberten Gebieten war. SHAEF, das seine Befehle vom gemeinsamen britisch-amerikanischen Generalstab, dem Combined Chiefs of Staff (CCS), erhielt, leitete nicht nur die militärischen Operationen, die Nachschubversorgung, den Einsatz der taktischen Luftstreitkräfte und Marineeinheiten, sondern unterhielt daneben auch einen Verbindungsstab zu den Repräsentanten der befreiten Länder und verfügte über eine

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

digkeit für die gesamte Planung der Zivilangelegenheiten in Westeuropa übertragen.334 Zum Chef dieser Abteilung ernannte General Eisenhower am 22. April 1944 den britischen Generalleutnant A. E. Grassett.335 Am 11. Februar 1944 bildete die Abteilung G-5 bei SHAEF eine Landeseinheit für Deutschland (Germany Country Unit). Sie bestand ursprünglich nur aus einem kleinen Kernstab, sollte sich aber später zu einer grösseren Organisation entwickeln. Ihr war die Aufgabe zugedacht „die Funktionen der Militärregierung in besetzten Ländern zu übernehmen“. Dabei sollte sie den Apparat bereitstellen, der zur Kontrolle der deutschen Zivilverwaltung von dem Zeitpunkt an notwendig wäre, in dem sich die alliierten Streitkräfte in Deutschland befanden. Diese Verantwortung sollte dabei bis zur Übernahme der Kontrolle durch die „Alliierte Hohe Kommission“ bei der Militärregierung liegen. Ihre unmittelbare Aufgabe war es, die eigene Organisation festzulegen, das Personal zusammenzustellen, welches für die Kontrolle in Deutschland notwendig war, sowie die Aufgaben auf dieses Personal zu verteilen.336

III.

United States Group Control Council for Germany und die Control Commission for Germany (British Element)

Da die einzelnen Regierungen der USA, Grossbritanniens und der Sowjetunion immer mehr dem Konzept einer Besetzung mit Zuteilung von Einzelzonen zuneigten, beschlossen die englische und die amerikanische Führung im Sommer 1944, die Planung und Ausbildung für eine gemeinsame Militärregierung aufzugeben und sich stattdessen auf die Errichtung einer amerikanischen und einer englischen Gruppe für die Planung und Ausführung der Militärregierungspolitik auf rein nationaler Grundlage zu konzentrieren. Das Ergebnis dieser Entwicklung war Mitte August 1944 die Schaffung der U.S. Group Control Council for

Generalstabsabteilung für Angelegenheiten der Zivilbevölkerung (Civil Affairs). Hinzu kamen Einrichtungen wie etwa der Nachrichtendienst und Propagandastab (Psychological Warfare Division) oder die Public Relation Division, die für die militärische Pressezensur und die Informationspolitik verantwortlich war. Im SHAEF war auch die MFAA-Abteilung eingegliedert. Während des Krieges stieg die Anzahl Personen, welche in SHAEF beschäftigt waren, von 400 anfangs 1944 auf nicht weniger als 16’000 anfangs 1945. 334

Siehe auch Henke, S. 38 ff.

335

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 32.

336

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 33 f.

81

82

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Germany – USGCC337 und der Control Commission for Germany (British Element).338

1.

United States Group Control Council

Unter der Führung von General Wickersham hatte sich in London die Abteilung USGCC auf die Arbeit als amerikanischer Bestandteil des alliierten Kontrollrates vorbereitet – ohne jedoch an den konkreten Aufgaben der Zivilverwaltung teilzuhaben, wie sie sich seit September 1944, als Eisenhowers Truppen die deutsche Grenze überschritten, ergeben hatten.339 Ursprünglich sollte die USGCC eine doppelte Aufgabe erfüllen. Sie sollte nicht nur die amerikanische Planungsstelle für Deutschland sein, solange der Krieg noch andauerte, sondern auch nach dem Ende der Feindseligkeiten die Rolle eines obersten amerikanischen Hauptquartiers für Militärregierungsfragen übernehmen. Im Zusammenhang mit dieser zweiten Aufgabe hatten die militärischen Planer in Europa empfohlen, die USGCC so zu organisieren, dass ihr Aufbau der deutschen Verwaltungsstruktur entspräche, was jedoch von den Vereinigten Stabschef nicht gebilligt wurde.340 Am 14. November 1944 verabschiedeten die Mitglieder der europäischen beratenden Kommission (EAC) in London ein „Agreement on Control Machinery in Germany“ das auch die Grundlage zur schlussendlichen Organisation der USGCC wurde.341 Die USGCC war formell dem „European Theatre of Operations, United States of America“ (ETOUSA), unterstellt, gehörte jedoch für die Dauer der Doppelfunktion Eisenhowers in Deutschland zum Bereich von SHAEF. Die Leitplanken der „US Group Control Council“ wurden vom „Agreement on Control Machinery in Germany“ der European Advisory Commission, dem Befehl 1067 der Joint Chiefs of Staff 342 und dem SHAEF vorgegeben. Am 15. Januar 1945 verdeutlichte ETOUSA, dass das USGCC die Aufgabe habe, für Eisenhower als Commanding General, ETO, umfangreiche Aufgaben bei der Vorbereitung der Besetzung Deutschlands zu erfüllen und als Eisenhowers Verbindungsstelle zur amerikanischen Delegation bei der Europäischen Beratenden Kommission (EAC) in London zu fungieren. Als der deutsche militärische Widerstand im 337

US Gruppe im Kontrollrat für Deutschland. Siehe dazu auch Zink, American military government, S. 38 ff., Zink, The United States in Germany, S. 24.

338

Siehe dazu Farquaharson, S. 317.

339

Durch General Order Nr. 80, European Theatre of Operations (ETO) vom 9.08.1944 wurde der «US Group Control Council» (USGCC) in der Nähe von London errichtet.

340

Zink, American military government, S. 43 f., Zink, The United States in Germany, S. 24.

341

Siehe FRUS, Diplomatic Papers, The conferences at Malta and Yalta, 1945, Washington 1955, S. 124 ff.

342

Siehe detaillierte Ausführungen dazu S. 269.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

Krieg gegen die vordringenden Truppen der Alliierten immer schwächer wurde, fiel die Entscheidung über die Zukunft des USGCC, indem General Clay zum stellvertretenden Militärgouverneur berufen wurde. Eisenhower hatte schon frühzeitig sein Desinteresse an der Zivilverwaltung in der amerikanischen Zone erkennen lassen, um die Hände für notwendige militärische Operationen frei zu haben. Am 5. Juni 1945 unterzeichneten in Berlin die Militärbefehlshaber eine Erklärung „in Anbetracht der Niederlage Deutschlands und der Übernahme der obersten Regierungsgewalt“ sowie drei ergänzende Vereinbarungen über das Kontrollverfahren, die Besatzungszonen und das Verhältnis Deutschlands zu den Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen.343 Die Sieger erklärten, die gesamte öffentliche Gewalt in Deutschland von der Reichsebene bis hin zu den Gemeinden zu übernehmen, ohne damit Deutschland annektieren zu wollen. Ende Juni 1945 wurde USGCC nach überaus intensiver interner Vorbereitung von einer Planungsgruppe in eine obere Behörde für die Militärregierung in Deutschland umgewandelt. ETOUSA wurde zur Kommandobehörde und – mit Sitz in Frankfurt a.M. – am 1. Juli 1945 in US Forces European Theater (USFET) unbenannt. Es befehligte ausschliesslich amerikanische Truppen; allerdings war sie nicht nur für die amerikanischen Soldaten in der amerikanischen Zone, sondern auch für die in Grossbritannien, Frankreich, Belgien, Norwegen und Österreich stationierten Soldaten verantwortlich. Zwei Wochen später, am 14. Juli 1945, wurde die Auflösung von SHAEF formal vollzogen. Mit der Umwandlung des USGCC von einer Planungsgruppe in eine Militärbehörde wurde sie auch einer grösseren Umstrukturierung und Anpassung an die neuen Aufgaben unterzogen. Zwischen der USGCC und G-5, USFET, hatte es mehrere Monate lang unfruchtbare Rivalitäten gegeben. General Clay hatte stets die Auffassung vertreten, dass die Hauptaufgabe der Amerikaner in Deutschland – die Wiederherstellung einer Zivilverwaltung auf demokratischer Grundlage – nicht einem Armeekommando (USFET) überlassen werden könne; die Militärregierung müsse vielmehr zu einem guten Teil aus Zivilangestellten bestehen.344 Durch General Order Nr. 59 vom 29. September 1945 wurde die USGCC in Office of Military Government for Germany (US) umbenannt und war bald unter Abkürzung OMGUS allgemein bekannt.345

343

Siehe dazu Reinhard Anders (Hrsg.) Sammlung C.F. Müller, Die Proklamationen, Gesetze und Verordnungen der Militärregierung Deutschlands (Amerikanische Zone) Einschliesslich der Proklamationen und Gesetze der Alliierten Kontrollbehörde, Kontrollrat, Englischer und deutscher Text, Karlsruhe 1949.

344

Siehe dazu Steger, S. 120 f.

345

Für die gesamten Erläuterungen siehe Weisz, Die amerikanische Militärregierung in Deutschland, S. 11–30, Henke, S. 976 ff., Gimbel, Die amerikanische Besatzungspolitik S. 19 ff., Zimke, US Army, S. 177 ff.

83

84

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

2.

Control Commission (British Element)

Auf der britischen Seite befasste sich das im September 1943 gegründete Committee on Army Post-War Problems (APWP) mit der Bestimmung der voraussichtlichen strategischen Bedingungen der Nachkriegsphase und der daraus resultierenden Rolle des Heeres auf die anderen beiden Teilstreitkräfte.346 Daneben gab es bereits ein „Post Hostilities Planning Sub-Committee“ welches in einer Denkschrift „Military Occupation of Germany after her defeat“ im September 1943 den gesamten Problemkreis einer Besetzung Deutschlands aufzeigte.347 Die Briten hatten schon kurz nach der Moskauer Aussenministerkonferenz im Oktober 1943 mit Überlegungen zur Bildung einer „Control Commission (Military Section)“ als Kontrollapparat für die deutsche Zivilbevölkerung begonnen. Dieser Stab wurde im März 1944 eingerichtet und war wie die USGCC für die Planung und die Koordinierung der politischen und wirtschaftlichen Tätigkeit der britischen Militärregierung in Deutschland verantwortlich.348 Die Control Commission for Germany (BE), unter dem Kommando von Generalmajor Kirby, war dem War Office unterstellt. In dieser Abteilung wurden analog zur USCCG die Planungen für eine Militärregierung in Deutschland vorgenommen.

IV.

Militärregierungstätigkeit innerhalb des Supreme Headquaters of Allied European Forces in Deutschland vor deren Kapitulation

Eine sehr ähnliche Tätigkeit wurde auch von der Stabsgruppe G-5 ausgeübt, die ihrerseits aber dem Vereinigten Oberbefehl (SHAEF) unterstand und deshalb weder mit USGCC und dem CCG (BE) zusammenwirkte noch auf die zu erwartende Viermächtepolitik ausgerichtet war. Bereits im Februar 1944 war unter der Leitung von Brigadegeneral Frank J. McSherry die Stabsabteilung G-5 gebildet worden, von der nur ein kleiner Teil dem SHAEF unterstellt war und die insbesondere auf die Tätigkeit in den von Deutschland besetzten Ländern vorbereitet wurde. Für Deutschland wurde das Handbuch der Ausbildung für Besatzungsoffiziere („Basic Handbook for Military Government of Germany“349) erstellt, und es wurden sechs Abteilungen gebildet (Justiz, Finanzen, Versorgung, DP’s350, Wirtschaft, Gesundheit), die Informationsmaterial, meist aus OSS 346

Schulte, S. 57.

347

PRO WO 219/217, Military Occupation of Germany after her defeat vom 6.09.1943.

348

Siehe dazu Donnison, Civil Affairs, S. 250 ff.

349

Dale, S. 214 ff.

350

Displaced Persons (verschleppte Personen).

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

Berichten, für die Militärregierung zusammentrugen.351 Ausserdem hatten die Planer der G-5-Abteilung im SHAEF ihre politischen Richtlinien im Einvernehmen mit dem „European Advisory Committee“ (EAC) entworfen. Unter dem Deckmantel „TALISMAN“ wurde am 31. August 1944 eine Direktive zur Besatzungsplanung herausgegeben, die von der Annahme eines raschen deutschen Zusammenbruchs ausging.352 General Eisenhower wurde als oberste Autorität für die Errichtung der Militärregierung in dem von seinen Truppen besetzten Gebiete vorgesehen, wozu auch Teile von Berlin gehörten.353 Die einzelnen Militärregierungs-Detachemente wurden aus einer eigens dafür bereitgehaltenen Reserve gestellt und den Armeegruppen durch den Oberbefehlshaber zugeteilt. Die für die Ausbildung und Verwaltung der Detachemente zuständige militärische Einheit war die European Civil Affairs Division (ECAD). Trotz der Bezeichnung „Division“ hatte sie keine taktische Aufgabe gehabt und war auch nicht an der Erarbeitung politischer Richtlinien beteiligt gewesen: Ihr Auftrag war rein administrativer Art. Aber das Personal der ECAD vergrösserte sich stetig; vorübergehend war es sogar in nicht weniger als sechs Regimenter aufgeteilt, von denen eines allein mit dem inneren Dienst im Hauptquartier beschäftigt war.354 Dabei wurden immer neue MilitärregierungsDetachemente in den „Communications Zone“, den hinter der Front liegenden und bereits besetzten deutschen Gebieten, eingesetzt. Diese Detachemente wurden den einzelnen Heeresgruppen zugeteilt. Der britischen 21. Heeresgruppe wurden vorwiegend Briten und den amerikanischen Heeresgruppen vorwiegend Amerikaner zugeteilt. Während der letzten Wochen ihres Bestehens hatte die G-5/SHAEF den Auftrag, detaillierte Pläne für die Aufstellung von Detachementen auf der Grundlage des deutschen Verwaltungsaufbaus sowie der speziellen Aufgaben der Militärregierung auf den verschiedenen Ebenen auszuarbeiten. Da eine definitive Zoneneinteilung noch nicht beschlossen war, musste man eine ganze Reihe von Alternativplänen ausarbeiten. Diese Alternativen wurden der Abteilung G-5 beim SHAEF gegen Ende August 1944 vorgelegt, zu einem Zeitpunkt also, als die endgültige Einigung über die Besatzungszonen unmittelbar bevorstand. Der amerikanische Teilstab in SHAEF nahm den geeignetsten Fall an, der später 351

Ziemke, US Army, S. 43 ff.

352

Als bekannt wurde, dass dieser Codename dem deutschen Nachrichtendienst bekanntgeworden war, wurde er am 30.10.1944 in „ECLIPSE“ umgeändert.

353

Man ging auch von der Annahme aus, dass Deutschland in den Grenzen vom 31.12.1937 in drei Besatzungszonen geteilt werden sollte und dass Berlin eine internationale Zone bilden würde. Der Plan sah ferner vor, dass unmittelbar nach der deutschen Kapitulation der Kern einer Dreimächte-Dachorganisation gebildet werde (die entweder als Kontrollkommission oder Kontrollrat bezeichnet werden sollte). Ausführlicher Gesamtüberblick siehe bei Latour/ Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 36 ff.

354

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 37 ff.

85

86

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

unter der Bezeichnung „Carpet-Plan“355 bekannt wurde.356 Gemäss diesem „Carpet-Plan“ sollten zwei EAC-Regimenter in Deutschland eingesetzt und jeweils in mehr als 100 Detachemente unterteilt werden.357 Jedes dieser Detachemente, die in der Regel unter dem Befehl eines Obersten standen, wurde speziell zum Einsatz an einem bestimmten Ort geschaffen, was naturgemäss erhebliche Unterschiede in der Aufgabenverteilung zur Folge hatte. Die Arbeitsgebiete, für welche Spezialoffiziere zur Verfügung standen, reichten bis zur Erdölraffinierung und zum Fischereiwesen.358 Nach der deutschen Kapitulation kehrten allerdings viele dieser Spezialisten in die USA zurück, um aus dem Heer entlassen zu werden. Da ihre Stellen gezwungenermassen durch Truppenoffiziere besetzt werden mussten, verschlechterte sich der Vorbildungs- und Leistungsstandard innerhalb der Detachemente in erheblichem Masse.359 Die sogenannten H- und I-Detachemente waren die kleinsten und zugleich die zahlreichsten Einheiten. Ihnen fiel die Aufgabe zu, Landkreise normalen Umfangs und die kleinsten Stadtkreise zu kontrollieren. Häufig beschränkten sich die Offiziere dieser Detachemente während der militärischen Operationen aus Kapazitätsgründen auf eine bestimmte Aufgabe wie etwa die Entnazifizierung oder die der verschleppten Personen und Flüchtlingen. Für militärische und administrative Zwecke wurde jeweils eine Anzahl von Detachementen der verschiedenen Typen zu einer Militärregierungs-Kompanie zusammengestellt. Diese konnte einer kämpfenden Einheit zugeteilt oder beigestellt werden, solange auf deutschem Boden noch gekämpft wurde.360 Dies war in der Zeit vom September 1944 bis Mai 1945 der Fall. So besassen die USA, aber auch die Briten keine Minute zu früh ein Konzept für eine Militärregierung, das nach Organisation und Umfang durchführbar und logisch erschien. Die 213 Detachemente, welche den „Carpet-Plan“ ausführen sollten, genügten jedoch nicht, um Deutschland grossflächig zu decken.

355

Siehe dazu auch Ziemke, US Army, S. 306.

356

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 38.

357

Da Grösse und Zusammensetzung eines Detachements von seinem Auftrag und dem Umfang des Gebietes, das es verwalten sollte, abhingen, hatte man die „Civil-AffairsDetachments“ in den befreiten Ländern in absteigender Reihenfolge in vier Typen eingeteilt: A, B, C, D. Die für Deutschland aufgestellten Militärregierungs-Detachemente unterteilte man in fünf Klassen mit den Bezeichnungen E, F, G, H, I. Die E-Detachemente waren am umfangreichsten und am stärksten spezialisiert (ca. 30 Offiziere und 50 Soldaten pro Detachement.

358

Im Normalfall waren die Spezialisten und ihre Fachgebiete wie folgt vertreten: Regierung und Verwaltung, Rechtswesen und Gerichte, Öffentliche Sicherheit, Gesundheitswesen, Handel und Industrie, Verkehr und Transport, Ernährung, Landwirtschaft, Finanzwesen, Banken und Versicherungen, Öffentliche Verwaltung, Versorgungsbetriebe, Erziehungswesen, Kirchenangelegenheiten, Archivwesen, Kunst, Denkmalschutz und Nachrichtendienst.

359

Zink, American military government, S. 59, Zink, The United States in Germany, S. 38.

360

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 39.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

V.

Kapitulation und Beginn der amerikanischen und britischen Militärverwaltung in Deutschland

Die sowjetischen Truppen waren wie mit General Eisenhower abgesprochen bis zur Elbe vorgestossen und hatten bei Torgau mit den amerikanischen Truppen Fühlung aufgenommen. Am 7. Mai 1945 unterzeichneten deutsche Bevollmächtigte in Reims die Waffenstillstandsurkunde, nachdem sie bis zuletzt versucht hatten, den Westen gegen den Osten auszuspielen.361 Ähnliche Urkunden wurden für einzelne Heeresgruppen der deutschen Wehrmacht in Italien und Österreich ausgefertigt. Der 8. Mai 1945 war der Tag der Waffenruhe in Westeuropa, und nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht trat auf dem gesamten europäischen Kriegsschauplatz am 9. Mai 1945 der Waffenstillstand in Kraft.362

1.

Amerikanische Militärverwaltung bis Oktober 1945

Nach der Kapitulation galten im Bereich der amerikanischen Armee die von SHAEF ausgearbeiteten Proklamationen und Gesetze des „Obersten Befehlshabers“ für sein Kontrollgebiet (Supreme Commander’s Area for Control) vorerst weiter. Sie stammten zum Teil noch aus der Zeit vor dem 18. September 1944, waren offiziell undatiert und – entsprechend dem Vormarsch der alliierten Truppen – jeweils „am Tage der ersten Verkündung“ durch diese in Kraft getreten.363 Eine weitere Proklamation von Eisenhower wurde am 14. Juli 1945 erlassen,364 diesmal jedoch nur in seiner Eigenschaft als Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Europa. Am 5. Juni 1945 war bekanntgemacht worden, dass die Regierungen der Vereinigten Staaten, Grossbritanniens, der Sowjetunion und Frankreichs „die höchste Autorität“ hinsichtlich Deutschlands übernommen

361

Kopie der Waffenstillstandserklärung „Act of Military Surrender“ welche von Jodl unterzeichnet wurde ist in PRO FO 1050/1376 zu finden.

362

Siehe dazu Joachim Schiefer, Historischer Atlas zum Kriegsende 1945, Sax Verlag Beucha 1998, John Toland, Die letzten hundert Tage des Zweiten Weltkrieges, München/Zürich 1968., Martin Gilbert, Der Zweite Weltkrieg, Eine chronologische Gesamtdarstellung, München/Leipzig 1991.

363

Siehe Pogue, S. 420 ff. In der Proklamation Nr. 1 an die deutsche Bevölkerung hiess es, dass die alliierte Streitmacht als siegreiches Heer, nicht jedoch als Unterdrücker käme. Dabei wurde die Vernichtung des Nationalsozialismus und des deutschen Militarismus angekündigt. Siehe dazu Anders, Gesetze Militärregierung, amerikanische Zone, Baden/Karlsruhe 1946, A. Proklamationen.

364

Siehe dazu Anders, Gesetze Militärregierung, amerikanische Zone: A. Proklamationen, Proklamation Nr. 2, An das deutsche Volk in der amerikanischen Zone.

87

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

hatten. Es war das offizielle Überleitungsdokument, das die bisherigen Gesetze des „Supreme Commanders“ für den Bereich der nun ins Leben tretenden amerikanischen Besatzungszone verbindlich machte.365 In Abänderung des ursprünglichen „ECLIPSE“-Planes wurde die Zahl der Militärbezirke in der amerikanischen Zone auf zwei reduziert. Diese Neueinteilung trat jedoch erst am 1. August 1945 in Kraft, gekoppelt mit der Festlegung neuer Grenzen für die Armeebereiche nach Beendigung der Feindseligkeiten. Im Zuge dieser Änderungen kam es zu grösseren Dislokationen von amerikanischen Armeeteilen, einerseits da einzelne Armeeteile (z. Bsp. die 1. Armee-Gruppe) in den pazifischen Raum verlegt wurden, und andererseits weil einzelne Heeresverbände aufgelöst wurden. Während dieser Reorganisationen wurden die bis anhin von den amerikanischen Truppen besetzten Gebiete in der nachmaligen britischen und französischen Zone den Briten respektive den Franzosen übergeben. Der Abschluss von Übergabe und Übernahme zog sich länger als erwartet hin. Die endgültige Installierung des Militärregierungs-Systems der Briten in ihrer Zone wurde demnach nicht vor dem zweiten Juli-Drittel Wirklichkeit.366

2.

Britische Militärverwaltung 1945

Die britischen Planer im War Office wollten die Operation „ECLIPSE“ zur Besetzung von Deutschland in Kooperation mit den amerikanischen Streitkräften in drei Phasen abwickeln.367 Dem Einmarsch der alliierten Truppen und dem Einsetzen der Militärregierung sollte eine Übergangsphase folgen, in welcher die wichtigsten Entmilitarisierungsmassnahmen durchzuführen waren. Die abschliessende Phase war erreicht, nachdem alle militärischen Formationen entwaffnet und eine stabile sowie akzeptable Regierung in Deutschland gefunden worden waren. Für die Streitkräfte war ohne Zweifel die Übergangsphase von grösster Bedeutung, da in dieser Phase die rein militärischen Aufgaben zu bewältigen waren. Die Entwaffnung der Wehrmacht, die Erfassung und Betreuung von Kriegsgefangenen, das Festsetzen von Kriegsverbrechern und schliesslich das Beseitigen von Kriegsmaterial sollten die Kräfte des Militärs ausgiebig beanspruchen.368 Entgegen den Prognosen der alliierten Planer fand man in Deutschland keine einheitliche Regierung mehr vor. Die Regierung von Grossadmiral Dönitz konnte das Machtvakuum in Deutschland kaum füllen. Für die Be365

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 71.

366

Siehe z.B. Donnison, Civil Affairs, S. 267.

367

Siehe dazu PRO WO 205/853 Operation ECLIPSE; The Occupation of North-West Germany, mit einer umfangreichen Sammlung von 14 Einzelinstruktionen zu verschiedenen Bereichen (Disarmament, Prisoners of War, Military Government), welche von der 21. Heeresgruppe im Januar 1945 zugestellt worden war.

368

Siehe dazu auch PRO WO 193/265 Occupation in Germany.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

satzungstruppen hatte dies zur Folge, dass sie nun selbst alle diejenigen Massnahmen durchzuführen hatten, deren Ausführung sie anfänglich nur überwachen sollten. Die Hauptaufgabe der 21. Heeresgruppe, dem britischen Beitrag zum interalliierten Expeditionsheer, bestand darin, sich auf den gesamten Besatzungsraum zu verteilen, sich für die anstehende Okkupation umzugruppieren und schliesslich alle nicht länger benötigten Verbände entweder an den fernöstlichen Kriegsschauplatz zu verlegen oder zu demobilisieren. Im Juni 1945 waren in der britischen Zone insgesamt sechs kriegsstarke Divisionen und sechs Besatzungsdivisionen stationiert.369 Ende August 1945 war die Umgruppierung abgeschlossen, die 21. Heeresgruppe wurde, nachdem das interalliierte Hauptquartier (SHAEF) schon im Juli aufgelöst worden war, durch die „British Army of the Rhine“ ersetzt. Das Hauptquartier blieb jedoch in Lübbecke und wurde nicht nach Berlin, wo die alliierte Kontrollkommission ihren Sitz hatte, verlegt. Oberbefehlshaber aller britischen Streitkräfte in Deutschland, Militärgouverneur der britischen Zone und Mitglied des interalliierten Kontrollrates war bis zu seiner Ernennung zum Heeresstabchef im Mai 1946 Feldmarschall Montgomery. Nach seiner Abberufung wurde das Kommando über die britische Rheinarmee abgetrennt und von einem Heeresoffizier unter dem weiteren Oberbefehl des „Commander-in-Chief, British Forces of Occupation“ übernommen.370 Für die allgemeine Verwaltung der Besatzungszone zeichnete ab Oktober 1945 das „Control Office for Germany and Austria“ in London verantwortlich. Der Militärgouverneur erstattete dem Aussenministerium durch das „Control Office“ Bericht und erhielt von dort seine politischen Direktiven für die Arbeit im Kontrollrat.371 Im Jahre 1945 wurde die britische Zone noch von den Militärs verwaltet. Die drei Korpskommandeure waren zugleich die verantwortlichen Militärgouverneure und erstatteten Montgomery direkt Bericht. Ein Jahr nach Abschluss des Krieges sah man jedoch den Zeitpunkt dafür gekommen, die allgemeine Verwaltung an Zivilisten abzutreten, da die Rolle der Streitkräfte in der nächsten Phase des positiv-konstruktiven Aufbaus (Parteienlizensierung, Gewerkschaftsaufbau etc.) nur von beschränkter Wirksamkeit sein konnte. Im Frühjahr 1946 übernahmen zivile „Regional Commissioners“ die Aufgabe der Militärregierung.372 In der britischen „Control Commission for Germany“ waren die Aufgaben auf einen zivilen und einen militärischen „Deputy Commissioner“ verteilt. Sie beide waren im „Deputy Commission Office“ angesiedelt. In diesem Büro befanden sich ebenfalls das Sekretariat und zahlreiche Projektgrup-

369

Schulte, S. 62.

370

Militärgouverneur und Kontrollratsmitglied wurde nach der Beförderung von Montgomery Lufwaffenmarschall Solto Douglas.

371

Siehe dazu PRO FO 936/133, Schreiben War Office an die Kontrollkommission vom 11.10. 1945.

372

Schulte, S. 63.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

pen. Dem „Deputy Commissioner Office“ unterstanden zahlreiche Abteilungen (Divisions), die von einem „Chief“ geführt wurden. Es gab Abteilungen für „Naval Forces“, „Land Forces“, „Air Forces“, „Economics“, „Finance“, „Transportation“, „Manpower“, „Interior“,und „Legal“). Diese waren wiederum in Sektionen (Branches) mit Direktoren unterteilt.373

VI. Endgültige Zoneneinteilung und die Besetzung der Zonen Weitaus schwieriger als mit den Briten gestaltete sich das Problem, mit den sowjetischen Streitkräften zu einem Einvernehmen über die Übergabe derjenigen Gebiete in Mitteldeutschland zu kommen, die der sowjetischen Zone zugeteilt, aber noch von amerikanischen und englischen Einheiten besetzt waren. Die Linie, an der die sowjetischen und alliierten Streitkräfte zusammengetroffen waren, entsprach nicht den Zonengrenzen, auf die sich die Europäische Beratungskommission (EAC) in monatelangen Verhandlungen in London geeinigt hatte.374 Die Alliierten waren auf einer Frontlänge von rund sechshundertfünfzig Kilometern mehr als hundertfünfzig Kilometer in die geplante sowjetische Zone auf deutschem Boden vorgedrungen. Das grosse Hindernis der Zonenbereinigung bestand darin, dass die sowjetischen und westalliierten Befehlshaber nicht in der Lage waren, sich auf – für beide Seiten annehmbare – Bedingungen über den freien Zugang der Westmächte nach Berlin zu einigen.375 Die European Advisory Commission (EAC) hatte diese Frage ungelöst gelassen, da das Kriegsministerium in Washington trotz Drängen Winants der Meinung gewesen war, sie könne von den alliierten Befehlshabern erst nach dem Fall von Berlin geregelt werden.376 In Jalta war zwar ein freier Zugang generell zugebilligt worden, die Ausarbeitung genauer Abmachungen war jedoch ausgeblieben. Zuletzt hatte Churchill mit allem Nachdruck darauf bestanden, dass die Truppen des SHAEF den von ihm besetzten Teil der sowjetischen Besatzungszone nicht eher freigeben sollten, als bis die Frage des freien Zuganges geklärt sei. Der amerikanische Präsident Truman wollte jedoch am Vorabend der schwierigen Potsdamer Konferenz keine Mühe gescheut sehen, Moskau vom guten Willen und der Zuverlässigkeit des Westens zu überzeugen.377 Er beauftragte daher General Eisenhower,

373

PRO FO 1050/1376, Second Organisation of Headquaters Control Commission for Germany (British Element).

374

Siehe auch Teil II, S. 257 ff.

375

Siehe dazu die detaillierten Verhandlungen von General Clay und General Sir Weeks in Berlin, in Ziemke, US Army, S. 300 ff.

376

Mosely, S. 589 ff., Balfour, S. 116 ff.

377

Donnison, Civil Affairs, S. 267.

6. Kapitel: Besetzung Deutschlands durch die Alliierten

mit seinen britischen und sowjetischen Kollegen über die Gebietsübertragungen an die sowjetischen Streitkräfte zu verhandeln, ohne diesen Punkt vom Einmarsch der Anglo-Amerikaner in Berlin abhängig zu machen.378 Tatsächlich einigte man sich auf die Gleichzeitigkeit der Aktionen. Der Rückzug aus der sowjetischen Zone und der Einzug der westalliierten Truppen in Berlin sollten zeitlich zusammenfallen: Beginn war am 1. Juli und Abschluss – so hoffte man – am 4. Juli 1945.379 Nach Bestätigung dieses Abkommens fand die Kräfteverschiebung planmässig statt, und nach Ankunft sowjetischer Verbindungsoffiziere verliessen auch jeweils die Detachemente der Militärregierung ihre Standorte. Nachdem die Zonenreorganisation stattgefunden hatte, umfasst die amerikanische Zone nunmehr das rechtsrheinische Bayern, ohne den Landkreis Lindau, Württemberg-Baden, Gross-Hessen, ohne die an die französische Zone gefallenen nassauischen und rheinhessischen Gebietsteile sowie die Enklave Bremen. Die britische Zone umfasste Schleswig-Holstein mit Hamburg, die Provinz Hannover mit Oldenburg und Braunschweig, Westfalen und die nördliche Rheinprovinz mit Aachen, Köln und Düsseldorf.

VII. Fazit Die alliierten Regierungen und das Oberkommando der alliierten Streitkräfte schätzten die Lage in Deutschland falsch ein. Zwar ging man grundsätzlich davon aus, dass der Grossteil der Bevölkerung den Einmarsch der Alliierten begrüssen würde, aber man dachte auch, dass man auf geordnete Strukturen und funktionierende Gemeinwesen stossen würde. Bei Einmarsch der Alliierten herrschte in Deutschland ein Chaos. Viele Verwaltungseinheiten waren gar nicht mehr vorhanden oder waren ausgelagert worden. Beamte oder Gemeindeangestellte waren längst zum Militärdienst eingezogen und ihre Posten waren nicht mehr besetzt worden. Organisationsstrukturen gab es nur noch auf dem Papier. Die Bevölkerung hatte zu wenig Lebensmittel und Kleider und litt an Krankheit und Kälte. Die Nationalsozialistische Herrschaft hatte das Land in ein Chaos verwandelt. Die Alliierten hatten diesbezüglich eine ganz andere Situation erwartet und waren dementsprechend vorbereitet. Die Rivalitäten zwischen der USGCC und G-5 SHAEF verzögerte die gesamten Planungen, und die amerikanische Regierung war dabei nicht unschuldig. Durch das zögerliche Verhalten verpasste es die amerikanische Regierung von Anfang an bei der Besetzung Deutschlands politische Akzente zu setzen.

378

Balfour, S. 101 f.

379

Latour/Vogelsang, S. 73.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

In dieser Situation erstaunt es nicht, dass das alliierte Oberkommando selbst eine Planung an die Hand nahm und als eigenes Stabsgebiet (G-5) führte. Die militärische Führung konnte die Besetzung nur vornehmen, wenn die Kampfeinheiten ihre Operationen durchführen konnten, ohne sich um die tatsächliche Besetzung kümmern zu müssen. Die Einsetzung von ausgebildeten Militärregierungs-Detachementen verhinderte eine Verzögerung des operativen Kampfes. Obwohl die eigentlichen Planungen ohne politische Leitlinien gemacht werden mussten und bei der Besetzung Deutschlands nur rudimentär vorhanden waren, erreichte die militärische Führung, dass Deutschland nicht in ein grösseres Chaos gestürzt wurde. Dies ist allerdings auch dem anpassungsfähigen Handeln der G-5 Stabseinheit zuzurechnen, die auf flexible, den Umständen angepasste Detachemente setzte. Die britischen Planungen sahen ganz nach den in den Kolonien gemachten Er fahrungen vor, dass eine Militärregierung möglichst schnell durch eine zivile Verwaltung ersetzt werden sollte. Dem Problem des Kunstschutzes wurde in dieser Phase auf der oberen militärischen Führungsebene nur wenig Bedeutung zugemessen. Die Prioritäten kamen eindeutig der Entwaffung der Wehrmacht, der Erfassung und Betreuung der Kriegsgefangenen, der Verhaftung von Kriegsverbrechern und der Beseitigung von Kriegsmaterial zu.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa I.

Einleitung

Die alliierten Streitkräfte waren gestützt auf die HLKO und die einschlägigen Militärgesetzgebungen verpflichtet, möglichst einen umfassenden Schutz der Kulturgüter in den Operationsgebieten zu gewährleisten. Es war ihnen bewusst, dass gerade in Europa eine riesige Anzahl an wertvollsten Kulturgütern lag, und sie in Gebieten Krieg führen mussten, die ihren Verbündeten gehörten. Die Alliierten gingen aber auch davon aus, dass ihnen ein Gegner gegenüber stehen würde, der ohne Rücksicht auf Verluste sämtliche militärischen Optionen ausnützen würde, um einen Sieg zu erringen. Die Alliierten lernten aus ihren Erfahrungen des Italienfeldzuges, und es entstand mit Hilfe der spezialisierten Kunstschutzoffiziere und der Roberts-Kommission eine funktionierende Kunstschutzorganisation. Die MFAA Offiziere bestanden vorwiegend aus amerikanischen und britischen Offizieren. Nachdem die Regierungen der USA und Grossbritannien ihre Streit-

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

In dieser Situation erstaunt es nicht, dass das alliierte Oberkommando selbst eine Planung an die Hand nahm und als eigenes Stabsgebiet (G-5) führte. Die militärische Führung konnte die Besetzung nur vornehmen, wenn die Kampfeinheiten ihre Operationen durchführen konnten, ohne sich um die tatsächliche Besetzung kümmern zu müssen. Die Einsetzung von ausgebildeten Militärregierungs-Detachementen verhinderte eine Verzögerung des operativen Kampfes. Obwohl die eigentlichen Planungen ohne politische Leitlinien gemacht werden mussten und bei der Besetzung Deutschlands nur rudimentär vorhanden waren, erreichte die militärische Führung, dass Deutschland nicht in ein grösseres Chaos gestürzt wurde. Dies ist allerdings auch dem anpassungsfähigen Handeln der G-5 Stabseinheit zuzurechnen, die auf flexible, den Umständen angepasste Detachemente setzte. Die britischen Planungen sahen ganz nach den in den Kolonien gemachten Er fahrungen vor, dass eine Militärregierung möglichst schnell durch eine zivile Verwaltung ersetzt werden sollte. Dem Problem des Kunstschutzes wurde in dieser Phase auf der oberen militärischen Führungsebene nur wenig Bedeutung zugemessen. Die Prioritäten kamen eindeutig der Entwaffung der Wehrmacht, der Erfassung und Betreuung der Kriegsgefangenen, der Verhaftung von Kriegsverbrechern und der Beseitigung von Kriegsmaterial zu.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa I.

Einleitung

Die alliierten Streitkräfte waren gestützt auf die HLKO und die einschlägigen Militärgesetzgebungen verpflichtet, möglichst einen umfassenden Schutz der Kulturgüter in den Operationsgebieten zu gewährleisten. Es war ihnen bewusst, dass gerade in Europa eine riesige Anzahl an wertvollsten Kulturgütern lag, und sie in Gebieten Krieg führen mussten, die ihren Verbündeten gehörten. Die Alliierten gingen aber auch davon aus, dass ihnen ein Gegner gegenüber stehen würde, der ohne Rücksicht auf Verluste sämtliche militärischen Optionen ausnützen würde, um einen Sieg zu erringen. Die Alliierten lernten aus ihren Erfahrungen des Italienfeldzuges, und es entstand mit Hilfe der spezialisierten Kunstschutzoffiziere und der Roberts-Kommission eine funktionierende Kunstschutzorganisation. Die MFAA Offiziere bestanden vorwiegend aus amerikanischen und britischen Offizieren. Nachdem die Regierungen der USA und Grossbritannien ihre Streit-

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

kräfte unter eine einheitliche Führung (SHAEF) gestellt hatten, bestand auch die MFAA Organisation, wie die meisten Stabsabteilungen, aus Offizieren der verschiedenen alliierten Streitkräfte. Auf Stufe der Heeresgruppen und darunter wurden die Truppen nicht gemischt, sondern kamen jeweils aus einem bestimmten Staat.

II.

Vorbereitungen der amerikanischen und britischen Kulturgüterschutzoffiziere für den Kampf in Nordwesteuropa

Die in Italien gewonnen Erfahrungen in der Frage des Kulturgüterschutzes versuchte Oberstleutnant Woolley mit seinen Mitarbeitern während den Vorbereitungen zur Invasion „OVERLORD“ umzusetzen. Auf Anraten von Oberstleutnant Woolley wurde Geoffrey Webb, Professor für Kunst an der Cambridge Universität, im Januar 1944 halb offizieller MFAA Berater für den Oberkommandierenden.380 Bereits im November 1943 hatte Woolley nach einiger Diskussion die Genehmigung erhalten, dass das Auffinden geraubter Kulturgüter ebenfalls zum Aufgabenbereich der MFAA Sektion gehören sollte. Obwohl niemand genau wusste, wann der Einmarsch in Europa stattfinden würde, hatte Webb zusammen mit Woolley und Leutnant Hathaway, von den amerikanischen Streitkräften, die Vorbereitung für einen MFAA-Einsatz im Januar 1944 aufgenommen. Zusammen entwarfen sie eine erste Fassung der Richtlinien, die an die Kulturgüterschutzoffiziere auf dem europäischen Kriegsschauplatz abgegeben werden sollten.381 In dieser Fassung definierten sie ihre Funktion, den Einsatz der Sektion während der Invasion und führten an, dass eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Kampftruppen essentiell sei: a) The function of the section was to: 1) Protect historic monuments and works of art from avoidable loss or damage. 2) Take measures to prevent the further deterioration of historic buildings. 3) Collect evidence of German removal or wanton destruction of works of art with a view to restitution or compensation.

380

Geoffrey Webb arbeitete bis dahin im Nachrichtendienst der britischen Admiralität und dem Sekretariat des War Office.

381

Der Entwurf diente als Basis zur „Civil Affairs Instruction No. 15, SHAEF vom 17.02.1944. Sie wurde an die 1. US Armee Gruppe und an die 21. Armee Gruppe abgegeben. Die Instruction No. 15 befindet sich in NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 7.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten b) The officers of the MFAA section, on the occupation of any area by Allied troops were to: 1) Examine monuments in the area, report any damage, and initiate „first aid“ measures. 2) Collaborate with the native authorities to establish the facts of the removal or wanton destruction of works of art by Germans. 3) Report regularly directly to their sub-chief, who should in turn report to the chief of the section was to report to the „Roberts Commission“ and to the Civil Affairs Headquarters in London. c) In consideration of the three-fold functions of the section, close liaison with combat forces was essential. It was proposed that one officer should be attached to headquarters of each army, and should have under him three officers with the frontline troops or in the area under army command. The chief of the section was to have under him a mobile pool of eight officers whom should distribute at his discretion.382

Um die Arbeiten auszuführen, war es den MFAA Offizieren wichtig, dass sie den Kampftruppen unterstellt und somit zusammen mit den Fronttruppen vorrücken und in den jeweiligen Hauptquartieren Einfluss nehmen konnten. Der Kommandant der MFAA Abteilung sollte über einen Pool von acht Offizieren verfügen, welche er flexibel einsetzen konnte. Da die Erfahrung gezeigt hatte, dass die MFAA Offiziere ohne einen genügend hohen Rang hilflos gegenüber den kombattanten Truppen gewesen waren, sollte der Kommandant den Rang eines Oberstleutnants und die Offiziere denjenigen eines Majors bekommen. Darüber hinaus sollte jede MFAA Sektion über drei Jeeps und einen Lastwagen verfügen.383 Sie bestanden im Weiteren darauf, dass die Offiziere im Feld sich nicht nur mit dem Schutz von Gebäuden und der Verhinderung von Plünderungen befassen, sondern auch Beweise für Diebstähle von deutschen Truppen und Spezialeinheiten sammeln sollten. Die „Civil Affairs Instructions No. 15, Public Monuments and Fine Arts, for Operation OVERLORD wurde am 17. Februar 1944 erlassen.384 Diese Verordnung war jedoch nur vage gehalten und es wurde bezüglich der Funktion der Kulturgüterschutzoffiziere, der Aufgabe der Suche nach Beutekunstwerken und der gesamten Organisation der MFAA Abteilung auf noch zu erarbeitende Befehle verwiesen.

382

Siehe NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 7.

383

Ziemke, US Army, S. 56. Auch NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 7.

384

Siehe NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 8 f.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Im März 1944 wurde der Spezialstab „Civil Affairs“ nach Shrivenham (Oxfordshire, UK) abkommandiert. Dort wurden die Planung und Ausbildung für die Militärverwaltung auf dem Kontinent durchgeführt. Die MFAA Abteilung bestand nun aus dem Berater Woolley und neun Kulturgüterschutzoffzieren.385 Für die Planung waren die Offiziere in eine Stabsgruppe und je eine Planungsgruppe für Frankreich und Deutschland eingeteilt worden. Die erste Aufgabe des gesamten Planungsstabes für die Militärverwaltung war, die Erstellung eines Handbuches für Militärverwaltung für die einzelnen zu besetzenden Länder in Europa.386 Diese Handbücher sollten primär Vorschriften und Instruktionen für sämtliche „Civil Affairs“ Offiziere enthalten und waren nur sekundär für Informationen gedacht. Der MFAA Planungsstab erstellte dazu eine Instruktion betreffend den Kulturgüterschutz.387 Parallel dazu wurden Listen über zu schützende Kulturgüter in den einzelnen Ländern und Handbücher für die MFAA angefertigt, und die Luftwaffe erhielt Karten, in welchen die schützenswerten Objekte eingezeichnet waren.388 Die Listen mit den französischen Kulturgütern waren von den Franzosen zuvor begutachtet und genehmigt worden.389 Die von Woolley und Webb entworfenen Richtlinien wurden vom Planungsstab nur zum Teil angenommen. So wurde den MFAA Offizieren auf der einen Seite nur der Grad eines Hauptmanns oder eines Leutnants verliehen und auf der anderen Seite waren die Stabsoffiziere im Hauptquartier des Oberkommandierenden mit den vielen geschützten Monumenten in der Normandie überhaupt nicht glücklich.390 Viel schlimmer war jedoch, dass die MFAA Sektion in der Militärverwaltung für die Invasion unterging und die Befürchtung bestand, dass sie, wie am Anfang der Invasion in Sizilien ein Mauerblümchendasein fristen

385

Im März war Hauptmann Hammond und weitere MFAA Offziere aus Norditalien abberufen worden, um bei den Planungen der MFAA Abteilung mitzuhelfen.

386

Siehe zum Beispiel das Besatzungshandbuch für Deutschland in PRO WO 220/214, Handbook of Military Government in Germany, 01.09.1944. Auch NA RG 153/JAG Law Library 1944–1949/1, Civil Affairs Handbook Germany Section 17 Cultural Instititutions, Army Forces Manual M 356-17, HQ 29.02.1944.

387

Woolley, S. 41 ff.

388

NA RG 239/85–95 mehrere Boxen mit Karten und Listen von Kulturgütern in Tunesien, Sizilien, Sardinien, Korsika, Italien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Holland, Dänemark, Norwegen, Griechenland, Albanien, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Ungarn, Österreich, Deutschland, Siam, Japan und Korea.

389

PRO T 209/2, Minutes of 2nd Meeting des „Committee for the Restitution of works of Art in Enemy Hands“, 25.05.1944.

390

Kurz vor dem D-Day warf der Stab des Oberkommandierenden einen Blick auf die Liste mit den 210 geschützten Gebäuden in der Normandie und verwarf sie, weil sie keinen Platz übriglasse, wo man Truppen noch einquartieren könne. Die MFAA Offiziere wiesen daraufhin, dass es sich bei vielen Bauwerken um prähistorische Steinkreise handle, die sowieso nicht bewohnbar seien, und um mindestens 84 Kirchen. Damit liessen sich die Militärstrategen beschwichtigen und akzeptierten die lange Liste. Siehe dazu auch Woolley, S. 42 f.

95

96

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

musste.391 Mit der Reorganisation der Militärverwaltung innerhalb des Stabes des Oberkommandierenden (SHAEF)392 verschwand die MFAA Sektion gar vom Organigramm.393 In der „Civil Affairs“ Abteilung war man sich einig, dass spezifische Instruktionen für den Kulturgüterschutz vor der Invasion erlassen werden musste. Man verfasste daraufhin eine eigene Stabsstudie, in welcher sowohl eine Generalorder und wie auch ein Schreiben des Oberbefehlshabers in dieser Sache angeregt wurden: a) In Northern Europe, it was necessary that the Allies should show the utmost respect for Allied national treasures; our behaviour in this matter would affect feeling after the war. b) Something more than a general recommendation to respect public monuments and works of art was required. c) The task of the specialist officers who were to help carry out MFAA policy was a new one, and their position novel in any military organization. d) Considerable publicity had been given to the declared policy of the US and British Governments in relation to the problem of the preservation of monuments and works of art during military operations.394

Doch immer noch gab es innerhalb der Administrationsabteilungen von SHAEF Vorbehalte bezüglich einer Generalorder für den Schutz der Kulturgüter. Dies änderte sich erst als der Oberkommandierende, General Eisenhower, am 26. Mai 1944 einen Brief und einen Befehl erliess, welcher analog zu demjenigen in Italien alle Kommandanten verpflichtete, Kulturgüter zu schützen: „Shortly we will be fighting our way our way across the continent of Europe in battles designed to preserve our civilisation. Inevitably, in the path of our advance will be found historical monuments and cultural centres which symbolise to the world all that we are fighting to preserve. It is the responsibility of every commander to protect and respect these symbols whenever possible. In some circumstances the success of the military operations may be prejudiced in our reluctance to destroy these revered objects. Then, as at Cassino, where the enemy relied on our emotional attachments to shield his defence, the lives of our men are paramount. So, where military necessity dictates, commanders may order the required action even though it involves destruction of some honoured site. But there are many circumstances in which damage and destruction are not necessary and cannot be justified. In such cases, through the exercise of restraint and discipline, commanders will preserve centres and objects of historical and cultural significance. Civil Affairs Staffs higher echelons will advise commanders of the locations of historical monuments of this type, both in advance of the front lines and in

391

Siehe Coles/Weinberg, Civil Affairs, S. 864.

392

Siehe dazu ausführlich S. 99 ff.

393

Siehe Coles/Weinberg A.K., Civil Affairs, S. 864 f; aber auch Ziemke, US Army, S. 56.

394

Siehe NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 10. Diese Stabsstudie wurde am 1.04.1944 erstellt.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa occupied areas. This information, together with the necessary instructions, will be passed down through command channels to all echelons.“395

Im beiliegenden Befehl betreffend den Schutz von Kulturgütern in Frankreich vom 25. Mai 1944, führte der Oberkommandierende nochmals aus, dass die Truppen möglichst Schäden oder Zerstörung von französischen Kulturgütern verhindern sollten.396 Den Truppenkommandanten wurde die Beachtung der Liste mit den geschützten Gebäuden befohlen und sie waren für die Information an ihre Truppe bezüglich des Verbotes von Plünderungen, Raub oder Zerstörung verantwortlich: a) Take such steps as might be consistent with military necessity to insure that no unnecessary or wanton damage was done to such structures or monuments, and make such regulations as they thought fit. b) Take steps to insure that no building listed in the Official Lists of Monuments would be used for military purposes without their explicit permission or that of the commander to whom they might delegate the power to give permission. c) Close any of these buildings. d) Insure that the prevention of looting, wanton damage, and sacrilege of buildings by troops, was the responsibility of all commanders.397

Die „Civil Affairs“ Direktiven für Belgien398 und Luxemburg399 waren diesbezüglich gehalten. Im Jahre 1945 kam noch eine weitere „Civil Affairs“ Direktive für Holland dazu. Der Direktive für eine Militärregierung in Deutschland 395

Dieses Schreiben «Preservation of Artistic Historical Monuments» basierte auf dem schon existierenden Befehl Nr. 68 und einem Schreiben vom 29. Dezember 1943, welche die Basis für den Einsatz der MFAA darstellte. Siehe auch NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 11. Siehe auch Kunzelmann, S. 57.

396

NA RG 331/General Staff/G-5 Division/Operations Branch/Monuments, Fine Arts & Archives Section/Subject File Aug. 1943–1945/331, SHAEF, 25. May 1944 Civil Affairs Directives for Operation „OVERLORD“ – France to Commander in Chief 21 AG, First US AG: Appendix B to Civil Affair Legal Directive, Crimes Proclamation Article II Offences Punishable by Penalty other than Death: sect. 19. Destroy, damages, alters or conceals any records, books or other printed matter of an official or semi-official character or which relates in any manner to any organisation declared illegal, archives, art or other cultural treasures or any other property which belongs to any library, archive, governmental agency or to any institution dedicated to religion, charity, education or the arts or sciences.

397

Siehe NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 11 f. Civil Affairs Directives for Operation OVERLORD-FRANCE, Annex 6: „Public Monuments and Fine Arts“.

398

Annexure 5, „Monuments, Fine Arts and Archives“ zu Directive on Civil Affairs, Belgium, SHAEF, 1.09.1944.

399

Annexure 5, „Monuments, Fine Arts and Archives“ zu Directive on Civil Affairs, Luxembourg, SHAEF, 30.09.1944.

97

98

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

vom 23. August 1944 wurden verschiedene zusätzliche Klauseln über den Aufbau der vorgesehenen Militärregierung angefügt. Der Oberkommandierende eröffnete dabei, dass es seine Absicht sei, Massnahmen zu ergreifen, um später eine Restitution von Kunstwerken und Gegenständen von historischer und wissenschaftlicher Bedeutung, welche von Alliierten Nationen oder Einzelpersonen geraubt worden war, durchzuführen. Dabei befahl er auch seinen ihm unterstellten Kommandanten diesen Befehl bei sämtlichen Truppen durchzusetzen, indem diese den Verkauf, den Transport und die Zerstörung aller dieser Objekte zu verbieten hatten und zudem sämtliche deutschen Dokumente, Akten und Archive zuhanden der Militärregierung sicherstellen mussten.400 In der revidierten Fassung des „Civil Affairs“ Direktive für die Militärregierung in Deutschland vom 9. November 1944 wurde das Kapitel „Archives and Records“ auch noch formell eingefügt und in das „Civil Affairs“ Konzept eingebunden. In diesem Kapitel wurde der Schutz von deutschen Archiven und Dokumenten nochmals detailliert befohlen und die Truppen zur Erhaltung und Schutz der Archive angehalten.401 Auch die Kommandanten der untergeordneten Verbände erliessen aufgrund der Direktive von General Eisenhower Befehle, um den Schutz von historischen Gebäuden, Museen und anderen Kulturgüter, die sich in den von ihnen besetzen Gebieten befanden, gewährleisten zu können. So erliess zum Beispiel General Bradley am 7. Februar 1945, als Kommandant der 12. Heeresgruppe, die Order „Posting of Notices on Monuments, Collections and Archives“.402 In diesem Befehl führte er nochmals genau aus, dass ausser bei unbedingt erforderlicher militärischer Notwendigkeit, Schäden an Gebäuden, Dokumenten und anderen Objekten von kulturellem, wissenschaftlichem, architektonischem, archäologischem oder historischem Wert zu vermeiden seien. Des Weiteren wurden die Truppen verpflichtet, die Spezialisten bei deren Aufgabe, den Schutz vor Zerstörung dieser Güter zu gewährleisten, zu unterstützen. Nochmals wurde ausdrücklich erwähnt, dass sämtliche deutschen Dokumente, Pläne, Karten und Archive für die Militärregierung sicherzustellen und zu schützen seien.403 In einem weiteren Befehl, welche die 21. Heeresgruppe an die ihr unterstellten Armeen erliess, wurde auf der einen Seite die Benötigung von adäquater Mobili400

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 12.

401

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, Civil Affairs and Military Government Activities in Connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 12.

402

Circular No. 5, „Posting of Notices on Monuments, Collections and Archives, Headquarters Twelfth Army Group“, 07.02.1945. Siehe auch Poste, S. 55.

403

Siehe dazu auch hinten S. 106 ff.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

tät der MFAA Offiziere anerkannt und auf der anderen Seite deren Plazierung bei den kombattanten Truppen befohlen, so dass sie einerseits das ihr zugeteilte Gebiet kontrollieren und andererseits den Kommandanten beratend zur Seite stehen konnten. Mit dem Schreiben Eisenhowers wurde die Wichtigkeit des Kulturgüterschutzes erkannt. Die Amerikaner und Briten wollten unter allen Umständen eine Wiederholung der Vorkommnisse in Italien verhindern, handelte es sich doch bei den neu zu besetzenden Gebieten um Staaten von Verbündeten, die ihrerseits immer wieder auf den Schutz ihrer Kulturgüter gepocht hatten.

1.

Strukturen der MFAA Abteilung innerhalb der alliierten Streitkräfte 404

Nach dem Schreiben von Eisenhower und dem dazugehörenden Befehl wurde die MFAA Abteilung wieder voll ins Organigramm der Invasionsstreitmacht integriert. So unterstellten die Stabsoffiziere Eisenhowers die MFAA Offiziere anfangs Juni 1944 der „Operation Branch“, G-5, „Civil Affairs Division“ (CAD) des „Supreme Headquarter Allied Expeditionary Force“ (SHAEF). Deren Oberbefehlshaber war General Eisenhower, der gleichzeitig amerikanischer Oberbefehlshaber für das „European Theater of Operations United States Army“ (ETOUSA)405, welches während den europäischen Kriegshandlungen für die Administration der amerikanischen Streitkräfte und Logistikeinheiten zuständig war. Die ETOUSA hatte am 8. Januar 1942 alle amerikanischen Truppen in Europa übernommen. Im April 1943 wurde die britisch-amerikanische Zusammenarbeit durch Errichtung einer gemeinsamen Planungseinrichtung in London, des „Chief of Staff Supreme Allied Command“ (COSSAC), verstärkt. In COSSAC wurde ebenfalls eine „Civil Affairs Division“ eingegliedert.406 Dieser Abteilung war bis anhin auch eine MFAA Sektion unterstellt. An die Stelle von COSSAC trat im Januar 1944 diejenige Einrichtung, unter deren Oberbefehl die Vereinigten Staaten von Amerika und Grossbritannien den Krieg gegen das Deutsche Reich zu Ende führten, das SHAEF. Aus der „Civil Affairs Division“,

404

Siehe dazu auch Anhang 1/2.

405

Am 1. Juli 1945 wurde es in «United States Forces European Theater» (USFET) umbenannt.

406

Diese bestand aus vier Planungseinheiten (Zivilbevölkerung, Militärregierung, Wirtschaft, Personal und Ausbildung) sowie einer besonderen Einheit «Area Research», die sich mit den Gegebenheiten in den zu besetzenden Länder intensiv vertraut zu machen hatte. Siehe auch Weisz, OMGUS-Handbuch, S. 6 ff.

99

100

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

COSSAC wurde die Abteilung G-5 407, SHAEF.408 In der „Operations Section“ waren nun die MFAA Offiziere eingegliedert. Die Organisationsstruktur des SHAEF für die Invasion wurde auch auf den Stufen Heeresgruppe bis Stufe Division beibehalten. Oberst Webb wurde zum Chef der MFAA-Organisation innerhalb SHAEF bestimmt, und Leuntant Hathaway wurde sein Stellvertreter. Der G-5 Abteilung des anglo-kanadischen Heeres unter Feldmarschall Montgomery wurden zwei britische und ein amerikanischer MFAA Offizier und der G-5 Abteilung der amerikanischen Heere wurden zwei amerikanische und ein britischer Offizier zugeteilt. Von den Heeresgruppen wurden die verschiedenen MFAA-Offiziere wiederum den G-5 Abteilungen der einzelnen Armeen unterstellt. In London selbst verblieben lediglich die MFAA Offziere, die einer Landeseinheit (Country Unit) zugeteilt worden waren. Diese Einheiten waren für Frankreich und Deutschland vorgesehen. Die in den G-5 Abteilungen der Streitkräfte arbeitenden MFAA Offiziere hatten enge Verbindungen mit den in der selben Abteilung arbeitenden Spezialisten der Militärverwaltung.409 Zu einer späteren Zeit wurden auch MFAA Offiziere der „Comzone“410 zugeteilt. Das Hauptquartier der G-5, „Communications Zone“ war für die Überwachung der lokalen Zivilverwaltungen und der Zivilbevölke-rung zuständig. Innerhalb dieser Abteilung gab es wiederum eine Sektion von MFAA Offizieren, die sich um den Schutz der Kulturgüter kümmerten. Hierbei ging es im besonderen um den Kontakt und die Hilfestellung der lokalen Museumskuratoren und Verantwortlichen für Kulturgüter, das Sammeln von Information über geraubte Kunstwerke, die notfallmässige Instandstellung von Gebäuden und die Kontrolle der Truppenquartiere. Wenn sich die Kampfzone vorwärts verschob, war es die „Advanced Section“ der „ComZone“, welche vorübergehend die Kontrolle übernahm.411 Oberst Leonard Woolley wurde im Juni 1944 Chef der MFAA Abteilung in der „Control Commission for Germany (BE)“.412

407

Die fünf Abteilungen des Generalstabes von SHAEF (G-1 bis G-5) entsprachen im Grundsatz den entsprechenden Abteilungen des Vereinigten Generalstabes (Joint Chief of Staff) im War Department in Washington (G-1; Personnel Division, G-2; Military Intelligence Division, G-3; Organization and Training Division, G-4; Supply Division, G-5; Civil Affairs Division).

408

Siehe NA RG 331/329, Organisation MFA&A Section, AMG 262, Organigramm „Existing Organization of G-5“. Innerhalb dieser G-5 Abteilung gab es verschiedene Sektionen (Public Relation, Operations, Financial & Property Control, Legal Displaced Persons and Welfare, Public Health und Supply & Economics).

409

Woolley, S. 44 f.

410

Die ComZone oder Communication Zone wurde dasjenige Gebiet hinter den Dispositiven der Frontverbände bezeichnet. Dieses Gebiet umfasste zu Beginn des Jahres 1945 grosse Teile Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs.

411

Siehe Hammett, ComZone, S. 1.

412

Siehe auch unten S. 84.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Bereits im April hatte Woolley die Erweiterung der MFAA Sektion um eine Gruppe von Archivaren vorgeschlagen. Er war der Ansicht gewesen, dass diese für Frankreich und die anderen besetzten Staaten zwar nicht benötigt werden würden, da diese Staaten ihre eigenen Archivare hätten. In Deutschland jedoch wären solche Spezialisten unbedingt notwendig. Aus diesem Grund empfahl Woolley die Rekrutierung von zwei britischen und zwei amerikanischen Archivare als Minimalbestand. Kurz darauf wurden zwei britische Archivare in die MFAA Sektion aufgenommen und es entstand unter der Aufsicht von Hilary Jenkinson, dem Direktor der Public Record Office 413, eine Aufstellung der Archive in Westdeutschland und später der Archive in West-Berlin.414 Im Mai 1944 wurde Oberst Henry Newton415, ein Architekt und Angehöriger der „Civil Affairs Division“ vom amerikanischen Kriegsministerium und der Roberts-Commission nach London geschickt, um Chef der MFAA Abteilung zu werden.416 Die Roberts-Commission, welche sich Sorgen über die dominante Stellung des britischen „Archaeological Advisor“ innerhalb der MFAA Abteilung gemacht hatte, dachte dies mit der Entsendung eines ihnen treu ergebenen hochrangigen Offiziers beheben zu können. Newton hätte Woolley oder Webb niemals ersetzen können, arbeiteten diese doch schon während Monaten mit den Invasionsplanern und den Planern für eine Militärverwaltung in einem guten Einvernehmen zusammen.417 Insgesamt hatte die MFAA Abteilung einen Bestand von 185 Armeeangehörigen. Die MFAA war aber einer ständigen Fluktuation ausgesetzt. 17 Soldaten

413

Das Public Record Office ist das Staatsarchiv in Grossbritannien. Siehe dazu auch NA RG 239/41, Report for the period 22 August – 25 November, 1944, on the activities of the Monuments, Fine Arts and Archives Subsection, Property Section, Division „A“, US Group CC.

414

Siehe dazu PRO FO 1050/1416 (General Lists Western Germany, Amendment Material Correspondence), Archives of Western Germany, Appendix B to SHAEF, G-5 vom 13.10.1944. Instructions for protections and Lists. PRO FO 1050/1424 Archive Section Lists. PRO FO 1050/1429, German Archives Inspection. PRO FO 1050/1430 French Archives. PRO FO 1050/1432, Italian Archives.

415

Oberst Newton war Brigadier der Reserve gewesen, aber wegen mangelhaften Leistungen mit seinen Truppen zurückgestuft worden.

416

Die Roberts-Commission bekam zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Informationen bezüglich der Planungen des SHAEF und versuchte mit Newton ein Verbindungsglied zwischen Armee und zivilen Ausschüssen zu schaffen. Von ihrer Bastion in Washington aus hatte jedoch sowohl die Roberts-Commission als auch die Abteilung für zivile Angelegenheiten die Stellung von Oberst Newton völlig falsch eingeschätzt. Tatsache war nämlich, dass Newton über keinerlei Befehlsgewalt oder ihm Untergebene im SHAEF verfügte und sowohl bei den Amerikanern als auch bei den Briten als austauschbarer Vertreter des amerikanischen Kriegsministeriums galt, der an Washington Bericht erstatten musste. Oberst Newton wurde auch nicht zum Chef der MFAA Abteilung im SHAEF befördert. Siehe auch Ziemke, US Army, S. 57.

417

NA RG 165/463, Schreiben Newton an Hilldring vom 23.04.1944.

101

102

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

waren britisch und einer kam aus Norwegen. Das grösste Kontingent stellte die USA mit 84 Offizieren und 43 Soldaten. In diesem Kontingent befanden sich auch 16 Zivilisten. Die genannten Zahlen beziehen sich auf die gesamte Anzahl MFAA-Offiziere während des gesamten Einsatzes in Europa. Die Zahl der sich im Dienst befindlichen MFAA-Offizieren überstieg jedoch nie 35 Personen.418

2.

Aufgabe der MFAA Offiziere im engeren Sinne

Wie bereits angetönt, waren die MFAA Offiziere zur Ausführung ihrer Arbeit den Hauptquartieren der Heeresgruppen, der Armeen und der „Communications Zones“ zugeteilt. Die MFAA Offiziere waren Stabsoffiziere, welche unter sich die Arbeit auf Armee- oder Zonenstufe im Bereich des Kulturgüterschutzes koordinierten. Dabei wurden sie auch von der Planungsgruppe im SHAEF und der Stabsgruppe für Operationen in den einzelnen Hauptquartieren und der Zonen unterstützt. Grundsätzlich waren die MFAA-Offiziere ein Teil der Stäbe, die den verschiedenen SHAEF Missionen in den befreiten Ländern in Nordwesteuropa zugeteilt waren. Es war mithin eine Aufgabe der Kulturgüterschutzoffiziere, als Verbindungsoffiziere zwischen den Kulturverantwortlichen der verschiedenen Regierungen und dem SHAEF zu wirken.419 Die MFAA Offiziere brauchten zur Ausführung ihrer Arbeiten ausser dem Schreiben des Oberkommandierenden, weitere detaillierte Instruktionen und Umschreibungen ihrer Kompetenzen und Verantwortlichkeiten.420 Dies wurde, wie vorerwähnt, durch das Erlassen von Direktiven für die einzelnen Länder in Nordwesteuropa erreicht.421 Aufgrund dieser Direktiven konnten die MFAA Offiziere ihre Arbeit ausführen und gewisse Befehlsgewalt erlangen. Mithin war es aber immer noch die Entscheidung des Kommandanten des Kampfverbandes,

418

Report Roberts-Commission S. 121 und S. 161–164.

419

Siehe dabei Ross, SHAEF, S. 120.

420

So gab es das Functional Manual for MFA&A Specialist Officers, August 1944 und das Technical Handbook prepared by the advisor on MFAA, G-5 for France, WD Pamphlet 31-103, „Civil Affairs“ Information Guide, Field Protection of Objects of Art and Archives, WD Pamphlet 31-123, „Civil Affairs“ Guide, Preservation and the Use of Key Records in Germany. Siehe dazu auch NA RG 239/41 und NA RG 239/38 mit der Nennung der verschiedenen Erlasse und Manuals.

421

In diesen Direktiven wurde jeweils ausgeführt, dass die Gebäude und Denkmäler, welche in der SHAEF-Liste vermerkt waren, absoluten Schutz geniessen würden und für militärische Aktionen nur wenn absolut nötig benutzt werden sollten. Die MFAA Offiziere erhielten ausserdem noch weitere ausführlichere Listen mit zusätzlichen Gebäuden, welche überprüft werden mussten. Die Direktiven wurden durch das SHAEF direkt erlassen und über die Heeresgruppe und die „Communications Zone“ an die Armeen weitergeleitet. Siehe zum Beispiel auch NA RG 331/331, Policy & Procedure verschiedene Direktiven für verschiedene Länder.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

ob er ein Gebäude benutzte oder nicht. Hingegen konnte der MFAA Offizier einen Truppenverband, welcher sich in einem geschützten Objekt einquartiert hatte, ausweisen.422 Um die vom Oberkommando gefällten Entscheide bezüglich der Benutzung von geschützten Gebäuden als Unterkünfte Nachdruck zu verschaffen, wurden verschiedene Weisungen an die unterstellten Kommandanten erlassen, und sie wurden ebenfalls auf die Arbeit der MFAA Offiziere aufmerksam gemacht.423 Zu den Befehlen kamen noch Instruktionen, die die MFAA Offiziere im Feld erreichten. Dem SHAEF wurde durch die Résistance eine Liste mit Aufbewahrungsorten von französischen Kulturgüter zugeleitet, welche diese ihrerseits an die in diesen Gebieten tätigen Bodentruppen und an die Flugwaffe weiterleitete. Zudem wurde in Gebieten mit grossen Truppenkonzentrationen spezielle Listen über besonders geschützte Schlösser und Burgen erstellt. Sodann wurde aufgrund von Bitten der Exilregierungen der besetzten Länder spezielle Befehle erlassen, gewisse Gebäude und Bauten besonders zu schützen. Das SHAEF liess, wie bereits in Italien, für jedes Land ein spezielles Militärregierungs-Handbuch für seine „Civil Affairs“ Offiziere erstellen.424 Innerhalb dieser Handbücher wurde ein Kapitel dem Schutz der Kulturgüter, wie Bilder, Gebäude, Kunstgegenstände, Skulpturen sowie den Archiven gewidmet. In den Handbüchern wurden einfache Massnahmen für den ersten Schutz der Kulturgüter beschrieben. Die MFAA-Offiziere erhielten ein ganzes Set mit technischen Instruktionen und detaillierteren Beschreibungen über zu ergreifende Mass-

422

Dies war jedoch in der Praxis aufgrund der niedrigen Ränge der MFAA Offiziere jedoch zum Teil mit grossen Schwierigkeiten verbunden.

423

Unter anderem wurde am 1.10.1944 ein Schreiben „Preservation of Monuments, Fine Arts and Archives“ erlassen, welche die Beachtung der vom Oberkommando erstellten Grundsätze im Bereich der Suche nach Truppenunterkünften verlangte. In diesem Schreiben hiess es denn auch: „… 3. Billeting of Troops. Many complaints are being received that our forces are not respecting historical monuments and art objects, particularly private chateaux. Many of these chateaux are on the Official List of Protected Monuments, and should be placed out-of-bounds. Many others contain works of art great value and furnishings which are impossible to replace and upon which exaggerated claims can and will be made. A) Military personnel should not be quartered in places listed on the Official List of Protected Monuments. B) Troop commanders should be advised as to the above prohibitions. 4. Monuments Specialists Officers have been allocated to assist your headquarters in the work outlined below: a) To make contacts with Regional, Departmental, and communal authorities and private owners of historical chateaux and art collections, and advise them their responsibility. b) To check lists with monuments and art objects where subjected to war damage, looting, or use by military personnel“. Siehe dazu Report Roberts-Commission, S. 114.

424

Siehe dazu verschiedene Handbooks: Belgium M 361-17 vom 13.05.1944, Belgium, Denmark and Holland M 361-17 vom 30.06.1944, Denmark M 366-17 vom 17.05.1944, France M 352-17A vom 4.01.1944, M 352-17 B vom 3.06.1944 und M352-17 C vom 24.06.1944; Germany M 356-17 vom August 1944; The Netherlands M 357-17 vom 13.05.1944; Norway M 350-17 vom 19.07.1944.

103

104

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

nahmen.425 Sehr hilfreich waren die „Technical Instructions for the use of Monuments Fine Arts and Archives Specialist Officers“, die für die jeweiligen Länder aufgestellt worden waren. In diesen, wurden Themen, wie die Sperrung von Gebäuden für die Truppen und deren Durchsetzung, die Vorgehensweise bei der Inspektion von auf den Listen aufgeführten schützenswerten Objekten (Gebäude, Museen, Sammlungen, Bibliotheken, Archiven, Lagerorte etc.), die Berichterstattung und die Veranlassung von Schutzmassnahmen bei beschädigten Gebäuden behandelt.426 In Frankreich, Luxemburg, Belgien und Holland mussten die MFAA Offiziere vor allem Gebäude und die Lagerorte der Kulturgüter inspizieren. Dabei konnten sie auf die einheimischen Kunstsachverständigen und Behörden zählen, die sie dabei unterstützten und danach den Schutz und die Wiederherstellung selber übernahmen427. Es gab eine enge Zusammenarbeit mit Kunstschutzbeauftragten der befreiten Länder. Daneben mussten die MFAA-Offiziere mit viel diplomatischem Geschick die Truppe und deren Einquartierung überwachen und wenn nötig zu einer Umquartierung drängen.428 Über die Fortschritte wurden zuhanden des Direktors der MFAA-Abteilung im SHAEF ausführliche Berichte geschickt.429 Dennoch kann man nicht von einer einfachen Arbeit sprechen. Die MFAA-Offiziere mussten sich durch teilweise vom Krieg arg in Mitleidenschaft gezogene Gebiete kämpfen, um die zahllosen Schlösser, Gebäude und Kunst425

Daneben wurden ihnen auch eine Zusammenstellung von französischen Archiven, über französisches MFAA Personal, eine Liste mit Provinzmuseen und deren Inhalt. Ausserdem gab es noch ein Wörterverzeichnis (Französisch, Englisch, Deutsch) für Fachausdrücke im Bereich der Architektur und Bauwesen. Ähnliches Material wurde ebenfalls für die anderen besetzten Länder abgegeben. Mit diesen Hilfen ausgestattet, arbeiteten die MFAA Offiziere im Feld.

426

Siehe dazu NA RG 260/Prop Div/Ardelia Hall/83, Technical Instructions for the use of Monuments Fine Arts and Archives Specialist Officers in Germany, October 1944.

427

In Frankreich und Belgien gab es keine grossen Probleme bezüglich den in Sicherheit gebrachten öffentlichen beweglichen Kulturgüter. Der wichtigste Lagerort in Frankreich befand sich in Sources. Da Belgien ein relativ kleines Land ist, war die Rückführung von in Sicherheit gebrachten Kunstwerke in die Museen für die lokalen Beauftragten eine relative unproblematische Sache und die amerikanischen Spezialisten mussten nicht hinzugezogen werden. Siehe NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 26.

428

Siehe dazu auch Posey, Protection of Cultural Materials, S. 127 ff.

429

Siehe zum Beispiel NA RG 260/Property Division/720, Mr. Shipman’s Report on European and Mediterranean Theatres of Operations, Sept. 19–Dec. 6 1944. Die MFAA Offiziere wurden angehalten drei verschiedene Berichterstattungen zu führen. Zum einen mussten sie ein Tagebuch führen, in welchem sie sämtliche Arbeiten und Inspektionen aufführten. Sodann mussten sie alle zwei Wochen dem Hauptquartier einen Bericht über ihre Arbeiten zukommen lassen und zudem einen Zustandsbericht von jedem inspizierten Kulturgut anfertigen, welcher sodann in einer spezifischen Form dem MFAA Hauptquartier geschickt werden musste. Siehe NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 23 f.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

sammlungen zu begutachten.430 Durch die Militärregierungen wurden einheimische Kunstsachverständige als Berater herangezogen. So wurden zum Beispiel in Luxemburg, im Elsass und in Lothringen einheimische Museumsbeamte und Kunstsachverständige für die Betreuung der temporären Lagerorte, die Reparaturen und die notfallmässigen Restaurationen gewonnen.431 Diese Gruppen taten im Bereich des Kulturgüterschutzes unter Aufsicht der Militärregierung alle nötigen Arbeiten. Einzig die Bewachung wurde durch militärische Truppen sichergestellt. Daneben fingen die MFAA Offiziere an Informationen über geraubte Kunstgegenstände, welche die Nazis nach Deutschland verschleppt hatten zu sammeln. Den ersten grossen Lagerort, den die MFAA Offiziere im Zusammenhang mit verlagerten Kulturgüter zu kontrollieren und danach rückzuerstatten hatten, war bei Maastricht, wo die 1. US Armee den Lagerort mit den berühmtesten holländischen öffentlichen und privaten Kunstwerke entdeckte. Die Sammlung bestand hauptsächlich aus Gemälden und Zeichnungen von holländischen und flämischen Meistern des 15. bis 20. Jahrhunderts.432 Ganz anders war, wie noch zu sehen ist, das Vorgehen der MFAA-Offiziere während des Einmarsches in Deutschland.433 Für die Arbeit in Deutschland erhielten die MFAA-Offiziere ausser der Liste über die zu schützenden Gebäude das Handbuch der Militärregierung Deutschlands und eine Liste über deutsche Archive.434 Während sich in den befreiten Ländern die dort lebenden Archivare den Archiven annahmen, welche für die kämpfende Truppe keine Bedeutung hatte, wurden die deutschen Archive von den Spezialisten der MFAA und der Geheimdienste gesichtet und beschlagnahmt.435 Etliche Archive der Nazis und

430

Bis zum 1.12.1944 waren insgesamt 1240 Kulturgüter und 597 Dörfer inspiziert worden. Siehe NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 25.

431

Siehe dazu auch Auszug aus Bericht der MFAA Branch für Januar 1945 in Report RobertsCommission, S. 122 f.

432

Siehe NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 27. Die Bilder stammten aus dem Ryksmuseum, dem Mauritshuis, dem The four Royal Palace, dem Franz Hals Museum, Lakendal und dem Freisch Museum.

433

Siehe hinten S. 112.

434

Siehe dazu verschiedene Handbooks: Belgium M 361-17 vom 13.05.1944, Belgium, Denmark and Holland M 361-17 vom 30.06.1944, Denmark M 366-17 vom 17.05.1944, France M 352-17A vom 4.01.1944, M 352-17 B vom 3.06.1944 und M 352-17 C vom 24.06.1944; Germany M 356-17 vom August 1944; The Netherlands M 357-17 vom 13.05.1944; Norway M 350-17 vom 19.07.1944.

435

Siehe dazu auch NA RG 260/Property Division/720, Mr. Shipman’s Report on European and Mediterranean Theatres of Operations, Sept. 19–Dec. 6, 1944, S. 3 ff. Bezüglich der Archive gab es eine enge Zusammenarbeit mit dem Combined Intelligence Objectives Committee (CIOC). Siehe dazu hinten S. 145.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

der Wehrmacht wurden so den militärischen und zivilen Geheimdiensten der Alliierten zugänglich gemacht. Die MFAA-Abteilung hatte dabei das Problem, dass gemäss der alliierten Politik, nur Nicht-Nazimitglieder unter den deutschen Museumsbeamten mit dem Schutz der jeweiligen Sammlungen betraut werden durften. Die MFAA-Offiziere waren in Deutschland viel mehr als in den anderen Ländern mit grossen Verwüstungen konfrontiert. Die unzähligen Lagerorte machten eine Zentralisation der Kulturgüter unumgänglich.436 Im Gegensatz zu den befreiten Ländern, wurden die Museumsangestellten und Kunstsachverständigen in Deutschland von der Militärregierung und den MFAA-Offizieren stark überwacht und konnten nichts selbst bestimmen. Zwar suchte man zumeist das gegenseitige Einvernehmen, doch war Deutschland besetzt, und die Bevölkerung hatte sich an die Weisungen der alliierten Militärs zu halten.437

3.

Einsatz der MFAA Offiziere in Nordwesteuropa

Eine Woche nach der alliierten Invasion in der Normandie, als die Streitkräfte erst einen kleinen Küstenabschnitt eingenommen hatten und der äusserste Rand der Front sich in der Nähe von Bayeux befand, traf bereits der erste Kunstschutzoffizier auf dem französischen Festland ein.438 Sofort begann er mit der Arbeit und bereits im Juli 1945 trafen weitere Spezialisten ein, welche den einzelnen Armeen unterstellt wurden. Bei ihrer Arbeit trafen sie jedoch auf fast unüberwindliche Hindernisse, da sie für ihren Auftrag nur unzureichend ausgerüstet waren und über keinerlei eigene Fahrzeuge verfügten.439 Ausserdem hatten sie grosse Probleme, an Informationen über Lagerorte und Depots von Kulturgütern zu kommen. Sie sahen sich einer unsäglichen Zerstörung von Kulturgütern gegenüber. Viele Depots mit Kunstschätzen hatten nur unzureichend Schutz geboten, weshalb manche Kunstgegenstände arg in Mitleidenschaft gezogen worden waren.440 Insgesamt taten zehn Kunstschutz436

Siehe für britische Lagerorte S. 326 ff. und für die amerikanischen Lagerorte S. 336 ff.

437

Siehe Anders (Hrsg.) Sammlung C.F. Müller, Die Proklamationen, Gesetze und Verordnungen der Militärregierung Deutschlands (Amerikanische Zone) Einschliesslich der Proklamationen und Gesetze der Alliierten Kontrollbehörde, Kontrollrat, Englischer und deutscher Text, Karlsruhe 1949 mit sämtlichen wichtigen Weisungen.

438

Dies war Captain La Farge; Für eine ausführliche Beschreibung der Arbeit und Umstände der MFAA Offiziere, siehe Lord Methuen, Normandy Diary, London 1952.

439

Siehe NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 25.

440

NA RG 239/27. Mit ausführlichen Berichten über die Aktivitäten der MFAA-Offiziere. Siehe auch NA RG 331/322, Administration Documents to First Army, AMG 208 Weeklyreports of the MFAA October 1944–June 1945.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

offiziere während der Befreiung von Frankreich in den verschiedenen Teilstreitkräften Dienst. Dabei waren sie voneinander isoliert und auf die Hilfe der Militärs angewiesen, die ihrerseits meist keine Zeit für die Spezialisten hatten. So mussten sich die meisten MFAA Offiziere mit Autostopp fortbewegen.441 Später wurden die MFAA Offiziere teilweise mit Jeeps und Lastwagen ausgerüstet. Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass die Arbeit der MFAA Offiziere unter dem Mangel von Transportmitteln litt, erliess die 12. Heeresgruppe im August 1944 an die 1., die 3. und die 9. Armee den Befehl, dass die Truppen den MFAA Offizieren Fahrzeuge zur Verfügung stellen sollten, damit diese ihre Arbeit verrichten könnten. Des Weiteren wurden die „Civil Affairs“ Detachemente angewiesen, selbst die nötigen Schutzmassnahmen für die französischen Kulturgüter zu treffen.442 Diese Schutzmassnahmen wurden im Einverständnis und mit Beihilfe des French Committee of National Liberation getroffen. Im September 1943 wurde denn auch ein „Memorandum of Understanding zwischen den USA und dem Komitee abgeschlossen, nachdem die Alliierten Streitkräfte auf französischem Boden in den Kampfzonen die Regierungsbefugnis erhielten, jedoch so schnell als möglich die nationale Regierung die Regierungsbefugnis vollständig übernehmen sollte.443 Der rasche Vorstoss der Alliierten in Richtung Paris, nachdem diese in der ersten Augustwoche die deutschen Verteidigungslinien in der Normandie durchbrochen hatten, zeitigte Folgen für die MFAA Offiziere. Die erstellten Kulturgüterlisten erwiesen sich als derart umfassend, dass die MFAA Offiziere Mühe bekundeten sämtliche Bauwerke zu inspizieren und die nötigen Massnahmen zu treffen. Bei ihrer Suche und Prävention wurden sie jedoch bald von den lokalen Behörden und der Résistance unterstützt. In Südfrankreich hatte man den Alliierten in der ersten Zeit nach der Landung nur zurückhaltend die Depots mit den Kulturgütern gezeigt. Der Grund darin lag in der deutschen Propaganda, welche die Alliierten des Kunstraubes und der Zerstörung von Kulturgütern bezichtigte. Dies stand im Gegensatz zum nordwestlichen Teil Frankreichs, wo die MFAA

441

Siehe zum Beispiel NA RG 239/66, „Civil Affairs“ in Connection with Monuments Fine Arts and Archives, Study Nr. 36, S. 25.

442

Siehe Befehl APO 655 vom August 1944, Woolley, S. 47.

443

NA RG 153/JAG Law Library 1944–1949/63, The General Board, USFET, Legal Phases of Civil Affairs and Military Government, Study Number 85, The Legal Status of US Forces in Liberated Countries, Section 1 Intergovernmental Agreements. Siehe insbesondere Annex A, Revised Directive for Civil Affairs Operations in France, SHAEF, 25.08.1944. Praktisch identische Verträge wurden mit Holland und Belgien am 16.05.1944 und mit Luxemburg am 27.07.1944 unterzeichnet. Der Text dieser Verträge sind in den nachfolgenden Dokumenten zu finden: SHAEF Field Handbook, Civil Affairs, Belgium , Appendix 1, p. 3; Civil Affairs Directive for the Netherlands, SHAEF, 14.08.1944; Civil Affairs Agreements and Civil Affairs Directive for Luxembourg, Combined Chiefs of Staff, 19.06.1944 (CC/S 493/2).

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Offiziere willkommen geheissen und ihnen auch Informationen über unbekannte Depots anvertraut wurden.444 Ein weiteres Problem bestand darin, dass man Arbeiter und Material für die notfallmässigen Reparaturen beschaffen musste. Bei der Suche nach Arbeitskräften halfen die örtlichen französischen Behörden mit. Zur Beschaffung des benötigten Materials, welches bei der „Civil Affairs Divisions“ der einzelnen Armee bestellt werden musste, mussten die MFAA Offiziere meist mit viel Überzeugungskraft wirken, damit die verantwortlichen Offiziere das Material sowie die notwendigen Transportmittel zur Verfügung stellten. Oftmals mussten sich die MFAA-Offiziere an der Front im Wesentlichen darauf beschränken, an den beschädigten Monumenten Sicherungsmassnahmen vorzunehmen und dem französischen Denkmalschutz als Verbindungsoffiziere zu dienen. Indem immer weitere Truppen an die Front gebracht wurden, kam es auch vermehrt zur Benutzung von Unterkünften in Gebäuden, welche durch die Kulturgüterliste geschützt waren. Es war ebenfalls die Aufgabe der MFAA Offiziere zu verhindern, dass historische Bauwerke von Truppen belegt wurden.445 Mit Rücksicht auf Bedenken der französischen Exilregierung in London, dass sich die Alliierten in Frankreich wie eine neue Besatzungsmacht gebärden könnten, verfügten die MFAA Offiziere in der ersten Zeit nicht einmal über gedruckte Plakate, die den Zugang zu den geschützten Objekten verboten.446 Erst im August 1944 wurden Plakate mit der Aufschrift „National Monument Off Limits to All Alliied Troops even for Installations. By command of the Divisional Commander“ an alle „Civil Affairs“ Gruppen in der „Communications Zone“ verteilt. Diese Plakate mussten sodann mit Hilfe der französischen Behörden und wenn möglich mit einer Unterschrift des örtlichen Bürgermeisters an den historischen Bauwerken angebracht werden.447 Erstmals in Paris wurde für die MFAA-Offiziere das Ausmass und die Systematik der Kunstplünderungen durch die deutschen Besatzer bewusst. Paris wurde am 25. August 1944 von den Alliierten befreit, nachdem General von Choltitz entgegen den Befehlen von Hitler die Kapitulation von Paris bekanntgegeben hatte. Schon in den Wochen vor dem Einmarsch der Alliierten gab es vielerorts keine Regierungsgewalt mehr. Insbesondere in Paris kam es zu einem regelrechten Aufstand der Résistance und der Bevölkerung. Auch viele Museumsangestellte widersetzten sich den Befehlen der deutschen Besatzungstruppen. Es gelang ihnen denn auch zu verhindern, dass die Nazis gesamte Museumsbestände nach Deutschland schafften. So erging zum Beispiel an die

444

Siehe auch Woolley, S. 47.

445

Siehe zum Beispiel Mont-Saint-Michel. Siehe dazu Rorimer, Survival, S. 39 ff.

446

Rorimer, S. 8.

447

Poste, S. 56 f.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Angestellten des Musée des Beaux-Arts in Paris der Befehl, den Kubikmeterbedarf aller eingelagerter Objekte der Nationalmuseen auszumessen, sollten diese doch, wie die Schätze aus Florenz, aus Sicherheitsgründen hinter die Maginotlinie gebracht werden. Um die Verlagerung zu verhindern, gaben die Kuratoren phantastisch übertriebene Schätzungen ihrer Kunstschätze ab, so dass der Plan sang- und klanglos unterging und keine weiteren Gemälde oder Skulpturen aus diesen Museen ins Deutsche Reich verbracht werden konnten.448 Während in den meisten Teilen der zurückeroberten Gebiete von Frankreich, Holland und Belgien grosse Zerstörungen an den Kunstdenkmälern festgestellt wurden, präsentierten sich die Paläste und Denkmäler in und um Paris im grossen und ganzen unbeschädigt.449 Auf ihren Inspektionsreisen zu den Landschlössern, den Häusern, Palästen und Museen in Paris hatten die Kulturgüterschutz-Offiziere auch Informationen zu den Millionen von Objekten gesammelt, die nach Deutschland entschwunden waren. Es war für die MFAA-Offiziere fast unmöglich, dazu einen genauen Lagebericht abzugeben. Die von jüdischen wie auch nichtjüdischen Sammlerinnen und Sammlern versteckten oder verlegten Objekte tauchten zuweilen unerwartet in Alkoven, Schränken und Scheunen auf, nah und fern ihres rechtmässigen Standorts. Selbst diejenigen, denen die Werke gehörten und sie in den Händen ihrer Dienerschaft, Freunde, Anwälte und Banken zurückgelassen hatten, wussten oft gar nicht, wo sie mit der Suche beginnen sollten. Einige Objekte gerieten dabei sogar in Vergessenheit. Von Paris aus kämpften sich die alliierten Streitkräfte in Richtung Elsass, Antwerpen und Gent, hinüber nach Luxemburg und Holland. Erst kurz vor Brügge wurden sie gestoppt. Ende September 1944 wurde Arnheim in Holland erreicht. Während ihres Vorrückens, fanden verschiedene Truppenteile zusammen mit MFAA-Offizieren Hunderte von Magazinen und sonstige Lagerorte mit Kunstgegenständen und Kunstwerken von einem immensen Wert. Wie es sich herausstellte, war gerade die Sicherung und Verlagerung dieser Gegenstände die grösste Herausforderung und die schwierigste Aufgabe der MFAA-Offiziere. Die grössten Sammlungen des Louvres hatte man zum Beispiel bereits im April 1943 auf weit über zehn verschiedene Orte verteilt. Die grössten Bestände des Louvre befanden sich nun in den Schlössern Montal, Lanzac und Latreyne in der Nähe von Souillac in der Dordogne, jene aus Bordeaux in Hauteford und die aus Nancy in Cieurnac. Mit den Sammlungen wurden ebenfalls die Museumsangestellten evakuiert, welche die Aufgabe hatten, die Depots zu bewachen.450 Die 448

Nicholas, Raub der Europa, S. 381 f.

449

NA RG 226,272/Records of Information Branch, Historical Section 1943 to July 1945. MFAA Branch France; Verschiedene Berichte über den Einsatz der MFAA in Frankreich vom Juli bis Dezember 1944, Spezialbericht vom Mai 1945 über Lagerorte, welche von Rosenberg benützt wurden sowie diverse Listen über den Zustand der Kulturgüter in Frankreich.

450

Nicholas, Raub der Europa, S. 379 f.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

spannungsgeladenen Wochen des alliierten Vormarsches auf Paris prägte in den Depots auch die Angst. Es gab keinerlei Regierungsgewalt mehr; die VichyRegierung war machtlos und es gab immer wieder Übergriffe von deutschen Truppen, insbesondere der SS, die vermehrt Kulturgüter requirierten, um sie nicht in die Hand der Résistance oder der alliierten Truppen fallen zu lassen. In Belgien waren durch die massive Gegenwehr der deutschen Wehrmacht, wichtige historische Bauwerke zerstört oder stark beschädigt worden. Insbesondere waren viele Kirchen zerstört, welche deutsche Truppen als Beobachtungsposten benutzt hatten. Aufgrund dieser Vorfälle versuchte man in Holland alle Kunstgegenstände, wie Bilder und Statuen, welche man in zerstörten oder beschädigten Gebäuden fand, in wenigen, aber sehr grossen und sicheren Depots zwischen zu lagern und sie so vor weiteren Schäden zu bewahren.451 In dieser Zeit wusste man erst wenig über Einzelheiten im Kunsthandel und von den Aktionen des Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, und lange Zeit behielt Rose Valland, die einzige verlässliche Quelle zu diesem Thema, ihre sorgfältig gesammelten Informationen für sich.452 Einem Mitglied der MFAA, Leutnant Rorimer, teilte Rose Valland453 jedoch trotz Bedenken mit, wohin die Transporte mit den Kunstobjekten gelangt waren, und beschrieb die Mitarbeiter des Einsatzstabes Rosenberg. Sie erwähnte, dass eine grosse Anzahl von geraubten Bildern in Eisenbahnwagen nach Füssen in Deutschland transportiert worden waren.454 Leutnant Rorimer begleitete sodann die 7. US Armee und fand im April 1945 auf Schloss Neuschwanstein nicht nur die erwähnte Lagerstätte mit französischen Bildern und Kunstgegenständen, sondern auch einen systematischen Katalog der ERR über die in Frankreich geraubten Kunstwerke. Die dort gelagerten Bilder waren grösstenteils für Hitlers Museum in Linz gedacht.455 Im Mai 1945 waren 175 Aufbewahrungsorte für Kulturgüter in Deutschland aufgefunden worden. In drei Lagerorten wurden die von der ERR beschlagnahmten

451

Siehe auch Woolley, S. 51 f.

452

Rose Valland war eine Spezialistin für französische Kunst. Sie wurde von Reichsleiter Rosenberg angestellt, um Gemälde zur Besichtigung bereitzustellen, zu katalogisieren und die Verlagerungen der Gemälde, welche im Museum Jeu de Paume gelagert waren, zu dokumentieren. Das Jeu de Paume war von der ERR (Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg) als Ausstellungsraum für Göring benutzt worden.

453

Rose Valland war ursprünglich Kuratorin des Jeu de Pommes gewesen und kannte den Umfang der dorthin erfolgten Verlagerungen von Beutekunstwerken durch die Nazis. Sie führte genaue Listen was das ERR abtransportierte. Sie war ebenfalls ein Mitglied der französischen Widerstandsbewegung. Siehe dazu auch Rose Valland, Le Front de’lart, Paris 1961.

454

Siehe auch NA RG 239/75, OSS Art Looting Investigation Unit, APO 413, Consolidated Interrogation Report No. 1/15, Activity of the Einsatzstab Rosenberg in France, August 1945.

455

Siehe Rorimer, S. 139 ff. Siehe auch Report Roberts-Commission, S. 137.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Kunstgegenstände aufgefunden. Diese befanden sich ausser auf Schloss Neuschwanstein im Karthauserkloster in Buxheim und im Schloss Herrenchiemsee. Drei andere Aufbewahrungsorte befanden sich in Kogl, Seisenegg und Nickolsburg.456 Von Beginn des Spätherbst 1944 an mussten sich die Offiziere der MFAA die meiste Zeit mit der Einquartierung von Truppen und den von ihnen verursachten Schäden befassen. In den sorgfältig vorbereiteten Listen fehlten Hunderte von weniger bekannten Landschlössern, weshalb sich auch verantwortungsbewusste Quartiermeister frei fühlten, diese zu requirieren, und sich weigerten, einmal einquartierte Truppen wieder zu verschieben. Jede Einheit musste immer wieder über die militärischen Sperrzonen informiert werden. Insbesondere dramatisch wurde die Situation, als der Winter ausbrach und immer mehr Unterkünfte benötigt wurden. Die regelmässigen Weisungen zeigten bei den frierenden und erschöpften Kampfeinheiten nur wenig oder keine Wirkung. Die Offiziere der MFAA reisten je nach Schadensmeldung beider Seiten unermüdlich umher und verfolgten aber auch die Spur vieler massiver Plünderungen des Feindes.457 Die Invasion war der Anfang eines in der Grösse noch nicht dagewesenen Einsatzes zur Wiedererlangung von gestohlenen Antiquitäten und Kunstschätzen, welche von Truppen des Deutschen Reiches zusammengetragen und verlagert worden waren. Bis zum 15. August 1944 waren die MFAA-Offiziere, welche hinter der Front der 7. US Armee und der 1. französischen Armee arbeiteten, vollständig in ihre Aufgabe eingetaucht. Die MFAA-Offiziere wurden mit einem Einsatzgebiet von über 650’000 Quadratkilometer voll von kulturellen Reichtümern Europas konfrontiert. Die offiziell vorbereitete Liste der Kulturdenkmäler enthielt für dieses enorme Gebiet lediglich 3’415 Objekte. Die MFAAOffiziere mussten dort Kunstgegenstände im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar suchen, inventarisieren und lagern.458 Da man nicht wusste, ob die deutschen Truppen die Depots in den eroberten Gebieten sprengen oder evakuieren würden, war es ein Wettlauf mit der Zeit.

456

Siehe dazu Report Roberts-Commission, S. 138. Bis zum 6.11.1945 konnten 434 Gegenstände von Schloss Neuschwanstein und Herrenchiemsee in den Central Collecting Point nach München transportiert werden. In einem MFAA Bericht wurde ausgeführt: „The first trainload of looted works of art from the Neuschwanstein Monuments, Fine Arts and Archives repository left at Fuessen for Paris on 21. October 1945 … The 21 car train consisted of 2 personnel cars a utility emergency car, 18 fully loaded closed wagons and one extremely large picture which was packed in a weatherproof crate attached to a special scaffold nailed to the floor of the car. 52 truckloads consisting of 634 crates of art objects were moved from the castle to the railroad siding without accident or breakage.“

457

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 400 ff.

458

Report Roberts-Commission, S. 105 f.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Nach der Landung der Alliierten in der Normandie hatten Angehörige des Einsatzstabes Rosenberg versucht, Kunstobjekte mittels Eisenbahnwagen nach Deutschland zu verlagern. Der Résistance gelang es teilweise, dies zu verhindern. Trotz den oberwähnten Schwierigkeiten hatte die MFAA mit einem statistischen Mittel von 2 1/2 Offizieren innerhalb der ersten 4 Monate in der befreiten Zone 1’240 Kulturstätten und 597 Dörfer inspiziert.459 Die diesbezüglichen Berichte wurden unter anderem an die beiden Büros der Roberts-Commission gesandt, wo umfangreiche Archive entstanden und die Publikation von Schadensbilanzen für die einzelnen Länder vorbereitet wurde. Im Herbst 1944 publizierte die MFAA-Abteilung in SHAEF eine erste Zusammenfassung über die Schäden an Museen und wertvollen historischen Gebäuden in Deutschland.460 Aufgrund von Luftaufnahmen von alliierten Aufklärungsflugzeugen konnte man die Gebäude orten und die Schäden genau analysieren.

4.

MFAA Offiziere während des Krieges in Deutschland

Für die Zeitdauer des Supreme Headquarters of Expeditionnary Forces waren 21 MFAA-Offiziere und 5 Archivare bewilligt worden. Im Mai 1945 arbeiteten 14 MFAA-Offiziere, und 4 Marine-Offiziere wurden noch erwartet. Vier weitere Offiziere der Landstreitkräfte wurden mit Schreiben vom 8. April 1945 beim War Department beantragt. Aus dem Bericht ergibt sich, dass insbesondere die Situation bei den Archiv-Offizieren kritisch war. Im Mai 1945 war kein einziger Archivar in der MFAA eingeteilt.461 Im Bericht „Report on Monuments, Fine Arts and Archives for Month of April 1945“ findet man von jeder Zone der USArmee eine exakte Zusammenfassung über die berichteten und die tatsächlich inspizierten Gebäude und Depots. Aufgrund des raschen Vorstosses der alliierten Verbände im Frühjahr 1945 in Richtung Elbe war es der kleinen Gruppe von MFAA-Offizieren mit ihren beschränkten Mitteln und in einem Gebiet, in welchem immer noch mit feindlichen Übergriffen gerechnet werden musste, nicht möglich, alle Verstecke zu sichten, ihre Inhalte zu inventarisieren, bewachen und zu transportieren.462 Aus den zahlreichen Berichten und den Tagebüchern der MFAA-Offiziere wird aber ersichtlich, dass sie durchaus das Möglichste taten, um grosse Verluste zu verhindern. Obwohl es auf der einen Seite

459

NA RG 331/Records of the General Staff/G-5 Division Secretariat/Nummeric File/20/751/1, Various MFAA Operations Reports from August until December 1944.

460

NA RG 331/325, Report on the Present State of Historic Monuments in Germany vom 21. September 1944.

461

NA RG 218/38, Report to War Department on MFAA Operations vom 4. Mai 1945.

462

NA RG 218/38, Report on Monuments, Fine Arts and Archives for Month of April 1945 vom Juni 1945, insbes. S. 44 f. Im Bericht werden zudem Hunderte von Lagerorten und wertvollen Gebäuden mit den sich darin befindlichen Kunstgegenständen aufgelistet.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

immer wieder alliierte Soldaten und Einheiten gab, welche Kunstgegenstände als Souvenir mitnahmen 463 oder in historisch wertvollen Gebäuden ihr Lager aufbauten, hat sich aufgrund der zahlreichen existierenden Berichte jedoch auch gezeigt, dass viele Truppenkommandanten bei der Einnahme eines Depots oder Schlosses dieses bewachen liessen, wenn dies nicht durch eine Gruppe des US Military Government übernommen wurde. Die wenigen verfügbaren Kulturgüteroffiziere arbeiteten in diesen Tagen an den bedeutenden Funden. Dazu liess das Armeeoberkommando potentielle Goldschätze von ganzen Panzerbataillonen umstellen. Die Bewachung von kleineren Verstecken und von Kunstgegenständen in zerschossenen Gebäuden war weniger streng und auch viel schwieriger. Trotzdem gab es von der ersten Stunde an Plünderungen durch amerikanische Armeeangehörige, und die Palette reichte von gutgemeinten, aber fehlgeleiteten Versuchen, Werke zu schützen, bis zu offensichtlichem Diebstahl und arroganter Einschüchterung der Besiegten.464 Anfangs 1945 zogen die einzelnen MFAA-Offiziere direkt hinter den Fronteinheiten in den schmalen Streifen des soeben eroberten deutschen Territoriums ein. Der lückenlose alliierte Bombenteppich und der verbissene Widerstand der deutschen Truppen hatten Städte, Kirchen und andere historische Gebäude in Ruinen verwandelt.465 Es war ein fast hoffnungsloses Unterfangen, historische Gebäude zu schützen und instand setzen zu wollen. Die MFAA-Offiziere versuchten dennoch, Statuen und andere bewegliche Werke aus den Trümmern zu bergen, sie an besser geschützte Orte zu verbringen und dort bewachen zu lassen. Insgesamt waren jedoch zu der Zeit nur noch fünf Kunstschutzoffiziere an der Front tätig. In der Zone der 1. US Armee wurden 109 Depots mit Kulturgut gefunden. Viele der Depots waren bei Eintreffen des MFAA-Offiziers bereits von Militäreinheiten der amerikanischen Streitkräfte bewacht. Bis im April 1945 wurden insgesamt 230 Lagerstätten mit Kulturgütern in diesem Abschnitt entdeckt. Von diesen konnte die MFAA jedoch innerhalb eines Monates nur 31 Depots inspizieren. Grund dafür waren die riesigen Distanzen und die grossen organisatorischen Probleme bezüglich der Bergung und des Transports von Kulturgut.466 Bei ihren Arbeiten waren die Kulturgüterschutzoffiziere nun auf sich selbst angewiesen. Die Detachemente der Militärregierung waren in dieser Phase vollständig mit dem Wiederaufbau der örtlichen Strukturen in Deutschland und dem Problem der Flüchtlinge beschäftigt. In einigen von den Alliierten besetzten Gegenden war es zwar möglich, deutsche Staatsbürger anzustellen, nachdem diese von der Sicherheitsabteilung des SHAEF genauestens überprüft

463

Siehe unten über Diebstähle von Angehörigen der Truppe S. 245 ff.

464

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 465 ff.

465

Ziemke, The US Army, S. 249.

466

NA RG 239/277, Report MFAA for April 1945, Area of the First US Army vom 24. April 1945.

113

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

worden waren. Diese konnten sich sodann um die Lagerung und die Erhaltung von Kulturgütern und Archiven kümmern. In diesen Monaten war die Identifizierung und die darauffolgende Inspektion von Lagerorten die hauptsächlichste Aufgabe der MFAA Offiziere.467 Die Verlagerungen und die Depots für Kunstgegenstände waren vom Deutschen Reich mittels Inventarlisten systematisch organisiert worden. Dies galt insbesondere für die staatlichen Museen, Galerien, aber auch für die Raubgüter des Einsatzstabes Rosenberg. Die MFAA Offiziere konnten sich dabei bei ihren Inspektionen vielfach auf diese Inventarlisten stützen.468 Schwierig gestaltete sich die Identifizierung derjenigen Raubkunst, welche in den Besitz von einzelnen Nazigrössen, wie Göring, gekommen war.469 Daneben gab es ebenfalls noch zahlreiche kleine Depots von privaten Sammlern und von örtlichen Instituten. Im April 1945 wurden dann die ersten Schatzkammern des Deutschen Reiches entdeckt.470 Das erste unterirdische Lager fanden am 2. April Teile der 8. In467

Siehe auch Leonard Woolley, A record of the work done by the Military Authorities for the Protection of the treasures of Art & History in War Areas, London 1947, S. 53. In dieser Zeit waren für die Kunstschutzoffiziere auf dem Feld zwei Arbeitsfelder von Bedeutung. Es handelte sich dabei erstens um die Koordination der Aktivitäten der Stabseinheiten der verschiedenen Verwaltungstruppen für die Stadtkreise oder Landkreise unter der „Civil Affairs Division of the Eastern and Western Military Districts“ und zweitens um die Arbeit in den Art Archives Repositories and Central Collecting Points. Eine dritte Gruppe, welche aus der USFET Mission in Frankreich und Belgien stammte, hatte die vordringliche Arbeit Raubgüter aufzufinden und in die Collecting Points zu bringen. Für die Arbeiten der Stadt- oder Landkreiseinheiten war die Verwaltung und die Beratung in Belangen der Monuments, Fine Arts and Archives. … to prepare programs for their areas of control conforming to the general pattern throughout the US Zone, to obtain information which could passed to higher echelons for information from all available sources in a form such that it could be made readily available to all smaller detachments and to record either from field trips or from the receipt of data the results of all operations, of examinations of monuments and of repositories, and of the current status of the Collecting Points. Siehe Report Roberts-Commission, S. 134 ff.

468

Siehe auch NA RG 239/75, OSS Art Looting Investigation Unit, APO 413, Consolidated Interrogation Report No. 1/15, Activity of the Einsatzstab Rosenberg in France, August 1945.

469

Feldmarschall Göring gab sich nach seiner Verhaftung durch die Alliierten sehr redelustig und stellte sich selbst als Mäzen dar. Seine zusammengetragene Kunstsammlung wurde zum grössten Teil in einem Eisenbahnzug in Berchtesgaden und in einem Lagerort in Unterstein aufgefunden. Insgesamt hatte Göring bis zum Fall des Deutschen Reiches 1’375 Gemälde, 250 Skulpturen, 60 Persische und Französische Teppiche „rugs“, 75 Glasscheiben und 175 sonstige Kunstgegenstände zu eigen gemacht. Siehe dazu NA RG 239/78, Liste der Sammlung des Reichsmarschall Goering, Louvre 20.10.1942. Siehe auch NA RG 226/293, OSS Art Looting Investigation Unit, APO 413, Consolidated Interrogation Report No. 2, The Goering Collection, 15.09.1945. Siehe aber auch Report Roberts-Commission, S. 139 f. und Günter Haase die Kunstsammlungen des Reichmarschalls Hermann Göring, Eine Dokumentation, Berlin 2000.

470

Siehe dazu auch Report Roberts-Commission, S. 129 f.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

fanteriedivision in der Kupfermine bei Siegen.471 Als die Denkmalschützer in die dunklen Stollen eindrangen, fanden sie zunächst eine riesige Gruppe von deutschen Zivilisten vor, die sich zuerst vor den Bomben und danach vor den Soldaten der Alliierten in Sicherheit gebracht hatten, welche Kinder schlachten, wie die deutsche Propaganda gewarnt hatte. Tief in der Mine, hinter einer verschlossenen Tür, fanden die MFAA-Offiziere dann die Wächter und die Schätze, die sie bewachten. Die Mine enthielt Gemälde und Skulpturen der wichtigsten Museen von Aachen, Köln und Münster sowie die Schätze der Aachener Kathedrale und anderer Kirchen.472 Aufgrund von Zeitnot wurde die Mine sodann unter Bewachung durch die 8. Infanterie Division gestellt, und eine Evakuierung konnte nicht vor dem 25. Mai 1945 beginnen.473 Immer wieder berichteten der militärische Nachrichtendienst und die zivilen Geheimdienste von grossen Depots mit Kunstobjekten.474 Am 4. April 1945 stiess die 3. US Armee unter General Patton auf das Kunst- und Reichsbankdepot in Merkers/Thüringen.475 Nachdem General Patton das gesamte Gelände der Mine sowie deren Eingänge unter anderem mit einem Panzerbataillon weiträumig absperren liess, wurde am 8. April 1945 die Mine Kaiseroda der Winterhall AG durch Oberst Bernstein von der Finanzabteilung des SHAEF und weiteren Offiziere inspiziert. In ihr befanden sich die gesamten Goldreserven

471

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, The General Board, Civil Affairs and Military Government Activities in connection with Monuments, Fine Arts, and Archives, Study No. 36, S. 27.

472

Siehe dazu Flanner, Schöne Beute, S. 77. Aber auch NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, The General Board, Civil Affairs and Military Government Activities in connection with Monuments, Fine Arts, and Archives, Study No. 36, S. 27. In dieser Mine befanden sich neben über 400 Gemälden auch 40 Kisten des Beethoven Museums in Bonn mit den Originalnoten der Sechsten Sinfonie.

473

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, The General Board, Civil Affairs and Military Government Activities in connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 27.

474

Unter anderem in NA RG 165/1066, G-5 Weekly Journal of Information, No. 4 vom 14.03. 1945. In diesem Bericht wird auf Seite 18 über die möglichen Standorte von gesuchten Naziverbrechern informiert. Des Weiteren werden unter dem Titel MFAA die Depots von evakuierten Kunstgegenständen bezeichnet. So sollen sich im Schloss Dietmarzell Teile der Bilder aus der Alten oder Neuen Pinakothek in München befunden haben. Des Weiteren sollen im Schloss Eggelkonen Teile des Bayerischen Staatsarchivs und des Archives der Universität von München und im Schloss Neuschwanstein und Schloss Hohenschwangau französische Raubkunst gelagert sein.

475

NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, The General Board, Civil Affairs and Military Government Activities in connection with Monuments, Fine Arts, and Archives, Study No. 36, S. 28. Siehe auch diverse Berichte in NA RG 260/Records of the Foreign Exchange Depository/Central Files of Foreign Exchange Depository Group 1945–1990/421; Report foreign currencies stored in the Merkers Mine by Reichsbank Berlin.

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der nationalsozialistischen Staatsbank476 und unbezahlbare Kunstschätze aus den Museen in Berlin.477 Die Mine wurde von Hauptmann Posey, MFAAOffizier der 3. US Armee, am 8. und am 11. April 1945 inspiziert. Dabei stellte dieser fest, dass es sich bei den gelagerten Kunstgegenstände um Gegenstände aus Sammlungen der vierzehn wichtigsten Deutschen Museen handelte. Am 16. April 1945 stellte Leutnant Stout, MFAA-Offizier der 12. Armee Gruppe einen Überblick über diese Kulturgüter, bevor sie abtransportiert wurden, zusammen.478 Der Schatz wurde in den folgenden Tagen auch durch die Oberkommandierenden der Alliierten ausgiebig besichtigt. Durch diese Entdeckung veränderte sich das Verhältnis der alliierten Streitmacht zur Kunst. Waren die MFAA Offiziere und ihre Arbeit zuvor belächelt worden, wurde das Auffinden von Kunstdepots der Nazis nun zu einem Hauptziel von zahlreichen alliierten Truppen. Dabei ging es nicht nur um die Rivalität zur Pattons 3. US Armee, sondern die Entdeckung jedes sogenannten Art-Targets bedeutete Publizität für die eigene Truppe. Unter der Ägide von Oberst Bernstein479 wurden das Gold und Teile der Berliner Museen kurze Zeit später, ab 15. April 1945, unter strengster Bewachung in die ehemalige Reichsbank in Frankfurt gebracht.480 Für die Verpackung und den Transport der Kulturgüter war Leutnant Stout, ein MFAA-Offizier, zuständig. In Frankfurt selbst wurde die gesamte Ladung unter die Aufsicht der Finanzabteilung gestellt, was zu gewissen Kompetenzstreitigkeiten mit den MFAAVerantwortlichen führte.481

476

Insgesamt 550 Leinensäcke, von denen jeder eine Million Reichsmark enthielt, 400 Säcke mit Barrengold; und auf einer Seite einfache Kisten voller Goldzähne und Eheringe aus den KZ’s Ausschwitz und Buchenwald.

477

NA RG 239/27/Report MFAA for April 1945, Interim Report on Works on Art and Manuscripts stored in Mines of Winterhall AG, Merker, Germany vom 18. April 1945. Siehe auch für Details NA RG 331/165, Historical Report G-5, 12th Army Group, 30.04. 1945, S. 21 ff.

478

Siehe dazu NA RG 153/War Crime Branch/JAG Law Library/63, The General Board, Civil Affairs and Military Government Activities in connection with Monuments, Fine Arts and Archives, Study Number 36, S. 28. Gezählt wurden 393 Gemälde, 2’091 Kisten mit Sonderdrucken, 1’214 Kisten mit verschiedensten Objekten, wie Bilder und Skulpturen, 140 verschiedene Textilien.

479

Oberst Bernstein war Chef der Finanzabteilung, USFET, G-5 Division, Financial Branch, APO 757, US Armee.

480

Dieser Umzug wurde von der der Currency Section der Property Control, ECAD durchgeführt.

481

NA RG 331/165, Historical Report G-5, 12th Army Group, 30.04.1945, S. 21 ff. Da die Reichsbank in Frankfurt der Finanzabteilung der USFET unterstand, waren die Verantwortlichkeiten bezüglich den eingelagerten Kulturgüter nicht abschliessend geregelt, was eine Supervision durch MFAA Offiziere schwierig machte.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Die Funde in der Kaiseroda Mine gingen durch die ganze Welt. Aufgrund des immensen Wertes des Fundortes, der Medienwirksamkeit und den Forderungen der ehemals besetzten Länder ergingen vom War Department in Washington sehr schnell Weisungen und Vorschläge. In Washington war man sich im Klaren, dass eine falsche oder nachlässige Behandlung dieses Fundes sehr grosse politische Probleme schaffen würde.482 So erhielt General Eisenhower von General Marshall ein strenggeheimes Memorandum in welchem stand: „For your information the following memorandum has been received from the State Department and has the approval of the Treasury Department: It has come to the Department’s attention that American armed forces have captured in Germany a quantity of gold, foreign currencies and art treasures. Pending final decision as to the ultimate disposition of foregoing, which will require careful study and probable consultation with our Allies, the State Department hopes that this treasure may be moved to a place of safekeeping in the proposed American zone of occupation in Germany for the time being and carefully guarded. The Department feels that this temporary solution will be less likely to cause unfortunate political complications.“ 483

Verschiedene Autoren, wie z.B. Wermusch und Goldmann vermuten, dass aufgrund der Tatsache, dass die Finanzabteilung der amerikanischen Streitkräfte die Führung bei der Räumung übernommen hatte und die Kulturgüter, wie der Goldschatz, in der Reichsbank in Frankfurt lagerten, dass die amerikanischen Finanzspezialisten die Kulturgüter für die USA beschlagnahmen wollten. Zudem wird den amerikanischen Streitkräfte unterstellt, dass beim Abtransport der Kulturgüter Bergungslisten gefälscht worden waren, damit gewisse Kunstgegenstände in die USA verbracht werden konnten.484 Während der gesamten Recherchen für dieses Buch konnten jedoch absolut keinerlei Beweise oder auch nur Indizien für die oberwähnten Verdachtsmomente gefunden werden.485 482

Siehe NA RG 165/166/Top Secret records/Folder OPD/386.3T5/Sect I, War Department General Staff, Memorandum for General Hull, 8.04.1945: Subject Disposition of Gold and other Articles of Value captured in Germany by American Forces; “On this Subject, Mr. H.R. Matthews, State Department Director of the Division of European Affairs, gave his opinion as follows: a) We should maintain custody without fail because we will held responsible for its safe-keeping by our Allies. b) Although ease of transport may suggest it, we should not remove this material to France. C) If in any way possible, we should transport it to the area for Germany which American Forces will occupy after the war. D) Any decision as to the final division will probably be far in the future and will be influenced by the European Advisory Commission and the Reparations Committee”.

483

Siehe NA RG 165/166/Top Secret records/Folder OPD/386.3T5/Sect I.

484

Siehe insbesondere Goldmann/Wermusch, Vernichtet Verschollen Vermarktet.

485

Gerade aufgrund dieser Gerüchte und Behauptungen hat der Autor intensive Recherchen im Bereich Reichsdepot und Kulturgüterlager in Merkers durchgeführt. Die zahlreichen Dokumente und Bergungslisten, die aufgrund des Abtransportes in der Mine Merkers, beim Verlad auf die Lastwagen, bei der Ankunft in der Reichsbank in Frankfurt und bei Übernahme dieser Kulturgüter durch die MFAA Offiziere erstellt worden waren, ergeben insgesamt keine Unstimmigkeiten. Die erhobenen Behauptungen müssen deshalb als nicht der

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Während Montgomerys Heeresgruppe weiter nach Norddeutschland marschierte, setzte die 9. US Armee ihren Vormarsch über das Rheinland und Hessen nach Braunschweig und Sachsen fort und nahm am 12. April die Minen Schönebeck

Wahrheit entsprechend, klar verneint werden. Die Recherchen beziehen sich insbesondere auf nachfolgende Dokumente: NA RG 331/335, AMG 318, Report on Treasure located at Kaiseroda Mine Merkers, Germany, 18.04.1945. NA RG 239/63/ETO April 1945, Report SHAEF G-5 Division, MFAA for April 1945, Interim Report on Works of Art and Manuscripts stored in Mines of Winterhall AG, Merkers, Germany, 18.04.1945. NA RG 260/425/Finance Division Merkers, Report made to MFA and A Officer Third US Army, 11.041945, by Dr. Paul Ortwin Rave, Assistant to the Director, Prussian State Museums, of their holdings at the Winterhall-Kaiseroda Mine at Merkers, and at Schact Ransbach, bei Hattdorf (inklusive verschiedener von Hand geschriebenen Listen). NA RG 260/425/ Finance Division, Merkers Memorandum Unloading and Checking of Art Objects at Frankfurt, 14.04.1945 (inklusive verschiedener von Hand geschriebenen Listen). NA RG 260/425/Finance Division Merkers, diverse Shipping Tickets, Art Objects in Custody Com. Gen. ETO vom 15.04.1945. NA RG 260/426/Finance Division, Register Name of Escorting Officers ohne Datum. NA RG 260/426, Plan for Supervision of Movement of currency, Gold etc. vom 13.04.1945. NA RG 260/470/Finance Division, Shipment 1. NA RG 260/425/ Finance Division, Liste der National-Galerie auf Werk Kaiseroda in Merkers/Rhön. NA RG 331/1/Numeric Files, Information received from Col. Moore – Currency Section, G-5, 16.04.1945 – at Reichsbank (Frankfurt, Germany) und Information received from a Private, First Army, a former curator from the Metropolitan Museum of Art, 16.04.1945. NA RG 331/13, Gold bullion, currency and other property discovered by Third Army near Merkers, 19.04.1945 (mit Informationen über den Abtransport von Kulturgüter nach Frankfurt). NA RG 260/425/Finance Merkers, Receipt for Art Objects transferred from Custody of Capt. W.A. Dunn, Finance Division, US Group CC., to custody of Major Mason Hammond, Reparation, Deliveries & Restitution Division, US Group CC, 22.06.1945. NA RG 331/13, SHAEF, G-5 Division, Report of the Contents of Mines in Merkers Area, 20.04. 1945. NA RG 331/1/Numeric Files, Message an CG European Theatre of Operations US Army, APO 887, Request advice regarding responsibility of this Headquarters in connection with Gold Bullion and Coin, Art Treasures and other valuables removed from Salt Mines at Merkers, 19.04.1945. NA RG 331/1/Numeric Files, Memorandum Value of gold found in Kaiseroda mine at Merkers, 2.5.1945. NA RG 331/1/Numeric Files, Report of Contents of Mines in Merkers Area, 20.04.1945. NA RG 331/334/Third Army, Interim Report on Works of Art and Manuscripts stored in Mines for Winterhall AG, Merkers Germany. NA RG 331/334/Third Army, Section G-5, Semi-monthly report on Monuments, Fine Arts and Archives, for period ending 15.04.1945, 17.04.1945. NA RG 260/425/Finance Division/ Merkers, Diverse Ladelisten von Lastwagen mit Bezeichnung Nummerierung der geladenen Kulturgüter. NA RG 218/61, Combined Civil Affairs Committee (C.C.A.C. 184/3, Disposition of Bullion and other property discovered by Third Army, 4.06.1945. NA RG 218/61, Combined Civil Affairs Committee (C.C.S. 845/1, Disposition of Bullion and other property discovered by Third Army, Recommendations, 4.06.1945. NA RG 218/61, SHAEF, Office of the Chief of Staff, Disposition of Bullion and other property discovered by Third Army near Merkers, 20.04.1945. NA RG 260/425/Finance Division/Merkers, Appendix B, Report on Reconnaissance to discover further German Gold, Foreign Exchange and Loot, NA RG 331/322/AMG 290, Report covering the discovery, removal, transporting and storage of gold, silver, platinum and currency, fine art treasures and German patent records from salt mines in the Merkers and Heringen area to the Frankfurt area in Germany, April 1945 (96 Seiten). NA RG 407/1031/Administration Service/division Operations Branch, Exhibit A, Register of Shipments received at Reichsbank Building Frankfurt a/M Germany. NA RG

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

und Grasleben ein, welche der militärische Kommandant, aufgrund der Erfahrungen in Merkers, sofort unter strenge Bewachung stellen liess. In den Minen befanden sich nicht nur Kulturgüter aus zahlreichen Berliner Museen, sondern auch eine riesige Anzahl polnischer Kirchenschätze.486 Weiter südlich bewegte sich die 3. Armee nach der Einnahme von Merkers von Norden her nach Nürnberg – die Franzosen von Westen her über Nürnberg – in Richtung deutsch-österreichische Grenze. Mitte April wandten sich die amerikanische 3. Armee, die 7. Armee sowie die 1. französische Armee gegen Südosten nach Bayern und Österreich. Sie erreichten Schloss Neuschwanstein am 28. April, München am 30. April und Berchtesgaden am 4. Mai 1945.487 Anstelle der gefürchteten Alpenfestung fanden sie dort die Kunstgutdepots von Göring und Hitler vor. Auf Schloss Neuschwanstein stiess man auf eine riesige Anzahl von Gemälden und auf die kompletten Listen und Photos der Gegenstände, die der Einsatzstab Rosenberg beschlagnahmt hatte.488 Kurz vor Kriegsende entdeckte General Pattons 3. US Armee ein riesiges Kunstgutlager in der Salzmine Alt-Aussee. Unter den 6’700 Gemälden befand sich auch die Sammlung Adolf Hitlers für das Linzer Museum; dazu die von der Division Hermann Göring in Italien gestohlenen Kunstwerke.489 In dieser Salzmine befand sich auch der Altar der Kathedrale von St. Bavo in Gent der Brüder Van Eyck und das Gemälde Madonna mit Kind von Michelangelo. In Herrenchiemsee fand man grosse Teile der Kunstsammlung der Familie Rothschild. In Columberg in der Nähe von Ansbach besuchten die MFAA-Offiziere ein Depot,

218/72, Combined Chief of Staff, Disposition of Buillon and other property discovered by Third Army, Preliminary Inventory, 27.04.1945. NA RG 260/720, Reparation, Deliveries and Restitution Division, MFAA Branch, Works of Art and Archives stored in the Reichsbank in Frankfurt am Main, 22.06.1945. 486

Siehe auch NA RG 260/236, Reports British Zone, Repository Grasleben, S. 13. NA RG 260/166/Prop Div., Listen Staatliche Museen Berlin. NA RG 260/165/Property Division, Listen mit nach Grasleben verbrachten Kunstgegenständen. NA RG 260/166/Prop Div., List of MFAA Intelligence Material, div. Listen mit Kisten welche Kulturgüter aus dem Bergwerk Schönebeck beinhalteten. NA RG 331/324/AMG 229, Extract, betreffend die Bergwerke Grasleben und Schönebeck. Gemäss dieser Aufstellung waren in Grasleben die Archive von 867 deutschen Städten, Universitätsbibliotheken, Museumssammlungen, das Reichsfilmarchiv und das Archiv der Reichsrundfunkgesellschaft untergebracht.

487

Siehe Brown, S. 63ff. und Toland, S. 453 ff. und 539 ff.

488

Sich um die unermesslichen Funde auf Neuschwanstein, in Alt Aussee, Berchtesgaden und Siegen zu kümmern war nur ein Teil des endlosen Tagwerks der MFAA-Offiziere. Die meiste Zeit verbrachten sie mit Reisen. Im Verlauf dieser Inspektionsfahrten entdeckten sie nach und nach mehr als 2000 Verstecke, von Schlössern bis zu Ställen, in denen, oft einfallsreich verborgen, nicht nur wunderbare Kunstwerke ruhten, sondern auch Aufzeichnungen und Geräte der wahnwitzigsten Unternehmen und grauenvollen Experimente der Nazis.

489

Siehe dazu auch Hamlin, European Art Collections and the war, S. 224 ff. NA RG 226/35/ Wash-X2-OP-13/14/16. Bericht betreffend Funde im Bergwerk Alt Aussee.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

welches geraubte Kunstgegenstände aus Osteuropa enthielt. Wie erwähnt, wurden die Truppen nach den Funden in Merkers auf die Lagerorte von Kulturgüter sensibilisiert. So standen denn in der nachfolgenden Zeit, die meisten der von den Kulturgüterspezialisten besuchten Depots bereits unter Bewachung und konnten von MFAA-Spezialisten der 3. und der 7. US Armee genau inspiziert werden. Des Weiteren wurden auch die Depots in Heilbronn490 und Lauffen besucht. Diesbezüglich ist auch festgehalten, dass der Eingang zum Lagerraum in der Mine Lauffen demoliert und sich ein nicht geringer Diebstahl ereignet hatte. Auf Befehl des Gauleiters von Wien, Baldur von Schirach, seien zwei Lastwagen voller Kunstgegenstände aus dem Kunsthistorischen Museum Wien entwendet worden.491 Insbesondere kümmerten sich Colonel McDonnell und Leutnant Kuhn um die Hermann-Göring-Kollektion, welche sich in Berchtesgaden befand. Nachdem amerikanische Truppen die Sammlung, die teils auf einem Eisenbahnzug in einem zugemauerten Tunnel gelagert war, fanden, wurde sie aufgrund der Feuchtigkeit im Tunnel sofort geborgen und in einem Depot in Schonau-Unterstein untergebracht. In der Sammlung von Göring befanden sich etwa 600 –1’000 Gemälde, 60–80 Skulpturen und 40–60 Teppiche.492 Während die 7. Armee, welche über Baden und Württemberg kam, die Depots des Einsatzstabes Rosenberg im Voralpenland (Kartause Buxheim, Schloss Neuschwanstein, Schloss Herrenchiemsee, Kögl, Seisenegg und Nikolsburg) und die Kochendorf-Mine in Heilbronn nördlich von Stuttgart einnahm, sicherten die 1. amerikanische Armee und die 15. amerikanische Armee das Ruhrgebiet und Westfalen und die sich dort befindenden Depots. Dabei entdeckte die 1. Amerikanische Armee am 27. April 1945 ein Kunstdepot in einer Salzmine im thüringischen Bernterode.493 In dieser Mine hätte man zuletzt Kunstwerke vermutet, denn das deutsche Oberkommando hatte sie als riesiges Munitionsdepot genutzt und darin vierhunderttausend Tonnen Munition und noch mehr militärisches Versorgungsmaterial gelagert; über siebenhundert französische, italienische und russische Zwangsarbeiter hatte man in den dreiundzwanzig Kilometer langen Schächten und in den Kammern eingesetzt. In einer zuge-

490

Dieses Bergwerk stand teilweise unter Wasser. Unter den zahlreichen Kulturgütern befanden sich nur ca. 2 % Raubkunst. Alle anderen Kulturgüter waren Einlagerungen von Deutschen Museen, Universitäten und Städten. Siehe NA RG 260/236/Wurttemberg, Special Report on the Collecting Point Repository at the Heilbronn & Kochendorf Salt-Mines, 15.02.1946.

491

NA RG 331/1/Nummeric Files, Report and Theft of Paintings from the Repository at Lauffen vom 28.5.1945. Dieses Salzbergwerk enthielt unter anderem auch die Kunstwerke der Museen Wiens.

492

NA RG 218/38, Special Report on Inspection of Repositories of Art conducted by Lt. Col. McDonnell of SHAEF Mission to France and Lt Kuhn, Advisor, MFAA, May 1945. Siehe auch Howe, S. 188 ff.

493

NA RG 331/335/AMG 318, First United States Army, Chance Find of Mine Depository at Bernterode, Germany, 12.05.1945. Siehe auch Report Roberts-Commission, S. 130 f.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

mauerten Kammer entdeckten Bombenentschärfungsexperten die Särge von Feldmarschall Hindenburg und seiner Frau, von König Friedrich Wilhelm I. und von Friedrich dem Grossen, die inmitten von deutschen Schlachtbannern und rund 270 Gemälden und Bücherkisten aus dem Schloss Sanssouci lagen. Aufgrund des schlechten Zustandes des Aufbewahrungsortes wurden die Kulturgüter sofort evakuiert. Das Szepter und der Reichsapfel wurden mit weiteren Gegenständen nach Frankfurt in die Reichsbank gebracht.494 In einer Ziegelbrennerei in der Stadt Hungen befanden sich sodann in rund acht Gebäuden kostbarste jüdische Archive, Folianten, Synagogengefässe aus ganz Europa, jüdische Bücher und Pergamentthorarollen, die Rosenthal-Sammlung aus Amsterdam sowie die Sammlung der Frankfurter Rothschilds. Alle diese Gegenstände waren hier gelagert, um in einem späteren Zeitpunkt Aufnahme in Rosenbergs geplantem Institut für Rassen-Theorien am Chiemsee zu finden.495 Mit der Beendigung der Kriegshandlungen in Deutschland begann die grosse Arbeit der Kunstschutzoffiziere. Immer wieder mussten die Listen mit den Kunstgutdepots, den historischen Gebäuden und den Archiven ergänzt werden.496 Ständig fanden sich in den Berichten der alliierten Geheimdienste Hinweise auf noch unentdeckte Kunstgutlager. Sie wurden in London von britischen und amerikanischen MFAA-Offizieren gesammelt und dann den eigentlich Zuständigen auf dem Kontinent zugeleitet. Viele deutsche Kriegsgefangene fügten Informationen an, und zusammen mit den Informationsbrocken aus den Verhören der deutschen Bevölkerung, die eifrig bestrebt war, zu Diensten zu sein, sammelte sich eine Menge von Tatsachen, Hinweisen und Gerüchten über deutsche Kunstverstecke an. Nach dem Sieg über die deutsche Wehrmacht befand sich der grösste Teil von West- und Zentraldeutschland und der nordwestliche Teil von Österreich in der Hand der amerikanischen Armee. Die kanadische Armee war in Holland und die 2. britische Armee war in Hannover, Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Dieser Umstand führte dazu, dass alle grossen Kulturgüterdepots, ausser denjenigen, der Hamburger Museen, in den Gebieten der amerikanischen Armee lagen. Die Hauptarbeit in Sachen Kulturgüterschutz lag nun bei den MFAA Offizieren in der 12. und der 6. amerikanischen Heeresgruppe. Diese Offiziere mussten nun alle Depots gründlich inspizieren und entscheiden, ob die Depots nur bewacht und der Inhalt erstmals dort belassen werden konnte oder ob eine

494

NA RG 331/335/AMG 318, First United States Army, Chance Find of Mine Depository at Bernterode, Germany, 12.05.1945, S. 3.

495

NA RG 239/11, Bericht von MFAA-Offizier Hauptmann Posey vom 9. April 1945.

496

Siehe unter anderem NA RG 239/62/16. Monthly Report mit Addendum I to Third Edition of the Repositories of Works of Arts and Archives in Germany, vom 10. April 1945, oder Addendum III to Third Edition of the Repositories of Works of Arts and Archives in Germany, vom Mai 1945.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

schnelle Räumung des Depots angezeigt wäre.497 In jenen Gebieten, welche die Briten erst im Juni eingenommen hatten, war die Situation verschieden. Die hauptsächlichen Depots und Lagerorte von Kulturgütern lagen in Schlössern und Landhäusern und die grösste Gefahr lag darin, dass Kunstgegenstände von Flüchtlingen oder Vertriebenen gestohlen werden konnten. Im Gegensatz zum amerikanischen Gebiet, gab es im britischen Gebiet nur wenige durch den Einsatzstab Rosenberg geraubte Kunstgegenstände. Doch stellte es sich heraus, dass gerade die Museen in Norddeutschland und speziell im Rheinland unter den engagiertesten Käufern von Kunstgegenständen aus den vom Deutschen Reich besetzten Staaten waren, und dass solche Objekte in den Depots im britisch besetzten Gebiet gelagert wurden.498

5.

Einfluss der Zonenverschiebung auf die Bergung von Kulturgütern

Einen Einfluss auf die Bergung der Kulturgüter hatte auch die Einrichtung der verschiedenen Besatzungszonen in Deutschland nach dem Krieg. Wie bereits erwähnt, stimmten die während der militärischen Besetzung eroberten Gebiete der einzelnen alliierten Truppen nicht mit den ausgehandelten Zonen überein. In den sich überlappenden Regionen, zu denen auch die Thüringer Salzbergwerke gehörten, gab es, wie erwähnt, noch immer Hunderte von nicht geborgenen Kunstdepots.499 Über die Kontakte zum amerikanischen Kriegsministerium und dem stellvertretenden Kriegsminister McCloy erfuhren Mitglieder der Roberts-Commission von der Zonenbereinigung respektive vom Rückzug der amerikanischen Truppen in deren Zone. Da die Kommission befürchtete, dass der Inhalt der nicht geborgenen Verstecke in die Hände der russischen Truppen fallen könnte, wurde eiligst eine Delegation zu McCloy geschickt.500 Die Roberts-Commission stellte sich auf den Standpunkt, dass die amerikanischen Streitkräfte durch das Auffinden und vorübergehende Besetzen von deutschen Kulturgüterdepots eine Treuhänderfunktion für die dort gelagerten Kulturgüter übernommen habe und deshalb die Gefahr bestände, für diese Kulturgüter in einem späteren Zeitpunkt 497

Zum Beispiel war die Mine in Siegen, in welcher die Kirchenschätze und die Gemälde von Aachen und Köln lagen, sehr feucht und in der Mine in Bernterode, in welcher sich auch die preussischen Kronjuwelen befanden, gab es grosse Mengen an Schiesspulver, weshalb beide Minen sofort geräumt werden mussten.

498

Siehe NA RG 218/38, Report on Monument, Fine Arts, and Archives for Month of May and June 1945, 9. July 1945 S. 1 ff. Ebenfalls in Woolley, S. 58.

499

Siehe für eine Übersicht der im April und Mai 1945 von den Alliierten entdeckten Depots für Kulturgüter NA RG 218/38, Report of Monuments, Fine Arts and Archives for Month of April 1945, June 1945.

500

Nicholas, Raub der Europa, S. 486 ff. Siehe Finley Memorandum in NGA, General Secretary.

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

haftbar gemacht zu werden, wenn sie in ihren Lagerorten belassen würden. Die Roberts Commission forderte deshalb das Kriegsministerium auf, Massnahmen zu ergreifen, dass mindestens alle von den Nazis geraubten Kunstwerke, welche sich zurzeit unter Kontrolle der amerikanischen Streitkräfte befinden würden, von diesen in ihre Besatzungszone gebracht würden.501 McCloy schickte umgehend ein Telegramm an Eisenhower und bat ihn um Erlaubnis, zusammen mit dem Armeematerial auch Kunstwerke abzutransportieren. Das Aussenministerium unterstützte diese Politik, wünschte aber, dass Sammlungen in privatem oder öffentlichem Besitz, die mit ihrem Standort eng verbunden waren, nicht darin enthalten sein sollten.502 Präsident Truman hiess die Verlagerung persönlich gut und erliess am 18. Juni 1945 eine diesbezügliche Anordnung.503 Die Armee war angehalten, sich „soweit es die Zeit erlaubt“, an die Anweisungen Trumans zu halten.504 Die zur Verfügung stehende Zeit war sehr knapp, hatte doch General Clay mit den dem sowjetischen General Zhukov vereinbart, mit dem Abzug am 1. Juli 1945 zu beginnen und ihn neun Tage später zu beenden.505 Die diesbezüglichen Verlagerungen wurden, wie noch ausgeführt werden wird, von den anderen westlichen Alliierten auf das Schärfste verurteilt. Am 21. Juni war die Weisung von Präsident Truman Mittelpunkt einer grösseren Strategiesitzung in Frankfurt, der einzigen Zusammenkunft derart vieler Vertreter verschiedener Armeeabteilungen und des SHAEF-Kommandos. Alle stimmten darin überein, dass nun viel mehr Lagerfläche für Kulturgüter benötigt würde. Bereits am 12. Juni hatte das gemeinsame Komitee für zivile Angelegenheiten506 in Washington den alliierten Hauptquartieren in Europa und im Mittelmeergebiet telegrafiert, dass vor dem Rückzug der Truppen in die Besatzungszonen möglichst alle Kunstgegenstände in die amerikanische oder die britische Zone evakuiert werden sollten. Besondere Aufmerksamkeit sollte einer grösseren Ansammlung von geraubten Kulturgütern in Linz geschenkt werden.507 Diese 501

Siehe Finley Memorandum in NGA, General Secretary.

502

Siehe dazu PRO FO 45770, Telegramm British Embassy in Washington to Foreign Office, 19.06.1945.

503

Siehe Finley Memorandum in NGA, General Secretary.

504

NA RG 165/463, Telegramm 18531 des Kriegsministeriums, 18. Juni 1945.

505

Siehe dazu Ziemke, US Army, S. 300. Die veröffentlichten Tagebücher der Kulturgüterschutz-Offiziere berichten von plötzlich angesetzten Konferenzen, Treffen und Planänderungen in der dritten Juniwoche. Craigh Smith hielt fest, MFAA-Offizier Posey sei ganz unvermittelt nach Frankfurt gereist. Grund dieser Reise sei ein „Befehl vom Kriegsministerium gewesen, nach welchem der Transport der Kulturgüter aus den Gebieten, die den Russen übergeben werden müssten, zu beschleunigen sei“.

506

Combined Civil Affair Committee.

507

PRO FO 371/46715 (Germany, File No.20), Telegram J.S.M. Washington to AMSSO, 12.06.1945.

123

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Nachricht wurde ebenfalls dem britischen Kriegsministerium zugesandt. Wenig später wurde die vom alliierten Oberkommando in Washington erlassene Weisung dahingehend ergänzt, dass lediglich Kulturgüter, welche die Nazis aus anderen Ländern Europas geraubt hätten und solche, die aus anderen Teilen Deutschlands stammen würden, in die amerikanische oder britische Zone überführt werden sollten. Kulturgüter, welche aus der Umgebung stammten, sollten dort belassen werden.508 In der Folge wurde die Weisung, welche vom Präsidenten offiziell erlassen worden war, von der britischen Regierung stark kritisiert, wobei insbesondere Oberst Leonard Woolley für das britische War Office die Weisung kritisch hinterfragte. Für die Briten war es essentiell, dass die Evakuierung lediglich Raubgüter aus westeuropäischen Staaten umfasste und dass die aus anderen Teilen Deutschlands stammenden deutschen Kulturgüter nur diejenigen umfassen würden, welche aus der amerikanischen oder britischen Zone stammen würde.509 Dabei erklärten die Briten, dass aufgrund der ungenauen Weisung der Amerikaner Probleme mit der sowjetischen Regierung entstehen könnten. Aufgrund eines Gespräches zwischen McCloy und dem britischen Botschafter in Washington wurde deutlich, dass die Roberts-Commission derartigen Druck machte510, dass sich sowohl Kriegsminister Stimson als auch der amerikanische Präsident der Sache annahmen.511 Die Hauptgründe für die amerikanische Intervention waren darin zu sehen, dass sich die Amerikaner für die Kulturgüter verantwortlich fühlten, dass sie als Treuhänder die Kunstgegenstände für eine eventuelle Restitution bereithalten und sie keine Kritik von westeuropäischen Ländern auf sich ziehen wollten. Im Gegensatz zu den Briten standen die Amerikaner bereits zu diesem Zeitpunkt der sowjetischen Regierung in der Deutschlandfrage sehr kritisch gegenüber. Obwohl die Briten mit der amerikanischen Politik nicht einig gingen, wurde die Operation unterstützt.512 508

Siehe NA RG 218/38, Anhang 1 zu Report on Monuments, Fine Arts and Archives for Month of May and June 1945, 9. July 1945; PRO FO 371/45770 (Reparation and Restitution 1945, File 123), Telegram von Combined Chief of Staff an SHAEF vom 17.06.1945.

509

Siehe PRO FO 371/46715 (Germany, File No. 20), Telegramm AMSSO an JSM Washington vom 22.06.1945. Für die britische Version der Weisung siehe auch NA RG 218/38, Anhang 2 zu Report on Monuments, Fine Arts and Archives for Month of May and June 1945, 9. July 1945. Gemäss diesem Entwurf sollten die russischen Truppen Inhaltslisten mit aus ihrer nachmaligen Zone evakuierten Kulturgüter erhalten.

510

Siehe dazu insbesondere PRO FO 371/46715 (Germany, File No. 20), Cabinet Offices communicated Telegramm Don 836 and 837, 19.06.1945. Weitergesendet durch britische Botschaft in Washington an Foreign Office London.

511

PRO FO 371/46715 (Germany, File No. 20), Telegramm Earl of Halifax (britischer Botschafter) Washington an Foreign Office London vom 19.06.1945. In diesem Telegramm kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass die Amerikaner auf eine sofortige Gutheissung aus Zeitgründen drängten.

512

Siehe dazu PRO FO 371/46715 (Germany, File No. 20), Telegramm Foreign Office to Washington vom 24.06.1945. Darin steht, dass die britische Regierung die amerikanische Politik in Sachen Evakuation der Kulturgüter nicht obstruieren, jedoch keine Kollision mit der

7. Kapitel: Alliierte Kulturgüterschutzoffiziere in Nordwesteuropa

Aufgrund dieser Weisung wurden in der Folge durch die amerikanischen Streitkräfte und die MFAA-Offiziere der jeweiligen Armeen die Bergwerke in Thüringen und der Harz sowie auch die Lagerstätten in Österreich und im Tirol möglichst vollständig geräumt.513 Einzelne Evakuationen führten auch in das Gebiet der Tschechoslowakei, nördlich von Linz, wohin die Sammlung Mannheim vom ERR verbracht worden war. Diese wurde noch vor Mitte Juli in die amerikanische Besatzungszone verbracht.514 Aus dem Bergwerk Schönebeck, einem der Berliner Depots, hatten die Amerikaner in den ersten Tagen nach der Befreiung nur Dokumente mitgenommen, die mit dem Industrieunternehmen Siemens zu tun hatten, und die Kunstwerke dort gelassen, als sie das Territorium vorübergehend den Briten überliessen. In den letzten drei Tagen bevor Schönebeck an die Sowjets übergeben wurde, schafften die Briten all dies und massenhaft Archivmaterial zu einer temporären Sammelstelle im ehemaligen Kaiserpalast in Goslar, die tief innerhalb ihrer eigenen Zone lag. Britische MFAA-Offiziere leiteten zur gleichen Zeit auch die Evakuierung der Kulturgüter im Schloss Blankenburg, das dem Herzog von Braunschweig gehörte, und der Kulturgüter von Braunschweig ein.515 Bevor die einzelnen Teilgebiete der Briten und der Amerikaner vereinbarungsgemäss den Russen übergeben wurden, sicherten sich so die Amerikaner und die Briten die Kontrolle sowohl über die von den Nazis geraubten Kulturgüter aus ganz Europa als auch über ausgelagertes wertvolles deutsches und österreichisches Kulturgut. Die sowjetischen Sonderkommissionen für Kulturgüter, welche nach der Gebietsübergabe die verschiedenen Depots überprüften, konnten nur mehr kleine Mengen an Kulturgüter sicherstellen.516 Fortan war die Sowjetunion noch weniger nachgiebig, und fast sämtliche kulturelle Güter aus der sowjetischen Zone wurden in die Sowjetunion verbracht.517 Die Evakuationen brachten insbesondere für die amerikanische Besatzungsmacht jedoch mit sich, dass sie sich mit

sowjetischen Regierung aufgrund der Verlagerung von sowjetischen Kulturgütern in die britischen oder amerikanischen Besatzungszonen riskieren wollte. 513

Siehe dazu auch einen Bericht über den Evakuationsverlauf in Österreich in NA RG 239/64, MFAA in the US Zone of Austria, 23.07.1945. Insbesondere wird auch über den Verlauf der Wiedererlangung von 184 Bildern aus dem Depot Laufen, die von der SS in den letzten Kriegstagen gestohlen worden waren berichtet. Dazu siehe sowohl NA RG 331/336, Report on Works of Art from Repository at Laufen, 05.06.1945 aber auch Rorimer, S. 149 ff.

514

Siehe NA RG 239/64, MFAA Branch, Tour of Temporary Duty, 23.07.1945, S. 3; Howe, S. 87 ff.

515

Siehe dazu für den genaueren Vorgang, S. 121 ff.

516

Siehe dazu auch Freitag, S. 175 ff. Aber auch Brunzel, Beutezüge in Thüringen, S. 134 ff. Insbesondere betraf die Inspektionen die Minen Ransbach, Kaiseroda bei Merkers, Bernterode und Schönebeck.

517

Bereits zuvor jedoch hatten die sowjetischen Truppen das im nachmaligen britischen Sektor Berlins Kunstgutdepot Flakturm Zoo vollständig ausgeräumt. Siehe Kühnel-Kunze, S. 90.

125

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

riesigen Mengen von Kulturgüter konfrontiert sahen, welche sie sicher aufbewahren, vor weiteren Schäden behüten, inventarisieren und später unter den kritischen Augen der Welt den Herkunftsländern zurückgeben mussten.

III.

Fazit

Die Unterschiede zwischen dem Italienfeldzug und dem Kampf der Alliierten in Nordwesteuropa sind klar ersichtlich. Die Armeeführung war sich ihrer Verantwortung klar bewusst gewesen. Der auf der General Order No. 68 und dem Befehl vom 29. Dezember 1943 basierende Befehl vom 26. Mai 1944 führte ganz klar aus, was das Oberkommando von den Truppen erwartete. Nicht nur dieser Befehl, sondern auch die weiteren von Truppenkommandanten verfügten Weisungen und Befehle halfen zweifelsohne einen grösseren Schaden zu verhindern. Es ist erstaunlich, dass die Truppen sich trotz den Strapazen der erbitterten Kämpfe im Grundsatz an die Befehle gehalten haben. Natürlich wurden auch Verstösse bekannt, und die Kunstschutzoffiziere mussten viele Male Kommandanten an die Weisungen erinnern. Im Grossen und Ganzen konnten die Schäden gemessen an der Intensität des Krieges verhältnismässig klein gehalten werden. Die Kunstschutzoffiziere wurden erstmals in eine Struktur eingefügt, in der sie zielgerichtet arbeiten konnten. Zwar befanden sich die MFAA-Offiziere bei den kriegsführenden Truppen und konnten dort direkt Einfluss nehmen und wurden später auch organisch in der Civil Affairs Division eingeteilt, wo sie den Schutz, die Reparatur und Bewachung von Kulturgütern sicherstellen konnten. Da sie aber Fachoffiziere mit einem zu niedrigen Rang, ohne eigene Fahrzeuge und Logistik waren und auf den Goodwill der einzelnen Truppenkommandanten angewiesen waren, mussten sie sehr viele logistische Planungen vornehmen und unzählige Absprachen treffen, bevor sie jeweils Verlagerungen oder Sicherungen von Kulturgütern vornehmen konnten. Zudem ist zweifelsfrei anerkannt, dass die Anzahl dieser Spezialisten in keiner Art und Weise angemessen war, um die riesige Anzahl an Kulturgütern zu bewältigen. Bis zum Ende des Krieges und auch noch während der Besatzungszeit hatte man es verpasst, der MFFA Abteilung eine Struktur und Logistik zu geben, die den Aufgaben gerecht geworden wäre. Trotz dieses Nachteils erledigten die MFAA-Offiziere eine fantastische Arbeit und trugen viel dazu bei, dass Europa immer noch eine Vielzahl von Kulturgütern besitzt.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

8. Kapitel: T- Force-Einheiten I.

Einführung

Die in diesem Kapitel eingehend behandelte Militäreinheit passt vordergründig nicht zum Thema dieses Buches, welches sich mit dem Kulturgüterschutz befasst. Trotzdem werden T-Force Einheiten in den Quellen immer wieder neben der MFAA genannt. Beide hatten ähnliche Aufträge, waren eigentliche Fremdkörper in den Stäben und benutzten vielfach dieselben Informationen. Aus diesem Grund ist es auch erklärbar, dass einige Autoren davon ausgehen, dass eben diese T-Force Einheiten im Geheimen grundsätzlich die gleichen Aufgaben wie die MFAA Offiziere erhalten hätten, jedoch mit dem Ziel, genau bezeichnete Kunstwerke in die USA zu schaffen. In diesem Kapitel wird diesen Behauptungen nachgegangen, und es wird versucht, die Organisation, die Aufgaben und die Zusammenarbeit mit der MFAA genau darzustellen.

II.

Anfänge der T-Force

Bereits während der ersten alliierten Militäroperationen in Italien entschied das alliierte Oberkommando, dass militärische Spezialeinheiten notwendig seien, um nachrichtendienstlich wichtige Zielobjekte besetzen und die so erhaltenen Informationen auszuwerten. Nach der Vernichtung der 14. deutschen Armee und der Eroberung von Rom durch die Alliierten wurde innerhalb der britischen Geheimdienstkreise realisiert, dass die Verarbeitung von Geheimdienstinformationen, welche aus den verschiedensten Quellen stammten, in einer Stadt wie Rom ein komplexes Problem darstellt, welches mit der bis anhin aufgebauten Organisationsstruktur des Geheimdienstes nicht gelöst werden konnte. Daraufhin wurde vom britischen Geheimdienst ein Plan entwickelt, mittels dem die Informationsbedürfnisse der verschiedensten alliierten Verwaltungseinheiten und Departemente befriedigt werden konnten.518 Aus diesem Grund wurde entschieden, eine spezielle amerikanisch-britische Kommandostelle zu errichten, welche mehrheitlich aus Personen mit Geheimdiensterfahrung bestehen sollte. Mittels dieses Personals wurde unter dem Codenamen „S-Force“ eine Geheimdiensteinheit aufgebaut. Diese Einheit setzten die Alliierten insbesondere in Neapel, Florenz und Rom ein, wo sie wichtige alliierte Ziele wie Gebäude, Institute und Industrieanlagen etc., in welchen man technische, strategische oder

518

NA RG 331/151 Orientation Talk, T Force HQ 6 th Army Group. Ausführlich dazu auch PRO WO 204/13034, S-Force.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

wissenschaftliche Geheimnisse des Gegners vermutete, besetzte, bewachte und die Resultate in einer späteren Phase auswertete.519 Kurz nachdem die „S-Force“ im Einsatz war, zeigten sich über zwanzig verschiedene alliierte Stellen an den mittels dieser Einheit erhaltenen Informationen interessiert.520

III.

Alliierte Planung zur Beschlagnahmung der wissenschaftlichen Errungenschaften des Deutschen Reiches

1.

Combined Intelligence Priorities Committee

Anfangs April 1944 wurde innnerhalb des alliierten Hauptquartiers von einem provisorischen Ausschuss, dem „Combined Intelligence Priorities Committee“ (CIPC) ein Plan ausgearbeitet, um die führenden Forschungs- und Entwicklungsstätten Deutschlands, die auf Kriegsmaterial spezialisiert waren, in Besitz zu nehmen.521 Nach diesem Plan sollten besondere Einheiten zusammen mit der Infanterie an vorderster Front eingesetzt werden, um Ziele von „aussergewöhnlicher Bedeutung“ sofort zu beschlagnahmen. Ihnen sollten Spezialeinheiten zur „Ermittlung der feindlichen Technik“ mit Dolmetschern, die deutsche Soldaten vernehmen konnten, folgen. Bereits vor der Landung in der Normandie war der britischen und der amerikanischen Führung bewusst geworden, dass ihre Soldaten wegen ihrer schlechteren Waffen in einer schwierigen Lage waren. Daher wurde es als eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele während und unmittelbar nach dem Krieg angesehen, die Forschungs-, Konstruktions- und Entwicklungspläne der Deutschen zu beschlagnahmen und dazu eine Organisation aufzubauen.522 519

PRO FO 1031/49, History of T-Force Activities in 21 Army Group, S. 2. Siehe aber auch NA RG 319/Assistant Chief of Staff G-2 Counter Intelligence Corps Collection/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953/Vol. XVI/5. Siehe für spezifische Details über die „S-Force“ auch PRO WO 204/13034.

520

Unter anderem waren dies das US War und Navy Department, US Air Corps, Royal Navy, das britische War Department, Royal Airforce, US Department of State, British Foreign Office, Foreign Economic Administration, Allied Military Government, FBI, OSS, CIC, M.I.-5 und M.I.-6, PWD sowie die militärische Führung, welche jedoch im Gegensatz zu den anderen Stellen weniger an den strategischen und politischen Informationen interessiert war als an militärischen Informationen über den Gegner.

521

NA RG 331/143, Establishment of a Combined Intelligence Objectives Subcommittee, 12.06.1944.

522

Bower, Verschwörung Paperclips, S. 87. Siehe auch PRO FO 1031/49, History of the CIC in 21. Army Group.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

Wenige Wochen nachdem die Alliierten in Nordfrankreich Fuss gefasst hatten, stellte das Oberkommando die T-Force-Einheiten auf. Sie waren den Armeegruppen zugeordnete, unabhängig operierende kleine Einheiten. Die im Frühjahr 1945 an die 2’000 Mann starken „Target-Forces“ hatten den Auftrag, „wichtige Intelligence- und Counterintelligence-Objekte523 in Besitz zu nehmen, zu sichern und deren Nutzung zu erleichtern“. Das CIPC war dazu vom SHAEF und dem Joint Intelligence Committee in London gegründet worden.524 Bei Einreichung der ersten Planung waren allerdings erst 38 deutsche Ziele identifiziert, und es standen lediglich 150 Mann zur Verfügung. Bei der Verwirklichung hatte man ausserdem Probleme mit den verschiedenen Armeeteilen, die selbst solche Dienste aufgebaut hatten und ganz verschiedene Ziele und Vorstellungen hatten.525 Auch ausserhalb des Militärs gab es bereits ein amerikanisches Geheimunternehmen, die „Operation ALSOS“.526 Dieses Team sollte nach Beendigung der Kämpfe Deutschland durchkämmen und alles verfügbare technische Fachwissen mitbringen. Das Hauptziel des Unternehmens bestand darin, herauszufinden, ob Hitlers Wissenschaftler bereits ähnlich weit waren wie das ManhattanProjekt in New Mexiko, wo an der Entwicklung der Atombombe gearbeitet wurde.527 Das Combined Intelligence Committee528 erteilte dem CIPC die Aufgabe, sämtliche Anfragen und Bedürfnisse von britischen und amerikanischen Ministerien bezüglich militärischer und ziviler Informationen über Deutschland und Japan zu sammeln und deren Bearbeitung zu koordinieren. Ausgeschlossen waren dabei der gewöhnliche Gefechtsnachrichtendienst und der technische Nachrichtendienst des amerikanischen „Office of Strategic Services“ und des britischen

523

Objekte, die sowohl für den Nachrichtendienst wie auch den Gegennachrichtendienst von Bedeutung waren.

524

NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Sub-Committee (CIOS) for 1944, S. 1 f.

525

Siehe dazu auch NA RG 331/140/CIOS Minutes of Meetings, Meetings of CIPC, 17.06. 1944, 22.06.1944, 5.07.1944, 31.07.1944, 1.08.1944, 14.08.1944 und 16.08.1944.

526

ALSOS war der Codename für eine alliierte Mission. Dabei sollten spezielle Geheimdienstformationen Informationen über die deutsche Entwicklung im in der Nukleartechnik sammeln.

527

Siehe Samuel A. Goudsmit, ALSOS, 3. Aufl., American Institute of Physics, Woodbury 1996.

528

Alliierte Kommission zur Vereinheitlichung der Nachrichtenbedürfnisse. Sie war die oberste alliierte Behörde, welche sich mit Informationen über Forschung und Entwicklung des Gegners zu befassen hatte. Die Kommission hatte von den alliierten Regierungen den Auftrag bekommen, diesbezüglich eine einheitliche Politik festzulegen und die dazugehörenden Direktiven zu erarbeiten.

129

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

„Secret and Security Services“.529 Dem Alliierten Kommandostab in Washington wurde die Gründung einer solchen Kommission vom „Combined Intelligence Committee“ sehr empfohlen, da man sich bewusst war, dass nur eine Vereinheitlichung der verschiedenen nachrichtendienstlichen Bedürfnisse und die Konzentrierung von speziellen Truppen zum Zwecke der Aufklärung zu einer allgemein anerkannten alliierten Politik hinsichtlich der Auffindung feindlicher Technologien führen konnte.530 Die provisorische Kommission arbeitete von April bis August 1944 an Listen mit nachrichtendienstlichen Zielen.531 Am 21. August 1944 konnte das „Combined Intelligence Committee“ die Gründung des „Combined Intelligence Objectives Sub-Committee“ unter Brigadegeneral T.J. Betts veranlassen, welche das CIPC ersetzte und deren gesamte Planung übernahm.532

2.

Combined Intelligence Objectives Subcommittee (CIOS)

Bei der ersten Sitzung des CIOS wurden die Amerikaner von den Briten geradezu überfahren. Der britische Professor R.P. Linstead, nachmaliger stellvertretender Vorsitzende der Kommission, welcher dem britischen Beschaffungsministerium vorstand, legte General Betts eine Liste mit Zielobjekten in Deutschland und den Plan zu ihrer Einnahme vor. Die Briten waren der Ansicht, dass die in der Liste erwähnten Ziele bezüglich Material, Personen und Informationen von unmittelbarer militärischer Bedeutung waren, entweder dass sie von grossem Wert für die Einsatzdoktrin der Alliierten oder eine gefährliche potentielle Bedrohung in der Zukunft darstellten und somit dringende Massnahmen seitens der Alliierten zu ihrer Beschlagnahmung vor oder auch direkt nach einem Waffenstillstand rechtfertigen würde.533 Die Kommission534 traf sich sodann zwi-

529

NA RG 331/143, Establishment of a Combined Intelligence Objectives Subcommittee, 12.06.1944.

530

NA RG 331/143, Establishment of a Combined Intelligence Objectives Subcommittee, 12.06.1944. Vorgängig war vom „Combined Intelligence Committee“ in Algerien bereits ein „Intelligence Objectives Subcommittee“ mit ähnlicher Funktion innerhalb des alliierten Hauptquartiers gegründet worden.

531

NA RG 331/143, Establishment of a Combined Intelligence Objectives Sub-Committee, 12.06.1944, Enclosure.

532

NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Sub-Committee (CIOS) for 1944, Seite 1. Siehe insbesondere NA RG 226/M 1642/Roll 9/CIC Series 62.

533

Bezüglich der Funktion des CIOS siehe NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Objectives Sub-Committee for 1944. NA RG 331/140/CIOS mit diversen Berichten und Protokollen über die Meetings.

534

Die Kommission bestand aus Mitgliedern nachfolgender Regierungsstellen: United Kingdom: The Foreign Office, the Director of Naval Intelligence, the Assistant Chief of Air Staff Intelligence, the Ministery of Economic warfare, the Ministery of Supply, the Ministery of

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

schen dem 6. September und dem 31. Dezember 1944 zehn Mal.535 In diesen Sitzungen ging es insbesondere um die Koordination und Bereitstellung von Zielobjekten und der Planung des Einsatzes zu deren Aufklärung und Besetzung. Das CIOS erhielt nach ihrer Gründung sämtliche Begehren der britischen und amerikanischen Verwaltungsstellen bezüglich Informationen über feindliche militärische wie auch zivile Organisationen, Verwaltungsstellen, Forschungsstätten, Kommunikationszentren und andere technische oder politische Institutionen. Daneben erhielt das CIOS auch Informationen über wissenschaftliche Entwicklungen, insbesondere im Rüstungssektor, welche für die Alliierten von Wichtigkeit waren. Die Anfragen wurden von der Kommission begutachtet, in Objektgruppen eingeteilt und nach Prioritäten geordnet. Die Zielobjekte wurden sodann in sogenannten Black-Lists536 erfasst. Sodann bestand die Aufgabe des CIOS darin, über ein Zielobjekt ein Dossier zu erstellen, Vorbereitungen für die Untersuchung des Objektes zu treffen und die Planung bezüglich der Experten zu erstellen, welche die technische Untersuchung des Zielobjektes vor Ort durchführen sollten.537 Zu diesem Zweck wurde ein Sekretariat mit acht Offizieren eingerichtet. Da SHAEF bald die Erfahrung machte, dass mit diesen Spezialeinheiten die Beute zwar gesichert, aber nicht adäquat aufbereitet werden konnte, etablierte und vergrösserte das Alliierte Oberkommando kurz darauf das „Combined Intelligence Sub-Committee“ (CIOS). Gegen Ende 1944 bestand es aus ca. 200 erstrangigen Experten, welche die Zielobjekte (Targets) und die Prioritäten des „Intelligence-Programs“ festlegten und sich um eine optimale Aufbereitung und zügige Weitergabe der Ergebnisse kümmerten538. Obwohl dem Stab des SHAEF angehörend und mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, wurde auch das CIOS (während der besonders wilden Phase der „Beutemacherei“ im Frühjahr 1945 von Beobachtern auch schon einmal als CHAOS tituliert) nicht zum alleinigen Kontrollzentrum der Ausforschungen im Besatzungsgebiet.539 Aircraft Production; United States: the Department of State, the Assistant Chief of Air Staff Intelligence, the Director Special Areas Branch Foreign Economic Administration, the Director Office of Strategic Services, the Office of Scientific Research and Development. 535

Siehe dazu NA RG 331/140, Minutes of Meetings CIOS.

536

Siehe dazu S. 133.

537

NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Sub-Committee (CIOS) for 1944. Aber auch stellvertretend für andere CIOS-Meetings, NA RG 331/140, 1st Meeting of CIOS vom 6.09.1944 in London. PRO FO 1050/1437 Joint Intelligence Co-ordinating Section, Report of a meeting in the CIOS Grey List, 15.01.1945.

538

In den CIOS-Stab hatten neben sieben britischen Ministerien und Behörden von amerikanischer Seite das War, State und Navy Department, die Army, die Air Force, die Foreign Economic Administration, das Office of Strategic Services und das Office of Scientific Research and Development ihre Leute entsandt.

539

Siehe dazu auch in Teil I die Kapitel 9 und 10 über die CIC, OSS und die Operation Goldcup.

131

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

3.

Target-Lists der CIOS

Das CIOS übernahm von der CIPC die erstellte Zielobjektsliste.540 Dabei wurden sieben Arbeitsgruppen eingesetzt, die die Zielobjekte, welche von den verschiedenen Verwaltungsstellen beantragt wurden, auswählten. Jede Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit einer eigenen Objektsgruppe. So gab es eine Arbeitsgruppe für Waffen und Geschosse, eine für Chemikalien und industrielle Güter, eine für Kommunikation etc.541 Im Sommer 1944 erweiterte die CIOS aufgrund der Vielzahl von Begehren die Anzahl der Objektsklassen. Für die nunmehr dreissig verschiedenen Objektskategorien wurden zwölf Arbeitsgruppen gebildet. Diese Gruppen waren für die Verifizierung und für die Klassifizierung der einzelnen „Targets“ zuständig. Die gesamte Liste wurde «The Black List» genannt. Das grundsätzliche Kriterium für die Aufnahme eines Zielobjektes in die «Black List» bildete der engere Zusammenhang des „Targets“ mit dem Krieg der Alliierten gegen Deutschland und Japan, oder dass das „Target“ eine sonstige enge Beziehung zu diesen Staaten aufwies.542 Die meisten Kategorien der „Black List“ umfassten dabei deutsche Industrie- und Forschungseinrichtungen, von welchen man sich technische Fortschritte für die alliierte Militärausrüstung erhoffte. Eine Kategorie (Nr. 28) bezog sich sodann auf Unterlagen aus den feindlichen Hauptquartieren und umfasste auch verschiedene wichtige gegnerische Persönlichkeiten.543 Höchstens 5 Prozent aller „Targets“ wurde jedoch höchste Priorität eingeräumt. Als Kriterium galt dabei, dass jedes dieser „High Priority-Target“ das Leben eines Soldaten „wert“ sein sollte. Die individuellen Kategorien der „Black List“ wurden seit August 1944 ständig revidiert, und neue Zielobjekte wurden integriert. Immer wieder beantragten die Verwaltungen neue Zielobjekte oder zogen solche aufgrund von neueren Informationen zurück, vielfach deshalb, weil sich die Zielobjekte als wertlos herausstellten. Diese neuen Informationen wurden vor allem den CIOS-Ermittlern in Frankreich und in den westlichen Gebieten Deutschlands, die den Alliierten zuerst in die Hände fielen, gemeldet. Diesen immerwährenden Veränderungen begegnete die CIOS mittels Revisionen der „Black-Lists“544 und der Erstellung

540

PRO FO 1050/1417, Black List der CIPC, 4.08.1944.

541

Betreffend der Funktion des CIOS siehe NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Objectives Sub-Committee for 1944, S. 2.

542

Betreffend der Funktion des CIOS siehe NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Objectives Sub-Committee for 1944, S. 2 f.

543

PRO FO 1050, CIOS Black Lists.

544

NA RG 331/139, 2nd Edition des Buches Black List of Targets by Geographical Zones Vol. I, Germany inkl. Addendum I vom 10. März 1945.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

von spezifischen „Black-Lists“.545 Daneben existierten auch „Black-Lists“ über Zielobjekte in Ländern, welche durch das Deutsche Reich besetzt worden waren oder sich mit ihm verbündet hatten.546 Da es sich herausstellte, dass die Listen mit den Zielobjekten gerade für die deutschen, aber auch österreichischen Städte ganz Bücher füllten, ging man dazu über, eigene Listen von grossen Städten zu erstellen.547 Während der Eroberung von Deutschland erstellte man für die verschiedenen militärischen Operationen sogar eigene „Target-Lists“.548 Mit „Intelligence Targets“ waren grundsätzlich Zielobjekte wie Gebäude, Anlagen oder Werke gemeint, die Material, Dokumente oder sonstige Informationen von nachrichtendienstlichem Interesse enthielten. Zielobjekte konnten zudem auch Personen, die entweder Mitglieder der NSDAP oder sonstige Informationsträger waren, NSDAP-Organisationen, deutsche Verwaltungsabteilungen und andere NSDAP-Institutionen sein.549 Die Listen waren zumeist in ver-

545

NA RG 331/13, 7 Black List of Targets to captured material, 18. August 1944. NA RG 331/ 146 Target-List of Japanese Targets in Germany.

546

NA RG 331/145 2nd Edition des Buches Black List of Targets by Geographical Zones, Vol. II, Belgien, Denmark, France, Holland, Norway vom 10. März 1945.

547

NA RG 331/15 First Priority Targets von Berlin, Revision Nr. 3 vom 31. März 1945, NA RG 331/15 Interpretations-report No. K. 213 über die Berliner Special Targets vom 8. März 1945. NA RG 331/140, Berlin First Priority Targets. NA RG 331/137, Berlin Second Priority Targets vom 31. März 1945, 3. Revision. NA RG 331/137, Berlin Third Priority Target-List, Revision No. 3 vom 31. März 1945. Volume I Targets Nr. 1-536 und Volume II Targets Nr. 537-1383. NA RG 331/146, Target-List und Bericht über Targets im Raum Frankenthal bis Ludwigshafen. NA RG 331/147 Target-List of Kiel, 3 Listen 1.–3. Priorität. NA RG 331/147, Target-List von München, 3 Listen 1.–3. Priorität. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Oberdonau, 1. Priorität, vom 5. April 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Oberdonau, 2. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Oberdonau, 3. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Salzburg, 1. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Salzburg, 2. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Salzburg, 3. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Vorarlberg, 1. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137, Target-List vom Raum Austria-Vorarlberg, 2. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/137 Target-List vom Raum Austria-Vorarlberg, 3. Priorität, vom 5. Mai 1945. NA RG 331/154, Target-List über wichtige Gebäude und Ämter in deutschen Ortschaften. 2 Bände, A–K und L–Z.

548

NA RG 331/152/T-Zone Operation Targets, Target-List der Operation BONN der Sub T-Force «A» der 12. US Armeegruppe. NA RG 331/152/T-Zone Operation Targets, TargetList der Operation FRANKFURT der T-Force Lucky, 12. US Armeegruppe vom 25. März bis 20. April 1945. NA RG 331/153 Target-Lists der T-Force Operation KOBLENZ vom 22. März 1945. Die Targets betrafen keine Kulturgüter, Target-Lists der T-Force Operation RUHR der 12. US Armeegruppe. Die Operation fand vom 25. März bis 1. Mai 1945 statt. NA RG 331/153, Target-Lists der T-Force Lucky für die Operation WIESBADEN.

549

Neben den primären Targets, die vor allem wissenschaftliche Forschungszentren und Herstellungsorte von Rüstungsgütern oder Rohstofferzeugern, aber auch die allgemeine Industrie und Forschung betrafen, waren aber auch andere Zielobjekte erfasst. Dies waren unter anderem Wirtschaftskammern, Gerichte, Wehrmachtseinheiten, Telefongesellschaf-

133

134

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

schiedene Untergruppen eingeteilt. So wurden in der Zielobjektgruppe Nr. 30 Objekte mit dem Oberbegriff «Wirtschaftsgesellschaften» erfasst, und Nr. 31 enthielt als Zielobjekte Ministerien, Regierungsämter und Parteiorganisationen. Die in der „Black-Lists“ aufgeführten „Targets“ wurden sodann von den CIOSTeams im befreiten Europa aufgesucht. Die Teams nahmen die notwendigen Untersuchungen vor, leiteten nötige Massnahmen ein und erstellten die notwendigen Berichte zuhanden des Sekretariates.

4.

Organisation und Aufgaben der T-Force-Einheiten

Die alliierten Kommandanten beschlossen aufgrund der grossen Verluste in Frankreich (die 2. Panzerdivision büsste vom 20. Juli bis 12. August 1944 70 Prozent ihrer Panzer und die Hälfte ihrer Kampftruppen ein) und der Erkenntnis, dass die deutschen Waffen den Waffen der Alliierten überlegen waren, die CIOS unter militärische Führung zu stellen. Damit sollten die Informationen direkt dem Militär und den Rüstungsämtern zugute kommen. Im SHAEF gab es in der Abteilung G-2 bereits eine Dokumentensektion, welche beschlagnahmte Dokumente überprüfte, die für die Marine, die Fliegertruppen und das militärische Übermittlungswesen von Interesse sein konnten.550 Nicht nur die CIOS wurde ins Alliierte Hauptquartier integriert. Die T-Force-Einheit selbst und damit die eigentlichen Ermittler auf dem europäischen Kontinent wurden ebenfalls dem SHAEF unterstellt.551 Damit war sie in rechtlicher Hinsicht an die HLKO gebunden und den im Handbuch „Rules of Land Warfare“, respektive dem „Manual of Military Law“ gesetzten Normen unterstellt.

ten, Fabriken, NS-Vereine, SA- und SS-Standarten, Krankenhäuser, Flakstellungen, das Führerhauptquartier, Gestapo-Kommandostellen, SS-Kommandostellen, Radarstationen, Stadtkommandanturen, das Archiv des OKW, NSDAP-Gauleitungen, SS-Ausbildungsregimenter, verschiedene Ämter, NSDAP-Ortsgruppen, Wehrmachtsinstallationen, Kommandoposten von Wehrmachtseinheiten und Militärkommandanten, Gefangenenlager, die Dornier-Werke, das SS-Führerhauptamt, das Kloster Bregenz, der Heinkel Flugzeugbau in Jenbach, Nachrichtenkommandanturen, das Schloss des Grafen Waldberg-Zeil in Hohenems, das Château Iter in Kitzbühl (hier wurden gemäss eines Berichtes der OSS General Weygand und Leon Blum gefangengehalten), NSDAP-Mitgliederunterlagen und andere Akten aus dem braunen Haus in München in Warth, Stuben und Zürs, Rundfunkanlagen, die Messerschmidt AG in Ims, Eisenbahnämter, verschiedene Armeeschulen, die DaimlerBenz-Fabriken in Vandanz und Wehrmachtseinheiten. 550

Diese Sektion wurde später zur „Operational Intelligence Sub-Divison“ umgewandelt.

551

NA 131/143, Intelligence Directive No. 17 T Force, 27.07.1944 und Machinery and Outline Procedure for Investigation of Intelligence Objectives within the area and during the term of responsibility of the Supreme Commander AEF, 17.08.1944. Siehe dazu auch PRO FO 1032/470, Organisation & Functions of CIOS Teams, Report of the meeting on the CIOS Grey List vom 15.01.1945, auch in PRO FO 1050/1437.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

Im Juni 1944 wurde innerhalb der G-2-Abteilung, SHAEF, die «T» Sub Division gegründet, die für die Untersuchung und Auswertung von nachrichtendienstlich wichtigen Zielobjekten zuständig war.552 Die Direktive Nr. 17 vom 27. Juli 1944 bestimmte, dass die T-Forces (Intelligence Assault Forces) in den einzelnen Armee-Gruppen eingegliedert und dort für ihren Auftrag (Sicherstellung von Nachrichtenmaterial) organisiert würden. Das SHAEF gab dem CIOS und der T-Force Sub Division innerhalb der G-2 Abteilung grosse eigene Befugnis. So konnte eine T-Force-Einheit die Kampftruppen anweisen, ein besonders wichtiges Zielobjekt zu bewachen, bis die Untersuchung beendet war und die ausgesuchten Dokumente und Materialien beschlagnahmt und abtransportiert werden konnten.553 Die T-Force Sub-Division in SHAEF bestand selbst nur aus einem kleinen Stab, der für die gesamte Koordination der T-Force-Einheit und die Planung von T-Force-Operationen zuständig war.554 Am 21. Dezember 1944 wurde der Name dieser Stabsabteilung in „Intelligence Target Sub-Division“ umbenannt.555 Der Auftrag der T-Force wurde folgendermassen umschrieben: „The mission of T Forces is to seize and hold intelligence objectives until these can be exploited by qualified specialists. These specialists may be officers representing various military or civilian experts supplied by the Combined Intelligence Objectives SubCommittee (CIOS) on behalf of the Combined Chiefs of Staff.“556

Die eigentlichen T-Force-Teams wurden den G-2-Abteilungen der einzelnen alliierten Armeegruppen unterstellt.557 Die Armeeführung plante lediglich für die Einnahme von Berlin, eine eigene, direkt dem für die Besetzung von Berlin zuständigen Kommandanten unterstellte T-Force-Einheit aufzustellen.558 Den Kommandanten der Armeegruppe wurde jegliche Benutzung von T-Force-Einheiten für gewöhnliche Kampfaufträge untersagt. Jede T-Force-Sektion innerhalb der Armeegruppe wurde durch

552

Im Dezember 1944 wurde diese Division in „Intelligence Target «T» Sub Division“ umgenannt.

553

Siehe für den gesamten Komplex NA RG 331/137 Report „Activities of Intelligence Target T-Sub-Division“, 31.12.1944. In diesem Bericht wird auch die Mitarbeit der Planungssektion der T-Sub-Division während der Unternehmen OVERLORD und ECLIPSE beschrieben. Bei der Operation OVERLORD handelt es sich um die Alliierte Invasion in der Normandie.

554

NA RG 331/143, Staff Study Describing Combined T Force Organization, 1.09.1944. Siehe auch Anhang 1/3.

555

NA RG 331/137, Activities of Intelligence Target Sub-Division, 31.12.1944, S. 2.

556

NA RG 331/13,7 Activities of Intelligence Target Sub-Division, 31.12.1944, S. 2. Auch NA RG 226/210 T-Forces in ETO, 4.11.1944.

557

Siehe dazu Anhang 1/4.

558

NA RG 331/137, Activities of Intelligence Target Sub-Division, 31.12.1944.

135

136

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

einen Kommandanten im Rang eines Obersten geführt. Zur Sektion gehörte eine Planungs-, eine Operations-, welche über Geniesoldaten und Militärpolizei verfügte, und eine Dokumentengruppe. Die Dokumentengruppe war wiederum unterteilt in eine Informations- und Archivierungssektion und eine Dokumentenuntersektion, welche für den Transport der beschlagnahmten Dokumente verantwortlich war. Dieser Gruppe waren auch die verschiedenen „Target Teams“ unterstellt.559 Die einzelnen „Target Teams“ wurden sodann je nach Stadt und Art der Zielobjekte zusammengestellt und ausgerüstet.560 Die wenigen vor Ort verfügbaren Spezialisten, zumeist Wissenschaftler oder Ingenieure, wurden gezielt mit den T-Force-Teams eingesetzt oder zu einer Besetzung eines Targets hinzugezogen.561 Gemäss Plan sollten die T-Force-Ermittler unmittelbar nach der Besetzung einer Ortschaft die dortigen Zielobjekte aufsuchen und überprüfen562. Die Bewachung wurde einer lokalen Kampfeinheit übertragen. Den mobilen Teams wurden ebenfalls Minenspezialisten unterstellt. Die T-ForceAngehörigen durchsuchten in der Regel die Zielobjekte und beschlagnahmten wichtige Dokumente, wissenschaftliche Apparate und Maschinen und verhafteten die in den Örtlichkeiten anwesenden Angestellten. Die Verhafteten wurden in der T-Force-Kommandostelle befragt, wobei die Spezialisten auf eigene Dolmetscher zurückgreifen konnten.563 Über die sodann erhaltenen Informationen wurden Berichte erstellt, welche direkt dem CIOS zugestellt wurden.564 Normalerweise wurde die Evakuierung von Material durch die in der T Sub Division eingegliederten „Technical Intelligence Service Teams“ (GSI) koordiniert. Diese setzten sich üblicherweise mit dem nächsten Armeekommando oder der „Avanced Section Communications Zone Depots“ in Kontakt und gaben die genauen Koordinaten, die Tonnage und die Beschreibung des zu evakuierenden Materials an. Die Depots nahmen daraufhin mit dem „Enemy Equipment Intelligence Service Team“ Kontakt auf. Dieses Team holte anschliessend das Material ab und führte es zum nächsten Bahnhof, welcher ein sogenanntes „Toot Sweet565 Terminal“ enthielt. Von dort wurde das Material mittels „Toot Sweet559

NA RG 331/15, T Force HQ 6 th Army Group, Table of Organization.

560

Siehe dazu auch NA RG 331/145, History of T Section, G-2, 6th Army Group, 21.06.1945.

561

Siehe NA RG 331/145, History of «T» Section, G-2, 6th Army, 21. Juni 1945. In diesem Bericht ist die genaue Organisationsstruktur der «T» Section aufgeführt und die verschiedenen Missionen werden beschrieben. Vgl. auch Schreiben NA RG 331/151/US Group CC „Orientation Talk“, HQ 6th Army Group.

562

Betreffend Transport der Spezialisten siehe auch NA 331/143, CIOS Investigation Teams, Transport of Targets.

563

PRO FO 1031/49, History of T Force in 21 Army Group. NA RG 226/ 210, T Forces in ETO.

564

Siehe dazu NA RG 84/26, diverse Assessment Reports des CIOS Advanced Field Teams T-Force 6th Army Groups.

565

Bezeichnung für die militärischen Eisenbahnzüge der Alliierten, welche den Nachschub sicherstellten.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

Express“ entweder in die Pariser Umgebung gebracht, wo es in geeigneten Depots eingelagert wurde, oder die beschlagnahmten Dokumente wurden in einem späteren Zeitpunkt in einem Dokumentendepot in Heidelberg eingelagert.566 Besonders zugute kam den westlichen Alliierten eine im März 1945 von den Besatzungstruppen aufgefundene Liste, in der Professor Werner Osenberg, Leiter Planungsamt im Reichsforschungsrat, alle bedeutsamen Projekte des deutschen Reiches und die daran beteiligten Wissenschaftler und Techniker verzeichnet hatte.567

IV.

Arbeit der T-Force-Spezialisten

1.

Beginn der Arbeit nach der Landung in der Normandie

Trotz der Vorarbeiten traf die alliierte Invasion in der Normandie die T-ForceEinheiten ziemlich unvorbereitet. Zwar konnte das erste Team bereits in Rennes eingesetzt werden, doch wurde erst in Paris eine erste eigentliche T-Force-Operation durchgeführt.568 Für die Operation in Paris waren hastig Zielobjekte definiert worden569. Vielfach hatten die Auftraggeber jedoch ohne jegliche Informationen, lediglich aus Reiseführern heraus, ihre Zielobjekte bestimmt. Die T-Force-Einheit hatte für die Besetzung der Gebäude, deren Durchsuchung, Sichtung und Beschlagnahmung lediglich zwei Wochen Zeit. Danach übernahmen die rückwärtigen Dienste von SHAEF, die nach Paris vorrückten, die Gebäude zum Zwecke der Unterkunft von Truppen und für das Einrichten der Kommandostellen der Alliierten Streitkräfte.570 Die nachfolgende Planung bezüglich T-Force-Operationen basierte insbesondere auf den Erfahrungen der Briten in Rouen und Brüssel und die amerikanischen Erfahrungen in Paris und später in Luxemburg. Dabei war die Konzeption jeweils diejenige, dass die T-Force-Einheit einer Armeegruppe jeweils eine bestimmte Stadt oder ein bestimmtes Industriegebiet besetzte und durchsuchte. Diese Planung ging davon aus, dass nur grosse Zielobjekte ausgewählt worden waren. Insbesondere in der 21. Armeegruppe zeigte es sich nun, dass dies jedoch nicht der Fall war, sondern dass die Zielobjekte weit verteilt in der gesamten besetzten Zone lagen. Die T-Force-Einheiten gingen nun dazu über, in mobilen kleinen Teams die Gebiete

566

Siehe NA RG 331/140/CIOS, Procedures for Evacuation of Enemy Equipment, 16.03.1945.

567

McGovern, S. 111.

568

NA RG 226/210, T-Forces in ETO, 4.11.1944, S. 4 ff.

569

NA RG 331/153, Target-Lists der T-Force Operation PARIS, 25.08. bis 7.09.1944.

570

NA RG 226/210, T-Forces in ETO, 4.11.1944, S. 4 ff.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

zu kontrollieren, und liessen die Objekte jeweils von dort stationierten Truppen bewachen.571 Ursprünglich plante die CIOS, dass die „T-Forces“ die Zielobjekte lediglich beschlagnahmen oder besetzen würden und deren Zustand nach London an die CIOS rapportieren sollten. Je nachdem sollte danach ein Spezialistenteam aus England eingeflogen werden, welches das Zielobjekt genau begutachten sollte. Diese Planung musste man jedoch aufgeben, da die „T-Forces“ nicht wie vorgesehen längere Zeit an einem Ort verweilten, sondern sich von einem zum anderen Objekt bewegten. Dies hatte jedoch zur Folge, dass Zielobjekte, welche sich nicht auf der offiziellen Liste befanden, übersehen wurden. Da die T-Force-Einheiten selbst nur über eine kleine beschränkte Anzahl Spezialisten verfügten, konnten sie sich nur auf die ihnen zugeteilten Target-Lists verlassen.572 Um diesen Missstand zu beheben, wurden sogenannte „Consolidated Advanced Field Teams“ (CAFT) eingesetzt. Diese CAFT-Teams bewegten sich in den Kampfzonen und konnten mit Hilfe der Kampfverbände Nachrichtenmaterial beschlagnahmen und unverzüglich zum Sekretariat der CIOS schaffen.573 Diese Formation bestand aus Experten, deren Auftrag war, so schnell als möglich nach der Einnahme eines Gebietes durch die Kampfverbände eine erste Evaluation der Zielobjekte zu treffen. Zu diesem Zweck wurden die zahlreichen verschiedenen Kategorien in den CIOS Target-Lists in sieben Gruppen eingeteilt. Dadurch konnten die Experten gezielter eingesetzt werden, und sie konnten bei den Zielobjekten innert kürzester Zeit deren wirklichen Wert erkennen, Massnahmen treffen und eventuell die Bewachung veranlassen. Die CAFTFormation war so aufgebaut, dass sie in kleine Teams unterteilt werden konnte, die mit den T-Force-Einheiten der einzelnen Armeegruppen zusammenarbeiteten.574 Mit der Überschreitung des Rheins nahm die Arbeitlast der T-ForceEinheiten aufgrund der unzähligen Zielobjekte in Deutschland sehr stark zu.575

571

PRO 1031/49, History of the T-Force Activites in 21 Army Group, S. 4 ff.

572

PRO 1031/49, History of the T-Force Activites in 21 Army Group, S. 6 ff.

573

Siehe Instructions to COS Deputy Field Team Leaders and Consolidated Advance Field Teams, 22.03.1945.

574

PRO FO 1031/49, History of the T-Force Activites in 21 Army Group, S. 7. Siehe auch PRO FO 1031/51, Progress Report for 1945, 04.06.1945. Insgesamt waren ca. 240 Spezialisten in Europa eigesetzt worden, die in Teams von 7–12 Personen arbeiteten. In jeder Armeegruppe befanden sich 7 CAFT Teams.

575

NA RG 331/152, Target List über wichtige nachrichtendienstliche Bedürfnisse der Alliierten in Deutschland. Die Liste stammt aus dem Hauptquartier der 12. US Army Group, T Branch vom 15.03.1945. Der Umfang beträgt ca. 700 Seiten.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

2.

Operationen der T-Force während der Besetzung von Deutschland

a)

Allgemeines

In den ersten Monaten der Besetzung, als die Alliierten nur einen bescheidenen Streifen des westlichen Grenzgebietes okkupiert hatten, machten die „T-Force Teams“ noch nicht allzu viele aufsehenerregende Entdeckungen. Erst nach Ende der Westfront und dem Rheinübergang der Alliierten konnte die wirklich planmässige Suche nach den vorgegebenen „Targets“ beginnen. Die Ausforschung des deutschen Know-hows und die Abschöpfung wissenschaftlich-technischer Errungenschaften verlangte neben dem Aufspüren und der Beschlagnahmung von Plänen, Laborproben, Werkstücken, Maschinen, Aggregaten oder ganzen Industrieanlagen auch das Wissen der deutschen Wissenschaftlern. So begann von April 1945 an eine regelrechte Treibjagd auf die evakuierten oder geflüchteten deutschen Experten. Als einen der „ertragsreichsten“ Jagdgründe erwiesen sich neben der Alpen- und Voralpenregion die vorübergehend unter amerikanischer Besetzung befindlichen mitteldeutschen Gebiete. Hier waren nicht nur eine Reihe von renommierten Universitäten, Forschungsinstituten und Laboratorien sowie zahlreiche Industrieunternehmen und Produktionsstätten mit hochgeheimen Rüstungsaufträgen ansässig, sondern hierher waren ab 1942/43 auch zahllose kriegswichtige Fertigungsanlagen verlagert worden. Mit der Zunahme der Zielobjekte wurden auch die Berichte kürzer, und sie konzentrierten sich nur noch auf eine kurze Beschreibung des Objektes, deren Zustand und die angeordneten Massnahmen.576 Während dieser Zeit wurden verschiedene T-Force-Operationen durchgeführt. Dabei waren für diese Operationen umfangreiche Planungsarbeiten vorgenommen worden. So waren Tausende von Target-Dossiers vorbereitet, Geheimdienstinformationen ausgewertet und die Organisation der T-Force-Teams bestimmt worden.577 Jede Heeresgruppe führte eigene grossangelegte T-Force-Operationen durch, mit welchen man versuchte, in einer Stadt in kürzester Zeit die Zielobjekte zu erreichen.578 Die Operationen wurden dabei mit möglichst viel Per-

576

Siehe NA RG 331/140 und NA RG 226/M1642/Roll 9/Frame 1056 ff., diverse Consolidated Advance Field Teams, Assessment Reports. Ebenfalls in NA RG 84/26/CIOS/US Political Advisor und NA RG 84/37/Archives Aug.–Oct. Siehe aber auch NA RG 226/M1642/Roll 81/Frame 1033ff, Progress Report # 1 (25.03. 1945– 07.04.1945).

577

Siehe dazu NA RG 331/15, Historical Resume „Strasbourg to Munich with T-Force“, 3.06.1945. Eine solche Operation wurde auch „Coordinated Intelligence Exploitation“ oder „Intelligence Assault“ genannt.

578

Für die 6th Army Group waren dies die Operationen FRANKENTHAL; LUDWIGSHAFEN MANNHEIM, HEIDELBERG, KARLSRUHE, DARMSTADT, STUTTGART, MUNICH, NURNBERG, AUGSBURG, FRIEDRICHSHAFEN, FREIBURG und

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

sonal und Kampfverbänden in Zusammenarbeit mit dem OSS und dem CIC durchgeführt.579 Teilweise wurden eigene neue Teams gebildet und unter die Leitung eines spezifischen Ministeriums gestellt, damit ein optimales Ergebnis erzielt werden konnte. So wurde beispielsweise das sogenannte „Houghteam“ zusammengestellt, welches eine spezielle Nachrichteneinheit innerhalb des T-Force Lucky Detachements war. Dieses Spezialteam setzte sich aus Mitarbeitern aus dem Büro des Chefingenieurs des Kriegsdepartements in Washington D.C. zusammen.580 Ganz allgemein war den „T-Forces“ des SHAEF, G-2, bereits in einer ersten Direktive von Ende Juli 1944 das Recht eingeräumt worden, nicht nur Gegenstände sicherzustellen, sondern auch Personen festzunehmen. Genauere Leitlinien bildeten sich im Alliierten Oberkommando unter dem Druck der Umstände aber erst Anfang Mai 1945 heraus. Bereits gegen Ende des Jahres 1944 wurde zusammen mit SHAEF eine Vereinbarung bezüglich der beschlagnahmten Dokumente getroffen. Die erbeuteten Unterlagen wurden im Sekretariat des CIOS gesammelt und standen zuerst den Untersuchungsbeamten der T-Force zur Verfügung, damit diese ihre Berichte erstellen konnten, und erst danach wurden die Unterlagen auch den interessierten Abteilungen von SHAEF zugänglich gemacht. Die beschlagnahmten Dokumente blieben jedoch beim Sekretariat des CIOS in Verwahrung.581 Zahlreiche Berichte wurden so zuhanden der Kommandanten der T-Force-Einheiten in den einzelnen Heeresgruppen und des Sekretariats der CIOS erstellt.582 Die T-Force-Einheiten waren aber nicht die einzigen Spezialisten, die in Deutschland Informationen über wissenschaftliche Errungenschaften und technische Neuerungen suchten. Teilweise selbständig und auf eigene Faust spürten noch andere Interessierte umher. Anfangs 1945 waren einige hundert unifor-

WÜRZBURG. Siehe dazu NA RG 331/15, Historical Resume „Strasbourg to Munich with T-Force“, 3.06.1945 Aber auch NA RG 331/143, T Force Outline Plan for Operation „ECLIPSE“. Für die 21 Army Group NA RG 331/140, T Force Operation, Hannover, 19.04.1945. 579

Siehe auch NA RG 331/152, Bericht T Force Lucky Operation Frankfurt a/M., 4.05.1945. Während dieser Operation wurden 171 «building targets», davon 47 von I. Priorität, besichtigt und geschlossen. Daneben wurden 109 «personality targets» in und um Frankfurt behandelt. 11 Personen konnten verhaftet werden, die Akten von 90 Personen wurden geschlossen, da sie entweder Frankfurt verlassen hatten oder tot waren. Die Akten derjenigen Personen, die nicht aufgefunden werden konnten, wurden dem CIC übergeben.

580

Vgl. NA RG 331/153.

581

NA RG 331/143, Report of the Combined Intelligence Objective Sub-Committee (CIOS) for 1944.

582

Siehe unter anderen NA RG 331/152, T Force Koblenz, Final Report Sub Force C, 22.03. 1945. NA RG 331/152/Sub T Force, Operation Bonn, Report on Operation Bonn, 23.03. 1945.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

mierte Spezialisten im Einsatz, die vom „Technical Industrial Intelligence Committee“ (TIJC), einem dem amerikanischen Generalstab direkt unterstellten Organ, ausgesucht worden waren und die sich auf kriegswichtige Industriesektoren konzentrierten. Die Marine liess ihre Spezialinteressen in Deutschland von der weitgehend frei operierenden, gut ausstaffierten „Naval Technical Mission“ wahrnehmen.583 Die Air Force startete kurz vor der deutschen Kapitulation ebenfalls ihr separates Unternehmen. In der Operation „LUSTY“ verschafften sich einige hundert mobile Teams der amerikanischen Luftstreitkräfte binnen sechs Wochen einen ziemlich tiefen und umfassenden Einblick in die sie interessierenden Spezialgebiete (insbesondere Raketentechnik, Düsentriebwerkskonstruktion, Luftbildtechnik oder Flugmedizin). Ein Grossteil dieser zersplitterten und verwirrenden Aktivitäten wurde von der Anfang Juni 1945 gegründeten und zwei Jahre lang existierenden amerikanischbritischen „Field Information Agency Technical“ (FIAT) gebündelt, deren amerikanische Komponente unter der Führung von Oberst Ralph M. Osborne stand.584 Schon zuvor hatte man versucht, die Aktivitäten der verschiedenen Teams und Abteilungen zu erfassen.585 In den ersten Wochen ihrer Existenz nahm auch FIAT noch intensiv an den zunächst vor allem der Unterstützung der Kriegsführung gegen Japan dienenden „Ausforschungs- und Evakuierungsprogrammen“ teil.

b)

Wissenschaftliche Errungenschaften, deutsche Wissenschaftler und Techniker als Targets

Von Anfang 1945 an wurden Sachsen und Thüringen zu Sammelbecken mehr oder weniger wichtiger Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, die sich auf der Suche nach einem möglichst frontfernen Refugium niedergelassen hatten. Mitte April verfasste der Chef der „Ordnance Enemy Equipment Intelligence Branch“ in Paris eine Meldung, nach der seit der Rheinüberschreitung die „T-Force-Teams“ durch die riesenhafte Masse an Entdeckungen von Objekten, welche sich in den Target-Lists befanden oder neu hinzugenommen werden mussten, derart überlastet seien, dass nicht einmal mehr das Nötigste gesichtet werden könne. Sodann befand man auch, dass die Zeitspanne, während welcher sich die eroberten Gebiete unter amerikanischer Kontrolle befanden, für eine vollständige Erfassung und Evakuierung zu kurz

583

NA RG 331/149, Naval Targets vom 20.10.1945.

584

Siehe NA RG 226/M1642/Roll 9/Frame 1078 betreffend FIAT-Organigramm.

585

Siehe dazu NA RG 331/151, CIOS Secretaries Report No. 17, 31.05.1945, in welchem aufgelistet ist, welche Städte von welchen Abteilungen oder Streitkräften zwischen dem 18. und 31.05.1945 aufgesucht worden waren. Diverse Berichte sind im gleichen Abgriff abgelegt. MFAA-Teams wurden dabei in keinem Bericht aufgefunden.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

sei. Diese Abteilung war unter anderem auch der grossen Gruppe von deutschen Wissenschaftlern auf der Spur, die am deutschen Fernraketenprogramm und an einigen anderen Spezialprojekten gearbeitet hatten.586 Viele von ihnen wurden Anfang Mai 1945 in Bayern und Tirol ausfindig gemacht, viele im Harz in der Nähe von Nordhausen, wo seit Anfang 1944 in einem riesigen Netzwerk unterirdischer Stollen mit einem mörderischen Einsatz von KZ-Häftlingen (Lager Dora Mittelbau) V2-Raketen montiert wurden. Die meisten Wissenschaftler liessen sich nicht nur bereitwillig befragen; oft gaben sie auch den entscheidenden Hinweis darauf, wo die hochgeheimen Konstruktionszeichnungen, Modelle, Prototypen, Waffen-Komponenten, Triebwerksteile usw. ausgelagert oder verborgen waren. Besonders reiche Beute machten die Amerikaner in der Umgebung von Nordhausen und Goslar. Hier schnappten sie den Briten über zehn Tonnen bedeutsamstes Dokumentenmaterial zur V-Waffen-Produktion, dessen Wert auf viele Millionen Dollar geschätzt wurde, buchstäblich vor der Nase weg. Aus Nordhausen war bereits einige Tage zuvor, am 22. Mai 1945, der erste Güterzug mit V2-Teilen nach Antwerpen abgegangen. Innerhalb einer Woche wurden aus dem Harz 400 Tonnen Material – insgesamt etwa 100 V2-Raketen – fortgeschafft. Ziel dieses grössten aus Deutschland verschifften Einzelpostens war der White Sands Proving Ground in New Mexico, wo bald ein Atomversuch stattfand und die amerikanische Armee damit begann, deutsche Raketen zu testen.587 Aufgrund der aufgefundenen deutschen wissenschaftlichen Errungenschaften war bald einmal klar, dass sich die USA auf vielen Forschungsfeldern in alarmierendem Rückstand befand. Anfangs Juni 1945 wurde deshalb auf höchster militärischer Ebene geklärt, dass General Eisenhower und den „Intelligence-Teams“ auf dem europäischen Kriegsschauplatz allergrösstes Verständnis entgegenzubringen sei, wenn sie auf dem europäischen Kriegsschauplatz so vorgingen, wie es nationale Interessen und militärische Erfordernisse es verlangten. Mit dieser Rückendeckung gingen die T-Force-Einheiten daran, aufgrund der Rückzugsgerüchte und aufgrund der Zonenbildungen den gewaltigen Fundus deutscher Experten in Sachsen und Thüringen möglichst komplett auszuräumen und zwischen Elbe und Weser keinen deutschen Experten zurückzulassen, dessen Fähigkeiten sich die Besatzungsmacht vielleicht zunutze machen konnte. Beflügelt von wissenschaftlicher Neugier, von Jagdfieber und Konkurrenzdruck und im Bewusstsein, mit ihren Geheimoperationen wie nur wenige ihrer Kollegen den noch immer sich im Krieg befindlichen Vereinigten Staaten von Amerika wertvolle Beute liefern zu können, brauchten die T-Force-Einheiten auf ihren Beutezügen weder wählerisch noch zurückhaltend zu sein. Anfangs Mai 1945 wurde bereits ein erstes Camp in der Nähe von Versailles errichtet, in welchem die gefangenen deutschen Experten interniert wurden. Am 10. Mai 1945 ver-

586

Siehe auch Bower, Verschwörung Paperclip, S. 131 ff.

587

Henke, 749 ff. Siehe auch Eisenhower Papers, VI, S. 144 und Lasby, S. 39 f.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

abschiedete das SHAEF eine Interimsdirektive, wie nach der Verhaftung deutscher Experten zu verfahren sei.588 Ausdrücklich wurde dabei bestimmt, dass die deutschen Experten solange in Gewahrsam zu halten seien, bis eine Entscheidung über deren definitive Verwendung gefällt wurde.

c)

Projekt OVERCAST

Unmittelbar nachdem Präsident Truman den britischen Premierminister und Stalin vom bevorstehenden Rückzug seiner Truppen in Kenntnis gesetzt hatte, erliess das alliierte Oberkommando in Einklang mit der militärischen Führung in Washington am 15. Juni 1945 den streng geheimen Befehl (Projekt OVERCAST), all jene deutschen Wissenschaftler und Techniker zu «evakuieren», deren Fähigkeiten und Kenntnisse Grossbritannien und die Vereinigten Staaten nutzen wollten.589 Den Rahmenbedingungen und Einzelbestimmungen nach war OVERCAST ein Unternehmen, das in erster Linie zu dem Zweck gestartet worden war, den Krieg im Pazifik abzukürzen, darüber hinaus sollte es eine Hilfestellung für die weitere militärische Forschung in den USA sein. Insgesamt wurden wohl 1’000 bis 1’200 deutsche Spezialisten aus mindestens 50 Betrieben verschiedener Branchen – hauptsächlich der optischen und elektrotechnischen Industrie, der Chemie sowie des Waffen-, Fahrzeug- und Flugzeugbaus – von dem Counter Intelligence Corps und den T-Forces aus der nachmaligen sowjetischen Besatzungszone abtransportiert.590 Abtransporte und Beschlagnahmungen erfolgten sodann auch in den naturwissenschaftlichen Instituten der Universitäten Leipzig, Jena und Halle. Nachdem man dem Projekt OVERCAST höchste Priorität eingestuft hatte, wurde es nach dem Sieg der Alliierten im Pazifik stark redimensioniert. Zahlreiche deutsche Wissenschaftler, welchen man die Einreise in die USA, die Zurverfügungsstellung von Wohnräumen, eine Arbeitsstelle und ein gutes Gehalt versprochen hatte, hatten das Nachsehen. Lediglich etwa 120 Wissenschaftler, darunter beinahe zwei Drittel Raketenspezialisten, wurden bis Anfang 1946 in die USA verbracht. Insgesamt wurden unter OVERCAST und dem ein Jahr später beginnenden umfassenderen Unternehmen PAPERCLIP zwischen 1945 und 1952 insgesamt 642 deutsche und österreichische Fachleute in die USA übersiedelt.591 Die anderen Wissenschaftler wurden entgegen den Versprechungen der Alliierten miserabel untergebracht, gekleidet und versorgt. Selbst drei Jahre nach ihrer Verschleppung hatten längst nicht alle Wissenschaftler und Techniker ein neues Betätigungsfeld gefunden. Viele lebten als Unpersonen, von der Aura des Hochgeheimen umgeben, noch immer von der

588

NA RG 84/Polad/733/8.

589

Gimbel, Science, S. 438.

590

Henke, S. 761 f.

591

Lasby, S. 5.

143

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Armee und der Militärregierung abhängig, ohne eine Institution oder Behörde, an die sie sich mit Aussicht auf Erfolg betreffend der Erfüllung ihrer Ansprüche wenden oder darauf pochen konnten. Am 6. Juni 1948 entledigte sich OMGUS (Office of Military Government of Germany, United States), des lästig gewordenen Problems – inzwischen häuften sich schon die Schadenersatzforderungen – indem es die Zuständigkeit für die Zwangsevakuierten dem Länderrat der amerikanischen Zone übertrug.592 Eine Zeitlang ging die Debatte zwischen der amerikanischen und deutschen Seite hin und her, ob die Verschleppten zu entschädigen seien oder nicht. Die Besatzungsmacht liess sich aber schliesslich zur Erstattung einer Summe von 69.5 Mio. Reichsmark herbei, die wenige Wochen vor der Währungsreform zur Auszahlung kam.

3.

Arbeit der T-Force nach der Besetzung Deutschlands

Am 13. Juli 1945 wurde das „Combined Intelligence Objective Sub-Committee“ zusammen mit dem SHAEF aufgelöst. Mit dieser Auflösung gingen alle Aufgaben und Verantwortlichkeiten des CIOS auf die Nachfolgeorganisationen über. Auf der britischen Seite war dies das „British Intelligence Objectives Subcommittee“ (BIOS), welches in der Folge alle Begehren der britischen Regierung erhielt, bearbeitete und die nötigen Operationen koordinierte. Auf der amerikanischen Seite war die Nachfolgeorganisation die Field Information Agency Technical (FIAT).593 Beide Organisationen hatten separate Instruktionen.594 Die Direktive von BIOS enthielt allerdings die selben Aufgaben und Auflagen wie die CIOS Direktive. Der britischen Regierung ging es im Wesentlichen um Informationen über die wissenschaftlichen Forschungen und neuentwickelten Technologien Deutschlands, die für die militärische Verteidigung benutzt werden konnten, sowie um die Anstellung von deutschen Wissenschaftlern und Ingenieuren.595 Die Berichte über die Zielobjekte wurden ausgewertet und danach in Listen erfasst. Diese dienten sowohl FIAT wie auch BIOS als Nachschlagewerk.596 Im März 1947 gaben die britische, die amerikanische und die französische Militärregierung bekannt, dass die alliierten Untersuchungen über die deutsche Industrie abge592

Vgl. Henke, S. 770.

593

Siehe Anhang 1/5.

594

PRO FO 1031/51, Combined Secretariat betreffend Termination of Activities of CIOS, 31.07.1945.

595

PRO FO 1031/51, BIOS Directive. PRO FO 1032/176, BIOS Policy. PRO FO 1032/177, BIOS Organisation. PRO FO 1031/52, List with detention of German Scientific and Industrial Technological Personnel. PRO FO 936/72, Memorandum on the Functions and Organisation of the British Intelligence Objectives Sub-Committee, 25.01.1946.

596

Siehe dazu PRO FO 935/52, 53 und 54, BIOS FIAT Weekly Target Digests.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

schlossen werden konnte. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation in den westlichen Zonen wurde entschieden, die gesamten technischen Ermittlungen unter BIOS und FIAT bis zum 30. Juni 1947 zu beenden.597 Trotz dieser gemeinsamen Verlautbarung waren im Januar 1948 ca. 150 Offiziere im britischen Sektor für die T-Force tätig.598 In einem Bericht über die Zukunft der T-Force-Einheit war bereits im August 1947 von der zuständigen Abteilung der Vorschlag ergangen, die T-Force erst nach dem 31. Mai 1948 aufzulösen. Die „Organisation Branch“ machte dabei jedoch die Einschränkung, dass Teile der T-Force weiter existieren müssten, da die „Evakuierung“ von deutschen Wissenschaftlern noch nicht abgeschlossen sei. Die „T-Forces“ waren in dieser Zeit insbesondere für den Schutz und die Begleitung der Wissenschaftler aus den britischen oder amerikanischen Zonen nach Grossbritannien oder in die USA zuständig. Daneben halfen die T-Forces der R.D.R. Division599 beim Sammeln und Verschiffen von requirierten Gegenständen nach Grossbritannien.600

V.

Zusammenarbeit der T-Force mit anderen Organisationen

1.

Verbindungen der T-Force zur MFAA-Abteilung

Die T-Force-Operationen galten, wie bereits ausgeführt, insbesondere den wissenschaftlichen Errungenschaften und der Verhaftung von deutschen Wissenschaftlern und Technikern. Mittels der aufgefundenen Dokumente, Maschinen, Waffen und Lehrbücher konnten die Alliierten ihre Forschungen ergänzen, und sie nutzten die äusserst wertvollen wissenschaftlichen Erkenntnisse in einer späteren Phase auch kommerziell aus. Obwohl sich die MFAA-Abteilung um die Kunstwerke, die historischen Gebäude und die Archive kümmerte, hatte sie teilweise engen Kontakt zu den T-Force-Einheiten und den Teams in den einzelnen Heeresgruppen, in welchen auch die MFAA-Offiziere eingeteilt waren. Der Kontakt und die Zusammenarbeit betraf zum einen den Komplex der Archive und zum anderen den Informationsaustausch bezüglich Verlagerungsorte des Deutschen Reiches. Die Archivspezialisten der MFAA-Abteilung in der Control Commission hatten schon früh die Probleme bezüglich der Beschlagnahmung von deutschen Archi-

597

PRO FO 943/292, US French and UK Statment in Berlin on 27.03.1945.

598

PRO FO 1065/12, Letter Establishment Branch to Foreign Office concerning Establishments-estimate future Manpower requirements for T-Forces, Januar 1948.

599

Reparations Deliveries and Restitution Division.

600

PRO FO 1065/12, Letter Organisation Branch to Foreign Office concerning the future of T/Force/FIAT Organisation, 16.08.1947.

145

146

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

ven erkannt.601 Die ersten Erfahrungen im Umgang mit den Archiven hatten sie während der Besetzung von Italien gewonnen. In dieser Zeit arbeiteten die Kunstschutzoffiziere mit der neugegründeten S-Force zusammen.602 Für Deutschland kam der Umstand dazu, dass die zu sichernden Archive, inklusive aller Archive der NSDAP, in die Tausende gehen würde. Die Benützung von modernen deutschen Archiven für den alliierten Geheimdienst und andere Institutionen wurde in verschiedenen Kommissionen diskutiert.603 Involviert war auch Oberst Webb, welcher am 19. September 1944 ein Schreiben mit Instruktionen bezüglich Schutz und Sichtung von deutschen Archiven, Aufzeichnungen und anderen Dokumenten erliess.604 Bereits am 20. August 1944 waren die ersten Vorschriften betreffend Schutz und Sichtung von deutschen Archiven erstellt und der Liste über die Archive im Westen Deutschlands angefügt worden.605 Innerhalb der MFAA-Abteilung im G-5 des SHAEF gab es eine Archivsektion. In dieser Sektion arbeiteten die beiden Archivare Major Ross und Major Ellis. Sie waren es auch, die die Instruktionen der MFAA bezüglich des Umganges mit Archivmaterial erarbeiteten.606 Da die verschiedenen britischen und amerikanischen Departemente, Abteilungen innerhalb des SHAEF und weitere militärische und zivile Ämter sich bezüglich der Archivpolitik nicht einigen konnten, wurde am 4. Januar 1945 mittels einer Ad-hoc-Kommission versucht, einen Konsens zu finden und einen schriftlichen Befehl zu erlassen. In der Folge wurden zwei Untergruppen gebildet. In der Untergruppe 1 war die Admiralität, das War Office, das Air Ministery, die Control Commission und das SHAEF vertreten. Die Aufgabe dieser Untersektion war es, die britischen und amerikanischen Entwürfe der Direktiven über die Archive zu überarbeiten und nötige Zusätze, welche sich anlässlich der Sitzung

601

PRO FO 1050/1405, Memo Jenkinson vom 18.08.1944 betreffend The problems of political and economic Archives in Germany.

602

PRO FO 1050/1422, Memorandum of conference with G-2 Advanced Intelligence from 10.07.1944.

603

PRO FO 1050/1407, Memorandum of conference with G-2 Advanced Intelligence vom 19.07.1944.

604

Siehe dazu PRO FO 1050/1407. In diesem Schreiben wurden die Dokumente und Archive auch genau definiert: The word documents is used to cover almost any material evidence including besides written papers, reference books, newspapers and other printed matter, bindex and punched cards, maps, plans, drawings, photographs and all the miscellanies of a library or office. Archives or records are particular variety of documents. They are all the written parchment papers books, files, and indices etc. which have been accumulated in the course of the transaction of affairs of any kind, in any period up to the present day and preserves for reference either in their own offices of origin or in special repositories.

605

PRO FO 1050/1416, Archive of Western Germany Appendix B to SHAEF, G-5, 751, 13.10.1944.

606

Siehe dazu PRO FO 1050/1410, Archiv Section Progress Reports.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

der Adhoc-Kommission ergeben hatten, beizufügen. In der Untergruppe 2, in welcher die Admiralität, das War Office das Air Ministery, CIOS, SHAEF und die Control Commission Einsitz nahm, arbeitete man an der Ausarbeitung eines Planes für eine zentrale Dokumentensektion in London.607 In beiden Kommissionen nahm Mr. Jenkinson als spezieller Berater in Archivfragen der britischen War Office teil. Das Anliegen von Jenkinson und der MFAA-Abteilung war, dass die in Deutschland liegenden Archive nicht von unerfahrenen Geheimdienstleuten und Spezialeinheiten durchsucht, in Unordnung gebracht und lediglich teilweise beschlagnahmt wurden. Sie befürchteten, dass in der Hast viele Archive für immer zerstört werden könnten, da nur ein vollständiges und geordnetes Archiv die nötigen Aufschlüsse zulässt und auch im Nachkriegsdeutschland wieder benutzt werden könnte. Nach verschiedenen Sitzungen konnte sich auch das Counter Intelligence Corps grundsätzlich mit den Leitlinien der Direktive einverstanden erklären, war jedoch gegen eine zentrale Dokumentensektion in London, da ihrer Meinung nach die Auswertung von Dokumenten vor Ort in Deutschland zu geschehen hatte. Die Naval Division hingegen beharrte darauf, während der SHAEF-Periode direkt Evakuationen von Dokumenten für den sofortigen Gebrauch anordnen zu können. Mehrere Male wurden die Direktiven umgeschrieben und angepasst. So arbeiteten insbesondere Jenkinson und Major Ellis an den Entwürfen für die US Draft Direktive No. 4 und die UK Draft Direktive No. 14, die sich teilweise in der Wortwahl und den Begriffsdefinitionen unterschieden.608 Am 27. Januar 1945 wurde anlässlich der 5. Sitzung entschieden, dass Jenkinson einen Entwurf erarbeiten sollte, welcher alle Punkte der US Direktive No. 4 609 und der UK Direktive No. 14 umfassen würde.610 Anlässlich der Sitzung vom 31. Januar 1945, an der alle involvierten Parteien teilnahmen, wurden die Direktiven betreffend die Archive gutgeheissen, und sie konnten dem Joint Intelligence Committee und den anderen alliierten Führungsstäbe sowie den Regierungen vorgelegt werden. Die Direktiven wurden am 7. April 1945 in Kraft gesetzt. Die britische Direktive wurde am 6. September 1945 durch die Intelligence Directive No. 7, „Handling of German documents and Archives“ ersetzt.611

607

PRO FO 1050/1413, Summary of Views of Control Commission (BE) on War Office Plan, 04.01.1945. Siehe dazu auch PRO FO 1050/1411 Report of Sub Committee No. 1 set up by the ad hoc Committee concerned with handling of German Documents and Archives. Mit sämtlichen Sitzungsprotokollen.

608

Siehe PRO FO 1050/1414, Draft Securing and Examining of German Archives and Records and Information, 22.01.1945. PRO FO 1050/1414, Comments by MFAA Branch on US Draft Directive No. 4, 13.01.1945.

609

Die genaue Bezeichung dieses Befehls: Draft Directive No 4; Directive on securing and examining of German Archives.

610

PRO FO 1050/1415, Standing Committee on Draft Directives and Special Orders.

611

PRO FO 1032/179.

147

148

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Bezüglich der Umsetzung und der Einhaltung der Direktiven stand fest, dass insbesondere die T-Force-Einheiten wie auch die lokalen alliierten Militärkommandanten, und in einer zweiten Phase die Civil Affairs-Offiziere mit Archiven in Kontakt kommen würden. Die Militärregierung wurde diesbezüglich aufgefordert, den Kampftruppen Hilfe anzubieten. Die MFAA hatte unterdessen ein Handbuch entworfen612, in welchem der Umgang mit einem Archiv genau umschrieben war. Aufgrund des Umstandes, dass man davon ausging, dass man in Deutschland auf zahllose Archive und Register stossen würde, wurde des weiteren befohlen, dass nur Spezialisten entscheiden dürften, welche Dokumente für die Alliierten von Interesse sind. So wurde denn auch nur den T-Force-Spezialisten und den Militärregierungsoffizieren erlaubt. Gebäude mit Archiven zu betreten und die Archive zu sichten. Eine Beschlagnahmung und Wegführung brauchte sodann eine spezielle Bewilligung der Militärregierung oder durfte nur von speziell autorisierten T-Force-Spezialisten und Geheimdienstpersonal vorgenommen werden.613 Diese Offiziere konnten bei fachlichen Problemen die MFAA-Spezialisten hinzuziehen.614 Bereits in der Kampfphase waren jedoch die Kampfverbände an der Suche und Sicherstellung der Archive auf deutschem Boden beteiligt worden. Aufgrund dieser Einbindung der Streitkräfte befahl General Eisenhower am 20. August 1945, dass sämtliche Gebäude, welche Archive enthalten würden, von den Truppen nicht mehr benutzt werden dürften.615 Für die Belange der Archive wurden die MFAA-Spezialisten zu Sitzungen mit der T-Force eingeladen. Anlässlich dieser Sitzungen, die bereits im September 1944 stattfanden, diskutierte man die Vorgehensweise bei einer Sichtung oder Beschlagnahmung von Archiven.616 Daneben wurden die MFAA-Offiziere aktiv in verschiedene T-Force-Operationen involviert.617 Der Umstand, dass die MFAA-Abteilung dauernd unter Personalknappheit litt, führte dazu, dass die MFAA auf Nachrichten und Informationen über Verlagerungsorte und Aufbewahrungsorte des Deutschen Reiches auf Dritte angewiesen war. Die T-Force, welche innerhalb SHAEF weitreichende Befugnisse hatte und

612

Siehe dazu NA RG 331/273, Memorandum on the Administration and Exploitation of German Records and Archives during the UK/US Military Occupation of Germany.

613

PRO FO 1050/1416, General Lists Western Germany, Amendment Material.

614

Siehe dazu NA RG 331/273, Memorandum on the Administration and Exploitation of German, S. 1 f.

615

PRO FO 1050/1405, Directive by General Eisenhower, SHAEF to 21th Army Group, 12th Army Group and 1st US Army concerning Preservation of Archive, 20.08.1944.

616

PRO FO 1050/1420, Minutes of a meeting on Technical Intelligence Targets, 29.09.1944. Anwesend waren Sir Leonard Woolley und Mr. Jenkinson. Siehe aber auch FO 1050/1422, Use of modern Archives by Intelligence and other Agencies, Memorandum of conference with G-2 Advanced Intelligence, 19.07.1944.

617

NA RG 331/273 Memorandum on Monuments, Fine Arts and Archives in relation to the G-2 Task Force Plan for Berlin, Hamburg, Kiel and Munich, 2.10.1944.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

zudem über einen grossen Wagenpark verfügte, hatte bei weitem die besseren Möglichkeiten als die MFAA. So kam es auch, dass die MFAA eigene TargetLists erstellten und an die CIOS schickte.618 Zudem gab es in der „Black-Lists“ eine spezielle Kategorie, welche Zielobjekte betreffend «Education, Religious Affairs, Fine Arts and Monuments» beinhaltete.619

2.

Zusammenarbeit der T-Forces mit der OSS und dem CIC

Im September 1944 untersuchte das OSS-Planungsbüro die Zusammenarbeit der OSS mit den T-Forces. Zu dieser Zeit dachte man, dass die T-Forces die idealste Formation zur Implementierung des TWILIGHT Plans620 der SI Branch war. Die OSS war durch die R&A-Abteilung621 ebenfalls in der CIOS repräsentiert. Desgleichen war die OSS über die X-2 Abteilung622 mit dem CIC verbunden.623 Aufgrund der Untersuchung stellte sich jedoch heraus, dass die „T-Force“ nicht die richtige Organisation war, um diejenigen Informationen zu sammeln, an welchen die OSS interessiert war. Die OSS traf jedoch spezielle Vereinbarungen mit der G-2 Documents Section, SHAEF, dies insbesondere, um Dokumente, welche

618

Siehe PRO FO 1050/1422, Schreiben Control Commission for Germany (BE) MFAA Officer D. Cooper an die Coordination Section, 11.11.1944. Siehe auch PRO FO 1050/1422, T-Force Targets – MFAA Branch List A. Targets sind in dieser Liste Karinhall, Wohnsitz von Göring mit illegalen Kunstgemälden, Wohnsitz von Alfred Rosenberg, sämtliche Dokumente des Direktors des Preussischen Staatsmuseums, das Reichs- und Heeresarchiv, das Preussische Geheime Staatsarchiv und verschiedene andere Objekte wie auch das Schloss Neuschwanstein. In keinen Target-Lists waren einzelne Kunstgemälde aufgelistet, sondern nur die Örtlichkeiten, in denen Dokumente über die Verlagerung von Kunstwerken und die illegale Beschlagnahmung in den vom Deutschen Reich besetzten Ländern und die darin involvierten Personen zu finden sind, oder mögliche Aufbewahrungsorte von Beutekunstwerken.

619

NA RG 226/M1642/Roll 11 CIOS Black List. Die Kategorie Nr. 32 beinhaltete Targets über «Education, Religious Affairs, Fine Arts and Monuments». In dieser Gruppe wurden Universitäten, Technische Schulen, Handelsschulen, Sekundarschulen, Elementarschulen, Spezialschulen, Bibliotheken, Bilder- und Kunstgalerien, Museen, Monumente und religiöse Institutionen erfasst. Von besonderem Interesse waren die Lehrmethoden, der finanzielle Support, die Forschung, die Ideologie, das Militärtraining und der Ankauf von Kunstgegenständen. Zuständig für diese Sektion war Mr. J.A. Corbett (BR), Oberst Sir Woolley und Leutnant E.F. Kenny, US Group CC (US).

620

Dies war ein Notfallplan für Geheimdienstoperationen innerhalb Deutschland für den Fall einer plötzlichen Kapitulation und eines Auseinanderbrechens des Deutschen Reiches, welcher im Juli 1944 erstellt worden war.

621

Research and Analyse Branch.

622

Siehe hinten S. 182.

623

Siehe dazu NA RG 226/209, Memorandum OSS: Present Position of OSS Relative to T-Forces, 11.01.1945.

149

150

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

von der „T-Force“ beschlagnahmt worden waren, zu sichten.624 Im Weiteren hatte die Spezialabteilung X-2 jeder Armeegruppe Ermittler zugeteilt, welche für spezifische Operationen mit den T-Force-Teams zusammenarbeiteten.625 In Zusammenarbeit mit dem T-Force-Stab im SHAEF untersuchte die OSS anhand der Target-Lists der „T-Force“, ob die OSS selbst weitere Örtlichkeiten mit Targets gefunden hatte, welche von der „T-Force“ noch nicht überprüft worden waren. Sodann bot die OSS der CIOS an, die Ausbildung von Personal für die Mikroverfilmung von Dokumenten zu übernehmen.626 Anlässlich einer Sitzung in Versailles am 20. Dezember 1944 wurde die OSS angefragt, ob sie der T-Force-Spezialeinheit für Berlin einen Spezialisten zum Knacken von Safes zur Verfügung stellen könnte.627 Das CIC arbeitete während der Besetzung Deutschlands eng mit den T-Force-Teams zusammen, und es herrschte ein reger Informationsaustausch.628

3.

Praktische Auswirkung der Zusammenarbeit

GOLDCUP-Teams629, T-Force-Einheiten, CIC Patrouillen und MFAA-Offiziere trafen sich auch regelmässig bei der Rekognoszierung ihrer Objekte. Begründet war dieses Aufeinandertreffen nicht darin, dass verschiedenen Formationen zur Auffindung von wertvollen Kunstgegenständen angesetzt waren, sondern vielmehr lag der Grund darin, dass vielfach Kulturgüter, industrielle Fertigungsanlagen und Lagerstätten sowie politische und andere Archive in den selben unterirdischen Depots untergebracht worden waren. So wurden die Bergwerke in Heilbronn, Kochendorf und Heimboldshausen, in welchen sich Military Government Targets befanden, von einem „Regional Military Government Detachement“ gesichtet.630 Der vorgenannten Formation wurde die Überprüfung deshalb befohlen, da in diesen Minen die Bibliothek der Universität Heidelberg

624

NA RG 226/209, Memorandum OSS: Present Position of OSS Relative to T-Forces, 11.01. 1945, S. 2.

625

Dies war insbesondere in der 6th und der 12th Army Group der Fall. Während der T-Force Operation in Paris wurden die Kommunikationsmittel von der X-2 Abteilung zur Verfügung gestellt.

626

NA RG 226/209, Memorandum OSS: Present Position of OSS Relative to T-Forces, 11.01. 1945, S. 3.

627

NA RG 226/209, Memorandum OSS: Present Position of OSS Relative to T-Forces vom 11.01.1945, S. 3. Ziel dieser T-Force Berlin war, im Falle dass die Amerikaner Berlin zuerst erreichen sollten, alle Zielobjekte, welche in der geplanten russischen Zone lagen, so schnell als möglich aufzuklären.

628

PRO FO 1031/50, Combined Secretariat betreffend Termination of CIOS, 31.07.1945.

629

Siehe dazu Kapitel 9.

630

NA RG 260/147, Rep. Heimboldshausen, Schreiben Military Government Targets, 17.12. 1945.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

eingelagert war. Ausgeräumt wurden die Minen jedoch unter Aufsicht der MFAA-Offiziere, und die Kulturgüter transportierte man in die „Collecting Points“ der MFAA. Umfangreiche Sicherheitsmassnahmen, welche von Kampftruppenkommandanten, Militärregierungsoffizieren und weiteren alliierten Führungskräften befohlen worden waren, verhinderten vielfach, dass nach Beendigung des Krieges aus diesen Bergwerken etwas gestohlen wurde.631 Ein anderer Vorfall betraf die Evakuation der geheimen Aufzeichnungen und Archive des Reichspatentamtes aus der zum Teil zerstörten Mine in Heringen in der Nähe von Hersfeld. Berichten zufolge wurde der Berater in Sachen Archive, S.B. Child, vom Planungsstab der „Ministerial Control Group“ des SHAEF auf diese Mine aufmerksam gemacht. Infolgedessen suchte dieser die Mine am 11. Mai 1945 auf und inspizierte zusammen mit einem Armeeingenieur das Ausmass der Zerstörung in der Mine. Die Aufzeichnungen des Patentamtes waren teilweise durch ein von deutschen Truppen gelegtes Feuer zerstört worden. Am 13. Mai 1945 traf ein GOLDCUP-Team in Hersfeld ein, und es wurde in der Mine mit einer sorgfältigen Inspektion begonnen. Am 16. Mai verliess das GOLDCUP-Team die Mine, und am 18. Mai 1945 erschien Leutnant Pols, T-Force-Team Frankfurt, welcher die aufgefundenen Unterlagen des Reichspatentamtes mittels Lastwagen in die Reichsbank nach Frankfurt brachte.632 In der Mine Schönebeck wurden die GOLDCUP-Targets I-20 (Reichsarchiv), I-21 (Preussisches geheimes Staatsarchiv) und I-56 (Reichsgerichtsarchiv) aufgefunden. Aufgrund dieser Zielobjekte waren Teams der „Advanced Ministerial Control“ (GOLDCUP-Teams) und T-Force-Teams in diesen Bergwerken anzutreffen. Die Teams inspizierten jedoch aus völlig unterschiedlichen Gründen diese Mine und ihre Depots. Auf Schloss Falkenstein, als weiteres Beispiel, befanden sich nicht nur Bücher der Kunstbibliothek Berlin und die Archive von Mark Brandenburg, sondern auch Unterlagen über das Fliegerabwehr-Personal in Quedlinburg und die Dokumente des Auswärtigen Amtes, welche als Target P-57 von einem „Advanced Ministerial Control Team“ abgeholt wurden.633 Auch in Bernburg fanden die Alliierten ein Bergwerk. In einem der Schächte, dem Plömnitz-Schacht, befanden sich ausser Ersatzmaterial für Flugzeugmotoren und Triebwerke auch verschiedene städtische Archive und Kostüme der Mitteldeutschen Landesbühnen. Dieser Schacht war vorgängig von CIC-Ermittlern eilig untersucht worden, wie nachfolgende Formationen in Berichten vermerkten.634 Im Schacht Bernburg

631

NA RG 260/236/Wuerttemberg, Special Report on the Collecting Point-Repository at the Heilbronn & Kochendorf Salt-Mines, S. 13 f.

632

NA RG 331/335, Evacuation of Partially Destroyed Secret Patent Records and Archives from Heringen Mine near Hersfeld to the Deutsche Reichsbank at Frankfurt a.M. vom 22. Mai 1945.

633

NA RG 239/64, Report on Reichsarchiv, Preussische Geheime Staatsarchiv, Reichsgerichtsarchiv, 22.06.1945 durch Major Hammond von der MFAA.

634

NA RG 239/64, Annex C Target Evaluation Report, 28.05.1945.

151

152

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Winterhall befanden sich Flugzeugrümpfe, Bücher aus Bibliotheken und Archive aus Berlin und Danzig. Auch dieser Schacht war vorgängig von den CIC-Ermittlern inspiziert worden.635 Wie bereits erwähnt, wurden in der Mine Schönebeck im Graf-Moltke-Schacht die vorerwähnten wichtigen Archive entdeckt. Ausser diesen GOLDCUP-Targets befanden sich Archive aus Magdeburg, Luebben und Zerbst, Kunstobjekte aus dem Museum für Völkerkunde (Berlin), Abteilung Indien und Ostasien, Kunstobjekte aus dem Museum für Vor- und Frühgeschichte (Berlin) und aus dem Zeughaus in Berlin in diesem Schacht. Auch dieser Schacht war vorgängig von CIC-Ermittlern inspiziert worden.636 In der Salzmine Strassfurt-Leopoldshall wurden im Berlepsch-Schacht ca. 40 Prozent des Preussischen geheimen Staatsarchivs und ca. 20 Prozent des Reichsarchives sichergestellt. Sodann wurden auch Karten und Lithographien der Landeskunde und Museumskollektionen aus Strassfurt und Schwerin gesichtet. Ein T-Force-Team, welches die Mine inspiziert hatte, informierte die MFAA-Offiziere.637 Im Ludwig-Schacht VI/VII, welcher ebenfalls in der Salzmine Strassfurt liegt, wurde eine Fabrik für Flugzeugtriebwerke vorgefunden; ausserdem befand sich dort die Sammlung des Museums Magdeburg. Teile dieser Sammlung wurden durch zwei Feuer, welche im April 1945 durch fahrlässiges Verhalten von Zwangsarbeitern ausgebrochen waren, zerstört. Auch diese Schächte wurden kurz von CIC-Ermittlern besichtigt. Die MFAA-Offiziere fanden bei ihrer Inspektion einzelne Kisten aufgebrochen vor. Der Inhalt war den Kisten teilweise entnommen worden.638 In der Salzmine Grasleben wurden ausser Teilen der Sammlungen aus den Staatlichen Museen Berlins und des KaiserFriedrich-Museums in Posen auch Funkmaterial der Reichfunkgesellschaft, diverse Staatsarchive und Bibliotheken gelagert. Die Salzmine war ebenfalls von CIC-Mitarbeitern kurz besucht worden. Die CIC Ermittler beschlagnahmten dabei die vom Direktor der Mine angefertigte Inhaltsliste. Leutnant Moore von der MFAA transportierte am 12. Mai 1945 mit drei Lastwagen die wertvollen Objekte des Museums in Posen und der Staatlichen Museen in Berlin nach Frankfurt.639 Auch im Salzbergwerk Kochendorf bei Heilbronn trafen MFAAOffiziere T-Force-Teams an, die die dortige unterirdische Fabrik für Düsenflugzeugmotoren besichtigten.640

635

NA RG 239/64, Annex D Target Evaluation Report vom 28. Mai 1945.

636

NA RG 239/64, Annex E Target Evaluation Report vom 28. Mai 1945.

637

NA RG 239/64, Annex F Target Evaluation Report vom 28. Mai 1945.

638

NA RG 239/64, Annex G Target Evaluation Report vom 28. Mai 1945.

639

NA RG 239/64, Annex H Target Evaluation Report vom 28. Mai 1945.

640

Siehe Rorimer, S. 147.

8. Kapitel: T-Force-Einheiten

VI. Fazit Auch die T-Force Einheiten gehörten zum SHAEF und unterstanden dabei der militärischen Gesetzgebung und den einschlägigen Normen der HLKO. Bei den „Targets“ dieser Einheiten handelte es sich um Material, Personen und Informationen von unmittelbarer militärischer Bedeutung. Sie waren entweder von grossem Wert für die Anpassung der Einsatzdoktrin der alliierten Streitkräfte oder stellten eine gefährliche potentielle Bedrohung für die Zukunft dar. Der Einsatz der T-Force ist in Anbetracht der militärischen Ausrichtung auch im Rahmen der HLKO gerechtfertigt. Es konnten im Verlaufe der Forschungen keine Hinweise gefunden werden, wonach T-Force Einheiten in irgendeiner Weise in einen Diebstahl von Kunstwerken involviert gewesen waren. Die vorgenannten Beispiele der Zusammenarbeit zwischen T Force und MFAA, sowie auch die Vorkommnisse in der Salzmine bei Merkers zeigen auf, dass die einzelnen Formationen zwar verschiedenste Aufgaben und Befehle hatten, die gesuchten Objekte jedoch vielfach nahe beieinander lagen oder in denselben unterirdischen Verlagerungsorten deponiert wurden und die Formationen deshalb aufeinander angewiesen waren. Mit Blick auf die Organisation und die Logistik der T Force fällt auf, dass diese im Gegensatz zur MFAA in der gleichen Art und Weise arbeitete, jedoch selbst organisch über die notwendige Logistik und Fahrzeuge verfügte. Die T-Force wurde nicht nur von den Regierungen und dem alliierten Oberkommando unterstützt, sondern jeder Truppenkommandant wusste um die Wichtigkeit, möglichst alle technischen Errungenschaften des Deutschen Reiches zu kennen, hing doch das eigene Leben davon ab. Die MFAA Offiziere waren diesbezüglich nicht gleichgestellt, die Regierungen und das alliierte Oberkommando hatten andere Prioritäten gesetzt. Dies sollte jedoch nicht nur während den kriegerischen Ereignissen so sein. Auch während der Besatzungszeit hatte die MFAA meistens eine untergeordnete Priorität. Die Organisation und die logistischen Möglichkeiten der T-Force hätten sehr gut ebenfalls auf die MFAA angewendet werden können. Die MFAA hätte sicher schneller die notwendigen Sicherungsmassnahmen vornehmen können und hätte insbesondere in Bezug auf die Verlagerung der deutschen Kunstgutdepots die jeweiligen Bergungen schneller, geordneter und sicherer tätigen können.

153

154

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

9. Kapitel: Operation Goldcup I.

Einleitung

Auch die in diesem Kapitel eingehend behandelten Militäreinheiten und die vorgenannte Operation passen vordergründig nicht zum Thema dieses Buches, welches sich mit dem Kulturgüterschutz befasst. Die MFAA war aber auf ihren eigenen Wunsch in die Operation „Goldcup“ involviert und sowohl in die aufgestellten militärischen Einheiten wie auch in den Stab eingebunden worden. Aus diesem Grund ist es auch erklärbar, dass einige Autoren davon ausgehen, dass eben diese Einheiten im Geheimen den Befehl gehabt hätten, genau bezeichnete Kunstwerke in die USA zu schaffen. Bislang hat jedoch noch niemand die Operation „Goldcup“ genau untersucht. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel die Operation „Goldcup“ analysiert und deren Ziele und Aufgaben abgeklärt.

II.

Erste Planungen für eine Besetzung von Berlin

Der US Group Control Council641 bekam während des Krieges zwei Planungsaufgaben: einerseits die Aufgabe, eine Übernahme der Kontrolle der deutschen Ministerien und ihrer Zentralbehörden zu planen, und anderseits die Planung der US-Beteiligung am Group Control Council und deren untergeordneten Körperschaften durchzuführen. Für die unmittelbare Zukunft jedoch war dem US Group Control Council keine Arbeit zugewiesen worden. Dies änderte sich mit der Operation GOLDCUP. Im späten September 1944 hat das SHAEF erst vage zugestimmt, dass nach einer Besetzung von Berlin kleine Ministerialkontrollteams in der Stadt erste Aufklärungen für den Control Council tätigen würden.642 Später, im Frühling 1945, zu einem Zeitpunkt, als es schien, dass die Amerikaner und die Briten immer noch als Erste Berlin einnehmen könnten, wurde diese Idee der Aufklärung durch das Control Council wieder aufgenommen, und dem Plan wurde der Codename GOLDCUP gegeben.643 Die Grundidee dabei war, dass die britischen und amerikanischen Control Council Gruppen Offiziere und Soldaten aufbieten, welche in einer sogenannten Advanced Ministerial Control Group zusammengefasst würden. Unter dem Kommando

641

Siehe dazu S. 82 ff.

642

PRO WO 219/3869, Directive for the Military Government of the City Berlin, Central Directorate, SHAEF, 16.09.1944.

643

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, First Redraft, March 1945.

9. Kapitel: Operation Goldcup

von SHAEF würde diese Advanced Ministerial Control Group für jedes deutsche Ministerium und deren Zentralbehörde ein mobiles Einsatzteam bilden, welches den Befehl hatte, das Ministerium, die Behörde und dessen Personal zu übernehmen, evtl. zu verhaften und alle Akten, Dokumente und Unterlagen, welche sich in diesen Ministerien befanden oder welche aus Schutzgründen ausserhalb Berlins gelagert wurden, zu beschlagnahmen. Zum Zeitpunkt, als der Plan im Januar 1945 erstmals umrissen worden war, war es ungewiss, wann und ob diese Teams überhaupt noch eingesetzt werden konnten.644 Der Kampf um Nürnberg vom 16. bis 20. März 1945 war ein letztes Aufbäumen der deutschen Wehrmacht. Vom Rhein bis zur Elbe waren die deutschen Truppen auf dem Rückzug. Die alliierten Stäbe begannen die ECLIPSE-Pläne 645 wieder aufzufrischen. Diese Operation konnte jedoch erst nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht beginnen bzw. dann, wenn General Eisenhower die deutschen Truppen als geschlagen erklärte. Der ECLIPSE-Plan war jedoch für einige Teile Deutschlands, die das SHAEF eingenommen hatte, bereits umgesetzt worden.646 Die Operation GOLDCUP war einsatzbereit, aber ob sie wirklich im geplanten Umfang durchgeführt werden konnte, wurde immer ungewisser.647

III.

Planung der Operation GOLDCUP

1.

Allgemeines

Der Name GOLDCUP stand für die Gesamtoperation der «Advanced Ministerial Control Group» in Deutschland. Die «Advanced Ministerial Control Group» war, wie bereits erwähnt, eine Organisation der Alliierten, welche die vorgeschobene Kommandostelle der alliierten Kontrollkommission bildete. Sie bestand aus britischen, amerikanischen und französischen Beamten und Militärpersonen und unterstand dem Befehl des alliierten Oberkommandos (SHAEF). Gemäss einer Planungsskizze zog man es in Betracht, auch sowjetische Offiziere

644

Ziemke, US Army, S. 177.

645

Unter dem Codenamen ECLIPSE wurde die Planung von alliierten Operationen bei einer plötzlichen Kapitulation des Deutschen Reiches verstanden. Die Operation ECLIPSE hätte dazu gedient, ein Auseinanderfallen des deutschen Reiches und das Ausbrechen von chaotischen Zuständen zu verhindern, indem die Alliierten Streitkräfte so schnell als möglich Schlüsselstellen in Berlin und in ganz Deutschland besetzt und die deutsche Wehrmacht entwaffnet hätten. Der Plan war am 10.11.1944 vom SHAEF abgesegnet worden.

646

Siehe dazu auch NA RG 407/1759, Second Draft, Intelligence Plan, Operation ECLIPSE, 15.04.1945.

647

Ziemke, US Army, S. 248 f.

155

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

in die Planung einzubeziehen.648 Diese wollten die westlichen Alliierten dann im Verbindungsbüro der Control Group einsetzen. Der GOLDCUP-Plan wurde zur unmittelbaren Übernahme der alliierten Kontrolle der zentralen Ministerien des Deutschen Reiches und der öffentlichen Verwaltung und Banken in Berlin entworfen. Als es später offensichtlich wurde, dass einigen Ministerien des deutschen Reiches aus Berlin evakuiert worden waren, änderte man GOLDCUP dahin ab, dass man die Suche auf ganz Deutschland ausdehnte.649 Da aufgrund einer Vereinbarung zwischen den „Drei Grossen“ Berlin als eine internationale Zone, welche von allen Alliierten gemeinsam besetzt werden sollte, betrachtet wurde, traf man für die Operation GOLDCUP Vorbereitungen für einen ersten direkten Kontakt zu den russischen Streitkräften. Dazu wurde innerhalb von GOLDCUP eine SHAEF-Spezialstaffel aufgebaut, welche den Auftrag bekam, entweder gleichzeitig oder separat Elemente des sowjetischen Oberkommandos und das sowjetische Element des alliierten Kontrollrates zu kontaktieren.650

2.

Auswirkungen des Kriegsverlaufes auf die Operation GOLDCUP

a)

Geschichtlichen Ereignisse kurz vor Kriegsende in Deutschland

Der sowjetische Vormarsch von der Weichsel zur Oder im Januar 1945 hatte in Berlin erstaunlicherweise wenig spürbare Auswirkungen. Das Leben in der Hauptstadt und in ihrer Umgebung, wo sich die gesamte zentrale Regierung und die höchsten Wehrmachtskommandos mit ihren wichtigsten Nachrichtenzentren befanden, ging routinemässig weiter. Die starken Bombardements sowie häufige nächtliche Angriffe von alliierten Bombern gehörten bereits zum Kriegsalltag. Für die Briten und Amerikaner war Berlin im Januar 1945 noch zu weit weg, als dass man exakte Pläne für dessen Einnahme erstellte. Die Frage lautete demnach nicht ob, sondern wie man nach Berlin marschieren würde. Dazu musste jedoch vorerst das Rheinland gesäubert und die Ruhr besetzt werden.651 648

NA RG 331/83, Advanced Ministerial Control Group, Plan GOLDCUP, 4th Draft, 3.02.1945.

649

PRO FO 1020/277, Operation GOLDCUP and the Establishmentof the Central Control Commission.

650

NA RG 331/83 Operation GOLDCUP Final Draft, April 1945. Siehe auch Ziemke, US Army, S. 263.

651

Siehe dazu für Details auch Joachim Schiefer, Historischer Atlas zum Kriegsende 1945, Sax Verlag Beucha 1998, Ziemke, Die Schlacht um Berlin, München/Wien 1978, Hans Georg Kampe, Zossen-Wünsdorf 1945, Die letzten Kriegswochen im Hauptquartier des OKH,

9. Kapitel: Operation Goldcup

Am Ende der dritten Februarwoche hatte Hitler immer noch keinen Befehl bezüglich Berlin herausgegeben. Eine teilweise Evakuation aus Berlin war allerdings unvermeidlich geworden. Die Vereinigten Generalstäbe der Vereinigten Staaten und Grossbritanniens, die am 30. Januar 1945 in Malta ein Treffen abgehalten hatten, waren zum Schluss gekommen, dass die Russen bei der bevorstehenden Konferenz in Yalta wahrscheinlich Luftangriffe auf die Eisenbahnknotenpunkte im Osten von Deutschland verlangen würden. Man kam daher überein, Berlin, Dresden und Leipzig als Angriffsziele für die schweren Kampfflugzeuge den Vorrang zu geben. Am 3. Februar 1945 unternahm die 8. Luftwaffe der Vereinigten Staaten mit ungefähr 1’000 Bombern einen Luftangriff auf Berlin. Berlin konnte danach nicht mehr allen Regierungsstellen Platz bieten, insbesondere dann nicht mehr, als am 26. Februar 1945 ein weiterer heftiger Angriff die Stadt traf und weitere Regierungsstellen zerstörte.652 Aus diesem Grund wurden zahlreiche Regierungsstellen, Archive und Abteilungen aus Berlin evakuiert. Nach Eroberung des rechten Rheinufers mussten sich die westlichen Alliierten entscheiden, in welche Richtung sie ihren Angriff fortsetzen sollten. Als die Pläne für die Invasion festgelegt worden waren, hatte es bezüglich des grossen Zieles keinerlei Zweifel gegeben, es war Berlin. General Eisenhower vereinbarte mit Marschall Stalin aufgrund einer sowjetischen Anfrage, was die Absicht der westlichen Alliierten sei, dass die Amerikaner und Briten einen Hauptstoss über die Linie Erfurt–Leipzig–Dresden zu führen und die alliierten Streitkräfte dort mit den russischen vereinigen würden. Der Grund für Eisenhowers Absage an die Eroberung Berlins war, obschon insbesondere die Engländer und die „Combined Chief of Staff“ dem Entscheid nicht zustimmten, die Wertlosigkeit Berlins, das durch die Bombardements zerstört und vom Naziregime geräumt war.653 General Eisenhower, der durch die Heftigkeit der britischen Reaktion bestürzt war, beeilte sich, dem Premierminister zu versichern, dass Feldmarschall Montgomery, sobald die Elbe erreicht sei, amerikanische

Militärgeschichtliche Blätter, Berlin 1997, John Toland, Die letzten hundert Tage des 2. Weltkrieges, München/Zürich 1968, Denis und Shelagh Whitaker, Endkampf am Rhein, Der Vormarsch der Westalliierten 1944/45, Berlin/Frankfurt 1991, Gordon Harrison, CrossChannel Attack, United States Army in World War II, Washington D.C. 1951, John Brown, The Campaign in North-West Europe June 1944 –May 1945, HSMO, London 1994, Martin Gilbert, Der Zweite Weltkrieg, Eine chronologische Gesamtdarstellung, München/Leipzig 1991, Raymond Carter, Der Zweite Weltkrieg 1944–1945, Band III, 6. Auflage, München 1982, Charles B. MacDonald, The Last Offensive, United States Army in World War II, Washington D.C. 1973, Earl F. Ziemke, Der Vormarsch der roten Armee, Der Zweite Weltkrieg, Time-Life Bücher, Amsterdam 1982, Franklin M. Davis Jr., Entscheidung im Westen, Der Zweite Weltkrieg, Time-Life Bücher, Amsterdam 1982, John Keegan, Atlas of the Second World War, Times Books, Verona 1989. 652

Raymond Cartier, Der Zweite Weltkrieg 1944 –1945, Band III, 6. Auflage, München/Zürich 1982, S. 1133 ff. Siehe auch Ziemke, Die Schlacht um Berlin, S. 58 ff.

653

Cartier, S. 1152 f. Siehe auch Gilbert, S. 656 ff.

157

158

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Hilfe beim Überqueren des Flusses und auf seinem weiteren Vormarsch bis Lübeck an der Ostküste erhalten würde.654 Die sowjetischen Truppen verringerten vorübergehend ihren Einsatz vor Berlin, da sie einen Misserfolg, wie sie in Ostpreussen erlebt hatten, nicht riskieren wollten und erst auf frische Truppen aus dem Hinterland warteten.655 Da Marschall Stalin am 1. April 1945 General Eisenhower mitteilte, dass auch für die sowjetischen Truppen Berlin seine frühere Bedeutung verloren habe, plante der sowjetische Generalstab, nur untergeordnete Truppen in diese Richtung in Marsch zu setzen. Nachdem die Briten General Eisenhower immer wieder bestürmt hatten, seine Absichten zu ändern, meldete dieser am 7. April 1945, dass er es beim gegenwärtigen Stand der Dinge für militärisch unvernünftig halte, Berlin zu einem Hauptoperationsziel zu machen. Damit war die Auseinandersetzung um Berlin jedoch noch nicht beendet. Im Gegenteil schien sie immer lebhafter zu werden. Nachdem am 11. April 1945 ein Panzerstosstrupp der 9. Armee 90 Kilometer zurückgelegt hatte und sich am Elbeufer nördlich von Magdeburg befand, war Berlin wieder in den Blickpunkt der westlichen Alliierten gerückt.656 Die Entfernung von Magdeburg nach Berlin war nämlich nur ungefähr 20 Kilometer grösser als die am 11. April 1945 zurückgelegte Strecke. Nachdem jedoch eine Lagebeurteilung ergeben hatte, dass die westlichen Alliierten bei einer Überquerung der Elbe auf starken deutschen Widerstand stossen würden und bei einem Marsch von der Elbe bis Berlin mit mindestens 100’000 Opfern gerechnet werden müsste, liess General Eisenhower am 14. April 1945 den Stabschefs des vereinigten Generalstabes mitteilen, dass er an der Elbe stehen bleiben würde.657 Ab dem 23. April 1945 begannen die sowjetischen Armeen mit der Einschliessung von Berlin, welches am 2. Mai 1945 kapitulierte.658

b)

Vorbereitung der Operation GOLDCUP unter Berücksichtigung der Kriegsgeschehnisse

Zur Planung der Besetzung und Wiederaktiverung der Ministerien und öffentlichen Verwaltungen des Deutschen Reiches wurde im November 1944 das „Reich Ministeries Committee“ eingesetzt. Zuvor war die Aufgabe der Besetzung der Gebäude und Beschlagnahmung der Dokumente der „T-Force“ zugewiesen worden.659 Die Combined Intelligence Priorities Committee660 hatten

654

Earl Ziemke, Die Schlacht um Berlin, S. 88 f.

655

Siehe Schiefer, S. 1.

656

Siehe Schiefer, S. 1.

657

Ziemke, Die Schlacht um Berlin, S. 93 f.

658

Siehe Schiefer, S. 4–8.

659

PRO FO 1050/1378 First Report of Reich Ministeries Committee, 23.11.1944. Insbesondere war unter der Operation „TALISMAN“ vorgesehen gewesen, dass T-Force Einheiten mit

9. Kapitel: Operation Goldcup

bereits zuvor eine „Black List“ bezüglich deutsche Ministerien zusammengestellt und veröffentlicht.661 An einer wöchentlichen Sitzung der „Control Commission for Germany“ wurde zudem versucht, die evakuierten deutschen Ministerien zu lokalisieren.662 Das „Reichs Ministeries Committee“ befand jedoch, dass das System der Target-Lists nicht praktikabel sei und schlug seinerseits vor, genau zu bezeichnen, welche Zielobjekte von „T-Force“ und welche von Repräsentanten der Control Commission aufgesucht werden sollten.663 Aufgrund der Anforderungen, welches das „Reichs Ministeries Committee“ an die Ermittler zur Lokalisierung, Besetzung und Beschlagnahmung von deutschen Ministerien stellte, kamen die T-Force Einheiten nur bedingt in Frage.664 Deshalb wurde von der Kommission vorgeschlagen, dass Spezialisten aus der Control Commission und dem Control Council teilweise allein, teilweise in Zusammenarbeit mit den T-Force die Suche und Übernahme der deutschen Ministerien gewährleisten sollten.665 Zur Planung sollte ein spezielles Team mit Offizieren der verschiedenen Departemente einberufen werden, welche in der Control Commission und dem Control Council arbeiteten.666 Das „Reichs Ministeries Committee“ errichtete daraufhin das „Sub-Committee for Technique of Control“, welches die Pflichtenhefte und die benötigten Weisungen erarbeiten sollte.667 Verschiedene zivile Abteilungen im Control Council wurden aufgefordert, ihre Zielobjekte und Begehren zu formulieren und einzureichen.668 Mitte Dezember 1944 beschlossen die britische Control Commission und das amerikanische Control Council mit

dem Auftrag der Besetzung von deutschen Ministerien nach Berlin gelangen sollten. Siehe dazu NA RG 331/143 Outline PlanT-Force Operations und Operations Talisman, 1.09.1945. Unter der Operation TALISMAN verstand man den Einsatz der alliierten Streitkräfte zur Besetzung des Deutschen Reiches. Näheres dazu auch Ziemke, US Army, S. 100. 660

Siehe S. 128.

661

PRO FO 1050/1378, Financial Control of German Ministeries, Black-List, 11.11.1944.

662

PRO FO 1050/1378, Control Commission for Germany „Weekly Conference Location of Reichs Ministeries evacuated from Berlin, 21.10.1944.

663

PRO FO 1050/1378, First Report of Reich Ministeries Committee, 23.11.1944, S. 3.

664

Die Zielobjekte waren nicht nur aus Informationsgründen aufgestellt worden. Bei den Zielobjekten des Reichs Ministeries Committee handelte es sich auch um deutsche Beamte und Minister, welche verhört werden mussten, sowie um deutsche Verwaltungsabteilungen, deren Dokumente und Archive unmittelbar nach Auffinden sofort beschlagnahmt und kopiert werden mussten. Die Ermittler mussten sodann in der Lage sein, erste Massnahmen zur Kontrolle und zur Aufrechterhaltung dieser öffentlichen Ämter zu ergreifen. Siehe dazu insbesondere PRO FO 1050/1378, First Report of Reich Ministeries Committee, 23.11.1944.

665

PRO FO 1050/1378, 3rd Meeting of Reich Ministeries Committee, 3.12.1944.

666

PRO FO 1050/1378, 4th Meeting of Reich Ministeries Committee, 14.12.1944

667

Siehe dazu auch PRO FO 1050/1378, Schreiben MFAA an Administration & Local Government Branch concerning Handling of Archives, 30.11.1944.

668

Siehe dazu Planning Directive Number 29, 12.12.1944, Ministerial Control Memorandum No. 1, 22.12.1944 und Ministerial Control memorandum No. 3, 2.01.1945 in NA RG 331/83.

159

160

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Zustimmung des SHAEF, die vom „Reichs Ministeries Committee“ vorgeschlagene kombinierte Planungsgruppe aufzustellen, welche die Errichtung der „Advanced Ministerial Control Group“, deren zentrale Kommandostelle und die notwendigen „Control parties“ für jedes wichtige deutsche Ministerium und deren zentralen Abteilungen planen sollte.669 Am 3. Februar 1945 lag bereits ein vierter Entwurf des Planes GOLDCUP vor.670 Die verschiedenen Entwürfe wurden weit herum in den Stäben des SHAEF verteilt. Schon kurz darauf wurden die Entwürfe kritisiert und deren Ausführung in Frage gestellt. Unklar waren insbesondere die Aufträge und das Vorgehen für den Fall, dass die Russen Berlin bereits eingenommen hatten, und für den Fall, dass sämtliche deutsche Ministerien aus Berlin evakuiert und in ganz Deutschland verteilt wären671. Des Weiteren waren die Verantwortlichkeiten, Kommunikationswege und Befehlsgebungskompetenzen zwischen „T-Force“, „Advanced Ministerial Control Group“, „Berlin District Commander“ und SHAEF unklar geregelt, da die T-Force-Einheiten bezüglich der Besetzung eines Zielobjektes andere Einsatzbefehle hatten.672 Grundsätzlich wurde aber bemängelt, dass der Befehl für die vorgesehene Besetzung von Targets in der russischen Zone wohl illusorisch sei und dass man bezüglich des Vormarsches der Russen nach Berlin realistischer sein sollte.673 Die Planungsgruppe versuchte daraufhin, die Unklarheiten und die Mängel mit verschiedenen Memoranden zu beheben.674 Aufgrund dieser Annahmen wurde einen Tag später ein neuer Plan entworfen.675 Anhand

669

Siehe dazu PRO FO 1050/1378, 4th Meeting of Reich Ministeries Committee, 14.12.1944.

670

NA RG 331/83, Advanced Ministerial Control Group, Plan GOLDCUP, 4th Draft, 3.02. 1945. Siehe dazu auch Anhang 1/6.

671

NA RG 331/83, Schreiben «Comments on Operation GOLDCUP» SHAEF, G-5, Ops Branch an G-3, Post Hostilities Plans Sub-Section, 5.02.1945.

672

NA RG 331/83, Schreiben «Comments on Operation GOLDCUP» SHAEF, G-5, Ops Branch an G-3, Post Hostilities Plans Sub-Section, 5.02.1945.

673

Siehe dazu auch NA RG 331/83, Conference between Representatives of SHAEF and of the British Control Commission and United States Group Control Council to discuss the Plan GOLDCUP, 10.02.1945.

674

Der Chief Post Hostilities Planning Sub-Section, Oberst T.N. Grazebrook traf in einem Memorandum am 8.02.1945 die Annahme, dass, wenn die Russen zuerst in Berlin eintreffen würden, von dem nachfolgenden Szenario ausgegangen werden müsse: „Es kann angenommen werden, dass nicht alle Abteilungen der Ministerien rechtzeitig evakuiert werden konnten. Die evakuierten Ministerien werden nicht in einem einzelnen Dorf untergebracht sein. Die einzelnen Ministerien werden sich sodann nicht zentriert an einem einzelnen Ort befinden. Des Weiteren werden sie auf verschiedene Abteilungen verteilt sein. Da eine Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen grösstenteils fehlen wird, können sie nicht voll arbeiten“. NA RG 331/83, Schreiben «Ministerial Control Parties» an Chief Plans Section von Chief Post Hostilities Planning Sub-Section, 8.02.1945, S. 1.

675

Folgender Plan wurde erstellt: „Ein erstes Element der Advanced Ministerial Control Group wird früher oder später in Berlin benötigt werden, um mit den Russen Verbindung aufzu-

9. Kapitel: Operation Goldcup

der Kriegsereignisse und der operativen Befehle des SHAEF an die einzelnen Heeresgruppen zogen die Planer drei verschiedene Szenarien in Betracht: Erstens das Szenario einer frühzeitigen deutschen Kapitulation, welche ermöglicht, dass das SHAEF oder deren unterstellte Truppen gleichzeitig mit den Russen in Berlin eintreffen.676 Zweitens der Fall einer Fortsetzung der Feindseligkeiten für eine gewisse Zeit, nachdem die Russen Berlin eingenommen und in ihrer Besatzungszone bereits eine Militärregierung eingerichtet hätte.677 Drittens konnte die Lage eintreten, dass die Russen in Berlin eine «freie deutsche Regierung» einsetzen würden, durch die sie in ihrem besetzten Gebiet regierten.678 In diesem Stadium der Planung war die Absicht der westlichen Alliierten diejenige, dass die deutschen Ministerien, wo immer sie sich auch befanden, eingenommen, besetzt und ausser Betrieb gesetzt werden sollten, bis über ihre weitere Existenz entschieden werden konnte. Eine „Advanced Control Group Headquarters“ sollte in zwei Formationen aufgeteilt werden: eine Frontstaffel, welche fähig sein sollte, in kürzester Zeit nach Berlin vorzurücken, ein Zusammentreffen mit den sowjetischen Truppen zu organisieren und mit diesen eine gemeinsame Planung durchzuführen. Daneben sollte sie auch den Nachzug der „Advanced Ministerial Control Group“ vorbereiten. Eine rückwärtige Staffel sollte im Hauptquartier des SHAEF zur Überprüfung der von den „Ministerial Control Parties“ besetzten deutschen Verwaltungseinrichtungen eingesetzt werden. Die „Ministerial Control Parties“, deren Einsatz für jedes deutsche Ministerium vor-

nehmen und ein Hauptquartier zu errichten. Diese kleinen Einheiten müssen bereit sein, um nach Berlin einzudringen und mit den Russen zusammen die Kontrolle über die verschiedenen Abteilungen der deutschen Ministerien, welche nicht evakuiert wurden, zu übernehmen und diese falls notwendig wieder zu errichten. Es muss davon ausgegangen werden, dass die deutschen öffentlichen Verwaltungen durch Flucht und Auflösung, insbesondere aber auch durch die zunehmende Konfusion aufgrund des Kollapses oder der Kapitulation grösstenteils inoperativ sein werden. Im Prinzip soll keine deutsche Regierungsstelle in diesem Zeitpunkt noch Regierungstätigkeiten ausüben, sondern erst wieder bei ihrer Wiedereinsetzung in Berlin. Zu beachten ist, dass die zerstreuten Verwaltungsabteilungen eine einzelne „SHAEF-Agency“ wie das „Forward Headquarter“ der „Advanced Military Control Group“ für eine gezielte Kontrolle der Ministerien überfordert würde. Teile von Regierungsstellen und Verwaltungen, welche ausserhalb von Berlin gefunden werden, werden deshalb als T-Force-Targets betrachtet und folglich besetzt. Das dazu benötigte Personal umfasst Teile der T-Force und der Control Commission. Diese Kommandoeinheiten werden jedoch nie als T-Force-Einheiten oder als „Ministerial Control Parties“ bezeichnet. Es besteht sodann die Möglichkeit, dass einige Ministerien oder Teile davon gar nie mehr aufgebaut werden müssen“. NA RG 331/83, Schreiben “Ministerial Control Parties” an Chief Plans Section von Chief Post Hostilities Planning Sub-Section, 8.02.1945, S. 1 ff. 676

In einer solchen Lage wollte man die deutschen Ministerien auch schnell wieder nach Berlin zurück beordern.

677

Die deutschen Ministerien konnten in diesem Fall nicht nach Berlin zurückkehren.

678

NA RG 331/83, Schreiben Operational Plan GOLDCUP an diverse Sektionen von Secretary, Planning Staff, 9.02.1945, S. 1.

161

162

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

gesehen war, sollten möglich flexibel agieren können und deshalb administrativ auf sich alleine gestellt und fähig sein, sich bei Bedarf in noch kleinere Gruppen aufzuteilen, falls die Ministerien aufgesplittert sein sollten.679 Aufgrund der oberwähnten Probleme mit dem Einsatzbefehl und zwecks Revisionen wurde am 10. Februar 1945 eine Sitzung mit den involvierten Sektionen der G-3 Division und der G-5 Abteilung durchgeführt. Die anlässlich dieses Meetings durchgeführte Lageanalyse zeigte auf, dass alle Sektionen damit rechneten, dass die Russen zuerst in Berlin einmarschieren würden, eventuell gefolgt von einer Kapitulation oder einem Kollaps des Deutschen Reiches. Ein weiterer Diskussionspunkt war, ob die Russen eine sogenannte „freie deutsche Regierung“ einsetzen würden. Dieser Punkt wurde offen gelassen, da man der Ansicht war, dass dieses Problem in Kürze an einem Meeting zwischen Roosevelt, Churchill und Stalin sicher besprochen werden würde.680 Den ganzen Februar und März 1945 wurden von verschiedenen Stabsstellen diverse Änderungsvorschläge angebracht. Die ungewisse Situation über den Kriegsverlauf unter Einbezug von Berlin machte immer wieder Korrekturen am Plan notwendig. Es ist erkennbar, dass die verschiedenen Stabsorganisationen und Sonderkommandos unterschiedliche Vorstellungen über die Beendigung des Krieges und die Wiederherstellung eines Verwaltungsapparates für Deutschland hatten.681 Im März 1945 wurde den zuständigen Stellen ein neuer vollständig überarbeiteter Entwurf des Plans GOLDCUP vorgelegt.682 Entgegen den bisherigen Entwürfen wurde der Einsatz unter der Operation GOLDCUP konkret geregelt, und es wurden aufgrund der aktuellen Lage Anpassungen vorgenommen. Ziel der Operation GOLDCUP war die Herstellung des Kontaktes zwischen dem SHAEF und dem sowjetischen Oberkommando oder dem sowjetischen Element des alliierten Kontrollrates, entweder in Berlin oder sonstwo in Deutschland, und die Übernahme der Kontrolle über die deutschen Regierungsstellen. Dabei wurde der SHAEF-Spezialstaffel (SHAEF Special Echelon) die Kontaktaufnahme mit den Russen befohlen, und die sogenannten SHAEF-Kontrollgruppen (SHAEF Ministerial Control Parties) erhielten den Befehl zur Sicherung und Kontrolle der deutschen Amtsstellen. Aufgrund einer Lageanalyse wurde in diesem Zeitpunkt angenommen, dass die russischen Truppen vor Kontaktaufnahme mit den westlichen Truppen Berlin

679

NA RG 331/83, Schreiben Operational Plan GOLDCUP an diverse Sektionen von Secretary, Planning Staff, 9.02.1945, S. 2 ff.

680

NA RG 331/83, Protokoll, Conference between representatives of SHAEF and of the British Control Commission and United States Group Control Council to discuss the plan GOLDCUP, 10.02.1945.

681

Siehe NA RG 331/83, mit diversen Schreiben an die Planungssektion Operation GOLDCUP.

682

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, First Draft, March 1945.

9. Kapitel: Operation Goldcup

einnehmen oder einschliessen würden.683 Es wurde nunmehr ausgeschlossen, dass die westlichen Streitkräfte vor den Russen Berlin erreichen würden, weshalb der ursprüngliche GOLDCUP-Plan diesbezüglich abgeändert wurde.684 Für die Operation GOLDCUP galt vom 1. April 1945 an eine operative Bereitschaftszeit von einer Woche, innert welcher die SHAEF Ministerial Control Group einsatzbereit sein musste.685 Der fünfte Entwurf wurde am 18. April 1945 endgültig bereinigt und in Kraft gesetzt, unterschied sich jedoch nicht wesentlich vom 1. Entwurf Operation GOLDCUP vom März 1945.686 Mit Befehl vom 8. Juni 1945 wurde ein Teil des Planes der Operation GOLDCUP, nämlich die Kontaktaufnahme mit dem sowjetischen Oberkommando, verworfen, da dieser Auftrag durch die aktuellen Geschehnisse sinnlos wurde.687

3.

Advanced Ministerial Control Group

a)

Ziele der Advanced Ministerial Control Group

Bevor die Teams der „Advanced Ministerial Control Group“ in Berlin tätig werden konnten, mussten die im Operationsbefehl aufgelisteten Voraussetzungen erfüllt sein688. Für Berlin sah man nur einige wenige Teams vor. Die anderen wollte man mobil in ganz Deutschland einsetzen, um die Amtsstellen von lokalen Behörden oder Abteilungen der Zentralbehörde, welche man disloziert hatte, zu besetzen.689 Die Hauptaufträge der Advanced Ministerial Control Group waren dabei: – Die Beschaffung von Informationen zur Kontrolle von deutschen Regierungsstellen und die Erarbeitung von Verordnungen in Abstimmung mit den sowjetischen Elementen des «Control Council» in Belangen der Militärregierung und der Entmilitarisierungspolitik; – Die Kontaktaufnahme mit den sowjetischen Elementen der Kontrollkommission in einem möglichst frühen Zeitpunkt nach Ankunft in Berlin;

683

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, First Draft vom März 1945, S. 1– 4. Auflistung der genauen Diskussionspunkte mit dem sowjetischen Oberkommando. Siehe NA RG 131/83, Agenda for discussions with Soviet Authorities.

684

PRO FO 1032/473, Memo by Joint Head Planner, März 1945.

685

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, First Draft, März 1945, S. 5 f.

686

Siehe NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop. Div., Plan GOLDCUP, 18.04.1945.

687

NA 331/83/Brief SHAEF, AEF Special Echelon, 8.06.1945.

688

Die Gruppen sollten in Berlin in den Einsatz geschickt werden, wenn westalliierte Streitkräfte Berlin besetzt hätten, wenn sowjetische Truppen Berlin eingenommen hätten oder wenn Deutschland formell kapituliert hätte, wobei die Zentralbehörde immer noch intakt gewesen und ein grösserer Teil von Deutschland immer noch unbesetzt gewesen wäre, zudem wenn das Deutsche Reich mit oder ohne formelle Kapitulation und nachdem ein grosser Teil besetzt oder aufgegeben worden war, geschlagen würde.

689

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, Final Draft, April 1945.

163

164

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten – In Zusammenarbeit mit den sowjetischen Truppen oder in deren Abwesenheit die Aufklärung und Besetzung noch existierender deutscher Ministerien vorzunehmen und die Planung für eine Neueinsetzung von Amtsstellen des Deutschen Reiches, welche nicht mehr existierten, jedoch als nötig angesehen werden, vorzubereiten; – Die administrative Aufklärung zur Bildung der Kontrollkommission.690

b)

Organisation der «Advanced Ministerial Control Group» während der Operation GOLDCUP

Die Advanced Ministerial Control Group war in mehrere Kommandos mit dazugehörenden Teams unterteilt. Jedes Team war einem Zielobjekt 1. Priorität zugeteilt. Den Kommandos wurden Vertreter verschiedener Abteilungen der Kontrollkommission beigegeben. Für den Transport wurde die «Advanced Ministerial Control Group» in Vorausdetachemente und Haupttross eingeteilt. Die Vorausdetachemente beinhalteten kleine Teile der Kommandostellen, welche als «Forward Headquarters» bezeichnet wurden, und eine Anzahl von Teams, die höher eingestuften Targets zugeteilt waren. Die Teams und die Stäbe der Kommandos konnten luft- oder motortransportiert werden. Dazu stand ihnen ein eigener Fahrzeugpark zur Verfügung.691 Die «Advanced Minsterial Control Group» stand unter dem Kommando des «SHAEF». Für das Kommando wurde entweder ein erfahrener amerikanischer oder britischer Offizier vorgesehen. Als Stellvertreter fungierte ein Offizier mit anderer Nationalität als jener des Kommandanten. Für die einzelnen Teams waren ziemlich ähnliche Kommandostruktur vorgegeben worden.692 In einer ersten Phase nach dem 1. April 1945 wurde die «Advanced Ministerial Control Group» als Gesamtformation auf dem europäischen Festland stationiert.693 Die „Ministerial Control Group“ wurde sodann in 70 Teams aufgeteilt, um eine grössere Einsatzmöglichkeit zu erlangen. Das SHAEF versetzte zudem einige Ministerial-Control-Teams zur T-Sub-Division, G-2, SHAEF.694 Diese

690

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, S. 2.

691

NA RG 331/83, Final Plan GOLDCUP, 18.04.1945.

692

NA RG 331/83, Final Plan GOLDCUP, 18.04.1945, S. 6.

693

Die Advanced Ministerial Control Group wurde nach ihrem Transport auf das Festland in Versailles und in der näheren Umgebung von Paris untergebracht. Siehe NA RG 331/83, Schreiben GOLDCUP, 1.05.1945. NA RG 331/83, GOLDCUP Final, 18.04.1945, S. 4.

694

Die T-Force-Einheit, die ihre eigenen Teams hinter der Front durch ganz Deutschland sandte, um wissenschaftliche und industrielle Informationen zu erlangen, informierte jeweils die vorerwähnten Ministerial-Control-Teams, wenn ihre Teams auf Dokumente mit politischem Inhalt oder Mitglieder von Zentralbehörden stiessen. Die Ministerial-Control-Teams führten danach die angemessenen Handlungen durch. Die Erfahrung zeigte, dass viel mehr Personal von Verwaltungen und Ministerien aus Berlin disloziert waren, als man bis anhin angenommen hatte. Überall und sogar in den entlegensten Orten konnten Teile von Ab-

9. Kapitel: Operation Goldcup

Kontrollgruppen, welche für Targets in der britischen oder amerikanischen Zone vorgesehen waren, wurden dem Kommando der 21., 12. oder 6. Armeegruppe respektive deren T-Force-Einheiten unterstellt. Die Kontrollgruppen, welche für den Einsatz in Österreich vorgesehen waren, standen unter dem Kommando des SACMED.695 Auf die Einsatzbefehle hatten die Unterstellungen jedoch keinen Einfluss.

c)

Aufgaben der «Advanced Ministerial Control Group» in Deutschland

Hauptaufgabe der „Advanced Ministerial Group“ war die Sicherung und Stilllegung der deutschen Ministerien, damit diese nicht mehr die Sicherheit der alliierten Verbände gefährden oder die alliierte Militärregierung in Verlegenheit bringen konnten. Als weitere Aufgaben kamen die Durchsetzung der generellen und speziellen Befehle und deren Kontrolle dazu. Daneben musste sichergestellt werden, dass die alliierten Befehle an alle anderen nicht prioritären deutschen Verwaltungsstellen weitergegeben wurden. Des Weiteren wurde das Sammeln von Informationen befohlen, welche das SHAEF für die Erhaltung des deutschen Verwaltungsapparates und die Beschlagnahmung der Akten benötigte.696 In Zusammenarbeit mit dem CIC war eine erste Denazifizierung und die Reorganisation des Verwaltungspersonals vorzunehmen. Dabei sollten Studien über die Organisationsstruktur der einzelnen Ministerien erstellt werden, um eine zukünftige politische Strategie der Alliierten zu erarbeiten und erste Vorkehrungen zu treffen, damit die Funktionalität der einzelnen Regierungsstellen wieder hergestellt werden konnte. Für die Durchführung all dieser Massnahmen war der T-Force-Kommandant verantwortlich, welcher für das Gebiet zuständig war, in welchem sich das Zielobjekt befand.697 Von den personell nur schwach dotierten „Advanced Ministerial Control Groups“ wurde jedoch nicht erwartet, dass alle Ministerien vollumfänglich über-

teilungen verschiedenster Reichsverwaltungen und deren Akten aufgegriffen werden. So konnten zum Beispiel Dokumente des Obersten Armeekommandos im Bergwerk bei Merkers und die Kryptographische Abteilung des Aussenministeriums in einem Schloss ausserhalb von Leipzig sichergestellt werden. Dennoch konnten meist nur Fragmente und nicht die ganze Substanz der Ministerien sichergestellt werden. Siehe dazu Zimke, US Army, S. 249. Siehe auch NA RG 331/83, Administrative Instructions, Plan GOLDCUP, 20.03.1945. 695

Supreme Allied Commander, Mediterranean.

696

Siehe dazu NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, Final, 18.4.1945. NA RG 331/83, Instructions of Immediate Action, Plan GOLDCUP, 4th Draft, Appendix H, 3.02.1945. NA RG 331/83, Outline Procedure, Preliminiary Action Required at Ministerial Control Targets, Plan GOLDCUP, Final, Appendix A, April 1945.

697

NA RG 331/83, Outline Procedure, Preliminiary Action Required at Ministerial Control Targets, Plan GOLDCUP, Final, Appendix A, April 1945.

165

166

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

wacht und alle aufgelisteten Aufgaben erfüllt werden konnten. Wichtig war für die Control Commission und das Control Council, dass jegliche Aktivitäten von potentiell gefährlichen Ministerien oder Teilen davon gestoppt wurde. Es war jedoch nicht beabsichtigt, die normalen administrativen Aktivitäten der deutschen Ministerien sofort zu suspendieren. Man war sich wohl bewusst, dass es unmöglich war, bereits in einer ersten Phase eine vollumfängliche und effiziente Kontrolle über alle Ministerien zu erreichen. Eine schnelle Wiederherstellung der administrativen Autorität für die deutschen Behörden war jedoch nicht geplant.698 Damit wieder eine deutsche Verwaltung eingesetzt werden konnte, musste zuerst die Lage innerhalb Deutschlands von den Alliierten als stabil bezeichnet, die Nachkriegsorganisation und die Konditionen dafür mit der sowjetischen Regierung abgesprochen sein, die Denazifizierung beendet und der Grossteil der „Control Commission“ in Berlin eingerichtet sein.699 Dabei waren auch die Kampfverbände bis zum Abschluss der Besetzung Deutschlands und bis sich die Lage stabilisiert hatte, berechtigt, Befehle im Rahmen der Entmilitarisierung und im Auftrag der Militärregierung an deutsche Verwaltungseinheiten zu erteilen. In der Langzeitplanung bezüglich Nutzung der zentralen Verwaltungen in Deutschland war die „Advanced Ministerial Group“ nicht vorgesehen. Diese Funktion übernahm die Militärregierung. Die diesbezüglichen Befehle sollten jedoch erst im Zeitpunkt erstellt werden, in dem Deutschland bereits formell kapituliert hatte. Die Befehle umfassten dabei Administrativbefehle und Befehle zur Abgabe von Informationen an die Alliierten. Falls es zu keiner formellen Kapitulation kommen sollte, hätten die einzelnen Kontrollgruppen den Auftrag bekommen, die benötigten Informationen selbst einzuholen.700 Die gesamte Planung ging davon aus, dass die ökonomischste und effektivste Methode zur Verhinderung von Aktivitäten deutscher Verwaltungsapparate die Isolation von den Telekommunikationsmitteln sei. Für Berlin war vorgesehen, nicht nur die Kommunikation der einzelnen Ministerien durch die Abschaltung von Telefonzentralen und anderen Telekommunikationseinrichtungen zu verhindern, sondern die gesamten Telekommunikationseinrichtungen von Berlin abzuschalten und zu stören, damit Berlin vom restlichen Deutschland isoliert wäre. Verantwortlich für eine solche Aktion war der Kommandant für die Zone Berlin. Des gleichen war dieser für die Besetzung aller Funk- Radio- und sonstigen Telekommunikationsstationen im Raum Berlin zuständig.701 698

NA RG 331 Box 83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3. Februar 1945, S. 9.

699

NA RG 331 Box 83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3. Februar 1945, S. 9.

700

NA RG 331 Box 83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3. Februar 1945, S. 9f.

701

NA RG 331 Box 83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3. Februar 1945. Gemäss dem 4. Entwurf der Planung zur Operation GOLDCUP wurden der «Advanced Ministerial Control

9. Kapitel: Operation Goldcup

Die Abschaltung konnte für eine kurze Zeit aufgehoben werden, falls das deutsche Oberkommando die generellen und die speziellen Befehle der Alliierten der Bevölkerung verkünden musste. Es war sodann vorgesehen, dass die Entscheidung dazu das SHAEF auf Antrag des Kommandanten der «Advanced Ministerial Group» zu treffen hatte.702 Die gesamte Kommunikation für die «Advanced Ministerial Control Group» sollte von der T-Force zur Verfügung gestellt werden.703

d)

Vorgehensweise der Advanced Ministerial Control Group in Deutschland

Bereits am 3. Februar 1945 wurde ein erster Befehl für sofortige Aktionen zuhanden aller in die Operation GOLDCUP involvierter Ministerien erlassen.704 Die verschiedenen Dienste, welche dazu ausersehen waren, Zielobjekte einzunehmen, wie die dazu ausersehenen T-Force-Einheiten, die eingesetzten Ermittler des CIC und andere Aufklärungsorgane sowie deren Dolmetscher und Sicherungstruppen wurden für die Suche und Besetzung der „Ministerial Intelligence Targets“ unter einem Kommando zusammengefasst. Bis zum Zeitpunkt der Sicherung und Einnahme des Gebäudes wurden die einzelnen KommandotrupGroup» für die Aktionen innerhalb Berlins und in deren Nähe Aufgaben mit sieben verschiedenen Prioritätsstufen zugeteilt: 1. Priorität: Einnahme und Sicherung aller Telekommunikationszentren, um jegliche weitere Kommunikation zwischen den deutschen Ministerien zu verhindern. 2. Priorität: Schliessung und Kontrolle der Zentralbüros von denjenigen Ministerien oder Departementen, welche die Sicherheit der alliierten Streitkräfte innerhalb Deutschlands gefährden konnten. 3. Priorität: Errichtung eines Kontrollorgans in Ministerien, welche Informationen über hervorragende technische oder administrative Errungenschaften (ausserhalb des Kompetenzbereiches der T-Force) besitzen, von denen man annahm, dass die Nazis deren Zerstörung planen würden. 4. Priorität: Errichtung einer Kontrolle über die Zentralbüros derjenigen Ministerien, deren Aktivitäten die alliierten Streitkräfte sowie die Entmilitarisierung empfindlich stören würden. 5. Priorität: Vornahme einer Schliessung oder Errichtung einer Kontrolle über Abteilungen und Departemente derjenigen Ministerien, deren Aktivitäten die alliierten Streitkräfte oder die Entmilitarisierung empfindlich stören konnten. 6. Priorität: Errichtung einer Kontrolle über diejenigen Ministerien und Verwaltungseinheiten, die für die Beendigung der Entmilitarisierung und für die Restitutions- und Reparationsangelegenheiten Deutschlands von Wichtigkeit sind. 7. Priorität: Errichtung einer Kontrolle über Verwaltungseinheiten, die Informationen über hervorragende technische oder administrative Errungenschaften (ausserhalb des Kompetenzbereiches der T-Force) besitzen, von denen man annahm, dass die Deutschen die Zerstörung planen würden. Siehe auch PRO WO 219/4136, Signal Divisions Records, Communication Requirements for Plan GOLDCUP. 702

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, S. 12. Siehe auch NA RG 331/83, Plan for Isolation of German Ministeries from Telecomunications Point of view Appendix K zum 4th Draft of Plan GOLDCUP.

703

Siehe auch NA RG 331/83, Plan for Isolation of German Ministeries from Telecomunications Point of view Appendix K zum 4th Draft of Plan GOLDCUP.

704

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, Appendix «H».

167

168

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

pen dem Kommando der Kampftruppen gestellt705. Nach Einnahme des Objektes wurde die Truppe dem Kommando eines entweder amerikanischen oder britischen Kommandanten unterstellt, welchen man als „Target Commander“ bezeichnete. Gemäss Befehl musste der „Target Commander“ nach der Einnahme seines zugeteilten Zielobjektes dem deutschen Kommandanten des Objektes befehlen, in erster Priorität alle verbliebenen deutschen Soldaten zusammenzuholen, damit diese unter alliierte Bewachung gestellt werden konnten. Die Kommandanten der alliierten Kommandotruppe waren befugt, deutsche Beamte zu verhaften, falls diese nicht zur Kooperation bereit waren. In Zusammenarbeit mit dem CIC wurde sodann entschieden, ob der Leiter der besetzten Verwaltungsstelle oder Abteilung weiter in dieser Position eingesetzt werden konnte oder ob er ausgetauscht werden musste.706 Dieser Beamte wurde für die Umsetzung der alliierten Befehle verantwortlich gemacht. Die Nachrichten- und Kontrolloffiziere wurden angewiesen, sofort alle Büros dieser deutschen Amtsstellen zu inspizieren. Büros, in denen sich spezielle oder wichtige Dokumente befanden, sowie die Telefonzentralen waren sodann ohne Verzug mit Wachen zu besetzen. Daneben sollten auf Befehl des „Target Officers“ in einer zweiten Phase alle Aufzeichnungen und Unterlagen der besetzten Verwaltungseinheit versiegelt oder beschlagnahmt, Büros temporär geschlossen und das Personal zum Teil entlassen werden. Dem Hauptquartier der „Advanced Ministerial Control Group“ waren danach Berichte über den Ort des Zielobjekts, die Ermittlungsergebnisse, den Zustand des Gebäudes und der Unterlagen, den Personalstatus, den Zustand der Kommunikationseinrichtungen und die Namen der auf der schwarzen Liste vermerkten Personen abzuliefern. Bei der Kommandostelle konnten sodann auch zusätzliche Wachen und Spezialisten angefordert werden.707

4.

Zielobjekte der Operation GOLDCUP

a)

Allgemeine Zielobjekte der Operation GOLDCUP

Am 6. April 1945 wurden die SHAEF „Ministerial Control and Intelligence Targets“, welche man immer wieder neu analysiert hatte, in einer verbindlichen Liste 705

Dabei wurde dieselbe Regelung getroffen wie bei der „T-Force“, die den Heeresgruppen unterstanden.

706

Es wurde jeweils eine umfassende Liste der Mitarbeiter verfasst. Auf das Vernichten jeglicher Dokumente der Amtsstelle stand Todesstrafe. Dem gesamten deutschen Personal wurden Fragebogen verteilt, die sie vor Verlassen des Gebäudes ausfüllen mussten. Aufgrund dieser Fragebogen und weiterer Auswertungen wurde die Parteizugehörigkeit zur NSDAP und weiteren Nazigruppierungen abgeklärt. Personen, die vom CIC zur Verhaftung ausgeschrieben waren, wurden sogleich verhaftet und interniert.

707

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, Appendix «H», S. 1–3.

9. Kapitel: Operation Goldcup

zusammengefasst.708 Insgesamt umfasste die Liste 34 Seiten.709 Die meisten Targets waren bereits in den Beilagen der Entwürfe zur Operation GOLDCUP erwähnt.710 Sodann gab es für alle deutschen Ministerien Listen über deren Angestellte mit genauer Funktion und Bezeichnung.711 Einige dieser Personen wurden auch zu Zielobjekten für die Ministerial Control Parties.712 Alle wichtigen deutschen Ministerien und Zentralbehörden wurden aufgrund ihrer Bedeutung für die Alliierten in Zielobjekte mit verschiedenen Prioritäten eingeteilt. Die Targets wurden entweder als 1. Priorität oder als 2. Priorität gewertet. Für die Targets 1. Priorität wurden, je nach der Örtlichkeit, der Grösse und Wichtigkeit des Objektes, spezielle Teams gebildet.713 Die Targets 2. Priorität wurden von den Target-Teams in einem späteren Zeitpunkt, und wenn es die Umstände erlaubten, aufgeklärt. Die Target-Teams waren jedoch verpflichtet, ein Target 2. Priorität aufzuklären, wenn dieses im Zusammenhang mit einem bereits aufgeklärten Target von 1. Priorität stand.714 Die Target-List wurde in drei Teile eingeteilt. In einer ersten Liste befanden sich die Targets 1. Priorität für Berlin und die benachbarte russische Zone. In der zweiten Liste befanden sich die Targets 2. Priorität für Berlin und für die benachbarte russische Zone. In einer dritten Liste wurden sodann alle anderen Targets angefügt, welche sich nicht in der Berliner Umgebung befanden.715

708

Die Targets umfassten Ziele des Oberkommandos der Wehrmacht, des Oberkommandos des Heeres, des Reichsluftfahrtministeriums, des Oberkommandos der Kriegsmarine, des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion, des Reichsarbeitsministeriums, des Reichswirtschaftsministeriums, des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, des Reichsverkehrsministeriums, des Reichsfinanzministeriums, des Auswärtigen Amtes, des Kanzleramtes, der Parteibüros der Nationalsozialistischen Partei, des Reichministeriums des Innern, des Justizministeriums, des Reichspostministeriums, des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.

709

NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop. Div., SHAEF Ministerial Control and Intelligence Targets vom 6.04.1945.

710

NA RG 331/83 4th Draft Plan GOLDCUP, Appendix B, Primary targets, 3.02.1945.

711

NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop. Div. Detailed Organization of Main Department III of the German Ministry of Economics, Oktober 1944.

712

Siehe dazu z.B. die MFAA, welche ihrerseits nicht nur Archive, Museumssammlungen oder Kulturinstitute suchte, sondern auch Mitglieder des Einsatzstabes Rosenberg und Direktoren der verschiedenen deutschen Kunstmuseen. NA RG 239/38, Targets for MFAA Officers on an Advanced ministerial Control Group in Berlin, 8.01.1945. NA 239/9, MFAA Intelligence Targets (report 2), 4.04.1945.

713

Siehe auch NA RG 331/83, SHAEF Ministerial Control & Ministerial Intelligence Targets, Plan GOLDCUP, Final, Appendix B, 18.04.1945.

714

Siehe dazu auch NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, Appendix A.

715

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, Appendix B –Appendix E.

169

170

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Einige dieser Targets befanden sich ebenfalls auf den Listen der „Intelligence Targets“ von T-Force-Einheiten, da man sich von diesen Targets, ausser den Informationen und Unterlagen über das eigentliche Zielobjekt, auch andere spezifische Informationen erhoffte, die von der Control Commission und dem Control Council benötigt wurde. Solche Targets wurden „Control Information Targets“ genannt.716 Aufgrund der knappen personellen Ressourcen der GOLDCUP-Teams wurde die überwiegende Anzahl dieser Targets von T-Force-Einheiten und nicht von kombinierten Teams kontrolliert. Diesem Umstand hatte man jedoch bereits in der Planung Rechnung getragen.717 Die Ziele, welche nicht bereits von regulären Truppen oder T-Force-Einheiten besetzt worden waren, wurden in der Folge von den „Ministerial Control Parties“ besucht, welche die nötigen Sicherstellungen vornahmen. Die Sicherstellungsmassnahmen und den Abtransport der Dokumente mussten die Teams selbst organisieren.718 Über die Besuche und die vorgenommenen Handlungen wurde normalerweise an die T-Force Sub Division, G-2, der einzelnen Heeresgruppen und an den Operationsstab der „Advanced Ministerial Control Parties“ rapportiert.719 Die „Ministerial Control Parties“ wurden dabei vielfach von Spezialisten des CIOS begleitet.720 Zuhanden des US Group Control Council wurde ausserdem regelmässig eine Situationsübersicht bezüglich der bereits entdeckten Targets erstellt.721

716

NA RG 331/83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945. Siehe auch NA RG 260/648, SHAEF Ministerial Control and Intelligence Targets, 6.04.1945.

717

NA RG 33/ 83, 4th Draft of Plan «GOLDCUP» 3.02.1945, S. 4.

718

Siehe NA RG 84/37/Archives June–July, Memorandum betreffend Foreign Office Documents from Schönebeck, 21.06.1945. In diesem Memorandum wird ausgeführt, dass ein Mitglied eines GOLDCUP-Teams die Anweisung bekommen hat, Material, welches die Political Division angefordert hatte, aus der Mine Schönebeck zu evakuieren und nach Kassel zu bringen.

719

NA RG 239/64, Bericht über die Sicherstellung des Reichsarchives, des Preussischen Geheimen Staatsarchives und des Reichsgerichtsarchives, 22.06.1945. NA RG 331/155/US Group CC, Report on Advance Ministerial Control Activities, 6th Army Group Area. NA RG 331/155/US Group CC, Bericht GOLDCUP Operations, 18. April–17. Mai 1945, 18.05.1945. NA RG 331/155/US Group CC/GOLDCUP, Activity Report 19.06.1945.

720

NA 331/143, Reconnaissance Report on Target P 71, 1.05.1945. NA 331/155/#18A/US Group CC, Report GOLDCUP Mission to Finance Ministery Targets in the 7th Army Area, 31.05.1945. In diesem Bericht werden alle deutschen Beamten erwähnt, welche durch die Kontrollgruppe verhaftet und einvernommen wurden. Die verhafteten Personen wurden den einzelnen CIC-Abteilungen innerhalb der jeweiligen Armee-Gruppe zugeführt, welche die weiteren Untersuchungen übernahmen.

721

Siehe NA RG 331/155/#18A/US Group CC, Übersicht mit der GOLDCUP Target Situation, 6.06.1945; Die Sichtung der Dokumente im NA hat auch eine Karte der GOLDCUPTargets zum Vorschein gebracht. Auf dieser Karte der weiteren Umgebung von Frankfurt wurden mittels Farbstift die Fundorte der einzelnen Targets eingetragen.

9. Kapitel: Operation Goldcup

b)

Targets der Finance Division in der Operation GOLDCUP

Der Auftrag der Finance Division innerhalb der „Advanced Ministerial Control Group“ war die Besetzung und die Übernahme der Kontrolle des Finanzministeriums des Deutschen Reiches, der Deutschen Reichsbank und anderen Abteilungen der deutschen Regierung, die für die finanziellen Belange des Deutschen Reiches von Wichtigkeit waren.722 Der Auftrag umfasste sodann auch die Sicherstellung aller Akten und Vermögenswerte. Des Weiteren sollten alle Personen, welche in den vorgenannten Ministerien und Instituten arbeiteten, dem Denazifizierungsplan der Alliierten unterzogen werden. Der Wirtschaftsbereich des Deutschen Reiches sollte zudem anhand der Gesetze des Military Government723 umgestaltet und in die Militärregierung eingebettet werden.724 Neben all diesen Regierungsabteilungen oder Instituten wurden auch alle privatrechtlich organisierten grossen Banken in die Gruppe der Zielobjekte aufgenommen.725

5.

„SHAEF Special Echelon“ der Operation GOLDCUP

Bereits im Winter 1944 wurde für die Operation GOLDCUP noch eine andere Organisation, die Sonderstaffel des SHAEF aufgebaut. Ihre Aufgabe bestand darin, „zum frühest möglichen Zeitpunkt Kontakt mit dem russischen Oberkommando herzustellen und zusammen mit den Russen und den Franzosen damit zu beginnen, die alliierte Kontrollbehörde zu errichten.726 722

NA RG 260/284/GOLDCUP, Functions and Actions of Finance Targets under GOLDCUP, 7.3.1945. Die genaue Funktion und der Auftrag der Finance Division im Gesamtrahmen der Operation wurde im März 1945 nochmals beschrieben und dem allgemeinen Befehl für die Operation GOLDCUP angepasst.

723

Die anzuwendenden Gesetze waren Law No. 51; Currency (Währung), Law No. 52; (Blocking and control of property, Sperre und Beaufsichtigung von Vermögen), Law No. 53; Foreign exchange control (Devisenbewirtschaftung), Instructions to Financial Institutions, Instructions on Personnel to German Financial Agencies. Dazu kam auch noch die im April 1945 erlassene JCS 1067.

724

NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop Div, Advanced Ministerial Control Plan (Germany), Finance vom 13.1.1945, S. 2. Siehe auch NA RG 260/648/GOLDCUP, Prop Div/Advanced Ministerial Control Plan (Germany), Finance vom 13.1.1945, S.4 bis S.15. Die Finance Division arbeitete für die Operation GOLDCUP konkrete Pläne zur Besetzung des Finanzministeriums, des Reichsrechnungshofes, der Reichsverschuldungsverwaltung, des Reichsfinanzhofes, der Reichsbank, des Reichswirtschaftsministeriums, der Devisenstelle, des Reichsaufsichtsamtes für Versicherungen, des Oberfinanzpräsidiums, des Reichspostministeriums, der Reichsdruckerei, der Preussischen Staatsmünze sowie des bayerischen Hauptmünzamtes aus.

725

NA RG 260/648/GOLDCUP, Prop Div/Advanced Ministerial Control Plan (Germany), Finance vom 13.1.1945, Beilage 5, S. 20. Dies betraf sowohl die Bank der Deutschen Arbeit, die Deutsche Industrie-Bank, die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Commerz-Bank als auch die Deutsche Girokasse und die Reichsgruppe der Versicherung.

726

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, Final, 18.04.1945.

171

172

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Die alliierte Militärführung war der Ansicht, dass eine Besetzung Deutschlands nur gleichzeitig und gemeinsam mit allen Alliierten durchgeführt werden konnte. Daher waren sie an einem direkten Kontakt mit allen alliierten Kommandostellen in Deutschland interessiert. Die SHAEF-Spezialstaffel (SHAEF Special Echelon) bekam den Auftrag, entweder gleichzeitig oder separat Elemente des sowjetischen Oberkommandos und das sowjetische Element des alliierten Kontrollrates zu kontaktieren.727 Ausser der Herstellung des Kontaktes zu den sowjetischen Elementen des Control Councils sollte sie auch die Einsetzung einer alliierten Regierung in Deutschland vorbereiten.728 Sie konnte dazu entweder in Berlin oder in ganz Deutschland operieren. Von sowjetischer Seite gab es jedoch zur Zeit der Planung der Operation im Frühjahr 1945 keine Signale für den Wunsch eines direkten Kontakts mit den westlichen Alliierten. Für die Führung der Spezialstaffel wurde ein erfahrener hoher Stabsoffizier des SHAEF vorgesehen. Dieser sollte auch das SHAEF gegenüber dem sowjetischen Oberkommando repräsentieren. Gemäss Organigramm wurde dazu General Clay ausersehen.729 Im März 1945 bestand die GOLDCUP-Spezialstaffel aus 287 Offizieren und 869 Soldaten.730 Die Spezialstaffel umfasste ein kleines Kommando und Sektionen, welche aus allen Abteilungen des SHAEF stammten.731 Das Personal wurde nicht nur aus den Stabsdivisionen des SHAEF rekrutiert, sondern auch aus der britischen Control Commission und dem amerikanischen Control Council. Aufgrund der Planung sollten die Teams, je nach Auftrag, verschieden gruppiert werden. Für die vorgesehene Aufgabe galt vom 1. April 1945 an eine erhöhte Bereitschaft, damit die SHAEF-Spezialstaffel innerhalb einer Woche operativ tätig werden konnte.732 Das Ziel der Spezialstaffel war gemäss Planung vom April 1945 immer noch Berlin. Wie man dorthin kam, war jedoch aufgrund der Kriegsgeschehnisse ungewiss. Die alliierte Militärführung ging im April 1945 davon aus, dass die Spezialstaffel erst auf Einladung der sowjetischen Truppen als Resultat von Verhandlungen auf Regierungsstufe in Berlin ihre Arbeit verrichten könnte.

727

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, Final, 18.04.1945.

728

PRO WO 205/659, Report Chief of Staff concerning Operation GOLDCUP, 24.04.1945. PRO WO 219/2741, GOLDCUP establishment between SHAEF and Soviet Central Command. PRO 219/23515, GOLDCUP establishment between SHAEF and Soviet Central Command.

729

Siehe NA RG 331/83, Tentative nominations of Officers from US Group CC for SHAEF Special Echelon, 28.04.1945.

730

Siehe dazu auch Ziemke, US Army, S. 248.

731

Es sind damit die Abteilungen G-2 bis G-4 des SHAEF gemeint.

732

NA RG 331/83, Plan GOLDCUP, First Draft vom März 1945, S. 1– 4. Auflistung der genauen Diskussionspunkte mit dem sowjetischen Oberkommando. Siehe NA 331 RG 83, Agenda for discussions with Soviet Authorities.

9. Kapitel: Operation Goldcup

In Belgien befand sich ausserdem die Abteilung A1A1 der alliierten Militärregierung für den Abmarsch nach Berlin in Bereitschaft. Aber es war keine Entscheidung darüber getroffen worden, wie diese Abteilung nach Berlin gelangen sollte. Sicher war zu der Zeit nur, dass die russischen Truppen Berlin erobern würden. Aufgrund der Erfahrungen mit der sowjetischen Führung war das SHAEF auf langwierige Verhandlungen zwischen den Regierungen gefasst, um eine Einladung der Sowjets zur Besichtigung von Berlin zu erhalten.733 Es gelang der GOLDCUP-Spezialstaffel und ihren Teams erst am 19. Mai 1945, Kontakt zu den Russen herzustellen. Währenddessen hatten die ersten Kontakte zwischen amerikanischen und russischen Truppen bereits am 6. Mai 1945 stattgefunden. Mit Befehl vom 8. Juni 1945 wurde daher die Sonderstaffel zur Kontaktaufnahme mit dem sowjetischen Militärführung aufgelöst, da deren Auftrag durch die aktuellen Geschehnisse hinfällig geworden war.734 Gegen Ende Juni 1945 konnte amerikanisches Militärpersonal der Abteilung A1A1, Militärregierung, Abteilung Berlin, eine von den Russen streng überwachte Besichtigung des amerikanischen Sektors in Berlin vornehmen. Erst zwischen dem 2. und 4. Juli 1945 konnten die Amerikaner und die Briten erste Truppen in ihre Berliner Sektoren verlegen.735

6.

Aufgaben der MFAA in der Operation GOLDCUP

a)

Vorbereitungen zur Operation GOLDCUP

Die Kulturgüterschutzoffiziere, die sowohl in den verschiedenen Stäben des SHAEF wie auch in der Control Commission und dem Control Council vertreten waren, waren an einer möglichst frühzeitigen Besetzung von Berlin sehr interessiert. Für sie ging es um den Schutz der grossen Anzahl von Museen und deren einzigartige Sammlungen. Diese mussten nicht nur vor Zerstörungen bewahrt, sondern auch vor möglichen Plünderungen geschützt werden. Damit dies gewährleistet werden konnte, war man sich innerhalb der MFAA einig, dass Kulturgüterschutzoffiziere bei diesen Operationen mit dabei sein mussten. Im Oktober 1944 bemängelte der stellvertretende Chef der MFAA, Major Hammond beim Kommando des SHAEF, dass für die Rekognoszierung von Berlin kein MFAA-Offizier vorgesehen war. Für ihn war es von ausserordentlicher Wichtigkeit, dass mindestens ein MFAA-Offizier bei der Besichtigung von Berlin von Anfang an dabei war. Nur so konnte seiner Ansicht nach die sofortige Sicherstellung von historisch wichtigen Archiven, Beutekunstwerken und sonsti-

733

Ziemke, Die Schlacht um Berlin, S. 108 f.

734

NA RG 331/83/Brief SHAEF, AEF Special Echelon vom 8. Juni 1945.

735

Ziemke, Die Schlacht um Berlin, S. 182 f.

173

174

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

ger Kulturgüter veranlasst werden.736 Im November 1944 wurde die MFAA informiert, dass Archive und einzelne Aufzeichnungen, die in den MFAABereich gehörten, von der CIOS in ihre Target-List aufgenommen würden.737 Aus diesem Grund verstärkten die MFAA-Abteilung und ihre Mitarbeiter in der Control Commission und dem Control Council ihre Bemühungen für einen effektiven Schutz auch im Archivbereich.738 Douglas Cooper, britischer Kulturgüterschutzoffizier in der Control Commission (British Element) hatte zuhanden der Abteilung G-2 in SHAEF eine Liste mit Archiven erstellt, welche als Zielobjekte in Frage kamen.739 Die Archivsektion in der Control Commission, arbeitete sodann eng mit dem „Sub-Committee of Technique of Control of Reichs Ministeries Committee“ zusammen, welche, wie erwähnt, in grossem Masse an den Vorbereitungen und der Planung der Operation GOLDCUP beteiligt war. Sodann wurde ebenfalls ein Mitglied der MFAA ins Planungsteam selbst einberufen.740 Anlässlich der Planung beschäftigte man sich intensiv mit der Denazifizierungsfrage und der Frage der Wiederbeschäftigung von deutschen Beamten.741 Die MFAA-Abteilung stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass die Wiederbeschäftigung von deutschem Museumsfachpersonal für den Schutz und die Restauration von deutschen Kunstobjekten aufgrund deren Erfahrung und deren Wissen von enormem Wert sei, und engagierte sich diesbezüglich.742 Auf der anderen Seite waren sowohl die ALIU743 wie auch die MFAA-Offiziere allgemein an der Verhaftung und Verurteilung der Mitarbeiter der Einsatzstabes 736

NA RG 331/273/Schreiben Reconnaissance Team for Berlin, 19.10.1944.

737

NA RG 331/273/Schreiben T Forces, 6.11.1944.

738

Siehe dazu Kapitel 8 in Teil I.

739

PRO FO 1050/1378, Technique Sub-Committee of Control of Reich Ministeries Committee, First Report, Appendix C, General List ofArchives in Western Germany, 9.12.1944.

740

PRO FO 1050/1378, Letter Internal Affairs to MFAA concerning Control of Reichs Ministeries, 11.12.1944.

741

Siehe dazu PRO FO 1050/1382 Minutes of Branches of Interior Division, 14.11.1945. An diesem Meeting nahm Leonard Woolley, der Berater des War Offices in Belangen des Kulturgüterschutzes teil. Dabei ging es um die Instruktionen an die „Ministerial Control Parties“ bezüglich der Überprüfung der Targets auf Mitgliedschaft bei einer Naziorganisation.

742

PRO FO 1050/1382 Letter Internal Affairs & Communications Division concerning Retention in Office of Nazis and German Militarists, 6.03.1945. In diesem Schreiben steht bezüglich den Interessen der MFAA Branch: „This Branch is interested in Category 122 of mandatory removal categories. War-time appointments to the official Kunstschutz organisation in occupied territories have been on the whole based on technical and not on political qualifications. In some cases the individual chiefs of this administration in occupied territories have acted on purely scientific principles and have shown themselves fit for re-employment in Germany under Allied Control. Their mandatory exclusion from office would gravely complicate the task of reconstituting any Fine Arts service in Germany. This branch would, therefore, recommend an addition to the clause to read „unless their conduct in such office shall have been such as recommend them for employment by the Allied Control“.

743

Art Looting Investigation Unit. Siehe dazu S. 184 ff.

9. Kapitel: Operation Goldcup

Rosenbergs und den mit den Nazis kollaborierenden Kunsthändlern und Galleriebesitzern interessiert.744 In der Folge hat die MFAA das Thema des Rekognoszierens von Berlin weiter bearbeitet und die nötigen Kontakte auch mit dem USGCC geknüpft. Dabei wurde neben Vorschlägen für Zielobjekte auch die Eingliederung von MFAAOffizieren in T-Force-Teams oder in „Reichs Ministries Reccon“ (später Advanced Ministrial Control Parties) eingebracht745. Im Dezember 1944 wurde sodann ein Memorandum bezüglich “Administration and Exploitation of German Records and Archives during the US/UK Military Occupation of Germany”746 erstellt. In diesem wurde die Vorgehensweise bei der Suche und Sichtung von Archiven beschrieben. Erwähnt wurden dabei auch die verschiedenen Spezialeinheiten, die an diversen Archiven des Deutschen Reiches interessiert waren. Ausser der MFAA hatten sowohl die T-Force-Einheiten als auch der militärische Geheimdienst und die CIC Archive als Targets ausgewählt. Am 24. Januar 1945 antwortete Major Hammond auf den durch den US Group Control Council erstellten „Tentative Basic Plan“, in welchem auch die Ziele der Operation GOLDCUP vorgegeben wurden.747 In seiner Antwort bezieht er sich auf mehrere Schreiben und Planungsdirektiven, in welchen die MFAA erwähnt wird. Darunter befindet sich ebenfalls die Vertretung der MFAA in der „Advanced Ministerial Control Group“. Aufgrund der Personalprobleme in der MFAA-Abteilung war es für ihn von Bedeutung, dass die Kulturgüterschutzoffiziere nur für Missionen, die mit dem Auffinden von Kulturgütern oder Archiven im Zusammenhang standen, einberufen werden konnten. Auf der anderen Seite konnten die MFAA-Offiziere nach seinem Dafürhalten in der „Advanced Ministerial Control Group“ wichtige Aufgaben erfüllen, sei dies aufgrund ihrer Kenntnisse von der Behandlung von Archiven, der Kenntnis des Propagandamaterials der Nazis bezüglich der kulturellen Bildung in Deutschland oder der Sicherung von Museen und Bibliotheken, die von den Nazis eröffnet worden waren. Da gemäss der JCS 1067748 die MFAA an der Auflösung der Nazi-Partei beteiligt war, erachtete Major Hammond die Teilnahme der MFAA in der „Advanced Ministerial Control Group“ auch aus diesem Grund als unbedingt notwendig. Bei der endgültigen Planung der Operation GOLDCUP erfolgte die Einteilung von Kulturgüterschutzoffizieren der MFAA-Abteilung sowohl in die Advanced Ministerial Control Parties wie auch in den „SHAEF Special Echelon“. Der 744

PRO FO 1050/1385, Letter MFAA concerning Dissolution of Nazi Organisations, 19.06. 1945.

745

NA RG 331/273, Schreiben MFAA Sub-Section Move to Berlin, 27.11.1944.

746

NA RG 331/273.

747

NA RG 239/38, Schreiben Annex XX to US Group CC Tentative Basic Plan.

748

Siehe dazu, S. 269.

175

176

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

stellvertretende Chef der MFAA wurde dabei in den Kommandostab des „SHAEF Special Echelon“ unter General Clay eingeteilt.749 Den Advanced Ministerial Control Parties wurden auf britischer Seite zuerst vier MFAAOffiziere zugeteilt.750 Diese Zahl wurde im Lauf der Planung jedoch noch reduziert.751

b)

MFAA in den Advanced Ministerial Control Parties

Als die Operation GOLDCUP Ende April 1945 ausgelöst wurde, konnten im Verbund mit CIC und T-Force Einheiten kurze Zeit später die wichtigsten Verlagerungsorte und Ministerien des Deutschen Reiches eingenommen werden. Die Operation GOLDCUP war für die MFAA-Abteilung nur im Hinblick auf die Sicherung von historisch wichtigen Archiven und der Auffindung von Mitarbeitern des Einsatzstabes Rosenberg von Belang.752 Die MFAA-Offiziere bekamen letztendlich nur die Targets I-20 (Reichsarchiv), I-21 (Preussisches Geheimes Staatsarchiv) und I-56 (Reichsgerichtsarchiv) zugeteilt. Alle anderen Zielobjekte hatten mit der Arbeit der MFAA nichts zu tun. Die MFAA konnte sich aufgrund ihrer bereits allgemein grossen Arbeitslast im Bereiche des Auffindens von Beutekunstwerken der Nazis während der Operation GOLDCUP auf Zielobjekte aus ihrem angestammten Tätigkeitsfeld konzentrieren.753 Zwischen dem 15. Mai und dem 27. Mai 1945 kontrollierten und sichteten die MFAA-Offiziere Major Mason Hammond (US) und Major Ross (BE) als „Advanced Ministerial Control Parties“ unter der Operation GOLDCUP die verschiedenen dem MFAA zugeteilten Targets.754 Während dieser Operation

749

NA RG 331/83, Tentative Nominations of Officers from US Group CC for SHAEF Special Echelon, 28.04.1945.

750

PRO FO 1050/1393, Letter Internal Affair & Communications Division concerning Appendix A Plan GOLDCUP, 7.02.1945. Es wurden Major M.C. Ross, S/Ldr. D. Cooper, Major G.A. Rowan-Robinson und Fl/Lt Gould darin vermerkt, welchen als MFAA-Offiziere bereits einzelnen Targets zugeteilt worden waren. Siehe dazu auch PRO FO 1050/1447, Tenth Progress Report by the Deputy Commissioners (Civil and Military) of Control Commission of Germany (British Element) covering the period 1st to 30th April 1945, MFAA Branch, Operation GOLDCUP. Dazu auch PRO WO 220/611, MFAA Organisation in Germany June 1944 –August 1945, Letter Director MFAA Branch (D. Cooper) to Chief Internal Affairs & Communications concerning Report on visit to Paris, 8.05.1945.

751

Siehe dazu unter b). Aber auch PRO FO 1032/2377, Letter Commissioners Office concerning GOLDCUP, Move of Ministerial Control Parties, 8.05.1945.

752

Siehe dazu NA RG 239/69, Target List of German Personnel implicated in looting of European Art Treasures, 15.05.1945.

753

PRO 1050/1393, Letter Internal Affair & Communications Division, 27.04.1945.

754

PRO 1050/1393, Letter Internal Affair & Communications Division concerning Ministerial Control Parties, 29.05.1945. PRO FO 1050/1393, Letter Internal Affair & Communications Division concerning GOLDCUP Target Situation to 6.06.1945, 18.06.1945.

9. Kapitel: Operation Goldcup

konnten die MFAA-Offiziere in Schächten von Bergwerken, in Schlössern und anderen Gebäuden Teile der Zielobjekte sicherstellen.755 Vermerkt wurde dabei, dass aufgrund der vielfältigen Objekte, welche in den Bergwerken gelagert wurden, sowohl die CIC als auch T-Force-Einheiten und GOLDCUP Teams diese aufsuchten, sichteten und Teile abführten.756 Die Aufträge der MFAA für die Operation GOLDCUP waren Mitte Juni 1945 abgeschlossen, und Major Ross wurde der MFAA Branch in der 21. Armeegruppe unterstellt.757 Major Hammond kümmerte sich wieder um die MFAA Abteilung im SHAEF.758

IV.

Durchführung der Operation GOLDCUP

1.

Allgemeines

Im März 1945 wurden bezüglich der Operation GOLDCUP erste Administrativbefehle erlassen. In diesen Befehlen wurden nicht nur Personalfragen und die Ausrüstung der einzelnen Teams geregelt, sondern der Befehl umfasste auch Anweisungen betreffend der medizinischen Versorgung, die zum Einsatz benötigten Unterlagen und Reglemente und die Postzustellung.759 Mitte April 1945 hatte das SHAEF noch ca. 60 bis 70 gemischte britisch-amerikanische Teams von leitenden Verwaltungsbeamten, die unter dem Codenamen «Operation GOLDCUP» bereitstanden, um jeden im von den westlichen Alliierten besetzten Gebiet gemeldeten Staatsbeamten ausfindig zu machen und festzunehmen. Am 17. Mai 1945 schrieb der stellvertretende Stabschef, G-5, an die G-2Division ACOS bezüglich der Ministerial Control Parties, dass alle Ministerial Control Parties der Operation GOLDCUP gemäss Befehl eingesetzt worden

755

Es handelte sich dabei um: Schloss Falkenstein (Aufzeichungen des Auswärtigen Amtes), Salzbergwerk Bernburg, Plömnitz-Schacht (Kostüme der mitteldeutschen Landesbühne, verschiedene Bibliotheken und Archive), Salzbergwerk Bernburg, Schacht Winterhall (Archive und Bibliotheken), Bergwerk Schönebeck, Graf Moltke-Schacht (Preussisches Geheimes Staatsarchiv, Reichsarchiv, Reichsgerichtsarchiv, Teile der Berliner Museen, Salzbergwerk Strassfurt-Leopoldshall, Berlepsch-Schacht (Teile Preussisches Geheimes Staatsarchiv und Reichsarchiv), Salzbergwerk Strassfurt-Leopoldshall, Ludwig-Schacht (Kunstsammlung des Kaiser Friedrich Museums in Magdeburg. In diesem Schacht war Feuer ausgebrochen, welcher einen Teil der Sammlung zerstörte), Salzbergwerk Grasleben (neben verschiedenen Archiven auch Unterlagen der Reichsversicherungsanstalt und das Reichsschallarchiv). Siehe dazu die ausführlichen Berichte in NA RG 239/64, Report on Reichsarchiv, Preussisches geheimes Staatsarchiv, Reichsgerichtsarchiv, 22.06.1945.

756

Siehe dazu auch S. 150 f.

757

Siehe dazu PRO 1050/1393, Memo Internal Affair & Communications Division concerning Ministerial Control Parties, Mai 1945.

758

Siehe auch NA RG 239/64, Report on MFAA for Months of May and June 1945, Juli 1945.

759

NA RG 331/83/GOLDCUP, Adminstrative Instructions of March 1945.

177

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

seien. Da die G-5 Division Interesse an den Targets in den Bereichen Arbeit, Wirtschaft, Finanzen, Inneres, Justiz, Ausbildung, Transport und Post hatte, wurde die G-2 Division gebeten, alle Informationen, welche Teams bei den Objekten in den oberwähnten Bereichen erhoben hatten, weiterzuleiten. In Zukunft sollte überdies sicherzustellen sein, dass über Aufklärungsergebnisse der GOLDCUP-Teams sofort Mitteilung gemacht werde.760 Für die Kontrolle der Ministerial Control Targets wurde ein Befehl über «Outline Procedure» erstellt.761 Die Operation GOLDCUP konnte in kurzer Zeit den grössten Teil der Targets aufklären und die beabsichtigten Massnahmen durchführen.762 Diese Massnahmen wie auch die Fortschritte bezüglich der Sichtung und der allfälligen Beibehaltung oder Wiederaktivierung Zielobjekten wurden jeweils in Berichten an das SHAEF, G-2, erwähnt.763 Das schnelle Aufspüren der Zielobjekte und der Umfang dieser Targets verursachten beim GOLDCUP Stab grosse logistische Probleme.764 Kopfzerbrechen verursachten insbesondere die Lagerung der umfangreichen beschlagnahmten Archive und Dokumente. Allein für den Transport der beschlagnahmten Dokumente des Aussenministeriums der deutschen Reiches wurden 200 Lastwagenladungen errechnet.765

2.

Ministerial Collecting Center

Mit Befehl vom 13. Juni 1945 wurde in der Umgebung von Kassel in Fürstenhagen ein „Ministerial Collecting Center“ eröffnet.766 Dieses Depot wurde in der ehemaligen Munitionsfabrik «Fabrik Hessisch Lichtenau» eingerichtet, das den nötigen Platz für die Aufbewahrung von Dokumenten und Archiven bot. Das Depot wurde vor allem für die Aufzeichnungen und Archive der deutschen

760

NA RG 331/83/GOLDCUP, Schreiben betreffend Ministerial Control Parties, 17.05.1945.

761

NA RG 331/15, Outline Procedure, Preliminary Action required at Ministrial Control Tagets. Der Befehl umfasste die Vorgehensweise bei der Ankunft der «Ministrial Control Parties» bei einem Target, das bereits von regulären Armeeeinheiten, von T-Force-Teams oder von sowjetischen Truppen in Besitz genommen wurde. Insbesondere wird das Berichtswesen an die vorgesetzte Stelle erläutert und welche Dokumente sofort beschlagnahmt und an welche Abteilung weitergeleitet werden müssen.

762

Siehe dazu NA RG 331/155, GOLDCUP Target Situation as at 6. June 1945. Auch in PRO WO 219/2447.

763

Siehe dazu NA RG 331/83, GOLDCUP Operations, 18. April –17. May 1945, 18.05.1945. NA RG 331/83, Activity Report Operation GOLDCUP, 19.06.1945. NA RG 331/83 Memo Report on Advanced Ministerial Control Activities, 6th Army Group, 14.05.1945. PRO WO 219/2447, Operation Report no. 2, 10.06.1945. PRO WO 219/2447, Letter Ministerial Control, G-2, T-Force Summery of Progress of ministerial Control to 21.05.1945, 27.05.1945.

764

NA RG 260/648, The Ministerial Collecting Center, Background and Purpose, 29.08.1945.

765

NA RG 338/Records of OMGUS/1 File 1,Chronologisches Tagebuch des Jahres 1945.

766

PRO WO 219/2447, Directive draft concerning Ministerial Collecting Center, 07.06.1945.

9. Kapitel: Operation Goldcup

Ministerien benutzt und enthielt ausserdem ein Nachrichten- und Ermittlungszentrum sowie ein Gefangenenlager für das deutsche Regierungspersonal. Für die Bewachung und die Logistik war die 7. US Army Group, 49th AAA Brigade zuständig.767 Insgesamt waren im Depot 360 Militärpersonen tätig. Diese Soldaten und Offiziere brachten von ihren Inspektionsreisen Gefangene und Dokumente mit. Im Depot selbst wurden die Dokumente gesichtet und die Gefangenen befragt. Aufgrund der Informationen und der Unterlagen wurde zuhanden der interessierten Abteilungen im SHAEF und dem US Group Control Council Berichte verfasst.768 Bis zum 10. August 1945 wurden insgesamt 752 Tonnen Archivmaterial und Dokumente im Depot eingelagert und 1095 Personen verhaftet und im „Ministerial Collecting Center“ interniert. Nahezu über alle Gefangenen wurden vom CIC Abklärungen vorgenommen. Die beschlagnahmten Dokumente wurden sodann aussortiert und klassifiziert und es wurden genaue Inhaltsverzeichnisse erstellt. Im September 1945 stellte eine spezielle Einheit (6829th US Microfilm Unit) von allen relevanten Dokumenten Mikrofilmkopien her.

V.

Fazit

Die Operation „Goldcup“ war eine von vielen Operationen, die im Verlaufe des Krieges durch die alliierten Stäbe geplant worden waren. Es war immer das Bestreben der Alliierten gewesen, die Verwaltung des Deutschen Reiches möglichst schnell und umfassend ausser Gefecht zu setzen. Nur so konnte verhindert

767

NA RG 331/143, Befehl Ministerial Collecting Center, 13.06.1945. Insbesondere auch NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop. Div., The Ministerial Collecting Center, 29.08.1945. Dieses Dokument enthält eine Zusammenfassung über die Organisation und die Verwendung des Collecting Center.

768

Betreffend den Berichten siehe NA RG 260/648/GOLDCUP/Prop. Div., Final report of GOLDCUP Team on German Minstery of Economics, Main Department III, Target Nr. 63, 8.06.1945. NA RG 331/83, Reich Ministerial Bureaus and National Agencies, including those if the Prussian State, concerned with MFAA, Agencies of the Nazi Party and Affiliated Organizations, Under the Reichspropagandaleiter der NSDAP (Berlin), Monuments and Cultural Institutions in US Sector of Berlin, Other Archives and Libraries. NA RG 239/38, MFAA Plan No.7, Targets for MFAA Officers on a Advanced Ministerial Control Group in Berlin, 8.01.1945.NA RG 331/324, MFAA Intelligence Targets, 24.04.1945. Diese Target List umfasste unter anderem Informationen des polnischen Sicherheitsministers in London über Personen und Firmen, welche in die Nazi-Raubzüge von Kunstwerken aus Polen involviert waren. Ausserdem enthielten sie Zielobjekte, die mit den Beutekunstwerken aus Frankreich, Holland und Belgien im Zusammenhang standen. NA RG 84/37, Control Commission to Office of Director of Political Affairs concerning Removal of documents, 21.07.1945. NA RG 84/37, Letter with Inventory of Rosenberg papers, 14.07. 1945. NA RG 84/37, Memo Removal of documents of Targets 84,100,102, 105, 107, 16.07. 1945. NA RG 84/37, Inspection of Target at Grasleben, 2.07.1945.

179

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

werden, dass sich eine schlagkräftige Widerstandsbewegung bilden konnte. Die diesbezüglichen Pläne wurden mit der Operation „Goldcup“ umgesetzt. Sie entsprachen rechtlich den Rechtsnormen der HLKO und waren durchaus verhältnismässig. Die gesamte Planung zeigt jedoch wiederum, wie klein der Stellenwert des Kulturgüterschutzes in den alliierten Stäben tatsächlich gewesen war. Vielfach ging vergessen, dass bei einer Besetzung gerade die Museen und andere Kulturgüter stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Darüber hinaus besteht immer die Gefahr, dass Plünderer in den besetzten Gebieten während der Besetzung und dem eintretenden Chaos gerade unbewachte und ungeschützte Museen oder andere Kulturgüter aufsuchen könnten, um sich persönlich zu bereichern. Ein Verlust von Teilen des nationalen Kulturerbes zeitigt bei der Besatzungsmacht einen riesigen Reputationsschaden. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar und begrüssenswert, dass die MFAA-Offiziere selbst um die Mitarbeit bei den Planungen ersucht haben.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst im Zusammenhang mit den Beutekunstwerken I.

Einführung

Das vorliegende Kapitel befasst sich mit drei verschiedenen Themen. Zuerst wird der Geheimdienst mit seiner Organisation beleuchtet. Dieser hatte für den Kulturgüterschutz eine zentrale Bedeutung. Innerhalb der OSS wurde eine Beutekunstermittlungseinheit errichtet, die direkt und unmittelbar mit den MFAA-Offizieren zusammenarbeitete, und deren Mitarbeiter ebenfalls Kunstsachverständige waren. Das zweite Thema befasst sich mit dem Geheimdienstprogramm „Safehaven“. Dieses Programm stand in engem Zusammenhang mit den Bemühungen der MFAA-Offiziere. Es ging darum umfassend, die weltweite Verschiebung von Nazivermögenswerten und in diesem Kontext auch die Verlagerung von Kunstgegenständen zu verhindern. Das dritte Thema befasst sich mit dem Counter Intelligence Corps, also dem Abschirm- und Sicherheitsdienst der amerikanischen Armee. Aufgrund von verschiedenen Dokumenten im Zusammenhang mit der MFAA und den Kulturgütern vertreten verschiedene Autoren die Auffassung, dass Agenten des CIC den Befehl hatten, Kunstwerke zu requirieren. In diesem Kapitel werden deshalb die Aufgaben und die tatsächlichen Tätigkeiten der CIC genau analysiert.

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

werden, dass sich eine schlagkräftige Widerstandsbewegung bilden konnte. Die diesbezüglichen Pläne wurden mit der Operation „Goldcup“ umgesetzt. Sie entsprachen rechtlich den Rechtsnormen der HLKO und waren durchaus verhältnismässig. Die gesamte Planung zeigt jedoch wiederum, wie klein der Stellenwert des Kulturgüterschutzes in den alliierten Stäben tatsächlich gewesen war. Vielfach ging vergessen, dass bei einer Besetzung gerade die Museen und andere Kulturgüter stark in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Darüber hinaus besteht immer die Gefahr, dass Plünderer in den besetzten Gebieten während der Besetzung und dem eintretenden Chaos gerade unbewachte und ungeschützte Museen oder andere Kulturgüter aufsuchen könnten, um sich persönlich zu bereichern. Ein Verlust von Teilen des nationalen Kulturerbes zeitigt bei der Besatzungsmacht einen riesigen Reputationsschaden. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar und begrüssenswert, dass die MFAA-Offiziere selbst um die Mitarbeit bei den Planungen ersucht haben.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst im Zusammenhang mit den Beutekunstwerken I.

Einführung

Das vorliegende Kapitel befasst sich mit drei verschiedenen Themen. Zuerst wird der Geheimdienst mit seiner Organisation beleuchtet. Dieser hatte für den Kulturgüterschutz eine zentrale Bedeutung. Innerhalb der OSS wurde eine Beutekunstermittlungseinheit errichtet, die direkt und unmittelbar mit den MFAA-Offizieren zusammenarbeitete, und deren Mitarbeiter ebenfalls Kunstsachverständige waren. Das zweite Thema befasst sich mit dem Geheimdienstprogramm „Safehaven“. Dieses Programm stand in engem Zusammenhang mit den Bemühungen der MFAA-Offiziere. Es ging darum umfassend, die weltweite Verschiebung von Nazivermögenswerten und in diesem Kontext auch die Verlagerung von Kunstgegenständen zu verhindern. Das dritte Thema befasst sich mit dem Counter Intelligence Corps, also dem Abschirm- und Sicherheitsdienst der amerikanischen Armee. Aufgrund von verschiedenen Dokumenten im Zusammenhang mit der MFAA und den Kulturgütern vertreten verschiedene Autoren die Auffassung, dass Agenten des CIC den Befehl hatten, Kunstwerke zu requirieren. In diesem Kapitel werden deshalb die Aufgaben und die tatsächlichen Tätigkeiten der CIC genau analysiert.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

II.

Office of Strategic Services und Beutekunstwerke

1.

Einleitung

Das Office of Strategic Services (OSS) wurde am 13. Juni 1942 gegründet. Vorläufer dieses Büros war das «Office of Coordinator of Information». Dieses hatte seit seiner Gründung im Juli 1941 Informationen im Interesse der nationalen Sicherheit gesammelt, analysiert und verbreitet. Die zwei Hauptaufgaben des OSS unter dem Befehl der amerikanischen Joint Chiefs of Staff waren erstens das Sammeln, Evaluieren und Analysieren von Nachrichten, um die Truppen im Krieg gegen die Achsenmächte zu unterstützen, und zweitens die Planung und Durchführung von Geheimoperationen zur Beschaffung von gegnerischen Nachrichten.769 Das Büro des Direktors des OSS war während des Krieges in Washington DC. Die wichtigsten Abteilungen der OSS waren die Administration, das Nachrichtenzentrum, welches die „Research and Analysis Branch“ und „Secret Intelligence Branch“ umfasste, die Operationsabteilung, welche die Gruppen „Special Operations“, „Morale Operation“ und „The Operation Command“ umfasste, die Ausbildungszentren und die Personalabteilung.770 Ausser den Aussenstationen in New York und in Kalifornien gründete die OSS im Laufe des Krieges weitere 40 Stationen, welche sich über die gesamte Welt verteilten. Im Jahre 1944 hatte das OSS ca. 5’500 Militärangehörige und 2’000 Zivilisten in ihren Aussenstationen und ca. 2’700 Militärangehörige und 2’000 Zivilisten in den USA auf seiner Gehaltsliste.771 Die „Research and Analysis Branch“ sammelte weltweit Nachrichten, wertete diese aus und betrieb ein riesiges Archiv. Die so ausgewerteten Informationen wurden an die interessierten Regierungsdepartemente weitergeleitet. Die Nachrichtenbeschaffung mittels Spionage war die Aufgabe der „Secret Intelligence Branch“ (SI) und der „Foreign Nationalities Branch“ (FNB). Die „Special Operations Branch“ organisierten Sabotageaktionen und Aktivitäten der Widerstandskämpfer hinter den feindlichen Linien und waren für den Aufbau von

769

Siehe JCS 155/4/D, Directive Functions of the Office of Strategic Services Authority, 23.12. 1942 und JCS 155/11/D, Directive Functions of the Office of Strategic Services Authority, 26.10.1943 in Troy, Donovan and the CIA, Appendix H, S. 431 ff. und Appendix K S. 439 ff.

770

Siehe dazu auch Organigramm der OSS in Troy, Donovan and the CIA, S. 279.

771

Siehe dazu auch eine Einführung bei Bradsher, S. 3 f. Aber auch R. Harris Smith, OSS, The secret history of America’s First Central Agency, Berkley/Los Angeles/London 1972. Barry Katz, Foreign Intelligence, Research and Analysis in the Office of Strategic Services 1942– 1945, London 1989. Petra Marquandt-Bigman, Amerikanische Geheimdienstanalysen über Deutschland 1942–1949, München 1985. Kermit Roosevelt, The Overseas Targets War Report of the OSS, Vol. 2, New York 1976.

181

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

uniformierten Guerillatruppen zuständig.772 Die Aufgabe der „Morale Branch“ bestand in den Bestrebungen, die Moral der Achsenmächte zu untergraben. Für die Sicherheit der OSS-Archive und der OSS-Operationen war die „Counterintelligence Branch“ (X-2)773 verantwortlich.774 Während des Krieges war William J. Donovan Direktor des OSS.775 Am 20. September 1945 wurde das OSS geschlossen. Ihre Funktion, das Personal und die gesamten Dokumente wurden zwischen dem Department of State und War Department aufgeteilt. Die „Counterintelligence Branch“ (X-2) und die „Secret Intelligence Branch“ (Si) wurden als „Strategic Services Unit“ (SSU) in das War Department integriert. Am 22. Januar 1946 liess Präsident Truman die temporäre „Central Intelligence Group“ (CIG) zur Koordination von Geheimdienstaktivitäten auf nationaler Ebene gründen. Aus dieser Abteilung entstand im Jahre 1947 die Central Intelligence Agency (CIA).776

2.

Aufbau einer Beutekunstermittlungsorganisation

Im Oktober 1943 erstellte das Office of Strategic Services für die Roberts-Commission einen Bericht über den Raub und die Zerstörung von Kunstwerken in Europa777, und im Dezember 1943 folgte ein Bulletin über die deutschen Veröffentlichungen betreffend Schutzmassnahmen von Kulturgüter in Italien.778 Diese beiden Publikationen führten zu einer Zusammenarbeit zwischen der OSS und der Roberts-Commission.779 Im März 1944 ersuchte der Sekretär der Roberts-Commission in einem Schreiben an den Direktor des OSS um Hilfestellung beim Sammeln von Informationen über den Raub, das Entfernen und Zerstören von Kunstgegenständen durch den Feind, sowie über die Schutzmassnahmen, die die Achsenmächte und die Alliierten bezüglich Kulturgüter

772

Neal H. Petersen, From Hitler’s Doorstep, Wartime Intelligence Reports of Allan Dulles 1942–1945, Pennsylvania 1996. Francis Russell, Der Geheime Krieg, Der Zweite Weltkrieg, Time Life Bücher Amsterdam, Deutschland 1983.

773

Dies war die Gegenspionageabteilung der OSS, welche in enger Koordination mit der britischen Gegenspionageorganisation MI 5 (Grossbritannien) und MI 6 (Ausland) stand.

774

Schulz, S. 88 f.

775

Siehe dazu Corey Ford, Donovan of OSS, London 1970.

776

Siehe dazu auch Jeffreys-Jones, S. 188 ff. Troy, Donovan and the CIA, S. 344 ff.

777

Der Orginaltitel des Berichtes hiess „Report on Looting and Damaging of Art Works in Europe“. Siehe dazu NA RG 226/532/Field Street, OSS Memorandum, nicht datiert. Auch Report Roberts-Commission, S. 38 f.

778

Der Orginaltitel war: „German Publicity on Measures for the protection of Art in Italy“.

779

So wurden Daten über deutsche Kunst- und Archivverantwortliche von der OSS gesammelt und dem „American Council of Learned Societies Committee“ in New York und der Vaucher Commission in London für deren Archiv zur Verfügung gestellt.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

erlassen hatten. Ausserdem sollten die Mitglieder von deutschen Kunstschutzorganisationen und die Aktivitäten der Kunsthändler in den besetzten Gebieten ermittelt werden.780 Grund für diese Kontaktnahme war der Widerstand des militärischen Nachrichtendienstes der alliierten Streitkräfte auf Herausgabe von Informationen an die Roberts-Commission. Obwohl die Roberts-Commission gewisse Hinweise von Flüchtlingen über den Raub von Kunstgegenständen erhalten hatte, war man sich bis ins Jahr 1944 nicht bewusst gewesen, wie gross und umfassend die Kunstraubzüge des Nazi-Regimes gewesen waren. Erst nach der Eroberung von Paris durch die Alliierten wurden die MFAA-Offiziere erstmals mit dem Ausmass und der Systematik der Plünderungen durch die deutschen Besatzer konfrontiert. An den Untersuchungen über die Plünderungen durch die Nazis war aber nicht nur die Roberts-Commission interessiert, sondern sie passte auch gut in die Spionageabwehrtätigkeit des strategischen Nachrichtendienstes, wo man Dossiers über Nazi-Agenten auf dem europäischen Festland, die möglicherweise nach der Niederschlagung der deutschen Streitkräfte eine Bedrohung darstellten, zusammenstellte. Der amerikanische strategische Nachrichtendienst war, ebenso wie die Kriegsproduktionssämter, daran interessiert, den Kapitalfluss des Dritten Reiches an geheime Orte aufzudecken und zu unterbinden. Man war der Ansicht, dass diese Gelder dazu dienen konnten, den Nationalsozialismus nach dem Krieg zu finanzieren.781 Ab dem 1. November 1944 arbeiteten Mitglieder der Roberts Commission, OSS Angehörige der X-Branch und Offiziere der „Civil Affairs Division“ an verschiedenen Sitzungen Empfehlungen bezüglich der Organisation einer Beutekunstermittlungseinheit und deren Operationen aus. Als Hauptaufgabe dieser Einheit wurde die Sammlung und Auswertung von Informationen über den Raub, die Beschlagnahmung und den Transfer von Kulturgütern in Europa durch das Nazi-Regime gesehen. Dabei sollte das Hauptgewicht auf der Ermittlung von Personen und Organisationen liegen, welche an den vorerwähnten Taten beteiligt gewesen waren.782 Die so erlangten Informationen und Ermittlungen sollten speziellen Organisationen der Vereinigten Staaten von Amerika mitgeteilt werden, welche ermächtigt waren, die Restitution von Kulturgütern und die Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher durchzuführen.783 In Ausführung dieser Arbeiten

780

NA RG 226/532/Field Street, OSS Memorandum, nicht datiert, S. 1.

781

NA RG 239/9/Schreiben Rousseau an Stokes, Februar 1945 und Liste deutscher und speziell Berliner Universitäten und Archive, aufgestellt von der OSS, 21.12.1944; NA RG 239/5, Proceedings American Commission and Salvage of Armistic and Historic Monuments in War Areas (Roberts-Commission), 11.10.1944, S. 49 f.

782

Siehe dazu auch Report Roberts-Commission, S. 39 f.

783

Siehe dazu auch Report Roberts-Commission, S. 30 und S. 39 f.

183

184

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

wollte man ebenfalls Informationen über feindliche Spionage und subversive Personen und Aktivitäten erhalten.784 Mit Direktive vom 21. November 1944 gründete das Office of Strategic Services die „Art Looting Investigation Unit (ALIU).785

3.

Art Looting Investigation Unit

a)

Organisation und Aufgaben der Art Looting Investigation Unit

i)

Aufgaben der ALIU

Die Aufgaben der ALIU wurde anhand der Empfehlungen der Kommission mit Direktive vom 21. November 1944 wie folgt definiert: „It will be the primary mission of the Art Looting Investigation Unit to collect and disseminate such information bearing on the looting, confiscation and transfer by the enemy of art properties in Europe, and on individuals or transactions, as will be of direct aid to the United States agencies empowered to effect restitution of such properties and prosecution of war criminals“.786

Die Einheit umfasste zehn Ermittler und Analytiker. Das OSS hatte dazu sechs Angehörige der amerikanischen Streitkräfte angestellt.787 Diese besassen auf dem Gebiet der Kunstwissenschaften als Museumsangestellte oder Kunstgelehrte bereits umfassende Vorbildung und Erfahrung und hatten Kenntnisse der deutschen und französischen Sprache.788 Daneben wurden weitere zivile Büroangestellte angeworben.789 Die Ausbildung wurde von der OSS übernommen.790

784

NA RG 226/532/Field Street, Memorandum, Fine Arts Projects ORION, 21.11.1944.

785

Siehe NA RG 226/253/Wash-Si-Pro-6, Art Looting Investigation Unit, Final Report, S. 1; NA RG 226/532/Field Street, Report of the Organization of the Art Project within X-2 Branch, London and a summary of London Sources of Information on German Art Personnel.

786

NA RG 226/253/Wash-Si-Pro-6, Art Looting Investigation Unit, Final report, S. 2.

787

Siehe Plaut, Investigation of the Major Nazis Art-confiscation Agencies, S. 125 f. Die OSS ersuchte die Roberts-Commission, geeignete Offiziere aus den Streitkräften auszusuchen, welche in die ALIU eingeteilt werden konnten. Nachdem Francis Henry Taylor die Auswahl getroffen hatte, wurden James Plaut als Direktor, Theodor Rousseau als Stv. Direktor, Lane Faison als Ermittler, Charles Sawyer als Liasionsoffizier in Washington und John Phillips zur Führung des Londoner Büros angestellt; in einer späteren Phase kamen Otto Wittman und Bernhard Taper hinzu.

788

NA RG 226/532/Field Str., OSS Memorandum, S. 2.

789

NA RG 226/532/Field Street, Memorandum Fine Arts Project ORION, 21.11.1944, S. 3.

790

Dabei handelte es sich nur um eine kurze oberflächliche Ausbildung. Das Personal erhielt jedoch während dem Einsatz immer wieder Instruktionen, Sicherheitsweisungen und spezielle ORION Befehle. Siehe NA RG 226/532 Field Street, Standing Order No. 1, Function and Organization of ORION, Washington, 9.01.1945. Vgl. auch NA RG 226/532/Field Street, Description of Orion Project, 8.06.1945.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

ii)

Organisation der ALIU 791

Das Office of Strategic Services gab dem Einsatz der ALIU den Projektnamen „ORION“. Das Budget dazu war am 14. Januar 1945 vom „OSS Board for Review“ genehmigt worden.792 Die ALIU wurde der Abteilung X-2, der Gegenspionage innerhalb der OSS, unterstellt.793 Die Administration hingegen hatte die Weisungen des OSS direkt zu befolgen.794 Die offiziellen Akten des Projektes, welche sich auf die Administration, die Organisation und das Personal bezogen, wurden im Washingtoner Büro aufbewahrt. Die gesamten Unterlagen, Berichte und Dokumente, welche für die Ermittlungen auf dem europäischen Kontinent, insbesondere Deutschland, gebraucht wurden, lagerte man im Londoner Büro.795 Vorgesehen waren sodann Ermittler, die auf dem europäischen Kontinent Untersuchungen über die Kunstraubaktionen der Nazis tätigten und Einvernahmen mit den involvierten Personen durchführten. Während der gesamten Einsatzzeit des Projektes ORION waren nur drei Ermittler wirklich vor Ort tätig.796 Die Ermittler waren bevollmächtigt, nicht nur in den von den westlichen Alliierten besetzten Gebieten zu arbeiten, sondern sie waren auch befugt, in anderen, beispielsweise neutralen Ländern, Nachforschungen anzustellen.797 Die mit der Durchführung des Projektes „ORION“ erhältlich gemachten Informationen wurden gemäss Grundbefehl den sich mit der Restitution oder mit der Anklage von Kriegsverbrechern befassenden amerikanischen Institutionen weitergeleitet.798 Die Ermittler der ALIU waren jedoch dahingehend instruiert, dass sie nicht Massen von Informationen produzieren sollten, sondern die erhaltenen Informationen zuerst auf ihre Richtigkeit überprüfen und danach zu einem

791

Siehe dazu Anhang 1/7.

792

NA RG 226/532/Field Street, Analysis of Project ORION to Date, 21.04.1945.

793

Dies aufgrund der Annahme, dass einige Naziagenten die Konfiskationen von Kunstobjekten dazu benutzen würden, dass ihre wirklichen Aktivitäten verborgen blieben. Siehe dazu James Plaut, Investigation of the Major Nazis Art-confiscation Agencies, in Elizabeth Simpson, Spoils of war, World War II and its aftermath: The loss, Reappearance and recovery of cultural property, New York 1997, S. 125 f.

794

Siehe oben S. 181 f.

795

NA RG 226/532 Field Street, Standing Order No. 1, Function and Organization of ORION, Washington, 9.01.1945. Siehe auch NA RG 226/532 Field Street, Memo Fine Arts Project ORION, insbesonder Organigramm des Projektes ORION.

796

Siehe Plaut, Investigation of the Major Nazis Art-confiscation Agencies, S. 125 f.

797

NA RG 226/532/ Field Str., Memo Fine Arts Project ORION, 21.11.1944.

798

Dies waren insbesondere die Allied Intelligence Services: OSS/X-2, M.I.5, M.I.6., G-2/C.I.; War Crimes Commission, „Safehaven“ Project; Roberts-Commission (US), Macmillan Comittee (Br.). Siehe dazu NA RG 226/532 Field Street, Memorandum for General Donovan concerning Activities of Art Unit, X-2 Branch, 20.05.1945.

185

186

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

ganzen Bild zusammenfügen sollten. Mit den so erhaltenen Informationen konnte die ALIU komplexe Untersuchungen über die verschiedenen Beutekunstorganisation und ihre Helfer verfassen.799

iii)

Ausbreitung der ALIU

Während der gesamten Dauer des Projektes lag das Hauptquartier der ALIU in Washington. Diese Zentrale diente wie vorerwähnt der Administration, der Archivierung der Dokumente und dem Training und Ausbildung der Mitarbeiter der ALIU. Das Hauptquartier in Washington stand zudem mit verschiedenen Regierungsstellen800, Abteilungen des Kriegsministeriums801 und der „Roberts Commission“ in ständigem Kontakt und lieferte Informationen, welche sie erhielt, an ihre Mitarbeiter an der Front weiter. Bereits im Dezember 1944 eröffnete das ALIU ein Büro in London, und anfangs Januar 1945 wurden die ersten Operationen auf dem europäischen Kontinent eingeleitet.802 Das Büro in London war einerseits für die konkrete Planung aller Operationen und andererseits für das Sammeln und Sicherstellen von Dokumenten wie auch für die Bearbeitung der Projektberichte zuständig. Sodann stand auch dieses Büro in Kontakt zu verschiedenen alliierten Stellen803 und zu den alliierten Kunstschutzorganisationen804 und bekam von diesen Informationen und Kontaktadressen.805

799

NA RG 226/532 Field Street, Standing Order No. 1, Function and Organization of ORION, Washington, 9.01.1945.

800

War Department; Economic Security Controls Division, State Department; Foreign Economic Administration; Captured Materials and Personnel Branch, G-2, War Department; Foreign Funds Control, Treasury Department.

801

Civil Affairs Division, G-5, SHAEF, MFAA Branch, G-5, SHAEF.

802

NA RG 226/532/Field Street, OSS Memorandum, S. 2.

803

MFAA Branch, G-5, SHAEF; MFAA Branch, USFET; MFAA Branch US Group Control Commission Germany; MFAA Branch, G-5, A.F.H.Q.; MFAA Branch, Allied Control Commission, Italy; MFAA Branch, G-5, US Forces, Austria; MFAA Branch, British Element, Control Commission, Germany; US Chief of Counsel (Nürnberg); Economic Warfare Division; US Embassy, London; Ministery of Economic Warfare.

804

Commission de récuperation artistique (France); Nederlands Rijksbureau voor de Monumentenzord (Niederland); The British Committee on Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands (MacMillan Committee, Grossbritannien); The Interallied Commission of Cultural Material (Vaucher Commission).

805

NA RG 226/253/Wash-Si-Pro-6, Art Looting Investigation Unit, Final Report, S. 4. Vgl. auch NA RG 239/26, Memorandum OSS Art Unit, Coordination of Information relative to German art Looting, 8.05.1945.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

b)

Zusammenarbeit der ALIU mit anderen Organisationen und Instituten

Berichte über Diebstähle oder Konfiskationen von Bildern und anderen Kunstobjekten erhielt das Büro der ALIU in London nicht nur von amerikanischen Militärdienststellen wie z.B. der US Control Commission, Reparations, Deliveries and Restitution Division, MFAA Branch.806 Eine weitere wichtige Nachrichtenquelle war für die ALIU die Vaucher Commission.807 Die Informationen, welche die Vaucher Commission zur Verfügung stellen konnte, betrafen vor allem den Kunstraub in Osteuropa. Die Informationen wurden bei der ALIU als sehr wertvoll eingestuft, jedoch wurden sie mit gewissem Vorbehalt behandelt, da die Fakten teilweise zu wenig objektiv ermittelt worden waren.808 Die von der Vaucher Commission erstellten Personenkarten über das deutsche Kunstpersonal wurden dem OSS für die weiteren Ermittlungen zur Verfügung gestellt. Da die „Vaucher Commission“ nicht als offizielle Organisation anerkannt war und daher auch an keine Geheimhaltungspflichten gebunden war, gab das Office of Strategic Services in London die Weisung heraus, dass der Kommission keine sensitiven Informationen über deutsche Personen und Aktivitäten geben werden durfte.809 In London wurden nicht nur militärische Nachrichtenquellen gesucht, sondern der Bürochef des Londoner Büros der ALIU hatte auch Kontakte zur „Macmillan Commission“, dem Warburg Institute, dem British Museum und verschiedensten Kunsthändlern, die Kontakte in neutrale Länder hatten.810

c)

Zusammenarbeit mit der britischen Control Commission

Die engste Zusammenarbeit hatte das Londoner Büro mit der MFAA Branch der britischen Control Commission for Germany.811 In dieser Einheit arbeitete 806

NA RG 226/532/Field Street, Report on the organization of the Art Project within X-2 Branch, London and a Summary of London Sources of Information on German Art Personnel, 4.1.1945. Auch NA RG 239/38, Report to the American Commission for Protection and salvage of artistic and historic monuments on the mission to Europe, 8.3.–10.6.1945, Ziff. 42.

807

Siehe dazu S. 50 ff.

808

Siehe NA RG 226/532/Field Street, Report on the organization of the Art Project within X-2 Branch, London and a Summary of London Sources of Information on German Art Personnel, 4.1.1945, S. 4.

809

NA RG 226/532/Field Street, Letter N. Pearson, Acting Chief X-2 Branch concerning X-2 Art Unit, 4.01.1945, 4 f.

810

NA RG 226/532 Field Street, Report on the Organisation of the Art Project within X-2 Branch, London and a summary of London Sources of Information on German Art Personnel, 4.01.1945.

811

PRO FO 1050/1428 (German Archives Organisation) Schreiben Coopers an Woolley betreffend Report on the Results of a Liaison Visit to SHAEF, 5.2.1945; siehe dazu auch PRO FO 1050/1447 (Progress Reports Consolidation),11th Progress Report by the Deputy Commis-

187

188

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Douglas Cooper812, welcher für die britischen Streitkräfte bereits seit Mitte 1944 Ermittlungen über deutsche Kunstsachverständige, Kunsthändler und Museumsverantwortliche tätigte.813 Die Informationen erhielt Cooper mittels Einvernahmen von gefangenen deutschen Kunstsachverständigen, welche in der deutschen Wehrmacht eingeteilt gewesen waren.814 Im Februar 1945 reiste Cooper auch in die Schweiz. Offiziell als technischer Berater der britischen Handelsdelegation getarnt, untersuchte er im Auftrag der britischen MFAAAbteilung und der französischen „Commission de Récuperation“ den Handel von geraubten Kunstwerken in der Schweiz. Dabei konnte er mittels zahlreichen Inspektionen und Unterredungen mit schweizerischen Behörden, Anwälten, Kunsthändlern und Sammlern das komplizierte Netz von Beziehungen der Händler, die mit den Nazis Geschäfte getätigt hatten, sowie der Umfang dieser Geschäfte enthüllen.815 Die ALIU erhielt sodann über die Control Commission for Germany (British Element), von der MFAA Branch, G-5, SHAEF (Lt. Col. Webb) und vom britischen Kriegsministerium über Lt. Col. Wooley Berichte und Informationen von MFAA-Offizieren und britischen Geheimdienstleuten über gestohlene Kunstobjekte.816

sioners (Civil and Military) of Control Commission of Germany (British Element), covering the period 1st to 31st May 1945; NA RG 239/83, Report Cooper to Phillips, Art Desk OSS, Looted work of Art, 30.04.1945. 812

Dieser war zuerst Squadron Leader, später Wing Commander und ein ausgezeichneter Kenner der europäischen Kunstobjekte.

813

Siehe dabei NA RG 239/6, The Bunjes Papers, German Administration of the fine Arts in the Paris Area during the first year of the Occupation, Februar 1945. Dieser Bericht wurde von Douglas Cooper, MFAA-Abteilung der Control Commission for Germany (BE), erstellt. Bericht auch in PRO T 209/26.

814

PRO FO 1050/1398, (US Group CC – Correspondence German Personnel), Schreiben US Group CC, Property Section, MFAA Subsection an Chief Intelligence Section, Armed Forces Division vom 6.11.1944, betreffend Dokumente und Einvernahmen von Kriegsgefangenen. Es wird darin erwähnt, dass D. Cooper bereits Einvernahmen zwecks Auffindung geraubter Kunstobjekte durchgeführt hat; siehe auch PRO WO 220/611, (MFAA Organisation in Germany, June 1944 –August 1945), Report on Visit to Paris, 8.05.1945 from Douglas Cooper to Chief Internal Affairs & Communications; Für Details über den Handel von gestohlenen Kulturgütern in der Schweiz siehe auch Boumberger, Raubkunst.

815

PRO T 209/7, (Ministery of Economic Warfare, Identification of looted Works of Art), Schreiben Looted Work of Art in Switzerland, 2.03.1945; NA RG 239/39, Report on S/Ldr. Cooper’s Visit to Switzerland, 22.3.1945 (der selbe Bericht ist ebenfalls in NA RG 239/83 zu finden). Siehe dazu aber auch für Details John Richardson, The Sorcener’s Apprentice, Picasso, Provence and Douglas Cooper, New York 1999.

816

Siehe dazu beispielsweise NA 239/83, Letter concerning Looted works of art, Details about Wiederkehr/Miedl, 30.04.1945.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

d)

Tätigkeiten der ALIU während und nach dem Krieg

Während den Monaten vor der Kapitulation des Deutschen Reiches wurden verschiedene Beweismittel über das Verschwinden von Kunstwerken aus den vom Deutschen Reich besetzten Ländern erhältlich gemacht. Die ALIU konnte über die Örtlichkeiten von geheimen Depots mit Raubkunstwerken Auskunft geben, und es wurden Beweise von gestohlenen Kunstwerken, die in neutrale Länder verschoben worden waren, gefunden.817 Die getätigten Ermittlungen erbrachten nicht nur Erkenntnisse über die Personen, die in den Raub von Kunstwerken involviert gewesen waren, sondern auch über die Methoden der Nazi-Organisationen. Die Ergebnisse konnten mittels Nachforschungen, Befragungen, Verhören und der Auswertung von beschlagnahmten Dokumenten erreicht werden.818 Die ALIU hatte zuerst Untersuchungen über die Methoden des Kunstraubes und das Verstecken und Aufbewahren der so erhältlich gemachten Kunstwerke angestellt. Diese Ermittlungen wurden auf Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Holland, der Schweiz, Schweden819, Österreich und Deutschland ausgedehnt.820 Nach Kriegsende hatte die Einheit Unterlagen über mehrere tausend Personen, die direkt oder indirekt in die Kunstakquisitionen der Nazis involviert gewesen waren, zusammengestellt und konnte den MFAA-Offizieren im SHAEF detaillierte Informationen über deutsche Verlagerungsorte von Kunstwerken geben. Die ALIU hatte des Weiteren eine „Target-List“ mit den Schlüsselpersonen, die in die Raubkunstaktivitäten der Nazis involviert gewesen und aus diesem Grund zu verhaften waren.821 Am 20. Mai 1945 reiste ein Teil der ALIU nach Deutschland, um Einvernahmen der in der „Target-List“ erwähnten Personen durchzuführen. Die Einheit hatte von der 12. Heeresgruppe die Erlaubnis erhalten, im Raum der 3. US-Armee als technische Berater des „Judge Advocate“, 3. US-Armee, zu arbeiten. Dieser war vom „Judge Advocate“, 12. Heeresgruppe (War Crimes) mit der Untersuchung der Raubkunst beauftragt worden.822 Am 10. Juni 1945 wurde zusammen mit der

817

Durch die Postzensur in den USA konnte die Political Branch im Frühjahr 1945 Standorte von Bergwerken in Deutschland, die von den Nazis als Depots benutzt wurden, herausfinden. Siehe dazu NA RG 319/2859 Intelligence Research Project No. 1946, Evaluation of Letters, Existence of Mines reports in Letters.

818

NA RG 226/532, Field Street, Memo OSS, S. 3. Report American Commission, S. 39 ff.

819

NA RG 226/Record Relating to Resistance History/3, Art dealer in Sweden.

820

Siehe dazu NA RG 226/253, Final Report Art Looting Investigation Unit, Mai 1946, lit. B.

821

Report Roberts-Commission, S. 40. Siehe auch NA RG 226/105/File Numbers 68 –71 Liste des Oeuvres d’art. NA RG 260/General/226, Target List of German Personnel implicated in looting of European Art treasures.

822

NA RG 226/253, Final Report Art Looting Investigation Unit, Mai 1946, S. 6.

189

190

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

3. US-Armee in Alt Aussee/Österreich ein spezielles Verhörzentrum eingerichtet. Von Juni bis Oktober 1945 wurden in diesem Zentrum mit zwanzig Schlüsselpersonen der deutschen Kunstrauborganisation und den darin involvierten Vermittlern und Händler unzählige detaillierte Verhöre durchgeführt.823 Die meisten dieser Personen standen unter Hausarrest oder waren aufgrund einer Verfügung des „US Chief of Counsel“, Nürnberg, in Untersuchungshaft versetzt worden.824 An den Einvernahmen nahmen auch Repräsentanten von britischen, französischen und holländischen Instituten teil, die sich mit dem Kunstraub befassten. Vom 20. November 1945 bis 10. Januar 1946 weilte die ALIU-Einheit unter der Führung des Handelsattachées der amerikanischen Botschaft in Bern in der Schweiz. In dieser Zeit fanden diverse Nachforschungen über den Kunsthandel mit den Nazis statt.825 Die ALIU führte unter anderem verschiedene Befragungen mit schweizerischen und deutschen Staatsbürgern durch. Zudem wurden damals sämtliche die Schweiz betreffenden Informationen über den Kunstraub der Nazis den schweizerischen Behörden zur Verfügung gestellt.826 Aufgrund sämtlicher Informationen wurden zuhanden der militärischen Untersuchungsrichter in Nürnberg und verschiedener Regierungsabteilungen und den interessierten staatlichen Institutionen in den USA verschiedene Untersuchungsberichte erstellt.827 Diese bildeten den eigentlichen Abschluss der Tätig823

Siehe zum Beispiel NA RG 239/75, Consolidated Interrogation Report No. 1/15 Activity of the Einsatzstab Rosenberg in France, August 1945.

824

NA RG 226/253, Final Report Art Looting Investigation Unit, Mai 1946, S. 6.

825

Es ging insbesondere darum, die Angelegenheit bezüglich der vom Industriellen Emil Bührle gekauften deutschen Raubkunstwerke, die Douglas Cooper entdeckt hatte, voranzutreiben. Siehe auch Nicholas, Raub der Europa, S. 549 ff.

826

Siehe dazu NA RG 226/253, Final Report Art Looting Investigation Unit, Mai 1946, S. 5. Aber auch NA RG 239/83, Report of Mission to Switzerland, 10.12.1945, NA RG 239/83 Memorandum, Report on Progress of Current Investigation of looted Art in Switzerland, 9.12.1945, NA RG 239/83, US Investigation of looted Art in Switzerland, Second Interim Report, 5.01.1945.

827

The Miedl Case, Reports I, II, III, 13.02.1945; NA RG 226/293, Consolidated Interrogation Report No. 1, Activity of the Einsatzstab Rosenberg in France, 15.08.1945; NA RG 319/2011, Consolidated Interrogation Report No. 2, The Goering Collection, 15.09.1945; NA RG 226/293, Consolidated Interrogation Report No. 3, German Methods of Acquisition; NA RG 319/2011, Consolidated Interrogation Report No. 4, Linz: Hitler’s museum and Library, 15.12.1945; NA 226/294, Detailed Interrogation Report No. 1, Heinrich Hoffmann, 1.07.1945; NA RG 226/294,Detailed Interrogation Report No. 2, Ernst Buchner, 31.07.1945; Detailed Interrogation Report No. 3, Robert Scholz, 15.08.1945; NA RG 319/2011, Detailed Interrogation Report No. 4, Gustav Rochlitz, 15.08.1945; NA RG 319/2011, Detailed Interrogation Report No. 5, Günther Schiedlausky, 15.08.1945; NA RG 319/2011, Detailed Interrogation Report No. 6, Bruno Lohse, 15.08.1945; NA RG 319/2011 und NA RG 226/294, Detailed Interrogation Report No. 7, Gisela Limberger, 15.09.1945; Detailed Interrogation Report No. 8, Kajetan Muehlmann; NA RG 319/2011 und NA RG 239/79, Detailed Inter-

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

keiten der ALIU, welche im Frühsommer 1946 aufgelöst wurde. Auch nach deren Auflösung arbeiteten einige der MFAA-Offiziere immer noch an der Aufklärung des Kunstraubes durch das Dritte Reich und an der zur Rechenschaftsziehung ihrer Exponenten.828

III.

Safehaven-Projekt

1.

Allgemeines

Das Ziel des von den USA initiierten Safehaven-Programmes war die Verhinderung eines Transfers von deutschen Vermögenswerten und Raubgütern in die Schweiz oder in andere neutrale Staaten. Damit wollte man sicherstellen, dass Deutschland nach dem Krieg noch Vermögenswerte besass, mit denen man die Wiederaufrichtung Europas und die Reparationszahlungen begleichen konnte. Ebenfalls wollte man verhindern, dass führende Nazis in neutralen Ländern Vermögenswerte anhäuften, um nach der Niederlage Deutschlands ins Ausland zu entkommen und mit diesem Geld unterzutauchen.829 Unter dem Namen „Safehaven“ lief ursprünglich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ein Wirtschaftsspionageprogramm. Amerikanische Agenten hatten die Aufgabe, in Europa die deutschen Nachkriegspläne auszukundschaften.830 Diese Operationen wurden vom Department of Treasury und von der Foreign Economic Administration in einen breiteren Aktionsplan umfunktioniert und verloren dadurch rasch ihren geheimen Charakter. Die USA sah ein, dass eine solche Operation im Unterschied zur Guthabensblockade nicht im Alleingang, sondern nur als gemeinsames Programm der Alliierten verwirklicht werden konnte. Die Amerikaner und die Briten veröffentlichten am 5. Januar 1943 in einer „Joint Allied Declaration“ die

rogation Report No. 9, Walter Andreas Hofer, 15.09.1945; NA RG 319/2011, Detailed Interrogation Report No. 10, Karl Kress, 15.08.1945; NA RG 319/2011und RG 226/294, Detailed Interrogation Report No. 11, Walter Bornheim, 15.09.1945; NA RG 319/2011, Detailed Interrogation Report No. 12, Hermann Voss, 15.09.1945; Detailed Interrogation Report No. 13, Karl Haberstock, 01.05.1946; Detailed Interrogation Report No. 14, Maria Dietrich; Detailed Interrogation Report No. 15, Rose Bauer; NA RG 319/2011 und NA RG 239/83, Detailed Interrogation Report No. 16, Hans Wendland, 18.09.1946, Report on Progress of current investigation of looted art in Switzerland, 9.12.1945 (Enclosure 6 to Safehaven Report 148). 828

Siehe Taper, S. 136. Insbesondere war auch der MFAA-Offizier Edgar Breitenbach vom CCP München aktiv mit der Wiederbeschaffung von Kunstwerken beschäftigt. Kurz nach Kriegsende wurde Hitlers Münchner Hauptquartier gestürmt und die darin aufbewahrten Bilder der Adolphe Schloss Kollektion wurden von der Münchner Bevölkerung mitgenommen.

829

Siehe dazu auch eine Einführung bei Bradsher, S. 3 f.

830

Siehe dazu Durrer, S. 132.

191

192

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

zukünftige Politik bezüglich beschlagnahmter Vermögenswerte.831 Dabei wurden die neutralen Staaten eindringlich gewarnt.832 Ungeachtet dieser Deklaration kam es innerhalb der verschiedenen Abteilungen der amerikanischen Regierungsstellen, die in das Safehaven-Programm involviert waren, zu Differenzen, da die Meinungen betreffend wirtschaftlicher Boykotte der neutralen Länder stark divergierten.

2.

Bretton Woods Konferenz und das „Safehaven-Programm“

Das Safehaven-Programm wurde im Juli 1944 während der «Monetary and Financial Conference at Bretton Woods» gestartet.833 Die unter anderen verabschiedete Resolution VI enthielt eine Deklaration, dass die United Nations jegliche Massnahme, die der Unterbindung des Handels mit feindlichen Vermögenswerten und Beutegütern dienen würden sowie deren Aufdeckung, Ausscheidung, Beibringung und Rückerstattung, unterstützten.834 Das Safehaven-Programm basierte von nun an auf dieser Resolution, welche nur als Randerscheinung der Bretton Woods-Konferenz zu werten ist. Die Administration dieses Programmes wurde zwischen dem State Department, dem Treasury Department und der Foreign Economic Administration (FEA) aufgeteilt.

3.

Ausführungen über das Safehaven-Programm im Allgemeinen und hinsichtlich der Sicherstellung von Beutekunstwerken

Das Safehaven-Programm erreichte viele seiner Ziele. Insbesondere konnte die weitere Verteilung und Umleitung der Nazivermögenswerte, aber auch die weitere Verschiebung von Kunstgegenständen in Europa und Südamerika mass-

831

Vgl. Inter-Allied declaration against acts of dispossession committed in territories under enemy occupation or control, FRUS 1943, Vol. I, S. 422. Siehe auch Declaration of January 5, 1943, Regarding forced transfers of property in enemy controlled territory, Department of State Bulletin, Vol. VIII, No. 185, S. 21 und United States Treasury Department, Documents pertaining to foreign Funds Control, Washington, 15.09.1946.

832

In der Deklaration wurde festgehalten: „Die United Nations werden alles in ihrer Macht Gelegene tun, um die Enteignungsmethoden der Regierungen, mit denen sie im Kriege stehen, gegenüber Ländern und Völkern, die angegriffen oder ausgeplündert wurden, zunichte zu machen.“

833

Siehe dazu Bretton Woods, The Story of the United Nations Monetary Financial Conference, United Nations Information Organisation, HMSO, London 1945, S. 9 ff.

834

Siehe dazu ausführlich Teil II, S. 260 ff.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

geblich verhindert werden. Die OSS war in diesem Programm eine der wichtigsten Abteilungen und befasste sich mit der Aufdeckung geheimer Geldtransaktionen und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Deutschlands mit den neutralen Staaten.835 Die Informationen und Ermittlungen der Agenten der OSS waren Grundlage für die Bemühungen der Alliierten, nach dem Krieg alle Vermögenswerte des Dritten Reiches und deren Repräsentanten zur Zahlung von Reparationen und zum Zwecke der Restitution zu erlangen. Das SafehavenProgramm war eine gemeinsame Operation der Secret Intelligence Branch und der Counter-Intelligence Branch (X-2) der OSS. Da insbesondere Informationen über feindliche Vermögenswerte in neutralen Staaten gesucht wurden, war die Abteilung X-2 mit ihren Aussenbüros in Spanien, Portugal und der Schweiz involviert. Ein wichtiger Aspekt im Safehaven-Komplex war die Auffindung von Unterlagen der deutschen Industrie, welche danach einer eingehenden Analyse unterzogen wurde. Das OSS erwartete, dass es das Combined Intelligence SubComittee (CIOS) verstärken konnte, welche teilweise die selben Objekte aufzuklären versuchte. Das CIOS wurde jedoch unter Militärkontrolle gestellt, während die OSS unter dem Kommando des Militärgouverneurs (US) stand. Daher mussten die aufgefundenen Akten auch die Militärkontrolle durchlaufen und dadurch wurde die unmittelbare Benutzung durch die OSS und das FEA teilweise verhindert.836 Innerhalb des Safehaven-Programmes kam es auch zu einer genauen Ermittlung des Verkaufes von beschlagnahmten Bildern durch den deutschen Staat oder durch beauftragte Kunsthändler. Die OSS-Agenten legten dabei ein Augenmerk auch auf die Schweiz, wo es einen grossen Kunsthandelsplatz gab.837 Wie vorerwähnt war die ALIU der Gegenspionageabteilung (X-2) unterstellt. In deren Auftrag untersuchte sie auch für das Safehaven-Programm die Vorgänge auf den Kunstmärkten der neutralen Staaten. Beim Kunstmarkt Schweiz gab es zwei Bereiche, die unterschieden werden müssen: Kulturgüter, die legal in die Schweiz kamen, von sauberer Herkunft waren und verzollt wurden, und Bilder von illegaler Herkunft, die den Eigentümern gestohlen, konfisziert oder von ihnen erpresst worden waren oder die als Schmuggelgut und unverzollt in die Schweiz kamen.838 Sowohl der äusserst aktive amerikanische Geheimdienst (OSS) wie auch andere Geheimdienste registrierten immer wieder vermutete illegale Trans-

835

Siehe dazu im besonderen Grose, S. 169 ff.

836

Siehe Safehaven Study, Margaret Clarke, FEA Monograph No. 5, S. 104 ff.

837

NA RG 226/Washington Si/Special Funds/2, Foreign Economic Administration, Enemy Branch, Looted Art in Occupied Territories, Neutral Countries and Latin America, Preliminary Report, 5.05.1945, S. 31 ff.

838

Siehe für Näheres auch NA RG 239/77 mit verschiedenen Berichten und Dokumenten zum Safehaven-Programm in der Schweiz bezüglich Beutekunstwerke.

193

194

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

aktionen.839 In vielen Fällen konnten jedoch keine stichfesten Beweise gefunden werden. Trotzdem wurden durch die OSS sämtliche Hauptakteure verhaftet werden und die Mechanismen dieses Kunstmarktes wurden durchleuchtet.840

IV.

Counter Intelligence Corps während der Besetzung

1.

Aufgabe und Organisation des Counter Intelligence Corps

Das Counter Intelligence Corps (CIC) war grundsätzlich der Abschirm- und Sicherheitsdienst der amerikanischen Armee. Hauptauftrag des CIC war es, die Streitkräfte vor Spionage, Sabotage und Subversion zu schützen, die deutschen Geheimdienste sowie alle geheimpolizeilichen und paramilitärischen Organisationen zu bekämpfen bzw. aufzulösen, bestimmte Personengruppen festzunehmen und bei der Auflösung der NSDAP mitzuwirken. Das CIC hatte ausserdem die Offiziere des deutschen Generalstabs zu verhaften und in eigens dazu eingerichteten „Interrogations Centers“841 eingehend zu befragen. Sodann sollten sie die Spitzenkräfte aus Wissenschaft und Technik ausfindig zu machen, die für die Alliierten von Nutzen sein konnten.842 Der Sicherheitsdienst ermittelte auch bei

839

Siehe Safehaven Report Nr. 229 und 148. Auch PRO T 209/7, (Ministery of Economic Warfare, Identification of looted Works of Art), Schreiben Looted Work of Art in Switzerland, 2.03.1945; NA RG 239/39 Report on S/Ldr. Cooper’s Visit to Switzerland, 22.3.1945 (der selbe Bericht ist ebenfalls in NA RG 239/83 zu finden). NA RG 226/Directors Office and Field Station Records/30, Reports about looted Art in Switzerland. Siehe auch NA RG 84/Foreign Service Posts/American Legation/Bern/8, Report Art loot in Switzerland, 28.08. 1945.

840

Teilweise wurden diese Personen auch dem Nürnberger Tribunal vorgeführt und verurteilt Siehe dazu Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 14.11.1945–1.10.1946, Band I, Nürnberg 1947 S. 330 ff. Rosenberg wurde des Kriegsverbrechens und des Verbrechens gegen die Humanität bezichtigt und verurteilt. In seinem Urteil heisst es unter anderem: Im Januar 1940 wurde er zur Errichtung der Hohen Schule ausersehen, dem Zentralen Forschungsinstitut für nationalsozialistische Weltanschauung und Erziehung. In Verbindung mit dieser Aufgabe organisierte er den „Einsatzstab Rosenberg“. Am 17. Juli 1941 wurde er zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete ernannt … Rosenberg ist für ein System organisierter Plünderung öffentlicher und privaten Eigentums in allen Ländern Europas verantwortlich. Auf Grund der Befehle von Hitler zur Errichtung der Hohen Schule vom Januar 1940 organisierte und leitete er den Einsatzstab Rosenberg, der zahlreiche Museen und Bibliotheken plünderte, Kunstschätze und Sammlungen beschlagnahmte und Privathäuser ausraubte. Seine eigenen Berichte geben ein Bild von dem Umfang der Beschlagnahme. Bis zum 14.07.1944 hatte der Einsatzstab im Westen mehr als 21‘903 Kunstgegenstände weggeschafft.

841

Verhörzentren.

842

NA RG 332/EDAC/Public Safety/Studie des VII Corps, G-2, CIC vs Nazism, 24.11.1944, ebenfalls erwähnt in Klaus-Dietmar Henke, Die amerikanische Besetzung, München 1995, S. 253.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

Verstössen gegen die Bestimmungen des Kriegsrechtes und überprüfte (etwa um Deserteure der Wehrmacht aufzuspüren) die Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet des öfteren mittels Razzien und Routinekontrollen. Das CIC war zunächst dem SHAEF und dem War Department unterstellt und kam erst später zum US Group Control Council. Neben dem CIC gab es noch verschiedene andere Geheimdienstabteilungen, die zum Teil gleiche und zum Teil ganz andere Aufgaben hatten. Neben dem bereits erwähnten Office of Strategic Services (OSS), dem Combined Intelligence Objective Sub-Committee (CIOS) und der Target Sub-Divison, G-2, SHAEF, gab es innerhalb der G-2843- und G-5-Abteilung des SHAEF sowohl die Operation Intelligence (OI), welche Nachrichten über die feindlichen Streitkräfte, ihre Stärke und über ihre Aufstellung sammelte, als auch die Criminal Investigation Division (CID), die Abteilung zur Untersuchung von Kriegsverbrechen. Daneben gab es auch noch die „CROWCASS“ Operation. Im Mai 1945 wurde diese Operation auf Befehl von General Eisenhower gestartet. „CROWCASS“ war die Abkürzung für das „Central Registry of War Crimes and Security Suspects“. Dieses Zentralregister für Kriegsverbrechen und Sicherheitsrisiken überprüfte die Namen von flüchtigen mutmasslichen Kriegsverbrechern anhand der Namenslisten von über acht Millionen Menschen, die bei Kriegsende in Kriegsgefangenenlager und Displaced-Persons-Lagern untergebracht waren. Obwohl das „CROWCASS“-System nur drei Jahre lang praktiziert wurde, erwies es sich als einzigartiges und äusserst effizientes Werkzeug zum Aufspüren Tausender Verdächtigter. Mehreren Tausend von ihnen wurde dann von nationalen Gerichten in Europa oder vom Militärgerichtshof in Nürnberg der Prozess gemacht. Als „CROWCASS“ seine Tätigkeit 1948 einstellte, hatte es 85’000 Steckbriefe erlassen, den Ermittlungsteams 130’000 Berichte über Verhaftungen in einem Dutzend Länder übermittelt und insgesamt vierzig Register in Buchform über Personen veröffentlicht, die wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wurden. Vermutlich handelte es sich dabei um die umfassendste Datensammlung über solche Verdächtigte, die je angelegt wurde.844 In den ersten Monaten nach Deutschlands Kapitulation ging es den alliierten Streitkräften und ihren Nachrichtendiensten vor allem um ein Ziel: Die USErmittler machten Jagd auf flüchtige Nazis, um etwaige faschistische Untergrundbewegungen845, die den Zusammenbruch des Hitler-Regimes überlebt 843

Siehe zu G-2 und deren Organisation: NA RG 407/1756, A Study of Operations of G-2 (Intelligence Branch) in the 12th Army Group, from the Period from 1. August 1944 to 9. Mai 1945.

844

Siehe dazu NA RG 59/3690 und 3692/CROWCASS-Verzeichnisse, aber auch Simpson, S. 90 ff.

845

Wie beispielsweise die deutsche Widerstandsorganisation Werwolf. Siehe dazu NA RG 319/2021 mit verschiedenen Berichten über diese Organisation.

195

196

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

hatten, zu zerstören. Das Aufspüren von Untergrundgruppen hatte daher erste Dringlichkeitsstufe. Die meisten Ermittlungen wurden durch das CIC durchgeführt. Diese Dienststelle arbeitete eng mit „CROWCASS“ zusammen und diente während der ersten Nachkriegsjahre in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands als beste Informationsquelle. Das CIC hatte enge Verbindungen zu den „Military Governments Detachments“ und später zum „Office of Military Government“ US (OMGUS). Das CIC übernahm auch die politische Überprüfung von Kandidaten der Militärregierung für Verwaltungsposten.846 Innerhalb des „Regional Military Government Detachement (E1F3)“ wurde am 17. Mai 1945 ein „Public Safety Office“ eingerichtet, dem kurze Zeit später eine Spezialabteilung eingegliedert wurde. Ursprüngliche Aufgabe der „Public Safety Branch“ war der Wiederaufbau der deutschen Polizeikräfte und der deutschen Feuerwehren, ihre Entnazifizierung und Überwachung. Sodann war das „Public Safety Board“ im Zusammenwirken mit dem CIC und anderen amerikanischen Sicherheitsbehörden für die allgemeine Sicherheit in den besetzten Zonen verantwortlich.847 Allein die gigantischen Sicherheitsvorkehrungen, nämlich die Verhaftung aller Personen, die eine «Bedrohung der Sicherheit» der alliierten Streitkräfte darstellten, waren eine kaum zu bewältigende Aufgabe, und zwar vor allem deshalb, weil damit nicht bloss jene Personen festzunehmen waren, die sich durch ihr Verhalten verdächtig gemacht hatten. Im sogenannten „Automatic Arrest“, einer Sicherheits- und nicht etwa einer Säuberungsmassnahme, waren darüber hinaus auch Zehntausende von SS-Leuten, Angehörigen von SD und Gestapo sowie NSDAP-Funktionäre bis hinunter zum Amtsleiter einer Ortsgruppe zu verhaften; ferner beispielsweise auch alle hohen Beamten bis hinab zum Ministerialrat, sowie tatsächlich sämtliche seit dem 1. März 1939 ernannten Beamten des höheren Dienstes.848 Das CIC, von der Bevölkerung oftmals als „Amerikanische Gestapo“849 tituliert, bestand zur Zeit der Kapitulation aus ungefähr 300 Offizieren und 1’100 Agenten und wuchs im Laufe des Jahres 1945 auf eine Gesamtzahl von insgesamt 508 Offizieren und 1’526 Agenten an.850

846

Siehe NA RG 319/5, The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XIV, S. 30 ff.

847

Weisz, OMGUS Handbuch, S. 214 f.

848

Siehe NA RG 319/8, The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI.

849

Siehe NA RG 319/7, The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XX.

850

Siehe NA RG 319/8, The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

Neben der mit der Direktive Nr. 3 vom 25. November 1944 gegründeten „Intelligence Section“ des US Group Control Council wurde am 24. Februar 1945 das „Office of the Director of Intelligence“ errichtet. Es sollte alle nachrichtendienstlichen Funktionen übernehmen, die bisher von den entsprechend zuständigen Unterabteilungen innerhalb verschiedener Abteilungen des US Group CC wahrgenommen worden waren. In der Folgezeit bestanden drei Unterabteilungen, die „Analysis, Research and Report Branch“, die „Counter Intelligence Branch“ und die „Civil Censorship Branch“. Die wesentlichen Funktionen des „Office of the Director of Intelligence“ blieben von der Reorganisation der amerikanischen Militärregierung (OMGUS) im Oktober 1945 unberührt.851 Der Director of Intelligence vertrat die Vereinigten Staaten im „Quadripartite Intelligence Committee“ der alliierten Kontrollbehörde. Zu seinem Kommando gehörten schliesslich auch die am 23. Juni 1947 offiziell aufgelöste „Field Information Agency Technical (FIAT)“, das „Ministerial Collecting Center“ und das „Berlin Document Center“. Das Office behielt im September 1949 als Office of Intelligence, HICOG, im grossen und ganzen seine Kompetenzen.852 Innerhalb der Militärregierungen von Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Bremen und des Berlin-Sektors war das CIC jeweils in der Abteilung Nachrichtendienst eingegliedert. Das CIC war dort der „Analysis and Reports Branch“ unterstellt. Diese Sektion war die Schaltstelle für das Nachrichtenwesen. Bei ihr gingen alle Berichte ein. Sie wertete sie aus und gab die Ergebnisse weiter.

2.

Aufgaben des Counter Intelligence Corps

Die Aufgabe des CIC im besetzten Deutschland war in zwei Teile aufgegliedert. Die normale Counter-Intelligence-Aufgabe bestand im Schutz des Militärpersonals, der Militärinstallationen und militärischen Informationen vor gegnerischer nachrichten-dienstlicher Tätigkeit oder Sabotage. Diese Aufgabe beinhaltete Gegenspionage, Sabotage und Subversion. Die spezielle Counter-IntelligenceAufgabe bestand zudem in der Verhinderung von Untergrundaktivitäten von Nazis oder anderen deutschen Gruppierungen, welche dem amerikanischen Interesse abträglich waren, und der Verhinderung einer Neugründung der Nationalsozialistischen Partei. Zu diesem Zweck konnten Verhaftungen, Einvernahmen und Überwachungsmassnahmen gegen alle suspekten Personen angeordnet werden.853 Für die Ausformulierung der Art und des Umfanges der Gegenspio851

Für die genaue Organisation des CIC von März 1946 an siehe NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVII, S. 1 ff.

852

Weisz, OMGUS Handbuch, S. 96 f.

853

NA RG 84/27/Counterintelligence 1945/Annex II Counter Intelligence Basic Preliminary Plan, Multipartite Control and Occupation of Germany vom 10. April 1945, S. 2.

197

198

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

nage war der US Group CC in Koordination mit den britischen, französischen und sowjetischen Elementen verantwortlich. Die CIC-Detachemente wurden den Zonen zugeteilt. Die Kommandanten dieser Zonen waren für den Aufbau und den Betrieb der Gegenspionage innerhalb ihrer Zone selbst verantwortlich. Die Detachemente oder Staffeln der CIC mussten über ihre Operationen genauestens Bericht erstatten. Im Minimum wurde durch den US Group CC von jeder Einheit ein Zentralregister, in welchem alle Personenkarten alphabetisch abgelegt waren, Dossiers über Operationen und Personen, ein wöchentlicher und ein halbmonatlicher Bericht854, in welchem die Anzahl der Verhaftungen, Einvernahmen und Einschliessungen erwähnt wurden, verlangt. Sodann musste in einem monatlichen Rapport eine Lagebeurteilung bezüglich der Sabotageund Spionagesituation und der Untergrundaktivitäten vorgenommen werden. Die Gegenspionageaktivitäten der CIC wurden direkt durch den Counter-Intelligence-Stab des US Group Control Council geleitet und kontrolliert.855 Das gesamte Rapportwesen war bezüglich dem CIC bereits vorgängig von SHAEF geregelt worden. Bevor das US Group CC gegründet wurde, mussten die einzelnen CIC-Detachemente ihre Berichte der G-2-Abteilung des SHAEF abliefern.856

854

Siehe betreffend der Berichte NA RG 319/2, Investigations and Reports of CIC, in The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel V, S. 122.

855

NA RG 84/27/Counter Intelligence 1945/Annex II Counter Intelligence Basic Preliminary Plan, Multipartite Control and Occupation of Germany vom 10. April 1945, S. 3 f. Der Basic Plan basierte auf folgenden Memoranden und Direktiven: Memorandum #7 (Inteligence Occupational Requirements and Plan), Section VI, Counter Intelligence, Operation ECLIPSE, SHAEF, 27.11.1944; SHAEF, Intelligence Directive #7 (Counter Intelligence), 8.02.1944, ergänzt im September 1944; Counter Intelligence Directive, Part III, Communications Zone Operations Plan, G-2, ETOUSA, 21.10.1944; SHAEF Manual of Military Government in Germany; SHAEF Military Occupation Handbook (Post Hostilities Handbook), 7.11.1944; SHAEF, Staff Memo #130; SHAEF Directive for Military Government of Germany prior to Defeat or Surrender, 9.11.1944; SHAEF, Directives for the Berlin District Commander vom 25.12.1944; JCS-334, Purge of Nazi Personnel; JCS-1067, Post Defeat Directive for Military Government in Germany; Public Safety Manual of Procedures, SHAEF, G-5, 1st Edition, September 1944; C.I.C. Handbook, Europe; C.I. Handbook, Germany, SHAEF, G-2, C.I., E.D.S., vom Oktober 1944; Manual on German Secret Services and British Counter-Measures, the War Office, vom Juli 1944; Enemy Sabotage Equipment (Identification), the War Office, vom Dezember 1943.

856

NA RG 407/1761/Semi-Monthly Counter Intelligence Report Nr. 13, 1.02.1945 bis 15.02. 1945, insbesondere Part VI, S. 1. Die G-2 erstellte zuhanden des Kommandanten und des Stabes des SHAEF periodische Berichte über die gegenwärtige Lage und die Kampfhandlungen. Die Berichte des CIC wurden ohne Erwähnung dieser Detachemente in die Berichte hineingenommen. Siehe dazu NA RG 407/1759/Reports Summery, G-2 Periodic Report, No. 309, 13.04.1945.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

3.

Operationen des Counter Intelligence Corps während der Besetzung von Deutschland

Grundsätzlich arbeitete das Counter Intelligence Corps während des Krieges auf dem europäischen Kontinent in Detachementen.857 Das waren Teams mit einem Bestand von einem bis fünf Offizieren und bis zu 18 Soldaten. Die Detachemente waren während der SHAEF-Zeit den einzelnen Divisionen und Armeekorps unterstellt. Diese Verbände waren für die Logistik der Detachemente verantwortlich. Daneben konnten die CIC-Teams die militärischen Verbände mit wertvollen Informationen versorgen. Die Detachemente arbeiteten in dieser Phase sehr eng mit den ordentlichen Truppen zusammen. Da die CIC nicht nur im besetzten Gebiet, sondern auch hinter den feindlichen Linien operierte, waren Absprachen mit den Kampfverbänden, insbesondere um wieder hinter die eigenen Linien zu gelangen, unumgänglich. Die CIC-Detachemente hatten sodann auch die Aufgabe, den schnell vorstossenden eigenen Kampftruppen den Rücken freizuhalten, indem sie die Nachschubwege kontrollierten und allfällige deutsche Kampfverbände, welche sich noch in den besetzten Gebieten versteckt hielten, aufklärten und meldeten.858 Aufgrund des immensen Umfangs von Gegenspionageaktivitäten im April 1945 baute die 3. US-Armee für ihr CIC-Team (303rd CIC Detachment) ein Intelligence Center auf. In diesem Zentrum arbeiteten schliesslich 44 Offiziere und 316 Soldaten. Nach Aufnahme der Arbeit im Intelligence Center konnten die Arbeiten bezüglich der Gegenspionage, der Einvernahmen von Verdächtigten und der Weiterverbreitung von Informationen effizienter angegangen werden. Im Intelligence Center waren ausser den CIC-Ermittlern auch eine „Research Section“, die sich mit der Weiterentwicklung der Gegenspionage und den Intelligence Targets befasste, eine Enemy Documents Section, eine T-Force Branch, ein Advanced Censorship Detachment und eine War Crimes Section eingegliedert. Die CIC-Agenten konnten durch ihre Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit die eingegliederten Sektionen direkt informieren und die nötigen Operationen einleiten.859 Das 35. CIC Detachement machte während seiner Bewegung von der Ruhr bis zur Elbe zwei wichtige Entdeckungen. In Grasleben wurden die CIC-Agenten

857

Betreffend die Aufgaben des CIC und ihrer Tätigkeit während der Besetzung von Deutschland siehe auch NA 319/1/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Counter Intelligence Corps Chronology 1775–1950, S. 127 ff.

858

Siehe für die Detachemente und ihre Kommandanten NA RG 319/1/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, S. 82; NA RG 407/1761/Semi-Monthly Counter Intelligence Report Nr. 13, vom 1.02.1945 bis 15.02.1945, insbesondere Part IV, S. 1–3.

859

NA RG 319/6/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XX, S. 94 f.

199

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

durch die 9. US-Armee und dem 448th „AAA Batalion“ zur Salzmine geführt. Die CIC-Ermittler entdeckten bei ihrer Erkundung Amtsdokumente von verschiedenen wichtigen deutschen Städten sowie Aufzeichnungen der Reichsversicherungsanstalt und des Reichspropagandaministeriums. Während die CICAgenten auf die Ankunft eines T-Force-Teams warteten, nahmen sie fünf Personen fest und stellten die Bewachung des Bergwerkes sicher. Die zweite Entdeckung war, dass CIC-Agenten des selben Detachementes bei ihrer Suche nach deutschen Wehrmachtsgruppen und Reichsbeamten, die sich im Kreis Gardelegen versteckt hielten und Überfälle auf Konvois und rückwärtige Militärinstallationen verübten, Generalmajor Heinz Jost, Leiter der Gestapo, verhaften konnten. Jost wurde ins „9. US Army Civilian Internment Camp“ gebracht.860 Im Verlaufe des Krieges und insbesondere kurz nach dem Krieg gab es viele derartige Funde durch die CIC Teams.861 Die CIC-Operationen zwischen Mai 1945 und Februar 1946 werden folgendermassen zusammengefasst: „CIC work ferreting out former Nazis had started with the US entry into Germany during the combat phase, and the Occupation simply gave detachments and teams a stable situation in which to conduct their activities. The arrest lists bulged with the names of Abwehr officials and agents; SD operatives including members of the Gestapo and Kripo, Nazi parties officials; war criminals of counterintelligence interest; and other Germans who had roles in the Nazi regime. During a typically busy period, the week of 5 July to 11 July 1945, there were more than 6’500 arrests and by the end of 1945, more than 120’000 counterintelligence personalities had been apprehended?“ 862

860

NA RG 319/5/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XX, S. 70 f.

861

Während die Spitzen der französischen 1. Armee in das Tirol einfielen, kam ein Pfarrer ins Büro des „307th CIC Detachment“. Dieser Pfarrer, der während des Krieges als Agent für das deutsche Aussenministerium gearbeitet hatte, erzählte dem CIC-Team, dass deutsche Truppen in dem von den Franzosen besetzten Gebiet einen Goldschatz versteckt hätten. Nachdem die Agenten des CIC zusammen mit dem Pfarrer in die französische Zone eingedrungen waren, fanden sie in einem Gebäude, in welchem französische Soldaten einquartiert waren, unter einem Kohlenhaufen eine grosse Menge Gold. Zusammen mit einer mitgereisten Militärpolizei-Eskorte wurde das Gold beschlagnahmt und auf Lastwagen verladen. Der Pfarrer führte die Agenten noch zu einem weiteren Versteck der deutschen Truppen. Auch dieses Gold wurde abtransportiert. Das Gold wurde der Obhut des Finance Officer, 7. US Armee, überlassen und später auf ein Konto der Alliierten einbezahlt (NA 319/5/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XX, S. 93 f.). Im Wintersportort Sankt Johann in Österreich fanden sodann Angehörige des CIC in einer Scheune des Oberförsters 2 Millionen Dollar in verschiedenen Fremdwährungen und mehrere Säcke mit Goldbarren, Schmuck und Münzen, von denen der Reichsführer SS in Zukunft hatte leben wollen (Siehe auch Douglas Botting, Ian Sawyer, America’s Secret Army, New York 1989, S. 228).

862

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 12.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

Aufgrund einer „Counter Intelligence Directive for Germany“ waren die CICDetachemente und -Teams in Zusammenarbeit mit den taktischen Kommandanten des jeweiligen Abschnittes befugt, in den Ortschaften des Abschnittes unangekündigt Razzien durchzuführen. In der US-Zone gab es zwei Arten von Razzien. Die erste war eine grossangelegte Operation, welche in der gesamten Zone oder in einem ganzen Armeeabschnitt systematisch stattfand. Die andere Art von Razzia war kleiner und wurde überraschend durchgeführt. Sie wurde auch «SWOOP»-Operation genannt.863 Die Operation „TALLY HO“, die erste innerhalb der ganzen Zone stattfindende Sicherheitsüberprüfung, welche vom Kommandanten der 12. US Army Group befohlen wurde, wurde zwischen dem 21. und 23. Juli 1945 durchgeführt. Ziel der Operation war eine sorgfältige Überprüfung der Ausweispapiere aller Personen einschliesslich des alliierten Militärpersonals, die Aufdeckung des Besitzes von verbotenen Artikeln und des verbotenen Besitzes von Eigentum der Vereinigten Staaten von Amerika, das Sammeln von Beweismitteln über Schwarzmarktgeschäfte und die Einleitung einer Strafuntersuchung gegen Personen, die diesbezügliche Widerhandlungen begangen hatten.864 Am 18. Oktober 1945 wurde eine zweite weiträumige Razzia unter dem Namen „DOUBLE CHECK“ gestartet.865 In der Zone der 7. US-Armee wurde eine Sicherheitsüberprüfung mit dem Namen „LIFBOUY“ durchgeführt.866 Die Operation „NURSERY“ hingegen war ein streng geheimes Unternehmen, um subversive Organisationen, welche die Ideale der Nationalsozialisten am Leben erhalten wollten, zu unterwandern.867 Nachdem eine dieser Organisationen systematisch unterwandert werden konnte, wurden mit Hilfe des britischen Nachrichtendienstes am 1. April 1946 in einer «Swoop»-Operation mehr als 1’000 Personen verhaftet, von denen ca. 500 interniert und abgeurteilt wurden.868 863

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 14 f.

864

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 15 f. Aufgrund dieser Operation wurden mehr als 85’000 deutsche Staatsangehörige entdeckt, welche gegen Anordnungen widerhandelt hatten oder gesucht wurden. Mehr als 310’000 Einzelartikel, die Schmuggelware darstellten, wurden beschlagnahmt, und dem organisierten Schwarzmarkt wurden mehr als 500 Kilogramm Zucker, 100 Gallonen Benzin und anderes Gut entzogen.

865

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 16 f.

866

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 17 ff.

867

Konkret war dem CIC im Juni 1945 durch einen Informanten zugetragen worden, dass Arthur Axmann, ehemaliger Leiter der Hitlerjugend, eine Organisation zwecks Unterstützung der Werwolf-Aktivitäten aufbaute.

868

NA RG 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 20 ff.

201

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1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Die Operation „CHOO-CHOO“, die am 2. Februar 1946 stattfand und bei der es weder Verhaftungen noch Beschlagnahmungen gab, zeigte, dass die Lage in Deutschland unter Kontrolle war und die Sicherheit garantiert werden konnte.869

4.

Zusammenarbeit des Counter Intelligence Corps mit den T-Force-Einheiten

Über die grundsätzliche Zusammenarbeit des CIC mit der T-Sub-Division wurde oben bereits ausführlich berichtet.870 Da T-Force-Einheiten nicht nur Gebäudeziele suchten, sondern auch an verschiedenen deutschen Wissenschaftlern und Forschern interessiert waren, arbeiteten die Teams sehr eng mit den CIC-Detachementen zusammen. Die CIC-Detachemente konnten aufgrund ihrer Tätigkeit immense Mengen an Informationen erlangen und diese an die interessierten T-Force-Teams weitergeben. Ein Teil der T-Force-Targets wurde so auch von den CIC-Ermittlern aufgeklärt, und die notwendigen Sicherstellungen wurden durch diese veranlasst. Im März 1945 arbeiteten T-Force-Einheiten in der Umgebung Köln. Die Teams umfassten 215 Ermittler aus 24 verschiedenen Nachrichtensektionen. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem VII Corps CIC und anderen Nachrichtendiensten konnten die Targets in diesem Raum stark reduziert werden. Alle Berichte über die T-Force-Operationen wurden an das VII Corps CIC geliefert. An dieser Operation waren von Seiten des CIC 18 Agenten beteiligt.871 Während der Besetzung von zahlreichen in der Black-List der CIOS bezeichneten Objekten konnten Agenten des VII Corps CIC Detachment 16 Gestapoagenten und Saboteure sowie einen Offizier der Abwehr verhaften.872 Eine der wichtigsten Operationen, an denen das CIC teilnahm, war das amerikanische Geheimunternehmen „ALSOS“. Die in diesem Projekt mitwirkenden Personen sollten nach Beendigung der Kämpfe Deutschland durchkämmen und alles verfügbare Fachwissen über die deutsche Forschung auf dem Gebiet der Atomenergie mitbringen. Das Hauptziel des Unternehmens bestand darin, herauszufinden, ob Hitlers Wissenschaftler bereits ähnlich weit waren wie das Manhattan-Projekt in New Mexiko, wo an der Entwicklung der Atombombe

869

NA 319/7/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XXVI, S. 26 ff.

870

Siehe S. 149 ff.

871

Die Gruppe operierte zusammen mit VII Corps CIC, Tactical Reserve Teams des 418th CIC Detachment.

872

NA 319/5/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel XIX, S. 93 ff.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

gearbeitet wurde.873 In diese Mission waren 22 CIC-Agenten involviert. Nachdem das ALSOS-Team in ganz Europa nach deutschen Atomwissenschaftlern gesucht hatte, die meisten verhaftete und grosse Mengen an Material sicherstellte, wurde die Operation im September 1945 beendet.874

5.

Counter Intelligence Corps und die Beutekunstwerke

Mittels der zur Verfügung stehenden Nachrichtenquellen waren die CICDetachemente die bestinformierte Sektion innerhalb der alliierten Verbände.875 Aufgrund ihrer Flexibilität mit eigenen Fahrzeugen waren die CIC-Agenten sehr schnell an für sie lohnenden Orten. Die Bergwerke, in denen sich, wie vorerwähnt, nicht nur Kulturgüter, sondern auch umfangreiche Archive der Nazis und Rüstungsgüter befanden, haben sicher die Aufmerksamkeit der CIC-Agenten auf sich gezogen. In Zusammenarbeit mit all den erwähnten Teams sorgten sie dafür, dass möglichst alle „Targets“ aufgeklärt und besetzt werden konnten. Die in zahlreichen Berichten erwähnten CIC-Agenten, die in den Salzbergwerken erschienen, diese inspizierten und eine grobe Sichtung vorgenommen hatten, kümmerten sich jedoch nicht um die Kulturgüter, sondern befassten sich lediglich mit allen Dokumenten, denen sie sich habhaft machen konnten.876 Dabei war es durchaus möglich, dass CIC-Agenten die Inventarlisten des in den Bergwerken eingelagerten Gutes jeweils mitgenommen hatten und sie zur Erstellung ihrer Berichte benutzten. Eine weitere Mitarbeit des CIC ergab sich bei der Suche nach Personen, die für den Raub von Kunstwerken in den vom Deutschen Reich besetzten Ländern verantwortlich waren. Die von den MFAA-Offizieren und der ALIU dabei erstellten „Target-Lists“ mit den Personen, welche in die Aktivitäten des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg verwickelt gewesen waren, wurde insbesondere auch dem CIC zugestellt. Durch die zahlreichen Razzien und Sicherheitsüberprüfungen konnten die Agenten des CIC nicht nur mehrere des Kunstraubes verdächtigte 873

Siehe Samuel A. Goudsmit, ALSOS, 3. Aufl., American Institute of Physics, Woodbury 1996.

874

NA RG 319/3/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, ALSOS Mission with CIC und NA RG 319/3/The History of the CIC in the United States Army 1917–1953, Kapitel VIII, The Counter Intelligence Corps with Special Projects, December 1959.

875

Die CIC-Ermittler arbeiteten, wie bereits ausführlich geschildert, auf der einen Seite mit lokalen Informanten zusammen und führten auf der anderen Seite mit vielen Personen Verhöre durch. Daneben waren sie in den Nachrichtenabteilungen der einzelnen Armee-Gruppen unterstellt und arbeiteten eng mit der T-Sub-Division zusammen.

876

Siehe NA RG 239/64 Report concerning Advanced Ministerial Control (Goldcup) Team for Targets I 20, I 21 and I 56, and other targets of Opportunity, 28.05.1945. NA RG 239/64 Annex H Target Evaluation Report, Saltmine Grasleben, 28.05.1945.

203

204

1. Teil: Schutz und Zusammenführung von Beutekunstwerken durch die Aliierten

Personen verhaften und der ALIU zur Einvernahme zuführen877, sondern auch von Kriegsgefangenen878 nach ihrer Befreiung durch die Alliierten erbeuteten zumeist deutschen Kulturgüter sicherstellen.879

V.

Fazit

Die OSS und mit ihr die ALIU waren ein erstklassiges Mittel, um den gesamten Umfang der durch das Deutsche Reich geraubten Kunstwerke zu erfassen, die dafür Verantwortlichen zu suchen und der Gerichtsbarkeit zu überstellen. Die ALIU hatte aufgrund ihrer Eingebundenheit in den Geheimdienst sehr weitreichende Befugnisse und Möglichkeiten. Hätte man eine solche Einheit in den Stab des Oberkommandos der alliierten Streitkräfte oder gar in die MFAA Abteilung integriert, hätte sie nie derart effektiv arbeiten können, und der Erfolg wäre sicher bescheiden geblieben. Das durch den Geheimdienst OSS initiierte Safehaven Programm hatte ebenfalls Einfluss auf die ALIU. Die Umfunktionierung des einstigen Wirtschaftsspionageprogramms in einen vom Departement of Treasury und von der Foreign Economic Administration unterstützten Aktionsplan führte nicht nur zur Londoner Erklärung, zur Aufdeckung von geheimen Geldtransfers des Deutschen Reiches und deren Exponenten, sondern es konnten zahlreiche unrechtmässig verschobene Kunstwerke lokalisiert und beschlagnahmt werden. Klärung bezüglich Organisation und Tätigkeit bedurfte sicher die von verschiedenen Autoren als im Auftrag der Regierung handelnde Kunstraubformation angesehene CIC Abteilung. Aufgrund der in diesem Kapitel abgehandelten Recherchen ergeben sich keine Anzeichen, dass die amerikanische Regierung die Absicht gehabt hatte, unrechtmässig Kunstwerke in die USA abzuführen. Die CIC als Teil des Auslandgeheimdienstes hatte eine klare Struktur und eine genaue Aufgabenstellung. Aufgrund des langen Verschlusses der Akten wurde bezüglich der Tätigkeit der CIC wild spekuliert. Die Akten sind jedoch nun geöffnet, und die Recherchen ergaben, dass nicht nur eine ausführliche Geschichte über die CIC, sondern auch die genauen Tätigkeiten in Berichten vorhanden sind. Aufgrund der gesamten Dokumentenlage konnte sodann eine umfassende Analyse durchgeführt werden. Das Ergebnis wurde in diesem Kapi-

877

Vgl. NA RG 226/294/Directros Office and Fieldstation Records, Detailed Interrogation Report No 1, Heinrich Hoffman, 1.07.1945, S. 1.

878

Displaced Persons.

879

PRO FO 1050/1439, Letter MFAA Branch, D. Cooper to Director of Displaced Persons Branch concerning Prevention of Smuggling of Works of Art by Displaced Persons, 6.10. 1944.

10. Kapitel: Geheimdienst und militärischer Abwehrdienst

tel bereits dargestellt. Die CIC hatte engen Kontakt mit der MFAA. Es ist nicht auszuschliessen und teilweise auch aktenkundig, dass CIC Agenten im Rahmen ihrer Aufklärungs- und Erkundungstätigkeit als erste Einheiten Verlagerungsorte von Kulturgüter entdeckt haben. Es ist jedoch auch erwiesen, dass solche Orte sofort weitergemeldet wurden. Es ist zudem in keinen Unterlagen der MFAA jemals erwähnt, dass CIC Agenten Kunstgegenstände in unrechtmässiger Absicht mitgenommen hätten.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten 1 1. Kapitel: Vorwort zu Teil 2 Im zweiten Teil des Buches soll untersucht werden, was mit den von den westlichen Besatzungsmächten sichergestellten Kulturgütern geschah. Dabei handelte sich bei den Kulturgütern zum einen um Gegenstände, welche aus den von den Nationalsozialisten besetzten europäischen Staaten stammten, zum anderen aber auch um Kulturgüter, welche die Nazis in Deutschland natürlichen Personen aufgrund deren Rasse oder politischer und gesellschaftlicher Zugehörigkeit enteignet hatten. Des Weiteren fallen auch die vom nationalsozialistischen Regime als „entartet“ bezeichneten Kunstwerke darunter, welche ebenfalls sichergestellt und teilweise für Devisen oder zwecks Tauschs ins Ausland weiterverkauft worden waren. In diesem Teil soll nun aufgezeigt werden, wie sich die Restitutionspolitik der Besatzungsmächte im Laufe der Zeit veränderte, wie verschiedene äussere, zumeist politische Faktoren ausschlaggebend waren und ob eine Einigung in einem Punkt zustande kam oder nicht. Der zweite Teil ist grösstenteils chronologisch aufgebaut. In einem ersten Kapitel sollen die Massnahmen der verschiedenen von Deutschland besetzten europäischen Staaten zum Schutz von Kulturgütern und damit der Ausgangspunkt für die zentrale Londoner Erklärung, mit welcher sich das Buch ebenfalls eingehend befasst, erläutert werden. In den folgenden Kapiteln werden der Beginn und die Fortführung der Entwicklung einer gemeinsamen Restitutionspolitik beschrieben. Dabei werden die einzelnen Strömungen, Gruppierungen und Organisationen und ihre Interessen angesprochen. Auch dieser Teil befasst sich nochmals mit den militärischen Kunstschutzoffizieren und ihrer Arbeit, der wechselnden Organisation innerhalb der Militärregierung und den Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung der Rückerstattungen. Mehrere Kapitel befassen sich sodann mit den Verhandlungen in der European Advisory Commission, im alliierten Kontrollrat und in der Alliierten Hohen Kommission. Dabei werden nicht nur die Versuche einer gemeinsamen alliierten Restitutionspolitik und deren teilweises Scheitern erläutert, sondern auch die verschiedenen Definitionsversuchen der Begriffe „Restitution“, „restitution in kind“, „war booty“ usw. ausführlich besprochen.

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten 1 1. Kapitel: Vorwort zu Teil 2 Im zweiten Teil des Buches soll untersucht werden, was mit den von den westlichen Besatzungsmächten sichergestellten Kulturgütern geschah. Dabei handelte sich bei den Kulturgütern zum einen um Gegenstände, welche aus den von den Nationalsozialisten besetzten europäischen Staaten stammten, zum anderen aber auch um Kulturgüter, welche die Nazis in Deutschland natürlichen Personen aufgrund deren Rasse oder politischer und gesellschaftlicher Zugehörigkeit enteignet hatten. Des Weiteren fallen auch die vom nationalsozialistischen Regime als „entartet“ bezeichneten Kunstwerke darunter, welche ebenfalls sichergestellt und teilweise für Devisen oder zwecks Tauschs ins Ausland weiterverkauft worden waren. In diesem Teil soll nun aufgezeigt werden, wie sich die Restitutionspolitik der Besatzungsmächte im Laufe der Zeit veränderte, wie verschiedene äussere, zumeist politische Faktoren ausschlaggebend waren und ob eine Einigung in einem Punkt zustande kam oder nicht. Der zweite Teil ist grösstenteils chronologisch aufgebaut. In einem ersten Kapitel sollen die Massnahmen der verschiedenen von Deutschland besetzten europäischen Staaten zum Schutz von Kulturgütern und damit der Ausgangspunkt für die zentrale Londoner Erklärung, mit welcher sich das Buch ebenfalls eingehend befasst, erläutert werden. In den folgenden Kapiteln werden der Beginn und die Fortführung der Entwicklung einer gemeinsamen Restitutionspolitik beschrieben. Dabei werden die einzelnen Strömungen, Gruppierungen und Organisationen und ihre Interessen angesprochen. Auch dieser Teil befasst sich nochmals mit den militärischen Kunstschutzoffizieren und ihrer Arbeit, der wechselnden Organisation innerhalb der Militärregierung und den Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung der Rückerstattungen. Mehrere Kapitel befassen sich sodann mit den Verhandlungen in der European Advisory Commission, im alliierten Kontrollrat und in der Alliierten Hohen Kommission. Dabei werden nicht nur die Versuche einer gemeinsamen alliierten Restitutionspolitik und deren teilweises Scheitern erläutert, sondern auch die verschiedenen Definitionsversuchen der Begriffe „Restitution“, „restitution in kind“, „war booty“ usw. ausführlich besprochen.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

In einem weiteren Teil werden die Rückerstattungsgesetze der verschiedenen westlichen Militärregierungen, die diesbezüglichen Verordnungen und auch sämtliche anderen Gesetze, welche sich mit Kulturgütern befassten, aufgezeigt und erläutert. Nicht nur der Fortführung, sondern auch der Beendigung der Restitution durch die westlichen Besatzungsmächte ist sodann ein letzter Teil des Buches gewidmet. Wie bereits im ersten Teil wird die Restitutionsproblematik im Kontext mit der allgemeinen Geschichte besprochen. Nur mittels der Verbindung der historischen Gegebenheiten können auch die Restitution von Kulturgütern richtig gewertet und daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden. Es wird diesbezüglich aufgezeigt werden, dass die Nachkriegszeit und mit ihr die Verarbeitung des Zweiten Weltkrieges und im Besonderen die Durchführung der Reparationen, aber auch der Restitutionen, sehr stark von politischen Faktoren abhing und geprägt war. Der schleichende Konflikt zwischen der Sowjetunion und den westlichen Alliierten hatte dabei entscheidenden Einfluss auf die gesamte Restitutionspolitik.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen nach Beendigung des Krieges I.

Einleitung

Mit einer riesigen Maschinerie haben die Nationalsozialisten in den besetzten Staaten Kulturgüter sichergestellt und ins Deutsche Reich verbracht. Die Exilregierungen der vom Dritten Reich besetzten europäischen Staaten, welche zumeist nach Grossbritannien geflüchtet waren, verfolgten die Situation in ihren ehemaligen Staaten mit grossem Entsetzen. Zwar war in der HLKO geregelt, dass Kulturgüter gemäss Art. 56 in keinem Fall beschlagnahmt und eingezogen werden durften. Es war dementsprechend in Art. 3 des VI. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 statuiert, dass die Kriegspartei, welche die Regel verletzt, im gegebenen Fall zu Schadenersatz verpflichtet ist. Die Beschlagnahmungen der Nationalsozialisten und mit anderen Worten der Kulturgüterraub liessen sich nicht verhindern, doch es war das erklärte Ziel, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Mit nationalen Gesetzen und einer internationalen Erklärung versuchten die betroffenen Staaten den Schaden möglichst klein zu halten.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

In einem weiteren Teil werden die Rückerstattungsgesetze der verschiedenen westlichen Militärregierungen, die diesbezüglichen Verordnungen und auch sämtliche anderen Gesetze, welche sich mit Kulturgütern befassten, aufgezeigt und erläutert. Nicht nur der Fortführung, sondern auch der Beendigung der Restitution durch die westlichen Besatzungsmächte ist sodann ein letzter Teil des Buches gewidmet. Wie bereits im ersten Teil wird die Restitutionsproblematik im Kontext mit der allgemeinen Geschichte besprochen. Nur mittels der Verbindung der historischen Gegebenheiten können auch die Restitution von Kulturgütern richtig gewertet und daraus die richtigen Schlüsse gezogen werden. Es wird diesbezüglich aufgezeigt werden, dass die Nachkriegszeit und mit ihr die Verarbeitung des Zweiten Weltkrieges und im Besonderen die Durchführung der Reparationen, aber auch der Restitutionen, sehr stark von politischen Faktoren abhing und geprägt war. Der schleichende Konflikt zwischen der Sowjetunion und den westlichen Alliierten hatte dabei entscheidenden Einfluss auf die gesamte Restitutionspolitik.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen nach Beendigung des Krieges I.

Einleitung

Mit einer riesigen Maschinerie haben die Nationalsozialisten in den besetzten Staaten Kulturgüter sichergestellt und ins Deutsche Reich verbracht. Die Exilregierungen der vom Dritten Reich besetzten europäischen Staaten, welche zumeist nach Grossbritannien geflüchtet waren, verfolgten die Situation in ihren ehemaligen Staaten mit grossem Entsetzen. Zwar war in der HLKO geregelt, dass Kulturgüter gemäss Art. 56 in keinem Fall beschlagnahmt und eingezogen werden durften. Es war dementsprechend in Art. 3 des VI. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907 statuiert, dass die Kriegspartei, welche die Regel verletzt, im gegebenen Fall zu Schadenersatz verpflichtet ist. Die Beschlagnahmungen der Nationalsozialisten und mit anderen Worten der Kulturgüterraub liessen sich nicht verhindern, doch es war das erklärte Ziel, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Mit nationalen Gesetzen und einer internationalen Erklärung versuchten die betroffenen Staaten den Schaden möglichst klein zu halten.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

II.

Erste politische Massnahmen zum Schutz Eigentum und Kulturgüter im besonderen in den besetzten Gebieten

In verschiedenen internationalen Kommissionen begannen sich die Exilregierungen mit der entstandenen Situation auseinanderzusetzen und versuchten den Schaden zu begrenzen. Dabei ging es insbesondere auch um den Schutz des staatlichen und privaten Eigentums in den besetzten Staaten. Schon bald wurde man sich des Ausmasses der deutschen Sicherstellungen fremden Eigentums, insbesondere Kulturgütern, bewusst.880 Bereits im Jahre 1942 führten die europäischen Exilregierungen und Grossbritannien in zwei verschiedenen Kommissionen Gespräche über die Wiederbeschaffung von gestohlenen Kulturgütern. Zum einen erfolgten diese Diskussionen im „Comité interallié pour l’Étude de l’armistice“, einer Unterkommission der Exilregierungen, und zum anderen wurden die Fragen bezüglich gestohlener Kulturgütern auch an den periodischen Sitzungen der Exil-Finanzminister, welche von den Briten präsidiert wurden, besprochen.881 Verschiedene europäische Staaten versuchten, mittels Gesetzen den Transfer und den Handel von geraubten Gütern aus ihrem Land zu verhindern. Dabei können drei Haupttypen unterschieden werden. Erstens Gesetze, welche Transaktionen während der Besatzungszeit durch den Feind als nichtig oder ungültig erklärten.882 Zweitens Gesetze, welche verhindern sollten, dass Eigentum und sonstige 880

Dies insbesondere durch Charles Estreicher aus Polen und anderen Emigranten. Siehe NA RG 331/General Staff, G-5 Division, Operations Branch MFAA Section Policy/331, The Destruction and Plunder by the Germany of Work of Art and the necessary Cultural Revindication Resulting from it. Der Bericht wurde von Charles Estreicher während seines Aufenthalts in den USA in den Jahren 1942 und 1943 vor verschiedenen wissenschaftlichen Kommissionen präsentiert.

881

NA RG 239/19 und 26, Richard A. Johnson, Memo: „Protection, Restitution and Reparation of Objects d’Art and other Cultural Objects“, 17.11.1944.

882

Solche Gesetze bestanden in Belgien, in der Tschechoslowakei und Polen. Belgiens Exilregierung in London gab nach der Besetzung durch die Deutschen eine offizielle Erklärung bezüglich aller Eigentumsübertragungen heraus. Der „Avis Officiel“ vom 10.01.1941, publiziert im „Moniteur Belge“ am 25.02.1941, sah die gesamte Ausserkraftsetzung der deutschen Massnahmen und die Nichtigerklärung aller Enteignungen durch die Besatzungsmacht vor. Sie stützte sich dabei auf Art. 2279 und 2280 des belgischen „Code Civil“, bezüglich gestohlenen Sachen, auf das Gesetz „Arrête-Loi“ vom 10.01.1941 (Moniteur 1941, S. 46 und S. 144.) und Gesetzen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, welche revidiert wurden. Es wurden dabei auch verschiedene Massnahmen zugunsten von belgischen Firmen und Privatpersonen im Ausland getroffen, damit diese nicht in die Hand des Feindes fallen konnten (dazu Gesetz vom 2.02.1940 in Moniteur 1940, Nr. 38, Gesetz vom 19.03.1942 in Moniteur 1942, S. 188). Auch die Tschechoslowakei erklärte, dass sie keine Übertragungen von staatlichem und privatem Eigentum gestatte, welche nach dem 27.09.1938 vorgenommen wurden und aufgrund der Besatzungsherrschaft zustande gekommen waren, und verwies auch noch

209

210

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Vermögenswerte ausserhalb des besetzten Staates von Staatsangehörigen, die im besetzten Staat leben, durch Druck der Besatzer zurücktransferiert werden.883 Drittens gab es noch einen Gesetzestyp, in welchem ausländische Vermögenswerte und Eigentum eines Ausländers im jeweiligen Staat, in welchem sich die Vermögenswerte oder das Eigentum befand, treuhänderisch verwaltet oder sichergestellt wurden.884 Der erste Gesetzestyp erklärt verschiedene Transaktionen innerhalb des besetzten Territoriums während der Besatzungszeit für null und nichtig. Die Kraft und der Effekt dieser Gesetze sind von grösserer Wichtigkeit als bei den anderen Typen. Dies zeigt sich insbesondere am Umfang des vom Gesetz betroffenen Eigentums, in der Anzahl von Transaktionen, welche ungültig erklärt werden konnten und in den verschiedenen Möglichkeiten, das Gesetz schnell durchzusetzen. Wirkungen konnte das Gesetz jedoch erst nach der Befreiung des besetzten Gebietes zeitigen. Zunächst war das Gesetz lediglich als Warnung gedacht, indem man die Risiken einer Eigentumsübertragung aufzeigte, indem diese unter Umständen von einer rechtmässigen Regierung nicht anerkannt würde. Beispiele von Gesetzen dieses Typs lassen eine Tendenz erkennen, dass zwischen Eigentumsübertragungen von Staatseigentum und Privatpersonen unterschieden wurde. Die Übertragung von Staatseigentum wurde ipso iure null und nichtig erklärt, während es beim Privateigentum erst bei der Einleitung eines Verfahrens durch den enteigneten Eigentümer zu einer Durchsetzung des Gesetzes kommt. Die Behandlung von Eigentum lokaler Behörden und öffentlicher Institutionen auf die einschlägigen Artikel im tschechoslowakischen Strafgesetzbuch. Mittels eines Kriegsdekrets erklärte die Exilregierung Polens die Nichtigkeit sämtlicher Gesetze und Verordnungen der Besatzungsmacht, die die Weisungen des Haager-Übereinkommens von 1907 überschritten. Insbesondere wird auch die Nichtigkeit von Eigentumsübertragungen durch den Besatzer erwähnt und detailliert ausgeführt (Dekret vom 30.11.1939 über die Nichtigkeit von Verordnungen, die von der Besatzungsmacht erlassen wurden in Journals of Laws of the Republic of Poland, No. 102, Angers, 2.12.1939 und Dekret vom 26.02.1940 über die Administration und Veräusserungen von polnischem Eigentum im Ausland). 883

Holland und Norwegen, aber auch Belgien, Luxemburg und Polen erliessen diese Art von Gesetze. Gemäss den holländischen königlichen Dekreten vom 24.05.1940 (Staatsblad No. A 1), 6.03.1942 (Staatsblad No. C 18) und 7.05.1942 (Staatsblad No. C 34) wurde jegliches Eigentum von Personen im besetzten Holland, welches sich ausserhalb des Königreiches befand, von der holländischen Exilregierung treuhänderisch verwaltet und sichergestellt. Ein weiteres Königliches Dekret vom 7.06.1940 (Staatsblad No. A 6) bezog sich darauf, dass Personen im besetzten Holland keine Handlungen bezüglich ihres Eigentums ausserhalb des besetzten Gebietes vornehmen konnten. Die norwegische Exilregierung stellte im Provisional Act vom 29.07.1941 fest, dass alle Verwaltungsakte, die während der Besatzungszeit ausgeführt würden, nach der Befreiung Norwegens überprüft und korrigiert werden könnten. Zusätzlich wurde noch der „Provisional Act“ vom 26.08.1939 bezüglich des Verkaufes von norwegischen Schiffen an Ausländer und bezüglich norwegischem Privateigentum im Ausland („Provisional Act“ vom 23.04.1940) erlassen.

884

Dieser Gesetzestyp findet sich nur in Staaten, welche nicht vom Feind besetzt worden waren, wie z.B. die USA und Grossbritannien.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

wurde nicht einheitlich gehandhabt. Teilweise wurden sie wie Staatseigentum behandelt, teilweise wie Privateigentum. So sah das belgische Gesetz vor, dass Eigentum von Gemeinden und Provinzen sowie Sachen von öffentlichem Interesse als Privateigentum angeschaut wurde. Auf der anderen Seite setzten die Gesetze der Tschechoslowakei885, Luxemburgs886 und Norwegens dieses Eigentum Staatseigentum gleich. Zudem wurde auch eine Vielzahl von Punkten, die zu einer ungültigen Übereignung führten, aufgezählt. Das belgische Gesetz vom 10. Januar 1941887 bezeichnete sämtliche Übertragungen von Staatseigentum seit dem 10. Mai 1940, welche durch den Feind befohlen oder angeordnet worden waren, als null und nichtig. Davon ausgenommen waren lediglich Eigentumsübertragungen, welche in einem normalen Verwaltungsverfahren ausgesprochen worden waren. Übertragungen des Privateigentums, welches vom Feind beschlagnahmt oder unter Druck verkauft werden mussten, wurden ebenfalls für nichtig erklärt. Das belgische Gesetz entsprach dem norwegischen „Provisional Act“ vom 18. Dezember 1942888, welche eine allgemeine Ungültigkeit von Eigentumsübertragungen aufgrund von Einflussnahme des Feindes vorsah, falls diese Übertragungen nicht im Nachhinein durch eine legitime Regierung gutgeheissen wurden. Auch das jugoslawische Gesetz889 sah vor, dass sämtliche Transaktionen von Staatseigentum und staatlichen Institutionen, welche nach dem 6. April 1941 vorgenommen worden waren, nicht bindend und somit ungültig waren.

885

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document D, Existing Czechoslovak Legislation under which Transfers or Dealings could be invalidated.

886

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document F, Memorandum on Existing Legislation in Luxembourg. (Vor Ausbruch des Krieges erliess die luxemburgische Regierung am 28.02.1940 mit Vollmacht des Parlamentes (Chambre des Députés) am 28.09.1938 und 29.08.1939 spezielle Vorkehrungen für den Transfer des Handelsregisters für Luxemburgische Gesellschaften. Nach der Besetzung von Luxemburg durch die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 wurden mehrere Gesetze erlassen, insbesondere das Gesetz vom 22.04.1941, in dem alle rechtlichen Massnahmen der Besatzungsmacht seit der Besetzung Luxemburgs für nichtig und sämtliche Enteignungen und Transfers von Eigentum durch die Besatzungsmacht für ungültig erklärt wurden, wenn sie nicht in einem Verfahren, welches das luxemburgische Recht vorschrieb, zustande gekommen waren.)

887

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document B, Annex 1 ff., Arrête-loi relatif aux mesures de dépossession effectuées par l’ennemi, 10.01.1941.

888

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document H, Memorandum Norwegian legislation now in force under which transfers and dealings of the nature referred to in the Allied Joint Declaration of 5th January 1943 would or could be invalidated.

889

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document J, Existing Legislation from Government of Yugoslawia, Gesetz „The Transfer and Disposal of Assets in the Kingdom of Yugoslawia after the 6th April 1941“ vom 28.05.1942.

211

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Zudem wurden aber auch sämtliche Transaktionen von Privateigentum für ungültig erklärt, welche durch die Besatzer erzwungen worden waren. Teilweise wurden in den verschiedenen Gesetzen890 individuelle Übertragungen von Privateigentum während der Besatzungszeit in den besetzten Staaten als gültig erachtet, falls ein Gericht, welches über die Übertragung zu befinden hatte, nicht zu einem entgegengesetzten Urteil kam. Andere Gesetze891 gingen davon aus, dass sämtliche Übertragungen von Eigentum ungültig waren und nur durch die Anerkennung eines Gerichtes Gültigkeit erlangen konnten. Um eine Flut von Gerichtsfällen zu verhindern, wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, dass eine Eigentumsübertragung gültig war, wenn sie nicht binnen einer bestimmten Frist angefochten wurde. Bei näherer Betrachtung sind die vorerwähnten Gesetze eher als Ausdruck der angestrebten Politik gegen die Besetzung und als Darlegung der verfolgten Prinzipien denn als wirklich durchsetzbare Gesetze zu verstehen.892 Mit dem vorerwähnten zweiten Gesetzestyp, welcher die Ungültigkeit von Eigentumsübertragungen regelte, versuchten die jeweiligen Exilregierungen die Kontrolle von Privateigentum von Staatsangehörigen, die sich im besetzten Staat aufhielten, deren Privateigentum sich jedoch im Ausland befand, zu schützen. Der Schutz kam in zwei verschiedenen Formen vor. Ein Teil der Staaten sah sich als offizieller Treuhänder des Eigentümers bezüglich des vorerwähnten ausländischen Privateigentums und räumten gemäss Gesetz erst nach der Befreiung des Staates dem tatsächlichen Eigentümer die volle Verfügungsgewalt wieder ein.893 Norwegen erliess dabei auch ein Gesetz, welches der Exilregierung ermöglichte, gewisse Vermögenswerte von norwegischen Privatpersonen im Ausland zu requirieren.894 Zum anderen erlaubten verschiedene Staaten den in ihren Staaten registrierten Gesellschaften, den Sitz ins Ausland zu verlegen, und versagten den im besetzten Land verbliebenen Organen, die Leitung dieser Gesellschaften auszuüben.895

890

Siehe dazu die belgischen und norwegischen Gesetze.

891

Siehe dazu die Gesetze der Tschechoslowakei.

892

Dies wird im Memorandum der tschechischen Delegation zuhanden des Inter-Allied SubCommittee on Acts of Dispossession ausdrücklich vermerkt. Auch die polnischen und luxemburgischen Delegierten erklärten der Kommission, dass detailliertere Gesetze aufgrund der Situation nicht angebracht erschienen und erst nach der Befreiung des Territoriums publiziert werden würden. Siehe dazu NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, General Description of Existing Legislation.

893

Ein solches Gesetz wurde von der holländischen Exilregierung per königlichem Dekret erlassen (Royal Decree of 24th May 1940 (Staatsblad No. A 1)).

894

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Summary of Statements, Auszug aus den „Provisional Acts of Norway“ (war measures) § 7.

895

Gesetze dieser Art wurden von Belgien, Luxemburg und Polen erlassen.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

Dieser Gesetzestyp wurde meist als Zusatz zum ersterwähnten Typ geschaffen. Durch diesen Gesetzestyp konnte ein Staat rechtliche Wirkung auf einen Vermögenswert ausserhalb des besetzten Gebietes entfalten. Das Gesetz galt dabei schon vor der Befreiung des jeweiligen Staatsterritoriums und sollte einen internationalen Effekt erzielen, indem es einen justitiablen Anspruch vor den Gerichten alliierter oder neutraler Staaten begründete. Der dritte Gesetzestyp differierte von den oberwähnten Gesetzestypen beträchtlich. Dies ist insbesondere aufgrund der verschiedenen Interessen der alliierten Staaten zu verstehen. Der Gesetzestyp stellt den Regierungen Möglichkeiten zur Verfügung, Geldansprüche einzuziehen und Eigentum, welches sich ausserhalb eines besetzten Territoriums befand, zu verwalten. Die besten Beispiele sind dazu die Gesetze der USA und der meisten Länder des britischen Commonwealth, welche dem Feind und dessen Staatsangehörigen das Benutzen von Vermögenswerten und anderen Ressourcen, welche sich in diesen Ländern befanden, verunmöglichten.896 Der Umfang der Durchsetzung eines solchen Gesetzes war auf das Eigentum und die Rechte innerhalb der Gerichtsbarkeit des einzelnen Landes beschränkt. Die Gerichtsbarkeit wurde jedoch auf Eigentum und Rechte ausgedehnt, an denen Personen in den besetzten Ländern Interesse bekundigten, auch wenn sie nicht Alleineigentümer waren.

III.

Die besondere Situation in Frankreich

Während, wie oberwähnt, die meisten Exilregierungen der von den Achsenmächten besetzten Staaten Verbote für sämtliche Handelstätigkeit mit dem Feind erliessen, war die Situation in dieser Beziehung für Frankreich schwieriger.

896

Siehe dazu die Ausführungen zur T.D. 51072 auf S. 236 ff. Für das britische Gesetz „Trading with the Enemy Act“ 1939, siehe insbesondere auch Martin Domke, Trading with the Enemy in World War II, New York 1943, Appendix N, S. 469 ff. In diesem Gesetz heisst es sodann: “The United Kingdom by its Trading with the Enemy Act 1939 has 1. rendered ineffective or void a) any transfer (except with the sanction of the Treasury) of a negotiable instrument, bearer or certain other securities and choses in action by or on behalf of a person resident in any enemy-occupied territory; b) any payment in the United Kingdom of any money payable to a person in the enemyoccupied territory or any dealing in the United Kingdom with any property held or managed for or on behalf of such a person except with the direction or consent of the Board of Trade. 2. provided for payment to Custodians of Enemy Property of money payable by persons in the United Kingdom to persons in enemy occupied territory and notification to such Custodians of property held for such persons.” Abgedruckt in NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report.

213

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die Regierung von Bordeaux und das Vichy-Regime hatten mit dem Deutschen Reich nicht nur ein Waffenstillstandsübereinkommen unterzeichnet, sondern hatten überdies eine umfassende neue Gesetzgebung verkündet, welche nicht nur sämtliche Gesetze, die den Handel mit Staaten, die sich mit Frankreich in Krieg befanden, aufhob und für ungültig erklärt. Zudem wurden Gesetze erlassen, welche den wirtschaftlichen Einfluss des Deutschen Reiches in Frankreich fördern sollte. Das französische Nationalkomitee und die Réstistance hingegen erachteten den Waffenstillstandsvertrag als ungültig, da er nicht von einer verfassungsmässigen Regierung unterzeichnet worden war, sondern von einem selbsternannten Regime.897 Aus diesem Grund war das französische Nationalkomitee der Ansicht, dass Frankreich den Krieg mit Deutschland nicht beendet hatte und die Gesetzgebung vom 15. Juni 1940 betreffend das Handelsverbot mit dem Feind immer noch in Kraft war. Bereits am 1. September 1939 war in Bezug auf den privaten und geschäftlichen Verkehr mit dem Feind oder mit Personen in feindlichem Gebiet ein Dekret mit einem Verbot ergangen. Mit diesem Gesetz wurde gleichzeitig eine Verordnung mit genau umschriebenen Massnahmen zur Durchsetzung des Gesetzes verabschiedet.898 Mit dem Gesetz vom 15. Juni 1940 wurden sämtliche Verträge zwischen Franzosen und Personen aus feindlichen Staaten, die den Gesetzen Frankreichs, insbesondere dem Dekret vom 1. September 1939 widersprechen, verboten. Des Weiteren waren Verträge zwischen französischen Staatsangehörigen und Personen in neutralen Staaten verboten, wenn diese die Verträge zugunsten des Feindes abgeschlossen hatten. Sodann wurden auch Verträge welche gestohlene, beschlagnahmte, erpresste oder sonst ungesetzlich erhaltene Waren umfassten, für ungültig erklärt. Die Franzosen waren sich bewusst, dass die Einschränkungen der Vertragspartner und das Verbot von Verträgen mit dem Feind durch das französische Gesetz nicht immer den Transfer von Waren verhindern und die Herausgabe der Ware erwirken konnten. Das französische Nationalkomitee war insbesondere gegenüber den neutralen Staaten argwöhnisch, da Gegenstände, die als Resultat eines Vertrages in ein neutrales Gebiet transferiert wurden, nur mittels des Entscheides eines Gerichts im neutralen Staat restituiert werden konnte. So versuchten die 897

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Translation of Memorandum on French legislation at present in force which provides for the invalidation of transfers effected in France whether by the enemy, or under enemy pressure or by virtue of legislation and measures enacted by the Vichy Government. Unter anderem führt das französische Nationalkomitee aus: „On this view the Vichy Government which is not based on national consent and cannot fulfil its international obligations, is nothing but an agent of the enemy who has, for reasons of political expediency, charged it, under his supervision and directions, with the administration of part of France an of her empire. The rulee of Vichy is, in the eyes of Fighting France, no more French Government than Quisling’s rule in Norway is a Norwegian Government.“

898

Siehe dazu auch NA RG 239/37, Interallied Sub-Committee on Acts of Dispossession, Interim Report, Appendix A, Document K.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

französischen Delegierten in London möglichst schnell einen alliierten Konsens zu finden und eine allgemeine alliierte Erklärung bezüglich Enteignungen in besetzten Gebieten zu erarbeiten.

IV.

Erarbeitung einer internationalen Deklaration gegen die Enteignungen in den durch die Achsenmächte besetzten Gebieten

Aufgrund der Angst vor einer Zerstörung des kulturellen Frankreichs reichten die französische Exilregierung, aber auch andere Regierungen, deren Gebiete von den Achsenmächten besetzt worden waren, in London bei den verschiedenen internationalen Komitees immer wieder Begehren für eine Erklärung gegen die Enteignungen in den durch die Achsenmächte besetzten Gebiete ein.899 Im Sommer 1942 wurde das Problem von den Exilfinanzministern in London aufgegriffen und bearbeitet. Dabei wurde ein Text für eine allgemeingültige Deklaration erstellt, aufgrund welcher sich die Alliierten das Recht sicherten, sämtliche Eigentumsübergänge in den von den Achsenmächten besetzten Länder als ungültig zu erklären. Der Entwurf ergab nach gründlicher Überarbeitung die sogenannte Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943, genannt „Inter-Allied Declaration against Acts of Dispossession Committed in Territories under Enemy Occupation or Control“: The Union of South Africa, the United States of America, Australia, Belgium, Canada, China, The Czechoslovak Republic, the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, the Union of Soviet Socialist Republics, Greece, India, Luxembourg, the Netherlands, New Zealand, Norway, Poland, Yugoslavia, and the French National Committee; Hereby issue a formal warning in all concerned, and in particular to persons in neutral countries, that they intend to do their utmost to defeat the methods of dispossession practiced by the governments with which they are at war against the countries and peoples who have been so wantonly assaulted and despoiled. Accordingly, the governments making this declaration and the French National Comittee reserve all their rights to declare invalid any transfers of, or dealings with, property, rights and interests of any description whatsoever which are, or have been, situated in territories which have come under the occupation or control, direct or indirect, of the governments with which they are at war or which belong or have belonged, to persons, including juridical persons, resident in such territories. This warnings applies whether such transfers or dealings have taken the form of open looting or plunder, or of transactions apparently legal in form, even when they support be voluntarily effected.

899

Vergleiche dazu auch Weil-Curiel/Castro, S. 15.

215

216

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten The governments making this declaration and the French National Committee solemnly record their solidarity in this matter. London, January 5 th, 1943.900

Am 24. Juli 1942 hatten sich die Finanzminister der alliierten Regierungen in London getroffen, um über einen ersten Vorschlag für eine Deklaration, mittels der die alliierten Regierungen Transfers von Eigentum und anderen Rechten in den von den Achsenmächten besetzten oder kontrollierten Gebieten ungültig erklären konnten, zu diskutieren.901 Im Nachgang zu dieser Sitzung erhielten sämtliche Mitglieder Zeit, den Entwurf mit ihren Regierungen zu besprechen.902 In diesem Zeitpunkt war die USA beim Treffen der Finanzminister der alliierten Regierungen nicht offiziell vertreten. Das State Department delegierte aber einen Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft an eine diese Sitzungen. Die Ameri-

900

Siehe Cmd. 6418 H.M.Stationary Office 1943 in NA RG 331/G-5/MFAA/Box 330, aber auch in Schmoller/Maier/Tobler, S. 5 ff. Übersetzung der Londoner Erklärung vom 5.01.1943: Alliierte Erklärung Über die in den vom Feinde besetzten oder unter seiner Kontrolle stehenden Gebieten begangenen Enteignungshandlungen vom 5. Januar 1943. „Die Regierungen der Süd-Afrikanischen Union, der Vereinigten Staaten von Amerika, Australiens, Belgiens, Kanadas, Chinas, der Tschechoslowakischen Republik, des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland, Griechenlands, Indiens, Luxemburgs, der Niederlande, Neuseelands, Norwegens, Polens, der Union der Sozialistischen SowjetRepubliken, Jugoslawien und der Französische Nationalausschuss; Warnen hiermit ausdrücklich sämtliche in Frage kommenden Personen und insbesondere diejenigen, die in neutralen Ländern wohnhaft sind, dass sie mit allen Mitteln danach streben werden, die Enteignungsmethoden zu vereiteln, die von den Regierungen, mit denen sie in Feindseligkeiten begriffen sind, den schimpflich angegriffenen und beraubten Nationen und Völkern gegenüber gebraucht werden. Infolgedessen behalten sich die diese Erklärung abgebenden Regierungen und der Französische Nationalausschuss das Recht vor, jede Übertragung und Veräusserung von Eigentum, Guthaben, Rechten und Anrechten, welcher Natur sie auch seien, für nichtig zu erklären, die sich in den von den Regierungen, mit denen sie in Feindseligkeiten begriffen sind, besetzten oder mittelbar oder unmittelbar kontrollierten Gebieten befinden oder befunden haben, oder die im Besitz von den in den betreffenden Gebieten wohnhaften Personen, einschliesslich der juristischen Personen sind oder gewesen sind. Die gegenwärtige Warnung gilt auch, wenn solche Übertragungen oder Veräusserungen unter der Form eines offensichtlichen Raubes oder scheinbar gesetzmässiger Geschäfte vorgenommen worden sind, und selbst, falls es angegeben wird, dass die besagten Übertragungen oder Veräusserungen ohne jeden Zwang getätigt worden sind. Die diese Erklärung abgebenden Regierungen und der Französische Nationalausschuss stellen ihre Solidarität in dieser Frage ausdrücklich fest.“ Siehe dazu auch Übersetzung Wilfried Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.1.1943: S. 198 f.

901

FRUS 1942, Vol. 1, General, Washington 1960, S. 72.

902

FRUS 1942, Vol. 1, General, Washington 1960, S. 73.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

kaner sympathisierten mit der Idee, wollten aber einen zehntägigen Aufschub, um selbst eine Politik formulieren zu können.903 Im Unterschied zur Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 erging im Entwurf vom 24. Juli 1942 die Warnung an die neutralen Regierungen direkt. Im Entwurf wurden sodann speziell sämtliche Enteignungshandlungen der Achsenmächte für ungültig erklärt. Um den Kreis der Länder, welche Enteignungshandlungen in besetzten Gebieten vornahmen, möglichst offen zu halten und damit eine möglichst grosse Anzahl von Staaten für diese Deklaration zu gewinnen, wurde der Begriff „Achsenmächte“ mit der Wortwendung „Regierungen, mit denen man in Feindseligkeiten begriffen ist“, ersetzt. Im Entwurf wird auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die unterzeichnenden Regierungen keine Verantwortung für den Verlust von Eigentum aufgrund einer durch die Erklärung für ungültig gewordenen Übereignung übernähmen.904 Anlässlich des Meetings wurden durch die britische Delegation drei Fragen aufgeworfen. So schlugen sie vor, dass die Erklärung nur von Ländern der Vereinigten Nationen unterzeichnet werden sollte, für deren Staat es von praktischer Bedeutung und Wichtigkeit ist. Sodann vertraten die Briten die Meinung, dass es sich nicht um eine Erklärung der Finanzminister handeln, sondern dass die Erklärung von der jeweiligen Regierung unterzeichnet werden sollte. Des Weiteren wurde die Frage aufgeworfen, ob das Wort „situated“ nicht mit dem Wort „owned“ ersetzt werden sollte.905 Insbesondere die betroffenen Staaten wie Belgien und die Tschechoslowakei befürworteten aufgrund der Wichtigkeit des Erlasses eine rasche Unterzeichnung der Erklärung und wünschten deshalb, dass 903

FRUS 1942, Vol. 1, General, Washington 1960, S. 72. Die amerikanische Regierung tat sich während des gesamten Krieges mit der Planung einer Nachkriegspolitik für Deutschland sehr schwer. Die ersten Planungen eines Nachkriegsdeutschlands waren auf Personen und Sachen ausgerichtet. Der Präsident genehmigte den Vorschlag von Staatssekretär Cordell Hull, ein Komitee zum Verfassen einer Studie über die Nachkriegspolitik zu engagieren. Das somit ernannte „Advisory Committee on Postwar Foreign Policy“ bestand aus Mitgliedern des State Department, ein paar Akademikern und einigen Experten aus der Aussenpolitik. Die gesamte Planung lag nun beim State Department. Da dieses jedoch nur teilweise bei den militärischen und politischen Entscheidungsfindungen dabei war, hatten die Planungen nur einen geringen Stellenwert. Die Kommission war in Untergruppen eingeteilt, die sich mit der Sicherheit, der Grenzziehung, den internationalen Organisationen und der Wirtschaftspolitik beschäftigten. Im Sommer 1942 war man immer noch in den Anfangszügen. Zwar wurden sehr viele Studien verfasst, aber mit Ende des Krieges in Europa war die USA in den meisten Bereichen, inklusive der Restitution, immer noch ohne konkrete Politik. Siehe dazu auch Kurtz, S. 55.

904

Siehe dazu Text im Schreiben Secretary of State to Ambassador in the UK vom 22.07.1942, in FRUS 1942, Vol. 1, General, Washington 1960, S. 72.

905

Schreiben US Ambassador in the United Kingdom to the Secretary of State, 25.07.1942 in FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 73 f. Die Regierung der USA wünschte sich dabei, dass die Umschreibung des konfiszierten Eigentums genauer sein sollte und sich auch auf Personen beziehen würde, die nicht in den besetzten Gebieten wohnten.

217

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

auf eine detaillierte juristische Erklärung verzichtet werde. Obwohl die sowjetische Regierung, wie die Amerikaner, nicht an den Sitzungen der Finanzminister teilnahm, wurde ihnen der Entwurf ebenfalls vorgelegt, und es wurde auch über einen allfälligen Einbezug von China diskutiert.906 Ende September 1942 wurde an einer Sitzung der Finanzminister aufgrund verschiedener bilateraler Gespräche ein abgeänderter Entwurf der Erklärung besprochen. Diese Fassung entsprach denn auch, mit ein paar wenigen Ausnahmen, der Fassung, welche am 5. Januar 1943 verabschiedet wurde. Der Unterschied bestand darin, dass die Deklaration immer noch spezifisch gegen die Achsenmächte gerichtet war. Um den Kreis ein wenig zu vergrössern, wurden neben den Achsenmächten auch ihre Verbündeten in die Deklaration einbezogen. Der Satz bezüglich des Ausschlusses der Verantwortlichkeit der Staaten aufgrund eines Schadens wegen eines ungültigen Transfers wurde ersatzlos gestrichen.907 Die Warnung wurde dabei auch, wie bereits erwähnt, nicht mehr gegen die neutralen Regierungen direkt ausgesprochen, sondern sie wurde gegen sämtliche in Frage kommenden Personen, insbesondere diejenigen, die in neutralen Ländern wohnhaft waren, gerichtet.908 Einige der alliierten Regierungen, insbesondere Belgien, wünschten in der Deklaration zusätzlich eine Erklärung, dass sämtliche Regierungen sich bereit erklären würden, die Staatsangehörigen der unterzeichnenden Staaten bei der Suche von Eigentum und Rechten zu unterstützen. Da man jedoch befürchtete, dass eine Ausdehnung der Erklärung zum qualifizierten Vertrag mit der dazu nötigen Ratifizierung zu grösseren Verzögerungen führen würde, wurde der Vorschlag wieder zurückgezogen.909 Die Sowjetunion wollte sich aufgrund ihrer Politik gegenüber Japan nicht an der Erklärung beteiligen. Sie willigte jedoch ein, dass sie gleichzeitig eine ähnliche Erklärung veröffentlichen würde, die sich auf die europäischen Mitglieder der Achsenmächte bezog. Die amerikanische Regierung schlug daraufhin die Er906

Die Amerikaner befürworteten die Kontaktaufnahme mit China. Siehe dazu Schreiben Secretary of State to Ambassador in the United Kingdom vom 31.07.1942, in FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 75.

907

Schreiben Ambassador in the UK to the Secretary of State, 29.09.1942, in FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 75 ff.

908

Die Änderung wurde vom britischen Schatzamt aufgrund einer Stellungnahme des Foreign Office vorgeschlagen, in der eine Warnung an die neutralen Regierungen als höchst problematisch bezeichnet wurde, da eine solche Warnung einen negativen und eventuell eine schädigenden Effekt auf diese Regierungen haben könnte. Siehe dazu FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 78 f.

909

FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 78. Aufgrund des militärischen Erfolges der Achsenmächte wollten die kontinentalen Alliierten eine Deklaration so schnell als möglich. Trotzdem dauerte es insgesamt mehr als 5 Monate, bis die Londoner Erklärung veröffentlicht werden konnte.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

setzung des Wortes Achsenmächte mit „Regierungen, mit denen sie in Feindseligkeiten begriffen sind, vor.910 Am 5. Januar 1943, um 12 Uhr Londoner Zeit, wurde die Londoner Erklärung „Inter-Allied Declaration Against Acts of Disposession Committed in Territories Under Enemy Occupation or Control“ in Kraft gesetzt.911

V.

Rechtliche Wirkung der Londoner Erklärung

1.

Nichtigkeitsvorbehalt

Die Londoner Erklärung wurde zweifellos zur Grundlage der Restitutionen in Deutschland sowie den anderen mit Deutschland verbündeten Staaten.912 Sie ist Ausgangspunkt für die verschiedenen Gesetze, Proklamationen, Verordnungen und Weisungen, die zur Durchführung der Restitution erlassen wurden. Auf die interalliierte Erklärung nehmen auch die Bestimmungen über die Restitution in den Friedensverträgen mit Italien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Finnland und den anderen Staaten Bezug. Die Erklärung beinhaltet nur „a formal warning to all concerned, and in particular to persons in neutral countries“ im Hinblick auf „the methods of dispossession practiced by the Governments with which they are at war“. Klar und deutlich wird hier das Bestreben der Alliierten – wie bereits in den von den einzelnen Staaten erlassenen Gesetzen ersichtlich ist – die von der deutschen Besatzungsmacht praktizierten Enteignungsmethoden zunichte zu machen, indem sie sämtliche Eigentumsübereignungen in den besetzen Staaten als ungültig erklärten. Verschiedene Rechtsgelehrte weisen auf die Widersprüchlichkeit des Inhaltes hin.913 In Absatz 2 ist davon die Rede, dass man die Enteignungsmethoden der Regierungen der Achsenmächte zunichte machen wollte. Demgegenüber wird in Absatz 3 der Vorbehalt erklärt, jede Übertragung und Veräusserung von Eigentum für nichtig zu erklären. Während auf der einen Seite die Warnung ergeht, dass man sich gegen die Enteignungsmethoden der Achsenmächte zur Wehr setzt, wird zudem die Aussage gemacht, auch sonstige Übertragungsakte für nichtig zu erklären. Es stellte sich daher die Frage, ob

910

Siehe dazu Schreiben Secretary of State to the Ambassador in the UK vom 22.10.1942, in FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 80.

911

Der Text wurde am 5.01.1943 vom britischen Aussenminister dem Parlament vorgelegt und gedruckt. Siehe dazu British Cmd. 6418 Misc. No. 1 (1943). Auch FRUS 1943, Vol. 1, General, S. 443 und NA RG 331/G-5/MFAA/330, Cmd. 6418 HMSO, 1943.

912

Siehe dazu auch Kaufmann, S. 64 ff.; Wilfried Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 201 ff.

913

Siehe Wilfried Fiedler, Die Alliierte (Londoner Erklärung vom 5.01.1943, S. 202; Langen/ Sauer, S. 5; Weber, S. 37 f.; Willmanns, S. 19; Woolsey, S. 283 und andere.

219

220

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

die Erklärung tatsächlich alle Übertragungen in den besetzten Ländern unter den Vorbehalt der Nichtigkeitserklärung stellte oder nur das unter Zwang Erworbene. Aufgrund des Zustandekommens der Erklärung, ihrer Bearbeitung und der verschiedenen Ansichten der einzelnen alliierten Staaten kann keine genaue Auslegung vorgenommen werden. Zu verschieden waren die einzelnen Gesetze der Alliierten, um den Transfer und den Handel von geraubten Gütern aus ihrem Land zu verhindern. Dazu kommt, dass die einzelnen Staaten ganz verschiedene Ziele verfolgten. Während sich die Regierungen der besetzten Staaten um ihre Güter und Vermögenswerte sorgten, hatten für Staaten, deren Territorien nicht besetzt worden waren, die Massnahmen durchaus auch den Sinn von ökonomischer Kriegsführung. In der zeitgenössischen Literatur wurde die erste der beiden Auslegungsmöglichkeiten ganz überwiegend abgelehnt. Der Amerikaner L.H. Woolsey schrieb, schon 1943, dass „the warning apparently contemplates singling out the dealings which are illegal or which are directly or indirectly the result of undue military pressure and compulsion“.914 Ganz ohne Zweifel will die Londoner Erklärung die Frage klären, inwieweit die Übereignungs- respektive Enteignungsmethoden der deutschen Besatzungsmacht und ihrer verbündeten Staaten legal waren. Es geht darum, inwieweit, wenn überhaupt, die Achsenmächte das Recht hatten, ins Eigentum, in die Rechte, Anrechte und Vermögenswerte zu greifen, welche sich im besetzten oder mittelbar oder unmittelbar kontrollierten Gebiet befinden oder befunden hatten. Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass es nicht um die Nichtigkeit sämtlicher Übertragungen von Vermögenswerten gegangen war. Insbesondere kann man sich nicht auf den „Trading with the Enemy Act“ der USA und der Staaten des Commonwealth stützen, da dieses Gesetz wie erwähnt einen ganz anderen Zweck erfüllen wollte.915

2.

Völkerrechtsgehalt der Londoner Erklärung

Grundsätzlich ist bei jeder Restitution auf der völkerrechtlichen Ebene zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Restitution überhaupt vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen sind völkerrechtlich zum ersten Mal durch die Londoner Erklärung von 1943, wenn auch einseitig durch die Kriegsparteien, formuliert worden. Die gegenüber Deutschland später vorgenommenen Restitutionen bedeuteten in den meisten Fällen eine rückwirkende Anwendung dieser Londoner Grundsätze.916 So hat auch das Schweizer Bundesgericht in der Ent-

914

Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 203. Siehe auch Woolsey, S. 283.

915

Andere Meinung Dabelstein, Restitution und Rechtsmangelhaftung, S. 22.

916

Siehe Eugen Langen, Die Restitution geraubter Kunstwerke in Die Weltkunst, August 1951, XXI Jhrg., No. 15.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

scheidung vom 3. Juni 1948 (Rosenberg-Fischer-Fall)917 mit gutem Grunde die Restitutionspflicht eines schweizerischen Kunsthändlers nicht auf die Londoner Erklärung, sondern auf die Haager Landkriegsverordnung gestützt. Die HLKO enthält, wie bereits im I. Teil dieses Buches besprochen, Regeln, die das Zugriffsrecht der Besatzungsmacht auf öffentliches und privates Eigentum im besetzten Gebiet beschränken. Privateigentum darf danach nicht eingezogen werden (Art. 46 HLKO) und ist nur einem beschränkten und vorübergehenden Nutzungsrecht unterworfen (Art. 53 Abs. 2 HLKO). Erlaubt sind Kontributionen (Art. 49 HLKO) und Requisitionen (Art. 52 HLKO).918 Für das öffentliche Eigentum war dagegen grundsätzlich, wenn auch beschränktes, Zugriffsrecht des Kriegsgegners gegeben. Für Kulturgüter galt sodann Art. 56 HLKO, nach dem diese in keinem Fall beschlagnahmt und angeeignet werden durften.919 Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Pflichten der Besatzungsmacht nach der HLKO regelt Art. 3 des IV. Haager Abkommens vom 18. Oktober 1907. Art. 3 bestimmt, dass die Kriegspartei, welche die Bestimmungen der bezeichneten Ordnung verletzt, im gegebenen Fall zu Schadenersatz verpflichtet ist. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen wurde. Eine Schadenersatzleistung im Sinne Art. 3 stellt auch die Restitution von privatem oder öffentlichen Eigentums dar, das entgegen der HLKO von der Besatzungsmacht offiziell beschlagnahmt oder von einzelnen ihrer Angehörigen entwendet und weggeführt wurde. Es handelt sich um eine Form der Naturalrestitution.920 Zurückkommend auf das Urteil des schweizerischen Bundesgerichtes ist festzustellen, dass die Entscheidung bezüglich der Entschädigung für eine Beschlagnahmung den völkerrechtlichen Regelungen folgte. Das Gericht stellte fest, dass die zu prüfende Beschlagnahmung im Falle des Barons Rothschild unvereinbar mit den Haager Regeln gewesen war. Es wurde erkannt, dass der Grund der Beschlagnahmung die entschädigungslose Enteignung des jüdischen Eigentümers gewesen war. Weder der Eigentümer noch der französische Staat erhielten eine Entschädigung. Die Londoner Erklärung hat gemäss überwiegender Meinung der Rechtsgelehrten das Völkerrecht nicht abgeändert.921 Ein über die Haager Landkriegsord917

Das Bundesgericht entschied 1948, dass Bührle und die andern Käufer von gestohlenen Bildern (insgesamt 77 vom Bundesgericht erfassten) diese den Bestohlenen zurückgeben müssten. In einem späteren Prozess 1952, in dem es um die Frage der Gutgläubigkeit ging, stellte das Bundesgericht in einem von Opportunitätsüberlegungen geprägten Urteil fest, dass sowohl Bührle als auch der Kunsthändler Theodor Fischer «gutgläubig» gehandelt und damit eine Entschädigung aus der Bundeskasse zugute hätten.

918

Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis, S. 216.

919

Dieses Ergebnis erreicht Art. 56 HLKO über die Fiktion des Privateigentums.

920

Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis, S. 216 f.

921

Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 206. Insbesondere auch Willmanns, S. 7.

221

222

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

nung hinausgehender ungeschriebener „völkerrechtlicher Tatbestand“, der auch das Verhalten von Privatpersonen ausserhalb der HLKO erfasst, ist nicht erkennbar.922 Es ist dabei zu beachten, dass die Londoner Erklärung als Warnung insbesondere hinsichtlich des in den neutralen Ländern befindlichen entzogenen Eigentums vorgenommen worden war. Gegenüber den neutralen Staaten konnten die Unterzeichner der Erklärung jedoch nicht erwarten, dass sie völkerrechtliche Rechte des Siegers geltend machen konnten.923 Man kann sich mithin fragen, ob die Londoner Erklärung nicht einfach der Ohnmacht der europäischen Staaten entsprang, die zusehen mussten, wie die deutsche Besatzungsmacht und die mit ihr verbündeten Achsenmächte Vermögenswerte und Güter, insbesondere auch Kulturgüter, beschlagnahmten und verlagerten. Um den jeweiligen erlassenen staatlichen Gesetzen, welche den Transfer von Eigentum ungültig erklärten, grössere Nachachtung zu verschaffen, kam dann die Initiative der europäischen Staaten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die USA, die Sowjetunion und China bei den ersten Verhandlungen nicht dabei gewesen waren. Wie sich zeigt, kann die Londoner Erklärung sicher als Ausgangspunkt für den Versuch einer gemeinsamen Restitutionspolitik gesehen werden. Sie sollte jedoch für die Beurteilung der Restitutionsfrage nicht in einen rechtlichen Begriff gefasst werden und ausgelegt werden. Wenn man die späteren Verhandlungen bezüglich der Restitution verfolgt, kann man erkennen, dass die Londoner Erklärung zwar erwähnt wird, die Umsetzung der Restitution aber von anderen Umständen geprägt war. Aufgrund der damaligen politischen Situation in der Nachkriegszeit wurden die Widersprüchlichkeiten der alliierten Besatzungspolitik klar ersichtlich. In nahezu jeder Zone gab es, wie noch geschildert werden wird, unterschiedliche Gesetzgebungen, was zu einer uneinheitlichen Restitutionspraxis geführt hatte. Die Londoner Erklärung wurde demnach nicht nur als Bestandteil in den Friedensverträgen mit den ehemals mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten benutzt, sondern diente in einem gewissen Sinn auch als Vorlage für Resolution No. IV 924 der Bretton Woods Konferenz im Juli 1944. Sehr treffend stellt denn Fiedler auch fest, dass aus heutiger Sichtweise und im Hinblick insbesondere auf die mit den ehemals mit dem Deutschen Reich im Krieg verbündeten Staaten geschlossenen Friedensverträge die Erklärung mehr als ein Memorandum denn als ein völkerrechtlichwirksames Rechtsdokument zu werten, welches zum Inhalt hat, was die Alliierten im Falle eines Sieges zu beabsichtigen gedenken.925

922

Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 207. Auch Hartung, S. 138.

923

Willmanns, S. 7.

924

Siehe dazu S. 260 ff.

925

Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 216.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

VI. Alliierte Unterkommission für Enteignungshandlungen Anlässlich der Sitzung des Aussenministeriums Grossbritanniens mit den alliierten Finanzministern vom 27. November 1942 wurde eine Unterkommission mit Experten für Vorschläge zur Einführung der Londoner Erklärung in den verschiedenen Ländern gegründet.926 Die belgische und holländische Delegation wollten die Kompetenzen der Kommission ausdehnen, indem die Kommission auch Empfehlungen zu den Möglichkeiten der Einbettung der Erklärung in das Rechtssystem des jeweiligen Staates und zu dessen Vollzug abgeben sollte.927 Die britische Regierung, welche auch für die Koordination der Veröffentlichung der Erklärung zuständig war, verhinderte jedoch eine zu grosse Kompetenz der Kommission und konnte sich schliesslich dahingehend durchsetzen, dass dieser lediglich die Aufgabe zukam, Erwägungen für weitere Schritte zur Durchsetzung der Erklärung anzustellen und eine Untersuchung über die existierenden gesetzlichen Möglichkeiten in den einzelnen Signatarstaaten für eine Ungültigkeitserklärung von Eigentumsübereignungen zu führen.928 Die Kommission begann unter H.S Gregory, Direktor der Abteilung „Trading with Enemy“ der britischen Regierung, zu arbeiten. Die Kommission erstellte vor allem Berichte und Analysen über die Ereignisse und die Gesetzeslage in den einzelnen Mitgliedstaaten.929 Durch die unterschiedlichen Auffassungen über die Aufgabe der Kommission und die Ereignisse während des Kriegsverlaufes kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Die Arbeit der Kommission

926

Siehe dazu NA RG 239/37 Inter-Allied Sub-Committee on Acts of Dispossession. Auch FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 81 f.

927

Die Aufgaben wurden wie folgt umrissen: „To consider the scope of existing legislation of Allied countries under which transfers and dealings of the kinds referred to in the declaration would or could be invalidated; and in this connection to receive and collate information as to the methods adopted by the Axis powers and their associates to secure control of property, rights and interests in Allied territory; and to report to the committee as quickly as possible“. Siehe dazu NA RG 239/37 Inter-Allied Sub-Committee on Acts of Dispossession. Auch FRUS 1942, Vol. 1, General, S. 81 f.

928

Die Briten, welche ausser den Channel Island von einer Besetzung durch Nazi-Deutschland verschont geblieben waren, hatten natürlich andere Interessen als ihre Verbündeten auf dem Kontinent, die an einer restlosen Rückführung ihres Staatseigentums und insbesondere ihrer Kunstwerke sehr interessiert waren. Die britische Regierung war sich jedoch bewusst, dass sie sich aufgrund der guten Beziehungen mit den kontinentalen Staaten mit dieser Problematik auseinanderzusetzen hatte und den Ruf der Armee schützen musste, wenn sie in vom Feind besetztem Gebiet kämpften. Trotzdem wollte die britische Regierung möglichst wenig äusseren Einfluss in ihre Gesetzgebung und militärischen Pläne zulassen. Siehe auch Schreiben Ambassador in the UK to Secretary of State vom 8.10.1943 in FRUS 1943 Vol. I, General, S. 451 ff.

929

FRUS 1942, Vol. I, General, S. 83.

223

224

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

wurde insbesondere durch ein Memorandum der polnischen Exilregierung über die Enteignungen durch die sowjetischen Besatzungstruppen in Ostpolen stark erschwert. Die polnische Delegation wollte den erwähnten Bericht in den Zwischenbericht der Kommission integrieren, was aber bei der russischen Delegation auf starken Widerstand stiess.930 Obwohl der Vorsitzende der Kommission der russischen Delegation erklärte, dass das polnische Memorandum sich auf das vor dem 1. September 1939 von der polnischen Regierung verwaltete Staatsgebiet bezog und die schwebende Frage bezüglich der Grenzziehung nicht tangieren würde, war die russische Delegation zu keinem Kompromiss bereit.931 Die britische Regierung, welche aus politischen Überlegungen keinen Druck auf die polnische Exilregierung ausüben wollte, versuchte die russisch-polnische Auseinandersetzung zu lösen und die Wogen zu glätten.932 Nach intensiven Gesprächen überzeugte das britische Aussenministerium die Streitparteien davon, dass es sich lediglich um einen Zwischenbericht handelt, welcher eine Studie über die aktuelle Gesetzeslage in den einzelnen Staaten, im Zusammenhang mit den Enteignungshandlungen der Achsenmächte, beinhaltete. Indem man diese Studie lediglich als technischen Bericht einstufte, in welchem keine politischen Probleme dargestellt werden sollten, konnte ein Kompromiss erreicht und der Zwischenbericht fertig gestellt werden.933

VII. Bemühungen zur Schaffung einer internationalen Kommission für die Restitution Nach der Deklaration vom 5. Januar 1943 gründete die Konferenz der alliierten Erziehungsminister934 eine internationale Kommission zum Schutz von Bücher und Zeitschriften.935 Sie wurde beauftragt, eine Studie zu erstellen, inwieweit die besetzten Gebiete nach dem Kriege mit Büchern und Zeitschriften beliefert werden konnten. Zusätzlich setzte sie sich in späterer Zeit mit den Problemen der

930

Siehe dazu Schreiben Ambassador in the UK to Secretary of State vom 8.10.1943 in FRUS 1943, Vol. 1, General, S. 451 ff.

931

Dies ging soweit, dass sich die russische Delegation weigerte, bei einem Belassen des polnischen Berichtes im Zwischenbericht diesen zu unterschreiben, und so die gesamte Deklaration in Frage stellte.

932

Siehe dazu Schreiben Ambassador in the UK to Secretary of State vom 11.11.1943, S. 454 f.

933

Chargé in the UK to the Secretary of State, 2.12.1943, in FRUS 1943, Vol. 1, General, S. 455 ff. An diesem Beispiel wird auch klar ersichtlich, dass die britische Regierung im ersten Teil des Krieges die alliierte Politik bezüglich Eigentum und Restitution dominierte und prägte.

934

Genannt „Conference of the Allied Ministers of Education“.

935

International Books and Periodicals Commission.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

Restitution von Kulturgütern auseinander.936 Sie entwarf mehrere Vorschläge für die Wiederbelebung von beschädigten Bibliotheken und Archiven und für das Wiederauffinden von gestohlenen Gütern.937 Die Konferenz der alliierten Erziehungsminister war im Oktober 1942 gegründet worden und hatte zum Ziel, Hilfestellung für den Wiederaufbau des kulturellen Lebens in Europa zu leisten.938 Sie wollte nach der Veröffentlichung der Londoner Erklärung die Bewegung, die in die Problematik der Restitution gekommen war, benutzen und eine gesetzliche Grundlage für die Restitution von Kulturgüter schaffen. Im August 1943 wurden im Rahmen der Problemstellung „Restitution von gestohlenen Gegenständen“ drei verschiedene Untergruppen939 geschaffen. Zur gleichen Zeit beschäftigten sich zwei private Organisationen, das „London International Assembly“ und das „International Committee of Central Institute of Art and Design“ mit der Restitution von Kulturgütern und entwarfen Restitutionspläne für Kulturgüter.940 Beide drängten die Vereinten Nationen dazu, ein spezielles Büro für die Restitution von Kulturgütern zu schaffen.941 Dieses Büro sollte sämtliche Kunstobjekte und Gegenstände von kulturellem Wert, welche unter dem Einfluss der Achsenmächte standen, nach Kriegsende solange kontrollieren, bis alle Ansprüche geklärt waren, indem die fraglichen Objekte zurückgegeben oder ersetzt wurden. Der Rechtssausschuss des „London International Assembly“ anerkannte dabei grundsätzlich das Recht auf Rückerstattung von unrechtmässig durch die Achsenmächte entferntem Eigentum. Er war der Meinung, dass ein Ersatz auch gegen Einzelpersonen der Achsenmächte durchgesetzt und dies als Bestandteil in den Waffenstillstands- oder Friedensvertragsbedingungen fixiert werden müsste. Damit würde das nötige Werkzeug für eine Rückerstattung aufgrund aggressiver 936

Siehe auch Kurtz, S. 78 sowie PRO T 209/5, Memo „The Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material“ und NA RG 239/14 sogenannter „Dinsmoor Report“ mit dem Titel: „Restitution of Art Objects and other Cultural Materials“, 25.05.1944.

937

William Dinsmoor, Restitution of Art Objects and other Cultural Materials, 25.05.1944, in NA RG 239/14 und NA RG 239/37.

938

PRO T 209/5, Memo „The Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material“, AME/A/148, S. 1.

939

Die Untergruppen wurden in die Bereiche Bücher und Archive, Kunstwerke und Wissenschaftliches Material eingeteilt.

940

Die Memoranden erhielten die Titel: „Reparations: Objects of Art and other cultural treasures“ und „The Revindication of Objets d’Art“.

941

NA RG 239/14 sogenannter „Dinsmoor Report“ mit dem Titel: „Restitution of Art Objects and other Cultural Materials“, 25.05.1944 auch in NA RG 239/37 vorhanden. Das Verfassen und Einreichen der Memoranden durch die beiden Organisationen war der eigentliche Beginn eines Vorstosses der kleineren europäischen Mächte, eine Institution für die Restitution von Kulturgütern zu schaffen.

225

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Kriegsführung und gewaltsamer Besetzung geschaffen werden können.942 Die Memoranden wurden zahlreichen alliierten Kommissionen, wie auch der Konferenz der Erziehungsminister, verteilt. Die Konferenz der Alliierten Erziehungsminister besprach sodann Mitte 1943 die Restitution von Kunstwerken und wissenschaftlichen Forschungsgeräten.943 Die Kommission, beeinflusst von den Studien diverser privater Organisationen, entwickelte in ihren Untergruppen selbst eine Studie „Scheme for the Restitution of Objects d’Art, Scientific Equipment, Books and Archives“.944 Die Studie wies grosse Ähnlichkeit mit einem Bericht des „Comité Interallié pour L’Étude de l’Armistice“ vom 14. September 1943 auf.945 Wie der Titel bereits besagt, deckte die Studie sowohl wissenschaftliche Instrumente, Kunstgegenstände, Bücher und Archive ab. Die Klassifizierung der wissenschaftlichen Instrumente zusammen mit Kulturgütern entstammte aus dem „Rapport du Comité Interallié“, in welchem die wissenschaftlichen Instrumente zur Kultur und nicht zur Wirtschaft gezählt worden waren. Da sich die Studie der Kommission für Bücher und Zeitschriften jedoch mehr mit der Rückerstattung als mit der Wiedergutmachung beschäftigte und sich die wissenschaftlichen Geräte aufgrund ihrer beschränkten Nutzungsdauer und ihrer fehlenden Individualität wesentlich von den Kulturgütern unterschieden, wurde schliesslich beschlossen, zwei separate Studien zu erstellen.946 Am 24. Februar 1944 legte die Kommission für Bücher und Zeitschriften der Konferenz der Erziehungsminister zwei Memoranden vor; eines für die Restitution von Kunstgegenständen, Büchern und Archiven; ein anderes für das Wiederauffinden von Naturwissenschaftlichen Instrumenten im Feindsgebiet in Europa.947 942

NA RG 239/14 sogenannter „Dinsmoor Report“ mit dem Titel: „Restitution of Art Objects and other Cultural Materials“, 25.05.1944, S. 4. Siehe auch NA RG 239/37.

943

NA RG 239/40 Conference of Allied Ministers of Education, Executive Bureau, Draft Report of the 1st meeting 27.10.1943.

944

Siehe dazu NA RG 239/40, Scheme for the restitution of objects d’art, scientific equipment, books and archives, AME/A/30, insbesondere aber NA RG 331/G-5/MFAA/331, Conference of Allied Ministers of Education, Books and Periodicals Commission, Restitution of Objects d’art, scientific equipment, and books and archives, AME/B/40 mit ursprünglichem Text.

945

NA RG 239/40, Comité Interallié pour L’Étude de l’Armistice, Deuxième Rapport partiel, approuvé le 14 septembre 1943 par le Comité des Ministres des Affaires Étrangères au cours de sa dixième séance, Document No. 158.

946

Siehe dazu NA RG 239/40, Scheme for the restitution of objects d’art, scientific equipment, books and archives, AME/A/30, Paper A AME/A/34, Addition to Explanatory Note AME/A/30A.

947

NA RG 239/14 sogenannter „Dinsmoor Report“ mit dem Titel: „Restitution of Art Objects and other Cultural Materials“, 25.05.1944, S. 4. Siehe auch NA RG 239/37. NA RG 239/40, Scheme for the Restitution of Objects d’Art, Books and Archives, AME/A/30 & AME/B/48, revised as of August 1944.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

Diese Studien wurden ebenfalls dem „Comité Interallié pour l’Etude de l’Armistice“948 ausgehändigt. Die Studien basierten auf dem Vorschlag, dass für die Restitution von Kulturgütern eine internationale Kommission unter der Leitung der Vereinten Nationen gegründet werden sollte.949 Zu diesem Zweck wurden auch verschiedene Prinzipien und Kompetenzen für die vorgesehene Kommission entwickelt, welche unter der Obhut der Vereinten Nationen stehen sollte.950 Die Ausgestaltung der Studien garantierten jedoch auch zukünftige Konflikte mit den Gross-

948

Diese Kommission unterstand dem „Comité des Ministers des Affaires Étrangers“ und war von den Aussenministerien der neun besetzten Staaten in Europa, die eine Exilregierung in London hatten, gegründet worden.

949

NA RG 239/40 Conference Allied Ministers of Education, Memorandum to the Bureau by the Books and Periodical Commission. Der Vorschlag wurde zwar nicht von allen befürwortet, doch eine Gruppe von wichtigen Professoren der Kunstwissenschaft fanden die Gründung unumgänglich. Siehe dazu in NA RG 239/40 Letter Curator of the French National Museums, Fellow of St. John’s Oxford, Director of the Belgian Museums of Fine Art, vom 26.10.1943.

950

Artikel I: Die Kommission sollte Hilfestellung für das Auffinden oder Ersetzen von Kunstwerken, welche während der Besetzung durch die Achsenmächte geraubt oder zerstört worden waren, bieten. Man bezog sich dabei explizit auf die im „Report No. 158“ des „Comité Interallié pour L’Étude de L’Armistice (Art. 7, 9 und 10) statuierten Prinzipien. Artikel IV: Die Kommission sollte sich um die Wiederbeschaffung von Kulturgütern bemühen, welche sich nach dem 28.09.1938 in der Tschechoslowakei oder nach dem 1.09.1939 in den anderen besetzten europäischen Gebieten befanden und dabei zerstört wurden, irreparable Schäden aufwiesen oder weggebracht worden waren. Dabei war vorgesehen, dass sie nur mit Regierungen zusammenarbeitete. Diese sollten ihre Begehren der Kommission einreichen, welche daraufhin in ihrer Kompetenz entschied, inwieweit dem Begehren stattgegeben werden konnte. Dabei war vorgesehen, dass ein eigenes Schiedsgericht endgültig darüber befand. Falls verschiedene Regierungen den selben Gegenstand begehrten, wurde vorgesehen, dass die Kommission an das „Office interallié des Restitutions et Prestations“ gelangen musste, welche darüber entschied. Artikel V: Die Kommission sollte das Recht erhalten, Verordnungen zu erlassen, um ihre Aufgabe durchführen zu können, und die Vereinten Nationen sollten dafür sorgen, dass diese Verordnungen auch durchgesetzt würden. Ausserdem war vorgesehen, dass sie Kulturgüter, welche sich auf feindlichem Gebiet oder unter feindlicher Kontrolle befand, beschlagnahmen konnte. Die Mitglieder der Kommission sollten auch freien und uneingeschränkten Zugang zu allen Gebieten und Gebäuden, in denen sich gestohlene Kulturgüter befinden könnten, bekommen. Insbesondere sollten zerstörte Bibliotheken mit denselben Büchern aus feindlichen Gebieten ersetzt werden. Dabei sollte die Kommission das Recht haben, Transporte von feindlichen Gebieten mit beschlagnahmten Büchern durchzuführen. Die feindlichen Regierungen sollten gezwungen werden, alle geraubten oder aus besetzten Gebieten transportierten Kunstwerke wieder herauszugeben. Für zerstörte oder verlorene Raubkunstwerke sollte die feindliche Regierung Ersatz aushändigen. Die Kommission sollte die Kontrolle über die gesamten Kulturgüter übernehmen. Dabei sollte vorderhand jeder Eigentumswechsel eine Bewilligung durch die Kommission erfordern. Siehe dazu NA RG 239/40 Conference of Allied Ministers of Education, Restitution of Objects d’art, scientific equipment and books and archives, AME/B/40, Preliminary Draft und NA RG 239/40 Scheme for the Restitution of Objets d’Art, Books and Archives, AME/A/30 & AME/B/48. Selbe Studie auch in PRO T209/5/Vaucher Commission.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

mächten. Konfliktstoff lag in der Tatsache, dass die Mitglieder der neu zu gründende Kommission durch das „Office Interallié des Restitutions et Prestations (O.I.R.P.)“951 gewählt werden sollten. Man ging aufgrund des Berichtes des „Comité Interallié pour l’Étude de l’armistice“ von der Vermutung aus, dass die O.I.P.R. von den Vereinten Nationen anerkannt und deren Mitglieder sowohl aus besetzten Staaten wie auch der USA und Grossbritanniens stammen würden.952 Da die vorerwähnte Kommission aus ähnlichen Mitgliedern bestand, wurde die Befürchtung gehegt, dass es zu einer Überschneidung kommen und die Kommission unter der Kontrolle des O.I.P.R. stehen würde. Die Grossmächte wiederum befürchteten zudem, dass die europäischen Staaten in dieser Organisation zu grossen Einfluss kommen und die Nachkriegszeit, die Reparationen und die Restitutionen dadurch nachhaltig beeinflussen, wenn nicht gar selbst gestalten könnten. Das Schema der Restitution konnte sodann nur für bewegliche Kulturgüter gelten, da die Zerstörung oder Beschädigung von unbeweglichen Kulturgütern im Rahmen der Reparationszahlungen im Friedensvertrag oder Waffenstillstandsvertrag geregelt werden sollte. Das Schema war des Weiteren auf bewegliche Kulturgüter, die bei feindlichen Aktionen in den Gebieten von Mitgliedern der Vereinten Nationen entfernt oder vom Feind zerstört wurden, limitiert. Es galt hingegen nicht für Kulturgüter, die nicht aus den Gebieten entfernt, sondern vom Feind nur beschädigt wurde. Die Frage des „replacement in kind“ wurde durch die Statuten nur sehr grob umrissen, und die schwierigen politischen Probleme wurden unbeachtet gelassen. Der Statutenentwurf sah vor, dass nur Regierungen mit der Kommission in Kontakt stehen konnten und keine Rückgaben an Einzelpersonen erfolgen sollten. Der Grund lag darin, dass man davon ausging, dass Individuen sich eher an ihre eigenen Regierungen wenden würden als an eine fremde internationale Kommission. Die Auslieferungen von Objekten sollten sodann nur an die einzelnen Regierungen und nicht an Einzelpersonen erfolgen. In den Statuten war vorgesehen, dass die Kommission gesuchte Objekte beschlagnahmen oder ähnliche für ein „replacement in kind“ finden könnte. Bezüglich allfälligen betrügerischen Begehren sollten die einzelnen Regierungen

951

Siehe unten S. 229 ff.

952

Kurtz schreibt in seinem Buch Nazi Contraband, S. 79, dass ein grosser Konflikt in der Macht der Kommission bezüglich der Kontrolle von Eigentum zu sehen sei. Dabei wäre vorgesehen gewesen, dass gestohlene Gegenstände auch in neutralen Staaten wieder aufgefunden und dort auch Ansprüche oder Forderungen hätten beglichen werden können. Es sei offenkundig, dass Konflikte aufkommen würden, wenn eine interalliierte Gruppe versuchen würde, die Autorität in neutralen souveränen Staaten zu übernehmen. Aufgrund der vorliegenden Dokumente über die „Schemen“ konnte jedoch kein Hinweis, dass die Kommission aufgrund der „Schemen“ versucht hätte, in die Eigentumsverhältnisse der neutralen Staaten direkt einzugreifen, entdeckt werden, weshalb hier von einer Fehlinterpretation durch Kurtz auszugehen ist.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

die Abklärungen selbst übernehmen, indem sie ermitteln sollten, ob das fragliche Kunstobjekt wirklich existierte und auch vom Feind beschlagnahmt worden war. Die Kommission sollte auch den Wert dieser Kunstobjekte abklären und entscheiden, wie es ersetzt werden könnte.953 Die Kommission wehrte sich zudem vehement, Begehren von Minoritäten (z.B. Jüdische Gemeinschaft) direkt zu bearbeiten.954

VIII. Eine alliierte Kommission für Restitutionsfragen Um die Restitutionsfrage vorantreiben zu können, gründete die Konferenz der alliierten Erziehungsminister anlässlich ihrer 10. Sitzung am 10. April 1944 die „Inter-Allied Commission for the Protection and Restitution of Cultural Materials“, bekannt als Vaucher Commission, dem Namen des französischen Präsidenten der Kommission, Professor Vaucher.955 Die Kommission entwarf Schemen, welche mehrheitlich ähnlich derjenigen waren, welche von der Kommission 953

NA RG 239/41 Explanatory note on scheme for restitution of objets d’art, scientific equipment, books and archives (AME/A/309 and the Scheme for the Recovery of Scientific Equipment from Enemy Territory in Europe (AME/A/67) from Mr. Harvey, November 1944. In Bezug auf die „Restitution in Kind“ führte Mr. C. P. Harvey vom „British Council“ aus: „There has been some reference in the discussion which has taken place on the subject of Restitution to the „artistic patrimony“ of a nation, and a suggestion that in the allotment of the objects taken from enemy territory to the Governments of various United Nations consideration should be given to this notion, with the result that works of art by Dutch artists found in enemy territory should be primarily be reserved for the Dutch Government and works by French artists for the French Government and so on. It is not believed, however, that any workable principle can be deduced from the notion of „artistic patrimony“. On the contrary it is considered that the only sound principle is to assume that all cultural objects which were in any particular country at the outbreak of the war were rightly in that country; that is to say, that a Dutch picture in the Louvre was a French, and not a Dutch, cultural asset. If such a picture was removed from France by the enemy and cannot now be found its proper replacement would be another Dutch picture by the same Dutch artist taken from among the cultural assets of the enemy. An effort has been made to emphasise this principle in the last sentence of Artikel VI and VIII“. Siehe dazu S. 5, § 13.

954

NA RG 239/41 Explanatory note on scheme for restitution of objets d’art, scientific equipment, books and archives (AME/A/309 and the Scheme for the Recovery of Scientific Equipment from Enemy Territory in Europe (AME/A/67) from Mr. Harvey, November 1944. Die dabei vertretene Ansicht, dass keine Einzelpersonen direkt Begehren stellen konnten, basierte auf der Annahme, dass die allermeisten Personen ihre Rechte über ihre Regierung sichergestellt bekämen. Erkannt wurde auch, dass viele Personen, die Minoritäten angehörten, von ihrem eigenen Staat verfolgt worden waren und sich diese Staaten im Krieg mit den Alliierten befanden. Da aber solche Kunstobjekte von den Achsenmächte nicht in einem besetzten Staat beschlagnahmt worden waren, war man der Ansicht, dass die Prinzipien der verfassten „Schemen“ nicht auf diese Situation angewendet werden durften, und es wurde daher ausgeführt, dass ein anderes Gesetz dieser Problematik Rechenschaft tragen sollte.

955

NA RG 43/EAC/134.4, Richard Johnson, Explanatory Note on Restitution Scheme of Conference of Allied Ministers of Education, 15.12.1944. Siehe S. 50 ff.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

für Bücher und Zeitschriften erstellt worden waren. Die revidierten Schemen waren ein Teil des generellen Efforts der europäischen Alliierten, bei der Entscheidung über die endgültigen Kapitulationsbedingungen mitreden zu können. Die Pläne basierten, wie die fast identischen Studien der Kommission für Bücher und Zeitschriften, auf dem zweiten Bericht des „Comité interallié pour L’Étude de l’Armistice“. Der Bericht war am 14. September 1943 vom „Comité Ministres des Affaires Étrangères“ im Verlaufe ihrer 10. Sitzung genehmigt worden.956 Der Bericht befasste sich mit der Restitution und der Reparation aufgrund der feindlichen Plünderungen. Hauptpunkt war dabei die Erholung der ausgebeuteten Wirtschaft in den besetzten Gebieten nach deren Rückeroberung. Dem Komitee war klar, dass eine Durchsetzung der aufgestellten Prinzipien nur in Betracht kam, wenn die Kooperation der Grossen Drei (USA, Grossbritannien und Sowjetunion) gesichert war. Der Bericht war im Gegensatz zu den vorerwähnten Berichten viel weiter gefasst und umfasst sowohl wirtschaftliche wie auch kulturelle Objekte und die Restitution wie auch die Reparation. Unter dem Begriff „dans l’ordre culturel“ verstand man dabei Gegenstände mit historischem, künstlerischem, wissenschaftlichem, religiösem oder erzieherischem Wert, welche aufgrund der Besetzung des betreffenden Landes durch den Feind verloren gegangen waren.957 Der Bericht forderte die Einsetzung einer Kommission, genannt „Office Interallié des Restitutions et Prestations“.958 Dem Büro sollten umfangreiche Kompetenzen zugesprochen werden, damit es die gesamten Reparationszahlungen und Restitutionen beurteilen und abwickeln konnte. Sämtliche durch den Feind in den besetzten Gebieten begangenen Zerstörungen und Plünderungen von Mobilien, Immobilien und Obligationen sollten ersetzt respektive wieder zurückgegeben werden. Basiert wurde auf dem Prinzip, dass die alliierten Regierungen ihre Begehren an das Büro stellen und dieses das Begehren dann bearbeiten würde.959 Der Bericht wurde zur Vernehmlassung auch Grossbritannien, der USA und der Sowjetunion zugestellt, wurde aber bereits vorgängig, und obwohl er nie veröffentlicht wurde, vom Komitee für verbindlich erklärt.960

956

Das Komitee bestand aus den Aussenministern Belgiens, der Tschechoslowakei, Frankreichs, Griechenlands, Jugoslawiens, Luxemburgs, Hollands, Norwegens und Polens. Siehe NA RG 239/40, Document No. 158, Comité Interallié pour L’Étude de L’Armistice, Deuxième Rapport partiel, 14.09.1943.

957

Vergleiche S. 278 ff.

958

Alliiertes Büro für Restitution und Reparationen in Kind.

959

Siehe dazu NA RG 239/40, Document No. 158, Comité Interallié pour L’Étude de L’Armistice, Deuxième Rapport partiel, 14.09.1943, NA RG 239/40, Translation, Report of the Inter-Allied committee set up to study the Armistice approved by the foreign Secretaries of Belgium, Czechoslovakia, France, Greece, Jugoslavia, Luxemburg, The Netherlands, Norway and Poland.

960

NA RG 239/14, sogenannter „Dinsmoor Report“ mit dem Titel: „Restitution of Art Objects and other Cultural Materials“, 25.05.1944, S. 5 f.

12. Kapitel: Erste Vorbereitungen für Restitutionsmassnahmen

Auffallend an sämtlichen ersten Versuchen, eine Lösung für die Restitution von Kulturgütern zu erhalten, war, dass die betroffenen europäischen Staaten eine Vorreiterrolle übernahmen und versuchten, die grossen alliierten Staaten zu beeinflussen. Sowohl die Regierung von Grossbritannien als vor allem auch die der USA hatten sich noch nicht mit diesen Problemen beschäftigt und reagierten eher abweisend auf Vorschläge, bei denen sie sich in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt sahen.961 Ein weiterer Punkt, der auffällt und welcher während der gesamten Restitutionsbemühungen nie gelöst wurde, war, dass sowohl im Bericht wie auch in den vorerwähnten Studien für das Wort „spoliation“962 keine genaue Definition gefunden wurde. Im „Report No. 158“ unterliegt die gesamte Konzeption dem Wort „spoliation“; unglücklicherweise wurde jedoch keine genaue Definition des Wortes vereinbart und der Versuch einer Formulierung wurde aufgegeben. Eine Art Versuch einer Definition über die Voraussetzung, bei der eine Restitution für Kulturgüter verlangt werden kann, ist in Art. 9 des Dokumentes No. 158 zu finden. Dabei werden die restitutionswürdigen Objekte mit „tous les objects … dont les pays alliés ont été spoliés à la faveur de l’occupation“ bezeichnet.963 Anlässlich der Sitzungen der Kommission der Konferenz der Alliierten Erziehungsminister gestand man sich ein, dass es kein exaktes Pendant für diesen Ausdruck in der englischen Sprache gab. Es wurde in den Studien deshalb der Versuch gemacht, diese Schwierigkeit zu umgehen, indem man den Ausdruck folgendermassen umschrieb: „as a condition of any claim for restitution that the object claimed must have been removed, destroyed or irreparably damaged ‘by enemy action’“. Dabei wurde der Begriff „enemy action“ 964 in den Studien genau definiert und gibt den im Dokument Nr. 158 geprägten Ausdruck „à la faveur de l’occupation“ wieder.965

961

So weigerte sich zum Beispiel Präsident Roosevelt, eine verbindliche Vorstellung über ein Europa nach dem Kriege zu entwickeln, und schob die gesamte Nachkriegsplanung an das State Department ab, welches nicht an allen Entscheiden beteiligt war.

962

Französisch, bedeutet Besitzentziehung, Beraubung. Wird auch als die räuberische entschädigungslose Vermögensentziehung feindlicher Mächte in besetzten Gebieten definiert. Siehe Ambrosch-Kepperer, S. 88; Eugene Schaffner, Spoliation in Encyclopédie Juridique Répertoire de droit international, Hrsg. Ph. Francescakis, Paris 1968. Auch Hartung, S. 349.

963

Siehe dazu NA RG 239/40, Document No. 158, Comité Interallié pour L’Étude de L’Armistice, Deuxième Rapport partiel, 14.09.1943, S. 3.

964

Siehe dazu NA RG 239/40, Scheme for the Restitution of Objets d’Art, Books and Archives, AME/A/30 & AME/B/48, 1 worin es heisst: „enemy action means any act done in the European territory of the United Nations (being an act of which the occupation of that territory by the enemy was, in the judgement if the Commission, a causa sine qua non) which in the judgement of the Commission was done by, or on behalf of, or under pressure from any enemy, or without the willing consent of all persons whose consent thereto would have been required by the national law of that territory“. Ebenfalls auch in PRO T 209/5/Vaucher Commission.

965

Siehe dazu NA RG 239/40, Document No. 158, Comité Interallié pour L’Étude de L’Armistice, Deuxième Rapport partiel, 14.09.1943, Art. 9, S. 3.

231

232

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Ein neuer Hauptpunkt in diesen Plänen der Vaucher Commission war der Ruf nach einer speziellen Restitutionsorganisation für die verfolgten Minderheiten. Die Europäer sahen voraus, dass die Restitution nur an Regierungen Probleme nach sich ziehen würde, die nur mit grossen Schwierigkeiten gelöst werden konnten.966 Durch die Vaucher Commission kam neue Bewegung in die Restitutionsbemühungen der kontinental-europäischen Alliierten. Insbesondere nach der Landung der Alliierten in der Normandie und den militärischen Erfolgen in Ostfrankreich und Italien erhöhten sie den Druck auf die grossen Alliierten, die Nachkriegspolitik und damit die Restitution und die Reparation zu planen. In einem Memorandum forderte die Vaucher Commission, dass unmittelbar nach dem Betreten deutschen Staatsgebietes durch alliierte Truppenverbände ein Apparat zur Verfügung stehen müsse, mit welchem die Wegnahme oder Zerstörung jeglicher Kulturgüter auf diesem Gebiet verhindert werden konnte und mit welchem sämtliche bekannten Personen, welche sich am Kulturgüterraub der Nazis beteiligt hatten, verhaftet werden konnten. Die Kommission schlug weiter vor, dass sofort eine alliierte Kulturmission in Berlin stationiert werde, welche Repräsentanten der USA, Grossbritanniens, der Sowjetunion, Chinas und der neun europäischen alliierten Staaten umfassen sollte. Dieses Büro sollte die Kompetenz erhalten, Bibliotheken, Museen, Galerien, Archive und Lagerräume zu schliessen und zu kontrollieren sowie Informationen über die Raubzüge der Nazis zu erhalten. Es wurde des Weiteren vorgeschlagen, dass in grösseren Städten Teile des Komitees dieselben Funktionen übernehmen sollten. In kleineren Städten sollte die Aufgabe durch lokale militärische oder zivile Verantwortliche übernommen werden. Der Vorschlag zielte darauf ab, dass die Organisation unmittelbar nach dem Betreten deutschen Staatsgebietes ihre Arbeit aufnehmen würde, bis diese an eine Organisation, welche die Restitution handhaben würde, abgetreten werden konnte.967 Aufgrund dieses Druckes antworteten die grossen drei Mächte verschieden. Die Amerikaner und die Briten waren geteilter Meinung betreffend der Prinzipien und der Maschinerie für die Restitution von Kulturgütern. Dies war nun auch der Beginn der grossen Konflikte über die internationale Kontrolle und die Restitution von Kulturgütern.

966

Dieses Problem bereitete denn auch den westlichen Besatzungsmächten grosse Probleme.

967

NA RG 331/G-5/MFAA/331, Allied Ministers of Education, Commission for the Protection and Restitution of Cultural Material, Memorandum upon measures to be taken immediately upon Occupation of Germany, AMG 283.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

IX. Fazit Die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 wird in der heutigen Völkerrechtswissenschaft bereits als das Bekenntnis der Siegermächte zur Wiederherstellung des alten Vermögenszustandes und damit zur Restitution gesehen. Sie ist das Ergebnis einer seit Sommer 1942 geführten Diskussion der alliierten Finanzminister über die Frage, wie die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten abgeschlossenen Eigentumsübertragungen in den besetzten und in den neutralen Staaten zu werten und zu behandeln seien. Die Londoner Erklärung hat diesbezüglich eine politische Bedeutung, da sie zur Grundlage der alliierten Restitutionspolitik und zum Leitfaden für die späteren Friedensverhandlungen mit den mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten wurde. Wie bereits festgestellt, ist die rechtliche Bedeutung umstritten. Da sich die unterzeichnenden Staaten lediglich vorbehielten, die Übertragung von Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt für nichtig zu erklären, eine Nichtigkeit jedoch nicht direkt aussprachen, geht die Mehrheit der Autoren davon aus, dass die Erklärung lediglich deklaratorischen Charakter hatte und im bestehenden Völkerrecht nicht verankert war.968 Die Londoner Erklärung war aus diesem Grund nicht geeignet, Geschäfte völkerrechtlich unwirksam zu erklären.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA mittels Importbestimmungen und die Diebstähle ihrer Soldaten I.

Einführung

Wie im letzten Kapitel bereits behandelt, versuchten insbesondere die verschiedenen europäischen Staaten, mittels Gesetzen den Transfer und den Handel von geraubten Gütern, namentlich Kulturgüter, aus ihren Ländern zu verhindern. Diese gut gemeinten Versuche oder Absichten, aber auch die Tatsache, dass sich gerade die kriegsführenden Länder aufgrund ihrer Erfahrungen, die sie im Ersten Weltkrieg gemacht hatten, der Wichtigkeit der „economic warfare“969 bewusst waren, führte zu zahlreichen Gesetzen, die den Import und Export von Waren beschränkte. So führten 1939 die damaligen kriegsführenden Staa-

968

Siehe dazu auch Hofacker, S. 67, m.w.N. So auch das Brüsseler Tribunal Civil, Urteil in Sachen De Rothschild vs. Teuscher et al. in ILR 1953, S. 658.

969

Wirtschaftskrieg.

233

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

IX. Fazit Die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 wird in der heutigen Völkerrechtswissenschaft bereits als das Bekenntnis der Siegermächte zur Wiederherstellung des alten Vermögenszustandes und damit zur Restitution gesehen. Sie ist das Ergebnis einer seit Sommer 1942 geführten Diskussion der alliierten Finanzminister über die Frage, wie die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten abgeschlossenen Eigentumsübertragungen in den besetzten und in den neutralen Staaten zu werten und zu behandeln seien. Die Londoner Erklärung hat diesbezüglich eine politische Bedeutung, da sie zur Grundlage der alliierten Restitutionspolitik und zum Leitfaden für die späteren Friedensverhandlungen mit den mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten wurde. Wie bereits festgestellt, ist die rechtliche Bedeutung umstritten. Da sich die unterzeichnenden Staaten lediglich vorbehielten, die Übertragung von Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt für nichtig zu erklären, eine Nichtigkeit jedoch nicht direkt aussprachen, geht die Mehrheit der Autoren davon aus, dass die Erklärung lediglich deklaratorischen Charakter hatte und im bestehenden Völkerrecht nicht verankert war.968 Die Londoner Erklärung war aus diesem Grund nicht geeignet, Geschäfte völkerrechtlich unwirksam zu erklären.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA mittels Importbestimmungen und die Diebstähle ihrer Soldaten I.

Einführung

Wie im letzten Kapitel bereits behandelt, versuchten insbesondere die verschiedenen europäischen Staaten, mittels Gesetzen den Transfer und den Handel von geraubten Gütern, namentlich Kulturgüter, aus ihren Ländern zu verhindern. Diese gut gemeinten Versuche oder Absichten, aber auch die Tatsache, dass sich gerade die kriegsführenden Länder aufgrund ihrer Erfahrungen, die sie im Ersten Weltkrieg gemacht hatten, der Wichtigkeit der „economic warfare“969 bewusst waren, führte zu zahlreichen Gesetzen, die den Import und Export von Waren beschränkte. So führten 1939 die damaligen kriegsführenden Staa-

968

Siehe dazu auch Hofacker, S. 67, m.w.N. So auch das Brüsseler Tribunal Civil, Urteil in Sachen De Rothschild vs. Teuscher et al. in ILR 1953, S. 658.

969

Wirtschaftskrieg.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ten: Grossbritannien970, Kanada971, Australien972, Neuseeland973, Südafrika974, Ägypten975, Frankreich976 und Deutschland977 und Italien neue und verschärfte Handelsgesetze ein. Diese Gesetze hatten den alleinigen Zweck, die feindlichen Vermögenswerte in den jeweiligen Ländern sicherzustellen. Dabei kam es zumeist nicht darauf an, ob es sich um feindliches Staatseigentum oder um Eigentum einer Person mit einer feindlichen Staatsangehörigkeit handelte. Zudem wurde mittels der Gesetze auch der Export von Waren an feindliche Staaten, aber auch der Import aus solchen Ländern quasi verboten. Insgesamt ging es darum, den Feind mittels solcher wirtschaftlichen Sanktionen zu schwächen.

II.

Amerikanische Importbestimmungen während des Zweiten Weltkrieges bezüglich Kulturgüter

1.

Allgemeines

Im Gegensatz zu den europäischen Staaten und den Staaten des Commonwealth mussten die USA nach ihrem Kriegseintritt kein neues Gesetz bezüglich des Handels mit dem Feind in Kraft treten lassen. Das Gesetz „Trading with the 970

Siehe Trading with the Enemy Act, 1939, 5.09.1939, 2 and 3 Geo. 6, c.89, as amended by the Defence (Trading with the Enemy) Regulations, 1940, as amended, Statutory Rules and Orders 1940, Nos. 1092, 1214, 1289, 1380, 1941 No. 51; 1942 No. 306; (1942) 36 Am. J. Intern. L. Supp. 3. 13. Der Gesetzeswortlaut ist zu finden in Martin Domke, Trading with the Enemy in World War II, New York 1943, Appendix N, S. 469 ff.

971

Regulations Respecting Trading with the Enemy, 1939, September 5, 1939, Order in Council P.C. 2512, substituted by „Consolidated Regulations Respecting Trading with the Enemy (1939)“, August 21 1940, P.C. 3959, as amended October 3, 1940, P.C. 5353, and December 16, 1941, P.C. 9797.

972

Trading with the Enemy Act 1939, September 9, 1939, No. 14 of 1939 (Commonwealth), as amended June 3, 1940, No. 33 of 1940 (Trading with the enemy Act 1939–1940).

973

The Enemy Trading emergency Regulations 1939, September 4, 1939, New Zealand Gazette Extraordinary, no. 91, September 4, 1939, p. 2355.

974

National Emergency Regulations, r.8, September 14, 1939, Government Gazette No. 2679, September 14, 1939, p. 1054c.

975

Proclamation No. 6 Regarding Measures as to the Trading with Government of the German Reich or its National and to Dispositions of Their property, September 14, 1939, Journ. Off. September 15, 1939; (1939) 29 Gaze. Trib. Mixtes 359.

976

Decree-law Concerning the Interdiction and Restruction of Relations with Enemies and Persons Being in Enemy or Enemy-occupied Territory, September 1, 1939, Journ. Off. September 4, 1939, p. 11087, rectificatif p. 11322; Executive Decress, September 1, 1939, p. 11089 rectificatif 11322, 11441. Decree-law Concering the Declaration and Sequestration of Enemy-owned property, September 1, 1939, p. 11091.

977

Decree Concerning the Administration of Enemy Property, June 15, 1940, Reichsgesetzblatt I 191; Executive Decrees, March 5, June 17, 1940 P. 483, 888; as amended June 30, 1941, April 14, 1942, 1941 I 371, 1942 I 171.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

Enemy Act“ vom 6. Oktober 1917 978 wurde als ein permanentes Gesetzeswerk angesehen, welches angewendet werden konnte, wenn die USA in einen Krieg involviert waren.979 Mit den meisten wichtigen rechtlichen und wirtschaftlichen Problemen, die mit dem Kriegseintritt der USA entstanden, befasste sich insbesondere die „Foreign Funds Control“.980 Mit dieser Kontrollinstanz versuchten die USA, die wirtschaftliche Ausbeutung der von den Achsenmächten eroberten oder kontrollierten Gebiete im internationalen Bereich einzudämmen, indem sie sämtliche Versuche der Achsenmächte, an die Vermögenswerte in Milliardenhöhe, welche den Staatsangehörigen der eroberten Staaten gehörten, zu kommen, als nichtig erklärten.981 In das Gesetz „Trading with the Enemy“ wurden sodann auch die sogenannten „freezing orders“ aufgenommen.982 Die Amerikaner sahen die Einfrierung von feindlichen Vermögenswerten als neues Konzept, welches nach der Invasion des Deutschen Reiches von Dänemark und Norwegen im Mai 1940 verbessert wurde. Die USA wollten diese Gesetzgebung als Waffe für ihre Kriegsführung gegen die feindliche Wirtschaft einsetzen. Es sollten so wirtschaftliche und militärische Fronten entstehen. Gekoppelt mit der Einfrierung von Vermögenswerten waren auch die Exportkontrolle, die Erstellung einer schwarzen Liste, die Zensur, die Sicherstellung von Eigentum, welches dem Feind oder dessen Staatsangehörigen gehörte, und die finanzielle Hilfe, welche man den alliierten Staaten zukommen liess.983 Obwohl die Sicherstellung von Kulturgütern und der Export und Import von solchen kein zentrales Thema für die USA im Bereiche der Wirtschaftskriegsführung war, war es der „Foreign Funds Control“ bewusst, dass insbesondere einzelne feindliche Befehlshaber versuchen könnten, mittels des Import von Kulturgütern sich Vermögenswerte zu sichern, welche sodann im Ausland versteckt werden sollten. Mittels der Section 5 (b) der „Trading with the Enemy Act“ (as amended by Title III of the First War Powers Act, 1941) und der Section 302 of Title III, First War Powers Act, 1941 wurden die rechtlichen Anpassungen für den „Trading with the Enemy Act“ vom 6. Oktober 1917 geschaffen.984 Darin eingebettet war auch der Schutz der

978

Trading with the Enemy Act, 40 Stat. 411, 50 U.S.C. Appendix. Der Gesetzeswortlaut ist zu finden in Domke, Appendix A, S. 385 ff.

979

Domke, S. 2.

980

Für die Organisation und die Arbeit der „Foreign Funds Control“ siehe U.S. Treasury Department, Washington, September 15, 1946; Documents pertaining to Foreign Funds Control, S. 13 ff.

981

Siehe Press Release U.S. Treasury Department, April 21, 1942; Fed. Res. Bank of New York, Circular No. 2420.

982

Diese Verordnung wurde mit der Sektion 302 des III Titels des „First War Powers Act“, 1941 ergänzt. December 18, 1941, c.593, 55 Stat. 840, U.S.C. Appendix § 617; (1942).

983

Siehe Domke, S. 4 f.

984

Siehe T.D. 51072, U.S. Treasury Department, Washington, September 15, 1946; Documents pertaining to Foreign Funds Control, S. 1 ff.

235

236

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Kulturgüter, welcher aber im Folgenden durch die verschiedenen an Kunst interessierten Kommissionen in den USA noch entscheidend verbessert wurde.

2.

T.D. 51072

Laut der Erklärung der Exilregierungen vom 5. Januar 1943 in England waren unter „illegal erworbenen Objekten“ alle Kunstwerke zu verstehen, die in den von den Achsenmächten besetzten Gebieten verschoben worden waren, auch wenn die Transaktion legal aussah.985 Viele Fachleute empfahlen deshalb, die Verschiebungen von Kunstwerken vom europäischen Kontinent nach dem Waffenstillstand unverzüglich zu unterbinden.986 Als Reaktion gelangte der Sekretär der Roberts-Commission im September 1943 an das Finanzministerium und ersuchte dieses um angemessene Massnahmen bezüglich der Kontrolle von den in die USA importierten Kunstwerken, welche von Achsenmächten möglicherweise geraubt worden waren.987 Das Finanzministerium hatte sich bereits mit dem Problem befasst, und anfangs 1944 wurde der Roberts-Commission der Entwurf einer neuen Verordnung988 zur Stellungnahme zugesandt. Im Februar 1944 empfahl die Roberts-Commission dem Finanzministerium, die Zollbeamten dahingehend zu instruieren, dass sie alle in die USA eingeführten Kunstwerke, deren Wert fünftausend Dollar übertraf, sowie alle verdächtigten Objekte von historischem, wissenschaftlichem oder künstlerischem Interesse zurückhielten, bis für deren Herkunft ein zufriedenstellender Beweis erbracht worden war. Die Roberts-Commission erklärte sich dabei zur Mithilfe bei diesen Abklärungen bereit.989 Am 8. Juni 1944 erliess das Finanzministerium unter der Bezeichnung T.D. 51072 eine Verordnung bezüglich der Einfuhr von Kunstobjekten.990 „To Collectors of Customs and others concerned: The following regulations are prescribed under the authority of Section 3 (a) and 5 (b) of the Trading with the enemy Act, as amended with respect to the release of art objects from customs custody:

985

Siehe dazu die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 „Inter-Allied Declaration against Acts of Dispossession Committed in Territories under Enemy Occupation or Control. Siehe S. 215 f. Siehe dazu auch Fiedler, Londoner Erklärung, S. 200 ff.

986

Siehe dazu auch NA RG 239/7, Georges Wildenstein, „Works of art – Weapons of war and peace“ in La République Francaise, Dezember 1943, Translation NY8-2818 Exhibit „A“.

987

Report Roberts-Commission, S. 21.

988

Die Verordnung wurde Treasury Decision.

989

NA RG 239/5, Roberts-Commission, Protocol, Meeting 3.02.1944; RG 239/11, Diverse Dokumente und Vorschläge über ein Zollgesetz.

990

T.D. 51072, US Treasury Department, June 15, 1945, Documents pertaining to Foreign Funds Control.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA 1) Prohibitions against Release of Imported Art Objects No art object hereafter imported from any foreign country, except one which constitutes a part of the United Kingdom, the British Dominions, or British Colonies, and no art object which is now in customs custody which was imported after March 12, 1938 from any foreign country except one which constitutes a part of the United Kingdom, the British Dominions, or British Colonies, shall be released from customs custody, whether for consumption or exportation, or shall be sold or forfeited under the customs laws and regulations, unless such release, sale, or forfeiture has been licensed or otherwise authorized by the secretary of the Treasury. 2) Requirements for Release of Art Objects a) Persons seeking release of any such art objects from customs custody for consumption or exportation shall file an application on Form TEE-1 in duplicate in manner prescribed in section 130.3 of the Regulations issued under Executive Order No. 8389, as amended. Form FFC 168 must be filled out and attached to the application. b) With respect to art objects which are subject to sale or forfeiture under the custom laws and regulations, the Collector of Customs concerned shall file a report in duplicate on Form FFC 168 with Foreign Funds Control, Treasury Department, Unit 244, Washington D.C. 3) Definition of „Art Object“ As used herein, the term „art object“ shall include any of the following, if there is reasonable cause to believe that the article or lot of articles included in one importation, export shipment, or sale lot is worth $ 5000 or more, or is of artistic, historic, or scholarly interest irrespective of monetary value: a) paintings in oil, mineral, water, or other colours, tempera, pastels, drawings and sketches in pen, ink, pencil, or water colours, engravings, woodcuts, prints, lithographs, miniatures; b) statuary, sculptures; c) chinaware, glassware, pottery, porcelain; d) rugs, tapestries, laces, and other textiles; e) jewellery, metalwork; f) books, manuscripts, archival materials and records; g) furniture; h) curios. The provisions hereof shall be effective on and after June 8, 1944.“ 991

Die Verordnung des Finanzministeriums basierte auf den Regelungen in den Abschnitten 3 (a), 5 (b) und 16 des „Trading with the Enemy Act“.992 In diesen Abschnitten wird sämtlichen Einwohnern der USA der direkte oder indirekte 991

T.D. 51072, US Treasury Department, June 15. 1945, Documents pertaining to “Foreign Funds Control”. Siehe auch NA RG 239/29, Misc. Material L, Customs Duties.

992

Siehe Ausführungen dazu S. 234.

237

238

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Handel mit feindlichen Staaten, deren Einwohner oder deren Alliierten strengstens verboten. Für Ausnahmebewilligungen musste bei der Regierung jeweils um eine Lizenz ersucht werden.993 Daneben war auch jegliches Versenden oder Verschicken von Briefen, Büchern, Karten, Plänen, Bildern oder Telegrammen aus den USA in ein feindliches Land verboten.994 Der Abschnitt 5 des „Trading with the Enemy Act“ ermächtigte den amerikanischen Präsidenten und seine Regierung, in einer Zeit des nationalen Notstands Instruktionen, Lizenzen und Verordnungen zu erlassen, die dem Schutz des Landes dienten. Dabei ging es vornehmlich um die Regulierung, die Untersuchung und das Verbieten von Geldtransaktionen, Geldauszahlungen oder Kreditvergaben, sowie Import, Export oder der Handel von beweglichem und unbeweglichem Eigentum, wenn feindliche Staaten, deren Personen und deren Alliierten involviert waren.995 Die T.D. 51072 betraf allerdings nicht diejenigen Kunstobjekte, die aus Grossbritannien, den britischen Dominions oder den britischen Kolonien in die USA importiert wurden. Es handelte sich dabei um sämtliche Staaten des britischen Commonwealth of Nations mit Ausnahme von Ägypten, Irak und den Gebieten, welche Grossbritannien zur Verwaltung unterstellt waren. In Artikel 3 der Verordnung wurde die Bezeichnung Kunstobjekt ausführlich geregelt. Alle Kunstgegenstände, welche einen Wert von über US $ 5’000 besassen oder unabhängig ihres Wertes von künstlerischem, historischem oder wissenschaftlichem Interesse waren, fielen unter die Regelung der T.D. 51072. Die Definition wurde 993

Eine genaue Abhandlung über das Lizenzverfahren, welche durch die „Foreign Funds Control“ gehandhabt wurde ist in US Department, Washington D.C., Sept. 15, 1946, Documents pertaining to „Foreign Funds Control“, S. 13 ff. ersichtlich. Die „Foreign Funds Control“ wurde 1942 vom Präsidenten ermächtigt, sämtliches Eigentum und sämtliche Vermögenswerte von ausländischen Staaten und Personen, welches sich in den USA befand, zu kontrollieren und zu überwachen. Mittels eines Systems von Lizenzen, Reglementen und anderen Dokumenten, welche man als „freezing regulations“ bezeichnete, regelte die amerikanische Regierung durch die „Foreign Funds Control“ die Transaktionen von Vermögen und Eigentum der blockierten Staaten und deren Einwohnern. Dieses Recht wurde von der Executive Order No 8389 genauer definiert. Bezüglich der befreiten und neutralen Länder, deren Vermögenswerte blockiert waren, war die primäre Aufgabe das Auffinden feindlicher Vermögenswerte in diesen Ländern selbst und das Verhindern von Transaktionen von geraubten Vermögenswerten aus diesen Ländern durch den Feind. Am 15. Juli 1947 wurde die „Foreign Funds Control“ aufgelöst und in die Abteilung International Finance des Treasury Department transferiert. Siehe dazu auch The Alien Property Custodian: A Legisative Chronological History and Bibliography of the Trading with the Enemy Act, 50 U.S, Code App. 1– 40, and the Operations of the Office of Alien Property Custodian, 1917–1952, U.S. Senate, Committee on the Judiciary (82nd Congress, 2d Session).

994

Section 3 (a) und (c) of The Trading with the Enemy Act (Public , No. 91, 65th Cong.), US Department, Washington D.C., Sept. 15, 1946, Documents pertaining to foreign Funds Control, S. 2 f.

995

Section 5 (b) of The Trading with the Enemy Act (Public , No. 3554, 77th Cong.), US Department, Washington D.C., Sept. 15, 1946, Documents pertaining to “Foreign Funds Control”, S. 1.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

sehr offen gehalten, da die Regierung möglichst alle Kategorien von Kulturgütern erfassen wollte. Damit erhofften sich die amerikanischen Behörden, dass jeglicher Import geraubter Kunstgegenstände in die USA verhindert werden konnte. Die Zollbeamten wurden darauf hingewiesen, dass in Zweifelsfällen die Einfuhr verweigert werden solle und der Importeur eine Einfuhrlizenz beantragen müsse.996 Wenn ein zu importierendes Kunstobjekt unter die T.D. 51072 fiel, wurde der Eigentümer dahingehend instruiert, dass er beim Treasury Department ein Gesuch um eine Einfuhrlizenz einreichen könne. Ein allfälliges Gesuch wurde durch die Abteilung „Foreign Funds Control“ behandelt.997 Eine allfällige Bewilligung hing auch von der Meinung der Roberts-Commission ab, der alle Gesuche im Zusammenhang mit Kunstobjekten vorgelegt wurden.998 Nach Inkraftsetzung der Verordnung begutachtete die Kommission eine stattliche Anzahl von Gesuchen. Die Zollbehörden konnten gestützt auf die Verordnung Importe von Kunstgegenständen, die dem Gesetz widersprachen, einziehen. Die Einziehung wurde aufgrund „Section 593 (b)“ des Tariff Act of 1930 (U.S.C., title 19, sec. 1593 (b)) vollzogen. Die Roberts-Commission konnte danach als interessierte Partei ein Gesuch für Überweisung des Kunstgegenstandes gemäss „Section 618“ Tariff Act of 1930 (U.S.C., title 19, sec. 1618) stellen. Die RobertsCommission stellte sodann sicher, dass der Gegenstand restauriert und wieder an das Ursprungsland restituiert wurde. Die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 hatte inhaltlich eine Warnung, gerichtet insbesondere an Bewohner neutraler Staaten, dass die Erklärenden die Enteignungsmethoden der Regierungen der Achsenmächte zunichte zu machen anstrebt, und dabei den Vorbehalt ausgesprochen, jede Übertragung von Eigentum oder sonstigen Rechtspositionen für nichtig zu erklären, die in den besetzten Gebieten vorgenommen wurde. Die USA beliess es hingegen nicht nur bei der Warnung, dass Übertragungen von Eigentum für nichtig erklärt würden, sondern nahm selbst unter anderem strenge Überprüfungen aller eventuell feindlicher Vermögenswerte in den USA vor. Mithin konnten feindliche Vermögenswerte auch sichergestellt werden. Dabei kam es nicht darauf an, ob eine Übertragung von Eigentum oder einer sonstigen Rechtsposition nichtig war oder nicht. Bei der T.D. 51072 kam es darauf an, woher der Kunstgegenstand importiert worden war. Kam er aus einem Land, auf das das Gesetz „Trading with the Enemy Act“ anwendbar war und keine Einfuhrlizenz erhielt, konnte der Gegenstand auch beschlagnahmt werden. Aufgrund der „Section 593 (b)“ des 996

NA RG 239/7, Bureau of Customs, Circular Letters to Collectors of Customs, Instructions concerning T.D. 51072 relative to Art Objects, 8.06.1944. Siehe auch NA RG 239/29, Misc. Material L.

997

Siehe auch NA RG 239/16, Foreign Funds Control Applications for Release of Shipments from Customs Custody.

998

Siehe dazu auch NA RG 239/97, Analysis of the Specific Functions of the Roberts-Commission re the Problem of Looted Works of Art, S. 1 f.

239

240

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Tariff Act of 1930 (U.S.C., title 19, sec. 1593 (b)), nach der ein Kunstgegenstand beschlagnahmt werden konnte, wenn er gegen die Importregelungen verstiess, also aus einem feindlichen Staat stammte, war es also nicht notwendig, dass die Übertragung des Gegenstandes abgeklärt werden musste. Die Beschlagnahmung erfolgte aufgrund einer Verletzung des Importgesetzes. Im März 1946 empfahl die Roberts-Commission, die Kategorien bezüglich der Kunstobjekte anzupassen, um auch Kulturgüter aus Asien integrieren zu können.999 In den letzten Monaten vor der Auflösung der Kommission im Sommer 1946 wurde eine Zunahme dieser Gesuche verzeichnet. Hervorgerufen wurde dies durch die erhöhte Transportkapazität über den Atlantik und den Umstand, dass viele Sammler ihre Sammlungen von Europa in die USA verlegten.1000 Da diese Importe jedoch nicht durch deutsche Agenten erworbene Kunstwerke oder Kulturgüter betraf, empfahl die Roberts-Commission, die T.D. 51072 aufzuheben und die Importe von Kulturgütern den normalen Zollformalitäten zu unterstellen.1001 Die T.D. 51072 wurde am 13. Juni 1946 offiziell aufgehoben. Nach der Auflösung der Roberts-Commission wurden die Aufgaben bezüglich der Überprüfung und Rückführung von beschlagnahmten Kunstgegenständen der Office International Information and Cultural Affairs und dem Acting Director of the Office of Economic Security Policy übertragen.1002

III.

Kulturgüter als Kriegs-Souvenirs

Mit dem Ende des Krieges und der Rückkehr der ersten amerikanischen Soldaten in die USA wurde noch ein anderes Problem offenkundig. Eine Vielzahl amerikanischer Soldaten brachten vom europäischen Festland Kunstgegenstände als Souvenir nach Hause. Einerseits handelte es sich dabei um Kulturgüter, welche während des Krieges durch amerikanische Soldaten gestohlen worden waren, andererseits um solche, die von Soldaten als Souvenir von illegalen Händlern gekauft wurden.1003 Im Frühjahr 1946 entwickelte die Roberts-Commission zusammen mit Mitarbeitern einen Plan für die Rückgabe von illegal in die USA 999

Report Roberts-Commission, S. 22.

1000

Report Roberts-Commission, S. 22.

1001

NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Office Memorandum US Government, 25.09.1946, Control over Importation of works of Art. Insgesamt wurden 1945 22 Posten mit Kunstgegenständen und von Januar bis Juni 1946 92 Posten importiert.

1002

NA RG 59/1940 –1944, Schreiben Commissioner of Customs, Treasury Dep. 17.09.1946.

1003

Pressebericht über die Mitnahme von Kunstgegenständen in die USA durch amerikanische Soldaten in NA RG 260/230, Painting by de Moucheron removed by American Person, Copy of a Letter of the Editor, of the Magazine of Art, May 1946. Siehe auch NA RG 59/Records of Ardelia Hall/1, Ausschnitt aus der New York Herald Tribune, 12.02.1947, U.S. to Round Up and Return Art Treasures G.I’s took Home.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

verbrachten Kunstobjekten in die Länder, in welche sie rechtens gehörten.1004 Der Grundgedanke dabei war, dass die sichergestellten Kunstobjekte über das Kriegsministerium an die jeweiligen Länder gesandt wurden. Kunstgegenstände, welche deutschen oder japanischen Ursprungs waren, sollten an die MFAAAbteilung in OMGUS und den entsprechenden Stellen in Japan geschickt werden. Da man befürchtete, dass die unrechtmässigen Besitzer der aus Europa mitgenommenen Kunstgegenstände sich zwecks Verkaufs oder Schätzung ihrer Gegenstände an Museen, Universitäten, Bibliotheken, Kunsthändler oder Behörden wenden würden, plante man ein Kreisschreiben, mit dem die vorgenannten Stellen verpflichtet würden, sämtliche Kontakte zu solchen Besitzern dem War Department zu melden.1005 Der Plan der Roberts-Commission wurde durch das State-War-Navy Coordinating Committee1006 spezifiziert, am 11. Februar 1947 genehmigt und vom State Department in Kraft gesetzt.1007 Das Komitee

1004

Die Roberts-Commission bekam nach Kriegsende immer wieder Mitteilungen von Kunstgegenständen, die in den USA zum Kauf angeboten wurden und welche zuvor in Europa entwendet worden waren. Siehe dazu NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Letter RobertsCommission to General Hilldring, Assistant Secretary of State for Occupied Areas, 28.05. 1946.

1005

NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Letter Department of State, Return of Looted Objects of Art to Countries of Origin, Memorandum by the State-War-Navy Coordinating Committee, Jan. 28, 1947, Printed in Department of State Bulletin, Vol. XVI, No. 399, Feb. 23, 1947. NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Roberts-Commission to Museums, Art and Antiques Dealers and Auction Houses, Previous Circular Letter. Dieses Schreiben wurde bereits 1945 verschickt. Die Roberts-Commission ersuchte bereits 1945 die Kunsthändler, Museen und Auktionshäuser, verdächtige Kunstgegenstände der Kommission zu melden. Die so erhaltenen Informationen sollten danach zur genaueren Abklärung dem Zoll und der „Foreign Funds Control“ weitergegeben werden. Im Schreiben wird insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dass es darum gehe, den guten Namen der Streitkräfte, der Regierung und des Kunsthandelsplatzes USA zu schützen. Diesbezüglich ebenfalls NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Roberts-Commission to Museums, Art and Antiques Dealers and Auction Houses, Previous Circular Letter, als Appendix „B“ zu SWNCC 322/1(StateWar-Navy Coordinating Committee, Return of Looted Objects of Art to Countries of Origin).

1006

Das State-War-Navy Coordinating Committee (SWNCC/SANAC) wurde im Dezember 1944 gegründet. Es hatte den Zweck die verschiedenen Ansichten des State, War, und Navy Departements hinsichtlich den gemeinsamen Angelegenheiten, zu koordinieren und eine gemeinsame Politik zu definieren und zu vertreten. Das Komitee hielt enge Verbindungen zu den Joint Chiefs of Staff um deren Einverständnis für ihre Entscheidungen einholen zu können. Von Frühling 1947 bis zur Beendigung ihrer Arbeit im Juni 1949 wurde das Komitee State-Army-Navy-Air Force Coordinating Committee genannt.

1007

NA RG 59/Record Ardelia Hall/1, State-War-Navy Coordinating Committee, SWNCC 322, Copy No. 36, Memorandum by State Member re: Return of Art to Countries of Origin. Das State Department wurde aufgefordert, an alle Universitäten, Museen, Kunsthändler, Bücherläden ein Zirkular zu schicken, indem nochmals auf die Verantwortung der Regierung zur Rücksendung von gestohlenen Kunstgegenständen aufmerksam gemacht wurde. Diesbezügliche Informationen sollten dem State Department gemeldet werden, welche die nötigen Schritte gegen die Besitzer der illegalen Kunstobjekte einleiten würde. Bei Kunst-

241

242

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

stellte sich bezüglich der Rückgabe von in Europa gestohlenen Kunstobjekten auf den Standpunkt, dass das Mitnehmen von Kunstgegenständen aus Europa widersprechen der von den USA vertretenen Politik und ausserdem gegen die Haager Konvention von 1907 verstosse. Für Kunstobjekte mit einem US $ 5’000 übersteigenden Wert stellte es ausserdem einen Verstoss gegen Bundesrecht dar. Bereits zuvor waren sich die einzelnen Behörden über die juristische Durchsetzung der Beschlagnahmung eines illegalen Kunstobjektes in den USA uneinig gewesen. Die Zollbehörden waren der Meinung, dass sie mit dem Wegfallen der T.D. 51072 ein Kunstobjekt, das einmal rechtens in die USA importiert wurde, nicht mehr beschlagnahmen konnten, da sie nicht die dazu befugte Behörde seien. Im State Department setzte man sich aus diesem Grund für eine neue Regelung ein.1008 Einig war man sich darüber, dass Kunstobjekte, welche Eigentum der Achsenmächte waren, vom „Alien Property Custodian“ sichergestellt werden konnten. Juristisch war dies immer noch im „Trading with the Enemy Act“ begründet. Mit einem allfälligen Friedensvertrag mit Deutschland und Japan oder dem Wegfall des Status als Feind würde aber auch der „Trading with the Enemy Act“ aufgehoben werden. Aufgrund des „Trading with the Enemy Act“ konnten jedoch nur Kunstobjekte, welche direkt oder indirekt vom Feind importiert worden waren, beschlagnahmt werden. Dies betraf jedoch nicht die von alliierten Soldaten gestohlenen Kunstgegenstände oder solche, die illegal in den besetzten Gebieten erworben worden waren.1009 Um das Problem mit den illegalen Importen von Kulturgütern durch

gegenständen, die einen Wert von US $ 5’000 übersteigen, sollte das Justizministerium eingeschaltet und eine Untersuchung unter dem „National Stolen Property Act“ eingeleitet werden. Die so wiedererlangten Kunstgegenstände sollten dann den Botschaften der jeweiligen Staaten überbracht werden. Im Falle von Deutschland und Japan sollte der Gegenstand der jeweiligen amerikanischen Militärregierung zugesandt werden, welche ihn im Rahmen der Rückerstattungen dem vormaligen Eigentümer wieder zurückgeben sollte. Die Kosten sollten dabei von den jeweiligen Teilstreitkräften des Besitzers des Kunstgegenstandes getragen werden. Siehe auch NA RG 260/226/Relating Mon., Associated Press, US to Round Up and Return Art Treasures G.I.s Took Home, 12.02.1947. NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Zeitungsausschnitt War Department plans to Warn Art Dealers on Looted Objects., The Evening Star, Washington D.C., 12.02.1947. Auch NA RG 260/ExecOff/ OAG/809, Information SWNCC 322, Return of Looted objects of Art to countries of origin, 25.02.1947. 1008

NA RG 59/Records Ardelia Hall/1, Memo „The Problem of United States Customs Control of the Importation, Exportation and Shipment of Looted or Axis-owned Cultural Objects“, 14.10.1946.

1009

NA RG 260/228/Schreiben «Illegal Sale of Art Works» vom 19.11.1945. Im Bericht wird der Verkauf von Gegenständen aus dem Schloss Mainberg in der Nähe von Schweinfurt durch Offiziere der 79. Artillery Division thematisiert. Siehe auch NA RG 260/46/Econ Division/Report of Sale of Works of Arts. Die MFAA Intelligence Section bekam von einem deutschen Kunsthändler die Information, dass diesem zwei Dürer-Stiche angeboten worden seien. Siehe auch NA RG 260 229/Prussian State Archiv, Aktenvermerk des Hauptarchivs

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

Angehörige der amerikanischen Streitkräfte in den Griff zu bekommen, erliess das War Department eine Direktive betreffend «War Trophies», welche per 1. April 1946 in Kraft gesetzt wurde. In dieser Direktive wurde ausgeführt, dass Gegenstände wie Silberware, chinesisches Porzellan, Leinen, Möbel, Kleidungstücke und Juwelen, die sich im Eigentum einer Person oder einer Organisation befinden, nicht als Kriegstrophäen zu betrachten seien. Gegenstände dieser Art könnten gekauft werden, der Käufer müsste aber dann die Rechnung dieses Kaufes vorlegen können, und der Kauf dürfe nur von einem legitimierten Händler abgeschlossen werden. Kunstgegenstände aller Art waren sodann besonderen Restriktionen unterworfen.1010 Am 25. Januar 1945 hatte das War Department bereits eine Änderung der Regelung bezüglich Inspektion und Zollbefreiung von Gepäckstücken von Angehörigen der Streitkräfte in Kraft gesetzt.1011 In dieser Änderung wurden verschiedene Kategorien von Gegenständen aufgeführt, deren Einfuhr in die USA untersagt war. In der Kategorie 5 wurde explizit die Einfuhr der in der T.D. 51072 definierten Kulturgüter verboten. Die Regelung des Paragraphen basierte genau auf der T.D. 51072. Militärpersonen konnten gleich Zivilpersonen mittels Gesuch an die „Foreign Funds Control“ gelangen, um einen Kunstgegenstand in die USA einzuführen. In der Verordnung wurde insbesondere die Einfuhr von Kunstgegenständen verboten, welche in Europa von nicht autorisierten Personen amerikanischen Soldaten und Zivilpersonen verkauft worden waren.1012 Die Inspektionsoffiziere der US-Streitkräfte, die für Militärpersonen die Zollbehörden waren, erhielten dieselben Instruktionen wie die zivile amerikanische Zollbehörde. Gemäss eines internen Berichtes des Treasury Department rechnete man damit, dass mindestens 500 bis 600 Soldaten Souvenirs in die USA einführen würden. Auf der einen Seite gab es bereits das Gesetz (Public Law) 633, 77th Congress, welches am 27. Juni 1942 in Kraft gesetzt worden war. Dieses Zollgesetz regelte den Import von zollfreien Waren in die USA. Es behandelt insbesondere die Haushaltsgegenstände und persönlichen Effekten aller Personen, welche sich im Dienst für die USA befanden, oder deren Familien. Zudem richtete es sich für Behördenakten vom 14.8.1947. Am 11.8.1947 wurde das Hauptarchiv davon in Kenntnis gesetzt, dass der Galerie Gerd Rosen in Berlin soeben einige wertvolle Archivalien zum Verkauf angeboten worden seien. Es handelte sich dabei um sieben Urkunden, von denen fünf (Urkunde des Bischof von Halberstadt von 1193, Urkunde «Mark als Reichsstand Nr. 38» von 1379, drei Johanniterurkunden 1312, 1358, 1383) zu den nach Strassfurt evakuierten Archivbeständen des hiesigen Hauptarchivs für Behördenakten gehörten. Siehe auch NA RG 260/222/Rec. Rel. Monuments/Bericht betreffend im Freihandel auftauchende Urkunden aus evakuierten Beständen des Hauptarchivs vom 25.10.1947. 1010

NA RG 260/229/Archives + Lib. Proposal, Daily Bulletin OMGUS vom 5.2.1946, S. 2.

1011

NA RG 239/15, Circular No. 31 War Department, 26.01.1945, Baggage – Inspections and customs clearance – Cir. 335, WD, 1944, amended Section IV.

1012

NA RG 239/15, Circular 31, S. 3. Nicht erwähnt werden die eigentlichen Diebstähle durch Militärpersonen.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

an Personen, welche unter Regierungsbefehl in die USA evakuiert wurden. Grundsätzlich wurden sämtliche vorerwähnten Gegenstände von Zoll und anderen Einfuhrzöllen beschränkt.1013 Nicht unter das Gesetz 633 fielen Gegenstände, die von US-Personal in Europa an Freunde und Verwandte in die USA geschickt wurden. Diese Gegenstände fielen nämlich nicht unter die freie Einfuhr.1014 Mittels Erweiterung war das Gesetz 633 am 23. August 1945 durch den Secretary of Treasury dahingehend eingeengt worden, dass der Import von bestimmten Gegenständen verboten oder stark eingeschränkt wurde. Es ging dabei um den Schutz der öffentlichen Gesundheit, der öffentliche Sicherheit und des Eigentums. Zudem wurden auch die Kulturgüter einer besonderen Regelung unterworfen. Die in der T.D. 51072 aufgestellte Definition von Kulturgütern, Archiven und anderen Kulturobjekten wurde, wie auch das Ersuchen einer Lizenz für die Einfuhr von Kulturgütern über US $ 5’000, ebenfalls übernommen.1015 Die Einfuhr war sodann gestattet, wenn sie aus einem Land erfolgte, das nicht der T.D. 51072 unterstand.1016 Das Versenden von Kunstwerken musste sodann auch den Vorschriften des USFET Circular 140 vom 26.09.1947 genügen. Die Kunstwerke mussten zu einem angemessenen Preis („legal price“) für den persönlichen Gebrauch gekauft worden sein. Alle Personen wurden persönlich verantwortlich gemacht, wenn sie ein gestohlenes oder von den Deutschen geraubtes Kunstgut verschickten. Es wurde besonders darauf hingewiesen, dass in Berlin beim Kauf eines Bildes besondere Vorsicht geboten sei, da der diesbezügliche Befehl1017 in Berlin nicht in Kraft sei und sämtlicher Handel mit Kunstgegenständen aufgrund des Militärgesetzes 521018 verboten sei, wenn nicht eine Lizenz ausgestellt worden war.1019 Mittels all dieser Regelungen hoffte man, dass die Einfuhr von Kulturgütern durch amerikanische Personen verunmöglicht wurde. Trotzdem gab es immer wieder Soldaten und Zivilpersonen, die Kunstgegenstände im Wissen oder Unwissen ihres tatsächlichen Wertes und Herkunft in die USA schmuggelten. 1013 1014

1015

1016 1017

1018 1019

Siehe auch Section 490 und 491 des Tariff Act of 1930. Dies wurde auf Anfrage von R. Howard, Chief MFAA Section am 23.04.1947 vom Assistant Collector, Treasury Department, Bureau of Customs mitgeteilt. Siehe NA RG 260/236/Washington D.C. Office. NA RG 260/Property Division/Ardelia/81. Mailing, Shipment, and/or Importation to the US of restricted and prohibited Articles. Insbesondere Section II Customs laws and regulations governing prohibited and restricted articles and art objects. Für den genauen Wortlaut der T.D. 51072 siehe S. 236 f. Schreiben AG Letter 6 Dec 1946 „Transfer of Works of Art and Cultural Objects of Value and Importance“. Siehe dazu Ausführungen S. 295 ff. NA RG 260/Property Division/Ardelia/81. Mailing, Shipment, and/or Importation to the US of restricted and prohibited Articles, Mailing of Works of Art.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

IV.

Diebstähle von Kunstwerken durch alliierte Soldaten

1.

Allgemeines zu den Diebstählen von Kunstwerken während der Operation Overlord und Eclipse

Aufgrund der in den Archiven vorliegenden Dokumente und der immer wieder auftauchenden Kunstgegenstände kann sicherlich davon ausgegangen werden, dass einzelne amerikanische Soldaten, Offiziere und ganze Truppenteile in Diebstähle von Kulturgütern, insbesondere Gemälde, involviert gewesen waren. Aus den zahlreichen Berichten und den Tagebüchern wird aber ersichtlich, dass MFAA-Offiziere, Militärpolizei, Militärjustiz und die OSS Art Looting Investigation Unit durchaus das Möglichste taten, um grosse Verluste zu verhindern. Weniger bekannt ist, ob sich in den anderen Zonen der westlichen Alliierten ebenfalls Diebstähle ereignet hatten. Zeitgenössische Dokumente belegen, dass es auch in der französischen Zone in Würrtemberg-Hohenzollern und Baden zu massiven Diebstählen gekommen ist.1020 So verurteilte das französische Militärtribunal den französischen Kunstschutzoffizier Engel, der mehrere Kunstgemälde gestohlen hatte. In der britischen Zone sind insbesondere Diebstähle aus dem Kunstgutlager Celle bekannt. So wurden im Jahre 1947 aus einer Kiste des Schlossmuseums Schwerin 22 Kunstgegenstände aus Porzellan gestohlen, ohne dass der Täter ermittelt werden konnte. Als im Herbst 1947 antiker Goldschmuck aus dem Kunstgutlager gestohlen wurde, wurde das gesamte Personal im Oktober 1947 durch die britische Besatzungsbehörde fristlos entlassen.1021 Im Folgenden soll an einigen Beispielen aus den Akten der alliierten Streitmächte ausführlicher gezeigt werden, wie das amerikanische Oberkommando mit diesen Diebstählen umging.

2.

Hessische Kronjuwelen

Den Schmuck des Grossherzogs von Hessen hatten Bedienstete der Prinzessin Margarets von Hessen im Oktober 1944 unter alten Steinplatten im Keller von Schloss Kronberg bei Frankfurt vergraben. Es handelte sich dabei um eine ansehnliche Menge, hatten doch mehrere Mitglieder dieser grossen Familie aus Angst vor den Geschehnissen am Ende des Krieges ihre Besitztümer aus Banktresoren zurückgezogen, um sie der Erde anzuvertrauen. Die Juwelen lagen in einer Bleischatulle verpackt, die ihrerseits in einer Holzkiste steckte. Ein Steinmetz verschloss die Grube und machte sie unkenntlich. Des Weiteren wurden 1020

Siehe dazu Hartung, S. 53.

1021

Siehe dazu Pretzell, S. 64 ff.

245

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

auch 1’600 Flaschen edler alter Wein versteckt. Im April 1945 marschierte die 3. US Army Group ein, liess der Familie vier Stunden Zeit, um auszuziehen, und beschlagnahmte das Schloss als Hauptquartier. Als das Hauptquartier weiterzog, wurde im Schloss eine Offiziersmesse eingerichtet. Die Neuankömmlinge stöberten die eingemauerten Weine bald auf und fanden dann, auf der Suche nach mehr Wein, die frisch eingelassenen Platten, unter denen die Juwelen versteckt lagen. Ein Sergeant übergab sie der Leiterin des Clubs, einer Offizierin des Frauenhilfsdienstes namens Katherine Nash, die ihm versicherte, sie werde sie den zuständigen Behörden abliefern, was sie jedoch nicht tat. Einige Monate später fragte Prinzessin Sophie von Hessen, die von einem Angestellten erfuhr, dass man die Juwelen gefunden hatte, Hauptmann Nash, ob sie etwas von dem Schmuck auf ihrer Hochzeit tragen dürfe. Hauptmann Nash willigte ein, doch als Sophie von Hessen kam, um die Juwelen abzuholen, sagte man ihr, sie seien gestohlen worden. Der Fall wurde der für die Untersuchung krimineller Tatbestände zuständigen Armeedienststelle mitgeteilt, doch bevor dort etwas unternommen werden konnte, kehrte Nash in die Vereinigten Staaten zurück, da ihre Dienstpflicht zu Ende war. Doch bei der Armee hatte man Verdacht geschöpft, und zwar nicht nur gegen Nash, sondern auch gegen ihren Freund, einen gewissen Oberst Durant, dessen Dienst ebenfalls zu Ende war. Die Entlassung der beiden wurde jedoch aufgeschoben, damit sie unter militärischer Gerichtsbarkeit verblieben. Das inzwischen verheiratete Paar – nicht aber der Schmuck – wurden in einem Hotel in Chicago aufgespürt. Nach einem Verhör gestanden sie und wurden verhaftet, ebenso der Sergeant, der das Versteck entdeckt hatte und dem sie einen Anteil an der Beute versprochen hatten. Die Edelsteine fanden sich in einem Schliessfach am Bahnhof, wo sie der Hehler, weil er die Nerven verlor, zurückgelassen hatte. Sie waren zum Grossteil aus den unbezahlbaren Originalfassungen heraus gebrochen. Nach der Verhaftung der beiden setzte die Armee im Pentagon eine Pressekonferenz an. Die Presse beäugte so beeindruckende Stücke wie einen «zwölfkarätigen kanariengelben Diamanten» und «Haufen von Perlen, blitzender Saphire und Rubine». Katherine Durant-Nash hatte sich offensichtlich nicht nur auf Schmuck beschränkt, sondern haufenweise weitere hübsche Sachen aus dem Schloss mitlaufen lassen und nach Hause geschickt, so ein ganzes Vermeil-Besteckset, mehrere Konvolute mit Briefen an die britische Königin Victoria, eine Bibel mit persönlicher Widmung, die 1858 der Braut zur Hochzeit mit dem künftigen Kaiser Friedrich geschenkt worden war, und zahlreiche weitere Bücher, Orden, goldene Fächer und Uhren – alles in allem in einem Wert von ca. 3 Millionen US-Dollar. Die Armee beschrieb die Sache, vom Skandal scheinbar ungerührt, als den grössten Diebstahl der Neuzeit. Katherine Durant-Nash und ihr Mann wurden zurück nach Deutschland gebracht, wo man ihnen einen als «stürmisch» bezeichneten Prozess machte. Als Zeugen und Zeuginnen traten zahlreiche Mitglieder der Familie von Hessen und deren Dienstpersonal auf. Die Verteidigung führte an, die Familie habe die Juwelen aufgegeben, als sie sie vergrub, und ihre Klage sei deshalb ungültig, weil einige

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

Familienangehörige Mitglied der NSDAP gewesen seien. Katherine NashDurant sagte aus, sie sei in einer Irrenanstalt zwangsverhört worden und habe nur gestanden, um dort herauszukommen, und die Armee habe ihr zugesagt, von einer weiteren Strafverfolgung abzusehen. Sie legte sogar beim Obersten Gerichtshof in den USA Berufung ein. Es brachte ihr nichts; sie erhielt fünf, ihr Ehemann fünfzehn Jahre Gefängnis.1022

3.

Quedlinburger Domschatz 1023

Etwa zur selben Zeit, als die amerikanischen Streitkräfte Merkers und Grasleben einnahmen, marschierten sie auch in der Harzer Kleinstadt Quedlinburg ein, die bei der SS besonders beliebt war. 1936 wünschte Himmler dort die Tausendjahrfeier zum Tod von König Heinrich I. von Sachsen abzuhalten, einem Vorfahren des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, dem erfolgreiche und ausgedehnte Eroberungen den Titel «Gründer Deutschlands» eingetragen hatten. Heinrich und die ihm angetraute Königin Mathilde hatten mehrere Klöster gestiftet und waren von der Kirche heilig gesprochen worden; es heisst, sie seien in der Kirche Quedlinburg bestattet. Himmler stellte sich ein jährlich wiederkehrendes Fest vor, die Heinrichsfeier. Obwohl kein Mensch wusste, wo die Gebeine des Königs wirklich lagen, wurde 1936 gehörig gefeiert. Zahlreiche SS-Archäologen förderten bei späteren Ausgrabungen rechtzeitig für die zweite Feier ein paar Knochen zutage, die dann anlässlich des Festes in der Quedlinburger Gruft beigesetzt wurden. In der Umgebung wurde eifrig weitergeforscht, um Parallelen zwischen dem Leben Heinrichs I. und demjenigen Heinrich Himmlers aufzudecken, der sich mehr und mehr als Reinkarnation des sächsischen Königs betrachtete.1024 Die Quedlinburger Kirche wurde säkularisiert, in einen SS-Schrein verwandelt und mit all dem üblichen Prunk und den Symbolen der NSDAP geschmückt; SS-Offiziere führten darin Besichtigungen durch. Während des Krieges hatten die Geistlichen von Quedlinburg die unbezahlbaren Schätze aus ihrer Kirche, unter denen sich fragile Reliquienschreine aus Bergkristall auf goldenem Untersatz, eine silberne Urne mit Edelsteinrelief und Edelsteinen und das sagenumwobene, ganz in Goldtinte geschriebene und mit einem goldenen Einband versehene «Samuhel-Evangeliar» befanden, in einen Bergwerkstollen ausserhalb der Stadt gebracht, wobei nicht ganz klar ist, ob sie sie vor der SS, der russischen oder der amerikanischen Armee in Sicherheit bringen 1022

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 465 ff.; NA RG 260/47/Fine Arts & Cultural Objects Apr.–Jul. 46/Constitutions Land Wuerttemberg Baden/Investigation of Loss of House of Hesse Jewels.

1023

Siehe dazu auch Siegfried Kogelfranz und Willi Korte, Quedlinburg–Texas und zurück, Schwarzhandel mit geraubter Kunst, München 1994.

1024

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 467.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

wollten.1025 Nachdem ein Soldat der amerikanischen 87. Field Artillery Battalion, welches der 101. US Airborne Division zugeteilt war, das Versteck zufällig entdeckt hatte, wurde ein Wachtposten aufgestellt, der Deutschen und Flüchtlingen den Zugang verwehrte, seine Kameraden aber ohne weiteres einliess, damit sie sich die «Kriegsbeute der Nazis» ansehen konnten. Einer davon war Leutnant Joe Tom Meador aus Whitewright in Texas. Meador hatte nicht nur seit dem Tag der alliierten Landung in der Normandie drei Auszeichnungen erhalten, sondern war, so scheint es, auch ein Kunstliebhaber. Er erblickte die Objekte im Bergwerk, wickelte ein paar davon in seinen Mantel und nahm sie kurzerhand mit. Die Schätze wieder los zu werden, stellte ihn vor grössere Probleme. Er packte sie in kleine Kartons und schickte sie nach Hause. Die anderen Offiziere wussten sehr wohl von dem Diebstahl, doch sie befanden sich, wie einer von ihnen viele Jahre später bemerkte, schliesslich seit fast einem Jahr im Krieg, und es war ihnen gleichgültig. Meador liess sich hier nicht zum letzten Mal in Versuchung führen. Nach dem Krieg begann er an der amerikanischen Universität von Biarritz zu unterrichten, die von der Armee für Armeeangehörige geführt wurde. Der Unterricht fand in der beschlagnahmten Villa einer französischen Marquise statt, die ein Zimmer noch bewohnen durfte. Meador stahl Silber und Porzellan und erhielt, vor ein Kriegsgericht gestellt, einen scharfen Verweis und eine Geldstrafe. Die Kirchenbehörden hatten den Diebstahl ihrer Schätze der Armee mitgeteilt, und diese leitete eine Untersuchung ein. Als Quedlinburg in der sowjetischen Zone hermetisch abgeriegelt wurde, konnte man die Angelegenheit nicht mehr weiter verfolgen. Die Untersuchung wurde 1949 abgebrochen. Meador kehrte nach Texas zurück, wo er seine Sammlung Bekannten und Verwandten zeigte, die sie hübsch fanden, aber nicht nach ihrer Herkunft fragten. Er versuchte nie, etwas davon zu veräussern, und so hielt die Öffentlichkeit die Quedlinburger Schätze für verschwunden.1026 Als Meador 1980 starb, hinterliess er seinen Erben diese Kunstschätze. Nachdem der deutsche Kunstdetektiv Willi Korte den Quedlinburger Domschatz beim Bruder und der Schwester des Diebes lokalisieren konnte, versuchten diese den Schatz in die Schweiz zu verbringen. Nach Einleitung von rechtlichen Schritten und detaillierten juristischen Untersuchungen konnte in London ein Vergleich zwischen den Parteien erreicht werden. Der Domschatz fand dann nach 54 Jahren und etlichen juristischen Querelen wieder dahin zurück, wo er hingehörte.1027

1025

Siehe auch NA RG 260/224/Quedlinburg Domschatz, Schreiben «Art Objects missing from Domschatz», Quedlinburg vom 17.12.1947.

1026

Report of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas, Washington D.C. 1946, S. 46.

1027

Siehe Thomas Kline, Legal Issues in the Recovery of the Quedlinburg Treasures, 21.1.1995. Siegfried Kogelfranz und Willi Korte, Quedlinburg–Texas und zurück, Schwarzhandel mit geraubter Kunst, München 1994, Maurice, S. 9 ff.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

4.

Diebstahl von Görings Diamantenmedaille

Nachdem am 2. Januar 1947 im «The Courier Journal» in Louisville ein Inserat erschienen war, in welchem eine Brosche oder Medaille mit Diamanten aus dem Besitz von Hermann Göring angeboten worden war, wurde die amerikanische Zollbehörde aufmerksam und beschlagnahmte sowohl die Hermann-GöringMedaille, die mit 17 Diamanten besetzt war, als auch seinen Feldmarschallstab. Der Fall wurde vor ein amerikanisches Bezirksgericht gebracht und der ehemalige Infanterieleutnant Warren Eckberg wegen Nichtbezahlens von Zollgebühren angeklagt. Der Offizier hatte die vorgenannten Gegenstände im Mai 1945 in Görings Sommerquartier in Berchtesgaden gefunden und diese mit der angeblichen Zustimmung seines Kommandanten seiner Mutter geschickt. Der Zoll beschlagnahmte die Gegenstände aufgrund der fehlenden Deklaration, des Nichtbezahlens der Zollgebühren und des fehlenden Beweises der rechtmässigen Aneignung.1028 In der Ecomomics Division, Restitution Branch des OMGUS stellte man sich aufgrund des Artikels in der Zeitung Stars and Stripes verschiedene Fragen. Der Feldmarschallstab könnte von einem ehemals vom deutschen Reich besetzten Staat als Restitutionsgut beansprucht werden, da es bekannt sei, dass Göring zahlreiche Marschallstäbe besass. Insbesondere wurde auch Napoleons Stab auf Görings Geheiss aus dem Musée de l’Armée in Paris ins Zeughaus nach Berlin verbracht und später dem Reichsmarschall übergeben. Zwei von Görings Marschallstäben wurden später der Militärakademie West Point und Präsident Truman geschenkt. Gemäss Bericht des Finance Intelligence Offiziers waren persönliche Gegenstände von Kriegsverbrechern dem Internationalen Militär Tribunal in Nürnberg zu übergeben.1029

5.

Angebliche Leihgabe von Vasen aus der Universität in Würzburg

Im April 1945 wünschte ein kunstliebender Reservemarineoffizier namens Maley, der fliessend Deutsch sprach, die berühmte Sammlung griechischer Vasen der Würzburger Universität zu besichtigen. Während seines Besuches vertrauten ihm die Kuratoren an, dass die Räume, in denen die Vasen standen, wegen der fehlenden Türen nicht sicher seien und dass die Sammlung jede Nacht von Plünderern heimgesucht werde. Der amerikanische Offizier war so entrüstet, dass er sich an den lokalen MFAA-Offizier Giuli wandte und ihm anbot, auf eigene Kosten eine Arbeitsgruppe zusammenzustellen, um die Vasen in Sicher1028

NA RG 260/226/Rel. Monum. Mehrere Berichte über den Verkauf des Medaillons von Göring. Siehe auch Bericht «Customs seeks right to sell Goering Baton», Stars and Stripes, 27.1.1947.

1029

NA RG 260/226/Rel. Monum. Memo betreffend Görings Silver Baton now in US Customs, Chicago, OMGUS, Economics Division Restitution Branch, MFAA Section.

249

250

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

heit zu bringen. Giuli nahm das Angebot an, Maley erledigte die Arbeit, schrieb einen ordnungsgemässen Bericht und der MFAA-Offizier inspizierte die neue Unterkunft; was aber Giuli nicht wusste und Maley nicht erwähnte: Der hilfsbereite Maley hatte eine wundervolle Vase und mehrere kleinere Gefässe in eine Kiste gepackt und dem verblüfften deutschen Kurator erklärt, ein anderer Kurator der Würzburger Universität habe darauf bestanden, ihm diese Gegenstände als Dank für seine Hilfe zu überreichen, unter der Bedingung, dass Maley sie dem Art Institute in Chicago als Leihgabe zur Verfügung stelle. Maley verliess dann Würzburg, nachdem er die Vase wirklich nach Chicago abgeschickt hatte. Der deutsche Kurator erstattete den amerikanischen Behörden Bericht, und am 8. Mai 1945 wurde eine Untersuchung eingeleitet. Es dauerte mehrere Monate, bis der Fall Washington erreichte. Im August trug die Abteilung für zivile Angelegenheiten der Roberts-Commission auf, nachzuforschen, ob das Art Institute Chicago einen derartigen Gegenstand erhalten habe. Dieses hatte die Vase sowie die anderen Gegenstände wirklich erhalten. Der Direktor des Instituts, Daniel Catton Rich, führte nicht aus, weshalb er das fragliche Objekt angenommen hatte, sondern verwies auf einen Brief von Leutnant Maley, in dem dieser seine Behauptung wiederholte, jedoch einverstanden war, dass die Vase umgehend wieder nach Deutschland zurückging, und bedauerte, dass man «seine Bemühungen» offenbar falsch ausgelegt habe. Die Abteilung für zivile Angelegenheiten schickte die Vase wieder zurück, liess aber das Art Institute für die Verpackung sorgen.1030

6.

Angeblicher Diebstahl durch einen MFAA-Offizier

Aufgrund der Aussagen von Dr. Rapp, Kurator des Stadtgeschichtlichen Museums (Städel und städtische Galerien) Frankfurt, und Prinz Otto von Ysenburg, Budingen, wurde gegen Leutnant Sinclair Robinson, welcher als Monuments and Fine Arts Offizier im Military Government Detachment I 10D2 Dienst tat, eine Strafuntersuchung wegen Diebstahls von mehreren Gemälden eröffnet. Konkret wurde dem Offizier vorgeworfen, er habe am 18. April 1945 mehrere wertvolle Bilder aus dem Archiv des Schlosses Budingen gestohlen. Unter den Gemälden soll sich das Gemälde «Motiv aus Tivoli» von Berchem, «Cows of the Pasture» von Tyron und «Orphan House in Amsterdam» von Liebermann befunden haben. Während der Ermittlungen stellten die Untersuchungsbeamten fest, dass Leutnant Sinclair mehrere nicht bewilligte Ausflüge an entfernte Orte unternommen hätte. Am 31. März 1945 kamen Leutnant Bryant und Leutnant Robinson vom vorerwähnten Military Gouvernment Detachment in Budingen an. Sie hatten den Auftrag, die Kontrolle des Military

1030

NA RG 260/34/Memo, Taper an Leonard vom 14.1.1948. Siehe auch Nicholas, Raub der Europa, S. 467.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

Government im Kreis Budingen zu errichten. Am 11. April 1945 wurde Leutnant Sinclair die Aufgabe des MFAA-Offiziers für das Detachement zugewiesen. Daneben war Robinson auch für das Recht, die Finanzen, die Gesundheit und die Sicherheit des Kreises zuständig und amtete als Untersuchungsrichter. Am 17. April 1945 begleitete Prinz Otto von Ysenberg Leutnant Robinson nach Laubach, wo dieser mit Dr. Rapp bekanntgemacht wurde. Rapp versuchte damals, alle Depots aufzusuchen, in welchen Gegenstände aus seinen Museen gelagert waren. Am 18. April 1945 fuhren Leutnant Robinson, Dr. Rapp und Prinz Ysenburg von Budingen nach Amorbach. Nach Ankunft in Amorbach stellten sie fest, dass in das Depot des Museums eingebrochen worden war und einige Gegenstände beschädigt waren. Leutnant Robinson befestigte ein «Off Limits»Schild am Depot und schlug vor, die wertvolleren Bilder nach Budingen zu evakuieren. Aufgrund dieses Plans wurden 19 Gemälde in das Fahrzeug von Leutnant Robinson verstaut. Leutnant Robinson erhielt ausserdem einen Lastwagen einer amerikanischen Einheit, welche sich in der Nähe befand. Dieses Fahrzeug wurde ebenfalls mit Bildern beladen. Insgesamt wurden ungefähr 60 Bilder aus dem Depot in Amorsbach genommen. Während der Evakuation der Gemälde wurde weder ein Inventar der transportierten Gemälde aufgenommen noch eine Zählung durchgeführt. Dr. Rapp, welcher eine solche Liste erstellen wollte, wurde vom Leutnant auf die Ankunft in Budingen vertröstet. Unter den Bildern, welche sich im Fahrzeug von Leutnant Robinson befanden, war auch das Gemälde «Pan and Nymphs» von Rubens. Während der Fahrt nach Budingen diskutierte Leutnant Robinson mit Prinz Ysenberg über den Wert der evakuierten Bilder. Er offerierte Prinz Ysenberg auch, einige von dessen Bildern in den USA zu verkaufen und den erzielten Erlös zugunsten des Prinzen in New York in einer Bank anzulegen. Zwischen Amorbach und Budingen hatte der Militärlastwagen einen defekten Pneu, welcher gewechselt werden musste. In der Zwischenzeit wurde die Ladung auf dem Lastwagen kontrolliert, und eines der Gemälde, welches leicht beschädigt war, wurde in das Fahrzeug von Leutnant Robinson umgeladen. Die Fahrzeuge erreichten ungefähr um 17 Uhr Budingen. Leutnant Robinson verliess Dr. Rapp und Prinz Ysenberg und fuhr davon, ohne zuvor die Gemälde abzuladen. Ungefähr 15 Minuten später kehrte er mit dem Fahrzeug wieder zurück und entlud einige Gemälde, welche er Dr. Rapp gab. Das Gemälde «Pan and Nymphs» von Rubens war nicht darunter. Am selben Tag wurde Leutnant Robinson von einer gewissen Frau Pouillon beobachtet, wie er ungefähr um 17 Uhr vor dem Haus des Military Government Detachment in Budingen eintraf. Leutnant Robinson hatte dabei einige Gemälde bei sich, welche er aus dem Fahrzeug lud und in die Küche im ersten Stock des Hauses transportierte. Eine Hausangestellte half Leutnant Robinson beim Transport der Gemälde. Danach fuhr Leutnant Robinson wieder zum Schloss und überwachte die Entladung des Lastwagens und seines Fahrzeuges. Am 19. April 1945 befahl Leutnant Robinson Prinz Otto von Ysenberg, das Archiv im Schloss Budingen zu öffnen, und er interessierte sich insbesondere für das

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Landschaftsgemälde von Berchem. Am 20. April veranlasste Leutnant Robinson Prinz Ysenberg, die Gemälde «Motiv aus Tivoli» von Berchem, «Cows on the Pasture» von Troyan und «Orphan House in Amsterdam» von Liebermann herauszugeben. Die drei Bilder lud der Offizier in seinen Jeepanhänger und brachte sie ins Quartier des Military Government Detachment. Bezüglich dieses Abtransportes fertigte Dr. Rapp eine Notiz an. Im letzten Satz schrieb Dr. Rapp: «These (the most valuable paintings) were brought over to Budingen, where one part was stored in the castle of Prinz Ysenburg and another taken into custody by the Military Government.» Auf Ersuchen von Leutnant Robinson änderte Dr. Rapp den Satz in: «These (the most valuable paintings) were brought over to Budingen and stored in the castle of Prince Ysenburg, where they are under control of Military Government.» Im Folgenden unternahm Leutnant Robinson weitere Fahrten nach Bad Wildungen und Laubach. Alle diese Reisen unternahm der Offizier ohne Wissen und Erlaubnis seines Kommandanten. Leutnant Robinson versuchte sodann während der Untersuchungen, sowohl Dr. Rapp wie auch Prinz Ysenberg, der in einem Gefangenenlager interniert wurde, in ihren Aussagen zu beeinflussen. Die Gemälde, welche sich zuletzt in Obhut von Leutnant Robinson befanden, konnten nicht mehr aufgefunden werden. Aufgrund von zahlreichen Dienstverfehlungen und des angeblichen Diebstahls von Gemälden wurde der Leutnant Robinson beim Militärgericht der US Army von Corps Inspector General Mc Lean angeklagt.1031

7.

Sonstige Diebstähle

Wie erwähnt erliess das State Department im Jahre 1947 ein Memorandum, in welchem alle vom europäischen Festland zurückkehrenden amerikanischen Soldaten aufgefordert wurden, historisch und künstlerisch wertvolle Gegenstände, die als Souvenirs mitgenommen wurden und einen Wert von über US $ 5’000 hatten, den amerikanischen Behörden abzugeben. Für Widerhandlungen wurden Strafverfahren angedroht. Das Memorandum bezog sich direkt auf die Haager Konvention von 1907. Die so zurückerhaltenen Gegenstände wurden in der National Gallery aufbewahrt und danach über das War Department in die betroffenen Länder transportiert und den jeweiligen militärischen Behörden aus-

1031

NA RG 260/234/Court Martial/Report of Investigation Concerning the alleged Larceny of Paintings by 1st Lieutnant Sinclair Robinson vom 30.8.1945. Siehe auch NA RG 260/234/Court Martial/Report of Investigation vom 29.7.1945 und die Liste über 35 Gemälde, welche bei einer Inspektion des Depots in Amorsbach am 11.7.1945 vermisst wurden. Report of the inspection of properties of the Stadtgeschichtliches Museum in outlying places betreffend Städel Art Institute vom 15. Mai 1945. Siehe auch Interim Report regarding «More Looting Cases» der MFAA Section unter OMGUS S. 1 f. vom 29.6.1946. Aufgrund dieser Untersuchungen konnten Leutnant Robinson die Delikte nicht schlüssig bewiesen werden. Sie sollten jedoch in den USA weiter untersucht werden.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

geliefert.1032 Der OSS und der Military Intelligence waren zahlreiche Diebstähle bereits bekannt, und es wurde ihnen intensiv nachgegangen. So wurden zum Beispiel in Wittislingen Angehörige einer Sanitätsformation der US Army beschuldigt, Kisten des historischen Museums Dillingen aufgebrochen und wertvolle Gegenstände, welche sich in den Kisten befanden, gestohlen zu haben.1033 Ein anderer Fall betraf den Diebstahl eines seltenen Manuskriptes des italienischen Poeten Petrarch, das von einem Soldaten in die USA verbracht und dort zum Verkauf angeboten wurde.1034 Im Juni 1945 waren ausserdem Truppen der 15. US Infanterie Division im Schloss Schwarzenburg in ein Depot mit Kunstwerken eingebrochen und hatten ca. 13 Bilder der Kunstsammlungen zu Weimar gestohlen. Zwei der Bilder waren von Albrecht Dürer, nämlich die Portraits von Hans und Felicitas Tucher.1035 Diese zwei Bilder wurden erst 1966 im Hause des New Yorker Anwaltes Elicofon wieder entdeckt. Elicofon will sie 1946 von einem ehemaligen Soldaten für US$ 450 erworben haben. Erst 20 Jahre später erfuhr er von Experten die Herkunft und den Wert der Gemälde (heute mehrer als zehn Mio. Euro). Von 1969 bis 1982 prozessierten die Bundesrepublik Deutschland, die Grossherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach sowie die Kunstsammlungen zu Weimar gegen den amerikanischen Besitzer in New York um die beiden Bilder. Die amerikanischen Gerichte sprachen die beiden Dürer-Bilder schliesslich den Kunstsammlungen zu Weimar zu, und sie sind inzwischen auch nach Weimar zurückgekehrt.1036 Amerikanische Militäreinheiten werden auch beschuldigt, zahlreiche Kunstgegenstände und andere Vermögenswerte aus dem sogenannten „Gold Train“ gestohlen zu haben. Nach dem deutschen Einmarsch in Ungarn 1944 hatte die neue hitlerfreundliche ungarische Regierung die Vermögenswerte von ungarischen Juden beschlagnahmt. Im Oktober 1944 wurden aufgrund der herannahenden Sowjets Goldbarren, Banknoten, Schmuck und auch Kunstwerke in rund zwanzig Güterwagen verladen und kam nach einer Odyssee im Mai 1945 in der Nähe von Salzburg an. Dort wurde der Zug von amerikanischen Truppen abgefangen.1037 Lediglich ein Bruchteil der kostbaren Fracht konnte jedoch den enteigneten ungarischen Juden wieder zurückgegeben werden. Mittels einer 1032

NA RG 260/226/Rel. Monum., Artikel US round up and return Art Treasures Gis took home, vom 12.2.1947.

1033

NA RG 260/236, Looting at Wittislingen.

1034

NA RG 260/236, Rare Petrarch manuscript turns up in this country.

1035

NA RG 260/46, Transmittal of Correspondence pertaining to theft of paintings from Castle Schwarzburg, 14.1.1946.

1036

Siehe dazu auch Kunstsammlungen zu Weimar v. Elicofon in: 478 Federal Reporter 2 d 131 (2 d Circuit 1973); certiorari denied; 415 Supreme Court Cases, Adjudged in the Supreme Court 931 (1974), 536 Federal Supplement 829 (Eastern District New York 1981); affirmed, 678 Federal Reporter 2 d 1150 (2 d Circuit 1982).

1037

Siehe dazu Zweig, The Gold Train, S. 118 ff.

253

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Sammelklage forderten 1999 die Erben eine Entschädigung und am 26. September 2005 entschied ein amerikanisches Bezirksgericht, dass die USA die Erben in der Höhe von 25,5 Millionen US $ entschädigen müsse.1038 In den letzten Kriegstagen wurde auch aus dem Bergwerk Lauffen, welches die Sammlungen der Staatlichen Museen in Wien, des Kunsthistorischen Museums und der Österreichischen Galerie beherbergte, auf Geheiss des österreichischen Gauleiters von Nazitruppen 184 Gemälde, 49 Teppiche und andere wertvolle Objekte gestohlen. Die kurz nach den Nazitruppen im Bergwerk eintreffenden amerikanischen Kampfverbände konnten die Diebe nicht mehr stellen. Aufgrund von sofort aufgenommenen Untersuchungen konnten die Diebe schnell lokalisiert werden.1039 Auch aus dem Bergwerk Alt Aussee wurde von einem Diebstahl von Druckplatten, die von Albrecht Dürrer stammten, berichtet.1040 Manchmal konnten aber auch gestohlene Sachen im letzten Augenblick wieder aufgefunden werden, wie z.B. jene Kunstgegenstände und Gemälde, welche von einem amerikanischen Soldaten in Kisten verpackt worden waren und im Depot in Reutti auf ihren Abtransport in die USA warteten.1041 In der Nachkriegszeit hatten die Behörden des Military Government, des CIC und der OSS grosse Anstrengungen unternommen, um den illegalen Handel von Kunstgegenständen und Waffen zu unterbinden. Immer wieder wurden deutsche Kunsthändler ertappt, welche Gemälde oder historisch wichtige Gegenstände an amerikanische Soldaten verkauften oder einen Handel mit ausländischen Kunsthändlern betrieben. Vielfach hatten diese Händler bereits im Dritten Reich in der Kunsthändlerszene eine Rolle gespielt, und sie verfügten über detailliertes Wissen bezüglich der ausgelagerten Kunstwerke.1042 Nicht alle Gegenstände konnten jedoch in einfacher Art und Weise als Diebesgut erkannt werden. Das 175. US Regiment kam kurz vor dem Fall von Berlin 1945 in Besitz eines silbernen Geschirrservices für ca. 500 Personen. Dieses hatte der deutschen Kaiserfamilie gehört. Der in 44 Kisten verpackte Service wurde vom Regiment als Kriegsbeute

1038

Siehe The Art Newspaper, No. 164, December 2005, Nazi Loot, Cold comfort for victims of Hungarian gold train theft, S. 9.

1039

NA RG 331/1/Nummeric Files/Report a Theft of Painting from the Repository at Lauffen vom 28.5.1945.

1040

NA RG 260/224/Greater Hesse, Umfangreicher Bericht über Durer Engravings Stolen from Alt Aussee Saltmine vom 24.9.1947. Siehe auch NA RG 260/236, US Forces in Austria, Durer Engravings stolen from Alt-Ausee Saltmine vom 7.10.1947. Ebenfalls NA RG 226/35/Record relating restitution history, Bericht vom 6.8.1945 «2nd Lt Frederick C, Shardy, Aus.», welcher verdächtigt wurde, eine Holzkiste mit Kunstwerken von Albrecht Dürer aus dem Salzbergwerk gestohlen zu haben.

1041

NA RG 260/234, Reutti Looting vom 21.8.1945.

1042

NA RG 260/227/Leg Div, Report Mr. Walter Weber and the Ettle Case vom 27.1.1947. NA RG 260/235/Willi Sachs, Illegal Sale of Art Works vom 19. November 1945. NA RG 260/228, Illegal Sale of Art Mainberg/Report Illegal Sale of Art Works vom 19.11.1945.

13. Kapitel: Politischer Schutz der Kulturgüter durch die USA

beschlagnahmt, und sie schickten ihn über Bremen nach New York. Nachdem der Zoll diese Kisten einer Inspektion unterzogen hatte, wurden Militärjuristen der US Army beigezogen, welche sich mit dem Problem der Kriegsbeute in rechtlicher Hinsicht zu befassen hatten. Obwohl deutsche Offiziere den Service dem 175. Regiment offiziell übergeben hatten, war man sich unsicher, ob ein solch wertvolles Gut, das von der Kaiserfamilie stammte, als eine Beute betrachtet werden konnte, oder ob es als Restitutionsgut angesehen werden musste.1043 Insbesondere war unklar, ob es sich beim beschlagnahmten Silberservice um Staatseigentum handelte oder um Privateigentum. Die amerikanischen Militärjuristen waren sich nämlich einig, dass die deutschen Offiziere keine Berechtigung gehabt hätten Staatseigentum zu übergeben.

V.

Fazit

Während des Krieges versuchten die Alliierten mit geeigneten Gesetzen die feindlichen Vermögenswerte im eigenen Staat sicherzustellen. Mit dem Gesetzeswerk „Trading with the Enemy Act“ führte die USA einen Wirtschaftskrieg und versuchte zu verhindern, dass das Deutsche Reich zu Devisen kam. Der USA kam darüber hinaus in der Verhinderung des Einfuhrs von illegalen Kunstwerken eine Vorreiterrolle zu. Die im Rahmen des „Trading with the Enemy Act“ gemachten Anpassungen und die neu erlassene Verordnung T.D. 51702 gingen klar über die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 hinaus. Dabei musste nicht einmal die Übertragung des Kunstwerkes abgeklärt werden, da eine Einfuhr bereits die Verletzung des Importgesetzes darstellte. Während des Krieges konnte der Handel mit Kunstwerken in die USA effektiv unterbunden werden. Ein anderes Problem stellten die alliierten Soldaten und Einheiten, die Kunstgegenstände als Souvenir mitnahmen1044, dar. Es hat sich aufgrund der zahlreichen Berichte jedoch auch gezeigt, dass sich die meisten Truppenkommandanten ihrer Verantwortung bewusst waren und nach Einnahme eines Depots oder Schlosses dieses speziell bewachen liessen, bis es durch ein Detachement der amerikanischen Militärregierung oder der MFAA-Abteilung übernommen werden konnte. Problematisch war sodann auch die Sichtweise vieler Soldaten bezüglich des deutschen Bevölkerung. Für viele, die in ganz Europa gekämpft oder Verwandte durch die Nazis verloren hatten, galt das Gebot «du sollst nicht stehlen» in Bezug auf Deutschland einfach nicht. Dabei ist nicht zu verkennen, 1043

NA RG 260/226/Rl. Monum., Stars and Stripes vom 29.12.1945, Army Studies Status of Seized Silver.

1044

Siehe auch NA RG 260/116/Fine Arts and Cultural Objects June–Sept. 1947. Siehe auch Ambrose, S. 260 f. Er schreibt: „… nearly all the men in ETO participated in looting. It was a phenomenon of war. Thousands of men who had never before in their lives taken something of value that did not belong to them began taking it for granted that whatever they wanted was theirs“.

255

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

dass es von der ersten Stunde der Kämpfe auf deutschem Gebiet an zu Plünderungen durch amerikanische Armeeangehörige kam, und die Palette reichte von gutgemeinten, aber fehlgeleiteten Versuchen, Werke zu schützen, bis zu offensichtlichem Diebstahl und arroganter Einschüchterung der Besiegten.1045 Zwar hat das War Department eine genaue Weisung mit Strafbestimmungen erlassen. Einige Fälle von Diebstählen alliierter Soldaten konnte aufgeklärt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass noch verschiedenste Kunstwerke in den USA liegen, ohne dass sich die Besitzer über den Wert bewusst sind. Interessanterweise hat die USA zwar rigoros die Einfuhr von Kunstwerken überprüft und allfällige Beschlagnahmungen vorgenommen, in den Akten über die Beschlagnahmung eines illegalen Kunstwerkes ist aber sehr oft nichts enthalten, was darauf hindeuten würde, dass es auch zu einem Strafverfahren gekommen ist.

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten während des Krieges und ihr Einfluss auf den Kulturgüterschutz und die Restitution I.

Einleitung

Den alliierten Staaten war klar, dass die Beendigung des Krieges und die Niederlage der Achsenmächte grosse Fragen aufwerfen würden. Dabei ging es nicht nur um die Rückgabe, die Aufbewahrung und Sicherung der Kulturgüter, sondern darum,wie ein zukünftigesDeutschland in Europa eingebettet sein würde,und welche Massnahmen aufgrund der Niederlage angezeigt waren. Die Regelungen im Haager Landkriegsabkommen waren diesbezüglich nur ungenügend, und es war an den alliierten Staaten, Lösungen zu suchen, die völkerrechtlich vertretbar waren.

II.

Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen

1.

Moskauer Aussenministerkonferenz vom 19. bis 30. Oktober 1943

Die Moskauer Aussenministerkonferenz war die erste Zusammenkunft von hohen Vertretern der Alliierten. In einer gemeinsamen Proklamation erklärten sich die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion, Grossbritannien und China in 1045

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 465 ff.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

dass es von der ersten Stunde der Kämpfe auf deutschem Gebiet an zu Plünderungen durch amerikanische Armeeangehörige kam, und die Palette reichte von gutgemeinten, aber fehlgeleiteten Versuchen, Werke zu schützen, bis zu offensichtlichem Diebstahl und arroganter Einschüchterung der Besiegten.1045 Zwar hat das War Department eine genaue Weisung mit Strafbestimmungen erlassen. Einige Fälle von Diebstählen alliierter Soldaten konnte aufgeklärt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass noch verschiedenste Kunstwerke in den USA liegen, ohne dass sich die Besitzer über den Wert bewusst sind. Interessanterweise hat die USA zwar rigoros die Einfuhr von Kunstwerken überprüft und allfällige Beschlagnahmungen vorgenommen, in den Akten über die Beschlagnahmung eines illegalen Kunstwerkes ist aber sehr oft nichts enthalten, was darauf hindeuten würde, dass es auch zu einem Strafverfahren gekommen ist.

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten während des Krieges und ihr Einfluss auf den Kulturgüterschutz und die Restitution I.

Einleitung

Den alliierten Staaten war klar, dass die Beendigung des Krieges und die Niederlage der Achsenmächte grosse Fragen aufwerfen würden. Dabei ging es nicht nur um die Rückgabe, die Aufbewahrung und Sicherung der Kulturgüter, sondern darum,wie ein zukünftigesDeutschland in Europa eingebettet sein würde,und welche Massnahmen aufgrund der Niederlage angezeigt waren. Die Regelungen im Haager Landkriegsabkommen waren diesbezüglich nur ungenügend, und es war an den alliierten Staaten, Lösungen zu suchen, die völkerrechtlich vertretbar waren.

II.

Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen

1.

Moskauer Aussenministerkonferenz vom 19. bis 30. Oktober 1943

Die Moskauer Aussenministerkonferenz war die erste Zusammenkunft von hohen Vertretern der Alliierten. In einer gemeinsamen Proklamation erklärten sich die Vereinigten Staaten, die Sowjetunion, Grossbritannien und China in 1045

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 465 ff.

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten

ihrem Entschluss einig, den Krieg gegen die Achsenmächte bis zu deren bedingungsloser Kapitulation weiterzuführen.1046 Die Alliierten gaben bekannt, dass sie beabsichtigen würden, in allen Angelegenheiten der Kapitulation ihrer Feinde gemeinsam zu handeln. Eingehend wurden Fragen der Reparationen und der Fortbestand oder die Aufteilung Deutschlands behandelt.1047 Für die mit der Beendigung der Feindseligkeiten auftauchenden europäischen Fragen wurde auf der Moskauer Aussenministerkonferenz die Europäische Beratende Kommission (European Advisory Commission) gegründet.1048

2.

Teheraner Konferenz

Am 28. November 1943 begann in der iranischen Hauptstadt Teheran die erste Konferenz der „Grossen Drei“. Im Vordergrund der Besprechungen standen die gemeinsamen Massnahmen zur endgültigen Erringung des Sieges. Von der Sowjetunion wurde insbesondere die Errichtung einer zweiten Front im Westen gefordert.1049 Daneben ging es aber auch um die eventuelle Aufteilung des Deutschen Reiches in Teilstaaten. Bekanntlich wollte der britische Premierminister Churchill eine Donau-Föderation einschliesslich Süddeutschlands, während der Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Roosevelt fünf Teilstaaten und drei internationale Zonen vorsah. Stalin lehnte beide Pläne ab. Zur weiteren Beratung wurde auch diese Problematik an die neugeschaffene „European Advisory Commission“ überwiesen.1050

3.

„European Advisory Commission“

a)

Gründung und Aufgabe der European Advisory Commission im Allgemeinen

Die „European Advisory Commission“ (EAC) war ein zwischenstaatliches Organ mit ständigem Sitz in London. Die von ihr ausgearbeiteten „joint recommendations“ waren im voraus von den Regierungen bis ins Detail gebilligt worden, ehe die Delegierten im Botschafterrang über sie beratschlagten. Die Zustimmung erfolgte durch die Notifizierung an die EAC in London. 1046

Das Kriegsziel der bedingungslosen Kapitulation der Achsenmächte proklamierte Präsident Roosevelt am 21.01.1943 nach mehrtägigen Beratungen mit Premierminister Churchill auf einer Pressekonferenz in Casablanca. Siehe dazu Sherwood, S. 696 ff. und Churchill, 4. Band, S. 164 –616.

1047

Siehe dazu auch Hull, S. 1304.

1048

Siehe auch Kowalski, S. 261 ff.

1049

Sherwood, Roosevelt und Hopkins, S. 637.

1050

Keith Eubank, Summit at Teheran, The untold story, New York 1985. Reusch, S. 318–443; Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, S. 44.

257

258

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Unter der Bezeichung „joint recommendations“ verbarg sich ein vertraglicher Text mit rechtlicher Bindung für die beteiligten Regierungen. Die EAC-Vereinbarungen sind demnach als zwischenstaatliche Abmachungen (agreementsaccords) zu betrachten.1051 Es war vorgesehen, dass jedes Mitglied Gesetzesentwürfe seiner Regierung, die Themen der Nachkriegsplanung Deutschlands umfasste, in der EAC zirkulieren liess. Die Gesetzesentwürfe wurden sodann innerhalb der EAC ausführlich besprochen und genehmigt. Die von der EAC genehmigten Entwürfe wurden danach den Regierungen der einzelnen Mitglieder zugestellt, welche das jeweilige Gesetz und den jeweiligen Beschluss ebenfalls genehmigen mussten, bevor sie in Kraft gesetzt werden konnten.1052 Zu Beginn der EAC divergierten die Meinungen der drei grossen alliierten Staaten bezüglich Zweck und zu behandelnden Themen stark. Die drei Regierungen hatten eine unterschiedliche Sicht der Rolle der EAC. Die Briten einerseits wollten in der EAC eine weite Anzahl Themen und Vorschläge erörtern, welche sich nicht nur auf die Behandlung Deutschlands sowie der anderen feindlichen Staaten bezüglich Grenzen, militärische Besetzung, Entwaffnung, Wiedergutmachung, Dezentalisation, Waffenstillstandsbedingungen und Kontrolle bezog, sondern sich auch mit Fragen im Zusammenhang mit den befreiten Staaten befassen.1053 Generell gesehen, hat sich die britische Delegation am kontinuierlichsten um den Fortschritt der Beratungen bemüht und durch immer neue Initiativen zu Abkommensentwürfen ihr Interesse am Erfolg der Verhandlungen bekundet. Die Delegation, die ihre Entwürfe als erste präsentierte, erreichte oft, dass ihre Vorschläge zumindest als Grundlage für die weitere Diskussion akzeptiert wurden. Den Briten gelang es häufig, in den Kommissionen diese Rolle zu spielen; sie eröffneten am 15. Januar 1944 nicht nur mit drei grundlegenden Entwürfen die Verhandlungen, sondern liessen in der Beratungskommissionen auch mehr Memoranden und Entwürfe zirkulieren, darunter auch ein gebundenes Buch mit 38 Direktiven für die Kommandanten in Deutschland und in Österreich.1054 Die amerikanische Regierung versuchte ihrerseits, alle politischen Entscheidungen auf die Zeit nach dem Kriege zu verschieben, und wollte sich nur auf eine 1051

Mosley, S. 599.

1052

Siehe dazu NA RG 43/File 134 (Germany-Directives), Memorandum for the Comanding General US Army Forces, European Theater of Operation: Subject: US Draft Directives vom 23.11.1944.

1053

Siehe Schreiben Ambassador in the UK to Secreatry of State, 4.01.1944, FRUS 1944, Vol. I, General, Partizipation by the United States in the Work of the European Advisory Commission, S. 2 f.

1054

Siehe dazu auch Kowalski, S. 267. Siehe für die genaue Liste der Entwürfe FRUS 1945, Vol. III EAC, S. 444.

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten

stark limitierte Rolle der EAC einlassen. Die russischen Sicht bezüglich der Rolle der EAC war ähnlich derjenigen der Amerikaner. Die Sowjets wollten jede Verpflichtung, welche ihre langzeitigen Ziele in Osteuropa beeinträchtigen konnten, verhindern. Die Amerikaner wie auch die Russen bezogen sich dabei auf Annex 2 des geheimen Moskauer Protokolls, in dem die Bedingungen der EAC umrissen worden waren.1055 Während der EAC-Diskussionen opponierten sowohl die Russen wie auch die Amerikaner gegen die detaillierten und spezifizierten Vorschläge der britischen Delegation. Die Hauptthemen betrafen die Übernahme Deutschlands bei deren Kapitulation und auf die Frage, ob die anderen Alliierten zu konsultieren waren. Daneben ging es auch um die Prinzipien für das Regieren des geschlagenen Deutschlands und die Strukturen einer Militärregierung in Deutschland. Aufgrund des hartnäckigen Widerstandes der amerikanischen und der sowjetischen Regierung scheiterten sämtliche Versuche seitens der britischen Regierung für irgendwelche Vereinbarungen bezüglich eines detaillierten Plans in militärischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht für die Kapitulation und die Kontrolle Deutschlands nach Kriegsende. Mit verschiedenen Ausführungen und Erklärungen in den Direktiven waren die Amerikaner gar nicht einverstanden. Für die USA waren die Direktiven zu detailliert und hätten zahlreiche Anpassungen an die zoneninternen Weisungen der Amerikaner erfordert. Trotzdem wurden in der EAC einige Übereinkünfte erzielt. So einigte man sich auf das Kapitulationsdokument, welche auf militärische Angelegenheiten, Zonenbegrenzungen und eine grobe Struktur für eine zukünftige Militärregierung begrenzt war. Die von der EAC vorgeschlagenen Besatzungszonen wurden von den beteiligten Regierungen genehmigt. Damit war die Einteilung der Besatzungszonen Deutschlands zunächst abgeschlossen. Sie wurde lediglich noch ergänzt durch die Festlegung der Bremer Enklave für die USA.1056 Am 11. November 1944 wurde die provisorische französische Regierung ebenfalls Mitglied in der EAC.1057

1055

Beide Staaten bezogen sich dabei auf § 2 dieses Dokumentes, in dem heisst: “The Commission will study and make joint recommendations to the three Governments upon European questions connected with the termination of hostilities which the three Governments may consider appropriate to refer to it.” § 5: “The foregoing terms if reference will be subject to review by the three Governments if circumstances should arise which call for an extension of the membership and competence of the Commission”. Siehe dazu Schreiben Secretary of State an Ambassador in the UK, vom 9.01.1944 in FRUS 1944 Vol. I, General, S. 11 ff. Der amerikanische Staatssekretär missbilligte dabei die Position der britischen Regierung, indem er meinte, dass diese die Kompetenzen der EAC viel weiter auslegen würde, als sie in den Bedingungen ständen.

1056

Siehe dazu FRUS, Diplomatic Papers, The conferences at Malta and Yalta, 1945, Washington 1955, S. 592 ff., 635 und 638 f.

1057

NA RG 43/20/File 306 EAC Report, Report of the European Advisory Commission.

259

260

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Am 14. November 1944 wurde durch die EAC das Abkommen über die Kontrollgewalt in Deutschland abgeschlossen und unterzeichnet.1058 In diesem Abkommen wurden auch Aufbau und Funktionen der alliierten Kontrollgewalt, der „Allied Control Authority“ festgelegt. Diese wiederum wurde in den Kontrollrat, den Koordinierungsausschuss, den Kontrollstab und die Viermächteverwaltung der Stadt Berlin aufgeteilt. Nach dieser Vereinbarung hatten die Militärbefehlshaber die Pflicht, für das einheitliche Durchsetzen in den jeweiligen Besatzungszonen besorgt zu sein. Dabei waren die Militärbefehlshaber in ihren Entschlüssen aber auch an die Weisungen ihrer Regierungen gebunden.1059 Insgesamt wurden in der EAC zwölf formelle Übereinkünfte verabschiedet.1060 Anlässlich der Potsdamer Konferenz wurde am 18. Juli 1945 die Auflösung der EAC, die am 25. Juli 1945 noch ein „Abkommen über die zusätzlich an Deutschland gestellten Forderungen“ fertigstellte, beschlossen. Der Kontrollrat „Allied Control Authority“ führte zwar die EAC nicht fort, übernahm jedoch ihre Deutschland betreffenden Aufgaben.

4.

Bretton Woods-Konferenz

a)

Resolution No.VI

Vom 1. Juli bis zum 22. Juli 1944 fand in Bretton Woods, New Hampshire, USA die «United Nations Monetary and Financial Conference» statt.1061 Ausser der Gründung der Weltbank wurden an dieser Konferenz auch Massnahmen zur Verhinderung von geheimen deutschen Geldtransaktionen in neutrale Staaten besprochen.1062

1058

Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, S. 80; Faust, S. 17; FRUS, Diplomatic Papers The conferences at Malta and Yalta, Foreign Relations of the United States, Department of State Publication 6199, Washington 1955, S. 114 ff.

1059

Anfang 1945 hatte die EAC die ihr gestellten Aufgaben im Wesentlichen beendet. Es lagen vor: Der Vertragsentwurf zur bedingungslosen Kapitulation Deutschlands vom 25.07.1944; Protokoll über die Besatzungszonen Deutschlands und die Verwaltung Grossberlins vom 12. September 1944 und das Abkommen über die Kontrollgewalt in Deutschland vom 14. November 1944.

1060

Unconditional Surrender of Germany, Zones of Occupation in Germany and the Administration of Greater Berlin, Control Machinery in Germany, Control Machinery in Austria, Zones of Occupation in Austria and Administration of the City of Vienna, Armistice with Bulgaria.

1061

Siehe dazu Bretton Woods, The Story of the United Nations Monetary Financial Conference, United Nations Information Organisation, HMSO, London 1945, S. 9 ff.

1062

Vgl. Proceedings and Documents of the United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hamshire, July 1–22, 1944, Washington, Government Printing Office, 1948, Vol. I.

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten

Anlässlich der Bretton Woods-Konferenz wurden am 10. Juli 1944 die Kommission III in drei Unterkommissionen unterteilt. Die Unterkommission II bearbeitete fortan die Fragen über feindliche Vermögenswerte und gestohlenes Eigentum. In dieser Kommission, in der die USA nicht vertreten war, wurde von Polen ein Entwurf für eine Resolution vorgelegt, die die Unterstützung der neutralen Länder bezüglich der Blockierung und Liquidation von deutschen Vermögenswerten in den neutralen Ländern forderte.1063 Sowohl Grossbritannien wie auch die USA brachten sofort alternative Entwürfe ein, die im Gegensatz zum französischen Entwurf nur Eigentum beinhaltete, das aus den vom Feind besetzten Ländern stammte. Grossbritannien dagegen wandte sich anlässlich der Bretton Woods-Konferenz insgesamt gegen eine solche Resolution, da sich die britische Regierung nicht auf eine alliierte Politik bezüglich Raubgut festlegen wollte.1064 Grossbritannien wollte auch nach dem Krieg mit den neutralen Staaten weiter wirtschaftlichen Handel betreiben und war deshalb anlässlich der Konferenz gegen allzu einschneidende Massnahmen. Aufgrund dieser Meinungsverschiedenheiten kamen auch die später stattfindenden Verhandlungen mit den neutralen Staaten in den Jahren 1944 und 1945 nur zögernd und schleppend voran.1065 Massnahmen wie das amerikanische Safehaven-Programm1066 wurden vor allem von den Exilregierungen Belgiens, Frankreichs und Polens gefordert.1067 Neben den europäischen alliierten Staaten drängten vor allem auch die Amerikaner auf einen Abschluss der Resolution. Die internationale Währungskonferenz bot nämlich für die Amerikaner auch eine günstige Gelegenheit, die amerikanische Safehaven-Politik und besonders die britisch-amerikanische Golddeklaration vom 22. Februar 1944 einem breiten Forum alliierter Staaten vorzulegen.

1063

Proceedings and Documents of the United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hamshire, July 1–22, 1944, Washington, Government Printing Office, 1948, Vol. I, S. 429 ff.

1064

Proceedings and Documents of the United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hampshire, July 1–22, 1944, Washington, Government Printing Office, 1948, Vol. I, S. 861 ff. Vgl. auch United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hampshire, USA, Documents Supplementary to the Final Act, HMSO, London 1945, Report of the Commission III to the Executive Plenary Session Juli 21, 1944, S. 18 ff. in Treasury, Miscellaneous Circulars, Memoranda etc. 1945 –1954, aber auch NA RG 239/39 Report submitted to Commission III by Committee 2 on enemy assets, looted property and related matters, Bretton Woods 20.07.1944.

1065

Siehe auch FRUS 1944, Vol II, S. 218. Für die Verhandlungen mit der Schweiz siehe Marc Durrer, Die schweizerisch-amerikanischen Finanzbeziehungen im Zweiten Weltkrieg, Bankwirtschaftliche Forschungen, Bern 1984.

1066

Siehe dazu Teil I, S. 191 f.

1067

Siehe dazu die Vorschläge, die an der Konferenz von Bretton Woods von den Vertretern Frankreichs und Polens im Zweiten Komitee der dritten Kommission zur Frage der feindlichen Vermögenswerte und Beutegütern gemacht wurden. Proceedings and Documents of the United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hampshire, July 1–22, 1944, Washington, Government Printing Office, 1948, Vol. I, S. 329 ff.

261

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die unter anderem verabschiedete Resolution VI enthielt eine Deklaration, dass die United Nations jegliche Massnahmen, die der Unterbindung des Handels mit feindlichen Vermögenswerten und Beutegütern sowie deren Aufdeckung, Ausscheidung, Beibringung und Rückerstattung dienen würden, unterstützten: „That all Governments of countries represented at this Conference take action consistent with their relations with the countries at war to call upon the Governments of neutral countries a) to take immediate measures to prevent any disposition or transfer within territories subject to their jurisdiction of any 1. assets belonging to the Government or any individuals or institutions within those United Nations occupied by the enemy; and 2. looted gold, currency, art objects, securities, other evidences of owndership in financial or business enterprises, and or ohter assets looted by the enemy; as well to uncover, segregate and hold at the disposition of the post-liberation authorities in the appropriate country any such assets within territory subject to their jurisdiction; b) to take immediate measures to prevent the concealment by fraudulent means or otherwise within countries subject to their jurisdiction of any 1. assets belonging to, or alleged to belong to, the Governments of any individuals or institutions within enemy countries; 2. assets belonging to, alleged to or belong to, enemy leaders, their associats and collaborators; and to facilitate their ultimate delivery to the postarmistice authorities.“1068

Es wurde in dieser Resolution, die nur eine Randerscheinung der Konferenz war, allen Konferenzteilnehmern empfohlen, sich mit neutralen Staaten in Verbindung zu setzen, um den Transfer von Vermögenswerten (Gold, Devisen, Kunstgegenstände, Wertschriften usw.), die Regierungen, Institutionen oder Personen der United Nations gehörten und sich in feindlich besetzten Gebieten befänden, sowie von Feindvermögen zu verhindern.1069 Die neutralen Staaten selbst waren jedoch nicht nach Bretton Woods eingeladen worden.1070 1068

Auszug aus den Empfehlungen Resolution VI, Enemy Assets and looted property in NA RG 239/42. Auch in NA RG 239/40 Summary of certain Correspondence, 27.02.1945, Annex A Memorandum Endorsement of Bretton Woods Resolution VI.

1069

Vgl. Proceedings and Documents of the United Nations Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, New Hamshire, July 1–22, 1944, Washington, Government Printing Office, 1948, Vol. I., S. 939 f. und S. 1081 ff. (Resolution, Recommendations and Statement submitted to the Conference by Commission III). Wortlaut der Resolution auch unter Resolution No. VI United Nations Monetary and financial Conference, Bretton Woods, New Hampshire, July 1–July 22, 1944, Regarding Enemy Assets and Looted Property, Department of State Bulletin, Vol. XI, No. 276, S. 384 und United States Treasury Department, Documents pertaining to Foreign Funds Control, Washington, 15.09.1946.

1070

Sowohl die Londoner Erklärung wie auch die Resolution IV hatten nur deklaratorischen

14. Kapitel: Erste internationale Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten

b)

Massnahmen aufgrund der Resolution IV

Die amerikanische Regierung, die für die USA das Safehaven-Programm geschaffen hatte, wollte aufgrund der Resolution die neutralen Staaten zwingen, sich dem Embargo des Deutschen Reiches anzuschliessen. Am 29. September 1944 sandte die amerikanischen Regierung an ihre Botschaften in Madrid, Ankara, Lissabon, Dublin, Stockholm, Tanger und Bern eine Instruktion, nach der die Botschafter am 2. Oktober 1944 nach Konsultationen mit den in diesem Land akkreditierten britischen Diplomaten dem Staat, in welchem sie akkreditiert waren, nachfolgendes Schreiben zu überbringen hatten: „I have been instructed to inform you that my government, considering the Bretton Woods Resolution to be directed at the same purposes as the Declaration of London, of January 5, 1943, with respect to looted property, and the declaration of February 22, 1944, concerning gold, fully supports the said Bretton Woods Resolution. In accordance to the terms of that Resolution, I am instructed therefore to state that my Government calls upon your Government to institute such measures as will fulfill the aims of the United Nations as expressed in the Resolution. I am further instructed to state that my Government considers cooperation in this matter to be of primary importance to the welfare of occupied nations and to the protection of the lives and property of their nationals, and to the peace and security of the post-war world.“ 1071

Ebenfalls am 29. September 1944 informierte die amerikanische Regierung die Vereinten Nationen von ihrem Vorhaben und teilten diesen mit, dass die britische Regierung den neutralen Staaten ebenfalls eine Note zu überbringen gedenkt. Die Vereinten Nationen wurden aufgefordert, ihre Mitglieder von dem Vorhaben der USA und Grossbritanniens zu informieren und sie aufzufordern, sich mit ähnlichen Schreiben daran zu beteiligen. Die sowjetische Regierung ihrerseits instruierte ihre Gesandten in Ankara und Stockholm, die betreffenden Schreiben den neutralen Staaten zu überbringen. Zirka 20 Prozent der anderen Mitglieder der Vereinten Nationen beteiligten sich mit eigenen Schreiben und forderten die neutralen Staaten auf, sich nach der Resolution IV zu richten.1072

Charakter und sind in Deutschland erst durch Art. 1 Ziff. 2 des Militärregierungsgesetzes Nr. 52 und Ziff. 19 der Kontrollratsproklamation in unmittelbar geltendes Recht umgeformt worden. Siehe dazu Schmoller/Maier/Tobler, § 52 Restitutionen, S. 6 f. 1071

NA RG 239/41 Letter State Department 27.02.1945, Endorsement of Bretton Woods Resolution VI, S. 2.

1072

NA RG 239/41 Letter State Department 27.02.1945, Endorsement of Bretton Woods Resolution VI, S. 3.

263

264

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

c)

Entwicklungen in den neutralen Staaten

Als einziger neutraler Staat hatte Schweden die Bretton Woods-Resolution formell angenommen.1073 Die Alliierten forderten von den neutralen Staaten nicht nur die Herausgabe der deutschen, sondern auch die Rückgabe aller von den Nazis geraubten und auf neutrales Gebiet verschobenen Vermögenswerte. Gegenüber der Schweiz setzten die Alliierten diese Politik erstmals im sogenannten Currie-Abkommen vom 8. März 1945 durch. Darin verpflichtete sich die Schweiz unter anderem dazu, einen rechtlichen Rahmen für die Rückgabe der im Krieg geraubten oder mittels Druck angeeigneten Vermögenswerte an ihre rechtmässigen Eigentümer zu schaffen. Es dauerte neun Monate, bis der Bundesrat in den Augen der Alliierten mit der Verabschiedung des Bundesratsbeschlusses betreffend die Klagen auf Rückgabe in besetzten Gebieten weggenommener Vermögenswerte vom 10. Dezember 1945 dieser Verpflichtung nachkam. Dieser Beschluss sah im Gegensatz zum schweizerischen ZGB (Artikel 934–936) eine Rückgabe von geraubten Vermögenswerten auch dann in jedem Fall vor, wenn diese von einem nachmaligen Besitzer gutgläubig erworben worden waren. Entsprechende Rückgabeklagen waren bis Ende 1947 an eine eigens eingerichtete «Raubgutkammer» des Bundesgerichts zu richten. Die Umsetzung der Verpflichtung vom März 1945 stellte die Bundesbehörden vor bedeutende administrative und rechtliche Probleme.1074

III.

Fazit

Schon während diesen ersten Verhandlungen kam es klar zum Ausdruck, dass die involvierten alliierten Staaten grosse unterschiedliche Ansichten bezüglich eines Deutschlands nach Beendigung des Krieges hatten. Sowohl die USA wie auch die Sowjetunion versuchten die politischen Entscheidungen auf nach dem Krieg zu verschieben. Es ist bereits in diesem sehr frühen Zeitpunkt klar erkennbar, dass sowohl die Sowjetunion wie auch die USA sich nicht von den kleineren europäischen Alliierten etwas aufdoktrinieren lassen wollten. Es ist aus dieser Perspektive als Erfolg zu werten, dass die EAC einen Entwurf des Kapitula-

1073

Auszug aus den Empfehlungen Resolution VI, Enemy Assets and looted property in NA RG 239/42.

1074

Siehe dazu auch Kreis, S. 126 ff., Buomberger Thomas, S. 91 ff. Für genauere Ausführungen zu den historischen Ereignissen in der Schweiz siehe Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (Bergier-Bericht), Die Schweiz der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg, Zürich 2002, insbesondere Kapitel Reparation, Restitution, Wiedergutmachung: Begriffe und Voraussetzungen, S. 441 ff. Dabei insbesondere detailiiert auch Siehr (Bergier-Bericht, S. 125–204.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

tionsdokumentes, die Zonenregelung und eine grobe Struktur der Militärregierung zustande gebracht hat. Die Resolution VI ist sodann eine Weiterung der Londoner Erklärung vom Januar 1943. Es war eine Massnahme, um die neutralen Staaten zur Erstattung der bei ihnen befindlichen, von den Achsenmächten verschleppten Werte zu veranlassen. Auch dieser Warnung an die neutralen Staaten kam lediglich deklatorische Bedeutung zu, und sie war durch ein innerstaatliches Gesetz in unmittelbar geltendes Recht umzuformen.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutionsund Reparationsfragen bis zum Kriegsende und zu den Friedensverhandlungen I.

Einleitung

Die Restitutionspolitik in den Jahren 1944 bis 1946 war sehr uneinheitlich und änderte sich aufgrund der internationalen Verhandlungen und der daraufhin gegründeten Kommissionen und Organisationen immer wieder. In der European Advisory Commission (EAC) konnte keine entscheidende Lösung gefunden werden, da insbesondere die Sowjetunion an einer zu genauen Regelung gar nicht interessiert war. Auch die USA waren bis kurz vor Kriegsende nicht in der Lage, eine gesamtheitliche Planung für ein Nachkriegsdeutschland darzustellen. Die verschiedenen internationalen Konferenzen halfen teilweise, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln, um in Europa, vor allem in Deutschland, wieder geordnete Verhältnisse zu schaffen. Die Interessen der Alliierten waren dabei nicht dieselben, was in den verschiedenen Planungen und Konzepten zum Ausdruck kam. Die Problematik der Reparationen war für die Sowjetunion und die europäischen Staaten von zentraler Bedeutung, während für Grossbritannien und die USA von Wichtigkeit war, dass in Deutschland keine Machtvakuum entstand und eine geordnete demokratische Politik eingeführt werden konnte. Im Laufe dieses Prozesses traten die Beratungen über eine Restitution in den Hintergrund. Sie basierten jedoch vielfach auf den Tendenzen der einzelnen Konferenzen und wurden auch von den diesbezüglichen Gremien ausgiebig besprochen. Die amerikanische Restitutionspolitik war immer wieder geprägt von Einzelpersonen, die selbst Initiative ergriffen und die Problematik angingen. Je eindeutiger sich die bevorstehende Niederlage des Deutschen Reiches abzeichnete, desto eifriger bemühten sich insbesondere auch in den USA einzelne Gruppierungen

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15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

tionsdokumentes, die Zonenregelung und eine grobe Struktur der Militärregierung zustande gebracht hat. Die Resolution VI ist sodann eine Weiterung der Londoner Erklärung vom Januar 1943. Es war eine Massnahme, um die neutralen Staaten zur Erstattung der bei ihnen befindlichen, von den Achsenmächten verschleppten Werte zu veranlassen. Auch dieser Warnung an die neutralen Staaten kam lediglich deklatorische Bedeutung zu, und sie war durch ein innerstaatliches Gesetz in unmittelbar geltendes Recht umzuformen.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutionsund Reparationsfragen bis zum Kriegsende und zu den Friedensverhandlungen I.

Einleitung

Die Restitutionspolitik in den Jahren 1944 bis 1946 war sehr uneinheitlich und änderte sich aufgrund der internationalen Verhandlungen und der daraufhin gegründeten Kommissionen und Organisationen immer wieder. In der European Advisory Commission (EAC) konnte keine entscheidende Lösung gefunden werden, da insbesondere die Sowjetunion an einer zu genauen Regelung gar nicht interessiert war. Auch die USA waren bis kurz vor Kriegsende nicht in der Lage, eine gesamtheitliche Planung für ein Nachkriegsdeutschland darzustellen. Die verschiedenen internationalen Konferenzen halfen teilweise, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln, um in Europa, vor allem in Deutschland, wieder geordnete Verhältnisse zu schaffen. Die Interessen der Alliierten waren dabei nicht dieselben, was in den verschiedenen Planungen und Konzepten zum Ausdruck kam. Die Problematik der Reparationen war für die Sowjetunion und die europäischen Staaten von zentraler Bedeutung, während für Grossbritannien und die USA von Wichtigkeit war, dass in Deutschland keine Machtvakuum entstand und eine geordnete demokratische Politik eingeführt werden konnte. Im Laufe dieses Prozesses traten die Beratungen über eine Restitution in den Hintergrund. Sie basierten jedoch vielfach auf den Tendenzen der einzelnen Konferenzen und wurden auch von den diesbezüglichen Gremien ausgiebig besprochen. Die amerikanische Restitutionspolitik war immer wieder geprägt von Einzelpersonen, die selbst Initiative ergriffen und die Problematik angingen. Je eindeutiger sich die bevorstehende Niederlage des Deutschen Reiches abzeichnete, desto eifriger bemühten sich insbesondere auch in den USA einzelne Gruppierungen

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

um eine klare Politik bezüglich der Auffindung und Rückschaffung von Kulturgütern. Aber immer noch kümmerte sich die amerikanische Regierung nicht um ein gemeinsames politisches Vorgehen zur Bewältigung der Nachkriegsproblematik. Noch im Oktober 1944 schrieb Roosevelt an Staatssekretär Cordell Hull, dass er ungern Pläne schmiede für ein Land, das die Alliierten noch nicht eingenommen hatten.1075 Im Gegensatz zu den Briten und den anderen europäischen Staaten, die in ihren Departementen, Kommission und anderen Gremien die Nachkriegszeit planten und Studien entwarfen, gab es nur wenige amerikanische Regierungsstellen und Kommissionen, die sich mit einer solchen Planung befassten und sich mit den damit verbundenen Problemen auseinandersetzten. Grund dazu war nicht nur der fehlende Entscheidungswille des Präsidenten, zu entscheiden, sondern auch die strikte Deutschlandpolitik des Finanzministers Morgenthau. Dieser entwickelte in seinem Departement einen eigenständigen Wirtschaftsplan für Deutschland, welcher sich auf die gesamte Politik der USA in den Jahren 1944 bis 1945 auswirkte. Um die gesamte Restitutionspolitik und nicht zuletzt deren Scheitern zu verstehen, ist die nachfolgende allgemeine Darstellung der politischen Verhältnisse in Washington und in London unerlässlich. Diese Verhältnisse widerspiegeln sich sodann auch in der Restitutionspolitik von Kulturgütern.

II.

Internationale Verhandlungen bezüglich Deutschland

1.

Politische Vorkehrungen der USA für eine Besetzung Deutschlands

a)

Militärische Weisungen der USA an ihre Streitkräfte in Europa

Im Dezember 1943 war General Eisenhower zum Oberbefehlshaber der alliierten Landungstruppen in Frankreich ernannt worden. Auf sein wiederholtes Verlangen hatten die Vereinigten Stabschefs in Washington schliesslich eine Direktive über Deutschland beschlossen und übermittelten diese General Eisenhower am 28. April 1944 unter dem Aktenzeichen CCS 551.1076 Die CCS 551 wird allgemein dem amerikanischen Kriegsministerium zugeschrieben, obwohl, wie es heisst, auch das Aussenministerium wichtige Beiträge beigesteuert haben soll.1077

1075

Davis, Come as Conqueror, S. 101.

1076

Siehe dazu Hammond, Directives, S. 325 ff. Mit der Abkürzung CCS 551 ist die Direktive 551 des Combined Chief of Staff der gesamten amerkanischen Streitkräfte gemeint.

1077

Hammond, Directives, S. 327 ff.; Pogue, S. 346 ff.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

Die Direktive trug die Überschrift „Gemeinsame Direktive für eine Militärregierung in Deutschland vor dessen Niederlage oder Kapitulation (Combined Directive for Military Government in Germany prior to defeat or surrender)“.1078 Der Direktive waren 5 Anhänge angehängt.1079 Dem Bereich Kulturgüterschutz war in dieser Direktive lediglich ein Satz gewidmet: „Consistent with military necessity, all religous institutions shall be respected and all efforts will be made to preserve historical archives, classical monuments, and objects of art“.1080 Beamte der Alliierten Militärregierung im obersten Hauptquartier (SHAEF) machten sich unverzüglich daran, auf der Grundlage der CCS 551 ins Detail gehende Befehle und Richtlinien auszuarbeiten, und stellten im August 1944 ein umfassendes Handbuch der Militärregierung für Deutschland fertig, dessen Buchstaben und Geist deutlich eine konstruktive, also nicht auf Bestrafung zielende Einstellung erkennen liessen. Klar ersichtlich war das gesetzte Ziel, so schnell wie möglich in Mitteleuropa wieder Verhältnisse eintreten zu lassen, die einer Normalisierung der Lage zumindest nahekamen.1081 In den hektischen Monaten Juli bis September 1944 fand ein Wettlauf mit Memoranden und Sitzungen statt. An verschiedenen Stellen wurden umfassende Vorlagen erstellt. Finanzminister Morgenthau flog am 6. August 1944 nach London, um über Zahlungsprobleme Grossbritanniens und des soeben befreiten Frankreichs zu verhandeln. Zugleich wollte er sich über die alliierte Deutschlandsplanung informieren, zumal sein Vertreter in der EAC Mitte Juli 1944 berichtet hatte, man strebe eine Kontrolle der Inflation und Wareneinfuhren mit dem Ziel eines Wiederaufbaus der deutschen Wirtschaft an.1082 Kurz vor seiner Rückkehr am 17. August 1944 erreichte den amerikanischen Finanzminister noch durch Colonel Bernstein, seinen Repräsentanten im Eisenhower-Stab, ein Exemplar des „Handbook for Military Government in Germany“ das am 15. August fertiggestellt worden war. Morgenthau glaubte seinen ursprünglichen Verdacht bestätigt, dass bei den Militärs wie auch auf der mittleren Entscheidungsebene der amerikanischen Ministerien eine wohlwollende Behandlung Deutschlands vorbereitet werde.

1078

Der Text der CCS 551 sowie die späteren Zusätze finden sich bei Holbein, American Military Government, S. 135 ff.; Hammond, Directives, S. 348.

1079

(A: Political Guide for Germany; B: Political Guide for Austria; C: Financial Guide; D: Economic Guide; E: Relief Guide).

1080

Siehe dafür in der Direktive Appendix A, Ziff. 7, 2. Satz.

1081

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 13.

1082

Hammond, Directives, S. 311– 464.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

b)

Morgenthau Plan

Aufgrund dieser Befürchtungen präsentierte der amerikanische Finanzminister am 2. September 1944 sodann erstmals den sogenannten Morgenthau-Plan. Dieser forderte nicht nur die totale Entmilitarisierung Deutschlands einschliesslich der Vernichtung der deutschen Rüstungsindustrie sowie der „keinem sonstigen Zweck dienenden Zuliefererindustrien“, sondern auch die Abtretung von Ostpreussen, des südlichen Teils von Schlesien, das Saarland und der Gebiete zwischen Mosel und Rhein an die jeweiligen Nachbarstaaten. Das Ruhrgebiet, das Rheinland und die Gebiete nördlich des Nord-Ostsee-Kanals sollten als Freihandelsgebiete internationale Zonen bilden, und der Rest von Deutschland sollte zu zwei lose miteinander verbundenen Staaten umgestaltet werden. Wiedergutmachung und Reparationen sollten nicht der laufenden Produktion, sondern vorhandenen Anlagewerten entnommen und durch Zwangsarbeit von früheren SS-Mitgliedern, Angehörigen der Gestapo und ähnlichen Organisationen abgeleistet werden. Die deutsche Wirtschaft sollte für eine Dauer von mindestens 20 Jahren alliierter Kontrolle zu unterstellt sein.1083 Morgenthau forderte auch eine weitgehende Deindustrialisierung (einschliesslich einer Vernichtung der Kohlebergwerke).1084 Anlässlich der amerikanischen Kabinettssitzung vom 5. September 1944 wurde über diesen Plan ausführlich debattiert. Dabei leistete Kriegsminister Stimson und später Aussenminister Hull (nach dem 1. Dezember 1944 Aussenminister Stetinius) heftigen Widerstand gegen den Plan. Am 9. September 1944 reiste Präsident Roosevelt nach Quebec, um sich dort mit Churchill zu treffen. Obwohl Churchill den Plan entschieden ablehnte, unterzeichnete er am 15. September 1944 eine nur geringfügig abweichende Fassung von Morgenthaus Thesen.1085 Churchills Kabinett weigerte sich später, der Übereinkunft zuzustimmen, und auch Roosevelt verlor die Freude am Morgenthau-Plan so schnell, wie sie ihn ergriffen hatte.1086 Die Morgenthau-Formel, welche im Kommuniqué vom 15. September 1944 am Schluss erschien und in welchem jedoch insbesondere die Verlängerung der amerikanischen Militär- und Wirtschaftshilfe an Grossbritannien bekannt wurde, rief eine Welle der Empörung hervor, und Präsident Roosevelt verneinte den Plan der Agrarisierungspolitik öffentlich.1087 Neben dem Präsidenten lehnte auch die militärische Führung eine detaillierte Deutschlandsplanung ab. General Marshall, der Chef des Armeestabs, wandte gegen den Morgenthau-Plan ein,

1083

„Suggested Post-Surrender Program for Germany“ vom 1. September 1944, Hammond, Directives, S. 361 ff; vgl. auch Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 14 f.

1084

Krieger, General Lucius D. Clay, S. 34.

1085

Hammond Paul, Directives, S. 368 ff.; Snell, S. 102.

1086

Stimson/McGeorge, S. 581.

1087

Stimson/McGeorge, S. 336.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

dass sich durch einen solchen Plan der deutsche Widerstand gegen den alliierten Vormarsch verstärken und General Eisenhower zudem mit einer undurchführbaren Aufgabe belastet würde; Eisenhower solle nur Krieg führen und Deutschland besetzen, alles andere müsse zurückstehen.1088 Wohl führte die Aufregung über das „Handbook“ am 6. Oktober 1944 zu der Anweisung des gemeinsamen anglo-amerikanischen Generalstabs (CGS), Eisenhower dürfe die deutsche Wirtschaft nicht wiederherstellen und keine Hilfsgüter verteilen. Aber Eisenhower selbst hatte bereits in einem Telegramm am 24. August 1944 darum gebeten, von finanziellen und wirtschaftlichen Belangen entbunden zu werden.1089

c)

Weisung 1067 der Joint Chief of Staff

Während Roosevelt immer wieder versuchte, eine konkrete Deutschlandplanung hinauszuschieben, drängten im Sommer 1944 die Militärs auf eine politische Entscheidung. Zwar hatte Roosevelt im Frühjahr 1944 eingewilligt, in der EAC die britisch-sowjetischen Pläne zur Zoneneinteilung zu akzeptieren, aber die für die künftige Besatzungspolitik zuständigen Militärs brauchten konkretere Anweisungen. Während auf amerikanischer Seite und in der EAC ursprünglich angenommen worden war, die alliierten Truppen würden nach einer bedingungslosen Kapitulation zumindest eine intakte Verwaltung in Deutschland vorfinden, wurde im Sommer 1944 deutlich, dass der Gegner fanatisch kämpfen und das Land in einen chaotischen Zustand versetzen würde. Aufgrund dieser Erwartung hatte denn General Eisenhower auch gebeten, sich nicht um die wirtschaftliche und finanzielle Not kümmern zu müssen. Dies wurde ihm mittels einer Überarbeitung der Direktive CCS 551 gewährt.1090 Die britische Regierung hingegen teilte Eisenhowers Erwartungen eines wirtschaftlichen Chaos nicht und bestand auf der Wiederherstellung eines geordneten Wirtschaftslebens. Angesichts dieser Meinungsverschiedenheit erstellte der Kabinettsausschuss für Sicherheitsfragen (Working Security Committee – WSC) in vier Sitzungen zwischen dem 2. und 17. September 1944 eine Interimsdirektive, die Eisenhower als Oberkommandierenden der US-Truppen genaue Anweisungen erteilen sollte.1091 Die alliierten Truppen hatten zu dieser Zeit die deutsche Grenze an einigen Stellen bereits überschritten, und es war klar geworden, dass trotz der erwähnten Direktive 551 (Combined Directive for Military Government in Germany Prior to Defeat or Surrender) den alliierten Militärregierungsstellen in Deutschland für den Fall eines deutschen Zusammenbruchs jegliche weiteren Befehle und Weisungen fehlen würden. Die Akte JCS 1067 war demnach auch als eine In1088

Kubek, S. 655 ff.

1089

Donnison, Civil Affairs, S. 198–201.

1090

Hammond, Directives, S. 351 ff.

1091

Siehe dazu Ausführungen bei Hammond, Directives, S. 329 ff.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

terims- und Notlösung gedacht und stand immer noch unter Einfluss von Morgenthau. Wegen der Gleichzeitigkeit mit der Morgenthau-Debatte und der Bedeutung, die man JCS 1067 für die amerikanische Deutschlandspolitik zumass, wird diese Direktive in der historischen Literatur oftmals als Ausfluss der Reagrarisierungsideologie bewertet und davon Morgenthaus entscheidende Einwirkung auf die Besatzungspolitik abgeleitet. Die Direktive 1067 war tatsächlich eine offizielle, aber verbesserte Version des Morgenthau-Planes und blieb der Eckstein der amerikanischen Besatzungspolitik, bis sie im Juli 1947 durch eine neue Direktive ersetzt wurde.1092 Obgleich das State Department seine Vorbehalte offen aussprach, wurde die „Interim Draft Directive“1093 am 23. September 1944 offiziell bestätigt und einen Tag später von den Vereinigten Stabschefs (Joint Chief of Staff – JCS1094) unter dem Aktenzeichen JCS 1067 dem Vereinigten Anglo-Amerikanischen Generalstab (Combined Chief of Staff – CCS) zur Stellungnahme übersandt. Zur allergrössten Überraschung lehnte dieser am 3. Oktober 1944 die JCS 1067 kurzerhand ab. In den darauffolgenden Wochen und Monaten entwarf das amerikanische Kriegsministerium bis März 1945 nicht weniger als fünf Varianten des JCS 1067, die in ihrer Form vom Original erheblich abwichen, aber immer noch nicht die verschiedenen interministeriellen Strömungen und Gesichtspunkte in Einklang bringen konnten.1095 Die Direktive galt vorerst sodann nur für die amerikanischen Streitkräfte.1096 Die JCS 1067 wurde jedoch nie vom britisch-amerikanischen Generalstab (CCS) akzeptiert und war damit bis zum Ende des gemeinsamen Oberbefehls im Juli 1945 technisch gar nicht gültig. Nach der Potsdamer Konferenz galt die Direktive nur nachrangig hinter den Drei-Mächte-Vereinbarungen. Nachdem die Lon-

1092

Ziemke, US Army, S. 98 ff.; andere Meinung siehe auch Anthony Kubek, Committee on the Judiciary, Morgenthau Diary, US Senate, 2 vols, Washington D.C., 1967.

1093

Vorläufiger Entwurf einer Direktive.

1094

Die Vereinigung der Stabschefs der USA (Joint Chiefs of Staff, JCS) wurde aufgrund einer Entscheidung während der anglo-amerikanischen Militärstabskonferenz vom Dezember 1941 in Washington eingeführt. Diese Vereinigung repräsentierte von nun an die Stabschefs der USA und wurde das Gremium für die Koordination zwischen der Armee, der Marine und der Luftwaffe (Army, Navy und Airforce). Die Funktionen und Einsätze des JCS waren während des Zweiten Weltkriegs nicht genau formell definiert. Da es keine schriftlichen Einsatzdefinitionen gab, konnte der JCS flexibel handeln und sich organisieren und dort Einfluss nehmen, wo es der Krieg erforderte. Während dieser Periode existierte der JCS nur informell auf der Basis der ihm gegebenen Funktionen. Durch den «National Security Act 1947» wurde der JCS zu einem permanenten Gremium und wurde gesetzlich verankert.

1095

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 18 f.

1096

Ziemke, US Army, S. 133.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

doner Regierung ihre Ablehnung der JCS 1067 deutlich gemacht und im Oktober 1944 einen eigenen Entwurf einer langfristigen Direktive vorgelegt hatte, konnte sich General Eisenhower nur auf die Direktive CCS 551 in modifizierter Version stützen.1097 Am 9. November 1944 hatte Eisenhower einige Veränderungen der CCS 551 erhalten, die von der Wiederherstellung von Gesetz und Ordnung, der Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltung und der Verhaftung von Kriegsverbrechern und Nazis handelte. Im Stab von General Eisenhower konnte die Direktive JCS 1067 nur als interne Planungsrichtlinie benutzt werden.1098 In Washington bemühte man sich deshalb um eine Anpassung der Direktive, damit sie über die EAC für alle Besatzungsmächte gültig werden konnte. Damit diesem Plan Erfolg beschert war, löste Washington das bisherige Verbindungsgremium zur EAC durch einen Koordinationsausschuss von Aussen-, Kriegs- und Marineministerium (SWNCC) auf Staatssekretärsebene und unter Ausschluss des Finanzministeriums ab.1099 Die verhängnisvolle Nachwirkung des Morgenthau-Planes zeigte sich noch im ersten Jahr der Besetzung Deutschlands. Die Direktive 1067 der amerikanischen Regierung vom 14. Mai 1945 an den Chief of Staff zeugte vom Vergeltungsgeist des Morgenthau-Planes. Diese Geheimdirektive spielte in den ersten Phasen der amerikanischen Besatzungspolitik eine beherrschende Rolle und wurde formell erst 1947 ersetzt. Die Direktive hatte man am 21. Mai 1945 als streng geheim klassifiziert und nur Personen in Schlüsselstellungen bekanntgemacht. Erst am 17. Mai 1945 wurde sie auch veröffentlicht. Fast alle Paragraphen waren mit sogenannten Erläuterungen versehen. Alle Schritte zur wirtschaftlichen Erholung Deutschlands sollten hiernach unterbleiben und die Besetzung Deutschlands sollte als die einer geschlagenen Nation gelten und nicht dem Zwecke der Befreiung dienen. Nach dem Willen der Bestimmungen sollte nichts unternommen werden, das geeignet wäre, Deutschland einen höheren Lebensstandard zu sichern als einem der Vereinigten Nationen angehörenden Nachbarvolk. Aufgrund der Direktive war auch jede Fraternisation strengstens untersagt.1100 Während den verschiedenen Überarbeitungen der JCS 1067 setzte sich das Finanzministerium nachdrücklich für die Vermögenskontrolle ein.1101 Der entscheidende Schritt erfolgte schliesslich im Rahmen der letzten Revision kurz vor Kriegsende. Finanzminister Morgenthau warf dabei die Frage auf, ob die Rückerstattung innerhalb Deutschland bezüglich geraubtem oder abgenötigtem Eigentum von Juden, Kirchen und anderen Privatpersonen geregelt sei. Mor-

1097

Ziemke, US Army, S. 89 f.

1098

Ziemke, US Army, S. 106 ff.

1099

Ziemke, US Army, S. 98, Hammond, Directives, S. 329 ff.

1100

Faust, S. 22 f.

1101

Siehe dazu auch Goschlar, S. 61.

271

272

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

genthau war aufgrund der nur zögerlichen Rückerstattungen durch die Franzosen in Nordafrika besorgt und wollte Vorkehrungen treffen, dass sich dies in Deutschland nicht wiederholte. Er wurde daraufhin auf die in der Direktive festgelegte „Sperrprozedur für innere Rückerstattung“ und auf die dadurch erzielte Beschleunigung des Rückerstattungsprozesses hingewiesen.1102 Nicht nur wurde eine Kontrolle des in Deutschland geraubten und unter Zwang verkauften Vermögens in der Direktive statuiert, sondern es wurde auch die Rückerstattung explizit in die Direktive aufgenommen. Die Rückerstattung des aus Gründen rassischer, religiöser oder politischer Verfolgung entzogenen Vermögens war somit in der dritten Fassung der JCS 1067, die am 11.05.1945 von Präsident Truman bestätigt wurde, als verbindliche Anordnung an den amerikanischen Oberbefehlshaber enthalten.1103 Mit diesem Zusatz war es Morgenthau gelungen, den Vorschlag auf Entschädigungszahlungen aus der laufenden Produktion zu Fall zu bringen, denn die Rückerstattung des entzogenen Vermögens musste aus der wirtschaftlichen Substanz Deutschlands geleistet werden. In der JCS 1067 wurde sodann vorgeschrieben, dass Reparationsprogramme eingeleitet, die Wirtschaft dezentralisiert und Kunstwerke – in dieser Weisung unter dem Abschnitt Finanzen aufgeführt – ungeachtet ihrer Eigentumsverhältnisse beschlagnahmt werden sollten.1104 Es gab wenig nützliche Details bezüglich des Schutzes und der Restitution von Kulturgütern. Sie hielt nur gerade fest, dass sämtliche vernünftigen Anstrengungen unternommen werden müssten, um historische Archive, Museen, Bibliotheken und Kunstwerke zu schützen.1105 Aus dem Debakel vom Sommer 1944 resultierten zwei bestimmende Einflüsse der amerikanischen Deutschlandpolitik: Gegen den Willen der Militärs konnte keine Besatzungspolitik geplant werden, und die Militärs wollten weder zu Schergen des Agrarisierungsplanes noch zu Wirtschaftsmanagern für das besetzte Deutschland werden. Die amerikanischen Streitkräfte strebten nach einer einfachen Direktive, die nach militärischer Eigenart der Befehlsstruktur des Kommandanten im Feld ausreichenden Spielraum liess, um sich den vorgefundenen Gegebenheiten anzupassen. In diesem Sinn gab der amerikanische Staatssekretär Mc Cloy an Winant die Warnung, die 38 vorliegenden britischen Ent1102

Morgenthau, Morgenthau’s Diary, Band 2, S. 1243 ff. Siehe auch JCS 1067, Artikel 48, Absatz e, Ziffer 1, in James Pollock/Meisel/Bretton, S. 88 ff.

1103

Cornides/Volle, S. 72. Auch Hammond, Directives, S. 427.

1104

Siehe auch JCS 1067, § 48, Absatz e, Ziffer 3, in Pollock/Meisel/Bretton, S. 88 ff. Darin heisst es: „You will impund or block allgold, silver, currencies, securities, accounts in financial institutions, credits, valuable papers, and all other assets falling within the following categories: … 3) Works of art and cultural material of value or importance, regardless of the ownership thereof“.

1105

Morgenthau, Morgenthau’s Diary, Band 2, S. 1294 und 1302. Siehe auch JCS 1067, § 15, in Pollock/Meisel/Bretton, S. 82.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

würfe einer Besatzungspolitik dürften nicht zu einem beengenden Katalog von Vorschriften werden. Stattdessen wollte man den allgemein gehaltenen Entwurf 1067 vorlegen.1106 Dies geschah am 13. Januar 1945, trotz Unvollständigkeit in wesentlichen Punkten. Anlässlich der Jalta-Konferenz sollte dann dieser Themenkomplex zur Besprechung kommen. Die JCS muss auch im Licht der Potsdamer Konferenz und der im Protokoll von Potsdam1107 vereinbarten Politik gesehen werden. Insbesondere die Abschnitte der Entwaffnung, Wirtschaft und „financial Matters“ sowie Restitution hängen direkt mit den im Schlusskommuniqué der Potsdamer Konferenz erwähnten Grundsätzen zusammen. Im Schlusskommuniqué fanden sodann verschiedene in der JCS 1067 erwähnte Normen Aufnahme. Allerdings differieren verschiedene Grundsätze auch voneinander. Da das Potsdamer Abkommen der JCS 1067 übergeordnet war, musste General Eisenhower in diesen Bestimmungen das übergeordnete Abkommen beachten. In vielen Bereichen, wie bei den Restitutionen oder bei der Sperre von Vermögenswerten, schwieg sich das Potsdamer Abkommen aus, weshalb für die amerikanische Zone in diesen Bereichen die JCS 1067 wegweisend war. Die JCS 1067 schränkte die amerikanische Militärregierung in ihren Verhandlungen im alliierten Kontrollrat stark ein, was, wie noch ausgeführt wird, auf die Restitionsgrundsätze Auswirkungen zeitigte. Aufgrund der gesamten politischen Vorgänge ist ersichtlich, dass die militärischen Führung zu detaillierte Anweisungen und unklare Kompetenzen verhindern wollte. Deshalb wünschten sie sich auch, die US-Zone möglichst unabhängig von anderen Besatzungsmächten zu verwalten.

2.

Konferenz von Quebec

Bei dieser Konferenz zwischen Roosevelt und Churchill im September 1944 wurde der vom amerikanischen Finanzminister Henry Morgenthau ausgearbeitete Plan für die Behandlung Deutschlands nach dem Kriege vorgelegt.1108 Obwohl Morgenthau einen erheblichen Einfluss auf Präsident Roosevelt ausübte und es verstand, zeitweilig den Aussenminister Cordell Hull und den Kriegsminister Henry L. Stimson zu überspielen, fand sein Plan unmittelbar auf Deutschland keine Anwendung. Es ist festzuhalten, dass der Morgenthauplan 1106

Krieger, General Lucius D. Clay, S. 42.

1107

Siehe für den Text des Schlusskommuniqué der Potsdamer Konferenz: Communiqué Report on the Tripartite Conference in Berlin, 2.08.1945 in FRUS 1945, The Conference of Berlin, Vol. II, No. 1384, S. 1499 ff. Hier insbesondere der Abschnitt The Political and Economic Principles to govern the Treatment of Germany in the Initial Control Period, S. 1502 ff.

1108

Siehe dazu S. 268 f.

273

274

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

auch nicht im zuständigen State Department oder im Kriegsministerium entstanden ist. Er wurde auch niemals eine amtliche Erklärung oder ein amtliches Dokument. Der Morgenthauplan war lediglich ein 14-Punkte-Programm für eine gemeinsame alliierte Politik nach dem Krieg.1109 Dieser Plan enthielt in Punkt 4 bereits Aussagen über die Restitution und die Reparationen. Danach wollte Morgenthau die Restitution des von den Nazis in den besetzten Gebieten gestohlenen Eigentums erzwingen und auch ein Replacement in kind wurde in Betracht gezogen.1110

3.

Jalta Konferenz vom 4. bis 11. Februar 1945

Im Livadia-Palais bei Jalta auf der Halbinsel Krim hielten die „Drei Grossen“ vom 4. bis 11. Februar 1945 ihre zweite und letzte Konferenz vor dem Ende des Krieges in Europa. Roosevelt und Churchill waren aus Malta, wo eine bilaterale Vorkonferenz stattgefunden hatte, angereist.1111 In den Beratungen standen gleich zwei wichtige deutschlandpolitische Fragen zur Debatte. Einmal ging es darum, ob Deutschland in Zukunft überhaupt als einheitlicher Staat weiter existieren oder nicht besser in mehrere Staaten aufgeteilt werden sollte; zum anderen darum, wie und in welchem Umfang Deutschland für die von ihm angerichteten Schäden zu Reparationsleistungen verpflichtet werden könnte.1112 In beiden Fragen ergriff Stalin die Initiative. Stalin ging es in Jalta vor allem darum, Ost- und Südosteuropa weitgehend als Interessensphäre der Sowjetunion anerkannt zu erhalten oder, weil Churchill so stark bremste, doch wenigstens auslegungsfähige Formeln hinsichtlich Polens und der sowjetischen Rolle gegenüber den Balkanstaaten verabschieden zu können. Ferner war Stalin an der Festsetzung der Reparationssummen interessiert, die Deutschland auferlegt werden, und am Anteil, den die UdSSR erhalten sollte. Das grösste Anliegen des amerikanischen Präsidenten Roosevelt anlässlich der Jalta-Konferenz bestand vor allem darin, von Stalin die Zusage zum Kriegseintritt gegen Japan zu erlangen, er wollte sich aber auch der Kooperation der Sowjetunion bei der Etablierung der Vereinigten Nationen versichern. Und drittens wollte Roosevelt, ebenso wie

1109

Deuerlein, Die Einheit Deutschlands, Abdruck des Morgenthauplanes S. 223 ff. Obwohl Roosevelt am 22. September 1944 seine bereits erteilte Unterschrift wieder zurückzog, griff die Direktive JCS 1067/6 am 26. April 1945 – erlassen am 14. Mai 1944 – für den Oberbefehlshaber in der amerikanischen Besatzungszone in vielem auf den Morgenthau-Plan zurück. Siehe auch FRUS 1944, The Conference at Quebec 1944, Washington 1972, S. 101 f.

1110

Die Problematik der Kulturgüter blieb unerwähnt, ist jedoch als in der Restitution miteinbezogen zu betrachten.

1111

Benz, S. 40 ff.

1112

Vgl. FRUS, Diplomatic Papers, 1945, The conferences at Malta and Jalta, Washington 1960, S. 611 ff.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

Churchill, den Expansionsdrang der Sowjets in Ost- und Südosteuropa in einer Art freundlichen Misstrauens nicht ganz ausser Kontrolle geraten lassen. Die Verhandlungen in Jalta waren, weil die westlichen Verbündeten dem östlichen Partner misstrauten und weil so viele Wechsel auf eine ungewisse Zukunft ausgestellt werden mussten, ziemlich chaotisch, und die Tragweite etlicher Beschlüsse oder Verabredungen sollte sich erst viel später herausstellen. Die Konferenz in Jalta hatte für die Kernfrage der künftigen Behandlung des bereits geschlagenen und bald kapitulierenden Deutschland, nämlich ob überhaupt ein deutscher Staat bestehen bleiben oder ob das Deutsche Reich in einzelne Teilstaaten zerstückelt werden sollte, ein widersprüchliches Ergebnis gebracht. Einerseits hatten sich Churchill, Roosevelt und Stalin einmal mehr auf das seit langem als Selbstverständlichkeit geltende Prinzip der Zerstückelung Deutschlands festgelegt. Die Konferenz begann tatsächlich zu dem Zeitpunkt, als nach den militärischen Erfolgen der Alliierten offensichtlich war, dass Deutschland in kürzester Zeit zusammenbrechen musste. An einer Stelle waren die sowjetischen Truppen schon über die Oder vorgestossen. Im Westen hatten die alliierten Truppen die wuchtige Ardennenoffensive der Deutschen abgefangen und trafen Vorbereitungen für den entscheidenden Grossangriff gegen Deutschland. Die drei Staatsmänner vereinbarten, dass die Zerstückelung Deutschlands in die Kapitulationsbedingungen aufgenommen werden sollte. In ihren Einzelheiten wurde die Frage der Aufteilung Deutschlands nicht besprochen. Sie wurde den Aussenministern zur weiteren Verhandlung übergeben.1113 Die Einzelheiten der Besatzungsverwaltung, insbesondere die endgültige Abgrenzung der Besatzungszonen, war schon in dem am 14. November 1944 unterzeichneten zweiten Zonenprotokoll der EAC festgelegt worden.1114 In Jalta wurden die Einzelheiten der Besatzungsverwaltung gar nicht weiter behandelt. Schwierigkeiten entstanden jedoch bei den Beratungen über die Teilnahme Frankreichs als Besatzungsmacht und über die Mitgliedschaft im alliierten Kontrollrat. Stalin, der sich anfänglich gegen eine Beteiligung Frankreichs stellte, und Roosevelt, der zumindest geneigt war, ihm darin zuzustimmen, einigten sich dann mit Churchill am Ende der Konferenz über die gemeinsame Besatzungspolitik (common policies) gegenüber Deutschland darüber.1115 Als man schon einen Tag nach der Eröffnung der Konferenz in Jalta (5. Februar 1945) auf die Reparationsfrage zu sprechen kam, begann sich zu wiederholen, was bereits im Herbst 1943 anlässlich des Moskauer Aussenministertreffens vor-

1113

Faust, S. 28.

1114

Moshley, S. 589.

1115

Stettinus, Roosevelt and the Russians, S. 116 ff.; Churchill, Der Zweite Weltkrieg, Bd. VI, 2. Buch, S. 14; FRUS 1945, Diplomatic papers, The Conference of Potsdam, Vol. II, Washington 1960, S. 1570.

275

276

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

gefallen war. Die amerikanische Regierung nahm ein zweites Mal ohne feste reparationspolitische Leitlinien interalliierte Beratungen über das Reparationsproblem auf. Und noch einmal trat ihr die sowjetische Seite mit einem wohlvorbereiteten Plan gegenüber, dem sie wenig entgegenzusetzen hatte, dieses Mal allerdings in Gestalt massiver Forderungen, die von der politischen Führungsspitze selbst vorgetragen wurden.1116 Die sowjetischen Forderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Einen Anspruch auf Reparationen haben in erster Linie jene Länder, die die Hauptlast des Krieges getragen und den Sieg über den Feind organisiert haben. 2. Reparationen werden in Form von Sachleistungen erhoben, die innerhalb von zwei Jahren nach Kriegsende dem deutschen Nationalvermögen in Form von Fabriken, beweglicher Anlagen, Maschinen, Auslandguthaben, Schiffe etc. entzogen werden und die für die Dauer von 10 Jahren durch jährliche Warenlieferungen aufzubringen sind. 3. Die Gesamtsumme der Reparationen soll 20 Milliarden US Dollar betragen, wovon 10 Milliarden US Dollar der Sowjetunion, 8 Milliarden US Dollar den Vereinigten Staaten und Grossbritannien sowie 2 Milliarden US Dollar den übrigen Staaten zugesprochen werden. 4. Zur Ausarbeitung eines detaillierten Reparationsplanes wird eine alliierte Reparationskommission mit Sitz in Moskau gegründet, welcher Vertreter der drei Grossmächte angehören, zu deren Beratungen bei gegebener Zeit auch Vertreter der übrigen alliierten Staaten hinzugezogen werden können.

Die amerikanische Wirtschafts- und Reparationspolitik hatte sich in Jalta auf Zugeständnisse eingelassen, die bei nüchterner Würdigung ihrer Tragweite kaum zu erfüllen waren, und es dabei versäumt, den wirklichkeitsfremden sowjetischen Reparationserwartungen rechtzeitig entgegenzutreten. Daher konnte es nicht ausbleiben, dass sich aus der Reparationsfrage eine schwere Belastung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen ergab, sobald es darum ging, die Absprachen von Jalta in Tat umzusetzen.1117 Obwohl Churchill seitens der Regierung von Grossbritannien noch gegen Ende der Konferenz neue Empfehlungen, welche drastische Deindustrialisierungsmassnahmen und hohe Reparationsforderungen ausschlossen, einbrachte, wurden Stalins Vorschläge modifiziert, aber im Grunde wie vorgeschlagen übernommen. Die britische Delegation schloss dabei aber jedes Einverständnis bezüglich der Nennung irgendeiner Zahl aus.1118 Ohne Zweifel hatten diese Eingeständ-

1116

Nübel, S. 118; Siehe dazu auch PRO, CAB 99/31 S. 16 f. und 37 f. (CAB 99/31, Record of the Political Proceedings of the „Argonaut“ Conference held at Malta and Crimea from 1st to 11th February 1945).

1117

Dorn, S. 68.

1118

FRUS, Diplomatic Papers, The conferences at Malta and Yalta, Washington 1955, S. 975 ff. insbesondere Protocol of the Procedings of the Crimea Conference und Protocol on German Reparation, Ziff. 4 Abs. 3, S. 983.

15. Kapitel: Alliierte Politik bezüglich der Restitutions- und Reparationsfragen

nisse bezüglich den Reparationszahlungen grosse Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Restitution und mithin natürlich auch auf die Vereinbarungen betreffend Rückgabe von Kulturgütern. Nach der Konferenz von Jalta erarbeiteten das amerikanische Aussen-, das Kriegs- und das Finanzministerium gemeinsam eine detaillierte politische Weisung für den Kommandanten der Militärregierung. Aus dieser Arbeit resultierte das berüchtigte Dokument JCS 1067, welches Morgenthaus Vorschläge zwar erheblich abschwächte und viele Möglichkeiten zur Improvisation offenliess, aber immer noch vom Prinzip der Bestrafung ausging.1119 Ein weiteres Resultat der Jalta-Konferenz war die Errichtung einer Reparationskommission, welche über die Form und die Höhe der Entschädigung zu entscheiden hatte.1120 Anlässlich der Jalta-Konferenz wurden Optionen zur Deutschlandspolitik vorgetragen. Die politische Teilung und die Reparationsfrage sollten von einem speziellen Dreimächteausschuss behandelt werden. Beschlossen wurde die Errichtung einer interalliierten Reparationskommission mit Sitz in Moskau, die über das Reparationsprogramm befinden und es später verwalten sollte.

III.

Fazit

Bei der Beurteilung der Restitutionsprobmatik ist erkennbar, dass die amerikanische Politik insgesamt Schwierigkeiten hatte, sich mit den rechtlichen und politischen Fragen bezüglich eines Nachkriegsdeutschlands auseinanderzusetzen. Als im September 1944 die Direktive JCS 1067, welche die amerikanische Deutschlandspolitik skizzierte, verfasst wurde, stand diese klar im Zeichen des Morgenthau Planes. Zwar war sie nur eine interne Planungsrichtlinie, und die Drei-Mächte-Vereinbarungen gingen klar vor. Es ist aber erkennbar, dass diese Direktive für die Ausarbeitungen einer gemeinsamen Restitutionspolitik für Kulturgüter, aber auch für die gesamte Besatzungspolitik ein starker Hemmschuh war. Als sie 1947 aufgehoben wurde, war es für eine gemeinsame Politik jedoch bereits viel zu spät. Das amerikanische Zögern hatte auch grossen Einfluss auf die verschiedenen Verhandlungen. So brachte die Konferenz von Jalta keine erkennbare gemeinsame alliierte Politik für ein Nachkriegsdeutschland. Zwar trug hier Stalin Mitschuld. Aber nach jahrelang verzögerten, danach schleppenden Betrachtungen über die Zukunft Mitteleuropas nach Kriegsende, waren die anglo-amerikanischen Politiker ausserstande, eine schnelle Antwort auf die plötzlich aktuell 1119

Siehe dazu S. 269 ff.

1120

FRUS, Diplomatic Papers, 1945, Vol. 3, European Advisory Commission: Austria; Germany, S. 1222.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

gewordene schwierige Frage zu finden, wie ein für allemal das Gespenst eines wieder aufstrebenden Deutschlands, das eines Tages den Weltfrieden bedrohen könnte, zu bannen sei, ohne ein Machtvakuum zu schaffen, das prompt von den Sowjets ausgefüllt werden würde.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik von Kulturgütern I.

Einleitung

Die Planungen der Gesetzgebungen der Alliierten im Bereich Restitution im Allgemeinen und derjenigen von Kulturgütern im Speziellen ist unübersichtlich und verwirrlich. Als weitere Erschwernis kam dazu, dass die Alliierten es nicht schafften, nach Beendigung des Krieges einheitliche, für ganz Deutschland geltende Rechtsnormen bezüglich der Restitution von ausländischem Eigentum aufzustellen. Waren sich die Alliierten in ihrem Bekenntnis zur allgemeinen Restitution einig, herrschte jedoch Unstimmigkeit über Umfang und konkrete Ausgestaltung der Restitutionsverpflichtung und -vornahme. Als Rechtsgrundlage für die Restitution wird von den Alliierten ganz klar die Londoner Erklärung vom Januar 1943 angesehen. Teilweise wird in den Gesetzen auch explizit darauf verwiesen. Doch ist m.E. noch weiter zu gehen. Bereits aufgrund des Völkergewohnheitsrechts kann festgestellt werden, dass es eine Pflicht zur Restitution von Kulturgütern gibt, die in rechtswidriger Weise, d.h. durch einseitige Enteignungshandlungen, von einer Kriegspartei entfernt worden waren. Diese Auffassung wird auch durch die Rechtssprechung des Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg bestätigt. Dieser nimmt in seiner allgemeinen Urteilsbegründung im Rahmen des Straftatbestandes der „Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums“ auf die Art. 48, 49, 52, 53, 55 und 56 HLKO Bezug. Art. 56 HLKO wird dabei sogar wörtlich zitiert. Das Gericht war der Auffassung, dass es sich bei den massgeblichen Bestimmungen um kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht handle.1121 Bei der allgemeinen Ausarbeitung, wie die Restitution vorgenommen werden soll, wurden zuerst die Prinzipien der Restitution aufgestellt, daraus sich der genaue Ablauf der Restitution überlegt und die diesbezügliche Gesetzgebung erarbeitet. In einem 3. Schritt sollten danach die notwendigen Institute oder Ver-

1121

Siehe dazu AJIL Vol. 41 (1947) S. 235 ff. und Röhling, S. 73 f.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

gewordene schwierige Frage zu finden, wie ein für allemal das Gespenst eines wieder aufstrebenden Deutschlands, das eines Tages den Weltfrieden bedrohen könnte, zu bannen sei, ohne ein Machtvakuum zu schaffen, das prompt von den Sowjets ausgefüllt werden würde.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik von Kulturgütern I.

Einleitung

Die Planungen der Gesetzgebungen der Alliierten im Bereich Restitution im Allgemeinen und derjenigen von Kulturgütern im Speziellen ist unübersichtlich und verwirrlich. Als weitere Erschwernis kam dazu, dass die Alliierten es nicht schafften, nach Beendigung des Krieges einheitliche, für ganz Deutschland geltende Rechtsnormen bezüglich der Restitution von ausländischem Eigentum aufzustellen. Waren sich die Alliierten in ihrem Bekenntnis zur allgemeinen Restitution einig, herrschte jedoch Unstimmigkeit über Umfang und konkrete Ausgestaltung der Restitutionsverpflichtung und -vornahme. Als Rechtsgrundlage für die Restitution wird von den Alliierten ganz klar die Londoner Erklärung vom Januar 1943 angesehen. Teilweise wird in den Gesetzen auch explizit darauf verwiesen. Doch ist m.E. noch weiter zu gehen. Bereits aufgrund des Völkergewohnheitsrechts kann festgestellt werden, dass es eine Pflicht zur Restitution von Kulturgütern gibt, die in rechtswidriger Weise, d.h. durch einseitige Enteignungshandlungen, von einer Kriegspartei entfernt worden waren. Diese Auffassung wird auch durch die Rechtssprechung des Internationalen Militärgerichtshofes in Nürnberg bestätigt. Dieser nimmt in seiner allgemeinen Urteilsbegründung im Rahmen des Straftatbestandes der „Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums“ auf die Art. 48, 49, 52, 53, 55 und 56 HLKO Bezug. Art. 56 HLKO wird dabei sogar wörtlich zitiert. Das Gericht war der Auffassung, dass es sich bei den massgeblichen Bestimmungen um kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht handle.1121 Bei der allgemeinen Ausarbeitung, wie die Restitution vorgenommen werden soll, wurden zuerst die Prinzipien der Restitution aufgestellt, daraus sich der genaue Ablauf der Restitution überlegt und die diesbezügliche Gesetzgebung erarbeitet. In einem 3. Schritt sollten danach die notwendigen Institute oder Ver-

1121

Siehe dazu AJIL Vol. 41 (1947) S. 235 ff. und Röhling, S. 73 f.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

waltungseinheiten geschaffen werden. In Grundsatz wollten die Alliierten eigentlich so vorgehen. Da es aber bereits bei den Prinzipien zu unüberbrückbaren Differenzen kam, gestaltete sich die Erarbeitung der Gesetzgebung widersprüchlich und chaotisch, wie das vorliegende Kapitel zeigt.

II.

Amerikanische Ansätze im Bereiche der Restitution von Kulturgütern

1.

Draft Directive No. 2 Works of Art

Sowohl die Roberts-Commission wie auch die in London arbeitenden Delegierten der EAC waren besorgt über die nichtvorhandenen Weisungen zur Planung der Nachkriegszeit in Deutschland. Während in den USA der Morgenthauplan geboren wurde, welcher zu einigen Wirren in den verschiedenen Ministerien sorgte, kam es in London zu einer engen Zusammenarbeit zwischen dem in London stationierten Verbindungsmann der Roberts-Commission, Francis Henry Taylor, und dem amerikanischen Repräsentanten der „European Advisory Commission“ (EAC). Beide waren Verfechter einer inter-alliierten Restitutionspolitik. Das Resultat war, dass Alan Lightner, der Sekretär der amerikanischen EAC-Delegation, Taylor und den MFAA-Offizier Mason Hammond1122 anfragte, ob sie bereit wären, einen Entwurf einer EAC-Direktive über die Kontrolle von Kulturgütern vorzubereiten.1123 Taylor verfasste in der Folge die Studie „Memorandum for the Control and Restitution of Works of Art and cultural interest recovered under armistice terms“ zuhanden der amerikanischen EACDelegation.1124 Die Studie wurde vom Joint United States Advisor der EAC in einen Gesetzesentwurf umgewandelt, welcher sich dabei auch auf das Memorandum „Control and Disposition of works of Art and other materials and buildings and scientific importance“ stützen konnte.1125 Am 11. September 1944 wurde die Draft Direk-

1122

Major Mason Hammond war damals der Kommandant der MFAA-Abteilung im USGCC (Germany).

1123

Kurtz, Nazi Contraband, S. 86.

1124

NA RG 43/File 134.4/Directive No. 2 Works of Art, Memorandum for the Control and Restitution of Works of Art and cultural interest recovered under armistice terms, 20.06.1944. Auffallend daran sind die sehr harten deutschlandfeindlichen Formulierungen.

1125

Siehe dazu NA RG 43/File 134.4/Directive No. 2 Works of Art, Planning Committee Joint US Advisers EAC to Joint US Advisor, Memo vom 08.09.1944. Diese Studie diente ebenfalls als Grundlage für die Direktive No. 2, war aber viel allgemeiner gehalten und behandelte sehr viel mehr Themen als die Direktive No. 2.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

tive US (UK) (USSR) Commander in Chief, Controls of Works of Art and Monuments den Mitgliedern in der EAC vorgelegt.1126 1. This directive is issued to you as Commander-in-Chief of the U.S. (U.K.) (U.S.S.R.) forces of occupation. Identical directives are being issued simultaneously to the Commanders-in-Chief of the forces of occupation of the two other two Allies. In this directive, the phrase „Control Council“ refers to three Allied Commanders-in-Chief acting jointly. The words „you“ or „you in your zone“ refer to each of the Commanders-in-Chief as zone commander and, where applicable, to the Inter-Allied Governing Authority (Komendatura) in the „Greater Berlin“ area. 2. Reference is made to the pertinent provisions of the „Unconditional Surrender of Germany“ and to the pertinent provisions of the General Order. You will enforce and implement in your zone of occupation the surrender terms and general orders as they relate to the control of works of art and monuments, in accordance with the policies and instructions hereinafter set forth. 3. In this directive, the phrase „works of art and other cultural materials“ covers all objects or materials of artistic, historic, scientific or other cultural importance or value. The phrase includes archives, records, or documents of historic, scientific exhibits, specimens or equipment of a research or educational character or pertaining to cultural history, so far as such archives and scientific materials are not covered by the directive on „Securing and Examining Information and Archives“.1127 4. The Control Council will establish policies covering the conservation and disposition of works of art and other cultural materials. In particular, it will hold available for restitution those which have been looted from the Governments or nationals of the several United Nations and Associates States and those in German public or private collections which might be used for restitution in kind. 5. The Control Council is authorised to demand transfer of purported titles, and assignments of all rights, to looted works of art and other cultural materials, owned or controlled by German nationals or their agents, which have been deposited or concealed anywhere in the world. Reference is made in this connection to the appropriate portions of the directive on „Property Control“. 6. The Control Council will make available to the zone commanders recognised and competent experts from any of the several United Nations and Associated States for the purpose of assisting in the identification and conservation of works of art and other cultural materials. 7. The Control Council will be guided in matters covered in this directive by any appropriate international organisation or agreement to which the three Allied Governments subscribe. 8. You will, in your zone, take all practicable measures to locate and, at your discretion, seize or otherwise secure works of art and other cultural materials. You will report to the Control Council, for disposition by it, all works of art and other cultural materials so located, seized or secured by you, stating their location and general nature.

1126

Siehe NA RG 239/41/Restitution Principles 1944 –1945.

1127

Siehe dazu auch genauere Ausführungen unten S. 284 f.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik 9. You will take all practicable measures to protect and conserve works of art and other cultural materials from loss, removal, concealment, damage or deterioration. You will be responsible in your zone for the proper warehousing and care of such objects. To assist you in accomplishing these objectives, you are authorised to employ reliable and qualified German personnel. 10. You will forbid the sale, transfer or export of works of art and other cultural materials except as may be directed by Control Council. 11. You will take all practicable measures to seize or otherwise secure records and other information concerning works of art and other cultural materials which have been looted from Governments or nationals of the several United Nations and Associated States. You will report to the Control Council the location and general nature of all records and other information so seized or secured by you. Reference is made in this connection to the appropriate portions of the directive on „Securing and Examining Information and Archives“. 12. You are authorized to detain for questioning any persons in your zone known to have, or suspected of having, information which will assist in locating works of art and other cultural materials. You will report to the Control Council the names of any persons so detained who are known to have been, or suspected of having been, concerned in the looting of works of art and other cultural materials. 13. You will permit any representative of either of the other two principal Allied Governments appointed therefore by the appropriate Allied Commander-in-Chief, or any representative of any of the several United Nations and Associated States authorised therefore by the Control Council, to have access to works of art and other cultural materials in your zone. You will furnish such accredited representatives with appropriate assistance in their examination of works of art and other cultural materials. 14. You will through the Control Council, call upon recognised and competent experts from any of several United Nations and Associated States to assist in the identification and conservation of works of art and other cultural materials in your zone. 15. You will, in your zone, seize and close all archives, monuments and museums which are of Nazi inception or devoted to the perpetuation of German militarism and hold their properties pending further instructions. You will take all practicable measures for the care, maintenance and operation of other monuments, and of buildings or institutions devoted to public worship, education or the arts and sciences. You will take all practicable measures to protect such monuments and other buildings from acts of damage or disrespect and from further deterioration due to war damage. Reference is made in this connection to the appropriate portions of the directive on „Property Control“.1128

Die Anordnung enthielt lediglich eine kurze Definition der Begriffe „works of art and other cultural materials“, welche Archive, Akten, Dokumente von histo-

1128

Siehe dazu NA RG 239/37/London File, Draft Directive to the US (UK) (USSR) Commander in Chief, Control of works of art and monuments, 01.11.1944. PRO FO 371/3923, Draft Directive No. 2, Control of works of art and monuments. Auch in FRUS 1944, Vol. II, General Economics Matters, S. 1060. Der hier wiedergegebene Text weicht von der ursprünglichen Direktive vom 14.09.1944 nur in wenigen unwichtigen Wortlauten ab. Siehe dazu auch ursprüngliche Direktive vom 14.09.1944 (Copy 25) in NA RG 239/11.

281

282

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

rischer oder kultureller Wichtigkeit, wissenschaftliche Ausstellungsgegenstände, Muster oder das Instrumentarium für Forschung oder Schulungscharakter umfasste oder sich auf Gegenstände der Kulturgeschichte bezog. Obwohl von Seiten der militärischen Führung eher ein Alleingang erwünscht war, waren die politischen Instanzen bemüht, eine gemeinsame alliierte Restitutionspolitik zu schaffen. Die Direktive sah denn auch eine strikte Kontrolle aller in Deutschland aufgefundenen Kulturgüter vor und wollte einen Zutritt von qualifizierten Kunstexperten zu allen Zonen schaffen. Die Direktive geriet aufgrund der verschiedenen sonstigen Ereignisse, aber auch wegen der verschiedenen anderen Direktiven, die in der EAC besprochen werden mussten, fast in Vergessenheit. Mit ein Grund dazu mag wohl der Umstand gewesen sein, dass die Direktive im luftleeren Raum stand und keine allgemeinen Grundsätze für die Restitution beinhaltete. Diese wurden zwar wenig später in einem weiteren Grundsatzpapier in der EAC zur Diskussion gebracht.1129 Es konnte aber aufgrund der absolut verschiedenen Auffassungen kein gemeinsamer Nenner gefunden werden, weshalb auch die Direktive No. 2 nur wenig Beachtung fand. Im Januar 1945 nahm das „Planning Committee Joint US Advisers, EAC“ erste Veränderungen an der Direktive vor.1130 Ingesamt wurde die Direktive als mit der JCS 1067 vereinbar angesehen. In § 4 der Direktive war vorgesehen worden, dass der alliierte Kontrollrat Grundsätze über die Konservierung und Aufstellung von Kulturgütern aufstellen konnte. Da der Kontrollrat durch diese Formulierung im Gegensatz zu anderen Direktiven eine grössere Befugnis eingeräumt bekam, entschied man, die Befugnis des Kontrollrates auf die Koordination, Überwachung und die Formulierung von Instruktionen zu beschränken. Aufgrund von § 4 kam auch die Diskussion auf, wie man die Restitution genau handhaben wollte. Die Amerikaner schlugen vor, dass die Restitution von einer dem Kontrollrat untergeordneten Abteilung gehandhabt werden sollte und nicht von jedem Zonenkommandanten selbst. Es wurde sodann Wert darauf gelegt, dass die Direktive eine „restitution in kind“ vorsah, die mehrheitlich von einem Ersetzen verschollener Kulturgüter ausging und nicht nur von einer Kompensation wie bei den Wiedergutmachungszahlungen. Sodann wollte man entgegen dem ersten Entwurf nur Repräsentanten der Mitglieder des Kontrollrates direkt

1129

Siehe dazu unten S. 286 ff.

1130

NA RG 43/EAC/File 134.4, Comments on „Directive on „Control of Works of Art and Monuments“. Die Kommentierung basierte auf dem WD Pamphlet 31–112, CA Guide „Legal and Administrative Aspects if the Protection of Monuments in Germany and Austria“, 5.11.1944; Memorandum von Francis H. Taylor for EAC Commission 25.08. 1944; Memorandum von Sq. Ldr. Douglas Cooper betreffend US Draft Directive (EAC) on Works of Art and Monuments vom 4.12.1944; Memorandum von Major M. Hammond betreffend „British Comments on EAC Directive on „Control of Works of Art and Monuments“ in Germany.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Zugang zu den Kulturgütern in den einzelnen Zonen gewähren, während sich Delegierte anderer Staaten beim Kontrollrat akkreditieren mussten. Erst fünf Monate nach Einreichung der Draft Direktive in die EAC wurde von der britischen Regierung der EAC ein Memorandum mit Änderungsvorschlägen und einer allgemeinen Kritik in Bezug auf die Direktive übermittelt.1131 Im Memorandum vom 25. April 1945 wollten die Briten insbesondere jegliche Benutzung von Kulturgütern für Reparationen ausschliessen und nur Kulturgüter als „restitution in kind“ zulassen. Aus der Definition „Works of Art“ sollten die wissenschaftlichen Instrumente und Instrumente, welche für schulischen Zweck oder der Forschung dienlich waren, gestrichen werden. Die britische Delegation wollte insbesondere auch eine Straffung der Direktive erreichen und dem alliierten Kontrollrat eine starke Rolle bezüglich der Handhabung der Restitution zukommen lassen. Dem Kontrollrat sollte dabei eine Restitutionskommission zur Seite stehen, die die einzelnen Begehren der verschiedenen Länder abwickeln sollte.1132 Wie erwähnt hatte die britische Delegation der EAC 38 Entwürfe für Direktiven eingereicht. Interessanterweise befasste sich aber keine einzige mit der Restitution, weder von Kulturgütern noch von anderen Objekten.1133 Gedrängt von den verschiedenen europäischen Organisationen, die sich mit der Restitution von Kulturgütern beschäftigten, versuchte die britische Delegation das Thema der Errichtung einer Restitutionskommission immer wieder aufzugreifen und in Diskussion zu bringen.1134 Der Entwurf wich im Allgemeinen nicht sehr von den Plänen der alliierten Erziehungsminister und der Vaucher-Kommission ab. In vielen Grundsätzen und bezüglich des Ablaufs der Restitution waren sie kongruent. Die grosse Diskrepanz ist in der Einsetzung einer Restitutionskommission zu sehen. Während die

1131

NA RG 239/41, Memorandum EAC Comments by United Kingdom Delegation on the United States Directive on Control of Works of Art and Monuments, 3.05.1945 und Annex to Appendix A, US Draft Directive No. 2 Control of Works of Art and Monuments, Comments by the UK Delegation.

1132

Siehe dazu im Einzelnen NA RG 43/EAC/File 134.4, US Draft Directive on Control of works of Art and Monuments [EAC (44)31] revised to incorporate UK Comments [EAC (45)36] vom 17.04.1945. NA RG 239/41, Memorandum EAC Comments by United Kingdom Delegation on the United States Directive on Control of Works of Art and Monuments, 3.05.1945. Aufgrund der vorliegenden Dokumente muss davon ausgegangen werden, dass die US-Delegation die Kommentare der britischen Delegation bereits in einem früheren Zeitpunkt erhalten hat. Ob dies offiziell oder inoffiziell geschah, ist aufgrund der vorliegenden Aktenlage nicht mehr zu rekonstruieren.

1133

Siehe dazu Schreiben US Draft Directives for Control of Germany, 13.03.1945 in FRUS 1945 Vol. III, EAC, S. 443 ff. Die Briten nahmen jedoch die Draft Directive als Diskussionsgrundlage. Siehe dazu PRO FO 371/46881, US Draft Directive No. 2, Comments by the UK Delegation.

1134

PRO T 209/8, Annex European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation vom 14.11.1944.

283

284

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Pläne der Vaucher Kommission die Bildung einer solchen Kommission unter der Ägide der Vereinten Nationen vorsahen, war die „Draft Directive No. 2“ auf eine Restitutionskommission unter Leitung des alliierten Kontrollrates ausgerichtet. Obwohl die Draft Direktive mit der britischen Delegation abgestimmt wurde, konnte sie nie in Kraft gesetzt werden. Ein Kommentar der russischen Delegation traf nie ein. Die Sowjetunion selbst war nur an einem generellen Übereinkommen, wie der Bildung eines Kontrollrates, interessiert. Dies insbesondere deshalb, damit ihre eigenen Interessen nicht zu stark behindert wurden. Sie präsentierten auch zu keinem Zeitpunkt eigene Vorschläge für einen Restitutionsplan. Insbesondere waren sie auch nicht an den Vorschlägen der europäischen alliierten Staaten interessiert, anerkannten sie doch die Konferenz der alliierten Erziehungsminister gar nicht an.

2.

Draft Directive No. 4 „Securing and Examining Information and Archives“

Im Weiteren wird nur sehr kurz auf den am 23. November 1944 in Zirkulation gegebenen Entwurf bezüglich der Handhabung von deutschen Archiven, Archivalien und Dokumenten eingegangen.1135 Die „Draft Directive No. 4“ hatte einen engen Zusammenhang mit der „Draft Directive No. 2“ und wurde in dieser auch erwähnt. Im Juli 1944 bekam die amerikanische Delegation von der britischen Delegation bereits einen Vorentwurf der „Directive on German Records and Archives“, welche diese als Direktive Nr. 14 der britischen Delegation der EAC am 27. Oktober 1944 als [EAC (44)26] einreichte. Am 3. Mai 1945 schickte die britische Delegation der EAC einen Kommentar bezüglich der amerikanischen Direktive und vereinte die Charakteristiken beider Direktiven in einer revidierten amerikanischen Direktive.1136 Mit Archiven und Aufzeichungen wurden in der Direktive alle von Hand oder mittels einer Maschine geschriebenen Dokumente, sowie alle gedruckten Schriftstücke bezeichnet. Die Schriftstücke konnten unter anderem Memoranden, Schreiben, Korrespondenzen, Buchhaltungsunterlagen, Register usw. sein und aus dem öffentlichen, militärischen oder privaten Bereich stammen. Die dazugehörigen Fotos, Karten und Zeichnungen wurden den Aufzeichungen zuge-

1135

Siehe dazu NA RG 43/EAC/134.6, European Advisory Commission, US Draft Directive on Securing and Examinig Information and Archives, Memorandum by the US Representative 23.11.1944 [EAC (44) 33].

1136

NA RG 43/EAC/134.2/British, European Advisory Commission, Treatment if German Archives, Records and Documents, Memorandum by the UK Representative vom 3.05. 1945 [EAC (45) 49].

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

rechnet.1137 In der Direktive wurde vorgesehen, dass das Zerstören, Fälschen und Verlagern von Archiven, allgemeinen Aufzeichnungen und Dokumenten in allen Zonen bestraft werden würde. Sodann war vorgesehen, dass sämtliche Archive sofort gesichert und nur für Ermittlungen im Rahmen der Untersuchungen gegen Kriegsverbrecher geöffnet werden sollten. Eine übergeordnete Kommission sollte die Sicherung und die Zugänglichkeit der Archive kontrollieren. Dokumente und andere Unterlagen sollten nicht permanent aus den Archiven entfernt werden können. Es bestand die Absicht, die Archive und ihre Sammlungen nicht zu zerstören, sondern in ihrem ursprünglichen Zustand zu belassen. Im revidierten Entwurf waren lediglich die Sicherung und die Zugänglichmachung der Archive neu hinzugekommen. Die Definitionen bezüglich Archive und Aufzeichnungen wurden nochmals genau verifiziert, und man versuchte zwischen Archiven und Aufzeichungen mit Dokumenten, Schriftstücken von allgemeiner Art und solchen, die für Forschungszwecke von Wichtigkeit waren oder welche bei einer Entfernung aus einer Akte ihren Wert verlieren würde, zu unterscheiden. Auch diese Draft Direktive wurde nicht in Kraft gesetzt, da mit der sowjetischen Delegation keine Einigung erzielt werden konnte und diese an einer solch spezifischen Regelung nicht interessiert gewesen war.

3.

Principles for the Restitution of Works of Art, Books, Archives and other Cultural Property

Nachdem die Roberts-Commission mit einiger Bestürzung davon Kenntnis genommen hatte, dass sowohl das Aussenministerium wie auch das Innenministerium für die Restitutiton Kulturgüter, wie Bilder und Bücher, in dieselbe Kategorie wie Lokomotiven und Schwerindustrie und landwirtschaftliche Maschinen eingestuft hatte, entschied sie sich, selbst aktiv zu werden und eigene Prinzipien zu verfassen.1138 Der Vorsitzende der Roberts-Commission bot dem Staatssekretär an, Restitutionsprinzipien für Kulturgüter zu entwerfen, auf dass der Minister schon gefällte einschlägige Entscheidungen nochmals überdenke. Gemäss Antwortschreiben des Staatssekretärs sah das Innenministrium bezüglich der Restitution von Kulturgütern keine spezifischen Direktiven vor, welche in die Waffenstillstandsbedingungen eingegliedert werden sollten. Das „Executiv

1137

NA RG 43/EAC/134.2/British, European Advisory Commission, Treatment if German Archives, Records and Documents, Memorandum by the UK Represenative vom 3.05.1945 [EAC (45)49], Annex I Revised UK Directive on Treatment of German Archives, Records and Documents, § 3.

1138

Siehe dazu NA RG 59/Pauley Rep. Commission/19, Proposed Principle on Restitution. Für den Entschluss der Roberts-Commission NA RG 239/File July 27, 1944, Meeting Minutes of Meeting, 27.07.1944. Siehe auch Kurtz, S. 83 ff.

285

286

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Committee on Economic Foreign Policy“1139 hatte jedoch bereits einige Vorschläge in Bezug auf die Restitutionspolitik abgesegnet. Der Staatssekretär bat die Roberts-Commission, ihre Ansicht bezüglich der Restitutionpolitk darzulegen.1140 Nach heftigen Debatten und verschiedenen Sitzungen in der Roberts-Commission wurden am 11. Oktober 1944 zwölf Prinzipien für die Restitution von Kulturgüter verabschiedet und dem amerikanischen Staatssekretär vorgelegt 1141: 1. There should be an unlimited obligation on Germany to restore identifiable looted works of art, books archives, and other cultural treasures.1142 2. Restitution should be restricted to identifiable property in existence prior to German occupation.1143 3. Looted property should be restored to the existing governments of the territories where the property had its situs and not to the former owners individually.1144 4. Looted property should be returned in the condition in which it is found1145.

1139

Bei diesem Komitee handelt es sich um ein Gremium von Delegierten der verschiedenen amerikanischen Regierungsdepartemente. Es war von Präsident Roosevelt am 18.04.1944 einberufen worden. Seine Aufgabe bestand in der Erfassung von Problemen und Tendenzen in der Aussenwirtschaftspolitik der USA und der Formulierung von Empfehlungen an den Präsidenten.

1140

Schreiben Secretary of State to the Chairman of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic monuments in War Areas, 2.09.1944 in FRUS 1944, Vol. II, General: Economic Matters, S. 1036 f. NA RG 239/41, Report of the subCommittee on Axis-appropriated Property of the Roberts-Commission, S. 1.

1141

NA RG 239/11 Principles for the Restitution of works of Art, Books, Archives and other Cultural property, 11.10.1944. Siehe auch FRUS 1944, Vol. II, General Economic Matters, S. 1041 ff.

1142

Dieses allgemeine Prinzip statuiert nicht nur die uneingeschränkte Pflicht der Achsenmächte und ihre Satellitenstaaten zu einer Rückgabe aller geraubten Kulturgüter an besetzte Staaten, sondern auch die Rückererstattung an andere Staaten innerhalb der Achsenmächte.

1143

Prinzip der Identifikation. Die Identifikation meint hier, dass ein in Deutschland befindliches Objekt dasselbe sein muss, wie es aus einem besetzten Staat entfernt worden war. Der Gegenstand musste daher während der Besetzung bereits existiert haben oder in dieser Zeit produziert worden sein.

1144

Territorialitätsprinzip. Das Prinzip beruht auf dem internationalen Recht. Es war der Roberts-Commission damals jedoch bewusst, dass Minoritäten in den verschiedenen europäischen Ländern für eine Aufweichung dieses Prinzipes waren. Aufgrund dieses Prinzipes wurde die Restitution für alle Güter erklärt, die aus einem besetzten Gebiet enfernt wurden. Es spielte keine Rolle, in wessen Eigentum der Gegenstand war oder in wessen Besitz er sich während der Besetzung befand.

1145

Deutschland sollte nicht verpflichtet werden, beschädigte Gegenstände wieder instand zu setzen. Es wurde davon ausgegangen, dass die Alliierten den Schaden besser beheben könnten. Die Kosten für die Behebung des Schadens hingegen sollten Deutschland auferlegt werden.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik 5. The return of such property should not count as a credit against Germany’s other reparation obligations unless those obligations are expressly based on the removal of the property. 6. In any case where damage to property is caused by a bona fide effort by the Germans to save the property, reparation may not be charged.1146 7. All property removed to Germany during the period of German occupation (except for current output as contemplated under § 2 above) shall be presumed to have been transferred under duress and accordingly treated as looted property.1147 8. If identifiable looted works of art, books, archives, and other cultural treasures cannot be found, there should be an obligation on Germany to replace such articles by a comparable work of art or cultural treasure from their own public and private collections.1148 9. There should be established by all European countries, neutrals as well as belligerents, a freezing control on the exportation and importation of works of art, books, archives, and other cultural property.1149 10. The destruction of identifiable looted property by Allied bombing or other military action should not relieve Germany of the obligation to make reparation or to replace that property with other equivalent art. 11. In the application of the principle of replacement, such replacement should be so limited as not altogether to deprive Germany of access to cultural materials.1150 12. To carry out effectively the policies above set forth, consideration should be given to the creation of a United Nations committee, empowered to hold in trust and to administer the cultural resources of Germany, in order to repair, so far as possible,

1146

Die Roberts-Commission stellte dieses Prinzip in Diskussion, da man auch der Meinung sein konnte, dass durch den Angriff des Deutschen Reiches dieses für sämtlichen Schaden aufkommen müsste ohne Rücksicht darauf, ob er vorsätzlich rechtswidrig oder rechtens erfolgt war.

1147

Die Roberts-Commission wollte, dass jeder Kauf von Kunstgegenständen als nicht legal zustande gekommen angeschaut wird und aus diesem Grund nichtig ist. Das Prinzip geht davon aus, dass die rechtlichen Grundlagen, welche Deutschland als Teil seiner Besatzungspolitik einführte, nicht beachtet werden.

1148

Dieses Prinzip betrifft die „restitution in kind“. Sie gab in späterer Zeit immer wieder Anlass zu Diskussionen. So einfach die „restitution in kind“ tönt, so schwierig war sie jedoch zu verwirklichen. Komplikationen gab es da nur schon bei der Entscheidung, was ein analoger Gegenstand ist und aus was für Sammlungen diese Gegenstände genommen werden sollten. Die Roberts-Commission wollte sowohl auf private wie auch auf öffentliche deutsche Sammlungen zurückgreifen. Dabei sollte ein internationaler Gerichtshof entscheiden, was ein gerechter Ersatz für ein zerstörtes Kunstwerks ist.

1149

Die meisten Alliierten Staaten hatten bereits Gesetzgebungen in dieser Hinsicht erlassen. Siehe dazu S. 233 ff. Siehe aber für die Gesetzgebung in den Besatzungszonen auch S. 295 ff.

1150

Es war die Ansicht der Roberts-Commission, dass die Ersetzung von geraubten Kulturgütern, die entweder zerstört oder nicht mehr aufgefunden werden konnten, nur in limitierter Weise erfolgen sollte. Man wollte verhindern, dass Deutschland zu einer kulturellen Wüste wurde.

287

288

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten the injury done to communities and peoples deprived of access to art galleries, libraries, scientific museums, and cultural materials generally.1151

Die Roberts-Commission konnte nicht für alle Probleme Prinzipien entwickeln. So wurde beispielsweise die Frage, was mit Kulturgütern geschehen sollte, welche die Nazis von den eigenen Staatsangehörigen beschlagnahmt hatten, nicht behandelt. Unbeantwortet blieben sodann die Fragen, was mit Kulturgütern geschähe, welche man in einem ehemals besetzten Gebiet fand, welche jedoch aus einem anderen ehemals besetzten Gebiet stammten, oder was mit geraubten Kulturgütern geschehen sollte, die man in neutralen Staaten ortete.1152 Zur Integration der Prinzipien in die Gesetzgebung für die besetzten Zonen schlug die Roberts-Commission eine Überprüfung der Verwaltungsmassnahmen vor, die SHAEF in den besetzten Gebieten getroffen hatte.1153 Die Prinzipien sollten sodann die Draft Directive No. 2 vom 14. September 1944 unterstützen, und als wichtigster Punkt sollten sämtliche zukünftigen Militärverordnungen und Befehle, welche Kunstwerke betrafen, nur Kulturgüter umfassen und keine weiteren Restitutionsgüter beinhalten. Insbesondere ging es darum, dass die Roberts-Commission verhindern wollte, dass die Restitution von Kulturgütern zusammen mit anderen Gütern und Gebrauchsgegenständen erfolgte, da man grosse Wirren um Kulturgüter, aber auch Beschädigungen befürchtete.1154 Erst nachdem der Vorsitzende der Roberts-Commission den Staatsekretär mehrere Male um Antwort bezüglich dieses Memorandums gebeten hatte, sandte ihm dieser am 27. Februar 1945 ein Schreiben mit den Ansichten des State Departments über die Restitutionsprinzipien zu.1155 Mit Ausnahme der Prinzipien in Art. 6 und 12 wurden alle Prinzipien vom State Department genehmigt.

1151

Die Roberts-Commission schlug in diesem Prinzip vor, eine Kommission unter der Obhut der Vereinten Nationen zu gründen, um eine tatkräftige Behörde zur Verwaltung der deutschen Kulturgüter zu gewährleisten. Die Zerstörung und Beschädigung der deutschen Bibliotheken, Museen, Galerien und anderen kulturellen Instituten hatte nach Ansicht der Kommission ein derart immenses Ausmass, dass es ein kritisches Problem für den Wiederaufbau Deutschlands darstellte. Dabei sollte die Restitutionskommmission der Vereinten Nationen als Treuhänderin deutscher Kulturgüter im Einklang mit den Prinzipien geraubte Kulturgüter zurückerstatten und deutsche Kulturgüter konservieren.

1152

Siehe zur Beantwortung dieser zwei Fragen auch Empfehlungen VI des Final Act of United Monetary and Financial Conference, Bretton Woods, 22.07.1944.

1153

Siehe für die genauen schon in Kraft getretenen Massnahmen von SHAEF S. 306 ff.

1154

NA RG 239/11, Principles for the Restitution of works of Art, Books, Archives and other Cultural Property, 11.10.1944, Enforcement Measures, S. 7 f.

1155

Siehe Schreiben Acting Sectretary of State to the Chairman of the Roberts-Commission, 27.02.1944 in FRUS 1945, Vol. II, General & Political Economic Matters, Interest of the United States in Measures for the protection and salvage of Artistic and historic monuments in war areas, S. 933ff. Auch NA RG 239/42, Summary of a letter dated February 27, 1945, from acting Secreatry of State to the Honorable Owen J. Roberts, re the Restitution of works of art, books, archives and other cultural property.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Da Art. 6 einen allgemeinen Grundsatz statuierte und diesbezüglich auch die Reparationsproblematik tangierte, wollte sich das State Department dazu noch nicht definitiv äussern. Diese Frage musste zuerst als Grundsatz in der Übereinkunft mit den anderen Alliierten entschieden werden. Die Frage der Restitutionskommission (Art. 12) wurde vom Departement im Grundsatz gutgeheissen, doch sah es einen anderen Apparat für die Restitution von Kulturgütern vor.1156 Sehr skeptisch stand das Departement sodann einer Treuhandschaft von den in Deutschland befindlichen Kulturgütern gegenüber, da diesbezüglich noch kein politischer Plan bestand und es aufgrund der Situtation, dass die USA keinen Verlust an Kulturgüter hatte, sehr schwierig wäre, den Vorschlag bei den anderen Alliierten vorzubringen. Erst am 7. Juni 1945 erhielt der politische Berater der amerikanischen Delegation der European Advisory Commission (EAC) vom State Department einen Entwurf eines Gesetzes über die Prinzipien der Restitution von Kulturgütern.1157 Diese Prinzipien wurden sodann dem EAC und dem US Group CC weitergereicht. Die Briten und die Franzosen hatten die Amerikaner schon länger gedrängt, die Restitutionprinzipien zu diskutieren. Den Briten waren die Prinzipien bereits am 14. Mai 1945 vorgelegt worden.1158 Insgesamt waren die Briten mit dem Entwurf einverstanden. Differenzen bestanden bei einigen wenigen Formulierungen.1159 Die Briten waren zudem aus wissenschaftlichen Gründen gegen eine „restitution in kind“ von Archiven. Auch die Briten befürworteten jedoch eine „restitution in kind“ aus Beständen privater oder öffentlicher deutschen Sammlungen.1160 Sie spezifizierten jedoch diese Restitution, in dem sie eine zeitliche Limite vorschlugen, auf dass eine „restitution in kind“ nur dann in Frage käme, wenn innert zweier Jahre nach Stellung eines Begehrens die Sache nicht aufgefunden werden konnte. Die Franzosen, welche bereits Anfangs 1945 ihre Vorschläge für die Restitution von Kulturgütern vorgestellt hatten1161, waren mit den Vorschlägen der Amerikaner mehr oder weniger einverstanden, da sie das

1156

Siehe dazu S. 313 ff.

1157

NA RG 239/11, Principles for the Restitution of works of Art, Books, Archives and other Cultural property, 11.10.1944.

1158

Siehe NA RG 239/14, Report on Mission to Europe from Sumner McKnight Crosby, March 8 to June 10, 1945, 23.06.1945, S. 4 ff.

1159

Ein Problem bestand darin, dass eine Anzahl Transfers in besetzten Gebieten gutgläubig gewesen sind und auch mit einem gerechten Preis bezahlt worden waren. In Art. 7 wurde nun aber statuiert, dass sämtliche Übereignungen als unrechtmässig erfolgt waren. Hiebei bestand nun die Frage, ob auch solche Personen ohne Schadenersatz enteignet werden sollten.

1160

Siehe NA RG 239/14, Report on Mission to Europe from Sumner McK. Crosby, March 8 to June 10, 1945, 23.06.1945, S. 6 ff.

1161

NA RG 239/38 European Advisory Commission Restitution of Articles of cultural Value, Memorandum by the French Delegation, 1.03.1945.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Gefühl hatten, dass diese mit ihren Vorschlägen im Grossen und Ganzen übereinstimmten.1162 Am 12. Februar 1945 hatten auch die Vertreter der belgischen, französischen, luxemburgischen und holländischen Regierungen einen möglichen Restitutiontext vorgestellt, welcher sich mit der französischen Ansicht

1162

Der Französische Vorschlag lautet folgendermassen: Restitution of Articles of Cultural Value. Prominent among various articles which Germans have removed from the occupied countries, whether by looting or by transactions bearing a semblance of legality, (Inter-Allied Declaration of 5th January 1943), are works of art, books, archives and, in general, the whole cultural inheritance of those countries. The extent of this spoilation and the supreme importance of cultural values necessitate the adoption of particularly severe measures to ensure the return of such property to the looted countries, or, failing this, its replacement by other property of the same kind (EAC (45) 3, 9.01.1945). The Germans have already taken precautions to conceal articles stolen in the occupied countries, both in Germany and in foreign countries. To confine therefore, the measures suggested to a mere general obligation to restore looted property would be to put a premium on its concealment and on fraudulent practice by Germans. The French Delegation consider that the following action should be taken: 1. As from the date of surrender, the alienation, cession, transfer or export of any work of art or any article of artistic, historical, scientific, religious or cultural value (called in this Memorandum „articles of cultural value“ shall be forbidden, except where specifically authorised by Allied Representatives. 2. All articles of cultural value which have been taken away by Germany during the Occupation of the whole or any part of the territory of an Allied State shall be replaced or restored. Such property must be restored if it’s identified and found to be in a good state of preservation. Otherwise, it must be replaced by other articles of cultural value. Replacement in kind may always be demanded if the looted property has not been identified within 6 month after surrender. 3. In order to ensure that replacement in kind is carried out, articles will be selected from museums and public and private collections in enemy territory by Allied authorities appointed for this purpose. 4. The articles will be handed over free of any encumbrance or obligation whatsoever. All measures necessary to ensure restitution will be taken by the Allied Representatives, who will determine the procedure to be followed. 5. Germany will immediately supply the Allied Representatives with all information, records, catalogues, inventories and documents likely to be assistance in retrieving property which has been removed or in replacing the same. 6. A special section of the organisation proposed for dealing with the problem of Restitution (EAC (45) 3) should set up to carry out the measures proposed above. It would be advisable that this section should be established immediately in order to study the executive details of this scheme and to receive forthwith the applications of the various states concerned. The French Delegation consider it advisable that these measures should be notified to the military authorities before surrender in order that they can be given immediate effect in those parts of German territory which have already been occupied (NA RG 43/EAC19/File 302-European Advisory Commission, Restitution of Articles of Cultural Value. Memorandum by the French Delegation, 3.03.1945 (EAC [45] 22).

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

deckte.1163 Wichtig war für die Franzosen, dass ein „Replacement in Kind“ durchgeführt werden sollte. Sie interpretierten dieses „Replacement in Kind“ aber nicht so, dass ähnliche Kulturgüter für solche, welche verloren gegangen, zerstört oder stark beschädigt wurden, zurückgegeben werden sollten. Ihre Intention war es, Listen mit nicht wieder aufgefundenen Objekten vorzubereiten und diese zu schätzen. Das Total der Schätzungen sollte danach Deutschland in Rechnung gestellt werden, indem die Franzosen und die anderen involvierten europäischen Staaten eine relativ kleine Anzahl von wichtigen deutschen Kulturgütern im gleichen Wert übereignet bekämen.1164 Im April 1945 sandten sodann die Regierungen von Belgien, Holland und Luxemburg der britischen Regierung Vorschläge für Restitutionsprinzipien zu. Diese wurde von den Briten der EAC mitgeteilt.1165 Die Prinzipien deckten sich mit den französischen Vorschlägen.1166 Als wichtigste Grundsätze war vorgesehen, dass alle gestohlenen Kulturgüter zurückgegeben oder anderswie ersetzt werden sollten.1167 Ein Ersatz war dann vorgesehen, wenn sechs Monate nach der Kapitulation ein Gegenstand nicht aufgefunden werden konnte.1168 Sämtliches Eigentum (Immobilien, Mobilien, Rechte etc.) von Staaten und deren Angehörigen, welches in feindliches Gebiet überführt wurde, sollte von Deutschland wieder zurückgegeben werden. Wenn die Eigentümer nicht aufgefunden werden konnten, sollte eine Rückschaffung an die betreffenden Staaten erfolgen. Dabei sollte der Feind sämtliche Unterlagen über das fragliche Objekt herausgeben und die Besitzesverhältnisse mitteilen.1169 1163

1164

1165

1166 1167

1168

1169

NA RG 239/37, Les représentants des ministères de l’instruction publique des quatre gouvernements de Belgique, France, Luxemburg et Pays-Bas, chargés de s’occuper des questions de restitution des biens culturels se sont unis entre eux le lundi 12 février. Restitutions des Biens culturels. Siehe NA RG 239/14, Report on Mission to Europe from Sumner McK. Crosby, March 8 to June 10, 1945, 23.06.1945, S. 7. NA RG 43/EAC/ File 134 (Germany-Directives), Looted works of Art EAC, Memorandum by the UK Representative, EAC (45) 54, darin enthalten sind Kopien der Vorschläge der belgischen, luxemburgischen und holländischen Regierung vom 3.04.1945, die identisch sind. NA RG 239/38, European Advisory Commission Looted Art of works, 3.04.1945. Art. II: „Looted Articles covers all property which have been looted by the enemy from the national heritage as it existed before the occupation, either directly by acts of removal or dispossession, or indirectly by purchases or deals, whatever means of payment have been employed“. Art. III. Die nationale französische Restitutionskommission ging in ihrem Vorschlag von einem Zeitrahmen zwischen 3 bis 6 Monaten aus und wollte danach eine „restitution in kind“ für die nicht aufgefundenen Objekte durchsetzen. Siehe dazu NA RG 239/11 Summary of an account of the progress of the French National Restitution Commission given by President M. Henraux to the Commission for Protection and Restitution of Cultural Material at its 16th meeting held in London on April 6th 1945. Die europäischen Staaten versuchten damit zum ersten Mal, im Rahmen der Restitution von Kulturgütern dem Umstand der Verschleppungen und des Holocausts, aber auch der kriegsbedingten Migration Rechnung zu tragen.

291

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die belgische Regierung reservierte sich sodann das Recht, eine separate Erklärung bezüglich Objekten von wissenschaftlichem Wert abzugeben. Die übrigen europäischen Staaten waren jedoch überwiegend der Meinung, dass wissenschaftliches Material und Laborgeräte separat behandelt werden sollten. Grosse Uneinigkeiten bestanden zudem auch bei der Definition der verschiedenen Begriffe.1170 Der Unterschied zu den amerikanischen Prinzipien bestand darin, dass die Amerikaner eine Periode von zwei Jahren vorsahen, während der europäische Vorschlag von 6 Monaten ausging (Art. 4 und 8).1171 Unstimmigkeiten gab es zudem auch bei der Umschreibung der Kulturgüter, da in der französischen Definition von „objet d’art“ nicht zwischen wissenschaftlichen Sammlungen und wissenschaftlichen Forschungsgegenständen unterschieden wurde.1172 Die Macmillian Kommission befürwortete ebenfalls eine „restitution in kind“ für Kulturgüter. Sie bezeichnete eine solche auch als geradezu wünschenswert. Sie wollte jedoch in die Definition von Kulturgütern die Archive nicht integrieren, da für sie Archive eine wissenschaftliche Basis darstellten und daher nicht als Güter für eine „restitution in kind“ in Frage kommen sollten. Ihrer Ansicht nach sollte ein solches „Replacement“ mit Vorsicht benutzt werden und auf ein Minimum beschränkt sein. Ausserdem sollten religiöse Gegenstände aus Deutschland nicht unter die Güter für eine „restitution in kind“ fallen.1173 Das amerikanische State Department fügte ebenfalls noch zwei weitere Prinzipien ein, welche Kulturgüter anbelangte, die für religiöse Zeremonien benutzt wurden oder kirchliches Eigentum betraf. Diese sollten von jeglichem „replacement in kind“ ausschlossen werden.1174 Wie oberwähnt wurde im Juni 1945 ein Entwurf über diese Prinzipien in der EAC zirkuliert.1175

1170

NA RG 239/38, European Advisory Commission Looted Art of works, 3.04.1945. EAC 44 (22).

1171

Die Amerikaner folgten bei der Überarbeitung des Textes den Vorschlägen der britischen Regierung. Siehe NA RG 239/41, Letter Ambassador in the UK to Secretary of State, 3.04.1945, S. 4.

1172

NA RG 239/38, Principles for Restitution of Cultural Materials, comparison of US Study Draft with Memo of UK Representative (Belgian Proposals) (EAC (45) 22), 21.05.1945.

1173

NA RG 239/38, MacMillan Committee’s Memorandum, 16.05.1945.

1174

NA RG 239/41, Notes on Conference in State Department, Memorandum for the files by James Gilmore, 14.04.1945.

1175

Siehe dazu FO 371/45769, Draft Agreement on Principles governing Restitution of cultural property. Auch Memorandum by the United States Representative on the European Advisory Commission, London 11.06.1945 in FRUS 1945, Vol. II, General & Political Economic Matters, S. 943 ff.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik Draft Agreement on Principles governing Restitution of cultural property (EAC [45]59) 1. There should be an unlimited obligation on Germany to restore identifiable looted works of art, books, artistic or historic archives, and other artistic or historic property. 2. Looted property shall be claimed through the existing governments of the territories where the property had its situs and not directly by the former owners individually. Looted property or replacement therefore shall be delivered to such Governments. 3. The return of such property should not count as a credit against Germany’s reparation obligations. 4. Looted property should be returned in the condition in which it is found. If a claimant Government accepts a returned object in a damaged or deteriorated condition it may enter a claim on reparation account for such damage or deterioration but may not demand replacement in kind in compensation therefore. 5. The destruction by Allied bombing or other military action of artistic and historic property known to have been looted shall not relieve Germany of the obligations to make reparation or to replace that property with other comparable artistic or historic property. 6. Restitution of artistic or historic objects shall be restricted to identifiable property in existence prior to German occupation. 7. All artistic or historic property removed to Germany during the period of German occupation shall be deemed to have been transferred under duress and accordingly treated as looted property. 8. If identifiable looted works of art, books, historic or artistic archives, and other artistic or historic property cannot be found, there shall be an obligation on Germany to replace such articles by comparable objects from German public and private collections. 9. Works of art and objects of artistic and historic value used in connection with religious ceremonies or edifices of any faith which have proved ecclesiastical ownership prior in German public or private collections may not be used for reparations. 10. Pending the determination of claims for restitution or replacement in kind, works of art, books, artistic or historic archives and other artistic or historic treasures in German public or private collections may not be used for reparations. 11. In the application of the principle of replacement, replacements shall be so limited as not altogether to deprive Germany of artistic or historic materials. 12. The four Governments will urge that all European countries establish a freeze on the exportation and importation of works of art, rare books, artistic or historic archives and other artistic or historic property which has been looted by Germany. The freeze should be followed by provision for the licensing of transactions which would have no harmful effects and which would provide a means for carrying on such commercial transactions as may be possible and proper.

Auffallend an der eingereichten Version des Entwurfes ist, dass die Direktive ausschliesslich für Kulturgüter Geltung haben sollte. Der Geltungsinhalt der einzelnen Grundsätze wurde jeweils genau abgegrenzt. Insbesondere sollten die

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Prinzipien nur für künstlerische oder historische Archive gelten. Nicht vergessen gehen darf dabei, dass die Frage der Restitution von Kulturgüter innerhalb des gesamten Komplexes der Nachkriegsplanung von Deutschland einen sehr untergeordneten Stellenwert genoss. Trotzdem war sich die amerikanische, aber insbesondere auch die britische Regierung bewusst, dass die Frage der Kulturgüter in den ehemaligen von den Nazis besetzten Staaten einen besonderen Stellenwert hatte. Eine zeitgerechte und gut geregelte Rückgabe wichtiger Kulturgüter der einzelnen europäischen Staaten half die Wogen innerhalb des kriegverwüsteten Europas zu glätten und die gesamte Politik für Deutschland umzusetzen. In diesem Sinne spielte die Frage der Kulturgüter doch eine zentrale Rolle. Der amerikanische Entwurf stützte sich auf die Londoner Erklärung von 1943. Er vermied stark umstrittene Problemkreise in der amerikanischen Politik, indem sie sich in keiner Weise zu einer internationalen Restitutionskommission äusserte und es vermieden wurde, Kulturgüter als Reparationsgüter zu bezeichnen. Trotzdem wurde der Entwurf in der EAC nicht genehmigt. Auf der einen Seite waren die Franzosen mit den Prinzipien grundsätzlich einverstanden, wollten jedoch eine andere Vorgehensweise und versagten dem Entwurf deshalb die Genehmigung. Sie wollten zum einen mittels Druck der „restitution in kind“ die Deutschen zwingen, die Örtlichkeiten der Beutekunstwerke bekanntzugeben, und wollten selbst zwischen „restitution in kind“ und einer Kompensation in Geld auswählen können. Der Konflikt zwischen den Amerikanern und den Franzosen beruhte darauf, dass beide das Restitutionsproblem von verschiedenen Perspektiven sahen. Die USA favorisierten eine Reparation, welche sich auf bestimmte industrielle und landwirtschaftliche Produkte beschränkte, und eine Restitution, die sich auf Kunstgegenstände, Versicherungspolicen und verschiedene Typen von Kapitalwerten beschränkte. Die Franzosen wiederum befürworteten eine breite Palette von Restitutionen und Reparationen und insbesondere eine „restitution in kind“ von sämtlichen kulturellen Gegenständen und sonstigen Vermögenswerten Deutschlands. Auf der anderen Seite konnte auch keine Genehmigung des Entwurfes erzielt werden, da die sowjetische Delegation in der EAC überhaupt keine Stellung bezog. Da man weder bei den Restitutionsprinzipien noch bei den Definitionen in Bezug auf die Restitution von Kulturgütern Fortschritte erzielte, wurden die Diskussionen auf die Bildung einer Restitutionskommission verlagert.1176 Von Anfang an beabsichtigte die amerikanische Regierung, falls die Prinzipien nicht in der EAC besprochen und genehmigt wurden, diese als Grundsätze in die Gesetze, Verordnungen und Befehle der US Group CC einzufügen und als Basis für Diskussionen im alliierten Kontrollrat zu benutzen.1177 1176

Dazu siehe unten S. 313 ff.

1177

NA RG 239/7, Report on Mission to Europe, March 8 to June 10, 1945, 23.06.1945, S. 4.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

III.

Weitere Regelungen der USA und der Alliierten in Bezug auf den Schutz von Vermögenswerten und die Restitution

1.

Military Regulations Nr. 52

Im August 1944 war eine britisch-amerikanische Planungsgruppe für die eventuelle Besetzung von Deutschland errichtet worden. Die europäischen Alliierten drängten bereits im September 1944 auf adäquate militärische Bemühungen zur Verhinderung einer Verlagerung der durch die Nazis geraubten Kulturgüter aus Deutschland in ein neutrales Land.1178 Zur selben Zeit wurde der Entwurf der „Draft Directive No. 2“ formuliert, und allgemeine Verhandlungen bezüglich Kulturgüter wurden in London abgehalten. Die Führungsspitze der alliierten Streitkräfte befürchtete, dass die Nazis für einen Wiederaufbau Vermögenswerte, insbesondere wertvolle Kulturgüter wie Gemälde, Skulpturen und rare Bücher ins Ausland brachten. Die militärische Führung im SHAEF konsultierte daraufhin Francis Henry Taylor und Mason Hammond sowie weitere Spezialisten, welche mit der EAC zusammengearbeitet hatten, um angemessene Massnahmen zu treffen. Das SHAEF entschied dabei, dass die beste temporäre Massnahme ein Transferverbot von sämtlichem Eigentum auf deutschem Territorium, sobald es unter alliierte Kontrolle geriet, sei.1179 Nachdem die Amerikaner von den Briten Konkurrenz erhielten, veröffentlichte SHAEF am 26. September 1944 das Militärregierungsgesetz Nr. 52. Sämtliche Transaktionen von Kulturgütern von einigem Wert und Wichtigkeit, ohne dass es dabei auf den Eigentümer oder die Besitzesverhältnisse ankam, war verboten. Gesetz Nr. 52 Sperre und Kontrolle von Vermögen Artikel 1: Arten von Vermögen 1. Vermögen innerhalb des besetzten Gebietes, das unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise im Eigentum oder unter der Kontrolle der folgenden Personen steht, wird hiermit hinsichtlich Besitz oder Vermögensrecht der Beschlagnahme, Weisung, Verwaltung, Aufsicht oder sonstigen Kontrolle durch die Militärregierung unterworfen: a) das Deutsche Reich oder eines seiner Länder, Gaue, oder Provinzen oder eine andere staatliche oder eine kommunale Verwaltung, deren Dienststellen und Organe, einschliesslich aller gemeinwirtschaftlicher Nutzungsbetriebe, Unter-

1178

Memorandum „Upon the measures to be taken immediately upon the occupation of Germany“, 6. September 1944, File August 25, 1943, Meeting „Minutes of Meetings“ RG 239.

1179

Report Roberts-Commission, S. 12.

295

296

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten nehmen, öffentlicher Körperschaften und Monopolbetriebe, die durch irgendeine der vorgenannten Verwaltungskörper kontrolliert werden; b) Regierungen, Staatsangehörige oder Einwohner von Staaten, – mit Ausnahme des Deutschen Reiches –, die sich mit einem Mitglied der Vereinigten Nationen zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem 1.09.1939 im Kriegszustande befanden, und Regierungen und Staatsangehörige und Einwohner von Ländern, die seit diesem Tage von den vorgenannten Staaten oder von Deutschland besetzt waren; c) Die NSDAP, deren Ämter und Stellen, Formationen und Organisationen, die zur NSDAP gehören, der NSDAP angeschlossen sind oder von ihr betreut werden; deren Beamte und diejenigen ihrer leitenden Mitglieder oder Anhänger, die von der Militärregierung bezeichnet werden; d) Alle Personen, so lange wie sie von der Militärregierung in Haft oder sonst in Verwahrung gehalten werden; e) Alle Organisationen, Klubs oder andere Vereinigungen die von der Militärregierung verboten oder aufgelöst werden; f) Eigentümer ausserhalb des Kontrollgebietes des Obersten Befehlshabers, sowie Regierungen und Staatsangehörige der Vereinigten Nationen und neutraler Staaten; g) Alle anderen Personen, die von der Militärregierung durch Veröffentlichung in Listen oder auf andere Weise bezeichnet werden. 2. Der Beschlagnahme hinsichtlich Besitz oder Eigentumsrecht, der Weisung, Verwaltung, Aufsicht oder sonstigen Kontrolle durch die Militärregierung ist gleichfalls Vermögen unterworfen, das Gegenstand von Zwang, rechtswidriger Massnahmen der Beschlagnahme, Besitzesentziehung oder Plünderung in Gebieten ausserhalb Deutschlands gewesen ist, gleichgültig, ob dies auf Grund von Gesetzgebung, von Verfahren, die rechtliche Formen zu beachten vorgaben, oder auf andere Weise geschehen ist. Artikel II: Verbotene Handlungen 3. Sofern nicht nachstehend etwas anderes bestimmt ist oder sofern nicht die Militärregierung ihre Ermächtigung oder Anweisung dazu erteilt hat, darf niemand Vermögen der nachbezeichneten Art einführen, erwerben, in Empfang nehmen, damit handeln, es verkaufen, vermieten, übertragen, ausführen, belasten oder sonstwie darüber verfügen, es zerstören oder den Besitz, die Verwahrung oder Kontrolle darüber aufgeben: a) Vermögen, das in Artikel I aufgezählt ist; b) Vermögen im Eigentum oder unter der Kontrolle eines Kreises, einer Gemeinde oder einer sonstigen staatlichen oder kommunalen Verwaltung; c) Vermögen im Eigentum oder unter der Kontrolle einer Institution, die dem öffentlichen Gottesdienst, der Wohlfahrt, der Erziehung, der Kunst oder den Wissenschaften gewidmet ist; d) Kunstbesitz und Kulturgegenstände von Wert oder Bedeutung, ohne Rücksicht auf Eigentum oder Kontrolle. Artikel III: Verpflichtungen hinsichtlich der Verwaltung des Vermögens 4. Alle Verwahrer, Pfleger, Amtspersonen oder andere Personen die Vermögen der in Artikel I oder II aufgezählten Art in Besitz, in Verwahrung oder unter Kontrolle haben, unterliegen den folgenden Verpflichtungen:

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik a)

i) sie müssen das Vermögen nach den Weisungen der Militärregierung verwalten und dürfen bis zum Erlass einer solchen Weisung dieses Vermögen weder übertragen noch aushändigen noch anderweitig darüber verfügen; ii) sie müssen das Vermögen pfleglich behandeln, unversehrt erhalten und beschützen und dürfen nichts unternehmen, das den Wert oder die Brauchbarkeit derartigen Vermögens beeinträchtigt, noch derartige Handlungen durch Dritte zulassen; iii) sie müssen hinsichtlich des Vermögens und dessen Einnahmen genaue Aufzeichnungen führen und Abrechnungen aufstellen;

b) sie müssen nach Massgabe der Weisungen der Militärregierung: i)

Berichte einreichen und darin die hinsichtlich dieses Vermögens verlangten Angaben machen, sowie alle das Vermögen betreffenden Einnahmen und Ausgaben aufführen;

ii) die Verwahrung, den Besitz oder die Kontrolle solchen Vermögens und alle darauf bezüglichen Bücher, Aufzeichnungen und Abrechnungen übertragen und aushändigen und iii) über das Vermögen, dessen Einnahmen und dessen Früchte Rechenschaft ablegen. 5. Niemand darf eine Handlung oder Unterlagen begehen, verursachen, noch durch Dritte zulassen, sofern hierdurch Vermögen, das den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt beschädigt oder verheimlicht wird. Artikel IV: Behandlung von Geschäftsunternehmen und öffentlichen Vermögen 6. Vorbehaltlich anderweitiger Anordnungen und weiterer Beschränkungen, die von der Militärregierung erlassen werden können, wird folgendes bestimmt: a) jedes geschäftliche Unternehmen, das der Kontrolle auf Grund dieses Gesetzes unterliegt, kann alle Geschäfte eingehen, die normalerweise der gewöhnliche Geschäftsbetrieb innerhalb des besetzten Gebietes Deutschlands mit sich bringt, vorausgesetzt, dass das Unternehmen nicht Geschäfte eingeht, die unmittelbar oder mittelbar die Werte des Unternehmens erheblich vermindern oder gefährden oder sonst seine finanzielle Lage nachteilig beeinflussen. Diese Bestimmung ermächtigt nicht zur Eingehung von Geschäften, die aus anderen als diesem Gesetz beruhenden Gründen verboten sind; b) sofern nicht die Militärregierung ein Verbot erlässt, darf Vermögen der in Artikel I, i (a) beschriebenen Art entsprechend seinem normalen Gebrauchszweck benutzt werden. Artikel V: Nichtige Geschäfte 7. Nichtig ist jedes verbotene Geschäft, das ohne ordnungsgemäss erteilte Genehmigung oder Ermächtigung der Militärregierung abgeschlossen wird, sowie jede Übertragung, jeder Vertrag und jede Vereinbarung, gleichgültig ob diese Geschäfte vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getätigt wurden, vorausgesetzt, dass die Absicht bestand, die Befugnisse oder Aufgaben der Militärregierung oder die Rückgabe von Vermögen an den berechtigten Eigentümer zu vereiteln oder zu umgehen. Artikel VI: Widerspruch zwischen den Gesetzen 8. Im Falle eines Widerspruches zwischen diesem Gesetz oder einer aufgrund derselben erlassenen Anordnung und deutschem Recht, geht das erstgenannte vor. Alle

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten deutschen Gesetze, Erlasse und Bestimmungen, die Beschlagnahme, Einziehung oder Zwangsankauf von Vermögen der in Artikel I und II aufgezählten Art vorsehen, werden hiermit ausser Kraft gesetzt. Artikel VII: Begriffsbestimmungen 9. Für die Zwecke dieses Gesetzes gelten die folgenden Begriffsbestimmungen: a) „Personen“ bedeutet jede natürliche Person, Gesamthandsgemeinschaft und juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, ferner einer Regierung einschliesslich staatlicher und kommunaler Verwaltungen, Körperschaften des öffentlichen Rechts, deren Dienststellen und Organe; b) „Geschäftliche Unternehmen“ bedeutet jede Person der unter (a) beschriebenen Art, die sich auf dem Gebiet des Handelns und der Industrie oder der öffentlichen Wohlfahrt betätigt; c) „Vermögen“ bedeutet jedes bewegliche und unbewegliche Vermögen sowie alle Rechte und Interessen oder Ansprüche auf solches Vermögen, gleichgültig ob diese fällig sind oder nicht. Es schliesst ein, ist aber nicht beschränkt auf: Grundstücke und Gebäude, Geld, Beteiligungen, Aktien, Patente, Gebrauchsmuster oder Lizenzen für deren Ausübung und andere Urkunden zum Nachweis von Eigentum, Schuldverschreibungen, Bankguthaben, Ansprüche, Verbindlichkeiten, andere Urkunden zum Nachweis von Verbindlichkeiten, sowie Kunstbesitz und andere Kulturgegenstände; d) ein „Staatsangehöriger“ eines Staates oder einer Regierung bedeutet ein Untertan oder Staatsbürger oder eine Personenvereinigung, Körperschaft oder sonstige juristische Person, die aufgrund der Gesetze eines derartigen Staates oder einer derartigen Regierung besteht oder in dem Gebiet eines derartigen Staates oder einer derartigen Regierung eine Niederlassung hat; e) „Deutschland“ bedeutet das Gebiet des Deutschen Reiches wie es am 31.12. 1937 bestanden hat. Artikel VIII: Strafen 10. Jeder Verstoss gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes wird nach Schuldigsprechung des Täters durch ein Gericht der Militärregierung nach dessen Ermessen mit jeder gesetzlich zulässigen Strafe, einschliesslich der Todesstrafe, bestraft. Artikel IX: Inkrafttreten 11. Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner ersten Verkündigung in Kraft. Im Auftrage der Militärregierung 1180

Das Gesetz war noch während den letzten Kriegshandlungen in den westlichen Zonen von den jeweils zuständigen Militärbefehlshabern verkündet worden und galt für in der von den drei westlichen Befehlshabern erlassenen Fassung in der jeweiligen Zone.1181 Es sollte die Sicherstellung von Kriegsbeute gewährleisten und dadurch die Vorbereitungen zu Wiedergutmachungsleistungen ermöglichen.

1180

Anders, Gesetze Militärregierung (Amerikanische Zone), D. 52.

1181

Für die französische Zone galt die Fassung vom 3.03.1947.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Als die alliierten Streitkräfte in Deutschland einmarschierten, wurde in der amerikanischen sowie in der britischen Zone das Gesetz Nr. 52 in Kraft gesetzt. Die Bestimmungen in der JCS 1067/6 stimmten bezüglich der Kontrolle und Sperre von Vermögenswerten mit diesem Gesetz überein. Das Gesetz Nr. 52 verlangte nicht, dass die Militärregierung die unmittelbare Kontrolle über das Eigentum übernahm.1182 Es statuierte lediglich das Recht dazu. Das einzige Gesetz, das die Übernahme der Kontrolle von Vermögenswerten und Eigentum aller Art vorschrieb, war das Gesetz Nr. 2 des Kontrollrates.1183 Nach Erlass des Gesetzes Nr. 52 war Eigentum, auf das das Gesetz Anwendung fand, automatisch blockiert. Für die Durchsetzung dieses Gesetzes war sodann mit Ausnahme von Eigentum, welches direkt von der Militärregierung (Property Control Branch of Finance Division, OMGUS) kontrolliert wurde, die „Foreign Exchange and Blocking Control Branch“ der Finanzabteilung in OMGUS zuständig.1184 Für die Streitkräfte publizierte SHAEF eine Proklamation, in welcher es zusammen mit der Militärregierung Deutschlands den Verkauf, Transfer und Export von Kulturgütern verbot. Die Angehörigen der alliierten Streitkräfte wurden aufgefordert, keine solchen Objekte zu kaufen oder anderweitig zu verschieben.1185 Das SHAEF und die USFET ergänzten die Proklamation am 30. April 1945 respektive am 14. Juli 1945 nochmals. Im Gegensatz zu anderen Gesetzen der Alliierten1186 bezweckte das Gesetz Nr. 52 nur die Sicherstellung und Kontrolle von Raubgut. Dabei ist von „duress“, „wrongful acts of confiscation“, dispossession“ oder „spoilation“ die Rede.1187 Es war gleichgültig, ob eine solche Einziehung aufgrund einer Gesetzgebung oder von Verfahren, die rechtliche Formen zu beachten vorgaben, oder auf andere Weise geschehen war. Die Bestimmung beschränkte demnach die von ihr erfassten Objekte auf solche, die durch rechtswidrige Massnahmen ihrem Eigentümer entzogen wurden. Dabei muss auch vorausgeschickt werden, dass der alliierte Kontrollrat im Gesetz Nr. 1 „Aufhebung von Nazis Gesetzen“ spezifisch nationalsozialistische 1182

Siehe Art. I Ziffer 1.

1183

Law No. 2, Providing for the termination and liquidation of the Nazi organisations in Anders, Gesetze Militärregierung (Amerikanische Zone), C 2. Das Gesetz statutierte, dass sämtliches Grundeigentum, sämtliche Ausrüstungsgegenstände, Vermögenswerte, Konten, Unterlagen und Archive von den in der amerikanischen Besatzungszone verbotenen Organisationen zu konfiszieren sei.

1184

NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall/81, OMGUS Problems in formulating a longrange Program for the ultimate disposition of property, 26.03.1946, Tab B, S. 3.

1185

PRO WO 220/611, SHAEF APO 757, 21.11.1944, Prohibition of Sale and Export of Works of Art in Germany.

1186

Siehe insbesondere Proklamation Nr. 2 vom September 1945, dazu unten S. 308.

1187

Siehe Art. II, Ziff. 2 Law No. 52, amended 3.04.1945.

299

300

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Gesetze aufgehoben und darüber hinaus auch Normen erlassen hat, welche die nationalsozialistischen Rechtsanwendungs-, Rechtsfindungs-, und Auslegungsmethoden beseitigte.1188 Damit wurden den von den Nationalsozialisten erlassenen Gesetzen und den darauf basierenden Eigentumsübergängen die rechtliche Wirkung entzogen. Daneben nimmt die „Military Regulation No 52“ in Art. 1 Ziff. 2 auch direkten Bezug auf die Londoner Erklärung von 1943. Der Umfang der betroffenen Objekte war in der Londoner Erklärung jedoch weiter als im Gesetz Nr. 52 und schloss auch Eigentum ein, das unter Gewalt oder Zwang aus dem besetzten Gebiet entfernt worden war und danach gutgläubig erworben worden war und sich in den besetzten Gebieten befand.1189 Andererseits umfasste das Gesetz nicht nur Objekte, die den Alliierten oder ihren Angehörigen gehört hatten, sondern auch Objekte, welche im Eigentum deutscher oder neutraler Staatsangehöriger gewesen und die unzulässigen Massnahmen unterworfen waren. Explizit sind in Artikel II Ziffer 3 Absatz d des Gesetzes Kunstbesitz und Kunstgegenstände von Wert und Bedeutung, ohne Rücksicht auf Eigentum oder Kontrolle erwähnt. Schwieriger zu verstehen ist, was unter „work of art or cultural material of value or importance“ genau verstanden werden muss. Unter Kulturgüter verstand man alle Sachen, die, ohne notwendig durch menschliche Bearbeitung zu Kunstgegenständen geworden zu sein, wegen des mit ihnen verknüpften geschichtlichen Interesses (im weitesten Sinne) oder wegen ihrer einen besonderen Schutz rechtfertigenden Seltenheit oder Eigenart für die Allgemeinheit erhalten zu werden verdienen. Historische Erinnerungsstücke, wie die unter Naturschutz stehenden beweglichen und unbeweglichen Sachen, waren in erster Linie dazu zu rechnen. Wann ein Kulturgut, insbesondere ein Kunstwerk, im Sinne der Bestimmung von Wert oder Bedeutung ist, lässt sich allgemein nicht sagen. Die Frage wurde dann bejaht, wenn die Gegenstände in einem öffentlichen Museum Aufnahme gefunden haben oder zweifellos aufgenommen würden. In anderen Fällen kamen nur Gegenstände in Betracht, die bei Anlegung eines strengen Massstabes den guten Durchschnitt nach Meinung der Sachverständigen erheblich überwiegten.1190 Diese Definition befriedigt jedoch nicht ganz. Zu sehr wurde auf das Geratewohl eine Umschreibung der Begriffe versucht. Die „Military Regulation Nr. 52“ ist als Teil einer umfangreichen Erarbeitung von Gesetzen und Studien über die Restitutionsproblematik zu sehen und ist aus diesem Grund nicht selbständig zu

1188

Anders, Gesetze Militärregierung (Amerikanische Zone), Law No. 1, Repealing of Nazi Laws, C1. Ausführlich zum Entstehen dieses Gesetzes auch Etzel, insbesondere S. 25 ff.

1189

Siehe dazu auch Fiedler, Die alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 205 und S. 214 f.

1190

Siehe auch Dölle/Zweigert, Gesetz Nr. 52; S. 185 f.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

betrachten. Das Gesetz entstand in derselben Zeit und wurde im SHAEF von denselben Personen entworfen, die auch in der EAC an den Prinzipien über die Restitution von Kulturgütern und an der „Draft Direktive Nr. 2“ gearbeitet hatten. In der Draft Direktive Nr. 2 wurden dabei in Artikel 3 die zur Diskussion stehenden Begriffe „works of art“ und „other cultural material“ genau definiert.1191 Eine ähnliche Definition des Begriffes „Cultural objects“ findet man ebenfalls in den „US Military Regulations“, Title 18.1192 Bei genauerer Betrachtung ist jedoch auch hier eine genaue Abgrenzung, welche Kulturgüter wertvoll oder wichtig waren, unterblieben. Als eine mögliche Abgrenzung kann die Section 5 (b) des amerikanischen „Trading with the Enemy Act“ und der TD 510721193 herangezogen werden. In dieser werden sämtliche Transfers von Kunstgegenständen, welche einen Wert von US $ 5’000 überschreiten oder von besonderer Wichtigkeit sind, verboten.1194 In der parallelen Direktive der britischen Regierung ist jedoch keine solche Abgrenzung getroffen worden.1195 Die Militärjuristen in OMGUS limitierten den Begriff Kunstgegen-

1191

Dabei heisst es „The phrase „works of art and other cultural materials“ covers all objects or materials of artistic, historic, scientific or other cultural importance or value. The phrase includes archives, records, or documents of historic, scientific exhibits, specimens or equipment of a research or educational character or pertaining to cultural history, so far as such archives and scientific materials are not covered by the Directive on „Securing and Examining Information and Archives“.

1192

Da heisst es: „Cultural materials“ includes all cultural objects and archives, books and miscellaneous documents as defined in MGR 18-102.1, 18-102.2 and 18-102.3, except current commercial archives. The term „cultural objects“ includes all moveable goods of importance, or values either religious artistic, documentary, scholarly or historic, the disappearance of which constitutes a loss to the cultural heritage of the country concerned. This definition includes a loss to the cultural heritage of the country concerned. This definition includes recognized works of art as well as such objects as rare musical instruments, books and manuscripts, scientific documents of a historic or cultural nature, and all objects usually found in museums and historic archives. Unter „Archives, Books, and Miscellaneous Documents“ verstand man: „The term cultural and historic archives includes all accumulations of documents, public, private or ecclesiastical, which relate to the functions or institutions now inactive which are not within the province of other military authorities“. Siehe dazu US Military, Title 18, MFAA, vom 12.02.1947 abgedruckt in Germany 1947– 1949, The Story of documents, Dep. of State pub. 3556, Washington, US Government Printing Office, 1955, S. 618 ff. Teilweise auch NA RG 260/Prop/Ardelia Hall Collection/83. Aber auch NA RG 59/Ardelia Hall/28, External Restitution of Cultural Property, S. 15.

1193

Siehe oben S. 236 ff.

1194

Siehe dazu T.D. 51072, US Treasury Department, June 15. 1945, Documents pertaining to Foreign Funds Control. Siehe auch NA RG 239/29, Misc. Material L, Customs Duties.

1195

Siehe dazu United Kingdom, Trading with the Enemy Act 2 and 3 Geo. 6, c. 89, September 1939, as amended Statutory Rules & Orders 1940, Nos. 1092, 1214, 1289 in Domke, Appendix N, S. 469 ff.

301

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

stand auf solche Gemälde, bei welchen die Kritiken sich einig sind, dass diese eine substantielle Leistung beinhalten und nicht nur von einem temporären Interesse sind. Beim Begriff „cultural material of value and importance“ müsse man den Wert und die Wichtigkeit des Gegenstandes, welcher dieser in der Kunstwelt besitzt, heranziehen. Trotzdem sei aber auch der Geldwert eines solchen Kunstobjektes als Faktor für seinen Wert und seine Wichtigkeit zu berücksichtigen.1196 Nach Artikel I Ziffer 1 kommen sodann nur solche Objekte oder solches Vermögen als Gegenstand möglicher Massnahmen in Betracht, die im besetzten Gebiet lagen. Unter besetztem Gebiet ist dabei auch ein Ort zu verstehen, der zwar nicht besetzt ist, jedoch im Herrschaftsbereich der Besatzmacht liegt, welche politische Gewalt über den Ort ausüben kann. Eingeschränkt wird dabei das besetzte Gebiet, indem sich das Gesetz nur auf das Gebiet Deutschlands vom 31. Dezember 1937 bezog.1197 Für alle körperlichen Gegenstände wie die Kunstgegenstände ergab sich der Ort mit der Belegenheit. Das deutsche im Ausland belegte Vermögen wurde durch das Gesetz Nr. 52 nicht berührt. Dazu wurde das Kontrollratgesetz Nr. 5 „Vesting and marshalling of German external assets“ erlassen.1198 Wie bereits erwähnt, beschränken sich die vom Gesetz Nr. 52 erfassten Objekte auf solche, die durch rechtswidrige Massnahmen ihrem Eigentümer entzogen wurden, unter die jedoch auch Massnahmen „legalen Unrechts“ fielen.1199 Damit wird im Gesetz Nr. 52 das Prinzip „force and duress“ statuiert, was hiess, dass identifizierbare Gegenstände, die sich in den besetzten Zonen befanden und mit Gewalt und Zwang aus den ehemals durch Deutschland besetzten Gebieten entfernt worden waren, dem Gesetz unterlagen. Das Wort „force and duress“ bedeutet dabei Zwang mit oder ohne Gewalt, und ausser Plünderungen, Raub, Diebstahl wurden auch andere Formen der Enteignung umfasst, wie Requisitionen oder aufgrund anderer Befehle getätigte Erwerbungen. Erst im Januar und März 1946 hat der Kontrollrat „Richtlinien für die Rückerstattung“1200 erlassen.

1196

Siehe dazu NA RG 260/227/Legal Division/MFAA, OMGUS, Legal Division, Digests of Selected Opinions, 103.11946 –15.05.1946, Vol. III, S. 1.

1197

Damit ist das Deutsche Reich ohne Österreich und die später angegliederten Gebiete gemeint. Ausserdem betraf das besetzte Gebiet zuerst lediglich die von den Westmächten besetzten Gebiete und nach der Zoneneinteilung überhaupt nur die jeweilige Zone.

1198

Kontrollratgesetz Nr. 5 betreffend Übernahme und Erfassung deutscher Vermögenswerte im Ausland, 30.10.1945, in Amtsblatt des Kontrollrates Nr. 2 S. 27: abgedruckt bei Reinhard Anders, Gesetze Militärregierung (Amerikanische Zone), Baden/Karlsruhe 1946, C5.

1199

Erich Kaufmann, Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung, Stuttgart 1948, S. 67.

1200

Siehe Definition of the Term „Restitution“ vom 21.01.1946 in NA RG 43/Conference Reparation Paris/Gen/14, Control Council Definition of the Term „Restitution“, 21.01. 1946, Appendix „A“ to CONL/P(46)3 (Revise). Siehe auch Interpretation of Paragraph 2 of the Definition of the Term Restitution vom 8.03.1946 in NA RG 43/Conference Reparation Paris/ General/14, Coordinated Committee, Interpretation of § 2 of the Definition of the

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

In ihnen wird auch auf die Londoner Erklärung von 1943 Bezug genommen und unter anderem der Begriff „Raubgut“ im Sinne des Gesetzes Nr. 52, insbesondere die Klausel „or otherwise“, näher bestimmt.1201 Die Unklarheit, ob auch freiwillig erfolgte Rechtsgeschäfte erfasst seien, mithin ob neben den weggenommenen auch weggegebene Objekte erfasst waren, erschwerte zum Teil die praktische Durchführung der Restitution.1202 Das Gesetz Nr. 52 enthielt, wie vorerwähnt, keine griffige Definition des Zwanges. Dies wiederum hatte zur Folge, da jeder Kommandant in der jeweiligen westlichen Besatzungszone aufgrund der Eigenschaft des Gesetzes als allgemeines Besatzungsrecht es nach eigenem Gutdünken inhaltlich abändern durfte, dass unterschiedliche Auslegungen in den jeweiligen Zonen benutzt wurden.1203 Durch das Gesetz Nr. 52 konnten nun auch verschiedene deutsche Kunsthändler in Verfahren einbezogen werden, da sie nach dem Erlassen des Gesetzes noch mit Kunstgegenständen handelten.1204

2.

US Military Government Regulations Title 18

Eine weitere spezielle Regelung für Kulturgüter wurde in der amerikanischen Zone des besetzten Deutschlands mit der US Military Government Regulations Title 18 geschaffen.1205 Beginnend mit Titel 15 im Jahre 1944 und durch eine Ausweitung als Titel 18 im Jahre 1947 bezeichnet, enthielten die US Military Regulations ein Kapitel über die Monument Fine Arts and Archives. Der Titel 18 erfuhr zahlreiche Revisionen. Wie bereits dargestellt wurde, waren die Verhandlungen in der EAC und danach im alliierten Kontrollrat jeweils sehr schwierig und zeitigten nicht immer Erfolg. Die Entscheidungen dieser Gremien, aber auch

1201 1202

1203 1204

1205

Term Restitution, 26.03.1946, CORC/P(46)110, DRDR/P(46)14 2nd Revise. Auch NA RG 59/Ardelia Hall/28, External Restitution of Cultural Property, S. 7 f. PRO FO 1057/24, Appendix „A“ to CONL/P(46)3(Revise) und Memo Definition of the Term „Restitution“. Siehe hier die Ausführungen auf Seite 390. Für eine Erfassung spricht sich Schwarz aus. Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, Bd. 1, S. 26. Aufgrund des Draft Agreement on Principles Governing the Restitution of Cultural Property, das auch freiwillige Transaktionen erfasst und eine erweiterte Restitutionspflicht vorsieht, ist Schwarz zuzustimmen. Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, Bd. 1. Vgl. Dölle/Zweigert, Gesetz Nr. 52, S. 28 und 35. NA RG 260/Restitution, Research and Reference Records/Central Collecting Points (Ardelia Hall Collection)/170 –177 (Ettle Case). US Military Government Regulations, Title 18, MFAA, vom 12.02.1947 abgedruckt in Germany 1947–1949, The Story of documents, Dep. of State pub. 3556, Washington, US Government Printing Office, 1955, S. 618 ff. Teilweise auch NA RG 260 /Prop/Ardelia Hall Collection/83. Aber auch NA RG 59/Ardelia Hall/28, External Restitution of Cultural Property, S. 15. Siehe Anhang A.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Beschlüsse der amerikanischen Regierung und der Militärregierungen wurden in die US Military Regulations jeweils eingearbeitet. Der Titel 18 Monument Fine Art and Archives setzt die Aktivitäten, Organisation und die allgemeine Politik im Umgang mit Kulturgütern fest. Es ging um den Schutz und die Erhaltung von Kulturgütern und den kulturellen Strukturen von Deutschland, um die Kontrolle der zivilen Administration. Die Militärverordnung enthielt Anweisungen an die MFAA-Offiziere bezüglich deren Arbeit und Einsatz. Insgesamt beschreibt der Titel 18 der Military Government Regulations die Implementierung der amerikanischen Politik bezüglich Schutz und Erhaltung der kulturellen Ressourcen in Deutschland. In einer frühen Version umschrieb man die Politik der Regierung der USA mit den Zielen, die die MFAA-Offiziere zu erreichen hatten; diese waren: a) to protect, preserve and control all cultural structures, objects, archives, books and documents and to secure them so far as practicable from deteriration as a result of war and military occupation; b) to make cultural material in Germany, of whatever ownership, available for restitution or replacement in kind as directed by the Office of Military Government for Germany (U.S.); and c) to charge German civilian agencies concerned with cultural structures and materials with their administration and upkeep as rapidly as is consistent with the achievement of the objectives of Military Government.1206

In den Fassungen vom 12. Februar 1947 und 4. Oktober 1948 wird viel konkreter auf die Aufgaben der MFAA-Offiziere eingegangen, die einzelnen Begriffe wie „Cultural Structures“, „Cultural Objects“ oder „Monuments, Fine Arts and Archives Officers“ werden genau definiert und die Ziele im Abschnitt 1 genau umschrieben. Die Ziele bleiben im grossen Ganzen die gleichen. Als Ziele wurde in erster Linie die Rückgabe (Restitution) der vom Deutschen Reich gestohlenen Kulturgüter an die Regierungen der Staaten, von wo sie entwendet worden waren, die Erhaltung von deutschen Kulturgütern, der Schutz der kulturellen Strukturen in Deutschland, der Transfer der administrativen Verantwortung für deutsche Sammlungen, Museen, Bibliotheken und Archiven an deutsche Behörden, die Implementierung der Kontrollratsdirektive Nr. 30; der interzonale Austausch von deutschen Kulturgütern, das Replacement in Kind und die Aufbewahrungspflicht von nicht identifizierbaren Kulturgütern erwähnt.1207 1206

Siehe Auszug Military Government Regulations, Title 18, „Monuments Fine Arts and Archives“, 18-101 in: Poste, S. 68. Siehe für eine weitere frühere Version PRO FO 1050/ 1449, US Military Government Regulation, Section XVIII, Monument, Fine Arts and Archives.

1207

US Military Government Regulations, Title 18, MFAA, Part 1, 18-110 bis 18-118, vom 12.02.1947 abgedruckt in Germany 1947–1949, The Story of documents, Dep. of State pub. 3556, Washington , US Government Printing Office, 1955, S. 618 ff. Teilweise auch NA RG 260 /Prop/Ardelia Hall Collection/83. Aber auch NA RG 59/Ardelia Hall/28, External Restitution of Cultural Property, S. 15. Siehe Anhang A.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Für die Restitutionsvoraussetzungen von Kulturgütern sind insbesondere § 18-104 und § 18-106 massgeblich. In § 18-106 steht: Restitution. Identifiable looted works of art and cultural materials will be restituted to the governments of the countries from which they were taken. “Loot” refers to objects which have been the subject of an act of dispossession by the enemy and which were in existence and located in an occupied territory and removed by the Germans subsequent to the date of commencement of the German occupation of that territory.

§ 18 -104 definiert sodann die geraubten Kulturgüter genauer. Im Paragraphen heisst es: Looted Cultural Materials. The term “looted cultural material” includes all cultural objects and materials which have been acquired since 1 January 1933 by Nazis within Germany or those acquired in territories occupied by the Germans or their allies, either: a) Directly by duress or wrongful acts of confiscation, dispossession or spoilation, whether pursuant to legislation, or by procedure purporting to follow forms of law, or otherwise; or b) Indirectly by purchase or other transactions regardless of whatever consideration have been employed.

Die § 18 -104 unter a) aufgeführten Erwerbsarten waren in der Formulierung aus der Londoner Erklärung vom 5 Januar 1943 und dem Militärregierungsgesetz Nr. 52, Art. I Ziff. 2 bekannt und entsprachen diesen Vorgaben. Demgegenüber ging der Begriff des „loot“ und der verpönte Erwerb gemäss b) sehr viel weiter, insbesondere auch bezüglich des zeitlichen Umfangs.1208 Bereits in der früheren Version der Military Regulation, Title 18, in der es heisst: „to make cultural material in Germany, of whatever ownership, available for restitution …“, weicht der Umfang der zu restitutierenden Kulturgüter vom Gesetz Nr. 52 ab. Auch in der Version vom 12. Februar 1947 wird „loot“ und „dispossession“ extensiver interpretiert, indem gerade auch der Kauf oder andere Transaktion, ohne Rücksicht auf die subjektiven Hintergründe der Übertragung, genannt werden. Damit werden auch klare Fälle freiwilliger Eigentumsübertragungen erfasst, und es ist hier klar ersichtlich, dass die Alliierten in Bezug auf Kulturgüter von einer erweiterten Restitutionspflicht ausgingen.1209 Es herrschte bei den westlichen Alliierten diesbezüglich Einigkeit. So steht in einem Schreiben der Rechtsabteilung der britischen Militärregierung an die MFAAAbteilung im März 1947: „It is thought that provisions of Government Order No. 61210 sufficiently authorise Control Commission Officers take object d’art into control even when they are in pos-

1208

Siehe dazu Hofacker S. 80 f.

1209

Siehe dazu Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis, S. 220. Hartung, S. 143. Engstler, S. 143 und S. 151 f. Schmoller/Maier/Achim Tobler, S. 13. Weber, S. 38.

1210

Siehe unten S. 312 ff.

305

306

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten session of a purchaser in good faith. § 1 Art. 1 relates to all property in Germany which was situated in any territory of United Nations at any time during occupation and § 2 Art. 3 brings such property within Law 52 § 2 Art. 1 so that is liable to seizure.“ 1211

Die Allierten führten die Restitutionen von Kulturgütern sehr strikt durch.1212 Das hiess auch in der Praxis, dass die Annahme, wie im oberwähnten Brief ausgeführt, eines normalen freiwilligen Geschäftes nicht anerkannt wurde.1213 Diese erweiterte Restitutionspflicht wurde auf die Fiktion zurückgeführt, nach der jede Eigentumsübertragung mittels Zwang geschehen sei. Diese Fiktion wurde denn auch in Artikel 7 des Draft Agreement on Principles governing Restitution of Cultural Property vom 11. Juni 1945 begründet.1214 Es werden demnach für Kulturgüter die Voraussetzungen des gewaltsamen Eingriffs einfach unterstellt. Es kristallisiert sich damit eine verbotene Beeinträchtigung des Privateigentums durch die Besatzungsmacht heraus, die zum fiktiven Ansatzpunkt für eine Restitutionspflicht wurde.1215

3.

Kontrollratsproklamation Nr. 2 und Implementierung in den einzelnen Zonen

Als weitere Norm für die Durchführung der Restitution, insbesondere die Rückerstattung der geraubten Kulturgüter, ist die Kontrollratsproklamation Nr. 2 zu sehen.

a)

Ausarbeitung der Kontrollratsproklamation Nr. 2

Ursprung hatte die Kontrollratsproklamation Nr. 2 in der Ausarbeitung der Kapitulationsurkunde bestanden. Im Jahre 1944 kam man überein, dass die Kapitulationserklärung entgegen der ursprünglichen britischen Konzeption einen verhältnismässig kurzen Umfang haben sollte. Den Briten hatte man als Gegenleistung in Aussicht gestellt, die weiter gehenden, langfristigen Zwecken dienenden Festlegungen ihres Kapitulationsentwurfes in zusätzlich zu erlassende „Proclamations and General Orders“ einzuarbeiten. Zu diesem Zweck hatte die amerikanische Delegation bereits vor der Verabschiedung der eigentlichen Kapi-

1211

PRO FO 1057/248, Letter Legal Div to MFAA Section, Sub. Monuments and Fine Arts Restitution Materials, 20.3.1947.

1212

Als Ausnahmen sind lediglich einzelne Restitutionen in die baltischen Staaten und nach Ungarn bekannt.

1213

Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis, S. 220.

1214

Siehe FO 371/45769, Draft Agreement on Principles governing Restitution of cultural property.

1215

Siehe auch Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis, S. 221 ff. mit detaillierter Begründung.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

tulationsurkunde einen Vorschlag für die Formulierung der „Proclamations and General Orders“ in der EAC eingereicht, der den britischen Kapitulationsentwurf widerspiegelte.1216 Wiederum musste die amerikanische EAC-Delegation mit grossen Widerständen innerhalb der Administration in Washington kämpfen. Der Vorschlag der amerikanischen EAC Delegation für die „Proclamations and General Orders“ traf nämlich zu einem Zeitpunkt in Washington ein, in dem die interministerielle Auseinandersetzung um die Formulierung der amerikanischen Politik gegenüber Deutschland (dies bezog sich insbesondere auf die Erarbeitung der Besatzungsdirektive JCS 1067) voll im Gange war. Im Wesentlichen prallten dabei, wie vorerwähnt, die an der weitgehenden Zerschlagung der wirtschaftlichen und politischen Strukturen orientierte Auffassung Morgenthaus (Finanzministerium) und die auf deren Umstrukturierung und späteren Wiedereingliederung in die Völkergemeinschaft abzielende Haltung des State Department aufeinander.1217 Im Falle der Proclamations and General Orders“ setzte die Kritik vor allem an einem Aspekt von weitreichender völkerrechtlicher Bedeutung an. Die Civil Affairs Division (CAD) des War Office befürchtete, dass insbesondere die „General Orders“ als ein konstitutiver Akt zur Übernahme der Regierungsgewalt interpretiert werden könnte und damit weit über seine eigentliche Funktion, nämlich den Deutschen gewisse Verhaltensanweisungen zu geben, hinausgehe. Für die Amerikaner sollte denn die „General Orders“ kein Befehl im herkömmlichen Sinn sei. Vielmehr sollte es eine Erweiterung der Kapitulationsurkunde sein, welche nichtmilitärische Verpflichtungen, die in der Urkunde nicht enthalten waren, beinhaltete. Es sollte sodann auch nichts mit einer Machtergreifung „taking of powers“ zu tun haben. Es sei lediglich eine erste Ausformulierung des Artikels 12 der Kapitulationsurkunde und sollte damit eingehend die Behandlung Deutschlands regeln.1218 Nach einer gründlichen Überarbeitung und Diskussion innerhalb des EAC, aber auch innerhalb der einzelnen Regierungen, wurde die „Proclamations and General Orders“ am 25. Juli 1945 in London als „Abkommen über die Auferlegung bestimmter zusätzlicher Forderungen an Deutschland“ unterzeichnet1219 und schliesslich als

1216

Siehe dazu auch FRUS 1945, Vol. III, EAC, Memorandum by the Secretary, United States Delegation, European Advisory Commission, 9.02.1945, S. 447 ff. Siehe auch PRO FO 1079/53 US Delegation Proposal, 29.10.1944, Draft General Order. Die Restitutionsprinzipien waren darin in Artikel 17a–c aufgeführt. In der Proklamation Nr. 2 wurde insbesondere das Erfordernis der Meldung präziser geregelt. Ansonsten enthielt der amerikanische Vorschlag bereits sämtliche Anforderungen für die Restitution.

1217

Etzel, S. 12 f.

1218

Siehe dazu auch FRUS 1945, Vol. III, EAC, Memorandum by the Secretary, United States Delegation, European Advisory Commission, 9.02.1945, S. 449.

1219

PRO FO 1079/53, European Advisory Commission, Minutes meeting, 25.07.1945, EAC (45) 6th meeting, Agreement between Governments of the United Kingdom, the United States of America and the Union of Soviet Socialist Republics and the provisional Government of the French Republic on certain additional requirements to be imposed on Germany.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Proklamation Nr. 2 vom Kontrollrat am 20. September 1945 verkündet. Es blieb die einzige Erklärung des Kontrollrates über die Grundlagen und Ziele der alliierten Besatzungspolitik in Deutschland.1220

b)

Proklamation Nr. 2 des Kontrollrates

Als Ausgangspunkt der einschlägigen Restitutionsbestimmungen in der Proklamation Nr. 2 ist die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 zu sehen. Auf diese Londoner Erklärung nehmen später denn auch die Bestimmungen über die Restitution in den Friedensverträgen mit den ehemals feindlichen Staaten Bezug. Zunächst basieren die Artikel 19b und c der Proklamation Nr. 2 auf dieser Londoner Erklärung, in denen es heisst: Proklamation Nr. 2 des alliierten Kontrollrates (Artikel 19a–c) 19.a) The German authorities will carry out, for the benefit to the United Nations, such measures of restitution, reinstatement, restoration, reparation, reconstruction, relief and rehabilitation as the Allied Representatives may prescribe. For these purposes the German authorities will effect or procure the surrender or transfer of such property, assets, rights, titles and interests, effect such deliveries and carry our such repair, building and construction work, whether materials of all kinds, labour, personnel, and specialist and other services, for use in Germany or elsewhere, as the Allied Representatives may direct. 19.b) The German authorities will also comply with all such directions as the interests located in Germany belonging to any one of the United Nations or its nationals or having so belonged at, or at any time since, the outbreak of war between Germany and that nation, or since the occupation of any part of its territories by Germany. The German authorities will be responsible for safeguarding, maintaining; and preventing the dissipation of, all such property, assets, rights, titles and interests, and for handing them over intact at the demand of the Allied Representatives. For these purposes the German authorities will afford all information and facilities required for tracing any property, assets, rights, titles or interests. 19.c) All persons in Germany whose possession such property, assets, rights, titles and interests may be, shall be personally responsible for reporting them and for safeguarding them until they are handed over in such manner as may be prescribed.1221

Diese Bestimmung enthält eine Anordnung an die deutschen Behörden, sich allen Weisungen der alliierten Vertreter, bezüglich allen Eigentums, aller Guthaben, Rechte und Interessen innerhalb Deutschlands, die irgendeinem Staat der Vereinten Nationen oder ihren Staatsangehörigen gehören oder ihnen bei 1220

Etzel, S. 15.

1221

PRO FO 371/55648, Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland, Nr. 1, 29.10.1945, S. 14. Die Gesetzestexte im Amtsblatt des Kontrollrates wurden auf russisch, englisch, französisch und deutsch herausgegeben, wobei die Amtssprachen nur Russisch, Englisch und Französisch waren und diese Sprachen allein ausschlaggebend für die Auslegung waren.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Kriegsausbruch oder zu irgendeinem Zeitpunkte seit Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und der betreffenden Nation oder seit der Besetzung durch Deutschland und der betreffenden Nation oder seit der Besetzung durch Deutschland irgendeines Teiles ihrer Gebiete gehört haben, zu fügen.1222 Die deutschen Behörden werden für die Sicherstellung dieser Objekte und für ihre Übergabe auf Anforderung der alliierten Vertreter verantwortlich gemacht. Die Bestimmung umfasst ihrem Wortlaut nach alle Objekte, die den Vereinigten Nationen oder ihren Angehörigen gehören oder gehört haben, ohne Rücksicht darauf, ob sie Gegenstand einer Übertragung an nicht-alliierte, deutsche oder neutrale, Personen gewesen sind, oder ob, wenn eine Eigentumsübertragung erfolgt war, es sich um einen legitimen oder nicht-legitimen Erwerb handelt. Die Rückführungen bezogen sich jedoch nur auf die von Staates wegen beschlagnahmten Vermögenswerte. Die Bestimmung nimmt in diesem Sinn nicht auf die Londoner Erklärung Bezug, deren Warnung nur illegitime, wenn auch der Form nach legale Eigentumsveränderungen zum Gegenstand hatte. Die Bestimmung führt weiter nicht aus, wann und unter welchen Voraussetzungen die Anforderung zur Übergabe der Objekte an die Vereinigten Nationen erfolgen soll. Die diesbezüglichen genaueren Richtlinien wurden vom alliierten Kontrollrat im Januar und März 1946 in Kraft gesetzt.1223 Das Militärgesetz Nr. 52 berührt diese Frage, wie vorerwähnt, in Artikel 1 Ziffer 2.1224 Diesbezüglich wird vorgeschrieben, dass allgemein Eigentum, das Gegenstand von Zwang, rechtswidrigen Massnahmen der Beschlagnahme, Besitzesentziehung oder Plünderung in Gebieten ausserhalb Deutschlands gewesen ist, gleichgültig, ob dies aufgrund von Gesetzgebung, von Verfahren, die rechtliche Formen zu beachten vorgaben, oder auf andere Weise geschehen ist, der Beschlagnahme unterliegt. Dieser Artikel greift daher teils weiter als die Bestimmungen der Proklamation Nr. 2, ist aber auch enger, da er nur Raubgut zum Gegenstand hat. Was schliesslich mit den erfassten Objekten zu geschehen hat, lässt er offen; das Gesetz hat lediglich die Aufgabe eine Blockierung und Sicherung solcher Vermögenswerte sicherzustellen. Artikel 19c) erlässt sodann die Weisung, dass alle Personen in Deutschland, in deren Besitz sich derartiges Eigentum, derartige Rechte und Interessen befinden, persönlich verantwortlich sind, dass diese Gegenstände angemeldet und bis zur Übergabe in der vorgeschriebenen Weise sichergestellt bleiben. Insbesondere dieser Punkt musste von jeder Besatzungsmacht mittels einer Verordnung noch genauer bestimmt werden.

1222

PRO FO 371/55648, Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, 25.10.1945, S. 14, Artikel 19b.

1223

Siehe dazu S. 388 ff.

1224

Siehe dazu auch S. 295 ff.

309

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

c)

Umsetzung von Ziffer 19 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 in den einzelnen Zonen

An der 39. Sitzung des Coordinating Committee des alliierten Kontrollrates vom 16. Februar 1946 wurde das „Finance Directorate“ beauftragt, einen Bericht über die Implementierung des Artikels 19 der Kontrollratsproklamation Nr. 2 in den verschiedenen Zonen zu erstellen. In der amerikanischen Zone war der Artikel mit der Military Government Regulation, Title 19 „Restitution“ am 16. Januar 1946 eingeführt worden, in der britischen Zone mittels einer General Order und mit einem Plan mit Eigentumskategorien, welche angemeldet werden mussten. Sie war jedoch erst am 30. April 1946 erlassen worden. In der französischen Zone erfolgte die Umsetzung mittels der Ordinance No. 19 des französischen Zonenkommandanten vom 15. November 1945, mit dem Titel „Census of Property which was looted, taken by Force, or stolen from the Subjects of Allied Nations“. In der sowjetischen Zone erfolgte dies mit dem Befehl Nr. 61 des Militärkommandanten der sowjetischen Zone in Deutschland vom 22. Februar 1946 mit dem Titel „Census of Property taken by Force or looted by the Germans from temporarly occupied territory of the USSR and the Allied Nations“.1225 Am 30. August 1945 hatte der französische Delegierte dem „Reparations and Restitution Directorate“ ein Memorandum1226 eingereicht mit der Aufforderung, eine Deklaration von gewissen Gegenständen zu erlassen. Diese Deklaration bezog sich auf das von SHAEF erlassene Militärregierungsgesetz Nr. 52, Absatz 3, Ziffer 4b. Die Proklamation Nr. 2 des Kontrollrates vom 20. September 1945 hatte in der Zwischenzeit eine ähnliche Aufforderung erlassen. Ziffer 19 c) sah, wie vorerwähnt, vor, dass die unter die erwähnten Kategorien fallenden Gegenstände, sonstigen Rechte oder Interessen angemeldet werden mussten. Die Besitzer wurden des Weiteren verpflichtet, diese Gegenstände bis zur Veröffentlichung der Prozeduren für deren Aushändigung aufbewahren. Die Durchsetzung dieser Gesetzesvorschrift wurde sodann den Zonen überlassen. Innerhalb des „Finance Directorate“ und dem „Reparations and Restitution Directorate“ versuchte man zwar eine gemeinsame Vorgehensweise zu erarbeiten. Dies wurde aber bis zur Verabschiedung einer gemeinsamen Definition des Begriffes „Resti-

1225

PRO FO 1057/283, ACA Coordinating Committee, Compulsory Declaration of Allied Property in Germany, CORC/P(46)133, 8.04.1946. Siehe auch PRO FO 937/45, der Titel der in Deutsch verfassten Verordnung heisst „Abgabe von Deklarationen über Vermögen, Rechte und Interessen, die sich in Deutschland befinden und die ganz und anteilig ausländischen Staatsangehörigen eigen sind“.

1226

Siehe PRO FO 1057/284, ACA Directorate Reparations Deliveries & Restitution, filing and Exploitation of Compulsory Declarations for Property Subject to Restitution, French Memorandum, DRDR/CRS/P(46)21.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

tution“ aufgeschoben.1227 Das „Property Control Committee“ war aufgrund seiner 9. Sitzung am 28. Januar 1946 und einer ausserordentlichen Sitzung vom 1. Februar 1946 der Meinung, dass eine koordinierte Aktion in den vier Zonen nötig sei, und verabschiedete aus diesem Grund ein Memorandum an das Finance Directorate.1228 Darin wurde informiert, dass sowohl die französische wie auch die amerikanische Zone bereits eine Verordnung zur Regelung der Deklaration von gewissen Gegenständen getroffen hätten. Sie forderten sodann die Finanzabteilung auf, den britischen und den sowjetischen Zonenbefehlshaber einzuladen, in ihren Zonen ähnliche Verordnungen zu treffen. Sowohl in der französischen wie auch in der amerikanischen Zone wurden Verordnungen unter der Bezeichnung Ordinance 19, respektive Military Regulation Title 19 – Restitution, veröffentlicht. Aufgrund des vom „Finance Directorate“ angefertigten Memorandums wurde auf eine gemeinsame Verordnung bezüglich der Proklamation verzichtet, dies auch im Hinblick auf die bereits veröffentlichten Verordnungen.

d)

US Military Regulation, Title 19

Die amerikanische Militärregierung regelte die Deklaration der aus den vom Deutschen Reich besetzten Gebiete stammenden Güter in der Military Government Regulation, Title 19.1229 In der überarbeiteten Version vom 12. Februar 1947 trägt der Abschnitt 3 die Überschrift: „Information to be obtaine from German Population with the question of compulsory declaration“. Die zuständigen Abteilungen der Militärregierung wurden aufgefordert, eine diesbezügliche Weisung an die deutsche Bevölkerung zu erlassen. Es wurde in Übereinstimmung mit der Ziff. 19c) der Kontrollratsproklamation Nr. 2 bestimmt, dass alle Personen deutscher Nationalität, welche Güter besitzen oder möglicherweise Güter besitzen, die unter die Restitution fallende Vermögenswerte darstellen, aufgefordert werden, diese zu deklarieren. Sodann wurde klar ausgeführt, dass unter die Restitution nicht nur Güter fielen, die geraubt worden waren, sondern auch Güter aus den besetzten Gebieten, die unter sämtlichen anderen Umständen während der deutschen Besatzungszeit von deutschen Staatsangehörigen in Besitz genommen wurden.1230 Eine Liste mit 17 Kategorien mit Gegenständen, welche unter die Restitution fielen, wurde dem Deklarationsformular beigelegt.

1227

Siehe 18. Meeting, 18.01.1946 (DFIN/M(46)3.

1228

PRO FO 1057/283, Allied Control Authority, Finance Directorate, Compulsory Declaration of Certain Assets, 9.02.1946, S. 4.

1229

Siehe dazu PRO FO 1050/1449, Military Government Regulations, Section XIX, Reparations, Deliveries and Restitution, S. 124. (Es handelt sich dabei um eine frühere Version).

1230

PRO FO 1057/248, Letter Legal Div to MFAA Section, Sub. Monuments and Fine Arts Restitution Materials, 20.3.1947 S. 21.

311

312

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

e)

Britische General Order Nr. 6

Am 30. April 1946 wurde die General Order No. 6, welche sich auf das Militärgesetz Nr. 52 bezog, in der britischen Zone erlassen. Die Verordnung statuierte, dass alle deutschen Staatsangehörigen sämtliches Eigentum in Deutschland, welches sie besassen oder besessen hatten oder von dem sie wussten, und welches sich während der Besatzungszeit der Wehrmacht in den besetzten Staaten befunden hatte, gemeldet werden mussten. Es waren sämtliche Gegenstände anzugeben, ohne dass es darauf ankam, ob die Übereignung mittels Geld erfolgt oder bereits konfisziert worden war. Ganz klar war nur solches Eigentum zu deklarieren, von welchem man wusste, dass es aus den ehemals besetzten Staaten stammte. So heisst es denn in den Erläuterungen zur General Order No. 6: „It is plain that neither General Order No. 6 nor Law 52 can apply to any property unless there is satisfactory evidence to show that it has been in fact removed from a country claiming it. There is no power to seize in restitution good about which the evidence is inconclusive.“ 1231

Des Weiteren wurde nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sämtliches Eigentum, welches aus diesen Staaten stammte, unter die Restitution fiel. Darunter fielen auch Güter, welche im guten Glauben gekauft wurden oder anderswie übereignet worden waren. Nicht entschieden und unklar war jedoch, ob Eigentümer, welche in gutem Glauben ein unter die Restitution fallendes Gut besassen, entschädigt werden sollten: „General Order No. 6 is not limited to property of persons who removed it from territory occupied by German troops. The fact, therefore, that many of the German holders of European object d’art acquired them in good faith is no bar to the operation of the order. Wether or not there should be a scheme for compensating persons who have bought goods in good faith is a matter of policy“.1232

Die Erklärungen mussten mittels der sogenannten „Military Government Finance Form No. MGAF (6) dem Landrat oder dem Oberbürgermeister des Kreises bis zum 30.06.1946 eingereicht werden.1233 Die Nichtanmeldung wurde von der alliierten Militärbehörde als ein Straftatbestand angesehen.1234 Ausdrücklich wurden in der General Order auch Kulturgüter wie Kunstwerke, Archive, Bücher, Musikinstrumente und Noten, Ausstellungsgegenstände aus Museen, Münzsammlungen und Briefmarken erwähnt.

1231

Restitution Materials, 20.3.1947, S. 24.

1232

PRO FO 1057/248, Letter Legal Div to MFAA Section, Sub. Monuments and Fine Arts Restitution Materials, 20.3.1947, S. 24.

1233

Später wurde sie bis zum 30.10.1948 verlängert. PRO FO 1057/284, Military Government Gernamy, British Zone, Extension of Time for making Reports under General Order No. 6.

1234

Siehe PRO FO 1057/283, Military government British Zone of Control, General Order No. 6, Press and Radio Statement, Appendix „B“.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

Die britische Zonenregierung bezeichnete im Nachhinein die Veröffentlichung der General Order No. 6 vom 30. April 1946 als einen Fehlschlag. Dieser sei durch die fehlerhafte Veröffentlichung zustande gekommen. Die Order hatte keine genügende Publizität erreicht. Gemäss dem britischen Zonenkommandanten gab es Anzeichen, dass die Aufforderung von den meisten Deutschen ignoriert worden war.1235 Die General Order No. 6 wurde am 12. März 1948 nochmals veröffentlicht.1236 Die endgültige Frist wurde auf den 30. Juni 1948 gesetzt. Die nochmalige Inkraftsetzung der General Order No. 6 wurde mittels Radio, Zeitungen und Wandposter veröffentlicht. Sämtliche Firmen wurden aufgefordert, entweder eine positive Erklärung abzugeben oder eine Erklärung, dass sie keinerlei alliiertes Eigentum in ihrem Besitz hatten. Als Resultat der zweiten Inkraftsetzung erhielt die britische Militärregierung 11’775 negative Deklarationen und 2’287 positive Erklärungen.1237

IV.

Alliierte Planungen für eine Restitutionskommission

1.

Bemühungen der europäischen Alliierten und Grossbritanniens

Wie bereits oben dargestellt, schlugen die europäischen Alliierten bereits im Jahre 1943 eine inter-alliierte Restitutionskommission, speziell für Kulturgüter, vor. Dabei lag die Planung insbesondere in den Händen von zwei Gremien, der „Commission for the Study of Armistice“, die von den europäischen Exilregierungen gegründet worden war, um die Bedingungen für einen Waffenstillstand mit Deutschland zu formulieren, die man den „Grossen Drei“ vorlegen wollte, und der „Conference of Allied Ministers of Education“. Ihre Kommission, die „Commission on the Protection and Restitution of Cultural Material“ (Vaucher Kommission) hatte bereits ausführliche Vorschläge für eine Restitutionskommission ausgearbeitet, welche aber nicht offiziell sanktioniert worden waren.1238 Diese Planungen waren jedoch diejenigen, die am meisten fortgeschritten waren. Neben diesen Kommissionen gab es in den verschiedenen europäischen Staaten nationale Restitutionskommissionen, und sowohl die Sowjetunion als auch die USA und Grossbritannien hatten Kommissionen, die sich um die Restitution von Kulturgütern kümmerten. 1235

PRO FO 1057/284, Control Commission for Germany, British Element, Message „Subject Declaration of Restitution Property“, 2.02.1948. So wurden zum Beispiel nur fünf Verfahren unter dieser General Order durchgeführt. Es wurde mit 250’000 Anmeldungen gerechnet. In Wirklichkeit kam es zu etwa 7’000.

1236

PRO FO 1057/284, RDR Division, Re-issue General Order No. 6, 10.03.1948.

1237

PRO FO 1057/284, Memo Subject General Order No. 6, ohne Datum.

1238

Siehe dazu auch S. 254 ff.

313

314

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die Macmillan Kommission, welche eng mit der Vaucher Kommission in London zusammenarbeitete, stand der Bildung einer Restitutionskommission, wie sie die Vaucher Kommission vorschlug, positiv gegenüber, und versuchte die britische Regierung zu einer politischen Einflussnahme in diesem Bereich zu überzeugen. Im November 1944, als die alliierten Streitkräfte bereits grosse Teile des vom Deutschen Reich besetzten europäischen Gebiet befreit hatten und immer näher zur Grenze Deutschlands vorrückten, versuchte die MacmillanKommission in einem Schreiben die britische Regierung für die Bildung einer inter-alliierten Restitutionskommission zu motivieren.1239 Aufgrund der Ereignisse wurde eine spezielle Kommission zur Rückgabe von Kulturgüter vorgeschlagen, die mit den nötigen Kompetenzen und der nötigen Macht ausgestattet werden sollte, damit eine effiziente Rückerstattung von Kulturgütern ermöglicht werden konnte. Die Regierung wurde aufgefordert, in dieser Hinsicht gegenüber den alliierten Partnern die Initiative zu übernehmen. Die vorgeschlagene Kommission sollte sämtliche Rückforderungsbegehren von Regierungen und Einzelpersonen behandeln und Vorschläge zu ihrer Durchsetzung unterbreiten. Dabei sollte ihr auch das Recht zustehen, Massnahmen wie ein Verbot des Transfers von Kulturgütern von einem Land in ein anderes anzuregen. Zur Verdeutlichung der Wichtigkeit einer solchen Kommission wurden die Waffenstillstandsbedingungen mit Bulgarien erwähnt, in denen sich Bulgarien verpflichtet hatte, entwendete Kunstgegenstände und historische Gegenstände zurückzugeben.1240 Dabei wurde auch festgestellt, dass eine Restitutionskommission dabei die Rückführung überwachen und Hilfestellung bieten könnte. Da die Macmillan Kommission befürchtete, dass die Bildung einer permanenten alliierten Restitutionskommission längere Zeit beanspruchen könnte, wurde die Gründung einer provisorischen Kommission vorgeschlagen, welche den Militärregierungen beratend zur Seite stehen konnte. In einem Schreiben an die Macmillan Kommission wurde ihr von der britischen Regierung mitgeteilt, dass das „Armistice Post War Comittee“ entschieden habe, dass der britische EAC-Delegierte die Gründung einer Restitutionskommission für Kulturgüter vorschlagen sollte. Bezüglich einer provisorischen Organisation

1239

NA RG 239/41, Report of the Sub-Committee on axis appropriated property of the Roberts-Commission, Annex, Letter British Committee on the preservation and restitution of works of art, archives and other material in enemy hands to the Prime Minister, 15.11.1944. Siehe auch NA RG 239/42 Memorandum from the British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands to the Secretary of State for Foreign Affairs, 4.09.1944.

1240

Article XI of the Bulgarian Armistice Terms. Siehe the Armistice Agreement with Bulgaria, 28.10.1944, in Department of State Bulletin, 29.10.1944, Vol. XI No. 279, Washington DC. Government Printing Office 1944.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

wurde von der Regierung die Befürchtung gehegt, dass auch die Verhandlungen zu einer solchen Kommission beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen würde.1241 Auch die amerikanische Botschaft bemerkte den Druck der kleinen europäischen Staaten, welche diese in Bezug auf eine inter-alliierten Restitutionskommission machten. Diese Kommission sollte die Befugnis haben, da die kleinen europäischen Staaten davon ausgingen, dass es sich um einen Gegenstand der Vereinigten Nationen handelte, Kulturgüter, welche auf feindlichem Territorium gefunden wurden, sicherzustellen und über Ansprüche bezüglich solcher Kulturgüter zu entscheiden.1242 Es war allerdings die britische Regierung, die die Initiative ergriff. Sie schlug in einem Memorandum an die EAC den anderen Mitgliedern die Gründung einer Restitutionskommission vor und stellte die ihrer Ansicht nach nötige Organisation, Funktion und Aufgaben einer solchen Kommission detailliert dar.1243 Als Grundsatz definierten die britischen Behörden, dass sämtliches identifizierbares Eigentum, das Deutschland aus Staaten, welche Mitglieder der Vereinten Nationen waren, geraubt oder sonstwie entfernt hatten, wieder zurückgegeben werden sollte. Dieser Grundsatz war bereits in den Waffenstillstandsbedingungen mit Finnland, Rumänien und Bulgarien statuiert worden.1244 Die Restitution von Kulturgütern sollte zu einer vordringlichsten Aufgabe der EAC erklärt werden. Aufgrund der Alliierten Vorschriften1245 war SHAEF verpflichtet, das aufgefundene Eigentum von Staaten oder deren Staatsangehörigen, welche Mitglieder der Vereinten Nationen waren, zu erhalten, jedoch bis zum Erlass von weiteren Instruktionen nicht herauszugeben. Die britische Regierung ging aber davon aus, dass es sich bei den Sicherstellungsmassnahmen nur um vorübergehende Massnahmen handeln würde, bis eine alliierte Organisation aufgebaut

1241

NA RG 239/41, Report of the Sub-Committee on axis appropriated property of the Roberts-Commission, Annex, Letter A. Bevin to Macmillan Commission, 29.11.1944. Siehe auch PRO T 209/8, Letter Foreign Office to Committee, 21.11.1944.

1242

NA RG/19 und 26, Report Richard Johnson: Protection, Restitution and Reparationen of Objects d’art and other cultural Objecte, 17.11.1944.

1243

NA RG 43/EAC/19, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation, 14.11.1945. Die Ziffer (i) mit den Aufgaben einer solchen Kommission wurde in diesem Dokument bereits mit der revidierten Fassung überklebt. PRO T 209/8, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation, 14.11.1945. In diesem Dokument befindet sich noch die Originalfassung der britischen Delegation.

1244

Siehe dazu Armistice Terms Bulgaria, Finnland and Rumania. Siehe auch Fussnote 83 und Armistice Agreement with Rumania, 12.9.1944, in Department of State Bulletin, 17.09. 1944, Vol. XI, No. 273, Washington DC., Government Printing Office 1944.

1245

PRO WO 220/214, Handbook of Military Government in Germany, 1.09.1944, Military Government Superme Commander’s Area of Control, Law No. 52, Blocking and Control of Property (Ziffer 100), Chapter VII Property Control.

315

316

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

war, die über eingehende Restitutionsbegehren entscheiden konnte. Im Memorandum wurde vorgeschlagen, dass die EAC zwar für die Restitutionen von Kulturgütern hauptverantwortlich bleiben, dass aber eine inter-alliierte Kommission errichtet werden sollte, in welcher auch Regierungen von alliierten Staaten, die nicht der EAC angehörten, aber von den Restituitionen betroffen waren, Mitglied sein konnten. Dieser vorgeschlagenen Kommission sollte die Aufgabe zufallen, Entscheide bezüglich der Restitutionsbegehren von Kulturgütern zu fällen und die alliierten Kontrollbehörden in den besetzten Zonen bei der Durchführung der Restitution zu unterstützen. Die britische Delegation liess es offen, ob die praktische Durchführung der Restitution von mehreren Organisationen oder nur von einer Organsation für das gesamte Gebiet erfolgen sollte.1246 Die britische Delegation erachtete es sodann als nicht nötig, dass Kulturgüter, die vom Deutschen Reich in dessen besetzten Gebieten lediglich treuhänderisch verwaltet worden waren, unter den Schutz des SHAEF gestellt wurden, sondern wollte, dass die deutsche Treuhänderschaft dort lediglich suspendiert würde. Die Eigentumsproblematik sollte jedoch von der Verantwortlichkeit der Kommission ausgeklammert bleiben. Wichtig war für die britische Delegation, dass mit der Errichtung einer Restitutionskommission kein Konflikt zu den allgemein verabschiedeten Grundsätzen bezüglich einer alliierten Kontrolle Deutschlands entstand. Man stellte sich jedoch vor, dass die Kommission in die Reparationskommission integriert werden könnte. Die genauen Aufgaben der Restitutionskommission, welche die britische Delegation vorgeschlagen hatte, wurden von ihr bereits im Januar 1945 revidiert.1247 In der Revision wurden dabei die Bedingungen für die Zulassung von Objekten zur Restitution genauer umschrieben. Es wurden neu besonders auch Gegenstände erwähnt, die sich beim Ausbruch der Feindseligkeiten des Deutschen Reiches mit Staaten der Vereinten Nationen bereits in Deutschland befunden hatten und danach durch das Deutsche Reich treuhänderisch verwaltet, beschlagnahmt oder sonstwie eingezogen worden waren. Die Aufgaben, die der EAC im Januar 1945 präsentiert wurde sahen folgendermassen aus: „i) To receive, consider and determine claims of the Governments of the United Nations, presented either on their own behalf or on behalf of their nationals, for the restitution of identifiable property (other than ships and inland transport units), which has been the subject of an act of dispossession by the enemy and was located either (a) in Germany, at the date of the outbreak of hostilities between Germany and the United Nation concerned, or (b) in the territory, from which it

1246

Es wurde jedoch konkret vorgeschlagen, dass eine solche Organisation die Restitutionen in Deutschland und Österreich behandeln sollte. Siehe dazu NA RG 43/EAC/19, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation, 14.11.1945.

1247

Siehe dazu NA RG 43/EAC/19, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the UK Representative (EAC [45] 5), 17.01.1945, Ziffer 3.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik was subsequently removed, at the date of the German invasion of that territory. Only claims to property which has been recovered shall be adjudicated. ii) On the basis of their determination of such claims, to make recommendations to the Allied control authorities regarding the release of the property in question, where it is already in their custody. iii) To bring to the notice of the Allied control authorities claims property which, though not yet recovered, is thought to be readily recoverable or to be of such importance that special effort should be made to recover it; it being understood that it would rest with the control authorities to decide whether enquiries should be pursued in any particular case, and also to indicate to the Restitution Commission, in the light of their experience, the lines on which the Commission should handle claims to property not yet recovered“.1248

Die britische Delegation machte deutlich, dass ihrer Meinung nach nur Regierungen selbst für sich und ihre Staatsangehörigen Restitutionsbegehren stellen konnten. Es sollten demnach keine Begehren von Einzelpersonen behandelt werden. Die Restitutionskommission sollte auch Begehren von Objekten, die verschwunden blieben, behandeln und die alliierten Kontrollbehörden in der Suche unterstützen. Jedoch sollte es alleine der Kontrollbehörde überlassen bleiben, welche Anstrengungen sie diesbezüglich unternehmen wollte. Wie die Ziffer (i) ausführt, sollte jedoch nur über Begehren von Objekten entschieden werden, die aufgefunden worden waren. Die Endentscheidung bezüglich der Begehren sollte von der Restitutionskommission erfolgen, und die Kontrollbehörde sollte daran gebunden sein. Sie sollte jedoch den provisorischen Verbleib beantragen können, falls das Objekt unentbehrlich war. Das britische Memorandum äusserte sich nicht abschliessend darüber, ob die Restitution von Objekten im vorhandenen Zustand erfolgt oder ob beschädigte Gegenstände zuerst auf Rechnung des Deutschen Reiches repariert werden sollten. Es wurde vermerkt, dass eine Bezahlung der Reparatur eine Frage der Reparationszahlungen sei und deshalb nicht abschliessend beurteilt werden konnte. Mit diesem Memorandum hatte die britische Regierung im EAC eine Diskussionsgrundlage geschaffen. Die Roberts-Commission wurde von ihrem Delegierten in London von dem Memorandum informiert und aufgefordert, sich beim amerikanischen Präsidenten bezüglich der Errichtung einer Restitutionskommission im Sinne der britischen Empfehlungen einzusetzen.1249 Auch der ameri-

1248

NA RG 43/EAC/19, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation, 14.11.1945. PRO T 209/8, European Advisory Commission, Restitution Commission, Memorandum by the United Kingdom Delegation, 14.11.1945.

1249

NA RG 239/42 Letter for Cairns, Roberts-Commission from Crosby, 17.11.1944. Der Vertreter der Roberts-Commission forderte in einem weiteren Memorandum sodann die Diskussion über eine Restitutionskommission zwischen den verschiedenen internationalen und nationalen Kulturgüterschutzorganisationen. Siehe dazu NA RG 43/EAC, Memorandum

317

318

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

kanische Delegierte der EAC versuchte, verschiedene Punkte bezüglich den Planungen in London dem State Department mitzuteilen und ihm nahezulegen, sich daran zu beteiligen.1250 Er machte dabei auf die Dringlichkeit aufgrund des Kriegsgeschehens zur Gründung einer alliierten Restitutionskommission aufmerksam und schlug die Errichtung einer interalliierten Kommission vor, welche nicht nur aus EAC-Mitgliedern bestehen sollte, sondern auch die Beteiligung der anderen alliierten Staaten vorsah. Der amerikanische EAC-Delegierte fügte an, dass er eine eigenständige amerikanische Empfehlung bezüglich des Vorschlages der britischen Delegation begrüssen würde. Die Roberts-Commission ihrerseits schlug am 3. Februar 1945 vor, innerhalb einer Restitutions-Kommission, welche sich mit Forderungen und Begehren aller Arten von Gegenständen beschäftigte, eine spezielle Abteilung für Kulturgüter zu errichten. Der Entscheid bezüglich der Begehren sollte dabei aber einer anderen Sektion zugeteilt werden.1251 Da die Roberts-Commission die Pläne des State Department und des Finanzministeriums bezüglich einer Restitutionskommission nicht kannte, fühlte sie sich nicht im Stande, eine definitive Empfehlung abzugeben.1252 In einem ähnlichen Memorandum machte der französische Gesandte in der EAC Empfehlungen zu einer sofortigen Gründung einer Restitutionskommission.1253 In dieser Zeit erhielt der amerikanische Delegierte in der EAC überhaupt keine Instruktionen aus den USA. Die Amerikaner verhielten sich in dieser Frage passiv. Das State Department konnte sich zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zur Bildung einer Restitutionskommission nicht entscheiden. Die USA befürchtete einerseits, abseits zu stehen, und andererseits wollte sie sich in ihrer Politik nicht allzusehr einengen lassen. Sie musste sich entscheiden, falls sie zusammen mit den Alliierten das Vorgehen koordinieren wollten, ob die USA in einem westeuropäischen Verbund vor Kriegsende Mitglied werden wollte oder ob sie bis nach dem Sieg über Deutschland auf die Bildung einer internationalen Gruppe warten wollte, welche dann auch die Sowjetunion umfasste. Dabei tauchten auch Fragen über die Komplexität einer internationalen Gruppe und deren Kompetenzen zum Erlassen von Gerichtsentscheiden auf. Im März 1945 war man in der amerikanischen Regierung der Ansicht, dass die Politik der USA re informal preliminary conversations between members of officially constituted National Commissions for the Preservation and Restitution of Cultural Material, 21.11.1944. 1250

NA RG 43/EAC/File 134.4, Schreiben betreffend einer Besprechung vom 6.12.1944 mit Organization Chart of Proposed Relation of Cultural Materials Panel of International Restitution Commission of Tripartite CC in Phase II.

1251

NA RG 239, Joseph Grew to Owen J. Roberts 27.02.1945, Meeting, Minutes of Meetings.

1252

NA RG 239/41, Report of the Sub-Committee on axis-appropriated Property of the Roberts-Commission, Ziffer VI, Recommendations of the Sub-Committee of the RobertsCommission on axis-appropriated property.

1253

Siehe dazu NA RG 239/42, Report No. 3 to the Roberts-Commission, 23.01.1945. NA RG 239/42, Französisches Memorandum (EAC [45] 9), vom 9.01.1945.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

hinsichtlich einer Verwaltung Deutschlands auf einer Dezentralisation der politischen Strukturen und der Befehlsgewalt bei den Zonenkommandanten lag und dass auch Deutschlands Wirtschaft dezentralisiert werden sollte.1254 Mit diesen Eckpfeilern musste der amerikanische EAC-Vertreter die Verhandlungen mit den anderen Mitgliedern in der EAC führen, und die Grundsätze mussten ebenfalls als Basis für das Entwerfen von Direktiven an den Kommandanten der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland benutzt werden. Anfangs 1945 bestanden drei verschiedene Varianten für eine Restitutionskommission für Kulturgüter. Die erste Variante wurde von den Militärbehörden im „Control Council“ vorgeschlagen. Dabei sollte eine Restitutionskommission errichtet werden, die aus den vier Kommandanten der Restitutionsabteilung bestand, die der amerikanischen, respektive britischen, französischen oder sowjetischen „Reparations, Deliveries and Restitution Division“1255 untergeordnet war. Diese Restitutionskommission sollte einen integrierten Bestandteil im alliierten Kontrollrat bilden und über sämtliche Restitutionsbegehren entscheiden. Sie sollte bevollmächtigt sein, in ihren Abteilungen die nötigen Experten zu beschäftigen und an beliebigen Orten Ermittlungsbüros aufzubauen.1256 Bei dieser Variante wollten die Militärbehörden die ganze Verantwortung für Entscheidungen von Restitutionsbegehren und Replacement in Kind selbst übernehmen. Die zweite Variante war diejenige, die die britische Delegation vorgeschlagen hatte. Im Unterschied zur ersten Variante hätten die Restitutionsbegehren von einem internationalen Gremium mit zivilen Experten entschieden werden sollen. Auch diese Kommission sollte unter der Verantwortung der alliierten Kontrollbehörde stehen. In Abwandlung dieser Variante wurde von verschiedener Seite (insbesondere von französischer Seite und der Roberts-Commission) vorgeschlagen, dass die Restitutionskommission ein interalliiertes Gremium sein sollte, welches aus sämtlichen interessierten Regierungen bestand. Dieses Gremium sollte eine kleine Exekutivkommission wählen, welche abschliessend über die Restitutionsbegehren entscheiden sollte. Es war vorgesehen, dass die Mitglieder aus den vier grossen alliierten Mächten stammen sollten und die kleineren alliierten Staaten drei weitere Mitglieder stellen durften. Das interalliierte Gesamtgremium sollte als Gruppe von Experten, bei Bedarf der Exekutivkommission, bei den Entscheidungen Hilfestellung bieten. Die abgewandelte Variante bot den Vorteil, dass dem Wunsch der kleineren europäischen Staaten für eine Vertretung entsprochen werden konnte und durch die Exekutivkommission trotzdem sichergestellt war, dass Entscheidungen gefällt werden konnten. Die dritte Variante, diejenige der Vaucher-Kommission, wurde im Verlaufe der Diskussionen im

1254

Siehe Memorandum Regarding American Policy for the Treatment of Germany in FRUS 1945, Vol. III, EAC, S. 471 ff.

1255

Siehe dazu auch S. 325.

1256

NA RG 239/7, Report on Mission to Europe, March 8 to June 10 1945, 23.06.1945, S. 15.

319

320

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Frühjahr 1945 immer weniger in Betracht gezogen. Aufgrund der Situation wollten die alliierten Mächte die Restitution nicht in die Hände einer Organisation der Vereinten Nationen legen, die völlig unabhängig von der alliierten Kontrollbehörde war. Die kleinen alliierten Länder hatten ebenfalls eine genaue Vorstellung, wie eine Restitution ablaufen sollte. Die Aussenministerien Belgiens, Luxemburgs und Hollands schickten auch im Namen der anderen kleinen alliierten Länder ein sogenanntes Aide-Memoire an die britische Regierung, damit diese es an das EAC weiterreichte.1257 In diesem Papier wurde die sofortige Bildung einer interalliierten Organisation zur Überwachung der Kulturgüterrestitution unter der Ägide der allierten Kontrollbehörde angeregt. Die drei Staaten schlugen sodann ein totales Verbot von Transfers von Kulturgütern und eine Rückerstattung oder ein „Replacment“ aller gestohlenen Kunstgegenständen vor. Sodann wollten sie, dass das Prinzip der „restitution in kind“ innert 6 Monaten nach Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde rechtskräftig wurde.1258 Diese Vorschläge entsprachen in etwa denjenigen der französischen Position anfangs 1945. Die kleineren alliierten Staaten versuchten immer wieder zu erreichen, dass sie ein Mitspracherecht in den Reparations respektive Restitutionsdiskussionen erhielten. Sie, die am ehesten betroffen waren, wollten natürlich, dass möglichst schnell sämtliche von den Deutschen geraubten Objekte wieder zurückgeschafft oder ersetzt wurden. Die Sowjetunion demgegenüber schlug vor, dass die ehemaligen von Deutschland besetzten Staaten ihre Forderungen über die Reparation, Deliveries und Restitution (RDR)-Abteilung im alliierten Kontrollrat einreichten. Andere alliierte Regierungen sollten ihre Restitutionsbegehren durch die akkreditierten militärischen Missionen einreichen.1259 Sowohl die Franzosen wie auch die Briten wiesen den Vorschlag der sowjetischen Delegation wieder zurück. Sie empfanden es als politisch ungeschickt, wenn die grossen vier Mächte ihre Rückforderungsansprüche selber beurteilen, da sich andere betroffene Staaten ausgeschlossen fühlen würden. Insbesondere die Franzosen schlossen eine Kommission, in der permanent nur die grossen vier alliierten Mächte vertreten waren und die anderen alliierten europäischen Staaten nur zugelassen wurden, wenn es um deren Begehren ging, von vorneherein aus.1260 Die britische Regierung hatte sich

1257

PRO WO 220/589, Schreiben der belgischen Botschaft vom 3.04.1945. Die belgische Regierung führte darin aus, dass sie so schnell als möglich ihre geraubten Kunstobjekte restitutiert und zerstörte Objekte ersetzt haben wollte.

1258

Siehe dazu auch S. 292.

1259

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Cable from London US Embassy to Paris US Embassy, 28.06.1945.

1260

NA RG 260 Ardelia Hall Collection General Records, EAC Delegations on Restitution, 30.06.1945.

16. Kapitel: Alliierte Planungen bezüglich einer Restitutionspolitik

bereits in einem Schreiben an die Absender des „Aide-memoire“ für eine Mitgliedschaft aller alliierten Staaten ausgesprochen.1261 In den Wirren am Ende des Krieges wurden im EAC keine neuen Ansätze für eine definitive Entscheidung für den Aufbau einer Restitutionskommission gefunden. Mit ein Grund wird dabei auch der Umstand gewesen sein, dass die EAC, ohne eine Übereinkunft über die generellen Restitutionsprinzien zu erlangen, zum Problem einer internationalen Restitutionskommission übergegangen war. Auch bei Kriegsende war die Situation bezüglich einer solchen Kommission noch keinen Schritt weiter. Von den grossen alliierten Mächten war die Restitution lediglich für Frankreich ein vordringliches Problem, da es selbst betroffen war. Für die anderen drei grossen Siegermächte war die Restitution, insbesondere diejenige von Kulturgütern, nur am Rande von Interesse. Zwar hatte auch die Sowjetunion grosse Verluste seiner Kulturgüter zu beklagen, doch war sie an einer alliierten Lösung gar nicht interessiert, hatte sie doch bereits eigene Ideen, wie sie ihre Verluste wettmachen wollte.1262 Während die grossen alliierten Regierungen in der EAC ohne Erfolg über die Errichtung einer Restitutionskommission, aber auch andere Vorhaben verhandelten, fanden zwischen dem 11. Juni und dem 14. Juli 1945 in Moskau die ersten Reparationsdiskussionen statt. Die Alliierten hatten im Laufe der Jalta-Konferenz eine alliierte Reparationskommission gegründet. Auch diese Verhandlungen, an welchen Kulturgüter jedoch nicht thematisiert worden waren, endeten ohne Resultate. Die westlichen Alliierten hatten dabei beabsichtigt, eine Vereinbarung zu treffen, welche die sowjetischen Wegnahmen beschränkte und die industriellen Reparationen in den vier Zonen koordiniert hätte, um ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zu vermeiden.1263 Am 26. Juni 1945 fanden zwischen den britischen, französischen und sowjetischen Delegierten in der EAC nochmals Gespräche über die Bildung einer Restitutionskommission statt. Die beiden Delegierten aus Frankreich und Grossbritannien versuchten nochmals, die Sowjetunion von der Organisation und Eingliederung einer Restitutionskommission, gemäss ihrer Vorschläge, zu überzeugen. Der sowjetische Delegierte führte hingegen aus, dass die Bildung der vorgeschlagenen Restitutionskommission, die Kompetenzen und die Befehlsgewalt der obersten alliierten Behörde (alliierter Kontrollrat), welche die vier Mächte vereinbart hatten, verletzen würde. Der britische Delegierte deutete

1261

PRO WO 220/589, Schreiben Winston Churchill, Foreign Office an die Regierungen von Holland, Belgien und Luxemburg, 24.04.1945. In diesem Schreiben werden die bisher getroffenen Massnahmen beschrieben, und es wird nochmals bekräftigt, dass man in der EAC Gespräche über eine Restitutionskommission führe.

1262

Siehe dazu S. 391 ff.

1263

Die Russen hatten den Hauptanteil an der deutschen Industrie in ihrer Zone.

321

322

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

nochmals auf das Interesse der kleineren alliierten Staaten an einer Mitgliedschaft in der Kommission. Der sowjetische Delegierte war jedoch höchstens bereit, diesen Staaten im alliierten Kontrollrat einen Beisitz ohne Stimmrecht zu gewähren.1264 Für den sowjetischen Delegierten war klar, dass durch die alleinige Verantwortung des Kontrollrates und der Restitution, Deliveries and Reparation Division als einzige Instanz die Restitution am schnellsten und effizientesten durchgeführt werden konnte. Aufgrund der unüberbrückbaren Schwierigkeiten in diesem Bereich konnte die EAC keine Entscheidung treffen und händigte die Angelegenheiten dem alliierten Kontrollrat aus, der am 29. Juni 1945 das erste Mal in Berlin tagte.1265 Das Nichtzustandebringen einer Einigung in Kulturgütersachen durch die EAC führte dazu, dass sich nun auch die Militärbehörden in Deutschland damit befassen mussten.

V.

Fazit

In der Völkerrechtsgeschichte wurde die Frage der Restitution nach kriegerischen Auseinandersetzungen regelmässig durch Friedensverträge geregelt. Im Fall Deutschland waren die Eingriffsrechte der Alliierten aufgrund des Besatzungsregimes jedoch weiter. Die Alliierten waren hier befugt, die Restitution grundsätzlich eigenhändig durchzuführen. Die Restitutionspflicht unter Hinweis auf die Londoner Erklärung war sehr weit gefasst und nicht nur auf die rechtswidrigen Rechtsgeschäfte ausgedehnt. Die Alliierten hatten zwar umfangreiche Vorschriften erlassen, mit denen von den Nationalsozialisten geraubtes Eigentum angegeben, erfasst und eingezogen wurde, jedoch konnten sie sich nach der Besetzung von Deutschland und deren Kapitulation nicht auf eine gemeinsame Definition des Begriffes und den Umfang der Restitution einigen. Obwohl gute Vorarbeiten geleistet worden waren, konnten erst die Richtlinien des Kontrollrats für die Rückerstattung vom 21. Januar und 8. März 1946 den Begriff der Restitution definieren und die Art und Weise ihrer Durchführung bestimmen.1266 Ein weiteres Problem bestand bei der Implementierung einer alliierten Restitutionskommission. Hier divergierten die Meinungen stark. Es gab Vorschläge, die die Restitutionskommission als integriertes Organ des Kontrollrates sahen, andere wollten, dass die Restitutionsbegehren von einem internationalen Gre1264

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Cable from London US Embassy to Paris US Embassy, 28.06.1945, S. 1 ff.

1265

Siehe dazu auch S. 381 ff.

1266

Siehe dazu Schmoller/Maier/Tobler, § 52, S. 23 ff. und Hofacker, S. 76.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

mium entschieden werden sollten, wiederum andere dafür bestrebt, dass alle interessierten Staaten in der Kommission vertreten sein sollten. Die Differenzen waren denn auch bei den Restitutionsbemühungen der Alliierten ein grosses Hindernis, wie noch ausgeführt werden wird.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF I.

Einleitung

Während sich Regierungen damit befassten, wie Nachkriegsdeutschland behandelt werden und wie das Restitutionsverfahren aussehen sollte, und sich über den Umfang der Restitution stritten, hatten die Truppen vor Ort ganz andere Probleme. Nachdem die MFAA während der Besetzung überall im gesamten ehemaligen Deutschen Reich Verlagerungsorte von Kulturgüter festgestellt hatten, mussten sie nun daran gehen, diese Kulturgüter zusammenzuziehen, sicher aufzubewahren, zu ordnen, zu registrieren und in einem weiteren Schritt dem Eigentümer zurückzugeben. Mittels verschiedener Weisungen erhielten die MFAA Offiziere von der Control Commission die notwendigen Kompetenzen. Als in dieser Zeit das SHAEF aufgelöst wurde, arbeiteten die MFAA Offiziere je nach Staatszugehörigkeit wieder unter der Control Commission ihres jeweiligen Landes in der entsprechenden Besatzungszone. Lediglich in den westlichen Sektoren von Berlin arbeiteten die britischen und amerikanischen MFAA Offiziere noch eng zusammen.

II.

MFAA Branch in der britischen Zone nach der Kapitulation

1.

Organisation der MFAA Branch in der britischen Besatzungszone

Mit der Umwandlung der Control Commission for Germany (British Element) von einer Planungsbehörde zur Militärregierungsbehörde wurde auch die MFAA-Abteilung reorganisiert. Grundsätzlich stimmte der Verwaltungsaufbau im alliierten Kontrollrat mit demjenigen in der Control Commission überein.1267

1267

Farquharson, The British Occupation of Germany, S. 325.

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17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

mium entschieden werden sollten, wiederum andere dafür bestrebt, dass alle interessierten Staaten in der Kommission vertreten sein sollten. Die Differenzen waren denn auch bei den Restitutionsbemühungen der Alliierten ein grosses Hindernis, wie noch ausgeführt werden wird.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF I.

Einleitung

Während sich Regierungen damit befassten, wie Nachkriegsdeutschland behandelt werden und wie das Restitutionsverfahren aussehen sollte, und sich über den Umfang der Restitution stritten, hatten die Truppen vor Ort ganz andere Probleme. Nachdem die MFAA während der Besetzung überall im gesamten ehemaligen Deutschen Reich Verlagerungsorte von Kulturgüter festgestellt hatten, mussten sie nun daran gehen, diese Kulturgüter zusammenzuziehen, sicher aufzubewahren, zu ordnen, zu registrieren und in einem weiteren Schritt dem Eigentümer zurückzugeben. Mittels verschiedener Weisungen erhielten die MFAA Offiziere von der Control Commission die notwendigen Kompetenzen. Als in dieser Zeit das SHAEF aufgelöst wurde, arbeiteten die MFAA Offiziere je nach Staatszugehörigkeit wieder unter der Control Commission ihres jeweiligen Landes in der entsprechenden Besatzungszone. Lediglich in den westlichen Sektoren von Berlin arbeiteten die britischen und amerikanischen MFAA Offiziere noch eng zusammen.

II.

MFAA Branch in der britischen Zone nach der Kapitulation

1.

Organisation der MFAA Branch in der britischen Besatzungszone

Mit der Umwandlung der Control Commission for Germany (British Element) von einer Planungsbehörde zur Militärregierungsbehörde wurde auch die MFAA-Abteilung reorganisiert. Grundsätzlich stimmte der Verwaltungsaufbau im alliierten Kontrollrat mit demjenigen in der Control Commission überein.1267

1267

Farquharson, The British Occupation of Germany, S. 325.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Mit der Auflösung des SHAEF Mitte Juli 1945 wurde der geplante Verwaltungsaufbau umgesetzt.1268 Dabei war die MFAA Branch zusammen mit der Health Branch, der Public Safety Branch und der Education&Religious Affairs Branch der Interior Division unterstellt.1269 Die einzelnen MFAA-Offiziere waren entweder den verschiedenen Provinzen (Rhine, Westphalia, Hamburg, Schleswig und Hannover) zugeteilt oder befanden sich zur flexiblen Verfügung des Vorstehers der MFAA-Abteilung.1270 Dazu kamen noch zwei Offiziere, die vorerst der britischen Besatzungsarmee als Berater zur Verfügung standen.1271 Die britische Militärregierung unterhielt in ihrem Berliner Sektor keine eigene MFAADienststelle. Jedoch nahm sich der mit den Berliner Kunstschutzangelegenheiten beauftragte britische Kunstschutzoffizier, Norris, in Verbindung mit der amerikanischen MFAA-Sektion im OMGUS den durch das Kriegsgeschehen entstandenen Berliner Museumsverhältnissen unterstützend an.1272 Leutnant A.W.D. Cooper wurde im Norfolk House behalten und dem Hauptquartier der Control Commission for Germany zugeteilt.1273 In der gleichen Art und Weise wurde auch die britische Zone in Österreich organisiert.1274 Bis zum 15. Juli 1946 wurden alle Aufgaben unter dem Kommando von Oberst Webb1275 vom Hauptquartier Bünde mit Repräsentanten der MFAA in Berlin und in den MFAA-Sektionen der regionalen Hauptquartiere ausgeführt. Zwei weitere MFAA-Offiziere waren in Brunswick und Celle stationiert und waren für die Aufsicht über den Aufbewahrungsort von Kulturgüter in der Mine Grasleben

1268

Siehe dazu PRO FO 1050/1449 (Directives for Corps District Commanders on Administration of Military Government). Diverse Entwürfe von Direktiven für eine Militärregierung.

1269

PRO FO 1050/1376, Second Organisation of Headquaters Control Commission for Germany (British Element); siehe aber auch NA RG 331/329, Organisation MFAA Section, Appendix „A“.

1270

Die zonale Oberleitung der MFAA-Sektion lag bei Colonel Webb und später bei Captain Norris. Ihr Hauptquartier hatten sie in Bünde. Siehe dazu auch Anhang 1/8.

1271

PRO WO 220/589, Organisation of British Zone CC and 21th Army Group.

1272

Siehe Kühnel-Kunze, S. 94.

1273

PRO FO 1050/1376, German Planning Unit, Appendix A. Lt. Cooper war seit längerem mit speziellen Aufgaben hinsichtlich der Aufdeckung von Beutekunstwerken betraut.

1274

Siehe dazu auch Works of Art in Austria, British Zone of Occupation, Losses and Survivals in the War, Compiled from Reports supplied by the Monuments, Fine Arts and Archives Branch of the Control Commission for Austria (British Element) and issued by the British Committee on the Preservation and Restitution of Works of Art, Archives and other Material in Enemy Hands, London 1946, S. 3 ff.

1275

Oberst Webb wurde im Sommer 1945 zum Chef der MFAA-Abteilung befördert. Siehe dazu auch PRO FO 1050/1447 (Progress Reports Consolidation) 11th Progress Report by Deputy Commissioners (Civil and Military) of Control Commission of Germany (British Element), period 1st to 31st May 1945.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

und dem zentralen Collecting Point in Schloss Celle verantwortlich.1276 Aufgrund der immer schwieriger werdenden Rekrutierung von qualifizierten Offizieren wollte Colonel Webb die MFAA Branch im Juli 1946 aufteilen und einerseits der Education Branch und anderseits der „Restitution Deliveries and Reparation“ (RDR) Division zuteilen. Dabei sollten die Museen, Denkmäler, Galerien und Archive in der Obhut der Education Branch liegen, welche durch MFAA-Offiziere unterstützt würde. Für die Restitution von Kulturgütern sollten der RDR Division ebenfalls MFAA-Offiziere unterstellt werden. Ausserdem sollten für die Rückschaffung von Kulturgütern aus der US-Zone in die Britische Zone, insbesondere in die „N. Rhine“-Provinz, zwei zusätzliche Offiziere zur Verfügung gestellt werden.1277 Versuche zeigten jedoch, dass die Aufgaben der MFAA-Offiziere in den einzelnen Regionen und den Hauptquartieren weder mit reduzierten Stäben noch mit Aufteilung der MFAA-Offiziere in die Education Branch und in die RDR Division wahrgenommen werden konnten.1278 Trotz dieses Einwandes wurde die Aufteilung der MFAA Branch in die Education Branch und in die RDR Division am 25. Juli 1946 vorgenommen.1279 Die MFAA-Abteilung selbst war ebenfalls in verschiedene Sektionen eingeteilt. Eine Sektion kümmerte sich um die Museen und Monumente in den verschiedenen Regionen der Zone. Die Archivare der MFAA-Abteilung waren in einer separaten Archiv-Sektion organisiert. Sie hatten enge Kontakte zu den anderen Zonen und dem Ministerial Archive Repository1280 in Kassel. Eine weitere Sektion kümmerte sich um die Restitutionen und die Kunstgutlager. Sie hatten die von den verschiedenen Regierungen angemeldeten Ansprüche für Kulturgüter zu kontrollieren.1281 Sodann gab es eine Sektion, welche lediglich einen Offizier umfasste, der für alle MFAA-Belange im Zusammenhang mit der alliierten Kommandatura und des britischen Berlin Sektors zuständig war. Eine letzte Sek1276

PRO FO 1050/42; Schreiben Control Commission for Germany (British Element), Zonal Executive Office, Internal Affairs and Communications Division über: The reorganization of monuments, Fine Arts and Archives Branch vom 22.08.1946, S. 1 f.

1277

PRO FO 1050/42; Schreiben Control Commission for Germany (British Element), Zonal Executive Office, Internal Affairs and Communications Division über: The reorganization of monuments, Fine arts and Archives Branch vom 22.08.1946, Appendix A.

1278

PRO FO 1050/42; Schreiben Control Commission for Germany (British Element), Zonal Executive Office, Internal Affairs and Communications Division über: The reorganization of monuments, Fine arts and Archives Branch vom 22.08.1946, S. 1. Diese Meinung wurde insbesondere vom Chief I.A. and C. Division vertreten, der die MFAA Branch in seiner Abteilung behalten wollte.

1279

PRO FO 1050/42, Schreiben Education Branch Bunde an Education Branch, Headquater, Berlin vom 26. Juli 1946 über: Monuments, Fine Arts Officer and their Administration by Regional Headquater, S. 1.

1280

Das Ministerial Archive Repository war der Lagerort für Regierungsdokumente und Archive.

1281

Siehe dazu S. 444 ff.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

tion war für die Administration der gesamten Abteilung zuständig.1282 Im Frühling 1945 wurde noch eine Nachrichten- und Ermittlungssektion der MFAAAbteilung angegliedert, da die Studien gezeigt hatten, dass die Aufklärung im Bereiche der Raubkunst, aber auch aller späteren Diebstähle dies erforderten.1283

2.

Sammelstellen in der britischen Zone

Nachdem das Schloss Celle im Jahre 1935 Eigentum des Deutschen Reichs geworden war, wurde es während des Krieges bereits zur Einlagerung von örtlichen Kulturgütern benützt. In diesem Zustand fiel es nach der Besetzung durch britische Truppen während kurzer Zeit einer unkontrollierten Menschenmenge 1284 in die Hände, die Teile des Schlosses plünderten und beschädigten, bevor britische MFAA-Offiziere das Schloss zur Sperrzone erklären konnten und es gemäss dem Militärgesetz Nr. 52 beschlagnahmten.1285 Durch Erlass der Militärregierung in Hannover vom 28. August 1945 wurde dementsprechend das Schloss Celle zum britischen Kulturgutlager (Zonal Fine Art Repository, Celle).1286 In das nunmehr von den Briten angelegte Kunstgutlager kamen alle Bestände der Berliner Museen, die von den Briten aus dem Bergwerk Grasleben, sowie solche, die die Armee in der Nähe des Bergwerkes Schönebeck als noch nicht eingelagertes Kulturgut aufgefunden hatte.1287 Die Einlagerungen in das Schloss Celle begannen am 24. September 1945 und waren erst im Mai 1946 abgeschlossen. Die Aufnahme von Kulturgütern in das Kulturgutlager Schloss Celle, die zumeist nach längeren Zwischenstationen erfolgte1288, gestaltete sich wesentlich schwieriger als in den amerikanischen Kunstgutlagern. Der Einliefe-

1282

Siehe PRO FO 936/96, (MFAA Branch, I.A. & C. Division) Organization Chart MFAA Branch. Aber auch in gleicher Akte Schreiben der Control Commission for Germany an Unterstaatssekretär des Kriegsministeriums vom 23.08.1944, mit detaillierter Organisation.

1283

PRO FO 936/96, (MFAA Branch, I.A. & C. Division) Schreiben Control Commission an den Unterstaatssekretär des Kriegsministeriums vom 27.04.1945. Die Sektion sollte gemäss Planung aus 3 Zivilisten und 4 Sekretariatsangestellten bestehen.

1284

Meist von den Nazis verschleppte Personen.

1285

PRO FO 1065/190 (Schloss Celle), Ordinance No. 202 Property of the German Reich of former German Länder and certain National Socialist Organisations. PRO FO 1065/185 (Schloss Celle, Property Control Section Hannover, File No. 9), Schreiben aus HQ Land Niedersachsen, Hannover, 28.02.1949. Siehe dazu aber auch Pretzell, S. 10.

1286

Siehe dazu PRO FO 1065/181 (Schloss Celle, Education Branch), Memorandum for the Educational Advisor, MFAA Branch, 8.03.1949.

1287

Siehe NA RG 260/166/Property Division, Lists of contents in Mine Schönebeck. NA RG 260/164 Diverse Listen über die nach Grasleben verlagerten Kulturgüter von Berliner Museen.

1288

Zuerst waren Teile der Berliner Museen in Goslar und Braunschweig zwischengelagert worden.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

rung in Celle waren ein schwelender Brand im Bergwerk Grasleben mit den schwierigsten Rettungsmassnahmen vorangegangen, dazu kam es auch zu Plünderungen und Zerstörungen. An den ersten Stationen in Goslar und Braunschweig mussten defekte Kisten umgepackt werden, so dass die ursprüngliche Ordnung des Inhalts, wie sie in den Berliner Verlagerungslisten verzeichnet waren, nicht erhalten blieb.1289 Ausserdem waren dringende Restaurationsarbeiten erforderlich gewesen.1290 Mit dem Beginn der Einlagerungen begannen auch die laufende Betreuung und später die Nutzung der Sammlungen. Nach und nach wurde Personal für Büro- und Verwaltungszwecke, Bewachung und Lagerarbeiten gewonnen und auch eine Fotowerkstatt eingerichtet. Dabei wurde insbesondere der Inventarisierung grösste Beachtung geschenkt.1291 Seit Mitte 1945 wurden verschiedene Kunstsammlungen und Einzelstücke, welche die britische Besatzungsmacht als Nazi-Raubkunst beschlagnahmt hatte, im Schloss Celle untergebracht. Es entstand eine eigentliche Restitutionsabteilung, welche vom britischen MFAA-Offizier für das Land Niedersachsen verwaltet wurde, dann aber bald in die Obhut des Kunstgutlagers überging. Die Organisation der Verwaltung im Sammeldepot Schloss Celle unterschied sich von denjenigen der Amerikaner, indem gleich zu Beginn ein deutscher Leiter eingesetzt wurde1292, welcher sich zuvor bei den ersten Schutzmassnahmen für das Schlossgebäude verdient gemacht hatte. Er hatte zwar den Weisungen der britischen Militärregierung zu folgen, aber die unmittelbare Verantwortung für die sichere Unterbringung der Kunstgüter im Schloss, für eine korrekte Bestandesaufnahme, für die Zuverlässigkeit aller Mitarbeiter, für Restaurierungsarbei-

1289

Siehe auch NA RG 260/236, Reports British Zone, Repository Grasleben, S. 13. NA RG 260/166/Property Division, Listen Staatliche Museen Berlin. NA RG 260/165/Property Division, Listen mit nach Grasleben verbrachten Kunstgegenständen.

1290

Siehe Kühnel-Kunze, S. 98.

1291

Pretzell, S. 12 ff. Insgesamt wurden über 4’300 qm des Schlosses für die Lagerung von Kulturgütern benutzt.

1292

Schon im November 1944 versuchten die Offiziere der I.A. & C. Division, die Situation nach der Kapitulation von Deutschland bezüglich der benötigten deutschen Zivilangestellten zu regeln. Insbesondere hatte ja auch die MFAA Branch, welche von Sir Leonard Woolley vertreten wurde, grosse Bedürfnisse, um die Museen und Galerien, aber auch Archive wieder aufzubauen und zu ordnen. Anlässlich eines Meetings wurde verabschiedet, dass die Public Safety Branch in Zusammenarbeit mit dem Counter Intelligence Corps die gemäss den ausgefüllten Fragebogen in Frage kommenden Deutschen genauer abklären würden, da auf Anordnung der alliierten Streitkräfte keine Personen, die irgendwelchen Naziorganisationen angehört hatten, beschäftigt werden durften. Siehe dazu PRO FO 1050/1382, Minutes of a Meeting of Branches of Interior Division, 14. November 1944 und Control Commission for Germany (BE) Deputy Commissioners Weekly Conference, Purging of German Civil Service.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ten und für alles, was zu den Aufgaben eines Museumsdirektors gehört, lag bei ihm.1293 Die zuständige britische Dienststelle befand sich in Bünde. Im Sommer 1946 waren drei Collecting Points in der britischen Zone aktiv. Neben dem Schloss Celle als zentraler Aufbewahrungsort von Material der Berliner Bibliotheken und Museen wurde das Kaiserhaus in Goslar für Archive aus der russischen Zone und aus polnischem Gebiet und das Schloss Dyck, in der Nähe von Düsseldorf, in welchem Gegenstände für die Restitution in westliche Länder gelagert waren, als Kunstgutlager benutzt.1294 Nach der Besetzung von Hamburg fielen den britischen Truppen zudem im Hamburger Hafen, auf dem Firmengelände der Zinnwerke Wilhelmsburg und der Norddeutschen Raffinerie ungefähr 16’000 Kirchenglocken in die Hände. Diese lagern unter freiem Himmel, während in Schuppen abgestellt oder zu Halden aufgetürmt Bronzemonumente aus den Städten Paris, Krakau, Berlin, München und zahlreichen weiteren Städten Deutschlands, Ost- und Westeuropas auf ihre Verarbeitung in den Hochöfen warteten. Am 15. März 1940 hatte Reichsmarschall Hermann Göring die Anordnung erlassen, sämtliche Edelmetallreserven des Reiches der Rüstungsindustrie zuzuführen.1295 Diesbezüglich erfolgte die gesamte Beschlagnahmeaktion nach einem vorgeschriebenen Schema.1296 Nach der Besetzung verlagerten die britischen Truppen die Glocken über das gesamte Hafengelände. Im Winter 1947 wurden sie von der britischen Militärregierung registriert, fotografiert und entlang des Bahngeleises aufgestellt. Nach dem gleichen Verfahren, welches in den Kunstgutlagern angewandt wurde, konnten die nationalen Rückführungsbeauftragten die aus ihren Ländern stammenden Stücke identifizieren.1297 Unter der Leitung des belgischen Dominikanerpaters Jean Krebs wurde ab Herbst 1947 mit der Restitution der etwa 2’000 erhaltenen europäischen Glocken nach Belgien, Frankreich und später auch teilweise nach Polen und in die Tschechoslowakei begonnen. Die deutschen Glocken blieben noch fast zwei Jahre im Hamburger Hafen, da der zuständige MFAA-Offizier 1293

Pretzell, S. 61 ff. Aufgrund der Weisungen wiesen sowohl die britischen MFAA-Offiziere wie auch der Kurator Besuchsgesuche von Berliner Museumsvertretern ab.

1294

PRO FO 1050/43, MFAA Section, Education Branch an HQ I.A. & C, über Return of Works of Art from French Zone, 24. August 1946.

1295

Ludwig Veit, Das deutsche Glockenarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 1965–1985, in: Lusus Camapanularum, Arbeitsheft 30 des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, München 1986.

1296

Ernst Sauermann, Die Deutsche Glocke und ihr Schicksal im Krieg, in: Aus der Arbeit des Deutschen Glockearchivs, Sonderdruck der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Denkmalpflege“ Heft I, 1952.

1297

Über die deutschen Statuen befand ein Kriegstribunal unter der Verantwortung der MFAA-Abteilung. Denkmäler aus der Nazizeit sowie von preussischen Königen und Generälen, als Repräsentanten des deutschen Militarismus, wurden den Hochöfen zugeführt, alle anderen zur Rückführung freigegeben.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

der Region Hamburg die deutschen Kirchgemeinden bis zu seiner Zwangsversetzung bewusst ignorierte.1298 Durch die fehlende Hinzuziehung von Berliner Museumsverantwortlichen und die Verwaltung durch deutsches Personal kam es für die britische Militärregierung und die MFAA-Abteilung zu einer peinlichen Situation. In der Zeit zwischen Oktober 1947 und dem 23. März 1948 wurden aus dem Schloss Celle wertvolle antike Schmucksachen gestohlen.1299 Aufgrund fehlender Inventarlisten war es unmöglich herauszufinden, wann der Diebstahl genau erfolgt war. Die eingeleitete Untersuchung zeigte auf, dass weitere Schmuckstücke aus Gold1300 verschwunden waren. Nicht nur in der Fachwelt, sondern in der gesamten Öffentlichkeit rief dieser Diebstahl grosse Empörung hervor.1301 Aufgrund dieser Diebstähle wurden der Kurator des Kunstgutlagers und verschiedene Mitarbeiter von der MFAA-Abteilung entlassen.1302 Nach den Suspendierungen im September 1947 wurde nach längeren Verhandlungen der Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums zum Leiter des Kunstgutlagers Celle ernannt. Kurz nach seiner Amtsübernahme nahm der neue Leiter eine neue systematische Revision der bestohlenen Goldkisten der Antikensammlung vor. Am 1 März 1948 wurde des „Committee for the Zonal Fine Arts Repository, Schloss Celle“ gegründet.1303 Das Komitee setzte sich aus dem „Senior Property Control Officer“, dem MFAA-Offizier aus dem Hauptquartier des Landes Hessen und dem Kreisresidenten der Stadt Celle zusammen und war die Aufsichtbehörde für das Kunstgutlager Celle. Es erliess auch die diesbezüglichen Arbeitsrichtlinien. Im Herbst 1949 wurde es wieder aufgelöst. Die englische Militärregierung drängte nun darauf, das Kunstgutlager in deutsche Hände zu übergeben.1304 Mit Schreiben vom 28. November 1949 an den

1298

Siehe dazu Nicholas, Raub der Europa, S. 307 ff.

1299

PRO FO 1065/178 (Schloss Celle, Losses and Police Investigation), diverse Berichte.

1300

Es handelte sich dabei um Bestände aus der berühmten Goldsammlung der Berliner Antikenabteilung.

1301

PRO FO 1065/183 (Governmental Affairs & Legislation Section, Land Commissioners), Artikel aus der deutschen Volkszeitung vom 17.5.1949, in welchem über die Debatte im britischen Oberhaus betreffend der Diebstähle berichtet wird. Siehe auch PRO FO 1065/188 (Central Repository), Korrespondenz mit Lord Henderson betreffend die verschwundenen Gegenstände.

1302

PRO FO 1065/184 (Schloss Celle, Brief History of Zonal Arts Repository), Reports on Schloss Celle.

1303

PRO FO 1065/185 (Schloss Celle, Property Control Section Hannover, File No. 9), Schreiben HQ Land Niedersachsen, Hannover, 28.02.1948, Zonal Fine Art Repository Schloss Celle.

1304

Siehe PRO FO 1065/179 (Schloss Celle, Transfer of Collections to German Authorities) Schreiben an Regional Commissioner, HQ, Land Niedersachsen vom 26.02.1949: „It has been decided that in order to safeguard the art treasures at Schloss Celle and to preserve

329

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Land Commissioner in Hannover übernahm der niedersächsische Ministerpräsident Kopf, in Übereinstimmung mit der Verordnung Nr. 2021305 der britischen Militärregierung, definitiv die Verantwortung.1306

3.

Aufgaben der MFAA-Abteilung in der britischen Zone

Seit der Kapitulation von Deutschland war die MFAA Branch der Briten mit dem Schutz und der Restauration der wichtigsten historischen Gebäude und der Kunstgegenstände, welche sich in der britischen Zone befanden, engagiert.1307 Dazu gehörten auch die Rückgabe, Erhaltung und Umgruppierung von Kunstsammlungen und das Auffinden von Material für den Schutz der wichtigsten Gebäude vor dem Zerfall.1308 Die Offiziere des MFAA waren auch die Anlaufstellen für das Hauptquartier und die regionalen Administrationen hinsichtlich der Rekonstruktion, dem Unterhalt und der Administration von lokalen historischen Gebäuden, Sammlungen und Archiven. Sie gewährten die Unterstützung in ihrem Fachgebiet für das Quadripartite Komitee auf der Direktorats- und Kommandantenstufe.1309 Ausserdem halfen sie der RDR Division bei der Suche von Kunstgegenständen, die die Deutschen während des Krieges aus den eroberten Gebieten beschlagnahmt hatten. Dabei hatten die Offiziere der MFAA die deutschen Kunsthändler und Sammler in der Zone zu überwachen und das Militärgesetz Nr. 52 durchzusetzen.1310 Der Chef der MFAA-Abteilung war

them for any future German Government, the Government of Land Niedersachsen should be instructed to designate one of its Officers for appointment as custodian to these Art Treasures under Military Government Law No. 53. It should be made clear to the Government of Land Niedersachsen that the articles still continue to be subject to the provisions of Military Government must be obtained before any article is physically disposed off.“ 1305

PRO FO 1065/190 (Schloss Celle), Ordinance No. 202, Property of German Reich of fromer German Länder and certain National Socialist Organisations.

1306

PRO FO 1065/183 (Governmental Affairs & Legislation Section, Land Commissioner Office), Übernahmebestätigung des niedersächsischen Ministerpräsidenten vom 28.11.1948. Siehe aber auch Memorandum Political Advisor, 11.11.1948, in welchem die MFAA-Abteilung mit der Übergabe nicht einverstanden war, da die Befürchtungen bestanden, dass die Sammlungen nicht adäquat restituiert würden.

1307

Für einen spezifischeren Überblick über die einzelnen britischen MFAA-Offiziere und ihre Arbeiten siehe Friemuth, S. 119 ff.

1308

Siehe dazu NA RG 331/329, Organization MFAA Section, Ziff. 10 MFAA Section.

1309

Siehe dazu PRO FO 1032/706 (Directive for Monuments, fine Arts and Archives Branch), First draft Directive for the Director, MFAA Branch of the Controll Commission for Germany, Appendix B, 20.01.1945.

1310

PRO FO 1050/42; Schreiben Control Commission for Germany (British Element), Zonal Executive Office, Internal Affairs and Communications Division über: The reorganization of monuments, Fine arts and Archives Branch vom 22.08.1946, S. 1.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

dafür verantwortlich, dass alle nationalsozialistischen Kulturinstitute und Museen geschlossen wurden und dass deutsches Museumspersonal, welches in von den Alliierten verbotenen Parteien und Verbände Mitglied war, von seiner Funktion enthoben wurde.1311 Die Aufgaben der MFAA-Abteilung wurden dabei wie folgt umrissen: a) Überwachung und Kontrolle der Administration für Monumente, Kunstobjekte und Archive in der britischen Zone. Insbesondere wurde die Überwachung des ehemaligen Reichsinnenministeriums und des Reichsministeriums für Bildung zusammen mit den MFAA-Abteilungen der USA und der UdSSR und in Zusammenarbeit mit der „Education Branch“ in der britischen Zone befohlen. Die MFAAAbteilung wurde aufgefordert, bezüglich einer Reorganisation von deutschen Kulturgüterschutzorganisationen Empfehlungen auszuarbeiten. b) Treffen von Entscheidungen mit Unterstützung der Public Safety Branch, ob ein Mitarbeiter des deutschen Kulturgüterschutzes für die MFAA weiterarbeiten konnte oder ob aufgrund seiner Parteiangehörigkeit das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden musste. c) Sicherstellung und Schutz aller Archive und Dokumente der deutschen Kulturgüterschutzorganisationen. d) Beschlagnahmung aller öffentlichen und privaten Dokumente, welche die Transaktionen von Kulturgütern nach dem 1.3.1938 beinhalteten. e) Lokalisierung, Registrierung, Sicherstellung und Berichterstattung an die „High Commissioner“ von allen Kunstgegenständen und Archiven in der britischen Zone. f) Kontrolle und Überwachung der Militärproklamation bezüglich des Verbotes von Zerstörung, Fälschung, Verkauf und Transfer sowie Export von sämtlichen Kunstgegenständen. g) Überwachung der ersten provisorischen Massnahmen an von der Zerstörung bedrohten Gebäuden und die Kontrolle, ob Gebäude, die in der Liste geschützter Gebäude figurierten, trotzdem militärisch benutzt wurden.

Dazu kamen noch verschiedene Aufgaben im Bereich der Archive und Archivorganisation in der britischen Zone, aber auch auf Stufe der Alliierten Kommandatura.1312 Die Aufgaben des Teilstabes der MFAA-Abteilung in Österreich bestanden zusammengefasst in der Aufbereitung einer offiziellen Liste über die Denkmäler, historischen Gebäude und Museen in der britischen Zone Österreichs, dem Erstellen eines Arbeitshandbuches und dem Erfassen des österreichischen Kunstpersonals. Des Weiteren sollten Pläne für die Wiedererrichtung einer Kunstorganisation in einer neuen österreichischen Zentralregierung entworfen

1311

Siehe PRO FO 1050/1405, Policy and Planning General, Directive to the Director, MFAA Branch of the Control Commission for Germany.

1312

Siehe PRO FO 1050/1405, Policy and Planning General, Directive to the Director, MFAA Branch of the Control Commission for Germany, Appendix B, S. 2 f.

331

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

werden. Sämtliche der aufgelisteten Kulturgüter der Besatzungszone mussten inspiziert, geschützt und allenfalls restauriert werden. Daneben mussten die verlagerten Kunstgegenstände erfasst, geschützt und sichergestellt werden. Das gleiche Prozedere musste ebenfalls mit den von den Nazis verschleppten Beutekunstwerken vollzogen werden. Analog zu den Kulturgütern sollte auch mit den historischen Archiven vorgegangen werden. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die modernen Archive, deren Auffindung und Sicherung gelegt. Der Direktor der Abteilung war gleichzeitig auch technischer Berater für den Leiter der Abteilung für Inneres in Sachen Kulturgüter. Er konnte direkt mit den österreichischen Kulturgüterverantwortlichen verhandeln.1313

III.

MFAA Branch in der amerikanischen Besatzungszone nach der Kapitulation

1.

Organisation der MFAA Branch

Zu Beginn des Jahres 1944 war die MFAA Branch in der „Interior Division“ der „German Country Unit“, einem Spezialstab innerhalb SHAEF eingegliedert. Am 22. August 1944 wurde sie der „Property Section“ der „Military Government Division A“ im USGCC unterstellt.1314 Kommandant der MFAA-Abteilung war in dieser Zeit Mason Hammond.1315 Am 25. November 1944 wurde die MFAA-Abteilung eine Sektion in der Reparation, Deliveries and Restitution Division des USGCC.1316 Während den ersten vier Monaten der Besatzung erarbeitete die MFAA Branch ihre Vorgehensweise bezüglich des Schutzes der deutschen Kulturgüter und der Restitution der europäischen Kulturgüter. Die bei den lokalen Militärregierungsdetachementen stationierten MFAA-Offiziere bekamen Weisungen bezüglich ihrer Aufgaben und Verantwortlichkeiten (z.B. für die Inspektion von Kunstgutlagern und dem Schutz der Kunstgüter), und es wurden die technischen Prozeduren hinsichtlich einer Restitution erarbeitet. Diese Teams, die in den Militärregierungsdetachementen eingeteilt waren, unterstanden jedoch nicht dem USGCC oder deren RDR Division, sondern dem USFET.

1313

PRO FO 936/11 (Monuments, Fine Arts and Archives Branch), Work of the Branch in Austria. Siehe auch PRO WO 220/621 (MFAA Organisation in Austria). PRO FO 1020/217 (Informal Reports, RDR Division Austria), diverse Berichte der RDR-Abteilungssitzungen bis und mit dem Jahr 1949.

1314

NA RG 239/38, Anney A to plan of MFAA, Chart of Chain of Command and Organization at the End of Phase I and to continue in Phase II. Siehe Anhang 1/9.

1315

NA RG 239/70, Report of the MFAA Branch for Period 25.11.1944 to 4.10.1945.

1316

Siehe dazu Weisz, OMGUS Handbuch, S. 16 f.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

Durch General Order Nr. 59 vom 29. September 1945 wurde die USGCC, wie erwähnt, in „Office of Military Government for Germany“ (US) umbenannt.1317 Im Grundsatz wurde die Organisation der USGCC von OMGUS beibehalten. Die entscheidende Änderung bestand in der Auflösung der Ämter der Assistant Deputies, die mit Wirkung vom 15. Oktober 1945 in Kraft trat.1318 In die neue „Economics Division, OMGUS“ wurden sodann zwei Unterabteilungen der ehemaligen „Reparations, Deliveries and Restitution Division“, die Reparations and Restitutions Branch und die MFAA Branch integriert.1319 Dabei wurde die MFAA Branch der Restitution Branch unterstellt.1320 Mit dieser Unterstellung, welche eine Zurückstufung der MFAA Branch bedeutete, waren die MFAAOffiziere gar nicht zufrieden.1321 Die Amerikaner legten die Zentrale ihrer zur Economics Division gehörenden Kunstabteilung „MFAA Section“ für die ganze amerikanische Zone in ihr Hauptquartier – Office of Military Government United States (OMGUS) – in Berlin-Dalehm.1322 Mit der Auflösung der Finance und Economics Division errichtete OMGUS am 1. Juli 1948 eine Property Division ein. Die MFAA Branch wurde dieser Abteilung unterstellt und verblieb dort bis zur Beendigung der hauptsächlichen Restitutionen im Dezember 1948.1323 Die noch verbleibenden MFAA-Funktionen wurden in die Cultural Affairs Branch der Education und Cultural Relation Division versetzt, wo sie bis zum Ende von OMGUS im September 1949 verblieben.1324 Auf OMGUS-Stufe selbst waren nur höchstens 6 Offiziere in der MFAA-Sektion angestellt.1325 Durch die Proklamation Nr. 2 von General Eisenhower vom 19. September 1945, die am 28. September 1945 bekannt gegeben wurde, wurden die drei als Staaten bezeichneten Verwaltungsgebiete Gross-Hessen, Württemberg-Baden und Bayern errichtet. Diesen übertrug man vorbehaltlich der Machtbefugnisse der Militärregierung die volle gesetzgebende, richterliche und vollziehende

1317

Vgl. Military Government Bulletin Nr. 10 vom 29.09.1945, S. 7 f.

1318

Weisz, OMGUS Handbuch, General Order Nr. 63 vom 9.10.1945.

1319

NA RG 239/70, Report of the MFAA Branch for Period 25.11.1944 to 4.10.1945; Vgl. auch Report of the American Commission, S. 123 ff. In der Economics Division war ausserdem das Office of Assistant Deputy of Resources, die Industry Division, die Food and Agriculture Division und die Trade and Commerce Division zusammengefasst.

1320

Siehe Weisz, OMGUS Handbuch, Übersicht 35: Organisation der Economics Division, OMGUS, 15.01.1945, S. 103.

1321

Siehe NA RG 239/29, Letter from Lt. Col. M. Hammond to John Walker, An informal Report on MFAA Activities in the European Theatre, 17.10.1945, S. 1.

1322

Kühnel, S. 92.

1323

Siehe Anhang 1/10.

1324

Siehe dazu auch Bradsher, S. 66.

1325

Siehe Farmer, The Safekeeper, unveröffentlichtes Manuskript, S. 65.

333

334

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Gewalt.1326 So wurden in den neuen Ländern Bayern, Baden-Württemberg, Gross Hessen und der Enklave Bremen Militärregierungsbüros errichtet, die im Wesentlichen analog von OMGUS organisiert waren. Jedes Büro hatte auch eine MFAA Branch integriert. Die MFAA-Sektionen in den einzelnen Ländern wurden mit der Durchführung der Restitution beauftragt. Die einzelnen Militärregierungen in den Ländern konnten über die Anstellung von MFAA-Offizieren selbst befinden. Die lokalen Collecting Points wurden von den lokalen MFAAAbteilungen in den Ländern betrieben (München von Bayern, Wiesbaden und Marburg von Gross Hessen, Stuttgart von Baden-Württemberg). Auch in den Militärregierungen der Länder gab es analog zu OMGUS Reorganisationen. Die im Jahre 1946 angelaufenen Rückerstattungen von Vermögenswerten fanden in der Neuorganisation der entsprechenden Militärregierungsstellen ihren Ausdruck. Im Rahmen der Economics Division richtete man in der Militärregierung für Bayern eine eigene Restitutionsabteilung mit der Restitutionssektion und einer MFAA-Sektion ein. Die Restitutionssektion setzte die Arbeit der bisherigen Reparations, Deliveries and Restitutions Branch fort, wobei man die Sektion Reparationen der Industry Branch zuwies. Die MFAA-Sektion hatte in Bayern zuvor ebenfalls unter der Property Division gearbeitet.1327 Im Sommer 1946 wurden die Aussenstellen der MFAA Branch in Bayern auf zwei beschränkt. Fortan gab es ein MFAA-Büro für Südbayern und eines für Nordbayern. Das Dokumentenzentrum, welches für die Identifizierung und Inventarisierung der Kunstobjekte zuständig war, leitete ein MFAA-Offizier für Südbayern im MFAA-Büro in Südbayern.1328 Die Aufgabe des Dokumentenzentrums und des MFAA-Offiziers war es, mittels Dokumenten die Eigentümer der im Collecting Point München gelagerten Kunstobjekte zu eruieren, Informationen über Nazis zu erlangen, die am Raub von Kunstwerken in den besetzten Gebieten beteiligt gewesen waren, und Anfragen betreffend in Bayern vermutete vermisste Kunstgegenstände zu beantworten. So führte die MFAA-Sektion in Bayern mittels einer kleinen Nachrichtendienstgruppe die Arbeit der Art Looting Investigation Unit (ALIU)1329 des Office of Strategic Studies fort und verwendete dabei deren „Consolidated Interrogation Reports“1330 als Standardwerk.1331 In der Militärregierung für Hessen waren die MFAA-Offiziere zuerst ebenfalls der Economics Division unterstellt gewesen. Mit der General Order Nr. 5 vom

1326

Weisz, OMGUS Handbuch, S. 161.

1327

Siehe Weisz, OMGUS Handbuch, S. 273.

1328

Siehe Breitenbach, Historical Survey of the Activities of the Intelligence Department, MFAA Section, OMGB, S. 192.

1329

Siehe dazu S. 184 ff.

1330

Siehe z.B. NA RG 239/75.

1331

Zur exakten Arbeit dieser Gruppe siehe Breitenbach, Historical Survey of the Activities of the Intelligence Department, MFAA Section, S. 193 ff.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

20. April 1948 wurden sie der Property Division unterstellt, die nun zunehmend zwischen deutschen Kultureinrichtungen und ausländischen Staaten, welche verschlepptes Kulturgut zurückforderten, vermittelte. In eine schwierige Situation geriet die MFAA-Sektion, als OMGUS alle hessischen Gesetze, die den Kunsthandel reglementiert hatten, aufhob. MFAA hatte die Gesetze gutgeheissen und befürchtete mit der Aufhebung eine Rückkehr der Geschäftemacher und Nationalsozialisten auf dem Kunstmarkt. Innerhalb des Militärregierungsgebietes von Württemberg-Baden gab es, wie in den anderen Ländern, ein Regional Military Government Detachment MFAA-Offiziere, die als Spezialisten eingesetzt wurden. Im März 1946 wurden diese der Cultural Division unterstellt. Da sich die Arbeit von der Restitutions Branch nur durch die Art der behandelten Gegenstände unterschied, wurde die MFAA-Sektion zum 1. Juni 1946 der Restitutions Branch, Economics Division zugeteilt. Von August 1946 bis Februar 1947 blieb die einzige MFAA-Stelle in der Militärregierung in WürttembergBaden unbesetzt. Da wenig Arbeit anfiel, brachte die Vakanz keine Probleme mit sich. Erst nach Erlass des Militärgesetzes Nr. 116 mussten zahlreiche Meldungen über Gegenstände, die Deutsche aus von deutschen Truppen besetzten Gebieten mitgebracht hatten, bearbeitet werden.1332 Bei der Umorganisation vom 15. Mai 1948 wechselte die MFAA-Sektion zusammen mit der Restitution Branch zur neu gebildeten Property Division über. Als die Property Division der Militärregierung Württemberg-Baden 1949 aufgelöst wurde, wurde die MFAA-Sektion abgetrennt und zum 1. April 1949 der Education and Cultural Relations Division unterstellt.1333 Da fünfzehn der siebzehn Berliner Museen früher in staatlichem Besitz waren, kümmerte sich zunächst die MFAA Branch der US Gruppe des Kontrollrates um die Kunstobjekte der Stadt. Ihre Mitglieder, Calvin Hathaway und John Brown, hatten schon im Juli 1945 eine Liste aller zu schützenden Sammlungen angefertigt, um sie vor weiterem Verfall und Verlust zu schützen. Die Kunstabteilung der Berliner Militärregierung war zunächst als Untersektion der Military Government Intelligence Section angesiedelt. Aufgrund des Arbeitsumfanges und der Wichtigkeit wurde sie im Herbst 1945 zu einer eigenen Sektion umgebildet. Zum Leiter ernannte die Militärregierung Norman Byrne. Aufbauend auf die bereits vorhanden gewesenen Übersichten und Listen fertigte die MFAASektion eine Liste sämtlicher zu schützenden Denkmäler, Gebäuden und Kunstobjekte an, damit entsprechende Massnahmen eingeleitet werden konnten.1334 Als der Abteilungsleiter der MFAA Branch im Sommer 1946 von einem Amerikaaufenthalt nach Berlin zurückkehrte, wurde er wegen Verdachts des Diebstahls

1332

IFZ, OMGUS 3/407-3/1, OMGWB: History, Juli 1946 –Juni 1947.

1333

IFZ, OMGUS 17/7-2/9-13, General Order Nr. 3 und 4, OMGWB vom 17.03.1949.

1334

Wetzel, S. 707.

335

336

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

von Berliner Kunstgegenständen angeklagt und verhaftet. Die Abteilung wurde der Aufsicht der OMGUS-Zentrale unterstellt, deren MFAA-Offizier nun sämtliche Aufgaben erledigten. Erst am 16. März 1947 übernahm die Berliner Militärregierung wieder die Verantwortung für die Kunstsammlungen und übertrug sie im Juli 1947 der Information Services Control Branch. Nach Bildung der WestBerliner Stadtregierung im Januar 1949 wurde der Regierung für diesen Bereich die volle Verantwortung übertragen.

2.

Amerikanische Sammelstellen

Als die Besetzung Deutschlands und die Suche nach Kulturgütern durch die MFAA-Offiziere sich langsam dem Ende zuneigten, wurde die Frage nach deren Aufbewahrung immer akuter. Aufgrund eines Antrages für die Errichtung von zentralen Sammelstellen erhielt Major LaFarge, Chef der MFAA-Sektion im Hauptquartier der USFET, vom Hauptquartier von SHAEF eine diesbezügliche Direktive.1335 Während der Besetzung wurden viele der aufgefundenen Kulturgüter aus den Bergwerken und anderen Depots geborgen und an anderen Lagerorten untergebracht. Vielfach lagerten deutsche Kulturgüter und Nazi-Beutekunstwerke am gleichen Ort. Die dort herrschenden Verhältnisse, verbunden mit dem häufig katastrophalen baulichen Zustand der Lagerungsorte, machten deshalb eine Zusammenlegung der Depots in wetterfeste, feuersichere und vor allem überwachte Räumlichkeiten dringend notwendig.1336 So richtete die MFAA-Abteilung für die Unterbringung der Kunstschätze und Kulturgüter in ihren Zonen in dafür geeigneten Gebäuden zentrale Sammelstellen ein, denen sie den Namen „Central Collecting Point“ gaben.1337 Der erste Central Collecting Point, der aufgebaut wurde, befand sich in den Gebäuden der

1335

NA RG 239/70, Directive of the Supreme Commander, Subject: Protection of Repositories of Works of Art and Archives in Germany, 20.05.1945. Siehe dazu auch NA RG 331/Records of Information Branch, Box 59, War Diary G-5, Division Main, May 1945, Summary of Information, Appendix 10 MFAA.

1336

So wurden zum Beispiel die Bestände der Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten aus den Schlössern in Potsdam und Berlin, welche im Bergwerk Bernterode gelagert waren zunächst nach Marburg gebracht, während die Kunstgegenstände aus dem Bergwerk Kaiseroda bei Merkers in der Reichsbank in Frankfurt zwischengelagert wurden. Siehe dazu NA RG 331/335, Bericht: Storage of works of art at Frankfurt vom 23.04.1945; NA RG 260/157/Property Division, Report on the Evacuation to the Saltmines of Kaiseroda and Ransbach vom 9.01.1946.

1337

Dabei war es insbesondere Lt. Rorimer, welche die Collecting Points auswählte. Siehe dazu Ausführungen in Rorimer, Survival, S. 227 f.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

ehemaligen Nazi-Parteizentrale, dem Führer- und Verwaltungsbau in München. Nach einigen Verhandlungen mit der 3. US-Armee konnte die MFAA-Abteilung schliesslich am 14. Juni 1945 die beiden Gebäude requirieren.1338 Bereits am 17. Juni 1945 kam die erste Ladung mit Kunstgegenständen aus dem Bergwerk Alt Aussee nach München.1339 Nach einiger Zeit waren die Gebäude einigermassen renoviert, der Schutz und die Bewachung sichergestellt und das notwendige Inventarisierungssystem konnte benutzt werden. Für die Arbeit wurden deutsche Kunstsachverständige und Arbeiter herangezogen, welche zuvor vom militärischen Nachrichtendienst genau überprüft worden waren.1340 Bereits im September 1945 wurden in München über 8’000 Kisten und nicht eingepackte Kunstgegenstände registriert.1341 Im Collecting Point München wurden die gesamten Beutekunstwerke der Nazis, welche von den Amerikanern aus den diversen Depots1342 der ERR herausgenommen worden waren, eingelagert. Im Sommer wurden Kunstsachverständige aus verschiedenen Staaten eingeladen, um ihre von den Nazis gestohlenen Kulturgüter zu identifizieren.1343 Im Collecting Point befand sich zudem auch ein Dokumentationszentrum, das unter anderem auch Dokumente aufbewahrte, welche die von den Mitarbeitern der Art Looting Investigation Unit (ALIU)1344 sichergestellt worden waren. In Wiesbaden (Hessen) wurde das Landesmuseum zu einem zweiten Central Collecting Point bestimmt, welches vornehmlich die Berliner Kunstschätze aufnehmen sollte, die nach der Bergung aus den Bergwerken zunächst nach Frankfurt gebracht worden waren. Bei der Wahl dieses grossen Museumsbaus – die gesamte rechte Hälfte wurde dafür requiriert – ging man davon aus, dass die Menge unterzubringender Kunstschätze, die wahrscheinlich hier längere Zeit bleiben würden, nicht nur sicher verwaltet, sondern auch zugänglich gemacht werden sollten: durch Ausstellungen, in übersichtlichen Depots und in Arbeits-

1338

NA RG 239/72, Semi-Monthly Reports from the Art Collecting Point, Munich for Period Ending 2 July 1945.

1339

NA RG 239/72, Semi-Monthly Reports from the Art Collecting Point, Munich for Period Ending 2 July 1945, Ziff. X.

1340

Für den Aufbau des Collecting Points München siehe Craigh Hugh Smith, Repatriation of Art from the Collecting Point in Munich after World War II, Groningen 1988.

1341

NA RG 239/72, Monthly Report on Monuments, Fine Arts and Archives for period ending 30. September 1945, 8.12.1945.

1342

Siehe dazu NA RG 218/38, Special Report on Inspection of Repositories of Art conducted by Lt. Col. McDonnell of SHAEF Mission to France and Lt Kuhn, Advisor, MFAA, May 1945. Es handelte sich dabei um die Depots in Alt Ausee, Herrenchiemsee, Buxheim, Neuschwanstein, Kogl, Nikosburg, Seisenegg und Columberg.

1343

Siehe dazu insbesondere Craigh Hugh Smith, Repatriation of Art from the Collecting Point in munich after Worls War II, Groningen 1988, 57 ff.

1344

Siehe Seite 189 ff.

337

338

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

räumen für Wissenschaftler.1345 Das verhältnismässig wenig zerstörte Gebäude wurde ab Juli 1945 instandgesetzt, und bereits am 20. August 1945 konnte mit der Einlagerung begonnen werden. Ein kleiner Teilbestand, der zunächst in einem kleineren Sammeldepot im Schloss Marburg untergebracht war, und diejenigen Kunstobjekte, die aus dem Bergwerk in Merkers nach Frankfurt evakuiert worden waren, wurden etwas später ebenfalls nach Wiesbaden gebracht, so dass hier das gesamte Berliner Museumsgut unter amerikanischer Verwaltung gemeinsam gelagert war.1346 Die verantwortliche Leitung des Central Art Collecting Point hatte jeweils ein amerikanischer Kunstoffizier, der zur MFAA-Sektion der Militärregierung von Gross-Hessen (Office of Military Government for Greater Hesse) gehörte. Der amerikanischen Leiter durfte wie in München deutsches Personal wie Fachleute, technisches Personal und Arbeiter anstellen. Die in Wiesbaden zusammengezogenen Bestände der Berliner Museen umfassten das gesamte Bergungsgut aus den Salzbergwerken Kaiseroda/Merkers und Hattdorf/Ransbach, insgesamt über 210’000 Objekte der preussischen Staatsmuseen in Berlin.1347 Daneben gab es noch den Central Collecting Point Marburg und ein grosses Archiv- und Büchersammellager in Offenbach, welches von zentraler Bedeutung für die Sicherung und spätere Restitution von Nazi-Beutegut war. Das Depot Offenbach wurde bereits im Mai 1945 in den Fabrikgebäuden des ehemaligen IG-Farben-Konzerns eingerichtet. Wegen Mangels an Heizmaterial musste es bereits im Oktober 1945 seine Arbeit einstellen. Am 2. März 1946 wurde das Depot als Offenbach Archival Depot (OAD) wiedereröffnet.1348 In Offenbach wurden in der Folgezeit Bücher, Archive und ganze Bibliotheken in mehr als 35 Sprachen aufbewahrt, inventarisiert und zur Restitution bereitgestellt. Neben den Büchern von mehr als 4’000 Bibliotheken umfasste ein

1345

Genauere Ausführungen über den Aufbau und die Inbetriebnahme des Collecting Points bei. Farmer, Die Bewahrer des Erbes, S. 29 ff.

1346

Dies geschah im September 1945. Siehe dazu RG 260/428, Receipt CCP Wiesbaden for items received from Currency Section, Foreign Exchange Depository, Frankfurt, 04.09. 1945; Receipt CCP Wiesbaden for Prussian Crown Jewels, from Currency Section, Foreign Exchange Depository, Frankfurt.

1347

Die gesamten Bergungs- und Inventarlisten der Berliner Museen sind in NA RG 260, Records of the Property Division Central Ardelia Hall Collection Records Status of Monuments, Museums & Archives 1945–1950, Box 145 (Mine Ransbach) und Boxen 153–166 (Merkers) enthalten. Für die Anzahl der Objekte siehe auch NA RG 260/115 (Charitiy and Gratuity 1947), Museums in Berlin 15.04.1947, Nr. 54. Unter anderem befanden sich im Kunstgutlager 1180 Gemälde des 14. bis 18. Jahrhunderts aus der Gemäldegalerie, 393 Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts aus der Nationalgalerie, Unmengen von Skulpturen und Plastiken und die wertvollsten Bilder aus den Sammlungen Friedrichs des Grossen, Gobelins, die Bibliothek Friedrich des Grossen und die Kron-Insignien. Ausführungen dazu bei Kühnel, S. 95 ff.

1348

Ausführungen zu Aufbau und Arbeit im Depot Offenbach vgl. Robert S. Giles, Archival and Library Restitution in the United States Zone of Germany. A Preliminary Study, Washington 1947, S. 24 ff.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

grosser Teil des Archivs die Archivalien, religiösen Schriften und Lehrbücher jüdischer Herkunft, welche zuvor in Hungen gelagert worden waren. Verwaltungstechnisch unterstanden die Collecting Points München, Marburg und Wiesbaden den US-Militärregierungen der Länder Bayern und Grosshessen, während sich Offenbach direkt unter der Kontrolle der zentralen Militärregierung befand. Bei der Einlagerung der Objekte in die Collecting Points wurden die Kisten beziehungsweise die Objekte mit einer laufenden Nummer versehen, die sich aus der Eingangsnummer im US-Depot und der Ausgangsnummer im deutschen Verlagerungsdepot zusammensetzte. Gegenstände innerhalb einer Kiste erhielten Unternummern. Danach erfolgte auch eine genaue Beschreibung der einzelnen Stücke anhand einer Inventarisierungsnummer, den sogenannten Property Cards Art (PCA).1349 Diese wurden oftmals mit einem Foto ergänzt. Die Kunstwerke wurden ausserdem gesäubert, allenfalls restauriert.1350 Danach wurden die Objekte nach Ländern geordnet, mit Rückforderungslisten verglichen und die Eigentumsverhältnisse wurden abgeklärt. Allein die französischen Verlustmeldungen füllten sieben telefonbuchstarke Bücher.1351 Es kam zu einer riesigen Bestandeserhöhung, als die amerikanische Militärregierung 1946 eine Meldepflicht für Kunstgegenstände und Bibliotheken erliess, die während des Krieges aus dem besetzten Ausland nach Deutschland gelangt waren.1352 Am 1. April 1946 waren in München insgesamt 23’117 Posten registriert und 5’149 Posten mit 8’284 Einzelartikeln den Behörden übergeben worden. In einem zusammenfassenden Bericht für den CCP Wiesbaden hiess es im Dezember 1950, seit der Einrichtung der dortigen Sammelstelle seien 340’846 Posten zurückgegeben worden.1353 1349

Die Property Cards befinden sich noch immer im National Archives in Washington D.C. NA RG 239 und RG 260. Siehe dazu auch Bradsher, S. 61 ff.

1350

Zur Arbeit im Collecting Point Wiesbaden, NA RG 260/156, Report Prof. Ernst Kühnel, Collecting Point Wiesbaden 21.07.–2.08.1946; NA RG 260/236, Report of Dr. Irene Kühnel on Period of Duty at Wiesbaden Collecting Point, NA RG 260/225, Report Dr. Kühnel 21.10.1948. Aber auch NA RG 260/230 Statement: The German Museums and the war.

1351

NA RG 260/Records of Reparations and Restitution Branch General Records of Museum, FA a. Archives Section Chief 1944 –1949 (MFAA) Box 781–783, Répertoire des biens spoliés durant la guerre 1939–1945.

1352

Die Meldepflicht wurde in der französischen Zone mit der Ordinance No. 19 vom 15.11. 1945, in der amerikanischen Zone mit der Military Regulations, Title 19 vom 16.01.1946, in der britischen Zone von General Order No. 6 der britischen Besatzungsmacht vom 30.04.1946 und in der sowjetischen Zone mit dem Befehl Nr. 61 des Militärkommandanten der sowjetischen Zone in Deutschland vom 22. Februar 1946 eingeführt. Siehe auch Kowalski, S. 113ff. mit dem Text der General Order No. 6.

1353

Eine wenig aussagekräftige Statistik, wenn man bedenkt, dass einer dieser Posten (eine Bibliothek) 1.2 Millionen Objekte umfasste und ein anderer gar drei Millionen. Nicholas, Raub der Europa, S. 562.

339

340

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten hatten auf keinen Fall damit gerechnet, sich mit all diesen Kunstobjekten herumschlagen zu müssen. Im Frühjahr 1946 waren die MFAA-Offiziere, die in ganz Europa gekämpft und die grossen Depots gefunden hatten, nach Hause zurückgekehrt und hatten die Rückführungsarbeit einer viel kleineren Gruppe überlassen.1354 Die Militärregierung plante, in der Annahme, die Rückführung von identifizierbarem Beutegut werde im September abgeschlossen sein, die Verantwortung für die verbleibenden Posten danach den deutschen Ländern zu übergeben und die Anzahl der Kulturgüterschutzoffiziere auf zwölf zu beschränken.1355 Die Planungen beriefen sich auf eine Studie, des Property Disposition Board1356, welches General Clay im Februar 1946 errichtet hatte. Diese Stabstelle empfahl in seinem Zwischenbericht vom 26. März 1946, dass bis zum 30. Juni 1946 die Inhalte aller Collecting Points, ausser dem Collecting Point München, welcher Beutegut enthielt, den deutschen Länderregierungen zu übergeben.1357 Einzelne Direktoren der Militärregierungen der Länder opponierten gegen diese Planung. Ihrer Meinung nach würde sich die Aufteilung der Verantwortungen zwischen der Militärregierung und den deutschen Länderregierungen auf die Kulturgüter und die Sammelstellen nachteilig auswirken, und insbesondere die Rückerstattungen könnten gar nicht delegiert werden.1358 Aufgrund dieser Opposition wurde innerhalb der Militärregierung OMGUS eine neue Planung erarbeitet.1359 Die Planung, welche sich auf die Weisungen des Militärregierungshandbuches für Deutschland bezog1360, befürwortete eine Übergabe der Verantwortung betreffend Kulturgüter von der Militärregierung an die deutschen Länderegierungen in einem möglichst frühen Zeitpunkt. Es erwies sich als unmöglich, die Operation im 1354

Siehe dazu auch Howe, S. 292 ff.

1355

Bereits im Februar 1945 rechnete das damalige SHAEF damit, dass zwei Jahre nach der Besetzung die Restitution in grossen Zügen abgeschlossen und eine deutsche Administration für Kunstbelange eingerichtet werden konnte. Fünf Jahre nach der Besetzung sollte die Arbeit der MFAA-Abteilung abgeschlossen sein. Siehe dazu NA RG 331/331 Draft, Basic Preliminary Plan of Annex XX, (Monuments, Fine Arts and Archives, 15.02.1945.

1356

Diese Stabsstelle hatte die Aufgabe, die langfristige Planung für die Umverteilung des Eigentums in Deutschland zu erstellen.

1357

NA RG 260 Interim Report Disposition Board, 26.03.1946, Ardelia Hall Collection, Records of Wiesbaden CCP.

1358

Diese Meinung vertrat insbesondere James Newman, Direktor der Militärregierung von Hessen. NA RG 260/Ardelia Hall Collection, General Records, Administration of Wiesbaden CCP.

1359

Diese Planung erfolgte unter Führung von General Clays Stabschef Oberstleutnant G.H. Garde. NA RG 260/Administration of CCP Wiesbaden, Ardelia Hall Collection, General Records.

1360

PRO WO 220/214, Handbook Governing Policy and Procedures for Military Occupation in Germany, § 1186, in welchem stand, dass es die Absicht von SHAEF sei, möglichst bald zivile deutsche Organisationen im Kulturbereich zu reaktivieren und ihnen gewisse Funktionen für den Schutz von Denkmälern und Kunstwerke zu übertragen.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

Herbst 1946 zu beenden, denn zu diesem Zeitpunkt waren viele Depots noch nicht einmal geleert, und die Collecting Points standen immer noch voll mit Objekten unbekannter Herkunft. General Clay erliess in dieser Angelegenheit am 3. April 1947 eine Direktive, mittels welcher Kunstgegenstände an deutsche Institutionen, welche über für Kunstwerke geeignete Gebäude verfügten, übergeben werden konnten.1361 Die Direktive schloss jedoch jegliche Kulturgüter aus, die für die Restitution an die ehemaligen vom Deutschen Reich besetzten Länder aufbewahrt wurden. Die Militärregierung, welche als Rückführungskommission vom Herbst 1946 an eine riesige Anzahl Kunstobjekte den ursprünglichen Ländern wieder zuführte, wollte sich auf der einen Seite möglichst rasch von dieser Aufgabe befreien, auf der anderen Seite war man aber der Meinung, dass man die Kulturgüter nicht so ohne weiteres der Obhut der deutschen Bevölkerung überlassen durfte. Gegen Ende des Jahres 1947 veränderte sich die Lage in Deutschland langsam, und die grossen Depots standen fast leer. Das Offenbach Archival Depot konnte seine Bestände bis Ende Juni 1948 um rund eine Viertelmillion Bücher reduzieren, nachdem es deren rechtmässige Besitzer ausgemacht hatte. Trotz einiger Reibereien machte auch die Rückführung von Kulturschätzen und Museumsobjekten aus dem Wiesbaden Control Collecting Point Fortschritte. In einer spektakulären Aktion wurden im Sommer/Herbst 1948 106 weltbekannte Bilder, die früher dem Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin gehört hatten, aus den Vereinigten Staaten nach Wiesbaden gebracht und ab 16. Oktober 1948 der Öffentlichkeit Deutschlands in einer Ausstellung präsentiert.1362 Die Militärregierung hatte verschiedene Probleme zu bewältigen, die zu grossen zeitlichen Verzögerungen führten. Zum einen gab es die Problematik der besitzlosen Kulturgüter, die in den Collecting Points von München und Offenbach gelagert war und deren Identifizierung unmöglich war. Zum anderen war die Nachfolge der ehemaligen Preussischen Staatlichen Museen sowie der Ort, an welche deren Kulturgüter zurückgeführt werden sollten, unklar.1363 Trotz aller Bemühungen von General Clay standen die Sammelstellen immer noch nicht leer, als er im Mai 1949 Deutschland verliess. Die verbleibenden Kunst- und Archivdepots nahmen die Aufmerksamkeit von Fachleuten noch viele Jahre in Anspruch. Für die letzte grosse Verteilaktion seitens der USA bot Ardelia Hall die erfahrenen MFAA-Offiziere Thomas Howe und Lane Faison nochmals auf, und sie schlossen die Sammelstellen im September 1951. Die restlichen Kulturgüter, immer noch einige an der Zahl, gingen an eine deutsche Treuhandstelle,

1361

NA RG 260, Ardelia Hall Collection, Records of the Offenbach Archival Depot, Direktive „Return to German Agencies of Cultural Material“, 3.4.1947.

1362

Siehe dazu auch S. 360 ff.

1363

Siehe dazu auch Kurtz, S. 187 ff.

341

342

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

die in den folgenden zehn Jahren rund 60’000 Objekte mit mehr als einer Million Einzelgegenständen an Eigentümer und Eigentümerinnen zurückgab, von denen annähernd drei Viertel im Ausland lebten.1364

3.

Aufgaben der MFAA-Offiziere

Die Aufgaben der amerikanischen MFAA glichen derjenigen der Briten. Die Grundsätze waren in den Direktiven für die Korpsdistriktkommandanten und für die Administration der Militärregierung in der US-Zone niedergelegt.1365 So wird in einer früheren Version der US Military Government Regulations, Title 18, Monument, Fine Arts and Archives auf die früheren Direktiven „Preservation of Historic Monuments“ vom 26. Mai 19441366, „Preservation of Archives“ vom 20. August 19441367, „Protection of Historical Monuments“ vom 27. Oktober 19441368 und „Prohibition of Sale and Export of Works of Art in Germany“, vom 21. September 19441369 verwiesen.1370 Dabei ging es im Besonderen immer noch um die Inspektionen der Gebäude und die Ingangsetzung von Renovationen oder Wiedererrichtungen durch die Zivilbevölkerung und die Kontrolle der geschützten Objekte.1371 Daneben mussten die MFAA-Offiziere die Beutekunstwerke, die grösstenteils in der amerikanischen Zone noch in deutschen Depots und Bergwerken lagen, inspizieren und in die Central Collecting Points verlagern.1372 Die MFAA-Abteilung hatte die Aufgabe im Rahmen der gesamten Rückführungen aus der amerikanischen Zone, die Restitution der Kulturgüter abzuwickeln. Die im amerikanischen Sektor von Berlin tätigen MFAA-Offiziere

1364

Dornberg, S. 139.

1365

Siehe dazu PRO FO 1050/1449, HQ USEFT, Administration of Military Government in US Zone in Germany, Directive to Commanding Generals Military Districts, July 1945.

1366

AG (SHAEF/G-5/751).

1367

AG 00.4-1 GAP/AGM.

1368

AG 800.4-1 GE-AGM.

1369

AG 014.1-1(Germany) GAP-AGM.

1370

SHAEF Handbook for Military Government in Germany. US Military Government Regulations in PRO FO 1050/1449. Ein weiteres SHAEF-Handbuch existierte auch für Österreich. Siehe dazu RG 331/Records Information Branch/56, SHAEF Handbook for Military Government in Austria, April 1945.

1371

Dabei stützten sich die MFAA-Offiziere auf die verbesserte Auflage, 4. Edition of Repositories of Works of Arts and Archives in Germany, June 1945, in NA RG 218/Combined Civil Affairs Committee, Decimal File 1942–1945/38.

1372

Siehe dazu NA RG 218/Combined Civil Affairs Committee, Decimal File 1942–1945/38, Special Report on Inspection of Repositories of Art. Für die genauen Arbeiten, die die MFAA-Offiziere verrichteten, siehe NA RG 239/66, Monuments, Fine Arts and Archives Field Reports of month July, August, September 1945, vom 10.01.1946 und NA RG 239/70 Report on MFAA Branch for Period 25.11.1944 – October 1945.

17. Kapitel: Organisation der MFAA nach der Auflösung von SHAEF

hatten ausserdem noch an den Sitzungen des Monuments and Fine Arts Committee der Kommandantur teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit der „Property Control Branch“ und der „Restitution, Deliveries and Reparation Division“ mussten sie bei den Rückgaben die von der Alliierten Kommandatura vorgegebenen Weisungen und Verordnungen beachten,1373 eine Aufgabe, die aufgrund der unterschiedlichen politischen Auffassungen und Vorstellungen sehr schwierig war und sich während der Zeit aufgrund politischer und soziologischer Umstände immer wieder veränderte.1374 Eine Untersektion der MFAA befasste sich mit der Sicherstellung, dem Schutz und dem Wiederaufbau von öffentlichen Archiven in der amerikanischen Zone.1375 Zu diesem Zweck wurden den einzelnen Gemeinden Fragebogen geschickt, in welchen diese den Zustand ihrer Archive beschreiben mussten und Hilfe anfordern konnten. Danach wurden diese Archive von den MFAA-Archivoffizieren inspiziert, und wenn nötig wurde Hilfestellung beim Wiederaufbau geboten.1376 Sie halfen auch beim Wiederaufbau von kulturellen Institutionen und Organisationen. Ein wichtiger Teil der Arbeit war jedoch die Überwachung aller Kulturgüter in der Zone, deren Verkauf und Handel verboten worden war.1377 Insgesamt war der amerikanischen Militärregierung daran gelegen, dass ihre Politik in jeder Hinsicht durchgesetzt wurde.1378 Dafür sollte ein MFAA-Offizier als technischer Berater im US-Sektor in Berlin dem Kommandanten zur Verfügung stehen. In der amerikanischen Zone mussten die MFAA-Offiziere auf Distriktsstufe in einer ersten Phase nach der Besetzung alle Monumente wie Kirchen und Gemeindesäle und kulturelle Institutionen, die nicht täglich benutzt wurden, zur Sicherheit schliessen. Die Wiedereröffnung erfolgte erst dann, nachdem alle nationalsozialistischen Gegenstände entfernt und verantwortungsbewusstes Per-

1373

Zum Beispiel NA RG 331/Records of Information Branch/218, Technical Notes for use of MFAA Officers in Germany, October 1944,

1374

Siehe dazu insbesondere Kapitel Alliierter Kontrollrat, S. 381 ff.

1375

Siehe dazu auch NA RG 260/Record Property Division Central, Ardelia Hall Collection/ 152, Civil Affair Guide Legal & Administration Monuments Protection Germany and Austria, undatiert.

1376

Siehe diverse Fragebogen aus dem Raum Hessen in NA RG 260/Record Property Division Central, Ardelia Hall Collection/150. Ebenfalls findet man dort eine umfassende Liste von Archiven im Raum der MFAA-Sektionen Marburg und Wiesbaden. Siehe besondere Ausführungen über Archive insbesondere Robert G. Waite, The Handling of Spezial Investigations U.S. Department of Justice, November 1998.

1377

PRO FO 1050/1449, HQ USEFT, Administration of Military Government in US Zone in Germany, Directive to Commanding Generals Military Districts, July 1945. Aber auch NA RG 331/329 Organisation of MFAA Section, S. 3.

1378

NA RG 331/331, Basic Preliminary Plan, Tripartite Control and Occupation of Germany, Annex XX, 14.02.1945, S. 4 f.

343

344

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

sonal eingestellt werden konnte. Aufgrund der oberwähnten Direktive General Clays vom 3. April 1947 konnten Museen und kulturelle Institute der deutschen Länderregierung zurückgegeben werden. Eine Aufsicht über solche Gebäude wurde von der Militärregierung und insbesondere von MFAA-Offizieren wahrgenommen. Daraus resultierte auch die Verschiebung der MFAA-Abteilung in MFAA-Funktionen in die „Cultural Affairs Branch“ der „Education and Cultural Relation Division“.1379

IV.

Fazit

Sowohl die britischen wie auch die amerikanische Besatzungsmächte mit ihren MFAA Abteilungen waren in der Lage, aufgrund der geschaffenen Strukturen und den einschlägigen Weisungen die notwendigen Arbeiten vorzunehmen. Sie leisteten dabei durchwegs sehr gute Arbeit, obwohl sie wie Walter Farmer in seinem Buch1380 schildert, mit grossen Problemen konfrontiert waren. Der Aufbau der Collecting Points und die Sicherung der Kunstwerke waren in einem vom Krieg fast vollständig zerstörten Deutschland eine fast unlösbare Aufgabe, die nur mit viel Durchhaltewillen und Flexibilität gelöst werden konnte. Kurz nach der Kapitulation zeitigten die Differenzen der Siegesmächte bezüglich der Restitution bei den MFAA Offizieren noch keine unmittelbaren Auswirkungen. Allerdings bereiteten der USGCC die Masse der Kulturgüter für die sie nun verantwortlich war, grosse Sorgen. Die USGCC war nun für alle allfälligen Verluste und Beschädigungen des durch die amerikanische Streitmacht sichergestellten Gutes verantwortlich, und dies war für die USA eine Reputationsfrage.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen nach Beendigung der Kriegshandlungen I.

Einleitung

Für das Verständnis der Restitutionsgesetzgebung ist es von zentraler Bedeutung, dass man das Zustandekommen und die diesbezüglichen Verhandlungen detailliert kennt. Erst nach Beendigung des Krieges in Europa machten sich die

1379

NA RG 331/331, Basic Preliminary Plan, Tripartite Control and Occupation of Germany, Annex XX, 14.02.1945.

1380

Siehe dazu Farmer, Die Bewahrer des Erbes, S. 29 ff.

344

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

sonal eingestellt werden konnte. Aufgrund der oberwähnten Direktive General Clays vom 3. April 1947 konnten Museen und kulturelle Institute der deutschen Länderregierung zurückgegeben werden. Eine Aufsicht über solche Gebäude wurde von der Militärregierung und insbesondere von MFAA-Offizieren wahrgenommen. Daraus resultierte auch die Verschiebung der MFAA-Abteilung in MFAA-Funktionen in die „Cultural Affairs Branch“ der „Education and Cultural Relation Division“.1379

IV.

Fazit

Sowohl die britischen wie auch die amerikanische Besatzungsmächte mit ihren MFAA Abteilungen waren in der Lage, aufgrund der geschaffenen Strukturen und den einschlägigen Weisungen die notwendigen Arbeiten vorzunehmen. Sie leisteten dabei durchwegs sehr gute Arbeit, obwohl sie wie Walter Farmer in seinem Buch1380 schildert, mit grossen Problemen konfrontiert waren. Der Aufbau der Collecting Points und die Sicherung der Kunstwerke waren in einem vom Krieg fast vollständig zerstörten Deutschland eine fast unlösbare Aufgabe, die nur mit viel Durchhaltewillen und Flexibilität gelöst werden konnte. Kurz nach der Kapitulation zeitigten die Differenzen der Siegesmächte bezüglich der Restitution bei den MFAA Offizieren noch keine unmittelbaren Auswirkungen. Allerdings bereiteten der USGCC die Masse der Kulturgüter für die sie nun verantwortlich war, grosse Sorgen. Die USGCC war nun für alle allfälligen Verluste und Beschädigungen des durch die amerikanische Streitmacht sichergestellten Gutes verantwortlich, und dies war für die USA eine Reputationsfrage.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen nach Beendigung der Kriegshandlungen I.

Einleitung

Für das Verständnis der Restitutionsgesetzgebung ist es von zentraler Bedeutung, dass man das Zustandekommen und die diesbezüglichen Verhandlungen detailliert kennt. Erst nach Beendigung des Krieges in Europa machten sich die

1379

NA RG 331/331, Basic Preliminary Plan, Tripartite Control and Occupation of Germany, Annex XX, 14.02.1945.

1380

Siehe dazu Farmer, Die Bewahrer des Erbes, S. 29 ff.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

USA daran, die Grundlagen ihrer Deutschlandpolitik zu erarbeiten. Aufgrund der Masse an Kulturgütern, welche in ihrer Besatzungszonen lagerten, waren sie an einer schnellen und unkomplizierten Lösung interessiert. Von ihnen aus wurden verschiedene Ideen initiiert. Auf der einen Seite ging es um eine Interim Restitution und sodann auch um eine mögliche Verlagerung von deutschen Kulturgütern in die USA. Rechtlich gesehen bestand mit der in der HKLO konzipierten Schutzbeschlagnahme als Ausnahmetatbestand eine diesbezügliche Möglichkeit. Es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit eine solche rechtliche Möglichkeit auch politisch sinnvoll ist.

II.

Allgemeine Übersicht über die Restitutionen und Reparationen

1.

Kapitulation und ihre Konsequenzen für die westlichen Alliierten

Bereits im April 1945 überschritten Eisenhowers Truppen die im EAC-Abkommen vom 12. Februar 1945 markierten Linien der Westzonen, und Eisenhower wurde von Churchill gedrängt, auch Prag zu befreien. Mit der Unterzeichnung des Zonenprotokolls durch die drei Mächte am 12. Februar 1945 war die Kriegsbesetzung Deutschlands zwar offiziell geregelt worden, über Einzelheiten des Truppenvormarsches gab es jedoch keine Vereinbarungen, solange Ost- und Westfront weit auseinander lagen.1381 General Eisenhower versuchte eine Übereinkunft über den beiderseitigen Frontverlauf abzuschliessen, um Zusammenstösse zu vermeiden.1382 Am 7. Mai 1945 war der Krieg in Europa zu Ende.1383 Am 19. Mai 1945 vereinbarten die Vier Mächte, dass eine Deklaration vereinbart werden sollte, unter welche jede Regierung gesamte Macht über Deutschland bekommt. Mit dieser Deklaration war die Position des SHAEF juristisch sowie administrativ nicht mehr länger tragbar. Die westlichen Alliierten vereinbarten, dass SHAEF innert 2 bis 3 Monate, spätestens aber bis zum 1. August 1945 auf-

1381

Siehe dazu FRUS 1945, The Conference at Malta and Jalta, Communiqué issued at the End of the Conference, Report of the Crimea Conference, S. 970 f. Bereits am 12.09.1944 hat man ein Zonenprotokoll in der European Advisory Commission gutgeheissen, welche die Einteilung Deutschlands in drei Zonen regelte. In Jalta wurde beschlossen, dass Frankreich ebenfalls eine Besatzungszone bekommen sollte. Siehe Elmar Krautkrämer, Das Rhénanieprojekt und die Frage der territorialen Gestaltung der französischen Besatzungszone. In: Joseph Jurt (Hrsg.) Von der Besatzungszeit zur deutsch-französischen Kooperation, Freiburg, Rombach, 1993, S. 61–87.

1382

Krieger, General Lucius D. Clay, S. 64.

1383

Siehe dazu Kopie „Act of Surrender“, 7.05.1945, unterzeichnet von Feldmarschall Jodl. Siehe dazu PRO FO 1050/1376 (Control Commission General Policy).

345

346

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

gelöst werden und sämtliche Befehlsgewalt zur Control Commission übergehen sollte.1384 Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht wussten sich die Alliierten keineswegs am Ziel eines dauerhaften Friedens. Die Einrichtung einer Militärregierung als Instrument zur Gesellschaftsveränderung hatte sich weit entfernt vom ursprünglichen Konzept der Verwaltung von Zivilangelegenheiten, wie es die Haager Konvention von 1907 vorschrieb. Für die Amerikaner ging es nach Kriegsende erstens einmal darum, ihre Zone zu besetzen. Die USA, die am Tag der Kapitulation mit 43 % des deutschen Staatsgebietes von 1937 nahezu die doppelte Fläche ihrer Besatzungszone hielten, räumten zunächst die britische und bis zum 4. Juli 1945 die sowjetische Zone.1385 Auf Mitte Juli 1945 setzte man eine Konferenz an, welche in Potsdam stattfinden sollte. Zuvor hatte General Clay bereits einheitliche Richtlinien für die Kontrollratsarbeit, die als Direktive des Stabschefs an die vier Zonenkommandanten gedacht war, entwickelt. Die Entnazifizierung, eine deutsche Verwaltung zur Sicherung einer einheitlichen Wirtschaftspolitik der vier Zonen, Pressefreiheit, Umerziehung, die Zulassung von Gewerkschaften und ein föderativer Staatsaufbau waren die wichtigsten Punkte dieses Entwurfes, der eine positivere Wirtschaftspolitik anstrebte als in JCS 1067 vorgesehen war. Clay wollte diese Ziele des Kontrollrates als militärischen Befehl, nicht nur als internationales Abkommen, festschreiben.

2.

Berliner Erklärungen vom 5. Juni 1945

Am 2. Mai 1945 nahmen die russischen Truppen Berlin alleine ein. Nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht bestand die Hauptaufgabe der Alliierten darin, den Rückzug ihrer Truppen in die vorgesehenen Besatzungszonen zu organisieren. Am 1. Juli 1945 begannen die amerikanischen und britischen Truppen den Rückzug in die ihnen zugeteilten Zonen. Erst jetzt erklärten sich die Sowjets bereit, Truppenteile der Westalliierten an der Besetzung Berlins zu beteiligen und die vereinbarten Sektoren zu besetzen.1386 Von amerikanischer Seite

1384

PRO FO 1057/1376, Schreiben über die Konferenz vom 19.05.1945, General Kirby. In diesem Schreiben wird unter § 10 auch ausgeführt: „Steps are being taken to move all records at present in zones to be ultimately occupied by Russians“.

1385

Ziemke, US Army, S. 326 ff. Dabei hatte General Clay mit dem zuständigen sowjetischen General Schukow seit dem 29.06.1945 über den Bezug der Zonen verhandelt. Es ging dabei insbesondere um die Durchführungsbestimmungen zum EAC-Abkommen über die Besatzungszonen und die Berlin-Sektoren.

1386

Faust, S. 37.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

wurde aber versäumt, einen ständigen territorialen Zugang nach Berlin vertraglich festzulegen.1387 Inzwischen hatten die Alliierten gemeinsam dem deutschen Volk ihre ersten Beschlüsse mitgeteilt. Diese sogenannten Berliner Erklärungen gaben dem deutschen Volk die Ziele bekannt, welche die an der Besetzung Deutschlands beteiligten Regierungen verfolgten.1388 Die Berliner Erklärungen beruhten auf einer Reihe anderer Vereinbarungen. Bereits am 30. November 1944 wurde zwischen den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und Grossbritannien ein Kontrollverfahren vereinbart. Anlässlich der Jalta-Konferenz einigte man sich auf die Ausübung der gemeinsamen Besatzungspolitik.1389 Frankreich, das an den Vereinbarungen von Jalta nicht beteiligt war, trat den Abmachungen am 1. Mai 1945 bei. Die Berliner Erklärungen hatten aber eine besondere Bedeutung erlangt, denn mit ihnen wandten sich die vier Mächte nach der Kapitulation erstmals an die Öffentlichkeit.1390 Dabei befasste sich die erste Erklärung mit der totalen Niederlage Deutschlands, die zweite Erklärung mit dem Kontrollverfahren in Deutschland und die dritte Erklärung mit den Besatzungszonen in Deutschland und der Besetzung von Berlin. Die vierte Erklärung war eine Feststellung über die Beratung zwischen den Regierungen der Besatzungsmächte und den Regierungen der Vereinten Nationen.1391

3.

Reparationspolitik zwischen Jalta und Potsdam

a)

Britische Politik

Da die britische Regierung mit den Ergebnissen der in Jalta verhandelten Reparationspolitik überhaupt nicht zufrieden war, hatten sich die Briten mittels eines interministeriellen Ausschusses von Experten für die Moskauer Verhandlungen der Reparationskommission speziell vorbereitet.1392

1387

Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 29 f. und 40 f.

1388

Berliner Erklärung, Siehe dazu auch Deuerlein, Deutschland unter Vier-Mächte-Verwaltung S. 15.

1389

Siehe dazu S. 274 ff.

1390

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 29 f.

1391

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 44 f.

1392

PRO FO 371/45776. Es wurden für die britische Delegation spezielle Richtlinien erarbeitet. Nicht nur wollten die Briten eine Wiederholung jener Reparationspolitik nach dem Ersten Weltkrieg verhindern, sondern sie hatten sich auch eingehende Gedanken zur Organisation der Reparationen und Restitutionen gemacht. Die endgültige Reparationsregelung sollte daher die Ansprüche der Grossmächte und die der übrigen Staaten in gleicher Art und Weise berücksichtigen und mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang bringen. Um zu einer möglichst gerechten Lösung zu kommen, wollte man eine umfassende und institutionalisierte Regulierung schaffen. Die Moskauer Reparationskommission sollte die Rah-

347

348

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die alliierten Reparationsverhandlungen, welche am 19. Juni 1945 in Moskau begannen und am 1. August 1945 in Potsdam zu einem vorläufigen Abschluss kamen, wurden vor allem von den Aktivitäten und Initiativen der Amerikaner geprägt. Am Eröffnungstag der Moskauerkonferenz jedoch erzielten die Briten einen ersten Durchbruch bei den Verhandlungen, indem sich die Europäische Beratungskommission in London bereit erklärt hatte, deutsche Kunstgegenstände als Wiedergutmachung für noch „hängige Restitutionsforderungen“ zu verwenden.1393 Die Briten hofften damals immer noch auf die Gründung einer internationalen Restitutionskommission und dachten, dass sich diese mit der Restitutionsforderung von vermissten und zerstörten Kunstobjekten beschäftigen würde. Die erste Frage betraf die Aufteilung der gesamten Reparationszahlungen von Deutschland.1394 Dieser Streit war noch nicht ausgestanden, als es in einer anderen Frage zu einem weiteren, allerdings grundsätzlicheren Konflikt zwischen den Amerikanern und den Briten kam. Es ging dabei um die Frage der „Restitution“ und der Wiedergutmachung für von Deutschen geraubte, beschlagnahmte oder demontierte Anlagen, Güter oder Gegenstände gleich welcher Art. Darunter fielen neben Kunstwerken auch Maschinen oder ganze Fabrikanlagen. Der amerikanische Delegierte Pauley1395 war dabei zur Ansicht gelangt, dass in dieser Frage rasch etwas geschehen müsse, um den verbündeten Nationen die für ihren wirtschaftlichen Wiederaufbau dringend benötigten Güter zur Verfügung zu stellen.1396 Durch den Präsidenten, der offensichtlich Pauleys Auffassung

menbedingungen festlegen, in welchem Umfang, in welcher Form und an welche Staaten Deutschland Reparationen zu leisten hatte. Aufgabe der „Restitution, Delivieries and Reparation Division“ sollte es sein, die notwendigen internen Informationen und Daten bereitzustellen und zu prüfen, ob die beschlossenen Lieferungen mit dem generellen Plan übereinstimmen und die Zustimmung des jeweiligen Zonenkommandanten gefunden haben. Für die Memoranden betreffend die britische Reparationspolitik siehe PRO FO 371/45776 und PRO FO 371/45780. 1393

Siehe auch FRUS, Diplomatic Papers, 1945, Vol. II, General: Political and Economic Matters, EAC (45) 59, Draft Agreement on the Principles governing on Principles governing Restitution of Cultural Property, Memorandum by the United States Representative on the European Advisory Commission, London 11.06.1945, S. 943 ff.

1394

Nach einigen Querelen einigten sich die drei Grossmächte, dass die Sowjetunion 50 % der deutschen Reparationen, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten je 20 % und die kleineren Staaten 10 % erhalten sollten.

1395

Edwin Pauley, Manager und Eigentümer von Ölvorkommen im fernen Westen und ein erfahrener zupackender Unterhändler wurde aus diesem Grund zum amerikanischen Mitglied der Reparationskommission ausgewählt.

1396

Um zu einer effizienten Koordination des gesamten Reparations- und Restitutionskomplexes zu gelangen, sollten seiner Meinung nach sämtliche „restitution matters or transport of property as restitution“ in seine Zuständigkeit, also in diejenige des Reparationsbeauftragten, fallen.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

teilte, liess er verfügen, dass sämtliche Exporte aus den amerikanischen Zonen in Deutschland und Österreich zunächst seiner Zustimmung bedurften.1397 Die von Pauley anvisierten Massnahmen trafen die britische Reparationspolitik bezüglich Deutschlands in ihrem Kern. In einer Note an das State Department brachte das Foreign Office seine tiefe Besorgnis über eine solche einseitige Aktion zum Ausdruck, welche geeignet sei, alle Bemühungen für eine in allen vier Zonen gemeinsame Politik zu vereiteln.1398 Die durch eine einheitliche Behandlung garantierte wirtschaftliche Einheit Deutschlands war in der Tat Grundlage britischer Reparationspolitik schlechthin.1399 Die Briten wollten auch aus diesem Grund, wie sie es in der EAC vorgeschlagen hatten, sämtliche Restitutionsangelegenheiten in einer separaten „Inter Allied Restitution Commission“ beraten. Die Russen lehnten jedoch diesen Vorschlag wie auch die Forderung, als Interimlieferungen zwischen den Zonen in begrenztem Umfang und unter Verrechnung als Reparationen auch Rohstoffe, Konsumgüter und gewisse Lagerbestände zuzulassen, ab. Da sich die Briten mit ihren Vorschlägen nicht durchsetzen konnten, blieb ihnen wiederum nichts anderes übrig, als auf Pauley’s Pläne näher einzugehen und zu versuchen, sie in ihrem Sinne zu modifizieren.1400 Die Briten schlugen nochmals vor, Interimslieferungen zuzulassen, um die akute Not in den befreiten Ländern zu lindern und die aktuelle alliierte Deutschlandpolitik zu fördern. Die Zustimmung zu solchen Lieferungen sollte jedoch genauen Restriktionen und Kontrollmassnahmen unterworfen sein.1401 Dies wiederum war jedoch den Amerikanern zu kompliziert, weshalb bis zum Ende der Konferenz kein Kompromiss mehr gefunden wurde.1402 Eine Einigung etwa in Sachen „interim reparation“ oder eine Verständigung darüber, was denn nun eigentlich unter den Begriffen „reparation“, „restitution“, „restitution in kind“

1397

Siehe dazu auch Foschepoth, S. 704 ff.

1398

PRO, FO 371/45781.

1399

Die Briten waren der Ansicht, dass es nur durch die Behandlung Deutschlands als Einheit gelingen konnte, seine wirtschaftlichen Ressourcen auszugleichen und dadurch die Kosten in der besonders stark zerstörten britischen Zone zu senken.

1400

Foschepoth, S. 705 f.

1401

Siehe dazu PRO, FO 371/45781(UE 2780) und FO 371/45782 (UE 2901).

1402

Es zeigte sich denn auch, dass neben der prozentualen Aufteilung der Reparationzahlung Deutschlands nur noch das allgemeine Verfahren, wie die Ansprüche der einzelnen Länder geregelt werden sollten, verabschiedet werden konnte. Die Forderungen der Länder sollten von den jeweiligen Staaten innerhalb eines Monates gegenüber der Reparationskommission geltend gemacht werden. Diese hatte dann darüber zu entscheiden, welches Land in welchem Umfang Reparationen erwarten konnte. Schliesslich sollte eine Sonderkonferenz einberufen werden mit dem Ziel, eine generelle Regelung der Reparationsfrage unter den anspruchsberechtigten Ländern zu finden. Siehe dazu auch PRO FO 371/45783 (UE 3048, Annex III); dazu aber auch Foschepoth, S. 706.

349

350

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

und „war booty“ zu verstehen war, kam ebenso wenig zustande wie eine Regelung der Kompetenzen hinsichtlich der Restitutionsfrage.1403 Die Frage der endgültigen Höhe der Reparationen und die Verwendung deutscher Arbeitskräfte als Reparationsleistungen bleiben ebenso ungeklärt wie die, welche Industrien aus Sicherheitsgründen zerstört werden sollten, und vieles andere mehr. Schliesslich scheiterte auch die Verabschiedung von allgemeinen Grundsätzen bezüglich Deutschlands an der Weigerung der Sowjets, das „first charge principle“1404 anzuerkennen.1405 Diese Fragen hatten die meiste Zeit beansprucht und waren schon bis zur Beschlussvorlage gediehen. Die Konsequenz dieser misslungenen Konferenz war, dass an der Potsdamer Konferenz die Reparationsfrage nochmals besprochen werden musste.

b)

Amerikanische Politik

Nachdem sich der Krieg im Frühling 1945 dem Ende näherte, arbeitete nun auch die amerikanische Regierung an den Grundlagen für ihre Deutschlandpolitik. Das State Department erstellte ein Memorandum zur Erstellung einer generellen Regelung zur Besetzung Deutschlands, welches Präsident Roosevelt am 3. März 1945 unterbreitet wurde.1406 Der Entwurf sollte den amerikanischen Regierungsstellen als Richtlinie für die Erstellung einer Direktive für General Eisenhower und für die Verhandlungsführung mit den Verbündeten dienen. Entgegen der bisherigen Fassung der JCS 1067, die eine weitgehende Autonomie des Zonenkommandanten vorgesehen hatte, wurde nun der alliierte Kontrollrat als oberste Regierungsgewalt definiert, für dessen Beschlüsse die Zonen lediglich ausführende Verwaltungseinheiten darstellten. Dies entsprach auch dem Zonenprotokoll, das von den drei Mächten kurz vor Jalta unterzeichnet worden war.1407 Der

1403

Damals befassten sich sowohl der Kontrollrat, die Reparationskommission in Moskau wie auch andere Institutionen wie die EAC mit den Fragen der Reparationen. Siehe auch FRUS 1945, Conference of Berlin, Vol. II, Proposal by the United States Delegation, Proposed Definitions, 17.07.1945, S. 833 f. Siehe auch FRUS 1945, Conference of Berlin, Vol. II, Proposal by the United States Delegation, Proposed Principle on Restitution, 1.08.1945, S. 934. Dieses Papier lag einem Memorandum an General Clay bei, mit der Bitte, diese Prinzipien im Zusammenhang mit der Übereinkunft über die Reparationen und den „Economic Principles“ im alliierten Kontrollrat zu besprechen.

1404

Dieses Prinzip ging davon aus, dass das Überleben der deutschen Bevölkerung zuerst einmal sichergestellt werden musste und dies mit der Investition der noch vorhanden deutschen Ressourcen zu geschehen habe.

1405

PRO, FO 371/45783, Schreiben Monckton an Foreign Office, undatiert (UE 3049).

1406

Hammond, Directives, S. 415 ff.

1407

Krieger, General Lucius D. Clay, S. 47.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

Präsident Roosevelt stimmte dem Entwurf zuerst zu, aber zog diesen Entscheid dann wieder zurück.1408 Am 12. April 1945 starb Roosevelt, und es kam wiederum eine gewisse Unsicherheit in die Behandlung der amerikanischen Deutschlandspolitik. Der neue Staatschef, Harry S. Truman, hatte sich, als er noch Senator für Missouri war, dem Morgenthau-Plan energisch widersetzt. Während der wenigen Monate seiner Vizepräsidentschaft hatte er nie einen Hehl aus seiner Ablehnung gegenüber der Politik gemacht, die darauf abzielte, Deutschland zu entmilitarisieren. Doch auch seiner Meinung nach sollte Deutschland entwaffnet und unter die Gewalt des alliierten Kontrollrates gestellt werden.1409 Die Ereignisse in Deutschland begannen sich zu überstürzen, und der endgültige Zusammenbruch von Deutschland war jeden Augenblick zu erwarten. Es war nun unerlässlich, dass General Eisenhower ohne weitere Verzögerung gültige Weisungen erhielt, selbst wenn derartige Direktiven nur für kürzere Zeit Geltung haben sollten und bei entsprechender Gelegenheit geändert werden mussten. Aufgrund des Arbeitspapiers vom 23. März 1945 wurde schliesslich die endgültige Direktive in der Fassung der JCS 1067/6 „Directive to the Commander in Chief of the United States Forces of Occupation regarding the Military Government of Germany“ verfasst.1410 Diese Neufassung musste auf Drängen des Generalstabes mehrmals durch Zusätze ergänzt werden, wurde am 26. April 1945 von den Vereinten Stabschef genehmigt und nach abermaligen Abänderungen von Präsident Truman als JCS 1067/8 am 11. Mai 1945 unterzeichnet.1411 Bei dieser Gelegenheit brachte Präsident Truman zum Ausdruck, dass er Morgenthaus Ziele vollkommen ablehne, und am 5. Juni 1945 sprach er dann abrupt die Entlassung des Finanzministers aus.1412 Bereits zuvor hatte der Präsident Aussenminister Stettinus durch James F. Byrnes ersetzt. 1408

Am 15. März 1945 hatte der amerikanische Secretary of State (Aussenminister) Edward R. Stettinus eine Sitzung einberufen und den Teilnehmern die Zustimmung des Präsidenten zum Deutschlandplan vorgelegt. Dabei bildete er auch an Ort und Stelle ein sogenanntes Informal Policy Committee on Germany (IPOG), dem die Staatssekretäre des Finanz-, Kriegs-, Marine- und Aussenministerium angehören sollten. Auf Intervention der Minister Morgenthau und Stimson sagte sich Präsident Roosevelt jedoch von diesem Memorandum wiederum los. Er ordnete am 20.03.1945 die Ausarbeitung eines Grundlagenpapiers an, das von Claytons Staatssekretärenausschuss am 23.03.1945 vorgelegt und unterzeichnet wurde. Siehe dazu Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, Die Tätigkeit der Militärregierung in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands 1944–1947, Stuttgart 1973, S. 20 f.

1409

Truman, Memoiren, Bd. I, S. 200.

1410

Hammond, Directives, S. 426 ff. Siehe S. 269 ff. für ausführliche Besprechung der Restitutionsgrundsätze in der JCS 1067.

1411

Ziemke, US Army, S. 211 ff.; Kubek, Committee on the Judiciary, S. 1049.

1412

Truman, Memoirs, Vol. 1, S. 362 f.; Ziemke, US Army, S. 214.

351

352

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

General Eisenhower blieb bis zur Auflösung des gemeinsamen Oberbefehls am 14. Juli 1945 an die CCS 551 gebunden, da es weder auf angloamerikanischer Seite noch im EAC zu einer gemeinsamen Direktive gekommen war.

4.

Potsdamer Abkommen

a)

Einleitung

Viele Probleme, die durch die Besetzung Deutschlands entstanden waren, bedurften dringend einer Lösung. Die Sowjetunion war darauf bedacht, durch schnelles Handeln die Westmächte vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dies führte zwangsläufig zu Spannungen zwischen den Alliierten. Am 1. Juli 1945 begannen die amerikanischen Besatzungstruppen mit der Räumung der von ihnen eroberten Gebiete in Thüringen, Sachsen und SachsenAnhalt und zogen sich auf die Demarkationslinie zurück. Der britische Premierminister Churchill hatte vergeblich Versuche unternommen, die Zurücknahme der Truppen zu verhindern oder zumindest solange hinauszuschieben, bis auf der damals schon geplanten Konferenz der „Drei Grossen“ mit den Sowjets bindende Übereinkommen über die gemeinsame Deutschlandpolitik getroffen waren.1413 Nach einigem Hin und Her wurde die Konferenz in Potsdam mit Beginn am 17. Juli 1945 beschlossen.1414

b)

Reparationsgespräche anlässlich der Potsdamer Konferenz

Man hatte angenommen, dass die in Jalta im Februar gegründete Reparationskommission sofort anfangen werde, einen detaillierten Plan für die Reparationspolitik Deutschlands auszuarbeiten.1415 Trotzdem verstrichen bis zu ihrem erst-

1413

Faust, S. 44; aber auch FRUS, Diplomatic Papers, The conference in Berlin 1945, Vol. I, Washington 1960, S. 67 ff., 75 und 77 ff.

1414

Siehe insbesondere FRUS, Diplomatic Papers, The conference in Berlin 1945, Vol. I, Washington 1960, Schreiben Marshal Stalin to Prime Minister Churchill, 5.06.1945, No. 52, S. 93.

1415

Noch während der letzten Kriegsmonate erregten die Verhältnisse in Westeuropa Unruhe bei den britischen und amerikanischen Regierungsstellen, und sie verdeutlichten ihnen die Notwendigkeit, die Produktion lebenswichtiger Güter rasch wieder in Gang zu setzen. Diese Einsicht beeinflusste die Vorstellungen erzielbarer Reparationen bei den westlichen Alliierten. Die Russen hielten damals daran fest, dass die Gesamtverpflichtung von Deutschland auf 20 Milliarden US$ festgesetzt werden müsse und die Sowjetunion davon die Hälfte bekommen sollte. Die amerikanische Regierung wollte sich hingegen nicht auf eine Gesamtsumme festlegen, bevor nicht mehr über die deutsche Reparationsfähigkeit bekannt war. Siehe dazu Herbert Feis, Zwischen Krieg und Frieden, Das Potsdamer Abkommen, Frankfurt am Main/Bonn 1962, S. 236 ff.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

maligen Zusammentreten mehrere Monate.1416 Die Kommission konnte die Probleme der Reparationen, wie vorerwähnt, bis zur Potsdamer Konferenz nicht lösen. So bildeten denn auch diese Fragen die am heftigsten ausgefochtenen Auseinandersetzungen an der Konferenz.1417 Während der Konferenz lehnten es die westlichen Regierungen immer nachdrücklicher ab, der Festsetzung einer bestimmten Reparationssumme zuzustimmen.1418 Die Amerikaner versuchten um so mehr eine Begrenzung der Objekte, die Deutschland als Rückerstattung und Kriegsbeute weggenommen werden sollte, festzulegen. Der amerikanische Präsident Truman legte an der ersten Sitzung in Potsdam vom 17. Juli 1945 eine Definition der Restitution vor, welche derjenigen entsprach, welche Pauley in der Reparationskommission vertreten hatte.1419 Zwischen dem 17. Juli 1945 bis zum 2. August 1945 kam es dann in Babelsberg bei Potsdam zu der geplanten Zusammenkunft der drei Regierungsschefs Stalin, Churchill und Truman. Ein eigentliches Abkommen wurde nicht unterzeichnet, doch wurde das Protokoll der Konferenz als „Potsdamer Abkommen“ bezeichnet. Am 2. August 1945 wurde in den Hauptstädten der an der Konferenz von Potsdam beteiligten Mächte eine als Kommuniqué bezeichnete Kurzfassung des von ihnen verabschiedeten Protokolls veröffentlicht.1420 Im Potsdamer Abkommen legten die drei Grossmächte erstmals öffentlich Einzelheiten für eine gemeinsame Deutschlandpolitik fest. In seinen Bestimmungen floss die jahrelange Debatte zusammen, die über diplomatische Kanäle, Geheimmissionen, die Kriegskonferenzen und die EAC um eine dauerhafte Lösung der Nachkriegs-

1416

Die erste Sitzung fand Mitte Juni 1945 in Moskau statt.

1417

Während die Amerikaner und die Briten überzeugt waren, dass der Sowjetunion das Schicksal Westeuropas gleichgültig war, waren die Sowjets der Auffassung, die Westalliierten würde eher die Deutschen schonen als es der Sowjetunion ermöglichen, gerechte Wiedergutmachung und Hilfe zu bekommen.

1418

Die westlichen Alliierten hatten sich vorgestellt, dass die Deutschen einen geringen Teil ihrer Reparationen durch Lieferungen aus ihrer Produktion der nächsten 10 Jahre leisten würden. Aber ein weiteres Studium der Lage hatte die amerikanischen und britischen Stellen zur Erkenntnis gebracht, dass man den Deutschen, sollten sie dieser Verpflichtung über den Aussenhandel nachkommen, eine breite Produktionsbasis belassen müsse. Siehe dazu Herbert Feis, Zwischen Krieg und Frieden, Das Potsdamer Abkommen, Frankfurt am Main/Bonn 1962, S. 240.

1419

FRUS, Diplomatic Papers, The Conference of Berlin, The Potsdam Conference 1945, Vol. I, Washington 1960, Memorandum by the Delegation to the Allied Commission on Reparations vom 14. Juli 1945, S. 542 f.

1420

Für das verabschiedete Protokoll siehe FRUS, The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945, Vol. II, Washington 1960, Protokoll of the Proceedings of the Berlin Conference, 1.08.1945, No. 1383, S. 1478 ff. Für das Communiqué siehe FRUS, The Conference of Berlin (The Potsdam Conference) 1945, Vol. II, Washington 1960, Report on the Tripartite Conference of Berlin, 2.08.1945, No. 1384, S. 1499 ff. Zur gesamten Potsdamer Konferenz siehe auch Deuerlein, Auslegung und Vollzug des Potsdamer Abkommens in Potsdam und die deutsche Frage, Köln 1970.

353

354

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

regelungen Deutschlands geführt worden waren. Das Potsdamer Abkommen wollte keine endgültige Regelung des Deutschlandproblems sein, sondern die Grundlage für eine gemeinsame Besatzungspolitik bilden.1421 Die in Potsdam vorgenommenen Änderungen der Direktive JCS 1067 reichten aus, um die alten Forderungen des Kriegsministeriums nach mehr Verantwortung der Zonenbefehlshaber zu befriedigen; gleichzeitig entsprachen sie auch den Wünschen des Aussenministeriums nach einer etwas konstruktiven Deutschlandspolitik.1422 Schliesslich wurde das Potsdamer-Abkommen, zwar weitgehend von JCS 1067/6 inspiriert, aber in entscheidenden Punkten doch abweichend davon, zur übergeordneten Direktive für die US-Regierung erhoben. Die tatsächlichen Verhältnisse in Deutschland minderten den prägenden Charakter von JCS 1067/6 dann um ein weiteres, ebenso wie das Fehlschlagen einer gemeinsamen alliierten Besatzungspolitik.1423 Das Potsdamer Abkommen, in seinem Text als die Ausführung der Krim-Deklaration1424 bezeichnet, sollte nach seinem Inhalt die Grundlage für die während der Besetzung Deutschlands auszuübende Politik der Besatzungsmächte sein.

c)

Potsdamer Konferenz in Bezug auf die Restitution von Kulturgütern

i)

Der amerikanische Vorschlag bezüglich einer Klassifizierung der Kulturgüter

Nach Kriegsende wurden erst die immensen Massen von Kulturgüter, die im kriegszerstörten Deutschland gelagert waren, ersichtlich. Die MFAA-Abteilung im USGCC machte denn auch darauf aufmerksam.1425 In mehr als 500 verschiedenen Lagerstätten hatte man Tausende von Kunstgegenständen entdeckt.1426 Auch der Berater für Kulturgüter im USGCC warnte vor dem Verlust und der Beschädigung des durch die amerikanische Streitmacht sichergestellten Gutes,

1421

Nach einem Gutachten von Charles Fahy, dem Rechtsberater von General Clay, hatte das Potsdamer Abkommen jedoch Vorrang vor der Direktive JCS 1067, die im Übrigen in Kraft blieb.

1422

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 26.

1423

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 24 f.

1424

Siehe für den Text des Protokolls und des Kommuniqué der Jalta-Konferenz FRUS 1945, The Berlin Conference, Vol. II, Protocol of the Proceedings of the Yalta Conference, No. 1416, S. 1567 und Communiqué Issued at the End of the Yalta Conference, Report of the Crimea Conference, No. 1417, S. 1574.

1425

NA 218/38, Report on Monuments, Fine Arts and Archives for Month of April 1945, 06.1946.

1426

NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall/81, Memorandum USGCC, Art Objects in US Zone, undatiert.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

welche die Reputation der USA schädigen könnte.1427 Seiner Ansicht nach genügten die vorhandenen Aufbewahrungsorte für eine sichere Lagerung der wertvollen Kunstgegenstände in keiner Art und Weise. Der Berater war aus diesem Grund für eine sofortige Restitution von wichtigen gut identifizierbaren Kunstgegenständen. Die USGCC bereitete aus diesem Grund für die Potsdamer Konferenz ein Memorandum1428 vor, wonach die in der US-Zone in grosser Zahl aufgefundenen Kulturgüter in drei Kategorien eingeteilt werden sollten: Class „A“, consisting of works of art taken from private collectors in the countries overrun by Germany readily identifiable as publicly owned, and works of art taken from private owners in the overrun countries by seizure and without compensation.1429 Class „B“, consisting of works of art taken from private collectors in the overrun countries for which some compensation is alleged to have been made to the owners.1430 Class „C“, consisting of works of art placed in the US Zone by Germany for safe keeping which are bona fide property of the German nation.1431

Von den vorgeschlagenen Massnahmen sollten insbesondere die Instruktionen für die Kategorie „C“ Amerika in arge Verlegenheit bringen und eine unnötige Verkomplizierung des Restitutionsprozesses verursachen. Am 17. Juli 1945 besprach General Clay dieses Memorandum mit dem amerikanischen Verteidigungsminister Stimson anlässlich dessen Anwesenheit an der Potsdamer Konferenz. Die Amerikaner betrachteten sich damals nach Sicherstellung aller Lagerorte als Treuhänder der grössten Kunstsammlung der Welt.1432 General Clay plante dabei, mit Zustimmung der amerikanischen Regierung sämtliche deutschen staatlichen wie auch privaten Kunstgegenstände in die 1427

Siehe dazu Kurtz, S. 124. Aber auch NA RG 239/42 John N. Brown, Ad Interim Restitution of Works of Art, 28.05.1945.

1428

NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall/81, Memorandum USGCC, Art Objects in US Zone, undatiert. Auch in FRUS 1945, The Conference of Berlin (Potsdamer Conference), Vol. II, The Assistant Secretary of State to Secretary of State, Memorandum 30.07.1945, No. 964, S. 923 ff. IFZ, OMGUS Akten, 3/121-2/1; Prov. ED Dir. Off., Reparation, Deliveries and Restitution Division USGCC, various subjects among other things, Memorandum Art Objects in the US Zone.

1429

Klasse A: Kunstwerke aus den von Deutschland überfallenen Ländern, die direkt als öffentliches Eigentum identifizierbar sind, sowie Kunstwerke aus Privatbesitz in überfallenen Ländern, die durch Beschlagnahme und ohne Entschädigung fortgenommen wurden.

1430

Klasse B: Kunstwerke aus Privatbesitz in überfallenen Ländern, für die angeblich eine gewisse Entschädigung entrichtet wurde.

1431

Klasse C: Kunstwerke, die Deutschland zur Sicherstellung in die amerikanische Zone brachte und bei denen es sich nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben um Eigentum der deutschen Nation handelt.

1432

Siehe auch PRO FO 371/45769; EAC, Draft Agreement on principles governing Restitution of cultural Property; Memo by US Representative, 11.06.1945.

355

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

USA zu verlagern und dort aufzubewahren, bis sie wieder geordnet dem deutschen Eigentümer ausgehändigt werden konnten. In Kisten verpackte Kunstgegenstände, die zweifelsfrei aus den ehemals besetzten Staaten stammten, sollten so schnell wie möglich wieder in den Staat des rechtmässigen Eigentümers geschafft werden.1433 Nachdem Stimsons und auch Aussenminister Byrnes mit dem Vorschlag einverstanden waren, erhielt General Clay am 19. Juli 1945 von Präsident Truman die mündliche Genehmigung. Mit dem Memorandum befassten sich ebenfalls Pauley und Clayton, stellvertretender Minister für Wirtschaftsfragen. Die beiden hiessen den Vorschlag abgesehen von einem Punkt gut: Sie wollten nicht ausdrücklich festhalten, dass die Werke der Klasse C an das deutsche Volk zurückgehen würden, sondern vielmehr, dass „ihr endgültiges Schicksal Thema einer zukünftigen Entscheidung der Alliierten sein werde“.1434 In einem Schreiben des amerikanischen Aussenminister Byrnes an den sowjetischen Aussenminister Molotow und den britischen Aussenminister Bevin am 1. August 1945 wurde diesen die amerikanische Planung mit den Neuerungen von Pauley und Clayton vorgestellt.1435 Der sowjetische Aussenminister wandte sich gegen die Instruktionen in Bezug der Kategorie „C“. Seiner Meinung nach verletzten diese die in der Londoner Deklaration festgelegten Grundsätze. Da dort die neutralen Staaten und ihre Bürger gewarnt worden waren, dass die Alliierten sich alle Rechte reservieren würden, sämtliche Eigentumsübertragungen, die geraubtes Gut betrafen, als ungültig zu erklären, würde eine Instruktion wie die in der Kategorie „C“ deutsche Bürger und Institute privilegieren.1436

1433

Siehe Papers of General Lucius Clay, Book I, S. 57, No. 26. Auch FRUS 1945, The Conference in Berlin, Vol. II, The Secretary of State to the Soviet Foreign Commissar (Molotov), 01.08.1945, No. 973, S. 933 f. Darin heisst es: „… It is contemplated that the third category of works of art will be shipped as rapidly as arrangements can be effected to the United States for care and safekeeping, for which adequate facilities do not exist in Germany. Their eventual disposition will be subject to future decisions“.

1434

NA RG 59/Pauley Rep. Commission/15, Memorandum in the Provisions of the Berlin Protocol relating to Reparations, Final, 20.09.1945, S. 49; Memorandum for General Clay, 30.07.1945. FRUS 1945, Vol. II, Conference of Berlin, Memorandum for General Clay from Edwin W. Pauley and William L. Clayton in The Assistant Secretary of State (Clayton) to Secretary of State, 30.07.1945, No. 924, S. 923 ff. Auch in Papers of General Lucius Clay, Book I, S. 57, No. 26.

1435

Secretary of State to Ambassador in the Soviet Union, 1.08.1945 in FRUS 1945, Vol. II, General und Political Economical Matters, S. 946 f. auch in FRUS 1945, The Conference in Berlin, Vol. II, The Secretary of State to the Soviet Foreign Commissar (Molotov), 01.08.1945, No. 973, S. 933 f. Für das britische Schreiben PRO 371/45770, Letter Byrnes to Bevin, 1.08.1945.

1436

Secretary of State to Ambassador in the Soviet Union, 1.08.1945 in FRUS 1945, Vol. II, General und Political Economical Matters, S. 947. Ein Antwortschreiben soll dem amerikanischen Aussenminister am 8.08.1945 zugekommen sein. Die Antwort von Molotow

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

Ebenfalls nicht einverstanden mit den Instruktionen war die britische Regierung. In einem Schreiben wurde das nochmalige Überdenken des Vorschlages gefordert. Dabei sollte bedacht werden, dass das Wegbringen von Kunstgegenständen die Gefühle der Deutschen berühren und damit die Aufgaben der alliierten Kontrollbehörden erschweren könnte. Des Weiteren könnte das Verhalten der USA die alliierten Staaten verärgern, da die Alliierten gerade in Bezug auf ein etwaiges „Replacement in Kind“ noch keine definitive Entscheidung gefällt hatten. Ein solcher Transport nach Übersee wurde zudem als eine Gefahr für die Kunstgegenstände gesehen. Der britische Aussenminister machte ebenfalls noch darauf aufmerksam, dass die Aussage im Memorandum, dass die USA keine genügend sicheren Aufbewahrungsorte in ihrer Zone hätten, nicht seinen Informationen entspräche.1437 Der Vorschlag der Amerikaner kam für die Briten überraschend und differierte in Bezug auf die britische Politik und Absichten bezüglich der Kulturgüter sehr stark.1438 Die britische Regierung versuchte kurz nach Erhalt des Briefes möglichst diskret die Absichten der Amerikaner hinter diesem Vorschlag zu ergründen.1439 Der Kulturberater der britischen Streitkräfte führte daraufhin mit einem Vertreter der Roberts-Kommission ein vertrauliches Gespräch bezüglich der amerikanischen Absichten. Gemäss seinen Angaben zirkulierte in der amerikanischen Kontrollbehörde ein nicht unterzeichneter Befehl, der die Absichten der USA offenbaren sollte. Die meisten amerikanischen Behördemitglieder seien aber gegen den Befehl.1440 Im November 1945 kritisierte der Befehlshaber der britischen Zone in einem Schreiben an General Clay die amerikanische Politik nochmals stark. Er machte auch deutlich, dass die unter dem Befehl der SHAEF aus der britischen Zone in

wurde von den Amerikanern nicht verstanden, und sie ersuchten um eine Klärung. Ihrer Meinung nach handelte es sich bei der Kategorie „C“ um deutsches Eigentum nach guten Treuen und Glauben. 1437

British Secretary of State for Foreign Affairs to Secretary of State, 17.09.1945 in FRUS 1945, Vol. II, General und Political Economical Matters, S. 949 f. Die Informationen bezüglich der Zustände in den verschiedenen Aufbewahrungsorten von Kulturgütern wurden durch den Kulturberater der britischen Streitkräfte beschafft. Siehe dazu auch PRO FO 371/45771, Schreiben Woolley an Coulson Foreign Office, 20.08.1945.

1438

Siehe auch PRO FO 371/45770, Schreiben Coulson Foreign Office to Trevaldwyn, War Office, 16.08.1945. Die britische Regierung war aufgrund der Empfehlungen der Macmillan-Kommission und der Armistice Terms and Civil Administration der Auffassung, dass Kulturgüter nicht als Reparationen beansprucht werden sollten. In den Augen der Briten kam die Verlagerung von deutschen Kulturgütern einer Reparation gleich, da die Amerikaner ja selbst keine Restitution in Kind beanspruchen konnten.

1439

PRO 371/45770, Telegramm War Office to Foreign Office re: Transport of Works of Art to USA, 2308.1945.

1440

PRO FO 371/45770, Minutes Coulson Foreign Office, vom 6.09.1945. Es handelt sich um eine Gesprächsnotiz, die der Verfasser mit Lt. Col. Wolley gehabt hat. Ein derartiger Befehl konnte jedoch nicht entdeckt werden.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

die amerikanische Zone geschafften deutschen Kunstgegenständen oder Kulturgüter, welche die Deutschen aus Sicherheitsgründen in die amerikanische Zone verlegt hatten, die jedoch aus der britischen Zone stammten, unter keinen Umständen in die USA verschifft werden dürften und so schnell als möglich in die britische Zone verlagert werden sollte.1441 OMGUS empfahl General Clay daraufhin, dass solche Kunstgegenstände nicht in die USA transportiert werden sollten, dass jedoch, zur Verhinderung eines Präjudizes, bevor die vier Mächte eine verbindliche Lösung bezüglich des interzonalen Transfers gefunden hätten, eine Rückführung von Kunstgegenständen in die britische Zone nicht stattfinden sollte.1442 Insbesondere die amerikanischen MFAA-Offiziere waren aufgebracht und mit dem Vorschlag gar nicht einverstanden. Sie waren denn auch der einhelligen Meinung, dass der Transport der Kunstgegenstände über den Atlantik ebenso gefährlich sei wie ein Belassen in Deutschland.1443 Auch die Mitglieder der Roberts-Kommission waren erzürnt, dass man sie übergangen hatte, und die Kontroverse riss eine Kluft auf. Problematisch war, dass nie eine öffentliche Absichtserklärung in Bezug auf die deutschen Kunstgegenstände erlassen wurde. Aufgrund der heftigen Kritik, die sich General Clay und die amerikanische Regierung ausgesetzt sahen, sah sich Aussenminister Byrnes genötigt, mit Pauley Kontakt aufzunehmen. Dieser hatte den Vorschlag auch gutgeheissen und die Umformulierung der Kategorie „C“ vorgenommen, war aber gegen eine Veröffentlichung gewesen. Im Schreiben wird deutlich gemacht, dass die Vereinigten Staaten die Kunstwerke zwar sicherstelle, es müsse aber klar hervorgehen, dass sie letztlich intakt zurückgegeben werden, abgesehen von Kunstgegenständen, die als „replacement in kind“ und somit als Ersatz von geplünderten künstlerischem oder kulturellem Eigentum, das zerstört oder unrettbar beschädigt wurde, benutzt werden sollte.1444 Sodann schlug das Departement vor, dass General Clay diesbezüglich eine offizielle Erklärung erlassen sollte. Eine solche wurde am 26. September 1945 vom Weissen Haus veröffentlicht.1445 In dieser Presseerklärung versucht die amerikanische

1441

NA RG 260/Executive Office/General Correspondence/9, Schreiben CCG (BE) an General Clay, re: German Works of Art, 30.11.1945.

1442

NA RG 260/Executive Office/General Correspondence/9, Memorandum OMGUS, Economics Divisions, 8.11.1945. Dieses Memorandum, welches vor dem Schreiben General Robertson aufgesetzt wurde, bezieht sich auf ein vorgängig geführtes Gespräch zwischen amerikanischen und britischen Generälen.

1443

Siehe dazu Nicholas, Raub der Europa, S. 506 f. Siehe auch Papers of General Lucius Clay, Book I, 1945, No. 28, S. 83 ff.

1444

Siehe Schreiben Secretary of State to Ambassador in the UdSSR an Pauley, 14.08.1945 in FRUS 1945, Vol. II, General and Political Economic Matters, S. 945.

1445

NA RG 59/1940 – 44, Press Release, 7.11.1945. Siehe dazu auch Kuhn, German Paintings in the National Gallery, S. 79.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

Regierung eine Schadensbegrenzung zu erreichen. Es ist nur noch davon die Rede, dass nur noch einige und nicht mehr sämtliche deutsche Kunstobjekte in die USA transportiert werden sollten. Ganz klar wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich um deutsche Bilder handelt und nicht um solche, die durch das Deutsche Reich geraubt worden waren. Trotzdem wird darauf aufmerksam gemacht, dass eine Rückgabe erst dann vorgesehen wird, wenn die Bilder definitiv als in guten Treuen und in gutem Glauben erworbenes deutsches Eigentum identifiziert werden können. Des Weiteren wird die Rückgabe dann in Aussicht gestellt, wenn die Konditionen für ihre Aufbewahrung in Deutschland wieder hergestellt sind. Als Grund für die Verschiffung wird auf die in der amerikanischen Zone fehlenden Kunstexperten verwiesen und auf die nicht vorhandenen Aufbewahrungsorte, um einen adäquaten Schutz zu ermöglichen.1446 Zur Durchsetzung des Memorandums wurde von General Eisenhower an die Befehlshaber des östlichen und des westlichen Militärdistriktes ein Befehl erlassen.1447 In diesem Befehl werden nochmals die Kategorien aufgeführt und der Befehl erteilt, die in der Kategorie „A“ und „B“ erwähnten Kunstgegenstände so schnell als möglich den Eigentümerstaaten zurückzugeben, um die amerikanischen Armee von dieser Verantwortung zu entlasten. Die Direktive enthält sodann klare Instruktionen bezüglich der Ausführung eines solchen Transfers. Die Direktive enthielt jedoch keine Instruktionen bezüglich der Kategorie „C“. Der Befehlshaber des östlichen Militärdistriktes wurde sodann angewiesen, in erster Priorität für die belgische Regierung eine Anzahl genau bezeichneter Kulturgüter und für die französische Regierung fünfzig wertvolle und einzigartige französische Kunstgegenstände bereitzustellen.1448 Diese Kunstgegenstände sollten dann in einer Zeremonie, welche den Beginn der Restitution von Kulturgütern darstellen würde, den jeweiligen Vertretern der beiden Staaten übergeben werden.

1446

Auf der einen Seite wird in dieser Presseerklärung das vorgeschlagene Programm für Kunstobjekte der Kategorie „C“ eingeschränkt, auf der anderen Seite behilft sich die amerikanische Regierung zur Begründung des eingeschränkten Programms wiederum des anscheinend nicht vorhandenen Schutzes für die Kulturgüter in der amerikanischen Zone. Dabei wird deutlich, dass sich die amerikanische Regierung bezüglich des Programmes ebenfalls unwohl fühlte, jedoch aus politischen Gründen die Entscheidung nicht gänzlich rückgängig machen wollte.

1447

NA RG 239/41, Draft of Basic Restitution Directive; Return of Looted Works of Art to Owner-Nations. NA RG 260/Property Division/RDR Branch/722, Directive to Commanding General, Eastern Military District, Return of Looted Works of Art to Owner-Nations, 15.09.1945. NA RG 239/41, Directive to Commanding General, Western Military District, Return of Looted Works of Art to Owner-Nations, 15.09.1945.

1448

NA RG 260/Property Division/RDR Branch/722, Directive to Commanding General, Eastern Military District, Return of Looted Works of Art to Owner-Nations, 15.09.1945, S. 2 f.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ii)

Abtransport von 202 Bildern in die USA

Trotz der Opposition gegen die Instruktionen bezüglich der Kategorie „C“ wurden am 14. November 1945 202 Bilder aus deutschen Museen in die USA überführt.1449 In einem Schreiben an den britischen Aussenminister teilte ihm Byrnes am 27. November 1945 mit, dass die amerikanische Regierung auf die Verschiffung sämtlicher deutscher Kulturgüter in die USA verzichte, dass jedoch aufgrund fehlender sicherer Aufbewahrungsorte ein kleiner Teil als temporäre Massnahme in die USA transportiert werde.1450 Die Verschiffung der Bilder verursachte eine heftige Reaktion in der amerikanischen Öffentlichkeit. Sowohl in den USA selbst wie auch unter den in Europa tätigen MFAA-Offizieren erhob sich ein Protest.1451 Die MFAA-Offiziere unterzeichneten am 7. November 1945 ein Memorandum, in welchem Sie die Verschiffung verurteilten.1452 Als zusätzlich in den USA in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften1453 kritische Berichte über den Transport zu lesen waren, sich verschiedene wichtige Kunstorganisationen zu Wort meldeten1454 und schlussendlich auch eine Senatskommission sich mit den Bilder beschäftigen musste, wurde in der amerikanischen Regierung eine Grundsatzdiskussion über die Problematik der Restitution von Kulturgüter und die Aufbewahrung in den USA geführt. Die National Gallery of Art, die angefragt wurde, die Aufbewahrung der Bilder zu übernehmen, er-

1449

NA RG 260/Rec. Ex. Prop./General Correspondence 45–49/9, Military Plan for Removal of German Works of Art to the United States for Preservation, 25.10.1945. Für detaillierte Informationen zu den geschichtlichen Vorkommnissen bezüglich des Abtransportes siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 514 ff. Kuhn, German paintings in the National Gallery, S. 78–84. Howe, S. 229–231, 272–292. Friemuth, S. 103 ff.; Flanner, Men and Monuments, S. 303. Siehe aber auch NA RG 260/157/Property Division/Westward Ho, Information Bulletin OMGUS, 16.09.1948 mit der gesamten Geschichte über den Transport und Rücktransport der 202 Bilder.

1450

FRUS 1945, Vol. II, General: Political and economic Matters, Letter Secretary of State to the British Secretary of State for Foreign Affairs, 27.11.1945, S. 955. Siehe betreffend fehlender Aufbewahrungsorte NA RG 218/38, Schreiben USFET to War Department, Subject: Removal of German owned cultural art, 18.09.1945. In diesem Schreiben wird die Lagerkapazität für Kunstgegenstände in Deutschland als nicht zureichend bezeichnet.

1451

Kuhn, German paintings in the National Gallery, S. 78–84. Howe, S. 229–231 und 272–292. Friemuth, S. 103 ff. Insbesondere aber auch Nicholas, Raub der Europa, S. 514 ff. Siehe auch Farmer, The safekeeper, S. 147 ff.

1452

Das Memorandum wurde unter dem Namen „Wiesbadener Manifest“ bekannt. Das Manifest erschien denn auch im Januar 1946 im College Art Journal. Siehe dazu Kuhn, German paintings in the National Gallery, S. 81 f. Hamlin, German Paintings in the National Gallery, S. 75 f.

1453

Janet Flanner, Letter from the Rhineland. Nicholas, Raub der Europa, S. 522 ff.

1454

So zum Beispiel die College Art Association of America. Siehe dazu NA RG 239/51/Commission Correspondence, Schreiben College Art Association of America an Secretary of State, 15.01.1946; ebenfalls abgedruckt in College Art Journal, January 1946, Vol. V, No. 2, S. 83 ff.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

suchte das amerikanische Repräsentantenhaus um eine gesetzliche Grundlage für diesen treuhänderischen Schutz. Dabei ging es insbesondere um die Bezahlung der Kosten. Da es sich um ehemals feindliche Vermögensgegenstände handelte, war man der Auffassung, dass der „Alien Property Custodian“ angewiesen werden sollte, die nötigen Mittel der National Gallery of Art zukommen zu lassen. Die Finanzierung sollte dabei aus den unter dem Trading with the Enemy Act von 1917 sichergestellten Vermögenswerten zu erfolgen.1455 Die Proteste, die mit einer Resolution der MFAA-Offiziere am 7. November 1945 begonnen hatten, gipfelten in einer an Präsident Truman gerichtete Resolution vom 7. Mai 1946, die von 95 angesehenen Persönlichkeiten der amerikanischen Museen und Universitäten, von Sammlern und anderen kulturell engagierten Personen unterzeichnet war und die um eine Anweisung des Präsidenten zu sofortigen Rückkehr der Bilder nach Deutschland ersuchte.1456 Als eine der letzten Handlungen der Roberts-Kommission antwortete diese auf die Resolution und die Frage der 202 Bilder und nahm darin den Standpunkt ein, dass die Übersendung der 202 Gemälde aus Sicherheitsgründen in die USA zu Recht erfolgt war.1457 1455

NA RG 59/1940–44, Schreiben Board of Trustees of the National Gallery of Art to the Speaker of the House of Representatives, 7.11.1945. Im Schreiben wurde darauf aufmerksam gemacht, dass das vorgeschlagene Gesetz in Übereinstimmung mit dem vom Präsidenten genehmigten Programm steht und bereits durch das Justizdepartement und den „Alien Property Custodian“ überprüft worden war. Siehe auch NA RG 59/1940 –1944, Executive Office of the President, Bureau of Budget to Secretary of State, 13.11.1945, Draft of bill „To provide for the care of certain foreign objects of art“.

1456

Siehe NA RG 59/1940 – 44, Philadelphia Division der Independent Citizens Committee of the Arts, Sciences, and Professions; Resolution an den amerikanischen Präsidenten vom 7.05.1946.

1457

Siehe Schreiben vom 14.05.1946 in Report Roberts-Commission S. 11. Darin heisst es: „The members of the Commission have received copies of a resolution signed by Dr. Frederick M. Clapp, Director Frick Collection; Mrs. Juliana Force, Director of the Whitney Museum of American Art; and others who criticize the action of the United States Government, taken at the direction of the President and the United States Army Command in Germany, in bringing to this country certain paintings from German museums for safekeeping until conditions in Germany warrant their return. The Clapp resolution compares the action taken by the United States Government to looting operations carried on by the Nazis during the war. The Commission has also noted the statements issued by the White House on September 26, 1945 and by the War Department on December 6, 1945, that the works of art of bona fide German ownership, which may be brought to this country for safekeeping, will be kept in trust for the German people and will be returned to Germany when conditions there warrant. The Commission has also noted the statement issued by the late Chief Justice Stone, Chairman of the Board of Trustees of the National Gallery of Art, on December 14, 1945, that the Trustees of the National Gallery, at the request of the Secretary of State had agreed to arrange for the storage space for such paintings as might be brought to this country by the United States Army for safekeeping, and that he felt the Army „deserved the highest praise for the care exercised in salvaging these great works of art in making provision for their safety until they can be returned to Germany“. The Com-

361

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die amerikanische Regierung beschloss schliesslich, keine weiteren Transporte nach Amerika durchzuführen und auch keine, wie von verschiedener Seite geforderte, Ausstellung mit den 202 Bildern zu veranstalten. Eine Rückgabe an Deutschland fand jedoch erst in den Jahren 1948 und 1949 statt. Die USA wollte die Bilder zwar möglichst schnell wieder in Deutschland haben, doch trat ein zuvor nicht bedachtes Problem auf. Zwar waren nun die Verhältnisse im Kunstdepot Wiesbaden für eine Lagerung der 202 Bilder auch gemäss der amerikanischen Regierung zufriedenstellend, jedoch gehörten die Bilder ins Kaiser Friedrich Museum und hätten demgemäss nach Berlin, genauer gesagt in den sowjetischen Sektor, zurückgebracht werden sollen. Da der alliierte Kontrollrat inzwischen ein „Replacement in Kind“ für einzigartige Objekte genehmigt hatte1458, war es in der Kompetenz des jeweiligen Zonenkommandanten, Kunstgegenstände wie die Bilder der Gemäldegalerie als Replacement aus der Zone wegzugeben. Die 202 Bilder hätten die amerikanischen Behörden demnach den sowjetischen Militärbehörden übergeben müssen. Eine Lagerung in Wiesbaden, wurde nicht in Erwägung gezogen, da man die Situation in Berlin mit den sowjetischen Behörden nicht weiter eskalieren lassen wollte.1459 Entgegen den einstmaligen Verlautbarungen der amerikanischen Behörde wurden die 202 Bilder am 17. März 1948 in der National Gallery of Art öffentlich ausgestellt.1460 Aufgrund des sensationellen Erfolges der Ausstellung kam von mehreren Seiten die Forderungen nach einer Tournee der Ausstellung durch ganz Amerika. Schliesslich erhöhte sich der Druck, die deutschen Kunstschätze auch in anderen Städten der USA zu zeigen, so sehr, dass im Senat eine Vorlage mit dem Antrag auf eine Wanderausstellung durch die USA vorgebracht wurde. Nachdem General Clay grosse Bedenken bezüglich des Vorhabens verlauten liess, wurde durch den Senatsausschuss für bewaffnete Dienste zwei „Hearings“ durchgeführt. Aufgrund der mehrheitlichen Meinung, dass die Bilder einer grossen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung zugänglich gemacht werden sollte, kam die Vorlage gar nicht zur Abstimmung.1461

mission accepts without reservation the promise of the United States Government, as voiced by its highest officials, that the works of art belonging to German museums and brought to this country for safekeeping, will be returned to Germany when conditions there warrant. The Commission is strongly of the opinion that the resolution sponsered by Dr. Clapp, Mrs. Force, and others is without justification and is to be deplored“. 1458

Siehe dazu S. 400 f.

1459

Schreiben Clay vom 4.10.1946 in Papers of General Lucius Clay, Book II, 1945, No. 160, S. 268.

1460

Siehe dazu auch Birkmeyer, Observations on the Tour of Berlin Masterpieces, S. 19–24.

1461

Siehe dazu auch US Congress, Senate Committee on Armed Services, Hearings on S2439: A Bill to Provide for the Temporary Retention in the US of Certain German Paintings, 4.03.1948 und 16.04.1948, Washington D.C.: USGPO. Auch Papers of Lucius D. Clay, Book IV, 1948, S. 634 ff., Ziff. 381.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

Mit Teilen der Bilder wurde danach eine Ausstellungstournee durch 12 amerikanische Städte durchgeführt, die anderen in Etappen nach Deutschland zurückgeschafft. Am 4. Mai 1949 kamen auch die letzten Bilder wieder in das Wiesbadener Kunstdepot. Da die alliierte Zusammenarbeit auch aufgrund der Berlin-Blockade nicht mehr funktionierte, gab es auch keine Bedenken, die Bilder nach Wiesbaden anstatt nach Berlin zurück zu transportieren.

iii)

Rechtliche Würdigung

Bei der Verschiffung der 202 Bilder in die USA stellt sich die Frage, ob rechtlich ein solcher Abtransport nicht gegen das Völkerrecht verstösst. Für die Beurteilung des Abtransportes unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Schutzbeschlagnahmen kann dahinstehen, ob die HLKO auf die Besetzung Deutschlands anwendbar war. Die Schutzbeschlagnahme ist als Ausnahmetatbestand zur HLKO konzipiert und soll den Interessen des besetzten Staates dienen. Dieser Interessenschutz kann unabhängig davon erreicht werden, ob die Vorschriften deren Ausnahme die Schutzbeschlagnahme ist, anwendbar sind.1462 Damit die Beutekunstbeschlagnahme als Schutz beschlagnahme gerechtfertigt wäre, müssten die beschlagnahmten Kulturgüter objektiv aufgrund der Kriegssituation gefährdet sein; das Eingreifen der Besatzungsmacht muss erforderlich gewesen sein und die Verbringung in die USA muss als ultima ratio erforderlich sein, da in Deutschland ein Schutz nicht gewährleistet werden konnte. Zudem bedarf es des Willens des beschlagnahmenden Staates, zum Schutz der Kulturgüter handeln zu wollen.1463 Der objektive Tatbestand verlangt das Vorliegen einer konkreten Gefahr für Kulturgüter. Eine allgemeine Gefährdung reicht nicht aus. Zur Beschlagnahme berechtigt die Gefährdung durch Kampfhandlungen. Zum Zeitpunkt des Abtransportes waren diese allerdings schon längst eingestellt. Eine weitere Gefährdung kann durch die Lagerungsbedingungen begründet werden. Dazu gehören auch Gefahren der Zerstörung, inadäquate Lagerungsbedingungen. Dass diese Gefahr in der amerikanischen Zone tatsächlich gegeben war, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Doch haben die MFAA-Offiziere alles unternommen um die Kunstwerke sicher zu lagern. Die Lagerungsbedingungen waren im ersten Nachkriegswinter sicher nicht überall ideal, aber zu einer akuten Gefährdung grösserer Bestände kam es sicher nicht. Die mögliche Gefährdung kann eine Verlagerung von lediglich 206 Bildern in die USA nicht rechtfertigen. Zu den weiteren Gefährdungen zählen auch solche, die dem Kulturgut aufgrund der Wirren des Krieges drohen. Das sind Gefahren, die schutzlosen unbewach-

1462

Siehe Baufeld, S. 131.

1463

Baufeld, S. 131.

363

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ten Kulturgütern durch Plünderung, Diebstahl durch die einheimische Bevölkerung oder durch das Legen von Bränden entstehen können. Die amerikanischen Besatzungstruppen waren bei der deutschen Bevölkerung sehr willkommen und wurden als Retter gefeiert. Die amerikanischen Truppen schafften es in Zusammenarbeit mit den deutschen Verwaltungseinheiten das entstandene Kriegschaos schnell zu eliminieren. Zwar kam es zu einzelnen Diebstählen von Kulturgütern, jedoch kann sicher nicht von einer tatsächlichen Gefährdung ausgegangen werden. Zudem war die Verlagerung der 206 Bilder in die USA sicher nicht die ultima ratio. Insgesamt waren die Voraussetzungen für die Verlagerung der Bilder im Lichte der Schutzbeschlagnahme nicht gegeben.

iv)

Bedeutung des Abtransportes der 202 Bilder

Zwar gehört der Transport der 202 Bilder nicht direkt zur Restitution von Beutekunstwerken nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch hat diese amerikanische Handlung die Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und in der gesamten westlichen Zone nachhaltig beeinflusst. Es wurde die Wichtigkeit dieser Rückgaben erkannt, und die Restitutionsbemühungen wurden nachhaltig verbessert mit dem Erlass von verschiedenen Verordnungen und Gesetzen.1464 Mit dem Vorschlag der USA bezüglich der Verschiffung sämtlicher deutscher Kunstgegenstände entstand innerhalb der amerikanischen Besatzungszone in deren Verwaltung aber auch gegenüber den anderen Alliierten ein grosses Misstrauen. Zu sehr erinnerte dieser Akt an die Massnahmen, die das Deutsche Reich durch den ERR in ihren besetzten Gebieten ausführen liess. Auch dort wurde teilweise von „Sicherstellungen“ als temporäre Massnahme gesprochen. Der Eindruck, der diese Aktion gerade in einer Zeit schuf, in der die Reparationsproblematik und die Restitutionen im Zentrum der Alliierten standen, war zwiespältig. Geht man davon aus, dass die Transporte tatsächlich aufgrund von fehlenden Lagerorten geschehen sollten, dann fällt auf, dass einzelne amerikanische Exponenten in Regierungskreisen wie auch in den amerikanischen Kulturkreisen keinen Hehl daraus machten, dass sie Kunstgegenstände als Entgelt für

1464

Davon zeugen insbesondere die speziell für Kulturgüter geltenden Military Regulations, Title 18 vom 12.02.1947 (siehe dazu Germany 1947–1949 S. 617 ff. auch NA RG 260/ Property Division/Ardelia Hall Collection/83), die neue Direktive an den Oberkommandieren JCS 1779 vom 11.07.1947 (in Germany 1947–1949, S. 33 ff.) sowie die Presserklärung Nr. 678 des Department of State „The International Protection of Artistic and Historic Property“ vom 27.07.1951 (in College Art Journal Vol. X (1951), S. 33 ff.) zum Fall der deutschen Bibliotheken in Italien.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

die Befreiung Europas und Deutschlands aus den Klauen der Nazis durchaus als geeignet und gerecht hielten.1465 Auch General Clay wird nachgesagt, dass er Reparationen mittels Kunstgegenständen befürwortet habe. Aufgrund der Aktenlage ergibt sich eher das Bild eines militärischen Befehlshabers, der eine militärisch unübliche Aufgabe gestellt bekam, indem er eine vom Krieg zerstörte Besatzungszone kontrollieren und in dieser die nötige Infrastruktur wieder aufbauen musste. Insbesondere in der amerikanischen Zone, wo die Landwirtschaft vorherrschte, stellte dies die Besatzungsbehörde vor grosse Probleme. Daneben musste General Clay sich im alliierten Kontrollrat und anderen Instanzen und an verschiedenen alliierten Konferenzen mit den aufkommenden Problemen beschäftigen. Wie es scheint, war der Plan für den Abtransport aus einer gewissen Notsituation heraus geboren worden. In der amerikanischen Besatzungszone waren ungefähr 80 Prozent aller geraubten Kunstgegenstände aufgefunden worden. Daneben lagerten unzählige „verlagerte“ Kunstgegenstände aus anderen Gebieten Deutschlands dort. Der Verantwortung, dass diese Kunstgegenstände sorgfältig aufbewahrt und gepflegt wurden, war sich die amerikanische Militärführung hinreichend bewusst. Im Memorandum bezüglich der Einteilung der Kulturgüter in verschiedene Klassen ist klar ersichtlich, dass der Vorschlag grundsätzlich darauf abzielte, die Kunstgegenstände so schnell als möglich aus dem Verantwortungsbereich der amerikanischen Militärbehörde herauszulösen. Die Kategorien „A“ und „B“ sollten aus diesem Grund möglichst rasch zurückgegeben werden und die Kategorie „C“ bekanntlich nach den USA verschifft werden. Ob und inwieweit das Memorandum auf fehlerhafte Informationen beruhte, ist sehr schwer zu beurteilen. Immer wieder hatten MFAA-Offiziere sich über zu wenig Unterstützung beklagt und in Berichten auf die unzureichenden Lagerbedingungen der Kunstgegenstände hingewiesen.1466 Es ist anzunehmen, dass sich die mit dem Memorandum befassten Instanzen von solchen Berichten leiten liessen. Dies musste auch im Lichte der dauernden Änderungen in der Besatzungszone gesehen werden. Nur mit Mühe erhielten die MFAA-Offiziere Gebäude für ihre Kunstgegenstände und die benötigten Materialien zu deren Renovation. Die Massnahme für die Kategorie „C“ ist daher eher darin zu sehen, dass die militärische Führung in Deutschland ihre Verantwortung los werden wollte, indem sie die deutschen Kunstgegenstände in die USA verlagerte, wo man sie geordnet sicherstellen konnte und sich nicht mehr darum kümmern musste, ob sie für Replacement in Frage kamen, und erst dann wieder zurückgebracht werden sollten, wenn die Infrastruktur in der Zone wieder aufgebaut war. Mehrere

1465

Taylor und Pauley.

1466

Siehe zum Beispiel NA RG 239/29, Letter from Lt.Col. Mason Hammond to Mr. John Walker, An informal Report on Monument, Fine Arts and Archives activities in the European Theater, 17.10.1945.

365

366

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Autoren sehen in dieser Verlagerung den Versuch der USA, auf diese Kulturgüter zu Reparationszwecken Zugriff zu nehmen.1467 Aufgrund der oberwähnten Faktoren, die zum Abtransport der Bilder geführt hatten, muss eine Verlagerung von deutschen Bildern durch die USA zu Reparationszwecken verneint werden. Auch wenn einzelne Exponenten in der amerikanischen Verwaltung mit einer Sicherstellung von Kulturgütern zu Reparationszwecken geliebäugelt hatten, ist aufgrund der zahlreichen vorliegenden Dokumente der amerikanischen Regierung und der amerikanischen Militärregierung in Deutschland eine solche Politik nirgends ersichtlich.

d)

Interim-Restitutionen

i)

Amerikanische Initiative und ihre Genehmigung anlässlich der Potsdam-Konferenz

Keine Meinungsverschiedenheiten gab es hinsichtlich der im Memorandum erwähnten Kategorien „A“ und „B“. Wie erwähnt waren dies auf der einen Seite Kunstwerke aus von Deutschland überfallenen Ländern, die direkt als öffentliches Eigentum identifizierbar sind, sowie Kunstwerke aus Privatbesitz in überfallenen Ländern, die durch Beschlagnahme und ohne Entschädigung weggenommen wurden, auf der anderen Seite Kunstwerke aus Privatbesitz in den besetzten Ländern, für die angeblich eine gewisse Entschädigung entrichtet worden war.1468 Da sich die alliierten Mächte weder auf eine Restitutionskommission noch auf ein Restitutionsprogramm einigen konnten, wurden die bereits angekündigten Restitutionen weiter verzögert. In den befreiten Gebieten wurde seit der Kapitulation Deutschlands durch die nationalen Restitutionskommissionen immer stärker zum Ausdruck gebracht, dass ein sofortiges Handeln angezeigt wäre. So versuchten auch verschiedene Kunstexperten aus den ehemals besetzten Gebieten, durch eigenmächtiges Handeln die in den westlichen Zonen aufgefundenen Kulturgüter selbst zu überprüfen oder gar mitzunehmen.1469 Der Kulturberater von General Eisenhower schlug Ende Mai 1945 vor, eine Anzahl Werke unbe-

1467

Siehe dazu Turner, Internationale Kulturgüterrecht S. 119 ff. Auch Kurtz, S. 125, FN 52 und S. 129, FN 61, Friemuth, S. 112 ff. sowie Hartung, S. 52.

1468

Siehe dazu NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall/81, Memorandum USGCC, Art Objects in US Zone, undatiert. Auch in FRUS 1945, The Conference of Berlin (Potsdamer Conference), Vol. II, S. 923 ff. IFZ, OMGUS Akten, 3/121-2/1; Prov. ED Dir. Off., Reparation, Deliveries and Restitution division USGCC, various subjects among other things, Memorandum Art Objects in the US Zone.

1469

NA RG 239/14, Ausschnitt aus La Libre Belgique, 28.05.1945, in welchem vom vergeblichen Versuch der Rückschaffung des Genter Altars durch einen belgischen Museumsdirektor berichtet wird.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

strittener Herkunft unverzüglich zurückzugeben und ein Programm zur Rückführung „ad interim“ zu erstellen, auf das sich die amerikanischen Streitkräfte und die jeweiligen Empfängernationen gemeinsam einigen sollten. Ziel sollte sein, die Militärregierung zum frühstmöglichen Zeitpunkt von der Verantwortung der Lagerung von Kulturgütern zu entbinden.1470 In verschiedenen Diskussionen wurden die Vor- und Nachteile erläutert. Schwierigkeiten bereitete vor allem die Definition, was für eine sofortige Rückgabe bereit ist und was während der Restitutionsverhandlungen noch in militärischer Obhut bleiben musste. Die amerikanische Regierung, welche das überstürzte Vorgehen der europäischen Alliierten nur ungern sah, hielt es deshalb, um nicht in Streitigkeiten über Anspruchsforderungen verwickelt zu werden, für unabdingbar, sorgfältigste Abklärungen bezüglich der Identifikation der Objekte zu treffen. In der für die amerikanische Militärregierung in Deutschland geltenden JCS 1067 war in § 48e statuiert, dass eine prompte Restitution von Kulturgütern und ähnlichen Gütern vorgenommen werden sollte. Der politische Berater von General Eisenhower bezog sich in einem Memorandum auf diese Bestimmung und schlug dem Secretary of State vor, zumindest einige der wertvollsten und wichtigsten Kulturgüter mittels einer feierlichen Zeremonie den befreiten Staaten zu übergeben.1471 Aufgrund eines Memorandums von Pauley erliess Präsident Truman am 23. Juni 1945 eine Weisung, in der Pauley instruiert wurde, dass er ein Mitglied seiner Delegation General Eisenhower zur Verfügung zu stellen habe, welches ermächtigt sei, unverzügliche Handlungen bezüglich Angelegenheiten anzuordnen, die diesem Mitglied von General Eisenhower vorgelegt würden. Bei den Angelegenheiten handelte es sich zum einen um die sofortige Rückführung von sämtlichen Gütern, welche die alliierten Nationen für den Wiederaufbau ihrer Wirtschaft unverzüglich benötigen würden und zum anderen um die Rückführung von Kulturgütern.1472 Des Weiteren gab Präsident Truman sein Einverständnis für die

1470

NA RG 239/7, Report on Mission to Europe, March 8 to June 10, 1945. Explizit machte Brown auf den Genter Altar und die Madonna von Michelangelo aufmerksam, welche in Berchtesgaden und Altaussee gefunden worden waren. Er führte sodann auch aus, dass eine schnelle Restitution dieser Objekte die Regierungen der befreiten europäischen Staaten von der Integrität des alliierten Programmes überzeugen würde und eine unnötige Verschlechterung der Beziehungen aufgrund von unnötigen Verspätungen verhindert werden könnte.

1471

Ifz RG 84/POLAD 727/1–2, Schreiben Murphy to Secretary of State, Memorandum Return of works of art, archives and other cultural materials in anticipation of restitution, 16.06.1945.

1472

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/14, Memorandum to Ambassador Pauley, 8.08. 1945. Für das Memorandum selbst siehe NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Memorandum for Pauley from the President, received by the Embassy from the Department, 23.06.1945. Dabei ging es auch darum, dass Pauley anregen sollte, dass die Reparationen und die Restitutionen aufgrund des engen Zusammenhanges zusammen besprochen

367

368

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Beratungen der Restitutionsfragen in der alliierten Reparationskommission. Im Gegensatz zu den Briten wollte Pauley die Reparationen und die Restitutionen als einen gemeinsamen Problemkomplex behandeln. Durch die von Truman genehmigte Interim Restitution des USGCC (Deutschland) bekam Pauley als Chefunterhändler der alliierten Reparationskommission die Verantwortung sowohl für die Reparationen als auch die Restitutionen. In der Folge mussten sämtliche Vorschläge für eine Rückschaffung von Gütern, welche entweder in Deutschland oder Österreich gelagert waren, von Pauley, respektive seinem Delegierten Frank Adams, genehmigt werden.1473 Die Leitlinien für die Rückgabe sahen vor, dass Kulturgüter nur an Regierungen der alliierten Staaten übergeben werden sollten und nicht an Einzelpersonen. Eine Übergabe sollte nur mit Objekten stattfinden, deren Identität und Herkunft zweifelsfrei bewiesen war. Verboten wurde die Rückgabe von Kunstgegenständen oder allgemeinen Gütern als „Restitution in Kind“. Zudem wurden die Formalitäten für eine Übergabe von Kulturgütern durch Pauley genau geregelt.1474 Dass Pauley zwischen Restitutionen und Reparationen keine grossen Unterschiede sah, zeugt auch davon, dass er veranlasste, dass vor Ausgelieferung eines Objektes ein Memorandum an die das Begehren stellende Regierung gesandt werden musste, in dem der Wert des zurückzugebenden Objektes deklariert wurde. Je nachdem wie ein Objekt weggenommen worden war, sollte auch entschieden werden, ob der Wert der Reparationssumme des Staates angerechnet wird.1475 Die Direktive von Truman und das Schreiben von Pauley richteten im Stab von OMGUS einiges Durcheinander an, stand doch die neue Order der bis anhin gültigen Weisung bezüglich der Restitutionen völlig entgegen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die USA jeglichen Export von sichergestellten Gütern des Deutschen Reiches verboten, und nur durch ganz besondere Umstände wäre eine Restitution möglich gewesen. Aufgrund dieser Weisung sollten die Güter solange

würden. Als geeignetes Gremium wurde die alliierte Reparationskommission angesehen. Die EAC, welche sich bis anhin mit den Restitutionsfragen auseinander gesetzt hatte, sollte von dieser Aufgabe entbunden werden. Siehe auch NA RG 260/Executive Office/General Correspondence/11, Memorandum von Pauley an General Clay, 29.06.1945. 1473

NA RG 239/41 Memorandum bezüglich Schreiben Pauley to General Eisenhower, Captain Faigle und Frank Adams, 3.07.1945.

1474

NA RG 239/41 Memorandum bezüglich Schreiben Pauley to General Eisenhower, Captain Faigle und Frank Adams, 3.07.1945, S. 2. Bezüglich allen zu übergebenden Kulturgütern mussten ausführliche Dossiers mit Beschreibungen der einzelnen Objekte und Berichten über die Art und Weise der durch das Deutsche Reich erfolgten Sicherstellung erstellt werden. Siehe auch NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Letter from Pauley and Harrisman to Secretary of State and and the President, 27.06.1945. Beinhaltet auch Schreiben Pauley an General Eisenhower, Captain Faigle und Adams, 27.06.1945.

1475

NA RG 239/41 Memorandum bezüglich Schreiben Pauley to General Eisenhower, Captain Faikle und Frank Adams, 3.07.1945.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

sichergestellt bleiben, bis der alliierte Kontrollrat darüber entschieden hatte.1476 Die Unsicherheit bestand insbesondere darin, dass die Weisung nur die amerikanischen Militärbehörden betraf, die bis dahin davon ausgegangen waren, dass die alliierte Kontrollbehörde über die Frage der Restitution befinden würde.1477 Insbesondere General Clay war der Meinung, dass ein direkter Konflikt zwischen der bis anhin praktizierten Restitutionspolitik und der neuen Weisungen bestand, und verweigerte deshalb deren Befolgung, bis die Problematik geklärt war.1478 Die britische Regierung war mit dem Vorgehen der Amerikaner grundsätzlich einverstanden, wollten jedoch eine genauere Abgrenzung zwischen Restitution und Reparation.1479

ii)

Befehle für eine Restitution „ad interim“ in der amerikanischen und der britischen Zone

Am 10. August 1945 bekommt General Clay den Befehl, eine sofortige Restitution von benötigten Industriegütern anzuordnen, wobei bei der Auslieferung besonders vermerkt werden sollte, dass noch kein Entscheid gefällt worden sei, ob sie den Reparationen angerechnet werde oder ob sie der Restitution zugehörig sei.1480 Bezüglich der Restitution von Kulturgütern verwies man auf den Vorschlag von General Clay mit der Aufteilung der Kunstobjekte in drei Kategorien.1481 Dieser wurde am 30. Juli 1945 bezüglich der ersten beiden Kategorien von Pauley und Clayton genehmigt, so dass mit der Restitution „ad interim“ begonnen werden konnte.1482 Am 3. September 1945 wurden die ersten Kunstgegenstände, unter ihnen der Genter Altar und Michelangelos Madonna, der belgischen Regierung in Brüssel

1476

Siehe dazu insbesondere Military Regulation No. 52 und die Problematik der Bildung einer alliierten Restitutionskommission.

1477

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Memorandum for Ambassador Pauley re: Restitution, 29.06.1945.

1478

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Memorandum for Ambassador Pauley, re: Restitution, 07.07.1945.

1479

Siehe dazu NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Letter State Department to Secretary of State, 18.07.1945. Dort steht: „… Difficulties arises over ambiguity in § 2 of Pauley’s instructions which states that approval shall be given by Pauley representative to export from US Zone for purposes of reconstruction provided receipts are signed leaving open questions of restitution, reparation etc.“

1480

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Memorandum for General Clay, 10.08. 1945, Annex A zu Memorandum Parten to Pauley, 8.08.1945.

1481

Siehe dazu oben S. 354 f.

1482

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/19, Memorandum for General Clay, 10.08. 1945, Annex B zu Memorandum Parten to Pauley, 30.07.1945.

369

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

übergeben.1483 Im gleichen Monat bezogen die Restitutionsbeauftragten Frankreichs, Italiens, Hollands, Belgiens, Polens, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion in den „Collecting Points“ ihre Büroräumlichkeiten.1484 Begehren von ehemals feindlichen Staaten wurden dabei noch zurückgehalten, bis die Restitution für die befreiten Staaten genügend vorangeschritten war.1485 Wie bereits geschildert, wurden für die Befehlshaber des östlichen und des westlichen amerikanischen Distriktes in der amerikanischen Zone am 15. September 1945 diesbezügliche Direktiven ausgefertigt.1486 In der britischen Zone erhielt Feldmarschall Montgomery am 14. August 1945 eine ähnliche Direktive bezüglich einer Interim-Restitution. Er wurde angewiesen, die nötigen organisatorischen Vorbereitungen zu treffen und die möglichen Restitutionen von identifizierten Kunstgegenständen durchzuführen.1487 Die Briten waren aufgrund der amerikanischen Vorbereitungen unter Druck geraten, hatten sie doch immer wieder die anderen grossen Alliierten aufgefordert, möglichst schnell mit den Restitutionen zu beginnen, jedoch hatten sie für ihre Zone noch keine derartigen Massnahmen und Programme vorbereitet.1488

1483

Ifz RG 84/POLAD 727/1–2, Schreiben Direktor RDR an Political Affairs Office, Return to Belgium of Van Eyck Triptyck, 6.09.1945. Ifz RG 84/POLAD 727/1–2, Report on temporary duty to Brussels by Lt Col Hammond and Captain Hathaway, MFAA, 5.09.1945. Darin wird ausführlich über die Übergabe des Genter Altars berichtet. Siehe dazu für genaue historische und kunsthistorische Informationen, Howe, S. 255f., Hamlin, European Art Collections and the War, S. 219 ff., Smith, S. 61 ff., Aber auch Nicholas, Raub der Europa, S. 534 ff.

1484

Siehe dazu auch Smith, S. 57 ff. IFZ RG 84/POLAD 727/1–2, Telegramm Netherland Government to HQ USFET und Military Government British Zone, 30.09.1945. Auch Ifz RG 84/POLAD 727/1–2, Memorandum Programm for Restitution of Art Objects, Chief MFAA Branch an Pol. Adv., 21.09.1945.

1485

FRUS 1945, Vol. II, General & Political & Economical Matters, S. 950.

1486

NA RG 239/41, Draft of Basic Restitution Directive; Return of Looted Works of Art to Owner-Nations. NA RG 260/Property Division/RDR Branch/722, Directive to Commanding General, Eastern Military District, Return of Looted Works of Art to Owner-Nations, 15.09.1945. NA RG 239/41, Directive to Commanding General, Western Military District, Return of Looted Works of Art to Owner-Nations, 15.09.1945.

1487

NA RG 59/Pauley Rep. Mission/European Mission/14, Draft Directive to Field-Marshal Montgomery. PRO FO 371/45770, Telegramm: Following is the Text of Directive to C in C on Interim Measures for the Restitution of Identifiable Works of Art, 14.08.1945. Neu dabei war die Anweisung, dass die RDR-Abteilung zwei Experten ernennen musste, die zusammen mit einem Abgesandten des antragstellenden Staaten den Kunstgegenstand begutachteten und eine Empfehlung bezüglich der Möglichkeit einer Interim Restitution abgeben. Der Restitutionsentscheid sollte daraufhin von Montgomery selbst getroffen werden. Auch in PRO FO 371/45771, Troopers to ACABRIT Vienna, 11.10.1945, Text of Second Directive.

1488

Siehe dazu auch PRO 371/45771, Telegramm Troopers to ACABRIT Vienna, 11.10.1945.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

Die britische Direktive ist der Direktive, welche General Eisenhower für seine Distriktsbefehlshaber erliess, sehr ähnlich.1489 Die vorgesehenen Massnahmen in der Direktive flossen auch in den britischen Entwurf an den alliierten Kontrollrat, welcher für die Interim Restitution auf alliierter Ebene von entscheidender Bedeutung war.1490 Auch die britische Direktive machte die antragstellenden Staaten für den Transport und das Einpacken verantwortlich.

iii)

Verhandlungen für eine Restitution „ad interim“ im alliierten Kontrollrat

Auch der alliierte Kontrollrat befasste sich aufgrund einer Eingabe der britischen Delegation mit der Interim Restitution. Dabei ging es darum, eine einheitliche alliierte Praxis und ein einheitliches Programm für eine gesamthafte Restitution „ad interim“ zu schaffen. Am 26. September 1945 beschloss der alliierte Aussenministerrat1491, dass die alliierte Kontrollbehörde beauftragt werde, die offenen Fragen einer alliierten Restitution und vor allem der Interim Restitution von Gegenständen, die Staaten der Vereinten Nationen und ihren Staatsangehörigen gehörten, zu untersuchen.1492 Dabei wurde auch ein Augenmerk auf die Definition von Eigentum, welches restituiert werden konnte, gelegt. Immer noch bestand die Hoffnung, dass eine alliierte Restitutionskommission die Interim Restitution und danach auch die normale Restitution durchführen würde. Die Bearbeitung wurde dem „Coordinating Committee of the Allied Control Council“ (CORC) übertragen. Die sowjetische Delegation monierte dabei, dass keine Restitutionsprogramme entwickelt werden könnten, wenn nicht eine gesamthafte Definition für den Restitutionsbegriff gefunden würde.1493

1489

Anders als die Amerikaner sahen die Briten vor, dass der Zonenbefehlshaber als letzte Instanz über die Interim Restitutionen zu entscheiden hatte. Daneben wurden die Restitutionsbeauftragten der befreiten alliierten Staaten aktiv in die Restitutionsprogramme eingebunden.

1490

Siehe unten S. 374 ff.

1491

Council of Foreign Minister. Siehe dazu unten S. 379 ff.

1492

Siehe dazu auch PRO 371/45771, Telegramm Troopers to ACABRIT Vienna, 11.10.1945, S. 1. Ursprünglich war die Eingabe der Briten beim alliierten Kontrollrat erfolgt, der den Vorschlag zur Bearbeitung an das CORC (Beratungsgremium der vier stellvertretenden Militärbefehlshaber) weitergegeben hatte. Die sowjetische Delegation verweigerte dort eine Diskussion mit dem Argument, dass der alliierte Kontrollrat gar nicht berechtigt wäre, diese Problematik zu diskutieren, da die Aussenministerkonferenz zuständig sei. Siehe dazu auch FRUS 1945, Vol. III, EAC, Austria, Germany, S. 1345. Auch FRUS 1945, Vol. II, Foreign Ministers, S. 371 ff.

1493

Siehe dazu NA RG 43/ACC/6 Directorate RDR Interim Restitution Deliveries, Note by Duty Secretary CORC/P (45) 89 (Final), DRDR/Memo (45) 6, 2.11.1945 und CORC/P (45) 167, 30.11.1945.

371

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Das CORC wies am 28. September 1945 die Aufgabe dem „Directorate Reparations, Deliveries and Restitution“ zu.1494 Das Direktorat erstellte einen Entwurf „Interim Restitution Deliveries“ in welchem nur sehr wenige Güter als für die Interim Restitution in Frage kommend aufgelistet wurden. Unter den Gütern befanden sich Industriekomplexe und Maschinen (ohne Schiffe und Transportmittel) sowie Wertgegenstände. Von den Wertgegenständen ausgenommen waren Gold, Silber, Geldwährungen und Kunstgegenstände. Die Güter mussten sodann leicht zu identifizieren sein, von den beantragenden Staaten dringend benötigt werden und ohne grosse Probleme transportiert werden können.1495 Grundsätzlich wurde dieser Entwurf von allen Alliierten gutgeheissen, was das Restitutionsprozedere betraf. Der französische Delegierte machte jedoch geltend, dass die Kategorien für Güter, die zur Interim Restitution zugelassen waren viel zu limitiert seien, und verlangte ein Überdenken des Entwurfes in dieser Hinsicht.1496 Ein Entwurf der französischen Delegation fügte den Kategorien auch Kunstgegenstände bei. Anlässlich der erneuten Diskussion unter Beizug des französischen Vorschlages innerhalb des RDR Direktorates stiess man schon bei der Definition von „works of art“ auf Schwierigkeiten, da nicht alle Delegierten von ihren Regierungen diesbezügliche Instruktionen erhalten hatten.1497 Aufgrund dieser Situation wurde zuerst eine Kommission gegründet, welche über die Definition des Begriffs „works of art“ zu beraten hatte.1498 Dabei sollten insbesondere Prinzipien der Interimrestitution von Kulturgütern unter besonderer Berücksichtigung des erzieherischen Wertes dieser Gegenstände und der Notwendigkeit von Massnahmen zu deren Schutz erstellt werden. Als die britische Delegation einen neuen Entwurf unter der Berücksichtigung der Kulturgüter

1494

NA RG 43/ACC/6, Allied Control Authority, Coordinating Committee, Interim Restitution Deliveries, 28.09.1945, CORC/P (45)89. PRO FO 371/45792, UE 4611.

1495

Siehe NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, Interim Restitution Deliveries (DRDR/P (45) 6 Revise.

1496

Siehe NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, The French Reservation Appendix B to DRDR/P (45) 6 Revise. Auch der amerikanische Delegierte genehmigte den Entwurf nicht, da er hinsichtlich der Kategorien noch keine Instruktion seiner Regierung bekommen hatte. Ebenfalls PRO FO 371/45792, The French Reservation Appendix B to CORC/P (45) 89.

1497

Insbesondere wurden die Verhandlungen durch die sowjetische Haltung erschwert. Auf der einen Seite wollten die sowjetischen Delegierten zuerst eine Definition über die Restitution verabschieden, bevor das Interim-Restitutionsprogramm besprochen werden sollte, auf der anderen Seite wurden von der sowjetischen Regierung keine Anstalten getroffen, sich über die Definition zu äussern, weshalb der sowjetische Delegierte im alliierten Kontrollrat die notwendige Genehmigung nicht erteilen konnte. Siehe dazu auch RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, Vague Transcription of Notes of Meeting, 11.10.1945, ACA Bldg.

1498

RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, ACA, Directorate RDR, Minutes of the 6th meeting held in Berlin on 5 Oct. 1945, S. 2 ff. (DRDR/M(45)6.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

einreichte, zog der französische Delegierte seinen Entwurf wieder zurück, und der britische Entwurf wurde als Diskussionsgrundlage benutzt.1499 Der britische Entwurf stützte sich bei der Definition der Kulturgüter in etwa auf die in der Draft Directive US (UK) (USSR), Controls of Works of Art and Monuments vom 11. September 19441500, in Ziffer 3 aufgeführte Umschreibung. Die Definition im britischen Entwurf wurde nochmals ergänzt, indem ausgeführt wurde, dass die Gegenstände nicht nur wichtig oder wertvoll sein mussten, sondern dass das Verschwinden eines solchen Objektes einen Verlust des Kulturerbes des betreffenden Staates darstellen müsse.1501 Das Prozedere für die Auslieferung eines Objektes übernahm der britische Entwurf teilweise dem Entwurf des Direktorates. So sollten die befreiten Alliierten Staaten Listen mit vermissten Gegenständen und ihrem möglichen Aufenthaltsort den Militärbehörden in den einzelnen Zonen zustellen. Gemäss britischem Vorschlag sollten die einzelnen Zonen ihrerseits Listen mit von ihnen aufgefundenen Objekten und deren vermuteten Herkunft erstellen. Im Gegensatz zum Entwurf des Direktorates war nicht vorgesehen, dass die so identifizierten Objekte von einer Restitutionskommission aus dem befreiten alliierten Staat inspiziert wurden. Vielmehr sollten zwei Experten aus der jeweiligen Restitutionsabteilung (RDR Abteilung) zusammen mit einem Experten des betreffenden Landes ein Gutachten bezüglich der Identifikation des Kulturgutes erstellen. Beide Entwürfe sahen den Zonenkommandanten als Entscheidungsträger bezüglich der Restitution eines Objektes vor. Über die durchgeführten Restitutionen sollten monatliche Meldungen an den alliierten Kontrollrat erfolgen. In beiden Entwürfen wurde sodann auch ein Beleg für die Übergabe gefordert. Der britische Entwurf wurde im Grundsatz übernommen. Man einigte sich in der Kommission jedoch darauf, dass die befreiten alliierten Staaten die Beschreibungen ihrer verlorenen Kulturgüter auf Einzelkarten aufführten und dass die Militärbehörden in den einzelnen Zonen Registraturen mit den Karten über aufgefundene und gelagerte Gegenstände

1499

Siehe NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, ACA, Directorate RDR, Cultural Works Committee, DRDR/C/M (45)1. Der sowjetische Delegierte führte aus, dass er keine abschliessende Beurteilung abgeben könne, da er eben erst in Berlin eingetroffen sei und sich noch nicht in die Problematik der Restitution von Kulturgütern einarbeiten habe können.

1500

Siehe dazu S. 279 ff.

1501

NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, British Draft, Interim Restitution Deliveries (Cultural Works), 12.10.1945. Die Definition von Kulturgütern lautete: „Cultural Works is defined as all movable goods of importance or value either religious, artistic, documentary, scholarly or historic, the disappearance of which constitutes a loss to the cultural heritage of the country concern. This definition includes as well as recognised Works of Art, such objects as rare musical instruments, books and manuscripts, scientific documents of an historic or cultural nature, and all objects usually found in museums, collections, libraries and historic archives“.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

führten.1502 Der Vorschlag der Kommission wurde vom „Directorate Reparations, Deliveries and Restitution“ übernommen und zusammen mit einem Vorschlag für eine Quittung für die Restitution von Kulturgütern1503 dem „CORC“ übergeben. Am 6. Dezember 1945 wurde der Entwurf „Interim Restitution Deliveries“ (Cultural Objects) in Vernehmlassung gegeben.1504 Er wurde mit zwei kleinen Änderungen vom „Coordinating Committee“ am 12. Dezember 1945 genehmigt. Die Massnahmen bezüglich der Restitutionen „ad interim“ sahen nun folgendermassen aus: Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects) CORC/P (45) 185, 6.12.1945 1. Pending settlement of the outstanding problems of restitution it is proposed that interim measures shall be put into force forthwith for the return of Works of Art and other Cultural Objects taken by the Germans from territories now liberated. 2. It is proposed that this interim measure shall be applied to identifiable Cultural Objects which have been the subject of an act of dispossession by the enemy and which were located in a liberated territory and removed by the Germans subsequent to the date of the German occupation of that territory. As a first step restitution will be confined to cultural objects whose identification is easy and whose ownership is well known. As soon as adequate machinery for restitution has been developed and transport facilities have improved the scheme will be broadened correspondingly. 3. For the purposes of this paper the term Cultural Objects is defined as all movable goods of importance or value religious, artistic, documentary, scholarly or historic, the disappearance of which constitutes a loss to the cultural heritage of the country concern. This definition includes as well as recognised Works of Art, such objects as rare musical instruments, books and manuscripts, scientific documents of an historic or cultural nature, and all objects usually found in museums, collections, libraries and historic archives. 4. The claimant countries will be asked to forward to each Allied Headquarters in card form a description of the looted Cultural Objects believed to be situated in his Zone, giving all possible information which will assist establishing the identity of the object and the fact that it originated from claimant country. 5. Each Headquarters will maintain a record of the looted Cultural Objects that have been reported by its staff or declared by Germans to be located in that Zone on prescribed property inventory cards. Where objects included in the lists received

1502

Siehe NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/81, ACA, Directorate RDR, Cultural Works Committee, Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects) DRDR/P (45) 14 Revise.

1503

NA RG 260/Property Division/R&D Branch/722, ACA, RDR Directorate, Receipt for Cultural Objects, DRD/P(45)14 Revise, Inclosure No. 3, 30.11.1945.

1504

PRO FO 371/45771, Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects), CORC/P (45)185. Auch in NA RG 43/ACC/7 und NA RG 260/Property Division/Ardelia Hall Collection/83. Aber auch in FRUS 1945, Vol. II, General: Political and Economic Matters, S. 955 ff. Siehe auch PRO FO 1057/22, ACA DRDR, Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects), DRDR/P(45)14 Revise.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen from claimant countries have not been traced the Headquarters will cause inquiries to be made where circumstances permit. 6. As and when information concerning the reputed discovery of looted Cultural Objects comes to light it will be communicated to the Government concerned. 7. In the case of each object to be transferred to an Allied Government, the Headquarters will appoint two experts to act as adjudicators and will invite the Government concerned to send one expert representative of its own. These three experts will form a panel which shall decide a) That the identification of the object claimed has been established. b) That the object was removed from the claimant country by the Germans. c) Whether or not the condition of the object is such as to make its restitution satisfactory to the claimant country. 8. The findings and the recommendations of the panel of experts will be reported to the Headquarters which, where return of the object is recommended, will authorize its return to the claimant country. Each Headquarters will submit the R.D.&R. Directorate of the Control Council monthly reports of restitution completed in its Zone during the previous month. 9. To facilitate arrangements claimant countries will be asked, when necessary, and with permission of the Zone Commander1505 to establish a liaison officer at an appropriate office of the Zone Headquarters. Liaison Officers will be required to act as link between claimant countries and the Headquarters staff on all matters in connection with claims for restitution of Cultural Objects including the visits of experts. 10. Visiting experts will come to Germany as representatives of the claimant Governments and not as representatives of firms or individuals of such countries. An object, even though private property, will be restored to the representative of the claimant Government acting on behalf of the individual concerned and not to that individual. 11. The claimant country, through its Liaison Officers, will make the necessary arrangements for packing, loading and transporting the property to be removed through the Military Government Authorities. Where practical difficulties exist the Headquarters may assist with transport and packing. Relevant transport expenses within the present German frontiers and repairs necessary for proper transportation, including the necessary manpower, material and organization, are to be borne by Germany and are included in restitutions. Expenses outside Germany are borne by the recipient country.1506 12. The properly authorized representative of the country concerned will, at the time of transfer, give an official receipt for the object in the form hereto attached.

1505

Das „Coordinating Committee“ hiess den Vorschlag des sowjetischen Delegierten gut, dass der Liaison-Offizier eine Erlaubnis des Zonenkommandanten benötigt. Mit diesem Schritt versuchte die sowjetische Regierung wiederum den Einfluss der westlichen Alliierten in ihrer Zone zu unterbinden oder möglichst klein zu halten.

1506

Die letzten zwei Sätze wurden auf Vorschlag des britischen Delegierten eingefügt. Damit wurde die Kostenauferlegung genauer definiert.

375

376

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten 13. The Headquarters will maintain proper statistics in connection with objects identified and returned.1507

iv)

Auswirkungen der alliierten Interim Restitution für Kulturgüter

Die vom „Coordinating Committee of the Allied Control Authority“ in der Direktive „Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects)“ CORC/P(45)185 am 12. Dezember 1945 mit den Zusätzen „Inventory Cards – Art“, „Request Card“ und „Receipts“ genehmigte Vorgehensweise war von dieser Zeit an die Basis für diejenigen Kulturgüter, welche unter die in der Interim Restitution vorgesehenen Kategorien fielen. Die Ziffer „18-102 – Restitution“ der amerikanischen und britischen „Military Government Regulations, Titel 18, Monuments, Fine Arts and Archives wurde daraufhin abgeändert und basierte direkt auf der Direktive des Kontrollrates. In ihr wurden die Grundsätze für eine sofortige Restitution aufgeführt: „12-108 Restitution Restitution of looted cultural materials to the nations of origin will be effected as rapidly as suitable arrangements can be made (see Title 19 MGR for procedure for restitution for modern commercial books, records and archives). Cultural objects which have been the subject of an act of dispossession by the enemy and which were located in a liberated territory and removed by the Germans of the German Occupation of that territory will be restituted against receipt (see MGR 18-651 [„Receipt for Cultural Objects“ DRDR/P(45)14 Revise] to the government of the territory from which removed.“

Die britische Militärregierung wendete für gestohlenes Eigentum in Österreich dieselben Prinzipien wie in Deutschland an.1508 Nachdem die Aussenministerkonferenz am 26. September 1945 entschied, dass CORC die Frage der „Interim Restitution“ behandeln sollte, wurde von der britischen Regierung die Weisung erteilt, in der britischen Zone in Deutschland eine Direktive für eine „Interim Restitution“ von identifizierbarem Eigentum, welche von Staaten der Vereinten Nationen sofort benötigt wurden, zu erlassen.1509 Eine der vorgeschlagenen Direktiven befasste sich ausschliesslich mit den Kulturgütern. Als für die „In-

1507

PRO FO 371/45771, Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects), CORC/P (45)185, FRUS 1945, Vol. II, General: Political and Economic Matters, S. 955 ff.

1508

PRO FO 371/45972, UE 4674, Restitution to Austria, 02.10.1945.

1509

PRO FO 371/45973, UE 4816, Telegramm British Government to Wien, 2.10.1945. Es wurden dabei zwei Direktiven vorgeschlagen. Die erste Direktive war sehr allgemein gehalten und sah vor, als restituierende Gegenstände nur leicht identifizierbare, welche unbedingt von den Staaten benötigt wurden und welche ohne grosse Probleme transportiert werden konnten, zuzulassen. Als Staaten sollten Holland, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Norwegen, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Polen und Griechenland zugelassen werden und auch Delegierte schicken können. Für das Packen und den Transport waren die jeweiligen Regierungen selbst verantwortlich.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

terim Restitution“ zugängliche Kulturgüter waren Objekte, die zweifelsfrei identifiziert werden konnten und deren Eigentümer allgemein bekannt war.1510 Am 18. Oktober 1945 wurde von der britischen Regierung eine allgemeine Direktive über eine „Interim Restitution“ für die britische Zone erlassen.1511 Die Direktive umfasste keine Kulturgüter. Es wurde darauf verwiesen, dass für Kulturgüter die separaten Instruktionen des Befehlshabers der britischen Zone gelten würden. Diese Instruktionen waren für zweifelsfrei identifizierte Kulturgüter bereits erlassen worden. Für die „Interim Restitution“ mussten sich die beantragenden Staaten mit den Konditionen einverstanden erklären und die Kosten übernehmen.1512

v)

Verantwortung für Verlust und Beschädigungen von Gegenständen während des Transportes in Bezug auf die „Interim Restitution“

Ein grosses Problem stellte für die Zonenkommandanten die Verantwortung für sämtliche Restitutionsgegenstände in ihrer Zone dar. Diese hatten sie vor Schaden, Zerstörung und Diebstahl zu schützen. Aufgrund der „Interim Restitution“ kam auch die Frage auf, wer für allfällige Schäden während des Transportes haftbar gemacht werden sollte. Die RDR Directorate hatte an ihrer Sitzung vom 25. September 1945 das Finance Directorate um seine Meinung bezüglich der Verantwortung von Verlust und Beschädigung von restituiertem Eigentum während des Transfers aus Deutschland heraus angefragt.1513 In einem Memorandum hielt der französische CORC-Delegierte fest, dass die Mitglieder des „Directorate of Reparation and Restitution“ am 25. September 1945 eine diesbezügliche Direktive beschlossen hatten. Grundsätzlich mussten danach die „Liaison Officer“ eines beantragenden Staates, welche eine Restitution eines Objektes beantragten, alle nötigen Vorbereitungen für das Einpacken, Laden und Transportieren des Gegenstandes in Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Militärbehörden selbst treffen. Der Zonenbefehlshaber konnte dabei Hilfestellung anbieten. Die Kosten des Transportes in Deutschland und die Kosten für das Einpacken und das benötigte Personal sollte durch Deutschland getragen werden. Für einen Verlust oder eine Beschädigung, ohne Rücksicht darauf, ob es in Deutschland oder ausserhalb geschah, sollte Deutschland verant-

1510

PRO FO 371/45793, UE 4816, Following text second directive, 12,10.1945. Sie korrespondiert mit dem Vorschlag, den die britische Delegation im ACA eingebracht hatte.

1511

PRO FO 371/45794, UE 4935, Telegramm Interim Measures in British Zone, 18.10.1945.

1512

Siehe dazu PRO FO 1020/2569, Polish State Printing Office, Interim Restitution Programme the second schedule, Allied Commission for Austria (British Element) mit Receipt for Looted goods, Identification Report (APC/R1).

1513

PRO FO 371/45795, ACA Finance Directorate Memorandum Responsibility for Loss and Damage during Transfer of Restituted Property. Transport and other charges outside Germany, CORC/P(45)127. Siehe auch NA RG 43/ACC/6.

377

378

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

wortlich gemacht werden. Dabei sollte Deutschland ohne Verzögerung eine Geldzahlung in der Währung des Staates, in das der Gegenstand gebracht werden sollte, vornehmen. Eine Kommission im Kontrollrat sollte, ohne Möglichkeit auf eine Berufung, die Schadenshöhe bestimmen.1514 Für Gegenstände, die in Österreich lagen, war vorgesehen, dass Österreich die Kosten für das Einpacken, Transportieren und die Reparatur übernahm.1515

e)

Allgemeine Restitutionsverhandlung in Bezug auf Kulturgütern

Anlässlich der ersten Sitzung der grossen Drei, an der Potsdamer Konferenz, unterbreitete Präsident Truman den anwesenden Delegationen einen Vorschlag. Die amerikanische Delegation war der Ansicht, dass die alliierte Reparationskommission sich zwar über die Reparationsprinzipien geeinigt hatte, dass es aber unerlässlich war, für die Begriffe „restitution“, „War booty“ und „reparations“ eine exakte gemeinsame Definition zu finden.1516 Die amerikanische Delegation schlug deshalb für jeden Begriff eine Definition vor. Die Rückgabe, „Restitution“, sollte dabei begrenzt werden auf identifizierbare Gegenstände der Kunst, Religion und Kultur. Alle anderen Arten von identifizierbarem gestohlenem Eigentum sollten als Reparationen behandelt werden, wobei der Eigentümer einen vorrangigen Anspruch hätte.1517 Die Russen wiederum schlugen vor, dass sich die Restitution auf sämtliche Arten identifizierbaren Eigentums beziehen sollte und dazu auf Ersatz all dessen, was beschädigt, verloren oder zerstört war. Die englische Regierung ihrerseits war vor und in Potsdam einerseits geneigt, die Bemühungen der Amerikaner bezüglich einer Begrenzung beider Arten von Eigentumsveränderung zu unterstützen, doch bezweifelten die amtlichen Stellen die Wirksamkeit einer begrenzenden Definition.1518 Der Begriff „War booty“ definierten die Amerikaner dahingehend, dass er auf Ausrüstungsgegenstände

1514

PRO FO 371/45795, Memorandum submitted by French Member, Responsibility for Loss and Damage during transport of restituted property. Transport and other charges outside Germany, Annexure „A“ to CORC/P(45)127, DFIN/P(45)22.

1515

PRO FO 371/45799, UE 5829, Interim Restitution, Telegramm vom 13.12.1945

1516

FRUS, Diplomatic Papers, The Conference of Berlin, (The Potsdam Conference) 1945, Vol. II, Proposal by the United States Delegation, German Reparations, 17.07.1945, No. 894, S. 832 ff.

1517

Siehe dazu auch das Schreiben von Präsident Truman an Stalin und Churchill betreffend der Definition von Reparationen und Restitutionen, FRUS, Diplomatic Papers, The Conference of Berlin, (The Potsdam Conference 1945), Vol. I, United States Delegation Working Paper, Draft of proposed Letter by the President to Generalissimo Stalin and Prime Minister Churchill, undatiert, No. 377, S. 548 ff. und FRUS, Diplomatic Papers, The Conference of Berlin, (The Potsdam Conference) 1945, Vol. II, Proposal by the United States Delegation, German Reparations, 17.07.1945, No. 894, S. 832 ff.

1518

Siehe zur gesamten Reparationsfrage anlässlich der Potsdamer Konferenz, Foschepoth, Britische Deutschlandpolitik zwischen Jalta und Potsdam, S. 707 ff.

18. Kapitel: Anfänge der Restitutionen und Reparationen

und Nachschubgüter, welche ausschliesslich für die deutsche Wehrmacht hergestellt worden oder in ihrem Besitz waren, limitiert war. Davon ausgenommen waren Fabriken, welche diese Gegenstände produzierten. Sie sollten als Reparationen benutzt werden.1519 Auch einem Vorschlag über allgemeine Restitutionsprinzipien, welche die Amerikaner empfahlen, wurde nicht zugestimmt.1520 An der Potsdamer Konferenz wurde zwar die gesamte Reparationsproblematik detailliert diskutiert. Die Ansichten über wirtschaftliche und politische Fragen waren derart verschieden, dass die Entscheidungen an einen Aussenministerausschuss der grossen Drei Mächte und an den alliierten Kontrollrat delegiert wurde.

5.

Aussenministerrat

Auf der Potsdamer Konferenz einigten sich Grossbritannien, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten über die Errichtung eines Rates der Aussenminister.1521 Schon auf früheren Konferenzen hatten die Regierungschefs schwierige Fragen den anwesenden Aussenministern zur Vorbereitung übertragen. Diese sollten jeweils die nötigen Vorarbeiten leisten, um die Beratungen der Regierungschefs zu erleichtern. Bereits in Jalta wurde beschlossen, einen ständigen Rat der Aussenminister zu schaffen.1522 Auf der Potsdamer Konferenz fand dieser Plan seine Verwirklichung. Der Vorschlag zur Errichtung eines ständigen Aussenministerrats ging von USA aus.1523 Sowohl die Zusammensetzung des Rates als auch das für die Friedensverträge einzuschlagende Verfahren wurden einstimmig gebilligt. Da der Aussenministerrat Aufgaben der Beratenden Europäischen Kommission mit übernahm, lösten die Mächte die EAC auf.1524 Dem Aussenministerrat, dessen Aufbau und Aufgaben in Abschnitt II des Potsdamer Abkommens näher geregelt wurden, gehörten die Aussenminister Grossbritanniens, der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten, Chinas und Frankreichs

1519

FRUS, Diplomatic Papers, The Conference of Berlin, (The Potsdam Conference) 1945, Vol. II, Proposal by the United States Delegation, German Reparations, 17.07.1945, No. 894, Attachment 2, S. 834

1520

NA RG 59/Pauley Rep. Commission/15, Memorandum on the provisions of the Berlin Protocol relating to reparations, Final, 20.09.1945.

1521

FRUS, Diplomatic Papers, The conference of Berlin, The Potsdam Conference, 1945, Vol. II, Washington 1960, S. 609 ff.

1522

Jaltaabkommens vom 11. Februar 1945, Abschnitt 8, Abs. 2, Völkerrechtliche Urkunden zur europäischen Friedensordnung seit 1945, Hrsg. Von Kraus/Heinze, Nr. 1.

1523

FRUS, Diplomatic Papers, The conference of Berlin, The Potsdam Conference, 1945, Vol. II, Washington 1960, S. 609.

1524

FRUS, Diplomatic Papers, The conference of Berlin, The Potsdam Conference, 1945, Vol. II, Washington 1960, S. 611 und 614.

379

380

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

an.1525 Die wichtigste Aufgabe des Rates war das Entwerfen der Friedensverträge für Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland.1526 Aber darüber hinaus sollten auch die Angelegenheiten zum Aufgabenbereich des Rates gehören, die ihm gemäss den Vereinbarungen der beteiligten Regierungen zugewiesen wurden. Gleichzeitig sollte der Rat Vorschläge unterbreiten, die zur Klärung der strittigen europäischen Gebietsfragen dienten. Die Sitzungen1527 der Aussenminister scheiterten jedoch, da die Meinungsverschiedenheiten, die weder in Jalta noch in Potsdam offen ausgesprochen worden waren, nun in ihrer ganzer Schärfe zutage traten. Bei der Verschärfung der Gegensätze zwischen den Westmächten und der Sowjetunion konnten die bis dahin offen gebliebenen Fragen nicht gelöst werden.1528 In den folgenden Jahren verlor die Aussenministerkonferenz immer mehr an Bedeutung und wurde denn auch nicht mehr einberufen.

III.

Fazit

Die Kategorisierung der Kulturgüter war grundsätzlich aus ökonomischer Sicht sicher sinnvoll. Es wird jedoch klar ersichtlich, dass die Besatzungstruppen mit Problemen konfrontiert waren, die aufgrund der uneinheitlichen Ansichten zwischen den Siegermächten zu grossen Schwierigkeiten führte. Die Direktive von Eisenhower sagte klar aus, dass die identifizierten Kulturgüter möglichst schnell zurückgegeben werden müssen, obwohl noch gar kein Restitutionsprogramm bestand, und obwohl die Siegermächte über das gesamte Vorgehen noch gar nichts besprochen, geschweige denn sich geeinigt hatten. Es war zu diesem Zeitpunkt nur schon unklar, wer in den ehemaligen besetzten Staaten Ansprechperson sein sollte. Die Verlagerung der 202 Bilder in die USA hat ein gewaltiger Reputationsschaden bewirkt. Sowohl die deutsche Bevölkerung, wie auch die anderen Besatzungsmächte waren über diese Handlung überrascht und standen der USA von diesem Zeitpunkt an sicher kritischer gegenüber. Die anstehenden Verhandlun-

1525

FRUS, Diplomatic Papers, The conference of Berlin, The Potsdam Conference, 1945, Vol. II, Washington 1960, S. 1500 ff.

1526

Siehe Abschnitt 2, Ziff. 3 des Potsdamer Abkommens in FRUS, Diplomatic Papers, The conference of Berlin, The Potsdam Conference, 1945, Vol. II, Washington 1960, S. 1500. Auch FRUS 1945, Vol. II, Foreign Ministers, Schreiben the British Chargé to the Secretary of State, 15.08.1945, S. 99 f.

1527

Diese Sitzungen fanden am 10.09.1945 in London (FRUS 1945 Vol. II, Foreign Ministers, Record of the First Meeting of the Council of Foreign Ministers 11.09.1945, S. 112 ff.), vom 25.04.1946 bis 16.05.1946 und vom 15.06.1946 bis 12.07.1946 in Paris sowie vom 10.03.1947 bis 24.03.1947 in Moskau statt. Die letzte Tagung fand vom 23.05.1949 bis 20.06.1949 in Paris statt.

1528

Siehe Faust, S. 116 ff.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

gen wurden dadurch sicher nicht vereinfacht. Zudem ist die Verlagerung aus juristischer Sicht gesehen widerrechtlich erfolgt. Verhältnismässig schnell und unbürokratisch konnte die Direktive für eine Interim Restitution verabschiedet werden. Mit ihr konnten klar identifizierte Kulturgüter, die vom Deutschen Reich aus den besetzten Gebieten weggenommen worden waren, dem berechtigten Staat wieder ausgeliefert werden. Die Interim Restitution half zum einen die immensen Kulturgüterbestände abzubauen, und auf der anderen Seite wurden die ungeduldigen, ehemaligen besetzten Staaten mindestens zum Teil befriedigt. Es ist zudem interessant, dass, obwohl die Kulturgüter für die Besatzungsmächte eine untergeordnete Rolle gespielt haben, ihnen im Bereich der Restitutionen eine Vorreiterrolle zukam.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen 1.

Einleitung

Wie aus den vorangegangen Kapiteln ersichtlich wurde, konnte weder durch die EAC noch durch die verschiedenen, anlässlich der Konferenzen geführten Diskussionen bezüglich der Restitution als solche und des Restitutionsprogrammes eine Einigkeit zwischen den Besatzungsmächten gefunden werden. All diese Arbeiten wurden nun dem Alliierten Kontrollrat weitergereicht. Es ging dabei um die Definition der Restitution und die Anwendbarkeit des Begriffes Kriegsbeute. Sodann bedurfte es einer klaren Bestimmung der „restitution in kind“. Es wird zu prüfen sein, ob die Anwendbarkeit der getroffenen Massnahmen dem Völkergewohnheitsrecht entsprach und rechtlich abgestützt werden kann. Dies ist insofern von Bedeutung, da die nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossenen Friedensverträge die obgenannten Normen enthielten.

2.

Der Aufbau des Alliierten Kontrollrates

Nach Beendigung der Potsdamer Konferenz kam der Aufbau der Kontrollratsorganisation zu einem raschen Abschluss. Am 30. Juli 1945 trat der Kontrollrat zu einer Eröffnungssitzung zusammen.1529 Anlässlich der zweiten Sitzung, am

1529

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 50.

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19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

gen wurden dadurch sicher nicht vereinfacht. Zudem ist die Verlagerung aus juristischer Sicht gesehen widerrechtlich erfolgt. Verhältnismässig schnell und unbürokratisch konnte die Direktive für eine Interim Restitution verabschiedet werden. Mit ihr konnten klar identifizierte Kulturgüter, die vom Deutschen Reich aus den besetzten Gebieten weggenommen worden waren, dem berechtigten Staat wieder ausgeliefert werden. Die Interim Restitution half zum einen die immensen Kulturgüterbestände abzubauen, und auf der anderen Seite wurden die ungeduldigen, ehemaligen besetzten Staaten mindestens zum Teil befriedigt. Es ist zudem interessant, dass, obwohl die Kulturgüter für die Besatzungsmächte eine untergeordnete Rolle gespielt haben, ihnen im Bereich der Restitutionen eine Vorreiterrolle zukam.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen 1.

Einleitung

Wie aus den vorangegangen Kapiteln ersichtlich wurde, konnte weder durch die EAC noch durch die verschiedenen, anlässlich der Konferenzen geführten Diskussionen bezüglich der Restitution als solche und des Restitutionsprogrammes eine Einigkeit zwischen den Besatzungsmächten gefunden werden. All diese Arbeiten wurden nun dem Alliierten Kontrollrat weitergereicht. Es ging dabei um die Definition der Restitution und die Anwendbarkeit des Begriffes Kriegsbeute. Sodann bedurfte es einer klaren Bestimmung der „restitution in kind“. Es wird zu prüfen sein, ob die Anwendbarkeit der getroffenen Massnahmen dem Völkergewohnheitsrecht entsprach und rechtlich abgestützt werden kann. Dies ist insofern von Bedeutung, da die nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossenen Friedensverträge die obgenannten Normen enthielten.

2.

Der Aufbau des Alliierten Kontrollrates

Nach Beendigung der Potsdamer Konferenz kam der Aufbau der Kontrollratsorganisation zu einem raschen Abschluss. Am 30. Juli 1945 trat der Kontrollrat zu einer Eröffnungssitzung zusammen.1529 Anlässlich der zweiten Sitzung, am

1529

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 50.

381

382

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

10. August 1945, wurde die Organisation des Kontrollrates festgelegt und von den vier Mächten gebilligt.1530 Die Oberbefehlshaber der einzelnen Zonen bildeten den Kontrollrat, dessen Entscheidungen einstimmig zu treffen waren. Dem Kontrollrat wurde ein ständiger Koordinierungsausschuss1531 aus je einem Vertreter der vier Oberbefehlshaber und ein Kontrollstab mit 12 Direktoraten unterstellt. Zu den einzelnen Direktoraten gehörten jeweils Unterausschüsse, die zur Bearbeitung besonderer Fragen eingesetzt wurden. Der Vorsitz in allen Gremien der Kontrollbehörde wechselte monatlich ab.1532 Die Erledigung der laufenden Geschäfte der Kontrollbehörde oblag im monatlichen Wechsel derjenigen Besatzungsmacht, deren Oberbefehlshaber den Vorsitz bei den Sitzungen des Kontrollrates übernommen hatte.1533 Die Gesetze, die der Kontrollrat erliess, waren grundsätzlich nur als Richtlinien gedacht, und die Ausführung blieb den Zonenkommandanten überlassen. Für die Durchsetzung der Kontrollratsgesetze waren Anweisungen massgebend, welche den Zonenregierungen von dem betreffenden Zonenbefehlshaber zugingen. Die Hauptfunktion des Kontrollrates bestand demnach vorwiegend darin, für ein einheitliches Vorgehen der verschiedenen Oberbefehlshaber in ihren Zonen zu sorgen.1534 Der Kontrollrat hatte somit kein unmittelbares Eingriffsrecht in die einzelnen Besatzungszonen. Er musste die Ausführung seiner Beschlüsse den Militärbefehlshabern überlassen. Diese waren wiederum von ihren Regierungen abhängig.1535

3.

Juristische Qualifikation des alliierten Kontrollrates

Die Auslegung und Anwendung der in den Berliner Erklärungen enthaltenen Grundsätze der gemeinsamen Verwaltung Deutschlands konnten nicht nur durch den alliierten Kontrollrat, sondern auch durch die vier Regierungen erfolgen. Diese besassen dementsprechend keine subsidiäre Gesetzgebungskompetenz gegenüber dem Kontrollrat, sondern konnten neben und auch unabhängig von diesem agieren. Ihre Befugnis ergab sich aus Artikel 13a der Viermächteerklärung vom 5. Juni 1945.1536 Beim Versuch einer rechtlichen Beurteilung der

1530

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 51.

1531

Coordinating Committee of the Allied Control Council (CORC).

1532

Eine Ausnahme stellte die Verwaltung des Kontrollratsgebäudes dar, die ständig in amerikanischen Händen lag, da sich das Gebäude im amerikanischen Sektor Berlins befand.

1533

Stappert, Die alliierte Kontrollbehörde, S. 148 ff.

1534

Ziff. 2 der Berliner Erklärungen vom 5.06.1945, in Cornides, S. 77.

1535

Stappert, Die alliierte Kontrollbehörde in Deutschland, S. 14 ff.; Faust, S. 102 f.

1536

Fritz Faust, S. 103.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

Stellung des alliierten Kontrollrates ist von dem gewonnenen Ergebnis auszugehen: Die ursprüngliche Souveränität Deutschlands bestand grundsätzlich fort. Nur für die Dauer der Okkupation konnten die sich aus der Souveränität ergebenden Rechte und Pflichten nicht ausgeübt werden. In der Haager Landkriegsverordnung wird in diesem Sinne festgestellt, dass in einem als besetzt anzusehenden Gebiet die gesetzmässige Gewalt nur noch von dem Okkupanten ausgeübt wird.1537 Welchen rechtlichen Charakter die Besatzungsgewalt trägt, ist in der HLKO nicht geregelt und kann auch nicht aus dem Inhalt erschlossen werden. So haben hinsichtlich der Rechtsstellung des Kontrollrats in Deutschland verschiedene Auffassungen gebildet. Der Versuch, die Rechtsstellung des Kontrollrats völkerrechtlich genau zu bestimmen, stösst auch noch auf die Schwierigkeit, dass eine derartige Einrichtung dem bisherigen Völkerrecht unbekannt war. Es steht somit fest, dass die alliierte Kontrollbehörde nicht als Vertreter des handlungsunfähigen Deutschland, sondern nur als Träger einer eigenen, vom Völkerrecht zuerkannten Rechtsstellung tätig war. Der Kontrollrat übte somit auch keine deutsche Staatsgewalt aus. Seine Machtbefugnisse leitete er vom Völkerrecht her. Die Besatzungsgewalt des Kontrollrats war demnach eine eigene völkerrechtliche Gewalt der Alliierten, die auf den Vereinbarungen der Besatzungsmächte beruhte und ihrerseits die Rechtsgrundlage im Okkupationsrecht hatte.1538

4.

Verwaltung Deutschlands durch den alliierten Kontrollrat

Auf der Aussenministerkonferenz in Moskau (19. bis 30. Oktober 1943) legte der amerikanische Vertreter einen Entwurf vor, der die gemeinsame Besetzung und Kontrolle Deutschlands vorsah. Für die Durchführung der Besatzungskontrolle, sollte ein alliierter Kontrollrat verantwortlich sein, in welchem Grossbritannien, die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten vertreten sein sollten.1539 Über den amerikanischen Vorschlag wurde jedoch an der Konferenz nicht entschieden. Die Ausarbeitung des amerikanischen Entwurfes erfolgte nach der Moskauer Konferenz, wie bereits erwähnt, durch die European Allied Commission. Die endgültige Abgrenzung der drei Besatzungszonen1540 und die Regelungen der künftigen Kontrolle Deutschlands durch die Alliierten wurde am

1537

Art. 43 HLKO, Laun, Kommentar zur Haager Landkriegsordnung, S. 91.

1538

Vgl. Stödter, S. 198. Schlochauer, S. 120. Abendroth, S. 75. Geiler, S. 14, Stappert, Das Recht der Besatzungsmächte, S. 9 f. Faust, S. 108.

1539

Vgl. Hull, The memoirs of Cordell Hull, S. 1283 f.

1540

Frankreich war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die alliierte Besatzungsverwaltung einbezogen worden.

383

384

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

14. November 1944 festgesetzt.1541 Die noch ausstehende Bestätigung der Sowjetunion erfolgte am 6. Februar 1945, womit das Kontrollratsabkommen in Kraft trat.1542 In dem zwischen Grossbritannien, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten geschlossene Kontrollabkommen wurde das Verfahren der Kontrollübernahme der Alliierten in Deutschland festgelegt. Sinn und Zweck der Kontrollvereinbarung war die Ausübung der obersten Gewalt in Deutschland durch die Alliierten. Die deutschen Behörden sollten unter der Aufsicht der obersten Kontrollinstanz ihre Tätigkeit zur Verwirklichung der Besatzungsziele ausrichten. Die Alliierten trugen sich nicht mit der Absicht, die gesamten Regierungsgeschäfte zu übernehmen, sondern sie wollten in Deutschland nur die Leitung und oberste Kontrolle ausüben. Im Schlusskommuniqué der Jalta-Konferenz war auch festgestellt worden, dass sich die genannten drei Mächte unter anderem über die Schaffung einer Kontrollkommission für die koordinierende Verwaltung und Kontrolle (Coordinated Administration and Control) geeinigt hätten.1543 Da das Potsdamer Abkommen die selben Grundsätze enthält, die sowohl im Jalta-Abkommen, als auch in der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 aufgestellt worden waren, bedeutet dies, dass alle drei alliierten Übereinkommen eine Einheit darstellen und auch nur in ihrem Zusammenhang gesehen werden können.1544

5.

Arbeiten und Probleme im alliierten Kontrollrat

Der alliierte Kontrollrat vermochte die ihm auferlegten Aufgaben nicht zu lösen. Diese umfassten erstens die Koordination der Tätigkeiten, die die Zonenbefehls-

1541

Mosley, The occupation of Germany, S. 598.

1542

Mosley, S. 599.

1543

Dieser Einigung waren langwierige Verhandlungen vorausgegangen. Während der Potsdamer Konferenz kam, wie vorerwähnt, eine Einigung über die gemeinsame alliierte Besatzungspolitik zustande. Meinungsverschiedenheiten bestanden lediglich in den Fragen bezüglich der Regierungsgewalt des Kontrollrats in Deutschland und in politischen Angelegenheiten. Die alliierten Besatzungsrichtlinien fanden sodann im Abschnitt III über die politischen und wirtschaftlichen Grundsätze für die Behandlung Deutschlands während der anfänglichen Kontrollperiode im Potsdamer Abkommen Aufnahme. Siehe dazu die Potsdamer Konferenz, Niederschrift der sowjetischen Delegation von den Verhandlungen, 17.07.1945–2.08.1945, in das Potsdamer Abkommen, Dokumentensammlung, Berlin (DDR) 1984, Nr. 7. S. 39 ff., sowie das Protokoll der Berliner Konferenz der Drei Grossmächte vom 2.08.1945, Nr. 9, S. 197 ff.

1544

Völkerrechtliche Urkunden zur europäischen Friedensordnung seit 1945, Hrsg. Herbert von Kraus und Kurt Heinze, Bonn 1953, Nr. 8; siehe sodann auch Fritz Faust, Das Potsdamer Abkommen, 3. Auflage, Frankfurt am Main/Berlin 1964, S. 100 f.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

haber in ihren Zonen entfalteten, und zweitens die Entscheidungen in allen wesentlichen Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen, zu treffen. Schon in den ersten Monaten nach der Eröffnungssitzung des Kontrollrats im Juli 1945 entstanden Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung der Prinzipien für eine koordinierte alliierte Politik gegenüber dem besiegten Deutschland.1545 Die weitere Ursache für die mangelnde Zusammenarbeit lag darin begründet, dass es den Oberbefehlshabern der einzelnen Besatzungszonen erlaubt war, in ihren Zonen nach den Anweisungen der eigenen Regierung vorzugehen. Dies war immer dann der Fall, sobald es dem alliierten Kontrollrat nicht gelang, eine „appropriate uniformity of action“ für die vier Zonen herbeizuführen oder „agreed decisions“ für die Deutschland als Ganzes betreffenden Fragen zu erreichen. Durch diese komplizierte Regelung der Besatzungsverwaltung war dem selbständigen Vorgehen der Besatzungsmächte bzw. deren Oberbefehlshabern, Tür und Tor geöffnet. Sie konnten ohne Schwierigkeiten ihre eigenen politischen Auffassungen in der zu verwaltenden Zone durchsetzen. Deutschland nahm daher politisch, wirtschaftlich und kulturell vier Gesichter an. Es wurde bald offenbar, dass der Kontrollrat in der beabsichtigten Form nicht weiterarbeiten konnte, und es kam zu einer merklichen Verschlechterung der Beziehungen zwischen den westlichen Besatzungsmächte und der Sowjetunion. Der alliierte Kontrollrat in Deutschland kam aufgrund des Austrittes der sowjetischen Delegation am 20. März 1948 ganz zum Erliegen.1546 Die Viermächteverwaltung war durch die Sprengung des alliierten Kontrollrats zusammengebrochen, und die unglückliche Spaltung Deutschlands war damit Wirklichkeit geworden. Die Sowjetunion hat ihren Auszug aus dem Kontrollrat später mit dem Hinweis zu begründen versucht, der wirtschaftliche Zusammenschluss der amerikanischen und britischen Besatzungszone, der sogenannten Bizone,1547 habe der Viermächteverwaltung die Basis entzogen.

6.

Restitutionsverhandlungen im alliierten Kontrollrat

Nachdem die Gestaltung einer alliierten Restitutionspolitik nur sehr stockend vorwärts gekommen war, die amerikanischen Vorschläge keine Mehrheit gefunden und einige der Entscheidungen der amerikanischen Regierung zu grossen Missfallenskundgebungen der anderen Alliierten geführt hatten, stimmten sich die Amerikaner mit der britischen Position bezüglich den Reparationen ab, und es wurde eine Trennung zwischen der Politik bezüglich den Reparationen und 1545

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 10.

1546

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 391 ff.

1547

Siehe dazu unten S. 406 ff.

385

386

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

den Restitutionen vorgenommen. Die Restitutionspolitik von Pauley hatte grundsätzlich versagt. Die Verhandlungen bezüglich der Restitutionspolitik wurden nun von den vier Militärbefehlshabern in Deutschland im alliierten Kontrollrat geführt.

a)

Definition des Begriffes „Restitution“

Ganz zentral war die Definition der verschiedenen Begriffe. Die Definition sollte sich dabei über die geplante Politik äussern und Abgrenzungen vornehmen. Aus diesem Grund war es sehr schwierig, eine Einigung zwischen den vier verschiedenen Besatzungsmächten zu erreichen. Wie vorerwähnt blockierte die sowjetische Delegation die gesamten Restitutionsbemühungen, indem sie zuerst eine Einigung über die Definition des Begriffes „Restitution“ erzielen wollte.1548 Aufgrund der sowjetischen Einwände bekam das Reparations, Deliveries and Restitution Directorate die Aufgabe, neben der Ausarbeitung eines InterimPlanes dem CORC auch einen Vorschlag für eine Definition des Begriffes Restitution auszuarbeiten. Das Finden einer akzeptablen Definition stellte für die Kommission die grösste Herausforderung dar, ging es dabei doch um die Erfassung der Restitution für sämtliche Kategorien. Diese Problematik war bereits in der EAC ausführlich besprochen worden, doch war kein einheitlicher Nenner gefunden worden.1549 Die Amerikaner wollten von vornherein die Restitution auf identifizierbare Objekte limitiert haben. Sie statuierten dabei verschiedene Prinzipien. Gestohlenes Eigentum sollte grundsätzlich an die Staaten zurückgegeben werden, in welchem das Eigentum vor der Wegnahme lag, und nicht an den Staat, in welchem sich der gesetzliche Eigentümer befand. Sämtliches während der Besetzung durch das Deutsche Reich nach Deutschland transportiertes Eigentum sollte als unrechtmässig und unter Gewalt verschoben angesehen werden und als Raubgut behandelt werden. Die Restitution sollte nicht als Teil von Reparationszahlungen gelten. Sodann sollten die alliierten Behörden grosszügige Kompetenzen bekommen, um die Restitution von Gütern, welche für den Wiederaufbau Europas benötigt wurden, zu stoppen.1550 Auch die britische Delegation war dieser Ansicht.

1548

Siehe dazu NA RG 43/ACC/6 Directorate RDR Interim Restitution Deliveries, Note by Duty Secretary CORC/P (45) 89 (Final), DRDR/Memo (45) 6, 2.11.1945 und CORC/P (45) 167, 30.11.1945. NA RG 43/ACC/6, Allied Control Authority, Coordinating Committee, Interim Restitution Deliveries, 28.09.1945, CORC/P (45) 89.

1549

NA RG 239/7, Report on mission to Europe, March 8 to June 10,1945, S. 12.

1550

NA RG 43/EAC/25, Report of the Interdivisional Committee on Reparations, Restitution and Property Rights, Part IV, Comments, PCW-226, 10.06.1944, S. 27 ff. Auch FRUS 1945, Vol. III EAC Austria Germany, S. 1426 f.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

Frankreich forderte, dass alle Gegenstände, die aus den seinerzeit besetzten Ländern nach Deutschland gebracht worden waren, selbst dann zurückgegeben werden sollten, wenn sie nicht gewaltsam und unter Druck entfernt worden waren.1551 Die sowjetischen Vertreter widersprachen den Franzosen und führten aus, dass nur Gegenstände, die das Deutsche Reich mittels Gewalt sichergestellt und nach Deutschland weggeschafft hatte, zu restituieren seien. Die Frage der Restitution müsse im Licht der Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 gesehen werden.1552 Diese Erklärung gelte denn auch nur für gewaltsam weggenommene Gegenstände. Sie behaupteten sodann mit allem Nachdruck, diese Gegenstände hätten die deutsche Kaufkraft erhöht, weshalb eine einseitige Rückgabe daher unbillig wäre, weil sie dadurch nicht mehr für Reparationszwecke greifbar waren. Die Sowjetregierung war der Ansicht, dass sie am meisten gelitten habe, jedoch derartige Ansprüche nicht besass, da durch ihre Politik der verbrannten Erde beim Eindringen der deutschen Armeen alles vernichtet worden sei. Die Franzosen wendeten dagegen ein, dass die Londoner Deklaration den Begriff „Dispossession by any means“ statuieren würde, was klar auf eine Ausweitung der unter die Restitution fallenden Güter deute.1553 Sie wurden von den beiden anderen westlichen Alliierten in ihrer Interpretation unterstützt.1554 Anlässlich des 23. CORC-Meetings präsentierte General Clay einen Kompromissvorschlag, um zumindest mit dem Restitutionsprogramm Fortschritte zu erreichen. Die USA wollten einerseits die Forderungen der Alliierten bezüglich Restitutionen befriedigen und andererseits die Frage regeln, welches deutsche Eigentum für Reparationen benutzt werden dürfe und wieviel jeder Alliierte erhielt. In General Clay’s Vorschlag wurde die Restitution auf identifizierbare Gegenstände limitiert, welche zur Zeit der Besetzung eines Staates existiert hatten und welche, mittels Gewalt, aus dem Gebiet entfernt worden waren. Sodann sollten Güter, welche während der Besetzung alliierter Staaten produziert, aber dann sichergestellt worden waren, auch darunter fallen. Alle weiteren Gegenstände, welche der Feind durch andere Umstände erhalten hatte, sollten unter die Restitution fallen, wenn sie sich zur Rückgabe eigneten, mit der Reparation in

1551

Siehe auch Clay, Entscheidung in Deutschland, S. 341 ff.

1552

NA RG 43/ACC/6 ACA Coordinating Committee, Return of Looted Property, Definition of the Term „Restitution“, Intepretation by the Soviet Delegation, 30.11.1945, Appendix A Revise to CORC/M (45)22. Auch in PRO FO 371/45802.

1553

FRUS 1945, Vol. III EAC Austria Germany, S. 1426 f. Siehe auch PRO FO 371/45800 Telegramm from War Office to Foreign Office, re: Definition of Restitution, 1.12.1945.

1554

NA RG 43/ACC/6 ACA Coordinating Committee, Return of Looted Property, Definition of the Term „Restitution“, 30.11.1945, Appendix B Revise to DRDR/MEMO(45) 8.

387

388

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Einklang standen und ein Minimum an Wirtschaft für Deutschland beliessen.1555 Zwar wurden in diesem Vorschlag die Restitutionsgüter in Richtung der französischen Meinung ausgeweitet, jedoch auch wieder relativiert, um die sowjetische Ansicht, die eine zu grosse Restitution als hinderlich für Reparationszahlungen sahen, ebenfalls in den Vorschlag integrieren zu können. Im Dezember 1945 wurde anlässlich einer CORC-Sitzung General Clay’s Vorschlag akzeptiert. Sie fügten allerdings im Bereich des „replacements in kind“ einen Vorbehalt an.1556 Nach heftigen Auseinandersetzungen waren die Delegierten im CORC überein gekommen, dass alles Eigentum aus der Zeit der deutschen Besetzung, sofern nicht das Gegenteil bewiesen werde, als unter Gewalt und Druck entfernt und daher als Rückerstattungsgut gelten solle.1557 Obwohl das CORC die Definition des Begriffes „Restitution“ befürwortet hatte, dauerten die Debatten der Alliierten an. An der 16. Sitzung der alliierten Kontrollbehörde präsentierte der sowjetische Delegierte, General Sokolovsky, Zusätze zum CORC-Vorschlag.1558 Die Sowjetunion wollte sich dabei versichern, dass sie für sämtliches russisches Eigentum, welches in Deutschland gefunden wurde, Kompensationen erhielte.1559 Der britische Delegierte General Robertson äusserte die Befürchtung, dass aufgrund dieses massiven Restitutions- und Reparationsprogrammes und des Fehlens einer Festlegung der minimalen wirtschaftlichen Basis für Deutschland dieses vollkommen zerstört werde und in Zentraleuropa so ein gefährliches Vakuum entstehen würde.1560 Die sowjetische Delegation wies die britischen Befürchtungen zurück und wollte keine Zusicherung in Bezug auf die deutsche Wirtschaft machen.1561 Der Zusatz der sowjetischen Delegation zum amerikanischen Vorschlag wurde sodann genehmigt.

1555

NA RG 43/ACC/6 ACA Coordinating Committee, Return of Looted Property, Definition of the Term „Restitution“, 30.11.1945, Appendix C Revise to CORC/P (45)167. Auch PRO FO 371/45802, ACA, Corc, 23. Meeting 27.11.1945.

1556

Siehe dazu S. 401.

1557

Siehe dazu auch PRO FO 371/45975, UE 5257, Telegramm Definition of Restitution, 2.11.1945.

1558

Er tat dies, obwohl die Russen die CORC-Definition akzeptiert hatten. Siehe dazu FRUS 1946, Vol. II, Council of Foreign Ministers, S. 483.

1559

Siehe auch Kurtz, Nazi Contraband, S. 141 f.

1560

Diese Debatte wurde anlässlich der wöchentlichen CORC-Sitzung am 17.01.1945 geführt. Siehe dazu FRUS 1946, Vol. II, Council of Foreign Ministers, S. 486.

1561

Die Sowjetunion stellte sich erfolgreich gegen Absicherungen, die ihre Reparationen limitierten. Die westlichen Alliierten ihrerseits erreichten dafür, dass die Restitution auch für Gegenstände angewendet werden konnte, welche nicht mit Gewalt aus dem Gebiet entfernt worden war.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

Die Definition des Begriffes „Restitution“ wurde am 21. Januar 1946 in Berlin durch den Alliierten Kontrollrat genehmigt.1562 Definition of the Term „Restitution“ 1. The question of restitution of property removed by the Germans from Allied countries must be examined, in all cases, in light if the Declaration of January 5th, 1943. 2. Restitution will be limited, in the first instance, to identifiable goods which existed at the time of occupation of the country concerned and which have been taken by the enemy by force from the territory of the country. Also falling under measures of restitution are identifiable goods produced during the period of occupation and which have been obtained by force. All other property removed by the enemy is eligible for restitution to the extent consistent with reparations. However, the United Nations retain the right to receive from Germany compensation for this other property removed as reparations. 3. As to goods of a unique character, restitution of which is impossible, a special instruction will fix the categories of goods which will be subject to replacements and the conditions under which such goods could be replaced by equivalent objects. 4. Relevant transportation expenses within the present German frontiers and any repairs necessary for proper transportation including the necessary manpower material and organization are included in restitutions. Expenses outside Germany are borne by recipient country. 5. The Control Council will deal on all questions of restitution with the Government of the Country from which the objects were looted.1563

In der genehmigten Fassung wurde nochmals ausdrücklich erwähnt, dass die Restitutionen auf der Londoner Erklärung von 1943 beruhten. Sie befasste sich aber nur mit der Restitution an alliierte Staaten. Die ehemaligen Achsenmächte blieben ausgeschlossen. Sämtliches Eigentum unterlag nun einem Rückgabeanspruch, ohne dass es auf die Art des Eigentümerwechsels ankam. Die einzige Einschränkung, als Zugeständnis an die Sowjetunion, war, dass dieses Eigentum nur bis zum mit der Reparation übereinstimmenden Umfang für die Restitution in Frage kam. Da man in der Frage der „restitution in kind“ noch keine Einigung gefunden hatte, wurde in Ziffer 3 vermerkt, dass diese Regelung zu einem späteren Zeitpunkt geregelt werde. Die Frage der Berechtigung für die Rückgabe von Eigentum, welches nicht mittels Gewalt weggeschafft worden war, wurde vom „Reparations, Deliveries and Restitution Directorate“ nochmals ausführlich behandelt und geregelt. Am 8. März 1946 wurde eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in welcher die 1562

NA RG 43/Conference Reparation Paris/Gen/14, Control Council Definition of the Term „Restitution“, 21.01.1946, Appendix „A“ to CONL/P(46)3 (Revise).

1563

NA RG 43/Conference Reparation Paris/Gen/14, Control Council Definition of the Term „Restitution“, 21.01.1946, Appendix „A“ to CONL/P(46)3 (Revise).

389

390

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Restitution so ausgelegt wurde, dass grundsätzlich alles Eigentum darunter fiel. Es kam nicht darauf an, unter welchen Umständen und aus welchen Gründen der Transport eines Objektes während der Besatzungszeit aus dem Gebiet eines alliierten Staates nach Deutschland erfolgt war. Eingeschränkt wurde diese Aussage lediglich bezüglich Gütern, welche für die Produktion in deutschen Fabriken unverzichtbar waren und aufgrund welcher Fabriken bei einer allfälligen Reparation wertlos wurden. Interpretation of Paragraph 2 of the Definition of the Term Restitution 1. In consideration of § 2 of CONL/P(46)3(Revise), it appears that where an article has been removed by force at any time during the occupation of a country and is identifiable, the right to its recovery is an absolute one. The word „force“ covers duress which may occur with or without violence. In this concept are also included looting, theft, larceny and other forms of dispossession whether they were carried out by an order of the German authorities, or by officials of the German civil or military administration, even when there was no order of the German authorities, or by individuals. Also included are acquisitions carried out as a result of duress, such as requisitions or other orders or regulations of the military or occupation authorities. 2. In the third sub-paragraph of § 2, it appears that by „all other property removed by the enemy“ it was desired to include all property which was removed in any other way. This implies that restitution of property may be claimed whatever may have been the means or the reasons of dispossession. But the property removed in such manner does not entail an „absolute right“ to restitution, which may be granted only within the limits consistent with reparations. 3. These „limits consistent with Reparations“ must be understood in the following manner. If property claimed on account of restitution is indispensable for the operation of a whole factory allocated on account of reparations, this property may be retained and not restituted. Restitution will be made only if the removal of the equipment does not seriously diminish the production capacity of the plant and does not destroy the completeness of the equipment to such an extent that when this plant is delivered on account of reparations it loses all value owing to the fact that restitution has been made. If restitution of the object itself is not granted, the right of the claimant nation is satisfied by means of compensation to be taken from German property in objects of equivalent value, as far as possible by equipment, manufactured goods and raw materials1564.

Diese Richtlinien sind denn in ihrem Gegenstand wesentlich enger als Ziffer 19 der Proklamation Nr. 21565, und es liegt nahe, ihre Bedeutung darin zu sehen, 1564

NA RG 43/Conference Reparation Paris/ General/14, Coordinated Committee, Interpretation of § 2 of the Definition of the Term Restitution, 26.03.1946, CORC/P(46)110, DRDR/P(46)14 2nd Revise. Auch NA RG 59/Ardelia Hall/28, External Restitution of Cultural Property, S. 7 f. PRO FO 1057/24, Appendix „A“ to CONL/P(46)3(Revise) und Memo Definition of the Term „Restitution“.

1565

Siehe dazu auch S. 310 ff.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

dass sie die Ergänzung, deren diese Bestimmung bedarf, bringen und die der Restitutionspflicht unterliegenden Objekte bezeichnen sollen. Sie sollen wohl ausserdem den Begriff „Raubgut“ im Sinne des Gesetzes Nr. 52, insbesondere die Klausel „or otherwise“ näher bestimmen.1566 Daraufhin deutet auch die Bezugnahme auf die Erklärung vom 5. Januar 1943. Im Anschluss an die vom alliierten Kontrollrat genehmigten Definitionen wurden in den drei westlichen Zonen Vorschriften erlassen, die die Anmeldung restitutionspflichtiger Gegenstände regeln. In der US-Zone ergingen im Wesentlichen gleiche Anordnungen für sämtliche „Länder“. Sie umfassten alle Vermögenswerte, die in irgendeiner Weise direkt oder indirekt durch Deutsche, für Deutschland arbeitende Agenten oder in Deutschland wohnhafte Personen aus Gebieten ausserhalb des deutschen Reiches nach dem 31. Dezember 1937 erworben wurden, während diese Gebiete von Deutschland oder seinen Streitkräften besetzt, regiert oder kontrolliert waren.1567 In der britischen Zone erging eine allgemeine Verfügung vom 30. April 1946, die alle Vermögenswerte in Deutschland umfasste, die sich in dem von der deutschen Wehrmacht oder Deutschlands Verbündeten besetzten Gebiet zu irgendeiner Zeit dieser Besetzung oder in einem anderen von der Militärregierung bezeichneten Gebiet befanden (abgesehen von Gegenständen geringen Wertes oder von Lebensmitteln und leichtverderblichen Haushaltswaren).1568 Für die französische Zone erging die Verordnung vom 1. Februar 1946. Ihr unterlagen alle Gegenstände, welche nach dem 31. Dezember 1937 in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten ausserhalb Deutschlands entgeltlich oder unentgeltlich erworben, beschlagnahmt, dem Besitzer weggenommen oder geraubt worden waren oder die vermutlich aus jenen Gebieten stammen, sowie Gegenstände, die auf andere Weise nach dem 1. September 1939 im Gebiete Deutschlands von anderen Personen bei Angehörigen der Vereinten Nationen erworben worden waren.1569

b)

Definition von Kriegsbeute und ihre Bedeutung für die Alliierten

Am 21. Juli 1945 präsentierte die sowjetischen Delegierten zwei Definitionen des Begriffes „war trophy.“1570 Die Sowjetunion verstand unter Kriegtrophäen: 1) All military supplies and equipment of Germany, including all supplies and military equipment, which belong, were being used or have to be used by the military and paramilitary units of the enemy or by the members of these units;

1566

Siehe dazu auch Kaufmann, S. 68.

1567

Siehe dazu auch S. 460 ff.

1568

Siehe dazu unten S. 491 ff., Kaufmann, S. 69.

1569

Siehe dazu unten S. 512 ff.

1570

Kriegsbeute.

391

392

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten 2) All supplies and equipment used by the enemy to satisfy his military needs and captured by Allies before the end of the war on territories where military operations were conducted.1571

Die Definition der Sowjetunion war sehr weit gehalten. Die amerikanische Delegation hatte den Eindruck, dass unter dieser Konzeption von Kriegsbeute eine Besatzungsmacht praktisch alles als Kriegsbeute aus ihrer Zone wegschaffen konnte. Sie waren der Ansicht, dass damit die Reparationszahlungen bedeutungslos wurden. Die USA machte in einem Memorandum die sowjetische Delegation darauf aufmerksam, dass sie unter gewissen Umständen die sowjetische Position akzeptieren würde und für sich selbst und andere Staaten Fabriken, Ausrüstungsgegenstände und sonstiges Material aus ihrer Zone entfernen würden.1572 Die sowjetische Delegation setzte sich in einem Memorandum mit der möglichen Vorgehensweise von Wegnahmen von Kriegsbeute und Reparationen auseinander. Ihrer Meinung nach sollten weggenommene Gegenstände mit den Reparationen verrechnet und einer alliierten Reparationskommission gemeldet werden.1573 Die Russen stellten sich auf den Standpunkt, dass die vorgelegte Definition als Grundsatz für die Politik gegenüber Deutschland verankert werden sollte. Sie führten aus, dass, wenn nun Produktionsgüter und andere Vermögenswerte als Kriegsbeute beschlagnahmt würden, weniger für Reparationen verbleiben würde, das Resultat wäre jedoch dasselbe. Es sei aus diesem Grund nicht nötig, zwischen den Wegnahmen als Kriegsbeute und derjenigen als Reparationen zu unterscheiden, da am Ende alles innerhalb der gesetzten Grenzen

1571

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/20, Soviet Draft by Mr. Maisky, 21.07.1945. Siehe auch FRUS 1945, Vol. II, The Conference of Berlin, Proposal by the Soviet Delegation, Soviet Draft, 21.07.1945, No. 904, S. 846 f. Die zweite Definition nannte Molotow anlässlich der Potsdamer Konferenz vom Standpunkt der Sowjetunion aus gesehen die wahre Definition für Kriegsbeute (FRUS 1945, The Berlin Conference, Vol. II, Conference Proceedings, Informal Meeting of the Foreign Ministers, 23.07.1945, S. 296. Gemäss dieser zweiten Definition verstand die Sowjetunion unter Kriegsbeute: „1) All military property of Germany, including all military property, which belong, is being used or was intended to be used by the military and para military units or by the members of these units of the enemy or be the members of these units. 2) Property which was used by the enemy for military purposes and which in the course of war was removed from Germany to serve the military needs of the Allies“). Siehe dazu NA RG 59/Pauley Reparation Commission/20 und FRUS 1945, The Berlin Conference, Vol. II, Proposal by the Soviet Delegation, Second Definition – War Trophies, 27.07.1945, No. 939, S. 888.

1572

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/20, Memorandum „War booty“. Die USA wollte damit die sowjetische Delegation zwingen, ihre Definition einzuschränken, wenn sie auch aus anderen Zonen Reparationszahlungen erwarten wollte. Siehe dazu auch FRUS 1945, The Conference of Berlin, Vol. II, United States Delegation Working Paper, Memorandum, undatiert, No. 911, S. 853 f.

1573

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/20, Memorandum „On advance Deliveries from Germany“. Siehe auch FRUS 1945, The Berlin Conference, Vol. II, Proposal by the Soviet Delegation, On Advance Deliveries from Germany, undatiert, No. 921, S. 864 f.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

entfernt werden könne.1574 Anlässlich der Pariser Reparationskonferenz wurde sodann beschlossen, dass für den Begriff Kriegsbeute keine Definition benötigt würde.1575 In Bezug auf Kulturgüter war die amerikanische Regierung der Auffassung, dass Gegenstände dieser Art nicht unter den Begriff „war booty“ fallen würden. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass die Wegnahme von Kulturgütern durch ein Militärkommando während Feindseligkeiten, Besetzung oder bei einem Sieg und Beendigung eines Krieges aufgrund des modernen internationalen Rechts ausgeschlossen war.1576 Diese Aussage basierte denn auch auf der Haager Konventionen von 1899 und 1907. Obwohl die Proklamation Nr. 2 des Kontrollrates1577 sowohl deutsche als auch andere Staatsangehörige zur Herausgabe von sämtlichen Informationen und Dokumenten, welche die alliierten Behörden benötigten, verpflichtete und der Kontrollratsbefehl Nr. 21578 die Übergabe und die Vernichtung von Nazi- und Militärliteratur befahl, war es offensichtlich, dass diese Massnahmen sich nicht auf historische Dokumente bezogen. Die USA stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass die Besatzungsmächte nicht mehr an die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges gebunden waren, da eine komplette Bezwingung Deutschlands stattgefunden hatte, dass die Aussagen der Haager Konvention jedoch ihre Gültigkeit in Bezug auf die Wegnahme von historischen Archiven behielten.1579 Auf der anderen Seite war der Rechtsberater der sowjetischen Verwaltung der Ansicht, dass die „debellatio“ als Besatzung und Vergeltungsmassnahme definiert werden könne und aus diesem Grund die Expropriation, die Requisitionen

1574

NA RG 59/Pauley Reparation Commission/20, Memorandum on Reparation, 25.07.1945, S. 2.

1575

PRO FO 371/45800, Paris Reparation Conference War Booty, 28.11.1945, Telegramm Paris to Foreign Office, 28.11.1945.

1576

Sie basierten auf den Ausführungen Charles de Visscher, Historic Monuments and works of art in time of war and in the Treaties of Peace in Revenue de Droit International et de Legislation Comparee 1935.

1577

Siehe Anders, Sammlung C.F. Müller, Die Proklamationen, Gesetze und Verordnungen der Militärregierung Deutschlands (Amerikanische Zone). Einschliesslich der Proklamationen und Gesetze der alliierten Kontrollbehörde, Kontrollrat, Englischer und deutscher Text, Karlsruhe 1949, B2, Proklamation der alliierten Kontrollbehörde – Kontrollrat, Zusätzliche an Deutschland gestellte Forderungen, vom 20.10.1945, insbesondere Artikel 14 ff. und Abschnitt XII.

1578

Siehe Anders, Sammlung C.F. Müller, Die Proklamationen, Gesetze und Verordnungen der Militärregierung Deutschlands (Amerikanische Zone) Einschliesslich der Proklamationen und Gesetze der alliierten Kontrollbehörde, Kontrollrat, Englischer und deutscher Text, Karlsruhe 1949, C2, Gesetz Nr. 2 des Kontrollrates, Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen, vom 10.10.1945, insbesondere Artikel III.

1579

Siehe auch NA RG 59/Ardelia Hall Collection/28, Restitution Summary, ohne Datum.

393

394

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ohne Quittungen und die Plünderungen von Angehörigen der sowjetischen Armee gerechtfertigt seien. Schon bald gab es Beweise, dass die Sowjetunion kurz nach dem Fall von Berlin, und bevor die westlichen Alliierten nach Berlin einrücken konnten, Kunstwerke aller Art als „Booty“ und „Trophies“ beschlagnahmten und sicherstellten. Die Sowjetunion hatte dazu eine reguläre Trophäenkommission eingesetzt. Die systematischen Wegnahmen erfolgten aus den Museen Berlins, Leipzigs, Dresdens und anderer Orte.1580 Es wurde auch davon berichtet, dass immer wieder solche Kulturgüter, die Händler von russischen Soldaten erhalten hatten, auf dem Schwarzmarkt in Berlin angeboten wurden.1581 Die Amerikaner fühlten sich aber aufgrund des Transfers von 202 Bildern in die USA nicht in einer Position, die Sowjetunion in dieser Hinsicht zu ermahnen und die sowjetische Politik bezüglich deutscher Kulturgüter zu unterbinden.1582 Die amerikanische Militärregierung wurde durch die Restitutionsabteilung nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass Kulturgüter ohne Unterschied, ob sie in privatem oder öffentlichem Eigentum standen, unter keinen Umständen unter Kriegsbeute fallen dürfte. Auch die Restitutionsabteilung basierte ihre Aussage auf den Artikel 56 der Haager Konvention über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges von 1907.1583 Dabei sollte Fahrniseigentum von Kirchen, Spitälern, Universitäten, Museen und von Kunstgalerien von einer kriegsführenden Nation nicht angeeignet werden können.1584 Im Memorandum wurde zwischen Gütern, die auf dem Schlachtfeld gefunden wurden und solchen, welche die kriegsführende Nation während der Eroberung auf feindlichem Gebiet fand, unterschieden. Man war jedoch der Ansicht, dass für Kulturgüter kein diesbezüglicher Unterschied bestand und diese in keinem Fall beschlagnahmt werden konnten.

1580

Siehe dazu auch IFZ OMGUS Akten 5/345-3/44; Prov. ECR, Memorandum „Removal of cultural objects and works of art from Berlin by Soviet authorities“, 18.03.1948 auch in NA RG 260/Rec. Education Div./cultural Affairs/227. IFZ OMGUS Akten 5/345-3/44; Prov. ECR, Schreiben „Works of Art belonging to the former Staatl. Schlösser und Gärten removed by the Soviet Military Administration“, 21.06.1946.

1581

Siehe auch Weekly Intelligence Report, 2.05.1947 und NA RG 260/Rec. Education Div./ cultrual Affairs/227, Memorandum „Removal of cultural objects and works of art from Berlin by Soviet authorities, 18.03.1948.

1582

Siehe auch die Aussage in NA RG 59/Ardelia Hall/28, Restitution Summary, Punkt 7, „Cultural Objects as War booty“.

1583

In diesem heisst es: „The property of municipalities, that of institutions dedicated to religion, charity, and education, the arts and sciences, even when state property, shall be treated as private property. All seizure or destruction of, or wilful damage to, institutions of this character, historic monuments, works of art and science, is forbidden, and should be made the subject of legal proceedings.“

1584

NA 260/Rec. Education Division/Cultural Affairs Branch/227, Memorandum Works of Art as War Booty, 14.02.1946.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

Die amerikanische Militärregierung erhielt vom Kriegsministerium Befehl, dass ab dem 1. April 1946 das Erbeuten jeglicher Art von Kriegstrophäen, ausser den genau bezeichneten, für Einzelpersonen verboten war. Sämtliche Trophäen, welche nach dem 1. April 1946 in die USA transportiert wurden, wurden konfisziert.1585 Immer wieder mussten auch die Behörden in der amerikanischen Militärregierung entscheiden, ob ein Gegenstand zur Kriegsbeute gehört oder nicht. So wurde beispielsweise von der amerikanischen Armeeführung in Europa der Antrag gestellt, 225 deutsche Regimentsbanner, welche im Salzbergwerk Bernterode gefunden worden waren, an die Militärakademie in West Point zu schicken.1586 Für die Restitutionsabteilung in der amerikanischen Militärregierung sprach zuerst nichts dagegen, da eine Ausstellung dieser Banner angesichts der Demilitarisierung Deutschlands nicht in Frage kam. Man war der Meinung, dass feindliche Standarten, auch wenn sie aus den Preussischen Kriegen und dem Ersten Weltkrieg stammten, durchaus als Kriegsbeute zu bezeichnen seien.1587 Nachdem MFAA-Offiziere dagegenhielten, dass die Banner aus historischem Interesse und aufgrund des künstlerischen Wertes in Deutschland verbleiben sollten, wurde die Auslieferung aufgeschoben.1588 Die Banner wurden im „Collecting Point“ in Wiesbaden aufbewahrt und am 27. September 1945 endgültig als für Kriegstrophäen ungeeignet erklärt.1589

c)

Definition des Begriffes „restitution in kind“ oder „replacement in kind“

Die „restitution in kind“ oder „replacement in kind“ wird von der Restitution klar unterschieden. Während die Restitution nur die Rückgängigmachung der vom Gegner vorgenommenen Aneignungshandlungen darstellt, werden durch die „restutition in kind“ wie bei der Reparation dem Gegner zusätzliche, aus dem eigenen Vermögen zu erfüllende Lasten auferlegt. In beiden Fällen geht es um den Zugriff auf fremde Güter, nicht um die Rückgewinnung eigener, wie bei der Restitution.1590 Die restitution in kind ist eine Form der Reparation und geniesst Vorrang vor Reparationsleistungen in Geld, die nur dann Anwendung findet, wenn eine „restitution in integrum“ nicht möglich ist. Bei der „restitution in 1585

Als Kriegstrophäen waren von Anfang an nur noch Waffen, Militärkleider, Helme, Säbel, Dolche und ähnliches erlaubt. Siehe dazu NA 260/229, OMGUS, Daily Bulletin, No. 30, 5.02.1946. Punkt VII, War Trophies.

1586

NA RG 260/225, Shipment of German Regiment Banners to West Point, 13.12.1945.

1587

NA RG 260/225, Memorandum for General Clay, Captured Enemy Standards, 13.12.1945.

1588

NA RG 260/225, OMGUS, Outgoing Message, 02.03.1946.

1589

NA RG 260/225, Disposition of Certain Materials held in the Wiesbaden Central Collecting Point, 8.10.1948.

1590

Siehe auch Turner, Die Zuordnung beweglicher Kulturgüter, S. 37.

395

396

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

kind“ geht es konkret um die Erfüllung eines Rückgabeanspruches. Kann der Gegner die von ihm angeeignete Sache nicht mehr in natura herausgeben, so soll er verpflichtet werden, den Wert der Sache zu entschädigen. Dies kann dabei durch die Übergabe von ähnlichen Objekten geschehen oder durch die Zahlung einer entsprechenden Geldsumme. Das Institut der restitution in kind ist ein im Völkerrecht grundsätzlich anerkanntes Mittel der Wiederherstellung einem Staat zugefügten Unrechts.1591 Im Falle des Untergangs eines Kunstwerkes das Verlangen des betroffenen Staates nach Herausgabe eines aus dem anderen Staat stammenden Kulturgutes. Bei Kulturgütern ist die restitution in kind unter den Rechtsgelehrten umstritten, da Kulturgüter in der Regel einen besonderen Bezug zu einem Gebiet oder einem Teil seiner Bevölkerung aufweisen. Wie die gesamte Restitutionsfrage war auch die Frage der „restitution in kind“ bei den Alliierten sehr stark umstritten. Bereits der EAC hatte sich mit der „restitution in kind“ beschäftigt. Sie wurde am Rande der Diskussion für die Draft Directive No. 2, Control of Works of Art and Monuments, erwähnt.1592 Sowohl die Briten wie auch die Franzosen setzten sich damals für eine breite „restitution in kind“ ein, welche auch von den kleinen westlichen Staaten gefordert worden war. Im Draft Agreement über die Prinzipien der Restitution von Kulturgütern vom 11. Juni 1945 wurde das „replacement in kind“ als Prinzip festgesetzt. Es war damals nur insoweit limitiert worden, als man Deutschland nicht alle Kulturgüter wegnehmen wollte.1593 Die EAC konnte jedoch Grundsätze der „restitution in kind“ erarbeiten und ein zu extensives Programm verhindern. Argumentiert wurde damit, dass ein übermässiges „restitution in kind“ Programm die Reparationen schmälern würde, die deutsche Wirtschaft zum Erliegen brächte und das kulturelle Erbe der deutschen Bevölkerung zerstören würde.1594 Die amerikanische Regierung sah eine „restitution in kind“ nur für Raubgold und Kulturgüter vor. Die Ersetzung der anderen Objekte sollte mittels Reparationen geschehen.1595 Eine Rückgabe von ähnlichen Gegenständen an die alliierten Staaten sollte jedoch nur stattfinden, wenn die ursprünglich angeeigneten Objekte durch deutsches Verschulden verloren oder zerstört worden waren und nicht mehr zurückerstattet werden konnten.1596 1591 1592 1593 1594

1595

1596

Siehe dazu Röhling, S. 87, m.w.N. Siehe auch S. 291 ff. Siehe S. 293. Siehe NA RG 59/Ardelia Hall/28, Restitution Summary, Restitution in the four zones, Ziff. 2. NA RG 43/EAC/25, Report of the Interdivisional Committee on Reparation, Restitution and Property Rights, Part IV, PCW-226 10.06.1944, S. 38 ff. NA RG 353/Interdepart. Kom./76, Reparation 6; Definition of Reparation, Reparation Payments, Restitution, Replacement, Punitive Reparation, 2.12.1945.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

Die britische Regierung wollte ab 1945 nur noch eine limitierte „restitution in kind“ zulassen. Dabei sollten Kunstgegenstände, die während militärischen Operationen zerstört worden waren, von einer Ersetzung ausgeschlossen werden. Monumente, Archive und Gebäude sollten jedoch davon ausgenommen bleiben. Die Kompensation für diese Objekte sollte mittels der Reparation erfolgen. Ausserdem wollte man religiöse Gegenstände, welche vor 1938 bereits im Eigentum Deutschlands gewesen waren, nicht als „replacement“ benutzen.1597 Den gesamten Herbst 1945 hindurch wurde im CORC und dem RDR Directorate über die Definition des Begriffes „Restitution“, aber auch um die genaue Durchführung der „restitution in kind“ debattiert. Anlässlich der Pariser Reparationskonferenz, die im November und Dezember 1945 stattfand, wurden die Themenbereiche Reparation, Restitution und „restitution in kind“ nochmals besprochen. Die Sowjetunion hatte die Konferenz boykottiert und widersetzte sich auch der anlässlich dieser Konferenz gegründeten Inter-Allied Reparations Authority (IARA), da ihrer Meinung nach das Reparationsabkommen nur in der Kompetenz der Aussenministerkonferenz lag.1598 In einem Zusatz zur endgültigen Fassung der Konferenzübereinkunft statuierten die Staaten Albanien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Indien, Luxemburg, Holland und Jugoslawien ihre Interpretation des Begriffes Restitution im Lichte der Londoner Deklaration von 1943. Sie befürworteten eine komplette Rückgabe aller aus den besetzten Gebieten durch das Deutsche Reich weggenommenen Objekte oder in „replacement“ von gleichartigen Gegenständen kultureller, religiöser, historischer, künstlerischen und wissenschaftlicher Herkunft.1599 Der sowjetische Delegierte im CORC machte deutlich, dass für die Sowjetunion eine „restitution in kind“ nur für Gegenstände von einmaligem Charakter in Frage käme. Dabei sollten die Gegenstände auf aussergewöhnliche Kunstgegenstände, historische Gebäude und Bibliotheken begrenzt werden.1600

1597

Siehe dazu PRO FO 371/45769, Cabinet and Post-War Committee, Replacement of looted works of art, A.C.A.O./(45)49(Revise), 1945. PRO FO 371/45770, Cabinet Overseas reconstruction Committee, Replacement of Looted works of art, O.R.O.(45)5, 5.07.1945. PRO 371/45770, UE 2894/123/77, Memorandum „replacement of works of art“.

1598

Siehe dazu FRUS 1945, Vol. II, General Political and Economic Matters, S. 1281.

1599

PRO FO 371/45805, Final Act of the Paris Conference, 28.12.1945, Annex Artikel 1 c) und d). Darin heisst es: „… c) In cases where articles removed by enemy cannot be identified, the claim for replacement should be part of the general reparation claim of the country concerned. d) As an exception to the above principles, objects (including books, manuscripts and documents) of an artistic, historical, scientific (excluding equipment of an industrial character), educational or religious character which have been looted by the enemy occupying Power shall, so far as possible, be replaced by equivalent objects if they are not restored“. Siehe für den Text auch James Pollock/Meisel/Bretton, S. 61.

1600

NA RG 59/Pauley Rep. Commission/19, Memorandum Restitution and Replacement (submitted by Mr. Sokirkin of the Soviet Section).

397

398

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die USA schlug anlässlich einer Sitzung der Kommission für Reparationen und Restitutionen im alliierten Kontrollrat vor, dass ein Pool von Kunstgegenständen geschaffen werden sollte, aus welchem die „restitution in kind“ erfolgen würden. Dabei sollte jede der vier Besatzungsmächte eine Liste mit Objekten erstellen, welche für eine „restitution in kind“ in Frage kam. In diesen Listen sollten deutsche Kunstgegenstände aufgeführt werden, die sich in der jeweiligen Zone befanden, aber auch solche, die bereits weggeschafft worden waren.1601 Der russische Delegierte opponierte vehement gegen den Vorschlag. Seiner Ansicht nach gab es in der russischen Zone erstens nur wenige Kunstgegenstände und zweitens seien die dort aufgefundenen als Kriegstrophäen abtransportiert worden. Im Anschluss an diese Aussage wurde in der Kommission darüber debattiert, inwieweit Kunstgegenstände überhaupt als Kriegstrophäen angesehen werden könnten. Der sowjetische Delegierte führte aus, dass diese Kunstgegenstände in Bunkern, Flugzeugabwehrtürmen und anderen militärischen Installationen aufgefunden worden waren. Ausserdem sei die Diskussion nutzlos, da die Sowjetunion keinesfalls solche Listen erstellen würden und die Rote Armee ausserdem das gesetzliche Recht besässe, diese Kunstgegenstände als Kriegstrophäen zu konfiszieren.1602 Am 21. Januar 1946 wurde, wie vorerwähnt, die Definition des Begriffes „Restitution“ verabschiedet.1603 In deren Ziffer 3 wurde die „restitution in kind“ grundsätzlich zugelassen, aber auf Güter mit einmaligem Charakter beschränkt, und die Feststellung des Ersatzes einer besonderen Weisung vorbehalten.1604 Die Franzosen unternahmen kurz darauf einen weiteren Versuch, eine umfangreiche „restitution in kind“ zu erzwingen, und präsentierten im RDR Directorate am 22. Januar 1946 einen Vorschlag, in welchem sie alle gestohlenen Gegenstände, die nicht aufgefunden werden konnten, als für die Restitution geeignet bezeichneten. Das „replacement“ sollte mit einem Gegenstand von ähnlichem Wert stattfinden.1605 Anhand dieses Vorschlages wurden vom RDR Directorate spezielle Instruktionen für ein Ersetzen von einmaligen Gegenständen mit gleichen oder vergleichbaren entworfen. An der CORC-Sitzung vom 26. Februar 1946 wies der amerikanische Delegierte General Echols den Vorschlag des RDR Directorate bezüglich der „restitution in kind“ von einmaligen Kulturgütern ab, da dieser nach amerikanischem Dafürhalten in einer Form ausgearbeitet 1601

NA RG 84/Office Political Adviser Berlin/55, Schreiben Murphy an Secretary of State, Restitution of Art Objects in Kind, 14.02.1946.

1602

NA RG 84/Office Political Adviser Berlin/55, Schreiben Murphy an Secretary of State, Restitution of Art Objects in Kind, 14.02.1946.

1603

Für die Definition siehe S. 389.

1604

NA RG 43/Conference Reparation Paris/Gen/14, Control Council Definition of the Term „Restitution“, 21.01.1946, Appendix „A“ to CONL/P(46)3 (Revise).

1605

Siehe Kurtz, S. 147.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

war, welche einmalige deutsche Kulturgüter für Reparationen zugänglich machten.1606 Die für die „restitution in kind“ vorgesehenen Kategorien waren sehr offen gehalten. Aufgrund des Textes konnten fast sämtliche deutsche Museumsgegenstände benutzt werden. Ausserdem waren auch wissenschaftliche Geräte, Labors und Institute sowie religiöse und kirchliche Gegenstände für ein „replacement“ vorgesehen.1607 Es folgten auch genaue Ausführungen für die Durchsetzung. Vorgesehen war, dass ein Gegenstand möglichst mit einem gleichen ersetzt werden sollte. Zum Beispiel sollte ein Gemälde eines Meisters mit einem Gemälde des gleichen Künstlers oder aus derselben Schule ersetzt werden.1608 Der französische Delegierte General Koeltz bestand auf dem Vorschlag und führte dazu aus, dass die Gerechtigkeit verletzt würde, wenn Deutschland all ihren Kunstbesitz behalten könnten, während sie Länder besetzt und ausgeraubt hatten. Aus diesem Grund müsse Deutschland gezwungen werden, gleiches oder ähnliches Eigentum herausgeben, wenn es das gestohlene Objekt nicht retournieren könnte.1609 Von amerikanischer Seite wurde jedoch eine „restitution in kind“ in dieser Weise ausgeschlossen. General Clay wollte sogar gesamthaft eine „restitution in kind“ für Kulturgüter mit einzigartigem Charakter ausschliessen. Das War Department genehmigte auch seinen Vorschlag, dass die in der amerikanischen Zone gelagerten deutschen Kunstgegenstände, die aus Gebieten in den anderen Zonen stammten, nicht als „replacement in kind“ benutzt würden, sondern der jeweiligen Zone übergeben werden sollten. Damit sollte die Verantwortung auf die anderen Besatzungsmächte abgeschoben werden.1610 Mit ein Grund für die Ablehnung des Vorschlages war aber auch die Einbeziehung von religiösen und kirchlichen Gegenständen sowie von wissenschaftlichen Objekten. Die Amerikaner, welche ihrerseits im Rahmen der T-Force und des FIAT1611 umfangreiche Sicherstellungen und Beschlagnahmungen von wissenschaftlichem

1606

PRO FO 371/53104, Special Instructions concerning replacement by similar or comparable property of objects of a unique character, 26.02.1945.

1607

PRO FO 371/53104, Special Instructions concerning replacement by similar or comparable property of objects of a unique character, 26.02.1945, Ziffer 1.

1608

PRO FO 371/53104, Special Instructions concerning replacement by similar or comparable property of objects of a unique character, 26.02.1945, Ziffer 2, Nature of replacements. Im gesamten Vorschlag ist der französische Einfluss deutlich sichtbar. So wurde zum Beispiel wiederum eine Zeitspanne von 6 Monaten vorgeschlagen, innert welcher der gesuchte Gegenstand gefunden werden musste. Danach sollte ein „replacement“ stattfinden. Ebenfalls wird die Errichtung einer speziellen Kommission vorgeschlagen, welche die „restitution in kind“ abwickeln sollte.

1609

PRO FO 371/53104, Special Instructions concerning replacement by similar or comparable property of objects of a unique character, S. 3.

1610

Siehe dazu Anfrage Clay an War Department bezüglich der Benutzung von deutschen Kunstgegenständen für eine „restitution in kind“ in Papers of Lucius Clay, Book IV, 1945, S. 117.

1611

Siehe dazu Teil I, Kapitel 8.

399

400

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Material vorgenommen und diese als Kriegsbeute in die USA transportiert hatten, wollten diese unter keinen Umständen für ein „replacement“ zur Verfügung stellen.1612 Am 8. Juli 1946 reichte General Clay im CORC anlässlich der 63. Sitzung einen Gegenvorschlag zu demjenigen des RDR Directorate ein.1613 Der Entwurf sah einerseits vor, dass die „restitution in kind“ sich auf Gegenstände von grosser Seltenheit beschränkte und andererseits jeder Fall genau betrachtet werden müsste. Als bedeutsame Objekte wurden lediglich Meisterwerke der Malerei, Graphik oder Skulptur; wichtige Werke von Meistern des Kunsthandwerks und herausragende Werke der Volkskunst; historische Überreste; Handschriften und seltene Bücher und für die Wirtschaftsgeschichte bedeutsame Gegenstände definiert.1614 Der Vorschlag wurde im Prinzip gutgeheissen und zur Ausarbeitung dem RDR Directorate übergeben worden. Dabei wurden folgende 5 Kategorien für eine „restitution in kind“ vorgesehen: Draft Letter on Replacement of Objects of a Unique Character by similar or comparable Objects a) Works of art of the masters of painting, engraving and sculpture. b) The most important works of distinguished masters of applied art and outstanding anonymous examples of national art. c) Historic relics of any kind. d) Manuscripts, books (such as rare incunabula), books having an intrinsic value or historical character, or constituting rare examples even of modern times. e) Objects of importance to the history of science1615.

Die vom RDR Directorate wurde in der vorliegenden Form vom CORC genehmigt und in Kraft gesetzt. Klauseln betreffend die „restitution in kind“ wurden auch in die Friedensverträge mit Italien, Bulgarien und Ungarn eingefügt.1616 Diese Bestimmung war in all diesen Friedensverträgen identisch. Die betreffenden Staaten wurden verpflichtet, Gegenstände mit künstlerischem, historischem oder archäologischem Wert, die von ihren Streitkräften, Behörden oder Staats-

1612

Dieser Meinung waren auch die Briten, die ihrerseits dieselbe Operation mit der Bezeichnung BIOS durchführten. Siehe dazu auch PRO FO 371/45800, Telegramm Paris Reparation Delegation to Foreign Office, 2.12.1945.

1613

NA RG 43/ACC/10, ACA, Coordinating Committee, Replacement of Objects of a Unique Character by Similar or Comparable Objects, 18.09.1946.

1614

NA RG 43/ACC/10, ACA Coordinating Committee, Special Instructions concerning Replacement by Similar or Comparable Objects, 18.09.1946, Appendix „A“, to CORC/ P(46)303.

1615

NA RG 43/ACC/10, ACA Coordinating Committee, Draft letter on Replacement of Objects of a Unique Character by Similar or Comparable Objects, 18.09.1946, Appendix „B“, to CORC/P(46)303.

1616

Siehe Seite 418 ff.

19. Kapitel: Alliierter Kontrollrat und die Restitutionsbestimmungen

angehörigen aus Staaten der Vereinten Nationen durch Gewalt oder Zwang weggenommen worden waren, diesen Staaten zurückzuerstatten. Falls dies nicht möglich war, wurden Italien, Bulgarien und Ungarn verpflichtet, den betreffenden Staaten Gegenstände derselben Art und mehr oder weniger desselben Wertes auszuhändigen. Diese Regelung war jedoch nur vorgesehen, falls sie solche Gegenstände überhaupt zur Verfügung stellen konnten.1617 Bei der genauen Betrachtung dieser Artikel wird deutlich, dass nur Gegenstände, die zum kulturellen Erbe des betreffenden Staates der Vereinten Nationen gehörte, ersetzt werden mussten. Des Weiteren musste die Verpflichtung der Rückgabe eines ähnlichen Gegenstandes nur erfüllt werden, wenn der betreffende Staat einen ähnlichen Gegenstand besass. Eine Definition, was ein gleichwertiger Gegenstand war, gab es jedoch nicht. Die vom CORC genehmigte Direktive über die „restitution in kind“ wurde als Instruktion am 25. April 1947 an die Restitutionskommissionen der alliierten Staaten weitergeleitet.1618 Die Direktive zeitigte jedoch keine Wirkung, da die Sowjetunion weder bereit war, deutsche Kulturgüter für ein „replacement“ zur Verfügung zu stellen, noch irgendwelche Informationen bezüglich deutscher Kulturgüter in ihrer Zone herausgab. Die Amerikaner machten ihrerseits keine Anstrengungen, die „restitution in kind“ in irgendeiner Weise durchzusetzen. Sie bestand zwar formell, kam aber grundsätzlich nicht zur Anwendung.

7.

Fazit

Die Verhandlungen im Alliierten Kontrollrat zeigten, wie weit die Positionen der verschiedenen Besatzungsmächte voneinander entfernt waren, und welche unterschiedlichen Gesichtspunkte dabei zum Tragen kamen. Während Frankreich und die Sowjetunion selbst geschädigt waren und Genugtuung forderten, wollten die USA und Grossbritannien eine gerechte Lösung schaffen, die Deutschland nicht zu einem Agrarland verkommen liess. Aufgrund der politischen Situation wollte man unter allen Umständen in Europa ein Machtvakuum verhindern. Die durch die Alliierte Kontrollbehörde vereinbarten Definitionen müssen auch in diesem Licht gesehen werden. Die rechtlichen Grundsätze und Ausarbeitungen traten dadurch zulasten der politischen Interessen in den Hintergrund.

1617

Siehe Artikel 75 Ziffer 9 des Friedensvertrages mit Italien. Artikel 22 Ziffer 3 des Friedensvertrages mit Bulgarien. Artikel 24 Ziffer 3 des Friedensvertrages mit Ungarn. Der Friedensvertrag mit Italien beinhaltet auch noch eine spezielle Klausel bezüglich der „restitution in kind“ mit Jugoslawien (Artikel 12 Ziffer 3). Siehe auch Wojciech Kowalski, Art Treasures and War, S. 72, Fussnote 123.

1618

Siehe dazu Kowalski, Annex 6.

401

402

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Die Definition der Restitution war eine unumgängliche Grundlage, um überhaupt eine Restitutionspolitik erarbeiten zu können. Die Restitution stand aber auch im Spannungsfeld mit der Reparation. Für die USA war es zentral, dass Deutschland ein Minimum an Wirtschaft behielt. Es erstaunt, dass trotz all der verschiedenen Standpunkte eine Definition gefunden werden konnte, die genehmigt wurde. Die Definition war sehr umfassend gehalten. So unterlag sämtliches Eigentum einem Rückgabeanspruch, ohne dass es auf die Art der Eigentumsübertragung ankam. Der Unterschied zwischen einer rechtswidrigen (unter Gewalt) und einer rechtmässigen Eigentumsübertragung bestand darin, dass bei der rechtmässigen Übertragung die Restitution mit der Reparation kompensiert werden sollte. Die Restitutionspflicht selbst, wird unter Hinweis auf die Londoner Erklärung sehr weit gefasst und auf quasi alle Rechtsgeschäfte, insbesondere aber auf die rechtswidrigen, ausgedehnt. Auch wenn es sich hier lediglich um Richtlinien handelte, darf ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden. Sie entsprechen den Prinzipien der Kontrollratsproklamation Nr. 2 und der Restitutionspraxis sowohl der amerikanischen als auch der britischen Besatzungsmacht. Neben dem Bekenntnis der Besatzungsmächte zur Restitution war die Frage umstritten, ob Kulturgüter Gegenstand von Reparationsforderungen sein sollten. Die Frage der „restitution in kind“ als eine Art Reparation war dabei für die einzelnen Staaten zentral. Dabei weist die „restitution in kind“ als ein Rechtsinstitut des Völkergewohnheitsrechts, wie sie auch in den Friedensverträgen nach dem Zweiten Weltkrieg statuiert wurde, einen Regelungszusammenhang zu den Schadenersatzansprüchen des Kriegsvölkerrechts auf. Sie stellt aber klarerweise ein Ausnahmetatbestand dar, da sie erst geschuldet ist, wenn die Restitution des geforderten Kulturgutes nicht möglich ist, da dieses zerstört oder unauffindbar verschollen war. Die Umsetzung dieses Rechtsinstitutes war aber sehr schwierig. Es war darauf ausgelegt, dass eine äquivalente Ersatzleistung geschuldet ist. Da jedes Kulturgut Unikatscharakter hat, ist es fast nicht bestimmbar, welche Objekte von vergleichbarer oder ähnlicher Qualität sind. Dies ist auch der Hauptkritikpunkt mit dem ein Teil der Völkerrechtslehre das Vorliegen eines die „restitution in kind“ zulassenden Gewohnheitsrechtssatzes bestreitet.1619

1619

Siehe Baufeld, S. 161.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen unter Berücksichtigung der Ost-West-Problematik I.

Einleitung

Da man keine Einigung bezüglich eines alliierten Restitutionsprogrammes fand, versuchten insbesondere die USA auf eigene Initiative hin, die Rückerstattungen von Kulturgütern zu beschleunigen. Dabei ging es sowohl um die Rückgaben an Institutionen, die in den anderen Zonen lagen, als auch um Rückerstattungen an ehemals feindliche Staaten. Die USA versuchte möglichst schnell, die in ihrer Zone lagernden Kulturgüter den antragsstellenden Staaten wieder zurückzugeben und beabsichtigte so auch den Restitutionsprozess in Schwung zu bringen. Immer mehr kristallisierte sich heraus, dass von einer alliierten Lösung Abstand genommen werden musste, und jede Besatzungsmacht ihr eigenes Restitutionsprogramm hatte. Die Restitution an die ehemals feindlichen Staaten stiess bei den anderen Besatzungsstaaten auf Widerstand. Es herrschte die Meinung vor, dass vor einem Abschluss der Friedensverträge keine Restitutionen von Kulturgütern vorgenommen werden durften. Der Abschluss der Friedensverträge erleichterte denn auch die Vornahme der Restitutionen, handelte es sich dabei doch um völkerrechtliche Verträge.

II.

Veränderungen und die Politik in den westlichen Zonen im Allgemeinen

1.

Beginn einer westlichen Zusammenarbeit in den Zonen

Während der Sitzung des Rates der Aussenminister in Paris, am 11. Juli 1946, unterbreitete der amerikanische Staatssekretär Byrnes den Vorschlag, die amerikanische Zone mit der jeder anderen Besatzungsmacht, die hierzu bereit war, zu verschmelzen; die Anregung dafür stammte von General Clay.1620 Am 29. Juli 1946 erklärte die Regierung Grossbritanniens ihre Bereitschaft dazu. Frankreich antwortete am 10. August 1946 mit einem Gegenvorschlag; sie regte die Schaffung zentraler Verwaltungsstellen an, deren Direktoren und leitende Mitarbeiter aus dem Personal der Besatzungsmächte genommen werden sollten; der unter-

1620

Siehe FRUS, 1946, Vol II, Council of Foreign Ministers, Washington 1970, S. 880 ff. insbesondere S. 897.

403

404

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

geordnete Stab könne deutsch sein. Die Generäle Clay und Robertson hatten bereits am 9. August 1946 ein grundsätzliches Einvernehmen über die Errichtung eines alliierten Zweimächteamtes (Bipartite Board) erzielt; das entsprechende Abkommen wurde am 5. September 1946 in New York von Staatssekretär Byrnes und Aussenminister Bevin gebilligt. Ein System von Provisorien sollte die regierungslose Zeit in Deutschland überbrücken und überwinden. Mittels Verwaltungsverträgen wurden die deutschen Zweizonenverwaltungsräte geschaffen, die auf Veranlassung der Besatzungsmächte von den deutschen Ländern abgeschlossen wurden. Auf ihrer ersten Zusammenkunft am 4./5. Oktober 1946 in Bremen brachten die Ministerpräsidenten der britischen und amerikanischen Zone den Wunsch nach einer Ergänzung der Verwaltungsstruktur der Bizone durch eine parlamentarische Institution zum Ausdruck. Nach dem Ausgang der Sitzung des Rates der Aussenminister in Moskau (10. März bis 14. April 1947) wies der Nachfolger von Staatssekretär Byrnes, General George C. Marshall, während eines Zwischenaufenthaltes in Berlin am 25. August 1947 General Clay an, den Ausbau der Bizone nach Kräften zu fördern, um diese wirtschaftlich lebensfähig zu machen. Damit setzte deren zweite Entwicklungsphase ein. Am 29. Mai 1947 unterzeichneten die angelsächsischen Militärgouverneure ein Abkommen über die Neugestaltung der bizonalen Wirtschaftsstelle, das durch die amerikanische Militärregierungs-Proklamation Nr. 5 und die britische Militärregierungs-Verordnung Nr. 88 am 10. Juni 1947 in Kraft gesetzt wurde.1621 Dieses sah die Bildung einer deutschen Zweizonenverwaltung auf parlamentarischer Grundlage vor. Damit wurde den von den deutschen Länderregierungen und Parteien erhobenen Wünschen Rechnung getragen. In Gesprächen zwischen den Vertretern der Besatzungsmächte und der deutschen Verwaltungen und Parteien wurden Wünsche auf Fortentwicklung, Verbesserung und schliesslich auf Neugestaltung dieser Ordnung vorgebracht. Die bizonale Einrichtungen erhielten durch die amerikanische Proklamation Nr. 71622 und die britische Verordnung Nr. 126, beide am 9. Februar 1948 verkündet, ihre dritte organisatorische und rechtliche Form, die bis zum Ende des Wirtschaftsrates im Herbst 1949 bestand.

2.

Marshallplan und die Situation in Deutschland

Aufgrund der immer lauter werdenden Rufen aus den USA nach der wirtschaftlichen Unabhängigkeit Deutschlands am Ende des Jahres 1946 entschlossen sich 1621

Siehe dazu Proklamation Nr. 5 der Militärregierung – Deutschland, Amerikanisches Kontrollgebiet vom 10.06.1947, Sammlung der vom alliierten Kontrollrat und der amerikanischen Regierung erlassenen Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Befehle, zusammengestellt von R. Hemke, Stuttgart.

1622

Siehe für den Gesetzestext, Sammlung der vom alliierten Kontrollrat und der amerikanischen Regierung erlassenen Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Befehle, zusammengestellt von R. Hemke, Stuttgart. Auch Pollock/Meisel/Bretton, S. 238 ff.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

auch die Behörden in Washington, diesbezügliche Pläne vorzubereiten.1623 Im Frühjahr 1947 begann der damalige Aussenminister Marshall (ehemaliger Vorsitzender der US Joint Chief of Staff) mit der Planung des Wiederaufbaues von Deutschland. Die grosse Leistung dieses Planes bestand darin, dass er den allgemeinen Aufbau Wiederaufbau Europas und nicht Deutschland allein in seinen Brennpunkt rückte. Seine Argumentation zugunsten Europas versetzte Washington in die Lage, den Wiederaufbau Deutschlands voranzutreiben, ohne dabei jede Veränderung der Politik, die für die wirtschaftliche Erholung Deutschlands so dringend erforderlich war, in Begriffen rechtfertigen zu müssen, die sich auf das bezogen, was in Deutschland geschah oder früher geschehen ist. Am 5. Juni 1947 hielt Aussenminister Marshall an der Harvard Universität eine Rede, in der er die wirtschaftliche Gesundung Europas forderte und die tatkräftige Mitwirkung der Vereinigten Staaten zum Ausdruck brachte.1624 Marshall sagte dabei, die Lösung liege in der Wiederherstellung des Vertrauens der europäischen Völker in die wirtschaftliche Zukunft ihrer Länder und Europas. Die Harvard-Rede Marshalls gilt als Geburtsstunde der amerikanischen Hilfsaktion für Europa; deren offizielle Bezeichnung war „European Recovery Program“, sie wurde jedoch als Marshall-Plan allgemein bekannt.1625 Am 27. Juni 1947 traten die Aussenminister Bevin, Bidault und Molotow in Paris zur Beratung der amerikanischen Offerte1626 zusammen. Molotow lehnte am 2. Juli die französisch-britischen Auffassungen über die Annahme der amerikanischen Wirtschaftshilfe ab, in der er eine Gefährdung der wirtschaftlichen Selbständigkeit und der Souveränität der europäischen Länder sah.1627 Auch mit der Einbeziehung Deutschlands beschäftigte er sich, wobei er besonders das Reparationsproblem und die Folgen einer Loslösung des westdeutschen Gebietes vom übrigen Deutschland ansprach. Am 15. Juli 1947 ergingen an General Clay neue Richtlinien1628; sie setzten die umstrittene JCS 1067 ausser Kraft und legten die Ziele der Vereinigten Staaten in Deutschland dar: Die amerikanische Regierung will, dass in Deutschland die politische Organisation und das politische Leben so schnell wie möglich eine 1623

Siehe dazu insbesondere Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik in, 196 ff. (Originalversion The american Occupation of Germany, Stanford 1968).

1624

Siehe dazu Press release issued by the Department of State, June 4, 1947, FRUS, 1947, Vol. III, The British Commonwealth; Europe, Washington 1972, S. 237 ff.

1625

Siehe dazu auch Vogelsang, Das geteilte Deutschland, S. 436 ff. Auch Germany 1947–1949, The story in Documents, Problems of European Revival and German and Austrian Peace settlements, Address by Secretary George C. Marshall, S. 9 ff.

1626

1. Pariser Europakonferenz vom 27. Juni bis 2. Juli 1947.

1627

Siehe Telegram Ambassador in the United Kingdom to the Secretary of State vom 3. July 1947, FRUS, 1947, Vol. III, The European Commonwealth; Europe, Washington 1972, S. 306 f.

1628

Die wichtigste davon war die JCS 1779.

405

406

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Form annehmen sollen, die – auf der wesentlichen Grundlage wirtschaftlichen Wohlergehens – zu einer inneren Ruhe in Deutschland und zum Geist des Friedens zwischen den Nationen führt.1629

3.

Bizone in Deutschland

Um das Abkommen von Potsdam nachträglich doch noch verwirklichen zu können, initiierten die Amerikaner die Idee für einen wirtschaftlichen Zusammenschluss der Zonen, und zwar durch engste Kooperation der einzelnen Militärregierungen, unter Benutzung bereits bestehender Fachressorts und zusätzlich durch den Aufbau einer neuen Behördenorganisation.1630 An der zweiten Aussenministerkonferenz vom 15. Juni 1946 in Paris versuchte der amerikanische Aussenminister Byrnes eine Übereinstimmung der vier Mächte hinsichtlich der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands zu erlangen.1631 Es ergab sich jedoch nur eine rein deklamatorische Übereinstimmung, denn Frankreich und die Sowjetunion behielten ihre Vorbehalte und Nebenabsichten aufrecht. Am Vortag des Konferenz-Endes am 11. Juli 1946 zog Byrnes Bilanz und forderte die anderen drei Mächte auf, ihre Besatzungszonen mit der amerikanischen zusammenzuschliessen, da nur so die Wirtschaftseinheit Deutschlands in verwaltungsmässiger Hinsicht wiederhergestellt und gewährleistet werden könne.1632 Hierauf stimmte der britische Aussenminister Bevin grundsätzlich dem Fusionsgedanken zu, der französische Aussenminister Bidault nahm den Vorschlag zur Kenntnis und der sowjetische Aussenminister Molotow hielt sich zurück. Die amerikanische sowie die britische Regierung stimmten den Fusionsgedanken zu und delegierten die Umsetzung dieser Zonenbildung an die Militärgouverneure. Die Zustimmung des britischen Militärgouverneurs Sir Sholto Douglas am 30. Juli 1946 bewirkte, dass sich die Stäbe der amerikanischen und britischen Militärregierung umgehend zu Verhandlungen zusammensetzen und an den Vorbereitungen der Doppelzone zu arbeiten begannen. In Zusammenarbeit mit den deutschen Länderregierungen wurde eine bizonale Verwaltung geschaffen, was am 5. respektive 11. September 1946 in einer Erklärung unterzeichnet wurde.1633 1629

Die neue Direktive wurde JCS 1779 genannt. Siehe FRUS, 1947, Vol. II, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, Washington 1972, S. 1165 und für den genauen Text in Department of State Bulletin, July 27. 1947, S. 186 –193.

1630

Murphy, S. 307 ff.

1631

Siehe dazu FRUS 1946, Vol. II, Foreign Ministers, United States Delegation Record, Council of Foreign Ministers, Treatment of Germany as an Economic Whole 12.07.1946, S. 908 ff.

1632

Byrnes, S. 261. Siehe auch Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 163 ff.

1633

Latour/Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau, S. 169 ff.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

Das am 2. Dezember 1946 getroffene Byrnes-Bevin-Abkommen, welches am 1. Januar 1947 in Kraft trat, regelte dann unter anderem auch den Kostenanteil beider Staaten für die Unterhaltung gemeinsamer Behörden sowie Fragen des in alliierter Zuständigkeit bleibenden Aussenhandels.1634 Wie auf dem Gebiet der Wirtschaft arbeiteten bis zum Jahresende 1946 auch in anderen Bereichen auf bizonaler Ebene in der Regel zunächst nur die sogenannten Verwaltungsräte. Die zugeordneten Ämter traten erst mit oder nach dem 1. Januar 1947 ins Leben. Die gesamte Übergangszeit dauerte länger als man ursprünglich angenommen hatte, und der gesamte Apparat lief, gemessen an der in den Sommermonaten gezeigten Eile, während des Herbstes und Winter 1946/47 nur schwerfällig.1635 Vom 22. Juli 1947 bis zum 27. August 1947 fanden in London Besprechungen von Vertretern der französischen, britischen und amerikanischen Regierung über das Industrieniveau in der britisch-amerikanischen Zone Deutschlands und über die Verwaltung und Kontrolle der Gruben im Ruhrgebiet statt.1636 Nachdem die französische Delegation angehört worden war, machten Grossbritannien und die Vereinigten Staaten einen gemeinsamen Plan1637 über das deutsche Industrievolumen bekannt.1638 Die Sowjetunion erhob sowohl gegen das Kommuniqué der Londoner Konferenz als auch gegen den Industrieplan für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet Protest. Dabei wurde die Abhaltung der Londoner Dreierkonferenz als im Widerspruch mit den Beschlüssen des Potsdamer Abkommens stehend bezeichnet. Am 30. August 1947 erklärte Marschall Skolowsky im Kontrollrat, der Industrieplan der Bizone verletze die Potsdamer Beschlüsse. Es sei unzulässig, hinter dem Rücken des Kontrollrates, in dem alle vier Besatzungsmächte vertreten sind, Separatabkommen über Probleme zu schliessen, die ganz Deutschland betreffen.1639 Die fünfte Tagung1640 der Aussenminister in London offenbarten die gegensätzlichen Ansichten über ein Nachkriegsdeutschland.1641 1634

Pünder, S. 82ff. Für den Text siehe Germany 1947–1949, The Story in Documents, Bizonal Fusion Agreement, Memorandum of Agreement between the United States and the United Kingdom, 2.12.1946, S. 450 ff.

1635

Pünder, S. 70 ff.

1636

Ruhm von Oppen, S. 238.

1637

Revidierter Industrieplan für die Bizone 1947.

1638

Ruhm von Oppen, S. 239 ff.; German Coal Organization vom 16. July 1947 und Interim Agreement for Internal US/UK use on German Coal Organization, FRUS, 1947, Vol. II, Council of Foreign Ministers, Germany and Austria, Washington, 1972, S. 940 ff.

1639

Siehe auch Telegramm Political Advisor for Germany to Secretary of State, September 1, 1947, FRUS, 1947, Vol II. Council of Foreign Ministers, Washington 1972, S. 1067.

1640

Das Treffen fand vom 25. November bis 15. Dezember 1947 statt.

1641

Siehe FRUS, 1947, Vol II. Council of Foreign Ministers, Washington 1972, S. S. 728, insbesondere aber auch S. 806 ff Memorandum by the Chief of Intelligence Coordination in Austria vom 29.19.1947; Ruhm von Oppen, Extract from Marshall’s Statement proposing the adjournment of the London Session of the council of Foreign Ministers, 25. November– 15. December 1947.

407

408

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Organisatorische Schwächen der Bizone waren von Anfang an erkennbar, einmal durch die politischen Beschränkungen, welche die Bürokratisierung der gelenkten Besatzungswirtschaft nur noch verschlimmern musste, zum anderen wegen der unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen, die in den beiden Zonen seit 1945 entstanden waren. In der britischen Zone bediente man sich der Deutschen vorwiegend als Berater für die etwa 26’000 Beamten der Militärregierung, während die nur 6’300 OMGUS-Beamten sich vor allem als Wächter über die deutschen Selbstverwaltungen verstanden. Bedeutsamerweise drängten die Briten auf eine Integration der Militärregierungen, während Clay separate Stäbe bevorzugte – vermutlich um das Image der Offenheit für den Beitritt anderer Zonen zu wahren.1642

4.

Zusammenführung der westlichen Zonen

Am 22. Januar 1948 unterbreitete und erläuterte Aussenminister Bevin im britischen Unterhaus den Plan, eine Westunion zu bilden und damit den politischen Zusammenschluss Westeuropas einzuleiten. Mit ihm befasste sich die Londoner Sechs-Mächte-Besprechung über Deutschland1643, die die Sowjetunion als eine Verletzung des Potsdamer Abkommens bezeichnete, welches vorgesehen hatte, dass die Verwaltung Deutschlands und die Bestimmung der Politik gegenüber Deutschland von den Besatzungsmächten gemeinsam getragen werde.1644 Die Aussenminister Polens, der Tschechoslowakei und Jugoslawiens kamen am 17./18. Februar 1948 in Prag zusammen und nahmen in einer Erklärung zu der sich abzeichnenden Entwicklung im Sinne der Sowjetunion Stellung. Während der Beratungen in London vollzog sich vom 26. Februar bis 11. März 1948 die Machtergreifung der Kommunisten in Prag. Die Vorgänge in Prag nahmen auf alle Fragen und Gegebenheiten der Grenzgebiete zwischen Ost und West Einfluss; sie beunruhigten die Westmächte insbesondere deshalb, weil sie erkannten, dass ihnen das Gesetz des weltpolitischen Handelns entrissen worden war.1645 Zu dem am 7. Juni 1948 veröffentlichten Abschlusskommuniqué der Londoner Konferenz1646 nahm die Konferenz der Aussenminister der Sowjetunion, Polens, 1642

Jochen Thies, What is going on in Germany?, Britische Militärverwaltung in Deutschland, 1945–1946, in Claus Scharf/Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.) Die Deutschlandspolitik Grossbritanniens und die britische Zone 1945–1949, Wiesbaden 1979.

1643

FRUS, 1948, Vol. II, Germany and Austria, Washington 1973, S. 75 ff. Die Sitzung fand vom 23. Februar bis 6. März 1948 statt.

1644

FRUS, 1948, Vol. II, Germany and Austria, Washington 1973, Schreiben The Soviet Ambassador in Washington to the Acting Secretary of State, 13.02.1948, S. 338 f.

1645

Ernst Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, Handbuch der deutschen Geschichte, 5. Absch., Hrsg. Leo Just, S. 62 ff.

1646

FRUS 1948, Volume II, Communiqué of the London Conference on Germany, Released to the Press on June 7, 1948, S. 313 ff.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

der Tschechoslowakei, Ungarns, Jugoslawiens, Rumäniens und Albaniens vom 23. bis 24. Juni 1948 in Warschau ausführlich Stellung. In ihrer Erklärung nannten sie die Londoner Beschlüsse eine Verletzung des bestehenden Abkommen über Deutschland vornehmlich von Jalta und Potsdam.1647 Sie warfen den sechs Mächten vor, den Westteil Deutschlands und vor allem die Ruhr-Schwerindustrie in ein Werkzeug zur Wiederherstellung des Kriegspotentials Deutschlands zu verwandeln, um dieses für die militärisch-strategischen Ziele der Vereinigten Staaten und Grossbritannien auszunutzen.1648 Die „Warschauer Deklaration“, deren Bekanntgabe mit den Blockademassnahmen der Sowjetunion gegenüber West-Berlin zusammenfiel, blieb ohne Beachtung und Einfluss. Vom 4. bis 17. März 1948 wurde die Brüsseler Fünf-Mächte-Konferenz einberufen. Anlässlich dieser Konferenz schlossen sich Belgien, Frankreich, Luxemburg, Holland und Grossbritannien zu einer Verteidigungsgemeinschaft zusammen.1649 Am 10. März 1948 wurden die Verhandlungen über den Zusammenschluss der drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands aufgenommen und am 8. April 1948 wurde sodann in Washington zwischen den Regierungen der USA, Grossbritanniens und Frankreichs eine Übereinkunft für einen Zusammenschluss der drei westlichen Zonen unterzeichnet.1650 Am 20. März 1948 fiel der Kontrollrat, das oberste Organ der Vier-Mächte-Verwaltung Deutschlands, auseinander. Der Auszug der sowjetischen Vertreter aus dem alliierten Kontrollrat für Deutschland war eine weithin sichtbare Demonstration; er vertiefte die bereits bestehende Isolierung der sowjetischen Besatzungszone noch weiter.1651 Der Kontrollrat, welcher zur Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte in Deutschland durch die Besatzungsmächte errichtet worden war, stand am Ende. Das Kontrollsystem, das errichtet worden war, um Deutschland in der Übergangszeit zu verwalten, hatte sich als unbrauchbar

1647

Pollock/Meisel/Bretton, S. 268.

1648

Ruhm von Oppen, Statement by the Foreign Ministers of the USSR, Albania, Bulgaria, Czechoslovakia, Yugoslavia, Poland, Rumania and Hungary regarding the decisions of the London Conference on Germany, adopted on 24. June 1948 an the Conference in Warsaw, 24 June 1948, S. 300 ff., FRUS 1948, Vol. II, Germany and Austria, Washington 1973, S. 343 ff.

1649

FRUS, 1948, Vol III, Western Europe, S. 54: A treaty of economic, Social and Cultural Collaboration and Collective Self-Defence (Brussel Treaty), March 17, 1948, between Great Britain an Northern Ireland, Belgium, France, Luxembourg and the Netherlands, was signed at Brussels and entered into Force, August 25, 1948; Für den Text siehe American Foreign Policy, 1950–1955, Basic Documents, Vol. I, S. 968 ff.

1650

Siehe dazu Germany 1947–1949, The story in documents, Trizonal Fusion Agreement: Press Statement, 26.04.1949, S. 481.

1651

Siehe Clay, Die Entscheidung in Deutschland, S. 388ff., Ruhm von Oppen, Statement by Sokolovsky at the meeting of the control council, 20. March1948: withdrawal from the council, S. 284.

409

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

erwiesen. Diese Erkenntnis wurde von den Westmächten kurze Zeit später offen ausgesprochen. Am 16. Juli 1948 folgte auch die Sprengung der alliierten Kommandantur nach einer streiterfüllten Sitzung.1652

5.

Berlin-Krise

Am 30. März 1948, zehn Tage nach dem Auszug der sowjetischen Delegation aus dem Kontrollrat, kündigte der stellvertretende sowjetische Militärgouverneur, General Dratvin, verschärfte Kontrollen für den Verkehr zwischen den in WestBerlin stationierten Garnisonen der drei Westmächte und den westlichen Besatzungszonen an; verbunden damit war eine Behinderung des Lastwagen- und Lastkahnverkehrs innerhalb Berlin zwischen dem Sowjetsektor und des Schiffsverkehrs zwischen Berlin und den westlichen Besatzungszonen.1653 Vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 waren alle Wasser- und Landwege zwischen den Westsektoren der Viermächtestadt Berlin und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands gesperrt. Ausgelöst wurde die von der sowjetischen Besatzungsmacht verhängte Blockade durch die getrennten Währungsreformen im Westen und im Osten von Deutschland. Nachdem die Anläufe zu einer gesamtdeutschen Neuordnung des Geldwesens gescheitert waren, entschlossen sich die Westmächte, in ihren Zonen eine separate Währungsreform durchzuführen. Die getrennten Währungsreformen lösten die sowjetische Blockade aus, sie waren aber nicht der Grund für die Abriegelung der Westsektoren. Mit der Sperraktion von Berlin wollten die Sowjets die von den Westmächten geplante Gründung eines deutschen Teilstaates in den drei Westzonen verhindern.1654 Am 28. Juni 1948 entschied US-Präsident Truman definitiv, die US-Truppen nicht aus Berlin zurückzuziehen.1655 General Clay wurde mit dem Aufbau einer Luftbrücke nach

1652

Siehe dazu unter anderem Clay, Die Entscheidung Deutschlands, Frankfurt am Main, 1959, S. 402 ff; aber auch FRUS, 1948, Vol. II, Germany and Austria, Washington 1973, Telegramm United States Political Advisor for Germany to the Secretary of State, April 1, 1948 und Telegramm United States Political Advisor for Germany to the Secretary of State, April 1, 1948, S. 886 ff.

1653

Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, S. 202.

1654

Siehe dazu auch Germany 1947–1949, The story in Documents, Soviet Interference with Access to Berlin, Excerpt from Report on Moscow Discussions, S. 204. Für die Chronologie der Ereignisse während der Berliner Krise vgl. James K. Pollock/James H. Meisel/Henry L. Bretton, Germany under Occupation, Illustrative Materials and Documents, Ann Arbor 1949, Chronological Record of the Conflict over Berlin, S. 215 f.

1655

FRUS, 1948, Vol. II, Germany and Austria, Washington 1973, Telegram Secretary of State to the Embassy of the United Kingdom, June 28, 1948, S. 930 f; Für den Text der Pressekonferenz von Präsident Truman vom 1. July 1948 siehe Public papers of the presidents of the United States, Harry S. Truman, Washington 1964, S. 391 ff.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

Berlin beauftragt, um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern und Zeit für eine friedliche Konfliktbeilegung durch Verhandlungen zu gewinnen.1656

III.

Restitutionspolitik von Kulturgütern in den einzelnen Zonen

Nachdem im alliierten Kontrollrat keine Einigung bezüglich der genauen Durchführung der Restitution erzielt werden konnte, waren die einzelnen Zonenbefehlshaber auf sich alleine gestellt. Zwar war die Restitution von Kulturgütern im Grundsatz vereinbart und gemeinsame Definitionen waren gefunden worden, aber über das wichtigste Mittel, eine alliierte Restitutionskommission, konnte keine Einigkeit erzielt werden. Aus diesem Grund blieb den einzelnen Zonen für die Umsetzung der Restitutionsprinzipien viel Spielraum. Die Amerikaner, in deren Zone sich ca. 80 Prozent aller Beutekunstwerke befunden hatten, waren in der Zeit am meisten an einer schnellen geregelten Rückgabe aller Kunstwerke interessiert. Sie waren es denn auch, die eine Vorreiterrolle in der Handhabung aller Restitutionsbegehren einnahmen und auch Einzelentscheidungen trafen, um die gesamte Arbeit zu beschleunigen.

1.

Anordnungen und Vorgehen bezüglich der Restitution von Kulturgüter, welche verschiedene Zonen betrafen

a)

Interzonaler Transfer von Kulturgüter

Nachdem alle Versuche hinsichtlich der Terminierung der Beendigung einer allgemeinen Restitution und der Einsetzung einer alliierten Restitutionskommission gänzlich gescheitert waren, versuchte die amerikanische Militärregierung mittels eines Vorschlages bezüglich eines Interzonalen Transfers die Restitution zu beschleunigen.1657 Dabei ging es nicht um die Beutekunstwerke, welche das Deutsche Reich nach Deutschland verlagert hatte, vielmehr war damit der Austausch von deutschen Kulturgütern gemeint, die aufgrund des Krieges ausgelagert worden waren und sich nach Kriegsende in einer anderen Zone befanden. Dieses Problem, welches bereits im November 1945 durch den sowjetischen Delegierten im „Allied Education Committee“ aufgebracht worden war, wurde durch die amerikanische Militärregierung wieder aufgenommen. In einem Schreiben an die einzelnen Zonenbefehlshaber wurde eine einheitlich alliierte

1656

Siehe dazu auch Clay, Entscheidung in Deutschland, S. 397 ff.

1657

NA RG 260/Exec Off/Gen. Corr./9, Schreiben „Internal Transfer of Cultural Objects“, 14.01.1946.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Politik bezüglich eines Interzonalen Transfers vorgeschlagen.1658 Dem Schreiben beigefügt war der Entwurf einer Direktive für den interzonalen Transfer von Kulturgütern, welcher vom „Internal Affairs Directorate“ aufgrund der Diskussionen im Allied Education Committee ausgearbeitet worden war. Bereits seit Sommer 1945 waren verschiedentlich Kulturgüter zwischen der britischen und der amerikanischen Zone ausgetauscht worden. Dieser Austausch erfolgte auch aufgrund der gemeinsamen Politik bezüglich der Verlagerungen von Kulturgütern aus dem nach Kriegsende durch die westlichen Alliierten besetzten Gebiet, das später der sowjetischen Zone zugeschlagen wurde.1659 Anfangs des Jahres 1946 fanden erste Gespräche statt, um eine formelle Übereinkunft vorzubereiten.1660 Die amerikanische Militärregierung versicherte dabei, dass keine weiteren Kulturgüter in die USA verlagert würden.1661 Im März 1946 wurde diese informelle Übereinkunft der USA mit Grossbritannien in eine Direktive umgewandelt.1662 Ziel der Vereinbarung war die Entbindung der Militärregierung und der amerikanischen Streitkräfte von ihrer Verantwortung und die Wiedererrichtung deutscher Institute, die einen Bildungsauftrag hatten, indem man ihnen ihre Kulturgüter wieder aushändigte. Die einzelnen Militärregierungen in den verschiedenen Teilen der amerikanischen Zone wurden deshalb autorisiert, genau bezeichnete Kulturgüter den Behörden der britischen Zone zu übergeben. Dabei waren die folgenden Kategorien dem Interzonalen Transfer zugänglich: 2. Cultural, religious, historical and educational objects such as are usually found in museums, collections, archives or libraries are authorized for removal from US Zone in interzonal exchange, in return for the withdrawal of similar material from British Zone, with the following exceptions:

1658

NA RG 260/Exec Off/Gen. Corr./9, Proposed text sent to General Sokolovsky, undatiert.

1659

PRO FO 371/45770, Diverse Telegramme „DON 837, 838, 839 bezüglich „looted art from Western European countries should be moved back into american and british zone“.

1660

Siehe dazu auch NA RG 84/Office Pol. Adv. to Germany/Class. General Corr. 1946/99, OMGUS „Interzonal Exchange of Cultural Objects, between United States and British Zones of Occupation, 4.03.1946. Die amerikanische Militärregierung hatte demnach im Januar 1946 eine Studie über einen möglichen interzonalen Austausch erstellt. Am 8.02. 1946 und am 28.02.1946 fanden zwischen den britischen und den amerikanischen Militärbehörden Verhandlungen zu diesem Thema statt. Dabei wurden sowohl das Prozedere wie auch die Formulierung einer Quittung erarbeitet.

1661

NA RG 84/Office Pol. Adv. to Germany/Class. General Corr. 1946/99, OMGUS Memorandum „Restitution“, 8.02.1946.

1662

NA RG 260/Exec. Off./Gen. Corr./9, Schreiben Interzonal Exchange of Cultural Objects, 18.03.1946. Die Militärregierungsbüros in Bayern, Württemberg-Baden und Grosshessen waren bereits im Januar über eine solche Vereinbarung orientiert worden. Siehe auch IFZ, RG 84/POLAD/743/8 Disposition of allegedly looted work, Schreiben „Interzonal Transfer of Cultural Objects“, Jan. 1946.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen a) Scientific equipment not easily identifiable as part of a museum collection. b) Property of private individuals; unless such property had been on loan to a public institution, for educational purposes, for at least sixty days prior to removal. c) Cultural objects the safety of which would be endangered by the conditions of moving. d) Cultural objects removed from Berlin Military District to the United States Zone.1663

Eine Übergabe konnte lediglich dann erfolgen, wenn ein genügender Beweis vorhanden war, dass das fragliche Kulturgut rechtmässiges Eigentum einer öffentlichen oder anderweitig anerkannten kulturellen Institution war. Der Transport der Kulturgüter wurde jeweils von der antragstellenden Militärregierung ausgeführt.1664 Weder mit dem sowjetischen noch mit dem französischen Zonenbefehlshaber konnte ein ähnlicher Vertrag abgeschlossen werden. Die Sowjetunion hatte diesbezüglich keine Interessen, einerseits räumte sie den Rückführungen deutscher Kulturgüter keine grosse Bedeutung zu und andererseits benutzte sie Kulturgüter teilweise auch als Kriegstrophäen und als Reparationen. Die Franzosen ihrerseits hatten den Transfers sämtlicher deutscher Kulturgüter, welche sich in ihrer Zone befanden, verboten. Die Franzosen sahen in diesen Gütern immer noch mögliche Objekte für eine „restitution in kind“.1665 Erst nachdem die Restitution von französischen Objekten definitiv abgeschlossen war, konnten die Amerikaner im November 1948 mit den Franzosen einen entsprechenden Vertrag abschliessen.1666

b)

Restitution an ehemals feindliche Staaten

i)

Der amerikanische Anfang einer Restitution an ehemals feindliche Staaten

Mit der Direktive „Restitution from Germany and Austria to Italy, Hungary, Rumania and Finland, and from Germany to Austria“ (SWNCC 204/5)1667 wurde dem Zonenbefehlshaber befohlen, eine limitierte Restitution auch an 1663

NA RG 260/Exec. Off./Gen. Corr./9, Schreiben Interzonal Exchange of Cultural Objects, 18.03.1946.

1664

NA RG 260/Exec. Off./Gen. Corr./9, Schreiben Interzonal Exchange of Cultural Objects, 18.03.1946, § 3 a) und d).

1665

PRO FO 1050/42, Report French Policy – Monuments Fine Arts and Archives, 24.09.1946.

1666

Siehe dazu Kurtz, S. 160.

1667

In NA RG 260/Exec. OAG/808 und in NA RG 43/Paris Conf/General/14, Telegramm JCS to USFET, Direktive „Restitution to Ex-Enemies, WARX 99226, 5.03.1946.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Österreich und die anderen ehemaligen Achsenmächte durchzuführen, dies obwohl die Restitutionsvereinbarungen im alliierten Kontrollrat lediglich für Staaten der Vereinten Nationen galten. Zudem wurde General Clay mit dieser Direktive vom 4. März 1946 befohlen, im alliierten Kontrollrat eine Übereinkunft zu erreichen, dass auch ehemalige feindliche Staaten wie Italien, Ungarn, Finnland, Österreich und Rumänien an der Restitution teilnehmen konnten. Auch diese Länder vermissten Kulturgüter, industrielle und landwirtschaftliche Maschinen und Transportmittel, die die deutsche Wehrmacht und die Naziorganisationen ausgelagert hatten und im Deutschen Reich behielten, als sich diese Staaten lossagten.1668 Später wurde die Direktive noch mit Albanien und Bulgarien ergänzt.1669 Die Direktive gab General Clay auch die Kompetenz, falls keine Einigung im Kontrollrat erzielt werden konnte, eine solche mit den westlichen Alliierten zu diskutieren. Zudem wurde General Clay aufgefordert, schon vor einer möglichen alliierten Vereinbarung als vorläufige Massnahmen verschiedene Kategorien von Restitutionsgütern bereits zurückzuerstatten. Neben Industrieerzeugnissen und landwirtschaftlichen Maschinen fielen auch Kulturgüter darunter: Works of art and cultural works of either religious, artistic, documentary, scholastic or historic value including, as well as recognized works of art, such objects as rare musical instrument, books and manuscripts, scientific documents of an historic or cultural nature and all objects usually found in museums, collections, libraries and historic archives.1670

Im Unterschied zu den anderen Kategorien befanden sich sämtliche von den Deutschen während der in § 4 der Direktive definierten Besatzungszeit ausgeführten Kunstwerke unter dem Restitutionsgut. Es musste sich also nicht um Güter handeln, die mittels Gewalt oder Zwang von den Deutschen entfernt worden war.1671 Zur gleichen Zeit wurden die amerikanischen Botschaften in Rom, Wien, Bukarest, Budapest und Helsinki benachrichtigt, dass sie die betreffenden Regierungen über das vorgesehene Restitutionsprogramm informieren konnten und diese auffordern sollten, ihre Begehren zu stellen.1672 1668

FRUS 1946, Vol. 2, Council of Foreign Ministers, S. 526.

1669

NA RG 260/Exec/OAG/808, Restitution from Germany to Bulgaria and Albania.

1670

NA RG 43/Paris Conf/General/14, Telegramm JCS to USFET, Direktive „Restitution to Ex-Enemies“, WARX 99226, 5.03.1945, § 2a. Ebenfalls in RG NA 260/Exec Off/Gen. Corr/9.

1671

NA RG 260/Exec. OAG/808, Memorandum Restitution from Germany and Austria to Italy, Hungary, Rumania and Finland, and from Germany to Austria (SWNCC 204/5), Enclosure § 6.

1672

NA RG 260/Property Division/R+D Branch/722, Memorandum Political Advisor for Germany, Message sent to the Embassy of Rome, 28.10.1945. Siehe auch NA RG 84/Office Pol. Adv. To Germany/Class. Gen. Corr. 1947/130, Memorandum on Restitution from

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

Bereits am 23. März 1946 beantragte die amerikanische Militärregierung eine Wiedererwägung der Direktive, da durch die Direktive erstens eine Gefahr des Kollapses der deutschen Wirtschaft in der amerikanischen Zone bestand und zweitens die Meinung vertreten wurde, dass die Direktive im alliierten Kontrollrat keine Chance hätte. Die amerikanische Regierung bestand jedoch auf der Durchsetzung der Direktive. Daraufhin opponierte OMGUS mit dem Hinweis, dass sie an die Vereinbarungen des alliierten Kontrollrates gebunden sei, welche eine Restitution an ehemals feindliche Staaten verbiete. Trotzdem legte die amerikanische Delegation den Vorschlag bezüglich einer Restitution an die ehemals feindlichen Staaten dem Coordinating Committee im Kontrollrat vor.1673 Die britische Militärregierung und das britische Aussenministerium waren aufgrund der amerikanischen Direktive irritiert.1674 Sie fanden, ein unilaterales Vorgehen der Amerikaner sei nicht sehr förderlich. Die Briten zögerten eine Restitution mit den ehemals feindlichen Staaten heraus und kamen den Aufforderungen, eine Restitution auch an solche Staaten zu erlauben, nicht nach.1675 Sie sahen vor, mit der Restitution bis zu einem Abschluss eines Friedensvertrages zuzuwarten. Tatsächlich kam es wie vorerwähnt zumindest bei den westlichen Besatzungsmächten zu keiner „restitution in kind“

c)

Verhandlungen im alliierten Kontrollrat

Am 26. Juni 1946 traf sich das „Coordinating Comittee“ in Berlin, und die USA stellte ihren Entwurf bezüglich der Restitution an ehemals feindliche Staaten vor.1676 General Clay führte anlässlich dieser Sitzung aus, dass die Sowjetunion

Germany to Austria, S. 14. Zugelassen waren dabei Begehren von Objekten, welche in Italien zwischen dem 3.09.1943 und dem 15.05.1945, in Ungarn zwischen dem 20.01.1945 und dem 15.05.1945, in Österreich zwischen dem 12.03.1938 und dem 15.05.1945, in Rumänien zwischen dem 12.09.1944 und 15.05.1945 und in Finnland zwischen dem 19.09.1944 und dem 15.05.1945 von den Deutschen entfernt oder beschlagnahmt und nicht mehr zurückgegeben worden war. Siehe dazu NA RG 43/Paris Conf/General/14, Telegramm JCS to USFET, Direktive „Restitution to Ex-Enemies, WARX 99226, 5.03.1945, § 4b“. Für Bulgarien galt der Zeitraum vom 9.09.1944 bis 15.05.1945 und für Albanien jener vom 25.07. 1943 bis 15.05.1945. Siehe dazu NA RG 260/Exec/OAG/808, Restitution from Germany to Bulgaria and Albania. Auch PRO FO 942/510, Telegram from Budapest to Foreign Office, 6.03.1946. Die Amerikaner sollen eine Weisung erlassen haben, um sämtliche gestohlenen Güter an Ungarn retournieren zu können. 1673

NA RG 43/Paris Conference/14, Telegramm from Berlin to Washington mit einem Protokoll der Sitzung des Coordinating Committee vom 27.06.1945.

1674

PRO FO 942/510, Telegramm ACABRIT Vienna to Troopers, 30.03.1946.

1675

PRO FO 942/510, Schreiben Foreign Office an Control Office, 10.04.1946.

1676

PRO FO 943/49, Telegramm Berlin to Foreign Office, 26.06.1946. Vgl. auch Entwurf des amerikanischen Delegierten, Additional Nations to be declared eligible for Restitution (CORC/P(46)221, 25.06.1946.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

schon mehrere Male bezüglich Rückgaben an Ungarn nachgefragt hätte und aus diesem Grund sicher auch an einer Lösung interessiert sei. Aufgrund der Rechtssicherheit und der Rechtsgleichheit sollte dieselbe Frage auch bezüglich Österreichs, Italiens, Rumäniens und Finnlands gestellt werden. Nach einer kurzen Debatte wurde der Entwurf zur weiteren Besprechung dem Directorate Reparation Deliveries and Restitution überwiesen.1677 Der Entwurf beinhaltete eine beschränkte Restitution an diese Staaten. Auch der USA war es daran gelegen, dass erst die alliierten Staaten ihre Forderungen gemäss der Definition des Begriffes „Restitution“1678 befriedigen konnten, bevor die ehemals feindlichen Staaten ihre Forderungen stellten. Dabei wurden im Entwurf die Restitutionsansprüche auf einige wenige Kategorien von Restitutionsgütern beschränkt. Die Kategorien betrafen diejenigen Güter, welche die amerikanische Regierung bereits mit der Direktive an General Clay freigegeben hatten. Darunter befand sich auch die Kategorie mit den Kulturgütern. Unter Kulturgüter fielen Kunstgegenstände und Kulturgüter aller Art sowie religiöse und spirituelle Gegenstände. Auch Bücher, Musikinstrumente und Manuskripte, welche historischen Wert besassen und aus Museen, Sammlungen, Bibliotheken oder historischen Archiven stammten, gehörten dazu. Am 12. Juli 1946 wurde der amerikanische Entwurf über die Restitution an ehemals feindliche Staaten dem Directorate RDR übergeben.1679 An der Sitzung des Directorate RDR zu diesem Thema vom 16. Juli 1946 führte der französische Delegierte aus, dass er zuerst seine Regierung kontaktieren müsse. Des Weiteren war der sowjetische Delegierte der Ansicht, dass das Directorate das Problem nicht prinzipiell lösen könne. Es sei deshalb notwendig, dass zuerst die Regierungen entscheiden würden, ob eine Restitution an solche Staaten überhaupt in Frage käme.1680 Im August forderte der amerikanische Delegierte im Control Council die anderen alliierten Staaten auf, Stellung zur Frage zu beziehen.1681 Während die Amerikaner sich intensiv mit der Frage auseinandersetzten und auch einen Vorschlag bezüglich der Zeitspanne vorbrachten, in der die Deutschen in den einzelnen Staaten gehandelt haben mussten, damit eine Restitution überhaupt in Frage kam, sahen sich die anderen Delegierten nicht in der Lage, überhaupt über die Frage zu diskutieren.1682 Die amerikanische Delegation stellte anlässlich der Pariser Konferenz im 1677

PRO FO 943/49, ACA Coordinating Comittee, Minutes of 61st Meeting, 26.06.1946, CORC(46)32.

1678

Vom Control Council am 21.01.1946 unter CONL/P(46)3 Revised in Kraft gesetzt.

1679

PRO FO 943/49, ACA DRDR, Additional nations to be declared eligible for a restitution, 12.07.1946, DRDR/P(46)83.

1680

PRO FO 943/49, ACA, DRDR, Minutes of 38th Meeting, 16.07.1946. Siehe auch ACA DRDR Meeting vom 15.08.1945, DRDR/Memo(46)70.

1681

PRO FO 943/49, ACA, DRDR, Minutes of 37th Meeting, 20.08.1945, CONL/M(46)22.

1682

Siehe dazu auch PRO FO 943/49, ACA CORC, Additional Nations to be declared Eligible for Restitution, 23.08.1945, CORC/P(46)279.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

August 1946 fest, dass es keine Indikationen gab, dass die anderen alliierten Kontrollratsstaaten bezüglich des amerikanischen Vorschlags von ihren Regierungen definitive Instruktionen erhalten hatten.1683 Dabei kam hinzu, dass die gesamte Angelegenheit der Behandlung der ehemals feindlichen Staaten auch anlässlich der Friedensverhandlungen mit diesen Staaten verhandelt werden musste, weshalb beide Fragen in einem Spannungsfeld zueinander standen. In einem späteren Zeitpunkt im Herbst 1946 wollte der sowjetische Delegierte noch einige Änderungen zum amerikanischen Vorschlag einfügen und so auch Bulgarien mit den Restitutionen begünstigen. Zweitens wollte er die Restitution an Österreich limitieren. Ausserdem sollte man die Restitution von Gold, Versicherungen und ausländischer Währung, welche die Deutschen mitgenommen hatten, als weitere Kategorien einfügen.1684 Während die Sowjetunion ein Problem darin sah, dass bei einer zu grossen Beteiligung von Staaten an der Restitution und Reparation sie eventuell nicht ganz befriedigt werden konnten, aber grundsätzlich mit Einbezug der vorerwähnten Abänderungswünschen mit dem amerikanischen Entwurf einverstanden war, schloss der französische Delegierte den Vorschlag absolut aus. Erst wenn bezüglich Frankreich und der anderen Staaten der Vereinten Nationen die Restitution abgeschlossen sei und insbesondere die französischen Restitutionen aus Ungarn erfolgt seien, würde man zustimmen.1685 Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten zwischen OMGUS und der amerikanischen Regierung sowie der Uneinigkeit im alliierten Kontrollrat wurde auch die Restitution an die ehemals feindlichen Staaten weiter aufgeschoben. Lediglich im Rahmen der „Interim-Restitution“ wurden Rückgaben vorgenommen, welche Kulturgüter, Transportschiffe und ungarische Feuerwehrausrüstung betrafen.1686 Aufgrund dieser Situation waren die Amerikaner mit verschiedenen Problemen konfrontiert. Auf der einen Seite stellte man fest, dass es sehr schwie-

1683

NA RG43/Paris Conference, Memorandum „Responsibility for Failure to Obtain Quadripartite Agreement in the Allied Control Authority on Restitution to Hungary and Other Ex-Enemy States“, 27.08.1945.

1684

PRO FO 943/49, ACA, CORC, Additional Nations as to be declared eligible for Restitution, 14.09.1946, CORC/P(46)279 Revise.

1685

PRO FO 943/49 Extract from CORC/M(46)65 14.12.1946. Siehe auch NA RG 84/Office Pol. Adv. To Germany/Class. Gen. Corr. 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany to Austria, S. 15. Die Franzosen wichen im Laufe der Zeit von ihrer anfänglichen Meinung ab, insbesondere nachdem durch Vermittlung der amerikanischen Regierung sämtliche Restitutionsforderungen Frankreichs von Ungarn erfüllt wurden. Der Vorschlag, den die Franzosen präsentierten und welcher eine Limitierung der Forderung vorsah, wurde jedoch von General Clay abgelehnt. Die diesbezügliche Weigerung erfolgte trotz der Gutheissung des französischen Vorschlages durch die amerikanische Regierung.

1686

NA RG 84/Office Pol. Adv. To Germany/Class. Gen. Corr. 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany to Austria, S. 15.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

rig sein würde, Staaten wie Ungarn mitzuteilen, dass man aufgrund eines negativen Entscheides im alliierten Kontrollrat keine Restitutionsgüter aushändigen könne, obwohl man bereits einige Güter geliefert hatte. Zudem gab es ja auch eine JCS-Direktive, welche dem Zonenkommandanten befahl, schon vor einer Übereinkunft aller vier Mächte mit der Restitution zu beginnen. Auf der anderen Seite stand jedoch die Kontrollratsdirektive vom 17. April 1946, welche dadurch verletzt wurde. Darauf bezog sich auch OMGUS und verweigerte die Ausführung der Restitution an die ehemals feindlichen Staaten. Aus diesem Grund wurden in dieser Zeit auch nur sehr wenige Objekte diesen Staaten ausgehändigt.

2.

Friedensverträge

a)

Regelungen bezüglich der Restitution von Kulturgütern

Die europäischen Friedensverträge von 1947 enthalten ebenfalls Gesetzesbestimmungen bezüglich der Restitution von Kulturgütern.1687 Ausser im Friedensvertrag mit Finnland basieren alle Verträge bezüglich der Restitutionsprinzipien auf der Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943. Diese Erklärung wird in den jeweiligen Verträgen denn auch explizit erwähnt. So heisst es zum Beispiel im Friedensvertrag mit Italien: „Ziff 1. Italy accepts the principles of the United Nationas Declaration of 5. January 1943 and shall return in the shortest possible time, property removed from the territory of any United Nations. Ziff 2. The obligation to make restitution applies to all identifiable property at present in Italy which was removed by force or duress by any of the Axis Powers from the territory of any of the United Nations, irrespective of any subsequent transactions by which the present holder of any such property has secured possession.“

Indem die Londoner Erklärung in die Friedensverträge integriert wurden, bekamen die dort eingefügten Prinzipien auch eine formelle Akzeptanz. Da die Friedensverträge grundsätzlich einfache völkerrechtliche Verträge darstellen, kann davon ausgegangen werden, dass die Prinzipien nun zum ersten Mal als klar rechtlich bindend angesehen werden können. Es darf dabei aber nicht übersehen werden, dass es sich bei diesen Verträgen um die Vorlage von Bedingungen der Sieger an die Besiegten im Krieg handelte, die letztere unter Zwang annehmen mussten. Dementsprechend wird auf Seiten der Besiegten kaum von

1687

Siehe European Peace Treaties after World War II, Supplementary to Documents on American Foreign Relations, VIII, 1945–1946, an IX, 1947, Worcester, Mass. 1954. Die Londoner Erklärung wird in folgenden Artikeln erwähnt: Italien Art. 75, Rumänien Art. 23, Bulgarien Art. 22, Ungarn Art. 24. Der Umfang der Restitution wird im Friedensvertrag mit Finnland in Art. 24 geregelt.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

einer Rechtsüberzeugung hinsichtlich der Vertragsinhalte gesprochen werden können, zumal Restitutionen zumeist nur von ihrer Seite geleistet werden mussten.1688 Die Verpflichtung zur Restitution galt sowohl für sämtliches Eigentum der alliierten Staaten als auch der Vereinten Nationen, welches sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Friedensvertrages innerhalb des Gebietes des ehemals feindlichen Staates befand. Es galt aber auch für solches Eigentum, welches sich in Drittländern unter der Herrschaft von Personen, welche unter der Gerichtsbarkeit des diesbezüglichen ehemals feindlichen Staates standen, befand.1689 Im Unterschied zu den Friedensverträgen von 1919 wurde die Restitution in örtlicher Hinsicht auf Eigentum, wo immer es aufgefunden wird, ausgedehnt. Die Gesetzesnorm verpflichtete die ehemals feindlichen Staaten, alle Personen, die sich unter ihrer Gerichtsbarkeit befanden, aufzufordern, Restitutionsgüter, welche in Drittländern lagen, zurückzugeben. In Ziffer 2 wird nochmals genauer erklärt, wann Güter in die Restitution fallen würden. Die Verpflichtung der Rückgabe bestand für sämtliches Eigentum, welches unter Zwang oder Gewalt von einem Staat der Achsenmächte auf dem Gebiet von Staaten der Vereinten Nationen entzogen wurde. Diese Definition kann zugleich als eine Art Legaldefinition der „Enteignungshandlungen“ („dispossessions“) der Londoner Erklärung angesehen werden.1690 Dies bedeutet, dass es wiederum darum geht, inwieweit, wenn überhaupt, die Achsenmächte das Recht hatten, ins Eigentum, in die Rechte, Anrechte und Vermögenswerte, welche sich im besetzten oder mittelbar oder unmittelbar kontrollierten Gebiet befinden oder befunden hatten, zu greifen.1691 Aufgrund der Interpretation der Londoner Erklärung will die in Ziffer 2 statuierte Norm es gegebenenfalls ermöglichen, jede Enteignungshandlung zu erfassen, selbst wenn sie sich unter einem scheinbar gesetzmäßigen Geschäft verbirgt und selbst wenn die Ausrede gebraucht wird, dass die betreffende Übertragung oder Veräußerung ohne jeden Zwang getätigt worden ist. Aufgrund dessen kann davon ausgegangen werden, dass es nicht um die Nichtigkeit sämtlicher Übertragungen von Vermögenswerten gegangen war. Des Weiteren ist auch ersichtlich, dass der gutgläubige Erwerb von restitutionspflichtigen Gegenständen nicht möglich war, indem es in den Friedensverträgen klar heisst, dass unter Zwang oder Gewalt entfernte Gegenstände unabhängig von späteren Transaktionen als rückgabepflichtig erachtet werden.1692 Auch in einem weiteren Punkt statuieren die Friedensverträge Normen, welche direkten Einfluss auf die Restitution von Kulturgütern haben. In den Friedens1688

Siehe auch Fiedler, Die Alliierte (Londoner) Erklärung vom 5.01.1943, S. 203.

1689

Siehe dazu auch Martin, S. 275 f.

1690

Siehe Weber, S. 39.

1691

Siehe auch Seite 219 ff.

1692

Gleiche Meinung auch Arndt, Anmerkung zu OLG Hamburg vom 3.2.48, Süddeutsche Juristenzeitung 1948, S. 323 f. und Weber, S. 55.

419

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

verträgen von 1947 wurde die noch im Versailler Vertrag von 1919 geübte Zurückhaltung bezüglich einer „restitution in kind“, aufgegeben worden. So steht zum Beispiel im Friedensvertrag mit Italien: Ziff. 9

„If, in particular cases, it is impossible for Italy to make restitution of objects of artistic, historical or archaeological value, belonging to the cultural heritage of the United Nation from whose territory such objects were removed by force or duress by Italian forces, authorities or nationals, Italy shall transfer to the United Nation concerned objects of the same kind as, and of approximately equivalent value to, the objects removed, in so far as such objects are obtainable in Italy.“ 1693

Die gleiche Norm findet sich auch in den Friedensverträgen mit Bulgarien und Ungarn.1694 Die Verträge mit Finnland und Rumänien enthielten jedoch keine vergleichbaren Bestimmungen. Die „restitution in kind“ gab in späterer Zeit immer wieder Anlass zu Diskussionen.1695 So einfach die „Restitution in Kind“ tönt, so schwierig war sie jedoch zu verwirklichen. Komplikationen gab es da nur schon bei der Entscheidung, was ein analoger Gegenstand ist und aus was für Sammlungen diese Gegenstände genommen werden sollten. Vereinzelte Rechtsgelehrte wollten die Restitutionspflicht auf Objekte beschränken, die entweder aus der nationalen Kultur des beraubten Landes stammen oder die aus anderen Gründen, etwa einer langen Verbundenheit mit seiner Geschichte, zu dessen nationalem Kulturerbe zählen.1696 „Objects of the same kind“ seien somit nicht schon dann gegeben, wenn sie derselben äusseren Gattung angehörten. Gebe es keine Stücke mit den geforderten zusätzlichen Voraussetzungen in Italien, werde dieses entsprechend dem Zusatz „in so far as such objects are obtainable in Italy“ von der Leistungspflicht frei. Turner lehnt denn auch diese Auffassung ab und begründet dies, indem im Kriegsrecht mit dem gegebenen Bestand an Kulturgütern die allgemeinen kulturellen Interessen geschützt werden. Eine Beschränkung auf Stücke, die in einer besonderen Beziehung zur Kultur des beraubten Landes stehen, finde gerade nicht statt und lasse sich auch nicht der Formulierung „belonging to the cultural heritage of the United Nations“ entnehmen.1697 Erstaunlich ist, dass in den Friedensverträgen die „restitution in kind“ nicht auf Gegenstände von grosser Seltenheit beschränkt wurde, wie dies bereits am 18. September 1946 vom Coordinating Comitee des Kontrollrates

1693

Siehe Friedensvertrag mit Italien, Art. 75.

1694

Friedensvertrag mit Bulgarien, Art. 22 Ziff. 3. Friedensvertrag mit Ungarn, Art. 24 Ziff. 3. eine entsprechende Klausel fehlt in den Friedensverträgen mit Finnland und Rumänien. Im Vertrag mit Italien wurde überdies eine „restitution in kind“-Regelung auch im Hinblick auf Währungsgold statuiert.

1695

Siehe dazu auch S. 400 ff.

1696

Siehe Engstler, S. 163. Ebenfalls aufgeführt von Turner, Zuordnung beweglicher Kulturgüter, S. 65.

1697

Turner, Zuordnung beweglicher Kulturgüter, S. 65.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

genehmigt worden war. Obwohl die Fragen nach der Abgrenzung, wenn die Objekte nicht aus der Nationalkultur des betroffenen Landes stammen, und der Vergleichbarkeit von Kulturgütern sehr interessant sind, mussten diese Fragen nie genauer ausgelegt werden, da die UdSSR sich weigerte, ein „replacement“ in irgendeiner Art durchzuführen, und auch die USA absolut keine Anstrengungen unternahmen, die „restitution in kind“ durchzusetzen.1698

b)

Einfluss der Friedensverträge auf die Restitution an die ehemals feindlichen Staaten

Erst mit dem Abschluss der Pariser Friedensverträge wurde die Restitution auch an ehemalige feindliche Staaten möglich. Nach Unterzeichnung der Friedensverträge erlaubten die britischen Behörden den verschiedenen Restitutionskommissionen aus den ehemals feindlichen Ländern den Eintritt in die britische Zone und begannen mit den Restitutionsarbeiten.1699 Unter Berücksichtigung der Friedensverträge begann nun OMGUS mit den Restitutionen. Dabei waren zwei Faktoren für die Durchführung dieser Restitution problematisch. Erstens war aufgrund der Friedensverträge eine Restitution von Deutschland an diese ehemaligen Achsenmächte keinesfalls obligatorisch. Zweitens ergab sich zwischen den in der Direktive SWNCC 204/5 genannten Zeiträumen, in denen eine Wegnahme durch das Deutsche Reich hatte erfolgen müssen, damit eine Berechtigung auf die Rückerstattung entstand, und den in den einzelnen Friedensverträgen genannten Zeiträumen eine Diskrepanz. Da die Direktive „Restitution from Germany and Austria to Italy, Hungary, Rumania and Finland, and from Germany to Austria“ (SWNCC 204/5) vor den Friedensverhandlungen bereits Gültigkeit besass und die amerikanischen Versprechungen bezüglich der Restitution an die ehemals feindlichen Staaten auf dieser Direktive basierte, wurde sie aber auch weiter für die Beurteilung einer Restitutionsforderung angewendet.1700

1698

Siehe dazu S. 401.

1699

Siehe dazu auch PRO FO 943/49, Telegram Berlin to Control Office, 10.02.1947. Aufgrund des am 10.02.1947 unterzeichneten Friedensvertrags mit Italien verlangten diese gestützt auf Artikel 77 Abs. 3 des Vertrages die Rückgabe von Gütern, welche die Deutschen aus Italien herausgenommen hatten.

1700

Siehe dazu auch NA RG 84/Office Pol. Adv. To Germany/Class. Gen. Corr. 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany to Austria, S. 17. Es wird darin aber nicht abschliessend Stellung bezogen.

421

422

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

c)

Ungarische Kronjuwelen

Nicht alle Restitutionsgüter konnten den ehemaligen feindlichen Staaten problemlos übergeben werden. Immer wieder waren insbesondere politische Umstände schuld, dass Güter, auch Kulturgüter, nicht restituiert werden konnten und die Alliierten als Treuhänder noch über längere Zeit die Güter aufbewahren mussten. Gründe gab es mehrere. Ein Grund war sicher, dass aufgrund der OstWest-Problematik die westlichen Alliierten bedacht waren, so wenig wie möglich den unter sowjetischem Einfluss oder Besetzung stehenden Gebieten zurückzugeben.1701 Zu gross waren die Befürchtungen, dass solche Güter von der Sowjetunion beansprucht würden. Ein anderer Fall waren die ungarischen Kronjuwelen. Im Mai 1945 wurden diese wertvollen Kulturgüter, darunter auch die Stephanskrone, von einem ungarischen General in das Quartier der 7. Armee gebracht und den dortigen amerikanischen Truppen übergeben.1702 Sie wurden danach von den MFAA-Offizieren gereinigt und vorerst in die Frankfurter Reichsbank gebracht.1703 Später wurden die Kronjuwelen von der Finanzabteilung der amerikanischen Militärregierung nach Wiesbaden in den Collecting Point gebracht.1704 Da die politische Lage in Ungarn nach dem Krieg sehr unstabil war und der damalige Ministerpräsident Ferenc Nagy befürchtete, dass die Kronjuwelen Unruhen auslösen würden, wurden sie nach Fort Knox/USA zur Aufbewahrung geschickt. Die USA führte in späterer Zeit immer wieder aus, dass es sich nicht um Beutekunst handeln würde, sondern dass sich die USA als Treuhänder sahen, um die Kronjuwelen dem ungarischen Volk wieder zu übergeben. Aufgrund des Kalten Krieges und des Umstandes, dass Ungarn unter kommunistischen Einfluss geriet, wurde die Rückerstattung hinausgezögert und die ungarischen Forderungen und Drohungen übergangen. Erst im Jahre 1977 entschied die USA unter Präsident Carter, die Kronjuwelen nach Ungarn zurückzuführen. Die USA wollten damit die Beziehungen zu Ungarn wieder aufbauen und bezüglich der anderen kommunistischen Staaten ein Zeichen setzen. Doch war die Rückführung von einer grossen Kontroverse begleitet; ungarische Flüchtlinge protestierten vor dem Weissen Haus, und mancher amerikanische Politiker sah die Rückgabe dieses ungarischen Statussymbol an eine kommunistische Regierung als falsches Zeichen im Kampf gegen den Kommunismus. Trotzdem brachten Aussenminister Cyrus Vance und Abgeordnete des Parla1701

Siehe dazu S. 433 ff.

1702

Über die Art und Weise der Übergabe gibt es verschiedene Berichte. Siehe dazu auch The Return of the Holy Crown of St. Stephan in http://budapest.usembassy.gov/crown.htm und Nicholas, Raub der Europa, S. 566 f.

1703

Siehe auch Rorimer, S. 155 ff.

1704

NA RG 260/427/Office Finance Division, Shipment of the Prussian and Hungarian Crown jewels, 17.09.1945.

20. Kapitel: Beginn der Restitution von Kulturgütern in den westlichen Zonen

mentes am 6. Januar 1978 die Stephanskrone und die anderen Gegenstände nach Ungarn zurück.1705 Mehrere Autoren stellen denn gerade das Aufbewahren der Kronjuwelen im Fort Knox als Beispiel dar, dass auch die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Kriege Kunstwerke erbeutet und in die USA verbracht hatten. Doch bei genauer Betrachtung ist die Aufbewahrung als Treuhänder in den einschlägigen Akten seit Beginn genau erkennbar, und der ungarischen Regierung war dies im damaligen Zeitpunkt bekannt. Eine Aneignungsabsicht der USA bezüglich der ungarischen Kronjuwelen kann ausgeschlossen werden. Obwohl die Kronjuwelen in keiner Art und Weise je Raubkunst darstellten, muss man sich allerdings die Frage stellen, inwieweit überhaupt Kulturgüter als Köder oder Druckmittel für die Lösung politischer Probleme dienen dürfen oder sollen.

IV.

Fazit

Die USA nützten alle Möglichkeiten, um möglichst schnell die grosse Verantwortung der Aufbewahrung und Sicherung der sich in ihrer Zone befindenden Kulturgüter los zu werden. Neben der Interimsrestitution initiierte die USA auch einen interzonalen Transfer von Kulturgütern. Jedoch konnte nur mit der britischen Besatzungszone ein diesbezüglicher Vertrag abgeschlossen werden. Zu unterschiedlich waren die Interessen der anderen Besatzungszonen. Bereits früh wurde dem amerikanischen Zonenbefehlshaber befohlen, auch an die ehemals feindlichen Staaten eine limitierte Restitution durchzuführen, obwohl damit gegen eine Kontrollratsdirektive verstossen wurde. Die Verhandlungen im Alliierten Kontrollrat wurden jedoch bis zum Abschluss der Friedensverträge aufgeschoben. Der Abschluss der Friedensverträge war für die einzelnen Staaten hart. Die ehemals feindlichen Staaten konnten nur Restitutionsansprüche im Rahmen der in den Friedensverträgen genau bezeichneten Zeiträumen geltend machen und von den Alliierten die Rückerstattung beantragen. Sie mussten grundsätzlich auf alle direkten Forderungen gegenüber Deutschland verzichten und sogar damit rechnen, dass mit eigenen Kulturgütern allfällige Forderungen auf verloren gegangenes Kulturgut eines Mitgliedstaates der Vereinten Nationen beglichen werden mussten. Unter Berücksichtigung der Friedensverträge begann die USA mit den Restitutionen von Kulturgütern an die ehemals feindlichen Staaten, dies obwohl sie nicht dazu verpflichtet waren, und obwohl es zur diesbezüglichen Direktive eine Diskrepanz gab. Die Restitutionen sind indessen vor allem politisch zu sehen. Es ging der USA wohl darum, bei diesen Staaten ein positives Zeichen zu setzen. Die USA wollten damit ihr Verhältnis zu diesen

1705

The New York Times, 12.12.1977 und 6.01.1978. Auch in Nicholas, Raub der Europa, S. 567.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Staaten verbessern und Einfluss gewinnen, um den Vormarsch des Kommunismus, den die USA im gesamten europäischen Raum befürchtete, bekämpfen zu können.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und der britischen Zone I.

Einleitung

Die äussere (external) Restitution bezog sich auf Eigentum von Bürgern der alliierten Staaten, das von den Nazis in den ehemals besetzten deutschen Gebieten weggenommen und nach Deutschland verbracht worden war. Es schloss auch solche Gegenstände ein, die unter vertraglichem Zwang hergestellt worden waren. Die äussere Restitution war die Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung. Die erzwungene Wegnahme von Vermögenswerten durch einen Staat ausserhalb seiner Grenzen gilt als völkerrechtliches Unrecht, das – soweit möglich – in der Form der Restitution wieder gutgemacht werden soll. Aktiv legitimiert ist der Siegerstaat; passiv legitimiert ist der besiegte Staat; überhaupt nicht legitimiert ist der geschädigte Bürger des Siegerstaates. Die äussere Restitution setzte keine nationalsozialistischen Verfolgungsmassnahmen voraus. Sie verlangte lediglich die Wegnahme unter Zwang, mit oder ohne Befehl, Diebstahl, Requisition oder andere Formen erzwungener Besitzentziehung einer Sache und deren Verbringung nach Deutschland.1706 Als Rechtsgrundlage für die äussere Restitution ist die Kontrollratsproklamation Nr. 2 zu sehen. In den Ziffern 19 a) bis c), die auf der Londoner Erklärung basieren, werden die Eckwerte für die verschiedenen Besatzungsmächte im Bereich der Restitution erlassen. Die amerikanische Militärregierung erhielt zudem von ihrer Regierung und dem Präsidenten, als Oberkommandierender der amerikanischen Streitkräfte, über den JCS verschiedene Direktiven. Es ist zu überprüfen, ob in der amerikanischen wie auch in der britischen Besatzungszone die Restitution gemäss den rechtlichen Vorgaben durchgeführt wurde.

1706

Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, Band I, S. 342.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Staaten verbessern und Einfluss gewinnen, um den Vormarsch des Kommunismus, den die USA im gesamten europäischen Raum befürchtete, bekämpfen zu können.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern in der amerikanischen und der britischen Zone I.

Einleitung

Die äussere (external) Restitution bezog sich auf Eigentum von Bürgern der alliierten Staaten, das von den Nazis in den ehemals besetzten deutschen Gebieten weggenommen und nach Deutschland verbracht worden war. Es schloss auch solche Gegenstände ein, die unter vertraglichem Zwang hergestellt worden waren. Die äussere Restitution war die Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung. Die erzwungene Wegnahme von Vermögenswerten durch einen Staat ausserhalb seiner Grenzen gilt als völkerrechtliches Unrecht, das – soweit möglich – in der Form der Restitution wieder gutgemacht werden soll. Aktiv legitimiert ist der Siegerstaat; passiv legitimiert ist der besiegte Staat; überhaupt nicht legitimiert ist der geschädigte Bürger des Siegerstaates. Die äussere Restitution setzte keine nationalsozialistischen Verfolgungsmassnahmen voraus. Sie verlangte lediglich die Wegnahme unter Zwang, mit oder ohne Befehl, Diebstahl, Requisition oder andere Formen erzwungener Besitzentziehung einer Sache und deren Verbringung nach Deutschland.1706 Als Rechtsgrundlage für die äussere Restitution ist die Kontrollratsproklamation Nr. 2 zu sehen. In den Ziffern 19 a) bis c), die auf der Londoner Erklärung basieren, werden die Eckwerte für die verschiedenen Besatzungsmächte im Bereich der Restitution erlassen. Die amerikanische Militärregierung erhielt zudem von ihrer Regierung und dem Präsidenten, als Oberkommandierender der amerikanischen Streitkräfte, über den JCS verschiedene Direktiven. Es ist zu überprüfen, ob in der amerikanischen wie auch in der britischen Besatzungszone die Restitution gemäss den rechtlichen Vorgaben durchgeführt wurde.

1706

Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, Band I, S. 342.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

II.

Restitutionspolitik in der amerikanischen Zone

1.

Grundsätze für die äussere Restitution von Kulturgütern

a)

Befehl JCS 1779 und seine Auswirkungen auf die Restitutionspolitik

Am 15. März 1947 wurde General Clay offiziell zum Militärgouverneur von Deutschland ernannt. Im Juli 1947 erhielt Clay eine neue Direktive, JCS 1779 „Directive to the Commander in Chief of the United States Forces of Occupation regarding the Military Government in Germany“, datiert vom 11. Juli 1947 und gleichentags veröffentlicht, die seine Tätigkeit in einen neuen Rahmen stellte.1707 Diese Direktive war schon seit Frühjahr 1946 und verstärkt nach der Stuttgarter Rede des amerikanischen Aussenministers Byrnes vom State Department entworfen und bearbeitet worden. Sie löste dabei die JCS 1067/6 und deren Zusätze ab. Kern der Direktive JCS 1779 bildete der Gedanke, den Wiederaufbau der grossen Produktionszentren Deutschland und Japan voranzutreiben. Die amerikanische Regierung war davon überzeugt, dass der Wiederaufstieg von Europa und Asien in entscheidendem Mass von diesen Staaten abhängig war.1708 Die Direktive JCS 1779 behielt ausdrücklich die Umorientierung (dabei ist insbesondere die Denazifizierung gemeint), die Reparationen und die wirtschaftlichen Beschränkungen bei, bezog sich jedoch verstärkt auf das Potsdamer Abkommen. Die USA wollten die Produktionsbeschränkungen, abgesehen von Rüstungsgütern, nach Abschluss der Reparationslieferungen vollständig aufheben. Bezüglich der Restitution hielt die die Direktive fest: Directive JCS 1779 § 17. Restitution a) You will proceed, consistent with agreements on restitution reached in the Control Council, to restore such identifiable property other than gold and transport essential to minimum German economy, to the government of the country from which it was taken. You will not consent to any extensive program for replacement of looted or displaced property which has been destroyed or cannot be located whenever such replacement can be accomplished only at the expense or reparations, a self-sustaining German economy, or cultural heritage of German people.1709

1707

Text der Direktive JCS 1779 in: Germany 1947–1949, The story in Documents, Department of State Publication 3556, European and British Commonwealth Series 9, March 1950, Washington D.C.

1708

Siehe dazu auch Acheson, S. 260.

1709

Germany 1947–1949, The story in Documents, Department of State Publication 3556, European and British Commonwealth Series 9, March 1950, Washington D.C., S. 37.

425

426

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Damit wurde die amerikanische Militärregierung zwar angewiesen, eine Restitution durchzuführen. Es wurde jedoch klar festgehalten, dass ein „replacement“ nur sehr bedingt zum Zuge kommen solle, damit der wirtschaftliche Aufbau von Deutschland nicht gefährdet wird. Diese JCS beeinflusste die amerikanische Restitutionspraxis insbesondere auch bezüglich Kulturgüter gegenüber Nachkriegsdeutschland nachhaltig.

b)

Grundsätze der äusseren Restitutionspolitik im Jahre 1948

Die Direktive „External Restitution“ wurde am 11. Mai 1948 erlassen und war an den Kommandanten der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland und Militärgouverneur von Deutschland gerichtet. Die Direktive wurde im State Department entworfen und vom State-Army-Navy-Air Force Coordinating Committee (SANACC) gutgeheissen. Die Direktive selbst wurde dann über den Joint Chief of Staff (JCS) an OMGUS gesandt. Die Direktive behandelt die Prinzipien der amerikanischen externen Restitution, also die Restitution der USA an die Regierungen der alliierten, neutralen und ehemals feindlichen Staaten sowie später auch an jüdische Nachfolgeorganisationen und vereinzelte Kategorien von Vertriebenen und Flüchtlingen. Die Direktive erläuterte und verdeutlichte in Artikel 17 (a) der JCS 1779/1 (SWNCC-327/4) die Restitution und löste die SWNCC-Direktive „Restitution to Ex-Enemies“ (WARX 99226) ab.1710 Die Direktive setzte folgende Prinzipien für die Restitution in der amerikanischen Zone fest: 2. You will be governed by the following basic policies of your government in completing the program of restitution from Germany: a) (1) Policy of fulfilling international obligations and respecting property rights (2) Policy of giving economic and political assistance to countries participating in the ERP (3) Policy of protecting the cultural heritage of all nations. b) (1) Policy of denying certain types of products to countries in the Soviet orbit; (2) Policy of meeting essential requirements of the minimum German economy; (3) Policy of avoiding the restitution of property to the Soviet Union or a Soviet satellite which is claimed independently by a non-national or a refugee national of the claimant government; (4) Policy of bringing the entire restitution program to a conclusion as soon as is feasible.

1710

NA RG 260/Exec Off/Office of Adjutant General/607, Directive External Restitution (WX81435), 11.05.1948. Die SWNCC 204/2 als WX 85965 ist abgedruckt in FRUS 1945 Vol. III. S. 1427.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern 3. Policies a (1) and a (2), separately or together, will prevail over policy b (2) unless the property is required for the German economy with great urgency, comparable, eg, with the need to retain rolling stock. 4. With reference to policy b (1) you will from time to time be given guidance as to products which this government desires to deny to the economy of the Soviet Union and its satellites. You will suspend restitution of such products from Germany even if they appear subject to restitution by international agreement under policy a (1). You will also suspend restitution in all cases in which policy a (1) appears to conflict with policy b (2) as interpreted in the previous paragraphs together with the grounds therefore. 5. You should, where possible, avoid informing the representatives of any claimant country that a claim has been deferred or rejected on the grounds set fourth in paragraph 2 b (1), (2) or (3) above. In such cases other legal or procedural grounds should, if possible, be stated. You should consult your government before making any overt refusal to execute an agreement to which US is party. 6. The legal bases for restitution to the United Nations are the agreements of the Allied Control Authorities, so long as they are considered to be in force. Property removed from a UN in the course of transaction essentially commercial in character is not considered to be subject to restitution under such agreements. 7. The legal bases for restitution to Italy, Rumania, Hungary and Bulgaria are the relevant provisions of the treaties of peace with those countries. In absence of Control Council decision implementing the treaties, you will produce with restitution to those countries as provided in this directive. You will bear in mind that property which is lawfully owned by a national of Italy, Rumania, Hungary or Bulgaria, which is determined to be not subject to restitution under para 2 of the relevant art of the peace treaty, falls under para 1 of such art. 8. You will make restitution to Austria of property removed from Austria after 12.03.1938 upon the same terms as are set forth in the relevant articles of the treaties of peace referred to in para 7 of this directive. 9. You will make restitution to Finland in the same manner as if the US were a signatory of the treaty of peace executed by that country. 10. You will make restitution to Italy, Rumania, Hungary, Bulgaria, Austria and Finland of property removed from these countries under circumstances which do not fall within the terms of treaties of peace or of paras 8 or 9 of this directive where to do so appears equitable and follows from application of the policies set forth in paras 2, 3 and 4 of this directive in particular, and without limiting the generality of the foregoing, you will make restitution to Italy so long as it is participant in the ERP, of property removed to that country as set forth in Article 77 of the Italian Peace Treaty, after July 23, 43 including property removed by or under the authority of so called Republican Fascist Government. 11. You will report to this government, with recommendations, the facts with respect to any property which appears to have been removed from Albania by the Germans by force or duress. 12. The disposition of property from Latvia, Estonia and Lithuania is subject to later decision, except for ships which are disposable under TMMC agreement (WX-84577, 16.04.1946). The Soviet Union is not recognized as a proper restitution claimant for property removed from those countries.

427

428

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten 13. The restitution of railway rolling stock and if inland waterway craft will be governed by special agreements with the claimant governments. The disposition of looted gold, currencies and securities will be made pursuant to separate instructions. 14. You will establish a reasonable cut-off date for restitution deliveries after consultation with your government.1711

In Artikel 2 dieser Direktive wurden die Grundsätze der amerikanischen Politik bezüglich der externen Restitution definiert. Die nachfolgenden Artikel enthalten die spezifischen Instruktionen, welche auf diesen Grundsätzen beruhen. Bezüglich Kulturgüter sind insbesondere Artikel 2 a (1), der die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen bezüglich der Restitution vorsieht, und Artikel 2 a (3), welcher den Grundsatz des Schutzes aller Kulturgüter beinhaltet, von Bedeutung. Ein wichtige Änderung der bis anhin geltenden Restitutionsprinzipien beinhaltete Artikel 2 b (3), in dem die Restitution an die Sowjetunion und ihre Satellitenstaaten möglichst verhindert werden sollte und es Flüchtlingen erlaubt wird, ihre Forderungen direkt an die zuständigen Behörden der amerikanischen Militärregierung zu stellen.1712 Dies war eine sehr gewichtige Änderung in der gesamten Restitutionspolitik. Bis anhin hatte die amerikanische Regierung sich immer geweigert, mit Ausnahme der jüdischen Nachfolgeorganisationen1713 an Einzelpersonen Restitutionsgüter auszuhändigen. Die Abkehr von diesem Grundsatz ist in den veränderten politischen Bedingungen in Europa zu verstehen. Die gesamte Direktive ist darauf ausgerichtet, den Einfluss der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten einzudämmen. So sollten der Sowjetunion verschiedene Produkte nicht ausgeliefert werden, auch wenn dies aufgrund eines internationalen Vertrages gefordert wäre (Artikel 4), ausserdem sollten vorerst auch keine Restitutionsgüter in die baltischen Staaten zurückerstattet werden (Artikel 12).1714 Die Situation zwischen der USA und der Sowjetunion war in der Zeit der Entstehung und Inkraftsetzung dieser Direktive sehr gespannt. Am 20. März 1948 war es zu einer faktischen Beendigung des alliierten Kontrollrates gekommen, indem General Sokolovsky aus Protest gegen die Londoner Sechsmächte-Konferenz und das antisowjetische Bündnis der Westunion vom 17. März 1948 aus dem alliierten Kontrollrat ausgetreten war.1715 Einfluss auf diese Direktive hatte aber auch die Berliner Blockade durch die Sowjetunion im Frühling 1949.

1711

NA RG 260/Exec Off/Office of Adjutant General/607, Directive External Restitution (WX81435), 11.05.1948. Siehe Text auch in FRUS 1948, Vol. II, Directive to the United States Military Governor for Germany, undatiert, S. 794 ff.

1712

Siehe dazu auch S. 430 ff.

1713

Siehe dazu S. 476 ff.

1714

Siehe dazu auch S. 434 ff.

1715

Siehe dazu S. 409 ff.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

2.

Restitution an nichtjüdische Einzelpersonen und Organisationen

a)

Herrenlose Kulturgüter

Anfangs 1946 hatte man im alliierten Kontrollrat bereits über die Verwendung des Eigentums, das infolge des Kontrollratsgesetzes Nr. 2 und der Proklamation Nr. 2 des Kontrollrates gesperrt worden war, beraten.1716 Dazu gehörten Vermögenswerte der NSDAP und mit ihr in Verbindung stehenden Organisationen. In diesem Zusammenhang war auch die Frage der Rückerstattung aufgetaucht, da ein Teil dieses gesperrten Vermögens aus beschlagnahmtem Eigentum früherer Parteien, Gewerkschaften, Genossenschaften oder sonstiger demokratischer Organisationen bestand bzw. aus solchen Vermögenswerten, die Fürsorge- und die Wohltätigkeitszwecken sowie religiösen oder humanitären Zielen gedient hatten.1717 Man einigte sich im Kontrollrat darauf, diese Vermögenswerte an die früheren Eigentümer bzw. an Nachfolgeorganisationen, die den früheren Organisationen ähnlich waren, zurückzuerstatten. Dies betraf also vorrangig die Rückerstattung an die früheren Organisationen, die im Zuge der Auflösung der Gleichschaltung ihr Eigentum verloren hatten, aber nicht – bis auf Ausnahmefälle – die Rückerstattung an Individuen.1718 Am 29. April 1947 wurde eine diesbezügliche Direktive vom Kontrollrat schliesslich in Kraft gesetzt.1719 Des Weiteren waren verschiedene Kunstsammlungen von Nazigrössen, wie Görings persönliche Sammlung und die Linzersammlung von Hitler, von den Alliierten beschlagnahmt worden. Die Sammlungen beinhalteten verschiedene Kunstgegenstände, die nicht identifiziert werden konnten und für die auch kein Anspruchsteller gefunden werden konnte. Nachdem solche Kunstgegenstände schliesslich als definitiv nicht identifizierbar betrachtet wurden und aus diesem Grund als nicht restituierbar galten, wurden diese Güter aufgrund der amerikanischen Direktive JCS 1570/a einem Komitee für Flüchtlingsbelange überlassen. Ausgenommen waren dabei jüdische Güter, welche wie vorerwähnt an spezielle

1716

Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland, Nr. 1, 29.10.1945. Siehe darin insbesondere Kontrollratsproklamation Nr. 2, S. 19 ff. und Kontrollratsgesetz Nr. 2, S. 8 ff. Auch bei Reinhard Anders, Gesetze Militärregierung (Amerikanische Zone), Baden/Karlsruhe 1946, B2 und C2.

1717

Konstantin Goschler, Wiedergutmachung, München 1992, S. 116.

1718

IfZ RG 260/OMGUS-BICO/Dec. 11/13-1/16, ACC, Finance Directorate, Property Control Committee, „Disposition of Property taken under Control according Control Council Law No. 2 and Proclamation No. 2“, 17.07.1946.

1719

Kontrollratdirektive Nr. 50 „Verfügungen über Vermögenswerte, die in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 und im Kontrollratsgesetz Nr. 2 aufgeführten Organisationen gehört haben“. Siehe dazu Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nr. 15, 31.05.1947, S. 275 ff.

429

430

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Nachfolgeorganisationen gesandt wurden.1720 Der amerikanischen Militärregierung bereitete im Jahre 1947 die Kunstgegenstände, welche Hitler, Göring oder Naziorganisationen wie das Linzer Museum legal erstanden hatten, immer noch Kopfzerbrechen. Hier wurde argumentiert, dass diese Gegenstände öffentliches Gut darstellten, da die Einkünfte von Göring und Hitler aus öffentlichen Quellen stammten.

b)

Restitution an Flüchtlinge und Vertriebene

Ein weiteres Problem, mit dem sich die amerikanische Militärregierung in Deutschland, aber auch die Regierung in Washington befassen musste, war die Durchführung der Restitution an Vertriebene und Flüchtlinge. Grundsätzlich wurde im Kontrollrat vereinbart, dass die Restitution nur an Regierungen erfolgte und nicht an Einzelpersonen, Organisationen oder Firmen.1721 Im März 1946 wurde mittels der SWNCC-Direktive „Restitution to Ex-Enemies“ (WARX 99226) auch die Rückführung von Gütern an ehemals feindliche Staaten möglich gemacht.1722 Nun war es grundsätzlich sämtlichen Personen möglich, ihre Forderungen durch die Regierung des Staates, dem sie angehörten, an die amerikanische Zone zu stellen. In Europa und in der ganzen Welt gab es aber einen Strom von Kriegsvertriebenen, Flüchtlingen und Staatenlosen, die ihre Forderungen nicht oder nur sehr umständlich an die Regierung, die sie ursprünglich vertrieben hatte, oder an den Staat, der von den Nazis besetzt worden war, stellen konnte. Im State-War-Navy Coordinating Committee wollte man diesem Umstand teilweise Rechnung tragen, indem es entschied, dass die erwähnte Direktive WARX 99226 ergänzt werden sollte. Am 15. Juni 1946 wurde dem § 6 der Direktive „Restitution to Ex-Enemies“ nachfolgende Ziffer angefügt: Household goods, valuables, art objects and other personal property owned and removed from a country by refugees who left that country for religious or racial reasons and who choose not to return to that country, will not be subject to restitution.1723

Die Auslegung dieses Paragraphen machte jedoch einige Mühe. Grundsätzlich wurde darin lediglich bestimmt, dass die bezeichneten Güter, welche Flüchtlinge, die aus rassistischen oder religiösen Gründen in einen anderen Staat flüchten mussten, mitnahmen, nicht restituiert werden musste. Dies hiess jedoch nur, dass der betreffende Staat keinen Anspruch auf solche Gegenstände hatte und in diesen Fällen deshalb keine Rückführung verlangen konnte. Dieser Grundsatz wurde

1720

NA RG 407/Administrative Service Division/1124, Restitution in the four Zones, November 1947, S. 5.

1721

Siehe dazu auch die vorgenannten Restitutionsprinzipien.

1722

In NA RG 260/Exec. OAG/808 und in NA RG 43/Paris Conf/General/14, Telegramm JCS to USFET, Direktive „Restitution to Ex-Enemies“, WARX 99226, 5.03.1945.

1723

NA RG 59/Ardelia Hall/28, Problem of External Restitution of Cultural Property, S. 9.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

nochmals ausführlich in SWNCC 204/26 vom State-War-Navy Coordinating Committee dargelegt.1724 Hier irrt Kurtz, wenn er schreibt, dass mittels dieser Direktive das SWNCC entschied, dass Gegenstände von Flüchtlingen, die aus religiösen oder rassistischen Gründen flüchten mussten, an diese direkt und nicht an den Staat, in dem sich der Gegenstand ursprünglich befand, ausgehändigt wurden.1725 Im Weiteren bezeichnet Kurtz diese Direktive als eine neue Entwicklung im internationalen Recht, da bis anhin nur Staaten einen legalen Anspruch geltend machen konnten und dies nun auch verschiedenen Kategorien für Individuen ermöglicht würde. Im Jahre 1947 war dies jedoch noch nicht der Fall. Die USA machte von dem Prinzip der Restitution an Regierungen keine Abstriche. Die von Kurtz vertretene Meinung, dass sich das internationale Recht geändert habe, ist nicht haltbar. Ein diesbezüglicher Meinungsumschwung ist im SWNCC nicht erkennbar. Die SWNCC 204/26 kam aufgrund einer Anfrage von OMGUS zustande. OMGUS fragte nach Instruktionen in Bezug auf die Restitution von Kulturgütern, die ungarischen Staatsangehörigen gehörten, welche sich nun in den USA befanden und nicht mehr nach Ungarn zurückkehren wollten. Die fraglichen Kunstgegenstände waren von Ungarn nach Deutschland überführt worden. Die SWNCC führte aus, dass sie am Prinzip des Kontrollrates bezüglich der Restitutionen aus Deutschland festhalten wollte, indem die Rückgabe von Eigentum an die Regierungen der Staaten erfolge, von denen dieses Eigentum entfernt worden war. Die einzige Ausnahme dieses Prinzips sollte bei gewissem Eigentum bestehen, welches von Flüchtlingen aus einem Land mitgenommen worden war und welche aus rassistischen oder religiösen Gründen flüchten mussten und nicht mehr in dieses Land zurückkehren wollten.1726 Die SWNCC sah denn im vorerwähnten Umstand keine Ausnahme des Prinzips und erklärte insbesondere Ziffer 4 als nicht anwendbar.1727 In SWNCC 204/28 beschäftigte sich das State-War-Navy Coordinating Committee nochmals ausführlich mit dem Problem, ohne jedoch eine Änderung des Prinzips vorzuneh-

1724

NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Decision on SWNCC 204/26 „Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany“, 27.01.1947.

1725

Siehe dazu Kurtz, S. 236. In der von Kurtz zitierten Ziffer 4 der SWNCC 204/26 heisst es vielmehr: „The sole exception to this principle has been the case of certain property removed from a country by refugees who left that country for religious or racial reasons and who choose not to return to that country“.

1726

NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Decision on SWNCC 204/26 „Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany“, 27.01.1947, Ziffer 3 und 4.

1727

NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Decision on SWNCC 204/26 „Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany“, 27.01.1947, Ziffer 5.

431

432

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

men.1728 Grundsätzlich ging es darum, dass die jüdische Familie Weiss, welche aufgrund der religiösen Verfolgung in Ungarn das Land hatte verlassen müssen, die Rückgabe von einigen Kunstgegenständen forderte. Diese Kunstgegenstände waren der Familie weggenommen und von den Nazis beschlagnahmt worden. Diese Gegenstände wurden danach von den Deutschen und nicht durch die Familie nach Deutschland transportiert. Aus diesem Grund wurde OMGUS in SWNCC 204/26 auch aufgefordert, dass diese Kunstgegenstände auf dem normalen Weg über die ungarische Mission restituiert werden sollten.1729 Eine Änderung wurde als unnötig befunden, da Ungarn an den Artikel 27 des Friedensvertrages gebunden und aus diesem Grund verpflichtet war, Gegenstände, welche die Nazis Personen aus rassistischen oder religiösen Gründen weggenommen hatten, wieder zurückzugeben.1730 Aufgrund dieser Norm entschied das SWNCC, dass das Eigentum der Familie Weiss genügend geschützt war und eine Änderung der Restitutionsprinzipien nicht notwendig war.1731 Eine Änderung dieser Praxis trat erst 1948 ein. In dieser Zeit gab es riesige Flüchtlingsströme aus Osteuropa. Der alliierte Kontrollrat funktionierte nach dem Austritt der Sowjetunion im März 1948 nicht mehr. Die USA gründete mit Grossbritannien eine Bizone und die Sechs-Länder-Konferenz führte zur Gründung eines westlichen deutschen Staates.1732 Die Sowjetunion auf der anderen Seite blockierte die westlichen Sektoren in Berlin. Mit grosser Skepsis und Besorgnis wurde auf der westlichen Seite der Vormarsch des Kommunismus in Osteuropa zu Kenntnis genommen. Dieser immer grösser werdende Graben zwischen der Sowjetunion und der USA war in Nachkriegsdeutschland und in der Restitutionspolitik deutlich spürbar.

1728

Siehe dazu NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany (SWNCC 204/28). Die SWNCC 204/28 wurde erlassen, weil OMGUS im Schreiben CC 7902 vom 3.02.1947 eine nochmalige Überprüfung der in SWNCC 204/26 getroffenen Entscheidung forderte. OMGUS vertrat dabei die Meinung, dass diese Instruktion eine erneute Diskriminierung von Flüchtlingen, die aus religiösen oder rassistischen Gründen flüchten mussten und enteignet worden waren, hervorrufe.

1729

Siehe dazu NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany (SWNCC 204/28), Ziffer 5.

1730

In Artikel 27 des Friedensvertrages mit Ungarn heisst es: „Hungary undertakes that in all cases where the property, legal rights or interests in Hungary of persons under Hungarian jurisdiction have, since September 1, 1939, been the subject of measures of sequestration, confiscation or control on account of the racial origin or religion of such persons, the said property, legal rights and interests shall be restored together with their accessories or, if restoration is impossible, that fair compensation shall be made therefore“.

1731

NA RG 260/Exec/OAG/808, State-War-Navy Coordinating Committee, Restitution from Germany of Works of Art removed from Hungary to Germany (SWNCC 204/28), Ziffer 8.

1732

Siehe dazu auch S. 406 ff.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

Am 11. Mai 1948 erliess das State-Army-Navy-Air Force Coordinating Committee1733 (SANACC) die Direktive „External Restitution from Germany“.1734 Die Direktive, welche die allgemeinen Restitutionsgrundsätze der USA zusammenfasste, enthielt in Ziffer 2 Absatz b, lit. 3, die Norm, dass die Restitution von Eigentum an die Sowjetunion oder an sowjetische Satellitenstaaten grundsätzlich wenn immer möglich verhindert werden sollte. Insbesondere sollte dann eine Restitution ausgeschlossen sein, wenn durch einen solchen Staat Anspruch auf einen Gegenstand erhoben wurde, der zwar aus dem anspruchserhebenden Staat stammte, deren Eigentümer sich jedoch auf der Flucht befand oder der Gegenstand einer Person gehörte, die gar nicht aus dem anspruchstellenden Staat stammte.1735 Als Umkehrschluss zu diesem neuen Prinzip mussten die ehemaligen Eigentümer, falls sie unter die vorerwähnten Kategorien fielen, nicht mehr über den Staat, in welchem sich der Gegenstand ursprünglich befunden hatte, Anspruch erheben. Im August 1948 wurde diese Politik auch von der Verwaltung der amerikanischen Militärregierung immer mehr beachtet und ermöglichte dadurch auch eine direkte Restitution an Staatenlose, Flüchtlinge und Vertriebene aus der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten.1736 Die Ursache für die immer grösser werdenden Hemmungen der amerikanischen Regierung, die Restitutionen an die osteuropäischen Staaten durchzuführen, war die zunehmende sowjetische Kontrolle über die osteuropäischen Staaten. Ein Verbot der Restitution polnischen Kulturguts wurde jedoch in der Praxis nicht berücksichtigt.1737 Mit Rücksicht auf die sowjetischen Empfindlichkeiten auf eine sichere polnische Grenze und angesichts der Einschätzung, dass eine Revidierung dieser Grenze in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei, hatte das amerikanische Kriegsministerium die Militärregierung bereits im Dezember 1946 angewiesen, die Sowjetunion in diesem Fall als rechtmässige Ansprechpartnerin

1733

Dies war die Nachfolgeorganisation des SWNCC.

1734

Siehe dazu auch S. 426 f.

1735

NA RG 260/Exec Off/DAG/607, External Restitution from Germany, 11.05.1948 (WX81435).

1736

NA RG 260/Ardelia Hall Collection/Records of Wiesbaden Central Collecting Point/ General Records 1945–1952/66, Letter OMGUS to EUCOM for Reparations & Restitution Brach, Property Division, 13.08.1948. Fast unmittelbar im Anschluss an diese Anordnung übergab die amerikanische Militärregierung den „Schatz der «Wlassow-Armee» an die Zentrale Verwaltung der russischen Emigranten in der US-Zone. Bei den 435 Objekten, darunter Ikonen, Münzen und Tafelsilber, handelte es sich um kunsthandwerkliche Gegenstände aus dem Besitz der Kuban-Kosaken, die diese 1920 auf ihrer Flucht aus Russland in Belgrad aufgespürt und abtransportiert hatten. Nach dem Krieg entdeckten US-Militärs die Beute in einem Kriegsgefangenenlager bei Landshut und veranlassten ihre Überführung in den Collecting Point München. Siehe dazu Freitag, S. 203.

1737

Dies betraf auch Objekte aus den ostpolnischen, danach zur ehemaligen Sowjetunion gehörenden Gebieten.

433

434

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

anzuerkennen.1738 An Polen selber wurden bis März 1948 36’172 Kulturgüter ausgeliefert.1739

3.

Amerikanische Vorbehalte bezüglich der Restitution an die baltischen Staaten

Ein anderer Problemkreis, den die Amerikaner zu lösen hatten, betraf die Restitution von Raubgut an Litauen, Estland und Lettland. OMGUS drängte auf Instruktionen, da sie unzählige Restitutionsforderungen die baltischen Staaten betreffend von der Sowjetunion erhielten. Aufgrund der Restitutionsvereinbarungen im alliierten Kontrollrat konnten nur Regierungen Restitutionsforderungen stellen und Restitutionsgüter erhalten. Die vorerwähnten Staaten hatten jedoch keine Regierungen, welche von der amerikanischen Regierung anerkannt worden waren. Die Inkorporation der Staaten in die Sowjetunion wurde von den USA nicht anerkannt. Im State-War-Navy Coordinating Subcommittee wurde festgestellt, dass das Deutsche Reich zweifellos Eigentum aus diesen Staaten requiriert, geraubt oder sonst wie unrechtmässig mitgenommen hatte. Da die Militärregierung in der amerikanischen Zone für sämtliche Restitutionen verantwortlich war, jedoch zur Durchführung dieser Aufgabe auf genaue Angaben und Informationen über die geforderten Güter angewiesen war, wurde der Befehl erlassen, dass die Informationen, die die Sowjetunion bezüglich Güter, welche die baltischen Staaten vermissten, den Amerikanern übergaben, akzeptiert würden. Ein Versprechen bezüglich der Auslieferung des anbegehrten Gutes an die Sowjetunion sollte jedoch nicht abgegeben werden.1740 Bei den vermissten Kulturgütern handelte sich insbesondere um Bücher und jüdische sowie auch nichtjüdische Bibliotheken. Anlässlich der Sitzung des alliierten Kontrollrates vom 15. September 1947 gab es seitens der sowjetischen Delegation heftigen Protest gegen die amerikanische

1738

NA RG 260/Records relating to the Wiesbaden Central Collecting Point/ File „Restitution“, War Department Cablegram (WX-87846) to OMGUS on Soviet claims, 18.12.1946 zitiert in Kurtz S. 235. Siehe aber auch NA RG 260/Conomic Division/46, Letter MFAA Section to Polish Mission for Restitution to Poland, polish museums pieces, 28.08.1946.

1739

NA RG 59/1940 – 44, Statistics on Restitution of Cultural Objects, 8.03.1948.

1740

NA RG 260/EXEC/OAG/808, Restitution to Lithuania, Latvia and Esthonia of Property seized by Germany, Report by the State-War-Navy Coordinating Subcommittee for Europe (SWNCC 251/4). Siehe auch NA RG 260/Office of the Adjutant General/General Correspondence 1945–1949/317, mehrere Schreiben bezüglich der Restitutionsforderungen der Sowjetunion auf Herausgabe von Kulturgütern in der amerikanischen Zone, die von Deutschland aus den baltischen Staaten herausgeführt wurden (Lettland).

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

Weigerung der Herausgabe dieser Restitutionsgüter. In der Zwischenzeit stellte die amerikanische Regierung jedoch definitiv fest, dass die Sowjetunion nicht als Antragsteller für Güter, welche aus den baltischen Staaten entfernt worden waren, angesehen werden konnte und aus diesem Grund eine Übergabe von baltischen Restitutionsgütern nicht in Frage kam.1741 Während nichtjüdische Objekte aus baltischem Besitz vorerst einmal im Collecting Point Wiesbaden verblieben oder dorthin verbracht wurden, war für die jüdischen Gegenstände eine andere Massnahme vorgesehen. In Abweichung der Restitutionsprinzipien wurden diese Objekte nicht den Regierungen zurückgegeben, sondern an die entsprechenden Privatpersonen, respektive an jüdische Organisationen.1742 In Wiesbaden lagerten so noch etwa 6’000 Gegenstände aus baltischem Besitz. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um Bücher. Unter den Beständen befand sich aber auch der Kirchenschatz aus dem russischen, inzwischen zu Estland gehörenden Kloster Petschur.1743 Da für keines der Objekte ein Anspruchsbegehren gestellt worden war, schlug die Property Division in der amerikanischen Militärregierung vor, diese an baltische Organisationen in den USA abzugeben.1744 Der High Commissioner lehnte diesen Plan ab, da man bei einer Übergabe an Vertretungen ohne offiziellen Status der US-Regierung den Vorwurf der unsorgfältigen Rückgabe anlasten könnte. Die fraglichen Objekte sollten deshalb einem geeigneten deutschen Museum zur Verwahrung übergegeben werden.1745 So bewahrte in der Folge die städtische Gemäldegalerie in Wiesbaden die Kunstwerke auf. Im Jahre 1959 wurde der Klosterschatz von Petschur an das Ikonenmuseum von Recklinghausen überführt und aufgrund privater Initiative im Mai 1973 dem russischen Kloster zurückgegeben.1746

1741

Directive WX-88362. Siehe auch NA RG 84/Office Pol. Adv. to Germany/Class. Gen. Corr 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany and Austria. Auch NA RG 260/Exec Off/DAG/607, Telegramm External Restitution, 11.05.1948, § 12.

1742

Siehe dazu die Ausführungen S. 475 ff.

1743

Die Sammlung beinhaltete Ikonen und Münzen, silbernes Kirchengerät, Messgewänder, alte Gesangsbücher und andere sakrale Gegenstände, die der Bischof von Petschur im Mai 1944 dem ERR angeblich treuhänderisch übergeben hatte. Siehe dazu Heuss, Der Klosterschatz, S. 44 ff.

1744

NA RG 260/Ardelia Hall Collection/Records of Wiesbaden Central Collecting Point/ General Records 1945–1952/66, Letter Property Division to HiCoG, 18.01.1951.

1745

NA RG 260/Ardelia Hall Collection/Records of Wiesbaden Central Collecting Point/ General Records 1945 –1952/66,Letter HiCoG to Property Division, 8.02.1951.

1746

Freitag, S. 206.

435

436

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

4.

Restitution von Kulturgütern aus der amerikanischen Zone an die Sowjetunion

Obwohl im Kontrollrat und den diesen untergeordneten Ebenen der Erlass einer gemeinsamen Restitutionspolitik gescheitert war, wurden dennoch RestitutionsGegenstände, unter anderem auch Kulturgüter, der Sowjetunion ausgeliefert. Ein grosser Teil der Restitutionsgüter machten Bücher, Archive und ganze Bibliotheken aus, die die Deutschen aus der Sowjetunion verschleppt hatten. So wurden im Offenbacher Depot bereits im Frühjahr 1946 Tausende von Büchern und Archivmaterial aus russischen, weissrussischen und ukrainischen Bibliotheken und Archiven katalogisiert.1747 Die Restitution der sowjetischen Kulturgüter aus der US-Zone an die Sowjetunion verlief jedoch nur schleppend. Als Grund nannte die MFAA-Sektion im Juni 1946 den vergeblichen Versuch der Restitution Branch, die Sowjetunion zur Entsendung akkreditierter sowjetischer Vertreter für die Quittierung von Ausfuhren (Shipments) aus der amerikanischen Zone zu bewegen.1748 Erst im Juli trafen die ersten sowjetischen Liaison-Offiziere im Depot Offenbach ein. Von da an erfolgten in regelmässigen Abständen Übergaben von sowjetischen Kulturgütern an die Vertreter der Sowjetunion. Insgesamt wurden aus dem Offenbacher Depot in der Zeit zwischen März 1946 bis April 1949 3’205’198 Gegenstände restituiert. Frankreich und die Niederlande waren die Hauptempfängerstaaten gemessen an der Anzahl restituierter Objekte. Die Sowjetunion stand mit 273’645 Objekten1749 an dritter Stelle.1750 Wie bereits vorerwähnt, befanden sich jedoch die kulturellen Gegenstände aus den baltischen Staaten nicht darunter. Auch aus anderen Collecting Points fanden Restitutionen an die Sowjetunion statt. Mitte 1946 stoppte General Clay die Reparationszahlungen und die Restitutionen aus der amerikanischen Zone an Frankreich und die Sowjetunion. Grund war, dass Frankreich die Bildung einer zentralen Verwaltungseinheit, wie im Berliner Protokoll vorgesehen war, verweigerte. Beim Restitutionsstopp bezüglich der Sowjetunion ging es um zugesagte landwirtschaftliche Produkte für Deutschland, welche die Sowjetunion verweigerte. Abgesehen von den erwähnten Restitutionen an die Sowjetunion verliefen die amerikanisch-sowjetischen Verhandlungen über die Rückführung von Kulturgut

1747

Siehe auch Poste, S. 280. NA RG 260/Ardelia Hall Collection/259–262/OAD, auch NA RG 59 Ardelia Hall Collection/(Decimal File 1940 –1944, 840.01/6–840.403.49)/27, OMG Greater Hesse Monthly Report, 31.05.1946.

1748

Freitag, S. 197.

1749

Ein Objekt konnte auch eine ganze Sammlung von Kulturgütern, z.B. eine Bibliothek oder ein Archiv etc. bedeuten. Es ist im Nachhinein sehr schwierig nachvollziehen, wie viele Einzelgegenstände tatsächlich restituiert wurden.

1750

Freitag, S. 198.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

aber überhaupt nicht spannungsfrei. Hauptsächliche Streitpunkte waren dabei die Restitutionsansprüche der von der Sowjetunion annektierten baltischen Staaten, die Rückgabe jüdischen Besitzes an Nachfolgeorganisationen und die Eigentumsansprüche sowjetischer Exilgruppen. Im Jahre 1949 spitzten sich die gegensätzlichen Gesichtspunkte der beiden Besatzungsstaaten nochmals zu. In einem Schreiben des Befehlshabers der sowjetischen Zone wurden die Amerikaner beschuldigt, Restitutionsansprüche der Sowjetunion absichtlich langsam und nur oberflächlich zu bearbeiten, um damit die Restitution zu verzögern.1751 Die Sowjetunion drückte ihr Unverständnis aus, dass es die USA seit der Besetzung Deutschlands nicht zustande gebracht habe, eine zufriedenstellende Restitution an die Sowjetunion zu gewährleisten. So seien gemäss den Behörden des Kontrollrates Restitutionsgegenstände mit einem Wert von insgesamt 126’915’955 Reichsmark1752 durch die amerikanische Zonenregierung ausgeliefert worden, jedoch lediglich Güter im Wert von 201’570 Reichsmark an die Sowjetunion, welche aber die grössten Verluste erlitten habe. Gemäss eines Berichtes der amerikanischen Militärregierung vom Dezember 1948 seien nur 0,09 Prozent aller Restitutionen in die Sowjetunion erfolgt.1753 Die sowjetische Behörden beklagten sich des Weiteren über den schleppenden Verlauf der Restitution von Kulturgütern. Es seien während der gesamten Restitutionsperiode lediglich 20 Lastwagenladungen mit Büchern,

1751

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Commander in Chief of the Soviet Forces of Occupation and Commander in Chief of the Soviet Military Administration in Germany to General Clay, 5.03.1949.

1752

Die Zahlen basieren auf dem 1.02.1948. Die Restitution von Kulturgütern wurde dabei nicht berücksichtigt.

1753

Die Sowjetunion zeigte dabei auf, dass verschiedene Forderungen mit den erforderlichen Erklärungen aus unverständlichen Gründen von der amerikanischen Restitution Branch nicht genehmigt worden seien. Auf der anderen Seite seien Gegenstände, wie getragene Schuhe und Kleider, die aufgrund ihres nur minimalen Wertes gar nicht zurückgefordert worden waren, von der amerikanischen Behörden der Sowjetunion übergeben worden. Auch seien verschiedentlich defekte und zerstörte Objekte der Sowjetunion übergeben worden, obwohl deutsche Erklärungen gezeigt hätten, dass die Objekte in einem guten Zustand gewesen sein müssten. Im vorerwähnten Schreiben wurde sodann ausgeführt: „Having unlawfully detained in the United States Zone Soviet owned property which had been looted by the Hitlerites, including valuable relics of national culture and art, and having allowed actions of Hitlerite criminals who looted Soviet property to unpunished, the American authorities are causing material damage to the Soviet Union and ignore the national sentiments of the Soviet people. The Soviet people cannot be reconciled to the fact that instead of valuable equipment removed by Hitlerites from Soviet enterprises, and precious and unique property stolen from museums and palaces in Leningrad, Kiev, Odessa, Kherokov, Minsk, Mogilev etc., they receive in return valueless and deliberately damaged items“.

437

438

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Archiven und anderen Kunstobjekten sowie eine Ladung mit Skulpturen in die Sowjetunion erfolgt.1754 In der amerikanischen Antwort werden die sowjetischen Anschuldigungen als unhaltbar bezeichnet. So seien während der Jahre 1946 bis 1949 wertvollste Kulturgüter wie Silberwaren, Ikonen, Skulpturen, Bilder und religiöse Gegenstände sowie 600’000 Bücher der Sowjetunion zurückerstattet worden.1755 Es seien zusätzlich auch Gemälde zurückgegeben worden, für die die Sowjetunion gar keine Ansprüche geltend gemacht habe. Auf die Anschuldigung der Sowjetunion, dass viele ihrer Ansprüche von der zuständigen Behörde in der amerikanischen Militärregierung abgelehnt worden seien, führte der General Clay aus, dass die sowjetischen Ansprüche und deren beigefügte Erklärungen weniger sorgfältig seien als bei anderen Staaten. Ausserdem hätten die sowjetischen Behörden auf Nachfrage jeweils keine weiteren Informationen bezüglich des Aufenthaltsortes eines Objektes oder Tatsachen, die die konforme Identifizierung eines Gegenstandes ermöglicht hätten, beigebracht.1756 Auch seien durch die Sowjetunion Ansprüche eingegangen, die auf Gegenständen beruhten, die die deutsche Wehrmacht nach Russland eingeführt hatte und danach wieder zurücktransportierte. Die Amerikaner vertraten diesbezüglich die Ansicht, dass solche Gegenstände nicht unter die Anwendung der Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 fiel, da diese Objekte nie alliierten Staaten oder deren Einwohner enteignet worden waren. General Clay drückte sodann im Schreiben sein Erstaunen aus, dass die UdSSR die USA beschuldige, ihre Restitutionsaufgabe nicht ernst zu nehmen. Aufgrund des Berichtes des Kontrollrates1757 sei nämlich klar erwiesen, dass die USA Güter im Wert von 126’915’935 Reichsmark zurückgegeben habe, während die UdSSR lediglich Güter im Wert von 45’146’621 Reichsmark ausgeliefert habe und von diesen Gütern nahezu 50 Prozent in die Sowjetunion ausgeführt worden seien. Dies obwohl die Sowjetunion immer wieder behauptet habe, dass sich keine sowjetischen Restitutionsgegenstände in ihrer Zone befinden würden.1758 1754

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Commander in Chief of the Soviet Forces of Occupation and Commander in Chief of the Soviet Military Administration in Germany to General Clay, 5.03.1949, S. 1.

1755

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Clay to Marshal Sokolovsky, 10.03.1949. Auch NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, For Information of Correspondents, „Following is copy from General L. Clay US Military Governor, to Marshal V. Sokolovsky, Soviet Military Governor, which was delivered today. It is in reply to a letter from Marshal Sokolovsky dated 5. March on the subject of restitution“, 11.03.1949.

1756

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Clay an Marschall Sokolovsky, 10.03.1949.

1757

Der Bericht datiert vom 1.02.1948.

1758

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Clay an Marschall Sokolovsky, 10.03.1949, S. 3.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

Weitere Streitpunkte betrafen den Einsatz und die Kompetenzen der sowjetischen Restitutionsvertreter in der amerikanischen Zone und eine amerikanische Erklärung über die Beendigung der Anspruchsfrist für eine Restitution aus der amerikanischen Zone. Gemäss sowjetischem Schreiben hatte die USA in Verletzung einer Erklärung des Kontrollrates bezüglich der Gründung von Restitutionskommissionen die Sowjetunion bei der Bildung einer solchen Kommission in der amerikanischen Zone behindert und seit dem 4. Dezember 1948 die Mitarbeit gänzlich eingestellt.1759 Aus diesem Grund schlug der sowjetische Militärbefehlshaber General Clay unmissverständlich vor, dass die sowjetische Restitutionskommission in der amerikanischen Zone auf 15 Personen vergrössert werden sollte, damit Gruppen von je drei Experten den einzelnen Länder zugeteilt werden könnten, denen von amerikanischer Seite umfassende Hilfe zur Auffindung von sowjetischen Gütern zugestanden würde.1760 Zudem sollte diesen Delegierten die Möglichkeit geboten werden, deutsche Unternehmungen, Archive, Museen, Bildergalerien und private Sammlungen zu inspizieren, sowie ihnen gestattet werden, Einsicht in Dokumente, die über eine allfällige Ortung von sowjetischem Eigentum in der amerikanischen Zone Aufschluss geben konnten, zu nehmen.1761 Des Weiteren sollten beschädigte sowjetische Güter, die in der US-Zone aufgefunden wurden, mit solchen von gleichem Wert ersetzt werden.1762 General Clay entgegnete in seinem Schreiben, dass die Sowjetunion hinsichtlich der Arbeiten der amerikanischen Restitutionsabteilung die Fakten missdeute. Dass sich die Restitution an die Sowjetunion verzögert habe, sei allein auf das Verhalten der sowjetischen Restitutionskommission zurückzuführen. Die Kommission unterliege seit ihrer Gründung im Jahre 1946 ständigen personellen Mutationen. Teilweise habe es grosse Zeiträume gegeben, in denen keine sowjetischen Delegierten vor Ort gewesen seien. Bezüglich des Vorschlags der zukünftigen Struktur und Arbeit der sowjetischen Delegation führte General Clay aus, dass eine Gründung einer neuen vergrösserten sowjetischen Restitutionskommission in der US-Zone zur Zeit nicht zugelassen werde könne und eine Änderung nur in Frage käme, wenn auf gegenseitiger Basis auch amerikanische

1759

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Commander in Chief of the Soviet Forces of Occupation and Commander in Chief of the Soviet Military Administration in Germany an General Clay, 5.03.1949. S. 6.

1760

Im Orginaltext heisst es: „I assume, General, that you will instruct the appropriate American authorities: …“.

1761

Dabei bezog sich der russische Militärbefehlshaber auf eine Erklärung im alliierten Kontrollrat, die gegenseitige Restitutionskommissionen zuliess.

1762

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Commander in Chief of the Soviet Forces of Occupation and Commander in Chief of the Soviet Military Administration in Germany to General Clay, 5.03.1949, S. 7 f. Die Sowjetunion stellte diese Forderung auf, obwohl das Ersetzen von beschädigten Gegenständen im Kontrollrat nicht gutgeheissen worden war.

439

440

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Konsulate in der sowjetischen Zone erlaubt würden.1763 General Clay schrieb sodann, dass man im alliierten Kontrollrat in keiner Weise die von der Sowjetunion geforderten unabhängigen Ermittlungen von Restitutionskommissionen in fremden Zonen vereinbart hatte. Er glaube zudem nicht, dass solche Suchaktionen in der sowjetischen Zone erlaubt seien. Aufgrund dieser Auseinandersetzung wurden allen sowjetischen Konsulaten in der amerikanischen Zone mitgeteilt, dass keine weiteren Restitutionsattacheés nach dem 30. Juni 1949 akkreditiert würden und dass erwartet würde, dass die bereits akkreditierten Attachés bis zum 15. Juli 1949 die amerikanische Zone verlassen würden.1764 Die Sowjetunion beklagte sich daraufhin, dass die USA die Vereinbarungen der alliierten Staaten verletzt hätten, indem diese die Frist für Eingaben von Restitutionsansprüchen schon auf den 31. Dezember 1948 angesetzt hätten.1765 Dazu wurde von amerikanischer Seite ausgeführt, dass sich das amerikanische Restitutionsprogramm erfolgreich dem Ende zu neige und sich verschiedene Staaten für die amerikanischen Bemühungen in dieser Hinsicht dankbar gezeigt hätten.1766 Am 27. Mai 1949 kündigte die Reparations, Deliveries and Restitution Division den akkreditierten Delegierten der einzelnen Restitutionskommissionen in der amerikanischen Zone mit, dass sämtliche Ansprüche auf Restitutionsgüter nichtkultureller Art in der amerikanischen Zone bis zum 30. Juni 1949 gestellt werden müssten. Das verantwortliche „Reparations and Restitution Liasion Office“ würde danach nur noch Ansprüche auf Kulturgüter, welche für das kulturelle Erbe des antragsstellenden Staates von Bedeutung und Wichtigkeit sei, entgegennehmen. Ausserdem müsse bewiesen werden, dass ausserordentliche Umstände vorgelegen hatten, dass erst jetzt ein Antrag gestellt wer-

1763

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Clay to Marshal Sokolovsky, 10.03.1949, S. 2 f. Begehren von amerikanischen Delegierten um Informationen und Besichtigung von Archiven in der sowjetischen Zone wurden von den sowjetischen Behörden nicht beantwortet. Siehe dazu auch NA RG 260/Records of the Secretary Section Property Division/9, Request for Clearance to enter Russian Zone of Occupation, 3.01.1946. Siehe ebenfalls Schreiben an General Sokolovsky, 11.01.1946.

1764

NA 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben John McCloy (High Commissioner and US Military Governor in Germany an General Chuikov (Commander in Chief, Soviet Military Administration in Germany, 23.08.1949. Es wurde der Sowjetunion jedoch angeboten, einen Restitutionsdelegierten für eine limitierte Zeit nochmals zuzulassen, falls ein solcher für die noch ausstehenden Restitutionsgüter benötigt würde.

1765

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Commander in Chief of the Soviet Forces of Occupation and Commander in Chief of the Soviet Military Administration in Germany an General Clay, 5.03.1949.

1766

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben Clay an Marschall Sokolovsky, 10.03.1949, S. 2 f.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

den konnte, und dass die Örtlichkeit des Gegenstandes bekannt sowie deren Identifizierung zweifelsfrei möglich sei.1767 Im Schreiben vom 8. August 1949 bezeichnete der sowjetische Militärbefehlshaber in Deutschland die Restitutionsbemühungen der Amerikaner hinsichtlich sowjetischen Eigentums immer noch als unbefriedigend. Insbesondere legte General Chuikov dar, dass die amerikanischen Behörden seit Dezember 1948 die sowjetische Restitutionskommission an ihrer Arbeit behindern würden und die Suche nach sowjetischen Gütern in der amerikanischen Zone eingestellt hätten.1768 In der amerikanischen Zone mussten bis zum 30. April 1948 die Ansprüche für eine externe Restitution eingereicht werden. Ausgenommen waren Ansprüche auf einige ausserordentliche nichtkulturelle Objekte, welche in einem Zeitraum vom 1. Januar 1949 bis zum 30. Juni 1949 noch akzeptiert worden waren und Ansprüche auf Kulturgüter, welche auch noch nach dem 30. Juni 1949 gestellt werden konnten. Die amerikanischen Berater von McCloy befanden, dass die sowjetischen Behörden genug Zeit gehabt hätten, ihre Ansprüche zu stellen und die nötigen Informationen dazu zu liefern.1769 Dies wurde denn auch in einem Schreiben an General Chuikov von McCloy klargestellt und eine Ausnahme für die Sowjetunion bezüglich der Restitution ausgeschlossen.1770 Bereits im September 1948 hatte Richard F. Howard, zuständig für die Restitution von Kulturgütern bei der Property Division, Bilanz über die Rückführungen an die Sowjetunion gezogen. Im Zeitraum von September 1945 bis September 1948 hatte die sowjetische Restitutionskommission in 13 Rückführungen (Shipments) 534’120 Gegenstände entgegengenommen. Davon stammten 167’717 Objekte aus Kiew. Die amerikanische Militärregierung hatte auf der Grundlage von 55 Ansprüchen 603 Gegenstände an die Sowjetunion restituiert. 556 Ansprüche waren aufgrund mangelnder Angaben zu ihrem Aufenthaltsort abgelehnt worden.1771 Bis März 1948 waren bereits 328’965 Gegenstände an die Sowjetunion ausgeliefert worden.1772

1767

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben von Hawkins (Director RDR Division US Germany) an Major General Zorin (Director RDR Division, Soviet Military Administration for Germany), 27.05.1949.

1768

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben von General Chuikov an McCloy, „Alleged Irregularities in Restitution from US Zone to the USSR“, 08.08.1949.

1769

Siehe dazu auch NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Memorandum bezüglich Schreiben von General Chuikov vom 8.08.1949, 13.08.1949.

1770

NA RG 260/Exec Off/Office Adjutant General/607, Schreiben an General Chuikov, 23.08.1949.

1771

Siehe dazu auch NA RG 260/A.H.C./723 OMGUS Property Division Restitution Branch, Status of Application for the Restitution of Soviet cultural Property filed with MFAA Section, 20.09.1948 zitiert in Freitag, S. 204.

1772

NA RG 59/1940-44, Statistics on Restitution of Cultural Objects, 8.03.1948.

441

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Auch nach September 1948 wurde nochmals eine Rückführung von Kulturgüter vorgenommen. In der Zeit vom Mai bis November 1949 wurden noch verbliebene strittige russische Kulturgüter in den Collecting Point Wiesbaden überführt. Im Sommer 1951 wurden auch die Collecting Points München und Wiesbaden aufgelöst, und die noch in Wiesbaden verbliebenen sowjetischen Kulturgüter wurden dem High Commissioner of Germany übergeben. Unter der Ägide des High Commissioner of Germany erfolgten 1952 und 1953 nochmals zwei Restitutionen an die Sowjetunion. Es handelte sich dabei um insgesamt 2’249 russische Bücher und Zeitschriften, die aus unterschiedlichen NS-Depots nach Offenbach verbracht worden waren.1773 Nach einer Aufstellung vom Frühjahr 1952 befanden sich in Wiesbaden noch 658 Gegenstände aus der Sowjetunion. Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um die aus München überführten Objekte, deren genaue Herkunft nicht festgestellt werden konnte. Die für den Frühsommer 1952 geplante Übergabe der Gegenstände scheiterte beinahe an der Weigerung von sowjetischer Seite, das herkömmliche Quittungsformular zu unterschreiben. In vier Sitzungen konnten amerikanische und sowjetische Vertreter ein neues Quittungsformular aushandeln.1774 Das neue Quittungsformular verzichtete auf den Hinweis einer potentiell einzurichtenden Restitutionskommission. Die Verpflichtung zu einer Rückgabe fälschlich restituierter Objekte sollte nur nach einem Gutachten sowjetischer Experten Gültigkeit haben. Die sowjetischen Vertreter bestanden sodann darauf, die Herkunft der Objekte nach bestem Wissen, nicht aber definitiv zu bescheinigen. Die Übergabe der Objekte war für den 17. Juni 1953 vorgesehen, wurde aber aufgrund der Aufstände in Ost-Berlin auf den 7. Juli 1953 verschoben. Mit dieser Restitution waren die Verpflichtungen zur Rückgabe sowjetischen Kulturgutes für den amerikanischen High Commissioner für Deutschland beendet.1775

III.

Restitution von Kulturgüter in der britischen Zone

1.

Restitution an alliierte Nationen

a)

Interim Restitutionen

In der britischen Zone erfolgten, wie erwähnt, die ersten Rückerstattungsarbeiten aufgrund der Direktive für eine Interim Restitution am 14. August 1945.1776 In dieser Direktive wurde die britische Militärregierung angewiesen, die nötigen

1773

Freitag, S. 206 f.

1774

Freitag, S. 207.

1775

Freitag, S. 208.

1776

Siehe dazu S. 370.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

organisatorischen Vorbereitungen zu treffen und die möglichen Restitutionen von identifizierten Kunstgegenständen durchzuführen.1777 Obwohl zu dieser Zeit noch kein alliiertes Übereinkommen existierte, wurde die Finance Division angewiesen, Informationen über aufgefundene Beutekunstwerke den betroffenen alliierten Nationen weiterzugeben.1778 Zwar befanden sich in der britischen Zone wie auch in der russischen und vor allem in der amerikanischen Zone Kulturgüter wie Gemälde, Bücher und ganze Kunstsammlungen, welche die Nazis und die deutsche Wehrmacht aus den besetzten Gebieten mitgenommen hatten, jedoch nahmen diese zahlenmässig einen eher unbedeutenden Teil ein. In der britischen Zone befanden sich insbesondere auch Museums- und Kirchengegenstände aus Polen.1779 Im alliierten Kontrollrat war sodann am 12. Dezember 1945, wie vorerwähnt, eine Direktive „Interim Restitution Deliveries (Cultural Objects)“ CORC/ P(45)185 erlassen worden, welche die Vorgehensweise für die Restitution von Kulturgüter genehmigte. Die für die britischen Streitkräfte und die britische Militärregierung geltenden Military Government Regulations wurden im Bereich des Kapitels Restitution daraufhin insofern abgeändert, dass sie mit der diesbezüglich erlassenen Kontrollratsdirektive in Einklang stand.1780

b)

Allgemeine Restitution an alliierte Staaten

Wie die amerikanische Besatzungsregierung wurde auch die britische Besatzungsregierung von den alliierten Nationen bestürmt, die gefundenen Kulturgüter so schnell als möglich den einzelnen Staaten zurückzugeben. Einzelne Staaten schickten dabei sogar inoffizielle Missionen in die Besatzungszonen, die Kulturgüter aufspüren sollten.1781 Obwohl das Kriegsende bereits mehr als ein Jahr zurücklag und die Begehren um Rückgabe von Gütern immer zahlreicher wurden, verwehrte die britische Besatzungsmacht jeglichen Zutritt ausländischer Restitutionsmissionen in ihre Zone. Als Grund wurden die fehlenden Übernachtungsmöglichkeiten und die fehlende Gewährleistung der Verpflegung sowie die

1777

NA RG 59/Pauley Rep. Mission/European Mission/14, Draft Directive to Field-Marshal Montgomery. PRO FO 371/45770, Telegramm: Following is the Text of Directive to C in C on Interim Measures for the Restitution of Identifiable Works of Art, 14.08.1945. Auch in PRO FO 371/45771, Troopers to ACABRIT Vienna, 11.10.1945, Text of the second Directive.

1778

PRO FO 1032/2356, Report Control Commission for Germany British Element, Finance Divison, 5.11.1945.

1779

PRO FO 1049/964 Liste mit polnischen Museumsgüter, 24.01.1947.

1780

Siehe dazu S. 376 f.

1781

Siehe dazu Bericht mit Klagen über holländische Teams, die ohne Erlaubnis in die britische Besatzungszone eingedrungen waren, in PRO FO 1057/24, Memorandum, The right to search of items allegedly the subject of restitution, 2.4.1946.

443

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

noch andauernden Verhandlungen im alliierten Kontrollrat angegeben.1782 Im Verlaufe des Aprils 1946 wurden die ersten Restitutionsmissionen in der britischen Zone zugelassen. Möglich gemacht wurde dies durch die alliierte Übereinkunft über das Restitutionsprozedere.1783 Gemäss dieser Übereinkunft waren nun offiziell Missionen aus den alliierten Staaten in den einzelnen Zonen vorgesehen.1784 Von da an wurden immer wieder Ermittlungsgruppen aus den alliierten Staaten zugelassen, damit die Restitution möglichst schnell abgeschlossen werden konnte.1785 Schon bald wurde die Restitutionsabteilung in der britischen Militärregierung mit Restitutionsansprüchen überhäuft. Da sowohl der Aufbau der gesamten Restitutionsorganisation wie auch der Abläufe viel Zeit in Anspruch nahmen, konnten während des Jahres 1946 nur wenige Güter zurückerstattet werden.1786 Durch die Inkraftsetzung von genauen Verfahrensvorschriften erlangten die britischen Restitutionsarbeiten eine markante Vereinfachung und Beschleunigung.1787 So konnte denn zum Beispiel mit Frankreich eine schnelle Rückgabe der wertvollsten Meisterwerke, welche die Deutschen aus öffentlichen französischen Museen oder privaten Sammlungen beschlagnahmt hatten, erreicht werden.1788 Zwar wurden zwischen 1947 und 1949 verschiedene Reorganisationen in 1782

1783

1784

1785

1786

1787

1788

PRO FO 1057/24, Memorandum, The right to search of Items allegedly the subject of restitution, 2.4.1946. PRO FO 1057/25 ACA, CORC, Quadripartite Procedures for Restitution CORC/P(46)143, 17.04.1946. Diese alliierte Übereinkunft bestimmte die Methoden und die Verfahren für die Rückerstattung. Die Zonenkommandanten waren für die Implementierung der aufgrund der Definition „Restitution“ vereinbarten Rückgabevorschriften in ihrer Zone verantwortlich. Durch diese Instruktionen wurden die Rückgaben von durch die Deutschen geraubten Güter an alliierte Staaten vom alliierten Kontrollrat offiziell genehmigt. Für die genauen Implementierungsmethoden, die zu benutzenden Formulare, Quittungen und für das Berichtswesen siehe im Einzelnen PRO FO 1032/2358, Methode of Implementing Definition of Restitution. Es galt dabei jedoch die Vorschrift, dass diese Restitutionsmissionen von ihren Regierungen offiziell beauftragt wurden. PRO FO 1013/1214, zum Beispiel Schreiben Headquater Land Nordrhein-Westfalen, French Restitution Investigation Team, 7.02.1948. So wurden bis April 1946 1057 Forderungen eingereicht, währenddem die britische Restitutionsabteilung lediglich 57 Güter freigab und 36 Gegenstände auslieferte. Siehe dazu PRO FO 1057/24, Statistical Report on the Status of Restitution Claims received up to 27.04. 1946. PRO FO 1057/24, RDR Division to Mil Government, Restitution of looted Property 17.04.1946. Copy of Control Commission Property Control Instruction No. 30, 17.04.1946 und PRO FO 1057/24, Control Commission Property Control Instructions No. 30, FIN/MAIN/20613(PC), 17.04.1946. Die Franzosen bezeichneten denn auch die Übergabe als Erfolg, da aufgrund dieser Kooperation fast alle Gemälde in gutem Zustand nach Frankreich zurückgeführt worden waren. Siehe dazu auch PRO FO 1057/26, Report on the Problems of Restitution to France, 8.10.1947.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

der britischen Militärregierung durchgeführt, die auch die Restitutionsabteilung betrafen, doch konnte die Arbeit trotzdem zügig weitergeführt werden. Die britische Militärregierung schaffte immer mehr deutsche Verwaltungsstellen und wurde selbst immer mehr zu einem Überwachungsorgan. Aus diesem Grund waren auch deutsche Restitutionsämter errichtet worden, die in die jeweilige Länderverwaltung eingegliedert wurden. Diese Ämter waren mit der Entgegennahme von Forderungen, deren administrativen Verarbeitung und der Suche und Identifizierung von Gütern beauftragt. Die britischen Beamten waren jedoch immer noch für die Rückerstattungsgenehmigung, die Ausstellung einer Quittung sowie die Entscheidung im Falle einer umstrittenen Forderung verantwortlich. Die oberste Ausführungsgewalt in allen Restitutionsangelegenheiten blieb auch beim britischen Zonenkommandanten. Die im Laufe des Jahres 1947 angefertigten Restitutionsstatistiken zeigen auf, dass die in der britischen Zone eingereichten Ansprüche im Allgemeinen um einiges höher waren als in den anderen Zonen. So wurden denn auch zwischen dem 1. Mai 1946 und dem 1. November 1947 Ansprüche im Wert von 135 Millionen Reichsmark zurückerstattet.1789 Unter diesen Gütern befanden sich auch Kulturgüter, die jedoch nur einen kleinen Teil der gesamten Restitutionen ausmachten.1790 In der späteren Zeit war es der britischen Militärregierung auch erlaubt, Restitutionsgut zurückbehalten, wenn die Besatzungsmacht auf das in Frage stehende Objekt angewiesen war oder es für die deutsche Wirtschaft unerlässlich war.1791 Dies traf jedoch nicht für die Kategorie Kulturgüter zu.

1789

Siehe dazu PRO FO 1032/2358, London Council of Foreign Ministers (Brief for the UK Delegation), Present Position in the British Zone, undatiert. Gemäss PRO FO 1032/2358, Progress Report on Restitution in the British Zone as at 1.11.1947: Die britische Militärregierung erhielt bis zu diesem Zeitpunkt 12’145 Anträge, es wurden 3’964 Ansprüche freigegeben und 2’494 Anträge zufriedengestellt. Des Weiteren konnten 1’849 beanspruchte Güter nicht aufgefunden werden und die Rückgabe wurde bei 2’318 Ansprüchen definitiv abgewiesen. Die Einreichung eines Anspruches „claims“ musste sich dabei nicht auf einen einzelnen Gegenstand beschränken, sondern konnte sich, wie vorerwähnt, auch auf viele verschiedene Gegenstände wie eine gesamte Museumssammlung beziehen. Daher konnte keine exakte Aussage über die tatsächliche Grösse der zurückerstatteten Einzelstücke gemacht werden.

1790

Vgl. dazu auch PRO FO 1032/2359, Progress Report on Restitution in the British Zone for the period 4 to 17.01.1948. Unter den zurückerstatteten Gegenständen befanden sich auch 20 Gemälde und 1’292 historische Dokumente und Aufzeichnungen.

1791

PRO FO 1050/993, Control Commission for Germany (British Element), Zonal Executive Offices, Zonal Instruction No. 76, Retention in Germany of Restitution Equipment, 24.08. 1948. Auch in PRO 1013/1214.

445

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

c)

Restitution an die Sowjetunion

Wie in der amerikanischen Zone wurde auch in der britischen Zone eine Restitution an die Sowjetunion durchgeführt. Im Gegensatz zur amerikanischen Zone befanden sich jedoch nur wenige Kulturgüter unter den Restitutionsgütern. Die Sowjetunion gehörte in den Anfängen der Restitution aus der britischen Zone zu den von den Briten bevorzugten Staaten, die Rückerstattungen erhielten. So wurde auch der in der britischen Zone durch die MFAA-Abteilung aufgefundene Gottdorf Globe1792 der Kategorie zugeordnet, die für eine Interim Restitution in Frage kam, und die sofortige Rückführung in die Wege geleitet. Mit der Genehmigung des sowjetischen Militärbefehlshabers wurde der Kunstgegenstand in Lübeck den britischen Truppen zuerst gezeigt und danach im August 1946 der Sowjetunion übergeben.1793 Aufgrund der Fortschrittsberichte über die Restitutionen ist ersichtlich, dass aus der britischen Zone im Jahre 1947 und 1948 viele Restitutionsgüter überreicht wurden.1794 Aufgrund der immer angespannteren Situation zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion wuchs das gegenseitige Misstrauen, was auch zu einer Erschwerung der Restitution aus der britischen Zone beitrug. So zögerte die britische MFAA beispielsweise die Rückgabe des Archivs von Königsberg heraus, um die Einwilligung der Rückgabe der sich in sowjetischer Hand befindlichen Archive von Hamburg und Lübeck zu erreichen.1795 Wie die amerikanische Militärregierung wurde auch die britische Militärregierung durch die Sowjetunion beschuldigt, Restitutionsleistungen an diese zurückzubehalten, und zudem beklagten sich die Sowjets auch über eine fehlende Kooperation bei der Suche nach Kulturgütern, Industriegütern und Transportmittel sowjetischer Herkunft in der britischen Zone. Unzufriedenheit bestand auch im Umfang der sowjetischen Rückgaben, insbesondere derjenigen von Kulturgütern in der britischen Zone.1796 So wurde denn auch die britische Militär-

1792

Der Gottdorf Globe war während der Besetzung der Sowjetunion durch die deutsche Wehrmacht in Detsko-Selo in der Nähe Leningrad gestohlenen worden.

1793

Siehe dazu PRO FO 1032/2356, Control Commission ffor Germany (British Element), Finance Division, Memorandum, 5.11.1945. Auch PRO FO 1032/2356, Letter Army General Sokolovsky to General Robertson, 19.11.1945.

1794

Siehe diverse Weekly return of Reparations Statistics 1948– 49 in PRO FO 1162.

1795

PRO FO 1032/2361, Office of Economic Adviser to Chief of Staff, Return of the USSR of the Archives of the City of Koenigsburg, 8.12.1948.

1796

PRO FO 1032/2361, Letter General Sokolovsky to General Robertson, 19.03.1949. General Sokolovsky behauptete denn auch, dass die sowjetischen Behörden 1’139 Anträge für eine Restitution gestellt hätten, wovon 546 Anträge Kulturgüter betroffen hätten, jedoch sei nur aufgrund von 53 Anträgen eine Rückerstattung vorgenommen worden. Diese 53 Rückerstattungen hätten jedoch nur Kulturgüter minderer Wichtigkeit betroffen. Lediglich in vier Fällen seien ausserordentliche und wichtige Kulturgüter zurückerstattet worden. Dabei wurde von sowjetischer Seite insbesondere kritisiert, dass keine gezielte Suche von Gemäl-

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

regierung aufgefordert, der sowjetischen Mission die Erlaubnis zu erteilen, ihre Suche nach sowjetischen Kulturgütern in der britischen Zone zu intensivieren, indem sie auch die Rechte erhalte, deutsche Firmen, Warenlager, Häfen, Bergwerke, Museen, private wie auch öffentliche Kunstsammlungen und andere Gebäude zu durchsuchen. Ausserdem wollten die sowjetischen Behörden auch die Erlaubnis, sämtliche Daten über die in der britischen Zone aufgefundenen Restitutionsgüter studieren zu können.1797 Die britische Militärregierung, welche im Frühling 1949 aufgrund der Berliner Blockade der sowjetischen Militärregierung die Restitutionen an die Sowjetunion grösstenteils eingestellt hatte, machte die Transportrestriktionen der Sowjetunion dafür verantwortlich. Die Russen ihrerseits machten jedoch geltend, dass auch zwei Monate nach Aufhebung der Transportrestriktionen zwischen Berlin und den westlichen Zonen, nur wenige allgemeine Güter und Kulturgüter zurückgegeben worden seien.1798 Der sowjetische Vorschlag bezüglich der Ausdehnung der Rechte wurde von der britischen Militärregierung zurückgewiesen, da ihrer Meinung nach bereits genügend Anstrengungen zur Auffindung von Kulturgüter getroffen worden waren. Ein weiterer Streitpunkt bestand in der verschiedenen Auffassung der Arbeit, Organisation und Grösse der sowjetischen Restitutionsmission in der britschen Zone. Im Sommer 1949 wurde der sowjetischen Mission in der britischen Zone von der britischen RDR Division mitgeteilt, dass keine neuen Mitglieder für die sowjetische Mission in der Zone zugelassen würden. Bereits zuvor hatte die britische Militärregierung versucht, die Zahl der akkreditierten sowjetischen Delegierten zu beschränken, nachdem diese bis zu 40 Offiziere in die Zone geschickt hatten, weshalb sie sich die Frage gestellt hatte, ob diese tatsächlich für die Restitutionsangelegenheiten zuständig waren oder ob sie noch andere, insbesondere nachrichtendienstliche Aufgaben hatten.1799 In den Augen der sowjetischen Militärregierung war dies jedoch eine Behinderung ihrer Restitutions-

den, Kunstgegenständen und religiösen Gegenständen sowie Museumsgut vorgenommen worden sei. Auch seien die sowjetischen Restitutionsansprüche bezüglich dem berühmten russischen Museum in Kiev aus unbekannten Gründen abgelehnt worden. Von den vielen Schätzen aus dem Schloss von Pushkino, welche von Peter dem I. stammten und die von der deutschen Wehrmacht mitgenommen wurden, seien nur der Gottdorf Globe zurückgegeben worden. Die britischen Militärbehörden hätten ausserdem keinerlei Massnahmen zur Auffindung und Rückerstattung von Kulturgütern aus Museen und Schlössern in Kharkov, Odessa, Gomel, Minisk, Petergof, Gatchina, Novogrod, Alupkino und Levadia getroffen. 1797

PRO FO 1032/2361, Letter General Sokolovsky to General Robertson, 19.03.1949.

1798

PRO FO 1032/2122, Letter General Chuikov C in C of the Sowjet Occupation Forces and chief of the Soviet Mil. Adm. In Germany an General Robertson, 22.07.1949.

1799

Siehe dazu auch PRO FO 1032/2122, Schreiben RDR Advisory Branch, Re: General Chuikov’s letter on Restitution to USSR, 10.08.1949.

447

448

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

bemühungen, weshalb sie energisch dagegen protestierten.1800 Der britische Zonenbefehlshaber General Robertson entgegnete jedoch, dass er nicht der Meinung sei, dass die britische Militärregierung die Suche nach sowjetischen Kulturgütern vernachlässigt habe. Er bezeichnete die Auslieferung von sowjetischen Restitutionsgütern als zufriedenstellend. Es sei der sowjetischen Mission in den letzten zwei Jahren zudem auch ermöglicht worden, sich zur Klärung in der britischen Zone frei zu bewegen.1801 General Robertson offerierte dem sowjetischen Militärbefehlshaber in Deutschland jedoch, dass ein sowjetischer Kunsthistoriker in der britischen Zone nochmals Dokumente von bestimmten Museen untersuchen könne. Ein weiterer Vorschlag der britischen Militärregierung zur Beschleunigung der Restitutionslieferungen betraf sodann die Entsendung von Schleppkähnen aus der sowjetischen Zone. Im Schreiben macht der britische General die sowjetische Zone auch darauf aufmerksam, dass die britische Regierung mit der Behandlung von britischen Gütern in der sowjetischen Zone absolut unzufrieden sei und eine markante Verbesserung erwarte.1802 Mit Schreiben vom 7. September 1949 bezeichnete General Chuikov sodann die Restitutionsfortschritte immer noch als ungenügend. So seien nur 22 von 612 Kulturgüterforderungen bereits abgeschlossen worden. Die versprochene Aufstockung der sowjetischen Mission sei auch nicht erfolgt.1803 Bezüglich der britischen Güter führte General Chuikov in seinem Schreiben aus, dass dieses Begehren mit den sowjetischen Restitutionen nichts zu tun hätte und er auch keinen direkten Bezug zur Restitution von Eigentum sehe, weshalb diese Frage gesondert behandelt werden müsste.1804 Im Antwortschreiben von Major-General McLean, Stellvertreter von General Robertson, drückte dieser nochmals aus, dass die sowjetischen Informationen zur Auffindung von sowjetischen Gütern sehr oberflächlich und nicht sehr hilfreich gewesen seien. Ein gleichartiger Vorwurf hatte bereits die amerikanische Militärregierung verlauten lassen.1805 Im Schreiben wird sodann nochmals eine Verbesserung in der Behandlung und Auslieferung von britischen Gütern in der sowjetischen Zone verlangt.1806 Insgesamt verlief die Restitution an die Sowjetunion in ähnlicher Weise wie diejenige an andere alliierte Nationen. Die angespannte Situation, die Befürchtungen der Sowjetunion, dass sowjetische Güter in den westlichen Zonen zu1800

PRO FO 1032/2122, Letter General Chuikov C in C of the Sowjet Occupation Forces and chief of the Soviet Mil. Adm. in Germany an General Robertson, 22.07.1949. Bereits zuvor hatte General Chuitkov am 19.03.1949 reklamiert.

1801

PRO FO 1032/2133, Schreiben General Robertson an General Chuikov, 17.08.1949.

1802

PRO FO 1032/2133, Schreiben General Robertson an General Chuikov, 17.08.1949.

1803

General Chuikov bezog sich auf die Entsendung des vorgeschlagenen Kunsthistorikers.

1804

PRO FO 1032/2133, Schreiben General Chuikov an General Robertson, 7.09.1949.

1805

Siehe dazu auch S. 436 ff.

1806

PRO FO 1032/2133, Schreiben Major-General McLean to General Robertson, 26.09.1949.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

rückgehalten und andere Nationen bevorzugt behandelt würden, und die Befürchtungen der britischen Zone, dass die sowjetische Mission in der britischen Zone militärische Informationen sammeln würde, führten jedoch zu einem gegenseitigen Misstrauen und Unbehagen, was sich zweifelsfrei auch auf die Restitution ausgewirkt hatte.1807 Im März 1950 erklärte der britische Allied High Commissioner die Restitutionsaufgabe für beendet. Er informierte General Chuikov 20. März 1950 dahingehend, dass die britische Militärregierung der Ansicht sei, dass die sowjetischen Restitutionen in der britischen Zone beendet sei.1808 Aufgrund der Entscheidung des High Commissioners, dass die Arbeit der sowjetischen Reparation und Restitutions Mission beendet war, wurde der Mission mitgeteilt, dass sie bis zum 21. April 1950 die britische Zone zu verlassen hatte. Diese Instruktion wurde jedoch von der Mission nicht befolgt. In der Folge wurden verschiedenen Missionen Massnahmen angekündigt. Unter anderem wurde der Telefongesellschaft mitgeteilt, dass am 28. April 1950 sämtliche Telefonlinien zur sowjetischen Mission gesperrt werden sollten.1809 In der Nacht zum 20. April 1950 verschwand denn auch die Sowjetische Mission in grosser Eile.1810 Die Restitution aus der britischen Zone an die Sowjetunion erfuhr in dieser Hinsicht ein ziemlich abruptes und unschönes Ende.

d)

Restitution an die baltischen Staaten

Das Foreign Office war im Januar 1947 an die amerikanische Botschaft in London gelangt und hatte nachgefragt, wie die amerikanische Politik bezüglich der Rückgabeforderungen der sowjetischen Militärregierung von baltischen Gütern aussehe. Die amerikanische Regierung handelte in Bezug auf die Restitution nach der Kontrollratsdirektive vom 21. Januar 1946.1811 Wie vorerwähnt hatte sich die amerikanische Regierung jedoch bezüglich der baltischen Güter entschieden, dass diese vorerst nicht an die sowjetische Mission ausgehändigt werden sollte, da die sowjetische Souveränität über die baltischen Staaten von den USA nicht anerkannt wurde.1812 Die baltische Frage wurde für die RDR Division in der britischen Zone im Februar 1947 relevant, da zu diesem Zeitpunkt eine grosse Anzahl an Restitutionsforderungen von baltischen Gütern eingegan1807

Die britische Militärregierung überwachte denn auch die Arbeit und Ermittlungen sowjetischen Mission in der britischen Zone sehr genau. Siehe dazu auch PRO FO 10081/182, Marking of Cars of Soviet Mission, 3.06.1950.

1808

Siehe PRO FO 1008/182, Memo Top Secret, März 1950.

1809

PRO FO 1008/182, Letter Withdrawal of Postal Facilities from Soviet Reparation and Restitution Missions, 21.04.1950.

1810

PRO FO 1008/182, Memo Departure if Soviet Military Mission for Reparation and Soviet RDR Mission from British Zone, 22.04.1950.

1811

Siehe dazu S. 389.

1812

PRO FO 943/55, Letter US Embassy to Foreign Office, 11.02.1947.

449

450

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

gen war.1813 Im Gegensatz zu der US-Zone befanden sich in der britischen Zone jedoch nur sehr wenige baltische Kulturgüter1814. Das Foreign Office wies die britische Militärregierung in Deutschland und Österreich an, dass jegliche Handlungen, die eine „de jure“-Anerkennung der sowjetischen Souveränität über die baltischen Staaten darstellen, verhindert werden sollten, ohne dass diese Frage thematisiert werden sollte. Der Restitutionsabteilung wurde jedoch befohlen, so viele Informationen wie möglich über die aus den baltischen Staaten gestohlenen Gegenstände zu beschaffen, damit bei einer allfälligen Lösung der Frage die Restitution ohne weitere Verzögerung erfolgen könnte. Das Foreign Office wollte dabei den baltischen Staaten mindestens die gleiche Behandlung zukommen lassen wie den ehemals feindlichen Staaten.1815 Die Restitutionsabteilung wurde zudem angewiesen, der sowjetischen Mission in der britischen Zone mitzuteilen, dass sie bereit sei, alle Informationen über Restitutionsgüter baltischer Herkunft in der Zone zu bearbeiten, dass dies aber ohne Einfluss auf eine Entscheidung der Anerkennung der sowjetischen Souveränität über die baltischen Staaten sei.1816 Immer wieder verlangte die Restitutionsabteilung, die unter grossen Druck der sowjetischen Forderungen stand, Instruktionen über das Verhalten gegenüber der sowjetischen Mission.1817 So protestierten die sowjetischen Militärbehörden immer wieder gegen die Verweigerung der Restitution bezüglich der baltischen Staaten.1818 Solange die britische Regierung jedoch die Frage der Souveränität nicht entschieden hatte, konnte auch keine Restitution durchgeführt werden. Aus diesem Grund wurde wie in der amerikanischen Zone die Restitution von baltischen Gütern mehr als ein halbes Jahr aufgeschoben und mit zahlreichen Ausflüchten verzögert. Auf Anfrage des High Commissioners of India, wie die Position von Grossbritannien bezüglich der Inkooperation der baltischen Staaten in die Sowjetunion sei, teilte ihm das Foreign Office mit, dass die Regierung von Grossbritannien de facto anerkannt habe, dass die Regierung der baltischen Staaten in die Sowjetunion integriert wurden, dass die britische Regierung die neu eingesetzten Regierungen de jure nicht anerkenne. Sodann wurde auch die rechtliche Kompetenz der Sowjetunion für Handlungen, welche die baltischen Staaten oder ihre Be-

1813

PRO FO 943/55, Telegram Restitution claims by USSR on behalf of Baltic States, 28.02. 1947.

1814

PRO FO 943/55, Russian Property claimed on behalf if the Baltic States. In der Liste sind lediglich 10 Gemälde aufgeführt. Alles andere sind Maschinen, Handwerksgegenstände und weitere Haushaltsgegenstände.

1815

Siehe dazu insbesondere PRO FO 943/55, Re: Restitution to the Baltic States, 3.03.1947.

1816

PRO FO 943/55, Telegramm to Berlin, 3.03.1947.

1817

Siehe dazu auch Schreiben RDR Division an Control Office, 31.03.1947.

1818

PRO FO 1032, 2358, Telegramm to Foreing Offices, 25.09.1947.

21. Kapitel: Äussere Restitution von Kulturgütern

völkerung betraf, nicht anerkannt.1819 Aufgrund dieser politischen Situation arbeiteten die einzelnen Regierungsstellen auf halboffizieller Basis in den Nachkriegsjahren immer noch mit den ehemaligen Vertretern der Regierungen der baltischen Staaten weiter. Ausserdem wurden diesen Vertretern auch ihre diplomatischen Privilegien ihnen nicht aberkannt. Als die Restitution am 31. März 1950 für beendet erklärt wurde, waren noch neun offene Forderungsansprüche bezüglich der baltischen Staaten bei der britischen RDR-Abteilung pendent. Es konnte aufgrund der Umstände immer noch keine Übereinkunft erzielt werden über die physische Rückgabe dieser Gegenstände. Deshalb wurde den deutschen Besitzern dieser Gegenstände mitgeteilt, dass sie bis auf weiteres die Maschinen gebrauchen durften. Sie bekamen dabei die Anweisung, die Gegenstände solange aufzubewahren, bis der Status der baltischen Staaten geklärt war, da sie die Gegenstände aufgrund des Gesetzes Nr. 52 nicht weiter übereignen konnten.1820

IV.

Fazit und rechtliche Beurteilung

Die äussere Restitution war sowohl in der amerikanischen wie auch in der britischen Zone äusserst erfolgreich. Grosse Mengen an Restitutionsgut konnten an die verschiedenen Staaten herausgegeben werden. Es wird aber auch klar ersichtlich, dass zumindest in der amerikanischen Besatzungszone in Bezug auf die Restitution eine Differenz zwischen den militärischen Weisungen und den Direktiven des ACA bestand. Die Differenzen waren politischer Natur und können rechtlich insbesondere in Bezug auf die Sowjetunion nicht standhalten. Wie die Praxis jedoch zeigte, entfaltete die Ziffer 4 der Direktive „External Restitution“ für die Restitution von Kulturgütern an die Sowjetunion keine direkte Wirkung. Es ist aber aufgrund dieser Ziffer sichtbar, dass die USA aus politischen Motiven gewillt war, sich über internationale Verträge hinwegzusetzen. Der Hintergrund dieser Motive ist im faktischen Kriegszustand mit der Sowjetunion zu sehen. Die Direktive JCS 1779 nimmt sodann nochmals auf die Kontrollratsproklamation Nr. 2, welche wiederum auf die Londoner Erklärung verweist, Bezug und sieht für § 17 dort die Rechtsgrundlage. Die JCS 1779 nimmt in § 17 ganz klar Abstand von einer „restitution in kind“ und verfügt, dass diese nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden darf. Aus dem heutigen Wissensstand ist jedoch keine tatsächlich durchgeführte „restitution in kind“ bekannt. Die Grundsätze der amerikanischen äusseren Restitution schlossen auch die ehemals feindlichen Staaten ein, und die 1819

PRO FO 371/86206 Letter Commonwealth Relations Office to High Commissioner for India, 6.02.1950. Im Schreiben bezieht sich das Commonwealth Relations Office auf ein Schreiben des ehemaligen Aussenministers Bevin an Richter Atkinson vom 29.12.1945.

1820

PRO FO 1013/1214, Letter RDR Division to Land Economic Officer, Restitution to the Baltic States, 22.03.1950.

451

452

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ehemalige Direktive „Restitution of Ex-Enemies“ wurde diesbezüglich aufgehoben. In Ziffer 7 wird zudem den in den Friedensverträgen zugesicherten Restitutionsansprüchen Rechnung getragen, wobei die Zeiträume den Friedensverträgen entsprachen. Bezüglich Italien wurde dieser Zeitraum von September 1943 auf den Juli 1943 vorverlegt. Auch hinter Ziffer 12 bezüglich der Restitution an die baltischen Staaten steht eine politische Entscheidung, da die Okkupation der Sowjetunion von der Völkergemeinschaft nämlich nicht anerkannt wurde. Hier wurde zu Recht die Restitution nicht durchgeführt, da die Sowjetunion sich nicht als rechtliche Nachfolgerin der baltischen Staaten sehen konnte. Grosse Probleme stellten sich der USA in Bezug auf die Rückerstattung der geflohenen Juden aus der Sowjetunion und aus Osteuropa. Diese Kulturgüter hätten eigentlich an die Heimatstaaten restituiert werden müssen. Der sich ausdehnende Einfluss der Sowjetunion in den osteuropäischen Staaten und die Errichtung kommunistischer Regime liess die USA jedoch von den bisherigen Prinzipien der völkerrechtlichen Restitution abweichen. Nicht der Staat aus dem das Gut herausgenommen worden war, war anspruchsberechtigt, sondern derjenige Staat, in dem sich der Eigentümer dieses Gutes nun niedergelassen hatte. Eine weitere Neuerung ergab sich aus der Ziff. 2 der Direktive „External Restitution“. Hier wurde Flüchtlingen explizit erlaubt, ihre Forderung direkt bei der amerikanischen Besatzungsmacht anzumelden. Die Kulturgüter von Personen, die aus politischen oder religiösen Gründen aus ihrem Heimatland geflohen waren, wurden direkt an den Eigentümer herausgegeben, und nicht wie im Völkerrecht üblich, an den jeweiligen Staat. Auch dahinter ist ein politisches Motiv erkennbar, wollte man doch nicht Kulturgüter in kommunistische Staaten liefern, wenn sich die Eigentümer im Westen aufhielten. Insgesamt wurde die Restitution immer wieder angepasst. Ziel war es, sämtliche gelagerten Güter wieder zurückzugeben und den Zustand vor dem Krieg wieder möglichst herzustellen.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone I.

Einleitung

Die Massnahmen diskriminierender Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Auffassung und der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus, die das Deutsche Reich durch seine Organe während der Herrschaft des Nationalsozialismus getroffen hatte, waren sehr vielfältig. Das Deutsche Reich wurde zum grössten Verfolger und Besetzer seiner Zeit und wurde deshalb nach seiner Niederwerfung im Zweiten Weltkrieg, wie

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ehemalige Direktive „Restitution of Ex-Enemies“ wurde diesbezüglich aufgehoben. In Ziffer 7 wird zudem den in den Friedensverträgen zugesicherten Restitutionsansprüchen Rechnung getragen, wobei die Zeiträume den Friedensverträgen entsprachen. Bezüglich Italien wurde dieser Zeitraum von September 1943 auf den Juli 1943 vorverlegt. Auch hinter Ziffer 12 bezüglich der Restitution an die baltischen Staaten steht eine politische Entscheidung, da die Okkupation der Sowjetunion von der Völkergemeinschaft nämlich nicht anerkannt wurde. Hier wurde zu Recht die Restitution nicht durchgeführt, da die Sowjetunion sich nicht als rechtliche Nachfolgerin der baltischen Staaten sehen konnte. Grosse Probleme stellten sich der USA in Bezug auf die Rückerstattung der geflohenen Juden aus der Sowjetunion und aus Osteuropa. Diese Kulturgüter hätten eigentlich an die Heimatstaaten restituiert werden müssen. Der sich ausdehnende Einfluss der Sowjetunion in den osteuropäischen Staaten und die Errichtung kommunistischer Regime liess die USA jedoch von den bisherigen Prinzipien der völkerrechtlichen Restitution abweichen. Nicht der Staat aus dem das Gut herausgenommen worden war, war anspruchsberechtigt, sondern derjenige Staat, in dem sich der Eigentümer dieses Gutes nun niedergelassen hatte. Eine weitere Neuerung ergab sich aus der Ziff. 2 der Direktive „External Restitution“. Hier wurde Flüchtlingen explizit erlaubt, ihre Forderung direkt bei der amerikanischen Besatzungsmacht anzumelden. Die Kulturgüter von Personen, die aus politischen oder religiösen Gründen aus ihrem Heimatland geflohen waren, wurden direkt an den Eigentümer herausgegeben, und nicht wie im Völkerrecht üblich, an den jeweiligen Staat. Auch dahinter ist ein politisches Motiv erkennbar, wollte man doch nicht Kulturgüter in kommunistische Staaten liefern, wenn sich die Eigentümer im Westen aufhielten. Insgesamt wurde die Restitution immer wieder angepasst. Ziel war es, sämtliche gelagerten Güter wieder zurückzugeben und den Zustand vor dem Krieg wieder möglichst herzustellen.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone I.

Einleitung

Die Massnahmen diskriminierender Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Auffassung und der politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus, die das Deutsche Reich durch seine Organe während der Herrschaft des Nationalsozialismus getroffen hatte, waren sehr vielfältig. Das Deutsche Reich wurde zum grössten Verfolger und Besetzer seiner Zeit und wurde deshalb nach seiner Niederwerfung im Zweiten Weltkrieg, wie

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

bereits erwähnt, in erheblichem Umfang mit Forderungen nach Wiedergutmachung konfrontiert. Es war das erklärte Ziel der alliierten Regierungen, die Beseitigung des nationalsozialistischen Unrechts zu erreichen, indem eine grosszügige Wiedergutmachung von Deutschland erwartet wurde. Die Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts war somit zu einer der bedeutendsten Aufgaben geworden, der sich die Deutschen nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches zu stellen hatten. Bei den völkerrechtlichen oder staatsrechtlichen Massnahmen zur Beseitigung des nationalsozialistischen Unrechts ist zu unterscheiden zwischen (1) der völkerrechtlichen Reparation, welche Geld-, Sach- und Dienstleistungen zum Ersatz von Verlusten und Schäden eines Siegerstaates und dessen Staatsangehörigen die dem im Kriege besiegten Staat unter Berufung auf dessen Verantwortlichkeit für die Entstehung des Krieges auferlegt werden, (2) der völkerrechtlichen Restitution, welche eine Form der völkerrechtlichen Reparation darstellt, indem sie die Rückgabe völkerrechtswidrig weggenommener Gegenstände oder Forderungen durch die Besatzungsmacht in einem besetzten Gebiet im Wege der Rückererstattung (Naturalrestitution) fordert, (3) der Rückerstattung, welche eine Form der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts ist, und darin besteht, dass ein diskriminierender Vermögensakt – Weggabe unter Zwang, Wegnahme durch Zwang – rückgängig gemacht wird und (4) der Entschädigung, welche ebenfalls eine Form der Wiedergutmachung darstellt, indem sie der Ersatz ist für Schäden an Rechts- und Lebensgütern, die der Geschädigte durch den Schädiger erlitten hat.1821 In diesem und den zwei folgenden Kapiteln geht es sodann um die Rückerstattung und die darauf basierenden Gesetzgebungen. Die völkerrechtlichen Grundlagen für die Wiedergutmachung beruhen sowohl auf besatzungsrechtlichen als auch auf zwischenstaatlichen Normen. Von grosser Bedeutung waren die Anordnungen und Gesetze des alliierten Kontrollrats in Deutschland, der nach dem Potsdamer Abkommen die oberste Regierungsgewalt innehatte.1822 Zu diesen Anordnungen gehörten die Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20. September 19451823, die Kontrollratsgesetze Nr. 21824, Nr. 51825 und Nr. 461826 sowie die 1821

Buschbom, Die Völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Massnahmen zur Beseitigung des im Namen des Deutschen Reiches verübten Nationalsozialistischen Unrechts, Band II, S. 2.

1822

Siehe auch Ausführungen über das Potsdamer Abkommen auf S. 352 ff.

1823

Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Nr. 1, S. 8 –19.

1824

Kontrollratsgesetz über die Auflösung der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei vom 10.10.1945 in Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nr. 1, S. 19.

1825

Kontrollratsgesetz zur Übernahme und Erfassung deutschen Vermögens im Ausland vom 30.10.1945 in Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nr. 2, S. 27–31.

1826

Kontrollratsgesetz Nr. 46 über die Auflösung des Staates Preussen vom 25.02.1947, in Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nr. 14, S. 262.

453

454

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Direktive Nr. 50 des alliierten Kontrollrats.1827 Ein diesbezüglich weiteres wichtiges Gesetz ist das Militärregierungsgesetz Nr. 521828, welches im Zusammenhang mit dem Londoner Abkommen vom 5. Januar 19431829 steht. Die jeweiligen Oberbefehlshaber der Westalliierten hatten, wie vorerwähnt, unmittelbar nach der Besetzung deutschen Territoriums durch ihre Truppen das Gesetz Nr. 52 über die „Sperre und Kontrolle von Vermögen“ verkündet, um ihre Besatzungsaufgaben und -ziele sicherzustellen. Dieses Gesetz diente denn auch als Vorreiter und Sicherungsmassnahme für das amerikanische und das britische Rückerstattungsgesetz1830, das Rückerstattungsgesetz für die westlichen Sektoren Berlins1831 und die französische Verordnung über die geraubten Vermögenswerte.1832 Bei diesen besatzungsrechtlichen Rückerstattungsgesetzgebungen ging es um die Wiedergutmachung im Wege der inneren (internal) Restitution, welche nicht durch innerstaatliches Recht geregelt war, sondern durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, die diese aufgrund der von ihnen in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 statuierten Besatzungsziele erlassen hatten. Die innere Rückstattung, regelt im Unterschied zur äusseren1833 die Rückerstattung, aufgrund der durch die Verfolgung entstandenen diskriminierenden Vermögensverschiebungen auf dem Territorium Westdeutschlands. Während das Recht der inneren Rückerstattung von den Besatzungsmächten gesetztes deutsches Recht ist, handelt es sich bei der äusseren Rückerstattung um Völkerrecht.

1827

Kontrollratsdirektive über die Verwendung von Vermögenswerten der deutschen nationalsozialistischen, militärischen und paramilitärischen Organisationen vom 29.04.1947, in Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nr. 15, S. 275–278.

1828

Siehe unten S. 295 ff.

1829

Siehe unten S. 215 f.

1830

Amerikanisches Militärregierungsgesetz Nr. 59 vom 10.11.1947, in Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Amerikanisches Kontrollgebiet, Ausgabe G, S. 1. Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, Gesetz Nr. 59, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmassnahmen, in Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, Nr. 28, S. 1169. Auch in PRO FO 1060/695.

1831

Anordnung der alliierten Kommandantura Berlin BK/O (49) 180 vom 26.07.1949 in Verordnungsblatt für Gross-Berlin 1949, Teil I, S. 221.

1832

Verordnung Nr. 120 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland vom 10.11.1947 über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte, in Journal Officiel du Commandement en Chef Francais en Allemagne – Amtsblatt des französischen Oberkommandos in Deutschland 1949, Nr. 279, 280, 281, 282, S. 2060.

1833

Siehe dazu S. 425 ff.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

II.

Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

1.

Amerikanisches Militärregierungsgesetz Nr. 59

a)

Deutsche Mitarbeit bei den Beratungen für ein Rückerstattungsgesetz

Die amerikanische Militärregierung plante schon früh die Wiederherstellung einer gesetzlichen Ordnung in ihrer Zone, welche die deutschen Staatsangehörigen unmittelbar mitbestimmen konnten. Bereits durch Artikel 3 der Proklamation Nr. 2 des US-Oberbefehlshabers vom 19. September 1945 erhielten die drei süddeutschen Länder sowie Bremen die gesetzgebende, richterliche und vollziehende Gewalt unter Vorbehalt der übergeordneten Befugnis der Militärregierung übertragen. Jene der Länder der französischen Zone kam erst im Laufe des Sommers 1946 zur Entstehung, und die Länder der britischen Zone erhielten sogar erst Ende 1946 (1. Dezember 1946) durch die Verordnung Nr. 57 das Recht auf Gesetzgebung.1834 Am 17. Oktober 1945 wurde in der US-Zone ein überregionales Regierungsorgan aus den Ministerpräsidenten der Länder und dem regierenden Bürgermeister von Bremen als Länderrat mit dem Sitz in Stuttgart errichtet und mit der Aufgabe betraut, im Rahmen der politischen Richtlinien der Besatzungsmacht die über das Gebiet eines Landes hinaus reichenden Fragen gemeinschaftlich zu lösen. Die Entschliessungen des Länderrates verlangten Einstimmigkeit.1835 Schon mit der Neu- bzw. Wiedererrichtung der deutschen Behörden auf Länderebene gingen die Vorarbeiten für einen Rückerstattungsgesetzesentwurf einher, da die Rückerstattung von den süddeutschen Landesregierungen als eine der wichtigsten Aufgaben des befreiten deutschen Gemeinwesens angesehen wurde. Die Militärregierung blockierte diese Wiedergutmachungsinitiative, weil zu dieser Zeit eine Regelung auf Kontrollratsebene angestrebt wurde und der bayerische Entwurf für ein Rückerstattungsgesetz die internationalen Aspekte der Wiedergutmachung nicht berücksichtigte.1836 Die eigentumsrechtlichen Unsicherheiten, die sich aus der Aufhebung nationalsozialistischer Gesetze mit

1834

Pünder, S. 35 ff.

1835

Der Länderrat erhielt ein ständiges Sekretariat und ab 4.06.1946 ein zusätzliches Direktorium, das aus je zwei Vertretern der Länderregierungen und dem Generalsekretär bestand und die Beschlüsse des Länderrates vorzubereiten hatte. Am 11.03.1947 wurde auf Länderebene ein aus 24 Mitgliedern bestehender Parlamentarischer Rat geschaffen. Dem Länderrat waren ständige Ausschüsse und Sonderausschüsse beigegeben. Einer dieser Sonderausschüsse war der Ausschuss für Eigentumskontrolle; er wurde für das Gebiet der Rückerstattung zuständig.

1836

Konstantin Goschler, Wiedergutmachung, 1992, S. 91.

455

456

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

vermögensrechtlicher Wirkung durch den Kontrollrat ergaben, führten dazu, dass nun ausschliesslich an Gesetzesentwürfen zur Rückerstattung von entzogenem, wieder auffindbarem Verfolgtenvermögen gearbeitet wurde.1837 In Zusammenarbeit mit amerikanischen und deutschen Experten des Länderrates berieten im Jahre 1946 jüdische Interessenvertreter in Stuttgart einen Entwurf für ein Rückerstattungsgesetz.1838 Das Gremium wurde Sonderausschuss „Eigentumskontrolle“ bezeichnet.1839 Die Unterschiede in den Auffassungen der deutschen und der amerikanischen sowie der jüdischen Vertreter waren dabei erheblich. Zu den zentralen Streitpunkten gehörte die Frage, welche Vermögensverschiebungen überhaupt unter die Rückerstattung fallen sollten. Die Deutschen zeigten sich daran interessiert, den in Frage kommenden Bereich so eng als möglich zu halten; umgekehrt versuchte die jüdische Seite, möglichst weite Kriterien durchzusetzen. Stein des Anstosses war insbesondere die Frage des sogenannten „loyalen Erwerbs“. Fraglich war auch, ob unter der nationalsozialistischen Herrschaft ein Verkauf unter redlicher Wahrung der Interessen eines verfolgten Verkäufers zustande gekommen sein konnte. Auf jüdischen Wunsch hin wurde der Schutz des guten Glaubens für einen Erwerber jüdischen Eigentums schon im Anfangsstadium der Verhandlungen weitgehend ausgeschlossen.1840 Zur direkten Verantwortung gezogen wurde jeweils der letzte Erwerber des betreffenden Eigentums. Am Ende galt prinzipiell jedes nach dem 15. September 1935 – dem Tag, an dem die Nürnberger Gesetze erlassen worden waren – abgeschlossene Geschäft mit Juden als anfechtbar, da von diesem Zeitpunkt an deren kollektive Verfolgung angenommen wurde.1841 Noch im Frühjahr 1946 bestand noch keine Klarheit bezüglich der künftigen Verwendung des erbenlosen jüdischen Eigentums. Während OMGUS diese Vermögenswerte zugunsten Verfolgter des Nationalsozialismus in Deutschland verwenden wollte, vertraten die jüdischen Organisationen die Auffassung, dass sämtliches jüdisches Erbe in Deutschland als kollektive Anwartschaft einer jüdi-

1837

Nähere Ausführungen dazu Graf, Rückgabe von Vermögenswerten an Verfolgte des Nationalsozialistischen Regimes im Beitrittsgebiet, S. 18 ff.

1838

Siehe dazu auch Schwarz, Rückerstattung nach dem Gesetz der alliierten Mächte, S. 31–54. Siehe auch Restitution of Identifiable Property, Internal Restitution Program under Military Government Law No. 59, Treatment of Duress Properties: Excerpt from Report of Military Governor, Property Control, OMGUS Special Report, November 1949 in Germany 1947–1949, The story in documents, S. 432 ff.

1839

Siehe dazu auch Goschler, S. 106 ff.

1840

Goschler, S. 108.

1841

Um dieses Datum hatte es auch intern bei OMGUS heftige Auseinandersetzungen gegeben. Im Gegensatz zur Legal Division hatten die Finance Division und die Property Control Branch übereinstimmend mit der deutschen Seite den November 1938, also die „Reichskristallnacht“, als Zäsur gefordert.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

schen Nachfolgeorganisation zustehen sollte.1842 Während die internationalen jüdischen Organisationen die Forderung stellten, dass das erbenlose Vermögen auch ausserhalb Deutschland verwendet werden sollte, war sich die amerikanische Regierung in dieser Hinsicht nicht sicher, setzte doch die wirtschaftliche und reparationsrechtliche Lage Deutschlands Grenzen für einen Vermögenstransfer ins Ausland.1843 Im Herbst 1946 hatte sich die Lage auf amerikanischer Seite soweit geklärt, dass die Ansprüche aus dem Ausland grundsätzlich anerkannt werden sollten, und auch das Prinzip der Nachfolgeorganisationen für erbenloses Eigentum hatte sich durchgesetzt und war im Länderratsentwurf des Rückerstattungsgesetzes verankert worden.1844 Die deutschen Ministerpräsidenten erklärten am 11. März 1946, dass sie eine unverzügliche und umfassende Rückerstattung bejahen würden, fügten jedoch an, dass eine solche schwerwiegende Regelung nur für die amerikanische Zone zu treffen nicht zu verantworten sei.1845 Dies brachte die amerikanische Militärregierung wiederum in eine verzwickte Situation. Angesichts der Alternative – sofortiger Erlass eines Militärregierungsdirektive oder Aufnahme vierzonaler Verhandlungen – bildeten sich sofort zwei Parteien. Die eine Partei trat vehement für Verhandlungen mit den Alliierten ein, da ein einzonales Gesetz bei der Durchführung grosse Schwierigkeiten bereiten und zudem nur einen geringen Bruchteil des insgesamt betroffenen Vermögens erfassen würde. Die andere Partei favorisierte einen sofortigen Erlass eines Militärregierungsgesetzes, da die alliierten Verhandlungen ohne Erfolgsaussichten seien.1846 Es wurde beschlossen, dass der Erlass eines Militärgesetzes um 60 Tage aufgeschoben werden sollte, um in der Zwischenzeit die Möglichkeit einer alliierten Übereinkunft zu prüfen.

b)

Diskussionen um eine Kontrollratsdirektive

Am 10. April 1947 legte die amerikanische Delegation ihren auf dem LänderratEntwurf basierenden Vorschlag im Property Control Committee des Kontrollrats vor. Wie bei den meisten Vorschlägen im Kontrollrat war man sich in keiner Art und Weise einig. Die Amerikaner mussten innert 60 Tagen eine Übereinkunft erzielen, um zu verhindern, dass sie ein diesbezügliches Gesetz nur in ihrer

1842

Siehe dazu auch Schwerin, S. 487.

1843

Goschler, S. 110 f. In diesen Zusammenhang gehörte auch die pendente Frage, inwiefern nach dem Ende der entsprechenden Kontrollratverbote generell Wiedergutmachungsansprüche aus dem Ausland befriedigt werden könnten.

1844

Goschler, S. 111.

1845

Text der Entschliessung des Länderrates vom 11.03.1947. (Goschler S. 114.)

1846

IfZ RG 260/OMGUS/PCEA/17/1, Minutes of the Meeting of the Property Disposition Board, 4.4.1947.

457

458

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Zone in Kraft setzen mussten. Im Juni wurden nochmals Anstrengungen unternommen, um die Zustimmung zum amerikanischen Entwurf zu erhalten. Wiederum waren die Amerikaner in einer misslichen Lage; einerseits liess der Stand der bizonalen Vereinigung1847 kein einseitiges Vorgehen mehr zu, auf der anderen Seite lehnten die Briten es ab, ein gemeinsames Gesetz mit den Amerikanern zu erlassen, solange es sich nicht als unmöglich erwiesen hatte, sich im Kontrollrat zu einigen.1848 Bis Mitte Juni wurden grössere Fortschritte im Kontrollrat erzielt. Als grösstes ungelöstes Problem stellte sich die Verwendung des erbenlosen Eigentums. Der amerikanische Vorschlag, diese Werte den jüdischen Nachfolgeorganisationen zu überlassen, stiess bei den übrigen Alliierten auf massive Ablehnung.1849 Am 22. Juli 1947 protestierte die britische Botschaft in Washington energisch gegen ein mögliches einzonales Rückerstattungsgesetz.1850 Das State Department kündigte daraufhin einen amerikanischen Alleingang für den Fall an, dass bis zum 1.10.1947 keine mehrzonale Lösung getroffen werden konnte.1851 Im Kontrollrat selbst wurde auch noch im September 1947 über das gemeinsame Gesetz debattiert. Uneinigkeit herrschte insbesondere auch darüber, welche Eigentumstransfers jüdischer Personen Gültigkeit gehabt hatten. Die amerikanischen, britischen und französischen Delegierten stimmten darin überein, dass alle Veräusserungen rückgängig gemacht werden sollten, sofern sie nicht auch ohne den Nationalsozialismus stattgefunden hätten bzw. der Käufer die Interessen des Verkäufers berücksichtigt hatte. Dabei stimmten die westlichen Alliierten darin überein, dass der Zwang in den späteren Jahren grösser gewesen war als zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft. Darüber, von welchem Zeitpunkt an ein allgemeiner Zwang geherrscht hatte, gingen die Auffassungen aber auseinander: bereits von 1935 an mit den Nürnberger Gesetzen, wie der US-Delegierte vertrat, oder erst seit 1938 mit den Gesetzen zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben, wie die britischen und französischen Delegierten vor-

1847

Siehe dazu S. 403 ff.

1848

Goschler, S. 118. Siehe auch PRO FO 1046/183, Memo Property Control Branch, 31.05. 1947.

1849

Die Sowjetunion wollte das erbenlose Eigentum den deutschen Ländern überlassen, die damit Hilfsmassnahmen zugunsten aller Verfolgten auf ihrem Territorium finanzieren sollten. Aus sowjetischer Sicht hingen auch die Rückerstattung und die Entschädigungen unlösbar mit den Reparationen zusammen. Frankreich wiederum wollte eine nichtkonfessionelle Nachfolgeorganisation, die unterschiedslos allen Verfolgten des Nationalsozialismus helfen sollte. Die Briten hatten ursprünglich den amerikanischen Vorschlag akzeptiert, schwenkten jedoch wieder auf die französische Seite um, als in Palästina der jüdische Aufstand grössere Ausmasse annahm und die Briten befürchteten, dass eine jüdische Nachfolgeorganisation den Aufstand finanziell unterstützen würde.

1850

PRO FO 1046/184, Aide-Memoire British Embassy in Washington, 22.07.1947.

1851

PRO FO 1046/184, Aide-Memoire, State Department, 20.08.1947, S. 2.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

schlugen. Der sowjetische Delegierte lehnte dagegen generell eine Rückerstattung ab, sofern ein angemessener Preis dafür bezahlt worden war.1852

c)

Ausarbeitung und Inkraftsetzung des Militärregierungsgesetzes Nr. 59

Bevor ein Kompromiss gefunden werden konnte, setzten die Amerikaner und die Franzosen jeweils in ihrer Zone ein unabhängiges Rückerstattungsgesetz in Kraft.1853 Das amerikanische Rückerstattungsgesetz erfuhr somit am 10. November 1947 amtliche Bekanntmachung und trat am gleichen Tag in Kraft. Die deutsche Seite war zutiefst enttäuscht. Sie bedauerte es ausserordentlich, dass die amerikanische Militärregierung „um relativ geringer materieller Differenzen willen“ den deutschen Regierungen die Chance aus der Hand geschlagen habe, die Rückerstattung in Einklang mit deutscher Rechtsüberzeugung durch ein deutsches Rückerstattungsgesetz zu verwirklichen.1854 In den in der US Zoneerlassenen Gesetz Nr. 59 der Militärregierung über die Rückerstattung feststellbarer Vermögenswerte (REG) waren die Ansprüche und das Verfahren in 95 Artikeln sehr eingehend geregelt worden. Am gleichen Tag wurden auch zwei Ausführungsverordnungen zu dem Gesetz erlassen, und weitere Ausführungsverordnungen der Militärregierung und der Länder sind nachgefolgt.1855 Das Rückerstattungsgesetz ist mithin entscheidend vom politischen Willen der amerikanischen Militärregierung geprägt worden. Es entsprach trotzdem weitgehend deutscher Rechtsüberzeugung. Deutsche Juristen hatten das Fundament des Gesetzes und auf weite Strecken seine Einzelheiten in mühevoller und verständnisvoller Zusammenarbeit mit den Amerikanern geschaffen. Die politische Verantwortung für das Rückerstattungsgesetz trug jedoch nur die Besatzungsmacht USA.1856

1852

IfZ, RG 260/OMGUS-ACA 2/111-1/7-12, ACA, Restitution to Victims of Nazi Persecution, Draft Submission to the Coordinating Committee, DFIN/P(47)214, 26.09.1947.

1853

Das französische Rückerstattungsgesetz Ordonnance 120 trat ebenfalls am 10.11.1948 in Kraft. Siehe dazu auch Journal officiel 7/1219. Im Gesetz wurde die Rückerstattung geraubter Vermögenswerte in einem Verfahren vor sogenannten Restitutionskammern geregelt, ohne dass die betroffenen Personen eine Meldepflicht zu erfüllen hatten.

1854

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 54.

1855

Das REG ist als Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung in der Beilage 9 zum Hessischen GVBL. 47/221, in Württemberg-Baden RegBl. 48/1 veröffentlicht worden. Auch in PRO FO 1060/696.

1856

Vgl. auch Arndt, Das Rückerstattungs-Gesetz der amerikanischen Zone, S. 161 f.

459

460

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

d)

Militärregierungsgesetz Nr. 59 im engeren Sinn

i)

Sinn und Zweck des Gesetzes

„Zweck des Gesetzes war es, die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Personen, denen sie in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus entzogen worden sind, im grösstmöglichen Umfange beschleunigt zu bewirken“.1857 In Artikel 1 hat die Militärregierung sowohl ihren Leitgedanken offenbart und ausserdem, indem dieser als Bestandteil des Gesetzes darin eingebaut wurde, auch eine gegenständliche und zeitliche Beschreibung des Unrechtsgebietes, in welchem dieses Gesetz Wiedergutmachung herbeiführen sollte, vorgenommen. Er legt die allgemeinen Voraussetzungen fest, durch welche ein Teil des nationalsozialistischen Unrechts, nämlich die Vermögensentziehung, gutgemacht werden sollte, während sich deren Begriff und demnach die besonderen Voraussetzungen der gewährten Rechtsansprüche aus anderen gesetzlichen Bestimmungen (Artikel 2 bis 6) ergeben.1858 Die Rückerstattung ist in erster Linie Wiederherstellung eines dem ehemaligen Rechtszustand entsprechenden Rechts- und Besitzstandes. Dabei ist sie mehr als blosse Wiederherstellung eines früheren Zustandes. Es ist die Wiederherstellung eines früheren Zustandes mittels einer Rechtsverfahrens.1859 Der Rechtszustand wird dabei von Gesetzes wegen wiederhergestellt, indem sein Wiedereintritt nur von der gerichtlichen Feststellung des Rückerstattungs-anspruchs abhängig gemacht wird (Artikel 15 Ziffer 1), ohne dass eine Einigung über den Eigentumsund oder Rechtsübergang erforderlich ist. Der Besitzesstand bei beweglichen und unbeweglichen Sachen konnte hingegen nur wieder hergestellt werden, wenn eine Rückgabe und bei den unbeweglichen Sachen auch eine Eintragung im Grundbuch erfolgte. Dabei bildeten die Entscheidungen der Wiedergutmachungsorgane Vollstreckungstitel (Art. 65). Im amerikanischen Rückerstattungsgesetz wurde der Begriff „Vermögensgegenstand“ als Sachen, Rechte und Inbegriffe von Sachen und Rechten definiert.1860 Die Begriffe „Sachen“ und „Rechte“ deckten sich mit den entsprechenden Begriffen des deutschen BGB. Unter „Rechte“ fielen jedoch nicht Patente, Marken, Urheberrechte und Rechte aus Versicherungsverhältnissen, da diese gemäss Artikel 89 explizit ausgenommen worden waren. Der Begriff „Inbegriff von Sachen und Rechten“ deckt sich

1857

PRO FO 1060/696, Das Militärregierungsgesetz Nr. 59, Artikel 1. Auch in Amtsblatt der amerikanischen Militärregierung Deutschlands, Ausgabe G, 10.11.1947, S. 1.

1858

Siehe auch Godin, S. 2.

1859

Siehe dazu auch Beyer, S. 323.

1860

Sowohl im britischen Rückerstattungsgesetz (siehe dazu PRO FO 1060/695) wie auch in der Verordnung der alliierten Kommandantur Berlin vom 26.07.1949 (BK/0 (49)180) (siehe dazu PRO FO 944/254), wurden die Sach- und Rechtsinbegriffe nicht erwähnt.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

wohl mit dem Begriff „Inbegriff von Gegenständen“ des § 260 BGB1861 und „Inbegriff von Sachen“ des § 1035 BGB, worunter eine Gegenstandsmehrheit zu verstehen ist, die ein einheitliches rechtliches oder wirtschaftliches Band so umschliesst, dass sie zusammengehören. Als Voraussetzung für die Anwendung dieses Gesetzes war zwingend die Zurechenbarkeit des entzogenen Gegenstandes zum privatrechtlichen Vermögen gefordert. Darunter fielen jedoch nicht immaterielle oder höchstpersönliche Güter, wie Ehre, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Freiheit.1862 Der Begriff „feststellbar“1863 bedeutet soviel wie identifizierbar. Es sollte klarstellen, dass sich die Vorlage nur auf die Rückerstattung des konkreten Vermögensgegenstands, der dem Berechtigten entzogen worden ist, bezog. Die Anwendung auf allgemeine Ansprüche in Fällen, in denen der konkrete Vermögensgegenstand unauffindbar war, wurde somit ausgeschlossen.1864 Der Begriff „feststellbar“ hatte seinen Ursprung in den Anfängen der Restitutionsbemühungen der westlichen Alliierten. Auf der Konferenz von Jalta, im Februar 1945, hatte die Sowjetunion, wie vorerwähnt, Reparationen in der Höhe von US$ 10 Milliarden mit dem Recht, das von der deutschen Besatzungsmacht geraubte Vermögen in natura oder in gleichwertiger anderer Form zurückzuholen, gefordert.1865 Die Amerikaner und die Briten widersetzten sich diesem Verlangen und wollten, wie erwähnt, das Recht der Restitution auf bestimmte Arten von Gegenständen, wie Kunstgegenstände, Wertpapiere, Maschinen und rollendes Material beschränkt wissen, und auch das nur, wenn es „identifizierbar“ (identifiable) war; gemeint war hier der noch „greifbare“ (tangible) Besitz. Aus dieser Diskussion rührt der Begriff der Feststellbarkeit her, der auf ausdrücklichen Wunsch der Amerikaner in das britische und amerikanische Rückerstattungsgesetz eingefügt wurde.1866 1861

Bürgerliches Gesetzbuch, Deutschland.

1862

Siehe dazu auch Godin, S. 2 f.

1863

Im englischen Text „identifiable“.

1864

Siehe NA RG 260/Property Division/General Records/9, Request for an Opinion concerning interpretation of individual Articles of MG Law No. 59, 20.07.1948, S. 1.

1865

Siehe Seite 274 ff.

1866

Siehe dazu Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, S. 20 und 118ff. Schwarz führt darin auch aus, dass der Begriff „identifiable“ eine unglückliche Rolle gespielt hatte. Die US-Militärregierung wollte, wie bei der externen Restitution, nur die noch greifbaren, nicht aber die bereits untergegangenen Vermögensgegenstände erfassen. Im Laufe der Arbeiten am Entwurf wurden aber in Artikel 29 und insbesondere in Artikel 30 auch der Fall des Untergangs von Vermögensgegenständen und die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche geregelt. Damit war der einzige Grund für die Einfügung des Wortes „feststellbar“ fortgefallen. Dieses Redaktionsversehen hat unendlich viel unnütze Zeit und Geld gekostet. Zehntausende von begründeten Ansprüchen gegen das Deutsche Reich wurden abgewiesen und mussten neu aufgerollt werden, weil die Gerichte irrig annahmen, die Rückerstattungsgesetzgebung bezögen sich nur auf die Einbusse von Vermögens-

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ii)

Legitimation

Gemäss Artikel 1 Ziffer 1 USREG waren Personen, denen in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus Vermögensgegenstände entzogen worden waren, aktiv legitimiert. Als Personen galten natürliche ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit und juristische (insbesondere mit erheblicher jüdischer Beteiligung, oder wenn sie gar als jüdisch registriert worden waren) oder Personen des privaten und öffentlichen Rechts (z.B. Kultusgemeinden und Kirchen). Auch Personen, die nicht unmittelbar selbst verfolgt waren (z.B. der nichtjüdische Ehemann in einer Mischehe) oder welche der NSDAP angehört hatten, konnten im Einzelfall rückerstattungsberechtigt sein. Letztere jedoch nur, wenn sie in Gegensatz zur Parteiführung geraten und daraufhin durch Vermögensentziehungen beraubt worden waren.1867 Sodann konnten auch Erben (Gesamtrechtsnachfolger) oder die NachfolgeOrganisationen die Rückerstattung verlangen. Die Verfolgungsgründe waren in den vier Rückerstattungsgesetzen gleich oder zumindest sehr ähnlich formuliert.1868 Die nationalsozialistischen Verfolgung aus Gründen der Rasse war an Merkmale geknüpft, die in der Rassengesetzgebung klar und unmissverständlich definiert waren.1869 Bei Rechtsgeschäften wird die Entziehung gesetzlich vermutet1870, entweder wenn der Vermögensinhaber unmittelbar Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt war (Individualzwang) oder einer in ihrer Gesamtheit verfolgten Gruppe angehörte (Kollektivzwang). Die rassische Verfolgung war eine Kollektiv-Verfolgung.1871 Die Bedeutung zwischen individueller und Kollektiv-Verfolgung gegenständen, die im Zeitpunkt der Entscheidung noch identifizierbar, mithin vorhanden waren. Siehe dazu auch Entscheid des III. Senat des Obersten Rückerstattungsgerichts (US-Zone) vom 23.04.1959 in Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (RzW) 1959, S. 371, Nr. 8; IX, 52, (Anmerkung Nr. 22 der Entscheidungsgründe). 1867

Godin, Ziffer 5 zu Artikel 1, S. 3 f.

1868

Das britische Rückerstattungsgesetz Nr. 59 und die Verordnung der alliierten Kommandantur Berlin vom 26.07.1949 (BK/0 (49) 180 ersetzten im deutschen Text die „Weltanschauung“ durch „politische Auffassung“. Die französische VO Nr. 120 formulierte: „Massnahmen …, die auf Staats- oder Volksangehörigkeit, Rasse, Religion sowie dem nationalsozialistischen Regime feindliche politische Anschauungen oder Tätigkeiten gestützte Unterscheidungen eingeführt haben“ (Siehe dazu Art. 1 Abs 1. der VO No. 120.

1869

Erste VO zum Reichsbürgergesetz vom 14.11.1935, RGBl, S. 1333.

1870

Siehe Artikel 3 USREG.

1871

Das britische und amerikanische Rückererstattungsgesetz sowie das Rückerstattungsgesetz der westlichen Sektoren in Berlin definierten die Kollektiv-Verfolgung als die Verfolgung einer Gruppe von Personen, die in ihrer Gesamtheit aus den Gründen des Art. 1 durch Massnahmen des Staates oder der NSDAP aus dem kulturellen oder wirtschaftlichen Leben Deutschlands ausgeschaltet werden sollte (Siehe dazu Art. 3 Abs. 1 USREG, BrREG und REAO). In der französischen VO No. 120 wurde die Kollektiv-Verfolgung als: „Personen,

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

bestand darin, dass dem Kollektiv-Verfolgten eine weitgehende Beweiserleichterung in der Form einer verstärkten Vermutung zur Seite stand.1872 Das nationalsozialistische Regime verfolgte nicht nur die deutschen und die staatenlosen, sondern auch die nichtdeutschen Juden; es verfolgte sie, wo auch immer es ihrer Person oder ihres Besitzers habhaft werden konnte. Dies geschah schrittweise und in taktischer Anpassung an die jeweilige innen- und aussenpolitische Situation.1873 Ebenfalls wurde die Kollektiv-Verfolgung für bestimmte konfessionelle Organisationen bejaht; so für Studenten- und Altherrenverbände beider Konfessionen, für die kirchlichen Jugendorganisationen, für Erziehungsinstitute und die Wohlfahrtsverbände der Kirchen, wenn sie aus Verfolgungsgründen zur Selbstauflösung gezwungen worden waren.1874 Der Verfolgungsgrund der Nationalität wurde im amerikanischen Rückerstattungsgesetz stark eingeschränkt. Er sollte nicht für Massnahmen gelten, die „unter anerkannten Regeln des internationalen Rechts üblicherweise gegen Vermögen von Staatsangehörigen feindlicher Länder zulässig sind“.1875 Fälle der Verfolgung aus nationalen Gründen ausserhalb der üblichen Praxis sind auf dem Gebiete der Rückerstattung kaum in Erscheinung getreten; Angehörige des polnischen Adels in den „eingegliederten Ostgebieten“ galten jedoch aus Gründen ihrer Nationalität als verfolgt.1876 Problematisch war die Abgrenzung zwischen der Beschlagnahme als Feindvermögen und dem Missbrauch dieser legalen Form zur Tarnung einer rassischen oder politischen Verfolgung. Dies wurde für

deren Situation vor oder nach dem Datum der Vornahme dieser Akte (gemeint sind Entziehungsakte) von den diskriminierenden Massnahmen betroffen wurde“. 1872

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 126.

1873

Gemäss Schwarz begann die Kollektiv-Verfolgung der Juden, unbeachtlich ihrer Staatsangehörigkeit, am 30.01.1933. Auch für die meisten Gerichte galten die Juden ausländischer Staatsangehörigkeit mit Wohnsitz in Deutschland als von Anfang an kollektiv verfolgt. Dies galt auch für den in Deutschland belegenen Besitz derjenigen Juden deutscher und nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, die im Zeitpunkt der Entziehung ihren Wohnsitz nicht oder nicht mehr in Deutschland hatten. Siehe dazu auch ORG III vom 28.05.1956 in RzW 1957, S. 98, No. 5 und ORG Berlin vom 22.07.1955 in RzW 55, 287, No. 43.

1874

Die Kollektiv-Verfolgung der christlichen Kirchen als Ganzes war jedoch einhellig verneint worden.

1875

Art. 1. Ziffer 1 USREG. Gleichlautend auch in BrREG und REAO, während der Verfolgungsgrund der Nationalität in der französischen VO No. 120 nicht erwähnt worden war. Die Einschränkung war nicht zuletzt darauf zu führen, dass die meisten Staaten Einschränkungen in den Eigentumsrechten von Staatsangehörigen feindlicher Länder vorgenommen hatten. Es sollte die völkerrechtlich nicht sanktionierte Praxis der kriegsführenden Mächte des Ersten und Zweiten Weltkrieges, das greifbare Vermögen von Bürgern der Feindländer zu beschlagnahmen, nicht als Verfolgung im Sinne der Rückerstattungsgesetzgebung angesehen werden.

1876

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 132.

463

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

die zahlreichen Fälle der Beschlagnahme des in Deutschland belegenen Vermögens von Juden polnischer Staatsangehörigkeit mit oder ohne Wohnsitz in Deutschland aktuell, als der Krieg begonnen hatte und der polnische Staat unterging. Das Schicksal des Vermögens der polnischen Bürger war in einer besonderen Verordnung geregelt1877, in der die Juden diskriminierend behandelt wurden: Ihr Vermögen musste und nichtjüdisches Vermögen konnte beschlagnahmt werden; die Sondergesetze für Vermögen von Juden in Deutschland hatten Vorrang; bei nichtjüdischen Polen wurde der Verkaufserlös sichergestellt, bei Juden jedoch eingezogen. Die Gesetzgebung über das Feindvermögen diente hier als eine dem Regime bequeme technische Handhabe, das Vermögen polnischer Juden zu beschlagnahmen.1878 Der Gesetzgeber des Rückerstattungsgesetzes ging von dem Regelfall aus, dass derjenige, der verfolgt war, einen Rechtsverlust durch Verfolgungsmassnahmen erlitten hatte. Der Verfolgte und der Geschädigte war ein und dieselbe Person. Es gab aber zahlreiche Fälle, in denen es an dieser Personengleichheit fehlte. Im Zuge der Deportation mit nachfolgender Beschlagnahme der Wohnungseinrichtung kam es auch zur Beschlagnahme von Gegenständen, die nicht dem Verfolgten, sondern einem nicht verfolgten Dritten gehörten, meist nahen Verwandten oder Freunden, die ihren Besitz in der beschlagnahmten Wohnung verwahrten. Die Gerichte entschieden auch hier einhellig, dass hier auch das nicht verfolgte Opfer der Beschlagnahme Rückerstattungsansprüche geltend machen konnte.1879 In den Fällen des treuhänderischen (fiduziarischen) Eigentums zögerten die Gerichte zunächst, den Rechtsverlust in der Person des verfolgten Treugebers anzuerkennen. Die Tarnung des Verfolgtenbesitzes durch dessen Übertragung auf einen Treuhänder war in der Frühzeit der Verfolgung, als sich weite Kreise über das Spitzel- und Terrorsystem des Dritten Reichs noch keine Rechenschaft gaben, sehr verbreitet.

iii)

Definition der Entziehung und deren Auswirkung

Vermögensgegenstände waren im Sinne der Rückerstattungsgesetze entzogen, wenn sie der Inhaber infolge eines gegen die guten Sitten verstossenden Rechtsgeschäftes oder einer Drohung oder einer widerrechtlichen Wegnahme oder sonstigen unerlaubten Handlung oder aufgrund einer Wegnahme durch Staatsakt oder durch Missbrauch eines Staatsaktes sowie aufgrund einer Wegnahme

1877

VO über die Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates vom 17.09.1940, RGBl S. 1270.

1878

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 132.

1879

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 136 ff.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

durch Massnahmen der NSDAP, ihrer Gliederung oder angeschlossenen Verbänden eingebüsst oder trotz begründeter Anwartschaft nicht erlangt hat.1880 Rechtlich erfasst das Gesetz sämtliche unerlaubten Handlungen gegen Sachen oder Rechte als Entziehung. Der Entziehungsakt war nichtig, so dass der Rechtsund Eigentumsverlust als nicht eingetreten galt und ein Rückerstattungsanspruch bestand.1881 Eine Entziehung war immer dann gegeben, wenn aus Verfolgungsgründen die Weggabe auf einem Rechtsgeschäft beruhte, welche gegen die guten Sitten verstiess oder unter Drohung zustande gekommen war. Eine Entziehung wurde dann vermutet, wenn ein Rechtsgeschäft mit einer Person abgeschlossen worden war, die einer unmittelbaren Individualverfolgung ausgesetzt war oder die einer Gruppe angehörte, die einer Kollektivdrohung unterlag.1882 Die Vermutung der ungerechtfertigten Entziehung1883 konnte widerlegt werden, wenn bewiesen werden konnte, dass der Veräusserer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hatte und dass er über diesen Kaufpreis frei verfügen konnte. Angemessen war ein Geldbetrag, wenn ein Kaufinteressierter zu zahlen und ein Verkaufsinteressierter anzunehmen bereit war, wobei bei Geschäftsunternehmen der Firmenwert berücksichtigt wurde. Ab dem Datum der ersten Nürnberger Gesetze, dem 15. September 1935, galt in Bezug auf die Kollektiv-Verfolgten eine verschärfte Einziehungsvermutung.1884 Eine Vermutung konnte nur widerlegt werden, wenn bewiesen wurde, dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre oder dass der Erwerber in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers wahrgenommen hatte.1885 Hatte ein gemäss Artikel 1 Verfolgter in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 einem anderen Vermögensgegenstände unentgeltlich überlassen, so wurde vermutet, dass keine Schenkung, sondern eine Verwahrung oder ein Treuhandverhältnis vorlag. Diese Vermutung galt nicht, wenn eine Anstandsschenkung anzunehmen war.1886 Die amerikanische Militärregierung stand unter dem frischen Eindruck der Untaten des nationalsozialistischen Regimes. Hierzu gehörte auch die Ausplünderung der Verfolgten. Nicht nur die Täter, sondern auch die Gehilfen und Nutzniesser des Raubzuges wollte die amerikanische Militärregierung daher so

1880

Artikel 3 Ziffer 1 USREG.

1881

Siehe auch Artikel 15 Absatz 1 USREG.

1882

Siehe auch Graf, S. 25. Siehe auch Köhrer, S. 9 f. Ausführlich Godin, Kommentar zu Artikel 2, S. 5 ff. Siehe auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 1 ff.

1883

Im englischen Text „deprivation“.

1884

Siehe auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 3f. Siehe auch Artikel 4 USREG.

1885

Zum Beispiel durch Mitwirkung bei einer Vermögensübertragung ins Ausland.

1886

Artikel 5 USREG.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

unbarmherzig anfassen, wie wenn sie selbst gehandelt hätten. Das amerikanische Rückerstattungsgesetz differenzierte aus diesem Grund die Entziehung. So machte es einen Unterschied, ob man selbst der Dieb einer Sache war oder ob man die Sache nur aus Versehen gekauft hatte. Diese Wertung kam im amerikanischen Restitutionsgesetz hinsichtlich der Haftung für den Untergang des Vermögensgegenstandes oder der daraus gezogenen Nutzungen zum Tragen, indem das Gesetz drei Stufen der Verantwortlichkeit unterscheidet: strenge Haftung bei schwerer Entziehung, gemilderte Haftung infolge einfacher Entziehung sowie einen weitgehenden Haftungsausschluss infolge Gutgläubigkeit des aktuellen Inhabers.1887 Die schwere Entziehung umfasst das Erlangen eines Vermögensgegenstandes unmittelbar vom Verfolgten mittels eines gegen die guten Sitten verstossenden Rechtsgeschäftes, mittels einer Drohung, mag sie vom Erwerber des Gegenstandes selbst oder von einem Dritten geschehen sein, insbesondere einer Behörde, einem Funktionär oder einflussreichen Mitglied der NSDAP, der Geheimen Staatspolizei usw., die zu deren Gunsten gegen den Verfolgten ausgeübt worden war, vorausgesetzt, dass sie sich individuell gegen diesen gerichtet hat. Das Gesetz erwähnte jedoch die Täuschung nicht als ein Merkmal schwerer Entziehung, doch musste man von Fall zu Fall prüfen, ob ein durch eine Täuschung des Verfolgten zustande gekommenes Rechtsgeschäft als unsittlich anzusehen ist. Sodann war eine schwere Entziehung beim Tatbestand einer widerrechtlichen Wegnahme oder einer sonstigen unerlaubten Handlung anzunehmen.1888 Wegen schwerer Entziehung haftet, wer die unerlaubte Handlung selbst beging oder wie ein Hehler sie kannte oder den Umständen nach annehmen musste, im vollen Umfange auch für die Unmöglichkeit der Herausgabe oder wegen Verschlechterung des Gegenstandes, auf Herausgabe aller Nutzungen und sonst zu leistendem Ersatz.1889 In den übrigen Fällen der einfachen Entziehung tritt eine solche Haftung nicht ein. Nicht einmal die Nutzungen sind herauszugeben, wenn der Pflichtige die Entziehung weder kannte noch den Umständen nach kennen musste.1890 Die Haftung beschränkte sich auf die vom Pflichtigen zu beweisende Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und auf eine – durch Anspruch auf angemessene Vergütung für die Geschäftsführung verringerte – Herausgabe der Nutzungen. Ebenso war die Haftung beschränkt, wenn der Gegenstand mit Kenntnis des Pflichtigen, aber nicht durch die unerlaubte Handlung im Sinne des Artikes 30 entzogen wurde.1891

1887

Siehe dazu Godin, Das Rückerstattungsgesetz Nr. 59, S. 32.

1888

Godin, Kommentar zu Artikel 30, S. 131 f. Siehe aber auch Krüger, S. 799 f., über die Auslegungsprobleme des Art. 30 USREG.

1889

Artikel 30 USREG. Siehe auch Arndt, Das Rückerstattungs-Gesetz, S. 164 ff.

1890

Siehe Artikel 33 USREG.

1891

Siehe dazu Artikel 31 und 32 USREG.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

iv)

Entziehung und Erwerb kraft guten Glaubens

Ein Grundprinzip der Rückerstattung war der Ausschluss der Möglichkeit, den entzogenen Vermögensgegenstand kraft guten Glaubens zu erwerben. Der Erwerber galt mit der Restitutions-Anordnung rückwirkend als Nicht-Eigentümer. Nur indem der Erwerb kraft guten Glaubens ausgeschlossen wurde, konnte das Unrecht wieder in Recht verwandelt werden.1892 Auf der anderen Seite war es aber auch notwendig, einen bestimmten Kreis von Erwerbsvorgängen zu schützen, die ihrer Natur nach so unverdächtig waren, dass der Erwerber selbst bei grosser Skepsis und Zurückhaltung nicht auf den Gedanken kommen konnte, dass ihm Verfolgtengut angeboten wurde. Gegenstände die als unverdächtig angesehen wurden, waren solche, die im Leben von Hand zu Hand gingen und denen niemand ihre Herkunft ansehen konnte. Aus diesem Grund war beim Erwerb beweglicher Sachen im „ordnungsmässig üblichen Geschäftsverkehr“ der gute Glaube geschützt.1893 Als Gegenstände kamen nur Sachen, nicht aber Rechte in Frage, weil diese überhaupt nicht vom Nichtberechtigten kraft guten Glaubens erworben werden können.1894 Der Erwerb im „ordnungsmässigen üblichen Geschäftsverkehr“ aus einem „einschlägigen“ Unternehmen war der redliche Geschäftsverkehr des täglichen Lebens auf dem Markt, auf der Strasse und im Laden. Ausgenommen davon waren bestimmte bewegliche Sachen, die ihrer Natur nach keine Handelsware waren. Dazu gehörten Kultgegenstände, Gegenstände von besonderem künstlerischen, wissenschaftlichen oder persönlichen Wert oder Gegenstände, die im Wege der Versteigerung oder des freihändigen Verkaufs in einem Unternehmen erworben worden sind, das sich in der Hauptsache mit der Verwertung ungerechtfertigt entzogener Vermögensgegenstände befasste. Kultgegenstände waren Gegenstände religiöser Verehrung oder des Ausdrucks religiöser Verehrung. Es wurde dabei nicht vorausgesetzt, dass sie zur Zeit der Entziehung in einem ihrer Bestimmung gemässen Gebrauch waren. Gegenstände von besonderem künstlerischen Wert konnten sowohl künstlerische Erzeugnisse als auch Mittel zur künstlerischen Produktion, also sowohl eigentliche Kunstwerke (Bilder, Plastiken, Zeichnungen, Graphiken, Noten) als auch Werke des Kunsthandwerks (Möbel, Porzellan, Teppiche, Wandteppiche, Spitzen etc.) sein. Jedoch wurde nicht jeder Kunstgegenstand oder kunstvolle Gegenstand und nicht jedes künstlerische Produktionsmittel von dem Erwerbsschutz des Satzes 1 des Artikels 19 USREG ausgenommen. Vielmehr musste sein Wert ein besonderer sein. Diese Voraussetzung konnte wirtschaftlich oder künst-

1892

Siehe dazu Artikel 1 Ziffer 1 USREG.

1893

Artikel 19 USREG, Artikel 15 BrREG, Art. 16 REAO. Siehe auch Ausführungen bei Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 168 ff.

1894

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 169.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

lerisch erfüllt sein.1895 Die Ausnahme von Satz 1 Artikel 19 USREG griff, wie vorerwähnt, nur bei den Kultgegenständen absolut, im Übrigen jedoch nur, wenn derartige Gegenstände aus dem Privatbesitz stammten oder durch Versteigerung erworben worden waren.

v)

Ansprüche auf Rückerstattung und die Rechtsfolgen

Rückerstattung hiess Rückgabe dessen, was weggenommen oder weggegeben worden war. Der Rückerstattungsanspruch wurde der rei vindicatio, dem Anspruch des Eigentümers gegen den blossen Besitzer, nachgebildet. Es wurde also der unter Hitler erfolgte Eigentumserwerb annulliert, genauer für annullierbar erklärt.1896 Die amerikanische Militärregierung ging davon aus, dass der rückerstattungspflichtige Vermögensgegenstand noch in natura vorhanden war. Die Naturalrestitution war auf dem Gebiete der individuellen Rückerstattung der Regelfall; die typischen Vermögensgegenstände der individuellen Rückerstattung waren Grundstücke, Rechte, Unternehmen, Wertpapiere und, in weit geringem Ausmasse, Kunstwerke.1897 Viele Kunstwerke blieben verschollen oder waren zerstört worden. Wert- und zahlenmässig überwog der Anspruch auf Naturalrestitution. Wenn eine Sache nicht zurückerstattet worden, sondern stattdessen Geld bezahlt worden war, konnte dies oft darauf beruhen, dass die Parteien sich im Vergleichswege auf die Ablösung des Anspruches auf Naturalrestitution durch Zahlung von Geld geeinigt hatten. Keine Natural-Restitution war möglich, wenn der entzogene Gegenstand physisch nicht mehr vorhanden war. Der physischen Nichtexistenz stand die Unauffindbarkeit gleich, und dieser wiederum die Entfernung des Gegenstandes zum Ersatz durch einen anderen Gegenstand aus dem Geltungsbereich der Rückerstattungsgesetze, weil die Natural-Restitution für solche Gegenstände nicht

1895

Godin, S. 61 ff. Das OLG Frankfurt a.M. entschied zudem, dass Gegenstände von besonderem künstlerischem Wert im Sinne des Artikel 19 USREG nicht solche Gegenstände sind, die nur als „Dutzendware“ anzusehen sind, auch wenn sie ästhetisch ansprechend waren und deshalb einen gewissen Wert hatten. Es musste sich jedoch um Sachen handeln, die eine gewisse Individualität besassen, die auf den Wert von Einfluss war. Nicht jeder Gegenstand aber, der als individuelles Stück bezeichnet werden kann, ist deshalb von besonderem künstlerischem Wert. Der Grad der Besonderheit muss ein sehr hoher sein. Siehe dazu Entscheid OLG Frankfurt a.M. vom 13.06.1949 in Der Betriebs Berater 1949, 4. Jhrg. Heft 19, 10.07. 1949, S. 384.

1896

Siehe für die Problematik der Restitution und der Wiedergutmachung, Küster, S. 6 ff.

1897

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 175. Siehe auch Küster S. 361 ff.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

rechtswirksam angeordnet werden konnte.1898 Der Ersatz trat an die Stelle des entzogenen Gegenstands (Surrogation). Die Rückerstattungs-Anordnung hatte rückwirkende Kraft.1899 Sie führte zur rückwirkenden Nichtigkeit des Erwerbsgeschäftes und des Eigentumsübergangs. Der Veräusserer erhielt den veräusserten Vermögensgegenstand wieder zurück; der Erwerber erhielt die von ihm erbrachte Gegenleistung, das Kaufgeld wieder zurück.1900

vi)

Die räumliche Geltung des amerikanischen Rückerstattungsgesetzes

Der räumliche Geltungsbereich im engeren Sinne umfasste das Gebiet der amerikanischen Besatzungszone, bestehend aus den Ländern Bayern, Bremen, Hessen und Württemberg-Baden. Im weiteren Sinn umschreibt er die Grenzen der Gerichtsbarkeit für die Tatbestände, die vor ein Gericht gelangen.1901 Solche Kollisionsnormen sind weder in der amerikanischen noch in der britischen und der Westberliner Rückerstattungsgesetzgebung zu finden. Es blieb Sache der Rechtsprechung, Kriterien für diese Normen zu finden. Auf dem Gebiet der Rückerstattungsgesetzgebung führte dies zu drei Anknüpfungspunkten: dem Ort der Belegenheit des entzogenen Gegenstandes, dem Ort der Entziehung und dem Ort des Wohnsitzes des Pflichtigen.1902 Grundsätzlich sprach eine starke Vermutung dafür, dass in allen Fällen, wo eine Wiedergutmachungsbehörde als örtlich zuständig bezeichnet wurde, das jeweilige Rückerstattungsgesetz anwendbar sein sollte.1903 Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des USREG, am 10. November1947, war eine gemeinschaftliche Pressenotiz des US State- und War Department erschienen, nach der das USREG nur dann anwendbar sei, wenn der Entziehungsgegenstand im Zeitpunkt der Einleitung des Rückerstattungsverfahrens oder im Zeitpunkt seines Untergangs im

1898

Dies betraf ebenfalls Gegenstände, die sich in der sowjetischen Zone befanden und deren Restitution von den sowjetischen Besatzungstruppen verweigert wurde. Der Gegenstand war damit der Rückerstattungs-Anordnung entzogen und wurde zum Beispiel im Sinne des Art. 26 REOA als „verloren“ betrachtet.

1899

Artikel 15 Absatz 1 USREG; Artikel 12 BrREG und Artikel 37 REAO.

1900

Artikel 44 USREG, Artikel 36 BrREG und Artikel 37 REAO.

1901

Die Definition des räumlichen Geltungsbereichs soll die Frage beantworten, in welchem der möglichen Kollisionsfälle das inländische oder ausländische Gesetz anzuwenden ist und welches der möglichen ausländischen Gesetze vom Richter der Entscheidung zugrunde gelegt werden soll.

1902

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 100.

1903

Wengler, S. 737.

469

470

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Geltungsbereich belegen war.1904 Örtlich zuständig war gemäss Artikel 59 Absatz 1 USREG die Wiedergutmachungsbehörde, in deren Bezirk sich der zurückzuerstattende Vermögensgegenstand befand.1905 Die Rechtsprechung stellte auf diesen Grundlagen zunächst auf die örtliche Anknüpfung des Sachverhalts ab, insbesondere, ob die Entziehung innerhalb der Besatzungszone erfolgt war oder ob sich der entzogene Vermögensgegenstand zur Zeit der Entziehung dort befunden hatte. Es setzte sich jedoch die Tendenz durch, dass an den Ort des aktuell festgestellten Verbleibs des Vermögensgegenstandes angeknüpft wurde.1906 Die Belegenheit wurde zum massgebenden Anknüpfungspunkt, da dieser die Durchsetzbarkeit gewährleistete. Der Entziehungsort wurde später als Anknüpfungspunkt abgelehnt, weil das Rückerstattungsgesetz nicht so sehr auf die Entziehung, als vielmehr auf den durch die Entziehung erlangten Erwerb abstellte; die Entziehungshandlung spielte nur für das Ausmass der Haftung eine Rolle.1907 War also der entzogene Gegenstand noch vorhanden, so war die gegenwärtige Lage des entzogenen Vermögensgegenstandes in der jeweiligen Zone der Anknüpfungspunkt, welcher die Anwendung des betreffenden Rückerstattungsgesetzes rechtfertigte. War der entzogene Vermögensgegenstand hingegen untergegangen, so liess sich der von den Rückerstattungsgesetzen gegebene Ersatzanspruch auf Geldleistung am Wohnsitz des Rückerstattungspflichtigen verwirklichen.1908

vii)

Rückerstattungsverfahren

Das Rückerstattungsverfahren war in den Artikeln 49 bis 72 USREG geregelt. Rückerstattungsansprüche mussten bei dem durch die Ausführungsverordnung Nr. 1 der Militärregierung in Bad Nauheim errichteten Zentralanmeldeamt bis zum 31. Dezember 1948 schriftlich angemeldet und glaubhaft gemacht werden.1909 Unter mehreren Mitberechtigten genügte die Anmeldung durch einen. Die Anmeldung seitens eines nur vermeintlichen Berechtigten sowie jede Anmeldung durch die Nachfolgeorganisation wirkte kraft Gesetzes zugunsten des wahren Berechtigten. Sodann wurde eine exakte Beschreibung des entzogenen Gegenstandes zwingend vorgeschrieben.1910 Wer einen Gegenstand besass, von 1904

Godin, Kommentar zu Artikel 1, Anmerkung 6.

1905

Diese Vorschrift ist mit Wirkung vom 28.02.1950 aufgehoben worden (Art. 2 des Gesetzes No 3 US-HICOG vom 28.02.1950. Siehe dazu auch Graf, Rückgabe von Vermögenswerten an Verfolgte des nationalsozialistischen Regimes im Beitrittsgebiet.

1906

Siehe auch Schmoller/Maier/Tobler/Klückmann, § 53 Innere Wiedergutmachung, S. 8.

1907

Entscheid ORG Berlin vom 11.05.1956 in RzW 56, S. 205, No. 22.

1908

Siehe dazu auch Court of Restitution Appeals (CORA) in RzW 1949/1950, S. 242 f.

1909

Artikel 55 ff. USREG.

1910

Artikel 58 USREG. Die Form der Anmeldung wurde im einzelnen durch die Ausführungsverordnung Nr. 1 geregelt.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

dem er wusste oder annehmen musste, dass dieser entzogen war, dass dessen Entziehung gesetzlich vermutet wurde oder dass dieser Gegenstand durch ein anfechtbares Rechtsgeschäft veräussert worden war, und wer nach Verwirklichung eines dieser Tatbestände irgendwann einmal diesen Gegenstand besass, musste dies dem Zentralanmeldeamt bis zum 15. Mai 1948 schriftlich anzeigen.1911 Die Erfüllung dieser Verpflichtung wurde dadurch gesichert, indem Artikel 75 USREG denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig seiner Anzeigepflicht nicht nachkam oder gegenüber den Wiedergutmachungsbehörden wissentlich falsche oder irreführende Angaben machte, mit Gefängnis oder Busse bestrafte. Die Veräusserung, Beschädigung, Vernichtung oder das Beiseiteschaffen von rückerstattungspflichtigen Gegenständen, um sie dem Zugriff des Berechtigten zu entziehen, sollte mit Gefängnis und in schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft werden.1912 Die Anzeigepflicht entfiel bei beweglichen Sachen, die im Wege des ordnungsmässigen üblichen Geschäftsverkehrs aus einem einschlägigen Unternehmen erworben worden waren oder deren Wert den Betrag von RM 1’000 nicht überstieg, ausserdem bei Schenkungen zwischen nahen Verwandten und unzweifelhaften Anstandsschenkungen. Sodann entfiel die Pflicht auch bei bereits zurückerstatteten Vermögensgegenständen und bei solchen Vermögensgegenständen, auf die der Berechtigte zwischen dem 8. Mai 1945 und dem 10. November 1948 ausdrücklich schriftlich verzichtet hatte.1913 Die Rückerstattung war in der ersten Instanz Angelegenheit der Verwaltungsbehörden. Die Wiedergutmachungsbehörden in den Ländern und Bezirken hatten jedoch keine Entscheidungsbefugnisse, sondern konnten lediglich auf eine gütliche Einigung der Betroffenen hinwirken.1914 Kam es zu einem Streitfall, musste die Wiedergutmachungsbehörde die Sache dem Gericht überweisen. Die Gerichte waren dabei die bei den Landgerichten gebildeten Wiedergutmachungskammern und die Oberlandesgerichte, die einem besonderen, dem Rechtsgang der freiwilligen Gerichtsbarkeit angepassten Verfahren zu entscheiden hatten.1915 Alle Entscheidungen konnten durch ein von der Militärregierung eingesetztes 1911

Artikel 73 USREG. Siehe auch Adolf Arndt, Das Rückerstattungs-Gesetz der amerikanischen Zone, S. 164. Genaue Ausführungen bei N. Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 10 ff. In welcher Form und mit welchem Inhalt die Anzeige erstattet werden sollte, bestimmte die Ausführungsverordnung Nr. 2 vom 10.11.1947. Siehe auch NA GR 260/ Property Division/General Record/9, Effect on Claimant of Failure to report under Article 73, MG Law No. 59, 01.01.1949.

1912

Artikel 76 USREG.

1913

Artikel 73 Abs. 2 USREG.

1914

Siehe dazu auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 11 ff.

1915

Artikel 66 USREG. Siehe auch NA RG 260/Property Division/General Restituttion Dir/10, OMGUS, Memorandum: Summary Repaort on the Putting into effect of Military Government Law No. 59 „Restitution of Identifiable Property“, 8.06.1948.

471

472

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Board of Review nachgeprüft werden, das ermächtigt war, „die nach Sachlage erforderlichen Massnahmen zu ergreifen“.1916 Das Board of Review war nicht auf die Nachprüfung von Gerichtsentscheiden in Restitutionssachen beschränkt, sondern konnte im Rahmen des amerikanischen Rückerstattungsgesetzes selbst gestaltend entscheiden.1917 In der Ausführungsverordnung Nr. 4 vom 10. August 1948 wurde das Verfahren vor dem Military Board of Review eingehend geregelt.1918 Das Board of Review war als Gericht ausgestattet. Die insgesamt vier Mitglieder, von denen drei ein beschlussfähiges durch Mehrheitsbeschluss entscheidendes Kollegium bildeten, waren Juristen, die seit mindestens fünf Jahren bei den höchsten amerikanischen Gerichten zugelassen waren. Die Zuständigkeit des Board war genau geregelt. Es konnte angerufen werden gegen Entscheidungen des Zivilsenats eines Oberlandesgerichts, wenn behauptet wurde, dass diese auf einer Gesetzesverletzung beruhte, oder gegen die Entscheidungen einer Wiedergutmachungskammer, wenn Befangenheit, Ermessensmissbrauch oder ungenügende Sachaufklärung behauptet wurde. Im Übrigen konnte der Militärgouverneur das Board mit einem Rechtsgutachten über die von ihm vorgelegte Fragen beauftragen.1919 Die deutsche Kritik an der mangelnden Justizförmigkeit dieses Verfahrens führte dazu, dass anstelle des Board of Review ein „Court of Restitution Appeals“ (CORA) in Nürnberg errichtet wurde.1920 Der CORA war ein ständige Gerichtsabteilung (Senat) der amerikanischen Gerichte der Alliierten Hohen Kommission. Materiell waren seine Befugnisse die gleichen wie die des ursprünglichen Board of Review: Bei Entscheidungen der Oberlandesgerichte fungierte sie als Revisionsinstanz; bei Ent-

1916

Artikel 69 USREG.

1917

Ausführliche Beschreibung des Board of Review in NA RG 260/Records Property Division/General Records of the Director/11, Information Bulletin: Property Restitution by Edmund H. Schwenk, Attorney, Legal Division, OMGUS, 11.01.1949.

1918

Für die genaue Regelung siehe auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 16 f. Auch Godin, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in der amerikanischen Besatzungszone, Militärregierungsgesetz Nr. 59, vom 10.11.1947 mit Ausführungsvorschriften, Guttentagsche Sammlung, Deutscher Reichsgesetze Nr. 232, Berlin 1948, Kommentar zu Artikel 19, Ziffer 5, S. 61 ff.

1919

Siehe auch Schultz, S. 55f. Dem Board of Review wurde von deutscher Juristenseite sehr viel Misstrauen entgegen gebracht. Es wurde als Geheimgericht (Godin, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände in der amerikanischen Besatzungszone, S. 303 ff.) oder formlose Geheimjustiz der Denazification Divisions (Küster, S. 364) bezeichnet. Die Befürchtungen waren jedoch unbegründet, da zum einen das Board im Einklang mit den Prinzipien der Kontrollratsproklamation Nr. 2 als unabhängiges und ständiges Gericht ausgestattet war und allein auf Grund des Gesetzes 59 in einem formellen Verfahren unter Anhörung der Beteiligten durch schriftlich begründetes Urteil entschied, und zum anderen das Board nur sehr wenig in Erscheinung trat (siehe dazu Schultz, S. 56.

1920

Siehe Ausführungsverordnung No. 7 vom 28.12.1949, Amtsblatt No. 9, S. 93. Das Militärregierungsgesetz Nr. 2 vom 1.1.1950, Amtsblatt No. 9, S. 92 hatte Artikel 69 USREG entsprechend abgeändert.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

scheidungen der Wiedergutmachungskammern konnte sie für eine beschränkte Überprüfung angerufen werden, wenn Tatsachenfeststellungen nicht auf hinreichendem Beweismaterial beruhten, die Wiedergutmachungskammern ihr freies Ermessen missbraucht hatten oder Gründe zur Annahme vorlagen, dass die Kammer befangen war. Nach angelsächsischem Recht wurde der Verfahrensgang nicht vom Gesetzgeber, sondern vom Gericht selber in der Form von „rules“ geregelt. Die Verfahrensordnung des Board of Review wurde vom CORA abgelöst. Mit der Revision des Besatzungsstatuts vom 6. März 1951 wurde aus dem CORA der „United States Court of Restitution Appeals of Allied High Commission for Germany“.1921 Das Besatzungsstatut änderte mit dem Vertrag zur Regelung von aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen vom 26. Mai 1952 (Deutschlandvertrag). Die sich daraus ergebenden Änderungen in der Besatzungsjustiz liessen auf sich warten. Aus dem CORA wurde erst am 5. August 1953 der III. Senat des Obersten Rückerstattungsgerichts (ORG) mit Sitz in Nürnberg. Während CORA ausschliesslich mit amerikanischen Richtern besetzt war und in einer Besetzung von drei Richtern entschied, bestand der III. Senat des ORG aus fünf Mitgliedern, von denen zwei amerikanische, zwei deutsche Richter waren und der Vorsitzende aus einem neutralen Land stammte. Die Verfahrensordnung des III. Senats des ORG unterschied sich nur unwesentlich von ihren Vorgängern. An der grundsätzlich mündlichen Verhandlung wurde festgehalten.1922

viii)

Die Rückerstattung von Beutekunstwerken im Besonderen

Die Rückerstattung von Kunstgegenständen war nicht von sehr grosser Bedeutung und überstieg kaum 0.5 % des Wertvolumens der individuellen Restitution. Bei dieser Bewertung von Restitutionsgegenständen wurden bei Kunstwerken meist Gutachten des früheren Marktwertes im Zeitpunkt der Rückerstattung vorgelegt.1923 Die Anteile der Kunstwerke auf den Gesamtwert der Rückerstattungen machten gemäss Statistiken lediglich einen Prozent aus.1924 Die Kunstwerke hatten somit relativ zum Gesamtwert fast gar keine Rolle in der individuellen Restitution gespielt, obwohl in einigen spektakulären Fällen die Rückerstattungsgesetze den früheren Eigentümern dazu verholfen hatten, einen erheblichen Teil ihres Vermögens wieder zurückzuerhalten.

1921

Siehe Gesetz No. 21 des US High Commissioner (HICOG) vom 24.05.1951, Amtsblatt HICOG No. 56, S. 929 vom 7.06.1951.

1922

Siehe Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 175.

1923

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 358.

1924

Schwarz, Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland, Band I, Statistik S. 345 ff.

473

474

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Nicht unter die Rückerstattungsgesetze fielen aufgrund der einmütig vertretenen Auffassung der Rechtsprechung die Ansprüche auf Rückerstattung von „entarteter Kunst“.1925 Das Deutsche Reich, die Länder und andere Gebietskörperschaften waren von der Stellung von Rückerstattungsansprüchen von Anfang an ausgeschlossen, da sie von der Rückerstattung im Sinne der Artikel 1 USREG und BrREG begrifflich ausgeschlossen waren. Die Gleichschaltung der Gebietskörperschaften sei ebenfalls nicht als Verfolgungsmassnahme im Sinne der genannten Vorschriften zu verstehen1926. Aber auch dann, wenn Privatpersonen Rückgabeansprüche geltend machten, blieben die Klagen ohne Erfolg, da sich die Verfolgungsmassnahmen der nationalsozialistischen Machthaber regelmässig nicht gegen die Besitzer oder die Eigentümer gewandt hatten, sondern die Kunstwerke selbst waren das Ziel der Nachstellungen gewesen.1927 Gemäss OLG Karlsruhe stellte die Beschlagnahme und Einziehung dieser Kunstwerke keine diskriminierende Wegnahme dar, wie es Artikel 1 und 2 Absatz 1b BrREG1928 voraussetzten.1929 Sie war weder durch Verfolgungsmassnahmen aus Gründen des Artikel 1 verursacht, noch stellte sie eine solche Verfolgungsmassnahme dar. Wesentliche Voraussetzung für einen Rückerstattungsanspruch war nämlich die Diskriminierung des Anspruchstellers oder dessen Rechtsnachfolger. Ganz klar kam zum Ausdruck, dass das Rückerstattungsgesetz demjenigen zu seinem Eigentum wieder verhelfen wollte, der persönlich Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt war und nicht demjenigen, der durch die politischen Säuberungsaktionen der NSDAP von diesen abgelehnten Kunstwerke und Bücher verlustig ging. Diese Rechtsprechung zum Rückerstattungsrecht stiess in der neuen Literatur auf Ablehnung. Es wurde argumentiert, dass die Wegnahmen entarteter Kunstwerke zwar nicht die physische Vernichtung, jedoch die seelische Vernichtung zum Programm erhoben hätten, was aber kaum ins Bewusstsein der Rechtsanwender der Nachkriegszeit gedrungen sei.1930 Die Kritiker verkennen jedoch, dass es den alliierten Gesetzgebern in der Nachkriegszeit lediglich darum ging, die von den Nazis an den Juden und sonstigen Verfolgten verübten Unrechtstaten wiedergut-

1925

Als entartete Kunst wurde ganz allgemein unbequeme Kunst bezeichnet, die nicht in die nationalsozialistische Landschaft passte und die von der NSDAP missliebigen Personen geschaffen worden war. Die Intention des Künstlers selbst war ohne Bedeutung; „deutsch“ war die Kunst erst dann, wenn sie sich in die politische Konzeption der nationalsozialistischen Führung einfügte. Siehe dazu für ausführlichere Definitionen Kunze, S. 11 ff. und Grell, S. 4 ff.

1926

Siehe Entscheid OLG Karlsruhe vom 20.5.1954 in RzW 1954 S. 226.

1927

Siehe Kunze, S. 250 f.

1928

Ebenfalls auch wie das USREG. Für das BrREG siehe PRO FO 1060/695.

1929

Siehe OLG Karlsruhe 20.5.1954 in RzW 1954 S. 225 f. Mit gesamter Rechtsprechung setzte sich auch Jayme, Enartete Kunst“ und Internationales Privatrecht, S. 18 ff. intensiv auseinander.

1930

Siehe Grell, S. 116 mit verschiedenen Verweisen.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

zumachen und die von den Nazis aus den vom deutschen Reich besetzten Gebieten weggebrachten Vermögenswerte wieder zu ersetzen. Da die Wegnahmen im Falle der entarteten Kunst ohne Personenbezug erfolgt waren, konnten die vom Bezug Betroffenen sowohl Verfolgte wie auch NSDAP-Mitglieder und sonstige Personen sein. Aufgrund der alliierten Politik einer gänzlichen Ausrottung des Nationalsozialismus1931 kam für die alliierten Militärregierungen eine Rückerstattung von entarteter Kunst lediglich aufgrund einer auf dem deutschen Einziehungsgesetz beruhenden Einziehung überhaupt nicht in Frage.

2.

Restitution von herrenlosen jüdischen Kulturgütern 1932

a)

Einleitung

Die Restitution jüdischen Eigentums stellte die amerikanische Militärregierung vor eine besonders schwierige Aufgabe. Die Ermordung von Juden durch die Nationalsozialisten hatte in Osteuropa ihr schlimmstes Ausmass erreicht. Die meisten jüdischen Gemeinden waren erloschen, ihre religiösen, kulturellen und wissenschaftlichen Organisationen existierten nicht mehr. Bedingt durch die Emigration zahlreicher europäischer Juden hatten sich in den Vereinigten Staaten und Palästina Nachfolgeorganisationen jüdischer Organisationen etabliert. Sie und die in den USA bereits etablierten jüdischen Organisationen waren es denn auch, die sich vehement gegen eine Rückführung des aus dem Osten abtransportierten jüdischen Besitzes aussprachen. Die führende Rolle übernahmen dabei fünf in den USA ansässige jüdische Organisationen, die ein gemeinsames Komitee bildeten. Es handelte sich dabei um den World Jewish Congress, das American Joint Distribution Committee, die Jewish Agency for Palestine, das American Jewish Committee und die American Jewish Conference (letztere schied allerdings später aus dieser Zusammenarbeit aus).1933 Damit wurde die Kooperation jüdischer Organisationen, die schon im Vorfeld der Pariser Reparationskonferenz begonnen hatte, mit dem Ziel der Wiedergutmachung und Restitution wirksam. Neben den bereits erwähnten gab es verschiedene weitere jüdische Vereinigungen und Organisationen, wie die Axis Victim League, die Commission on European Jewish Cultural Restitution und die American Federation of Jews from Central Europe, Inc. Letztere teilte dem State Department auf Anraten der Robert-Kommission mit, dass sie daran interessiert sei, dass eine Studie erstellt werde, wie man die Sicherstellung und Registrierung von jüdi-

1931

Siehe Kontrollratsgesetz Nr. 1, Aufhebung von Nazigesetzen vom 20.09.1945, Kontrollratsgesetz Nr. 2, Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen vom 10.10.1945.

1932

Siehe für detailiierte Ausführungen auch Kerstin Röhling, Restitution jüdischer Kulturgüter nach dem Zweiten Weltkrieg, Baden-Baden 2005.

1933

Siehe dazu auch Goschler, S. 107.

475

476

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

schen Kulturgütern wie religiöse Gegenstände, Kunstobjekte, Bibliotheken und jüdische Museen, die vom Deutschen Reich beschlagnahmt worden waren oder sich illegal im Besitz von Privatpersonen befinden, gewährleisten könnte. Sie schlugen dabei vor, dass herrenloses jüdisches Eigentum an eine jüdische Nachfolgeorganisation übergeben werde.1934

b)

Restitution an jüdische Nachfolgeorganisationen

Einer der zentralen Streitpunkte bei der Entstehung des Rückerstattungsgesetzes war die Frage der jüdischen Nachfolgeorganisationen gewesen. Das gemeinsame Komitee der amerikanischen jüdischen Organisationen, das auch entscheidenden Anteil an der Ausgestaltung dieses Gesetzes hatte, begann bereits im Frühjahr 1947 mit den Vorbereitungen für eine jüdische Nachfolgeorganisation. Im Mai 1947 kam es zur Gründung der „Jewish Restitution Commission“ (JRC) mit Sitz in New York.1935 Die amerikanische Militärregierung drängte auf eine schnelle Entscheidung in Bezug auf die Nachfolgeregelung, da die Anmeldungen für die Rückerstattungsansprüche nur bis zum 31. Dezember 1948 eingereicht werden konnten.1936 Nachdem General Clay dem War Department bedeutet hatte, dass in der Frage einer jüdischen Nachfolgeorganisation bindende Absprachen mit den jüdischen Organisationen bestanden, erkannte Washington schliesslich Anfang April die Jewish Restitution Commission formell an.1937 Allerdings änderte sie auf Wunsch der amerikanischen Militärregierung ihre Bezeichnung in „Jewish Restitution Successor Organization“ (JRSO).1938 Damit sollte dem Eindruck, dass es sich um eine offizielle Regierungsstelle handelt, entgegengewirkt werden.

1934

NA RG 43/1940 –1944, Schreiben American Federation of Jews from Central Europe, Inc., „Restitution of Jewish cultural property“, 21.08.1945.

1935

Goschler, Wiedergutmachung, S. 132. Auch Kurtz, S. 208. Um die geforderte Repräsentativität zu erreichen, wurden weitere amerikanische und ausseramerikanische jüdische Organisationen aufgenommen.

1936

Siehe Law Nr. 59, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände „Rückerstattungsgesetz“ Artikel 56, Ziffer 1. in NA RG/Records of the office of the Adjutant General/ General Correspondence and other Records 1945–1949/317. Siehe auch NA RG 260/ Record Property Division/General Of Dir/9, Interpretations of Article 11 and 56 of Military Government Law No. 59, June 1949, S. 1.

1937

IfZ RG 260/OMGUS/POLAD/793/46, Schreiben Clay vom 7.02.1948. Dabei hatte man beim Erlassen des Rückerstattungsgesetzes die Frage der jüdischen Nachfolgeorganisationen nicht geregelt. Das War Department war noch Ende 1947 der Meinung, dass eine ausländische oder nichtdeutsche Organisation nicht zur Nachfolgeorganisation für erbenloses Eigentum unter dem Rückererstattungsgesetz ernannt werden sollte, und dass erbenloses Eigentum von Verfolgten innerhalb Deutschlands für die Hilfe und die Rehabilitierung von Personen derselben Herkunft wie die früheren Eigentümer verwendet werden sollte.

1938

Siehe dazu auch Weisman, Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 727.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

Daneben wurde in derselben Zeit die „Jewish Cultural Reconstruction, Inc.“ (JCR) mit Sitz in New York gegründet. Diese Organisation repräsentierte die wichtigsten jüdischen Kultusgemeinschaften auf der ganzen Welt. Sie wirkte dabei als Kulturgüterabteilung der JRSO. Mit finanziellen und logistischen Mitteln der JRSO begann die JCR mit der Suche und dem Wiederauffinden von kulturellen, künstlerischen und religiösen jüdischen Objekten, welche von den Nazis geraubt worden waren.1939 Am 23. Juni 1948 wurden mit der Ausführungsverordnung Nr. 3 zum Militärregierungsgesetz Nr. 59 die Voraussetzungen für die Anerkennung einer jüdischen Nachfolgeorganisation durch die amerikanische Militärregierung und die Stellung, Rechte und Pflichten der JRSO geregelt.1940 Diese Regelung basierte auf dem Artikel 13 des Rückerstattungsgesetzes.1941 Unter der Berücksichtigung der Artikel 8, 10 und 11 des Rückerstattungsgesetzes konnte die Militärregierung Nachfolgeorganisationen bestimmen. Eine Nachfolgeorganisation musste eine nicht auf Gewinn gerichtete oder gemeinnützige Organisation (Wohlfahrtsorganisation) sein. Sie musste die Stellung eines Vertreters einer gesamten Gruppe oder Klasse haben, von welcher sie für die Vertretung bevollmächtigt worden war.1942 Konkret hiess dies, dass sie eine breite Vertretung von Personengruppen oder Klassen, zu deren Schutz sie gegründet worden war, darstellen musste. Nach erfolgter Anerkennung musste sie ausserdem ihr Vermögen zum Wohle aller Mitglieder der Gruppe oder Klasse, welche sie vertrat, oder für nicht auf Gewinn gerichtete oder wohltätige Zwecke verwenden. Zusätzlich musste die Verwendung durch die Militärregierung genehmigt werden.1943 Dieselbe Ausführungsverordnung enthielt, wie erwähnt, auch Normen für die jüdische Rückerstattungs-Nachfolgeorganisation JRSO. Sie war aufgrund der Ausführungsverordnung Nr. 3 anerkannt worden und war berechtigt, unter

1939

Siehe dazu auch Kurtz, S. 210 und Encyclopedia Judaica, 1971, Begriff „Jewish Cultural Reconstruction“.

1940

Siehe NA RG 260/Rec. Ecex/Off.Adj.Gen./Gen.Corresp./510, Military Government Law No. 59, „Restitution of Identifiable Property and Regulation No 3 concerning the Designation of Successor Organizations by Military Government and the Appointment of a Successor Organization for Jewish Property, 23.06.1948. Auch NA RG 260/Rec.Ecex/ Off.Adj.Gen./Gen.Corresp./608, Ausführungsgesetz Nr. 3 zum Gesetz Nr. 59 der Militärregierung und Bestimmung einer jüdischen Rückerstattungs-Nachfolgeorganisation für die Geltendmachung jüdischen Vermögens gemäss dem Gesetz Nr. 59 der Militärregierung, 23.06.1948 (deutsche Übersetzung).Gleiche Übersetzung auch in IfZ RG 260/1949/93/1. Siehe auch Annex 1 und Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 15 f.

1941

Siehe dazu Annex 1.

1942

Art. 1 und 2 der Ausführungsverordnung Nr. 3 zum Rückerstattungsgesetz.

1943

Art. 3 der Ausführungsverordnung Nr. 3 zum Rückerstattungsgesetz.

477

478

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Massgabe der Artikel 8, 10 und 11 des Rückerstattungsgesetzes Anspruch auf jüdisches Vermögen zu erheben. Der Begriff „jüdisches Vermögen“ wurde folgendermassen definiert: II. Begriff des jüdischen Vermögen 1. Als jüdisches Vermögen gilt das Vermögen, die Rechte und Interessen jüdischer Personen oder jüdischer Organisationen. 2. Eine Person gilt als jüdisch, wenn sie zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 a) Verfolgungsmassnahmen aus dem Grunde, dass sie jüdisch war, ausgesetzt war; oder b) weil sie der jüdischen Rasse oder Religion angehörte; oder c) weil sie Angehörige eines Personenkreises war, welcher aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands durch die Massnahmen des Staates oder der NSDAP aus dem Grunde ausgeschlossen werden sollte, dass Mitglieder dieses Kreises der jüdischen Rasse oder Religion angehörten. In den Fällen jedoch, in denen Anzeichen dafür vorhanden sind, dass die betreffende Person ihre Zugehörigkeit zur jüdischen Religion zu Gunsten einer anderen Religion vor ihrem Tode aufgegeben hat, oder dass sie tatsächlich nicht zur jüdischen Rasse oder Religion gehört, kann die Rückerstattungsbehörde nach Anstellung einer Untersuchung, wie sie sie für notwendig erachtet, um die tatsächlichen Verhältnisse festzustellen, eine Entscheidung dahin treffen, dass eine solche Person nicht-jüdisch war. 3. eine Organisation wird als jüdische Organisation betrachtet, a) wenn ihre Mitglieder sich zum jüdischen Glauben bekannt oder sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen haben, oder wenn die Organisation der Verwaltung der jüdischen Gemeinde unterstand; oder b) wenn sie von Geldern der jüdischen Gemeinde unterhalten wurde; oder c) wenn die Zugehörigkeit zur jüdischen Rasse oder Religion Bedingung für die Mitgliedschaft war; oder d) wenn die Organisation wegen überwiegender Mehrheit jüdischer Mitglieder aufgelöst wurde oder sich aufzulösen gezwungen wurde. …1944

Während die Auffassungen der amerikanischen und britischen Militärregierung in der Definition einer „Jüdischen Organisation“ von der Idee her übereinstimmten, war dies für die Definition des jüdischen Vermögens nicht der Fall. Die britische Militärregierung vertrat dabei den Standpunkt, dass erbloses Vermögen

1944

Siehe NA RG 260/Rec. Ecex/Off.Adj.Gen./Gen.Corresp./608, Ausführungsgesetz Nr. 3 zum Gesetz Nr. 59 der Militärregierung und Bestimmung einer jüdischen RückerstattungsNachfolgeorganisation für die Geltendmachung jüdischen Vermögens gemäss dem Gesetz Nr. 59 der Militärregierung, 23.06.1948. Auch in IfZ RG 260/1949/93/1. Für die englische Version siehe NA RG 260/Rec.Ecex/Off.Adj.Gen./Gen.Corresp./510, Military Government Law No. 59, „Restitution of Identifiable Property and Regulation No 3 concerning the Designation of Successor Organizations by Military Government and the Appointment of a Successor Organization for Jewish Property“, 23.06.1948.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

von rassisch Verfolgten, die nicht der jüdischen Religionsgemeinschaften angehört hatten, nicht von einer jüdischen Nachfolgeorganisation beansprucht werden konnte.1945 Zu der Enteignung jüdischen Vermögens hatten nicht nur Grundbesitz, Bankguthaben, Wertpapiere und andere materielle Güter, sondern auch Kulturgüter jeder Art wie Kunstwerke, aber auch dem jüdischen Gottesdienst dienende Objekte von grosser religiöser Bedeutung und von grossem Wert gehört. Unter Kulturgüter wurden daher in der Ausführungsverordnung Nr. 3 jüdische Bücher, Archive, religiöse Schriftrollen und Bekleidung sowie jüdische rituelle Gegenstände, Gemälde und Möbel verstanden.1946 Die JRSO konnte ihre Tätigkeiten in der amerikanischen Besatzungszone gemäss den Bedingungen und Beschränkungen ausüben, welche ihr von der Militärregierung sowie durch die Gründungsurkunde und verschiedenen sonstigen Normen auferlegt worden waren. Die JRSO war als nicht auf Gewinn gerichtete Organisation tätig und genoss aus diesem Grund auch Steuerbefreiung, wie sie andere gemeinnützige Organisationen nach deutschem Recht genossen.1947 Sie unterstand allen Gesetzen des Kontrollrates und der Militärregierung sowie militärischen Vorschriften und den anwendbaren deutschen Gesetzen. Auf der anderen Seite genossen die JRSO und ihre bevollmächtigten Vertreter alle Rechte, die deutschen juristischen Personen und Einzelpersonen in Bezug auf die Besichtigung von Vermögen und Unterlagen zukamen. Die amerikanische Militärregierung konnte die JRSO auf Antrag darüber hinaus ermächtigen, Vermögen zu besichtigen und in Unterlagen Einsicht zu nehmen oder sich über den Inhalt von solchen Dokumenten und Unterlagen informieren, die sich in den Händen der Militärregierung, deutscher Regierungsbehörden, deutscher Einzelpersonen oder deutscher Gesellschaften befanden.1948 In dieser Hinsicht hatte die JRSO eine Vielzahl von Mitteln, die ihre Aufgabe erleichterten und die Auffindung von gestohlenen jüdischen Gegenständen überhaupt erst ermöglichten. Andererseits waren diese weitreichenden Möglichkeiten für die JRSO absolut notwendig, da die Frist für die Eingaben von Eigentumsansprüchen am 31. Dezember 1948 ablief.1949 Das Anmeldeverfahren spielte sich in der gleichen Form ab wie die Anmeldung individueller Rückerstattungs-Ansprüche.1950 Es wurden zentrale Anmeldebe-

1945

Siehe dazu S. 498 ff.

1946

NA RG 260/Restitution Branch/1945–1945, Memorandum of Agreement; „Jewish cultural Property“, 15.02.1949.

1947

Ausführungsverordnung Nr. 3, Abschnitt III, Artikel 1.

1948

Ausführungsverordnung Nr. 3, Abschnitt III, Artikel 3.

1949

Rückerstattungsgesetz Artikel 13 und 56.

1950

Siehe dazu auch S. 470 ff.

479

480

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

hörden geschaffen1951, die ihrerseits die Aufgabe hatten, die Anmeldungen an die zuständigen Wiedergutmachungsbehörden weiterzuleiten, deren örtliche Zuständigkeit in Verordnungen der Militärbehörden festgelegt war.1952 Die Militärgesetze schufen hier besondere Rechte für die Nachfolgeorganisationen.1953 Nach dem USREG konnte die JRSO, wenn innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, dem 10. November 1947, kein Rückerstattungsanspruch angemeldet war, diesen bis zum 31. Dezember 1948 anmelden.1954 Die JRSO musste zudem vor dem 31. Dezember 1948 mindestens eine juristische Person nach deutschem Recht in der US-Zone gründen. Dieser juristischen Person mussten sodann innert 30 Tagen nach Erwerb durch die JRSO aufgrund des Rückerstattungsgesetzes alle Grundstücke übertragen werden. Bewegliches Vermögen, welches für die Verwaltung des Grundstückes wesentlich war, wurde als Zubehör angesehen. Anders verhielt es sich bei beweglichem Vermögen, das aufgrund des Rückerstattungsgesetzes erworben wurde. Bei diesem musste die JRSO innert 60 Tagen entweder bei der amerikanischen Militärregierung um Genehmigung zur Ausfuhr oder zur Versendung desselben ins Ausland nachsuchen. Die JRSO konnte dieses Vermögen jedoch auch auf die von ihnen gegründeten deutschen juristischen Personen übertragen. Eine spätere Rückübertragung war mittels Genehmigung der amerikanischen Militärregierung möglich.1955 Ursprünglich war der 30. Mai 1949 als Datum für die Beendigung der Restitution jüdischer Kulturgüter und die Schliessung der Militärregierungsdepots vorgesehen worden. Aufgrund des enormen Umfanges dieser Aufgabe wurde die Beendigung auf den 31.08.1949 verschoben.1956 Das zuerst genannte Datum konnte unmöglich eingehalten werden, handelte es sich doch um mehr als eine Viertelmillion Bücher sowie Tausende von Thorarollen, Zeremoniengewänder

1951

Siehe Art. 55 USREG.

1952

Art. 59 USREG.

1953

Siehe dazu Art. 11 und 8 USREG.

1954

Das amerikanische Rückerstattungsgesetz bestimmte, wie das später erlassene Bundesrückerstattungsgesetz in gleicher Weise, dass die JTC entzogenes Vermögen beanspruchen könne, wenn kein Antrag auf Rückerstattung gestellt oder keine Erben vorhanden waren. Gemäss den Militärgesetzen waren die Nachfolgeorganisationen nicht nur anspruchsberechtigt im Falle der Erblosigkeit eines Nachlasses (§ 1936 BGB), sondern auch, wenn Rückerstattungs-Ansprüche innerhalb der bestimmten Anschlussfristen nicht gestellt waren. Niemand, weder der Entzieher noch ein späterer Erwerber, sollten im Besitz des entzogenen Vermögensgegenstandes bleiben. Dabei spiegeln sich die Gedanken des bürgerlichen Rechts über den Ausschluss der Gutgläubigkeit bei der Veräusserung gestohlener oder sonst abhanden gekommener beweglicher Sachen in den Militärgesetzen wider.

1955

Ausführungsverordnung Nr. 3, Abschnitt III, Artikel 3.

1956

NA RG 260/Restitution Branch/1945–1945, Memorandum of Agreement; „Jewish cultural Property“, 15.02.1949.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

und rituelle Gefässe, welche sich noch in der Offenbacher Sammelstelle befanden, nachdem sie von Hungen abtransportiert worden waren. Ursprünglich waren es sogar mehr als eine Million gewesen, aber ein amerikanischer MFAAOffizier hatte bereits in einem ausserordentlichen Einsatz tonnenweise Bücher an die einst besetzten Länder in Westeuropa zurückgeschickte.1957 Das Kulturdezernat der JRSO hatte sich, wie vorerwähnt, seit der Gründung um die Wiedererlangung und Rückerstattung dieser Gegenstände bemüht. Im Jahre 1947 wurde die „Jewish Cultural Reconstruction Corporation“ (JCR) gegründet, die eng mit der JRSO zusammenarbeitete. Ihr gehörten bedeutende jüdische Gelehrte und kulturelle Organisationen von Weltruf an. Die Bemühungen der JCR waren vorwiegend auf die Suche nach den aus den Bibliotheken geplünderten Büchern und nach rituellen Gegenständen ausgerichtet. Sie war somit der verlängerte Arm der JRSO. Wie bereits erwähnt, hatte die US-Militärregierung eine bedeutende Anzahl dieser Gegenstände in Offenbach aufgefunden, wo sie von den nationalsozialistischen Behörden eingelagert und exakt verzeichnet worden waren. Im Februar 1949 erkannte die US-Militärregierung die JCR als Treuhänder für das Offenbacher Depot an.1958 Die JCR musste mit ungeheurem zeitlichem Druck die jüdischen Kulturgüter identifizieren und abtransportieren. Ausserdem musste auch noch eine Zuteilungspolitik ausgearbeitet werden. Die JCR bildete aus diesem Grund eine Abteilung für die Arbeiten in Europa und eine separate Gruppe, welche sich mit der Politik bezüglich der Zuteilung beschäftigte.1959 Das Zuteilungskomittee umfasste dabei auch Delegierte des World Jewish Congresses und der American Federation of Jews from Central Europe. Die Vorschläge dieser Kommission bezüglich der Zuteilung von jüdischen Büchern wurden sowohl vom Verwaltungsrat des JCR wie auch von der beratenden Kommission genehmigt. Danach wurden Bücher in erster Priorität der Jewish National and University Library in Israel und in zweiter Priorität den überlebenden jüdischen Gemeinschaften in Westdeutschland zugeteilt. Erst in dritter Priorität wurden europäische Institute ausserhalb Deutschland bedacht. Sodann wurden 40 Prozent aller jüdischen Bücher nach Israel an die National- und Universitätsbibliothek, weitere 40 Prozent an jüdische Schulen und Seminare in den USA und der verbleibende Rest nach Grossbritannien, Südafrika und andere Staaten geschickt.1960 Die Verteilung der Zeremonienkleider und der rituellen Objekte erfolgte nach einem ähnlichen Schema. Bei den silbernen rituellen Objekten wurde sodann zwischen Museumsgegenständen und gewöhnlichen Gegenständen für den Gebrauch in

1957

Siehe Nicholas, Raub der Europa, S. 570.

1958

Siehe dazu auch Weisman, Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 792.

1959

Siehe Kurtz, S. 212.

1960

Kurtz, S. 214.

481

482

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Synagogen unterschieden. 40 Prozent der Museumsgegenstände wurden zwei Museen in Israel zugeteilt. Die gewöhnlichen Synagogengegenstände wurden zu 40 Prozent nach Israel, zu 25 Prozent in die USA, zu 5 Prozent nach Grossbritannien, zu 5 Prozent nach Südafrika und zu 25 Prozent an das Joint Distribution Committee1961 in Paris geschickt.1962 Zu den Gegenständen des Offenbacher Depots gehörten ferner Kisten mit über tausend verbrannten, zerrissenen oder zu Fragmenten reduzierten Thorarollen, von denen viele vor mehr als zwei Jahrhunderten von hierauf spezialisierten Schreibern auf kostbarem Pergament in künstlerischer Schrift niedergeschrieben worden waren. Die JCR sandte sie an das Büro des American Joint Distribution Committee in Paris, das sie wo immer möglich reparieren und kopieren liess. Die reparierten Thorarollen wurden Synagogen in Europa und Israel überlassen.1963 Die JCR wirkte sodann auch als Vertreter der JRSO für die Wiedererlangung von Kunstwerken, die früher jüdischen Museen oder jüdischen Besitzern gehört hatten. Sie waren in einem Versteck in der Nähe von München gefunden worden. Im No-vember 1949 wurden der JRSO 700 Kunstwerke als erbloses Gut übergeben. Die JRSO verschiffte sie nach New York, wo sie von Kunstsachverständigen geschätzt wurden. Eine Auswahl, 35 Gemälde alter Meister, wurde dem Bezalel-Museum in Jerusalem geschenkt. Alle anderen Kunstwerke wurden öffentlich versteigert, nachdem eine solche Versteigerung rechtzeitig öffentlich bekanntgemacht worden war, damit frühere Eigentümer oder deren Erben etwaige Ansprüche geltend machen konnten.1964 Die grösste noch in der amerikanischen Zone verbleibende Ansammlung von jüdischen Objekten war die sogenannte „Baltic Collection“. Diese Ansammlung enthielt Manuskripte und Bücher von durch die Nazis ausgeraubten jüdischen Institutionen und Einzelpersonen während deren Besetzung der baltischen Staaten. Aufgrund der Tatsachen, dass nur wenige Juden nach dem Zweiten Weltkrieg in diesen Gebieten verblieben und die Annexion der baltischen Staaten durch die Sowjetunion von den USA nicht anerkannt wurde, gab das State Department seine Einwilligung, die „Baltic Collection“ als Gesamtes dem JCR zu übergeben. Da sich eine Vielzahl von identifizierbaren Gegenständen darunter befanden, bewahrte die JCR im Auftrag des State Department die Sammlung für zwei Jahre auf, damit während dieser Zeit Eigentümer oder deren Erben ihre

1961

Das Komitee in Paris verteilte die erhaltenen Objekte sodann an bedürftige jüdische Kultusgemeinden in Europa.

1962

Heller, S. 12 ff.

1963

Weisman, Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 792.

1964

Tatsächlich wurden mehrere Gemälde den Berechtigten zurückgegeben.

22. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der amerikanischen Zone

Ansprüche stellen konnten.1965 Diese unübliche Aktion konnte nur durchgeführt werden, da die JCR und andere jüdische Organisationen beweisen konnten, dass die sowjetische Regierung sowie Polen und die Tschechoslowakei den wenigen Überlebenden des Holocausts keine ihrer Gegenstände zurückgaben. In der Tschechoslowakei hatten die Juden „nationale Vertrauenswürdigkeit“ zu beweisen, in Polen hatte das Stellen eines Restitutionsanspruches grosse Ausgaben an Gerichtsgebühren, Steuern und Rechtsanwaltshonoraren zur Folge.1966 Der weitaus grösste Teil der Gegenstände ging jedoch, wie vorerwähnt, an Israel und Vereinigten Staaten, doch die Verteilung erwies sich als konfliktträchtig. Die wenigen noch in Deutschland lebenden Juden wollten nicht, dass die Überbleibsel ihrer zerstörten Gemeinschaften ins Ausland gingen, und wenn noch so viele Angehörige ihres Volkes in den betreffenden Ländern lebten. Auch nichtjüdische Gemeinschaften hatten etliche Mühe, sich von wertvollen jüdischen Manuskripten und Archiven zu trennen. Die Streitigkeiten zogen sich denn auch über viele Jahre hin und verflochten sich mit den Vereinbarungen, die Deutschland und der Staat Israel schliesslich im September 1952 trafen.1967 Aufgrund dieses Vertrages erhielten staatenlose Personen, Flüchtlinge und Vertriebene das Recht, direkt Restitutions- oder Kompensationsansprüche zu stellen.1968 Mitte der 50er Jahre war das Restitutionsprogramm für Kulturgüter beendet. Die meisten späteren Forderungen wurden über finanzielle Kompensation gelöst.

III.

Fazit

Auch die interne Restitution hatte die Wiedergutmachung zum Ziel. Dies wurde auf dem Wege besatzungsrechtlicher Rückerstattungsgesetzgebungen erreicht. Eine Vorreiterrolle kam ganz klar den USA zu. Dies war zum einen bedingt durch den Umstand, dass sich der grösste Teil der jüdischen Kulturgüter auf amerikanischem Besatzungsgebiet befand, und zum anderen, dass die zahlreich in die USA geflüchteten jüdischen Emigranten die Rückführung ihrer kulturellen Werte forderten. Dabei wurden sie durch die einflussreichen jüdischen Welt1965

Kurtz, S. 216 f. In jüdischen Seminaren und Schulen in der ganzen Welt wurde sodann eine Liste von 16’000 bekannten Eigentümern, welche Objekte dieser Sammlung besessen hatten, veröffentlicht und ihnen eine Frist von zwei Jahren ab Veröffentlichung gesetzt, in welcher sie einen Eigentumsanspruch erheben mussten.

1966

Siehe Robinson, Restitution of Jewish Property, S. 11 f.

1967

Robinson, Ten Years of German Indemnification, S. 22. Auch Nicholas, Der Raub der Europa, S. 570.

1968

Robinson, Ten Years of German Indemnification, S. 23. Für die gesamten Restitutionen von jüdischen Kultusgegenständen siehe auch The handling of looted books in the American Zone of Occupation, 1944 –1951: A report prepared by the Office of Special Investigations, US Department of Justice, Nov. 1998.

483

484

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

organisationen unterstützt. Da im Alliierten Kontrollrat keine Einigung über die Handhabung der jüdischen Kulturgüter gefunden werden konnte, setzte die USA im November 1947 in ihrer Besatzungszone ein Rückerstattungsgesetz in Kraft. Das Rückerstattungsgesetz findet nicht nur auf deutsche Staatsbürger Anwendung, sondern auch auf ausgewanderte Juden oder anderweitig verfolgte Personen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren oder aufgegeben hatten. Der Frage der Staatsangehörigkeit wurde seitens der USA, wie auch bei der äusseren Restitution von 1948, keine Bedeutung zugemessen. Der Zeitpunkt der rechtswidrigen Wegnahme erstreckt sich auf die gesamte Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Verfolgung bestimmter Personengruppen, vor allem der jüdischen Bevölkerung, durch den Staat wird damit dem Fall der kriegerischen Auseinandersetzung gleichgestellt. Dies ist massgeblich auf den Einfluss amerikanisch-jüdischer Organisationen zurückzuführen.1969 Ein weiteres Grundprinzip des Rückerstattungsgesetzes war, dass es ausgeschlossen war, dass ein entzogener Vermögensgegenstand kraft guten Glaubens erworben werden konnte. Insbesondere bei Kulturgütern, ausser bei Kunstgegenständen ohne besonderen Wert, war der Erwerb im guten Glauben ausgeschlossen. Mit diesen Prinzipien konnten die Rückerstattungsansprüche in kurzer Zeit behandelt und entschieden werden. Ein weiteres Problem stellten die jüdischen Nachfolgeorganisationen dar. Wohl auch aufgrund des Druck für einen möglichst raschen Abschluss der Rückerstattungen war die amerikanische Regierung mit der Einsetzung der JCR einverstanden. Die JCR war berechtigt, als rein jüdische Nachfolgeorganisation herrenloses Kulturgut als Vertreterin des jüdischen Volkes als Ganzes zu beanspruchen und zu verteilen.1970 Der Begriff „herrenlos“ wurde weit gefasst und beinhaltete auch das Eigentum der jüdischen Gemeinden. Rechtlich gesehen handelte es sich bei der JRSO um eine Treuhänderin, welche über die Verwendung der jüdischen Vermögenswerte entschied. Es war klar ersichtlich, dass die Rückerstattung an Staaten als Anspruchberechtigte in diesem Fall zu einer falschen Lösung geführt hätte. Durch die kollektive Verfolgung der Juden und der immensen territorialen Verschiebung dieser Bevölkerungsgruppe kam es zu einer besonderen Situation. Die Möglichkeit der Zuordnung von erblosem jüdischem Kulturgut an einen Staat, in dem die Juden verfolgt worden waren, kam nicht in Frage. Die so gefundene Lösung weicht von den Grundsätzen der völkerrechtlichen Restitution von Kulturgütern ab. Bei der klassischen Restitution handelt es sich nämlich um die Rückerstattung von Vermögenswerten, die kriegsbedingt, d.h. aus einem feindlich besetzten Staat in einen anderen Staat verbracht wurden, durch einen Staat an den Staat, von dessen Territorium die Vermögenswerte ent-

1969

Siehe dazu Röhling, S. 110 f.

1970

Siehe Röhling, S. 146 f.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

wendet worden waren.1971 Diese Abweichung kann bei den herrenlosen jüdischen Vermögenswerten in der inneren Restitution, wie auch nach dem Jahre 1948 bei der äusseren Restitution in Bezug auf Vermögenswerte von Flüchtlingen, festgestellt werden. Bei der Behandlung spielten weder das Zuordnungsobjekt „Staat“ noch das Kriterium „Territorium“ eine massgebliche Rolle. Dass eine Rückerstattung von herrenlosen Kulturgütern an eine juristische Person anstelle eines Staates vorgenommen wurde, entsprach einem Novum, das völkerrechtlich noch nie vorgekommen war.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone I.

Einleitung

Bereits während des Krieges in Europa machten sich nicht nur jüdische Organisationen in den USA Gedanken über eine Nachkriegsregelung bezüglich der von den Nazis beschlagnahmten und geraubten Güter. Auch in der britischen Regierung befasste man sich in verschiedenen Gremien unter anderem mit dieser Problematik. In Bezug auf die völkerrechtlichen Grundlagen für die Wiedergutmachung sei dabei auf die Einleitung in Kapitel 22 verwiesen. Bei diesen besatzungsrechtlichen Rückerstattungsgesetzgebungen ging es um die Wiedergutmachung im Wege der inneren (internal) Restitution, welche nicht durch innerstaatliches Recht geregelt war, sondern durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, die diese aufgrund der von ihnen in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 statuierten Besatzungsziele erlassen hatten. Die innere Rückstattung, regelt im Unterschied zur äusseren1972 die Rückerstattung, aufgrund der durch die Verfolgung entstandenen diskriminierenden Vermögensverschiebungen auf dem Territorium Westdeutschlands. Während in der amerikanischen Zone bereits ein Rückerstattungsgesetz in Kraft gesetzt wurde, hatte man in der britischen Zone zwar vorbereitende Gesetze erlassen, aber erst in einem späteren Zeitpunkt wurde ein ähnliches Rückerstattungsgesetz, wie es die amerikanische Zone hatte, in Kraft gesetzt.

1971

Robinson, Beraubung und Wiedergutmachung, S. 36.

1972

Siehe dazu S. 425 ff.

485

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

wendet worden waren.1971 Diese Abweichung kann bei den herrenlosen jüdischen Vermögenswerten in der inneren Restitution, wie auch nach dem Jahre 1948 bei der äusseren Restitution in Bezug auf Vermögenswerte von Flüchtlingen, festgestellt werden. Bei der Behandlung spielten weder das Zuordnungsobjekt „Staat“ noch das Kriterium „Territorium“ eine massgebliche Rolle. Dass eine Rückerstattung von herrenlosen Kulturgütern an eine juristische Person anstelle eines Staates vorgenommen wurde, entsprach einem Novum, das völkerrechtlich noch nie vorgekommen war.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone I.

Einleitung

Bereits während des Krieges in Europa machten sich nicht nur jüdische Organisationen in den USA Gedanken über eine Nachkriegsregelung bezüglich der von den Nazis beschlagnahmten und geraubten Güter. Auch in der britischen Regierung befasste man sich in verschiedenen Gremien unter anderem mit dieser Problematik. In Bezug auf die völkerrechtlichen Grundlagen für die Wiedergutmachung sei dabei auf die Einleitung in Kapitel 22 verwiesen. Bei diesen besatzungsrechtlichen Rückerstattungsgesetzgebungen ging es um die Wiedergutmachung im Wege der inneren (internal) Restitution, welche nicht durch innerstaatliches Recht geregelt war, sondern durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, die diese aufgrund der von ihnen in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 statuierten Besatzungsziele erlassen hatten. Die innere Rückstattung, regelt im Unterschied zur äusseren1972 die Rückerstattung, aufgrund der durch die Verfolgung entstandenen diskriminierenden Vermögensverschiebungen auf dem Territorium Westdeutschlands. Während in der amerikanischen Zone bereits ein Rückerstattungsgesetz in Kraft gesetzt wurde, hatte man in der britischen Zone zwar vorbereitende Gesetze erlassen, aber erst in einem späteren Zeitpunkt wurde ein ähnliches Rückerstattungsgesetz, wie es die amerikanische Zone hatte, in Kraft gesetzt.

1971

Robinson, Beraubung und Wiedergutmachung, S. 36.

1972

Siehe dazu S. 425 ff.

485

486

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

II.

Restitution von Vermögenswerten der Naziopfer

1.

Erste britische Planungen für die Restitution an Naziopfer

Am 17. August 1944 hatte das Armistice und Postwar Committee in einem Bericht Ansätze für die Wiedergutmachungszahlungen und Rückerstattung von beschlagnahmten Gütern an Naziopfern dargelegt.1973 Als Grundsatz sollten die jüdischen und nicht jüdischen Forderungen gleich behandelt werden. Allfällige Forderungen von religiösen, kulturellen und wohltätigen Organisationen, die durch die Nazis aufgelöst worden waren und deren Vermögen beschlagnahmt worden war, sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Als Grundprinzip wurde vorgeschlagen, dass zuerst sämtliche Rückgabeforderungen von Opfern, welche sich in Deutschland befanden, bearbeitet werden sollten, danach diejenigen, die ausserhalb Deutschlands lebten, und in einem weiteren Schritt sollten danach die Wiedergutmachungsforderungen bearbeitet werden. Der britischen Regierung wurde die Planung einer „Interim Restitution“ für die Restitution an Naziopfer oder deren Verwandte, welche sich innerhalb von Deutschland befanden, vorgeschlagen, und zudem sollte auch eine längerfristige Vorgehensweise für die Restitution von limitierten Eigentumskategorien an Opfer, die sich ausserhalb von Deutschland befanden, geplant werden.1974 Der britische Delegierte in der Finanzkommission des alliierten Kontrollrates schlug dies so vor und wollte zur Bearbeitung der Frage auch eine Kommission gründen.1975 Die Finanzkommission entschied jedoch, die Frage der Kommission für Eigentumskontrolle1976 zu überweisen, damit diese die Frage studierte und diesbezügliche Empfehlungen für die Finanzkommission auszuarbeiten konnte. Bei der Ausarbeitung sollten die in der französischen und amerikanischen Zone bereits getroffenen Massnahmen nicht beachtet werden.1977 Im September 1946 wurde an den alliierten Kontrollrat auch eine Bitte herangetragen, für die nichtjüdischen Opfer der Naziherrschaft eine Organisation mit dem Namen „Union of Committees for Assistance to Victims of Racial Persecution“ zu schaffen.1978 1973

PRO FO 1032/2065, Armistice und Postwar Committee (Official Commitee on Armistice Terms and Civil Administration), Report on Compensation and Restitution to victims of Nazi persecution A.P.W.(44)59, 17.08.1944.

1974

Siehe dazu auch PRO FO 1032/2065, Letter Control Commission London to CC in Berlin, 25.01.1946.

1975

PRO FO 1032/2065, ACA Directorate of Finance, Victims of Nazi Oppression (British Proposal) 20.06.1946, DFIN/P(46)89.

1976

Property Control Commission.

1977

PRO 1032/2065, ACA, Directorate of Finance, Notification of Instruction issued by Finance Directorate regarding victims of Nazi Persecution, 15.07.1946 DFIN/Misc(46)100.

1978

PRO FO 1032/2065, ACA, Creation of a Union of Committees for Assistance to Victims of Racial Persecution, 6.11.1946 DIAC/P(46)380.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

Im Oktober 1946 reichte der britische Delegierte im Property Control Committee einen Vorschlag für die Restitution an Naziopfer ein.1979 Der Entwurf sah vor, dass in jeder Zone eine verantwortliche Stelle eingesetzt werden sollte, die Forderungen entgegennehmen, bearbeiten und in einem noch zu regelnden Verfahren genehmigen oder abweisen konnte. Für die Bearbeitung von Forderungen sollten keine Gebühren erhoben werden, und die anfallenden Kosten sollten Deutschland berechnet werden. Eine allfällige Berufung gegen einen Entscheid sollte bei einem zuständigen deutschen Gericht erfolgen. Der Zonenbefehlshaber sollte jedoch das Recht besitzen, ein Urteil zu revidieren.1980 Der Vorschlag wurde während drei Sitzungen besprochen und mit kleinen Änderungen der Finanzkommission überreicht. Im Vorschlag wurde vom Grundsatz ausgegangen, dass die Zonenkommandanten in ihrer Zone eine eigene Organisation aufstellen sollten, die sich mit allen Fragen und Forderungen der Restitution beschäftigte. Die eingereichten Forderungen sollten veröffentlicht und bei fehlender Einsprache oder bei offensichtlichem Bestehen eines Anspruches sofort genehmigt werden. Die strittigen Forderungen sollten an ein deutsches Gericht verwiesen werden.1981 Die britische Regierung hoffte dabei immer noch auf das Zustandekommen eines alliierten Gesetzes. Sie taten sich insbesondere mit einem nur die britische Zone betreffenden Gesetz schwer.1982 Die amerikanische Militärregierung, die ihren Vorschlag im April 1947 in den alliierten Kontrollrat einbrachte, kündigte jedoch, wie bereits erwähnt, an, dass bei einem Nichtzustandekommen einer alliierten Übereinkunft ein zonales Gesetz in Kraft gesetzt würde. Der amerikanische Vorschlag war im Gegensatz zum britischen Entwurf nur auf die jüdischen Opfer der Naziherrschaft ausgerichtet und befasste sich nicht mit der allgemeinen Opferproblematik.

1979

PRO FO 1032/2065, ACA, Property Control Committee, Proposal by the British Delegate, Restitution to Victims of Nazi Oppression DFIN/CB/P(46)34.

1980

PRO FO 1032/2065, ACA, Property Control Committee, Proposal by the British Delegate, Restitution to Victims of Nazi Oppression DFIN/CB/P(46)34.

1981

PRO FO 1032/2065, ACA, Property Control Directorate, Restitution to Victims of Nazi Persecution, 24.01.1947 DFIN/CB/P(47)6, 24.01.1947. Der französische Delegierte opponierte gegen diesen Punkt, da er kein deutsches Gericht in Restitutionssachen entscheiden lassen wollte. Im Vorschlag wurde dies denn auch ausdrücklich erwähnt.

1982

PRO 1032/2065 Telegramm Cc for Germany, to London 15.03.1947.

487

488

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

III.

Britische Gesetzgebung für eine Restitution an überlebende Opfer der Naziherrschaft

1.

Einleitung

Die britische Militärregierung erliess noch während der Verhandlungen im alliierten Kontrollrat mit der Verordnung Nr. 38 einen Gesetzeserlass bezüglich der Restitution an die Opfer der Naziherrschaft.1983 In Abänderung des Artikel 1 Ziffer. 2 des Militärgesetzes Nr. 52 wurde nun auch Vermögen blockiert und gesichert, das mittels Zwang oder rechtswidrigen Massnahmen beschlagnahmt oder sonst entzogen worden oder einer Plünderung zum Opfer gefallen war, wenn diese Handlungen in Deutschland vorgenommen worden waren. Gleichgültig war es dabei, ob dies aufgrund einer Gesetzgebung in einem angeblich rechtmässigen Verfahren oder auf andere Weise geschehen war. Damit wurde durch das Militärgesetzes Nr. 52 nun ebenfalls das Eigentum der Opfer der Naziherrschaft geschützt. Aufgrund der Nazigesetzgebung waren dieselben Beschlagnahmungen, die im Ausland durchgeführt worden waren, ebenfalls in grossem Rahmen bei der jüdischen Bevölkerung in Deutschland vollzogen worden. In einem weiteren Schritt und zur Sicherung der Bestimmungen des Militärgesetzes Nr. 52 wurden für jede Vermögenskategorie Treuhänder bestimmt.1984 Die Ministerpräsidenten der Länder und der Bürgermeister der Hansestadt Hamburg wurden gleichzeitig aufgefordert, sofortige Schritte zur Bestellung von Treuhändern gemäss den Bestimmungen des nach der Verordnung Nr. 38 abgeänderten Militärgesetzes Nr. 52 zur Verwaltung von Vermögen, welches sich laut Erklärung in den betreffenden Kreisen befand, zu unternehmen. Ferner mussten sämtliche verfügbaren Sicherungsmassnahmen, die zur Verhütung der Inanspruchnahme oder Veräusserung des unter dem Militärgesetz Nr. 53 blockierten Vermögens1985 (einschliesslich der Eintragung im Gerichtsregister) erforderlich waren, getroffen werden.1986

1983

PRO FO 371/55649, Military Government Gazette Germany British Zone of Control, No. 12, S. 282ff., Ordinance No. 38, (Abänderung des Gesetzes Nr. 52), 3.07.1946.

1984

PRO FO 1032/2065, Headquarters Control Commission for Germany (BE) to Regional Commissioner, Restitution of Property to Victims of Nazi Oppression, 10.04.1947.

1985

Militärregierungsgesetz Nr. 53. Siehe dazu für den Gesetzestext, Sammlung der vom Alliierten Kontrollrat und der Amerikanischen Regierung erlassenen Proklamationen, Gesetze, Verordnungen, Befehle, zusammengestellt von Hemke, aber auch Anders, Sammlung C.F. Müller, Die Proklamationen, Gesetze und Verordnungen der Militärregierung Deutschlands (Amerikanische Zone) Einschliesslich der Proklamationen und Gesetze der Alliierten Kontrollbehörde, Kontrollrat, Englischer und deutscher Text, Karlsruhe 1949.

1986

PRO FO 1032/2065, Anweisungen an den Ministerpräsidenten und an den Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Rückgabe von Vermögen an Opfer des Faschismus, undatiert. Wurde am 17.04.1947 eröffnet.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

a)

Vorbereitungen für ein britisches Rückerstattungsgesetz

Ein Gesetzesentwurf über die Rückgabe feststellbarer Vermögensgegenstände wurde, wie erwähnt, auch von der alliierten Kontrollbehörde erwogen. Bereits am 29. Mai 1947 hatte die britische Regierung dabei den ersten Schritt gemacht, um die Absichten der britischen Regierung auf eine geordnete und zügige Restitution zu verwirklichen. Die britische Regierung wollte dabei in einer Allgemeinen Anordnung Vermögenswerte, die zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 konfisziert oder dem Besitzer eines Gegenstandes entzogen worden sind, weil der Eigentümer des Gutes wegen seiner Rasse, Staatsangehörigkeit, Religion oder politischen Anschauung einseitig nachteiliger Behandlung unterworfen worden war, registrieren und sicherstellen. Für die Sammlung und Sichtung von Anträgen und Erklärungen wurde eine Zentralregistratur eingerichtet, welche von den Kreisbehörden Kopien sämtlicher diesen Behörden zugehenden Anträgen und Erklärungen erhalten sollte. Der Ausdruck Vermögen wurde dahingehend definiert, dass er sämtliche bewegliche Güter wie persönliche Habe und Schmucksachen umfasste. Bei Versäumnis drohte Strafe. Bereits vor der öffentlichen Bekanntmachung dieser Verordnung waren mehr als 22’000 Anträge eingegangen. Abgesehen von der Masse der einfach zu bearbeitenden Restitutionsanträge gab es jedoch eine grosse Anzahl schwieriger Fälle.1987 Nach einer Unterredung des Chefs der Finanzabteilung in der britischen Militärregierung mit seinem amerikanischen Kollegen und der Regierung wurde diese nachmalige Allgemeine Verordnung nicht wie geplant am 29. Mai 1947 in Kraft gesetzt, sondern auf unbestimmte Zeit aufgeschoben.1988 Die britische Regierung hoffte nämlich, dass der amerikanische Entwurf zu einem Gesetz für die Naziopfer so schnell als möglich vom alliierten Kontrollrat genehmigt wurde und das Erlassen der Allgemeinen Verordnung überflüssig wäre. Am 14. April 1947 hatte das Bi-zonale Property Control Committee, wie erwähnt, ein Schreiben genehmigt, nachdem die Amerikaner dem alliierten Kontrollrat eine 60tägige Frist einräumten, innerhalb welcher eine alliierte Übereinkunft erzielt werden sollte. Danach wollten die Amerikaner bekanntlich eine eigene Gesetzgebung einführen.1989 Zur Durchsetzung der alliierten Restitutionspolitik bezüglich der Rückerstattung von identifizierbarem Eigentum an Naziopfern wurde in der britischen Zone am 20. Oktober 1947 die Allgemeine Verfügung Nr. 10 der britischen Militärregierung in Kraft gesetzt.1990 Die Allgemeine Verfügung bezog sich vor1987

PRO FO 1046/183, Opfer der Nazi-Verfolgungen, Denkschrift für den 28.05.1947.

1988

PRO FO 1046/183, Telegram Message an Property Control in den einzelnen Ländern von Finanzabteilung vom 28.05.1947.

1989

PRO FO 1046/183, Schreiben Property Control Branch 31.05.1947.

1990

PRO FO 1046/599, General Order No. 10, 20.10.1947. (Diese Verordnung wurde am 31.03.1948 und am 1.10.1948 nochmals ergänzt).

489

490

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

behältlich der Ausnahmen des Absatz 2 in Artikel 1 auf sämtliches Vermögen, dass zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, der Staatsangehörigkeit, der Religion oder der politischen Überzeugung einer Person enteignet, weggenommen oder ihrer Verwaltung entzogen worden war. Dabei war es, wie bereits im abgeänderten Militärgesetz Nr. 52 bestimmt worden war, unerheblich, ob diese Beschlagnahmungen, Enteignungen oder sonstigen Formen der Entziehung aufgrund von Gesetzen oder in angeblich rechtmässigen Verfahren oder sonstwie durchgeführt worden waren. Gemäss Absatz 2 bezog sich diese Verfügung jedoch nicht auf Vermögenswerte, deren Wert zur Zeit des Überganges weniger als 1’000 Reichsmark betragen hatte. Mit dieser Verfügung wurde jedermann, welcher seit dem 30. Januar 1933 einen in Artikel 1 umschriebenen Vermögenswert besass, verwaltete, beaufsichtigte, besessen oder beaufsichtigt hatte, verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten der Verfügung eine Erklärung über dieses Vermögen dem zuständigen Landrat oder Oberbürgermeister abzugeben. Gleichzeitig konnten Personen, die Vermögen gemäss Artikel 1 verloren hatten, bis zum 31. Dezember 1948, ihre Ansprüche auf Rückerstattung anmelden.1991 Aufgrund dieses Gesetzes wurde auch das Zentralamt für Vermögensverwaltung in Bad Nenndorf gegründet, welches dieselbe Aufgabe wie das Zentralanmeldeamt (Central Filing Agency) ausübte. Die Meldung der Anzeigepflichtigen und die Anmeldung von Ansprüchen aufgrund dieser Verordnung wurden bei diesem Zentralamt für Vermögensverwaltung registriert. Das von der Verordnung betroffene Vermögen war in allen Bestimmungen dem Militärgesetz Nr. 52 unterworfen. Abgesehen von der Allgemeinen Genehmigung Nr. 15 bedurften deshalb alle Vermögensverschiebungen, die unter das Militärregierungsgesetz Nr. 52 fielen und über den normalen Geschäftsverkehr hinausgingen, einer Sondergenehmigung.1992 In Bezug auf die Restitution von Eigentum an die Opfer der Naziherrschaft wurde sodann die Verordnung für einen Prüfungsausschuss für Ansprüche von Organisationen allgemeiner Art in Kraft gesetzt. Diese am 1. August 1948 erlassene Verordnung Nr. 159 der britischen Militärregierung wurde als Verordnung zur Kontrollratsdirektive Nr. 50 erlassen.1993

1991

PRO FO 1046/599, General Order No. 10, Art. 3.

1992

Siehe auch PRO FO 1057/595, Schreiben Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen an Oberlandesgerichtspräsidenten, Wiedergutmachungsämter, 30.11.1949.

1993

PRO FO 1050/933 Verordnung No. 159, der Militärregierung von Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, Prüfungsausschuss für Ansprüche von Organisationen allgemeiner Art vom 1.08.1948. Die Verordnung hatte den Zweck, einen Ausschuss zu schaffen, der Ansprüche von nicht zu den Gewerkschaften oder Konsumgenossenschaften gehörenden Organisationen prüft, die von einer der in der Kontrollratproklamation Nr. 2 oder im Kontrollratsgesetz Nr. 2 bezeichneten Naziorganisationen erworben worden war.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

Erst eineinhalb Jahre danach, am 12. Mai 1949, erging das Gesetz Nr. 59 der britischen Militärregierung über die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmassnahmen, das sich in vieler Hinsicht an das bereits vorher erschienene Rückerstattungsgesetz der US-Zone anschloss, aber auch in einigen wichtigen Punkten davon abwich.

2.

Britisches Rückerstattungsgesetz

a)

Grundsätze des Rückerstattungsgesetzes

Am 12. Mai 1949 wurde das Militärregierungsgesetz Nr. 59 in der britischen Zone in Kraft gesetzt. Für das Erlassen des Militärregierungsgesetz Nr. 59 hatte sich die britische Regierung Zeit gelassen. Sie war überzeugt gewesen, dass mittels des Militärgesetzes Nr. 52, der Blockierung aller Vermögensgegenstände und der Allgemeinen Verfügung Nr. 10, aufgrund welcher alle Vermögensgegenstände, die als Restitutionen in Frage kamen, gemeldet werden mussten, die notwendigen Vorbereitungsarbeiten für eine Restitution zufriedenstellend erfolgen konnten. Die Grundsätze des Gesetzes Nr. 59 bestanden darin, dass feststellbare Vermögenswerte so schnell als möglich an Personen, denen in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus solche Vermögenswerte entzogen worden waren, zurückgegeben werden sollten.1994 Vermögensgegenstände waren nach Massgabe der Bestimmungen des Rückerstattungsgesetzes an ihren ursprünglichen Inhaber oder dessen Rechtsnachfolger zurückzuerstatten. Dabei war vorgesehen, dass die Rechte anderer Personen, die von dem begangenen Unrecht keine Kenntnisse hatten, zurücktreten mussten.1995 Der Zweck dieses Gesetzes war die möglichst reibungslose und schnelle Zurückerstattung von identifizierbarem Eigentum. Das britische Gesetz schliesst sich eng an das gleichnamige amerikanische Gesetz an. Dabei ist nicht nur der Aufbau gleich, sondern die Unterteilung geschieht in die gleichen Kapitel, und die Reihenfolge der Artikel stimmt bis auf einige wenige Auslassungen und Verschiebungen überein.1996

1994

PRO FO 1060/695, Militärregierung Deutschlands, Britisches Kontrollgebiet, Gesetz Nr. 59, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmassnahmen, Art. 1.

1995

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 2.

1996

Siehe für eine genaue Rechtsvergleichung Pfeiffenberger, S. 536 ff.

491

492

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Als Voraussetzung, dass das britische Rückerstattungsgesetz angewendet werden konnte, musste eine ungerechtfertigte Entziehung gegeben sein. Die Voraussetzung der „unrechtmässigen Entziehung“ (unjust deprivation) stimmte mit der einschlägigen Norm im amerikanischen Rückerstattungsgesetz überein. Als ungerechtfertigt entzogen galten daher auch im britischen Gesetz Vermögenswerte, wenn der Berechtigte in der massgebenden Zeit das Eigentum, den Besitz, ein sonstiges daran bestehendes Recht oder ein darauf bestehendes Anwartsrecht verloren hatte und der Verlust entweder auf einen gegen die guten Sitten verstossenden oder durch Drohung veranlassten oder mit einer widerrechtlichen Besitzesentziehung oder einer sonstigen unerlaubten Handlung verbundenen Rechtsgeschäft beruhte. Ebenfalls ungerechtfertigt war eine Entziehung, wenn sie auf einem Staats- oder Verwaltungsakt oder auf dem Missbrauch staatlicher oder behördlicher Machtbefugnis oder auf Massnahmen der NSDAP, ihrer Organisation oder angeschlossenen Verbände beruhte.1997 Das Rechtsgeschäft, die Wegnahme oder die sonst in Betracht kommende Handlung musste zudem eine Verfolgungsmassnahme im Sinne des Artikel 1 des britischen Militärregierungsgesetzes Nr. 59 darstellen oder sich aus einer solchen ergeben. Ausdrücklich wurde im Gesetz statuiert, dass sich der Rückerstattungspflichtige nicht schon darauf berufen konnte, dass seine Handlungsweise schon deshalb nicht rechtswidrig gewesen sei, weil sie der allgemeinen Anschauungen entsprochen habe, die eine Schlechterstellung einzelner wegen ihrer Rasse, Religion Nationalität, ihrer politischen Auffassung oder ihrer politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus zum Inhalt hatte.1998 Zugunsten des Berechtigten wurde sodann vermutet, dass die Veräusserung oder Aufgabe der Vermögensgegenstände durch jemanden, der unmittelbar Verfolgungsmassnahmen im Sinne des Artikel 1 dieses Gesetzes ausgesetzt gewesen war, oder der zu einem Personenkreis gehörte, welcher in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung oder die NSDAP durch ihre Massnahmen aus den Gründen des Artikel 1 vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschliessen beabsichtigte, ungerechtfertigt war, wenn sie in der massgebenden Zeit geschehen war.1999 Widerlegt werden konnte diese Vermutung nur dann, wenn bewiesen wurde, dass der Veräusserer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hatte und dass er über den Vermögenswert frei verfügen konnte. Als angemessen betrachtete man dabei einen Geldbetrag, an den ein Käufer zu zahlen und ein Verkäufer anzunehmen bereit gewesen wäre, wobei bei einem Geschäftsunternehmen der Firmenwert zu berücksichtigt war. Eine Widerlegung der Vermutung auf ungerechtfertigte Entziehung, die sich auf die Vermögensübergabe einer Person bezog, die durch die deutsche Regierung oder die NSDAP aus dem kulturellen und wirtschaftlichen 1997

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 2.

1998

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 2, Ziff. 3.

1999

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 3.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

Leben Deutschlands ausgeschlossen worden war, wurde noch strikter gehandhabt. Eine Widerlegung war deshalb nur dann möglich, wenn innerhalb des Zeitraumes vom 15. September 1935 und dem 8. Mai 1945 das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre oder der Erwerber in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg den Schutz der Vermögensinteressen des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers wahrgenommen hatte. Hatte ein Verfolgter einer anderen Person oder Organisation in der massgebenden Zeit Vermögenswerte unentgeltlich überlassen, so wurde zugunsten des Berechtigten vermutet, dass die Überlassung keine Schenkung war, sondern ein Treuhandverhältnis begründet hatte. Diese Vermutung wurde dann widerlegt, wenn aufgrund der persönlichen Beziehungen zwischen dem Überlassenden und dem Empfänger eine Anstandsschenkung anzunehmen war. Die Verschiedenheit der amerikanischen und der britischen Gesetzgebung bezüglich des Entziehungsbegriffes bestand darin, dass das USREG den Entziehungsbegriff aufspaltete.2000 Diese Methodik kannte das BrREG nicht. So steht denn gemäss Präambel jeder Person ein Rückerstattungsanspruch zu, deren Gegenstände in der massgeblichen Zeit aus politischer Überzeugung entzogen worden waren. In Übereinstimmung mit dem USREG konnte der Entzug entweder durch Sammelaktionen der NSDAP und ihrer Verbände und Organisationen oder durch Einzelaktionen erfolgt sein. Bezüglich „Feindausländern“ wurde im BrREG klargestellt, dass diese keine Rückerstattung verlangen konnten, falls sie als Feindausländer Entschädigungen erhielten.2001 Das im Artikel 4 des USREG normierte Rückerstattungs-Institut der Anfechtung ist nicht in das britische Rückerstattungsgesetz übernommen worden. Grundsätzliche Verschiedenheiten waren auch bei der Haftung auszumachen. Das BrREG unterschied bei den Ersatz- und Nebenansprüchen der Berechtigten nicht zwischen schwerer und einfacher Entziehung, so dass die subjektiven Umstände bei der Haftung unberücksichtigt blieben. Rückerstattungspflichtig war aufgrund des Gesetzes, wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes oder beim Erlass einer Rückerstattungsanordnung entzogene Vermögen besass oder darüber verfügen konnte.2002 Die Rückerstattung hatte sodann die Wirkung, dass die Rechte des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers an dem ungerechtfertigt entzogenen Vermögens als fortbestehend galten, dem Rechtsgeschäft also eine ex tunc-Wirkung zukam. Grundsätzlich konnte sich der Berechtigte aber auch unter Verzicht auf alle sonstigen Ansprüche aus diesem

2000

Die Aufspaltung erfolgte in die eigentliche Entziehung des Art. 2 USREG und in die infolge „Anfechtung“ als Entziehungsfälle behandelten Rechtsgeschäfte des Artikels 4 USREG.

2001

Siehe auch Mosheim, S. 337.

2002

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 11.

493

494

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Gesetz von dem Ersterwerber des entzogenen Vermögens den Unterschiedsbetrag zwischen dem Berechtigten gezahlten Entgelt und dem bei Abschluss des Rechtsgeschäfts angemessenen Entgelts im Sinne des Art. 3 Abs. 2 des Militärregierungsgesetzes Nr. 59 entscheiden.2003 Das britische Gesetz hatte den gutgläubigen Erwerb von Verfolgten-Eigentum ebenfalls nicht zugelassen.2004 Genau wie im amerikanischen Rückerstattungsgesetz sind Ausnahmen in Bezug auf den Erwerb von Geld (Art. 16) und Inhaberpapieren (Art. 17) gemacht worden. Besonderen Schutz genoss der Erwerb von beweglichen Sachen im Verlauf des ordnungsmässigen und üblichen Geschäftsverkehrs.2005 Während jedoch bei Geld und Inhaberpapieren der Glaube des Erwerbers eine Rolle spielte, kam es bei den Käufen des Alltags auf guten oder bösen Glauben nicht an. Erwerber von Kultgegenständen oder Gegenständen, die besonderen künstlerischen, wissenschaftlichen oder persönlichen Wert besassen, waren grundsätzlich herausgabepflichtig.

b)

Geltungsbereich

Die dem USREG entsprechenden Vorschriften im BrREG und der REAO waren inhaltsgleich. Die Ausführungsvorschriften der britischen Militärregierung2006 und der Berliner Kommandantur2007 waren den im Bereich des USREG gemachten Erfahrungen angepasst und recht kompliziert. Sie entschieden nach Art des entzogenen Gegenstandes, nach der Art des geltend gemachten Anspruchs und nach dem Wohnsitz des Pflichtigen.

c)

Durchsetzung des Rückerstattungsgesetzes

Das Verfahren in der britischen Zone lehnte sich an das amerikanische Vorbild an. Wie auch das amerikanische System zeitigte die britische Verfahrensmaschinerie, die man für die Restitution in der britischen Zone aufgebaut hatte, durch ihr komplexes System grosse Verspätung. Das Zentralanmeldeamt2008 war ver2003

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 13. Der Anspruch bestand jedoch nicht, wenn der Vermögensgegenstand den Berechtigten rechtskräftig wieder zuerkannt worden ist, wenn eine Sachentscheidung der Wiedergutmachungskammer ergangen war oder der Berechtigte sich mit dem Rückerstattungspflichtigen über den Rückerstattungsanspruch geeinigt hatte.

2004

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 1 Ziffer 3.

2005

PRO FO 1060/695, Militärregierungsgesetz Nr. 59, Art. 15.

2006

2. Verordnung zur Ausführung des BrREG vom 27.03.1950, Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission No. 13 vom 25.03.1950, S. 144.

2007

Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin BK/0 (50) 82 vom 21.09.1950.

2008

Siehe auch PRO FO 1046/183, Anweisung an Ministerpräsidenten und an den Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Rückgabe von Vermögen an Opfer des Faschismus.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

antwortlich für die Weitergabe aller Anträge an die Wiedergutmachungsbehörden. Ihre Funktion bestand darin, dass sie die Restitutionsanträge guthiess, wenn keine Antwort nach einer bestimmten Zeit eingetroffen war. Wenn eine Antwort in dieser Zeit eingetroffen war und die Parteien sich nicht einigen konnten, dann wurde der betreffende Antrag an die zuständige „Restitutionskammer“ des Landgerichtes verwiesen. Die Restitutionskammer bestand aus verschiedenen Richtern, die vom Justizminister des betreffenden Landes gewählt worden waren. Die Funktion dieser Restitutionskammer war es, nach einem mündlichen Verfahren ein Urteil bezüglich der Eigentumsverhältnisse zu fällen.2009 In zweiter Instanz konnte danach die Zivile Abteilung des Oberlandesgerichts angerufen werden. Die endgültige Entscheidung wurde vom „Board of Review“ getroffen, welches vom United Kingdom High Commissioner“ gewählt worden war. Das Board bestand aus drei Richtern, von welchen einer dem Allied High Commission Supreme Court angehören musste. Dabei mussten sich die Behörden bis 31. Mai 1951 mit ca. 63’000 Fällen beschäftigen. Die Anträge von Einzelpersonen mussten dabei bis zum 30. Juni 1950 bei den zuständigen Behörden eingetroffen sein. Das britische Restitutionsgesetz erlaubte auch Anträge für erbenloses und nicht beantragtes Eigentum. Diese Anträge wurden hauptsächlich von zwei Organisationen gestellt, für das jüdische Vermögen, die „Jewish Trust Corporation“ (JTC) und für oberwähntes Eigentum von Nichtjuden die „General Trust Corporation“ (GTC). Verordnungen setzten die Eingabefristen für die Jewish Trust Corporation auf den 1. Februar 1952 und denjenigen der General Trust Corporation auf den 15. Mai 1952.2010 Die General Trust Corporation wurde denn auch erst im Jahre 1951 gegründet.2011

3.

Britische Ansätze für eine Restitution von jüdischen Gütern und Kulturgüter im speziellen

In der britischen Zone tat man sich äusserst schwer mit einer einzonalen Gesetzgebung für eine Restitution an jüdische Naziopfer und insbesondere mit der Einsetzung einer jüdischen Organisation für die Restitution von erbenlosen jüdischen Vermögenswerten, wie sie in der amerikanischen Zone bestand. Es bestan2009

Siehe zum Gesamten PRO FO 1008/81, Report of the Committee to examine the progress made in the Disposal of Claims under British Military Government Law 59 in the British Zone of Germany and under Ordinance 180 in the British Sector of Berlin, 30.06.1951.

2010

Siehe zum Gesamten PRO FO 1008/81, Report of the Committee to examine the progress made in the Disposal of Claims under British Military Government Law 59 in the British Zone of Germany and under Ordinance 180 in the British Sector of Berlin, 30.06.1951, S. 6. Auch gedruckt in Foreign Office, Report of the O’Sullivan committee on the progress made in the disposal of internal claims in the British Zone of Germany, 30.06.1951, London HMSO 1951.

2011

Siehe dazu oben S. 505 ff.

495

496

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

den die Befürchtungen, dass durch die Einsetzung einer machtvollen jüdischen Organisation dem Antisemitismus wieder Vorschub geleistet und unschuldigen Käufern von jüdischem Eigentum Unrecht geschehen würde. Aus diesem Grund wollte die britische Militärregierung auf eine rein jüdische Organisation verzichten.2012 Die Befürworter einer jüdischen Organisation machten geltend, dass man dem Umstand, dass die jüdische Bevölkerung in Deutschland nur noch sehr schwach vertreten war und viele jüdische Vermögenswerte in Deutschland nicht mehr benötigt oder nicht mehr beansprucht würden, Rechnung tragen müsste. Das Problem bestand dabei, dass ein grosser Teil dieses Vermögens unter das Militärgesetz Nr. 59 fiel. Die Befürworter einer jüdischen Nachfolgeorganisation hoben deshalb hervor, dass aus politischen Gründen religiöses, kulturelles oder wohltätiges jüdisches Eigentum nicht einer nicht-jüdischen Organisation vermacht werden konnte, die sich mit den kulturellen Gepflogenheiten der jüdischen Gemeinschaft nicht auskenne. Aus diesem Grund sei eine jüdische Organisation unabdingbar.2013 Die Befürworter einer solchen Organisation argumentierten des Weiteren, dass sowohl der Schlussakt der Pariser Reparationskonferenz, die Übereinkunft der britischen Regierung vom 19. Juni 1946 wie auch die Pariser Friedensverträge mit Rumänien und Ungarn und weitere Gesetze die Einsetzung einer solchen Organisation für die Wiedergutmachung an jüdische Opfer der Naziherrschaft vorsahen.2014 Auch wurden die Probleme angetönt, die einen Transfer von sol2012

PRO FO 1032/1795, Telegram Control Commission for Germany BE, Political division to Foreign Office, 8.08.1949.

2013

PRO FO 1032/1795, Telegramm Foreign Office to Control Commission BE, 30.07.1949

2014

Siehe dazu PRO FO 1032/1795, Telegram Foreign Office to Control Commission BE, 30.07.1949. In diesem Schreiben wurde betreffend den Gesetzen ausgeführt: „HMG are for example a party to the final Act of the Paris Conference on Reparations, which contains in Article 8 c) the request that governments of neutral countries shall make available for the rehabilitation of victims of Nazi action assets in such countries of victims, who have since died and left no heirs: by the Implementary Agreement of 19.06.1946 HMG subscribed to a resolution that 95 % of such heirless assets should be used for rehabilitation of Jews. Moreover in the framing of this Paris Peace Treaties Romania and Hungary HMG took the initiative in calling for the insertion of clauses by which all property, rights and interests in Romania and Hungary of persons, organisations or communities which individually or as members of groups were the object of racial religious, or other Fascist measures of persecution and remaining heirless or unclaimed shall be transferred by Romania/Hungary representative of such persons, organisations or communities. Laws in Greece, Italy and Trieste have given effect to the same principle by providing that heirless and unclaimed Jewish property shall be surrendered to a Jewish Rehabilitation Fund. The principle that unclaimed jewish assets shall be used for Jewish rehabilitation can, therefore by said to be formally established in the post-war settlement with the consent of HMG and even without the precedent of what has been done in the US Zone, the case for establishment in our Zone of a Jewish Trust Corporation, to claim the property of individual Jews as well as any Jewish communal property is, therefore difficult to withstand. Siehe auch PRO FO 371/66545, Peace Treaties, Jewish Views, Letter Foreign Office to A.G. Brotman, Esq.,

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

chen Vermögen ins Ausland bringen konnte. Das Foreign Office vertrat deshalb die Politik, dass die erbenlosen Vermögen für die Erhaltung der überlebenden Juden in Deutschland und der jüdischen Opfer in Europa zu benutzen sei und dazu eine jüdische Stiftung eingesetzt werden sollte.2015

4.

Einsetzung der United Restitution Organisation (URO)

Im Jahre 1947 wurde eine Anlaufstelle gegründet, die den Überlebenden des Holocausts bei der Einreichung von Restitutionsansprüchen und Wiedergutmachungsforderungen behilflich war. Aufgrund einer Veröffentlichung des Foreign Office am 8. November 1947 hatte die britische Regierung nämlich das Arbeitsgebiet der „United Restitution Office (German Section)“2016 ausgeweitet. Diese Rechtshilfeorganisation war nun bereit, allen Opfern der Naziverfolgung, ohne Rücksicht auf deren Staatsangehörigkeit, und auch jenen, die nicht von sich aus Ansprüche für Restitution von Eigentum in Deutschland stellen konnten, zu helfen. Die Organisation eröffnete Büros in den Vereinigten Staaten, Israel, England und Frankreich. Für die drei westlichen Zonen und die westlichen Sektoren in Berlin wurden sodann Delegierte ernannt, welche alle rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen dieser Antragsteller zu schützen hatten und die Fälle den zuständigen Behörden vorlegten.2017 Unterstützung erfuhr dieses Büro auch von dem „Council for the Protection of the right and interests of Jews from Ger-

15.01.1947. „The following texts are including in the Romanian and Hungarian Treaties on insistence of the United Kingdom: Romania/Hungary undertakes that in all cases where the property, legal rights or interests in Romania/Hungary of persons under Romanian/Hungarian jurisdiction have since September 1, 1939, been the subject of measures of sequestration, confiscation or control on account of the racial origin or religion of such persons, the said property, legal rights and interests shall be restored together with their accessories or, if restoration is impossible, that fair compensation shall be made therefore. All property, rights and interests in Romania/Hungary of persons, organisations or communities which individually or as members of groups, were the object of racial, religious or other Fascist measures of persecution, and remaining heirless or unclaimed for six months after the coming into force of the present Treaty, shall be transferred by the Romanian/Hungarian Government to organisations in Romania/Hungary representative of such persons, organisations or communities. The property transferred shall be used by such organisations for purposes of relief and rehabilitation of surviving members of such groups, organisations and -communities in Romania/Hungary. Such transfer shall be effected within twelve month from the coming into force of the Treaty and shall include property, rights and interests required to be restored under § 1 of this Article.“ 2015

PRO FO 1032/1795, Telegram Foreign Office to Control Commission BE, 30.07.1949

2016

Die Organisation war gegründet worden, um unter anderem Staatsangehörige des britischen Commonwealth bei der Einreichung von Restitutions- und Wiedergutmachungsforderungen zu unterstützen. Die Organisation hatte einen nicht wirtschaftlichen Zweck und deckte ihre Ausgaben mit freiwilligen Gaben und Spenden.

2017

PRO FO 944/201, Announcement for the Board of Trade Journal.

497

498

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

many“ das jüdische Antragssteller bei der Durchsetzung ihrer Begehren ebenfalls unterstützte. Der URO hatte jedoch Schwierigkeiten, von den US-Militärbehörden die Erlaubnis zu erhalten, ihre Tätigkeit in der US-Zone und dem amerikanischen Sektor in Berlin auszuüben. Die US-Militärregierung, die mit der persönlichen Unantastbarkeit und Sachkunde der Persönlichkeiten der URO – die Mehrzahl der Mitglieder waren deutsch-jüdische Anwälte – nicht vertraut war, fürchtete, dass die bedürftigen Berechtigten in die Hand von unverantwortlichen Anwälten fallen könnten, die den grössten Teil für sich behalten würden. Aus diesem Grund war die US-Militärbehörde nicht willens, die URO als eine Rechtshilfeorganisation in ihrer Zone zuzulassen. Sie gestattete der URO jedoch, unter Aufsicht der JRSO ihre gemeinnützige Tätigkeit in der US-Zone und dem USSektor von Berlin auszuüben. Die URO wirkte in diesen Zonen sodann als autonome Abteilung der JRSO, die nach aussen hin der US-Militärregierung gegenüber den Handlungen der URO verantwortlich blieb.2018

IV.

Restitution von herrenlosen jüdischen Vermögenswerten in der britischen Zone

1.

Einsetzung der Jewish Trust Cooperation

a)

Gründung und Aufgaben der Jewish Trust Cooperation

Mit der in der US-Zone erlassenen Verordnung Nr. 32019 hatte die amerikanische Militärregierung eine Nachfolgeorganisation geschaffen, an die erbenlose jüdische Vermögenswerte ausgeliefert werden konnten. Aufgrund der Erfahrungen in der amerikanischen Zone wurde in der britischen Zone nun ebenfalls eine solche Nachfolgeorganisation in Erwägung gezogen.2020 In derselben Zeit versuchte die amerikanische JRSO, auch in der britischen Zone Fuss zu fassen. Sie teilte dem britischen Hüter von Restitutionsgütern2021 in Berlin mit, dass sie in Kürze eine „British Trustee Corporation“ lizensieren wollte. Im Namen dieser Organisation wollte die JRSO sodann zuerst Restitutionsforderungen im amerikani-

2018

Weisman, Die Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 750.

2019

Siehe NARA RG 260/Rec.Ecex/Off.Adj.Gen./Gen.Corresp./510, Military Government Law No. 59, „Restitution of Identifiable Property and Regulation No 3 concerning the Designation of Successor Organizations by Military Government and the Appointment of a Successor Organization for Jewish Property“, 23.06.1948.

2020

PRO FO 1060/696, Minutes of Meeting of the Advisory Council of the Trust Corporation for non-Jewish heirless and unclaimed property, 15.02.1950.

2021

Custodian.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

schen Sektor einfordern und danach auch eine Lizenz für den britischen Sektor beantragen.2022 Die britische Militärregierung war über das Vorgehen der JRSO erstaunt, und die Property Branch der britischen Militärregierung betrachtete das Vorgehen der JRSO als verfrüht, da noch keine britische Nachfolgeorganisation eingesetzt war.2023 Am 23. Juni 1950 wurde die „Jewish Trust Corporation for Germany“ in Grossbritannien unter dem „English Companies Act 1948“ gegründet.2024 Zweck der Organisation war das Einsammeln und das Stellen von Ansprüchen auf erbenloses jüdisches Eigentum. Der Zweck bezog sich auf die Artikel 7, 8, 9, und 10 des britischen Militärgesetzes Nr. 592025 und auf die Artikel 7, 8, 9, 10 und 11 der Ordinance BK/0(49)180 der alliierten Kommandatura in Berlin2026 und der Ordinance Nr. 1592027 der Militärregierung der britischen Zone. Die Organisation war dazu bestimmt, die Nachfolge von Personen, Organisationen, kulturellen und wohltätigen Stiftungen und Gemeinden, welche aufgrund ihrer Rasse und Religion unrechtmässig enteignet, getötet oder aufgelöst worden waren, anzutreten. Des Weiteren hatte sie die Aufgabe, jüdische Bücher, Manuskripte und religiöse oder andere kulturelle Objekte, welche in der britischen Zone aufgefunden worden waren, an die rechtmässigen Eigentümer zurückzuerstatten oder an jüdische Organisationen, Gemeinden oder Institute in der ganzen Welt zu überreichen. Die Jewish Trust Corporation hatte des Weiteren die Aufgabe, die Militärbehörden bei der Auffindung, dem Schutz, der Katalogisierung und Verteilung dieser Kulturgüter zu unterstützen. Es war vorgesehen, dass sie auch Hilfestellung bei der Gründung von neuen jüdischen Gemeinden in der britischen Zone und beim Aufbau von jüdischen Synagogen und anderen Gemeindegebäuden bot. Die jüdische Trust Corporation konnte als Treuhänder in eigenem Namen, als Stellvertreter oder als Agent handeln. Die vorerwähnten Aufgaben und Rechte galten innerhalb der britischen Zone Deutschlands und für den britischen Sektor in Berlin. In der Geschäftsleitung befanden sich verschiedene britische jüdische Organisationen.2028 Die Organisation hatte ihr Hauptbüro in Hamburg.

2022

PRO FO 1060/596 custodian an military Government 17.02.1950.

2023

PRO Fo 1060/595, Property Control to Legal Adviser, 10.03.1950.

2024

Siehe PRO FO 1008/156, Memorandum and Articles of Association of The Jewish Trust Corporation for Germany, 1950. Siehe auch PRO FO 944/146, Minutes of the Agreement made at London 3.03.1950 (C359/18).

2025

Siehe dazu S. 491 ff.

2026

Siehe dazu S. 509 ff.

2027

Siehe dazu FN 1991.

2028

Central British fund for Jewish Relief and Rehabilitation, The American Jewish Joint Distribution Comittee, The Jewish Agency for Palestine, The World Jewish Congress und andere. Siehe dazu PRO FO 1008/159, Articles of Association of the Jewish Trust Corporation for Germany.

499

500

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

b)

Definition der an die jüdische Nachfolgeorganisation gehenden Vermögenswerte

Grundsätzlich ging es der britischen Regierung bei der Gründung dieser Organisation darum, dass jüdische Personen, die durch die Naziverfolgung ums Leben gekommen waren und welche Eigentum in Deutschland besassen, dieses Eigentum zurückerstattet erhielten oder dieses aufgrund des Todes dieser Person auf eine jüdische Nachfolgeorganisation überging. Um dies zu gewährleisten, sollte die jüdische Einzelperson genau definiert werden. Es kam nämlich immer wieder zu Streitigkeiten zwischen der General Trust Corporation und der Jewish Trust Corporation über den Anspruch von erbenlosen Vermögenswerten. Die Kirchen und andere wohltätige Organisationen, welche die GTC unterstützten, fühlten sich durch die JTC eingeengt. Einige jüdische Organisationen befürchteten, dass die JTC von orthodoxen Juden beherrscht sei und aus diesem Grund orthodoxe Juden und ihrer Organisationen bei der Rückerstattung vorrangig behandelt würden.2029 Aus diesem Grund entschied die britische Regierung, dass eine genaue Definition für jüdische Organisationen und jüdische Einzelpersonen gefunden werden musste. Mittels dieser Auftrennung wollte man darum verhindern, dass beide Organisationen die gleichen Eigentumsstücke beanspruchten.2030 Aufgrund der verschiedenen Interessen stiess man bei der Erarbeitung der Definition der jüdischen Person und Organisation immer wieder auf Schwierigkeiten. Es musste grundlegend zwischen zwei Varianten entschieden werden. Bei der ersten Variante galt eine natürliche Person, die zwischen dem 30. Juni 1933 und dem 8. Mai 1945 wegen ihrer jüdischen Abstammung Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt war und bis zu ihrem Tode einer jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hatte, als jüdisch. Die zweite Variante ging davon aus, dass eine Person, die zwischen dem 30. Juni 1933 und dem 8. Mai 1945 Massnahmen der Verfolgung und besonderer Unterscheidungen ausgesetzt war und diese Verfolgungsmassnahmen darauf zurückzuführen waren, dass die Nazis diese Person als jüdisch betrachteten, als jüdische Person gelten sollte. Diese Vermutung sollte durch den Nachweis widerlegt werden können, dass die betreffende Person zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 einer nicht jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hatte oder vor ihrem Tode aus einer jüdischen Religionsgemeinschaft formell ausgeschieden war und seitens der JTC nicht nachgewiesen wurde, dass diese Person wieder in die jüdische Religionsgemeinschaft eingetreten war, oder die betreffende Person überhaupt keinen jüdischen Ursprung hatte oder wenn die JTC und die GTC bescheinig-

2029

PRO FO 1008/157, Telegram, Establishment if Jewish and General Trust Corporations, 12.06.1950.

2030

PRO FO 1008/157, Draft Memo Restitution Jewish Trust Corporation, 27.10.1950.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

ten, dass die betreffende Person nicht als jüdisch zu gelten habe.2031 Die zweite Definition, welche sich auf die jüdische Abstammung gemäss der ehemaligen nationalsozialistischen Gesetzgebung abstützte, berücksichtigte aufgrund der Ausnahmeklausel nur diejenigen Personen, welche tatsächlich den jüdischen Glauben gehabt und einer jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hatten. Demnach sollte aufgrund der von der britischen Militärregierung vertretenen Ansicht die jüdische Nachfolgeorganisation dann nicht berücksichtigt werden, wenn die Person einer nicht jüdischen religiösen Gemeinde angehört oder eine andere Religion besessen hatte und nicht zurückkonvertiert war, Atheist oder gar nicht jüdischer Herkunft gewesen war. Bei Eintreten solcher Faktoren durfte die Person nicht als jüdische Person bezeichnet werden und die Jewish Trust Corporation hatte keinen Anspruch auf sein Vermögen.2032 Da es aber der JTC nicht zugemutet werden konnte, in jedem einzelnen Fall den Beweis zu führen, dass das Opfer der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte und sich nie von einer jüdischen Gemeinde getrennt hatte, gestattete ihr eine Verordnung darzutun, dass der Veräusserer vor dem 30. Januar 1933 einer jüdischen Gemeinde angehört hatte oder dass er während der Hitlerjahre verfolgt wurde, weil er als jüdisch angesehen wurde.2033 Das Vorliegen rassistischer Verfolgung war daher genügender Beweis, die Aktivlegitimation der JTC zu etablieren. In der Definition einer „Jüdischen Organisation“ stimmten die Auffassungen der amerikanischen und der britischen Militärregierung, wenn auch nicht im Wortlaut, so doch in der Idee überein. Der Begriff „Jüdische Organisation“ umfasste zunächst eine jüdische Gemeinde, die vor dem 8. Mai 1945 bestanden hatte; ferner jede vor dem 8. Mai 1945 bestehende Organisation, deren Mitglieder den jüdischen Gottesdienst ausgeübt hatten und die Organisation für diese Zwecke gebildet hatten, oder unter der Verwaltung und Aufsicht einer jüdischen Gemeinde oder eines jüdischen Gemeindebundes standen oder aus ihren Mitteln finanziert wurden. Hierzu gehörten beispielsweise die jüdischen Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser, Altersheime, Wohnheime usw.2034

c)

Rechte der jüdischen Nachfolgeorganisation

Am 18. August 1950 wurde mittels der Verordnung Nr. 7 der britischen Militärregierung die JTC als eine Trust Corporation im Sinne des Artikels 8 des Rück-

2031

PRO FO 1008/157, Alternative definitions of a Jewish person put forward by Advisory Council, undatiert.

2032

PRO FO 1008/156, Memorandum on the Establishment of a Jewish Trust Corporation in the British Zone of Germany in Accordance with Articles 8 & 9 of Military Law 59, 12.04.1950.

2033

10. Durchführungsverordnung zum BrREG vom 2.03.1951.

2034

Weisman, Die Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 743.

501

502

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

erstattungsgesetzes eingesetzt.2035 Aufgrund des Art. 2 des Militärregierungsgesetzes Nr. 522036 und des Artikels 1 des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 (Neufassung)2037 erteilte der High Commissioner des United Kingdom for Germany eine Allgemeine Genehmigung, durch die die in der 7. Durchführungsverordnung2038 zum Militärregierungsgesetz Nr. 592039 bezeichneten Jewish Trust Corporation ermächtigt wurde, alle in der genannten Durchführungsverordnung und in der Satzung der Jewish Trust sowie in der am 14. August 1951 durch besonderen Beschluss abgeänderten Fassung vorgesehenen Rechtsgeschäfte durchzuführen.2040 Die JTC bekam demnach alle Rechte der verstorbenen jüdischen Personen und aufgelösten jüdischen Organisationen übertragen, die diesen aufgrund des Restitutionsgesetzes zukam. Zusätzlich erhielt sie Rechte, um eigene Ermittlungen bezüglich Restitutionsgüter durchführen und um Beweise für die Einreichung von Restitutionsansprüchen zu sammeln. Die von der JTC allfällig erworbenen Rechte mussten in mündelsichere Werte investiert werden (Artikel 3). Bei einem Streit zwischen der GTC und JTC sollte das Bord of Review2041 endgültig entscheiden.

2035

PRO FO 1008/157, British Zone, Office United Kingdom High Commissiner, Regulation Nr. 7 in pursuance of Military Government Law 59, Restitution of Identifiable Property to Victims of Nazi Oppression, 18.08.1950.

2036

Amtsblatt der britischen Militärregierung Nr. 3, S. 18.

2037

Amtsblatt der britischen Militärregierung Nr. 39, Teil 5B, S. 14.

2038

Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Nr. 30, S. 531.

2039

Amtsblatt der britischen Militärregierung Nr. 28, S. 1169.

2040

PRO FO 1060/713, Britische Zone, Der hohe Kommissar des Vereinigten Königreiches für Deutschland, Allgemeine Genehmigung erteilt aufgrund des Gesetzes Nr. 52 der Militärregierung über Sperre und Kontrolle von Vermögen. Darin wurde der Jewish Trust Corporation nachfolgende Rechte zugestanden: Die Feststellung von Vermögensgegenständen, auf die die Corporation nach Gesetz Nr. 59 der Militärregierung und den dazu erlassenen Rechtsvorschriften einen Anspruch geltend machen konnte. Insbesondere konnte sie auf diese Gegenstände gemäss dem genannten Gesetz und den dazu erlassenen Rechtsvorschriften einen Anspruch geltend machen, sie erwerben und übernehmen. Daraufhin diese Vermögensgegenstände in Besitz nehmen, verwalten, vermieten, verpachten, verleihen, flüssig machen oder darüber anderweitig verfügen. Diese Vermögensgegenstände wiederherstellen, falls diese Wiederherstellung notwendig ist, um die Vermögensgegenstände wieder in den Zustand zu versetzen, in dem sie sich im Zeitpunkt der ungerechtfertigten Entziehung befanden. Ausserdem durfte sie die Vermögensgegenstände auch gegen deutsche Mark verkaufen.

2041

Siehe dazu S. 504.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

d)

Arbeiten der Jewish Trust Corporation

Schwierigkeiten bereiteten der britischen Regierung und den jüdischen Organisationen in London der Umstand, dass sich einzelne wieder erstandene jüdische Gemeinden in Deutschland2042 als Nachfolgeorganisation sahen und diese darauf hofften, aufgrund der Ordinance No. 159 Vermögenswerte überschrieben zu bekommen.2043 Mit der Durchführungsverordnung 3 zum Gesetz Nr. 59 wurde die Definition der jüdischen Einzelperson und jüdischer Organisationen in Kraft gesetzt und die Sachlage geklärt.2044 Demnach galten als jüdische Organisationen alle jüdischen Gemeinden, Organisationen, insbesondere Körperschaften, Vereine, Gesellschaften, Stiftungen und Anstalten, die sich zur jüdischen Religion bekannt oder einen mit der jüdischen Religion verbunden Zweck gehabt hatten und deren Verwaltung unter Aufsicht einer jüdischen Gemeinde oder einer Vereinigung jüdischer Gemeinden gestanden hatte oder aus deren Mitteln unterhalten worden war.2045 Die JTC hatte auf sämtliche Vermögenswerte der in Artikel 2 definierten Organisationen Anspruch, wenn die Vermögenswerte dieser Organisationen beschlagnahmt worden waren und diese durch die Nazis aufgelöst worden waren. Nach Einsetzung dieser jüdischen Nachfolgeorganisation wurden die Arbeiten zügig in Angriff genommen. Bereits im Dezember 1950 hatte die Jewish Trust Corporation 32’025 Forderungen an die Berliner Anmeldeämter für Restitutionsansprüche2046 geschickt.2047 Immer wieder gab es jedoch Rückschläge, und das „Board of Deputies of British Jews“ beklagte sich am 11. September 1951 dahingehend, dass in Deutschland Kräfte wieder grösser werden, die eine Restitution an die jüdischen Nachfolgeorganisationen erschweren möchten.2048 Auch machten die jüdischen Organisationen wie die Axis Vicitims League Inc. immer wieder Versuche, ein einheitliches

2042

Im Land Nordrhein-Westphalen lebten damals ungefähr 2’900 Juden, welche sich in Synagogengemeinschaften und jüdische Gemeinden zusammengeschlossen hatten. Siehe dazu auch PRO 1008/159, Draft Land Law relating to Jewish Communities (Synagoge Communities) within Land Nordrhein-Westfalen, 7.02.1950.

2043

Siehe PRO FO 1008/159, Foreign Office Telegramm 25.02.1950.

2044

PRO FO 1008/157, Office of the High Comissioner Regulation No. 3 in Pursuance of Military Government Law No. 59 Restitution of Identifiable Property to Victims of Nazi Oppression.

2045

PRO FO 1008/157, Office of the High Comissioner Regulation No. 3 in Pursuance of Military Government Law No. 59, Restitution of Identifiable Property to Victims of Nazi Oppression, Art. 2.

2046

Filing Agencies.

2047

PRO FO 1008/162, Telegram to Berlin, Implementation if BK/0(49)180, 9.12.1950.

2048

PRO FO 1008/81, Schreiben Board of Deputies of British Jews to Under-Secretary of State for Foreign Affairs, 11.09.1951. Insbesondere wollten sie nicht, dass die Gerichte nur mit deutschen Richtern bestückt werden.

503

504

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Verfahren in den drei Zonen zu erreichen.2049 Die verschiedenen Berufungsmöglichkeiten und Verfahren überhaupt, die in den verschiedenen Zonen existierten, hatten immer wieder zu Schwierigkeiten geführt. In der britischen Zone war in dieser Zeit das Board of Review eingeführt worden, welches auf dem britischen Militärgesetz Nr. 59 und der Verordnung Nr. 6 beruhte; in der französischen Zone wurde eine ähnliche Institution in Erwägung gezogen und in der amerikanischen Zone wurde die Verordnung Nr. 4 aufgrund der Verordnung Nr. 7 vom 28. Dezember 1949 abgeändert.

e)

Die von der Jewish Trust Corporation verwalteten Kulturgüter und religiösen Gegenstände

Die Anzahl der kulturellen und religiösen jüdischen Gegenstände, die in der britischen Zone aufgefunden wurden, war sehr klein. Die meisten dieser Art von Vermögenswerten wurde in der amerikanischen Zone angetroffen. Ein grosser Teil davon war an einem geheimen deutschen Aufbewahrungsort aufgefunden worden und kam, wie erwähnt, unter Obhut der Jewish Cultural Reconstruction Inc., welche mit der JRSO zusammenarbeitete. Auf Empfehlung der beratenden Kommission für Fragen in bezug auf die Restitution von jüdischen Kulturgegenständen und religiösen Objekte der Jewish Trust Corporation wurde entschieden, dass die überlebenden jüdischen Gemeinden Objekte für Zeremonien, Bücher und Thorarollen, welche sie zur Ausübung ihrer religiösen Tätigkeiten benutzen konnten, sich aussuchen durften. Die übriggebliebenen Gegenstände sollten sodann der Hebrew Universität in Jerusalem überreicht werden.2050 Bezüglich der Archive wurde entschieden, dass die jüdischen Gemeinden diejenigen Dokumente zurückbekommen sollten, welche sie immer noch benötigten. Alle anderen wurden ebenfalls an die Hebrew University gesandt. Auf Anfrage der neuen jüdischen Gemeinde in Hamburg wurde das Archiv der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Hamburg im Staatsarchiv von Hamburg zwischengelagert.

f)

Anspruchstellung und Verwaltung von jüdischem Eigentum

Die Frist zur Stellung von jüdischen Ansprüchen galt in der britischen Zone bis zum 31. Januar 1952. Obwohl die Nachfolgeorganisation eine Verlängerung beantragte, wurde diese durch die britischen Behörden in Deutschland nicht gewährt. Aus diesem Grund musste die Nachfolgeorganisation ihre Bemühun2049

POR FO 1008/159, Letter Axis Victims League to Allied High Commission for Germany, Allied General Secretary, Restitution of Property and Reparation to Victims of Nazi Regime, 6.07.1950.

2050

PRO FO 944/146, The Jewish Trust Corporation for Germany LTd., Secon Annual Report for the Period from 1.10.1951–30.09.1952, S. 12 ff.

23. Kapitel: Restitutionsgesetzgebung in der britischen Zone

gen verstärken, und alleine im Januar 1952 wurden noch ungefähr 30’300 provisorische Anspruchserklärungen eingereicht. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Restitutionsbehörden in den Ländern konnten bis zum 30. November 1952 2’370 provisorische Anspruchserklärungen in definitive Ansprüche umgewandelt werden. Eine weitere Anzahl von Ansprüchen waren auch wieder zurückgezogen worden, da die Nachfolgeorganisation teilweise Anspruchserklärungen bei der Central Filing Agency eingereicht hatte, obwohl dieselben Ansprüche schon von Einzelpersonen gestellt worden waren.2051 Die jüdische Nachfolgeorganisation versuchte sodann auch, eine globale Einigung mit den Ländern in der britischen Zone auszuhandeln. Die Verhandlungen mit den einzelnen Ländern entpuppten sich jedoch als stark schleppend.

2.

Einsetzung einer General Trust Corporation

Neben der Jewish Trust Corportation wurde in der britischen Zone auch eine allgemeine Nachfolgeorganisation eingesetzt. Sie sollte sich im speziellen um die nichtjüdischen erbenlosen Vermögen von Opfern der Naziherrschaft kümmern. Auch die GTC basierte auf den Artikeln 8 und 9 des Militärregierungsgesetzes Nr. 59. Gemäss Artikel 8 Ziffer 3 war es Aufgabe der Militärregierung, Ausführungsvorschriften über die Errichtung der Treuhandgesellschaften, die Bestellung ihrer Mitglieder, deren Rechte und Pflichten und über die Personengruppen, auf deren Vermögen die einzelnen Gesellschaften Anspruch erheben können, zu erlassen. Der Hohe Kommissar des Vereinigten Königreiches für Deutschland, Britische Zone, verfügte sodann eine Durchführungsverordnung Nr. 8, welche die General Trust Corporation regelte.2052 Diese wurde mit der 11. Durchführungsverordnung zum Militärregierungsgesetz Nr. 59 vom 31. März 1951 nochmals abgeändert.2053 Gemäss Artikel 2 der 11. Durchführungsverordnung wurde die 8. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 59 der Militärregierung hinzugefügt. In der Verordnung wurde verfügt, dass als Treuhänder der Treuhand-Organisation die vier sich jeweils im Amt befindlichen Oberfinanzpräsidenten, von denen je einer in einem der Länder Nordrhein/Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie der Hansestadt Hamburg seinen 2051

PRO FO 944/146, The Jewish Trust Corporation for Germany Ltd., Second Annual Report for the Period from 1.10.1951–30.09.1952, S. 1 ff.

2052

8. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 59 der Militärregierung (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmassnahmen) vom 15.11.1950 in Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Nr. 51, S. 836.

2053

PRO FO 1060/713, 11. Durchführungsverordnung, Abänderung der 7. und 8. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 59 der Militärregierung (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmassnahmen), 12.03.1951.

505

506

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Dienstsitz haben musste, bestimmt wurden. Ausserdem wurde ebenfalls ein Vertreter für Berlin bestimmt. Die Treuhänder übten zum Zwecke der Beschaffung von Vermögensgegenständen, für die kein Anspruch gestellt worden war oder keine Erben vorhanden waren, alle Befugnisse aus, die einer Treuhandgesellschaft von Gesetz her zustanden. Dabei durften diese früheren Personen jedoch nicht unter die Definition einer jüdischen Einzelperson fallen und das in Frage stehende Vermögen auch nicht jüdischen Organisationen gehört haben. Traf dies ein, so musste die GTC diese Vermögenswerte der JTC übergeben. Die Treuhänder durften zu diesem Zweck geeignete Personen damit betrauen, in ihrem Namen alle erforderlichen Ansprüche geltend zu machen, alle sonst erforderlichen Handlungen vorzunehmen und sie bei Rechtsgeschäften gerichtlich und aussergerichtlich zu vertreten. Zum Zwecke ihrer Nachforschungen waren die Treuhänder sodann berechtigt, alle von deutschen Gerichten oder anderen zuständigen Stellen geführten oder verwahrten Akten, Aufzeichnungen, Register und sonstigen Schriftstücke zu prüfen und durch Ausfertigung von Auszügen zu verwerten, insbesondere diejenigen Akten, welche die Durchführung von Verfolgungs- oder Ausnahmemassnahmen gegen die in Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung bezeichneten Personen betrafen oder damit in Verbindung standen, sowie Grundbücher, Handelsregister und diejenigen Aufzeichnungen, Register und Akten von Banken und zugelassenen Pfandleihern, die sich auf die Ablieferung von Vermögensgegenständen solcher Personen und die Verfügung über diese Vermögensgegenstände bezogen. Die Treuhand-Organisation war sodann von allen Gebühren oder sonstigen Kosten in Bezug auf die Durchführung der vorerwähnten Angelegenheiten befreit. Die Treuhänder hatten das Recht, alle von Notaren über die Zeit zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 geführten Akten, Aufzeichnungen und Register einzusehen, die sich auf Vermögensgegenstände der fraglichen Personen bezogen. Alle von den Treuhändern aufgrund dieser Durchführungsverordnung gestellten Ansprüche waren innerhalb von 18 Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung bei dem Zentralmeldeamt zu melden. Die Ansprüche auf ausserhalb Deutschlands ausgegebene Wertpapiere, Devisen, Goldbarren oder gemünztes Gold waren bis zum 31. Dezember 1951 beim Zentralanmeldeamt anzumelden.2054

V.

Fazit

Das britische Rückerstattungsgesetz Nr. 59 trat erst am 12. Mai 1949 in Kraft. Das britische Gesetz folgt in vielen Punkten dem amerikanischen Rückerstattungsgesetz, weist aber auch einige Eigenheiten auf. Der Aufbau und die Unter-

2054

PRO FO 944/146, The Jewish Trust Corporation for Germany Ltd., Second Annual Report for the Period from 1.10.1951–30.09.1952, S. 9.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

teilung stimmen bis auf wenige Auslassungen überein. Der gutgläubige Erwerb von Verfolgten-Eigentum wird ebenfalls nicht zugelassen. Genau wie im amerikanischen Besatzungsrecht sind Ausnahmen gemacht worden, die aber für Kulturgüter nicht zur Anwendung kommen. Auch das Rückerstattungsverfahren lehnt sich an das amerikanische Verfahren an. Die Komplexität der Verfahren verursachte bei der Rückerstattung jedoch grosse Verspätungen. In der britischen Zone tat man sich mit einer einzigen jüdischen Nachfolgeorganisation sehr schwer. Befürchtungen waren da, dass dem Antisemitismus Vorschub geleistet werden würde, und die Nachfolgeorganisation von machtvollen jüdischen und orthodoxjüdischen Organisationen beeinflusst würde. Erst im Juni 1950 wurde die JTC in Grossbritannien gegründet. Sie hatte die gleichen Aufgaben wie die amerikanische Nachfolgeorganisation. Sie konnte als Treuhänderin im eigenen Namen, als Stellvertreterin oder als Agentin handeln. Interessanterweise hat die britische Regierung vor der Gründung eine genaue Definition für jüdische Organisationen und jüdische Einzelpersonen ausgearbeitet. Es sollte verhindert werden, dass die jüdische Nachfolgeorganisation bei Personen, welche aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verfolgt wurden, jedoch nicht jüdischen Glaubens gewesen waren und keiner jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hatten, deren Vermögenswerte zugesprochen erhielten. Aus diesem Grund wurde die GTC gegründet. Eine diesbezügliche Unterscheidung fehlt in der amerikanischen Rückerstattungsgesetzgebung. Eine weitere Eigenheit war, dass die britische Regierung für ihre Besatzungszone das Militärgesetz 52 abändern liess. Indem das Eigentum der Opfer der Naziherrschaft in Deutschland selber auch unter das Gesetz fiel, mussten neue Sicherungsmassnahmen vorgenommen werden, die ebenfalls Zeit kosteten. Bezüglich der völkerrechtlichen Beurteilung der Rückerstattungsgesetzgebung sei auf die Bemerkungen in Kapitel 22 verwiesen.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone I.

Einleitung

Auch in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone wurden Rückerstattungsgesetzgebungen in Kraft gesetzt. Aufgrund der fehlenden Einigung im Alliierten Kontrollrat und dies, obwohl die Sowjetunion seit 1949 nicht mehr vertreten war, kam es zu insgesamt vier verschiedenen Rückerstattungsgesetzgebungen, von denen die französische Gesetzgebung stark abwich. Die

507

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

teilung stimmen bis auf wenige Auslassungen überein. Der gutgläubige Erwerb von Verfolgten-Eigentum wird ebenfalls nicht zugelassen. Genau wie im amerikanischen Besatzungsrecht sind Ausnahmen gemacht worden, die aber für Kulturgüter nicht zur Anwendung kommen. Auch das Rückerstattungsverfahren lehnt sich an das amerikanische Verfahren an. Die Komplexität der Verfahren verursachte bei der Rückerstattung jedoch grosse Verspätungen. In der britischen Zone tat man sich mit einer einzigen jüdischen Nachfolgeorganisation sehr schwer. Befürchtungen waren da, dass dem Antisemitismus Vorschub geleistet werden würde, und die Nachfolgeorganisation von machtvollen jüdischen und orthodoxjüdischen Organisationen beeinflusst würde. Erst im Juni 1950 wurde die JTC in Grossbritannien gegründet. Sie hatte die gleichen Aufgaben wie die amerikanische Nachfolgeorganisation. Sie konnte als Treuhänderin im eigenen Namen, als Stellvertreterin oder als Agentin handeln. Interessanterweise hat die britische Regierung vor der Gründung eine genaue Definition für jüdische Organisationen und jüdische Einzelpersonen ausgearbeitet. Es sollte verhindert werden, dass die jüdische Nachfolgeorganisation bei Personen, welche aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verfolgt wurden, jedoch nicht jüdischen Glaubens gewesen waren und keiner jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hatten, deren Vermögenswerte zugesprochen erhielten. Aus diesem Grund wurde die GTC gegründet. Eine diesbezügliche Unterscheidung fehlt in der amerikanischen Rückerstattungsgesetzgebung. Eine weitere Eigenheit war, dass die britische Regierung für ihre Besatzungszone das Militärgesetz 52 abändern liess. Indem das Eigentum der Opfer der Naziherrschaft in Deutschland selber auch unter das Gesetz fiel, mussten neue Sicherungsmassnahmen vorgenommen werden, die ebenfalls Zeit kosteten. Bezüglich der völkerrechtlichen Beurteilung der Rückerstattungsgesetzgebung sei auf die Bemerkungen in Kapitel 22 verwiesen.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone I.

Einleitung

Auch in den westlichen Sektoren Berlins und in der französischen Zone wurden Rückerstattungsgesetzgebungen in Kraft gesetzt. Aufgrund der fehlenden Einigung im Alliierten Kontrollrat und dies, obwohl die Sowjetunion seit 1949 nicht mehr vertreten war, kam es zu insgesamt vier verschiedenen Rückerstattungsgesetzgebungen, von denen die französische Gesetzgebung stark abwich. Die

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

französische Rückerstattungsgesetzgebung hatte ihre Rechtsgrundlage in der Londoner Erklärung vom Januar 1943. Die Verschiedenheit der Rückerstattungsgesetzgebungen hatte zur Folge, dass die Anspruchsberechtigten in jeder Zone und in den Sektoren Berlins selbständige Eingaben machen mussten, und damit unterschiedliche Verfahren initiiert wurden.

II.

Rückerstattung in den westlichen Sektoren Berlins

1.

Entstehung eines Rückerstattungsgesetzes in den westlichen Sektoren von Berlin

Die alliierte Regierung in Berlin war nach Kriegsende in der Hand eines Rates der vier alliierten Siegermächte. Im Gegensatz zum alliierten Kontrollrat war die Alliierte Kommandantura eine Regierung mit Exekutivmacht. Die Kommandantura bestand aus vier Generälen, die zur selben Zeit auch Kommandanten der verschiedenen Sektoren in Berlin waren.2055 Diese Vier-Mächte-Verwaltung Berlins nahm sich des Problems der Rückerstattung nicht an, weil die Auffassungen unter den Besatzungsmächten zu unterschiedlich waren. Während unter den Westalliierten die Form der Rückerstattung umstritten war, interessierte sich die sowjetische Militäradministration in Deutschland eher für eine Überführung des privaten Eigentums in das Eigentum des Volkes, dies ohne jegliche Rücksicht, ob es sich um entzogene Vermögenswerte handelte oder nicht. Wegen der gegensätzlichen Ansichten scheiterten auch sämtliche Verhandlungen über ein einheitliches Rückerstattungsgesetz für Berlin. Erst als die sowjetischen Vertreter im März 1948 den alliierten Kontrollrat und im Juli 1948 die Alliierte Kommandantura verliessen, konnten die Verhandlungen neu aufgenommen werden.2056 Nach grossen Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen westlichen Militärregierungen über eine einheitliche Rückerstattungsgesetzgebung in Berlin, wobei der französische Entwurf als unannehmbar zurückgewiesen wurde und der britische Entwurf ergänzt und von den Amerikanern verändert worden war, konnte am 26. Juli 1949 die Alliierte Kommandantura das Rückerstattungsgesetz für Berlin in Kraft setzten.2057 Die Franzosen, welche mit der völligen Isolierung konfrontiert worden waren, hatten zuvor kapituliert und dem Gesetz widerwillig zugestimmt.

2055

Siehe dazu auch Friedmann, S. 53 ff.

2056

Graf, S. 44. Auch Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, S. 66.

2057

Für genauere Ausführungen siehe auch Schwarz, Wie kam die Rückerstattung zustande?, S. 808 ff.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

2.

Sinn und Zweck des Rückerstattungsgesetzes

Die Restitution von identifizierbarem Eigentum von Opfern des Naziregimes in Berlin erfolgte von da an aufgrund des Befehls der Alliierten Kommandantura betreffend Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer national-sozialistischer Unterdrückungsmassnahmen BK/0(49)1802058 vom 26. Juli 1949 (REAO). Die Rückerstattungsgesetzgebung lehnte sich grundsätzlich an die Gesetzgebung der Westzonen an. Sie war fast identisch mit dem BrREG, wich aber von diesem in Einzelheiten ab, um die besonderen Verhältnisse Berlins und die Erfahrungen in der Handhabung der Westzonen-Rückerstattungsgesetze zu berücksichtigen. Insbesondere wich die REAO bei der Anmeldung von der BrREG ab.2059 Kleinere Abweichungen betrafen auch die Nachfolgerschaft aufgelöster Vereinigungen des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts. Erreicht wurde auch eine Verbesserung der Frage des Schadenersatzes.2060 Die REAO galt nur für die Westsektoren Berlins. Erst 1954 hatte der Gesetzgeber die gesetzliche Fiktion des Artikel 27 Abs. 3 REAO geschaffen, wonach die REAO anwendbar war, wenn das Deutsche Reich im Gebiet des Ostsektors von Berlin Vermögensgegenstände entzogen hatte.2061

3.

Rückerstattungsverfahren in den westlichen Sektoren Berlins

Die Verfahrensadministration erfolgte in jedem Sektor separat.2062 Der in der Anordnung der Alliierten Kommandantura Berlin betreffend Rückerstattung von Vermögen an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückung, BK/O (49) 26 vom 16.02.19492063, vorgesehene Treuhänder der amerikanischen, britischen

2058

Berliner Restitutions Law Nr. 180. In PRO FO 944/254, Allied Kommandantura of Berlin BK/O(49)180. Ebenfalls in Schröder, S. 890 ff. Für die Kommentierung siehe auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 34 ff.

2059

So mussten die Berechtigten bis zum 30.05.1950 und die zur Rückerstattung Verpflichteten das entzogene Vermögen bis zum 16.02.1950 beim Meldeamt anmelden. Siehe auch Patschke, S. 480 f. Siehe Art. 48 ff. REAO.

2060

Artikel 26 Absatz 3 REAO. Dabei wurde erkannt, dass die deliktischen Entziehungen des Reiches eine besondere Regelung des Schadenersatzes erforderten, auch wenn die REAO die schwere Entziehung des USREG nicht kannte. Aus diesem Grund war die Haftung auf Schadenersatz im REAO klar und ausführlich geregelt worden.

2061

Geregelt mit BK/O (54) 15 vom 15.11.1954 in Gesetzes- und Verordnungsblatt Berlin, S. 642. Siehe auch Graf, S. 44.

2062

PRO FO 944/254, Telegram Berlin to Foreign Office, 2.03.1949, Material for press announcement.

2063

Für Verordnungstext siehe Schröder, S. 884 ff.

509

510

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

und französischen Militärregierung nahm die Aufgabe eines Zentralanmeldeamtes wahr. Das Verfahren wurde danach von den Wiedergutmachungsämtern geführt, welche in allen drei Sektoren gleich aufgebaut waren. Kam eine gütliche Einigung nicht zustande oder gehörten die erforderlichen Massnahmen nicht zur Zuständigkeit des Wiedergutmachungsamts, so musste dieses die Sache an die Wiedergutmachungskammer des für seinen Sitz zuständigen Landgerichts verweisen.2064 Diese Behörden waren in allen Sektoren gleich aufgebaut. Die endgültige Beurteilung war jedoch in allen Sektoren verschieden. Für den britischen Sektor war dies das „Board of Review“, der „Court of Restitution Appeals“ war die Instanz für Anträge aus der amerikanischen Zone und im französischen Sektor war die Appelationsinstanz zuständig. Am 26. August 1950 schlug der amerikanische Delegierte der Allied High Commission, im „Property Subcommittee“ vor, dass das Eigentum, welches Subjekt der inneren Restitution für Verfolgte des Nationalsozialismus war, nicht mehr in der Verantwortung des Treuhänders der amerikanischen, britischen und französischen Militärregierung liegen, sondern dass eine deutsche Verwaltungsbehörde der Berliner Regierung diese Aufgabe unter Kontrolle der alliierten Kommandantur übernehmen sollte.2065 Während der französische Delegierte mit dem Vorschlag der Amerikaner grundsätzlich einverstanden war, erklärte sich der britische Delegierte mit dem Vorschlag überhaupt nicht einverstanden, da er die Kontrolle der enteigneten Eigentumsgegenstände nicht aus den Händen der Besatzungsmächte geben wollte.2066 Auch im alliierten Finanzausschuss hatte der britische Delegierte, als dieser Vorschlag diskutiert wurde, Einwände erhoben, da er die Zeit als noch nicht gekommen sah, um diese Aufgabe einer deutschen Behörde zu übergeben.2067 Erst am 26. Juni 1952 übertrug die Alliierte Kommandantura Berlin unter anderem die Vermögenswerte, die unter das REAO fielen, dem Senat von Berlin.2068

2064

Siehe Artikel 57 REAO.

2065

PRO FO 944/254, ACA Property Subcommittee, US Memorandum, Supervision of Custodian ship of Duress properties in Berlin from Allied Agencies to German Authorities, Transfer of Primary Responsibility for Administration and Supervision of Custodianship of Duress Properties in Berlin from Allied Agencies to German Authorities, 17.08.1950.

2066

PRO 944/254, Allied High Commission, Finance Committee, Property Sub-Committee, Transfer of Primary Responsibility for Administration and Supervision of Custodianship of Duress Properties in Berlin from Allied Agencies to German Authorities, 10.10.1950.

2067

PRO FO 944/254 Allied High Commission for Germany, Finance Committee, Transfer of Primary Responsibility for Administration and Supervision of Custodianship of Duress Properties in Berlin from Allied Agencies to German Authorities 11.12.1950.

2068

BK/O (52) 24 betreffend Übertragung der Verantwortlichkeit in Sachen der Verwaltung gewisser Vermögenswerte an den Senat von Berlin, vom 26.06.1952, in Schröder, Das geltende Besatzungsrecht, S. 963 f.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

III.

Französisches Rückerstattungsgesetz, die Verordnung Nr. 120 des französischen Oberbefehlshaber

1.

Entstehung der VO Nr. 120

Frankreich hatte als von Deutschland besetztes Land bereits während der Besetzung eine Verordnung gegen die vom Deutschen Reich vorgenommenen Beraubungen in Frankreich erlassen. Wie bereits erwähnt, waren die Beschlagnahmungsmassnahmen der deutschen Besatzungsbehörden insbesondere gegenüber der jüdischen Bevölkerung Frankreichs, aber auch diejenigen, welche von der französischen Regierung ausgingen, sehr massiv und einschneidend gewesen. Das „Comité national français“ erliess aus diesem Grund von Algier aus am 12. November 1943 eine Verordnung über die Nichtigkeit von Enteignungen, die vom Feind oder unter seiner Kontrolle vorgenommen worden waren.2069 Die Verordnung hatte ihre Grundlage in der Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943.2070 Die Verordnung vom 12. November 1943 galt zudem als gesetzliche Grundlage für eine weitere einschlägige Verordnung, die VO vom 21. April 19452071, die die Rückerstattung von Gütern anordnete, über die verfügt worden war. Die Verordnung vom 21. April 1945 unterschied dabei zwei Beraubungshandlungen. In der Gesetzgebung wurde zwischen Entziehung und Zwangsverkauf („spoliation“ und „vente forcée“) einerseits und zwischen Rechtsakten im Einverständnis des Eigentümers („actes accomplis avec le consentement de l’interessé“) andererseits unterschieden. Zur ersten Gruppe gehörten alle Handlungen, die als Folge der Anordnung einer Sequestrierung, einer Zwangsverwaltung, einer Beschlagnahmung oder einer Liquidation vorgenommen worden waren, sowie alle anderen Massnahmen, die von dem ab 16. Juni 1940 herrschenden Recht abwichen und die gegen den Willen des Eigentümers oder sogar mit seiner tatsächlichen Mitwirkung vorgenommen worden waren, wobei sich diese Massnahmen auf die Vorschriften der Vichy-Regierung oder auf deutsches Besatzungsrecht stützen konnten. Die zweite Gruppe betraf Rechtsgeschäfte und Verträge, die bestimmte Güter zum Inhalt hatten und die anscheinend frei-

2069

Ordonnance du 12 novembre 1943 sur la nullité des actes de spoliation accomplis par l’ennemi ou sous son contrôle, Journal Officiel – Ausgabe Algiers, N° 37 vom 18.11.1943, S. 277. Siehe dazu auch Weil-Curiel/Castro, S. 21 ff.

2070

Baudoin-Bugnet/Neumann/Harmening, S. 15.

2071

Sie wurde Spoliation-Verordnung genannt. Siehe Ordonnance n° 45.770 du 21 Avril 1945 portant deuxième application de l’ordonnance du 12 novembre 1943 sur la nullité des actes de spoliation accomplis par l’ennemi ou sous son contrôle et édictant la restitution aux victimes de ces actes de leurs biens qui ont fait l’objet d’actes de disposition, in Journal Officiel, N° 95, vom 22.04.1945, S. 22 und S. 83 ff. Eingehende Erläuterungen bei WeilCuriel/Castro, S. 57 ff.

511

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

willig von natürlichen oder juristischen Personen vorgenommen worden waren, deren Situation vor oder nach diesen Rechtsgeschäften von den in Artikel 1 der Verordnung erwähnten Ausnahmebestimmungen oder von besonderen Vorschriften des Feindes bestimmt war.2072 Die französische Militärregierung legte im Februar 1947 den ersten Entwurf eines Rückerstattungsgesetzes vor, der sich eng an die Verordnung vom 21. April 1945 anlehnte. Im Gegensatz zu den anderen westalliierten Zonen wurden die deutschen Behörden nicht an der Erarbeitung beteiligt.2073 Diese Arbeiten ruhten während der erfolglosen Verhandlungen über eine alliierte Rückerstattungsgesetzgebung. Nicht zuletzt aufgrund der französischen Bedenken, dass ein Zustandekommen eines alliierten Rückerstattungsgesetzes der erste Schritt für ein zentral gelenktes Deutschland bedeuten könnte, das danach wieder an Einfluss gewinnen könnte, kam eine gesamthafte Regelung nicht zustande.2074 Am gleichen Tage wie das amerikanische Militärregierungsgesetz Nr. 59 wurde im Amtsblatt des französischen Oberkommandos in Deutschland die VO Nr. 120 mit Gesetzeskraft für die gesamte französische Zone in Kraft gesetzt.2075 Da das Saarland zur Zeit des Erlasses der „Ordonnance N° 120“ nicht zur Besatzungszone gehörte, sondern aufgrund seiner Verfassung vom 15. Dezember 1947 ein unabhängiges Gemeinwesen war, galt dieses Gesetz für das Saarland nicht.2076 Der saarländische Landtag erliess ein modifiziertes Rückerstattungsgesetz nach dem Vorbild der französischen Ordonnance N° 120, in welcher jedoch auch Vorschriften der USREG berücksichtigt waren, und die französische Militärregierung billigte sodann dieses Gesetz.2077

2.

Sinn und Zweck der VO Nr. 120

Die VO Nr. 120 bezweckte ausschliesslich die Rückgabe solcher Vermögenswerte, die noch vorhanden und von den Nationalsozialisten enteignet worden waren. Sie behielt die Schadenersatzansprüche auch wegen verschuldeter Un2072

Artikel 1, Ordonnance N° 45-770 du 21.04.1945.

2073

Siehe Graf, S. 35.

2074

Siehe auch Hachenberg, Das amerikanische und das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 321.

2075

Für die VO Nr. 120 griffen die französischen Besatzungsbehörden auf den Entwurf vom Februar 1947 zurück und veröffentlichten diesen mit einigen Abänderungen. Für Gesetzestext siehe Verordnung Nr. 120 des Commandant en Chef Français en Allemagne über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte vom 10.11.1947, Journal Officiel 1947, Nr. 119 vom 14.11.1947, S. 1219 ff. Siehe dazu auch Weil-Curiel/Castro, S. 21 ff.

2076

Siehe dazu ausführlich Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der alliierten Mächte, S. 323 f. Auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 52 f.

2077

Siehe für den Gesetzestext des saarländischen Rückerstattungsgesetzes, Journal Officiel, N° 55, 29.07.1949, S. 688 ff.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

möglichkeit oder Verschlechterung eines Vermögensgegenstandes einer späteren Regelung vor. Die VO Nr. 120 unterschied zwischen offener und versteckter Diskriminierung. Nach Artikel 1 waren sämtliche nach dem 30. Januar 1933 ohne die Zustimmung ihres Eigentümers vorgenommenen Verfügungen über Güter, Rechte oder Interessen nichtig, sofern diese sich als staatliche Massnahmen getarnte Verfolgungsakte zu erkennen gaben. Die Verfolgung musste auf der Staats- oder Volksangehörigkeit, der Rasse, Religion oder dem nationalsozialistischen Regime feindlich gesinnte politische Ansichten oder Tätigkeiten beruhen.2078 Versteckte Diskriminierung lag vor, wenn die staatlichen Massnahmen auf Gesetzen beruhten, die vor dem 30. Januar 1933 erlassen, also inhaltlich nicht diskriminierend waren, aber in Tat und Wahrheit, nämlich im Einzelfall, diskriminierend und gegen den Verfolgten „in der Absicht, ihm zu schaden“ angewandt worden waren.2079 Dabei waren Entziehungsmassnahmen ohne Einverständnis des Eigentümers, die nach dem 30. Januar 1933 durchgeführt wurden, ohne weiteres nichtig; die Nichtigkeit bedarf lediglich der gerichtlichen Feststellung.2080 Mit Zustimmung des Eigentümers vorgenommene Verfügungen, also Rechtsgeschäfte, sind hinfällig, wenn sie vom Gericht für nichtig erklärt wurden. Wie im USREG wird auch hier eine Entziehungsvermutung gleichen Inhalts aufgestellt. Hinsichtlich ihrer Widerlegbarkeit unterschied sie sich einmal dadurch, dass Verfügungen, die in der Zeit zwischen 30. Januar 1933 und dem 14. Juni 19382081 getroffen worden sind, nicht für nichtig erklärt werden können, wenn der Erwerber einen angemessenen Preis gezahlt hat, es sei denn, dass der frühere Eigentümer seinerseits beweist, gleichwohl unter Zwang gehandelt zu haben.2082 In der US-Zone und der britischen Zone ist diese Widerlegung durch den Nachweis der Bezahlung eines angemessenen Kaufpreises nur für Geschäfte, die vor dem 15. September 19352083 abgeschlossen wurden, möglich. Zum anderen ist dort

2078

Siehe auch Wiedergutmachung (Französische Zone), in Der Betriebs-Berater 1947, 2. Jhrg., Heft 22, 30.11.1947, S. 365 f.

2079

Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, S. 298.

2080

Gemäss Art. 3 der Ordonnance N° 120 waren Verfügungen ohne Zustimmung des Eigentümers für nichtig zu erklären, wenn diese Verfügung durch physischen oder moralischen Zwang erfolgte. Bei Kollektiv-Verfolgung wurde der Zwang für Verfügungen nach dem 30.01.1933 vermutet.

2081

Datum des Inkrafttretens der 3. VO zum Reichsbürgergesetz in RGBl. S. 627, die bestimmte, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen als „jüdischer Gewerbebetrieb“ anzusehen war.

2082

Demnach ist der frühere Eigentümer, der sein Eigentum verloren hat, für den Zwang beweispflichtig hinsichtlich aller zwischen dem 30.01.1933 und dem 14.08.1938 vorgenommenen Akte, wenn der Erwerber den Beweis erbringt, dass er zu einem angemessenen Preis erworben hatte.

2083

Datum, an welchem die Nürnberger Gesetze in Kraft traten.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

aber auch über diesen Zeitpunkt und den 14. Juni 1938 hinaus eine Widerlegung der Vermutung zugelassen, wenn der Erwerber nachweisen kann, die Interessen des Verfolgten in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg wahrgenommen zu haben.2084 Diese Loyalitätsklausel fehlte in der Ordonnance N° 120. Die dem früheren Eigentümer aufgebürdete Beweislast für Zwang bei Frühgeschäften mit angemessenem Kaufpreis verlieh der Frage, was im französischen Rückerstattungsrecht unter Zwang zu verstehen war, eine grosse Bedeutung.2085 Im Gesetz war der Begriff jedoch nicht definiert worden. Die Rechtsprechung zu dieser Frage beherrschte deshalb die gerichtliche Praxis für einige Jahre.2086 Erst im Jahre 1952 stellt der „Court Supérieur pour les Restitutions“ fest, dass auch der mittelbare Zwang genüge und dass dieser vorliege, wenn die allgemeinen Verfolgungsmassnahmen sich auf den Verfolgten „als vernünftig handelnde Person … so ausgewirkt hätten, dass sie für ihn das ausschlaggebende Motiv zur Veräusserung geworden sind“.2087 Die festgestellte oder ausgesprochene Nichtigkeit hatte rückwirkend Kraft: die Parteien wurden „billigerweise“ in die Lage zurückversetzt, die vor Abschluss des Rechtsgeschäfts bestanden hatte.2088 Der seines Eigentums beraubt gewesene Eigentümer erhielt seine Güter, Rechte oder Interessen zurück. Eine klare Formulierung, dass der Erwerb kraft „guten Glaubens“ vom Nichtberechtigten ausgeschlossen sei, wie dies in den anderen drei Rückerstattungsgesetzen enthalten war,2089 fehlte in der französischen Verordnung, war jedoch nie strittig.2090 Die Wirkungen der Nichtigkeit wurden in drei weiteren Vorschriften behandelt: eine Vorschrift verwies dabei auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag

2084

Siehe dazu auch Baudoin-Bugnet/Neumann/Harmening, S. 59.

2085

Dabei wurde auch zwischen unmittelbarem und mittelbarem Zwang unterschieden.

2086

Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob dieser Zwang ein objektiver oder subjektiver Tatbestand war und, wenn man sich für den subjektiven Tatbestand entschied, wessen Urteil für die Auslegung massgebend war, dasjenige des Verfolgten oder dasjenige eines „neutralen“ Beobachters. Siehe dazu ausführlich Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der alliierten Mächte, S. 301 ff.

2087

Siehe Entscheid Court Supérieur de la Restitution vom 20.06.1952, in RzW 1952, S. 311 No. 32. Kommentierung in Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der alliierten Mächte, S. 305. Siehe auch Hachenberg, Kollektivzwang oder Zwangslage, S. 799 ff., der sich mit der in Art. 4 USREG erwähnten „Zwangslage“ beschäftigt. Siehe dazu auch Baudoin-Bugnet/Neumann/Harmening, S. 60 ff., die die Kollektivbedrohung noch genauer unterscheiden.

2088

Artikel 5 Ordonnance N° 120.

2089

Siehe Artikel 1 Absatz 2 USREG, Artikel 1 Absatz 3 BrREG und Artikel 1 Absatz 3 REAO.

2090

Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der alliierten Mächte, S. 308; Hachenberg, Das amerikanische und das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 322; Pawlita, Wiedergutmachung durch Zivilrecht, S. 50 ff.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

des BGB2091, eine zweite regelte den Anspruch des Pflichtigen auf Rückgewährung des Kaufpreises2092 und eine dritte sah vor, dass die Rechte der ausfallenden dinglichen Gläubiger sich an den Ansprüchen des Erwerbers gegen den Veräusserer fortsetzen.2093 Wie es sich zeigte, wirkte sich insbesondere die Verweisung auf das deutsche Recht über die Geschäftsführung ohne Auftrag als äusserst problematisch aus.2094 Um diese Norm anwenden zu können, musste man die Fiktion erstellen, dass der Erwerber des Rückerstattungsobjekts als Geschäftsführer für den „seines Eigentums beraubt gewesenen Eigentümers“ tätig war.2095 Dabei war derjenige Erwerber als gutgläubig anzusehen, der von dem Beraubungscharakter der anfänglichen Verfügung keine Kenntnisse hatte.2096 Gutgläubigen Erwerb wurde nur, ähnlich von § 935 BGB, in den Fällen der Entziehung des Eigentums ohne Zustimmung des Eigentümers durch Massnahmen des Staates oder der Partei ausgeschlossen. In diesen Fällen konnte jedoch der Nichtberechtigte vom Berechtigten die Zahlung des von ihm entrichteten Kaufpreises verlangen, ohne Rücksicht auf den gegenwärtigen Wert des Objekts und unter völliger Ausserachtlassung der Tatsache, dass der Berechtigte gerade wegen der Verfolgung in diesen Fällen kein Entgelt erhalten hatte. Die Rückerstattung beinhaltete damit lediglich ein „Recht des Rückkaufs“.2097

a)

Rückerstattungsverfahren in der französischen Zone

Die „Ordonnance N°120“enthielt lediglich neun Artikel zum Verfahren.2098 Das Rückerstattungsverfahren wurde unmittelbar durch die Erhebung der Klage bei

2091

Artikel 6 Ordonnance N° 120.

2092

Artikel 7 Ordonnance N° 120.

2093

Artikel 8 Ordonnance N° 120.

2094

Grund für diese Verweisung wird wohl der gewesen sein, dass die Verfasser der Ordonnance N° 120 die Verweisung ohne grosse Überlegungen aus der Ordonnance n° 45.770 du 21 Avril 1945 übernommen hatten. In Art. 3 dieser Ordonnance hiess es: „Les actes d’administration conformes aux dispositions de l’article 1374 du Code civil demeurent valables. Toutefois, le propriétaire dépossédé peut demander la résiliation des actes d’administration qui lui portent préjudice au jour de la demande“. Die Bestimmung sollte den Fortbestand von solchen Akten der Geschäftsordnung schützen, welche dem wirklichen oder mutmasslichen Willen des Eigentümers des entzogenen Gegenstandes entsprachen; ihm schädliche Akte sollten vom Gericht rückgängig gemacht werden. Die Übernahme dieser Rechtsvorstellungen auf das Deutsche Recht führte zu grossen Schwierigkeiten.

2095

Dies wird von der Lehre zu Recht als nur schwer nachvollziehbar sowie als Grundirrtum bezeichnet. Siehe dazu Schwarz, Die Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, S. 308 f. und Hachenburg, Das amerikanische und das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 321 ff.

2096

Artikel 6 Abs. 1, Ordonnance N° 120.

2097

Pawlita, Wiedergutmachung durch Zivilrecht, S. 51.

2098

Artikel 12 bis 20.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

dem zuständigen Landgericht2099 in Gang gesetzt. Eine förmliche Anmeldung bei einer Zentralmeldestelle wie in den anderen Rückerstattungsgesetzen sowie ein dem gerichtlichen Verfahren vorgeschaltetes Schiedsverfahren bei der Wiedergutmachungsbehörde sah die französische Verordnung nicht vor. Neben der Feststellung der Nichtigkeit von Entziehungsakten oblag den Restitutionskammern die Genehmigung aussergerichtlicher Vergleiche in Rückerstattungsangelegenheiten.2100 Gemäss Artikel 17 der Verordnung blieben die Bestimmungen des gemeinen Rechts über Rechtsmittel und Einspruch sowie über die Beteiligungen Dritter am Rechtsstreit (§ 64 ff. ZPO) aufrechterhalten. Die Klageerhebung war befristet auf den 15. August 1949, aber anders als nach dem USREG und BrREG sah das REAO keine Ausschlussfrist vor, da nach der Zivilprozessordnung (ZPO) die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unverschuldeter Säumnis Anwendung fanden.2101 Die Rückerstattungskammern bestanden aus drei Richtern, von denen einer ein Verfolgter des Nationalsozialismus sein musste. Das gerichtliche Verfahren vollzog sich sodann in den Formen des deutschen Zivilprozesses. Es galt dabei insbesondere auch die Verhandlungsmaxime.2102 Am 12. Dezember 1952 wurde der „Court Supérieure pour les restitutions“2103 (CSR) gegründet. Das Gericht war mit fünf Richtern besetzt, drei von ihnen waren französische und zwei von ihnen deutsche Richter. Als Rechtsmittel an die CSR war die Revision möglich. Dabei galten die Fristen des deutschen ZPO. Ein französischer Richter nahm bei den Verhandlungen die Aufgaben des Vertreters der öffentlichen Interessen wahr, was oft zur Klärung von Grundsatzfragen beigetragen hatte.2104

3.

Räumlicher Geltungsbereich für die Ordonnance N° 120

Die Rechtsprechung über die Ausübung der Gerichtsbarkeit unterschied sich im Rechtsgebiet der Ordonnance N° 120 von derjenigen der anderen Besatzungszonen, was zu doppelter Zuständigkeit oder zu Lücken führen konnte. Gemäss französischem Rückerstattungsgesetz war die Wahl des Gerichtes Sache des 2099

Restitutionskammer.

2100

Artikel 19 Ordonnance N° 120. Siehe auch Robinson, Restitution Legislation in Germany, S. 50 f.

2101

Siehe Artikel 13 Absatz 1 Ordonnance N° 120.

2102

Entscheid CSR vom 13.07.1951 in RzW 1954, S. 358, No. 24. Aufgrund der Verhandlungsmaxime hat das Gericht ihren Entscheid nur auf die von den Parteien hervorgebrachten Tatsachen zu basieren.

2103

Der deutsche Name lautete: „Obergericht für Rückerstattungssachen“. Siehe Artikel 1, Ordonnance N° 252 vom 8.09.1950, in Amtsblatt N° 35, S. 603.

2104

Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, S. 321 f. Auch Ordonnance N° 252 vom 8.09.1950, in Amtsblatt N° 35, S. 603.

24. Kapitel: Rückerstattungsgesetzgebung

Klägers. Es wurde für die Zuständigkeit wiederum auf die deutsche ZPO verwiesen.2105 Dabei ergab sich jedoch, dass die Zuständigkeitsanordnungen des USREG nicht mit dem französischen Gesetz abgestimmt waren. Dies hatte teilweise verhängnisvolle Folgen2106, da das amerikanischen Rückerstattungsgesetz die Zuständigkeit aufgrund des Ortes der belegenen Sache bestimmte, während sich das französische Rückerstattungsgesetz bei der Zuständigkeit auf den Wohnsitz der Verpflichteten bezog und es deshalb vorkommen konnte, dass gemäss beiden Gesetzen die Zuständigkeit nicht gegeben war.2107

4.

Rückerstattung an jüdische Nachfolgeorganisationen

Ein weiterer Punkt, der sich von den anderen Rückerstattungsgesetzen unterschied, war das Fehlen einer Norm für die Einsetzung jüdischer Nachfolgeorganisationen für erbenlose Ansprüche und für Ansprüche aufgelöster jüdischer Körperschaften. Erst im Dezember 1951 konnte auch in der französischen Zone eine jüdische Nachfolgeorganisation ihre Arbeit aufnehmen.2108 Da es der Auffassung des französischen Gesetzes widersprach, eine Nachfolgeorganisation als eine Gesellschaft oder einen Verein zu gründen, beantragte die JRSO die Eröffnung einer JRSO-Filiale der in der französischen Zone. Dies wiederum wurde von der französischen Militärregierung abgelehnt, die eine zu starke Einflussnahme der amerikanischen Militärregierung in der französischen Zone befürchtete.2109 Ein Vorschlag der britischen Militärregierung, der britischen Nachfolgeorganisation, der Jewish Trust Corporation (JTC), die Ausübung ihrer Aufgaben auf die französische Zone auszudehnen, wurde hingegen genehmigt. Durch die Ordonnance N° 177 vom 18. März 1952 wurde die französische Abteilung der JTC durch die französische Militärregierung eingesetzt. Im Juli 1952 eröffnete die französische Abteilung der JTC ihr Hauptbüro in Mainz und ein Bezirksbüro

2105

Artikel 13, Ordonnance N° 120.

2106

Wenn sich zum Beispiel die zurückzuerstattende bewegliche Sache in der französischen Zone befand, während der Verpflichtete seinen Wohnsitz und danach seinen allgemeinen Gerichtsstand in der amerikanischen Zone hatte, so gab es keine Möglichkeit, den Rückerstattungsanspruch geltend zu machen. Für das französische Gesetz war es gleichgültig, dass sich die zurückzuerstattende bewegliche Sache in der französischen Zone befand. Gemäss Artikel 57 USREG war die Zuständigkeit für ein Gericht in der amerikanischen Besatzungszone jedoch nur gegeben, wenn der Vermögensgegenstand in der amerikanischen Zone lag, der Wohnsitz des Verpflichteten spielte dabei keine Rolle. Im umgekehrten Fall, wenn sich eine Sache in der amerikanischen Zone befand und sich der Verpflichtete in der französischen Zone befand, hatte der Kläger die Wahl.

2107

Siehe auch Hachenberg, Das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 321.

2108

Dabei legte die Ordonnance N° 268 die Grundlage zur Bildung einer Nachfolgeorganisation.

2109

Siehe Weisman, Die Nachfolgeorganisationen, Band II, S. 730.

517

518

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

in Freiburg i. Breisgau.2110 Die Forderungsfrist für die französische Abteilung der JTC endete am 1. Mai 1953. Jedoch war die rechtliche Position schwierig, da aufgrund der Ordonnance N° 120 der grösste Teil der einer Rückerstattung unterliegenden feststellbaren Vermögenswerten von den „Fonds Communs“ übernommen worden war.2111 Die in die Gemeinschaftsfonds übergegangenen Vermögenswerte waren zumeist verwertet, und die dabei erzielten Erlöse den Landesregierungen für die Erfüllung allgemeiner Entschädigungspflichten zur Verfügung gestellt worden. Nach einer Einsprache von französischen jüdischen Organisationen gegen die Verwendung jüdischer Vermögenswerte zur Erfüllung allgemeiner deutscher Entschädigungspflichten erliess der Hohe Kommissar der französischen Republik in Deutschland die Ordonnance N° 268 vom 29. September 1951. Dabei wurden die den Gemeinschaftsfonds zugesprochenen Zuständigkeiten im Bereich der jüdischen Vermögenswerte mit Wirkung vom 3. Oktober 1951 wieder entzogen. Allerdings blieben die vor dem 3. Oktober 1951 entschiedenen Gerichtsurteile, Vergleiche und Anordnungen bestehen.2112

IV.

Fazit

Die Rückerstattungsgesetzgebung für Berlin war fast identisch mit dem britischen Rückerstattungsgesetz. Lediglich Einzelheiten wurden aufgrund der besonderen Verhältnisse in Berlin abweichend geregelt. Die Verordnung No. 120 der französischen Besatzungsmacht trat am gleichen Tag wie das amerikanische Rückerstattungsgesetz in Kraft. Die VO Nr. 120 entspricht weitgehend der innerfranzösischen Gesetzgebung zur Rückerstattung. Sie weicht inhaltlich in vielen Punkten von der amerikanischen Rechtsnorm

2110

Die französische Abteilung wurde durch einen „Conseil d’administration“ verwaltet. Darin befanden sich Mitglieder verschiedener jüdischer Organisationen wie der Jewish Agency, der Alliance Israélite Universelle, American Jewish Committee, American Joint Distribution Committee, Association pour la défense des Droits Inserts des Victimes de l’axe, Conseil Représentatif des Juifs des France, Fonds Social Juif Unifié, World Jewish Congress und der Jewish Trust Corporation of Germany. Vorsitzender dieses Rates (conseil) war Baron Guy de Rothschild.

2111

PRO FO 944/146, The Jewish Trust Corporation for Germany Ltd., Second Annual Report from 1.10.1951 – 30.09.1952, S. 14 f. Im Gegensatz zu den beiden anderen Besatzungszonen war der Anspruch auf Rückerstattung erblosen Eigentums oder auf solches, das nicht von dem früheren Eigentümer oder seinen Erben innerhalb der vorgeschriebenen Frist angemeldet war, bis zum 31.10.1951 auf besondere Ämter der Länderregierungen (Süd-Baden, Württemberg-Hohenzollern, Rheinland-Pfalz) übertragen. Siehe dazu auch Artikel 19 Ordonnance N° 120.

2112

PRO FO 944/146, The Jewish Trust Corporation for Germany Ltd., Second Annual Report from 1.10.1951–30.09.1952, S. 14 f.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

ab.2113 Die VO unterscheidet zum Beispiel zwischen offener und versteckter Diskriminierung. Eine klare Formulierung, dass der Erwerb „des guten Glaubens“ vom Nichtberechtigten ausgeschlossen sei, wie dies in den drei anderen Rückerstattungsgesetzen enthalten war, fehlte. Zudem bezweckte die VO Nr. 120 ausschliesslich die Rückgabe solcher Vermögenswerte, die noch vorhanden und von den Nationalsozialisten enteignet worden waren. Rückerstattungsberechtigt waren sodann nur Personen, die auch ihren Wohnsitz in der französischen Zone hatten, unabhängig davon, wo sich der geforderte Gegenstand zu diesem Zeitpunkt tatsächlich befand. Hier zeigt sich, dass gerade der Umstand der jüdischen Flüchtlingen, die während der Vorherrschaft der Nationalsozialisten Deutschland und Frankreich verlassen hatten, nicht Rechnung getragen wurde, weil diese ihr Eigentum nicht zurückfordern konnten. Als weiterer Punkt im Unterschied zu den anderen Rückerstattungsgesetzen, welcher nicht geregelt wurde, kommt hinzu, dass für die erblosen Vermögenswerte keine Nachfolgeorganisation bestimmt worden war. Die britische JTC übernahm diese Funktion im März 1952. Diese Nachfolgeorganisation kam jedoch nicht mehr gross zum Einsatz, viele Vermögenswerte waren bereits in Gemeinschaftsfonds übergegangen und wurden von den französischen Behörden zur Erfüllung der allgemeinen deutschen Entschädigungspflichten zu Verfügung gestellt.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter in der amerikanischen und britischen Zone I.

Einleitung

Die Besatzungsmächte versuchten sowohl die äussere, wie auch die innere Restitution zu einem Abschluss zu bringen. Im damaligen Zeitpunkt war die Kluft zwischen der Sowjetunion und den drei westlichen Besatzungsmächten sehr gross. Aufgrund der verschiedenen Ansichten und der politischen Ereignisse konnte auch für den Abschluss der Restitutionen nur mit grosser Mühe und nach langen Beratungen ein Datum gefunden werden. Während sich die westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland veränderten und dem neuen Staat eine gewisse Selbständigkeit zugebilligt wurde, kamen die Restitutionen nicht vom Fleck. Immer noch lagerten Unmengen von Gütern in den verschiedenen Depots. Mit den Pariser Verträgen als Rechtsgrundlage wurden

2113

Siehe dazu auch Hachenberg, Das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 321 ff.

519

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

ab.2113 Die VO unterscheidet zum Beispiel zwischen offener und versteckter Diskriminierung. Eine klare Formulierung, dass der Erwerb „des guten Glaubens“ vom Nichtberechtigten ausgeschlossen sei, wie dies in den drei anderen Rückerstattungsgesetzen enthalten war, fehlte. Zudem bezweckte die VO Nr. 120 ausschliesslich die Rückgabe solcher Vermögenswerte, die noch vorhanden und von den Nationalsozialisten enteignet worden waren. Rückerstattungsberechtigt waren sodann nur Personen, die auch ihren Wohnsitz in der französischen Zone hatten, unabhängig davon, wo sich der geforderte Gegenstand zu diesem Zeitpunkt tatsächlich befand. Hier zeigt sich, dass gerade der Umstand der jüdischen Flüchtlingen, die während der Vorherrschaft der Nationalsozialisten Deutschland und Frankreich verlassen hatten, nicht Rechnung getragen wurde, weil diese ihr Eigentum nicht zurückfordern konnten. Als weiterer Punkt im Unterschied zu den anderen Rückerstattungsgesetzen, welcher nicht geregelt wurde, kommt hinzu, dass für die erblosen Vermögenswerte keine Nachfolgeorganisation bestimmt worden war. Die britische JTC übernahm diese Funktion im März 1952. Diese Nachfolgeorganisation kam jedoch nicht mehr gross zum Einsatz, viele Vermögenswerte waren bereits in Gemeinschaftsfonds übergegangen und wurden von den französischen Behörden zur Erfüllung der allgemeinen deutschen Entschädigungspflichten zu Verfügung gestellt.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter in der amerikanischen und britischen Zone I.

Einleitung

Die Besatzungsmächte versuchten sowohl die äussere, wie auch die innere Restitution zu einem Abschluss zu bringen. Im damaligen Zeitpunkt war die Kluft zwischen der Sowjetunion und den drei westlichen Besatzungsmächten sehr gross. Aufgrund der verschiedenen Ansichten und der politischen Ereignisse konnte auch für den Abschluss der Restitutionen nur mit grosser Mühe und nach langen Beratungen ein Datum gefunden werden. Während sich die westlichen Besatzungszonen zur Bundesrepublik Deutschland veränderten und dem neuen Staat eine gewisse Selbständigkeit zugebilligt wurde, kamen die Restitutionen nicht vom Fleck. Immer noch lagerten Unmengen von Gütern in den verschiedenen Depots. Mit den Pariser Verträgen als Rechtsgrundlage wurden

2113

Siehe dazu auch Hachenberg, Das französische Rückerstattungsgesetz im Widerstreit, S. 321 ff.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

die Rechte und Kompetenzen der neuen Bundesrepublik Deutschland geregelt. Dabei bildete der Überleitungsvertrag den Abschluss der alliierten Restitutionspolitik. Die Bundesrepublik Deutschland wurde verpflichtet, Ansprüche gegen das Deutsche Reich zu befriedigen und eine beschleunigte Abwicklung alliierter Rückerstattungsgesetze sicherzustellen.

II.

Allgemeine historische Begebenheiten

1.

Entstehung der Bundesrepublik Deutschland

Die Militärgouverneure und Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen trafen am 1. Juli 1948 in Frankfurt am Main zu einer gemeinsamen Konferenz zusammen, bei der die von den Regierungen der Westmächte beschlossenen Schriftstücke, die sogenannten Frankfurter Dokumente, übergeben wurden.2114 Durch die Dokumente wurden die Ministerpräsidenten der Westzonen autorisiert, verfassungsrechtliche Rahmenbestimmungen des künftigen Staates zu entwerfen und eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Ausserdem wurden die Grundzüge eines Besatzungsstatutes skizziert, das die Vorstellungen der Westalliierten von ihren Befugnissen in einem deutschen Weststaat enthielt. Sie behielten sich das Recht vor, Deutschlands auswärtige Beziehungen sowie den Aussenhandel wahrzunehmen, und im Falle eines Notstandes für die volle Machtausübung wieder autorisiert zu sein.2115 Das angekündigte Besatzungsstatut wurde auf der Aussenministerkonferenz der Westmächte (6. bis 8. April 1949) verabschiedet, am 10. April 1949 dem parlamentarischen Rat bekanntgegeben und am 12. Mai 1949 verkündet.2116

2114

Ruhm von Oppen, Documents on Germany under Occupation, 1945 –1954, London, New York, Toronto, 1955, The London documents: directives regarding the future political organization of Germany, drafted at the London Conference of the Western Foreign Ministers in June 1948 and handed to the Minister president of the Western zones of Germany by the Military Governors at their Joint Meeting on 1, July 1948, S. 315 ff.; Reply of the Ministers president to the proposals made by the Military Governors following the London Decisions, 26 July 1948, S. 322ff; Joint Communiqué issued after the third meeting of the Military Governors and Ministers president to the three Western Zones, 26 July 1948, S. 331.

2115

Siehe dazu Benz, S. 346 f.

2116

FRUS, 1949, Vol. III, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, S. 177 ff. mit Agreements on Germany, April 8, 1949; Occupation Statue defining the powers to be restrained by the occupation authorities, April 8, 1949; Agreement as to Tripartite Controls, April 8, 1949; Siehe aber auch Ruhm von Oppen, Documents on Germany under Occupation, 1945–1954, London, New York, Toronto, 1955, S. 344 ff.; Genaueres zum Besatzungsstatut, siehe Christine van Wylick, Das Besatzungsstatut, Entstehung, Revision, Wandel und Ablösung des Besatzungsstatus, Diss., Köln 1956.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

Die sechste und letzte Konferenz des Rates der Aussenminister wurde im Zusammenhang mit der Beendigung der Berliner Blockade einberufen. Sie fand vom 23. Mai bis 20. Juni 1949 in Paris statt.2117 Die Sowjetunion hatte eine nochmalige Konferenz der Aussenminister der Vier Mächte zur Bedingung gemacht. Am Tag des Zusammentretens war in Bonn das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland2118 verabschiedet worden. Die Kluft zwischen westlicher und östlicher Auffassung hatte sich jedoch seit den letzten beiden gescheiterten Treffen nicht verringert. Beide Fronten verfolgten seit geraumer Zeit eine Politik des Status quo. Das Treffen in Paris galt daher nur noch der Beendigung des Versuchs, die deutsche Frage unter den vier Siegermächten gemeinsam zu lösen. Während die Sowjetunion am 24. Mai 1949 vorschlug, den alliierten Kontrollrat und die alliierte Kommandantur in Berlin wieder zu beleben, zum Status quo zurückzukehren und einen gesamtdeutschen Staatsrat zu errichten2119, boten die Westmächte am 28. Mai 1949 die Einheit Deutschlands durch Beitritt der sowjetischen Besatzungszone zur Bundesrepublik Deutschland an und offerierten ein Besatzungsstatut für alle vier Zonen.2120 Die Aussenminister Frankreichs, Grossbritanniens und der Vereinigten Staaten trafen sich in Washington vom 5. bis 8. April 1949 zu Besprechungen über Deutschland. Sie kamen überein, den von ihren Regierungen genehmigten Text des Besatzungsstatuts dem Parlamentarischen Rat in Bonn zuzuleiten. Auch billigten sie ein Abkommen über die weitere Durchführung der Demontagen in den westlichen Besatzungszonen und die Schaffung einer internationalen Ruhrbehörde, deren Rechtsgrundlage in London am 28. April 1949 endgültig festgelegt wurde. Die Aussenminister erklärten sich mit der Fusion der drei Westzonen durch Zusammenschluss des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und der französischen Besatzungszone einverstanden. Zusammen mit einem Kommuniqué veröffentlichten sie drei Dokumente, eine Botschaft an die Militärgouverneure in Deutschland, das Besatzungsstatut für das westliche Deutschland und das Abkommen über die Drei-Mächte Kontrolle.

2117

FRUS, 1949, Vol. III, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, Washington 1974, S. 856 ff.

2118

Siehe dazu Ruhm von Oppen, Letter from the military Governors to Dr. Konrad Adenauer, President of the Parliamentary Council, approving the Basic Law, 12 May 1949, S. 390 ff.

2119

FRUS, 1949, Vol. III, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, Washington 1974, Telegram „The United States Delegation at the Council of Foreign Ministers to President Truman and the Acting Secretary of State“, Paris, May 24, 1949, S. 917 ff. insbesondere S. 918; aber auch für Text der Sowjetischen Delegation: Proposal of the Soviet Delegation to the Council of Foreign Ministers, Paris, 25. May 1949, S. 1040 f.

2120

FRUS, 1949, Vol. III, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, Washington 1974, Proposal of the United States, United Kingdom, French Delegation to the Council of Foreign Ministers, 28th May, 1949, S. 1041 ff.; aber auch Benz, S. 224 f.; aber auch für einen genauen Überblick, Hermann Graml, Die Alliierten und die Teilung Deutschlands, Konflikte und Entscheidungen 1941–1948, Frankfurt am Main, 1985.

521

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Nachdem die Organe der Bundesrepublik Deutschland konstituiert waren, setzten die drei Hohen Kommissare John Mc Cloy (USA), Sir Brian Robertson (Grossbritannien) und André François-Poncet (Frankreich), das Besatzungsstatut in Kraft, verkündeten gleichzeitig das Ende der Militärregierungen und setzten den Anfang der Alliierten Hohen Kommission fest.2121 Mit der Inkraftsetzung des Besatzungsstatuts am 21. September 1949 war der Konstituierungsprozess der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen.2122 Die Entwicklung auf dem Gebiet des Deutschen Reiches löste einen lebhaften Notenwechsel aus. Am 1. Oktober 1949 beschuldigte die Regierung der Sowjetunion die Regierungen Frankreichs, Grossbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika, sich ihrer Verpflichtung, „Deutschland als Einheit zu betrachten und seine Umwandlung in einen demokratischen und friedliebenden Staat zu fördern“ entzogen zu haben; sie betonte, die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland bedeute nicht nur eine Verletzung der Pflicht, die sie hinsichtlich der Erhaltung der Einheit Deutschlands übernommen haben, sondern auch die Verpflichtung, einen Friedensvertrag mit Deutschland abzuschliessen. Die Bildung eines westdeutschen Separatstaates würde zu einer unzulässigen Verzögerung des Abschlusses eines Friedensvertrages mit Deutschland führen, was den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz zuwiderlaufe.2123 Aufgrund der Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland durch die westlichen Alliierten fand in der Ostzone am 5. Oktober 1949 eine Sitzung des Deutschen Volksrates statt, welche beschloss, mit Einwilligung der Sowjetunion die Deutsche Demokratische Republik zu gründen.2124 Nachdem die provisorische Volkskammer die seit langem vorliegende Verfassung der DDR in Kraft setzte und die Sowjetunion am 10. Oktober 1949 beschloss der provisorischen Regierung der DDR die Verwaltungsfunktionen zu übergeben, wurden am 12. Oktober die provisorische Regierung und ihr Präsident Wilhelm Pieck bestätigt.2125 2121

Ruhm von Oppen, Charter of the Allied High Commission, 20 June 1949, S. 398 ff.

2122

Siehe dazu auch Steininger, Band 2, S. 311 ff.

2123

Siehe FRUS, 1949, Vol. III, Council of Foreign Ministers; Germany and Austria, Washington 1974, The Ambassador in the Soviet Union to the Acting Secretary of State, Moscow, October 1, 1949, Translation of Soviet Note, S. 275 ff.

2124

Ruhm von Oppen, Announcement of the impending Establishment of the German Democratic Republic, 6. October 1949, S. 420 f.

2125

Siehe dazu Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, S. 155 f. und 180 ff., Aber auch Ruhm von Oppen, Statement by General Chukov, on the entry into Force of the constitution of the German Democratic Republic, S. 422 f.; Extract Chukov, on the entry into Force of the constitution of the German Democratic Republic, S. 422 f.; Extracts from the policy declaration of Otto Grothewohl Minister President of the German Democratic Republic, 12. October 1949, S. 424 ff.; Message from Stalin to Wilhlem Pieck, President and Otto Grothwohl, Minister President of the German Republic Schukov, on the entry into Force of the constitution of the German Democratic Republic, S. 422 f.; Extract Democratic Republic, 13. October 1949, S. 430 f.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

Die Konstituierung der DDR rief bei den westlichen Alliierten und der Bundesrepublik Deutschland grosse Entrüstung hervor.2126 Die Lage spitzte sich zu, als die Aussenminister der drei Westmächte vom 12. bis 18. September 1950 in New York unter anderem die Auswirkungen des KoreaKrieges für Deutschland besprachen. Sie erklärten die Bundesregierung als allein vertretungsberechtigt für das deutsche Volk und beschlossen Lockerungen des Besatzungsstatutes, die vor allem die Erweiterung der aussenpolitischen Handlungsfreiheit der Bundesregierung vorsah, und traten für die Prüfung einer deutschen Beteiligung an der Verteidigung Europas ein.2127 Die vom 20. bis 21. Oktober 1950 in Prag tagende Konferenz der Ostblockstaaten (Sowjetunion, Albanien, Bulgarien, Tschechoslowakei, Polen, Rumänien, Ungarn und DDR) protestierte gegen die in New York gefassten Beschlüsse, bezeichnete die Aufstellung einer deutschen Armee als einen weiteren Bruch des Potsdamer Abkommens und als Ausgang zu einer Aggressionspolitik. Gleichzeitig unterbreitete die Konferenz Vorschläge zur Wiedervereinigung Deutschlands, die den Abschluss eines Friedensvertrages und die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands im Einklang mit dem Abkommen von Potsdam vorsah.2128 Das Ergebnis der New Yorker Aussenministerkonferenz wurde erst am 6. März 1951 veröffentlicht, da die Lockerungen des Besatzungsstatutes abhängig gemacht worden waren von der grundsätzlichen Anerkennung der Auslandschulden durch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland.2129 Im Laufe der Jahre 1951 und 1952 fanden langwierige Verhandlungen über den gesamten Schuldenkomplex statt, in die auch die Vertreter der Gläubiger einbezogen wurden. Parallel dazu führte die Bundesrepublik noch Verhandlungen mit Israel und der „Conference on Jewish Claims against Germany“ über Wiedergutmachungsleistungen. Am 27. Februar 1953 wurde das Abkommen über die deutschen Auslandsschulden schliesslich in London unterzeichnet.2130

2126

Siehe Abdrucke von diversen Statements in Beate Ruhm von Oppen, Documents on Germany under Occupation, 1945–1954, London, New York, Toronto, 1955, S. 431 ff.

2127

Ruhm von Oppen, Extract from Communiqué issued by the Foreign Ministers of Great Britain, United States, and France at the conclusion of their new York meetings, 19 September 1950, S. 517 ff.

2128

Ruhm von Oppen, Statement by the Foreign Ministers of the USSR, The German Democratic Republic, Poland, Czechoslovakia, Hungaria, Rumania and Bulgaria ant the Albanian minister in Moscow, at a meeting in Prague, 21. October 1950, S. 522 ff.

2129

Benz, S. 355, Siehe aber auch Ruhm von Oppen, Allied High Commission Decision No. 11: Competence of the Federal Government in the Field of Foreign Affairs, 6. March 1951, S. 551 f.

2130

Deuerlein, Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, S. 191 ff.

523

524

2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

III.

Beendigung der äusseren Restitution von Kulturgütern

1.

Beendigungsversuche der Besatzungsmächte

a)

Amerikanischer Vorschlag für eine Terminierung der Beendigung der Restitution von Kulturgütern

Die amerikanische Militärregierung versuchte, die gesamte Restitution und insbesondere diejenige für die Kulturgüter so schnell wie möglich voranzutreiben. Im August 1946 reichte der amerikanische Delegierte im RDR Directorate einen Vorschlag ein, welcher die Einreichung von Restitutionsforderungen bis zum 31. Dezember 1946 vorsah. Als Datum für die Beendigung sämtlicher Restitutionsabgaben wurde der 30. Juni 1947 vorgesehen.2131 Eine Ausnahme sollte nur für die ehemaligen feindlichen Staaten bestehen, die bis anhin an der Restitution nicht hatten teilnehmen können. Diesen Staaten wurde eine Frist von drei Monaten gewährt. Die Frist sollte mit der Gewährung der Teilnahme an der Restitution beginnen. Während sich der Vertreter Grossbritanniens und der Sowjetunion mit dem Vorschlag einverstanden erklärten, lehnten die Franzosen die Idee entschieden ab.2132 Zwischen Grossbritannien, der Sowjetunion und der USA herrschte bezüglich des Wunsches eines Schlusstermins Einigkeit.2133 Das Setzen eines Datums sollte dabei eine Beschleunigung des gesamten Restitutionsprogramms bewirken. Die Franzosen argumentierten, dass das Recht Restitutionsgüter zu erhalten, nie erlösche oder beendet erklärt werden könne. Im Dezember reichte der französische Delegierte im DRD Directorate ein Memorandum bezüglich des Beendigungsdatums der Restitution ein.2134 In diesem Memorandum nahm die französische Delegation die Position ein, dass aufgrund der nur langsamen Restitution und der immer noch offenen Fragen im alliierten Kontrollrat das Setzen eines Enddatums für die Restitutionen unmöglich sei. Damit die USA den Vorschlag wieder zurückzog, wurde auch die französische Botschaft in Washington bei der amerikanischen Regierung vorstellig. die fran-

2131

PRO FO 1057/17, ACA DRDR, Restitution Procedures Committee, Termination Dates for Restitution Activities, 30.09.1946 DRDR/P(46)126. Der Sowjetische Delegierte war mit den vorgeschlagenen Daten einverstanden.

2132

PRO FO 1057/17, Memo Time Limit for Restitutions Operations, French Memorandum on DRDR/P(46)101, 29.08.1946.NA RG 84/Office Political Adviser to Germany/Class. General Correspondence 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany and Austria, S. 12.

2133

Siehe dazu auch PRO FO 1032/2357, ACA DRDR, Restitution Procedures Committee, Termination for Restitution Activities, British Memorandum, DRDR/P(46)126, 30.09.1946.

2134

PRO FO 1032/2357, ACA DRDR, Termination Dates for Restitution (French Memorandum), December 1946, DRDR/P(46)167.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

zösischen Diplomaten führten aus, dass die Beendigung des Restitutionsprogramms von OMGUS viel zu früh angesetzt worden sei, habe man doch mit der Rückerstattung von verschiedenen wichtigen Kategorien wie Versicherungen, Devisen, Rollmaterial etc. noch gar nicht begonnen. Die amerikanische Regierung befahl der amerikanischen Militärregierung den Rückzug des Vorschlages und die Einbringung eines Vorschlages, dass man die am Restitutionsprogramm beteiligten Staaten anfragen sollte, bis wann sie ihre Forderungen stellen konnten.2135 Im Mai 1947 teilten die Franzosen mit, dass ein Datum akzeptiert würde, falls OMGUS unter anderem auf den Beweis, dass ein Gut durch das Deutsche Reich mit Gewalt entfernt worden war, verzichten würde.2136 Anfangs Januar 1947 wurde im RDR Directorate wiederum über die Terminierung einer Beendigung des Restitutionsprogrammes debattiert. Der französische Delegierte erklärte jedoch, dass für die französische Regierung in dieser Frage kein Kompromiss in Frage komme. Am 5. Februar 1947 entschied das CORC, die weiteren Besprechungen über dieses Thema aufzuschieben.2137 Im Oktober 1947 wurde das Thema im Coordinating Committee jedoch wieder aufgenommen.2138 Anlässlich dieser 140. Sitzung des Coordinating Committee gab die USA bekannt, dass sie das Enddatum einseitig auf den 30. April 1948 setzen würden. Nach verschiedenen Diskussionen waren auch die Briten für dieses Datum. Anlässlich des folgenden Meetings des CORC erklärte sich auch der französische Delegierte mit dem vorgeschlagenen Datum einverstanden. Der sowjetische Vertreter wiederum änderte seine Position und wollte dem Termin nicht mehr zustimmen. Als Grund nannte er, dass die Restitutionen zu lange dauern würden und die UdSSR insbesondere mit den Restitutionen im Zusammenhang mit den baltischen Staaten unzufrieden sei. Die amerikanischen Vertreter versuchten dem sowjetischen Delegierten zu erklären, dass die Einreichung von Forderungen unabhängig von der Frage der Behandlung der Forderungen geprüft werden müsste.2139 Die RDR-Abteilung schlug dem Foreign Office am 2135

NA RG 84/Office Political Adviser to Germany/Class. General Correspondence 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany and Austria, S. 13. Mit zu berücksichtigen war dabei, dass die westlichen Staaten bis Ende 1946 fast nichts aus der sowjetischen Zone zurückerhielten und dass die deutschen Staatsangehörigen erst im Frühling 1946 mit der Deklaration von Raubgut begonnen hatten.

2136

Gemäss NA RG 84/Office Political Adviser to Germany/Class. General Correspondence 1947/130, Memorandum on Restitution from Germany and Austria, Annex 1b wurde der Vorschlag einfach ignoriert.

2137

Siehe dazu Kurtz, Nazi Contraband, S. 158 f.

2138

Siehe PRO FO 1057/17, Coordinating Committee, Brief for the British Representative on Item 2 of the Agenda, 16.10.1947.

2139

PRO FO 1057/17, DRDR 79th Meeting, Decision taken by the Coordinating Committee in regard to the Termination Date of Restitution Activities, 4.11.1947, DRDR/A/(47)25. Für die Briten war die Erklärung von General Lukianchenko im Namen der UdSSR unan-

525

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

25. Januar 1948 vor, dass der 30. Juni 1948 als Enddatum für alle Staaten, inklusive den ehemals feindlichen Staaten, vorgesehen sei und dass die Missionen sofort informiert werden sollten.2140 Mit Schreiben an die verschiedenen Missionen machte die britische Militärregierung sodann den verschiedenen Restitutionsmissionen bekannt, dass der 30. Juni 1948 das Enddatum zur Einreichung von Forderungen sei.2141 Es wurde jedoch auch ausgeführt, dass nach dem 30. Juni 1948 noch Forderungen angenommen würden, falls bewiesen werde, dass eine frühere Einreichung nicht möglich war.2142 Die britische Entscheidung wurde denn auch am 151st Meeting am 25. Februar 1948 im Coordinating Commitee besprochen. Der französische Delegierte hatte zur Setzung des Datums einige Einwände und wünschte, dass auch Listen und Kataloge mit Raubgut eingereicht werden könnten. Die Briten ihrerseits bestanden jedoch auf eine Einreichung in der gewöhnlichen Form und wollten Listen nicht akzeptieren. Der britische Delegierte stimmte mit dem Franzosen jedoch darin überein, dass diese Frist nicht für Sicherheiten und Versicherungen gälte.2143 Während die Sowjetunion diese Terminierung als illegal bezeichnete, wurde vom amerikanischen wie auch dem britischen Delegierten festgehalten, dass die Eingabefrist für Restitutionen beinahe drei Jahre betragen hatte und dass dies eigentlich für eine Einreichung reichen sollte. Der amerikanische Delegierte wollte die Terminierung des Abschlusses in der amerikanischen Zone nicht auf diejenige der Briten abstimmen.2144 Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung hatte der britische Zonenbefehlshaber die General Order No. 6 nochmals erlassen, um sicherzustellen, dass die Deutschen alle Sachen bekanntgaben, welche geraubt worden waren.

nehmbar. Es stellte sich aufgrund der getätigten Abklärungen heraus, dass der Prozentsatz der Forderungen, die ausgeliefert wurden, in Bezug auf die gesamten Forderungen bei der Sowjetunion lediglich 6,5 %, in der amerikanischen Zone 39 %, in der britischen Zone 33 % und in der französischen Zone 56 % ausmachten. 2140

PRO FO 1057/17, Telegramm RDR an Foreign Office, Subject is termination dates for restitution, 23.01.1948.

2141

Dies in Übereinstimmung mit dem Befehl CORC/M (46)143, Siehe dazu PRO FO 2359, 150th Meeting, 17.02.1948, Letter for the british Representative, 14.02.1948. Die Konferenz des britischen Militärgouverneurs mit seinen Regionalkommissären ergab, dass noch ca. 10’500 offene Forderungen bestehen würden und es damit zu rechnen sei, dass noch weitere 1’000 Forderungen gestellt werden würden. Aus diesem Grund hielt die Konferenz fest, dass das früheste Ende der Restitution in der Britischen Zone auf den 30.06.1948 gesetzt werden könnte. Siehe dazu PRO FO 1032/2360, CCGBE, Military Governor’s Conference with Regional Commissioners, 18th Meeting, RECO/P(48)22.

2142

PRO FO 1057/17, Letter British Military Government to Netherlands Military Mission, 1.03.1948. Auch an die anderen Missionen wurden derselbe Brief geschrieben. Siehe dazu PRO 1057/17.

2143

PRO FO 1057/17, CORC 151st Meeting 25.02.1948, Brief for the British Representative on Item 6 of the Agenda, 23.02.1948.

2144

PRO FO 1057/17, Protocol of 151st CORC Meeting, 25.02.1948, CORC/M(48)5, S. 10 ff.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

b)

Beendigung der äusseren Restitution

Am 30. März 1950 erliess die alliierte Kontrollkommission den Befehl zur Beendigung des Restitutionsprogramms für die während des Zweiten Weltkrieges aus den ehemaligen deutschen Besatzungsgebieten gestohlenen Vermögenswerten. Ausgenommen davon waren lediglich klar erkennbare Restitutionsgüter, welche im Nachhinein aufgefunden wurden. Mit dieser Entscheidung endete das Restitutionsprogramm, mit welchem Vermögenswerte wie Kulturgüter, Maschinen, Tiere, Schmuck und eine Vielzahl weiterer Güter im Wert von nahezu 300 Milliarden US Dollar allein aus der amerikanischen Zone an sechzehn europäische Staaten, inklusive der Sowjetunion zurückgegeben wurden.2145 Die Beendigung der äusseren Restitution wurde per 1. April 1950 in Kraft gesetzt. Mit Ausnahme der Restitution von Beutekunstwerken waren von der amerikanischen Militärregierung Restitutionsforderungen bereits seit dem Juni 1949 nicht mehr angenommen worden. Auch Frankreich verhängte eine wenn auch nur „theoretische“ Beendigung der Restitution per 19. Oktober 1948. Nach diesem Datum wurden nur noch Forderungen zugelassen, wenn die forderungsstellenden Staaten beweisen konnten, dass sie erst nach Eintritt der Restitutionsbeendigung Kenntnisse über den geforderten Gegenstand erhalten hatten.2146

c)

Gesamtbetrachtung der äusseren Restitution für Kulturgüter

In Bezug auf die äussere Restitution von Kulturgütern ist die Mehrheit (insgesamt ca. 80 %) aller Rückgaben dieser Gruppe aus der amerikanischen Zone erfolgt. In der französischen und der britischen Zone hatten sich nur wenige Auslagerungsstätten für geraubte Kulturgüter befunden. In der sowjetischen Zone wurde nur eine limitierte Anzahl Kunstgegenstände an die ehemals besetzten Staaten ausgeliefert.2147 In der amerikanischen Zone waren über 1’500 Lagerstätten mit Kulturgütern aufgefunden worden. Grosse Ansammlungen von Kunstgegenständen, welche auch ganze Sammlungen umfassten, die von den Nazis nach Deutschland verschleppt worden waren, wurden in Bergwerken, Kirchen, Schlössern, Scheunen, Häuser etc. entdeckt. Wie in den anderen westlichen Zonen waren die Kulturgüter nach deren Entdeckung inspiziert, evakuiert und in den Collecting Points gelagert worden. Die USA hatte über 1’422 Forderungen, welche insgesamt 510’583 Objekte umfassten, von ehemals besetzten Staa-

2145

NA RG 59/Ardelia Hall Collection/28, S. 1. Siehe auch New York Times vom 31.03.1950, Allies Order Bonn to End Restitution, S. 12.

2146

NA RG 59/Ardelia Hall Collection/28, S. 1. Siehe auch New York Times vom 31.03.1950, Allies Order Bonn to End Restitution, S. 12.

2147

Die amerikanische Militärregierung nahm sogar an, dass überhaupt keine offizielle Restitution aus der sowjetischen Zone stattgefunden hatte. Siehe dazu auch NA RG 59/Aredlia Hall Collection/ 28, External Restitution of Cultural Property, S. 12.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

ten erhalten. Unter dem amerikanischen Restitutionsprogramm für die äussere Restitution wurden mehr als 500’000 Kunstgegenstände und zwei Millionen Bücher zurückerstattet.2148 Frankreich erhielt mit insgesamt 562’598 Kunstgegenstände dabei im Vergleich mit allen anderen europäischen Staaten die weitaus grösste Rückerstattung.2149 Die Franzosen ihrerseits waren jedoch mit den Bemühungen der Amerikaner, wie bereits ausgeführt, gar nicht zufrieden. Mit der Ankündigung der Beendigung der Restitution, mit den Bemühungen der Amerikanern, die deutsche Bevölkerung wohlgesinnt zu halten und den gegen die französischen Kunstspezialisten verfügten Reiserestriktionen innerhalb der amerikanischen Besatzungszone kam es zu einem Zerwürfnis in dieser Frage. Die Franzosen, die sich insbesondere auf das Recht einer „restitution in kind“ beriefen, versuchten so viel aus Deutschland herauszupressen wie möglich war. So beantragten sie auch die Herausgabe von Fotonegativen einer deutschen Gesellschaft, die bereits vor dem Kriege Fotos von europäischen Kulturgütern erstellt hatte, und in deren Besitz sich auch 18’000 Negative von französischen Objekten befanden.2150 Nach einer internen Auseinandersetzung innerhalb von OMGUS wurde entschieden, dass 90 Prozent der fotografierten Bilder öffentliches Eigentum Frankreichs als Sujets hatten und keinen Verlust von französischem Kulturgut betraf, zudem seien die Negative nicht Eigentum von Frankreich, weshalb eine Rückerstattung nicht in Betracht käme.2151 Wiederum protestierten die Franzosen gegen diese Entscheidungen und führten aus, dass an den Beweis der Eigentumsstellung viel zu grosse Anforderungen gestellt und nur die Gegenstände der bekannten Kriegsverbrecher ausgehändigt würden, und warfen der amerikanischen Militärregierung Obstruktion vor. Trotz aller Bemühungen von General Clay standen die Sammelstellen immer noch nicht leer, als er im Mai 1949 Deutschland verliess. Mit der Beendigung der Militärregierung und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Alliierten Hohen Kommission kam es zu einer starken Redimensionierung des 2148

Die Restitution erfolgte an Österreich, Belgien, die Tschechoslowakei, Frankreich, Grossbritannien, Griechenland, Luxemburg, Norwegen, Holland, Ungarn, Italien, Polen, Sowjetunion und Jugoslawien. Siehe NA RG 59/Aredlia Hall Collection/28, External Restitution of Cultural Property, S. 14.

2149

Andere Quellen sprechen von 451’779 Gegenständen. Siehe dazu NA RG 260/Restitution Branch/Reports pertaining to Restitution, 1945–49, Lester K. Born, „Final Report, Monuments, Fine Arts and Archives Section“, 30.12.1948.

2150

Siehe dazu NA RG 260/Restitution Branch/Reports pertaining to Restitution, 1945– 49, Memorandum Restitution of Photographic Negatives to France, 15.04.1948. Zudem hatte die Gesellschaft in den Jahren 1940 bis 1944 24’000 Fotos von Kulturgütern und Kunstobjekten in Frankreich erstellt.

2151

NA RG 165, Records of the Civil Affairs Division, Executive Office Decimal File, 1948, OMGUS Cablegram (V-35110) to War Department on the Photo-Marburg Case. Die Franzosen waren am 25.05.1948 diesbezüglich informiert worden. Ausführlich zum gesamten Vorfall Kurtz, S. 261 ff.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

amerikanischen MFAA-Personals in den Central Collecting Points. Die Alliierte Hohe Kommission, welche für die Restitution zuständig wurde, wollte unter keinen Umständen die Restitution von Kulturgütern abbrechen, lagerten doch immer noch grosse Bestände in den verbleibenden Kunst- und Archiv-Depots. Aufgrund dieser Situation ersuchte der „High Commissioner“ um zusätzliche Arbeitskräfte. Gemäss Besatzungsstatut und Charter des High Commissioners blieb die Restitution immer noch in der Verantwortlichkeit der USA. Für den letzten Schwung seitens der Vereinigten Staaten bot Ardelia Hall im amerikanischen Aussenministerium zwei erfahrene MFAA-Offiziere nochmals auf, und sie schlossen die Sammelstellen im September 1951.2152 Inzwischen suchte man eine Lösung bezüglich der Fortsetzung der Restitution für den Fall, dass die USA sich zurückziehen würden. Unter anderem wurde eine internationale Kommission vorgeschlagen, welche in Deutschland gegründet werden und welche die gesamte Administration und sämtliche Unterlagen der Militärregierung in der amerikanischen Zone übernehmen sollte. Diese Kommission sollte sodann weitere Rückerstattungen durchführen und die Suche und anschliessende Bergung nochmals intensivieren. Die deutsche Kunsthistorikervereinigung hatte ursprünglich eine rein deutsche Kommission vorgeschlagen, die man jedoch aufgrund der politischen Situation dahingehend änderte, dass internationale Beobachter in der Kommission Einsitz haben sollten.2153 In einem Schreiben des deutschen Bundeskanzlers an die Alliierte Hohe Kommission am 12. April 1950 informierte dieser, dass ein deutsches Komitee von Kunstsachverständigen bei der permanenten Ministerkonferenz für kulturelle Belange gegründet worden sei. Das Komitee ersuche nun bei der Alliierten Hohen Kommission um die Errichtung einer Zentralstelle in München, damit diese deutsche Restitutionskommission zusammen mit den verantwortlichen Behörden der Alliierten Hohen Kommission die Restitution von Kulturgütern in Deutschland beenden könne. Immer noch taten sich die USA, unter Druck der ehemals besetzten Staaten, schwer, die Restitution in die Hände Deutschlands zu legen. Im Jahre 1951 waren die Rückerstattungen von jüdischen Kulturgütern und religiösen Gegenständen an die ehemaligen Eigentümer oder die Nachfolgeorganisationen beinahe vollendet. Die übrig gebliebenen Bücher wurden der Jewish

2152

Siehe auch NA RG 59/Ardelia Hall Collection/28, External Restitution of Cultural Property, S. 17.

2153

Siehe auch NA RG 59/Ardelia Hall Collection/28, External Restitution of Cultural Property, S. 17.

529

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

Reconstruction Commission übergeben, welche sie an jüdische Bibliotheken und Institute weiterleitete.2154 Die restlichen Kulturgüter gingen nach dem Abschluss des Vertrages vom 26. Mai 1952 an eine deutsche „Treuhandstelle“2155, die in den folgenden 10 Jahren rund 60’000 Objekte, davon solche mit mehr als einer Million Einzelgegenständen, an Eigentümer zurückgab, von denen annähernd drei Viertel im Ausland lebten.2156

2.

Überleitungsvertrag

a)

Einleitung

1951 begannen in Bonn die deutsch-alliierten Besprechungen über die Beendigung des Besatzungsregimes.2157 Am Ende der Bonner Gespräche am 26. Mai 1952 wurden die Verträge über die Ablösung des Besatzungsstatuts unterzeichnet. Ausser Kraft trat das Besatzungsstatut aber erst durch die Pariser Verträge vom 5. Mai 1955.2158 Mittels der Pariser Verträge kam es zu einer vertraglichen Absicherung von Massnahmen und Rechten im Verhältnis der drei Westmächte und der Bundesrepublik Deutschland. Das komplizierte Vertragswerk beendete die westalliierte Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg von Westdeutschland und enthält, ohne selbst ein Friedensvertrag zu sein, verschiedene Regelungen, die üblicherweise auch in Friedensverträgen zu finden sind.2159 Der Überleitungsvertrag sollte Fragen klären, die sich aus der Abwicklung der alliierten „Programme“ ergaben. Dem Überleitungsvertrag wurde von den Unterzeichnern eine friedensvertragsähnliche Bedeutung beigemessen. Ein tatsächlicher Friedensvertrag war es jedoch nicht, da es sich um vorübergehende 2154

Siehe dazu auch US Department of Justice, The Handling of Looted Books in the American Zone of Occupation, 1944.1951, A Report prepared by the Office of Special Investigations U.S. Department of Justice, November 1998, S. 43.

2155

Für genauere Ausführungen über die „German Central Restitution Agency“ vgl. NA RG 59/Ardelia Hall/27, Allied High Commission, Finance Committee, Property Sub-Committee, Transfer of Cultural Restitution Functions to the Federal Government, FIN/FIC/ P(51)2, 24.01.1951 mit dem Verweis auf den „Final Report of the Intergovernmental Study Group on Germany“ (IGG(50)192) vom 15.12.1950.

2156

Siehe Dornberg, The Mounting Embarrassment of Germany’s Nazi Treasures, S. 139. Vgl. auch Nicholas, Der Raub der Europa, S. 570 f.

2157

Für die diesbezüglichen Verhandlungen siehe Grewe, S. 134.

2158

Die Pariser Verträge setzen sich aus einer Anzahl von Verträgen, z.B. dem Deutschlandvertrag, dem Truppenvertrag, Steuerabkommen und dem Überleitungsvertrag zusammen. Siehe BGBl 1955, Band II, S. 215 ff.

2159

Ein Friedensvertrag kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Zum einen glaubten die drei Westmächte, dass man nur mit einem wiedervereinigten Deutschland einen formellen Friedensvertrag abschliessen könne. Zum anderen konnte ein Friedensvertrag ohne die Sowjetunion gar nicht abgeschlossen werden.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

Regelungen handelte. Der Überleitungsvertrag war aber die wesentlichste Grundlage für die Fortgeltung und das Erscheinungsbild des Besatzungsrechts.2160 Da die westlichen Alliierten im damaligen Zeitpunkt noch nicht die Aufhebung aller Gesetze und Urteile wollten, haben sie gewisse Rechte aus dem Besatzungsrecht auch nach Beendigung des Besatzungsregimes beibehalten. So durften Normen, die zum sogenannten „versteinerten“2161 Besatzungsrecht gehörten, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen abgeändert werden.2162

b)

Auswirkungen des Überleitungsvertrages auf die alliierte Restitution von Kulturgütern

Bezüglich der Rückführung von Kulturgütern bildet der Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen (Überleitungsvertrag)2163 den Abschluss der alliierten Restitutionspolitik. Der Überleitungsvertrag regelte in diesem Zusammenhang die innere2164 und die äussere2165 Restitution.2166 Die Vorschriften für die innere Restitution beruhen auf dem Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung, dem Gesetz Nr. 59 der britischen Militärregierung, der Verordnung 120 der französischen Militärregierung, der Direktive Nr. 50 des Kontrollrates, der Verordnungen 150 und 159 der britischen Militärregierung, dem Gesetz Nr. 58 der amerikanischen Militärregierung, der Verordnung 141 des französischen Oberkommandierenden und dem Gesetz Nr. 52 des SHAEF und der Militärregierungen sowie der hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen, Anordnungen, Genehmigungen und Anweisungen. Das am 19. Juni 1957 in Kraft gesetzte Bundesrückerstattungsgesetz2167 regelt sodann die im Überleitungsvertrag statuierten Bedingungen. Im Überleitungsvertrag verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland, Ansprüche gegen das Deutsche Reich zu befriedigen und eine beschleunigte Abwicklung alliierter Rückerstattungsgesetze sicherzustellen. Das Bundesrückerstat-

2160

Bötsch, S. 49.

2161

Die Bundesrepublik war trotz Übertragung der Souveränität gehindert, die nicht von ihr gesetzten, aber auf ihrem Hoheitsgebiet geltenden Rechtsnormen kraft ihrer Souveränität zu beseitigen. Dieses entzogene Besatzungsrecht wird als „versteinertes“ Besatzungsrecht bezeichnet.

2162

Bötsch, S. 50.

2163

Siehe Bundesgesetzblatt (Bundesrepublik Deutschland) BGBl 1955 II S. 405.

2164

Siehe Dritter Teil des Überleitungsvertrages vom 26.05.1952.

2165

Siehe Fünfter Teil des Überleitungsvertrages vom 26.05.1952.

2166

Siehe Odendahl, S. 186 f.

2167

BGBl I, 1957, S. 734.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

tungsgesetz stellte eine Ergänzung der alliierten Rückerstattungsgesetze dar und führte zu keiner wesentlichen Änderung des Rückerstattungsrechts. Es setzt die Geltung der in diesen enthaltenen materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften voraus.2168 Mit Abschluss des Überleitungsvertrages wurden die noch in den Collecting Points gelagerten Kulturgüter der Bundesrepublik Deutschland übergeben. Die Bundesrepublik Deutschland wurde verpflichtet, eine Verwaltungsdienststelle zu errichten und auszustatten, die nach Schmucksachen, Silberwaren und antiken Möbeln sowie nach Kulturgüter zu forschen hatte, sie erfassen und restituieren musste. Voraussetzung war, dass diese Gegenstände und Kulturgüter während der Besetzung eines Gebietes von der Truppe oder Behörden Deutschlands oder seiner Verbündeten oder von Mitgliedern (auf Befehl oder ohne Befehl) durch Zwang (mit oder ohne Anwendung von Gewalt), durch Diebstahl, Requisition oder andere Formen erzwungener Besitzentziehung erlangt und aus diesem Gebiet entfernt worden war.2169 Damit wird die Restitution für Sachgüter wieder auf Fälle nachweisbarer Gewalt und Zwang im Einzelfall beschränkt,2170 was eine Abkehr des Besatzungsrechts für Sachgüter darstellte. Für Kulturgüter jedoch, die sich vor dem in Artikel 5 des IV. Teils des Überleitungsvertrages genannten Zeitpunkt2171 im betreffenden Land befanden, galt diese Regelung hingegen nicht. Eine Restitution war demgemäss auch durchzuführen, wenn: a) diese Gegenstände durch Schenkung, sei es unter direktem oder indirektem Druck, sei es mit Rücksicht auf die amtliche Stellung des Beschenkten erworben waren; b) sie durch Kauf erworben waren, es sei denn, sie seien zum Zweck des Verkaufs in das betreffende Land gebracht worden;2172

Somit blieb es für Kulturgüter bei den von den Alliierten gesetzten strengen Massstäben des Besatzungsrechts, und die von den Besatzungsmächten vertretene Auffassung, dass sämtliche Kulturgüter wieder zurück sollten, wurde auch in den Überleitungsvertrag übernommen.2173

2168

Siehe Wirth, S. 24.

2169

Siehe Überleitungsvertrag vom 26.05.1952, IV. Teil, Artikel 1.

2170

Siehe dazu auch Partsch, S. 678 f.

2171

Österreich 12.03.1938, Tschechoslowakei 1.04.1939, Polen 1.09.1939, Dänemark 9.04.1940, Norwegen 9.04.1940, Belgien 10.05.1940, Luxemburg 10.05.1940, Niederlande 10.05.1940, Frankreich 17.05.1940, Griechenland 28.10.1940, Jugoslawien 6.04.1941, UdSSR 22.06. 1941, Italien, 3.09.1943, Rumänien 12.09.1944, Finnland 19.09.1944, Bulgarien 28.10.1944, Ungarn 20.01.1945.

2172

Siehe Überleitungsvertrag vom 26.05.1952, IV. Teil, Artikel 1 Abs. 2.

2173

Vgl. auch Turner, Bemerkungen zur Restitutionspraxis nach dem 2. Weltkrieg, S. 221 f.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter

Der Ausdruck Kulturgüter umfasste dabei bewegliche Sachen von religiösem, künstlerischem, urkundlichem, wissenschaftlichem oder historischem Wert oder von entsprechender Bedeutung, einschliesslich Gegenstände, die sich üblicherweise in Museen, öffentlichen oder privaten Sammlungen, Bibliotheken oder historischen Archiven befinden. Der Ausdruck „erheblicher Wert“ bedeutet sodann einen Wert von mindestens 200’000 französischen Franken der Kaufkraft von 1951.2174 Auch bezüglich dieser Formulierung hielt sich der Überleitungsvertrag an die während der Besatzungszeit im Kontrollrat verabschiedeten Definitionen. Die Restitutionsansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland aus dem Überleitungsvertrag konnten bis zum 8. Mai 1956 gestellt werden.2175 Die praktische und wirtschaftliche Bedeutung der nach diesem Vertrag durchgeführten Restitutionen durch das Bundesamt für die äussere Restitution und der Schiedskommission in Koblenz war aufgrund der nur kurzen Frist eher gering.2176

IV.

Rückgaben von Kulturgütern an Deutschland

Die Übergabe der in den Westzonen zusammengeführten verlagerten Bestände von deutschen Museumsgütern in deutsche Treuhandverwaltung erfolgte für die amerikanische Zone durch das Gesetz Nr. 19 der amerikanischen Militärregierung2177, das am 20. April 1949 für die Länder Bayern, Bremen, Hessen, Württemberg-Baden und für den amerikanischen Sektor in Berlin in Kraft trat. In diesem Gesetz heisst es denn auch: Artikel VI Das Eigentum an solchen Vermögenswerten, die Kunstwerke, Kulturgegenstände, Statuen oder Museumsstücke sind, und die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes in der amerikanischen Zone Deutschlands oder im amerikanischen Sektor von Berlin gelegen sind und am 8. Mai 1945 dem Deutschen Reich oder einem deutschen Staat (einschliesslich des Staates Preussen), Land oder einer Provinz gehört haben, deren Territorien zum grössten Teil ausserhalb des Gebietes liegen, geht hiermit treuhände-

2174

Siehe Überleitungsvertrag vom 26.05.1952, IV. Teil, Artikel 1 Abs. 4.

2175

Siehe Überleitungsvertrag vom 26.05.1952, IV. Teil, Artikel 2 Abs. 2.

2176

Siehe Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte S. 342 ff. Für weitere Erklärungen und Ausführungen bezüglich der Auswirkungen des Überleitungsvertrages auf die Restitution von Kulturgüter siehe auch Hartung, S. 149 ff., Turner, Internationales Kulturgüterrecht S. 149 ff. Auch Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, Tätigkeitsbericht für das Jahr 1998, 3. Gutachten zur Rechtslage enteigneter Kulturgüter.

2177

Veröffentlicht in: Gesetzliche Vorschriften der amerikanischen Militärregierung in Deutschland (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, amerikanisches Kontrollgebiet, Ausgabe N vom 16. Juni 1949, S. 9).

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten risch auf das Land über, in dem diese Vermögenswerte gelegen sind (auf die Stadt Berlin, wenn sich die Werte im amerikanischen Sektor der Stadt befinden), als Treuhänder für den in Artikel IV, Ziffer 4 dieses Gesetzes genannten deutschen Staat; diese Werte sind nach Errichtung dieses deutschen Staates und auf Anordnung der Militärregierung durch die in Artikel II dieses Gesetzes genannten Mittelspersonen an diesen Staat zu übertragen. Bis zur Übertragung bleiben die gegenwärtig bestehenden Regelungen für die Pflege und Aufbewahrung von solchen Vermögenswerten in Kraft, oder es werden andere diesbezügliche Regelungen getroffen, wie sie von den zuständigen Behörden als angemessen erachtet werden.

In der britischen Zone wurde die Übergabe aufgrund des Gesetzes Nr. 206 der britischen Militärregierung2178 vollzogen. So heisst es denn in der dazugehörenden Verordnung Nr. 202 der britischen Militärregierung2179: Artikel IV 1. An dem Tage, an dem diese Verordnung in Kraft tritt, hören die Kontrolle und Beaufsichtigung der Militärregierung über Vermögen, auf das diese Verordnung Anwendung findet auf. 2. Solange die zuständigen Behörden keine anderweitigen Vorschriften erlassen, haben diejenigen deutschen Landesbehörden, die an dem Tage, an dem diese Verordnung anzuwenden ist, diese Verwaltung im Auftrag und unter Weisung der Bundesregierung fortzusetzen. 3. Solange die zuständigen deutschen Behörden keine anderweitigen Vorschriften erlassen haben, hat das Land Niedersachsen die Kontrolle im Namen und unter der Weisung der Bundesregierung auszuüben, über… i) die Kunstwerke, kulturellen Gegenstände und Sammlungen aus Museen und Archiven, die in Celle und Göttingen verwahrt sind und die früher dem Reich, dem Land Preussen oder irgendeinem anderen früheren deutschen Land gehörten.

Für die französische Zone galt die Verordnung Nr. 217 der französischen Militärregierung vom 3. Juni 1949.2180 Bezüglich der Übergabe der deutschen Kulturgüter an die deutsche Treuhandverwaltung heisst es: Artikel IX Die im Artikel 1 dieser Verordnung genannten Vermögenswerte, soweit sie sich aus Kunstwerken, Kulturgegenständen, Standbildern und Museumsstücken zusammensetzen und am 8. Mai 1945 dem Reich oder einem der ehemaligen deutschen Länder gehörten, deren Gebiete nicht in der im Artikel 8 genannten Zone liegen, wird durch das Land, auf dessen Gebiet sie sich befinden, für Rechnung des im Artikel 8 genannten deutschen Staates verwaltet. Nach Bildung dieses Staates können sie ihm auf Befehl der Militärregierung zu vollem Eigentum übertragen werden. Bis zur Vornahme dieser

2178

Amtsblatt der britischen Militärregierung Deutschland, britisches Kontrollgebiet, Ausgabe Nr. 38 vom 1.10.1949, 10 BS S. 19.

2179

Siehe dazu auch PRO FO 165/190, Ordinance No. 202, Property of the German Reich of Former German Laender and certain National Socialist Organisations.

2180

Veröffentlicht im Amtsblatt des französischen Oberkommandos in Deutschland Nr. 277 vom 10.6.1949, S. 2043.

25. Kapitel: Beendigung der Restitutionen von Kulturgüter Übertragung werden die gegenwärtig bestehenden Verträge für Schutz und Obhut aufrechterhalten. Andere Verträge der gleichen Art, die die zuständigen Behörden für notwendig erachten, können abgeschlossen werden.

Dem Sinne nach übereinstimmend, in der Formulierung untereinander etwas abweichend, wurden die in den drei Westzonen zusammengeführten Vermögenswerte, soweit sie sich aus Kunstwerken, Kulturgegenständen, Museumsobjekten zusammensetzten und am 8. Mai 1945 dem Deutschen Reich oder einem deutschen Staat einschliesslich des Staates Preussen gehört hatten, in die treuhänderische Verwaltung des Landes übergeben, in dem sie nun lagen. Diese „Belegenheitsländer“ sollten als Treuhänder für einen noch zu bildenden, den Ländern übergeordneten deutschen Staat handeln. Lediglich in der britischen Verordnung wurde die Bundesregierung bereits ausdrücklich genannt.2181 In allen drei Zonen wurde der Ministerpräsident des betreffenden Landes der verantwortliche Treuhänder. Für die Durchführung war jeweils der Kultusminister verantwortlich. Die vorgenannten Vorschriften im amerikanischen Militärgesetz Nr. 19 und in den entsprechenden Verordnungen der französischen und britischen Militärregierungen bestanden bis 1951. Sie wurden durch das Gesetz A16 der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland vom 4. Mai 1951 aufgehoben.2182 Die Entlassung der Kunstschätze und Kulturgüter aus der Beschlagnahme und Verwaltung der jeweiligen Besatzungsmacht bedeutete einen wesentlichen Schritt zugunsten der deutschen Zuständigkeit und damit der gesamten Entwicklung. Praktisch wirkte sich diese Veränderung jedoch nur auf den Collecting Point Wiesbaden aus. Probleme ergaben sich nun jedoch für die Mitarbeiter der Berliner Museen in Wiesbaden, da es für die deutschen Regierungsstellen, die die Treuhandschaft übernommen hatten, massgebend war, dass sich die Berliner Museumsverwaltung im sowjetischen Sektor Berlins in den Stammgebäuden auf der Museumsinsel befand und die Mitarbeiter der Berliner Museen vom hessischen Kultusministerium nicht mehr zu den Kunstwerken zugelassen wurden. Für die Depots in der britischen Zone (Celle) und der französischen Zone (Tübingen) war der Übergang in die deutsche Treuhandverwaltung weniger problematisch, insbesondere auch darum, da die Bestände an Kulturgüter sehr viel kleiner waren als in der amerikanischen Zone.2183

2181

Siehe auch Kühnel-Kunze, S. 123 f.

2182

Siehe Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland Nr. 54 vom 9. Mai 1954, S. 881.

2183

Siehe dazu auch PRO FO 1065/181 (Schloss Celle, Education Branch), Memorandum for the Educational Advisor, MFAA Branch, 8.03.1949. In diesem Memorandum werden bezüglich Kunstgegenständen aus den Berliner Museen Ausführungen gemacht und verschiedene Möglichkeiten für die Behandlung dieser Museumsstücke aufgezeigt.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

V.

Fazit

Bereits im August 1946 hatte die USA eine Terminierung der Beendigung der Restitution per Ende 1946 vorgeschlagen. Dies geschah in einem Zeitpunkt, in dem zwar der gelagerte Umfang der Restitutionsgüter bekannt gewesen war, die Einreichung der Forderungen und deren Zuordnung aber erst in den Anfängen steckten. Die Terminierung war sodann immer wieder ein Thema im Alliierten Kontrollrat. Auch hier waren die Meinungen sehr unterschiedlich. Die von der Restitution Direktbetroffenen wollten während einer möglichst langen Zeitspanne Forderungen einreichen können, während die amerikanischen und britischen Besatzungsmächte auf ein baldiges Ende drängten. Nach längeren Verhandlungen wurde per 1. April 1950 die Beendigung der äusseren Restitution beschlossen. Das gesetzte Datum war sicher verhältnismässig. Seit Kriegsende waren fast fünf Jahre vergangen, und es war sämtlichen ehemals besetzten Staaten und ihren Bürgern möglich gewesen, Anträge zu stellen. Für Flüchtlinge und Vertriebene hat man zudem Sonderlösungen gefunden. In Bezug auf die Kulturgüter konnten die Sammelstellen im September 1951 geschlossen werden. Die nicht identifizierten Kulturgüter, welche nicht den jüdischen Nachfolgeorganisationen zukamen, wurden an eine deutsche Treuhandstelle übergeben, welche versuchte, auch diese Kulturgüter noch zurückzugeben. Mit den Pariser Verträgen und insbesondere dem Überleitungsvertrag, dem eine friedensvertragsähnliche Bedeutung beigemessen wird, wurde die äussere, wie auch die innere Restitution geregelt. Das Bundesrückerstattungsgesetz stellte dabei eine Ergänzung der alliierten Rückerstattungsgesetze dar und führte zu keiner wesentlichen Änderung des Rückerstattungsrechts. Der Überleitungsvertrag statuierte darüber hinaus in Artikel 5, dass in Bezug auf die Kulturgüter die gleichen strengen Massstäbe des Besatzungsrechts weiter gelten sollten. Es galt dabei die Grundprämisse, dass sämtliche Kulturgüter wieder an ihren ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben werden sollten. Diesbezügliche Restitutionsansprüche konnten bis zum 8. Mai 1956 an die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden. Immer wieder werden aber auch in der heutigen Zeit wieder Kulturgüter entdeckt, bei denen geltend gemacht wird, dass sie während des Krieges dem damaligen Eigentümer entzogen worden waren. Solche Forderungen werden heute mit Zivilklagen im Privatrecht erledigt. Obwohl verschiedenste Gesetze und eine riesige Maschinerie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten, bezüglich den Kulturgütern den Zustand vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten wieder herzustellen, gibt es bis in die heutige Zeit Nachwirkungen.

26. Kapitel: Schlussbetrachtungen

26. Kapitel Schlussbetrachtungen 1) Im Zweiten Weltkrieg war die Geltung der HLKO von 1907 als Völkergewohnheitsrecht anerkannt. Ihre Verbote der Beschlagnahme und Zerstörung/Beschädigung von Kulturgütern banden damit das Deutsche Reich und die Alliierten. Die Schädigungshandlungen des Deutschen Reiches, und das Vorgehen der westlichen Alliierten sind an dieser Rechtslage zu messen, obwohl sich diese Rechtsnormen grundsätzlich schon im Ersten Weltkrieg als unzureichend erwiesen hatten. Die britischen und amerikanischen Streitkräfte regelten im Militärhandbuch „Manual of Military Law“ respektive im Handbuch „Rules of Land Warfare“ die völkerrechtlichen Grundnormen der HLKO von 1907. Die militärischen Regelwerke gehen dabei materiell nicht über die Normen der HLKO hinaus. Die Handbücher waren die juristischen Leitlinien für sämtliche Kriegsoperationen. Die alliierten Kommandanten und ihre Truppen hielten sich mehrheitlich an diese Normen. Insbesondere zu Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung bei der Zurückeroberung von Europa zeigte es sich, dass die in der HLKO erlaubte Regelung, dass bei militärischer Notwendigkeit ein Gebäude von kulturellem Wert benutzt oder beschossen werden durfte, von den Streitkräften extensiv ausgelegt wurde. Dabei zeigte es sich, dass die Zerstörung von Kulturgütern zu grossen Reputationsschäden führen kann und den Kampf auf fremdem Territorium mit einer aufgebrachten Bevölkerung noch beschwerlicher und verlustreicher macht. Das Oberkommando der Alliierten Streitkräfte hat aber reagiert und die Grundnormen an die kriegerischen Ereignisse, insbesondere mit Blick auf die Kampfoperationen in den besetzten Gebieten der befreundeten Staaten, angepasst und dabei und für jeden Kommandanten und Soldaten verständliche Weisungen und Verordnungen erlassen. Diese Weisungen waren verhältnismässig und führten dazu, dass die Alliierten Streitkräfte sich im Grundsatz während des Zweiten Weltkrieges im Kampf gegen das Deutsche Reich an die einschlägigen Normen der HLKO von 1907 bezüglich des Kulturgüterschutzes gehalten haben. 2) Nach den umfangreichen Recherchen und Analysen ist es m.E. klar belegt, dass die USA und Grossbritannien und mit ihnen die Alliierten Streitkräfte während des Zweiten Weltkrieges bereits auch die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten am 14. Mai 1954 und das Zusatzprotokoll in den wichtigsten Punkten erfüllt haben. 3) Die MFAA-Offiziere wurden erst vor der Invasion Europas so in die Strukturen der Alliierten Streitkräfte eingefügt, dass sie ihre Arbeit überhaupt richtig aufnehmen konnten. Die MFAA-Offiziere hatten dabei einen schweren Stand, zum einen wollten sich die militärischen Führer nicht aufgrund

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

des Kulturgüterschutzes in ihren Operationen und der Festlegung von militärischen Zielen einschränken lassen, und zum anderen trafen die MFAAOffiziere in Deutschland chaotische Zustände an, und vielerorts gab es keine Verwaltungsstrukturen mehr. Ein wichtiger Punkt ist jedoch, dass die deutsche Bevölkerung die Besetzung durch die westlichen Alliierten als Befreiung sah und mit den alliierten Truppen kooperierte. Dass verschiedene deutschstämmige Soldaten in den alliierten Streitkräften kämpften und mit sich mit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten verständigen konnten, verbesserte ebenfalls die Situation. Die von den Alliierten Streitkräften gewählte Struktur und das Belassen der MFAA-Offiziere in den Stäben verhinderten, dass den MFAA-Offizieren selbst logistische Mittel und Fahrzeuge unterstellt wurden. Die Ereignisse in Merkers zeigen dabei sehr schön auf, wie die Finance Division mittels zugeteilter Fahrzeuge die Vermögenswerte aus dem Bergwerk schnell in Sicherheit bringen konnte. Zwar befanden sich die MFAA-Offiziere bei den kriegsführenden Truppen, konnten dort direkt Einfluss nehmen und wurden später auch organisch in der Civil Affairs Division eingeteilt, wo sie den Schutz, Reparatur und Bewachung von Kulturgütern sicherstellen konnten. Da sie aber Fachoffiziere mit einem zu niedrigen Rang, ohne eigene Fahrzeuge und Logistik waren, sowie auf den Goodwill der einzelnen Truppenkommandanten angewiesen waren, mussten sie sehr viele logistische Planungen vornehmen und unzählige Absprachen treffen, bevor sie jeweils Verlagerungen oder Sicherungen von Kulturgütern vornehmen konnten. Dazu kam, dass die Anzahl dieser Spezialisten in keiner Art und Weise angemessen war, um den Schutz dieser riesigen Anzahl an Kulturgütern zu gewährleisten. Bis zum Ende des Krieges und auch noch während der Besatzungszeit verpasste man es, der MFFA Abteilung eine Struktur und Logistik zu geben, die den Aufgaben gerecht gewesen wäre. Die aufgefundenen Dokumente in den verschiedenen Archiven zeigen aber klar auf, dass die Bergung und Rückerstattung der Kulturgüter weisungskonform erfolgt war. Die spezialisierten Offiziere leisteten dabei durchwegs hervorragende Arbeit, und dank ihres Einsatzes konnte doch eine überwiegende Anzahl von Kunstwerken gesichert und zurückerstattet werden. Grundsätzlich war die gewählte Struktur für MFAA Offiziere sicher nicht völlig inadäquat gewesen. Indem das Oberkommando den MFAA-Offizieren in den Stäben einen höheren Rang und eigene Fahrzeuge zur Verfügung gestellt hätte, wäre aber die Überprüfung aller Kulturgüter an der Front einfacher und der Einfluss der MFAA-Offiziere grösser gewesen. Auf der anderen Seite hätte man in der Civil Affair Division, eigentliche MFAA Detachemente aufstellen müssen, die logistisch unabhängig gewesen wären und zusammengefasst als militärische Einheit (ähnlich der T-Forces) mit sämtlichen logistischen und administrativen Mitteln ausgerüstet dem Oberkommando oder der Militärregierung unterstellt gewesen wäre.

26. Kapitel: Schlussbetrachtungen

4) Im Lichte der Diskussion wurden zudem sowohl die „T-Force“-Einheiten, die „Goldcup Teams“, die Counterintelligence-Spezialisten und der militärische Geheimdienst in die Untersuchung einbezogen. Aufgrund einer umfassenden Analyse ihrer jeweiligen Aufträge, Organisation und der durchgeführten Operationen kann aufgrund der vorhandenen Dokumentation ausgeschlossen werden, dass diese Spezialeinheiten systematisch hochwertige Kunstschätze im Auftrag der amerikanischen Regierung gesucht haben. Ihre einschlägigen Befehle und Aufträge waren klar auf andere Ziele ausgerichtet und widersprachen nicht den geltenden Verordnungen der Streitkräfte, den militärischen Gesetzen und dem Völkerrecht. Es konnten auch keine Beweise gefunden werden, wonach diese Einheiten Kulturgüter beschlagnahmt hatten, ohne dass dies der MFAA Abteilung mitgeteilt worden war. 5) Die verschiedenen Kulturgüterschutzkommissionen leisteten bis zu ihrer Auflösung einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Kulturgüter in den besetzten europäischen Staaten und in den Kriegszonen. Ohne diese Arbeiten hätten die militärischen Truppen ohne jegliche Kenntnisse von wichtigen Kulturgütern, Bauwerken, Museen, Kirchen, Archiven etc. in den europäischen Staaten gekämpft, und es wäre zweifelsohne zu viel grösseren Schäden gekommen. Nur mittels der vorgelegten Listen, Karten und Handbücher konnte den einschlägigen Rechtsnormen der HLKO überhaupt Nachachtung verschafft werden. Daneben waren sie verantwortlich, dass dem Kulturgüterschutz in den Alliierten Streitkräften genügend Rechnung getragen und dafür spezialisierte Offiziere eingesetzt wurden. 6) Die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 wird in der heutigen Völkerrechtswissenschaft als das Bekenntnis der Siegermächte zur Wiederherstellung der alten Vermögensverhältnisse und damit zur Restitution gesehen. Die Londoner Erklärung hat diesbezüglich eine politische Bedeutung, da sie zur Grundlage der alliierten Restitutionspolitik und zum Leitfaden für die späteren Friedensverhandlungen mit den mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten wurde. Diese Erklärung war auch die Grundlage für die verschiedenen Gesetze, Proklamationen, Verweisungen und Verordnungen, die von den einzelnen Besatzungsmächten, aber auch vom Alliierten Kontrollrat erlassen wurden. Ihre rechtliche Bedeutung ist umstritten. Da sich die unterzeichnenden Staaten lediglich vorbehielten, die Übertragung von Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt für nichtig zu erklären, eine Nichtigkeit jedoch nicht direkt aussprachen, hatte zur Folge, dass die Erklärung lediglich deklaratorischen Charakter hatte und im bestehenden Völkerrecht nicht verankert war. Die Londoner Erklärung selbst war aus diesem Grund nicht geeignet, Geschäfte völkerrechtlich unwirksam zu erklären. Die Resolution VI der Bretton Woods Konferenz war eine Weiterung der Londoner Erklärung. Es war eine Massnahme, um die neutralen Staaten zur Erstattung der bei ihnen befindlichen, von den Achsenmächten verschleppten Werte zu ver-

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

anlassen. Auch dieser Warnung an die neutralen Staaten kam lediglich deklatorische Bedeutung zu und war durch ein innerstaatliches Gesetz in unmittelbar geltendes Recht umzuformen. 7) Ein gemeinsames alliiertes Restitutionsprogramm konnte nie in Kraft gesetzt werden. Zu unterschiedlich waren die Ansichten der verschiedenen Besatzungsmächte. Die gesamten Restitutionsverhandlungen und auch die dazugehörige Gesetzgebung waren nicht geprägt vom Völkerrecht, sondern von den einzelnen Anliegen der Besatzungsmächte und den ehemals besetzten Staaten. Die Planungen der Gesetzgebungen der Alliierten im Bereiche Restitution im Allgemeinen und derjenigen von Kulturgütern im Speziellen ist unübersichtlich und verwirrend. Waren sich die Alliierten in ihrem Bekenntnis zur allgemeinen Restitution einig, herrschte jedoch Unstimmigkeit über Umfang und konkrete Ausgestaltung der Restitutionsverpflichtung und -vornahme. Die Alliierten hatten zwar umfangreiche Vorschriften erlassen, mit denen von den Nationalsozialisten geraubtes Eigentum, angegeben, erfasst und eingezogen wurde, jedoch konnten sie sich nach der Besetzung von Deutschland und deren Kapitulation nicht auf eine gemeinsame Definition des Begriffes und den Umfang der Restitution einigen. Obwohl gute Vorarbeiten geleistet worden waren, konnten erst die Richtlinien des Kontrollrats für die Rückerstattung vom 21. Januar und 8. März 1946 den Begriff der Restitution definieren und die Art und Weise ihrer Durchführung bestimmen. Ausser dieser Definitionen konnte zudem noch eine alliierte Interims Restitution in Kraft gesetzt werden. Mit ihr konnten klar identifizierte Kulturgüter, die vom Deutschen Reich aus den besetzten Gebieten weggenommen worden waren, dem berechtigten Staat wieder ausgeliefert werden. Die Interim Restitution half zum einen die immensen Kulturgüterbestände abzubauen und auf der anderen Seite wurden die ungeduldigen ehemaligen besetzten Staaten mindestens zum Teil befriedigt. Die tatsächlichen Restitutionsprogramme wurden aber von jeder Besatzungsmacht mittels eigener Gesetze vorgenommen. 8) Die äussere (external) Restitution bezog sich auf Eigentum von Bürgern der alliierten Staaten, das von den Nazis in den ehemals besetzten deutschen Gebieten weggenommen und nach Deutschland verbracht worden war. Es schloss auch solche Gegenstände ein, die unter vertraglichem Zwang hergestellt worden waren. Die äussere Restitution war die Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung. Die erzwungene Wegnahme von Vermögenswerten durch einen Staat ausserhalb seiner Grenzen gilt als völkerrechtliches Unrecht, das – soweit möglich – in der Form der Restitution wieder gutgemacht werden soll. Aktiv legitimiert ist der Siegerstaat; passiv legitimiert ist der besiegte Staat; überhaupt nicht legitimiert ist der geschädigte Bürger des Siegerstaates. Die äussere Restitution setzte keine nationalsozialistischen Verfolgungsmassnahmen voraus. Sie verlangte lediglich die Wegnahme unter

26. Kapitel: Schlussbetrachtungen

Zwang, mit oder ohne Befehl, Diebstahl, Requisition oder andere Formen erzwungener Besitzentziehung einer Sache und deren Verbringung nach Deutschland. Als Rechtsgrundlage für die äussere Restitution ist die Kontrollratsproklamation Nr. 2 zu sehen. In den Ziffern 19 a) bis c), die auf der Londoner Erklärung basieren, werden die Eckwerte für die verschiedenen Besatzungsmächte im Bereiche der Restitution erlassen. Die amerikanische Militärregierung erhielt zudem von ihrer Regierung die Direktive JCS 1779. Die Direktive nimmt nochmals auf die Kontrollratsproklamation Nr. 2, welche wiederum auf die Londoner Erklärung verweist, Bezug und sieht für die in § 17 geregelte Restitution dort die Rechtsgrundlage. In einer späteren Phase wurde die äussere Restitution in der amerikanischen Besatzungszone aufgrund der Direktive „External Restitution“ vom 11. Mai 1948 geregelt und durchgeführt. Sie enthielt zu den militärischen Weisungen und den Direktiven des ACA Unterschiede. Die Differenzen waren politischer Natur so wurde festgelegt, dass man der Sowjetunion nur wenn unbedingt notwendig Güter zurückgeben solle. In diesem Zeitpunkt treten bereits die unüberbrückbaren Gegensätze zur Sowjetunion, die in den Kalten Krieg mündeten, zutage. Die USA war aus politischen Motiven gewillt, sich über internationale Verträge hinwegzusetzen. Grosse Mengen an Restitutionsgut konnte an die verschiedenen Staaten herausgegeben werden. Die äussere Restitution war sowohl in der amerikanischen, wie auch in der britischen Zone äusserst erfolgreich. 9) Neben dem Bekenntnis der Besatzungsmächte zur Restitution war die Frage umstritten, ob Kulturgüter Gegenstand von Reparationsforderungen sein sollten. Die Frage der „restitution in kind“ als eine Art Reparation war jedoch für die von den Verschleppungen und Zerstörungen betroffenen Staaten zentral. Dabei weist „restitution in kind“ als ein Rechtsinstitut des Völkergewohnheitsrechts, wie sie auch in den Friedensverträgen nach dem Zweiten Weltkrieg statuiert wurden, einen Regelungszusammenhang zu den Schadenersatzansprüchen des Kriegsvölkerrechts auf. Sie stellt aber klarerweise einen Ausnahmetatbestand dar, da sie erst geschuldet ist, wenn die Restitution von Kulturgütern nicht möglich ist, da diese zerstört oder unauffindbar verschollen sind. Die Umsetzung dieses Rechtsinstitutes war aber sehr schwierig. Es war darauf ausgelegt, dass eine äquivalente Ersatzleistung geschuldet ist. Da jedes Kulturgut Unikatscharakter hat, ist es fast nicht bestimmbar, welche Objekte von vergleichbarer oder ähnlicher Qualität sind. Es hat sich denn für die „restitution in kind“ auch keine Regel herausgebildet und wurde von den westlichen Besatzungsmächten nie praktisch angewendet. Die Untersuchungen haben ergeben, dass einerseits von einer umfassenden Restitutionspflicht für im Kriege entwendete Kulturgüter ausgegangen wird, und andererseits eine grosse Zurückhaltung gegenüber der Verwendung von Kulturgütern als Objekte für Reparationsleistungen oder für die „restitution in kind“ bestand.

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2. Teil: Rechtliche Aspekte der Rückerstattung durch die westlichen Alliierten

10) Die Verlagerung der 202 deutschen Gemälde aus der amerikanischen Besatzungszone in die USA hat einen gewaltigen Reputationsschaden bewirkt. Sowohl die deutsche Bevölkerung, wie auch die anderen Besatzungsmächte waren über diese Handlung überrascht und standen der USA von diesem Zeitpunkt an sicher kritischer gegenüber. Die Handlung verstösst dabei gegen das Völkerrecht. Die grundsätzlich als Ausnahmetatbestand zur HLKO konzipierte Schutzbeschlagnahme findet bei diesen Bildern keine Anwendung. Damit die Beutekunstbeschlagnahme als Schutzbeschlagnahme gerechtfertigt wäre, hätten die beschlagnahmten Kulturgüter objektiv aufgrund der Nachkriegssituation gefährdet sein müssen. Zudem hätte das Eingreifen der Besatzungsmacht notwendig und die Verbringung in die USA als ultima ratio erforderlich sein müssen, da in Deutschland ein Schutz nicht gewährleistet werden konnte. Diese Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Die Besatzungszone und mit ihr die MFAA-Offiziere hätten die Lagerung, wie sie es mit hunderttausend anderen Kulturgüter gemacht hatten, ohne dass eine Gefährdung eingetreten wäre, vornehmen können. 11) Die völkerrechtlichen Grundlagen für die Wiedergutmachung beruhen sowohl auf besatzungsrechtlichen als auch auf zwischenstaatlichen Normen. Mit den besatzungsrechtlichen Rückerstattungsgesetzgebungen ging es um die Wiedergutmachung im Wege der inneren (internal) Restitution, welche nicht durch innerstaatliches Recht geregelt war, sondern durch Gesetzgebungsakte der Besatzungsmächte, die diese aufgrund der von ihnen in der Kontrollratsproklamation Nr. 2 statuierten Besatzungsziele erlassen hatten. Die innere Rückstattung regelt im Unterschied zur äusseren die Rückerstattung, aufgrund der durch die Verfolgung entstandenen diskriminierenden Vermögensverschiebungen auf dem Territorium Westdeutschlands. Während das Recht der inneren Rückerstattung von den Besatzungsmächten gesetztes deutsches Recht ist, handelt es sich bei der äusseren Rückerstattung um Völkerrecht. Im Gegensatz zum normalen Privatrecht wurde in den besatzungsrechtlichen Rückerstattungsgesetzgebungen der gute Glaube eines Eigentümers nicht geschützt. Es war ein Grundprinzip der Rückerstattungsgesetzgebung, dass es ausgeschlossen war, dass ein entzogener Vermögensgegenstand kraft guten Glaubens erworben werden konnte. Insbesondere bei Kulturgütern, ausser bei Kunstgegenständen ohne besonderen Wert, war der Erwerb im guten Glauben ausgeschlossen worden. Mit der Gründung und Legitimierung einer jüdischen Organisation als Rechtsnachfolgerin der ermordeten Juden wurde erstmals in der Völkergeschichte eine Institution geschaffen, welche berechtigt war, erbloses und unbeanspruchtes jüdisches Vermögen treuhänderisch zu verwalten. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass nach 1945 kein Völkerrechtssubjekt existierte, das berechtigt gewesen wäre, die Restitution der herrenlosen jüdischen Kulturgüter

26. Kapitel: Schlussbetrachtungen

in ihrer Gesamtheit zu verlangen.2184 Im Rahmen der Rückerstattungsgesetzgebung waren die jüdischen Nachfolgeorganisationen in den jeweiligen Besatzungszonen berechtigt, herrenloses Kulturgut als Vertreterin des jüdischen Volkes als Ganzes zu beanspruchen und zu verteilen. 12) Die Pariser Verträge von 1949 waren die Grundlage mit denen die Rechte und Kompetenzen der neuen Bundesrepublik Deutschland geregelt wurden. Dabei regelt insbesondere der Überleitungsvertrag, dem eine friedensvertragsähnliche Bedeutung beigemessen wird, die äussere wie auch die innere Restitution. Das Bundesrückerstattungsgesetz stellte dabei eine Ergänzung der alliierten Rückerstattungsgesetze dar und führte zu keiner wesentlichen Änderung des Rückerstattungsrechts. Der Überleitungsvertrag bildet auch den Abschluss der alliierten Restitutionspolitik. Die Bundesrepublik Deutschland wurde verpflichtet, Ansprüche gegen das Deutsche Reich zu befriedigen und eine beschleunigte Abwicklung alliierter Rückerstattungsgesetze sicherzustellen. Es galt dabei die gleiche Grundprämisse, dass sämtliche Kulturgüter wieder an ihren ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben werden sollten. Diesbezügliche Restitutionsansprüche konnten bis zum 8. Mai 1956 an die Bundesrepublik Deutschland gestellt werden. Immer wieder werden aber auch in der heutigen Zeit wieder Kulturgüter entdeckt, bei denen geltend gemacht wird, dass sie während des Krieges dem damaligen Eigentümer entzogen worden waren. Solche Forderungen werden heute mit Zivilklagen im Privatrecht erledigt. Obwohl verschiedenste Gesetze und eine riesige Maschinerie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten, bezüglich den Kulturgütern den Zustand vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten wieder herzustellen, gibt es bis in die heutige Zeit Nachwirkungen. Insgesamt kann aber den westlichen Besatzungsmächten ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt werden. Es gelang ihnen den grössten Teil der verlagerten Kulturgüter wieder an den tatsächlichen Eigentümer oder einer Treuhandorganisation zurückzugeben. Durch die Arbeit der Besatzungsmächte konnte zudem verhindert werden, dass weitere Kulturgüter zu Schaden kamen, und dass beschädigte Kulturgüter in ganz Europa wieder repariert und restauriert wurden.

2184

Siehe Greenfield, The return of cultural treasure, 1996, S. 244.

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Zusammenfassung Über 50 Jahre nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges stellen sich nach wie vor zahlreiche rechtliche Fragen in Bezug auf die Folgen des Kriegs für einen wirksamen Kulturgüterschutz. Diese Fragen ergeben sich auch für die rechtliche Behandlung der Kulturgüter, die während des Kriegs von der nationalsozialistischen deutschen Regierung in den besetzten Gebieten geraubt und nach Deutschland geschafft worden waren und dort nach dem Krieg von den Alliierten teilweise aufgefunden und den Staaten, in welchen sich die rechtmässigen Eigentümer befanden, wieder zurückerstattet wurden. Für eine Beantwortung dieser Fragen ist vorerst der genaue Ablauf der Restitutionspolitik der Alliierten in rechtlicher wie auch historischer Hinsicht zu klären. Dabei ist insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Laufe der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Rückführungen von Beutekunstwerken von Fachkreisen immer wieder konkret behauptet wurde, dass die westlichen Alliierten, ähnlich der sowjetischen Regierung, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gezielt nach deutschem Kulturgut gesucht, aufgefundene Objekte beschlagnahmt und auf Befehl der Regierungen in ihre Staaten geschafft hätten. In dieser Diskussion über das Schicksal von Kunstwerken aus öffentlichen Sammlungen Deutschlands, die seit 1945 verschollen sind und sich zumeist in Auslagerungsorten befanden, wurde die These aufgestellt, dass auch die vorrückenden westlichen alliierten Armeeeinheiten mittels Spezialeinheiten der zivilen und militärischen Geheimdienste systematisch hochwertige Kunstschätze gesucht hätten. Mittels einer genauen Überprüfung der Restitutionspolitik der westlichen Alliierten wurde der Frage nachgegangen, ob es derartige Sondereinheiten tatsächlich gab und Gesetze oder Gesetzeslücken vorhanden waren, welche eine solche Suche und Beschlagnahmung gestattet hätten. Die Fragestellung hat in juristischer Hinsicht grosse Bedeutung. Die Existenz von solchen Sondereinheiten und ihre allfälligen Beschlagnahmungen hätte, je nachdem wie sie rechtlich beurteilt würde, Konsequenzen einerseits für die Herausgabe von verschollen geglaubten Kulturgütern an Deutschland und für eine Neubeurteilung der Reparationszahlungen, aber auch für die Aufarbeitung des schweizerischen Kunsthandels im Zweiten Weltkrieg und deren rechtliche Beurteilung. Das Buch befasst sich in einem ersten Teil ausführlich mit den Vorgängen während der Besetzung von Deutschland und mit der Sicherstellung von verlagerten und geraubten Kulturgütern. Nach einer einleitenden Darstellung der zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges vorherrschenden völkerrechtlichen Regelungen in Bezug auf Kulturgüter befassen sich die folgenden Kapitel mit der auf die Sicherstellung von Kunstwerken spezialisierten alliierten Offiziere der „Monument and Fine Arts and Archives“-Abteilung innerhalb des Supreme Headqua-

Zusammenfassung

ters of Allied European Forces (SHAEF). Gleichzeitig wird auch aufgezeigt, welche grundlegenden Rechtsnormen die westlichen Alliierten zum Schutz der Kulturgüter in ihren militärischen Gesetzen kannten und wie sich der Kulturgüterschutz während des Zweiten Weltkrieges massiv verbesserte. Die aufgefundenen Dokumente in den verschiedenen Archiven zeigen klar auf, dass die Bergung und Rückerstattung der Kulturgüter weisungskonform erfolgt war. Die spezialisierten Offiziere leisteten dabei hervorragende Arbeit, und dank ihres Einsatzes konnte doch eine überwiegende Anzahl von Kunstwerken gesichert und zurückerstattet werden. Im Lichte der Diskussion wurden zudem sowohl die „T-Force“-Einheiten, die „Goldcup Teams“, die Counterintelligence-Spezialisten und der militärische Geheimdienst in die Untersuchung einbezogen. Aufgrund einer umfassenden Analyse ihrer jeweiligen Aufträge, Organisation und der durchgeführten Operationen kann aufgrund der vorhandenen Dokumentation ausgeschlossen werden, dass diese Spezialeinheiten systematisch hochwertige Kunstschätze gesucht haben. Ihre einschlägigen Befehle und Aufträge waren klar auf andere Ziele ausgerichtet und widersprachen nicht den geltenden Verordnungen der Streitkräfte, den militärischen Gesetzen und dem Völkerrecht. Der zweite Teil des Buches untersucht anhand der in den Archiven vorgefundenen einschlägigen Dokumente, was mit den von den westlichen Besatzungsmächten sichergestellten Kulturgütern geschah und aufgrund welcher Gesetzesgrundlagen die Restitutionen erfolgt waren. Bei den Kulturgütern handelt es sich zum einen um Gegenstände, welche aus den von den Nationalsozialisten besetzten europäischen Staaten stammten, zum anderen aber auch um Kulturgüter, welche die Nazis in Deutschland natürlichen Personen aufgrund ihrer Rasse oder politischer und gesellschaftlicher Zugehörigkeit enteignet hatten. Es wird aufgezeigt, wie in den verschiedenen Ländern, insbesondere in den USA und in Grossbritannien, private Organisationen gegründet wurden, welche sich dem Schutz der Kulturgüter verschrieben. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Regierungen dieser Staaten und damit auch das Militär sich mit dem Problem auseinandersetzten. Dabei entwickelten sowohl die Exilregierungen der besetzten Staaten wie auch die westlichen Alliierten Massnahmen, um den Schutz auf gesetzlichem Weg durchsetzen zu können. Als Ausgangspunkt für die Restitution kann dabei sicher die Londoner Erklärung vom 5. Januar 1943 genannt werden, welche im vorliegenden Buch ausführlich behandelt wird. Diese Erklärung war die Grundlage für die verschiedenen Gesetze, Proklamationen, Verweisungen und Verordnungen, die von den einzelnen Besetzungsmächten, aber auch vom Alliierten Kontrollrat erlassen wurden. Im Folgenden wird auf die verschiedenen erfolglosen Versuche der Siegermächte mit ihren Konferenzen und ihren eingesetzten Kommissionen, wie Aussenministerrat und European Advisory Commission, eine alliierte Restitutionspolitik zu verabschieden, Bezug genommen. Die Siegesmächte konnten sich in der Folge weder auf eine alliierte Restitutionskommission noch auf eine einheitliche alliierte Restitutionspraxis eini-

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gen. Dem Alliierten Kontrollrat gelang es lediglich und in zähen Verhandlungen, den Begriff Restitution im Lichte der Londoner Erklärung zu definieren. Bezüglich der für die einzelnen ehemals besetzten Länder viel wichtigere Frage der „Restitution in Kind“ wurde zwar eine Direktive verabschiedet, weder die Amerikaner noch die Sowjetunion hatten jedoch aus verschiedenen Gründen Interesse, eine solche Direktive durchzusetzen, weshalb sie grundsätzlich unbeachtet blieb. Bei der „Restitution in Kind“ werden wie bei der Reparation dem Gegner zusätzliche aus dem eigenen Vermögen zu erfüllende Lasten auferlegt. Bei der „Restitution in Kind“ ging es konkret um die Erfüllung eines Rückgabeanspruchs. Kann der Gegner die von ihm angeeignete Sache nicht mehr in natura herausgeben, so soll er verpflichtet werden, den Wert der Sache zu entschädigen. Die ausführlichen Darlegungen ergeben, dass einerseits von einer umfassenden Restitutionspflicht für im Kriege entwendete Kulturgüter ausgegangen wird und andererseits eine grosse Zurückhaltung gegenüber der Verwendung von Kulturgütern als Objekte für Reparationsleistungen oder für die „Restitution in Kind“ bestand. In den europäischen Friedensverträgen von 1947 erscheint jedoch trotzdem regelmässig die „Restitution in Kind“ für Kulturgüter, während bei der Behandlung von Deutschland aber von diesem Prinzip wieder abgegangen wurde. Die weiteren Kapitel befassen sich in der Folge mit den Rückerstattungsgesetzgebungen in den einzelnen Zonen der westlichen Besatzungsmächte. Dabei wird zuerst die äussere Restitution analysiert, welche sich auf Eigentum von Bürger alliierter Staaten bezog, das von den Nazis in den ehemals besetzten deutschen Gebieten weggenommen und nach Deutschland verbracht worden war. Die äussere Restitution war die Erfüllung einer völkerrechtlichen Verpflichtung. Aktivlegitimiert ist der Siegerstaat; passiv legitimiert ist der besiegte Staat; überhaupt nicht legitimiert ist dabei der geschädigte Bürger des Siegerstaates. Die innere Restitution bezieht sich auf die Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Personen, die aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus entzogen worden sind. Die Vorschriften für die innere Restitution beruhen auf dem Gesetz Nr. 59 der amerikanischen Militärregierung, dem Gesetz Nr. 59 der britischen Militärregierung, der Verordnung 120 der französischen Militärregierung, der Direktive Nr. 50 des Kontrollrates, den Verordnungen 150 und 159 der britischen Militärregierung, dem Gesetz Nr. 58 der amerikanischen Militärregierung, der Verordnung 141 des französischen Oberkommandierenden und dem Gesetz Nr. 52 des SHAEF und der Militärregierungen sowie der hierzu erlassenen Durchführungsverordnungen, Anordnungen, Genehmigungen und Anweisungen. In den einzelnen Kapiteln wird das Zustandekommen dieser gesetzlichen Normen, die Umsetzung der Normen und danach die tatsächliche Durchführung der Restitution in den einzelnen Zonen und den westlichen Sektoren Berlins für die

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verschiedenen Gruppierungen und Staaten ausführlich abgehandelt. So geht es nicht nur um die Restitutionen an die ehemals besetzten alliierten Staaten, an die Sowjetunion und ehemals feindliche Staaten, sondern auch um die Restitution von herrenlosen jüdischen Kulturgütern und diejenige an Flüchtlinge und Vertriebene. Der zweite Teil des Buches beschreibt am Schluss die Beendigung der Restitution durch die alliierten Besatzungsmächte und den Übergang der Restitutionspflicht aufgrund des Überleitungsvertrages an die Bundesrepublik Deutschland. Im Überleitungsvertrag verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland, Ansprüche gegen das Deutsche Reich zu befriedigen und eine beschleunigte Abwicklung der alliierten Rückerstattungsgesetze sicherzustellen.

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Summary Over 50 years after the end of the Second World War, numerous legal questions regarding the consequences of the war for an effective protection of cultural goods still remain unanswered. These questions also arise with regard to the legal treatment of the cultural goods which were stolen by the National Socialist German government in the occupied countries and taken to Germany, where after the war, they were partly found by the Allies and restituted to the governments of the countries in which their legal owners lived. To reply to these questions, it is first necessary to elucidate the exact progress of the Allies’ restitution policy in both legal and historical terms. Particular attention must be paid to the fact that, in the context of scholarly investigations into the restitution of stolen art, experts have continually expressed the specific claim that similarly to the Soviet government, the Western Allies conducted a targeted search for German cultural goods, seized any works they found and, at the behest of their governments, shipped them back to their own countries for good. In this discussion about the fate of works of art from Germany’s public collections, most of which were taken to evacuation sites and have been missing since 1945, the proposition was put forward that special units of civilian and military intelligence had accompanied advancing American and British troops in order to conduct a systematic search for valuable works of art. A painstaking examination of the restitution policy of the American and British governments is intended to provide an answer to the question as to whether such special units for cultural goods did in fact exist and whether there were any laws or legal loopholes which would have sanctioned the search and seizure of art. These questions are of great legal significance. Depending on how it would be judged on legal grounds, the existence of such special units and the seizures they made would have consequences not only for the restitution to Germany of cultural goods thought missing and for a reassessment of reparation payments, but also for historical research into the Swiss art trade during the Second World War and its appraisal in terms of the law. Thus the first part of this book provides a detailed account of the course of events during the occupation of Germany and of the securing of evacuated and looted cultural property. After an introductory description of the rules and regulations prevalent in international law with regard to cultural goods at the time of the Second World War, the subsequent chapters deal with the Allied officers of the Monuments and Fine Arts and Archives Department within the Supreme Headquarters of Allied European Forces (SHAEF), who specialised in the safeguarding of art. At the same time it is shown what fundamental legal norms the Western Allies knew in their military law and how the protection of cultural property increased massively in the course of the Second World War. The documents that were discovered in the various archives clearly demonstrate that the

Summary

recovery and restitution of the cultural goods were conducted in accordance with instructions. The specialist officers did sterling work, and thanks to their efforts, an overwhelming number of works of art could be secured and returned. In the light of the discussion, the T-Force Units, the Goldcup Teams, the counter-intelligence specialists and military intelligence were included in the investigation. On the strength of a comprehensive analysis of their respective tasks, organisation and operations, existing documents rule out that these special units systematically searched for valuable art treasures. Their relevant commands and orders were clearly directed at different targets and did not run counter to the applicable regulations of the armed forces, military law and international law. The second part of the book makes use of the relevant documents discovered in the archives to examine both what happened to the cultural property secured by the Western forces of occupation and the legal foundations on which their restitution was based. These cultural goods were not only objects that originated from the European countries occupied by the National Socialists, but also objects which the Nazis had appropriated from private individuals in Germany on account of their race or political or social status. This part of the book also shows how in various countries, and particularly in the USA and the UK, private organisations were established which devoted themselves to the protection of cultural goods. It is thanks to them that the governments of these countries, and thus also the military, began to tackle this problem. Both the exiled governments of the occupied countries and the Western Allies developed measures for the protection of cultural property to be enforced by way of legislation. The Declaration of London of 5 January 1943, which is treated in detail in this book, may surely be called the starting point of restitution; indeed, this declaration provided the cornerstone for the various laws, proclamations, orders and regulations that were issued both by the individual powers of occupation and by the Allied Control Council. The book then refers to the various unsuccessful attempts made by the victorious powers and the commissions set up by them such as the Council of Foreign Ministers and the European Advisory Commission, to adopt an Allied restitution policy. Subsequently, the victorious powers were unable to consent either to the appointment of an Allied restitution commission or to the adoption of a standard Allied practice of restitution. In tough negotiations, the Allied Control Council merely managed to define the term “restitution” in the light of the London Declaration. With regard to the question of “restitution in kind”, which was of far greater importance for the individual formerly occupied countries, a directive was indeed adopted, but for a variety of reasons, neither the Americans nor the Soviets had any interest in enforcing such a directive, which is why it was basically disregarded. As is the case with reparation, restitution in kind meant that an additional liability was imposed upon the enemy, which he would have to discharge with his own assets. Specifically, restitution in kind was about the satisfaction of the claim for the return of property. If the enemy is no

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longer able to return the object he has appropriated in kind, he should be bound over to indemnify the value of this object. Detailed representations evince that, on the one hand, a comprehensive obligation to restitute any cultural goods looted during the war was assumed to be applicable while, on the other hand, there was a great deal of restraint regarding the use of cultural property as objects for reparation payments or for restitution in kind. Nonetheless, the European Peace Treaties of 1947 regularly refer to “restitution in kind” for cultural goods, whereas this principle was abandoned again when it came to dealing with Germany. The following chapters then deal with the restitution legislation adopted in the individual zones of the Western occupation forces. The analysis first focuses on external restitution, which referred to property owned by citizens of Allied countries which the Nazis had looted in the formerly occupied German territories and shipped to Germany. External restitution was the satisfaction of an obligation under international law. Active legitimation rests with the victorious power, passive legitimation with the defeated country, whereas the aggrieved citizen of the victorious country has no legitimation at all. Internal restitution refers to the return of ascertainable assets to persons from whom they were appropriated for reasons of race, religion, nationality, weltanschauung or political opposition to National Socialism. Regulations concerning internal restitution are subject to American Military Government Law No. 59, British Military Government Law No 59, French Military Government Regulation No. 120, Directive No. 50 of the Control Council, Regulations 150 and 159 of the British Military Government, American Military Government Law No. 58, Regulation 141 of the French Commander-in-Chief, SHAEF Law No. 52 and the concomitant implementing orders, ordinances, approvals and instructions. The individual chapters provide a detailed examination of how these legal norms were adopted, how they were implemented, and how the actual restitution to the various groupings and countries was conducted in the individual zones and in the Western sectors of Berlin. This does not only concern restitution to the formerly occupied Allied countries, to the Soviet Union and to former enemy states, but also the restitution of ownerless Jewish cultural goods, and restitution to refugees and displaced persons. Finally, the second part of the book describes the termination of restitution by the Allied occupation forces and the transfer of the restitution obligation to the Federal Republic of Germany on the basis of the Settlement Convention. In the Settlement Convention, the Federal Republic of Germany undertook to satisfy claims against the German Reich and to ensure an accelerated application of the Allied restitution laws.

Quellenübersicht I. Quellen 1. Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . a) Bundesrepublik Deutschland Institute für Zeitgeschichte . . . . . . . . . . b) Grossbritannien Public Record Office, Kew Gardens (London) c) Vereinigte Staaten von Amerika National Archives and Record Administration (NARA) College Park, Maryland . . . . . . . National Gallery of Art, Washington D.C. . . 2. Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Organigramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Karten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Literaturverzeichnis

I. Quellen 1. Ungedruckte Quellen a) Bundesrepublik Deutschland Institut für Zeitgeschichte OMGUS Akten 3/121-2/1; Prov. ED Dir. Off., Reparation, Deliveries and Restitution Division USGCC, various subjects among other things: art objects in the US zone. OMGUS Akten 3/88-2/31; Prop Div. Off. OMGUS Akten 5/345-2/41; Prov. ECR: Art intelligence officer’s reports. On special restitution projects, cases, monuments and castles such as Weissendorf and Kronenberg castles OMGUS Akten 5/345-3/22; Prov. ECR, Restitution of art objects: discussion with French officers. OMGUS Akten 5/345-3/44; Prov. ECR RG 84/POLAD 768/28 (Restitution of looted art works to nations & individuals) RG 260/47/14/1, AG (Works of Art or cultural Material restitution of, transfer to German agencies, confiscation of literature by CIC [Corresp. Directives Cables]) RG 260/47/14/2, AG (Works of art or cultural materials, restitution of transfer to German agencies) RG 260/1949 93/1 AG (Restitution Matters)

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Quellenübersicht

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I. Quellen

FO 1050/1439 (Displaced German Branch) FO 1050/1440 (SHAEF German Handbooks) FO 1050/1441 (Germany Internal General Policy) FO 1050/1443 (Interrogation of Civilians) FO 1050/1444 (Other Countries – Policy) FO 1050/1445 (Commissions Belgium) – Advisory Commission FO 1050/1446 (Frontier Control) FO 1050/1447 (Progress Reports Consolidation) FO 1050/1448 (War establishment) FO 1050/1449 (Directives for Corps District Commanders on administration of Mil. Gov. in the US Zone) FO 1050/1450 (Minutes of Meetings of working party to discuss Points arising out of Draft Directive from COS (BZ) FO 1050/1452 (Joint Intelligence Committee) FO 1050/1453 (Displaced Persons P/W and Concentration Camps) FO 1050/42 (Monuments, Fine Arts & Archives – General) FO 1050/43 (Recovery of German Works of Art) FO 1050/805 (Goldcup Target) FO 1057 Control Office for Germany and Austria and Foreign Office: Control Commission for Germany (British Element), Reparations, Deliveries and Restitutions Division: Registered Files (RDR Series) and Reports 1945–1950 FO 1057/8 (Progress reports on restitution in British zone) FO 1057/22 (Restitution of cultural objects) FO 1057/24 (Policy and Correspondence General Vol. 1) FO 1057/25 (Policy and Correspondence General Vol. 2) FO 1057/26 (Policy and Correspondence General Vol. 3) FO 1057/30 (Internal Procedures for Restrictions) FO 1057/8 (Progress Report on the work of Restitution in the British zone) FO 1065 Control Commission for Germany (British Element), Personnel Administration, Maintenance, and Organisation Branches and predecessors: Registered Files (HQ, CAO and other Series) 1944–1954 FO 1065/12 (Investigation of FIAT and T Force) FO 1065/16 (Mil Gov Br T in Berlin) FO 1065/17 (Org of CONCOMB) FO 1065/178 (Schloss Celle, losses and Police Investigation) FO 1065/179 (Schloss Celle, Transfer of Collections to German Authorities) FO 1065/180 (Schloss Celle, Restitution to ohter Countries of Articles in Collection) FO 1065/181 (Schloss Celle, Education Branch) FO 1065/182 (Schloss Celle, Education Branch) FO 1065/183 (Governmental Affairs & Legislation Section, Land Commissioner’s Office) FO 1065/184 (Schloss Celle, Brief History of Zonal Arts Repository at) FO 1065/185 (Schloss Celle, Property Control Section Hannover, File No. 9) FO 1065/186 (Losses at Zonal Fine Arts Repository at Schloss Celle) FO 1065/188 (Central Repository Schloss Celle, Feb. 47–Dec. 47) FO 1065/189 (Schloss Celle Central Repository)

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Quellenübersicht

FO 1065/191 (Schloss Celle MFAA) FO 1065/192 (Schloss Celle Staff) FO 1065/193 (Losses from Collection at Schloss Celle) T 209 (British Committee on the preservation and restitution of works of Art, Archives and other materials in enemy hands T 209/01 (Proposals for setting up of a Committee on the Protection of cultural monuments and works of art) T 209/02 (Minutes of the Meetings ofthe Committee of Works of Art in Enemy Hands) T 209/03 (Chairman’s Memorandum, June 1944, Extension of term reference) T 209/04 (Roberts Commission) T 209/05 (Vaucher Commission) T 209/06 (Air Ministery) T 209/07 (Ministery of Economic Warfare, Identification of looted Works of Art) T 209/08 (Foreign Office) T 209/09 (Ministery of Information) T 209/10 (Office of War) T 209/11 (Report of Hon Secretary on Paris Mission) T 209/12 (Reports on Damage to Works of Art Belgium, Luxembourg) T 209/13 (Reports on Damage to Works of Art France) T 209/14 (Reports on Damage to Works of Art Germany) T 209/16 (Reports on Damage to Works of Art Holland) T 209/17 (Reports on Damage to Works of Art Italy T 209/20 (War Office Field Reports May–June 1945) T 209/21 (War Office Field Reports July, August, September 1945) T 209/22 (War Office Field Reports October 1945) T 209/24 (SHAEF, Control Commission for Germany) T 209/26 (Miscellaneous Reports on looted Art sent to the Committee) T 209/27 (Miscellaneous Lists of looted Art sent to the Committee) T 209/28 (Lists of Works of Art and Archives in Germany) T 209/29 (MFAA Interrogation reports) T 209/30 (Subcommission for Monuments, Fine Arts and Archives, Reports) T 209/33 (Sumner Crosby Proposal for Advisory Body to Co-ordinate Information on Looting Arts) WO 204 Allied Forces, Mediterranean Theatre: Military Headquarters Papers, Second World War, 1941-1948 WO 204/11223 (Military Historians) WO 205 21 Army Group: Military Headquarters Papers, Second World War 1942–1947 WO 205/1048 (Sellors Report “T-Force Operations”) WO 205/1050 (Sellors Report “T-Force Activities with First Canadian Army”) WO 205/263 (Eclipse and Goldcup) WO 205/659 (Goldcup Feb –May 1945) WO 219 Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force: Military Headquarters Papers, Second World War 1939–1947 WO 219/1174 (AG Records Subject Movement of Goldcup Detachement)

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WO 220/621 (Fine Arts and Archives, Enemy propaganda on alleged Allied dispersal) WO 220/622 (Extracts from press reports on damage done to art Treasures, April–June 1944) WO 220/623 (Italy Protection of Fine Arts and Archives) Articles in Allied Forces newspapers) WO 220/635 (Gazetteer of Monuments in Schleswig-Holstein) WO 220/642 (MFAA, North Rhine Province July 1945–Feb. 1946) WO 220/643 (Reports on Fine Arts, Archives and Monuments in Germany) WO 220/644 (Reports on Fine Arts, Archives and Monuments, Germany) WO 220/645 (Reports on Fine Arts in Germany, Consolidated Field Reports, 1945 Nov – WO 204/11223 (Military Historians) c) Vereinigte Staaten von Amerika National Archives and Record Administration (NARA), College Park, Maryland RG 43 (Records of International Conferences, Commissions and Expositions, Records Relating to the European Advisory Commission [Records of Philip E. Mosely]) Council of Foreign Ministers Reports & Studies on Germany German Reparation Preparatory Group Box 125 Tripartite Talks on Germany and Bizonal Financial Talks Country Files Box 191 Council Foreign Ministers Box 258 Paris Conference on Reparations General Subject File 1944–1948 Box 14 Allied Control Council Documents 1945–1949 Box 6, 30 General Records 1943–1945, Status of Draft Directives prepared by the US Delegation Box 25, 26 File 134 (Germany – Directives) File 134.6 Directive No. 4 Records and Archives File 138 Pre-surrender Occupation of Germany File 306 EAC Report RG 59 (Records of the Office of the Assistant Legal Advisor for Educational, Cultural, and Public Affairs 1945–1997) Records Maintained by the Fine Art & Monument Advisor “Ardelia Hall Collection” 1945–1961) Box 1, 27, 28 Decimal File 1940–1944 Box 4748, 5671, 5672 Pauley Reparations Mission

I. Quellen

European Mission Subject File 1945 –1947 Box 10, 15, 19 RG 84 (Records of the Foreign Service Posts of Department of State) Records of the Office of Political Advisor for Germany Classified General Correspondence Box 26, 27, 35, 37, 100, 113, 175, 237, 243 Classified General Correspondence Box 6, 16, 27 Office of the US Political Advisor to Germany Berlin Classified General Correspondence, 1945–1949 1946 (400b –500) Box 55, 99 (1946; 840.1a–840.4), 130 (1947; 400a–400b), 170 (1947; 820.02a–822a), 171 (1947; 823–840), Box 211 (1948; 400b–400c) Embassy, confidential File 1946 850 Reparations Box 67 U.S. Political Adviser – Frankfurt Top Secret Cables to and from other Mission 1946–1949 Box 1 RG 131 (Records of the Office of Alien Property) Foreign Funds Control Files / General Correspondence Box 83, 84, 133, 134, 169, 170, 171–173, 347–352, 381, 382 Foreign Funds Control Docket Files 1940 –1960 Box 1 RG 153 (Records of the Office of the Judge Advocate General (Army) War Crimes Branch) JAG Law Library 1944–1949 Box 1, 63 RG 165 (Records of the war department) Formerly Security Classified Intelligence Reference Publications “P-File” Box 931, 1066, 2051 Intelligence Division Captured Personnel and Material Branch Enemy POW Interrogation File 1943–1945 Box 642 Operations General Records 1945 Box 166 RG 169 (Foreign Economic Administration) Office of Administrator Records Analysis Division Box 991 RG 218 (Records of the Joint Chief of Staff) Geographic File 1942–1945 Box 72, 61

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Quellenübersicht

Combined Civil Affairs Committee, Decimal File 1942–1945 Box 38 RG 239 (Records of the American Commission for the Protection and Salvage of Artistic and Historic Monuments in War Areas (The Roberts Commission) Box 1 bis Box 96 RG 226 (Records of the Office of Strategic Services) Miscellaneous Washington Files: Budget & Finance CD; General Counsel; History Project; Intelligence Service; R&A; R&D; Secretariat; Security; SI, SO and SSO Box 208 –210, 253 Field Station Files Box 7, 105, 106 Research and Analysis Branch, Economics Division Box 1 Records of COI/OSS Washington, Accession Logs Box 4, 5 OSS Section Seventh Army Records Box 1–10 Washington Secret Intelligence / Special Funds Records Box 1–35 Directors Office and Fieldstation Records Box 30, 366, 293, 394, 532, 533, Washington Secret Intelligence / Special Funds Record Box 6 Record Relating to Resistance History Box 3, 35 RG 226, M 1642 (Microfilm) Mikrofilmrollen 9, 10, 11, 81 und 82 RG 260 (Records of the US Occupation Headquarter WWII (OMGUS) Records of the Office of the Adjutant General General Correspondence and other records 1945–1949 Box 129, 315–318, 344, 508 State War – Navy Department Coordination Committee, Study Reports and other Records Box 808–809 Records of the Executive Office The Control Office; Property Division Reparations and Restitution Branch 1945– 1949 Box 469– 476 The Office of the Adjutant General General Correspondence 1945–1949 Box 9, 89, 93, 110, 111, 510, 511, 607, 608, 808, 809 Records of Economic Division General Correspondence (Central Files) Box 46, 47

I. Quellen

General Correspondence ( Central Files) Box 81–90, 111 General Correspondence (Central Files) 1944–1949 Box 115, 116, 143–157, 172, 196, 197, 205, 227 Records of the secretary section Property Division Box 2, 3, 8, 14, 15 Interrogations and Report Pertaining to German Financial Matters Box 629–631 Records of the Foreign Exchange Depository Central Files of Foreign Exchange Depository Group 1945–1950 Box 421–428 Office of the Finance Division & Finance Advisor Finance Advisor Recs of Subordinate Agencies Central Files of Foreign Exchange Depository Group 1945–1950 Box 289, 462, 463 Operations, Payments & Shipments 1945–1948 Box 467, 468, 470, 471, 485 Records Currency Section Finance Advisor Recs of Subordinate Agencies Box 578 Records of the Education and Cultural Relations Division, Records of the Education and Cultural Affairs Branch Records Relating Monuments, Museums, Libraries and Archives Box 221–236 Records of the US Allied Commission for Austria US Forces Austria, Monuments Fine Arts Branch General Records of the Monuments and Fine Arts Branch 1945; Records of the Reparations and Restitution Branch Box 1, 2 Office of the Finance Division & Finance Advisor Finance Advisor Records of Subordinate Agencies Records of Foreign Exchange & Blocking Control Branch 1945–48 Box 284 Records of Property Division Reparations & Restitution Branch Claims of Cultural Property removed by German Forces 1946–1948 Records of the Restitution Section Box 702–709 Records of Reparations and Restitution Branch General Records of Museum, FA a. Archives Section Chief 1944 –1949 (MFAA) Box 720–722, 768–783 Records of the Property Division Reparations & Restitution Branch, Meritorious Restitution Claims 1949–1950 Box 670 Records of Property Division General Records of the Director 1944–1950 Box 9, 10, 15

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Records of the Property Division Central Ardelia Hall Collection Records Status of Monuments, Museums & Archives 1945–1950 Box 145–167 Records of Property Division Central Collecting Points (Ardelia Hall Collection) Administration Records of Wiesbaden Central Collecting Point 1944 –1951 Box 81, 82, 83, 84 Restitution, Research and Reference Records Central Collecting Points (Ardelia Hall Collection) Box 168–180 RG 319 (Records of the Army Staff) Assistant Chief of Staff (G-2), Intelligence Administrative Div. Document Library Branch, Formerly Security Classified G-2 Intelligence Library „P“ File 1946–1951 Box 2859, 3573 Assistant Chief of Staff G-2 (Intelligence) Counter Intelligence Corps Collection. Historians Master Copy “The History of the CIC in the United States Army 1917–1953” Box 1–9 Security classified Intelligence and Investigative Dossiers 1939–1976 Box 45A Allgemein Box 1, 2, 791, 792, 2010, 2011, 2023, 2397, 2402, 2846, 2988, 2995, 3003, 3573, 2834 RG 331 (Records of the Allied Operational and Occupation Headquater WWII, SHAEF) Records of the General Staff, G-5 Division, Secretariat, Numeric File, Aug 1943 to July 1945 Box 1, 20, 21 Records of Information Branch, Historical Section, Numeric-Subject Operations File 1943–July 1945 Box 165 Records of Information Branch, Historical Section, Numeric-Subject Operation File 1943 to July 1945 Box 198, 199, 218, 219, 272, 273 Records of the Adjutant General’s Division, War Diaries G-5 Box 51– 60 Records of MFAA Box 83, 124–169, 322–336 General Staff, G-5 Division, Operations Branch MFAA Section Policy, Procedure to Public Relations Box 331, 332 Supreme Headquaters Allied Expeditionary Forces (SHAEF), General Staff, G-5 Division, Operations Branch Monuments, Fine Arts & Archives Section Subject File Aug. 1943–1945 Box 331

I. Quellen

RG 338 (Records of th US Occupation Headquater WWII, OMGUS) Records of the secretary, General Staff, Classified General Correspondence Box 13 Records of the Office of Military Government for Germany US (OMGUS) ETO Historical Division Program Files OMGUS, basic Plan for Control of Germany, Chronology of OMGUS 1945 Box 1 RG 353 (Records of Interdepartmental and Intradepartmental Committees) Executive Committee on economic Foreign Policy File Concerning Interdepartmental Committees relating to the ECEEP, Feb. 1944 – 1949 Box 76 RG 407 (Records of the Adjutant General’s Office) Index to occupied Area Reports Box 1–3 Administrative Services Division Operations Branch Foreign (Occupied) Area Reports 1945–1954, Special Germany (US Zone) Box 1031–1034, 1043, 1044, 1124 Austrian Reports Box 1432 Special Reports – Austria Box 1451, Box 1755–1757 RG 466 (Records of the US High Commission) Property Office Records relating to restitution of Property under US Military Government Law 59 and Compensation to Persecutees under the General Claims Law Box 1, 8 Bonn General Records 1949–1952 Box 4 Records of the US Representative to the HiCom Law Committee National Gallery of Art, Washington D.C. Archiv und allgemeine Unterlage Protokolle des Sekretariats Craigh Hugh Smyth Papers S. Lane Faison Papers RG 17a, “Evacuation File”

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Quellenübersicht

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Quellenübersicht

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III. Anhang

III. Anhang 1. Organigramme Anhang 1/1 Kulturgüterschutzkommissionen

USA

Grossbritannien

besetztes Europa

American Commission for the Protection and Salvage of Historic Monuments in Europe (Robert Commission) (20.08.1943 - Sommer 1946)

British Committee on Preservation and Restitution of works of Art, Archives and other material in Enemy Hands (MacMillan Commission) (09.05.1944 - 31.08.1946)

Interallied Commission for the Protection and Restitution of cultural Material (Vaucher Kommission) (10.04.1944 - 10.1945)

Committee of learned Societies on Protection of cultural Treasure in War Areas

Nationale Restitutionskommissionen: holländische, französische, norwegische, polnische, tschechoslowakische Kommissionen.

American Defense Harvard Group

Anhang 1/2

Organisation SHAEF

SHAEF

G1

G2

MFAA

G3

Public Relations

G4

Financial Property Control

Legal

G5

Displaced Persons Welfare

Supply & Economics

587

588

Quellenübersicht Organigramm T Force Units März 1945

Anhang 1/3

G-2 SHAEF

Intelligence Target (T) Sub-Division

Army Group Liasion Officer

Army Group Liasion Officer

Army Group Liasion Officer

T Force 21st AG

T Force 12th AG

T Force 6 AG

Outline Organization - ‚T’ Force

Anhang 1/4

HQ 21 Army Group

Branches of HQ 21 Army Group

CW & T

Brig GS01

CW Section

‚T’ Section

‚T’ Force (A) HQ Staff

‚T’ Force (B) HQ Staff

etc. etc.

III. Anhang Field Information Agency Tech

Anhang 1/5

Chief Advisor Council Industry Economics Finance Science - Technology Army Navy Air

Deputy

Director

Deputy

Integration Planning

Army Branch

Navy Branch

Economical Financal Branch

Air Branch

Industrial Branch

Scientific Branch

Executive

Deputy

Control Branch

Publication Branch

Record Branch

Enemy Documentation Branch

Administration Branch

589

590

Quellenübersicht X-2 Branch, Project ORION

Anhang 1/6

SHAEF

Advanced Ministerial Control Group

SHAEF Special Echelon **

Ministerial Control Teams (bis zu 70 Teams) *

G-2

T-Sub Division

Ministerial Collecting Center, Kassel

Ministerial Control Teams (mehrere)

...

21. AG

...

21. AG

21. AG

T-Sub Division

...

T-Sub Division

...

T-Sub Division

...

Ministerial Control Teams

...

Ministerial Control Teams

...

Ministerial Control Teams

...

* auch Ministerial Control Parties ** Auflösung per 8. Juni 1945

III. Anhang X-2 Branch, Project ORION

Anhang 1/7

Chief, X-2 Branch

ORION, Washington (Analysis, Collation, Dissemination)

Normal X-2 Liasion

SHAEF and other Liasion, UK, Frankreich

Director

Special ORION Liasion, G-5, AMC

Opertions Officer

X-2, London

ORION, London, Admin. Officer, Operational Control, Reporting, Analysis, etc.

Türkei, Balkan

Südamerika

Spanien, Portugal

Italien

Deutschland

Schweiz

Frankreich

Belgien, Holland

Schweden, Skandinavien

Field Offices

591

592

Quellenübersicht Anhang 1/8 Organisation der britischen MFAA nach Juli 1945

Interior Division

Heath Branch

Public Safety Branch

MFAA Branch

Education & Religious Branch

Organisation der britischen MFAA nach Juli 1946

Reparation, Deliveries and Restution Division Director and Deputy

Interior Division

Education Branch

MFAA Group

Restitution Branch

Deliveries Branch

Reparation Branch

Property Control Branch

MFA&A Branch

III. Anhang Anhang 1/9 US Group CC, Military Government Division „A“, Property Section, MFA&A Subsection Chart of Chain of Command and Organization at the end of phase I and to continue in phase II

US Group CC Deputy

Armed Forces Division

Economic Section

Division „A“ Director

Legal Section

Property Section Chief

Property Control Subsection

Monuments and Works of Art Museum Specialist Library Specialist Monuments Specialist

Division „B“

Communication Section

Trasortation Section

MONUMENTS, FINE ARTS & ARCHIVE Subsection Chief, MFA&A Subsection

Archives

Administration and Liasion

593

594

Quellenübersicht Anhang 1/10

OMGUS September 1948

Commander in Chief, European Command and Military Governor

Office of the Commander in Chief European Command

Office of Military Government for Germany (US)

Executive Offices

Armed Forces

Civil Administration

Military Tribunals

Education & Cultural Relations

MFAA

Information Services

Field Offices

Manpower

Legal

Property

Board of Review Internal Restitution

MFAA

MFAA Branch

Reparation Branch

Restitution Branch

Office of the Chief Counsel for War Crimes

III. Anhang 2. Karten Anhang 2/1–2/3

Deutschland Besatzungszonen 1945

Deutschland Besatzungszonen 1945–1946

Deutschland Besatzungszonen ab 1949

595

596

Quellenübersicht Anhang 2/4

III. Anhang Anhang 2/5

597

Personenregister Baker, Ray W. 80 Bauer, Rose 191 Bernstein, Bernard 115, 116, 267 Bevin, Ernest 315, 356, 404–408, 451 Bidault, George-Augustine 405, 406 Bornheim, Walter 191 Bradley, Omar, General 98 Breitenbach, Edgar 191 Brown, John 335, 367 Buchner, Ernst 190 Byrne, Norman 335 Byrnes, James 351, 356, 358, 360, 403, 404, 406, 407, 425 Carter, Jimmy 422 Catton Rich, Daniel 250 Chase, George 39 Chuikov, Vasily Ivanovich 441, 448, 449 Churchill, Winston 45, 46, 48, 50, 67, 90, 162, 257, 268, 273, 274, 275, 276, 345, 352, 353 Clabham, John, Sir 46 Clark, Kenneth 46 Clay, Lucius, General 83, 123, 173, 176, 340, 341, 344, 346, 350, 355, 356, 357, 358, 362, 365, 369, 387, 388, 399, 400, 403, 404, 405, 408, 410, 411, 415, 416, 425, 436, 438, 439, 440, 476, 528 Cooper, A. W. Douglas 149, 174, 176, 188, 190, 282, 342 Coulsen, Mr. 47, 49 De Visscher, Charles 23, 393 Dietrich, Hermann 191 Dinsmoor, Thomas Bell 31, 33, 39, 47, 48 Dönitz, Grossadmrial 88 Donovan, William J. 182 Douglas, Sholto, Sir 406 Dratvin, Mikhail Ivanovich 410 Dürrer Albrecht 254 Echols, Oliver P., General Eckberg, Warren 249

398

Eisenhower, Dwight, General 11, 36, 39, 46, 67, 69, 74, 77, 78, 80, 81, 82, 83, 87, 90, 96, 98, 99, 117, 123, 142, 148, 155, 157, 158, 195, 260, 267, 269, 271, 273, 333, 345, 350, 251, 352, 359, 366, 367, 368, 371, 380 Elicofon, Edward 253 Ellis, R. H., Major 146, 147 Ellis, Roger. H., Major 146, 147 Estreicher, Charles 36, 209 Fahy, Charles 354 Faison, Lane 341 Finley, David 33, 38, 39, 122, 123 Fordsdyke, John, Sir 46 François-Poncet, André 522 Frick, Helen 40 Fulbright, William J. 42 Garde, G.H. 340 Giuli, franz. Kunstschutzoffizier 249, 250 Goebbels, Joseph 3 Göring, Hermann 4, 6, 7, 110, 114, 119, 120, 149, 249, 328, 429, 430 Gregory, H. S. 223 Gros, André 50 Grossherzogin von Sachsen-WeimarEisenach 253 Haberstock, Karl 5, 191 Hall, Ardelia 19, 341, 529 Hammond, Mason 67, 68, 69, 70, 95, 118, 173, 175, 176, 177, 279, 295, 332 Hathaway, Calvin 335 Heinrich I von Sachsen, König 247 Hilldring, John H. 66, 79 Himmler, Heinrich 5, 247 Hitler, Adolf 108, 110, 119, 157, 194, 429, 430, 468 Hofer, Walter, Andreas 191 Hoffman, Heinrich 190 Howard, Richard F. 244, 441 Howe, Thomas Jr. 341 Hull, Cordell 32, 33, 217, 266, 273

600

Personenregister Jenkinson, Hilary 101, 147 Jodl, Alfred, Feldmarschall 87, 345 Jost, Heinz 200 Kenyon, Frederic, Sir 46 Kesselring, Albert, Feldmarschall 73 Kirby, General 84 Koeltz, Marie Louis, General 399 Korte, Willi 248 Krebs, Jean 328 Kress, Karl 191 Kuhn, Leutnant 120 La Farge, Bancel 106, 336 Lang of Lambeth, Lord 45, 46 Lieber, Francis 16 Limberger, Gisela 190 Linstead, R.P. 130 Lose, Bruno 190 MacLagan, Eric, Sir 51 MacLeish, Archibald 42 Macmillan, Lord 46 Mann, James G. 44 Margaret von Hessen, Prinzessin 245 Marshall, George C., 117, 268, 404, 405 Massey, Vincent, Right. Hon. 46 McCloy, John 38, 122, 123, 124, 272, 441 McDonnel, Colonel 120 McSherry, Frank J. 84 Meador, John 248 Molotow, V. M. 356, 392, 405, 406 Montgomery, Bernard, Feldmarschall 89, 100, 118, 157, 370 Morey, Professor 39, 200 Morgan, Frederick 80 Morgenthau, Henry 38, 266, 268, 270, 271, 272, 273, 274, 277, 307, 351 Moynier, Gustave 17 Muehlmann, Kajetan 190 Nash, Katherine 246, 247 Newmann, James 340 Newton, Henry C. 39, 101 Norman, R. C. 47 Norris, Christopher 40, 324 Osenberg, Werner

137

Otto von Ysenburg, Prinz

250, 251, 252

Patton, George, General 115, 116, 119 Pauley, Edwin 348, 349, 353, 356, 358, 367, 368, 369, 386 Pieck, Wilhelm 522 Posse, Hans 5, 6 Rapp, A.O. 250 Rennell, Lord 67 Roberts, Owen J. 33 Robertson, Brian, Sir, General 448, 522 Robinson, Sinclair 250, 251, 252 Rochlitz, Gustav 190 Roosevelt, Theodor 28, 31, 32, 38, 67, 74, 162, 231, 257, 266, 268, 269, 273, 274, 275, 286, 350, 351 Rorimer, James 110, 336 Rosenberg, Alfred 4, 6, 109, 110, 121, 149, 194, Ross, Major 146, 176, 177 Sachs, Paul 31, 33, 38, 39, 41, 42 Schiedlausky, Günther 190 Scholz, Robert 190 Sokirkin, Aleksey 397 Sokolowsky, V., Marschall 388, 409, 412, 428, 446 Sophie von Hessen, Prinzessin 246 Stalin, Joseph 143, 157, 158, 162, 257, 274, 275, 276, 277, 353 Stimson, Henry L. 79, 124, 268, 273, 351, 355, 356 Stone, Harlan F. 31, 32, 33, 361 Stout, George 30, 31, 39, 116 Taylor, Henry Francis 31, 33, 39, 43, 48, 184, 279, 295 Trevelyan, G.M. 46 Truman, Harry S. 90, 123, 143, 182, 249, 272, 351, 353, 356, 361, 367, 368, 378, 410 Valland, Rose 110 Vance, Cyrus 422 Vaucher, Paul 48, 51, 52, 229 Von Braunschweig, Herzog 125 Von Ribbentrop, Joachim 4

Personenregister Von Schierach, Baldur Voss, Hermann 191

120

Webb, Geoffrey 48, 93, 95, 100, 101, 146, 188, 324, 325 Wendland, Hans 191 Wheeler, Mortimer 63 Whright, Orville 20

Winant, John 90, 272 Woolley, Leonard, Sir 39, 44, 48, 62, 64, 65, 73, 74, 76, 93, 95, 100, 101, 124, 148, 149, 174, 327 Woolsey, L.H. 220 Zhukov, G.K., Marschall 123 Zorin, General 441

601

Sachregister Act of Surrender 87, 345 Administrative Instructions No. 10 76, 77 Advanced Ministerial Control Group 151, 154, 155, 160, 161, 161, 163, 164 , 165, 167, 168, 171, 175 Ahnenerbe 4, 5 Albanien 397, 409, 414 Alien Property Custodian 242, 361 Allied Control Authority 260, 376 Allied Education Committee 411, 412 Alt-Aussee 119 American Council of Learned Societies 29, 35, 39, 40, 41, 182 American Defense Harvard Group 31, 41, 66 American Federation of Jewish from Central Europe Inc. 475, 481 American Jewish Committee 475, 518 American Jewish Conference 475 American Joint Distribution Committee 475, 482, 518 American Society of International Lawyers 40 Amerikanisches Militärregierungsgesetz Nr. 59 455, 459, 460, 472, 477, 512, 531, 546 Archeological Advisor 39 Army Service Forces Manuals 73, 79 Art Looting Investigation Unit 2, 5, 12, 184, 245, 334, 337 Axis Victims League Inc. 504, 475 Baltic Collection 482 Basic Field Manual on Military Government (FM 27-5) 79 Bayern 9, 119, 142, 197, 333, 334, 339, 412, 469, 533 Befehl Nr. 61, Sowiet Zone 310 Belgien 6, 17, 26, 40, 73, 83, 95, 97, 100, 104, 107, 109, 110, 114, 173, 179, 210, 212, 216, 217, 218, 230, 321, 328, 370, 376, 409, 528, 532 Berliner Erklärung 346, 347, 384

Berliner Kommandantura 343, 410, 494, 508, 509, 510, Bernterode 11, 120, 122, 125, 336, 395 Besatzungsstatut 473, 520–523, 529, 530 BIOS 144, 145, 400 Bipartite Board 404 Bi-zonale Property Control Committee 489 BK/0(49)180 460 Black-List 131–134, 149, 202 Board of Deputies of British Jews 503 Board of Review 472, 495, 504, 510 Bonner Gespräche 530 Bremen 91, 197, 255, 343, 404, 455, 469, 533 Bretton Woods 192, 222, 260–264 Britische Verordnung Nr. 126 404 British Museum 29, 45, 187 Brunswick 324 Brüsseler Deklaration von 1874 16 Brüsseler Fünf-Mächte-Konferenz 409 Bulgarien 219, 314, 315, 380, 400, 401, 414, 415, 417, 420, 523 Bundesrepublik 253, 519, –523, 528, 530, 531, 532, 533, 536, 543, 547 Bundesrückerstattungsgesetz 531 CAFT (Consolidated Advanced Field Team) 138 Carpet-Plan 86 Casablanca 67, 257 CCS 551 266, 267, 269, 271, 352 Celle 245, 324–329 Central Collecting Point 111, 114, 336, 337, 338, 342, 529 Central Filing Agency 490, 505 Central Intelligence Agency 182 Central Intelligence Group 182 CIC 11, 13, 140, 149–152, 165, 167, 168, 170, 175, 176, 177, 179, 180, 194, 195–205, 254 CIOS 130, 131–140, 144, 147, 149, 150, 170, 174, 193, 195, 202 CIPC 128, 129, 130, 132 Civil Affairs Division 66, 67, 69, 72, 79, 85, 99, 101, 108, 114, 126, 183, 307, 538

604

Sachregister Civil Affairs Handbook on monuments 52 Civil Affairs Officer 68 Combined Intelligence Committee 129, 130 Comité Interallié pour l’Etude de l’Armistice 209, 226, 227, 228, 230 Commission on European Jewish Cultural Restitution Axis Vicitim League 226, 313, 475, Conference of Allied Ministers of Education 42 Conference on Jewish Claims against Germany 523 Control Council 81, 82, 154, 159, 163, 166, 170, 172, 173, 174, 175, 179, 195, 197, 198, 280, 281, 319, 371, 375, 389, 416, 425, 427, 429, 549, 550 CORC/P(45)185 376, 443 CORC/P(46) 143 444 COSSAC 70, 80, 99, 100 Council for the protection of the rights and interests of Jews from Germany 497 Counterintelligence Branch (X-2) 149, 150, 182, 185, 193 Cour supérieure pour les restitutions 516 Court of Restitution Appeals 472 Currie Abkommen 264 Cyrenaica 62, 63 Dänemark 73, 235, 376, 397, 532 DDR 9, 384, 522, 523 Déclaration de 1940 26 Depot Offenbach 338, 436 Dinsmoor-Report 225, 226 Draft Agreement on Principles governing Restitution of cultural property 293 Draft Directive No. 2 Works of Art 279, 284, 288, 295, 396 Einsatzstab Rosenberg 4, 6, 119, 122, 194 Enemy Equiment Intelligence Service Teams 136 Entartete Kunst 474 Erzbischof of Canterbury 45 Estland 434 ETOUSA 82, 83, 99 European Advisory Commission 82, 90, 117, 207, 257, 265, 279, 289, 545, 549 European Recovery Programm 405

External Restitution 424, 426, 433, 451, 452, 540, 541, 550 FIAT 141, 144, 145, 197, 399 Finnland 219, 315, 380, 414, 416, 418, 420, 532 Fogg Museum 30, 33 Fond Communs 518 Foreign Funds Control 235, 237, 238, 239, 241, 243, 262, 301 Foreign Nationalities Branch (FNB) 181 Fort Knox 422, 423 French Committee of National Liberation 107 Friedensverträge von 1947 418 Führermuseum 5 General Order No 6 (brit.) 312, 313, 339, 526 General Order No. 68 75, 76, 78, 126 General Trust Corporation 495, 500, 505 Genter Altar 366, 367, 369, 370 Gesetz Nr. 19 der amerikanischen Militärregierung 533, 535 Gesetz Nr. 206 der britischen Militärregierung 534 Goslar 125, 142, 326, 327, 328 Gottdorf Globe 446, 447 Graf-Moltke-Schacht 152, Grasleben 11, 119, 152, 177, 179, 199, 247, 324, 326, 327 Griechenland 216, 230, 376, 397, 528, 532 Haager Landkriegsordnung 15, 17, 18, 19, 20, 24, 79 Hattdorf 10, 118, 338 Heilbronn 120, 150, 152 Heimboldshausen 150 Herrenlose Kulturgüter 429 Hessen 91, 118, 197, 245, 246, 329, 333, 334, 337, 338, 339, 412, 469, 533 Holland 6, 21, 40, 73, 95, 97, 104, 107, 109, 110, 121, 179, 189, 210, 230, 291, 320, 321, 370, 376, 397, 409, 528 HQAAI 76 Indien 152, 216 Institut de droit international

17

Sachregister Instructions for the Government of Armies of the United States in the Field 16 Intelligence Directive No. 7 147 Inter-Allied Declaration against Acts of Dispossession committed in Territories and Enemy Occupation or Control 37, 142, 192, 204, 207, 215, 216, 217, 219, 236, 220, 221, 222, 223, 223, 233, 239, 255, 262, 265, 278, 290, 294, 300, 303, 305, 308, 309, 322, 387, 389, 402, 418, 419, 424, 438, 451, 508, 511539, 541, 545 Inter-allied Reparations Authority IARA 397 Interim Restitution 345, 366, 368, 370, 371, 372, 373, 376, 377, 381, 417, 442, 443, 446, 486, 540 Internal Affairs Directorate 412 Internal Restitution 454, 485, 542, 550 International Committee of central Institute of Art and Design 225 Interzonaler Transfer 411 Israel 481, 482, 483, 497, 518, 523 Italien 6, 13, 21, 38, 40, 45, 68–77, 87, 93, 95, 96, 99, 103, 119, 127, 146, 182, 189, 219, 232, 234, 364, 370, 380, 400, 401, 414, 415, 416, 418, 420, 421, 452, 528, 532 Jalta Konferenz 90, 273, 274, 275, 276, 277, 321, 345, 347, 350, 352, 379, 380, 384, JCS 1067 171, 175, 269, 270, 271, 272, 273, 274, 277, 282, 299, 403, 461, 307, 346, 350, 351, 354, 367, 405, 425 JCS 1570/a 429 JCS 1779 364, 405, 406, 425, 426451, 541 Jeu de Pomme 110 Jewish Agency for Palestine 475, 499, 518 Jewish Restitution Commission 476 Jewish Restitution Successor Organization Inc. 477 Jewish Trust Corporation 495, 496, 499–505, 517, 518, Jugoslawien 95, 216, 230, 376, 397, 401, 408, 409, 528, 532 Kaiseroda 115, 117, 118, 125, 336, 338 Karthauserkloster Buxheim 111, 120, 337 Kochendorf 120, 150, 152 Kogl 111

Konferenz von Quebec 273, Kontrollratsdirektive Nr. 50 429, 454, 490, 531, 546 Kontrollratsgesetz Nr. 2 429, 475, 490 Kontrollratsgesetz Nr. 46 453 Kontrollratsgesetz Nr. 5 302, 453 Kontrollratsproklamation Nr. 2 306, 310, 311, 402, 424, 429, 451, 453, 454, 472, 485, 541, 542 Kontrollratsverordnung Nr. 38 488 Kriegsbeute 248, 254, 255, 298, 353, 381, 391, 392, 393, 394, 395, 400 Kriegstrophäen 243, 395, 398, 413 Kronjuwelen 63, 122, 245, 422, 423 Länderrat 144, 455, 456 Lauffen 120, 254 Law and Usages of War of Land 56 Lettland 434 Library of Congress 28 Lieber-Code 16 Linzer Museum 119, 430 Litauen 434 London International Assembly 225 London-Sechs-Mächte-Besprechung 408, 409 Louvre 5, 109, 114, 229 Luxemburg 95, 97, 100, 104, 105, 107, 109, 137, 210, 211, 212, 216, 230, 291, 320, 321, 376, 397, 409, 528, 532 Macmillan Commission 51, 53, 65, 185, 187, 314, 357 Manuel d’Oxford 17 Marburg 334, 336, 338, 339 Marshallplan 404, 405 Merkers 10, 12, 115, 117, 119, 120, 125, 153, 165, 247, 336, 338, 538 Metropolitan Museum 29, 31, 33, 39 Michelangelos Madonna 119, 367, 369 Militärgesetz Nr. 53 488, 502 Militärregierungsgesetz Nr. 52 295, 299, 300, 302, 303, 305, 310, 391, 454, 488, 490, 491, 502, 546 Militärregierungsproklamation Nr. 5 404 Militärregierungsproklamation Nr. 7 404 Militärregierungsverordnung Nr. 88 404 Militärverordnung Nr. 159 490, 499

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Sachregister Ministerial Collecting Center 178, 179, 197 Monetary and Financial Conference at Bretton Woods 120, 194, 260 Morgenthau Plan 268, 270, 271, 274, 277, 351 Moskauer Aussenministerkonferenz 84, 256, 257 München 12, 111, 115, 119, 134, 191, 328, 334, 337, 338, 339, 340, 341, 433, 442, 482, 529 Musée des Beaux-Arts 109 National Gallery of Art 29, 30, 31, 33 National Resources Planning Board 28 Neustrassfurt 11 Nickolsburg 111 Offenbach Archival Depot 338, 341 Office Interallié des Restutions et Prestations 227, 228, 230 Office of Provost Marshal General 41, 66 OMGUS 83, 144, 196, 197, 241, 249, 299, 301, 324, 333–336, 340, 358, 368, 408, 415, 417, 418, 412, 426, 431, 432 Operation ALSOS 129, 202, 203 Operation CHOO-CHOO 202 Operation CROWCASS 195, 196 Operation DOUBLE-CHECK 201 Operation ECLIPSE 85, 88, 135, 155, 245 Operation LIFBOUY 201 Operation LUSTY 141 Operation NURSERY 201, Operation OVERCAST 143 Operation OVERLORD 80, 93, 94, 97, 135, 245 Operation PAPERCLIP 143 Operation SWOOP 201 Operation TALISMAN 85, 158, 159 Operation TALLY HO 201 Ordinance No. 19 310, 339 Pariser Friendensverträge 421, 496 Pariser Konferenz 416 Pariser Reparationskonferenz 393, 397, 475, 496 Pearl Harbor 29 Petschur Kloster 435

Postings of Notices on Monuments, Collections and Archives 198 Potsdamer Abkommen 273, 352, 353, 354, 379, 384, 407, 408, 425, 453, 523 Preliminary Draft International Convention for the Protection of Historic Buildings and Works of Art in Time of War 24 Preussisches geheimes Staatsarchiv 151, 176, 177 Projekt ORION 184, 185 Property Control Committee 311, 457, 487, 489 Quedlinburger Domschatz

247, 248

Raubgut 32, 36, 53, 114, 124, 191, 261, 299, 303, 309, 386, 391, 434, 525, 526 Raubgutkammer 264 Reims 87 Reparationsverhandlungen 386, 388, 392, 436, 544 Reparationzahlungen 191, 228, 230, 277, 317, 348 Resolution No. IV, Bretton Woods 222 Resolution No. VI, Bretton Woods 260, 262, 263, 265 Restitution „ad interim“ 367, 369, 371, 374 Restitutionsprinzipien 42, 285, 288, 291, 294, 307, 379, 411, 418, 428, 432, 435 Roberts Commission 33–43, 50–53, 65, 66, 74, 76, 101, 112, 122, 123, 124, 182, 183, 186, 236, 239, 240, 250, 279, 285, 286, 287, 288, 317, 318, 319 Roerich-Pakt 22, 23 Rote Armee 398 Rules of Land Warfare (FM 27-10) 58, 59, 75, 134, 537 Rumänien 219, 315, 380, 409, 414–420, 496, 523, 532 Sammlung Alphonse Kann 6 Sammlung Alphonse Schloss 6 Sammlung Bernheim-Jeune 6 Sammlung Bondy 6 Sammlung Czartoryjski 6 Sammlung David Weil 6 Sammlung Fritz Mannheimer 6 Sammlung Georges Wildenstein 6

Sachregister Sammlung Goldmann 6 Sammlung Guttmann 6 Sammlung Levy de Benzion 6 Sammlung Paul Rosenberg 6 Sammlung Rothschild 6 Sammlung Seligmann 6 Sammlung Thorsch 6 Samuhel-Evangeliar 247 Schloss Dyck 328 Schloss Herrenchiemsee 111, 119, 120, 149, 337 Schloss Neuschwanstein 7, 110, 111, 115, 119, 120, 149, 337 Schönebeck 11, 118, 119, 125, 151, 152, 177, 326 School of Military Government 67, 69 Secret Intelligence Branch (SI) 181 Seisenegg 111 S-Force 127, 128, 146 Sonderauftrag Linz 5 State-Army-Navy-Air Force Coordinating Committee (SANACC) 426, 433 State-War-Navy Coordinating Committee 241, 430, 431 Stephanskrone 422, 423 SWNCC 204/26 431, 432 SWNCC 204/28 431, 432 SWNCC-327/4 426 Technical Intelligence Service Teams 136 Teheraner Konferenz 257 Toot Sweet Terminal 136 Trading with the Enemy Act 213, 220, 234–239, 242, 255, 301, 361 Treasury Decision 51072 37, 236, 238, 239, 240, 242, 243, 244, 301 Treuhandstelle 530 Tripolis 62, 63, 64, 67 Tschechoslowakei 125, 209, 211, 212, 217, 227, 230, 328, 370, 376, 408, 409, 483, 523, 528, 532 TWILIGHT Plan 149

Überleitungsvertag 530 Ungarn 40, 95, 219, 253, 306, 380, 400, 401, 409, 414, 415–420, 422, 423, 431, 432, 496, 523, 528, 532 Union of committees for assistance to Victims of Racial Persecution Armistice and Postwar Committee 486 United Nations War Crimes Commission 50 United Restitution Office 497 United Restitution Organisation 497 US Military Government Regulations, Title 18 301, 303, 305, 342 USFET 83, 99, 114, 116, 244, 299, 332, 336 Van Eyck Altar 119, 370 Vaucher Commission 38, 42, 48, 50–53, 65, 182, 187, 229, 232 Verordnung Nr. 217 der französischen Militärregierung 534 Versailler Vertrag 420 Victoria and Albert Museum 45, 46, 53 Vier-Mächte-Verwaltung Deutschland 409, 508 VO No. 120 462, 463, 511–518, 550 Völkerbund 23, 26 Wallace Kollektion 44 War booty 207, 350, 378, 393 War trophy 391 WARX 99226, Restitution to Ex-Enemies 426, 430 Washingtonerkonferenz 21 Widerstandsorganisation Werwolf 195 Wiesbaden 334, 337, 338, 339, 341, 362, 363, 395, 422, 435, 442, 535 Wiesbadner Manifest 360 World Jewish Congress 475, 481, 499, 518 Württemberg-Baden 91, 333, 335, 412, 469, 533 WX-88362 435

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