Privatvölkerrechtliche Verträge: Zum Rechtscharakter eines Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson (oder einem nichtrechtlichen Verband) [1 ed.] 9783428424832, 9783428024834


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Privatvölkerrechtliche Verträge: Zum Rechtscharakter eines Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson (oder einem nichtrechtlichen Verband) [1 ed.]
 9783428424832, 9783428024834

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HANS-WERNER RENGELING

Privatvölkerrechtliche Verträge

Schriften

zum

Völkerrecht

Band 16

Privatvölkerrechtliche Verträge Z u m Rechtscharakter eines Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson (oder einem nichtstaatlichen Verband)

Von

Dr. jur. Hans-Werner Rengeling

DUNCKER & HUMBLOT/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1971 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1971 bei Buchdruckerei Richard Schröter, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 02483 4 D6

Vorwort Die vorliegende Untersuchung hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster als Dissertation vorgelegen. Mein aufrichtiger Dank gilt Herrn Prof. Dr. Friedrich Klein, unter dessen Betreuung die Arbeit entstand, sowie Herrn Prof. Dr. Hans-Ulrich Scupin für seine Unterstützung. Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Johannes Broermann danke ich, daß er die Arbeit in seinen Verlag aufgenommen hat. Münster, 5. Februar 1971 Hans-Werner

Rengeling

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung

23

I. Aufweisung und Abgrenzung des Problems

23

1. Die gemäß dem Wortlaut des Themas i n Betracht kommenden Verträge (Beispiele)

23

2. Der Begriff Problem)

24

„Rechtscharakter" i m Sinne des Themas (Das

3. Die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge (Beispiele)

24

4. Ergebnis

25

I I . Bisherige Behandlung des Problems 1. L i t e r a t u r

(Auswahl)

2. Rechtsprechung (Beispiele)

26 26 29

I I I . Rechtfertigung u n d Zweck dieser Untersuchung

29

I V . Methodische Bemerkungen

31

ERSTER T E I L Die Struktur der Verträge Vorbemerkung: § 2 Die Partner

Das Problem der Verträge

Vorbemerkung: Die Z a h l der an einem Vertrag beteiligten Partner I. Der staatliche Partner

32 32 32 33

1. Der Begriff des „Staates"

33

2. Die für den Staat handelnden Organe

33

I I . Die nichtstaatlichen Partner Vorbemerkung: Die A u f t e i l u n g der nichtstaatlichen Partner i n „ausländische Privatpersonen" und „internationale nichtstaatliche Verbände"

34

34

8 1. Der Begriff der „ausländischen Privatperson"

35

a) „Person"

35

b) „Privatperson" aa) Natürliche Person bb) Juristische Person und rechtsfähige Gesellschaft des Privatrechts

35 35

c) „Ausländisch" aa) „Ausländische" natürliche Person bb) „Ausländische" juristische Person und Gesellschaft des Privatrechts

36 36

35

rechtsfähige 37

2. Der Begriff des „internationalen nichtstaatlichen Verbandes"

38

a) „Verband" aa) Die internationalen privaten Organisationen bb) Die internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse

38 38

b) „Nichtstaatlich" aa) „Private" Organisationen bb) „Private" Wirtschaftszusammenschlüsse

39 39 41

c) „International" aa) Mitgliederstand bb) Vereinigungszweck cc) Recht

41 41 41 42

d) Ergebnis

44

§ 3 Der Inhalt

der Verträge

Vorbemerkung: Vertragsarten u n d Nebenbestimmungen I. Die Vertragsarten 1. Die Investitions Verträge u n d Konzessions Verträge sowie A b kommen zur wirtschaftlichen Entwicklung

39

44 44 45 45

a) Begriffe aa) „Investitionsvertrag" bb) „Konzessionsvertrag" cc) „ A b k o m m e n zur wirtschaftlichen Entwicklung" dd) Das Verhältnis des Investitions- u n d des Konzessionsvertrages sowie des Abkommens zur wirtschaftlichen Entwicklung zueinander

45 45 45 48

b) Beispiele aa) Tätigwerden i m öffentlichen Verkehrswesen u n d V e r sorgungswesen bb) Ausbeutung von Bodenschätzen cc) Sonstige gewerbliche u n d industrielle Betätigung unter Einräumung einer Monopolstellung

49

48

49 49 51

9 2. Staatsanleiheverträge

51

3. Kartellverträge

52

4. Sonstige Verträge

53

I I . Parteivereinbarungen über die rechtliche Verträge (Nebenbestimmungen)

Durchführung

der 54

1. Die Rechtswahlklausel

54

a) Der Verweis auf staatliches Recht

54

b) Der Verweis auf Völkerrecht

55

c) Der Verweis auf allgemeine Rechtsgrundsätze

55

2. Die Gerichtswahlklausel a) Die aa) bb) cc)

56

Schiedsklausel Schiedsklauseln i n Konzessionsverträgen Schiedsklauseln i n Anleihe- u n d Monopolverträgen . . Schiedsklauseln i n Kartellverträgen

56 57 58 59

b) Die Vereinbarung über die Zuständigkeit des Ständigen Internationalen Gerichtshofs i m Haag

60

3. Die Klausel über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner

60

4. Die Ratifizierungsklausel

62

ZWEITER TEIL Die rechtssystematische Einordnung der Verträge § 4 Klärung der Begriffe und bisher vertretene Ansichten

daraus

zu ziehende

Folgerungen

für

I. K l ä r u n g der Begriffe 1. Der Begriff des „Vertrages"

63 63 63

a) Die übliche Begriffsbestimmung

63

b) Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit der Verträge

64

aa) Die Verpflichtungskraft des Vertrages bb) Die Zulässigkeit des Vertrages cc) Ergebnis

64 66 67

2. Der Begriff der „rechtssystematischen Einordnung"

67

a) Das Rechtssystem als die Gesamtheit der einzelnen Rechtsordnungen

67

b) Einordnung

68

I I . Folgerungen für bisher vertretene Ansichten

69

10 1. Die „reinen" Vertragsverhältnisse und die Unmöglichkeit ihrer rechtssystematischen Einordnung (Wengler) a) Die Ansicht von Wengler aa) Die „reinen" Vertragsverhältnisse bb) Die Unmöglichkeit der rechtssystematischen ordnung

Ein-

b) Stellungnahme zu der Ansicht von Wengler aa) Zur Rechtsauffassung bb) Z u m Vertragsbegriff, insbesondere zu dem W i l l e n der Parteien, einen Rechtserfolg herbeizuführen cc) Zur rechtssystematischen Einordnung, insbesondere zum Einordnungskriterium

I.

69 69 69 70 70 70 71 72

2. Die Auffassung der britischen Regierung i n dem Rechtsstreit m i t dem I r a n

72

3. Ergebnis

73

Abschnitt

Die bisher vertretenen Lösungen und ihre kritische Würdigung

73

§ 5 Die Verträge

73

innerhalb

staatlichen

Rechts

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen 1. Die Verträge ausschließlich innerhalb staatlichen Rechts 2. Die Verträge i m Internationalen Privatrecht u n d i m Völkerrecht (Mann) a) Der Normalfall

74 75 75

b) Die ausnahmsweise Unterstellung unter das Völkerrecht . . c) Die Verweisung auf das Völkerrecht

74

75

als Problem des

Internationalen Privatrechts 75 aa) Die kollisionsrechtliche Verweisung 75 bb) Das Problem der Parteiautonomie i m Internationalen Privatrecht 75 3. Die Verträge i m Internationalen Privatrecht und innerhalb der allgemeinen Rechtsgrundsätze (Schlesinger-Gündisch) ..

76

a) Die Verweisung auf das „Sachnormsystem der allgemeinen Rechtsgrundsätze"

76

b) Die Verweisung i m Internationalen Privatrecht

76

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

78

1. Die von den dargestellten Auffassungen erfaßten Verträge ..

78

2. Das den Vertrag beherrschende Recht

79

3. Die Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts nach dem Internationalen Privatrecht

79

π a) Der Begriff des „Internationalen Privatrechts"

79

b) Die Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts

79

aa) Allgemeiner Ausgangspunkt

80

bb) Der reale Parteiwille i n einem kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag

80

cc) Der hypothetische Parteiwille oder objektive A n knüpfungsbegriffe; die Bedeutung der Staatsbeteiligung

83

4. Die Bedeutung hoheitlicher Maßnahmen eines Staates i m Hinblick auf seine Verpflichtungen aus Verträgen staatlichen Rechts

84

a) Das Problem

84

b) Der Erlaß privatrechtlicher Normen

85

c) Der Erlaß öffentlich-rechtlicher Normen

85

5. Die prozessuale Durchsetzung international-privatrechtlicher Vertragsansprüche ausländischer Privatpersonen gegen Staaten a) Der Grundsatz der I m m u n i t ä t der Staaten

87

aa) Die I m m u n i t ä t hinsichtlich der Rechtsprechung

87

bb) Die I m m u n i t ä t hinsichtlich der Zwangsvollstreckung b) Die nationale Schiedsgerichtsbarkeit

83 88

6. Die völkerrechtliche Bedeutung einer Einordnung der Verträge i n staatliches Recht a) Die Bedeutung des völkerrechtlichen Fremdenrechts aa) Der leitende Grundsatz zur Rechtsstellung der Ausländer bb) Die Achtung der von Ausländern erworbenen P r i v a t rechte cc) Das Offenhalten des Rechtsweges b) Die Bedeutung völkerrechtlichen Unrechts Folgen aa) Völkerrechtliches Unrecht bb) Folgen völkerrechtlichen Unrechts

87

89 90 90 90 93

und

seiner

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

93 93 94 96

1. Vorzüge

96

2. Nachteile und weitere Bedenken

97

a) Gegen die Einordnung der materiellrechtlichen Verträge i n staatliches Recht aa) Die mögliche Unzulänglichkeit und Unzumutbarkeit einer staatlichen Rechtsordnung bb) Die staatlichen Rechtsordnungen i n ihrem wechselnden Bestand

97 97 99

12 cc) Die ungleiche Rechtsstellung der Vertragspartner 99 dd) Die Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 100 b) Gegen die Anwendbarkeit des Internationalen P r i v a t rechts zur Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts 102 aa) Das Internationale Privatrecht als Teil der P r i v a t rechtsordnung eines Staates 102 bb) Das Internationale Privatrecht als staatliches Recht .. 103 3. Ergebnis § 6 Die Verträge

107

in der Völkerrechtsordnung

107

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

107

1. Pflug

107

2. Schwarzenberger

108

3. Marcus

109

4. M a n n

109

5. Bindschedler

110

6. von der Heydte

111

7. Schaumann

111

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

112

1. Der Begriff des völkerrechtlichen Vertrages

112

a) Der völkerrechtliche Vertrag i m dynamischen Sinn aa) Der Begriff des „abschlußfähigen Völkerrechtssubjekts" bb) Der Zweck der Willenseinigung, „Rechtsfolgen i m Bereich des Völkerrechts zu bewirken" cc) Der Vertragsabschluß als Rechtserzeugungsverfahren

112

116 116

b) Der völkerrechtliche Vertrag i m statischen Sinn

117

112

2. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit des völkerrechtlichen Vertrages 117 3. Die Unabhängigkeit Landesrecht

des völkerrechtlichen

Vertrages

vom 119

4. Die Folgen der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages 120 I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen 1. Vorzüge

122 122

a) Die Möglichkeit einer Erfassung der Verträge zwischen einem Staat und allen nichtstaatlichen Partnern 122

13 b) Das Völkerrecht als System

122

c) Die Auswirkungen der Unabhängigkeit vom Landesrecht 123 d) Die weitgehende Übereinstimmung m i t den Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 124 aa) Die Verweisung auf Völkerrecht 124 bb) Sonstige Parteivereinbarungen 124 2. Nachteile u n d weitere Bedenken

125

a) Gegen die nichtstaatlichen Vertragspartner als vertragsfähige Völkerrechtssubjekte 125 aa) Z u r Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Vertragspartner 126 bb) Z u r völkerrechtlichen Vertragsfähigkeit der nichtstaatlichen Vertragspartner 133 b) Bedenken aus dem Begriff des Völkerrechts 3. Ergebnis § 7 Die Verträge

135 136

im Bereich der allgemeinen

Rechtsgrundsätze

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

137 137

1. I n der rechtswissenschaftlichen L i t e r a t u r

137

a) McNair

137

b) Zweigert

137

c) Schlesinger-Gündisch

140

2. I n Schiedssprüchen

141

a) Lena Goldfields Ltd. v. UdSSR

141

b) Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. v. Sheikh of A b u Dhabi 142 c) Petroleum Development (Quatar) Ltd. v. Sheikh of Quatar 143 I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen

143

1. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit der Verträge

143

2. Das Recht, Verträge den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterstellen 143 3. Der Begriff der allgemeinen Rechtsgrundsätze

144

a) Die allgemeinen Rechtsgrundsätze als Völkerrechtsquelle 144 b) Die allgemeinen schendes Recht

Rechtsgrundsätze

als

vertragsbeherr-

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen 1. Vorzüge

145 147 147

a) Vorzüge — wie bei einer Einordnung der Verträge i n das Völkerrecht (im engeren Sinn) 147

14 b) Die Verträge innerhalb eines neben dem Völkerrecht (im engeren Sinn) bestehenden Bereichs internationalen Rechts 148 2. Nachteile u n d weitere Bedenken a) Die allgemeinen Rechtsgrundsätze schendes „System"

149 als

vertragsbeherr149

b) Der Ausschluß von Gewohnheitsrecht

152

3. Ergebnis

153

§ 8 Die Verträge in einer besonderen, neben den staatlichen ordnungen, der Völkerrechtsordnung und den allgemeinen grundsätzen bestehenden Rechtsordnung

RechtsRechts154

I. Die Verträge i m „Transnational L a w " (Jessup)

154

1. Darstellung der Ansicht von Jessup

154

2. Kritische Würdigung

155

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung Kipp, Dahm)

(Verdross, 155

1. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

155

a) Verdross 155 aa) Die neben den innerstaatlichen u n d völkerrechtlichen Verträgen bestehenden „quasi-völkerrechtlichen V e r träge" 156 bb) Die Eigenart der quasi-völkerrechtlichen Verträge . . 156 cc) Das von den quasi-völkerrechtlichen Schiedsgerichten anzuwendende Recht 157 dd) Der angebliche Vorbehalt der staatlichen Souveränität 157 ee) Die A b k o m m e n zur wirtschaftlichen Entwicklung als quasi-völkerrechtliche Verträge 158 ff) Der Beweis der eigenen Rechtsgemeinschaft 158 b) K i p p aa) Die untersuchten Verträge, ihre Merkmale u n d ihre Auslegung

158 charakteristischen

bb) Das die Verträge begründende Recht; die legung i m Vertragsabschluß selbst c) Dahm 2. Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

159 Grund160 162 163

a) Vorzüge 163 aa) Vorzüge — wie bei einer Einordnung der Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze 163 bb) Die Betonung der Gestaltungsfreiheit b) Nachteile und weitere Bedenken

164 164

15 aa) Bedenken — wie bei einer Einordnung der Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze 164 bb) Die lex contractus als „selbständige Rechtsordnung" für sich allein betrachtet 167 c) Ergebnis

169

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung . . . . 170 1. Die Verträge i n einem Quasi-Völkerrecht (Freund)

170

a) Darstellung der Auffassung von Freund 170 aa) Die Verträge i n einem Völkerrechts ähnlichen Recht . . 170 bb) Die ausländischen Privatpersonen als Völkerrechtssubjekte 171 cc) Die i m einzelnen auf die Verträge Rechtsnormen

anzuwendenden

b) Kritische Würdigung aa) Vorzüge bb) Nachteile u n d weitere Bedenken cc) Ergebnis

172 173 173 173 175

2. Die Verträge i n einem „internationalen Privatrecht i m eigentlichen Sinne" (Gfrörer) 175 a) Darstellung der Auffassung von Gfrörer

175

b) Kritische

176

Würdigung

3. Die Verträge als „quasi-international contracts" (Borchard) 176 4. Die Verträge i n einem „freien Körperschaftsrecht" (R. Wolff, Werr) 177 a) Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen aa) R. Wolff bb) Werr

177 177 178

b) Kritische Würdigung aa) Vorzüge bb) Nachteile u n d weitere Bedenken cc) Ergebnis

179 179 179 180

5. Die Verträge i n einem ius gentium als „Staatengemeinschaftsrecht" (von der Heydte) 180 a) Darstellung der Auffassung von von der Heydte (1933) .. 181 b) Kritische Würdigung aa) Vorzüge bb) Nachteile und weitere Bedenken cc) Ergebnis

182 182 182 184

6. Die Verträge i m „Recht der internationalen Gemeinschaft" (Zemanek) oder i m „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht" als einem „Sonderbereich des Rechtes der internationalen Gemeinschaft" (Borchers) 184

16

II.

a) Darstellung der vertretenen Auffassungen aa) Zemanek bb) Borchers

184 184 186

b) Kritische Würdigung aa) Vorzüge bb) Nachteile u n d weitere Bedenken cc) Ergebnis

188 188 189 191

Abschnitt

Der eigene Lösungsvorschlag: Die Einordnung der Verträge in das Privatrecht 192 § 9 Die neue Rechtsordnung

„Privatvölkerrecht"

192

I. Die Notwendigkeit u n d der Aufbau einer neuen Rechtsordnung 192 1. Die Notwendigkeit

192

2. Der Aufbau

192

I I . Die soziologischen Grundlagen und die Veränderungen i m Recht der internationalen Gemeinschaft 193 I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

196

1. Der Begriff „Privatvölkerrecht"

196

a) Die Begriffsbezeichnung

196

b) Der Begriffsinhalt

196

2. Die Besonderheiten des Privatvölkerrechts

199

a) Das Privatvölkerrecht als internationales Recht, als ius gentium 200 aa) Das Privatvölkerrecht als internationales Recht 200 bb) Das Privatvölkerrecht als ius gentium 201 b) Der genossenschaftliche Charakter des Privatvölkerrechts 202 c) Der konkrete Charakter des Privatvölkerrechts

204

d) Der ethische Charakter des Privatvölkerrechts

205

e) Der nicht-politische Charakter des Privatvölkerrechts f) Das Recht f ü r Beziehungen zwischen staatlichen nichtstaatlichen Partnern I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts 1. Geltungsgründe des Privatvölkerrechts

206 und 207 208 208

a) Außerrechtliche Tatsachen

208

b) Ethische

209

Gründe

c) Rechtstheoretische Gründe

209

17 2. Die Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts a) Die im aa) bb) cc)

212

Quellen (Erscheinungsformen) des Privatvölkerrechts einzelnen 213 Verträge 213 Gewohnheitsrecht 215 Rechtsgrundsätze 217

b) Die Rangordnung der Quellen (Erscheinungsformen) des Privatvölkerrechts 222 3. Erkenntnismittel von Rechtsnormen V. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung i m Rechtssystem

223 223

1. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung

223

2. Das Privatvölkerrecht i m Rechtssystem

224

a) Das Problem

224

b) Das Verhältnis von Privatvölkerrecht zu (zwischenstaatlichem) Völkerrecht 225 c) Das Verhältnis von Privatvölkerrecht zu Landesrecht

227

d) Ergebnis

229

V I . Die Subjekte des Privatvölkerrechts u n d ihre Handlungsfähigkeit 231 1. Der Staat

231

2. Die Privatperson

232

3. Der internationale nichtstaatliche Verband

235

§ 10 Die Verträge

im Privatvölkerrecht

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge 1. Begriff u n d A r t e n privatvölkerrechtlicher Verträge

237 237 238

a) Der Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages

238

b) A r t e n privatvölkerrechtlicher Verträge

246

2. Die Grundlage für die Entscheidung über das Vorliegen eines privatvölkerrechtlichen Vertrages 247 I I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge i m Privatvölkerrecht . . 248 1. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit der privatvölkerrechtlichen Verträge 248 2. Einschränkungen des Grundsatzes pacta sunt servanda

248

3. Die Regelung der privatvölkerrechtlichen Verträge unter Berücksichtigung der i n ihnen enthaltenen oder nicht enthaltenen Rechtswahlklauseln 250 2 Rengeling

18 a) Das Problem

250

b) Privatvölkerrechtliche Verträge m i t Rechtswahlklauseln aa) Die i n Betracht kommenden Rechtswahlklauseln bb) Die inhaltliche Bedeutung der Rechtswahlklauseln . . cc) Die privatvölkerrechtliche Regelung der Rechtswahlklauseln

251 251 252 253

c) Privatvölkerrechtliche Verträge ohne Rechtswahlklauseln 254 4. Unrechtsfolgen u n d Streiterledigung (Rechtsbehelfe)

254

a) Unrechtsfolgen

255

b) Streiterledigung (Rechtsbehelfe)

255

I I I . Gesamtergebnis u n d Ausblick

257

1. Gesamtergebnis

257

2. Ausblick

258

Literaturverzeichnis

260

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. AcP AD

= = = = =

AJ

=

AJCL AJIL

= =

Anm. AÖR Apelt-Festschrift

= = =

ArchVR Art. Aufl. AWD

= = = =

Bd. begr. Berichte

= = =

BGB

=

BGBl. BGH Β GHZ

= = =

Bilfinger-Festschrift

=

BRD BVerfG BVerfGE BYBIL bzw. 2*

anderer Ansicht am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis, Tübingen A n n u a l Digest and Reports of Public International L a w Cases; seit 1950: International L a w Reports (ILR), London (University of London) A r b i t r a t i o n Journal, London (Institute of A r b i t r a tors, Inc.) The American Journal of Comperative Law, B a l t i more (American Association for the Comperative Study of L a w , Inc.) The American Journal of International Law, Lancaster — Washington (The American Society of International Law) Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts, Tübingen Staat u n d Bürger. Festschrift f ü r W i l l i b a l t Apelt zum 80. Geburtstag, München und B e r l i n 1958 Archiv des Völkerrechts, Tübingen Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters m i t Recht der Europäischen Gemeinschaften, Heidelberg Band begründet Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Karlsruhe; bei aus den „Berichten" zitierten Beiträgen, die nicht i m Literaturverzeichnis aufgeführt sind, handelt es sich u m Diskussionsbeiträge auf Tagungen der Deutschen Gesellschaft f ü r V ö l k e r recht (deutsches) Bürgerliches Gesetzbuch v o m 18. August 1896 (RGBl. S. 195) m i t zahlreichen Änderungen (deutsches) Bundesgesetzblatt, Bonn — K ö l n (deutscher) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs i n Z i v i l sachen, K ö l n — B e r l i n Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht H. 29. Völkerrechtliche u n d staatsrechtliche Abhandlungen. Carl Bilfinger zum 75. Geburtstag am 21. Januar 1954, K ö l n — B e r l i n 1954 Bundesrepublik Deutschland (deutsches) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, T ü bingen The B r i t i s h Year Book of International L a w , L o n d o n — New Y o r k — Toronto beziehungsweise

Abkürzungsverzeichnis

20 ChVN

ders. d. h. Diss. DRK EA ECOSOC EGBGB Entscheidungen des StIGH Förderungsmaßnahmen FW GG Gutzwiller-Festgabe

=

H. h. M. hrsg. Huber-Festgabe

=

IBA ICLQ

=

i. e. S. IGH IGH-Statut

= = =

ILA ILC ILC-Yb

= = =

ILR insbes. IPR Jellinek-Gedächtnisschrift

= = = =

Jg. Jur. Bl. JW JZ Laun-Festschrift (1953)

= =

Charta der Vereinten Nationen vom 26. J u n i 1945; deutsche Übersetzung v o m Sprachendienst des Auswärtigen Amtes, abgedruckt i n der von Walter Schätzel begr. Textausgabe „Die Charta der Vereinten Nationen", München — Berlin, 4. Aufl. 1967 derselbe das heißt Dissertation Deutsches Rotes Kreuz. Schriftenreihe Europa Archiv, F r a n k f u r t am M a i n (Institut für europäische P o l i t i k und Wirtschaft) Economic and Social Council (der VN) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch v o m 18. August 1896 (RGBl. S. 604) m i t zahlreichen Änderungen Entscheidungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofes, Leiden Die Förderungsmaßnahmen für private deutsche Investitionen i n Entwicklungsländern, hrsg. vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Bonn, 2. Aufl. Januar 1965 Friedenswarte, Basel Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v o m 23. M a i (BGBl. S. 1) m i t zahlreichen Änderungen lus et Lex. Festgabe zum 70. Geburtstag von M a x Gutzwiller, Basel 1959 Heft herrschende Meinung herausgegeben Festgabe für M a x Huber zum 60. Geburtstag, 28. Dezember 1934, Zürich 1934 International Bar Association The International and Comperative L a w Quarterly, London i m engeren Sinn Internationaler Gerichtshof Statut des Internationalen Gerichtshofes, abgedruckt bei Schätzel, siehe unter „ C h V N " International L a w Association International L a w Commission Yearbook of the International L a w Commission, New Y o r k (United Nations) International L a w Reports, siehe „ A D " insbesondere Internationales Privatrecht Veröffentlichungen des Instituts für Staatslehre und P o l i t i k e.V. Mainz, Bd. 6. Forschungen u n d Berichte aus dem öffentlichen Recht. Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 12. J u l i 1885—9. J u n i 1955, München 1955 Jahrgang Juristische Blätter vereinigt m i t Gerichtszeitung, Wien Juristische Wochenschrift, Leipzig u n d B e r l i n Juristenzeitung, Tübingen Gegenwartsprobleme des internationalen Rechtes und der Rechtsphilosophie. Festschrift für Rudolf L a u n zu seinem 70. Geburtstag, Hamburg 1953

Abkürzungsverzeichnis m. w. Ν. Ν. F. NJW NZ OECD ÖZöR Pariser Universitätswoche Perassi-Festschrift Proceedings RabelsZ RdC Rdnr. Readings

RG RGZ RHDI Rivista Rz. S. Schiedsgerichts- u n d Vergleichsordnung

SchwJiR SchwJZ sog. Spiropoulos-Festschrift StIGH Symposium

u. a. UdSSR UN USA v.

21

m i t weiteren Nachweisen Neue Folge Neue Juristische Wochenschrift, München — B e r l i n — F r a n k f u r t am M a i n Niemeyers Zeitschrift f ü r Internationales Recht, Berlin-Grunewald Organisation für Economic Cooperation and Development österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht, Wien Pariser Universitätswoche an der L u d w i g - M a x i milians-Universität zu München v o m 14. bis 19. Februar 1955, München-Gräfelfing 1955 Scritti d i diretto internazionale i n onore d i Tomaso Perassi, Milano 1957, 2 Bde. Proceedings of The Southwestern Legal Foundation, Dallas; A l b a n y — N e w York, 1. Bd. 1959, 2. Bd. 1960, 3. Bd. 1961 Rabeis Zeitschrift für ausländisches u n d internationales Privatrecht, B e r l i n u n d Tübingen Recueil des Cour (Académie de Droit international de la Haye), Leyde Randnummer Selected Readings on Protection by L a w of Private Foreign Investments, International and Comperative L a w Center, The Southwestern Legal Foundation, Dallas; A l b a n y — San Francisco— New Y o r k 1964 (deutsches) Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen, B e r l i n u n d Leipzig Revue Hellénique de Droit International, Athène u n d Paris Rivista d i diretto internazionale, Milano Randziffer Seite Schiedsgerichts- u n d Vergleichsordnung des Ständigen Schiedshofes f ü r Streitigkeiten zwischen einem Staat u n d einer nichtstaatlichen Partei vom Februar 1962, abgedruckt i m ArchVR Bd. 12 (1964) S. 187—196 Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht, Zürich Schweizerische Juristenzeitung, Zürich sogenannt Grundprobleme des internationalen Rechts. Foundamental Problems of International Law. Problèmes fondamentaux du Droit international, Festschrift f ü r Jean Spiropoulos, Bonn 1957 Ständiger Internationaler Gerichtshof Symposium. Rights and Duties of Private Investors Abroad, International and Comperative L a w Center, The Southwestern Legal Foundation, Dallas; A l b a n y — San Francisco — New Y o r k 1965 unter anderem Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United Nations United States of America versus

22 Verdross-Festschrift Verf. VerwArch vgl. VN VN WVR WVRD YblO YBWA ZaöRV ZvglRw ζ. B.

Ziff. ZV

Abkürzungsverzeichnis = Völkerrecht u n d rechtliches Weltbild. Festschrift für Alfred Verdross, Wien 1960 = Verfasser = Verwaltungsarchiv. Zeitschrift für Verwaltungsrecht u n d Verwaltungsgerichtsbarkeit, Berlin = vergleiche = Vereinte Nationen Vereinte Nationen. Zeitschrift für die Vereinten Nationen u n d ihre Sonderorganisationen, Koblenz Wörterbuch des Völkerrechts, begr. von K a r l Strupp, hrsg. von Hans Jürgen Schlochauer, Berlin, 2. Aufl., 1. Bd. 1960, 2. Bd. 1961, 3. Bd. 1962 Wörterbuch des Völkerrechts u n d der Diplomatie, begonnen von Julius Hatscheck, fortgesetzt und hrsg. von K a r l Strupp, Berlin, 3. Bd. 1929 Yearbook of International Organizations 1964—65, Brussels (Imprimerie des Anciens Etablissements Puvrez, S. Α.), 10. Aufl. The Year Book of W o r l d Affairs, London Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Stuttgart u n d K ö l n Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft einschließlich der ethnologischen Rechtsforschung, Stuttgart zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Völkerrecht u n d Bundesstaatsrecht, Breslau

§ 1 Einleitung I. Aufweisung und Abgrenzung des Problems 1. Die gemäß dem Wortlaut des Themas in Betracht kommenden Verträge (Beispiele)

Zwischen einem Staat einerseits und einer ausländischen Privatperson oder einem nichtstaatlichen Verband andererseits können verschiedenartige Verträge abgeschlossen werden: (a) I n Betracht kommen ζ. B. privatrechtliche Kaufverträge, Dienstverträge und Mietverträge sowie öffentlich-rechtliche Konzessionsverträge zwischen einem Staat und einer ausländische Privatperson. (b) Möglich ist auch der Abschluß eines Vertrages zwischen einem Staat und dem Internationalen Roten Kreuz, einem nichtstaatlichen Verband 1 . (c) Schließlich gibt es zwischen den im Thema genannten Partnern eine Gruppe von Verträgen, die einige Besonderheiten aufweisen. Hierzu gehören etwa Anleihen, die Staaten auf dem privaten Kapitalmarkt i m Ausland aufgenommen haben und i n deren Bedingungen die Entscheidung von Streitigkeiten durch den Internationalen Gerichtshof i m Haag vorgesehen ist 2 . Erwähnt seien ferner internationale Kartelle, an denen sowohl Staaten als auch ausländische Privatpersonen (Privatunternehmen) beteiligt sind und für die i n Streitfällen die ausschließliche Zuständigkeit eines durch den Vertrag eingesetzten Schiedsgerichts gegeben sein soll 3 . Als besonders wichtige Beispiele dieser Vertragsgruppe sind Investitionsverträge und Konzessionsverträge sowie die sog. Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung anzusehen, in denen neben einer Schiedsklausel auch eine Vereinbarung enthalten ist, nach der auf die Verträge etwa Völkerrecht oder die allgemeinen Rechtsgrundsätze angewendet werden sollen 4 . ι Vgl. Zemanek, Vertragsrecht S. 123; ders., Verdross-Festschrift Hinweis auf § 2 I I 2. 2 Beispiele bei Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482. 3 Beispiele bei Zemanek, Verdross-Festschrift S. 334/335. 4 Vgl. etwa Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643/4.

S. 325;

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§ 1 Einleitung

A l l e hier angeführten Vertragsbeispiele werden vom Wortlaut des Themas erfaßt. 2. Der Begriff „Rechtscharakter" im Sinne des Themas (Das Problem)

Wenn es gilt, den „Rechtscharakter" dieser Verträge festzustellen, so ist — vom Sprachsinn des Begriffes ausgehend — die rechtliche Eigenart der Verträge zu bestimmen. Das kann — i m Hinblick auf die Partner und insbesondere auf die oben genannten Besonderheiten einiger Verträge — des näheren nur bedeuten, daß die den Verträgen auf Grund ihrer Eigentümlichkeit zukommende Stellung i m Recht, genauer: im Rechtssystem, zu suchen ist. Es stellt sich somit die Frage, welcher Rechtsordnung oder enger umgrenzten Rechtsmasse die Verträge angehören, unterstehen, zu unterstellen sind, wo sie anzusiedeln sind, von welchem Recht sie beherrscht werden, von welchem Recht sie regiert werden, wo sie i m Rechtssystem ihren Platz haben oder wie sie rechtssystematisch einzuordnen sind 5 : i n das staatliche Recht (einschließlich des Kollisionsrechts), in das Völkerrecht, in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze oder sonstwo. Entscheidendes K r i t e r i u m für die Lösung dieses Problems ist die Frage nach der Rechtsgrundlage der Verträge 6 . 3. Die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge (Beispiele)

Ist es Aufgabe der vorliegenden Untersuchung, den Rechtscharakter der Verträge zwischen den i m Thema genannten Partnern in dem Sinne zu ermitteln, daß die den Verträgen auf Grund ihrer Eigentümlichkeit zukommende Stellung i m Rechtssystem zu finden ist, so ergibt sich, daß nicht alle Verträge, die vom Wortlaut des Themas erfaßt werden, problematisch sind: Bei vielen Verträgen ist es nicht fraglich, welcher Rechtsordnung sie angehören. (a) So handelt es sich bei den unter § 1 11 (a) erwähnten privatrechtlichen Kaufverträgen, Dienstverträgen und Mietverträgen sowie bei den öffentlich-rechtlichen Konzessionsverträgen um Rechtsbeziehungen, die staatlichem Recht unterstellt sind 7 . Da bei diesen Verträgen wegen 5 Die genannten Ausdrücke werden i n der L i t e r a t u r u n d auch i n der vorliegenden Untersuchung synonym verwendet. 6 Es sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß das Problem der vorliegenden Untersuchung nicht (jedenfalls nicht ausschließlich) durch Parteivereinbarungen über das auf einen bestimmten Vertrag anzuwendende Recht gelöst werden kann. Es ist vielmehr die Frage zu beantworten, wo sich die Rechtsgrundlage für die rechtliche Erheblichkeit dieser (und anderer) Vereinbarungen befindet. Hinweis auf § 4 11. 7 Z u den privatrechtlichen Verträgen vgl. Borchers, Verträge S. 20—54; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 14; Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 477; Zweigert,

I. A u f Weisung und Abgrenzung des Problems

25

der beteiligten Partner eine Auslandsberührung gegeben ist, w i r d das Kollisionsrecht angewendet 8 . (b) Die unter § 1 11 (b) angeführten Verträge zwischen Staaten und dem Internationalen Roten Kreuz können dem Völkerrecht angehören 9 . (c) Fraglich ist der Rechtscharakter der unter § 1 11 (c) dargestellten Anleiheverträge, Kartellverträge, Investitionsverträge und Konzessionsverträge sowie der Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung. Es ist zweifelhaft, ob sie staatlichem Recht (einschließlich des Kollisionsrechts) angehören, da in ihnen die Anwendung des Völkerrechts oder der allgemeinen Rechtsgrundsätze bzw. die ausschließliche Zuständigkeit eines internationalen (außerstaatlichen) Gerichts für Streitfälle vereinbart ist 1 0 . Bei dem Versuch, diese Verträge i n das Völkerrecht einzuordnen, erscheint u. a. das Problem der Völker rechtssubjektivität des nichtstaatlichen Partners. 4. Ergebnis

Es kann festgestellt werden, daß Verträge zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson nur dann hinsichtlich ihres Rechtscharakters i m oben definierten Sinne problematisch sind, wenn „Besonderheiten" — wie sie beispielsweise angeführt wurden — vorliegen, d. h. wenn einerseits Anzeichen dafür gegeben sind, daß die Verträge nach dem Parteiwillen nicht (oder jedenfalls nicht ausschließlich) staatlichem Recht unterstehen sollen, andererseits aber die rechtssystematische Einordnung der Verträge in das Völkerrecht i m Hinblick auf den Status 11 der ausländischen Privatperson bedenklich ist. I n der Regel gehören also Verträge zwischen einem Staat und einer ausländischen Berichte H. 5 (1964) S. 201. Z u den Konzessionsverträgen vgl. insbes. Borchers, Verträge S. 56—86. 8 F ü r die privatrechtlichen Verträge k o m m t hier das Internationale P r i v a t recht i n Betracht. Bei den öffentlich-rechtlichen Verträgen sind die kollisionsrechtlichen Fragen schwieriger zu beantworten; vgl. dazu — insbes. auch i m Hinblick auf die hier angeführten Konzessionsverträge — Borchers, V e r träge S. 21 und 85—90. E i n „Internationales öffentliches Recht" oder ein „Internationales Verwaltungsrecht" als Entsprechungsstück zum Internationalen Privatrecht besteht höchstens i n Ansätzen; vgl. Borchers, Verträge S. 21; Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. 4 S. 105 \ Schnorr von Carols feld, Berichte H. 5 (1964) S. 221. 9 Eine Voraussetzung ist dafür allerdings, daß man das Internationale Rote Kreuz als Völkerrechtssubjekt betrachtet; vgl. dazu Klein, D R K Nr. 27, Abteilung Recht, H. 6 S. 150 ff.; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325. Bezüglich der übrigen Voraussetzungen f ü r das Vorliegen eines völkerrechtlichen Vertrages Hinweis auf § 6 I I 1. 10 Unter Berücksichtigung der Regel „ q u i elegit iudicem elegit ius". 11 Mosler, W R V Bd. 3 S. 665, bezeichnet die Völkerrechtsfähigkeit als den „Status", m i t dem subjektive Rechtspositionen i m Völkerrecht verbunden seien. Vgl. zu diesem Begriff auch Rauschning, Verträge S. 12/13.

26

§ 1 Einleitung

Privatperson staatlichem Recht (einschließlich des Kollisionsrechts) an. Dieser Ausgangspunkt ist unbestritten 1 2 . Bei der rechtssystematischen Einordnung der Verträge zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Verband bereitet der Status des letztgenannten Partners große Schwierigkeiten. Einmal erscheint die Einordnung dieser Verträge in staatliches Recht ausgeschlossen, wenn der nichtstaatliche Verband kein Subjekt des staatlichen Rechts ist und auch nicht die Anwendung staatlichen Rechts auf einen bestimmten Vertrag vereinbart ist; zum anderen stellen sich bei einem Versuch, die Verträge i n das Völkerrecht einzuordnen, ähnliche Probleme wie bei den Verträgen zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson, da die Völkerrechtssubjektivität des nichtstaatlichen Verbandes nicht ohne weiteres bejaht werden kann 1 3 . Die Verträge also, die zwischen staatlichem Recht und Völkerrecht 1 4 zu stehen scheinen, sind es, die i m Sinne des Themas als problematisch angesehen werden müssen.

II. Bisherige Behandlung des Problems 1. Literatur (Auswahl)

I n der wissenschaftlichen Literatur ist schon zu Beginn dieses Jahrhunderts die Frage behandelt worden, welches der Rechtscharakter von Verträgen zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Partner sei. Zu dieser Zeit wurde fast ausnahmslos die Ansicht vertreten, daß alle Verträge, die nicht zwischen Staaten abgeschlossen sind, innerstaatlichem Recht unterstünden; darüber, welches staatliche Recht es i m Einzelfall sei, entscheide das Internationale Privatrecht 1 5 . Es 12 Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 20, unter Hinweis auf S t I G H i m F a l l der Eisenbahn Panevezys-Saldutiskis (1939, Series A / B No. 76, S. 18): " I n principle, the . . . contractual rights of individuals depend i n every State on municipal law." Vgl. ferner Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 14; Mann, B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 34; ders., Gutzwiller-Festgabe S. 477; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 201 bis 205. is Hinv/eis auf § I I 2 . 14 Lewald, N J W 1963 S. 1392, u n d Schlochauer , ArchVR Bd. 12 (1964/65) S. 179, sprechen von Verträgen „zwischen dem Internationalen Privatrecht und Völkerrecht" als den Verträgen, die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematisch seien. Dabei bleibt aber unberücksichtigt, daß es auch öffentlich-rechtliche Verträge (z. B. Konzessionsverträge) gibt, von denen man dann sagen müßte, daß sie „zwischen dem Internationalen öffentlichen Recht (als Entsprechungsstück zum Internationalen Privatrecht) u n d dem Völkerrecht" stünden. is So z.B. von Bar, Z V Bd. 7 (1913) S. 431; Meurer, Z V Bd. 8 (1914) S. 44; vgl. auch Borchers, Verträge S. 142/143; Freund, Schutz der Gläubiger S. 14/15.

I I . Bisherige Behandlung des Problems

27

herrschte ein „dualistisches Denken" in dem Sinne, daß staatliches Recht und Völkerrecht (als zwischenstaatliches Recht) einander gegenübergestellt wurden; jedes Rechtsverhältnis, das nicht i n das Völkerrecht (als zwischenstaatliches Recht) eingeordnet werden konnte, sollte staatlichem Recht angehören 16 . Dieser Auffassung trat erstmals Freund entgegen, indem er sich i m Falle von im Ausland auf dem privaten Kapitalmarkt aufgenommenen Staatsanleihen dafür aussprach, daß es sich hier um Beziehungen handele, die einem „völkerrechtsähnlichen Recht" unterstünden 17 . Diese „dritte A r t von Recht" 1 8 blieb jedoch noch lange Zeit entweder unbeachtet oder wurde kurz abgelehnt. Erst die internationale Vertragspraxis 19 gab Anlaß zur weiteren Erörterung des Rechtscharakters der hier i n Rede stehenden Verträge. Schwarzenberg er 20 schlug vor, den Bereich des Völkerrechts zu erweitern, da es sich dabei nicht notwendig um nur zwischenstaatliches Recht handeln müsse. Marcus 21 sprach bei den sich nach dem ersten Weltkrieg bildenden Trusts und Konzernen von „Wirtschaftsstaaten" 22 und dehnte auf diese Weise das Völkerrecht aus. Werr 2 3 wollte bestimmte Verträge in ein Normensystem einordnen, das „nicht mehr staatliches Recht und noch nicht Völkerrecht" sei; er nannte es „freies Körperschaftsrecht". von der Heydte 24 dachte an ein „Staatengemeinschaftsrecht" (als ius inter gentium) für bestimmte Verträge. Aber auch diese Theorien fanden zunächst keinen Widerhall i n den zusammenhängenden Darstellungen des Völkerrechts 25 . Viele Jahre war sodann von den Meinungsverschiedenheiten gar nicht mehr die Rede 26 . Seitdem aber die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge immer zahlreicher abgeschlossen werden 2 7 , befassen sich etwa 16 So Zemanek, Verdross-Festschrift S. 321. 17 Freund, Schutz der Gläubiger S. 18; i m Anschluß an Freund sprach Gfrörer, Staatsanleihe S. 32, von einem „postulierten Internationalen P r i v a t recht" (im Gegensatz zu den staatlichen Kollisionsrechten als übernationales Recht). is So von Bar, Z V Bd. 7 (1913) S. 431 Fußnote 1, der dieses Recht außer Betracht läßt, da er sich von der Beschaffenheit eines solchen Rechts keine Vorstellung machen kann. 19 Insbesondere die Anleihen u n d Monopolverträge des Kreugerkonzerns während der Weltwirtschaftskrise i n den Jahren 1928—1932 sind hier zu nennen; Hinweis auf § 3 12. 20 Kreuger-Anleihen S. 10. 21 Kreuger & T o l l S. 3. 22 Hervorhebung v o m Verf. 23 Wirtschaftszusammenschlüsse S. 78. 24 Jur. Bl. Jg. 62 (1933) S. 33. 25 Vgl. Borchers, Verträge S. 155. 26 Vgl. Wehberg, JZ 1962 S. 294. 27 Insbesondere mehrten sich die Erdölkonzessionsverträge u n d die sog. Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung; Hinweis auf § 3 11.

28

§ 1 Einleitung

ab 1950 viele Autoren mit der Rechtsproblematik dieser Verträge. Dabei vertritt — soweit ersichtlich — keiner mehr den Standpunkt, daß Verträge zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Partner ohne Ausnahme innerstaatlichem Recht unterstehen müßten. Es w i r d anerkannt, daß gewisse Verträge zwischen den genannten Partnern „internationalisiert", d. h. der ausschließlichen Herrschaft innerstaatlichen Rechts entzogen werden können 28 . Unterschiedlich — von einer h. M. kann diesbezüglich noch keine Rede sein — werden die beiden wichtigen Fragen beantwortet, unter welchen Voraussetzungen ( = bei welchen Verträgen) eine derartige „Internationalisierung" zulässig sein soll und welches „internationale" 2 9 Recht diese Verträge beherrschen soll. Hier seien dazu folgende Meinungen angedeutet: Mann 3 0 w i l l bestimmte Verträge dem Völkerrecht unterstellen; über die Frage, wann dieses möglich sei, soll das Internationale Privatrecht entscheiden. Bindschedler 31 zieht ebenfalls die Einordnung gewisser Verträge in das Völkerrecht in Erwägung. Jessup 32 denkt an ein „transnationales Recht" für die Verträge. Fawcett θ3, McNair 34 und Zweigert 35 sind der Ansicht, daß die Verträge — allerdings unter verschiedenartigen Voraussetzungen — den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterstellen seien. Verdross 86 spricht bei den sog. Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung von „quasivölkerrechtlichen" Verträgen, die jeweils eine selbständige Rechtsordnung bildeten. K i p p 3 7 hat diese Lehre vertieft. Zemanek 38 w i l l bestimmte Verträge in das „Recht der internationalen Gemeinschaft" (im Gegensatz zu dem Recht der einzelnen nationalen Gemeinschaften) einordnen. Borchers 39 schließlich schlägt vor, Verträge, die „sachlich gleichartig" mit gewissen zwischenstaatlichen Verträgen seien, dem „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht, einem Sonderbereich des Rechtes der internationalen Gemeinschaft" zu unterstellen. 28 Der Begriff „internationalisieren" w i r d von Mann, B Y B I L Jg. 21 (1944) S. 19, gebraucht. Borchers, Verträge S. 139 Anm. 793, bemerkt dazu, daß dieser Begriff insofern unglücklich sei, als er die Annahme nahelege, die Verträge sollten dem Völkerrecht i. e. S. (gemeint: Völkerrecht als zwischenstaatliches Recht) unterstellt werden. 29 Damit ist ein Recht gemeint, das nicht innerstaatlich, sondern „überstaatlich" (außerstaatlich; nach Borchers, Verträge S. 139 Anm. 793, extranational; nach Jessup, Transnational L a w , transnational) sein soll. 3 0 Gutzwiller-Festgabe S. 479 und 481. 31 Berichte H. 5 (1964) S. 232. 32 Transnational Law. 33 B Y B I L Jg. 30 (1953) S. 399. 34 B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 4 und 19. 35 Berichte H. 5 (1964) S. 208. 36 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638 u n d 641. 37 Berichte H. 5 (1964) S. 133—188. 38 Verdross-Festschrift S. 336. 39 Verträge S. 185—209.

I I I . Rechtfertigung u n d Zweck dieser Untersuchung

29

2. Rechtsprechung (Beispiele)

Aus der Rechtsprechung seien an dieser Stelle zwei Beispiele angeführt, die nochmals die Problematik der zu behandelnden Verträge erkennen lassen: I m Jahre 1929 entschied der Ständige Internationale Gerichtshof i m Falle der serbischen Staatsanleihen i n Frankreich 4 0 : „ A n y contract which is not a contract between States in their capacity as subjects of international law is based on the municipal law of some country." Dieser Satz spiegelt treffend das „dualistische Denken" i m Sinne von Zemanek 41 wider. A b 1930 haben mehrere Schiedsgerichte darüber entschieden, welchem Recht ein Vertrag zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Partner angehöre. Hier soll ein Beispiel genannt werden, i n dem ein Vertrag insofern „internationalisiert" 4 2 worden ist, als er i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze eingeordnet wurde: I n dem Schiedsspruch in Sachen der Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. gegen den Scheich von A b u Dhabi w i r d ein Konzessionsvertrag den „principles rooted in the good sense and common practice of the generality of civilized nations — a sort of ,modern law of nature'" unterstellt 4 3 .

I I I . Rechtfertigung und Zweck dieser Untersuchung Die Bestimmung des Rechtscharakters der i m oben (I 2 und 3) dargestellten Sinne problematischen und immer häufiger zustande kommenden Verträge w i r f t einmal eine bedeutsame rechtstheoretische Frage 44 auf, die nach Bindschedler 45 eines der schwierigsten Rechtsprobleme unserer Zeit zum Gegenstand hat. Die Lösung dieses Problems ist aber auch für die Praxis von großer Wichtigkeit, da sie weitreichende Folgen hat. Zwei Beispiele mögen dies erhellen: Untersteht der Vertrag über eine Staatsanleihe dem innerstaatlichen Recht des Schuldnerstaates, so ist eine einseitige Abänderung des Vertragsinhalts durch nachträglichen Gesetzgebungs40 U r t e i l vom 12.7.1929 (Akten E. c. X V I I I . Register X V I . 4), Series A No. 20/21 S. 41; deutsche Übersetzung i n Entscheidungen des S t I G H Bd. 7 (1929—1930) S. 60/61. « Vgl. Anm. 16 zu § 1. 42 Vgl. oben Anm. 28 zu § 1. 43 So Lord Asquith of Bishopstone als Schiedsrichter, I C L Q Bd. 1 (1952) S. 251. 44 Vgl. oben 12. 45 Berichte H. 5 (1964) S. 232.

30

§ 1 Einleitung

akt des Schuldnerstaates denkbar 4 6 , indem etwa den ausländischen Gläubigern eine Couponsteuer auferlegt wird. Ist hingegen dieser Anleihevertrag ausschließlich überstaatlichem Recht (und in diesem Sinn „internationalem" Recht) 47 unterstellt, hat innerstaatliches Recht möglicherweise auf den Vertrag keinen Einfluß 48 . Ein zweites Beispiel ergibt sich bei der Frage nach dem Schutz des Auslandsvermögens 49 . Verdross 50 hat darauf hingewiesen, daß der von der h. M. und Praxis angenommene Grundsatz völkerrechtlicher Zulässigkeit von Enteignung ausländischen Privatvermögens 51 für Vermögenswerte entwickelt worden sei, die ein Ausländer auf Grund der Rechtsordnung des enteignenden Staates erworben habe. Dieser Grundsatz könne jedoch nicht automatisch auf ausländische Vermögenswerte Anwendung finden, die durch einen zwischen einem Staat und einem Ausländer abgeschlossenen Vertrag erworben würden, der (nach der Ansicht von Verdross) eine selbständige Rechtsordnung neben staatlichem Recht und Völkerrecht bilde. Die bisherige wissenschaftliche Behandlung der hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge, die sich zumeist nur auf Teile des hier zu behandelnden gesamten Fragenkreises erstreckt, hat einander erheblich widerstreitende Meinungen erkennen lassen; eine „herrschende Ansicht" vermochte sich bisher nicht herauszubilden. Die internationale Rechtsprechung zu dem Problem der vorliegenden Untersuchung ist nicht sehr umfangreich und weist höchstens Ansätze für die rechtssystematische Einordnung der Verträge auf. Angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung der Verträge bzw. ihrer Problematik einerseits sowie deren bisherige Behandlung in der wissenschaftlichen Literatur und i n der Rechtsprechung andererseits muß jeder Versuch — wie dies auch Wehberg 52 besonders betont hat — nützlich erscheinen, zur Klärung des Rechtscharakters dieser Verträge zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Partner beizutragen. Einen solchen Versuch soll die vorliegende Untersuchung darstellen. 46 Hinweis auf § 5 I I 4. 47 Vgl. A n m . 29 zu § 1. 48 Vgl. zu diesem Beispiel Freund, Schutz der Gläubiger S. 22, der Verträge über Staatsanleihen m i t Ausländern einem „Quasi-Völkerrecht" unterstellt und zu dem Ergebnis gelangt, daß die Frage, ob der Schuldnerstaat zu der Couponsteuer gegenüber den ausländischen Gläubigern berechtigt sei, i m verneinenden Sinn beantwortet werden müsse. Hinweis auf § 8 I I I 1. 49 Vgl. dazu Böckstiegel, Eigentumsentziehung S. 125; Borchers, Verträge S. 96—121; Carlston, Readings S. 273—302; Hjerner, Readings S. 523—572; Kissam-Leach, Readings S. 353—406; Olmstead, Readings S. 215—236. so ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 637/638. si Z u den Voraussetzungen vgl. i m einzelnen Borchers, Verträge S. 104 bis 121. 52 JZ 1962 S. 294.

I V . Methodische Bemerkungen

31

IV. Methodische Bemerkungen Der Weg, dem nachzugehen ist, um das Ziel der Untersuchung zu erreichen, ergibt sich aus der Definition des „Rechtscharakters": Es ist daher i n einem ersten Teil die „Eigentümlichkeit" der problematischen Verträge zu ermitteln. Diese soll hier durch die gemäß dem Thema in Betracht kommenden Partner und den Inhalt der Verträge dargestellt werden. I n einem zweiten Teil der Untersuchung ist sodann die „Stellung der Verträge i m Recht" zu erörtern. Dabei soll ihre rechtssystematische Einordnung erfolgen. I n einem ersten Abschnitt werden hier die dazu bisher vertretenen Auffassungen dargestellt und kritisch gewürdigt. I n einem zweiten Abschnitt w i r d danach eine eigene Lösung vorgeschlagen: die Einordnung der Verträge in eine neue Rechtsordnung, das „Privatvölkerrecht".

Erster Teil:

Die Struktur der Verträge Vorbemerkung: Das Problem Bevor nach der Rechtsgrundlage eines Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson oder einem nichtstaatlichen Verband gefragt werden kann, gilt es zunächst zu klären, um welche Verträge es sich dabei i m einzelnen handelt, welche Struktur diese Verträge besitzen: Es ist das aus vielen Einzelbestandteilen zusammengefügte Gesamtgebilde und die Bauart dieser Verträge (Vertragsverhältnisse) zu betrachten. Dabei ist zuerst zu prüfen, welche Partner i m einzelnen an den hier zu untersuchenden Verträgen beteiligt sein können. Da aber, wie oben bereits anhand von Beispielen gezeigt wurde 1 , durch die Partner allein nicht bestimmt ist, welche Verträge hinsichtlich ihrer Rechtsgrundlage problematisch sind 2 , daß vielmehr weitere „Besonderheiten" 3 vorliegen müssen, ehe man dies sagen kann, erscheint es erforderlich, auch den Inhalt der im Sinne des Themas problematischen Verträge 4 kennenzulernen.

§ 2 Die Partner der Verträge Vorbemerkung: Die Zahl der an einem Vertrag beteiligten Partner Gemäß dem Wortlaut des Themas geht es um Verträge zwischen jeweils einem Staat und einer ausländischen Privatperson oder einem nichtstaatlichen Verband. Nur der Klarheit halber sei dazu bemerkt, daß auch mehrere 5 Staaten auf der einen Seite ebenso wie mehrere Vgl. § 1 1 1 u n d 3. Vgl. § 1 1 2 u n d 3. Vgl. § 1 1 1 u n d 3. Vgl. § 1 1 2. 5 Gemeint ist, daß diese Staaten als einzelne an einem Vertrag m i t einem nichtstaatlichen Partner beteiligt sind. Nicht behandelt werden dagegen solche Verträge, die zwischen einem aus Staaten bestehenden Verband und ι 2 3 4

I. De staatliche Partner

33

nichtstaatliche Partner auf der anderen Seite an einem der hier zu behandelnden Verträge beteiligt sein können. Die Problemstellung erfordert nur, daß mindestens jeweils ein staatlicher und ein nichtstaatlicher Partner zusammentreffen.

I. Der staatliche Partner 1. Der Begriff des „Staates"

Es erscheint i m Rahmen dieser Untersuchung nicht angemessen, i m einzelnen auf die verschiedenen Begriffsbestimmungen des „Staates" in der Allgemeinen Staatslehre 6 oder der Völkerrechtswissenschaft 7 einzugehen. I m Hinblick auf die hier zu behandelnde Problematik soll davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem staatlichen Partner um ein Subjekt des Völkerrechts handelt 8 , da sonst ein Versuch, die Verträge der Völkerrechtsordnung zu unterstellen, schon an dem Status 9 des staatlichen Partners scheitern würde. Es mag daher für die vorliegende Untersuchung genügen, die von Berber 10 gebildete Begriffsbestimmung des Staates als Völkerrechtssubjekt hier wiederzugeben: „Ein Staat als volles Subjekt des Völkerrechts ist . . . ein auf einem bestimmten Gebiet organisierter Personenverband, dessen Verbandsgewalt auf diesem Gebiet unabhängig von jeder anderen ihm nicht untergeordneten oder eingeordneten Verbandsgewalt gilt . . . " 2. Die für den Staat handelnden Organe

Der Staat handelt — schließt Verträge — durch seine Organe. Jellinek 11 sagt dazu: „Der Staat kann nur durch das Medium von Organen einem nichtstaatlichen Partner abgeschlossen werden. Diese Verträge werden vom Thema nicht erfaßt. Vgl. dazu Zemanek, Vertragsrecht S. 123 ff.; vgl. auch § 10 1 1 b am Ende u n d § 10 I I I 2. 6 Vgl. dazu Helfritz, Staatsrecht S. 94; Jellinek, Staatslehre S. 182/183; Kelsen, Staatslehre S. 5; Krüger, Staatslehre S. 8—14; Küchenhoff, Staatslehre S. 18/19; Nawiasky, Staatslehre T e i l I S. 59; vgl. zur Problematik der klassischen sog. Drei-Elementen-Lehre des Staatsbegriffs auch von Mangoldt-Klein, Anm. V I 3 zur Überschrift, Bd. 1 S. 30/31. 7 Vgl. insbes. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 114—126; vgl. auch Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 74—76; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 162; Sauer, System S. 72; Verdross, Völkerrecht S. 191/192; Wengler, Völkerrecht Bd. 1 S. 186—193. 0 Z u r Unterscheidung zwischen Staaten, die Völkerrechtssubjekte sind, und solchen, die es nicht sind, vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 122, 125; von der Heydte, Völkerrecht Bd. 1 S. 189; Ross, Völkerrecht S. 95. 9 Vgl. A n m . 11 zu § 1. 10 Völkerrecht Bd. 1 S. 126. 11 System S. 213. 3 Rengeling

34

§ 2 Die Partner der Verträge

walten; denkt man die Organe hinweg, so ist auch die Vorstellung des Staates selbst verschwunden 12 ." Hans J. Wolff 13 definiert „Organe" (einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung) als „diejenigen organisatorischen Funktionseinheiten (Subjekte), deren Verhalten rechtlich unvermittelt der Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zugerechnet wird." Keine Staatsorgane sind daher selbständige juristische Personen des Privatrechts, „an denen ein Staat allein oder zusammen mit anderen Personen beteiligt ist und die keine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen" 1 4 . Selbständige juristische Personen des öffentlichen Rechts gehören zur „mittelbaren Staatsverwaltung" 1 5 . Borchers 16 stellt dazu fest, daß ihre Handlungen „unmittelbar" nur sie selbst verpflichten würden; diese Personen seien „grundsätzlich" nicht als Staatsorgane anzusehen, es gebe jedoch Ausnahmen. I m Rahmen der vorliegenden Untersuchung kommen nur solche Verträge i n Betracht, die auf staatlicher Seite von einem Organ des staatlichen Partners abgeschlossen werden.

I I . Die nichtstaatlichen Partner Vorbemerkung: Die Aufteilung der nichtstaatlichen Partner in „ausländische Privatpersonen" und „internationale nichtstaatliche Verbände"

I m Thema sind als nichtstaatliche Partner die „ausländische Privatperson" und der „nichtstaatliche Verband" genannt. Aus der Bezeichnung „ausländisch" vor „Privatpersonen" muß entnommen werden, daß es sich hier um die Person (das Subjekt) eines Landes (einer staatlichen Rechtsordnung) handeln soll. I m Gegensatz dazu, so w i r d man folgern müssen, ist der „nichtstaatliche Verband" — ebenso wie sein Gegenstück, der „zwischenstaatliche Verband" — nicht ein Verband (ein Subjekt) eines Landes (einer staatlichen Rechtsordnung), sondern 12 Vgl. auch Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 391. !3 Verwaltungsrecht Bd. 2 S. 36. i4 Borchers, Verträge S. 4; vgl. auch Fawcett, B Y B I L Jg. 25 (1948) S. 35. is Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 411 ff.; vgl. auch Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht Bd. 1 S. 112 ff. ι 6 Verträge S. 4/5; dort sind als juristische Personen des öffentlichen Rechts, die ausnahmsweise als Staatsorgane anzusehen seien, genannt: einm a l die sog. „Leitungsverbände", die es i m nationalsozialistischen Staats-, Wirtschafts- u n d Kulturorganisationsrecht gegeben habe, die zwar vermögensrechtlich selbständig, i m übrigen aber Staatsorgane gewesen seien; zum anderen könne man auch die Atomic Energy Commission der USA als Staatsorgan betrachten, da i h r die Möglichkeit gegeben sei, völkerrechtliche, unmittelbar die USA bindende Verträge abzuschließen.

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I I . Die nichtstaatlichen Partner

ein — in einem noch näher darzustellenden Sinne 17 — „internationaler" Verband. Nichtstaatliche Partner i m Sinne des Themas sind somit „ausländische

Privatpersonen"

und

„internationale

nichtstaatliche

Ver-

bände". 1. Der Begriff der „ausländischen Privatperson" a) „Person"

Als „Person" i m Rechtssinne kann man jedes vollrechtsfähige Rechtssubjekt (im Sinne von Verpflichtungs- und Berechtigungssubjekt) bezeichnen 18 . b) „Privatperson"

„Privatperson" ist eine Person, die Träger privatrechtlicher pflichtungen und Berechtigungen ist 1 9 .

Ver-

aa) Natürliche Person „Privatperson" ist zunächst die sog. natürliche Person, der Mensch 20 . I n der völkerrechtswissenschaftlichen Literatur w i r d (im Zusammenhang mit der Frage der Völkerrechtssubjektivität) „natürliche Person" ( = Mensch) oft ersetzt durch „Einzelperson" 21 , „Einzelmensch" 22 und „Individuum" 2 3 . Diese Begriffe werden i n der vorliegenden Untersuchung (wie in der Literatur) als inhaltlich gleichbedeutend verwendet. bb) Juristische Person und rechtsfähige Gesellschaft des Privatrechts „Privatpersonen" sind ferner alle juristischen Personen des Privatrechts und alle rechtsfähigen Gesellschaften des Privatrechts 24 . Welches Recht über die Rechtsfähigkeit dieser Privatpersonen entscheidet, ist umstritten 2 5 . Als Anknüpfungspunkte kommen i n Be17 Hinweis auf § 2 I I 2. is So Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 160, der dazu weiter sagt, daß es die Rolle sei, die ein Mensch oder ein anderes soziales Substrat i m Rechtsleben innehabe; vgl. noch Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1, 3. Aufl. 1959, S. 144. Vgl. auch Lehmann, Allgemeiner T e i l BGB, S. 70. ι» Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 160. 20 I m Unterschied dazu w i r d i n der Völkerrechtswissenschaft von dem Staat als „natürlicher Person" des Völkerrechts gesprochen, vgl. von der Heydte, Berichte H. 5 (1964) S. 234. 21 So z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 171; Haake, Einzelpersonen. 22 So z.B. Eckert, Einzelmensch; Klein, Haftung S. 42. 23 So z. B. Hoffmann, Individuum. 24 Vgl. Borchers, Verträge S. 6. Bei den Privatpersonen, die an den hier zu untersuchenden Verträgen beteiligt sind, handelt es sich zumeist u m große wirtschaftliche Unternehmen als juristische Personen oder rechtsfähige Gesellschaften des Privatrechts. Hinweis auf § 3 11—3. 25 Vgl. zu der Lehre v o m „Personalstatut" Raape, Internationales P r i v a t recht S. 195 ff.; M. Wolff, Internationales Privatrecht S. 114. 3*

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§ 2 Die Partner der Verträge

tracht 2 6 : die Staatsangehörigkeit 27 dieser Privatpersonen, der Gründungsort, der Ort der Kapitalzeichnung, der Wohnsitz oder die Staatsangehörigkeit der Mitglieder, der Betriebsort oder der Verwaltungssitz. Nach kontinentaler Auffassung gilt die sog. Sitztheorie, d. h. das Recht des Sitzes der Hauptverwaltung regelt die Rechtsfähigkeit 28 . Nach anglo-amerikanischer Auffassung ist die sog. Gründungsorttheorie maßgebend, d. h. über die Rechtsfähigkeit entscheidet das Recht des Ortes, an dem die juristische Person oder Gesellschaft gegründet worden ist 2 9 . c) „Ausländisch" M i t dem Zusatz „ausländisch" ist nicht nur (Betonung: aus ländisch) gesagt, daß es sich bei der Privatperson um das Subjekt einer staatlichen Rechtsordnung handelt 3 0 , es w i r d dadurch auch (Betonung: ausländisch) zum Ausdruck gebracht, daß die Privatperson nicht Angehörige des Staates ist, m i t dem sie einen Vertrag schließt bzw. geschlossen hat. aa) „Ausländische" natürliche Person Eine natürliche Person ist dann als „ausländisch" zu bezeichnen, wenn sie entweder die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates als die des Staates besitzt, mit dem sie i n vertragliche Beziehungen tritt, oder aber wenn sie staatenlos 31 ist 3 2 . Berber 33 definiert „Staatsangehörigkeit" als „eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung, kraft deren ein Mensch als mit einem bestimmten Staat i n effektiver, dauernder und regelmäßig ausschließlicher Weise verbunden angesehen wird, und zwar sowohl von seinem eigenen Staat wie von dritten Staaten". Die Regelung der Staatsangehörigkeit ist nach Völkerrecht den Staaten überlassen 34 . Sie sind dabei allerdings nicht völlig frei, sondern an völkerrechtliche Schranken gebunden 35 . 26

So Beitzke, Juristische Personen S. 71 ff. Vgl. dazu unten c bb. 28 Vgl. Kegel, Internationales Privatrecht S. 206/207 ; Raape, Internationales Privatrecht S. 195 ff.; M. Wolff , Internationales Privatrecht S. 115. 29 Vgl. Kegel, Internationales Privatrecht S. 205/206; Dicey-Morris, Conflict of Laws S. 477. so Vgl. § 2 I I Vorbemerkung. «i Vgl. dazu Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 359—361. 32 Ebenso Borchers, Verträge S. 6. 33 Völkerrecht Bd. 1 S. 354; Berber gibt auch, a.a.O. S. 353/354, eine Übersicht der verschiedenen Definitionen der „Staatsangehörigkeit". 34 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 354; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S.446; Verdross, Völkerrecht S. 306. 35 Z u r Regelung der Staatsangehörigkeit sagt A r t . 1 des Haager A b k o m mens über die Konflikte der Staatsangehörigkeitsgesetze: „ I I appartient à chaque Etat de déterminer par sa législation quels sont ses nationaux. Cette législation doit être admise par les autres Etats, pourvu qu'elle soit en accord avec les conventions internationales, la coutume internationale et les 27

I I . Die nichtstaatlichen Partner

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bb) „Ausländische" juristische Person und rechtsfähige Gesellschaft des Privatrechts Bei den juristischen Personen und den rechtsfähigen Gesellschaften des Privatrechts handelt es sich dann um „ausländische", wenn diese Privatpersonen die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates als die des Staates besitzen, m i t dem sie in vertraglichen Beziehungen stehen 36 . „Staatsangehörigkeit" juristischer Personen oder rechtsfähiger Gesellschaften gibt es — wie fast einhellig anerkannt ist — nur i m übertragenen Sinne 37 . Sie ist zwar von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden; i n der Regel fallen aber Staatsangehörigkeit und Personalstatut 38 zusammen 39 . I m einzelnen ist die Frage der Staatsangehörigkeit j u r i stischer Personen bzw. rechtsfähiger Gesellschaften äußerst streitig; es besteht — ebenso wie bei der natürlichen Person — keine einheitliche, allgemein anerkannte Anknüpfung 4 0 . Die eine — überwiegend kontinentale — Ansicht bestimmt die Staatsangehörigkeit nach dem Verwaltungssitz der juristischen Person oder rechtsfähigen Gesellschaft 41 . Nach anglo-amerikanischer Lehre gehören die juristischen Personen und rechtsfähigen Gesellschaften dem Staat an, nach dessen Gesetzen sie errichtet worden sind (law of incorporation) 42 . Schließlich w i r d die sog. Kontrolltheorie vertreten, die besagt, daß juristische Personen und rechtsfähige Gesellschaften die Staatsangehörigkeit des Landes besitzen, dessen Angehörige den überwiegenden Einfluß ausüben 43 . Die Kontrolltheorie „deckt die realen wirtschaftlichen Kräfte, principes de droit généralement reconnus en matière de nationalité." Diese Bestimmung ist angeführt bei Verdross, Völkerrecht S. 306/307. Verdross stellt auch die i n Satz 2 der genannten Bestimmung erwähnten „principes" i m einzelnen dar, a.a.O., S. 307, u n d gibt einen Überblick über die Grenzen staatlicher Regelungsbefugnis nach allgemeinem Völkerrecht, a.a.O. S. 307 bis 312. 36 Staatenlosigkeit gibt es bei juristischen Personen u n d rechtsfähigen Gesellschaften nicht, da sie „ i m Gegensatz zu den Menschen durch die Rechtsordnung nicht n u r berechtigt oder verpflichtet, sondern überhaupt erst geschaffen werden", Verdross, Völkerrecht S. 315. 37 Vgl. Beitzke, Juristische Personen S. 36; Mamelok, Staatsangehörigkeit S. 12; Isay, Staatsangehörigkeit S. 13, spricht von „unechter" Staatsangehörigkeit; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 365/366; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 495; Raape, Internationales Privatrecht S. 205; M. Wolff, Internationationales Privatrecht S. 120. 88 Vgl. A n m . 25 zu § 2. 39 So Raape, Internationales Privatrecht S. 206. 40 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 314. 41 Vgl. Beitzke, Juristische Personen S. 223/224; Isay, Staatsangehörigkeit S. 76—83; Mamelok, Staatsangehörigkeit S. 22—26; Ruegger, Staatsangehörigkeit S. 46; Strehl, Staatsangehörigkeit S. 22—25. 42 Vgl. Beitzke, Juristische Personen S. 224/225; Strehl, Staatsangehörigkeit S. 27—31. 43 Vgl. Beitzke, Juristische Personen S. 226—229; Verdross, Völkerrecht S. 314.

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§ 2 Die Partner der Verträge

die sich hinter der Rechtsfigur der juristischen Person verbergen, auf und läßt für deren Staatsangehörigkeit die der Mitglieder und Leiter, die Herkunft des Kapitals und den Zweck entscheidend sein" 4 4 .

2. Der Begriff des „internationalen^ nichtstaatlichen Verbandes"

a) „Verband" „Verband" soll hier verstanden werden als „Organisation i m weitesten Sinne", die „faktisch" definiert werden kann als „der Inbegriff der i n wechselseitigen sozialen Beziehungen zueinander stehenden Menschen, insofern diese zur Wahrnehmung gewisser gemeinsamer Angelegenheiten zu einer durch funktionsteilige Organe (Wirkglieder) handelnden Einheit verbunden sind" 4 6 . Zwei Arten von „Verbänden" kommen hier in Betracht: die „internationalen privaten Organisationen" und die „internationalen (privaten) Wirtschaftszusammenschlüsse" 47 . aa) Die internationalen privaten Organisationen Es gibt zahlreiche internationale private Organisationen. I m Teil I V des Jahrbuches der Internationalen Organisationen 1964—6548 sind sie unter den Nummern 413 bis 1882 (!) aufgeführt, und zwar nach folgenden Gruppen: Bibliography, Documentation, Press, Religion, Ethics; Social Science, Humanistic Studies; International Relations; Politics; Law, Administration; Social Weif are; Professions, Employers, Trade Unions; Economics, Finance; Commerce, Industry; Agriculture; Transport, Travel; Technology; Science; Health; Education, Youth; Arts, Radio, Cinema; Sports, Recreation. Historiker, Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen haben die „private Eigeninitiative" i m internationalen Raum untersucht und deren Organisationsformen als internationale „pressure groups", deren Tätigkeit als mitbestimmenden, teils „auslösenden Faktor i m geschichtsbildenden Prozeß" beschrieben 49 . 44

So Borchers, Verträge S. 8; vgl. auch Mosler, Wirtschaftskonzessionen S. 134. 45 Hinweis auf § 2 I I Vorbemerkung. 4 ® Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht Bd. 2 S. 2. 47 So Zemanek, Verdross-Festschrift S. 323/324. 48 Y b l O 1964—65. 49 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 322/323; zur Bedeutung innerstaatlicher „Verbände" i m Leben westlicher Demokratien vgl. Eschenburg, Verbände; Kaiser, Organisierte Interessen.

I I . Die nichtstaatlichen Partner

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I n der Rechtswissenschaft wurden diese Organisationen bisher vernachlässigt; man behandelte sie höchstens „deskriptiv" oder sah sie lediglich „unter landesrechtlichem Aspekt" 5 0 . I n der vorliegenden Untersuchung soll weitgehend 51 der Ansicht von Zemanek 52 gefolgt werden, der die internationalen privaten Organisationen — ebenso wie die internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse — i m Rahmen der „internationalen Gemeinschaft" i m weitesten Sinn betrachtet 53 . Zemanek 5i unterscheidet die internationalen privaten Organisationen und die internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse u. a. durch ihren Vereinigungszweck: während dieser sich bei den letzteren auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb richte, seien die ersteren durch das Gemeinnützige, Nicht-Wirtschaftliche gekennzeichnet. bb) Die internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse Als internationale private Wirtschaftszusammenschlüsse zieht Zemanek 55 Kartelle und Konzerne i n Betracht. I n der Tat sind diese — ebenfalls sehr zahlreichen — internationalen nichtstaatlichen Verbände für den internationalen Wirtschaftsablauf von großer Bedeutung 5 6 . b) „Nichtstaatlich" aa) „Private" Organisationen I n der Völkerrechtswissenschaft werden die internationalen Organisationen i n „public international organizations" 57 (auch „intergovernmental organizations" 58 oder „international governmental organizations" 5 9 genannt) und in die „international non-governmental organizations" 60 eingeteilt. Übersetzt w i r d die erste A r t meist m i t „zwischenstaatliche Organisationen" und entsprechend die zweite A r t mit so Zemanek, Verdross-Festschrift S. 323, unter Hinweis auf von der Lühe, Die internationale juristische Person, u n d Schräg, Internationale Ideal vereine. 51 Hinweis auf § 9 V I 3. 52 Verdross-Festschrift S. 322—331. 53 Vgl. zu den internationalen privaten Organisationen auch Baldwin, A J I L Bd. 1 (1907) Teil 2 S. 565 ff.; W. Kaufmann, Z V Bd. 2 (1908) S. 419 ff.; LadorLederer, ZaöRV Bd. 23 (1963) S. 657 ff.; Schwarzenberger, E A 1957 S. 10 299 bis 10 304. 54 Verdross-Festschrift S. 306; dort ist als weiteres Unterscheidungsmerkmal auch die Organisationsform genannt. 55 Verdross-Festschrift S. 327. 56 Vgl. zu den internationalen Wirtschaftszusammenschlüssen auch Lebée, RdC Bd. 19 (1927 IV) S. 143 ff.; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse; R. Wolff, Internationale Kartelle. 57 So auch A r t . 34 Abs. 2 u n d 3 des Statuts des I G H . 58 Vgl. Zemanek, Vertragsrecht S. 6. 59 So Peaslee, International Governmental Organizations. 60 So auch Art. 71 der ChVN.

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§ 2 Die Partner der Verträge

„nichtstaatliche Organisationen". Zemanek 61 hält die Übersetzung „nichtstaatlich" für „unpräzis", da sie „impliziere", daß es auch „staatliche internationale Organisationen" gebe, was i n sich unmöglich sei; richtig könne die Bezeichnung nur lauten „nicht-zwischenstaatliche internationale Organisationen" — in der deutschen Sprache ein Unding. Zemanek 6 1 verwendet daher die Bezeichnungen „internationale öffentliche Organisationen" (für „public international organizations") und „internationale private Organisationen" (für „international non-governmental organizations"). Es mag dahinstehen, welche Übersetzung vorzuziehen ist; gemeint ist jedenfalls ein und dasselbe, die Begriffe „nichtstaatlich" und „privat" werden hier inhaltlich gleichbedeutend gebraucht. Zur besseren Unterscheidung soll i n dieser Untersuchung von „internationalen nichtstaatlichen Verbänden" gesprochen werden, die sowohl „internationale private Organisationen" als auch „internationale private Wirtschaftszusammenschlüsse" sein können. Durch die Bezeichnung „privat" ( = „nichtstaatlich") sollen die i n Rede stehenden Vertragspartner gegenüber den „internationalen öffentlichen Organisationen" 62 abgegrenzt werden, und zwar unter zwei Gesichtspunkten: Während die internationalen öffentlichen Organisationen durch Zusammenwirken der Staaten als Völkerrechtssubjekte durch einen völkerrechtlichen Kollektivvertrag entstehen, gründen sich die internationalen privaten Organisationen auf „einen außerhalb der Sphäre des zwischenstaatlichen Rechts liegenden A k t der privaten Eigeninitiative" 6 3 » 6 4 . Sodann bezieht sich das Merkmal „privat" ( = „nichtstaatlich") auf den Mitgliederstand. Während die internationalen öffentlichen Organisationen als völkerrechtliche Staatenverbindungen i n der Regel 65 souveräne Staaten als Mitglieder haben, sind die Mitglieder der internationalen privaten Organisationen entweder Individuen 6 6 oder Kollektivitäten 6 7 oder beide zusammen 68, 6 9 . ei Vgl. Zemanek, Vertragsrecht S. 6/7. Vgl. dazu Lange, Internationale Banken S. 17—38; Zemanek, Vertragsrecht S. 6—17. 63 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325, unter Hinweis auf § 8 der Resol u t i o n 288 Β (X) des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen vom 27. 2.1956 (ECOSOC, Official Records, f i f t h year, tenth session) : " A n y international organization which is not established by intergovernmental aggreement shall be considered as non-governmental organization for the purpose of these arrangements." 64 Es ist aber möglich, daß einer internationalen privaten Organisation durch einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen zwei Staaten nachträglich völkerrechtliche Rechte u n d Pflichten auferlegt werden; sie w i r d dadurch Völkerrechtssubjekt (wie z.B. das Internationale Rote Kreuz), nicht aber „internationale öffentliche Organisation"; so Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325; vgl. auch ders., Vertragsrecht S. 123; Schneider, ArchVR Bd. 5 (1955) S. 271; vgl. auch Klein, D R K Nr. 27 A b t e i l u n g Recht, H. 6 S. 150 ff. 65 Z u den Ausnahmen vgl. Zemanek, ÖZöR N. F. Bd. 7 (1955/56) S. 341/342. 66 Als zugeordnete Verbandsformen betrachtet Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325 A n m . 18: (1) den T y p der „Akademie" (Institut), die u n m i t t e l 62

I I . Die nichtstaatlichen Partner

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bb) „Private" Wirtschaftszusammenschlüsse 70

Zemanek spricht ausdrücklich nur von „internationalen Wirtschaftszusammenschlüssen", ohne die Kennzeichnung „privat" oder „nichtstaatlich" hinzuzufügen. I n der vorliegenden Untersuchung soll davon ausgegangen werden, daß es sich auch hier um internationale „nichtstaatliche" Verbände handelt, bei denen ein völkerrechtlicher Entstehungsgrund fehlt und deren Mitglieder keine Staaten, sondern wirtschaftliche Unternehmer oder Unternehmen als „Privatpersonen" 7 1 sind 7 2 . c) „International" Das Merkmal „international" grenzt die hier zu definierenden nichtstaatlichen Verbände von nationalen Verbänden ab. aa) Mitgliederstand Nach der Ansicht von Zemanek n müssen „internationale" nichtstaatliche Verbände Mitglieder verschiedener Staatsangehörigkeit aufweisen und ihren Wohnsitz in verschiedenen Ländern haben 7 4 ; die nationalen Verbände von „Dachverbänden" 75 müssen i n verschiedenen Ländern ihren Sitz haben. bb) Vereinigungszweck Ein „internationaler" privater Verband muß die Verwirklichung eines Zieles anstreben, daß nicht der Wohlfahrt oder dem (wirtschaftlichen 76 ) Interesse der Mitglieder nur eines Landes (Staates) dient. Dieser „interbar aus Individualmitgliedern bestehe, ζ. B. das „ I n s t i t u t de Droit I n t e r national"; (2) den T y p des „Filialverbandes", der zwar auch aus I n d i v i d u a l mitgliedern bestehe, die aber — v o m Standpunkt des internationalen V e r einsstatuts aus — i n unselbständigen nationalen Sektionen (Gruppen) zusammengefaßt seien, ζ. B. „International L a w Association". 67 Die zugeordnete Verbandform ist nach Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325 Anm. 19, der T y p des „Dachverbandes", der Überbau über selbständigen nationalen Verbänden sei, ζ. B. „ W o r l d Federation of United Nations Associations". 68 ζ. Β. bei der „ U n i o n des Associations Internationales". 69 Vgl. dazu Zemanek, Verdross-Festschrift S. 325, m i t Hinweis auf White, International Non-governmental Organizations S. 7 ff. ™ Verdross-Festschrift S. 324, 326/327. 71 Vgl. § 2 I I 1 a u n d b. 72 Der entscheidende G r u n d f ü r diesen Ausgangspunkt ist folgender: Wäre (auch) ein Staat als Unternehmer an einem solchen internationalen W i r t schaftszusammenschluß beteiligt, so würde es sich bei dem diesem Verband zugrundeliegenden Vertrag u m einen solchen handeln, der i m Sinne des Themas problematisch ist. Die A n t w o r t auf die Frage nach der Rechtsgrundlage dieses Vertrages müßte bereits hier gegeben werden, vgl. § 10 11 b. 73 Verdross-Festschrift S. 326. 74 E i n Grund f ü r dieses zweite Erfordernis (Wohnsitz) ist nicht ersichtlich. 75 Vgl. Anm. 67 zu § 2. 76 So bei den internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüssen.

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§ 2 Die Partner der Verträge

nationale Vereinigungszweck" braucht allerdings nicht universell, weltumspannend zu sein; er kann sich auf eine begrenzte Anzahl von Staaten beschränken 77 . cc) Recht Die hier in Rede stehenden „internationalen" nichtstaatlichen Verbände gehören (im Gegensatz zu den nationalen Verbänden) „echtem internationalen Recht" an 7 8 » 7 9 . Zemanek 80 sagt dazu i m einzelnen folgendes 81 : Vom Standpunkt der Rechtswirklichkeit werde der jeweilige Verband — sowohl was seine Organe als auch was das Verhältnis der Mitglieder zu den Organen und untereinander betreffe — von Normen beherrscht, die dem autonomen Willen der Mitglieder entsprängen. Diese Normen seien i n der Satzung 82 des einzelnen Verbandes und in besonderen Ergänzungen, die der Ordnung intern-organisatorischer Vorgänge dienten 83 , niedergelegt. Verstehe man unter „Recht" ganz allgemein den i m Übertretungsfall m i t der Möglichkeit einer Unrechtsfolge ausgestatteten, nur in der äußeren Handlung ohne Rücksicht auf Motiv und innere Zustimmung bindenden normativen Befehl, so seien diese Normen „Rechtsnormen" 84 . Sie seien generell abstrakte Anordnungen, die, einmal erzeugt, vom Willen des einzelnen Mitgliedes unabhängig seien und nur i n dem in der Satzung selbst vorgesehenen Verfahren abgeändert werden könnten 8 5 Während durch die Satzung der ordentliche Rechtsweg vor staatlichen Gerichten für Verbandsstreitigkeiten ausgeschlossen werde, habe 77 So Zemanek, Verdross-Festschrift S. 326; vgl. auch Schräg, Internationale Idealvereine S. 46. 78 So Zemanek, Verdross-Festschrift S. 330. 79 Der Bedeutung des Zusatzes „international" vor „nichtstaatlichem Verband" entspricht insoweit die Kennzeichnung „ausländisch" vor „ P r i v a t person"; aus dem letzteren M e r k m a l ergibt sich, daß Privatpersonen Subjekte des innerstaatlichen Rechts sind, vgl. § 2 I I Vorbemerkung. m Verdross-Festschrift S. 328—331. 81 Die Ansicht von Zemanek soll hier deshalb ausführlich dargestellt werden, w e i l — wie noch zu zeigen ist — zwischen dem Recht der internationalen nichtstaatlichen Verbände und dem Recht der Verträge zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen Partnern gewisse Beziehungen bestehen, vgl. unten § 9 V I 3 u n d § 10 1 1 b. 82 Statt „Satzung" werden auch die Bezeichnungen Statut, Verfassung (statuts, constitution-rules; status, articles, constitution) verwendet. 83 Hier kommen i n Betracht: „Geschäftsordnung", „ B y - l a w s " u n d „règlement intérieur". 84 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 328 Anm. 32, weist darauf hin, daß die Existenz eines solchen Rechts, das jenseits der Staaten und ihrer Rechtsordnungen u n d unabhängig von ihnen bestehe, n u r derjenige annehmen könne, der die beiden Ausdrücke „Staat" und „Rechtsordnung" oder auch „Recht" u n d „Staat" nicht als äquivalent einander gleichsetze; Voraussetzung sei also eine Rechtsauffassung, die es ermögliche, ein vom Staat u n d vom staatlichen W i l l e n unabhängiges Normensystem als Rechtssystem zu erfassen. es Zemanek, Verdross-Festschrift S. 328.

I I . Die nichtstaatlichen Partner

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man i n der Regel Schiedsgerichte institutionalisiert 8 6 . Für die Nichtbeachtung der Entscheidungen dieser Schiedsgerichte und für sonstige Satzungsverletzungen drohe die Satzung Sanktionen an, die gewöhnlich in der Verhängung von Geldbußen, der zeitweisen Suspendierung der Mitgliedschaftsrechte und letztlich — als schwerste Rechtsfolge — im Ausschluß, verbunden mit dem zukünftigen Boykott des Ausgeschlossenen, bestünden 87 . Diese „international-autonomen Normenordnungen" hält Zemanek für „echtes internationales Recht". Sie unterschieden sich vom Internationalen Privatrecht und vom Internationalen Verwaltungsrecht wesentlich dadurch, daß sie nicht staatliches Recht, sondern autonom gesetztes Recht des jeweiligen internationalen Verbandes seien 88 . M i t dem zwischenstaatlichen Völkerrecht hätten sie gemeinsam, daß sie durch die Kooperation mehrerer koordinierter Faktoren aus verschiedenen staatlich gesonderten Ländern und Völkern zur Entstehung und Geltung gebracht würden, also insofern nicht autoritäres, sondern ein sozietäres Gemeinschaftsrecht bildeten 8 9 . Ferner sei für beide Normengruppen infolge ihres Geltungsbereiches kennzeichnend, daß sie nicht durch den Gesetzesbefehl eines Staates ersetzt werden könnten: Der einzelne Staat vermöge kein übergeordnetes Recht zu erzeugen, welches die internationalen Verbände ihrem internationalen Wesen und ihrer internationalen Einheit entsprechend in ihrer ganzen internationalen Ausdehnung unter Einschränkung oder Beseitigung ihres autonomen Rechts positiv regele 90 . Wenn durch ein Rechtsgeschäft generellabstrakte Normen als Verfassung eines internationalen Verbandes erzeugt würden und diese Ordnung vollständig und ausschließlich sei, so habe sie ihren Geltungsgrund nicht mehr i n einem staatlichen Recht, sondern sei „disnational". Streitigkeiten aus ihr könnten von Rechts wegen auf Grund keiner anderen positiven Rechtsordnung entschieden werden; zu ihrer Auslegung und bei Ergänzungsbedürftigkeit seien die „allgemeinen Rechtsgrundsätze" heranzuziehen; zur Streitschlichtung sei nicht eine außerhalb der besonderen Rechtsordnung stehende Instanz — etwa ein staatliches Gericht —, sondern nur das von ihr zu diesem Zweck institutionalisierte Organ zuständig. Da dieses Recht immer interne Ordnung eines internationalen Verbandes sei, werde man es zweckmäßig als „internationales Verbandsrecht" bezeichnen 91 . Zemanek gelangt somit zu dem Ergebnis, daß jeder internationale 86 Zemanek, a.a.O. S. 328. 87 Zemanek, a.a.O. S. 328/329, m i t weiteren Einzelheiten, insbesondere auch zur „ E f f e k t i v i t ä t " der Sanktionen. 88 Zemanek, a.a.O. S. 330. 89 Zemanek, a.a.O. S. 330; vgl. auch W. Kaufmann, ZV Bd. 2 (1908) S. 436. 90 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 330. 91 Zemanek 3 a.a.O. S. 330/331.

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§ 3 Der I n h a l t der Verträge

nichtstaatliche Verband eine besondere, ausschließliche Rechtsordnung —genannt: „internationales Verbandsrecht" — zur Regelung der Verbandsbeziehungen hat und daher jeder eine eigene Rechtsgemeinschaft i m Rahmen der internationalen Gemeinschaft bildet 9 2 » 9 3 . d) Ergebnis Die „internationalen nichtstaatlichen Verbände" lassen sich definieren als jene autonom organisierten Vereinigungen nichtstaatlichen Charakters, die unter den in ihren Statuten festgelegten Bindungen Individuen und/ oder Personenverbänden mehrerer Staaten zugänglich sind und ohne oder m i t Absicht eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ein Ziel von internationalem Interesse verfolgen.

§ 3 Der Inhalt der Verträge Vorbemerkung: Vertragsarten und Nebenbestimmungen

I m folgenden soll nun der Inhalt der Verträge dargestellt werden, die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematisch sind. Dabei sind zunächst die Vertragsarten zu nennen, die i n der Praxis vorkommen, insbesondere Investitionsverträge und Konzessionsverträge, die sog. Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung, Staatsanleiheverträge und Kar tell vert rage. Sodann sollen die in diesen Verträgen enthaltenen Nebenbestimmungen, d. h. die Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge, aufgeführt werden, da sie für die rechtssystematische Einordnung der Verträge große Bedeutung haben. Es sind dies die Abmachungen der Parteien über das auf einen Vertrag anzu92

Zemanek, a.a.O. S. 336. 93 Vgl. auch §9 V I 3. Zemanek gelangt zu folgenden Begriffsbestimmungen: Er definiert, Vertragsrecht S. 123, die „internationalen privaten Organisationen" als „jene autonom organisierten Vereinigungen privaten Charakters . . . , die unter den i n ihren Statuten festgelegten Bindungen I n d i v i d u e n und/oder Personenverbänden mehrerer Staaten zugängig sind u n d ohne Absicht eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ein Vereinsziel von internationalem Interesse verfolgen". Zemanek, a.a.O. S. 17, definiert die „internationale öffentliche Organisation" als „eine durch K o l l e k t i v v e r t r a g geschaffene, autonom organisierte völkerrechtliche Verbindung von Staaten zur Verfolgung gemeinsamer Interessen der Mitgliedergemeinschaft".

I. Die Vertragsarten

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wendende Recht (Rechtswahlklausel), über das für Vertragsstreitigkeiten zuständige Gericht (Gerichtswahlklausel), über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner sowie über die Ratifizierung eines Vertrages seitens des staatlichen Partners (Ratif izierungsklausel).

I. Die Vertragsarten 1. Investitionsverträge und Konzessionsverträge sowie Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung

Die wohl größte Gruppe der i m Sinne des Themas problematischen Verträge bilden die Investitionsverträge und Konzessionsverträge sowie die sog. Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung. Sie sind seit etwa 1930 immer häufiger zustande gekommen und haben in unseren Tagen in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht große Bedeutung. a) Begriffe aa) „Investitionsvertrag" „Investition" ist kein feststehender Rechtsbegriff. Wie Schelling 1 feststellt, versteht man unter „Investition" i m zwischenstaatlichen Verkehr „jegliche Vermögensanlage . . . i n einem anderen Lande als dem, i n dem der Investor seinen Wohnsitz hat". I m Rahmen dieser Untersuchung soll als „Investitionsvertrag" angesehen werden: jede auf Grund eines Vertrages zwischen einem staatlichen und einem nichtstaatlichen Partner vorgenommene Vermögensanlage, und zwar entweder seitens des jeweiligen staatlichen Partners außerhalb seines Hoheitsgebietes oder seitens des nichtstaatlichen Partners auf dem Gebiet des staatlichen Partners 2 . bb) „Konzessionsvertrag" Der Begriff der „Konzession" hat weder i m innerstaatlichen Recht noch i m Völkerrecht einen einheitlich feststehenden Inhalt 3 . Geck 4 * W R V Bd. 2 S. 149. Vgl. zu den Investitionsverträgen auch Brudno, Proceedings Bd. 3 S. 5 bis 44; Friedmann-Pugh, Foreign Investment; Veith-Böckstiegel, Ausländisches Vermögen S. 112 ff.; vgl. zur Unterstützung der Investitionstätigkeit deutscher Unternehmer i n den Entwicklungsländern: Förderungsmaßnahmen. 3 Vgl. Borchers, Verträge S. 58/59; Geck, W V R Bd. 2 S. 301; Huang , A J I L Bd. 51 (1957) S. 296; Mosler, Wirtschaftskonzessionen S. 79; Stern, AöR Bd. 84 (1959) S. 273 ff. 4 W V R Bd. 2 S. 302. 2

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§ 3 Der I n h a l t der Verträge

bezeichnet als „Konzession" (u. a.) die „Übertragung von Rechten durch einen Staat . . . auf andere 5 Rechtssubjekte". Nach einer Definition von Mosler 6 ist eine Konzession die „innerstaatliche Übertragung von Rechten, durch die das öffentliche Interesse berührt wird, an eine natürliche oder juristische Person". Borchers 7 stellt fest, daß allen Konzessionsverhältnissen drei „Wesenszüge" eigentümlich seien: „(1) Der Staat überträgt Berechtigungen, die innerhalb seines Territoriums auszuüben sind, auf Privatpersonen. (2) Diese Berechtigungen berühren unmittelbar das öffentliche Interesse. (3) Deshalb hat sich der Staat die alleinige Verfügungsbefugnis vorbehalten (Konzessionshoheit)."

darüber

Die durch die Konzession übertragenen Rechte (Berechtigungen) können vielerlei Inhalt haben 8 . Da aber bei den i m Rahmen dieser Untersuchung zu behandelnden Konzessionen die Rechte einem Rechtssubjekt übertragen werden, das nicht die Staatsangehörigkeit des übertragenden Staates besitzt, kommen nur solche Rechte i n Betracht, die sich nicht auf eine hoheitlich-politische, sondern auf eine wirtschaftliche Tätigkeit beziehen 9 ; man spricht daher auch von „Wirtschaftskonzessionen" 10 . Es ist streitig, ob es sich bei der Konzessionserteilung durch den Staat u m einen Verwaltungsakt handelt, oder ob die Konzessionserteilung auf Grund eines Vertrages erfolgt. Soll ein Verwaltungsakt vorliegen, so muß das Konzessionsverhältnis dem öffentlichen Recht angehören. Ob dies der Fall ist, oder ob es sich um ein „gemischtes", d. h. aus „öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Elementen" bestehendes Rechtsverhältnis handelt, ist ebenfalls umstritten 1 1 . Es ist weitgehend anerkannt, daß die Konzession im öffentlichen Recht „ w u r zelt" 1 2 . Die Berührung des öffentlichen Interesses der durch die Konzession übertragenen Rechte spricht für die Einordnung in das öffentliche Recht 13 ; die notwendige Beteiligung des Staates deutet 5 Also „nichtstaatliche" Rechtssubjekte, vgl. § 2 I I . 6 Wirtschaftskonzessionen S. 65; auch O'Connel, B Y B I L Jg. 27 (1950) S. 94, betont, daß die übertragenen Rechte das öffentliche Interesse berühren. ? Verträge S. 72. β Hinweis auf § 3 11 b. 9 Vgl. Borchers, Verträge S. 59; Geck, W V R Bd. 2 S. 302; Huang , A J I L Bd. 51 (1957) S. 292; Mosler, Wirtschaftskonzessionen S. 83. 10 Mosler, Wirtschaftskonzessionen; Geck, W V R Bd. 2 S. 302. 11 Die Ansicht, daß es sich u m ein rein privatrechtliches Verhältnis handelt, w i r d nicht mehr vertreten; vgl. dazu sowie zu dem gesamten Streitstand Borchers, Verträge S. 72 bzw. 62—74. 12 Vgl. Borchers, Verträge S. 72; Fleiner, Institutionen S. 346; Huber, W i r t schaftsverwaltungsrecht Bd. 1 S. 533 ff.; Mayer, Verwaltungsrecht Bd. 2 S. 95 und 243; Mosler, Wirtschaftskonzessionen S. 12 u n d 72; Imboden, Vertrag S. 167 ff. Vgl. Borchers, Verträge S. 62; Smend, Jellinek-Gedächtnisschrift S . l l .

I. Die Vertragsarten

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darauf hin, daß der Staat nicht als Fiskus handelt, sondern als Träger öffentlicher Verwaltung (Hoheitsträger) 14 , wobei er sich des nur Trägern öffentlicher Gewalt eingeräumten Sonderrechts, des öffentlichen Rechts, bedient 15 . Das Konzessionsverhältnis w i r d jedoch auch häufig als „gemischtes" Rechtsverhältnis angesehen 16 . Es enthält aber stets auch öffentlich-rechtliche Elemente, die subjektiv öffentliche Rechte des Konzessionärs begründen 17 . Ist das Konzessionsverhältnis — zumindest teilweise — öffentlich-rechtlicher Natur, so eröffnet sich insoweit die Möglichkeit, die Konzessionserteilung als Verwaltungsakt zu betrachten. I n der deutschen Rechtswissenschaft w i r d nahezu einhellig der Standpunkt vertreten, daß es sich um einen Verwaltungsakt handelt 1 8 ; es sind aber bereits Gegenstimmen erhoben worden 1 9 . I m französischen Recht erfolgt die Konzessionserteilung regelmäßig durch einen „contrat administratif"; auch die angelsächsischen Juristen betonen den Vertragscharakter der Konzession, sie erblicken darin einen Unterfall eines „administrative contract" und sprechen von „concessionary contracts" oder „concession agreements" 20 . Borchers 21, der ausführlich zu der Frage „Verwaltungsakt oder Vertrag?" Stellung nimmt, gelangt zu folgendem Ergebnis 22 : „Das Konzessionsverhältnis kann, soweit es öffentlich-rechtlicher Natur ist, auf verschiedene A r t u n d Weise begründet werden, sei es durch m i t wirkungsbedürftigen Verwaltungsakt oder sei es durch ein „Rechtsgeschäft", das Merkmale des Vertrages u n d des Verwaltungsaktes aufweist. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Jedoch sind bei einer internationalen Konzession regelmäßig beide Partner an deren inhaltlicher Gestaltung beteiligt, so daß man insoweit von internationalen Konzessionsverträgen sprechen kann."

Bei den hier zu behandelnden internationalen Konzessionsverträgen ist daher auch nicht ein hoheitlicher „act of concession" von einem nicht-hoheitlichen „contract of concession" zu trennen; der A k t des „granting" w i r d i m Vertragsabschluß selbst vorgenommen 23 . Die i m Rahmen dieser Untersuchung i n Betracht kommende Konzession läßt sich definieren als die von einem Staat an einen nichtstaatlichen 14 Vgl. Borchers, Verträge S. 62. is Vgl. Hans J. Wolff , AöR Bd. 76 (1950) S. 208. ι 6 Vgl. Carlston, A J I L Bd. 52 (1958) S. 279; Fatouros, i n : Friedmann-Pugh, Foreign Investment S.718; Geck, W V R Bd. 2 S. 304; Huang, A J I L Bd. 51 (1957) S. 292; O'Connel, State Succession S. 107. ι 7 Vgl. Borchers, Verträge S. 74. is Vgl. Borchers, Verträge S. 75; Fleiner, Institutionen S. 346; Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 194; Mayer, Verwaltungsrecht Bd. 2 S. 255; Merk, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 753. 1 9 Imboden, Vertrag S. 80; Salzwedel, Vertrag S. 50. so Vgl. Borchers, Verträge S. 76, m. w. N. 21 Verträge S. 76—85. 22 Borchers, a.a.O. S. 85. 23 Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 135 Anm. 14.

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§ 3 Der I n h a l t der Verträge

Partner 2 4 auf Grund eines Vertrages vorgenommene Übertragung von Rechten, die das öffentliche Interesse berühren und sich auf eine w i r t schaftliche Tätigkeit beziehen. cc) „Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung" Unter „Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung" („economic development agreements") sollen i m Anschluß an die Definition von Verdross 25 jene Abkommen verstanden werden, „die zwischen der Regierung eines Landes und einer solchen ausländischen Privatperson oder Gesellschaft 26 eingegangen werden, die imstande ist, die erforderlichen finanziellen, technischen, geistigen und organisatorischen M i t t e l zum Zweck der Entwicklung eines Teiles oder einer Phase der W i r t schaft dieses Landes, zu der die Regierung allein außerstande ist, zur Verfügung zu stellen, wofür sie nicht eine direkte Bezahlung, sondern laufend den gesamten oder einen Teil des Gewinns aus den Untersuchungen erhält". dd) Das Verhältnis des Investitionsund des Konzessionsvertrages sowie des Abkommens zur wirtschaftlichen Entwicklung zueinander Vergleicht man die Definitionen des Investions- und des Konzessionsvertrages sowie des Abkommens zur wirtschaftlichen Entwicklung miteinander, so zeigt sich, daß es nicht stets um völlig verschiedene Vertragsarten geht, sondern daß die Begriffe sich teilweise decken: Die Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung können sowohl Investitions- als auch Konzessionsverträge sein, wenn etwa ein W i r t schaftsunternehmen i n einem Entwicklungsland ein Industriewerk errichtet (also eine Vermögensanlage vornimmt), während dieses Entwicklungsland die Ausbeutung von Naturschätzen durch das Unternehmen gestattet (also eine entsprechende Konzession erteilt) und das alles zum Zweck der Entwicklung der Wirtschaft dieses Landes geschieht. Die Praxis ergibt hinsichtlich des Verhältnisses der drei genannten Vertragsarten — soweit sie i m Rahmen dieser Untersuchung von Bedeutung sind — folgendes Bild: Es handelt sich stets (zumindest auch) u m Konzessionsverträge. Es mag sein, daß gleichzeitig auch die Merkmale eines Abkommens zur wirtschaftlichen Entwicklung gegeben sind; dieser letztgenannte Begriff, der mehr wirtschaftlicher als j u r i 24 I m Sinne des § 2 I I . 25 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 647. M a n w i r d ergänzen dürfen „oder eines internationalen privaten W i r t schaftszusammenschlusses"; vgl. §2 11.

I. Die V e r t r a g s r t e n

s tischer A r t ist, umfaßt jedoch nicht alle Konzessions ver trage 27 . Oft ist i n den hier zu erörternden Konzessionsverträgen gleichzeitig auch eine Investition durch den nichtstaatlichen Partner vereinbart, dennoch spricht man bei den in Rede stehenden Verträgen zumeist lediglich von Konzessionsverträgen 28 . Dazu sollen einige Beispiele angeführt werden. b) Beispiele Die große Anzahl der internationalen Konzessionsverträge kann i n drei Gruppen eingeteilt werden 2 9 : aa) Tätigwerden i m öffentlichen Verkehrswesen und Versorgungswesen Zunächst gibt es viele internationale Konzessionsverträge, durch die der jeweilige nichtstaatliche Partner zum Tätigwerden i m öffentlichen Verkehrswesen und Versorgungswesen auf dem Hoheitsgebiet des staatlichen Partners berechtigt wird. Hier sind zu nennen: das Eisenbahnwesen, die Schiffahrt, das Kanalbau- und betriebswesen, das Nachrichtenwesen sowie die Wasser- und die Energieversorgung 30 . I m Rahmen dieser Untersuchung sind insbesondere zwei Verträge, die das Nachrichtenwesen betreffen, von Bedeutung: (1) das Abkommen zwischen der tschechoslowakischen Postverwaltung und der Radio Corporation of America vom 10.11. 192831, (2) das Abkommen zwischen der Nationalregierung der Republik China und der Radio Corporation of America vom 10. 11. 192832. bb) Ausbeutung von Bodenschätzen I n zahlreichen Konzessionsverträgen w i r d der nichtstaatliche Partner zur Ausbeutung von Bodenschätzen auf dem Gebiet des staatlichen Partners berechtigt. Als Bodenschätze kommen vor allem in Betracht: Erdöl und andere Kohlenwasserstoffe, Kohle, Edelmetalle und andere Mineralien sowie land- und forstwirtschaftliche Produkte 3 3 . Insbeson27 Vgl. Borchers, Verträge S. 59. 28 So insbesondere Borchers, Verträge S. 56 ff., 160 ff.; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 133 ff. 29 Diese Einteilung erfolgt i m Anschluß an Borchers, Verträge S. 56—58; vgl. auch die Einteilungen bei Huang, A J I L Bd. 51 (1957) S. 292, u n d Mosler, Wirtschaftskonzessionen S. 89. 30 Vgl. dazu die zahlreichen Beispiele bei Borchers } Verträge S. 56/57 Anm. 311—315. si Vgl. den dazugehörigen Schiedsspruch vom 1. 4.1932, A J I L Bd. 30 (1936) S. 523 ff. 32 Vgl. den dazugehörigen Schiedsspruch vom 13. 4.1935, A J I L Bd. 30 (1936) S. 535 ff. 33 Vgl. dazu die Beispiele bei Borchers, Verträge S. 57 Anm. 316—319. 4 Rengeling

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§ 3 Der I n h a l t der Verträge

dere die Erdölkonzessionsverträge sind häufig hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematisch, so z. B. 3 4 die Abkommen (1) zwischen dem Iran und der North-Iranian Oils Ltd. vom 9. 3. 19163δ, (2) zwischen dem Irak und der Turkish Petroleum Company vom 14. 3. 192536, (3) zwischen dem Iran und der Anglo-Iranian Oil Company Ltd. vom 29. 4.1933 37 , (4) zwischen Saudi-Arabien und der Arabian-American Oil Company (ARAMCO) Ltd. vom 29. 5.1933 38 , (5) zwischen dem Scheik von Quatar und der Petroleum Development (Quatar) Ltd. vom 27. 5. 193539, (6) zwischen dem Scheik von Abu Dhabi und der Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. vom 11. 1. 193940, (7) zwischen Syrien und der Maritime Refineries Ltd. vom 6.6. 194941, (8) zwischen dem Scheik von Quatar und der Shell Overseas Exploration Company Ltd. vom 29. 11. 195242, (9) zwischen dem Iran, der National Iranian Oil Company (NIOC) und ausländischen Ölgesellschaften (sog. Consortium Agreement) vom 29. 10. 195443 und (10) zwischen dem Scheik von K u w a i t und der Arabian Oil Company of Japan (Offshore Concession Agreement) vom 5. 7. 195844. Aus der Gruppe der Konzessionsverträge, die zur Ausbeutung von Edelmetallen und anderen Mineralien berechtigen, sei das Abkommen zwischen der Regierung der UdSSR und der Lena Goldfields Ltd. vom 18. 8. 192545 genannt. 34

Vgl. die Zusammenstellungen bei Borchers, Verträge S. 156 Anm. 867 und Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 134 Anm. 1, m i t weiteren, teils auch hier wiedergegebenen Nachweisen. 35 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641. Text bei Hurewitz, Diplomacy Bd. 2 S. 131 ff. 37 Vgl. Hurewitz, Diplomacy Bd. 2 S. 188 ff. und 305 ff.; vgl. auch Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 642. 3 « Vgl. dazu insbesondere Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 240—244. 3ö Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 19 (1957/58) S. 644. 40 I C L Q Bd. 1 (1952) S. 247—261; I L R 1951 S. 144 ff.; vgl. auch Bernhardt, W V R Bd. 1 S. 9, und Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 245/246. 41 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 642. 42 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643. 43 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 156 Anm. 867. 44 Vgl. dazu insbesondere Wall I C L Q Bd. 7 (1958) S. 751/752. 45 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 57 Anm. 318, unter Hinweis auf Nussbaum, Cornell L a w Quaterly Bd. 30 (1950/51) S. 31 ff.; vgl. dazu auch Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 244/245.

I. Die Vertragsarten

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cc) Sonstige gewerbliche und industrielle Betätigung unter Einräumung einer Monopolstellung Schließlich gibt es eine Reihe von Konzessionsverträgen, die den nichtstaatlichen Partner zu sonstiger gewerblicher und industrieller Betätigung berechtigen, und zwar meist unter Einräumung einer Monopol- und Sonderstellung 46 . Hier sei hingewiesen auf die Zündholzmonopolverträge der zum Kreugertrust gehörenden Svenska Tändstiks Aktiebolaget (StAB) und der Ν. V. Financieele Maatschappij Kreuger & Toll mit vielen, insbesondere europäischen Staaten 47 . Für die vorliegende Untersuchung sind vor allem von Bedeutung 48 die Abkommen des Kreugertrusts m i t (1) Griechenland vom 30. 6. 192649, (2) Jugoslawien vom 30.10.1928 50 und (3) Litauen vom 12. 4.1930 51 . Die genannten und andere 52 Staaten gewährten dem Kreugertrust das Monopol zur Herstellung und zum Verkauf von Zündhölzern innerhalb ihres Herrschaftsbereiches; dies geschah als Gegenleistung für die seitens der Staaten bei dem Trust aufgenommenen Anleihen 5 3 . Man spricht bei diesen Anleihe- und Monopol Verträgen auch von „Monopolanleihen" 5 4 . 2. Staatsanleiheverträge

Nimmt ein Staat bei einem nichtstaatlichen Partner 5 5 eine Anleihe auf, so handelt es sich dabei nach heute überwiegender Meinung 5 6 um 46 Borchers, Verträge S. 57/58. 47 Vgl. dazu insbesondere Marcus, Kreuger & T o l l S. 144—230; Schwarzenberger, Kreuger-Anleihen S. I X ; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 96 bis 105. 48 Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 100, stellt fest: „Es ist ein Fehler der meisten Darstellungen der Kreuger-Verträge, daß man sie deshalb, w e i l sie wirtschaftlich alle dem gleichen T y p zugeordnet werden können, auch juristisch alle als einen einheitlichen Typus betrachten zu können glaubt." 49 Vgl. dazu Schwarzenberger, Kreuger-Anleihen S. 3/4; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 101/102. so ZaöRV Bd. 2 (1931) T e i l 2 S. 288—297. 51 ZaöRV Bd. 2 (1931) T e i l 2 S. 314—322. 52 Hinweis auf A n m . 47 zu § 3. 53 Vgl. Borchers, Verträge S. 148. 54 Vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 101. Vgl. auch die Texte von Anleihe- u n d Monopolverträgen bei Marcus, Kreuger & T o l l S. 144—230. 55 I m Sinne des § 2 I I ; allerdings werden die internationalen privaten Organisationen dafür praktisch nicht i n Betracht kommen, da sich i h r V e r einigungszweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb richtet u n d deshalb bei ihnen kein entsprechendes K a p i t a l vorhanden sein w i r d . 56 Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 29—31; Schnitzer, W V R Bd. 3 S. 329—331. 4*

§ 3 Der I n h a l t der Verträge

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e i n e n V e r t r a g 5 7 p r i v a t r e c h t l i c h e r N a t u r 5 8 . N e b e n d e n b e r e i t s angef ü h r t e n , i m R a h m e n dieser U n t e r s u c h u n g besonders bedeutsamen K r e u g e r - A n l e i h e n 5 9 seien noch folgende Beispiele g e n a n n t : (1) I n d e n J a h r e n 1932 u n d 1937 n a h m die Tschechoslowakei b e i einer französischen B a n k g r u p p e eine A n l e i h e auf, die d e r französische Staat garantierte 60. (2) I m J a h r e 1934 w u r d e e i n A n l e i h e v e r t r a g zwischen F r a n k r e i c h u n d h o l l ä n d i s c h e n B a n k e n geschlossen 6 1 . (3) I m J a h r e 1947 g e w ä h r t e n schweizerische B a n k e n der belgischen Régie des Télégraphes et Téléphones eine A n l e i h e u n t e r G a r a n t i e des belgischen Staates 6 2 . 3. Kartellverträge I n t e r n a t i o n a l e K a r t e l l e k a n n m a n d e f i n i e r e n als „ v e r t r a g l i c h e V e r e i n b a r u n g e n zwischen U n t e r n e h m e n oder U n t e r n e h m e n s g r u p p e n v e r schiedener N a t i o n a l i t ä t oder m i t d e m S i t z i n verschiedenen Staaten, d e r e n Z w e c k oder W i r k u n g es ist, P r o d u k t i o n oder V e r k a u f v o n G ü t e r n oder g e w e r b l i c h e n L e i s t u n g e n j e g l i c h e r A r t , einschließlich des T r a n s p o r t - u n d K r e d i t w e s e n s , zu r e g e l n " ; d a b e i w i r d d u r c h d i e v e r t r a g l i c h e n A b m a c h u n g e n n u r d a n n ein K a r t e l l b e g r ü n d e t , „ w e n n m i n d e s t e n s e i n 57 U m die Jahrhundertwende wurde die Ansicht vertreten, es handele sich bei derartigen Staatsanleihen lediglich u m „Ehrenverpflichtungen" des Staates, so ζ. B. Politis, Les emprunts d'Etat S. 280—283. Freund, Schutz der Gläubiger S. 14, schrieb jedoch schon zu jener Zeit: „Die h. M. stellt . . . nicht i n Abrede, daß die rechtlichen Beziehungen zwischen dem borgenden Staat u n d seinen Gläubigern vertragsmäßiger A r t sind." Vgl. auch ders., Rechtsverhältnisse S. 55 ff.; Gfrörer, Staatsanleihe S. 8—14; de Vattel, Droit des Gens § 216. 58 Vgl. dazu Gfrörer, Staatsanleihe S. 14—17; Mann, B Y B I L Jg. 21 (1944) S. 14; Pflug, Staatsbankerott S. 15 ff.; Kabel, Conflict of Laws Bd. 3 S. 14; Schnitzer, W V R Bd. 3 S. 329. Nach französischer Ansicht, die Borchers, Verträge S. 30, als einen „Sonderf a l l " bezeichnet, handelt es sich bei der Staatsanleihe u m einen öffentlichrechtlichen „contrat administratif". Es w i r d auch die Meinung vertreten, daß sich i n der Staatsanleihe p r i v a t rechtliche u n d öffentlich-rechtliche Elemente unlösbar vermischen, so z.B. Friedmann, A J I L Bd. 50 (1956) S. 513; dagegen Borchers, Verträge S. 30, der sagt, daß die Rechtsstellung der Parteien bei Abschluß des Vertrages i m wesentlichen die gleiche wie die von Privatpersonen verschiedener Nationalität sei. 59 Hinweis auf § 3 1 1 b cc. 60 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 159, und Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483 A n m . 64, unter Hinweis auf Veröffentlichungen des Völkerbundes (Economic and Financial 1939 I I A. 10) S. 39. β 1 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 160, u n d Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483 A n m . 65, unter Hinweis auf B u l l e t i n de l ' I n s t i t u t Juridique I n t e r national 30 (1934) 279. 62 Angeführt bei Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483; Text bei Delaume, A J C L Bd. 6 (1957) S. 206.

I. Die Vertragsarten

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Wettbewerbselement i m Rahmen des normalen Marktablaufs so kontrolliert oder beeinflußt wird, daß der normale Güter- oder Leistungsaustausch entsprechend den wirtschaftlichen Absichten der Beteiligten verändert w i r d " 6 3 . A n derartigen Verträgen beteiligen sich auch Staaten zusammen m i t nichtstaatlichen Partnern. Dazu seien folgende Beispiele genannt: (1) das „Europäische Kalikartell" von 192664, (2) das „Internationale Aluminium-Kartell" von 192665, (3) das „Europäische Quecksilber-Konsortium" von 192866 und (4) das „ Stickstoff-Weltkartell" von 193467.

4. Sonstige Verträge

Von den zwischen einem Staat und einem nichtstaatlichen Partner abgeschlossenen Verträgen, die nicht unter die bisher dargestellten Vertragsarten fallen, seien noch folgende Beispiele zitiert: (1) Werr 68 spricht von Abkommen, die nach dem ersten Weltkrieg zwischen der britischen Regierung und der Royal-Dutch-Shell abgeschlossen worden sein sollen. I n diesen Verträgen habe sich die RoyalDutch-Shell verpflichtet, die strategischen Stützpunkte zu versorgen, während Großbritannien der Gesellschaft seinen außenpolitischen Einfluß und seine außenpolitischen Machtmittel zur Verfügung stellte 6 9 . (2) Wengler 10 behandelt das sog. Kehler Hafenabkommen vom 19.10. 1951, das „für das Land Baden" vom Staatspräsidenten und Finanzminister des Landes Baden einerseits und namens des Port Autonome de Strasbourg, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft des französischen Rechts, von dessen Direktor unterzeichnet ist. Dieses Abkommen bezweckt die gemeinsame Verwaltung der Rheinhäfen K e h l und Straßburg auf Grund einer dem Vertrag beigefügten Satzung. (3) Dahm71 nennt als „internationalen Vertrag" das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Conference on Jewish Material 63 So Kronstein, W V R Bd. 2 S. 206; vgl. zum Kartellbegriff auch Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse 1. Kapitel, und R. Wolff , Internationale K a r telle S. 1—9; vgl. zu den internationalen K a r t e l l e n allgemein auch Dörinkel, Internationales Kartellrecht, u n d Zschokke, Internationale Kartelle. 64 Vgl. dazu insbesondere Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 106—108; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 334/335. 65 Vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 108—109. 66 Vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 109. 67 Wie A n m . 66. 68 Wirtschaftszusammenschlüsse S. 111. 69 Vgl. dazu auch Borchers, Verträge S. 150/151. 70 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 421—446, insbesondere S. 442 ff. 71 Völkerrecht Bd. 3 S. 15; dort sind noch weitere Beispiele angeführt.

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§ 3 Der I n h a l t der Verträge

Claims against Germany, einer nichtstaatlichen Organisation, vereinbarte, dem Wiedergutmachungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel vom 10. 9. 195272 angehängte Protokoll vom selben Tage 73 . (4) Zemanek 74 spricht von Verträgen zwischen einem Staat und ausländischen evangelischen Kirchen. (5) Jessup 75 berichtet über einen Vertrag, der zwischen der Regierung der Dominikanischen Republik und einer amerikanischen Gesellschaft abgeschlossen wurde und die Ansiedlung von Flüchtlingen in Santo Domingo betrifft.

II. Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge (Nebenbestimmungen) 1. Die Rechtswahlklausel

I n vielen Verträgen ist eine Vereinbarung darüber getroffen, welches Recht bei der Auslegung und Ergänzung von Lücken des jeweiligen Abkommens angewendet werden soll 7 6 . a) Der Verweis auf staatliches Recht Es gibt Verträge, in denen auf das Landesrecht des staatlichen Partners und des Staates verwiesen ist, dem die am Vertrag beteiligte ausländische Privatperson angehört. So lautet z. B. Art. 11 des Vertrages zwischen der tschechoslowakischen Postverwaltung und der Radio Corporation of America vom 10. 11. 1928 77 : "This Agreement, as to the obligations or responsibilities hereunder of the Corporation and the Administration respectively, shall be construed, interpreted, and enforced according to the laws of the State of New York, USA, and of the Republic of Czechoslovakia respectively." 72 BGBl. Teil I I S. 85. Vgl. dazu auch Zemanek, Verdross-Festschrift S. 333 Anm. 59. 74 Verdross-Festschrift S. 333 Anm. 59; vgl. auch die sonstigen dort angegebenen Beispiele. 75 Modern L a w S. 131 f. 76 Hinweis auf A n m . 6 zu § 1. 77 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643, u n d Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 643; vgl. auch A J I L Bd. 30 (1936) S. 524. Eine entsprechende Bestimmung befindet sich i n Par. 13 des Vertrages zwischen der Nationalregierung der Republik China u n d der Radio Corporat i o n of America v o m 10. 11.1928, angeführt bei Borchers, Verträge S. 157 A n m . 871; vgl. auch A J I L Bd. 30 (1936) S. 538. Hinweis auf die Anm. 31 und 32 zu § 3. 73

I I . Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung

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Die Vertragspraxis kennt auch den Verweis sowohl auf das Landesrecht des staatlichen Partners als auch auf die Grundsätze von Treu und Glauben, wobei eine Änderung des Abkommens durch einseitigen gesetzgeberischen A k t des Partnerstaates ausdrücklich ausgeschlossen wird. So ist i n dem Vertrag zwischen der UdSSR und der Lena Goldfields Ltd. vom 18. 8. 1925 vereinbart 7 8 in Art. 75: "The company shall submit to all existing and future legislation of the USSR i n so far as special conditions are not provided i n this Agreement." Dazu sagt A r t . 76 ergänzend: "The Government undertakes not to make any alteration i n the Agreement by Order, Decree, or unilateral act or at all except w i t h the Company's consent." Und A r t . 89 fügt hinzu: "The parties base their relations w i t h regard to this Agreement on the principle of goodwill and good faith as w e l l as on reasonable interpretation of the terms of this Agreement."

b) Der Verweis auf Völkerrecht I n anderen Verträgen ist die Anwendung des Völkerrechts und des Prinzips der bona fides vereinbart. So heißt es i n dem Vertrag zwischen dem Iran und der Anglo-Iranian Oil Company Ltd. vom 29. 4. 193379 in A r t . 22 l i t . F : "The award shall be based on the j u r i d i c a l principles contained i n A r t . 38 of the Statutes of the Permanent Court of International Justice . . . " U n d A r t . 21 lautet: "The contracting parties declare that they base the performance of the present Agreement on principles of m u t u a l goodwill and good faith as w e l l as on a reasonable interpretation of this Agreement."

Mann 8 0 w i l l auch stets dann einen Verweis auf das Völkerrecht annehmen, wenn für Vertragsstreitigkeiten die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs im Haag vorgesehen ist 8 1 . c) Der Verweis auf allgemeine Rechtsgrundsätze Es gibt Verträge, in denen lediglich vereinbart ist, daß sie bona fide anzuwenden seien. So sagt Art. 17 des Vertrages zwischen dem Scheik von A b u Dhabi und der Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. vom 11. 1. 1939 82 : 78 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 644, und K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 136/137; Hinweis auf Anm. 45 zu § 3. 79 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643/644, u n d K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 137; vgl. auch Borchers, Verträge S. 156; Ford, Oil-Dispute S. 244/245, angeführt bei Kipp, a.a.O.; Hurewitz, Diplomacy Bd. 2 S. 188; Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483/484. so Gutzwiller-Festgabe S. 483. 81 Hinweis auf § 3 I I 2 b. 82 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 644, u n d Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 138.

56

§ 3 Der I n h a l t der Verträge

"The Ruler and the Company both declare that they intend to execute this Agreement i n a spirit of good intentions and integrity, and to interpret it i n a reasonable manner . . I n d e m A b k o m m e n zwischen d e m Scheik v o n Q u a t a r u n d d e r P e t r o l e u m D e v e l o p m e n t (Quatar) L t d . v o m 17. 5. 1935 ist v e r e i n b a r t 8 3 : "The Sheikh and the Company declare that they base action upon this Agreement on the basis of good faith and pure belief and upon the interpretation of this Agreement i n a manner consistent w i t h reason . . U n d weiter: "The award shall be consistent w i t h the legal principles familiar to civilized nations." Es geschieht auch, daß die P a r t e i e n die A n w e n d u n g d e r ü b e r e i n s t i m m e n d e n R e c h t s p r i n z i p i e n des P a r t n e r s t a a t e s u n d des Staates v e r einbaren, d e m d i e ausländische P r i v a t p e r s o n angehört, u n d subsidiär auf die v o n den zivilisierten Staaten anerkannten Rechtsprinzipien v e r w e i s e n . So b e s t i m m t A r t . 46 des A b k o m m e n s zwischen d e m I r a n u n d (u. a.) der N a t i o n a l I r a n i a n O i l C o m p a n y ( N I O C ) , des sog. Consort i u m A g r e e m e n t v o m 29. 10. 1954 8 4 : " I n v i e w of the diverse nationalities of the parties to this Agreement it shall be governed by and interpreted and applied i n accordance w i t h the principles of l a w common to I r a n and the civilized nations i n which the other parties to this Agreement are incorporated, and i n absence of such common principles then by and i n accordance w h i t principles of l a w recognized by civilized nations i n general including such of those principles as may have been applied by international tribunals."

2. Die Gerichtswahlklausel a) Die

Schiedsklausel

I n fast j e d e m h i n s i c h t l i c h seines Rechtscharakters p r o b l e m a t i s c h e n V e r t r a g i s t eine Schieds-(gerichts-)klausel z u finden, die b e s t i m m t , 83 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 644. Vgl. auch die bereits zitierten Bestimmungen des A r t . 89 i n dem Vertrag zwischen der UdSSR u n d der Lena Goldfield Ltd. (Hinweis auf § 3 I I 1 a) und des A r t . 21 i n dem Vertrag zwischen dem I r a n u n d der A n g l o - I r a n i a n Oil Company L t d . (Hinweis auf § 3 I I 1 b). Vgl. auch die Beispiele bei Borchers, Verträge S. 156 Anm. 867. 84 Angeführt bei Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643, der i n dem „Subsidiär· Ver weis" (auf „principles of l a w recognized by civilized nations") eine Vereinbarung sieht, die auf das Völkerrecht zielt. Borchers, Verträge S. 156, ist der Ansicht, daß die zitierte Bestimmung „weniger direkt auf das V ö l k e r recht als vielmehr auf ein übernationales Recht i n F o r m allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze" hinweist. M a n w i r d hinsichtlich des „ P r i m ä r Verweises" (auf die übereinstimmenden Rechtsprinzipien des Partnerstaates und der Staaten, denen die ausländischen Privatpersonen angehören) der Auffassung von Borchers folgen können, während man hinsichtlich des „Subsidiär-Verweises" der Meinung von Verdross zustimmen kann, da hier von den „principles of l a w recognized by civilized nations" die Rede ist, vgl. auch A r t . 22 l i t . F des Abkommens zwischen dem I r a n u n d der A n g l o - I r a n i a n

I I . Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung

57

„ d a ß S t r e i t i g k e i t e n ü b e r d i e A u s l e g u n g oder A n w e n d u n g dieses V e r trages e i n e m eigenen, zwischen d e n P a r t e i e n v e r e i n b a r t e n

Schieds-

v e r f a h r e n v o r g e l e g t w e r d e n k ö n n e n , w e n n zwischen i h n e n k e i n e e i n v e r n e h m l i c h e B e i l e g u n g des Streites e r r e i c h t w e r d e n k a n n " 8 5 . aa) Schiedsklauseln i n K o n z e s s i o n s v e r t r ä g e n Folgende

Schiedsklauseln

seien

aus

den

Konzessionsverträgen

zitiert86: (1) A r t . 12 des V e r t r a g e s zwischen d e m I r a n u n d d e r N o r t h I r a n i a n Oils L t d . v o m 9. 3.1916: "Differences between the two parties shall be settled by a j o i n t committee.. (2) A r t . 90 Z i f f . 1 des V e r t r a g e s zwischen d e r U d S S R u n d der L e n a G o l d f i e l d s L t d . v o m 18. 8. 1925: " A l l disputes and misunderstandings i n regard to the construing or fulfilment of this Agreement and of all schedules thereto, on the declaration of either of the parties, are examined and settled by the Court of A r b i tration." (3) A r t . 22 l i t . A des V e r t r a g e s zwischen d e m I r a n u n d der A n g l o I r a n i a n O i l C o m p a n y L t d . v o m 29. 4. 1933: " A n y differences between the parties of any nature whatever and i n particular any differences arising out of the interpretation of this Agreement and of the rights and obligations therein contained as w e l l as any differences of opinion which may arise relative to questions for the settlement of which, by the terms of this Agreement, the agreement of both parties is necessary, shall be settled by arbitration." (4) A r t . 31 des V e r t r a g e s z w i s c h e n S a u d i - A r a b i e n u n d d e r A r a b i a n A m e r i c a n O i l C o m p a n y ( A R A M C O ) v o m 29. 5. 1933: " I f any doubt, difference or dispute shall arise . . . concerning the interpretation or execution of this contract . . . i t shall . . . be referred to . . . arbitrators . . . " (5) A r t . 26 des V e r t r a g e s zwischen S y r i e n u n d d e r M a r i t i m e Refineries L t d . v o m 6. 6. 1949: " I f at any time w i t h i n the duration of this Convention or thereafter any doubt, difference or dispute shall arise between the parties hereto concerning the interpretation or execution hereof, or anything herein contained, or i n O i l Company Ltd. v o m 29. 4.1933 (Hinweis auf § 3 I I 1 b m i t der A n m . 79). Borchers, Verträge S. 157 Anm. 871, weist auch auf Klauseln hin, die der oben zitierten Bestimmung ähnlich sind, wie z. B. A r t . 28 des Vertrages z w i schen der Lybischen Regierung u n d der Gulf O i l Company v o m 8. 4.1957. Hinweis auf § 3 1 1 b bb m i t Anm.43. 85 So Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641. Vgl. zur Schiedsgerichtsbarnichtstaatlichen Partnern auch Böckstiegel, A W D 1965 S. 101 ff.; Bourquin, Readings S. 99 ff.; Domke, A J Bd. 17 (1962) S. 129 ff.; Ketcham, Symposium S. 403 ff.; Schlochauer, ArchVR Bd. 12 (1964/65) S. 173 ff.; Schiedsgerichts- u n d Vergleichsordnung, ArchVR Bd. 12 (1964/65) S. 187 ff. Hinweis auf §10114. 86 Sie sind alle angeführt bei Verdross, ZaöVR Bd. 18 (1957/58) S. 641/642.

58

§ 3 Der I n h a l t der Verträge

connection herewith, the same shall, failing any agreement to settle it by other means, be referred to two arbitrators . . . "

(6) Art. 28 Ziff. 1 des Vertrages zwischen dem Scheik von Quatar und der Shell Overseas Exploration Company vom 29. 11. 1952: " I f any doubt or dispute shall arise between the Sheikh and the Company concerning the rights or liabilities of either party, and if the two parties fail to settle i t i n any other way, the matter shall be referred to two arbitrators . . . "

Ähnliche Bestimmungen sind auch in anderen Konzessionsverträgen enthalten 87 . bb) Schiedsklauseln in Anleihe- und Monopolverträgen Auch in den Anleihe- und Monopolverträgen des Kreugertrust 8 8 befinden sich Schiedsklauseln, z.B. 8 9 : (1) Art. 10 des Vertrages mit Griechenland vom 30. 6. 1926: „ A l l e Streitigkeiten u n d Differenzen, die sich zwischen der Regierung und der Gesellschaft aus der Anwendung, Ausführung und Auslegung der vorliegenden Vereinbarungen ergeben könnten, sollen durch zwei Schiedsrichter erledigt werden, deren einen die Regierung, deren anderen die Gesellschaft ernennt. Die Bestimmung dieser Schiedsrichter hat stattzufinden innerhalb von 14 Tagen nach dem Tag, an welchem eine der Parteien der anderen den Wunsch schriftlich mitgeteilt hat, das fragliche Objekt durch ein Schiedsgericht zu erledigen. Die ernannten Schiedsrichter, die auch fremder Nationalität sein können, fällen den Spruch unwiderruflich u n d i n letzter Instanz über den ihnen zur Entscheidung unterbreiteten Gegenstand. Jeder Rückgriff auf irgend eine andere A r t der Entscheidung u n d jedes andere Verfahren sind ausgeschlossen. Wenn aber die Schiedsrichter miteinander nicht einig werden, k a n n auf Verlangen eines derselben m i t beiderseitigem Einverständnis innerhalb von 20 Tagen nach Kundgebung dieses Verlangens eine dritte Person als Oberschiedsrichter bezeichnet werden. Ist auch hierüber keine Einigung möglich, so w i r d zum Oberschiedsrichter der Präsident des Obersten Gerichtes der Schweizerischen Eidgenossenschaft bestimmt oder, falls dieser die Ernennung ablehnt, der Präsident des Obersten Gerichtes des Königreichs der Niederlande. Die Entscheidung des Oberschiedsrichters ist endgültig und unanfechtbar, und die vertragsschließenden Parteien müssen sich i h r ohne jede Einrede unterwerfen. 87 Vgl. die bei Borchers, Verträge S. 159 Anm. 877, angeführten Bestimmungen, wie z. B. A r t . 9 bzw. Par. 10 der Konzessionsverträge zwischen der Radio Corporation of America u n d der tschechoslowakischen Postverwaltung bzw. der Nationalregierung der Republik China (Hinweis auf A n m . 31 und 32 zu § 3) ; A r t . 44 des sog. Consortium Agreement (Hinweis auf Anm. 43 zu § 3). Vgl. auch die Beispiele bei K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 136 Anm. 15. 88 Hinweis auf § 3 11 b cc. 89 Die Bestimmungen sind zitiert nach Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 101/102.

I I . Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung

59

Seine Entscheidung muß spätestens innerhalb von zwei Monaten gefällt sein. Die Unkosten des Verfahrens trägt der unterliegende Teil."

(2) Art. 12 des Vertrages mit Jugoslawien vom 30. 10. 1928: „Jede Meinungsverschiedenheit, zu welcher die Auslegung oder Nichtausführung des vorliegenden Vertrages Anlaß geben könnte, sowie das Verlangen einer der beiden Parteien nach Entschädigung oder nach Aufhebung des Vertrages, muß obligatorisch durch ein Schiedsgericht entschieden w e r den, das aus drei Mitgliedern besteht. Zwei hiervon werden von den Parteien bestimmt, die wiederum das dritte als Präsidenten wählen. Wenn sich die beiden Vertreter auf die Wahl eines Präsidenten nicht zu einigen vermögen, so w i r d derselbe auf Verlangen der Parteien durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes i m Haag bestimmt. Wenn einen Monat nach dem Schiedsgerichtsverlangen einer Partei unter Bezeichnung ihres Schiedsrichters die andere Partei den ihrigen noch nicht bestimmt hat, so hat der Antragsteller das Recht, die Bestimmung eines Offizial-Schiedsrichters für die zweite Partei durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes zu verlangen. Für jede Differenz, die aus der Auslegung oder Nichtausführung des vorliegenden Vertrages entstehen könnte, ist der französische Text allein maßgebend."

cc) Schiedsklauseln in Kartellverträgen Die Partner des Europäischen Kalikartells 9 0 vereinbarten ebenfalls eine Schiedsklausel 91 : „Das Abkommen m i t seinem Kontingentierungssystem und Verkauf fordert . . . eine sorgfältige Kontrolle i n bezug auf seine Innehaltung.

er-

Es ist daher eine Kontrollkommission vorgesehen, i n welche beide Parteien die Hälfte der Mitglieder entsenden . . . Diese Kontrollkommission, die i m Hinblick auf den Charakter des A b kommens eine organisatorische Notwendigkeit ist, bietet gewisse Sicherheiten dagegen, daß auch große Differenzen, die sich aus jedem internationalen Vertrag leicht ergeben können, zu beiderseitigen Verwicklungen keinen Anlaß geben. Wenn eine zugespitzte Auseinandersetzung, die mittelbar oder unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis entstehen mag, sich nicht umgehen läßt, die Parteien also hart auf hart an ihren Auffassungen festhalten, so ist ein letzter Ausgleich vorgesehen. Dieser Ausgleich schließt die A n r u f u n g ordentlicher Gerichte aus. Die Angelegenheit ist einem Schiedsgericht zu übertragen, das sich aus je zwei Vertretern jeder Partei zusammensetzt. Diese vier Schiedsrichter haben einen Obmann zu wählen. Falls eine Einigung über die Person des Obmanns nicht erfolgt, ist der Präsident des Haager Schiedsgerichtes zu ersuchen, denselben zu bestellen. Der Spruch zieht für den unterlegenen Teil materielle Folgen nach sich. 90 Hinweis auf § 3 I 3. Angeführt bei Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 107.

91

60

§ 3 Der I n h a l t der Verträge

Bei festgestellten Verfehlungen werden Bußen bis zum fünffachen Wert des Streitgegenstandes u n d i m Wiederholungsfalle innerhalb eines Jahres bis zum zehnfachen Wert desselben der schuldigen Partei auferlegt."

Auch das Europäische Quecksilber-Konsortium 92 sieht in dem ihm zugrunde liegenden Vertrag ein Schiedsgericht vor 9 3 . b) Die Vereinbarung über die Zuständigkeit des Ständigen Internationalen Gerichtshofs im Haag I n einigen Staatsanleiheverträgen wurde vereinbart, daß bei Streitigkeiten die Entscheidung durch den Ständigen Internationalen Gerichtshof i m Haag einzuholen sei. (1) Dies ist z, B. bei einer Anleihe geschehen, die die Tschechoslowakei i n den Jahren 1932 und 1937 bei einer französischen Bankengruppe aufnahm. Art. 22 des Vertrages lautet 9 4 : " A n y disputes which may arise as to the interpretation or execution of the present provisions shall be subject to the jurisdiction of the Permanent Court of International Justice at The Hague acting i n execution of Art. 14 of the Convenant of the League of Nations. The Czechoslovak State undertakes to lay such disputes before the Permanent Court of International Justice whose jurisdiction it accepts."

(2) Eine ähnliche Klausel enthält der Anleihevertrag zwischen der französischen Regierung und holländischen Banken aus dem Jahre 193495: „ L ' E t a t Français accepte de soumettre tous les différends auxquels le présent Bon de Trésor donnerait lieu à la jurisdiction de la Cour Permanente de Justice de la Haye."

3. Die Klausel über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner

Für die rechtssystematische Einordnung der Verträge ist es auch von Bedeutung, daß oftmals eine Vereinbarung über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner getroffen wird. Eine derartige Vereinbarung wurde bereits zitiert, nämlich A r t . 76 des Vertrages zwischen der UdSSR und der Lena Goldfields Ltd. vom 18. 8. 1925; darin verpflichtete sich der staatliche Partner, keine Änderung des Abkommens durch einen Gesetzgebungsakt vorzunehmen 96 . Eine 92

Hinweis auf § 3 I 3. Vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 109. Angeführt bei Borchers, Verträge S. 159/160, u n d Mann, G u t z w i l l e r Festgabe S. 483; Hinweis auf Anm. 60 zu §3. 9 5 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 160; vgl. dazu auch Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483 m i t der Anm. 67. 9 » Hinweis auf § 3 I I 1 a. 93

94

I I . Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung

61

ähnliche Bestimmung enthält auch der Konzessionsvertrag zwischen dem Iran und der Anglo-Iranian Oil Company Ltd. vom 29. 4.1933; in Art. 21 dieses Abkommens heißt es 97 : "This concession shall not be annulled by the Government and the terms therein contained shall not be altered either by general or special legislation i n the future, or by administrative measures or any other act whatsoever of the executive authorities."

Auch in Monopolanleihen mit dem Kreugertrust verpflichten sich die Staaten zur Setzung bzw. Unterlassung bestimmter Hoheitsakte 98 . So ist ζ. B. in dem Vertrag mit Jugoslawien vom 30. 10. 1928 folgendes vereinbart 9 9 : A r t . 5 Abs. 1 Ziff. 1: „ L e Gouvernement s'engage à interdire, pendant la durée du présent contrat, toute importation d'allumettes et prend l'obligation de n'en pas importer lui-même." A r t . 6 Abs. 1 Ziff. 1 : „Pendant toute la durée du présent contrat, la taxe de monopole par boîte . . . ne dépassera pas Din. 0,66 . . . " A r t . 7 Abs. 1 Ziff. 1 : „ L e Gouvernement s'engage à ne pas augmenter . . . la douane sur l'importation des allumettes . . . "

Ähnliche Bestimmungen enthält der Vertrag zwischen Litauen und der Svenska Tändstiks Aktiebolaget (StAB) 1 0 0 . Litauen verpflichtete sich darüber hinaus zur Enteignung aller nicht der StAB gehörenden litauischen Zündholzfabriken, falls diese nicht von der StAB aufgekauft werden konnten, Art. 2 Abs. 2. Außerdem übernahm die Regierung die Verpflichtung, spätestens einen Monat nach Unterzeichnung des Vertrages sämtliche für dessen Verwirklichung erforderlichen Gesetze und Verordnungen zu erlassen bzw. auf deren Erlaß hinzuwirken 1 0 1 . Abmachungen über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner sind auch in Kartellverträgen zu finden. Als Beispiel dafür sei das Europäische Kalikartell erwähnt. Dieses Abkommen verpflichtet den französischen Staat, seine Gesetzgebung und Verordnungsgewalt dazu einzusetzen, jedes neue Kalibergwerk und jede Kalifabrik der Société de Potasse d'Alsace, dem nationalen Partner des internationalen Kartells, zuzuführen 1 0 2 . Wörtlich heißt es i n Art. 6 1 0 3 : s? Angeführt bei Borchers, Verträge S. 158, der noch weitere Beispiele für derartige Klauseln zitiert; vgl. auch Hurewitz, Diplomacy Bd. 2 S. 188, u n d McNair, B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 7/8. 98 Vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 103/104. 99 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 149 A n m . 835. 100 A r t . 8 Abs. 5 und 6; A r t . 9: A r t . 10 Abs. 1; vgl. ZaöRV Bd. 2 (1931) T e i l 2 S. 314 ff. ιοί Vgl. Borchers, Verträge S. 149 Anm. 835; ZaöRV Bd. 2 (1931) Teil 2 S. 314 ff. ι 0 2 Vgl. Zemanek, Verdross-Festschrift S. 334. 103 Angeführt bei Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 106; vgl. zum Europäischen Quecksilber-Konsortium Werr, a.a.O. S. 109.

62

§ 3 Der I n h a l t der Verträge

„Les propriétaires des m i n e s 1 0 4 . . . prennent l'engagement de s'eforcer d'obtenir que tout nouvel exploitant de mines ou de fabriques de potasse soit tenu de faire partie de la Société."

4. Die Ratifizierungsklausel I n e i n i g e n V e r t r ä g e n ist a u f S e i t e n des s t a a t l i c h e n P a r t n e r s e i n f ö r m liches innerstaatliches sog. R a t i f i k a t i o n s v e r f a h r e n v o r g e s e h e n 1 0 5 . A l s B e i s p i e l sei A r t . 16 des A n l e i h e - u n d M o n o p o l v e r t r a g e s zwischen d e m K r e u g e r t r u s t u n d G r i e c h e n l a n d v o m 30. 6. 1926 z i t i e r t 1 0 6 : „Der vorliegende Vertrag w i r d durch entsprechenden Gesetzesbeschluß ratifiziert werden u n d t r i t t unmittelbar nach seiner Verkündigung i m ,Staatsanzeiger' i n K r a f t . " I n diesem Z u s a m m e n h a n g sei auch der Gesetzes e r w ä h n t , i n d e m es h e i ß t 1 0 7 :

§ 1 eines

jugoslawischen

„Die Nationalversammlung bestätigt den Vertrag, der am 30. Oktober 1928 zwischen der Regierung des Königsreichs der Serben, Kroaten und Slowenen einerseits u n d der Svenska Tändstiks Aktiebolaget i n Stockholm andererseits betreffend eine Monopolanleihe, abgeschlossen worden ist . . . "

104 Der französische Staat w a r der größte Kalibergwerksbesitzer i n F r a n k reich, vgl. Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 106. los v g l . Borchers, Verträge S. 150; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 138 m i t der A n m . 22, unter Hinweis auf A r t . 27 des Vertrages zwischen dem I r a n u n d der A n g l o - I r a n i a n O i l Company vom 29. 4.1933. 106 Angeführt bei Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 101. 107 Angeführt bei Marcus, Kreuger & T o l l S. 208, und Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 100/101.

Zweiter Teil:

Die rechtssystematische Einordnung der Verträge Während i n dem ersten Teil der vorliegenden Untersuchung die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge so dargestellt wurden, wie sie tatsächlich Zustandekommen: zwischen welchen Partnern und mit welchem Inhalt, gilt es, i n diesem zweiten Teil zu erörtern, wie diese Verträge rechtlich zu behandeln sind: wie sie rechtssystematisch eingeordnet werden müssen. Zunächst ist jedoch zu klären, unter welchen Voraussetzungen die in der Praxis erscheinenden Vereinbarungen als „Verträge" im rechtlichen Sinne anzusehen sind, was mit „rechtssystematischer Einordnung" gemeint ist und was unter dem „Rechtsgrund der Verbindlichkeit der Verträge" — als dem entscheidenden Einordnungskriterium — verstanden wird. Anschließend soll geprüft werden, was aus den genannten Begriffsbestimmungen für einige Ansichten folgt, die zum Gegenstand dieser Untersuchung vertreten worden sind.

§ 4 Klärung der Begriffe und daraus zu ziehende Folgerungen für bisher vertretene Ad sichten I. Klärung der Begriffe 1. Der Begriff des „Vertrages"

a) Die übliche Begriffsbestimmung Der „Vertrag" w i r d üblicherweise definiert als die erklärte Willensübereinstimmung zweier (oder mehrerer) sich gegenüberstehender Parteien über die Herbeiführung eines einheitlichen Rechtserfolges; er besteht aus inhaltlich verschiedenen, aber einander entsprechenden Willenserklärungen, die auf einen einheitlichen Erfolg übereinkommen müssen1. I m „Wesen" des Vertrages liegt somit insbesondere zweierlei 2 :

64

§ 4 K l ä r u n g der Begriffe u n d daraus zu ziehende Folgerungen

(1) „daß sich zwei (oder mehrere) Parteien gegenüberstehen, die zwischen sich . . . eine Rechtswirkung ins Leben rufen wollen", (2) „daß sich die Partner ihren korrespondierenden W i l l e n gegenseitig erklären. E i n (wirksamer) Vertrag setzt die auf Willensübereinstimmung beruhende Übereinstimmung der Erklärungen der Partner voraus".

Diese dem deutschen Privatrecht entnommene Begriffsbestimmung t r i f f t auf die Verträge aller Rechtsgebiete zu, wenn auch jeweils nähere Ausgestaltungen und besondere Abgrenzungsmerkmale hinzukommen 3 . b) Der Rechtsgrund

der Verbindlichkeit

der Verträge

Bei dem Problem der tragenden Rechtsgrundlage einer vertraglichen Vereinbarung sind — wie Borchers 4 m i t Recht feststellt — zwei, oft nicht genügend auseinandergehaltene Fragen zu unterscheiden: die der Verpflichtungskraft und die der Zulässigkeit von Verträgen. aa) Die Verpflichtungskraft des Vertrages Bei der Verpflichtungskraft eines Vertrages ist wiederum zweierlei getrennt zu behandeln: einmal die Frage, ob die Verbindlichkeit eines Vertrages sich bereits aus dem Vertrag (Vertragsbegriff) selbst ergibt oder ob sie aus einer über dem Vertrag stehenden Norm abzuleiten ist und somit aus dem Recht folgt, zum anderen — wenn letzteres der Fall sein sollte — die Frage, ob die Norm, die die Verbindlichkeit des Vertrages begründet, von einem Gesetzgeber gesetzt sein muß, oder ob der Satz „pacta sunt servanda" genügt, die Verpflichtung zu begründen. Es w i r d die Auffassung vertreten, daß die Verbindlichkeit eines Vertrages aus der „Apriorität des Vertragsbegriffes" zu folgern sei5. So sagt ζ. B. Stern 6, daß die bindende Kraft eines Vertrages nicht „deriva1 So z.B. Lehmann, Allgemeiner Teil B G B S. 217: i n diesem Sinn auch schon Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts Bd. 1 S. 166 ff. 2 So Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil B G B S. 909/910. 3 Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 11—15. Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 248, definiert ζ. B. den verwaltungsrechtlichen Vertrag als ein Rechtsgeschäft, „durch vereinbarliche, synallagmatische oder sonstwie übereinstimmende Willenserklärungen". Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 255, stellt fest, daß der öffentlich-rechtliche Vertrag dadurch als solcher gekennzeichnet werde, daß er sich auf „Gegenstände des öffentlichen Rechts" beziehe. Vgl. zum verwaltungsrechtlichen Vertrag insbesondere Apelt, V e r trag. Z u dem Sonderfall des französischen „contrat administratif" vgl. Imboden, Vertrag S. 74. Als besonderes Kennzeichen völkerrechtlicher Verträge ist das Erfordernis zu betrachten, daß sie n u r zwischen Völkerrechtssubjekten abgeschlossen werden können; Hinweis auf § 6 I I 1 a. 4 Verträge S. 15. 5 Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 16. 6 V e r w A r c h Bd. 49 (1958) S. 130.

65

I. K l ä r u n g der Begriffe

t i v " aus e i n e r R e c h t s n o r m abgeleitet sei, s o n d e r n „ o r i g i n ä r " aus d e m V e r t r a g selbst, l e t z t l i c h aus seiner v o r r e c h t l i c h e n , „ a p r i o r i s c h e n N a t u r " folge; d e n n angesichts der „ v o r j u r i s t i s c h e n N a t u r " des V e r t r a g e s k ö n n e es n i c h t eine R e c h t s n o r m sein, die das f ü r d e n V e r t r a g

unerläßliche

M e r k m a l seiner V e r b i n d l i c h k e i t erzeuge. Gegen eine d e r a r t i g e

Auffassung

ist aber

m i t Recht

eingewandt

w o r d e n , daß der W i l l e a l l e i n n i e m a l s eine V e r p f l i c h t u n g h e r v o r b r i n g t . I n diesem S i n n e f ü h r t Radbruch

7

aus:

„Vertragswille ist aber w o h l Wille, sich zu binden, nicht jedoch schon Bindung. W i l l e kann niemals Verpflichtung erzeugen, nicht fremde, aber auch nicht eigene Verpflichtung, er k a n n höchstens die Sachlage hervorbringen wollen, an die eine über i h m stehende N o r m die Verpflichtung knüpft. Nicht der Vertrag bindet also, sondern das Gesetz 8 bindet an den Vertrag. Vertragsbindung ist nicht geeignet, der gesetzlichen Bindung als Grundlage zu dienen, sie setzt die gesetzliche Bindung gerade umgekehrt voraus." Diesen S t a n d p u n k t v e r t r i t t Nawiasky 9 namentlich für völkerrechtliche V e r t r ä g e : „Es bedarf nicht langen Nachdenkens, u m festzustellen, daß die völkerrechtlichen Verträge, abgesehen von ihrer partikulären, n u r ihre Partner erfassenden Wirkungen, keine ursprüngliche Quelle des Völkerrechts sein können. Denn ihre bindende K r a f t kann unmöglich auf der Willensübereinstimmung der Vertragsschließenden beruhen. Denn sonst würde sie sofort dahinfallen, wenn n u r auf einer Seite eine Willensänderung eintreten würde und dadurch die Willensübereinstimmung aufgehoben wäre. Es muß also eine verbindliche N o r m geben, wonach eine solche Aufhebung der einmal erfolgten Übereinstimmung unzulässig ist, mindestens i m Regelfall, von einzelnen genau bestimmten Ausnahmen abgesehen." E i n V e r t r a g k a n n also seine b i n d e n d e K r a f t n u r aus einer ü b e r i h m stehenden N o r m u n d s o m i t aus d e m Recht b e z i e h e n 1 0 . F ü r d e n P o s i t i v i s m u s , der „ n u r n o r m a t i v ausgewiesenes Recht a n e r k a n n t e " 1 1 , k o n n t e die V e r b i n d l i c h k e i t eines V e r t r a g e s n u r a u f einer „ v o m z u s t ä n d i g e n Gesetzgeber i n b e s t i m m t e r F o r m erlassenen p o s i t i v e n R e c h t s n o r m b e r u h e n " 1 2 . Diese A u f f a s s u n g m u ß t e i m ( w e n i g e r als das P r i v a t r e c h t geregelten) i n n e r s t a a t l i c h e n ö f f e n t l i c h e n Recht u n d i m V ö l k e r r e c h t z u S c h w i e r i g k e i t e n f ü h r e n . I n n e r h a l b dieser b e i d e n Rechts7

Rechtsphilosophie S. 244. Der Gesetzesbegriff w i r d von Radbruch nicht als N o r m i m Sinne des Positivismus, sondern als Wertung aufgefaßt, a.a.O. S. 128 Anm. 2 und S. 136. » Staatslehre Teil 3 S. 36. 10 So z.B. auch Borchers, Verträge S. 17; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 12/13; Mann, B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 49. Z u r besonderen Problematik der Rechtsgrundlage von i n t e r n a t i o n a l - p r i v a t rechtlichen Verträgen vgl. § 5 I I 3. Z u m Problem der Rechtsgrundlage völkerrechtlicher Verträge vgl. insbesondere § 6 I I 2. 11 Forsthoff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 253. 12 Borchers, Verträge S. 15; vgl. auch Mayer, AöR Bd. 3 (1888) S. 40 u n d 49. 8

5 Rengeling

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§ 4 K l ä r u n g der Begriffe und daraus zu ziehende Folgerungen

gebiete kann die Verbindlichkeit einer vertraglichen Vereinbarung aber aus dem Satz „pacta sunt servanda" abgeleitet werden 1 3 . Forsthoff u bezeichnet den Satz „pacta sunt servanda" i n Anlehnung an Huber 15 als einen „integrierenden Bestandteil der abendländischen Rechtsidee". Dahm16 hält die „Maxime" „pacta sunt servanda" für „eine Grundnorm i m Sinne notwendigen, unentbehrlichen Rechts" 17 . Z u dem Ergebnis, daß die Rechtsnorm „pacta sunt servanda" als Rechtsgrund der Vertragsverbindlichkeiten anzusehen ist, kommt auch die International Law Commission; in ihrem Bericht über Verträge vom 14. 3.1956 heißt es 18 : „Die Grundlage der Vertragsverpflichtung ist Einverständnis, verbunden m i t dem rechtlichen Grundprinzip, daß Einverständnis Verpflichtung erzeugt."

bb) Die Zulässigkeit des Vertrages Der Satz „pacta sunt servanda" ist nicht nur ein allgemeiner Rechtsgrundsatz 19 , er ist auch Bestandteil staatlicher Rechtsordnungen 20 und des Völkerrechts 21 . Bezieht ein Vertrag seine Verpflichtungskraft ζ. B. aus der völkerrechtlichen Norm „pacta sunt servanda", so ist dieser Vertrag dem Völkerrecht unterworfen. Verstößt dieser Vertrag gegen zwingendes Völkerrecht, so ist er nichtig 2 2 . Nur soweit die Dispositivnormen einer Rechtsordnung die Parteien zum Vertragsschluß ermächtigen, können diese rechtsschöpferisch tätig werden; die Rechtsordnung befindet über die Zulässigkeit des Vertrages 23 . Die Verträge erscheinen somit „nur noch als Tatbestände unter dieser positiven Rechtsordnung, die über das Ob und Wie einer Zulassung von Rechtsgeschäften vom gesellschaftlichen Gesamtaufbau her selbständig und abschließend entscheidet" 24 . 13

Näheres zu den völkerrechtlichen Verträgen unter § 6 I I 2. i* Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 253. is Verträge S. 80. 16 Völkerrecht Bd. 3 S. 2. ι 7 Z u dem Satz „pacta sunt servanda" vgl. auch Wehberg, A J I L Bd. 53 (1959) S. 775—786; ders., Verdross-Festschrift S. 307—319. 18 Angeführt bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 413, unter Hinweis auf: A/CN. 4/101, Berichterstatter Sir Gerald Fitzmaurice. 1 9 Vgl. ζ. B. Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 640/641. 20 Hinweis auf A n m . 14 zu § 4. I n staatlichen Rechtsordnungen sind allerdings oft einzelne Anwendungsfälle (Konkretisierungen) des Satzes „pacta sunt servanda" für eine bestimmte Vertragsart i n besonderen geschriebenen Normen erfaßt, wie ζ. B. §433 B G B als Anwendungsfall (Konkretisierung) des Satzes „pacta sunt servanda" für Kaufverträge i m deutschen Recht angesehen werden kann. 2 1 Hinweis auf § 6 I I 2. 22 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 439. 23 Borchers, Verträge S. 18. 24 von Hippel, Parteiautonomie S. 104. Wie Borchers, Verträge S. 18, festgestellt hat, kommen auch die Verfechter der Theorie von der A p r i o r i t ä t des Vertrages zu demselben Ergebnis; so sagt

I. K l ä r u n g der Begriffe

67

cc) Ergebnis Über den Rechtsgrund der Verbindlichkeit eines Vertrages w i r d in den folgenden Ausführungen zur rechtssystematischen Einordnung der Verträge i m einzelnen noch manches zu bedenken sein 25 . Hier sollte nur grundsätzlich geklärt werden, daß die Verträge zu ihrer Verbindlichkeit einer tragenden Rechtsnorm bedürfen und daß dadurch die Verträge einer bestimmten Rechtsordnung unterstellt werden, die dann ihrerseits über die Zulässigkeit eines Vertrages i m Einzelfall entscheidet. Dies ist auch in dem Schiedsurteil vom 23. 8. 1958, das den Konzessionsvertrag zwischen Saudi-Arabien und der Arabian- American Oil Company (ARAMCO) vom 29. 5. 1933 betrifft 2 6 ausgesprochen worden 2 7 : " I t is obvious that no contract can exist 'in vacuo', i. e. w i t h o u t being based on a legal system . . . The contract cannot even be conceived w i t h o u t a system of law under which i t is created. H u m a n w i l l can only create a contractual relationship if the applicable system of l a w has first recognized its power to do so."

2. Der Begriff der „rechtssystematischen Einordnung"

a) Das Rechtssystem als die Gesamtheit der einzelnen Rechtsordnungen Unter „Rechtssystem" soll die Gesamtheit (das Gefüge) der einzelnen „Rechtsordnungen" verstanden werden. Nawiasky 28 definiert den Begriff „Rechtsordnung" als „das von einer sozialen Gemeinschaft getragene und inhaltlich bestimmte System von Vorschriften für das äußere Verhalten der Gemeinschaftsmitglieder, deren Nichtbefolgung Vollstreckungszwang oder Strafe entgegenw i r k t " . Der Auffassung vom Begriff des „Rechts", die in dieser Definition zum Ausdruck kommt, kann nicht zugestimmt werden. Sie stellt auf die Erzwingbarkeit durch äußere Gewalt ab und vermag fast das gesamte Völkerrecht sowie weite Teile des Staats- und auch des Privatrechts nicht zu umfassen 29 . Als „Recht" sind vielmehr die „Regeln für äußeres menschliches Verhalten" anzusehen, „an deren Verletzung Stern, V e r w A r c h Bd. 49 (1958) S. 132 ff., daß der Vertrag n u r so lange originäre Rechtsquelle sei, als sich über den vertraglich gesetzten Normen nicht der übergeordnete Rechtskreis einer positiven Rechtsordnung wölbe. 25 Vgl. die Hinweise i n Anm. 10 zu § 4. 26 Hinweis auf A n m . 38 zu § 3. 27 Angeführt bei Jennings, Symposium S. 138/139. 28 Rechtslehre S. 23/24. 29 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 14. 5*

68

4 K l ä r u n g der Begriffe u n d daraus zu ziehende Folgerungen

Unrechtsfolgen geknüpft sind"; diese Unrechtsfolgen können irgendwelche Rechtssanktionen sein, von denen der Zwanksakt nur eine unter vielen ist 3 0 . „Rechtsordnung" kann daher definiert werden als das von einer Gemeinschaft getragene und inhaltlich bestimmte System von Vorschriften für das äußere Verhalten der Gemeinschaftsmitglieder, deren Nichtbefolgung Rechtssanktionen entgegenwirken. Üblicherweise unterteilt man das Rechtssystem — auch „Gesamtrechtsordnung" genannt 3 1 — in Völkerrecht und Landesrecht 32 , das seinerseits aus den einzelnen staatlichen Rechtsordnungen besteht. Wie diese Untersuchung zeigen wird, ist die genannte übliche Einteilung des Rechtssystems unzureichend 33 , da das Völkerrecht herrschender Ansicht nach als — von wenigen Ausnahmen abgesehen — zwischenstaatliches Recht betrachtet w i r d 3 4 . Es ist deshalb auch zu untersuchen, ob nicht neben dem so begriffenen Völkerrecht und dem Landesrecht — als der Summe aller staatlichen Rechtsordnungen — weitere Rechtsordnungen bestehen, von denen eine möglicherweise die hier zu behandelnden Verträge beherrscht.

b) Einordnung Bei der rechtssystematischen Einordnung ist die Frage zu beantworten, welcher besonderen Rechtsordnung (im Gegensatz zur „Gesamtrechtsordnung" = „Rechtssystem") die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge angehören. Als das entscheidende Einordnungskriterium w i r d der Rechtsgrund der Verbindlichkeit (der Verpflichtungskraft) der Verträge angesehen; denn nur wenn geklärt ist, woher ein Vertrag seine Verbindlichkeit, seine Rechtsgültigkeit, sein „rechtliches Bestehen" ableitet, weiß man, welcher Rechtsordnung er angehört 35 . so Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 14; vgl. auch ders., Völkerrecht Bd. 3 S. 86. Vgl. ferner Zemanek zum „internationalen Verbandsrecht, Hinweis auf § 2 I I 2 cc m i t den Anm. 84—87. Vgl. zu den Begriffen „Recht" u n d „Sanktion" statt vieler anderer und m. w. N. Klein, W V R Bd. 3 S. 160: „Rechtsregeln liegen n u r dann vor, w e n n für den F a l l der Verletzung von i n ihnen enthaltenen Normen spezifische Rechtssanktionen vorgesehen sind. Als solche kommen i n Betracht: Anfechtung, Nichtigkeit; . . . Selbsthilfe, Schadensersatz . . . ; Kündigungs- u n d V e r tragsaufhebungsrechte . . . " Hinweis auf § 6 I I 4. 31 So Borchers, Verträge S. 18. 32 Grundlegend dazu: Triepel, Völkerrecht u n d Landesrecht. 33 Vgl. ζ. B. das „Internationale Verbandsrecht" nach der Auffassung von Zemanek, oben § 2 I I 2 c cc. 34 Hinweis auf § 6 I I I 2 b. 35 Vgl. oben § 4 1 1 b.

I I . Folgerungen für bisher vertretene Ansichten

69

II. Folgerungen für bisher vertretene Ansichten 1. Die „reinen" Vertragsverhältnisse und die Unmöglichkeit ihrer rechtssystematischen Einordnung (Wengler)

a) Die Ansicht von Wengler 36

Wengler vertritt den Standpunkt, daß es sich bei bestimmten — oben 37 auch als Beispiele angeführten — Verträgen nicht um „Verträge" i m rechtlichen Sinne handele und somit auch nicht die Möglichkeit bestehe, sie rechtssystematisch einzuordnen. I m einzelnen führt er aus: aa) Die „reinen" Vertragsverhältnisse Es sei denkbar, so sagt Wengler, daß bei dem Kehler Hafenabkommen 3 8 die Erfüllung weder mit Hilfe der nationalen Gerichte noch auf Grund der Bestimmungen des Völkerrechts über den Schutz der Ausländer erzwungen werden könnte. Dann hätte die durch einen Vertragsbruch des anderen Partners verletzte Partei wohl doch jedenfalls die Möglichkeit, durch Verweigerung der Erfüllung aus dem Abkommen „Sanktionen" zu verwirklichen. Dies sei aber auch w o h l die einzige Unrechtsfolge, die eintreten könnte, wenn etwa ein Staat und eine ausländische protestantische Kirche einen Vertrag schlössen39 und dieser Vertrag die einzige Rechtsbeziehung zwischen den Partnern sei 40 . Selbstverständlich sei es möglich, daß auch zwei Staaten i n einem Vertrag, dessen Nichterfüllung nach Völkerrecht mangels besonderer Abrede das Recht zu Repressalien gegen „sonstige" Völkerrechtgüter des Verletzers, die von dem anderen Staat zu beachten seien, nach sich ziehen würde, ausdrücklich die Unrechtsfolge für den Vertragsbruch auf die Zurückbehaltung der Leistungen des anderen Vertragsteils bzw. auf die Auflösung des Vertrages durch den verletzten Teil beschränkten. Dann laufe aber die „Bindung" aus dem Vertrag auf dasselbe hinaus, was die Staaten dann erreichten, wenn sie ein bestimmtes Verhalten einseitig versprächen unter der Bedingung, daß der andere Staat ein bestimmtes Verhalten nicht nur einseitig verspreche, sondern es auch effektiv durchführe 41 . Reduziere sich der Rechtsgehalt eines Vertrages auf solche, an ein bestimmtes Verhalten der Gegenseite geknüpften, einseitigen Leistungszusagen, so tauche die rechtsphilosophische Frage auf, ob dies noch ein Vertrag sei 42 . Hier erscheine die 36 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 443—446; vgl. auch ders., Völkerrecht Bd. 1 S. 289. 37 Hinweis auf § 3 I. 38 Hinweis auf § 3 I 4 (2). 3» Hinweis auf § 3 14 (4). 4 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 444. 41 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 444/445. 42 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 445.

70

§ 4 K l ä r u n g der Begriffe und daraus zu ziehende Folgerungen

Erkenntnis wichtig, daß in einer solchen Situation, wo keine Macht eine Vertragspartei durch Entziehung sonstiger Rechtsgüter zwingen könnte, einen Vertrag zu erfüllen, der Vertrag sich praktisch (!) auf einseitige Versprechungen reduziere, die, wenn Versprechungen von beiden Seiten abgegeben würden, unter der Bedingung erfolgten, daß die andere Partei ihre Versprechungen halte. „Solange die Gegenpartei erfüllt, werde auch ich erfüllen; falls sie nicht erfüllt, rechne ich damit, daß auch die Gegenpartei nicht mehr erfüllt", das sei das Schema eines solchen primitiven „reinen" Vertragsverhältnisses 43 . bb) Die Unmöglichkeit der rechtssystematischen Einordnung Für einen solchen „Vertrag", so fährt Wengler fort, sei die Frage, welcher Rechtsordnung er angehöre, Völkerrecht oder staatlichem Recht, von vornherein falsch gestellt. Die Zugehörigkeit einer Rechtsnorm zu einer Rechtsordnung bestehe gerade darin, daß eine Verletzung dieser Norm Rückwirkungen i n bezug auf andere Rechtsnormen derselben Rechtsordnung — genauer: i n bezug auf die von anderen Rechtsnormen produzierten Rechtsgüter — auslöse oder jedenfalls auslösen könne 4 4 . Bestünden solche Zusammenhänge zu anderen Rechtsnormen und ihren Rechtsgütern nicht, so gehöre der „isolierte Vertrag" mit seinen „Normen" keiner bestimmten Rechtsordnung an, sondern werde zu einem, i n einseitigen bedingten Versprechungen bestehenden „faktischen Gegenseitigkeitsverhältnis" 45 . b) Stellungnahme

zu der Ansicht von Wengler

Wengler gelangt also — zusammengefaßt — zu folgender Feststellung: „Verträge", bei denen die Nichterfüllung als einzige Unrechtsfolge einer „Vertragsverletzung" möglich ist, können mangels Rechtsgehalt nicht rechtssystematisch eingeordnet werden, da bei einer Verletzung ihrer „Normen" keine Rückwirkungen auf die Normen einer Rechtsordnung ausgelöst werden können; Wengler spricht von „reinen" Vertragsverhältnissen, „isolierten Verträgen", „faktischen Gegenseitigkeitsverhältnissen" . aa) Zur Rechtsauffassung Zunächst erscheint es zweifelhaft, ob die Nichterfüllung eines Vertrages nicht doch eine Rechtssanktion darstellt, so daß insofern keine 43 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 445/446. 44 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 446; vgl. auch ders., Laun-Festschrift (1953) S. 719 ff. 45 Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 446.

I I . Folgerungen für bisher vertretene Ansichten

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„reinen" Vertragsverhältnisse im Sinne von Wengler vorliegen, sondern Verträge im rechtlichen Sinne, durch die „Recht" geschaffen w i r d 4 6 . bb) Z u m Vertragsbegriff, insbesondere zu dem Willen der Parteien, einen Rechtserfolg herbeizuführen Wengler beurteilt die Frage, ob ein Vertrag gegeben ist, einzig von den Unrechtsfolgen her 4 7 . I m Hinblick auf den oben 48 erörterten Vertragsbegriff bleibt dabei aber der Parteiwille, einen Rechtserfolg herbeizuführen, eine rechtliche Bindung einzugehen, unberücksichtigt. Nach dem in dem Vertragsbegriff enthaltenen Begriff der Willenserklärung ist dieser Wille aber von entscheidender Bedeutung 49 . So gelangt Fawcett 50 bei seiner Untersuchung „The Legal Character of International Agreements" zu folgendem Ergebnis: (1) "The contractual character of international agreements depends upon the intention of the parties to create legal relations between them; (2) international agreements are to be presumed not to create legal relations unless the parties express or impliedly so declare; (3) there are two decisive tests of intention to create legal relations: first, whether the parties have declared, or i t is to be deduced from the agreement as a whole that it is to be governed by one of three bodies of l a w to which the parties are capable of referring the agreement; second, whether the parties have provided for the settlement of disputes arising from the agreement by compulsary j u d i c i a l process."

Entsprechend heißt es in dem ARAMCO-Urteil 5 1 , der „contractual character" des Konzessionsverhältnisses sei „unquestionable", weil „this is apparent in the very name of the instrument granting the concession, the constant use i n the text of the word ,agreement 4 and especially the provision requiring the contract not only to be approved by His Majesty the King, but also to be ratified . . . by the competent organs of the Company". 46

Hinweis auf § 4 1 2 a; vgl. zu der Ansicht von Wengler auch: Zemanek, Verdross-Festschrift S. 337 Anm. 74. 47 Wengler scheint überhaupt das Recht vornehmlich unter dem Gesichtsp u n k t der Unrechtsfolge zu sehen; vgl. außer a.a.O. ders., Laun-Festschrift (1953) S. 720 ff.; ders., R H D I 1955 S. 124. 4 8 Hinweis auf § 4 11. 49 Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner T e i l B G B S. 896: „ I h r e m I n h a l t nach muß die E r k l ä r u n g auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet sein"; S. 898: „Nicht selten werden Erklärungen ohne Rechtsfolgewillen abgegeben, wenn die Parteien ihre Abrede nicht der Rechtsordnung unterstellen wollen, w e i l ihrer Wirksamkeit zwingende Vorschriften entgegenstehen würden. Sie schließen deswegen ein gentleman-agreement', u m den erstrebten Erfolg i m Vertrauen auf das Wort des Partners oder m i t Hilfe einer ,Bindung durch den Anstand 4 zu erreichen." Vgl. zum Rechtsfolgewillen auch Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 3. so B Y B I L Jg. 30 (1953) S. 400. 5i Hinweis auf Anm. 27 zu § 4 ; Rivista Bd. 46 (1963) S. 243.

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4 K l ä r u n g der Begriffe und daraus zu ziehende Folgerungen

cc) Zur rechtssystematischen Einordnung, insbesondere zum Einordnungskriterium Wenn Wengler sagt, die „reinen" Vertragsverhältnisse könnten rechtssystematisch nicht eingeordnet werden, da ihre Verletzung nicht geeinet sei, eine Rückwirkung auf Rechtsnormen einer Rechtsordnung auszulösen, so scheint er i n einem derartigen Zusammenhang zwischen Vertrags-„normen" und anderen Normen einer Rechtsordnung das entscheidende Einordnungskriterium zu erblicken. Dagegen erheben sich jedoch Bedenken: Es ist fraglich, wie man klären w i l l , welche Rückwirkungen eine Vertragsverletzung auf Rechtsnormen einer Rechtsordnung haben kann, ohne zuvor festgestellt zu haben, ob ein Vertrag überhaupt entstanden ist, und zwar auf Grund der maßgeblichen Voraussetzungen, daß eine entsprechende Willenseinigung vorliegt, die in Verbindung mit der Rechtsnorm („pacta sunt servanda") einer Rechtsordnung ihre Verbindlichkeit als Vertrag i m rechtlichen Sinne erlangt hat 5 2 . Erst wenn Vertrags-„normen" in dieser Weise entstanden sind, kann gefragt werden, welche Rückwirkungen ihre Verletzungen haben können, m i t anderen Worten: welche Unrechtsfolgen i n Betracht kommen. Es sind dann nämlich diejenigen der Rechtsordnung, der der jeweilige Vertrag seine Entstehung verdankt. Es erscheint somit richtig, den oben 53 angezeigten Weg zu verfolgen, d. h. für die m i t Rechtsfolgewillen zustandegekommenen Vereinbarungen innerhalb verschiedener Rechtsordnungen eine Rechtsnorm zu suchen, die diesen Vereinbarungen als „Verträgen" Verbindlichkeit (Verpflichtungskraft) verleiht. Ist eine solche Rechtsnorm gefunden, so gehören die Verträge der Rechtsordnung an, deren Bestandteil auch die ihre Verbindlichkeit begründende Rechtsnorm ist.

2. Die Auffassung der britischen Regierung in dem Rechtsstreit mit dem Iran

Die britische Regierung vertrat i n dem Rechtsstreit m i t dem Iran vor dem Internationalen Gerichtshof folgende Auffassung 54 : Sie legte dort den Vertrag zwischen dem Iran und der Anglo-Iranian Oil Company L t d . 5 5 dahin aus, daß dieser Vertrag einen doppelten Charakter habe. Er sei auf der einen Seite ein Konzessionsvertrag zwischen dem Iran und der Company; auf der anderen Seite müsse man i h n auch als Staatsvertrag zwischen dem United Kingdom und dem Iran ansehen. 52 Hinweis auf § 411. 53 Hinweis auf § 4 I 2 b. 54 Vgl. dazu K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 141/142, unter Hinweis auf C I J Recueil 1952 S. I l l f. 55 Hinweis auf Anm. 37 zu § 3.

I I . Folgerungen für bisher vertretene Ansichten

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Daraus könne gefolgert werden, daß der Vertrag einem doppelten Recht unterstehe. Soweit er Staatsvertrag sei, müsse Völkerrecht zur Anwendung kommen, i m übrigen — bezüglich des materiellen Inhalts der Konzession — sei die lex contractus maßgebend. I m vorliegenden Fall hat der Gerichtshof die Meinung der britischen Regierung zurückgewiesen und herausgestellt, daß der Vertrag in keiner Hinsicht die Beziehungen zwischen zwei Regierungen regele 56 . Selbst wenn auch ein Vertrag zwischen dem staatlichen Partner der hier zu untersuchenden Verträge und dem Heimatstaat des jeweiligen nichtstaatlichen Partners (einer ausländischen Privatperson) zustande^ gekommen ist, so bleibt doch noch die Frage nach der rechtssystematischen Einordnung des Vertrages zwischen dem staatlichen und dem nichtstaatlichen Partner bestehen. Allein die letztgenannte Frage gilt es hier zu beantworten 57 . 3. Ergebnis

Weder aus der von Wengler noch aus der von der britischen Regierung i n dem Rechtsstreit m i t dem Iran vertretenen Auffassung ergeben sich berechtigte Bedenken gegen den Versuch einer rechtssystematischen Einordnung der Verträge, deren Struktur oben 58 anhand der Partner und des Inhalts dargestellt wurde.

I. Abschnitt:

Die bisher vertretenen Lösungen und ihre kritische Würdigung § 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts Verträge zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson unterstehen i n der Regel 1 staatlichem Recht, d. h. sie gehören der Rechtsordnung eines Staates an, wobei die zuständige Rechtsordnung 56

Vgl. A n m . 54 zu 4. 57 Kipp hält es angesichts der Ausführungen des Gerichts (vgl. A n m . 54 zu § 4) nicht für notwendig, sich m i t der „abseitigen Problematik" eines doppelten Charakters der Verträge zu beschäftigen. 58 Erster Teil der Untersuchung. 1 Hinweis auf § 1 1 4 m i t der A n m . 12.

74

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

d u r c h das K o l l i s i o n s r e c h t e r m i t t e l t w i r d . F r a g l i c h ist, ob das auch f ü r V e r t r ä g e g i l t , d e r e n S t r u k t u r i m ersten T e i l der U n t e r s u c h u n g geschildert w u r d e . D i e A u f f a s s u n g e n , nach d e n e n dies zu b e j a h e n ist, sollen n u n d a r g e s t e l l t w e r d e n .

I . Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

1. Die Verträge ausschließlich innerhalb staatlichen Rechts von Bar v e r t r a t i m J a h r e 1913 d e n S t a n d p u n k t , daß es eine F r a g e des „ i n t e r n a t i o n a l e n P r i v a t r e c h t s " sei, ob das Recht der k l a g e n d e n P r i v a t p e r s o n oder das Recht des i n A n s p r u c h g e n o m m e n e n Staates entscheidend sei 2 . D a z u findet sich i n einer F u ß n o t e die E r g ä n z u n g 3 : „Die von einer Seite vorgebrachte Meinung, daß für solche Forderungen eine dritte A r t von Recht geschaffen werden müßte, welches weder P r i v a t recht noch Völkerrecht sein würde, kann füglich außer Betracht bleiben. Ich wenigstens kann m i r von der Beschaffenheit dieses Rechts keine Vorstellung machen 4 ." I n d e m U r t e i l des S t ä n d i g e n I n t e r n a t i o n a l e n Gerichtshofs v o m 12. J u l i 1929 i n Sachen b e t r e f f e n d d i e Z a h l u n g verschiedener i n F r a n k r e i c h ausgegebener serbischer A n l e i h e n h e i ß t es 5 : „Jeder Vertrag, der nicht ein Vertrag zwischen Staaten als Subjekten des internationalen Rechts ist, hat seine Grundlage i n einem Landesgesetz. Die Frage, welches dieses Gesetz ist, bildet den Gegenstand des Teils des Rechts, den man heute meist als internationales Privatrecht oder Theorie der Statutenkollision (conflit des lois) bezeichnet. Seine Regeln können mehreren Staaten gemeinsam oder auch durch internationale Vereinbarungen oder Gebräuche festgestellt sein und i n diesem letzteren Falle den Charakter eines w i r k l i c h internationalen, die Beziehungen zwischen Staaten beherrschenden Rechts haben. Aber davon abgesehen, ist anzunehmen, daß sie dem Landesrecht angehören." 2 Z V Bd. 7 (1913) S. 431. a.a.O. (Anm. 2 zu §5) Fußnote 1. 4 Der Ansicht von Bars hat sich M eurer, ZV Bd. 8 (1914) S. 44, angeschlossen. 5 Hinweis auf Anm. 40 zu § 1. Das Zitat ist entnommen: Entscheidungen des S t I G H Bd. 7 (1929—1930) S. 60/61. Die englische Fassung lautet: " A n y contract which is not a contract between States i n their capacity as subjects of international l a w is based on the municipal l a w of some country. The question as to which this l a w is forms the subject of that branch of l a w which is at the present day usually described as private international l a w or the doctrine of the conflict of laws. The rules thereof may be common to several states and may even be established by international convention or customs, and i n the latter case may possess the character of true international l a w governing the relations between States. B u t apart from this, it has to be considered that these rules form part of municipal law." — angeführt bei Borchers , Verträge S. 143, unter Hinweis auf Ser. A, Nos. 20 S. 41. 3

I.

r s e u n g der

e r t r e t e n e n Auffassungen

75

I n dem Bericht des Völkerbundausschusses zum Studium internationaler Anleiheverträge w i r d dieselbe Ansicht vertreten 6 : "Every contract which is not an international agreement — i. e., a Treaty between States — is subject (as matters now stand) to municipal law . . . " 2. Die Verträge im Internationalen Privatrecht und im Völkerrecht (Mann)

a) Der Normalfall Nach der Ansicht von Mann 7 unterstehen die Verträge zwischen einem Völkerrechtssubjekt einerseits und einer natürlichen oder nach innerstaatlichem Recht errichteten juristischen Person andererseits normalerweise dem von den Parteien gewählten „nationalen Rechtssystem" 8 . b) Die ausnahmsweise Unterstellung

unter das Völkerrecht

Mann hält es jedoch auch für möglich, Verträge zwischen Parteien, von denen nur eine Völkerrechtssubjekt ist, dem Völkerrecht zu unterstellen. Damit könnte ein Vertrag in dem Sinn „internationalisiert" werden, daß auf ihn Völkerrecht stricto sensu anzuwenden sei, also seine Existenz und sein Schicksal jeder Einwirkung durch ein internes Rechtssystem genauso entzogen wäre, wie es beim Staatsvertrag der Fall sei9. c) Die Verweisung auf das Völkerrecht als Problem des Internationalen Privatrechts aa) Die kollisionsrechtliche Verweisung Mann denkt an eine „echte kollisionsrechtliche Verweisung" auf das Völkerrecht, an eine Verweisung, „wie sie der Art, Qualität und W i r kung nach dem Internationalen Privatrecht geläufig ist und i m Gegensatz zur bloßen materiell-rechtlichen Verweisung steht" 1 0 . bb) Das Problem der Parteiautonomie im Internationalen Privatrecht Die Frage, so sagt Mann weiterhin, ob und unter welchen Voraussetzungen es einem Völkerrechtssubjekt und einer Person des internen Rechts freistehe, ihren Vertrag dem Völkerrecht zu unterstellen, werfe 6 Angeführt bei Borchers , Verträge S. 143, unter Hinweis auf: Report of the Committee for the Study of International Loan Contracts, League of Nations Publication, I I . A. 10; (document C. 145. M. 93, 1939. I I . Α.), S. 21. 7 Gutzwiller-Festgabe S. 477 ff. s a.a.O. S. 477. 9 a.a.O. S. 479; Einzelheiten dazu i n §6 14 und §6113. 10 a.a.O. S. 480.

76

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

ein Problem der Parteiautonomie i m Internationalen Privatrecht (nicht ein Problem des Völkerrechts) auf 11 . A m Ausgangspunkt könne nach den meisten Rechtsordnungen kein Zweifel sein: Es liege i m Willen der Parteien, das proper law zu wählen. Ob ihrer Bestimmung Grenzen gezogen seien, werde in der Rechtslehre bestritten; aber keine der zahlreichen Formeln, die die Parteiautonomie zu beschränken versuchten, schließe die Wahl des Völkerrechts da aus, wo es sich um Verträge m i t Völkerrechtssubjekten handele und deshalb eine enge Verbindung mit dem Völkerrecht von vornherein naheliege und sachlich gerechtfertigt sei 12 . Wörtlich fährt Mann fort 1 2 : „Die Furcht, die Zulassung einer Verweisung auf Völkerrecht sei politisch u n d sozial nicht ohne Gefahren, würde dann, und n u r dann manches für sich haben, wenn ihre unbeschränkte Anerkennung, insbesondere i m Verhältnis von Privatpersonen untereinander befürwortet würde . . . Die durchschlagende Rechtfertigung liegt i n den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs. Es gibt Fälle, i n denen jede andere Lösung als die Verweisung auf Völkerrecht versagt 1 3 ."

3. Die Verträge im Internationalen Privatrecht und innerhalb der allgemeinen Rechtsgrundsätze (Schlesinger-Gündisch)

a) Die Verweisung auf das „Sachnormsystem der allgemeinen Rechtsgrundsätze" Schiesinger-Gündisch

u

vertreten folgende Ansicht:

„ W e n n internationale Wirtschaftsverträge 1 5 die Schiedsrichter ausdrücklich oder konkludent auf das Sachnormsystem der allgemeinen Rechtsgrundsätze verweisen, so kann dieser Verweisung volle Wirksamkeit verliehen werden 1 6 ."

b) Die Verweisung Schlesinger-Gündisch

im Internationalen

Privatrecht

stellen sich die Frage 1 7 :

„Welche Rechtsordnung liefert die Rechtsquellen, aus denen das Schiedsgericht die maßgebenden Rechtswahlnormen schöpft?"

Dazu führen sie aus: Diese Frage könne nicht abstrakt und allgemein, sondern nur vom Standpunkt eines bestimmten Schiedsgerichts aus be11

a.a.O. S. 481. a.a.O. S. 481/482. 13 Sandrock, Rechtsvergleichung S. 70—72, hat sich der Ansicht von Mann angeschlossen. " RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 44. 15 Gemeint sind Verträge zwischen einem Staat u n d einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, vgl. a.a.O. S. 15. !6 Hinweis auf § 7 1 1 c. 17 a.a.O. S. 14. 12

I.

r s e u n g der

e r t r e t e n e n Auffassungen

77

antwortet werden. Ein Schiedsgericht aber, das i n concreto m i t dem Problem zu ringen habe, werde sich zuallererst die Frage vorlegen, von welcher Rechtsordnung es seine Existenz ableite. Ausgangspunkt sei daher die institutionelle Verpflechtung des Schiedsgerichts. Daraus ergebe sich, daß die Frage nach der Rechtsordnung, aus welcher die maßgebenden Kollisionsnormen zu entnehmen seien, nur i n zwei Stufen beantwortet werden könne, indem man zunächst (1) die Elemente klarlege, die die institutionelle Verflechtung eines gegebenen Schiedsgerichts bestimmen, und sodann (2) der weiteren Frage nachgehe, ob und inwieweit die Bestimmung der Rechtsordnung, aus der das Schiedsgericht die maßgebenden Kollisionsnormen herleitet, von seiner institutionellen Verpflechtung abhänge 18 . Z u (1): Seien beide Parteien Völkerrechtssubjekte und beruhe die Vereinbarung auf einem Staatsvertrag, so werde auch das so geschaffene Schiedsgericht weitgehend völkerrechtlichen Charakter tragen. Blicke man auf das entgegengesetzte Ende des Spektrums, so sei es nach herrschender Lehre ebenfalls klar, daß das Schiedsgericht in einem nationalen Rechtssystem verankert sei, wenn die Privatparteien sich durch privaten (wenn auch internationalen) Vertrag einem Schiedsverfahren unterworfen hätten. — I n dem Zwischenfeld, vor allem in dem praktisch wichtigen Fall eines Schiedsgerichts zwischen einem Staat und einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, sei die Frage, i n welcher Rechtsordnung ein solches Schiedsgericht seine „Wurzel" oder seinen „Anker" habe, von außerordentlicher Schwierigkeit. Es sei zwar richtig, daß es neben dem Völkerrecht und den nationalen Rechten möglicherweise noch andere Systeme von „Sachnormen" gebe. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, daß auch die Normen, von denen das Gericht seine Existenz und seine grundlegenden Befugnisse ableite, außerhalb der traditionell anerkannten Rechtsordnungen gefunden werden könnten. Das Schiedsgericht als „Institution" müsse in der existenten Ordnung einer politischen Organisation jedenfalls so weit verankert sein, daß es funktionieren und die i h m gestellten Aufgaben erfüllen könne 1 9 . — Man werde zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß beim heutigen Stand des internationalen Gemeinschaftslebens ein internationales Schiedsgericht seine Existenz und seine Befugnisse entweder vom Völkerrecht oder von einer nationalen Rechtsordnung ableiten müsse 20 . — Soweit ein Schiedsvertrag die h i l f s weise Anrufung nationaler Gerichte und die Berufung auf nationales Prozeßrecht nicht ausdrücklich ausschließe, scheine es aus praktischen Gründen geboten, die institutionelle Verankerung eines unter Beteiligung zu18 a.a.O. S. 14. ι» a.a.O. S. 15. 20 a.a.O. S. 16.

78

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

mindest einer Privatpartei durch Privatvertrag vereinbarten Schiedsgerichts normalerweise in einer nationalen Rechtsordnung zu suchen 21 . Zu (2): Aus der institutionellen Verflechtung eines Schiedsgerichts mit dem Rechtssystem eines Staates ergebe sich, daß die Schiedsrichter an die Rechtswahlnormen eben dieses Staates gebunden seien 22 . Rechtsprechung und Rechtswissenschaft seien überall fast übereinstimmend der Meinung, daß die Rechtswahl nach dem Recht des Forums vorzunehmen sei. Schlesinger-Gündisch bekennen sich zu dem traditionellen Standpunkt, wonach ein Schiedsgericht, wenn es nicht ein völkerrechtliches ist, die maßgebenden Rechtswahlnormen der lex fori zu entnehmen habe 23 . Zusammenfassen läßt sich die „theoretische Begründung für die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze" 24 , die Schlesinger-Gündisch unter der Überschrift „Entnationalisierung kraft positivrechtlich anerkannter Parteiautonomie" darlegen 25 , i m zweiten Halbsatz des folgenden Satzes 25 : „Nach unserer . . . Ansicht ist eine direkte Verweisung 2 « auf »allgemeine Rechtsgrundsätze' denkbar; ob aber i m Einzelfall eine solche Verweisung vorliegt u n d als w i r k s a m anerkannt w i r d , ist nach dem IPR derjenigen Rechtsordnung zu beurteilen, die k r a f t der institutionellen Verankerung des Schiedsgerichts das ,Forum' stellt."

II. Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

1. Die von den dargestellten Auffassungen erfaßten Verträge

Innerhalb der dargestellten Auffassungen ist immer nur die Rede von Verträgen zwischen einem Staat und einer (ausländischen) natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, also einer „ausländischen Privatperson", wie sie oben 27 definiert wurde. Unberücksichtigt bleiben dagegen die Verträge, die zwischen einem Staat und einem „internationalen nichtstaatlichen Verband" 2 8 abgeschlossen werden. 21 a.a.O. S. 18. 22 Schlesinger-Gündisch, a.a.O. S. 19 Anm. 34, verstehen unter „Rechtswahlnormen": „(a) die Normen des I P R und (b) die Normen betr. die Frage, ob und i n w i e w e i t Schiedsgerichte überhaupt die Kollisions- und Sachnormen des örtlichen Rechts zu befolgen haben." 23 a.a.O. S. 18—21. 24 a.a.O. S. 21. 25 a.a.O. S. 29. 26 Auch Schlesinger-Gündisch meinen die kollisionsrechtliche und nicht die materiellrechtliche Verweisung, vgl. a.a.O. S. 30. 27 Hinweis auf § 2 I I 1. 28 Hinweis auf § 2 I I 2.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen 2. Das den Vertrag beherrschende Recht

Während diejenigen, die einen Vertrag zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson „ausschließlich" in staatliches Recht einordnen 29 , der Auffassung sind, daß ein solcher Vertrag stets und in jeder Hinsicht von staatlichem Recht beherrscht wird, „seine Grundlage i n einem Landesgesetz habe" („is based on the municipal law") 3 0 , vertreten Mann und Schlesinger-Gündisch die Meinung, ein derartiger Vertrag könne auch dem Völkerrecht bzw. den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstellt werden — ob und inwieweit, sei aber nach dem Internationalen Privatrecht eines Staates zu beurteilen.

3. Die Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts nach dem Internationalen Privatrecht

a) Der Begriff

des „Internationalen

Privatrechts"

Die Regeln des Internationalen Privatrechts, die nach allen oben 31 dargestellten Meinungen das den Vertrag beherrschende Recht bestimmen sollen, sind die staatlichen Kollisionsnormen auf dem Gebiet des Privatrechts. Der Zusatz „international" ist nicht auf den Ursprung der Normen bezogen, sondern auf den Gegenstand: „Die Kollisionsnormen sind nationales Recht, aber sie haben es mit internationalen Fällen zu tun, d. h. mit Tatbeständen, in denen irgendein Umstand auf eine fremde Rechtsordnung hinweist 3 2 ." Nach h. M. bildet das Internationale Privatrecht einen Teil der Privatrechtsordnung eines Staates 33 . b) Die Bestimmung

des den Vertrag

beherrschenden Rechts

Die Frage nach dem Anknüpfungspunkt ( = Anknüpfungsbegriff = Anknüpfungsmoment) 3 4 bei Verträgen ist im Internationalen Privatrecht sehr umstritten 3 5 . 29 Hinweis auf § 5 11. So der Ständige Internationale Gerichtshof, vgl. oben Anm. 5 zu § 5. 31 Hinweis auf § 5 11. 32 So Raape, Internationales Privatrecht S. 7; vgl. auch Kegel, Internationales Privatrecht S. 4—7 m. w. N. 33 Kegel, Internationales Privatrecht S. 11; vgl. auch Neuhaus, Grundbegriffe S. 5; M. Wolff , Internationales Privatrecht S. 5. 34 Kegel, Internationales Privatrecht S. 148, sagt: „Anknüpfungsmoment (Anknüpfungsbegriff, Anknüpfungspunkt) ist i m IPR derjenige T e i l des T a t bestands einer selbständigen Kollisionsnorm, der den materiellprivatrechtlichen Sachverhalt m i t einem bestimmten Staate verknüpft." 35 Vgl. Moser, Vertragsabschluß ; weitere Hinweise i n den folgenden A n merkungen. 30

80

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen

echts

aa) Allgemeiner Ausgangspunkt Allgemeiner Ausgangspunkt 36 für die Lösung dieser Frage ist die Formel von von Savigny, wonach ein internationales Vertragsverhältnis der Rechtsordnung untersteht, der es „seiner eigentlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist" 3 7 , oder — wie von Gierke sagt — „ i n welcher dieses seinen Schwerpunkt besitzt" 3 8 . Diesen Formeln liegt der Gedanke zugrunde, einen internationalen Vertrag der Rechtsordnung zu unterstellen, „von deren Sozialsphäre er am wesentlichsten überschattet wird, mit welcher er funktionell am engsten verbunden ist" 3 9 . Zur Verwirklichung dieser Grundsätze bieten sich zwei Möglichkeiten: Entweder läßt man den Parteiwillen für die Bestimmung der Rechtsordnung entscheidend sein (subjektive Theorie), oder man stellt auf obektive Anknüpfungspunkte ab, ζ. B. den Abschluß- oder Erfüllungsort des Vertrages, die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz der Vertragspartner, und ermittelt dadurch das den Vertrag beherrschende Recht (objektive Theorie). bb) Der reale Pat-teiwille i n einem kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag Noch i m Jahre 1945 bezeichnete Rabel 40 die objektive Theorie als vorherrschend, obwohl — wie Borchers 41 mit Recht feststellt — die Rechtsprechung schon zu dieser Zeit ganz überwiegend den Parteiwillen als entscheidend ansah 42 . Inzwischen scheint sich die subjektive Theorie durchgesetzt zu haben 43 . Dies beruht auf der allen modernen Privatrechten eigenen Vertragsfreiheit 44 , außerdem auf der oft unüberwindlichen Schwierigkeit, mit Hilfe eines objektiven Anknüpfungsbegriffs die Vielfalt internationaler Verträge gerecht und gleichmäßig zu ordnen 45 , insbesondere aber befriedigt die subjektive Theorie in nahezu idealer Weise das Bedürfnis des internationalen Geschäftsverkehrs nach Voraussehbarkeit der Entscheidung 46 . Man spricht daher 36

Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 32. von Savigny, System Bd. 8 S. 18. Deutsches Privatrecht Bd. 1 S. 217. Vischer, Vertragsrecht S. 167. Conflict of Laws Bd. 1 S. 84. 41 Verträge S. 33. 42 Vgl. die bei Haudek, Parteiwille S. 47 ff., angeführten Entscheidungen aus den verschiedensten Ländern. 43 So z.B. Gamillscheg, AcP Bd. 157 (1959) S. 303; Haudek, Parteiwille S. 28 ff. ; Kegel, Internationales Privatrecht S. 227; Moser, Vertragsabschluß S. 252; Raape, Internationales Privatrecht S. 458; M. Wolff, Internationales Privatrecht S. 138 f. 44 Vgl. Fischer, Vertragsfreiheit; vgl. auch Moser, Vertragsabschluß S. 191. 45 Vgl. Kegel, Internationales Privatrecht S. 226—227. 46 Vgl. Borchers, Verträge S. 33/34; Vischer, Vertragsrecht S. 26. 3

7 3 » S9 40

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

heute berechtigterweise von „Vorherrschaft des Parteiwillens, von Parteiautonomie" 47 . Als „real" soll der ausdrückliche und stillschweigende Parteiwille bezeichnet werden 4 8 . Die Vertragsparteien können von ihrem Recht zur Rechtswahl in verschiedener Weise Gebrauch machen: Sie können eine „kollisionsrechtliche" oder eine „materiellrechtliche" Verweisung auf ein bestimmtes Recht vereinbaren. Die kollisionsrechtliche Parteiautonomie verleiht den Parteien das Recht, bei einem internationalen Vertrag das auf ihn anzuwendende Recht „ i n to to" selbst zu bestimmen, und zwar mit Einschluß der zwingenden Normen 4 9 . Eine materiellrechtliche Verweisung liegt dagegen dann vor, wenn die Parteien unter der Herrschaft eines bestimmten (gewählten oder sonst maßgebenden) Rechts über den Schuldvertrag die Regeln eines anderen Rechts für anwendbar erklären und sie damit zum Vertragsinhalt machen 50 . Die materiellrechtliche Verweisung zielt nicht auf die Schlichtung kollidierender Rechtsordnungen, sondern nur auf die Ausgestaltung des sachlichen Vertragsinhalts, während die kollisionsrechtliche Verweisung m i t der Wirkung ausgestattet ist, den Parteiwillen für die Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts zu verwerten 5 1 — des Rechts, das als Vertragsstatut 52 , als governing law das Vertragsverhältnis nach allen Richtungen beherrschen soll 53 . Die Vereinbarung zwischen den Parteien über eine kollisionsrechtliche Verweisung kann man als „kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag" bezeichnen 54 . Auch bei dem kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag stellt sich die Frage nach dem Rechtsgrund seiner Verbindlichkeit. Es handelt sich dabei u m das rechtstheoretische Problem, woher die Parteien die Befugnis erhalten, das den Vertrag ( = den materiellrechtlichen Vertrag 5 5 ) beherrschende Recht zu bestimmen. 47 Kegel, Internationales Privatrecht S. 227 ; vgl. auch Reithmann, Vertragsrecht S. 4 m i t zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung. 4 8 So Kegel, Internationales Privatrecht S. 229. 49 Vischer, Vertragsrecht S. 21/22. 50 Kegel, Internationales Privatrecht S. 228. si Haudek, Parteiwille S. 3/4. 52 Vischer, Vertragsrecht S. 22; vgl. auch Borchers, Verträge S. 33. 53 K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 143; vgl. auch Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 480/481; ders., B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 44/45; Raape, Internationales P r i v a t recht S. 456 ff. 54 Vgl. dazu Schnitzer, Internationales Privatrecht Bd. 1 S. 176; Schnitzer, a.a.O., w i l l die Bezeichnung „Heranziehungsvertrag" verwenden, da es sich u m den Vertrag handele, „durch den die Parteien ein bestimmtes Recht als anwendbar heranziehen Kegel, Internationales Privatrecht S. 228, sagt, daß die Parteien das für den Schuldvertrag maßgebende Recht durch „Vertragsbestimmung" wählten. 55 I m Gegensatz zu dem „kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrag"; zu beachten ist der Unterschied zwischen dem „materiellrechtlichen Vertrag" und einer „materiellrechtlichen Verweisung".

6 Rengeling

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

Hier gibt es rechtsphilosophisch zwei Lösungsmöglichkeiten 56 : Entweder haben die Vertragsparteien ein „originäres Recht", eine Rechtswahl zu treffen und insofern ihre Rechtsbeziehungen zu gestalten, oder aber den Parteien kommt ein „derivatives Recht" zu, d. h. es handelt sich bei dem Recht zur Rechtswahl um ein subjektives Recht, das aus einer objektiven Rechtsordnung hergeleitet wird. Es taucht ein Einwand auf, dem die Lehre von der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie von Anfang an ausgesetzt war: I m System der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie werde der Parteiwille zum Gesetzgeber erhoben; es sei eine juristische Absonderlichkeit, den Parteien i n der Bestimmung des auf ihr Vertragsverhältnis anwendbaren Rechts Selbstherrlichkeit zuzubilligen; anstatt die Parteien dem Recht zu unterstellen, würde das Recht den Parteien untergeordnet 57 . Der Einwand w i r d insbesondere auf die Erwägung gestützt, die Einigung der Parteien befinde sich i m rechtsleeren Raum 5 8 : „Denn was die Parteien vereinbaren, ist rechtlich L u f t , wenn nicht zuvor bereits eine Rechtsordnung maßgebend ist, aus der solche Abreden rechtliche Wirksamkeit schöpfen."

Wie jeder Vertrag 5 9 so bedarf auch der kollisionsrechtliche Verweisungsvertrag einer Rechtsgrundlage, aus der er seine Verbindlichkeit bezieht. Es ist anerkannt, daß das Recht zur kollisionsrechtlichen Verweisung einer staatlichen Rechtsordnung zu entnehmen ist, daß es sich bei der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie um ein aus einer staatlichen Rechtsordnung abgeleitetes Recht handelt 6 0 . Der kollisionsrechtliche Verweisungsvertrag kann somit den Rechtsgrund seiner Verbindlichkeit nur aus einer staatlichen Rechtsordnung erhalten, er ist „nur beachtlich, wenn die zuständige Rechtsordnung ihn gestattet" 61 . Streitig ist, welche staatliche Rechtsordnung zuständig sein soll. Die herrschende Auffassung spricht sich für das Internationale Privatrecht des Forums aus 62 . 56

Vgl. Schnitzer, Internationales Privatrecht Bd. 1 S. 172. Vgl. dazu Vischer, Vertragsrecht S. 22. Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. 2 S. 456; vgl. auch Lewald, Internationales Privatrecht S. 199 ff. 59 Hinweis auf § 4 11 b. 60 So: Haudek, Parteiwille S. 5 ff.; Melchior, Grundlagen S. 398 ff.; Moser, Vertragsabschluß S. 173/174; Niederer, Einführung S. 193; Raape, Internationales Privatrecht S. 460; Rabel, Conflict of Laws Bd. 1 (1958) S. 90 ff.; Reithmann, Vertragsrecht S. 3 ff.; Vischer, Vertragsrecht S. 23. 61 Schnitzer, Internationales Privatrecht Bd. 1 S. 176; vgl. auch ders., SchwJZ Jg. 35 (1938/39) S. 305—311. 62 Kegel, Internationales Privatrecht S. 228/229, ist der Meinung, daß man das Zustandekommen u n d die Gültigkeit der „professio iuris" dem für den Schuldvertrag gewählten Recht unterstellen sollte. Schnitzer. Internationales Privatrecht Bd. 1 S. 178/179, sagt: „Die m i t dem F a l l befaßte Stelle hat . . . nach dem für sie maßgebenden Internationalen Privatrecht ihres Landes zu untersuchen, welches Recht — einheimisches 57

58

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen cc) D e r h y p o t h e t i s c h e P a r t e i w i l l e oder Anknüpfungsbegriffe;

die B e d e u t u n g d e r

objektive

Staatsbeteiligung

W e n n d i e V e r t r a g s p a r t n e r w e d e r a u s d r ü c k l i c h noch k o n k l u d e n t das Recht v e r e i n b a r t haben, daß d e n V e r t r a g beherrschen soll, w e n n also e i n r e a l e r P a r t e i w i l l e n i c h t v o r l i e g t , so e r h e b t sich e r n e u t d i e u m s t r i t tene F r a g e der A n k n ü p f u n g . Teils g e h t m a n v o n d e r F i k t i o n eines h y p o t h e t i s c h e n P a r t e i w i l l e n s a u s 6 3 , teils w i l l m a n o b j e k t i v e A n k n ü p f u n g s b e g r i f f e entscheidend sein lassen 6 4 . D i e p r a k t i s c h e n A u s w i r k u n g e n dieses Streites s i n d g e r i n g 6 5 . F e h l t es a n e i n e m r e a l e n P a r t e i w i l l e n , so i s t h i n s i c h t l i c h d e r h i e r z u b e h a n d e l n d e n V e r t r ä g e insbesondere zu überlegen, w e l c h e B e d e u t u n g der Tatsache z u k o m m t , daß e i n Staat V e r t r a g s p a r t n e r ist. Es ist d i e A n s i c h t v e r t r e t e n w o r d e n , daß der S t a a t als V e r t r a g s p a r t n e r sich g r u n d s ä t z l i c h k e i n e m f ü r i h n f r e m d e n Recht u n t e r w e r f e , daß v i e l m e h r i n dem Vertragsabschluß m i t einem Staat die stillschweigende E r k l ä r u n g der P r i v a t p e r s o n zu e r b l i c k e n sei, sich d e m Recht u n d d e r Rechtsprechung dieses Staates zu u n t e r w e r f e n 6 6 . Diese a u f ü b e r s t e i g e r t e m Staats- u n d S o u v e r ä n i t ä t s d e n k e n b e r u h e n d e A u f f a s s u n g k a n n h e u t e oder fremdes Recht — auf den F a l l anzuwenden ist, und sodann zu prüfen, ob u n d i n welchem Umfang diese somit zuständige Rechtsordnung es den Parteien überläßt, ein anderes Recht zu wählen." Die herrschende Auffassung w i r d vertreten von: Fawcett, B Y B I L Jg. 25 (1948) S. 47; Gamillscheg, AcP Bd. 157 (1959) S. 340; Haudek, Parteiwille S. 18/19; Moser, Vertragsabschluß S. 189/190; Niederer, Einführung S. 193; Nussbaum, Grundzüge S. 154; Raape, Internationales Privatrecht S. 460; Reithmann, Vertragsrecht S. 4; Vischer, Vertragsrecht S. 23. F ü r die vorliegende Untersuchung ist allein von Bedeutung, daß das Recht zur Rechtswahl aus einer staatlichen Rechtsordnung abgeleitet w i r d , u n d nicht, aus welcher der staatlichen Rechtsordnungen. 63 Anzuwenden ist dann das Recht, „das die Parteien vereinbart haben würden, wenn es zu einer Vereinbarung gekommen wäre", Kegel, Internationales Privatrecht S. 229. M a n spricht auch von einem mutmaßlichen, statt von einem hypothetischen Parteiwillen. Mutmaßlich ist aber das Gegenteil von sicher, hypothetisch das Gegenteil von real. Hypothetischer und realer Parteiwille können mutmaßlich oder sicher sein. E i n hypothetischer Parteiw i l l e ist ein unterstellter Parteiwille. Vgl. Kegel, a.a.O. 64 Vgl. zu dem Meinungsstreit: Gamillscheg, AcP Bd. 157 (1958/59) S. 318 ff.; Moser, Vertragsabschluß S. 240 ff.; M. Wolff, Internationales Privatrecht S. 142/143; Raape, Internationales Privatrecht S. 473 ff. 65 Kegel, Internationales Privatrecht S. 230: „ M a g theoretisch der i n d i v i duelle hypothetische Parteiwille vorgehen: praktisch ist die Regel ,mangels realen Parteiwillens entscheidet der hypothetische' eine Generalklausel für objektive Interessenbewertung." Vgl. auch Gamillscheg, AcP Bd. 157 (1958/59) S. 324; M. Wolff, Internationales Privatrecht S. 144 ff. «6 Das T r i b u n a l de la Seine stellte i n dem U r t e i l v o m 3. 3.1875 fest, „ q u ' i l est de principe de toute personne privée q u i t r a i t avec u n Etat, se soumet par le seul fait de l'engagement qu'elle contracte, aux lois et à la jurisdiction de cet E t a t " ; angeführt bei Borchers, Verträge S. 35/36. Ebenso z.B. von Bar, Internationales Privatrecht Bd. 2 S. 663; vgl. auch dazu Freund, Schutz der Gläubiger S. 14. 6*

84

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

als veraltet und überholt gelten 67 . Häufig hat man sich bei Verträgen zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson für eine Vermutung zu Gunsten des Rechts des staatlichen Partners ausgesprochen 68 . Dagegen muß insbesondere eingewandt werden, daß das Wesen der privatrechtlichen Vertragsbeziehungen von der juristischen Betrachtung her die „par conditio" der Vertragspartner ist 6 9 . Es ist jedoch anzuerkennen, daß bei der Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts der Tatsache, daß ein Staat Vertragspartner ist, ein gewisses Gewicht beigemessen werden muß 7 0 , wenn dieser Umstand auch nur einer unter anderen ist, dem nicht von vornherein eine übergeordnete Bedeutung zukommt 7 1 .

4. Die Bedeutung hoheitlicher Maßnahmen eines Staates im Hinblick auf seine Verpflichtungen aus Verträgen staatlichen Rechts

a) Das Problem Gehören die Verträge staatlichem Recht an, so unterstehen sie damit auch einem staatlichen Gesetzgeber. Folglich kann der staatliche Vertragspartner — wenn die Verträge seinem Landesrecht unterstellt sind — durch gesetzgeberische Maßnahmen seine Vertragsverpflichtungen zu verändern oder gar aufzuheben suchen. Er besitzt eine „juristische Doppelnatur": Er ist sowohl gleichgeordneter Vertragspartner, also Rechtssubjekt, als auch übergeordneter Gesetzgeber und Hoheitsträger, also Rechtsordnungssubjekt 72 . Problematisch w i r d hier 67

Vgl. Borchers, Verträge S. 36; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 202. Diese Ansicht ist insbesondere bei Staatsanleihen vertreten worden; so führte der S t I G H i m F a l l der serbischen u n d brasilianischen Anleihen aus: „ . . . i n this case i t is a sovereign State which cannot be presumed to have made the substance of its debt and the v a l i d i t y of the obligations accepted by i t i n respect thereof, subject to any law other than its own." — angeführt bei Borchers, Verträge S. 36, unter Hinweis auf: S t I G H Ser. A Nr. 20/21; S. 42, 121 f. Vgl. auch das Reichsgericht i m „Wiener Anleihenfall", U r t e i l vom 14. November 1929 — I V . 665/28, RGZ Bd. 126, S. 196—215, S. 206. Vgl. Kegel, Internationales Privatrecht S. 230; M. Wolff, Internationales Privatrecht S. 144; weitere Nachweise bei Borchers, Verträge S. 36. β» Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 202. 70 Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 477, sagt hierzu: „Auch für diejenigen . . . (die eine Vermutung bejahen) handelt es sich nur u m eine ohne Schwierigkeit zu widerlegende Vermutung. A u f der anderen Seite w i r d nicht bezweifelt, daß der Tatsache, daß ein Staat Vertragspartei ist, bei der Bestimmung des anzuwendenden Rechts ,great weight' . . . beizumessen ist. Der praktische Unterschied zwischen beiden Auffassungen dürfte deshalb gering sein." Vgl. auch Dicey-Morris, Conflict of Laws S. 735. 7 * Borchers, Verträge S. 38. 7 2 Borchers, Verträge S. 39; Nawiasky, Rechtslehre S. 17/18, 43 ff., 227; H i n weis auf § 1 I I I m i t der Anm. 48. 68

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

das Verhältnis zwischen dem Grundsatz der Vertragstreue und dem der gesetzgeberischen Souveränität 73 . Es stellen sich die Fragen, ob gesetzgeberische Maßnahmen, die hoheitliche „Eingriffe" in Vertragsrechte bedeuten, zulässig und gegenüber dem privaten Vertragspartner rechtswirksam sind. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Normen auf dem Gebiet des Privatrechts oder dem des öffentlichen Rechts erlassen werden. b) Der Erlaß privatrechtlicher

Normen

Es ist allgemein anerkannt, daß Änderungen zwingender Privatrechtsnormen jederzeit zulässig und überall zu beachten sind 74 . Sie wirken unmittelbar auf alle ihnen unterworfenen Verträge ein — sei der Staat daran beteiligt oder nicht 7 5 . Der innere Grund dafür ist „die ethische Äquivalenz der im Individualinteresse erlassenen Privatrechtssätze, die überall neben der Klarheit der Rechtsverhältnisse und der Reinhaltung des Rechtssystems insbesondere der Gerechtigkeit der einzelnen i m Verhältnis untereinander und dem Schutz des Schwächeren dienen" 7 6 . Dasselbe gilt auch für die öffentlich-rechtliche Hilfsnormen des Privatrechts, die notwendigerweise beachtet werden müssen, damit das ausländische Privatrecht sinnvoll angewendet werden kann 7 7 . c) Der Erlaß öffentlich-rechtlicher

Normen

Streitig ist, ob das, was zur Geltung der Privatrechtsnormen gesagt wurde, auch bei Gesetzen öffentlich-rechtlichen Charakters zutrifft, d. h. bei Normen, die nicht i n erster Linie das vertragliche Interesse der einzelnen, sondern das Allgemeinwohl eines bestimmten Staatsvolkes schützen sollen 78 . Es w i r d die Ansicht vertreten, daß die unterschiedliche Zielsetzung der Normen unbeachtlich sei und alle Normen des kontrahierenden 73

Vgl. Borchers, Verträge S. 39. Soergel-Siebert-Kegel, Bürgerliches Gesetzbuch Vorbem. vor A r t . 7 EGBGB, Rdnr. 217. 7 5 Borchers, Verträge S. 40. Es ist also auch ein hoheitlicher „ E i n g r i f f " i n Vertragsrechte möglich, w e n n der Vertrag dem Recht des Heimatstaates der ausländischen Privatperson unterstellt ist. ™ Borchers, Verträge S. 40; vgl. U r t e i l des B G H v o m 17.12.1959 — V I I ZR 198/58, B G H Z Bd. 31 S. 367—373, S. 371. Vgl. auch Vischer, Vertragsrecht S. 26/27. 77 Vgl. Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht Bd. 4 S. 250; Vischer, Vertragsrecht S. 190/191. 78 Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 40; Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht S. 197/198, 208; Soergel-Siebert-Kegel, Bürgerliches Gesetzbuch Rdnr. 222 ff. und 405 ff. vor A r t . 7 E G B G B ; Vischer, Vertragsrecht S. 188/189. 74

86

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

Staates angewendet werden müßten, wenn der Vertrag dem Recht dieses Staates unterstehe 79 ; dies gelte nur dann nicht, wenn die Normen völkerrechtswidrig seien 80 . Nach anderer Auffassung sind gemäß dem Territorialitätsprinzip ausländische öffentlich-rechtliche Normen nur anzuwenden, wenn der ausländische Staat die Macht besitzt, ihnen Geltung zu verschaffen 81 . Nach den Regeln des in Betracht kommenden internationalen Verwaltungsrechts ist auch hier die Nichtanwendung ausländischen öffentlichen Rechts aus Gründen des jeweiligen ordre public und wegen Völkerrechtswidrigkeit des betreffenden Gesetzes zulässig 82 . Eine dritte Meinung befürwortet eine Sonderanknüpfung gewisser wirtschaftspolitischer Rechtssätze, etwa von Devisen- und Währungsgesetzen, unabhängig vom Vertragsstatut 83 . Voraussetzung für die Anwendung eines derartigen ausländischen Rechtssatzes ist hier nur, daß er angewendet werden soll, eine genügend enge Beziehung zum Schuldverhältnis hat und nicht durch den ordre public ausgeschlossen w i r d 8 4 . Entgegen der erstgenannten Ansicht w i r d man sagen müssen, daß staatliche Gerichte die Möglichkeit haben, unter Berufung auf den einheimischen ordre public fremden Eingriffsgesetzen die Wirksamkeit zu versagen, auch wenn sie nicht völkerrechtswidrig sind 85 . I n einem Punkt decken sich — vom Ergebnis her — die drei dargestellten Auffassungen: Gesetze und andere darauf beruhende hoheitliche Maßnahmen, die völkerrechtswidrig in Verträge, auch i n solche des Staates selbst, eingreifen, sind unzulässig und nicht zu beachten 86 . 79 Mann, A J I L Bd. 54 (1960) S. 572 ff., 581, m. w. N. i n Anm. 45; ebenso Vischer, Vertragsrecht S. 190; Rabel, Conflict of Laws Bd. 2 S. 565 ff. 80 Denn „die Völkerrechtswidrigkeit des ausländischen Rechts macht dies von vornherein u n d m i t Notwendigkeit unanwendbar, ohne daß es des U m wegs über den ordre public (der jeweiligen lex fori) bedarf"; Mann, N J W 1961 S. 705 ff., 707. 8 * Β GHZ Bd. 31 S. 370 (Hinweis auf A n m . 76 zu § 5); vgl. Borchers, Verträge S. 41. Soergel-Siebert-Kegel, Bürgerliches Gesetzbuch Rdnr. 224, 405 vor A r t . 7 EGBGB. Ist der gesetzgebende Staat selbst Vertragsschuldner, so ist die Machtfrage zu bejahen u n d demnach das ausländische öffentliche Recht anzuwenden; vgl. Borchers, Verträge S. 41. 82 Soerqel-Siebert-Kegel, Bürgerliches Gesetzbuch Rdnr. 94, 227, 417 ff. vor A r t . 7 EGBGB. 83 F ü r ein besonderes Devisenstatut sind z.B.: Steindorff, Sachnormen S. 192 ff., 255 ff., 275 ff.; Wengler, Z v g l R w Bd. 54 (1941) S. 168 ff., 187 A n m . 2; Zweigert, RabelsZ Jg. 14 (1942) S. 283 ff., 290, 295. S4 Wengler, Z v g l R w Bd. 54 (1941) S. 211. es Vgl. Borchers, Verträge S. 43. se Vgl. Stoll, Berichte H. 4 (1961) S. 135. Mann fordert die Nichtbeachtung der Gesetze unmittelbar auf G r u n d des Völkerrechts, vgl. Anm. 80 zu § 5. Andere erreichen das Ziel m i t Hilfe der landesrechtlichen Vorbehaltsklausel, zu deren Bestandteil das allgemeine Völkerrecht gehört, vgl. Borchers, V e r träge S. 42 m. w. N.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen 5. Die prozessuale Durchsetzung international-privatrechtlicher Vertragsansprüche ausländischer Privatpersonen gegen Staaten

a) Der Grundsatz der Immunität

der Staaten

Der völkerrechtliche 87 Grundsatz der Immunität der Staaten besagt, daß „kein souveräner Staat der Gerichtsbarkeit, d. h. weder der Rechtsprechungsgewalt noch der gerichtlichen Zwangsvollstreckung, eines anderen Staates unterworfen ist" 8 8 . Danach kann eine ausländische Privatperson eine Vertragsverletzung ihres staatlichen Partners — wenn überhaupt — nur vor dessen eigenen Gerichten geltend machen. aa) Die Immunität hinsichtlich der Rechtsprechung Nach der Lehre von der absoluten Immunität ist ein Staat „weder der Gesetzgebung, noch der Rechtsprechung und Verwaltung eines anderen Staates, sondern ausschließlich dem Völkerrecht unterworfen" 8 9 . Diese Lehre beruht auf den völkerrechtlichen Grundsätzen der gegenseitigen Unabhängigkeit und Gleichheit der Staaten, aus denen der Satz „par i n parem non habet iudicium" abgeleitet w i r d 9 0 . Der US-Supreme Court führt z.B. in dem Fall Oetjen v. Central Leather Comp. (1918) aus 91 : "Every sovereign State is bound to respect the independence of every other sovereign State, and the courts of one country w i l l not sit i n judgment on the acts of the government of another w i t h i n its own territory. Redress of grievances by reason of such acts must be obtained through the means open to be availed of by sovereign powers as between themselves."

Die Immunität der Staaten ist übereinstimmend anerkannt, wenn die Staaten als Völkerrechtssubjekte auftreten und wenn sie hoheitlich handeln 92 . Umstritten ist dagegen die Frage, ob die Staaten auch I m munität genießen, wenn sie als Privatrechtssubjekte (fisci) handeln. Während nach der älteren Gerichtspraxis die Staaten auch als Privatrechtssubjekte fremder Gerichtsbarkeit nicht unterworfen waren, halten heute nur noch die Länder des britischen „common l a w " an dieser Ansicht fest 93 . Nach Entscheidungen, die durch italienische Gerichte 87

Es ist fast allgemein anerkannt, daß der Grundsatz selbst dem V ö l k e r recht angehört, während die meisten Einzelheiten — soweit sie nicht aus dem Grundsatz folgen oder vertraglich vereinbart sind — dem Internationalen Privatrecht zu entnehmen sind, vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 218. 88 Borchers, Verträge S. 44. 8 » Verdross, Völkerrecht S. 230. 90 von Liszt-Fleischmann, Völkerrecht S. 124; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 217/218; Verdross, Völkerrecht S. 230. Angeführt bei Verdross, Völkerrecht S. 230. 92 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 219. 93 Vgl. Fitzmaurice, B Y B I L Jg. 14 (1933) S. 124; Lauterpacht, B Y B I L Jg. 28 (1951) S. 224; vgl. ferner Borchers, Verträge S. 47/48.

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

ergingen 94 , haben die Gerichte zahlreicher Länder die Auffassung vertreten, daß nur solche Handlungen von fremder Gerichtsbarkeit ausgenommen seien, die die Staaten als Hoheitsträger setzten (acta iure imperii), nicht aber solche, die von den Staaten als Privatrechtssubjekten vorgenommen würden (acta iure gestionis) 95 . Die Ansicht, daß die Immunität der Staaten auf deren hoheitliches Handeln beschränkt werden muß (Restriktionstheorie 96 oder Unterscheidungstheorie 97 ), ist mit guten Gründen heute vorherrschend 98 . bb) Die Immunität hinsichtlich der Zwangsvollstreckung Die Auffassung von der staatlichen Immunität hinsichtlich einer Zwangsvollstreckung ist zur Zeit noch sehr gefestigt 99 . Die Zwangsvollstreckung gegen den verurteilten Staat w i r d jedoch immer häufiger zugelassen, wenn dieser i m Gebiet des urteilenden Staates nicht unmittelbar hoheitlichen Zwecken dienendes Eigentum besitzt 100 . b) Die nationale Schiedsgerichtsbarkeit U m die oft unbefriedigenden Streitschlichtungsmöglichkeiten vor staatlichen Gerichten auszuschalten, w i r d bei Verträgen zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson immer häufiger die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts für Vertragsstreitigkeiten vereinbart 1 0 1 . 94 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 46, unter Hinweis auf: Guirisprudenza italiana 1886 I, S. 228 u n d S. 486. 95 Vgl. die zahlreichen Nachweise bei Borchers, Verträge S. 47, und Lauterpacht, B Y B I L Jg. 28 (1951) S. 250 ff. Verdross, Völkerrecht S. 231/232 m. w. N., führt aus: „Die ältere Gerichtspraxis hat allerdings auch die fremden Staaten als Privatrechtssubjekte (fisci) von der fremden Gerichtsbarkeit eximiert, soweit sie sich i h r nicht f r e i w i l l i g unterworfen haben. Seit 1886 v e r t r i t t aber die italienische u n d seit 1903 auch die belgische J u d i k a t u r die Auffassung, daß ein fremder Staat i n seiner Eigenschaft als Träger von Privatrechten gleich einer anderen P r i v a t person vor dem inländischen Richter belangt werden kann." (Es folgt eine Aufzählung der Staaten, die sich der Auffassung angeschlossen oder nicht angeschlossen haben.) Vgl. neuestens: Die I m m u n i t ä t ausländischer Staaten nach Völkerrecht und deutschem Zivilprozeßrecht. Thesen der 2. Studienkommission der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht v o m 26./27. A p r i l 1967, Sonderdruck aus Berichte H. 8. 9 ® Borchers, Verträge S. 46. 97 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 219. 98 Borchers, Verträge S. 45—48; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 224 ff.; Lalive, RdC Bd. 84 (1953 I I I ) S. 282 ff.; Raape, Internationales Privatrecht S. 207; Riezler, Zivilprozeßrecht S. 398 ff. 99 Vgl. Lalive, RdC Bd. 84 (1953 I I I ) S. 389 Nr. 8. w Borchers, Verträge S. 49; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 239 ff.; Lalive, RdC Bd. 84 (1953 I I I ) S. 241 ff.; Lauterpacht, B Y B I L Jg. 28 (1951) S. 241 ff.; Riezler, Zivilprozeßrecht S. 409 ff. ιοί Vgl. z.B. Carabiber, RdC Bd. 76 (19501) S. 219ff.; Domke, A J Bd. 7 (1962) S. 73 ff.

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

Fraglich ist der Rechtscharakter eines solchen Schiedsgerichts. Richtiger Ansicht nach ist er nach der Rechtsordnung zu bestimmen, auf Grund deren das Schiedsgericht geschaffen ist und der es demgemäß seine Entscheidungsbefugnis entnimmt 1 0 2 . Bei Verträgen, an denen eine Privatperson beteiligt ist, spricht sich die weitaus herrschende Meinung dafür aus, daß der Schiedsvertrag auf Grund einer landesrechtlichen Norm abgeschlossen wird, so daß es sich hier um ein nationales Schiedsgericht handelt 1 0 3 . Ist die Schiedsgerichtsbarkeit nach staatlichem Recht geregelt, so erhebt sich die kollisionsrechtliche Frage nach dem jeweils maßgebenden Landesrecht. Schiedsverträge 104 werden wie Schuldverträge ( = materiellrechtliche Verträge 1 0 5 = Hauptverträge 1 0 6 ) oder analog zu Schuldverträgen 107 angeknüpft 1 0 8 . I n der Regel unterliegen daher die Schiedsverträge derselben staatlichen Rechtsordnung wie die Schuldverträge 109 . Auch für Schiedsverträge gilt der Grundsatz der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie 110 . Das ius cogens des gewählten Landesrechts bestimmt also über die Zulässigkeit der Schiedsverträge 111 » 112 .

6. Die völkerrechtliche Bedeutung einer Einordnung der Verträge in staatliches Recht

Werden die Verträge in staatliches Recht eingeordnet, so stellen sich auch völkerrechtliche Fragen. Dies wurde bereits deutlich bei dem Problem des Erlasses öffentlich-rechtlicher Normen eines Staates im Hinblick auf seine international-privatrechtlichen Vertragsverpflichtungen 1 1 3 . 102 So Borchers, Verträge S. 51; Dahm, Völkerrecht Bd. 2 S. 455; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 2 S. 600; Hallier, Schiedsinstanzen S. 14/15. i° 3 Vgl. Borchers, Verträge S. 51—55; vgl. die oben dargestellte Ansicht von Schiesing er-Gündisch, § 5 13 b. 104 Raape, Internationales Privatrecht S. 563, unterscheidet Schieds-, Schiedsverfahrens- u n d Schiedsrichtervertrag. Hinweis auf A n m . 55 zu § 5. 106 so Borchers, Verträge S. 54. 107 Entscheidend dafür ist, ob man dem Schiedsvertrag prozeßrechtliche, materiellrechtliche oder gemischt-rechtliche Natur zuspricht; vgl. Borchers, Verträge S. 54 m. w. N. 108 Vgl. Raape, Internationales Privatrecht S. 554. 109 Borchers, Verträge S. 54. no vgl. Riezler, Zivilprozeßrecht S. 621; zum Schiedsverfahrensvertrag vgl. Raape, Internationales Privatrecht S. 557. m Borchers, Verträge S. 54/55, weist i n diesem Zusammenhang auf das französische Prozeßrecht hin, nach dem Schiedsverträge nicht geschlossen werden können. us Hinweis auf § 10 I I 4 b. 113 Hinweis auf § 5 I I 4 c letzter Absatz.

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

a) Die Bedeutung

des völkerrechtlichen

Fremdenrechts

aa) Der leitende Grundsatz zur Rechtsstellung der Ausländer Bei den hier zu behandelnden Verträgen ist es erforderlich, die völkerrechtliche Stellung der Ausländer zu erörtern. Das allgemeine Völkerrecht hat dazu selbständige, vom Landesrecht unabhängige Normen herausgebildet 114 . Diese Normen, die das „Fremdenrecht" darstellen, begrenzen die Herrschaftsgewalt der Staaten und ihrer Rechtsordnung über die Ausländer 1 1 5 : Ihnen muß ein Mindestmaß an Rechten, der sogenannte Mindeststandard oder Minimumstandard 1 1 6 , eingeräumt werden, und zwar auch dann, wenn durch eine staatliche Rechtsordnung (ausnahmsweise) die Stellung der Inländer unter dieses Mindestmaß herabgedrückt ist 1 1 7 . A l l e i m allgemeinen Völkerrecht begründeten Rechte der Ausländer „wurzeln in der Idee, daß die Staaten untereinander verpflichtet sind, i n der Person der Ausländer die Menschenwürde zu achten" 118 . Von diesen Rechten sind hier zu bedenken: die Achtung der von den Ausländern erworbenen Privatrechte und das Offenhalten des Rechtsweges. bb) Die Achtung der von Ausländern erworbenen Privatrechte Der Grundsatz der Achtung der von Ausländern 1 1 9 erworbenen Privatrechte erstreckt sich auf alle privaten Vermögensrechte 120 . Der Vermögensbegriff des Völkerrechts ist schwierig zu bestimmen, „ w e i l 114 Verdross, Völkerrecht S. 362/363. us Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 503 ff.; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 300; Verdross, Völkerrecht S. 360 ff., 365 u n d RdC Bd. 37 (1931 I I I ) S. 367. Verdross, Völkerrecht S. 360, hält den Ausdruck „Fremdenrecht" für ungenau, „da es sich nicht u m Pflichten gegenüber den Fremden schlechthin, sondern n u r gegenüber jenen Fremden handelt, die Angehörige eines anderen Staates sind". Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 377, bemerkt, die nicht seltene D i s k r i m i n i e r u n g zuungunsten der Staatenlosen werde mehr u n d mehr als ungerecht empfunden und daher i n wachsendem Maße durch Gleichstellung m i t denjenigen ersetzt, die Angehörige eines anderen Staates seien, vgl. auch a.a.O. S. 359—361. ne Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 380 ff. 117 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 381; Borchard, Diplomatie Protection S. 39; Borchers, Verträge S. 91/92; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 504; Kelsen, Principles S. 243; Oppenheim-Lauterpacht, International L a w Bd. 1 S. 320; Schnitzer, W V R Bd. 2 S. 538; Verdross, Völkerrecht S. 363 m. w. N. us Verdross, Völkerrecht S. 363. 119 Versteht m a n unter „Ausländer" den Angehörigen eines fremden Staates (so Verdross, Völkerrecht S. 360; Hinweis auf A n m . 115 zu §5), so unterscheidet sich dieser Begriff von dem der „ausländischen Privatperson"; letzterer umfaßt auch die Staatenlosen, vgl. oben § 2 I I 1 c aa. 120 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 396; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 506; Verdross, Völkerrecht S. 368.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen

er letztlich auf den gemeinsamen Rechtsanschauungen beruht, die die Rechtsordnungen der wichtigsten Kulturstaaten zu diesem Begriff einnehmen" 1 2 1 . Eine Übereinstimmung w i r d aber durch die verschiedenen Gesellschaftssysteme und Ideologien immer mehr i n Frage gestellt, und zwar insbesondere hinsichtlich des hier wichtigen Begriffs des privaten Vermögens, des privaten Eigentums 1 2 2 . I m Rahmen dieser Untersuchung, wo es um die Achtung solcher privater Rechte geht, die vertraglich erworben wurden 1 2 3 , soll von dem durch die Völkerrechtslehre und die internationale Rechtsprechung bisher entwickelten Eigentumsund Vermögensbegriff ausgegangen werden, i n dessen Mittelpunkt die „wohlerworbenen Rechte" (vested rights, droit acquis) stehen 124 . Diese definiert O'Connell 1 2 5 als „any rights, corporeal or incorporeal, properly vested in a natural or juristic person, and of an assessable monetary value". Nach allgemeiner Ansicht gehören dazu alle auf Grund des Privatrechts erworbenen ausländischen Vermögensrechte 126 , also auch alle Vermögenswerten privatrechtlichen Vertragsansprüche 127 . Streitig war, ob die Achtung der erworbenen Privatrechte sich auch auf Vermögenswerte bezieht, die dem öffentlichen Recht angehören 128 . Die Völkerrechtslehre zählt jedenfalls die hier bedeutsamen Vermögenswerten Rechte des privaten Konzessionärs 1 2 9 zu den wohlerworbenen Rechten, und die internationale Rechtsprechung schützt diese Rechte 130 . Die Vertragsrechte der Ausländer müssen von den Staaten nach dem Grundsatz der Achtung der erworbenen Privatrechte behandelt werden 1 3 1 . Es ist allgemein anerkannt, daß diesem Grundsatz eine völker121 Borchers, Verträge S. 93; vgl. auch Schücking, Huber-Festgabe S. 205, 212. 122 vgl. Borchers, Verträge S. 93, der darauf hinweist, daß i n den Staaten Osteuropas n u r Konsumgüter i m persönlichen Eigentum von Privatpersonen stehen können, während G r u n d u n d Boden u n d Bodenschätze n u r sozialistisches Eigentum des Staates, Produktionsmittel auch sozialistisches Eigentum der Kollektivwirtschaften und n u r unter Umständen auch privater K l e i n unternehmer sein können; vgl. auch Raiser, RabelsZ Jg. 26 (1961) S. 236. 123 Werden die Verträge der Rechtsordnung des staatlichen Partners u n t e r stellt, so k a n n das völkerrechtliche Problem der Achtung bzw. Mißachtung privater Rechte der Ausländer n u r entstehen, wenn diese zuständige Rechtsordnung derartige Rechte gewährt, vgl. Anm. 122 zu § 5. 124 vgl. Borchers, Verträge S. 93/94; zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Schücking, Huber-Festgabe S. 205 ff. ; vgl. ferner Verdross, Völkerrecht S. 365 u n d ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 635/636, m i t Hinweisen auf die Rechtsprechung. 125 state Succession S. 81. 126 So schon de Vattel, Völkerrecht §§ 81 u n d 109. 127 Vgl. Borchers, Verträge S. 94. 128 Z u dem gleichen Streit i m deutschen Recht vgl. Dürig, Apelt-Festschrift S. 13 ff.; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 378. 129 Hinweis auf § 3 1 1 a bb. 130 Borchers, Verträge S. 95; Mosler, Wirtschaftskonzession S. 99; Verdross, Völkerrecht S. 368 m. w. N. 131 Hinweis auf §5 I I 6 a b b ; vgl. Borchers, Verträge S. 96; Mosler, W i r t schaftskonzessionen S. 99; Verdross, Völkerrecht S. 365.

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

rechtsgemäße E n t e i g n u n g n i c h t w i d e r s p r i c h t 1 3 2 . D a z u m u ß der h o h e i t liche E i n g r i f f 1 3 3 eines Staates i n ausländische P r i v a t r e c h t e , u n d z w a r z u m W o h l e der A l l g e m e i n h e i t 1 3 4 u n d gegen eine angemessene E n t s c h ä d i g u n g 1 3 5 v o r l i e g e n . G r e i f t e i n Staat aber d u r c h eine d e r a r t i g e h o h e i t l i c h e M a ß n a h m e i n Rechte ein, d i e e i n e m A u s l ä n d e r a u f G r u n d eines V e r t r a g e s zustehen, d e n der betroffene A u s l ä n d e r m i t d e m eing r e i f e n d e n S t a a t geschlossen h a t u n d der der R e c h t s o r d n u n g eben dieses Staates u n t e r s t e l l t ist, so f r a g t es sich, o b d i e M a ß n a h m e n i c h t w e g e n der v e r t r a g l i c h e n B i n d u n g des Staates v ö l k e r r e c h t l i c h u n z u lässig i s t 1 3 6 . P r o b l e m a t i s c h ist also, w i e i n diesem F a l l 1 3 7 das V e r h ä l t n i s der E n t e i g n u n g s h o h e i t z u r V e r t r a g s t r e u e nach V ö l k e r r e c h t b e u r t e i l t werden muß. Es w i r d die M e i n u n g v e r t r e t e n , daß die B i n d u n g des Staates an einen V e r t r a g , d e r seiner R e c h t s o r d n u n g u n t e r s t e h t , v o r r a n g i g sei ( V e r t r a g s t h e o r i e ) 1 3 8 . D i e w o h l herrschende A n s i c h t sieht jedoch es Vgl. z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 399 — 401; Dahm,

zutreffenderVölkerrecht

Bd. 1 S. 513; Verdross, Völkerrecht S. 368. Die Unterscheidung zwischen einem „ E i n g r i f f " und einer aus der Sozialgebundenheit aller Rechte folgenden gesetzlichen „Inhaltsbestimmung" muß auch i m Völkerrecht gemacht werden, vgl. ζ. B. Bindschedler, Verstaatlichungsmaßnahmen S. 32; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 518/519; Verdross, Völkerrecht S. 367/368. E i n Eingriff ist nach allgemeiner Meinung die Verstaatlichung vertraglich konzessionierter Unternehmen, vgl. dazu und zu weiteren Beispielsfällen (Aufhebung vertraglich vereinbarter Steuerbefreiungen, Währungsabwertung, Goldklauselverbot) Borchers, Verträge S. 1107—111. 34 Der Eingriff ist danach insbesondere völkerrechtswidrig, wenn er gegen die Verbote der Ausländerdiskriminierung, der unzulässigen Rechtsausübung u n d der ungerechtfertigten Bereicherung verstößt, vgl. Borchers, Verträge S. 112—117. 135 Durch das Erfordernis der Entschädigung unterscheidet sich die E n t eignung von der „Konfiskation" ( = Wegnahme ausländischen Privateigentums ohne Entschädigung, Verdross, Völkerrecht S. 366). Die Konfiskation ist nur i n Ausnahmefällen zulässig, ζ. B. als Strafe für Verbrechen, vgl. das Schlußprotokoll zu A r t . 8 des deutsch-russischen Niederlassungsvertrages v o m 12.10.1925 i n N Z Bd. 35 (1925/26) S. 319. Borchers, Verträge S. 118, weist darauf hin, daß der Grundsatz der Entschädigung durch die Völkerrechtslehre der sozialistischen Staaten mehr und mehr i n Frage gestellt werde, da man dort der Ansicht sei, daß bei Nationalisierungsmaßnahmen regelmäßig keine Entschädigung gezahlt zu werden brauche. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese von der Ideologie getragene Auffassung i n der Völkerrechtsgemeinschaft durchsetzen wird. Es ist aber doch w o h l anzunehmen, daß der Grundsatz der Entschädigung nicht n u r Gewohnheitsrecht der kapitalistischen Staaten ist, vgl. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 514/515; Veith-Böckstiegel, Ausländisches Vermögen S. 171; Verdross, Völkerrecht S. 366. 136 v g l . z u diesem Problem i m Landesrecht oben § 5 I I 4. 137 d. h. wenn die Verträge, i n die eingegriffen w i r d , der Rechtsordnung des eingreifenden staatlichen Vertragspartners unterstellt sind. 138 Diese Ansicht w i r d insbesondere angesichts heutiger Nationalisierungsmaßnahmen gegen Konzessionsverträge vertreten, vgl. ζ. B. Veith-Böckstiegel, Ausländisches Vermögen S. 135 ff.; weitere Nachweise bei Borchers, Verträge S. 97/98.

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

weise nicht i n jedem Hoheitsakt eines Staates, der i n seine Vertragsverpflichtungen eingreift, eine Völkerrechtsverletzung (Hoheitstheorie) 1 3 9 . Der Staat ist zwar durch den Satz pacta sunt servanda an Verträge, die seiner Rechtsordnung unterstehen, gebunden 140 . Dieser Satz gilt aber nicht uneingeschränkt 141 . Es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechts, daß das Allgemeinwohl höher zu bewerten ist als eine einzelne Vertragsbindung 1 4 2 . Dieser Grundsatz kann einen staatlichen Eingriff i n landesrechtliche Verträge gestatten, auch wenn der eingreifende Staat selbst Partner der betreffenden Verträge ist. Anderenfalls würde den nach innerstaatlichem Recht erworbenen Vertragsrechten ein stärkerer Schutz zugebilligt als den übrigen wohlerworbenen Vermögensrechten — eine Bevorzugung, die sachlich nicht zu rechtfertigen ist 1 4 3 . cc) Das Offenhalten des Rechtsweges Das allgemeine Völkerrecht verpflichtet die Staaten, den Ausländern zur Verfolgung ihrer Rechte den Rechtsweg offenzuhalten 144 . Der Ausländer, der mit einem Staat einen Vertrag schließt, muß daher die Möglichkeit haben, bei einer Verletzung dieses Vertrages vor staatlichen Gerichten (oder gleichwertigen Behörden) zu klagen bzw. sich zu verteidigen 1 4 5 . b) Die Bedeutung völkerrechtlichen

Unrechts und seiner Folgen

aa) Völkerrechtliches Unrecht Das Organ eines Staates kann die Vertragsrechte eines Ausländers beeinträchtigen, indem es völkerrechtswidrig enteignet oder die Rechtsverfolgung erschwert (oder gar vereitelt), also eine Rechtsverweigerung (denial of justice, déni de justice) vornimmt 1 4 6 . Geschieht dies in 139 Vgl. z.B. Bor char d, Diplomatie Protection S. 284; Mann, A J I L Bd. 54 (1960) S. 572 ff.; vgl. ferner die zahlreichen Nachweise bei Borchers, Verträge S. 98—104. 149 Vgl. ζ. B. Wehberg, A J I L Bd. 53 (1959) S. 786. 141 Das gilt auch für völkerrechtliche Verträge, man denke an die clausula rebus sie stantibus. 142 Vgl. Borchers, Verträge S. 102/103, m i t ausführlicher Begründung. 143 "There is no rule i n international law that gives a greater degree of protection to rights secured by contract than to other rights of property." So Foighl, Isi: Nationalization S. 74, angeführt bei Borchers, Verträge S. 104 m i t der Anm. 586. 144 Das gilt i n Friedenszeiten; über die Ausnahmen des Kriegsrechts vgl. Verdross, Völkerrecht S. 468 f. 145 Vgl. Borchers, Verträge S. 121 f.; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 510; VeithBöckstiegel, Ausländisches Vermögen S. 162 ff.; Verdross, Völkerrecht S. 370. 146 Es ist allgemein anerkannt, daß ein gesetzwidriger Gerichtsakt die V e r antwortlichkeit des Staates dann begründet, wenn dem Ausländer der Rechtsweg versperrt oder ungebührlich verzögert wurde. Weniger geklärt ist es,

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

schuldhafter Weise 147 , so begeht der Staat durch seine Organe ein völkerrechtliches Unrecht, ein Völkerrechtsdelikt. Den daraus entstehenden Schaden hat der Staat nach allgemeiner Ansicht wiedergutzumachen 148 . bb) Folgen völkerrechtlichen Unrechts Die Wiedergutmachung (reparation, réparation) richtet sich i n erster Linie auf die Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn die Rechtsverletzung nicht geschehen wäre (Naturalrestition) 1 4 9 . So kann der verletzende Staat ζ. B. verpflichtet sein, ein völkerrechtswidriges Gesetz aufzuheben oder abzuändern 150 und konfisziertes Eigent u m 1 5 1 zurückzugeben 152 . Ist die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht möglich 1 5 3 , so hat der verletzende Staat Schadensersatz i n Geld zu erbringen 1 5 4 . Diese Form der Wiedergutmachung, die rechtlich erst in zweiter Linie i n Betracht gezogen wird, ist tatsächlich die regelmäßige 155 . Der deliktische Schadensersatzanspruch wegen einer völkerrechtswidrigen Enteignung und der Entschädigungsanspruch einer völkerrechtsgemäßen Enteignung führen im wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis, da beide Ansprüche auf die Wiederherstellung des vermögensrechtlichen „status quo ante" zielen 156 . Es ist streitig, wem der völkerrechtliche Wiedergutmachungsanspruch zusteht, wer also Subjekt dieses Anspruchs ist — der i n seinen Vertragsrechten verletzte Ausländer selbst oder der Heimatstaat des jeunter welchen Voraussetzungen die Verantwortlichkeit eines Staates wegen des gesetzwidrigen Inhalts einer Entscheidung begründet wird. Vgl. VeithBöcJcstiegel, Ausländisches Vermögen S. 160. 147 v g l . dazu Verdross, Völkerrecht S. 376—379. 148 Verdross, Völkerrecht S. 398 ff.; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 3 S 23 ff 149 Vgl. Borchers, Verträge S. 124/125; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 233 ff.; Verdross, Völkerrecht S. 400, unter Hinweis auf den S t I G H i m F a l l Chozów (Publications de la CPJI, Série A 17, 1928 S. 47): „ . . . la réparation doit autant que possible effacer toutes les conséquences de l'acte illicite et rétablir l'état q u i aurait vraisemblablement existé si le dit acte n'avait pas été commis." 150 Verdross, Völkerrecht S. 400. 151 Hinweis auf A n m . 135 zu § 5. 152 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 23. 153 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 24, w i l l auch Entschädigung i n Geld gewähren, wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes „nicht . . . genügend oder (für die eine oder andere Seite) nicht zumutbar, unbillig, demütigend, ein Rechtsmißbrauch" ist. 154 Vgl. Borchers, Verträge S. 125—127; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 2; Verdross, Völkerrecht S. 401—403. 155 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 24, unter Hinweis auf das U r t e i l des Ständigen Schiedshofs v o m 11.11.1912 betr. die türkische Kriegsentschädigung an Rußland ( I L C - Y b 1956, I S. 240): "The various responsibilities of States are not distinguished from each other by essential differences; all resolve themselves or finally may be resolved into payment of a sum of money . . . " 156 Borchers, Verträge S. 126; Bindschedler, Verstaatlichungsmaßnahmen S. 55; Jennings, B Y B I L Jg. 37 (1961) S. 171.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen weils betroffenen

Ausländers.

D i e w o h l herrschende A u f f a s s u n g

in

T h e o r i e u n d P r a x i s schreibt d e m H e i m a t s t a a t das Recht zu. So sagt ζ. B . Verdross

157

:

„Da jedes völkerrechtliche Unrecht voraussetzt, daß ein Völkerrechtssubjekt einem anderen Völkerrechtssubjekt eine Völkerrechtsverletzung zugefügt hat, kann die Beschädigung eines Individuums n u r dann einen völkerrechtlichen Unrechtstatbestand begründen, wenn in einer solchen Person ein Völkerrechtssubjekt verletzt wurde. Das ist aber n u r dann der Fall, wenn eine beschädigte Person entweder ein Angehöriger oder ein Organ eines Völkerrechtssubjektes ist, da n u r dann die völkerrechtswidrige Beschädigung einer solchen Person eine Verletzung jener Gemeinschaft bildet, der das I n d i v i d u u m angehört." D i e Gegenansicht, die d i e V ö l k e r r e c h t s s u b j e k t i v i t ä t d e r E i n z e l p e r s o n b e j a h t 1 5 8 , sieht i n d e m tatsächlich v e r l e t z t e n V e r t r a g s p a r t n e r d e n T r ä g e r des W i e d e r g u t m a c h u n g s a n s p r u c h s 1 5 9 . W e l c h e r M e i n u n g m a n sich auch anschließen mag, der A n s p r u c h k a n n de lege l a t a 1 6 0 r e g e l m ä ß i g 1 6 1 n u r d u r c h d e n H e i m a t s t a a t des v e r l e t z t e n V e r t r a g s p a r t n e r s g e l t e n d gemacht w e r d e n , u n d z w a r d u r c h die A u s ü b u n g des d i p l o m a t i s c h e n Schutzrechts u n d m ö g l i c h e r w e i s e anschließender K l a g e v o r e i n e m i n t e r n a t i o n a l e n (Schieds-)Gericht 1 6 2 . E i n e v ö l k e r r e c h t l i c h e V e r p f l i c h t u n g z u m d i p l o m a tischen Schutz besteht f ü r d e n H e i m a t s t a a t n i c h t 1 6 3 . Selbst w e n n m a n also d e m einzelnen d e n W i e d e r g u t m a c h u n g s a n s p r u c h z u b i l l i g t , so h a n 157 Völkerrecht S. 406; so z.B. auch Anzilotti, Völkerrecht Bd. 1 S. 404; Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 19; Borchard, Diplomatie Protection S. 178; Menzel, Völkerrecht S. 281; Schule, W V R Bd. 1 S. 366; auch der S t I G H v e r trat diese Ansicht, vgl. ζ. B. das U r t e i l i m Mavrommatis Fall, Serie A Nr. 2 S. 12, angeführt bei Berber, a.a.O. Fußnote 1: " . . . by taking up the case of one of its subjects . . . a State is i n reality asserting its o w n rights — its right to ensure, i n the person of its subjects, respect for the rules of international Law." ι 5 8 Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa. 159 So Borchers, Verträge S. 129—132, m i t ausführlicher Begründung; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 255; ders., Stellung des Menschen S. 8 ff.; vgl. auch Jessup, Modernes Völkerrecht S. 134. 160 Schon 1911 forderte Wehberg, F W Bd. 54 (1957/58) S. 129, einen i n t e r nationalen Gerichtshof für Privatklagen; ähnliche Vorschläge werden gegenw ä r t i g von der OECD, der I B A und der I L A behandelt, vgl. dazu SeidlHohenvelder, Investitionen S. 45. lei E i n Klagerecht von Einzelpersonen ist z.B. i n dem nicht ratifizierten Abkommen über die Errichtung eines Internationalen Prisenhofes (1907), i n dem früheren Vertrage über den zentral-amerikanischen Gerichtshof (1907 bis 1917) und i n einzelnen Bestimmungen über die Gemischten Schiedsgerichte zu finden, die nach dem ersten Weltkrieg errichtet worden sind, vgl. Verdross, Völkerrecht S. 221. 162 Z u den Voraussetzungen der Geltendmachung des völkerrechtlichen Haftungsanspruchs durch den Staat i m Falle einer Verletzung von Privaten vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 19—23; vgl. auch Verdross, Völkerrecht S. 406—410. 163 Borchard, Diplomatie Protection S. 29 f.; Borchers, Verträge S. 136; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 247; Gar eia-Amador, RdC Bd. 94 (1958 I I ) S. 427 f.; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 281.

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

delt es sich dabei doch nur um „ein in hohem Maße unvollkommenes Recht" 1 6 4 .

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen Nachdem (unter § 5 II) gezeigt worden ist, was es im einzelnen bedeutet, wenn die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge (wie unter § 5 I dargestellt) staatlichem Recht angehören, sollen nun diese i m einzelnen (unter § 5 I I verglichenen) unterschiedlichen Lösungen kritisch gewürdigt werden: Es gilt, die Vorzüge der vertretenen Auffassungen und die Bedenken gegen sie herauszustellen und gegeneinander abzuwägen. Dabei soll i m folgenden nur insoweit K r i t i k geübt werden, als die Verträge gemäß den i n Rede stehenden Auffassungen staatlichem Recht unterstellt sind, d. h. die Lösungen von Mann 1 6 5 und Schlesinger-Gündisch 166 werden nur berücksichtigt, sofern Internationales Privatrecht, also staatliches Recht 167 , angewendet w i r d 1 6 8 . 1. Vorzüge

Ordnet man den materiellrechtlichen Vertrag 1 6 9 zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson 1 7 0 stets i n staatliches Recht ein 1 7 1 , so hat diese Lösung die Vorzüge, die das viele Einzelheiten regelnde Vertragsrecht eines Staates bieten k a n n 1 7 2 : Die zahlreichen Normen eines staatlichen Vertragsrechts stehen bei einer möglicherweise erforderlichen Lückenausfüllung von Verträgen zur Verfügung 1 7 3 . Das bei Vertragsstreitigkeiten angerufene Gericht kann praktikables 1 7 4 Recht anwenden. Dadurch ist für die Parteien ein 164 Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 413. les Hinweis auf § 5 I 2. 166 Hinweis auf § 5 I 3. 167 Hinweis auf § 5 I I 3 a. 168 Sofern von Mann Völkerrecht und von Schlesinger-Gündisch die allgemeinen Rechtsgrundsätze auf die Verträge angewandt werden, vgl. § 6 1 4 und § 6 I I u n d I I I bzw. § 7 11 c und § 7 I I u n d I I I . 169 Hinweis auf § 5 I I 3 b bb m i t der A n m . 55. no Verträge zwischen einem Staat und einem internationalen nichtstaatlichen Verband bleiben unberücksichtigt, vgl. § 5 I I 1. 171 Hinweis auf § 5 11. 172 Dazu, daß eine staatliche Rechtsordnung die i m folgenden genannten Vorzüge nicht immer bietet, vgl. § 5 I I I 2 a aa. 173 M i t Recht bezeichnet Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 239, die Hoffnung, i n einem Vertrag alles voraussehen zu können, als „illusorisch". 174 Diesen Vorzug betont insbesondere Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 203/204.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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verhältnismäßig hohes Maß an Voraussehbarkeit der Entscheidung und damit Rechtssicherheit gewährleistet 175 . Ein durchgeformtes staatliches Vertragsrecht ermöglicht die Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte und dient somit der Verwirklichung des Grundsatzes der materiellen Gerechtigkeit 176 . Entscheidet das Internationale Privatrecht 1 7 7 darüber, welchem Recht der materiellrechtliche Vertrag zu unterstellen ist, so können auch hier die Vorzüge allen staatlichen Rechts gegeben sein: Die kollisionsrechtlichen Fragen werden durch Normen geregelt, die für das möglicherweise mit einem Vertrag befaßte Gericht praktikabel sind und die es den Parteien gestatten, die Entscheidung mit ziemlicher Sicherheit vorauszusehen. 2. Nachteile und weitere Bedenken

a) Gegen die Einordnung der materiellrechtlichen Verträge in staatliches Recht Wenn die materiellrechtlichen Verträge 1 7 8 stets staatlichem Recht unterstellt werden 1 7 9 , so ergeben sich folgende Bedenken: aa) Die mögliche Unzulänglichkeit und Unzumutbarkeit einer staatlichen Rechtsordnung Zu den Vorzügen einer Einordnung der Verträge in staatliches Recht wurde gesagt, daß solche vorliegen können 180; sie sind aber keineswegs bei allen staatlichen Rechtsordnungen, die für die hier zu behandelnden Verträge i n Betracht kommen, zu bejahen. Es gibt Verträge, bei denen es für „unwahrscheinlich und . . . sinnlos" 1 8 1 gehalten wird, daß es in der Absicht der Parteien gelegen haben könnte, diese Verträge dem Recht des Territoriums zu unterwerfen, zu dem sie eine tatsächliche Beziehung haben 1 8 2 . E i n Beispiel dafür ist der Vertrag zwischen dem Scheik von A b u Dhabi und der Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. vom 11. 1. 1939 183 über die Ausbeutung des Erdölvorkommens, das i n dem unter der Oberhoheit des Schelks stehenden Gebiet gelegen w a r 1 8 4 . Der mit diesem Vertrag in einem 175 Hinweis auf § 5 I I 3 b b b m i t der Anm. 46; vgl. auch Borchers, Verträge S. 170. i™ Vgl. Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 240. 177 Hinweis auf die Auffassungen, die i n § 5 I dargestellt wurden. 178 Hinweis auf Anm. 55 zu § 5. Hinweis auf § 5 11. «ο Hinweis auf § 5 11. " ι Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 237. i82 Z u m Territorialprinzip vgl. Borchers, Verträge S. 85/86. 18» Hinweis auf A n m . 40 zu § 3; vgl. insbesondere I C L Q Bd. 1 (1952) S. 250 ff. 184 Hinweis auf A n m . 182 zu § 5.

f Rengeling

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

Streitfall befaßte Schiedsrichter, Lord Asquith of Bishopstone, fragte, wie man hier ernsthaft von einer Unterwerfung des Vertrages untei das örtliche Recht 1 8 5 sprechen könne, da dieses doch, genau genommen, nur aus dem Koran bestehe und der Scheik i m übrigen für alles, was durch dieses Buch nicht geregelt sei, nur eine persönliche Autorität besitze, ohne irgendein Gesetz als Richtschnur zu haben 1 8 6 . Wörtlich heißt es i n dem Schiedsspruch 187 : "This contract is a contract made i n A b u Dhabi and w h o l l y performed i n that country. I f any municipal system of law were applicable, i t w o u l d prima facie be that of A b u Dhabi. B u t no such l a w can reasonably be exist. The Sheik administers a purely discretionary justice w i t h the assistance of the Koran; and i t w o u l d be fanciful to suggest that i n this very p r i m i t i v e region there is any settled body of legal principles applicable to the construction of modern commercial instruments."

Ebenso kommt auch Lord McNair 188 bei der Behandlung der hier in Rede stehenden Problematik zu der Feststellung: " . . . when the legal system of the country i n which for the most part the contract is to be performed is not sufficiently modernized for the purpose of regulating this contract, i t is u n l i k e l y that the territorial l a w of either party can afford a solution that w i l l command itself to the parties or to tribunals (except i n regard to some obligation which has special reference to the local law, such as the employment of local labour)."

Neben der Unzulänglichkeit staatlichen Rechts 189 kann bei Verträgen zwischen einem Entwicklungsland und einer ausländischen Privatperson noch ein weiteres Bedenken gegen die Einordnung solcher Verträge in staatliches Recht sprechen und diese Lösung für die Parteien unzumutbar erscheinen lassen 190 : Dies ist der Fall bei Verträgen zwischen dem aus der Kolonialherrschaft entlassenen Entwicklungsland und einem Unternehmen der ehemaligen Kolonialmacht, die die wirtschaftliche Dekolonisierung des Entwicklungslandes während einer längeren Übergangszeit für beide Teile erträglich machen sollen, etwa so, daß das Unternehmen des ehemaligen Kolonialherren seine bisherige Ausbeute befristet weiterbetreiben kann, aber mit einer Beteiligung des Entwicklungslandes am Erlös und einer allmählichen Überführung der Anlagen auf Rechtsträger i m Entwicklungsland selbst. Hier kann einerseits die Rechtsordnung des Entwicklungslandes für so verwickelte Ver185 v g l . dazu auch Anderson-Coulson, Readings S. 407 ff.; Schacht, Readings S. 431 ff. ΐ8β Vgl. dazu Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 238. !87 I C L Q Bd. 1 (1952) S. 250. Vgl. dazu auch Schwarzenberger, International L a w Bd. 1 S. 44. 188 Readings S. 98. 189 vgl. dazu auch Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482, der von „gewissen p r i m i t i v e n Staaten des m i t t l e r e n Ostens oder A f r i k a s " i n diesem Zusammenhang spricht. 19° Das folgende Beispiel u n d die Bedenken gegen eine Einordnung i n staatliches Recht bringt Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 206.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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tragsgebilde noch keine geeigneten Grundsätze herausgebildet haben, so daß man dem nichtstaatlichen Partner nicht zumuten kann, sich auf eine entsprechende Rechtswahlklausel einzulassen; andererseits kann es in diesen Lagen aber auch dem Entwicklungsland unzumutbar sein, sich der Rechtsordnung des ehemaligen Kolonialherren zu unterwerfen. bb) Die staatlichen Rechtsordnungen in ihrem wechselnden Bestand Bei der Darstellung dessen, was es bedeutet, wenn die Verträge zwischen einem staatlichen und einem nichtstaatlichen Partner ( = einer ausländischen Privatperson) der Rechtsordnung des staatlichen Partners unterstellt werden, hat sich gezeigt, daß der letztgenannte, der sowohl Vertragspartei (Rechtssubjekt) als auch Gesetzgeber (Rechtsordnungssubjekt) ist, durch hoheitliche Maßnahmen in die von i h m selbst abgeschlossenen Verträge eingreifen kann 1 9 1 . Die Verträge unterstehen somit der staatlichen Rechtsordnung i n ihrem wechselnden Bestand 192 . Kann i n dem angeführten Fall die nichtstaatliche Partei hinsichtlich ihrer Vertragsrechte beeinträchtigt werden, so kann es den berechtigten Interessen der staatlichen Vertragspartei widersprechen, möglicherweise eintretenden Änderungen der Rechtsordnung des Staates ausgesetzt zu sein, dem die ausländische Privatperson angehört, wenn diese letztere Rechtsordnung den Vertrag beherrscht 193 . cc) Die ungleiche Rechtsstellung der Vertragspartner Werden die Verträge in eine staatliche Rechtsordnung eingeordnet, so genießt der staatliche Partner eine stärkere Rechtsstellung als der nichtstaatliche Partner, und zwar infolge des völkerrechtlichen Grundsatzes der Immunität der Staaten 194 . Eine erheblich günstigere Rechtsstellung i m Vergleich zur ausländischen Privatperson hat der staatliche Partner insbesondere dann, wenn — und das ist nach Internationalem Privatrecht sehr häufig der F a l l 1 9 5 — die Verträge seiner eigenen Rechtsordnung unterstellt werden: Für den Staat als Vertragspartner ist hier der Grundsatz der Vertragstreue durch die Möglichkeit eingeschränkt, als Gesetzgeber in die Vertragsverhältnisse zu seinem Vorteil einzugreifen 196 . M i t Recht stellt Borchers 197 dazu fest: „Diese Umstände scheinen schlecht i n das B i l d wesensnotwendiger Gleichberechtigung der Vertragspartner zu passen." 191 Bezüglich staatsrechtlicher Fragen: Hinweis auf § 5 1 1 4 ; bezüglich v ö l kerrechtlicher Fragen: Hinweis auf § 5 I I 6. 192 v g l . z . β . Soergel-Siebert-Kegel, Bürgerliches Gesetzbuch, Vorbem. vor A r t . 7 EGBGB, Rdnr. 217; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 205. 193 vgl. Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 205. 194 Hinweis auf § 5 I I 5. 195 Hinweis auf § 5 I I 3 b cc. 196 Hinweis auf § 5 I I 4 und 6. 197 Verträge S. 139.

ν

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§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

Gegen eine Bevorzugung des staatlichen Partners i n der geschilderten A r t sprechen — wie nun zu zeigen ist — unmißverständlich die Vereinbarungen der Parteien über die rechtliche Durchführung der Verträge 1 9 8 . dd) Die Par tei Vereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge Die Vereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 1 9 9 lassen erkennen, daß die Parteien hinsichtlich ihrer vertraglichen Beziehungen von gleichgeordneter Rechtsstellung ausgehen und diese auch beibehalten wollen, und zwar handelt es sich dabei um eine Rechtsstellung außerhalb staatlichen Rechts: Vereinbaren die Parteien die Anwendbarkeit des Völkerrechts 200 oder der allgemeinen Rechtsgrundsätze 201 , so ist offenkundig, daß nach ihrem Willen kein staatliches Recht den Vertrag beherrschen soll 2 0 2 . Eine solche Vereinbarung stellt zugleich klar, daß dem staatlichen Partner die Möglichkeit genommen sein soll, die Verträge — wie es i h m im Rahmen seiner Rechtsordnung möglich wäre 2 0 3 — durch einseitige gesetzgeberische Maßnahmen abzuändern. Der staatliche Partner soll i m Verhältnis zum nichtstaatlichen Partner keine bevorzugte Stellung innehaben. Die Parteien stehen — wie Verdross es besonders betont 2 0 4 — einander „inter pares" gegenüber. Schwarzenberg er 205 spricht von „relations on a footing of relative equality"; auch Ray 206 w i l l die Vertragspartner außerhalb staatlichen Rechts „as equals" behandeln, und Bourquin stellt fest 2 0 7 : "The contracting parties are, i n a certain sense, of different quality since one is a State and the other a private corporation, but their association places them on the same footing. I t is an association inter pares, i n which the equality of the parties is the rule."

Auch die außer der Rechtswahlklausel oben dargestellten drei übrigen Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 2 0 8 sprechen dagegen, die Verträge staatlichem Recht zu unterstellen. 198 199 200 201

Hinweis auf § 3 I I . Hinweis auf § 3 I I . Hinweis auf § 3 I I 1 b. Hinweis auf § 3 I I 1 c u n d § 7. 202 Das gilt auch dann, wenn neben einer solchen Vereinbarung eine materiellrechtliche Verweisung auf staatliches Recht vorliegt, vgl. § 5 I I 3 b cc. 203 Hinweis auf § 5 I I 4 und 6. 204 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638; ders., Y B W A Bd. 18 (1964) S. 234. 205 Manual S. 1; ders., International L a w Bd. 1 S. 578. 206 Symposium S. 36. 207 Readings S. 103. 208 Die Gerichtswahlklausel, die Klausel über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner und die Ratifizierungsklausel, vgl. § 3 I I 2—4.

i l l . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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Sind diese drei Vereinbarungen (zumindest teilweise) neben dem Verweis auf außerstaatliches Recht in einem Vertrag enthalten, so verstärken sie die Bedenken gegen die Einordnung in staatliches Recht. Haben die Parteien die Anwendbarkeit außerstaatlichen Rechts nicht ausdrücklich vereinbart, so sind die drei genannten Vereinbarungen Anzeichen (Indizien) dafür, daß die Verträge nicht staatlichem Recht zu unterstellen sind 2 0 9 . So ist es Sinn und Zweck der Schiedsklauseln 210 , die staatlichen Gerichte auszuschalten 211 . Wie häufig betont w i r d 2 1 2 , sollen sie klarstellen, daß die Verträge keiner staatlichen Rechtsordnung angehören. Bekräftigt w i r d die Richtigkeit dieser Ansicht noch dann, wenn etwa die Bestimmung eines Schiedsrichters durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs von einer Vertragspartei verlangt werden kann 2 1 3 . Die Gerichtswahlklauseln lassen besonders deutlich erkennen, daß die Verträge keinem staatlichen, sondern außerstaatlichem Recht unterstehen sollen, wenn sie auf die Zuständigkeit des Ständigen Internationalen Gerichtshofs oder des Internationalen Gerichtshofs verweisen 2 1 4 . Mann 215 ist der Auffassung, daß die Regel „ q u i elegit iudicem elegit ius" wegen der Eigenart der hier erörterten Fälle berücksichtigt werden muß und zu dem Schluß zwingt, daß die Klauseln eine ausdrückliche Rechtskürung enthalten. Da der Haager Gerichtshof jedoch nur für Streitigkeiten zwischen Staaten zuständig ist, dürften die in Rede stehenden Abmachungen so auszulegen sein, „daß der beteiligte Staat alles zu t u n verpflichtet ist, um sich dem Haager Gerichtshof zu unterwerfen, und daß er überdies das Recht des Heimatstaates der beteiligten Privatpersonen anerkennt, diesen Gerichtshof zu ihren Gunsten anzurufen" 2 1 6 . 209 Es ist eine Frage der Auslegung, ob man i n diesem F a l l einen k o n kludent erklärten W i l l e n der Vertragspartner annimmt, daß die Verträge keinem staatlichen Recht unterstehen sollen, oder ob man das Vorliegen eines realen Parteiwillens verneint u n d zu einer Einordnung i n außerstaatliches Recht auf G r u n d des hypothetischen Partei willens bzw. objektiver Anknüpfungspunkte gelangt, vgl. § 5 I I 3 b bb und cc. 210 Wegen des Inhalts der Schiedsklauseln Hinweis auf § 3 I I 2 a. 211 Das gilt auch für Schiedsklauseln bei landesrechtlichen Verträgen; H i n weis auf §5 I I 5 b; vgl. Borchers, Verträge S. 190; Raape, Internationales Privatrecht S. 554. 212 so Borchers, Verträge S. 189—191; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 16; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 140; Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482/3; Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641/2 u n d Y B W A Bd. 18 (1964) S.236; Werr, W i r t schaftszusammenschlüsse S. 104/5; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 332; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 208. 213 Vgl. ζ. B. die Schiedsklauseln i n § 3 I I 2 a bb. 214 Hinweis auf §3 I I 2 b; vgl. Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482/3. 215 Gutzwiller-Festgabe S. 483. 216 Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483 Anm. 67; ebenso Borchers, Verträge S.191.

102

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

Auch die Klauseln über die Ausübung der Hoheitsgewalt durch den staatlichen Vertragspartner 2 1 7 zeigen, daß sich die Partner inter pares gegenüberstehen, der Staat also keine Möglichkeit zu einseitiger Vertragsabänderung 218 haben soll. Die vertraglich übernommene Verpflichtung des Staates zur Setzung oder Unterlassung von Hoheitsakten deutet ebenso wie die Ratifizierungsklausel 219 darauf hin, daß es sich hier um Verträge „auf hoher Ebene" 2 2 0 handelt. Der Staat t r i t t bei dem Abschluß solcher Verträge nicht auf wie ein Privatrechtssubjekt, das einen Vertrag „auf der Ebene des Landesrechts" 221 eingehen will, vielmehr w i r d der Staat hier wie eine Völkerrechtssubjekt tätig 2 2 2 . Die rechtliche Ebene, auf der sich die staatlichen und nichtstaatlichen Partner begegnen, liegt außerhalb und über der des staatlichen Rechts. b) Gegen die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts zur Bestimmung des den Vertrag beherrschenden Rechts Nach allen oben 2 2 3 dargestellten Auffassungen soll das den materiellrechtlichen Vertrag 2 2 4 beherrschende Recht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts bestimmt werden 2 2 5 . aa) Das Internationale Privatrecht als Teil der Privatrechtsordnung eines Staates Ein Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts zur Bestimmung der zuständigen Rechtsordnung für alle hier zu erörternden Verträge ergibt sich schon daraus, daß das Internationale Privatrecht Teil der Pnuatrechtsordnung 2 2 6 eines Staates ist, während zumindest bei einem Teil der i n Rede stehenden Verträge ein öffentlichrechtlicher oder doch wenigstens ein gemischt privatrechtlich-öffentlichrechtlicher Charakter vorliegt 2 2 7 . 217 Hinweis auf § 3 I I 3. 218 Hinweis auf § 5 I I 4 u n d 6; zur Bedeutung der Klausel betr. die Hoheitsakte vgl. auch Borchers, Verträge S. 189; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 104; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 332 u n d 334. 219 Hinweis auf § 3 I I 4. 220 So Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209. 221 So ausgedrückt bei Borchers, Verträge S. 20. 222 So Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 208; vgl. auch Borchers, Verträge S. 186 und 189; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 140/141; Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 639 u n d Y B W A Bd. 18 (1964) S. 234. 223 Hinweis auf § 5 I. 224 Hinweis auf Anm. 55 zu § 5. 225 Hinweis auf § 5 I I 3. 226 Hinweis auf § 5 I I 3 a. 227 v g l . z u m Charakter der Konzessions ver träge § 3 11 a bb. M a n w i r d aber z. B. auch dann ein öffentlich-rechtliches M e r k m a l bei einem Vertrag zu bejahen haben, w e n n der staatliche Vertragspartner sich zur Setzung oder Unterlassung von Gesetzgebungsakten verpflichtet hat; es liegt dann ein öffentlich-rechtlicher Vertragsgegenstand vor.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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Man w i r d allerdings dieses Bedenken, das sich nicht gegen die A n wendbarkeit staatlichen Kollisionsrechts überhaupt, sondern nur gegen die Anwendbarkeit gerade des Internationalen Privatrechis richtet, dadurch ausräumen können, daß man entweder die Regeln des Internationalen Privatrechts analog heranzieht 2 2 8 oder ein „Internationales Verwaltungsrecht" anwendet — ein Recht, wie Schnorr von Carols feld 229 es sagt, als „Entsprechungsstück zum Internationalen Privatrecht, d. h. das Normengrenzrecht auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts" 2 3 0 . bb) Das Internationale Privatrecht als staatliches Recht Da das Internationale Privatrecht staatliches Recht ist 2 3 1 , ergeben sich gegen seine Anwendbarkeit zur Bestimmung des den materiellrechtlichen Vertrag beherrschenden Rechts alle die Bedenken, die auch gegen die Einordnung des materiellrechtlichen Vertrages in staatliches Recht sprechen 232 : Ebenso wie das staatliche Recht, das den materiellrechtlichen Vertrag beherrscht, wenn es zu einer entsprechenden Einordnung kommt, kann auch das Internationale Privatrecht — als Teil des staatlichen Rechts! — unzulänglich und für die Parteien unzumutbar sein: Möglicherweise fehlen dem Internationalen Privatrecht eines Staates die Normen, die den kollisionsrechtlichen Fragen der Verträge wirklich gerecht 228

Diesen Vorschlag macht K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 146. 229 Berichte H. 5 (1964) S. 221. 230 Borchers, Verträge S. 85—90, hat die kollisionsrechtlichen Fragen bei Konzessionsverträgen auf der Ebene des Landesrechts untersucht u n d folgendes festgestellt: Solche Verträge unterstehen grundsätzlich dem Landesrecht des beteiligten Staates. Die Rechtsbeständigkeit der Konzessionsverträge ähnelt grundsätzlich derjenigen von international-privatrechtlichen Verträgen (Hinweis auf § 5 I I 4 u n d 6). Dem staatlichen Partner sind jedoch wegen der Höherwertigkeit des (durch den Konzessionsvertrag stark berührten) Allgemeinwohls gegenüber dem Parteiinteresse größere Eingriffsmöglichkeiten gegeben, als es bei international-privatrechtlichen Verträgen der F a l l ist. Wenn ein Staat durch hoheitliche Maßnahmen einen Vertrag abändert oder gar auflöst, so liegt darin eine „Aufopferungsenteignung". Weitere Einzelheiten dazu bei Borchers, a.a.O. 2 31 Hinweis auf § 5 I I 3 a. 2 2 » Hinweis auf § 5 I I I 2 a. Freund, Schutz der Gläubiger S. 15: „ A b e r auch nach internationalem Privatrecht können die für das vorliegende Rechtsverhältnis geltenden N o r men nicht bestimmt werden. Denn das internationale Privatrecht ist kein internationales Recht i m eigentlichen Sinne, vielmehr bilden die G r u n d sätze, welche das anzuwendende Recht bestimmen, einen Teil des i n l ä n dischen Privatrechts; der Richter hat nach seinem Recht zu entscheiden, welche Sätze des internationalen Privatrechts i m konkreten F a l l anzuwenden sind. Dieselben Gründe, welche die Geltung des Privatrechts i m vorliegenden F a l l ausschließen, sprechen also auch gegen die Geltung des internationalen Privatrechts."

104

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

werden 2 3 3 . Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn man die Auffassung vertritt, daß das positive Recht die Frage, ob international-privatrechtliche Verträge notwendigerweise den Gesetzen eines bestimmten Staates unterworfen sind, bejahend beantwortet. Batiffol 234 gelangt zu dem Ergebnis, daß das positive Recht diese A n t w o r t gibt. Entsprechend definiert Kegel 233 Internationales Privatrecht als „die Gesamtheit der Rechtssätze, die sagen, welchen Staates Privatrecht anzuwenden ist". Wendet man Internationales Privatrecht in diesem Sinne auf die hier in Rede stehenden Verträge an, so könnte der Parteiwille — sei es der reale oder sei es der hypothetische 236 — nicht berücksichtigt werden; man müßte einen Verweis der Parteien auf außerstaatliches Recht für unwirksam halten und die Verträge — entgegen dem Willen der Parteien — staatlichem Recht unterstellen. U m dieses mißliche Ergebnis zu vermeiden, bliebe der Weg, den Mann 2 3 7 vorschlägt, nämlich das Internationale Privatrecht auszudehnen und in seinem Rahmen auch einen Verweis auf außerstaatliches Recht, Völkerrecht 2 3 8 , zuzulassen. Dieser Weg ist aber — wie Batiffol 239 festgestellt hat — nach positivem Recht nicht gangbar. Bei einem Vertrag zwischen einem Entwicklungsland und einem Unternehmen ( = einer ausländischen Privatperson) seines ehemaligen Kolonialherrn erheben sich gegen die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts — als Teil des staatlichen Rechts! — ebenfalls alle Bedenken, die auch gegen die Einordnung des materiellrechtlichen Vertrages i n staatliches Recht sprechen 240 . Bedenken ergeben sich auch daraus, daß eine Änderung des Internationalen Privatrechts durch den staatlichen Gesetzgeber — sei es durch den staatlichen Vertragspartner, sei es durch den Staat, dem der nichtstaatliche Vertragspartner angehört — mit dem Ziel denkbar ist, 233 Hinweis auf § 5 I I I 2 a aa. 234 Pariser Universitätswoche 1955 S. 231; vgl. dort (S. 231 ff.) auch die H i n weise auf die französische u n d deutsche Rechtsprechung; ders., Perassi-Festschrift S.183. 235 Internationales Privatrecht S. 3, Hervorhebung vom Verfasser. 236 Hinweis auf § 5 I I 3 b cc. 23 ? Hinweis auf § 5 I 2 c. Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482, f ü h r t u. a. aus: „Es ist ferner gewiß richtig, daß das Internationale Privatrecht der Lokalisierung der Rechtsverhältnisse dient u n d die Kollisionsnorm deshalb regelmäßig auf ein lokal begrenztes Rechtssystem verweist. Aber das ist nicht mehr als ein Sprachgebrauch, aus dem kein Dogma abgeleitet werden sollte. . . . Die durchschlagende Rechtfertigung (gemeint: für eine nach Internationalem P r i v a t recht zulässige Verweisung auf Völkerrecht) liegt i n den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs." 288 Hinweis auf § 5 I 2 b. SM Siehe A n m . 234 zu § 5. 240 Hinweis auf § 5 I I I 2 a aa m i t der Anm. 190.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

105

die Parteiautonomie, das Recht zur Rechtswahl 241 einzuschränken oder gar ganz aufzuheben 242 . Ist nach dem Internationalen Privatrecht des staatlichen Partners zu entscheiden 243 , welches Recht den materiellrechtlichen Vertrag 2 4 4 beherrschen soll, so muß man auch hier wegen der Doppelstellung des staatlichen Partners als Vertragspartei und Gesetzgeber Bedenken auf Grund der ungleichen Rechtsstellung der Vertragspartner anmelden 245 . Einen weiteren Einwand bezüglich der Rechtsstellung der Vertragspartner i m Verhältnis zueinander bringt Kipp 246 : Nach wohl kaum bestrittener Meinung 2 4 7 habe der Staat auch als Partner solcher Abkommen mit Privaten eine originäre Befugnis zur choice of law. Die Beurteilung der Rechtslage des nichtstaatlichen Partners sei eine ganz andere. Die absolut herrschende Auffassung 2 4 8 i n der Lehre des Internationalen Privatrechts gehe dahin, daß die Befugnis zur choice of law bei den einer Privatrechtsordnung unterstehenden Rechtssubjekten nur dann gegeben sei, wenn die zuständige staatliche Rechtsordnung sie gewähre, diese Befugnis zur choice of law sei also derivativ 249. Würde nun das Internationale Privatrecht des staatlichen Vertragspartners über das den materiellrechtlichen Vertrag beherrschende Recht zu entscheiden haben 2 5 0 , so widerspräche das der gleichberechtigten Stellung, von der die Parteien ausgingen 251 Wörtlich fährt Kipp f o r t 2 5 2 : „ I n d e m der Staat i m Vertragsschluß die Anwendung seiner Rechtsordnung ausschließt, oder indem er darin einwilligt, daß das den Vertrag beherrschende Recht — mag es auch sein eigenes sein — von beidem Vertragsparteien i n gegenseitiger Freiheit vereinbart w i r d , indem er des weiteren einer besonderen Schiedsgerichtsbarkeit zugestimmt hat, kann aus solchem Verhalten n u r geschlassen werden, daß der so handelnde Staat die freie Stellung seines Partners nicht i n seinem Recht begründet sieht, sie also auch nicht kraft seines Rechts begründen w i l l . Denn die Verleihung einer solchen Stellung an einen Partner durch das Recht des anderen ist eine contradictio i n adjecto. Eine durch eine Rechtsordnung verliehene Rechtsstellung oder Rechtsbefugnis kann durch eben diese Rechtsordnung auch wieder genommen werden. Das aber gerade widerspricht einer Rechtsstel241

Rechtsgrundlage (Hinweis auf § 5 I I 3 b aa) und Zulässigkeit (Hinweis auf § 4 11 b bb) der Parteivereinbarungen über die Rechtswahl sind staatlichem Recht unterworfen. 242 Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 146/147. 24 3 Hinweis auf § 5 I I 3 b. 244 Hinweis auf A n m . 55 zu § 5. 245 Hinweis auf § 5 I I I 2 a cc. 24 ® Berichte, H. 5 (1964) S. 144—147. 247 K i p p , a.a.O. S. 144, insbesondere Anm. 34. 248 K i p p , a.a.O. S. 144/145 Anm. 35; Hinweis auf § 5 I I 3 b bb. 249 Vgl. den Hinweis i n Anm. 248 zu § 5. 259 Hinweis auf A n m . 241 zu § 5. 25 1 K i p p , a.a.O. S. 146; Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 252 a.a.O. S. 146/147.

106

§ 5 Die Verträge innerhalb staatlichen Rechts

lung inter pares, die n u r i n einem anderen, für beide Parteien i n gleicher Weise geltenden Recht begründet sein kann."

Endlich sprechen auch die Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge (=Nebenbestimmungen) 2 5 3 gegen die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts. Durch diese Abmachungen bringen die Parteien zum Ausdruck, daß ihre Verträge von keiner staatlichen Rechtsordnung beherrscht werden sollen; diese Übereinkünfte zeigen, daß die Vertragspartner gleichberechtigt „auf hoher Ebene", also außerhalb staatlichen Rechts, einander gegenüber stehen wollen 2 5 4 . Es ist die Absicht der Parteien, ihre Verträge rechtlich zu „internationalisieren" 2 5 5 , und so spricht man von „völkerrechtsähnlichen" 2 5 6 und „quasi-völkerrechtlichen" 2 5 7 Verträgen oder schlägt vor, die Abkommen einem „transnational law" zu unterstellen 2 5 8 . Wenn man anerkennt, daß es der Wille der Parteien ist, ihre Vertragsbeziehungen staatlichem Recht zu entziehen und außerstaatlichem Recht zu unterstellen, dann ist schwerlich einzusehen, weshalb dieser Wille sich nur auf die materiellrechtlichen Verträge, also lediglich auf einen Teil der gesamten Parteivereinbarungen, erstrecken soll, während die Rechtswahlklausel Internationalem Privatrecht, also staatlichem Recht, unterstehen soll. Die Parteiautonomie würde dann (zumindest für den nichtstaatlichen Partner 2 5 9 ) staatlichem Recht zu entnehmen sein, und zwar mit allen Einschränkungen der Vertragsfreiheit innerhalb staatlichen Rechts 260 . Dem steht aber der Parteiwille, wie er sich i n den Nebenbestimmungen der Verträge ausdrückt, entgegen. Es ist eine andere Frage, ob die gesamten Vereinbarungen der Parteien, also auch die Rechtswahl- und die Gerichtswahlklauseln, i n außerstaatlichem Recht eine Geltungsgrundlage finden können, ob also das, was die Parteien wollen, rechtlich möglich und zulässig ist. Jedenfalls deutet aber dann, wenn man bejaht, daß die Verträge nach dem Parteiwillen nicht von staatlichem Recht beherrscht werden sollen, nichts 253 Hinweis auf § 3 I I . 254 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 255 v g l . zum Ausdruck Borchers, Verträge S. 139, i m Anschluß an Mann, B Y B I L Jg. 21 (1944) S. 19. Vgl. zur I n t e r n a t i o n a l s t der Verträge auch McNair, Readings S. 31/32, und Ray, Readings S. 462. 256 So Freund, Schutz der Gläubiger S. 18. 257 So z.B. Borchard, Diplomatie Protection S. 305; Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638 und Y B W A Bd. 18 (1964) S. 232, i m Anschluß an Schwarzenberger, International L a w Bd. 1 S. 578; Bourquin, Readings S. 103, i m A n schluß an Verdross, a.a.O. 258 So Jessup, Transnational L a w S. 2; ders., Readings S. 3/4. 259 Hinweis auf die Ansicht von Kipp, die i n § 5 I I I 2 b bb dargestellt wurde. 2«o M a n denke etwa an die Einschränkungen durch den ordre public, vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 147.

I.

r s e u n g der

e r t r e t e n e n Auffassungen

107

darauf hin, daß dieser Wille sich nicht auf alle, sondern nur auf einen Teil der Abmachungen bezieht 261 . 3. Ergebnis Bei der Prüfung der Frage, ob die Verträge, deren Struktur in den §§ 2 und 3 geschildert wurde, in staatliches Recht einzuordnen sind, gelangt man zu dem Ergebnis, daß die aufgeführten Bedenken entscheidend gegen eine solche Lösung sprechen. Dagegen lassen sich auch nicht die Vorzüge anführen, die innerhalb staatlichen Vertragsrechts gegeben sein können, da die Parteien es i n der Hand haben, durch entsprechende Vereinbarungen i n ihren Genuß zu kommen.

§ 6 Die Verträge in der Völkerrechtsordnung I . Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen 1

1. Pflug Pflug sagt, um die Verträge rechtlich zu „internationalisieren" 2 , zu dem rechtlichen Charakter staatlicher Schuldverpflichtungen de lege lata 3 : „ A b e r das Darlehen selbst ist nicht ein Ausfluß der Staatshoheit; denn die Privaten, welche dem Staate ihre Kapitalien vorstrecken, sind nicht dazu verpflichtet und das Geschäft, welches sie abschließen, ist ein wesentlich

privatrechtlicher Vertrag " Zur rechtlichen Behandlung staatlicher Schuldverpflichtungen lege ferenda führt Pflug u. a. aus 4 :

de

„ A l s feststehend darf es jedenfalls betrachtet werden, daß . . . Abhilfe i m Sinne einer Verbesserung des Rechtsschutzes speziell der auswärtigen Staatsgläubiger nicht n u r dringend zu wünschen, sondern auch höchst notwendig ist. Wo liegt aber die Abhilfe? Sicher nicht auf dem Gebiete des P r i v a t 261 Dem Parteiwillen entspricht daher auch nicht die Auffassung von Schiesing er-Gündisch, die über die Gerichtswahlklausel zur Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts gelangen, vgl. § 5 I 3. 1 Außer acht bleibt i m folgenden die Meinung, nach der die einzelnen die wahren Subjekte des Völkerrechts seien; Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa m i t den A n m . 184 u n d 185. 2 Hinweis auf A n m . 255 zu § 5. 3 Staatsbankerott 15/16. 4 a.a.O. S. 25/26.

108

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

rechtes. Denn m i t dem Privatrechte ist . . . gegenüber der Suveränität der Staaten nichts auszurichten, wie auch doktrinell ausgeführt w i r d , daß der Schutz der Staats- u n d Gemeindegläubiger, welchen das Privatrecht bietet, immer unvollkommen sein w i r d . "

Pflug 5 schlägt daher vor, „daß die auswärtigen Staatsanleihen i n Bezug auf die Möglichkeit der Durchführung der auf ihnen beruhenden Ansprüche Privater sowie i n Bezug auf die Möglichkeit einer Exekution gegenüber dem Schuldner i n gleicher Weise wie völkerrechtliche Verträge behandelt, daß sie also behufs Erzielung materieller Wirkungen (d. h. größerer Sicherheit) formell dem Völkerrechte unterstellt werden."

Die Gleichstellung auswärtiger Staatsschulden mit völkerrechtlichen Verträgen nach Pflugs Ansicht 6 kann „sowohl eine generelle w i e spezielle sein, sie kann von den Staaten sowohl i n völkerrechtlicher als i n staatsrechtlicher Form ausgesprochen werden; i n völkerechtlicher Form durch Fixierung i n Staatsverträgen und Protokollen oder vermittels einer Proklamation durch einen Völkerkongreß (congrès des nations), i n staatsrechtlicher Form einseitig durch Gesetze oder Verordnungen (ζ. B. Börsengesetze, Börsenverordnungen).

Abschließend bemerkt Pflug 7 : „ Z u r Methode der Gleichstellung auswärtiger Schulden m i t völkerrechtlichen Verträgen auf dem Wege völkerrechtlicher Übung ist bezüglich der zukünftigen Staatsschulden zu bemerken, daß es sich sehr empfehlen würde, wenn bei der Emission neuer Anleihen i n die Subskriptionsbedingungen bzw. Emissionsprospekte eine Klausel aufgenommen werden würde, inhaltlich deren die aus dem Anleihevertrag sich ergebenden Rechte und Verpflichtungen nach völkerrechtlichen Normen zu beurteilen sind — Völkerrechtsklausel." 2. Schwarzenberger

Schwarzenberger 8 stellt zur „Qualifikation der Kreuger-Abkommen" die Frage, ob es sich dabei u m Völker- oder um landesrechtliche Verträge handelt, und führt in diesem Zusammenhang aus 9 : „Es wäre methodisch falsch, diese Frage danach zu beantworten, wen man bisher i n Theorie und Praxis als Subjekt des Völkerrechts angesehen hat. Wenn bisher nur Staaten als Adressaten dieser Rechtsordnung angesehen worden sind, so ist damit noch gar nichts darüber ausgesagt, ob nicht eines der bisherigen Völkerrechtssubjekte m i t dem Kreuger-Trust i n Beziehungen gleicher A r t treten und i h n damit i n ihrem Verhältnis zueinander als Subjekt des Völkerrechts anerkennen w i l l 1 0 . " s 6 7 β 9

a.a.O. S. 43. a.a.O. S. 46. a.a.O. S. 46/47. Kreuger-Anleihen S. 9—20. a.a.O. S. 10. 10 Welche Voraussetzungen dazu i m einzelnen erfüllt sein müssen, läßt Schwarzenberg er offen, vgl. Borchers, Verträge S. 152. Bezüglich der KreugerAbkommen spricht Schwarzenberger, a.a.O. S. 13—15, sich für den landes-

Î. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

109

3. Marcus

Marcus 11 vertritt i n „Kreuger & Toll als Wirtschaftsstaat und Weltmacht" folgenden Standpunkt: „Das Auftreten von wirtschaftlichen Unternehmungen riesenhaften U m fanges i n einem Verhältnis zum Staat, welches man nicht anders bezeichnen kann denn als völlig gleichberechtigt ist eine Erscheinung neuesten Datums. . . . Die großen Gebilde, die unsere weltwirtschaftliche Entwicklung i m Laufe des Jahrzehnts nach dem Kriege hervorgerufen hat, sind auf höchster Stufe gesellschaftlicher Form — auf der des Staates ,bündnisfähig' geworden. Das K r i t e r i u m für diese neuen Gebilde liegt eben darin, daß sie dazu imstande sind, m i t Staaten, und zwar nicht nur m i t ihren Heimatstaaten, sondern m i t anderen ebenso, i n einer Weise zu unterhandeln und Vereinbarungen zu treffen, als ob es sich u m ,Staatsverträge' i m eigentlichen Sinne des Wortes handelt und nicht u m Abmachungen von Staaten m i t irgendwelchen anderen, ihnen nicht gleichgeordneten Erscheinungsformen. Die Präponderanz der staatlichen Stellung, die bisher i n allen Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft wenigstens i m Grundsatz vorhanden gewesen ist, ist hier i n Fortfall gekommen. Deshalb paßt auch auf Gebilde dieser A r t weder die Bezeichnung ,Trust', noch .Konzern 4 , noch eines der vielen Worte, m i t denen w i r weitgehend Zusammenfassungen wirtschaftlicher Kräfte zu kennzeichnen gewohnt sind. E i n Wort für diese Neubildungen m i t dem oben angedeuteten grundsätzlich wesentlichen K r i t e r i u m der Bündnisfähigkeit und Gleichberechtigung dem Staat gegenüber fehlt heute noch i n vielen Sprachen . . . Man könnte viele dieser Gebilde als eine A r t von ,Wirtschaftsimperien 4 , als ,Wirtschaftsstaaten' zu bezeichnen suchen, u m hierin zum Ausdruck zu bringen, daß sich wirtschaftliche Macht i n ihnen m i t Eigenschaften verbindet, die w i r sonst n u r dem politischen Staat zuzuerkennen gewohnt waren."

Marcus 12 stellt sodann für den Wirtschaftsstaat, wie er ihn begreift, folgende „Formel" auf: „1. die Gleichberechtigung gegenüber dem politischen Staat, 2. die Verbindung von mobilem und immobilem Kapital, 3. die praktische Unabhängigkeit von Zollgrenzen." 4. Mann

Wie bereits angedeutet wurde 1 3 , hält Mann 1 4 es für möglich, daß Verträge zwischen Parteien, von denen nur eine Völkerrechtssubjekt ist, rechtlichen Charakter aus, ohne die Verträge i m einzelnen zu unterscheiden, vgl. dazu die K r i t i k von Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 100. Z u r Begründung des landesrechtlichen Charakters der K r e u g e r - A b k o m men f ü h r t Schwarzenberger, a.a.O. S. 13/14, Formalien an, ζ. B. seien die V e r träge v o m Finanzminister und nicht — wie bei völkerrechtlichen Verträgen — vom Außenminister des beteiligten Staates unterzeichnet, vgl. dazu die K r i t i k von Borchers, Verträge S. 152. n Kreuger & T o l l S. 1—3. 12 a.a.O. S. 6. ι 3 Hinweis auf § 5 I 2 b. Nach der Ansicht von Mann hängt die Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertrag dem

110

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

dem Völkerrecht unterstellt sind. Damit — so legt Mann 1 5 des näheren dar — „könnte ein Vertrag i n dem Sinn ,internationalisiert' werden, daß auf i h n Völkerrecht stricto sensu anzuwenden, also seine Existenz u n d sein Schicksal jeder E i n w i r k u n g durch ein internes Rechtssystem genauso entzogen wäre, wie dies beim Staats vertrag der F a l l ist."

Das Völkerrecht, das somit gelten würde, sei i n weitgehendem Maß in jenen principes généraux de droit reconnus par les nations civilisées zu finden, die die Verträge, insbesondere die Handelsgeschäfte zwischen zwei Völkerrechtssubjekten beherrschten 16 . Mann faßt diese Normen an anderer Stelle 1 7 zu einem „ Völker handelsrecht" zusammen. Darunter w i r d ein „mehr oder weniger selbständiger Teil, wenn auch nicht abgesonderter Teil des Völkerrechts" verstanden 18 . Durch die Beantwortung der Frage, „was nun die Regeln des Völkerrechts sind, die auf Rechtsgeschäfte wirtschaftlichen Charakters zwischen Staaten Anwendung finden" 19, w i l l Mann den Einwand 2 0 ausräumen, ein Vertrag könnte dem Völkerrecht deshalb nicht unterstellt werden, w e i l i n dieser Rechtsordnung die notwendigen Rechtssätze bisher nicht oder doch zumindest noch nicht i n genügendem Umfang vorhanden seien 21 .

5. Bindschedler

Bindschedler 22 sieht die große Schwierigkeit bei dem Versuch, die Verträge i n das Völkerrecht einzuordnen, darin, „daß das Individuum und die Personenvereinigungen keine originären, sondern nur derivative Völkerrechtssubjekte sind". Und er fährt fort: „ I h r e Rechtssubjektivität erstreckt sich n u r so weit, wie völkerrechtliche Normen ihnen Rechtspositionen zuweisen. Aber man könnte vielleicht annehmen, daß, wenn ein Staat m i t einem I n d i v i d u u m oder einer ölgesellschaft Völkerrecht unterstellt werden kann, von der Parteiautonomie i m I n t e r nationalen Privatrecht ab, vgl. § 5 I 2 c. 14 Gutzwiller-Festgabe S.479; ders., B Y B I L Jg. 21 (1944) S. 19 f.; B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 21 f.; B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 43 f. 15 Gutzwiller-Festgabe S. 479. 16 Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 479/480. 17 Völkerhandelsrecht. 18 Mann, Völkerhandelsrecht S. 6. 19 Mann, Völkerhandelsrecht S. 8. so Vorgebracht von Fawcett, B Y B I L Jg. 25 (1948) S. 44 Anm. 3; Friedmann, A J I L Bd. 50 (1956) S. 483/484; M. Wolff , Private International L a w S. 417. 21 Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 480 und Völkerhandelsrecht S. 8. Auch Delaume, Legal Aspects S. 103, w i l l Verträge — wie Mann es v o r schlägt — dem „international l a w " unterstellen. 22 Berichte H. 5 (1964) S. 232/233; Bindschedler sagt vorweg, daß er noch keine endgültige Lösung des Problems der Einordnung der Verträge gefunden habe. Es handelt sich hier — ebenso wie bei den beiden folgenden dargestellten Auffassungen — u m einen Diskussionsbeitrag.

I.

r s e u n g der

e r t r e t e n e n Auffassungen

111

einen Vertrag abschließt, i n diesem Vertragsabschluß gleichzeitig die A n erkennung als Völkerrechtssubjekt i n diesem besonderen Falle liegt." Dann —

so m e i n t

Bindschedler



wären

diese V e r t r ä g e

„echte

v ö l k e r r e c h t l i c h e V e r t r ä g e " . D e r W o r t l a u t u n d d i e A n w e n d u n g dieser V e r t r ä g e , die E i n s e t z u n g v o n Schiedsgerichten, sprechen nach A n s i c h t Bindschedlers s t a r k d a f ü r , „ d a ß es sich h i e r u m eine Rechtsfigur h a n delt, die d e m V ö l k e r r e c h t u n t e r s t e l l t i s t " .

6. von der Heydte N a c h der A u f f a s s u n g v o n von der Heydte

23

g e h t es b e i d e n z u u n t e r -

suchenden V e r t r ä g e n u m e i n „ P r o b l e m d e r M a c h t " : „Es kommt darauf an, ob der nichtstaatliche Partner die Macht hat, den staatlichen Rechtsordnungen zu entfliehen" W e n n d e r staatliche P a r t n e r — so f ü h r t v o n der H e y d t e w e i t e r aus — a u f d i e A n w e n d u n g des eigenen Rechts verzichte, sei „ d i e F l u c h t i n d i e V ö l k e r r e c h t s o r d n u n g g e l u n g e n " , u n d v o n der H e y d t e f ü g t ergänzend hinzu: „Die Völkerrechtsordnung ist j a i n der Lage, auch dem nichtstaatlichen Partner eine abgeleitete beschränkte Rechtspersönlichkeit zu verleihen. W i r dürfen nicht übersehen, daß es auch i m Völkerrecht den Unterschied zwischen vorgegebener und verliehener Rechtspersönlichkeit gibt, zwischen den n a t ü r lichen Personen des Völkerrechts, das sind eben die Staaten, u n d etwas, was man vielleicht juristische Personen des Völkerrechts nennen könnte. Ich glaube deshalb, daß v o m Grundsätzlichen her nichts dagegen spricht, hier w i r k l i c h anzunehmen, daß Verträge vorliegen, die eben nach Völkerrecht zu beurteilen sind." 7. Schaumann Schaumann 24 sagt, daß m a n sich h ü t e n müsse, sich „ v o m klassischen D o g m a der V ö l k e r r e c h t s s u b j e k t i v i t ä t h e r diese n e u e n E n t w i c k l u n g e n v e r b a r r i k a d i e r e n zu lassen", u n d f e r n e r : „Ich bestehe auf dem Standpunkt, daß das I n d i v i d u u m von vornherein ein potentielles Rechtssubjekt des Völkerrechts ist. Dann bestehen keine Schwierigkeiten, diese Verträge dem Völkerrecht zuzuordnen." S c h a u m a n n s t e l l t s o d a n n fest, daß es b e i der ganzen F r a g e d a r u m gehe, „ d a ß diese V e r t r ä g e i r g e n d w i e die staatliche R e c h t s o r d n u n g s p r e n g e n " , u n d er v e r t r i t t d e n S t a n d p u n k t : „Wenn man dabei die Hürde des staatlichen Rechts überspringt, muß man aber deswegen nicht m i t dem gleichen Sprung auch noch über das Völker23 Berichte H. 5 (1964) S. 234. 24 Berichte H. 5 (1964) S. 238.

112

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

recht hinweggehen. Wenn man das staatliche Recht verläßt, kommt man m. E. automatisch i n das Völkerrecht h i n e i n 2 5 . "

II. Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen 1. Der Begriff des völkerrechtlichen Vertrages

Betrachtet man die hier zu behandelnden Verträge als „echte völkerrechtliche Verträge" 2 6 , so bedeutet dies begrifflich, daß jeweils ein völkerrechtlicher Vertrag i m „dynamischen" und im „statischen" Sinn vorliegt 2 7 . a) Der völkerrechtliche

Vertrag

im dynamischen

Sinn

I m dynamischen Sinn stellt der völkerrechtliche Vertrag „eine W i l lenseinigung abschlußfähiger Völkerrechtssubjekte dar, deren Zweck es ist, Rechtsfolgen im Bereich des Völkerrechts zu bewirken" 2 8 . aa) Der Begriff des „ abschlußfähigen Völkerrechtssubj ekts" Subjekt läßt sich definieren als „dasjenige, von dem als von einem Seienden etwas ausgesagt wird, das Beziehungen ausstrahlt und auf seine Umgebung einwirkt" 2 9 . Unter einem Rechtssubjekt versteht man den „Träger von Rechten und Pflichten i m Rahmen einer Rechtsgemeinschaft" 30 . Des näheren stellt Anzilotti 31 fest: „Die Wesenheiten, auf die sich diese durch die Normen gesetzten Rechte und Pflichten beziehen, m i t anderen Worten die Normenadressaten, nämlich die Glieder jener Gesellschaft, deren Überbau die Rechtsordnung ist, heißen Rechtssubjekte oder Personen 3 2 . Rechtspersönlichkeit ist also ein Ausdruck für das Bezogensein eines Subjektes auf eine bestimmte Rechtsordnung. Man 25 Mosler, Berichte H. 5 (1964) S. 236, meint nicht, daß es „prinzipiell u n möglich" ist, die Völkerrechtsordnung so zu erweitern, daß die Verträge diesem Recht unterstellt werden könnten, und zwar auf dem von Bindschedler vorgeschlagenen Weg, vgl. § 6 I 5. Mosler ist aber der Ansicht, daß dieser Schritt jetzt noch nicht getan werden kann. 26 So die unter § 6 1 genannten Autoren; bezüglich der Auffassung von „völkerrechtsähnlichen" oder „quasi-völkerrechtlichen" Verträge Hinweis auf § 8 I I 1 a aa u n d § 8 I I I 1 a. 27 Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528. 28 Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 411 ff.; Verdross, Völkerrecht S. 142 ff. und 158 ff. 29 Haake, Einzelpersonen S. 24. 30 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 110. si Völkerrecht S. 89. 32 Hinweis auf § 2 I I 1 a.

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

Î13

ist Rechtspersönlichkeit, sofern man Adressat von Rechtsnormen ist; es gibt keine natürlichen Rechtspersönlichkeiten; sie existieren n u r innerhalb einer bestimmten Rechtsordnung und nur kraft dieser." D i e Völkerrechtssubjekte s i n d nach Verdross 33 „ j e n e Personen, d e r e n V e r h a l t e n u n m i t t e l b a r v o n der V ö l k e r r e c h t s o r d n u n g geregelt w i r d " . V e r d r o s s 3 4 f ü g t h i n z u , daß diese S u b j e k t e i n m a n c h e r H i n s i c h t zu u n t e r scheiden seien. N a c h d e r A n s i c h t v o n Klein 35 h a t der B e g r i f f V ö l k e r r e c h t s s u b j e k t i v i tät (völkerrechtliche Persönlichkeit) „einen potentiellen, v i r t u e l l e n u n d e i n e n a k t u e l l e n S i n n g e h a l t " . K l e i n geht dabei v o n e i n e m G e d a n k e n F e l i x Somlós, dessen U n t e r s c h e i d u n g v o n Rechtsvoraussetzungs- u n d R e c h t s i n h a l t s b e g r i f f e n , aus u n d s a g t 3 6 : „Die potentielle (virtuelle) Rechtssubjektivität ist i n der Somlóschen Terminologie ein Rechtsvoraussetzungs- (Rechtsgrund-) Begriff; sie bedeutet nichts anderes als die allgemeine, abstrakte, formale (,vor'-juristische; i n bezug auf das Völkerrecht ,vor'-völkerrechtliche) Rechtssubjektivität. Die aktuelle Rechtssubjektivität dagegen ist nach jener Ausdrucksweise ein Rechtsinhaltsbegriff; sie entspricht der i n einem positiven Rechtssatze konkretisierten, also konkreten, rechtsinhaltlichen Rechtsfähigkeit. Erst durch diese ,wird der Staat als allgemeines, vorrechtliches Rechtssubjekt zum rechtsfähigen Subjekt oder zur Persönlichkeit i n der Völkerrechtsgemeinschaft'. Rechtssubjektivität und Rechtsfähigkeit, d. h. von der Rechtsordnung verliehene, positivistische Berechtigungs- u n d Verpflichtungssubjektivität, sind also nicht identisch 3 7 ." 33

Völkerrecht S. 188. Siehe Anm. 33 zu § 6. Haftung S. 32. 3 ® Haftung S. 32/33. Z u dem Verhältnis von Rechtssubjektivität (Rechtspersönlichkeit) u n d Rechtsfähigkeit vgl. insbesondere Körte, Grundfragen S. 44 ff. u n d 101 ff. 37 Wie Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 52, m i t Recht feststellt, werden „ n o r malerweise" die Begriffe „Rechtsfähigkeit, Rechtssubjektivität u n d Rechtspersönlichkeit als Synoyma gebraucht"; vgl. dazu auch Haake, Einzelpersonen S. 25. Von dieser Auffassung ausgehend sagt Haake, a.a.O. S. 26/27, folgendes zur Rechtsfähigkeit: „Da die Rechtsfähigkeit als Fähigkeit, subjektive Rechte und Pflichten zu haben, definiert wurde, besagt sie, daß jemand auf G r u n d der Rechtsordnung überhaupt imstande sein kann, Rechte u n d Pflichten zu haben. Sie sagt nichts darüber, ob er i n concreto subjektive Rechte hat. Die Rechtsfähigkeit ist somit, wie Strupp es ausdrückt, eine potentielle Fähigkeit. Da der konkrete Besitz eines — und sei es noch so kleinen — Rechts oder einer noch so kleinen Pflicht die Rechtsfähigkeit überhaupt v o r aussetzt, ist die Innehabung eines Rechts oder einer Pflicht ein Indiz für das Vorhandensein der Rechtsfähigkeit." Borchers, Verträge S. 132, stellt unter Hinweis auf Anzilotti, Völkerrecht S. 89 f., Broches, RdC Bd. 98 (1959 I I I ) S. 320, u n d Erler, Internationales W i r t schaftsrecht S. 153, fest: „ . . . sieht man die Rechtsfähigkeit richtigerweise als inhaltlosen Verhältnisbegriff an, so muß man sie dem I n d i v i d u u m schon i n dem Augenblick zusprechen, i n dem die Rechtsordnung es zum Träger auch n u r einer einzigen Pflicht oder eines einzigen Rechtes aus der Fülle der möglichen Rechte und Pflichten macht." Vgl. zu dem Begriff der Völkerrechtsfähigkeit ferner auch die Unterscheidung zwischen Rechtssubjekt und Rechtsperson, die von der Heydte, Spiropoulos-Festschrift S. 237 ff., vorschlägt. 34

35

8 Rengeling

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§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

Häufig ist die Unterscheidung zwischen ursprünglichen (originären) und abgeleiteten (derivativen) Völkerrechtssubjekten anzutreffen 38 . Dabei werden gewöhnlich die ersteren mit den souveränen Staaten gleichgesetzt, während die letzteren die auf Staatsverträgen beruhenden Organisationen und Einrichtungen sein sollen, die nach dem Auslegungsgrundsatz der Effektivität Rechtsfähigkeit im internationalen Verkehr benötigen, u m die Aufgaben wahrzunehmen, mit denen die Gründerstaaten sie betraut haben 39 . Die Rechtsfähigkeit der Völkerrechtssubjekte w i r d des öfteren unterteilt i n unbeschränkte und beschränkte 40 . Die Völkerrechtsfähigkeit w i r d als unbeschränkt angesehen, „wenn ihr Träger alle i n der Völkerrechtsordnung möglichen subjektiven Rechtspositionen einnehmen kann"; beschränkt soll sie sein, „wenn ihm für einzelne Rechtspositionen oder ganze Gruppen von solchen die Fähigkeit fehlt, Wirkungen i n der Völkerrechtsordnung zu erzeugen oder solche zugerechnet zu erhalten" 4 1 . Während i m Rahmen der unter § β I dargestellten Auffassungen teilweise zur Frage der Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Vertragspartner 42 Stellung bezogen w i r d 4 3 , ist dort nichts darüber ausgesagt, ob diesen Partnern auch die völkerrechtliche Vertragsschließungsfähigkeit zukommt 4 4 . Weitere Verschiedenheiten der Völkerrechtssubjekte hat Verdross, Völkerrecht S. 188—191, herausgestellt. 38 Hinweis auf die dargestellten Auffassungen von Bindschedler und von der Heydte i n § 6 I 5 bzw. 6. Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 151; Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 55/56; Verdross, Völkerrecht S. 189. 39 Vgl. Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 56; Verdross, Völkerrecht S. 189' Zemanek, Vertragsrecht S. 18 ff. 40 Vgl. Klein, Haftung S. 34, sowie die dort Genannten: Knubben, Körte u.a.; Mosler, W V R Bd. 3 S. 666; Hinweis auf die dargestellte Ansicht von von der Heydte i n § 6 I 6. 41 Mosler, W V R Bd. 3 S. 666. Mosler führt a.a.O. weiterhin aus: „Umfassende (unbeschränkte) Völkerrechtsfähigkeit besitzen die Staaten, w e i l sich — historisch gesehen — das Völkerrecht als unorganisierte Gemeinschaft unabhängiger Verbände entwickelt hat und der soziologische Befund der gegenwärtigen internationalen Gesellschaft ergibt, daß es diesen Charakter trotz der fortschreitenden Internationalisierung vieler Lebensbereiche auch heute noch i m wesentlichen behalten hat. A l l e anderen Rechtssubjekte nehmen n u r insoweit an der Völkerrechtsordnung teil, als dies der F u n k t i o n entspricht, die ihre Träger i n der Völkerrechtsgemeinschaft besitzen." 42 Bezüglich der Völkerrechtssubjektivität der staatlichen Vertragspartner vgl. § 2 11. 43 Pflug u n d Mann äußern sich zu dieser Frage nicht, vgl. § 6 1 1 bzw. 4. Marcus deutet die Problematik lediglich durch die Bezeichnung „Wirtschaftsstaat" an, vgl. § 6 I 3. 44 Eine Ausnahme könnte man vielleicht bei Marcus annehmen, der davon spricht, daß die Wirtschaftsstaaten „auf höchster Stufe gesellschaftlicher Form — auf der des Staates bündnisfähig geworden" seien, vgl. § 6 I 3.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen

116

Die völkerrechtliche Vertragsschließungsfähigkeit (Abschlußfähigkeit 4 5 , Vertragsfähigkeit, treaty-making capacity) gehört zum Inhalt der Handlungsfähigkeit der Völkerrechtssubjekte 46 . Wie bei den Subjekten anderer (Teil-)Rechtsordnungen 47 ist auch i m Völkerrecht „die Fähigkeit, Rechtswirkungen durch eigene Handlungen zu erzeugen, von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden" 48 . K l e i n 4 9 führt dazu aus: „Während die Rechtsfähigkeit etwas über die Zuständigkeit oder die Zugehörigkeit von subjektiven Rechten u n d Pflichten zu einem Subjekt aussagt und bestimmt, w a n n bei diesem der Tatbestand der Entstehung oder des Erwerbes solcher Rechte u n d Pflichten eingetreten ist, entscheidet die Handlungsfähigkeit darüber, ob das Subjekt jene i h m zustehenden Rechte, A n sprüche u n d Befugnisse durch eigenes Verhalten verfolgen, verwirklichen, ausüben und ob es die i h m auferlegten Pflichten durch eigenes Verhalten befolgen, erfüllen kann."

Zu dem Zusammenhang zwischen Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit stellt K l e i n 5 0 m i t Recht fest: „Die völkerrechtliche Rechtsfähigkeit ist die existentielle Grundlage der völkerrechtlichen Handlungsfähigkeit... Ebenso w i e die Rechtsfähigkeit ist auch sie dem Umfange nach jeweils verschieden. Grundsätzlich ist ihr Z u sammenhang m i t der völkerrechtlichen Rechtsfähigkeit so eng, daß sie von ihr sowohl substantiell als auch funktional abhängt. Rechtslogisch muß nämlich ein handlungsfähiges Rechtssubjekt für den Bereich seines eigenen Verhaltens notwendig rechtsfähig und ein rechtsunfähiges Rechtssubjekt notwendig handlungsunfähig sein 5 1 ."

Da der völkerrechtliche Vertrag im dynamischen Sinn ein Rechtserzeugungsverfahren und im statischen Sinn eine Rechtsnorm (oder Rechtsnormen) darstellt 5 2 , bedeutet die Annahme der völkerrechtlichen Vertragsfähigkeit eines Völkerrechtssubjekts, daß ihm i n der Völkerrechtsordnung „Rechtserzeugungsfähigkeit, Rechtssetzungsbefugnis, Rechtsschöpfungsgewalt" zugesprochen wird, daß ein derartiges Subjekt als „rechtssetzendes Subjekt des Völkerrechts, Völkerrechtssetzungsfaktor, Völkerrechtskreationsorgan" zu betrachten ist 5 3 . Das Völkerrechtssubjekt ist in diesem Fall auch „Völkerrechtssetzungssubjekt"64. 45 So Guggenheim-Marek, vgl. § 6 I I 1 a. 46 Vgl. z.B. Eckert, Einzelmensch S. 129/130; Klein, Haftung S. 34; Mosler, W V R Bd. 3 S. 666/667. 47 Hinweis auf § 4 I 2 a. 48 Mosler, W V R Bd. 3 S. 667; vgl. ferner Knubben, Subjekte S. 242 ff.; Körte, Grundfragen S. 140 ff. 49 Haftung S. 34. so a.a.O. S. 34/35. 51 Vgl. zur völkerrechtlichen Handlungsfähigkeit auch Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 73; Verdross, Völkerrecht S. 190. 52 Hinweis auf § 6 I I 1 a. 53 Diese Ausdrücke finden sich bei Klein, Haftung S. 135. 54 Hoff mann, I n d i v i d u u m S. 190; vgl. auch Eckert, Einzelmensch S. 21.

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116

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

bb) Der Zweck der Willenseinigung, „Rechtsfolgen i m Bereich des Völkerrechts zu bewirken" Voraussetzung für das Vorliegen eines völkerrechtlichen Vertrages ist es, daß die Willenseinigung der Parteien bezweckt, „Rechtsfolgen im Bereich des Völkerrechts zu bewirken" 5 5 , m i t anderen Worten: Rechtsgeschäfte sind nur dann als völkerrechtliche Verträge anzusehen, wenn sie „Beziehungen zwischen den Parteien ,unter Völkerrecht' zum Inhalt haben" 5 6 . Dadurch sollen die Völkerrechtsverträge gegenüber solchen Abkommen abgegrenzt werden, auf die — ungeachtet ihrer Partner — das Landesrecht eines Staates anwendbar ist 5 7 . Für die i m Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu behandelnden Verträge bedeutet das folgendes: Keine völkerrechtlichen Verträge sind solche Abkommen, in denen ausschließlich staatliches Recht für anwendbar erklärt ist 5 8 ; dagegen liegen — i m Blick auf die hier in Rede stehende Voraussetzung — völkerrechtliche Verträge vor, wenn die Parteien auf das Völkerrecht verwiesen haben 59 . Fraglich ist, wie Verträge einzuordnen sind, die nach Vereinbarung der Parteien lediglich den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstehen sollen oder in denen keine Rechtswahlklausel enthalten ist 6 0 . cc) Der Vertragsabschluß als Rechtserzeugungsverfahren Da der Abschluß völkerrechtlicher Verträge ein Rechtserzeugungsverfahren darstellt 6 1 , kann man ihn mit der Rechtssetzung durch Gesetz vergleichen 62 . Es ist aber falsch, den Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages als „internationale Gesetzgebung" zu bezeichnen 63 , denn dadurch w i r d „der wesenhafte Unterschied zwischen Vertrag als autonomer und Gesetz als heteronomer Form der Rechtserzeugung verwischt" 6 4 : Durch einen Vertrag werden — anders als durch das Gesetz — nur Rechtssubjekte verpflichtet, die ihm zugestimmt haben 65 . ss Guggenheim-Marek, a.a.O. i n Anm. 28 zu § 6. 56 Rauschning, Verträge S. 8, unter Hinweis auf : H a r v a r d Draft Convention A r t . 1 lit. a u n d den I L C - E n t w u r f (Brierly) A r t . l a : „ . . . under international l a w " ; sowie I L C - E n t w u r f (Fitzmaurice) 1. Kap. Teil I, A r t . 2 Abs. 1: „ . . . governed by international l a w . . . " 57 Vgl. zu den Verträgen zwischen Völkerrechtssubjekten, die staatlichem Recht unterstehen, Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 1; Guggenheim-Marek, WVR Bd. 3 S. 528; Rauschning, Verträge S. 8. 58 Hinweis auf Anm. 12 zu § 1. 59 Hinweis auf § 3 I I 1 b. 60 M a n w i r d i m ersten F a l l vielleicht die Rechtswahlklausel dahin auslegen dürfen, daß die Rechtsgrundsätze der Völkerrechtsordnung gemeint sind, vgl. Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 480/481. I m zweiten F a l l könnte man vielleicht auf Grund der Vertragsstruktur zu einer Einordnung i n das Völkerrecht gelangen, vgl. § 5 I I I 2 a dd. ei Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528. 62 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 62. 63 Vgl. Hudson, International Legislation Bd. 1 S. X I I I .

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

b) Der völkerrechtliche

Vertrag im statischen Sinn

I m statischen Sinn ist der völkerrechtliche Vertrag das Ergebnis eines Rechtserzeugungsverfahrens : Rechtsnorm 66 . Berber 67 wendet sich mit Recht gegen die „angeblich auf den rechtlichen Inhalt bezogene Unterscheidung zwischen rechtsetzenden und rechtsgeschäftlichen Verträgen (traités-lois und traités-contrats, lawmaking treaties und contract-treaties)" 68 und stellt fest 6 9 : „Diese Unterscheidung beruht aber auf einem Mißverständnis, das manchmal nur terminologisch ist, manchmal aber auf der Verkennung der T a t sache beruht, daß jeder völkerrechtliche Vertrag, ob rechtsgeschäftlich' oder ,rechtssetzend', ob ,abstrakt' oder »konkret', ob »generell' oder »individuell', ob »multilateral· oder ,bilateral', Recht schafft."

Völkerrecht entsteht aber nicht nur durch völkerrechtliche Verträge, mit anderen Worten: nicht nur völkerrechtliche Verträge sind „Rechtsquellen" 7 0 des Völkerrechts; es gibt in der Völkerrechtsordnung auch Gewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze 71 . Die Frage, welche „Rangordnung der Völkerrechtsquellen" 72 , welcher Rang im „Stufenbau der Normen" 7 3 herrscht, ist umstritten 7 4 . I m Rahmen der vorliegenden Untersuchung ist diese Frage insbesondere i m Hinblick auf den Geltungsgrund des völkerrechtlichen Vertrages von Bedeutung 7 5 . 2. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit des völkerrechtlichen Vertrages

Auch bei völkerrechtlichen Verträgen ist die Frage nach ihrer rechtsverpflichtenden Kraft streitig 7 6 : Nach einer Auffassung ist „auf den 64 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 62, der darauf hinweist, daß diese U n t e r scheidung insbesondere wegen des „genossenschaftlichen Charakters des Völkerrechts" von Bedeutung ist, vgl. auch Berber, a.a.O. S. 17—19. es Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 62; Mosler, W V R Bd. 3 S. 528, betont, daß dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt gelte; vgl. zu den völkerrechtlichen Verträgen zugunsten und zu Lasten D r i t t e r ζ. B. Verdross, Völkerrecht S. 183. 66 Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528. 67 Völkerrecht Bd. 1 S. 63/64. 68 Die rechtsgeschäftlichen Verträge i m eigentlichen Sinn, die auf den Austausch von Nutzen und Leistung gerichtet seien, die das M i t t e l seien, „verschiedene u n d zwar einander entgegengesetzte, aber korrespondierende Interessen zu erfüllen", könnten kein objektives Recht erzeugen, vgl. Berber, a.a.O. S. 63. β» a.a.O. S. 63/64. 70 Vgl. zu dem Begriff Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 37—41. 71 Vgl. ζ. B. Verdross, Völkerrecht S. 137 ff. 72 Verdross, Völkerrecht S. 152. 73 Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528. 74 Vgl. ζ. B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 15 ff.; Menzel, Völkerrecht S. 105 ff.; Seidl-Hohenveidern, Völkerrecht Rz. 360. 75 Hinweis auf § 11 2 und § 4 I 2 b. 76 Hinweis auf § 4 1 1 b.

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§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

a u t o n o m e n V e r t r a g s s c h l u ß w i l l e n i m S i n n einer S e l b s t b i n d u n g des Staates" abzustellen, d i e z w e i t e A u f f a s s u n g v e r w e i s t a u f d e n Satz p a c t a s u n t s e r v a n d a 7 7 . W i e bereits festgestellt w u r d e 7 8 , ist d e r l e t z t e r e n A n s i c h t z u z u s t i m m e n 7 9 . D a b e i w i r d i m V ö l k e r r e c h t der Satz p a c t a s u n t servanda z u m e i s t 8 0 als a l l g e m e i n e r R e c h t s g r u n d s a t z 8 1 oder als G e w o h n heitsrechtssatz 8 2 , j e d e n f a l l s s o m i t als g e l t e n d e N o r m des V ö l k e r r e c h t s 8 3 angesehen. D a d i e N o r m pacta s u n t servanda — sei es als a l l g e m e i n e r Rechtsgrundsatz, sei es als Gewohnheitsrechtssatz — die V e r b i n d l i c h k e i t d e r v ö l k e r r e c h t l i c h e n V e r t r ä g e b e g r ü n d e t , k a n n m a n sagen, daß diese N o r m i n d e r R a n g o r d n u n g der V ö l k e r r e c h t s q u e l l e n „ ü b e r " den Verträgen steht84. Z u m I n h a l t des Satzes p a c t a s u n t s e r v a n d a sei b e m e r k t , daß er nichts d a r ü b e r aussagt, wie lange V e r t r ä g e g e h a l t e n w e r d e n m ü s s e n 8 5 . D i e G r ü n d e , aus d e n e n e i n v ö l k e r r e c h t l i c h e r V e r t r a g beendet w e r d e n k a n n , t e i l t Berber 86 i n folgende „ d r e i große K a t e g o r i e n " e i n : (1) „Endigungsgründe, die i n dem 711 beendigenden Vertrag selbst vorgesehen sind", 77 Vgl. zu der Streitfrage Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 413/414; Menzel, Völkerrecht S. 92. 78 Hinweis auf § 4 1 1 b aa. 79 So für völkerrechtliche Verträge ζ. B. Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 6 ff.; Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528: „Sodann befindet sich die Geltungsgrundlage völkerrechtlicher Verträge außerhalb von ihnen. Ihre Verbindlichkeit w i r d nicht von ihnen selbst, sondern von der gewohnheitsrechtlichen N o r m Pacta sunt servanda gesichert." Vgl. ferner Kelsen, P r i n ciples S. 418; Nawiasky, a.a.O. i n Anm. 9 zu §4; Bericht der I L C v o m 14.3. 1956, a.a.O. i n A n m . 18 zu § 4. so Anzilotti, Corso (1923) S. 47 ff. u n d Völkerrecht Bd. 1 S. 38 f. u n d 48 f., betrachtet den Satz pacta sunt servanda als Grundnorm des Völkerrechts überhaupt. Vgl. dazu die K r i t i k von Verdross, Völkerrecht S. 22—25; V e r dross, stellt zutreffend fest, a.a.O. S. 25, „daß das positive Völkerrecht von bestimmten, von i h m bereits vorausgesetzten Rechtsgrundsätzen abhängig ist" und daß es daher richtiger sei, „ v o n einem Gefüge von Rechtsgrundsätzen, statt von einer Grundnorm zu sprechen". 81 Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 12; Wehberg, Verdross-Festschrift S. 307 ff.; vgl. ferner die Hinweise bei Kägi, W V R Bd. 2 S. 712. 82 Guggenheim-Marek, a.a.O. i n A n m . 79 zu § 6; Nawiasky, Staatslehre T e i l 3 S. 36—37; weitere Hinweise bei Kägi, W V R Bd. 2 S. 712. 83 Vgl. Kägi, W V R Bd. 2 S. 712. 84 Hinweis auf § 4 1 1 b aa. Bezüglich der Rangordnung der Völkerrechtsquellen vgl. die Hinweise i n den A n m . 72—74 zu § 6. Eine Rangordnung der Völkerrechtsquellen kann man auch insofern annehmen, als völkerrechtliche Verträge nicht gegen zwingendes Völkerrecht verstoßen dürfen, da sie sonst nichtig sind, vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 439, der als zwingendes Völkerrecht „insbesondere die tragenden ethischen Prinzipien des Völkerrechts" betrachtet; vgl. auch Verdross, Völkerrecht S. 171/172; zu den Begriffen „dispositives und zwingendes Völkerrecht" vgl. ferner Jaenicke, W V R Bd. 3 S. 773/774. H i n weis auf § 4 1 1 b bb. 85 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 175—182 zur „Auflösung der völkerrechtlichen Verträge". 86 Völkerrecht Bd. 1 S. 451/452.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen (2) „Beendigung k r a f t konkreter Einigung der Vertragsparteien", (3) „Endigungsgründe, die v o m allgemeinen Völkerrecht anerkannt sind, ohne i n dem zu beendigenden Vertrag vorgesehen zu sein u n d ohne einer Einigung der Vertragspartner zu bedürfen".

Zur letztgenannten „Kategorie" gehören insbesondere 87 : „die nachträgliche physische Unmöglichkeit der Erfüllung, die nachträglich eintretende Unvereinbarkeit der Vertrags m i t (inzwischen entstandenem) zwingendem Völkerrecht, die desuetudo als dauernde bewußte u n d gewollte Nichtanwendung des Vertrags, die K ü n d i g u n g eines nicht für die Dauer geschlossenen Vertrags ohne Kündigungsklausel, der Rücktritt vom Vertrag wegen wesentlicher Vertragsverletzung durch die Gegenseite, der Rücktritt wegen Staatsnotstands (Recht der Selbsterhaltung), sowie schließlich der Rücktritt wegen wesentlicher Veränderung der Umstände (clausula rebus sie stantibus) 8 8 ." 3. Die Unabhängigkeit des völkerrechtlichen Vertrages vom Landesrecht

Die soeben aufgeführten Gründe, bei deren Vorliegen ein völkerrechtlicher Vertrag aufgelöst werden kann 8 9 , gehören — das sei ausdrücklich betont — dem Völkerrecht an. Der Bestand völkerrechtlicher Verträge richtet sich — im Gegensatz zu landesrechtlichen Verträgen 9 0 — ausschließlich nach Völkerrecht. Denn das „grundlegende Prinzip des Völkerrechts für das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht ist die Regel, daß das Verhalten eines Völkerrechtssubjektes zu einem anderen Völkerrechtssubjekt 91 sich ausschließlich nach Völkerrecht bemißt und daß ein zur Entscheidung über ein solches Verhalten berufenes internationales Organ ausschließlich Völkerrecht anzuwenden hat" 9 2 . Vom Standpunkt des Völkerrechts und völkerrechtlicher Organe sind innerstaatliche Gesetze, Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsakte nur Tatsachen, die am Maßstab des Völkerrechts gemessen werden 9 3 . Ein Staat kann sich nicht auf sein Landesrecht berufen, um sich der Erfüllung seiner völkerrechtlichen Pflichten zu entziehen oder auch nur den Umfang dieser Pflichten zu beschränken 94 . Das ist allgemeine völkerrechtliche Überzeugung 95 . 87 Siehe unter (3). 88 Vgl. zu den Beendigungsgründen völkerrechtlicher Verträge i m einzelnen Berber, Völkerrecht S. 452—466, und Verdross, Völkerrecht S. 175—182. 89 Hinweis auf § 6 I I 2 am Ende. 90 Vgl. zu den Eingriffsmöglichkeiten i n diese Verträge § 5 I I 4 u n d 6. 91 Z u r Völkerrechtssubjektivität der Partner völkerrechtlicher Verträge vgl. § 6 I I 1 a aa. »2 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 104/105. 93 Verdross , Völkerrecht S. 114, unter Hinweis auf den S t I G H i m Falle „Deutsche Interessen i n Oberschlesien", A 7, p. 19: " A u regard du droit i n t e r national les lois nationales sont des simples faits, manifestations de la volonté et de l'activité des Etats, au même titre que les décisions judiciaires ou les mesures administratives."

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§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung 4. Die Folgen der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages

D i e V e r l e t z u n g eines v ö l k e r r e c h t l i c h e n V e r t r a g e s ist ein v ö l k e r r e c h t liches D e l i k t ; sie f ü h r t d i e v ö l k e r r e c h t l i c h e H a f t u n g h e r b e i 9 6 . V ö l k e r rechtliche H a f t u n g l ä ß t sich d e f i n i e r e n als „ d i e v ö l k e r r e c h t l i c h e Regel u n g . . . , k r a f t d e r e n d e r j e n i g e , der eine v ö l k e r r e c h t l i c h e V e r p f l i c h t u n g 9 7 v e r l e t z t , die an solche V e r l e t z u n g g e k n ü p f t e n Rechtsfolgen zu g e w ä r t i g e n h a t " 9 8 . S u b j e k t e d e r v ö l k e r r e c h t l i c h e n R e c h t s v e r l e t z u n g e n u n d des völkerrechtlichen Haftungsanspruchs 99 sind die Völkerrechtssubjekte 100. K r a f t d e r H a f t u n g e n t s t e h t „ b e i V e r l e t z u n g der p r i m ä r e n Rechtsp f l i c h t 1 0 1 e i n neues Rechtsverhältnis, das d e n H a f t e n d e n . . . v e r p f l i c h t e t , d e n f r ü h e r e n Z u s t a n d w i e d e r h e r z u s t e l l e n oder . . . d e n d u r c h d i e Rechtsv e r l e t z u n g e n t s t a n d e n e n Schaden zu e r s e t z e n " 1 0 2 » 1 0 3 . W i r d die l e t z t g e n a n n t e V e r p f l i c h t u n g ihrerseits v e r l e t z t , so e r h e b t sich die F r a g e der „ D u r c h s e t z u n g dieser s e k u n d ä r e n V e r p f l i c h t u n g " 1 0 4 . 94 Verdross, Völkerrecht S. 114, unter Hinweis auf den S t I G H i m Falle der Freizonen, A / B 46 (1932), 167: "France cannot rely on her own legislation to l i m i t the scope of her international obligations." Das gilt auch bezüglich der Verfassung des Staates, vgl. Verdross, a.a.O., unter Hinweis auf den S t I G H i m Falle der polnischen Staatsangehörigen i n Danzig, A / B 44 (1932), 24: " A State cannot adduce as against another State its own constitution w i t h a v i e w to evading obligations incumbent upon i t under I L . " 95 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 105; vgl. die Beispiele bei Hackworth, Digest Bd. 1 S. 28, 36—38; Schwarzenberger, International L a w Bd. 1 S. 27/28; Verdross, Völkerrecht S. 114. Vgl. auch die amerikanisch-italienische Conciliation Commission v o m 24. 9. 1956 i m Falle Treves v. I t a l i a n Republic, A J I L Bd. 51 (1957) S. 439. Davon, daß völkerrechtliche Verträge v o m Landesrecht unabhängig sind, geht auch Mann, Hinweis auf § 6 I 4 m i t der Anm. 15, aus, wenn er sagt, daß bei einer Anwendung von Völkerrecht auf die hier zu behandelnden V e r träge ihre „Existenz" u n d i h r „Schicksal" jeglicher „ E i n w i r k u n g durch ein internes Rechtssystem genauso entzogen" wären, „ w i e dies beim völkerrechtlichen Vertrag der F a l l ist". 96 Vgl. ζ. B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 466 und Bd. 3 S. 4. 97 Diese beruht hier auf völkerrechtlichem Vertrag. 9 ® Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 2; der Begriff der völkerrechtlichen Haftung umfaßt also nicht n u r die Haftung der Staaten für fremdenrechtliche Rechtsverletzungen, vgl. Berber, a.a.O.; Hinweis auf §5116 bezüglich des völkerrechtlichen Fremdenrechts. 99 Hinweis auf § 5 I I 6 b bb. 100 Z u dem Problem der völkerrechtlichen Haftung i m Verhältnis zur Völkerrechtssubjektivität, völkerrechtlichen Rechts- u n d Handlungsfähigkeit vgl. insbesondere Klein, Haftung S. 30—41; vgl. auch Verdross, Völkerrecht 374—376. 101 Aus völkerrechtlichem Vertrag. 102 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 2. 103 Z u r Wiedergutmachung Hinweis auf § 5 I I 6 b bb. 104 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 3.

I I . Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen

Das Völkerrecht ist — wie jedes Recht 1 0 5 — eine „normative Zwangsordnung" und kennt Sanktionen für seine Rechtssätze 106 , also auch für völkerrechtliche Verträge 1 0 7 . Die Sanktionen des Völkerrechts unterscheiden sich i n mannigfacher Hinsicht 1 0 8 . So gibt es ζ. B. Kollektiv- und Individualsanktionen: M i t den ersteren (wie etwa Repressalien, Zwangsmaßnahmen der Vereinten Nationen, Krieg) sind „diejenigen Rechtsnormen verbunden, welche die Beziehungen zwischen Staaten und anderen mit Völkerrechtsfähigkeit ausgestatteten Gemeinschaften und Organisationen regeln" 1 0 9 ; folglich knüpfen sich diese Sanktionen an völkerrechtliche Verträge zwischen den genannten Völkerrechtssubjekten. Dagegen sind mit Individualsanktionen (wie etwa Strafe, Verwaltungszwang, Disziplinarmitteln) „diejenigen Rechtsnormen verknüpft, die zwar i m völkerrechtlichen Verfahren erzeugt wurden, jedoch ausnahmsweise Einzelpersonen verpflichten" 1 0 9 ; folglich kommt für Einzelpersonen als Partner völkerrechtlicher Verträge 1 1 0 eine Individualsanktion i n Betracht 1 1 1 . Die völkerrechtliche Sanktion braucht keineswegs immer Erzwingbarkeit durch äußere Gewalt zu sein 112 . Bei völkerrechtlichen Verträgen kommen ζ. B. i n Betracht: Anfechtung, Nichtigkeit; Schadensersatz; Kündigungs- und Vertragsaufhebungsrechte; Auflösung einer Gemeinschaft; Ausschluß aus einer Körperschaft oder einem anderen Kreis 1 1 3 ; offizielle Feststellung einer Verpflichtung 114 . Bei den hier in Rede stehenden Verträgen stünde, wenn man ihre Einordnung i n Völkerrecht bejaht, die Feststellung einer Vertragsverpflichtung durch das vereinbarte Schiedsgericht als völkerrechtliche Sanktion 1 1 5 zur Verfügung. Zu unterscheiden von völkerrechtlichen Sanktionen sind die wirtschaftlichen Sanktionen; die Abgrenzung ist aber äußerst schwierig, da die genannten Sanktionen „vielfach ineinander übergehen, ja zusammen105 Hinweis auf § 4 I 2 a. 106 Klein, W V R Bd. 3 S. 159. 107 Hinweis auf § 6 I I 1 b zum Begriff des völkerrechtlichen Vertrages i m statischen Sinn (Rechtsnorm). los v g l . dazu insbesondere Klein, W V R Bd. 3 S. 158—161, m. w. N. 109 Klein, W V R Bd. 3 S. 161. no Hier ist unterstellt, daß Einzelpersonen derartige Vertragspartner sein können, Hinweis auf § 6 I I I . i n Vgl. Borchers, Verträge S. 191; Lange, Internationale Banken S. 160 f.; Verdross, Völkerrecht S. 3/4. U2 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 13—17; E. Kaufmann, Règles Générales S. 177; Klein, W V R Bd. 3 S. 160; Hinweis auf § 4 I 2 a. U3 Z u m Vergleich Zemanek, Verdross-Festschrift S. 329 Anm. 36: „Auch die internationale Gemeinschaft ,katholische Kirche' kennt als letzte Sanktion die ,Exkommunikation' (Ausschluß) und den ,Bann' (Boykott)." 114 Vgl. zu den Beispielen Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 14; Klein, W V R Bd. 3 S. 160. us Borchers, Verträge S. 191; E. Kaufmann, Régies Générales S. 177.

122

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

fallen (wie etwa Repressalie, Embargo und Blockade . . .)" 1 1 6 . Gerade diese Sanktionen haben bei den hier i n Rede stehenden Verträgen, die zumeist wirtschaftlichen Inhalt aufweisen 117 , große Bedeutung 1 1 8 .

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

1. Vorzüge

a) Die Möglichkeit einer Erfassung der Verträge zwischen einem Staat und allen nichtstaatlichen Partnern Während bei einer Einordnung der zu behandelnden Verträge in staatliches Recht nur die Verträge zwischen einem Staat und ausländischen Privatpersonen, nicht aber diejenigen zwischen einem Staat und einem internationalen nichtstaatlichen Verband erfaßt wurden 1 1 9 , besteht i m Völkerrecht die Möglichkeit, die Verträge zwischen allen genannten Partnern aufzuheben, falls ihre völkerrechtliche Vertragsfähigkeit zu bejahen sein sollte 1 2 0 . Das ist wegen der — abgesehen von der Unterschiedlichkeit der nichtstaatlichen Partner 1 2 1 — einheitlichen Struktur der Verträge 1 2 2 ein Vorzug. b) Das Völkerrecht

als System

Ein weiterer Vorteil einer Einordnung der Verträge i n das Völkerrecht besteht darin, daß diese Rechtsordnung — ähnlich den staatlichen Rechtsordnungen ein geordnetes Ganzes von Rechtsnormen, ein Rechtssystem bildet 1 2 3 . Es stehen Rechtsnormen zur Verfügung, die über die ne Klein, W V R Bd. 3 S. 160. 117 Vgl. die Vertragsarten i n § 3 11—3. ne Borchers, Verträge S. 192: „ E i n Staat, der w i l l k ü r l i c h Anleiheverträge oder Verträge zur wirtschaftlichen Entwicklung bricht, w i r d k a u m m i t anderen Privatpersonen und wahrscheinlich auch nicht m i t anderen Staaten ähnlich Verträge abschließen können: eine F o r m wirtschaftlicher Ächtung." Vgl. Lange, Internationale Banken S. 160; vgl. zum Boykott als Unrechtsfolge u n d Zwangsmittel besonders Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 84/ 85; vgl. ferner Zemanek, Verdross-Festschrift S. 328/329. 119 Die internationalen nichtstaatlichen Verbände unterstehen keinem staatlichen Recht; die kollisionsrechtliche Frage, welchen Staates Recht — das des staatlichen oder das des nichtstaatlichen Partners — anzuwenden ist, k a n n hier nicht gestellt werden; Hinweis auf § 5 I I 1. 120 Hinweis auf § 6 I I I 2. 121 Hinweis auf § 2 I I . ι 2 2 Hinweis auf § 3. 123 Das Völkerrecht wurde bereits von Hugo Grotius, De iure belli ac pacis, zum System ausgestaltet; vgl. dazu Verdross, Völkerrecht S. 100—102; ders., a.a.O. S. 135, zum System des Völkerrechts; vgl. ferner Sauer, System.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

123

Zulässigkeit von Verträgen entscheiden 124 , Richtlinien für ihre Auslegung bieten 1 2 5 und bei fehlender vertraglicher Regelung, bei Vertragslücken, ergänzend bzw. ausfüllend hinzugezogen werden können 1 2 6 . Dieser Vorzug, der gegenüber einer Einordnung der Verträge lediglich in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze 127 deutlich wird, muß trotz der Tatsache betont werden, daß das staatliche Vertragsrecht in der Regel besser ausgebildet ist 1 2 8 . Mag hier deshalb ein Vorzug der Einordnung in das Völkerrecht aufgezeigt sein, der bei einer Einordnung i n staatliches Recht größer ist, so werden doch — wie i m folgenden zu zeigen sein w i r d — i m Völkerrecht alle die Nachteile vermieden, die sich bei den zu erörternden Verträgen innerhalb staatlichen Rechts ergeben haben 1 2 9 . c) Die Auswirkungen

der Unabhängigkeit

vom Landesrecht

Die Unabhängigkeit der hier zu behandelnden Verträge vom Landesrecht 1 3 0 w i r k t sich i n mehrfacher Hinsicht vorteilhaft aus: Die Verträge bleiben von der möglichen Unzulänglichkeit und Unzumutbarkeit einer staatlichen Rechtsordnung — wie sie geschildert w u r d e n 1 3 1 — unberührt. Die Nachteile einer staatlichen Rechtsordnung, die sich aus ihrem wechselnden Bestand ergeben 132 , werden vermieden. Zwar kann sich auch die Völkerrechtsordnung nach Abschluß völkerrechtlicher Verträge ändern mit der Folge, daß i n den Bestand abgeschlossener Verträge eingegriffen w i r d 1 3 3 ; aber eine (derartige) Veränderung des Völkerrechts kommt nicht aus rein innerstaatlichen Beweggründen zustande und kann nicht durch einen Staat allein, insbesondere nicht 124 Hinweis auf § 4 I l b b b ; nur wenn das zwingende Völkerrecht es gestattet, können Verträge abgeschlossen werden, vgl. dazu A n m . 84 zu § 6. 125 v g l . z u r Auslegung völkerrechtlicher Verträge Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 441—448; Verdross, Völkerrecht S. 172—175; zur Bedeutung der a l l gemeinen Rechtsgrundsätze bei der Auslegung der Verträge vgl. Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 529. 126 Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 239, sagt zu Recht: „Es ist unvermeidlich, daß Fragen auftauchen, die nicht vorausgesehen worden sind u n d deren Lösung die Heranziehung eines Rechtssystems notwendig macht." Vgl. zur Bedeutung des Gewohnheitsrechts i n diesem F a l l besonders Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528/529. 127 Hinweis auf § 7 I I I 2 a. 128 Hinweis auf § 5 I I I 1 u n d § 5 I I I 2 a aa. 1 2 9 Hinweis auf § 5 I I I 2. 130 Hinweis auf § 6 I I 3. 181 Hinweis auf § 5 I I I 2 a aa und bb. 1 3 2 Hinweis auf § 5 I I I 2 a bb. 133 Vgl. z.B. die Auswirkungen der nachträglich eintretenden Unvereinbarkeit des Vertrages m i t (inzwischen entstandenem) zwingenden V ö l k e r recht i n § 6 I I 2 m i t A n m . 86.

124

§ 6 Die Verträge i n der Völkerrechtsordnung

durch den staatlichen Vertragspartner, herbeigeführt werden 1 3 4 . Deshalb ist auch zugleich die stärkere Rechtsstellung, die der staatliche Vertragspartner bei einer Einordnung der Verträge i n sein Landesrecht innehat 1 3 5 , i n dem Fall ausgeräumt, wenn es sich bei den zu untersuchenden Verträgen u m völkerrechtliche Verträge handelt. d) Die weitgehende Übereinstimmung mit den Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge aa) Die Verweisung auf Völkerrecht A m augenfälligsten ist die Übereinstimmung m i t dem Parteiwillen — i m Gegensatz zur Einordnung der Verträge in Landesrecht 136 — dann gegeben, wenn die Vertragspartner ausdrücklich auf das Völkerrecht verwiesen haben 1 3 7 . Die Wahl des Völkerrechts durch die Parteien w i r d auch dann bejaht, wenn verabredet ist, daß für Vertragsstreitigkeiten der Ständige Internationale Gerichtshof bzw. der Internationale Gerichtshof zuständig sein soll 1 3 8 . Vereinbaren die Vertragspartner die Anwendbarkeit lediglich der allgemeinen Rechtsgrundsätze, so wollen sie ihre vertragliche Beziehungen jedenfalls von außer staatlichem Recht geregelt wissen 139 . Die Auslegung einer derartigen Rechtswahlklausel mag vielleicht dazu führen, daß die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Völkerrechtsordnung auf die Verträge angewandt werden 1 4 0 . bb) Sonstige Parteivereinbarungen Auch die sonstigen (d. h. neben der Rechtswahlklausel getroffenen) Parteivereinbarungen 1 4 1 stimmen damit überein, die Verträge dem Völkerrecht zu unterstellen: Das gilt zunächst bezüglich der Gerichtswahlklausel. Zwar w i r d auch bei landesrechtlichen Verträgen die Zuständigkeit von Schiedsgerichten 134 Es bedarf keiner näheren Ausführungen darüber, daß Völkerrecht ( = Gewohnheitsrecht, Verträge oder allgemeine Rechtsgrundsätze) nicht durch ein Völkerrechtssubjekt allein erzeugt werden kann. !35 Hinweis auf § 5 I I I 2 a cc und § 5 I I I 2 b bb. 136 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd u n d § 5 I I I 2 b bb. 137 Hinweis auf § 3 I I 1 b. 138 U n d zwar nach der Regel qui elegit iudicem elegit ius, so Mann, B Y B I L Jg. 21 (1944) S. 21; ders., B Y B I L Jg. 35 (1959) S.50; ders., Gutzwiller-Festgabe S. 483; vgl. dazu auch Borchers, Verträge S. 191, unter Hinweis auf Garcia-Amador, I L C - Y b 1959 I I , S. 27, Nr. 107. 139 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 140 v g l . Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 480—484. 141 Hinweis auf § 3 I I 2—4.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

125

für Vertragsstreitigkeiten vereinbart 1 4 2 , um staatliche Gerichte auszuschalten 143 ; die Schiedsklauseln der hier zu behandelnden Verträge unterscheiden sich jedoch von denen landesrechtlicher Verträge, wenn man sie i m Zusammenhang mit den Parteivereinbarungen über das von den Schiedsgerichten anzuwendende außerstaatliche Recht, namentlich Völkerrecht, betrachtet 144 . Die Gerichtswahlklausel spricht insbesondere auch dann für eine Einordnung der Verträge in das Völkerrecht, wenn darin die Bestimmung des Schiedsrichters durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes auf Anrufen einer Partei vorgesehen ist 1 4 5 oder wenn sie den Ständigen Internationalen Gerichtshof bzw. den Internationalen Gerichtshof als allein zuständig für Vertragsstreitigkeiten erklärt 1 4 6 . Sodann sprechen die Klauseln über die Ausübung der Hoheitsgew a l t 1 4 7 sowie über die Ratifizierung 1 4 8 der Verträge seitens der staatlichen Partner dafür, hier völkerrechtliche Verträge anzunehmen. Die genannten Vereinbarungen zeigen, daß der staatliche Partner wie ein Völkerrechtssubjekt a u f t r i t t 1 4 9 und daß die Parteien einander „inter pares" 1 5 0 — „auf hoher Ebene" 1 5 1 gegenüberstehen 152 .

2ê Nachteile und weitere Bedenken

a) Gegen die nichtstaatlichen Vertragspartner als ν ertrag s fähige Völkerrechtssubjekte Es wurde bereits gesagt, daß völkerrechtliche Verträge nur zwischen vertragsfähigen Völkerrechtssubjekten abgeschlossen werden können 1 5 3 . 142 Hinweis auf § 5 I I 5 b. 1 4 3 Borchers, Verträge S. 190: „ M a n könnte also auch landesrechtlich begründeten Schiedsvereinbarungen eine gewisse ,internationalisierende' W i r kung nicht absprechen." 1 4 4 Borchers, Verträge S. 190 (im Anschluß an das i n A n m . 143 zu § 6 Gesagte): „Diese ,internationalisierende' W i r k u n g ist jedoch bei einem Schiedsgericht, das allgemeine, übernationale Rechtsgrundsätze als materielle E n t scheidungsgrundlage wie auch als Verfahrensnormen anzuwenden hat, so groß, daß es eine F i k t i o n wäre, ein solches Gericht noch als nationale Schlichtungsinstanz für internationale Streitigkeiten anzusehen." 1« Vgl. ζ. B. die Schiedsklausel i n § 3 I I 2 a bb (2). 14® Hinweis auf §3 I I 2 b; vgl. auch Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 482/483. i 4 7 Hinweis auf § 3 I I 3. 14® Hinweis auf § 3 I I 4. 149 Hinweis auf A n m . 222 zu § 5. 150 Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638. 151 Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209. 152 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 153 Hinweis auf § 6 I I 1 a.

126

§

Die Verträge i n

er

erechtsordnung

aa) Zur Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Vertragspartner Der Auffassung von Schaumann 154, daß man dann, wenn man das staatliche Recht verlasse, „automatisch" i n das Völkerrecht hineinkomme, kann nicht zugestimmt werden. Jede (Sonder-) 155 Recht.sordnung hat ihre eigenen Voraussetzungen für die Rechtssubjektivität; sie bestimmt den Kreis ihrer Subjekte nach ihrem Zweck und ihren Bedürfnissen; es ergibt sich ausschließlich aus ihren Normen, wer ihre Subjekte sind 1 5 6 . Das gilt für die Völkerrechtsordnung ebenso wie ζ. B. für eine staatliche oder eine Kirchenrechtsordnung 157 . Entscheidet aber jede (Sonder-)Rechtsordnung selbst über die Rechtssubjektivität, dann kann die Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Vertragspartner nicht dadurch begründet werden, daß die rechtssystematisch einzuordnenden Verträge „irgendwie die staatliche Rechtsordnung sprengen" und man bei Verlassen staatlichen Rechts „automatisch" i n das Völkerrecht gelange 158 . Der Standpunkt von von der Heydte 159, es komme darauf an, ob der nichtstaatliche Partner die Macht habe, den staatlichen Rechtsordnungen zu entfliehen, und die „Flucht i n die Völkerrechtsordnung gelungen" sei, wenn der staatliche Partner auf die Anwendung seines eigenen Rechts verzichte 160 , erinnert an die Auffassung von Schaumann: Der Gedanke vom „automatischen" Übergang in das Völkerrecht bei Verlassen des staatlichen Rechts 161 ähnelt dem der „Flucht in die Völkerrechtsordnung" bei Verzicht des staatlichen Partners auf die Anwendung seiner Rechtsordnung. Damit beurteilt von der Heydte — ebenso wie Schaumann 162 — die Frage der Völkerrechtssubjektivität (der nichtstaatlichen Partner) nicht vom Völkerrecht aus 163 . Der Verzicht des staatlichen Partners, die Verträge seiner Rechtsordnung zu unterstellen, könnte aber nur dann die Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Partner begründen, wenn es eine Norm des Völkerrechts gäbe, die an den in Rede stehenden Verzicht eine derartige 154 Hinweis auf Anm. 25 zu§ 6. 155 i m Gegensatz zur „Gesamtrechtsordnung", Hinweis auf § 4 I 2 a. !56 Vgl. z.B. Anzilotti, Völkerrecht Bd. 1 S. 119; Haake, Einzelpersonen S. 26; Mosler, W V R Bd. 3 S. 665. 157 Mosler, W V R Bd. 3 S. 665. 158 Hinweis auf § 6 I 7. 159 Hinweis auf Anm. 23 zu § 6. 160 Bei diesem Verzicht soll demnach der nichtstaatliche Partner die „Macht" haben, einen völkerrechtlichen Vertrag abschließen zu können. lei Schaumann, Berichte H. 5 (1964) S. 238; Hinweis auf § 6 1 7 . 162 Hinweis auf § 6 I 7 und § 6 I I I 2 a aa. 163 Eine solche Beurteilung ist aber einzig entscheidend, da jede Rechtsordnung den Kreis ihrer Subjekte selbst bestimmt, vgl. § 6 I I I 2 a aa.

. Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

127

Rechtsfolge knüpfen würde 1 6 4 . Eine Völkerrechtsnorm dieses Inhalts ist nicht ersichtlich. Zu der Überlegung 1 6 5 von Schwarzenberg er und Bindschedler, die Völkerrechtssubjektivität der nichtstaatlichen Partner könnte durch eine i m Vertragsschluß liegende Anerkennung seitens des staatlichen Partners begründet werden, ist zunächst folgendes der Klarheit halber festzustellen: „Anerkennung" — ein auf allen Rechtsgebieten verwendeter Begriff — bedeutet „die rechtliche Klarstellung einer rechtlich ungewissen Lage" 1 6 6 . Da die Anerkennung nach Schwarzenberger und Bindschedler die Völkerrechtssubjektivität begründen soll, ist sie insofern konstit u t i v 1 6 7 . Die Völkerrechtssubjektivität beruht hier auf einem einseitigen Rechtsgeschäft 168 . Da durch die Anerkennung seitens des staatlichen Partners die Völkerrechtssubjektivität geschaffen werden soll, handelt es sich um eine abgeleitete (derivative) Rechtssubjektivität 169 . Schließlich sei erwähnt, daß die Anerkennung nach Schwarzenberger und Bindschedler konkludent i m Vertragsabschluß liegt 1 7 0 . Die hier kritisch zu würdigende Ansicht ist aber nur dann richtig, wenn sie i n der Völkerrechtsordnung einen Rückhalt findet, d. h. wenn es eine Völkerrechtsnorm gibt, die der vorgetragenen Anerkennung die entsprechende Rechts Wirkung beilegt 1 7 1 . Eine solche Norm könnte sich i m Bereich des Völkergewohnheitsrechts befinden 172 . Die fast allen 164 Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa m i t der A n m . 156. Schwarzenberger macht keine weiteren Ausführungen zu dem Gedanken der Anerkennung, Hinweis auf Anm. 10 zu § 6; Bindschedler trägt seinen Vorschlag als Diskussionsbeitrag vor. 166 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 228. 167 Dagegen ist die Anerkennung von Staaten nach der heute w o h l h. M. insofern deklaratorisch (deklarativ), als sie weder einen neuen Staat schafft noch den neu entstandenen Staat zum Völkerrechtssubjekt macht, vgl. dazu z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 225—232; Verdross, Völkerrecht S. 246/247. 168 Die Verleihung der Völkerrechtssubjektivität an die nichtstaatlichen Partner erfolgt nach der Auffassung von Schwarzenberger u n d Bindschedler ebenso wie bei Aufständischen u n d Insurgenten: durch konstitutive A n e r kennung als einseitiges Rechtsgeschäft, vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 239; Verdross, Völkerrecht S. 189 und 208/209. Die Völkerrechtssubjektivität von Staatenverbindungen w i r d dagegen durch Vertrag geschaffen, Hinweis auf Anm. 93 zu § 2; vgl. Verdross, Völkerrecht S. 202/203; Zemanek, Vertragsrecht S. 18 ff. 169 v g l . Bindschedler, a.a.O. i n Anm. 22 zu §6; von der Heydte, a.a.O. i n Anm. 23 zu § 6; vgl. ferner Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 150 Anm. 45; vgl. zur abgeleiteten Völkerrechtsfähigkeit von Staatenverbindungen Seidl-Hohenveldern, Internationale Organisationen Rz. 307. 170 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 208. 171 Hinweis auf Anm. 156 zu § 6. 172 Völkerrechtliche Verträge, die eine derartige N o r m enthalten, sind i n der Praxis nicht gegeben; ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des hier erforderlichen Inhalts besteht nicht; vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 150/151. 165

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§

Die Verträge i n

er

erechtsordnung

Begriffsbestimmungen des Völkergewohnheitsrechts 173 gemeinsamen zwei Merkmale sind „ein objektives, das der wiederholten (regelmäßigen), einheitlichen, allgemeinen Übung, und ein subjektives, nämlich das der Übung, die mit der Überzeugung vorgenommen wird, rechtlich zu solchem Verhalten verpflichtet zu sein" 1 7 4 . Bei der i n Rede stehenden Anerkennung ist schon äußerst fraglich, ob das objektive Merkmal — Übung der besagten Anerkennung — vorliegt, da diese Anerkennung konkludent im Vertragsabschluß liegen soll. Das subjektive Merkmal — die Überzeugung der staatlichen Partner, zu der Anerkennung rechtlich verpflichtet zu sein — dürfte kaum nachgewiesen werden können; es handelt sich bei der von Schwarzenberger und Bindschedler vorgeschlagenen Anerkennung wohl eher um eine Unterstellung (Fiktion) als um eine vom Rechtsbewußtsein der Staaten getragene Handlung. Da bei der Feststellung von Völkergewohnheitsrecht der Völkerrechtswissenschaft „eine überragende Bedeutung" zukommt 1 7 5 , ist schließlich zu bedenken, daß Schwarzenberger und Bindschedler nur einen nicht näher ausgeführten Gedanken aussprechen 176 , der — soweit ersichtlich — auf Ablehnung gestoßen ist 1 7 7 . Die Mahnung von Schaumann 178, sich nicht „vom klassischen Dogma der Völkerrechtssubjektivität her diese neuen Entwicklungen verbarrikadieren zu lassen", gibt einen Hinweis auf die Möglichkeit der Entwicklung des Völkerrechts und damit darauf, daß es vom jeweiligen Stand der Entwicklung des Völkerrechts abhängig ist, wer die (abschlußfähigen) Subjekte dieser Rechtsordnung sind 1 7 9 . Daraus ergibt sich für das Problem der Völkerrechtssubjektivität der in § 2 aufgeführten nichtstaatlichen Vertragspartner — der Einzelmenschen, sonstiger (ausländischer) Privatpersonen und der internationalen nichtstaatlichen Verbände — folgendes: Zu dem Problem der Völkerrechtssubjektivität des Einzelmenschen ist besonders häufig Stellung bezogen w o r d e n 1 8 0 ' 1 8 1 . Dazu ist zu be173 Vgl. z.B. Anzilotti, Völkerrecht Bd. 1 S. 53; Oppenheim-Lauterpacht, International L a w Bd. 1 S. 35; Verdross, Völkerrecht S. 137 ff.; Hagemann über „Die Gewohnheit als Völkerrechtsquelle i n der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs", SchwJiR Bd. 10 (1953) S. 61 ff. 174 Berber, Völkerrecht Bd. I S . 43; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 46, hält das zweite M e r k m a l für überflüssig. 175 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 61. 176 Hinweis auf Anm. 165 zu § 6. 177 So z.B. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 151; Korowicz, A J I L Bd. 50 (1956) S. 561/2; vgl. auch Mosler, a.a.O. i n Anm. 25 zu §6. 178 a.a.O. i n Anm. 24 zu § 6. 179 Vgl. Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528. «ο Z u m Begriff „Einzelmensch" vgl. § 2 I I 1 b aa. 181 A n Stellungnahmen seien ζ. B. genannt: Dahm, Stellung des Menschen; Eckert, Einzelmensch; Grassi, I n d i v i d u u m ; Haake, Einzelpersonen; Hoffmann, I n d i v i d u u m ; Korowicz, A J I L Bd. 50 (1956) S. 533 ff.; Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 39 ff.; Nawiasky, FW Bd. 52 (1953/55) S. 235 ff.; Partsch, W V R

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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merken, daß die zahlreichen Streitfragen über die Stellung des Menschen i m Völkerrecht nicht in sachlichen Gegensätzen, sondern i n ungeklärten Begriffen ihren Grund haben 1 8 2 . Es werden vor allem 1 8 3 drei Ansichten vertreten: Nach einer ersten Auffassung sind nur die Individuen die wahren Subjekte des Völkerrechts; die Gegenmeinung verneint die Völkerrechtssubjektivität der Einzelpersonen; und einer dritten Ansicht zufolge sind die Einzelmenschen — neben anderen — („ausnahmsweise") Völkerrechtssubjekte. Die erste Auffassung w i r d insbesondere von einer weitverbreiteten französischen Schule vertreten 1 8 4 . Dieser Lehre ist mit Recht der Vorw u r f gemacht worden, daß sie die Tatsachen verkenne, indem sie den Staat für eine „Fiktion", nicht aber — was gerade durch das Völkerrecht bewiesen w i r d — für einen selbständigen Rechtsträger hält 1 8 5 . Die Ansicht, Einzelpersonen seien niemals Subjekte des Völkerrechts, stammt aus einer Zeit des sog. klassischen Völkerrechts 1 8 6 , das lediglich den Staaten Völkerrechtssubjektivität zuerkannte 1 8 7 . Insbesondere die sowjetische Völkerrechtslehre hält auch heute noch „ i n logischer Konsequenz ihrer kollektivistischen Staatsauffassung streng an dem Monopol des Staates als Völkerrechtssubjekt" fest 1 8 8 . Diese Auffassung, die nie unbestritten w a r 1 8 9 , w i r d durch die Entwicklung des Völkerrechts widerlegt 1 9 0 , und zwar gerade auch i m Hinblick auf die völkerrechtliche Bd. 2 S. 12 ff.; Wegner, Laun-Festschrift (1953) S. 341 ff.: Wengler, F W Bd. 51 (1951/53) S. 113 ff. 182 v g l . Verdross, Völkerrecht S. 216, und i m Anschluß an Verdross auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 171; deshalb auch die ausführliche Darstellung der Begriffe i n § 6 I I 1 a aa. 183 Z u weiteren Unterscheidungen vgl. etwa Grassi , I n d i v i d u u m , insbesondere S. 171. 184 Duguit, Traité Bd. 1 S. 555 f.; Politis, Nouvelles tendences S. 44 f.; Scelle, Précis de droit des gens Teil 1 S. 8 f. ; vgl. ferner Baumgarten, ZaöRV Bd. 2 (1931) T e i l 1 S. 320 f., u n d Krabbe, Staats-Idee, S. 272 f. 185 Vgl. Grassi, I n d i v i d u u m S. 111; Wengler, F W Bd. 51 (1951/53) S. 121; vgl. ferner Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 176; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 75. Auch w e n n der Mensch als das letzte Ziel aller menschlichen Ordnungen betrachtet w i r d , ist damit noch nichts darüber ausgesagt, wer Subjekt einer bestimmten Rechtsordnung ist; vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 111; jede Rechtsordnung bestimmt ihre Subjekte selbst, Hinweis auf A n m . 156 zu § 6. Vgl. ferner die Einwände von Verdross, Völkerrecht S. 216, gegen die A u f fassung v o m Einzelmenschen als alleinigem Völkerrechtssubjekt. 186 vgl. Partsch, W V R Bd. 2 S. 13. !87 So z.B. υ. Liszt, Völkerrecht S. 34: „ N u r die Staaten sind Subjekte des Völkerrechts: Träger von völkerrechtlichen Rechten u n d Pflichten." !88 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 112, m. w. N. i n der Fußnote 4 u n d auf der S. 172 i n der Fußnote 1; vgl. dazu auch Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 49/50. 189 Borchers, Verträge S. 130; Korowicz, A J I L Bd. 50 (1956) S.534; Mosler, Berichte H. 4 (1961) S.45; Partsch, W V R Bd. 2 S. 13; Zemanek, VerdrossFestschrift S. 332 A n m . 3. 190 vgl. z. B. die Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte durch die internationalen öffentlichen (zwischenstaatlichen) Organisationen; H i n weis auf A n m . 93 zu § 2: vgl. Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 41; Seidl-Hohenö Rengeling

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§

Die Verträge i n

er

S t e l l u n g des E i n z e l m e n s c h e n 1 9 1 . D a f ü r genannt192:

erechtsordnung seien h i e r f o l g e n d e

Beispiele

(1) U n a b h ä n g i g v o n zwischenstaatlicher R e g e l u n g g i b t es einen menschenrechtlichen M i n d e s t s t a n d a r d , w e l c h e r der menschlichen P e r son nach a l l g e m e i n e m V ö l k e r r e c h t z u k o m m t 1 9 3 . (2) Es besteht eine V e r a n t w o r t u n g der E i n z e l m e n s c h e n als K r i e g s v e r b r e c h e r nach a l l g e m e i n e m V ö l k e r r e c h t , u n d z w a r u n m i t t e l b a r u n d n i c h t erst gemäß e i n e r s t a a t l i c h e n D u r c h f ü h r u n g s n o r m 1 9 4 ; es h a n d e l t sich h i e r u m A n s ä t z e eines V ö l k e r s t r a f r e c h t s 1 9 5 . (3) Z w i s c h e n s t a a t l i c h e (völkerrechtliche) V e r t r ä g e r ä u m e n E i n z e l personen o f t u n m i t t e l b a r das Recht ein, v o n e i n e m S t a a t e i n b e s t i m m tes V e r h a l t e n z u f o r d e r n , u n d g e w ä h r e n e i n K l a g e r e c h t v o r einer „internationalen Instanz"196. Beispiele f ü r das Recht v o n Staatsangehörigen, i h r e A n s p r ü c h e v o r i n t e r n a t i o n a l e n S t r e i t s c h l i c h t u n g s i n s t a n z e n g e l t e n d z u machen, s i n d : veldern, Internationale Organisationen Rz. 303—313; Zemanek, Vertragsrecht S. 18—31. 191 Partsch, W V R Bd. 2 S. 13/14, teilt die verschiedenen Lehren, die dem I n d i v i d u u m eine unmittelbare Stellung i m Völkerrecht zuerkennen wollen, nach dem Ausgangspunkt der Überlegungen i n drei Gruppen ein. Dabei bezeichnet er die Lehre als „realistisch", die „die tatsächlichen Entwicklungen des modernen Völkerrechts analysiert und auf dieser Grundlage sich u m eine den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechende Neuformung des Verhältnisses Mensch — Staat — Internationale Ordnung bemüht". Diese Betrachtungsweise könne — so sagt Partsch — gegenwärtig als die vorherrschende angesehen werden. ι 0 2 Als weitere, jedoch äußerst umstrittene Beispiele zur Begründung der Völkerrechtssubjektivität der Einzelpersonen werden angeführt: Die völkerrechltichen Regeln über die von Einzelnen begangenen völkerrechtswidrigen Handlungen der Piraterie, des Blockadebruchs u n d der Spionage; vgl. dazu Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 172; Borchers, Verträge S. 131; Menzel, Völkerrecht S. 132; Oppenheim-Lauterpacht, International L a w Bd. 1 S. 20; Verdross, Völkerrecht S. 217. Weiterhin w i r d die Auffassung vertreten, daß die i n A r t . 1 Ziff. 3 der Satzung der Vereinten Nationen (Danach setzen sich die Vereinten Nationen das Ziel, „die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle . . . zu fördern und zu festigen".) u n d i n der Allgemeinen E r k l ä r u n g der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Bestimmungen „eine verbindliche F i x i e r u n g " der Grundrechte des einzelnen seien; vgl. dazu Borchers, Verträge S. 131; Guradze, Menschenrechte S. 58; Veith-Böckstie gel, Ausländisches Vermögen S. 225; a. A. Verdross, V ö l k e r recht S. 564/5. 193 Bezüglich des „Mindeststandards" Hinweis auf § 5 I I 6 a a a ; vgl. Borchers, Verträge S. 131; Menzel, Völkerrecht S. 133; Mosler, W V R Bd. 3 S. 674; ders., Völkerrechtssubjekte S. 63. im Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 173; Borchers, Verträge S. 131; Mosler, W V R Bd. 3 S. 673; Partsch, W V R Bd. 2 S. 14; Verdross, Völkerrecht S. 217. 195 Vgl. dazu Dahm, Völkerstrafrecht; Jescheck, W V R Bd. 3 S. 781/2; Thiele, Völkerstrafrecht. 196 Vgl. dazu schon Freund, Schutz der Gläubiger S. 20/21; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 175/176; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 415/416; Mosler, W V R Bd. 3 S. 673; Partsch, W V R Bd. 2 S. 14/15; Verdross, Völkerrecht S. 221/222.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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(a) Bereits 1886 wurde dem Italiener Cerruti i n einem völkerrechtlichen Streit seines Heimatlandes m i t seinem Aufenthaltsstaat K o l u m b i e n eine selbständige Parteistellung eingeräumt 1 9 7 . (b) Die nichtratifizierte Haager Konvention Nr. 12 von 1907 über die E r richtung eines Internationalen Prisenhofes sah vor, daß auch Individuen ihre Rechte unmittelbar geltend machen k ö n n t e n 1 9 8 . (c) V o r dem von 1907 bis 1917 bestehenden zentralamerikanischen Gerichtshof durften auch einzelne Staatsangehörige unter bestimmten Voraussetzungen als Prozeßparteien auftreten 1 9 9 . (d) Nach dem Versailler Vertrag waren Privatpersonen berechtigt, A n sprüche vor Gemischten Schiedsgerichten selbst geltend zu machen 2 0 0 . (e) E i n solches Recht wurde auch den Minderheitsangehörigen i m deutschpolnischen Vertrag von 1922 eingeräumt 2 0 1 . (f) Die Konvention des Europarates von 1950 bietet dem i n seinen M e n schenrechten verletzten I n d i v i d u u m die Möglichkeit, vor einem völkerrechtlichen Gericht gegen den betreffenden Staat vorzugehen 2 0 2 . (g) A u f G r u n d des Vertrages zwischen der Bundesrepublik u n d den drei Westmächten zur Regelung aus K r i e g u n d Besatzung entstandener Fragen i. d. F. von 1954 sind Schiedskommissionen vorgesehen, die auch Einzelpersonen zugänglich s i n d 2 0 3 . D a E i n z e l p e r s o n e n — dies ergeben d i e d a r g e s t e l l t e n Beispiele — u n m i t t e l b a r 2 0 4 d u r c h das V ö l k e r r e c h t R e c h t e 2 0 5 oder P f l i c h t e n 2 0 6 e r h a l t e n b z w . a u f e r l e g t b e k o m m e n , s i n d sie V ö l k e r r e c h t s s u b j e k t e i m a k t u e l l e n S i n n e u n d d a m i t v ö l k e r r e c h t s f ä h i g , d. h. sie genießen v o n der V ö l k e r r e c h t s o r d n u n g v e r l i e h e n e , positivistische B e r e c h t i g u n g s - b z w . V e r p f l i c h t u n g s s u b j e k t i v i t ä t 2 0 7 . H i e r d u r c h ist aber auch zugleich festgestellt, 197

Suppl. 238 Ziff. 3 des Protokolls v o m 24. 5.1886, abgedruckt i n A J I L Bd. 6 (1912) S. 965 ff.; vgl. Borchers, Verträge S. 131; Hai lier, W V R Bd. 1 S. 271 ff. 198 Vgl. Freund, Schutz der Gläubiger S. 20; vgl. ferner Berber, V ö l k e r recht Bd. 1 S. 175; Partsch, W V R Bd. 2 S. 14; Verdross, Völkerrecht S. 221; das Abkommen stammt v o m 18. Oktober 1907. 199 Vgl. Borchers, Verträge S. 131/132; die Parteistellung wurde geregelt durch den Vertrag über die Errichtung des Gerichtshofes v o m 20. Dezember 1907. 200 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 175; Verdross, Völkerrecht S. 221. so1 A r t . 147 des Vertrages v o m 15. M a i 1922; vgl. Verdross, Völkerrecht S. 221. 202 Konvention v o m 4. November 1950, B G B l . 1952 Teil I I S. 686 ff.; vgl. Borchers, Verträge S. 131. 203 A r t . 11 des Vertrages zur Regelung aus K r i e g u n d Besatzung entstandener Fragen v o m 26. M a i 1952 i n der Fassung der Bekanntmachung v o m 30. März 1955, BGBl. Teil I I S. 405. Vgl. zum Beschwerde- u n d Petitionsrecht Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 176; Borchers, Verträge S. 132; Verdross, Völkerrecht S. 222. 204 v g l . die Definition der Völkerrechtssubjektivität von Verdross, a.a.O. i n A n m . 33 zu § 6. 205 Hinweis auf Beispiel (1) m i t der Anm. 193 zu § 6 u n d Beispiel (2) m i t der Anm. 196 zu § 6. 2°6 Hinweis auf Beispiel (2) m i t den Anm. 194 und 195 zu § 6. 207 Hinweis auf § 6 I I 1 a aa m i t der Anm. 36 (Begriffsbestimmung von Klein). r

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Die Verträge i n

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erechtsordnung

daß die Einzelpersonen Völkerrechtssubjekte i m potentiellen Sinn sind 2 0 8 , da sie den Beispielen (1) bis (3) zufolge Rechte oder Pflichten auf Grund des Völkerrechts haben können 209* 21°. Die Ausführungen zur Völkerrechtssubjektivität der Einzelpersonen gelten sinngemäß auch für alle anderen (ausländischen) Privatpersonen gemäß § 2 I I 1 dieser Untersuchung 2 1 1 ; insbesondere ist es denkbar, daß nicht nur Einzelmenschen, sondern auch die sonstigen Privatpersonen ein Klagerecht vor einem internationalen Gericht durch völkerrechtlichen (zwischenstaatlichen) Vertrag erhalten, wodurch sie insoweit Völkerrechtsfähigkeit erlangen und als Völkerrechtssubjekte angesehen werden können. Bei der Frage nach der Völkerrechtssubjektivität der internationalen nichtstaatlichen Verbände ist auf die Begriffsbestimmung dieser Vertragspartner gemäß § 2 I I 2 der Untersuchung zurückzugreifen. Bei der Inhaltsbestimmung des Merkmals „nichtstaatlich" ( = „privat") wurde festgestellt, daß der Entstehungsgrund der i n Rede stehenden Verbände — i m Gegensatz zu dem der internationalen öffentlichen (zwischenstaatlichen) Verbände 2 1 2 — kein die Völkerrechtssubjektivität begründender völkerrechtlicher Kollektivvertrag ist 2 1 3 , sondern daß die internationalen nichtstaatlichen Verbände sich auf „einen außerhalb der Sphäre des zwischenstaatlichen Rechts liegenden A k t der privaten Eigeninitiative" gründen 2 1 4 . Die letztgenannten Verbände sind also allein kraft ihres Bestehens keine Völkerrechtssubjekte; es ist jedoch 208 Vgl. Klein, a.a.O. i n den Anm. 35 u n d 36 zu § 6. Setzt man Rechtssubjektivität u n d Rechtsfähigkeit inhaltlich insofern gleich, als beide Begriffe eine potentielle Fähigkeit darstellen, d. h. die Fähigkeit auf G r u n d einer Rechtsordnung Rechte oder Pflichten haben zu können (Hinweis auf Anm. 37 zu § 6), so sind die Einzelpersonen — wie die angeführten Beispiele zeigen — auch i n diesem Sinn Völkerrechtssubjekte u n d genießen Völkerrechtsfähigkeit. 210 v g l . z u m s t a n d der Meinungen betreffend die Völkerrechtssubjektivität von Einzelpersonen Guradze, Menschenrechte S. 33 ff. Einzelpersonen werden (verschiedentlich m i t Einschränkungen, Hinweis auf Anm. 40 zu § 6) als Völkerrechtssubjekte angesehen von Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 176/177; Borchers, Verträge S. 131/132 u n d S. 180; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 411 ff.; Eckert, Einzelmensch S. 129/130; Grassi, I n d i v i d u u m S. 117; Hoffmann, Ind i v i d u u m S. 189; Kelsen, Rechtslehre S. 327/328; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 150; Korowicz, A J I L Bd. 50 (1956) S. 561; Mosler, W V R Bd. 3 S. 674; Oppenheim-Lauterpacht, International L a w Bd. 1 S. 636 ff.; a. A. — ohne Begründung — Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638; vgl. aber auch Verdross, Völkerrecht S. 217—222. 211 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 177; i n diesem Sinne auch Borchers, Verträge S. 131/132 u n d S. 180. 212 Hinweis auf Anm. 93 zu § 2 und 190 zu § 6; vgl. auch Verdross, Völkerrecht S. 202/203. 213 Hinweis auf § 2 I I 2 b aa betreffend die internationalen privaten Organisationen; Hinweis auf § 2 I I 2 b bb betreffend die internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse; vgl. Verdross, a.a.O. i n Anm. 212 zu § 6. 214 Zemanek, a.a.O. i n A n m . 63 zu § 2; vgl. die Hinweise i n Anm. 213 zu § 6. 209

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

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möglich, daß ihnen völkerrechtliche Rechte und/oder Pflichten auferlegt werden und ihnen somit Völkerrechtssubjektivität zukommt 2 1 5 . bb) Zur völkerrechtlichen Vertragsfähigkeit der nichtstaatlichen Vertragspartner Wenn die nichtstaatlichen Vertragspartner Völkerrechtssubjektivität besitzen 216 , so ist damit noch nicht gesagt, daß ihnen auch die völkerrechtliche Vertragsfähigkeit zukommt 2 1 7 . Die für die Vertragsfähigkeit (als Teil der Handlungsfähigkeit) erforderliche Völkerrechtsfähigkeit 2 1 8 kann unbeschränkt oder beschränkt sein 219 . Die Beispiele, i n denen den nichtstaatlichen Vertragspartnern unmittelbar durch das Völkerrecht Rechte oder Pflichten auferlegt werden, stellen als besondere Einzelfälle Ausnahmen dar und führen deshalb zu dem Schluß, daß den nichtstaatlichen Vertragspartnern nur eine beschränkte Völkerrechtsfähigkeit zuzuschreiben ist 2 2 0 . Abgesehen von dem menschenrechtlichen Mindeststandard, welcher der menschlichen Person nach Völkerrecht zukommt, der aber keine völkerrechtliche Vertragsfähigkeit umfaßt 2 2 1 , können die nichtstaatlichen Vertragspartner durch völkerrechtliches Rechtserzeugungsverfahren — Vertrag oder Gewohnheitsrecht — „subjektive Rechtspositionen" 2 2 2 und damit eine Rechtsstellung i m Völkerrecht erhalten, die jederzeit durch die Staaten, die sie verliehen haben, entzogen werden kann 2 2 3 . Da die nichtstaatlichen Partner nur ausnahmsweise zum Völkerrechtsverkehr zugelassen sind, müssen ihre sich aus dieser Rechtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten restriktiv, nicht aber extensiv ausgelegt werden, und analogieweise Ausdehnung ihrer Rechtsstellung hat regelmäßig als ausgeschlossen zu gelten 2 2 4 . 2is Hinweis auf Anm. 64 zu § 2 ; vgl. Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 64 ff. 216 Dies ist bei den verschiedenen Vertragspartnern gemäß dem jeweiligen Stand der Völkerrechtsordnung festzustellen; vgl. § 6 I I I 2 a aa. 217 Hinweis auf § 6 I I l a a a ; dazu w i r d von den unter § 6 1 1 genannten Autoren nicht Stellung bezogen. 218 Klein, Haftung S. 35: „Rechtslogisch muß nämlich ein handlungsfähiges Rechtssubjekt für den Bereich seines eigenen Verhaltens notwendig rechtsfähig u n d ein rechtsunfähiges Rechtssubjekt notwendig handlungsfähig sein." Hinweis auf § 6 I I 1 a aa m i t der Anm. 51. 219 Hinweis auf Anm. 40 u n d 41 zu § 6; a. A. Borchers, Verträge S. 132. 229 Mosler, W V R Bd. 3 S. 674; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 176/177; Grassi, I n d i v i d u u m S. 117; Partsch, W V R Bd. 2 S. 15; vgl. auch die Fragestellung von Verdross, Völkerrecht S. 216/217. 221 Bezüglich des Begriffs des Mindeststandards Hinweis auf § 5 I I 6 a a a ; vgl. auch § 6 I I I 2 a aa Beispiel (3). Mosler, W V R Bd. 3 S. 674, sagt betreffend den Mindeststandard i m V ö l k e r recht: „Insoweit ist die Völkerrechtsfähigkeit des Menschen eine notwendige, also nicht von den Staaten abgeleitete." 222 Mosler, W V R Bd. 3 S. 674. 22 * Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 177. 224 Wie Anm. 223 zu § 6.

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Geht man davon aus, so ist die völkerrechtliche Vertragsfähigkeit der nichtstaatlichen Partner — gemäß der weitaus h. M . 2 2 5 — abzulehnen: Durch völkerrechtliche (zwischenstaatliche) Verträge w i r d sie ihnen nicht zuteil, da Verträge solchen Inhalts i n der Praxis nicht ersichtlich sind. A u f gewohnheitsrechtlichem Weg haben die nichtstaatlichen Vertragspartner die völkerrechtliche Vertragsfähigkeit ebenfalls nicht erlangt: Wenn auch i n den Verträgen ausnahmsweise die Anwendung von Völkerrecht vereinbart ist, so läßt sich doch daraus nicht folgern, daß eine allgemeine Übung seitens der Staaten als Völkerrechtssetzungssubjekten besteht 226 , die nichtstaatlichen Partner als vertragsfähige Völkerrechtssubjekte anzusehen und zu behandeln 227 . Insbesondere aber kann nicht festgestellt werden, daß die staatlichen Partner eine Behandlung der nichtstaatlichen Partner als vertragsfähige Völkerrechtssubjekte mit der Überzeugung vornehmen, zu derartigem Verhalten rechtlich verpflichtet zu sein 2 2 8 . Die Meinungsäußerungen i n der Völkerrechtswissenschaft bestätigen, daß die nichtstaatlichen Vertragspartner nach Völkergewohnheitsrecht 229 keine vertragsfähigen Völkerrechtssubjekte und somit keine Völkerrechtssetzungssubjekte 230 sind 2 3 1 . Wenn man auch nichtstaatliche Völkerrechtssubjekte bejaht 2 3 2 , so werden doch (noch?) überwiegend die Staaten als die „geborenen" 2 3 3 , „ursprünglichen" 2 3 4 , „vorgegebenen" 235 , „natürlichen" 2 3 6 , „normalen" 2 3 7 , „typischen" 2 3 8 Völkerrechtssubjekte „ i m engeren S i n n " 2 3 9 aufgefaßt. 225 So z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 177; Eckert, Einzelmensch S. 21; Hoff mann, I n d i v i d u u m S. 190; Kelsen, Principles S. 322; Klein, Haftung S. 135; Oppenheim-Lauterpacht, International L a w Bd. 1 S. 20; E. Sauer, G r u n d lehre S. 60; Schoen, TN Bd. 23 (1939) S. 448. Vgl. auch Borchers, Verträge S. 179/180, m i t den Hinweisen i n Anm. 989 auf: Lauterpacht, I L C - Y b 1953 I I , S. 94, Z. 2 (1); Fitzmaurice, I L C - Y b 1956 I I , S. 117, Z. 4; Beschluß der I L C , 11. Sitzung (UN Doc. 1959/A/CN. 4/122), S. 22, Bemerkung 4: „ . . . by common consent they (private individuals or entities) do not possess t r e a t y - m a k i n g capacity"; ebenso U N Doc. A/CN. 4/L. 83 A d d ; vgl. aber auch Brierly, I L C - Y b 1950 I I , S. 229, Ζ. 34. 226 Hinweis auf Anm. 174 zu § 6. 227 Es ist eine andere Frage, ob den nichtstaatlichen Partnern nicht „irgendw o " eine Rechtsstellung außerhalb des staatlichen Rechts (Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd) zukommt. 228 Hinweis auf A n m . 174 zu § 6. 229 Bezüglich der Bedeutung der Völkerrechtswissenschaft bei der Feststellung des Völkergewohnheitsrechts Hinweis auf A n m . 175 zu § 6. 230 Bezüglich des Begriffs Hinweis auf Anm. 54 zu § 6. 231 Siehe die Literaturhinweise i n A n m . 225 zu § 6. 232 Hinweis auf die A n m . 189 u n d 190 zu § 6 ; vgl. z.B. auch Verdross, Völkerrecht S. 191—222. 233 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 113. 234 Mosler, Berichte H. 4 (1961) S. 55/56. 235 Von der Heydte, a.a.O. i n A n m . 23 zu § 6. 236 V On der Heydte, a.a.O. i n A n m . 23 zu § 6; Zemanek, Vertragsrecht S. 20. 237 Lauterpacht, Privat L a w Sources S. 79. 238 Zemanek, Vertragsrecht S. 20. 239 Klein, Haftung S. 135/136; E. Sauer, Grundlehre S. 60.

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„Die Regel", so stellt Berber 240 fest, „ist nach wie vor, daß auf Individuen 2 4 1 bezüglich völkerrechtliche Rechte und Pflichten nur durch Vermittlung der Staaten ausgeübt werden können, daß Einzelpersonen völkerrechtlich durch die Staaten mediatisiert bleiben" 2 4 2 . b) Bedenken aus dem Begriff

des Völkerrechts

Die Probleme der Völkerrechtssubjektivität und der völkerrechtlichen Vertragsfähigkeit, die sich bei der Frage ergeben, ob die hier zu untersuchenden Verträge dem Völkerrecht angehören, hängen eng zusammen mit der Inhaltsbestimmung des Völkerrechtsbegriffs, m i t den „grundlegenden Strukturfragen des Völkerrechts" 2 4 3 . Der gemeinsame Kern der zahlreichen Begriffsbestimmungen des Völkerrechts besteht darin, daß alle — wenn nicht ausschließlich, so doch überwiegend — die Beziehungen zwischen den Staaten zum Inhalt haben, so daß Völkerrecht — zumindest i n erster Linie — als zwischenstaatliches Recht betrachtet w i r d ; um diesen K e r n bilden sich Randgebiete, die je nach dem Umfang der Begriffsbestimmungen erfaßt oder ausgeschlossen werden 2 4 4 . Es würde den Rahmen der Untersuchung sprengen, i m einzelnen auf den Völkerrechtsbegriff einzugehen. Richtig erscheint die Feststellung von Berber 2 4 5 , daß die „einzig logisch mögliche und praktisch befriedigende Definition des Völkerrechts" eine solche sei, „die von der W i r k lichkeit des internationalen Lebens ausgeht", und als derartige Begriffsbestimmung „die der objektiven Wirklichkeit, d. h. aber der komplexen Zusammensetzung der Mitglieder der Völkerrechtsgemeinschaft, gerecht w i r d " 2 4 6 , bietet Berber an: „Völkerrecht ist die Gesamtheit der Regeln, die die rechtlichen Beziehungen i n erster Linie und generell zwischen 240 Völkerrecht Bd. 1 S. 177. 241 Bezüglich sonstiger (ausländischer) Privatpersonen vgl. Berber, V ö l k e r recht Bd. 1 S. 177. 242 Z u dem damit berührten Problem der Transformation — auch I n k o r poration, Inkorporierung oder Rezeption genannt — des Völkerrechts i n das Landesrecht bzw. des Völkerrechts i n dem Landesrecht vgl. ζ. B. von Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz Anm. I V zu A r t . 25 GG, Bd. 1 S. 679/ 680, u n d Anm. I V 7 zu A r t . 59 GG, Bd. 2 S. 1145—1149; vgl. zur deutschen Praxis betreffend das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 98—102, u n d zu dem Problem des letztgenannten Verhältnisses Berber, a.a.O. S. 91 ff. 243 Partsch, W V R Bd. 2 S. 12; auch Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 149/150. 244 v g l . z < β . die Begriffsbestimmungen von Anzilotti, Völkerrecht Bd. 1 S. 34; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 1; Kelsen, Rechtslehre S. 335; Oppenheim· Lauter pacht, International L a w Bd. 1 S. 4/5; Verdross, Völkerrecht S. 1 ff. Vgl. auch von der Heydte, Völkerrecht Bd. 1 S. 13 ff., der die verschiedenen Begriff sbestimmungen i n einzelnen Gruppen zusammenfaßt; vgl. ferner die zahlreichen Nachweise bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 1 ff. 245 Völkerrecht Bd. 1 S. 7. 246 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 9.

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er

erechtsordnung

Staaten, aber auch i n gewissem Umfang zwischen Staaten und anderen zum internationalen Rechtsverkehr zugelassenen Rechtspersonen sowie zwischen diesen Rechtspersonen selbst zum Gegenstand haben 2 4 7 ." Man kann hier von „Völkerrecht im engeren Sinn" 2 4 8 , von „Völkerrecht stricto sensu" 249 oder von zwischenstaatlichem Völkerrecht sprechen. Wenn auch nichtstaatliche Völkerrechtssubjekte i n Einzelfällen zum Völkerrechtsverkehr zugelassen sind, so ist das Völkerrecht doch — von Ausnahmen abgesehen — „ius inter gentes" 2 5 0 und nicht „ius gent i u m " 2 5 1 . Damit stimmt es überein, wenn die hier zu erörternden Verträge nicht dem Völkerrecht unterstellt werden. Der Begriff des Völkerrechts spricht ebenso gegen die Einordnung der zu behandelnden Verträge i n das Völkerrecht, wie auch die Ausführungen in §6 I I I 2 a dagegen sprechen: Da die nichtstaatlichen Partner nicht als vertragsfähige Völkerrechtssubjekte zum Völkerrechtsverkehr zugelassen sind, kann es sich bei den zu untersuchenden Verträgen nicht u m völkerrechtliche Verträge handeln 2 5 2 . 3. Ergebnis Die Lösung, die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge dem Völkerrecht zu unterstellen, würde viele bedeutsame Vorzüge aufweisen. Dennoch handelt es sich nicht um völkerrechtliche Verträge, da die nichtstaatlichen Partner keine vertragsfähigen Völkerrechtssubjekte sind und auch der Begriff des Völkerrechts einer derartigen Lösung entgegensteht. 247 Berber, a.a.O. i n A n m . 246 zu § 6; vgl. auch die ähnlich lautende Begriffsbestimmung von K i p p , Berichte H. 5 (1961) S. 150. 248 So Verdross, Völkerrecht S. 5; Hinweis auf § 9 I I I 1 u n d 2 a. So McNair, Readings S. 97. 2 50 Vgl. zu dem I n h a l t zu der Entstehung dieses Begriffs z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 3, u n d Verdross, Völkerrecht S. 97. 2 51 I n den Institutionen des Gaius w i r d es definiert: „Quod uero naturalis ratio inter omnes homines constituit, i d apud omnes populos peraeque custod i t u r uocaturque ius gentium, quasi quo iure omnes gentes u t u n t u r . " Gai institutiones 11. Vgl. zum Begriff des „ius gentium" z. B. auch S ohm, I n s t i t u tionen S. 62 ff. Z u m Unterschied des römisch-rechtlichen Begriffs des „ius gentium" gegenüber dem klassisch-abendländischen Begriff des Völkerrechts vgl. Heffter, Völkerrecht S. 1. Der Begriff des ius gentium gewinnt i n neuester Zeit infolge der sog. Rückwendung zum Naturrecht wieder an Bedeutung, vgl. Berber, a.a.O. S. 3, u n d Scheuner, ZaöRV Bd. 13 (1950/51) S. 556 ff. Vgl. Partsch, W V R Bd. 2 S. 15. 252 Gegen einen völkerrechtlichen Vertrag i n diesem Sinn sprechen sich z.B. aus: Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 412; Bourquin, Readings S. 97; Dahm, Völkerrecht Bd. 3 S. 15; ausführlich Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 149—154; McNair, Readings S. 97/98; Ray, Symposium S. 36; Verdross, Völkerrecht S. 4 u n d ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638 sowie Y B W A Bd. 18 (1964) S. 231; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 207 u n d 210/211.

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

137

§ 7 Die Verträge im Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze I . Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen 1. I n der rechtswissenschaftlichen Literatur a)

McNair

1

McNair ist der A u f f a s s u n g , daß es, u m d i e V e r t r ä g e zwischen e i n e m S t a a t u n d einer ausländischen P r i v a t p e r s o n , ζ. B . Konzessions Verträge, r e c h t l i c h z u „ i n t e r n a t i o n a l i s i e r e n " 2 , n i c h t n u r die M ö g l i c h k e i t gibt, sie d e m staatlichen Recht z u u n t e r s t e l l e n oder ( u m sie diesem Recht zu e n t ziehen) eine E i n o r d n u n g i n das V ö l k e r r e c h t stricto sensu 3 i n B e t r a c h t z u ziehen: " I n this process the first step is to get r i d of the notion that the only choice lies between public international law properly so called and the territorial system of l a w of, or associated w i t h , either of the parties 4 ." D a „ p u b l i c i n t e r n a t i o n a l l a w s t r i c t o sensu" als „ i n t e r - S t a t e s y s t e m — ius i n t e r g e n t e s " 5 a u f d i e g e n a n n t e n V e r t r ä g e n i c h t a n w e n d b a r sei, w i l l M c N a i r diese den a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätzen u n t e r s t e l l e n , „ w h e n t h e l e g a l system of t h e c o u n t r y i n w h i c h f o r t h e most p a r t t h e c o n t r a c t is t o be p e r f o r m e d is n o t s u f f i c i e n t l y m o d e r n i z e d for t h e purpose of r e g u l a t i n g t h i s t y p e of c o n t r a c t " 6 . M c N a i r s a g t 7 : " . . . the system of l a w most likeley to be suitable for the regulation of the contracts . . . and the adjudication of disputes arising upon them is 'the general principles of law recognized by the civilized nations' 8 ." b) Zweigert

hat zu dem Thema

Zweigert „Verträge

zwischen s t a a t l i c h e n

und

9

n i c h t s t a a t l i c h e n P a r t n e r n " S t e l l u n g bezogen , i n d e m er als K o l l i s i o n s 1 B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 4. 2 Hinweis auf § 6 I I I 3. Hinweis auf A n m . 251 zu § 5. Schiesing er-Gündisch, RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 12, sagen, es „soll ein über den Parteien stehendes — i n diesem Sinn ,neutrales' — Normensystem gefunden werden, das für den Vertrag die erforderliche rechtliche Grundlage bildet u n d zur Vertragsauslegung sowie notfalls zur Vertragsergänzung herangezogen werden kann." 4 Ä h n l i c h Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638: „Die Behauptung, daß der I n h a l t der Verträge n u r nach innerstaatlichem oder n u r nach Völkerrecht beurteilt werden kann, ist daher offenkundig falsch." s McNair, Readings S. 83. 6 B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 19 unter Ziff. 5; Readings S. 98 unter Ziff. 5. 7 Readings S. 98 unter Ziff. 6. 8 Borchers, Verträge S. 176, bezeichnet McNair als „Hauptvertreter" der Ansicht, die sich für die Einordnung bestimmter Verträge zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen Partnern i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze ausspricht; vgl. aber auch die Hinweise bei Borchers, a.a.O. S. 166 A n m . 908, auf Fawcett, B Y B I L Jg. 30 (1953) S. 399/400, u n d Lauterpacht, ILCYb 1953 I I , S. 94, Nr. 2 (1). 3

138

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen Hechtsgrundsätze

rechtler vom Internationalen Privatrecht her zwei Fragen gestellt hat 1 0 : (1) „Wo hat die Rechtswahl von Vertragsparteien ihre Grenze?" (2) „ G i b t es Vertragsbeziehungen m i t Auslandsberührung, die ihrer S t r u k t u r nach vernünftigerweise entgegen dem kollisionsrechtlichen Elementargesetz nicht von einer oder auch von mehreren nationalen Rechtsordnungen beherrscht werden können?"

Z u Frage (1) stellt Zweigert fest, daß die Rechtswahl für den etwa entscheidenden Richter „praktikabel" sein müsse und für den konkreten Vertragstyp nicht „unpassend" sein dürfe 1 1 ; ferner könnten die Parteien nicht gültig vereinbaren, ihr Vertrag solle keiner lebenden Rechtsordnung unterstehen, sondern „seif regulating" sein 12 . Zu Frage (2) gelangt Zweigert zu folgenden Ergebnissen: (a) Es gebe schon zwischen privaten Partnern Verträge von solcher Struktur, die ihre Ansiedlung in einer nationalen Rechtsordnung (oder i n mehreren) unangemessen erscheinen lasse 13 ; diese Verträge würden von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen beherrscht 14 . (b) Verträge zwischen Staaten und nichtstaatlichen Partnern, bei denen der Staat sich als Fiskus auf die Privatrechtsebene begebe, seien m i t den traditionellen Anknüpfungen des Internationalen Privatrechts 1 5 in der Regel einer nationalen Rechtsordnung zuzuweisen 16 . (c) Allgemein sei die Verweisung auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze oder die objektive Einbettung eines Vertrages i n allgemeine Rechtsgrundsätze wegen der erschwerten Praktikabilität 1 7 solcher allgemeinen Rechtsgrundsätze nur dort zuzulassen, wo ein besonderes Bedürfnis die Legitimation für die Beiseiteschiebung der nationalen Rechtsordnung biete 1 8 ; es seien Kriterien herauszuarbeiten, die es » A u f der 8. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1963, Berichte H. 5 (1964) S. 194—214. io Berichte H. 5 (1964) S. 194. h Berichte H. 5 (1964) S. 196/197 u n d S. 215 unter Ziff. 1. 12 a.a.O. S. 198—201 u n d S. 215 unter Ziff. 2; vgl. auch § 4 I l b dazu, daß Verträge einer Rechtsordnung unterstehen. 1 3 Als Beispiel nennt Zweigert, a.a.O. S. 199, den Gesellschaftsvertrag, der einem Großunternehmen zugrundeliege, das seinerseits jeden nationalen Rahmen sprenge, wie etwa die Scandinavian Airlines (SAS), ein vertraglicher Zusammenschluß dreier Fluggesellschaften aus Dänemark, Schweden u n d Norwegen zu einem Konsortium oder Pool, i n deren i n englischer Sprache verfaßtem Konsortialvertrag u. a. bestimmt sei, daß der V e r w a l tungsrat abwechselnd i n jedem der drei Länder zusammentrete u n d jeweils den Sitz der Gesellschaft auswähle; vgl. dazu auch Batiffol, Pariser U n i v e r sitätswoche 1955 S.237. 14 Zweigert, a.a.O. S. 215 unter Ziff. 3. is Hinweis auf § 5 I I 3 b. 16 Zweigert, a.a.O. S. 201—203 und S. 215 unter Ziff. 4. 1 7 Zweigert, a.a.O. S. 201, hält die allgemeinen Rechtsgrundsätze jedoch nicht für „unpraktikabel". is Zweigert, a.a.O. S. 205.

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

139

schlechthin u n e r t r ä g l i c h machten, e i n e n b e s t i m m t e n V e r t r a g i n einer nationalen Rechtsordnung anzusiedeln19. (d) D i e Regel müsse l a u t e n 2 0 : „Verträge zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen Partnern unterliegen i n Ermangelung einer ausdrücklichen Verweisung auf nationale Rechtsordnungen den allgemeinen Rechtsgrundsätzen stets dann, wenn die S t r u k t u r des Vertrages von solcher A r t ist, daß sich seine Ansiedlung i n einem nationalen Rechtssystem nach den übereinstimmenden Interessen beider Vertragspartner verbietet." Indizien

f ü r e i n e n solchen S a c h v e r h a l t s e i e n 2 1 :

„die Verweisung auf allgemeine Rechtsgrundsätze; negative Rechtswahlklauseln, die alle i n Betracht kommenden nationalen Rechtsordnungen ausschließen; die Vereinbarung eines gemischten Schiedsgerichts für Streitfälle; aber auch jene rein i n der Vertragseigenart gelegenen Indizien, . . . nämlich, daß der staatliche Partner als Völkerrechtssubjekt auftritt, oder die gemischt öffentlichrechtlich-privatrechtliche S t r u k t u r des Vertrages, das Gewicht des Vertrages für die Wirtschaft des staatlichen Partners, seine Dauer und anderes mehr. M i t einem W o r t : die ,hohe Ebene', die den Vertrag charakterisiert." (e) Diese soeben u n t e r (d) a u f g e f ü h r t e n V e r t r ä g e u n t e r l ä g e n materiellrechtlich d e n a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätzen, also auch d e n z w i n g e n d e n N o r m e n d e r a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätze; d i e besagten V e r t r ä g e e n t g i n g e n aber auch n i c h t d e n z w i n g e n d e n N o r m e n m i t o r d r e p u b l i c - R a n g des Staates, d e m d e r n i c h t s t a a t l i c h e P a r t n e r angehöre, s o w e i t sich dessen staatliche G e r i c h t e m i t d e m F a l l z u befassen h a b e n sollten22. (f) A u f d i e V e r t r ä g e , d i e m a t e r i e l l r e c h t l i c h w i e u n t e r (e) geschildert z u b e h a n d e l n seien, solle k e i n nationales Kollisionsrecht A n w e n d u n g finden, s o n d e r n schon kollisionsrechtlich ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der folgendes besage 2 3 : „ B e i Verträgen zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen Parteien auf hoher Ebene gilt die aus den nationalen Kollisionsrechten vertraute Parteiautonomie auch i n dem Sinne, daß die Parteien den Vertrag den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstellen können u n d daß bei Schweigen der Partner seine Unterstellung unter allgemeine Rechtsgrundsätze auch objektiv angemessen ist." (g) A b s c h l i e ß e n d w e i s t Z w e i g e r t d a r a u f h i n , daß d i e a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätze p r a k t i k a b e l w ü r d e n u n d v o r a l l e m f ü r d i e w i s s e n schaftliche E r k e n n t n i s das P r o f i l g e w i n n e n k ö n n t e n , das sie b e n ö t i g t e n , w e n n u n t e r e i n e m a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsatz „ d i e L ö s u n g eines 19 20 21 Ziff. 22 23

Zweigert, Zweigert, Zweigert, 6. Zweigert, Zweigert,

a.a.O. S. 201; vgl. auch Zweigert, a.a.O. S. 215 unter Ziff. 5. a.a.O. S. 208. a.a.O. S. 208/209; vgl. auch Zweigert, a.a.O. S. 215/216 unter a.a.O. S. 207 u n d 216 unter Ziff. 7. a.a.O. S. 209/210 u n d 216 unter Ziff. 8.

140

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

k o n k r e t e n P r o b l e m s z u v e r s t e h e n w ä r e , die sich b e i einer U m s c h a u i n d e n f ü h r e n d e n R e c h t s o r d n u n g e n der W e l t als d i e überlegenste erw e i s t " 2 4 ; d e r B e g r i f f d e r a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätze b e d ü r f e der P r ä z i s i o n i m S i n n e d e r Ergebnisse der rechtsvergleichenden M e t h o d e n lehre25. c)

Schlesinger-Gündisch

Es w u r d e bereits a u f d i e A n s i c h t v o n Schlesinger-Gündisch hingewiesen, nach d e r b e i i n t e r n a t i o n a l e n W i r t s c h a f t s v e r t r ä g e n einer P a r t e i v e r w e i s u n g — sei sie ausdrücklich, sei sie k o n k l u d e n t 2 6 — a u f das „ S a c h n o r m s y s t e m der a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätze" v o l l e W i r k u n g verliehen werden könne27. A u c h Schlesinger-Gündisch stellen die „Unzulänglichkeit k o l l i s i o n s r e c h t l i c h e n L ö s u n g e n " b e i e i n i g e n der g e n a n n t e n fest 28.

der r e i n Verträge

D i e A u t o r e n sehen d i e eigentliche P r o b l e m a t i k der V e r w e i s u n g a u f a l l g e m e i n e Rechtsgrundsätze als a n w e n d b a r e s Recht w e n i g e r i n der theoretischen B e g r ü n d u n g oder B e g r e n z u n g e i n e r solchen R e c h t s w a h l , sondern v i e l m e h r i n ihrer P r a k t i k a b i l i t ä t 2 9 . I m Anschluß an Neuhaus 30 24 a.a.O. S. 213. 25 a.a.O. S. 211—214 u n d S. 216 unter Ziff. 9. 26 Schlesinger-Gündisch, RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 44. 27 Hinweis auf § 5 1 3 a m i t der A n m . 14. Schlesinger-Gündisch wollen die Frage, ob i m Einzelfall eine solche Verweisung vorliegt und als w i r k s a m anzuerkennen ist, nach dem Internationalen Privatrecht derjenigen Rechtsordnung beurteilt wissen, die k r a f t der institutionellen Verankerung des jeweils i m Vertrag vereinbarten Schiedsgerichts das ,Forum' stellt; Hinweis auf § 5 13 b m i t der A n m . 25. Insofern unterscheidet sich ihre Ansicht von derjenigen, die Zweigert v e r t r i t t ; Zweigert w i l l die Frage der Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht nach nationalem Kollisionsrecht, sondern nach einem Prinzip i m Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze entscheiden, vgl. § 7 1 l b (f) zu Frage (2); vgl. Schlesinger-Gündisch, a.a.O. S. 19, gegen die Auffassung von Zweigert. Die Meinung von SchlesingerGündisch deckt sich insofern m i t derjenigen von Mann, als letzterer ebenfalls nach nationalem Kollisionsrecht beurteilen w i l l , welches Recht auf die Verträge i n materiellrechtlicher Hinsicht anwendbar sei, vgl. § 5 12 b. Gegen die Anwendbarkeit nationalen Kollisionsrechts auf die i n Rede stehenden Verträge vgl. § 5 I I I 2 c bb. 28 a.a.O. S. 5—8; m i t „ r e i n kollisionsrechtlicher Lösung" ist gemeint, daß auf die Verträge i n materiellrechtlicher Hinsicht kein nationales Recht angewendet werden soll. Vgl. zur Unzulänglichkeit staatlicher Rechtsordnungen für die zu untersuchenden Verträge auch § 5 I I I 2 a aa u n d § 5 I I I 2 b bb. 29 Schlesinger-Gündisch, a.a.O. S. 45. Ebenso sagt Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209, daß er die Frage, "wie diese Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze auf diese Vertragstypen konstruktiv zu verstehen sei, von der kollisionsrechtlichen Warte her nicht übermäßig interessant" finde. Auch Zweigert betont das Erfordernis der P r a k t i k a b i l i t ä t des auf die Verträge anzuwendenden Rechts, vgl. § 7 1 1 b zu Frage (1) sowie (c) u n d (g) zu Frage (2). 30 Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts S. 175.

I. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

141

sind Schlesinger-Gündisch der Auffassung, daß die „allgemeinen Rechtsgrundsätze, die von zivilisierten Nationen anerkannt werden", ein System darstellen 31 . Dieses System — so meinen Schiesing er-Gündisch — sei zwar entwicklungsbedürftig 32 , aber auch entwicklungsfähig 33 . Zur Entwicklungsfähigkeit führen Schlesinger-Gündisch aus 34 : Es sei zu bedenken, daß jedes Rechtssystem sich erst in der Anwendung entwickelt habe; das gelte vor allem im internationalen Bereich; das Recht müsse durch die Praxis der Gerichte und insbesondere der Schiedsgerichte verwirklicht und gleichzeitig weiterentwickelt werden; dabei könne und müsse die Wissenschaft Hilfe leisten 35 .

2. I n Schiedssprüchen

a) Lena Goldfields

Ltd. v. UdSSR

I n dem ersten zu erwähnenden Fall ging es um den Konzessionsvertrag zwischen der UdSSR und der Lena Goldfields L t d 3 6 . I n diesem Vertrag war nicht ausdrücklich die Anwendung außerstaatlichen Rechts vereinbart 3 7 . Das Abkommen enthielt jedoch eine Schiedsklausel 38 und eine Klausel über die Ausübung der Hoheitsgewalt seitens der Sowjetunion, die besagt 39 : "The Government undertakes not to make any alteration i n the Agreement by Order, Decree, or other unilateral act or at all except w i t h the Company's consent."

Als die Sowjetunion trotz der letztgenannten Vereinbarung der Gesellschaft die Konzessionsrechte einseitig entzog 40 , kam es zu einem Schiedsverfahren 41 . I n dessen Verlauf folgte das Gericht der von der Gesellschaft vertretenen Ansicht, daß „on all domestic matters in the UdSSR" russisches Recht Anwendung finden sollte, soweit es nicht vertraglich ausgeschlossen war, daß aber für andere Zwecke die allge31 Schlesinger-Gündisch, a.a.O. S. 31; auch McNair, a.a.O. i n A n m . 7 zu §7, spricht bei den allgemeinen Rechtsgrundsätzen von „the system of law". 32 a.a.O. S. 31. »s a.a.O. S. 45. 34 a.a.O. S. 45/46. 35 Schlesinger-Gündisch weisen hier — ebenso wie Zweigert, vgl. § 7 11 b (g) zu Frage (2) — auf die Rechtsvergleichung hin. 36 Hinweis auf A n m . 45 zu § 3. 37 Hinweis auf Anm. 78 zu § 3 ; vgl. Borchers, Verträge S. 160/161. 38 Hinweis auf Anm. 79 zu § 3. 39 Hinweis auf Anm. 16 zu § 3 u n d A r t . 76 des Vertrages, der i n § 3 I I 1 a ebenfalls angeführt ist. 40 Vgl. Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 245. 41 A D 1929/30 No. 1, angeführt bei Borchers, Verträge S. 160, der insbesondere auch verweist auf Nussbaum, A r t h u r : The A r b i t r a t i o n between the Lena Goldfiels, Ltd. and the Soviet Government, Cornell L a w Quarterly 36 (1950/51) S. 31 ff.

142

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

m e i n e n Rechtsgrundsätze i m S i n n des A r t . 38 Buchst, c des S t a t u t s des S t I G H als das „ p r o p e r l a w of t h e c o n t r a c t " anzusehen seien 4 2 . Z u r B e g r ü n d u n g dieses Ergebnisses f ü h r t e das G e r i c h t aus, d i e V e r t r a g s d o k u m e n t e „ w e r e signed n o t o n l y b e h a l f of t h e E x e c u t i v e G o v e r n m e n t of Russia g e n e r a l l y b u t b y t h e A c t i n g C o m m i s s a r y for F o r e i g n A f f a i r s a n d . . . m a n y of t h e t e r m s of t h e c o n t r a c t c o n t e m p l a t e d t h e a p p l i c a t i o n of i n t e r n a t i o n a l r a t h e r t h a n m e r e l y n a t i o n a l l a w " 4 3 . Das G e r i c h t e r k a n n t e d e n Schadensersatzanspruch d e r Gesellschaft an, u n d z w a r auf G r u n d des a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsatzes der „ u n g e r e c h t f e r t i g t e n Bereicherung" 44'45. b) Petroleum (Trucial

Coast) Ltd.

Development v. Sheikh

of Abu

Dhabi

E i n e m weiteren Schiedsverfahren lag der Konzessionsvertrag z w i schen d e m Scheik v o n A b u D h a b i u n d der P e t r o l e u m D e v e l o p m e n t ( T r u c i a l Coast) L t d . z u g r u n d e 4 6 . S t r e i t i g w a r , ob d i e Konzession auch d i e A u s b e u t u n g des M e e r e s g r u n d e s v o r der K ü s t e des S c h e i k t u m s u m f a ß t e 4 7 . B e i der P r ü f u n g des a n z u w e n d e n d e n Rechts w a r A r t . 17 des Vertrags v o n Bedeutung; d a r i n heißt es48: "The Ruler and the Company both declare that they intend to execute this Agreement i n a spirit of good intentions and integrity, and to interpret i t i n a reasonable manner . . D e r Schiedsrichter Lord

Asquith

of Bishopstone

stellte fest 49:

" I f any municipal system of l a w were applicable, i t w o u l d prima facie be that of A b u Dhabi. B u t no such l a w can reasonably be said to exist. The Sheik administers a purely discretionary justice w i t h the assistance of the Koran; and it w o u l d be fanciful to suggest that i n this very p r i m i t i v e region there is any settled body of legal principles applicable to the construction of modern commercial instruments. Nor can I see any basis on which the municipal l a w of England could apply. On the contrary, Clause 17 of the agreement . . . repels the notion that the municipal l a w of any country, as such, could be appropriate. The terms of that clause invite, indeed prescribe, the application of the principles rooted i n the good sense and common practice of the generality of civilized nations — a sort of 'modern law of nature'^." 42 Vgl. Borchers, Verträge S. 160/161 u n d Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 245. 43 Angeführt bei Borchers, Verträge S. 161. 44 Vgl. Borchers, Verträge S. 161 u n d Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 245. 45 Wegen der Unterscheidung zwischen der Anwendung russischen Rechts einerseits u n d internationalen Rechts andererseits ist der Schiedsspruch kritisiert worden; vgl. z.B. Mann B Y B Y L Jg. 35 (1959) S. 55/56. 46 Bezüglich des Vertrages Hinweis auf Anm. 40 zu § 3 ; Text des Schiedsspruchs i n I C L Q Bd. 1 (1952) S. 247 ff. u n d I L R 1951 S. 144 ff. 47 Vgl. Borchers, Verträge S. 161. 48 Hinweis auf Anm. 82 zu § 3. 49 I C L Q Bd. 1 (1952) S. 250/251.. so Vgl. dazu, daß es sich bei A r t . 17 des Vertrages nicht u m eine materiellrechtliche Verweisung — so Sereni , RdC Bd. 96 (1959 I) S. 216, —, sondern u m

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten Auffassungen

143

c) Petroleum Development (Quatar) Ltd. v. Sheikh of Quatar Ein Rechtsstreit ergab sich auch aus dem Vertrag zwischen dem Scheik von Quatar und der Petroleum Development (Quatar) Ltd. 5 1 . Da der Vertrag nach islamischem Recht zumindest teilweise nichtig gewesen sein würde, meinte der Schiedsrichter Sir Alfred Bucknill: " I n m y opinion neither party intended Islamic l a w to apply, and intended that the agreement was to be governed by 'the principles of justice, equity and good conscience' 52 ."

II. Bedeutung und Vergleich der dargestellten Auffassungen 1. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit der Verträge

Wenn bestimmte Verträge 5 3 den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als einem neben den Landesrechten und neben dem Völkerrecht (als zwischenstaatliches Völkerrecht, als Völkerrecht i m engeren Sinn 5 4 ) bestehenden Rechtssystem unterstellt werden, so ist i n diesem Rechtssystem auch der Rechtsgrund ihrer Verbindlichkeit zu suchen. Der besagte Rechtsgrund kann hier — es w i r d nicht expressis verbis darauf eingegangen 55 — nur i n einer Norm liegen, die ebenfalls allgemeiner Rechtsgrundsatz ist, nämlich i n dem Satz pacta sunt servanda 56 .

2. Das Recht, Verträge den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterstellen

Bei der Frage, ob ein Vertrag den Sachnormen ( = den materiellrechtlichen — i m Gegensatz zu den kollisionsrechtlichen — Normen) einer staatlichen Rechtsordnung oder den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als Sachnormen unterstellt werden darf, gehen die Meinungen eine kollisionsrechtliche Verweisung auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze handelt, Borchers, Verträge S. 162; vgl. ferner Mann, B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 51/52; McNair, B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 12/13. 51 Hinweis auf A n m . 39 zu § 3. 52 I L R 1953 S. 545, angeführt bei Borchers, Verträge S. 163, der auch den genannten G r u n d für die Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze i n diesem F a l l angibt. Dem Schiedsspruch stimmt McNair, B Y B I L Jg. 33 (1957) S. 13/14, zu. Vgl. zur Rechtswahlklausel i n dem zugrundeliegenden Vertrag oben A n m . 83 zu § 3. 53 Z u r A u s w a h l dieser Verträge vgl. § 7 I. 54 Näheres zu diesen Begriffen i n §6 I I I 2 b m i t den Anm. 248 und 249 sowie i n § 9 I I I 1 b m i t der Anm. 45. 55 Hinweis auf § 7 I. 56 Hinweis auf § 4 1 1 b aa.

144

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen Hechtsgrundsätze

darüber auseinander, ob das Recht zur Wahl der letztgenannten Normen als vertragsbeherrschendes Recht einem staatlichen Kollisionsrecht zu entnehmen ist 5 7 , oder ob auch dieses Recht bereits auf einem allgemeinen Rechtsgrundsatz beruht 5 8 .

3. Der Begriff der allgemeinen Rechtsgrundsätze

a) Die allgemeinen

Rechtsgrundsätze

als Völkerrechtsquelle

Die allgemeinen Rechtsgrundsätze spielen insbesondere i m Völkerrecht eine bedeutsame Rolle; sie bilden dort neben Gewohnheitsrecht und Vertragsrecht eine dritte Rechtsquelle 59 . I n Art. 38 Abs. 1 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs heißt es: „Der Gerichtshof, dessen Aufgabe es ist, die i h m unterbreiteten Streitigkeiten nach Völkerrecht zu entscheiden, wendet an: c) die von den zivilisierten Staaten anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze, et

Jaenicke 60 unterscheidet bei seinen Ausführungen zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als Völkerrechtsquelle die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die unmittelbar aus der Struktur der Völkerrechtsordnung abgeleitet werden (ζ. B. die Unabhängigkeit der Staaten), und solche allgemeinen Rechtsgrundsätze, die aus innerstaatlichen Rechtsordnungen auf völkerrechtliche Tatbestände übertragen werden; hierbei handele es sich um Grundsätze, die wegen ihrer übereinstimmenden Geltung in den Rechtsordnungen der Staaten als Ausdruck gemeinsamer Rechtsanschauungen gewertet werden könnten (z. B. die bona fides). Die meisten Begriffsbestimmungen der allgemeinen Rechtsgrundsätze als Völkerrechtsquelle umfassen nur die zweite von Jaenicke genannte Gruppe 6 1 . Berber 62 gelangt, indem er eine ganze Reihe völkerrechtlicher Begriffsbestimmungen der allgemeinen Rechtsgrundsätze zugrunde legt, 57

So Schlesinger-Gündisch, vgl. § 5 I 3 b ; vgl. ferner Anm. 27 zu §7. ss So Zweigert, vgl. §7 I I b unter (f) zu Frage (2); vgl. ferner Anm. 27 zu §7. 59 Vgl. z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 65—71; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 35—42; Verdross, Völkerrecht S. 146—151. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze sind aber auch i n anderen Rechtsordnungen von Bedeutung, vgl. ζ. B. Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 101—103. oo W V R Bd. 3 S. 770. ei Vgl. z.B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 36/37; Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 143; Härle, Entscheidungsgrundlagen S. 302; weitere Nachweise i n der Übersicht bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 66—68. 62 Völkerrecht Bd. 1 S. 69/70.

I I . Bedeutung u n d Vergleich der dargestellten A u f f a s s u n g e n 1 4 5 zu folgenden Feststellungen Rede stehenden G r u n d s ä t z e :

b e z ü g l i c h des Rechtscharakters

der

in

(1) „Die allgemeinen von den zivilisierten Nationen anerkannten Rechtsgrundsätze i m Sinne des Statuts 6 3 und der übereinstimmenden Staatenpraxis außerhalb des Statuts können nur aus dem innerstaatlichen Recht gewonnen werden . . . " (2) „Nicht Rechtssätze des innerstaatlichen Rechts als solche können i n das Völkerrecht übernommen werden, sondern nur von solchen Rechtssätzen abgeleitete allgemeine Prinzipien." (3) „Es genügt nicht, daß solche allgemeine Prinzipien i n dem Landesrecht eines oder mehrerer Staaten vorgefunden werden; ihre Existenz muß i n allen oder doch den meisten hauptsächlichsten Rechtssystemen der Erde nachgewiesen werden können.. . 6 4 . Solange w i r keine w i r k l i c h e Durchdringung der hauptsächlichsten Rechtssysteme i m Sinne eines Jus gentium' römischer Tradition haben, muß also äußerste Zurückhaltung bei der Übernahme völkerrechtlicher Rechtsgrundsätze aus diesem zwar bestehenden, doch unerforschten ,jus gentium' geübt werden." (4) „Nicht alle allgemeinen Prinzipien, die übereinstimmend i n den hauptsächlichsten Rechtssystemen gefunden werden, können für das Völkerrecht nutzbar gemacht werden, sondern nur die, die eine Lösung für ein dem i m Völkerrecht zu lösenden Problem analoges Problem liefern." (5) „Die Hauptunterschiede zwischen den von den zivilisierten Nationen anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen u n d den völkerrechtlichen Gewohnheitsregeln sind die folgenden: Die allgemeinen Rechtsgrundsätze sind allgemeiner, abstrakter, vager als Regeln des Gewohnheitsrechts, sie sind n u r Prinzipien, die das vorgeschriebene Verhalten i n großen und groben Umrissen anzeigen, nicht ins einzelne gehende technische Regelungen; sie brauchen keinen Nachweis i n der internationalen Staatenpraxis, sie brauchen i n den internationalen Beziehungen nicht einmal ein einziges M a l angewandt worden zu sein, ja, sobald sie i n der internationalen Praxis regelmäßig angewandt werden, verlieren sie ihren Charakter u n d werden zu Rechtssätzen des Gewohnheitsrechts, zumal sie j a auch durch die Konkretisierung ihre Vagheit verloren haben." b) Die Rechtsgrundsätze

allgemeinen

als vertragsbeherrschendes

Recht

D i e A u s d r u c k s w e i s e i n n e r h a l b e i n i g e r der i n § 7 I d a r g e s t e l l t e n A u f fassungen k ö n n t e n — v e r g l e i c h t m a n sie e t w a m i t d e m W o r t l a u t des A r t . 38 A b s . 1 Buchst, c des S t a t u t s des I n t e r n a t i o n a l e n G e r i c h t s h o f s 6 5 — d e n A n s c h e i n erwecken, als s o l l t e n d i e i n Rede stehenden V e r t r ä g e d e n a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätzen d e r V ö l k e r r e c h t s o r d n u n g u n t e r s t e l l t w e r d e n : So w i r d i n d e m Schiedsspruch L e n a G o l d f i e l d s L t d . v . U d S S R v o n d e n a l l g e m e i n e n Rechtsgrundsätzen i m S i n n e des A r t . 38 Buchst, c 63 Gemeint ist das Statut des Internationalen Gerichtshofs. β4 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 70, weist hier auf die Bedeutung der Rechtsvergleichung hin. 65 Diese Bestimmung ist dem A r t . 38 Buchst, c des Statuts des S t I G H nachgebildet.

1!0 Rengeling

146

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs gesprochen 66 ; McNair w i l l die „general principles of law recognized by the civilized nations" anwenden 67 ; und nach der Auffassung von Schlesinger-Gündisch sollen die Verträge den „allgemeinen Rechtsgrundsätze(n), die von zivilisierten Nationen anerkannt werden", unterstehen 68 . Wenn auch i n den genannten Formulierungen auf die von den zivilisierten Nationen anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätze verwiesen wird, so unterscheiden sich doch die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Völkerrechtsordnung von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, denen die zu erörternden Verträge unterstehen sollen, i n zweifacher Hinsicht: Ein erster Unterschied besteht, wenn man die allgemeinen Rechtsgrundsätze als Völkerrechtsquelle mit Jaenicke i n die zwei angeführten Gruppen aufteilt 6 9 . Allgemeine Rechtsgrundsätze, denen die zu behandelnden Verträge zu unterstellen sind, können nicht solche sein, „die unmittelbar aus der Struktur der Völkerrechtsordnung abgeleitet werden", wie ζ. B. die Unabhängigkeit der Staaten 70 . Als vertragsbeherrschendes Recht kommen vielmehr nur die allgemeinen Rechtsgrundsätze i n Betracht, die aus innerstaatlichen Rechtsordnungen gewonnen werden 7 1 , und zwar Grundsätze des innerstaatlichen Vertragsrechts 72 . Gemeint sind gewiß jene Regeln, die Dahm73 als „überstaatliches Gemeinrecht (ius gentium, common law) der K u l t u r w e l t " bezeichnet, und von denen Dahm ferner sagt 74 : „Die Einhelligkeit u n d Spontaneität, m i t der manche Grundsätze des Rechts i n der gesamten K u l t u r w e l t angewandt werden, ist zugleich ein A n zeichen dafür, daß sie einem allgemeinen menschlichen Bedürfnis entsprechen. Insofern wäre von einem Naturrecht zu sprechen, eine Idee, die in der Gegenwart eine gewisse Auferstehung erlebt 7 5 ."

Daß die Verträge derartigen Rechtsgrundsätzen unterstellt werden sollen, ergibt sich insbesondere aus dem Schiedsspruch Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. v. Sheikh of Abu Dhabi, i n dem die Rede ist von „the principles rooted i n the good sense and common practice of the generality of civilized nations — a sort of ,modern law 66

Hinweis auf Anm. 65 zu § 7 ; bezüglich des Schiedsspruchs Hinweis auf § 7 12 a m i t der Anm. 42. 67 Hinweis auf § 7 11 a m i t der Anm. 7. 68 So Schlesinger-Gündisch i m Anschluß an Neuhaus, vgl. § 7 11 c m i t der Anm. 30. 69 Hinweis auf § 7 I I 3 a m i t der Anm. 60. ™ Wie Anm. 69 zu § 7. 71 Das ist die zweite von Jaenicke genannte Gruppe allgemeiner Rechtsgrundsätze, vgl. § 7 I I 3 a m i t der Anm. 60. Hinweis auch auf § 7 I I 3 a m i t den Anm. 61 u n d 62. 72 Entsprechend: Berber i n § 7 I I 3 a unter (4). ™ Völkerrecht Bd. 1 S. 37. 74 Völkerrecht Bd. 1 S. 37 m i t Anm. 12. 75 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 65 m. w. N. i n Fußn. 2.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

147

of nature'" 76. Einen weiteren Begriff der allgemeinen Rechtsgrundsätze hat wohl Zweigert, der unter einem allgemeinen Rechtsgrundsatz verstehen w i l l „die Lösung eines konkreten Problems . . . , die sich bei einer Umschau in den führenden Rechtsordnungen der Welt als die überlegenste erweist" 7 7 . Ein zweiter Unterschied zwischen den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Völkerrechtsordnung und denen, die hier als vertragsbeherrschendes Recht i n Betracht kommen, liegt darin, daß letztere nicht einen Teil der Völkerrechtsordnung bilden 7 8 , sondern als ein System von Normen neben den staatlichen Rechtsordnungen und der Völkerrechtsordnung angesehen werden 7 9 . Es sei aber auch auf zwei Gemeinsamkeiten zwischen den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als Völkerrechtsquelle und denen als hier vertragsbeherrschendes Recht hingewiesen: Einmal dürften die Rechtsgrundsätze, die als Völkerrecht auf völkerrechtliche Verträge angewandt werden, inhaltlich vielfach die gleichen sein, die auch die hier zu behandelnden Verträge regeln sollen 80 ; zum anderen ist den beiden in Rede stehenden Gruppen von allgemeinen Rechtsgrundsätzen gemein, daß sie außerstaatliches und insofern internationales Recht bilden.

I I I . Kritische W ü r d i g u n g der vertretenen Auffassungen

1. Vorzüge

a) Vorzüge — wie bei einer Einordnung der Verträge in das Völkerrecht (im engeren Sinn) Werden die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge 8 1 von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen beherrscht, so zeigen 76

Hinweis auf § 7 I 2 b m i t der Anm. 49; vgl. auch den Schiedsspruch i n § 7 12 c m i t der Anm. 52. 77 Hinweis auf § 7 1 1 b unter (g) zu Frage (2) ; vgl. zum Begriff des N a t u r rechts Verdross, W V R Bd. 2 S. 572—575. 78 Vgl. Berber i n § 7 I I 3 a (2). 79 Hinweis auf Anm. 31 zu § 7. 8 ° Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 184/185. 81 Die K r i t e r i e n dafür, welche Verträge den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstehen sollen, sind innerhalb der i n § 7 I dargestellten Auffassungen — soweit dazu etwas gesagt w i r d — unterschiedlich. Vgl. diesbezüglich eingehend Zweigert i n § 7 11 b unter (d) zu Frage (2) m i t der Anm. 21. Das A u s w a h l k r i t e r i u m der Ungeeignetheit staatlichen Rechts i m Einzelfall, das McNair, vgl. § 7 11 a m i t der A n m . 6, und der Schiedsrichter Lord Asquith of Bishopstone, vgl. § 7 1 2 b m i t der Anm. 49, als entscheidend ansehen, dürfte für sich allein betrachtet zu einer systematischen Erfassung des hier zu behandelnden Problems nicht ausreichen; die S t r u k t u r der Verträge, wie sie insbesondere i n § 3 geschildert wurde, bleibt dabei unberücksichtigt. 10*

148

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

sich bei dieser Lösung Vorzüge, die sich auch — wie dargestellt 82 — bei einer Einordnung dieser Verträge i n das Völkerrecht (im engeren Sinn) ergeben: Anders als i m staatlichen Recht können i m Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze die Verträge zwischen einem Staat und allen nichtstaatlichen Partnern, also auch den nichtstaatlichen internationalen Verbänden, erfaßt werden 8 3 . Da die allgemeinen Rechtsgrundsätze als vertragsbeherrschendes Recht für ein System gehalten werden, das neben den Landesrechtsordnungen vorhanden ist, unterstehen die Verträge insofern internationalem Recht und sind damit — wie bei einer Einordnung in das Völkerrecht (im engeren Sinn) 8 4 — von staatlichem Recht unabhängig 85 . Es entspricht häufig dem ausdrücklich erklärten Willen der Partner, wenn ihre Vertragsbeziehungen von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen geregelt werden 8 6 . Fehlt es an einem ausdrücklichen Verweis auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, dürfte eine Einordnung der Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze zumindest insofern den Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 8 7 und damit dem konkludent erklärten Parteiwillen gerecht werden, als die Verträge staatlichem Recht entzogen 88 und i m beschriebenen Sinn internationalem Recht unterstellt werden 8 9 . b) Die Verträge innerhalb eines neben dem Völkerrecht (im engeren Sinn) bestehenden Bereichs internationalen Rechts Da die in Rede stehenden Verträge einerseits in staatlichen Rechtsordnungen keinen Platz finden 90, aber andererseits auch nicht dem Völkerrecht (im engeren Sinn) angehören 91 , erscheint — um sie recht82 Hinweis auf § 6 I I I 1 a, c und d. 83 Hinweis auf § 6 I I I 1 a. 84 Hinweis auf § 6 I I 3 u n d § 6 I I 1 c. 85 Eine Ausnahme machen Schlesinger-Gündisch für die Frage, ob ein Vertrag dem Sachnormsystem der allgemeinen Rechtsgrundsätze untersteht; diese kollisionsrechtliche Frage wollen sie nach staatlichem Recht beurteilen; vgl. § 5 I 3 b. Eine Ausnahme t r i f f t auch Zweigert, wenn er sagt, daß die Verträge nicht den zwingenden Normen m i t ordre public-Rang des Staates entgingen, dem der nichtstaatliche Partner angehöre; allerdings fügt Zweigert hinzu, daß dies nur der F a l l sei, soweit sich die staatlichen Gerichte des nichtstaatlichen Partners m i t dem Vertrag zu befassen haben sollten; vgl. § 7 1 l b unter (e) zu Frage (2). Vgl. aber die Schiedsklauseln der Verträge i n § 3 I I 2 a. 86 Hinweis auf § 3 I I 1 c. 87 Hinweis auf § 3 I I 2 bis 4. 88 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 89 Hinweis auf § 6 I I I 1 d bb. 90 Hinweis auf § 5 I I I 2 u n d 3. 91 Hinweis auf § 6 I I I 2 u n d 3.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

149

lieh zu „internationalisieren" 9 2 — ihre Einordnung in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze — als internationalem Recht — vorteilhaft. Dem Gedanken, Verträge, die von keinem Landesrecht beherrscht werden können, einem neben dem Völkerrecht (im engeren Sinn) bestehenden Bereich internationalen Rechts zu unterstellen, ist auf Grund der bisherigen Überlegungen 93 zuzustimmen.

2. Nachteile und weitere Bedenken

a) Die allgemeinen Rechtsgrundsätze als vertragsbeherrschendes „System" Mann 94 ist der Auffassung, daß ein Vertrag — also auch nicht ein hinsichtlich seines Rechtscharakters problematischer 95 — nicht von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen „governed" sein kann und führt bei der Darlegung seines Vorschlags, bestimmte Verträge dem Völkerrecht zu unterstellen, aus 96 : „Zweitens w i r d h i e r 9 7 an eine echte kollisionsrechtliche Verweisung auf das Völkerrechtssystem gedacht, wie sie der A r t , Qualität u n d W i r k u n g nach dem Internationalen Privatrecht geläufig ist u n d die i m Gegensatz zur bloßen materiellrechtlichen Verweisung steht 9 8 . Es ist deshalb nicht möglich oder wäre jedenfalls ungenau, kurzerhand von der Anwendbarkeit der principes généraux reconnus par les nations civilisées zu sprechen. Würde man nur daran denken, so läge die Parallele i n einem Vertrag zwischen Parteien des Privatrechtsverkehrs, der etwa dem römischen Recht unterstellt ist . . . Es würde lediglich eine materiellrechtliche Verweisung vorliegen. Der Vertrag als solcher w ü r d e dem auf i h n anwendbaren Rechtssystem unterworfen bleiben und, u m nur ein Beispiel zu nennen, die von diesem eingeführten Rechtsänderungen wären zu berücksichtigen."

Mann lehnt also — von dem international-privatrechtlichen Begriff der kollisionsrechtlichen Verweisung ausgehend 99 — ab, die allgemeinen Rechtsgrundsätze als ein System von Normen zu betrachten, das geeignet ist, Vertragsverhältnisse zu beherrschen.

92

Hinweis auf Anm. 255 zu § 5. Vgl. die Hinweise i n § 5 I I I 2 u n d 3, § 6 I I I 2 u n d 3 sowie i n § 7 I I I 1 a. 94 Gutzwiller-Festgabe S. 481. 95 Z u den Auswahlkriterien innerhalb der i n § 7 I dargestellten Auffassungen vgl. die Anm. 81 zu § 7. 96 Gutzwiller-Festgabe S. 480. 97 Bezüglich der Auffassung von Mann insgesamt vgl. § 5 12 u n d § 6 I 4. 98 Bezüglich dieser Begriffe Hinweis auf § 5 I I 3 b bb. 99 Vgl. gegen die Anwendbarkeit des Internationalen Privatrechts auf die i n Rede stehenden Verträge § 5 I I I 2 b. 93

150

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

Batiffol 100 führt i n einer Stellungnahme zu dem erwähnten Schiedsspruch Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. v. Sheikh ob Abu Dhabi 1 0 1 aus, der Schiedsrichter habe gesagt, er wolle sich von einem modernen Naturrecht leiten lassen 102 , habe aber hinzugefügt, daß er auf die Grundsätze des englischen Rechts Bezug nehme. Wenn der englische Schiedsrichter auch — so bemerkt Batiffol weiter — bei der Auslegung des Vertrages die Grundgedanken des englischen Rechts nicht als solche, sondern als vernünftige Prinzipien des modernen Naturrechts angewendet habe, so sei das Ergebnis doch das Gegenteil von dem, was man gewollt habe: Der Vertrag würde sich i n jedem Land nach dem lokalen Recht richten. Ob dieser Schluß gezogen werden kann, erscheint zweifelhaft. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze — i n dem besagten Schiedsspruch ist die Rede von „the principles rooted i n the good sense and common practice of the generality of civilized nations — a sort of ,modern law of nature 4 " 1 0 3 — sind nun einmal die von innerstaatlichen Rechtssätzen abgeleiteten allgemeinen Prinzipien 1 0 4 . Gleichwohl weist Batiffol mit seiner K r i t i k auf einen beachtenswerten Punkt hin: Die Tatsache, daß bei jedem Richter die Grundsätze seines Landesrechts einen wesentlichen Bestandteil seiner Denkweise bilden, kann sich bei der Auslegung oder Ergänzung eines Vertrages durch „allgemeine Rechtsgrundsätze" bemerkbar machen 105 . Schließlich vertritt Batiffol diesen Standpunkt: Wenn die neue Entwicklung der internationalen Beziehungen dazu führe anzuerkennen, daß einige dieser Beziehungen „nicht ernstlich an das Gesetz eines bestimmten Staates gebunden werden können" 1 0 6 , so müsse man „für

100 Pariser Universitätswoche 1955 S. 239/240. ιοί Hinweis auf § 7 I 2 b. 102 Hinweis auf Anm. 49 zu § 7. 103 Hinweis auf § 7 12 b m i t der Anm. 49. Vgl. zu dem Verhältnis zwischen den allgemeinen Rechtsgrundsätzen u n d dem Naturrecht Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 37 u n d Verdross, W V R Bd. 2 S. 572—575, insbesondere unter Ziff. 3. 104 Vgl. Berber, unter (2) i n § 7 I I 3 a. I n dem Schiedsspruch Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. v. Sheik of A b u Dhabi ist das sog. moderne Naturrecht zwar n u r aus den Grundgedanken des englischen Rechts, also lediglich aus einer staatlichen Rechtsordnung abgeleitet worden, während — wie Berber, unter (3) i n § 7 I I 3 a, m i t Recht feststellt — es an sich nicht genügt, daß allgemeine Prinzipien i n dem Landesrecht n u r eines Staates oder mehrerer Staaten vorgefunden werden, vielmehr muß i h r Bestehen i n allen oder doch den meisten hauptsächlichsten Rechtssystemen nachgewiesen wer den können. Batiffol gesteht jedoch zu, daß die i n dem Schiedsspruch angewandten Grundgedanken des englischen Rechts als „modernes Naturrecht" — wie er sagt (Pariser Universitätswoche 1955 S. 240) — "allgemein genug gehalten waren, u m diese Bezeichnung zu rechtfertigen". los Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 239. 106 pariser Universitätswoche 1955 S. 241.

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

151

diese Beziehungen den Aufbau eines neuen Rechtssystems ins Auge fassen" 107 . Die Regelung dieser letztgenannten Beziehungen erfordere „ein i n sich geschlossenes und gut entwickeltes System" 1 0 8 . Da aber die „alleinige Ableitung eines positiven Systems von a priori gegebenen Prinzipien" kaum vorstellbar sei, erscheine es „unvermeidlich, daß sich aus den Erfahrungstatsachen die notwendigen Angleichungen und Formulierungen" ergäben; das „erste, notwendige Element" für den Aufbau eines neuen Systems sei vorhanden, nämlich die Rechtsprechung der (Schieds-)Gerichte 109 . I n der Tat ist Batiffol darin zuzustimmen, daß ein System, das lediglich aus a priori gegebenen Prinzipien abgeleitet ist, nicht geeignet sein kann, (die i n Rede stehenden) Verträge zu beherrschen, die aus ihnen möglicherweise entstehenden Streitigkeiten zu regeln 1 1 0 . Ein derartiges System von Rechtsgrundsätzen wäre als vertragsbeherrschendes Recht nicht ausreichend, da es viel zu wenig Normen für die zahlreichen Fragen bereithält, die bei der Durchführung der Verträge auftauchen können 1 1 1 . Darüber hinaus sind die wenigen Normen, die das besagte System umfaßt, inhaltlich so unbestimmt 1 1 2 , daß sie (für sich allein) keine „Rechtsordnung", wie sie als vertragsbeherrschendes Recht zu fordern ist 1 1 3 , bilden können. Die angeführten Bedenken scheinen prima facie zu entfallen, wenn das System der allgemeinen Rechtsgrundsätze weiter ausgedehnt wird, und zwar so, daß unter einem allgemeinen Rechtsgrundsatz „die Lösung eines konkreten Problems zu verstehen wäre, die sich bei einer Umschau in den führenden Rechtsordnungen der Welt als die überlegenste erweist" 1 1 4 . Es ist nicht zu leugnen, daß auf diese Weise viele zur Regelung der Verträge geeignete Rechtsnormen gefunden werden können, und zwar — wie vorgeschlagen w i r d 1 1 5 — i m Wege der Rechtsver107 Wie Anm. 106 zu § 7. 108 Wie Anm. 106 zu § 7. 109 a.a.O. S. 240. no Da Batiffol von dem Schiedsspruch Petroleum Development (Trucial Coast) Ltd. v. Sheik of A b u Dhabi ausgeht, scheint er an solche Rechtsgrundsätze zu denken, die zum Naturrecht gehören; Hinweis auf A n m . 103 zu §7. m Vgl. auch die Zurückhaltung, allgemeine Rechtsgrundsätze anzuerkennen, bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 71 m i t Beispielen. h 2 Vgl. Berber, unter (5) i n §7 I I 3 a; vgl. insoweit auch Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 102. us Dazu, daß es sich bei einer Rechtsordnung u m ein „inhaltlich bestimmtes" System handeln muß, vgl. die Definition der „Rechtsordnung" i n § 4 12 a. Dazu, daß Verträge einer Rechtsordnung unterstehen, vgl. § 4 I b. Vgl. auch Zemanek, Vertragsrecht S. 55, der die allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht für eine „Rechtsordnung", sondern für „eine materielle Rechtsquelle zur Ausfüllung von Lücken i m Völkerrecht" hält. 114 Zweigert, a.a.O. i n Anm. 24 zu § 7. us Vgl. Schlesinger-Gündisch, RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 46 m. w . N . , u n d Zweigert, a.a.O. i n A n m . 25 zu § 7.

152

§ 7 Die Verträge i m Bereich der allgemeinen

echtsgrundsätze

gleichung. Gerade dieser letzte Hinweis aber läßt auch ein System von allgemeinen Rechtsgrundsätzen in dem dargestellten weiteren Sinn als vertragsbeherrschendes Recht fragwürdig werden. Der Hinweis auf die Aufgabe der Rechtsvergleichung macht nur allzu deutlich, daß es sich bei den allgemeinen Rechtsgrundsätzen eher um ein wissenschaftliches Programm 1 1 6 als um ein inhaltlich genügend bestimmtes und deshalb für den Richter praktikables 1 1 7 Recht handelt. Es soll zwar nicht bestritten werden, daß die allgemeinen Rechtsgrundsätze — ebenso wie völkerrechtliche Verträge 1 1 8 — brauchbare Normen für die Regelung der zu erörternden Verträge darstellen können 1 1 9 ; ferner steht es außer Frage, daß ein neben dem Völkerrecht (im engeren Sinn) zu schaffendes System internationalen Rechts 120 für die i n Rede stehenden Verträge der Entwicklung bedarf 1 2 1 . Es erscheint aber nicht richtig, dieses neu zu entwickelnde System von vornherein auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze als alleinige Rechtsquelle zu beschränken. Die Erfahrungstatsachen, die tatsächliche allgemeine Übung, die möglicherweise in der Überzeugung geschieht, zu ihr rechtlich verpflichtet zu sein, sollte hier nicht außer acht gelassen werden. Es ist offensichtlich, was gemeint ist: Die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge sollten — insbesondere im Hinblick auf die ähnliche Lage im Völkerrecht (im engeren Sinn) — nicht der Regelung durch Gewohnheitsrecht 122 entzogen werden. b) Der Ausschluß von Gewohnheitsrecht Schließt man die Anwendung von Gewohnheitsrecht auf die zu behandelnden Verträge aus, indem man sie lediglich den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterordnet 1 2 3 , so ergeben sich — wie ausgeführt 124 — nicht nur deshalb Bedenken, weil in Frage gestellt ist, daß die Verträge begrifflich einer „Rechtsordnung" angehören. 116

Vgl. die Hinweise i n A n m . 115 zu § 7. Vgl. dazu ζ. B. Zweigert, a.a.O. i n Anm. 11 zu § 7. 118 Vgl. z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 65: „Der sporadische Charakter von völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht u n d Vertragsrecht hat schon f r ü h zeitig zu Bestrebungen geführt, wenigstens subsidiär noch andere Rechtsquellen für das Völkerrecht zu erschließen." Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 529, w i l l die allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Auslegung von Verträgen heranziehen. Nach Verdross, Völkerrecht S. 150, hängt die Gültigkeit eines völkerrechtlichen Vertrages v o m Völkergewohnheitsrecht u n d von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ab. 119 Insoweit ist den i n § 7 I dargestellten Auffassungen zuzustimmen. 120 Hinweis auf § 7 I I I 1 b m i t der Anm. 93. 121 Das betonen auch besonders Schlesinger-Gündisch, vgl. § 7 11 c m i t den A n m . 32—35. 122 v g l . zu dem Begriff § 6 I I I 2 a aa m i t der Anm. 174. 123 So die i n § 7 1 dargestellten Auffassungen. 124 Hinweis auf § 7 I I I 2 a. 117

I I I . Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

153

Wenn die besagten Verträge — wie völkerrechtliche Verträge — staatlichen Rechtsordnungen entzogen und von internationalem Recht beherrscht werden sollen 1 2 5 , dann ist nicht einzusehen, weshalb — i m Gegensatz zu völkerrechtlichen Verträgen 1 2 6 — Gewohnheitsrecht, das sich möglicherweise bezüglich der zu erörternden Verträge in der Praxis schon herausgebildet hat oder i n Zukunft noch herausbilden wird, nicht angewendet werden soll. Wie dargestellt wurde 1 2 7 , sind allgemeine Rechtsgrundsätze zur Regelung der Vertragsbeziehungen nur i n spärlichem Umfang vorhanden und müssen größtenteils erst noch i m Wege der Rechtsvergleichung gefunden werden 1 2 8 ; zudem besitzen die vorhandenen allgemeinen Rechtsgrundsätze oft nur einen sehr vagen Inhalt 1 2 9 . Bei dieser Lage scheint aber doch das Bemühen angebracht, zur Regelung der Verträge zusätzlich und inhaltlich bestimmtere Normen 1 3 0 zu gewinnen. Dazu bietet sich das Gewohnheitsrecht an, das i n besonderer Weise den tatsächlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen Rechnung t r ä g t 1 3 1 und außerdem den Vorteil hat, daß bei ihm „jenes langsame, organische Wachstum möglich i s t " 1 3 2 , das der Entwicklung der hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge i m tatsächlichen Bereich entspricht. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, auf die Rechtsquelle des Gewohnheitsrechts — anders als es bezüglich völkerrechtlicher Verträge der Fall ist 1 3 3 — zu verzichten. Das Gewohnheitsrecht für die zu erörternden Verträge i m einzelnen zu ermitteln, würde über den Rahmen dieser Untersuchung hinausgehen. Es kann hier nur eine Richtung gewiesen werden, i n der sich das Recht, das die Verträge mit der i n den §§ 2 und 3 umschriebenen Struktur beherrschen soll, zu entwickeln vermag. Dabei erscheint es richtig, daß dieses Recht nicht nur die allgemeinen Rechtsgrundsätze, sondern auch das Gewohnheitsrecht umfaßt. 3. Ergebnis

Die Einordnung der zu untersuchenden Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze weist Vorzüge auf, die sich auch dann ergeben, wenn die besagten Verträge dem Völkerrecht unterstellt werden. 125

Hinweis auf § 7 I I I 1 b m i t der A n m . 93. Vgl. dazu ζ. B. Guggenheim-Marek, W V R Bd. 3 S. 528/529, u n d Verdross, Völkerrecht S. 150. 127 Hinweis auf § 7 I I I 2 a. 128 Hinweis auf A n m . 115 zu § 7; ebenso Borchers, Verträge S. 184. 29 1 Vgl. Berber, unter (5) i n § 7 I I 3 a. 130 Wie A n m . 129 zu § 7. 131 Vgl. Batiffol i n §7 I I I 2 a m i t der Anm. 109; vgl. ferner den Begriff des Gewohnheitsrechts i n § 6 I I I 2 a aa m i t der Anm. 174. 132 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 90. 133 Wie Anm. 126 zu § 7. 126

154

§ 8 Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Auf Grund dieser Vorzüge kann aber nur bejaht werden, daß die zu behandelnden Verträge — ebenso wie völkerrechtliche Verträge — auch, nicht aber ausschließlich, von allgemeinen Rechtsgrundsätzen (als internationalem Recht) geregelt werden müssen.

§ 8 Die Verträge in einer besonderen, neben den staatlichen Rechtsordnungen, der Völkerrechtsordnung und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestehenden Rechtsordnung Es gibt Vorschläge mannigfaltiger Art, die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge 1 dadurch zu „internationalisieren" 2 , daß sie einer besonderen 3 Rechtsordnung unterstellt werden; folgende Lösungsvorschläge bieten „Ausgangspunkte für eine Rechtssystematik" 4 :

I. Die Verträge im „Transnational Law" (Jessup) 1. Darstellung der Ansicht von Jessup

Da das „international law" das Recht sei, das „the relations of one nation (or State) to other nations (or States)" betreffe 5 , sagt Jessup: " I shall use, instead of 'international law', the t e r m 'transnational law' to include a l l l a w which regulates actions or events that transcend national frontiers 6 ." "Transnational law then includes both c i v i l and criminal aspects, it includes that we know as public and private international law, and it includes national law, both public and private 7 ." 1

Hinweis auf die §§ 2 u n d 3. d.h. sie einem außerstaatlichen Redit zu unterstellen, vgl. Borchers, Verträge S. 139 Anm. 793. 3 Neben dem staatlichen Recht, dem Völkerrecht u n d den allgemeinen Rechtsgrundsätzen. 4 Vgl. zu den Ansichten, die derartige Ansatzpunkte nicht enthalten und die i m folgenden nicht wenigstens anmerkungsweise erwähnt werden, die Hinweise bei Borchers, Verträge S. 168/9 A n m . 922. 5 Jessup, Readings S. 2. 6 Transnational L a w S. 2. 7 Transnational L a w S. 106. 2

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

155

Den persönlichen Eigenschaften der Vertragspartner mißt Jessup bei der Einordnung ihrer Verträge keine Bedeutung zu 8 : "There is nothing i n the character of the parties which precludes the application of one or the other bodies of law into which the legal field is traditionally divided."

2. Kritische Würdigung

Borchers 9 hält die Ansicht von Jessup insofern für „attraktiv", als sie die „Einheit des Rechts betont", und weist darauf hin, daß sie „vom Standpunkt eines ausgeprägten Richterrechts vieles für sich haben" möge. Borchers 9 stellt aber auch mit Recht fest, daß die Einordnung von Verträgen i n das „transnational law", wie Jessup es versteht, de lege late außer Betracht bleiben muß, weil dadurch die „hergebrachten rechtssystematischen Kategorien" aufgelöst würden und diese Lösung das berechtigte Verlangen des Rechtsverkehrs nach Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit einer Entscheidung in einem zu starken Maße gefährde 10 . Diese ablehnende K r i t i k entspricht auch dem Ausgangspunkt dieser Untersuchung, nach dem die Gesamtrechtsordnung — der gegenwärtigen Rechtslage gemäß — in verschiedene (Einzel-)Rechtsordnungen aufgeteilt gesehen w i r d 1 1 und die Verträge einer bestimmten (Einzel-)Rechtsordnung zu unterstellen sind 12 , sei letztere bereits erkannt oder nicht.

II. Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung (Verdross, Kipp, Dahm) 1. Darstellung der bisher vertretenen Auffassungen

a) Verdross Die nunmehr darzustellende Auffassung hat als erster Verdross vertreten 1 3 : s Transnational L a w S. 102. 9 Verträge S. 170. 10 Vgl. auch Mann, B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 56 h Hinweis auf § 4 1 2a. ι 2 Hinweis auf § 4 I 2 b sowie § 112. 13 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 635—651; ÖZöR Bd. 9 N. F. (1958/59) S. 449—462 ; Readings S. 117—137; Y B W A Bd. 18 (1964) S. 230—247; vgl. auch Völkerrecht S. 4.

156

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

aa) Die neben den innerstaatlichen und völkerrechtlichen Verträgen bestehenden „quasi-völkerrechtlichen Verträge" Verträge, die zwischen einem Staat und einer ausländischen Gesellschaft „inter pares" eingegangen werden, nennt Verdross 14 i m Anschluß an Schwarzenberger 15 „quasi-völkerrechtlich". Dabei handele es sich weder um innerstaatliche noch um völkerrechtliche Verträge, sondern „ u m eine dritte Vertragsgruppe, die dadurch charakterisiert ist, daß sie die durch den Vertrag begründeten Privatrechte einer durch das Einvernehmen der Parteien geschaffenen neuen Rechtsordnung, nämlich der von ihnen vereinbarten lex contractus unterstellt" 1 6 . bb) Die Eigenart der quasi-völkerrechtlichen Verträge I m einzelnen kennzeichnet Verdross die quasi-völkerrechtlichen Verträge durch folgende Merkmale: Quasi-völkerrechtliche Verträge werden — so sagt Verdross 17 — „von der höchsten, auch zum Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen befugten staatlichen Autorität, also vom Souverän oder von der Regierung vereinbart oder ratifiziert". Der Geltungsgrund der quasi-völkerrechtlichen Verträge ist nach der Ansicht von Verdross 18 „der von den beiden Vertragsteilen durch den Vertragsabschluß einvernehmlich anerkannte allgemeine Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda". Dagegen sei nicht der Einwand zu erheben — so fährt Verdross 19 fort —, daß jeder Vertrag nur auf Grund der Rechtsordnung einer schon vorher bestehenden Rechtsgemeinschaft abgeschlossen werden könne. Es sei vielmehr auch möglich, daß erst durch einen Vertrag eine Rechtsgemeinschaft begründet werde. Ursprünglich seien alle Verträge zwischen Staaten bloß auf Grund des Grundsatzes pacta sunt servanda abgeschlossen worden. Daraus sei zu ersehen, daß nicht nur aus einer bestehenden Gemeinschaft Recht hervorgehen (ubi societas, ibi ius), sondern ebenso auch umgekehrt durch einen auf Grund des Rechtsgrundsatzes pacta sunt servanda abgeschlossenen Vertrag eine neue Gemeinschaft begründet werden könne (ubi ius, ibi societas) 20 . Weiterhin legt Verdross 21 dar, daß die durch einen quasi-völkerrechtlichen Vertrag geschaffene lex contractus „eine selbständige Rechts-

is 16 17 is i» so 2i

ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 638. International L a w Bd. 1 S. 578. Wie Anm. 14 zu § 8. ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S.639; Y B W A Bd. 18 (1964) S. 234. ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 640. ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641/2. Vgl. auch Y B W A Bd. 18 (1964) S. 234/5. ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641.

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

157

Ordnung" sei, „welche das Verhältnis zwischen den Parteien erschöpfend" regele. Wörtlich heißt es sodann 21 : „Natürlich kann die lex contractus zur Auslegung ihrer Bestimmungen sowie zur Ausfüllung allfälliger Lücken auch auf die Rechtsordnung des abschließenden Staates ebenso wie auf die Rechtsordnung der anderen Partei oder auf das Völkerrecht verweisen 2 2 , alle diese Rechtsordnungen finden aber n u r insoweit Anwendung, als sie von der lex contractus delegiert werden, da diese die gegenseitigen Rechte u n d Pflichten der Parteien som^erän festlegt."

Als viertes und letztes Merkmal quasi-völkerrechtlicher Verträge nennt Verdross 23 die Schiedsgerichtsklauseln der Verträge 2 4 , durch die innerstaatliche Gerichtsverfahren ausgeschlossen seien. cc) Das von den quasi-völkerrechtlichen Schiedsgerichten anzuwendende Recht Nach der Auffassung von Verdross 25 sind die durch die quasi-völkerrechtlichen Verträge begründeten Rechte und Pflichten nach der lex contractus zu beurteilen. Ergeben sich bei der Auslegung und Anwendung der lex contractus Zweifel, so müsse das Recht herangezogen werden, auf das i n den Verträgen verwiesen sei 26 . Zu den Verträgen, die keine Rechtswahlklausel enthalten, bemerkt Verdross 27 : „ I n einem solchen F a l l hat das Schiedsgericht den quasi-völkerrechtlichen Vertrag nach jenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen auszulegen, deren Geltung die Parteien beim Vertragsabschluß vorausgesetzt haben oder vernünftigerweise vorausgesetzt haben mußten, u m einen solchen Vertrag inter pares zu begründen."

dd) Der angebliche Vorbehalt der staatlichen Souveränität Verdross 28 weist auf einen Einwand hin, der gegen den Standpunkt, die Rechte und Pflichten der Parteien seien durch die lex contractus erschöpfend geregelt, erhoben werden könnte: Da der vertragschließende Staat nicht nur Vertragspartner, sondern auch souveräner Gesetzgeber sei, müsse er i n der letztgenannten Eigenschaft das Recht besitzen, auch einseitige Änderungen des Vertragsinhalts i m öffentlichen Interesse vorzunehmen 29 . Verdross räumt diesen Einwand mit der Begründung aus, daß die souveräne Gewalt die Befugnis habe, Verpflichtungen über die Ausübung ihrer Souveränität einzugehen und sich selbst zu binden. Ausmaß und Umfang der Bindung eines Staates 22

Hinweis auf § 3 I I 1. ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 641/2. 4 Hinweis auf § 3 I I 2. 25 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643/4. 26 Hinweis auf § 3 I I 1. 27 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 644/5. 28 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 645. 29 Hinweis auf § 5 I I 4 u n d § 5 I I 6 a. 23 2

158

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

aus einem quasi-völkerrechtlichen Vertrag hänge allein vom Inhalt dieses Vertrages ab. Wenn der Staat bestimmte Verpflichtungen übernehme, ohne sich das Recht der einseitigen Änderung vorzubehalten, dann könnten Änderungen des Vertrages nur im Einvernehmen der Parteien erfolgen. Verdross 30 verweist auf eine Ausnahme, die aber nur dann bestehe, „wenn der vertragschließende Staat beweisen kann, daß ihm die Erfüllung des Vertrages durch höhere Gewalt (force majeure) unmöglich gemacht wird, da der Grundsatz pacta sunt servanda durch den Grundsatz der höheren Gewalt eingeschränkt wird". ee) Die Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung als quasi-völkerrechtliche Verträge Als quasi-völkerrechtliche Verträge betrachtet Verdross 31 insbesondere die von einem Staat mit einem Ausländer, i n der Regel einer ausländischen Gesellschaft, abgeschlossenen Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung 3 2 . ff) Der Beweis der eigenen Rechtsgemeinschaft Schließlich vertritt Verdross 33 die Auffassung, daß das Vorliegen einer auf der Grundlage des Satzes pacta sunt servanda errichteten Rechtsgemeinschaft 34 erst bewiesen werden müsse, „da i m Zweifelsfalle zu vermuten ist, daß der abschließende Staat den Vertrag seiner Rechtsordnung unterstellen wollte". Und Verdross fährt fort 3 5 : „Dadurch aber, daß ein Staat m i t einem Ausländer einen Vertrag inter pares abschließt, i n dem er alle Streitigkeiten, die sich aus i h m ergeben, einem zwischen den Parteien vereinbarten Schiedsverfahren u n t e r w i r f t , w i r d deutlich zum Ausdruck gebracht, daß durch i h n Rechte und Pflichten begründet wurden, die nicht nach der innerstaatlichen Rechtsordnung des abschließenden Staates, sondern einzig u n d allein nach der lex contractus beurteilt werden können, soweit diese nicht auf die Rechtsordnung des vertragschließenden Staates oder auf eine andere Rechtsordnung verweist."

b) Kipp Neben anderen 36 hat sich Kipp 37 der Auffassung von Verdross angeschlossen und dessen Lehre ergänzt und vertieft. so ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 645/6. 31 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 647—649. 32 Hinweis auf § 3 11 a cc. 33 Hinweis auf ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 642/643. 34 Hinweis auf § 8 I I 1 a bb. 35 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 642/643. 36 Auch Bourquin, Readings S. 103, folgt Verdross und sagt zu den A b kommen zur wirtschaftlichen Entwicklung: "One may, w i t h Verdross and Schwarzenberg er consider them as 'quasi-international agreements'. They

. Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

159

aa) D i e u n t e r s u c h t e n V e r t r ä g e , i h r e charakteristischen M e r k m a l e u n d i h r e A u s l e g u n g K i p p 3 8 u n t e r s u c h t V e r t r ä g e , b e i denen (1.) „ d e r nichtstaatliche P a r t n e r P r i v a t p e r s o n oder p r i v a t e P e r s o n e n v e r e i n i g u n g ist, e v e n t u e l l auch ö f f e n t l i c h e Rechtspersönlichkeit eines Staates sein k a n n " u n d (2.) „ a u f Seiten

des Staates höchste Staatsorgane i n h o h e i t l i c h e r F u n k t i o n als

A b s c h l u ß o r g a n e m i t g e w i r k t h a b e n " 3 9 . Es w i r d d a b e i an Konzessionsv e r t r ä g e gedacht, w i e sie oben e r w ä h n t w u r d e n 4 0 . Diese V e r t r ä g e zeigen nach K i p p 4 1 d r e i „ c h a r a k t e r i s t i s c h e M e r k m a l e " : E i n m a l e n t h i e l t e n sie Schiedsgerichtsklauseln 4 2 , z w e i t e n s f ä n d e sich i n i h n e n z u m e i s t e i n H i n w e i s d a r a u f , welches Recht oder welche Rechtsg r u n d s ä t z e a u f sie a n z u w e n d e n s e i e n 4 3 u n d schließlich sähen sie t e i l weise

ein

förmliches

innerstaatliches

sogenanntes

Ratifikationsver-

f a h r e n v o r 4 4 . A u f G r u n d dieser M e r k m a l e g e l a n g t K i p p 4 5 b e i d e r „ A u s are not, of course, international treaties governed by international law. Neither are they ordinary contracts ruled altogether by the l a w of a given State. The contracting parties are, i n a certain sense, of different quality since one is a State and the other a private corporation, but their association places them on the same footing. I t is an association inter pares, i n which the equality of the parties is the rule." Auch Bourquin ist der Meinung "that i n the case of a quasi-international agreement the lex contractus constitutes exclusively the positive l a w of the parties", vgl. Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 240. Ray, Readings S. 465/466, f ü h r t zur N a t u r u n d zum Charakter der Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung aus: "The international nature of enterprise of this k i n d and the resulting economic progress are responsible, to some extent at least, for the character of each agreement as the fundamental l a w between the parties. Agreements of this k i n d require stability and they require . . . equality before the l a w of the parties to them. The parties to each agreement endeavor to prepare a k i n d of constitution by which their relationship w i l l be judged primarily. The agreement is as sufficient w h i t h i n itself as the parties can make i t ; there is seldom any necessity for looking beyond its terms to ascertain the rights and the obligations of the parties." Vgl. auch Ray, Symposium S. 36. Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 240—244, verweist auf das Schiedsurteil v o m 23. 8.1958 betreffend den Konzessionsvertrag zwischen Saudi-Arabien u n d der Arabian-American O i l Company (ARAMCO) L t d . (Hinweis auf § 3 I l b b b ) " t h a t the concession agreement is 'the fundamental l a w of the Parties' ", vgl. auch Rivista Bd. 46 (1963) S. 246. Vgl. auch die Hinweise bei Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 159 A n m . 73. 37 Berichte H. 5 (1964) S. 154—162. 36 Berichte H. 5 (1964) S. 133. 39 Kipp, a.a.O. S. 133: „Die hoheitliche Tätigkeit ergibt sich bei den hier gemeinten Verträgen etwa aus dem Umstand, daß i n umfassendem Maße Konzessionen zur Ausbeutung von Bodenschätzen oder anderen wirtschaftlichen Werten seitens des staatlichen Partners gewährt werden." Hinweis auf § 3 11 a bb. 40 Hinweis auf §3 I I b ; Kipp, a.a.O. S. 134/135. 41 a.a.O. S. 135—138. 42 Hinweis auf § 3 I I 2. 43 Hinweis auf § 3 I I 1. 44 Hinweis auf § 3 I I 4. 45 a.a.O. S. 138—141.

160

Die Verträge i n einer besonderen

echtsordnung

legung solcher Verträge" zu dem Ergebnis, daß die Vertragspartner bezüglich der gesamten Vertragsbeziehungen von einer gegenseitigen gleichberechtigten Rechtsstellung — einer Rechtsstellung inter pares — ausgehen und i m Rahmen des Wirkungsbereichs des Vertrages die gegenseitige absolute Autonomie zum Abschluß des Vertrages sowie zur Gestaltung des Vertragsinhalts anerkennen. bb) Das die Verträge begründende Recht; die Grundlegung i m Vertragsabschluß selbst Zu der i n der vorliegenden Untersuchung entscheidenden Frage 46 sieht K i p p 4 7 „rein theoretisch" drei Möglichkeiten der Beantwortung: Entweder hätten die Verträge, die er meint, ihre Grundlage i n staatlichem Recht oder i m Völkerrecht, oder sie hätten „ihre verpflichtende Kraft i n sich selbst . . . , d. h. im durch den Abschluß des Vertrages anerkannten, für Verträge jeder A r t grundlegenden Rechtsprinzip: pacta sunt servanda". K i p p lehnt die beiden ersten Möglichkeiten ab 4 8 und bejaht die dritte, wozu er u. a. folgendes ausführt 4 9 : Bei der Behandlung der Frage, ob die in Rede stehenden Verträge „ein rechtliches Eigendasein führen" könnten, „losgelöst von einer Grundlegung i m staatlichen Recht oder i m Völkerrecht, also letztlich in von Staaten ausgehenden Rechtsordnungen", sei die Rechtslage des staatlichen Partners unproblematisch, da er „kraft seiner souveränen Stellung vertragliche Bindungen nach allen Richtungen eingehen" könne 50 . Anders verhalte es sich bei der Rechtsstellung des nichtstaatlichen Partners. Hier werde einmal die Meinung vertreten, daß alle Rechtsbefugnis Privater letztlich i n staatlichen Rechtsordnungen oder auch im Völkerrecht wurzele 5 1 , und zum anderen die Gegenansicht, die auch dem Individuum und von Individuen geschaffenen Verbänden eine an Staats- oder Völkerrecht nicht gebundene Autonomie zur Schaffung selbständiger Rechtsgemeinschaften zuerkenne 52 . K i p p 5 3 hält unter Bezugnahme auf Verdross 54 die zweite Auffassung für richtig und sagt: 4 6 Hinweis auf § 1 2 und § 4 1 2 . 47 a.a.O. S. 141. 48 a.a.O. S. 142—149 zum staatlichen Recht, a.a.O. S. 149—154 zum Völkerrecht. 49 a.a.O. S. 154—162. so a.a.O. S. 154/155. 51 Kipp, a.a.O. S. 155, verweist hier auf Mann, Gutzwiller-Festgabe, S. 487 und Wengler, Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 446. 52 Kipp verweist hier auf Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 639 f., vgl. § 8 I I 1 a bb. 53 a.a.O. S. 158. 54 Hinweis auf Anm. 52 zu § 8.

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

161

„ F ü r mich sind Wert und Würde der menschlichen Person und die damit verbundene personale Freiheit, wie w i r sie de lege lata etwa i n A r t . I des Bonner GG u n d i n der Präambel der Europäischen Konvention über M e n schenrecht oder de lege ferenda i n der Präambel u n d A r t . 1 der Universal Declaration of human rights der Vereinten Nationen anerkannt sehen, von solchem i n sich einsichtigem Rang, daß an der Verwurzelung des Rechts i n der allerdings durch seine Natur gebundenen Freiheit des Menschen nicht zu zweifeln ist. Der personale Mensch u n d nicht erst der durch solche Menschen handeln könnende Staat ist seinsmäßig gesehen primärer Rechtsträger u n d damit auch Rechtserzeugungssubjekt." A u s der p e r s o n a l e n F r e i h e i t des Menschen e r g i b t sich nach

Kipp 55

die o r i g i n ä r e B e f u g n i s , V e r e i n b a r u n g e n m i t a n d e r e n R e c h t s s u b j e k t e n gleicher o r i g i n ä r e r B e f u g n i s z u schließen, die a l s d a n n i h r e V e r b i n d l i c h k e i t aus d e m Rechtssatz „ p a c t a s u n t s e r v a n d a " h e r l e i t e n w ü r d e n . Es entstehe

„kraft

dieses

in

keiner

anderen

positiven

Rechtsordnung

w u r z e l n d e n V e r t r a g s v e r h ä l t n i s s e s eine neue R e c h t s g e m e i n s c h a f t " 5 6 . K i p p 5 7 w i l l „diese n e u a r t i g e n , i n i h r e m F u n k t i o n s b e r e i c h selbständigen u n d u n a b h ä n g i g e n Rechtsgemeinschaften u n d i h r Recht d e u t l i c h v o n anderen58

schon i n der

begrifflichen

Erfassung

unterscheiden"

und

sagt: „Da ein jeder solcher Vertrag eine besondere, individuelle Gemeinschaft bildet, da er von Partnern vereinbart w i r d , die m i t i h m ein nicht von anderen positiven Rechtgemeinschaften hergeleitetes, autonomes Verhältnis gestalten, die i n originärer Gleichberechtigung einander gegenüberstehen, könnte m a n vielleicht von originär-autonomen individuellen Rechtsgemeinschaften sprechen. I h r Recht wäre m i t dem Begriff individuell-autonomes Vertragsrecht zu erfassen." K i p p f ü h r t sodann aus, daß der k r i t i s c h e R e c h t s p o s i t i v i s m u s m i t überzeugenden G r ü n d e n herausgearbeitet habe, „ d a ß das Recht j e d e r Rechtsgemeinschaft a u f eine G r u n d n o r m z u r ü c k z u f ü h r e n ist, i n der es w u r z e l t , u n d aus der es seine v e r b i n d l i c h e K r a f t h e r l e i t e t " 5 9 . D i e G r u n d n o r m des Rechts d e r „ o r i g i n ä r - a u t o n o m e n i n d i v i d u e l l e n Rechtsgemeinschaften" k ö n n e m a n i n e t w a a n a l o g der G r u n d n o r m des V ö l k e r r e c h t s u n g e f ä h r so u m r e i ß e n 6 0 : „Die Rechtssubjekte dieser Gemeinschaften — das sind hier die Vertragspartner — haben sich so zu verhalten, wie es der Satz ,pacta sunt servanda' i n Verbindung m i t den dem allgemeinen Rechtsbewußtsein zivilisierter Menschen u n d Staaten entsprechenden grundlegenden Rechtsprinzipien u n d die auf dieser Basis vereinbarten Normen es verlangen." 55 56 57 58 59 60

a.a.O. S. 159. Vgl. die Ansicht von Verdross i n § 8 I I 1 a bb. a.a.O. S. 160. Kipp lehnt deshalb die Bezeichnung „quasi-völkerrechtlich" ab. a.a.O. S. 160. a.a.O. S. 161.

11 Rengeling

Die V e r t r g e i n einer besonderen Rechtsordnung

Der Abschluß der hier in Rede stehenden Verträge und die damit begründete Rechtsgemeinschaft hätten diese Grundnorm zur „rechtslogischen Grundlage"; die Existenz dieser Grundnorm sei daher „denknotwendig vorausgesetzt"; ihre Anwendbarkeit ergäbe „sich aber erst aus dem Faktum der Vereinbarung selbst". Insoweit sei es gerechtfertigt zu sagen, „daß das Recht, auf dessen Grundlage ein solcher Vertrag überhaupt möglich ist, i m Vertragsschluß selbst aufscheint" 61 . c) Dahm Eine ähnliche Ansicht wie Verdross und Kipp vertritt Dahm62. Er sagt, „ i n die Nähe des Völkerrechts" gehörten „möglicherweise Verträge, die die Völkerrechtssubjekte, etwa Staaten oder zwischenstaatliche Organisationen, m i t Einzelpersonen oder privaten Gesellschaften abschließen mögen" 6 3 . I n der Regel seien solche Verträge bürgerlich-rechtlich, die nach dem nationalen Recht eines bestimmten Staates zu beurteilen seien. Aber die Parteien könnten auch vereinbaren, daß Abkommen dieser A r t „dem internationalen Recht unterworfen sein sollen". So könne ein Staat auch i n Ausübung seiner Hoheitsgewalt m i t Privatpersonen oder -gesellschaften Verträge eingehen, „die nach internationalem Recht zu beurteilen" seien 64 . Es handele sich dann um „internationale Verträge eigener A r t " , i n denen sich öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Elemente miteinander verbänden 65 . Sie ließen „selbständige Sonderordnungen" entstehen, je nach dem Recht, das von den Parteien verabredet werde. Die Verträge könnten selbst die Einzelheiten bestimmen oder auch generell auf das Völkerrecht verweisen. Immer sei der Wille der Parteien entscheidend, der sich hier nicht i n einer vorgegebenen positivrechtlichen Ordnung entfalte, sondern diese seinerseits erst errichte und bestimme 66 . Die Staaten müßten diese Verträge nach dem Grundsatz pacta sunt servanda erfüllen; ihre Verletzung stelle, anders als die der Kontrakte des innerstaatlichen Rechts 67 , unmittelbar eine Verletzung des Völkerrechts dar 6 8 . Die dargestellte Auffassung, die Dahm i n dem 3. Bd. seines „Völkerrechts" vertritt, ist durch Äußerungen des Autors an anderem Ort zu ergänzen 69 . Dort sagt Dahm, es handele sich um dem „Wesen nach « 62 63 64 65 66 67 es 69

a.a.O. S. 161/2. Völkerrecht Bd. 3 S. 14—16. a.a.O. S. 14. a.a.O. S. 14/15. a.a.O. S. 15. a.a.O. S. 16. Hinweis auf § 5 I I 6 b. a.a.O. S. 16. Dahm, Stellung des Menschen S. 10.

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

163

internationale Verträge"; wenn man das Völkerrecht als zwischenstaatliches Recht verstehe, gehörten diese Verträge nicht dem Völkerrecht an, sondern einem „dritten Bereich, einem systematischen Niemandsland"; es sei aber sinnvoller, wenn man das Dogma der Zwischenstaatlichkeit aufgeben und den Begriff des Völkerrechts oder des internationalen Rechts so weit ausdehnen würde, daß es auch die in Rede stehenden Verträge umfassen könnte.

2. Kritische Würdigung der vertretenen Auffassungen

Läßt man den letztgenannten Gedanken von Dahm, die Verträge einem Völkerrecht in dem beschriebenen weiteren Sinn zu unterstellen 6 9 , hier außer Betracht 70 , so ist zu den dargestellten Auffassungen, nach denen die i n Rede stehenden Verträge auf Grund des Satzes pacta sunt servanda j eweils „ selbständige Rechtsordnungen " 7 1 , „ originär-autonome individuelle Rechtsgemeinschaften" 72 oder „selbständige Sonderordnungen" 7 3 bilden, folgendes kritisch zu bemerken: a) Vorzüge aa) Vorzüge — wie bei einer Einordnung der Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze Die unter § 8 I I 1 dargestellten Auffassungen weisen Vorzüge auf, die sich auch bei dem Vorschlag einer Einordnung der Verträge in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze herausstellen ließen 7 4 : Es werden die Nachteile vermieden, die es ausschließen, die Verträge in staatlichem Recht 75 oder im Völkerrecht 7 6 anzusiedeln. Verträge zwischen allen im Thema genannten Partnern können erfaßt werden 7 7 . Die Verträge werden von einem internationalen — weil außerstaatlichem — Recht beherrscht, was den Par tei V e r e i n b a r u n g e n über die rechtliche Durchführung der Verträge entspricht 78 . Das vertragsbeherrschende internationale Recht besteht neben dem Völkerrecht (im engeren Sinn) 79 . 70

Vgl. dazu § 6, insbesondere unter I I I 2 b, sowie § 9 I I I . Verdross, a.a.O. i n Anm. 21 zu § 8. 72 Kipp, a.a.O. i n Anm. 57 zu § 8. 73 Dahm, a.a.O. i n Anm. 66 zu § 8. 7 * Hinweis auf § 7 I I I 1. 7 5 Hinweis auf § 5 I I I 2. ™ Hinweis auf § 6 I I I 2. 77 Hinweis auf § 6 I I I 1 a. 78 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd, § 5 I I I 2 b bb u n d § 6 I I I 1 d; die Vertragspartner sollen dort „inter pares" einander gegenüberstehen. ™ Hinweis auf § 7 I I I 1 b. 71



164

Die V e r t r g e i n einer besonderen Rechtsordnung

bb) Die Betonung der Gestaltungsfreiheit Es ist ein Verdienst der Lehren von Verdross, Kipp und Dahm sowie anderen 80 , daß die Gestaltungsfreiheit, die die Parteien bei dem Abschluß ihrer Verträge für sich i n Anspruch nehmen und die sich in der Struktur der Verträge entsprechend niederschlägt, betont und bei der rechtssystematischen Einordnung berücksichtigt wird: Wie die Rechtsw a h l - 8 1 und Gerichtswahlklausel 82 zeigen, fühlen sich die Parteien wenig an über ihrem Vertrag stehende Rechtsnormen gebunden 83 ; sie wollen vielmehr die für sie verbindlichen Normen und das für sie zuständige Gericht selbst bestimmen. Richtig ist auch, daß i n den Verträgen viele Einzelheiten geregelt werden. Zudem haben die Verträge eine verhältnismäßig lange Laufzeit. A l l dies kann dazu führen zu sagen, daß durch die Verträge „selbständige Rechtsordnungen" 84 , „originär-autonome individuelle Rechtsgemeinschaften" 85 oder „selbständige Sonderordnungen" 86 gebildet werden, bei denen immer der Wille der Parteien entscheidend sei 86 . b) Nachteile und weitere

Bedenken

aa) Bedenken — wie bei einer Einordnung der Verträge in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze Bei den hier kritisch zu würdigenden Auffassungen ergeben sich nicht nur Vorzüge, die auch den Lösungsvorschlägen zukommen, nach denen die Verträge i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze einzuordnen sind 8 7 , es zeigt sich, daß auch Bedenken wie bei der Einordnung in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze anzumelden sind — eine Tatsache, die gegen die Ansicht von Verdross, Kipp und Dahm spricht. Es ist festzustellen, daß sich die beiden Auffassungen, nach denen einerseits eine Einordnung in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze befürwortet wird, andererseits die Einordnung als selbständige Rechtsordnungen und Rechtsgemeinschaften erfolgen soll, zumindest i m praktischen Ergebnis kaum unterscheiden: 8

0 Hinweis auf Anm. 36 zu § 8. 1 Hinweis auf § 3 I I 1. Hinweis auf § 3 I I 2. 83 Das ist — wie Kipp insbesondere hervorgehoben hat, a.a.O. i n den Anm. 51—55 zu § 8, hinsichtlich des nichtstaatlichen Partners vor allem augenfällig. 84 Verdross, a.a.O. i n A n m . 21 zu § 8. «5 Kipp, a.a.O. i n A n m . 57 zu § 8. 8 6 Dahm, a.a.O. i n A n m . 66 zu § 8. ν Hinweis auf § 8 I I 2 a aa. 8

82

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

165

Zwar spricht Verdross 88 von einer „durch einen quasi-völkerrechtlichen Vertrag geschaffene(n) lex contractus" als einer „selbständige(n) Rechtsordnung, welche das Verhältnis zwischen den Parteien erschöpfend" regele, während alle übrigen auf den Vertrag anwendbaren Normen nur kraft Delegation von der lex contractus für die Partner verbindlich seien. Dasselbe meint Kipp, wenn er das Recht der Verträge als „individuell-autonomes Vertragsrecht" bezeichnet und von „ i n ihrem Funktionsbereich selbständigen und unabhängigen Rechtsgemeinschaften" spricht 89 . Ebenso sieht Dahm90 die „selbständigen Sonder Ordnungen" und sagt, daß der Wille der Parteien sich hier nicht in einer vorgegebenen positivrechtlichen Ordnung entfalte, sondern diese seinerseits erst errichte und bestimme. Aber Verdross gibt selbst zu, daß der allgemeine Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda, der Geltungsgrund der quasi-völkerrechtlichen Verträge 9 1 , durch den Grundsatz der höheren Gewalt eingeschränkt werde 92 . Damit ist aber doch gesagt, daß i n den Bestand der quasivölkerrechtlichen Verträge auf Grund einer über diesen Verträgen stehenden Norm eingegriffen werden kann und die Rechtsordnung insoweit nicht „selbständig" ist, weil nicht alle Rechte und Pflichten durch sie allein festgelegt sind. Auch bemerkt Verdross 93 zu den Verträgen, die keine Rechtswahlklausel enthalten, daß ein Schiedsgericht, dem ein Streit aus einem solchen Vertrag vorgelegt werde, den Vertrag „nach jenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen auszulegen (habe), deren Geltung die Parteien beim Vertragsabschluß vorausgesetzt haben oder vernünftigerweise vorausgesetzt haben mußten, um einen solchen Vertrag inter pares zu begründen". Auch den Ausführungen von Kipp ist zu entnehmen, daß die Verträge nicht ausschließlich von der lex contractus beherrscht sein sollen. K i p p 9 4 spricht von „autonomen Verhältnissen" nur insofern, als diese „nicht von anderen positiven Rechtsgemeinschaften 95 hergeleitet" würden. Zu der Grundnorm des Rechts der „originär-autonomen individuellen Rechtsgemeinschaften" sagt K i p p 9 6 , daß sie den Vertragspartnern vorschreibe, sich so zu verhalten, „wie es der Satz ,pacta sunt servanda' in Verbindung m i t den dem allgemeinen Rechtsbewußtsein zivilisierter Menschen und Staaten ent88

a.a.O. i n Anm. 21 zu § 8. 89 a.a.O. i n Anm. 57 zu § 8. 90 a.a.O. i n Anm. 66 zu § 8. 91 Verdross, a.a.O. i n Anm. 18 zu § 8. 92 Verdross, a.a.O. i n Anm. 30 zu § 8. 93 a.a.O. i n Anm. 27 zu § 8. 9 * a.a.O. i n Anm. 57 zu § 8. 93 Gemeint sind die Gemeinschaften des staatlichen Rechts, also Staaten, und die Gemeinschaft des Völkerrechts, also die Völkerrechtsgemeinschaft. 96 a.a.O. i n Anm. 60 zu § 8.

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

sprechenden grundlegenden Rechtsprinzipien . . . es verlangten". Die Darlegungen von Dahm weisen keinen ähnlichen Hinweis auf. Bezüglich der Lehre von Dahm wie auch bezüglich der Lehren von Verdross und Kipp ist zu bedenken, daß sich eine Beschränkung der Vertragsfreiheit und damit der „Selbständigkeit" der Rechtsordnungen dadurch ergibt, daß unsittliche Vereinbarungen als nichtig betrachtet werden müssen 97 . Es zeigt sich somit, daß die Verträge „letztlich gar nicht der angeblich souveränen lex contractus, sondern einem naturrechtsähnlichen Rechtssystem unterstehen" 98 . Dieses System dürfte auch aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestehen, denen die Verträge nach anderer Ansicht zu unterstellen sind 99 . Gegenüber dieser Tatsache erscheint die begriffliche Frage, ob die allgemeinen Rechtsgrundsätze „überpositives" 1 0 0 oder „positives" 1 0 1 Recht darstellen, von minderer Bedeutung 1 0 2 ; jedenfalls sollen die allgemeinen Rechtsgrundsätze auf die Verträge angewandt werden 1 0 3 . Wenn die Verträge aber letztlich von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen beherrscht werden, so ist es zumindest irreführend, von „selbständigen Rechtsordnungen" 104 , „originär-autonomen individuellen Rechtsgemeinschaften" 105 oder „selbständigen Sonderordnungen" 106 zu sprechen 107 . Untersteht ein Vertrag, die lex contractus, den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, so ergeben sich wieder alle die Nachteile, die bereits aufgeführt wurden: Es erscheint äußerst bedenklich, einen Vertrag lediglich den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als einem „System" zu unterstellen 1 0 8 . Dieses Bedenken wiegt hier sogar noch weit schwerer als 97 So i m Anschluß an Lange, Internationale Banken S. 155, m i t Recht auch Borchers, Verträge S. 174/5. 98 So zutreffend Borchers, Verträge S. 175. 99 Hinweis auf § 7 I. 100 Borchers, Verträge S. 175, spricht von „ ,überpositiven 4 , der Natur des Vertrages entsprechenden allgemeinen Rechtsgrundsätzen . . . , wie sie ζ. B. i n A r t i k e l 38 I c des Statuts des I G H positiviert sind". 101 Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 97, sagt, „überpositiv" sei ein nur theoretisch i n Erwägung gezogenes Recht, das nicht positiv gelte und daher auch nicht von Gerichten anwendbar sei; wenn von „überpositivem Recht" gesprochen werde, so bediente man sich oft eines falschen Ausdrucks für „ungeschriebenes" Recht. 102 v g l . auch Strebel, Bilfinger-Festschrift S. 473—492. 103 So Borchers u n d Hans J. Wolff, vgl. Anm. 100 u n d 101 zu § 8. 104 Verdross, a.a.O. i n A n m . 21 zu § 8. los Kipp, a.a.O. i n A n m . 57 zu § 8. 106 Dahm, a.a.O. i n A n m . 66 zu § 8. 107 Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209, lehnt ζ. B. die Ansicht von Verdross, der Vertrag selbst schaffe eine neue, selbständige Rechtsordnung ab, ordnet den Vertrag aber dann i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze ein, vgl. § 7 11 b. 108 Hinweis auf § 7 I I I 2 a.

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

167

bezüglich der unter § 7 I dargestellten Auffassungen, weil nach den Lehren von Verdross 109 und Kipp 110 wohl nur wenige grundlegende Rechtsprinzipien anwendbar sein sollen und der Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht so ausgedehnt ist, daß unter einem allgemeinen Rechtsgrundsatz „die Lösung eines konkreten Problems zu verstehen wäre, die sich bei einer Umschau in den führenden Rechtsordnungen der Welt als die überlegenste erweist" 1 1 1 . Ebenfalls ist zu bemängeln, daß auch hier darauf verzichtet wird, die Verträge auch durch ein (vielleicht sich erst allmählich herausbildendes) Gewohnheitsrecht zu regeln 1 1 2 . bb) Die lex contractus als „selbständige Rechtsordnung" für sich allein betrachtet I m Gegensatz zu Verdross und Kipp 113 spricht Dahm nicht davon, daß die „internationalen Verträge eigener A r t " 1 1 4 von allgemeinen Rechtsgrundsätzen beherrscht werden; Dahm verweist lediglich auf den Satz pacta sunt servanda 115 und sagt, daß für die „selbständigen Sonderordnungen" der Wille der Parteien entscheidend sei, der sich hier nicht in einer vorgegebenen positivrechtlichen Ordnung entfalte, sondern diese seinerseits erst errichte und bestimme 1 1 6 . Betrachtet man so die Verträge für sich allein, d. h. auch außerhalb des Bereichs der allgemeinen Rechtsgrundsätze, dann ergeben sich Bedenken, die schon des öfteren geltend gemacht worden sind und von denen bereits i n anderem Zusammenhang die Rede war: Man hat der Lehre, die Verträge seien „selbständige Rechts-" oder „Sonderordnungen", entgegengehalten, daß Vertragsparteien nicht i n der Lage seien, „selbständige Rechtsordnungen" — wie vorgeschlagen — „souverän" zu schaffen; die Parteiautonomie gehe nur so weit, daß die Parteien ihren Vertrag einem bestimmten Rechtssystem unterwerfen könnten 1 1 7 . !09 a.a.O. i n Anm. 30 zu § 8. no a.a.O. i n A n m . 60 zu §8. Zweigert, a.a.O. i n Anm. 114 zu § 7. us Hinweis auf § 7 I I I 2 b. us Hinweis auf § 8 I I 2 b aa. 114 Dahm, a.a.O. i n A n m . 65 zu § 8. 115 a.a.O. i n Anm. 65 zu § 8. ne a.a.O. i n Anm. 61 zu § 8. Unverständlich bleibt dabei allerdings, weshalb eine Vertragsverletzung dann „unmittelbar eine Verletzung des Völkerrechts" darstellen soll, da die Verträge doch außerhalb einer positivrechtlichen Ordnung, also auch außerhalb der Völkerrechtsordnung, gesehen werden. 117 Mann, Gutzwiller-Festgabe S.487; McNair, B Y B I L Jg. 33 (1957) S.7; M. Wolff, Private International L a w S. 417; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 199: „Vertragsfreiheit bedeutet nirgends schrankenlose Vertragsfreiheit, sondern sie w i r d von den Rechtsordnungen der Welt zum einen n u r i n den 111

168

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Es handelt sich um ein Problem, das bereits bei dem Rechtsgrund der Verbindlichkeit und der Zulässigkeit von Verträgen allgemein 1 1 8 sowie bei der Rechtsgrundlage des kollisionsrechtlichen Verweisungsvertrages im besonderen 119 erörtert wurde. Nicht der übereinstimmende Parteiwille bildet die Rechtsgrundlage eines Vertrages, Verträge können nicht im rechtsleeren Raum, i n vacuo 1 2 0 bestehen. Borchers 121 sagt zu Recht, daß nicht „schon der Vertragstatbestand als solcher, also ein Sein, sondern erst eine — wie auch immer geartete — vom Parteiwillen wenigstens in bestimmtem Umfange unabhängige Rechtsnorm, also ein Sollen, die Verpflichtungswirkung begründet" 1 2 2 ; insofern sei der Parteiwille nicht „souverän" hinsichtlich der lex contractus; die tiefere Ursache dafür liege in dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Gerechtigkeit; rechtspolitisch sei daher zu fordern, daß Verträge bestimmte Regeln über den Schutz Schwacher und die Interessen der Allgemeinheit beachten 123 ; solche Regeln könnten aber nur in einer vom jeweiligen Vertrag unabhängigen Rechtsordnung enthalten sein 124 . Es entspricht nicht der Wirklichkeit anzunehmen 125 , die lex contractus könne die Vertragsbeziehungen „erschöpfend" 126 regeln, sie sei „sufficient w h i t h i n itself" 1 2 7 . Soweit nach den unter § 8 I I 1 dargestellten Auffassungen alle Verträge — ob sie eine Rechtswahlklausel enthalten oder nicht — den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstehen sollen, w i r d dies auch zugegeben. Grenzen bestimmter zwingender Normen gewährt u n d zum anderen m i t der weiteren Vorkehrung, daß Lücken des Vertragstextes m i t den Rechtsnormen der an sich anwendbaren Rechtsordnung geschlossen werden." Vgl. zur Bedeutung des i n diesem Zusammenhang erwähnten A r t . 1134 Code c i v i l Borchers, Verträge S. 172, u n d Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 198. " 8 Hinweis auf § 4 1 1 b. us Hinweis auf § 5 I I 3 b bb. ι 2 0 Aus dem Schiedsurteil v o m 23. 8.1958 betreffend den Kozessionsvertrag zwischen Saudi-Arabien u n d der Arabian- American O i l Company (ARAMCO) Ltd., auf das auch Verdross (Hinweis auf Anm. 36 zu § 8) verweist, zitiert Jennings , Symposium S. 138/139: " I t is obvious that no contract can exist 'in vacuo', i. e. w i t h o u t being based on a legal system . . . The contract cannot even be conceived w i t h o u t a system of l a w under which it is created. H u m a n w i l l can only create contractual relationship if the applicable system of law has first recognized its power to do so." 121 Verträge S. 172/173. 122 Hinweis auf § 4 1 l b ; da die Verträge auf G r u n d des Satzes pacta sunt servanda verbindlich sein sollen, w i r d diesem Erfordernis entsprochen. 123 Vgl. auch Zweigert, a.a.O. i n Anm. 117 zu § 8. 124 Vgl. auch Borchers, Verträge S. 17/8. Vgl. auch das U r t e i l des RG vom 28. M a i 1936, I V 272/35, J W 65 (1936) Bd. 2 S. 2058—2061, S.2059; vgl. dazu Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 234/235, u n d Borchers, Verträge S. 173/174. 125 Vgl. Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 239; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 198/199. 26 1 Verdross, a.a.O. i n A n m . 21 zu § 8. 1 2 7 So sei es i n der Regel, Ray, a.a.O i n Anm. 36 zu § 8.

I I . Die lex contractus als selbständige Rechtsordnung

169

Auch der von Verdross 128 zur Berechtigung der „Pluralität von Rechtsordnungen" 1 2 9 gebrachte Hinweis, daß ursprünglich alle Verträge zwischen Staaten bloß auf Grund des Grundsatzes pacta sunt servanda abgeschlossen worden seien, vermag nicht zu überzeugen. Er scheint vielmehr gerade dagegen zu sprechen, die Verträge als „selbständige Rechtsordnung" zu betrachten, und dafür, sie einem über ihnen stehenden Rechtssystem unterzuordnen; denn die Entwicklung des Völkerrechts zu einem Rechtssystem, dem die zwischenstaatlichen (völkerrechtlichen) Verträge angehören, zeigt doch, daß Verträge — zumindest aus rechtspolitischen Gründen 1 3 0 — in ein Rechtssystem eingeordnet werden. c) Ergebnis Bei den Lehren von Verdross, Kipp, Dahm u. a. 1 3 1 zeigen sich Vorzüge wie bei der Lösung, die Verträge den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterstellen. Insbesondere wird, wie vor allem Dahm 1 3 2 es hervorhebt, dem Parteiwillen größte Freiheit gewährt. Gerade an dieser Stelle ergeben sich aber auch die entscheidenden Bedenken gegen die Lehren von Verdross, Kipp, Dahm u. a. Denn bei der Frage der rechtssystematischen Einordnung von Verträgen kann eben nicht nur der Wille der Parteien ausschlaggebend sein; die Einordnungsfrage ist nicht nur von der Vertragsstruktur her zu beurteilen, sie ist ebenso unter Berücksichtigung der rechtlichen Möglichkeiten zu beantworten, wie diese unter rechtsphilosophischen, rechtspolitischen und rechtssystematischen Gesichtspunkten bestehen 133 . Und da zeigt es sich, daß die Gestaltungsfreiheit der Vertragspartner eingeschränkt ist. Nicht der Vertrag als solcher begründet die Verpflichtungswirkung, sondern nur eine über ihm stehende Norm in Verbindung mit dem Parteiwillen 1 3 4 ; ein Vertrag untersteht aber nicht nur der seine Verbindlichkeit begründenden Norm, sondern aus rechtspolitischen Gründen auch einem System von Normen. Bejaht man dies, sieht aber das System lediglich durch allgemeine Rechtsgrundsätze gebildet, und zwar durch die wenigen grundlegenden Rechtsprinzipien, wie ζ. B. durch das 128

a.a.O. i n Anm. 19 zu § 8. Mosler, Berichte H. 5 (1964) S. 235: „Ich habe Bedenken gegen die Pluralität der , . . . Rechtsgemeinschaften 4 , die H e r r Kipp neben die Völkerrechtsordnung und neben die staatlichen Rechtsordnungen stellt. Er stellt sie dauernden, geschlossenen Jurisdiktionssystemen an die Seite . . . " !3o Vgl. Borchers, Verträge S. 172/173. 131 Hinweis auf A n m . 36 zu § 8. 132 Hinweis auf A n m . 66 zu § 8. 133 Hinweis auf § 4 1 1 b. im Hinweis auf § 4 1 1 b. 129

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Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Prinzip der bona fides, so ergeben sich die bereits aufgeführten Bedenken 1 3 5 . Es zeigt sich somit, daß der hier gestellten Aufgabe gemäß 136 weiter zu suchen ist nach einem Rechtssystem, d. h. nach einer (Einzel-)Rechtsordnung innerhalb der Gesamtrechtsordnung 137 , i n der die Verträge ihren Platz haben können.

I I I . Die Verträge in einer sonstigen besonderen Rechtsordnung Die Versuche, die in Rede stehenden Verträge einem dritten, d. h. einem neben den staatlichen Rechtsordnungen und dem Völkerrecht (im engeren Sinn) bestehenden, Recht zu unterstellen, sind zahlreich. Neben den bereits behandelten Lösungsvorschlägen dieser A r t — der Einordnung i n den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze 138 , i n das „transnational l a w " 1 3 9 und als „selbständige Rechtsordnung" 140 — sind noch weitere Auffassungen vertreten worden, die nun — i n zeitlicher Reihenfolge — dargestellt und kritisch gewürdigt werden sollen.

1. Die Verträge in einem Quasi-Völkerrecht (Freund)

a) Darstellung

der Auffassung

von Freund

Freund 141 schließt zunächst die Anwendung nationalen Rechts auf die Schuldverbindlichkeit zwischen auswärtigen Anleihegläubigern und einem Schuldnerstaat aus und hält das Völkerrecht als zwischenstaatliches Recht nicht für anwendbar. Sodann führt er folgendes aus: aa) Die Verträge i n einem völkerrechtsähnlichen Recht Die Anleiheverträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen seien ähnlich den Verträgen zu behandeln, die zwischen Staaten abgeschlossen würden und deren Inhalt nicht die Ausübung von Hoheitsrechten ausmache, sondern die privatrechtlichen Inhalts seien, wie ζ. B. Mietverträge, Kaufverträge und Pachtverträge. Bei diesen letztgenannten Verträgen unterwerfe sich — entgegen einer 135 136 137 138 139 140 141

Hinweis auf § 7 I I I 2. Hinweis auf § 112. Hinweis auf § 4 1 2 . Hinweis auf § 7. Hinweis auf § 8 I. Hinweis auf § 8 I I . Schutz der Gläubiger S. 14—16.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

171

unrichtigen Ansicht — kein Staat dem nationalen Recht seines Partners; für diese Rechtsverhältnisse gelte vielmehr ein über den beteiligten Staaten stehendes Recht, und dies könne mit Rücksicht auf die Persönlichkeit der Kontrahenten nur das Völkerrecht sein. Ähnlich müsse das Rechtsverhältnis zwischen einem Staat und einer Privatperson beurteilt werden, die der Macht dieses Staates nicht unterstehe 142 . Unter Hinweis auf die Lehre von Bluntschli us über die „uneigentlichen völkerrechtlichen Verträge" w i l l Freund 1 4 4 die besagten Anleiheverträge einem besonderen internationalen, dem Völkerrecht ähnlichen Recht unterstellen. Diese Auffassung werde dem Wesen der Sache allein gerecht. Sie führe zu der rechtlichen Gleichstellung der privatrechtsähnlichen Verträge der Staaten untereinander und der Verträge von Staaten mit Privatpersonen, auf welche sich ihr Machtbereich nicht erstrecke. Es mache keinen Unterschied, ob Chile von dem Deutschen Reich ein Kriegsschiff oder von einer deutschen Schiffahrtsgesellschaft ein Handelsschiff erwerbe, ob das Deutsche Reich oder der Deutsche in Person Chile Geld borge; der letztere unterwerfe sich ebensowenig wie das Deutsche Reich durch das Eingehen des Vertragsverhältnisses der fremden Staatsgewalt. Es gelte also weder das deutsche, noch das chilenische Recht, sondern ein höheres Recht, das über beiden Vertragsschließenden gleichermaßen stehe, und zwar ein völkerrechtsähnliches Recht. Dieses gleiche dem Völkerrecht darin, daß auch für die Einzelpersönlichkeiten unmittelbare subjektive Rechte und Pflichten aus ihm erwüchsen, und daß das Rechtsverhältnis, wie bei völkerrechtlichen Verträgen, der Einwirkung des nationalen Rechts entzogen sei. Eine nahe Berührung mit dem Völkerrecht liege ferner darin, daß seitens der Regierung der geschädigten Gläubiger bei der Verletzung der A n sprüche aus den staatlichen Schuldverpflichtungen völkerrechtliche Zwangsmittel angewendet werden könnten, und daß gewisse völkerrechtliche Organe, wie Schiedsgerichte und internationale Gerichtshöfe, zur Untersuchung und Prüfung der Ansprüche von Staatsgläubigern unbedenklich bestellt werden könnten und tatsächlich auch bestellt würden 1 4 5 . bb) Die ausländischen Privatpersonen als Völkerrechtssubjekte Der erheblichste Einwand, der gegen die Auffassung der auswärtigen Anleihe als eines „QuasivölkerrechtsVertrages" erhoben werden werde, 142 143 144 145

Freund, a.a.O. S. 16/17. Völkerrecht Ziff. 443; vgl. auch Pflug, a.a.O. S. 17/18. Freund, a.a.O S. 18.

Staatsbankerott S. 40/41.

172

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

so fährt Freund 146 fort, sei gewiß der, daß Privatpersonen nicht Subjekte internationaler Rechte sein könnten, also aus dem Völkerrecht, sonach auch aus völkerrechtsähnlichen Verhältnissen nicht direkt Rechte und Pflichten der Einzelpersönlichkeiten entsprängen, vielmehr lediglich kraft innerstaatlicher Anordnung, kraft Staatrechts die individuellen Berechtigungen erwachsen könnten. Diese Auffassung verkenne aber — so sagt Freund i m Jahre 1910 — die Tendenz einer modernen Rechtsentwicklung, welche sich im völkerrechtlichen Herkommen bereits seit längerer Zeit angebahnt und in neuester Zeit auch in Völkerrechtskonventionen ihren direkten Niederschlag gefunden habe. Hiernach könnten Untertanen, auch wenn sie nicht Mitglieder der Völkerrechtsgemeinschaft sein könnten, doch Subjekte internationaler Rechts, Subjekte des Völkerrechts sein 1 4 7 . Sonach liege die Anerkennung, daß der Vertrag zwischen den ausländischen Gläubigern und dem fremden Schuldnerstaat ein völkerrechtsähnlicher Vertrag sei, der dem innerstaatlichen Recht nicht unterstehe, durchaus in der Richtung der bisherigen Rechtsentwicklung 148 . cc) Die i m einzelnen auf die Verträge anzuwendenden Rechtsnormen Zu der Frage, welche Rechtsnormen i m einzelnen auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Schuldnerstaat und seinen auswärtigen Gläubigern anzuwenden seien, ist Freund 149 folgender Ansicht: I n erster Linie könne es nicht bezweifelt werden, daß durch völkerrechtliche Verträge zwischen dem Staat, dem die Gläubiger angehören, und dem Schuldnerstaat die auf das Rechtsverhältnis bezüglichen Normen geregelt werden könnten und daß diese alsdann prinzipale Geltung hätten. I n zweiter Linie würden die, insbesondere auch im Völkerrecht anerkannten, Regeln über Vertragsverhältnisse gelten, vor allem der Satz, daß Verträge zu halten sind (pacta sunt servanda). Sodann bestimme sich das Rechtsverhältnis nach den in den Vertragsbedingungen ausdrücklich festgesetzten oder als stillschweigender Wille der Parteien zu ermittelnden Normen. Sofern aber hiernach die Geltung des zur Zeit des Vertragsschlusses bestehenden innerstaatlichen Rechts des Schuldnerstaates als dem Parteiwillen entsprechend anzusehen sei, könne hieraus jedoch keineswegs gefolgert werden, daß die Gläubiger sich einer nachträglichen Abänderung des Rechts zu ihren 146 147 148 149

a.a.O. S. 19—21. Hinweis auf § 6 I I I 2 a, insbesondere unter aa. v g l . A n m . 147 zu § 8; Freund, a.a.O. S. 21. a.a.O. S. 21/22.

I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

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Ungunsten von Seiten des Schuldnerstaates durch seine Gesetzgebung unterwerfen wollten. Schließlich bemerkt Freund 1 5 0 , daß auf die Quasivölkerrechtsverträge nicht sämtliche Grundsätze, die für das Verhältnis der Staaten untereinander gälten, angewandt werden könnten. Hier die Grenze zu finden, sei äußerst schwierig. b) Kritische

Würdigung

Zu der Auffassung von Freund über die „Quasivölkerrechtsverträge", die nicht mit den „quasi-völkerrechtlichen Verträgen" nach der Lehre von Verdross 151 verwechselt werden dürfen, ist folgendes kritisch zu bemerken: aa) Vorzüge Zu begrüßen ist, daß Freund die Ähnlichkeit zwischen Verträgen, die Staaten untereinander mit privatrechtlichem Inhalt eingehen, mit den Anleiheverträgen zwischen einem Staat und ausländischen privaten Gläubigern herausgestellt hat. Vorteilhaft erscheint auch, daß die Anleiheverträge zwischen den genannten Partnern einem internationalen Rechtssystem unterstellt werden, das sich von dem Völkerrecht als zwischenstaatlichem Recht unterscheidet, und daß die besagten Verträge nicht von den Gesetzesänderungen betroffen werden sollen, die sich zu Ungunsten des nichtstaatlichen Partners auswirken. bb) Nachteile und weitere Bedenken Freunds Eingrenzung für das „völkerrechtsähnliche Recht", dem die Anleiheverträge zwischen Staaten und ausländischen Gläubigern angehören sollen, ist aber nicht klar gezogen und die i m einzelnen auf die Anleiheverträge anzuwendenden Rechtsnormen entsprechen nicht der Struktur der Verträge. Freund w i l l zwar das sich zu Ungunsten der nichtstaatlichen Vertragspartner ändernde Landesrecht nicht auf die Verträge anwenden, aber demnach könnte doch das Landesrecht, das sich zu Gunsten der nichtstaatlichen Partner ändert, anwendbar sein; es besteht dann keine Unabhängigkeit der Verträge von staatlichen Rechtsordnungen. Zunächst spricht Freund davon, daß die Anleiheverträge nicht dem Völkerrecht unterstehen könnten, weil völkerrechtliche Verträge nur zwischen souveränen Staaten abgeschlossen werden und Privatpersonen nicht Subjekte von völkerrechtlichen Verträgen sein könnten 1 5 2 . Wenig 150 a.a.O. S.23—25. ΐδΐ Hinweis auf § 8 I I 1 a. 152 Freund, a.a.O. S. 16.

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Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

später führt er dann aus, um einem möglichen Einwand gegen seine Lehre vom „Quasivölkerrechtsvertrag" zuvorzukommen, daß es der modernen Rechtsentwicklung entspreche, daß Untertanen Subjekte internationaler Rechte, Subjekte des Völkerrechts seien 153 . Abgesehen von dieser Gegensätzlichkeit ist zu bemängeln, daß Freund nichts zu der von der Rechtssubjektivität zu unterscheidenden Vertragsschließungsfähigkeit sagt 1 5 4 . Zu den i m einzelnen auf die Verträge anzuwendenden Normen, also zu dem Inhalt des „völkerrechtsähnlichen Rechts", legt Freund dar 1 5 5 , daß die Verträge, die zwischen dem staatlichen Partner eines Anleih Vertrages und dem Staat, dem die Anleihegläubiger angehören, geschlossen werden, für die Quasivölkerrechtsverträge „prinzipale Geltung" hätten. Damit werden die Quasivölkerrechtsverträge aber nicht ausschließlich von einem „völkerrechtsähnlichen Recht" beherrscht, sondern auch unmittelbar vom Völkerrecht, nämlich von den besagten zwischenstaatlichen Verträgen. Dagegen ist einzuwenden, daß es den Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge 1 5 6 widerspricht, Normen 1 5 7 völkerrechtlicher Verträge auf sie anzuwenden, ohne daß in vertraglichen Abmachungen ein entsprechender Parteiwille zum Ausdruck kommt. Außerdem kann man schwerlich noch von „völkerrechtsähnlichen Verträgen" sprechen, wenn diese in erster Linie durch die besagten zwischenstaatlichen Verträge geregelt werden sollen. Denn für völkerrechtliche Verträge gilt der Satz: „Pacta tertiis nec prosunt nec nocent" 1 5 8 . Die zwischenstaatlichen Verträge können den Partnern der Quasivölkerrechtsverträge nicht nur Rechte einräumen, sondern auch Pflichten auferlegen. Die Möglichkeit von Verträgen zu Lasten Dritter w i r d jedoch i m Völkerrecht im allgemeinen verneint 1 5 9 . Es spricht daher gegen die Völkerrechtsähnlichkeit der Anleiheverträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, daß diese in erster Linie durch andere, völkerrechtliche Verträge geregelt werden sollen. Schließlich würde die Tatsache, daß Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern durch ein System von Normen beherrscht werden, in dem die besagten zwischenstaatlichen Verträge „prinzipale Geltung" besitzen, auch damit nicht vereinbar sein, daß die staatlichen und nichtstaatlichen Partner einander inter pares gegenüberstehen 153 Freund, a.a.O. i n Anm. 147 zu § 8. 154 Hinweis auf § 6 I I 1 a aa. 1 5 5 a.a.O. i n Anm. 149 zu § 8. 156 Hinweis auf § 3 I I . 157 Hinweis auf § 6 I I 1 b zum völkerrechtlichen Vertrag i m statischen Sinn, iss v g l . Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 62; Verdross, Völkerrecht S. 183. 159 Verdross, Völkerrecht S. 184; Hinweis auf Anm. 65 zu §6.

I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

175

wollen und rechtlich auch sollen. Denn dem staatlichen Partner würde hier eine stärkere Rechtsstellung insofern eingeräumt, als er die Möglichkeit gewinnt, i n den besagten zwischenstaatlichen Verträgen sich i m Verhältnis zu den nichtstaatlichen Partnern unbillige Vorteile zu verschaffen 160 . cc) Ergebnis Der Vorschlag von Freund, die in Rede stehenden Verträge einem neben dem (zwischenstaatlichen) Völkerrecht bestehenden „völkerrechtsähnlichen Recht" zu unterstellen, ist zu begrüßen. Da dieses Recht aber nicht ganz klar eingegrenzt wird, kann Freund nicht zugestimmt werden. 2. Die Verträge in einem „internationalen Privatrecht im eigentlichen Sinne" (Gfrörer)

a) Darstellung

der Auffassung

von Gfrörer

Unter Hinweis auf den von Freund 161 vertretenen Standpunkt führt Gfrörer 162 aus, daß die auswärtigen Staatsanleihen nur als „übernationale" Rechtsverhältnisse aufgefaßt werden könnten. Wenn die Parteien die Verträge einem bestimmten geltenden Recht unterstellen wollten, so sei dies immer nur anzusehen als „loi créée par la convention destinée à régir le contrat"; werde auf staatliches Recht verwiesen, dann seien nur die zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden Normen anwendbar 1 6 3 . Der erste Grundsatz des Rechts, dem die Anleiheverträge angehörten, laute: pacta sunt servanda. Das vertragsbeherrschende übernationale Recht sei nicht das Völkerrecht. Da letzteres in der Regel als „internationales öffentliches Recht" betrachtet werde, so sei durch diese Bezeichnung auf einen zweiten Zweig des internationalen Rechts verwiesen, nämlich auf ein „internationales Privatrecht" 1 6 4 . Da dem Anleihevertrag der „öffentlich-rechtliche Charakter" fehle, könne zu seiner Regelung lediglich Privatrecht i n Frage kommen. Als das dafür „postulierte internationale Privatrecht — das Seitenstück zu dem internationalen öffentlichen Recht (Völkerrecht) — " sei nicht 160 D a m i t w i r d nicht gesagt, daß die besagten zwischenstaatlichen Verträge für die Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern ohne Belang sind; nur sollen die zwischenstaatlichen Verträge nicht innerhalb der Rechtsordnung (des Rechtssystems), die (bzw. das) die Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern beherrscht, ohne Zustimmung beider letztgenannter Partner gelten. 16! Hinweis auf § 8 I I I 1 a. 162 Staatsanleihe S. 29. 163 Gfrörer, a.a.O. S. 29/30. 164 Gfrörer, a.a.O. S. 30—32.

176

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

„das ,internationale Privatrecht' des gewöhnlichen Sprachgebrauchs" zu verstehen, weil das letztgenannte Recht nicht internationales, sondern staatliches Recht sei 1 6 5 . Gfrörer betrachtet das auf die Anleiheverträge anzuwendende internationale Privatrecht als übernationales Recht, das auch auf die Privatrechtsverhältnisse zwischen Staaten Anwendung finde 166. Quellen des internationalen Privatrechts i m eigentlichen Sinn, als übernationales Recht, sind nach Gfrörer, „wie die des Völkerrechts, Staatenverträge und . .. auch die Gewohnheit" 1 6 7 . b) Kritische

Würdigung

Die Ansicht von Gfrörer deckt sich im wesentlichen mit derjenigen, die Freund vertritt. Deshalb sind die Vorzüge der beiden Auffassungen gleicher A r t 1 6 8 . Zu begrüßen ist der Hinweis von Gfrörer auf die Gewohnheit als „Quelle" des internationalen ( = überstaatlichen) Privatrechts 169 . Aber auch Bedenken, die zu der Meinung von Freund geäußert w u r den 1 7 0 , sprechen gegen die Ausführungen von Gfrörer; das gilt insbesondere hinsichtlich der Staatenverträge als „Quelle" des vertragsbeherrschenden Rechts. Wegen der öffentlich-rechtlichen Bestandteile der Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern 1 7 1 , vor allem der Konzessionsverträge 172 , erscheint eine Einordnung aller Verträge, deren Struktur in den §§ 2 und 3 umschrieben wurde, i n ein überstaatliches Privatrecht, wie Gfrörer es für die Anleiheverträge fordert, nicht möglich. Abgesehen davon ist die Bezeichnung des vertragsbeherrschenden Rechts durch Gfrörer ungünstig, weil unter „Internationalem Privatrecht" die Normen des staatlichen Kollisionsrechts zusammengefaßt sind. I m Ergebnis kann Gfrörer ebensowenig zugestimmt werden wie Freund. 3. Die Verträge als „quasi-international contracts" (Borchard)

Wie früher schon Freund 173 so hat sich auch Borchard 174 auf die „uneigentlichen völkerrechtlichen Verträge" nach der Lehre von BluntGfrörer, a.a.O. S. 32; Hinweis auf §5 I I 3 a. 166 Gfrörer, a.a.O. S. 33; vgl. Freund, a.a.O. i n Anm. 142 zu §8. 167 Gfrörer, a.a.O. S. 34. 168 Hinweis auf § 8 I I I 1 b aa. 169 Hinweis auf §7 I I I 2 b. 170 Hinweis auf § 8 I I I l b b b . 171 Vgl. ζ. B. Dahm, a.a.O. i n Anm. 65 zu § 8. 172 Hinweis auf § 3 1 1 a bb. ^ a.a.O. i n Anm. 144 zu §8.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

177

schli 175 berufen und zu den auswärtigen Staatsanleihen folgenden Standpunkt vertreten: Es gebe Verträge, bei denen sich staatliche und nichtstaatliche Partner keinem Landesrecht unterwerfen wollten 1 7 6 . Die ausländische Staatsanleihe sei „not purely an international contract, for this could be concluded only by states"; und Borchard sagt 1 7 7 : "The contract ( = die auswärtige Staatsanleihe) is, however, by its nature under the protection of international l a w and is what Bluntschli called a quasi-international contract."

Die Ausführungen von Borchard geben zu wenig Anhaltspunkte für eine genaue rechtssystematische Einordnung. Festzuhalten ist aber, daß auch Borchard Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern richtigerweise einem neben dem (zwischenstaatlichen) Völkerrecht bestehenden internationalen Recht unterstellen w i l l 1 7 8 .

4. Die Verträge in einem „freien Körperschaftsrecht" (R. Wolff, Werr)

a) Darstellung

der bisher vertretenen

Auffassungen

aa) R. Wolff 179

R. Wolff spricht bei den Rechtsgrundlagen der internationalen Kartelle von den „freien, vom staatlich gesetzten Recht unabhängigen Normen . . . , welche sich als eine A r t ,common law' des internationalen Handelsverkehrs herausgebildet" hätten. Eine besondere Rolle spielten diese Normen auf dem Gebiet des Körperschaftswesens. Hier, wo die staatlich gesetzten Normen sehr lückenhaft seien, habe sich ein Organisationsrecht entwickelt, das man vielleicht als „freies" Körperschaftsrecht i m Gegensatz zu dem auf staatlicher Satzung beruhenden bezeichnen könne. Das freie Körperschaftsrecht finde seine Grundlage i n einer gemeinsamen Rechtsanschauung des Kaufmannsstandes, die sich durch die gleichliegenden wirtschaftlichen Bedingungen i n der abendländischen Welt gebildet habe. Die Gemeinsamkeit der Rechtsanschauungen habe dazu geführt, daß sich auf Gebieten, wo staatliche 174 Diplomatie Protection S. 304/305. 175 a.a.O. i n Anm. 143 zu § 8. 176 Borchard, Diplomatie Protection S. 305; dort nennt Borchard als Beispiele i n dem folgenden Satz: "There is certainly some analogy between a contract (1) between Venezuela and Germany and (2) between Venezuela and a German citizen, for the building of a vessel or of the borrowing of money." Vgl. auch Freund, a.a.O. i n A n m . 114 zu § 8. 177 a.a.O. S. 305. 178 Später hat Borchard die hier dargestellte Auffassung aufgegeben u n d zu der Staatsanleihe gesagt, daß sie ein Vertrag sui generis sei „created under a definite system of municipal l a w " ; vgl. Bor chard-Wynne, State Insolvency and Foreign Bondholders Bd. 1 S. 17. 179 Internationale Kartelle S. 39/40. 12 Rengeling

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Normen fehlten, aber auch andererseits auf Gebieten, wo die bestehenden staatlichen Gesetze der Rechtsanschauung der Beteiligten widersprachen, sich eine freie Rechtsübung entwickelt habe. Die Träger des freien internationalen Körperschaftsrechts seien die branchemäßig organisierten internationalen Industrie- und Handelsverbände, in deren Schöße sich die neuen Rechtsnormen entwickelten. Die Anwendung und die praktische Durchsetzung des freien Körperschaftsrechts erfolge durch die internationale Schiedsgerichtsbarkeit. bb) Werr Unter Bezugnahme auf die Ausführungen von R. Wolff 180 meint Werr 181 bei allen internationalen Kartellen die Tendenz feststellen zu können, sich soweit als möglich vom staatlichen Recht unabhängig zu machen. W e r r 1 8 2 bejaht das „freie Körperschaftsrecht" als ein neben den staatlichen Rechtsordnungen und dem Völkerrecht bestehendes „vom Staat und vom staatlichen Willen unabhängiges Normsystem als Rechtssystem". Der Ausdruck Körperschafts recht ist nach der Auffassung von Werr 183 nur statthaft, „wenn w i r unter Recht ganz allgemein den i m Übertretungsfalle mit der Möglichkeit einer Unrechtsfolge ausgestatteten, nur in der äußeren Handlung ohne Rücksicht auf Motiv und innere Zustimmung bindenden normativen Befehl verstehen" 1 8 4 . Als (einzige) Unrechtsfolge, als Zwangsmittel, der Normenordnung „freies Körperschaftsrecht" betrachtet W e r r 1 8 5 den Boykott. Bei Anleihe- 1 8 6 und bei Kartellverträgen 1 8 7 kommt Werr zu dem Ergebnis, daß diese dann „dem staatlichen Reichskreise entrückt" sind und sich bei ihnen „Staat und Wirtschaftsmacht als gleichgeordnete Partner" treffen, wenn die Verträge durch zwei Punkte gekennzeichnet sind 1 8 8 : (1) „Verpflichtung des Staates gegenüber einem internationalen Wirtschaftsgebilde zur Setzung von Hoheitsakten 1 8 9 ." (2) „Unterwerfung des Staates unter ein Schiedsgericht, das nicht nach staatlichem Recht, sondern nach anderen Normen und Grundsätzen entscheidet 1 9 0 ." 180

Hinweis auf § 8 I I I 4 a aa. Wirtschaftszusammenschlüsse S. 78/79. 182 a.a.O. S. 78. 183 a.a.O. S. 75 Anm. 5. 184 Hinweis auf § 4 12 a. 185 a.a.O. S. 84. 186 Werr, a.a.O. S. 104. is? Werr, a.a.O. S. 107/108. 188 Wie Anm. 187 zu § 8. 189 Gemeint ist auch die Unterlassung von Hoheitsakten, vgl. Werr, a.a.O. S. 104; Hinweis auf §3113. 19 ° Hinweis auf § 3 I I 2. 181

I i i . Die Verträge in einër sonstigen besonderen Rechtsordnung b) Kritische

179

Würdigung

aa) Vorzüge Auch die dargestellten Auffassungen von R. Wolff und Werr genießen den Vorzug, für Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern ein neben dem Völkerrecht stehendes Rechtssystem als Rechtsordnung zu bejahen. Dabei erscheint folgendes vorteilhaft: die von den Autoren gegebenen Hinweise auf die Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit; die Darlegungen von R. Wolff zum Gewohnheitsrecht, zum Handelsbrauch; das von Werr hervorgehobene Vertragsmerkmal der staatlichen Verpflichtung zur Setzung oder Unterlassung von Hoheitsakten sowie die Betonung der Tatsache, daß die Vertragspartner sich als gleichgeordnet treffen. bb) Nachteile und weitere Bedenken Z u bemängeln ist, daß das „freie Körperschaftsrecht" gegenüber anderen Rechtsordnungen, namentlich den staatlichen, nicht genau abgegrenzt wird. R. Wolff sagt lediglich, daß sich deshalb, weil die staatlichen Gesetze sehr lückenhaft seien, das Organisationsrecht des „freien Körperschaftsrechts" entwickelt habe, daß aber andererseits auch auf Gebieten, wo die bestehenden staatlichen Gesetze der Rechtsanschauung der Industrie- und Handelsverbände widersprochen hätten, eine freie — gemeint ist wohl: entgegen den staatlichen Normen bestehende — Rechtsübung zustande gekommen sei. Damit w i r d aber doch staatliches Recht nur auf Grund des Handelsbrauchs ergänzt oder verdrängt; inwieweit letzteres möglich ist, ob etwa bis zur völligen Verdrängung staatlichen Rechts, bleibt offen. Werr sieht zwar das „freie Körperschaftsrecht" als ein „vom Staat und vom staatlichen Willen unabhängiges Normensystem als Rechtssystem" 1 9 1 , es erscheint aber bedenklich, den beiden von ihm als ausschließlich entscheidend aufgeführten Merkmalen für die Einordnung von Verträgen in das „freie Körperschaftsrecht" zuzustimmen. Einmal können auch andere Merkmale bei Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern vorliegen und — möglicherweise allein — dafür sprechen, die Verträge der Regelung durch staatliches Recht zu entziehen, man denke an die Ratifizierungs- und die Rechtswahlklauseln 1 9 2 ; zum anderen veranlaßt die letztgenannte Klausel, ein weiteres Bedenken gegen die Auffassung von Werr vorzutragen: Es ist nicht einsichtig, weshalb die Schiedsgerichte nicht staatliches Recht anwenden 19! a.a.O. i n Anm. 182 zu § 8. 192 Hinweis auf § 3 I I 4 bzw. 1. 12*

180

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

sollen. Entscheidend kann doch nur sein, daß staatliches Recht nicht vertragsbeherrschend ist, daß die Verträge nicht in staatlichem Recht rechtssystematisch eingeordnet sind; hingegen ist es aber doch möglich, daß die Parteien staatliches Recht zum Inhalt ihrer Verträge machen 193 , daß staatliches Recht anzuwenden ist, weil es von den vertraglichen Vereinbarungen delegiert w i r d 1 9 4 . Die Verträge haben in einem solchen Fall nicht ihre Geltungsgrundlage — davon sprechen R.Wol/f und Werr gar nicht — i n staatlichem Recht, die Schiedsgerichte können aber gleichwohl landesrechtliche Normen anwenden. Zu bemängeln ist ferner, daß das „freie Körperschaftsrecht" nur als Vertrags- und als Gewohnheitsrecht gesehen wird, daß dagegen die Rechtsgrundsätze außer Betracht bleiben 1 9 5 . Schließlich erscheint auch die Bezeichnung „freies Körperschaftsrecht" schon deshalb nicht gut, weil sie nicht erkennen läßt — zumindest nicht ohne weiteres —, daß internationales Recht gemeint ist. cc) Ergebnis Den Auffassungen von R. Wolff und Werr kann insoweit zugestimmt werden, als einzelne Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern einem neben dem Völkerrecht stehenden internationalen Rechtssystem als Rechtsordnung unterstellt werden sollen. Die Autoren grenzen jedoch diese Rechtsordnung, die nicht sehr treffend als „freies Körperschaftsrecht" bezeichnet wird, nicht genau von anderen, namentlich von staatlichen, Rechtsordnungen ab und führen keine (so R. Wolff) oder doch zu wenige (als allein ausschlaggebende) Merkmale für die Einordnung von Verträgen i n die von ihnen beschriebene Rechtsordnung an. R. Wolff und Werr ist somit letztlich nicht zu folgen.

5. Die Verträge in einem ius gentium als „Staatengemeinschaftsrecht" (von der Heydte)

Wie bereits dargestellt wurde 1 9 6 , hat von der Heydte im Jahre 1963, auf der 8. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, gesagt, „daß vom Grundsätzlichen her nichts dagegen spricht, hier wirklich anzunehmen, daß Verträge vorliegen, die eben nach Völkerrecht zu beurteilen sind" 1 9 7 . 193 Vgl. die Ausführungen zur materiellrechtlichen Verweisung i n § 5 I I 3 b bb. 194 So zutreffend Verdross, a.a.O. i n Anm. 21 zu § 8. 195 Hinweis auf § 7 I I I 3. im Hinweis auf § 6 I 6. 197 a.a.O. i n Anm. 23 zu § 6.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

a) Darstellung

der Auffassung

181

von von der Heydte (1933)

I m Jahre 1933 hat von der Heydte 198 den Standpunkt vertreten, daß auf bestimmte Verträge „das ius gentium, das Staatengemeinschaftsrecht" 1 9 9 anzuwenden sei. Dazu führt von der Heydte i m einzelnen aus: Bei der Bestimmung des für Privatrechtsverhältnisse m i t fremdstaatlichen — disnationalen — Elementen anwendbaren Rechts seien die staatlichen Rechtsordnungen zwei großen Prinzipien gefolgt, dem Prinzip des ius gentium und dem der Kollisionsnorm. Das erstgenannte Prinzip sei das ältere. Es schließe sowohl die A n wendung des eigenen nationalen Rechts wie des Rechts des Fremden aus und schaffe für Rechtsverhältnisse zwischen Angehörigen verschiedener Rechtskreise ein neues Recht im Inbegriff der Rechtssätze, die beiden bzw. allen in Frage kommenden Rechtsordnungen gemeinsam seien 200 . I m Laufe der Jahrhunderte habe sich ein neues Prinzip für die Fälle der Kollision verschiedener Rechtskreise durchgesetzt, das Prinzip der Kollisionsnormen 2 0 1 . Das ius gentium, das Staatengemeinschaftsrecht, sei jedoch nicht ganz verschwunden: Es sei von Schiedsgerichten anzuwenden, die i n verschiedenen Eisenbahnabkommen der Nachkriegszeit eingesetzt worden seien, ζ. B. i n dem sog. Südbahnabkommen, „bei dem ein Privater und Staaten als gleichwertige Partner eines internationalen Vertrags" erschienen 202 . Das Prinzip des Staatengemeinschaftsrechts sei ebenfalls in der Rechtsprechung der in Friedensverträgen eingesetzten Gemischten Schiedsgerichte zu finden, die die Tendenz hätten, „die Vorfrage nach dem anzuwendenden Recht beiseite zu lassen, nach Gemeinsamkeit der i n Betracht kommenden nationalen Rechte zu suchen, und aus diesen, sowie darüber hinaus aus allgemeinen Rechtsgesichtspunkten ein internationales Weltprivatrecht zu entwickeln" 2 0 3 . 198 Jur. Bl. Jg. 62 (1933) S. 33—35. 199 a.a.O. S. 33. Dieses Staatengemeinschaftsrecht darf nicht m i t dem „internen Staatengemeinschaftsrecht" i m Sinne der Lehre von Verdross, Völkerrecht S. 4, verwechselt werden; Hinweis auf §911. 200 von der Heydte, a.a.O. S. 33: „Das römische ius gentium, ursprünglich nichts anderes als die Summe der Rechtssätze, die dem römischen ius civile und dem Recht der Nachbarstaaten Roms gemeinsam waren, w a r das internationale Privatrecht Roms, das bei Rechtsverhältnissen zur Anwendung kam, die sowohl den römischen, wie einen anderen Rechtskreis berührten, ohne vollkommen einem der beiden Kreise anzugehören." so1 Hinweis auf § 5 I I 3. 202 Einzelheiten bei von der Heydte, a.a.O. S. 33/34. 203 Von der Heydte, a.a.O. S. 34, zitiert hier wörtlich Grau, W V R D Bd. 3 S. 65.

182

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Diese Beispiele zeigten, so fährt von der Heydte fort 2 0 4 , „daß auch heute noch eine Norm des Internationalen Privatrechts besteht, die bei Rechtsverhältnissen, die in verschiedenen staatlichen Rechtskreisen gelagert sind, in bestimmten Fällen auf die diesen oder allen Rechtskreisen gemeinsamen Rechtsgrundsätze verweist". Die Existenz einer derartigen Regel führe zu der Frage, „ i n welchen Fällen dieser Satz des internationalen Privatrechts zur Anwendung gelangt, und welches sein logischer, normativer Verpflichtungsgrund, oder mit anderen Worten: welche die Rechtsordnung, der er angehört", ist. Das Prinzip des Staatengemeinschaftsrechts könne seine verbindliche K r a f t nicht aus innerstaatlichem Recht herleiten, sondern — so sagt von der Heydte 2 0 5 : „Es muß also eine völkerrechtliche N o r m geben, die etwa bestimmt, daß Privatrechtsverhältnisse, die Elemente verschiedener staatlicher Rechtsordnungen aufweisen, dann, wenn die lex fori eines innerstaatlichen Gerichtes keine Kollisionsnorm über das anzuwendende Recht enthält, also vor allem dann, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht überhaupt nicht dem innerstaatlichen Recht angehört, nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurteilen sind, die den i n Frage kommenden Rechtskreisen gemeinsam sind."

Durch diese Norm sei das internationale Privatrecht i n seinen beiden Grundprinzipien im Völkerrecht verankert und die vom Rechtspositivismus aufs heftigste geleugnete Verbindung des Internationalen Privatrechts mit dem Völkerrecht gegeben 206 . b) Kritische

Würdigung

aa) Vorzüge Die Ausführungen, die von der Heydte zum „Staatengemeinschaftsrecht" macht, sind insoweit zu begrüßen, als sie den Gedanken enthalten, die Verträge einem außerstaatlichen Recht zu unterstellen. Als Vorzüge sind zu werten: der Hinweis auf die Bedeutung der (außerstaatlichen) Schiedsgerichtsbarkeit, die Geltung der allgemeinen Rechtsgrundsätze für die Verträge sowie die Betonung, daß Staaten und Private als „gleichgeordnete Partner" 2 0 7 erscheinen. bb) Nachteile und weitere Bedenken Gegen das „Staatengemeinschaftsrecht", wie von der Heydte es versteht, sind aber auch gewichtige Bedenken zu erheben. Es erscheint — wie bereits dargestellt 208 — nicht richtig, Verträge wie es bei dem 204 205 206 207 208

a.a.O. S. 34/35. a.a.O. S. 35. Wie Anm. 205 zu § 8. von der Heydte, a.a.O. i n Anm. 202 zu § 8. Hinweis auf § 7 I I I 2 u n d 3.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

183

„Staatengemeinschaftsrecht" der Fall ist — lediglich den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterstellen. Vor allem aber kann der Auffassung, daß die Verträge mit der i n den §§ 2 und 3 geschilderten Struktur einem Rechtssystem angehören sollen, das letztlich i m Völkerrecht „verankert" ist 2 0 9 , nicht zugestimmt werden. Die von von der Heydte aufgestellte völkerrechtliche Norm, nach der entschieden werden soll, ob auf einzelne Verträge „Staatengemeinschaftsrecht" anzuwenden ist oder nicht, muß abgelehnt werden, w e i l die Verträge nicht ihre verbindliche Kraft aus dem Völkerrecht herleiten 2 1 0 . Letzteres soll aber durch die besagte Völkerrechtsnorm bewiesen werden. Diese Norm erinnert an die K o l l i sionsnorm, die Zweigert dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze entnimmt 2 1 1 und an die Lösung von Mann, der die Frage, ob die Verträge außerstaatlichem Recht (nach der Auffassung von Mann: dem Völkerrecht 2 1 2 ) zu unterstellen sind, nach dem Internationalen Privatrecht i m Sinn der staatlichen Kollisionsrechte beantworten w i l l 2 1 3 . Die Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung der Verträge, insbesondere die Rechtswahlklauseln 214 , lassen jedoch erkennen, daß auf die Verträge nur dann Völkerrecht anwendbar sein soll, wenn eine entsprechende Abmachung getroffen wurde und sonst nicht. Eine Anwendung der von von der Heydte aufgestellten Völkerrechtsnorm auf alle Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern würde daher der Struktur dieser Verträge widersprechen. Es gilt hier entsprechend, was früher gegen die Ansicht von Mann vorgetragen wurde 2 1 5 . Dort war zu bedenken, daß die Verträge nicht einerseits der Regelung durch staatliches Recht entzogen werden können, nämlich i m Hinblick auf die anzuwendenden Sachnormen, andererseits aber dem staatlichen Recht unterstellt bleiben, nämlich i m Hinblick auf die K o l lisionsnormen. Auch die von von der Heydte beschriebene Völkerrechtsnorm kann als „Kollisionsnorm" betrachtet werden, da nach ihr darüber zu befinden sein soll, ob staatliches Recht oder „Staatengemeinschaftsrecht" anzuwenden ist 2 1 6 . Ergibt aber eine Auslegung der Parteivereinbarungen, daß Völkerrecht nur bei entsprechender Abmachung gelten soll, dann ist nicht einzusehen, weshalb das nur für die anzuwendenden Sachnormen, nicht aber für die anzuwendende Kollisionsnorm von Bedeutung sein soll. 209 von der Heydte, a.a.O. i n Anm. 205 zu § 8; vgl. dazu Borchers, Verträge S. 154, u n d Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 78. 210 Hinweis auf § 6 I I I 2 u n d 3. 211 Hinweis auf § 7 1 1 b m i t der Anm. 23. 212 Hinweis auf § 6 14. 213 Hinweis auf § 5 12 c zur Darstellung der Auffassung von Mann; H i n weis auf § 5 I I I 2 b zur K r i t i k der Auffassung von Mann. 214 Hinweis auf § 3 I I , insbesondere unter 1. 215 Hinweis auf die Ausführungen unter § 5 I I I 2 b bb. 216 Vgl. den I n h a l t der von Zweigert aufgestellten Kollisionsnorm als allgemeinen Rechtsgrundsatz i n § 7 11 b m i t der A n m . 23.

184

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

cc) Ergebnis Die Lehre vom „Staatengemeinschaftsrecht", die von der Heydte entwickelt hat, genießt den Vorzug, Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern der Regelung durch staatliches Recht zu entziehen und den Gedanken zu enthalten, diese Verträge einem besonderen Bereich des internationalen Rechts zu unterstellen. Dieser Bereich des internationalen Rechts, „Staatengemeinschaftsrecht" genannt, w i r d aber als i m Völkerrecht verankert gesehen. Das hat zur Folge, daß die Verträge letztlich ihre verpflichtende Kraft aus dem Völkerrecht beziehen — eine Lösung, der nicht zugestimmt werden kann 2 1 7 .

6. Die Verträge im „Recht der internationalen Gemeinschaft" (Zemanek) oder im „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht" als einem „Sonderbereich des Rechtes der internationalen Gemeinschaft" (Borchers)

a) Darstellung

der vertretenen

Auffassungen

aa) Zemanek Auch Zemanek ist der Auffassung, daß es Rechtsbeziehungen gibt, die sich weder vom zwischenstaatlichen (Völkerrecht) noch vom staatlichen Recht her erfassen lassen 218 . Dafür w i r d neben dem „internationalen Verbandsrecht" 2 1 9 ein weiterer Kreis von Beispielen angeführt, nämlich die „Rechtsbeziehungen zwischen Staaten bzw. öffentlichen internationalen Organisationen 220 , also regelmäßig Subjekten des zwischenstaatlichen Rechts einerseits und nichtstaatlichen internationalen 2 2 1 bzw. einzelnen nationalen Verbänden 2 2 2 oder Individuen 2 2 3 andererseits" 2 2 4 . Zemanek weist dabei etwa auf Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung, auf Anleihe- und Monopolverträge und Kartellverträge h i n 2 2 5 , wobei er als Merkmale dieser Verträge die staatliche Verpflichtung zur Setzung oder Unterlassung von Hoheitsakten 226 , die Einsetzung von Schiedsgerichten 227 sowie die Tatsache nennt, daß sich die Vertragspartner „auf der Ebene der Gleichheit treffen" 2 2 8 . 217 Vgl. auch die Ausführungen unter § 3 I I I 3. 2ie Zemanek, Verdross-Festschrift S. 322. 219 Hinweis auf § 2 I I c cc. 220 Vgl. die Definition i n A n m . 93 zu § 2 ; Verträge, an sationen beteiligt sind, fallen nicht i n den Rahmen der suchung, Hinweis auf A n m . 5 zu § 2. 221 Hinweis auf § 2 I I 2. 222 Hinweis auf § 2 I I 1 b. 223 Hinweis auf § 2 I I 1 a. 224 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 331. 225 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 332—335. 226 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 332; Hinweis auf 227 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 332; Hinweis auf 228 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336.

denen diese Organivorliegenden Unter-

§3113. §3112.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

185

Zur rechtssystematischen Einordnung dieser Verträge sagt Zemanek 2 2 9 folgendes: Wer das Völkerrecht als das Recht der internationalen Gemeinschaft i m Gegensatz zum Recht der einzelnen nationalen Gemeinschaften begreife, der vermöge die beschriebenen Phänomene 230 mit dem „klassischen" Völkerrecht der zwischenstaatlichen Beziehungen zu einem sinnvollen Ganzen zu ordnen. Denn die vielgestaltigen Normen, die aufgezeigt worden seien 231 , hätten jedenfalls zweierlei mit dem zwischenstaatlichen Recht gemeinsam: Sie regelten Beziehungen innerhalb der internationalen Gemeinschaft und hätten ihren Geltungsgrund nicht in einer staatlichen Rechtsordnung. Man werde bei ihrer Einordnung von der Tatsache ausgehen müssen, daß die internationale Gemeinschaft eine Strukturwandlung erfahren habe und sich heute nicht mehr nur aus Staaten und Staatenverbindungen zusammensetze. Hinzu kämen ζ. B. die internationalen öffentlichen Verbände 2 3 2 und die Rechtsbeziehungen zwischen Subjekten des zwischenstaatlichen Rechts und privaten Verbänden 2 3 3 . Daraus gewinnt Zemanek 2 3 4 die Erkenntnis, „daß die Bausteine der internationalen Gemeinschaft verschiedener A r t sind und untereinander differenzierte Rechtsbeziehungen unterhalten". Die Rechtsordnung der internationalen Gemeinschaft richte sich in ihrer Gesamtheit zwar nicht an alle Mitglieder, aber dies treffe auch auf jede staatliche Rechtsordnung zu. Da die internationale Gemeinschaft nicht homogen sei, werde man i n ihr mehrere Rechtsschichten mit verschiedenen persönlichen und sachlichen Geltungsbereichen unterscheiden müssen. Ein Teil der Normengruppen dieser Schichten diene der Ordnung partikularer Gemeinschaften 235 innerhalb der großen Gemeinschaft, ohne zu der positivrechtlichen Normengruppe einer anderen Rechtsschicht i n einem hierarchischen Verhältnis zu stehen. Ihr Geltungsgrund werde für alle jene, die im Naturrecht die allen zwischenmenschlichen Rechtsbeziehungen übergeordnete Ordnung erkennten und und seine Werte als das Fundament jener Rechtsordnung betrachteten, in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen liegen. Angesichts dieser Erkenntnis sei es lediglich eine Frage der Terminologie, ob man die Bezeichnung „Völkerrecht" dem zwischenstaatlichen 229 Verdross-Festschrift S. 336/337. 230 Gemeint sind ζ. B. die erwähnten Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, a.a.O. i n den Anm. 225—228 zu § 8. 231 Wie Anm. 230 zu § 8. 232 Hinweis auf A n m . 5 und 93 zu § 2. 233 Gemeint sind die nichtstaatlichen Partner, wie sie auch i n § 2 I I aufgeführt sind. 234 Verdross-Festschrift S. 337. 235 Damit sind auch die Gemeinschaften der internationalen öffentlichen Verbände gemeint.

186

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Recht vorbehalten und einen neuen Oberbegriff wählen wolle, oder das gesamte Recht der internationalen Gemeinschaft mit dem Ausdruck „Völkerrecht" bezeichne und für die einzelnen Rechtsschichten neue Namen wähle 2 3 6 . bb) Borchers 237

Borchers ist der Auffassung, daß die „,internationalisierten 4 Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen 238 . . . nach Struktur, Inhalt und Funktion weitestgehend mit den zwischenstaatlichen Verträgen überein(-stimmten), die von Mann 2 3 9 i n den Bereich des Völkerhandelsrechtes eingeordnet werden". Borchers geht sodann näher ein auf den Inhalt der Verträge, ihre Form und ihr Wirksamwerden, das vertragsbeherrschende Recht, die Unabhängigkeit vom Landesrecht, die Schiedsklauseln und die Unrechtsfolgen 240 und gelangt zu folgendem Ergebnis 2 4 1 : „Es erweist sich also, daß die zwischenstaatlichen Verträge wirtschaftlichen Inhalts u n d die Verträge zwischen Staaten und ausländischen P r i v a t personen i m wesentlichen einen gleichartigen juristischen Gehalt haben, daß beide außerhalb der innerstaatlichen Rechtssphäre ,inter pares' i n Formen, die bei Privatrechtsverträgen nicht üblich sind, geschlossen werden, daß sie durch dieselben Normen eingeschränkt u n d ergänzt werden, daß sie einer i m Wesen gleichartigen Gerichtsbarkeit unterliegen u n d daß sie durch i m Grundsätzlichen nicht andersartige Unrechtsfolgen sanktioniert werden. Da die beiden Vertragsgruppen demnach i n allen Punkten nicht wesentlich voneinander abweichen, ist auch ihre rechtssystematische Gleichstellung — wenigstens i m Prinzip — geboten. Die bisher herrschende Unterscheidung zwischen innerstaatlichem Landesrecht u n d zwischenstaatlichem Völkerrecht primär nach den beteiligten Personen dürfte — jedenfalls hinsichtlich der ,internationalisierten' Verträge — nicht mehr sachlich angemessen u n d sinnv o l l sein."

Borchers 242 nimmt sodann die „Einordnung (der internationalisierten' Verträge) i n das internationale Wirtschaftsvertragsrecht, einen Sonderbereich des Rechtes der internationalen Gemeinschaft", vor und führt dazu folgendes aus: Es erscheine unausweichlich, die i n t e r nationalisierten' Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen dem Völkerrecht einzuordnen, wie M a n n 2 4 3 es vorschlägt. Mann wolle die Verträge wegen ihres wirtschaftlichen Charakters nicht dem „traditionellen Kernbereich", sondern einem i n statu nascendi befindlichen Sonderbereich des Völkerrechts, dem sog. commercial law 23 6 Vgl. auch Zemanek, Verdross-Festschrift S. 337 A n m . 75 ; vgl. aber auch Zemanek, Vertragsrecht S. 55/56. 237 Verträge S. 185. 238 w i e unter § 2 I I 1. 239 Hinweis auf § 6 1 4; vgl. aber auch § 5 12. 240 Borchers, Verträge S. 185—193; Hinweis auf §3. 241 Borchers, Verträge S. 193. 242 Verträge S. 193—201. 243 v g l . die Hinweise i n A n m . 239 zu § 8.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

187

of nations, eingliedern. Damit berühre seine Auffassung sich im Ergebnis sachlich, wenn auch nicht terminologisch, mit derjenigen, die die Verträge einem „dritten Rechtssystem, das dem Völkerrecht ähnelt", unterstellen will. Wie Zemanek 244 verweist Borchers 245 auf den „Strukturwandel in der internationalen Gemeinschaft" und sagt zum „Recht der internationalen Gemeinschaft" dies 2 4 6 : Auszugehen sei von der Tatsache, daß Recht nur innerhalb einer konkreten Gemeinschaft entstehen könne 2 4 7 . I n allen Lebensbereichen, besonders aber auf dem Gebiet der Wirtschaft, verstärke sich der nationale Grenzen überschreitende Verkehr ständig und bewirke eine stetig wachsende internationale Verflechtung, die eigene Rechtsnormen erforderten: ubi commercium, ibi ius. Dabei trete immer deutlicher das Bestreben zutage, die Rechtsbeziehungen dem Anspruch der Staaten auf ausschließliche Ordnung zu entziehen. So sei der Geltungsgrund der in Rede stehenden Verträge nicht in einer staatlichen Rechtsordnung zu finden. Diese Verträge leiteten ihre Verbindlichkeit vielmehr aus einem überstaatlichen Normenkreis her, der auf der gemeinsamen Rechtsüberzeugung der internationalen Gemeinschaft fuße, wie sie sich in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen manifestiere — wenn man so wolle, einer A r t von positiviertem Naturrecht 2 4 8 . Zu diesem Recht der internationalen Gemeinschaft gehöre auch der Normenkreis, den man als „internationales Wirtschaftsvertragsrecht" 249 bezeichnen könne: „Darunter fallen alle Regeln, durch die die wirtschaftlichen und fiskalischen Vertragsbeziehungen der souveränen Gemeinschaften u n d internationalen Organisationen untereinander sowie zu Privatpersonen geordnet w e r den, w e n n diese durch Vereinbarung der Parteien dem innerstaatlichen Rechtskreis entzogen s i n d 2 5 0 . "

Für diesen Bereich sei die personelle Eigenart der Parteien wenig kennzeichnend. I n diesem internationalen Wirtschaftsvertragsrecht fänden die internationalisierten Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen ihren näheren Platz innerhalb des Rechts der internationalen Gemeinschaft 251 . 2

44 Hinweis auf § 8 I I I 6 a aa. 45 Verträge S. 194—196. 246 Verträge S. 196—201. 247 Borchers, Verträge S. 196 u n d 175/176; anderer Ansicht Verdross, a.a.O. i n A n m . 19 zu § 8. 248 Borchers, Verträge S. 196/197; vgl. Zemanek, a.a.O. i n Anm. 234 zu §8. 249 Borchers, Verträge S. 199 Anm. 1098, verweist hier auf Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209, der sagt: „ . . . es handelt sich u m wirtschaftsrechtliche Verträge . . . von internationalem Charakter." 2 50 Borchers, Verträge S. 199. 2δΐ Borchers, Verträge S. 200. 2

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

Z u dem Verhältnis zwischen dem internationalen Wirtschaftsvertragsrecht

einerseits

und

dem

Landesrecht

sowie

dem

Völkerrecht

andererseits vertritt Borchers 252 folgenden Standpunkt: Der staatliche Partner verzichte, aus Gründen des Allgemeinwohls 2 5 3 seine VertragsVerpflichtungen nicht zu erfüllen oder zu verändern. Dieser Verzicht bedeute aber nicht, daß die Gesetzgebungsgewalt in bestimmter Richtung, etwa in bezug auf ein Verbot von Goldklauseln, generell ausgeschlossen sei; er besage nur, daß die Anwendung des Gesetzes auf einen bestimmten einzelnen V e r t r a g ausnahmsweise ausgeschlossen sei. So

gelangt Borchers zu dem Schluß: „ . . . , daß das auf internationalisierte' Verträge anzuwendende internationale Wirtschaftsvertragsrecht rechtssystematisch eher neben dem Völkerrecht als neben dem Landesrecht, wenn auch getrennt von beiden, zu stehen scheint. Denn da der paktierende Staat i m Konfliktsfalle durch Gesetz seine VertragsVerpflichtungen grundsätzlich 2 5 4 nicht verändern kann, scheint das internationale Wirtschaftsvertragsrecht ,über' dem Landesrecht zu stehen. Das internationale Wirtschaftsvertragsrecht u n d das Völkerrecht stehen also nebeneinander unter dem gemeinsamen Dach des Rechtes der Internationalen Gemeinschaft 2 5 5 ."

b) Kritische

Würdigung

aa) Vorzüge Die dargestellten Auffassungen weisen erhebliche Vorzüge auf. Das gilt einmal für den Hinweis auf die Ähnlichkeit oder gar Gleichartigkeit der Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern m i t gewissen zwischenstaatlichen Verträgen, wie er bei Zemanek 256, besonders ausführlich aber bei Borchers 257 gegeben wird. Äußerst vorteilhaft erscheint bei den dargestellten Auffassungen die Einordnung des „dritten", neben dem zwischenstaatlichen Völkerrecht und dem Landesrecht stehenden Rechtssystems als internationales Recht i n den Gesamtbereich des Rechts der in ihrer Struktur veränderten internationalen Gemeinschaft. Damit ist m i t Blick auf die Gesamtrechtsordnung 2 5 8 ein Weg zur klaren rechtssystematischen Erfassung der in 252

Verträge S. 204—209. Unterstehen die Verträge staatlichem Recht, so ist (bei dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen) eine Enteignung aus Gründen des Allgemeinwohls zulässig, Hinweis auf § 5 I I 6 a bb m i t den A n m . 134 u n d 142; Borchers, Verträge S. 208/209, ist allerdings der Auffassung, daß auch hinsichtlich der in Rede stehenden Verträge das Prinzip der Vertragstreue seine Grenze an dem völkerrechtlichen Grundsatz der Selbsterhaltung des Staates finde — ein Prinzip, das „wesentlich enger als das Prinzip der Höherwertigkeit des Allgemeinwohls" sei; Hinweis auf §10112 m i t der Anm. 119. 254 Hinweis auf Anm. 253 zu § 8. 255 Verträge S. 209. 25 6 a.a.O. i n den Anm. 226—228 zu § 8. 25 7 a.a.O. i n Anm. 241 zu § 8. 258 Hinweis auf § 4 1 2 a. 253

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

189

Rede stehenden Verträge gewiesen. Zu begrüßen ist schließlich die A n sicht von der grundlegenden Bedeutung der allgemeinen Rechtsgrundsätze für das Recht der internationalen Gemeinschaft. bb) Nachteile und weitere Bedenken Bezüglich des Rechts der internationalen Gemeinschaft, wie es von Zemanek und Borchers dargestellt wird, erscheint es als Mangel, daß die Autoren nicht die Anwendung des Gewohnheitsrechts erwähnen und damit auf eine Rechtsquelle verzichten, die — wie etwa R. Wolff 259 zu Recht hervorgehoben hat — auch für die in Rede stehenden Verträge von Bedeutung ist. Zu der von Borchers vorgeschlagenen Abgrenzung des „internationalen Wirtschaftsvertragsrechts" als eines „Sonderbereichs des Rechtes der internationalen Gemeinschaft" sei folgendes bemerkt: Es erscheint bedenklich, „die internationalisierten' Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen dem Völkerrecht einzuordnen, wie Mann es vorschlägt" 2 6 0 , und zwar aus einem doppelten Grund. Der erste ergibt sich daraus, daß Mann wohl bestimmte Verträge dem Völkerrecht unterstellen w i l l 2 6 1 , jedoch hinzufügt, daß die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dies möglich sei, ein Problem der Parteiautonomie des Internationalen Privatrechts (nicht des Völkerrechts) aufwerfe 2 6 2 . Gegen diese Lösung, bei der die Vertragspartner die Freiheit, ihre Verträge durch internationale Sachnormen zu regeln, dem staatlichen Recht entnehmen müssen, wurde bereits Stellung bezogen 263 . Aber auch wenn man dies außer acht läßt — Borchers schließt sich diesen Ausführungen von Mann nicht ausdrücklich an 2 6 4 — so erscheint es noch aus einem zweiten Grund nicht unbedenklich, die Verträge „dem Völkerrecht einzuordnen, wie Mann es vorschlägt" 2 6 5 . Mann vertritt den Standpunkt, daß auf bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern „Völkerrecht strictu senso" anzuwenden sei 2 6 6 und sagt zu dem „Völkerhandelsrecht", daß es als ein „mehr oder weniger selbständiger Teil, wenn auch nicht abgesonderter Teil des Völkerrechts" zu sehen ist 2 6 7 . Geht man davon aus und unterstellt so die Verträge den Sachnormen des Völker259 260 261 262 263 264

Hinweis Borchers, Hinweis Hinweis Hinweis Verträge 265 Borchers, 266 Hinweis 267 Hinweis

auf § 8 I I I 4 a aa m i t der Anm. 179. Verträge S. 193; Hinweis auf die Anm. 242 und 243 zu §8. auf § 6 1 4 . auf § 5 12 c cc m i t der Anm. 11. auf §5 I I I 2 b; vgl. auch Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 142—149. S. 193—201. V e r t r ä g e S. 193. auf § 5 12 m i t der Anm. 9. auf § 6 14 m i t der Anm. 18.

Die Verträge i n einer besonderen Rechtsordnung

rechts, sieht man also den Geltungsgrund der Verträge i n dem (im Sinn von Mann) völkerrechtlichen Satz pacta sunt servanda, dann sind damit die Rechtssubjektivität und die Vertragsschließungsfähigkeit der nichtstaatlichen Partner innerhalb des „Völkerrechts strictu senso" bejaht, und zwar in der Weise, daß sowohl die Völkerrechtssubjektivität als auch die völkerrechtliche Vertragsschließungsfähigkeit von den Rechtserzeugungssubjekten des Völkerrechts auf die nichtstaatlichen Vertragspartner übertragen sind 2 6 8 . „Völkerrecht" in diesem Sinn unterscheidet sich aber keineswegs nur terminologisch von dem „Recht der internationalen Gemeinschaft", wie Zemanek es versteht; denn Zemanek hält die „privaten Verbände" nicht für Völkerrechtssubjekte 269 . Borchers trennt dann allerdings wie Zemanek das Recht der internationalen Gemeinschaft und damit das internationale Wirtschaftsvertragsrecht von dem Völkerrecht als zwischenstaatlichem Recht; der ausdrückliche Anschluß an die Lehre von Mann ist somit zumindest irreführend. Zu der von Borchers vorgenommenen Eingrenzung des „internationalen Wirtschaftsvertragsrechts" ist schließlich folgendes anzuführen: Dieses Recht erfaßt nur Verträge wirtschaftlichen Inhalts, nicht aber andere, wie sie etwa oben in § 3 I 4 dargestellt wurden und insbesondere zwischen Staaten und „internationalen privaten Organisationen" (im Gegensatz zu „internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüssen") 270 denkbar sind. Damit ist gleichzeitig eine weitere — neben dem Vertragsinhalt bestehende — Eingrenzung von Borchers getroffen, nämlich bezüglich der Vertragspartner. Das internationale Wirtschaftsvertragsrecht, wie Borchers es umschreibt, regelt nur die Verträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen, nicht aber die Verträge zwischen Staaten und den (im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auch zu behandelnden) „internationalen nichtstaatlichen Verbände", zumal der „internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse". Wenn Borchers sagt, daß unter das internationale Wirtschaftsvertragsrecht nicht nur die Vertragsbeziehungen geordnet werden, die zwischen den „souveränen Gemeinschaften und internationalen Organisationen" einerseits zu Privatpersonen andererseits bestehen, sondern auch solche, die die „souveränen Gemeinschaften und internationalen Organisationen untereinander" eingehen, dann liegt es auch nahe zu fragen, ob durch das internationale Wirtschaftsvertragsrecht nicht auch die Verträge zwischen (ausschließlich) nichtstaatlichen Partnern geregelt 268 Hinweis auf § 6 I I I a u n d § 6 I I I 3. 269 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336. 270 Hinweis auf § 2 I I 2 a.

I I I . Die Verträge i n einer sonstigen besonderen Rechtsordnung

werden, die nicht durch innerstaatliches Recht beherrscht sollen 271 .

191

werden

Die Ausführungen von Borchers zu dem Verhältnis des internationalen Wirtschaftsvertragsrechts zu dem (zwischenstaatlichen) Völkerrecht erscheinen nicht ganz klar. Erster es soll „rechtssystematisch eher neben" dem letzteren „als neben dem Landesrecht" stehen. Andererseits finde aber das Prinzip der Vertragstreue auch bezüglich der „internationalisierten" Verträge „seine Grenzen an dem völkerrechtlichen Grund272 satz der Selbsterhaltung des Staates" . Damit gilt aber innerhalb des internationalen Wirtschaftsvertragsrechts doch eine Völkerrechtsnorm 2 7 3 . cc) Ergebnis Zemanek und vor allem Borchers stellen deutlich heraus, daß bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern mit gewissen zwischenstaatlichen Verträgen große Ähnlichkeit haben, ja gleichartig sind. Zemanek verweist zutreffend auf das „Recht der internationalen Gemeinschaft", in dem sich neben dem zwischenstaatlichen Völkerrecht auch das (von letzterem zu trennende) internationale Recht befindet, dem bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zu unterstellen sind. Borchers schließt sich dieser Auffassung an, allerdings unter nicht glücklicher Bezugnahme auf die Lehre von Mann, und ordnet die „internationalisierten" Verträge in das „internationale Wirtschaftsvertragsrecht" als einem „Sonderbereich des Rechts der internationalen Gemeinschaft" ein. Durch diesen Sonderbereich können aber nicht alle der i m Rahmen dieser Untersuchung zu behandelnden Verträge erfaßt werden, da er sich lediglich auf Verträge wirtschaftlichen Inhalts erstreckt. I m übrigen erscheint dieser Sonderbereich des „internationalen Wirtschaftsvertragsrechts" i m Verhältnis zu dem zwischenstaatlichen Völkerrecht nicht ganz klar abgegrenzt. Die aufgeführten Nachteile, die es bei der rechtssystematischen Erfassung der in Rede stehenden Verträge zu vermeiden gilt, erscheinen aber gering gegenüber dem Vorzug, bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern i n das Recht der internationalen Gemeinschaft einzuordnen. Dieser Lösung kann, wie noch zu zeigen sein wird, gefolgt werden; dabei ist allerdings der vertrags271 Borchers, Verträge S. 199; vgl. zu den gemeinten Verträgen ausschließlich zwischen nichtstaatlichen Partnern die Ausführungen unter § 5 I b m i t der Anm. 13. 272 Borchers, Verträge S. 208/209. 273 D a m i t soll nicht bestritten werden, daß das Prinzip der Selbsterhaltung des Staates für die i n Rede stehenden Verträge von Belang ist, sondern nur, daß es nicht richtig erscheint, dieses Prinzip hier als Völkerrechtsnorm anzuwenden.

192

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

beherrschende Sonderbereich dieses Rechts der internationalen Gemeinschaft noch näher zu umschreiben und so auszudehnen, daß er auch das Gewohnheitsrecht umfaßt.

II.

Abschnitt:

Der eigene Lösungsvorschlag: Die Einordnung der Verträge i n das Privatvölkerrecht

§ 9 Die neue Rechtsordnung „Privatvölkerrecht" I. Die Notwendigkeit und der Aufbau einer neuen Rechtsordnung 1. Notwendigkeit

Aus den Ausführungen innerhalb des Zweiten Teils, I. Abschnitt der vorliegenden Untersuchung ergibt sich, daß die bisherigen Antworten auf die Frage der rechtssystematischen Einordnung von Verträgen mit der i n den §§2 und 3 umschriebenen Struktur nicht oder zumindest nicht gänzlich zu befriedigen vermögen. Da die Verträge somit einerseits nicht den bestehenden staatlichen Rechtsordnungen, dem Völkerrecht, dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze oder den bislang für sie vorgeschlagenen „besonderen Rechtsordnungen" zu unterstellen sind, sie aber andererseits auch nicht „seif regulating" sein können, so daß der in Verbindung mit dem Parteiwillen die Verbindlichkeit der Verträge begründende Satz pacta sunt servanda innerhalb einer Rechtsordnung zu sehen ist, die die Verträge ihrerseits i m einzelnen regelt, erscheint es notwendig, eine neue Rechtsordnung aufzubauen, der bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern angehören können 1 . 2. Der Aufbau

Bei dem Aufbau dieser neuen Rechtsordnung ist von den bisher vertretenen Meinungen zur rechtssystematischen Einordnung der in 1

Vgl. insbesondere Batiffol,

Pariser Universitätswoche 1955 S. 240.

I I . Die soziologischen Grundlagen

193

Rede stehenden Verträge auszugehen, d. h. die gegen sie erhobenen Bedenken sind zu vermeiden, die i n ihnen enthaltenen Vorzüge sind zu bewahren, zu verwerten und nach Möglichkeit weiter zu entwickeln. Ferner ist bei dem Aufbau der neuen Rechtsordnung zu beachten, daß einerseits dem Parteiwillen, den Parteivereinbarungen über die rechtliche Durchführung ihrer Verträge entsprochen wird, daß andererseits aber auch die Grenzen rechtlicher Möglichkeiten zur Regelung der Verträge nicht überschritten werden. So ist schließlich darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem Aufbau einer neuen Rechtsordnung nicht um ein „Gesetzgebungswerk" handelt, sondern um einen Versuch, tatsächliche Erscheinungen rechtswissenschaftlich zu erfassen. Daraus folgt, daß keine neuen Normen für die Verträge geschaffen werden können, sondern daß es lediglich darum geht, bestehende erkannte oder zu erkennende Normen zu einer Rechtsordnung zusammenzufassen. Die neue Rechtsordnung muß hier, was einzelne Bestimmungen betrifft, notwendig unvollständig bleiben; sie bedarf der Weiterbildung. Hier kann nur, womit aber die gestellte Aufgabe erfüllt zu sein scheint, ein Bereich abgegrenzt werden, i n dem sich das darin befindliche Recht, das aus bestimmten Quellen fließt, entwickeln kann, und zwar insbesondere durch die Rechtsvergleichung 2 , die Gewohnheit 3 und die Rechtsprechung der Schiedsgerichte 4.

I I . Die soziologischen Grundlagen und die Veränderungen i m Recht der internationalen Gemeinschaft

Verdross 5 nennt als die „soziologischen Grundlagen des Völkerrechts" (im Sinn des zwischenstaatlichen Rechts): eine Vielheit von Staaten, die staatliche Souveränität, den internationalen Verkehr und die übereinstimmenden Rechtsvorstellungen der verschiedenen Völker, die eine Herausbildung von übereinstimmenden Rechtsgrundsätzen ermöglichten. Neben diese soziologischen Grundlagen des zwischenstaatlichen Völkerrechts sind innerhalb der internationalen Gemeinschaft Gegebenheiten getreten, die weder durch das zwischenstaatliche Völkerrecht noch durch das staatliche Recht, das Landesrecht, rechtlich geregelt 2

Vgl. dazu z.B. Lorenz, JZ Jg. 17 (1962) S. 269 ff.; Schlesinger-Gündisch, RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 46; Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 211—214. 3 Hinweis auf § 7 I I I 2 b. 4 Vgl. dazu z.B. Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 240; Schlesinger-Gündisch, RabelsZ Jg. 28 (1964) S. 46. s Völkerrecht S. 5—13.

13 Rengeling

194

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t l k e r r e c h t

werden können. Ein „dualistisches Denken", „das jedes Rechtsverhältnis, welches nicht dem zwischenstaatlichen, irrtümlich mit dem Recht der internationalen Gemeinschaft identifizierten Recht zugewiesen werden kann, i n den Bereich des staatlichen Rechts verweist" 6 , kann zwar „eine historische Rechtfertigung für sich i n Anspruch nehmen" 7 , muß aber heute i m Hinblick auf die Umgestaltung der internationalen Gemeinschaft als überholt angesehen werden. Die internationale Gemeinschaft oder die Völkergemeinschaft besteht nicht mehr nur aus souveränen Staaten, und der internationale Verkehr vollzieht sich nicht nur unter ihnen: Es gibt viele zwischenstaatliche Organisationen, die „internationalen öffentlichen Organisationen" 8 , die mit den Staaten auf der Grundlage der Gleichheit nach den bisher im zwischenstaatlichen Verkehr geltenden Normen i n Rechtsbeziehungen treten — eine Tatsache, die zur Umgestaltung dieses Rechts wesentlich beigetragen hat 9 . I n diesem Zusammenhang ist auf das zuerst von Verdross 10 erfaßte „Interne Staatengemeinschaftsrecht" zu verweisen. Damit sind gemeint „jene Normen des Privatrechts, Straf rechts, Verwaltungsrechts und Prozeßrechts, die von einer organisierten Staatengemeinschaft erlassen werden, aber das Verhalten jener Menschen regeln, die ihr unmittelbar unterstellt sind" 1 1 . Hier werden also Einzelmenschen unmittelbar berechtigt oder verpflichtet. Aber — wie die vorliegende Untersuchung bereits gezeigt hat — nicht nur die „internationalen öffentlichen Organisationen" spielen i m Rahmen der internationalen Gemeinschaft eine Rolle. Es gibt auch „eine Unzahl von Beziehungen und Querverbindungen . . . , deren Subjekt nichtstaatliche, also private Verbandsformen oder Einzelmenschen sind" und die sich „weder vom zwischenstaatlichen noch vom staatlichen Recht her erfassen lassen" 12 . Zermanek 13 bemerkt dazu: „Historiker, Wirtschaftswissenschaftler u n d Soziologen haben die private Eigeninitiative i m internationalen Raum untersucht u n d ihre Organisationsformen als internationale ,pressure groups', ihre Tätigkeit als mitbestim6 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 321; vgl. insbesondere das U r t e i l des StIGH, a.a.O. i n Anm. 5 zu § 5. 7 Vgl. Zemanek, Verdross-Festschrift S. 321. 8 Hinweis auf Anm. 93 zu § 2; vgl. auch Seidl-Hohenveidern, Internationale Organisationen Rz. 105. 9 Vgl. Zemanek, Vertragsrecht; vgl. auch Wengler, Perassi-Festschrift Bd. 2 S. 423 f. 10 RdC Bd. 30 (1929 V) S. 311. 11 Verdross, Völkerrecht S. 4 (und S. 222); vgl. dazu auch Borchers, V e r träge S. 194/195. 12 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 322. !3 Verdross-Festschrift S. 322/323.

I I . Die soziologischen Grundlagen

195

menden, zum Teil auslösenden Faktor i m geschichtsbildenden Prozeß beschrieben."

Zur Regelung der hier gemeinten „internationalen nichtstaatlichen Verbände", also der „internationalen privaten Organisationen" und der „internationalen privaten Wirtschaftszusammenschlüsse" 14 nennt Zemanek 15 das „internationale Verbandsrecht". Hingewiesen sei auch auf die Ansicht von Lange, daß Verträge internationaler Banken, die Völkerrechtssubjekte seien, mit Privatpersonen nicht dem zwischenstaatlichen Völkerrecht oder dem Landesrecht angehörten 16 . I m Rahmen der internationalen Gemeinschaft und i m Zusammenhang mit den darin aufgetretenen Veränderungen ist als soziologische Gegebenheit auch der internationale Verkehr zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zu sehen, wie er in den §§2 und 3 dieser Untersuchung als tatsächliche Erscheinung geschildert wurde. Bezüglich der Verbindung des Rechts mit den wirklichen Lebensverhältnissen hat Erler 11 unter Bezugnahme auf Scheuner 18 darauf hingewiesen, in wie starkem Maß das rechtstheoretische Bedürfnis gerade der jüngsten Zeit in Deutschland darauf gerichtet sei, hinter den positiven Satzungen auch des Völkerrechts die realen Abhängigkeiten der Menschen — seien sie metaphysischer, psychologischer, biologischer, soziologischer, sachstruktureller oder material-werthafter A r t — als die Verbindlichkeitsgründe des Rechts aufzufinden. Wie die Erscheinungen, die den Rechtsstoff für das „Interne Staatengemeinschaft sr echt" oder für das „internationale Verbandsrecht" bilden, eine Regelung außerhalb des herkömmlichen Völkerrechts (als zwischenstaatliches Recht verstanden) sowie der staatlichen Rechtsordnungen finden, so gilt es auch, für die im Rahmen dieser Untersuchung zu behandelnden Erscheinungen einen neuen Platz innerhalb der Gesamtrechtsordnung zu suchen; denn Verdross sagt zutreffend 1 9 : „Die Rechtswissenschaft ist zwar i n der Gruppierung und i n der Bezeichnung des Rechtsstoffes frei, sie hat aber die Aufgabe, den ganzen Rechtsstoff restlos zu erfassen. Wenn daher ein neuer Rechtsstoff auftaucht, der m i t den bisherigen Kategorien nicht erfaßt werden kann, dann darf er keineswegs beiseite gesetzt werden, sondern es müssen neue Kategorien gebildet werden, u m auch i h n systematischer erfassen zu können." 14 15 16 ι7 18 19

13*

Hinweis auf § 2 I I 2. Verdross-Festschrift S. 331; Hinweis auf § 2 I I 2 c cc. Lange, Internationale Banken S. 168. Internationales Wirtschaftsrecht S. 21. ZaöRV Bd. 13 (1950/51) S. 584, 586, 588, 594—596. Völkerrecht S. 5; vgl. auch Borchers, Verträge S. 196.

196

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

I I I . Begriff und Besonderheiten des Privatvölkerrechts

Als „neue Kategorie" i m Sinn der zitierten Ausführungen von Verdross 20 zur rechtssystematischen Erfassung von Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, die weder dem staatlichen Recht noch dem (zwischenstaatlichen) Völkerrecht angehören, w i r d hier das „Privatvölkerrecht" vorgeschlagen.

1. Der Begriff „Privatvölkerrecht"

a) Die Begriffsbezeichnung Die Bezeichnung „Privatvölkerrecht" stellt die Umkehrung des von Fuss 21 auf der 8. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht i m Jahre 1963 bei der Aussprache geprägten Ausdrucks „Völkerprivatrecht" dar. Fuss hat seine Begriffbezeichnung „ i n Parallele zum deutschen ,Verwaltungsprivatrecht' gebildet" 2 1 . Die Rechtfertigung für den Namen der neuen Rechtsordnung kann sich nur aus deren Inhalt ergeben. b) Der Begriffsinhalt Nach Hans J. Wolff 22 gilt das „Verwaltungsprivatrecht" dann, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung auf Grund hoheitlicher Entscheidungen i n Rechtssatz oder Verwaltungsakt oder auf Grund Bereitstellung von M i t t e l n für besondere öffentliche Zwecke i m Haushaltsplan Privatrechtsverhältnisse eingeht, um in privatrechtlicher Form unmittelbar öffentliche Verwaltungs- (Leistungs- und Lenkungs-)Zwecke zu verfolgen; es handele sich dann zwar formell, nicht aber mehr inhaltlich um „fiskalische" Tätigkeit; die Besonderheit des „Verwaltungsprivatrechts" bestehe u. a. darin, daß die Träger der Verwaltung hier nicht i m Vollgenuß der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie seien, sondern etlichen öffentlich-rechtlichen Bindungen unterlägen, ζ. B. seien sie an die Grundrechte gebunden. Fuss 23, der den Begriff „Völkerprivatrecht" schon terminologisch für bedenklich hält und eine derartige „weitere Rechtsmasse" als vertragsbeherrschendes Recht aus dogmatischen Gründen letztlich ablehnt, sagt, daß die Rechtsbeziehungen, um die es hier gehe, also hauptsächlich um die Konzessionsverträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen 20 Hinweis auf § 9 I I m i t der Anm. 19. 21 Berichte H. 5 (1964) S. 225. 22 Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 93. 23 Berichte H. 5 (1964) S. 225/226.

I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

197

Partnern, wie sie geschildert wurden 2 4 , „wesentlich zivilrechtlicher Natur" seien. Die Inhalte des Verwaltungsprivatrechts und des Rechts, dem die hier i n Rede stehenden Verträge angehören sollen, sind sehr unterschiedlich. Der staatliche Vertragspartner ist nicht etwa — wie i m Verwaltungsprivatrecht 2 5 — an das Grundrecht (oder Menschenrecht) der Gleichheit gebunden; er kann frei wählen, m i t wem und m i t welchem Inhalt er einen Vertrag abschließen w i l l . Die Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, die weder dem staatlichen Recht noch dem Völkerrecht angehören, können auch nicht — zumindest nicht i n ihrer Gesamtheit — „formell" dem Privatrecht unterstellt werden, und es erscheint sehr bedenklich, ihnen eine „wesentlich-zivilrechtliche Natur" zuzuschreiben. A u f das sich hier ergebende Problem wurde bereits i m Zusammenhang m i t der Frage verwiesen, ob auf die zu erörternden Verträge Internationales Privatrecht anwendbar sei 26 . Insbesondere bei den von Kipp 27 auf der 8. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht i m Jahre 1963 behandelten Verträgen, auf die sich die Aussprache im Rahmen der besagten Tagung bezog, ging es um Konzessionsverträge, die zumindest auch öffentlich-rechtliche Merkmale aufweisen und entsprechend rechtlich zu regeln sind 28 . Man w i r d aber auch bei den Verträgen, in denen die staatlichen Partner sich zur Setzung oder Unterlassung von Hoheitsakten verpflichten 29 oder die wie völkerrechtliche Verträge ratifiziert werden sollen 30 , öffentlich-rechtliche (näherhin völkerrechtliche) Merkmale zu bejahen haben, denen einer Regelung durch Privatrecht nicht entsprochen würde 3 1 . Der Hinweis darauf, daß es bei den rechtlich zu regelnden Sachverhalten u m Verträge gehe und somit das,, Vertragsrechtliche i m Vordergrund" stehe 32 , kann nicht dazu führen, daß das vertragsbeherrschende Recht Privatrecht sein muß; denn Verträge sind keineswegs nur Erschei24 Hinweis auf § 3 1 1 ; vgl. auch die Darstellung der Berichte von der 8. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht von Kipp u n d Zweigert i n § 8 I I 1 b bzw. i n § 7 1 1 b. 25 Vgl. Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 93. 26 Hinweis auf § 5 I I I 2 b aa m i t der Anm. 227. 27 Hinweis auf § 8 I I 1 b aa. 28 Hinweis auf § 3 1 1 a aa m i t den Anm. 11—17. 29 Hinweis auf § 3 I I 3. 30 Hinweis auf § 3 I I 4. 31 So ist denn auch des öfteren auf eine „gemischt öffentlichrechtlichprivatrechtliche" N a t u r der i n Rede stehenden Verträge aufmerksam gemacht worden; vgl. z.B. Dahm i n § 8 I I 1 c m i t der Anm. 65; Zweigert in § 7 1 1 b m i t der A n m . 21. 2 3 Vgl. Fuss, Berichte H. 5 (1964) S. 225.

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§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

nungen des Privatrechts, es gibt auch Verträge des innerstaatlichen öffentlichen Rechts 33 und des Völkerrechts, also des öffentlichen Rechts. Die hier rechtssystematisch einzuordnenden Verträge sind nicht wesentlich zivil-rechtlicher Natur, sondern wesentlich „internationalrechtlicher Natur". Dies w i r d durch die Bezeichnungen „völkerrechtsähnliche" 3 4 oder „quasi-völkerrechtliche" 35 Verträge zum Ausdruck gebracht; denn i m deutschen Sprachgebrauch w i r d das internationale (öffentliche) Recht ( = das zwischenstaatliche Recht) „Völkerrecht" genannt 36 . Wie die bisherigen Ausführungen, die Darstellung der Struktur der Verträge in den §§2 und 3 und die Darstellung der bislang vertretenen Meinungen sowie deren kritische Würdigungen i n den §§ 4—8, gezeigt haben, können die rechtssystematisch einzuordnenden Verträge nur „echtem" 3 7 internationalen Recht angehören. Demgegenüber erscheint es unerheblich, inwieweit es sich bei diesem vertragsbeherrschenden Recht um öffentliches oder privates Recht handelt. Entsprechend den Bestandteilen und Merkmalen der Verträge 3 8 w i r d das vertragsbeherrschende Recht — wenn man so w i l l — sowohl aus öffentlichem als auch aus privatem Recht bestehen — eine Frage, die für die rechtssystematische Einordnung der Verträge ohne Belang ist 3 9 . Werr 4 0 nennt die Bezeichnung „quasi-völkerrechtliche Beziehungen" eine „Verlegenheitslösung" 41 , mit der angedeutet werden soll, daß auf ein Rechtsverhältnis Völkerrechtsnormen angewandt werden; nur w ü r den die Vertreter dieser Theorie m i t dem vorgesetzten „quasi" anerkennen, daß es noch ein „völkerrechtliches Allerheiligstes" gebe, das den Staaten vorbehalten sei, daß für andere Verhältnisse sachlich gleicher A r t nur „ein darum gelagerter Vorhof" rechtlicher Beziehungen zur Verfügung stehe. Damit aber gelangt man — wie Zemanek 42 mit Recht sagt — zu der Erkenntnis, „daß die Bausteine der internationalen Gemeinschaft ver33

Vgl. dazu etwa Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag; Imboden, Der verwaltungsrechtliche Vertrag; Salzwedel, Die Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages. 34 So Freund, vgl. § 8 I I I 1 a bb m i t der Anm. 148. 35 So ζ. B. und vor allem Verdross, vgl. § 8 I I 1 a aa m i t der A n m . 14. 3 « Vgl. dazu kritisch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 3/4. 37 I m Gegensatz zum sog. Internationalen Privatrecht (als Kollisionsrecht); Hinweis auf § 5 I I 3 a. 38 Hinweis auf die obigen Ausführungen m i t den Anm. 26—31 zu § 9. ss Vgl. Erler, Internationales Wirtschaftsrecht S. 37. 40 Wirtschaftszusammenschlüsse S. 99/100 Anm. 17. 41 Ebenso Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336 Anm. 73. 42 Verdross-Festschrift S. 337.

I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

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schiedener A r t sind" und man i n dieser Gemeinschaft „mehrere Rechtsschichten m i t verschiedenen persönlichen und sachlichen Geltungsbereichen unterscheiden" muß. Es wurde bereits gesagt, daß die hier einzuordnenden Verträge dem Recht der internationalen Gemeinschaft unterstehen 43 . Dieses Recht läßt sich auch als Völkerrecht i m weiteren Sinn bezeichnen. Innerhalb dieses Bereichs gibt es einmal das von Werr gemeinte „völkerrechtliche Allerheiligste" 4 4 , das ist das zwischenstaatliche Völkerrecht oder das Völkerrecht im engeren Sinn 4 5 ; und zum anderen gibt es dort das Recht, das die hier i n Rede stehenden Verträge regeln soll, das ist nicht (zwischen-)staatliches, sondern „privates Völkerrecht" oder „Privatvölkerrecht" 4 6 . Man mag — was über den für die vorliegende Untersuchung gesteckten Rahmen hinausgeht — überlegen, ob dieses Privatvölkerrecht auch für Beziehungen von ausschließlich Privaten untereinander gilt — Beziehungen, die keinem staatlichen Recht unterstehen sollen 47 ; man mag auch prüfen, ob vielleicht von dem Privatvölkerrecht das „Völkerhandelsrecht" umfaßt wird, wie Mann letzteres versteht und für zwischenstaatliche und für solche Beziehungen umschrieben hat, die zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zustande kommen 4 8 ; jedenfalls ist „Privatvölkerrecht" zunächst einmal das „echte" internationale Recht, das Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern regelt, deren Struktur in den §§2 und 3 umschrieben wurde und die weder dem staatlichen Recht noch dem Völkerrecht i m engeren Sinn angehören 49 .

2. Die Besonderheiten des Privatvölkerrechts

Ebenso wie es „charakteristische Besonderheiten" etwa des Privatrechts, des öffentlichen Rechts, des internationalen Rechts oder des 43 Hinweis auf § 8 I I I 6 b cc. 44 Hinweis auf A n m . 40 zu § 9. Verdross, Völkerrecht S. 5: „Trotz . . . E r w e i t e r u n g des Völkerrechts i m engeren Sinn zum Völkerrecht i m weiteren Sinn bleibt aber jenes das Kerngebilde." 45 Hinweis auf die Begriffsbestimmung des „Völkerrechts" i n diesem Sinn i n § 6 I I I 2 b m i t der A n m . 247. 46 Vgl. die Begriffe „internationale öffentliche ( = zwischenstaatliche) Organisation" u n d „internationale private ( = nichtstaatliche) Organisation", H i n weis auf § 2 I I 2 b. 47 Vgl. ζ. B. den Gesellschaftsvertrag der SAS, Hinweis auf A n m . 13 zu § 7; vgl. das „internationale Verbandsrecht", das nach Zemanek Rechtsbeziehungen zwischen Privaten regelt, Hinweis auf § 2 I I 2 c cc. 48 Hinweis auf § 614. 49 Näheres zu den Verträgen i n § 10.

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§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

Völkerrechts im engeren Sinn gibt 5 0 , bestehen auch besondere Merkmale des Privatvölkerrechts. Diese ergeben sich einerseits aus der Beschaffenheit, der Struktur der zu regelnden Sachverhalte, also der Verträge, wie sie in den §§ 2 und 3 dargestellt wurden, und andererseits aus den dafür zur Verfügung stehenden Normen, deren Erzeugung und Durchsetzung; denn die Struktur des Privatvölkerrechts muß der Struktur der zu regelnden Verträge entsprechen. Die bisher vertretenen Auffassungen über die rechtssystematische Einordnung der Verträge geben hier wertvolle Hinweise. Da das Privatvölkerrecht wie das zwischenstaatliche Völkerrecht dem Bereich des Rechts der internationalen Gemeinschaft angehört und die Verträge wesentlich international-rechtlicher, völkerrechtsähnlicher Natur sind 5 1 , w i r d das Privatvölkerrecht durch viele Besonderheiten gekennzeichnet sein, die sich mit denen des zwischenstaatlichen Völkerrechts 52 decken. Das Privatvölkerrecht w i r d aber auch Merkmale enthalten, durch die es sich vom zwischenstaatlichen Völkerrecht unterscheidet — eine notwendige Folge der Tatsache, daß die zu regelnden Verträge der letztgenannten Rechtsordnung nicht unterstellt werden können 5 3 . a) Das Privatvölkerrecht als internationales Recht, als ins gentium aa) Das Privatvölkerrecht als internationales Recht Das Privatvölkerrecht, das einen Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft bildet 5 4 , ist wie das zwischenstaatliche Völkerrecht i m Gegensatz etwa zum Internationalen Privatrecht 5 5 „echtes" internationales Recht. Das bedeutet, daß das Privatvölkerrecht aus Normen besteht, die von den Subjekten dieser Rechtsordnung — sei es als Vertragsrecht, sei es als Gewohnheitsrecht — geschaffen werden oder die als Rechtsgrundsätze innerhalb dieser Rechtsordnung gelten. Privatvölkerrecht w i r d 50 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 17; Verdross, Völkerrecht S. 122, spricht von der „Eigenart des Völkerrechts". si Hinweis auf § 9 I I I 1 b. 52 Vgl. zu den Besonderheiten oder zur Eigenart des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 17—36, bzw. Verdross, Völkerrecht S. 122—136. 53 Hinweis auf § 6 I I I 2 u n d 3. 54 Vgl. Borchers, Verträge S. 176, 196—200; Erler, Internationales W i r t schaftsrecht S. 21; Verdross, Völkerrecht S. 4/5; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336/337. 55

Hinweis auf § 5 I I 3 a.

I I I . Begriff und Besonderheiten des Privatvölkerrechts

201

nicht durch einen einzelnen 56 Staat erzeugt, etwa durch dessen Gesetzgebung (es ist also insofern nicht „autoritäres Recht" 57 ). Kein einzelner Staat vermag ein dem Privatvölkerrecht übergeordnetes Recht hervorzubringen 58 . Die von dem Privatvölkerrecht beherrschten Verträge haben somit ihren Geltungsgrund in internationalem Recht und sind wie Verträge des zwischenstaatlichen Völkerrechts „jeder Einwirkung durch ein internes 59 Rechtssystem entzogen" 60 . Die Verträge unterstehen daher einer „neutralen Drittordnung", wie sie oft gefordert und worin der eigentliche Sinn der „Internationalisierung" der Verträge erblickt worden ist 6 1 . bb) Das Privatvölkerrecht als ius gentium Während das zwischenstaatliche Völkerrecht ein ius inter gentes ist 6 2 , stellt das Privatvölkerrecht ein ius gentium dar 6 3 . Dadurch unterscheiden sich die beiden genannten Rechtsordnungen in zweierlei Hinsicht: Bei dem zwischenstaatlichen Völkerrecht als ius inter gentes ist eine „relative Spärlichkeit der Völkerrechtssubjekte" 64 zu vermerken; die „normalen" Völkerrechtssubjekte sind „individuell bestimmte Gemeinschaften" 64 , insbesondere die Staaten 65 . Aus der Tatsache, daß regelmäßig nur Staaten Subjekte des zwischenstaatlichen Völkerrechts sind, ergibt sich der „indirekte Charakter" 6 6 des Völkerrechts als ius inter gentes, d. h. „obwohl durch das Völkerrecht wie durch alles sonstige Recht immer menschliches Verhalten geregelt wird, (wird) doch durch das Völkerrecht, i m Gegensatz zum Landesrecht, der Einzelmensch regelmäßig nicht unmittelbar, sondern durch Vermittlung des ihm jeweils übergeordneten Völkerrechtssubjekts ,Staat', der ihn gegenüber dem Völkerrecht ,mediatisiert', berechtigt und verpflichtet" 6 7 . 56 Sondern nur i m Zusammenwirken m i t nichtstaatlichen Partnern durch Vertrag oder bei der Herausbildung von Gewohnheitsrecht oder — wenn man das Privatvölkerrecht so weit ausdehnt — i m Zusammenwirken m i t anderen Staaten; Hinweis auf § 9 I I I 1 b m i t der A n m . 48. 57 Vgl. Zemanek, Verdross-Festschrift S. 330, zum „internationalen V e r bandsrecht"; Hinweis auf § 2 I I 2 c cc. 58 Vgl. Zemanek, a.a.O. i n Anm. 57 zu § 9. 59 Gemeint ist internationales Recht. 60 Vgl. Mann i n § 6 I 4 m i t der Anm. 15. 61 Vgl. die Ausführungen unter §51113 sowie die Darstellung der A u f fassungen i n den §§ 6—8. Hinweis auf Anm. 2 zu § 7. 62 Hinweis auf § 6 I I I 2 b m i t den Anm. 248—250. 63 Vgl. zu den lateinischen Begriffen auch die Ausführungen unter § 8 I I I 5 a m i t der Anm. 200 insbesondere. 64 Verdross, Völkerrecht S. 129. 65 Vgl. die Ausführungen unter § 6 I I I 2 b m i t der Anm. 247 u n d die dort gegebene Begriffsbestimmung des „Völkerrechts". «6 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 35. 67 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 35; ebenso Guggenheim, Völkerrecht Bd. 1 S. 5 f.; Ross, Völkerrecht S. 17; Verdross, Völkerrecht S. 127.

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§ 9 Die neue

echtsordnung „PrivatVölkerrecht"

Der „indirekte Charakter" des Völkerrechts (im engeren Sinn) t r i t t allerdings dort zurück, wo Einzelmenschen ausnahmsweise unmittelbar durch das besagte Recht berechtigt oder verpflichtet werden 6 8 . I m Gegensatz zum zwischenstaatlichen Völkerrecht besitzt das Privatvölkerrecht als ius gentium eine unübersehbare Menge von Rechtssubjekten, da grundsätzlich alle Menschen und die von ihnen gebildeten Gemeinschaften Subjekte dieser Rechtsordnung sein können. Der Staat stellt sich hier als eine menschliche Gemeinschaft wie jede andere dar, etwa wie eine internationale private Organisation oder eine innerstaatlich begründete juristische Person (ζ. B. als Wirtschaftsunternehmen) 69 . I m Privatvölkerrecht als ius gentium gibt es keine „Mediatisierung der Menschen durch ihre Heimatstaaten" 70 . Vielmehr regelt dieses Recht das menschliche Verhalten wie das der menschlichen Gemeinschaften unmittelbar. Den hier in Rede stehenden Vertragspartnern kommt daher insoweit eine Rechtsstellung inter pares zu 7 1 . b) Der genossenschaftliche Charakter

des Privatvölkerrechts

Unter Hinweis auf die von Gierke 72 herausgearbeitete Unterscheidung von herrschaftlichem Verband und Genossenschaft — der herrschaftliche Verband sei die Gemeinschaft, in welcher Einer das sei, was in der Genossenschaft alle seien — sagt Berber 7 3 , daß das (zwischenstaatliche) „Völkerrecht in fast reiner Form auf dem genossenschaftlichen Prinzip stehen geblieben" sei, was bedeute, „daß das Völkerrecht nicht das Recht von Untertanen ist, die einem Höheren unterworfen sind, sondern das Recht gleichberechtigter Freier, die keinen Höheren über sich anerkennen, im Sinne jener mittelalterlichen Formel ,rex, qui superiorem non recognoscit', die am Anfang der abendländischen Entwicklung zum modernen souveränen Staat steht" 7 4 . Daraus ergibt sich der „relative Mangel an zentralen Organen" als eine Eigenart des Völkerrechts (im engeren Sinn) 7 5 . Es fehlt i m Völkerrecht „an einer dem staatlichen Gesetzgebungs- und Vollstreckungs« 8 Hinweis auf § 6 I I I 2 a a a ; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 35; Verdross, Völkerrecht S. 127/128. 69 Hinweis auf § 9 V I bezüglich der Einzelheiten der Subjekte des P r i v a t völkerrechts. 70 So Verdross, Völkerrecht S. 127, f ü r das zwischenstaatliche Völkerrecht. 71 Vgl. die Auffassung v o n von der Heydte zum ius gentium; Hinweis auf § 8 I I I 5 a. 72 Das Deutsche Genossenschaftsrecht Bd. 1 S. 89. 73 Völkerrecht Bd. 1 S. 17. 74 Vgl. A r t . 2 Ziff. 1 C h V N : „Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder." ™ Verdross, Völkerrecht S. 122; Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 19, spricht von dem „dezentralisierten Charakter des Völkerrechts".

I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

203

apparat vergleichbaren majoritären Institution, und es muß an ihr fehlen, da sonst das Völkerrecht i n Weltstaatsrecht verwandelt würde" 7 6 . Völkerrecht ist „zunächst aus der Übung der Rechtsgenossen herauswachsendes Gewohnheitsrecht"; „ist es gesetzes Recht, so ist es nicht Gesetz, Befehl eines Gesetzgebers, sondern freie Einigung, Vertragsrecht" 7 7 . Die friedliche Streitregelung kann nach allgemeinem Völkerrecht nur einvernehmlich erfolgen 78 . I m Privatvölkerrecht, das wie das zwischenstaatliche Völkerrecht einen Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft bildet, verhält es sich ähnlich: Zwar ist das Privatvölkerrecht nicht das Recht für den Verkehr zwischen souveränen Staaten 79 , sondern das Recht für bestimmte Beziehungen zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen (tatsächlich insbesondere der innerstaatlichen Wirtschaftsunternehmen 80 ) oder internationalen nichtstaatlichen Verbänden. Aber die Parteien der Verträge, die dem Privatvölkerrecht angehören, somit die Subjekte des Privatvölkerrechts 81 , treten insofern „souverän" 8 2 auf, als sie sich keinem (staatlichen) Gesetzgeber und keinem (staatlichen) Gericht unterworfen fühlen; staatliches Recht soll für sie nur bei entsprechender Vereinbarung gelten 83 . Wohl aus diesem Grund und weil die hier zu untersuchenden Verträge auch nicht dem zwischenstaatlichen Völkerrecht angehören, sagt Dahm 8 4 , daß sich der Wille der Parteien, der immer entscheidend sei, hier nicht in einer positivrechtlichen Ordnung entfalte, sondern diese seinerseits erst errichte und bestimme; und aus eben diesen Gründen vertritt K i p p 8 5 die Meinung, daß die Parteien m i t ihrem Vertrag ein nicht von anderen positiven Rechtsgemeinschaften hergeleitetes, autonomes Verhältnis gestalten würden. Diese Ansichten sowie etwa auch die Auffassung, die Verträge seien lediglich in den Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze einzuordnen 86 , zeigen zutreffend, daß die Partner der zu behandelnden Verträge eine Gestaltungsfreiheit größten Umfangs für ihre Beziehungen i n Anspruch nehmen und sich einer über ihnen stehenden gesetzgebenden oder 76 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 20; vgl. auch Verdross, Völkerrecht S. 122/123. 77 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 18; zur Bedeutung der allgemeinen Rechtsgrundsätze vgl. ζ. B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 35—42. 78 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 122/123; vgl. dort auch die Ausführungen zur Bedeutung der C h V N i n diesem Zusammenhang. 79 Hinweis auf § 9 I I I 1 b m i t der Anm. 48. so Vgl. die Beispiele i n § 3 I. 81 Hinweis auf § 9 V I . 82 Vgl. Verdross, a.a.O. i n A n m . 21 zu § 8. 83 Hinweis auf § 5 I I I 2 a dd. 84 a.a.O. i n Anm. 66 zu § 8; vgl. dazu die Ausführungen unter § 8 I I 2. 85 a.a.O. i n Anm. 57 zu § 8; vgl. dazu die Ausführungen unter § 8 I I 2. 86 Hinweis auf § 7 I.

204

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

rechtsprechenden Gewalt (wenn überhaupt, so) nur einvernehmlich unterordnen. Daraus ergibt sich aber, daß auch die Normen des Privatvölkerrechts durch das Zusammenwirken der Subjekte dieser Rechtsordnung entstehen, sei es als infolge tatsächlicher Übung sich bildenden Gewohnheitsrechts, sei es als auf freier Einigung beruhenden Vertragsrechts 87 . Berber 89 sagt: „Die Organisationsformen aller Gemeinschaften sind entweder stärker nach dem Prinzip der Einheit oder nach dem der Freiheit bestimmt. Dem Prinzip der Einheit schlechthin entspricht der herrschaftliche, dem Prinzip der Freiheit i n der Gemeinschaft entspricht der genossenschaftliche Organisationstyp."

Die Organisationsform der internationalen Gemeinschaft ist eine freiheitliche, eine genossenschaftliche. Das Recht dieser Gemeinschaft, und zwar sowohl das zwischenstaatliche Völkerrecht als auch das Privatvölkerrecht, stellt sich entsprechend dar. Nur ein derartiges Recht 89 vermag internationale Beziehungen zu regeln, die — wie namentlich die des Privatvölkerrechts — von großer tatsächlicher Bedeutung sind 9 0 und die Vereinbarungen zu äußerst vielen Einzelheiten enthalten, die auf die sehr unterschiedlichen tatsächlichen Bedürfnisse abgestellt sind und für die Vertragspartner gelten sollen 91 . c) Der konkrete

Charakter

des Privatvölkerrechts

Aus dem zuletzt Gesagten ergibt sich ein weiteres Merkmal, das sowohl dem zwischenstaatlichen Völkerrecht als auch dem Privatvölkerrecht eigen ist. Das Recht beider Rechtsordnungen findet sich „ i m Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten vorzüglich nicht in typischen und abstrakten, sondern i n konkreten und individuellen Regelungen" 92 . Berber sagt zutreffend 9 3 : „Die bunte Vielfalt der Verträge ist nichts anderes als ein Widerschein der bunten Vielfalt völkerrechtlicher Verhältnisse überhaupt, die der öden 87

Bezüglich der allgemeinen Rechtsgrundsätze vgl. § 9 I V 2 a cc. Völkerrecht Bd. 1 S. 18. Vgl. zur Gestaltungsfreiheit für die Vertragspartner auch die Ausführungen unter § 8 I I 2 a bb. 9 0 Zweigert, Berichte H. 5 (1964) S. 209, verweist ζ. B. auf „das Gewicht des Vertrages für die Wirtschaft des staatlichen Partners"; Hinweis auf § 7 1 l b m i t der Anm. 21. 91 Die Tatsache, daß i n den Verträgen so viele Einzelheiten geregelt sind, hat w o h l wesentlich dazu beigetragen, die Verträge jeweils als „selbständige Rechtsordnungen" zu betrachten; Hinweis auf § 8 I I 1. 92 So Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 22, für das zwischenstaatliche Völkerrecht. 9 3 Völkerrecht Bd. 1 S. 23. 88

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I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

205

Gleichmacherei weltstaatlichen rationalistischen Denkens spottet und allein dem vielfältigen Reichtum der Welt gerecht w i r d . "

Es scheint, als ob dadurch, daß die hier zu behandelnden Verträge einer Rechtsordnung mit einem „konkreten Charakter" unterstellt werden — aus diesem Merkmal ergibt sich auch das weitgehende Zusammenfallen von Rechtsgeschäft und Rechtsnorm 94 —, i n großem Maß dem Anliegen von Verdross 95 u. a. 96 entsprochen wird, die jeden Vertrag als „selbständige Rechtsordnung" einstufen. Mag aber auch i m Völkerrecht (im engeren Sinn) — ebenso verhält es sich i m Privatvölkerrecht — „angesichts des Mangels einer universalen Homogenität und Interessenübereinstimmung" 97 das „partikuläre" 9 8 Recht—bestehend aus Vertragsrecht und einzelnen Normen des Gewohnheitsrechts — dem Umfang nach bei weitem das „universale (universelle, allgemeine)" 99 Recht überwiegen 1 0 0 , so setzt das partikuläre zwischenstaatliche Völkerrecht bzw. Privatvölkerrecht doch das universale zwischenstaatliche Völkerrecht bzw. Privatvölkerrecht voraus und kann sich nur in jenem Rahmen entwickeln, der jeweils durch das universale Recht gezogen w i r d 1 0 1 . Wenn Verdross 102 zu diesem Rahmen i m Hinblick auf das zwischenstaatliche Völkerrecht sagt, daß er sehr weit sei, da das allgemeine Völkerrecht nur wenige zwingende Normen 1 0 3 enthalte, so gilt auch das entsprechend für das Privatvölkerrecht 1 0 4 . Dies steht im Einklang mit der von den Parteien zu erörternder Verträge gewünschten und tatsächlich in Anspruch genommenen Gestaltungsfreiheit 105 . d) Der ethische Charakter

des Privatvölkerrechts

Schließlich sei noch eine Gemeinsamkeit des zwischenstaatlichen Völkerrechts und des Privatvölkerrechts hervorgehoben, nämlich deren „ethischer Charakter" 1 0 6 . 94

Vgl. den Begriff des völkerrechtlichen Vertrages i m statischen Sinn, Hinweis auf § 6 I I 1 b; vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 23/24. 95 Hinweis auf § 8 I I 1 a. 96 Hinweis auf § 8 I I 1 b u n d c. 97 So Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 22, bezüglich des Völkerrechts i m engeren Sinn. 98 Vgl. zu dem Begriff z.B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 3—6; Verdross, Völkerrecht S. 130. 99 Wie A n m . 98 zu § 9. 100 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 22. 101 Z u m Völkerrecht i m engeren Sinn vgl. Verdross, Völkerrecht S. 130. 102 Völkerrecht S. 130. 103 Vgl. dazu z.B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 6 und Bd. 3 S.60/61; Verdross, Völkerrecht S. 129/130. 104 Hinweis auf § 10 I I 2 u n d 3 c. 105 Hinweis auf § 8 I I 2 a bb u n d § 9 I I I 2 b. 106 Vgl. zum Völkerrecht i m engeren Sinn Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 31—35.

206

§ 9 Die neue

Radbruch

107

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

sagt:

„ N u r die M o r a l vermag die verpflichtende K r a f t des Rechts zu begründen."

Gilt dies für das Recht im allgemeinen, also auch für das zwischenstaatliche Völkerrecht und das Privatvölkerrecht, so ist doch — wie Berber richtig bemerkt 1 0 8 — die „für alles Recht bestehende letztliche Basierung auf der Moral . . . für das Völkerrecht in charakteristischer Weise intensiviert dadurch, daß es an den im innerstaatlichen Recht vorherrschenden Verfahrens- und Zwangsmechanismen i m Völkerrecht weithin fehlt". Dasselbe gilt für das Privatvölkerrecht 1 0 9 . Die Gewähr für die Rechteinhaltung beruht somit weitgehend auf sittlichen Anschauungen und Entscheidungen 110 . Die Ausführungen von Berber 111 zur Zukunft des Völkerrechts i m engeren Sinn haben entsprechende Bedeutung für das Privatvölkerrecht: „Diese Auffassung von dem ethischen Charakter des Völkerrechts bedeutet . . . , daß eine wirklichkeitsnahe materiale Gerechtigkeitslehre die regulativen Prinzipien der Fortbildung des Völkerrechts wie der Lösung konkreter internationaler Differenzen liefern muß, das heißt also, daß nicht der Ausbau des Völkerrechts zu einem lückenlosen Prozeß- u n d Vollstrekkungsverfahren, sondern seine Fortbildung zu einer internationalen materiellen Gerechtigkeitsordnung das Gebot der Stunde ist."

e) Der nicht-politische

Charakter

des Privatvölkerrechts

Wenn dem zwischenstaatlichen Völkerrecht ein „politischer Charakter" zugesprochen w i r d 1 1 2 , so unterscheidet es sich dadurch vom Privatvölkerrecht 1 1 3 . Bezüglich des zwischenstaatlichen Völkerrechts sagt Berber 1 1 4 unter Hinweis auf Montesquieu 115, daß der politische Charakter „sich ohne weiteres daraus (ergebe), daß das dem überwiegenden Teil des Völkerrechts zugeordnete Lebensgebiet ein politisches" sei. Die eigentümliche Problematik des Völkerrechts — so führt Berber 1 1 6 weiterhin aus — entstehe eben gerade bei jenen überwiegenden Teilen des Völkerrechts, denen die Außenpolitik in derselben Weise als Lebensgebiet zugeordnet 107

Rechtsphilosophie S. 138. los Völkerrecht Bd. 1 S. 32. 109 Hinweis auf § 9 I I I 2 b m i t der Anm. 76. n ° Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 32. m Völkerrecht Bd. 1 S. 34. I i 2 So Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 24—31; vgl. auch Borchers, Verträge S. 199; Brierly, Z u k u n f t des Völkerrechts S. 30/1; Lange, Internationale Banken S.168. us Vgl. Borchers, Verträge S. 199, zum Unterschied des Völkerrechts i m engeren Sinn gegenüber dem „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht". 114 Völkerrecht Bd. 1 S. 26. us De l'Esprit des Lois, Hinweis auf A n m . 114 zu § 9. no Völkerrecht Bd. 1 S. 26.

I I I . Begriff u n d Besonderheiten des Privatvölkerrechts

207

sei, wie dem Zivilrecht das bürgerliche Leben, dem Sozialrecht die sozialen Probleme oder dem Strafrecht die Kriminalität. Wörtlich sagt Berber 1 1 7 : „Die richtige Bewertung . . . des Wesens u n d der Bedeutung des Völkerrechts als der Rechtsordnung der internationalen Beziehungen der Staaten ist nur möglich bei einer realistischen Betrachtung seines Verhältnisses zur Außenpolitik als der konkreten Gestaltung der internationalen Beziehungen durch die Staaten."

Borchers 118 w i l l das Völkerrecht, „wie es seiner ursprünglichen und immer noch wichtigsten Funktion entspricht, als das Recht der souveränen Gemeinschaften verstehen, das deren politische Beziehungen — i m weitverstandenen Sinne — regelt und die verschiedenen Hoheitssphären gegeneinander abzugrenzen versucht". Das so dem zwischenstaatlichen Völkerrecht eigene Wesensmerkmal besitzt das Privatvölkerrecht nicht. Damit soll nicht gesagt werden, daß die vom Privatvölkerrecht zu regelnden Sachverhalte gänzlich unpolitisch seien. Auch für die zu erörternden Verträge mag es politische Beweggründe geben, und sie mögen auch teilweise politischen Inhalt haben 1 1 9 , aber wie es auch (einen weniger umfangreichen) Teil des zwischenstaatlichen Völkerrechts gibt, der „unpolitischen Charakter" trägt 1 2 0 , ohne diesem Recht den ihm eigentümlichen wesentlichen Charakter zu nehmen, so verhält es sich i m Privatvölkerrecht entsprechend umgekehrt. Wie die oben angeführten, hier zu behandelnden Vertragsarten 1 2 1 und die Arten internationaler nichtstaatlicher Verbände 1 2 2 zeigen, die mit Staaten in hier in Rede stehende Rechtsbeziehungen treten, ist das dem Privatvölkerrecht zugeordnete Lebensgebiet i m Kern und zum größten Teil nicht das der Außenpolitik; die von dem Privatvölkerrecht zu regelnden Sachverhalte sind vielmehr vor allem wirtschaftlicher A r t 1 2 3 ; sie können aber ζ. B. auch Fragen der Verwaltung, der Menschlichkeit oder der Religion betreffen 124 . f) Das Recht für Beziehungen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen

Partnern

Angesichts der rechtssystematisch einzuordnenden Verträge erscheint es als besonderes Merkmal des Privatvölkerrechts, Beziehungen zwi117

Völkerrecht Bd. 1 S. 26, m i t weiteren Nachweisen i n der Fußnote 3. " β Verträge S. 199. 119 Hinweis auf § 3 1 4 (1); vgl. auch etwa die sog. Abkommen zur w i r t schaftlichen Entwicklung eines Landes, Hinweis auf § 3 11. 120 v g l . Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 26. 121 Hinweis auf § 3 I. 122 Hinweis auf § 2 I I 1 a aa m i t der Anm. 48. 123 Hinweis auf § 3 1 1 — 3 ; deshalb kommt Borchers auch zum „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht", Hinweis auf § 8 I I I 6 a bb. 124 Hinweis auf § 3 I 4 (2) — (5) u n d § 2 I I 2 a aa m i t der Anm. 48.

208

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

sehen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zu regeln. Gerade für derartige Verträge w i r d es ja hier entwickelt. Deshalb sei dieses Merkmal des Privatvölkerrechts auch genannt, obwohl man geneigt sein könnte, es gewissermaßen in Klammern zu setzen, um anzudeuten, daß Privatvölkerrecht zwar auch und möglicherweise i m besonderen Verträge zwischen staatlichen Partnern einerseits und nichtstaatlichen Partnern andererseits regelt, daß es aber ebenso möglich ist, diesem Recht bestimmte Verträge zu unterstellen, die ausschließlich zwischen nichtstaatlichen Partnern 1 2 5 oder vielleicht auch ausschließlich zwischen „souveränen Gemeinschaften" geschlossen werden 1 2 6 .

IV. Die Quellen des Privatvölkerrechts „Rechtsquellen" ist ein bildlicher Ausdruck, der Unterschiedliches zu bezeichnen imstande ist 1 2 7 . Der Begriff „Rechtsquellen" kann i n einem dreifachen Sinn verstanden werden, und zwar als Geltungsgründe, als Erscheinungsformen oder als Erkenntnismittel von Rechtsnormen 128 . I m Hinblick auf das Privatvölkerrecht bedeutet dies folgendes:

1. Geltungsgründe des Privatvölkerrechts

a) Außerrechtliche

Tatsachen

Es kann etwa nach den historischen, soziologischen, wirtschaftlichen oder psychologischen Tatsachen als Ursache für die Entstehung und Geltung von Recht gefragt werden 1 2 9 . Hinsichtlich des Privatvölkerrechts ist hier auf die Beziehungen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern zu verweisen, wie sie sich tatsächlich darstellen 1 3 0 , also etwa auf ihre wirtschaftliche Bedeutung 1 3 1 oder den Willen der 125 Hinweis auf § 9 I I I 1 b m i t der Anm. 47. 126 Also zwischen Subjekten des Völkerrechts, vgl. die Definition i n § 6 I I I 2 b m i t der Anm. 247; Hinweis auf § 9 I I I 1 b m i t der Anm. 48; vgl. auch Borchers, Verträge S. 199, zu dem „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht", Hinweis auf § 8 I I I 6 a bb m i t der A n m . 250. 127 Vgl. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 37. 128 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 37; vgl. zum Begriff „Rechtsquellen" auch Lehmann, Allgemeiner Teil B G B S. 12. Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 96/97. 129 v g l . Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S.35; Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 96. 130 Hinweis auf die §§ 2 u n d 3. 131 Hinweis auf § 9 I I I 2 e.

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

209

Partner betreffend die rechtliche Durchführung ihrer Verträge 1 3 2 sowie auf die u. a. durch die in Rede stehenden Verträge bewirkten soziologischen Veränderungen innerhalb der internationalen Gemeinschaft 133 . b) Ethische Gründe Man kann auch unter ethischem Gesichtspunkt nach dem Grund der moralisch verpflichtenden K r a f t des Rechts fragen und den Geltungsgrund etwa i m Gewissen oder in einem Sittengesetz finden 134. Hier kann auf die Ausführungen zu dem ethischen Charakter des Privatvölkerrechts verwiesen werden 1 3 5 . c) Rechtstheoretische

Gründe

Schließlich kann auch rechtstheoretisch die Frage nach dem Geltungsgrund des positiven Rechts gestellt werden 1 3 6 . Für das dem Privatvölkerrecht ähnliche 137 zwischenstaatliche Völkerrecht werden i m Hinblick auf dessen Grund (Ursache oder Begründung) vor allem zwei Theorien vertreten, und zwar die voluntaristische Theorie, nach der die Rechtsregeln das Ergebnis menschlicher Willensakte sind, und die objektivistische Theorie, nach der der Ursprung der Rechtsregeln außerhalb des menschlichen Willens liegt, sei es i n einer Grundnorm, sei es i m Volksgeist, i n der gesellschaftlichen Solidarität, oder i n der Natur, der Gerechtigkeit, der Vernunft, dem Willen Gottes 138 . Wie Berber 1 3 9 i m Anschluß an Rousseau 140 zutreffend feststellt, „kann nur eine das Rechtliche transzendierende Auffassung die Quelle des Rechts i m Sinn von »Ursprung 4, ,Grund 4 , aufklären". Es ist offensichtlich, daß auf dieses Problem hier nicht in extenso eingegangen werden kann, zumal die beiden zur Begründung des zwischenstaatlichen Völkerrechts vorgetragenen Auffassungen, die für das Privatvölkerrecht vielleicht entsprechend anwendbar sein könnten, sehr grob vereinfacht aufgezeigt wurden und eine Stellungnahme nur möglich wäre, wenn die Meinung der verschiedenen Vertreter der beiden ι 3 2 Vgl. insbesondere § 3 I I 1. 133 Hinweis auf § 9 I I . 134 Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 96. 135 Hinweis auf §9 I I I 2 d ; vgl. auch Kelsen, Rechtslehre S. 69—71. 136 Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 96. 1 3 7 Vgl. z.B. die Ausführungen zu den „Besonderheiten des P r i v a t v ö l k e r rechts" unter § 9 I I I 2. 138 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 38/39 m. w. N. ; vgl. auch den Überblick über die Völkerrechtslehre bei Verdross, Völkerrecht S. 94—107. 139 Völkerrecht Bd. 1 S. 39. 140 "Le fondement d u caractère obligatoire du droit ne saurait être démontré que par des considérations (morales, sociologiques) étrangères au droit positif." Angeführt bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 39.

14 Rengeling

210

§ 9 Die neue

echtsordnung „PrivatVölkerrecht"

Theorien genau u n d m i t

ihren

teilweise erheblichen

Abweichungen

v o n e i n a n d e r b e r ü c k s i c h t i g t w ü r d e n . Es sei aber k e i n H e h l d a r a u s gem a c h t , daß der Verfasser sich d e r L e h r e v o n Verdross

i m wesentlichen

anschließt u n d d e r M e i n u n g ist, diese L e h r e f ü r das P r i v a t v ö l k e r r e c h t nutzbar machen zu können. Verdross 141 sagt: „Das positive Recht hat nicht n u r einen soziologischen B o d e n 1 4 2 , sondern auch eine normative Grundlage, die i n der zielstrebigen, sozialen N a t u r des Menschen verankert ist. Diese weist uns an, i n einer Friedensordnung zu leben, da die Menschen n u r so zur vollen Entfaltung ihres Wesens kommen können. Dieses Ziel, auf das unsere soziale N a t u r hinlenkt, nennt man die Rechtsidee... Die Rechtsidee f ü h r t zunächst zur B i l d u n g von kleinen Gruppen, dann zur Entstehung von Staaten u n d Reichen u n d schließlich zur Herausbildung einer alle Menschen umfassenden Gemeinschaft." V e r d r o s s w e i s t s o d a n n nach, w i e sich die I d e e e i n e r Rechtsordnung",

vor

allem

als

Friedensordnung,

„universellen

geschichtlich

ent-

w i c k e l t h a t 1 4 3 u n d g e l a n g t z u d e m z u t r e f f e n d e n E r g e b n i s , daß j e d e r Rechtsgemeinschaft d i e Rechtsidee z u g r u n d e l i e g e 1 4 4 . Im

Gegensatz

zu dieser

Auffassung

leugnet

der

strenge

Rechts-

p o s i t i v i s m u s (dessen G r u n d l a g e — w a s das V ö l k e r r e c h t b e t r i f f t — d i e oben erwähnte voluntaristische Theorie zur Rechtsbegründung b i l d e t 1 4 5 ) d i e G e l t u n g ü b e r p o s i t i v e r N o r m e n u n d l e h r t , daß d i e W i l l e n s s e t z u n g e n v o n k e i n e r h ö h e r e n O r d n u n g a b h ä n g i g seien, gleich, o b m a n O r d n u n g als Rechtsidee, N a t u r r e c h t D a z u sagt Verdross Rechtspositivismus"

147

148

:

oder soziale M o r a l

dieser

bezeichne146.

D a sich n u n aber sogleich d i e v o m

„naiven

u n g e l ö s t e F r a g e a u f d r ä n g e , aus w e l c h e n G r ü n -

d l Völkerrecht S. 13. 1 4 2 Hinweis auf § 9 I I u n d § 9 I V 1 a. 143 Verdross, Völkerrecht S. 13—15, insbesondere unter Hinweis auf die christliche Rechtsphilosophie, die von dem Begriff der lex aeterna ausgehe, als deren A b b i l d i m menschlichen Bewußtsein er die lex naturalis betrachte, aus der ( = Naturrecht) als d r i t t e Rechtsstufe das positive Recht hervorgehe. 144 Verdross, Völkerrecht S. 15/16; Verdross, a.a.O. S. 16, verweist darauf, daß sich die Rechtsprechung des B V e r f G der B R D i m E i n k l a n g m i t dieser Rechtsauffassung befinde, indem es i n dem U r t e i l des Gerichts v o m 17. Dezember 1953 i m F a l l der Verfassungsbeschwerde der nicht übernommenen Reichsbeamten heiße, daß nicht alle nationalsozialistischen Gesetze ex post als nichtig betrachtet werden könnten, w o h l aber jene, die „ i n so evidentem Widerspruch m i t den alles formale Recht beherrschenden Prinzipien der Gerechtigkeit treten, daß der Richter, der sie anwenden . . . wollte, Unrecht statt Recht spräche"; das U r t e i l (1 B v R 147/52) ist insoweit abgedruckt i n N J W 1954 S. 24. 145 Hinweis auf § 9 I V 1 c m i t der A n m . 138. 146 Verdross, Völkerrecht S. 17/18. 147 Völkerrecht S. 18. 148 Nach Verdross, Völkerrecht S. 18 Fußnote 1, gabelt sich der „radikale ( = strenge) Rechtspositivismus" i n den „naiven" u n d den „kritischen Rechtspositivismus".

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

m

den die Willenserklärungen der als Gesetzgeber und Richter auftretenden Menschen verbindlich sein könnten 1 4 9 , sehe der von Kelsen begründete „kritische Rechtspositivismus" sich genötigt, eine „überpositive Grundnorm" einzuführen, die besage, daß man den Anordnungen bestimmter Menschen gehorchen solle. Verdross 150 weist dann nach, daß auch der Rechtspositivismus (nach Kelsen) von bestimmten überpositiven Werten ausgehe; der Rechtspositivismus sei aber in einer künstlich verengten Wertphilosophie fundiert, während die Naturrechtslehre die ganze Fülle der i n der Natur des Menschen verankerten Werte erfasse 151 . Die klassische (antike und christliche) Naturrechtslehre — so führt Verdross 152 weiterhin aus — sehe im Naturrecht nicht ein „paradisisches Idealrecht", sondern „ein Recht, das der sittlichen Natur des Menschen, wie er in dieser realen Welt lebt", entspreche. Wenn die Naturrechtslehre das Wesen des Naturrechts erfassen wolle, dann müsse sie „jene philosophische Anthropologie zur Grundlage haben, die das Wesen des Menschen nach allen Richtungen hin untersucht" 1 5 3 . Verdross 154 stellt dazu fest: „Eine solche Untersuchung zeigt uns aber, daß einige Züge der menschlichen Natur konstant bleiben, während daneben zahlreiche variable F a k toren bestehen. Daher ist die Ausarbeitung eines unveränderlichen und vollständigen Naturrechtssystems ausgeschlossen. Es ist aber möglich, aus den existenziellen Zielen der menschlichen Natur bestimmte, allgemeingültige Grundsätze zu ermitteln."

Das Verhältnis der Rechtsidee zum Naturrecht ist nach Verdross 155 dies: Die Rechtsidee zeige das Ziel, dem alles soziale Leben zusteuern solle, das Naturrecht enthalte die Grundsätze, die bestimmten, welche Mittel zu diesem Ziel führten. Davon, von den Gedanken einer Grundnorm des Rechts im allgemeinen 1 5 6 und einer Grundnorm des zwischenstaatlichen Völkerrechts i m besonderen 157 ausgehend, kommt Verdross bezüglich der rechtstheoretischen Begründung des zwischenstaatlichen Völkerrechts zu folgendem Ergebnis 1 5 8 : 149 v g l . a u c h die Ausführungen zur Verbindlichkeit von Verträgen i n § 4 1 1 b aa. 150 Völkerrecht S. 18. 151 Vgl. aber zur Annäherung der gegensätzlichen Standpunkte i m E r gebnis Verdross, Völkerrecht S. 19. 152 Völkerrecht S. 19. 153 Vgl. dazu etwa Messner, Das Naturrecht S. 21—30. 154 Völkerrecht S. 19. 155 Völkerrecht S. 20. 156 Verdross, Völkerrecht S. 18—22. 157 Verdross, Völkerrecht S. 22—24. 158 Verdross, Völkerrecht S. 24/25. 14*

212

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

„ W e n n daher die völkerrechtliche Grundnorm formuliert werden soll, so muß sie aussagen, daß sich die Völkerrechtssubjekte so verhalten sollen, wie es die fundamentalen Rechtsgrundsätze, die sich aus der sozialen Natur der menschlichen Verbände ergeben, und die auf ihrer Grundlage erzeugten Normen des Vertragsrechts u n d des Gewohnheitsrechts vorschreiben. Diese Formulierung ist aber nur ein abgekürzter Ausdruck dafür, daß das positive Völkerrecht von bestimmten, von i h m bereits vorausgesetzten Rechtsgrundsätzen abhängig ist. Daher ist es richtiger, von einem Gefüge von Rechtsgrundsätzen, statt von einer Grundnorm zu sprechen. Jenes bildet die normative Grundlage, welche die Staaten zu einer Einheit verbindet. Ohne dieses einigende Band würde die Staatengemeinschaft i n verschiedene, sich gegenseitig bekämpfende Machtkomplexe zerfallen."

Diese von Verdross i m Hinblick auf das zwischenstaatliche Völkerrecht entwickelten Gedanken lassen sich unschwer auf das Privatvölkerrecht übertragen. Wenn Verdross sagt, daß die Rechtsidee „schließlich zur Herausbildung einer alle Menschen umfassenden Gemeinschaft" führe 1 5 9 , so braucht diese allgemeine Aussage nicht auf die Völkerrechtsgemeinschaft (die Gemeinschaft der Subjekte des zwischenstaatlichen Völkerrechts) beschränkt zu werden, sondern kann auch so verstanden werden, daß damit die internationale Gemeinschaft als Zusammenfassung der Völkerrechtsgemeinschaft und der Privatvölkerrechtsgemeinschaft (der Gemeinschaft der Subjekte des Privatvölkerrechts) gemeint ist. Ebenso wie die „fundamentalen Rechtsgrundsätze" 160 die Grundlage des positiven zwischenstaatlichen Völkerrechts bilden 1 6 1 , so stellen sie auch — unter rechtstheoretischem Gesichtspunkt — den Geltungsgrund des Privatvölkerrechts dar. Das gilt insbesondere für den Satz pacta sunt servanda, der sich aus der sozialen Natur des Menschen ergibt 1 6 2 . 2. Die Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts

Sind damit die Geltungsgründe und insbesondere der rechtstheoretische Geltungsgrund des Privatvölkerrechts aufgezeigt, so gilt es nun, die Quellen des Privatvölkerrechts i n einem zweiten Sinn, als Erscheinungsformen, darzustellen: Es sind Verträge, Gewohnheitsrecht und 159 Verdross, a.a.O. i n A n m . 141 zu § 9. 160 Wenn man so w i l l : Rechtsgrundsätze, die das Naturrecht enthält u n d die bestimmen, welche M i t t e l zu dem durch die Rechtsidee gezeigten Ziel allen sozialen Lebens führen, vgl. Verdross, a.a.O. i n Anm. 155 zu § 9. 161 Verdross, a.a.O. i n A n m . 158 zu § 9. 162 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 147/148; vgl. auch die von K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 161, genannte „ G r u n d n o r m " des Rechts der „originär-autonomen individuellen Rechtsgemeinschaften", Hinweis auf § 8 I I 1 b bb m i t der A n m . 60.

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

213

Rechtsgrundsätze (letztere bilden — wie noch zu zeigen sein w i r d 1 6 3 — nicht nur die überpositive Grundlage des Privatvölkerrechts, sondern sind auch positives Recht dieser Rechtsordnung). Zu der gewählten Reihenfolge der Privatvölkerrechtsquellen (als Erscheinungsformen) sei folgendes bemerkt: Während die „fundamentalen Rechtsgrundsätze" rechtstheoretisch insofern den ersten Platz einnehmen, als auf ihrer Grundlage Vertragsrecht und Gewohnheitsrecht erzeugt werden 1 6 4 , verhält es sich i n der Rechtspraxis so, daß die Verträge die wichtigste Quelle des Privatvölkerrechts darstellen 1 6 5 , während die Rechtsgrundsätze erst nach den vertraglichen Vereinbarungen und dem Gewohnheitsrecht als allgemeineres Recht heranzuziehen sind 1 6 6 . Die hier aus praktischen Gesichtspunkten gewählte Reihenfolge bei der Darstellung der Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts i m einzelnen (a) stimmt nicht m i t der anschließend zu behandelnden rechtlichen Rangordnung von Verträgen, Gewohnheitsrecht und Rechtsgrundsätzen innerhalb des positiven Privatvölkerrechts (b) überein.

(Erscheinungsformen)

a) Die Quellen des Pnvatvölkerrechts

im einzelnen

Wie dem zwischenstaatlichen Völkerrecht so fehlt auch dem Privatvölkerrecht — entsprechend seinem genossenschaftlichen Charakter 1 6 7 — das für alle seine Rechtssubjekte geltende Gesetz als Rechtsquelle 168 . aa) Verträge Wie i m zwischenstaatlichen Völkerrecht so stellen auch i m Privatvölkerrecht die Verträge für die praktische Rechtsanwendung die !63 Hinweis auf § 9 I V 2 a cc. 164 Verdross, a.a.O. i n Anm. 158 zu § 9. 165 v g l . entsprechend für das zwischenstaatliche Völkerrecht Dahm, V ö l k e r recht Bd. 1 S. 20. 166 vgl. entsprechend für das zwischenstaatliche Völkerrecht Verdross, Völkerrecht S. 150. Vgl. auch die Reihenfolge i n A r t . 38 I G H - S t a t u t ; dort heißt es i n Abs. 1 (u. a.) : „Der Gerichtshof, dessen Aufgabe es ist, Streitigkeiten nach V ö l k e r recht zu entscheiden, wendet an: a) die internationalen A b k o m m e n allgemeiner oder besonderer Natur, i n denen von den i n Streit befindlichen Staaten ausdrücklich anerkannte Normen aufgestellt sind, b) den internationalen Brauch als Ausdruck einer allgemeinen als Recht anerkannten Übung, c) die von den zivilisierten Staaten anerkannten allgemeinen Rechtsgrund167 Hinweis auf § 9 I I I 2 b. 168 vgl. zu den Folgen dieses Fehlens für das zwischenstaatliche V ö l k e r recht Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 17/18.

214

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

wichtigste Quelle dar 1 6 9 . Das entspricht dem konkreten Charakter beider Rechtsordnungen 170 . Ja, die Bedeutung der Verträge innerhalb des Privatvölkerrechts (unter praktischen Gesichtspunkten) erscheint — zumindest zur Zeit — noch größer als die zwischenstaatlicher Verträge für das Völkerrecht im engeren Sinn, weil das Privatvölkerrecht (noch weit mehr als das zwischenstaatliche Völkerrecht) der Entwicklung bedarf. Der derzeitige Bestand an Normen i m Privatvölkerrecht ist gering, das gilt sowohl für den Bereich des Gewohnheitsrechts als auch für den der Rechtsgrundsätze 171 . Privatvölkerrecht ist eine Rechtsordnung in statu nascondi 172 . Da auf der anderen Seite die hier rechtssystematisch einzuordnenden Verträge viele Einzelheiten bestimmen (was dazu veranlaßte, sie als „selbständige Rechtsordnungen" einzustufen 173 ), ist es offensichtlich, daß die i n den Verträgen enthaltenen Vereinbarungen eine wichtige Rolle spielen; sie sind Normen des Privatvölkerrechts, da in dieser Rechtsordnung ebenso wie im zwischenstaatlichen Völkerrecht — gemäß dem konkreten Charakter beider Rechtsordnungen 1 7 4 — Rechtsgeschäft und Normen weitgehend zusammenfallen 1 7 5 . I n diesem Zusammenhang sei auf eine Unterscheidung von Verträgen des zwischenstaatlichen Völkerrechts hingewiesen, die auch für Verträge des Privatvölkerrechts bedeutsam ist: Man teilt die zwischenstaatlichen Verträge nach ihrem Inhalt i n rechtsgeschäftliche und rechtsetzende Verträge ein; erstere werden auch Staats Verträge i m engeren (eigentlichen) Sinn, contract-treaties oder traités-contrats, letztere quasi-legislative Vereinbarungen, law-making treaties oder traitéslois genannt 1 7 6 . Die rechtsgeschäftlichen Verträge sind auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung (oft zweier Parteien) gerichtet; in den rechtsetzenden Verträgen werden allgemeine Regeln vereinbart, die i n Zukunft für das Verhalten aller (oft zahlreicher) Parteien in gleicher Weise verbindlich sein sollen 1 7 7 . Wendet man diese Unterscheidung auf das Privatvölkerrecht an, so könnten etwa Konzessions- oder Anleiheverträge zwischen staatlichen 169 F ü r das zwischenstaatliche Völkerrecht vgl. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 20; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 62/63; vgl. auch die Reihenfolge i n A r t . 38 Abs. 1 I G H - S t a t u t , wo die Verträge unter Buchstabe a) genannt sind, Hinweis auf Anm. 166 zu § 9. 170 Hinweis auf § 9 I I I 2 c. 171 Hinweis auf unten bb bzw. cc. 172 Hinweis auf § 9 I 2. 173 Hinweis auf § 8 I I 1. 174 Hinweis auf § 9 I I I 2 c. 175 Hinweis auf § 9 I I I 2 c m i t der Anm. 94. 176 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 63; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 20/21; Verdross, Völkerrecht S. 143/144. 177 Vgl. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 20; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 63.

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

215

und nichtstaatlichen Partnern als rechtsgeschäftliche Verträge verstanden werden, während die Verträge, durch die internationale nichtstaatliche Verbände geschaffen werden, an denen sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Partner beteiligt sind 1 7 8 , entsprechend den Gründungsverträgen zwischenstaatlicher Organisationen 179 als rechtsetzende Verträge zu betrachten sind. Als rechtsetzende Verträge im umschriebenen Sinn sind i m Privatvölkerrecht auch solche denkbar, die — von staatlichen und nichtstaatlichen Partnern geschlossen — allgemeine Regeln für zukünftige rechtsgeschäftliche Verträge i m dargestellten Sinn enthalten. Geht man davon aus, daß sowohl die rechtsetzenden als auch die rechtsgeschäftlichen Verträge Normen erzeugen 180 , so bestehen gegen die angeführte Unterscheidung keine Bedenken 181 . Der Einteilung ist aber kein übergroßes Gewicht beizumessen, da jedenfalls die Rechtsnormen — i m zwischenstaatlichen Völkerrecht wie i m Privatvölkerrecht — etwa für die verpflichtende Kraft, die Form, den Abschluß oder die Beendigung beider Vertragsgruppen dieselben sind182'183. bb) Gewohnheitsrecht Wie bei den kritischen Würdigungen dargestellter Auffasungen zur rechtssystematischen Einordnung in Rede stehender Verträge hervorgehoben wurde 1 8 4 , erscheint es richtig, die besagten Verträge auch gewohnheitsrechtlichen Regeln zu unterstellen. Gfrörer 1 8 5 hat darauf ausdrücklich und zu Recht hingewiesen. Und wenn R. Wolff 186 bei den Rechtsgrundlagen internationaler Kartelle von Normen spricht, „welche sich als eine A r t ,common law' des internationalen Handelsverkehrs herausgebildet" hätten, dann kann darin der Hinweis auf den Handelsbrauch, auf Gewohnheit und Gewohnheitsrecht erblickt werden 1 8 7 . Vgl. Zemanek, Verdross-Festschrift S. 330. Es sei schon hier darauf hingewiesen, daß damit eine begriffliche Schwierigkeit gegeben ist: Nach der oben i n § 2 I I 2 i m Anschluß an Zemanek vorgetragenen Definition „ i n ternationaler nichtstaatlicher Verbände" besagt das M e r k m a l „nichtstaatlich", daß kein Staat M i t g l i e d dieser Verbände ist; hier sind aber gerade die Fälle zu untersuchen, bei denen sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Partner beteiligt sind; Hinweis diesbezüglich auf § 10 1 1 b. 179 v g l . dazu Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 20/21. 180 Hinweis auf § 6 I I 1 b. 181 Vgl. die kritischen Bemerkungen bei Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 63/64. 182 Vgl. für das zwischenstaatliche Völkerrecht Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 64. 1 8 3 Vgl. zum Privatvölkerrecht die Ausführungen unter § 10 I I 1—3. 1 8 4 Hinweis auf § 7 I I I 2 b, § 8 I I 2 a aa, § 8 I I I 2 b, § 8 I I I 4 b aa. Hinweis auf § 8 I I I 2 a m i t der Anm. 167. 186 Hinweis auf § 8 I I I 4 a aa m i t der A n m . 179. 1Θ7 Hinweis auf § 8 I I I 4 b aa.

216

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

Da die hier i n Rede stehenden Verträge gewissen zwischenstaatlichen Verträgen ähnlich sind 1 8 8 und dementsprechend das hier vertragsbeherrschende Recht sich als dem des zwischenstaatlichen Völkerrechts ähnlich erweisen muß 1 8 9 , dürfte auch bezüglich der Privatvölkerrechtsquelle „Gewohnheitsrecht" ein kurzer Blick auf das zwischenstaatliche Völkerrecht zum Vergleich vorteilhaft sein. A u f den Begriff „ Völker gewohnheitsrecht" wurde bereits verwiesen 190 . Man unterscheidet universales und partikuläres Gewohnheitsrecht 1 9 1 . Zu der Frage, „wer die Subjekte einer . . . sich zu Gewohnheitsrecht verdichtenden Übung sind", sagt Berber 1 9 2 , daß dies die „regelmäßigen Völkerrechtssubjekte" seien, also nach der „ i m allgemeinen als herrschend zu bezeichnenden Auffassung die zum internationalen Rechtsverkehr zugelassenen Staaten und anderen Rechtspersonen, vor allem gewisse internationale Organisationen, nicht aber Einzelpersonen" 193 . Gewohnheitsrecht w i r d als die älteste Quelle 1 9 4 , als die Hauptquelle 1 9 5 und neben den Verträgen als wichtigste Quelle des zwischenstaatlichen Völkerrechts bezüglich dessen praktischer Anwendung gesehen 196 . I m Vergleich dazu ergibt sich für das Privatvölkerrecht folgendes: Auch hier kann man sagen, daß zwei Merkmale für das Vorhandensein von Gewohnheitsrecht nötig sind, „ein objektives, das der wiederholten (regelmäßigen), einheitlichen, allgemeinen Übung, und ein subjektives, nämlich das der Übung, die mit der Überzeugung vorgenommen wird, rechtlich zu solchem Verhalten verpflichtet zu sein" 1 9 7 . Es ist leicht denkbar, daß sich auch i m Privatvölkerrecht neben allgemein ( = universal) geltenden gewohnheitsrechtlichen Normen solche herausbilden, die nur i n einem bestimmten Gebiet ( = partikulär) gelten. Subjekte einer tatsächlichen Übung, aus der Gewohnheitsrecht erwächst, sind i m Privatvölkerrecht alle Subjekte dieser Rechtsordnung, also auch Einzelper188 Hinweis auf § 9 I I I 1 ; vgl. insbesondere auch Borchers, Verträge S. 185 bis 193. is® Hinweis auf § 9 I I I 2. 1 9 0 Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa m i t der Anm. 173; vgl. auch A r t . 38 Abs. 1 Buchstabe b, Hinweis auf A n m . 166 zu § 9. 191 Hinweis auf § 9 I I I 2 c m i t den Anm. 98—101; vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 52—55; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 32; Verdross, Völkerrecht S. 140. 192 Völkerrecht Bd. 1 S. 44. 1 9 3 Vgl. die Definition des Völkerrechts i n § 6 I I I 2 b m i t der A n m . 247; vgl. auch die Ausführungen unter § 6 I I I 2 a aa. 1 9 4 Verdross, Völkerrecht S. 132 ; auch ν . Liszt, Völkerrecht S. 9. iss Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 41; Berber, a.a.O., sagt ferner: „ Z u Gewohnheitsrecht sich verdichtende Staatenpraxis ist . . . die eigentliche, materielle Quelle des Völkerrechts" (Quelle als Ursprung, Grund). 196 Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 35. 197 So Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 43, für das zwischenstaatliche Völkerrecht.

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

217

sonen 198 . Was die praktische Bedeutung des Gewohnheitsrechts im Privatvölkerrecht angeht, so ist zwar zuzugeben, daß der zur Zeit bestehende und insbesondere der zur Zeit erkannte 1 9 9 Bestand solcher Normen gering sein dürfte; es kann aber nicht geleugnet werden, daß gerade ein (sich allmählich entwickelndes) Gewohnheitsrecht eine einheitliche und insofern gerechte Behandlung von Fragen ermöglichen würde, die sich aus den i n Rede stehenden Verträgen ergeben könnten, zumal gewohnheitsrechtliche Normen gegenüber den nunmehr zu behandelnden Rechtsgrundsätzen den Vorzug größerer inhaltlicher Bestimmtheit genießen 200 . cc) Rechtgrundsätze Bei fast allen Lösungsvorschlägen, nach denen bestimmte Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern einem außerstaatlichen und damit internationalen Rechtsbereich angehören sollen, ist von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen als vertragsbeherrschendem Recht die Rede. Das gilt insbesondere für den Vorschlag, Verträge — wie McNair, Zweigert und Schlesinger-Gündisch es wollen und wie es in einigen Schiedssprüchen geschieht 201 — dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze zu unterstellen. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze kommen aber als auf Verträge anwendbares Recht auch dort in Betracht, wo sie dem Völkerrecht untergeordnet werden 2 0 2 ; und von ihnen sprechen bei ihren Lösungen auch Verdross 203, Kipp 204, Freund 205, von der Heydte 206, Zemanek 207 sowie Borchers 208. Von den „fundamentalen" oder „allgemeinen" Rechtsgrundsätzen war i m Hinblick auf das Privatvölkerrecht bereits die Rede, und zwar wurden sie unter rechtstheoretischem Gesichtspunkt als Rechtsquelle im Sinn von Grund, Geltungsgrund des positiven Privatvölkerrechts dargestellt 2 0 9 . Da hier nun Rechtsgrundsätze als Rechtsquelle im Sinn von Erscheinungsform, als positives Privatvölkerrecht aufgeführt werden sollen, ist folgendes zu bemerken: 198 iss 200 soi

Hinweis auf § 9 V I . Hinweis auf § 9 I V 3. Hinweis auf § 7 I I 3 a (5). Hinweis auf § 7 I. 202 Da die allgemeinen Rechtsgrundsätze auch Völkerrechtsquelle (im Sinn von Erscheinungsform) sind; vgl. § 7 I I 3 a. Betreffend die Einordnung von Verträgen i n das Völkerrecht vgl. § 61. 203 Hinweis auf § 8 I I 1 a cc m i t der A n m . 27. 204 Hinweis auf § 8 I I 1 b bb m i t der Anm. 60. 205 Hinweis auf § 8 I I I 1 a cc m i t den Anm. 149 u n d 150. 2 06 Hinweis auf § 8 I I I 5 a m i t der Anm. 205. 207 Hinweis auf § 8 I I I 6 a aa m i t der Anm. 234. 208 Hinweis auf § 8 I I I 6 a bb m i t der Anm. 248. 209 Hinweis auf § 9 I V 1 c.

218

§ 9 Die neue Hechtsordnung „ P r i v a t Völker recht"

Fundamentale oder allgemeine Rechtsgrundsätze als Rechtsquelle im Sinn von Geltungsgrund sind die wenigen unveränderlichen Grundsätze, die sich aus der sozialen Natur des Menschen (und der menschlichen Verbände) als M i t t e l (in diesem Sinn als Naturrecht) zu dem Ziele der Rechtsidee darstellen (Verdross) 210. Hans J. Wolff 211 sagt zu den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen", sie seien unmittelbar aus dem Rechtsprinzip ableitbar, da sie keine weiteren sozialen Gegebenheiten voraussetzten als die Existenz einer Vielheit von Menschen als Rechtsgenossen und den Bestand irgendeiner Rechtsordnung; sie seien daher zugleich m i t jeder Rechtsordnung als deren ethischer Mindestgehalt und normatives Fundament gegeben. Verdross und Hans J. Wolff dürften dieselben Rechtsgrundsätze meinen; die Auffassungen dieser Autoren gehen aber insofern auseinander, als Verdross diese allgemeinen oder fundamentalen Rechtsgrundsätze als überpositives Recht betrachtet — er sagt, das „positive Völkerrecht" sei von ihnen abhängig 2 1 2 —, während Hans J. W o l f f 2 1 3 die Auffassung vertritt, daß die allgemeinen Rechtsgrundsätze „positives Recht" seien. Diesem Gegensatz kommt aber keine so große Bedeutung zu, wie es zunächst scheinen könnte. Hans J. Wolff 2U bezeichnet diejenigen Rechtsnormen als „positiv", die i n Rechtssätzen formuliert oder formulierbar seien und die i n einem bestimmten örtlichen Bereich zu einer bestimmten Zeit mit Verbindlichkeits- und Vollzugsanspruch sozial gälten und i n der Regel von einer staatlichen Autorität garantiert würden; „überpositiv" sei nur ein theoretisch in Erwägung gezogenes Recht, das nicht positiv gelte und daher auch nicht von Gerichten anwendbar sei; wenn Gerichte von „überpositivem Recht" sprächen, bedienten sie sich eines falschen Ausdrucks für „ungeschriebenes" Recht 215 . Verdross 216 sagt zwar, daß das „positive Völkerrecht" von von i h m vorausgesetzten Grundsätzen abhängig sei und sieht i n diesem Grundsätzen die „normative Grundlage" der Völkerrechtsgemeinschaft, hält aber die allgemeinen Rechtsgrundsätze innerhalb der Völkerrechtsordnung für geltendes und anwendbares Recht 217 . Wesentlich erscheint, daß beide Autoren i n den allgemeinen Rechtsgrundsätzen das „normative Fundament" (Hans J. Wolff) bzw. die 210 Wie A n m . 209 zu § 9. su Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 101. 212 Verdross, a.a.O. i n A n m . 158 zu § 9. 213 Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 101. 214 Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 96. 215 Hans J. Wolff, Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 97, verweist hier auf das deutsche BVerfG, U r t e i l v o m 23. Oktober 1951 — 2 B v G 1/51, BVerfGE Bd. 1 S. 14 bis 66, S. 61. Hinweis auf A n m . 144 zu § 9. 216 Hinweis auf § 9 I V 1 c. 217 Verdross, Völkerrecht S. 147/148.

I V . Die Quellen des Privatvölkerrechts

219

„normative Grundlage" (Verdross) jeder Rechtsordnung bzw. des Völkerrechts sehen und daß beide Autoren i n diesen Rechtsgrundsätzen innerhalb jeder Rechtsordnung bzw. innerhalb des Völkerrechts geltendes und anwendbares Recht erblicken. So sollen auch im Privatvölkerrecht die fundamentalen oder allgemeinen Rechtsgrundsätze als Quellen sowohl i m Sinn von Geltungsgrund als auch i m Sinn von Erscheinungsform angesehen werden 2 1 8 ; i m letzteren Sinn seien sie — zusammen mit den Verträgen und dem Gewohnheitsrecht — als positives ( = geltendes, anwendbares) Privatvölkerrecht bezeichnet 219 . Die Rechtsgrundsätze (als Rechtsquellen i m Sinn von Erscheinungsform) lassen sich einteilen in allgemeine und besondere Rechtsgrundsätze. Hans J. Wolff 220 sieht als „allgemeine Rechtsgrundsätze" diejenigen an, die unmittelbar aus dem Rechtsprinzip ableitbar sind, da sie keine weiteren sozialen Gegebenheiten voraussetzen als das Vorhandensein einer Vielheit von Menschen als Rechtsgenossen und den Bestand irgendeiner Rechtsordnung; sie sind daher zugleich mit jeder Rechtsordnung als deren ethischer Mindestgehalt und normatives Fundament gegeben; hierzu zählen ζ. B. der Grundsatz der Achtung der Würde des Menschen, der Grundsatz der rechtlichen Gleichheit der Menschen, der Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Verbot des Handelns gegen die guten Sitten. „Besondere Rechtsgrundsätze" sind nach Hans J. Wolff 221 Fundamentalnormen, die sich ergeben bei Anwendung des Gerechtigkeitsprinzips auf deutliche Interessenanlagen innerhalb raum-zeitlich besonderer sozialer Lebensverhältnisse und Rechtsordnungen oder Rechtsordnungsteile; sie sind keine unmittelbaren Ableitungen aus der Rechtsidee mehr, sondern setzen jene besonderen Lebens Verhältnisse, zuweilen auch schon die Grundzüge der geltenden Rechtsordnung als Zwischenglieder voraus; i m Unterschied zu den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" sind die „besonderen" nicht unabänderlich, sondern m i t den zugrundeliegenden Ordnungen und besonderen Interessenlagen wandelbar; solche Rechts218 Vgl. auch den Lösungsvorschlag von Kipp, der einerseits von der Grundnorm spricht, i n der das Recht der „originär-autonomen individuellen Rechtsgemeinschaften" wurzele (Hinweis auf § 8 I I 1 b bb m i t den Anm. 59 u n d 60) u n d andererseits von den fundamentalen Rechtsprinzipien als anzuwendendes Recht (Berichte H. 5 [1964] S. 182—188). 219 Vgl. auch Borchers, a.a.O. i n Anm. 248 zu § 8, der i n Anlehnung an Zemanek (Hinweis auf Anm. 234 zu §8) die Auffassung v e r t r i t t , daß die Verträge ihre Verbindlichkeit aus einem Normenkreis herleiteten, der auf der gemeinsamen Rechtsüberzeugung der internationalen Gemeinschaft fuße, wie sie sich i n den allgemeinen Rechtsgrundsätzen manifestiere — wenn man so wolle, einer A r t von positiviertem Naturrecht. 220 Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 101/102. 22 1 Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 102.

220

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

grundsätze finden sich für einen bestimmten Kulturkreis, eine nationale Rechtsordnung bzw. einen Teil derselben; zu den Rechtsgrundsätzen des deutschen Verwaltungsrechts gehören ζ. B. das Gebot der Wahrung des öffentlichen Interesses durch die Verwaltungsbehörden sowie ihre Pflicht und ihr Recht zur Gefahrenabwehr, nicht aber ζ. B. das angloamerikanische Ultra-vires-Prinzip. Diese Einteilung weist Ähnlichkeiten mit einer Unterscheidung auf, die bei den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" als Völkerrechtsquelle gemacht wird. Wie bereits angedeutet 222 , spricht man i m (zwischenstaatlichen) Völkerrecht einmal von allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die unmittelbar aus der Struktur der Völkerrechtsordnung abgeleitet würden; dabei handele es sich um Normen und Auslegungsgrundsätze, die aus dem System der durch Vertragsrecht und Gewohnheitsrecht gebildeten Völkerrechtsordnung mit den Methoden juristischer Logik abgeleitet würden; zu diesen Grundsätzen gehörten ζ. B. die Unabhängigkeit und die Gleichheit der Staaten 223 . Die hier gemeinten Rechtsgrundsätze dürften den „besonderen Rechtsgrundsätzen" nach der Definition von Hans J. Wolff entsprechen, da es sich hier um Normen handelt, die sich ergeben bei der Anwendung des Gerechtigkeitsprinzips auf deutliche Interessenlagen innerhalb einer Rechtsordnung 224 . Zum anderen gebe es i m Völkerrecht allgemeine Rechtsgrundsätze, die aus den innerstaatlichen Rechtsordnungen auf völkerrechtliche Tatbestände übertragen würden; dabei handele es sich um eine Rezeption innerstaatlicher Rechtsgrundsätze, die wegen ihrer übereinstimmenden Geltung i n den Rechtssystemen der beteiligten Staaten als Ausdruck gemeinsamer Rechtsanschauung gewertet würden und deshalb geeignet seien, zur Lückenausfüllung herangezogen zu werden; Beispiele solcher Rechtsgrundsätze seien nach der Praxis der internationalen Gerichte die Bona fides, das Verbot des Rechtsmißbrauchs, Grundsätze des Vertragsrechts sowie die grundlegenden Verfahrensprinzipien 225 . Diese Grundsätze dürften sich insoweit m i t den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen" decken, wie Hans J. Wolff sie versteht 2 2 6 , als sie unmittelbar aus dem Rechtsprinzip ableitbar sind; das w i r d man etwa für den Grundsatz der Bona fides und das Verbot des Rechtsmißbrauchs sagen können. Es scheint, daß die von Hans J. Wolff getroffene Einteilung der Rechtsgrundsätze in „allgemeine" und „besondere" sowie die von 222 Hinweis auf § 7 I I 3 a m i t der Anm. 60. 223 So Jaenicke, W V R Bd. 3 S. 771. 224 Hinweis auf A n m . 221 zu § 9. 225 So Jaenicke, W V R Bd. 3 S. 771; vgl. auch die Ausführungen § 7 I I 3 a m i t der Anm. 61. 226 Hinweis auf Anm. 220 zu § 9.

unter

IV. Die Quellen des Privatvölkerrechts

221

Jaenicke dargelegte Unterscheidung der allgemeinen Rechtsgrundsätze i m Völkerrecht, soweit diese mit den Definitionen von Hans J. Wolff sachlich übereinstimmt, für das Privatvölkerrecht nutzbar gemacht werden können. Die „allgemeinen Rechtsgrundsätze" i m Sinne der Definition von Hans J. Wolff sind Bestandteile jeder Rechtsordnung, also auch des Privat Völker rechts. Der Gedanke von „besonderen Rechtsgrundsätzen", wie Hans J. Wolff ihn ausspricht, und der Rechtsgrundsätze, die aus der Struktur einer Rechtsordnung abgeleitet werden können, wie Jaenicke es für das Völkerrecht ausführt, dürfte auch für den derzeitigen Bestand und die weitere Entwicklung des Privatvölkerrechts von Vorteil sein. Was den derzeitigen Bestand von Privatvölkerrechtsnormen angeht, so ist der „besondere Rechtsgrundsatz" der Gleichheit der Privatvölkerrechtssubjekte in ihren hier i n Rede stehenden Vertragsbeziehungen anzuerkennen 227 . Davon ausgehend wäre zu überlegen, ob auch den Privatpersonen und anderen nichtstaatlichen Vertragspartnern, etwa einem großen Wirtschaftsunternehmen, ebenso wie dem Staat 2 2 8 ein Recht auf Selbsterhaltung zuzubilligen ist mit der Folge, daß dadurch der Grundsatz der Vertragstreue eingeschränkt wird. Was die weitere Entwicklung des Privatvölkerrechts angeht, so bietet sich i m Bereich der besonderen Rechtsgrundsätze der Rechtsvergleichung aber auch Schiedsgerichten ein weites Feld, entsprechende Rechtsnormen zu finden. Möglicherweise unterstellen Partner hier zu untersuchende Verträge den „Regeln" der Billigkeit, indem sie Schiedsgerichte anweisen, Streitigkeiten ex aequo et bono zu entscheiden 229 . Für das (zwischenstaatliche) Völkerrecht führt Dahm230 aus, daß zu den von den Kulturvölkern anerkannten „Grundsätzen des Rechts" auch die „Billigkeitsnormen" gehörten; das geltende Recht schließe die B i l ligkeit ein; i m Völkerrecht stelle die Billigkeit keine „selbständige", neben den anderen bestehende Rechtsquelle dar. Es ist i m Völkerrecht aber umstritten, ob die Parteivereinbarung, ein Gericht solle ex aequo 227 Vgl. für das (zwischenstaatliche) Völkerrecht den Grundsatz der Gleichheit der Staaten; Hinweis auf Anm. 223 zu § 9. Die Rechtsstellung inter pares i m Hinblick auf die zu erörternden Vertragsbeziehungen ist bei den bisherigen Lösungsvorschlägen des öfteren vermerkt worden; vgl. z.B. Marcus, a.a.O. i n Anm. 11 zu §6; Verdross, a.a.O. i n A n m . 14 zu § 8 ; Kipp, a.a.O. i n Anm. 45 zu §8; von der Heydte, a.a.O. i n A n m . 202 zu §8; Zemanek, a.a.O. i n Anm. 228 zu § 8. 228 Vgl. Borchers, Verträge S. 208 m i t der Anm. 1149. 229 v g l . die Worte i n dem oben (Hinweis auf § 7 I 2 c m i t der Anm. 52) genannten Schiedsurteil: „the agreement was to be governed by 'the principles of justice, equity and good conscience'." Vgl. dazu Borchers, Verträge S. 163 m i t der A n m . 891. 2 30 Völkerrecht Bd. 1 S. 39/40.

222

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

et bono entscheiden, nur Billigkeitsentscheidungen unter grundsätzlicher Beachtung des Völkerrechts oder auch „freie" Entscheidungen des Gerichts als „amiable compositeur" ermöglicht 2 3 1 . Vieles spricht dafür, die genannte Parteivereinbarung so zu verstehen, daß „nicht nach strengen Rechtsvorschriften, aber auch nicht nach frei erfundenen willkürlichen Wertmaßstäben, sondern in Übereinstimmung mit den das Völkerrecht beherrschenden Grundsätzen der Gerechtigkeit und des friedlichen Zusammenlebens der Völker i m Sinne einer sachgemäßen Eliminierung des Streitfalls" zu entscheiden ist 2 3 2 . Überträgt man dies entsprechend auf das Privatvölkerrecht, so ergibt sich auch hier für die Partner die Möglichkeit, Vertragsstreitigkeiten ex aequo et bono behandeln zu lassen, d. h. „ i n Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit" und insofern nach „Regeln" der Billigkeit. b) Die Rangordnung (Erscheinungsformen) des

der Quellen Privatvölkerrechts

Wie bereits angedeutet 233 , ist die Reihenfolge, die den Rechtsquellen auf Grund ihrer praktischen Bedeutung zukommt, von ihrer rechtlichen Rangordnung zu unterscheiden. Bei der Rangordnung der Quellen (im Sinn von Erscheinungsformen) des Privatvölkerrechts ergeben sich vor allem die Fragen nach dem (Rang-)Verhältnis von Verträgen zu Gewohnheitsrecht, von Verträgen zu den Rechtsgrundsätzen und von Gewohnheitsrecht zu den Rechtsgrundsätzen. Da die Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts (der Art, nicht auch stets dem Inhalt nach) die gleichen sind wie die des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts, ist auch das Problem der Rangordnung grundsätzlich das gleiche 234 . Es darf deshalb auf die Behandlung und Lösung dieses Problems innerhalb des Völkerrechts verwiesen werden 2 3 5 . Für das Privatvölkerrecht sei noch dies gesagt: Der allgemeine Rechtsgrundsatz pacta sunt servanda steht insofern „über" den Verträgen, als letztere aus i h m ihre verbindliche Kraft herleiten 2 3 6 . Ferner stehen 231 Vgl. Verdross, Völkerrecht S. 583; vgl. auch A r t . 38 Abs. 2 des I G H Statuts: „Diese Bestimmung ( = A r t . 38 Abs. 1) soll die Befugnis des Gerichtshofes, m i t Zustimmung der Parteien nach Treu und Glauben zu entscheiden, nicht beeinträchtigen." 232 Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 77. 233 Hinweis auf § 9 I V 2 (am Anfang). 234 Bezüglich des Völkerrechts Hinweis auf § 6 I I 1 b m i t den A n m . 72—75. 235 v g l . ζ. B. Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 16/17; Jaenicke, W V R Bd. 3 S. 773/ 774; Verdross, Völkerrecht S. 152—155. 236 Zur Problematik der Geltung von Verträgen Hinweis auf § 4 1 1 b; zur Geltungsgrundlage völkerrechtlicher Verträge Hinweis auf §6112; vgl. auch die Ausführungen unter § 10 I I 1.

V. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung i m Rechtssystem

223

„über" den Verträgen zwingende Normen des Privatvölkerrechts, wie sie sich etwa aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben ergeben 237 . 3. Erkenntnismittel von Rechtsnormen

Als Quellen des Völkerrechts kann man auch die „Hilfsmittel zur Feststellung der Rechtsnormen" gemäß Art. 38 Abs. 1 Buchst, d) IGHStatut verstehen 238 . Diese „Erkenntnisquellen" 2 3 9 des Völkerrechts sind aber nicht „Quellen" i m juristischen Sinn, sondern in soziologischem; es erscheint daher besser, nicht von „Quellen", sondern von „Hilfsmitt e l n " 2 4 0 oder Erkenntnismitteln zu sprechen. Dazu gehören — als geistige Hilfsmittel — Gerichtsurteile und die Lehren der anerkannten Autoren der verschiedenen V ö l k e r 2 4 1 sowie — als technische Hilfsmittel — ζ. B. die Sammlung internationaler Verträge oder von Gerichtsurteilen 2 4 2 . Überträgt man das Gesagte auf das Privatvölkerrecht, so gehören zu dessen Erkenntnismitteln vor allem die Urteile von Schiedsgerichten und die Lehren der Wissenschaft.

V . Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung i m Rechtssystem

Von den oben umschriebenen Begriffen ausgehend 243 sollen nun das Privatvölkerrecht als (besondere = Einzel-)Rechtsordnung und seine Stellung i m (Gesamt-)Rechtssystem ( = Gesamtrechtsordnung) dargestellt werden.

1. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung

„Rechtsordnung" wurde definiert als das von einer bestimmten Gemeinschaft getragene und inhaltlich bestimmte System von Vorschriften 237 Vgl. für das Völkerrecht z.B. Verdross, Völkerrecht S. 131/132; Hinweis auf § 10 I I 2 und 3 c. 238 Vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 76. 239 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 37 und 76. 240 Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 76. 241 Vgl. A r t . 38 Abs. 1 Buchst, d I G H - S t a t u t . 242 v g l . Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 76/77; vgl. zu den H i l f s m i t t e l n für die Erschließung des Völkerrechts auch Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 42—45. 243 Hinweis auf § 4 I 2.

224

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

für das äußere Verhalten der Gemeinschaftsmitglieder, deren Nichtbefolgung Rechtssanktionen entgegenwirken 244 . A u f das Privatvölkerrecht angewandt bedeutet dies: Durch die Privatvölkerrechtsquellen (im Sinn von Erscheinungsform) 245 ist ein (wenn auch noch entwicklungsbedürftiges) System von Vorschriften gegeben. Diese Vorschriften regeln das äußere Verhalten der Mitglieder der Privatvölkerrechtsgemeinschaft 246 , soweit diese als solche miteinander in Rechtsbeziehungen treten, also hier i n Rede stehende Verträge abschließen. Der Nichtbefolgung dieser Vorschriften wirken Rechtssanktionen i m weitesten Sinn entgegen 247 . Träger dieses VorschriftenSystems sind wegen des genossenschaftlichen Charakters des Privatvölkerrechts 2 4 8 die Mitglieder der Privatvölkerrechtsgemeinschaft 249 und nicht wie bei staatlichen Rechtsordnungen (der Staat als) eine übergeordnete „ A u t o r i t ä t " 2 5 0 ; denn die Mitglieder der Privatvölkerrechtsgemeinschaft gewährleisten durch ihre Sanktionen die Geltung des Vorschriften-Systems, soweit dies erforderlich und möglich ist 2 5 1 . Dem entspricht es, daß nur die Mitglieder der Privatvölkerrechtsgemeinschaft Privatvölkerrechtsnormen erzeugen, soweit diese nicht als Rechtsgrundsätze vorhanden sind; insofern sind es nur die Gemeinschaftsmitglieder, die die Vorschriften inhaltlich bestimmen. Das Privatvölkerrecht ist somit als „Rechtsordnung"

anzusehen 252 .

2. Das Privatvölkerrecht im Rechtssystem

a) Das Problem Ist das Privatvölkerrecht eine Rechtsordnung i m dargelegten Sinn, so stellt sich die Frage, i n welchem Verhältnis diese Rechtsordnung zum (zwischenstaatlichen) Völkerrecht einerseits und zum Landesrecht (als der Gesamtheit der staatlichen Rechtsordnungen) andererseits zu 244 Hinweis auf § 4 1 2 a. 245 Hinweis auf § 9 I V 2. 246 Das sind die Subjekte des Privatvölkerrechts, Hinweis auf § 9 V I . 247 v g l . die Ausführungen zum Begriff des „Rechts" i n § 4 1 2 a m i t der Anm. 30; vgl. zum Begriff der „Sanktion" Klein, W V R Bd. 3 S. 158—162; vgl. auch Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 14; i m Hinblick auf die Verletzung hier zu erörternder Verträge und der daran anzuknüpfenden Sanktionen vgl. insbesondere Borchers, Verträge S. 191/192; vgl. auch Zemanek zum „internationalen Verbandsrecht", Hinweis auf § 2 I I 2 c cc m i t der Anm. 87. 248 Hinweis auf § 9 I I I 2 b. 249 Hinweis auf § 9 V I . 250 Nawiasky, Rechtslehre S. 17. 251 Vgl. § 9 I I I 2 d zum ethischen Charakter des Privatvölkerrechts sowie des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts. 252 Vgl. zum Völkerrecht Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 17.

V. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung i m Rechtssystem

225

sehen ist 2 5 3 . Dabei könnte es sich um ein Verhältnis der Über- oder der Unterordnung handeln, oder um ein solches des Nebeneinander. Das hier aufgeworfene Problem gleicht dem des Verhältnisses von Völkerrecht und Landesrecht 254 . Formell ist das Problem verwandt mit dem des Verhältnisses zwischen den Rechtsordnungen zweier Staaten i m Internationalen Privatrecht 2 5 5 . Schon die Hinweise auf diese Fragestellungen im Völkerrecht und i m Internationalen Privatrecht lassen erkennen, daß hier ein außerordentlich vielschichtiges und umfangreiches Problem angesprochen ist, und zwar sowohl in theoretischer 256 als auch in praktischer Hinsicht 257 . Eine Behandlung des Problems i n extenso erscheint an dieser Stelle nicht möglich, aber auch nicht erforderlich. Die Frage nach dem Verhältnis von Rechtsordnungen zueinander ergibt sich, wenn verschiedene Rechtsordnungen dieselben Sachverhalte regeln 2 5 8 . I m Hinblick auf die in das Privatvölkerrecht einzuordnenden Verträge kann sich also die Frage stellen, ob auch Völkerrecht oder Landesrecht auf sie anzuwenden sind, weil letztere einen höheren Rang haben als das Privatvölkerrecht. Es erscheint angebracht und ausreichend, von dieser Frage auszugehen und sie zu beantworten.

Privatvölkerrecht

b) Das Verhältnis von zu (zwischenstaatlichem)

Völkerrecht

Die Frage nach dem Verhältnis von Privatvölkerrecht zu (zwischenstaatlichem) Völkerrecht könnte sich etwa i n den folgenden beiden Fällen ergeben: einmal, wenn neben einem dem Privatvölkerrecht unterstehenden Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung 2 5 9 zwischen dem Staat A und einer juristischen Person des Privatrechts im Staat Β ein völkerrechtlicher Investitionsförderungsvertrag 260 zwischen 253 Vgl. die Fragestellung von K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 162, betreffend die Einordnung des individuell-autonomen Vertragsrechts (Hinweis auf § 8 I I 1 b bb) i n das Rechtssystem. 254 v g l . dazu Triepel, Völkerrecht u n d Landesrecht; vgl. zum neuesten Stand der Meinungen (m. w. N.) z.B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 93—104; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 53—68; Kelsen, Rechtslehre S. 332—343; Verdross, Völkerrecht S. 111—122; vgl. auch die Ubersicht von Guggenheim, W V R Bd. 3 S. 651—662. 255 v g l . Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 91. 256 Vgl. zu den verschiedenen Theorien des Völkerrechts etwa Verdross, Völkerrecht S. 111 ff. 257 vgl. zur Praxis der Staaten Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 95—104; Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 57—68. 258 v g l . K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 163. 259 Hinweis auf § 3 1 1 a cc. 260 vgl. dazu: Die Förderungsmaßnahmen für private deutsche Investitionen i n Entwicklungsländern, hrsg. v o m Bundesministerium f ü r wirtschaftliche Zusammenarbeit, Bonn, 2. Aufl., Januar 1965; vgl. auch Seidl-Hohenveldern f Investitionen.

15 Rengeling

226

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

den Staaten A und Β mit dem Inhalt besteht, daß der Staat A i n bestimmter Weise das Kapital zu schützen hat, das Angehörige des Staates Β auf seinem (des Staates A) Hoheitsgebiet i m Rahmen der Entwicklungshilfe anlegen, oder, der zweite Fall, wenn ein Staat mit einer ausländischen Privatperson ein dem Völkerrecht widersprechendes Abkommen über Sklavenhandel 2 6 1 geschlossen hat, das dem Privatvölkerrecht angehören soll. Der erste Fall erinnert an die Auffassung von Freund, daß Anleiheverträge zwischen Staaten und ausländischen Privatpersonen als „Quasivölkerrechtsverträge" i n erster Linie durch völkerrechtliche Verträge zwischen dem Staat, dem die Gläubiger angehören, und dem Schuldnerstaat geregelt werden könnten 2 6 2 . Da das Privatvölkerrecht eine „Rechtsordnung" im dargestellten Sinn 2 6 3 ist, werden privatvölkerrechtliche Verträge — abgesehen von den Rechtsgrundsätzen — nur von solchen Normen geregelt, die von der Privatvölkerrechtsgemeinschaft inhaltlich bestimmt, also geschaffen werden. Man kann insofern das Privatvölkerrecht als eine selbständige 2 6 4 oder autonome 265 Rechtsordnung bezeichnen. Weiterhin kann man sagen, daß das Privatvölkerrecht insofern eine „geschlossene" Rechtsordnung ist, als auf ihr unterstehende Rechtsverhältnisse nicht ohne den entsprechenden Willen der Beteiligten Normen einer anderen Rechtsordnung angewendet werden dürfen 2 6 6 . Das gilt für das hier in Rede stehende gesamte Völkerrecht, also sowohl für die i m ersten Fall angesprochenen Vertragsnormen völkerrechtlicher Investitionsförderungsverträge als auch für die Rechtsgrundsätze, ja für das gesamte zwingende Völkerrecht, das i n dem zweiten Fall durch das Verbot des Sklavenhandels beispielsweise erwähnt wurde. Man könnte gegen eine derartige Trennung von Privatvölkerrecht und (zwischenstaatlichem) Völkerrecht vielleicht vor allem zweierlei einwenden: Was die (dem zwischenstaatlichen Völkerrecht angehörenden) Investitionsförderungsverträge angeht, könnte es unzweckmäßig erscheinen, sie nicht „ohne weiteres" auf ein (dem Privatvölkerrecht angehörendes) Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung anzuwenden, wenn die Investitionsförderungsverträge sich gerade auf das Ab26! Vgl. dazu Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 438—442; vgl. zu dem Beispiel i m vorliegenden Zusammenhang auch K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 164/165. 262 Hinweis auf § 8 I I I 1 a m i t der A n m . 149; vgl. auch die dagegen geäußerten Bedenken i n § 8 I I I 1 b bb. 263 Hinweis auf § 9 V 1. 264 Vgl. Verdross für die lex contractus, a.a.O. in Anm. 21 zu § 8. 265 v g l . das „individuell-autonome" Vertragsrecht nach K i p p , a.a.O. i n A n m . 57 zu § 8. 266 Das hier angesprochene Problem ist zu unterscheiden von dem der Verträge zugunsten oder zu Lasten D r i t t e r innerhalb ein und derselben Rechtsordnung.

V. Das Privatvölkerrecht als Rechtsordnung i m Rechtssystem

227

kommen zur wirtschaftlichen Entwicklung inhaltlich beziehen; denn Sinn des Investitionsförderungsvertrages ist es, den privaten Partner des Abkommens zur wirtschaftlichen Entwicklung zu schützen. Was das zwingende Völkerrecht betrifft, so könnte man ihm wegen seiner grundlegenden Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen einen Vorrang gegenüber dem Privatvölkerrecht einräumen wollen. Diese Einwände verlieren deshalb an Gewicht, weil einmal zwischenstaatliche Verträge stets dann für privatvölkerrechtliche Abkommen gelten, wenn die Partner der letzteren es ausdrücklich oder konkludent (!) wollen 2 6 7 , und zum anderen, weil im Privatvölkerrecht 2 6 8 ebenso wie i m (zwischenstaatlichen) Völkerrecht 2 6 9 die allgemeinen Rechtsgrundsätze gelten und anzuwenden sind. Die Gleichrangigkeit des Privatvölkerrechts und des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts ist eine zwingende Folge aus der oben vollzogenen Einstufung des Privatvölkerrechts als selbständige oder autonome Rechtsordnung 270 . Diese Einstufung und jene Gleichrangigkeit werden einzig der Struktur der zu erörternden Verträge gerecht, deren wesentliches Kennzeichen die gleichberechtigte Stellung der Vertragspartner ist 2 7 1 . Die hier beschriebene Gleichrangigkeit des Privatvölkerrechts und des Völkerrechts entspricht derjenigen Gleichrangigkeit, die K i p p 2 7 2 hinsichtlich des individuell-autonomen Vertragsrechts (dafür steht hier das Privatvölkerrecht) einerseits und des Völkerrechts andererseits mit guten Gründen annimmt 2 7 3 . c) Das

Verhältnis

von

Privatvölkerrecht

zu

Landesrecht

Der geradezu „klassische" Beispielsfall für das Problem des Verhältnisses zwischen Privatvölkerrecht und Landesrecht 274 ist schon mehrfach erwähnt worden: Nach dem Abschluß eines privatvölkerrechtlichen Abkommens werden von dem staatlichen Partner oder dem Staat, dem der private Partner eines solchen Abkommens angehört, Gesetze erlassen; diese Gesetze beziehen sich auf den durch das privatvölkerrechtliche Abkommen geregelten Sachverhalt und würden, falls man sie anwendet, das Abkommen inhaltlich ändern oder gar auf267 Die zwischenstaatlichen Investitionsförderungsverträge gelten für Staaten u n d Private wie alle anderen Völkerrechtsverträge, vgl. § 6 I I . 268 Hinweis auf § 9 I V 2 a cc. 269 Hinweis auf § 6 I I I 1 b. 270 Hinweis auf § 9 V 1 u n d § 9 V 2 b m i t den Anm. 264 u n d 265. 271 Dieses Kennzeichen wurde mehrfach hervorgehoben, als bisherige Lösungsvorschläge kritisch zu würdigen waren. 272 Berichte H. 5 (1964) S. 167. 273 Vgl. auch die ablehnende Stellungnahme von K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 162 ff., zu der Auffassung von Mann, B Y B I L Jg. 35 (1959) S. 34 ff., zum übergeordneten Rang des Völkerrechts. 274 v g l . ζ. B. die Ausführungen unter § 5 I I I 2 a bb.

15*

228

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

heben. E i n zweiter Fall, der geeignet ist, das aufgeworfene Problem zu erhellen, ist der, i n dem der Inhalt eines privatvölkerrechtlichen Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson den Normen m i t ordre public-Rang des Staates widerspricht, dem die beteiligte Privatperson angehört 2 7 5 . Geht man auch hier — ebenso wie bei der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Privatvölkerrecht und (zwischenstaatlichem) Völkerrecht 2 7 6 — wieder davon aus, daß das Privatvölkerrecht eine selbständige oder autonome Rechtsordnung i m beschriebenen Sinn ist 2 7 7 , so ergibt sich auch hier — ebenso wie bei dem Verhältnis Privatvölkerrecht — Völkerrecht — eine Trennung zwischen Privatvölkerrecht und Landesrecht insofern, als die Rechtsbeziehungen, die dem Privatvölkerrecht unterstehen, immer dann, wenn die Parteien nichts Gegenteiliges vereinbaren, ausschließlich durch diese Rechtsordnung geregelt werden. Zur Klärung und Begründung dieses Ergebnisses sei noch folgendes bemerkt: Hinsichtlich des ersten Beispielfalls ist hervorzuheben, daß es ja gerade der Sinn der „Internationalisierung" rechtssystematisch einzuordnender Verträge ist, sie der Regelung durch staatliches Recht zu entziehen und damit insbesondere die Möglichkeit rechtlich auszuschalten, daß ein Staat schon aus Gründen des Allgemeinwohls i n die von i h m eingegangenen und seiner Rechtsordnung unterstellten Verträge durch einseitige gesetzgeberische Maßnahmen, etwa durch Enteignung, eingreifen kann 2 7 8 . Das bedeutet allerdings nicht, daß der Grundsatz der Vertragstreue i m Privatvölkerrecht unbeschränkt g i l t 2 7 9 ; aber die Beschränkungen ergeben sich eben lediglich aus der genannten Rechtsordnung 280 . Z u dem zweiten Beispielfall dies: Es mag zwar auf den ersten Blick bedenklich erscheinen, die privatvölkerrechtlichen Verträge auch der Regelung durch staatliche Normen mit ordre public-Rang entziehen zu 275 Vgl. dazu (oben) Zweigert, a.a.O. i n der Anm. 22 zu § 7 ; vgl. auch Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 170. 276 Hinweis auf § 9 V 2 b. 277 Hinweis auf § 9 V 1 u n d § 9 V 2 b m i t den Anm. 264 und 265. 278 v g l . zu dem Verhältnis der Entscheidungshoheit zur Bindung des Staates durch von i h m eingegangene u n d seiner Rechtsordnung unterstehende Verträge § 5 I I 6 a bb; Hinweis auch auf die Ausführungen unter § 5 I I 4. Vgl. zu dem genannten „ S i n n " der „Internationalisierung rechtssystematisch einzuordnender Verträge z.B. §5 I I I 2 a b b u n d § 61111c; vgl. dazu auch Borchers, Verträge S. 203—209, der m i t Recht der Auffassung von Lange, Internationale Banken S. 182 ff., nach der der erwähnte Sinn der „Internationalisierung" von Verträgen nicht berücksichtigt w i r d , w i d e r spricht, vgl. insbesondere Borchers, a.a.O. S. 206/207; vgl. auch Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 637/638. 279 v g l . dazu etwa Borchers, Verträge S. 208/209; Verdross, a.a.O. i n Anm. 30 zu § 8. 280 Hinweis auf § 10 I I 2 und 3.

V. Das Privatvölkerrecht als

echtsordnung i m Rechtssystem

229

wollen 2 8 1 . Etwaige Bedenken verlieren aber schon dadurch an Gewicht, daß es jedem Staat unbenommen bleibt, Normen seiner Rechtsordnung mit ordre public-Rang auf seinem Gebiet durchzusetzen 282 . Innerhalb des Privatvölkerrechts gelten diese Normen jedoch nicht 2 8 3 . I m übrigen ist auch i m Zusammenhang mit der Trennung von Privatvölkerrecht und Landesrecht darauf hinzuweisen, daß i n jeder Rechtsordnung die allgemeinen Rechtsgrundsätze in K r a f t und anwendbar sind 2 8 4 . d) Ergebnis Die Stellung des Privatvölkerrechts i m Rechtssystem läßt sich i n folgender Übersicht zusammenfassend darstellen: allgemeine Rechtsgrundsätze

Γ

Landesrecht

J

Recht der internationalen Gemeinschaft

(zwischenstaatliches) Völkerrecht

Privatvölkerrecht

Internes Staatengemeinschaftsrecht internationales Verbandsrecht internationales Wirtschaftsvertragsrecht sonstiges Privatvölkerrecht 281

Vgl. ζ. B. Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 487. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 171; vgl. auch Zweigert, 22 zu § 7. 282

a.a.O. i n der A n m .

230

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

Dazu folgende Erläuterungen: Das Verhältnis zwischen den allgemeinen (oder fundamentalen) Rechtsgrundsätzen und dem Landesrecht (als der Gesamtheit der staatlichen Rechtsordnungen) sowie das Verhältnis zwischen letzterem und dem (zwischenstaatlichen) Völkerrecht ist im Rahmen dieser Untersuchung nicht näher von Belang. Die allgemeinen Rechtsgrundsätze bilden die Quelle, den Geltungsgrund des Rechts der internationalen Gemeinschaft, also sowohl des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts als auch des Privatvölkerrechts 2 8 5 . Das Recht der internationalen Gemeinschaft 286 , das man auch als Völkerrecht i m weiteren Sinn bezeichnen kann 2 8 7 und das alle Beziehungen innerhalb der internationalen Gemeinschaft beherrscht 288 , läßt sich aufteilen in das (zwischenstaatliche) Völkerrecht oder das Völkerrecht i m engeren Sinn 2 8 9 einerseits und das Privatvölkerrecht andererseits. Erster es stellt als überwiegend zwischenstaatliches Recht das „Kerngebilde" 2 9 0 oder den „Kernbereich" 2 9 1 des Rechts der internationalen Gemeinschaft dar; man hat es auch als „völkerrechtliches Allerheiligstes" bezeichnet 292 . Das „Interne Staatengemeinschaftsrecht" 293 läßt sich als eine Weiterentwicklung des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts begreifen, da die Normen des „Internen Staatengemeinschaftsrechts" — wie Verdross sagt 2 9 4 — „ m i t dem alten Begriff des Völkerrechts das eine Merkmal gemeinsam (haben), daß die i n einem zwischenstaatlichen Verfahren erzeugt werden". Das Privatvölkerrecht umfaßt — wenn man so w i l l , als besondere Teilgebiete — das „internationale Verbandsrecht" (Zemanek) 295 und das „internationale Wirtschaftsvertragsrecht" (Borchers) 296 ; es kann 283 v g l . K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 168—171 für das individuell-autonome Vertragsrecht. 284 v g l . dazu allgemein Hans J. Wolff , Verwaltungsrecht Bd. 1 S. 101/102. Vgl. auch K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 172. 285 Hinweis auf § 9 I V 1 c. 286 vgl. dazu Verdross, Völkerrecht S. 4/5; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336/337; Borchers, Verträge S. 196 ff.; Hinweis auf §911. 287 v g l . Verdross, Völkerrecht S. 5. 288 Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S. 232. 289 Verdross, Völkerrecht S. 5. 290 Verdross, Völkerrecht S. 5. 291 Borchers, Verträge S. 193. 292 Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 100 Anm. 17; Zemanek, VerdrossFestschrift S. 336 Anm. 73. Z u m Begriff des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts Hinweis auf § 6 I I I 2 b. 293 Hinweis auf § 9 I I m i t der Anm. 10. 294 Völkerrecht S. 4. 295 Hinweis auf § 2 I I 2 c cc sowie auf § 9 I I m i t der Anm. 15. 296 Hinweis auf § 8 I I I 6 a bb.

V I . Privatvölkerrechtssubjekte u n d ihre Handlungsfähigkeit

231

jedoch auch Sachverhalte regeln, die außerhalb dieser beiden Teilgebiete liegen 2 9 7 . Für die rechtliche Beurteilung des Verhaltens (Handelns oder Unterlassens) der Privatvölkerrechtssubjekte ergibt sich aus der Trennung des Privatvölkerrechts von (zwischenstaatlichem) Völkerrecht einerseits und von Landesrecht andererseits die Lage, die stets eintritt, wenn ein Rechtssubjekt verschiedenen gleichrangigen Rechtsordnungen angehört 2 9 8 : Das Verhalten eines solchen Rechtssubjekts ist innerhalb einer jeden Rechtsordnung gesondert zu beurteilen; es kann innerhalb der einen Rechtsordnung rechtmäßig sein, während es nach den Normen einer zweiten Rechtsordnung, der das Rechtssubjekt ebenfalls angehört, als rechtswidrig angesehen werden muß 2 9 9 .

V I . Die Subjekte des Privatvölkerrechts und ihre Handlungsfähigkeit 1. Der Staat

Es erscheint unproblematisch, den Staat 3 0 0 als Subjekt 3 0 1 des Privatvölkerrechts anzusehen. Der Staat ist grundsätzlich auf allen Rechtsgebieten rechts- und vertragsfähig 3 0 2 ; es dürfte allseits anerkannt sein, daß „er kraft seiner souveränen Stellung vertragliche Bindungen nach allen Richtungen eingehen k a n n " 3 0 3 . Die i m einzelnen erforderlichen Regeln für Beginn und Ende der Rechtssubjektivität sowie die notwendigen Normen zur Bestimmung der Handlungs-, insbesondere der Vertragsfähigkeit könnten vom Völkerrecht i n das Privatvölkerrecht übertragen 3 0 4 oder vielleicht auch als völkerrechtliche Normen analog angewandt werden 3 0 5 . 297 Hinweis auf § 10 1 1 b. M a n denke etwa an Doppelstaater, vgl. K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 166 Anm. 85, oder an eine Person als Subjekt staatlichen Rechts u n d als Subjekt einer kirchlichen Rechtsordnung, vgl. Wengler, Laun-Festschrift (1953) S. 728 f. 299 Vgl. K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 165/166 und S. 170/171. 300 Hinweis auf § 2 I. 301 Vgl. § 6 I I 1 a aa m i t den A n m . 29 und 30. 302 Vgl. Borchers, Verträge S. 3/4 m. w. N. 303 K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 154/155 m. w. N. 304 Völkerrechtliche Rechtsgrundsätze könnten i n das Privatvölkerrecht ebenso übertragen werden, wie es bei der Übernahme innerstaatlicher Rechtsgrundsätze durch das Völkerrecht der F a l l ist; vgl. zur letztgenannten Möglichkeit etwa Jaenicke, W V R Bd. 3 S. 771. Verweisen die Parteien privatvölkerrechtlicher Verträge auf das V ö l k e r recht, so k a n n man darin eine „Rezeption" von Völkerrecht erblicken; vgl. K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 174/175. 305 v g l . auch K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 177. 298

232

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t " 2. Die Privatperson

Schwieriger ist die Lage bei den Privatpersonen zu beurteilen. Das Privatvölkerrecht ist internationales ( = außerstaatliches) Recht, es ist — wie das (zwischenstaatliche) Völkerrecht — Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft; i m Völkerrecht ist aber die Privatperson nur ausnahmsweise abgeleitetes Rechtssubjekt und besitzt keine Vertragsfähigkeit 3 0 6 . Die einschlägigen Ausführungen zum Völkerrecht haben aber gezeigt, daß die Privatpersonen, namentlich die Einzelmenschen, eine „Aufwertung" erfahren haben 3 0 7 und weiterhin insbesondere dadurch erfahren sollen, daß innerhalb dieser Rechtsordnung große Anstrengungen unternommen werden, die Menschenrechte und deren Schutz zu fördern 3 0 8 . Wenn daher die i n Rede stehenden Verträge letztlich deshalb nicht dem Völkerrecht i m engeren Sinn angehören, weil es sich dabei um eine geschichtlich gewachsene, überwiegend zwischenstaatliche Gemeinschaft handelt, i n der die Privatpersonen die für den Abschluß von Verträgen erforderliche Rechtsstellung nicht innehaben 309 , so besagt das noch nicht, daß ihnen i n dem anderen Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft, dem Privatvölkerrecht, eine entsprechende Rechtsstellung ebenfalls abzusprechen ist. Es geht hier um eine, vielleicht sogar die 3 1 0 Hauptfrage der vorliegenden Untersuchung. Da das Privatvölkerrecht als eine selbständige oder autonome Rechtsordnung eingestuft wurde 3 1 1 , ergibt sich das Problem, ob Privatpersonen, namentlich Einzelmenschen, Rechtssubjekte und Rechtserzeugungssubjekte 312 sein können, ohne daß diese Rechtsstellung (Status 313 ) als von den Staaten abgeleitet gesehen werden muß 3 1 4 . Die Auffassung, die Kipp dazu vertritt, wurde bereits wörtlich wiedergegeben 315 . Weiterhin sagt er 3 1 5 , es solle nicht bestritten werden, daß auch der Staat als Gemeinschaft von Menschen Rechtssubjekt und 306

Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa u n d bb. Vgl. den ersten Hinweis i n der vorigen Anm. 308 v g l . dazu z.B. Guradze, Menschenrechte; Lauterpacht, H u m a n Rights; A r t . 1 Ziff. 3 ChVN; sowie die Texte der Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; Internationaler Pakt über staatsbürgerliche u n d politische Rechte) v o m 16. Dezember 1966, deutsche Ubersetzung i n V N Jg. 15 (1967) S. 193—200. 309 Hinweis auf § 6 I I I . 310 Vgl. K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 155/156. su Hinweis auf § 9 V 1 u n d § 9 V 2 b m i t den A n m . 264 u n d 265. 312 Vgl. die Begriffe i n § 6 I I 1 a aa m i t den Anm. 53 u n d 54. 313 Hinweis auf § 11 4 m i t der Anm. 11. 314 Dies ist i n den staatlichen Rechtsordnungen der Fall, Hinweis auf § 5 I I 3 b bb; vgl. auch die i m Völkerrecht getroffene Unterscheidung zwischen den ursprünglichen ( = n u r Staaten) u n d den abgeleiteten Rechtssubjekten, Hinweis auf § 6 I I 1 a aa m i t der Anm. 38. 315 Hinweis auf § 8 I I 1 b bb m i t der A n m . 53; Berichte H. 5 (1964) S. 158. 307

V I . Privatvölkerrechtssubjekte u n d ihre H a n d l u n g s f ä h i g k e i t 2 3 3

Rechtsschöpfer sei; er wolle aber ein insbesondere seit den Zeiten Rousseaus und Hegels bis auf Georg Jellinek und darüber hinaus bestehendes Tabu i n Frage stellen, wonach allein der Staat der Setzer des Rechts sei 316 . Dabei — so fährt K i p p 3 1 7 fort — gehe es u m Erkenntnisse, die nicht mehr aus dem positiven Recht gewonnen werden könnten, sondern die dem metaphysischen Bereich angehörten 318 . Es scheint, daß Kipp, gerade auch i m Hinblick auf die hier zu erörternden Verträge, mit Recht bezweifelt und i m Ergebnis ablehnt, daß allein der Staat Setzer des Rechts ist. Bei den Normen, die durch die dem Privatvölkerrecht zu unterstellenden Verträge geschaffen werden 3 1 9 , handelt es sich um solche, die eben nicht nur durch Staaten erzeugt werden. Wie Erler 320 zutreffend feststellt, hat sich ein Bestand an internationalen Normen herausgebildet, der nicht ausschließlich von Staaten ausgeht und sich auch nicht ausschließlich an Staaten wendet 3 2 0 ; der Staat habe somit kein „Rechtssetzungsmonopol" 321 . Kipp verweist bei der Darlegung seiner Auffassung, daß die Erkenntnis, der Mensch sei primärer Rechtsträger und damit auch Rechtserzeugungssubjekt, eine solche sei, die nicht mehr aus dem positiven Recht gewonnen werden könnte 3 2 2 auf die Lehre von Verdross 323, nach der „jede positive Rechtsautorität überpositive Rechtsgrundsätze zur Voraussetzung (habe), da jede Macht einer sie legitimierenden Grundlage (bedürfe)". Damit w i r d der Blick wieder auf das gelenkt, was zum rechtstheoretischen Geltungsgrund des Privatvölkerrechts — insbesondere auch unter Berufung auf Verdross — gesagt wurde 3 2 4 . Die dort genannten allgemeinen oder fundamentalen Rechtsgrundsätze binden die Staaten gegenüber der Freiheit der Person (wie umgekehrt aber auch der Person Bindungen gegenüber der Gemeinschaft auferlegt sind) 3 2 5 . Geht man einerseits davon aus, daß die allgemeinen Rechtsgrundsätze nicht nur rechtstheoretische Grundlage von Rechtsordnungen, also Rechtsquelle in diesem Sinn sind, sondern gleichzeitig auch positives Recht einer jeden Rechtsordnung, also Rechtsquelle i m Sinn von Er316 Vgl. Jellinek, Staatslehre S. 431 f. 317 Berichte H. 5 (1964) S. 159. 318 Vgl. Wackernagel, Gutzwiller-Festgabe S. 122. 319 Hinweis auf § 9 I I I 2 c m i t der Anm. 94. 320 Internationales Wirtschaftsrecht S. 20; Hinweis auf §911. 321 Erler, Internationales Wirtschaftsrecht S. 22; ebenso Borchers, Verträge S. 197; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 91 ff.; Zemanek, VerdrossFestschrift S. 328 Anm. 32; vgl. auch Esser, Grundsatz u n d N o r m S. 102 f.; Steindorff, Sachnormen S. 108 u n d 265. 322 Hinweis auf die A n m . 315 u n d 317 zu § 9. 323 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 640. 324 Hinweis auf § 9 I V 1 c. 325 Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 159.

234

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

scheinungsform 326 , und geht man andererseits davon aus, daß jede Rechtsordnung durch ihre Normen selbst bestimmt, wer die ihr zugehörigen Subjekte sind 3 2 7 , so kann man aus der Freiheit des Menschen als allgemeinen Rechtsgrundsatz des Privatvölkerrechts entnehmen, daß der Mensch Rechtssubjekt und Rechtssetzungssubjekt des Privatvölkerrechts ist, und zwar ohne daß die Rechtsstellung von den Staaten und den ausschließlich durch sie erzeugten Normen abgeleitet ist. Die Einzelmenschen sind somit ursprünglich Subjekte des Privatvölkerrechts 328 . Wie in jeder Rechtsordnung die Verleihung der Rechtsfähigkeit an „faktische Voraussetzungen" 329 , an ein „bestimmtes Substrat" 3 3 0 angeknüpft wird, so geschieht dies auch im Privatvölkerrecht; die entsprechenden Wirklichkeiten 3 3 1 sind hier u. a. 3 3 2 die Einzelmenschen und die von ihnen als juristische Personen oder rechtsfähige Gesellschaften eines staatlichen Privatrechts gebildeten Gemeinschaften 333 . Schwierigkeiten können sich bei der Feststellung der Regeln für die Beurteilung der Handlungsfähigkeit, insbesondere der Vertragsfähigkeit der Privatpersonen ergeben, wenn darüber in den Verträgen selbst nichts ausdrücklich gesagt ist. Vielleicht kann man in bestimmten Fällen einen stillschweigend erklärten Willen der Vertragspartner dahingehend annehmen, daß für die Lösung dieser Frage das Recht des Staates maßgebend sein soll, dem die jeweilige Privatperson angehört. Ein anderer Vorschlag wäre es, die Privatpersonen als „Wirklichkeiten" 326 Hinweis auf § 9 I V 2 a cc; vgl. auch K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 160/161. 327 Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa m i t der Anm. 156. 328 Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 159, für die „originär-autonomen i n dividuellen Rechtsgemeinschaften". Eine solche Rechtsstellung des Einzelmenschen, wie sie hier vertreten w i r d , erwähnen Verdross und Dahm bei der Darlegung ihrer Auffassungen zur rechtssystematischen Einordnung der i n Rede stehenden Verträge zwar nicht ausdrücklich; wenn sie aber der Ansicht sind, daß ein jeder dieser Verträge eine „selbständige Rechtsordnung" (so Verdross, Hinweis auf § 8 I I 1 a bb) bzw. eine „selbständige Sonderordnung" bildet, wobei sich der W i l l e der Parteien nicht i n einer vorgegebenen positivrechtlichen Ordnung entfalte (so Dahm, Hinweis auf § 8 I I 1 c), so ist damit bejaht, daß die Einzelmenschen Rechtssubjekte u n d Rechtssetzungssubjekte sein können, ohne daß ihnen diese Rechtsstellung durch Staaten und deren Normen verliehen wurde. Vgl. auch die Auffassungen von Bourquin u n d Ray, a.a.O. i n Anm. 36 zu § 8, die sich der Lehre von Verdross anschließen. Die hier vertretene Auffassung erinnert an die Lehre von den Einzelmenschen als die wahren Subjekte des Völkerrechts, Hinweis auf § 6 I I I 2 a aa m i t den A n m . 183—185. Vgl. auch die Ausführungen zum Privatvölkerrecht als ius gentium, H i n weis auf § 9 I I I 2 a. 329 Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 176. 330 Mosler, W V R Bd. 3 S. 665; vgl. auch von der Heydte, Spiropoulos-Festschrift S. 242. 331 Vgl. die Ausführungen zu den soziologischen Grundlagen, Hinweis auf §911. 332 Hinweis auf § 9 V I 1 u n d 3. 333 Hinweis auf § 2 I I 1 b bb.

V I . Privatvölkerrechtssubjekte u n d ihre H a n d l u n g s f ä h i g k e i t 2 3 5

in dem Privatvölkerrecht so zu sehen, wie sie sich in ihren einzelnen Beschaffenheiten, also auch bezüglich ihrer Handlungsfähigkeit, als „ausländische Privatpersonen" 3 3 4 darstellen; auch in diesem Fall wäre das Recht des jeweiligen Heimatstaates für die Handlungsfähigkeit der Privatpersonen entscheidend, nur würde hier das „Ergebnis" der innerstaatlichen Regelung als „Wirklichkeit", als Tatsache im Privatvölkerrecht betrachtet 335 . Möglicherweise könnte man auch eine Verweisungsnorm des Privatvölkerrechts auf das Recht des Heimatstaates einer Privatperson zur Regelung der Handlungsfähigkeit annehmen 336 , und zwar entsprechend gewissen völkerrechtlichen Normen, die eine Verweisung auf staatliches Recht enthalten, wie es ζ. B. dort der Fall ist, wo das Völkerrecht an das Bestehen oder Nichtbestehen der Staatsangehörigkeit bestimmte Rechtsfolgen anknüpft, denn über die Staatsangehörigkeit entscheidet i m allgemeinen staatliches Recht 337 .

3. Der internationale nichtstaatliche Verband

Der Begriff des „internationalen nichtstaatlichen Verbandes" wurde bereits umrissen, und zwar im Anschluß an die Lehre von Zemanek 338. A n dieser Stelle ist von besonderer Bedeutung, was Zemanek zum Recht dieser Verbände sagt: Die Satzung eines solchen Verbandes sei eine „international-autonome Normenordnung" 3 3 9 , sie sei eine „besondere Rechtsordnung", die „internationales Verbandsrecht" genannt werde und die eine eigene Rechtsgemeinschaft i m Rahmen der internationalen Gemeinschaft bilde 3 4 0 . Zemanek betrachtet das internationale Verbandsrecht als „Rechtsordnung" i m Recht der internationalen Gemeinschaft, das i m Gegensatz zum Recht der einzelnen nationalen Gemeinschaften stehe 341 . Es wurde schon bemerkt 3 4 2 , daß das Problem der rechtlichen Behandlung der internationalen nichtstaatlichen Verbände dem i n dieser Untersuchung aufgeworfenen Problem der rechtlichen Behandlung von Ab334 Bezüglich dieses Begriffs vgl. § 2 I I Vorbemerkung u n d § 2 I I 1. 335 Vgl. dazu K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 177; vgl. auch die Ausführungen von K i p p , a.a.O. S. 177/178, zur Handlungsfähigkeit der Privatpersonen i m individuell-autonomen Vertragsrecht. 336 Eine solche N o r m müßte dann entweder ein (besonderer) Rechtsgrundsatz des Privatvölkerrechts sein oder dem Gewohnheitsrecht dieser Rechtsordnung angehören. 337 v g l . dazu Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S. 68. 338 Hinweis auf § 2 1 1 2 ; vgl. auch Dahm, Völkerrecht Bd. 2 S. 321—325; Kaiser, W V R Bd. 2 S. 612—614; W. Kaufmann, Z V Bd. 2 (1908) S. 419—440. 339 Zemanek, a.a.O. i n Anm. 88 zu § 2. 340 Zemanek, a.a.O. i n Anm. 92 zu § 2. 341 Zemanek, Verdross-Festschrift S. 336/337. 342 Hinweis auf Anm. 81 zu § 2 und § 9 I I .

236

§ 9 Die neue

echtsordnung „ P r i v a t ö l k e r r e c h t "

kommen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern gemäß den §§ 2 und 3 ähnlich ist. Sind doch in beiden Fällen Verträge 3 4 3 rechtssystematisch einzuordnen, die nicht dem staatlichen Recht 3 4 4 und auch nicht dem Völkerrecht i m engeren S i n n 3 4 5 angehören, die aber wie letzteres dem Bereich des Rechts der internationalen Gemeinschaft zu unterstellen sind 3 4 6 . Insoweit kann der Auffassung von Zemanek zur rechtlichen Behandlung der internationalen nichtstaatlichen Verbände gefolgt werden. Es erscheint aber bedenklich, die Satzungen der internationalen nichtstaatlichen Verbände als „international-autonome Normenordnungen" oder „Rechtsordnungen" zu bezeichnen und zu sagen, daß Streitigkeiten aus der Verbandssatzung auf Grund keiner anderen positiven Rechtsordnung entschieden werden könnten 3 4 7 . Diese Auffassung ist derjenigen ähnlich, die insbesondere Verdross und Kipp zur rechtssystematischen Einordnung der hier i n Rede stehenden Verträge vertreten, wenn nämlich bezüglich solcher Verträge gesagt wird, daß sie eine „selbständige Rechtsordnung" begründeten 3 4 8 bzw. daß es sich dabei u m „individuell-autonomes Vertragsrecht" handele 3 4 9 . Die Bedenken, die gegen die Lehren von Verdross und K i p p vorgetragen w u r d e n 3 5 0 , gelten entsprechend für die Ansicht von Zemanek zum internationalen Verbandsrecht. Vor allem ist zur letzteren Ansicht festzustellen, ebenso wie zu den Lehren von Verdross und Kipp, daß die sog. Rechtsordnung zur Auslegung und bei Ergänzungsbedürftigkeit — w i e Zemanek selbst ausführt — der allgemeinen Rechtsgrundsätze bedarf 3 5 1 . Da aber auch hier nicht einzusehen ist, weshalb nicht ein sich i m Laufe der Zeit herausbildendes Gewohnheitsrecht etwa bei Lücken i n der Satzung eines internationalen nichtstaatlichen Verbandes heranzuziehen sein soll, erscheint es richtig, auch die Satzungen der besagten Verbände dem Privatvölkerrecht zu unterstellen 3 5 2 . Dabei ist allerdings zu bemerken, daß hier eine „Besonderheit" des Privatvölkerrechts nicht vorliegt, nämlich daß Beziehungen geregelt werden, an denen sowohl Staaten als auch nichtstaatliche 343 Auch die Satzungen der i n Rede stehenden Verbände sind ja Verträge. 344 v g l , z u m internationalen Verbandsrecht Zemanek, Verdross-Festschrift S. 323 ff. ; vgl. zu den Verträgen der vorliegenden Untersuchung § 5 I I I 2. 345 Vgl. zum internationalen Verbandsrecht § 2 I I 2 b a a ; vgl. zu den Verträgen dieser Untersuchung § 6 I I I 2 a. 346 Vgl. zum internationalen Verbandsrecht Zemanek, a.a.O. i n Anm. 341 zu §9. 34 7 Zemanek, a.a.O. i n Anm. 91 zu § 2. 348 So Verdross, Hinweis auf § 8 I I 1 a bb. »« So Kipp, Hinweis auf § 8 I I 1 b bb. 3 50 Hinweis auf § 8 I I 2 b. 351 Zemanek, a.a.O. i n Anm. 91 zu §2; vgl. zu den Ansichten von Verdross und Kipp § 8 I I 2 b aa. 352 Hinweis auf § 9 V 2 d.

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

237

Partner beteiligt sind, da die internationalen nichtstaatlichen Verbände nach der oben gegebenen Begriffsbestimmung 3 5 3 nur aus nichtstaatlichen Mitgliedern bestehen 354 . Folgt man den Ausführungen von Zemanek zum internationalen Verbandsrecht i m übrigen und betrachtet dieses Recht als Teil des Privatvölkerrechts, so ist damit bereits gesagt, daß die internationalen nichtstaatlichen Verbände Subjekte des Privatvölkerrechts sind, denn es handelt sich um Gemeinschaften, die das Privatvölkerrecht als Wirklichkeiten vorfindet und die es rechtlich regelt, ihre Rechte und Pflichten bestimmt 3 5 5 . Letztlich beruht auch das Recht der internationalen nichtstaatlichen Verbände, eingeschlossen die Regeln für ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit, ebenso wie bei den übrigen nichtstaatlichen Subjekten des Privatvölkerrechts 3 5 6 , auf der Freiheit des Menschen, auch außerhalb des Staates und der von ihm geschaffenen Normen selbst Recht zu erzeugen 357 . Praktisch ergeben sich die Rechte und Pflichten der internationalen nichtstaatlichen Verbände, insbesondere auch die Regeln für ihre Handlungsfähigkeit, in erster Linie aus ihrer Satzung; diese ist allerdings auszulegen und möglicherweise zu ergänzen, wobei die Rechtsgrundsätze und das Gewohnheitsrecht des Privatvölkerrechts anzuwenden sind.

§ 10 Die Verträge im Privatvölkerrecht I . Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

Die Frage, ob ein bestimmter Vertrag dem Privatvölkerrecht angehört 1 oder nicht (und i m zweiten Fall etwa dem Völkerrecht 2 oder einer staatlichen Rechtsordnung 3 zu unterstellen ist), gleicht der von den 353 Hinweis auf § 2 I I 2 b aa. 354 v g l . z u r geringen Bedeutung dieser Besonderheit des P r i v a t v ö l k e r rechts § 9 I I I 2 f. 355 Durch die Quellen des Privatvölkerrechts als Erscheinungsformen, vgl. § 9 I V 2 a. 356 Hinweis auf § 9 V I 2. 357 Hinweis auf A n m . 84 zu § 2. ι Vgl. § 9 I V 2 a aa. 2 Hinweis auf § 6. 3 Hinweis auf §5.

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

238

staatlichen Kollisionsrechten zu beantwortenden Frage, welche staatliche Rechtsordnung das vertragsbeherrschende Recht bildet 4 . 1. Begriff und Arten privatvölkerrechtlicher Verträge a) Der

Begriff

des privatvölkerrechtlichen

Vertrages

Zunächst sei der privatvölkerrechtliche Vertrag entsprechend den Verträgen des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts so definiert 5 : Er ist i m dynamischen Sinn 6 eine Willenseinigung abschlußfähiger Privatvölkerrechtssubjekte, deren Zweck es ist, Rechtsfolgen i m Bereich des Privatvölkerrechts zu bewirken. I m statischen Sinn ist der privatvölkerrechtliche Vertrag — ebenso wie der des (zwischenstaatlichen) Völkerrechts 7 — das Ergebnis eines Rechtserzeugungsverfahrens: Rechtsnorm 8 . Damit ist aber für die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge noch nicht allzu viel gewonnen. Zwar ergibt sich aus der hier maßgebenden Begriffsbestimmung des Vertrages i m dynamischen Sinn, zwischen wem er abgeschlossen sein muß 9 und daß Rechtsfolgen in dem Bereich des Rechts der internationalen Gemeinschaft bezweckt sein müssen, der Privatvölkerrecht genannt wurde und dessen Erscheinungsformen dargestellt wurden 1 0 ; es bleibt aber die für die Eingrenzung privatvölkerrechtlicher Verträge wichtige Fragen offen, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, daß Rechtsfolgen im Privatvölkerrecht bezweckt sind. Das damit angesprochene Problem, welche Verträge zwischen einem staatlichen und einem nichtstaatlichen Partner „internationalisiert" werden sollen, ist im Rahmen der bisherigen Lösungsvorschläge unterschiedlich beantwortet worden: Mann 1 1 w i l l Verträge zwischen Parteien, von denen nur eine Völkerrechtssubjekt ist, dann dem Völkerrecht unterstellen, wenn eine entsprechende „kollisionsrechtliche Verweisung" i m Sinn des Internationalen Privatrechts vorliegt. Schlesinger-Gündisch 12 vertreten die Auffassung, daß einer i n internationalen Wirtschaftsverträgen enthaltenen ausdrücklichen oder 4 Hinweis auf § 5 I I 3. Vgl. auch zum Begriff des Vertrages allgemein § 4 1 1 . β Hinweis auf § 6 I I 1 a. ? Hinweis auf § 6 I I 1 b. 8 Hinweis auf § 9 I I I 2 c. 9 Hinweis auf § 10 I I . 10 Hinweis auf §9 I V 2. h a.a.O. i n Anm. 10 zu § 5. 12 a.a.O. i n Anm. 14 zu § 5. 5

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

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konkludenten Verweisung auf das Sachnormsystem der allgemeinen Rechtsgrundsätze nach den Regeln des Internationalen Privatrechts Wirksamkeit verliehen werden kann. Bei Marcus 13 ist die Rede von „wirtschaftlichen Unternehmungen riesenhaften Umfanges", den „Wirtschaftsstaaten", die auf der Stufe des Staates bündnisfähig geworden seien u n d den Staaten „ v ö l l i g gleichberechtigt" gegenüberträten. Bindschedler u meint, daß der W o r t l a u t und die Anwendung der Verträge sowie die Einsetzung von Schiedsgerichten stark dafür sprechen, daß Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern „Rechtsfiguren" seien, die i n das Völkerrecht einzuordnen wären. Nach von der Heydte 15 ist es entscheidend, daß der staatliche Partner auf die Anwendung des eigenen Rechts verzichtet; wenn dies geschehe, sei die „Flucht i n die Völkerrechtsordnung" gelungen. McNair 16 w i l l Verträge dann den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unterstellen „ w h e n the legal system of the country i n which for the most part the contract is to be performed is not sufficiently modernized for the purpose of regulating this type of contract". Zweigert 17 läßt die Verweisung auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze oder die „objektive Einbettung" eines Vertrages i n die allgemeinen Rechtsgrundsätze nur dann zu, wenn „ein besonderes Bedürfnis die Legitimation für die Beiseiteschiebung der nationalen Rechtsordnungen" biete; ein Vertrag unterliege den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wenn seine S t r u k t u r von solcher A r t sei, „daß sich seine Ansiedlung i n einem nationalen Rechtssystem nach den übereinstimmenden Interessen beider Vertragspartner" verbiete; für einen derartigen Sachverhalt zählt Zweigert Indizien auf 1 8 . I n Schiedssprüchen wurde die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze begründet durch Hinweise auf die A r t des Abschlusses von Verträgen und ihren W o r t l a u t 1 9 , auf Parteivereinbarungen über Ausführung und Auslegung von Verträgen sowie auf unzureichend entwickeltes staatliches Recht 20 . Verdross spricht von Verträgen zwischen einem Staat und einer ausländischen Gesellschaft, den „quasi-völkerrechtlichen Verträgen", die 13

a.a.O. i n Anm. 11 zu § 6. a.a.O. i n Anm. 22 zu § 6. is a.a.O. i n Anm. 23 zu § 6. a.a.O. i n Anm. 6 zu § 7. 17 a.a.O. i n den Anm. 18—20 zu § 7. 18 a.a.O. i n Anm. 21 zu § 7. 1 9 Hinweis auf Anm. 43 zu § 7. 20 Hinweis auf Anm. 48 und 49 i n § 7 sowie bezüglich des letztgenannten Hinweises auf Anm. 52 zu § 7. 14

240

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

„inter pares" eingegangen w ü r d e n 2 1 ; diese Verträge würden „ v o n der höchsten, auch zum Abschluß von völkerrechtlichen Verträgen befugten staatlichen A u t o r i t ä t . . . vereinbart oder r a t i f i z i e r t " 2 2 und enthielten Schiedsgerichtsklauseln 23 ; das Vorliegen einer durch einen quasi-völkerrechtlichen Vertrag begründeten Rechtsgemeinschaft müsse bewiesen werden, da „ i m Zweifelsfalle zu vermuten" sei, daß der Vertrag dem Recht des staatlichen Partners angehöre 24 . Kipp 25 sieht durch solche Verträge „originär-autonome individuelle Rechtsgemeinschaften" begründet, die zwischen Staaten und bestimmten nichtstaatlichen Partnern abgeschlossen werden und bei denen auf Seiten des Staates höchste Staatsorgane i n hoheitlicher F u n k t i o n m i t g e w i r k t haben; charakteristische Merkmale dieser Verträge seien die Schiedsgerichtsklauseln, zumeist Rechtswahlklauseln und teilweise Vereinbarungen über das Ratifizierungsverfahren 2 6 . Dahm27 spricht bei Verträgen zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen Partnern dann von „internationalen Verträgen eigener A r t " , wenn sich i n ihnen öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Elemente miteinander verbänden; sie ließen selbständige Sonderordnungen entstehen; entscheidend sei stets der W i l l e der Parteien. Werr 28 sagt, daß Anleihe und Kartellverträge dann „dem staatlichen Rechtskreis entrückt" seien und sich bei ihnen „Staat u n d Wirtschaftsmacht als gleichgeordnete Partner" träfen, w e n n der Staat sich zur Setzung v o n Hoheitsakten verpflichtet u n d sich einem Schiedsverfahren unterworfen habe, i n dem kein staatliches Recht angewendet würde. Zemanek 29 hat die von Werr herausgestellten Merkmale aufgegriffen. Borchers 30 geht bei Verträgen zwischen einem Staat u n d einer ausländischen Privatperson, Verträgen, die dem internationalen Wirtschaftsvertragsrecht angehören sollen, ausführlich auf deren Inhalt, Form und Wirksamwerden, das vertragsbeherrschende Recht, die Unabhängigkeit vom Landesrecht, die Schiedsklauseln und die Unrechtsfolgen ein und gelangt zu der Feststellung, daß diese Verträge u n d die zwischenstaatlichen Verträge wirtschaftlichen Inhalts i m wesentlichen einen gleichartigen juristischen Gehalt haben. Die vorgetragenen Auffassungen zu der Frage, welche Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern „internationalisiert" 21 22 23 2 5 26 2 ? 28 29 so

a.a.O. i n Anm. 14 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 17 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 23 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 33 und 35 zu § 8 a.a.O. i n Anm. 38 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 41 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 65 und 66 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 187 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 226 u n d 228 zu § 8. a.a.O. i n Anm. 240 und 241 zu § 8.

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

241

werden sollen, sind bereits kritisch gewürdigt worden, wenn es i m Zusammenhang mit der Erörterung des Problems angebracht erschien, welcher Rechtsordnung die Verträge zu unterstellen sind. I m übrigen ist angesichts der vorgetragenen Auffassungen zu der Frage, ob bei Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern Rechtsfolgen im Bereich des Privatvölkerrechts bezweckt sind 31 , folgendes zu sagen: Zunächst kann (zumindest zur Zeit noch) selbstredend nicht erwartet werden, daß die Parteien expressis verbis auf „Privatvölkerrecht" als vertragsbeherrschendes Recht verweisen. Befindet sich in einem Vertrag eine Rechtswahlklausel, die auf außerstaatliches und insofern internationales Recht verweist, so w i r d eine Auslegung vorzunehmen sein, bei der jedenfalls die Bezeichnung des anzuwendenden Rechts nur ein Indiz für das eigentlich gewollte sein kann. Ist etwa auf „Völkerrecht" („international law") verwiesen, so kann eine Auslegung dazu führen, „Völkerrecht" („international law") hier i m weiteren Sinn des Rechts der internationalen Gemeinschaft zu verstehen 32 und die Verträge in den Teil des letztgenannten Rechts einzuordnen, i n dem es rechtlich möglich ist, also nicht i n das zwischenstaatliche Völkerrecht, sondern in das Privatvölkerrecht. Zu demselben Ergebnis kann man auch bei der Auslegung eines Verweises auf die „allgemeinen Rechtsgrundsätze" kommen; denn auch hier ist internationales Recht gemeint 33 , die genannten „allgemeinen Rechtsgrundsätze" dürften sowohl die „allgemeinen" als auch die „besonderen Rechtsgrundsätze" des Privatvölkerrechts umfassen 34 , und privatvölkerrechtliches Gewohnheitsrecht, das ohnehin erst noch zu entwickeln ist, kann als abdingbares Recht ausgeschlossen werden 3 5 . Befindet sich i n zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern abgeschlossenen Verträgen keiner der beiden genannten Hinweise auf das anzuwendende Recht, so ergibt möglicherweise die Auslegung der Nebenbestimmungen, insbesondere der Schiedsklausel 36 , i n den Verträgen, daß die Parteien den Vertrag dem Recht der internationalen Gemeinschaft, näherhin dem Privatvölkerrecht unterstellen wollten. Fraglich ist aber einerseits, ob ein ausdrücklich oder stillschweigend erklärter Parteiwille entsprechenden Inhalts allein dazu ausreicht, daß Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern i n das 31

Vgl. oben die Begriffsbestimmung m i t der A n m . 6 zu § 10. 32 Hinweis auf § 9 V 2 d. 33 Vgl. zum Begriff „PrivatVölkerrecht" die Ausführungen i n § 9 I I I 1. 34 Vgl. zu diesen Privatvölkerrechtsquellen (im Sinn von Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts) § 9 I V 2 a cc. 35 Vgl. zur Auslegung von Rechtswahlklauseln auch Mann, G u t z w i l l e r Festgabe S. 480/481, der einen Verweis auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze als einen Verweis auf Völkerrecht versteht, w e i l ein Vertrag nicht von den Rechtsgrundsätzen „governed" sein könne; Hinweis auf § 7 I I I 2 a. 36 Hinweis auf § 3 I I , insbesondere 2 a.

16 Rengeling

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§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

Privatvölkerrecht eingeordnet werden dürfen, und andererseits, ob ein solcher Parteiwille überhaupt zur Einordnung von Verträgen i n das Privatvölkerrecht notwendig ist. Wenn eine entsprechende Rechtswahlklausel allein genügen würde, Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern dem P r i vatvölkerrecht zu unterstellen, so wäre damit die Möglichkeit die i n Rede stehenden Verträge der Regelung durch staatliches Recht zu entziehen, i n einem solchen Umfang gegeben, daß die „Internationalisierung" zur Regel werden könnte 3 7 . Abgesehen von etwaigen rechtspolitischen Bedenken, i n einem derartigen Maß zuzulassen, daß die nichtstaatlichen Partner, namentlich die Privatpersonen, landesrechtlichen Bindungen 3 8 zu entfliehen vermögen, und abgesehen von den gewichtigen Erwägungen, die Zweigert 39 bezüglich der geringen Praktikabil i t ä t der allgemeinen Rechtsgrundsätze 40 anstellt, erscheint es w i r k l i c h keitsfremd anzunehmen, daß Staaten in der Regel ihre Vertragsbeziehungen m i t nichtstaatlichen Partnern nicht ihrer eigenen Rechtsordnung unterstellen wollen. Wie sich aus den Regeln des Internationalen Privatrechts ergibt, ist das Gegenteil der Fall: F ü r Verträge zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson ist nur ausnahmsweise anzunehmen, daß nicht die Rechtsordnung des staatlichen Partners vertragsbeherrschendes Recht sein soll 4 1 . Eine derartige Ausnahme liegt nicht schon dann vor, wenn etwa die Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze vereinbart ist; denn wenn der betreffende Vertrag keine Schiedsklausel enthält und ein staatliches Gericht (etwa auf dem Hoheitsgebiet des staatlichen Partners) bei Vertragsstreitigkeiten entscheiden soll, w i r d es nicht n u r die Normen m i t ordre public-Rang seiner (staatlichen) Rechtsordnung berücksichtigen 42 , sondern auch insofern (zumindest i n der Regel) Normen (seines) staatlichen Rechts anwenden, als es nach (dessen) Internationalem Privatrecht die Gültigkeit der Rechtswahlklausel b e u r t e i l t 4 3 ; damit würde aber der W i l l e der Vertragsparteien zur Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen, nämlich hinsichtlich des vertragsbeherrschenden Rechts, i m staatlichen Recht seine Geltungsgrundlage haben 4 4 ; da der Vertrag 37 Vgl. Borchers, Verträge S. 209 m . w . N. i n Anm. 1154. 38 Vgl. die Ausführungen unter § 9 V 2 c m i t der Auffassung von Mann, a.a.O. i n Anm. 281 zu § 9, zur Geltung der staatlichen Normen m i t ordre public-Rang. 39 a.a.O. i n Anm. 17 zu § 7. 40 Auch das Privatvölkerrecht besteht — abgesehen von den durch Verträge geschaffenen Normen — i m wesentlichen aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen (zumindest zur Zeit noch) wie Zweigert sie begreift, Hinweis auf §9 I V 2 a. Hinweis auf § 5 I I 3 b cc. 42 Vgl. Zweigert, a.a.O. i n Anm. 22 zu § 7. 4 3 Hinweis auf § 5 I I 3 b bb m i t der Anm. 62. 44 Vgl. Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 142—149.

I. Die Eingrenzung der p r i v a t Völker rechtlichen Verträge

243

insoweit nach Internationalem Privatrecht geregelt würde, läge kein privatvölkerrechtlicher Vertrag vor 4 5 . So w i r d denn auch immer wieder von Autoren, die eine „Internationalisierung" von Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern bejahen, ausdrücklich betont, daß Verträge zwischen den genannten Parteien i n der Regel dem Recht des staatlichen Partners unterstünden 46 ; und es werden zumeist mehrere Voraussetzungen aufgestellt, die erfüllt sein müssen, um Verträge der i n Rede stehenden A r t zu „internationalisieren" 4 7 . Dabei fällt auf, daß fast stets — sei es ausdrücklich, sei es sinngemäß — davon gesprochen wird, es handele sich bei den Verträgen, die nicht dem Landesrecht angehörten, um solche, die von Staaten mit nichtstaatlichen Partnern „inter pares" 4 8 und man kann mit Zweigert 49 hinzufügen: „auf hoher Ebene" — abgeschlossen werden. I n der Tat scheint damit die entscheidende Voraussetzung dafür genannt zu sein, ob Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern von solcher Struktur 5 0 sind, daß sie einem Bereich internationalen Rechts — wie hier vorgeschlagen: dem Privatvölkerrecht — zu unterstellen sind. Allein eine derartige Stellung der Vertragspartner zueinander, wie sie sich aus dem Abschluß und dem Inhalt, insbesondere aus den oben aufgeführten Nebenbestimmungen 51 ergeben mag 5 2 , rechtfertigt die Einordnung in das Privatvölkerrecht, wie es hier verstanden wird; handelt es sich doch dabei um die Gesamtheit der Normen (die Verträge sind ein wesentlicher Teil davon), die — abgesehen von den Rechtsgrundsätzen — durch gleichberechtigtes Zusammenwirken von staatlichen und nichtstaatlichen Partnern (Rechtssubjekten) geschaffen werden 5 3 . Der Zusatz „auf hoher Ebene" besagt, daß es sich hier um Rechtsbeziehungen handelt, die gewissen zwischenstaatlichen Verträgen als sehr ähnlich 54 , ja — abgesehen von der Beteiligung nichtstaatlicher 45 Vgl. den Hinweis i n der Anm. 43 zu § 10 ; Hinweis ferner auf § 5 I I I 2 b und § 9 V 2 c. 46 Vgl. Dahm, a.a.O. i n A n m . 64 zu §8; Mann, a.a.O. i n A n m . 8 zu § 5 ; Verdross, a.a.O. i n Anm. 33 zu § 8 ; Zweigert, a.a.O. i n Anm. 16 zu §7. 47 Vgl. den Uberblick über die verschiedenen Ansichten a.a.O. i n den Anm. 11—30 zu § 10. 4 8 Vgl. vor allem Borchers, a.a.O. i n Anm. 241 zu §8; Bourquin, a.a.O. i n Anm. 36 zu §8; von der Heydte, a.a.O. i n A n m . 202 zu § 8 ; K i p p , a.a.O. i n Anm. 45 zu §8; Marcus, a.a.O. i n Anm. 11 zu § 6; Verdross, a.a.O. i n Anm. 14 zu § 8; Werr, a.a.O. i n A n m . 187 zu § 8; Zemanek, a.a.O. i n Anm. 228 zu § 8. 49 a.a.O. i n Anm. 21 zu §7. 50 Vgl. zu diesem Begriff Zweigert, a.a.O. i n A n m . 20 zu § 7 ; vgl. auch die Vorbemerkung zum Ersten Teil dieser Untersuchung. si Hinweis auf §3 11. 52 Vgl. dazu insbesondere K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 138—141. 53 Hinweis auf § 9 I V 2 a u n d § 9 V I . 54 Vgl. Zweigert, a.a.O. i n A n m . 21 zu §7; vgl. auch z.B. Verdross, a.a.O. i n A n m . 14 zu §8: "quasi-völkerrechtlich".

16*

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§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

Partner — nach „ihrem juristischen Gehalt" sogar als „gleichartig" 5 5 bezeichnet worden sind. Ob Vertragsbeziehungen „inter pares" („auf hoher Ebene") vorliegen, ist anhand von Indizien festzustellen. Dabei sind die bereits erwähnten Nebenbestimmungen der Verträge 5 6 von besonderer Bedeutung. Man w i r d aber auch Hinweise i m Wortlaut der Verträge finden können 5 7 . Möglicherweise bietet auch die Ungeeignetheit staatlichen Rechts 58 einen Anhaltspunkt dafür anzunehmen, daß Parteien ihren Vertrag nicht dem staatlichen Recht unterstellen wollten 5 9 . Man mag weitere Indizien herausbilden, wenn man einzelne Vertragstexte daraufhin untersucht 60 . Die aufgeführten Indizien können zu dem Ergebnis führen, daß stillschweigend die Anwendung staatlichen Rechts ausgeschlossen und die des Privatvölkerrechts vereinbart ist. Auch i n diesem Fall ist dann der „reale Parteiwille" allein nicht für die rechtssystematische Einordnung der Verträge entscheidend 61 . Z u der Frage, ob ein stillschweigend oder ausdrücklich erklärter Parteiwille überhaupt erforderlich ist, um Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern dem Privatvölkerrecht zu unterstellen, w i r d man folgendes sagen können: Jedenfalls ist das Fehlen einer Rechtswahlklausel entsprechenden Inhalts ein starkes Indiz, die Verträge nicht dem Privatvölkerrecht zu unterstellen. Ein noch stärkeres Indiz dafür ist es, wenn nicht einmal ein entsprechender Parteiwille als stillschweigend erklärt festgestellt werden kann 6 2 . Läßt sich kein „realer Parteiwille" 6 3 feststellen, so kann wohl nur in wenigen Ausnahmefällen der „hypothetische Parteiwille" oder eine „objektive Interessenbewertung" 64 dazu führen, eine inter pares-Stellung der Vertragsparteien zu bejahen 65 . Ferner ist zu bemerken, daß Verträge, in denen lediglich auf staatliches Recht verwiesen ist oder die keine der aufgeführten Nebenbestimmungen enthalten 6 6 , nicht von Partnern 55

Borchers, a.a.O. i n Anm. 241 zu § 8. Hinweis auf § 3 I I . 57 Vgl. Bindschedler, a.a.O. i n Anm. 22 zu § 6. 58 Hinweis auf § 5 I I I 2 a aa. 59 Vgl. die Nachweise i n den Anm. 6, 49, 52 zu § 7. 60 Vgl. die Indizien bei Zweigert, a.a.O. i n A n m . 21 zu § 7. β1 Vgl. zum „realen Parteiwillen" § 5 I I 3 b bb. 62 Wenn also ζ. B. neben einer entsprechenden Rechtswahlklausel auch eine Schiedsklausel fehlt; vgl. zur letzteren Mann, a.a.O. i n Anm. 80 zu §3. 63 Hinweis auf § 5 I I 3 b bb. 64 Bezüglich der beiden Begriffe Hinweis auf § 5 I I 3 b c c ; vgl. dazu, ob eine Internationalisierung von Verträgen „ o b j e k t i v angemessen" ist, Zweigert, a.a.O. i n A n m . 23 zu § 7. 65 Das könnte man vielleicht bei der Unzulänglichkeit der staatlichen Rechtsordnung annehmen, die nach Internationalem Privatrecht den Vertrag beherrschen w ü r d e ; vgl. die Hinweise i n den Anm. 58 u n d 59 zu § 10. 66 Bezüglich der nebenbestimmungen vgl. § 3 I I . 56

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

245

abgeschlossen sind, die einander „inter pares" („auf hoher Ebene") gegenüberstehen. Schließlich kann man als Auslegungsregel aufstellen, daß Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern i m Zweifel nicht dem Privatvölkerrecht unterstehen, sondern einem staatlichen Recht und insbesondere dem Internationalen Privatrecht 6 7 . Zusammenfassend ergibt sich, daß es dann der Zweck einer Willenseinigung zwischen Privatvölkerrechtssubjekten ist, Rechtsfolgen i m Privatvölkerrecht zu bewirken, wenn diese Willenseinigung „inter pares" (auf hoher Ebene") zustande gekommen ist, was anhand von Indizien geprüft werden muß 6 8 . Zu dieser letzten Aussage muß noch dies bemerkt werden: Wenn dort von einer „Willenseinigung zwischen Privatvölkerrechtssubjekten" gesprochen wird, so ist — dem Thema der vorliegenden Untersuchung entsprechend — eine solche Willenseinigung gemeint, an der sowohl ein Staat oder mehrere Staaten einerseits als auch ein nichtstaatlicher Partner oder mehrere nichtstaatliche Partner andererseits als Privatvölkerrechtssubjekte 69 beteiligt sind; nur für diesen Fall ist ausgesagt, unter welchen Voraussetzungen es der Zweck einer Willenseinigung ist, Rechtsfolgen i m Privatvölkerrecht zu bewirken. Es ist jedoch festzuhalten, daß es für den Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages 70 nicht als notwendig erachtet wird, daß an seinem Abschluß staatliche und nichtstaatliche Partner mitwirken 7 1 . Es besteht die Möglichkeit, daß privatvölkerrechtliche Verträge auch zwischen anderen Privatvölkerrechtssubjekten zustande kommen; es ist dann, was über den Rahmen dieser Untersuchung hinausgeht, i m einzelnen zu prüfen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, u m einer Willenseinigung den Zweck zusprechen zu können, Rechtsfolgen i m Privatvölkerrecht zu bewirken 7 2 . 67 Vgl. dazu, daß Verträge zwischen staatlichen u n d nichtstaatlichen P a r t nern in der Regel staatlichem Recht unterstehen, die Nachweise i n Anm. 46 zu § 10. 68 Vgl. dazu insbesondere Zweigert, a.a.O. i n Anm. 21 zu § 7. 69 Hinweis auf § 9 V I . το Er wurde i m dynamischen Sinn definiert als Willenseinigung abschlußfähiger Privatvölkerrechtssubjekte, deren Zweck es ist, Rechtsfolgen i m Privatvölkerrecht zu bewirken; vgl. die obigen Ausführungen m i t der A n merkung 6 zu § 10. 71 Hinweis auf Anm. 70 zu §10; Hinweis auf §9 I I I 2 f.; vgl. zum i n t e r nationalen Verbandsrecht als Bestandteil des Privatvölkerrechts § 9 V 2 d u n d § 9 V I 3. 72 Vgl. ζ. B. bezüglich des internationalen Verbandsrechts die Hinweise i n Anm. 71 zu § 10 u n d die folgenden Ausführungen i n § 10 1 1 b.

246

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t b)

Arten

privatvölkerrechtlicher

Verträge

Die privatvölkerrechtlichen Verträge lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten i n mehrere Arten aufteilen 73 . I m Hinblick auf den Hauptinhalt wurden oben bereits einige Arten von Verträgen genannt 7 4 ; man könnte sie einteilen in wirtschaftliche Verträge 7 5 und Verträge sonstigen Inhalts 7 6 . Unter Berücksichtigung des Themas der vorliegenden Untersuchung und der vorstehenden Ausführungen zum Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages 77 lassen sich die Verträge nach den an ihnen beteiligten Partnern unterscheiden: Unter diesem Blickwinkel gibt es erstens Verträge zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson. Zweitens kommen Verträge zwischen einem Staat und einem internationalen nichtstaatlichen Verband zustande. A u f eine dabei entstehende begriffliche Schwierigkeit wurde schon hingewiesen 78 . Sie besteht in folgendem: Bei der Begriffsbestimmung des „internationalen nichtstaatlichen Verbandes" wurde gesagt, daß er keine Staaten als Mitglieder habe 7 9 ; w i r d nun ein Staat durch Vertrag Mitglied eines internationalen nichtstaatlichen Verbandes, t r i t t er etwa einem internationalen privaten Wirtschaftszusammenschluß 80 bei, so t r i f f t die oben gegebene Begriffsbestimmung von „nichtstaatlich" (oder „ p r i v a t " ) 8 1 nicht mehr zu; man hat für den Verband, der entsteht, wenn sich ein Staat an einem „internationalen nichtstaatlichen Verband" im beschriebenen Sinn 8 2 beteiligt, die Bezeichnung „mixed public — mixed private international organization" vorgeschlagen 83 . Unterstellt man sowohl diesen letzterwähnten Verband als auch den „internationalen nichtstaatlichen Verband" 8 4 , also die vertraglich vereinbarten Satzungen beider Verbände dem Privatvölkerrecht, so kann man beide Verbände als privatvölkerrechtliche Verbände bezeichnen. Damit ist aber eine dritte A r t privatvölkerrechtlicher Verträge genannt, nämlich die Satzungen der internationalen nichtstaatlichen Ver73 Vgl. zu den völkerrechtlichen Verträgen Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 414 bis 417. 74 Hinweis auf § 31. 75 Hinweis auf § 3 11—3 ; vgl. Borchers, a.a.O. i n A n m . 242 zu § 8, zum „internationalen Wirtschaftsvertragsrecht". 76 Hinweis auf § 3 14. 77 Vgl. § 10 11 a am Ende. 78 Hinweis auf A n m . 178 zu § 9. 79 Hinweis auf § 2 I I 2 b. 8 ° Hinweis auf § 2 I I 2 b bb. 81 Hinweis auf § 2 b aa. 82 Hinweis auf § 2 I I 2. 83 Vgl. Zemanek, Verdross-Festschrift S. 333 Anm. 60 m. w. N. 84 Gemäß §2112.

I. Die Eingrenzung der privatvölkerrechtlichen Verträge

247

bände, die nach Zemanek das „internationale Verbandsrecht" bilden 8 5 . Insofern sind Verträge rechtssystematisch eingeordnet 86 , nach deren Rechtscharakter vom Thema der vorliegenden Untersuchung her nicht unmittelbar gefragt ist 8 7 . Da die Satzungen internationaler nichtstaatlicher Verbände, das „internationale Verbandsrecht", aber von Subjekten des Privatvölkerrechts geschaffen werden 8 8 , erscheint es auf Grund der Merkmale dieser Verbände, wie Zemanek sie herausgestellt hat 8 9 , richtig, auch hier anzunehmen, daß es sich u m Willenseinigungen handelt, deren Zweck es ist, Rechtsfolgen i m Privatvölkerrecht zu bew i r k e n 9 0 . Zemanek selbst sieht das internationale Verbandsrecht als Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft 91 ; er ordnet es aber nicht i n das Völkerrecht i m engeren Sinn ein 9 1 , sondern i n einen daneben liegenden Bereich, der hier als „Privatvölkerrecht" bezeichnet wird92. Möglicherweise gibt es außer dieser dritten (unter dem Gesichtspunkt der beteiligten Partner herausgestellten) A r t privatvölkerrechtlicher Verträge noch weitere Arten. Vielleicht könnten ζ. B. auch Verträge zwischen „nationalen öffentlichen Organisationen" 9 3 und einem nichtstaatlichen Partner gemäß § 2 I I dem Privatvölkerrecht unterstellt werden 9 4 . Die damit aufgeworfene Problematik fällt jedoch nicht mehr i n den Rahmen dieser Untersuchung 9 5 . 2. Die Grundlage für die Entscheidung über das Vorliegen eines privatvölkerrechtlichen Vertrages

Während Mann 96 und Schlesinger-Gündisch 97 auf Grund des Internationalen Privatrechts, also innerstaatlichen Kollisionsrechts entschei85 8

Hinweis auf § 2 I I 2 c c c . 6 Vgl. schon § 9 V 2 d. 87 Vgl. jedoch die Ausführungen zu den internationalen nichtstaatlichen Verbänden als Subjekten des Privatvölkerrechts unter §9 V I 3. 88 Hinweis auf § 2 I I 2 b und § 9 V I 2. 89 Hinweis auf § 2 I I 2. 90 Hinweis auf § 10 11 a. 91 Hinweis auf § 2 I I 2 c cc, § 9 I I u n d § 9 V I 3. 92 Hinweis auf § 9 V 2 d und § 9 V I 3. 93 Hinweis auf Anm. 93 zu § 2. 94 ζ. B. kommt Lange, Internationale Banken S. 168, zu dem Ergebnis, daß die Verträge internationaler Banken (als Völkerrechtssubjekte) m i t P r i v a t personen außerhalb des Landesrechts wie auch des traditionellen Völkerrechts stehen. Ferner wäre etwa zu prüfen, welchem Recht die „Konsultativbeziehungen" zwischen internationalen öffentlichen und internationalen privaten Organisationen angehören; vgl. A r t . 71 ChVN; Dahm, Völkerrecht Bd. 2 S. 322—324; Kaiser, WVR Bd. 2 S. 613/614; Zemanek, Vertragsrecht S. 123—130. 95 Hinweis auf § 2 Vorbemerkung m i t Anm. 5. 96 Hinweis auf § 5 12 c. 97 Hinweis auf § 5 13 b.

248

§10 Die Verträge i m Privat Völker recht

den wollen, welche Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern i n einen Bereich internationalen Rechts einzuordnen sind, wendet Zweigert 98 „schon kollisionsrechtlich einen allgemeinen Rechtsgrundsatz" an, aus dem sich ergeben soll, welche Verträge von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen beherrscht werden. Zweigert kann zwar insofern gefolgt werden, als er die Anwendung nationalen Kollisionsrechts ablehnt 9 9 ; es ist aber nicht erforderlich, die von ihm als Kollisionsrechtler aufgestellte und vielleicht einwenig „künstlich" erscheinende Kollisionsnorm zu übernehmen. Ist der Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages geklärt 1 0 0 , so folgt aus ihm, mit anderen Worten: so bildet er die Grundlage für die Entscheidung, welche Verträge zu „internationalisieren" sind, d. h. hier, welche Verträge dem Privatvölkerrecht angehören; entsprechend ergibt sich ja auch aus dem Begriff des völkerrechtlichen Vertrages 101 , welche Verträge der Völkerrechtsordnung unterliegen.

I I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge i m Privatvölkerrecht 1. Der Rechtsgrund der Verbindlichkeit der privatvölkerrechtlichen Verträge

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Begriff und zum Rechtsgrund der Verbindlichkeit des Vertrages i m allgemeinen 102 einerseits sowie auf die Ausführungen zu den Rechtsquellen als Erscheinungsformen des Privatvölkerrechts, namentlich zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen 103 , andererseits ist festzustellen, daß der Rechtsgrund der Verbindlichkeit privatvölkerrechtlicher Verträge in dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Privatvölkerrechts pacta sunt servanda zu sehen ist 1 0 4 . 2. Einschränkungen des Grundsatzes pacta sunt servanda

Wie i m staatlichen Recht 1 0 5 und i m Völkerrecht 1 0 6 so stellt sich auch i m Privatvölkerrecht für Verträge, an denen Staaten beteiligt sind, die 98

a.a.O. i n A n m . 23 zu § 7. 99 Zweigert, a.a.O. i n A n m . 23 zu § 7 ; Hinweis auch auf §5 I I I 2 b. 100 Hinweis auf § 10 1 1 a. ιοί Hinweis auf § 6 I I 1 a. 102 Hinweis auf § 4 11. 103 Hinweis auf § 9 I V 2 a, insbesondere cc. 104 Dieser Grundsatz w i r d auch i n bisherigen Lösungsvorschlägen zur rechtssystematischen Einordnung der i n Rede stehenden Verträge als deren Geltungsgrundlage genannt, vgl. insbesondere Verdross, a.a.O. i n Anm. 18 zu § 8; Kipp, a.a.O. i n A n m . 47 u n d 49 zu § 8; Dahm, a.a.O. i n Anm. 68 zu § 8; vgl. auch Böckstiegel, Eigentumsentziehung S. 125 ff. ιοδ Hinweis auf § 5 I I 4 u n d § 5 I I 6 a bb.

I I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge

249

Frage, welchen Einschränkungen der Grundsatz der Vertragstreue unterliegt. Das Problem, das sich hier aus der „juristischen Doppelnatur" des Staates ergibt — der Staat ist sowohl Vertragspartner als auch Gesetzgeber — wurde bereits dargestellt: Es besteht i n der Beurteilung des Verhältnisses zwischen dem Grundsatz der Vertragstreue und der gesetzgeberischen Souveränität 1 0 7 . Während dieses Problem bei Verträgen des Landesrechts so gelöst werden kann, daß der Staat aus Gründen des Allgemeinwohls durch gesetzgeberische Maßnahmen in den Bestand der von i h m m i t ausländischen Privatpersonen abgeschlossenen Verträge einzugreifen befugt ist, w e i l die „Allgemeininteressen" des Staates gegenüber den „Individualinteressen" der Privatperson höher bewertet werden 1 0 8 , erscheint bei zwischenstaatlichen, völkerrechtlichen Verträgen eine andere Lösung angebracht: Da hier die „Vertreter zweier gleichberechtigter Interessen" einander gegenüberstehen, würde die Möglichkeit, Verträge aus Gründen des Allgemeinwohls einseitig abzuändern, die Auflösung des Satzes pacta sunt servanda bedeuten 1 0 9 . Bleibt man zunächst einmal bei der Frage der Interessenlagen, so ist zu prüfen, wie diese bei den Partnern privatvölkerrechtlicher Verträge zu bewerten ist. A u f den ersten Blick könnte man eine Lösung wie bei landesrechtlichen Verträgen bejahen wollen, wenn ein Staat m i t einer ausländischen Privatperson einen Vertrag abschließt, da hier nur ein Vertreter „staatlich organisierter Allgemeininteressen" beteiligt ist 1 1 0 . Wie Borchers 110 aber m i t Recht feststellt, ist eine derartige Gleichstellung landesrechtlicher und internationalisierter Verträge nur dann unausweichlich, wenn die Staaten bei dem Abschluß der letzterwähnten Verträge nicht auf die Anwendung des allgemeinen Rechtsgrundsatzes der Eingriffsmöglichkeit aus Erfordernissen des Allgemeinwohls verzichten könnten und sich nicht auch tatsächlich so verhielten. Daß die Staaten den erwähnten Verzicht leisten können, ist deshalb zu bejahen, w e i l „es zum Wesen der Souveränität gehört, sich selbst binden zu können" 1 1 1 . Daß die Staaten den besagten Verzicht tatsächlich leisten, ergibt sich entweder schon aus dem W o r t l a u t 1 1 2 oder aber doch aus dem Sinn der internationalisierten, hier: privatvölkerrechtlichen, Verträge 1 1 3 , 106 vgl. Kägi, WVR Bd. 2 S. 713/714; Borchers, Verträge S. 208/209 m . w . N . ; Hinweis auf Anm. 253 zu § 8. 107 Hinweis auf § 5 I I 4 a. 108 Vgl. die Hinweise i n Anm. 105 zu § 10. io» Vgl. Borchers, Verträge S. 206/207. no Borchers, Verträge S. 207. m Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S.645; Hinweis auf § 8 I I 1 a dd. us Hinweis auf §3113; vgl. Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 645—647. 113 v g l . Borchers, Verträge S.208; Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S.645,/ 646; Hinweis auf § 9 V 2 c .

250

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

die ja „inter pares" bestehen 114 . Es folgt somit gerade aus dem Wesen und Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages 114 , daß die (Allgemein-)Interessen des Staates nicht höher bewertet werden als die (Individualinteressen des nichtstaatlichen Partners. I m übrigen erscheint bei privatvölkerrechtlichen Verträgen wirtschaftlichen Inhalts das Bedürfnis des Staates zum Abschluß etwa eines Abkommens zur w i r t schaftlichen Entwicklung und zur Aufnahme einer Staatsanleihe vielfach so groß 1 1 5 , daß ein Verzicht auf gesetzgeberische Eingriffe des Staates auch von daher gerechtfertigt ist 1 1 6 . Aus all dem ergibt sich, daß Einschränkungen des Grundsatzes pacta sunt servanda i m Privatvölkerrecht (als einem Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft) in keinem größeren Umfang zugelassen werden können, als es i m Völkerrecht der Fall ist 1 1 7 . Es kann daher sowohl Verdross als auch Borchers zugestimmt werden, die Einschränkungen des Grundsatzes der Vertragstreue unter Hinweis auf die Grundsätze der höheren Gewalt 1 1 8 bzw. der Selbsterhaltung des Staates 1 1 9 anerkennen. Zu prüfen bliebe, ob die inter pares-Stellung der Partner privatvölkerrechtlicher Verträge nicht erfordert, auch dem nichtstaatlichen Partner, man denke etwa an ein großes Wirtschaftsunternehmen, unter Berufung auf ein Selbsterhaltungsrecht Einschränkungen seiner Vertragsverpflichtungen zuzubilligen 1 2 0 .

3. Die Regelung der privatvölkerrechtlichen Verträge unter Berücksichtigung der in ihnen enthaltenen oder nicht enthaltenen Rechtswahlklauseln

a) Das Problem Es wurde bereits erörtert, welche Bedeutung den Rechtswahlklauseln 1 2 1 für die Beantwortung der Frage beizumessen ist, ob ein privatvölkerrechtlicher Vertrag vorliegt oder nicht 1 2 2 . n* Hinweis auf § 10 1 1 a. us Vgl. zum Gewicht des Vertrages für die Wirtschaft des staatlichen Partners Zweigert, a.a.O. i n Anm. 21 zu § 7. ne Vgl. Borchers, Verträge S. 208. 117 Vgl. A n m . 105 zu § 10. us Verdross, a.a.O. i n Anm. 218 zu § 8. us Borchers, Beiträge S. 208/209 m. w. N.; vgl. auch Verdross, Völkerrecht S. 227, 413 u n d 487; vgl. ferner A r t . 51 ChVN. 120 v g l . z u r Einschränkung der Gesetzgebungsfreiheit des staatlichen Partners durch die i n Rede stehenden Verträge schon Freund, Schutz der Gläubiger S. 22; vgl. ferner Bourquin, Readings S. 103; H ab achy, Symposium S. 121; P. A. Lalive, Symposium S. 177, u n d J.-F. Lalive, Symposium S. 277. 121 Hinweis auf § 3 I I 1. 122 Hinweis auf § 10 11 a.

I I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge

251

Von dieser Frage ist das nunmehr zu behandelnde Problem zu unterscheiden, welche Bedeutung bei der Regelung privatvölkerrechtlicher Verträge dem Umstand zukommt, daß in ihnen Rechtswahlklauseln enthalten oder nicht enthalten sind. Hier w i r d somit vorausgesetzt, daß privatvölkerrechtliche Verträge gegeben sind, also Verträge, die den Rechtsgrund ihrer Verbindlichkeit i m Privatvölkerrecht haben 1 2 3 . b) Privatvölkerrechtliche

Verträge

mit

Rechtswahlklauseln

aa) Die i n Betracht kommenden Rechtswahlklauseln Da hier nur solche Rechtswahlklauseln i n Betracht kommen, die i n privatvölkerrechtlichen Verträgen enthalten sind, scheidet diejenige aus, die in toto auf innerstaatliches Recht verweist und insofern eine kollisionsrechtliche Verweisung i m Sinn des Internationalen Privatrechts darstellt 1 2 4 . Verträge m i t einer derartigen Rechtswahlklausel unterstehen nach allgemeiner und richtiger Ansicht dem Landesrecht 125 und nicht dem Privat Völkerrecht. Man könnte auch daran denken, solche Rechtswahlklauseln außer Betracht zu lassen, die in toto auf das Völkerrecht oder die allgemeinen Rechtsgrundsätze verweisen, und deshalb annehmen, daß Verträge, in denen diese Klauseln enthalten sind, den angesprochenen Rechtsbereichen angehören. Wie jedoch eingehend erörtert wurde, sind Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern trotz einer entsprechenden Vereinbarung weder dem Völkerrecht (im engeren Sinn) 1 2 6 noch lediglich einem außerhalb einer Rechtsordnung liegenden Bereich von allgemeinen Rechtsgrundsätzen 127 zu unterstellen. Daher sowie unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Begriff des privatvölkerrechtlichen Vertrages 1 2 8 ist festzuhalten, daß Verweise auf Völkerrecht oder die allgemeinen Rechtsgrundsätze in privatvölkerrechtlichen Verträgen enthalten sein können. Schließlich kommen für privatvölkerrechtliche Verträge solche Vereinbarungen i n Betracht, i n denen lediglich auf die Regeln der Billigkeit verwiesen ist 1 2 9 . 123 Vgl. K i p p , Berichte H. 5 (1964) S. 141 ff. und 173 ff. 124 Hinweis auf § 5 I I 3 b bb. 125 Vgl. Borchers, Verträge S. 175; Kegel, Internationales Privatrecht S. 227 bis 229; Raape, Internationales Privatrecht S. 456; vgl. auch Mann, a.a.O. i n Anm. 8 zu § 5 ; vgl. ferner Dahm, a.a.O. i n A n m . 64 zu §8; vgl. zu der abweichenden Meinung von Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 647, Borchers, a.a.O. i n dieser Anm. 126 Hinweis auf § 6 I I I 2 u n d 3. 127 Hinweis auf § 7 I I I 2 u n d 3. 128 Hinweis auf § 10 1 1 a. ι 2 » Hinweis auf § 9 I V 2 a cc.

252

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

bb) Die inhaltliche Bedeutung der Rechtswahlklauseln Wenn auch solche Rechtswahlklauseln hier außer acht zu lassen sind, nach denen die betreffenden Verträge insgesamt, also auch hinsichtlich ihres Geltungsgrundes, staatlichem Recht unterstehen sollen, so ist es doch möglich und geschieht es auch tatsächlich 130 , daß auf bestimmte Teile eines Vertrages Landesrecht für anwendbar erklärt wird. Ein solcher Vertrag gehört gleichwohl dem Privatvölkerrecht an, wenn sonstige Indizien 1 3 1 dafür sprechen, daß er seine Rechtsgrundlage 132 im Privatvölkerrecht hat 1 3 3 . Ist i n Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern auf Völkerrecht verwiesen, so ergibt die Auslegung, daß damit nicht das gesamte Völkerrecht gemeint sein kann, sondern nur solche Normen des völkerrechtlichen Vertragsrechts, die sich auf die „internationalisierten" Verträge anwenden lassen 134 . Was den Inhalt der somit anzuwendenden Normen betrifft, ist es gleich, ob Völkerrecht im engeren Sinn gemeint ist oder ob man die in Rede stehende Rechtswahlklausel so auslegt, daß man i n ihr einen Verweis auf das Privatvölkerrecht erblickt 1 3 5 , dessen aus Rechtsgrundsätzen bestehendes Vertragsrecht 136 weitgehend den gleichen Inhalt hat wie das völkerrechtliche Vertragsrecht 1 3 7 . Werden i n Verträgen die allgemeinen Rechtsgrundsätze für anwendbar erklärt, so kann eine Auslegung dahin führen, daß damit die allgemeinen und besonderen Rechtsgrundsätze des Privatvölkerrechts 1 3 8 gemeint sind, da es sich dabei um Rechtsnormen des außerstaatlichen Rechts (näherhin um Normen des Rechts der internationalen Gemeinschaft) handelt 1 3 9 ; privatvölkerrechtliches Gewohnheitsrecht könnte in diesem Fall als ausgeschlossen gelten 1 4 0 . 130 Hinweis auf §3 I I l a ; vgl. dazu insbesondere Ramanzani, I C L Q Bd. 11 (1962) S. 518. 131 Hinweis auf § 10 1 1 a. 132 Hinweis auf § 10 I I 1. 133 Auch i m Völkerrecht u n d damit bei völkerrechtlichen Verträgen ist der Verweis auf staatliches Recht möglich und gebräuchlich, vgl. ScheubaLischka, W V R Bd. 3 S. 586/7; vgl. auch Dahm, Völkerrecht Bd. 1 S.68; vgl. zum Teilverweis auch i m Internationalen Privatrecht Raape, Internationales Privatrecht S. 471. 134 Vgl. Borchers, Verträge S. 184; vgl. auch schon früher Freund, Schutz der Gläubiger S. 24/25. iss Hinweis auf § 10 1 1 a. iss Hinweis auf § 9 I V 2 a c c . 137 Vgl. dazu etwa Borchers, Verträge S. 184; Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 174—182; Mann, Völkerhandelsrecht S. 8; vgl. auch A r t . 38 Abs. 1 Buchst, c I G H - S t a t u t u n d die Ansichten unter §7 1; vgl. zum völkerrechtlichen Vertragsrecht ζ. B. McNair, The L a w of Treaties; vgl. dazu ferner Dahm, Völkerrecht Bd. 3 T e i l I. iss Hinweis auf § 9 I V 2 a cc. 139 Vorausgesetzt, daß nicht die Rechtsgrundsätze einer staatlichen Rechtsordnung gemeint sind; vgl. § 10 11 a.

I I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge

253

cc) Die privatvölkerrechtliche Regelung der Rechtswahlklauseln Die Frage der inhaltlichen Bedeutung der Rechtswahlklauseln privatvölkerrechtlicher Verträge, wie sie vorstehend anhand einer Auslegung der in Betracht kommenden Klauseln erörtert wurde 1 4 1 , hängt eng zusammen mit dem Problem der privatvölkerrechtlichen Regelung der Rechtswahlklauseln und w i r d durch die Lösung dieses Problems weiter geklärt. Betrachtet man die „Regelung" der Rechtswahlklauseln i n bisherigen Vorschlägen zur „Internationalisierung" von Verträgen zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, so zeigen sich insbesondere folgende Auffassungen: Mann 142 und Schlesinger-Gündisch 143 wollen die Rechtswahlklauseln nach Internationalem Privatrecht regeln. Verdross 144 sagt, daß die lex contractus die Rechte und Pflichten der Parteien souverän festlege, daß aber auch andere Rechtsordnungen Anwendung finden könnten, soweit sie von der lex contractus delegiert würden. K i p p 1 4 5 führt aus: Wenn das individuell-autonome Vertragsrecht eine i n sich selbständige Rechtsordnung sei, dann bedeute der Hinweis auf ein anderes Recht, daß dieses Recht rezipiert werde, um die zur Regelung des Vertragsverhältnisses nicht ausreichenden ausdrücklich vereinbarten Normen zu ergänzen; d. h. die Normen dieses i m Vertrag herangezogenen Rechts sollten als eigenes Recht der rezipierenden Rechtsordnung ( = des einzelnen Vertrages) gelten. Gfrörer 146 meint: Wenn die Parteien eines Anleihevertrages ihre Vertragsbeziehungen einem bestimmten Recht unterstellten, so sei dies anzusehen als „ l o i créée par la convention destinée à régir le contrat", als Parteivereinbarung zur Ergänzung des Anleihevertrages. Gegen die Auffassungen von Mann und Schlesinger-Gündisch wurde bereits ausführlich Stellung bezogen 147 . Gehören die Verträge gemäß der hier vertretenen Auffassung dem Privatvölkerrecht an, so werden auch durch diese Rechtsordnung die in den Verträgen enthaltenen Rechtswahlklauseln geregelt. Das bedeutet, daß der Rechtsgrund ihrer Verbindlichkeit i m Privatvölkerrecht liegt 1 4 8 . Die Rechtswahlklauseln stellen privatvölkerrechtliche 140 Vgl. zur Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze Kipp, Berichte H. 5 (1964) S. 182—188; Hinweis auch auf § 7 I I I 1. m Hinweis auf § 10 I I 3 b bb. 1 4 2 Hinweis auf § 5 12 c. 1« Hinweis auf § 5 I 3 b. 1 4 4 Hinweis auf § 8 I I 1 a bb m i t der Anm. 21. 145 Berichte H. 5 (1964) S. 173/174; Hinweis auf § 8 I I 1 b. 1 4 6 Auswärtige Staatsanleihe S. 29/30; Hinweis auf §8 I I I 2 a m i t der Anm. 163. Hinweis auf § 5 I I I 2 b. 1 4 8 Hinweis auf § 4 1 1 b, § 5 I I I 2 b, § 10 I I 1.

254

§10 Die Verträge i m Privat Völkerrecht

Normen dar 1 4 9 . Dieses Ergebnis deckt sich i n einem wesentlichen Punkt m i t dem, z u d e m Verdross,

Kipp

u n d Gfrörer

g e l a n g e n 1 5 0 : Es h ä n g t

vom Parteiwillen ab, welche Normen des staatlichen Rechts, des Völkerrechts oder aus dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze anzuwenden sind 1 5 1 . Dieser Parteiwille, der seine rechtliche Verbindlichkeit aus dem Privatvölkerrecht herleitet, ist auch nach den Regeln des Privatvölkerrechts auszulegen. Nach Sinn und Zweck des Privatvölkerrechts kann man mit Gfrörer zu dem Ergebnis kommen, daß Verweise auf staatliches Recht (innerhalb privatvölkerrechtlicher Verträge 1 5 2 ) so zu verstehen sind, daß sie den Normenbestand des betreffenden staatlichen Rechts zur Zeit des Vertragsabschlusses meinen 1 5 3 . c) Privatvölkerrechtliche

Verträge

ohne

Rechtswahlklauseln

Enthalten privatvölkerrechtliche Verträge keine Rechtswahlklauseln, so werden die betreffenden Vertragsbeziehungen abgesehen von den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen durch privatvölkerrechtliche Rechtsgrundsätze und durch privatvölkerrechtliches Gewohnheitsrecht 154 geregelt. Da es sich bei dem Privatvölkerrecht ebenso wie bei dem Völkerrecht i m engeren Sinn um Recht der internationalen Gemeinschaft handelt und die privatvölkerrechtlichen Verträge den völkerrechtlichen Verträgen bestimmter A r t ähnlich sind 1 5 5 , werden die auf privatvölkerrechtliche Verträge anzuwendenden Normen oftmals den gleichen Inhalt haben wie die Normen, die auf völkerrechtliche Verträge Anwendung finden 156. Damit ist allerdings nur ein Hinweis gegeben; das privatvölkerrechtliche Vertragsrecht bedarf i m einzelnen noch der Erforschung und Entwicklung 1 5 7 .

4. Unrechtsfolgen und Streiterledigung (Rechtsbehelfe)

Auch bei der Regelung der Unrechtsfolgen und der Streiterledigung i m Privatvölkerrecht ist zu berücksichtigen, daß die genannte Rechts149 Was zum völkerrechtlichen Vertrag i m statischen Sinn gesagt wurde. Hinweis auf § 6 I I 1 b, gilt entsprechend für den privatvölkerrechtlichen Vertrag. 150 Hinweis auf die Anm. 144—146 zu § 10. 151 Vgl. auch Dahm, a.a.O. i n Anm. 66 zu § 8. Schwarzenberger, Einführung S. 81. 152 Hinweis auf § 10 I I 3 a. iss Vgl. Gfrörer, a.a.O. i n A n m . 146 zu § 10; Hinweis auf § 5 I I I 2 a bb, § 9 V 2 c, §10 112; vgl. Borchers, Verträge S. 204—209; vgl. auch den Begriff der materiellrechtlichen Verweisung i m Internationalen Privatrecht, Hinweis auf § 5 I I 3 b bb m i t den A n m . 50—53. 154 Hinweis auf § 9 I V 2 a bb u n d cc. 155 Vgl. statt vieler Borchers, Verträge S. 185—193 m. w. N. 156 Hinweis auf A n m . 137 zu § 10. !57 Hinweis auf § 9 I 2.

I . Einzelheiten zur Regelung der Verträge

255

Ordnung einen Teil des Rechts der internationalen Gemeinschaft bildet und dem zweiten Teil dieses Rechts, dem Völkerrecht im engeren Sinn ähnelt. a)

Unrechtsfolgen

Von Unrechtsfolgen, des näheren von Folgen unrechtmäßigen Verhaltens gegenüber Vertragsverpflichtungen, war bereits mehrfach die Rede: im Zusammenhang mit dem Begriff des Rechts 158 , bei den Ausführungen zur Bedeutung des völkerrechtlichen Unrechts i m Hinblick auf vom Staat abgeschlossene und dem Landesrecht unterstehende Verträge 1 5 9 und schließlich betreffend die Verletzung völkerrechtlicher Verträge 1 6 0 . Es ist m i t Recht darauf hingewiesen worden, daß sich die für die „internationalisierten" Verträge (und somit nach der hier vertretenen Auffassung für die privatvölkerrechtlichen Verträge) i n Betracht kommenden „Individualsanktionen" regelmäßig nicht von denen unterscheiden, die für zwischenstaatliche, völkerrechtliche Verträge gleichen, namentlich wirtschaftlichen Inhalts vorgesehen sind; man denke etwa an die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch das vereinbarte Schiedsgericht, an wirtschaftliche Repressalien wie Embargo oder Boykott 1 6 1 . Da i m Privatvölkerrecht diese und andere 161 Sanktionen möglich sind, liegt echtes „Recht" vor 1 6 2 . I m Gegensatz zu Verträgen des Landesrechts ist Subjekt eines etwaigen Wiedergutmachungsanspruchs die verletzte ausländische Privatperson (als Subjekt des Privatvölkerrechts) und nicht deren Heimatstaat 1 6 3 . b) Streiterledigung

(Rechtsbehelfe)

Ist i m Unterschied zu landesrechtlichen Verträgen zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson letztere (und nicht deren Heimatstaat) Subjekt eines etwaigen Wiedergutmachungsanspruchs, so erscheint es fraglich, ob auch in diesem Fall der Heimatstaat durch die 158 Hinweis auf § 4 I 2 a; vgl. auch die Ausführungen unter § 2 I I c cc. 159 Hinweis auf § 5 I I 6 b. 160 Hinweis auf § 6 I I 4. lei Vgl. Borchers, Verträge S. 191—193 m. w. N.; Werr, Wirtschaftszusammenschlüsse S. 81—85, Hinweis auf §8 I I I 4 a b b ; vgl. insbesondere auch Zemanek zum internationalen Verbandsrecht, Hinweis auf § 2 I I 2 c c c ; vgl. zu den Sanktionen des Völkerrechts etwa Klein, W V R Bd. 3 S. 158—162; vgl. auch die Hinweise i n den Anm. 159 und 160 zu § 10. 162 Hinweis auf § 4 1 2 a u n d § 4 1 1 1 ; vgl. auch Borchers, Verträge S. 192 m i t der Anm. 1057; Zemanek, Verdross-Festschrift S. 337 m i t der Anm. 74; vgl. auch das A R A M C O - U r t e i l , Hinweis auf Anm. 27 zu § 4 u n d Rivista Bd. 46 (1963) S. 243 sowie Verdross Y B W A Bd. 18 (1964) S. 241; vgl. ferner die H i n (1963) S. 243 sowie Verdross, Y B W A Bd. 18 (1964) S.241; vgl. ferner die H i n 163 Hinweis auf § 5 I I 6 b.

256

§10 Die Verträge i m Privat Völker recht

Ausübung des diplomatischen Schutzrechts einen solchen Anspruch geltend machen kann 1 6 4 . Dabei handelt es sich aber nicht um eine Frage des Privatvölkerrechts, sondern um eine solche des Völkerrechts i m engeren Sinn. Es erscheint richtig, die aufgeworfene Frage — wie Verdross 165 — zu bejahen. Zur Streiterledigung gemäß Privatvölkerrecht sei folgendes bemerkt: Man w i r d auch hier einige M i t t e l der friedlichen Streitbeilegung, die i m Völkerrecht üblich sind, wie ζ. B. Verhandlung, Vermittlung, Untersuchung und Vergleich 166 , übernehmen können. Als Rechtsbehelf kommt bei Verletzung privatvölkerrechtlicher Verträge vor allem 1 6 7 die Anrufung eines privatvölkerrechtlichen Schiedsgerichts i n Betracht — „privatvölkerrechtliches Schiedsgericht" deshalb, weil das durch Vereinbarungen der Privatvölkerrechtssubjekte ins Leben gerufene Schiedsgericht 168 weder auf Grund einer staatlichen Rechtsordnung 169 noch auf Grund des Völkerrechts 1 7 0 geschaffen wird, sondern nach der hier vertretenen Auffassung auf Grund des Privatvölkerrechts; denn auch die Schiedsklausel bezieht als Teil eines privatvölkerrechtlichen Vertrages ihre verbindliche Kraft aus dem Privatvölkerrecht 1 7 1 . 164 Hinweis auf § 5 I I 6 b bb. 165 ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 650/651. 166 Vgl. dazu i m Völkerrecht Dahm, Völkerrecht Bd. 2 S. 445—454; vgl. auch Art. 33 Abs. 1 ChVN. 167 Staatliche Gerichte dürften n u r i n Ausnahmefällen (falls vereinbart) angerufen werden können, vgl. dazu Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 651; Hinweis auf § 9 V 2 c m i t der A n m . 282 ; vgl. auch die Ausführungen zur I m m u n i t ä t der Staaten i n § 5 I I 5. Ob der I G H ähnlich wie der StIGH, Hinweis auf §3 I I 2 b, für Streitigkeiten aus privatvölkerrechtlichen Verträgen i n Betracht kommt, ist eine völkerrechtliche Frage, vgl. dazu Mann, Gutzwiller-Festgabe S. 483 m i t der Anm. 67. i6® Vgl. die Schiedsklauseln i n § 3 I I 2 a. 16 9 Hinweis auf § 5 I I 5 b m i t der Anm. 102; vgl. Borchers, Verträge S. 50 bis 55; Schlesinger-Gündisch, Hinweis auf § 5 1 3 b. I n diesem F a l l würde staatliches Kollisionsrecht anzuwenden sein; vgl. dagegen aber die Ausführungen unter § 5 I I I 2 b. 170 Die Schiedsklauseln kommen nicht zwischen abschlußfähigen Völkerrechtssubjekten zustande; Hinweis auf §61112 u n d 3. 171 M a n spricht bei Schiedsgerichten, die über Forderungen von P r i v a t personen gegen fremde Staaten zu entscheiden haben, von „Gemischten Schiedsgerichten", vgl. Berber, Völkerrecht Bd. 3 S. 47; Ophüls, W V R Bd. 3 S. 173—177. Verdross, ZaöRV Bd. 18 (1957/58) S. 643, nennt die Schiedsgerichte, die i n den nach seiner Auffassung "quasi-völkerrechtlichen Verträgen" vereinbart werden, Hinweis auf § 8 I I 1 a aa, ebenfalls „quasi-völkerrechtlich"; diese Auffassung entspricht der hier vertretenen von den „privatvölkerrechtlichen Schiedsgerichten", da die Schiedsgerichte hier wie dort auf G r u n d des Teils des Rechts der internationalen Gemeinschaft errichtet werden, der nicht das Völkerrecht i m engeren Sinn bildet. Vgl. auch Borchers, a.a.O. i n Anm. 144 zu § 6; Freund, a.a.O. i n A n m . 145 zu § 8; von der Heydte, a.a.O. i n Anm. 2Ö5 zu §8; R. Wolff, a.a.O. i n Anm. 179 zu §8.

I I I . Gesamtergebnis und Ausblick

257

Der Ausbau der privatvölkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit 172 ist nicht nur für die Rechtsverfolgung i m Privatvölkerrecht, sondern für die gesamte Entwicklung dieser Rechtsordnung von großem Nutzen 1 7 3 . I I I . Gesamtergebnis und Ausblick 1. Gesamtergebnis

Es erscheint schon wegen des Umfangs der vorliegenden Untersuchung mit ihren zahlreichen Einzelproblemen nicht angebracht, an dieser Stelle alle Einzelergebnisse zu wiederholen; außerdem wurden die wichtigsten Einzelergebnisse bereits zusammenfassend dargestellt 1 7 4 . Es sollen aber noch einmal kurz das eigentliche Problem der Untersuchung und der Weg zu dessen Lösung sowie die hier vorgeschlagene Lösung selbst aufgezeigt werden; dabei kann, was Einzelheiten und Zwischenergebnisse betrifft, auf alle vorstehenden Ausführungen Bezug genommen und i m folgenden verwiesen werden. Gemäß dem Thema war es Aufgabe dieser Untersuchung, den Rechtscharakter eines Vertrages zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson (oder einem nichtstaatlichen Verband) zu bestimmen. Damit war die Frage gestellt, welcher Rechtsordnung solche zwischen den genannten Partnern abgeschlossenen Verträge angehören, deren Einordnung in Landesrecht oder Völkerrecht i m herkömmlichen Sinn zweifelhaft ist (§1 I). Die Lösung dieses Problems wurde i n zwei Teilen angegangen. Zunächst wurde die Struktur der besagten Verträge dargestellt, d. h. es wurde untersucht, zwischen welchen Partnern und mit welchem Inhalt die Verträge im einzelnen zustande kommen (Erster Teil, §§ 2 und 3). I n dem Zweiten Teil wurde dann geprüft, welcher Rechtsordnung (oder welchem Rechtsbereich) die Verträge m i t der in den §§ 2 und 3 geschilderten Struktur angehören, d. h. wo sie rechtssystematisch einzuordnen sind. 172 v g l . schon von Bar, ZV Bd. 7 (1913) S. 431 ff.; Meurer, ZV Bd. 8 (1914) S. I f f . ; vgl. aus der neueren L i t e r a t u r Böckstiegel, A W D 1965 S. 101 ff.; Domice, A J Bd. 17 (1962) S. 129 ff. u n d Proceedings S. 131 ff.; Hallier, Schiedsinstanzen; Ketcham, Symposium S. 403 ff.; Leigh, Symposium S. 439 ff.; Schlochauer, ArchVR Bd. 12 (1964/65) S. 173 ff.; Young, Symposium S. 359 ff.; vgl. auch Schiedsgerichts- u n d Vergleichsordnung. Z u klären bleibt z.B., wie Schiedssprüche „vollstreckt" werden können; vgl. dazu die Ausführungen zu den „Unrechtsfolgen" i m Privatvölkerrecht i n §10 I I 4 a; möglicherweise können auch hier völkerrechtliche Regeln, vgl. dazu etwa Dahm, Völkerrecht Bd. 2 S. 563—568, v o m Privatvölkerrecht übernommen werden. 173 v g l . Batiffol, Pariser Universitätswoche 1955 S. 240; Hinweis auf § 9 1 2 . 174 Hinweis auf § 5 I I I 3; § 6 I I I 3; § 7 I I I 3, § 8 I I I 1 b cc, 4 b cc, 5 b cc, 6 b cc.

17 Rengeling

258

§10 Die Verträge i m P r i v a t ö l k e r r e c h t

Hier erschien es zuerst erforderlich, die Begriffe „Vertrag" und „rechtssystematische Einordnung" zu klären und daraus Folgerungen für bisher vertretene Ansichten über die rechtliche Behandlung der einzuordnenden Verträge zu ziehen (§ 4). I m I. Abschnitt des Zweiten Teils wurden sodann die bisher vertretenen Lösungen des Problems der rechtssystematischen Einordnung der i n Rede stehenden Verträge dargestellt und kritisch gewürdigt. Wie die dabei gefundenen Ergebnisse zeigen, vermögen die bisherigen Lösungen nicht oder zumindest nicht völlig zu befriedigen: Die hinsichtlich ihres Rechtscharakters problematischen Verträge gehören nicht dem staatlichen Recht (§ 5), dem Völkerrecht i m herkömmlichen und engeren Sinn (§ 6), lediglich dem Bereich der allgemeinen Rechtsgrundsätze (§ 7) oder einer der in § 8 angeführten „besonderen Rechtsordnungen" an. I m II. Abschnitt des Zweiten Teils wurde schließlich ein eigener Lösungsvorschlag unterbreitet: die Einordnung der Verträge in das Privatvölkerrecht, der zweiten, neben dem Völkerrecht i m engeren Sinn bestehenden Rechtsordnung innerhalb des Rechts der internationalen Gemeinschaft. Es galt zunächst, die „neue Rechtsordnung" vorzuführen, insbesondere deren Begriff und Besonderheiten, Quellen, Stellung i m Gesamtrechtssystem und Subjekte (§ 9). Sodann wurde erörtert, welche Verträge dieser Rechtsordnung unterstehen, indem die „privatvölkerrechtlichen Verträge" definiert wurden; endlich waren einige Einzelheiten zur Regelung der Verträge, namentlich der Rechtsgrund ihrer Verbindlichkeit, i m Privatvölkerrecht darzulegen (§ 10). Kennzeichnet man die Eigenart der zwischen einem Staat und einer ausländischen Privatperson (oder einem nichtstaatlichen Verband) abgeschlossenen Verträge, die dem Privatvölkerrecht angehören, als — ihrem Begriff entsprechend — „privatvölkerrechtlich", so ist damit die Frage nach ihrem Rechtscharakter beantwortet.

2. Ausblick

Das Privatvölkerrecht wurde hier — der Aufgabe der vorliegenden Untersuchung gemäß — nur hinsichtlich seiner Grundlage und i n seinen Grundzügen dargestellt. Es bedarf zu seiner praktischen Handhabung der Entwicklung und des Ausbaus durch die Rechtsvergleichung und die Rechtsprechung der Schiedsgerichte. Das Anwendungsgebiet des Privatvölkerrechts kann möglicherweise noch weiter ausgedehnt werden auf Verträge, die zwischen anderen als den i m Thema genannten Partnern (ζ. B. statt Staaten etwa internationalen öffentlichen Organisationen) abgeschlossen werden.

I I I . Gesamtergebnis u n d Ausblick

259

Das Privatvölkerrecht i m beschriebenen Sinn würde möglicherweise aufgehoben, wenn — zumindest vorerst eine Utopie — ein „Weltstaat" errichtet würde; das gilt aber ebenso für das Völkerrecht i m engeren Sinn, der zweiten, neben dem Privatvölkerrecht derzeit bestehenden Rechtsordnung innerhalb des Rechts der internationalen Gemeinschaft 175 .

175 v g l . ζ. B. Berber, Völkerrecht Bd. 1 S. 20 u n d 35.

17·

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