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German Pages 86 [90] Year 2007
GOTZ KUBITSCHEK
Provokation
Verlag Antaios
kaplaken 6
Götz Kubitschek PROVOKATION
über den Autor
Götz Kubitschek,
geboren 1970,
las Homer im
Origi-
aber beides nal und diente als Leutnant in Sarajewo, den Verlag Antaios und ist lange her. Heute führt er Zeitschrift Sezessiverantwortlicher Redakteur der ist
on.
seiner Frau Ellen Kositza Er lebt seit 17 Jahren mit Schnellroda in dem
und
seinen Kindern
Rittergut
auf
Sachsen-Anhalt. Kubitschek
glaubt
nicht
an
kation (2007) nun um
vor.
die
publiziert
Wirksamkeit
jedoch
war
ein
sparsam und
vieler Worte. Provo-
Auslöser-Text.
Er
liegt
in dieser Neuauflage ein Nachwort ergänzt
GOTZ KUBITSCHEK
Provokation
VERLAG ANTAIOS
kaplakenh6
O2007
Verlag Antaios Schnellroda www.antaios.de
Buchgestaltung und Satz: Oktavo,
Hohen
Gedruckt in Deutschland
Wangelin
oitslovo9
Die Deutsche Bibliothek
-
CIP-Einheitsaufnahme
Kubitschek, Götz:
Provokation
Reihe kaplaken, Bd. 6, 86 Seiten, gebunden Dritte
Auflage, Verlag Antaios, Schnellroda
ISBN: 978-3-935063-76-0 196lq6
2019
Inhalt
Wir
Ihr
Der Vorsatz
27
Das Zögern
Ich Der Anlauf
7
. . .
Du Der Sprung
49
64
Moralische Selbstverzauberung
Nachwort zur Neuauflage....
71
Last uns,
wenn
wir
uns
treffen,
niemals über das Harmlose reden.
Wir
Der Vorsatz
Angesichts der
angesichts Führung der
Heerscharen blinzelnder
der verantwortungslosen
Deutscher;
politischen
letzten Jahrzehnte, die ihre Rente
nun
in
dem Bewulßtsein zu verprassen ansetzt, daß es für sie allemal reichen wird; angesichts des lahmen Protests derer, die revol-
tieren müßten: Selbst die jungen Hartz-lV-Empfänger raffen sich nicht
auf;
sie werden der Härte ihres
Schicksals beraubt durch ein warmes Wohnzimmer, Nachschub an Nahrung und Flüssigem, eine Spielkonsole, Fernseher, DVD-Gerät und die Möglichkeit, mit ihrer Freundin zu verkehren; angesichts der gescheiterten und der nie gewagten
folgenlos
und
Experimente eines zersplitterten, personell teriell schwachen rechten Flügels unserer politischen ma-
Landschaft;
angesichts der
verrinnenden Zeit
(ständig läuft je-
mandes Zeit ab: die der nie gezeugten, die der
un-
geboren gemordeten, die der jämmerlich erzogenen Kinder: Es ist jedesmal die Vorbereitungszeit auf die Zukunft Deutschlands, die da verstreicht, ohne daß
etwas Zukunftsträchtiges geschähe); 1
angesichts Umwälzung land keine dann
dieser
Lage also, sollten
wir
der
einer
politischen Verhältnisse in DeutschAngst haben. Verzweiflung sollte uns nur
befallen,
wenn wir
feststellen, daß
und das sind in diesem Fall die Frauen- keine Kraft mehr
Todkrank,
vor
zu
unser Volk
jungen Männer und einer Umwälzung hat.
wie unsere Nation ist, wäre
es
schon viel.
wir eine Krise wahrnähmen: Denn eine Krise ist besser als ein Sich-Dreinfinden, ist besser als das
wenn
letzte Lächeln
vor
Eine Krise ist ein
dem Tod. mit
lin
Jacob Burckhardt gesprochen
»fiebriger Zustand«:
Wer in der Krise ist, der
ringt noch; wer in der Krise steckt, der hat noch nicht
aufgegeben, sondern steht am Scheideweg: Im kritischen Zustand muß sich erweisen, ob sich für eine Genesung noch genügend Kraft im kranken Körper
findet. Im kritischen Zustand) werden deshalb stets zwei Wege sichtbar: Der eine führt nach vorn in ein
Leben, das vom alten durch die Erfahrung der be wältigten Krise geschieden ist; der andere Weg führt zurück in das Stadium vor der Krise. Aber was hält
dieses Zurückfallen, dieses Weitersiechen für ein Leben bereit? Verwesungsatmosphäre, ein bißchen
Gutwetterpolitik, mehr ist das nicht mehr. 8
Dies muß
unsere
Frage
vor
allen anderen
Fragen
Tun sein: wie eine deutsche Zukunft allem und aussehen könnte. Also: nicht irgendfür Deutschland vor
Land,
Zukunft in eine und irgendjemandes deutsche Zukunft. Ginge es nämlich eine sondern Zukunft (und die multikulturelle Zuunserem
irgendeine kunft ist irgendeine, die um
kinderlose
könnten wir Altwerden auch), dann teren Gedanken
kunft es
auch bloß
erfolgreicher
-
-
uns
jeden
wei-
könnten wir die Zusparen. Dann
Familien
unserer
auch, das fette
irgendwo gedeihen lassen, wo
und aber vielleicht hemmungsloser eindarum geht, sich als Verbraucher
zurichten.
und
Irgendeine Deutschland
»spannend«
zu
finden,
in
Zukunft
irgendjemandes
klammert den
Das ist deutsches Boden aus, auf dem wir stehen: es, und wie jämmerlich wäre
Land, wenn
noch,
immer
wir in
unserer
Nation nicht
den Leib geschneiderte Zukunft dern eine -
um
eine
um
ringen
uns
würden,
weltweit eine austauschbare, eine
auf
son-
gängige,
ortlose.
großes
Ex-
Behauptungen periment, Sie ist entgegen aller
und
ein Die multikulturelle Gesellschaft ist
Schreibtischentwürfe
oder keineswegs friedfertig
ein
9
buntes Fest, sondern
walt,
vor
allem dort,
aggressiv
wo
bis
zur
sich eine starke
offenen
Ge-
ausländische
Unterschicht in zweiter oder schon dritter Generation
eingerichtet hat, ohne assimiliert zu sein, und stän-
dig aufwachsend durch den Zuzug hungriger dritter, vierter Söhne. Die deutschen Jugendlichen, die man-
cherorts längst in der Unterzahl sind, haben der offe nen Gewalttätigkeit türkischer, arabischer, kurdischer nichts entgegenzusetzen. Sie werden gedemütigt, verfolgt, bedroht, erpreßt, miß-
Jugendbanden
beleidigt, handelt, verprügelt,
krankenhausreif
geschlagen,
mit-
lebensgefährlich verletzt, und ab und an wird nicht willens. auch einer totgeschlagen. Der Staat ist vorzudieser massenhaften Kriminalität einen Riegel unter
schieben, obwohl
er
die Machtmittel dazu hätte und sich
ohne Abstriche für das GewaltmonopoB im Innern was er müsreklamiert. Weil der deutsche Staat das, weil er sich nicht in könnte, es e r obwohl te, nicht tut, Uberder Lage sieht,
seine
(jungen) Staatsbürger
vor
Staatsbürger) Ausländer (teils ebenfalls durch griffen Recht, ihren alles Betroffenen die z u schützen, hätten
Schutz selbst zu organisieren.
Wir
bewegen
gerkrieg
uns
nennen
auf das
Vorbur wir den wissend, wie gros
zu, was
sollten, wohl
»Bürgerkrieg« ist, wie unvorstellbar die Angst und Zerrüttung, wenn eine echte Wolfszeit
das Wort
vom
anbricht. Dennoch: Vorbürgerkrieg. r
ist gekenn-
latenten Konflikten entlang von Bruchlinien, die mitten durch die Gesellschaft verlaufen.
zeichnet
von
Es fehlt die Offensichtlichkeit des Konfliktpotentials: Wer die Bruchlinien wahrnehmen
will, wird
Dut-
zende Beispiele finden und auf den Begriff bringen können.
Jedoch
ist auch das
Gegenteil möglich: den
schwelenden Konflikt und sein exemplarisches Auflodern abzutun und den Vorbürgerkrieg zu bestreiten. Es sind diese Deutungsspielräume, die das entschlossene Handeln derer, die in diese Auseinanderandauernd untermisetzung hineingezogen werden, nieren. Hineingezogen in die vorbürgerkriegerischen Konflikte werden die Deutschen, vor allem die jungen
Deutschen, und die deutsche Seite droht aufgrund einer nicht nur historisch bedingten Rückgratschwäche zu unterliegen. Ein zweites tritt hinzu: Es fehlt eine Kriegserklärung. Wie in einer
langen Dämmerung wird
nach und nach
derjenige, der wach war, als lationsstufen längst wahrnehmen konnte.
offensichtlich,
was
Eska-
Bereits kurz nach der Wende
beschrieb Hans
Magnus Enzensberger kleinen Studie ussichten auf den Bürgerkrieg die kommenden Auseinan in den westlichen Staaten mit dersetzungen hohem in seiner
Ausländeranteil als den
(1993). Das nete,
»molekularen Bürgerkrieg« »Molekulare« ist das Diffuse, Ungeord-
Schleichende,
die schrittweise
Eskalation,
das Indifferente, das Unklare: Obwohl deutschen Schü-
lern massenhaft widerfährt, was eingangs beschrieben wurde, sehen viele Deutsche darin weiterhin kriminelle Einzelfälle, die von Polizei und Justiz wie Einzelfälle zu behandeln seien und nicht wie ein beschreib- und kategorisierbares Wer
jedoch
Massenphänomen.
Kinder hat, als Polizist für Recht und
Ordnung sorgt, wer nicht viel verdient und nicht in bessere Viertel ausweichen kann, wer an einer Schule mit hohem Ausländeranteil unterrichtet, wird vom Einzelfall absehen, wird ihn nicht mit der Gesamt
entwicklung verwechseln und keine Bereicherung empfinden, sondern vor der Frage stehen, ob er sich wehrt oder ob er verschwindet. Wünschen wir uns die Krise! Sie bedrängt, sie bedroht unser krankes Vaterland zwar, aber gerade dies weckt vielleicht seinen Mut, ins Unvorhersehbare ab12
zuspringen und das zu wagen, was den Namen »Politik« verdiente: Nur kein Rückfall ins Siechtum, ins Latente, ins Erdulden!
Wünschen wir uns die Krise! Sie beseitigt die ganz
unverhältnismäßig angewachsene Scheu vor Störung und bringt frische und mächtige Individuen hervor. Dann ist kein Halten mehr, dann pflanzen sich die aufrührerischen ldeen wie im Funkenflug fort, finden sich überall Mutige, die den Angriff auf die eben noch uneinnehmbaren Bastionen wagen, bricht sich ein Enthusiasmus des Anfangs Bahn und wird die Beseitigung des gerade noch allgemein Anerkannten ohne Zögern ins Werk gesetzt. Wünschen wir uns die Krise! Das Unmögliche muß möglich werden, und wenn wir unserer Nation noch etwas zutrauen, dann sollte es nicht we-
niger sein als das Unvorstellbare: die Rettung ihrer
Substanz, die Bewahrung ihrer Möglichkeit, zu sich selbst
zu
gelangen
und wieder als die Mitte
Europas
aufzuscheinen. Lob der Krise, dem Zustand des
Möglichen! Lob der
Epidemie des Mutes, die um sich greifen soll! Lob
jedem Fluchtversuch aus dem Kerker der Ver-
zagtheit! 13
Denn die Bewältigung der Krise ist keine physikali-
sche oder biologische Gesetzmäßigkeit, kelnesfalls ein zwangsläufiger Prozeß: Was geschieht, wenn der Drang nach Genesung. nach einem Sprung ins
Offene, nach Erneuerung, nach Umwälzung nicht stark genug ist? Was, wenn die Sicherheitsdenker
die dem Durchwurschteln, dem kleinen Leben etwas abgewinnen können - den Schritt nach vorn verhindern? Wenn das Volk, die Mehrheit, die Gesellschaft träge und schwer keinen Ruck verspüren, son-
-
dern weiterblinzeln möchten? Auch dann ändert sich die Lage. Auch dann geschieht etwas. Dann fällt da
keine Entscheidung, dann handelt da niemand, und es steht auch nicht die nach vorn gerichtete Frage im Raum: »Was werden wir tun, um die Krise zu über-
winden?« Vielmehr läßt unser Volk, läßt unser Land einfach etwas geschehen, läßt etwas mit sich machen und duldet amorph. Dulden? Das wäre ja etwas, worauf sich aufbauen ließe! Wer duldet, hat eine Ahnung von einem bes-
Leben, hat eine Ahnung davon, daß ihm etwas widerfährt, was er hinnehmen muß oder vielleicht nur seren
aus
Schwåche, Feigheit, Zermürbung hinnimmt.
Wer
duldet, der weiß, daß ihm eigentlich etwas anderes 14
anders auszusteht und dalß elin stolzes Leben ganz sieht. Aber ist die Ruhe, die uns umgibt, wenigstens eher ist sie eine Grabees ein Dulden? Wohl nicht: Viel seltene Laute, weil ruhe, unterbrochen bloß durch die Temperatur in der letzte Mensch Laut gibt, wenn
Grad sinkt. seiner lauwarmen Wanne um ein paar
Diese Laute sind jüngst ein bißchen drängender
geworden, und gleich rer
Karre«
ist das
große Wort von
gefallen, die es aus dem Dreck zu
gelte, die wir »alle gemeinsam« aus ten
»unse-
wuchten
dem Dreck wuch-
müßten. Plötzlich sollen wir wieder ein »Wir«, ein Nachfünfund-
weltoffenes, geläutertes, aufgeklärtes vierziger-Wir sein, das mit dem Wirtschaftswunder,
dem Wunder von Bern und dem von Lengede gleich drei Gründungswunder vorzuweisen hat einem Dutzend rabenschwarzer
Hintergrund alles
doch
so
Jahre,
vor
-
nebst
dessen
hell erscheint. Wir alle
sollen »Deutschland« sein, jeder einzelne zwar vor allem für sich, aber doch alle zusammen auch für die vielen Ichs, für ein buntes Wir, weil es von uns Nor-
malbürgern einer alleine nicht packen Was
packen?
Was absichern? Was
kann.
verlängern
in
eine multikulturelle Zukunft hinein? Es mag sein, daß das Deutsch-Sein sich bei den meisten darauf
15
beschrànkt, ein normales Arbeits- und Konsum-Leben in einer deutschen Umgebung zu führen, unter deutschem Recht und Gesetz und ausgestattet mit all den Annehmlichkeiten des deutschen Staats in seiner
heutigen Form. Aber bei einem solchen doch recht bescheidenen Minimalkonsens darf der notwendige Nachsatz nicht fehlen: daß dies zwar nicht viel sei. aber immerhin die Möglichkeit einer anderen, gleichwohl wiederum deutschen Zukunft offenhalte. Im
schlechten Fall bleibt es eben für eine lange Zeit beim Arbeiten und Konsumieren. Der multikulturelle Arbeits- und Konsum-Staat
hingegen bleibt bestenfalls eben dieser multikulturelle Arbeits- und Konsum-Staat. Im schlechteren Fall
aber versucht eine der demographisch dynamischen Minderheiten (die in vielen westdeutschen Städten bald Mehrheiten bilden), unseren Staat anders zu or ganisieren oder zumindest so etwas wie Räume anderen Rechts zu bilden. Deutsche, die in oder in der
Nähe solcher Zonen leben, müssen in ihrem eigenen. dem deutschen Staat, erleben: Binnenvertreibung.
Kriminalität, Zivilisationsrückschritte, Gewalt, Senkung des Bildungsniveaus, mannigfache Ausnutzung der
Sozialsysteme,
eine andere
Lebensordnung undsoweiter. 16
Rechts-,
eine fremde
Gegenwehr oder Verschwinden: Das sind die beiden Möglichkeiten, die wir haben. Wie man ver schwindet, hat Jean Raspail im Heerlager der Heiligen
bedrückend beschrieben. Der Kampf um die Vorherrschaft im eigenen Raum ist ein Kampf, keine Diskussion. Wenn eine Seite die Kraft für die Auseinander-
setzung nicht aufbringt, verschwindet sie einfach. Oder mit anderen Worten: Wenn wir Deutschen zu zivilisiert für die Notwendigkeiten des Vorbürger-
kriegs bleiben, ist die Auseinandersetzung bereits entschieden: »Nur Barbaren können sich verteidigen, sagt Nietzsche.
Allgemein gewendet: Wem sein Vaterland lieb ist, muß den Vorbürgerkrieg gewinnen, bevor er unbeherrschbar wird. Und daß dieser Krieg neben dem handfesten, den die Polizei und jeder Angegriffene auf der StraBe und in seinem Viertel auszufechten hat, vor allem ein geistiger Bürgerkrieg gegen die Lobbyisten der Zersetzung ist, müssen wir die eine, traurige Wahrheit predigen, wo wir zu Wort kommen: Es sind die Deutschen selbst, die gegen ihr Land und gegen ihr Volk arbeiten. Es sind die Deutschen
selbst, die das Experiment einer neuen Gesellschaft nicht und auch nach der zwanzigsten Lektion noch 17
immer nicht beenden wollen. Es sind die Deutschen selbst, die ihre Zukunft abtreiben oder gar nicht erst zeugen und sie so in fremde Hände geben. Aber nicht alle Deutschen sind so. Und diejenigen, die nicht so sind, müssen die Lage erfassen. Diese Lage scheint eindeutig zu sein, aber wie immer ist sie bloß für denjenigen eindeutig, der in bester Barba-
ren-Manier die Kunst der Vereinfachung komplexer Sachverhalte noch beherrscht. Aber diese BarbarenManier, diese Ubersetzung des Wahrnehmbaren in
ein klares Weltbild und einen simplen Auftrag, ist mit Sicherheit das genaue Gegenteil von dem, was die-
jenigen wollen, die
seit einiger Zeit zum Einsatz für unser Land auffordern. Da wird immer wieder uns
von ganz oben ein Ruck herbeigeredet, der durch
Deutschland gehen solle. Einmal abgesehen davon, daß mit diesem Ruck immer bloß ein ökonomischer Ruck gemeint ist: Merkt
denn keiner, wie es die Macher solcher Ruck-Kamhalb pagnen anekelt, daß sie dieses »Wir«, dieses totgeschlagene deutsche »Wir« wieder reanimieren müssen? Es ekelt sie an, obwohl es sich doch blols
um die aller großen deutschen Geschichte entledig18
te
BRD handelt, für die
man
jetzt
ein bißchen das
bürgerliche Engagement, das fröhliche
»Wir« mun-
terkitzeln soll.
Hört denn keiner, daß es dieselben Stimmen sind, die heute von Zusammenhalt, von Solidargemein-
sprechen, und die noch gestern und seit wenigstens dreißig Jahren
schaft,
von
nationalem Aufbruch
überhaupt an diesem Land, an Deutschland, kein gutes Haar
lassen konnten?
Weiß denn keiner, daß es dieselben Typen sind, die sich als gutbezahlte, narrenfreie Aufseher über die ewig unberechenbare, ewig bescheuerte deutsche Nation sahen und sehen? Sieht denn keiner, daß es dieselben Maulwerks
burschen sind, die konsterniert über den Ausbruch kollektiver Macht in den Tagen und Jahren der Wie
dervereinigung für
eine Weile nicht wußten, ob ihr
Fähnchen jemals wieder würde im Wind flattern dür-
fen, und die durchatmeten, als sich die Begeisterung und die Opferbereitschaft endlich legten und der
Dunst eines rigiden Meinungsklimas westdeutschen Zuschnitts auch in den »neuen« Ländern in jede Ge-
hirnfalte sich
zu
senken
begann?
Spürt also keiner, daß die Verantwortlichen für die
Zerrüttung Deutschlands einfach nur noch ungestört 19
davonkommen wollen, wohl wissend, daß all die Eit
le, in der sie
trotz
Nachkrieg und deutscher Teilung
groß werden durften, auf Jahrzehnte verschleudert. die geistigen Grundlagen für eine Regeneration unter Eimern von Jauche erstickt und verrottet sind? Weil wir aber dieses verantwortungslose Intellektua-
lisieren, dieses experimentelle Politisieren, dieses per-
fide Denunzieren, dieses vollgefressene Spötteln über den deutschen Michel so ganz und gar satt haben; weil wir die listige Absicht, der Krise scheinbar abzuhelfen und das Fieber künstlich zu senken, durchschauen und die halb gelangweilten, halb beunruhigten Akteure kennen; weil wir also einen Gegner haben, ist es an uns,
die Krise als Chance zu nutzen. Die Zuspitzung der Das Begriffe und die Kennzeichnung der Gegner:
sind unsere Aufgaben. Kennzeichnet es den Gegner,
wenn
wir
klug über ihn
ihn, wenn wir wissen, was ein Denker angerichtet, ein Täter kaputtgeschla-
schreiben? Kennzeichnet es
gen hat?
Hüten wir uns davor, die Wirkung des geschriebenen
der Aufklärung Worts, des luziden Gedankens,
20
zu überschätzen. Selbst wenn es sich nicht um das
unerhörte und ungehörte Wissen von uns Wenigen handelte, sondern um Kenntnisse, die an Lehrstühlen erarbeitet und über ganze Semester ausgekippt würden: Was wäre all dieses Wissen gegen die eine Tat, die das, was man blos wulßte, verdichtet und übersetzt und mit einer Uberzeugungskraft auflädt, die die
Lektüre einer halben Bibliothek überflüssig macht! Verbrämen wir niemals unsere lehrreichen Ver-
sammlungen und Gespräche:
Sie
gleichen dem
Bau
eines Museums, wenn sie nicht zum Bekenntnis und zur Tat beflügeln. Irgendeiner muß doch den Speer ein Stückchen weiter schleudern. Jeder muß doch dort, wo er steht, davon zeugen, daß es auch einen
anderen Blick auf die Dinge gibt, eine rechte Sicht, und eine Art sich zu bewegen und überhaupt zu le-
ben, die dazu paßt. Dieses Zeugnis ist an und für sich schon eine Provo kation, bekennendes Leben ist provozierendes Leben. Provokation, kluge, arrogante, witzige, schockieren
de, plötzliche, stete, situative Provokation ist für unseren Zweck das unausweichliche und das geeignete
Mittel. 21
Natürlich
ist
Provokation
ein
Modebegriff,
ein ausgequetschtes Wort. Nicht alle, aber die meisten Künstler, Quer-, In- und Vordenker provozieren bewußt und
dosiert oder
entwurf und
diese
Marktnische, Provokationen Gleise,
Provokation tut
hemmungslos, je nach Selbst-
ins
und meistens nutzen die verhindern, daß die
Abseits führen könnte. Provokation
dann bloß noch
so, als
wolle sie
der »Gesellist sie bloß eine in
schaft« etwas verändern; eigentlich strategische und verkaufsfördernde Maßnahme. Man muß als
Neuling
heute provozieren, um noch wahrgenommen zu werden, und so mancher abgehalfter te ehemalige Prominente taucht sein Haupt in einen
Eimer voller Maden, um sich wieder ins Gespräch zu
bringen. Der Eimer voller Maden bringt uns auf wichtige Fra-
gen: Was erregt die Menschen im Zeitalter der Tabubrüche noch? Wer läßt sich provozieren, was sind die Regeln? Und was ist uns und unserem Denken Provoangemessen? Und ist es nicht so, daß jede oder kation, wenn sie der Auftakt zu Umwälzungen wl, deutlichen Kurskorrekturen sein Platz haals Baustein innerhalb einer Strategie ihren
auch bloß
ben muß? 22
zu
Rechte Strategie! Da nutzt es gar nichts, daß wir näher an der Wahrheit über den Menschen an und für sich und am bundesrepublikanischen KonsumSchweinchen sind als jeder Linke; ebensowenig kann die bedeutende Tatsache in politische Macht umgemunzt werden, daß rechte Prognostik seit Jahrzehnten den Fehllauf der Dinge richtig vorhersagt: Auch die Nach-Wende-Rechte, dieser Bannerträger einer nicht mehr ganz jungen Neuen Rechten, ist politisch ohne Machtbasis geblieben, kann überhört, übersehen, überblättert werden.
Und so führt an der Provokation kein Weg vor bei. Sie ist oft das einzige Mittel der Schwachen: Wer über Machtmittel verfügt, der drückt, was er möchte, einfach durch, erzählt, was er möchte, einfach auf allen Kanälen. Wer keine Macht hat, bereitet
sich lange und gründlich vor, studiert die Reflexe des Medienzeitalters und erzwingt durch einen Coup öffentliche Wahrnehmung. Denn daran muß sich der Provokateur messen lassen: Was nicht in den Medien
war, ist aus der Welt, hat nicht stattgefunden, nicht
verfangen.
Für die stille
Bildungsarbeit mögen andere
Gesetze gelten: Provokationen leben von der Wahr-
nehmung, denn ihr Ziel ist,
eine Reaktion
(und sei
nur die Verblüffung) hervorzurufen. 23
es
Wahrgenommen
wird
das
Unerwartete, wahr
genommen wird der gezielte Regelverstoß, wahr-
genommen, zwingend wahrgenommen wird die bewußte oder unbewußte Verletzung des Regelwerks der Harmlosigkeit, das die derzeitige deutsche, nur scheinbar nach allen Seiten offene Herr schaftsstruktur absichert und bewehrt. Was ist das für ein Regelwerk? Im kommunikativen Bereich, dem »Miteinander-Reden« (dem Kernstück demokratischer Verfaßtheit also), sind der Konsensdiskurs und die Folgenlosigkeit die stillen Gesetze.
Der Konsensdiskurs ist die flächendeckende talkshow: Über fast alles wird geredet, nichts wird entschieden, Konsens auf einem Minimalnenner ist stets und un-
ausgesprochen der Zielpunkt. Die Folgenlosigkeit
ist
die zweite Grundvoraussetzung solcher Zusammenkünfte. Sie ist der sichere Ausweg für jeden, der von
zuviel Ernst in die Enge getrieben wird. »Harmlos
über das Harmlose reden«, so hat Günter Maschke diesen folgenlosen Konsenslärm einmal genannt. Nie konkret werden, die Dinge einfach einmal unge schützt dahersagen, so frei von der Leber weg ma ein paar Ideen haben: Wer den Unernst dieser sant ten
Denker nicht als
24
Spielregel begreifen, nicht ste
henlassen will, findet auf den Sofas der Konsensrunden keinen Platz.
Und so sind denn auch die Provokationen vieler Künstler, Quer-, In- und Vordenker von der Sorte
Provokation, über die wir sprechen, zu unterscheiden. Für ijene ist Provokation der Versuch, eine Einladung an die Futtertröge zu erhalten. Für uns ist Provokation keine Verkaufsstrategie, und die Hoffnung auf den Einbau in den satten Diskurs gäbe all unser Tun der Lächerlichkeit preis. Unser Ziel ist nicht die Beteiligung am Diskurs, sondern sein Ende als Konsensform, nicht ein Mitreden, sondern eine andere Sprache, nicht der Stehplatz im Salon, sondern die
Beendigung der Party. Keine Bange! über die Beendigung der Party sollten wir uns keine großen Sorgen machen: Solange es kaum einen wirkungsvolleren Schock gibt als jenen,
des Denkens mächtig und rechts zu sein, solange wird sich jede Party von selbst auflösen, wenn einer Von uns zu ungebetener Stunde sein Bekenntnis ablegt oder bloß unmißverständlich seine Meinung
sagt und die Herkunft dieser Meinung preisgibt. Provokation ist das Hinweisschild an unerwarteter
Stelle, ist ein Zündeln am Holzstoß, der Holzstoßs 25
bleiben oder Signalfeuer werden kann, ist die Heimdie nicht suchung derer, gestört werden wollen. Und diese Furcht vor Störung, Unruhe, kennzeichnet die
heraufziehende
Krise.
Ungebeten
wird das sein,
was
wir tun sollten.
Fragen
ten
Ungebetene Gäste mit unerwünscherscheinen am konsensschwangeren Ort
und konfrontieren den seiner
unangestrengten Star inmitten
Heimspiel-Atmosphäre
mit einer
Leiche, die
man in seinem Keller fand.
Wann zuletzt
schlug
einem dieser Anti-Deut
schen, denen wir in Verantwortung für unsere Nation
den
geistigen Bürgerkrieg längst erklärt haben, im
Moment seines Auftritts nicht
erwartungsloses Wohlwollen entgegen, sondern plötzlich und ungebeten so etwas wie Verachtung oder echter Mangel nur
an Versöhnung?
Wann zuletzt fühlten diese Leute sich wirklich ge-
stört, verunsichert, angekratzt? Weiß Weiß
jemand, wann das war? jemand, ob dies je so war?
Jedenfalls wird
es
satz treten wir an!
26
Zeit
dafür. Und
mit diesem
Vor
Ihr Das Zögern
Ihr haltet unseren Vorsatz, provokativ zu handeln, für falsch?
Ihr haltet für unstatthaft, was wir vorhaben? Ihr empört Euch über die Anhäufung von Klischees in der Begründung unseres Vorsatzes? Das haben wir verstanden.
Was aber ist gegen ein Klischee, gegen die holzschnittartige Erfassung der Lage einzuwenden? Warum sollten wir im flüchtigen Individuum
nach dem Individuellen suchen, wenn es sich doch so offensichtlich mit allen klischeehaften Attributen einer leicht durchschaubaren Sozialisation in einem ganz bestimmten Milieu umgibt? Eine solche
Selbstverortung hat nicht zufällig einen bestimmten Stil, eine Optik, einen Lektürekanon, eine bestimmte Art sich zu geben, sich zu setzen, etwas zu be-
anspruchen. Hinter klischeehaften Attributen nicht die Signale einer Selbstverortung wahrnehmen zu wollen, zeugt Von der Hemmung, die Umgebung rasch zu sortieren. Und es zeugt von der überschätzung des Individuums: In einer
Großstadt
bewegen sich
ein paar tau 27
Persönlichkeiten und fünfundzwanzig Typen, mehr nicht. Wollt Ihr widersprechen?
send
gestehen freimütig:
Wir
Wir halten nicht viel von
langwierigen Begründungen, von Herleitungen, von der
systematischen Stimmigkeit unseres Handlungs
antriebs: »Diskussion ist der Name des Todes, wenn er beschließt, inkognito zu reisen«, sagt Donoso Cortés. Schaut Euch doch um! Was gibt es da noch zu
fragen und zu quatschen? Uns liegt nicht viel daran, daß Ihr unseren Vorsatz versteht. Wozu sich erklären? Wozu sich auf ein Ge-
spräch einlassen, auf eine Beteiligung an einer Debatte? Weil Ihr Angst vor der Abrechnung habt, bittet Ihr uns nun an einen Eurer runden Tische? Nein, die-
Mittel sind aufgebraucht, und von der Ernsthaftigkeit unseres Tuns wird Euch kein Wort überzeugen, sondern bloß ein Schlag ins Gesicht. se
Aber auch wir
-
dies
zu
Eurer
Beruhigung geraten
in Gespräche, die uns innehalten lassen. Auch wir
tragen uns mit Gedanken, die unseren Anlauf hemmen. Auch unser Leben kennt das Gebrochene. das Zögern, und weil wir ehrlich sind, sagen wir leichthin: Manchmal 28
zögern wir noch immer.
Da war dieser junge Mann, schwärmerisch, intelligent und überspannt. »Uberspannt« ist wörtlich gemeint: Die Sehne seiner Seele war zum Zerreißen gespannt, ein Pfeil lag auf, und ein Wort hätte genügt, um diesen Pfeil in ein Ziel zu jagen. Wir spürten: Dieser junge Mann wollte etwas tun, er wollte keine Zeit
verlieren, er litt an der Situation Deutschlands und wollte sein Vaterland retten, er war einer von uns. Er suchte
militärisch gesprochen - einen Verfügungs-
raum, einen Marschbefehl, einen Gegner. Es kam zu einem langen, nächtlichen Gespräch in
kleiner Runde, wir diskutierten über das Machbare und das Aussichtslose. Der junge Mann beteiligte sich rege, er war belesen und kannte seine, kannte
unsere Begriffe. Wir sprachen über eine umfassende reconquista, über eine notwendige zweite Umerzie-
hung, eine Art Gegen-Aufklärung, die aber dennoch nicht dazu führen dürfe, daß sich die Welt weiter entzaubere. Wir waren alles in allem einer Meinung.
Nur in einem Punkt nicht: Der junge Mann sprach von Hebeln, die man umlegen müsse, sprach davon, dals eigentlich alles machbar sei, wenn man nur
wolle, und hielt jeden Mißerfolg für einen Beweis mangelnder Anstrengung. Er ging davon aus, das 29
es
bloß auf eine hinreichende
Zusammenfassung
des Willens politisch Gleichgesinnter ankäme, um
der eigenen Meinung und den eigenen Zukunftsentwürfen Geltung zu verschaffen und den Sieg davon-
zutragen. unter »Sieg« verstand er die Neuordnung der deutschen Verhältnisse nach den Vorgaben eines nationalen Imperativs«: Was der Nation gedeihlich
sei, müsse und dürfe umgesetzt werden. Der junge Mann sprach vom »neuen« Menschen und von der »neuen« Zeit, und er sprach von der Absicherung
dieser neuen Zeit, der ein Rückfall in alte Fehler, ein Verfall überhaupt erspart bleiben müsse. Der junge Mann sprach von einem Ende der Geschichte, vom
notwendigen Anfang dieses Endes und von dem Auftrag, Vorkämpfer dieses Anfangs vom Ende zu sein. Er
sprach von
seinem Lebensentwurf.
Ihr könnt uns glauben: Es fiel uns nicht leicht, dem
jungen Mann so zu widersprechen, wie wir es dann taten. Wir
spürten
seinen Wunsch nach einem politischen Rausch und einer berauschenden Tat und einer
Bestätigung seiner Kraft, mit der er zumindest die deutsche Welt aus den Angeln heben wollte. Aber wir unterstützten diesen Vorsatz nicht, sondern erschutterten seine 30
Hoffnung auf die Machbarkeit der groSen
Dinge und bremsten seinen Handlungsdrang, Wir widersprachen seinen Vorstellungen von der Möglichkeit, den Menschen und die Zeit »neu« zu machen, wir widersprachen seiner Vorstellung von der Wirkungs-
macht des guten Willens. Wir kühlten ihn ab, und das gefiel ihm gar nicht, er konnte es auch nicht verstehen. Tief gekränkt wandte er sich ab und verstummte. Sein Verstummen hat uns getroffen. Denn wir brechen für junge Männer seines Schlags stets eine
Lanze. Ein junger Mann muß brennen, er muß aufs Ganze gehen wollen und vieles oder alles für möglich halten. Er muß auf eine notwendige Art und Weise überspannt sein, rücksichtslos gegen sich und un-
gehalten über jedwede schicksalhafte Beschränkung seiner Kraft und seiner Entwürfe. Und er sollte nicht zuletzt die Lauwarmen verachten, diejenigen, die sich für schlau und den jungen Mann für einen ldioten halten, obwohl sie im selben Alter sind wie er. Jeder kennt diese Lauwarmen, diese früh Gealterten, diese
Schlauberger, die sich nie in eine Waagschale werfen, sondern immer warten, bis die Waage sich nach einer
Seite hin geneigt hat und man sich ohne Risiko auf die Seite schlagen kann, auf der es ans Mitverdienen
und Pöstchenverteilen geht. 31
Der junge Mann, um den es hier geht, war kein Lauwarmer. Er verstummte fur zwei Jahre, und dann
tauchte er wieder auf, um zu berichten: Er war mit seinem Willen, die Verhältnisse zu zwingen, an seiner Umgebung gescheitert, und zwar in genau der
atemberaubenden Geschwindigkeit, die zu ihm und seiner Ungeduld pa late. Er war mit seinem Hand
lungsdrang in die Mühlen einer Splitterpartei geraten und zu Pulver zerrieben worden. Für seine Entwürfe und Ideale hatte er Häme oder Schulterklopíen geerntet, und als er sich an diejenigen hielt, die ihm auf die Schulter geklopft hatten, merkte er bald, daß man dort jedem auf die Schulter klopfte, der um die Ecke bog. Von soviel Beliebigkeit ernüchtert, hatte er sich ein wenig abseits gestellt, um das Treiben aus der Distanz und mit Distanz zu sich selbst zu betrachten. Er war restlos bedient, als er bemerkte, daß sich unter den Führungsfiguren etliche in der Wolle
gefärbte Zyniker tummelten, die an den propagierten Aufbruch gar nicht mehr glaubten, sondern die Sache
längst verloren gaben und nun dabei waren, an ihren Kameraden ordentlich Geld zu verdienen. Solchermaßen schon nachdenklich geworden, hat te der junge Mann mit anderen heißen Herzen einen
informellen Kreis gegründet, der die Partei von innen 32
heraus revolutionieren sollte. Man traf sich, man war
sich einig,
man
berauschte sich auf
wochenendlichen
Zusammenrottungen unter Gleichgesinnten. Aber auf diese
Feldlager folgten
stets ernüchternde
Phasen, in
denen die »Lauwarmen« seltsamerweise stets ihren
Schnitt machten, während die Kämpfer für das groRe Ganze mit erhobenem Schwert bereitstanden und standen und standen, sich irgendwann albern vorkamen und die Schwerter sinken ließen: Denn der
Gegner hatte sich wieder nicht gezeigt, und nichts ist zermürbender als die Pose ewiger Bereitschaft für das letzte Gefecht, das es gar nicht auszufechten gilt. Die Entwicklung des jungen Mannes war in der Phase, in der er wieder das Gespräch suchte, an einem Denn letztlich gibt es für den gedemütigten Idealisten, der von der Politik
gefährlichen Punkt angelangt.
nicht lassen will, nur vier Türen: Entweder er wendet
sich ab und wird zynisch, oder er ignoriert die Belehrung und wird alt und albern. Er kann drittens auch die finale Geste wählen, einen politischen Hasardeur-
Ritt, eine Radikalisierung der Methoden, eine Selbst
verbrennung. um es
gleich und unmißverständlich zu sagen: Wir halten das, was hinter dieser dritten Türe wartet, 33
Alternative.
nicht für die schlechteste besser, als den albernen APO-Opa mit
großer Schläue
zu
spielen oder
seinen Hintern unter dem Ausruf
markiger Parolen und den« ins Trockene
Es ist allemal
zu
finanziert von
den »Kamera-
wuchten. Da sind
Unkonventionellen, Exzentriker und
uns
doch die
Märtyrer lieber,
»Persönlichkeiten, die Pfade entdecken,
schlagen und
beschränkt, zu begehen, Diese Figuren fasvernünftig oder zu ängstlich sind. Vorbilder wenig zinieren, inspirieren, sind aber als für die andere
geeignet, weil
zu
blind,
zu
sie einen bestimmten
Aspekt
so
sehr
Meist verdichten, daß alles andere zu kurz kommt. sterben sie jung« (Martin Lichtmesz).
gibt es eine vierte Tür. Ihr kennt sie nicht, Tur wie auch? Man weiß ja erst dann, daß es eine den war, wenn man durchgegangen ist. Denn wer
Zum Glück
Raum durch diese Tür gewechselt hat, erlebt, was
Armin Mohler die zweite Geburt nannte, und blickt von da an anders auf die Dinge: »Ein Rechter wird man durch eine Art von zweiter Geburt. Man hat sle
durchlebt, wenn man sich -der eine früher, der an
dere später - der Einsicht öffnet, daß kein Mensch je die Wirklichkeit als Ganzes zu verstehen, zu erfassen und zu beherrschen vermag. Diese Einsicht stimmt
34
manchen
melancholisch, vielen
wunderbare
aber eröffnet sie eine
Welt. Jedem dieser beiden
Typen
erspart
mit Utopien, diesen Verschiebebahnsie, sein Leben zu verplempern.« höfen in die Zukunft,
Utopien sind
Verschiebebahnhöfe
in die Zukunft:
Abkanzeln der beliebten linDieses Entlarven und kann so nur von Armin Mohler Vokabel
»Utopie«
ken
Mentor unseres kommen, und dieser Vordenker und mit solchen politischen Milieus wußte genau, daß er nicht nur etwas beschrieb, sondern
Formulierungen natürlich chen
etwas
jungen
beförderte und einforderte,
um man-
Mann ein zweites Mal in die Welt zu
setzen.
Aber nicht
gibt
jeder wird
wie erwähnt
durch die einer
ein zweites Mal
- mindestens
gehen kann, der
geboren,
es
drei andere Türen,
aus
seinen Knaben-
morgenblütenträumen erwacht und dennoch von der Politik nicht lassen möchte. Daß aber wir den Weg der »Zweiten Geburt« im Mohlerschen Sinne für den deut-
ich besten halten - den Abschied von der politischen Naivität und die Hinwendung zu einer gebrochenen, dber erst dadurch besonderen, fruchtbaren Sicht auf die Dinge - solltet Ihr mittlerweile begriffen haben.
35
Viele
von uns
haben auf diese Weise noch einmal haben entrümpelt, haben sich selbst
begonnen, begriffen und könnten
neu
Euch
aus
dem
Stegreif her-
die Frage beantworten, was dieses Gebrochene kann. Wir müssen ist und was daran fruchtbar sein
aus
mit diesen Vokabeln
jungen
jonglieren können,
Männern sitzen, die einen
wenn
Speer
wir vor
schleudern
wollen! Das Gebrochene ist die Erkenntnis, daß die Welt nicht
aufgeht, das
heißt: »daß Wirklichkeit und
menschliches Denken nie zur Deckung zu bringen sind« (Armin Mohler). Es gibt keine Formel, es gibt keine Gleichung, kein Funktionsmodell, das den Lauf
der Dinge abbilden könnte. Dies liegt daran, daß es in dem besagten Lauf der Dinge kaum eine Ent-
wicklung gibt, keine allgemeingültige Stoßrichtung. allenfalls Wellenbewegungen, Pendelausschläge. ES
gibt kluge Deutungen, entlang gewisser Strukturen vielleicht, die aber je nach Standpunkt so oder anders sind, die jedenfalls immer nur einen Teil ertas-
sen, sozusagen die halbe Wahrheit, und dringend ihrer Ergånzung durch eine andere Perspektive bedürfen. Wohl stammt von diesem Umstand her die
strukturelle Benachteiligung einer rechten. konservativen gegenüber einer linken Geschichtsdeutung 36
und Gesellschaftstheorie. Während der Rechte das Perspektivische, das Vielschichtige immer mitdenken und argumentativ vertreten wird, schlägt der Linke
die ganze Weltgeschichte über einen Leisten und extrapoliert eine saubere Utopie daraus, die betörend stringent klingt und aus der vermeintlichen Unordnung des Lebens eine höchst einfache Angelegenheit macht.
In den Worten Armin Mohlers: »Die Geschichte ist eine Schule der Demut; an ihr zer
schellen alle monokausalen Erklärungsversuche (und auch die bi- und trikausalen), und wir werden uns des
komplexen
Charakters aller Wirklichkeit bewußt. Das
braucht nichts Verwirrendes oder gar Niederschmettern-
des zu sein - im Gegenteil: Es ist für den Konservativen auf schwer definierbare Weise (und aus rational nicht er
klärbaren Gründen) ein Antrieb zur Bejahung«. .des Lebens - so wie es ist, ergänzen wir: Denn das
Wort Leben ist einer unserer zentralen Begriffe, und zu den Binsenweisheiten unserer Hochschätzung des
Lebens gehört die aus dem Leben selbst geschöpfte Weisheit, daß das Leben nicht in ein Reagenzglas past. Es ist in seiner Vielgestaltigkeit und seiner je konkreten Ausformung und Entfaltung nicht beherrschbar, Sondern muß vor alem gelebt und kann nur geheg8
37
werden. Hegen ist ein doppeldeutiges Wort, es heißt schützen« und »begrenzen« gleichermaßen. Geschützt werden muß das Leben vor allem vor denjenigen, die den Menschen mit ihren Entwürfen zum neuen Menschen hin gewaltsam erziehen, formieren, vergewaltigen wollen oder aber - in bloßer Restaura-
tion verharrend das Lebendige im Leben abzutöten
bereit sind, um einen Status quo festzuhalten. Begrenzt werden müssen die Lebensentwürfe dort, wo sie damit beginnen, die allem Leben gedeihliche Ordnung auszuhöhlen und zum Einsturz zu bringen. Ihr könnt durchatmen: Wir sehen es wirklich so, wir tragen keine Tarnkappe, wenn wir davon spre-
chen, daß wir das Leben ins Zentrum unseres Denkens und Handelns rücken. Wir meinen es ernst mit dieser grundsätzlich gütigen Einstellung dem Leben gegenüber, und wir wissen genau, daßB diese Güte nicht das ist, was einem politisch erwachenden jungen Mann auf den ersten Blick gefallen kann. Sie versetzt ihn vom Posten des Aktivisten, der er sein möchte, auf den Posten des Gärtners, den er für unheroisch hält. Erst mit der Zeit trit zutage, daß er. der stürmische Täter, so oft ins Leere handelt, so oft in seiner Naivität Dinge betreibt, die er besser unterlassen hätte, so oft enttäuscht vom eigenen Anspruch 38
um so
eine
wütender und zerstörerischer handelt oder in
Resignation
und einen Hader über die
vergebli-
che Mühe verfällt.
währenddessen wird der Gärtner von dem wir
Hochachtung sprechen seiner sanften Arbeit »wunderbaren Welt«, nachgehen und inmitten jener mit
von der Mohler sprach, in jeder Hinsicht hegend tätig wird eben nicht den »Versein. Und er wird leben. Er
schiebebahnhof für die Zukunft« aufsuchen, sondern im Hier
und Jetzt mit dem Leben beginnen, ganz kon-
kret, ganz entschieden, jedenfalls formgebend. Wir kommen über diesen Gärtner dorthin,
Sicht auf den Menschen und seiGeschichte eine seltsame Fruchtbarkeit entsteht.
einer ne
wo aus
gebrochenen
Seltsam ist diese Fruchtbarkeit deshalb, weil aus der der Gean einen durchschaubaren Sinn in
Absage
schichte doch sehr leicht eine defätistische Haltung resultieren kann. Theodor Lessing
sprach
von
der
als einer »Sinngebung des Sinnlosen«: Sie sei nichts weiter als der Versuch,
Geschichtsschreibung
einen Sinn, den es nie gab, nachzureichen, um das,
Was geschehen sei, erträglich zu machen. Das klingt
plausibel und verführerisch, aber mit Mohler sollten wir hier
genauer hinsehen: 39
Auch die Sinngebung des Sinnlosen ist eine der Formeln, vor denen wir uns hüten müssen. Es steckt eine etwas zu simple Psychologie dahinter: Zwar hat die Welt keinen Sinn, aber da der Mensch ohne Sinn nicht leben kann, erfindet er ihr eben einen. Das Verhältnis des Konservativen zur Ge-
schichte ist etwas wesentlicher. Jene zweite Geburt besteht nicht nur aus der Erfahrung der Kompliziertheit der Welt
-sie bestehtzugleich in dem Drang, dem Komplexen (dem Chaos, würden Montherlant oder Benn sagen) eine Form, eine Gestalt entgegenzustellen. Was den Konservativen an der Geschichte tief bewegt, ist, gerade auf dem Hinter-
grund jener Erfahrung der komplexen Wirklichkeit, daß der Mensch immer wieder, auch in den verzweifeltsten Situationen, versucht, eine Spur zu hinterlassen.«
Eine Spur hinterlassen: Viel ist das nicht! Aber es
ist, würde Mohler sagen, und vielleicht begreift Ihr, daß dies für uns der entscheidende Punkt ist: Allein der Umstand, daß etwas ist, unterscheidet es von der frustrierenden Blutleere jeder Utopie. Der Abschied von den leeren Versprechungen und den ortlosen
Entwúrfen ist nur der erste Schritt. Denn erst die Hinwendung zur Form und zur Gestaltung verhindert, daß auf den Abschied vom Gesamtentwurf die große
Resignation folgt. Die Hinwendung zu dem, was man zu leisten ver-
mag, hat befreiende Wirkung: Wer sich von seinen 40
Utopien verabschiedet, befreit sich dadurch von einer
dauernden überforderung. Denn vor einer Utopie, die ihre Versprechen wie eine Monstranz vor sich herträgt, ist die Spur des einzelnen Menschen nichts
wert. Wer aber sich und andere danach beurteilt, ob es gelingt, zunächst im eigernen Geviert für Ordnung zu sorgen und mit dem, was man sagt, nicht allzuweit entfernt zu sein von dem, was man tut und
wagt, lernt
zwei Lektionen:
Er wird am eigenen Leib erfahren, daß es schon viel ist und einer nicht geringen Anstrengung bedart, wenn man sein Leben führt -
und sich nicht gehen
laßt. Und er wird auch die kleine Ordnung und die
geglückte Weitergabe dieser Ordnungsstrukturen nicht geringachten, sondern die Anstrengung würdigen, die dahinter steht. Führt Ihr Euer Leben oder laßt Ihr Euch gehen, weil Euch Euer Realitätssinn, Euer realistischer Blick auf die
Lage längst davon überzeugt haben, daß
im Großen und Ganzen nicht mehr viel ist?
Spart Ihr
Euer
Talent,
Eure
zu
reißen
Gabe, oder habt lhr
münden lassen, die Euch immer das Hintertürchen finden läßt, aber beides
längst in jene billige Schläue
niemals jene Türe, die wir meinen? 41
Wir wollen einem
großen
MiBverständnis vorbeu
gen, das wir beim Blick in Eure Gesichter heraufziehen sehen. Wenn Ihr denkt, daß wir uns nun zufrle-
dengeben könnten mit der Arbeit an unserem kleinen Acker, dann habt Ihr Euch getäuscht, dann habt Ihr uns wirklich nicht verstanden, dann habt Ihr unser Lob des Lebens verwechselt mit nenden Pragmatismus. nav rige
irgendeinem berech
Aber Ihr irrt Euch: Es gibt neben dem eigenen Le-
ben, das gelebt werden muß, natürlich eine rechte Sicht auf das Große und Ganze, und jeder Konservative und Rechte, der politisch handelt, muß dieses
Große und Ganze
ein bestimmtes Bild vom Men-
schen, eine Staatsordnung einen Gesellschaftsauf
bau, Erziehungsgrúndsätzei wollen, muß es über dem aufgespannt sehen, was er letztlich tut. Wir stehen in der idealistischen Tradition des deut-
schen Geistes, und der zu früh verstorbene politische Philosoph Bernard Willms hat in dieser Tradition bis Anfang der neunziger Jahre die nationale Identität neu bedacht und einen modernen Nationalismus gefordert. Gerade an Willms kann man die Rückbindung des Denkens an das Leben studieren: Er startete sei ne
Rettungsversuche jenseits der blutleeren Abstrak
42
tionen, jenseits der monokausalen Erklärungsversu-
che. jenseits simpler Weltbilder. Willms hinterließ uns eine Philosophie der Selbstbehauptung. Er malte das Gemälde einer selbstbewußten Nation und achtete stets darauf, daß dies, was er malte, etwas Erreichbares, etwas Verortetes sei, etwas also, das den
Menschen nicht überfordern, aber seine Möglichkeiten auch nicht ungenutzt lassen würde. Ihr solltet uns auch in einem zweiten Punkt nicht mißverstehen: Natülich gibt es Zeiten, in denen die kleine Ordnung, um die es nun stândig ging, nicht
viel wiegt, weil die große Ordnung so ganz und gar offensichtlich aus den Fugen ist. Dann ist die Zeit reif für die Provokation, den gezielten Regelverstoß, den
Tabubruch, für den Kampf gegen untragbar gewordene Institutionen. Die Aufstörung, Verstörung, Zer-
störung ist dann Ausdruck des Bewußtseins für eine Ordnung, die nicht verletzt bleiben darf, ist Ausdruck für das Wissen darum, daß da ein Maß voll, daßB da eine Balance verloren ist und daß nun die ganze Per-
sönlichkeit zum Einsatz gebracht und in die Waagschale geworfen werden mußB.
Stauffenbergs
Tat etwa, sein
Anschlag
auf Hitler,
war in diesem Sinne eine angemessene Tat und ist
43
bis heute
Ausdruck eines untrüglichen Sinns für
dac as
rechte Maß, und die langen Gespräche, die der Attentäter im Kreise seiner Gefährten über die Legiti-
mation des Tyrannenmords fuhrte, vermehren das Gewicht seiner Tat noch: Er hat es sich nicht leicht gemacht, weil er wußte, daß der gewaltsame Umsturz immer die ultima ratio würde bleiben müssen
und daß der Verrat an der Institution des Staatsoberhaupts nur dann angemesen ist, wenn dieses selbst schon maßlosen Verrat am eigenen Volk geübt hat. Wir sind nun nicht in der Situation Stauffenbergs, aber wir sind in einer zugleich schwierigeren und
perfideren Situation. Schwieriger ist sie, weil die Zerstörung der Substanz unseres Volkes und unserer Nation schleichend, scheibchenweise abläuft, und wir ein waches Auge und ein gutes Gedächtnis brau-
chen, um die einzelnen Schrittchen der Zerstörung zu summieren. Perfider ist sie, weil sie diejenigen,
die in den Strukturen der Gesellschaft etwas werden möchten, zwingt, in Kulissen zu leben und jene stillen Regelwerke zu akzeptieren, von denen wir oben
sprachen. Spätestens hier bietet sich jedem Rechten ein
weites Feld für subtile und weniger subtile Gegen wehr. Es geht dabei letztendlich um die eigene Un-
44
versehrtheit, also um die mühevolle Aufgabe, stets Kulisse und Wirklichkeit voneinander getrennt zu halten. Oder anders ausgedrückt: um den Draht-
seilakt zwischen notwendiger Offenheit und taktischer Maskierung. Man fällt vom Seil, wenn die Maske zum lch wird und die Verbrämung der In-
konsequenz beginnt! Dieser Kampf um die eigene Unversehrtheit ist
zunächst
ein
Kampf,
den jeder für sich zu kämpfen hat. Er schließt die Wirkungsrichtung nach
außen ein: Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir nicht mehr zusehen, zuhören, danebenstehen dürfen? Wann müssen wir zum Kinde werden und den Satz
aussprechen,
der alles in ein
großes
Gelächter verwandelt: »Der Kaiser ist nackt!« Oder: »Herr Professor, was Sie sagen, seit Jahren sagen, ist
falsch. Es ist falsch, weil es die Lebenswirklichkeit der Menschen verkennt, es ist gefährlich, weil es zu
verhindern hilft, daß sich etwas ändert, und es ist frech, weil Sie uns Studenten mit etwas abspeisen möchten, das uns keinesfalls sättigen kann. Wir kauen an 1hrer Kost und schlucken manchen Brokken, aber diese Brocken liegen uns wie Steine im
Magen, und im Munde behalten wir einen schalen
Geschmack.« 45
Charakter es herdenen, Wir müssen von Auftritte fordern: eine Provokation, die gibt, solche Selbstsicherheit und der Entschlossenheit deren
der
von
eines
jungen
Konservativen,
eines
jungen Rechten
wundervoller Aggressivität vorgetralebt und mit ist und eine Provokation, die angemessen gen wird;
der
man
ein
Gespür für
das rechte Maß
anmerkt.
dieses Gespür für das rechte Maß Die Frage, woher für jeden von uns, kommt, ist eine zentrale Frage arbeiten. Nur soviel:/Wir müssen seit wir an uns zuallererst
was um uns
ten,
Leben führen und wach beobachherum vorgeht, was gedeihlich und
unser
Und dann kommt es darauf rechten Denkens anhand von an, einen Kosmos zu erfassen. Lest Grundbegriffen und Vordenkern was
zersetzend wirkt.
de Benoist, Alfred Baeumler, Gottfried Benn, Alain Jacob Burckhardt, Emil Cioran, Hellmut Diwald,. Friedrich Arnold Gehlen, Herbert Gruhl, Ernst und
Georg lünger, ter
Martin
Heidegger,
Kurt Hübner, Gün-
Maschke, Armin Mohler, Ernst
von
Salomon.
Carl Schmitt, Robert Spaemann, Oswald Spengler.
Karlheinz Weißmann, Bernard Willms
und keiner
auf den einen Namen fest, der fehlt und den anderen, der zu Unrecht in dieser Auízählung
nagle
46
uns
steht. Allen gemein ist doch die lange gereifte oder
schockartig gelernte Abneigung gegen die Abstraktion, die Zerstörung des Lebens durch die Utopie. Vermutlich eignen sich Romane sogar noch bes-
ser als theoretische Schriften für die Suche nach dem rechten Maß. Kennt lhr Der Vater von Jochen Klepper (über Dienst und Demut)? Die Kinder der Finsternis von
Wolf von Niebelschütz (über die Entschlossenheit)? Der Großtyrann und das Gericht von Werner Bergengruen (über die Mißachtung des Maßes)? Oder Die vierzig Tage des Musa Dagh von Franz Werfel (über
die Aufopferung), Jürg Jenatsch von Conrad Ferdinand Meyer (über Politik und Schuld), Die schwarze Wei-
de von Horst Lange (über das Verhängnis)? Wer sich von solchen Schulen des Lebens nicht belehren läßt; wer sich während einer solchen Lektüre nicht auf-
richtet, um sein Leben zu ändern, der wird die Türe nie finden, durch die wir gegangen sind. Ihr erinnert uns an die die Figur des Gärtners, der
prüft, wo er pflanzen und bauen kann? lhr erinnert uns an diesen Gärtner, weil er eine Figur ist, bei de ren Anblick Euch nicht mulmig wird? Täuscht Euch nicht! Vergeßt nie, daß so mancher gute Gärtner einen Knüppel bereitstehen hat,
47
ein Schwert, eine Waffe, und dalß er ein Krieger sein kann, wenn er einer sein soll. Er wird aber in der Zerstörung nur ein notwendiges Übel sehen und wissen, daß jede Brücke, jedes Haus, jede Institution nach der Zerstörung wieder aufgebaut werden muß. Er
wird sich auf den Tag freuen, da er wieder pflanzen kann. Er wird rechtzeitig mit dem Kämpfen aufhören, in seinen Garten gehen und sein Feld bestellen, das er nut
zögernd verließ.bi
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iO 19bO (29216M 29b gueo Esist dies das einzige Zögern, das wir und das wir uns gefallen lassen. isW
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48
gestatten
Ich Der Anlauf Am 4. Juli 2003 starb Armin Mohler, auf der Trauer
karte stand Friedrich Hölderlins Wort: »Geh, fürchte nichts! Es kehret alles wieder, und was geschehen soll, ist schon vollendet.« Diese Verse hatte Mohler seiner Dissertation über die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932 vorangestellt, und sie eignen sich wie nichts sonst als Motto für sein erfülltes und streitbares Leben. Mit Armin Mohler hat Deutschland einen seiner großen Publizisten verloren, und wir einen unserer
wichtigsten Vordenker. Was Mohler mir beigebracht hat, ist unverzichtbar für den Sprung über die »Mau-
er aus Kautschuk«. Es sind fünf Lehren: die Unbe-
kümmertheit des raschen Vorstoßes, die Befreiung der Gestalt, die Bewaffnung der Sprache, die Hoch-
schätzung der Form, die Taktik der Nonkonformität. Ich war zwanzig, als ich den Namen Armin Mohler zum ersten Mal hörte und Texte von ihm las. Es war über Weihnachten, ich hatte Dienst in meiner Kom-
panie und teilte mir mit einem Unterofizier die Rundgange durch die hohen Korridore des Gebàudes. Der 49
neben Büchern von Céline und Unteroffizier hatte schmalen Band Mohler mitD'Annunzio auch einen Wachstube bereitgelegt. Ich las gebracht und in der Stil und verfolgte mit, wie den Essay Der faschistische Gebäude aus in meinem Kopf das ganze ungefügte Geschichtsstunden und Reflexen zusammenbrach unter
Es tes:
der
ersten
Salve, die
Mohler abfeuerte.
der Argumentationsweise des Tex Viele Essays von Mohler, viele seiner kurzen
lag
dies
an
Notizen zu Büchern, Autoren oder Entwicklungen lassen einen deutlichen Unwillen darüber erkennen, sich in wissenschaftlicher Manier zunächst durch
einen Bücherstapel zu lesen, bevor ein sanftes Urteil oder ein neuer Aspekt dialektisch ausbalanciert beigetragen werden könnten. Mohler fiel es nie ein, seine Gegner durch Widerlegung zu würdigen: Im fertigen
Text kamen sie einfach nicht vor. Diese Unbekümmertheit des raschen Vorsto-
Bes, die Mohler lehrte, wischt neben den Bücherstapeln auch Unsicherheiten vom Tisch: Der Zugriff aut die Sache ist rasch und präzise., er verlangt Talent und Spürsinn und eine einzige, die Spannung haltende Bewegung, und an die Stelle des vorsichtigen
Beitrags tritt der stimmgewaltige Auftritt, das Hinein-
platzen 50
in
gedämpfte Gespräche.
stillt Mohler bis heute einen ganz besonderen Monumentalem, nach Persön Hunger: den nach So
lichkeiten, nach Haltung. Großartig die Nahrung, wulte! Erst später las ich in die Mohler anzubieten 1920 in Basel er selbst einem Autorenporträt, dals -
geboren-
aus ebendiesem
überschritten hatte,
illegal
Hunger um
1941 die Grenze
sich für den Kampf
Bolschewismus der deutschen Seite gegen den
an-
zuschließen.
Von der Schweiz nach Deutschland: Das
der
war
auch
Weniger ins Alles oder so jedenfalls charakterisierte Mohler den
Ubergang vom
Nichts
Unterschied der
Mehr oder
Atmosphäre der
aussagekräftig ist, daß Ernst
Jünger) bis
chen
von
einem
zu
er von
beiden Länder, und
1949
(als Sekretär bei
seinem Tod und bloß unterbro-
mehrjährigen
Frankreichaufenthalt
in Deutschland blieb und nicht in die in
jeder Hinsicht
beschaulichere Schweiz zurückkehrte. Nach
seiner
Arbeitsmethode
befragt,
antwortete
Mohler einmal, er sei mit Spengler Anhänger des
physiognomischen Zugriffs«. Es gehe immer um die Befreiung der Gestalt, die hinter der Fülle von Einzelphänomenen
zu
verschwinden drohe, und immer
darum, diese »Gestalt« zu retten, herauszumodel-
51
lieren und einprägsam darzustellen. Die Legitimität
dieser Methode steht und fällt mit dem Vermögen, die »Gestalt« zu reduzieren, ohne sie in Schablonen zu
pressen. Mohler war ein Meister darin, den wesent lichen Kern zu fokussieren und das so scharfgestellte Bild zu den Rändern hin verflielßen zu lassen. Er lieB, was er umriß, auf diese Weise interpretierbar, deutbar, er legte es nicht restlos fest. Voraussetzung
dafür in
seine
war
eigene
Fähigkeit,
den Kern
Worte zu verwandeln. So
zu
fassen und
genügen
in Der
faschistische Stil Ernst Jünger und Gottfried Benn
als Kern einer »Gestalt«, die sich gleichermaßen
vom
Nationalsozialismus und vom Etatismus absetzen reduziert konnte. Die Argumentation wirkt dabei nie
plastisch und sicher. schreiben möchte, muß Sympathie
oder schwach, sie ist Wer so
den
Gegenstand aufbringen, und
für
deshalb findet sich
den Texten Mohlers kaum einer, dem man anakadesieht, dalß er als Auftragsarbeit oder für die wäre; mische Pflichterfüllung geschrieben worden unter
ihnen allen
hängt etwas von Wirkungswille und
Mo-
bilisierungsabsicht an: Nichts war mehr wie Bereits Mohlers erstes Buch, die berühmt geworzuvor.
dene Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932
(1950) kann als Paradebeispiel für die Bewaffnung 52
der Sprache gelten. Bei der Abfassung des Werks war
der junge Mohler beseelt von dem Wunsch, Hilfe für die rechte Intelligenz in Deutschland zu leisten. Der Begriff »Konservative Revolution« entwickelte sich
rasch zu einer der erfolgreichsten Schöpfungen der neueren ldeengeschichtsschreibung, und plötzlich war die Sprache der nach 1945 in Rechtfertigungszwang
gedrängten
Rechten wieder bewaffnet: Von
festem Fundament aus ließ sich die eigene Position bestimmen.
Vielleicht war dies Mohlers größtes Verdienst: daß er Begriffe zuspitzen konnte, um sein eigenes Lager - die Nachkriegsrechte in Deutschland - damit aus-
zurüsten. Nicht immer lag diese Absicht Mohlers so
offen zutage wie in seinen Büchern Vergangenheitsbe(1968), Von rechts gesehen (1974) und noch
wältigung
ein letztes Mal nach der
senring (1991).
Wiedervereinigung
um
Der
Freund und Feind,
Erfolg Mohlers
Von Was die Deutschen dieser
großen Texten Funken sprühen sol
Letztlich aber ist allen
Mohlers anzumerken, daß sie
len,
im Na-
um uns zu
entzünden.
ist dabei schwer
zu messen.
fürchten (1965)
auch eines
Bücher voller Wort-Waffen
-
verkauften sich nach
dreißigtausend Exemplare, bevor Ullstein einer Hexenjagd auf Mohler die Konsequenzen zog uber
53
und den Titel vom Markt nahm. Grose Verlage blie
ben Mohler von da ah verschlossen. So ist Mohlers Wirkung nicht über Verkaufszahlen eher über die Streuweite seiner Gedanken izu ermitteln und an
der Zahl derer dle durch ihn ihr Damaskus erlebten. ri oils tolq bnu audioriseeirdbirlbeom9sbl n191u9 1965 kam esizu/einer Annäherung Mohlersan Eranz
Josef Strauß und die CSu Die Zusammenarbeit war nur von kurzer Dauer Der Grund fürdas1 Scheitern seines kurzen Ausflugs in die praktischerPolitik1lag
darin; daß Mohler die Abhängigkeit einer Volkspartei
von den Mechanismen des Staatsnight berüeksichtigt hatte. Klar war jedenfalis, daßauch die ¬sUvon jener
Pest
det »Dekadenz« befalleniwari dieMohier
nach der gescheiterten Tendenzwende Anfang der
siebziger Jahre zum Hauptfeindierklärtei Uater De kadenz verstand
er den Verlust von Winkliebkeitlund
Realitätsbezug. Mit. Arnold.GehlenH denoer neben Ernst lünger undnCarb SchmittrzuiseinensLehrmei+ stern zählte - trat er für einen sachgemäßen Zugriif
auf die Wirklichkeit eini.b 12i e19ldoM glo
190
All dies verdichtet sich in dem berühmten Satz
Nou
Mohler, wonach es, keine Geschichtsphilosophies Welt geben dürfe: Systeme seien zur Erklärung ded untauglich. Die Welt, so Mohler, gehe niemals autres 54
hleibe immer ein Rest. Und so hat Mohler versucht, etwas anderes anzubieten: tragische Haltung, Stilbe-
wußtsein,
Hochschätzung
der Form im Willkürli-
chen, mithin: Sinnlosen. Das ist viel,
wenn man es
versteht.
Hinter alledem stand bei Mohler immer die
gelebte
überzeugung, dalß die Welt nicht abstrakt sei. Dem
entsprach nun die Breite des Interesses, die ihn in des Museum,
vor
je-
jeden Bücherschrank
und in jede seiner Pensionie-
Diskussion zog. Von 1964 bis zu rung leitete Mohler die Carl Friedrich
von
Siemens-Stif-
tung in München, und wer sich den vielfältigen For-
schungs- und Vortragsbetrieb ansieht, der sich unter der Führung Mohlers dort entwickelte, kann über so viel Freiheit des Geistes und der Debatte nur staunen. Man kann Mohlers unorthodoxe Planung auch un ter taktischen Gesichtspunkten studieren und dabei lernen, was es heißt, nicht oder nur sehr schwer berechenbar zu sein und die Taktik der Nonkonformität anzuwenden. Trotz aller Offenheit war Mohler doch zuletzt fürs Establishment eine Persona non ta.
Mich hat
eben nie nur stes sein
gra-
damit gelehrt, daß das Nonkonforme die Verbrämung eines opportunen Gei-
er
darf, sondern daß dahinter echte
Lust an
55
der
Vielfalt stehen muls,
traut, wenn
ne
es
bittere
die sich auch dann ins
Offe
Konsequenzen haben kann
Ich möchte, mitten im Anlauf, diesen letzten Satz betonen: Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt daß jeder, der ernsthaft am Zustand unserer Nation leidet, diesen bitteren Konsequenzenn nicht auszuweichen vermag. Wer ihnen zu lange entkommt, ist nicht erkennbar. Wessen Leben und Tun keine bitte-
Konsequenzen nach
sich zieht,ohat sich zu gut getarnt, hat zu oft geschluckt,nwas er demjenigen, ren
der ihm diese Kost reichte, gleich wieder hätte vor die Füße speien müssen. Wer also ein Leben lang an
sozialer Achtung und Anfeindung vorbeisteuert, war zu geschickt für das, was unsere Zeit braucht: weni-
ger Schläue, mehr Mut, weniger Glätte, mehr Kante.
Und vor dem Hintergrund dieser Gedanken wird doch wie von alleine deutlich, warum meine überlegungen mit einem »Wir« begannen und nun beim »lch« «weitergehenti Zuprovozieren, sich in einen
wahrnehmbaren Gegensatz zu dem zu bringen.was den Fluß hinuntergespült wird, ist im Moment der Tat, im Moment der vollzogenen Provokation immer auch eine Selbstvergewisserung, ein Selbstkonzept, eine
56
Betonung
des Ichs, eine Formung dieses lchs5
das sich aufrichten mulß, um die Provokation zu vollbringen, und das die Provokation vollbringt, um sich aufrichten zu können. Es ist dies ein heikler Moment, wenn ich die mühsame Kärrnerarbeit auf ein politisches Ziel hin abbre-
che und mir die
provozierende Tat,
den
Auftritt, das
hoffentlich grelle Licht der Aufmerksamkeit wünsche. Was ist, wenn ich mir den Erfolg, den diese Aktion
einbringen soll, bloß einrede, um endlich, endlich einmal die Bremsen lösen zu können? Was, wenn mir die
Disziplin fehlt für die
Ruhe und die Stetigkeit? Wenn ich mir also bloß einen Vorwand suche, um mir endlich meiner Natur gemäß den Schädel wegblasen zu lassen? nur
Man muß
jedenfalls
ein
Romantiker sein,
um
solche
Gemütserregungskünste für einen guten Grund zu halten, für einen ebenso guten Grund wie den Uberdruß oder den Ekel: Beide sind nicht die schlechte-
Weichensteller. Und
sten
so
will ich der
Versuchung
nicht nachgeben, die schiere Lust an der Aktion lo-
gisch
zu
unterfüttern und jede
Ausfälligkeit, jede
Frechheit, jedes Hineinplatzen in den Kreis der Wohl-
erzogenen in eine Strategie einzuordnen: Es würde der
Provokation ihre
Eigenständigkeit
rauben. Sie 57
wäre dann nichts Wildes mehrsondern ein Kalkül.
keine Erschütterung, sondern eine berechnetes Rüt teln an den Dingen. rium i b oirim9w r19riol 1o1Arorl
r1i 2ib 12i
Aber die Provokation trägt in ihrem Kern immer et-
was Wildes, etwas Unerhörtes, Brachiales, Eruptives. Sie ist nicht abgeleitet, sondern originell, nicht sekundär, sondern elementar. Davon muß die Rede
sein: daß doch jeder am Endenurdort überzeugt, wvo er in seinem Element steht. Für den Provokateur ist es
das Feuer, et steht dort in seinem Element, wo sich etwas entzünden läßt, wo der zündende Funke fehlt. Nun weiß ichi WohByodaß1Aufflammen, Lodern und Verrauchen nichts Stetiges ist.oAben was für einen jämmerlichen Anblick bietet einer, dessen wie-
derkehrende Aufwallungen folgenlos bleibenu weil.er seiner Empörung, seinem Wunsch nach Veränderung
Umwälzung nicht nachgibt, sondern allenfals
einen
flammenden Appelh aus det Sofaecke richtett Nichts
schlimmer als diese amorphe Erregung-dieses folgen lose Wettern, dieser denkbar schiechteste Abflußifür den Veränderungswillen und die palitische Energiei
irtov 19i,
i914
ntb ni
osi6leqriomitesboi
ioirl91i
Weiter kommt, wer sich zunächst vor allem mit sich selbst beschäftigt, seinen Zorn aufspart und in Form 58
bringt: Es berühren sich an diesem Punkt nämlich die Politik, die Kunst und das Ich. Weil der gelungenen Provokation ein zündender Gedanke vorausgeht, ein
Geistesblitz oder eine sorgfältige Komposition, wird das Politische in seiner provokativen Form zur Kunst und damit zum Abbild des Formwillens und des ge-
staltgebenden Formbewußtseins eines Ichs, das sich äußern will. Was ist Kunst? Nun, auch das: ein Zusammen-
treffen
von
Formbewußtsein, Formwille, Formungs-
vermögen in einem glückenden Moment
dem
und auf
Höhepunkt
der Verdichtung, auf dem Höhepunkt des Verstehens gehört er mir, der Moment aber dann fällt das wieder in sich zusammen, und wenn gerade eben noch sich der Sinn jedes dauernden Tuns, jedes politischen Strampelns als kleine Lä-
cherlichkeit verlor, so sehe ich mich nun auf dieses
Alltagstreiben als ein dürftiges Durchhaltenmüssen
zurückgeworfen. Und sicherlich gehört genau deshalb zu den Überlebenstechniken gerade des politisch oder auch vorpolitisch tätigen Menschen, im-
mer dann zurückzuzucken, wenn der Fuß die Leiter
berührt, die für den Moment, aber nie lange auf solche Höhen führt. Indes:
59
Wenn ich Nietzsche ernsthaft lese;1ri21an wenn ich den Verlust jeglicher Normativität in sei-
ner vollen Wucht begrelfe;brnhiUt nio roilti r, wenn ich die eine Móglichkeit, Masse zu formie ablehne (den Totalitarismus) und der anderen Möglichkeit völlig hilflos gegenüberstehe (Abspeidureh Konsum) und dabei noch einmal und ren,
sung
hoffentlich für immer
begreife,
daß
es
keine
geistige
keine idealistischen Struktur hinter dem Gewusel, konsumierenden.MasBewegungsgesetze.hinter
se
Mensch gibt,
normierende Versondern eben bloß
braucherströme;i wenn
der
ich also
die
nogomT9 einer Sinngebung mei-
robrnoAbul Versuche
m9nio i
nit blinTreibens als Denkschritte
politischen z u r ü c k z u c k e n d e n Fuß dem Fleck, als nes
zum
an
der
Leiter
riod 9br193 nn9 Abgrund begreife:rie dbort außer Spott, außer noch übrig dann
Was bleibt
Zy Häme, außer Resignation, und Verzweifung andauernden aber einer oder nismus, Abwendung, Denk-und
Wahrnehmungsbremse
aus
gesundheit-
die beste als Ist anderes nichts lichen Gründen, wasi Karrieret für eine parteipolitische Voraussetzung
r i f t o v r t l u s U S d U T U N
T91
Es bleibt
die
Verdichtet:
60
Möglichkeit, ein
Sput
zu
nmGh 19
hinterlassen.
und in der Es bleibt die Kunst,
Politik:
o
Provokation, weil sie mich mein lch spüren làßt und
mir nicht mehr verspricht als die Zusammenballung in einem Moment des Formwillens, des Formbe wußtseins, des Formungsvermögens. Das ist es wohl, was bleibt, wenn man einmal in den Abgrund gestiegen ist: Form, Formgebung. granitene Setzung als das, was ideell und geistig noch möglich ist, weil ansonsten in einer Massengesellschaft nichts mehr möglich ist. Das ist dann der größtmögliche Gegensatz zum Zustand einer umfassenden
Sinnlosigkeit: Statik, kalter Stil, eingefrorene Bilder,
Inszenierungen,
Choreographien stammen
doch
aus einem Ekel vor dem Gewusel und den Verdau-
ungsgeräuschen eines Volkskörpers, der in seinem
Wohlbefinden vom Verbrauch, der Vernutzung. dem materiellen Wohlstand und dem auf Dauer
gestellten
Lohnzettel abhängig ist. Es ist manchmal, eher selten,
niemals dauerhaft
moglich, für einen Moment Ruhe in das Gewusel zu bringen. Es ist dies nur möglich über Zusammen-
ballungen von Sinngehalten, von jäh Einleuchtenaem, von plötzlich und in sich ganz und gar stimmig Aufleuchtendem. Das ist der Moment, in dem das 61
Gewusel
ausgerichtet
Magneten hin.u
wird wie
Feilspäne
auf einen oib 2l, IrigP19V 1rlorn tribin 1i
Esgibt in Stanley Kubricks Film 2001+Odyssee im Weltraum eine großartige Szene, in der genau dieser Einbruch der Form in das Gewusel dargestellt ist: als
nämlich die Affenhordey diei sich am Vorabend noch um Fleischfetzen balgte und jedem Triebfolgte, sich in der Morgendämmerung (der kalten, nüchternen, unerbittlichen Stunde) mit einem rechtwinkligen Mo nolithen aus schwarzpoliertem Marmor konfrontiert
sieht, mit der denkbar gegensätzlichsten Form, der denkbar krassesten Alternative zudiesem Feldla-
ger aus Kot, Kopulationsgeräuschen und Nahrungs resten. r1sb bru l92uwo) rmob ov lod1 rmoriis 2us 1 Das ist der. Moment der Setzung, der Moment der Wirkmächtigkeit einer Form, itetztlich:eines in eine
stimmige Form gegossenen, klaren Gedankens.1sm .Jei gigsrido 19119Nndo.i
Eine Existenz als politischer Provokateur ist eine
Alternative zumi Daseinals Treter.im Hamsterrad. Und vielleicht beschert der Moment der imetapoli tischen (Aktion einer bilder-und geschichtenarmen Szene wie der unseren (der rechten) die immervwie* der erzählbare Geschichte und dasi immer wieder
reproduzierbare Bild, in dem sich das»Wir nicht« 62
der Provokateure ter
vervielfältigt.
zum
der Betracheine Richtung, das
»Wir auch nicht«
Das wäre dann
eine wirkmächtige Struktur wäre mobilisierend, gäbe und stellte den Wunsch nach einer anderen Politik
ab
auf Dauer.
Aber dies ist bereits etwas, das hinzukommen mag
und das
umso
je weniger nächst
tut
es
glaubhafter
kalkuliert, also:
doch einer das,
sich selbst,
und
wirkmächtiger wird,
gewollt
was er
tut,
war.
Denn
um so
zu-
mehr für
je näher er seinem eigentlichen Ausdruck
Frage muß am Ende meiner Arbeit ein formale polierter Quader stehen, eine unbegreifliche, von Geste, eine Oberfläche. Alles andere trüge Reste
kommt. Ohne
Blindheit, alles andere bremste
meinen Anlauf.
63
Du D e r Sprung
ri
Du mut Dir noch eine Geschichte anhören, bevor
Du Dich entscheidest, ob Du dabei bist, wenn es darum geht, ungebeten irgendwo zu erscheinen und den Leuten Dein »ich nicht« entgegenzuschleudern. UN A19116 ilowo el.79ilulioA2 Ein Lehrer ließ in seiner Schule Projekttage über sich ergehen und berichtete im nachhinein von einer seltsamen Gesprächsrunde mit Schülern seines Lei-
stungskurses! Er hatte
sie imKlassenzimmer ver-
sammelt, von der Schulleitung vorgegeben war ein
Rollensptel:
Ein dicker Sehüler würde
gehänselt.
nun
müßten der Rädelsführer und sein Opfer zum Be-
ratungslehrer, um ein moderiertes Versöhnungsgespräch zu führen. Die Schüler hätten, so der Lehrer, im folgenden ein hochironisches Rollenspiel vorgeführt, keine Floskel, keine Platitüde, kein »naheliegendes« Wort aus
gelassen. Während der
Böse die
Notwendigkeit
des
AuBenseiters und die kathartische Wirkung des Hänselns erläutert habe, sei der Dicke mit dem gesamten
Empörungsvokabular der geschützten Randgruppe vor dem Beratungslehrer förmlich zerflossen. Die64
ser habe wahrlich moderiert, im gehänselten Dicken das Opfer und im bösen Kerl den ersten Keim neuer Wachmannschaften vor KZ-Toren wahrgenommen.
Dennoch sei er um Verständnis und Diskussion bemüht geblieben: das Urbild von Hilfosigkeit, gespeist aus Blindheit, bestem Willen und einer völligen Verkennung der Realität.
Nachdem sich alle totgelacht hatten, wurde das
Spiel aufgearbeitet, und der
Lehrer stellte die ent-
scheidende Frage: Wenn - wie im Spiel überdeutlich
die
geworden
Schüler den
Sinn und die Ernsthaf-
tigkeit allen sozialpädagogischen Schule
so
Treibens
durchschauten und verachteten,
an
ihrer
warum
Alltag den Kram dann mit? NachdenDie klügste Antwort gab ohne langes hatken derjenige, der im Spiel den Bösen markiert machten sie im
te:
uber die
ideologische
wahren Lebens durch klaren, Kulissen sei sich jeder hier im
Verstellung des
und manchmal sei es elend, wie gut man den ge-
wünschten Sprech, das »naheliegende Argument« KulissenschieSchon beherrsche. Versuche, das durchzustozu klarer Sprache
ben
aufzugeben und
sen, unternehme
jeder ein,
zwei Mal. Jedoch werde
rasch klar, daß es zuviel des Aufwands sei, ständig den
unverstellten Blick aufs Leben
zu
fordern oder
65
zu erobern, denn die Schule und das Elternhaus, die Medien und die Politik: Sie alle bezeichneten Tag für Tag das Falsche als das Wahre. Welche übermacht! Und so arrangiere man sich mit den Kulissen und
schiebe mit. Beklemmend sei, daß man wohl eines Tages den Blick für das Falsche am Leben verlieren könnte. Dem stimmten alle Schüler zu. Kennst Du ein schöneres Beispiel für das Bewußtsein einer umfassenden Krise? Wäre es nicht leicht, den Kipppunkt zu erreichen und den Ton an einer
solchen Schule radikal zu verändern? Provoziere!
Einsicht, Resignation, Vereinzelung: Das sind die drei Schritte, die Dich an die Böschung des Rubikon
bringen und Dich den Entschluß fassen lassen, ihn zu überschreiten ach was: hinüberzuspringen! -
Wer wie Du zu der Einsicht gekommen ist, das
Deutschland seine Zukunft verspielt, wird ein we nig hektisch ein paar Leuten zuhören, die von Ret-
tung sprechen, wird ziemlich wahllos ein paar Bücher
befragen,
die von Rettung handeln, wird den Bestand sortieren, wird diesen ganzen Betrieb in
Gang bringen - um zuletzt doch in Resignation Zu
verfallen. Denn einen 66
Auftrag, nach dem
Du suchen
könntest, einen Weg, den Du für Dein Land gehen
könntest, etwas Verbindliches, hinter dem Du massenhaft unzufriedene, Unglückliche versammeln könntest: Alles das gibt es nicht, denn nichts bleibt
unhinterfragt, unkommentiert, alles muß auf seine Konsumierbarkeit hin taxiert, auf seine Verwertbarkeit hin abgeklopft, durchleuchtet, seziert werden. Ind deshalb findest auch Du keine eherne Struktur hinter dem Gewusel und der Egozentrik der Moder-
ne, keine immateriellen Bewegungsgesetze hinter der konsumierenden Masse Mensch, noch nicht einmal eine Macht des Wortes, die gegen die Macht der
Verhausschweinung etwas ausrichten könnte. Es gibt keinen großen Hebel, nach dem Du suchen
könntest, ich sage es noch einmal: Allenfalls Verbraucherströme gibt es noch. Aber vielleicht sind
diese
Verbraucherströme, ist diese Abhängigkeit vom bezifferbaren Wert jeder Tätigkeit und jeden Gedankens normierender und normativer als jede politi sche Idee und jeder Glaube, und gerade dies, gerade
dieser fröhliche Marsch der Schweine das Bestechende
an
unserer Zeit:
zum
Trog,
ist
Jeder marschiert
einmal, zweimal, oft, viel zu oft mit, ich auch und auch, das läßt sich ja gar nicht vermeiden. Aber nicht wahr? Du wirst ausscheren
aus
Du
dem 67
zurh monotonen Trott der Schwelne übérwindenrund
Trog! Du
wirct
/mal ein bißchen Resignation ist schon.viel. abseits tretenri VereinzelungrDas stimmt Ernst Jüngers/berühmter und noch immer Gemejnschaft um Satz, daß man sichrheute nichtin ties Salo Deutschland bemühen kann Lies! Bénnji die
mon,
lies Jünger, lies Nietzsche
Dulfindest
noch
dous lesbait dlsdasb bau siod u mehr davontri anderej,aber Lebe als einer, der mehr ahntalsviete anderenl>DennnjederrAnsatz mit und unter diesen
das Lebén-Müssen,i Idas Sich der das kleine Leben, unddierberühmte Po machte Abmühen verächtlich» der Dächerneinnähmej von/wo ausi den auf sition bedbachtet werdenikann,
muß
Kampf der Kakerlaken rioi ,j291rimod n9d sein2 zuwider Dir zutiefst Le nichtikunstschaífendes' Für Dein und für mein 99s2
ben steht trotz
Künstlers allem die Botschafte des
diesen Namenverdient,
als Versprechen daci Das
kältere Region,
für ejnen
Augenblickrzu'verweilen
stets
und in der
das Zieh eines
nicht gemeinmachen jeden sein muß, der sich Das will sagen: Es
keiten, 68
gibt Orte und
Angriffsziele in
es
Raum gibti
leèeren oberhalb der Alltagssphåre jenen in die hinaufzusteigen
jene
der
es
möchte.
gibt Möglich
jeder Phasel des
Lebens+/vor
und allem des jungen Lebens;
zufrieden in dem er
un-
ist mit dem Zustand des Gemeinwesens, der Nation: der zu leben hat, mit der Lage
sollte tunlichst nicht ternative
doch deutlich
wer
zu
so
tun, als
gäbe
es
keine Al-
einem vielleicht naserümpfenden, aber
dennoch stromlinienförmigen Mitfunktionieren.
Denn
Wirkrichtung der
neben der
Provokation nach
Konfronaußen (mit dem Ziel der Zuspitzung, der es ebenso eine tation, der Aufmerksamkeit) gibt
auf Beispiel, Wirkrichtung nach innen. Sie zielt Mobilisierung und Rekrutierung. Eine gelungene
provokante
Aktion ist ein
Beispiel für
Kreativi-
und tät, Organisationsfähigkeit, Durchsetzungskraft mobilisiert sie persönlichen Mut. Im günstigen Fall
originelle Kräfte und weckt ein Mian lieu, eine Szene aus der Lethargie oder aus einem dandyesken Vorbildern geschulten Defätismus.
Nachahmer oder
Rekrutiere Unentschlossene und Suchende! das
politische
Wenn
Angebot der Bundesrepublik
eine
Messehalle ist, dann hat die Präsentation nationaler Ware jenseits des Diskurskonsenses derzeit ihren Platz hinter einer Klotür: Anderswo war - nach Aus-
kunft der Betreiber - kein Stand mehr frei. Provoka-
tion bedeutet in diesem Fall, den Stand zu verlassen 69
und als lebernderWegweiser die Halte zu durchkämmen: Dort stehem junge iMänner'und Praueni fremd vor den Prachtbuden der Parteieh,iMeinungsmacher
Lobbyistèn und BRD-Säulenheiligen und versuchen,
ihreFragenimitidensunetnsten Antworten
des Dis
kurskonsens-Mitieus | u stillenl Aberi stets bleibt ein
Gefühl von Unterernährung. Und wenn dieser Hunger dazu sführti daß> einerrden Bickohinter die Ku. HissewirftltwieDu) ist Dein Momerit gekommen. Zeigeihm,cwasdahintert istéckt:d19miuA 19b noite:
IBsigiöt
den Moment
der Willensverdichtung.
So
siehteraus:iWe dasDii ibeußt darüberviviwekche Morast Dui wateni mußt: Straffei Dichrund strecke
Dich: Bite +ftür den Momeriti für den Fag.für eine Spahnedidemdrundiauf dem manlin alhdem Sumpf, der uns umgibt, festen Stand gewinnenkanm Sei eine Widerstarndsinsely richtel Dichoauf, werde' zum Zei-
ger, zurWegweiser für diejenigenlidieretiva_ivom Anders-Sein ahnenJu
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70
n929ib ni t1u9bod rOil
Moralische Selbstverzauberung Nährboden für Provokateure Ein Nachwort
von
Götz Kubitschek
Es gibt ein pathologisches Verhalten, das sich bei
Angehörigen der »Zivilgesellschaft« zeigt. Mit der Bezeichnung »moralische Selbstoptimierung« ist es gut
getroffen, allerdings rung« noch
präziser,
ist »moralische Selbstverzaubedenn der vorbewußte
Zug
und
die mangelnde Zurechnungsfähigkeit sind damit besser gefalst. Symptome sind Toleranzverlust, Hysterie und ein missionarischer Drang zur totalen geistigen
Hygiene. Die Zwanghaftigkeit ist unerbittlich. Sie setzt ein, die moralischen Kategorien »gut« und »böse« in Bereiche getragen werden, in denen sie nicht
wo
am Platze sind. Einer dieser Plätze ist die politische Auseinandersetzung in einer Demokratie. Weil
die Demokratie in ihrer Selbstbeschreibung die auf
Gespräch
und
kompromißbereit
vorgetragenem
der Programm basierende Regierungsform ist. gilt GeMöglichkeit der ganz anderen Meinung und der
egenheit zu ihrer freien Äulßerung das Augenmerk 71
jeder demokratischen Verfassung Was geschieht aber, wenn »das,Andere«, wenn »die,Alternativee nicht mehr als diskutabler Beitrag gilt, sondern als »das Böse« vom Guten geschieden wird? Darf das Böse« als Meinung und Programm neben dem in sich vielfältigen Guten existieren und als Konkur-
rent um Mehrheiten den mündigen Bürger bedrängen? Nein, nach Auffassung der Guten darf es das
nicht, das verbietet die Moral, oder besser: der Mo
noch i mit de
Wer d dafür
wer d und
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in F r a macht Kreise
ralismus, dieser politische Hygieneblick, der- dies
nis da
vorwegein Totalangriff auf die Mündigkeit und
dem E
vor allem auf die natürlich vorhandene Vielgestal
Daß a
tigkeit und Privatheit des Bürgers istnye .1i1
moral
als daß der
aus de
Verhaltensmustern einer »anderen Meigegenüberider Garaus gemacht wird. Es soll
stoße=
rWas Vielfalt
nung
bedeutet das?
Nichts weniger,
an
dann
diesem »Anderen« gegenüber nur noch eine einheit-
gung
liche Art und Weise der Entgegnung geben: Wenn
einane
nåmlich »die andere Meinung« nicht mehr sachlich
lerwe
als mögliche (und statthafte) andere Sicht auf die
selbst
entlang der Kategorien »gut« und böse« etngeordnet und bewertet wird (wobei grund
moral
Dinge,
sondern
stiegs-
sätzlich »gut« der linken, »böse« der rechten Seite
verma
des
liegt in
verhee
der Konsequenz eine Verhaltenslehre vor: Wer jetzt
Die
72
Meinungsspektrums zugewiesen
ist),
noch ins Gespräch kommen will, spricht nicht mehr mit dem Anderen, sondern mit dem bösen Anderen. Wer dennoch den Dialog sucht, muß sich ab sofort dafür rechtfertigen, und rechtfertigen muß sich auch, wer diese Kategorisierung (die eine Simplifizierung und zugleich eine Entmündigung ist) grundsåtzlich in Frage stellt. Aber der moralistische Hygienewahn macht dort noch nicht halt, sondern zieht weitere Kreise: Rechtfertigen soll sich auch, wer Verständ-
nis dafür hat, daß es Leute gibt, die noch immer mit dem bösen Anderen in den Dialog treten möchten. Daß auch diejenigen Schuld an der Aufweichung der moralischen Front tragen, die den Dialogbesessenen aus den eigenen Reihen nicht denunzieren, nicht ver-
stoßen, nicht bloßstellen und nicht ächten wollen,
ist
dann nur konsequent. Denn selbst eine Nicht-Beteili-
Jagd auf diejenigen, die eine Ausmitteinandersetzungssperre für falsch halten, gilt
gung
an
der wilden
lerweile als brennendes »Ja«
selbst, und »den Feind
zu
zum
Dialog,
lesen« ist
aus
zum
Feind
der Sicht der
Einmoralisch Selbstverzauberten zweifellos eine Kraft keiner abzusetzen
Stiegsdroge, die aus eigener zu vermag und die daher über kurz oder lang verheerenden Wahlentscheidung führen muß.
einer
»PluraDie »Zivilgesellschaft« (neben »Toleranz«, 73
jeder demokratischen Verfassung. Was geschieht aber, wenn »das Andere«, wenn »die Alternativeu nicht mehr als diskutabler Beitrag gilt, sondern als »das Bose« vom Guten geschieden wird? Darf »das Böse« als Meinung und Programm neben dem
sich
in
vielfältigen
rent um
Guten existieren und als KonkurMehrheiten den mündigen Bürger bedrän-
gen? Nein, nach Auffassung der Guten darf es das nicht, das verbietet die Moral, oder besser: der Mo-
ralismus, dieser politische Hygieneblick, der - dies vorweg- ein Totalangriff auf die Mündigkeit und
allem auf die natürlich vorhandene tigkeit und Privatheit des Bürgers ist.
vor
Vielgestal-
Was bedeutet das? Nichts weniger, als daß der
Vielfalt an Verhaltensmustern einer »anderen Meinung gegenüber der Garaus gemacht wird. Es soll diesem »Anderen« gegenüber nur noch eine einheit-
liche Art und Weise der Entgegnung geben. Wenn nämlich »die andere Meinung« nicht mehr sachlich als mögliche (und statthafte) andere Sicht auf die
Dinge, sondern entlang der Kategorien »gut« und böse«
eingeordnet und bewertet wird (wobei grund-
sätzlich »gut« der linken, »böse« der rechten Selte des Meinungsspektrums zugewiesen ist), liegt in der Konsequenz eine Verhaltenslehre vor: Wer jerze 72
noch ins Gespräch kommen will, spricht nicht mehr mit dem Anderen, sondern mit dem bösen Anderen.
Wer dennoch den Dialog sucht, muß sich ab sofort dafür rechtfertigen, und rechtfertigen muß sich auch, wer diese Kategorisierung (die eine Simplifizierung
und zugleich eine Entmündigung ist) grundsätzlich in Frage stellt. Aber der moralistische Hygienewahn macht dort noch nicht halt, sondern zieht weitere
Verständ
Rechtfertigen
soll sich auch, wer nis dafür hat, daß es Leute gibt, die noch immer mit dem bösen Anderen in den Dialog treten möchten. Kreise:
Daß auch
diejenigen
Schuld
an
der
Aufweichung der Dialogbesessenen
moralischen Front tragen, die den aus den eigenen Reihen nicht denunzieren, nicht verstoßen, nicht bloßstellen und nicht ächten wollen, ist dann nur konsequent. Denn selbst eine Nicht-Beteiligung an der wilden Jagd auf die eine Aus-
diejenigen,
einandersetzungssperre für falsch halten, gilt mitt-
lerweile als brennendes »Ja« zum Dialog, zum Feind selbst, und »den Feind zu lesen« ist aus der Sicht der
moralisch
Selbstverzauberten zweifellos
stiegsdroge,
die
aus
eine Ein
eigener
Kraft keiner abzusetzen vermag und die daher über kurz oder lang zu einer
verheerenden Die
Wahlentscheidung führen muß. »Zivilgesellschaft« (neben »Toleranz«, »Plura73
einer dieser lismus« oder »Respekt« fe) ist insgesamt an einem
moralistisch infiziert.
Beispiel von der
legen. 2018 hatten sich
Verlage
aus
ruinierte
Begrif
Mann ka. kann dies
Frankfurter Buchme
zu dieser Messe
ebe offizjell offiziell fün :
dem »rechten Spektrum« als Ausstella.
angemeldet. Aus Deutschland die Wochenzeitung Cato und der Verlap m Junge Freiheit, das Magazin nuscriptum«, aus Osterreich die Verlage »Karolinoer,
und »Ares«. Die drei bundesdeutschen Aussteller wurden in einer Sackgasse vom Besucherstrom ab-
geschnitten, worauf Cato seine Teilnahme zurückzog. Daß die beiden österreichischen Verlage nicht auch noch in dieser Hallenecke konzentriert wurden, galt in der Presse als Versäumnis
oder, moralistisch prä-
ziser, als mangelnde Konsequenz und nicht ausrei-
chende Verfahrenshygiene. An vorderster Front der
Infizierung aller gesell
schaftlichen Teile mit dem moralistischen Virus steht die 1999
von
einer
ehemaligen Informantin
der Stasi gegründete Amadeu Antonio-Stiftung. sE
wurde bereits auf der serin mit einem
fpasBuchmesse 2017 als kostenlosen Stand dem Verlag n
taios gegenübergesetzt. Dies reichte der Stiftung für
die diesjährige Buchmesse
Pressemitteilung vom 74
us, I n einer
aber nicht aus.
26, 9, 2018
faßte
d i e Stiftung
die
ihren selbsterteilten Auftrag zusammen: »im Vor feld der Frankfurter Buchmesse fordert die Amadeu Antonio-Stiftung die Buchbranche und Medienschaffende auf, sich klar gegen neurechte Vereinnahmungsversuche zu stellen.« Die Zielsetzung war
klar: Man würde sich in diesem Jahr vor allem um
diejenigen kümmern, die noch neutral ihrer Arbeit als Verlag, Zeitschrift oder Dienstleister nachgingen und bisher nicht
begriffen hätten,
daß Neutralität
Zustimmung und Nicht-Aktivwerden fahrlässiges Gewährenlassen sei. Denn, so weiter in der Pres-
semitteilung: nungsfreiheit breiter Aufruf
»Die Antwort auf die Rufe nach Meiseitens der Neuen Rechten war ein
dazu,
mit extrem Rechten
zu
reden.
nicht
um
Debatte und
Austausch, sie suchen die Bühne,
um
ihre ldeolo-
Den extrem Rechten
gie
geht
im Mainstream zu
es
platzieren. Die
Buchmesse
wurde zur Bühne dieser Normalisierungsstrategie. unbeachWas im öffentlichen Diskurs vollkommen die nicht tet blieb, ist, daß die Neue Rechte allen, Grundin ihr Menschenbild passen, demokratische Wer mit Neuund Menschenrechte verwehren will. rechten
redet, kommt ihrer Ideologie entgegen
und
freiheitlichmacht ihre Meinungen diskutabel. Die Würde aller demokratische Grundordnung und die 75
Menschen sind nicht verhandelbar und sollten mcht
zurDisposition stehen.«rrmrlu
1911u1An1 1st b
Diese Sätze sind eini Lehrbeispieti für moratisti
sche Selbstoptimierung samt/politischer Auftadung in ihnen ist fast nichts bescheiden oder deskrip. tiv: foriuliert, und der Spieß wird umgedrest: Die tatsächiichensiNormalisierungsbemühungen neu-
rechterralternativeriVerlage!tiundPublikationen werden als Vottäuschung beschriebenwas im Um kehrschiußi nichts anderesrbedeutet, alsdaß Diskurswächter wie die Amadeu Antonio-Stiftung an einer Normalisierung, cam DiaBog.»am besseren Argument oderi gar an einem Kompromißotatsächtich keinerlei Nnteressei haben. Dies ist konsequent, denn
solche nistitutionen beziehen ihrel Daseinsberechtigung ausschlieBlich aus einer Dvamatisierung der
Feindlage: Nichts wäre schlimmer.als ein normaes Gespräch:2nu19ieils.mmo
1929ib odua 1U 3bu
ri DaßndiesenStratégie- des imoralistischen Drucks also zugleich Denunziation/und Entmündigung ist
hat der konservative Publizist Kartheinz Weißmann in der Wochenzeitung Junge Freihett vomi t9.0ktober
2018 so zusammengefaßtri#VanrKritiksähbigkeitt ais Tugend iwar nur so llange die Rede als man Kritik zun Zetstörung des Bestehenden nutzen konnte. Seit-
76
dem man sich den Weg an die Spitze gebahnt hat, weiß man den Durchgriff und den widerspruchslosen Gehorsam zu schätzen und warnt die naiven Anhänger der Vernunft davor, daß es auch ein vzuviel Denken geben kann.« Dieses zuviel Denken« ist - wen wundert's - die
naheliegende Medizin gegen den moralistischen Be fall, denn es ist ein Ausweis der Mündigkeit und er-
möglicht überhaupt ein Denken in Perspektiven und Alternativen, kurz: entlang einer tatsächlich anderen Auffassung und Meinung. In den jüngst erschienenen Notizen 2011-2013 aus
der Feder Peter Sloterdijks finden sich über die moralistische Selbstverzauberung und den ihr zugrun-
deliegenden Impuls sehr interessante überlegungen. Sie sind nicht durch die weltanschaulichen Ausein-
andersetzungen
der
Bundesrepublik Deutschland
in-
explizit
zu
spiriert, sondern nähren sich (ohne dies
benennen) aus den Gedanken, die Carl Schmitt über
den »diskriminierenden Kriegsbegriff« ausgeführt hat: Wenn der niedergerungene Gegner kein besiegter respektabler Gegner mehr ist, sondern aufgrund eines moralistischen und damit diskriminierenden
Kriegsbegriffs
der
zwar
militärisch
besiegte,
aber
77
noch immer böse Feind, endet der Krieg erst, wenn die
umerziehung dieses Feindes weg von seiner bösen Vergangenheit und seinem verwerflichen Lebensgesetz vollzogen ist. Der Krieg, der mit einem diskrimj-
nierenden, moralistischen Feindbild geführt wird, ist kein hegbarer Krieg mehr, sondern die Säuberungsaktion einer moralischen Instanz, einer moralisch ge-
impften (oder infizierten) Weltinnenraumpolizei, und wo der Feind nicht ganz und gar ausgemerzt werden kann, muß wenigstens sein Wesenskern, sein we-
sentliches Anderssein ausgeräumt werden.
Sloterdijk blickt auf die erfolgreiche und geziel te Tötung Osama bin Ladens durch eine US-ameri
kanische Spezialeinheit sowie die Aufladung dieses Vorgangs durch die Propaganda und die mediale Verbreitung der Tötungsfeierlichkeiten in den StraBen amerikanischer Orte. »Dem Guten, das den Lauf der Geschichte åndern möchte, muß schlechthin alles erlaubt sein. Unverzeihliches kann verzeihlich werden«, notiert Sloterdijk und meint damit das Töten jenseits jeder Kriegserklärung und die Rache als Staatsakt. Und weiter: »Wer verstehen möchte, warum im 20. Jahrhundert der politische Moralismus
mehr
Opfer forderte als der politische Biologismus, sollte auf das gute Böse achten, das seinen Agene
die Pflicht zur Auslöschung des Feindes einflüstert.« Das »gute Böse« -
Sloterdijk vergißt nicht, auf ein
literarisches Paradebeispiel zu verweisen, auf Bertolt Brechts Theaterstück Die Maßnahme von 1930. Man könne an diesem Stück »das Eindringen der kriegerischen Dimension in die politisch-moralisch-
literarische Sphäre exemplarisch verfolgen«, und der Arbeiterklasse sei die »denkwürdige Lektion doziert« worden: »Wer eine bessere Welt erstrebt, muß töten können.« Spätestens seit den Ausführungen Alexis de Toc-
quevilles über die Demokratie in Amerika wissen wir, daß die Zivilgesellschaft für ihre Feinde im Innern keine Guillotine mehr, sondern zuerst einen diskri minierenden Feindbegriff und dann subtile Formen
sozialer Hinrichtung bereithält. Die moralistischen Treiber sind dabei (und dies ist nun ein entschei-
dender Blickwechsel, den der von ihnen Bedrängte vollziehen muß) nicht nur Jäger, sondern auch Getriebene, und zwar vor allem dann und mit immer
großerer Ubergriffigkeit, wenn ihnen, die doch moralisch längst und tatsächlich auch beinahe schon ganz und gar gewonnen haben, ständig neue Feinde
erwachsen. Das »Gute« muß jagen, muß ausmerzen,
muß alle Neutralen zur Positionierung zwingen, muß 79
hellwach sein macht
ist es
Noch einmati
Sloterdijk:
»Der
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meinem nuninachJahrenwiederi auígelegten und
um.einige Fehler beretnigten Essay PrivoRatr
80
on von 2007, schrieb ich: »Die Provokation ist oft das einzige Mittel der Schwachen: Wer über Macht mittel verfügt, der drückt, was er möchte, elinfach durch, erzählt, was er erzählen möchte, einfach auf allen Kanälen. Wer keine Macht hat, bereitet stch lange und gründlich vor, studiert die Reflexe des Gegners und erzwingt durch einen Coup öffentliche
Wahrnehmung. Denn daran muß sich der Provokateur messen lassen: Was nicht in den Medien war, ist aus der Welt, hat nicht stattgefunden, nicht ver-
fangen. Für die stille Bildungsarbeit mögen andere Gesetze gelten: Provokationen leben von der Wahr-
nehmung, denn ihr Ziel ist, eine Reaktion (und sei es nur die Verblüffung) hervorzurufen.«
Was damals auf die Rechte insgesamt, auf alter native Ansätze im intellektuellen Milieu ebenso wie auf parteipolitische Projekte gemünzt war, gilt heute nicht mehr für letztere: Die AfD, mit bald 20 Prozent bundesweit gehandelt und im Osten dabei, an Regierungsmehrheiten zu kratzen, muß nicht mehr provozieren und sollte es auch gar nicht mehr. Ihr
Erfolg, ihr mächtiger Aufstieg war und ist Provokation genug, und längst ist die Partel mehr als das: Sie ist eine kaum zu bewältigende Herausforderung für die Altpartelen, weswegen nun als letzte Waffe
81
durch den Verdie Androhung einer Beobachtung zum Einsatz kommnen soll. Mit Pro-
fassungsschutz
vokationen kommt
vermutlich ist ein
man
gegen so etwas
ruhiges,
stures,
nicht an
unbeeindrucktes
Weitermachen der einzig richtige Weg. von vorhin Die Buchmesse aber (um das Beispiel ist als beinahe geschlossene Großver-
aufzugreifen) anstaltung des
linksliberalen intellektuellen
Milieus
dem gegen uns mit MachtUbermacht erdrükmitteln vorgegangen wird, deren in der kend und entmutigend ist. Mit der Plazierung
tatsächlich ein Ort,
Sackgasse
ist dies
an
augenscheinlich geworden,
an-
deres kam dazu: ein Dutzend Veranstaltungen über aber nie mit »Rechten«, die Aktion »#verla-
»rechts«,
gegegenrechts«, deren Aufkleber jeder noch Neutrale an seinem Stand anbringen sollte, um die unüber-
brückbare Kluft zu verdeutlichen. Eine solche übermacht aber legt eben immer nahe, daß wir es mit einem Automaten zu tun ha-
ben, den man mit den passenden Münzen füttern muß. Ellen Kositza und ich arbeiteten also neben dem Tagesgeschäft in unserem Verlag an einer In-
szenierung für die Buchmesse:
Wir lieBen einen mit
befreundeten Herrn den »loci-Verlag« gründen, planten Bücher für ihn, die nie erscheinen würden
uns
82
und bereiteten den Verkauf unseres Verlags an diesen neuen Verlag vor. »Loci« meldete für die Messe
einen Stand an, und am Tag vor der Eröffnung verkauften wir Antaios an ihn. Ein leichtgläubiger Jour-
nalist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, mit dem wir noch eine Rechnung offen hatten, schrieb über meinen Abgang als Verleger, und Antaios konnte am Loci-Stand mitten in der Messehalle sein Programm präsentieren, umringt von unabhängigen und linken Verlagen. Am Sonntagabend machten wir dann von unserem im Vertrag eingebauten Rücktrittsrecht Gebrauch. Die Presse berichtete intensiv über die-
sen Coup, und zwar respektvoll ob der ausgefeilten Vorbereitung und amüsiert über den in die Inszenierung eingebauten FAZ-Redakteur.
Was das politisch austrägt? Dreierlei: Zum einen
schlug unsere Aktion die »Gesellschaft des Spektakels« auf ihrem eigenen Feld mit ihren eigenen
Waffen. Zum zweiten eroberten wir eine Medien präsenz, deren Wert sich kaum beziffern läßt, und
steigerten damit
erneut unseren
Bekanntheitsgrad
-
in diesem Fall sogar positiv konnotiert. Und zuletzt
waren wir doch wieder gewitzter als die plumpen Gegner, denen außer Denunziation und räumlicher
Apartheid nichts einfällt. Man macht also derlei 83
selbst, für den inneren Haushal auch für sich
halt, nach
dem Grundsatz: »Manche lassen etwas mit sich machen, manche machen etwas mit den aus
oder mit den Worten
eren«,
dem Text von 2007.
Es
bleibt die Möglichkeit, eine Spur zu hinterlassen Das gilt immer.
Ein Mißverständnis (oder sollte man besser sagen: eine bewußte Fehllektüre?) muß noch ausgeräumt werden: Meinen Ausführungen zur »Provokation«
wurde und wird vorgeworfen, in ihnen werde »die
Diskursverweigerung zum strategischen Prinzip er hoben« (so wieder jüngst in einer Rezension). Das
stimmt nicht. Wir alle (ich meine damit alle wesentlichen Stimmen rund um Antaios und Sezession) hof ten während und nach der Buchmesse 2017 auf einen
Erfolg des Ansatzes, daß man »mit Rechten reden« solle. Aber es kam nicht dazu, denn diejenigen, die es
tun
wollten, wurden
Stiftung
und anderen
von
der Amadeu Antonio
Diskursvervweigerern an
moralistische Hygiene erinnert und hinter den corao sanitaire zurückgepfiffen. Wie
spielerisch
das
kingt!
sondern eine bitterernste kation heißt 84
es:
»im
Aber
es ist
kein
Sple
Angelegenheit. In Provo kommunikativen Bereich, de
e
»Miteinander-Reden« (dem Kernstück demokratischer Verfaßtheit also), sind der Konsensdiskurs
und die Folgenlosigkeit die stillen Gesetze.« Das ist doch noch immer (oder mehr denn je) eine treffende
Beschreibung jener Talkshows, in denen vier Gäste und ein Moderator einer Meinung sind und »Pluralismus« oder »Streit« nur vorführen. Und genau auf
solche Scheindebatten zielt der Satz, der seither als Beleg für meine »Diskursverweigerung« herhal-
ten muß: »Unser Ziel ist nicht die Beteiligung am Diskurs, sondern sein Ende als Konsensform«. Das bedeutet: Glattgeschliffen vier ähnliche Meinungen um eine fünfte zu ergänzen, ist nicht »unser« Ziel; vier åhnliche Meinungen mit einer echten Alterna-
tive zu konfrontieren, die abgekartete Konsensform also aufzubrechen: Das ist das Ziel unserer Dialogbereitschaft, und diejenige der anderen muß sich daran messen lassen, ob sie unsere alternative Sicht der Dinge als Möglichkeit wahrnehmen oder als »das Böse« ausmerzen will. Wenn
die
Amadeu
Pressemitteilung
Behauptung
zur
Antonio-Stiftung in
ihrer
Buchmesse 2018 daraus die
macht, neurechte
Dialogbereitschaft
wolle letztlich nur »allen, die nicht in ihr Menschenbild passen, demokratische Grund- und Menschen85
rechte vervwehrenej so ist das elnd Ltigel und gogén solehe Lüpon kommtman nicht imitDikkuts twie auch sondern nurmit jorlen Farmen von gewnzter Provokationian dte den tnoralistischenGegnerkzur
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