Puppenspiel als kulturhistorisches Phänomen: Vorstudien zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels [Reprint 2010 ed.] 9783110935127, 9783484660144

This study owes its inception to the realisation that previous academic consideration of puppet theatre and its history

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German Pages 243 [244] Year 1995

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Table of contents :
Vorwort
Einleitung
I. Zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels
II. Puppenspiel und Wissenschaft - Versuch eines wissenschaftshistorischen Abrisses der Puppenspielhistoriographie im 19. und 20. Jahrhundert
III. Puppenspiel und Fahrende
IV. Puppenspiel und Ästhetik
Der permanente Legitimierungsdiskurs
Literaturverzeichnis
Anhang: Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels (Chronologisch geordnet)
Einführung
Teil I (1784-1942)
I. Bibliographien
II. Monographien (auch einzelne Kapitel oder Abschnitte)
III. Hochschulschriften
IV. Aufsätze in Anthologien (einschließlich Vor- und Nachworte)
V. Aufsätze und Rezensionen in Periodika
Teil II (1945-1994)
I. Bibliographien
II. Monographien und Anthologien
III. Hochschulschriften
IV. Zeitschriftenaufsätze und Aufsätze in Anthologien
Register von Verfassern und Herausgebern zur »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels«
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Puppenspiel als kulturhistorisches Phänomen: Vorstudien zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels [Reprint 2010 ed.]
 9783110935127, 9783484660144

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Studien zur Geschichte und Theorie dramatischen Künste

Herausgegeben von Hans-Peter Bayerdörfer, Dieter Borchmeyer und Andreas Höfele

Band 14

Gerd Taube

Puppenspiel als kulturhistorisches Phänomen Vorstudien zu einer »Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels«

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1995

Für meine Eltern.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Taube, Gerd: Puppenspiel als kulturhistorisches Phänomen : Vorstudien zu einer »Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels« / Gerd Taube. - Tübingen : Niemeyer, 1995 (Theatron ; Bd. 14) NE:GT ISBN 3-484-66014-7

ISSN 0934-6252

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1995 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Einband: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

IX

Einleitung

l

I.

7

Zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels 1. Der Gegenstand bisheriger Puppenspielhistoriographie

11

2. Gegenstandsbereiche einer zukünftigen Puppenspielhistoriographie

15

II. Puppenspiel und Wissenschaft - Versuch eines wissenschaftshistorischen Abrisses der Puppenspielhistoriographie im 19. und 20. Jahrhundert

25

1. Forschungskontexte Germanistisch-philologischer Kontext Volkskundlicher Kontext Theaterwissenschaftlicher (theatergeschichtlicher) Kontext

2. Puppenspielhistoriographische Diskurse Annalistisch-chronographischer Diskurs Tradierungsdiskurs Ursprungsdiskurs Ästhetik-Diskurs

3. Periodisierungs- und Systematisierungsansätze Periodisierungsansätze Systematisierungsansätze

4. Organisationsformen puppenspielhistoriographischer Forschung III. Puppenspiel und Fahrende

28 28 36 43

50 51 54 57 62

67 68 69

71 75

1. Puppenspiel zwischen Universalität und Spezialisierung

75

2. Puppenspiel als eine Tätigkeit der Fahrenden

77

Puppenspiel und Spielleute Puppenspiel und Komödianten

80 85

3. Puppenspiel und Seßhafte

96

IV. Puppenspiel und Ästhetik

105

1. Vom PuppenSPIEL zum PuppenTHEATER (1770-1810) BegrifFsgeschichtliche Spuren

106

2. Das Interesse der Romantiker am Puppenspiel

115

Die romantische Reflexion des zeitgenössischen Puppenspiels Die Marionette als ein idealer Schauspieler

3. Vom »volkstümlichen« Puppentheater zum »künstlerischen« Puppentheater (1900-1930) Puppenspiel als Mediationsform - Interesse der Theaterreform um 1900 am Puppenspiel Puppenspiel als künstlerische Ausdrucksform - Künstler »entdecken« das Puppenspiel Das »Marionetten-Theater Münchner Künstler« von Paul Brann »Ivo Puhonny's Künstler-Marionettentheater« Richard Teschners »Goldener Schrein« und der »Figurenspiegel« »Die Kunst des Puppenspiels« - Zusammenhang zwischen ästhetischer Adaption und theoretischer Reflexion

4. Die Begriffsopposition von Puppenspielkunst und Figurentheater in der aktuellen Begriffsdiskussion

116 122

126 127 133 135 138 140 142

144

Der permanente Legitimierungsdiskurs

153

Literaturverzeichnis

161

ANHANG: Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels (Chronologisch geordnet) Einfuhrung

179

Teil 1(1784-1942) I.

Bibliographien

181

II. Monographien (auch einzelne Kapitel oder Abschnitte)

182

III. Hochschulschriften

188

IV Aufsätze in Anthologien (einschließlich Vor- und Nachworte) .... 192 V. Aufsätze und Rezensionen in Periodika

194

Teil II (l945-1994) I.

Bibliographien

II. Monographien und Anthologien

VI

203 204

III. Hochschulschriften

209

IV. Zeitschriftenaufsätze und Aufsätze in Anthologien

226

Register von Verfassern und Herausgebern zur »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels«

231

VII

Vorwort

Anlaß und Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war meine Feststellung, daß es der bisherigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Puppenspiel und seiner Geschichte an theoretischer Reflexion der Methoden und des Gegenstandes mangelte. Bei den ersten Überlegungen zu dem Vorhaben, in einer Feldstudie das Verhältnis des Puppenspiels zu den entstehenden Massenmedien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu untersuchen und dabei die Veränderungen der Wahrnehmungsweisen und der Formen kultureller Kommunikation zu betrachten, machte sich das oben erwähnte Desiderat bisheriger Puppenspielgeschichtsschreibung als hinderlich bemerkbar. Für die beabsichtigte Feldstudie fehlte das theoretische und methodische Instrumentarium, und eine Reflexion der in der Puppenspielhistoriographie bisher benutzten Methoden wäre auch im Zusammenhang mit der Studie nicht zu leisten gewesen. Ich entschied mich daher für einen radikalen Wechsel der Perspektive - nicht die Geschichte des Puppenspiels sollte Gegenstand der Betrachtung sein, sondern die theoretische Reflexion über die Geschichte des Puppenspiels. Diesem wissenschaftshistorischen und theoretischen Ansatz folgend, stieß ich auf weitere gravierende Lücken dessen, was bislang als puppenspielkundliche Forschung oder Puppentheatergeschichtsschreibung bezeichnet worden war. Weder existierte eine Überblicksdarstellung über die Geschichte der bisherigen wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Puppenspiel, noch gab es eine einigermaßen vollständige Bibliographie zu dieser Thematik, von einem fundierten puppenspielhistoriographischen Abriß und einer entsprechenden Bibliographie ganz zu schweigen. Der Gegenstand puppenspielhistoriographischer Forschung wurde von jedem Forscher entsprechend seines fachwissenschaftlichen Erörterungszusammenhanges anders definiert. Aus der Erkenntnis dieser fundamentalen Mängel folgte die Strukturierung und Akzentuierung der Darstellung in vorliegender Arbeit. Ebenso wie eine umfassende Erörterung der vielfältigen Problemkomplexe war eine abschließende Zusammenfassung der Arbeit unmöglich, denn die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand muß beim gegenwärtigen Stand der Forschung notwendig fragmentarisch bleiben. Mein Dank gilt allen, die mich bei den Recherchen für die vorliegende Arbeit, bei der Erstellung des Manuskripts und bei der Drucklegung mit Rat und Tat unterstützt haben. Besonders gedankt sei an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. HansPeter Bayerdörfer, München, Herrn Dr. Olaf Bemstengel, Dresden, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Mühl-Benninghaus, Berlin, Herrn Lars Rebehn, Hamburg, Herrn

IX

Manfred Wegner, München und Frau Dr. Gina Weinkauff, Frankfurt/Main. Für seine Ermutigung und seine unersetzliche Hilfe bei der Korrektur des Manuskriptes und der Druckfassung danke ich meinem Freund und Lebensgefährten Jens Knorr.

Berlin im Februar 1995

Gerd Taube

Einleitung

Diese Arbeit befaßt sich mit einem Phänomen, das landläufig als Theater-Phänomen aufgefaßt wird - dem Puppenspiel und seiner speziellen Erscheinungsform dem Puppentheater. Die doppelte Schwierigkeit bei der Annäherung an dieses Phänomen resultiert aus der Situation der Theaterwissenschaft - speziell der Theatergeschichtsschreibung und der Puppenspielhistoriographie. Letztere ist von einem Mangel an methodisch fundierter theoretisch-historischer Reflexion über das Puppenspiel gekennzeichnet, und die Methoden ersterer sind in den letzten Jahren immer häufiger in Frage gestellt worden,1 so daß die Theaterwissenschaft noch immer auf der Suche nach der Methode oder den Methoden ist, die der Spezifik ihres Gegenstandes gerecht werden. In diesem Zusammenhang ist auch die zweite, um vieles gravierendere Schwierigkeit zu sehen, die den Anlaß zu dieser Arbeit gab. Zweifelt heute niemand mehr ernsthaft an der Berechtigung einer Wissenschaft, die sich mit dem Theater und seinen historischen wie aktuellen Erscheinungsformen beschäftigt, so steht eben jene Theaterwissenschaft der Erforschung eben jenes speziellen theatralischen Phänomens bisher eher skeptisch gegenüber. Oder wie soll der Zustand anders interpretiert werden, daß die Theorie und Geschichte des Puppenspiels an den deutschsprachigen theaterwissenschaftlichen Instituten kein kontinuierliches Lehrfach ist,2 ganz zu schweigen davon, daß es an keinem der Institute einen Lehrstuhl für Theorie und Geschichte des Puppenspiels gibt?! Die Skepsis der etablierten Theaterwissenschaft gegenüber einem Phänomen, das nicht mit dem traditionellen Instrumentarium dieser Wissenschaft (wenn es das denn überhaupt gibt) gefaßt werden kann, erinnert an die Haltung der Germanistik gegenüber der jungen Theaterwissenschaft, da diese sich als Spezialgebiet aus der klassisch-philologisch orientierten Germanistik herauszulösen versuchte und darum rang, den Status einer anerkannten Universitäts- und Hochschuldisziplin zu erlangen.3 Aber die skeptische Hal1 2

3

Vgl. dazu Bayerdörfer 1990, S. 41-63. Darüber kann auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß an einzelnen theaterwissenschaftlichen Instituten (zum Beispiel an der Münchner Universität) Überblicksvorlesungen zum Puppen- und Figurentheater im Kontext theatergeschichtlicher Abrisse angeboten werden. Vgl. dazu Kutscher 1949, S. 407^77.

tung der Theaterwissenschaft bereitet nicht die entscheidende Schwierigkeit, die besteht vielmehr in der nur in bescheidenen Ansätzen existierenden und methodisch kaum reflektierten deutschen Puppenspielhistoriographie. Deren wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung soll weiter unten skizziert werden, hier sei nur der Forschungsstand grob umrissen. Es liegen eine Anzahl seit Mitte des 19. Jahrhunderts erschienener germanistisch-volkskundlicher, germanistisch-philologischer und theaterhistorischer Quellensammlungen und Überblicksversuche4 vor, des weiteren wenige wissenschaftliche puppenspielhistorische und -theoretische Arbeiten von Wissenschaftlern der DDR und eine Reihe von Quellensammlungen und historischen Überblicksdarstellungen der sogenannten puppenspielkundlichen Forschung der BRD5. Darüber hinaus gibt es seit etwa Mitte der 80er Jahre verstärkte theoretisch-historische Bemühungen um das Phänomen Puppenspiel, vor allem von Wissenschaftlern der Puppentheatersammlungen Radebeul und München, zum Teil auch der Abteilung Puppenspielkunst der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin getragen, die ihre Ergebnisse in Ausstellungen, wissenschaftlichen Symposien und Veröffentlichungen publizieren. Eine Methoden-Diskussion der deutschen Puppenspielhistoriographie hat jedoch bislang kaum stattgefunden.6 Die Arbeit entsteht also aus der als mangelhaft empfundenen Situation der theoretisch-historischen Reflexion über das Phänomen Puppenspiel und will in dem Bewußtsein, nicht viel mehr leisten zu können, auf den Mangel aufmerksam machen und Vorschläge für seine sukzessive Beseitigung entwickeln. Dabei ist es nicht die Intention des Verfassers, eine Geschichte des Puppenspiels vorzulegen, vielmehr sollen sozial- und kulturgeschichtliche Problemkomplexe der Puppenspielhistoriographie aufgerissen und theoretisch-historisch reflektiert werden. Die Arbeit versteht sich daher als eine erste Vorstudie zu einer »Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels«. Es geht infolgedessen zuvörderst um kritische Sichtung der vorliegenden puppenspielhistoriographischen Literatur, um, nach dem Aufschreiben und Fortschreiben, den dritten historiographischen Schritt, das Umschreiben der Geschichte des Puppenspiels, vorzubereiten. Mit den hier benutzten Begriffen des Vgl. dazu Teil I (1784-1941) der chronologisch geordneten »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels« im Anhang. Vgl. dazu Teil II (1945-1994) der chronologisch geordneten »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels« im Anhang. Ein erster, leider folgenlos gebliebener Ansatz für eine Diskussion der Methoden in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Puppenspiel rindet sich in der Arbeit von Manfred Wegner, der mit ideologiekritischem Blick Theorien puppenspielkundlicher Forschung zwischen 1900 und 1945 analysiert hat (Wegner 1981). In jüngster Zeit hat Gina Weinkauff einen Forschungsbericht zur Kasperforschung vorgelegt, der einen Teilaspekt der Puppenspielhistoriographie, nämlich die wissenschaftliche Rezeption des Grotesk-Komischen und der Lustigen Figur des Puppentheaters, reflektiert (Weinkauff 1992b).

Auf-, Fort- und Umschreibens von Geschichte beschreibt Reinhart Koselleck drei Typen der schriftlichen Darstellung und methodischen Verarbeitung geschichtlicher Erfahrung. Das Aufschreiben ist ein erstmaliger Akt, das Fortschreiben akkumuliert Zeitfristen, das Umschreiben korrigiert beides, das Auf- und Fortgeschriebene, um rückwirkend eine neue Geschichte daraus hervorgehen zu lassen. (Koselleck 1988, S. 26)

Koselleck führt gelegentlich seiner Reflexion über die modi historischer Erfahrung und deren schriftlicher Ausführung und methodischer Anwendung drei Möglichkeiten an, die im Hinblick auf die quellenkundlichen Verfahren ein Umschreiben hervorrufen können. Erstens können neue Belege auftauchen, die auf die bisherige Überlieferung ein neues Licht werfen würden. Zweitens können durch neue Fragen auch neue Zeugnisse aufgespürt und gefunden werden. Und drittens können alle vorhandenen Zeugnisse neu gelesen und interpretiert werden. Da für die Puppenspielhistoriographie der erste Fall zwar ab und an eintritt, vorliegende Arbeit aber ausdrücklich nur auf dem bisher vorhandenen und interpretierten Material gründet, kann sich das Umschreiben der Geschichte des Puppenspiels zunächst nicht auf neue Quellenbelege stützen. Vielmehr besteht die Hoffnung, durch die neuen Fragestellungen an das vorhandene Material einerseits neue Erkenntnisse (Interpretationen) zu erlangen, und andererseits vielleicht neue Quellen und Zeugnisse aufzuspüren.7 Die vorliegende Arbeit, die ein Umschreiben der Geschichte des Puppenspiels wohlgemerkt nur vorbereiten kann, betrachtet die Geschichte des Puppenspiels auf zwei Ebenen. Einerseits auf der Ebene der Reflexion über das Puppenspiel und andererseits auf der Ebene der geschichtlichen Entwicklungen, die sich in den Reflexionen implizit oder explizit widerspiegeln. Das hat aufgrund der unterschiedlichen Kontexte der Reflexionen zur Folge, daß die Arbeit von thematischer und methodischer Breite geprägt ist. Analytische Tiefe findet sich allerdings an den Stellen, an denen die beiden Ebenen der Be7

Das könnte zum Beispiel durch Erweiterung des Blickwinkels geschehen, wenn nicht nur Erwähnungen von Puppenspiel (und den anderen historisch gebräuchlichen Bezeichnungen) stur in den Archivalien gesucht würden, sondern auch Zeugnisse und Belege für Tätigkeiten aus dem Kontext, in dem Puppenspiel entstanden ist. Diesen weiten Blick wendet derzeit der Hamburger Volkskundler Lars Rebehn bei seinen Forschungen zum gesamten Hamburger Unterhaltungsgewerbe im 19. Jahrhundert an, bei denen das Puppenspiel (konkret das Handpuppenspiel) nur ein Aspekt unter mehreren ist (vgl. Rebehn 1991). Auch Gina Weinkauffgeht in ihrer Dissertation, die sich nicht vordergründig mit dem Puppenspiel beschäftigt, diesen Weg, indem sie anhand der künstlerisch-politischen Biographie eines Laienspielautors auch seine Puppenspieltexte (Texte zum proletarischen Kaspertheater) betrachtet, diese aber konsequent im Kontext des übrigen Schaffens und der ideologisch-politischen Aktivitäten des Autors untersucht (vgl. Weinkauff 1992a). Im übrigen hat auch der \ferfasser vorliegender Arbeit in seiner Diplomarbeit zur Problematik von Marionettentheater und Kinematographie diesen weiten Blick auf das Puppenspiel anzuwenden versucht, wenngleich er den Begriff Form kultureller Kommunikation für das Puppenspiel dort noch ziemlich unreflektiert gebraucht hat (vgl. Taube 1989d).

trachtung sich verschränken und einzelne Wendepunkte oder Akkumulationszeiträume der Geschichte des Puppenspiels näher betrachtet werden. Im ersten Kapitel werden vorderhand Gedanken zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels in Rekurs auf bisher in der deutschen Puppenspielhistoriographie kaum rezipierte Forschungsansätze entworfen und der potentielle Gegenstandsbereich einer zukünftigen Puppenspielhistoriographie heuristisch beschrieben. Die Arbeit baut im weiteren grundsätzlich auf dem gedruckt vorliegenden Material der bisherigen Puppenspielhistoriographie8 auf und begreift diese Literatur als Primärliteratur und Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung. Anhand einer wissenschaftshistorischen Strukturierung und Sichtung des vorhandenen Materials im zweiten Kapitel, die eine fehlende Geschichte der Puppenspielhistoriographie nur unzureichend kompensieren kann, soll zumindest ein Überblick über die bisherige Forschung geliefert werden.9 Im weiteren sollen die historischen Ursachen fiir die Setzung des Puppenspiels als Kunst im 19. und 20. Jahrhundert betrachtet werden, wobei vor allem die historische Verbindung des gewerblichen Puppenspiels mit der sozialen Gruppe der Fahrenden und die daraus resultierenden Folgen zu thematisieren sind. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem wichtigen Problem der Adaption verschiedener Erscheinungsformen des Puppenspiels in differenten historischen ästhetischen Kontexten, wobei mit einem begriffsgeschichtlichen Ansatz und darüber hinausgehenden Betrachtungen vor allem die Hintergründe und Motive für derartige Adaptionen zu beleuchten sind. Das methodisch heterogene Herangehen in vorliegender Arbeit zielt vor allem darauf, verkrustete Vorstellungen von dem historischen Gegenstand Puppenspiel und seiner Geschichte aufzubrechen.10 Die Arbeit will dabei vielfaltige Problemkomplexe aufreißen, auf Symptome und Indizien für zunächst nur hypothetisch beschreibbare Prozesse hinweisen, sowie Gegenstandsbereiche und Diskussionsfelder erschließen, denen die Puppenspielhistoriographie bislang keine oder nur eine periphere Bedeutung beigemessen hat. Vieles von dem, was hier angeregt und vorgeschlagen wird, mag banal oder für ein wissenschaftliches und historisches Vorgehen selbstverständlich und damit der ErZum Begriff Puppenspielhistoriographie im Kontext dieser Arbeit vgl. unten S. 25. Da es der Umfang der Arbeit verbietet, dieses Problemfeld mit der nötigen Ausführlichkeit abzuhandeln, ist im Anhang eine zweiteilige »Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels« (S. 179-233) beigefügt, die zumindest einen einigermaßen vollständigen Überblick über die vorhandene wissenschaftliche Literatur zum Thema geben will und in den Annotationen eine tendezielle Weitung der erfaßten Titel versucht. Hier macht es sich zur Verständigung notwendig, heuristisch alle diejenigen Phänomene zu umreißen, die potentiell Gegenstände einer neuen Puppenspielhistoriographie zu sein hätten. Die fast ausschließliche ästhetikzentrierte Betrachtung des Puppenspiels in der vorliegenden Literatur geht von der Voraussetzung aus, das Puppenspiel sei eine Kunstform, womit eine Reihe von Phänomenen von vornherein aus dem Blickwinkel geraten. In der Geschichte lassen sich aber Phänomene nachweisen, die wesensmäßig eng mit dem

wähnung nicht wert anmuten, doch die besondere Situation der Puppenspielhistoriographie läßt es notwendig erscheinen, auch vermeintlich Selbstverständliches aufzuführen. Der Verfasser will gerade mit dem neuen Blick auf das Puppenspiel eine Diskussion über die Methoden der Puppenspielhistoriographie und eine Theorie und Geschichte des Puppenspiels im Kontext der etablierten Theaterwissenschaft anregen.

Puppenspiel verbunden sind, wie zum Beispiel mechanische Androiden (Automaten), mechanische theatrale Darstellungen (Buckelbergwerke, Theatrum mundi, szenische Ölbergandachten, szenische Weihnachtskrippen), mechanisch bewegliche Kruzifixe und Marienfiguren in katholischen Gotteshäusern und Wallfahrtskirchen, Wachsfiguren, Effigien (Exekution von Strafen an Bildnissen der Delinquenten und Repräsentation von Herrschern durch Scheinleiber), Mannequins, Masken, Fetische, Götter- und Totenfiguren in vorkapitalistischen Kulturen und brauchtümliche Stellvertreterpuppen (z.B. beim Winteraustreiben und -verbrennen). Die vorliegende puppenspielhistoriographische Literatur billigt im wesentlichen den mechanischen (bewegten) Darstellungen eine gewisse Verwandtschaft zum Puppenspiel im engeren Verständnis zu. Eine Zuordnung der unbewegten Figuren zum Puppenspiel bereitet dagegen schon eher Schwierigkeiten, weil ihnen ein für Puppenspiel als wesentlich vorausgesetztes Moment - die Bewegung als manifester Ausdruck der Belebung des Gegenstandes Puppe - fehlt. Auf diesen Problemkomplex wird weiter unten einzugehen sein, wo auch ein weiter Begriff von Puppenspiel theoretisch begründet werden soll. Vgl. dazu S. 15-24 in Kapitel I.

I. Zu einer Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels

Der BegriffPuppenspielhistoriographie ist ein Arbeitsbegriff, unter den in dieser Arbeit zunächst alle wissenschaftlichen Aktivitäten zur Erforschung der Geschichte des Puppenspiels subsumiert werden sollen.1 Für sämtliche Formen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen Puppenspiel hatten sich in den ehemals beiden deutschen Staaten unterschiedliche Begriffe herausgebildet. In der damaligen BRD wurde jede wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Puppenspiel der wissenschaftlichen Puppenspielkunde bzw. der puppenspielkundlichen Forschung zugeordnet. Diese Termini gehen auf Günter Schnorr zurück, der auf dem Internationalen Kongreß des traditionellen Puppenspiels im August 1958 in Liege (Belgien) in seinem Vortrag über »Aspekte der Puppen- und Schattenspielforschung« referierte. Dabei unterbreitete er auch Vorschläge zur Bezeichnung einer Puppenspielwissenschaft und prägte in Anlehnung an den Begriff Volkskunde den Ausdruck Puppen-spielkunde, »mit den beiden Hauptzweigen der wissenschaftlichen und der angewandten Puppenspielkunde«. (Schnorr 1958, S. 162). Schnorr forderte, [... ] die Puppenspielkunde als eine theoretisch fest verankerte, selbständige und entwicklungsfähige Fachwissenschaft anzuerkennen. (Schnorr 1958, S. 172)

Der Begriff der puppenspielkundlichen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland ist aber wohl in den letzten Jahren in die Krise gekommen. Er wird heute hauptsächlich noch von den Forschern gebraucht, die zur »alten Schule« Purschkescher Prägung zu rechnen sind.2 Das hat vor allem mit einer nicht nur begrifflichen Veränderung in der Puppenspielpraxis zu tun, denn dort ist zunehmend vom Figurentheater3 die Rede. In der einstigen DDR ist ein Vgl. dazu auch S. 25. Zu Hans R. Purschke vgl. vor allem S. 53 sowie passim. Charakteristisch für die hier gemeinte Forscheigeneration ist, daß sie sich vorwiegend nebenberuflich mit den wissenschaftlichen Belangen des Puppenspiels beschäftigte, dabei zwar zu beachtlichen Leistungen in der Quellenforschung und kritischen Quellensichtung gelangte, aber auf die puppenspielhistoriographische Forschung insgesamt theoretisch-methodisch wenig innovativ gewirkt hat. Einen adäquaten Begriff für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Figurentheater gibt es jedoch noch nicht. Werner Knoedgen nennt seine Reflexionen zum Thema, in denen er auch auf historische Puppenspiel-Phänomene eingeht, >Zur Phänomenologie des FigurentheatersThesen zu methodologischen Fragen der Theatergeschichtsschreibung< verweisen Joachim Fiebach und Rudolf Münz 1974 auf die Notwendigkeit, daß eine moderne Theatergeschichte von der Grundkonzeption her versuchen müsse, das Phänomen Theater insgesamt zu erfassen [...] und dabei alle möglichen Formen theatralischer Darstellung zumindest im Prinzip und im Grundaufbau zu berücksichtigen - also auch Musiktheater, Tanztheater, Pantomime, Clownerie, Kabarett und letztlich auch das Puppentheater. (Fiebach/Münz 1974, S. 366) Diese von der Funktion des Puppenspiels ausgehende Definition ist unhistorisch und unkritisch, weil sie den Begriff Unterhaltung nicht historisiert und problematisiert.

12

Raum bewegen, dadurch den Anschein des Belebtseins erwecken und dramatisch agieren. (Purschke 1984, S. 8; Hervorhebung im Original) Mit dem Kriterium der freien Bewegung im Raum grenzte er das Puppentheater von den Automatenfiguren und mechanischen Theatern ab, bei denen sich die Figuren entweder nur in vorgegebenen Bahnen oder gar nicht im Raum bewegten (d.h. an Ort und Stelle stehen blieben). Den Eindruck des Belebtseins (oder der Lebendigkeit) dürften auch diese Schaustellungen hervorgerufen haben, die Purschke im weiteren Sinne als Puppenspiel bezeichnet sehen will. Das Kriterium der dramatischen Aktion hebt auf die Nachahmungshaltung des Puppenspiels gegenüber dem Schauspieltheater ab. Mithin scheinen die Unterscheidungsmerkmale recht beliebig, wohl mehr mit forschungspragmatischem Kalkül denn mit methodisch reflektierter Überlegung ausgewählt. Eine theoretisch fundiertere Definition versuchte Konstanza KavrakovaLorenz 1986 in ihrer Dissertation. Bezugnehmend auf ein Kolloquium im Jahre 1983,20 betont sie den kategorialen Unterschied zwischen Vermittlungsweise (Mediationsform) und Darstellungsart. Das Puppenspiel wird als eigenständige Art darstellerischer Äußerung begriffen, die nicht nur im Theater, sondern auch im Film und in anderen Medien Verwendung findet, woraus sich folgende Definition von Puppentheater und Puppenspiel ableitet: Mit Puppentheater bezeichnen wir eine Institution und eine Mediationsform. Als Institution beheimatet das Puppentheater mehrere künstlerische und künstlerisch-technische Berufszweige. Als Mediationsform verknüpft es mehrere durch ihre Begegnung transformierte Künste. Das Puppenspiel ist die Darstellungsart, das sinnliche Hauptelement der künstlerischen Mediationsstruktur Puppentheater. Das Puppenspiel verbindet alle die anderen Ausdrucksformen bzw. Künste [...] zu einer einheitlichen Zeichengestalt. (Kavrakova-Lorenz 1986, S. 26) Damit wäre das Puppenspiel als dual zu denkende Einheit21 die spezifische Invarianz der Darstellungsart, was bedeuten würde, das Puppenspiel als sinnliches Hauptelement des (u.a.) Puppentheaters stelle die kleinste, nicht mehr teilbare Einheit der Mediationsform Puppentheater dar. Diese Invariante gilt gleichzeitig als Konstituante der Gattung Puppenspielkunst. Bei dem Versuch, die bei Kavrakova-Lorenz ohnehin nur als Ausgangspunkt für die kompliziertere Deskription des Darstellungsvorganges mit Puppen dienende Definition 20

21

Theoretisches Kolloquium der Arbeitsgruppe »Theorie« der Sektion Puppentheater des Verbandes der Theaterschaffenden der DDR zum Thema »Die Begegnung des Puppentheaters mit anderen Künsten und seine Wirkung in unserer Zeit« am 24. und 25. November 1983 in Berlin (DDR) zur Vorbereitung auf das wissenschaftliche Kolloquium aus Anlaß des XIV. UNIMA-Kongresses in Dresden. Die wesentlichsten Ergebnisse des Kolloquiums wurden zusammengefaßt in Begegnung des Puppentheaters 1984. Der Sachverhalt Puppenspiel existiert in diesem Sinne nur aufgrund der Wechselwirkung von Puppe (Ding, Objekt) und Spiel (sinnlich praktische Tätigkeit eines Subjektes), was sich in der Zusammensetzung beider Begriffe widerspiegelt. 13

zu paraphrasieren, wird schon ihre Problematik deutlich. Sie ist so allgemein gehalten, daß sie keine der historischen Funktionen von Puppenspiel berührt. Außerdem ist in dem Bestreben, einen komplexen Vorgang analytisch auf seine letzten unteilbaren Elemente zurückzuführen, die Verbindung zur historischen und aktuellen Realität verloren gegangen. Vermutlich ist dies das Ergebnis der von Konstanza Kavrakova-Lorenz gewählten Analyse-Methode, und genau an diesem Punkt ist anzusetzen. Was taugt die Methode (und damit ihr Ergebnis), wenn sie ahistorisch vorgeht, das Widersprüchliche des Prozesses in der Definition ausblendet und die Funktionalität des Definierten nicht mitreflektiert? Die allgemeine Definition von Konstanza Kavrakova-Lorenz hat gezeigt, daß sich in ihrem Verständnis mit Puppenspiel immer mindestens zweierlei verbindet: ein tätiges Subjekt (zeichenproduzierende Tätigkeit) und ein lebloses Objekt (Puppe). Puppenspiel wäre demzufolge die Tätigkeit, bei der leblose Objekte von den tätigen Subjekten im Vorfeld der Sinngebung einem Prozeß der »Verlebendigung« unterzogen werden, welcher auch als Animationsprozeß22 bezeichnet wird. Dieser Auffassung von Puppenspiel liegt aber implizit die Definition von Puppentheater als Mediationsform (im institutionellen Rahmen eines ebenfalls als Puppentheater bezeichneten organisatorischen Apparates) zugrunde, die verschiedene Künste miteinander verknüpft. Wollte man den historischen Puppenspiel-Phänomenen mit einer derartigen Gegenstandsbestimmung beikommen, müßte man den Gegenstandsbereich von vornherein radikal einengen, und das würde die Rückprojektion der Bedingungen des aktuellen spezialisierten Kunst-Puppenspiels auf historische Phänomene bedeuten.23 Konstanza Kavrakova-Lorenz geht in ihrer argumentativen Begründung des Puppenspiels als einer künstlerischen Tätigkeit sui generis von puppenspielähnlichen Phänomenen als entwicklungsgeschichtlichen Vorformen der Kunstform Puppenspiel aus, wobei sie eine hierarchische Vorstellung von einem System der Künste zugrundelegt, nach der die Kunst als Höhe- und Endpunkt einer Entwicklung der kreativen Tätigkeit des Menschen zu begreifen wäre. Die Geschichte des Puppenspiels reduziert sich nach diesem Verständnis auf eine Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Puppenspiels (Kavrakova-Lorenz 1986, S. 65-77) und zielt damit auf eine Neuauflage der Ursprungstheorie 22

23

Zur Problematisierang des Animationsvorganges im Zusammenhang mit der Beschreibung des Gegenstandsbereiches einer zukünftigen Puppenspielhistoriographievgl. S. 2122 in diesem Kapitel. Es darf unterstellt werden, daß die Mehrzahl der bisherigen Puppenspielhistoriographen von dieser falschen Prämisse ausgegangen sind. Als Beispiel sei hier die nicht nur einfache, sondern auch einfältige und tautologische »Beweisführung« eines der bedeutendsten deutschen Puppenspielhistoriographen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zitiert: Daß Theater Kunst ist, wird niemand bestreiten wollen. Das haben schon die alten Griechen erkannt. Ebenso aber ist auch Puppentheater Kunst bzw. Volkskunst und war fast acht Jahrhunderte hindurch ein nicht zu unterschätzender Kulturfaktor. (Purschke 1984, S. 4)

14

Reichscher Prägung. Kavrakova-Lorenz kolportiert beispielsweise Reichs These von der Wanderung des Mimus im Gefolge römischer Legionen nach Germanien, allerdings in der von Leibrecht referierten Fassung (Kavrakova-Lorenz 1986, S. 90/91). Sie wertet die sich auf Reich (den sie in dem Zusammenhang nicht erwähnt) stützende, spekulative Behauptung Leibrechts weder kritisch, noch fuhrt sie eigene Beweise für die Behauptung an, vielmehr genügen ihr die wenigen ungesicherten Bemerkungen Leibrechts als Grundlage für ihre These von dem Ursprung des Puppenspielers im Mimen und Gaukler. Diesen will sie schon als Künstler und Puppenspieler im heutigen Sinne begriffen wissen, was historisch unhaltbar ist. Das Problem ihrer These besteht in deren Zweistufigkeit, die nur Kunst und Vorformen von Kunst kennt, mithin als eminent ästhetikzentriert zu bezeichnen wäre. Kavrakova-Lorenz geht nämlich davon aus, daß es einen Entwicklungssprung von der künstlichen Figur als Instrument des kultischen bzw. religiösen Rituals zur künstlerischen Figur/Puppe des Puppenspiels im heutigen Sinne gegeben habe. Sie anerkennt damit nur künstlerischen und nichtkünstlerischen Gebrauch von Puppen, wobei dieser Kategorisierung implizit die hierarchische Dichotomie von hoch und niedrig eingeschrieben ist. Erst der zeichenproduzierenden Tätigkeit des Kunstpuppenspielers kommen die Weihen zeichentheoretischer und ästhetischer Analyse zu, während die anderen nichtkünstlerischen Tätigkeiten (kultischer und religiöser Gebrauch von Puppen) nur als Vorformen des Kunstpuppenspiels charakterisiert werden. An diesem Ansatz ist die zeitliche Lücke auffällig, die bei Kavrakova-Lorenz nur durch die fragwürdige Behauptung der puppenspielenden Gaukler als Künstler (im heutigen Sinne) zugedeckt wird,24 die aber gleichzeitig den quellenmäßig am besten zu belegenden historischen Zeitraum der Geschichte des Puppenspiels vom europäischen Mittelalter bis zur Gegenwart umfaßt. Indem alle Puppenspiel-Phänome in dieser Zeit als Kunstphänomene charakterisiert werden, wird der Blick auf ihre tatsächlichen Funktionen verstellt, zumal der Ansatz von Kavrakova-Lorenz ohnehin nur einen Funktionswechsel (den vom kultischen zum künstlerischen Gebrauch) kennt.

2. Gegenstandsbereiche einer zukünftigen Puppenspielhistoriographie Wesentliche Mißverständnisse der Puppenspielhistoriographie basieren auf ahistorischem und zum Teil unkritischem Gebrauch der in der Vergangenheit Puppenspielphänomene bezeichnenden Begrifflichkeit. Die Termini wurden häufig nicht im historischen Kontext gesehen, wodurch ungewollt aber zwangsEs kann dem verdienstvollen Versuch von Konstanza Kavrakova-Lorenz, eine theoretische Fundierung des Puppenspiels als Darstellungskunst zu entwerfen, der Vorwurf nicht erspart werden, daß der Theorie des Puppenspiels dabei die historische Komponente abhanden gekommen ist. Theorie und Geschichte des Puppenspiels sind aber immer als dialektische Einheit zu denken und dementsprechend durchzuführen.

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läufig gegenwärtige Sinngehalte in vergangene Wortbedeutungen übertragen worden sind. Ein begriffsgeschichtlicher Ansatz für die Puppenspielhistoriographie könnte diesem Mangel abhelfen und gleichzeitig eine neue puppenspielhistoriographische Perspektive hinzugewinnen. Die Forschungen von Hans R. Purschke bieten für ein derartiges Unterfangen ein reiches begriffsgeschichtlich auswertbares Materialreservoire. Doch erscheint es angebracht, die Belege in den Originalquellen zu überprüfen. Nicht nur, um den teilweise oberflächlichen und durch einen engen Begriff von Puppenspiel beschränkten Umgang Purschkes mit Quellen und Zitaten zu korrigieren, sondern auch, um die textualen Kontexte der einzelnen Belegstellen analysieren und in die begriffsgeschichtliche Betrachtung einbringen zu können.25 Eine wesentliche Aufgabe von Begriffsgeschichte sollte es nämlich sein, das Verhältnis von Terminologie und Gegenstand (von Begriff und Sache) zu problematisieren, um die unterschiedlichen Bedeutungsschichten, die sich in einem Begriff konzentriert haben, freilegen zu können.26 Die Praktikabilität eines begriffsgeschichtlichen Ansatzes zu einer Gegenstandsdefinition, die die textualen Kontexte mitreflektiert und dadurch Rückschlüsse auf die historische Bedeutung und Stellung des Phänomens Puppenspiel zuläßt, wird in Kapitel IV belegt.27 In der vorliegenden Arbeit ist es jedoch nicht möglich, eine ausgedehnte begriffsgeschichtliche Untersuchung anzustellen, denn dieser hätten neben den hier vorrangig benutzten Lexika, Wörterbüchern und Glossarien auch die Ankündigungen der Träger des Puppenspiels (Theaterzettel), ihre Supplikationen und 25

Purschke ging in seiner ersten umfassenden Untersuchung (Purschke 1979) über eine Systematisierung und Addition historischer Quellenbelege nicht hinaus, obgleich er sich, um die Bedeutung der Begriffe bestimmen zu können, linguistischer Methoden bediente. Er verglich dazu jedoch oftmals Quellenbelege aus unterschiedlichsten historischen und sozialen Kontexten, ohne diese Kontexte zu problematisieren. Indem er nur eine einzige Bedeutungsschicht im Blickfeld hatte und folglich auch nur nach dieser einen suchte, schränkte er sein Erkenntnisinteresse von vornherein ein. Auch wurden nur solche Zeugnisse aufgenommen, die das wirkliche Puppenspiel betreffen. (Purschke 1979, [Vorwort, o.S.])

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Dabei setzte Purschke voraus, daß die aufgenommenen Zeugnisse nur diese eine Bedeutung hätten. Der unklare Begriff »wirkliches Puppenspiel« ist von Purschke an anderer Stelle näher bestimmt worden (vgl. dazu S. 12-13 in diesem Kapitel). Zu Methoden, Möglichkeiten und Grenzen der Begriffsgeschichte als Teil der Sozialgeschichte vgl. Koselleck 1979, S. 19-36 und den von Koselleck herausgegebenen und mit diesem Beitrag eingeleiteten Sammelband passim (Koselleck 1979). Einzelne Beiträge des Bandes relativieren und problematisieren die von Koselleck aufgestellten theoretischen Prämissen einer Begriffsgeschichte (vgl. dazu vor allem Schultz 1979, S. 4374 und Gumbrecht 1979, S. 75-101). Als Beispiel für die Anwendung eines begriffsgeschichtlichen Ansatzes auf die Theaterwissenschaft vgl. Schramm 1990. In Kapitel IV wird der begriffsgeschichtliche Ansatz auf einen konkreten historischen Zeitraum und auf die Untersuchung bestimmter Begriffe angewendet, (vgl. S. 105-114 dieser Arbeit)

Privilegien, die Eintragungen in Meß-und anderen Rechnungen, Stadtchroniken, Edikten und anderen historischen Archivalien zugrunde zu liegen. Darüber hinaus wären Recherchen zur Reflexion über das Puppenspiel in juristisch-kameralistischen, literarischen und publizistischen Kontexten anzustellen und die entsprechenden Ergebnisse zur begriffsgeschichtlichen Bewertung des Phänomens heranzuziehen. Nicht zuletzt spielt die Selbstreflexion von Puppenspielern in Briefen (die jedoch erst aus dem 19. Jahrhundert vorliegen) eine entscheidende Rolle für eine begriffsgeschichtliche Untersuchung. Ein derartiger Ansatz böte obendrein die Möglichkeit, auch jene Kontexte zu reflektieren, in denen der Begriff Puppenspiel und seine historischen Synonyme nicht explizit auftauchen,28 indem die Begrifflichkeit der jeweiligen Zusammenhänge mit jener des Puppenspiels als gewerbliches Angebot kultureller Kommunikation in Beziehung zu setzen wäre. Eine solche begriffsgeschichtliche Untersuchung wäre grundlegend für eine »Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels«, hätte, als spezialisierte Quellenkritik neben der Quellenforschung, als Grundlagenforschung einer »Theorie und Geschichte des Puppen- und Figurentheaters« zu gelten und würde die umfassende Definition des Gegenstandsbereiches der zukünftigen Puppenspielhistoriographie unterstützen. Es wäre gegen die Intentionen vorliegender Untersuchung, hier vorschnell eine historische Definition des Puppenspiels anzubieten, die die zeitliche Lücke in dem Ansatz von Kavrakova-Lorenz füllt und dabei die Forderungen an historisch-materialistische Kunst- und Kulturwissenschaft29 erfüllt. Es soll hier auch weniger um eine strenge Definition des Puppenspiels, als vielmehr um den Versuch der Beschreibung potentieller Gegenstandsbereiche puppenspielhistoriographischer Forschung und um einen neuen Blickwinkel auf diese Gegenstandsbereiche gehen. Dennoch stellt sich an dieser Stelle die Frage, nach welchen Kriterien puppenspielhistoriographische Phänomene zu bestimmen und mit welcher Kategorie oder welchen Kategorien sie zu bezeichnen wären. Wie bereits oben gezeigt, läßt sich das Puppenspiel historisch nicht ausschließlich als Kunstform betrachten.30 Während die Auffassungen von historischen Puppenspielformen als Theatergattung bzw. Gattung der Literatur mit dem Verweis auf das System der Schönen Künste und die historische Nichtzugehörigkeit des Puppenspiels zu diesem System recht plausibel zu entkräften sind, läßt sich die globale Behauptung des Puppenspiels als Volkskunst nicht so ohne weiteres von der Hand weisen. Der Begriff Volkskunst erscheint zwar auf den ersten Blick recht prak28 29

Damit sind die unten thematisierten puppentheatralen Tätigkeiten und Grenzphänomene gemeint (vgl. S. 21-22 dieser Arbeit). Joachim Fiebach betont drei wesentliche Aspekte: [...] die absolute Historizität, das in sich generell Widersprüchliche und die Funktionalität sowohl der Gegenstände, mit denen man zu tun hätte, als auch der Blickwinkel, unter denen Dinge gesehen und gewertet werden. (Fiebach 1990, S. 372).

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Vgl. dazu S. 11-15 in diesem Kapitel. 17

tikabel, impliziert er doch durch den Wortbestandteil »Volk« eine, wenn auch recht diffuse, soziale Einordnung des Puppenspiels und eine Trennung vom System der Schönen Künste. Dennoch ist auch der Volkskunst-Begriff nicht geeignet, historische Puppenspielphänomene vor dem 20. Jahrhundert adäquat zu bezeichnen. Der Begriff Volkskunst entstand um die Jahrhundertwende als Reflex auf gesellschaftliche Modernisierungsprozesse und als ideologisch-ästhetisches Kontrastbild zur Kunst der Moderne.31 Die Anwendung dieses Begriffes auf historische Puppenspielphänomene vor dem 20. Jahrhundert hieße damit wiederum Rückprojektion funktionaler Konnotationen eines Begriffes auf S achverhalte, die historisch anders konnotiert sind. Das Grundwort »Kunst« des zusammengesetzten Begriffes »Volkskunst« ermöglichte darüber hinaus wieder eine, wenn auch nicht ausschließliche, so doch dominierende, Betrachtung mittels ästhetischer Kategorien. Diese vordergründig ästhetische Konnotation umgeht der Begriff Folklore. Umgangssprachlich eher pejorativ zur Kennzeichnung der Vermarktung sogenannter »volkstümlicher Kunst« benutzt, meint der aus dem Englischen stammende Begriff im wissenschaftlichen Kontext der Volkskunde den Komplex volkskultureller Überlieferung. Damit erscheint der Folklorebegriff zur Anwendung auf historische Puppenspielphänomene geeignet. Dennoch machen sich Differenzierungen zur Kennzeichnung der Spezifik des Puppenspiels als Folklore notwendig. Roman Jakobson und Petr Bogatyrew haben Folklore 1929 als eine besondere Form des Schaffens im Vergleich zur schriftsprachlichen Literatur charakterisiert (Jakobson/Bogatyrew 1979).32 Die Existenz von Folkloregebilden setze demnach eine sie aufnehmende und sanktionierende Gemeinschaft voraus. Das habe zur Konsequenz, daß für ein Folkloregebilde keine individuelle Autorenschaft geltend gemacht werden könne, sondern vielmehr kollektives Schöpfertum angenommen werden müsse. Das Folkloregebilde würde erst dann zu existieren beginnen, wenn es von einer Gemeinschaft sanktioniert und angenommen worden wäre. Das sei seine »Geburtsstunde«, und nicht die erste nachweisbare Objektivation, die den Beginn der Existenz eines Werkes der Literatur (der Kunst) markiere. Die existenznotwendige Sanktionierung der Folkloregebilde durch eine Gemeinschaft wird als »Präventivzensur der Gemeinschaft« (Jakobson/Bogatyrew 1979, S. 144) und als wichtigster Unterschied zwischen Folklore und Literatur be31

Der Begriff fand in Bezug auf dekoratives und alltägliches Sachgut als Fachbegriff der Volkskunde Anwendung. Anfangs wurde er mit den Bezeichnungen »angewandte Kunst«, »kleine dekorative Künste« und »Kunstgewerbe« regelrecht synonym verwendet. Mit guten Gründen läßt sich sogar annehmen, daß der Begriff [...] dem wirtschaftsund sozialpolitischen Diskurs der Zeit um die Jahrhundertwende entstammt und ein Profil durch ästhetisch-künstlerische Programme erhielt, die ihrerseits auf vielfältige Art politisch ausgerichtet waren. (Korff 1992, S. 24)

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Zur ideologisch-politischen Instrumentalisierung des Begriffes »Volkskunst« im 20. Jahrhundert vgl. Korff 1992, zu Leistungen und Defiziten des Begriffes vgl. Deneke 1992. Vgl. dazu auch Assmann 1983, S. 175-193.

zeichnet. Ein Vergleich auf ökonomischer Ebene verdeutlicht diese Differenz noch einmal. Während das Verhältnis der Literatur zum Konsumenten als »Produktion auf Absatz« zu charakterisieren wäre, stehe die Folklore der »Produktion auf Bestellung« näher (Jakobson/Bogatyrew 1979, S. 147). Als Konsequenz dieser These verliert auch die rigide Gegenüberstellung von produktiver hochkultureller Kunst und »gesunkene Kulturgüter«33 reproduzierendem Volk ihre Unnachgiebigkeit und letzteres seine Minderwertigkeit, denn auch das Reproduzieren wäre als Akt des Schaffens zu kennzeichnen: Das Schaffen äußert sich hier sowohl in der Auswahl der übernommenen Werke, als auch in ihrer Zurechtlegung für andere Gewohnheiten und Forderungen. (Jakobson/ Bogatyrew 1979, S. 149)

Entscheidend für die Adaption seien letztlich die Strukturgesetze der Folklore, die im Spannungsfeld von Tradition und Improvisation Variationen der vorgefundenen und ausgewählten Stoffe und Formen erlaubten. Entsprechend dieser Folklore-Typologie befindet sich volkskulturelles Puppenspiel, das bis ins 20. Jahrhundert hauptsächlich gewerblich angeboten wurde, zwischen den Sphären schriftsprachlicher repräsentativer Hochkultur und oraler Folklore. An den ökonomischen Vergleich Jakobsons und Bogatyrews anknüpfend, lassen sich bei den Trägern des Puppenspiels (und einer Vielzahl anderer gewerblicher Träger volkskultureller Äußerungsformen) beide Produktionsstrategien verfolgen. Das Repertoireprinzip der Wanderkomödianten als Voraussetzung für Konkurrenzfähigkeit könnte demgemäß als streng an den Bedürfnissen der Rezipienten orientierte Vorratsproduktion charakterisiert werden. Zwar war dem Puppenspiel das kollektive Schaffensprinzip der Folklore nicht eigen, doch die »Präventivzensur der Gemeinschaft« war auch für die Stoffe und Stücke des Puppenspiels entscheidend. Einmal von der Gemeinschaft sanktioniert, gehörten bestimmte Stücke zum folkloristischen Kanon, was sich auch ökonomisch auswirkte, wenn nämlich diese Stücke zu »Zugstücken« wurden. Dennoch unterscheiden die Träger des Puppenspiels (und anderer volkskultureller Äußerungsformen) von den Vortragenden der Folklore zwei wesentliche Aspekte: 1) 2)

Produzenten und Rezipienten sind streng getrennt, diese sind seßhaft, jene gehören zu den Fahrenden; damit sind sie unterschiedlichen sozialen Schichten zugehörig. Die Tätigkeiten werden gegen Entgelt zur Schau gestellt.

Der von Brigitte Emmrich verwendete Begriff der »professionellen Verbreiter und Träger überlieferter Volkskultur«, der in vorliegender Arbeit verwendet wird, verweist auf die Situation der Träger, die sozial zur Volkskultur gehören, deren Schaffensformen und Stoffe sowohl dem volkskulturellen Bereich als auch der hochkulturellen Kunstproduktion entlehnt sind und die nach der Art und Weise der ökonomischen Vermittlung mit modernen ökonomischen Ka" Zu diesem Begriff vgl. Anm. 112 im II. Kapitel. 19

tegorien als Gewerbetreibende und kleine Warenproduzenten zu bezeichnen wären. Die Tätigkeiten der professionellen Verbreiter und Träger überlieferter Volkskultur vollzogen sich im Bereich der sozialen und kulturellen Kommunikation, weswegen in vorliegender Arbeit das Puppenspiel der professionellen Träger als gewerbliches Angebot kultureller Kommunikation charakterisiert wird. Dabei soll mit dem Begriff kulturelle Kommunikation nicht ein bestimmtes Kommunikationsmodell favorisiert, sondern die Spezifik von kommunikativen Prozessen gekennzeichnet werden. Wenn Joachim Fiebach konstatiert, daß sich Kunsttheater als bezeichnende Tätigkeit auf der gleichen Ebene gesellschaftlicher Kommunikation vollziehe [...] wie die mythisch-religiösen, die politisch-zeremoniellen und die alltäglichen Darstellungen, die auf den tatsächlichen oder beanspruchten sozialen Status von Individuen, auf gesellschaftliche Verhältnisse und Beziehungen zwischen Kultur und Natur deuten, sie so definieren und überschaubar machen sollen (Fiebach 1986, S. 147),

hat er gleichsam das Wesen des hier in Anwendung kommenden Begriffs der kulturellen Kommunikation bezeichnet. Wenn nämlich Kommunikation als ein sozialer Basisprozeß begriffen wird und nach der Spezifik dessen gefragt wird, was ihn zu einem kulturellen Prozeß macht, sind die je konkrete historische Funktion und die sozialen, soziokulturellen und ökonomischen Bedingungen für den Kommunikationsprozeß und seine Entstehung zu analysieren. Auf Puppenspielphänomene angewandt bedeutet das, nach den Bedingungen zu fragen, die solchen Phänomenen das Entstehen ermöglichten, und nach den Funktionen zu fragen, die Puppenspiel als Form kultureller Kommunikation zu erfüllen vermochte und vermag. Puppenspiel im engeren Sinne als gewerbliches Angebot kultureller Kommunikation wäre demgemäß als das Zur-Schau-Stellen von Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang mit leblosem Material gegen Entgelt zu definieren. Darüber hinaus eröffnet das weite Verständnis von Puppenspiel die Möglichkeit, alle Phänomene zu betrachten, denen eine puppentheatrale Tätigkeit34 zugrunde liegt. Der Begriff »puppentheatrale Tätigkeit« wird hier als Arbeitsbegriff in Anlehnung an Formulierung und Auffassung Joachim Fiebachs von »theatraler Tätigkeit« (vgl. Fiebach, 1986, S. 147-186) vorgeschlagen. Er wird im Sinne von theatraler Tätigkeit mit Puppen oder theatralem Gebrauch von Puppen verwendet. Fiebach kennzeichnet Theatralität grob als »Weise des Verhaltens und des Ausdrucks« (Fiebach 1986, S. 373) und nennt jene Kommunikation theatralisch, die [...] sich in Ausdrucks- und Verhaltensweisen vollzieht, die denen in der besonderen Institution Theater oder [...] Kunsttheater gleich sind. (Fiebach 1986, S. 12)

Es sei daraufhingewiesen, daß der Begriff nicht eine Ableitung von dem Wort Puppentheater darstellt, sondern eine spezifische theatrale Tätigkeit kennzeichnen soll.

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Somit ließe sich unter Zuhilfenahme des Begriffes puppentheatrale Tätigkeit ein weiter Begriff von Puppenspiel definieren, der durch das besondere Verhalten von Menschen gegenüber gewissen als Puppen zu bezeichnenden Gegenständen bestimmt ist. Dieses besondere Verhalten realisiert sich vor allem im Ausstellen des Gebrauchs von Puppen, wobei Gebrauch hier sowohl den direkten Umgang der Träger des Puppenspiels (der puppentheatral Tätigen) mit Puppen, als auch den Gebrauch (die Funktion) des zurschaugestellten direkten Umgangs mit Puppen durch die Rezipienten umfaßt. Daß der Begriff beide Seiten des Kommunikationsprozesses umfassen muß, liegt in der Spezifik der Phänomene begründet, die sich ohne Wirkung der Phantasieleistung der Zuschauer nicht realisieren. An dieser Stelle macht es sich erforderlich, noch einmal die Herleitung des Puppenspiels aus seinem nur analytisch zu bestimmenden kleinsten unteilbaren Element zu problematisieren.35 Die Begriffe Belebung und Animation, die diesen als Invariante und Konstituante einer Kunstgattung geltenden Prozeß bezeichnen, zielen auf eine Definition für das Puppen- und Figurentheater, die eine ganze Reihe historischer und aktueller puppentheatraler Tätigkeiten und Grenzphänomene ausblendet. Konstanza Kavrakova-Lorenz charakterisiert den Animationsprozeß als Vorgang der Verleihung von Wesenseigenschaften an das leblose Objekt (die Puppe) durch das tätige Subjekt (Puppenspieler), wozu die Dynamisierung des Objektes fuhren solle, d.h. die Aufhebung dessen stofflicher Statik, Passivität und Indolenz durch Bewegung (Kavrakova-Lorenz 1986, S. 126). Dieser Prozeß belebt das Objekt Puppe selbstverständlich nur scheinbar. Der mitproduzierende Zuschauer und dessen Phantasie sind wichtiger Bestandteil dieses kommunikativen Vorganges. Die Wirkung der scheinbaren Lebendigkeit bringen jedoch auch eine Reihe anderer Phänomene hervor, die bisher nur vereinzelt als Puppenspielphänomene gefaßt wurden. Es handelt sich dabei um solche puppentheatrale Grenzphänomene, denen kein Belebungsprozeß im o.a. Sinne zugrunde liegt. Mechanisch bewegte Figuren verfugen zwar gemäß der beschriebenen Auffassung von Belebung oberflächlich über diese Qualität, doch die mechanisch herbeigeführte Bewegung kann nicht als Belebung in diesem Sinne gelten, weil das tätige Subjekt (seine zeichenproduzierende Tätigkeit) fehlt. Folglich wären auch die mechanisch-optischen Darstellungen, die noch am ehesten in den Kontext des Puppenspiels gehören, nicht zum Puppenspiel in diesem engeren Sinne zu zählen. Solche Phänomene - wie zur Schau gestellte Wachsfiguren in Wachsfigurenkabinetten oder Panoptiken, Exekution von Strafen an Scheinleibern, Repräsentation von Herrschern durch Schaupuppen, Präsentation von Kleidung mittels hölzerner oder wächserner Mannequins, aufgestellte Weihnachtskrippen, Götter- und Totenfiguren in vorkapitalistischen Kulturen und brauchtümliche Stellvertreterpuppen - sind bisher noch selten oder gar nicht in das Blickfeld der Puppenspielforschung gerückt. Diese und ähnliche Phänomene, denen die interne Bewegung als manifester Ausdruck 35

Vgl. dazu auch S. 14 dieser Arbeit. 21

virtueller Belebung fehlt, zielen gleichwohl auch auf die Wirkung scheinbarer Lebendigkeit. Sie bedürfen ebenso wie der Animationsprozeß der Phantasieleistung des Zuschauers oder Beschauers, um den Effekt der scheinbaren Lebendigkeit zu erzielen. Außerdem spielen vor allem im brauchtümlichen und rituellen Gebrauch derartiger Phänomene metaphysische Komponenten eine große Rolle, wobei die Phantasie durch den Glauben an das Beseeltsein bestimmter Dinge und Objekte unterstützt wird.36 Die Objekte, die mit einem der Hegeischen Kunstphilosophie entlehnten kunstwissenschaftlichen Begriff noch am treffendsten als Skulptur zu bezeichnen wären, offenbaren erst durch ihren Gebrauch, durch den Kontext, in dem sie wahrgenommen werden oder/und in dem mit ihnen umgegangen wird, ihren Charakter als puppentheatrale Phänomene. Damit wird ebenso wie in der o.a. Puppenspiel-Definition auf die Eigenart dieser Erscheinungen rekurriert, jedoch nicht mit dem Blick auf eine bestimmte Kunst-Praxis, sondern in dem Bestreben, einen möglichst weiten Gegenstandsbereich zu erschließen, in dem das Kunst-Puppenspiel einen Aspekt unter vielen darstellt und somit gleichsam in seinem historischen und phänomenologischen Kontext betrachtet werden kann. Für das Puppenspiel als Form kultureller Kommunikation ließe sich nach dem Erkenntnisstand des Verfassers folgende hypothetische Gliederung nach sozialen Kontexten vorschlagen: 1) 2) 3) 4)

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gewerbliches Angebot kultureller Kommunikation im Kontext des S chaugewerbes (Spielleute, Komödianten, Puppenspieler, Wachsfigurenkabinette, mechanische Theater, Automaten etc.) kulturelle Kommunikation im künstlerischen Kontext (künstlerische Puppenspieler) soziale und kulturelle Kommunikation im kultischen und brauchtümlichen Kontext (Stellvertreterpuppen, Totenpuppen, Fetische etc.) soziale und kulturelle Kommunikation im christlich-religiösen Kontext, zum Teil eng mit brauchtümlichem Kontext vernetzt (szenische Ölbergandachten, mechanische und statische szenische Weihnachtskrippen, mechanische Kruzifixe und Marienfiguren etc.) soziale und kulturelle Kommunikation im repräsentativen und im juristischen Kontext (Repräsentation von Herrschern durch Schaupuppen, Vollstreckung von Strafen an Scheinleibern etc.)

Damit können die verschiedenen Lebenspraktiken analysiert werden, aus denen puppentheatrale Tätigkeiten entspringen konnten, was die Frage nach den Ursprüngen des Puppenspiels modifiziert neu stellt. Ursprung würde in dem

Dieser qualitative Unterschied in der Rezeption findet sich aber gleichermaßen bei den Puppenspielphänomenen im herkömmlichen Sinne. Außerhalb der Vorstellung ist zumindest dem Erwachsenen klar, daß die Puppen leblos sind; während der Vorstellung, involviert in den beabsichtigten und notwendigen Kommunikationsprozeß, gibt es Momente, in denen diese sichere Überzeugung von der Leblosigkeit der Puppen dem Eindruck der tatsächlichen Belebtheit weicht.

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Zusammenhang aber nicht als »Urknall«, aus dem das Puppenspiel entstand37 und von dem aus es sich linear-kontinuierlich entwickelte, begriffen, sondern Ursprünge wären als die Lebenszusammenhänge, in denen puppentheatrale Tätigkeiten ursprünglich zu finden waren, zu begreifen. Danach wären zunächst die Schnittstellen der Lebenswelten zu thematisieren, in denen und aus denen heraus puppentheatrale Phänomene entstanden sind und entstehen, wobei die besondere Art der Vermittlung zu problematisieren wäre. Im Falle des Puppenspiels als gewerblichem Angebot kultureller Kommunikation38 bedeutete das etwa, die grundsätzlich unterschiedlichen Lebenswelten der Träger und der Rezipienten puppentheatraler Phänomene zu analysieren, um davon ausgehend die Besonderheit und Abgehobenheit der Situation zu charakterisieren, in der beide Lebenswelten und darin akkumulierte Erfahrungen kurzzeitig aufeinandertreffen. Dabei wäre das historisch-politische, sozialökonomische und soziokulturelle Bedingungsgefüge für das Aufeinandertreffen der beiden Sphären mitzureflektieren. Insofern hätte eine Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels eine Alltagsgeschichte zu sein.39 Während in diachronen Längsschnitten die Veränderungen und Entwicklungen zu thematisieren wären, müßten synchrone Querschnitte andere puppentheatrale Phänomene40 und ihre Verknüpfungen (beispielsweise an den Schnittstellen unterschiedlicher Lebenswelten) behandeln; etwa die Funktionen des Puppenspiels als gewerbliches Angebot kultureller Kommunikation in der individuellen Reproduktion der Rezipienten, das sozial-psychologische Wahrnehmungsproblem, das sich mit der Erzeugung virtueller Lebendigkeit verbindet (die irrationale Komponente des Puppenspiels), oder die Frage nach der Bedeutung der mechanischen Technologie bei der scheinbaren Belebung und deren unterschiedliche Wahrnehmung durch unterschiedliche Berufs- und soziale Gruppen (infolge unterschiedlicher Erfahrungen mit dem Mechanischen). Schon diese wenigen Beispiele möglicher Problemkomplexe einer zukünftigen Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels verweisen auf die dringende Notwendigkeit der Anwendung unterschiedlichster fachwissenschaftlicher Methoden auf die verschiedenartig akzentuierten Probleme. Eine ausschließlich kunstwissenschaftlich-ästhetische Betrachtung des Puppenspiels im tradi37

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39 Von dem Groteskekomischen in der Komödie< von Flögels >Geschichte des GroteskekomischenKlosterDas Puppen-Spiel, die fahrenden Schauspieler, Gaukler und Marktschreyer der Vorzeit< zum Gegenstand hat.

de der schönen Wissenschaft, 1754-60 Hauslehrer, 1761 Lehrer in Breslau, 1773 Rektor der Stadtschule in Jauer, 1774 Professor der Ritterakademie in Liegnitz. Verdienste erwaib er sich vor allem durch seine >Geschichte der komischen Literatun und die >Geschichte des Groteskekomischem. Flögel, Carl Friedrich: Geschichte des Groteskekomischen ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit von Carl Friedrich Flögel, Professor der Philosophie bey der königlichen Ritter-Akademie zu Liegnitz, und Beysitzer der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Frankfurt an der Oder. Mit Kupfern. Liegnitz und Leipzig: Bei David Siegert, 1788, 322 S. Zu Flögels puppenspielhistoriographischer Relevanz vgl. S. 51-52 dieser Arbeit. Franz Hörn (1781-1837). Schriftsteller und Literarhistoriker. Hörn, Franz: Volksschauspiele (§§ 43^*9). In: ders.: Die Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen, von Luthers Zeit bis zur Gegenwart. Bd. 2. Berlin, 1823, S. 254-262. Hörn nutzt in diesem Abschnitt eine frühere Veröffentlichung, in den §§ 54-61 seiner >Geschichte und Kritik der deutschen Poesie und Beredtsamkeit« aus dem Jahre 1805 behandelt er die Volkslieder und Volksschauspiele als »sehr erfreuliche!...] Erscheinungen in unserer Literatur« (Hörn 1805, S. 88), dabei verweist er darauf, daß er im >Wiener Hof-Theater-Taschenbuch auf das Jahr 1805< Kenntnis von dem ungedruckten Puppenspiel >Vom verlorenen Sohn< gegeben habe. In seinen Briefen und Fragmenten zu >Leben und Wissenschaft, Kunst und Religiom hat Hörn dann 1807 diesen Bericht über den >Verlorenen Sohn< noch einmal abgedruckt, auf den er auch in >Poesie und Beredtsamkeit der Deutschem 1823 hinweist. Vgl. auch S. 37 dieser Arbeit. Reinöhl, Wilhelm von: Das Puppen-Spiel, die fahrenden Schauspieler, Gauckler und Marktschreyer der Vorzeit. In: ders.: Die gute alte Zeit geschildert in historischen Beiträgen zur nähern Kenntniß der Sitten, Gebräuche und Denkart, vornemlich des Mittelstandes, in den letzten fünf Jahrhunderten; nach großenteils alten und seltenen Druckschriften, Manuscripten, Flugblättern etc. Erster Band: Zur Geschichte hauptsächlich des Stadtlebens, der Kleider trachten, des Hauswesens, der Kinderspiele, Tanzfreuden, Gaukler, Bankette, Frauenhäuser, magischen Mittel, Kirchenfeste, Pilgerfahrten etc. Aus Wilh. von Reinöhl's handschriftlichen und artistischen Sammlungen herausgegeben von J. Scheible. Stuttgart. Verlag des Herausgebers, 1847, S. 347-378. [d.i.: Scheible, Johann (Hg.): Das Kloster. Weltlich und geistlich. Meist aus der älteren deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten und vorzugsweise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittengeschichte in Wort und Bild. Sechster Band: 21. bis 24. Zelle]; [Reprint d. Artikels: Frankfurt: Puppen und Masken, 1989 (Mimen - Gaukler - Possenreißer 4).

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Erste wissenschaftlich reflektierte Auseinandersetzungen mit dem Puppenspiel entstanden um die Mitte des 19. Jahrhunderts, als sich das germanistischphilologische Interesse auch auf Texte fahrender Marionettenspieler richtete. Da zu dieser Zeit die Quellenforschung eine zentrale Stellung in der Konzeption der philologisch akzentuierten Germanistik einnahm und den Status einer Grundlagenforschung erhielt, rückte die editorische Arbeit in den Vordergrund. Der romantischen Tradition der Sammlung von Werken der Volkspoesie folgend, wandten sich die Germanisten mit der von der klassischen Philologie etablierten Methode der Textkritik den Texten aus der alten deutschen Literatur zu und sicherten dabei auch eine Reihe von alten Puppenspieltexten nach philologisch-textkritischen Gesichtspunkten.15 Die folgenden Beispiele verweisen auf den engen Zusammenhang der puppenspielhistoriographischen Anfänge mit der germanistischen Philologie, deren Aufmerksamkeit sich hauptsächlich auf die Texte der Puppenspiele als Äußerungen der Volkspoesie richtete. Die erste Druckausgabe eines solchen Volksschauspiels16 gab Gustav Friedrich Eugen von Below 1832 in Berlin mit dem Titel >Doctor Faust, oder der große Negromantist< heraus. Der auf 24 Exemplare limitierten Liebhaberausgabe, die von Below an Freunde verschenkte, soll die Textfassung des Puppenspielers Geisselbrecht zugrunde gelegen haben. Friedrich Heinrich von der Hagen, der seit 1810 die erste germanistische Fachprofessur in Deutschland an der neugegründeten Berliner Universität innehatte,17 gab 1841 in der Zeitschrift der »Berlinischen Gesellschaft für Deutsche Sprache und Alterthumskunde« Kenntnis von einer Faust-Fassung der Puppenspieler Schütz und Dreher.18 Obschon von der Hagen in dieser Abhandlung die Puppenspielfabel nebst Abdruck einiger weniger Textbeispiele nur referiert hat und es sich damit nicht um eine textkritische philologische Auseinandersetzung mit einer alten Handschrift handelt - das verbot sich Obwohl Jakob Grimm 1815 in seinem Circular, die Sammlung der Volkspoesie betreffend, auch auf 3) lustige schalksknechtsstreiche und schwanke; puppenspiele von altem schrot, mit hanswurst und teufel. (Grimm, J. 1884, S. 594) hingewiesen hatte, sind dem Verfasser keine Puppenspieltexte bekannt, die in den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von Romantikern gesammelt und publiziert worden wären. Dieser Begriff wird hier vor allem zur Kennzeichnung des engen Zusammenhangs von Volkspoesie, altem deutschen Schauspiel und dem damaligen Puppenspiel verwendet. Er wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (vgl. dazu Hörn 1823, S. 254-262), aber auch noch im 20. Jahrhundert (vgl. dazu Bittner 1922, passim) häufig zur Bezeichnung von Stücken und Aufführungen der »volkstümlichen« Puppenspieler benutzt. Zu den Umständen der Einrichtung und Vergabe dieser Professur an von der Hagen vgl. Meves 1985, S. 161-184. Hagen, Friedrich Heinrich von der: Goethe, l. Das alte und neue Spiel vom Dr. Faust. Vorgelesen zur Goethefeier am 28. August 1841. In: Germania. Von der Berlinischen Gesellschaft für Deutsche Sprache und Alterthumskunde. Leipzig, 4(1841), S. 211-224.

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schon dadurch, daß der Beitrag als Teil eines Vertrages zur Goethefeier 1841 entstanden war -, sind die Umstände für diese erste Annäherung eines universitären germanistischen Wissenschaftlers an einen PuppenspielText symptomatisch für die Fülle der im 19. Jahrhundert entstehenden Editionen von Faust-Texten und wissenschaftlichen Abhandlungen zum »Puppenspiel vom Dr. Faust«.19 Das Schlüsselwort, das der Vielzahl von mehr oder weniger bedeutenden Wissenschaftlern den Zugang zu einem Puppenspiel-Text verschaffte, hieß »Goethe«. Die Legitimation für eine ernsthafte wissenschaftliche Beschäftigung mit den Texten lieferte des Weimarer Geheimrats vielzitiertes Bekenntnis aus >Dichtung und WahrheitZeitschrift für deutsche Altertumskunde< erschienene und als »Berliner Fassung des Puppenspiels vom Doctor Faust« bezeichnete Text von Hermann Lübke gelten.21 In einem Vorwort zu der Textausgabe geht Lübke ausführlich auf die Unterschiede zwischen den seiner Fassung zugrundeliegenden drei Handschriften22 ein und vergleicht diese mit anderen bereits im Druck erschienenen Fassungen. Neben den Faust-Texten wurden im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Reihe anderer Puppenpieltexte ediert. So erschienen zwischen 1874 und 1892 zwölf Bände >Deutsche Puppenkomödiem, die von Carl Engel23 herausgegeben wurden.24 Neben dieser bisher umfangreichsten Edition von Puppenspieltexten beschäftigte sich Engel in einem >Beitrag zur Geschichte des Puppenspiels als Einleitung< in Band XII der Ausgabe mit historischen Aspekten dieser Form des »Volksschauspiels« und ebenso mit dem Wirken zeitgenössi-

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Lübke, H[ermann]: Die Berliner Fassung des Puppenspiels vom Doctor Faust. In: Zeitschrift für deutsche Altertumskunde. Berlin 31(1887), S. 105-171. Es handelt sich dabei um Handschriften der Puppenspieler Froloff und M. Wähnert, die wahrscheinlich vom Beginn des 19. Jahrhunderts stammen, und um eine vermutlich jüngere Handschrift des Puppenspielers Linde. Carl Dietrich Leonhard Engel (1824-um 1900). Komponist, ausgebildet als Violinspieler, lebte in den 40er und 50er Jahren des 19. Jahrhunderts in Rußland (seit 1846 Konzertmeister am kaiserlichen russischen Theater in St. Petersburg), nach Deutschland zurückgekehrt, in Berlin, Bremen, Oldenburg und seit 1869 in Dresden, widmete sich literarischen und literaturhistorischen Studien (eingehende Beschäftigung mit der Faustsage), umfangreichstes editorisches Projekt waren die von ihm herausgegebenen >Deutschen PuppenkomödienDeutsche Puppenkomödiem zum Abdruck gelangten und daß es sich bei den Textvorlagen schon gar nicht ausschließlich um alte Handschriften gehandelt hat. Messen stellte dazu fest: Daß in der größten Sammlung von Engel gerade die für die Erkenntnis der Herkunft wichtigsten Texte gefälscht sind, hat bis heute die oberflächliche wissenschaftliche Beschäftigung irregeführt (Fälschung des >Faust< schon 1894 von Bruinier nachgewiesen, >Esther< und >Fortunatus< sind nach der Dramensammlung der Englischen Komödianten von 1620 bzw. 1624 bearbeitet, verdächtig sind der >Verlorene Sohn< und >Hanswurst als Teufelsbannen [nach Hans Sachs]; neben den als neu zugegebenen Münchener Spieltexten bleibt also ein kleiner Rest von Echtem, das auch noch mit der Geheimnistuerei des schlechten Gewissens behandelt wird). (Niessen 1934/35, S. 463)

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scher Puppenspieler.25 Dieser Beitrag geht in der angewandten Methode schon über den germanistisch-philologischen Forschungskontext hinaus und enthält auch volkskundliche und theaterhistorische Erkenntnisse. Damit ist diese Abhandlung auch ein Beispiel für die enge Verknüpfung der verschiedenen Forschungskontexte, was einerseits auf den Stand der damaligen Entwicklung der Fachdisziplinen, andererseits aber auch auf die von den Puppenspielhistoriographen unter eher pragmatischen Gesichtspunkten gewählten Methoden verweist. Sowohl Engel als auch sein Epigone Artur Kollmann26 aus Leipzig waren keine studierten Germanisten oder Philologen, und die Texteditionen sind vor allem Ergebnis ihres liebhaberisch inspirierten Bemühens um Dokumentation und Publikation der Texte,27 die von ihnen als »die alten Volksschauspiele, welche sich noch theilweise unter den Puppenspielen erhalten haben« (Engel 1874, S. III) aufgefaßt wurden.28 Das Verdienst der im germanistischen Forschungskontext bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts entstandenen puppenspielhistoriographischen Abhandlungen besteht vor allem in der Si-

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Engel, Carl: Beitrag zu Geschichte des Puppenspiels als Einleitung. In: ders. (Hg.): Deutsche Puppenkomödien, Bd. 12. Oldenburg u. Leipzig: Schulzesche Hof-Buchhandlung und Hof-Buchdruckerei, 1892, S. I-XXVIII. Artur Kollmann (1858-1941). Polizeiarzt und Privatdozent, Doktor der Medizin und seit 1891 Außerordentlicher Professor für Urologie der Universität Leipzig, seine Sammlung von Handschriften, Theaterzetteln, Bühnenausstattungen, Puppen und Zubehör kann als die älteste derartige Sammlung in Deutschland gelten. Kollmann gab einen Band >Deutsche Puppenspiele< heraus, der als Auftakt für weitere Editionen geplant war, aber entgegen all seinen Plänen der einzige blieb. Kollmann, Artur (Hg.): Deutsche Puppenspiele. Leipzig: Verlag von Fr. Wilh. Grunow, 1891, 109 S. In dieser Zeit erschien noch eine dritte deutschsprachige Textedition, herausgegeben von den Österreichern Kralik und Winter: Kralik, Richard/Winter, Joseph: Deutsche Puppenspiele. Wien: Carl Konegen, 1885, 321 S. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Herausgabe von Texteditionen nach Handschriften der Puppenspieler im 20. Jahrhundert kaum fortgesetzt wurde. Dem Verfasser sind lediglich zwei Bändchen einer auf mindestens zehn Bände angelegten Ausgabe >Repertoire des Sächsischen Marionettentheaters. Nach alten Überlieferungen herausgegeben von Ernst Trommer< bekannt: Trommer, Ernst (Hg.): Genovefa, die Pfalzgräfin zu Trier. Ritterschauspiel in 6 Akten. Zwickau und Leipzig: Verlag der Centralstelle für Literarische Bedürfnisse der Vergnügungsvereine, o.J. [1905], 60 S. (Repertoire des Sächsischen Marionettentheaters. Nach alten Überlieferungen herausgegeben von Ernst Trommer 1). Trommer, Ernst (Hg.): Der Sächsische Prinzenraub. Vaterländisch-historisches Ritterschauspiel in 6 Akten. Nach einem alten Manuskript von 1825 bearbeitet von E. Trommer. Zwickau und Leipzig: Verlag der Centralstelle für Literarische Bedürfnisse der Vergnügungsvereine, o.J. [1905], 76 S. (Repertoire des Sächsischen Marionettentheaters. Nach alten Überlieferungen herausgegeben von Ernst Trommer 2). Diese Ausgabe ist nicht als wissenschaftliche Edition zu betrachten, da es sich dabei offensichtlich um Texte aus dem Besitz des Marionettenspielers Ernst Trommer handelt (er selbst bezeichnet sich im ersten Heft als »Theaterbesitzer«) und von diesem in Druck gegeben wurden. 33

cherung und zum Teil textkritischen Edition von älteren Puppenspieltexten. Doch damit stieß das auf die Texte beschränkte germanistisch-philologische Interesse hinsichtlich des komplexeren und eben nicht auf die Texte (und gegebenfalls ihre Auffiihrungspraxis) beschränkbaren Phänomens Puppenspiel auch schon an Erkenntnisgrenzen. Mit Philipp Leibrecht29 setzt sich kurz nach dem Ersten Weltkrieg erstmals ein Germanist als erklärter Puppenspielhistoriograph kritisch mit den vorhandenen Quellenbelegen auseinander. In seiner 1919 erschienenen Dissertation faßt er das Puppenspiel als »literarhistorische Erscheinung« (Leibrecht 1919, S. 1), deren bisherige wissenschaftliche Bearbeitung und Darstellung er kritisiert: Bei allen bisherigen Feststellungen überwog die Freude an den vorhandenen neu gefundenen Quellen die Forderung, diese Zeugnisse zu prüfen auf ihre Bedeutung für die Entwicklung und Kenntnis der dramatischen Volkspoesie in Deutschland. (Leibrecht 1919, S. 1) In dem Zusammenhang fordert er die Untersuchung der Texte im Hinblick darauf, wie das Puppenspiel in Deutschland seiner »literarischen Aufgabe« gerecht geworden sei, denn: Die Texte der Puppenbühne sind es allein, die uns bedeutsame Aufschlüsse geben über ein uns fast völlig unbekanntes Gebiet: das deutsche Volksdrama des 17. und 18. Jahrhunderts [...]. (Leibrecht 1919, S. 1) Weil Leibrecht das Puppenspiel in romantischer Tradition als eine Überlebensform des alten deutschen Volksschauspiels begriff, konnte er der puppenspielhistoriographischen Erkenntnisbeschränkung des nur auf die Texte gerichteten philologischen Interesses nicht entgehen. Einen ganz anderen Bezug zwischen Romantik und Puppenspiel stellt Eleonore Rapp in ihrer Dissertation von 1917 her,30 in der sie die unterschiedlichen Bedeutungen betrachtet, die die literarischen Strömungen des Rationalismus, des Sturm und Drang und der Romantik der Marionette als Metapher beimaßen. Es sind somit in der literarischen und dichterischen Behandlung der Marionette drei wesentliche Elemente zu sondern: S y m b o l , S t i l und S a t i r e , die allerdings nicht stets verbunden oder mit gleicher Intensität auftreten. Während der »Sturm und Drang« vor allem das Symbol verwertet, benützt der »Rationalismus« das satirische Moment; erst die »Romantik« stellt neben Symbol und Satire mit vollem Bewußtsein den Marionettenstil und bringt zugleich die drei Elemente zu künstlerischer Synthese. (Rapp 1924, S. 11; Hervorhebungen im Original)

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Philipp Leibrecht (1894-?). Lehramtsanwärter (zur Zeit seiner Promotion), später Lehrer in Karlsruhe. Leibrecht, Philipp: Zeugnisse und Nachweise zur Geschichte des Puppenspiels in Deutschland. Borna-Leipzig: Robert Noske, 1919, 88 S. [zugl.: 1918, Freiburg, Albert-Ludwigs-Univ. zu Freiburg, Phil. Fakultät, Phil. Diss.]. Rapp, Eleonore: Die Marionette in der Deutschen Dichtung vom Sturm und Drang bis zur Romantik. Leipzig: Lehmann und Schüppel, 1924, 53 S. [zugl.: 1917, München, Ludwig-Maximilians-Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss.].

Diese germanistische Dissertation befaßt sich auf ganz andere Weise als die bisher dem germanistischen Kontext zugehörigen Arbeiten mit dem Puppentheater, indem sie die Marionette als einen Metaphernkomplex in den Dichtungen des 18. und 19. Jahrhunderts beleuchtet.31 Die Arbeit ist von puppenspielhistoriographischer Relevanz, weil die Autorin stets versucht, den Zusammenhang zwischen der historischen Entwicklung des Puppenspiels und seiner Reflexion in der schönen Literatur herzustellen. Im Prozeß der Profilierung der Germanistik zu einer deutschen Literaturwissenschaft verengte sich der Blick von Wissenschaftlern dieses Faches auf das Puppenspiel ausschließlich auf die Texte und auf die Betrachtung der Reflexion der Metapher Marionette als künstlicher Mensch in der schönen Literatur. So wichtig die Erkenntnisse der einzelnen Forschungen aber auch sind, vom germanistischen Forschungskontext konnten und können nur Anregungen für die Puppenspielhistoriographie ausgehen und einzelne Arbeiten als Grundlage für die notwendig komplexere puppenspielhistoriographische Forschung dienen. Auch nach 1945 beschränkte sich das germanistische Erkenntnisinteresse am Puppenspiel vor allem auf den Komplex des literarischen (gegebenenfalls dramaturgischen) Gehalts der Puppenspieltexte und -Stoffe und den Metaphernkomplex »Marionetten, Maschinen, Automaten«, d.h. die Betrachtung der Reflexion des künstlichen Menschen in der Literatur.32 Obwohl einem Teil der Autoren die Texte der Puppenspieler und ihre Quellen im traditionellen germanistischen Verständnis weiterhin als Hauptgegenstand der Untersuchung gelten, lassen sich doch auch Differenzierungen der Forschungsaspekte feststellen, worin sich unterschiedliche Erkenntnisinteressen einzelner Forscher manifestieren. Neben der Betrachtung von aufiührungspraktischen, allgemein ästhetischen und soziologischen Aspekten,33 ist vor allem die Betonung des Pädagogischen 31

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Mit den Marionetten und Automaten als literarischem Metaphernkomplex haben sich seitdem eine Vielzahl von Arbeiten beschäftigt. Eine ausführliche nach Quellen und Forschungsliteratur geordnete Bibliographie zu dem Thema findet sich bei Drux 1986, S. 193-212. Drux, Rudolf: Marionette Mensch. Ein Metaphernkomplex und sein Kontext von E. T. A. Hoffmann bis Georg Büchner. München: Wilhelm Fink, 1986, 214 S. [zugl.: 1986, Univ. Köln, Phil. Fakultät, Habilitationsschrift]. Sauer, Lieselotte: Marionetten, Maschinen, Automaten. Der künstliche Mensch in der deutschen und englischen Romantik. Bonn: Bouvier, 1983, 513 S. (Abhandlungen zur Musik-und Literaturwissenschaft 335). [zugl.: 1982, Bonn, Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss.]. Dafür bietet die Arbeit eines diplomierten Theaterwissenschaftlers ein gutes Beispiel, der aufgrund seiner Promotion an einem germanistischen Lehrstuhl den literaturwissenschaftlichen Aspekt in den Vordergrund der Betrachtung rückte, dennoch zu verallgemeinernden Aussagen zu einem regionalen Puppenspiel-Phänomen gelangt ist: Bernstengel, Olaf: Das sächsische Wandermarionettentheater zwischen 1800 und 1933. Ursprünge - Theaterkonventionen - Repertoire - Wirkungsabsichten - unter besonderer Berücksichtigung der Dramatisierung und Aufführung sächsischer Sagen. 1991, 168 Bl., Dresden, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhelm Wander«, Fakultät für Gesellschaftswissenschaften, Phil. Diss. (Typoskript). 35

und die Untersuchung des Puppenspiels in der aktuellen34 und historischen35 pädagogischen Praxis zu beobachten. Es entstanden und entstehen jedoch auch weiterhin Arbeiten, die nur aufgrund der historischen Verbindung ihrer Gegenstände mit Puppenspielphänomenen für die Puppenspielhistoriographie von Interesse sind, deshalb aber nicht weniger wichtige und interessante Erkenntnisse zutage fördern.36

Volkskundlicher Kontext Eine weitere Fachdisziplin löste sich im 19. Jahrhundert aus dem Forschungskontext der philologischen Germanistik und Altertumskunde, um sich in interdisziplinärer Verflechtung mit Forschungskontexten der Statistik, Geographie und Geschichte zu einer Wissenschaft zu entwickeln. Die Rede ist von der Volkskunde, deren Proklamation als Wissenschaft Wilhelm Heinrich Riehls programmatischem Münchner Vortrag >Die Volkskunde als Wissenschaft37 (l 858) 34

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Dieser Problematik hatte sich schon vor 1945 Luzia Glanz zugewandt. In ihrer Arbeit diskutiert sie hauptsächlich die Eignung des Puppenspiels für bestimmte Altersgruppen und den psychologischen Einfluß des Puppenspiels auf die Erziehung der Jugend zur Gemeinschaft: Glanz, Luzia: Das Puppenspiel und sein Publikum. Berlin: Hans Triltsch, 1941, 99 S. [zugl.: 1940, Münster, westfälische Wilhelms-Univ. zu Münster, Philosophische und Naturwissenschaftliche Fakultät, Phil. Diss.]. vgl auch die Ausgabe: Berlin: Junker u. Dünnhaupt, 1941, 98 S. (Neuere deutsche Forschungen 302. - Abt. Neuere deutsche Literaturgeschichte 33). Eine der wenigen Arbeiten, die sich nach 1945 mit Texten zeitgenössischer Puppenspielautoren und deren pädagogischer Funktionalisierung befaßt: Klimt, Christa: Untersuchungen einiger ästhetischer Probleme der Puppentheaterkunst in Verbindung mit neuesten zeitgenössischen Puppentheaterstücken von DDRAutoren - Ein Beitrag zur ethisch-ästhetischen Bildung und Erziehung unserer jungen Generation. 1978,309 Bl., Dresden, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhelm Wander«, Fakultät für Gesellschafts-, Sprach- und Kunstwissenschaften, Diss. A (Typoskript). Als exemplarisch für das Erkenntnisinteresse am Einsatz des Puppenspiels in der historischen pädagogischen Praxis darf gelten: Weinkauff, Gina: Der rote Kasper. Das Figurentheater in der pädagogisch-kulturellen Praxis der deutschen und österreichischen Arbeiterbewegung von 1918-1933. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1982,184 S. (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen 8) [zugl. u.d.T.: Das proletarische Kasper-Theater der 20er Jahre: Zur Aneignung volkstümlicher Traditionen des Puppenspiels innerhalb der Arbeiterbewegung. 1980, 213 BL, Frankfurt/M., Wiss. Prüfungsamt für das Lehramt an Grundschulen, Haupt- und Realschulen, Wiss. Hausarbeit für das Lehramt an Grundschulen (vervielfältigtes Typoskript)]. Jüngstes Beispiel dafür ist eine Arbeit zu Dramatisierungen des Faust-Stoffes, die eine Reihe puppenspielhistoriographisch relevanter Erkenntnisse enthält: Eversberg, Gerd: Doctor Johann Faust: Die dramatische Gestaltung der Faustsage von Marlowes »Doctor Faust« bis zum Puppenspiel. Köln, 1988, 397 S. [zugl.: 1988, Köln, Univ. zu Köln, Philosophische Fakultät, Phil. Diss.]. Vgl. Riehl 1859, S. 205-229.

zugeschrieben wird.38 Auf die Entwicklung der wissenschaftlich betriebenen Volkskunde im 19. Jahrhundert hatten vor allem zwei geistige Strömungen Einfluß: das rationale und gegenwartsbezogene Gedankengut der deutschen Aufklärung und die auf den nationalen Volksgeist gerichteten und historischidealisierenden Vorstellungen der deutschen Romantik. Vor allem letztere wirkten entscheidend auf die Anfänge der Volkskunde im 19. Jahrhundert und bestimmten die Fragestellungen des Faches noch weit bis in das 20. Jahrhundert hinein. Neben das kameralwissenschaftlich-statistische Interesse des 18. Jahrhunderts am Volk trat zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Interesse an Äußerungen des Volksgeistes, welche vor allem durch die Sammlung tradierten Volksgutes für die wissenschaftliche Betrachtung gesichert werden sollten. Die historische Methode der Quellensicherung und -kritik hatte die Volkskunde seinerzeit mit der im gleichen geistigen Kontext entstandenen germanistischen Philologie und Literaturwissenschaft gemeinsam. Den zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch gemeinsamen Forschungskontext von Literaturwissenschaft und Volkskunde veranschaulichen die §§ 43 bis 50 der literaturgeschichtlich akzentuierten Monographie von Franz Hörn >Die Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen, von Luthers Zeit bis zur Gegenwart aus dem Jahre 1823 sehr deutlich.39 Hörn verficht darin die These, daß die Volksschauspiele vom Volk selbst verfaßt und von den Puppenspielern überliefert wurden. Wo sind diese Volksschauspiele? und welche Verfasser weißt Du uns zu nennen? Ich kann darauf nur erwiedern, daß die meisten Stücke im Besitze der ehemals sehr beliebten und jetzt sehr seltenen Puppenspieler waren und zum Theil noch sind, daß sie aber im Herzen und Munde des Volkes l e b t e n und längst - nicht mehr l e b e n . (Hörn 1823, S. 256; Hervorhebungen im Orig.)

Damit wurden die Stücke der Puppenspieler, ganz im romantischen Verständnis, vor allem als Überlieferer der Volkspoesie begriffen.40 Gelegentlich seiner Betrachtung des Volksschauspiels gibt Hörn Beschreibungen von vier Puppenspiel-Stücken, die er diesem Genre zuordnet: >GenovevaDon JuanDer verlorene Sohn< und > Johannes FaustFaustKasper Putschenelle< die erste, nach eigenem Verständnis, volkskundliche Arbeit zur Puppenspielhistoriographie entstanden.45 Rabe hatte als Kaufmannslehrling im Hamburg der Jahre 1854/55 vor allem den Vorstellungen des Kasperspielers Georg Küper zugeschaut und die oft gesehenen und gehörten Szenen niedergeschrieben.46 Nach einem ersten öffentlichen Vortrag während einer Mitgliederversammlung der Vereinigung Quickborn 190947 hatte Rabe seine Erkenntnisse über das hamburgische Kasperspiel zunächst 1910 in den >Mitteilungen aus dem QuickbornGrundzügen der deutschen Volkskunde< prägte Naumann den Begriff vom »gesunkenen Kulturgut«, womit er eine vorher nie dagewesene Grundsatzdiskussion um Gegenstand und Ziel der Volkskunde entfachte. Hier können nicht Naumanns Quellen für und Reaktionen der Fachwelt auf diesen Begriff diskutiert werden,52 vielmehr soll das Interesse Naumanns am Puppenspiel näher beleuchtet werden. Das Puppenspiel diente ihm als nahezu ideales Beispiel zur Untermauerung seiner Zweischichtentheorie. Es ist nicht so leicht zu erkennen, daß in der burlesken Szene >Perlicka Perlacka< zwischen Kasper und Zauberer, wie sie Jobs. E. Rabe mitteilt, ein letzter Nachklang jener Szene liegt, in der einst Kasperle aus Fausts magischem Buche die Geister zitierte. (Naumann 1922, S. 117)

Die beschriebene Veränderung der Szene ist für Naumann Beleg für deren »Sinken zur Primitivität« (Naumann 1922, S. 117), in Anlehnung an das »Zersingen« von Volksliedern könne man hier vom »Zerspielen« sprechen. Er reflektiert damit einen Sachverhalt, auf den drei Jahre vor ihm schon Leibrecht hinwies, als er das Marionettenspiel als »Träger einer primitiven Volksdramatik« (Leibrecht 1919, S. 2) apostrophierte, und bricht mit der romantischen Produktionstheorie, die das Volk als schöpferische Gemeinschaft begriff.53 Für Naumann ist das Puppenspiel nur im Kontext seiner Theoriebildung zu Gegenstand und Ziel der Volkskunde interessant, und er macht seine Thesen Neben dem Kasper Putschenelle und seinen Texten beschäftigte sich Rabe auch noch mit althamburgischen Drehorgelliedern, Ausrufen (einer frühen Bekanntmachungs- und Werbestrategie) und Speicherausdrücken. Hans Naumann (1886-1951). Volkskundler, Promotion 1911, Habilitation 1913 in Straßburg, Professor an den Universitäten Frankfurt/Main und Bonn. Naumann, Hans: Volksbuch und Puppenspiel (Abschnitt VII). In: ders.: Grundzüge der deutschen Volkskunde. Leipzig: Quelle & Meyer, 1922, 107-118 S. (Wissenschaft und Bildung 181). Naumann, Hans: Studien über das Puppenspiel. Kurzer Versuch einer wirklichen Geschichte desselben in Deutschland. In: Zeitschrift für Deutsche Bildung. Frankfurt/M.: Moritz Diesterweg, 5(1929)1, S. 1-14. Vergleiche dazu: Schmook, Reinhard: Zu den Quellen der volkskundlichen Sichtweise Hans Naumanns und zu den Reaktionen der Fachwelt auf dessen >Grundzüge der deutschen Volkskunde< in den 20er und 30er Jahren. In: Sievers 1991, S. 73-90. Naumann kann damit als wesentlicher Mitschöpfer des puppenspielhistoriographischen Strukturmodells gelten, das als Tradierungsdiskurs unten näher zu betrachten sein wird. Vgl. dazu S. 54-57 in diesem Kapitel.

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vor allem an strukturellen und stofflichen Eigentümlichkeiten der Texte fest. In einem 1929 unter dem vielversprechenden Titel > Studien zur Geschichte des Puppenspiels< veröffentlichten Artikel erhebt er sogar die Forderung, Vertreter der neueren deutschen Literaturgeschichte sollten sich des Puppenspiels annehmen. Der die Puppenspielhistoriographie bis dahin beherrschende, philologische Textzentrismus wird jedoch durch Naumanns historisch-soziologische Strukturanalyse eines (bei Kollmann abgedruckten) älteren Puppenspieltextes durchbrochen. Naumann formuliert mit dieser Analyse eine völlig neue Fragestellung an die Texte: In welchem kommunikativen Verhältnis befanden sich Text, Puppenspieler und Publikum, und welche soziologische (mithin auch kommunikative) Funktion kommt dem in den alten Text eingefügten Kasper zu?54 Mit dieser soziologischen Problemstellung reißt Naumann eine völlig neue Sicht auf das Puppenspiel auf, die dann auch für andere sich puppenspielhistoriographisch betätigende Volkskundler relevant wird.55 Um die Charakteristik des volkskundlichen Forschungskontextes der Puppenspielhistoriographie zu vervollständigen,56 sei noch auf einen Forscher und seine Arbeiten verwiesen, dessen theoretischer Ansatz mehr der Theaterwissenschaft (Theatergeschichte) zuzuordnen wäre, dessen puppenspielhistoriographische Veröffentlichungen jedoch im volkskundlichen Kontext erfolgten. Carl Niessen57 hatte 1920 das Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Köln eingerichtet38 und sich zum ersten Mal 1928 in einer monographischen Veröffentlichung mit dem Puppenspiel beschäftigt.59 Programmatisch nannte er seine Abhandlung über das rheinische Puppenspiel, die sich vor allem mit dem regional bedeutsamen Phänomen des Kölner Hänneschen beschäftigt, einen »theatergeschichtlichen Beitrag zur Volkskunde«. Während er 1928 über die Programmatik dieses Untertitels noch kaum reflektierte, finden sich in einer seiner späteren Veröffentlichungen Hinweise auf seine theoretische Einstufung 54 55 56 57

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Verfasser versucht hier eine Beschreibung dieser Fragestellung mit seiner eigenen wissenschaftlichen Terminologie. Vgl. dazu z.B. Netzle, Hans: Das süddeutsche Wandermarionettentheater. München: Neuer Filser-Verl., 1938, 172 S. (Beiträge zur Volkstumsforschung 2). Auf die Arbeiten von Beitl, Netzle und (nach 1945) von Riedel wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen. Carl Niessen (1890-1969). Theaterwissenschaftler, 1914 Promotion, 1919 Habilitation für deutsche Literatur- und Theatergeschichte, 1929 apl. a.o. Prof., 1936 beamteter a.o. Prof. für Theaterwissenschaft an der Universität Köln, Direktor des Instituts und Leiter des Theatermuseums. Seine Sammlung, die Grundlage für das Museum war, umfaßt auch Exponate aus den Gebieten Puppen- und Schattenspiel. Zu Niessens Arbeitsgruppe »Puppenspiel« am Kölner theaterwissenschaftlichen Institut vgl. S. 45 dieser Arbeit. Niessen, Carl: Das Rheinische Puppenspiel. Ein theatergeschichtlicher Beitrag zur Volkskunde. Bonn: Fr. Klopp, 1928, 264 S. (Rheinische Neujahrsblätter; 7). Schon 1925 hatte Niessen einen umfangreichen Zeitschriftenartikel zum rheinischen Puppenspiel veröffentlicht: Niessen, Carl: Das rheinische Puppenspiel. In: Zeitschrift für Deutschkunde. Zeitschrift für den deutschen Unterricht. Leipzig, Berlin: Teubner, 39(1925)6, S. 488-503. 41

des Puppenspiels als Gegenstand der Volkskunde und dessen implizite theatergeschichtliche Relevanz.60 In seinem Beitrag >Das Volksschauspiel und Puppenspiel< zu Wilhelm Pesslers >Handbuch der Deutschen Volkskunde< von 1934/ 3561 schreibt Niessen, daß das Puppenspiel in einem anderen Sinne Gegenstand volkskundlicher Betrachtung wäre als das Volksschauspiel, denn in der Regel sei ein Unternehmer Träger des Puppenspiels, wohingegen beim Volksschauspiel das Volk die Rollenträger selbst stelle. Trotzdem gehört das Puppenspiel zur Volkskunst: die Unternehmer sind meist Leute aus dem Volke, schreiben ihre Texte zum Teil selbst, richten Vorgefundenes der Bühne und der 'Lesebücher' für die Puppen ein oder sind zum mindesten bestrebt, in allem dem Geschmack des Volkes und seinen sittlichen Ansprüchen gerecht zu werden, auch wenn sie bestehende Texte übernehmen. So ist das Puppenspiel Kunst für das Volk und meist durch unternehmende Vertreter des Volkes. (Niessen 1934/35, S. 462) So deutlich hatte kein Volkskundler vorher das Puppenspiel als Gegenstand volkskundlichen Interesses charakterisiert. Gleichzeitig weist Niessen aber auch auf die theaterwissenschaftliche Relevanz des Puppenspiels hin, denn im Gegensatz zum Volksschauspiel sieht er im Puppenspiel »eine Objektivierung des Mimischen, eine Übertragung in ein Werkmaterial« (Niessen, 1934/35, S. 462), das der Spiellust (des Volkes) jedoch ein zu großer Umweg wäre, weshalb das Puppenspiel nicht vom Volk selbst (wie das Volksschauspiel) betrieben würde. Mit der Bezeichnung des Puppenspiels als »Objektivierung des Mimischen« impliziert Niessen eine theoretische Verbindungslinie zwischen dem Puppenspiel und der für die Konstituierung der Theaterwissenschaft wichtigen MimusTheorie Hermann Reichs.62 Das Puppenspiel blieb auch nach 1945 weiter Gegenstand volkskundlicher Forschung,63 wobei sich im wesentlichen drei Forschungsschwerpunkte herauskristallisierten: die Texte der Puppenspiele, vor allem als Reste volkskultureller Äußerungen; in zunehmendem Maße die Lebensumstände der Puppenspieler und die sozialen Rezeptionskontexte; die Spielweisen (oder auch theatralische Ausdrucksweisen), vor allem im Hinblick auf die Art und Weise der Tradierung von Volkskultur (Volkspoesie). Obwohl die Volkskunde ein breiteres Erkenntnisinteresse am Puppenspiel hat, das soziologische und

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Im Band l seines Handbuches der Theaterwissenschaft wies Niessen 1949 daraufhin, daß der Theaterwissenschaftler auch die Volkskunde zu studieren habe, weil er »den mimischen Gehalt, der in Bräuchen Gestalt gewinnt, ins Licht stellen« müsse. (Niessen 1949, S. 116)

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Niessen, Carl: Das Volksschauspiel und Puppenspiel. In: Peßler, Wilhelm (Hg.): Handbuch der Deutschen Volkskunde. Bd. 2. Potsdam: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, 1934/35, S. 429-^87.

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Zum Einfluß von Reichs Mimus-Theorie auf die Konstituierung der Theaterwissenschaft und den Bezug dieser Theorie zur Puppenspielhistoriographie vgl. S. 46-47 dieser Arbeit. Vgl. dazu in Teil II (1945-1994) der »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels« im Anhang den Abschnitt »Hochschulschriften« (S. 209-226).

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soziokulturelle Fragestellungen mit einbezieht, kann auch in diesem Forschungskontext das komplexe Phänomen Puppenspiel nicht von seiner Spezifik her betrachtet werden. Im volkskundlichen Kontext sind nach 1945 wissenschaftliche Arbeiten, die sich ausschließlich mit dem Puppenspiel beschäftigen, nur in der damaligen BRD entstanden.64 In der DDR hingegen tauchten volkskundliche Untersuchungen zum Puppenspiel vor allem in umfassenden Arbeiten zu volkskundlichen Problemen auf, so z.B. unter dem Aspekt der Formen und Genres des Volksschauspiels65 und unter dem Aspekt der professionellen Verbreiter volkskultureller Äußerungen.66 Zum volkskundlichen Forschungskontext müssen auch die in beiden Teilen Deutschlands arbeitenden nebenberuflichen Regional- und Heimathistoriker gezählt werden, die sich mit einzelnen, vor allem regionalen und lokalen Puppenspielphänomenen beschäftigen. Ihre Arbeiten, die meist auf gründlichen quellenkritischen Recherchen in Stadt- und Regionalarchiven beruhen, können der professionellen Puppenspielhistoriographie durch die Entdeckung und Publikation bisher unbekannten Quellenmaterials wesentliche Anregungen vermitteln.

Theaterwissenschaftlicher (theatergeschichtlicher) Kontext Der wissenschaftsgeschichtlich jüngste Forschungskontext, in dem puppenspielhistoriographische Arbeiten enstanden sind, ist die Theaterwissenschaft. Deren Gegenständen wäre das Puppenspiel wohl eindeutig zuzuordnen. Doch die junge Theaterwissenschaft war offensichtlich zu sehr mit der eigenen universitären Institutionalisierung und theoretisch-historischen Gegenstandsfmdung und Als Beispiele wären zu nennen: Liedloff, Helmut: Leben und Aufgabenbereich einer bayerischen Puppenspielerfamilie. Ein Beitrag zur Geschichte des volkstümlichen Theaters. 1956,219 Bl., Marburg, Phillips-Univ, Philosoph. Fakultät, Phil. Diss. (Typoskript). Riedel, Karl Veit: Puppentheater in Oldenburg. Ein Beitrag zu Geschichte und Kunst des Puppenspiels; Beispiele aus dem Oldenburger Land. Oldenburg: Holzberg, 1982, 170 S. In dem Artikel »Schauspiel« als Beitrag zu einer Einführung in die >Deutsche Volksdichtung< geht Siegfried Kube im Abschnitt »Formen und Genres« auf das volkskulturelle Puppenspiel ein: Kube, Siegfried: Schauspiel. In: Deutsche Volksdichtung. Eine Einführung. Leipzig: Reclam jun., 2., durchgesehene Aufl., 1987, S. 261-294. (RUB 782). In ihrer drei volkskundliche Studien umfassenden Dissertation zur Volksdichtung geht Brigitte Emmrich in einer der Untersuchungen auf das Puppen- und Marionettenspiel und seine Rolle als Folkloreverbreiter ein: Emmrich, Brigitte: Folkloreverbreitung als Tradition und Erwerbszweig. Wege und Formen der \ferbreitung und Rezeption von Volksdichtung und einigen anderen Elementen der geistigen Kultur der werktätigen Klassen und Schichten in der Zeit nach der Französischen Revolution, dargestellt für das Gebiet des ehemaligen Kursachsen. 103, 46 Bl. In: dies.: Studien zur Volksdichtung in der Zeit nach der Französischen Revolution (auf der Grundlage von Materialien aus dem ehemaligen Kursachsen). 1987, Berlin, Akademie der Wissenschaften der DDR, Forschungsbereich Gesellschaftswissenschaften, Zentralinstitut für Geschichte, Phil. Diss. (vervielfältigtes Typoskript).

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-definition befaßt, als daß sie sich einem so wenig legitimiert scheinenden Phänomen wie dem Puppenspiel hätte umfassend zuwenden können. Es verwundert deshalb nicht, daß die ersten theaterwissenschaftlichen Äußerungen zum Puppenspiel von dem Theaterwissenschaftler Carl Niessen 1928 und 1934/35 in volkskundlichem Kontext veröffentlicht wurden.67 Die Theaterwissenschaft hatte sich gegenjene, philologisch-literaturwissenschaftlich geprägte, Auffassung durchzusetzen, wonach Theater mit dem Drama identifiziert und als Erfüllungsgehilfe der Literatur verstanden wurde. Dem Schauspieler wurde jegliche eigenschöpferische Potenz abgesprochen und seine Darstellung als nur die Werke der dramatischen Literatur reproduzierend bewertet. Diesen Maßgaben folgend, fand die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Theater im 19. Jahrhundert vor allem in literaturhistorisch-germanistischem Kontext statt. Den größten Anteil an der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Theater hatte im späten 19. Jahrhundert die deutsche Literaturgeschichte, eine Disziplin der germanistischen Philologie. Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts entstand in Deutschland mit der Theaterwissenschaft jedoch eine spezielle Wissenschaft, die sich explizit mit dem Theater beschäftigte und die sich den früher entstandenen kunstwissenschaftlichen Disziplinen der Musik- und Kunstwissenschaft in Methode und Gegenstand näher fühlte als der Germanistik, in deren Schoß sie entstand, deren Muttermale sie trägt und von der sich abzunabeln ihr bis zum heutigen Tag nicht vollständig gelungen ist.68 Zu den Pionieren der Theaterwissenschaft gehörten Altertumswissenschaftler, Archäologen und Altphilologen, womit auch dieses Fach seine vermittelte geistesgeschichtliche Herkunft aus der Romantik nicht verhehlen kann. Zum Begründer der Theaterwissenschaft als Universitätsdisziplin wurde der habilitierte Germanist Max Herrmann,69 der 1919 das preußische Ministerium für Kunst und Wissenschaft durch eine Denkschrift von der Notwendigkeit eines theaterwissenschaftlichen Institutes überzeugte, das 1923 in Berlin als »Theaterwissenschaftliches Institut an der Universität Berlin« und damit als das erste selbständige Institut für Theaterwissenschaft in Deutschland eröffnet 67

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Zu den Veröffentlichungen vgl. die Anm. 59 und 61 in diesem Kapitel, zur Verbindung von volkskundlichem und theaterwissenschaftlichem Kontext vgl. S. 41-42 in diesem Kapitel. Messens puppenspielhistoriographische Forschungen stellen einen methodischen Grenzfall zwischen Volkskunde und Theaterwissenschaft dar, was bei den aufgezeigten diskursiven Vernetzungen der Forschungskontexte keine Besonderheit ist. Zur Geschichte der Theaterwissenschaft vgl. u.a.: Kutscher 1949, S. 406^77; Girshausen, Theo: Zur Geschichte des Fachs. In: Möhrmann 1990, S. 21-37. Einen chronologischtabellarischen Überblick über die Geschichte der Theaterwissenschaft als Universitätsdisziplin von 1900 bis 1979 gibt: Klier, Helmar: Theaterwissenschaft und Universität. Zur Geschichte des Fachs im deutschsprachigen Raum. In: Klier 1981, S. 327-343. Max Herrmann (1865-1942). Theaterwissenschaftler, 1889 Promotion zum Dr. phil., 1891 Habilitation, 1919 a.o. Prof., 1930 o. Prof. für deutsche Philologie an der Univ. Berlin, 1923-33 alternierend mit Julius Petersen Direktor des Theaterwissenschaftlichen Instituts, 1933 Emeritierung und Entlassung, 1942 Deportation, Tod in Theresienstadt.

wurde.70 Damit erhielt eine Wissenschaft den Status einer eigenständigen Disziplin, die sich an anderen Universitäten im Laufe des 20. Jahrhunderts nur mühsam von der Literaturwissenschaft emanzipieren konnte. Mit Carl Niessen vom Theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Köln wandte sich schon 1924 ein Vertreter der jungen Disziplin dem Puppenspiel als theatergeschichtlich relevantem Gegenstandsbereich zu. Er gründete eine Gruppe »Puppenspiel«, die es sich zur Aufgabe machte, wissenschaftliche Literatur, Spieltexte, Puppen, Theatermodelle, Plakate, Zeitungsartikel und Fotos zu sammeln. 71 Der theoretisch-methodische Kontext von Niessens puppenspielhistoriographischen Forschungen ist oben schon behandelt worden, zu würdigen sind in dem Zusammenhang aber nicht nur die Arbeiten des Wissenschaftlers, sondern auch die Bemühungen des Sammlers Carl Niessen, der früh erkannt hatte, daß der im Entstehen wieder vergehenden und folglich als transitorisch bezeichneten Theaterkunst nur dann auch nur annähernd wissenschaftlich beizukommen ist, wenn von dem Fachgegenstand durch Sachzeugen ein anschaulicher Eindruck vermittelt werden kann. Mit seiner theatergeschichtlichen Sammlung und der Auffassung von der Theaterwissenschaft als kulturhistorischer Disziplin72 versuchte er aber auch, die junge Universitätsdisziplin von ihren literaturwissenschaftlichen Vätern abzugrenzen.73 70

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Die Bemühungen um die Etablierung der Theaterwissenschaft als Universitätsdisziplin reichen bis zur Jahrhundertwende zurück. Erste Erfolge waren zu verzeichnen, als Carl Niessen, der sich 1919 als erster ausdrücklich für Theaterwissenschaft habilitiert hatte, 1920 das zunächst nicht selbständige »Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Köln (Theatergeschichtliche Abteilung des Deutschen Seminars)« einrichtete. 1921 wurde in Kiel durch ministerielle Verfügung ein »Institut für Literatur- und Theaterwissenschaft« gegründet, das neben der Hauptabteilung für neuere deutsche Sprache und Literatur und den Abteilungen für Heimatwissenschaft und (ab 1922) für Zeitungswissenschaft eine Abteilung für Theaterwissenschaft unterhielt, deren Leiter Eugen Wolff wurde. Vgl. auch den chronologisch-tabellarischen Übeiblick bei Klier 1981, S. 327-343. Die zentrale Aufgabe dieser Gruppe »Puppenspiel« am Kölner theaterwissenschaftlichen Institut sah Niessen zunächst darin, die Texte und spielerischen Gepflogenheiten des Kölner »Hänneschen«-Theaters zu sichern: Das meiste der Spiele ruht noch als ungehobener Schatz im Gedächtnis der Spieler, den zu heben sich das Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Köln zur Aufgabe gemacht hat, um die Spielüberlieferung zu sichern. (Niessen 1925, S. 499)

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Dieses Verständnis Niessens von der Theaterwissenschaft und seine theaterwissenschaftliche Sammlung lassen ein weiteres Mal seine zumindest arbeitsmethodische Nähe zur Volkskunde konstatieren, denn auch diese hatte sich zunächst auf die Sicherung und Bewahrung der Objekte (als Quellen) konzentriert und sich bei der Dokumentation und Auswertung der Quellen im wesentlichen der Methoden und Vorgehensweisen der Nachbarwissenschaften bedient. Zu den Beständen der Theatersammlungen, die auch Exponate zum Puppenspiel aus den Sammlungen Niessen und Löwenhaupt umfassen, vgl. Theatersammlungen des Instituts 1973. 45

Artur Kutscher,74 der von sich behauptete, er habe Namen und Methode der Theaterwissenschaft geprägt (Kutscher 1949, S. 6), kommt das Verdienst zu, dem Puppenspiel wenige Seiten in einem >Grundriß der Theaterwissenschaft gewidmet zu haben, auf denen er das Puppen- und Schattenspiel als Nachbar- oder Schwesterkunst neben Sprechchor, Film und Funk in theaterwissenschaftlichem Kontext betrachtet und damit den Gegenstand der Theaterwissenschaft breit definiert hat. Für Kutscher war die Theaterwissenschaft vor allem durch ihren Gegenstand strikt von der Philologie getrennt. Daraufhatte er 1936 in seiner >Stilkunde des Theaters< (d.i. der zweite Teil seines >Grundrisses der Theaterwissenschaft) deutlich hingewiesen. Der Kern der Philologie ist der Logos, der Kern der Theaterwissenschaft ist der Mimus. Theaterwissenschaft unterscheidet sich wesentlich von Philologie, sie hat es mit einer eigenen Sprache zu tun, mit dem mimischen Ausdruck. Hauptsache an ihm ist nicht Text als solcher, sondern über das Wort hinaus Stimme, Bewegung, Raum, Theater: dies entscheidet stilistisch. (Kutscher 1936, S. 196) Indem Kutscher den Mimus zum Hauptgesichtspunkt der Theaterwissenschaft bestimmte, rekurrierte er auf eine philologische Arbeit der klassischen Altertumsforschung, die noch vor dem universitären Einstand der Theaterwissenschaft entstanden war und die Theoriebildung der Theaterwissenschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend beeinflußt hatte - Hermann Reichs >Der Mimus. Ein litterar-entwicklungsgeschichtlicher Versuche75 Das mag zunächst verwundern, verstand Reich den Mimus doch als »eigenartige Litteraturgattung« (Reich 1903, S. 4), woraufhin er dieses Phänomen auch mit der Methode und dem quellenkritischen Blick des klassisch-altsprachlichen Philologen betrachtete. Mit diesem umriß er die Geschichte des Mimus als die Entwicklung der großen Gattung, [...] die von den dramatischen Produktionen des Gauklers, des gewerbsmäßigen Spaßmachers und mimos geloion bis an die Schwelle der vornehmen Komödie reichte. (Reich 1903, S. 256) Die mimischen, volksmäßigen Schauspieler stehen im strengen Gegensatze zu den Darstellern des vornehmen Dramas, mag es nun Tragödie oder Komödie sein. Sie gehören zum Pöbel, zum heimatlosen, fahrenden Volke, zu den ehr- und rechtlosen Leuten, sie sind ja die Nachfahren und Kunstverwandten der daymatopoioi, der Jongleure, der Zauberkünstler und Kunstreiter. (Reich 1903, S. 320)76 Damit schloß er in den Begriff Mimus auch die ansonsten nicht dem Theater zugerechneten Darsteller wie Gaukler und Jongleure ein, was später für Kut74

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Artur Kutscher (1878-1960). Theaterwissenschaftler, 1903 Promotion zum Dr. phil., 1907 Habilitation für neuere deutsche Literaturgeschichte, 1915 a. o. Prof. für Literaturund Theatergeschichte an der Universität München. Reich, Hermann: Der Mimus. Ein litterar-entwicklungsgeschichtlicher Versuch, 2 Bde. Berlin: Weidmannsche Buchhandlg., 1903, 900 S. Griechische Ausdrücke (kursiv) im Original in griechischen Buchstaben, hier transkribiert.

scher und für Niessen Ausgangspunkt ihrer Gegenstandsbestimmung für die Theaterwissenschaft werden sollte. Dieser Kern (sc. der Theaterwissenschaft - G.T.) ist eben das Mimische. Alles, was aus dem mimischen Urtrieb resultiert, ist Aufgabe. Und die ist wahrhaftig groß genug, denn z.B. ist der ganze Umkreis des Festlebens zu behandeln, soweit es die mimische Verwandlung des Menschen zeitigt: so gilt es Prozessionen zu beachten, denn wir sehen, daß sie in Burma wie in Europa Spiele anregen. Fürsteneinzüge mit ihren oft mimischen Schaustücken am Wege gehören ebenso dazu wie die englische und Schweizer pageantry. Schon in der Antike hatten Schau- und Scheinkämpfe mimischen Gehalt; vollends, als aus den Turnieren der Wert der ritterlichen Übung schwand, erfüllten sie sich mit dramatischen Handlungen oder wurden eine Choreographie der Rosse. (Niessen 1956, S. 250)

Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses steht also nicht das Theaterkunstwerk (wie auch immer das zu definieren ist), sondern ein, nach Auffassung Kutschers und Niessens, allen theatralischen Phänomenen Elementares der Mimus (Kutscher) bzw. das Mimische (Niessen). Sosehr dieser Begriff in seiner theoretischen Schärfe auch anzuzweifeln ist und sosehr er auch auf die Mimesis - die Nachahmung also - als das Wesen von Theater insistiert, sosehr hat er doch auch den Blick geöffnet für das, was außerhalb des Autonomie beanspruchenden Theaterkunstwerks liegt. Es ist in dem Zusammenhang schon auffällig, daß in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts fast ausschließlich nur diejenigen Theaterwissenschaftler, die den Mimus als die wesentliche Ausdruckskraft des Theaters betrachteten, dem Puppenspiel als einer theaterwissenschaftlich relevanten Erscheinungsform des Mimus ihre wissenschaftliche Aufmerksamkeit schenkten. Reichs Mimus-Theorie und der damit geprägte MimusBegriff hatten das theaterwissenschaftliche Augenmerk einerseits auf die volkskulturellen theatralischen Erscheinungen77 (Puppenspiel, Volksschauspiel) und andererseits auf solche Phänomene gelenkt, die weder eine dramenorientierte Theaterwissenschaft noch eine »Geschichte der Theaterspiele« (Herrmann) im Blick hatten (Prozessionen, Schaukämpfe, Feste, zirzensische Aktionen). Diese Anregungen zur Gegenstandsdefinition der Theaterwissenschaft, die Reichs Mimus-Theorie impliziert hatte, sind weit höher zu schätzen, als seine im Ganzen recht hypothetische Kontinuitäts-These von der Fortexistenz des Mimus seit der giechischen Antike bis zur Gegenwart, die in der Feststellung gipfelte, es gebe keine dramatische Poesie in der Welt außerhalb des hellenischen Einflusses (Reich 1903, S. 898).78 Auch Reichs Bemerkungen zum Puppenspiel als einer Erscheinungsform des Mimus, die er vor allem an der Entwicklung des türkischen Karagöz-Spiels (einer Schattenspielform) festmacht, Für die Erforschung dieser Phänomene nahmen die Wissenschaftler vor allem die Hilfe der Volkskunde in Anspruch. Nicht umsonst rechnete Kutscher die Volkskunde neben der Musik- und Kunstwissenschaft zu den Hilfswissenschaften der Theaterwissenschaft (Kutscher 1949, S. 452/53). Auf die volkskundlichen Aspekte in Niessens Forschung ist oben schon hingewiesen worden (vgl. S. 41-42 in diesem Kapitel). Auf den von dieser These maßgeblich geprägten puppenspielhistoriographischen Ursprungs-Diskurs wird weiter unten (S. 57-61) eingegangen.

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sind eher kritisch zu betrachten, selbst wenn er damit nicht unwesentlich auf die Diskursbildung der deutschen Puppenspielhistoriographie eingewirkt hat.79 So legte 1936 Fritz Eichler, ein Schüler Kutschers, seine Dissertation zum Wesen des Handpuppen- und Marionettentheaters vor, in der er die einzelnen Spielarten aus ihrem schöpferischen Moment heraus analysiert, dem Verhältnis von Puppe und Spieler, um zu einer Bestimmung des Stils zu kommen.80 Daß er dabei Reichs Mimus-Theorie nur auf den Narren des Handpuppenspiels den Kasper - anwendet und das solcherart figuralisierte Etikett des Mimus dem gesamten Handpuppenspiel überstülpt, stellt nur einen der zu kritisierenden Aspekte der Arbeit dar, die im engeren Sinne schon nicht mehr zur Puppenspielhistoriographie zu zählen ist,81 wenngleich Eichler historische Beispiele zur Untermauerung seiner These heranzieht. Sechs Jahre vor Eichler hatte schon ein anderer Doktorand seine theaterwissenschaftlichen Forschungen auf das Puppenspiel gerichtet: Lothar Buschmeyer, ein Schüler des Jenenser Theaterwissenschaftlers Prof. Hugo Dinger82, der 1930 seine philosophische Dissertation über die ästhetischen Wirkungen des Puppenspiels vorlegte, welche 1931 unter dem programmatischer wirkenden Titel >Die Kunst des Puppenspiels< auch gedruckt vorlag.83 Buschmeyer, dem die Bestände der privaten Puppenspielsammlung des Jenensers Otto Wasmann zur Auswertung zur Verfügung standen, hat in dieser Arbeit den Versuch unternommen, [...] das Puppenspiel als eine eigenartige Kunst unter lediglich ästhetischen Gesichtspunkten zu behandeln, d.h. auf seine ästhetischen Wirkungen hin zu untersuchen. (Buschmeyer 1931, S. V) 79 80

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Vgl. dazu S. 57-61 dieser Arbeit. Eichler, Fritz: Das Wesen des Handpuppen- und Marionettenspiels. Emsdetten: Lechte, 1937,49 S. (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte 17) [zugl.: 1936, München, Ludwig-Maximilians-Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss.]. Zum historischen Zusammenhang von puppenspielhistoriographischer und ästhetischtheoretischer Reflexion vgl. die Ausführungen zu Buschmeyer im 4. Abschnitt dieses Kapitels auf S. 62-67. Zur methodischen Notwendigkeit dieses Zusammenhangs für die Puppenspielhistoriographie vgl. Kapitel I, S. 7-24. Hugo Dinger (1865-1941). Prof. für Ästhetik und Dramaturgie in Jena, studierte in München, Berlin und Leipzig, seit 1900 Vorlesungen über theoretische und praktische Dramaturgie, Regie und Inszenierung, 1901 Dramaturg am Hof theater in Meiningen, später Intendant des Schwarzburgischen Landestheaters in Sondershausen, 1922 Wiederaufnahme der 1914 eingerichteten und während des Ersten Weltkrieges unterbrochenen Hochschulkurse für dramatische Kunst als »Dramaturgisches Seminar an der thüringischen Landesuniversität Jena«. Buschmeyer, Lothar: Die Kunst des Puppenspiels. Erfurt: Druck Oppelner Nachrichten Carl J. Pohl G.m.b.H. Oppeln OS, 1931,182 S. [zugl. u. d. T.: Die ästhetischen Wirkungen des Puppenspiels, 1930, Jena, Thüringische Landesuniv., Philosophische Fakultät, Phil. Diss.].

Daß er damit über die Puppenspielhistoriographie hinausgehend erste Ansätze zu einer Theorie des Puppenspiels lieferte, ist eines der Verdienste Buschmeyers. Er ist aber gleichzeitig nicht unschuldig am Entstehen vorliegender Arbeit, denn mit seiner wissenschaftlichen Untermauerung der These vom Puppenspiel als Kunst84 leistete er einerseits viel für die gesellschaftliche Legitimation des Puppenspiels, half aber andererseits mit, den Blick auf das Wesen des Puppenspiels als Nicht-nur-Kunst zu verstellen.85 Seine Arbeit fallt nicht nur methodisch aus dem Rahmen des von der Puppenspielhistoriographie bis dahin Erreichten; sie kann gleichermaßen als Konsequenz der bis dahin geleisteten wissenschaftlichen Arbeit zum Puppenspiel und als Beginn einer Theorie des Puppenspiels gelten. Vor allem mit zwei Schwerpunkten der Puppenspielhistoriographie setzten sich Theaterwissenschaftler vor 1945 auseinander. Ihr Interesse richtete sich zum einen auf das Verhältnis von Puppe und Spieler und dessen historische Erscheinungsformen und zum anderen in zunehmendem Maße auf die historische Betrachtung des Puppenspiels als Theater und damit als Kunst, was letztlich die Hinwendung zu ästhetisch-theoretischen Fragen zur Folge hatte. Obschön sich Theaterwissenschaftler auch nach 1945 noch öfter solchen theatralischen Randerscheinungen wie dem Puppenspiel zuwandten,86 blieb das Puppenspiel in Lehre und Forschung der deutschsprachigen theaterwissenschaftlichen Institute weitestgehend unberücksichtigt.87 Dennoch sind im Forschungskontext der Theaterwissenschaft nach 1945 in der damaligen BRD und der DDR offenkundig die meisten Arbeiten zu Problemen des Puppenspiels und seiner Geschichte entstanden. So beschäftigte sich eine Vielzahl von Theaterpraktikern an Puppentheatern der einstigen DDR hauptsächlich mit aktuellen Problemen des Puppentheaters als Kindertheater, wobei die Geschichte des Puppenspiels höchstens im einleitenden Kapitel gestreift oder zur historischen Einordnung des aktuellen Problems erörtert wurde. Das breite Spektrum puppenspielhistoriographisch relevanter Gegenstände und Themenstellungen, das die anderen Arbeiten aufreißen, reicht von Stoff- und motivgeschichtlichen Un-

Buschmeyer folgt damit dem Blick seines Lehrers Hugo Dinger, der das Theater von der Warte der Philosophie und Ästhetik aus betrachtete. Die Schlußfolgerung aus dieser Betrachtungsweise zeigt der Titel einer von Dinger wiederholt gelesenen Vorlesung: >Die Kunst des TheatersHistoire des Marionnettes en Europe< betitelten Abriß über die europäische Geschichte der Theaterpuppen vorlegte. Magnin hatte sich eingehend mit der Geschichte der dramatischen Literatur beschäftigt und galt als Kenner der Quellen des modernen Theaters seiner Zeit. Diese Kenntnisse schlugen sich auch in der >Histoire des Marionnettes en Europe< nieder, die als literaturhistorisch akzentuiertes Kompilationswerk (Sammlung gedruckt zugänglicher Quellen) zu charakterisieren ist. Für Magnin sind die Marionetten »hölzerne Schauspieler«, deren Geschichte er in Anlehnung an seine Geschichte der dramatischen Literatur darzustellen beabsichtigt. Er unterteilt die Geschichte der Marionetten in drei Entwicklungsphasen: die hieratische (kultische Verwendung von Puppen), die aristokratische (Puppenspiel der höheren Stände) und die volkstümliche Phase (Puppenspiel für die große Masse). Diese drei Entwicklungsphasen werden regional und in drei verschiedene Epochen (Altertum, Mittelalter, neuere und neueste Zeit) untergliedert betrachtet, wobei Magnin die regionale Gliederung seiner Darstellung des dritten Zeitabschnittes (»Marionetten in der neueren und neuesten Zeit«), der den Hauptteil der Abhandlung bildet, offensichtlich dem ersten Hauptstück (»Von dem Groteskekomischen in der Komödie«) von Flögels96 1788 erschienener >Geschichte des Groteskekomischem entlehnt hat. Flögel bezieht sich in seinem von ihm selbst als »Beitrag zur Geschichte der Menschheit« bezeichneten kulturgeschichtlichen Kompilationswerk auch auf die Marionettenspiele der Griechen, der Franzosen und der Deutschen. Das dürfte die früheste Erwähnung und Reflexion der Geschichte des Puppenspiels in einem wissenschaftlichen Werk sein und kann als Ausgangspunkt für die Entstehung eines puppenspielhistoriographischen Diskurses gelten, der bis ins letzte Drittel des 20. Jahrhunderts grundlegend für die historiographische Beschäftigung mit dem Puppenspiel blieb. Dabei begreift Flögel das Puppenspiel gleichermaßen als Teil eines weit umfangreicheren Phänomenkomplexes (»Das Grotekekomische ...«) und als Phänomen des Theaters (»... in der Komödie«).

Charles Magnin (1793-1862). Franz. Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, seit 1832 Konservator der Pariser Kaiserlichen Bibliothek, neben eigenen Theaterstücken vor allem Beschäftigung mit der Geschichte des Theaters. Zu Flögel vgl. Anm. 11 dieses Kapitels.

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Die gesammelten Fakten bietet er in einer geographisch, chronologisch oder inhaltlich-formal (Stoffe und Führungstechniken) systematisierten Abfolge meist anekdotisch-narrativ dar. In diesem Diskurs geht es vor allem darum, möglichst faktengetreu zu rekonstruieren, wann wer wo über Puppenspielphänomene berichtet hat. Die wissenschaftlich innovative Leistung dieses auf der Faktizität der erschlossenen Quellen beruhenden Diskurses besteht in der Systematisierung der Fakten und der dadurch ermöglichten Rekonstruktion von nationalen bzw. regionalen Traditionslinien.97 Dieser in der Puppenspielhistoriographie maßgebliche Diskurs soll als annalistisch-chronographischer Diskurs der Erwähnungen und Fakten bezeichnet werden. Als der erste, der diesen Diskurs prägte, darf Charles Magnin gelten, dessen Monographie den frühesten literaturund kulturgeschichtlichen Abriß zur Geschichte des Puppentheaters verschiedener europäischer Nationen darstellt und den meisten deutschen puppenspielhistoriographischen Werken des 19., aber auch des 20. Jahrhunderts als Quelle diente. Der erste, der diesen Diskurs aufgegriffen und für die deutsche Geschichte des Puppenspiels adaptiert hat, war der Königlich Sächsische Hofrat Johann Georg Theodor Grässe,98 der 1856 in Rombergs populärwissenschaftlicher Anthologie >Die Wissenschaft im 19. Jahrhundert< seinen Aufsatz >Zur Geschichte des Puppenspiels und der Automatem veröffentlichte. Ganz im Sinne der romantischen deutschen Tradition faßte Grässe die Puppen und die mechanischen Androiden zu einem Phänomenkomplex zusammen, wobei er sich in Gliederung und Inhalt seiner Abhandlung weitestgehend auf Magnin stützte. Seine Wertungen bestimmter Erscheinungen basieren vor allem auf Vermutungen und Geschmacksurteilen, die bei näherer Analyse weder theoretisch untermauert noch historisch stichhaltig sind. Dennoch kommt ihm das Verdienst zu, das von Magnin in Anlehnung an Flögel für die Puppenspielhistoriographie entwickelte annalistisch-chronographische Strukturmodell in Deutschland bekannt gemacht zu haben. Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts galten die Werke Magnins und Grasses als die Standardwerke zur Geschichte des Puppenspiels. Ihr Aufbau und Inhalt wurden z. B. in den Vorworten von Engel und Kollmann adaptiert, wobei inhaltliche Ergänzungen um neu entdeckte Fakten und Erwähnungen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts die einzigen innovativen Veränderungen des Diskurses blieben. Dieses Verfahren ist bereits aus literaturhistorischen Schriften des 18. und einer Reihe deutscher und lokaler theatergeschichtlicher Monographien des 19. Jahrhunderts bekannt. Johann Georg Theodor Grässe (1814-1885). Philologe, nach anfanglicher Lehrtätigkeit an der Dresdner Kreuzschule kam er 1843 in die Privatbibliothek des Königs Friedrich August II. von Sachsen, 1848 Direktor der königlichen Münzsammlung, 1852 Direktor der königlichen Porzellansammlung, 1853 Königlich Sächsischer Hofrat, 1864 Direktor des »Grünen Gewölbes«. Grässe war auf dem Gebiet der Kultur- und Porzellangeschichte, der Namen- und Wappenforschung, der Sagenforschung und der Literaturgeschichte wissenschaftlich tätig.

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In diesem Zusammenhang muß vor allem Dr. Hans R. Purschke" genannt werden, dessen unermüdliches Forschen eine Vielzahl von bisher unbekannten Archivbelegen, Fakten und Erwähnungen zutage gebracht hat und der mit außerordentlicher quellenkritischer Akribie auch eine ganze Reihe von bisher von Forscher zu Forscher kolportierten sachlichen Fehlern und Fehlinterpretationen einzelner Fakten und Belegstellen richtigstellte. Der Umfang seiner Veröffentlichungen ist beachtlich, die meisten seiner Werke können als Queüenwerke der Puppenspielhistoriographie gelten, und sein wissenschaftlicher Nachlaß birgt gewiß noch manche bislang unbekannte Quelle. Dennoch wirkten seine letztlich methodisch kaum reflektierten Systematisierungsversuche wenig innovativ auf die Puppenspielhistoriographie. So legte er 1986 den ersten Band einer unvollendet gebliebenen Gesamtdarstellung der Puppenspieltraditionen Europas vor,100 worin er die Hauptkapitel nach Spieltechniken (Marionette, Handpuppe, Stockpuppe und Krippentheater) gliedert und deren jeweilige regionale Tradition in den einzelnen Unterabschnitten chronologisch behandelt. Diese Systematisierung des Stoffes in den einzelnen Kapiteln geht auf die Flögeischen und Magninschen Gliederungen zurück. Formale Gesichtspunkte (Spieltechnik, Region, Chronologie) bestimmen dabei die Struktur der Systematik. Damit werden zwar die Kenntnisse der puppenspielhistoriographischen Belegstellen erweitert und in eine Ordnung gebracht, die aber letztlich aus der Spezifik der historischen Daten (der chronologischen Abfolge von Erwähnungen und Fakten) gewonnen ist und nicht aus der Eigenart des Puppenspiels, dessen Geschichte geschrieben werden soll und das sich mit den Führungstechniken allein nicht fassen läßt.101 Purschkes Arbeiten sind symptomatisch für die deutsche Puppenspielhistoriographie nach 1945, in deren Mittelpunkt die von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts kanonisierten Themen der Puppenspielhistoriographie stehen. Die in derselben Zeit entstandenen puppenspielhistoriographischen Diskurse werden zwar um weiteres Material angereichert, ihre theoretisch-methodologische Stichhaltigkeit wird jedoch nicht in Zweifel gezogen. Damit aber wird auch jede methodische Innovation ausgeschlossen.

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Hans Richard Purschke (1911-1986). Jurist, Jurastudium an der deutschen Karls-Universität in Prag, 1940 Promotion zum Dr. jur, seit 1951 Reality Specialist im Liegenschaftsamt der US-Army in Frankfurt/Main, Autodidakt auf dem Gebiet der Puppenspielhistoriographie, umfangreiche Archivstudien und Aufbau einer privaten Fachbibliothek und Sammlung von Archivalien und Graphiken zum Puppenspiel, Herausgabe von Zeitschriften und einer Vielzahl eigener Monographien zur Geschichte des Puppenspiels. Purschke, Hans Richard: Die Puppenspieltraditionen Europas. Deutschsprachige Gebiete. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1986, 378 S. (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen 10) Zu einer kritischen Sicht auf diesen und andere Systematisierungs- und Periodisierungsansätze in der deutschen Puppenspielhistoriographie vgl. weiter unten in diesem Kapitel (S. 67-71). 53

Tradierungsdiskurs Ein puppenspielhistoriographischer Diskurs, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mindestens ebenso wichtig für die Puppenspielhistoriographie wurde wie der annalistisch-chronographische Diskurs der Erwähnungen und Fakten, soll als Tradierungsdiskurs bezeichnet werden. Grässe berührt den Gegenstand dieses Diskurses in seiner o.g. Abhandlung102 eher beiläufig. Er sieht das historische Verdienst der deutschen Puppenspieler vor allem darin, das deutsche Drama während des Dreißigjährigen Krieges vor dem Untergang bewahrt zu haben. Gehen wir nun aber auf die Geschichte der deutschen Puppentheater selbst zurück, so können wir denselben eigentlich das Verdienst nicht absprechen, zu einer Zeit die wandernden Schauspieltruppen in Deutschland ersetzt und somit auch das deutsche Drama wenigstens scheinbar vor dem Untergang gerettet zu haben, wo fast gar keine Spuren desselben mehr übrig waren. (Grässe 1856, S. 663)103 Indem Grässe den Puppenspielern eine kulturbewahrende Funktion zugestand, apostrophierte er sie als diejenigen, die dramatische Literatur in adaptierter Form weitertrugen und tradierten. Damit formulierte er anhand eines konkreten historischen Zeitraumes einen Gedanken, der u.a. schon Herders Interesse an den Texten eines zeitgenössischen Puppenspielers inspiriert hatte, worüber er im März 1769 aus Riga an Johann Georg Hamann schrieb: Hier ist ein Marionettenspieler gewesen, deßen Entwürfe zu seinen Durchlauchtigsten Helden- und Staatsaktionen ich gern gehabt hätte, um einen Begriff von unsern alten Deutschen Stücken zu bekommen: er ist aber zu früh entwischt. (Hofimann 1889, S. 57)104 102 103 104

Vgl. S. 52 dieser Arbeit. Diese Einschätzung stammt nicht von Grässe, sondern war schon 1823 in Franz Horns >Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen ...< (Hörn 1823, S. 256) nachzulesen. Im Zusammenhang mit dieser Briefstelle ist ein falsches Zitat im von Edmund Stadier verantworteten Stichwort »Puppenspiel« des >Reallexikons für deutsche Literaturgeschichte< zu beanstanden (Reallexikon Deutsche Literaturgeschichte 1977, Bd. 3, S. 289-315). Stadier zitiert dort Herders Brief nach der auch hier benutzten Ausgabe von Hoffmann und will gelesen haben, Herder habe die Stücke für das »Präparat der alten deutschen Schauspielkunst« (Reallexikon Deutsche Literaturgeschichte 1977, Bd. 3, S. 299, Sp. 1) gehalten. Offensichtlich ließ Stadier sich jedoch von einer Bemerkung Messens irreführen, der die bewußte Herder-Briefstelle nur sinngemäß wiedergab, als er schrieb: Dieses rückwärtsweisenden Charakters des Puppenspielplans war sich schon Herder bewußt: In einem Briefe an Hamann vom Jahre 1769 bedauert er, daß ihm die Dramen-Entwürfe eines Marionettenspielers wegen dessen Abreise nicht zugänglich geworden seien, denn er erblickte in ihnen ein Präparat des alten deutschen Schauspiels. (Niessen 1928, S. 5) Mittlerweile ist das vermeintliche Herder-Zitat in den verschiedensten Arbeiten kolportiert worden und kann als kanonisierter Irrtum bezeichnet werden. Nicht zuletzt und ausschließlich der Vollständigkeit halber sei noch die gänzliche Verballhornung dieser angeblichen Herder-Briefstelle in der ohnehin schlecht recherchierten Kulturgeschichte

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Philipp Leibrechts Dissertation von 1919105 darf als die wissenschaftliche Arbeit gelten, in welcher der Tradierungsdiskurs erstmals zum strukturierenden Element des Forschungsmaterials106 wurde. Liest man die Arbeit nur oberflächlich, so scheint Leibrecht allerdings ein typischer Vertreter des annalistischchronographischen Diskurses der Erwähnungen und Fakten zu sein.107 Bei näherer Analyse liest sich seine ebenfalls chronologisch aufgebaute Darstellung jedoch als Versuch, mit der Volkspoesie dem Puppenspiel einen Leitfaden durch die angeblichen Höhen und Tiefen seiner Entwicklung zu geben. Indem Leibrecht die Volkspoesie als Lebensader des Puppenspiels apostrophiert, der »es sein nationales und volkstümliches Gepräge verdankt« (Leibrecht 1919, S. ll/ 12), folgt er unterderhand dem literaturwissenschaftlichen Verdikt, daß ein wie auch immer geartetes Theater ohne die Literatur nicht (über-)lebensfähig sei.I08 Entlang dieser imaginären Leitlinie konstruiert er willkürlich einen kontinuierlich-progressiven Entwicklungsstrang, der dem historiographischen Schema der zyklischen Abfolge von Blüte, Verfall und Renaissance einer Erscheinung entspricht. So konstatiert Leibrecht für das 17. und 18. Jahrhundert eine »Entartung im deutschen Volksdrama« (Leibrecht 1919, S. 24), die in der unnatürlichen und feindlichen Trennung von Dichtung und Bühne gipfeln würde. Das Dichterdrama trat mit allen Ansprüchen höherer Kunstmäßigkeit auf, das Volksdrama verfiel in eine poetische Zuchtlosigkeit infolge der unbeschränkten Improvisation. (Leibrecht 1919, S. 24)

des Puppentheaters der Welt< von Gotthard Feustel wiedergegeben. Dort ist allen Ernstes vom »Puppenspiel als Präparat alter Schauspieler« (Feustel 1990, S. 63, Sp. 1) die Rede. Zum Forschungskontext, in dem seine Dissertation entstanden ist, vgl. S. 34 dieser Arbeit. Leibrechts Quellenbelege stammen allesamt aus bereits gedruckt vorliegenden Quellenkompilationen wie Stadtchroniken sowie deutschen Literatur- und regionalen Theatergeschichten. Die Umstände der Zeit, in der seine Dissertation entstand (während des Ersten Weltkrieges, zwischen 1916 und 1918), mögen dieses Vorgehen entschuldigen. Dennoch ging Leibrecht damit hinter das von Rabe gesetzte wissenschaftlich-methodische Niveau zurück, der in Ergänzung der gedruckten Sekundärquellen die archivalischen Primärquellen für seine Forschungen erschlossen hatte. Aus Leibrechts Dissertation von 1918 ist 1922 das um einiges Material bereicherte, strukturell aber identische Manuskript zu einer >Geschichte des Puppenspiels in Deutschland< hervorgegangen, das offensichtlich zur Veröffentlichung vorgesehen war: Leibrecht, Philipp: Die Geschichte des Puppenspiels in Deutschland. Karlsruhe, 1922, 146 S. (Typoskript). [Exemplar in der Bibliothek des Puppentheatermuseums München]. In der Tat ist Leibrechts Arbeit diesem Diskurs ebenfalls zuzurechnen, mehr noch erscheinen in seiner Dissertation die puppenspielhistoriographischen Diskurse der Zeit gleichsam gebündelt (neben dem Tradierungsdiskurs und dem annalistisch-chronographischen Diskurs der Erwähnungen und Fakten beschäftigt sich Leibrecht auch mit dem Ursprungsdiskurs). Seit Leibrechts Dissertation können diese Diskurse auch als für die Puppenspielhistoriographie kanonisiert gelten. Er schreibt wörtlich, daß die Elemente der Volkspoesie das Puppenspiel »lebensfähig erhielten« (Leibrecht 1919, S. 12).

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Mit dieser für seine Arbeit und sein Denken symptomatischen Feststellung rekurriert Leibrecht auf die romantische Begriffsopposition Natur- versus Kunstpoesie. Damit konstituiert er den im Schnittpunkt verschiedener fachwissenschaftlicher Kontexte stehenden Tradierungsdiskurs, der letztlich immer in der Frage kulminiert, ob das Puppenspiel der (hohen) Kunst oder der Volkskunst zuzurechnen sei.109 Leibrechts rigide Entgegensetzung von Kunst und Volkskunst fuhrt ihn dahin, vom Puppenspiel des 16. bis 19. Jahrhunderts nur einen trüben Gesamteindruck zeichnen zu können, dessen Quintessenz die folgende Bemerkung gibt: Die große Mehrzahl der Volksschauspiele hatte indessen auf der Puppenbühne noch mehr als in der Schauspielerbude zu leiden unter den eigenmächtigen und skrupellosen »Verbesserungen« der Prinzipale. Die mündliche Tradition öffnete der Willkür Tür und Tor. (Leibrecht 1919, S. 58) Aufgrund der dieser Feststellung impliziten Geringschätzung der mündlichen Tradition kann Leibrechts Arbeit nicht in die unmittelbare Nähe romantischer Literaturgeschichtsschreibung gerückt werden, denn die im geistesgeschichtlichen Kontext der Romantik entstandene Grimmsche Altertumskunde war aller durch mündliche Tradition überlieferter Volkspoesie gegenüber aufgeschlossen und hatte sie zu ihrem Forschungsgegenstand gemacht. Bei Leibrecht liest sich das allerdings etwas anders; für ihn haben zwei historische Erscheinungen besondere Bedeutung für das deutsche Puppenspiel »in der Zeit der größten Verlassenheit, Armut und drohenden Verwilderung« (Leibrecht 1919, S. 61): Goethe und die Romantik brachten der Puppenbühne vor allem das zur Wiederbelebung so notwendige Interesse gebildeter und gelehrter Kreise. (Leibrecht 1919, S. 61) Leibrecht stilisiert Goethe und die Romantiker zu Rettern des Puppenspiels, um entsprechend seinem historiographischen Schema der Blüte und dem Verfall die Wiedergeburt folgen lassen zu können. Dabei vertritt er implizit die Meinung, daß die unbestrittene Tradierung volkskultureller Äußerungen (Volksdichtung) durch das Puppenspiel erst durch das Interesse hochkultureller Kreise vollendet und dem darniederliegenden Puppenspiel so gleichzeitig wieder neuer Lebensatem eingehaucht würde.110 Den Beweis für seine These bleibt 109

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Die vonAleidaAssmanninähnhchemZusammenhang (Assmann 1983, S. 175-193) auf die Literatur angewandte Konstellation Kunst versus Folklore, der ein dialektisches \ferhaltnis beider Elemente immanent ist, kann dieser Frage letztlich auch nicht entrinnen. Kunst siedelt begrifflich im hochkulturellen Bereich, während Folklore (oder Volkskunst, \folkskultur) auf den Bereich populärer Kultur verweist. Unbeschadet des dialektischen Verhältnisses beider Sphären wird es bei der Anwendung dieser Begriffsopposition auf Puppenspiel-Phänomene a priori zum Ausschluß von puppenspielhistoriographisch relevanten Phänomenkomplexen kommen. Zum Problem der Gegenstandsbestimmung der Puppenspielhistoriographie mittels der Begriffe Volkskunst und Folklore vgl. auch S. 17-19 dieser Arbeit Insofern ist Leibrechts Darstellung in sich schlüssig, denn am Beginn seiner Abhandlung hatte er die Volkspoesie als die lebensnotwendige Voraussetzung für die Geschichte des deutschen Puppenspiels apostrophiert (vgl. dazu S. 55 dieser Arbeit).

Leibrecht freilich schuldig. Zwar handelt er auf rund zwanzig Seiten von den Beziehungen Goethes und einzelner Romantiker zum Puppenspiel, daß aber dadurch das Puppenspiel selbst wiederbelebt worden sei, kann er nicht belegen.m Eine Zusammenfassung von Leibrechts Darstellung der Geschichte des Puppenspiels formuliert gleichzeitig den puppenspielhistoriographischen Tradierungsdiskurs: Puppenspiel interessiert wissenschaftlich vor allem wegen seiner Bedeutung für die Literatur als Träger der Volksdichtung. Die Volkspoesie, eine orale Tradition, die ihre Stoffe vor allem aus der hochkulturellen Literatur bezieht, ist für das Puppenspiel lebensnotwendig. Das Puppenspiel macht eine von Blüte, Verfall und Renaissance gezeichnete Entwicklung durch, in deren Verlauf die Volksdichtung, d.h. die adaptierten Stoffe der Hochkultur, in Gefahr gerät, durch mündliche Tradierung »bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt« (Leibrecht 1919, S. 61)zu werden. Erst das Interesse hochkultureller Kreise (Dichter, Gelehrte) kann die Lebensader des Puppenspiels, die Volksdichtung, vor der endgültigen Zerstörung retten und damit auch dem Puppenspiel zu einer Wiedergeburt verhelfen. Die Eigenart des Puppenspiels wird also auf eine seiner Funktionen reduziert, seine Geschichte in ein ahistorisches Entwicklungsschema gepreßt, der Blick auf die Vielfältigkeit seiner Funktionen und die Differenziertheit seiner Entwicklung verstellt.112

Ursprungsdiskurs Das Hauptproblem des puppenspielhistoriographischen Ursprungsdiskurses stellt sich in dessen grundlegender Frage, ob sich die verschiedenen Puppenspielformen in den einzelnen Ländern autochthon und weitestgehend unabhängig voneinander entwickelt haben, oder ob es eine »Heimat des Puppenspiels« gibt, aus der es in die einzelnen Länder wanderte, um sich dort entsprechend der nationalen Eigentümlichkeiten zu entwickeln. Schon Grässe hatte 1856 seinen historischen Abriß mit der Bemerkung eingeleitet, daß der Ursprung der Marionetten in graue Vorzeit zurück datiere (Grässe 1856, S. 626), um dann mechanische Statuen und andere Schau- und Kultstücke des Altertums als deren Vorläufer zu apostrophieren. Die Selbstverständlichkeit seiner Feststellung (die der gesamten Grässeschen Darstellung 111

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Zum Verhältnis der Romantiker zum und ihrem tatsächlichen Interesse am Puppenspiel vgl. vor allem Kapitel IV, S. 115-126. Was hier als Tradierungsdiskurs zusammenfassend beschrieben worden ist, nennt der Volkskundler Hans Naumann das »Zerspielen« der Texte, indem er in Rekurs auf Leibrecht das Puppenspiel als exemplarisches Beispiel für seine These vom »gesunkenen Kulturgut« behandelt. Damit berührt er ein zentrales Problem der Theorienbildung der Volkskunde: Die Frage nach der Rolle von Kollektivindividualität und Einzelpersönlichkeit in Geschichte und kulturellem Leben, die der Volkskunde die Chance eröffnete, von der bloßen Faktensicherung zu sozialgeschichtlichen Fragestellungen zu gelangen. Vgl. dazu Weber-Kellermann 1969, S. 56-63.

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eignet) zeigt aber auch, daß es fiir Grässe keinen Zweifel daran gab, daß sich die Entwicklung des Puppenspiels, wenn nicht auf ein konkretes Ursprungsdatum, so doch zumindest auf eine Ursprungsepoche (die graue Vorzeit) datieren ließe. Der Hallenser Sanskrit-Philologe Richard Pischel113 konstatiert da schon etwas vorsichtiger, die Herkunft des Puppenspiels liege »noch ganz im Dunkeln« (Pischel 1900, S. 5). Nach etymologischen Betrachtungen zu SanskritBegriflen aus dem Bereich des Puppen- und Schauspiels und der Schlußfolgerung, daß das Schauspiel aus dem älteren Puppenspiel hervorgegangen sein müsse, stellt Pischel die Ähnlichkeit der Aufiuhrungspraxis indischer und deutscher Puppenspieler fest. Schließlich kommt er auf den Vidusaka zu sprechen, den Lustigmacher des indischen Dramas, und auf komparatistischem Wege gelangt er zu der Behauptung: Es ist nach dieser Schilderung fast unnötig Ihnen zu sagen, wer der Vidusaka ist: er ist der Hans Wurst der Volksbühne, der Kasperle des Puppentheaters. Alle Züge des indischen Lustigmachers kehren bei dem europäischen wieder und zwar in so überraschender Gleichheit, daß an der Identität der Figuren kein Zweifel sein kann. (Pischel 1900, S. 19)

Nachdem er solcherart die Heimat des Kaspers dingfest gemacht zu haben glaubt, kann Pischel schlußfolgern: Wo aber die Heimat des Kasperle ist, da ist auch die Heimat des Puppenspiels. Solche Figuren werden in so ausgesprochen einheitlicher Gestalt nicht selbständig an verschiedenen Orten erfunden, sondern sie haben eine Heimat und wandern, wobei sie je nach dem Lande im Einzelnen umgestaltet werden. Und das läßt sich in unserem Falle noch scharf beweisen. Von Indien ist das Puppenspiel mit der gesamten indischen Kultur nach der Insel Java gekommen und dort außerordentlich beliebt. (Pischel 1900, S. 20/21)

Abschließend gibt er auch noch einen Hinweis auf die möglichen Überbringer des Puppenspiels nach Europa - die Zigeuner,114 denn die wären fahrendes Volk und das Puppenspiel wäre schon immer eine Kunst des fahrenden Volkes und ihre gemeinsame Heimat Indien. An Pischels Thesen entzündete sich immer wieder Polemik, weniger an der Wanderungstheorie,115 als vielmehr an der These von der Heimat des Puppen113

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Richard Pischel (1849-1908). Sanskritist, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und o. Univ. Prof., 1874 Habilitation in Breslau, 1875 a.o. Prof. für Sanskrit und Sprachenvergleich in Kiel, 1875 Prof. an der Univ. Halle, 1902 Berufung nach Berlin. Pischel, Richard: Die Heimat des Puppenspiels. Rede bei Antritt des Rektorats der königl. Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg. Gehalten am 12. Juli 1900. Halle: Niemeyer, 1900, 28 S. (Hallesche Rektorreden 2). Verfasser bedient sich hier und im folgenden ausschließlich aus Gründen der historischen Authentizität der von Pischel gewählten Bezeichnung Zigeuner für die ethnischen Gruppen der Sinti und Roma. Kritik an der Wanderungs- und Ursprungstheorie sowohl bei Pischel als auch bei Reich übte Wilhelm Wundt im dritten, der Kunst gewidmeten Band seiner Völkerpsychologie. Für Wundt besteht kein Anlaß, nach historischen Verbindungslinien zu suchen, wenn

Spiels, denn als die meinte Hermann Reich drei Jahre nach Pischel die klassische Wiege der europäischen Kultur entdeckt zu haben - das antike Griechenland. Der dort entstandene Mimus habe in Byzanz eine Metamorphose durchgemacht und sei in Gestalt des Karagöz- und Schattenspiels wieder aufgetaucht. Das ist für Reich auch sehr einfach erklärlich: In allen türkischen Städten, in denen heute Karagöz vor dem jubelnden Volke seine Possen treibt, gab vorher der Mime seine Spaße zum Besten; in ihnen hat Karagöz einfach den hellenischen mimosgeloion abgelöst. (Reich 1903, S. 623)

Diese Behauptung folgt logisch aus Reichs Mimus-Theorie, die für alle dramatische Poesie auf der Welt den hellenischen Einfluß reklamiert (Reich 1903, S. 898), was sie freilich nicht weniger hypothetisch macht. Der Ursprungsdiskurs siedelte, wie die bisherigen Beispiele gezeigt haben, vor allem im Kontext der klassischen altsprachlichen Philologie (Griechisch, Sanskrit), der Orientalistik (Philologie orientalischer Sprachen - Persisch, Arabisch, Türkisch) und der Wissenschaften von den ostasiatischen Sprachen (Sinologie - Chinesisch; Japanologie - Japanisch; Javanisch, Indonesisch). Die Frage nach dem Ursprung des Puppenspiels war nicht der Hauptinhalt der Forschung, sondern eher ihr »Nebeneffekt«. Zumindest lagen den Autoren puppenspielhistoriographische Ambitionen fern. Nicht anders ging es Georg Jacob,116 der 1907 ein umfassendes Werk zur Geschichte des Schattentheaters vorlegte.117 Zunächst ging es ihm um die praktische Anwendung der philologischen text- und quellenkritischen Methode und die damit verbundenen völkerkundlichen Erkenntnisse, die vor allem auf den Nachweis östlicher Einflüsse auf die westliche Kultur zielten.118 In der Einleitung zur zweiten Auflage der >Geschichte des Schattentheaters< ging Jacob sogar so weit, von einer »ungünstigen Ideenassoziation« im Abendland zu sprechen, aufgrund welcher das Schattentheater noch immer nicht den Platz erobert habe, welcher ihm gebühre.

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bei verschiedenen Völkern zu unterschiedlichen Zeiten ähnliche Erscheinungen nachzuweisen sind. Er fuhrt die Ähnlichkeit dieser Phänomene auf allgemeine psychologische Bedingungen zurück, die den Menschen aller Völker eigen sind (Wundt 1919, Bd. 3, S. 563-572). Georg Jacob (1862-1937). Orientalist und Philologe für türkische und arabische Sprachen, Studium der arabischen Geographie, 1892 Habilitation in Greifswald, 1896 a.o. Prof. in Erlangen, ab 1911 o. Univ. Prof. in Kiel, vielfältige Veröffentlichungen zur Orientalistik und Sprachwissenschaft. Jacob, Georg: Geschichte des Schattentheaters. Das Schattentheater in seiner Wanderung vom Morgenland zum Abendland. Berlin: Mayer & Müller, Erste Aufl., 1907,159 S. [2. Aufl. u.d.T: Die Geschichte des Schattentheaters im Morgen- und Abendland. Hannover: Orient-Buchhandlung Heinz Lafaire, zweite, völlig umgearbeitete Auflage mit bibliographischem Anhang, 1925, 284 S.]. Wie der Untertitel der ersten Auflage seiner >Geschichte des Schattentheaters< (vgl. Anm. 117 in diesem Kapitel) oder seine Schrift >Der Einfluß des Morgenlandes auf das Abendland< programmatisch zeigen.

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Die Schuld daran trägt zunächst die unglückliche Kombination mit dem wesentlich verschiedenen und in seinen künstlerischen Ausdrucksmitteln weit beschränkteren Puppentheater. (Jacob 1925, S. 1) Und zur Unterstützung zitierte er den Sinologen Berthold Laufer: Treffend sagt Berthold Laufer, Chinesische Schattenspiele, München 1915,8. VII: »Dagegen haben die Hellenen das Puppenspiel geübt; und diese Tatsache hätte allein genügen sollen, um vor der übereilten Verknüpfung des Schattenspiels mit dem Puppenspiel zu warnen. Eine mehr als 10jährige Beschäftigung mit dem Gegenstand hat mich zu der Überzeugung geführt, daß Schattenspiel und Puppenspiel eine durchaus verschiedene Geschichte, einen anders gearteten Ursprung haben, und daß der Ausgleich, der zwischen beiden stattgefunden hat, nur die letzte Phase der Entwicklung, das Ergebnis der letzten Jahrhunderte darstellt.« (Jacob 1925, S. 1) Damit hatte Jacob seinen Gegenstand definiert und von der Beschäftigung mit dem in seinen Augen profaneren Puppenspiel streng geschieden. In seiner Darstellung mußte er dann jedoch hin und wieder auch auf die Ursprungstheorie Pischels eingehen und damit implizit einen engeren Zusammenhang zwischen Schatten- und Puppenspiel zugeben, als er noch in der Einleitung hatte einräumen wollen. Er kommt in seiner Untersuchung zur Geschichte des Schattentheaters zu einem ähnlichen Ergebnis wie Pischel gelegentlich seiner Betrachtungen zur Heimat des Puppenspiels: Da das Schattentheater nicht sporadisch auftritt, sondern auf einem zusammenhängendem Ländergebiet in Asien, Afrika und Europa, und sich die Wanderung von einem östlichen Zentrum aus vielfach chronologisch verfolgen läßt, wird auch das abendländische Schattenspiel auf den Orient zurückgehen, wenn auch der Weg der Wanderung noch nicht mit Sicherheit festzulegen ist. (Jacob 1925, S. 159) Die Unsicherheit und der hypothetische Charakter dieser Feststellung können als typisch für den Ursprungsdiskurs119 gelten. Die Ähnlichkeit bestimmter Phänomene fuhrt zu dem Schluß, daß sie sich gegenseitig beeinflußt haben müssen, dazu müssen die Phänomene gewandert sein, soweit herrscht Einigkeit. Unklarheit und kontroverse Meinungen gibt es aber über die Wanderwege (Seeweg, Landweg, konkrete Routen), die Träger (Zigeuner, reitende Turkvölker, Gaukler im Gefolge römischer Legionen) und vor allem die Richtung der kulturellen Austauschprozesse (von Ost nach West - Pischel, Jacob; von West nach Ost-Reich).120 119

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Ein weiterer Vertreter der Wanderungstheorie war Hans R. Purschke, dem jedoch das Verdienst zukommt, nach gründlicher Recherche den Ursprungsdiskurs differenziert zu haben. Er fragte nämlich nicht nach dem Ursprung des Puppenspiels, sondern nach den Ursprüngen der einzelnen Spieltechniken, womit er zweifelsfrei Wanderungen (zumindest in Teilgebieten) nachweisen konnte. Purschke, Hans Richard: Die Anfänge der Puppenspielformen und ihre vermutlichen Ursprünge. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1979, 143 S. (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen 4). Einen Überblick über die verschiedenen Thesen des Urspmngsdiskurses und deren Begründungen gibt Spies 1959.

In dieser kurzen Typologie des Ursprungsdiskurses scheint seine Problematik auf Zwar sind die Ähnlichkeiten zwischen dem Puppenspiel in den verschiedensten Kulturen evident, dennoch kann die Wissenschaft diesem Phänomen mit dem Ursprungsdiskurs nicht beikommen, denn ihm liegt ein grundlegender methodischer Irrtum zugrunde. Den Forschern gilt der früheste existierende Quellenbeleg als Hinweis auf den möglichen Ursprung, und aus fehlenden Quellenbelegen für bestimmte Zeiten oder Regionen wird mit der gleichen Logik auf ein Fehlen von Puppenspielphänomenen in dieser Zeit oder Region geschlossen. Diese Induktion geht immer von der Annahme aus, wenn keine Quellenbelege überliefert sind, habe es auch keine gegeben. Da die Annahme jedoch nicht zu belegen ist und folglich die induktiv gewonnene Feststellung nicht auf wahren Aussagen aufbaut, kann sie ebenfalls nicht als wahr angenommen werden. Auch das Erkenntnisinteresse des Ursprungsdiskurses ist ein beschränktes und führt (im Kontext der Puppenspielhistoriographie betrachtet) in eine Sackgasse. Es richtet sich vor allem auf zwei Aspekte, zum einen auf das annalistisch-chronographische Zurückverfolgen der Belege für ein Phänomen und zum anderen auf die daraus folgende (meist lineare) Konstruktion der historischen Kontinuität eines Phänomens. Diese Methode trägt die Gefahr der Ahistorizität in sich. Die Geschichte eines kulturellen Phänomens wird nicht als widersprüchlicher, mit Brüchen behafteter und in den je konkreten soziokulturellen Kontexten veränderlicher Prozeß, sondern als ungebrochenes Kontinuum mit einem zeitlich und räumlich definierbaren Ursprung begriffen. Der Ursprungsdiskurs ließe sich auch als eine Spezialform des annalistischchronographischen Diskurses auffassen. Sein Hauptinteresse gilt jedoch nicht der annalistisch-chronographischen Reihenbildung, sondern diese ist Voraussetzung für die beiden oben genannten Aspekte des Erkenntnisinteresses. Wenn er hier dennoch als selbständiger Diskurs betrachtet wird, dann vor allem deshalb, weil der Ursprungsdiskurs die Potenzen und die Notwendigkeit interdisziplinärer Forschung für die Puppenspielhistoriographie besonders deutlich macht. Es ist aber erforderlich, mit den Ergebnissen der anderen Disziplinen (hier der Orientalistik und der altsprachlichen Philologie) umzugehen und sie zu nutzen, wenn nötig darüber hinausgehende Fragestellungen aufzuwerfen, um sich nicht dem (aus der Perspektive der Puppenspielhistoriographie) eingeschränkten Erkenntnisinteresse dieser Disziplinen zu unterwerfen. Die Typologie des Ursprungsdiskurses macht noch ein weiteres deutlich: Die frühe Puppenspielhistoriographie (Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts) hat sich nicht aus eigenen Fragestellungen generiert, sondern hauptsächlich aus den wissenschaftlichen Fragestellungen der Kontexte, in denen puppenspielhistoriographisch relevante Forschungen erfolgten.121 Darin mag eine Ursache für die mangelnde methodische Selbstreflexion der Puppenspielhistoriographie liegen.

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Daß dabei auch die Methoden übernommen wurden, zeigen die quellenkritischen Aibeiten Hans R. Purschkes. Einmal zum Kanon der Puppenspielhistoriographie gehörend, wurden sie kaum mehr reflektiert, den Diskursen eingeschrieben, auch kaum noch verändert.

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Ästhetik-Diskurs Wie über ihre Fragestellungen und Methoden ist im 19. und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auch über den Gegenstand der Puppenspielhistoriographie kaum reflektiert worden, denn der schien klar - das Puppenspiel. Wie unklar aber eigentlich die Ergebnisse der Gegenstandsdiskussion bis zum heutigen Tag geblieben sind, ist schon im ersten Kapitel festgestellt worden122 und wird weiter unten noch einmal zu thematisieren sein.123 Weniger eindeutig war die Auffassung von Puppenspiel als einer Kunstform. Zwar konnte, wie oben gezeigt wurde, das Interesse von Dichtern und Gelehrten für das Puppenspiel reklamiert werden, dennoch galt es gemeinhin als Volkskunst. Da lag der Gedanke nahe, das Puppenspiel mit ästhetischem Instrumentarium zu untersuchen. Dieser Aufgabe widmete sich 1930 Lothar Buschmeyer.124 Der Doktorand am dramaturgischen Seminar von Prof. Hugo Dinger an der Thüringischen Landesuniversität Jena legte mit seiner Dissertation >Die ästhetischen Wirkungen des Puppenspiels< eine umfangreiche Arbeit vor, die zum Ziele hatte, ausgehend von den »die ästhetischen Wirkungen ermöglichenden Faktoren und Bedingungen« (Buschmeyer 1931, S. V), das Puppenspiel in das »System der Künste« einzugliedern. Dabei begreift Buschmeyer die Ästhetik im Hegeischen Sinne als eine »Theorie der Kunst«. Er gewinnt die dieser Theorie zugrunde liegende Systematik jedoch nicht aus der Spezifik des Puppenspiels, sondern gliedert das Puppenspiel in das bereits aufgestellte System ein und untersucht es auch nach dessen immanenten Regeln. Die normative Eingliederung in das »System der Künste«, die Buschmeyer mit einer ausführlichen Reflexion über die Eigenarten des Puppenspiels verbindet, führt ihn zu einer Revidierung der Auffassung von Puppenspiel als einer besonderen Gattung der dramatischen Literatur, und er weist ihm seinen Platz im System der Künste als ein Teilgebiet der dramatischen Kunst zu. Damit untermauert er mit akademischer Autorität, was im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts von Puppenspielern immer energischer eingefordert wurde, die Anerkennung des Puppenspiels als eine Theaterkunst.125 Im zweiten Hauptteil seiner Arbeit stellt Buschmeyer die Untersuchung auf die Grundlage der psychologischen Ästhetik im Anschluß an die Völkerpsychologie Wilhelm Wundts126 und das »System der Ästhetik« von Johannes 122 123 124 125

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Vgl. in Kapitel I, S. 7-24. Vgl. in Kapitel IV, S. 105-152. Vgl. dazu auch S. 26 dieser Arbeit. Die Feststellung der akademischen Untermauerung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie weit die Puppenspieler auch nach dem Erscheinen dieser Arbeit von der Einlösung des programmatischen Anspruches entfernt waren. Der gegenüber der Dissertation veränderte Titel der Buchausgabe (>Die Kunst des PuppenspielsVölkerpsychologie< hat er u.a. die Kunst aus psychologischer Sicht eingehend erörtert (vgl. Wundt 1919). Johannes Volkelt (1848-1930). Philosoph, Studium in Wien, Jena und Leipzig, 1876 Habilitation in Jena, dort 1879 a.o. Professor, 1883 o. Prof. in Basel, 1889 in Würzburg, 1889 in Leipzig. Volkelt war der Ansicht, daß die Ästhetik nur auf der Grundlage der Psychologie gedeihen könne, eine besondere Rolle innerhalb seiner Ästhetik spielte die »Einfühlung« (vgl. Volkelt 1905). Um Puppenspiel-Phänomene zu analysieren, verwendet Buschmeyer Begriffe und Kategorien aus den philosophisch-ästhetischen und psychologischen Wissenschafts-Diskursen seiner Zeit. Da die wissenschaftliche Forschung zum Puppenspiel sich hauptsächlich auf die Leistung einzelner Wissenschaftler aus den verschiedensten Forschungskontexten stützte und von einer in sich geschlossenen Wissenschaft (was zumindest der Begriff Puppenspielhistoriographie impliziert; vgl. dazu S. 25-26 dieser Arbeit) nicht gesprochen werden kann, ist dies als ein normaler Vorgang anzusehen. Wenn Manfred Wegner diese Praxis als unkritischen Umgang mit der Begrifflichkeit der einzelnen Wissenschaften charakterisiert, (Wegner 1981, S. 1) so ist ihm zuzustimmen, gleichzeitig jedoch auch auf die damalige Situation des Puppenspiels und seiner Erforschung hinzuweisen, die eine begriffliche Adaption notwendig machte, um überhaupt wissenschaftlich über das Puppenspiel handeln zu können. Konstanza Kavrakova-Lorenz bezeichnet in den Vorbemerkungen zu ihrer Dissertation zwar die theoriebildenden Leistungen auf dem Gebiet der Puppentheaterkunst von deutschen Wissenschaftlern und Ästhetikern der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts aufgrund ihres wissenschaftlichen Niveaus und ihres humanistischen Gehalts als Basis und Quelle »für die sich emanzipierende Puppenspiel- und Theatertheorie der DDR« (Kavrakova-Lorenz 1986, S. 2), in ihren Untersuchungen bezieht sie sich jedoch nur einige Male auf Leibrecht und Eichler. Die Theorie Buschmeyers, die im Ansatz die grundlegenden Gedanken ihrer Arbeit vorwegnimmt, erwähnt sie hingegen nicht einmal. Märchen, Sage, Fabel, Mythos, Mysterium, Tragisches, Erhabenes, Komisches, Burleske, Posse, Groteske, Parodie, Travestie, Satire und Humor. Handpuppe, Stockpuppe, Marionette, Schattenspiel. 63

Das Puppenspiel ist für Buschmeyer eine Erscheinung des deutschen Geisteslebens, deren volle Bedeutung noch nicht ausreichend wissenschaftlich gewürdigt wurde. Ohne sein wissenschaftliches Interesse weitschweifig zu legitimieren, geht er in der Einleitung seiner Arbeit sofort in medias res und scheidet das kindliche »Spiel mit Puppen« vom »Spiel der Puppen«, bei dem die Puppe als Darsteller und Träger von Handlung begriffen wird. Im I. Hauptteil unternimmt er sodann den Versuch, das solcherart definitorisch eingegrenzte Puppenspiel in das System der Künste einzugliedern, dies vor allem, indem er die Wesensunterschiede zwischen Puppen- und Schauspiel herausarbeitet. Buschmeyer folgt der Auffassung seines Lehrers Hugo Dinger, wenn er das Wesen des Schauspiels (in Abgrenzung zu anderen Künsten) dahingehend definiert, daß sich der Mensch selbst zum Material des »Spieltriebes« nimmt und somit zugleich Subjekt und Objekt des Spieles ist. (Buschmeyer 1931, S. 19) Den Puppenspieler bezeichnet er hingegen als »indirekten Schauspieler«, der die tote Puppe zum materiellen Werkzeug nimmt, [...] welches er nur dadurch zu scheinbaren Bewegungen bringt, indem er die Bewegungen seines eigenen Organismus, ja unter Umständen die eigene Sprache, der Puppe verleiht. (Buschmeyer 1931, S. 19/20) Und indem ihm das Schauspiel als Folie für die Einordnung des Puppenspiels in das System der Künste dient, kommt Buschmeyer zu der Auffassung, Puppenspiel sei »verminderte dramatische Kunst«. Dieser Begriff ist für ihn kein Werturteil, sondern er bezeichnet eine in ihren Ausdrucksformen beschränkte Kunst, wobei gerade in dieser Beschränkung der eigene ästhetische Wert besagter Kunst bestehe.132 Eigentlich jedoch sei das Puppenspiel zwei Künsten zuzuordnen, je nachdem, welchen Aspekt man betrachte. Lege man den Akzent der Untersuchung auf die Puppe, dann sei das Puppenspiel Gegenstand der Plastik, akzentuiere man das Spiel, dann sei das Puppenspiel der dramatischen Kunst zuzurechnen. Den wesentlichen Unterschied zwischen dem Spiel der Kinder mit Puppen und dem »Spiel der Puppen« charakterisiert Buschmeyer sodann mit der Feststellung, daß die Puppe beim Puppenspiel zum Subjekt des Spiels würde, denn sie spiele, handele und spreche selbst. Aus dem Bereich der Plastik aber würde die Puppe durch ihre Bewegung und die ihr verliehene Sprache herausgehoben. Diese Feststellung gipfelt in (von Buschmeyer selbst als solche bezeichneten) normativen Forderungen an die Bewegung der Puppe (mithin das Puppenspiel), die die Puppe in den Mittelpunkt der »ästhetischen Existenzberechtigung« des Puppenspiels stellen. Auf die Puppe müsse sich die Weiterentwicklung des Puppenspiels 132 133

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Buschmeyer fuhrt als Beispiele für verminderte Künste das Klavierspiel aus der Orchesterpartitur und den Holzschnitt gegenüber der Malerei an. (Buschmeyer 1919, S. 20) Ernst Ehlert (1881-1965). Schauspieler, Rezitator und Regisseur, nach Studium der Naturwissenschaft und Kunstgeschichte in Dresden, Kiel und München Schauspieler in Kiel, Krefeld und Berlin, seit Oktober 1915 künstlerischer Leiter von Ivo Puhonnys Baden-Badener »Künstler-Marionettentheater«.

konzentrieren. Er schließt hier an Forderungen Ernst Ehlerts133 an und reflektiert einen Artikel Ehlerts von 1926 mit dem programmatischen Titel >Die Puppe als Darstellen.134 Mit dem Begriff der »Einfühlung« sei im weiteren eine zentrale Kategorie der Arbeit Buschmeyers betrachtet, die bei aller Befangenheit im philosophischästhetischen Diskurs der Einfühlungstheorie des deutschen Neukantianismus einen ersten Ansatz zur deskriptiven Darstellung des mit dem Puppenspiel (als künstlerische Produktion) parallel ablaufenden Rezeptionsprozesses lieferte. Der Begriff der Einfühlung135 bezeichnet, grob gesagt, den psychischen Akt, durch den äußere sinnliche Erscheinungen in Anschauung derselben mit seelischem Gehalt erfüllt werden. Dieser Akt der Beseelung gilt als Grundlage des ästhetischen Genusses. Buschmeyer gliedert zur Beschreibung dieses Vorganges beim Puppenspiel (der ihm zum Nachweis des Ästhetischen dient) den Rezeptionsprozeß in zwei Stufen - die ersten sinnlichen Eindrücke und die zweiten Eindrücke oder Vorstellungen. Daran schließt er Reflexionen an, aus denen er letztendlich die ästhetischen Kategorien zur Beschreibung des Puppenspiels (als ästhetisches Phänomen) gewinnt. Die methodisch bedingte Konzentration auf den Rezeptionsprozeß in den zwei Ebenen der ästhetischen Anschauung wirft ein Licht auf das Ästhetik- und damit auch Kunstverständnis Buschmeyers. Kunst ist für ihn Erzeugung von Gegenständen und Handlungen zum Zwecke ästhetischer Wirkungen (Buschmeyer 1931, S. 15),136 ästhetische Wirkungen verbindet er wiederum vor allem mit dem Hervorbringen von Gefühlen beim Betrachter/Zuschauer, die dem Kunstwerk bei seiner Produktion eingeschrieben worden sind. Demzufolge empfindet der Zuschauer auf der ersten Stufe der sinnlichen Wahrnehmung zunächst nur Freude (ästhetischen Genuß) über die Lebendigkeit des Leblosen (die Puppen), das ihm vor allem deshalb als lebendig erscheint, weil er ihm diese Lebendigkeit unterstellt. Dieser ersten Stufe folgen die zweiten Eindrücke oder Vorstellungen, aufgrund derer der Zuschauer den Sinn der Handlungen und die Bedeutungen des Gehörten und Gesehenen für sich erschließt. Die Puppe ist nach Buschmeyer ein anschauliches Objekt, durch das ein Mensch repräsentiert wird - ein Sym-

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Ehlert forderte, die Puppe als eine Ausdrucksmöglichkeit der Schaubühne (d.h. des Theaters) anzusehen. Die Weiterentwicklung der Puppe und des Puppentheaters liege nicht in immer perfekterer, technisch aufwendigerer Nachahmung der Menschenbühne, sondern [...] in der Puppe selbst. Aus dem Wesen der Puppe heraus muß gespielt werden immer muß der Satz gelten: die Puppe ist die Hauptsache und immer wieder die Puppe! (Ehlert 1923/24, S. 165)

"5 Zur Genese des Begriffes »Einfühlung« vgl. Ziegler 1894, S. 113-120. 136 Er zeigt sich auch hier wieder als treuer Anhänger seines Lehrers Hugo Dinger, der Kunst folgendermaßen definiert: Unter »Kunst« verstehen wir eine jegliche Produktion, die den Zweck hat, ästhetisch zu wirken. (Dinger 1905, S. 98)

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hol;137 und zwar nicht Symbol für einen bestimmten Menschen, sondern für »Menschliches in seiner allgemeineren Bedeutung« (Buschmeyer 1931, S. 98). So werden denn in die Puppe menschenähnliche Seelenregungen eingefühlt, werden die Puppen mit Hilfe der Einfühlung als beseelt gedacht. (Buschmeyer 1931, S. 98) An anderer Stelle bezeichnet Buschmeyer dies als den ästhetischen Vorgang der »symbolischen Einfühlung« (Buschmeyer 1931, S. 32). Der symbolische Charakter des Puppenspiels sei es letztlich auch, der »das Puppenspiel der kindlichen Handhabung entrückt und es zu einer Kunst kristallisiert« (Buschmeyer 1931 S. 163). Die Analyse des zweistufigen Rezeptionsprozesses besagt damit nichts anderes, als daß dem Zuschauer des Puppenspiels eine mitproduzierende Funktion zugestanden wird, mehr noch, der Prozeß der Verlebendigung der Puppen (der Animationsprozeß) bedarf dieser mitproduzierenden Haltung des Zuschauers, denn der Eindruck der beseelten Puppe (des belebten Materials) entsteht erst in der Phantasie des Betrachters.138 Im Anschluß an seine Analyse der ästhetischen Wahrnehmung stellt Buschmeyer Reflexionen darüber an, inwieweit die etablierten ästhetischen Kategorien für das Puppenspiel in Frage kommen, und untersucht die Bedeutung des Tragischen, Erhabenen und Komischen für das Puppenspiel, um seine Überlegungen durch erwähnte Tabelle zu vervollständigen und damit die Ergebnisse seiner Arbeit zumindest teilweise für die Puppenspielpraxis handhabbar zu machen. 137

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Die gleiche Auffassung vertrat Willem L. Thieme 1926 in seinem Essay >Schauspieler und Puppe als Symbole darstellender KunstGeographisch-statistisch-topographisches Lexikon von Baiern< auch »[...] Gaukler, Taschenspieler, Sailtänzer, Marionetten, Komödien, Tragödien [...] Mirakelwirkereyen u. a.« (Melchinger 1796, Bd. l, Sp. 204) gezählt wurden, lassen sich unter das zeitgenössische Verständnis von Fest subsumieren, womit gleichzeitig das soziale und soziokulturelle Umfeld der puppenspielenden Komödianten im 18. Jahrhundert knapp umrissen wäre. Neben der sozialen Differenzierung der Komödianten und des Komödienwesens im 18. Jahrhundert in die zumindest temporär seßhaft werdenden Schauspieler und die weiterhin umherziehenden Wanderschauspieler, Puppenspieler und Schausteller, vollzog sich der Prozeß zunehmender obrigkeitlicher Ablehnung der mobilen Träger von kultureller Kommunikation. Daß sich diese jedoch bei ihrem Publikum nach wie vor großer Beliebtheit erfreuten und sie

Es soll hier vor allem auf die aufklärerischen Vorbehalte gegen die volkskulturellen Feste bzw. bestimmte damit verbundene Erscheinungen hingewiesen werden. Auf die Instrumentalisierung des Festes im aufklärerischen Kontext kann hier jedoch nicht eingegangen werden. Völlig zu Recht hat aber Beate Heidrich in ihrer Arbeit >Fest und Aufklärung< darauf hingewiesen, daß die pauschale Charakteristik der Aufklärung als »festfeindlich« nicht zutreffend ist. Zur differenzierten Betrachtung des Festdiskurses in der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Bayern vgl. Heidrich 1984.

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gleichzeitig mit ihren Angeboten dessen, als »Nothdurft des Staates« erkannte, Lustbarkeiten und Vergnügungen ermöglichten, belegen die massiven Restriktionen gegen Puppenspieler ausgangs des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebenso. Die umherziehenden Akteure aller coleur hätten schwerlich existieren können, wenn sie nicht eine Reihe von Bedürfhissen des »Volkes« befriedigt hätten. Mit der Differenzierung zwischen Schauspielern und umherziehenden Komödianten tat sich den einen ein staatlich legitimierter Tätigkeitsbereich auf, den anderen blieb der weitere Kampf um die Existenz unter den Bedingungen des Wanderlebens und die Auseinandersetzung mit Verboten, die ihren sozialen Status und ihre staatliche bzw. gesellschaftliche Legitimität (oder besser Illegitimität) markierten. Während sich eine staatlich geförderte Schauspielkunst etablierte,56 blieb das Puppenspiel eine handwerkliche Fertigkeit. Das drückt sich durchaus auch in den Bezeichnungen der Puppenspieler aus, mit denen sie ihre Vorstellungen im 18. und 19. Jahrhundert anzukündigen pflegten. Oftmals betitelten sich marionettenspielende Komödianten als »Mechanicus«, der die Komödie mit Kunst-Figuren agiert. In der Wahl dieser Berufsbezeichnung kommt wohl auch das Bestreben der Marionettenspieler nach sozialer Anerkennung zum Ausdruck. Sie adaptierten die Bezeichnung eines anerkannten Handwerksberufes57 des 18. Jahrhunderts, die in ihrer ursprünglichen Bedeutung u.a. auch auf die Zünftigkeit des Mechaniker-Handwerkes hingewiesen hatte. Eine dem zünftigen Zusammenschluß der städtischen Handwerker vergleichbare gesellschaftliche Legitimierung58 fehlte den Komödianten. Die Wahl 56

57

Es darf dabei nicht übersehen werden, daß auch die privilegierten Schauspieltiuppen zunächst weiterhin ein Wanderleben führten und nur temporär seßhaft waren. Durch Privilegierung war ihre Existenz jedoch legitimiert, die zeitweilige Mobilität wurde als Voraussetzung für ihre Angebote zunehmend akzeptiert und kaum noch als sozialer Makel empfunden. Zedler erläuterte 1739 den Begriff »Mechanicus« folgendermaßen: MECHANICUS, Mechanicus. Dieser Nähme wird in uneigentlichem Verstande denen Handwercks=Leuten beygeleget; vornehmlich aber denen, deren Kunst auf die Mechanick gebauet ist [...]. Ferner wird ein Mechanicus, und zwar im eigentlichen \ferstande, insbesondere derjenige Künstler genennet, der mathematische Instrumente verfertiget. Endlich und im eigentlichsten, oder vielmehr Philosophischen Verstande heißt ein Mechanicus eine solche Person, welche die Gesetze der Bewegung und alles, was zu deren Erkenntnis und Erklärung nur gehören mag, gründlich verstehet, auch solche glücklich anzuwenden geschickt ist. [...] (Zedler 1739, Bd. 20, Sp. 19/20) Mechanik wird an gleicher Stelle mit »Bewegungskunst« erklärt (Zedler 1739, Bd. 20, Sp.18).

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HANDWERCKER, sind eine Gesellschaft gewisser Künstler, welche ein zugelassenes Handwerck oder Kunst treiben, und mit gewissen Gesetzen und Verordnungen versehen sind [...]. Weil nun Zünfften und Gülten, oder überhaupt Collegia ohne Verstattung der Obrigkeit, unzuläßig, so folget daß das Recht, solche Zünffte und ihre Ordnungen zuläßig zu machen, dem Haupte eines jeden Staats [...] zukomme [...] (Zedler 1735, Bd. 12, Sp. 451/452) 95

des Titels »Mechanikus« läßt also durchaus auch auf die erhoffte Partizipation an dem gesellschaftlichen Ansehen und der Reputation, die sich mit der Berufsbezeichnung verband, schließen. Darüber hinaus korrespondiert diese Bezeichnung mit den Tätigkeiten, die die Puppenspieler außerdem anboten, seien es Vorführungen von mechanischen Theatern (Theatrum mundi), Schattenspielen und sogenannten Metamorphosen (sich verwandelnde Trickmarionetten oder flache Figuren mit Klappmechanismus), oder auch Vorführungen mit der Laterna Magjca und persönliche Vorstellungen. Damit spezialisierten sich die »Mechanici« ausgangs des 18. Jahrhunderts deutlich auf Tätigkeiten, die im engeren Sinne Schaustellungen waren. Handel und das Angebot von medizinischen und anderen Dienstleistungen kamen nur noch in Ausnahmefällen vor. Es wäre in der Tat interessant, diesen Prozeß der Spezialisierung im 18. Jahrhundert anhand konkreter Belege (Ankündigungszettel, Meßrechnungen, zeitgenössische Berichte) und der Entwicklung einzelner Puppenspieler zu verfolgen, weil dieser hier nur summarisch umrissene Tätigkeitskontext und der kommunikative Kontext der volkskulturellen festiven Öffentlichkeit (Jahrmarkt, Kirmes, Messen etc.) das soziale, ökonomische und soziokulturelle Umfeld des Puppenspiels darstellte und nicht die stehenden Theater und die sich entwickelnde Schauspielkunst, wie es eine historische Betrachtung des Puppenspiels unter ästhetischen Gesichtspunkten glauben machen möchte.

3. Puppenspiel und Seßhafte Ein weiterer obrigkeitlicher Kritikpunkt an den umherziehenden Komödianten des 18. Jahrhunderts war deren unstetes Leben, das sie einer laufenden Kontrolle und Überwachung durch den Staat entzog und damit den Grundsätzen eines auf zunehmende Kontrolle gerichteten Staates entgegenstand. Dieser Aspekt könnte mit der Regionalisierung der Aktivitäten der Komödianten um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert korrespondieren. Der staatliche Druck und die Restriktionen gegen die Komödianten wurden immer schärfer, und mit dem zunehmenden flächendeckenden Ausbau der Polizei und anderer Landesbehörden im 18. Jahrhundert wurde es den Komödianten immer schwerer, ungestraft gegen die Verbote zu verstoßen. Gleichzeitig ist ein bemerkenswerter Prozeß um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zu beobachten: Neue Träger begannen sich mit dem Puppenspiel (und anderen Tätigkeiten des Schaugewerbes) zu befassen, die sukzessive die alten Komödiantendynastien des 17. und vor allem 18. Jahrhunderts ablösten. Olaf Bernstengel hat aufgrund umfassender genealogischer Untersuchungen für die zwischen 1850 und 1960 bekannten sächsischen Puppenspieler nachgewiesen, [...] daß die Prinzipale der ersten Generation meist als Leineweber, Wollweber, Strumpfwirker oder vereinzelt als Bergmann tätig waren. Bei nur wenigen der rund 80 bekann-

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ten Familien läßt sich eine Puppenspieltätigkeit bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen. (Bernstengel 1991, S. 16)59

Das bedeutet, daß eine bislang behauptete, zumindest jedoch stillschweigend vorausgesetzte generative Verbindung des Marionettenspiels im 19. Jahrhundert mit den Komödiantendynastien des 17. und 18. Jahrhunderts nicht oder nur in Ausnahmefällen bestanden hat. Es wäre also nach den Ursachen und Bedingungen dafür zu fragen, warum sich Seßhafte gerade dem Schaugewerbe Puppenspiel zuwandten. Gleichzeitig interessieren aber auch die Folgen für das Puppenspiel als Form kultureller Kommunikation. Bei der Suche nach Antworten auf die erste Frage stößt man unweigerlich auf einen komplexen gesellschaftlichen Prozeß, der sich um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert vollzogen hat und dessen soziale und sozialökonomische Folgen auch auf das Schaugewerbe gewirkt haben müssen. Dieser Prozeß, der allgemein als die Verbürgerlichung der Gesellschaft zu bezeichnen ist, verlief in den einzelnen europäischen Staaten unterschiedlich. Die verschiedenen nationalen Bewegungen richteten sich gegen die bestehenden Feudalordnungen und bereiteten der Herrschaft des Bürgertums den Boden. Ein gegenüber den frühbürgerlichen Revolutionen qualitativ neuer sozialer Prozeß war die Französische Revolution von 1789, die den Prozeß der Verbürgerlichung von Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert einleitete. Mitte des 19. Jahrhunderts führte auch in Deutschland die bürgerliche Revolution gravierende soziale Veränderungen herbei, nachdem schon seit dem 18. Jahrhundert staatliche Reformen in deutschen Ländern die juristischen Voraussetzungen für die Entwicklung des Merkantilismus60 und die Herausbildung des Kapitalismus geschaffen hatten. In engem Zusammenhang damit steht die industrielle Revolution, deren erste Phase in Deutschland (in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts) die soziale Differenzierung vorantrieb.61 Es steht zu vermuten, daß im Gefolge dieser Veränderungen ein Teil der ehemaligen Textilarbeiter, die bei Bernstengel als Prinzipale der ersten MarionettenspielerGeneration des 19. Jahrhunderts genannt werden, aufgrund zunehmender Mechanisierung und damit verbundener Effektivierung der Produktion sich außerStammbäume und Details zu den einzelnen Familien im Archiv der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Der Merkantilismus des 18. Jahrhunderts ging von dem Grundgedanken aus, daß die Machtsteigerung eines Landes von der Vermehrung der Bargeldmenge im Land abhängig sei, weshalb die landesherrlichen Verwaltungen bemüht waren, so viel wie möglich Geld ins Land zu bringen und dort zu halten. Der Staat unterstützte aus diesem Grunde den Handel, indem Verkehrswege und -mittel verbessert und die Voraussetzungen für eine große Zahl von Messen und Jahrmärkten geschaffen wurden. Es ist hier nicht Gelegenheit, das komplizierte Geflecht sozialer Prozesse im Zusammenhang mit der Verbürgerlichung und sozialen Differenzierung der Gesellschaft zu analysieren. Einen Überblick über historische Ereignisse und Zusammenhänge gibt Deutsche Geschichte 1985, Bd. 2, S. 561-672 und Deutsche Geschichte 1985, Bd. 3, S. 3-200. Zur Industrialisierung in Deutschland und ihren Folgen vgl. Henning 1989, S. 35-106.

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Stande sahen, ausschließlich durch diesen Broterwerb weiterhin ihre Familien zu ernähren.62 Auf eine andere Gruppe von neuen Trägern des Puppenspiels im Kursachsen des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts weist Brigitte Emmrich hin: Eine nicht unbedeutende Zahl von Personen, meist abgedankte Soldaten sowie durch Kriegseinwirkungen, Krankheit oder familiäres Unglück erwerbslos bzw. weitestgehend erwerbsunfähig Gewordene, konnten sich ihren Lebensunterhalt - bei ausbleibender oder gänzlich unzureichender staatlicher bzw. gemeindlicher Unterstützung - nur durch Hausieren in verschiedener Form, Verse-und Musikmachen, Veibreitenvon Flugblattliteratur und anderen Druckerzeugnissen (Lesestoffen), vor allem aber durch Puppenspiel, Marionettenspiel, Schauspielauftuhrungen mit der Familie oder einer kleinen Truppe, Schaustellungen u.a. verdienen. (Emmrich 1987, S. 3) 63

Auch diese Gruppe von neuen Trägern wurde vor allem durch soziale Zwänge veranlaßt, sich mit dem Puppenspiel (oder den anderen genannten Tätigkeiten) den Lebensunterhalt zu verdienen. Emmrich weist weiter darauf hin, daß die Haltung der feudalstaatlichen Obrigkeit gegenüber den Konzessionsgesuchen

In seiner Abhandlung über Taschenspieler wies schon 1799 Johann Beckmann daraufhin, daß diejenigen, die keine ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit fanden, ihren Lebensunterhalt häufig mit der Ausübung der sogenannten »brodlosen Künste» verdienten: [...] Alle Politiker lehren, man müsse die Zahl der Einwohner zu vermehren suchen, aber dieser Grundsatz ist doch nur mit der Bedingung wahr, wenn man mehren als schon da sind, Verdienst anweisen kan. Denn der Bettler haben wir schon zu viel zu futtern. Alle unsere Geweibe sind nicht nur besetzt, sondern übersetzt. Unsere Landwirthe brauchen nicht mehr Knechte, unsere Handwerker nicht mehr Gesellen, als sie schon haben; unsere Regimenter sind volzählig; bey allen Aemtern und Bedienungen sind alte Candidaten und mehr supranumerarii als gut ist. Müssen wir nicht froh seyn, wenn die Noth noch neue Gewerbe erfindet, gesetzt daß sie sonst auch wohl entbehrt werden könten. Mag der, welcher nun einmal keine unentbehrliche Kunst erlernt hat, welcher die Jugend im Dienste anderer Verlohren hat, und aus irgend einer Ursache des Dienstes entlassen wird, lieber sein Brod durch die Belustigung anderer verdienen, als daß er es erbettelt oder gar stiehlt. Brodlos sind diese Künste wahrlich nicht; sie nähren ihren Meister ganz gut. [...] (Beckmann 1799, S. 58/59) Es wäre nunmehr vonnöten, diese These (wie auch die folgenden) anhand konkreter Felduntersuchungen zu belegen bzw. zu differenzieren. Hier soll zunächst vor allem gezeigt werden, aus welchen sozialen Kontexten und aus welchem Antrieb heraus sich jemand mit dem Puppenspiel beschäftigte, um daraus auf den damaligen gesellschaftlichen Status und die Reputation des Puppenspiels in dieser Zeit schlußfolgern zu können. Daß dies kein ausschließlich auf Kursachsen und auf diesen Zeitraum beschränktes Phänomen gewesen ist, beweist beispielsweise das preußische Edikt >No. CI. Patent, wegen Aufhebung derer abgedanckten und invaliden Soldaten, welche betteln etc. vom 1. Martii 1717Universal-Lexicon< zwar den Begriff »Marionetten=Spiel«, nicht aber den Begriff Puppenspiel, vielmehr wird unter »Puppen= Spieler, oder Marionetten=Spieler« auf das Stichwort »Marionetten=Spiel« verwiesen. Das Marionettenspiel wiederum wird nicht als Puppenspiel bezeichnet, sondern als »eine Art von Schau=Spielen«.5 Die synonyme Verwendung beider Begriffe läßt sich indes bis in das erste Viertel des 18. Jahrhunderts nachweisen. In einem Edikt König Friedrich WilZit. nach Deutsches Wörterbuch 1889, Bd. 7, Sp. 2249. Purschke zitiert nur, daß für Luther das Papsttum (nicht wie es richtig heißt „des bapstes thun") „ein lauter Puppenspiel sei" (Purschke 1979, S. 47). Damit unterschlägt er den Teil des Zitats, der den Bedeutungsgehalt des Begriffes Puppenspiel in dem Zusammenhang mehrdeutig werden läßt. Vgl. Adelung 1796, Bd. 3, Sp 867 und Campe 1809, Bd. 3, S. 709. MAR]ONETTEN=SpffiL, ist eine Art von Schau=Spielen, worzu aber an statt derer sonst bey ordentlichen Theatralischen Vorstellungen gewöhnlichen lebendigen und redenden Personen gewisse Arten von Puppen, welche man Marionetten nennet, von unterschiedener Grosse und Figur gebrauchet werden, die aber so künstlich zusammen gesetzt sind, daß sie bey nahe alle Bewegungen des menschlichen Leibes nachmachen, nachdem sie durch gewisse verborgene Dräther oder Schnüre gezogen und gelencket werden. Und damit sie zugleich alles dasjenige was sie eigentlich vorstellen sollen, gewisser massen recht natürlich abbilden; so pflegen die hinter denen Tapeten verborgene und die Marionetten so oder so bewegende und richtende Personen an ihrer statt mit veränderter Stimme zu reden, was sie sonst nach Beschaffenheit dieser oder jener gemachten Bewegung sagen sollen, in Ermangelung der Sprache aber selbst unmöglich sagen können. (Zedler 1739, Bd. 19, Sp. 1575)

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helms I. vom 28. Januar 1716 ist die Rede von nicht privilegierten »Marionetten und Puppenspielern]«, deren Auftritte nicht zuzulassen seien.6 Doch auch die Bezeichnungen Marionettenspiel und Puppenspiel müssen nicht unbedingt nur auf das Spiel mit den durch Fäden gelenkten Puppen verweisen, vielmehr sind im 18. Jahrhundert wohl noch alle existierenden Puppenspielformen (sowohl die dominierenden Formen des Marionetten- und Handpuppenspiels als auch mögliche andere Spielarten) mit diesen Begriffen bezeichnet worden. Während sich für das Spiel mit den an Fäden oder Drähten hängenden Puppen jedoch schon im 18., spätestens aber im 19. Jahrhundert der BegrifFMarionettenspiel bzw. Marionettentheater etablierte, wurde der Begriff Handpuppe für die über die Hand gestreifte, direkt geführte Puppenart wahrscheinlich erst 1912 von Rabe7 geprägt. Der Zeitpunkt für die neue Benennung der vorher als Kasperpuppe bezeichneten Handpuppe läßt sich aus den Veröffentlichungen Rabes relativ sicher ermitteln. Im April 1910 hatte Rabe in den >Mitteilungen aus dem Quickborm die erweiterte Fassung eines mit viel Interesse aufgenommenen Vertrages vom November 1909 mit dem Titel >Kasper Putscheneller< veröffentlicht (Rabe 1910, S. 70-77). In der kurzen historischen Einleitung dieses Artikels weist Rabe daraufhin, daß die spärlichen Erwähnungen über den Gegenstand bis ins 19. Jahrhundert hinein »meistens Kasperpuppen und Marionetten in einen Topf« werfen (Rabe 1910, S. 70). Im Titel seiner aufgrund des anhaltenden Interesses an dem Thema 1912 erstmals erschienenen Monographie >Kasper Putscheneile. Historisches über die Handpuppen und Althamburgische Kasperszenen von Johs. E. Rabe< verwendete er dann schon die neue Bezeichnung, die sich bald als Terminus technicus adäquat dem Begriff Marionette durchsetzen sollte. Auf die Novität des Begriffes Handpuppe deuten eine Reihe von Indizien hin. So fügte Johannes Bolte 1912 in seiner Rezension der Kasper-Monographie erläuternd hinzu, daß Rabe »die von unten her bewegten Handpuppen [...] von den an Fäden hängenden Marionetten« unterscheide (Bolte 1912, S. 214). In seiner Dissertation von 1912 verwendete Ernst Hoevel noch den Begriff 6

In dem >Edict, wegen der Marcktschreyer, Comoedianten, Gauckler, Seiltäntzer, Riemenstecher, Glückstöpffer, Taschen= Marionetten= oder Puppen=Spieler. Vom 28ten Januarii 1716< von Friedrich Wilhelm I. heißt es: [...] 2. Die Comoedianten, welche von Sr. Königl. Majestät nicht specialiterprivilegiret, wie auch die Gauckler, Seiltäntzer, Riemenstecher, Glückstöpffer, Marionetten oder Puppenspieler, und dergleichen Gesinde!, sollen in keinen Unserer obgedachten Städte, Flecken und Dörffer so wenig in als ausser denen Messen oder Jahrmärckten nach Maßgebung Unsers unterm 26. Jul. a.p. publicirten Edicts §. 2. bey Confiscation ihrer Buden oder Cörperlicher Arrest zugelassen, sondern dergleichen Leuten die Grentzen Unserer Provintzien zu Ausübung ihrer ohnedem verdächtigen Profession gesperret und geschlossen seyn. [...] (Corpus Constitutionum Marchicarum 1740, Bd. V, Abt. V, Sp. 78)

7

Zu Joh. E. Rabe vgl. S. 38-39 dieser Arbeit.

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Kaspertheater zur Unterscheidung des Handpuppentheaters vom Marionettentheater. Im Vorwort zu einer 1917 erschienenen Ausgabe eines Spielheiles mit während des Ersten Weltkrieges für den Einsatz an der Front entstandenen Kasperstücken wendete der Oberleutnat a.D. Fritz Oberndorfer den Begriff Handpuppen-Kasperl zur Unterscheidung vom Marionetten-Kasper an (Oberndorfer 1917, S. 3). Hugo Schmidt gebrauchte 1928 die Begriffe Handpuppenspiel und Kaspertheater synonym, der Untertitel seiner Bibliographie des Handpuppentheaters< lautet >Eine notwendige Ergänzung zur edlen Kunst der KaspereiDer Schauspieler und die übermarionetteThe Mask< erstmals veröffentlichte, geht er von der Prämisse aus, daß die Schauspielkunst nicht als Kunst zu betrachten sei, denn Kunst beruhe auf dem Plan und nicht auf dem chaotischen Zusammenprall vieler Zufälle. Deshalb dürfe zur Erschaffung eines Kunstwerkes nur mit den Materialien gearbeitet werden, über die man auch planend verfugen könne, der Mensch jedoch gehöre zu diesen Materialien nicht (Craig 1969, S. 51/52). Als Konsequenz dieser Prämisse fordert Craig: [...] Schafft den Schauspieler ab, und ihr schafft die mittel ab, durch die ein unechter bühnenrealismus entstanden und in blute gekommen ist. Und nicht länger wird es auf der bühne lebendige wesen geben, die uns verwirren, indem sie kunst und realität vermischen, nicht länger wirkliche lebewesen, an denen die Schwachheit und das zittern des fleisches sichtbar sind.

Craig geht sogar so weit, die Marionette als ein Ideal der Menschheit zu bezeichnen (Craig 1963a, S. 110). Er hebt vor allem zwei Tugenden der Marionette hervor - die Gehorsamkeit und das Schweigen. An anderer Stelle lobt er die Marionetten als »Menschen ohne Egoismus« (vgl. dazu Anm. 75 in diesem Kapitel). Bei den japanischen Marionetten wird es sich demzufolge höchstwahrscheinlich um das traditionelle japanische Bunraku-Theater gehandelt haben, dessen fast lebensgroße Puppen von einem bis drei Puppenspielern geführt werden. Die javanischen Marionetten könnten aus dem sogenannten wajang kulit, dem traditionellen javanischen Schattentheater stammen, zumindest hat Craig einige derartige Schattenfiguren in >The Marionnette< abgebildet und als »Javanese Marionnettes« bezeichnet. Craig war von der aufwendigen Technologie der japanischen Bunraku-Puppen derart fasziniert, daß er in >The Marionnette< eine ganze Reihe von japanischen Zeichnungen aus dem frühen 19. Jahrhundert abbildete. Die Zeichnungen geben jeweils die Konstruktion einzelner Teile der Puppe wieder, beispielsweise die Mechanik einer Hand, die durch im Inneren des Unterarmes laufende Fadenzüge wie eine menschliche Hand bewegt werden kann, oder einen Kopf, bei dem mittels Mechanik die Augen und der Mund zu bewegen sind.

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Der Schauspieler muß das theater räumen, und seinen platz wird die unbelebte figur einnehmen - wir nennen sie die über-marionette, bis sie sich selbst einen besseren namen erworben hat. [...] (Craig 1969, S. 66)73

Im folgenden äußert sich Craig zur Herkunft der Marionetten. Sie wären die Abkömmlinge der Steinbilder in den alten Tempeln, also der Ebenbilder der Götter,74 jedoch seien sie in »grobe und niedrige Hände gelangt«, weshalb sie »nur noch erbärmliche komödianten« seien, die die Komödianten des größeren Theaters imitierten (Craig 1969, S. 66). Dennoch äußert er die Hofihung: [...] Wer weiss, ob nicht die marionette eines tages wieder das treue medium fur die Schönheitsvorstellungen des künstlers sein wird. Sollen wir nicht hoffnungsvoll dem tag entgegenschauen, der uns die kunstfigur, das symbolische geschöpf durch die geschicklichkeit des Künstlers wiederbringt, auf dass wir erneut die »edle künstlichkeit« erreichen [...]? (Craig 1969, S. 67)

Die »men without egoism«,75 wie Craig die Marionetten charakterisierte, erschienen ihm tatsächlich als die idealen Schauspieler. Der Utopie dieser Forderung war Craig sich wohl bewußt. 1918 schrieb er unter dem Pseudonym Tom Fool in >The MarionnetteDie Heimat des PuppenspielsSchaubühnePuppets and Poets< kurz nach Erscheinen ins Deutsche übersetzt (Das Typoskript dieser Übersetzung befindet sich im Archiv des Puppentheatermuseums München.) und sich mit einem zustimmenden Brief an Craig gewandt. Daraufhin entwickelte sich ein offensichtlich nur kurzer Briefwechsel zwischen Craig und Puhonny. (Im Archiv des Puppentheatermuseums München befinden sich drei Briefe Craigs, von August bis Oktober 1921, aus dem Nachlaß von Puhonny. Briefentwürfe oder Kopien der Gegenbriefe Puhonnys existieren im Nachlaß nicht.) Die Briefe Craigs enthalten keine direkten Äußerungen zum Puppenspiel, sondern nur einige Höflichkeiten gegenüber Puhonny. Mit dieser Bemerkung greift Ehlert explizit einen Gedanken von Craig aus >Puppets und Poets< auf: [... ] But once you have made a Puppet and taught yourself to allow it to move (and it' s that and nothing else; I mean you don't move it you let it move itself; that's the art) [...] once you have done these two things I promise you, if you are a born artist, the world is in for a very great treat. [...] (Craig 1921, S. 18; Hervorhebungen im Original)

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liehe oder Fabelwesen, seien es tote Gegenstände, Symbole oder Begriffe - die bildkünstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten der Puppe seien unerschöpflich, wobei die äußere Gestalt der Puppe einem wichtigen Stilprinzip des »künstlerischen« Marionettentheaters gehorchen müsse - der Typisierung. Dieser hätten auch die Bewegungen der Marionette zu entsprechen, die nicht unbedingt menschenähnlich sein müßten, dafür aber den technologischen und stilistischen Möglichkeiten der Puppe unterzuordnen wären." Das Spiel solle sich aus der Spezifik der Marionette entwickeln, der Eigenart ihres Bewegtwerdens. Denn mindestens die Hälfte der Bewegung führe die Marionette aufgrund des physikalischen Gesetzes der Schwerkraft scheinbar »selbst« aus ihrem Schwerpunkt heraus aus. Die andere Hälfte der Bewegung dirigiere der Puppenspieler in Abhängigkeit von diesem Schwerpunkt. Diese einfach und logisch erscheinenden Erkenntnisse in der Fachöffentlichkeit100 geäußert und zum tragenden Element einer (praktisch vollzogenen) Puppentheaterprogrammatik gemacht zu haben, ist das historische Verdienst von Puhonny und Ehlert. Erstmals wurde über die technisch bedingte Spezifik der Marionette (und damit des Puppenspiels) reflektiert und die wechselseitige Abhängigkeit von Puppe und Spieler thematisiert.

Richard Teschners »Goldener Schrein« und der »Figurenspiegel« Für den Wiener Jugendstil-Künstler Richard Teschner101 war die Marionette102 ein Mittelding zwischen dem reinen, einmaligen plastischen Kunstwerk des Bildhauers und der lebenden Gestalt des Schauspielers. Sein Interesse für das Puppenspiel lag in dessen Grenzsituation zwischen bildender und darstellender Kunst begründet. Die erste Vorstellung seines eigenen Stückes >Prinzessin und Wassermann< zeigte er 1913 vor Wiener Künstlerkollegen und Freunden. Er war sich von Anfang an der Exklusivität seiner Kunst bewußt. Auch als er seit 1920 öffentlich spielte, konnte ihn das Puppentheater nicht ernähren. 99

100 101 102

Nicht in Beleuchtungseffekten, plastischen Dekorationen, Drehbühne, Kuppelhorizont und ähnlichen Nachahmungen der Menschenbühne [...] hegt die Weiterentwicklung der Puppe, sondern in ihr, in der Puppe selbst. Aus dem Wesen der Puppe heraus muß gespielt -werden - immer muß der Satz gelten: die Puppe ist die Hauptsache und immer wieder die Puppe! Und genau wie ein wahrer Menschendarsteller auch ohne Kulissen und Requisiten »spielen« und »wirken« muß, so auch die Puppe, wenn sie äußerlich im Typus erfaßt und aus diesem Typus heraus stilsicher gerührt wird. Dann wird und muß sie als Darsteller auch siegen. (Ehlert 1923/24, S. 156; Hervorhebungen im Original) Der Artikel erschien in der ersten deutschsprachigen Puppenspiel-Fachzeitschrift >Das Puppentheatern Richard Teschner (1879-1948). Maler und Bildhauer der Sezession in Wien, gehörte zum Freundeskreis um Gustav Klimt. So bezeichnete Teschner alle Gliederfiguren, also sowohl die Fadenmarionetten und die mit einem Kopfstab gerührten Marionetten, als auch die javanischen Stabpuppen (wajang golek), deren Konstruktion den von ihm entworfenen Stabpuppen zugrunde lag.

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Teschner setzte sich in Stoflwahl, bildkünstlerischer Gestaltung, technischer Ausstattung und technologischer Konstruktion von Puppen und Bühne im Verhältnis zu allen anderen »Erneuerem« am deutlichsten vom »volkstümlichen« Puppentheater ab. Sein Theater blieb damit auch unter den »künstlerischen« Puppentheatern eine Ausnahmeerscheinung. Zudem wandte er sich von Anfang an einer damals in Europa völlig unbekannten Puppenart zu - dem wajang golek.103 Er war, wie die anderen hier als Erneuerer des Puppenspiels apostrophierten Künstler, bei der Suche nach einer Ausdrucksform für seine künstlerischen Intentionen auf das Puppenspiel (und seine spezielle Spielart, das wqjanggolek) gestoßen. Er wandte die Atelierarbeit des bildenden Künstlers auf das Puppenspiel an. Er allein (mit nur einem Assistenten zur Seite) war der Schöpfer seiner Kunstwerke, womit er den Vorteil künstlerischer Arbeit ausschöpfte, unablässig probieren und experimentieren zu können, was wiederum dem Ideal des unbeschränkt schaffenden Künstlers sehr nahe kam. Teschner schwebte vor, mit den technisch vervollkommneten und zu differenziertesten Bewegungen fähigen Stabpuppen den Traum vom harmonischen Gesamtkunstwerk zu verwirklichen. Dabei bildete die Spezifik des Puppenspiels als Grenzfall von bildender und darstellender Kunst den künstlerischen Ansatz für seine Arbeit. Seine Inszenierungen bezogen ihre Wirkung vor allem aus dem Eindruck der bewegten Puppen, die pantomimisch agierten und nur von einer verfremdeten mechanischen Musik und vorgetragenen Versen begleitet wurden. Die suggestive Wirkung der Inszenierungen verstärkten farbige Projektionen und Lichtwechsel. In der Durchsetzung seines Konzepts vom autarken Kunstwerk war Teschner so konsequent, daß er mit dem »Figurenspiegel« eine Bühne konzipierte, die weder mit einer zeitgenössischen Theaterform noch mit dem sich als technisches Massenmedium etablierenden Film vergleichbar ist. Ich nenne mein Theater den »Figurenspiegel«, weil meine Szenen nicht wie in den normalen Marionettentheatern - die immer, absichtlich oder unbewußt, die Menschenbühne nachahmen - von einem rechteckigen vorhangdrapierten Architekturrahmen eingefaßt sind, sondern weil bei mir die Bühnenbilder in einem kreisrunden Hohlspiegel vor dem Zuschauer sichtbar werden [...]. (Teschner 1991, S. 9)

Seit 1931 spielte Teschner mit dem »Figurenspiegel«, mit dem er sein Konzept der absoluten Trennung von Bühnenvorgang (als künstlerischer Tätigkeit) und Zuschauer (der Realität) konsequent verwirklichte. Den runden Bühnenaus103

Diese javanischen Stabpuppen bestehen aus einem Mittelstab, an dem der Kopf befestigt ist, und einem um diesen Stab beweglichen Körper, dessen Arme mit dünnen Stäben dirigiert werden. Teschner gilt als der erste, der diese Puppenart in Europa adaptierte. In den endzwanziger Jahren begannen in Moskau Ivan und Nina Efimov ebenfalls, mit Stabpuppen zu arbeiten. Ob sie von Teschner oder vom \vajanggolek beeinflußt wurden, ist noch ungeklärt. Als Verbreiter der Stabpuppe in Europa (vor allem zunächst in Osteuropa) gilt der sowjetische Puppenspieler Sergej Obraszow, der seit 1931 Direktor des Staatlichen Zentralen Puppentheaters Moskau war.

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schnitt hatte Teschner gewählt, um die absolute Ruhe, Ausgewogenheit und Harmonie der Bilder zu erreichen. Die Puppen traten nicht auf, sondern sie tauchten auf und verschwanden wieder. Sie erschienen den Zuschauem weniger als scheinbar lebendige Wesen (wie in den Marionettentheatern Branns und Puhonnys), sondern vielmehr als Traumbilder, nicht greifbare und dennoch existente Visionen, Bilder einer von der Realität grundsätzlich verschiedenen, weil künstlich geschaffenen und künstlerisch gestalteten Welt. Teschner hatte damit die Entindividualisierung des theatralischen Darstellers konsequent bis zu dessen scheinbarer Entmaterialisierung getrieben.104 Damit erst war eine Möglichkeit gefunden und praktiziert, wie das Puppenspiel seiner Eigenart als Grenzfall von bildender und darstellender Kunst gerecht werden konnte. Die Puppen existierten anscheinend selbständig in ihrer eigenen artifiziellen Welt und erhoben nicht den Anspruch, Abbild der Realität zu sein. Es ist bemerkenswert, daß diese Art des konsequenten Puppenspiels nicht in umfassender Weise von anderen Puppenspielern aufgegriffen wurde. Teschner wird zwar als derjenige gerühmt, der die Stabpuppe nach Europa geholt hat, aber sein Verdienst ist ein größeres. Von dem Stilwillen des Künstlers besessen, sein absolutes Puppentheater zur größten Harmonie und Schönheit zu fuhren, weil nur dieses ihm die größten künstlerischen Freiheiten bot, hat er ein radikal künstlerisches Puppentheater entwickelt.

»Die Kunst des Puppenspiels« - Zusammenhang zwischen ästhetischer Adaption und theoretischer Reflexion Die drei exemplarischen Erneuerer des Puppenspiels, deren künstlerische Programmatiken im vorhergehenden Abschnitt skizziert worden sind, haben in ihrer theaterpraktischen Arbeit einige Aspekte und Forderungen der »Revolution des Theaters« im Kontext des Paradigmenwechsels in der Kunst konsequent umgesetzt. Das gelang ihnen vor allem aufgrund der Spezifik des Puppenspiels und der Verbindung der einzelnen Künstler zu dem Umbruchprozeß in den Künsten. Es soll nicht behauptet werden, daß explizit theaterreformerische Absichten bewußt umgesetzt wurden, aber die Parallelen sind auffällig. 104

Der »Figurenspiegel« besteht aus einer kreisrunden, leicht konvexen Glasscheibe, die in die Wand eingelassen und von einem goldenen, mit den Tierkreiszeichen geschmückten Rahmen eingefaßt ist. Die Spieler befinden sich in einem anderen Raum als die Zuschauer. Der Zuschauenaum ist absolut dunkel, und in dem Bühnenausschnitt erscheinen die Puppen gleichsam als entmaterialisierte ätherische Gestalten, durch die konvexe Oberfläche an den Rändern des Ausschnittes verschwimmend. Die verfremdeten Klänge eines mechanischen Musikinstruments, die gedämpft aus dem anderen Raum herüberklingen, verstärken den suggestiven Eindruck des Überwirklichen. Der »Figurenspiegel« ist seit November 1991 wieder im Teschner-Raum des Österreichischen Theatermuseums in Wien zu besichtigen, und wird bei Spezialführungen und in Sondervorstellungen vorgeführt. Vgl. dazu auch Der Figurenspiegel 1991, Mayerhöfer 1970 und Hadamowsky 1956.

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Und der Ansatz, mit dem Puppentheater über ein künstlerisches Instrument zu verfugen, das theatralische Gesamtkunstwerk zu schaffen, verbindet die einzelnen Künstler mit der Theaterreform. Es waren hauptsächlich drei Aspekte, die das »künstlerische« Puppenspiel zu einem wirklich artifiziellen Puppentheater gemacht haben. Das war zum einen das neue Verständnis von Kunst, die als ein Feld unbegrenzter Kreativität begriffen wurde. Die Puppenspielerneuerer verfugten zumeist allein, nur von wenigen Helfern unterstützt, über das künstlerische Experimentier- und Versuchsfeld eines praktischen Modells des großen Schauspieltheaters. Das war zum zweiten die Betonung der absoluten Künstlichkeit, des Gemachten, und der gleichzeitigen Behauptung dieser Kunst als selbständiger, eigenen Gesetzen gehorchender Welt. Zum dritten war das damit verbundene tendenzielle »Verschwinden des Subjekts« im Kunstprozeß im Puppentheater ganz augenscheinlich, ist doch der Mensch im Puppenspiel nur in der Tätigkeit, kaum aber körperlich präsent. Diese Parallelen zur Theaterreform um 1900 wären noch eingehender zu untersuchen und darzustellen, denn dem Puppenspiel in seiner historischen Ausprägung als Imitation des Schauspieltheaters war der ästhetische Kontext, mit dem es konfrontiert wurde, völlig fremd. Mit den zwischen Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg entstehenden »künstlerischen« Puppentheatern übernahm wiederum eine neue Trägerschicht das Puppenspiel und etablierte es in der Folgezeit (zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts). Die ersten derartigen Theater fanden eine Reihe von Nachahmern.105 Indem das Künstlertum auf das Puppenspiel projiziert wurde, erhielt es, das zunächst vor allem als künstlerische Ausdrucksform von Interesse war, die qualitativ motivierte Bezeichnung als »künstlerisches« oder »Künstler«-Puppentheater. Der historische Prozeß der Differenzierung der Tätigkeit von Trägem des Puppenspiels war weiter fortgeschritten. Die »künstlerischen« Puppentheater boten ausschließlich Theatervorstellungen im traditionellen Sinne an, womit sie auch die Forderung nach Gleichberechtigung gegenüber dem Schauspieltheater begründeten. Die zunächst innovativen Neuansätze zu einem radikal artifiziellen Puppenspiel und die Selbstreflexionen der Puppenspieler wurden integraler Bestandteil dessen, was eher propagandistisch denn programmatisch als die »Kunst des 103

Eine faktenreiche Darstellung des Puppenspiels von und bei Künstlern und Literaten gibt Purschke 1984, S. 163-196. Davon ausgehend müßte eine Geschichte des »künstlerischen« Puppenspiels erhellen, inwieweit diese Unternehmungen in die Entwicklung anderer Künste involviert gewesen sind und welche wechselseitigen Beeinflussungen es gegeben hat. Damit wäre auch die Ästhetik des »künstlerischen« Marionettentheaters zu rekonstruieren, um sie im Kontext des Paradigmenwechsels in der Kunst zu analysieren und historisch einzuordnen. Ebenso zu untersuchen wäre, ob die Selbstreflexionen einzelner Puppenspieler als Künstlertheorien des Marionetten- und Puppenspiels bezeichnet werden können. Die oben erwähnten Selbstreflexionen müssen für diesen Zeitraum gleichwohl als Ausnahmen gelten.

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Puppenspiels«106 apostrophiert wurde. Von dieser Bewegung des »künstlerischen« Puppenspiels ging der Impuls zur Begründung der ersten deutschsprachigen Puppenspielfachzeitschrift aus. Die beiden ersten Jahrgänge der Zeitschrift »Das Puppentheater« geben einen Eindruck von den Innovationen, die das »künstlerische« Puppentheater hervorgebracht hatte. Die Zeitschrift veröffentlichte in diesen beiden Bänden eine Reihe von bemerkenswerten und programmatischen Beiträgen, in denen Puppenspieler die Spezifik des Puppenspiels reflektierten; in den weiteren Bänden fehlen derartige Artikel jedoch fast gänzlich. Etwa seit Mitte der zwanziger Jahre kann dieser Prozeß als abgeschlossen betrachtet werden. Gegenüber dem »volkstümlichen« Puppenspiel hatte sich das »künstlerische« Puppenspiel etabliert und wie jenes seine Konventionen herausgebildet.107 Die fruchtbaren Anstöße zur Erneuerung des Puppenspiels waren an ihre Grenzen gelangt und erstarrt. Impulse von außen wurden wieder notwendig, um künstlerische Innovationen im Puppenspiel anzuregen.

4. Die Begriffsopposition von Puppenspielkunst und Figurentheater in der aktuellen Begriffsdiskussion Auf die vielfältigen Entwicklungen im Puppenspiel seit den zwanziger Jahren kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Hier konnten nur einige Zeiträume betrachtet werden, in denen wesentliche künstlerische Strömungen des Theaters und der bildenden Kunst und historische Erscheinungsformen des Puppenspiels akkumuliert wurden. So fällt also das reformpädagogische und jugendbewegte Revirement des Handpuppentheaters ebenso aus der Betrachtung wie die ideologisch-propagandistische Funktionalisiemng des Puppenspiels im Dritten Reich108. Weder kann auf die Bedeutung des Puppenspiels im westlichen Off-Theater (beispielweise des »Bread and Puppet Theatre«) eingegangen werden, noch auf die aufgrund staatlicher Förderung vehemente Entwicklung des Puppentheaters in Osteuropa nach 1945. Auch die getrennte Entwick-

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Diese Bezeichnung bezieht sich auf die Druckfassung der Dissertation Lothar Buschmeyers von 1931, vgl. dazu S. 62-67 dieser Arbeit. Wie besorgt die »künstlerischen« Puppenspieler um die Erhaltung ihres status quo gegenüber allen waren, die sich ebenfalls mit dem Puppenspiel beschäftigten, beweist die erste Bundestagung des »Deutschen Bundes für Puppenspiele«, die 1931 in Eisenach stattfand und auf der mit dem Schlachtruf »Kampf gegen Kitsch und Schund im Puppenspiel« ein Verdrängungs- und Konkurrenzkampf motiviert wurde (vgl. dazu Wasmann 1931, S. 159-164), der in modifizierter Form, aber mit ähnlichen Argumenten bis zum heutigen Tag anhält. Vgl. zu dieser Problematik auch das Nachwort S. 153-159 und außerdem Wegner 1981 sowie Taube 1991. Vgl. dazu Bohlmeier 1985, Bohlmeier 1989 und Brand; Technau 1982.

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lung des Puppenspiels nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik kann nicht eingehend referiert werden. Vielmehr soll abschließend ein Blick auf die aktuelle BegrifFsdiskussion um die Bezeichnung dessen geworfen werden, was seit etwa Ende des 19. Jahrhunderts als Puppenspiel benannt worden ist. In dieser Arbeit ist zur Kennzeichnung des aktuellen Puppenspiels schon einige Male die etwas sperrig wirkende Begriffskonstruktion Puppen- und Figurentheater verwendet worden. Damit wird der derzeitigen Situation des deutschen Puppenspiels Rechnung getragen, die von der Begriffsopposition Puppenspielkunst und Figurentheater gekennzeichnet ist.109 Beide Begriffskonstruktionen wollen offensichtlich den Unterschied zum herkömmlichen Puppenspiel betonen. Ungeachtet ihrer relativ jungen Geschichte verwenden beide Komposita begriffliche Bestandteile (Puppenspiel- und -theater), die eine wesentlich ältere Begriffsgeschichte haben und mit denen auch entsprechende historische Konnotationen verbunden sind. Der Begriff Figurentheater ist in den sechziger Jahren in der damaligen Bundesrepublik Deutschland entstanden. Er hat als Titel der vom damaligen »Deutschen Institut für Puppenspiel« herausgegebenen Zeitschrift110 die nötige Verbreitung gefunden.111 Mit einem >Das andere Theater< betitelten Editorial eröffnete Schriftleiter Fritz Wortelmann 1963 bezeichnenderweise112 den ersten Jahrgang mit neuem Zeitschriftentitel. Der Beitrag trägt den Untertitel Betrachtungen zum deutschen Figurentheater der Gegenwart < und ist bemüht, die 109

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Ein Indiz dafür, daß diese beiden Begriffe maßgeblich zur Bezeichnung des aktuellen Puppenspiels Verwendung finden, ist die 1992 vollzogene Gründung einer Vereinigung von Vereinen, \erbanden, Hochschulen und anderen Institutionen mit dem Namen »Deutsches Forum für Puppenspielkunst und Figurentheater« mit Sitz in Bochum. Diese Einrichtung hat den Platz und die Fördermittel des von 1950 bis 1991 bestehenden »Deutschen Institutes für Puppenspiel« übernommen. Im übrigen scheint die Begriffsopposition von Puppenspielkunst und Figurentheater eine deutsche Erscheinung zu sein. Ein im Sommer 1991 in Wiepersdorf durchgeführtes internationales wissenschaftliches Symposium mit der Thematik »Puppentheater - Figurentheater - Objekttheater« hat die ersten beiden Begriffe breit und kontrovers diskutiert, der Begriff des Objekttheaters (wohl in Anlehnung an den Begriff der Objektkunst entstanden) wurde hingegen kaum thematisiert. Im Jahre 1963 erschien der sechste Jahrgang der als >Das Puppentheater (1923-1931) gegründeten, dann als >Der Puppenspielen (1930-1933; 1948-1950) erschienenen deutschen Puppenspiel-Fachzeitschrift unter dem Titel >Das Figurentheaten (1963-1991). Obwohl die Schriftleitung des >Figurentheater< in Heft l, 1963 feststellen kann, die erwartete stürmische Ablehnung des neuen Titels sei ausgeblieben (Zum neuen Titel 1963, S. 61), ist der Begriff auch in der damaligen Bundesrepublik nicht unumstritten gewesen. Auch heute ist er bei weitem noch nicht sprachliches Allgemeingut der Puppenspieler in den westlichen Bundesländern. Vor allem die älteren Puppenspieler können sich mit der Begriffskonstruktion Figurentheater kaum anfreunden. Der >UNIMA-RundbriefDas andere TheaterTheater heute< über die Situation des Puppenspiels in der damaligen Bundesrepublik Deutschland von 1971 weist schon im Titel auf den durchgängig synonymen Gebrauch der beiden Begriffe Puppenspiel und Figurentheater hin: >Was vermag das Figurentheater? Provisorische Beschreibung des westdeutschen Puppenspiels< (Schedler 1971, S. 32). Diverse schlagwortartige charakterisierende Ergänzungen wie bei dem Puppenspieler P. K. Steinmann >Figurentheater - Totales Theater< (Steinmann 1989) oder dem Professor am Studiengang Figurentheater der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart Werner Knoedgen >Figurentheater - Unmögliches Theater< (Knoedgen 1990) weisen auf die Abgrenzung nach zwei Seiten - zum Schauspieltheater und zum herkömmlichen Puppentheater - hin. Während Steinmann den Begriff des Figurentheaters nicht problematisiert, geht Knoedgen auf die Gründe für die Verwendung der Begriffskonstruktion »Figurentheater« ein. Der Begriff stehe für das auf neue Darstellungsformen im Puppenspiel reflektierende neue Bewußtsein ein, und deshalb handle sein Buch von Form, Inhalt und Rezeption eines Theaters, [...] das sich von der weiterbestehenden, aber vorbewußt gebliebenen Volkskunst ebenso abgrenzen läßt wie vom Schauspiel und das aus diesem Grunde sowohl eine Differenzierung wie auch eine Erweiterung der Begrifflichkeit notwendig macht. Nur eine wirkungsästhetische Untersuchung, die das Figurentheater vom naiven Spielen einerseits wie von

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den benachbarten Darstellenden Künsten andererseits unterscheidet, kann aufklärerisch wirken und damit die brauchbaren Ansätze des alten Puppenspiels aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, den indiskutablen Sackgassen des Reisegewerbes oder der hausbackenen Feierabendtätigkeit, herausführen. (Knoedgen 1990, S. 13; Hervorhebung im Original)

Knoedgen erläutert in dem Zusammenhang auch das Verhältnis der Begriffe Puppenspiel und Figurentheater; in dem »umfassenderen und treffenderen Oberbegriff'als dem des >Puppenspiels< (sc. Figurentheater-G. T.)« (Knoedgen 1990, S. 13; Hervorhebung im Original) verschaffe sich das neue Bewußtsein sprachlichen Ausdruck.115 Die seit über zwei Jahrzehnten in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung, beginne sich »als Gattungsbegriff erst jetzt zu festigen« (Knoedgen 1990, S. 13). Damit verbindet Knoedgen den Anspruch, das Figurentheater sei eine Kunstgattung. In der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vollzog sich eine ähnliche Entwicklung mit ähnlicher Motivation zur Verwendung des Begriffes Puppenspielkunst.116 Im September 1971 wurde aus der Klasse Puppenspiel an der Staatlichen Schauspielschule Berlin die Fachrichtung Puppenspiel geschaffen. Damit wurde ein Studiengang eingerichtet, der, in Anlehnung an die Möglichkeiten in anderen osteuropäischen sozialistischen Ländern, erstmals in Deutschland Puppenspielern eine Hochschulausbildung ermöglichte. Seit 1990 heißt dieser Studiengang Abteilung Puppenspielkunst, womit zum Programm erhoben wurde, was bis dahin schon mit anderen synonymen Begriffen bezeichnet worden war. Verfolgt man beispielsweise den Gebrauch der Begriffe bei Hartmut Lorenz, dem heutigen Professor für Puppenspiel und Puppenspieltheorie und einem Exponenten der Puppenspielkunst, so ist auffällig, daß er diesen Begriff schon seit Beginn der siebziger Jahre benutzt, wobei er offensichtlich von seinem Studium an der Fakultät für Puppentheater der »Akademie der Musischen Künste« (AMU) Prag geprägt worden ist. Im Jahre 1975 bezeichnete er, damals Leiter der Fachrichtung Puppenspiel an der Staatlichen Schauspielschule Berlin, das Puppentheater als »eigenständige Kunstgattung« (Lorenz 1975, S. 21). Fünf Jahre später verwendete er eine ähnliche, jedoch differenziertere Bezeichnung, das Puppentheater sei »eine ästhetisch spezifische, selbständige Gattung der darstellenden Künste« (Lorenz 1980, S. 71). Seit etwa Mitte der achtziger Jahre ist dann vom »Puppenspiel als einer gleichberechtigten darstellenden Kunst« die Rede. Auch diese sprachliche Praxis ver-

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Knoedgen blendet bei dieser erneuten Instrumentalisierung des Begriffes »Figurentheater« Motivation und geschichtlichen Kontext für dessen Entstehung völlig aus. Der Begriff »Puppenspielkunst« findet sich aber auch schon in frühen Beiträgen der bundesdeutschen puppenspielkundlichen Forschung. So verwendeten Schnorr und Purschke in ihren Vorträgen auf dem Kongreß in Liege 1958 jeweils diesen Begriff in Verbindung mit den Adjektiven »gegenwärtig« bzw. »modern«, um damit das aktuelle vom traditionellen Puppenspiel begrifflich zu scheiden (vgl. Purschke 1983, S. 104, und Schnorr 1958, S. 161).

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weist einerseits auf die qualitative Abgrenzung zum Image des Puppenspiels im herkömmlichen Sinne117 und auf die Behauptung einer Kunstgattung118 andererseits. Es ist daher festzustellen, daß beide Begriffe, Figurentheater und Puppenspielkunst, abgrenzen und gleichzeitig einen qualitativen Status quo behaupten. Auf die unterschiedlichen methodischen und theoretischen Argumentationsinhahe soll nicht näher eingegangen werden; entscheidend für den hier zu verfolgenden begriflsgeschichtlichen Ansatz ist die Ähnlichkeit im Gebrauch der Begriffe und der Sachverhalt, auf den sie verweisen - das Puppenspiel in seinen historisch bedingten unterschiedlichen Ausprägungen im Osten und Westen Deutschlands. Beide Begriffe treten darüber hinaus als Begriffskonstruktionen und Setzungen auf, und ihr reflektierter Gebrauch ist hauptsächlich auf den akademischen Kontext der Lehre an den Ausbildungsstätten und auf die wissenschaftliche Reflexion über den Gegenstand beschränkt.119 Mithin ist von einem instrumentalisierten Gebrauch der Begriffe auszugehen, der allein hier zu diskutieren ist. Im allgemeinen umgangssprachlichen Verständnis wird Puppentheater120 heute als eine Form des Kindertheaters aufgefaßt. Die historischen Wurzeln 117

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Eine strikte Abgrenzung vom Schauspiel intendiert der Begriff wohl nicht, zwar ist die Parallele zu dem Kompositum Schauspielkunst auffällig, aber weil die Berliner Ausbildung von Puppenspielern historisch und methodisch eng mit der von Schauspielern verknüpft ist, betont der Begriff wohl eher die Spezifik der Darstellungskunst Puppenspiel. Im Zusammenhang mit dem Projekt einer »Theorie der darstellenden Künste« am Bereich Theaterwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (vgl. dazu auch Anm. 5 in Kapitel I) klassifizieren Ernst Schumachers »Thesen zu einer Theorie der darstellenden Künste« das Puppen- und Schattentheater in der Systematik der Gattungstheorie als eine Unterart der darstellenden Künste (vgl. dazu Schumacher 1978, S. 518). Es soll dabei jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß sich Künstler mit diesen Begriffen identifiziert haben und sie zur Bezeichnung ihres Schaffens verwendeten und verwenden. Dieser Gebrauch der Begriffe steht hier nicht zur Debatte. Wie die begriffegeschichtlichen Betrachtungen in diesem Kapitel zeigen (vgl. dazu vor allem S. 106-114 in diesem Kapitel), haben es Puppenspieler zu jeder Zeit verstanden, ihre Tätigkeit durch entsprechende Bezeichnungen herauszuheben und zu vermarkten. Auch die publizistische Öffentlichkeit partizipiert an diesen Begriffen, so finden sich beispielsweise in Festivalberichten und Rezensionen zum Puppen- und Figurentheater die entsprechenden Bezeichnungen, die aber eher auf den Gebrauch dieser Worte in Verlautbarungen der \feranstalter und in den Namen der Puppentheater rekurrieren als auf die allgemeine Gebräuchlichkeit dieser Begriffskonstrukte. Der »Duden. Rechtschreibung der deutschen Spache«, ein im allgemeinen zuverlässiger Indikator für die Gebräuchlichkeit von Begriffen, verzeichnet zwar die Komposita Puppenspiel, -spieler, -Spielerin und -theater (Duden 1991, S. 575), nicht aber die Zusammensetzungen Figurentheater oder gar Figurenspiel u.a. Der weit umfangreichere »Duden. Deutsches Universalwörterbuch« hingegen fuhrt die beiden synonym verwendeten Begriffe auf: Figurentheater, das: Theater mit Figuren (Marionetten, Puppen u.a.) (Duden 1989, S. 506, Sp. a-b) Puppentheater, das: Theater, in dem mit Handpuppen, Marionetten o. ä. gespielt wird. (Duden 1989, S. 1197, Sp. a) 149

und Gründe für diese Gleichsetzung von Puppentheater, das bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine altersmäßige Beschränkung seiner Zuschauer kannte, und Kindertheater wären wiederum eine eigene Untersuchung wert. Neben einer Reihe soziokultureller Veränderungen, in deren Folge sich die soziale Bewertung des Kindseins radikal änderte, wären auch wichtige ökonomische Gründe zu nennen, weshalb das Puppentheater zum Kindertheater wurde.121 Ein weiteres auffälliges begriffliches Phänomen ist die synonyme Verwendung von Puppentheater und Kaspertheater, wobei letzteres wohl eher auf die im Geiste der Jugendbewegung wiederbelebte Volkstümlichkeit des alten Jahrmarktskaspertheaters rekurriert als auf die volkskulturelle Tradition des Kaspertheaters selbst. Das domestizierte und pädagogjsierende Kaspertheater122 wird dabei im allgemeinen Verständnis mit dem Puppentheater überhaupt identifiziert. Puppenspiel wird weiterhin als eine relativ einfach zu betreibende kreative Freizeitbeschäftigung gepflegt, bei deren Realisierung eine Person genausogut allein zu beschäftigen ist wie mehrere Personen gleichzeitig. Auch diese Indikation ist historisch bedingt; seit den zwanziger Jahren hatte die deutsche Jugendbewegung das Puppenspiel als Laienspiel propagiert,123 und eine Reihe von Berufspuppenspielern hatten diese Bewegung durch Lehrgänge und gedruckte Spiel- und Bauanleitungen unterstützt. Der Zugriff einer breiten bündischen Bewegung und die Vermarktung des Puppentheaters als einer populären und leicht zugänglichen Beschäftigung für jedermann, senkte im öffentlichen Bewußtsein das Ansehen dieser Theaterform. (Wegner 1981, S. 65) Es sind also vor allem drei Aspekte, die das öffentliche Ansehen und die allgemeine Bewertung des Puppenspiels prägen: (1) Das Image des Puppentheaters als Kindertheater. (2) Das Image des »Volkstümlichen« des Puppenspiels. (3) Das Image des Unprofessionellen und von jedem Nachvollziehbaren des Puppenspiels. Gegen dieses Bild vom Puppentheater wenden sich die neuen Begriffe hauptsächlich, denn alle diese Charakteristika sind im öffentlichen Bewußtsein mit einer gewissen Geringschätzung verbunden und von daher nicht geeignet, im Legitimierungsdiskurs des Puppen- und Figurentheaters die Spezifik desselben zu betonen. 121 122

Zu den Gründen für die Herausbildung eines Kinderrepertoires im sächsischen Wandermarionettentheater des 19. Jahrhunderts vgl. Taube 1989d, S. 96-100. Vgl. dazu vor allem den in seiner scharfen Polemik nicht immer objektiv und fair urteilenden Aufsatz von Melchior Schedler >Der Kasper, das Kasperle, die Kasperei< in Schedler 1973, S. 60-169.

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Die Werbung für das Laienspiel gehörte zu jenen Legitimationsversuchen der Puppenspieler, ihre Arbeit zum gesellschaftlichen Ganzen und besonders zu den geeignet erscheinenden Zielgruppen als nützliche Pflege der volkstümlichen Kunst zu vermitteln. (Wegner 1981, S. 46)

Die Eigenart des Puppenspiels gegenüber dem Schauspiel hervorzuheben und theoretisch zu begründen,124 ist in diesem Legitimierungsdiskurs eine Strategie, deren Wirksamkeit und Notwendigkeit nicht zu leugnen ist und die vor allem dem Selbstverständnis derer dient, die das Puppen- und Figurentheater praktisch ausüben. Die andere, eng damit verbundene Strategie der Behauptung des Puppen- und Figurentheaters als Kunst bzw. Kunstgattung dient hauptsächlich der vermeintlich notwendigen statusmäßigen Aurwertung des Puppen- und Figurentheaters, die Reflexivität der Strategie der Selbstverständigung wird damit argumentativ instrumentalisiert. Das neue Bewußtsein von der Spezifik des Puppen- und Figurentheaters gegenüber dem Schauspiel (als darstellende Tätigkeit) und der Plastik (als herstellende Tätigkeit), das eine Befreiung von den kanonisierten Werten dieser Künste bedeutet, wird gleichzeitig umgegossen in den Kanon einer Kunstgattung (die Puppenspielkunst; das Figurentheater), womit das neue Bewußtsein um die Spezifik des Puppen- und Figurentheaters den Regeln der Gattung unterworfen wird. Es mutet jedoch absurd an, wenn angesichts der rasanten Auflösung der konventionellen Begriffe und Erscheinungen in der Kunst, angesichts umsichgreifender Vernetzung und Verknüpfung ästhetischer und außerästhetischer Sachverhalte, die sich mit den traditionellen gattungskonstituierenden Kategorien Werk und Autor nicht mehr fassen lassen, das Puppenspiel als Kunstgattung theoretisch und historisch begründet werden soll. Vorliegende Arbeit hat zu zeigen versucht, wo die historischen Wurzeln und Hintergründe125 für diesen traumatischen Prozeß liegen. Indem nämlich der Status quo des Puppen- und Figurentheaters behauptet wird und ihm damit die historisch adäquate Anerkennung zuteil werden soll, widerfährt dem vielfach geschmähten Puppenspiel vermeintlich historische Gerechtigkeit. Gleichwohl projiziert man damit einen normativen Kunstbegriff auf historische Sachverhalte, denen eben diese normative und hierarchische Systematisierung eines Systems der Künste völlig fremd ist. Daher muß die Produktivität sowohl der Begriffsdiskussion als auch der Setzung des Puppen- und Figurentheaters als Kunstgattung in Frage gestellt werden. Mit jener Begriffsopposition verbindet sich zwar die Behauptung historischer Identität, letztlich zielt die fruchtlose Disputation um die Bezeichnung der Sache und die Unterordnung des einen unter das andere jedoch nicht auf eine historisch begründete Relation von Begriff und Sache, sondern vielmehr auf die dogmatische Verwendung eines Begriffes. Die Behauptung einer Kunst als Gattung hat allerdings die normative Ausgrenzung aller der Phänomene zur Folge, die dem Kanon der Gattung nicht entsprechen. Weil sich aber die Gattungskanones aus den aktuellen Gegebenheiten und Entwicklungen des Puppen- und Figurentheaters generieren, ist die damit verbundene, gleichwohl

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Dazu gibt es programmatische Arbeiten sowohl von den Verfechtern des Puppentheaterkunst-Begriffes (Kavrakova-Lorenz 1986) als auch von den Figurentheater-Befurwortern (Knoedgen 1990). Vgl. dazu vor allem Kapitel III (S. 75-103) und diese Arbeit passim. 151

die aktuelle Situation im deutschen Puppenspiel widerspiegelnde Begriffsopposition von Puppenspielkunst und Figurentheater für eine Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels, die integraler Bestandteil einer Theorie und Geschichte des Puppenspiels werden soll, denkbar ungeeignet.

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Der permanente Legitimierungsdiskurs

Anstelle eines Nachwortes sei hier noch einmal ein Aspekt der komplexen Problematik vorliegender Arbeit aus einer bestimmten Perspektive behandelt. Mit dem permanenten Legitimierungsdiskurs wird ein Sachverhalt betrachtet, der die Puppenspielhistoriographie ebenso geprägt hat wie Geschichte und Gegenwart des Puppenspiels. Mangelnde Legitimation und gesellschaftliche Anerkennung des Puppenspiels sind wohl so alt wie es selbst. Es erscheint deshalb kaum vermessen, den Legitimierungsdiskurs als eine zentrale Kategorie der Puppenspielhistoriographie zu bezeichnen, die in zweifacher Hinsicht bedeutsam war: In der Legitimation der Puppenspielhistoriographie durch die Betonung des Kunstaspektes in der Geschichte des Puppenspiels und in der Legitimation des Puppenspiels selbst durch die Puppenspielhistoriographie. Indem das Puppenspiel als Kunst behauptet wurde, legitimierte sich die Puppenspielhistoriographie als kunstwissenschaftliche, literaturwissenschaftliche oder volkskundliche Disziplin. Puppenspieler legitimierten sich und ihr Tun im 20. Jahrhundert unter anderem auch durch das wissenschaftliche Interesse, das dem Puppenspiel von einzelnen Gelehrten entgegengebracht wurde. Diese Symbiose von Gegenstand und Reflexion bewirkte unter anderem Provinzialismus und Borniertheit theoretischer Ansätze und Blickwinkel der Puppenspielhistoriographie. Bevor nun im folgenden Strategien des Legitimierungsdiskurses im 20. Jahrhundert betrachtet werden, ist zunächst noch einmal auf die Verwendung des Diskursbegriffes in vorliegender Arbeit einzugehen. Wie schon weiter oben vermerkt1, ist seine Verwendung hauptsächlich pragmatisch motiviert, da die dem Foucaultschen Diskursbegriffimpliziten machtpolitischen Ausschlußpraktiken für die Anwendung des Begriffes auf die Strukturmodelle puppenspielhistoriographischer Forschung (die in der Arbeit als Diskurse charakterisiert werden) nicht relevant sind. Die puppenspielhistoriographischen Diskurse definieren sich hauptsächlich über ihren Gegenstand, sie sind nicht immanent generiert, sondern im Kontext der jeweiligen fachwissenschaftlichen Erörterungszusammenhänge entstanden und von diesen innovativ beeinflußt. Anders der Legitimierungsdiskurs, der nicht ausschließlich als ein puppenspielhistoriographischer Diskurs zu erklären ist und sich vor allem über bestimmte Regeln und Normen definiert, die wiederum Ausschlußpraktiken zur Folge 1

Vgl. Anmerkung 4 in Kapitel II. 153

haben, welche mit den strengen, dem Foucaultschen Diskursbegriff zugrundeliegenden folterähnlichen machtpolitischen Ausschlußregeln korrespondieren. Mithin bezeichnet der solcherart determinierte Begriff des Legitimierungsdiskurses einen fur die real sich ereignende Puppentheatergeschichte elementaren Prozeß, dessen Bestreben sich auf umfassende gesellschaftliche Anerkennung des Puppenspiels und insofern auf soziale Aufwertung der Träger des Puppenspiels und ihrer Profession richtet. In dieser Hinsicht ist der Legitimierungsdiskurs ein historisches und gegenwärtiges Phänomen. Eine besonders wirksame Ausschlußregel ist Basis der meisten Strategien des Legitimierungsdiskurses im deutschen Puppenspiel des 20. Jahrhunderts und gründet auf die dogmatisierte Entgegensetzung von Professionalität als Synonym für qualitativ hochstehendes Puppenspiel und Nicht-Professionalität als gleichbedeutend mit minderwertigem und künstlerisch inakzeptablem Puppenspiel, wobei sich diese Nicht-Professionalität vor allem als Kitsch, Schund, Primitivismus, Niedlichkeit etc. entäußere. Mit der demagogischen Setzung von Professionalität (was im Wortsinn nichts anderes als den Sachverhalt der berufsmäßigen Ausübung einer Tätigkeit beschreibt) als nicht näher bezeichnetes Kriterium für künstlerische Qualität, entstand ein dogmatisches Argument des Legitimierungsdiskurses, das im 20. Jahrhundert Beweisgrund für interne und externe administrative Ausschlußpraktiken im Puppenspiel in Deutschland wurde, wobei die externen Ausschlußpraktiken nicht ohne Unterstützung von Puppenspielern funktioniert haben und auch eine Reihe intern initiierter Ausschlußpraktiken auf behördliche Regelung und administrativen Vollzug zielten. Im folgenden sind diese Behauptungen anhand einzelner historischer und aktueller Beispiele zu verifizieren, womit gleichsam eine diachronische Betrachtung der Professionalitätsdiskussion im deutschen Puppenspiel als effektive Strategie seines Legitimierungsdiskurses im 20. Jahrhundert unternommen wird. Wie im vierten Kapitel nachgewiesen, ist die phänomenologische und begriffliche Differenzierung des Puppenspiels in »volkstümliches« und »künstlerisches« Puppenspiel ein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Was wie die gedankliche Entgegensetzung zweier, scheinbar gleichberechtigte Sachverhalte repräsentierender Begriffe anmutet, ist in Wahrheit das Ergebnis einer regelhaften Ausschlußpraktik. Das »künstlerische« Puppenspiel dokumentierte mit der begrifflichen Distanzierung seine inhaltlich-stilistische und letztlich auch seine sozial-hierarchische Opposition zum »volkstümlichen« Puppentheater. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hatte sich schon eine interne, hauptsächlich sozial akzentuierte Differenzierung der Puppenspieler ergeben. So sprachen die Marionettenspieler über die Jahrmarktskasperspieler abfällig vom »Kasper obenraus«, und die über eine feste Spielstätte verfügenden Marionettenspieler fühlten sich etabliert und den fahrenden Marionettentheatern überlegen. Diese der Konkurrenzsituation entspringende Differenzierung beschränkte sich aber hauptsächlich auf die interne soziale Hierarchie der Puppenspieler, die in der gesellschaftlichen Bewertung noch immer global als Schausteller galten. Die Opposition der »künstlerischen« Puppenspieler zu den »volkstümlichen« zielte aber vor allem auf ihre Heraushebung aus dieser im gesellschaftlichen Bewußt-

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sein nicht differenzierten Masse der Puppenspieler. Sie definierten ihre Besonderheit über das Kriterium des Künstlertums und damit verbundener gesellschaftlicher Akzeptanz. Vom »volkstümlichen« Puppenspiel grenzten sie sich programmatisch ab, indem sie es als unsauber, derb und zotig abtaten. Die von den »künstlerischen« Puppenspielern erhoffte soziale Aufwertung ihres Berufsstandes (und damit die Anerkennung des Puppenspiels als Kunst und die Förderung desselben durch die öffentliche Hand) erreichten sie jedoch durch diese innere Reinigung nur bedingt. Erst ihre Ergänzung durch eine regelhafte Ausschlußpraktik und deren administrativer Vollzug brachte den „künstlerischen" Puppenspielern Anerkennung in einem gesellschaftlichen Teilbereich. Die Rede ist von der berufsständischen Organisierung der Puppenspieler und ihrer Verbindung mit den Schulbehörden, die zur Anerkennung des Puppenspiels als »pädagogisches Hilfsmittel« führten. Auf der ersten Bundestagung des 1930 u.a. zur berufsständischen Vertretung der Puppenspieler gegründeten »Deutschen Bundes für Puppenspiele« 1931 in Eisenach formulierte dessen Geschäftsführer Otto Wasmann auf der Schluß Versammlung das Ziel des Bundes: Wie der Theaterkulturverband das Theater den weitesten Kreisen der Kunstbedürftigen zu erschließen und das Publikum zum Kunstgenuß zu erziehen suchte, so wollen wir das \ferständnis für das Puppenspiel neu beleben und es in erfolgreichen Wettbewerb treten lassen mit den üblen Volksunterhaltungen unserer ideenarmen Zeit. (Wasmann 1931, S. 160)

Bei der Verwirklichung dieser Aufgabe richtete sich der Kampf des Bundes gegen Mißstände und Schund im Puppenspiel. In Wasmanns programmatischer Eisenacher Rede heißt es dazu: Wir kommen hiermit zu einem wichtigen Punkt unseres Arbeitsprogrammes: Kampf gegen Kitsch und Schund. Schlechte Puppenspieler sind unsere größten Feinde. Unterstützen Sie unseren Kampf! Wer von einem Puppenspiel enttäuscht ist, der möge den Ort und den Tag, den Grund der Klage und wenn möglich den Namen sowie Wohnort des Puppenspielers unserer Geschäftsstelle melden. Es wird dann von unserer Seite aus durch Vertrauensleute nachgeforscht, und wenn die Klage berechtigt ist, der Schulbehörde der Provinz Anzeige erstattet, sodaß dem Auchpuppenspieler wenigstens die Schulen versperrt sind. Die Berufsgruppe des Bundes nimmt deshalb zunächst nur solche Spieler auf, bei denen ein gutes Spiel gewährleistet ist. Die Schaffung einer Prüfungsstelle, in der von wirklichen Kennern des Puppenspiels und Künstlern von Rang eine Anerkennung über den Wert der geprüften Puppenspieler gefällt werden soll, ist in Aussicht genommen. Die schlechten Puppenspieler müssen dann entweder umlernen oder werden von der Bildfläche verschwinden. (Wasmann 1931, S. 162/163)

Zweierlei ist an diesen programmatischen Äußerungen bedeutsam: Zum einen drängen die Puppenspieler selbst auf die Einrichtung von Prüfungsausschüssen, die das »gute« Puppenspiel vom »minderwertigen« scheiden sollen. Zum anderen wird die Schulbehörde als Instanz inthronisiert, deren Entscheidungen sich die Puppenspieler letztlich fugen wollten. Mit dem Insistieren auf das Eingreifen der Schulbehörden wurde das Puppentheater offiziell als reines Kindertheater apostrophiert, womit das aufgrund

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der Entwicklung anderer Formen kultureller Kommunikation schwindende Interesse des erwachsenen Publikums kompensiert werden sollte. Die Schaffung einer Prüfungsstelle zur Anerkennung des Wertes der geprüften Puppenspieler muß als die Geburtsstunde jener Kommissionen und Gremien betrachtet werden, die bis in das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts hinein zu entscheiden hatten und haben, was Puppenspiel-Kunst wäre und was nicht. Die Anerkennung des Puppenspiels im gesellschaftlichen Teilbereich der Pädagogik wurde damit teuer erkauft. Organisierung und Institutionalisierung des Puppenspiels mündeten letztlich in dessen Funktionalisierung und damit verbundene Abhängigkeiten der Puppenspieler. Die folgende, gewiß lückenhafte Chronologie dieser Entwicklung zeigt in frappierender Weise die jeweils äußerst verschieden begründeten, jedoch im Kern immer wiederkehrenden Argumente der den Legitimierungsdiskurs konstituierenden Ausschlußregel. Die immer wieder verwendete Vokabel »Kampf« verweist auf die Unnachgiebigkeit und die vermeintlich existenzielle Bedeutung dieser Auseinandersetzung. Beginnend mit der Gründung des »Deutschen Bundes für Puppenspiele« 1930, läßt sich diese Entwicklung in den Jahren 1933 bis 1945 in der nationalsozialistischen Gleichschaltung und ideologischen Funktionalisierung des Puppenspiels weiter verfolgen. Im sogenannten »Kampf gegen die Konjunkturritter« wandte sich die nationalsozialistische Kulturpolitik gegen alle Puppenspieler mit - nach ihrer Auffassung - unzureichenden Leistungen, die dem Image des gesamten Puppenspiels schaden würden. In diesem Zusammenhang forderten die Funktionäre der NS-Kulturgemeinde u.a. für das Marionettenspiel in den Schulen: Und auch das Marionettenspiel, das in der Schule Daseinsberechtigung haben soll, darf nicht Schaustellung muß Kunstäußerung sein. Indem es das Märchen oder die Sage rein und unverkitscht vor das Kind hinstellt, wird es zu einem tiefen, aufwühlenden Erlebnis. (Kampf den Konjunkturrittern 1935, S. 11)

Die nationalsozialistische Kulturpolitik verwirklichte zum ersten Mal die 1931 von Otto Wasmann namens des »Deutschen Bundes für Puppenspiele« geforderten administrativen Ausschlußregeln. Durch die Anordnung Nr. 42 des Präsidenten der Reichstheaterkammer vom 2. April 1935 war die öffentliche Ausübung von Puppenspielen von der Erbringung eines Befähigungsnachweises abhängig, dessen Führung der Berufsgruppe »Puppenspieler« in der Reichstheaterkammer oblag. Nach dem Zweiten Weltkrieg befaßten sich wieder deutsche Verwaltungsbehörden mit dem Schund im Puppenspiel. Schon 1947 forderte das sächsische Volksbildungsministerium, einen strengen Maßstab für die Zulassung der zahlreich bestehenden Marionettentheater anzulegen (StAD: SLR, Min. f. Volksbildung, 2561). Deutlicher noch formulierte es die Abt. Kulturelle Fragen des Amtes für Information der Landesregierung Sachsen in einem Arbeitspapier vom April 1951, das die Forderungen der als »Formalismusplenum« bekannt gewordenen 5. Tagung des ZK der SED reflektiert:

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Das Amt für Information, Abteilung Kulturelle Fragen, das in letzter Instanz die Verantwortung für die Entwicklung und Qualifizierung dieser kleinen Bühnen [die privaten Puppentheater - G.T.] trägt, betrachtet es als seine wichtigste Aufgabe, den Kitsch, »der noch eine sehr ernste Gefahr für die Deutsche Demokratische Republik darstellt« (aus der Rede von Hans Lauter vor dem ZK der SED), in absehbarer Zeit aus dem Spielplan der Handpuppen- und Marionettenbühnen zu entfernen. (StAD: SLR, Min. f. Volksbildung, 2562)

Diese Schlußfolgerung der Kultur-Bürokraten war Ausgangspunkt für eine beispiellose kulturelle Säuberungsaktion, in deren Folge die Mehrzahl der sächsischen privaten Puppentheater ihren Spielbetrieb einstellen und damit eine zum Teil jahrhundertealte Tradition abbrechen mußten. In der damaligen Bundesrepublik Deutschland sind zahlreiche Organisierungsversuche als Strategie des Legitimierungsdiskurses zu verzeichnen. So gründete sich schon 1946 in den westlichen Besatzungszonen ein »Verband deutscher Puppenspieler« mit einer besonderen Gruppe für Berufspuppenspieler. Diese Organisation existierte jedoch nicht lange, ebenso wie der 1952 unter Federführung von Fritz Wortelmann in Lünen (Westfalen) gegründete »Verband künstlerischer Puppenbühnen«. Diese Organisation wollte die Puppenspieler-Spreu vom künstlerischen Berufspuppenspieler-Weizen trennen und verfolgte, unter bewußter Distanzierung vom traditionellen Puppenspiel, vor allem das Ziel des Anschlusses an den Deutschen Bühnenverein. Eine gewählte Kommission sollte die Leistungen aller Mitglieder überprüfen. Die Mißstimmungen, die dieses autoritäre Gebaren hervorrief, überlebte der Verband nicht. Zwei Jahre zuvor war in Kassel der »Deutsche Bund für Puppenspiele« wiedergegründet worden, der in der Folgezeit von Fritz Wortelmann dazu benutzt wurde, die sich regional zusammenschließenden Puppenspieler zu vereinigen. Gleichzeitig entstand in Bochum das »Deutsche Institut für Puppenspiel«, das Wortelmann als fachliche Autorität in Fragen der Professionalität und künstlerischen Qualität des Puppenspiels anerkannt wissen wollte. Im Jahre 1968 gründeten 14 Puppenbühnen den »Verband deutscher Puppentheater« als berufsständische Organisation deutscher Puppenspieler, nachdem Bestrebungen einzelner Puppentheater zur Aufnahme in den Deutschen Bühnenverein nicht erfolgreich waren. Als eines der wichtigsten Ergebnisse des Wirkens des »Verbandes deutscher Puppentheater« gilt seinen vornehmlich westdeutschen Mitgliedern die formaljuristische Gleichsetzung der Aufgaben eines Puppentheaters mit den Aufgaben eines anderen Staats- oder Privattheaters. Infolge der wirtschaftlichen und kulturpolitischen Legitimierungsbestrebungen der westdeutschen Puppenspieler verlor die berufsmäßige Puppenspielszene der damaligen Bundesrepublik Deutschland in den 60er bis 80er Jahren zunehmend an kritisch-ästhetischem Bewußtsein. Die Existenz von Puppentheatern regulierte sich fast ausschließlich über den Markt, so daß die dem Legitimierungsdiskurs zugrundeliegende qualitativ definierte Ausschlußregel kaum wirksam wurde. Das Defizit an kritischer Auseinandersetzung wurde den westdeutschen Puppenspielern erst mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepu157

blik Deutschland deutlich. Umso unlauterer muß die seitdem das West-OstVerhältnis im Puppenspiel prägende Kontroverse erscheinen, die das eingangs erwähnte diffuse Qualitätskriterium der Entgegensetzung von Professionalität und Nicht-Professionalität auf den Erwerb eines Hochschul-Diploms als Voraussetzung für qualitativ hochstehende Puppenspiel-Kunst reduziert. In Auswertung des Erfurter Puppentheaterfestivals »SYNERGURA 92«, das sich als Fortsetzung der DDR-Tradition von nationalen Puppentheaterfestivals verstand, konstatierte Ernst Frieder Kratochwil in der Zeitung >die Andere< ein Ost-West-Gefälle in bezug auf den künstlerischen Anspruch und die ästhetische Qualität der gezeigten Aufführungen. Eine Erklärung für diese, auf dem Festival tatsächlich zu beobachtenden, damit aber längst nicht repräsentativen Niveau-Unterschiede findet Kratochwil auffällig schnell und wie er selbst meint »unkompliziert«: [...] Zum einen waren die Westgruppe ausnahmslos privatwirtschaftlich organisierte [...], während die meisten Ostgruppen aus (noch) vollsubventionierten Theatern kamen [...]. Zum anderen sind bei den Ostgruppen professionelle Mindestansprüche an alle Aspekte einer Aufführung durchgesetzt, während die bei den Westgruppen weitestgehend unbekannt sind. Was sich signifikant darin äußert, daß beim Ost-Spieler ein staatlich anerkannter Berufsabschluß der Regelfall ist, während im Westen bestenfalls die Liebe zur Sache, oft aber auch nur die Möglichkeit, auf bequeme Weise Geld zu verdienen, als Spielmotiv ausreichen. [...] (Kratochwil 1992, S. 47)

Das von Kratochwil auf den Berufsabschluß reduzierte qualitative Ost-WestGefälle im deutschen Puppenspiel trägt eine gefährliche Tendenz in sich: Um das Image des Puppentheaters als vor allem von Exponenten und Adepten der Berliner Puppenspielausbildung so bezeichnete Puppenspielkunst rein zu halten, wird das Hochschuldiplom des Puppenspielers zum Freibrief der Puppenspielkunst und eine deutsche Puppenspieler-Ausbildung zu der »Schule der Puppenspielkunst« stilisiert und dogmatisiert. Diese Tendenz wird auch in der aktuellen Begriffsdiskussion deutlich, wobei neben die legitirnationsfbrdernde Imagepflege das massive Interesse an der Sicherung von Pfründen in der gesamtdeutschen Puppenspiel-Szene tritt. Der Legitimierungsdiskurs gewinnt dadurch an kulturpolitischer Brisanz, obschon eine gesellschaftliche Anerkennung des Puppen- und Figurentheaters als Kunst noch lange nicht vollzogen ist. Wobei die kleinkrämerischen Kontroversen, die den Legitimierungsdiskurs nur noch zum Anlaß nehmen, um eigene künstlerische und institutionelle Positionen zu festigen, und doch vorgeben, das Puppen- und Figurentheater fördern zu wollen, dem Jahrhundert-Ziel gesellschaftlicher Anerkennung des Puppen- und Figurentheaters ausgangs des Jahrhunderts mehr schaden als nützen und damit die unleugbaren Verdienste der Hochschulausbildung für Puppenspieler in Mißkredit zu bringen drohen. Die Aussperrung bestimmter traditionell gewachsener Formen des Puppenspiels in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mündete also in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in einen noch immer vorherrschenden Dogmatismus, der in seinem Einflußbereich keine andere konzeptionelle Auffassung von der

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Puppenspielkunst bzw. dem Figurentheater neben dem eigenen duldet. Heute sind jedoch nicht die schlechten Puppenspieler die größten Feinde des Puppenund Figurentheaters, sondern tendenzieller konzeptioneller Dogmatismus und ästhetische Intoleranz, die innovatives und kreatives Puppentheater zu verhindern drohen.

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Literaturverzeichnis

Im Literaturverzeichnis sind hauptsächlich die im Text der Arbeit zitierten Titel und jene Werke verzeichnet, auf die direkt Bezug genommen wird. Zur Vorbereitung der Arbeit sind aber auch alle im Anhang (»Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels«) aufgeführten Titel verwendet worden. Auf eine nochmalige Nennung in vorliegendem Literaturverzeichnis wurde verzichtet. Adelung, Johann Christoph: Grammatisch=kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen, von Johann Christoph Adelung, Churfürstl. Sachs. Hofrathe und Ober=Bibliothekar. Mit Rom. Kais., auch K.K. u. Erzh. Oesterr. gnädigsten Privilegio über gesammte Erblande. 4 Bde. Leipzig: bey Breitkopf und Härtel, Zweyte vermehrte und verbesserte Ausgabe, Bd. l, 1793, VIII S., 1992 Sp.; Bd. 2, 1796, 2140 Sp.; Bd. 3, 1798, 1762 Sp.; Bd. 4, 1801, 1796 Sp. Asper, Helmut G.: Hanswurst. Studien zum Lustigmacher auf der Berufsschauspielbühne in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert. Emsdetten: Lechte, 1980, 426 S. Assmann, Aleida: Schriftliche Folklore. Zur Entstehung und Funktion eines Überlieferungstyps. In: dies. (Hg.): Schrift und Gedächtnis. Beitrag zur Archäologie der literarischen Kommunikation, München: Fink, 1983,8. 175-193 (Archäologie der literarischen Kommunikation 1). Bablet, Denis: Edward Gordon Craig. Köln, Berlin, 1965, 263 S. (Collection Theater Werkbücher 5). Bartsch, Karl: Denkmäler der provenzalischen Litteratur. Stuttgart: Litterarischer Verein, 1856, XV, 356 S. (Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart 39). Bayerdörfer, Hans-Peter: Eindringlinge, Marionetten, Automaten. Symbolistische Dramatik und die Anfange des modernen Theaters. In: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft, Stuttgart, 20(1976), S. 504-538. - Probleme der Theatergeschichtsschreibung. In: Möhrmann, Renate (Hg.): Theaterwissenschaft heute. Eine Einführung. Berlin: Reimer, 1990, S. 41-63. Beckmann, Johann: Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Von Johann Beckmann, Hofrath u. ordentl. Profess, der Oekonomie zu Göttingen. Vierter Band. Leipzig: im Verlage Paul Gotthelf Kummer, 1799, 628 S. Die Begegnung des Puppentheaters mit anderen Künsten und seine Wirkung für unsere Zeit. Beiträge von einem Kolloquium des VT. 24725. November 1983. Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1984, 88 S. (Material zum Theater 181, Reihe Puppentheater 14) (Manuskriptdruck). Beitl, Richard: Das Puppentheater. - In: ders.: Deutsches Volkstum der Gegenwart. Berlin: Wegweiser-Verlag, 1933, S. 202-279 Benzinger, Josef: Zum Wesen und zu den Formen von Kommunikation und Publizistik im Mittelalter. In: Publizistik. Zeitschrift für die Wissenschaft von Presse, Rundfunk, Film,

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Polenz, Bennovon: Spielt Handpuppentheater! Politik des Handpuppenspiels. Leipzig: Anved Strauch, o.J. [1930-33], 93 S. Present Trends in Research of the World Puppetry. A collection of papers Ed. by Marek Waszkiel. Warszaw: Institute of Art of the Polish Academy of Sciences, UNIMA-Poland, 1992,112 S. Purschke, Hans Richard: Bibliographie des deutschen Puppenspiels. Teil 1. Frankfurt/M.: Perlicko-Verlag, 1969. unpaginiert, [16 S.] (Perlicko-Perlacko. Sonderheft 5). - Bibliographie des deutschen Puppenspiels. Teil 2. Frankfurt/M.: Perlicko-Verlag, 1971, 20 S. (Perlicko-Perlacko. Sonderheft 9). - Die Anfänge der Puppenspielformen und ihre vermutlichen Ursprünge. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1979, 143 S. (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen 4). - »Italienische« und »englische« Marionetten. In: Perlicko-Perlacko. Fachblätter für Puppenspiel. Frankfurt/M., 9(1980)1/2, S. 15/16. - Über das Puppenspiel und seine Geschichte. Querschnitt aus dem literarischen Schaffen des Puppenspiel-Historikers und -Theoretikers Hans R. Purschke. Frankfurt/M.: Puppen und Masken, 1983, 142 S. - Die Entwicklung des Puppenspiels in den klassischen Ursprungsländern Europas. Ein historischer Überblick. Frankfurt/M.: Eigenverlag, 1984, 450 S. - Die Puppenspieltraditionen Europas. Deutschsprachige Gebiete. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1986, 378 S. (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen 10). Rabe, Joh[anne]s E[mil]: Kasper Putscheneller. In: Mitteilungen aus dem Quickbom. Vereinigung von Freunden der niederdeutschen Sprache und Literatur in Hamburg. Hamburg, 3(1909/10)3, S. 70-77. - Kasper Putschenelle. Historisches über die Handpuppen und Althamburgische Kasperszenen von Johs. E. Rabe. Hamburg: C. Boysen, 1912; [u.d.T.: Kasper Putschenelle. Historisches über die Handpuppen und hamburgische Kasperspiele von Johs. E. Rabe. Hamburg: Quickborn, 2., sehrverm. Aufl., 1924, 339 S.]. Rapp, Eleonore: Die Marionette in der Deutschen Dichtung vom Sturm und Drang bis zur Romantik. Leipzig: Lehmann und Schüppel, 1924, 53 S. [zugl.: 1917, München, Ludwig-Maximilians-Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss.]. - Die Marionette im romantischen Weltgefühl. Ein B eitrag zur deutschen Geistesgeschichte. Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1964, 189 S. (Forschung und Lehre. Eine wissenschaftliche und technische Schriftenreihe für alle Arten und Formen von Figurentheater 1). Rath, Willy: Das Marionetten-Theater Münchner Künstler. In: Velhagen & Klasings Monatshefte. Bielefeld, Berlin, Darmstadt, 27(1912)4, [Dezember 1912], S. 533-544. Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bd. 1-4. Berlin: Walter de Gruyter & Co., Zweite Aufl., 1958-1982. Rebehn, Lars: Mechanikus Joachim Wilhelm Storm ein Hamburger Marionettenspieler. In: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter. Hamburg: Verein für Hamburgische Geschichte, 12(1989)4-5, S. 81-98. - Kasperspieler in Norddeutschland. Ein Beitrag zur Auswertung von Quellen zum Handpuppentheater in Hamburg im Hinblick auf soziale Lebenswelt und Produktionsbedingungen der Spieler. In: Bernstengel, Olaf/Taube, Gerd/Weinkauff, Gina (Hg.): »Die Gattung leidet tausend Varietäten ...«. Beiträge zur Geschichte der lustigen Figur im Pur*· penspiel. Frankfurt/M.: Nold, 1994, S. 129-147. Reich, Hermann: Der Mimus. Ein litterar-entwicklungsgeschichtlicher Versuch, 2 Bde. Berlin: Weidmannsche Buchhandlg., 1903, 900 S.

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Reinöhl, Wilhelm von: Das Puppen-Spiel, die fahrenden Schauspieler, Gauckler und Marktschreyer der Vorzeit. In: Ders.: Die gute alte Zeit geschildert in historischen Beiträgen zur nähern Kenntniß der Sitten, Gebräuche und Denkart, vornemlich des Mittelstandes, in den letzten fünf Jahrhunderten; nach großenteils alten und seltenen Druckschriften, Manuscripten, Flugblättern etc. Erster Band: Zur Geschichte hauptsächlich des Stadtlebens, der Kleidertrachten, des Hauswesens, der Kinderspiele, Tanzfreuden, Gaukler, Bankette, Frauenhäuser, magischen Mittel, Kirchenfeste, Pilgerfahrten etc. Aus Wilh. von Reinöhl's handschriftlichen und artistischen Sammlungen herausgegeben von J. Scheible. Stuttgart: Verlag des Herausgebers, 1847, S. 347-378. [d.i.: Scheible, Johann (Hg.): Das Kloster. Weltlich und geistlich. Meist aus der älteren deutschen Volks-, Wunder-, Curiositäten und vorzugsweise komischen Literatur. Zur Kultur- und Sittengeschichte in Wort und Bild. Sechster Band: 21. bis 24. Zelle] [Reprint d. Artikels: Frankfurt: Puppen und Masken, 1989. (Mimen - Gaukler - Possenreißer 4)]. Riedel, Karl Veit: Puppentheater in Oldenburg. Ein Beitrag zu Geschichte und Kunst des Puppenspiels; Beispiele aus dem Oldenburger Land. Oldenburg: Holzberg, 1982, 170 S. Riehl, Wilhelm Heinrich: Die Volkskunde als Wissenschaft. In: Culturstudien aus drei Jahrhunderten. Stuttgart, 1859, S. 205-229. Rudin, Bärbel: Puppenspiel als Metier. Nachrichten und Kommentare aus dem 17. und 18. Jahrhundert. In: Kölner Geschichtsjournal. Köln: Historische Museen der Stadt Köln, (1976)1, S. 2-11. Sauer, Lieselotte: Marionetten, Maschinen, Automaten. Der künstliche Mensch in der deutschen und englischen Romantik. Bonn: Bouvier, 1983, 513 S. (Abhandlungen zur Musik- und Literaturwissenschaft 335). [zugl.: 1982, Bonn, Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss.]. Schedler, Melchior: Was vermag das Figurentheater? Provisorische Beschreibung des westdeutschen Puppenspiels. In. Theater heute. Velber bei Hannover: Friedrich, 12(1971)10, S. 32-35. - Schlachtet die blauen Elefanten! Bemerkungen über das Kinderstück. Weinheim und Basel: Beltz, 1973, 226 S. Scheffler, Walter PH. (Hg.): Ludwig Uhland. Dichtungen, Briefe, Reden. Eine Auswahl hg. von Walter P.H. Scheffler. Stuttgart: Steinkopf, 1963, 502 S. Scheffler, Walter P. H.: Einleitung. In: Kerner, Justinus: Die Reiseschatten. Eingeleitet und mit Textvarianten und Anmerkungen herausgegeben von Walter P. H. Scheffler. Stuttgart: Steinkopf, 1964, S. 5-25. Schmidt, Hugo: Bibliographie des Handpuppentheaters. Eine notwendige Ergänzung zur edlen Kunst der Kasperei. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Leipzig: Börsenverein der deutschen Buchhändler, 95(1928-10-25)= Nr. 250, S. 1184-1185; 95(192810-27)= Nr. 252, S. 1192-1194. - Bibliographie des Handpuppenspiels oder des Kaspartheaters. Ein Nachtrag zu Nr. 250 und Nr. 252 des Börsenblattes von 1928. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. Leipzig: Börsenverein der deutschen Buchhändler, 100(1933-12-12)= Nr. 288, S. 961-963. Schnürt, Christoph: Entwicklungslinien des Puppenspiels im Kinderfernsehen der Bundesrepublik von den Anfängen bis zur Gegenwart. In: Erlinger, Hans Dieter/Mattusch, Uwe (Hg.): Kinderfernsehen III. Genres im Kinderfernsehen. Essen: Die blaue Eule, 1991, S. 11-71. (Siegener Studien 49). Schnorr, Günter: Aspekte der Puppen- und Schattenspielforschung. Begriffe, Aufgabenbereiche, Methodik und Organisation. In: Quand les Marionnettes du Monde se donnent la Main... Brüssel: Commission du Folklore de la Saison Liegeoise ,1958, S. 157-172. [auch als unpaginierter Sonderdruck: Lüdenscheid, 1958, o.S.].

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Schramm, Helmar: Theatralität und Öffentlichkeit. Vorstudien zur Begriffsgeschichte von »Theater«. In: Weimarer Beiträge. Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturtheorie. Berlin und Weimar: Aufbau, 36(1990)2, S. 223-239. Schubart-Fikentscher, Gertrud: Zur Stellung der Komödianten im 17. und 18. Jahrhundert. Berlin: Akademie-Verlag, 1963, 124 S. (Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Klasse. Bd. 107, H. 6). Schultz, Heiner: Begriffsgeschichte und Argumentationsgeschichte. In: Koselleck, Reinhart (Hg.): Historische Semantik und Begriffsgeschichte. Stuttgart: Klett-Cotta, 1979, S. 4374. (Sprache und Geschichte 1). Schütze, Johann Friedrich: Satyrisch=ästhetisches Hand= und Taschen=Wörterbuch für Schauspieler und Theaterfreunde beides Geschlechts. Nebst einem lehr= und scherzreichen Anhange von Johann Friedrich Schütze, K. Dän. Kanzl. Sekretaire. Hamburg: Buchhandlung der Verlagsgesellschaft, 1800. [Reprint: Berlin: Henschel, 1984,279 S.]. Schumacher, Ernst: Schriften zur darstellenden Kunst. Berlin: Henschel, 1978, 551 S. - (Hg.): Darsteller und Darstellungskunst in Theater, Film, Fernsehen und Hörfunk. Berlin: Henschel, 1981, 459 S. (Schriftenreihe des Lehrstuhls Theorie der darstellenden Künste im Bereich Theaterwissenschaft der Sektion Ästhetik und Kunstwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin 1). Sievers, Kai Detlev (Hg.): Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde im 19. und 20. Jahrhundert. Neumünster: Karl Wachholtz, 1991, 255 S. (Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte Schleswig-Holsteins 26). Spies, Otto: Türkisches Puppentheater. Versuch einer Geschichte des Puppentheaters im Morgenland. Emsdetten: Lechte, 1959, 219 S. (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte 50). Stachow, Joachim: Studien zu den Nachtwachen von Bonaventura mit besonderer Berücksichtigung des Marionettenproblems. 1957, 203 Bl., Hamburg, Univ., Phil. Fakultät, Phil. Diss. (Typoskript). Steinmann, Peter Klaus: Figurentheater - Totales Theater. In: Wegner, Manfred (Hg.): Die Spiele der Puppe. Beiträge zur Kunst- und Sozialgeschichte des Figurentheaters im 19. und 20. Jahrhundert. Köln: Prometh, 1989, S. 215-229. Taube, Gerd: Barockes aus dritter Hand. Über den Einfluß des Barocktheaters auf das Sächsische Wandermarionettentheater. In: Lebendige Puppenspieltradition. »Das sächsische Wandermarionettentheater - seine historische und aktuelle Bedeutung«. Beiträge von einem Symposium. Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1989, S. 47-65. (Material zum Theater 224. Reihe Puppentheater 16) [= 1989a]. - Kinematographie und Theater. Spuren des sozialen Wandels im sächsischen Wandermarionettentheater im 20. Jahrhundert. In: Wegner, Manfred (Hg.): Die Spiele der Puppe. Beiträge zur Kunst- und Sozialgeschichte des Figurentheaters im 19. und 20. Jahrhundert. Köln: Prometh, 1989, S. 118-134 [= 1989b]. - Marionettentheater und Kinematographie. David contra Goliath oder Über einen Anachronismus im 20. Jahrhundert. In: Lebendige Puppenspieltradition. »Das sächsische Wandermarionettentheater - seine historische und aktuelle Bedeutung«. Beiträge von einem Symposium. Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1989, S. 66-84. (Material zum Theater 224. Reihe Puppentheater 16) [= 1989c). - Marionettentheater und Kinematographie. Spuren des sozialen Wandels im sächsischen Wandermarionettentheater im 20. Jahrhundert (1900-1933). 1989, 189 BL, Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwissenschaft, Diplomarbeit, (Typoskript) [= 1989d].

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Weimar, Klaus: Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. München: Fink, 1989, 512 S. Weinkauff, Gina: Ernst Heinrich Bethges Ästhetik der Akklamation. Wandhingen eines Laienspielautors in Kaiserreich, Weimarer Republik und NS-Deutschland. Frankfurt/M.: Nold, 1992, 242 S. [zugl.: 1991, Frankfurt/M., Johann-Wolfgang-Goethe-Univ., Phil. Diss.]. - Kasperforschung. Über die wissenschaftliche Rezeption des Grotesk-Komischen und der lustigen Figur des Puppentheaters vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis heute. In: »Die Gattung leidet tausend Varietäten ...« Beiträge zur Geschichte der lustigen Figur im Puppenspiel. Frankfurt/M.: Nold, 1994, S. 13-37. Wille und Macht. Führerorgan der nationalsozialistischen Jugend. Hg. Baidur von Schirach. Berlin, 6(1938)15, 39 S. Wittich, Efngelbert]: Kasper als Diener. Eine alte mündlich überlieferte Original- Kasperlkomödie aus dem Repertoire eines fahrenden Kaspertheaters. Ein Stück in einem Aufzug und drei Auftritten. Mitgeteilt von E. Wittich, Cannstadt. In: Volksspielkunst. Zeitschrift für das Laienspiel. Dresden: Arno Scheinpflug, 5(39)(1931)8, S. 90/91. Wriede, Paul: Johs. E. Rabe. Zum 4. August 1913. In: Mitteilungen aus dem Quickbom. Vereinigung von Freunden der niederdeutschen Sprache und Literatur in Hamburg. Hamburg, 6(1912/13)4. S. 138-142. Wundt, Wilhelm: Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte. Bd. 3: Die Kunst. Leipzig: Alfred Kröner, 3. neubearb. Auflage., 1919, 624 S. [Zedler, Johann Heinrich]: Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Künste, Welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden. [...] Mit Hoher Potentaten allergnädigsten Privilegiis. Halle und Leipzig: Johann Heinrich Zedler, Bd. 6, 1733, 1986 Sp.; Bd. 12, 1735, 2024 Sp.; Bd. 19, 1739, 2476 Sp.; Bd. 20, 1739, 1526 Sp.; Bd. 21, 1739, 2024 Sp., Bd. 28, 1741, 1958 Sp.; Bd. 34, 1742, 1832 Sp., Bd. 42, 1744, 1920 Sp. [= Zedler]. Ziegler, Theobald: Zur Genesis eines ästhetischen Begriffes. In: Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte. Berlin: Felber, 7(1894), S. 113-120. Zielske, Harald: Die deutschen Höfe und das Wandertruppenwesen im 17. und frühen 18. Jahrhundert - Fragen ihres Verhältnisses. In: Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhundert. Hamburg: Hauswedell, 1981, S. 221-232. (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung 10).

Darüber hinaus wurden die folgenden Jahrgänge der nachfolgend genannten Zeitschriften ausgewertet: Das >andere< Theater. Mitteilungsblatt des UNIMA-Zentrums mit Deutschem Bund für Puppenspiel. Frankfurt/M., 1990-1992 Das Figurentheater. Vierteljahreszeitschrift. Bochum, 1963-1991 Perlicko-Perlacko. Fachblätter für das Puppenspiel. Frankfurt/M., 1950-1985 Der Puppenspieler. Bochum, 1930-1933; 1948-1950 Das Puppentheater. Zeitschrift zur Förderung des gesamten Puppenspielwesens. Leipzig, 1923-1931 The Marionnette. Florenz, 1918/19 Mitteilungen der Staatlichen Puppenspielsammlung Dresden, [später: Mitteilungen. Hg. von der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden]. 1958-1989

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ANHANG: Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels (Chronologisch geordnet)

Einführung

Die »Annotierte Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels« versteht sich als ein Nachtrag zu vorliegender Arbeit insofern, als die hier aufgeführten und annotierten Titel den systematischen und diachronischen Überblick im zweiten Kapitel dieser Arbeit ergänzen sollen. Sie ist eine Auswahlbibliographie, die weitestgehend alle Titel verzeichnet, die dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Verständnis von Puppenspielhistoriographie entsprechen. Wichtigste Kriterien für die Auswahl waren die tatsächliche oder behauptete Wissenschaftlichkeit der Arbeiten und deren Bedeutsamkeit für die Situation der gesamten Puppenspielhistoriographie. Aufgrund der unterschiedlich hohen Anzahl vorhandener Titel in den beiden Erfassungszeiträumen ist im Teil I der Bibliographie (Erfassungszeitraum von 1784 bis 1942) weitestgehend Vollständigkeit angestrebt worden. Im Teil II der Bibliographie (Erfassungszeitraum von 1945 bis 1994) machte sich eine über die oben genannten Kriterien hinausgehende elementare Auswahl notwendig. Die ausgewählten Titel können als für den Kanon der Puppenspielhistoriographie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts exemplarisch angesehen werden. Die Auswahl von Zeitschriftenartikeln beschränkt sich in beiden Erfassungszeiträumen im wesentlichen auf jene Beiträge, die nicht in den Fachpublikationen der Puppenspieler, sondern in anderen fach- oder populärwissenschaftlichen Publikationskontexten erschienen. Mittlerweile liegen dem Verfasser weitere bibliographische Angaben zu Zeitschriftenaufsätzen über das Puppentheater für den Erfassungszeitraum des ersten Teiles der Bibliographie vor, die jedoch noch keine Aufnahme in vorliegendes Verzeichnis gefunden haben, weil die entsprechenden Beiträge bislang nicht zu ermitteln waren. Das Verzeichnis der Hochschulschriften (vor allem der ungedruckten Magister-, Diplom- und anderen wissenschaftlichen Hausarbeiten) ist ebenfalls unvollständig, obgleich nach Günter Schnorrs verdienstvollem Versuch von 1979 (Schnorr 1979) erst mit dieser Bibliographie wieder ein Überblick über deutschsprachige Hochschulschriften zum Puppenspiel vorliegt. Um die Lücken zu schließen, bedarf es noch ausgedehnterer Recherchen, als in Vorbereitung dieser Arbeit zeitlich möglich. Die Diplomarbeiten von Absolventen der Hochschulausbildung für Puppenspieler bzw. Figurenspieler in Berlin und Stuttgart sind nicht in das Verzeichnis aufgenommen worden, weil der puppenspielhistoriographische Aspekt in diesen Arbeiten nur in Ausnahmefällen eine prägende Rolle gespielt hat. Die Bibliographie verzeichnet hauptsäch-

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lieh deutschsprachige Titel, soweit fremdsprachige Titel für die deutsche Puppenspielhistoriographie bedeutsam gewesen sind, wurden diese ebenfalls aufgenommen. In den Annotationen ist versucht worden, die einzelnen Arbeiten nach den schon im zweiten Kapitel angewandten Aspekten und Prinzipien knapp zu beschreiben. Der Bibliographie liegt das Prinzip der Autopsie zugrunde; wo Titel nicht vorgelegen haben, wurde dies vermerkt, wo derartige Titel dennoch annotiert worden sind, die Quelle der Informationen für die Annotation angegeben. Die beiden Hauptteile der Bibliographie sind zunächst in Einzelverzeichnisse nach der Literatur- und Publikationsform der Titel gegliedert, innerhalb dieser Verzeichnisse sind die Titel chronologisch nach dem Erscheinungsjahr geordnet. Ein Register erschließt die Bibliographie nach Verfassern.

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TEIL I (1784-1942)

I. Bibliographien Jacob, Georg: Erwähnungen des Schattenspiels in der Welt-Litteratur. (3., vermehrte Ausgabe der Bibliographie über das Schattentheater). - Berlin: Mayer & Müller, 1906. - 49 S. Bibliographie zum Schattenspiel, verzeichnet neben den Titeln aus der Forschungsliteratur vor allem Aufzeichnungen von Schattenspieltexten und Erwähnungen des Schattenspiels in der Quellenliteratur; ergänzt und erweitert findet sich diese Bibliographie auch in Jacobs >Geschichte des Schattentheaters im Morgen- und Abendland< von 1925. Jeanne, Paul Bibliographie des Marionnettes. - Paris: Compagnie des Petits Comediens de Bois, 1926. - 99 S. Französischsprachige Bibliographie mit den Schwerpunkten auf Literatur (Texte, historische Darstellungen, Spielanleitungen) zum Lyoner Guignol-Theater und zum Pariser Polichinelle-Theater, verzeichnet aber auch Titel zu anderen lokalen bzw. regionalen französischen Puppenspieltraditionen, zum Puppentheater in Deutschland, Belgien, England, Italien und zum Schattenspiel (Ombres Chinoises) in Frankreich und der Türkei; ein Kapitel (>Documentaires sur l 'histoire genorales des MarionnettesKurzen Verzeichnis der germanischen Handschriften der preussischen Staatsbibliothek enthalten sind (mit Signatur); enthält Register nach Vorbesitzern, alphabetisches Verzeichnis der Puppenspieltitel, Vorlagen der Puppenspiele, Bearbeiter der Stücke für die Marionettentheater, Schreiber der Puppenspiele. Schmidt, Hugo: Bibliographie des Handpuppenspiels oder des Kaspartheaters. Ein Nachtrag zu Nr. 250 und Nr. 252 des Börsenblattes von 1928. - In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. - Leipzig: Börsenverein der deutschen Buchhändler, 100(1933-12-12)= Nr. 288. - S. 961-963 Ergänzung der Bibliographie von 1928 um jene Texte, die zwischen 1930 und 1933 erschienen sind.

II. Monographien (auch einzelne Kapitel oder Abschnitte) Flögel, Carl Friedrich: Erstes Haupstück: Von dem Groteskekomischen in der Komödie. - In: ders.: Geschichte des Groteskekomischen. Ein Beitrag zur Geschichte der Menschheit von Carl Friedrich Flögel, Professor der Philosophie bey der königlichen Ritter-Akademie zu Liegnitz, und Beysitzer der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Frankfurt an der Oder. Mit Kupfern. - Liegnitz und Leipzig: Bei David Siegert, 1788. - 322 S.; [versch. Bearbeitungen: Ebeling: 1862 ff.; Bauer: 1915] Monographie, kulturgeschichtliches Kompilationswerk, im Ersten Hauptstück »Von dem Groteskekomischen in der Komödie« werden einige wenige PuppenspieIphänomene als Erscheinungsformen des Grotesk-Komischen charakterisiert; in ergänzten und erweiterten Auflagen von Ebeling (1862) und Bauer (1915) sindpuppenspielhistorische Quellen hinzugefügt worden; die jeweilige aktuelle Situation des Puppenspiels wird geschildert; Flögels wenige Hinweise auf Puppenspielphänomene können als erster wissenschaftlicher Beitrag zur deutschen Puppenspielhistoriographie gewertet werden. Beckmann, Johann: 3. Taschenspieler. - In: Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Von Johann Beckmann, Hofrath u. ordentl. Profess, der Oekonomie zu Göttingen. Vierter Band. - Leipzig: im Verlage Paul Gotthelf Kummer, 1799. - S. 55-118 Abhandlung in einem Handbuch über die historische Entwicklung der verschiedensten von den Menschen hervorgebrachten Erfindungen (als solche werden alle möglichen Dinge und Tätigkeiten begriffen); nach allgemeinen Erläuterungen zur Tätigkeit des Taschenspielers folgen historische Belege über »das Blendwerk, Feuer auszuspeien«, über glühende Kohlen gehen, die Becherkünste (Hütchenspiel), das Seiltanzen und andere körperliche und Fingerfertigkeiten; S. 94-98 auch über die Marionetten und ihr

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Alier (mit einer Reihe von Verweisen auf antike Belege), es folgen Hinweise auf Automaten (S. 98-115) und das chinesische Schattenspiel (116-118); das Puppenspiel wird wie alle Künste der Taschenspieler als feine Täuschung der Zuschauer aufgefaßt. Hörn, Franz: Der verlorene Sohn, ein ungedrucktes altdeutsches Schauspiel. - In: ders.: Leben und Wissenschaft. Kunst und Religion. In Briefen und Fragmenten von Franz Hörn. - Berlin (J. F. Unger), 1807. - S. 187-204 Erneuter Abdruck eines bereits 1805 im >Wiener Hof-Theater-Taschenbuch auf das Jahr 1805< (Wien, 2(1805). - S. 130-153) erschienenen Artikels, der die Beschreibung einer Marionettentheateraufführung des Stückes >Der verlorene Sohn< enthält; Hörn muß die Aufführung im Mai 1804 in einem Marionettentheater in Berlin gesehen haben; die Beschreibung wird 1809 von Justinus Kerner in einem Brief an Ludwig Uhland erwähnt. Hörn, Franz: Volksschauspiele (§§ 43-49). - In: ders.: Die Poesie und Beredtsamkeit der Deutschen, von Luthers Zeit bis zur Gegenwart. Bd. 2. - Berlin, 1823. - S. 254-262 Kapitel in einer Monographie zur deutschen Literaturgeschichte; die Puppenspieler als die Bewahrer und Übermittler der Volksschauspiele; Stückbeschreibungen >GenovevaDon JuanDer verlorene Sohn< und >FaustWunder-Schauplatz der Künste und interessanten Erscheinungen auf dem Gebiete der Magie, Alchemie, Chemie ...FaustFaustFaustFaust< nach sächsischen Marionettentheater-Vorlagen gestaltet, richtig ist jedoch, daß Lewalter und Bolte drei Handschriften von Kaspertheater-Spielern abgedruckt haben (Bolte/Lewalter 1913). Apel, Heinrich: Das Geisterwirtshaus oder Die Entstehung des Trompeterschlößchens zu Dresden. Drei Szenen aus einem alten sächsischen Marionettenstück. Bearbeitet von Heinrich Apel. - In: 196

Sächsische Heimat. Monatsschrift für volkstümliche Kunst und Wissenschaft in den obersächsischen Landen. - Dresden: Oscar Laube, 4(1920)1. - S. 3-9 Abdruck dreier Szenen eines Stückes aus dem Repertoire von »ApelsMarionettentheater«. Potenz, Benno von: Kasperle in Sachsen. - In: Sächsische Heimat. Monatsschrift für volkstümliche Kunst und Wissenschaft in den obersächsischen Landen. - Dresden: Oscar Laube, 4(1920)6. - S. 133-135 Der Autor, Amtmann in Löbau, berichtet über die Erfolge des Unterausschusses ßir Kinoersatz im Sächsischen Landesausschuß für Jugendpflege; vor allem zur Spezifik des Handpuppentheaters, die esßir die volkserzieherischen Zwecke geeignet erscheinen ließe und über eine Tournee des Kaspertheaters von Arthur Ganzauge durch sächsische Städte und Dörfer, die vom Künstlerhilfsbund finanziert wurde. Schumann, Prof. Dr.: Apels Marionettentheater in Dresden. - Mitteilungen des Vereins für sächsische Volkskunde und Volkskunst. - Dresden: Hansa, 8(1920)3. - S. 50-51 Bericht über »Apels Marionettentheater« anläßlich der Wiedereröffnung im Dresdner Hansatheater, der Autor referiert die Eröffnungs-Rede Oskar Seyfferts; erwähnt wird, daß das historische Schauspiel >Kunz von Kauffungen< zur Aufführung gelangte. Leibrecht, Philipp: Gesichtspunkte zu einer Geschichte des Puppenspiels. - In: Das Literarische Echo. Halbmonatsschrift für Literaturfreunde. - Berlin, 23(1921)19. - S. 1211-1214 Auseinandersetzung mit der deutschen Forschungsliteratur zur Puppenspielhistoriographie; fordert eine Kulturgeschichte des Puppenspiels. Hünnerkopf, Richard: Vom süddeutschen Kasperle. - In: Mein Heimatland. Badische Blätter für Volkskunde, ländliche Wohlfahrtspflege, Heimat- und Denkmalschutz. -Freiburg i. Br, 9(1922)6. - S. 11-12 Nach Hinweisen auf die Bemühungen um das Kaspertheater in Hamburg (Rabe) und Mitteldeutschland (von Polenz) fordert der Autor dazu auf, ihm Kasperwitze, Szenen, Figuren etc. des süddeutschen Kaspertheaters mitzuteilen. Cramer, Hanns Hermann: Et Oecher Poppespeäl. - In: Literarisch-Musikalische Monatsschrift für Literatur, Musik, Theater, bildende Künste, Vortragswesen. - Dresden: Aurora, 4(1922/23)7/8. - S. 564-566 Bericht über die »Aachener Marionettenspiele« und die Eröffnung ihrer neuen Spielstätte; feuilletonistische Betrachtungen über den Unterschied zwischen Marionettentheater und Stockpuppentheater und das »Oecher Poppenspeäl«. Gragger, Robert: Deutsche Puppenspiele aus Ungarn. - In: Archiv für das Studium der neueren Sprache und Literaturen. - Braunschweig und Berlin: Westermann, 80 = Bd. 180 = N.S. Bd. 48(1925). S. 161-180 Abdruck von vier deutschen Puppenspiel-Texten aus dem Besitz der ungarischen Marionettenspieler-Familie Hinz; der Druck erfolgte nach den handschriftlichen Aufeeichnungen des Puppenspielers Joh. Hinz, dem sie sein Großvater, der Puppenspieler Dubszky, aus dem Gedächtnis diktierte; die Aufzeichnungen befinden sich seit 1911 in der Handschriften-Abteilung des ungarischen National-Museums; die Niederschrift der Texte erfolgte in ungarischer Orthographie; im einzelnen sind enthalten: >Der Ungeratene zon.< [d.i. >Don JuanKaspofon kasporsz hauznDoktor Fauszt< und >Die türkische Gefangenschaß oder Sultan Murads TodKasper Putscheneile, historisches über die handpuppen und hamburgische Kasperspiele< von Jhs. E. Rabe, mit handkoloriertem titelbild und 18 bildern im text. 2. sehr vermehrte aufläge (2. u. 3. tausend). Hamburg, Quickborn-verlag 1924. 339 ss. gr. - In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Litteratur. - Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 45(1926)2/3. S. 141-142 Rezension zur zweiten Auflage der »Kasper-Monographie« von Johannes Emil Rabe; mit einem äußerst knappen Referat des Inhaltes. Thieme, Willem L.: Schauspieler und Puppe als Symbole darstellender Kunst. - In: Logos. Zeitschrift für Philosophie der Kultur. - Tübingen, 15(1926)2. - S. 141-158 Aufsatz in einer philosophisch-ästhetischen Zeitschrift; betrachtet Schauspieler und Puppe als zwei Antipoden in einem semiotischen Zusammenhang (angewandte Hegeische Dialektik); Symbole werden als Zeichen begriffen, die Sinn (d.h. Bedeutung) übermitteln; reißt das Subjekt-Objekt-Verhältnis an, jedoch zunächst nur auf (aktives Spiel der) Puppe und (passiven) Zuschauer bezogen; die Bewegung der Puppe durch eine fremde äußere Kraß wird nur ansatzweise in diesem Zusammenhang mitgedacht (ein Teil des Wesens des Prozesses, der von Kavrakova-Lorenz als Permutation bezeichnet wird, ist jedoch hier schon angerissen). Höser, Joseph: 75-Jahr-Feier des Regensburger Puppentheaters. - In: Die Oberpfalz. Monatsschrift für Geschichte, Schrifttum, Volks- und Heimatkunde. - Regensburg, Kallmütz: Laßleben, 21(1927)8. - S. 153 Knapper (eine Seite) regionalhistorisch akzentuierter Abriß zur Geschichte des Regensburger Puppentheaters unter der Leitung von »Papa Beck« (d.i. Sebastian Beck); Reminiszenz an den Gründer des Theaters, den Vater von Sebastian Beck, Johann Beck.

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Johannesson, Fritz (Prof. Dr.): Berliner Puppenspiele. - In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Berlins. - Berlin, 44(1927)3. - S. 109-116 Kurzer Abriß der Geschichte des Puppenspiels in Berlin seit dem 17. Jahrhundert; referiert und zitiert vor allem die wenigen Stellen bei Plümicke, die das Puppenspiel betreffen; stützt sich ansonsten auf die übliche puppenspielhistoriographische Literatur (Magnin, Rehm, Leibrecht, Rabe, Engel); bezieht sich desweiteren auf Holtet, Trojan und Glqßbrenner; annalistische Reihung von belegten Puppenspielerauftritten in Berlin; enthält einige Textauszüge von Puppenspielen zu Berliner Weihnachtsausstellungen. Knoche, Walter: Waren die Toromiro der Osterinsel Marionetten? - In: Zeitschrift für Ethnologie. - (?), (1927)1/2. - S. 95 ff. [Der Titel war nicht zu ermitteln.] J. W: Puppentheater. - In: Tiroler Heimatblätter. Monatshefte für Geschichte, Natur- und Volkskunde. - Innsbruck: Wagnersche Univ.-Buchdruckerei, 6(1928)11. - S.338-342 Heimatgeschichtliche Darstellung des Höttinger Peterlspieles in Tirol (eine vor allem von Laien zur Karnevalszeit gepflegte Puppenspielform); mit einer allgemeinen Einleitung zur Geschichte des Puppenspiels und historischen Exkursen zur Entwicklung des Peterlspieles.

Bolte, Johannes: Carl Niessen [Priv.-Doz. f. Dtsch. Literat, und Theatergesch. an d. Univ. Köln], Das rheinische Puppenspiel. Ein theatergeschichtlicher Beitrag zur Volkskunde. [Rhein. Neujahrsblätter. Hrsg. v. Ins. f. geschieht!. Landeskunde d. Rheinlande an d. Univ. Bonn. H. VE.] Bonn, Fritz Klopp g.m.b.H., 1928. 264 S. 8°. M. 5,50. - In: Deutsche Literaturzeitung. Für Kritik der internationalen Wissenschaft. - Berlin: de Gnryter & Co., 50 = N. F. 6(1929)8. - Sp. 364-365 Rezension von Niessens Regional-Monographic zum »Kölner Hänneschen«; äußerst knappes Referat der Niessenschen Veröffentlichung. Lefftz, Josef: Das Puppenspiel im alten Straßburg. - In: Elsassland. Lothringer Heimat. Illustrierte Monatsschrift für Heimatkunde und Touristik. - Straßburg, 9(1929)8 u. 10. - S. 233-237 u. 273-283 Gibt einige Belege des Puppenspiels im Elsaß und zum altstraßburgischen Puppenspiel (»Püppelspiel«) des 19. Jahrhunderts; der zweiteilige Beitrag wird mit dem Wiederabdruck des Stückes >Der weltberühmte Doktor Faust< (Straßburger Fassung) nach Scheibles >KlosterPuppen und Puppenspieler - In: ders.: Über Kinder, Jugend und Erziehung. -Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1969.-S. 95-101.[zuerst in: Die literarische Welt vom 10.1.1930] Rezension zu von Boehns kultur- und sittengeschichtlicher Monographie über die Puppen und die Puppenspiele. Dinger, Hugo: Puppenspiel und Wissenschaft. - In: Der Puppenspieler. - Bochum, 1(1931)10. - S. 142-144 Rezension der Arbeit seines Schülers Buschmeyer. Lehmann, Alfred: Läßt sich eine Stilgeschichte des Puppenspiels durchführen? - In: Der Puppenspieler. Bochum, l (1931)11/12. - S. 164-166 Methodische Reflexion über Grundsätze der Puppenspielhistoriographie; geht von der Frage aus, ob es einen einheitlichen Stil des Puppenspiels gibt; konstatiert dann, daß eine Geschichte des Puppenspiels eine Geschichte seiner einzelnen Zweige (Handpuppenspiel, Marionettenspiel) sein müsse. Zangerle, Emanuel: Puppenspiele, ein deutsches Volkstheater. - In: Deutsche Welt. Zeitschrift für das deutsche Haus. - Dresden: Verein für das Deutschtum, 8(1931)12. - S.987-989 Feuilletonistischer Beitrag über das Puppenspielensemble Bagatelli, jur das der Autor selbst verantwortlich zeichnete. Quade, Johannes: Vom Wesen des Puppenspiels. - In: Der Türmer. - Berlin: Beenken, 37(1934/35)5. S. 402-408 Feuilletonistischer Streifzug durch die Geschichte des Puppenspiels, wenig ergiebig; bewertet Ivo Puhonny als »Meister aller deutschen Puppenspieler«, mit vielen Fotos (hauptsächlich Hohnsteiner Kaspertheater und Ivo Puhonnys Künstler-Marionettentheater) illustriert.

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Eglseer, Leopold: Das Linzer Marionettentheater. - In: Heimatgaue. Zeitschrift für oberösteneichische Geschichte, Landes- und Volkskunde. - Linz: Pirngruber, 17(1936)3/4. - S. 117-127 Abriß zur Geschichte des Linzer Marionettentheaters, vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis zur Auflösung des Theaters in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts; recht detaillierte Darstellung mit einer Reihe von Zitaten aus alten Quellen; ergänzt durch ein Verzeichnis der Stücke (S. 123-126) und das Faksimile eines Theaterzettels, vermutlich aus dem späten 19. oder beginnenden 20. Jahrhundert (S. 126). Sehrt, Ernst Theodor: Puppenspiel eine Volkskunst? - In: Mein Heimatland. - Freiburg i. B., 23 (1936)5/6. S.175-181 Völkische Apologie des Puppenspiels (vor allem des Handpuppenspiels) als eine gemeinschaftsbildende Volkskunst. Netzle, Hans: Das Marionettentheater als Träger volkstümlicher dramatischer Dichtung. - In: Heimat und Volkstum. Amtl. Nachrichtenblatt der Wörterbuchkommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München - München, 16(1938-09-23) = 18. - S. 274-278 Ganz kurze historische Einschätzung zur Bedeutung des Marionettentheaters als Träger volkstümlicher dramatischer Dichtung; geht dann hauptsächlich auf die Verwertbarkeit dieser Tradition in den zeitgenössischen »künstlerischen« Marionettentheatern, in Schule, Hitlerjugend und Familie ein. Graber, Georg: Ein Kärntner Puppenspiel von Dr. Faust. - In: Carinthia I. Geschichtliche Beiträge zur Heimatkunde Kämtens. Mitteilungen des Geschichtsvereines für Kärnten. - Klagenfurth: Leon, 131(1941)2. - S. 462-470 Bericht über die Handschrift eines Puppenspieltextes >Faustus< (vermutlich aus der zweiten Hafte des 19. Jahrhunderts); nach einer knappen Einleitung über das Volksbuch, den Marloweschen >Faust< und ein frühes humanistisches >FaustFaustFaustRheinischen Puppenspiel< von 1928 aufbauende regionalhistorische Studie zum Kölner Stockpuppenspiel des Hänneschen-Theaters; der Autor unternimmt zunächst eine Analyse der Herkunft der Führungstechnik und möglicher anderer Einflüsse auf das Hänneschen-Theater, das er als ein »volkskundlich bedeutsames« Phänomen bezeichnet; widmet den Hauptteil den Figurentypen des Hänneschen-Theaters; schließt mit geschichtlichem Abriß, der bis in die Gegenwart des Hänneschen-Theaters führt; mit einer Fülle von historischen und zeitgenössischen Abbildungen und Fotos. Purschke, Hans Richard: Über das Puppenspiel und seine Geschichte. Querschnitt aus dem literarischen Schaffen des Puppenspiel-Historikers und -Theoretikers Hans R. Purschke. - Frankfurt/M.: Puppen & Masken, 1983- 142 S. Anthologie von Artikeln und Vorträgen Purschkes zur Puppenspiel-Geschichte. Suhr, Ernst-Friedrich; Weinkauff, Regina (Hg.): Revolte im Kasperhaus. Ein Lesebuch in Dokumenten und Bildern zum Puppentheater der Arbeiterjugendbewegung. - Köln: Prometh, 1983. - 95 S. - (Schriften des Instituts für deutsche und ausländische Arbeiterliteratur der Stadt Dortmund; Reihe 1: Ausstellungskataloge zur Arbeiterkultur; 4) Katalog zu einer Wanderausstellung mit dem Titel: >»Kasper muß ganz unser werden!< Zum Puppentheater der Arbeiterjugend 1918-1933«; materialreiche Dokumentation, die die Funktionen und Wirkungsweisen des Puppenspiels in der proletarischen Lebenswelt der Weimarer Republik thematisiert; mit fundierten Essays zum Thema. Die Begegnung des Puppentheaters mit anderen Künsten und seine Wirkung für unsere Zeit. Beiträge von einem Kolloquium des VT. 24725. November 1983. - Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1984. - 88 S. - (Material zum Theater; 181, Reihe Puppentheater; 14). - (Manuskriptdruck) Sammlung von Beiträgen eines wissenschaftlichen Kolloquiums in Vorbereitung desXIV.

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UNIMA-Kongresses 1984 in Dresden; thematisiert vor allem die Beziehungen des Puppenspiels zu anderen Künsten und damit seine Stellung im System der Künste und im gesellschaftlichen System. Birmans, Manfred: Luese Holzköpp. Et Oecher Schängche. Das Aachener Puppenspiel. - Aachen, 1984. -123 S. Monographische Arbeit über eine lokale Puppenspieltradition; mit historischem Abriß und teilweisem Stückabdruck im Aachener Dialekt. Purschke, Hans Richard: Die Entwicklung des Puppenspiels in den klassischen Ursprungsländern Europas. Ein historischer Überblick. - Frankfurt/M.: Eigenverlag, 1984. - 450 S. Versuch einer europäischen Puppenspielgeschichte mit theaterwissenschaftlichem Anspruch; nimmt eine prinzipielle Trennung von Puppenspiel und Puppentheater vor; deklariert das Puppentheater als Kunst, um es dann als solche historisch zu betrachten; behandelt nach eher summarischen Abrissen zum Altertum und Mittelalter die Puppenspielgeschichte der Neuzeit seit dem 16. Jahrhundert sehr ausfilhrlich; mit einer Reihe wichtiger Quellenbelege; Purschkes Wertungen und Interpretationen der Belege sind jedoch oßzu hinterfragen, vor allem weil er von der Prämisse ausgeht, die historischen Puppenspielformen als Kunst zu begreifen. Theatnim mundi. Mechanische Szenen in Volkskunst und Puppenspiel [Ausstellungskatalog]. - Dresden: Staatliche Kunstsammlungen, Puppentheatersammlung, Museum für Volkskunst, 1984. - 80 S. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung; behandelt neben dem Theatrum mundi als mechanischer Schaustellung der sächsischen Wandermarionettentheater auch die Schaustellerei mit mechanischen Kunstkabinetten im Sachsen des 19. Jahrhunderts; mit umfangreichem Bildteil und einem Nachweis von Ankündigungszetteln mechanischer Theater im Bestand der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Bohlmeier, Gerd: Puppenspiel 1933-1945 in Deutschland. Das Puppenspiel im Dienste der nationalsozialistischen Ideologie in Deutschland. - Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1985. 197 S. - (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen; 9) Bislang umfassendste und gründlichste Auseinandersetzung mit der ideologisch-propagandistischen Funktionalisierung des Puppenspiels im Nationalsozialismus; setzt die Entwicklungen des Puppenspiels in Beziehung zu den allgemeinen gesellschaftlichen und den kulturpolitischen Entwicklungen; versucht auch Verbindungslinien der nationalsozialistisch beeinflußten Puppenspielentwicklungzu den verschiedenen PuppenspielStrömungen ausgangs des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts darzustellen; aus den Forschungen des Autors ist eine 1989 eingereichte Dissertation hervorgegangen. Wehmeier, Marion: Puppenspieler in Nordwestdeutschland. Ein Vergleich von Spielerpersönlichkeiten verschiedenen Alters. - Münster: Coppenrath, 1985. - 208 S. - (Beiträge zur Volkskultur in Norddeutschland; 48) Volkskundlich-soziologisch akzentuierte Studie zum Beruf des Puppenspielers, der als »totaler Beruf« gefaßt wird; befragt wurden: Anton Bachleitner, Oskar Batek, Manon Giesen, Gisela und Dieter Kieselstein, Harald Schwarz und Helmut Selje.

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Purschke, Hans Richard: Die Puppenspieltraditionen Europas. Deutschsprachige Gebiete. - Bochum (Deutsches Institut für Puppenspiel), 1986. - 378 S. - (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen; 10) Versuch einer Gesamtdarstellung der Puppenspieltraditionen Europas; thematisiert ausschließlich lokale und regionale Traditionen; nach einzelnen Führungstechniken gegliedert (Marionetten, Handpuppen, Stockpuppen, Krippentheater); das sehr informative letzte Kapitel setzt sich auf der Grundlage ausführlicher Zitate aus Pamphleten und Verboten gegen das Puppenspiel mit der Verfolgung und Verachtung des volkskulturellen Puppenspiels im 18. und 19. Jahrhundert auseinander. Riedel, Karl Veit: Puppenspiel und Mundart. Beispiele und Überlegungen. - Leer: Schuster, 1988. - 46 S. (Schriften des Instituts für niederdeutsche Sprache; Reihe Vortrage; 8) Thematisiert anhand von Textbeispielen aus zwei Jahrhunderten das Verhältnis von Puppenspiel und Mundart; untersucht die Bedeutung und den Umfang von mundartlicher Sprache in den Texten; Mundart als soziales Bindeglied zwischen den verschiedenen Lebenswelten der Puppenspieler und des Publikums. Jurkowski, Henryk: Aspects of Puppet Theatre. A collection of Essays. Ed. by Penny Francis. - London: Puppet Centre Trust, 1988. - 112 S. Essaysammlung; vor allem zu zeichen- und literaturtheoretischen Problemen des Puppenspiels; meist mit historischen Beispielen. Wegner, Manfred (Hg.): Die Spiele der Puppe. Beiträge zur Kunst- und Sozialgeschichte des Figurentheaters im 19. und 20. Jahrhundert. - Köln: Prometh, 1989. - 272 S. Versammelt eine Reihe äußerst interessanter Beiträge zur Geschichte des Puppenspiels vom 18. bis zum 20. Jahrhundert; der Akzent liegt auf dem Zusammenhang von Kunstund Sozialgeschichte; die Beiträge thematisieren vor allem die Lebenswelten der Puppenspieler und ihres Publikums und die Auswirkungen der verschiedenen sozialen Erfahrungen auf künstlerische Äußerungen; kann als Reservoir beispielhafter fachübergreifender methodischer Ansätze gelten. Knoedgen, Werner: Das Unmögliche Theater. Zur Phänomenologie des Figurentheaters. - Stuttgart: Urachhaus, 1990. - 137 S. - (Edition Bühnenkunst; 2) Theoretische Arbeit, die vor allem das Verhältnis von Subjekt (Spieler) und Objekt (Figur) im Darstellungsprozeß thematisiert; phänomenologische Reduktion des Puppenspiels auf im einzelnen nicht •wahrnehmbare Vorgänge und Prozesse; bedient sich vor allem theaterpraktischer, aber auch historischer Beispiele; favorisiert den Begriff Figurentheater. Jurkowski, Henryk: Ecrivains et Marionettes. Quarre siecles de littirature dramatique en Europe. - CharlevilleMeziores: Editions Institut International de la Marionnette, 1991. - 405 S. Literaturwissenschafllich-dramaturgisch akzentuierte Monographie; untersucht wird der Zusammenhang von dramatischer Literatur und Theaterpuppen seit dem 17. Jahrhundert; betrachtet wird vor allem die wechselseitige Beeinflussung von dramatischer Literatur und zeitgenössischem Puppentheater; französische Übersetzung aus dem Polnischen.

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Kipsch, Walter: Bemerkungen zum Puppenspiel. 1936-1990. Eine Auswahl. - Frankfurt/M.: Puppen & Masken, 1992. - 204 S. Materialreicher Sammelband mit Beiträgen zur Geschichte des Puppenspiels im 20. Jahrhundert, der Autor verstand sich nicht als Historiker, sondern als »Zeitzeuge«. Waszkiel, Marek (Hg.): Present Trends in Research of the World Puppetry. A collection of papers Ed. by Marek Waszkiel. - Warsaw: Institute of Art of the Polish Academy of Sciences, UNIMA-Poland,

1992.- 112S. Sammelausgabe von Vorträgen einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz 1991 in Warschau, die sich mit Entwicklungen und Strömungen der gegenwärtigen Forschung zum Puppentheater in der Welt befaßte; u.a. auch methodologische Reflexionen zur Puppenspielhistoriographie. Technau, Silke: Zu Besuch in der Kasperbude. Streifzüge über den Jahrmarkt ins Figurentheater. - Frankfurt/M.: Puppen & Masken, 1992. - 131 S. Betrachtet die Spielweise des Jahrmarktskaspertheaters mit theateranthropologischer Methode; geht von der Prämisse aus, im rituellen Jahrmarktsspiel haben sich Reste kultureller Weisheit und Erfahrung erhalten; enthält Beobachtungen und Studien zur Spielweise Walter Büttners; Inszenierungsberichte aus der eigenen Theaterarbeit der Autorin zeigen die theaterpraktische Anwendung gewonnener Erkenntnisse; enthält Kasperszenen aus »Büttners original Kunstfiguren- und Kaspertheater«. Bernstengel, Olaf; Taube, Gerd; Weinkauff, Gina (Hg.): »Die Gattung leidet tausend Varietäten ...« Beiträge zur Geschichte der lustigen Figur im Puppenspiel. - Frankfurt/M.: Nold, 1994. - 210 S. Der Sammelband mit acht Beiträgen vom Symposium »Die lustige Figur im traditionellen Puppenspiel Europas« 1991 in München bezieht sich in seinem Titel auf eine Bemerkung Lessings über den Harlekin, womit die Vielfalt der Erscheinungsformen einer Lustigen Figur, die nicht als Einzelphänomen, sondern nur als Gattung mit unterschiedlichsten Exemplaren zu charakterisieren sei, beschrieben wird. Das Buch vereint Beiträge zur Geschichte der Lustigen Figur im Puppenspiel, und jeder der Autoren kommt zu einem ähnlichen Ergebnis wie Lessing. Damit werden die Reflexionen zur Lustigen Figur im Puppenspiel erstmals auch in den Kontext der historischen Formen des Komischen auf dem Theater in Europa gestellt. Die Beiträge im Hauptteil des Buches werden im Anhang durch ein Stichwort-Lexikon zur Lustigen Figur im Puppenspiel und eine Bibliographie zur Kasperforschung ergänzt.

EL Hochschulschriften Friedlander, Eva: Das Puppenspiel in Österreich. - 1948. - 230 Bl. - Wien, Univ., Phil. Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Volkskundliche Arbeit, die sich mit dem »volkstümlichen Puppenspiel« in Österreich beschäftigt; getrennt nach stehenden und fahrenden Puppenspielern betrachtet.

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Scheuerl, Hans: Das Handpuppenspiel im Lichte der Spieltheorien. -1948/49. - 159 Bl. - Hamburg, Universität, Fachbereich Erziehungswissenschaft. - Semesterarbeit. - (Typoskript) Geht von der Prämisse aus, daß Puppenspiel im Grenzbereich von Kunst und Spiel siedele; versucht deshalb der Frage nachzugehen, in welchem Bereich des menschlichen Spiels das Kasperspiel (resp. Handpuppenspiel) anzusiedeln sei; wendet zur Klärung dieser Frage die Erkenntnisse verschiedener Spieltheorien auf das Puppenspiel an; bedient sich auch historischer Beispiele. Dobrawsky, Maria: Richard Kralik und das Puppenspiel. - 1952. - 245 Bl. - Wien, Univ., Philosoph. Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Die Arbeit betrachtet vor allem die sammlerische und schöpferische Tätigkeit Kraliks auf dem Gebiet des Puppentheaters, bezieht sich dabei hauptsächlich auf die 1885 erschienene Textsammlung >Deutsche PuppenspieleRosa von Tannenburg< und >Die Räuber auf Maria KulmPaule Prinze. - 1968. - 68, 18 S. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Arbeit zum seltenen Thema Puppenfilm; u.a. zu Besonderheiten des künstlerischen Schaffensprozesses bei der Herstellung von Trickfilmen in der DDR; Wirkungsabsichten, Realisierung und Wirkungen; im Zentrum der ästhetischen Betrachtung die »poetische Idee«.

Merzdorf, Irene: Die Dialektik von Inhalt und Form im Puppentheater. - 1969. - 63,4 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Inhalt-Form-Dialektik speziell für das Puppentheater theoretisch untersucht; Aspekte für das Puppentheater, ausgehend von marxistisch-leninistischer Ästhetik; Verhältnis von Wesen und Erscheinung, Inhalt und Form, Erkenntnis und Gestaltung als philosophische und ästhetische Kategorien verstanden, mangelnde ästhetische Theorie des Puppentheaters beklagt.

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Hoff, Annegudrun: Die Puppe als Element des Puppentheaters unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes der Puppentheaterarbeit in der DDR. - 1969. - 55, 21 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Ästhetik/Kunstwissenschaften, Bereich TheaterwissenschaftTWissenschaft von den Darstellenden Künsten. - Schriftliche Hausarbeit zur Hauptprüfung. - (Typoskript) Die Arbeit versucht, Puppentheater als eine Form des Theaters zu definieren (aus der Erkenntnis des mangelnden wissenschaftlichen Interesses am Puppentheater und als Rechtfertigung jür die Themenwahl der Arbeit);Probleme der Geschichte des Puppenspiels werden angerissen; Kritik an der vorhandenen Literatur zur Geschichte des Puppentheaters, die das Puppentheater losgelöst von der gesellschaftlichen Entwicklung betrachte; enthält im Anhang den » Versuch einer bibliographischen Zusammenstellung von Literatur über das Puppentheater und seine Grenzgebiete - deutschsprachige Literatur« (12 Bl., 230 Titel). Raitmayr, Babette: Die Salzburger Marionetten. - 1969. 192 Bl. - Wien, Univ., Philosophische Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Die Darstellung der Entwicklung des »Salzburger Marionettentheaters« behandelt den Zeitraum von 1913 bis 1969 und will vor allem die zeitgenössische Voreingenommenheit gegen die Salzburger Marionetten und den Vorwurf des Unkünstlerischen widerlegen. Ausgehend von einer Darstellung der historischen Entwicklung des Puppenspiels im süddeutschen und österreichischen Raum seit dem 17. Jahrhundert, die sich vor allem aufLeibrecht und Vierlinger stützt, einer Untersuchung der direkten Einflüsse des »Münchner Marionettentheaters« (Pocci, Schmid) und einer sehr detaillierten und durch unveröffentlichtes Archivmaterial ergänzten Darstellung der Salzburger Puppenspieltradition (Hilverding) und der Salzburger und Wiener Hanswurst-Tradition (Stranitzky, Prehauser), werden in chronologischer Reihenfolge Puppen, Bühne und Dekoration, Repertoire und Spielstil des »Salzburger Marionettentheaters« behandelt. Dabei ist die durchaus kritische Auseinandersetzung der Autorin mit der Problematik derAufführung von Opern im Puppentheater und den im »Salzburger Marionettentheater« verwendeten Stilmitteln hervorzuheben. Ergänzt wird die Arbeit durch biographische Abrisse zu Anton Aicher und Hermann Aicher, eine Repertoireauf Stellungfür den Betrachtungszeitraum und eine Reihe von Abbildungen. Fischer, Ingrid: Der sozialistische Realismus als künstlerische Schaffensmethode im Puppentheater. - 1972. - 162, 3 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Beschreibt die Inszenierungsarbeit an einem Puppentheater unter Berücksichtigung des »Sozialistischen Realismus«, der als Schaffensgrundlage gewertet wird; mit umfangreichem Dokumentationsteil zur Inszenierung >Detektiv Sonnenstrahl· von Käthe Seelig am Puppentheater Gera. Meienreis, Sabine: Aktivierung schöpferischer Denkprozesse beim Kinderpublikum des Puppentheaters. - 1973. - 70, l Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Zusammenhang von verschiedenen fachwissenschaftlichen Gebieten (Pädagogik, Psychologie, Philosophie, Kunstwissenschafl) thematisiert; Arbeit mit theatersoziologischem und rezeptionsästhetischem Ansatz. Schauwecker, Detlef: Studien zu Chikamatsu Monzaemon: zwei bürgerliche Puppenspiele; sprachlicher Stil und Struktur; mit Kommentar. - Kyozo: Selbstverl., 1975. -(Marburger Studien zur Afrika-und 214

Asienkunde; Serie B; 3). - [Zugl.: 1973. - Marburg/Lahn, Univ., Fachbereich für Außereuropäische Sprachen und Kulturen. - Phil. Diss.] [Die Arbeit hat nicht vorgelegen.] Hoschek, Elisabeth: Der Puppenspieler Franz Leonhard Schadt. -1974. - 69 Bl. - München, Univ., ErziehungswissenschafUiche Fakultät, Fachbereich Kunsterziehung. -Zulassungsarbeit. - (Typoskript) Biographische Arbeit zum Wirken Franz Leonhard Schadts in München; der Arbeit liegen mehrere Interviews mit Schadt und seiner Frau zugrunde; jedoch nur durch einschlägige Zeitungsartikel ergänzt; keine -weiteren Quellen. Rohrbach, Gottfried: Analyse einiger im österreichischen Fernsehen ausgestrahlten Handpuppenspiele für Kinder. - 1974. - 173 Bl. - Wien, Univ., Philosoph. Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Arbeit eines Psychologen und Kunstgeschichtlers; Untersuchung der vom österreichischen Fernsehen im Untersuchungs-Zeitraum übertragenen Handpuppensendungen auf ihre Eignung als »altersgemäße und wertvolle Kindersendungen«; im ersten, allgemeinen Teil: Überblick über empirische Untersuchungen zum Fernsehkonsum von Kindern und über Formen von Kindersendungen im Österreichischen Fernsehen; knappe Ausführungen zur Geschichte des Puppenspiels (auf der Grundlage von Rabe, Glanz, von Boehn, Friedländer, Purschke, Böhmer und Hadamowsky); Betrachtung der medialen Anforderungen an Kindersendungen und der Eignung des Handpuppenspiels für das Femsehen; im zweiten, speziellen Teil: Analyse der Handpuppensendungen sieben Wiener Puppenbühnen (Traditionsbezug, formale Gestaltung, Unterhaltungswert, ethischer Gehalt). Philapitsch-Aschober, Renate: Paul Brann und sein »Marionetten-Theater Münchner Künstler« .-1975.- 409 Bl. - UrbanaChampagin, Univ. of Illinois. - Phil. Diss. - (Typoskript) Biographisch akzentuierte Arbeit zum künstlerischen Schaffen Paul Branns; im Zentrum steht das »Marionetten-Theater Münchner Künstler«; thematisiert vor allem literaturwissenschqftliche und dramaturgische Aspekte des Marionettenspiels; enthält daneben eine Reihe von Informationen zum Theaterbetrieb Paul Branns; kaum kritische Wertung. Lenz, Johannes: Grundlegende Bedingungen des Puppenspiels. - 1976. - 68 Bl. - Berlin, Freie Univ., Fachbereich 18. - Magisterarbeit. - {Typoskript) Abhandlung über elementare Gesetzmäßigkeiten des Puppenspiels; will mit eigener Theorie einen Beitrag zur Entwicklung des Puppenspiels als eigenständiger Kunstgattung leisten; thematisiert eine Reihe von theoretischen Problemen der Bewertung des Puppenspiels, mit kurzem historischen Abriß; Vorschlag der Bezeichnung des Puppen- und Figurentheaters als »Instrumentaltheater« (im Gegensatz zum Menschentheater, das »Corporaltheater« genannt werden soll); davon ausgehend theoretische Betrachtung der praktischen Voraussetzungen für das Puppenspiel (die Puppe/das Instrument; Bühne und Bühnenbild; Requisiten; Text und Sprache; Spiel und Bewegung; Funktion des Darstellers). Bissegger, Ursula: Das heutige Puppentheater in der Schweiz. - 1976. - 345, 59 Bl. - Wien, Univ. - Phil. Diss. - (Typoskript). - pruck: u.d.T: Puppentheater in der Schweiz. - Zürich, 1978. - (Schweizer Theaterjahrbuch; 41)] Darstellung der aktuellen Situation des Puppentheaters in der Schweiz; mit kurzem historischen Abriß.

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Haase, Gisela: Entwicklungstendenzen des Repertoires der Staatlichen Puppentheater der DDR - von 1945 bis 1975 - unter dem Aspekt der Bedeutung des Konflikts bei der Widerspiegelung unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit. - 1977. - 76, 3 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (vervielfältigtes Typoskript) Ideologische und äußerst unkritische Arbeit zum Repertoire des Puppentheaters der DDR in kurzem Betrachtungszeitraum (siebziger Jahre); keine historisch-kritische Auseinandersetzung mit Geschichte des Puppenspiels in der DDR; hauptsächlich Beschreibung von Vorzügen der »sozialistischen Puppenspieldramatik«. Klimt, Christa: Untersuchungen einiger ästhetischer Probleme der Puppentheaterkunst in Verbindung mit neuesten zeitgenössischen Puppentheaterstücken von DDR-Autoren - Ein Beitrag zur ethischästhetischen Bildung und Erziehung unserer jungen Generation. - 1978. - 309 Bl. - Dresden, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhelm Wander«, Fakultät für Gesellschafts-, Sprach- und Kunstwissenschaften. - Diss. A. - (Typoskript) Unkritische Reflexion der pädagogischen Instrumentalisierung des Puppenspiels in der DDR als Theater für Kinder; Arbeit entstand im Kontext des Forschungsprojektes »Sozialistische Kinder- und Jugendliteratur« an der Pädagogischen Hochschule Dresden; gleichsam ein kurzer historischer Abriß der Geschichte sozialistischer Puppenspieldramatik; im Hauptteil zur Ästhetik der Puppentheaterkunst und literaturwissenschaftliche Analyse der Texte von zeitgenössischen Puppenspielautoren; Frage nach dem Puppentheaterspezifischen und den spezifischen ästhetischen Wirkungen. Weinkauff, Gina: Der rote Kasper. Das Figurentheater in der pädagogisch-kulturellen Praxis der deutschen und österreichischen Arbeiterbewegung von 1918-1933. - Bochum: Deutsches Institut für Puppenspiel, 1982. -184 S. - (Puppenspielkundliche Quellen und Forschungen; 8). - [zugl. u.d.T.: Das proletarische Kasper-Theater der 20er Jahre: Zur Aneignung volkstümlicher Traditionen des Puppenspiels innerhalb der Arbeiterbewegung. - 1980. - 213 S. - Frankfurt/M., Wiss. Prüfungsamt für das Lehramt an Grundschulen, Haupt- und Realschulen. Wiss. Hausarbeit für das Lehramt an Grundschulen. - (vervielfältigtes Typoskript)] Darstellung und Einschätzung der Puppenspielpraxis innerhalb der Arbeiterbewegung in den zwanziger Jahren; geht neben historischer Deskription und Analyse der jeweiligen gesellschaftlichen Kontexte theoretisch vor allem auf die Kategorie der Volkstümlichkeit ein; enthält Darstellung einiger für das Rote Kaspertheater zentraler, inhaltlicher und formaler Fragestellungen und ein Verzeichnis von Stücken und Beiträgen zum Roten Kaspertheater. Maser, Rolf: Zur Entwicklungsgeschichte des deutschen Puppenspiels im 20. Jahrhundert unter Berücksichtigung der Aufruhrungspraxis des Puppenspiels vom Dr. Faust in der DDR - Ein Beitrag zur sozialistischen Erberezeption. - 1980. - 187, 60, 22 Bl. - Dresden, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhelm Wander«, Fakultät für Gesellschafts-, Sprach- und Kunstwissenschaft. - Diss A. - [Teilw. Druck u.d.T: Zur Geschichte des deutschen Puppenspiels im 20. Jahrhundert. - Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1982. - (Material zum Theater; 155. Reihe Puppentheater, 13)] Ausgehend von der Adaption des Fauststoffes an den Puppentheatern der DDR wird dessen Aufführungsgeschichte im Puppentheater und in dem Zusammenhang die Entwicklung des Puppenspiels im 20. Jahrhundert betrachtet.

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Günther, Horst: Die Sprache des Puppentheaters. Der Puppenstückdialog im Zusammenhang mit Puppenart, bildnerischer Gestaltung, Bewegung und Sprechweise. -1980. - 85,3 Bl. -Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - [Teilw. Druck u.d.T.: Zum gesprochenen Dialog im Handpuppen- und Marionettentheater. - Berlin: Verband der Theaterschaffenden der DDR, 1981. - (Material zum Theater; 141; Reihe Puppentheater; 11)] Behandelt die drei üblichen Theaterspielpuppen (Handpuppe, Marionette und Stabpuppe) und die Dialogmöglichkeiten der einzelnen Puppenarten; ausgehend von der Betrachtung des Animationsprozesses wird versucht, die Spezifik der Dialoggestaltung bei den einzelnen Puppenarten (oß in begrifflicher Anlehnung an Eichler) zu beleuchten (mit vielfältigen Textbeispielen); ein kurzes Resümee behandelt die Rolle des Puppenspielers als Sprecher. Däbritz, Fritz: Untersuchungen zur Spezifik der ästhetisch-künstlerischen Aneignung der Realität durch Puppenspiel. - 1981. - 153,35 Bl. - Leipzig, Karl-Marx-Univ., Sektion Kultur- und Kunstwissenschaften, Fachbereich Ästhetik. - Diss. A. - (Typoskript) Untersuchung versteht sich als Vorarbeiter künftige Konzeptionen der Puppentheaterarbeit; bestimmt das Puppentheater als Gattung der Darstellenden Kunst; versucht diese und andere hauptsächlich ästhetische Thesen auch historisch zu belegen; theoretisch vor allem der Widerspiegelungstheorie und dem »Sozialistischen Realismus« verpflichtet. Wegner, Manfred: Theorien puppenspielkundlicher Forschung im 20. Jahrhundert (1900-1945). - 1981. - 97 Bl. - Berlin, Freie Universität, FB 18, Kommunikationswissenschaft. - Magisterarbeit. (Typoskript) Reflexion auf die Grundlagen der Puppenspielforschung (Methoden der Germanistik, Volkskunde und Geschichtswissenschaft) und deren Verwicklung in die gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts; vor allem ideologiekritische Methode; verfolgt die Wurzeln ßlr die Instrumentalisierung des Puppenspiels durch die Nationalsozialisten bis in das Kaiserreich und die Weimarer Republik zurück. Klevenow, Heinz: Probleme bei der Realisierung der poetischen Idee in der Inszenierung >Ein neuer Mantel für den Wind< am Puppentheater Halle. - 1981. - 67,2, 8. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Puppentheater als synthetische Kunstgattung begriffen; im Mittelpunkt der theoretischen Betrachtung das Problem der »poetischen Idee«; Bühnenbild und Kunstfigur gelten als optische Träger der poetischen Idee; Hauptbestandteil ist die Beschreibung des Arbeitsprozesses; dabei wird dem schauspielerischen Prozeß im Zusammenhang mit der Animation große Aufmerksamkeit zuteil. Blum, Lambert: Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte des Kölner Hänneschentheaters. - 1982. - 189 Bl. - Köln, Albertus Magnus Univ.; Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Magisterarbeit. - (vervielfältigtes Typoskript) Einleitender Exkurs zu den Narrenfiguren des Mittelalters und der frühen Neuzeit; im folgenden kritisiert der Autor die These von der Säkularisierung des Puppenspiels und der Entstehung des Hänneschen-Theaters aus dem Krippentheater; im Verfolg dieser Kritik werden andere theater- und kulturhistorische Aspekte der Geschichte des Hänneschen-Theaters thematisiert, vor allem die historische Entwicklung der Komik.

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Bonk, Winfried: Die Entwicklung der Millowitschbühne von ihren Anfangen bis zur Gegenwart. - Würzburg: Haberberger, 1982. - 295 S. - [zugl.: 1981. -Köln, Univ., Phil. Fakultät. - Phil. Diss.] Chronologisch vorgehende Längsschnittuntersuchung zur Geschichte der Kölner Theaterdynastie Millowitsch; geht aus von den Anfängen der Millowitsch-Bühne als Puppentheater (Hänneschen-Theater) und faßt den Wandel vom Puppenspiel zum Schauspieltheater (1894) als Phänomen der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaß und als Ausdruck für den Prozeß der Manifestation eines bürgerlichen »Volkstheaterbegriffes« (S. 5-54). Liest dabei vor allem den Ansatz Niessens kritisch und neu, der die Entwicklung des Hänneschen-Theaters als ein kontinuierlich-organisches Hervorgehen aus den beweglichen Krippendarstellungen und -theatern wertete. Fasel, Christoph: Das Puppentheater des 19. Jahrhunderts in seinen literaturwissenschaftlichen Zusammenhängen. Eine Untersuchung volkstümlicher Texte. - 1982. - 2 Bde., 119, 279 Bl. - München, Ludwig-Maximilians-Univ., Institut für Deutsche Philologie. - Magisterarbeit. (Typoskript) Germanistische Arbeit, die (im Anschluß an Leibrecht) das Ziel hat, »volkstümliche« Puppentheatertexte des 19. Jahrhunderts literaturwissenschaftlich zu erfassen, zu analysieren und einzuordnen; Suche nach den Kriterien der Gattung; untersucht werden fünf Texte des süddeutschen Marionettentheaters von Gabriel Gailer; die Texte werden nach Stoffen und Motiven, Sprache und Stil, der dramatischen Konzeption und der Rezeption analysiert; der Autor unternimmt weiterhin den Versuch einer Abgrenzung der Texte des Puppenspiels von anderen volkskulturellen Äußerungsformen. Müller, Dietmar: Die dramaturgische Struktur der Kasperkomödien Franz Graf von Poccis - eine Anregung für zeitgenössische Puppenspieldramatik? - 1982. - 76 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Analysiert ausschließlich die Werke Poccis, in denen die gattungstypische lustige Person des Puppentheaters auftritt (der Kasperl); geht dabei auch auf historische Aspekte ein; Pocci als Begründer der modernen Puppenspieldramatik; im Hauptteil dramaturgische Analysen von Puppenspieldramatik aus unterschiedlichen historischen Kontexten. Schulze, Andrea: Gedanken zur spezifischen sinnlich-praktischen Tätigkeit des Puppenspielers und zu daraus abgeleiteten Fragen der Grundlagenausbildung für Puppenspieler. - 1983. - 82 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Zur Ausbildung für Puppenspieler ander Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« Berlin, Bereich Puppenspiel; Grundlagen: Improvisation und Animation; Erläuterungen zur Animation anhand von Beschreibungen des Animationsseminars. Sauer, Lieselotte: Marionetten, Maschinen, Automaten. Der kunstliche Mensch in der deutschen und englischen Romantik. -Bonn: Bouvier, 1983. -513 S. - (Abhandlungen zur Musik-und Literaturwissenschaft; 335). - [zugl.: 1982. - Univ. Bonn. - Phil. Diss.] Behandelt die Metapher des künstlichen Menschen in der Literatur der deutschen und englischen Romantik; geht dabei am Rande auf die Geschichte der künstlichen Menschen, Automaten und Marionetten ein; vor allem literaturwissenschaftlich akzentuiert.

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Templin, Gisela: Rolle der Institution im Kunstprozeß: Selbstverständnis, Entscheidungsgrundlagen, Wirksamkeit am Beispiel des Staatlichen Puppentheaters Neubrandenburg. - 1984. - HumboldtUniv., Sektion Ästhetik/Kunstwissenschaften, Abt. Fernstudium Kulturwissenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Betrachtet betriebsstrukturelle Probleme eines Puppentheaters der DDR im Zusammenhang mit deren Auswirkungen auf den Prozeß der Kunstproduktion; enthält historisch relevantes Material zur Puppentheatergeschichte der DDR. Bohne, Monika: Rezeptionsverhalten Jugendlicher im Puppentheater, unter besonderer Berücksichtigung der Schüler der Klasse 8, am Beispiel der Inszenierung >Don Quijote< des Puppentheaters der Städtischen Bühnen Erfurt. - 1985. - 68, 17, 34, 16. Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Empirische Methode (Beobachtung, Gespräche, Fragebogen); Untersuchung des Umfeldes (rezeptionsfördernde Wirkungsvoraussetzungen); Rezeptionsästhetik; Untersuchung des Rezeptionsverhaltens einer bestimmten Zuschauergruppe anhand von Ergebnissen empirischer Erhebungen, u.a. Rückschlüsse auf rezeptionsfördernde Wirkungsvoraussetzungen. Bernstengel, Olaf: Das Repertoire volkstümlicher Marionettenspieler in Sachsen zwischen 1850 und 1900, dargestellt am Beispiel von »Apels Fantochen- und Marionetten-Theater«. - 1985. - 147 Bl. Theaterhochschule »Hans Otto« Leipzig, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Versuch einer Analyse des sächsischen Marionettenspiel-Repertoires anhand eines exemplarischen Marionettentheaters; Auswertung der umfangreichen Handschriftensammlung und anderer Archivalien der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden; geht auf die Quellen der Puppenspieldramatik ein (vor allem Trivialliteratur). Tugend, Gabriele: Das Handpuppenspiel und sein sich wandelnder Narr anhand der Entwicklung des Puppentheaters Oestreich-Ohnesorge an den Bühnen der Stadt Gera von 1929 bis zur Gegenwart. 1985. - 112, 13 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Die Arbeit konstatiert die Notwendigkeit eines Geschichtsbewußtseins auch für die Puppenspieler als Selbstbewußtsein; will auch zeigen, wie das Puppenspiel in seiner Geschichte mißbraucht und manipuliert wurde; gibt historischen Abriß der Entwicklung der Puppenbühne Herbert Oestreichs und des Puppentheaters Gera, das aus dieser Bühne und der Bühne von Hans Ohnesorge (d. i. Anton Pörsch) hervorging; untersucht dabei vor allem die Funktion des Kaspers und seine Wandlungen. Koß, Bert: Die Befindlichkeit der vorgeführten Zeichensituation in der vorführenden Zeichensituation - die Zeichenproduktion des Schauspielers und die Zeichenproduktion der Puppe. - 1985. 59, 19 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Ästhetik und Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwisssenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Semiotische Aspekte der Theorie des Theaters betrachtet (im Anschluß an Arbeiten der 'wissenschaftlichen Literatur der einstigen DDR von Schumacher, Ertel und Franz); besonderer Aspekt des Puppentheaters, auf das die Fragestellung, zunächst anhand des

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Schauspieltheaters abgehandelt, ausgedehnt wird; nimmt auf die Geschichte des Puppenspiels nur im Zusammenhang mit Beispielen für die theoretischen Erörterungen Bezug (u.a. Craig, Schlemmer). Verdel, Helene: Die Geschichte des slowenischen Figurentheaters. - 1985. - 381 Bl. - Wien, Univ., Philosoph. Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Die Arbeit versucht eine möglichst umfassende chronologische Darstellung der Entwicklung des slowenischen Figurentheaters, wozu die Autorin die verstreuten Materialien zum Gegenstand möglichst vollständig zusammenzutragen versuchte. Die umfassende und materialreiche Darstellung wird mit einer Auseinandersetzung um die Begriffe Puppentheater und Figurentheater eingeleitet, in deren Ergebnis die Autorin den Begriff des Figurentheaters favorisiert; gibt Einblicke in ein Stück weitestgehend unbekannter europäischer Puppenspielgeschichte - die Geschichte des slowenischen Figurentheaters im 20. Jahrhundert; enthält Ausführungen zu Versuchen, eine nationale Lustige Figur zu etablieren (Übersetzungen von Pocci-Stücken mit der slowenisierten Version des Kasperl Larifari - GaSpercek), zur Geschichte des jugoslawischen Figurentheaterverbandes (»Jugoslovanski Lotkovni Savez«, gegründet 1930), zur Puppentheaterentwicklung im SOKOL-Verband und zum Figurentheater bei den Partisanen; Schilderung der Entfaltung des Figurentheaters im jugoslawischen Slowenien nach 1945 bis zur Anerkennung des Figurentheaters als eigenständige Kunstform anhand der Entwicklung einzelner Theater; Ergänzung des Textteils durch die Spielpläne der slowenischen Bühnen, ein Verzeichnis der SOKOL-Bühnen und Kurzbiographien der im Text erwähnten slowenischen Künstler im Anhang. Windbichler, Tatjana: Der Schauspieler im Puppentheater. »NAIVNIDIVADLO LIBEREC« Pas naive Theater in Reichenberg]. - 1985. - 230, 24 Bl. - Wien, Univ., Grund- und integrativwiss. Fakultät. - Phil. Diss. - (Typoskript) Entwicklungsstudie des »NAIVNI DIVADLO LIBEREC«; thematisiert eine »Gattungsspezifik des Puppentheaters« unter dem Aspekt des menschlichen Darstellers, der im Kontext einer Puppenspiel-Inszenierung gemeinsam mit Puppen auf der Bühne auftritt; Betrachtung damit verbundener theaterpraktischer Probleme. Im ersten, analytischen Teil: Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Puppentheaters in der Tschechoslowakei, chronologische Darstellung der wichtigsten Phasen im Schaffen des »NAIVNI DIVADLO LIBEREC«, Analyse der Inszenierungen des Theaters im Untersuchungs-Zeitraumvon 1980-1985. Im zweiten, systematischen Teil: Thematisierung der puppenspielerischen Ausdrucksformen und-mittel des »NAIVNI DIVADLO LIBEREC« unter dem besonderen Aspekt des Darstellers im Puppentheater. Drux, Rudolf: Marionette Mensch. Ein Metaphernkomplex und sein Kontext von E.T.A. Hoffmann bis Büchner. - München: Fink, 1986. - 214 S. - [zugl.: 1986. - Köln, Univ. zu Köln, Phil. Fakultät. - Habilitationsschrift.] Betrachtet einen literarischen Metaphernkomplex (der künstliche Mensch/die Marionette) und dessen metaphorische Verwendung in der Literatur von E. T.A. Hoffmann bis Büchner; geht dabei kaum explizit auf die Geschichte des Puppenspiels ein; liefert gleichsam einen Aufriß der Geschichte des Begriffs Marionette (in metaphorischer und paradigmatischer Verwendung) in der epischen und dramatischen Literatur eines konkreten Zeitraums.

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Hagelgans, Elke: Puppentheatertheorien im 20. Jahrhundert. - 1986. - 124 Bl. - München, Ludwig-Maximilians-Universität. - Magisteraibeit. - (Typoskript) Gibt einen informativen Überblick über theoretische und kunstprogrammatische Bemühungen um das Puppenspiel im 20. Jahrhundert (vor allem der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts); Wertungen und Interpretationen sind oft geschmäcklerisch und historisch nicht haltbar. Kavrakova-Lorenz, Konstanza: Das Puppenspiel als synergetische Kunstform - Erkundungen über die Dialektik von Bildgestalt und Darstellungskunst im kommunikativen Gestaltungsprozeß des Puppenspielers. 1986. - 208, 33, 35 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Ästhetik/Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwissenschaft. - Diss. A. - (vervielfältigtes Typoskript) Zeichentheoretische Arbeit mit einer durchaus kritischen historischen Einleitung zur Geschichte des Puppenspiels in der DDR; entstand im Kontext der »Theorie der Darstellenden Künste« von Schumacher; gibt eine umfassende theoretische und semantische Deskription des Kommunikationsvorganges beim Puppenspiel (zwischen Spieler Puppe - Rezipienten). Misselhom, Dagmar: Das »volkstümliche« Marionettentheater - eine Fallstudie am Beispiel des Figurenschauspielers von Bille. - 1986. - 93 Bl. - Hildesheim, Hochschule für Erziehungs-, Sprachund Kulturwissenschaft, Studiengang Kulturpädagogik, Studienrichtung Polyästhetische Erziehung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Soziologisch akzentuierte Fallstudie, die die Begriffsbestimmungen von »volkstümlich« und »Tradition« im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand thematisiert; beinhaltet kurzen historischen Abriß zur Entwicklung der Marionette und des Marionettentheaters. Ehrig, Agnes: Studien zur Entwicklung des Puppentheaters in Berlin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. - 1987. - 93,4 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Ästhetik/Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwissenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Betrachtet ein lokales Puppenspielphänomen im Kontext anderer Vergnügungsangebote (Weihnachtsausstellung, Jahresrevuen etc.); nimmt auf den Berliner Puppenspieler Linde Bezug; mit einer umfassenden Materialsammlung zur Geschichte des Puppenspiels im Berlin des 19. Jahrhunderts. Emmrich, Brigitte: Folkloreverbreitung als Tradition und Erwerbszweig. Wege und Formen der Verbreitung und Rezeption von Volksdichtung und einigen anderen Elementen der geistigen Kultur der werktätigen Klassen und Schichten in der Zeit nach der Französischen Revolution, dargestellt für das Gebiet des ehemaligen Kursachsen. - 103, 46 Bl. - In: dies.: Studien zur Volksdichtung in der Zeit nach der Französischen Revolution (auf der Grundlage von Materialien aus dem ehemaligen Kursachsen). - Diss. A. - Berlin, Akademie der Wissenschaften der DDR, Forschungsbereich Gesellschaftswissenschaften, Zentralinstitut für Geschichte. Berlin, 1987. - (vervielfältigtes Typoskript) Eine von drei volkskundlichen Studien einer Dissertation zur Volksdichtung; die Autorin geht auf das Puppen- und Marionettenspiel und seine Rolle als Folkloreverbreiter ein; dabei wird ein für die Puppenspielgeschichte bedeutsamer Zeitraum betrachtet (Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert), in dem sich ein Wechsel der Träger des Marionettenspiels in Sachsen vollzogen hat. 221

Schlieper, Catharina: Märchensymbolik als eine besondere Form künstlerischer Darstellungsweise der Wirklichkeit und ihre strukturelle Entsprechung im Figurentheater - dargelegt an Ausschnitten einer Inszenierung des Märchens >Die Bremer Stadtmusikantenx von Mitgliedern der freien Theatergruppe Zinnober.-1987. -101 Bl. -Humboldt-Univ. Berlin, Sektion Ästhetik und Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwissenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Thematisiert zunächst Funktionen und Wirkungen des Märchens als besondere Kommunikationsform (Volkserzählung); beschreibt davon ausgehend Teile der Inszenierung; zielt auf den Nachweis der besonderen Eignung von Märchenstoffen für die Darstellung mit Mitteln des Puppenspiels aufgrund ihres symbolischen Gehalts. Kunze, Axel: Die Sprache des Puppentheaters - Puppentheatralische Lösungen im Zusammenhang mit bildnerischer Gestaltung, Puppenart und Dialog. Abgehandelt an den Inszenierungen >König Drosselbart vom Puppentheater Naumburg und > Auf hoher See< und >Striptease< vom Puppentheater Karl-Marx-Stadt. -1987. - 45 S. -Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Empirische Methode, wechselseitige Abhängigkeit von Sprachgestaltung, dramatischer Handlung, Spielweise und bildnerischer Gestaltung; geht kurz auf die Situation des Puppentheaters in der DDR ein (Formen und Tendenzen). Augustinowski, Elisabeth: Aneignung von Gegenwart auf dem Puppentheater der DDR an Hand zeitgenössischer Stoffe und Autoren. - 1988. - 51 Bl. - Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Puppenspiel als spezifische darstellerische Tätigkeit; u.a. zu Entwicklungstendenzen im Puppentheater der DDR (anhand von Beispielen dargestellt). Eversberg, Gerd: Doctor Johann Faust: Die dramatische Gestaltung der Faustsage von Marlowes >Doctor Faust< bis zum Puppenspiel. - Köln, 1988. - 397 S. - [zugl.: 1988. - Köln, Univ. zu Köln, Philosophische Fakultät. - Phil. Diss.] Beschäftigt sich vor allem aus literaturwissenschaftlicher Sicht mit der Überlieferungsund Textgeschichte der Volkssage und deren Entwicklung bis hin zum Faustdrama; neben der Betrachtung des Faustdramas auf der Bühne der Wanderkomödianten widmet sich der Autor auch dem >Puppenspiel vom Dr. Faust< in seinen verschiedenen Fassungen; ein Anhang bietet Abschriften bisher unveröffentlichter Theaterzettel zum >Doctor Faust< aus dem 18. Jahrhundert. Haacke, Petra: Gedanken zur dramatischen Aneignung epischer Textvorlagen für das Puppentheater anhand der Dramatisierung des Märchens >Rumpelstilzchen< von Susanne und Paul Olbrich und einiger Szenen aus der Inszenierung >Die Jüdin von Toledo oder Die Liebeshändel Alfonso VIII. von Kastilien dargestellt aus der Sicht seines Hofnarren< am Staatlichen Puppentheater Dresden.- 1988. - 119,15,4 BL-Leipzig, Theaterhochschule »Hans Otto«, Theaterwissenschaftliche Abteilung. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Untersuchung zweier Methoden, epische Texte für das Puppentheater zu dramatisieren; ausgehend von der theoretischen Untersuchung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Schauspiel- und Puppentheater, wird die Spezifik des Puppentheaters und seine Stellung innerhalb der Gattung der darstellenden Künste herausgearbeitet; Rezeptionsmöglichkeiten des Puppentheaters (Rezeptionsästhetik).

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Bohlmeier, Gerd: Das Reichsinstitut für Puppenspiel. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. - 1989. - 2 Bde.: 364 Bl. l Bd.: 133 Bl. - Braunschweig, Hochschule für Bildende Künste. - Phil. Diss. - (Typoskript) Behandelt ausführlich Ziele, Aufgaben und Wirkungen des nationalsozialistischen »Reichsinstitutesfür Puppenspiel«; basiert aufgrundlegenden und neu recherchierten Quellen, quellenkritische Interpretation durch Konfrontation mit anderen Quellen; ideologiekritische Analyse der Bedeutung des Reichsinstitutes als Faktor der Kulturpolitik des Nationalsozialismus; Abdruck einer Reihe von archiv alt sehen Quellen in den beiden Textbänden und im Anhangband. Taube, Gerd: Marionettentheater und Kinematographie. Spuren des sozialen Wandels im sächsischen Wandermarionettentheater im 20. Jahrhundert (1900-1933). - 1989. - 189 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Sektion Kunstwissenschaften, Bereich Theaterwissenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Anhand des Verhältnisses von Marionettentheater und Kinematographie werden die Veränderungen in der Situation kultureller Kommunikation in Kleinstädten und ländlichen Gebieten Sachsens untersucht; Puppenspiel wird als Form kultureller Kommunikation begriffen und das Beziehungsgeflecht gesellschaftlicher, sozialökonomischer, soziokultureller und individueller Bedingungen der Rezipienten und Produzenten (bzw. Distribuenten) analysiert; versucht Ansätze für eine noch zu schreibende Sozialgeschichte des deutschen Puppentheaters zu vermitteln. Valenta, Reinhard: Franz von Poccis Münchener Kulturrebellion. Alternatives Theater in der Zeit des bürgerlichen Realismus. - München: W. Ludwig, 1991. - 404 S. - (Literatur aus Bayern und Österreich. Literarhistorische Studien; IV). - [zugl.: 1989. - 353 Bl. - Konstanz, Univ. - Phil. Diss.] Betrachtet das Schaffen Poccis im Kontext verschiedenster kultureller und künstlerischer Diskurse seiner Zeit; kennzeichnet das dramatische Schaffen Poccis als einen Ausweg aus der seinerzeitigen Krise einer epigonalen Dramatik; literaturwissenschaftlich akzentuiert und auf die Analyse der Texte aufbauend; thematisiert auch die besondere ästhetisch-theatralische Kommunikation des Volkstheaters. Birmans, Manfred: Geschichte der Aachener Puppenspiele Oecher Schängche. Von der Gründung bis zum Ende des Dritten Reiches. - Aachen: Alano, Rader Publ., 1990. - II, 256 S. - [Zugl.: 1990. Aachen, Technische Hochschule, Philosophische Fakultät. - Phil. Diss.] Monographische Untersuchung einer lokalen Puppenspieltradition des 20. Jahrhunderts. Sultan, Mostafa Abdel Hady: Das ägyptische Puppentheater und seine Beeinflussung durch das europäische Theater. 1990. - 290, 51 Bl., Abb. - Wien, Univ., Grund- und Integrativwiss. Fakultät. - Phil. Diss. Vergleichende Studie zur historischen Entwicklung und aktuellen Situation des ägyptischen und des europäischen Puppentheaters; referiert die Geschichte des Puppenspiels in Ägypten und in Europa (Darstellung der ägyptischen PuppenspieIgeschichte stützt sich hauptsächlich auf die Forschungen des deutschen Orientalisten Georg Jacob; Darstellung der europäischen Entwicklung auf der Grundlage von Purschke, von Boehn, Niessen und Bissegger); Einteilung und Darstellung der Entwicklung des ägyptischen Puppenspiels im 20. Jahrhundert in drei Perioden; Analyse der wichtigsten ägyptischen

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Puppenspiel-Inszenierungen seit 1957 (ergänzt durch eine Reihe von Abbildungen); Darstellung der Entwicklung des europäischen Puppenspiels im 20. Jahrhundert (vor allem Nachkriegsentwicklung in der CSSR, Ungarn, der BRD, der DDR, der Schweiz und Österreich). Bernstengel, Olaf: Das sächsische Wandermarionettentheater zwischen 1800 und 1933. Ursprünge - Theaterkonventionen - Repertoire - Wirkungsabsichten - unter besonderer Berücksichtigung der Dramatisierung und Auffuhrung sächsischer Sagen. -1991. -168 Bl. -Dresden, Pädagogische Hochschule »Karl Friedrich Wilhem Wander«, Fakultät für Gesellschaftswissenschaften. - Phil. Diss. Untersucht ein theaterhistorisch relevantes Phänomen (sächsisches Wandermarionettentheater) unter besonderer Berücksichtigung eines literaturwissenschaftlichen Aspektes; Grundlage sind profunde Kenntnisse der Stücke und Stoffe des sächsischen Wandermarionettentheaters; geht sowohl auf ästhetische als auch aufsoziokulturelle Fragestellungen ein; kann als grundlegende historische Darstellung zum sächsischen Wandermarionettentheater gelten. Gerlach, Claudia Mären: Kasper und Guignol. Vergleich zweier Figuren des Puppentheaters. - 1991. - 95, [18] Bl. Frankfurt/M., Johann Wolf gang Goethe-Univ., Fachbereich Germanistik. - Magisterarbeit Typologischer Vergleich des »Hohnsteiner Kaspers« und des lyonesischen Guignols anhand zweier Charakter- und Gesellschafisstudien. Poser, Stefan: Die Automatenfiguren von Mathias Tendier und Christian Tschuggmall. Ein Beitrag zum Technikverständnis im 19. Jahrhundert. - 1991. - 124 Bl. - Wien, Universität, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. - Diplomarbeit. - (vervielfältigtes Typoskript) Technikgeschichtliche Arbeit; im ersten historischen Teil werden die Biographien und die Familiengeschichten Tendlers und Tschuggmalls analysiert, der zweite Teil untersucht mit ingenieurwissenschaftlich-technikgeschichtlicher Methode Konstruktion und technische Details der Automaten und im dritten, technik- und sozialgeschichtlich orientierten, Teil werden die Vorführungen von Automaten in den Kontext des Automatenbaus und Schaustellerwesens des 19. Jahrhunderts gestellt. Reiniger, Rike: Objekttheater in der Theatertheorie. - 93 Bl. - 1992. - Gießen, Justus-Liebig-Univ, Institut für Angewandte Theaterwissenschaft. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Die Arbeit bemüht sich, die Spezifik der Theaterform Objekttheater entweder theoretisch zu erfassen oder ungelöste bzw. unbefriedigend gelöste Fragen dazu aufzuwerfen. Die Einleitung referiert in relativer Vollständigkeit verschiedene Begriffsbestimmungen des Objekttheaters und umreißt den theatertheoretischen Diskurs über Objekttheater. Im weiteren wird zunächst das Material und seine Gestaltung untersucht, um dann zu analysieren, wie das Objekt im theatralen Kontext zum Aktionsträger -werden kann und welche Rolle dabei die Trennung von Stimme und Aktion spielt. Die letzten drei Kapitel behandeln Modifikationen, die Elemente des Theaters beim Objekttheater erfahren (Stoffwahl, Raum, Perzeption und Rezeption). Die Arbeit setzt sich dabei durchgängig mit theoretischen Überlegungen anderer Autoren (vor allem Bogatyrew, Cesal, Craig, Jurkowski, Kavrakova-Lorenz, Knoedgen, Kolar) auseinander.

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Wipp, Konrad: Puppenspieler. Geschichte und Bild eines Berufes. - 1992. - 196 Bl. - München, LudwigMaximilians-Univ., Institut für Theaterwissenschaft. - Magisterarbeit. - (Typoskript) Theaterwissenschaftliche Arbeit zum Berufsbild des Puppenspielers; nach einem historischen Abriß zur Geschichte des Berufes wird die aktuelle Situation der Berufsausübung und -ausbildung geschildert und anhand von dokumentarischem Material belegt; bezieht sich aber im aktuellen Teil fast ausschließlich auf die alten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland; die Entwicklung des Puppentheaters in dereinstigen Deutschen Demokratischen Republik wird nicht thematisiert. Donath, Inga: Das Kaspertheater der Jahrmärkte. Eine Untersuchung zur Spezifik der Kommunikationsmöglichkeiten des Handpuppentheaters auf dem Jahrmarkt sowie der sich daraus ergebenden Struktur. - 1993. - 84 Bl. - Leipzig, Universität, Institut für Kulturwissenschaften. Diplomarbeit. - (Typoskript) Die Arbeit untersucht, ausgehend von den Rezeptionsbedingungen des Jahrmarktes, die in ganz Europa einheitlich entwickelte dramatische Struktur des Jahrmarktskaspertheaters. Die Arbeit reißt dabei die Geschichte des Handpuppentheaters auf und betrachtet es vor dem Hintergrund der jeweiligen sozialen, ökonomischen, soziokulturellen und kulturhistorischen Situation. Günther, Susann: Aufstieg und Fall der Bundeskanzlei Hartenstein (BUHA) in den Jahren 1918-1922. - Ein Versuch wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Selbsthilfe des Nachkriegs-Wandervogels - 1994.- 194, 40 Bl. - Leipzig, Universität, Institut für Kulturwissenschaften. - Diplomarbeit. - (Typoskript) Gegenstand der Arbeit ist die, 1918 im Erzgebirge gegründete, zentrale und überbündische Geschäftsstelle des Nachkriegs-Wandervogels- die Bundeskanzlei in Hartenstein; zeitgeschichtliche Analyse und Rekonstruktion des Geschehens um die Kanzlei als Beitrag zur kulturhistorischen Erforschung der bürgerlichen Jugendbewegung; Analyse wichtiger, das Projekt vorbereitender gesellschaftlicher Strömungen; Darstellung von Aufbau, Organisation und Auflösung der Bundeskanzlei im zeitgeschichtlichen Kontext; Erläuterungen zu den einzelnen Organisationen und Bünden, Kurzbiographien, Zeittafel und Personenregister im Anhang. Die Arbeit versteht sich als Vorstudie zu einer kritischen historischen Betrachtung des Wirkens der »Hohnsteiner Puppenspiele« von Max Jacob. Rebehn, Lars: Hamburger Marionettenspieler im 19. Jahrhundert. -1993. - 169 Bl. - Hamburg, Universität, Institut für Volkskunde. - Magisterarbeit. - (Typoskript) Die Arbeit beschäftigt sich mit den Lebens- und Arbeitsverhältnissen der Hamburger Marionettenspieler im 19. Jahrhundert; einerseits Beitrag zur Puppentheatergeschichte Deutschlands (Untersuchungen lokaler und regionaler Puppentheatertraditionen als Voraussetzung für eine noch zu schreibende Geschichte des Puppentheaters in Deutschland); andererseits Beitrag zur Sozialgeschichte Hamburgs; thematisiert vor allem die sozialen, soziokulturellen und kommunikativen Kontexte der Puppenspieler. Taube, Gerd: Puppenspiel als kulturhistorisches Phänomen. Vorstudien zu einer »Sozial- und Kulturgeschichte des Puppenspiels« - 1993. - 319 Bl. - Berlin, Humboldt-Univ., Fachbereich Kultur- und Kunstwissenschaften, Diss. A. - (vervielfältigtes Typoskript) 225

Die Arbeit will, auftauend auf die vorliegenden Ergebnisse bisheriger Puppenspielhistoriographie, ein Umschreiben der Geschichte des Puppenspiels zu einer „SozialundKulturgeschichte " anregen und vorbereiten. Anhand mssenschaflshistorischer Strukturierung und Sichtung der vorhandenen puppenspielhistoriographischen Literatur wird ein Überblick über die bisherige Forschung geliefert. Betrachtet werden die historischen Ursachen für die Setzung des Puppenspiels als Kunst im 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem begriffsgeschichtlichen Ansatz werden Adaptionen verschiedener Erscheinungsformen des Puppenspiels in differenten historischen ästhetischen Kontexten verfolgt. Mit dem neuen Blick auf das Puppenspiel soll eine Diskussion über die Methodologie von Puppenspielhistoriographie und eine Theorie und Geschichte des Puppenspiels im Kontext der etablierten Theaterwissenschaft angeregt werden.

IV. Zeitschriftenaufsätze und Aufsätze in Anthologien Anderson, Edith: Obraszows Puppen. - In: Aufbau. Kulturpolitische Monatsschrift mit literarischen Beiträgen. - Berlin: Aufbau, 7(1951)4. - S.354-363 Nach einer äußerst knappen historischen Einleitung reflektiert die Autorin hauptsächlich über die Ästhetik des Obraszowschen Puppentheaters und deren erwarteten Einfluß auf das Puppenspiel in Deutschland. Schnorr, Günter: Aspekte der Puppen- und Schattenspielforschung. Begriffe, Aufgabenbereiche, Methodik und Organisation. - In: Quand les Marionnettes du Monde se donnent la Main... - Brüssel: Commission du Folklore de la Saison Liegeoise, 1958. - S. 157-172. - [auch als unpaginierter Sonderdruck: Lüdenscheid, 1958. - o.S.] Eine der wenigen prinzipiellen Reflexionen über Methoden und Gegenstand der Puppen- und Schattenspielforschung; Forderung nach kulturwissenschaftlicher Betrachtung des Puppenspiels. Lewitter, L.R.: The Polish Szopka. - in: The Slavonic an East European Review. - London: Athlone Press, 29(1959/51) = Nr. 72. - S. 77-85 Volkskundlich inspirierte Darstellung der Herkunft der polnischen Szopka (der nationalen polnischen Krippentheaterform mit Puppen), mit historischem Abriß zur Krippengeschichte; historischer Vergleich mit anderen ost- und mitteleuropäischen Krippentheater- und Krippen-Traditionen (Italien, Österreich, Ukraine); in englischer Sprache. Schmidt, Leopold: Dämonische Lustigmachergestalten im deutschen Puppenspiel des Mittelalters und der frühen Neuzeit. - In: Zeitschrift für Volkskunde. - Stuttgart, 56(1960). - S. 226-235 Behandelt einige frühe Belege für das Puppenspiel, in denen vor allem die jeweilige lustige Figur thematisiert ist; u.a. zu Kobold, Kunz, Heinz, Taterman, Meister Hemmerling. Fischer, Friedrich Johann: Puppenspiel in Salzburg. - In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Salzburg, Bd. 104(1964). - S. 235-270

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Der Autor bezeichnet seinen Aufsatz selbst als die erste Arbeit über das Puppenspiel im Salzburgischen; basiert auf eingehenden Archivrecherchen des Autors (vor allem Salzburger Hofratsprotokolle des 18. Jahrhunderts); versucht eine recht akribische Rekonstruktion der Begleitumstände des Puppenspiels im Salzburg des 18. Jahrhunderts (das Verfahren zur Erteilung der Spielerlaubnis, die jährlichen Anlässe ßir Gastspiele und ihre genehmigte Dauer, die Spielorte, der Spielplan, das Publikum, zur Herkunft der Namen der auftretenden Puppenspieler). Günzel, Klaus: Nachwort. - In: ders. (Hg.): Alte deutsche Puppenspiele. Mit theatergeschichtlichen und literarischen Zeugnissen herausgegeben von Klaus Günzel. - Berlin: Henschel, 1970. - S. 435446 Historisches Nachwort zu einer Stückanthologie mit alten Texten aus den Editionen von Engel, Kralik/Winter undScheible; auch sogenannte literarische Puppenspiele von Goethe, Mahlmann, Eichendorff, Landsberger und Pocci; Abdruck von Zeugnissen zur Puppenspielgeschichte (leider kaum nach den Originalquellen zitiert, keine genauen Belege) und Anmerkungen zu den Stücken; das Nachwort bezieht sich vor allem auf das Puppenspiel als literaturhistorisch interessantes Phänomen. Meyer, Curt: »Aujust, zieh' die Strippe!« Texte Berliner Puppenspiele aus dem 19. Jahrhundert. - In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. Bd. 21. - Berlin, 21(1970). - S. 129-150 Betrachtet die Texte und das Repertoire zweier Berliner Puppenspieler des 19. Jahrhunderts, Julius Linde und Sigismund Leopold Richter; die Texte stammen aus der Sammlung von Theaterzensurexemplaren im Berliner Landesarchiv.. Nobel, Manfred: Literatur und Puppe. Gedanken zum Figurentheater 1900-1945. - In: Stücke für Puppentheater. 1900-1945. -Berlin: Henschel, 1974. - S. 419-460 Nachwort zu einer Stückesammlung, thematisiert das Verhältnis von dramatischer Literatur und Puppentheater in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts; geht ausführlich auf die Beziehungen der literarischen, theatralischen und bildkünstlerischen Avantgarde zum Puppenspiel ein. Asper, Helmut G.: Das Puppenspiel in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert. Zur sozialen Situation der Wandermarionettentheater im 19. und 20. Jahrhundert. - In: Kölner Geschichtsjoumal. Köln: Historische Museen der Stadt Köln, (1976)1. - S. 12-27 Historischer Abriß in einem Ausstellungskatalog, thematisiert hauptsächlich die Veränderungen im 19. Jahrhundert gegenüber dem 17. und 18. Jahrhundert und die Funktionalisierung des Puppenspiels im 20. Jahrhundert; der Untertitel ist irreführend, denn der Autor behandelt in seinem Teil zum 20. Jahrhundert auch das Handpuppentheater. Bayerdörfer, Hans-Peter: Eindringlinge, Marionetten, Automaten. Symbolistische Dramatik und die Anfange des modernen Theaters. - In: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft. - Stuttgart, 20(1976). S. 504-538. Behandelt die Bedeutung der Marionettenmetapher und des Marionettenmodells im theater- und literaturgeschichtlichen Kontext des Symbolismus; u.a. zu Maeterlinck, Jarry, Schnitzler.

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Rudin, Bärbel: Puppenspiel als Metier. Nachrichten und Kommentare aus dem 17. und 18. Jahrhundert. - In: Kölner Geschichtsjournal. - Köln: Historische Museen der Stadt Köln, (1976)1. - S. 2-11 Historischer Abriß in einem Ausstellungskatalog, betrachtet das Puppenspiel als ein Tätigkeitsgebiet von Fahrenden im 17. und 18. Jahrhundert. Stadier, Edmund: Puppentheater. - In: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bd. 3. - Berlin: Walter de Grayter & Co., Zweite Aufl., 1977. - S. 289-315 Historischer Abriß zum Puppentheater in einem literaturgeschichtlichen Lexikon; gibt einen knappen Überblick über die Geschichte des Puppenspiels und eine Reihe von weiterführenden Literaturhinweisen; die faktischen Angaben des Artikels sind nicht immer zuverlässig; kompilatorisch entstanden. Kube, Siegfried: Schauspiel. - In: Deutsche Volksdichtung. Eine Einführung. - Leipzig: Reclam jun., 2., durchgesehene Aufl., 1987. - S. 261-294. - (RUB; 782) Artikel als Beitrag zu einer Einführung in die deutsche Volksdichtung; geht im zweiten, »Formen und Genres« überschriebenen Abschnitt auf das volkskulturelle Puppenspiel ein; stützt sich dabei vor allem auf die Erkenntnisse Edmund Stadiers aus dessen Lexikonartikel »Puppenspiel« zum >Reallexikon der deutschen LiteraturgeschichtePole Poppenspäler< (die Geisselbrecht zum Vorbild haben soll) mit den bekannten Fakten aus dem Leben Geisselbrechts; gibt eine Repertoireübersicht zu Geisselbrecht mit dem Vermerk der in Güstrow gespielten Stücke. Wegner, Manfred: Materialien zu Figur und Gestalt des Juden im Puppentheater des 19. Jahrhunderts. - In: Theatralia Judaica. Emanzipation und Antisemitismus als Momente der Theatergeschichte. Von der Lessing-Zeit bis zur Shoah. Hg. von Hans-Peter Bayerdörfer. - Tübingen: Max Niemeyer, 1992. - S. 164-183. - (Theatron. Studien zur Geschichte und Theorie der dramatischen Künste; 7) Thematisiert in historischen Momentaufiiahmen die Gestalt und Figur des Juden im Marionetten- und Handpuppentheater des 19. Jahrhunderts; geht unter anderem auf Geisselbrecht und Pocci, das Jahrmarktskaspertheater, das traditionelle Wandermarionettentheater und auf antisemitische Schaustellerartikel ein; stellt das Problem der Darstellung des »häßlichen Juden« in den jeweiligen sozialhistorischen Kontext.

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Register von Verfassern und Herausgebern zur »Annotierten Bibliographie wissenschaftlicher Abhandlungen zur Geschichte des Puppenspiels«

Anderson, Edith 226 Apel, Heinrich 196 Asche, Kurt 229 Asper, Helmut G. 227 Augustinowski, Elisabeth 222 Bayerdörfer, Hans-Peter 227, 230 Beckmann, Johann 182 BeiÜ, Richard 187 Belitska-Scholtz, Hedvig 205 Benjamin, Walter 200 Benkert, Katherina 211 Bernstengel, Olaf 209, 219, 224 Birmans, Manfred 207, 223 Bissegger, Ursula 215 Bittner, Konrad 186 Blum, Lambert 217 Boehn, Max von 187, 200 Bohatta, H. 195 Bohlmeier, Gerd 207, 223 Bohne, Monika 219 Bolte, Johannes 194, 196, 199 Bonk, Winfried 218 Brand, Matthias 228 Buschmeyer, Lothar 190 Chesnais, Jacques 204 Cramer, Hanns Hermann 197 Däbritz, Fritz 213, 217 Degering, Hermann 182 Dinger, Hugo 200 Dobrawsky, Maria 210 Donath, Inga 225 Drux, Rudolf 220

E.S. 198 Ebeling, Friedrich W. 183 Eglseer, Leopold 201 Ehrig, Agnes 221 Eichler, Fritz 191

Ellinger, Georg 194 Emmrich, Brigitte 221 Engel, Karl 192 Eversberg, Gerd 222, 229 Fabian, Gerhard 210 Fasel, Christoph 218 Fischer, Friedrich Johann 226 Fischer, Ingrid 214 Flögel, Carl Friedrich 182 Francis, Penny 208 Freytag, Gustav 188 Friedländer, Eva 209 Friess, Hermann 191 Gerlach, Claudia Mären 224 Gervais, Andre-Charles 204 Glanz, Luzia 191 Golz, Bruno 189 Graber, Georg 201 Gragger, Robert 197 Grässe, Johann Georg Theodor 192 Günther, Horst 217 Günther, Susann 225 Günzel, Klaus 227 Haacke, Petra 222 Haase, Gisela 216 Hagelgans, Elke 221 Hagemann, Carl 186 Hahlbohm, Rudolf 212 Häusle, Hugo 189 Hoevel, Ernst 189 Hoff, Annegudrun 214 Holl, Karl 187 Holz, Hannelore 213 Hörn, Franz 183 Hoschek, Elisabeth 215 Höser, Joseph 198 Hünnerkopf, Richard 197, 198

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J.W. 199 Jacob, Georg 181, 184, 185, 194 Jappe, Georg 212 Jeanne, Paul 181 Johannesson, Fritz (Prof. Dr.) 199 Jurkowski, Henryk 205, 208 Kavrakova-Lorenz, Konstanza 221 Kipsch, Walter 209 Klevenow, Heinz 217 Klimt, Christa 216 Knoche, Walter 199 Knoedgen, Werner 208 Kollmann, Artur 192 Koß, Bert 219 Krabbe, [Professor Dr. aus Rostock] 194 Kralik, Richard 184 Kube, Siegfried 228 Kunze, Axel 222 Küpper, Gustav 213 Kutscher, Artur 187 Lefftz, Josef 188, 199 Lehmann, Alfred 200 Leibrecht, Philipp 186, 190, 197 Lenz, Johannes 215 Lewalter, Johannes 196 Lewitter, L.R. 226 Liedloff, Helmut 210 Lux, J.A. 195 Magnin, Charles 183 Maindron, Ernest 184 Majut, Rudolf 190 Maser, Rolf 212, 216 Mayer, Friedrich Arnold 195 McPharlin, Paul 204 Meienreis, Sabine 214 Meilink, Wim 203 Merck, Heinrich 204 Merzdorf, Irene 213 Meyer, Curt 227 Meysenburg-Detmold, Otto Freiherr von 196 Minor, J. 195 Misselhorn, Dagmar 221 Müller, Dietmar 218 Müller, Wilhelm 196

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Naumann, Hans 187, 199 Netzle, Hans 188, 201 Messen, Carl 187, 193, 198 Nobel, Manfred 227, 228 Philapitsch-Aschober, Renate 215 Pischel, Richard 189 Polenz, Benno von 197 Poppe, J. O. M. 183 Poser, Stefan 224 Pschera,Karl 203 Purschke, Hans Richard 203, 205, 206, 207, 208, 228 Quade, Johannes 200 Raab, Alois 205 Rabe, Joh[anne]s E[mil] 185, 196 Raitmayr, Baoette 214 Ransome, Grace Greenleaf 181 Rapp, Eleonore 190, 204 Rebehn,Lars 225, 229 Rehm, Hermann Siegfried 185 Reich, Hermann 185 Reiniger, Rike 224 Reinöhl, Wilhelm von 192 Reuling, C. 188 Richel, Arthur 193 Richter, Johannes 230 Riedel, Karl Veit 206, 208 Riedelsheimer, Anton 185 Rohrbach, Gottfried 215 Rudin, Bärbel 228, 229 Sandig, Holger 211 Sauer, Lieselotte 218 Schauwecker, Detlef 214 Schedler, Melchior 205 Scheuert, Hans 210 Schindler, Friederike 211 Schlieper, Catharina 222 Schmidt, Hugo 181, 182, 193, 196 Schmidt, Leopold 226 Schmitt, Christoph 230 Schneider, Ilse 190 Schnorr, Günter 203, 226 Schön, Theodor 195 Schott, Georg 189 Schulze, Andrea 218

Schumann, Prof. Dr. 197 Schütze, Paul 194 Schwering, Max-Leo 206 Sehrt, Ernst Theodor 201 Siegel, Michael Harro 228 Stadier, Edmund 228 Suhr, Ernst-Friedrich 206 Sultan, Mostafa Abdel Hady 223 Taube, Gerd 209, 223, 225 Tauber, Serge 211 Technau, Silke 209, 228, 229 Templin, Gisela 219 Theobald, Rainer 229 Thieme, Willem L. 198 Tugend, Gabriele 219 Turra, Hanni Lore 213

Walzel, Oskar F. 195 Waszkiel, Marek 209 Wegener, Karl-Heinz 211 Wegner, Manfred 208, 217, 230 Wehmeier, Marion 207 Weigel, Alexander 228 Weinkauff, Gina 206, 209, 216 Weisstein, Gotthilf 193 Werner, Richard Maria 184 Windbichler, Tatjana 220 Winter, Joseph 184 Wipp, Konrad 225 Witte, Ernst 189 Wittich, Engelbert 200 Wittkop-Menardeau, Gabrielle 204 Wundt, Wilhelm 186 Zangerle, Emanuel 200

Ulrich, O. 194 Valenta, Reinhard 223 Verdel, Helene 220 Vierlinger, Emil 191

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