Preussen und der Friede von Villafranca: Ein Beitrag zur neuesten deutschen Geschichte [Reprint 2019 ed.] 9783111476858, 9783111109961


254 110 2MB

German Pages 37 [40] Year 1859

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Preußen und der Friede von Villafranca
Anhang
Recommend Papers

Preussen und der Friede von Villafranca: Ein Beitrag zur neuesten deutschen Geschichte [Reprint 2019 ed.]
 9783111476858, 9783111109961

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Preußen und

der Friede von Villafranca.

Ein Beitrag

zur neuesten deutschen Geschichte.

Berlin, 1859. Druck und Verlag von Georg Reimer.

26aS ein Privatmann von den geschichtlich wichtigen Vor­

gängen der letzten Monate zu Berlin Zuverlässiges in Erfahrung bringen konnte, das ist auf den nachfolgenden Blättern verzeich­ net.

Wer das Material des Verfassers zu bereichern vermag

und dazu geneigt sein sollte, der wolle dem Verleger unter Adresse dieser Schrift Mittheilung machen und des Danks gewiß sein. 18. Juli 1859.

$)ie italienische Frage hat mit dem Eintreten Frankreichs den Charakter einer europäischen Verwicklung angenommen.

Sie gehörte

somit dem Bereich derjenigen Fragen an, deren Behandlung seit der Gründung des heutigen europäischen Rechtszustandes, seit 1815, die fünf Großmächte als den Gegenstand ihrer gemeinschaftlichen Sorge be­ trachten. An diesem traditionellen Grundsatz auch jetzt festzuhalten, erachtete die preußische Regierung für eine ernste Pflicht.

Aber es galt dabei,

nicht nur die speciellen Interessen Preußens, sondern auch die mit den­ selben durchweg übereinstimmenden Interessen Deutschlands in dieser Frage zu wahren.

Diese zu vertreten konnte wenigstens nicht in der

gegenwärtigen Krisis Oesterreich zugemuthet werden, welches darin seine Stellung als italienische Macht zu behaupten hatte.

Nur einer rein­

deutschen Macht konnte diese Vertretung anheimfallen: doch auch nur einem anerkannten Mitgliede der Pentarchie.

So durfte Preußen es

als seine Aufgabe, als die Aufgabe der ausschließlich deutschen Großmacht betrachten, die Stellung der deutschen Nation unter den Mächten Europa'« zur Geltung zu bringen. Preußen hatte für Deutsch­ land einzustehen nach allen Seiten: zu Gunsten Oesterreichs, aber in dem Falle gegen Oesterreich, wenn dieses seine besonderen In­ teressen, also z. B. seine Interessen als italienische Macht, mit denen Deutschlands in Einklang zu setzen außer Stande wäre. Wie Rußland — erklärter Maßen — nach Frankreich gravitirte, so

gravitirte Preußen als deutscher Staat nach Oesterreich.

Wenn

Rußland sich für Eventualitäten freie Hand vorbehielt, so verweigerte dagegen Preußen auf das Bestimmteste jede Zusage der Neutralität.

6 Mit Oesterreich sich identificiren konnte Preußen nicht, ohne Deutschland in Oesterreich aufgehen zu lassen, ohne seine eigne und Deutschlands Unabhängigkeit aufzugeben. Diese Jdentificirnng war vom ersten bis zum letzten Augen­ blick der Krisis das Verlangen des Wiener KabinetS.

Ein solches Ver­

langen durfte nicht in Erfüllung gehen, wenn Preußen und Deutschland nicht zugeben wollten, daß die deutsche Nation aus der Reihe der Nationen gestrichen würde. Die edle Begeisterung, welche das Volk gegen die Uebergriffe Frank­ reichs entflammte, förderte jene Bemühungen Oesterreichs, unser Vater­ land zur Lehenfolge für seine Zwecke aufzubieten.

Die Nation ahnte

nicht, daß sie die deutschen Staaten in die Lage zu versetzen im Be­ griff war, welche die Rheinbundsstaaten einst zu Frankreich eingenom­ men hatten. Das Bestreben Preußens, die Selbständigkeit und Würde des deut­ sche« Namens, des vaterländischen Interesses zu wahren, fand keine Unterstützung und wurde überall im Volke wie von den deutschen Re­ gierungen verkannt. Das Bestreben Oesterreichs, sich Preußens und somit Deutschlands zu bemächtigen, statt in direkte Verhandlungen wegen eines frei zu ge­ währenden Beistandes zu treten, wie solche eigentlich bis ans Ende nicht stattgefunden haben, das Bestreben Oesterreichs, die deutschen Kräfte zu pflichtschuldigen Leistungen in Anspruch zu nehmen, fand nirgend Widerspruch.

Nur Preußen hielt Stand, im vollen Gefühle dessen,

was die Nation sich selbst, was Preußen ihrer Ehre schuldig war. Die Machtstellung Oesterreichs, wenn es auch nur als italienischer Staat bedroht war, durfte nicht von Deutschland preisgegeben werden. Aber ebensowenig durfte Oesterreich die Gefährdung seines italienischen Besitzstandes dazu benutzen, Preußen und Deutschland zu feiner Pekti­ nen; zu machen. — Im Anfange des Februar d. I. verhandelte Oesterreich ohne Vor­ wissen Preußens mit den deutschen Regierungen, um eine Stimmen­ mehrheit am Bundestage für einen Beschluß zu erwirken, durch welchen Preußen genöthigt worden wäre, sein Contingent zu stellen.

So wäre

7 Preußen feiner politischen Selbstbestimmung beraubt worden.

Denn es

kann nicht in zweierlei Preußen zerlegt werden, von denen das eine wider Willen Krieg führt, das andre seine eigne Politik treibt.

Preu­

ßen kann sich nicht zu einem Unternehmen zwingen lassen, bei welchem Oesterreich allein Zweck und Ziel bestimmt. Preußen

durfte aber auch nicht das übrige Deutschland einfach

Vasallendienst für Oesterreich thun lassen.

Nur Preußen ist in der

rechtlichen Lage und befähigt, Deutschland als eine Macht im Unter­ schiede von Oesterreichs europäischen Beziehungen zu vertreten. Preußens europäische Bezüge sind lediglich deutschnationale.

Denn Es war

aus diesem Grunde, weßhalb Preußen die Initiative für alle militäri­ schen Maßnahmen am Bunde verlangte. — Die Mission des Erzherzog Albrecht nach Berlin (vom Uten bis Listen April) schien die Sachlage ändern zu sollen. Oesterreich ver­ zichtete durch diese thatsächlich darauf, ganz Deutschland als Nebenland Oesterreichs, als einen Staatenkomplex unter österreichischer Suzeränetät zu betrachten und zu behandeln.

Es erkannte damit an, daß Deutsch­

land eine selbständige Macht sei, mit deren europäischem Factor als einem ebenbürtigen Staat Oesterreich sich in Unterhandlungen einlassen mußte, um seinen freien Beitritt zu gewinnen.

Ein erster ostensibler

Schritt, welcher aber sofort zurückgethan wurde und vielleicht von vorn­ herein in der entgegengesetzten Absicht geschah, nämlich Preußen unwill­ kürlich in eine Politik zu verstricken, die nicht seine eigne war. Es handelte sich bei den Besprechungen mit dem Erzherzog um einen eventuellen Krieg Deutschlands gegen Frankreich. Der Erzherzog Albrecht ging von der Voraussetzung aus, der Krieg in Italien werde Nebensache sein.

Dort auf bekanntem Terrain würden Oesterreichs

bewährte Generale zweifelsohne stets Meister bleiben.

Des Kaisers

Anwesenheit in Italien sei daher nicht angemessen; Franz Josef gehöre auf den Hanptschauplatz des Krieges, an den Rhein.

In diesem deut­

schen Kriege wolle Oesterreich 260,000 Mann unter den Befehlen des Erzherzog Albrecht stellen. Oesterreich ab.

Von der Bnndeskriegsverfassung sehe

Es solle eine Nord- und eine Süd-Armee gebil­

det werden; jener solle das IX. und X., dieser das VII. und VIII.

8 BundeS-Armee-CorpS angeschlossen werden; die Nord-Armee unter preu­ ßischem, die Süd-Armee unter österreichischem Commando. Die Einheit der Action solle nicht durch Bestellung eines Bundesfeldherrn, sondern durch die Bildung eines Hauptquartiers gesichert werden, in welchem der Kaiser von Oesterreich und der Prinz-Regent von Preu­ ßen sich miteinander ins Einvernehmen zu setzen hätten. Diese Combination hatte große Bedenken.

Sie war von der Vor­

aussetzung abhängig, daß nicht Italien der Hauptschauplatz des Krieges, daß nicht die Concentration der österreichischen Streitkräste dort noth­ wendig wurde.

Sie wäre übrigens auch an dem Widerspruch Bayern'S

gescheitert, welches ein selbständiges drittes Commando für sich in An­ spruch nahm. Als der Erzherzog mittheilte, daß Oesterreich beabsichtige, ein Ultimatum an Sardinien zu stellen, verwies Preußen aus die schwe­ benden Verhandlungen über den Congreß und erhob die ernstesten Vor­ stellungen.

Preußen machte geltend, daß ein offensives Vorgehen Oester­

reichs dessen politische Lage, zu deren Gunsten Preußen unausgesetzt thätig sei, in einem hohen Grade verdunkeln und verschlimmern würde, daß dagegen alle etwanigen militärischen Vortheile außer Betracht kä­ men.

Eö war vorherzusehen,

daß England

sich nicht länger durch

Preußen auf der Linie der Verträge von 1815 zurückhalten lassen, daß die antifranzösische Haltung desselben in eine feindselige Spannung ge­ genüber Oesterreich als dem Friedensstörer umschlagen würde.

Preußen

erklärte unumwunden, daß, wenn, aller Warnungen ungeachtet und ohne Rücksicht auf das eigne wie namentlich auch auf Deutschlands Interesse, Oesterreich die Offensive ergriffe, Preußen von allen Consequenzen eines so rücksichtslosen Schrittes sich lossagen müsse. Als inmitten dieser Beredungen der Vorschlag Englands eintraf, der Oesterreichs Territorialbestand festhielt und jede Einmischung in dessen innere Angelegenheiten von den Berathungen des bevorstehenden CongresseS ausschloß, da hätte nur ein Widersacher Oesterreich anrathen können, sein Recht in die Entscheidung der Waffen zu stellen. Erzherzog Albrecht schied mit Fricdenshoffnungen, ja mit Friedens­ versicherungen.

Sie waren aufrichtig gemeint.

Der Erzherzog ge-

9 stand später selbst ein, er müsse in den Augen Preußens compromittirt erscheinen. Dagegen hatte die Aufnahme, welche dem Erzherzog zu Theil ge­ worden war, vor ihm und aller Welt an den Tag gelegt, von welchen Gesinnungen der Lenker der Geschicke Preußens beseelt sei. — Oesterreich stellte das Ultimatum und begann diesen verhängnißvollen Krieg, von dessen AuSgang es selbst den ganzen vertragsmäßigen Bestand seiner Herrschaft in Italien abhängig machte. England protestirten. ßen keinenfallS.

Nicht so Preußen.

Rußland und

Aber schweigen durfte Preu­

Die Sommation erschien sonst als die Frucht des

Einverständnisses von Preußen und Oesterreich.

Die Sendung des

Erzherzogs schien überhaupt darauf angelegt, den Schein zu verbreiten, als sei der Krieg gewissermaßen in Berlin beschlossen.

Während mit

Preußen Unterhandlungen gepflogen wurden, traf man in Wien die Veranstaltung, Preußen ohne Weiteres in den Krieg zu verwickeln. — Von dieser ihm aufgedrungenen Politik hatte Preußen sich offen los­ zusagen.

In diesem Sinne sprach es sein Bedauern aus, ein Gefühl

welches heute zu Tage in Oesterreich selbst Jedermann theilen wird. — England war in Folge dieser Offensive nicht bloß für Oesterreich, son­ dern auch für Deutschland verloren. Von diesem Augenblick an stand Preußen genossen da: England entfremdet,

ohne Bundes­

Rußland voller Sympathie für

Frankreich und voll Erbitterung gegen Oesterreich, Oesterreich selbst halsstarrig in seiner Auffassung Deutschlands als einer Schaar ab­ hängiger lehenfolgepflichtiger Territorien, endlich Deutschland im Eifer, Alles, auch sein edleres Selbst, für nichts zu achten und, um das Vaterland zu retten, das Vaterland zu erniedrigen.

Und doch hatte

Deutschland keinen Hüter seiner Ehre, keinen Hort seiner Selbständig­ keit gegenüber Oesterreich, — und doch hatte Oesterreich in der ganzen Welt keinen Freund, als dieses durch seine Schuld isolirte Preußen. Nicht int Entferntesten gedachte Preußen, wiewohl es durch die von Oesterreich selbst gewählte ttttb diesem gegenüber mißbilligte Politik, vor welcher Preußen vergeblich gewarnt, jeder Verantwortung und jedes Antheils überhoben war, sich auf sich selbst zurückzuziehen.

Es hatte

10 bereits vor der Mission des Erzherzog Albrecht drei Armee-Corps ge­ rüstet und vor der österreichischen Sommation, als dieselbe am wenig­ sten zu erwarten schien, die Kriegsbereitschaft der übrigen VundeScontingente beantragt.

Angesichts des ausgebrochnen Krieges setzte es seine

ganze Armee — weitere sechs Armee-Corps — in Marschbereitschaft. Die Regierung gab vor der Landesvertretung Erklärungen ab über die Politik, welche sie bisher befolgt und welche sie zu befolgen gesonnen sei, und erlangte durch einstimmige Beschlüsse beider Häuser des Land­ tags, also von Seiten aller darin repräsentirten politischen Parteien, die Billigung ihrer Politik und die Bewilligung umfassenden Credits zur Beschaffung der Mittel für die Mobilmachung des ganzen Heeres. Ihr Programm war das bisher mit England, fortan ohne Eng­ land zu befolgende Programm des europäischen Rechtszustandes. Preußen proclamirte unter einstimmigem Beifall der Volksvertretung die bewaffnete Vermittlung.

Deutschlands Sicherheit, die In­

teressen der Nation, das Gleichgewicht Europa's sollten die leitenden Gedanken der preußischen Politik sein.

Die Thronrede

des Prinz-

Regenten am 14. Mai bestätigte das Programm der Regierung in feierlicher Weise. — Bedeutende Schwierigkeiten standen

im Wege;

ehe sie beseitigt

waren, konnte kein Schritt in der europäischen Frage von Preußen ge­ than werden, wenn es nicht sich und ganz Deutschland erheblichen Ge­ fahren aussetzen wollte.

Es 'galt also vor Altern, jene Hindernisse hin­

wegzuräumen, die Lage der deutschen Dinge zu verbessern, Deutschland reif und bereit zu machen, damit es nicht bloß wolle, sondern könne. Mitten in dieser Arbeit und, was an ihm lag, in der Gewiß­ heit des Vollbringens, ward Preußens Thatkraft gelähmt durch den plötzlicheil Abschluß eines Waffenstillstandes und eines demselben auf dem Fuße folgenden Friedens zwischen Oesterreich und Frarrkreich. Die Arbeit war schwer; sie brauchte Zeit; das Gelingen hing nicht allein von Preußen ab; die Gehülfen arbeiteten noch in letzter Stunde entgegen, zauderten und deliberirten.

WaS Preußen wollte, das wnßte

die Welt, konnte sie wenigstens wissen: wäre Deutschland, wie es sein sollte, — stünde namentlich Oesterreich zu Deutschland, wie cs stehen

11 sollte, dann wäre Preußen der Mühe überhoben gewesen, erst Monate lang z« diplomatisiren, um in voller Einheit der Action, die schließlich durch Oesterreich noch durchkreuzt wurde, einzutreten. Ja, wenn Preußen früher gewollt hätte — sagt man. hat es das Rechte rechtzeitig; 4. Juli nicht, und am 7. noch weniger.

Gewollt

aber gekonnt hat es noch

am

Von diesem 7. aber datirt die

Annäherung Oesterreichs an Frankreich, seine Entfremdung von Preußen. Welche Schwierigkeiten hinderten die sofortige Action Preußens, die bewaffnete Vermittlung? Es fehlte vor Allem an einer Verständigung mit Oesterreich. war daö Erste, was herbeigeführt werden mußte.

Sie

Die Sendnng des

Erzherzog Albrecht hätte sie anbahnen können; aber diese Sendung war durch das nachfolgende Ultimatum vereitelt worden.

Von einem Zu­

sammenwirken ebenbürtiger Mächte war danach keine Rede.

Den Krieg,

den Oesterreich gewollt hatte, den hatte es auf eigne Faust begonnen; es handelte sich wieder nur darum, ob Preußen zu diesem — öster­ reichischen — Kriege, dessen Eröffnung es widerrathen, sein Contingent stellen wolle oder ob es widerspenstig bleibe.

Hülfstrnppen oder

keine, das war die Frage. So legte die Mission des Erzherzogs Preußen keine Pflicht der Erwiederung auf. In entgegenkommender Weise wurde sie dennoch er­ wiedert — im Interesse Deutschlands. Die Sendung des General v. Willisen machte Preußen mit den Zwecken und Zielen des österreichischen Krieges bekannt, welche bis dahin der preußischen Regierung durchaus unbekannt gewesen.

Oester­

reich forderte auch jetzt ganz einfachen Anschluß zur Verfolgung dieser Ziele seiner Politik.

Und welcher Politik!

Oesterreich beabsichtigte nicht nur seinen Territorialbestand zu behaupten; es wollte auch die über die Grenzen seines Gebiets hinansreichende Herrschaft dadurch aufrechthalten, daß die Specialverträge in Kraft blieben.

Noch wichtiger schien es ihm, Sardinien als den

Gegner seines Systems unschädlich zu machen. leon

III.

Endlich sollte Napo­

gestürzt werden.

Zu diesen Zwecken sollte Preußen mitwirken.

Wer sich betheiligte,

12 der kämpfte für diese Zwecke. Preußen, das constitutionelle, gegen den Bestand und die Verfassung Sardiniens! Preußen, das Preußen der Regentschaft, für die Verewigung deS Metternichfchen Systems in Italien! Ein Kreuzzug der Restauration und als solcher ein Krieg gegen Frank­ reich ohne alle Transaction! Bedenken wir, welche Zumuthung an Preußen gestellt wurde. Seit 1815 hatte Oesterreich eine Regierungsweise befolgt, die es nur unter der Voraussetzung durchzuführen vermochte, daß die Nachbarstaaten, durch eine ähnliche Verwaltung niedergehalten, keinerlei belebenden oder, wie Metternich meinte, beunruhigenden Einfluß übten. Es war daher österreichisches Prinzip, nicht nur im eigenen Hause Herr zu sein, son­ dern, eben um dies zu können, in den Nachbarstaaten zu dominiren. Diese mußten sich zu Oesterreich verhalten, wie ein Festungsrayon zur Festung. So war Deutschland niedergehalten worden, bis nach einer Anstrengung von Iahrzehenten endlich Preußen sich frei machte und ein selbständiges verfassungsmäßiges Leben begann. So hatte Italien zu Boden gehalten werden müssen, so waren seine Fürsten, militärisch und politisch abhängig von Oesterreich, angehalten, ihren Unterthanen keinerlei staatliche Wohlthat zu gönnen, welche etwa einen für Oester­ reich bedenklichen Vergleich den Lombarden und Venetianern nahe ge­ legt hätte: das ist die Bedeutung der berüchtigten Specialverträge. Daher erblickte denn auch in dem keimenden constitutionellen Leben Piemonts Oesterreich eine specielle Gefährdung seiner Stellung in Ita­ lien, seiner eignen Existenz: denn diese Art von Existenz bestand nur in der Unterdrückung anderer Existenzen. — Und nun sollte Preußen einen gewaltigen Krieg beginnen, ganz Deutschland sollte seine gesammte Kraft entfalten, ausdrücklich um dieses System zu restauriren. Mit deutschem Blut sollte besiegelt werden, daß Oesterreichs Macht in Ita­ lien sich befestige durch einen Rayon abhängiger und unfreier Staaten. Nun, dann hätte Preußen, hätte Deutschland dafür gekämpft, daß auch Deutschland wieder wie zuvor österreichischer Festungsrayon werde. Damit hätte Preußen sich selbst verleugnet und die verfassungsmäßige Freiheit in Deutschland an die Kette der Karlsbader und Wiener Be­ schlüsse gelegt. Hierüber darf man sich nicht täuschen.

13 Auch der Rücktritt des Grafen Buol brachte keine Aenderung in den Absichten zu Wege. Die Festhaltung der Specialverträge verthei­ digte Graf Rechberg als einen unbestreitbaren Ausfluß der Souveränetät jener italienischen Fürsten, welche in diesen Verträgen doch gerade einen Abbruch an ihrer Souveränetät erfahren haben: — es gelte die Frei­ heit dieser Souveräne, welche sich vertragsmäßig gebunden hatten, ihre Unterthanen nicht weiser und gerechter zu regieren, als Oesterreich seine Staaten für gut fand zu verwalten. Die Annahme dieses reactionären Programms mußte Preu­ ßen standhaft verweigern, und konnte keine Rücksicht auf den fast dro­ henden Hinweis des Wiener KabinetS nehmen, Oesterreich werde sich, wenn Preußen auf seine Ansichten nicht eingehe, durch Sonderbündnisse mit deutschen Staaten schadlos halten, folglich seine Restaurations­ politik mit den Kräften dieser Staaten durchzusetzen unternehmen. Preußen gab mit schroffer Entschiedenheit zu erkennen, daß es diese Zwecke nimmermehr verwirklichen helfen werde. Oesterreich wich einen Schritt zurück. Graf Rechberg gab die Specialverträge und das Unschädlichmachen Piemont's auf. Er begehrte die Garantie des Territorialbestandes und räumte Preußen die für eine einheitliche Action erforderliche militärische und poli­ tische Leitung der deutschen Staaten während des Krieges ein. So stand es am 29. Mai. Das Metternich'sche System in Italien, noch von Graf Buol, ja von dem Grafen Rechberg selbst als Ziel und Zweck des Krieges festgehalten, war also dem Preußischen System gegenüber von den österreichischen Staatsmännern aufgegeben; wenigstens war Preußen damit das Recht aufbehalten, bei Friedens­ verhandlungen nach einem Kriege, der nicht für dieses System geführt worden, dagegen aufzutreten und der Erfüllung der sittlichen LebenSbedingungen auch der italienischen Bevölkerungen das Wort zu reden. Preußen antwortete nicht sogleich. — Dies war unmöglich. Denn die Concession, welche Oesterreich gewährte, war ja nur die Gewäh­ rung des Mittels, wodurch Preußen in den Stand gesetzt werden sollte, die gegenüber Oesterreich einzugehende Verpflichtung zu erfül­ len. Richt etwa gestand Oesterreich an Preußen einen Vortheil zu;

14 Preußen hatte keinen begehrt. Sondern Oesterreich wollte nichts dagegen haben, daß es Preußen möglich wäre, ihm zu helfen. Jene Leitung während des Krieges war nur das Mittel für den österreichi­ schen Zweck: nicht etwa eine Gegenleistung, ein Aequivalent. — Folg­ lich konnte Preußen nicht antworten, wieviel es für die Erhaltung des Territorialbestandes leisten wolle, ehe es wußte, wieviel es leisten könne, d. h. oh wirklich die Leitung Deutschlands ihm gesichert sei. Diese konnte Preußen nicht aus den Händen Oesterreichs an­ nehmen, sondern nur aus denen seiner Bundesgenossen. Oesterreich forderte von Preußen Garantie seines Länderbestandes und gewährte dafür, daß Preußen Alles, was dazu gehört, nm dafür einzutreten, sich von Andern gewähren lasse. Oesterreichs Gegenleistung war nur eine Erlaubniß an Preußen, auf irgend welche Weise die an Oesterreich versprochene Leistung möglich zu machen. Wenn Preußen seinen Bundesgenossen die von Oesterreich zuge­ standene Leitung nicht gewaltsam ausdringen wollte, dann mußte Preu­ ßen mit den deutschen Staaten erst verhandeln, ehe der Vorschlag Oesterreichs seine Erledigung finden konnte. Diese Beziehungen waren nicht ungetrübt geblieben. Einige Re­ gierungen der Wittelstaaten drängten dahin, den Bund einfach zum Werkzeug Oesterreichs zu machen , Preußen aber unter den Willen des Bundes zu beugen, es also zum Vasallen des Vasallen Oesterreichs herabzusetzen. Aus dieser Zeit (Mitte Mai) stammt der hannoverische Antrag. Er bildete nicht das Glied einer bestimmten politischen Gedankeurejhe, eines auf weitere Schritte berechneten Plans, wo nicht des österreichi­ schen Plans, Preußen wider Willen in den Krieg zu verwickeln. Eine sichere Handhabung der Deutschen Wehrkraft hätte seine Ausführung nicht zu Wege gebracht. Die hannoverische Regierung betheuerte Preu­ ßen gegenüber, die Stimmung ihres Landes mache nothwendig, «etwas zu thu«.« Deutschland kann aber nicht durch Rücksichten auf Popula­ rität regiert werden. Bei dieser Gelegenheit betonte die preußische Regierung — in et­ was starker Weise — daß sie sich die Initiative vorbehielte,

15 Aber die Politik Deutschlands mußte aus Einem Guß sein und in Einer Hand liegen, wenn Deutschland nicht rettungslos compromittirt werden sollte.

Bayern äußerte die Geneigtheit, Preußen die Ini­

tiative am Bunde zu überlassen. Nur schien diese Initiative von Preußen begehrt zu werden, damit sie Niemand gebrauche; Preußen (so spottete man) verlangt die Füh­ rung, will aber nicht führen. Dieser Spott verstummte bald.

Denn der Augenblick war gekom­

men, wo Preußen die Initiative gebrauchte und mit seinem Verlangen der Führung Ernst machte. Die Schlacht von Magenta war geschlagen; die Gegner Oester­ reichs hielten ihren Einzug in Mailand.

Oesterreich war nicht mehr

der angreifende Theil; das Kriegsmanifest Napoleon III. „Italien frei bis zum Adriatischen Meer« drohte, praktisch zu werden. Kampf rückte den Grenzen Deutschlands näher.

Der

Es durfte nicht ab­

gewartet werden, ob wirklich, wer das berühmte Festungsviereck inne hat, Herr von Ober-Italien sei.

Um an der Etsch Halt zu gebieten,

mußte Deutschland die Preußen auf dem Marsche sehen, sobald der Mincio von Francosarden überschritten worden.

Die Zeit war da, wo

Deutschlands Interessen volle Kraftentfaltung erforderten, damit dem Vaterlande sein Antheil an der Ordnung der europäischen Verhältnisse nicht verkümmert werde. Schon vor der Schlacht von Magenta hatte die Regierung Vor­ sorge getroffen, die zur Mobilmachung erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaffen und die vom Landtag bewilligte Anleihe ausgeschrieben. Diese war durch patriotische Beiträge, am 11. Juni, dem Tag des Abschlusses, mehr als zur Genüge gedeckt. Am 14. Juni Mittags erging die Mobilmachungsordre an die Provinzen.

Sechs Armee-Corps sollten in die Waffen treten.

Einst­

weilen wurde das zweite Aufgebot noch nicht einberufen, dagegen die Rekrntenaushebung beschleunigt. Das Gefühl eines herannahenden Krieges erfaßte die Gemüther. Während im übrigen Deutschland fast überall Heller Jubel ertönte und allen Patrioten die schwerste Sorge benommen schien, lagerte sich dumpfe

16 Schwüle über dem zunächst jbetheiligten Lande. Es bereiteten sich der Regierung unerwartete, doch nicht unbesiegbare Schwierigkeiten im eig­ nen Volk. Es stand freilich am ehesten zu hoffen, daß, wenn nur erst das Programm Preußens in seinen Einzelheiten kündbar werden durfte, die Volksstimmung eine gehobene sein würde. Die Freunde Italiens, die gegen ein Eintreten Preußens am beredtesten eiferten, hatten wahr­ lich für die constitutionellen Rechte der Italiener mehr von Preußen zu hoffen, als von Frankreich. Die Preußische Mobilmachung war zugleich die Antwort auf die Vorschläge Oesterreichs vom 29. Mai; kein Garantieversprechen, aber eine deutliche Handreichung. Auch wurde nun Oesterreich ausdrücklich auf den durch die Mobilmachung bethätigten Ernst der Absichten Preu­ ßens hingewiesen. Am 19. Juni notificirte Preußen den Mächten die Mobilmachung und seinen Entschluß, Deutschland den ihm gebührenden Einfluß zu sichern, vermöge dessen eine europäische Frage, die so enge mit der großen Frage des Gleichgewichts verknüpft sei, nicht ohne die Theil­ nahme und Zustimmung Deutschlands entschieden werden könne, die Kräfte der deutschen Bundesgenossen ungetheilt zu gemeinsamer Action zu vereinigen, sein Pacificationswerk zu verfolgen und einen Frieden auf billigen und dauerhaften Grundlagen herzustellen. Am 24. Juni gab Preußen seinen deutschen Bundesgenossen zu erkennen, daß seine Tendenz keine andre sei, als Oesterreich seinen Länderbestand zu erhalte», daß es den Weg einer auf seine be­ waffnete Stellung gestützten Vermittlung einschlage, daß es den Krieg nicht suche, daß es sich aber nicht verhehle, wie diese Bemühungen zu einem Kriege führen können. — Ein tieferes Eingehen auf Einzelnheiten dieses allerdings nur im Umrisse mitgetheilten Programms, dessen Grundzug und feste Richtung jedoch unverkennbar war, konnte in einer so delikaten Angelegenheit drei und dreißig Kabinetten und unter diesen dem dänischen, also selbst dem Ausland gegenüber, durchaus nicht rathsam erscheinen. Wenigstens nicht schon damals. Mit militärischen Bevollmächtigten, welche die vier außerpreußischen und außerösterreichischen Bundes-Armee-Corps im Namen ihrer mit dem

17 Befehl derselben betrauten Regierungen vertraten, war zu Berlin eine glückliche

Verständigung

über

erhebliche

Punkte zusammenhängender

preußisch-deutscher Action erzielt. Am 27. Juni *) that Preußen einen entgegenkommenden Schritt, um die beiden neutralen Großmächte wo möglich in das Interesse der von Preußen beschlossnen Vermittlung zu ziehen. Es verschwieg daneben nicht, daß diese Vermittlung preußischer Scits bestimmt, also eventuell allein eintreten werde.

Preußen machte dabei bemerklich, daß der

Ausgangspunkt aller hier einschlagenden Verhandlungen der Län­ derbestand Oesterreichs sein müsse, also nicht etwa vollendete That­ sachen der Zwischenzeit dazu dienen könnten. **)

Eine eingehende Ant­

wort traf von St. Petersburg ein; das Kabinet des Kaisers stellte das Anerbieten, die dirigirenden Minister der neutralen Großmächte mit dem Vertreter Preußens über die Basen der Vermittlung in Berlin eine Verständigung fehlte durchaus.

herbeiführen zu

lassen.

Diese Uebereinstimmung

Der britische Staatssecretair machte geltend, Oester­

reich habe durch eine Mißregierung seine italienischen Provinzen verwirkt. Es wäre beiläufig nicht ohne Interesse, diesen Lehrsatz iiber das Ver­ wirken von Ländern, abgesehen selbst von Irland und Ost-Indien, etwa auf Schleswigholstein englischer Seits angewandt zu sehen. Preußen hat übrigens in London Gelegenheit gehabt, auszusprechen, daß, sollte auch Oesterreich in die Lage kommen, Verluste zu erleiden, Preußen doch Oesterreich niemals eine Gebietsabtretung vorschlagen werde.

*) Die betreffende Depesche batirt vom 24sten. **) In der Depesche selbst heißt es:

"... Aber der Prinz-Regent konnte,

im Bewußtsein seines Rechts und der Pflichten, welche ihm die Sorge um seine eigne Würde und die Interessen seines Landes und Deutschlands auferlegt, unmöglich ... durch eine passive Haltung im Voraus die Veränderungen gutheißen, welche die ter­ ritorialen Umgrenzungen in einem der Lander erfahren haben und erfahren können, welches so zahlreiche Bande mit der großen europäischen Dölkerfamilie verknüpfen« .............."daß wir . . . mit Eifer jeden Vorschlag entgegen nehmen werden, welcher auf eine Aussöhnung der Rechte des österreichischen Kaiserhauses mit einem aus liberale und ausgleichende Principien gegründeten Reorganisationswerke gerichtet ist, und der unS geeignet erscheint, die gerechten Wünsche der italienischen Bevölke­ rungen zu befriedigen.«

18 In London ttitb St. Petersburg hob Preußen als seinen Gesichtspunkt hervor, daß innere Reformen der Verfassung und Verwaltung, "wirk­ liche und weitgehende," in den Staaten Ober- und Mittel-Ita­ liens herbeizuführen seien. — Lord John Rüssel beantwortete förm­ lich die preußische Anfrage vom 24sten erst am 7. Juli: der Moment für

das

Eintreten

einer

Vermittlung

sei noch nicht

gekommen.

An demselben Tage schlug der Kaiser der Franzosen den Waffenstill­ stand vor. Mittlerweile hatte Preußen seine Rüstungen fortgesetzt und alle Vorkehrungen für die Aufstellung einer Truppenmacht am Rhein ge­ troffen.

Dabei hielt sich Preußen auf der strengen Linie des bestehen­

den öffentlichen Rechts. Es machte von seiner Initiative am Bunde Gebrauch, um Be­ schlüsse zu erzielen, welche in legaler Weise den Bedenken und Ge­ fahren vorbeugen sollten, die mit der Anwendung der leider jede Action hemmenden und paralhsirenden Bundeskriegsverfassung verbunden sind, — Beschlüsse, welche die von Preußen angeordnete Mobilmachung von sechs Armee-Corps vervollständigen sollten. Zunächst begehrte Preußen am 25. Juni vom Bundestage die Ermächtigung, sein marschbereites Heer auch auf außerpreußischem Ge­ biet des Bundes aufzustellen.

Von demselben Tage datirt Preußens

Antrag, das VII. und VIII. Bundes-Armee-Corps mobil zu machen und Bayern die Bestellung des Befehls über diese combinirte Aufstellung zu übertragen.

Beide Anträge erhob am 2. Juli die Bundesversamm­

lung zum Beschluß. Eine fernere Mobilmachung von zwei Armee-Corps des Bundes, dem IX. und X., beantragte Preußen am 4. Juli; diese hätten sich der preußischen Aufstellung am Niederrhein anzuschließen. Nach diesem Plan würden drei Armeen am Rhein Posto gefaßt haben: die südliche unter Bayerns Befehl, die mittlere nur aus preußischen Streitkräften bestehend, die nördliche combinirt preußisch-deutsche, de­ ren Leitung wie bei der Süd-Armee demjenigen Staat zufiele, wel­ cher eigne Corps aufstellt, wie dort Bayern, so hier Preußen.

19 Endlich handelte es sich um die einheitliche Leitung der drei Heereskörper. Von ihnen stellte Preußen den einen ganz und einen andern zu einer größeren Quote, als ein andrer Staat. Daher forderte Preußen die Führung der Gesammtmacht. Da zu dieser aber vier Bundes-Corps gehören sollten*), be­ antragte Preußen — ebenfalls am 4. Juli — eine bundesmäßige Uebertragung des Oberbefehls über diese vier Corps, wozu die Bundes­ versammlung durch denselben §. 46. der Bundeskriegsverfassung autorisirt war, vermöge dessen sie die Leitung von zwei Corps Bayern bereits anvertraut hatte. Auf diese Weise wäre die einheitliche Action der vier BundesCorps mit den nicht von Bundes wegen mobilgemachten sechs preußischen, die ihrerseits eine concentrirte Trnppenmacht bildeten, für alle Fälle gesichert gewesen und gleichermaßen in dem legalen Wege des §. 46. dem Unglück vorgebeugt worden, die Bundeskriegsverfassung zur An­ wendung kommen und durch einen vom Bundestags-Ausschuß qua Hof­ kriegsrath und vom Bundestage selbst in letzter Instanz geleiteten und überwachten Feldzuge die Schicksale der alten Neichsarmee von vorn­ herein in Aussicht zu stellen. In dieser Lage der Dinge, welche die Negierung Preußens bisher vollkommen beherrschte, wußte sie bei dem fortschreitenden Gange ihrer Politik sich für alle Eventualitäten gerüstet. — Allerdings nur für die eine durchaus nicht, daß Oesterreich, nach­ dem ein selbständiges Vorgehen Delltfchlandö zu ©misten Oesterreichs, wenn auch keineswegs im Gefolge Oesterreichs, von Preußen soweit ein­ geleitet war, nachdem die Vorgänge in Deutschland und die Bemühun­ gen Preußens in Petersburg und London, wie belgische Blätter mit* *) Mit den Militairbevollmächtigten eben dieser vier Armee-Corps des Bundes hatte das preußische KriegSministerinm (dnrch den Chef deS preußische» Generalstabs) sich zu Berlin in'S Einveriiehnien gesetzt; die betreffenden Staaten waren danials also Willens, die einheitliche Aetion Preußens und den Anschluß der vier Corps zu unterstiitzcn: nicht der Militairansschuß am Bunde ver­ handelte.

20 theilten, im französischen Hauptquartier zum Gegenstand ernster Er­ wägungen geworden waren, das ganze Unternehmen vereiteln würde. Es ist versucht worden, das Scheitern der Sendung des Fürsten Windischgrätz nach Berlin als den für Oesterreich zwingenden Beweg­ grund einer Annäherung an Frankreich darzustellen; ja es hat behauptet werden dürfen, daß die schweren Opfer, mit welchen dieselbe erkauft ist, ein günstiges Loos begründeten im Vergleiche zu dem, welches die ältesten Bundesgenossen Oesterreich zugemuthet hätten. Einer späteren Zeit mag es vorbehalten sein, zu erweisen, ob die Sendung des Fürsten dazu bestimmt gewesen ist, zu scheitern. Aber gegenwärtig schon steht fest, daß sie scheitern mußte, daß dies in Wien und Verona wenigstens für wahrscheinlich, wo nicht für gewiß erachtet war, und daß das Scheitern dieser Mission nicht so verstanden werden konnte, als sei Oesterreich von Preußen verlassen worden. Diese Sendung des Fürsten Windischgrätz, welche ebenso dem Ende des italienischen Krieges präludirt hat, wie die Mission des Erzherzog Albrecht dem Anfange, gewährt den Schlüssel des Verständnisses für die ganze Sachlage. Die Mission des Erzherzogs sollte die Welt glau­ ben machen, Preußen wäre im Einverständniß der Kriegseröffnung: diese Absicht ist fehlgeschlagen. Die Mission des Fürsten soll jetzt die Welt glauben machen, Preußen wäre schuldig an dem Friedensschluß und an den durch ihn Oesterreich auferlegten Opfern: auch diese Absicht wird fehlschlagen. Unzweideutige Thatsachen bieten die Widerlegung. Fürst Windischgrätz forderte im Auftrage seines Kaisers, daß Preußen sein Vermittlungswcrk abbreche und den Krieg am Rhein so­ fort beginne. Als den Zweck dieses Krieges hatte der Fürst die Her­ stellung des status quo ante nicht nur in Betreff des Terri­ torialbestandes, welchen Preußen förmlich garantiren sollte, sondern auch in Betreff der Spccialverträge, von denen der Kaiser als von Familienvcrträgcn nicht abgehen könne, zu bezeichnen. Preußen also sollte seine Politik anfgcbcn und für die österreichische Politik Krieg führen. Das alte Verlangen völliger Jdentificirung Deutschlands mit Oesterreich trat wieder hervor.

21 Die Forderung, welche Preußen bereits mit einer Entschiedenheit zurückgewiesen hatte, die in Wien wie ein Ultimatum verstanden wor­ den war, die Forderung, welche Oesterreich am 29. Mai fallen ge­ lassen hatte, wurde jetzt wieder aufgenommen. Inhalt der Sendung des Fürsten Windischgrätz.

Sie bildete den

Ist es eine Ver­

muthung, wenn wir sagen, Oesterreich wußte, daß diese Mission schei­ tern würde? Was also

Preußen,

wie bereits im Mai durch General von

Willisen, jetzt dem Fürsten Windischgrätz abgeschlagen hat und abschla­ gen mußte, war nichts Anderes, als Kriegsgemeinschaft mit Oester­ reich zu dem ausgesprochenen Zweck einer Restauration des Metternich'schen Systems, wie eö oben characterisirt worden, einer Restauration desselben in Italien.

In Italien und demnächst in Deutschland!

Dagegen gewann Fürst Windischgrätz, während seine Sendung ihr Ziel verfehlte, die Ueberzeugung, daß Oesterreich von Preußen nicht verlassen werde, daß Preußen, indem es die ihm gestellten Bedingungen verwarf und seine Politik festhielt, mit dieser kein anderes Ziel ver­ folgte, als das allen deutschen Bundesgenossen und selbst den neutralen Großmächten

kundgegebene Bemühen,

Oesterreich wo möglich seinen

Länderbestand zu erhalten, freilich aber auf Reformen in der Verfassung und Verwaltung der Staaten Ober- und Mittel-Italiens im Gegen­ satze zum Metternich'schen System nach Kräften hinzuwirken. Fürst Windischgrätz verhehlte nicht, daß Österreich, wenn es in der Roth von seinen Bundesgenossen verlassen würde, seinen Frieden mit Frankreich machen müßte.

Aber der Fall der Noth lag dem un­

gebeugten Sinn des österreichischen Abgesandten so fern, daß er nicht nur jede Vermittlung, durch welche Oesterreich eine Schmälerung seines Gebiets zugemuthet würde, für unannehmbar, sondern auch, als die ersten Gerüchte eines bevorstehenden Waffenstillstandes sich verbreiteten, diese Gerüchte für grundlos erklärte.

Und als ihn die Kunde von dem

Abschluß des Waffenstillstandes — nicht minder, wie die Mitglieder der preußischen Regierung — überraschte, wollte der Fürst »mit seinen: Kopf"

dafür einstehen,

daß

an einen Frieden

nicht zu denken sei.

Hatte der Kaiser Napoleon sich anheischig gemacht, die Oesterreicher

22 aus ganz Italien zu vertreiben, so betheuerte der Fürst, sein Kaiser werde --nicht ein Dorf-- der Lombardei abtreten. An dem Tage, an welchem Napoleon III. (wie von allen Seiten — nur nicht österreichischer Seits — versichert ist, sogar in einer Note des Moniteur) mit Rücksicht auf die Vermittlungsversuche, welche Preu­ ßen angeregt, und auf die preußisch-deutschen Rüstungen und bevor­ stehenden Trnppenaufstellnngen *), einen Waffenstillstand vorschlug, an demselben Tage — ob nicht post hoc oder gar propter hoc?! — wurde von Oesterreich am Bunde ein Antrag eingebracht, welcher, unter Formen, die Niemand täuschen konnten, die preußischen Vorschläge vom 4. Juli durchkreuzte, die unanwendbare Bundeskriegsverfassung zur Norm erhoben wissen wollte, den von Preußen betretnen legalen Ausweg ab­ zuschneiden suchte, und Deutschland vollkommen handlungsunfähig zu machen geeignet war. Oesterreich wollte nämlich in dem Antrage Preußens vom 4. Juli eine thatsächliche Mobilmachung des Bundesheers finden und verlangte, daß diese ausgesprochen werde.

Preußen im Gegentheil hatte nur

vier Bundes-Corps gefordert, da seine sechs Corps eine einheitliche Truppenmacht bildeten und keines derselben durch Bundesbeschlnß mobil gemacht worden war.

Preußen forderte deßhalb nur theilweise Mobili-

sirung und eröffnete so der Bundesversammlung in Betreff der Bundes­ kriegsverfassung, bereit Reform doch für jetzt nicht an der Zeit war**), den gesetzlichen Ausweg des §. 46.

Eben diesen suchte Oesterreich mit

seinem Antrag zu verschließen. Effectiv bereichert hätte die totale Mobilmachung, welche Oester­ reich begehrte, die deutsche Wehrkraft nur mit drei in jeder Hinsicht *) Es heißt in Zeitungen, im französischen Hauptquartier wolle man in Er­ fahrung gebracht haben, daß von dem Prinz-Regenten ein Befehl zur gänzlichen Mo­ bilmachung auch des 2. Aufgebots und der drei östliche» Corps bereits unterzeichnet gewesen fei. **) Diese Heerversassung hat — abgesehen von der einheitlichen Leitung — auch ihre Vorzüge, auf die nicht verzichtet werden durfte. Dahin gehört die Bildung combinirtcr Armee-Corps, in denen die Streitkräfte zahlreicher Staaten, wenn auch die Combination ihre Fehler hat, organisirt erscheinen. — Hieraus deutet auch die preuß. Circulardepefche vom 6. Juli.

23 problematischen österreichischen Corps, die nämlich thatsächlich noch erst zu schaffen gewesen wären und vorwiegend aus Italienern bestanden hätten, mit denen Oesterreich bereits einige Bundesfestungen unsicher gemacht hat.

Nominell allerdings auch mit drei preußischen Corps,

die aber ohnedies vorhanden waren und die, um als Bundes-Corps vorhanden zu sein, den festen Verband der preußischen Armee hätten aufgeben sollen, während militärische Rücksichten gebieterisch forderten, die Streitkrast der vier Bundes-Corps durch die Bürgschaft einheit­ licher Leitung

zu

verstärken.

Diese aber wäre gelähmt durch

die

Bundeskriegsverfassung —• und gerade sie stellte der österreichische An­ trag an die Spitze. Der andre Theil des Antrags, die Wahl des Regenten von Preu­ ßen zu einem von der Bundesversammlung als Behörde, von dem Bunde wie von einem Souvödän abhängigen Obergeneral, richtet sich selbst.

Der österreichische Antrag konnte Nicht angenommen werden,

ohne daß die preußischen Anträge vom 4. Juli verworfen worden wären. Seine Bedeutung ist genau dieselbe, wie die der Sendung des Fürsten Windischgrätz.

Er forderte Unmögliches.

Der Antrag wie die Sendung ließ für Preußen die Entscheidung zu, die jedoch Niemand in Verona erwarten konnte, nämlich sich Oester­ reich zu unterwerfen. Erhielt der Fürst eine bejahende Antwort, so kämpfte Preußen den

rein österreichischen Kampf um Territorialbesitz und Specialver­

träge,

also

für

die Restauration des

Metternich'schen Systems. —

Ging Preußen auf Oesterreichs Antrag am Bunde ein, so wurde der Regent General unter der

von O e st e r r e i ch präsidirten Bundes­

versammlung und commandirte u. A. drei Armee-Corps der in Jtafielt kriegführenden Macht.

Nicht erhob sich dann Deutschland aus

seiner Nichtigkeit zu neuer Größe, sondern es identificirte sich mit Oesterreich, wie dieses von Anfang an gewollt ttttb wie Preußen im Gefühl für Selbständigkeit und Würde des deutschen Namens von An­ fang an nicht gewollt hatte. Widersetzte sich aber Preußen dent Antrag, scheiterte zu Berlin die Sendung, dann war es Preußen, welches Oesterreich verlassen, welches

24 bett Schimpf eines unehrenvollen Friedens zu tragen hatte, auf welches der gerechte Unwille der getäuschten Völker Oesterreichs abgelenkt wer­ den konnte. Am 8. Juli schlossen Oesterreich und Frankreich Waffenstillstand. Seine Dauer war bis zum 15. August bestimmt. Unter den Augen des Fürsten Windischgrätz nahmen alle militäri­ schen Vorkehrungen Preußens ungehemmten Fortgang. Die Regierung traf darin keine Aenderung. Die marschirenden Corps blieben auf dem Marsch. Für umfassende Eisenbahntransporte vom 15. Juli ab war Alles bereit — bis auf die Verpflegung unterwegs. Der Termin bis zum 15. August muthete Preußen große Opfer zu; die Finanzen des Landes mußten stark in Anspruch genommen werden; die Landwehr­ männer ihren Familien, ihrem Beruf und Erwerb entzogen, sollten Wochen lang Gewehr bei Fuß stehen. Nichtsdestoweniger trat keine Wendung in diesen Maßnahmen ein. Nicht einmal Beurlaubungen standen in Aussicht. Einige deutsche Regierungen waren freilich andrer Meinung. Je ernster überhaupt Preußen hervorgetreten, desto scheuer wichen die Vor­ dersten zurück. Schon bei Gelegenheit der Verhandlung mit den Militärbevollmächtigten hatte Hannover — man gedenke des vorwärts drän­ genden Antrags — von aggressiven Schritten abgemahnt und nur einen defensiven Krieg mit Frankreich für möglich gehalten. Jetzt nach Abschluß des Waffenstillstands machten Regierungen bemerklich, daß nunmehr wohl von Truppenaufstellungen am Rhein Abstand genommen werde. So war es indessen nicht gemeint. Der nächste Zweck der Truppen­ aufstellung war nicht Theilnahme an einem österreichischen Kriege, in welchem nun allerdings Stillstand eingetreten, nicht ein Auftreten als Nebenmacht, die verhindert sein könnte, während einer österreichischen Waffenruhe vorzugehen. Vielmehr eine selbständige Action aus rein nationalem Interesse: zuvörderst eine nachdrucksvolle Friedensvermittlnng, welche darauf zu achten hätte, daß eine so bedeu­ tende Frage nicht ohne Zustimmung Deutschlands und nicht etwa ge­ gen seine nationalen Interessen, nicht in einer seine Stellung in

25 Europa gefährdenden Weise, nicht etwa gar auf Kosten Deutschlands wie 1797, 1802, 1805 u. s. w. entschieden werde. — Gerade der nächste Zweck der deutschen Action trat mit dem Waffenstillstand in den Vor­ dergrund. Preußen beharrte bei seiner Politik der bewaffneten Vermittlung. Jetzt mußte damit Ernst gemacht werden.

Sie allein war eine von

Oesterreich selbständige und doch für Oesterreich günstige Politik.

Für

Oesterreichs Recht ■—gegen Oesterreichs Unrecht. Die Unterdrückung Italiens durfte nicht verewigt werden; für die Specialverträge konnte Preußen nicht kämpfen. — Der Fürst Windischgrätz glaubte, wie gesagt, seiner Sache gewiß zu sein, daß Oesterreich keinen voreiligen Frieden schließen werde. Die Vermittelung Preußens bewegte sich nach dem Waffenstillstand vom 8. Juli auf der Linie der österreichischen Vermittlung von 1813 nach dem Waffenstillstand vom 4. Juni.

Wenn die preußische Mediation

bis zum 15. August das Friedenswerk nicht zu Stande brachte, so er­ öffnete sich eine ganz bestimmte Aussicht. Fürsten Windischgrätz gewesen sein.

Dies muß die Ansicht des

Es ist kein Geheimniß mehr —

Zeitungen haben es bereits mitgetheilt —, daß der Fürst nach dem Waffenstillstand auf-telegraphischem Wege abgerathen hat, Frieden zu schließen, da die Dinge in Preußen günstig stünden. Dennoch kam der Friede von Villafranca — am 11. Juli — zu Stande. Der österreichische Kaiser nahm die französischen Bedingun­ gen an. War es eine Genugthuung, daß Napoleon III. sein Programm verleugnete, daß eine auf Hypothesen gebaute, innerlich unmögliche Nachahmung des deutschen Bundes für Italien das "Befreiungswerk" krönte, daß der Gewinn der Italiener an Macht nicht nennenswerth, an Freiheit sehr zweifelhaft ist? Cavour's Rücktritt ist die Signatur dieses Friedens.

Oesterreich ist ein italienischer Mittelstaat, darauf

angewiesen und nun auch berechtigt, die kleineren Staaten niederzu­ halten.

Ein Chaos unter der Autorität des Pabstthums, ein Herd

der Revolution, — das ist das Italien nach dem Frieden von Villa­ franca. Die ersten Worte des Kaisers von Oesterreich an sein Heer, an 3

36 seine Völker enthalten eine Anklage gegen Preußen, eine Unwahrheit vor Europa. »Ohne Bundesgenossen" will der Kaiser sich Frankreichs nicht ha­ ben erwehren können. Ohne Preußen also war Oesterreich ohn­ mächtig. Und doch hatte Preußen ihm den Rücken gedeckt.

Die Concen«

tration fast der gesammten österreichischen Heeresmacht — von zwölf Armee-Corps neun — war dadurch in Italien möglich geworden. Die Bundesgrenze, welche Napoleon III. nicht überschreiten wollte, und deren Ueberschreitung — das wußte Frankreich — Deutschland zum Schutze seiner Marken ins Feld gerufen hätte, Kaiser, wie in der Ilias Aphrodite den Paris.

beschirmte den

So verassekurirt hat

Oesterreich noch keinem Feinde gegenübergestanden. "Ohne Bundesgenossen" — Hören wir den französischen Kaiser. »Ich war unglücklicherweise genöthigt," sagte Napoleon III. zu St. Cloud, "einen hinter großen Festungen verschanzten Feind in der Fronte anzugreifen, welcher gegen jede Diversion in der Flanke durch die Neu­ tralität der ihn umgebenden Gebiete geschützt war, und wenn ich einen langen und unfruchtbaren Belagerungskrieg angefangen hätte, so würde ich mich dem bewaffneten Europa gegenüber befunden haben, welches be­ reit gewesen wäre, entweder uns unsere Erfolge streitig zu machen oder unsere Unfälle zu verschlimmern . . .

Man hätte sich dazu entschließen

müssen, kühn die Hindernisse zu durchbrechen, welche uns die neutralen Staaten entgegensetzten und dann den Kampf am Rhein wie an der Etsch anzunehmen.» Und zu seiner Armee sagte der Kaiser, sie habe nur deshalb Halt gemacht, weil der Kampf Verhältnisse anzunehmen begann, die mit dem Interesse nicht mehr in Einklang sind, welches Frankreich bei diesem furchtbaren Kriege verfolgt. Frankreich also sucht den Frieden, weil die beabsichtigte Localisirung des Krieges ein Ende nimmt.

Durch wen? Wahrscheinlich

doch durch einen Bundesgenossen Oesterreichs, der sich nicht »hartnäckig der Erkenntniß verschloß, welche hohe Bedeutung die große Frage des Tages in sich trug.»

Nein, der die große Frage des Tages in ihrer

27 Bedeutung anders erfaßt hatte, als der hochmüthige Verfechter der reactionären Specialverträge, der demüthige Unterzeichner des Friedens von Villafranca. »Ohne Bundesgenossen» so lautet Oesterreichs Anklage.

»Der

Krieg nahm einen allgemeinen Charakter an, wenn Frankreich nicht Halt machte,« so verweist Napoleon III. auf die Rüstungen Preußens. Frankreich wollte nicht abwarten, bis die Bundesgenossen Oester­ reich, noch ehe es in Noth war, zur Seite traten. Aber auch Oesterreich wollte nicht abwarten, daß der Eine Bun­ desgenosse, dessen Emporkommen es mit dem Verluste von drei Lombardeien vereiteln möchte, mit beut ganzen Deutschland ihm die Schmach eines solchen Friedens ersparte.

Lieber »ohne Bundesgenossen» solchen

Frieden! Der Eine fürchtete den Feind, der Andre den Freund.

So ent­

stand der Vertrag von Villafranca. Vielleicht zu derselben Stunde voll­ zog der Prinz-Regent von Preußen die Ordre, welche die obere Leitung Einer der drei Armeen am Rhein dem greisen tapfern Wränget über­ trug — am 11. Juli: auch ein Zeichen, daß von Preußen »nichts zu hoffen war!» Vergebens hatte Fürst Windischgrätz seinen Kaiser gewarnt und auf Preußen verwiesen. Wie richtig die Auffassung des Fürsten gewe­ sen, bestätigte sich demselben noch in der Abschieds-Audienz. Gerade weil Preußen Oesterreich erhalten wollte, zu diesem Zweck aber in vorübergehender Weise (mehr ist nie verlangt!) Deutschland führen mußte, gerade deßhalb gab sich Oesterreich verloren. — Deutschland hat sich nicht mit Oesterreich identificirt, im Ge­ fühl seiner Unabhängigkeit. Wir sind die deutsche Nation und füh­ ren nicht österreichische, sondern unsre eignen Kriege. Der deutsche Staat, welcher jetzt und in Zukunft der einzige Halt nationaler Kraft und Macht nach Außen, der einzige Hüter politischer und religiöser Freiheit int Innern ist, Preußen ist jetzt der Gegenstand der Anschuldigungen des Kaisers von Oesterreich.

Dieser Fürst leistet

seinem neuen »Vetter» damit einen großen Dienst von wahrhafter Be­ deutung.

28 Denn Preußen ist stark mit Deutschland, Deutschland ist ohn­ mächtig ohne Preußen. siegen zn können.

Selbst Oesterreich erklärt, ohne Preußen nicht

Preußen verunglimpfen in den Augen der deut­

schen Nation, das heißt, Deutschland in den Zustand versetzen, in welchem es eine Beute des Auslands werden kann. Gefehlt haben Alle.

Wer wollte entscheiden, sagt ein Wiener

Brief vom 11. Juli in der Allgemeinen Zeitung, welche Staatsmänner größere Fehler begangen haben, die österreichischen oder die preußischen oder die englischen? Aber darüber werden diese Blätter auch dem Befangensten Gewiß­ heit verschaffen, daß Franz Josef von Oesterreich, ehe er mit Frank­ reich Frieden schloß, nicht glauben konnte,

von Preußen verlassen

dazustehen, daß folglich der Friede von Villasranca ans dem freien Entschluß des Kaisers von Oesterreich hervorgegangen ist. Das gerechte Urtheil der Geschichte wird Preußen freisprechen: der Friede von Villafranca ist Napoleon III. und Franz Josefs Werk. Ein andres Friedenswerk liegt gegenwärtig Preußen ob, durch Be­ festigung verfassungsmäßiger Freiheit und starke Handhabung weiser Gesetze dem Vaterlande die sittliche Kraft zu gewährleisten, vermöge deren Staaten und Völker unüberwindlich sind.

Anhang Die Preußische Zeitung veröffentlicht in dem Abendblatt vom 22sten und in dem vom 23sten Juli eine Reihe von wichtigen diplomatischen Akten­ stücken, welche wir im Folgenden wiedergeben: I.

Cirkular-Depesche an die königlichen Missionen bei den deutschen Hö­ fen, vom 24. Juni d. I., „welche die Stellung Preußens zu den Großmächten und zum Deutschen Bunde bespricht, über die Ver­ handlungen mit dem Wiener Kabinet Aufschluß giebt und die Ein­ leitung der Mediation ankündigt." Berlin, 24. Juni 1859. Ew....................werden schon aus den Andeutungen, welche meine Mit­ theilung vom 14. d. Mts. über die Mobilisirung eines Theiles der preußi­ schen Armee begleiteten, entnommen haben, daß die königliche Regierung von der Ihnen bekannten Richtung ihrer Politik abzuweichen nicht gesonnen ist, und daß auch die jetzigen ausgedehnteren militairischen Maßnahmen für’g Erste nur dem Zwecke dienen sollen, einer weiteren diplomatischen Action in jenem Sinne den entsprechenden Nachdruck zu leihen. Wir können schon jetzt erkennen, daß hierüber bei den großen Kabinet­ ten kein Mißverständniß obwaltet. Ein solches ist in der That auch kaum möglich. Preußen hat seine Stel­ lung als vermittelnde Macht niemals aufgegeben. Sein Hauptbestreben seit dem Ausbruch des Srieged war vielmehr dahin gerichtet, sich diese Stellung dadurch zu wahren, daß es die Zusicherung seiner Neutralität ablehnte, nach allen Seiten hin jedes Engagement fern hielt und so für die vermittelnde Action vollkommen unbefangen und frei blieb. Dies für unser eigenes und eben so für Deutschlands Interesse so wich­ tige Ziel zu erreichen, war bei der Aufregung, welche in vielen deutschen Staaten herrschte, nicht leicht. Wir dürfen zudem kaum daran erinnern, daß die Richtung unserer Po­ litik hierin von derjenigen einer großen Anzahl deutscher Regierungen abwich, und daß namentlich Oesterreich mit derselben nicht einverstanden war. Mit wie tiefem Bedauern wir aber auch das Auseinandergehen der Rich­ tungen wahrnahmen, wir mußten unsere für richtig erkannte Linie gewissen­ haft innehalten. Nicht nur das preußische Staatsinteresse erheischte dies unabweislich, sondern auch die redlichste Sorge für das Wohl des gemeinsamen deutschen Vaterlandes, endlich der ernste Wille, auch für Oesterreichs Inter­ essen seiner Zeit nach Kräften aufzutreten. Diese Zeit war noch nicht gekommen, und es mußte zunächst der Großmacht Oesterreich überlassen blei­ ben, in dem unternommenen Kriege ihren legitimen Besitzstand auf einem dem Bunde fern liegenden Vortheilhaften Kriegstheater zu vertheidigen. Unsere Bestrebungen waren daher vor Allem dahin gerichtet, der vor­ zeitigen Verwickelung des Bundes in den Krieg vorzubeugen, und wir waren dazu um so mehr berechtigt, als nach der gewissenhaftesten Prüfung der

30 Bundes-Verträge bisher jede haltbare Begründung und jeder Anlaß für einen Bundeskrieg gefehlt haben. Wenn wir nun aber gleichzeitig alle Maßnahmen ergriffen, welche die Sicherung Deutschlands, das inmitten der beiden kriegführenden Großmächte liegt, bezweckten, und wenn ebenso die Bnndes-Organe unter unserer Mit­ wirkung unablässig Vertheidigungs-Vorkehrungen trafen, so erwuchs für uns die neue Pflicht, darüber zu wachen, daß diese Vorkehrungen, bei der mit der unsrigen nicht übereinstimmenden Richtung unserer Bundesgenossen, welche nicht verfehlte, sich am Bunde geltend zu machen, nicht plötzlich in Angriffsmittel verwandelt und dadurch die Stellung des Bundes und unsere eigene bedenklich kompromittirt würden. Es lagen ferner, ebenfalls zu un­ serm lebhaften Bedauern, Andeutungen vor über beabsichtigte besondere Ver­ abredungen in der von unserer Politik abweichenden Richtung, und der Ernst der Lage mußte diesseits die Befürchtung erregen, daß dadurch unwillkürlich die Tendenz nach einer Lösung der Bundesverhältnisse immer mehr zur Gel­ tung kommen könnte. Der Schwierigkeiten, welche die deutschen Verhältnisse uns in den Be­ ziehungen zu den großen Kabinetten verursachten, soll hier keine Erwähnung geschehen. Um nun den Gefahren des gemeinsamen Vaterlandes, die aus den an­ gedeuteten Umständen erwuchsen, vorzubeugen, und vor Allem, um dem Miß­ trauen, das man gegen Preußen und dessen Absichten hegte, mit dem offen­ sten Vertrauen zu begegnen, beschlossen Se. königliche Hoheit der Prinz-Re­ gent die Sendung des Generals von Willisen nach Wien. Ein näherer Aufschluß über diese Sendung und ihren Verlauf wird genügen, um den deutschen Regierungen den gewünschten Einblick in unsere Politik zu gewähren. Es handelte sich für uns zunächst darum, über die von Oesterreich bei dem begonnenen Kriege verfolgten Ziele Aufschluß zu erhalten, um für den Fall des diesseitigen Einverständnisses eine Verständigung darüber einzuleiten, unter welchen Eventualitäten und in welchem Momente Preußen mit einem Mediations-Versuche zwischen die Streitenden zu treten und nach einem Scheitern derselben in weitere Action überzugehen haben würde. Die Absichten der königlichen Regierung in dieser Beziehung waren na­ türlich an bestimmte Voraussetzungen für das Verhalten Oesterreichs zum Bunde geknüpft. Es ergab sich schon aus dem ersten gegenseitigen Austausch der An­ sichten, daß jenes Einverständniß über die Ziele des Krieges nicht vorhanden, und eine Verständigung auf dieser Grundlage nicht herbeizuführen war. Daher mußte man sich diesseits vorbehalten, nach welchen Eventualitäten und in welchem Momente man aktiv vorgehen wolle. Der Wunsch des Wiener Kabinets, durch eine besondere Mission nach St. Petersburg auch Preußischer­ seils darauf hinzuwirken, daß Rußland neutral bleibe, fand bei Sr. könig­ lichen Hoheit dem Regenten bereitwillige Gewährung, kam jedoch nicht zur Ausführung. Ein anderer, gleichzeitig geäußerter Wunsch desselben Kabinets aber, nämlich die Aufstellung einer Observations-Armee am Rhein, an wel­ cher auch österreichische Truppen theilnehmen sollten, mußte aus dem ein­ leuchtenden Grunde abgelehnt werden, daß diese Maßregel zu jener Zeit und in dieser Modalität den Krieg ohne Weiteres nach Deutschland geleitet haben würde. , Im Laufe der gegenseitigen Eröffnungen wiederholte man diesseits in bestimmter Weise die Versicherung, daß es Preußens Absicht sei, für die Er-

31 Haltung des österreichischen Besitzstandes in Italien zu wirken, und daß man in diesem Sinne vorgehen werde, sobald jener Besitzstand ernstlich gefährdet sein sollte. Ohnerachtet mannigfacher Verschiedenheiten in der Auffassung, hatten wir denn auch die Genugthuung zu sehen, daß eine richtige Würdigung des abweichenden Standpunktes sich vorbereite und eine vertrauensvolle An­ näherung stattfinde. Wie hätte dies auch anders sein können, da Preußens Entgegenkommen lediglich von den Gesinnungen treuer uneigennütziger Freund­ schaft eingegeben war. Am Schluffe der zu diesem erfreulichen Resultate gelangten Sendung des Generals von Willlsen sprach das Wiener Kabinet den Wunsch aus, daß jene Absicht Preußens, oder die Verheißung unserer Wirksamkeit nach dem angedeuteten Ziele durch einen Notenaustausch als eine Zusicherung in bindender Form ausgedrückt werden möchte. Die Er­ füllung dieses Wunsches würde einer Garantie der Lombardei gleich gekom­ men sein. Eine solche Verpflichtung unbestimmten Eventualitäten gegenüber zu übernehmen, war für Preußen unerfüllbar. ES mußte von uns sogar jedes Engagement formeller Art abgelehnt werden, welches unsere Stellung als Medialionsmacht alteriren konnte. Wir beschränkten uns daher in der Depesche an Freiherrn von Werther vom 14. Juni d. I., welche die von Willisen'sche Missten zum Abschluß zu bringen und deren Ergebnisse zu resümiren bestimmt war, auf eine zusam­ menfassende Wiederholung unserer Absichten für das Interesse Oesterreichs, wie sie im Laufe der Sendung in verschiedenen Gesprächen kundgegeben worden waren, und sprachen die Erwartung aus, daß man dem von uns bewiesenen Vertrauen mit einem gleichen begegnen und die Verwirklichung jener Absichten durch Erfüllung der Voraussetzungen, namentlich in Be­ ziehung auf das Verhallen Oesterreichs zum Bunde, möglich machen werde. Bis jetzt haben wir keinen Grund, anzunehmen, daß die glücklich her­ beigeführte Vertrauensstellung der beiden Kabinette durch jene für uns unabweisliche Ablehnnng, die in unseren Gesinnungen und Absichten nichts änderte, irgend gefährdet werden könnte. Wir glauben uns im Gegentheil der festen Hoffnung hingeben zu können, daß dies nicht der Fall sein werde. Unabhängig von den eben beleuchteten Verhandlungen, haben wir nach der Schlacht von Magenta, als die Ereignisse auf dem italienischen Kriegstheater immer größere Dimensionen annahmen, die Mobilmachung des größe­ ren Theiles der Preußischen Armee beschlossen und beabsichtigen, wie dies in dem Cirkular vom 14. Juni d. I. bereits angedeutet ist, im Zusammenhang damit Schritte am Bunde zu thun. Dadurch sind wir über den oben er­ wähnten Wunsch Oesterreichs nach Aufstellung einer Observations-Armee am Rhein hinausgegangen. Es bestimmte uns zu dem Entschlüsse der Mobilmachung die Nothwen­ digkeit, eine bedeutende Armee schlagfertig unter der Hand zu haben, weil der Zeitpunkt der Mediation bald eintreten konnte, und dies war ohne Auf­ bietung der Landwehren bei unserer Militair-Organisation nicht möglich. Diese Maßregel, indem sie die militairischen Kräfte Frankreichs in erhöhtem Maße bindet, erleichtert Oesterreichs Stellung wiederum erheblich, sie legt zugleich aber auch dem Lande so außerordentliche Opfer auf, daß solche nur durch die Verfolgung der selbstständigen, im eigenen Staats-Interesse lie­ genden Politik gerechtfertigt werden können. Preußens Staats-Interesse ist glücklicherweise tut vorliegenden Falle mit demjenigen Deutschlands vollkommen identisch, und es ist dies um so wichti-

32 ger, als von den Folgen unserer politischen Action in der schwebenden euro­ päischen Frage Deutschland nicht unberührt bleiben kann. Wir werden allerdigs" Alles aufbieten, um den Krieg vom Bunde so lange als möglich fern zu halten. Aber andererseits können wir uns nicht verhehlen, obwohl wir Grund haben anzunehmen, es werde unser Mediationsversuch nicht ohne Rückwirkung auf die großen Kabinette sein, daß für Preußen aus der Verfolgung der an­ gedeuteten Politik dennoch der Kriegsfall gegen Frankreich erwachsen könne. Bei diesem Kriege, weil er nur vom Bundesgebiete aus geführt, und weil er für die von uns ins Auge gefaßte Eventualität wesentlich um deutscher Rechte und Interessen willen ausbrechen würde, könnte der Bund nicht unbetheiligt bleiben, und wir halten es daher für unsere besondere Pflicht, recht­ zeitig Maßnahmen anzuregen, welche die vier äußer-preußischen und äußerösterreichischen Bundes-CorpS in den Stand setzen, im eintretenden Falle in Uebereinstimmung mit den preußischen Armeen schlagfertig für den gemein­ samen Zweck einstehen zu können. Wir hoffen, durch diese Eröffnungen, welche über unsere Beziehungen zu Oesterreich und über das Verhältniß unserer Politik zu unserer Stellung im Bunde volle Aufklärung geben, die Wünsche unserer Bundesgenossen mög­ lichst erfüllt zu haben. Gestützt auf eine starke Militair-Aufstellung, gedenken wir die Friedensfrage, unter Anstrebung der Erhaltung des öster­ reichischen Besitzstandes in Italien, im geeigneten Momente bei den großen Kabinetten in Anregung zu bringen und mit der Mediation vorzugehen. Theilen Sie diese Depesche in vertraulicher Weise durch Vorlesung mit und benachrichtigen Sie mich gefälligst bald von dem Eindruck, den sie her­ vorgerufen. gez. v. Schleinitz. II.

Identisch lautende Depesche an die königlichen Gesandten zu London und zu St. Petersburg vom 24. Juni d. I., "welche die gemein­ schaftliche Mediation der neutralen Großmächte vorzubereiten be­ stimmt ist." Berlin, le 24 juin 1859. La rapidite avec laquelle les evenemens militaires et politiques se succedent depuis quelque temps en Italic, le renversement des gouvernemens de Toscane, des Daches de Parme et de Modene, les soulevemens qui ont eu Heu dans d’autres parties de la Peninsule, Vincertitude enfin, qui regne dans tous les esprits sur la duree probable et la portee d’un conflit dans lequel deux puissants Empires sont engages, ont porte le Gou­ vernement au Roi, dans un sentiment de prevoyance et dans celui de sa propre dignite, ä mobiliser une partie de l’armee Prussienne. L’agitation ä laquelle PAllemagne etait en proie, la proximite toujours croissante des combattans du territoire allemand et les eventualites d’une guerre, que nous avons fait les efforts les plus sinceres et les plus desinteresses pour prevenir par nos conseils, eussent suffi seuls ä justifier des armemens qui ne sont d’ailliers que proportionnes a ccux de nos voisins. Mais, en outre, Vous comprendrez, Monsieur (le Comte), que nous avons du, desa- present, nous mettre en mesure de contröler la marche d’evenemens, dont le resultat final pourrait modifier l’equilibre Europeen en affaiblissant un Empire auquel nous unissent des liens federaux et en portant atteinte

33 aux bases d’un droit public ä la fondation duquel nous avons contribue et au maintien duquel la famille Europeenne est interessee. L’attitude que nous avons cru devoir adopter, ne prejuge en aucune faqon la question Italienne et les interets divers qni s’y trouvent cngages. Mais le Prince-Regent, dans le sentiment des droits et des devoirs que Lui impose le soin de Sa propre dignite et des interets de Son pays et de l’Allemagne, ne pouvait abdiquer la part d’influence ä laquelle II a droit, ni sanctionner d’avance, par une attitude passive, les modifications qu'ont subi et que peuvent subir encore les circonscriptions territoriales dans un des pays que taut de liens unissent a la grande famille Europeenne. Neanmoins on aurait tort de preter au Gouvernement du Roi l’intention d’aggraver encore, par une ingerence precipitee et arbitraire, une Situation dejä pleine de perils et de chercher ä faire prevaloir, d’une faqon unilaterale et sans avoir fait appel aux autres Puissances, teile ou teile solution d’nne question dans laquelle trop d’interets se trouvent engages pour qu’elle ne doive, pour le bien general, devenir Pobjet de la sollicitude de toutes les Grandes Puissances reunies. La Prusse, loin de lä, ne saurait par son attitude, son influence et ses conseils poursuivre d'autre but que celui qu’elle poursuivrait d’accord avec la Grande Bre­ tagne et la Russie il y a peu de temps, ni avoir d’autre desir que celui de ramener sur le terrain des negocitations et en vue d’une solution ä la fois equitable et qui offre des garanties de duree, une question que des erreurs regrettables ont eloignee de la seule base que l’Europe puisse et doive sanctionner, lorsqu’il s’agit des grands principes sur lesquels repose son edifice social et politique. Nos armemens, je le repete, Monsieur (le Comte), ne signifient pas autre chose et n’indiquent de notre part ni une nouvelle politique, ni surtout l’intention d’ajouter une nouvelle complication ä celles que nous avions espere prevenir et dont nous n’avons depuis cesse de suivre la marche avec inquietude et regret. Nous desirons la paix et c’cst dans ce but, que nous nous adressons avec confiance aux Gabinets de Londres et de St. Petersbourg, pour aviser, avec leur concours, aux moyens d’arreter l’effusion du sang et de rendre bientot ä l’Europe le repos et la securite que ses interets moraux et materiels reclament. Personne n’ignore que nous avons vivement deplore et energiquement desapprouve la funeste resolution par laquelle le Cabinet de Vienne a provoque au moment meme oii les autres Puissances posaient les bases d’un arrangement equitable, une rupture que nous esperions prevenir par une action commune. Mais malgre cette saute, nous ne pensons pas moins, que l’Europe, et en particulier l’Allemagne, ne pourraient voir d’un oeil indifferent l’affaiblissement d’une Puissance, qui par sa position geographique et sa nature meme nous a toujours paru un des elemens essentiels et des garans naturels de l’equilibre general. En maintenant encore ce principe, nous sommes fort eloignes cependant de meconnaitre les difficultes qui s’opposeraient au retablissement pur et simple d’un etat de choses, qui a abouti, non seulement a une guerre, mais a une Serie de soulevemens, qui ont successivement embrase le nord et le centre de l’Italie, et nous pensons que des reformes serieuses et profundes seront un moyen plus sur et plus equitable ä la fois de maintenir Vordre et la tranquillite de ces contrees, que ne pourraient l’etre ses mesures de compression et le deploiement de forces militaires aussi onereuses pour

34 PAutriche que disproportionnees aux ressources de ses provinces Italiennes. Nous croyons egalem ent que les traites, en vertu des quels PAutriche exerqait, sur quelques uns des etats voisins, une espece de protectorat, pourront etre remplaces par un Systeme qui repugnerait moins ä Pesprit des populations et que Pordre et la legalite, saus lesquelles la prosperite et un progres sage ne sauraient subsister, peuvent avoir des garanties plus solides, que celles ä Pinsucces final desquelles nous venons d’assister. D’apres ce qui precede, Mr. —, vous comprendrez que nous ne saurions avoir la pensee de contribuer pour notre part ä un retour impossible vers un passee qui a porte de si tristes fruits, mais que nous accueillerons avec empressement toute proposition qui tendrait ä concilier, avec les droits de la Maison d’Autriche une oeuvre de reconstruction basee sur des principes ä la fois liberaux et concilians et qui nous paraitrait de nature ä satisfaire les voeux legitimes des populations Italiennes. Nous croyons aussi que nous sommes en droit de prendre acte des declarations explicites de PEmpereur Napoleon et de sa resolution de ne vouloir, pour la France, ni conquete, ni aggrandissement territorial quelconque. Cette Intention, nettement et formellement exprimee des le debut et que des declarations subsequentes n’ont fait que confirmer encore, nous parait un gage precieux en faveur de notre espoir d'un arrangement pacifique et Furie des bases ä Paide desquelles il est ä desirer qu’on parvienne bientot et d’un commun accord ä formuler les propositions que nous desirerions adresser, avec les Cours d’Angleterre et de Russie, aux Puissances belligerantes. Ce serait en quelque sorte prejuger une question, que nous desirons si vivement ramener sur le terrain d'une entente europeenne et des negociations, que de preciser davantage nos idees ä ce sujet. Nous avons du nous borner ä en indiquer Pensemble, ä annoncer notre desir sincere de mettre un terme aux maux d’une guerre, qui, en se rapprochant des frontieres de la Confederation germamque, peut, d’un instant a l’autre, nous imposer des devoirs ä la fois plus directs et plus pressans, et enfin, ä nous adresser avec une confiance entiere et une loyale franchise ä celles des grandes Puissances qui, restees jusqu’ä present en dehors de ce funeste conflit, doivent, comme nous, s’interposer ä temps pour prevenir une conflagration generale. Nous esperons que Vous parviendrez sans peine, Mr. —, ä engager le Cabinet de - vs,-aT^es— ä enoncer a notre egard et avec la fran­

st.

Pdtersbourg

°

chise dont nous avons cru devoir user nous memes, ses idees sur une solution des difficultes actuelles et sur le mode de la rendre acceptable aux parties belligerantes. Vous exprimerez en meme temps ä Mr. le Prince Gortchacoff Lord J. Russell

v

,, .

,

------- —r—— ------------- notre espoir et notre desir de mettre notre r

action et notre influence en harmonie avec celles du Cabinet (russe) anglais pour häter la conclusion de la paix et la reprise des negociations entre les Puissances belligerantes et Vous n’omettrez aucune occasion de faire prevaloir l’idee d’une mediation commune, sur la forme et la portee de laquelle nous attendons avec une vive impatience les Communications que le Gouvernement (de 8. M. Britannique) de S. M. l’Empereur Alexandre sera, nous l’esperons, dispose ä nous faire. Recevez etc. (signe) Schleinitz. A Monsieur de Bismarck ä St. Petersbourg, et A Son Excellence Monsieur le Comte de Bernstorff ä Londres.

35 m.

Vertrauliches Begleitschreiben zu obiger Depesche vom 24. Juni an den königlichen Gesandten in London d. d. 27. Juni, »welches den Zweck hatte, die Dringlichkeit einer schleunigen Verständigung über das ge­ meinschaftliche Einschreiten mit Rücksicht auf die besondere Stellung Preußens nachdrücklich hervortreten zu lassen.« Dasselbe »enthält im Eingang auch eine Erwiderung auf die Depesche des Britischen Kabinets vom 22. Juni d. I.« Berlin le 27 juin 1859. Mr. le Comte. Ld. Bloomfield nous a communique, d’ordre de son Gouvernement, une depeche ci-jointe en copie en date du 22 et., par laquelle le Prin­ cipal Secretaire d’Etat de 8. Mte. Britque. exprime les inquietudes que lui inspirent les dispositions manifestees par quelques-uns des Etats de la Confederation au sujet de la guerre qui a eclate entre l’Autriche d’une part et la France et la Sardaigne de l’autre. Nos Communications precedentes ont dejä mis V. Exc. ä meme d’eclairer le Gouvt. de 8. M. Britque. sur la nature de nos intentions et sur notre jugement au sujet de la complication actuelle. Sans admettre, dans tous ses details, Vargumentation de Ld. John Russell en faveur du principe de neutralite qu’il recommande a la Prusse, en presence des faits graves qui se passent en Italie, nous constatons, avec plaisir, que Sa Seigneurie admet que la Situation particuliere dans laquelle se trouve VAllemagne, justifie et explique les difFerences qui pourraient subsister entre notre attitude et celle ou Gouvt. Britque. Notre depeche du 24 ct., qui etait dejä ecrite, quand nous avons re§u la communication du Cabinet de St. James, indique a la fois notre appreciation de la crise italienne et des devoirs qu’elle nous impose, ainsi que le but auquel tendent nos efForts. Nous sommes heureux de voir que le Cabinet de St. James partage notre espoir d’une solution pacifique et qu’il croit ä l’opportunite prochaine d’une tentative de conciliation et au succes qu’auront les conseils des Puissances amies, quand dies jugeront le moment venu pour s’interposer entre les parties belligerantes. Les graves evenements militaires survenus ces jours-ci nous paraissent un motif de plus pour häter une entente entre les Puissances, qui, jusqu’ä present, sont restees etrangeres ä ce conflit et auxquelles leur impartialite meme impose le devoir et donne le droit d’accelerer, de tous leurs efForts, le terme d’une lutte ä laquelle chaque jour apporte de nouveaux et tristes incidents. Pour la Prusse en particulier, sa position en Allemagne, les devoirs envers ses confederes et les embarras et les dangers croissants d’un etat voisin et allie constituent de puissants motifs pour reclamer, de la maniere la plus pressante, une entente de nature ä assurer ä l’Europe les bienfaits d’une pacification, qui deviendrait de jour en jour plus difficile ä realiser, si la guerre, en se prolongeant outre mesure, prenait en meme temps des proportions qui ne nous permettraient peut-etre plus d’y rester etrangers. Nous pensons etc. etc. (Voyez pour le reste la depeche du 26 juin adressee ä Mr. de Bismarck ä St. Petersbourg.) (signe) Schleinitz A 8. Exc. Mr. le Comte de BernstorfF,

36 IV. Vertrauliches Begleitschreiben zu obiger Depesche vom 24. Juni an bett königlichen Gesandten in St. Petersburg d. d. 26. Juni, welches den gleichen Zweck hatte, wie die Ausfertigung des vorhergehenden ver­ traulichen Erlasses. Berlin, le 26 juin 1859. Monsieur. La piece ci-jointe etant clestinee a etre communiquee tres confidentiellement par Votre entremise auPrince Gortchacoff, j’y ajoute aujourd’hui quelques recommandations, qui doivent servir en meme temps ä la completer, en precisant encore, pour Votre gouverne, les intentions du Gou­ vernement du Roi. Depuis que cette piece a ete redigee, de graves evenemens militaires sont survenus sur les bords du Mincio, et si notre appreciation de la Situation et des devoirs pressans qu’elle nous impose n’a pas ete essen­ tiellem ent modifiee, nous y voyons cependant de nouveaux motifs de häter une entente entre les Puissances qui, jusqu’ä present, sont restees etrangeres a ce conflit, mais auxquelles leur impartialite meme impose le devoir et donne le droit d’accelerer, de tous leurs efforts, le terme d’une lutte ä laquelle chaque jour apporte de nouveaux et tristes incidens. Pour la Prusse en particulier, sa position en Allemagne, ses devoirs envers ses confederes et les embarras et les danger croissans d’un etat voisin et allie constituent de puissans motifs pour demander, de la maniere la plus pressante, une entente de nature ä preparer et ä assurer ä l’Europe les bienfaits d’une pacification que les interets des gouvernemens et ceux des peuples reclament egalement. Nous pensons, Monsieur, que pour en arriver plus promptement a cet accord prealable, si desirable a tant d’egards, le Cabinet de St. Petersbourg pourrait etre engage pour Vous, d’une maniere toute confidentielle, ä munir son representant aupres de notre auguste Cour d’instructions, qui lui permettraient de poser avec nous les bases d’une mediation que nous appelons de tous nos voeux et que nous ne saurions, pour ce qui nous concerne, differer d’avantage, saus attirer sur nous une grave responsabilite et sans manquer ä nos devoirs envers nous-memes et envers la Confederation germanique. Veuillez donc, Monsieur, Vous enoncer dans ce sens envers le Prince Gortchacoff et nous informer, sans delai et en de­ tail, de l’accueil que trouveront les propositions que nous Vous autorisons ä faire a cet effet. En Vous donnant ces directions generales, nous ne pretendons en aucune faqon preciser la voie, ni prejugcr l’attitude que le Cabinet de St. Petersbourg pourrait vouloir adopter dans ce but. Notre proposition, au sujet de laquelle Vous chercherez, Monsieur, a sonder le Gouverment aupres duqucl Vous etes accredite, n’a d’autre but et d’autre sens, que de hat er l’effet des dispositions aussi genereuses que conciliantes dont nous aimons a croire que Sa Majeste l’Ernpereur Alexandre est penetree, et de donner en meine temps au Cabinet russe un gage de l’empressement avec lequel nous accueillerons toute mesure ou toute ouverture qui serait de nature a retablir en Europc une paix, a la conclusion de laquelle nous considerons comme un devoir de confribuer par tous nos conseils et de tous les moyens dont nous clisposoiis. Reccvez etc. etc. etc. (signe) Schleinitz. A Monsieur de Bismarck ä St. Petersbourg.

37 V. Circular-Depesche an die königlichen Gesandtschaften in Deutschland d. d. 21. Juli 1859.

Gleich nach seiner Rückkehr von Verona sagte Graf Rechberg dem k. Ge­ sandten in Wien, daß Oesterreich hauptsächlich darum die Friedens-Prälimi­ narien von Villafranca angenommen habe, weil es die Gewißheit erlangt, daß die Mediations-Bedingungen, die von Preußen, England und Rußland ausgehen würden, sich für Oesterreich ungünstiger gestalteten, als diejenigen, auf welche der Kaiser der Franzosen eingehen wollte. Das kais. Manifest vom 15. Juli sprach sich in gleicher Weise aus. Einem mir vor wenigen Tagen vertraulich vorgelesenen Circular des Grafen Rechberg war ein Mediations-Project beigefügt, welches angeblich von England an Frankreich mit­ getheilt sein und dessen in 7 Paragraphen enthaltenen Bestimmungen Preu­ ßen zugestimmt haben sollte. Das "Mainzer Journal" veröffentlicht heute dieses Medialions-Project. Ew. sind ermächtigt, sich mit der größten Be­ stimmtheit dahin auszusprechen: 1) daß seitens Preußens keinerlei Bedingun­ gen einer Mediation formulirt oder dergleichen, die von einer anderen Macht formulirt gewesen wären, acceptirt worden sind; 2) daß das dem österrei­ chischen Circular beigefügte, seitdem durch die Zeitungen veröffentlichte Pro­ ject uns gänzlich unbekannt gewesen ist. Schleinitz. Die Preußische Zeitung vom 23.Juli (Abends) war gleichzeitig zu der Erklärung ermächtigt, „daß außer den in der identischen Depesche vom 24. Juni d. I. enthaltenen allgemeinen Andeutungen über eine Vermittlungsgrundlage von der preußischen Regierung keinerlei Mediations-Vorschläge wei­ ter ausgegangen, noch auch solche von anderer Seite her zu ihrer Kenntniß gebracht worden sind."