187 51 9MB
German Pages 165 [168] Year 2001
Jürgen Ellenberger Prospekthaftung im Wertpapierhandel
BrV 17
Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung
herausgegeben von Walther Hadding, Mainz Klaus J. Hopt, Hamburg Herbert Schimansky, Karlsruhe
Band 17
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Jürgen Ellenberger
Prospekthaftung im Wertpapierhandel
W G DE
2001 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Dr. Jürgen Ellenberger, Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme
Ellenberger, Jürgen: Prospekthaftung im Wertpapierhandel / Jürgen Ellenberger. - Berlin ; New York : de Gruyter, 2001 (Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung ; Bd'. 17) Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-11-017095-7
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Vorwort
Nach über hundert Jahren ist das Börsengesetz von 1896 durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz mit Wirkung zum 1. April 1998 im Bereich der Börsenprospekthaftung umfassend geändert worden. Fast gleichzeitig hatte der Bundesgerichtshof im Elsflether-Werft-Fall das erste Mal Gelegenheit, zur Unternehmensberichtshaftung - allerdings nach altem Recht - Stellung zu nehmen. Durch die Beschäftigung mit dem ElsfletherWerft-Fall im Rahmen meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem für Bank- und Börsenrecht zuständigen XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erschloß sich mir, daß sowohl die alten als auch die neuen Vorschriften über die Prospekthaftung im Wertpapierhandel eine Vielzahl ungeklärter Rechtsfragen aufwerfen. Die vorliegende Untersuchung stellt die Unterschiede der neuen zur alten Rechtslage unter Einbeziehung der sonstigen Prospekthaftungstatbestände sowie zivilrechtlicher Haftungsnormen dar und führt die streitigen Rechtsfragen einer Lösung zu. Diese Monographie lag dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg im Sommersemester 2000 als Dissertation unter dem Titel „Prospekthaftung im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren" vor. Ich danke Herrn Professor Dr. Volker Beuthien für die Betreuung der Arbeit sowie den Herausgebern für die Aufnahme in die Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung. Mein besonderer Dank gilt Herrn Richter am Bundesgerichtshof Dr. Alfons van Gelder, der die Arbeit angeregt und mich bei der Umsetzung bestärkt hat. Ich widme diese Arbeit meiner Ehefrau und meiner Familie. Weimar an der Lahn, im Dezember 2000
Jürgen Ellenberger
Inhaltsübersicht
I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI.
Einleitung Zum Begriff der Prospekthaftung Die Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels Unternehmensberichtshaftung des geregelten Marktes . . . . Verkaufsprospekthaftung Prospekthaftungen des KAGG und des AuslInvestmG . . . . Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Deliktische Prospekthaftung Konkurrenz der Prospekthaftungen Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche Zusammenfassung
1 4 11 79 86 94 95 103 105 115 130
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis I.
Einleitung
II.
Zum Begriff der Prospekthaftung 1. Erscheinungsformen der Prospekthaftung 2. Konzept der Prospekthaftung 3. Dogmatische Einordnung der Prospekthaftung a. Deliktshaftungstheorie b. Vertragshaftungstheorie c. Vertrauenshaftungstheorie d. Eigene Stellungnahme Die Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels 1. Börsenprospekt a. Prospektinhalt b. Zulassungsvoraussetzungen c. Veröffentlichungspflicht d. Aktualisierungspflicht e. Ausnahmen von der Prospektpflicht f. Geheimhaltungsinteresse 2. Prospektverantwortlichkeit a. Haftung des Emittenten b. Haftung der emissionsbegleitenden Bank c. Haftung des Emissionskonsortiums d. Haftung der Wirtschaftsprüfer aa) Einbeziehung in die Prospekthaftung bb) Haftung aufgrund anderer Rechtsvorschriften . . (1) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (2) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung (3) Deliktische Ansprüche e. Haftung der Prospektveranlasser 3. Haftungstatbestände a. Unrichtigkeit von Prospektangaben b. Unvollständigkeit des Prospektes c. Prospektgestaltungsmängel 4. Kausalität a. Haftungsbegründende Kausalität
III.
XIII XV 1 4 5 6 7 8 8 9 9 11 11 12 14 17 17 20 22 23 24 24 26 27 27 28 29 29 30 30 31 31 35 37 38 38
X
Inhaltsverzeichnis
5.
6. 7.
8. 9.
aa) Anlagestimmung nach alter Rechtslage bb) Neuregelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F. . . b. Haftungsausfüllende Kausalität Verschulden a. Sorgfaltspflicht des Emittenten b. Sorgfaltspflicht eines Aktionärs c. Sorgfaltspflicht der emissionsbegleitenden Bank . . . . aa) Emissionsfreundliche Meinung bb) Anlegerschützende Meinung cc) Eigene Stellungnahme d. Sorgfaltspflicht der Emissionskonsorten e. Übernahme von Angaben sachkundiger Dritter . . . . aa) Angaben von Wirtschaftsprüfern bb) Angaben sonstiger Sachverständiger f. Bankinterne Wissenszurechnung g. Zurechnung des Wissens von Aufsichtsratsmitgliedern h. Interne Haftungsvereinbarungen von Emittent und Emissionsbegleiter i. Beweislast für das Verschulden j. Verschuldensmaßstab in der Diskussion Anspruchsinhalt Anspruchsbegrenzung a. Urkundenbesitz b. Junge Stücke c. Beschränkung auf Ersterwerb d. Inlandsgeschäft e. Kenntnis vom Prospektmangel f. Mitverschulden aa) Unverzügliche Anspruchsanmeldung bb) Unverzüglicher Verkauf der Wertpapiere cc) Verkauf unterhalb des Börsenpreises g. Keine Minderung des Börsenpreises durch den Prospektmangel h. Nachträgliche Berichtigung des Prospektes i. De-Listing Verjährung Kollision mit Kapitalerhaltungsvorschriften a. Meinung vom Vorrang des Aktiengesetzes b. Meinung vom Vorrang des Börsengesetzes c. Differenzierende Meinung d. Eigene Stellungnahme e. Interne Haftungsfreistellung des Emissionsbegleiters .
39 40 42 42 44 45 46 46 46 47 47 49 50 53 53 54 55 56 57 59 61 61 62 63 64 65 66 66 67 68 68 69 71 73 73 74 74 75 75 76
Inhaltsverzeichnis
XI
10. Unabdingbarkeit 11. Gerichtliche Zuständigkeit
77 77
IV.
Unternehmensberichtshaftung des geregelten Marktes . . . . 1. Begriff des geregelten Marktes 2. Neuer Markt und Smax 3. Unternehmensberichtshaftung 4. Haftung des Emissionsbegleiters
79 79 79 81 82
V.
Verkaufsprospekthaftung 1. Allgemeines a. Öffentliches Angebot b. Prospektinhalt c. Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel d. Haftungsmodalitäten 2. Freier Markt an der Börse 3. Grauer Kapitalmarkt
86 86 86 89 89 90 91 92
VI.
Prospekthaftungen des KAGG und des AuslInvestmG . . . .
94
VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 1. Im engeren Sinne a. Unbeschränkt Prospektverantwortliche b. Eingeschränkt Prospektverantwortliche c. Prospektinhalt d. Kausalität e. Verschulden f. Schaden g. Verjährung 2. Im weiteren Sinne
95 95 96 96 97 98 98 98 99 100
VIII. Deliktische Prospekthaftung
103
IX.
105
Konkurrenz der Prospekthaftungen 1. Konkurrenz der spezialgesetzlichen Prospekthaftungen untereinander 2. Konkurrenz der spezialgesetzlichen zu den bürgerlichrechtlichen Prospekthaftungen a. Konkurrenz zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne b. Konkurrenz zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne 3. Prospekthaftung bei Ausnahmen von der Prospektpflicht a. Gesetzliche Ausnahmetatbestände b. Privatplazierung
105 105 106 108 108 108 109
XII
X.
XI.
Inhaltsverzeichnis
4. Verstöße gegen die Prospektpflicht 5. Perspektiven für eine Angleichung
111 113
Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche 1. Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsgeschäft a. Kaufvertrag b. Kommissionsvertrag 2. Ansprüche aus Beratungs- und Aufklärungsverschulden . a. Allgemeine Voraussetzungen der Haftung b. Verjährung aa) Verjährungsproblematik des § 37 a WpHG bb) Anwendung der sogenannten Sekundärverjährung cc) Erstreckung auf konkurrierende deliktische Ansprüche 3. Deliktische Ansprüche
115
Zusammenfassung
Sachregister
115 115 117 117 117 118 119 121 123 128 130 141
Abkürzungsverzeichnis
andere Ansicht am angegebenen Ort Absatz am Ende Die Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen AktG Aktiengesetz Anm. Anmerkung Aufl Auflage AuslInvestmG Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen BAnz. Bundesanzeiger BB Betriebsberater BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH BGHZ Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshof (hrsg. von Mitgliedern des Bundesgerichtshofs) Börsengesetz BörsG BörsO Börsenordnung BörsZulV Börsenzulassungsverordnung BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung Bundestagsdrucksache BT-Drucks. BuB Zeitschrift für Bankrecht und Bankpraxis DB Der Betrieb ders. Derselbe dies. Dieselbe(n) Diss. Dissertation DZWir Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EuZW Zeitschrift für europäisches Wirtschaftsrecht EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht f; ff folgende; fortfolgende Fn Fußnote GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GewArch Gewerbearchiv a.A. a.a.O. Abs. a.E. AG AGBG
XIV
HGB h.M. Hrsg. HWiG JuS JZ KAGG Kreditwesen KWG LG m.w.N. NJW NJW-RR Nr. NZG OLG RG RGZ Rn rkr RWS StBerG StGB Urt. v. vgl. VerbrKrG VerkProspG VerkProspV WiB WM WpHG WPO WuB ζ. B. ZBB ZGR ZHR ZIP
Abkürzungsverzeichnis
Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber Haustürwiderrufsgesetz Juristische Schulung Juristenzeitung Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Gesetz über das Kreditwesen Landgericht mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberlandesgericht Reichsgericht Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer rechtskräftig Kommunikationsforum Recht-Wirtschaft-Steuern Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Urteil vom vergleiche Verbraucherkreditgesetz Verkaufspropektgesetz Verkaufsprospektverordnung Wirtschaftliche Beratung Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wertpapiermitteilungen Teil IV Wertpapierhandelsgesetz Wirtschaftsprüferordnung Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
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I. Einleitung
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes1 hatte 1998 im ElsfletherWerft-Fall seit längerem wieder Gelegenheit, zur Börsenprospekthaftung Stellung zu nehmen. Es war zugleich das erste höchstrichterliche Judikat zur Unternehmensberichtshaftung des durch das Börsenzulassungsgesetz2 ab 1. Mai 1987 eingeführten geregelten Marktes. Das ist kein Zufall, sondern beruht darauf, daß immer mehr Unternehmen an die Börse gehen. Noch im Jahr 1995 lag Deutschland mit nur zwanzig Börsengängen weit unter dem internationalen Durchschnitt. 3 Im Jahr 1998 wurde mit einundsiebzig neuen Emissionen bis dahin ein Rekord erzielt. Davon entfielen sechzehn auf den amtlichen Handel, dreizehn auf den geregelten Markt und zweiundvierzig auf den Neuen Markt. 4 Mit einem Emissionsvolumen von über sechs Milliarden DM allein bei Erstplazierungen an der Börse (sog. IPOs von Initial Public Offering) gehörte das Jahr 1998 wieder zu einem Spitzenjahr der Neuemissionen. Rechnet man die Kapitalerhöhungen börsennotierter Unternehmen hinzu, so überschreitet das Gesamtemissionsvolumen allein bei Aktienemissionen die Grenze von zwanzig Milliarden DM. 5 Am Start des neuen Handelssegments Smax (von: small caps exchange) an der Frankfurter Börse am 26. April 1999 haben sich einundneunzig Unternehmen beteiligt.6 Im Jahr 1999 fanden insgesamt 160 Unternehmen den Weg an die Börse; für das Jahr 2000 liegt die Schätzung bei 200 Neuemissionen.7 Für diesen Boom spielen im wesentlichen drei Faktoren eine Rolle: 1. An erster Stelle ist die emissionsfreundliche Gesetzgebung der letzten Jahre zu nennen. Bereits 1986 sind durch das Börsenzulassungsgesetz8 mit der Einführung des geregelten Marktes und der Eröffnung der
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BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225 ff. = ZIP 1998,1528ff (Elsflether Werft); dazu Koller EWiR 1998, 835 und Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 26, ders. Festschrift für Schimansky, 591 ff. Börsenzulassungsgesetz vom 16.12.1986, BGBl I S. 2478 ff. PotthofjlStuhlfaut WM 1997 Sonderbeilage Nr. 3 S. 3. Hoffmann AG Report 1999, R 124, R 126. Groß AG 1999, 199 m.w.N. Handelsblatt vom 26.4.1999 S. 4 3 - 4 4 . Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. Januar 2000 S. 13. Börsenzulassungsgesetz vom 16.12.1986, BGBl I S. 2478 ff.
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I. Einleitung
Möglichkeit des börsenmäßigen Freiverkehrs die Hürden für den Börsengang erheblich gesenkt worden. Hinzu kommt, daß auch die Zulassungskosten erheblich gesenkt wurden. 2. Zweitens eröffnet auf der Emittentenseite der Börsengang eine starke Alternative zur Kreditaufnahme, um den Kapitalbedarf für Investitionen zu decken. 3. Drittens stehen die Kapitalanleger einem Engagement in Aktien vermehrt positiv gegenüber,9 wofür es wiederum mehrere Gründe gibt. Zum einen ist durch die Telekom-Emission ins öffentliche Bewußtsein gerückt, daß man durch den Erwerb von Aktien Gewinn erwirtschaften kann. Zum anderen lag die Kurssteigerung im Jahr 1998 zwischen 17,4% am amtlichen Markt und 30% am Neuen Markt, während die Renditen konservativer Kapitalanlagen in den Keller gefallen sind. So werden beispielsweise auf Spareinlagen weniger als 2% Zinsen p.A. gezahlt. Hinzu kommt, daß die traditionellen Sparformen durch die Einführung der Quellensteuer an Ansehen verloren haben, während der Veräußerungsgewinn bei Aktien grundsätzlich steuerlich neutral ist. Wenn man sich vor Augen hält, daß im Jahr 1998 das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland 5.683 Milliarden DM betrug, von dem 1.194 Milliarden DM auf Spareinlagen, aber nur 492 Milliarden DM auf Aktien entfielen, wird ein erhebliches Umschichtungspotential sichtbar. Die hohe Zahl von Neuemissionen wird vermehrt zu Totalverlusten der Kapitalanleger führen, wenn nämlich das emittierende Unternehmen insolvent wird. Es läßt sich daher auch ohne hellseherische Fähigkeiten eine Zunahme der Prospekthaftungsfälle voraussagen. Durch das Inkrafttreten des Dritte Finanzmarktförderungsgesetzes10 am 1. April 1998 sind die Vorschriften über die Prospekthaftung umfassend geändert worden. Ziel der Gesetzesänderung war es, durch verbesserte Rechtssicherheit und erhöhte Berechenbarkeit sowie durch die Verkürzung der Verjährungsfristen für Regreßansprüche die Attraktivität des Börsengangs junger Unternehmen zu steigern, das Emissionsgeschäft der Kreditwirtschaft zu fördern und damit den deutschen Kapitalmarkt zu stärken.11 Das wird zum
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Lambsdorff WM 1997, 510. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz - 3. FMFG) vom 24. März 1998, BGBl I S. 529 ff. Regierungsbegrundung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 13/8933 S. 54, 55 f.
I. Einleitung
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Anlaß genommen, die unterschiedlichen Prospekthaftungen im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren unter besonderer Berücksichtigung der Börsenprospekthaftung zu untersuchen und insbesondere die Unterschiede und Gemeinsamkeiten des alten und des neuen Rechts aufzuzeigen.
II. Zum Begriff der Prospekthaftung
Unter einem Prospekt über Kapitalanlagen versteht man einen schriftlichen Bericht, der Angaben enthält, die der Beurteilung von Vermögensanlagen — Wertpapieren, Gesellschaftsanteilen oder ähnlichen Kapitalanlagen — ermöglichen soll. 12 Sein näherer Inhalt ist nur dort vorgeschrieben, wo an unrichtige oder unvollständige Angaben eine gesetzliche Prospekthaftung geknüpft wird. Dabei handelt es sich um die Prospekte, die nach dem Börsengesetz, dem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, dem Kapitalanlagegesellschaftengesetz und den Auslandsinvestmentgesetz zu veröffentlichen sind. Als Prospekt in diesem Sinn ist in der Regel jedes Dokument anzusehen, das dem Anleger in Erfüllung der jeweiligen Prospektpflicht ausgehändigt wird. 13 Bei der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung war Ausgangspunkt der Entwicklung die Haftung für Werbeprospekte. Auch das bereitet keine Schwierigkeiten bei der Einordnung, weil die größte Anzahl der Anlagen im nichtorganisierten Kapitalmarkt schon aus Wettbewerbsgründen anhand von Hochglanzbroschüren vertrieben wird, in denen sich die wesentlichen Aussagen über das angebotene Produkt befinden. Nicht so einfach ist die Einordnung dann, wenn Anbieter mit einfachen Handzetteln, Anzeigen in Zeitungen und Magazinen, Serienbriefen oder dem Versenden von vorgefertigten Vertragsentwürfen für ihr Produkt werben. Da der Phantasie der Anbieter bei der Art und Weise, wie sie an Anleger herantreten, um sie zum Kauf einer Anlage zu veranlassen, keine Grenzen gesetzt sind, kann die Frage, was ein Prospekt ist, nicht ohne Rückgriff auf die Prospekthaftung beantwortet werden. Auch kann nicht jede individualisierte oder mündliche Kommunikation zwischen Anbieter und Anleger der Prospekthaftung unterworfen werden. Der Prospekt ist marktbezogen, er wendet sich daher nicht an bestimmte Vertragspartner, sondern an einen meist unbestimmten Personenkreis, der sich vielleicht am Kapitalmarkt engagieren möchte. Es handelt sich daher um ein Medium der Marktinformation. 14 Als Prospekte sind daher nur solche Schriftstücke anzusehen, die bei den Adressaten zumindest den Eindruck erwecken, als enthielten sie die für die Beurteilung der Anlage wesentlichen Angaben. 15 Ob Zeitungsanzeigen, Kurzex12 13 14 15
Schwark BB 1979, 897. Assmann Prospekthaftung, 314. Assmann Festschrift für Kübler, 317, 330. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 47; Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 57; BT-Drucks. 10/318 S. 23, betreffend den Prospektbegriff des § 264 a StGB.
1. Erscheinungsformen der Prospekthaftung
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poses, Handzettel und Serienbriefe als Prospekte angesehen werden können, läßt sich nur im Einzelfall anhand dieses Kriteriums beantworten. 16
1. Erscheinungsformen der Prospekthaftung Die Prospekthaftung ist im Zusammenhang mit fehlgeschlagenen steuerlichen Abschreibungsmodellen der breiten juristischen Öffentlichkeit bekannt geworden. Daß es sich hierbei um eine richterrechtliche „Erfindung" handelt, deren rechtlicher Ahnherr die Börsenprospekthaftung ist, wird oft nur beiläufig erwähnt. Die Prospekthaftung wurde erstmals im Börsengesetz von 1896 gesetzlich normiert. Die Börsenprospekthaftung verfiel aber alsbald in einen langen Dornröschenschlaf. Im Jahr 1912 hatte das Reichsgericht letztmals zu ihr Stellung genommen, 17 bevor der spektakuläre Zusammenbruch der Beton- und Monierbau AG (BuM) im Jahr 1979 drei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs veranlaßte. 18 Instanzgerichtliche Entscheidungen zur Bond- 19 , Sachsenmilch-20 und MHMMode-Emission 21 komplettieren die wenigen Judikate zu diesem Problemfeld. Ende der sechziger Jahre, im Gefolge des Zusammenbruchs der von Bernie Cornfeld gesteuerten Investment Overseas Services (IOS), führte der Gesetzgeber Prospekthaftungen auch in §§19, 20 des Gesetzes über die Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) und in § 12 des neu geschaffenen Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die 16
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Ähnlich Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 47; Assmann in: Assmann/ Schütze § 7 Rn 57 f; für eine generelle Einstufung als Prospekt: Werner/Machunsky Rechte und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger, 179 f. RG, Urt. v. 11.10.1912 - II 106/12, RGZ80, 196 ff. BGH, Urteile v. 12.7.1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923 ff (BuM) und II ZR 172/81, ZIP 1982, 930 (BuM) sowie BGH, Urt. v. 11.11.1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231 ff = ZIP 1986, 14ff (BuM). OLG Frankfurt, Urt. v. 27.3.1996 - 21 U 92/95, ZIP 1996, 1037 f (Bond) und Urt. v. 14.5.1997 - 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105f = NJW-RR 1998,122 (Bond); LG Frankfurt, Urt. v. 6. Oktober 1992 - 3/11 Ο 173/91, WM 1992, 1768ff = ZIP 1993, 184ff (Bond); vgl. dazu Schwark EWiR 1993, 143. OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.1996 - 5 U 178/95, WM 1997, 361 ff = ZIP 1997, 107 ff (Sachsenmilch); LG Frankfurt, Urt. v. 26.6.1995 - 3/11 Ο 222/94, WM 1996, 525 f (Sachsenmilch); vgl. dazu Hoeren EWiR 1995, 1081. OLG Frankfurt, Urt. v. 17.3.1999 - 21 U 260/97, ZIP 1999, 1005ff (MHM Mode), rkr. BGH, Nichtannahmebeschluß v. 25.1.2000 - XI ZR 110/99; LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641 ff (MHM Mode) mit zust. Anm. Huber.
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II. Zum Begriff der Prospekthaftung
Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AusllnvestmG) ein, die aber ebenfalls das Dasein von Mauerblümchen fristen. Durch das bereits erwähnte Dritte Finanzmarktförderungsgesetz ist die Börsenprospekthaftung diesen Regelungen angeglichen worden. 22 Bekanntheit erlangte der Begriff der Prospekthaftung erst durch die im Zusammenhang mit sogenannten Publikumsgesellschaften aus der Taufe gehobenen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung. Außer dem Namen hat diese jedoch mit den normierten Fällen der Prospekthaftung wenig gemein. Sie ist auch nicht in Analogie zu den spezialgesetzlichen Prospekthaftungen, sondern als eine besondere Ausprägung der Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen geschaffen worden. Dabei entwickelte die Rechtsprechung zwei Varianten der Prospekthaftung. Zum einen die „Prospekthaftung im engeren Sinne" für das durch Herausgabe eines Prospekts typischerweise in Anspruch genommene Vertrauen. Zum anderen die „Prospekthaftung im weiteren Sinne", die diejenigen trifft, denen aufgrund der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens Aufklärungspflichten auferlegt sind und die sich zur Erfüllung dieser Aufklärungspflichten eines von Dritten erstellten Prospektes bedienen. Während die erste Fallgruppe noch Ähnlichkeiten mit der normierten Börsenprospekthaftung aufweist, insbesondere hinsichtlich der kurzen Verjährungsfrist (in Anlehnung an § 20 Abs. 5 KAGG und § 12 Abs. 5 AusIInvestmG beträgt sie sechs Monate ab Kenntnis von der Unrichtigkeit, maximal drei Jahre ab Erwerb der Kapitalanlage — ähnlich jetzt auch § 47 BörsG n.F.), ist die zweite Fallgruppe lediglich eine Unterart der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Durch den am 1. August 1986 in Kraft getretenen § 264 a Abs. 1 StGB werden täuschende Angaben im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen unter Strafe gestellt. Da diese Vorschrift Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, 23 spricht man insofern von einer deliktischen Prospekthaftung.
2. Konzept der Prospekthaftung Um eine Aktienemission erfolgreich zu machen, warben die Emittenten schon in der Frühzeit des Aufkommens von Aktiengesellschaften mit Prospekten für ihr Projekt. 24 Die Emission von zu Anlagezwecken untaugli22 23
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Sittmann NZG 1998, 490. BGH, Urt. v. 21.10.1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7 ff = ZIP 1991, 1597 ff, vgl. dazu Schiemann EWiR 1992, 33. Schulz Das deutsche Börsengesetz, 367.
3. Dogmatische Einordnung der Prospekthaftung
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chen Papieren hatte vor Erlaß des Börsengesetzes immer wieder die Gemüter erregt. Es waren Anleihen illiquider Schuldner piaziert worden. Ferner waren auch Scheinaktiengesellschaften gegründet worden und das eingezahlte Kapital veruntreut worden. 25 Eine Haftung der Gründer gab es nur bei Täuschung über Tatsachen. Der Anspruch war deliktsrechtlicher Natur. 26 Eine Haftung gegen die Emissionshäuser wegen unvollständiger oder fehlerhafter Prospekte war nach Gemeinem Recht lediglich anerkannt bei dolosem Verhalten einerseits und für gegebene Zusicherung andererseits.27 Im Jahr 1896 wurde die Prospektpflicht und die Prospekthaftung in das neu geschaffene Börsengesetz mit aufgenommen. Künftig war ein Prospekt für die Zulassung eines Papiers obligatorisch, für dessen Angaben die Emissionshäuser einzustehen hatten. Diese Prospekthaftung stellt einen hart umkämpften Kompromiß zwischen den Anforderungen an einen effektiven Anlegerschutz und denen an einen florierenden Kapitalmarkt dar. Der Prospekt ist danach nicht nur ein Werbemittel, sondern darüber hinaus auch ein Medium der vorvertraglichen Aufklärungspflichten. 28 Die Prospekthaftung verlagert daher den Anlegerschutz in das Vorfeld der Anlageentscheidung und formalisiert die Informationspflicht. Ähnliche Überlegungen liegen etwa dem Informationsmodell des § 53 Abs. 2 BörsG 29 oder auch den Regelungen der §§ 2 Abs. 1 AGBG, 2 HWiG, 4 VerbrKrG zugrunde. Die über hundert Jahre alte Börsenprospekthaftung entspricht daher der heute modernen Auffassung von Anlegerschutz. 30
3. Dogmatische Einordnung der Prospekthaftung Um die dogmatische Einordnung der Börsenprospekthaftung wird seit langem gestritten. Hierbei spielt eine Rolle, daß dem historischen Gesetzgeber von 1896 eine Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach heutigem Stand der Rechtsprechung und Wissenschaft fremd war. Ferner spielt eine Rolle, daß eine vertragliche und deliktsrechtliche Haftung vom historischen Gesetzgeber nach Gemeinem Recht für 25 26 27 28 29
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M / e s Z B B 1997, 15, 19. Schulz Das deutsche Börsengesetz, 368 f. Mues ZBB 1997, 15, 20. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 8. Regierungsbegründung zur Börsengesetznovelle 1989, BT-Drucks. 11/4177 S. 19, kritisch Brandner Festschrift für Schimansky, 581, 584 ff. BaumbachAHop/ Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 53 BörsG Rn 7; Horn in: Festschrift für Schimansky, 653 f.
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II. Zum Begriff der Prospekthaftung
nicht gegeben angesehen wurde. Um die Schwierigkeiten des seinerzeitigen Vertrags- und Deliktsrechts bei der Herausbildung von Haftungsregeln in bezug auf Prospekterklärungen zu überwinden, wurde eine Spezialhaftung eingeführt, ohne daß eine Einordnung in bekannte Haftungsschemata erfolgte. 31 a) Deliktshaftungstheorie Eine Meinung sieht in der Prospekthaftung eine rein deliktsrechtliche Haftung. 32 Dabei wird angenommen, es handele sich um die Haftung entweder für Verletzung bestimmter Berufspflichten im Sinne deliktischer Verkehrspflichten 33 oder aber für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationspflichten. 34 Zumindest die Haftung der Emissionsbank sei eine Sonderdeliktshaftung. Die Garantenstellung der Emissionsbank für die Richtigkeit der Prospektangaben honoriere originär deliktische Schutzerwartungen des Publikums vor betrügerischen Emissionen. 35 Gemeinsamer Ausgangspunkt dieser Ansätze ist vor allem die Überlegung, in der stetigen und überzogenen Weiterentwicklung der culpa in contrahendo werde genuines Deliktsrecht nach vertraglichen Grundsätzen betrieben und dementsprechend liefen auch die zur Begründung einer Prospekthaftung herangezogenen Gesichtspunkte der Sache nach auf eine deliktische Haftung der Prospektverantwortlichen gegenüber dem Anlegerpublikum hinaus. b) Vertragshaftungstheorie Eine andere Meinung sieht in der Prospekthaftung des Emittenten eine Vertragshaftung. 36 Der Prospekt enthalte eine bindendes Versprechen für eine Vielzahl künftiger Individualverträge, das bei Abschluß des Individualvertrages als Eigenschaftszusicherung aktualisiert werde. 37 Dem stehe nicht entgegen, daß die Prospektverantwortlichen häufig nicht Partei des späteren Individualvertrages werden, weil sich aus ihrer ökonomischen Rolle im Rahmen des Absatzes der Kapitalanlage ergebe, daß sie eine eigene rechtsgeschäftliche Erklärung abgeben. 38
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Assmann Prospekthaftung, 53 ff, 60 ff. Assmann Prospekthaftung, 252 ff., 273 ff.; ders. in: Assmann/Schütze § 7 Rn 37; v. Bar ZGR 1983, 476, 496 ff; Kiss WM 1999, 117, 123; Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im Deutschen Recht, 163 ff. v. Bar ZGR 1983, 476, 507 ff. Assmann Prospekthaftung, 252 ff., 273 ff. Köndgen AG 1983, 120, 125. Köndgen AG 1983, 85, 90 ff. Köndgen AG 1983, 85, 91. Köndgen A G 1983, 85, 95.
3. Dogmatische Einordnung der Prospekthaftung
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c) Vertrauenshaftungstheorie Die wohl herrschende Meinung qualifiziert die Prospekthaftung als eine kraft Gesetzes eintretende Vertrauenshaftung. 39 Die Ende des 19. Jahrhunderts eingeführte Prospekthaftung habe ihren Grund darin, daß vertragliche Beziehungen zwischen Prospektersteller und Anleger häufig nicht bestehen und das Deliktsrecht nicht als ausreichend zum Schutz des Anlegers angesehen worden seien. Die Prospekthaftung nehme auf diese Weise neuere Entwicklungen des Schadensrechts voraus, die zwischen Vertrag und Delikt eine dritte Ebene der gesetzlichen Vertrauenshaftung einschiebe.40 d) Eigene Stellungnahme Die Qualifizierung als Deliktshaftung ist aus systematischen Gründen abzulehnen. Das geltende Deliktsrecht gewährt den Ersatz primärer Vermögensschäden nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 826 und § 823 Abs. 2 BGB. Diesen Vorschriften ist die börsengesetzliche Prospekthaftung sowohl dogmatisch als auch hinsichtlich ihres Unrechtsgehalts nicht vergleichbar.41 Eine reine deliktsrechtliche Prospekthaftung ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264 a StGB. Auch die Neufassung des §48 BörsG, nach der ausdrücklich neben den Prospekthaftungsansprüchen auch Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung geltend gemacht werden können, spricht dafür, daß der Gesetzgeber die Prospekthaftung nicht als deliktische Haftung begreift. Die Börsenprospekthaftung kann auch nicht als vertragliche Haftung angesehen werden. Eine rechtsgeschäftliche Beziehung zwischen den Prospektverantwortlichen und dem Anleger wird bei der Prospekthaftung nicht vorausgesetzt. 42 Anspruchsvoraussetzung ist allein, daß der Anspruchsteller die Wertpapiere erworben hat, wobei es nicht erforderlich ist, daß er sie von dem Prospektverantwortlichen erworben hat. Richtig ist es, die Börsenprospekthaftung als einen gesetzlich umschriebenen Sonderfall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen anzusehen. Daß kein rechtsgeschäftlicher Kontakt zwischen Anspruchsteller und An-
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Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2277; Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 5; Η opt Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 133; Lehmann WM 1985, 181, 183 f.; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG a.F. Rn 16; ClaussenlErne Bank- und Börsenrecht § 9 Rn 80. Schwark BB 1979, 897, 902. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2276; Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 5; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§45, 46 BörsG a.F. Rn 16. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2276.
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II. Zum Begriff der Prospekthaftung
spruchsverpflichteten besteht, hindert eine Einordnung als Fall der Vertrauenshaftung nicht, da die besondere Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr die Vertrauenshaftung begründet. 43 Im übrigen ist weitgehend anerkannt, daß eine Haftung wegen der Inanspruchnahme typisierten Vertrauens auch ohne rechtsgeschäftlichen Kontakt möglich ist. 44 Auch §46 Abs. 3 BörsG a.F. bzw. § 46 Abs. 2 Nr. 3 BörsG n.F. spricht für dieses dogmatische Verständnis, da ein Anspruch bei fehlendem Vertrauen auf die Richtigkeit der Prospektangaben nicht gewährt wird.
43 44
Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2277 f. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109.
III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
Die Börsenprospekthaftung des amtlichen Börsenhandels ist in §§ 45 bis 49 BörsG geregelt. Die Vorschriften betreffen unmittelbar nur die Börsenprospekthaftung im amtlichen Handel, haben aber durch Legalverweisungen auch für den geregelten Markt und den Freihandel Bedeutung. Die seit Inkrafttreten des Börsengesetzes im Jahr 1896 inhaltlich unverändert geltenden Vorschriften wurden durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz45 mit Wirkung vom 1. April 1998 grundlegend umgestaltet. Damit sollten einerseits die Voraussetzungen eines effizienten Kapitalmarktes geschaffen werden. Ziel der Modernisierung war es, durch verbesserte Rechtssicherheit und damit erhöhte Berechenbarkeit sowie Verkürzung der Verjährungsfristen bei Prospekthaftungsansprüchen die Attraktivität des Börsengangs junger Unternehmen zu steigern, das Emissionsgeschäft zu fördern und damit den deutschen Kapitalmarkt zu stärken. 46 Andererseits sollte aber auch ein wirksamer Anlegerschutz zur Verfügung stehen, um das Vertrauen des Publikums in den Kapitalmarkt zu stärken. Zur weiteren Verbesserung des Anlegerschutzes und zur weiteren Erleichterung des Börsengangs kleiner und mittlerer Unternehmen plant die Bundesregierung bereits ein Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, das aber nicht unmittelbar eine Änderung der Vorschriften über die Börsenprospekthaftung vorsieht. 47
1. Börsenprospekt Gegenstand der Haftung nach dem Börsengesetz ist der Prospekt. Die für die börsengesetzliche Prospekthaftung maßgeblichen §§45 ff BörsG begründen eine Haftung nur für solche Schriftstücke, die als Börsenzulassungsprospekte im Sinne von §§ 36 Abs. 3 Nr. 2, 38 Abs. 1 BörsG in Verbindung mit §§ 13 ff BörsZulV anzusehen sind und aufgrund derer die fraglichen Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen wurden. 48 Andere
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Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24. März 1998, BGBl I S. 529 ff. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 13/8933, 54, 55 f. Bury WM 1999, 1362, 1363. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 48.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
schriftliche Angebote wie etwa die der Zeichnung vorausgehenden Zeichnungsaufforderungen oder vergleichbare Publikationen sind keine Börsenprospekte. 49 Auch sonstige Vorveröffentlichungen vor der eigentlichen Zulassung sind Prospekten im Sinne des § 45 BörsG nicht gleichzustellen, das gilt insbesondere für Presseveröffentlichungen, auch wenn deren Wortlaut vom Emittenten oder der Emissionsbank stammt. 50 An dieser Rechtslage hat sich durch die Neufassung des § 45 BörsG nichts geändert. Vielmehr ist in § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F. ausdrücklich ausgesprochen, daß nur solche Erwerbsgeschäfte erfaßt werden, die nach Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospektes getätigt werden. Fraglich ist, ob die Börsenprospekthaftung eine Prospektpflicht voraussetzt, oder ob es ausreicht, daß auch ohne Prospektpflicht die Zulassung der Wertpapiere zur Börse erfolgte. Das betrifft die Fälle, in denen der Emittent eine Befreiung von der Prospektpflicht beantragen könnte, sich aber entschließt, statt dessen einen Prospekt zu erstellen, aufgrund dessen dann die Zulassung erfolgt. Beschließen etwa bei einer Kapitalerhöhung von weniger als 10% die Prospektverantwortlichen die Befreiung nach § 45 Nr. 3 b BörsZulV nicht zu beantragen, sondern einen Börsenzulassungsprospekt zu erstellen, aufgrund dessen die Aktien dann tatsächlich zugelassen werden, so handelt es sich um einen ganz normalen Börsenzulassungsprospekt, der der Börsenprospekthaftung unterfällt. 51 a) Prospektinhalt Während § 38 Abs. 1 Nr. 2 BörsG nur Hinweise auf die wesentlichen Punkte des Prospektinhalts enthält, sind die Einzelheiten in §§ 13 ff BörsZulV geregelt. Der Prospekt hat die Angaben zu enthalten, die notwendig sind, um den Anlegern und ihren Beratern ein fundiertes Urteil über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und Entwicklungsaussichten des Emittenten sowie über die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte zu gestatten. 52 Die BörsZulV sieht eine sehr weitgehende Informationspflicht vor, die im Bereich der Kapitalstruktur, Geschäftstätigkeit sowie der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage mit den Geheimhaltungsbedürfnissen des Emittenten kollidieren kann. Nach dem Börsengesetz ist die Kollision grundsätzlich zugunsten des Informationsbedürfnisses des Publikums zu lösen. Jedoch ist es Aufgabe der Zulassungsstellen, im Einzelfall dem Geschäfts49 50
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Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 49. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.5.1997 - 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105, 1106 = NJWRR 1998, 122 (Bond); Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 9. Groß AG 1999, 199, 200. Schwark NJW 1987, 2041, 2044.
1. Börsenprospekt
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geheimnis des Emittenten den Vorrang zu gewähren. 53 Hierfür steht den Zulassungsstellen nach § 38 Abs. 2 BörsG in Verbindung mit § 47 BörsZulV die Möglichkeit offen, den Emittenten von der Veröffentlichung einzelner Angaben zu befreien. 54 Hinsichtlich des Geheimhaltungsinteresses kommt eine Befreiung nach § 47 Nr. 3 BörsZulV in Betracht, wonach die Zulassungsstelle gestatten kann, daß Angaben nicht in den Prospekt aufgenommen werden, wenn sie der Auffassung ist, daß die Verbreitung dieser Angaben dem Emittenten erheblichen Schaden zufügt, sofern die NichtVeröffentlichung das Publikum nicht über die für die Beurteilung der zuzulassenden Wertpapiere wesentlichen Tatsachen und Umstände täuscht. Aus dieser Regelung ergibt sich einerseits, daß der Emittent nicht in eigener Regie entscheiden darf, ob er von ihm als geheimhaltungsbedürftig angesehene Angaben nicht veröffentlicht. Anderseits scheidet eine Prospekthaftung wegen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit in bezug auf solche Angaben aus, deren NichtVeröffentlichung die Zulassungsstelle gestattet hat. Auf alle Einzelheiten der zu veröffentlichten Tatsachen kann hier nicht eingegangen werden. 55 Beispielhaft soll eine Pflichtangabe herausgegriffen werden, die Streitgegenstand im Elsflether-Werft-Fall war. In dem Prospekt ist über Rechtsstreitigkeiten zu informieren, die Einfluß auf den Wert der Aktien haben können. Das trifft insbesondere für Anfechtungsklagen gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß zu, der gesellschaftsrechtliche Grundlage der Neuemission ist. Hat eine solche Anfechtungsklage Erfolg, ist der Kapitalerhöhungsbeschluß nichtig mit der Folge, daß alle Zeichnungen unwirksam sind und die ausgegebenen neuen Aktien keine Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft verbriefen. Auf diese Rechtsfolge ist in dem Zulassungsprospekt unmißverständlich hinzuweisen.56 Die Aufnahme freiwilliger Angaben in den Prospekt war nach den Bestimmungen der Börsenzulassungsbekanntmachung 57 (BörsZulassBek) nicht statthaft. Alle Angaben, die nicht nach den Bestimmungen der BörsZulassBek vorgeschrieben waren, mußten nach § 13 Abs. 3 BörsZulassBek gestrichen werden. Eine solche Vorschrift fehlt in der seit dem 1. Mai 1987
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Nußbaum Börsengesetz § 38 l i e ) (S. 172). ZiegenhainlHelms WM 1998, 1417, 1424. Siehe dazu Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 33 ff. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 231 = ZIP 1998, 1528, 1530 (Elsflether Werft). Bekanntmachung betreffend die Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel (BörsZulassBek) vom 4. Juli 1910, RGBl. S. 917 abgedruckt in Baumbach/ DudenIHopt Handelsgesetzbuch 28. Aufl.
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in Kraft getretenen Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV). 58 Wenn es in § 13 Abs. 2 Satz 1 BörsZulV heißt, der Prospekt müsse insbesondere die anschließend aufgeführten Angaben enthalten, spricht das dafür, daß der Prospektinhalt in der Börsenzulassungsverordnung nicht abschließend geregelt ist, sondern daneben freiwillige Angaben zulässig sind. Da aber alle Angaben dem Zweck des Prospektes entsprechen müssen, ist die Zulässigkeit freiwilliger Angaben auch danach zu beurteilen, ob der Kapitalanlegerschutz gewahrt bleibt. Plakative Werbeaussagen ohne Informationsgehalt laufen dem Zweck des Prospektes, dem Anleger eine auf Tatsachengrundlage beruhende Entscheidungshilfe zu sein, zuwider. Sie haben daher im Prospekt nichts verloren. Dagegen ist eine informative Selbstdarstellung des Emittenten, in der das unternehmerische Selbstverständnis oder die Grundzüge der Unternehmenspolitik erläutert werden, mit dem Kapitalanlegerschutz vereinbar, da der Anleger Informationen erhält, die das Gesamtbild seiner Beurteilung des Emittenten abrunden können. 59 b) Zulassungsvoraussetzungen Der Börsenprospekt wird gem. § 37 Abs. 1 BörsG von der Zulassungsstelle der Börse vor Zulassung der Wertpapiere zum amtlichen Handel geprüft. Die Zulassungsstelle ist die „Herrin des Zulassungsverfahrens". Als Organ der Börse ist sie als Behörde im verwaltungstechnischen Sinn bzw. als beliehene Stelle anzusehen. 60 Sie entscheidet über die Zulassung der Wertpapiere auf der Grundlage des eingereichten Prospektes durch Beschluß. Hierbei handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt für die beantragende Emittentin. 61 Ihr kommt damit die Pflicht zur Prüfung der Prospektangaben zu, auch wenn eine solche im Gesetz nicht explizit kodifiziert ist. 62 Seit Erlaß des Börsengesetzes ist die Frage des Umfangs der Prüfungspflicht der Zulassungsstelle immer wieder diskutiert worden, da im Börsengesetz keine explizite Prüfungsvorschrift enthalten ist und der Umfang der Prüfung aus den Anforderungen an die Zulassung abgeleitet wird. In der juristischen Literatur haben sich mit der Befürwortung einer rein for-
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Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungsverordnung - BörsZulV) vom 15.4.1987, BGBl. I S. 1234. Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 99 f. Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 37. Eickhoff WM 1988, 1713, 1714. Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 136.
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mellen Prüfungspflicht (Prospekttheorie) und der Forderung nach einer materiellen Prüfungspflicht zwei Gegenpole gebildet. Die Befürworter der Prospekttheorie fordern von der Zulassungsstelle lediglich die Prüfung der Vollständigkeit der Prospektangaben. 63 Die extreme Gegenansicht befürwortet eine materielle Prüfungspflicht, die auch die Richtigkeit der Angaben und die Bonität des Emittenten umfaßt. 64 Weder die Prospekttheorie noch die Theorie von der materiellen Prüfungspflicht sind mit dem Gesetz zu vereinbaren. Nach § 36 Abs. 3 BörsG sind Wertpapiere zum amtlichen Handel nur zuzulassen, - wenn der Emittent und die Wertpapiere den Bestimmungen entsprechen, die zum Schutz des Publikums und für einen ordnungsgemäßen Börsenhandel gemäß § 38 BörsG erlassen worden sind, - wenn dem Antrag ein Prospekt mit den nach § 38 BörsG erforderlichen Angaben beigefügt ist, der dem Publikum ein Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere ermöglicht, und - wenn der Zulassungsstelle keine Umstände bekannt sind, die zu einer Schädigung des Publikums oder erheblicher allgemeiner Interessen führen. Danach beschränkt sich die Prüfung des Emittenten und der Sicherheit der zuzulassenden Papiere durch die Zulassungsstelle auf den Inhalt und die formale Vollständigkeit der Unterlagen, die ihr vom Emittenten und der Emissionsbank vorgelegt werden, und auf solche Umstände, die der Zulassungsstelle zur Kenntnis kommen. Das Abstellen nur auf bekannte Umstände spricht gegen eine Nachforschungs- und Überprüfungspflicht über die formelle Ordnungsgemäßheit des Prospektes hinaus. 65 Eigene Ermittlungen hat sie danach nicht durchzuführen. 66 Die im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgenommene Prüfung ist deshalb keine Bonitätskontrolle. 67 Die Zulassungsstelle verfügt auch gar nicht über die personellen Kapazitäten, eine Bonitätskontrolle vorzunehmen. Allerdings ergibt sich aus der Tatsache, daß die Zulassungsstelle die Zulassung nicht vornehmen darf, wenn ihr Umstände bekannt sind, die zu einer Schädigung des Publikums oder erheblicher allgemeiner Interessen führen, daß zumindest eine eingeschränkte materielle Prüfungspflicht besteht. Wenn nämlich
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Meyer/Bremer Börsengesetz § 36 Nr. 6 (S. 91). Nachweise bei Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 138. Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im Deutschen Recht, 216. Baumbach/i/opf Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 36 BörsG Rn 3. BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 130 (Bond) = ZIP 1993, 1148, 1149; Arendts DZWir 1994, 185, 187.
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der Zulassungsstelle durch Presseberichte oder Einstufungen von Ratingagenturen klare Zweifel an der Bonität des Emittenten kommen müssen, hat sie dem nachzugehen. 68 Auf die Prospekthaftung des Emittenten und der Emissionsbank hat die Prüfungspflicht der Zulassungsstelle keinen Einfluß. 69 Insbesondere hat der Börsenprospekt zugelassener Wertpapiere nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen enthalten nur Mindestanforderungen an den Prospektinhalt, deren Erfüllung den Prospekt gleichwohl unrichtig machen können. Die haftungsrechtlichen Anforderungen an den Prospekt sind weitergehend als die zulassungsrechtlichen.70 Auch die Tatsache, daß der Zulassungsausschuß der Börse den Prospekt billigt, obwohl er Kenntnis von dem Prospektmangel hat, entlastet die Prospektverantwortlichen nicht. 71 Es kommt dann lediglich eine zusätzlich zu der Haftung der Prospektverantwortlichen eintretende Haftung der Zulassungsstelle in Betracht. 72 Die Prüfungspflicht der Zulassungsstelle hat drittschützenden Charakter. 73 Verletzt die Zulassungsstelle ihre Prüfungspflicht schuldhaft, hat der geschädigte Anleger unter Umständen einen Schadensersatzanspruch gegen die Börse aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG wegen Amtspflichtverletzung. 74 Teilweise75 wird die haftungsrechtliche Ungleichbehandlung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, das nach §6 KWG keinem Amtshaftungsanspruch ausgesetzt ist, zu den Börsen beklagt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch vom Gesetzgeber so gewollt. Eine entsprechende Anwendung der Haftungsfreistellung auf die Börsenzulassungsstellen ist daher nicht möglich. Die Börsenzulassung hat auch keinen Einfluß auf die einer Bank bei der Anlageberatung obliegenden Pflichten. Sie muß trotz Zulassung die
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Kunz DZWir 1994, 199, 200; Schwark NJW 1987, 2041, 2043; ders. WuB I G 4.-9.93. OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.1994 - 5 U 213/92, ZIP 1994, 282, 286 (Bond) mit zust. Anm. Kunz BB 1994, 738, 740; Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.299; Schwark WuB I G 9.-1.93; Nassall EWiR 1994, 349; Jasper WiB 1994, 243. LG Frankfurt, Urt. v. 6.10.1992 - 3/11 Ο 173/91, ZIP 1993, 184, 186 (Bond); Kunz DZWir 1994, 199, 200 f. Jasper WiB 1994, 243; Schwark ZGR 1983, 162, 167. OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.1994 - 5 U 213/92, ZIP 1994, 282, 286 (Bond). Schäfer ZIP 1987, 953, 959. Schwark NJW 1987, 2041, 2043; Schäfer ZIP 1987, 953, 959; Nassall EWiR 1994, 349; Kunz DZWir 1994, 199, 200; Jasper WiB 1994, 243. Schäfer ZIP 1987, 953, 959.
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Prospektangaben auf ihre Richtigkeit überprüfen und sich anhand einschlägiger Publikationen ein eigenes Bild von der Bonität der Wertpapiere und des Emittenten machen. 76 c) VeröfFentlichungspflicht Der Prospekt war gem. § 43 BörsZulV a.F. mindestens drei Werktage vor der Einführung der Wertpapiere zu veröffentlichen. Diese Frist ist durch die Neufassung des § 43 BörsZulV auf einen Werktag verkürzt worden. In besonderen Ausnahmefallen kann die Zulassungsstelle gestatten, daß der Prospekt nach der Eröffnung, aber vor Beendigung des Bezugsrechtehandels veröffentlicht wird. Der Prospekt darf erst veröffentlicht werden, wenn er von der Zulassungsstelle gebilligt worden ist (§ 43 Abs. 2 BörsZulV, § 36 Abs. 3 a Satz 1 BörsG n.F.). Im Interesse einer beschleunigten Zulassung bestimmt § 36 Abs. 3 a BörsG n.F., daß die Zulassungsstelle innerhalb von 15 Börsentagen nach Eingang des Prospektes über die Billigung zu entscheiden hat. Ebenfalls im Interesse der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung kann der Emittent, wenn er den Zulassungsantrag bei mehreren inländischen Börsen gleichzeitig stellt, die Zulassungsstelle bestimmen, die den Prospekt prüft und gegebenenfalls billigt (§ 36 Abs. 3 a Satz 3 BörsG n.F.). Die anderen Zulassungsstellen sind an die von der bestimmten Zulassungsstelle ausgesprochene Billigung gebunden (36 Abs. 3 a Satz 4 BörsG n.F.). d) Aktualisierungspflicht Der Prospekt hat zeitnah das zutreffende Bild von Emittent und Emission zu zeichnen, um dem Informationsbedürfnis potentieller Anleger zu genügen. Aus diesem Grund ist er von den Prospektverantwortlichen ständig auf dem Laufenden zu halten. Das Aktualisierungsgebot greift bereits bei Erstellung des Prospektes ein. Die aufgenommenen Angaben aus Bilanzen oder Berichten müssen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie nicht mehr zutreffend sind. Das Aktualisierungsgebot setzt sich nach Erstellung bis zur Veröffentlichung des Prospektes fort. Nach § 52 Abs. 2 BörsZulV muß jede Änderung der Umstände, die für die Beurteilung des Emittenten oder der einzuführenden Wertpapieren von wesentlicher Bedeutung sind, in einem Nachtrag veröffentlicht werden. Dies betrifft den Zeitraum zwischen Veröffentlichung des Prospektes und der Einführung der Wertpapiere. 77 Daran anschließend bis sechs Monate nach Einführung ergibt sich
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BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 131 (Bond) = ZIP 1993, 1148, 1150; Arendts DZWir 1994, 185, 187. Schwark WuB I G 8.-4.98; Groß AG 1999, 199, 204.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
die Berichtigungspflicht aus §§ 45 Abs. 1 Satz 1, 46 Abs. 2 Nr. 4 BörsG. 78 Ein Nachtrag zum Prospekt ist nach Sinn und Zweck der Aktualisierungspflicht unverzüglich nach Bekanntwerden der neuen Tatsache zu veröffentlichen. 79 Nur so wird das Informationsinteresse des Publikums ausreichend gewahrt. Für den Verkaufsprospekt ist dies in § 11 VerkProspG n.F. nunmehr ausdrücklich gesetzlich geregelt.80 Unter die Aktualisierungspflicht fallen Tatsachen, die geeignet sind, den Börsenpreis der Aktie zu beeinflussen. Der Kurs einer Aktie wird sowohl von Ereignissen innerhalb des Tätigkeitsbereichs des Emittenten als auch von allgemeinen Marktentwicklungen außerhalb dieses Tätigkeitsbereichs beeinflußt. Mitzuteilen sind jedenfalls die Ereignisse, die innerhalb des Tätigkeitsbereichs des Emittenten geschehen.81 Aber auch die Änderungen allgemeiner Markteinflüsse sind mitzuteilen, wenn sie Gegenstand des Prospektes waren. Dazu gehören auch solche Angaben, die nach § 15 WpHG zu veröffentlichen sind. Die Pflicht zur Aktualisierung trifft in erster Linie den Emittenten. Aber auch die Emissionsbank ist zur permanenten Aktualisierung bis zum vollständigen Verkauf der Emission verpflichtet. 82 Es ist notwendig und den Banken zumutbar, zumindest bis zum Ende der Zeichnungsfrist Berichtigungen vorzunehmen. Der Aktualisierungspflicht der emissionsbegleitenden Bank stand § 44 a BörsG a.F. nicht entgegen. Diese Vorschrift betraf die Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten, die unabhängig von einem veröffentlichten Prospekt und im Gegensatz zur Prospektpflicht nicht im Interesse der Anleger, sondern in dem eines funktionierenden Kapitalmarktes bestand. Ihr konnte daher nicht entnommen werden, daß die emissionsbegleitende Bank nach Einführung der Wertpapiere zum Börsenhandel börsenprospektrechtlich nicht zur Berichtigung unrichtig gewordener Angaben verpflichtet war. 83 Jetzt ist die Ad-hoc-Publizitäts78 79
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Groß AG 1999, 199, 204. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 232 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft); Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 72 f. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl I S. 529, 534. Vaupel WM 1999, 521, 531. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 232 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft); Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn71 und Fn. 161; Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 112 Rn 41; Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 15; Hopt Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 213. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 233 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft).
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pflicht des Emittenten in § 15 WpHG 8 4 geregelt, in dessen Abs. 6 Satz 1 ausdrücklich eine Schadensersatzpflicht ausgeschlossen wird. Nachdem der ursprüngliche Gesetzentwurf diesen Ausschluß noch nicht enthielt 85 , wurde er später auf Vorschlag des Bundesrates eingefügt, um klarzustellen, daß § 15 WpHG kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, weil Schutzgut wie bei § 44 a BörsG a.F. ausschließlich der funktionierende Kapitalmarkt ist. 86 Normadressat des § 15 WpHG ist wie bei § 44 a BörsG a.F. nur der Emittent. 87 In §46 Abs. 2 Nr. 4 BörsG n.F. ist nunmehr durch die Erwähnung einer Veröffentlichung nach § 15 WpHG neben vergleichbaren Bekanntmachungen auch vom Gesetzgeber klargestellt, daß die prospektrechtlich erforderlichen Nachträge unabhängig neben der Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten stehen. 88 Aus der Letzteren erwachsen dem Anleger keine prospektrechtlichen Ansprüche. 89 Soweit Kort 9 0 die Ansicht vertritt, eine Pflicht der Emissionsbank zur nachträglichen Berichtigung sei allenfalls aus allgemeinen Haftungsgrundsätzen, nicht jedoch aus der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftung denkbar, ist das falsch. Wenn Kort meint, eine solche Pflicht ergebe sich nicht aus § 52 Abs. 2 BörsZulV, da diese Pflicht ausschließlich den Emittenten treffe, so verkennt er, daß diese Pflicht im Ersten Kapitel „Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung" geregelt ist. Da die Zulassung zwingend nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BörsG von dem Emittenten zusammen mit einem Emissionsbegleiter zu beantragen ist, treffen die in diesem Kapitel statuierten Pflichten sowohl den Emittenten als auch den Emissionsbegleiter. Auch die sich aus dem Umkehrschluß des § 46 Abs. 2 Nr. 4 BörsG n.F. ergebende Aktualisierungspflicht nach der Einführung der Wertpapiere trifft sowohl den Emittenten als auch den Emissionsbegleiter. §§ 45, 46 BörsG statuieren gleiche Pflichten für alle Prospektverantwortlichen. Nach dem Sinn und Zweck der Prospektverantwortung des Emissionsbegleiters, beim Going Public die Tätigkeit des Emittenten zu überwachen und als solventer Schuldner neben dem Emittenten das Vertrauen des Publikums in die Anlage zu fördern, ist es auch erforderlich, daß der Emissionsbegleiter ebenfalls zur Aktualisierung verpflichtet ist. Dies ist der Emissionsbank angesichts des kurzen Zeitraums von sechs
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Wertpapierhandelsgesetz vom 26. Juli 1994, BGBl I S. 1749 ff in der Fassung des Gesetzes vom 9. September 1998, BGBl. I S. 2708 ff. BT-Drucks. 12/6679, S. 9. BT-Drucks. 12/7918, S. 102. Hopt ZHR 159 (1995) 135, 151; JürgenslRapp Die Bank 1995, 97. a.A. Schwark WuB I G 8.-4.98. Groß AG 1999, 199, 200. Kort AG 1999, 9, 15.
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Monaten, in dem die Aktualisierungspflicht besteht, auch zumutbar. Darüber hinaus tritt ihre Haftung nur ein, wenn sie die nachträgliche Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit des Prospektes gekannt hat oder ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 46 Abs. 1 BörsG n.F.). Hierdurch ist eine unüberschaubare oder eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung ausgeschlossen. Soweit die Emissionsbank zur Berichtigung ursprünglicher Prospektangaben verpflichtet ist, muß sie den Emittenten anhalten, seinerseits eine Berichtigung zu veröffentlichen. Geschieht dies nicht unverzüglich, ist der Emissionsbegleiter berechtigt, auch ohne Einverständnis des Emittenten einen Nachtragsprospekt zu veröffentlichen. 91 Nach Ablauf von sechs Monaten besteht aufgrund der Prospektverantwortung keine Berichtigungspflicht mehr. Das ergibt sich aus der Tatsache, daß ab diesem Zeitpunkt keine Prospekthaftungsansprüche mehr entstehen können. Wenn der Prospekt als Haftungsgrundlage weggefallen ist, macht seine Berichtigung keinen Sinn mehr. Unberührt hiervon bleiben die Pflichten des Emittenten nach § 15 WpHG und die Pflicht eines Anlageverkäufers, im konkreten Beratungsgespräch auf die Änderung der Verhältnisse hinzuweisen. Daraus läßt sich auch die Frage beantworten, ob eine Berichtigungspflicht besteht, wenn nachträglich eine Abweichung von den im Prospekt angegebenen Projekten und Plänen des Emittenten eintritt. Treten die Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb der Sechsmonatsfrist ein, sind sie in einem Nachtrag zum Prospekt mitzuteilen, treten sie später ein, besteht keine Berichtigungspflicht. Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß der Emittent ernsthaft die Absicht hatte, die mitgeteilten Projekte und Pläne auch tatsächlich zu verwirklichen und dies wegen unvorhergesehener Umstände nicht erfolgt ist. Bestand von Anfang an die Absicht, diese Projekte und Pläne nicht zu verwirklichen oder war deren Realisierbarkeit von vornherein nicht möglich, liegt eine anfängliche Unrichtigkeit des Prospektes vor, die in jedem Fall zu berichtigen ist. 92 e) Ausnahmen von der Prospektpflicht Nach § 38 Abs. 2 BörsG können in der BörsZulV Ausnahmen aufgenommen werden, bei denen von der Veröffentlichung eines Prospektes ganz oder teilweise oder von der Aufnahme einzelner Angaben in den Prospekt abgesehen werden kann, wenn dies im Hinblick auf das Informationsinteresse des Publikums, das öffentliche oder das Integritätsinteresse des Emittenten vertretbar oder geboten ist. Das betrifft vereinfacht gesagt die Fälle, in denen der Anleger dem Gesetzgeber nicht schutzwürdig erschien, 91 92
Kort AG 1999, 9, 16. Assmann Prospekthaftung, 326.
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weil er auf andere Weise über die Emission informiert ist oder aber der Emittent als besonders solvent und integer einzustufen ist. Die Börsenzulassungverordnung (§§ 45 ff BörsZulV) läßt demgemäß für eine Reihe von Fällen vereinfachte „Prospekte" ausreichen. Diese vereinfachten Darstellungen unterlagen nach § 45 BörsG a.F. nicht der Börsenprospekthaftung, da sie nicht als Börsenzulassungsprospekt angesehen werden konnten. 93 Dies wurde als empfindliche Schutzlücke empfunden, da eine Haftung für eine solche unrichtige und unvollständige schriftliche Darstellung auch nicht durch analoge Anwendung der §§45 ff BörsG oder durch die Anwendung der zivilrechtlichen Prospekthaftung zu begründen war. 94 Nunmehr hat der Gesetzgeber mit dem Dritten Finanzmarktförderungsgesetz diese Schutzlücke geschlossen, indem er auch für solche Darstellungen, aufgrund deren Veröffentlichung eine Befreiung von der Pflicht erfolgt, einen Börsenzulassungsprospekt zu veröffentlichen, die Prospekthaftung eingeführt hat (§ 45 Abs. 4 BörsG n.F.). Das betrifft zum einen Darstellungen im Sinne des schon nach altem Recht geltende § 45 Nr. 1 BörsZulV. Trotz der Verwendung des Terminus „Darstellung" fällt hierunter jedoch nicht nur die in § 45 Nr. 1 BörsZulV ausdrücklich so bezeichnete Darstellung, sondern zum anderen ebenso alle in §§ 45 ff BörsZulV genannten Veröffentlichungen, aufgrund derer eine Befreiung von der Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospektes gewährt wird. Also insbesondere auch die im durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz neu eingeführten § 45 a Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BörsZulV 95 sowie auch die in § 45 Nr. 4 BörsZulV genannten Informationen. Die inhaltlichen Anforderungen an diese Darstellungen richten sich nach der jeweiligen Ausnahmevorschrift. Die Richtigkeit und die Vollständigkeit dieser schriftlichen Darstellung ist allein anhand des gesetzlich speziell geforderten Inhalts zu prüfen und nicht nach den Maßstäben für einen Vollprospekt zu beurteilen. 96 Voraussetzung für die Haftung ist aber immer, daß auch die prospektbefreiende Darstellung Grundlage einer Börsenzulassung ist. Das bedeutet, daß Bezugsangebote,97 Zeichnungsaufforderungen, Werbemaßnah-
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Assmann AG 1996, 508, 509 f. Assmann AG 1996, 508, 513 f; ders. Festschrift für Kübler, 317, 353; Kort AG 1999, 9, 14; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG a.F. Rn 20. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 13/8933 S. 79. Groß AG 1999, 199, 200. BGH, Urt. v. 12.7.1982 - II ZR 172/81, ZIP 1982, 930 f (BuM).
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
men, 98 Research-Reports, Zwischenberichte nach §44b BörsG, sonstige von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG in Verbindung mit §§63-68 BörsZulV geforderte Berichte und Ad-hoc-Mitteilungen nach § 15 WpHG nicht als Prospekte angesehen werden können. 99 Ebenfalls keine Börsenprospekte sind Informationsmemoranden, die bei reinen Umplazierungen von bereits an einer inländischen Börse zugelassenen Aktien erstellt werden. 100 Da die zu piazierenden Aktien bereits börsenzugelassen sind, ist das Informationsmemorandum nicht die Grundlage für die bereits bestehende Börsenzulassung. Streitig ist, ob diese Memoranden als Darstellungen nach § 45 Abs. 4 BörsG anzusehen sind, die einen Börsenprospekt ersetzen.101 Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 45 Abs. 4 BörsG kann ein Informationsmemorandum nur dann als „Ersatzprospekt" angesehen werden, wenn aufgrund seiner Veröffentlichung eine Zulassung zur Börse erfolgte ist. f) Geheimhaltungsinteresse Die Pflicht zur Veröffentlichung eines vollständigen und richtigen Emissionsprospektes, der alle wertbildenden Faktoren bezüglich des Emittenten und der Emission enthält, kann mit dem vitalen Interesse des Emittenten an der Geheimhaltung seiner Geschäftsinterna kollidieren. Gerade was die logistische Struktur des Unternehmens oder der Stand seiner neuen Entwicklungen betrifft, könnten durch eine Veröffentlichung Nachteile entstehen, wenn Konkurrenten in der Lage sind, diese Dinge zu kopieren. Aus diesem Grund wird teilweise angenommen, hinsichtlich der Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit eines Unternehmens oder seiner Pläne bezüglich verbesserter Beschaffungs- und Absatzstrategien sei ein Geheimhaltungsrecht des Emittenten anzuerkennen. 102 Würde man eine diesbezügliche Offenbarungspflicht bejahen, könnten die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung so hoch werden, daß das Unternehmen sich nach anderen Finanzierungsquellen umsehen müßte, die keine Pflicht zur Aufdeckung von Innovation gegenüber Mitbewerbern nach sich ziehen. Diese Ansicht ist abzulehnen. Nach dem Wortlaut und der Systematik des Börsengesetzes und der Börsenzulassungsverordnung ist kein Raum für ein eigenverantwortliches Geheimhaltungsrecht des Emittenten. Die 98 99
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OLG Frankfurt, Urt. v. 14.5.1997 - 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105 f (Bond). Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn49ff; Schwark Börsengesetz §§45, 46 Rn 9f. Groß AG 1999, 199, 200. Dafür: KrämerlBaudisch WM 1998, 1161, 1170; dagegen Groß AG 1999, 199, 200. Assmann Prospekthaftung, 324 f.
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vorgeschriebenen Pflichtangaben sind danach grundsätzlich vollständig und richtig in den Prospekt aufzunehmen. Das Börsenrecht stellt den Emittenten einen Ausweg aus dem Geheimhaltungsdilemma zur Verfügung, indem nach §§ 38 Abs. 2 Nr. 3 BörsG, 47 Nr. 3 BörsZulV auf Antrag die Börsenzulassungsstelle die Befreiung von der Veröffentlichung einzelner Angaben erteilen kann, wenn aus der Veröffentlichung dieser Angaben dem Emittenten ein erheblicher Schaden entsteht, sofern die NichtVeröffentlichung das Publikum nicht über die für die Beurteilung der zuzulassenden Wertpapiere wesentlichen Tatsachen und Umstände täuscht. Hieraus ergibt sich zwingend, daß die Zulassungsstelle und nicht der Emittent darüber entscheidet, ob eine geheimhaltungsbedürftige Tatsache verschwiegen werden darf oder nicht. Bei der Beantwortung dieser Frage ist das Geheimhaltungsinteresse des Emittenten gegen das Informationsbedürfnis der Anleger abzuwägen. Die Zulassungsstelle darf danach für solche Angaben keine Befreiung erteilen, die die Absatzchancen der Anlage negativ beeinflussen können. Erteilt die Zulassungsstelle eine Befreiung fälschlich, kann das einen Amtshaftungsanspruch gegen sie nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB begründen. Für den Fall, daß ein Emittent es ablehnt, ein Geschäftsgeheimnis in den Prospekt aufzunehmen, kann sich die Emissionsbank ihrer Prospekthaftung nicht durch Berufung auf das Bankgeheimnis entziehen. Sie muß in einem solchen Fall auf die Veröffentlichung dringen oder Abstand von der Emissionsbegleitung nehmen. 103
2. Prospektverantwortlichkeit Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 BörsG a.F. hafteten für den Bereich des Börsenhandels mit amtlicher Notierung diejenigen, die einen unvollständigen Prospekt für die Börsenzulassung erlassen hatten oder von denen der Erlaß ausging. Auch die Neuregelung unterscheidet zwischen den ProspektErlassern (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG n.F.), die für den Prospekt förmlich die Verantwortung übernommen haben (vgl. § 14 BörsZulV), und den Prospekt-Veranlassern (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG n.F.), womit die im Hintergrund agierenden, nach außen nicht in Erscheinung tretenden tatsächlichen Urheber des Prospektes erfaßt werden sollen. 104 Hierunter sollen nur diejenigen Personen fallen, die ein eigenes geschäftliches Inter-
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Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2279. Assmann in: Assmann/Schütze Rn 204.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
esse an der Emission haben. 105 Während die Nr. 2 des § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F. unverändert die alte Fassung übernimmt, ist in Nr. 1 nunmehr klarstellend von der Übernahme der Verantwortung statt vom Erlaß des Prospektes die Rede. Eine Änderung der bisherigen Rechtslage ist mit dieser IGarstellung nach der Gesetzesbegründung nicht bezweckt. 106 Der Gesetzgeber hat lediglich die zur alten Fassung bereits gebräuchliche Definition des Erlassers ins Gesetz übernommen. Bei denjenigen, die nach außen erkennbar die Verantwortung für den Prospekt übernehmen, handelt es sich zum einen um die Unterzeichner des Prospektes, das sind zwingend der Emittent und der Emissionsbegleiter als Antragsteller der Börsenzulassung (§§ 36 Abs. 2 BörsG, 13 Abs. 1 Satz 5 BörsZulV). Zum anderen sind das diejenigen, die nach § 14 BörsZulV im Prospekt als für dessen Inhalt Verantwortliche aufgeführt sind. 107 Mehrere Prospektverantwortliche haften nach alter und nach neuer Fassung als Gesamtschuldner. a) Haftung des Emittenten Der Emittent übernimmt immer die Verantwortung für den Prospektinhalt, er ist regelmäßig „Erlasser" des Prospekts. 108 Er haftet grundsätzlich bei fehlerhaften Prospektangaben, da er „am nächsten dran" ist. Der Anspruch gegen den Emittenten ist aber in der Regel wirtschaftlich wertlos, weil dieser bei dramatischen Kursverlusten, die regelmäßig Grund für die Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen sind, insolvent ist. b) Haftung der emissionsbegleitenden Bank Die fehlende Haftung der Emissionshäuser stand im ausgehenden 19. Jahrhundert unter den krisenhaften Erscheinungen bei den betrügerischen inländischen Bankrotten und den notleidend gewordenen ausländischen Anleihen im Zentrum der Kritik. 109 Ins Börsengesetz von 1896 wurde die gesamtschuldnerische Haftung der Emissionsbank aufgenommen, wobei der Prospekt als ausschlaggebendes Element der Verantwortlichkeit statt einer vertraglichen Haftung aus dem Wertpapierkauf ins
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108 109
Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933, S. 54, 78; Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 204; Schwark Börsengesetz §§45, 46 Rn 7. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933, S. 54, 78, Groß AG 1999, 199, 200. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933, S. 54, 78; Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn202f; Kort AG 1999, 9, lOf; Groß A G 1999, 199, 200. Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 6. Schulz Das deutsche Börsengesetz, 379.
2. Prospektverantwortlichkeit
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Zentrum der Haftung gerückt wurde. 110 Die Einbeziehung der Emissionsbank in den Haftungsverbund rechtfertigt sich aus der über eine reine Sachverständigenfunktion hinausgehende Garantenstellung für die Seriosität der Aktienemission. Die Bank setzt beim Going public gerade ihr eigenes Standing ein, um die Neuemission bestmöglichst zu piazieren. Die Anleger vertrauen darauf, daß die Bank ihrem guten Ruf entsprechend die Emission und den Emittenten eingehend geprüft hat. Zudem ist die Einbeziehung des Emissionsbegleiters auch deshalb gerechtfertigt, weil er ein eigenes geschäftliches Interesse mit der Prospekterstellung verfolgt. Hierfür erhält er eine Börseneinführungsprovision, die nicht selten 0,5% und mehr des Nominalbetrages der eingeführten Wertpapiere beträgt. 111 Zweifelhaft war in den Kindertagen des BörsG nur, ob die emissionsbegleitende Bank ebenfalls den Prospekt erläßt, auch wenn sie ihn nicht mitunterschreibt. Bereits das Reichsgericht hatte entschieden, daß ein Emissionshaus als Erlasser des Prospekts anzusehen ist, auch wenn es den Zulassungsprospekt nicht unterzeichnet hat, aber Einfluß auf den Inhalt des Prospektes genommen oder diesen vertrieben hat. 112 Der Bundesgerichtshof hat sich dem im Elsflether-Werft-Fall angeschlossen und ergänzend ausgeführt, daß derjenige den Prospekt erläßt, der nach außen erkennbar die Verantwortung dafür übernimmt. Dies ist nicht nur der Emittent, sondern ohne Rücksicht darauf, ob sie als Mitverfasserin des Prospekts aufgetreten und darin als mitverantwortlich aufgeführt ist, auch die emissionsbegleitende Bank, die zusammen mit dem Emittenten die Zulassung der Wertpapiere beantragt. 113 Die Mitantragsteilung eines Emissionsbegleiters hat den Sinn, daß er die Angaben des Emittenten überprüfen soll. Abgesichert wird diese Pflicht durch die gesamtschuldnerische Haftung nach § 45 BörsG. 114 Nach der Neufassung unterfallt die emissionsbegleitende Bank dem § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG n.F., weil sie für den Prospekt Verantwortung übernommen hat. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Elsflether-WerftFall haben daher auch für die Neufassung uneingeschränkt Gültigkeit.
110 111 112 113
114
Schulz Das deutsche Börsengesetz, 389. Schwintowski!Schäfer Bankrecht § 15 Rn 80. RG, Urt. v. 11.10.1912 - II 106/12, RGZ 80, 196, 198 BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 229 = ZIP 1998, 1528, 1529 (Elsflether Werft); so auch LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 642 (MHM Mode); Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 202; Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 6; Baumbach///o/>/ Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 36 BörsG Rn 2; Steuer Die Bank 1982, 490. BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 131 (Bond) = ZIP 1993, 1148, 1149; Baumbach///o/>< Handelsgesetzbusch 29. Aufl. §36 BörsG Rn 2; ders. WM 1985, 793, 802
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
Teilweise wird befürwortet, eine Haftung könne die Bank dadurch ausschließen, daß sie ihre bloße Finanzierungsrolle offen herausstelle, ohne sonstige emissionsbegleitende Tätigkeiten zu entfalten, wie es etwa im Rahmen eines „Underwriting Agreements" geschehen könne. 115 Dem kann so nicht zugestimmt werden. Richtig ist zwar, daß bei einer bloßen Kreditierung einer Emission keine das Emissionsgeschäft charakterisierende Tätigkeit ausgeübt wird. Eine Parallele gibt es zur Rechtslage bei der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung. Zu der ist anerkannt, daß eine Bank nicht für die Richtigkeit der Prospektangaben haftet, wenn sie lediglich als Finanzier tätig ist und in dieser Funktion im Prospekt genannt wird. 116 Wenn die Bank aber gemeinsam mit dem Emittenten den Antrag auf Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel stellt, übernimmt sie die volle Verantwortung für den Prospekt und kann ihre Haftung nicht unter Hinweis auf eine bloße Finanzierungstätigkeit beschränken. c) Haftung des Emissionskonsortiums Das Emissionskonsortium ist ein Zusammenschluß von mehreren Kreditinstituten zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB). 117 Die gemeinschaftliche Geschäftsführung und Vertretung (§§709, 714 BGB) wird regelmäßig abbedungen und einem Mitglied des Konsortiums übertragen. In der Regel ist das die Hausbank des Emittenten. Dieses federführende Kreditinstitut vertritt das Konsortium nach außen und koordiniert die Emissionsabwicklung. Treten alle Konsorten nach außen hin auf, greift für jeden von ihnen die gesamtschuldnerische Haftung als Prospekterlasser nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsGn.F. (entsprechendes galt für § 45 BörsG a.F.) ein. 118 Dabei ist nicht entscheidend, ob das jeweilige Konsortialmitglied in den Prozeß der Prospekterstellung eingeschaltet ist. 119 Aber selbst wenn ein Konsorte nicht nach außen in Erscheinung tritt, wird in der Regel seine Haftung als Prospektveranlasser nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG n.F. zu bejahen sein, weil der Prospekt auch von den im Hintergrund agierenden Konsorten ausgeht. Im Innenverhältnis zum Emittenten wird regelmäßig ein Freistellungsanspruch der Emissionsbanken im Hinblick auf die Prospekthaftung nach §§ 45 ff BörsG vereinbart. 120 Ebenfalls wird im In-
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119 120
Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 6; Kort AG 1999, 9, 17. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 33, 37. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2248; De Meo Bankenkonsortien, 54. Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 127; Bosch in: Hellner/Steuer Stand 12/97 Rn 10/145; Groß AG 1999, 199, 201. Groß AG 1999, 199, 201; a.A. Sittmann NZG 1998, 490, 493. De Meo Bankenkonsortien, 151 f.
2. Prospektverantwortlichkeit
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nenverhältnis häufig die Haftung der Konsortialführerin gegenüber den übrigen Konsorten eingeschränkt. 121 Diese Haftungsregelungen im Innen Verhältnis haben jedoch keinen Einfluß auf die Börsenprospekthaftungsansprüche der Anleger. Die Bildung von Emissionskonsortien bedeutet damit eine erhebliche Haftungserweiterung und ein Mehr an Sicherheit für den Anleger.122 d) Haftung der Wirtschaftsprüfer Der Wirtschaftsprüfer nimmt neben dem Emittenten und der Emissionsbank im Prospekt eine herausragende Stellung ein. Schließlich ist ein zentraler Inhalt des Prospekts der von ihm testierte Jahresabschluß (§ 30 Abs. 1 BörsZulY). Ob und in welchem Umfang der Wirtschaftsprüfer den Kapitalanlegern für fehlerhafte Testate, die Bestandteil eines Prospektes sind, haftet, ist eine vieldiskutierte Frage, die noch nicht abschließend geklärt ist. aa) Einbeziehung in die Prospekthaftung Es wird die Ansicht vertreten, der Wirtschaftsprüfer sei in die Börsenprospekthaftung mit einzubeziehen.123 Begründet wird dies damit, daß der vom Abschlußprüfer testierte Jahresabschluß einen ganz wesentlichen Teil des Prospektes ausmache und daß gerade die Bestätigungsvermerke nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BörsZulV in ihrer durch das KonTraG 124 erweiterten Form beim Anlegerpublikum ein Vertrauen in die Richtigkeit der Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens erzeuge. Zudem sei eine Prospektverantwortlichkeit der Wirtschaftsprüfer in anderen Rechtsordnungen - etwa den USA - unbestritten. 125 Die Prospektverantwortlichkeit setze nicht voraus, daß Verantwortung für den gesamten Prospekt übernommen werde. Eine europarechtskonforme Auslegung des § 14 BörsZulV ergebe, daß die Verantwortung auf bestimmte Abschnitte des Prospekts beschränkt werden könne. Die Nummern 1.1. und 1.2. der Kapitel 1 der Schemata Α und Β des Anhangs zur Börsenzulassungsrichtlinie 126 ließen eine Beschränkung auf bestimmte Abschnitte des 121 122
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125 126
Bosch in: Hellner/Steuer Stand 12/97 Rn 10/149. Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 128. Groß AG 1999, 199, 201. Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I S. 786. Groß AG 1999, 199, 201. Richtlinie vom 17.3.1980 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospektes, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, RL 80/390/EWG, ABl. EG Nr. L 100 vom 17.3.1980 S. 1.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
Prospektes zu. Der Begriff desjenigen, der für den Prospekt Verantwortung übernommen hat, sollte auch auf denjenigen ausgedehnt werden, von dem nur Teile des Prospektes stammen. Die Verantwortlichkeit müsse sich dann aber auch auf diese Teile beschränken. 127 Demgegenüber steht die überwiegende Meinung auf dem Standpunkt, der Gesetzgeber habe den Wirtschaftsprüfer nicht der Prospekthaftung unterworfen, da dieser nicht für die Richtigkeit des gesamten Prospektes, sondern nur für den Jahresabschluß verantwortlich sei.128 Der überwiegenden Meinung ist zuzustimmen. Die Konzeption der Börsenprospekthaftung als gesamtschuldnerische Haftung der Prospektverantwortlichen für den gesamten Prospekt schließt es aus, die Haftung in verschiedene Teilbereiche aufzuspalten. Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers aus §§45 ff BörsG kommt daher nur in Betracht, wenn er Verantwortung für den gesamten Prospekt übernommen hat oder wenn dieser von ihm ausgeht. Beides ist je nach Lage des Einzelfalles zu prüfen. Eine generelle Einbeziehung des Wirtschaftsprüfers in die Prospekthaftung wegen des Testats des Jahresabschlusses scheidet jedenfalls aus. Auch eine richtlinenkonforme Auslegung zwingt nicht dazu, Wirtschaftsprüfer einer beschränkten Börsenprospekthaftung zu unterwerfen. Selbst wenn die Richtlinie eine auf einzelne Teile des Prospektes beschränkte Haftung zuließe, heißt das nicht, daß der nationale Gesetzgeber eine solche Teilhaftung vorsehen muß. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Interesse des Anlegerschutzes für eine umfassende Prospekthaftung der Prospektverantwortlichen entschieden, die eine partielle Haftung ausschließt. bb) Haftung aufgrund anderer Rechtsvorschriften Eine andere Frage ist, ob der Wirtschaftsprüfer aufgrund anderer Rechtsvorschriften den Anlegern haftet. Dagegen könnte sprechen, daß Ansprüche aus fehlerhafter Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers allein der Kapitalgesellschaft zustehen (§ 323 Abs. 1 HGB). Eine Vertrauens- oder Berufshaftung gegenüber den auf das Testat vertrauenden Dritten wird durch § 323 HGB als lex specialis innerhalb seines Anwendungsbereichs grundsätzlich ausgeschlossen.129 127 128
129
Bosch ZHR 163 (1999) 274, 281 f. Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 129; Köndgen AG 1983, 120, 125; Sittmann NZG 1998, 490, 493. BGH, Urt. v. 2.4.1998 - III ZR 245/98, BGHZ 138, 257, 260; LG Hamburg, Urt. v. 22.6.1998 - 402 Ο 70/97, WM 1999, 139, 141; Baumbach/ifopf Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 323 Rn 8; Bosch ZHR 163 (1999) 274, 281.
2. Prospektverantwortlichkeit
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(1) Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Allerdings kommt ein Anspruch des Anlegers unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht, wenn sich für den Wirtschaftsprüfer nur hinreichend deutlich ergibt, daß von ihm anläßlich einer Pflichtprüfung eine besondere Leistung begehrt wird, von der gegenüber einem Dritten Gebrauch gemacht werden soll. 130 Wegen der in § 323 HGB zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intention, das Haftungsrisiko des Abschlußprüfers angemessen zu begrenzen, ist aber erforderlich, daß die Vertragspartner des Prüfvertrages bei Auftragserteilung, gegebenenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt, übereinstimmend davon ausgehen, daß die Prüfung auch im Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt wird, dem das Ergebnis als Entscheidungsgrundlage dienen soll.131 (2) Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung Im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung haften Personen, die mit eigenen Erklärungen - Expertisen, Gutachten, Testaten oder bloßen Wissensbekundungen - im Prospekt aufgeführt sind, wenn sie kraft Amtes oder Berufes oder mit Rücksicht auf eine besondere Sachkunde oder eine allgemein anerkannte oder herausgehobene berufliche oder wirtschaftliche Stellung eine Garantenstellung einnehmen. Diese Personen haften jedoch nur für die Richtigkeit der Prospektangaben soweit sie sich auf sie beziehen und ihnen demgemäß zugerechnet werden können. 132 Zu diesem Personenkreis der Berufsgaranten gehören auch die Wirtschaftsprüfer, deren Prüfvermerk im Prospekt abgedruckt ist. 133 Zu den Einzelheiten dieser Haftung und ihrer dogmatischen Begründung wird auf die Ausführungen zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung verwiesen. Fraglich ist, ob diese bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung der Wirtschaftsprüfer durch Angaben in einem Börsenprospekt begründet werden kann. Dem könnte entgegenstehen, daß die spezialgesetzlich geregelte Börsenprospekthaftung die Prospektverantwortlichen abschließend festlegt. Da die Berufsgaranten nach oben Gesagtem grundsätzlich nicht der Börsenprospekthaftung unterfallen, kann auch die Spezialität der Börsenprospekthaftung einer allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung der Wirtschaftsprüfer nicht entgegenstehen. Es ist zudem kein Grund ersichtlich, einen Wirtschaftsprüfer, der ein falsches Testat für einen Börsenpro130 131
132 133
BGH, Urt. v. 2.4.1998 - III ZR 245/98, BGHZ 138, 257, 261. BGH, Urt. v. 2.4.1998 - III ZR 245/98, BGHZ 138, 257, 262; Kropff in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 168 Rn 32. Assmann Prospekthaftung, 350. Assmann Prospekthaftung, 350 f.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
spekt erteilt, besser zu stellen als einen, der ein falsches Testat für ein Bauherrenmodell abgibt. Da es sich hier um eine Haftung aus der Verletzung von Berufspflichten handelt, kommen die Argumente, die für die Haftungsprivilegierung der Börsenprospektverantwortlichen herangezogen werden, bei den Wirtschaftsprüfern auch nicht zum tragen. Ihre Haftung fußt nicht auf den speziellen Risiken und den besonderen Umständen des Emissionsgeschäfts. Es ist daher festzuhalten, daß ein Wirtschaftsprüfer für ein falsches Testat in einem Börsenzulassungsprospekt nach den für Berufsgaranten entwickelten Regeln der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung haftet. (3) Deliktische Ansprüche Ansprüche des Anlegers können sich bei vorsätzlicher falscher Testierung sowohl aus § 826 BGB als auch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 332 HGB ergeben. Da § 332 HGB auch den Schutz des Anlegers bezweckt, ist er - im Gegensatz zu § 323 HGB 1 3 4 - Schutzgesetz im Sinne von §823 Abs. 2 BGB. 135 Es unterliegt keinem Zweifel, daß deliktische Ansprüche nicht durch die Börsenprospekthaftung der Prospektverantwortlichen ausgeschlossen sind. Wenn nach § 48 Abs. 2 BörsG n.F. schon die Prospektverantwortlichen neben der Prospekthaftung - zumindest bei vorsätzlicher Begehungsweise - der Deliktshaftung ausgesetzt sind, muß das erst Recht für die Wirtschaftsprüfer gelten, für die die Beschränkungen der börsenrechtlichen Haftung ohnehin nicht gelten. e) Haftung der Prospektveranlasser Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG n.F. haften auch diejenigen, von denen der Erlaß des Prospektes ausgeht (Prospektveranlasser), das entspricht der Rechtslage zu § 45 BörsG a.F. Hierunter fallen diejenigen, die nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG n.F. Verantwortung für die Richtigkeit des Prospektes übernommen haben, aber Einfluß auf ihn genommen haben. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um einen Auffangtatbestand, um im Hintergrund agierende Urheber, die hinter dem Prospekt stehen, in die Haftung mit einzubeziehen.136 Voraussetzung für die Veranlasserhaftung ist, daß der Inanspruchgenommene hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluß ausübt. 137 134 135 136 137
LG Hamburg, Urt. v. 22.6.1998 - 402 Ο 70/97, WM 1999, 139, 143. Baumbach//ft>/>t Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 323 Rn 8, § 332 Rn 1. Kort AG 1999, 9, 10. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG a.F. Rn 42; Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn204; Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 133.
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3. Haftungstatbestände
Durch diese Regelung soll eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten geschlossen werden, die dann entsteht, wenn ein solventer spiritus rector einen illiquiden „Erlasser" vorschickt. 138 Das können die Konzernmuttergesellschaft, der seine Beteiligung veräußernde Großaktionär oder die die Prospektherstellung maßgeblich steuernden Beirats- oder Aufsichtsratsmitglieder sein. 139 Eine konsortialführende Bank ist jedoch immer Prospekterlasser, nicht Prospektveranlasser. 140 Dagegen kann eine im Hintergrund agierende Bank Prospektveranlasser sein. Denkbar ist etwa, daß eine Gläubigerbank zur Sicherung ihrer Forderungen zwecks Kapitalzufuhr eine Emission initiiert und fördert, ohne selbst nach außen als Emissionsbegleiter und Konsortialmitglied aufzutreten.
3. Haftungstatbestände Entsprechend der Konzeption der Prospekthaftung müssen die Prospektverantwortlichen für die Fehlerhaftigkeit des Prospektes einstehen. Diese kann darin begründet sein, daß einzelne Angaben falsch sind oder daß notwendige Angaben fehlen. Hierbei kommt insbesondere die Unrichtigkeit oder das Fehlen von Pflichtangaben in Betracht. Sinnvollerweise kann aber die Unrichtigkeit oder das Fehlen von Marginalien nicht die volle Wucht der Prospekthaftung nach sich ziehen. Es müssen daher einigermaßen gewichtige Fehler des Prospektes gegeben sein. a) Unrichtigkeit der Prospektangaben Haftungsbegründender Tatbestand ist sowohl nach der alten als auch nach der neuen Fassung des § 45 BörsG die Unrichtigkeit der Prospektangaben. Unrichtig sind die Angaben, die nicht der Wahrheit entsprechen. Zu § 45 BörsG a.F. wurde teilweise die Meinung vertreten, mit Angaben seien nur Tatsachen gemeint, die eines Beweises zugänglich seien, nicht jedoch Werturteile.141 Werturteile und Prognosen würden sich im haf138
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Nußbaum Börsengesetz §46 II (S. 191, 193); Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 133 f. Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 7; Nußbaum Börsengesetz § 46 IIb (S. 193); Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 134; BrondicslMark AG 1989, 389, 342; Groß AG 1999, 199, 201. OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.1994 - 5 U 213/92, ZIP 1994, 282, 287 (Bond); fälschlich anders ohne Begründung LG Frankfurt, Urt. v. 6.10.1992 - 3/11 Ο 173/91, ZIP 1993, 184, 186 (Bond). LG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.1980 - 1 Ο 148/80, WM 1981, 102, 103 (BuM); Koester Kreditwesen 1983, 699, 700; Meyer/Bremer Börsengesetz §45 Anm. 3.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
tungsfreien Meinungsbereich bewegen. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof in seinem grundlegenden Urteil zur Beton- und Monierbau AG (BuM) vom 12. Juli 1982 betreffend die Anforderungen an den Inhalt eines Emissionsprospektes eine Haftung auch für Werturteile und Prognosen statuiert. 142 Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, daß die im Prospekt wiedergegebene Abschlußbilanz zwar alle bilanztechnischen Spielräume ausgenutzt hatte, sich aber noch im rechtlich erlaubten Bereich bewegte. So waren etwa stille und offene Rücklagen weitgehend verbraucht, künftige und nicht endgültig verdiente Gewinne waren durch vorgezogene Aktivierungen teilweise schon vorweggenommen. Diese bilanztechnisch zulässige aber tatsächlich „geschönte" Bilanz nahm die BuM zum Anlaß, eine positive Zukunftsprognose aufzustellen. Diese Prognose war fehlerhaft. Wenn ein Jahresabschluß unter Ausnutzung bilanztechnischer Spielräume erstellt und dadurch ein zu positives Gesamtbild erzeugt wird, ist im Prospekt auf die damit verbundenen Risiken hinzuweisen. Sofern der Bilanzgewinn aus der Auflösung stiller Reserven oder offener Rücklagen stammt, ist dies im Prospekt offenzulegen. 143 Im Anschluß hieran wird heute allgemein die Ansicht vertreten, daß auch für die Richtigkeit wertender Angaben über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens oder seine voraussichtliche künftige Entwicklung gehaftet wird. 144 Das ist auch sachgerecht, da für den Anleger gerade wertende Aussagen, die sich auf die gegenwärtige und künftige Lage des Emittenten beziehen, von großer Bedeutung sind. Neben der Richtigkeit aller Pflichtangaben muß der Prospekt insbesondere ein zutreffendes Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage des emittierenden Unternehmens geben. 145 Stellt ein Emissionsprospekt in Verbindung mit einer Bilanz und deren Auswertung die Aussichten eines Unternehmens günstig dar, so kann sich der Anleger darauf verlassen, daß es sich um keine bloßen Mutmaßungen handelt, sondern um Schlußfolgerungen aus nachgeprüften Tatsachen oder Wertfeststellungen, die auf einer sorgfältigen Analyse aller hierfür maßgeblichen Voraussetzungen beruhen. Das Gesetz will das Vertrauen des Publikums schützen, das sich aufgrund des Prospektes oder der durch seine Veröffentlichung erzeugten Anlage-
142 143 144
145
BGH, Urt. v. 12.7.1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 927 f (BuM). Groß AG 1999, 199, 203. Assmann Prospekthaftung, 319 f; Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.297; Schwark Börsengesetz §§45, 46 Rn 13; Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2279; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG a.F. Rn 73; Ehricke DB 1980, 2429 ff. LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 642 (MHM Mode); v. Westphalen BB 1994, 85, 86 f.
3. Haftungstatbestände
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Stimmung dazu entschließt, die eingeführten Papiere zu erwerben. Hierfür sind aber gerade auch solche Angaben von Bedeutung, die sich allgemein auf die gegenwärtige und künftige Lage des Unternehmens und damit auf Umstände beziehen, die den inneren Wert einer Beteiligung wesentlich mitbestimmen. Da an solche Hinweise nicht zuletzt Gewinnerwartungen geknüpft werden, pflegt sich ein Anleger bei seiner Entscheidung auch oder sogar in erster Linie von ihnen leiten zu lassen. 146 Nach alter Rechtslage war weitere Haftungsvoraussetzung im Fall der Unrichtigkeit, daß die fehlerhaften Angaben für die Beurteilung des Wertes erheblich waren. In der Neufassung ist diese Erheblichkeit durch das Erfordernis der Wesentlichkeit ersetzt. Damit ist ein sprachlicher Gleichklang zur Haftung wegen unvollständiger Angaben hergestellt worden, für die schon bisher entscheidend war, daß für die Beurteilung der Wertpapiere die Unvollständigkeit wesentlich ist. Eine sachliche Änderung der Rechtslage hat sich hierdurch nicht ergeben. Bereits zur alten Rechtslage war unstreitig, daß die sprachliche Unterscheidung nicht sinnvoll war, weil in beiden Fällen dasgleiche gemeint war. 147 Wesentliche Angaben sind nach einer Formulierung Assmanns14S solche, die ein durchschnittlicher, verständiger Anleger „eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Die Unterscheidung zwischen einer wesentlichen und einer unwesentlichen Angabe läßt sich regelmäßig nur am konkreten Fall treffen. Jedenfalls sind neben den in der BörsZulV genannten Angaben alle Informationen anzugeben, die objektiv zu den wertbildenden Faktoren einer Anlage gehören und die für eine sachliche und fundierte Anlageentscheidung notwendig sind. 149 Dazu gehören ζ. B. nicht die Angaben über Zahl- und Hinterlegungsstellen.150 Abzustellen für die Frage der Unrichtigkeit von Prospektangaben ist auf den Empfangerhorizont. Dabei ist streitig, welche Anforderungen an die Kenntnisse und das Verständnis des Prospektadressaten zu stellen sind. 151
146 147 148 149
150
151
BGH, Urt. v. 12.7.1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 928 (BuM). Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG n.F. Rn 31. Assmann Prospekthaftung, 319. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG n.F. Rn 31; Assmann in Assmann/Schütze § 7 Rn 66; Sittmann NZG 1998, 490, 491. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 54, 76. Zum Meinungsstand Schwark Börsengesetz §§ 45,46 Rn 12 Fn. 40; Assmann in Assmann/Schütze § 7 Rn 64 Fn. 138, 139.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
Die „anlegerfreundliche" Meinung stellt auf den unkundigen Kleinaktionär ab. 152 Die „emissionsfreundliche" Meinung stellt auf den kundigen Leser ab, der sich - soweit erforderlich - durch Sachkundige beraten läßt. 153 Der Bundesgerichtshof vertritt eine vermittelnde Meinung. Er stellt auf das Verständnis eines durchschnittlichen Anlegers ab, der zwar eine Bilanz zu lesen versteht, aber nicht unbedingt mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht. 154 Der vermittelnden Linie des Bundesgerichtshofs ist zuzustimmen. Angesichts dessen, daß sich gerade in letzter Zeit Emittenten gezielt auf das unkundige, börsenunerfahrene Publikum ausrichten, kann als Maßstab nicht der in solchen Geschäften erfahrene und mit der Materie vertraute Anleger gewählt werden. Den unkundigen Kleinaktionär als Maßstab zu wählen, steht wiederum die Gesetzessystematik entgegen. Wenn in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BörsZulV zur Verdeutlichung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens in erster Linie die Bilanz zu veröffentlichen ist, zeigt das, daß das Gesetz davon ausgeht, daß der Adressat des Prospektes auch in der Lage ist, die erforderlichen Informationen einer Bilanz zu entnehmen. Das heißt andererseits nicht, daß ein Prospektersteller sich für Unklarheiten in seinem Prospekt mit dem Hinweis exkulpieren kann, diese hätten doch mit einem Blick in die Bilanz beseitigt werden können. 155 Auch wenn der nicht fachkundige Anleger durch einen Prospekt nicht jenes Maß an Marktransparenz erlangen kann, das für eine optimale Anlageentscheidung notwendig wäre, so ist es doch Aufgabe des Prospektes, die Risiken der angebotenen Anlageentscheidung so deutlich zu machen, daß der Anleger sich keines professionellen Beistands bedienen muß. Soweit die Prospektverantwortlichen Angaben machen, deren Aufnahme in den Prospekt nicht verpflichtend ist, sondern freiwillig erfolgt, müssen diese richtig sein. Diese Angaben unterliegen ebenfalls der Börsenprospekthaftung. 156 Grundsätzlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Aufnahme von werbenden Angaben in den Prospekt, wenn sie wahr-
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Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2279; Ehricke DB 1980, 2429, 2432; BrondicsIMark AG 1989, 339, 341 f. LG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.1980 - 1 Ο 148/80, WM 1981, 102, 106 (BuM). BGH, Urt. v. 12.7.1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924 (BuM); auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.1984 - 6 U 239/82, ZIP 1984, 549, 552 ff (BuM); OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.1994 - 5 U 213/92, ZIP 1994, 282, 286 (Bond); LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 643 (MHM Mode). Assmann Prospekthaftung, 318. Krämer/Baudisch WM 1998, 1161, 1173.
3. Haftungstatbestände
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heitsgemäß sind. Werbliche Übertreibungen in einem Prospekt sind dann unzulässig, wenn sie den Gesamteindruck des Emittenten oder der Emission verzerren. 157 b) Unvollständigkeit des Prospektes Nach der alten Fassung des § 45 BörsG wurde ferner gehaftet, wenn der Prospekt infolge des Weglassens von Tatsachen unvollständig war. Die Neufassung erstreckt die Haftung auch auf die Unvollständigkeit infolge des Fehlens von Angaben. Das ist eine Erweiterung der Haftung, da zu den Angaben im Sinne von § 45 BörsG nicht nur Tatsachen gehören, sondern auch Werturteile oder Prognosen. Die Unvollständigkeit stellt einen Unterfall der Unrichtigkeit dar. 158 Unvollständig ist ein Prospekt nur, wenn Angaben fehlen, die für den Anlageentschluß eines durchschnittlichen Investors ausschlaggebend sind. Dazu gehören insbesondere auch diejenigen Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können sowie Umstände, von denen zwar noch nicht sicher ist, aber mit einiger Wahrscheinlichkeit gesagt werden kann, daß sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden werden. Der Sinn des Gesetzes, das Vertrauen des Publikums zu schützen, das sich aufgrund des Prospektes dazu entschließt, das angebotene Wertpapier zu erwerben, erfordert gerade die Veröffentlichung solcher Angaben, die allgemein Einfluß auf die gegenwärtige und künftige Lage des Unternehmens haben und damit dessen inneren Wert mitbestimmen. 159 Beispielhaft sei auf den Elsflether-Werft-Fall 160 verwiesen, bei dem es um die Erhebung einer Anfechtungsklage ging. Allein die Tatsache, daß auf der Hauptversammlung von einem Aktionär eine Anfechtungsklage angekündigt wird, gehört nicht in den Prospekt. Hierbei handelt es sich zunächst nur um eine Absichtserklärung eines Aktionärs, die noch keinen Einfluß auf den Wert der Aktien hat. Was ungewiß in der Zukunft liegt, muß nicht mitgeteilt werden. 161 Die Erhebung von Widersprüchen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse und die Androhung von Anfechtungskla-
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Assmann Prospekthaftung, 321. Groß AG 1999, 199, 202. BGH, Urt. v. 26.9.1991 - VII ZR 376/89, WM 1991, 2092, 2094 = ZIP 1992, 552, 554, insofern nicht in BGHZ 115, 213 ff abgedruckt; BGH, Urt. v. 21.10.1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12 m.w.N. = ZIP 1991, 1597, 1598; Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn76; Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.297. BGH,Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97,BGHZ 1 3 9 , 2 2 5 f f = ZIP 1998,1528ff (Elsflether Werft). Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 93.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
gen geben auch keine Hinweise auf die Unternehmensentwicklung, die laufende Geschäftslage und die Geschäftsaussichten des Unternehmens, die für eine Anlageentscheidung relevant sind. Hierbei handelt es sich auch nicht um zukunftsbezogene Informationen, die in den Prospekt aufzunehmen sind. 162 Zu den mitteilungspflichtigen Angaben gehört aber, daß Anfechtungsklage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluß erhoben ist und bei erfolgreicher Anfechtungsklage die Aktien wertlos sind. Nach § 246 Abs. 4 AktG hat der Vorstand der Aktiengesellschaft die Erhebung einer Anfechtungsklage unverzüglich in den Geschäftsblättern — also gem. § 25 AktG jedenfalls im Bundesanzeiger - bekanntzumachen. Diese Vorschrift hat Warnfunktion. Die Öffentlichkeit soll davon unterrichtet werden, daß mit fortdauernder Gültigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses nicht zuverlässig gerechnet werden kann. 163 Wenn das Gesetz eine Veröffentlichungspflicht in den Gesellschaftsblättern vorschreibt, gehört diese Information auch und gerade in den Börsenprospekt. Allgemein kann man sagen, daß der Prospekt unvollständig ist, wenn die Bedeutung von Rechtsstreitigkeiten für den Emittenten und deren Einfluß auf die Wertpapiere nicht hinreichend deutlich gemacht wird. 164 Fraglich ist, inwieweit negative Mitteilungen Dritter - ζ. B. von Ratingagenturen oder der Wirtschaftspresse - im Prospekt wiedergegeben werden müssen. Teilweise wird die Ansicht vertreten, solche negativen Berichte müßten in den Prospekt aufgenommen werden. 165 Dem kann nicht zugestimmt werden. Daß ein Rating vorliegt, ist zwar eine Tatsache. 166 Der Inhalt solcher Mitteilungen ist aber nicht zwingend eine Tatsache, sondern oft subjektive Einschätzung der Ratingagentur. Der Umstand, daß solche Mitteilungen bestehen, kann den Wert der Aktien beeinflussen, trotzdem handelt es sich wegen des subjektiven Elements nicht um eine Tatsache, die auf jeden Fall in den Prospekt aufzunehmen ist. 167 Es darf aber nicht wahrheitswidrig der Eindruck in dem Prospekt erweckt werden, das emittierende Unternehmen verfüge über ein positives Rating oder es lägen durchweg positive Berichte der Wirschaftspresse vor. Wenn
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a.A. offenbar Kort AG 1999, 9, 17. Hüffer AktG, 4. Aufl. § 246 Rn 40. Kunz Die Börsenprospekthaftung nach Umsetzung der EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht, 95 f; Schwark ZGR 1983, 162, 178. dafür LG Frankfurt, Urt. v. 6.10.1992 - 3/11 Ο 173/91, ZIP 1993, 184, 186 (Bond), Köndgen WuB I G 9. - 1.93. Schwark EWiR 1993, 143, 144; Köndgen WuB I G 9 . - 1 . 9 3 ; Altmeppen DB 1993, 84, 85. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 85; Groß AG 1999, 199, 203; Altmeppen DB 1993, 84, 85; wohl auch Schwark EWiR 1993, 143, 144.
3. Haftungstatbestände
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der Prospekt auf solche Dinge eingeht, müssen der Vollständigkeit und Richtigkeit wegen alle - auch die negativen - Bewertungen mitgeteilt werden. c) Prospektgestaltungsmängel Ein Prospekt ist auch dann unrichtig, wenn sich im redaktionellen und drucktechnischen Verfahren sinnentstellende Auslassungen, Ergänzungen oder Schreib- und Druckfehler einschleichen. Diese führen zur Prospekthaftung, da die Prospektverantwortlichen auch hinsichtlich solcher Fehler eine Kontroll- und Korrekturpflicht haben. 168 Abgesehen von solchen sinnentstellenden Fehlern gilt zunächst als Grundsatz: Soweit das Börsengesetz und die Börsenordnungen keine Vorgaben über die äußere Gestaltung eines Prospektes machen, ist ein Prospekt nicht allein deswegen unrichtig, weil er formale oder stilistische Gestaltungsmängel aufweist. 169 Teilweise wird die Ansicht vertreten, Gestaltungsmängel könnten überhaupt nicht zur Unrichtigkeit des Prospektes führen. Weil der Anleger zur sorgfältigen und eingehenden Lektüre verpflichtet sei, müsse er auch erkennen, wenn einzelne Angaben an anderer Stelle des Prospektes relativiert würden. 170 Dem ist nicht zuzustimmen. Auch wenn ein Prospekt alle erforderlichen Angaben enthält, kann er durch eine unübersichtliche Gestaltung einen unrichtigen Gesamteindruck hinterlassen. 171 Von einem durchschnittlichen Anleger kann nicht erwartet werden, daß er selbständig die Beziehung zwischen verstreut im Prospekt verteilten Angaben herstellt. In diesem Sinne läßt sich durchaus vom Prospektierungsgrundsatz der Prospektklarheit und -Übersichtlichkeit sprechen. 172 Die Klarheit der Informationsvermittlung wird durch drei Attribute bestimmt, nämlich die Übersichtlichkeit, die Prägnanz und die Verständlichkeit der Information. Die Übersichtlichkeit impliziert, daß die Gesamtheit der Prospektangaben dem Kapitalanleger einen nachvollziehbaren Überblick bietet. Die Angaben sind als prägnant zu bezeichnen, wenn sie eindeutig sind und dem Kapitalanleger einen Rückschluß auf die Realität ermöglichen. Die Verständlichkeit der Angaben richtet sich nach den Kenntnissen eines durch-
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Assmann Prospekthaftung, 326 f. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 92; Groß AG 1999, 199, 204. Groß AG 1999, 199, 204. LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 643 f (MHM Mode); OLG Frankfurt, Urt. v. 17.3.1999 - 21 U 260/97, ZIP 1999, 1005, 1006 (MHM Mode); Krämer!Baudisch WM 1998, 1161, 1173. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 92; Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 100.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
schnittlichen Anlegers. 173 Es kann für die Prospektgestaltung kein geringerer Maßstab gelten als für die Aufklärungspflicht gewerblicher Vermittler von Börsentermingeschäften. Für diese hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, daß die Darstellung zutreffend, vollständig und gedanklich geordnet sein muß; wichtige Informationen dürfen drucktechnisch oder durch ihre Plazierung nicht in den Hintergrund treten. 174 Auch der Prospekthersteller muß daher für den Durchschnittsanleger das nackte Tatsachenmaterial so aufbereiten und kommentieren, daß diese Informationen einem Anlageinteressenten einen zutreffenden Gesamteindruck verschaffen. 175
4. Kausalität a) Haftungsbegründende Kausalität Die haftungsbegründende Kausalität erfordert, daß die Wertpapiere aufgrund des Prospektes gekauft worden sein müssen. Die Kausalität eines fehlerhaften Prospektes ist ausgeschlossen, wenn Wertpapiere vor Veröffentlichung eines Zulassungsprospektes erworben wurden. Wer aufgrund von Pressemitteilungen vor Veröffentlichung eines Prospektes bereits Kauforder erteilt, hat keinen Anspruch aus der Börsenprospekthaftung. 176 Wenn bereits vor Prospektveröffentlichung die Stimmung für den Erwerb der Anlage günstig ist, muß dies andere Ursachen haben als den zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten Prospekt. Teilweise wird die Meinung vertreten, daß eine Prospekthaftung auch auf fehlerhafte Vorabinformationen erstreckt werden müßte. 177 Wenn der Fehler der Vorabinformation sich im Prospekt wiederfinde, sei § 45 BörsG analog anzuwenden. 178 Sei nur die Vorabinformation unrichtig, nicht aber der Prospekt, scheide eine analoge Anwendung des §45 BörsG aus. In diesem Fall sei die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung anwendbar. Da die Börsenprospekthaftung nur in ihrem Anwendungsbereich der zivilrechtlichen Prospekthaftung vorgehe, sei deren Anwendung auf Bezugsan173 174
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Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 41. BGH, Urt. v. 6.6.1991 - III ZR 116/90, WM 1991, 1410, 1411 f.; BGH, Urt. v. 17.3.1992 - XI ZR 204/91, WM 1992, 770, 771 f. Assmann Prospekthaftung, 320f; Lehmann WM 1985, 181, 183; Brondics/Mark AG 1989, 339, 342. OLG Frankfurt, Urt. v. 14.5.1997 - 21 U 117/96, ZIP 1997, 1105,1106 (Bond); Nassall EWiR 1997, 783 f.; Sittmann NZG 1998, 490, 492; Groß AG 1999, 199, 205. Brondics/Mark AG 1989, 339, 344; auch Meyer-Cording BB 1984, 2092, 2093. Brondics/Mark AG 1989, 339, 345.
4. Kausalität
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geböte, Zwischenberichte und ähnliche Publikationen zulässig. Allerdings dürfe diese Haftung nicht weiter gehen als die nach dem Börsengesetz.179 Diese Meinung ist abzulehnen, da eine analoge Anwendung der Börsenprospekthaftung auf Vorveröffentlichungen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen ist. Ob für fehlerhafte Vorabinformationen nach anderen Rechtsvorschriften gehaftet wird, ist im Einzelfall zu prüfen. Da Wertpapiere erst nach ihrer Zulassung, die eine Prospektveröffentlichung erfordert, endgültig erworben werden können, ist eine Börsenprospekthaftung bei Veröffentlichung eines zutreffenden Prospektes jedenfalls nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 BörsG n.F. ausgeschlossen. Der Anleger kann seine Kauforder bis zur endgültigen Zuteilung frei widerrufen. Tut er das trotz der Veröffentlichung eines zutreffenden Prospektes nicht, kann er sich nicht darauf berufen, er habe den Kauf aufgrund einer fehlerhaften Vorabinformation getätigt. aa) Anlagestimmung nach alter Rechtslage Nach §§ 45,46 BörsG a.F. war der Anleger nach allgemeinen Grundsätzen dafür darlegungs- und beweispflichtig, daß er die Papiere aufgrund des Prospektes erworben hatte. Wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten billigte ihm die Rechtsprechung Beweiserleichterungen zu. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Prospektangaben und der dadurch erzeugten Anlagestimmung einerseits sowie dem Erwerb der Wertpapiere andererseits wurde vermutet, soweit die Aktien nach Prospektveröffentlichung erworben worden waren. Dabei war es unerheblich, ob der Aktienkäufer den Inhalt des Prospektes kannte. Ausschlaggebend war, daß der Prospekt die Einschätzung eines Wertpapiers in Fachkreisen mitbestimmt und damit eine Anlagestimmung erzeugt hatte. Diese Stimmung konnte der Erwerber für sich in Anspruch nehmen. 180 Die Dauer der von einem Prospekt ausgehenden Anlagestimmung wurde nicht allgemeingültig festgelegt. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, daß sie in aller Regel ein Jahr nicht überstieg. 18 ' Die Stimmung als Grundlage der Kausalitätsver-
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BrondicslMark AG 1989, 339, 346. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 233 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft); OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.1984 - 6 U 239/82, WM 1984, 586, 591 = ZIP 1984, 549, 552 (BuM); OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.1994 - 5 U 213/92, ZIP 1994, 282, 287 (Bond), mit zust. Amn. Kunz BB 1994, 738, 740; Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rn 11.186; Assmann in Assmann/Schütze §7 Rn215.; Grundmann in: Schimansky/Bunte/ Lwowski § 112 Rn 54; a.A. nur Ehricke DB 1980, 2429, 2430. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 234 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft).
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
mutung endete, wenn im Laufe der Zeit andere Faktoren für die Einschätzung der Wertpapiere bestimmend wurden, etwa eine wesentliche Änderung des Börsenindex 182 , der Konjunktureinschätzung oder aber neuere Unternehmensdaten wie etwa ein Jahresabschluß. Wenn gravierende negative Veränderungen der Börsenindizes vorlagen, konnte bereits nach vier Monaten die Anlagestimmung verflogen sein. 183 Dabei kam es nicht entscheidend darauf an, ob der Anleger tatsächlich Kenntnis von dem Kursverfall hatte, sondern allein darauf, daß die Anlagestimmung als Grundlage der Kausalitätsvermutung nicht mehr bestand. 184 bb) Neuregelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F. Der Gesetzgeber hat diese tatsächliche Vermutung nunmehr modifiziert ins Gesetz integriert. Nach der neuen Rechtslage ab 1. April 1998 ist erforderlich, daß die Wertpapiere gegen Entgelt innerhalb von sechs Monaten nach ihrer erstmaligen Einführung und nach der Veröffentlichung des Prospektes erworben werden (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F.). Die Vermutung der Ursächlichkeit der Anlagestimmung wird nunmehr also auf sechs Monate begrenzt. Danach entfällt die Prospekthaftung völlig. Diese zeitliche Begrenzung bietet Emittenten und Emissionsbegleitern eine überschaubare Zeitspanne, um Planungssicherheit und Risikokalkulation im Hinblick auf mögliche Regreßansprüche zu gewähren. Die Prospektverantwortlichen können die Vermutung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG n.F. widerlegen, indem sie beweisen, daß die Wertpapiere nicht aufgrund des Prospekts erworben wurden. 185 Die Sechsmonatsgrenze ist auch nach neuem Recht keine absolute, sondern lediglich eine Höchstgrenze. In der Gesetzesbegründung heißt es ausdrücklich, daß mit § 46 Abs. 2 Nr. 1 BörsG n.F. die Überlegungen der Rechtsprechung zur Anlagestimmung aufgegriffen werden. 186 Es ist also auch nach neuem Recht nicht ausgeschlossen, daß die Anlagestimmung bereits vor Ablauf von sechs Monaten durch gegenläufige Faktoren zerstört wird. 187 Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anleger diese Faktoren positiv kennt, es handelt sich um ein
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Nassall EWiR 1994, 349, 350 will das bereits bei 76,5% des Ausgabekurses annehmen. OLG Frankfurt, Urt. v. 27.3.1996 - 21 U 92/95, ZIP 1996, 1037, 1038 (Bond); Schwark WuB I G 8.-3.96. Staab EWiR 1996, 697, 698. Das übersieht Sittmann NZG 1998, 490, 494. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 54, 76, 78. Kort AG 1999, 9, 13; Groß AG 1999, 199, 205; a.A. ohne Begründung offenbar Koller EWiR 1998, 835, 836 „praktisch unwiderlegliche Vermutung".
4. Kausalität
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rein objektives Zurechnungskriterium im Rahmen der Prospekthaftung. 188 Bei der Berechnung der Sechsmonatsfrist ist auf den Zeitpunkt des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts abzustellen, auf den sachenrechtlichen Vollzug kommt es nicht an. 189 Da die Sechsmonatsfrist mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Einführung der Wertpapiere beginnt, führt eine etwaige zusätzliche Einführung von bereits an einer inländischen Börse im amtlichen Handel notierten Wertpapieren an einer anderen inländischen Börse unter Verwendung des ursprünglichen Prospektes nach § 39 Abs. 4 Satz 1 BörsG nicht zur Verlängerung der Frist. 190 Der Emittent kann daher sein Haftungsrisiko verringern, indem er zunächst eine Börseneinführung in geringem Umfang an einer Regionalbörse vornimmt, um dann innerhalb eines halben Jahres eine umfängliche Einführung an einem bedeutenden Handelsplatz zu betreiben. 191 Die Sechsmonatsfrist bleibt hinter dem Standard zurück, der nach altem Recht durch die Elsflether-Werft-Entscheidung des Bundesgerichtshofs gesetzt worden war. 192 Nach dieser Entscheidung war von einer einjährigen Anlagestimmung auszugehen. Ebenfalls 12 Monate beträgt die vergleichbare Vermutung des Artikel 11 des Securities Act 1933 der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Gesetzesbegründung dafür, daß der deutsche Gesetzgeber hinter diesem Standard zurückbleibt, vermag nicht zu überzeugen. Danach soll die kürzere Frist angezeigt sein, weil die amerikanischen Regeln besonders streng seien und beispielsweise eine verschuldensunabhängige Prospekthaftung vorsähen. 193 Diese Begründung ist in sich widersprüchlich. Wenn in den USA trotz einer strengeren Prospekthaftung auch noch eine längere Frist gilt, müßte die Frist bei einer milderen Prospekthaftung in Deutschland eher länger als kürzer sein — zumindest aber erst recht genauso lang sein wie in den USA. Angesichts des trotz dieser strengen Haftung weitaus besser entwickelten Risikokapitalmarktes in den USA vermag auch die Hilfsbegründung nicht zu überzeugen, die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen am Risiko-
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OLG Frankfurt, Urt. v. 27.3.1996 - 21 U 92/95, ZIP 1996, 1037, 1038 (Bond). Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 54, 77; Sittmann N Z G 1998, 490, 492. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 54, 77; Groß A G 1999, 199, 205. Sittmann N Z G 1998, 490, 492. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 234 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft). Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 77.
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III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
kapitalmarkt in Deutschland erfordere die kürzere Frist. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob es sinnvoll ist, hinter internationalen Standards des Anlegerschutzes zurückzubleiben, um so Risikokapital anzulocken. Ein Wettlauf der Märkte beim Abbauen von Anlegerschutz führt letztlich dazu, daß wegen zu erwartender sanktionsloser Manipulationen das Vertrauen der Anleger in den Finanzmarkt insgesamt erschüttert wird. Damit ist niemanden gedient. De lege ferenda sollte daher die Frist auf ein Jahr verlängert werden. b) Haftungsausfüllende Kausalität Für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Prospektmangel und Schaden genügte es nach alter Rechtslage, wenn der Mangel ursächlich für den Kaufentschluß des Anlegers war. Als Schaden wurde bereits der Erwerb der Wertpapiere angesehen. Es wurde regelmäßig vermutet, daß der betroffene Anleger bei Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes die Wertpapiere nicht erworben hätte. 194 Diese Vermutung konnte widerlegt werden. 195 Die Prospekthaftung griff auch dann ein, wenn die im Prospekt unrichtig dargestellten Risiken nicht mit denjenigen identisch waren, die später zur Entwertung oder zum Verlust der Wertpapiere führten. 196 Nach der Neufassung ist diese widerlegliche Vermutung in modifizierter Form Gesetz geworden. Den Prospektverantwortlichen obliegt der Beweis dafür, daß der Sachverhalt, über den unrichtige oder unvollständige Angaben im Prospekt enthalten sind, nicht zu einer Minderung des Börsenpreises der Wertpapiere beigetragen hat (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 BörsG n.F.). Gelingt ihnen der Beweis, besteht kein Prospekthaftungsanspruch der Anleger.
5. Verschulden Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG a.F. gab es unterschiedliche Anforderungen an den Verschuldensmaßstab, je nach dem, ob Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes vorlag. Eine Haftung für unrichtige Angaben 194
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BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff = ZIP 1993, 1467, 1469f; OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.1984 - 6 U 239/82, ZIP 1984, 549, 559 (BuM); Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 38. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123,106,114 = ZIP 1993, 1467, 1470. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 111 ff = ZIP 1993, 1467, 1469f; Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rn 11.187 f.
5. Verschulden
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trat nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ein. Als Verschuldensmaßstab war hinsichtlich unvollständiger Prospekte zumindest „bösliches" Verhalten gefordert. Die Verschuldensform des böslichen Verhaltens stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB, konnte jedoch nicht als systemwidrig und veraltet abgetan werden. 197 Sie erforderte zumindest bewußte grobe Fahrlässigkeit und kam in etwa dem bedingtem Vorsatz gleich. 198 Wer die Beweislast für das Verschulden hatte, war streitig. Nach allgemeinen Grundsätzen traf sie den Anleger.199 Die Gegenansicht befürwortete jedoch eine Beweislastumkehr entsprechend §§ 282, 285 BGB, zumindest für die Fälle, in denen die Umstände, die den Verschuldensvorwurf begründen konnten, im Einfluß- und Risikobereich des Prospektverantwortlichen lagen. 200 Nunmehr ist in § 46 Abs. 1 BörsG n.F. einheitlich für Unrichtigkeitsund Unvollständigkeitshaftung zumindest grobe Fahrlässigkeit erforderlich. Trotz fundiert geäußerter Kritik 201 an der Begrenzung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit, hat der Gesetzgeber sie im Interesse der Förderung von Emissionen bestätigt. 202 Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte. 203 Dabei ist der Sorgfaltsmaßstab des Emittenten ein anderer als der der emissionsbegleitenden Bank. 204 Der Kenntnisstand der möglichen Prospektverantwortlichen - Emittent, Emissionsbegleiter, Konsortialmitglied - ist unterschiedlich, so daß die Beurteilung des jeweiligen Verhaltens unterschiedlich ausfallen muß. Je näher der Prospektver-
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Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2280. BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 235 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft); LG Frankfurt, Urt. v. 6.10.1992 - 3/11 Ο 173/ 91, WM 1992, 1768, 1773 = ZIP 1993, 184, 189 (Bond) und Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 644 (MHM Mode); Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rn 11.190; Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 114. Schwark Börsengesetz §§ 45,46 Rn 26. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 227. Assmann Festschrift Kübler, 317, 342. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 80. BGH, Urt. v. 11.5.1953 - IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14, 17; BGH, Urt. v. 5.12.1983 - II ZR 252/82, BGHZ 89, 153, 161; Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 20. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG §§ 45, 46 BörsG n.F. Rn 34; Groß AG 1999, 199, 206.
44
III. Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels
antwortliche dem Ursprung der Informationen ist, desto größer ist seine Verantwortlichkeit für die richtige und vollständige Darstellung dieser Informationen im Prospekt. 205 a) Sorgfaltspflicht des Emittenten Die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten sind beim Emittenten am höchsten, da der Prospekt ihn und seine Geschäftstätigkeit beschreibt. Für ihn liegen die Daten des Rechnungswesens und die Unternehmenslage offen. Er kann aus seinem Rechnungswesen die für den Prospekt erforderlichen Angaben entnehmen und aus seiner Kenntnis der unternehmerischen Risiken, der branchenspezifischen Marktentwicklung und der Geschäftspartner Aussagen über bilanzrechtliche Bewertungen und die Lage des Unternehmens machen. 206 Er ist nicht nur am nächsten dran, sondern „quasi mittendrin". 207 Dabei hat der Emittent nach §31 BGB für das Verschulden seiner Organe einzutreten. Eine Meinung überträgt den Sorgfaltsmaßstab des Vorstandes nach § 93 AktG auf die Sorgfalt, die bei der Erstellung des Prospektes zu beachten ist. 208 Nach § 93 Abs. 1 AktG haben die Vorstandsmitglieder sich bei der Geschäftsführung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu befleißigen. Dem wird entgegengehalten, es könne nicht ohne weiteres der nur im Innenverhältnis geltende Maßstab des § 93 AktG dem börsengesetzlichen Sorgfaltsmaßstab gleichgesetzt werden. Für einen binären Maßstab sei in § 93 AktG kein Raum. Auch auf die Beweislastregel des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG komme es an. 209 Dem letzten Argument ist spätestens durch die auch im Börsengesetz (§ 46 Abs. 1 BörsG n.F.) ausdrücklich geregelte Beweislastumkehr der Boden entzogen. Die aktienrechtliche und die börsenrechtliche Beweislastverteilung sind nunmehr parallel geregelt. Im übrigen ist der Gleichschaltung der Sorgfaltsanforderungen zuzustimmen. Es gehört zur Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Vorstandes, über die Situation des eigenen Unternehmens einschließlich seiner Tochtergesellschaften informiert zu sein. 210 Diese Kenntnis hat er — soweit es der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit der Prospektangaben erfordert - in den Prospekt aufzu-
205 206
207 208
209 210
Sittmann NZG 1998, 490, 494; Groß AG 1999, 199, 206. Schwark ZGR 1983, 162, 172; Regierungsbegründung zu Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 13/8933 S. 80. Groß AG 1999, 199, 206. LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 644 (MHM Mode). Hommelhofflvan Aerssen EWiR 1998, 579, 580. 1QQO
11£
/ Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 71 BörsG Rn 2. BGH, Urt. v. 6.7.1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 131; BaumbachJHopt Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 36 BörsG Rn 2; Hopt WM 1985, 793, 802. RG, Urt. v. 11.10.1912 - II 106/12, RGZ 80, 196, 198; OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.1996 - 5 U 178/95, WM 1997, 361, 362 = ZIP 1997, 107, 108 (Sachsenmilch); Baumbach///0pf Handelsgesetzbuch 30. Aufl. § 77 BörsG Rn 1; Ass-
4. Haftung des Emissionsbegleiters
85
folgt, daß das mitantragstellende Kreditinstitut nach § 45 BörsG als Erlasser des Prospektes haftet, wie dies auch beim amtlichen Handel der Fall ist. 380 Bereits das Reichsgericht hat entschieden, daß ein Emissionshaus als Erlasser des Prospekts anzusehen ist, auch wenn es den Zulassungsprospekt nicht unterzeichnet hat, aber Einfluß auf den Inhalt des Prospektes genommen oder diesen vertrieben hat. 381 Der Emissionskredit hängt nicht an einer Unterschrift, sondern am tatsächlichen Auftreten und Eintreten des Emissionshauses für eine Emission. 382 Es kommt daher entscheidend darauf an, welche Rolle die Bank tatsächlich eingenommen hat. Wollte man das Emissionshaus, das den Unternehmensbericht nicht unterzeichnet hat, nicht als Erlasser des Prospekts ansehen, würde die Unternehmensberichtshaftung ihre praktische Bedeutung verlieren. Tritt nämlich der Fall der Prospekthaftung ein, werden die Verhältnisse des Emittenten so ungünstig sein, daß von ihm kein Ersatz zu bekommen sein wird. Auch vom Emissionshaus ist in einem solchen Fall häufig kein Ersatz zu erlangen, da der Prospekt nur in den seltensten Fällen von ihm im Sinne der 2. Alternative des § 45 BörsG „ausgehen" wird. 383 Schließlich spricht auch noch eine systematische Überlegung dafür, das die Emission begleitende Kreditinstitut regelmäßig auch als Erlasser des Unternehmensberichts anzusehen. Wollte man das anders sehen, träte an die Stelle der börsenrechtlichen unter Umständen sogar die schärfere zivilrechtliche Prospekthaftung. 384 Insgesamt ergäbe sich dann für die Emissionsbegleiter, die den Unternehmensbericht nicht unterzeichnen, eine schärfere Haftung als für den außerbörslichen Handel mit Wertpapieren, für den § 13 VerkProspG auf §§ 45 ff. BörsG verweist. 385 Ein solches Ergebnis ist sinnwidrig und entspricht nicht dem Interesse einer Emissionsbank.
mann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 241; ders. WuB I G 8.-2.96; Schwark Börsengesetz §77 Rn 1; ders. NJW 1987, 2041, 2046; ders. WuB I G 8. - 2.97; Michel WiB 1997, 546. 380 BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 228 f. = ZIP 1998, 1528, 1529 (Elsflether Werft); LG Frankfurt, Urt. v. 7.10.1997 - 3/11 Ο 44/96, ZIP 1998, 641, 642 (MHM Mode); Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 241; Krämer/Baudisch WM 1998, 1161, 1171 f; Schwark WuB I G 8.-2.97. 381 RG, Urt. v. 11.10.1912 - II 106/12, RGZ 80, 196, 198. 382 Hopt WM 1985, 793, 802. 383 Nußbaum Börsengesetz § 46 II a) (S. 192); a.A. offenbar Schwark Börsengesetz § 77 Rn 1. 384 Hopt WM 1985, 793, 802. 385 BGH, Urt. v. 14.7.1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 230 = ZIP 1998, 1528, 1530 (Elsflether Werft); ähnlich Hopt WM 1985, 793, 802.
V. Verkaufsprospekthaftung 1. Allgemeines Nach § 1 VerkProspG muß jeder Anbieter von Wertpapieren, die erstmals im Inland angeboten werden, einen Verkaufsprospekt veröffentlichen. Damit ist der Zugang zum Kapitalmarkt aus der Sicht der Emittenten im Interesse des Anlegerschutzes erschwert worden, auch wenn die früher für Schuldverschreibungen erforderliche Emissionsgenehmigung weggefallen ist. 386 Für Wertpapiere, die zum Zeitpunkt des öffentlichen Angebots bereits zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen sind, besteht nach § 1 VerkProspG kein Verkaufsprospektzwang. Das betrifft Wertpapiere, die bereits zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen sind. Für diese mußte im Zusammenhang mit der Zulassung bereits ein Börsenzulassungsprospekt bzw. ein Unternehmensbericht veröffentlicht werden, durch den die Information der Anleger sichergestellt ist. 387 Der Grundsatz, daß die Börsenzulassung das Verkaufsprospekterfordernis schlägt gilt auch dann, wenn der Emittent bei der Börsenzulassung von der Veröffentlichung eines Börsenzulassungsprospektes bzw. Unternehmensberichts befreit war. Da die Einbeziehung von Wertpapieren in den Freiverkehr indessen keine Zulassung zum Handel an einer inländischen Börse darstellt, gilt dieser Grundsatz für solche Wertpapiere nicht. 388 a) Öffentliches Angebot Die Prospektpflicht des § 1 VerkProspG setzt ein öffentliches Angebot voraus. Weder das Gesetz noch die zugrunde liegende EG-Richtlinie 389 enthalten hierzu eine Definition. Das öffentliche Angebot ist von der privaten Plazierung (private placement) abzugrenzen, die sich nicht an ein breites Publikum, sondern einen begrenzten Personenkreis richtet. 390 386
387
388
389 390
Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.277; Waldeckl Süßmann WM 1993, 361. Süßmann EuZW 1991, 210, 211; Carl!Machunsky Der Wertpapier-Verkaufsprospekt, 35. WaldecklSüßmann WM 1993, 361, 362; Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz 29 f Richtlinie vom 17.4.1989 (89/298/EWG) ABl. Nr. L 124 vom 5.5.1989 S. 8. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 1 VerkProspG Rn 13; Hopf Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 132; Meyding DB 1993, 419; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 68.
1. Allgemeines
87
Nach der Gesetzesbegründung liegt immer dann ein öffentliches Angebot vor, wenn sich das Angebot an einen unbestimmten Personenkreis richtet. 391 Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Angebot im Rechtssinne oder eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten (invitatio ad offerendum) vorliegt. Dem hat sich die überwiegende Ansicht in der Literatur angeschlossen. 392 Auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel hat in seiner Bekanntmachung vom 15. April 1996393 ausgeführt, ein öffentliches Angebot liege insbesondere bei an die Allgemeinheit gerichteter Werbung in den Medien oder Postwurfsendungen im Sinne einer Kaufaufforderung vor, sofern damit potentielle Anleger in Deutschland zielgerichtet angesprochen würden. Keine öffentlichen Angebote seien dagegen Publikationen im Falle lediglich allgemeiner Informationen über Emittenten und die Emission. Auch seien solche Angebote nicht öffentlich, die sich an einen begrenzten Personenkreis richteten, deren Mitglieder dem Anbieter im einzelnen bekannt seien, vom Anbieter aufgrund einer gezielten Auswahl nach individuellen Gesichtspunkten angesprochen würden und deren Mitglieder der Aufklärung durch einen Verkaufsprospekt im Hinblick auf ihr Informationsbedürfnis nicht bedürften. Da es der Zweck der im Falle eines öffentlichen Angebots bestehenden Verkaufsprospektpflicht ist, Anlegerschutz durch Information zu bieten, ist nur dann von einer Privatplazierung - also einem nichtöffentlichen Angebot — auszugehen, wenn die Beziehung zwischen den Anlegern und dem Emittenten so geartet ist, daß der Anleger über eine dem Prospektinhalt zumindest gleichwertige Informationsbasis verfügt oder verfügen kann. Der Anleger muß durch den Kontakt zum Emittenten das notwendige Hintergrundwissen bereits haben, nunmehr erhalten oder sich verschaffen können. 394 Das wird man in der Regel annehmen können, wenn der so angesprochene Personenkreis in einem objektiven Zusammenhang mit der betreffenden Emission steht 395 oder wenn der Emittent den Anleger kennt. 396 Es bedarf jedoch immer eines Rückgriffs auf das Informa391
392
393 394
395 396
Regierungsbegründung zum Verkaufsprospektgesetz, BT-Drucks. 11/6340 S. 11. Meyding DB 1993, 419; WaldecklSüßmann WM 1993, 361, 365; Hopt Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 127; Kiimpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rn 11.17 und 11.163; Schäfer ZIP 1991, 1557, 1559 f; Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 20 f; Schwark Festschrift für Schimansky, 739, 746. BAnz. 1996, 5069. Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 18 ff; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 75. Paskert Informations- und Prüfungspflichten bei Wertpapieremissionen, 20 f. Hopt Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 125.
88
V. Verkaufsprospekthaftung
tionsbedürfnis der angesprochenen Anleger, so daß der individuell ausgewählte Personenkreis - als Gegensatz zum unbestimmten Personenkreis - letztlich nur kasuistisch zu bestimmen ist. 397 Unter „öffentlichem Angebot" im Sinne des VerkProspG sind danach neben Medienwerbung, Haustürgeschäften und bestimmten anderen Vertriebsmethoden auch Aushänge und allgemein zugängliche Auslagen von Informationsmaterial zu verstehen. Darüber hinaus können hierunter auch Rundbriefaktionen sowie das Angebot im Internet fallen. 398 § 1 VerkProspG setzt voraus, daß für den Kunden eine konkrete Erwerbsmöglichkeit besteht. Deshalb fällt eine allgemeine Werbung für ein später geplantes öffentliches Angebot (vgl. Telekom-Emission) nicht unter das Gesetz und damit auch nicht unter den Prospektzwang. 399 Während beim offenen Telefonhandel das VerkProspG gilt, 400 stellen Briefe und Telefonanrufe an ausgewählte Kunden oder Empfehlungen auf Anfrage des Kunden kein öffentliches Angebot dar. 401 Auch die bloße Einbeziehung einer Aktie in den Freiverkehr begründet kein öffentliches Angebot, wenn sie ohne Verkaufsbereitschaft desjenigen erfolgt, der die Einbeziehung betreibt. 402 Unter bestimmten Umständen kann aus einer Privatplazierung doch noch eine öffentliche Emission werden. Das ist zum einen dann der Fall, wenn die eingegrenzte Gruppe von Privatanlegern die Aktien breit gestreut weiterverkauft und zum anderen dann, wenn nach teilweiser Privatplazierung der Emittent und/oder der Emissionsbegleiter dazu übergeht, den Rest der nicht untergebrachten Aktien breit zu streuen. 403 In beiden Fällen ist ab dem Zeitpunkt des öffentlichen Vertreibens der Emission ein Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. 404 Verpflichtet zur Erstellung eines Prospektes ist in diesen Fällen derjenige, der das öffentliche Angebot betreibt. 405 397
398
399 400 401
402
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404 405
Schäfer ZIP 1991, 1557, 1560; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 74. Grimme/Ritz WM 1998, 2091, 2094 f; Ellenberger Festschrift für Schimansky, 591, 609. Grimme/Ritz WM 1998, 2091, 2095. Schäfer WM 1999, 1345, 1348. Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.278; Ellenberger Festschrift für Schimansky, 591, 610. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 1 VerkProspG Rn 12; Schäfer WM 1999, 1345, 1348. Hopf Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 133; Schwark Festschrift für Schimansky, 739, 747. Schwark Festschrift für Schimansky, 739, 760. WaldecklSüßmann WM 1993, 361, 363; Schäfer ZIP 1991, 1557, 1561; kritisch hierzu Schwark Festschrift für Schimansky, 739, 751 f.
1. Allgemeines
89
b) Prospektinhalt Der Prospektinhalt ist für Verkaufsprospekte in seiner Grundstruktur im wesentlichen identisch zum Börsenzulassungsprospekt geregelt.406 Die Einzelheiten sind in der nach § 7 VerkProspG maßgeblichen VerkProspV enthalten. Die den Inhalt des Verkaufsprospektes konkretisierende Verordnung stellt gegenüber der BörsZulV in einigen Punkten geringere Anforderungen. 407 Die Pflichtangaben lassen sich unterteilen in Angaben über Art und Ausstattung der angebotenen Wertpapiere, Angaben über den Emittenten, insbesondere seine Geschäftstätigkeit, und Angaben über die wirtschaftliche Lage des Emittenten. Darüber hinaus muß der Prospekt weitere Angaben enthalten, wenn diese erforderlich sind, um über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen Wertpapiere notwendig sind, zutreffend zu informieren. 408 Streitig ist, ob neben den notwendigen Bestandteilen auch werbende Angaben in den Prospekt aufgenommen werden dürfen. 409 Diese Frage ist wie beim Börsenzulassungsprospekt zu bejahen. Weder das VerkProspG noch die Grundsätze der Prospektwahrheit und -klarheit verbieten es, über die Pflichtangaben hinaus auch werbende Aussagen in den Prospekt aufzunehmen. Selbstverständlich müssen diese zusätzlichen Angaben wie die übrigen Angaben des Prospektes wahrheitsgemäß sein. Die Grenze ist dort erreicht, wo die werbenden Angaben ein falsches Bild vom Emittenten oder von der Emission vermitteln, indem etwa richtige Pflichtangaben relativierend verfälscht werden. Das Publikum ist hinsichtlich der Werbeangaben dadurch hinreichend geschützt, daß auch diese der Prospekthaftung unterliegen. Wenn auch die von der VerkProspV gestellten Anforderungen nicht ganz so hoch sind wie die nach der BörsZulV, so folgen doch beide Vorschriften einem einheitlichen Grundmuster. Im Hinblick auf die Grundsätze der Vollständigkeit und Richtigkeit sowie der Prospektklarheit und -Übersichtlichkeit gelten dieselben Maßstäbe wie beim Börsenzulassungsprospekt, so daß auf die dort gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. c) Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Der Verkaufsprospekt muß beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel hinterlegt werden (§ 8 VerkProspG). Durch das Dritte Finanz406 407 408
409
Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.280. Süßmann EuZW 1991, 210, 214. Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 98; Kersting W M 1997, 1969, 1971. Dafür Kersting W M 1997, 1969, 1973; dagegen Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 102 ff.
90
V. Verkaufsprospekthaftung
marktförderungsgesetz ist die Prüfungskompetenz des Amtes erweitert worden. Neben der Prüfung auf die Vollständigkeit aller Pflichtangaben kann es nunmehr auch insofern Auskünfte einholen und gegebenenfalls das öffentliche Angebot untersagen (§§ 8 a bis 8 c VerkProspG n.F.). Die Prüfung erstreckt sich dabei lediglich auf die formelle Vollständigkeit des Prospektes, eine materielle Überprüfung der Richtigkeit einzelner Prospektangaben findet nicht statt. 410 Soweit Hamann 411 wie bei der Zulassungsprüfung zum amtlichen Handel eine begrenzte materielle Prüfung befürwortet, steht dem neben dem Willen des Gesetzgebers412 vor allem auch der Wortlaut der §§ 8 ff. VerkProspG entgegen. Während § 36 Abs. 3 Nr. 3 BörsG für den amtlichen Handel ausdrücklich bestimmt, daß eine Zulassung nicht zu erteilen ist, wenn Umstände bekannt sind, die bei Zulassung der Wertpapiere zu einer Übervorteilung des Publikums oder einer Schädigung erheblicher allgemeiner Interessen führen, fehlt eine solche Bestimmung im VerkProspG. Die §§ 8 — 8 c VerkProspG sprechen ausschließlich von der Prüfung der Vollständigkeit der erforderlichen Angaben. Auf materielle Fehler kann eine Anordnung nach diesen Vorschriften nicht gestützt werden. Hinzu kommt, daß die im Bundesaufsichtsamt zuständige Abteilung personell gar nicht in der Lage wäre, die inhaltliche Richtigkeit der Prospekte in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit zu überprüfen. Eine Prüfungspflicht insofern scheidet daher aus. d) Haftungsmodalitäten § 13 VerkProspG verweist wegen der Haftung für fehlerhafte Prospekte auf §§ 45 bis 48 BörsG. Während die alte Fassung noch eine fünfjährige Verjährungsfrist vorsah und keine Aussage über die gerichtliche Zuständigkeit enthielt, ist nunmehr durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz auch insofern eine Angleichung an das Börsengesetz erfolgt. Die Haftung entspricht daher nunmehr in vollem Umfang der für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte und Unternehmensberichte. 413 Veränderungen, die von wesentlicher Bedeutung für die Beurteilung des Emittenten oder der Wertpapiere sind und die während der Dauer des öffentlichen Angebots eintreten, sind in einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt zu veröffentlichen (§11 VerkProspG). Durch das Dritte Finanz410
411 412
413
Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 87; Grimme/Ritz WM 1998, 2091, 2092; Pötzsch AG 1997, 193, 197; ders. WM 1998, 949, 955; Meixner NJW 1998, 1896, 1900. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 8 a VerkProspG Rn 4. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 87. Pötzsch WM 1998, 949, 956.
2. Freier Markt an der Börse
91
marktförderungsgesetz 414 ist durch das Einfügen des Wortes „unverzüglich" in § 11 Satz 1 VerkProspG klar gestellt worden, daß dem Anleger stets ein Verkaufsprospekt mit den neuesten Informationen zur Verfügung stehen muß. 415 Dies hatte der Bundesgerichtshof bereits zur Unternehmensberichtshaftung ausgesprochen. 416 Wegen der Einzelheiten der Haftung kann auf die Ausführungen zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz verwiesen werden. Insbesondere haftet auch die emissionsbegleitende Bank wie bei einer am amtlichen und geregelten Markt piazierten Emission. Hinsichtlich des Gerichtsstandes gilt wegen der fehlenden Börsenzulassung eine Sonderregelung. Für Prozesse, die wegen fehlerhafter Verkaufsprospekte betreffend frei gehandelter Wertpapiere geführt werden, ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerkProspG n.F. das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel seinen Sitz hat, das ist Frankfurt am Main.
2. Freier Markt an der Börse Durch das Börsenzulassungsgesetz417 ist mit § 78 BörsG der Freiverkehr in die öffentlich-rechtliche Selbstverwaltung der Börse integriert worden. Allein die Börsenordnungen regeln dieses Segment. Die Preisfeststellung findet im Börsensaal oder innerhalb eines geregelten elektronischen Handelssystems statt. Das Börsengesetz bestimmt insofern nur, daß es sich bei den Preisen des Freiverkehrs um Börsenpreise handelt und diese ordnungsgemäß zustande gekommen sein müssen (§ 78 Abs. 2 BörsG). Einer Prospektpflicht unterliegen die in diesem Segment gehandelten Papiere nach dem Verkaufsprospektgesetz. Durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz 418 wurden in § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB die Worte „oder in den geregelten Freiverkehr einbezogen" ersatzlos gestrichen. Im einzelnen bedeutet diese Änderung, daß sich kleine im Freiverkehr gehandelte Aktiengesellschaften nicht mehr der obligatorischen Abschlußprüfung unter-
414
415 416
417 418
Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl. I S. 529. Grimme/Ritz WM 1998, 2091, 2093. BGH, Urt. v. 14. Juli 1998 - XI ZR 173/97, BGHZ 139, 225, 232 = ZIP 1998, 1528, 1531 (Elsflether Werft); so auch Hiiffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 73. Börsenzulassungsgesetz vom 16.12.1986, BGBl I S. 2478 ff. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl. I S. 529.
92
V. Verkaufsprospekthaftung
ziehen, der Öffentlichkeit weder Gewinn- und Verlustrechnung noch Lagebericht vorlegen und Bilanz und Anhang erst spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag beim Handelsregister einreichen müssen. 419 Unberührt davon ist jedoch die prospektrechtliche Aktualisierungspflicht nach § 11 VerkProspG, deren Verletzung Prospekthaftungsansprüche nach sich zieht. Eine Prospektpflicht scheidet bei Wertpapieren, die in den Freiverkehr einbezogen werden, nur dann aus, wenn dies ohne Verkaufsabsicht geschieht, weil es dann am gesetzlichen Merkmal des öffentlichen Angebots fehlt.
3. G r a u e r Kapitalmarkt Der „graue" Kapitalmarkt ist ein Kapitalanlagesegment außerhalb spezialgesetzlich geregelter Märkte, das sein Wachstum überwiegende steuerlich motivierten Anlageentscheidungen verdankt. Unter diesem Begriff werden die unterschiedlichsten Kapitalanlagemöglichkeiten gefaßt, die allein gemeinsam haben, daß sie nicht einem spezialgesetzlich geregelten Markt unterfallen. Die Verwendung des Begriffs „Grauer Markt" läßt sich in Anbetracht seiner Vieldeutigkeit nur damit rechtfertigen, daß er sich eingebürgert hat. 420 Der graue Kapitalmarkt hat eine immense wirtschaftliche Bedeutung. So vereinigten allein die geschlossenen Immobilienfonds etwa im Jahr 1995 ein Investitionsvolumen institutioneller Investorengruppen von über 9,5 Milliarden DM auf sich.421 Das Phänomen der Abschreibungsgesellschaften (Publikums-Kommanditgesellschaften) nahm 1962 mit dem Berliner „Europa-Center" seinen Anfang. 422 In dieses Segment gehören auch Bauherren- und Erwerbermodelle sowie Mischmodelle, die Elemente der reinen Kapitalbeteiligung und des Bauherrenmodells vereinigen.423 Hierher gehören auch Kapitalbeteiligungen im Zusammenhang mit Immobilienanlagen wie dem Immobilienleasing 424 oder dem Erwerb von Teilzeitwohnrechten. Ebenfalls hierher gehört der Handel mit Wertpapieren außerhalb geregelter Märkte. 425 Es bleibt dem Emittenten von Wertpapieren unbenom419 420 421 422 423 424 425
Ostrowski ZBB 1999, 19, 22. Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im Deutschen Recht, 33. Sagasser in: Assmann/Schütze § 3 Rn 119. Sagasser in: Assmann/Schütze § 3 Rn 107. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 28. Seibellv. Westphalen BB 1998, 169. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109 = ZIP 1993, 1467, 1468.
3. Grauer Kapitalmarkt
93
men, seine Anteile selbst öffentlich zur Zeichnung anzubieten, ohne eine Zulassung zum Börsenhandel zu beantragen. Die freie Emission, zu der auch der Internethandel gehört, bietet dem Anbieter den Vorteil, das langwierige Zulassungsverfahren an der Börse zu umgehen und die Kosten für die begleitende Emissionsbank zu sparen. Der Anleger profitiert von der Ersparnis der Makler- und Bankgebühren beim Erwerb der Anteile. Die Kehrseite der Medaille ist das Risiko, die Anteile nicht wieder verkaufen zu können, da bei der freien Emission keine kontinuierliche und geregelte Preisflndung für die Anteile stattfindet. 426 Wegen der erheblichen Mißbrauchsgefahren für die Anleger schreibt § 1 VerkProspG auch für diese Fälle die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes vor, der mindestens einen Tag vor dem öffentlichen Angebot veröffentlicht werden muß. 427 Für den öffentlichen Handel mit Wertpapieren ist daher eine umfassende Prospektpflicht gegeben, die auch den grauen Markt erfaßt. Lediglich für den nichtöffentlichen Vertrieb von Wertpapieren ist eine Prospektpflicht nicht vorgeschrieben. Die anderen Anlagen des grauen Marktes unterfallen dagegen nicht dem VerkProspG. 428 Insofern existiert keine Prospektpflicht. Wird für diese Anlagen trotzdem mittels eines Prospektes geworben, greift bei Falschangaben die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ein. 429 Zwar könnte man an eine analoge Anwendung der §§ 45 ff BörsG auch auf die nicht spezialgesetzlich geregelten Märkte denken. 430 Dem steht jedoch entgegen, daß der Gesetzgeber trotz der Neuregelung der Börsenprospekthaftung die Kodifikation einer umfassenden Prospekthaftung unterlassen hat, so daß von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht ausgegangen werden kann.
426 427 428 429 430
Ziegenhain/Helms WM 1998, 1417, 1429. Ziegenhain/Helms WM 1998, 1417, 1428. Assmann NJW 1991, 528, 529; Meyding DB 1993, 419, 422. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG vor § 1 VerkProspG Rn 3. Rössner/Lachmair WuB I G 5.-2.87.
VI. Prospekthaftungen nach dem KAGG und dem AuslInvestmG
Kapitalanlagegesellschaften sind nach § 1 KAGG Unternehmen, die bei ihnen eingelegtes Geld der Anteilsinhaber verwalten und nach Möglichkeit vermehren. Uber die Rechte der Anteilsinhaber werden Anteilsscheine ausgestellt. Da das KAGG auf Unternehmen mit Sitz in Deutschland beschränkt ist (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KAGG), regelt das AuslInvestmG den Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen. Investmentanteile gehören zwar zu den Wertpapieren, sind aber im Gegensatz zu den Aktien keine Inhaberpapiere, sondern Rektapapiere, bei denen der Berechtigte namentlich benannt ist und die Übertragung nicht nach sachenrechtlichen Grundsätzen durch Übereignung des Papiers, sondern durch Abtretung der verbrieften Forderung erfolgt. Die Prospekthaftungen nach § 20 KAGG und § 12 AuslInvestmG folgen den gleichen Regeln wie die Prospekthaftungen des Börsenrechts und des Verkaufsprospektgesetzes. Wegen der Einzelheiten kann daher auf die dort gemachten Ausführungen verwiesen werden. Für den klassischen Handel mit Wertpapieren (Inhaberpapieren) hat diese Prospekthaftung keinen eigenständigen Wert, da insofern das BörsG und das VerkProspG abschließende Sonderregelungen darstellen.
VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
Auf die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung soll hier nur am Rande eingegangen werden, soweit es zur Abrundung des Bildes der Börsenprospekthaftungen erforderlich ist. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ist vom Bundesgerichtshof in Weiterführung des Grundgedankens einer Vertrauenshaftung, wie sie für die Fälle eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen angenommen wird, entwickelt worden. Es handelt sich um eine Haftung, die in einem vom Gesetzgeber nicht geregelten, aber gleichwohl regelungsbedürftigen Bereich entstanden ist. 431 Zwei Termini werden im Zusammenhang mit der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung verwendet, nämlich eine Prospekthaftung im engeren und eine im weiteren Sinne. Hinter diesem Begriffspaar verbergen sich ganz unterschiedliche Haftungstatbestände, die nicht - auch nicht begrifflich - in einen Topf gehören.
1. Im engeren Sinne Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinn wurde zwar als Anwendungsfall der Rechtsfigur des Verschulden bei Vertragsverhandlungen entwickelt, hängt aber nur noch locker mit dieser zusammen. 432 Bei Kapitalanlageentscheidungen ist ein irgendwie gearteter Prospekt regelmäßig die wichtigste, häufig die einzige Informationsquelle für interessierte Anleger. Nur wenn die Prospektangaben über die für die Entschließung des Anlegers wesentlichen Umstände vollständig und richtig sind, hat er die Möglichkeit, seine Entscheidung frei von Fehlvorstellungen zu treffen, die auf mangelhafte Sachinformation zurückzuführen sind. 433 Das hat die Rechtsprechung zum Anlaß genommen, den Prospekt als haftungsbegründend zu begreifen. Grundlage der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne ist das typisierte Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben. 434 Insofern weist sie Ähnlichkeiten zur Bör-
431 432 433 434
Seibellv. Westphalen BB 1998, 169. Emmerich JuS 1992, 342, 343. v. Stebut ZIP 1992, 1698, 1699. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski §45 Rn31; Schmidt! Weidert DB 1998, 2309, 2311.
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VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
senprospekthaftung auf. 435 Anders als bei der Börsenprospekthaftung wird aber zwischen Prospektverantwortlichen unterschieden, die für die Richtigkeit des Prospektes in toto einzustehen haben und solchen, die nur für solche Angaben im Prospekt haften, die ihnen vom Verkehr zugerechnet werden. a) Unbeschränkt Prospektverantwortliche Unbeschränkt für die Richtigkeit eines Prospektes haften ohne direkten geschäftlichen Kontakt zum Anleger alle diejenigen, die für die Geschäfte der Anlagegesellschaft und die Herausgabe des Prospektes Verantwortung tragen (ζ. B. Gründer, Initiatoren). 436 Darüber hinaus haften auch Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluß in der Gesellschaft ausüben und Mitverantwortung tragen. 437 Die Unterteilung in Angehörige der Leitungsgruppe und maßgebliche Hintermänner ist vorwiegend terminologischer Natur und durch die formale Funktion einer Person in einem Unternehmen angelegt, bringt aber keine inhaltliche Differenzierung zum Ausdruck. 438 Wer in einem Unternehmen auf bestimmten Gebieten, die das mit dem Prospekt beworbene Projekt betreffen, eigenverantwortlich und frei wie ein Geschäftsführer agieren kann, ist Prospektverantwortlicher. Ob solche Personen im Prospekt erwähnt sind oder nach außen in Erscheinung getreten sind, ist für die Haftung unerheblich. Entscheidend ist allein, daß sie für die Geschicke der Gesellschaft und damit für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich sind. 439 b) Eingeschränkt Prospektverantwortliche Eingeschränkt haften diejenigen, die eine Art Garantenstellung für die Richtigkeit des Prospektes einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen in Erscheinung getreten sind. Hierzu zählen insbesondere Personen, die mit Rücksicht auf ihre besondere berufliche oder wirtschaftliche Stellung oder wegen ihrer Eigenschaft als berufs-
435 436
437
438 439
Emmerich JuS 1992, 342, 343. BGH, Urt. v. 24.4.1978 - II ZR 172/76, B G H Z 71, 284, 287 f; Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 32; v. Stebut ZIP 1992, 1698, 1699; Emmerich JuS 1992, 342, 343. BGH, Urt. v. 16.11.1978 - II ZR 94/77, BGHZ 72, 382, 385 f; BGH, Urt. v. 26.9.1991 - VII ZR 376/89, 115, 213, 218. Gehrlein BB 1995, 1965, 1968. BGH, Urt. v. 16.11.1978 - II ZR 94/77, B G H Z 72, 382, 387; BGH, Urt. v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 340; Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im Deutschen Recht, 217.
1. Im engeren Sinne
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mäßige Sachkenner und der damit verbundenen Sachkunde dem Anlageinteressenten als besonders vertrauenswürdig erscheinen. Dies gilt etwa für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Sachverständige. 440 Diese Garanten kraft Berufsstellung trifft eine Einstandspflicht nur, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung getretenes Mitwirken an der Prospektgestaltung einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen. 441 Das beruht darauf, daß den Berufsgaranten seitens der Anleger die Angaben im Prospekt nur zugerechnet werden, soweit eine Verbindung der Angaben mit dem Garanten hergestellt wird. Dies kann erfolgen, indem Erklärungen als von ihnen stammend bezeichnet werden oder indem ihr gestaltender Einfluß auf bestimmte Prospektteile den Anlegern zur Kenntnis gebracht wird. Die Gefahr, die ein Garant durch sein Auftreten erzeugt, hängt davon ab, wie sein Einfluß dargestellt wird. Wird er nur für die Richtigkeit eines Gutachtens hervorgehoben, haben die Anleger keine Veranlassung zur Annahme, er habe darüberhinausgehenden Einfluß. 442 Es erfolgt daher keine Zurechnung aller Prospektangaben an Personen, die keine Gesamtverantwortung für den Prospekt tragen, vielmehr ist deren Verantwortung auf den Umfang des von ihnen geschaffenen Vertrauenstatbestandes begrenzt. 443 Auch bei der Haftung dieser Personengruppe handelt es sich um eine solche wegen der Inanspruchnahme typisierten Vertrauens, ohne daß ein rechtsgeschäftlicher Kontakt zwischen Anspruchsteller und Haftungsverpflichteten besteht. c) Prospektinhalt Der Prospekt hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt zu enthalten. Der Prospekt muß über alle Umstände sachlich richtig und vollständig aufklären, die für die Anlageentscheidung des Investors von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über solche Tatsachen, die den Vertragszweck vereiteln können. 444 Soweit sich Änderungen der Sach- und Rechtslage nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung eines Prospektes herausstellen, sind die für den Prospekt Verantwortlichen verpflichtet, unverzüglich
440
441
442 443 444
Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 35; v. Stebut ZIP 1992,1698,1699; Schmidt! Weidert DB 1998, 2309, 2311; grundsätzlich dagegen Kiss WM 1999, 117, 121 f. Gehrlein BB 1995, 1965; Roller Die Prospekthaftung im Englischem und im Deutschen Recht, 218. Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im Deutschen Recht, 219. BGH, Urt. v. 6.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 348. Seibellv. Westphalen BB 1998, 169, 171.
98
VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
eine Korrektur vorzunehmen. 445 Hierzu gehört auch die Einschätzung des Erfolges der vertriebenen Anlage. Sobald absehbar ist, daß mit einiger Wahrscheinlichkeit der im Prospekt avisierte Gewinn nicht mehr zu erzielen sein wird, ist das unverzüglich in geeigneter Weise den potentiellen Anlegern bekannt zu machen. Es besteht insofern kein Unterschied zur Börsenprospekthaftung. d) Kausalität Die haftungsbegründende Kausalität setzt voraus, daß der Anleger durch den unrichtigen Prospekt zum Erwerb der Kapitalanlage veranlaßt wurde. Wenn der Prospekt unrichtig und unvollständig ist, wird vermutet, daß der Anleger durch die Unrichtigkeit zum Erwerb der Anlage veranlaßt worden ist. 446 Für die haftungsausfüllende Kausalität kommt es allein darauf an, ob der Anleger bei Kenntnis der Unrichtigkeit auf die Anlage verzichtet hätte, nicht darauf, ob der Prospektfehler zu der Wertminderung der Anlage geführt hat. 447 Das ist eine deutlich umfangreichere Haftung als die Börsenprospekthaftung, bei der die Prospektverantwortlichen nicht haften, wenn sie nachweisen, daß der im Prospekt fehlerhaft dargestellte Sachverhalt nicht zur Minderung des Börsenpreises geführt hat (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 BörsG n.F.). e) Verschulden Ein Verschulden für fehlerhafte Prospekterstellung ist bereits bei einfacher Fahrlässigkeit gegeben (§ 276 BGB), 448 wobei die von den Prospektverantwortlichen zu erfüllenden Sorgfaltsanforderungen vom Einzelfall abhängig sind. Die Tatsache, daß ein fehlerhafter Prospekt aufgelegt worden ist, begründet die Vermutung für das Verschulden der Verantwortlichen. 449 Auch hier ist die Börsenprospekthaftung weniger streng, da sie nur bei grob fahrlässigem Verhalten der Prospektverantwortlichen eingreift (§ 46 Abs. 1 BörsG n.F.). f) Schaden Der Schaden des Anlegers besteht in seinem durch den Erwerb der Anlage eingetretenen Vermögensverlust. Er ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er sich an dem Investitionsprojekt nicht beteiligt hätte. Er kann 445 446 447 448 449
Seibell v. Westphalen BB 1998, 169, 172. Emmerich JuS 1994, 77; Seibelh. Westphalen BB 1998, 169, 173. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112. BGH, Urt. v. 24.4.1978 - II ZR 172/76, BGHZ 71, 284, 292. Seibelh. Westphalen BB 1998, 169, 172.
1. Im engeren Sinne
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daher seine Erwerbskosten gegen Rückgabe der Anlage verlangen. Daneben kann er den entgangenen Gewinn geltend machen, den er bei anderweitiger Anlage seines Geldes erzielt hätte. Soweit er durch die Anlage Steuervorteile hatte, sind diese schadensmindernd anzurechnen. 450 Auch in den Rechtsfolgen ist die Börsenprospekthaftung milder, da sie dem Anleger keinen Anspruch auf entgangenen Gewinn gewährt (§45 Abs. 1 BörsG n.F.). g) Verjährung Für die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne gilt die kurze Verjährungsfrist der §§ 20 Abs. 5 KAGG, 12 Abs. 5 AuslInvestmG (ähnlich nunmehr auch §47 BörsG n.F.) analog. 451 Begründet wird die kurze Verjährungsfrist vor allem damit, daß wegen zunehmender Beweisschwierigkeiten und aus Gründen allgemeiner Rechtssicherheit eine kurze Verjährungsfrist erforderlich sei, um Spekulationen der Anspruchsberechtigten über die Ausübung ihrer Rechte zu verhindern. Zugleich dient die kurze Verjährungsfrist als Korrektiv dafür, daß die engere Prospekthaftung Sachverhalte erfaßt, bei denen kein rechtsgeschäftlicher Kontakt zwischen dem Geschädigten und dem Haftungsverpflichteten besteht. Die kurze Verjährungsfrist berücksichtigt, daß Grundlage der Prospekthaftung im engeren Sinn typisiertes Vertrauen gegenüber oftmals unbekannten Initiatoren und Gründern und nicht persönliches Vertrauen gegenüber Verhandlungspartnern ist. 452 Der Bundesgerichtshof hat es jedoch abgelehnt, diese kurze Verjährungsfrist auf die Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen beim Vertrieb von Bauherrenmodellen anzuwenden, wobei er zunächst offen ließ, ob die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 BGB Anwendung findet.453 Schließlich stellte er klar, daß die Prospekthaftungsansprüche beim Bauherrenmodell nach § 195 BGB in dreißig Jahren verjähren. 454 Diese dreißigjährige Verjährungsfrist gilt auch dann, wenn Prospektverantwortlicher ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ist, für deren Berufshaftung die kurze dreijährige (§§ 51b BRAO, 68 StBerG) oder fünfjährige (§ 51 a WPO) Verjährungsfrist gilt. Das begründet der Bundesgerichtshof damit, daß die Sonderregelungen der Berufshaftung nur dort eingreifen könnten, wo vertragliche oder vorvertragliche Ansprüche in450 451 452
453 454
Seibellv. Westphalen BB 1998, 169, 173. Emmerich JuS 1992, 342, 343; SchmidtlWeidert DB 1998, 2309, 2311. SchmidtlWeidert DB 1998, 2309, 2312; kritisch zu diesem Ansatz Roller Die Prospekthaftung nach Englischen und Deutschen Recht, 234 f. Emmerich JuS 1992, 342, 343. BGH, Urt. v. 1.6.1994 - VIII ZR 36/93, BGHZ 126, 166, 172f.
100
VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
folge der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens in Frage stünden. Bei der Haftung wegen der Inanspruchnahme typisierten Vertrauens handele es sich um einen Anspruch der wie deliktische und Bereicherungsansprüche nicht von dem Haftungsprivileg erfaßt würde. 455 Der Vorrang der prospektrechtlichen Verjährung muß nach dieser Begründung konsequenterweise auch außerhalb von Bauherrenmodellen gelten, so daß dann die kurze sechsmonatige - maximal dreijährige - Verjährungsfrist gilt, 456 was für die Wirtschaftsprüfer, aber in der Regel auch für Rechtsanwälte und Steuerberater eine Besserstellung gegenüber den Verjährungsfristen für ihre Berufshaftung bedeutet.
2. Im weiteren Sinne Als bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne bezeichnet man die Haftung für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens im Zusammenhang mit der Verwendung von Prospekten. 457 Darunter faßt man zwei unterschiedliche Haftungstatbestände. Der erste Fall ist der, daß sich jemand zur Erfüllung seiner vorvertraglichen oder vertraglichen Aufklärungspflicht bzw. seiner vertraglichen Beratungspflicht eines Prospektes bedient. 458 Die zweite Fallgruppe ist die, daß jemand im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen ohne Vertragspartner des Anlegers zu sein, in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und der Anleger ihm das auch entgegen gebracht hat. 459 Zumindest für die erste Fallgruppe hat die Figur der Prospekthaftung im weiteren Sinne vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Beratungspflicht- und Aufklärungspflichtverletzungen 460 keine eigenständige Bedeutung mehr. Tritt ein Anlageberater an einen Interessenten oder jener an ihn heran, um über eine Kapitalanlage zu beraten bzw. beraten zu werden, kommt durch Aufnahme des Beratungsgesprächs konkludent ein Beratungsvertrag zustande. Ebenso kann
455
456 457 458 459 460
BGH, Urt. v. 26.9.1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 226 f; BGH, Urt. v. 1.6.1994 - VIII ZR 36/93, BGHZ 126, 166, 173 f. Schmidt!Weidert DB 1998, 2309, 2312. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 40 Schmidt!Weidert DB 1998, 2309, 2312. BGH, Urt. v. 22.3.1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 108. Nobbe in: Schimansky/Horn, 235 ff; Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 13 ff.
2. Im weiteren Sinne
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ein reiner Auskunftsvertrag geschlossen werden. 461 Außerhalb eines Beratungs- und Auskunftsvertrages können vorvertragliche Aufklärungspflichten bestehen. Verwendet ein Anlagevermittler zur Erfüllung seiner vertraglichen Beratungspflicht oder seiner vorvertraglichen Aufklärungspflicht einen fehlerhaften Prospekt, haftet er dem Anleger aus dem Vertragsverhältnis oder aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen auf Schadensersatz, ohne daß es des Rückgriffs auf die Figur der Prospekthaftung im „weiteren Sinne" bedarf. 462 Aber auch bei der Fallgruppe der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens eines nicht am Vertrag Beteiligten handelt es sich lediglich um eine Spielart des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, der sogenannten Berufs- oder Sachwalterhaftung, die zu einer Haftung für unrichtige Auskünfte auch ohne Verwendung eines Prospektes führt und selbst dann eingreift, wenn der Sachwalter nicht persönlich die Vertragsverhandlungen geführt hat. 463 Im Interesse einer klaren Terminologie und um Verwechslungen und Ungenauigkeiten zu vermeiden, sollte daher der Begriff der Prospekthaftung nur noch für die im „engeren Sinne" verwendet werden. Teilweise wird befürwortet, die Emissionsbanken generell der Berufshaftung oder Sachwalterhaftung zu unterstellen. 464 Dem kann nicht zugestimmt werden. Nimmt die Bank neben ihrer Rolle als Emissionsbegleiterin zusätzlich besonderes persönliches Vertrauen gegenüber ihren Kunden für sich in Anspruch, so haftet sie nach allgemeinen Regeln aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen. Diese Haftung ist nach § 48 Abs. 2 BörsG n.F. durch die Börsenprospekthaftung nicht ausgeschlossen.465 Eine „Berufshaftung" ohne Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens gibt es nicht. 466 Für eine Berufshaftung der Emissionsbanken „einfach so" fehlt daher eine dogmatische Grundlage. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne beträgt wie bei Ansprüchen aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach § 195 BGB dreißig Jahre. 467 Soweit die Haftung eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers vorliegt, ist die für dessen Berufshaftung die kurze dreijährige (§§ 51b
461 462
463 464 465 466 467
BGH, Urt. v. 12.6.1997 - III ZR 278/95, NJW 1998, 448. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 15; Assmann Festschrift für Kübler, 317, 325. Dazu BGH, Urt. v. 5.4.1971 - VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 85 ff. Grundmann/Selbherr WM 1996, 985, 989. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 48 BörsG n.F. Rn 3. Kort AG 1999, 9, 20. Schmidt!Weidert DB 1998, 2309, 2312.
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VII. Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung
BRAO, 68 StBerG) oder fünfjährige (§ 51 a WPO) Verjährungsfrist maßgeblich, da es um eine echte vorvertragliche Vertrauenshaftung geht. Bezüglich der dreißigjährigen Verjährungsfrist ist Kritik geübt worden, weil es keinen Unterschied machen könne, ob für typisiertes oder persönliches Vertrauen gehaftet würde. 468 Diese Kritik ist unberechtigt. Aufgrund der gegenwärtigen Gesetzeslage ist eine Verkürzung der Verjährungsfrist nicht möglich. Insbesondere eine Analogie zu den spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungen scheidet aus, weil keine vergleichbaren Sachverhalte betroffen sind. Es besteht ein entscheidender Unterschied darin, ob für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens oder aber für typisiertes Vertrauen gehaftet wird. Die Enttäuschung persönlichen Vertrauens ist gravierender als die nur typisierten, also mehr oder weniger formalisierten Vertrauens, sie rechtfertigt daher auch einen strengeren Haftungsmaßstab. Hinzu kommt, daß von einer planwidrigen Regelungslücke kaum mehr gesprochen werden kann, nachdem der Gesetzgeber in Kenntnis der Diskussion um die unterschiedlichen Haftungsmaßstäbe eine Harmonisierung der Verjährungsfristen im Zuge des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes nicht vorgenommen hat. Auch bezüglich der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen bestehen zwischen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne und der „normalen" Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen keine Unterschiede. Ein Argument mehr, sich endgültig von der Benennung dieser Rechtsfigur zu trennen.
468
Köndgen AG 1983, 120, 129; Roller Die Prospekthaftung im Englischen und im deutschen Recht, 235.
VIII. Deliktische Prospekthaftung
Nach § 264 a StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren und anderen Kapitalanlagen in Prospekten oder Darstellungen oder Übersichten hinsichtlich der für den Erwerb erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. § 264 a StGB ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 BGB, da er auch das Vermögen des einzelnen Anlegers, nicht nur das Funktionieren des Kapitalmarktes schützen soll.469 Diese deliktische Prospekthaftung läuft im wesentlichen parallel zu den anderen Prospekthaftungen der einzelnen Segmente. Da sie aber eine vorsätzliche Begehungsweise voraussetzt, ist sie insofern enger als die übrigen Fallgruppen. Andererseits kann sie hinsichtlich der Verjährung bei den Fallgruppen mit kurzer sechsmonatiger Verjährungsfrist wegen der längeren Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 852 BGB) zu einer Erweiterung des Anlegerschutzes führen. 470 Darüber hinaus beginnt die Verjährung nach §852 BGB erst ab Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger zu laufen 471 und kann daher im Einzelfall deutlich später ablaufen als die absolute dreijährige Verjährungsfrist der §§47 BörsG n.F., 20 Abs. 5 KAGG, 12 Abs. 5 AuslInvestmG. Erhält der Anleger erst sehr spät Kenntnis von den Prospektmängeln, kann die Verjährungsfrist bis zu maximal dreißig Jahre betragen. Die Verjährungsfrist des § 852 BGB wird nicht durch die des § 47 BörsG begrenzt, da beide nebeneinander anzuwenden sind. 472 Beide knüpfen an unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen an. Während nach § 852 BGB die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginnt, setzt nach § 47 BörsG bereits die Kenntnis vom Prospektmangel den Lauf der Verjährungsfrist in Gang. Ferner bezieht sich § 47 BörsG nach seinem Wortlaut ausdrücklich auf Ansprüche aus § 45 BörsG, ist also eine Spezialvorschrift für Ansprüche aufgrund des Börsengesetzes. Hinzu kommt, daß in § 48 Abs. 2 BörsG ausdrücklich bestimmt ist, daß weitergehende Ansprüche auf Grund vorsätzlicher unerlaubter Handlung neben den Ansprüchen aus der Börsen469
470 471 472
BGH, Urt. v. 21.10.1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 6, 13 f = ZIP 1991, 1597, 1599; Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.291; Worms in: Assmann/Schütze § 8 Rn 100. Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 45 Rn 45. BGH, Urt. v. 16.12.1997 - VI ZR 408/96, NJW 1998, 988, 989. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2301.
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VIII. Deliktische Prospekthaftung
prospekthaftung geltend gemacht werden können. Das Wort „weitergehend" bezieht sich auch auf die Verjährungsfrist dieser Ansprüche. Letztendlich wäre es auch mit der Schwere des Schuldvorwurfs einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB oder eines Kapitalanlagebetruges nach § 264 a StGB nicht vereinbar, insofern das Haftungsprivileg des § 47 BörsG anzuwenden. Aus demselben Grund kommt eine Verkürzung der deliktischen Verjährungsfrist durch eine analoge Anwendung des §47 BörsG nicht in Betracht. 473 Die deliktische Prospekthaftung bietet geschädigten Anleger darüber hinaus noch insofern einen Vorteil, als der Schädiger nach § 852 Abs. 3 BGB sogar noch nach Ablauf der Verjährungsfrist im Umfang seiner Bereicherung zur Herausgabe des durch die unerlaubte Handlung Erlangten verpflichtet ist.
473
Siehe dazu Roller Die Prospekthaftung im Englischen und Deutschen Recht, 237.
IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
Da nach den obigen Ausführungen das Nebeneinander verschiedener Prospekthaftungen zu konstatieren ist, die unterschiedlichen Haftungskonzepten folgen, stellt sich die entscheidende Frage nach der Konkurrenz der Prospekthaftungen. Waren alle Prospekthaftungen nebeneinander anwendbar, würde das bedeuten, daß sich allein diejenige mit den höchsten Erfolgsaussichten für den Anleger auf Dauer durchsetzen würde. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung würde als die anlegerfreundlichste auf Dauer die übrigen Spielarten marginalisieren.
1. Konkurrenz der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungen untereinander Die spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftungen schließen sich gegenseitig aus. Welcher Tatbestand der spezialgesetzlichen Prospekthaftung heranzuziehen ist, richtet sich danach, aufgrund welcher Norm die Prospektveröffentlichung erfolgt ist. 474 Bei der Zulassung zum amtlichen Markt ist ein Börsenzulassungsprospekt und bei der Zulassung zum geregelten Markt ein Unternehmensbericht zu veröffentlichen. Auf Wertpapiere, die zum amtlichen oder geregelten Markt zugelassen sind, findet das Verkaufsprospektgesetz keine Anwendung (§ 1 VerkProspG). 475 Das gilt selbst für den Fall, daß der Antragsteller von der Börsenprospektpflicht nach § 45 BörsZulV befreit ist. 476 Dagegen greift es dann ein, wenn die Aktien bereits öffentlich angeboten werden, bevor sie am amtlichen oder geregelten Markt zugelassen worden sind. 477
2. Konkurrenz der spezialgesetzlichen zu den bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftungen Die Frage des Konkurrenzverhältnisses der spezialgesetzlichen zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung kann auf Seiten der bürgerlich-rechtlichen 474 475 476
477
Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.286 ff. Süßmann EuZW 1991, 210, 211; WaldecklSüßmann WM 1993, 361, 362. Assmann in: Assmann/Schütze §7 Rn253; WaldecklSüßmann WM 1993, 361, 362. Michel WiB 1997, 546, 547.
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IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
Prospekthaftung nicht pauschal beantwortet werden. Vielmehr ist wegen der unterschiedlichen dogmatischen Grundlagen jeweils eine Untersuchung hinsichtlich der Prospekthaftung im engeren Sinne und der im weiteren Sinne vorzunehmen. Demgegenüber ist eine Einzelbetrachtung der spezialgesetzlichen Prospekthaftungen in diesem Zusammenhang nicht angezeigt, weil diese sich entsprechen und auf derselben dogmatischen Grundlage fußen. a) Konkurrenz zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne Die Konkurrenzfrage zwischen allgemeiner Prospekthaftung im engeren Sinne und den spezialgesetzlichen Prospekthaftungen ist umstritten. 478 Eine Meinung bejaht die konkurrierende Anwendung, weil die Zweispurigkeit der Prospekthaftung dazu führe, daß der börsliche Kapitalmarkt als derjenige mit den höchsten Qualitätsstandards haftungsmäßig hinter dem Niveau des grauen Kapitalmarktes zurückbleibe. 479 Das wird wertungsmäßig und auch systematisch als unbefriedigend empfunden. 480 Pointiert wird dazu argumentiert, es stelle keine allzu neue Erkenntnis dar, daß die Erwerber der mittels eines Prospektes vertriebenen Kommanditbeteiligungen an einer in der norddeutschen Tiefebene operierenden Skiliftbetreiber KG oder eines auf die Errichtung von Ferienhäusern in der Nachbarschaft atomarer Endlagerstätten gerichteten Bauherrenmodells aufgrund der hochentwickelten allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung hinsichtlich der informationellen Grundlage ihre Anlageentscheidung besser geschützt seien als die auf die börsengesetzliche Prospekthaftung angewiesenen Aktienkäufer. 481 Die Gegenmeinung geht davon aus, die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung sei wegen der Spezialität der Börsenprospekthaftung in deren Anwendungsbereich ausgeschlossen.482 Im Bereich der börsengesetz478 479
480 481 482
Vgl. die Nachweise bei Grundmann/Selbherr WM 1996, 985, 988 Fn. 34 und 35. Hopt Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 100 Fn 133; Grundmann in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 112 Rn49. Grundmann/Selbherr WM 1996, 985, 988. Assmann AG 1996, 508. OLG Frankfurt, Urt. v. 17.12.1996 - 5 U 178/95, WM 1997, 361 = ZIP 1997, 107,109 (Sachsenmilch); LG Frankfurt, Urt. v. 26.6.1995 - 3/11 Ο 222/94, WM 1996,525,526 (Sachsenmilch); vgl. dazu Hoeren EWiR 1995,1081,1082; Altmeppen DB 1993, 84, 86; Assmann WuB I G 8. - 2.96; ders. Festschrift für Kübler, 317, 338; Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.349; Michel WiB 1997,546; Waldeck!Süßmann WM 1993,361,367; Kort A G 1999,9,19; Groß AG 1999, 199, 209; Kersting WM 1997, 1969, 1975; Sittmann NZG 1998, 490, 492; Köndgen AG 1983,120,129; kritisch von Westphalen, BB 1994,85, 88.
2. Konkurrenz der Prospekthaftungen
107
liehen Prospekthaftung bestehe keine Gesetzeslücke und damit sei kein Raum für eine Rechtsanalogie. Die vom Gesetzgeber gewollte Haftungsprivilegierung der Börsenprospektverantwortlichen dürfe nicht durch die Zulassung der auch einfache Fahrlässigkeit sanktionierenden bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung mißachtet werden. 483 Das widerspreche der Zielrichtung der gesetzlichen Regelung. 484 Eine dritte Meinung will zwar im direkten Anwendungsbereich der spezialgesetzlich geregelten Prospekthaftung die bürgerlich-rechtliche nicht anwenden, sie jedoch dort eingreifen lassen, wo obligatorische Publikations- und Publizitätsformen nicht im Zusammenhang mit einer Emission und einem gesetzlich geforderten Prospekt veröffentlicht werden. 485 Das soll für Publikationen gelten, die neben den gesetzlich geforderten Prospekten zur Anlagewerbung verwandt werden 486 . Der Bundesgerichtshof hat die Konkurrenzfrage bisher offen gelassen. 487 Sie ist im Sinne des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftungen zu entscheiden. Da die börsenrechtliche und die engere zivilrechtliche Prospekthaftung gleichermaßen eine Haftung für die Inanspruchnahme typisierten Vertrauens statuieren, schließt die spezialgesetzlich geregelte Börsenprospekthaftung die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne aus. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der die Börsenprospekthaftung nunmehr durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz umfassend neu geregelt hat und für den Wertpapierhandel ganz bewußt im Interesse eines florierenden Emissionsmarktes hinter dem Anlegerschutz der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zurückgeblieben ist. 488 Durch die alleinige Anwendung der spezialgesetzlichen Regelungen der Börsenprospekthaftung wird sichergestellt, daß die durch die Novellierung bezweckte Eingrenzung des Haftungsrisikos für die Prospektverantwortlichen nicht durch allgemeine Bestimmungen ausgehebelt wird. 489 Eine andere Frage ist, welche Prospekthaftung zum Zuge kommt, wenn ein Emittent sich bewußt dem spezialgesetzlichen Reglement entzieht. Wegen der umfassenden Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes ist ein Wertpapiermarkt, der der zivilrechtlichen Prospekthaftung un-
483 484 485 486 487
488 489
Köndgen AG 1983, 120, 130. Bosch in: Hellner/Steuer Stand 12/97 Rn 10/136. Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 94f; 242; ders. AG 1996, 508, 512. Assmann WuB I G 8.-2.96. BGH, Urt. v. 11.11.1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 19 (BuM) insoweit in BGHZ 96, 231 ff nicht abgedruckt; vgl. dazu Köndgen EWiR 1986, 59. Waldeck!Süßmann WM 1993, 361, 367; v. Westphalen BB 1994, 85, 88. Sittmann NZG 1998, 490, 492.
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IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
terliegt, nur in engen Grenzen denkbar. So dann, wenn eine Emission, die dem VerkProspG unterliegt, mittels eines Prospektes vertrieben wird, der weder gebilligt noch hinterlegt wurde. In einem solchen Fall verzichtet der Emittent unter Umgehung seiner Pflichten aus dem VerkProspG bewußt auf die Haftungsbegrenzung, die ihm das VerkProspG eröffnet. Es würde mit Sinn und Zweck des VerkProspG nicht vereinbar sein, dessen Regelungen analog auf nicht gebilligte und hinterlegte Verkaufsprospekte anzuwenden. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob der Prospekt bewußt irreführend als Verkaufsprospekt nach dem VerkProspG bezeichnet ist oder nicht. 490 In einem solchen Fall haftet der Emittent aufgrund der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne. b) Konkurrenz zur bürgerlich - rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne setzt die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens voraus und ist letztlich ein Anwendungsfalls des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Sie muß daher den Voraussetzungen dieses Instituts genügen. 491 Liegen diese Voraussetzungen vor, bestehen im Hinblick auf § 48 Abs. 2 BörsG keine Bedenken, daß der Anspruch neben der Börsenprospekthaftung geltend gemacht werden kann.
3. Prospekthaftung bei Ausnahmen von der Prospektpflicht In einigen Fällen sehen das Börsengesetz und das Verkaufsprospektgesetz für bestimmte Arten von Wertpapieren Ausnahmen von der Veröffentlichung eines vollständigen Prospektes vor und begnügen sich mit abgespeckten Darstellungen. Bei der Privatplazierung besteht überhaupt keine Prospektpflicht. Es fragt sich, ob in diesen Fällen die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ergänzend herangezogen werden kann, wenn trotzdem ein vollständiger Prospekt veröffentlicht wird. a) Gesetzliche Ausnahmetatbestände Soweit das BörsG oder das VerkProspG ausdrücklich Ausnahmen von der Prospektpflicht zulassen (§§ 38 Abs. 2 BörsG in Verbindung mit §§ 45 ff BörsZulV; 2 bis 4 VerkProspG), ist es ausgeschlossen, insofern die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung anzuwenden. Soweit die Ausnahme an die
490 491
So aber Assmann in: Assmann/Schütze § 7 Rn 55 Kort AG 1999, 9, 19.
3. Prospekthaftung bei Ausnahmen von der Prospektpflicht
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Pflicht zur Veröffentlichung einer vereinfachten schriftlichen Darstellung geknüpft ist, wurde bereits für die alte Fassung des Börsengesetzes zur Schließung der ansonsten bestehenden Schutzlücke eine analoge Anwendung der Börsenprospekthaftung und nicht der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf diese Fälle befürwortet. 492 Der Gesetzgeber hat diesen Ansatz im Dritten Finanzmarktförderungsgesetz aufgegriffen. Nunmehr unterliegen diese Darstellungen gemäß § 45 Abs. 4 BörsG n.F. ausdrücklich der Börsenprospekthaftung. Auch für den Fall, daß die Prospektverantwortlichen trotz der Ausnahme von der Veröffentlichung eines vollständigen Prospektes mehr Informationen veröffentlichen als sie müßten, ist es nicht gerechtfertigt, für die Zusatzinformationen die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung eingreifen zu lassen. Der Gesetzgeber hat mit den Ausnahmen von der Prospektpflicht eine Begünstigung bestimmter Emissionen bezweckt. Mit diesem Gesetzeszweck ist es nicht vereinbar, auf die Zusatzangaben die schärfere bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung anzuwenden. Anderseits ist es aber weder sachgerecht noch vom Gesetzeszweck geboten, Falschinformationen in solchen Darstellungen völlig sanktionslos zuzulassen. Deshalb haften die Prospektverantwortlichen für diese Zusatzangaben nach den Grundsätzen der Börsenprospekthaftung. b) Privatplazierung Fraglich ist, ob das auch dann gilt, wenn für eine an sich prospektfrei mögliche Privatplazierung mittels eines Prospektes geworben wird. Im Gesetzgebungsverfahren zum Verkaufsprospektgesetz hatte der Bundesrat angeregt zu prüfen, ob eine dem § 13 VerkProspG entsprechende Haftungsbestimmung für falsche Angaben erforderlich ist, wenn ein Verkaufsprospekt im Sinne von § 13 Verkaufsprospektgesetz nicht zu erstellen ist. 493 In der Erwiderung der Bundesregierung heißt es dazu, daß die Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG nur für die im Verkaufsprospektgesetz geregelten Verkaufsprospekte Anwendung finden soll. Für andere aus Anlaß eines Wertpapierangebots erfolgte Veröffentlichungen erscheine es sachgerechter, sie den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Haftungsregeln zu unterwerfen. 494 Nach dem Willen des Gesetzgebers ist daher § 13 VerkProspG für bei Privatplazierungs-Memoranden und anderen im Rahmen einer zulässigen Privatplazierung ausgegebe492 493
494
Assmann Festschrift für Kübler, 317, 353 f. Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf des Verkaufsprospektgesetzes, BT-Drucks. 11/6340 S. 18. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf des Verkaufsprospektgesetzes, BT-Drucks. 11/6340 S. 20.
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IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
nen Verkaufsbroschüren nicht einschlägig, da es sich hierbei nicht um Verkaufsprospekte im Sinne von § 1 VerkProspG handelt. 495 Gegen eine analoge Anwendung des § 13 VerkProspG spricht vor allem, daß keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis des Problems eine Ausdehnung des § 13 VerkProspG über den Anwendungsbereich des Verkaufsprospektgesetzes ausdrücklich ausgeschlossen. Anwendbar auf diese Fälle ist aber die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung (im engeren Sinne). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden die Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen, auch auf Prospekte Anwendung, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb geregelter Aktienmärkte geworben wird. Nicht anders als bei Publikumskommanditgesellschaften sei der Prospekt in diesen Fällen im allgemeinen die Grundlage für den Beitrittsentschluß des mit ihm geworbenen Interessenten. 496 Diese zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Verkaufsprospektgesetzes ergangene Entscheidung hat in bezug auf die Wertpapiere, deren Vertrieb nicht im Börsengesetz oder Verkaufsprospektgesetz geregelt ist, nach wie vor Gültigkeit. Die Erstreckung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf Prospekte, mit denen bei Privatplazierungen geworben wird, ist auch sachgerecht. Verwendet ein Emittent bei einer Privatplazierung zur Information des Anlegers ein Privatplazierungs-Memorandum, so muß dieses richtige und vollständige Angaben enthalten. Es ist kein Grund ersichtlich, im Rahmen von Privatplazierungen ausgegebene Memoranden haftungsrechtlich anders zu behandeln als Prospekte für Anlagen des grauen Kapitalmarktes. Für die haftungsrechtliche Gleichbehandlung spricht vielmehr, daß auch Privatplazierungen wie Anlagen im grauen Kapitalmarkt nicht der staatlichen Wertpapieraufsicht unterstehen. Unter dem Gesichtspunkt des Anlegerschutzes ist es daher angebracht, auch Privatplazierungen den im Vergleich zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung strengeren Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung zu unterwerfen. 497 Allerdings kommt eine Haftung auch für den Zweiterwerb nur dann in Betracht, wenn der Zweiterwerber zum eng begrenzten Personenkreis gehört, der bei der Privatplazierung angesprochen wird und wenn er aufgrund des Memorandums die Wertpapiere erworben hat. 498 495
496 497 498
Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 133 f; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 173. BGH, Urt. v. 5.7.1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 109. Dittrich Die Privatplazierung im Deutschen Kapitalmarktrecht, 176 f. Unentschieden Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 177.
4. Verstöße gegen die Prospektpflicht
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4. Verstöße gegen die Prospektpflicht Durch das VerkProspG ist umfassend eine Prospektpflicht für den Vertrieb von Wertpapieren vorgeschrieben. Die Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG knüpft nur an Verkaufsprospekte im Sinne des § 1 VerkProspG an. Erhalten die Anleger vom Emittenten überhaupt keine Dokumente ausgehändigt, so greift § 13 VerkProspG nicht ein. 499 Es stellt sich in einem solchen Fall die Frage, welche Rechtsfolgen die fehlende ProspektveröfFentlichung nach sich zieht. Die Nichtigkeit der Wertpapierkaufverträge nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot liegt nicht vor, weil der durch das Verkaufsprospektgesetz bezweckte Anlegerschutz auch ohne diese gravierende Rechtsfolge gewahrt werden kann. 500 Es kommt aber eine analoge Anwendung des § 13 VerkProspG in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke besteht. Dazu ist es erforderlich zu untersuchen, ob nach anderen Vorschriften eine Haftung des Emittenten eingreift, wenn er es unterläßt, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen. Die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung scheidet aus, weil auch sie die Veröffentlichung eines Prospektes voraussetzt, auf dessen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit es ankommt. 501 Wollte man sich völlig vom Prospektbegriff lösen, so würde man die Grenzen der zivilrechtlichen Prospekthaftung ohne hinreichende dogmatische Grundlage sprengen. Zu § 44 a BörsG a.F. wurde zwar die Ansicht vertreten, Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Informationspflichten führten zu einem gesetzlichen kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzanspruch in Anlehnung an die zivilrechtliche Prospekthaftung. 502 Dieser Meinung kann jedoch nicht gefolgt werden. Zum einen hat der Gesetzgeber in dem neu geschaffenen § 15 WpHG, der § 44 a BörsG ersetzt, ausdrücklich bestimmt, daß ein Verstoß gegen die dort normierten Informationspflichten des Emittenten keinen Schadensersatzanspruch der Anleger begründet (§15 Abs. 6 Satz 1 WpHG). Zum anderen hat der Gesetzgeber bei der Reform der Börsenprospekthaftung ausdrücklich an dem Konzept spezialgesetzlich geregelter Prospekthaftungstatbestände festgehalten und im einzelnen Haftungstatbestände formuliert. Beides spricht entschieden gegen eine allgemeine „ge-
499
500 501
502
Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 156; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 166. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 13 VerkProspG a.F. Rn 8. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 13 VerkProspG a.F. Rn 10; Dittrich Die Privatplazierung im deutschen Kapitalmarktrecht, 167; Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 157. Baumbach/i/o/)/ Handelsgesetzbuch 29. Aufl. § 44 a BörsG Rn 1.
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IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
setzliche" Kapitalmarkthaftung für die Verletzung sämtlicher kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten. In Betracht kommt aber die deliktsrechtliche Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 VerkProspG. § 1 VerkProspG ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, weil durch die ProspektveröfFentlichungspflicht nicht nur das Funktionieren des Kapitalmarktes, sondern auch und gerade der Schutz des einzelnen Kapitalanlegers bezweckt ist, wie sich insbesondere den Vorschriften über die Prospekthaftung entnehmen läßt. Die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs ist vom Gesetz daher erstrebt und paßt sich ins Gesamtgefüge der Prospekthaftung ein. 503 Es haften danach diejenigen, die zur Veröffentlichung des Prospektes verpflichtet waren. Bei der Frage der Kausalität kann die Vermutung der Ursächlichkeit der Anlagestimmung (§ 45 Abs. 1 BörsG n.F.) keine Rolle spielen, da ein Prospekt nicht veröffentlicht worden ist. Für die Kausalität muß daher maßgeblich sein, ob der Prospekt, wäre er vorschriftsmäßig veröffentlicht worden, auf negative Aspekte der Wertpapiere aufmerksam gemacht hätte, so daß ein verständiger Anleger nicht zu dem Preis gekauft hätte, zu dem er tatsächlich gekauft hat. 504 Der Beweis obliegt nach allgemeinen Grundsätzen dem Anleger, für eine Umkehr der Beweislast ist kein Raum. Nach § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB führt nur ein schuldhafter Verstoß zu einem Schadensersatzanspruch, wobei aber bereits einfache Fahrlässigkeit ausreicht. Die Beweislast hierfür trifft ebenfalls den Anleger. Die Haftungsprivilegien der §§45 ff BörsG zugunsten der Prospektverantwortlichen gelten bei der deliktsrechtlichen Haftung nicht. Insgesamt steht also eine Schadensersatzhaftung zur Verfügung, die in einigen Punkten für den Anleger günstiger und einigen Punkten für den Prospektverantwortlichen günstiger ist als die Börsenprospekthaftung. Eine Regelungslücke läßt sich daraus nicht herleiten. Auch unter Wertungsgesichtspunkten ist es berechtigt, für den Anleger, der auf keinen Prospekt vertraut hat, nur einen „gewöhnlichen" Schadensersatzanspruch zur Verfügung zu stellen. Ebenso ist es berechtigt, den Anbieter, der schuldhaft seine Prospektveröffentlichungspflicht verletzt, einer teilweise strengeren Haftung zu unterwerfen als er im Fall einer Prospektveröffentlichung ausgesetzt gewesen wäre. 505 Eine Regelungslücke läßt sich danach nicht feststellen, so daß für eine entsprechende Anwendung der Verkaufsprospekthaftung kein Raum ist. 503
504 505
Hüffer Das Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz, 159; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 13 VerkProspG a.F. Rn 12. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 13 VerkProspG a.F. Rn 12. Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG § 13 VerkProspG a.F. Rn 12.
5. Perspektiven für eine Angleichung
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5. Perspektiven für eine Angleichung Der unterschiedliche Standard der einzelnen Prospekthaftungen führt dazu, daß der Handel mit Wertpapier- und Investmentanlagen ein niedrigeres Schutzniveau als der Handel mit Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarktes aufweist. Darüber hinaus wäre eine allgemeine kapitalmarktrechtliche Prospekthaftung, die gleichen Anforderungen folgt, wünschenswert. 506 Es fragt sich, ob diese mittels Auslegung und Analogie gewonnen werden kann. Nachdem der Gesetzgeber durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz die Börsenprospekthaftung neu geregelt und eine Vereinheitlichung der spezialgesetzlich normierten Prospekthaftungen vorgenommen hat, ist es ausgeschlossen, den Standard der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung auf die normierten Tatbestände auszudehnen. Der Gesetzgeber hat durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz das Konzept der mehrgleisigen Prospekthaftung bestätigt. Sein ausdrücklicher Wille, die der spezialgesetzlichen Prospekthaftung unterworfenen Prospektverantwortlichen zu privilegieren, schließt es aus, eine planwidrige Unvollständigkeit anzunehmen, die durch eine Analogie zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung geschlossen werden könnte. Umgekehrt stellt sich nunmehr die Frage, ob nicht die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung auf das Niveau der spezialgesetzlichen Haftungstatbestände zurückzuführen ist. Dagegen hat sich v. Bar ausgesprochen, weil die §§ 45 ff BörsG für das Geschehen außerhalb der Börse ungeeignet und nicht konzipiert worden seien. Die Entstehungsgeschichte, die differenzierten Haftungsprivilegierungen und die Konstruktion des Anspruchs als eines modifizierten Rücktrittsrechts paßten nicht auf die Publikums-KG. 507 Dem ist zuzustimmen. Das Konzept der spezialgesetzlichen Prospekthaftungen beruht auf den Besonderheiten des Wertpapierhandels und berücksichtigt insbesondere, daß durch das Zulassungsverfahren bzw. die Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel eine zusätzliche öffentlich-rechtliche Kontrollinstanz zum Schutz der Anleger eingeschaltet ist. Eine solche Kontrollinstanz fehlt bei den Anlagen des grauen Kapitalmarktes, so daß es gerechtfertigt ist, diesen Markt einer schärferen Haftung zu unterwerfen, um durch diesen Druck die Anbieter zu redlichem Verhalten zu veranlassen. Teilweise wird auch der Ruf nach dem Gesetzgeber laut. So soll die gesetzliche Prospektpflicht für Kapitalanlagen, die nicht Wertpapiere sind, durch ein Prospektgesetz eingeführt werden, wobei dann auch eine öffent-
506 507
Hopf ZHR 141 (1977) 389, 435. v. Bar ZGR 1983, 477, 503.
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IX. Konkurrenz der Prospekthaftungen
lich-rechtliche Kontrollinstanz eingeschaltet werden könnte. 508 Richtig ist daran, daß es allein dem Gesetzgeber obliegt, die bestehenden Divergenzen legislativ zu beheben. Dabei wird er zu berücksichtigen haben, daß das System der Prospekthaftung im Wertpapierhandel nur dann auf den grauen Kapitalmarkt übertragen werden kann, wenn eine staatliche Aufsicht vorgesehen wird.
508
Hösch GewArch 1999, 135, 141.
X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
Vertragliche und vorvertragliche Ansprüche können neben Prospekthaftungsansprüchen bestehen, sofern der Anspruchsteller die Wertpapiere von einem Prospektverantwortlichen aufgrund einer vertraglicher Beziehung erworben hat. 509
1. Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsgeschäft Vertragliche Ansprüche gegen den Emittenten oder die Emissionsbank werden nur ausnahmsweise zum tragen kommen. Ansprüche aus dem Erwerbsgeschäft sind gem. § 48 Abs. 2 BörsG (a.F. und n.F.) ohne weiteres neben der Börsenprospekthaftung durchsetzbar. Häufig wird die emissionsbegleitende Bank auch den Vertrieb der Emission übernehmen. Sie kann hierbei als Kommissionärin handeln oder im Fall des § 186 Abs. 5 AktG die Emission übernehmen und sie als Verkäuferin vertreiben.510 a) Kaufvertrag Werden die neuen Aktien von der Bank unter Ausschluß des unmittelbaren Bezugsrechts der Aktionäre übernommen und gezahlt, unter Übernahme der Verpflichtung, die jungen Aktien den Aktionären gemäß ihrem Bezugsrecht anzubieten (§ 186 Abs. 5 AktG), wird die Bank zur Inhaberin der Aktien. Bei der Veräußerung von Aktien von dem die Emission übernehmenden Kreditinstitut an den sein Bezugsrecht ausübenden Aktionär handelt es sich um einen Kaufvertrag, für den die allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts gelten.511 Es handelt sich um den Zweiterwerb eines schon bestehenden Rechts.512 509 510 511
512
Kort AG 1999, 9, 18; Groß AG 1999, 199, 209. Schwark Börsengesetz §§ 45, 46 Rn 42; Kort A G 1999, 9, 18. HefermehllBungeroth in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 186 Rn 175; 182; Rümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 2. Aufl. Rn 9.220; auch Hopt Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen Rn 111; Hüffer Aktiengesetz § 186 Rn 51; Groß in: Hellner/Steuer Stand 12/97 Rn 10/321. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2245; Lutter in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz § 186 Rn 112.
116
X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
Von dem Ausnahmefall des Unternehmenskaufs abgesehen handelt es sich beim Kauf einer Aktie um einen Rechtskauf im Sinne von §437 BGB. Nach §§ 437, 440 BGB haftet der Verkäufer nur für den Bestand der Aktien nicht für ihren Wert. 513 Beim Rechtskauf wird ohne Verschulden allein für den Bestand des Rechts gehaftet. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Recht nie entstanden oder wieder erloschen ist. Für den Kauf von Gesellschaftsanteilen haftet der Verkäufer nach § 437 BGB dafür, daß das Anteilsrecht besteht und kein Verfahren schwebt, es zu beseitigen.514 Maßgeblicher Zeitpunkt ist der des Kaufvertragsschlusses. Es wird gehaftet, wenn der Rechtsgrund für das Erlöschen des Rechts zum maßgeblichen Zeitpunkt entstanden war. 515 Da in der Regel lediglich der Wertverfall einer Aktie in Frage steht, scheiden in den meisten Fällen kaufrechtliche Ansprüche aus. Nur in dem Sonderfall, daß gegen die Kapitalerhöhung, die Rechtsgrund für die Ausgabe der Aktien war, erfolgreich Anfechtungsklage erhoben wird, kommt ein kaufrechtlicher Anspruch in Betracht. Durch ein rechtskräftiges Anfechtungsurteil ist ein Kapitalerhöhungsbeschluß von Anfang an nichtig. Die aufgrund des nichtigen Beschlusses ausgegebenen Aktien erlöschen. 516 Der Rechtsgrund für das Erlöschen der Aktien ist bei Kaufvertragsschluß bereits entstanden, wenn der anfechtbare Hauptversammlungsbeschluß vorlag, die Anfechtungsklage muß noch nicht erhoben sein. Der kaufrechtliche Anspruch ist aber nach § 439 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer den Rechtsmangel bei Abschluß des Kaufvertrages kannte. Nach h.M. führt aber § 439 Abs. 1 BGB nur dazu, daß die von einem Vertretenmüssen abhängigen Rechte aus §§440 Abs. 1, 325, 326 BGB ausgeschlossen sind. Nicht beseitigt wird der Erfüllungsanspruch, so daß die Rechte aus §§440 Abs. 1, 320-323 BGB bestehen bleiben. 517 Fraglich ist, ob die danach eröffnete bereicherungsrechtliche Abwicklung des Kaufvertrages nach §§ 323 Abs. 3, 818 Abs. 1 BGB aus übergeordneten Gründen einzuschränken ist. Es ist anerkannt, daß bei dem Ver-
513
514 515 516 517
BGH, Urt. v. 2.6.1980 - VIII ZR 64/79 = NJW 1980, 2408 für GmbH Anteile. MünchKomm/ Westermann § 437 Rn 17. MünchKomm/ Westermann § 437 Rn 7. Hüffer Aktiengesetz § 248 Rn 7 a. BGH, Urt. v. 21.5.1987 - IX ZR 77/86, WM 1987, 986, 988; MünchKomm/ Westermann § 439 Rn 1; SoergelIHuber § 439 Rn 4, 8, 9, 13, kommt trotz seiner Kritik an der h.M. für den Fall, daß das Recht nicht verschafft werden kann, über die Garantiehaftung des Verkäufers zum selben Ergebnis.
1. Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsgeschäft
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kauf eines für beide Vertragsparteien zweifelhaften Rechts eine Haftung aus §437 BGB stillschweigend abbedungen sein kann. Ferner kann das Verhalten des Käufers treuwidrig sein.518 Allerdings bedeutet allein die Kenntnis vom Risiko der Nichtigkeit eines Rechts noch nicht die Übernahme dieses Risikos.519 Treuwidrigkeit liegt aber dann vor, wenn bei Eingreifen der Haftung der Käufer auf Kosten des Verkäufers spekulieren würde.520 Das ist dann der Fall, wenn der Käufer von der Anfechtungsklage Kenntnis hat. Dann macht der Erwerb der Aktien aus seiner Sicht nur Sinn, wenn er auf Kosten des Verkäufers spekulieren wollte. Einerseits bestand die Chance, am möglichen Sanierungserfolg des Emittenten zu partizipieren, andererseits, im Fall der erfolgreichen Anfechtung und einer geringen oder ausfallenden Barabfindung,521 konnte man den Einsatz zurückfordern. b) Kommissionsvertrag In den weitaus überwiegenden Fällen vertreibt die Bank eine Emission als Kommissionär (§§ 383-406 HGB). Eine Haftung für den Bestand der Wertpapiere kommt mit Ausnahme des Selbsteintritts des Kommissionärs (§ 400 HGB) nicht in Betracht. Im Falle des Selbsteintritts gelten die zum Kaufvertrag gemachten Ausführungen entsprechend. 2. Ansprüche aus Beratungs- und Aufklärungsverschulden a) Allgemeine Voraussetzungen der Haftung Unabhängig davon, ob die Bank die Emission als Kommissionärin (§§ 383 fT HGB; 18 ff DepotG) oder als Verkäuferin (§§ 373 ff HGB, 433 ff BGB, 18 ff DepotG) vertreibt, treffen sie nach allgemeinen Grundsätzen Beratungs- und Aufklärungspflichten.522 Die Bank trifft bei der Unterbringung der Emission dieselben Beratungs- und Aufklärungspflichten wie beim Effektengeschäft.523 Danach ist sie unter anderem verpflichtet, auf die ihr bekannten Prospektmängel hinzuweisen und den Anleger auf
518 519 520
521 522
523
MünchKomm/ Westermann § 437 Rn 9/10. BGH, Urt. v. 10.2.1958 - II ZR 300/96, WM 1958, 357, 358. RG, Urt. v. 18.6.1920 - II 49/20, RGZ 99, 217, 220 f.; ähnlich Staudinger/ Köhler § 439 Rn 2. Dazu Hüffer Aktiengesetz § 248 Rn 7 a. Nobbe in: Schimansky/Horn, 235 ff; Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage 2 S. 12ff; Heinsius ZBB 1994, 47, 48f. Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2272.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
Wunsch hinsichtlich der Prospektangaben zu beraten. 524 Fehlerhafte Prospektangaben sind von ihr bei Kenntnis zu berichtigen. 525 Demgegenüber begründet allein die Tatsache, daß eine Kapitalerhöhung mit einem mittelbaren Bezugsrecht gem. § 186 Abs. 5 AktG verbunden ist, keinen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlung. 526 Diese Vereinbarung zwischen Emittent und Bank ist zwar ein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB, der dem Aktionär ein Forderungsrecht gegen die Bank gibt. Dieses Forderungsrecht hat jedoch nur zum Inhalt, das gesetzliche Bezugsrecht des Aktionärs zu erfüllen. 527 An diesen gesetzlichen Anspruch sind keine fürsorgenden Beratungspflichten geknüpft. 528 Ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlung wegen Beratungs- und Aufklärungspflichten aus dem Kauf- bzw. Kommissionsvertrag ist nicht durch die Prospekthaftung gem. § 45 BörsG ausgeschlossen, sondern gem. § 48 Abs. 2 BörsG (a.F. und n.F.) ohne weiteres verfolgbar. 529 b) Verjährung Die Frage der Verjährung der Ersatzansprüche spielt eine entscheidende Rolle im Wechselspiel zwischen Anlegerschutz und dem Interesse der Kapitalmärkte an Risikobegrenzung durch Rechtssicherheit. Die Haftung für fehlerhafte Beratung und Aufklärung verliert dann viel von ihrer Brisanz, wenn die Durchsetzung der Ansprüche an kurzen Verjährungsfristen scheitert. 530 In der Vergangenheit spielten Fragen der Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Beratungs- und Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Rolle. Das dürfte darauf zurückzuführen sein, daß solche Ansprüche ihren Rechtsgrund regelmäßig in Verschulden bei Vertragsverhandlungen oder positiver Ver-
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BGH, Urt. v. 12.6.1997 - III ZR 278/95, NJW 1998,448 für Auskunftsvertrag; Siol in: Schimansky/Bunte/Lwowski § 43 Rn 27 m.w.N.; Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2272. BGH, Urt. v. 12.6.1997 - III ZR 278/95 = NJW 1998, 448 für Auskunftsvertrag; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski § 43 Rn 27 m.w.N. Kort AG 1999, 9, 18. Bungeroth/Hefermehl in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 186 Rn 171. OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.4.1984 - 6 U 239/82, WM 1984, 586, 597 (BuM); Bungeroth/Hefermehl in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff § 186 Rn 177. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1981 - 6 U 79/80, ZIP 1981, 847, 850 (BuM); Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn 2274; Lutter in: Kölner Kommentar zum Aktienrecht § 186 Rn 118 a.E.; Nußbaum Börsengesetz § 46 VII e) (S. 202); Schwark WuB I G 8.-2.97; ders. ZGR 1983, 162, 184. v. Stebut ZIP 1992, 1698, 1706.
1. Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsgeschäft
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tragsverletzung haben, die der dreißigjährigen Regelverjährung nach § 195 BGB unterfallen. 531 aa) Verjährungsproblematik: des § 37 a WpHG Durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz 532 ist insofern eine gravierende Verschlechterung des Anlegerschutzes eingetreten, als die dreißigjährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus Beratungs- und Aufklärungspflichtverletzungen gegen Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch § 37 a WpHG auf drei Jahre seit Anspruchsentstehung verkürzt worden ist. Die dreißigjährige Verjährungsfrist wurde angesichts der Schnelligkeit des heutigen Geschäftsverkehrs gerade im Wertpapierbereich als überholt und auch im internationalen Bereich als unüblich angesehen. 533 Die Beschränkung auf drei Jahre wird unter anderem damit gerechtfertigt, daß auch bei anderen beratenden Berufen wie Rechtsanwälten nach § 51 b BRAO oder Steuerberatern nach § 68 StBerG eine kurze dreijährige bzw. bei Wirtschaftsprüfern nach § 51 a WPO eine fünfjährige Verjährungsfrist besteht. 534 Zudem wird darauf verwiesen, daß Wertpapierdienstleistungsunternehmen der besonderen Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel unterliegen. Diese Kontrolle wird als anlegerschützende Kompensation zu der verkürzten Verjährungsfrist angesehen. 535 Anspruchsgegner, die die Wohltat des § 37 a WpHG für sich in Anspruch nehmen können, sind ausschließlich Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Das sind nach § 2 Abs. 4 WpHG Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und nach § 53 Abs. 1 Satz 1 KWG tätige Unternehmen, die Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Es fragt sich, ob ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis zum Betreiben des Geschäfts besitzen muß, um der Regelung des § 37 a WpHG zu unterfallen. Nach der Gesetzesbegründung wird die Verkürzung der Verjährung unter anderem mit der
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Schäfer Festschrift für Schimansky, 699; Heinsius ZBB 1994, 47, 51. Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24.3.1998, BGBl I S. 529, 538. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 59, 96; Pötzsch AG 1997, 193, 198; ders. WM 1998, 949, 957. Pötzsch WM 1998, 949, 957 Pötzsch AG 1997, 193, 198; ders. WM 1998, 949, 957.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
Aufsicht gerechtfertigt, denen diese Unternehmen unterliegen. 536 Daher ist es ausgeschlossen, daß ein nicht lizenziertes Unternehmen, bei dem de facto keine Aufsicht existiert, in den Genuß der Verkürzung der Verjährungsfrist kommt. 537 Nur Unternehmen, die die Erlaubnis nach § 32 KWG zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen haben, können sich daher auf § 37 a WpHG berufen. Die Verjährungsfrist beginnt in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Anspruch entsteht. 538 Die Vorschrift steht damit sprachlich in Einklang mit § 198 BGB, der den Beginn der regelmäßigen Verjährung beschreibt. Wann ein Anspruch nach dieser Vorschrift entstanden ist, läßt sich nicht einheitlich für alle Ansprüche beantworten. Bei Schadensersatzansprüchen stellt die Rechtsprechung auf den Eintritt des Schadens ab. 539 Zu §§ 51 b BRAO, 68 StBerG hat der Bundesgerichtshof zur Bestimmung des Zeitpunkts der Schadensentstehung eine Risiko-Schaden-Formel entwikkelt. 540 Danach ist die Schadensentstehung anzunehmen, wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können, wobei es ausreicht, wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne daß feststehen muß, ob ein Schaden bestehenbleibt und endgültig wird. Auf die Kenntnis des Geschädigten kommt es nicht an. Ist dagegen noch offen, ob ein pflichtwidriges Verhalten zu einem Schaden führt, ist ein Schaden noch nicht entstanden. 541 Für den Fall, daß ein Steuerberater eine nachteilige Vermögensanlage empfohlen hat, hat der Bundesgerichtshof angenommen, daß der Schaden bereits mit der vertraglichen Bindung und Weggabe des Geldes seitens des Beratenen eingetreten ist. 542 Überträgt man diese Rechtsprechung - was angesichts des Wortlauts und Gesetzesbegründung nahe liegt - auf § 37 a WpHG, so ist der Schaden immer schon in dem Moment des Erwerbs der Wertpapiere entstanden. 543 Die Verkürzung der Verjährungsfrist findet nach § 43 WpHG keine Anwendung auf Schadensersatzansprüche, die bereits vor dem 1. April 1998
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Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 96. Schäfer Festschrift für Schimansky, S. 699, 704. Meixner NJW 1998, 1896, 1899. BGH, Urt. v. 15.4.1999 - IX ZR 328/97, WM 1999, 1330, 1335. Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 12. BGH, Urt. v. 2.7.1992 - IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69, 71. BGH, Urt. v. 27.1.1994 - IX ZR 195/93, WM 1994, 504, 506. Koller in: Assmann/Schneider § 37 a Rn 7; Schäfer Festschrift für Schimansky, inn
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entstanden sind. § 37 a WpHG entfaltet daher seine Wirkung erstmals in der Zeit ab dem 1. April 2001. 544 Nicht erfaßt werden Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen, die keine Wertpapiere sind, was insbesondere den Vertrieb von Gesellschaftsbeteiligungen oder Bauherrenmodellen betrifft. 545 bb) Anwendung der sogenannten Sekundärverjährung Die Gesetzesbegründung lenkt den Blick auf die Verlängerung der kurzen Verjährungsfristen der §§ 51 b BRAO, 68 StBerG um weitere drei Jahre durch die sogenannte Sekundärverjährung, die nach Ablauf der regulären Verjährungsfrist zu laufen beginnt, wenn ein Rechtsanwalt oder Steuerberater den Mandanten nicht auf seine Pflichtverletzung und die kurze Verjährungsfrist hingewiesen hat. 546 Dieser Sekundäranspruch beruht auf der Überlegung, daß Rechtsanwälte und Steuerberater eine Pflicht zur umfassenden Wahrnehmung der Interessen ihrer Mandanten trifft und sie deshalb auch verpflichtet sind, ihre Mandanten darüber zu informieren, daß sie unter Umständen schadenersatzpflichtig sind und daß dieser Anspruch kurz vor Eintritt der Verjährung steht. Das Unterlassen dieses Hinweises ist ein weiteres Fehlverhalten, das eine erneute Verjährung in Gang setzt. 547 Diese erneute Verjährungsfrist beträgt ebenfalls drei Jahre, so daß es maximal zu einer Verdoppelung der gesetzlichen Frist kommen kann. Der Sekundäranspruch wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus dem besonderen Wissens- und Erkenntnisvorsprung des Beraters hergeleitet, der es ihm ermöglicht, schon früher als der Beratene festzustellen, daß sein Verhalten zu einer Vermögensschädigung des Beratenen geführt hat. 548 Einer Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf die kurze Verjährungsfrist des § 37 a WpHG wird entgegengehalten, das sie spezifisch auf das Verhältnis zwischen Rechtsanwalt oder Steuerberater einerseits und Mandant andererseits abgestimmt seien. Dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen obliege keine umfassende Wahrnehmung der Interessen des Anlegers, sondern nur der auf die Wertpapierdienstleistung bezogenen Interessen. Eine Pflicht zur Rechtsberatung im Sinne einer Hinweispflicht auf
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547 548
Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 700. Pötzsch WM 1998, 949, 957. BGH, Urt. v. 20.1.1982 - IVa ZR 314/80, BGHZ 83, 17, 23, 26 f; BGH, Urt. v. 23.5.1985 - IX ZR 102/84, BGHZ 94, 380, 386; BGH, Urt. v. 7.5.1991 IX ZR 188/90, WM 1991, 1303, 1305. Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 15. BGH, Urt. v. 23.5.1985 - IX ZR 102/84, BGHZ 94, 380, 386 = ZIP 1985, 1274, 1275; BGH, Urt. v. 15.4.1999 - IX ZR 328/97, WM 1999, 1330, 1335.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
mögliche Schadensersatzansprüche und deren Verjährung bestehe nicht. 549 Dem kann nicht zugestimmt werden. Es ist bereits unzutreffenden, daß das spezifische Mandantsverhältnis Grund für die Sekundärverjährung bei der Anwalts- und Steuerberaterhaftung sei. Richtig ist insofern nur, daß aus der Pflicht des Rechtsanwalts, seinen Mandanten umfassend zu beraten, gefolgert wird, diese Pflicht dürfe vor der eigenen Haftung nicht haltmachen. 550 Der Bundesgerichtshof hat bei der Übertragung dieser Grundsätze auf Steuerberater aber nicht entscheidend auf eine Ähnlichkeit des Steuerberatermandats zum Rechtsanwaltsmandat abgestellt, sondern darauf, daß der Gesetzgeber § 68 StBerG ganz bewußt der anwaltlichen Verjährungsfrist nachgebildet hat. 551 So verhält es sich auch bei §37a WpHG. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift in bewußter Anlehnung an die Verjährungsfristen der Anwalts- und Steuerberaterhaftung geschaffen. Bereits die Regierungsbegründung hat diesen Aspekt hervorgehoben, obwohl im Regierungsentwurf noch eine sechsmonatige, maximal dreijährige Verjährungsfrist vorgesehen war. 552 Die völlige Übernahme der anwaltlichen und steuerberaterlichen Verjährungsfrist ist dann auf Vorschlag des Bundesrates, 553 dem sich die Bundesregierung 554 angeschlossen hat, Gesetz geworden. Wegen dieser bewußten Übernahme der Verjährungsregelungen für Rechtsanwälte und Steuerberater ist es daher auch ohne das Vorliegen eines dem Rechtsanwaltsmandats vergleichbaren Verhältnisses gerechtfertigt, die zu der Verjährung der Anwaltshaftung entwickelten Grundsätze auf § 37 a WpHG zu übertragen. 555 Der Bundesgerichtshof hat zudem auch beim Architektenvertrag, der einem Anwaltsmandat nicht vergleichbar ist, eine eingeschränkte Hinweispflicht des Architekten auf die Mangelhaftigkeit seines Werkes angenommen. 556 Auch dies zeigt, daß es für die Pflicht, auf eigene Fehlleistungen hinzuweisen, nicht auf ein dem Rechtsanwaltsmandat vergleichbares Rechtsverhältnis ankommt. Darüber hinaus weist die Vermögensberatung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen durchaus Ähnlichkeiten zum anwaltlichen 549 550 551 552
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Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 712. Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 15. BGH, Urt. v. 20.1.1982 - IVa ZR 314/80, BGHZ 83, 17, 22. Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 96. Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes, BT-Drucks. 13/8933 S. 168. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. 13/8933 S. 183. In diesem Sinne wohl Koller in: Assmann/Schneider § 37 a Rn 9. BGH, Urt. v. 16.3.1978 - VII ZR 145/76, BGHZ 71, 144, 148 f.
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Mandat auf. Bereits die Regierungsbegründung hat ihren Entwurf mit dem Hinweis auf andere beratende Berufe begründet. 557 Der Gesetzgeber hat also eine Vergleichbarkeit zwischen der Beratung durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen und der durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater vorausgesetzt. Auch ein Effektenhändler, der einem Anleger Beratung oder Aufklärung schuldet, verfügt über einen Wissens- und Erkenntnisvorsprung, der es ihm ermöglicht, eher als der Anleger festzustellen, daß seine Pflichtverletzung zu einem Schaden des Anlegers führt. Es ist daher auch unter dem Gesichtspunkt der Vergleichbarkeit gerechtfertigt, gegen Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Falle eines unterlassenen Hinweises auf die Regreßmöglichkeit und die kurze Verjährungsfrist einen Sekundärschadensersatzanspruch anzuerkennen, der einer selbständigen dreijährigen Veijährungsfrist unterliegt. Wie bei der Sekundärverjährung bei der Anwaltshaftung ist jedoch erforderlich, daß das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach der eigentlich schadensverursachenden Pflichtverletzung im Rahmen eines Dauergeschäftsbesorgungsverhältnisses oder aufgrund eines neuen Auftrags mit demselben Gegenstand vor Verjährung des ursprünglichen Ersatzanspruchs aufgrund objektiver Umstände begründeten Anlaß hat zu prüfen, ob es durch einen Fehler den Kunden geschädigt hat und es das bei sorgfältiger Bearbeitung erkennen konnte. 558 Wie bei der Anwaltshaftung scheidet eine nachvertragliche Hinweispflicht aus. 559 Daraus folgt, daß aus einem einmaligen EfFektenkauf keine Hinweispflichten erwachsen. Erforderlich ist vielmehr ein auf Dauer angelegtes Geschäftsbesorgungsverhältnis oder aber eine wiederholte Beauftragung in bezug auf dieselbe Vermögensanlage. Hierdurch wird der entsprechenden Anwendung der Sekundärvetjährung schon einiges an Brisanz genommen. cc) Erstreckung auf konkurrierende deliktische Ansprüche Die fehlerhafte Beratung und Information kann nicht nur zu Ansprüchen aus Verschulden bei Vertragsverhandlung und positiver Vertragsverletzung führen, sondern auch zu deliktischen Schadensersatzansprüchen aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Schutzgesetzen. Fraglich ist, ob die verkürzte Verjährungsfrist des § 37 a WpHG auch deliktische Ansprüche erfaßt. Diese verjähren zwar nach § 852 Abs. 1 BGB ebenfalls in drei Jahren, aber erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, so daß die deliktische Verjährungsfrist oft später ablaufen wird als die 557
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Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, Drucks. 13/8933 S, 59, 96. Zur Anwaltshaftung Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 17. Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 20.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
nach dem WpHG und sogar maximal dreißig Jahre betragen kann. Als Schutzgesetz kommt neben § 263 StGB insbesondere auch § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG in Betracht. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet, seinen Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies der Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. Die nahezu einhellige Meinung ist der Auffassung, daß § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist. 560 Dem ist zuzustimmen, weil diese Verhaltensregeln ganz auf die Interessen des einzelnen Kunden zugeschnitten sind und nicht primär oder gar ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit bestehen. Die deliktische Haftung spielt gegenüber der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlung oder positiver Vertragsverletzung in der Praxis eine untergeordnete Rolle, weil sie im Regelfall wegen der Exkulpationsmöglichkeit des § 831 BGB und der Unanwendbarkeit des § 282 BGB weniger Schutz bietet. 561 Sie bietet aber dann ein Mehr an Schutz, wenn ein auf sie gestützter Anspruch nicht der kurzen Verjährung des § 37 a WpHG unterfällt. Die — streitige — Frage, ob ein deliktischer Anspruch der Verjährungsvorschrift des § 852 BGB oder des § 37 a WpHG unterliegt, ist daher von erheblicher praktischer Bedeutung. 562 Eine Meinung geht von Verjährungskonkurrenz aus. Sie ist der Ansicht, § 37 a WpHG erfasse weder die Ansprüche aus § 826 BGB noch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, selbst wenn sie mit vertraglichen Ansprüchen oder mit Ansprüchen aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen konkurrieren würden. 563 Wie die Bezugnahme auf die regelmäßige dreißigjährige Verjährungsfrist und auf § 195 BGB in der Gesetzesbegründung zeige, habe § 37 a WpHG die Haftung wegen der Verletzung von Pflichten aus Informations- und Beratungsverträgen sowie von Schutzpflichten aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen im Auge. Da die regelmäßige dreißigjährige Verjährungsfrist hätte verkürzt werden sollen, werde der Zweck der Vorschrift nicht dadurch zunichte gemacht, daß für konkurrierende deliktische Ansprüche die ebenfalls drei Jahre betragende Verjährungsfrist des § 852 BGB eingreife. Diese Verjährungsfrist könne zwar
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OLG München, Urt. v. 21.7.1998 - 18 U 2422/98, ZIP 1998, 1954; Hopt ZHR 159 (1995) 135, 160; Köndgen NJW 1996, 558, 569; v. Heymann, in: Assmann/ Schütze § 5 Rn 118; Schäfer in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG vor § 31 WpHG Rn 9 m.w.N.. Siol Festschrift für Schimansky, 781, 786; Nobbe in: Schimansky/Horn, 235, 250 f. Ebenso Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 713 f. Meixner NJW 1998, 1896, 1899, Koller in: Assmann/Schneider § 37 a Rn 6.
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theoretisch dreißig Jahre betragen, daß sei aber praktisch nahezu ausgeschlossen. Die Gegenansicht geht von einer Verjährungsspezialität aus. Sie befürwortet eine Verdrängung des § 852 BGB durch § 37 a WpHG jedenfalls für fahrlässige Schutzpflichtverletzungen.564 Dies wird damit begründet, daß §37 a WpHG bei der Annahme von Anspruchskonkurrenz leer laufen würde, weil die Verletzung von Informations- und Beratungspflichten nicht nur einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen und positiver Vertragsverletzung gewähre, sondern daneben auch einen Verstoß gegen §31 WpHG darstelle, der Schutzgesetz im Sinne von §823 Abs. 2 BGB sei. 565 Auch bei der anwaltlichen Verjährungsvorschrift des § 51 b BRAO sei es herrschende Lehre, daß alle konkurrierenden Ansprüche der SpezialVerjährung unterfielen. Zu § 538 BGB entspreche die verdrängende Spezialität auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. 566 Wenn der Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz auch zu entnehmen sei, daß der Gesetzgeber von einer Verjährungskonkurrenz bei vorsätzlichen Schutzgesetzverletzungen ausgegangen sei, so enthielte diese aber keine Stellungnahme hinsichtlich fahrlässiger Pflichtwidrigkeiten. 567 Zuzustimmen ist der Meinung von der Verjährungskonkurrenz. Der Wortlaut des § 37 a WpHG, der von der Verletzung der Pflicht zur Information und fehlerhafter Beratung spricht, kann allerdings von keiner der beiden Meinungen für sich in Anspruch genommen werden. Er deutet zwar darauf hin, daß lediglich die vertraglichen und vorvertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten erfaßt werden sollen, wie sie in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit Wertpapier- und Börsentermingeschäften entwickelt worden sind. 568 Er kann sich aber auch auf § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG beziehen. Aus der systematische Stellung dieser Vorschrift im Wertpapierhandelsgesetz kann auch kein eindeutiger Schluß gezogen werden. Zwar könnte dieser Umstand darauf hindeuten, daß die in § 31 WpHG aufgestellten Pflichten darunter fallen sollen. Da aber ohne Zweifel die zivilrechtlichen Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlung und positiver Vertragsverletzung, die nicht im Wertpapierhandelsgesetz geregelt sind, erfaßt werden, muß die Stellung dieser Vorschrift allein dem Umstand zugerechnet werden, daß sie sich auf die Rechtssubjekte, die dem Wertpapierhandelsgesetz unterfal564 565 566 567 568
Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 716. Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 715. Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 714 f. Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 716. Vgl. dazu Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 13 ff m.w.N.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
len (Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Kunde) bezieht und nicht auf die in diesem Gesetz geregelten Verhaltenspflichten. Ergiebiger für die Auslegung ist da schon die Gesetzesbegründung. In der Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz heißt es, es sei nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, inwieweit sich die kurze Verjährungsfrist auch auf konkurrierende Ansprüche erstrecke. Hiernach verbleibe es in jedem Fall bei der vorsätzlichen Verletzung von Informationspflichten und der vorsätzlich fehlerhaften Anlageberatung, d. h. dem Anlagebetrug, bei der Regelverjährung für deliktische Ersatzansprüche. 569 Der Gesetzgeber ist daher davon ausgegangen, daß die Regelung des § 37 a WpHG sich auf die vertraglichen sowie quasivertraglichen Ansprüche bezieht und eine Übertragung auf deliktische Ansprüche nur aufgrund allgemeiner Grundsätze erfolgen kann. Nach dem allgemeinen Anspruchssystem des Zivilrechts hat jede Anspruchsgrundlage ihre eigene Regelung der Abwicklung, Verjährung und Beweislastverteilung. Der Bundesgerichtshof hat stets betont, daß beim Zusammentreffen von Ansprüchen aus Vertragsverletzung und aus unerlaubter Handlung jeder Schadensersatzanspruch nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbständig zu beurteilen ist und deswegen grundsätzlich auch seiner eigenen Verjährung folgt. 570 Davon hat der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit § 538 BGB eine Ausnahme gemacht, weil § 538 BGB den Mieter vor jeglicher Inanspruchnahme nach Ablauf der kurzen Verjährungsfrist schützen wolle.571 Allgemein formuliert der Bundesgerichtshof, eine gesetzliche Einschränkung der Vertragshaftung könne sich auf die Haftung aus unerlaubter Handlung auswirken, wenn der gesetzlichen Regelung der Vertragshaftung aufgrund ausdrücklicher Vorschrift oder nach ihrem Zweck zu entnehmen sei, daß sie einen Sachverhalt erschöpfend regeln und dementsprechend auch die Haftung aus unerlaubter Handlung ganz ausschließen oder in bestimmter Hinsicht be-
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Regierungsbegründung zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BTDrucks. 13/8933 S. 59, 97. BGH, Urt. v. 28.4.1953 - I ZR 47/52, BGHZ 9, 301, 302 (zu §414 HGB); BGH, Urt. v. 9.5.1957 - II ZR 327/55, BGHZ 24, 188, 191 (zur Eisenbahnverkehrsverordnung); BGH, Urt. v. 21.4.1960 - II ZR 21/58, BGHZ 32, 194, 203f (zur Kraftverkehrsverordnung); BGH, Urt. v. 4.3.1971 - VII ZR 40/70, BGHZ 55, 392, 395 (zu § 638 BGB); BGH, Urt. v. 24.5.1976 - VIII ZR 10/74, BGHZ 66, 315, 319 (zu §477 BGB); BGH, Urt. v. 24.11.1976 - VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359, 362f (zur Produkthaftung); BGH, Urt. v. 17.3.1985 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 201 (zu §43 GmbHG); BGH, Urt. v. 12.12.1991 - I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300 (zu § 414 HGB). BGH, Urt. v. 18.9.1986 - III ZR 227/84, BGHZ 98, 235, 237f. m.w.N..
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schränken wolle. 572 Es soll danach verhindert werden, daß eine haftungsbeschränkende Regelung leerläuft. Das ist aber bei der Beschränkung des § 37 a WpHG nicht zu befürchten. Selbst wenn man davon ausgeht, daß jedes Aufklärungs- und Beratungsverschulden zugleich ein Verstoß gegen § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG darstellt, so führt das nicht zwangsläufig wie die konkurrierenden vertraglichen oder quasivertraglichen Ansprüche zur Haftung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens aus dieser Vorschrift. Regelmäßig wird es bei solchen Verstößen auf das Verhalten von Verrichtungsgehilfen ankommen, für die sich das Unternehmen nach § 831 BGB exkulpieren kann, so daß der Anwendungsbereich der deliktischen Haftung ohnehin enger ist als der der vertraglichen und quasivertraglichen. Die Vertragshaftung der Wertpapierdienstleistungsunternehmen weist auch keine gesetzlichen Besonderheiten auf, die nach ihrem Zweck einen Sachverhalt erschöpfend regelt und dementsprechend auch die deliktische Haftung ausschließt oder in bestimmter Hinsicht einengt. Schließlich ist auch zu Bedenken, daß es dem Gesetzgeber darauf ankam, die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB als Regelverjährung durch eine neue dreijährige Frist zu ersetzen. Das ist genau die Frist des § 852 BGB, so daß extreme Wertungswidersprüche zu dem Anliegen des Gesetzgebers bei Anwendung des § 852 BGB nicht erkennbar sind. In der überwiegenden Anzahl der Fälle werden Fehlinvestitionen infolge fehlerhafter Beratung aufgrund der ständigen Beobachtung des Wertpapiermarktes durch Fachpresse und institutionelle Anleger rasch erkennbar. Eine nur im Extremfall denkbare dreißigjährige Verjährungsfrist erscheint aufgrund des Marktgeschehens praktisch ausgeschlossen. Der nach allgemeinen Grundsätzen bestehenden Verjährungskonkurrenz kann auch nicht entgegengehalten werden, wenn der Gesetzgeber einen Vorrang des § 852 BGB beabsichtigt hätte, hätte er eine Verjährungsnorm im Sinne des § 852 BGB geschaffen. 573 Diese Argumentation kehrt sich gegen sich selbst. Dem Gesetzgeber waren - wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen läßt — die Fragen der Anspruchskonkurrenz und insbesondere der Grundsatz des Parallellaufs verschiedener Verjährungen bekannt. Wenn er es bei dieser Sachlage unterlassen hat, ausdrücklich die Deliktshaftung für fahrlässige Verstöße auszuschließen, wie er dies in demselben Dritten Finanzmarktförderungsgesetz für die Börsenprospekthaftung in § 48 Abs. 2 BörsG angeordnet hat, so spricht das ebenso gegen eine Exklusivität des § 37 a WpHG wie die Tatsache, daß der Gesetzgeber die Deliktshaftung nicht ausdrücklich dieser Vorschrift unterstellt hat.
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BGH, Urt. v. 12.12.1991 - I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300. Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 715.
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X. Konkurrierende allgemeine zivilrechtliche Ansprüche
Ebenfalls kann nicht auf eine Parallele zu § 51 b BRAO verwiesen werden. Ob unter diese Vorschrift auch Ansprüche gegen einen Rechtsanwalt aus Delikt fallen, ist in der Literatur sehr umstritten.574 Von einer herrschenden Meinung kann insofern nicht gesprochen werden. Die überzeugenderen Argumente sprechen auch hier für eine Anspruchskonkurrenz.575 Es ist daher als Ergebnis festzuhalten, daß die deliktischen Ansprüche nicht der Verjährungsvorschrift des § 37 a WpHG unterfallen, sondern nach § 852 BGB verjähren.
3. Deliktische Ansprüche Nach altem Recht war umstritten, ob deliktische Ansprüche neben der Börsenprospekthaftung geltend gemacht werden konnten.576 Mit der Neuformulierung des § 48 Abs. 2 BörsG n.F. ist jetzt ausdrücklich geregelt, daß Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen neben der gesetzlichen Prospekthaftung verfolgt werden können. Der Umkehrschluß aus dieser Gesetzesformulierung ergibt, daß eine Haftung für fahrlässige unerlaubte Handlungen neben der Börsenprospekthaftung ausgeschlossen ist.577 Diese Beschränkung betrifft aber ausschließlich Ansprüche im Zusammenhang mit der Prospektveröffentlichung. Für Ansprüche außerhalb der Prospektveröffentlichung findet das Deliktsrecht uneingeschränkt Anwendung. Bei den Ansprüchen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit der Prospektveröffentlichung kommen solche aus § 826 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz in Betracht. Schutzgesetze in diesem Sinne sind neben dem im Rahmen der deliktischen Prospekthaftung behandelten § 264 a StGB vor allem § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG und § 400 Abs. 1 AktG bzw. § 331 HGB. 574
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Nachweise bei Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 21 und Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 714. Zugehör NJW 1995 Beilage zu Heft 21 S. 21; Schäfer Festschrift für Schimansky, 699, 715; Koller in: Assmann/Schneider § 37 a Rn 6. Dafür: Kumpel Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rn 11.214 ; Schwark WuB I G 8. 2 - 9 7 ; Canaris Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rn2290; Ehricke BB 1980, 650; BGH, Urt. v. 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 929 (BuM); dagegen: OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1981 - 6 U 79/80, ZIP 1981, 847, 850 (BuM); LG Düsseldorf, Urt. v. 13.2.1980 - 2 Ο 411/79, ZIP 1980, 188, 189 (BuM); Nußbaum Börsengesetz § 46 VII c) (S. 201 f); MeyerlBremer Börsengesetz § 45 Nr. 11 (S. 117); Schwark BB 1979, 897, 903; ders. ZGR 1983, 162, 183; offen gelassen von BGH, Urt. v. 11.11.1985 - II ZR 109/84, ZIP 1986, 14, 19 = WM 1986, 2, 5 (BuM), insoweit in BGHZ 96, 231 ff. nicht abgedruckt. Kort AG 1999, 9, 18; Groß AG 1999, 199, 209.
3. Deliktische Ansprüche
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Soweit Wertpapiere vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes vertrieben werden, ist nach alter und neuer Rechtslage eine Börsenprospekthaftung ausgeschlossen. Allerdings kommt eine deliktische Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 VerkProspG wegen Nichtveröffentlichung eines Prospektes in Betracht. Fehlende oder unrichtige Prospektangaben können auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB und nach § 826 BGB begründen. Bildet beispielsweise die Ausgabe junger Aktien ein Mittel, den Konkurs des Emittenten auf Kosten der Erwerber dieser Aktien weiter zu verschleppen, liegt darin eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Aktienkäufer. 578
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BGH, Urt. v. 11.11.1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 243 = ZIP 1986, 14, 19 (BuM).
XI. Zusammenfassung
1. Bei der Prospekthaftung handelt es sich weder um eine Vertrags- noch um eine Deliktshaftung, sondern um eine Sonderform der Vertrauenshaftung. 2. Gegenstand der Börsenprospekthaftung des amtlichen Handels ist der Börsenzulassungsprospekt. Wird im Fall der Befreiung von der Prospektpflicht freiwillig ein Börsenzulassungsprospekt erstellt, aufgrund dessen dann die Zulassung erfolgt, trifft die Prospekterlasser die normale Börsenprospekthaftung. Der Börsenzulassungsprospekt hat neben den in der BörsZulV genannten Pflichtangaben insbesondere auch ein zutreffendes Gesamtbild über den Emittenten und die Emission zu vermitteln. Ein Börsenzulassungsprospekt ist ständig bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Einführung der Wertpapiere zu aktualisieren. Diese Pflicht trifft nicht nur den Emittenten, sondern auch den Emissionsbegleiter. Durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz hat der Gesetzgeber die bisher bestehende Schutzlücke geschlossen, die im Hinblick auf die Veröffentlichung von Darstellungen bestand, die bei einigen Befreiungstatbeständen statt eines Börsenzulassungsprospektes veröffentlicht werden. Nunmehr unterliegen auch diese Darstellungen der Börsenprospekthaftung. Das Geheimhaltungsinteresse des Emittenten bezüglich sensibler Unternehmensdaten, die aber in einen vollständigen und richtigen Prospekt gehören, berechtigt ihn nicht, diese Daten im Prospekt wegzulassen. Vielmehr muß der Emittent insofern eine Befreiung durch die Zulassungsstelle beantragen. 3. Der Börsenzulassungsprospekt wird von der Zulassungsstelle nur auf seine Vollständigkeit und Plausibilität der vorgelegten Unterlagen überprüft. Eine materielle Richtigkeitsprüfung hat sie nur in bezug auf solche Umstände, die ihr bekannt geworden sind. Die Prüfung der Zulassungsstelle hat keinen Einfluß auf die Prospekthaftung der Prospektverantwortlichen. Bei fehlerhafter Prüfung kommt ein Amtshaftungsanspruch gegen die Zulassungsstelle in Betracht. 4. Der Kreis der Prospektverantwortlichen ist nach altem und neuem Recht unverändert. Es haften die Prospekterlasser und die Prospektveranlasser. Prospekterlasser ist derjenige, der nach außen erkennbar Verantwortung für den Prospekt übernommen hat. Prospektveranlasser ist derjenige, der zwar nicht nach außen in Erscheinung tritt, aber
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im Hintergrund als tatsächlicher Urheber des Prospektes agiert. Als Prospekterlasser haften regelmäßig der Emittent und die Emissionsbank. Haben sich mehrere Banken zu einem Emissionskonsortium zusammengeschlossen, haften alle gesamtschuldnerisch im Außenverhältnis ungeachtet interner Haftungsvereinbarungen. Wirtschaftsprüfer, die den im Prospekt enthaltenen Jahresabschluß testiert haben, unterfallen nicht der Börsenprospekthaftung, da sie mit dem Testat nicht Verantwortung für den gesamten Prospekt übernommen haben. Die Konzeption der Börsenprospekthaftung als gesamtschuldnerische Haftung aller Prospektverantwortlichen schließt es aus, nur partiell Haftende einzubeziehen. Allerdings kommt insofern eine Haftung gegenüber den Anlegern unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung für Berufsgaranten sowie aus Delikt in Betracht. Als Prospektveranlasser kommen ein im Hintergrund agierender Großaktionär oder eine Konzernmutter in Betracht, die nicht nach außen in Erscheinung treten, aber tatsächlich entscheidenden Einfluß auf den Emittenten ausüben. Ebenso kann eine im Hintergrund agierende Großbank Veranlasser sein, die einen anderen Emissionsbegleiter beim Going Public eines Emittenten als verlängerten Arm benutzt. 5. Nach altem wie nach neuem Recht wird für unrichtige und unvollständige Prospekte gehaftet. Unrichtig ist ein Prospekt nicht nur dann, wenn die in ihm enthaltenen Tatsachen falsch sind, sondern auch dann, wenn Werturteile und Prognosen fehlerhaft sind. Maßgeblich für die Beurteilung der Unrichtigkeit ist der Empfangerhorizont. Dabei ist auf einen durchschnittlichen Anleger abzustellen, der zwar in der Lage ist, eine Bilanz zu lesen, aber nicht mit den in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Usancen vertraut ist. Durch die Neufassung des §45 BörsG wird nunmehr gehaftet, wenn der Prospekt infolge des Weglassens von Angaben unvollständig ist. Damit ist eine Angleichung an den Haftungsgrund der Unrichtigkeit und zugleich eine Haftungserweiterung erfolgt, weil nach altem Recht nur für das Weglassen von Tatsachen gehaftet wurde. Negative Ratings oder Beurteilungen in der Wirtschaftspresse gehören grundsätzlich nicht zu den mitteilungspflichtigen Angaben, da sie in der Regel eine subjektive Einschätzung enthalten. Wenn im Prospekt aber auf Einschätzungen Dritter eingegangen wird, dürfen nicht nur die positiven mitgeteilt werden. Sowohl bei der Unvollständigkeit als auch bei der Unrichtigkeit tritt eine Haftung nur ein, wenn wesentliche Angaben im Prospekt fehlen oder falsch sind. Auch Prospektgestaltungsmängel führen zur Unrichtigkeit des Prospektes, wenn durch eine unübersichtliche Gestaltung ein unrichtiger
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Gesamteindruck vermittelt wird. Es kann daher von dem Prospektierungsgrundsatz der Prospektklarheit und -Übersichtlichkeit gesprochen werden. 6. Die haftungsbegründende Kausalität setzt voraus, daß die Wertpapiere aufgrund des Prospektes erworben wurden. Für Käufe vor Veröffentlichung eines Prospektes gibt es keine Börsenprospekthaftung. Ob für falsche Vorabinformationen nach anderen Rechtsvorschriften - insbesondere der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung - ein Anspruch der Anleger gegeben ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Wegen der tatsächlichen Schwierigkeiten für einen Anleger, die Ursächlichkeit des fehlerhaften Prospektes für seine Kaufentscheidung zu beweisen, hatte die Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung für diese Ursächlichkeit wegen der mit der Prospektveröffentlichung erzeugten Anlagestimmung statuiert, die in der Regel ein Jahr andauerte, aber bei gravierenden Kursverlusten schon früher endete. Nach der Neuregelung des § 45 BörsG ist diese tatsächliche Vermutung Gesetz geworden, wobei jedoch die Höchstfrist auf sechs Monate begrenzt wurde. Damit ist die Rechtslage hinter den internationalen Standard, der bei einem Jahr liegt, zurückgefallen. Da es gerade im Vergleich zu den USA, in denen der Emissionsmarkt deutlich besser floriert als in Deutschland, keinen Grund gibt, wegen der Förderung von Emissionen die Haftungsfrist zu verkürzen, ist de lege ferenda wieder die Höchstfrist von einem Jahr einzuführen. 7. Für die Haftungsausfüllende Kausalität hatte die Rechtsprechung zur alten Rechtslage eine widerlegliche Vermutung statuiert, daß der Anleger bei Kenntnis von dem Prospektmangel die Wertpapiere nicht erworben hätte, wobei es unerheblich war, ob der betreffende Prospektmangel tatsächlich ursächlich für den Schaden war. Die Neufassung des § 46 Abs. 2 Nr. 2 BörsG greift diese Vermutung auf, gestattet jedoch den Prospektverantwortlichen auch den haftungsausschließenden Nachweis, daß der Prospektmangel nicht zur Minderung des Börsenpreises der Wertpapiere geführt hat. 8. Nach § 45 BörsG a.F. gab es unterschiedliche Anforderungen an den Verschuldensmaßstab, je nachdem, ob Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes vorlag. Nach der Neufassung des §46 BörsG wird einheitlich für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gehaftet. Dieser Verschuldensmaßstab hält einem internationalen Vergleich nicht stand. Im Ausland wird teilweise sogar ohne Verschulden gehaftet. De lege ferenda sollte daher eine Haftung auch für einfache Fahrlässigkeit vorgesehen werden. Der Sorgfaltsmaßstab, der den einzelnen Prospektverantwortlichen auferlegt ist, ist um so höher, je näher sie den Informationsquellen sind.
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Am höchsten sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Eminenten, da er über die ihn betreffenden Umstände den besten Einblick hat. Die einen Vorstand des Emittenten aus § 93 AktG treffende Pflicht, bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen, ist auch für die Prospekterstellung maßgeblich. Denn der Emittent kann sich gegenüber seinen Anlegern nicht auf einen geringeren Sorgfaltsmaßstab berufen als sein Vorstand im Interesse der Gesellschaft zu beachten hat. Plant der Emittent mit der Kapitalerhöhung den Kauf eines weiteren Unternehmens, hat der Vorstand nach §93 AktG dieses Unternehmen im Rahmen einer Due Diligence zu durchleuchten, weswegen auch den Emittenten diese Pflicht im Rahmen der Prospekterstellung trifft. Sollte ein Aktionär einmal zu dem Kreis der Prospektverantwortlichen gehören, trifft ihn eine vergleichbar hohe Sorgfaltspflicht wie den Emittenten. Da der Emissionsbegleiter keinen unmittelbaren Einblick in die Unternehmensdaten des Emittenten hat, kann von ihm nicht dieselbe Sorgfalt wie vom Emittenten verlangt werden. Allerdings darf er sich nicht darauf zurückziehen, die vom Emittenten vorgelegten Unterlagen und Daten auf Plausibilität und Vollständigkeit durchzuschauen. Die Bank hat durch ihre Emissionsabteilung die Angaben des Emittenten, insbesondere die Bilanz auch auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Andererseits kann man von der Bank nicht verlangen, daß sie den Emittenten einer Due Diligence unterzieht, auch externe Sachverständige muß sie nicht hinzuziehen, selbst wenn ihr beides wegen der Gefahr des Verluste ihres Emissionsstandings bei einer mißglückten Emission im eigenen Interesse anzuraten ist. Alle Emissionskonsorten haften nach einem einheitlichen Sorgfaltsmaßstab. Aus dem Sinn und Zweck der gesamtschuldnerischen Prospekthaftung ergibt sich, daß die einfachen Konsortialmitglieder für das Verschulden des Konsortialführers einzustehen haben. Die Prospektverantwortlichen haben Wirtschaftsprüfertestate auf offensichtlich erkennbare Fehler und Plausibilität zu überprüfen. Eine weitergehende Prüfung kann insbesondere von der Emissionsbank nicht verlangt werden. Informationen von naturwissenschaftlichen und technischen Sachverständigen müssen die Prospektverantwortlichen dagegen nicht überprüfen, es sei denn, daß Anhaltspunkte vorliegen, die eine Prüfung geradezu aufdrängen. Bei der Bank vorhandenes Wissen hat sie im Zuge der Prospekterstellung zu verwerten. Ein bankinternes Bankgeheimnis zwischen den verschieden Abteilungen einer Bank ist zumindest beim Emissionsgeschäft nicht gegeben. Der Emissionsbank ist das Wissen ihrer Organe, die
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zugleich Aufsichtsratsmitglieder des Emittenten sind, zuzurechnen. Dem Aufsichtsratsmitglied steht bei der Emission kein Schweigerecht gegenüber der Bank zu. Interne Haftungsvereinbarungen zwischen dem Emittenten und dem Emissionsbegleiter oder zwischen den Konsorten eines Emissionskonsortiums haben keinen Einfluß auf die gesamtschuldnerische Außenhaftung der Prospektverantwortlichen. Nach alter Fassung des § 45 BörsG hatte nach allgemeinen Grundsätzen der Anleger das Verschulden der Prospektverantwortlichen zu beweisen. Durch § 46 BörsG n.F. wird nunmehr das Verschulden widerleglich vermutet. Der Verschuldensmaßstab der groben Fahrlässigkeit wird zu Recht als nicht ausreichend kritisiert. Der Maßstab im europäischen und amerikanischen Ausland ist zumindest leichte Fahrlässigkeit. Teilweise wird auch ohne Verschulden gehaftet. Angesichts dessen, daß der ausländische Kapitalmarkt weitaus prosperierender ist als der deutsche, kann die Haftungsbeschränkung nicht als Argument für die Förderung des Kapitalmarktes dienen. 9. Nach alter Fassung konnte der Anleger nach allgemeinen Grundsätzen Schadensersatz einschließlich entgangenen Gewinns beanspruchen. Dem konnten die Prospektverantwortlichen entgehen, wenn sie die Wertpapiere gegen Erstattung des nachgewiesenen Erwerbspreises oder des Erstausgabepreises übernahmen. Diese Ersetzungsbefugnis ist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 BörsG n.F. ausschließlicher Anspruchsinhalt. Der Anleger kann jetzt nur noch den Erwerbspreis — aber maximal den Erstausgabepreis — nebst Erwerbskosten verlangen. 10. Einige Beschränkungen des alten Börsengesetzes zum Nachteil der Anleger sind mit der Novelle beseitigt worden. So war nach §§45 Abs. 1, 46 Abs. 1 BörsG a.F. erforderlich, daß der Anleger sich noch im Besitz der erworbenen Wertpapiere befand, um seinen Anspruch geltend machen zu können. Nunmehr hat der Anleger, der die Papiere veräußert hat, einen Anspruch auf die Differenz zwischen Erwerbsbzw. Erstausgabepreis und Verkaufspreis (§ 45 Abs. 2 BörsG n.F.). Nach alter Rechtslage (§ 46 Abs. 1 BörsG a.F.) hatte der Anleger nur dann einen Anspruch, wenn er eine neu emittierte Aktie erworben hatte. Nunmehr besteht ein Anspruch auch beim Erwerb alter Aktien, wenn diese nicht von den jungen Stücken zu unterscheiden sind (§ 45 Abs. 1 Satz 3 BörsG n.F.). Nach neuem Recht ist die zum alten Recht umstrittene Frage, ob auch Folgeerwerber Prospekthaftungsansprüche geltend machen können, zu bejahen. Nach der Neuregelung haften die Prospektverantwortlichen maximal auf den Erstausgabepreis, auch wenn die Wertpapiere
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durch verschiedene Hände laufen. Deswegen steht die Gefahr einer unbegrenzten Haftungserweiterung der Geltung der Prospekthaftung auch für Folgeerwerber nicht entgegen. Erforderlich ist aber, daß der Folgeerwerber die Wertpapiere innerhalb von sechs Monaten ab Prospektveröffentlichung erworben hat. Auch die nach altem Recht (§ 46 Abs. 1 BörsG a.F.) bestehende Beschränkung auf Inlandsgeschäfte ist beseitigt worden. Ausgeschlossen ist die deutsche Prospekthaftung nur noch für die Fälle, in denen die Erwerbsvorgänge bezüglich ausländischer Emittenten ausschließlich im Ausland abgewickelt werden. Sowohl nach altem und nach neuem Recht (§§ 46 Abs. 2 Satz 1 BörsG a.F., 46 Abs. 2 Nr. 2 BörsG n.F.) ist ein Anspruch ausgeschlossen, wenn der Anleger positive Kenntnis von dem Prospektmangel hat. Anders als nach § 46 Abs. 2 Satz 2 BörsG a.F. schadet es nicht, wenn der Anleger bei Anwendung der eigenüblichen Sorgfalt den Fehler hätte erkennen können. Nach altem Recht war die Meinung herrschend, den Anleger treffe ein Mitverschulden, wenn er seinen Anspruch nicht unverzüglich den Prospektverantwortlichen anzeige. Diese Meinung läßt sich zur neuen Fassung nicht mehr halten, weil durch die Einführung der sechsmonatigen Verjährungsfrist ein ausreichendes Korrektiv gegen eine unübersehbare Schadensvergrößerung geschaffen wurde. Auch stellt es kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar, wenn der Anleger bei sinkendem Kursverlauf die Aktien nicht unverzüglich verkauft. Das Gesetz gewährt dem Anleger ausdrücklich einen Anspruch auf Erstattung des Erwerbspreises gegen Rückgabe der Wertpapiere. Dieser Anspruch wäre obsolet, wenn der Anleger die Papiere bei negativere Entwicklung sofort verkaufen müßte. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liegt allerdings vor, wenn der Anleger die Wertpapiere unter dem an der Börse erzielbaren Preis veräußert. Bereits zu alten Fassung wurde die Meinung vertreten, nur der durch die Unrichtigkeit des Prospektes eingetretene Schaden sei zu ersetzen. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 BörsG n.F. entfallt die Haftung, wenn die Prospektverantwortlichen nachweisen, daß der Sachverhalt, über den unrichtig im Prospekt berichtet worden ist, nicht zur Minderung des Börsenpreises der Wertpapiere beigetragen hat. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 BörsG n.F. können die Prospektverantwortlichen mit Wirkung für die Zukunft die Haftung durch eine nachträgliche Berichtigung des Prospektes ausschließen. Diese Berichtigung muß deutlich gestaltet sein und auf den konkreten Mangel hinweisen. Nach § 43 Abs. 4 Satz 1 BörsG n.F. ist einem Emittenten die Möglichkeit eröffnet, einen Widerruf der Börsenzulassung zu erlangen, der im
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XI. Zusammenfassung am Anlegerinteresse ausgerichteten Ermessen der Börse steht. Das De-Listing hat keinen Einfluß auf einmal entstandene Prospekthaftungsansprüche. Nach § 47 BörsG a.F. verjährten die Ansprüche in fünf Jahren seit der Börsenzulassung. Diese Frist ist durch § 47 BörsG n.F. empfindlich verkürzt worden. Sie beträgt nunmehr sechs Monate ab Kenntnis vom Prospektmangel, maximal drei Jahre ab Veröffentlichung des Prospektes und entspricht nunmehr den Verjährungsfristen der §§ 20 Abs. 5 KAGG, 12 Abs. 5 AuslInvestmG. Die Rechtsfolge der Börsenprospekthaftung, daß der Emittent ausgegebene Aktien zurücknehmen muß (§45 BörsG), steht im Widerspruch zu den Kapitalerhaltungsvorschriften des Aktiengesetzes, nach denen ein Rückkauf eigener Aktien ausgeschlossen ist (§ 57 AktG). Dieser Gesetzeskonflikt ist zugunsten der Börsenprospekthaftung aufzulösen, da diese die jüngere und vor allem speziellere Regelung enthält. Zudem wäre es mit Sinn und Zweck der Verantwortlichkeit des Emittenten nach dem BörsG nicht vereinbar, ihn pauschal von der Haftung auszunehmen. Einer internen Haftungsfreistellung der Emissionsbank gegenüber dem Emittenten stehen die Kapitalerhaltungsvorschriften ebenfalls nicht entgegen, da dadurch keine Verschlechterung der Rechtslage des Anlegers gegenüber dem nach außen unbeschränkt haftenden Emittenten einhergeht. Die Unternehmensberichtshaftung des geregelten Marktes gilt auch für den sogenannten Neuen Markt und den Smax an der Frankfurter Börse, da dort notierte Unternehmen die Zulassung zum geregelten Markt beantragen müssen. Die Unternehmensberichtshaftung läuft im wesentlichen gleich mit der Börsenprospekthaftung. Für den Mindestinhalt des Unternehmensberichts gilt die VerkProspV. Der Emissionsbegleiter haftet für einen fehlerhaften Unternehmensbericht genauso wie für einen fehlerhaften Börsenzulassungsprospekt, auch wenn er den Unternehmensbericht nicht unterschrieben hat. Der Verkaufsprospekthaftung unterliegen alle Wertpapiere, die erstmals im Inland öffentlich angeboten werden, mit Ausnahme der Wertpapiere, die bereits an einer inländischen Börse zugelassen sind. Ein öffentliches Angebot liegt immer dann vor, wenn sich ein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis richtet. Kein öffentliches Angebot liegt bei einer Privatplazierung vor. Von einer Privatplazierung kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Beziehung zwischen Anleger und Emittent so geartet ist, daß der Anleger über eine einem Prospektinhalt zumindest gleichwertige Informationsbasis verfügt oder verfügen kann.
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Die Mindestangaben des Verkaufsprospektes sind in der VerkProspV geregelt. Der Verkaufsprospekt ist beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel zu hinterlegen, das eine rein formelle Überprüfung auf Vollständigkeit vornimmt. Die Haftungsmodalitäten entsprechen durch Legalverweisung bzw. ergänzende gleichlautende Regelungen im VerkProspG denen der Börsenprospekthaftung. Die in den Freiverkehr der Börsen einbezogenen Aktien unterliegen regelmäßig der Prospektpflicht nach dem VerkProspG. Diese entfällt nur dann, wenn die Einbeziehung ohne Verkaufsabsicht erfolgt, weil dann ein öffentliches Angebot fehlt. Die Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarktes unterfallen mit Ausnahme frei gehandelter Wertpapiere, für die das VerkProspG gilt, keiner Prospektpflicht. Wird für diese Anlagen trotzdem mittels eines Prospektes geworben, greift die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung ein. 20. Die Prospekthaftungen nach dem KAGG und dem AuslInvestmG folgen den gleichen Regeln wie die Prospekthaftungen des Börsenrechts. Für den Handel mit Wertpapieren haben sei keinen eigenständigen Wert, weil insofern das BörsG und das VerkProspG abschließende Regelungen sind. 21. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne ist zwar als Anwendungsfall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen entwickelt worden, setzt sich aber deutlich von dieser Rechtsfigur ab. Sie betrifft die Haftung für die Inanspruchnahme von typisierten Vertrauen. Unbeschränkt haftungsverpflichtet sind die Angehörigen der Leitungsgruppe des emittierenden Unternehmens sowie maßgebliche Hintermänner. Sie haften für die Richtigkeit des gesamten Prospektes. Eingeschränkt haftungsverpflichtet sind Berufsgaranten, die für einzelne Angaben im Prospekt verantwortlich zeichnen. Sie haften nur für dir Richtigkeit dieser auf sie bezogenen Angaben. Der Prospekt muß zutreffend und vollständig sein. Es wird vermutet, daß die Fehlerhaftigkeit des Prospektes ursächlich für den Kauf der Anlage war. Unerheblich ist, ob der Prospektfehler tatsächlich zur Minderung der Anlage geführt hätte. Als Verschuldensmaßstab reicht bereits einfache Fahrlässigkeit aus. Als Schaden kann der Anleger neben der Erstattung der Erwerbskosten auch entgangenen Gewinn beanspruchen. Der Anspruch verjährt wie die spezialgesetzlichen Prospekthaftungen in sechs Monaten ab Kenntnis, maximal drei Jahre nach Erwerb der Anlage. Diese kurze Verjährung gilt aber nicht beim Vertrieb von Bauherrenmodellen, für die eine dreißigjährige Verjährungsfrist angenommen wird. Auch für Berufsgaranten gelten diese Verjährungsregeln, die die speziellen in den Berufsordnungen geregelten Verjährungsvor-
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Schriften verdrängen, weil keine Verletzung einer Berufspflicht in Frage steht. 22. Als bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne bezeichnet man die Haftung für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens im Zusammenhang mit der Verwendung von Prospekten. Das betrifft zwei Fallgruppen. Erstens den Fall, daß sich jemand zur Erfüllung eigener Beratungs- und Aufklärungspflichten eines Prospektes bedient und zweitens die Haftung für die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens des Sachwalters, der nicht selbst Vertragspartner ist. Die Haftung folgt den allgemeinen Regeln der Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne ist kein Sonderfall der Prospekthaftung, sondern ein Anwendungsfall der Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, so daß aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für diese Fallgruppe nicht mehr von Prospekthaftung gesprochen werden sollte. 23. Nach §264 a StGB macht sich strafbar, wer vorsätzlich im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren und Kapitalanlagen in Prospekten unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Angaben verschweigt. Weil § 264 a StGB Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, spricht man insofern von der deliktischen Prospekthaftung. Diese ist wegen des Erfordernisses der vorsätzlichen Begehungsweise enger als die übrigen Prospekthaftungen. Wegen der Verjährungsregelung des § 852 BGB hat sie jedoch eine eigenständige Bedeutung zumindest für die Prospekthaftungsfalle mit kurzer Verjährungsfrist. Zudem kann der Geschädigte nach § 852 Abs. 3 BGB auch nach Ablauf der Verjährungsfrist Herausgabe seiner Einlage nach Bereicherungsgrundsätzen verlangen. 24. Die Konkurrenz der Prospekthaftungen ist von entscheidender Bedeutung, da bei Idealkonkurrenz die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung alle anderen verdrängen würde. Aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Normierung der einzelnen Spezialprospekthaftungen ergibt sich, daß die Prospekthaftungen untereinander im Verhältnis der Spezialität stehen. Ausgenommen hiervon ist die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne. Weil es sich bei dieser nicht um eine echte Prospekthaftung handelt, sondern um einen Anwendungsfall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, wird sie nicht durch die Prospekthaftungen verdrängt. Sehen die Spezialgesetze Ausnahmen von der Prospektpflicht vor, schließt das auch das Eingreifen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung aus. Wird bei einer Privatplazierung mittels eines Prospektes geworben, ist die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung einschlägig, eine Analogie zur Verkaufs-
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prospekthaftung kommt nicht in Betracht. Auch für den, der bewußt gegen eine angeordnete Prospektveröffentlichungspflicht verstößt, kommt eine analoge Anwendung der Verkaufsprospekthaftung nicht in Betracht, vielmehr haftet er nach deliktischen Grundsätzen. Eine Angleichung der Prospekthaftungen ist wünschenswert. Angesichts dessen, daß der Gesetzgeber die Börsen- und Verkaufsprospekthaftung im Dritten Finanzmarktförderungsgesetz neu geregelt hat, kommt de lege lata eine Annäherung der Spezialhaftungen an die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung nicht in Betracht. Andererseits würde die Angleichung der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung an die spezialgesetzliche Prospekthaftung zu einer Reduzierung des Anlegerschutzes führen, ohne daß am grauen Kapitalmarkt ein korrigierendes Aufsichtsamt zur Verfügung steht. Eine Angleichung kann daher de lege ferenda nur vom Gesetzgeber vorgenommen werden. Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsgeschäft können neben den Prospekthaftungsansprüchen geltend gemacht werden. Da es sich bei dem Erwerb von Aktien um einen Rechtskauf handelt, sind aber nur eingeschränkt Ansprüche denkbar, so etwa dann, wenn die Aktien aufgrund einer bereits beim Kauf absehbaren Anfechtungsklage rechtlich vernichtet werden. Ansprüche wegen Beratungs- und Aufklärungsverschulden im Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien sind ebenfalls neben den Prospekthaftungsansprüchen verfolgbar. Diese Ansprüche verjähren allerdings nach § 37 a WpHG beim Wertpapierkauf von Wertpapierdienstleistungsunternehmen in drei Jahren ab Anspruchsentstehung. Diese Frist ist extrem knapp bemessen. Da die Verkürzung mit Hinweis auf die ebenfalls kurzen Verjährungsfristen von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern begründet worden ist, ist die für diese Berufsgruppen geltende Sekundärverjährung auch hier einschlägig. Die Verjährungsfrist verlängert sich daher um maximal weitere drei Jahre, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Anleger nicht über seinen Beratungsfehler und den drohenden Ablauf der Verjährungsfrist hinweist. Die kurze Verjährungsfrist gilt nicht für konkurrierende deliktische Ansprüche, wobei es unerheblich ist, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig verwirklicht werden. Die nach altem Recht umstrittene Rechtsfrage, ob deliktische Ansprüche neben der Börsenprospekthaftung geltend gemacht werden können, hat der Gesetzgeber durch das Dritte Finanzmarktförderungsgesetz dahingehend entschieden, daß Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen neben den Prospekthaftungsansprüchen geltend gemacht werden können. Der Umkehrschluß daraus ergibt, daß eine Haftung wegen fahrlässiger unerlaubter Handlung ausgeschlossen ist.
Sachregister
Ad-hoc-Publizitätspflicht 18 Aktionär siehe Sorgfaltspflicht Aktualisierungspflicht 17, 90 Amtlicher Börsenhandel 11 Anfechtungsklage gegen Kapitalerhöhungsbeschluß 13, 35 Angaben von Wirtschaftsprüfern 50 Anlagestimmung 39 Anspruchsbegrenzung 61 AuslInvestmG 94 Ausnahmen von der Prospektpflicht siehe Prospektpflicht Aufklärungsverschulden 117 Bankinterne Wissenszurechnung sie Wissenszurechnung Beratungsverschulden 115 Berichtigung des Prospektes 69 Beweislast — für Verschulden 56 — für Kenntnis vom Prospektmangel 65 Börsenprospekt 11 Börsenprospekthaftung siehe Prospekthaftung Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung siehe Prospekthaftung Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel siehe Prüfungspflicht De-Listing 71 Deliktische Ansprüche 128 Deliktische Prospekthaftung siehe Prospekthaftung Deliktshaftungstheorie 8 Eingeschränkt Prospektverantwortliche 96
Emissionsbank siehe Haftung, Sorgfaltspflicht Emissionskonsortium siehe Haftung, Sorgfaltspflicht Emittent siehe Haftung, Sorgfaltspflicht Empfangerhorizont 33 Ersetzungsbefugnis 59 Ersterwerb 63 Freiverkehr 91 Freiwillige Angaben 13, 34 Geheimhaltungsinteresse des Emittenten 13, 22 Geregelter Markt 79 Gerichtliche Zuständigkeit 77, 91 Grauer Kapitalmarkt 92 Haftung — der Emissionsbank 24, 82 - des Emissionskonsortiums 26 — des Emittenten 24 - der Wirtschaftsprüfer 27 Haftungsausfüllende Kausalität siehe Kausalität Haftungsbegründende Kausalität siehe Kausalität Inlandsgeschäft 64 Interne Haftungsvereinbarung 55, 76 Junge Stücke 62 KAGG94 Kapitalerhaltungsvorschriften 73 Kapitalerhöhungsbeschluß siehe Anfechtungsklage Kaufvertrag 115
142 Kausalität 38, 98 — haftungsausfüllende 42 — haftungsbegründende 38 Kenntnis vom Prospektmangel 65 Kommissionsvertrag 117 Konkurrenzen 105 — spezialgesetzliche Prospekthaftungen untereinander 105 — spezialgesetzliche zur zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne 105 — spezialgesetzliche zur zivilrechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne 108 — Perspektiven für eine Angleichung 113 — Prospekthaftungen zu allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüchen 115 Minderung des Börsenpreises 68 Mitverschulden 66 — durch Verkauf unterhalb des Börsenpreises 68 — durch versäumte Anspruchsanmeldung 66 — durch versäumten Verkauf der Wertpapiere 67 Neuer Markt 79 Öffentliches Angebot 86 Perspektiven für eine Angleichung siehe Konkurrenzen Privatplazierung 86, 109 Prospektbegriff 4 Prospekterlasser 23 Prospektgestaltungsmangel 37 Prospekthaftung — Börsenprospekthaftung 11 — bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 95
Sachregister - im engeren Sinne 95 — im weiteren Sinne 100 — deliktische Prospekthaftung 103 — Unternehmensberichtshaftung 79, 81 — Verkaufsprospekthaftung 86 Prospektinhalt 12, 89, 97 Prospektklarheit 37 Prospektpflicht — Ausnahmen von der Prospektpflicht 20, 108 — Verstöße gegen die Prospektpflicht 111 Prospekttheorie 15 Prospektveranlasser 23, 30 Prüfungspflicht — des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel 89 — der Zulassungsstelle 14 Rating 36, 53 Schaden 59, 98 Sekundärverjährung siehe Verjährung Smax 79 Sorgfaltspflicht — eines Aktionärs 45 — der Emissionsbank 46 — der Emissionskonsorten 47 — des Emittenten 44 Unabdingbarkeit 77 Unbeschränkt Pro spektverantwortliche 96 Underwriting Agreement 26 Unrichtigkeit von Prospektangaben 31 Unternehmensberichtshaftung siehe Prospekthaftung UnVollständigkeit des Prospektes 35 Urkundenbesitz 61 Vereinfachte Darstellung 21 Verjährung 73, 99, 118
Sachregister — Erstreckung der Regelung des § 37 a WpHG auf deliktische Ansprüche 123 - Sekundärverjährung 121 Verkaufsprospekthaftung siehe Prospekthaftung Veröffentlichungspflicht 17 Verschulden 42, 98 Verschuldensmaßstab in der Diskussion 57 Verstöße gegen die Prospektpflicht siehe Prospektpflicht Vertragshaftungstheorie 8
143 Vertrauenshaftungstheorie 9 Vorabinformation 38 Werturteile 31, 35 Wesentlichkeit 33 Wirtschaftsprüfer siehe Angaben, Haftung Wissenszurechnung — bankintern 53 — der Kenntnis von Aufsichtsratsmitgliedern 54 Zulassungsstelle siehe Prüfungspflicht